Dorothea Alewell, Katrin Bähring, Anne Canis, Sven Hauff, Kirsten Thommes: Outsourcing von Personalfunktionen. Motive und Erfahrungen im Spiegel von Experteninterviews ISBN 978-3-86618-107-6, Rainer Hampp Verlag, München u. Mering 2007, 254 S., € 27.80
Dieses Buch enthält eine ausführliche Dokumentation von Experteninterviews zur Nachfrage nach Personaldienstleistungen durch Unternehmen. Behandelt wird das ganze Spektrum von Dienstleistungen, von der Zeitarbeit über Interimsmanagement, Personalberatung, Arbeitsvermittlung, Unternehmensberatung im HR-Bereich, Outplacement, arbeits- und sozialrechtliche Beratung und Lohn- und Gehaltsabrechnung bis hin zur Übernahme der gesamten Personalarbeit durch Dienstleister. Der Text steht an der Schnittstelle von Wissenschaft und Praxis und ist für verschiedene Lesergruppen interessant: Geschäftsführer und Personalverantwortliche in den Unternehmen erfahren etwas über Wirkungen des Outsourcings von Personalfunktionen und über Faktoren, die den Entscheidungsprozess beeinflussen. Anbieter von Personaldienstleistungen können in systematischer Form Einblick in die Denkwelt ihrer Kollegen und ihrer Kunden nehmen und deren Erfahrungen mit ihren eigenen Vorstellungen vergleichen. Wissenschaftler finden in diesem Buch eine ausführliche, explorativ geprägte Ausleuchtung des Praxisfeldes „Personaldienstleistungen und Outsourcing von Personalfunktionen“ aus der Sicht der nachfragenden sowie der anbietenden Unternehmen. Schlüsselwörter: Personaldienstleistungen, Outsourcing, Personalfunktionen, HR-Management
Dorothea Alewell Katrin Bähring Anne Canis Sven Hauff Kirsten Thommes
Outsourcing von Personalfunktionen Motive und Erfahrungen im Spiegel von Experteninterviews
Rainer Hampp Verlag
München und Mering
2007
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. ISBN: 978-3-8618-107-6 1. Auflage, 2007
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München und Mering D – 86415 Mering
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5
Inhaltsverzeichnis TABELLEN- UND ABBILDUNGSVERZEICHNIS VORWORT
9 11
TEIL A –VORSTELLUNG DES FORSCHUNGSPROJEKTES UND DER EXPERTENINTERVIEWS
13
1. EINLEITUNG: DIE NACHFRAGE NACH PERSONALDIENSTLEISTUNGEN DURCH UNTERNEHMEN
13
2. DAS FORSCHUNGSPROJEKT „DIE NACHFRAGE NACH PERSONALDIENSTLEISTUNGEN IM SPANNUNGSFELD ÖKONOMISCHER UND RECHTLICHER DETERMINANTEN“ - EIN KURZER ÜBERBLICK
17
3. DIE EXPERTENINTERVIEWS – KONZEPTION, DURCHFÜHRUNG UND AUSWERTUNG
19
3.1. AUSWAHL DER EXPERTEN
19
3.2. KONZEPTION DER INTERVIEWS
21
3.3. DURCHFÜHRUNG DER INTERVIEWS
22
3.4. TRANSKRIPTION, CODIERUNG UND AUSWERTUNG DER INTERVIEWS
25
TEIL B – THEORETISCHE ERWARTUNGEN UND ERGEBNISSE DER EXPERTENINTERVIEWS ZUR NACHFRAGE NACH PERSONALDIENSTLEISTUNGEN DURCH UNTERNEHMEN
29
1. ÜBERBLICK ÜBER DIE ELEMENTE DES ENTSCHEIDUNGSPROZESSES
29
2. AUSLÖSER DER MAKE-OR-BUY-ENTSCHEIDUNG FÜR DIE PERSONALARBEIT
31
2.1. THEORETISCHE ERWARTUNGEN ZU DEN AUSLÖSERN DER ENTSCHEIDUNG
31
2.1.1. Veränderung des Bedarfs an personalwirtschaftlichen Aktivitäten
31
2.1.2. Veränderung von Grundsatzentscheidungen und von Zuständigkeiten in der Personalarbeit
38
2.2. ERGEBNISSE AUS DEN EXPERTENINTERVIEWS ZU DEN AUSLÖSERN DER MAKE-OR-BUYENTSCHEIDUNG
39
2.3. ZUSAMMENFASSUNG
48
3. DAS ALTERNATIVENSET DER MAKE-OR-BUY-ENTSCHEIDUNG 3.1. THEORETISCHE ERWARTUNGEN ZUM ALTERNATIVENSET
48 48
3.2. ERGEBNISSE AUS DEN EXPERTENINTERVIEWS ZUR ABBILDUNG DES ALTERNATIVENSETS 52
6 3.2.1. Subjektive Größen als Einflussfaktoren auf das Alternativenset
52
3.2.1.1 Wissen
53
3.2.1.2 Moden
56
3.2.1.3 Werte
56
3.2.1.4 Erfahrungen
59
3.2.1.5 Routinen
60
3.2.2. Rahmenbedingungen und situative Faktoren
61
3.2.2.1. Unternehmensumwelt
61
3.2.2.2 Unternehmen
63
3.2.2.3 Personalmanagement
67
3.3. ZUSAMMENFASSUNG 4. WIRKUNGEN DER NACHFRAGE NACH PERSONALDIENSTLEISTUNGEN 4.1. THEORETISCHE ÜBERLEGUNGEN ZU DEN WIRKUNGEN DES INSTITUTIONELLEN DESIGNS
69 70 70
4.2. ERGEBNISSE AUS DEN EXPERTENINTERVIEWS ZU DEN WIRKUNGEN DES OUTSOURCINGS VON PERSONALFUNKTIONEN
4.2.1. Qualitätswirkungen und ihre Ursachen
83 83
4.2.1.1. Infrastruktur
83
4.2.1.2. Methodenkompetenz und Spezialisierung
84
4.2.1.3. Qualifikationen und Erfahrungen externen Personals
86
4.2.1.4. Marktkenntnisse
89
4.2.1.5. Benchmarking- und Best-Practice-Effekte
92
4.2.1.6. Schnelligkeit der Leistungserbringung und zeitliche Flexibilität
93
4.2.1.7. Aspekte der Qualitätssicherung
102
4.2.1.8. Zusammenfassung Qualitätswirkungen
104
4.2.2. Know-How-Wirkungen
105
4.2.2.1. Wissenszuflüsse in das nachfragende Unternehmen
105
4.2.2.2. Wissenszuflüsse beim Nachfrager als Problem für die Dienstleister?
111
4.2.2.3. Wissensabflüsse beim Nachfrager und bilaterale Wissensflüsse
113
4.2.2.4. Schutz der Nachfrager vor Missbrauch transferierten Know-Hows
116
4.2.2.5. Zusammenfassung Know-How-Wirkungen
121
4.2.3. Stakeholder-Wirkungen 4.2.3.1. Wirkungen gegenüber der Belegschaft
122 122
4.2.3.1.1. Entlastung der Belegschaft
122
4.2.3.1.2. Verbesserung der Legitimation von Entscheidungen
127
7 4.2.3.1.3. Veränderung von Referenzmaßstäben
133
4.2.3.1.4. Diskretion hinsichtlich personalwirtschaftlicher Maßnahmen
142
4.2.3.2. Wirkungen gegenüber dem Betriebsrat
143
4.2.3.3. Wirkungen gegenüber den Kapitalgebern der Nachfrager
147
4.2.3.4. Wirkungen gegenüber sonstigen Stakeholdern: Kunden, Wettbewerber, Öffentlichkeit
151
4.2.3.5. Zusammenfassung Stakeholder-Wirkungen
155
4.2.4. Kostenwirkungen der Nutzung von Personaldienstleistungen 4.2.4.1. Umwandlung von Fixkosten in variable Kosten
155 155
4.2.4.1.1. Fixkostenvariabilisierung als erwartete Wirkung
155
4.2.4.1.2. Arten der Variabilisierung von Fixkosten
159
4.2.4.1.3. Zusammenfassung
162
4.2.4.2. Veränderung von direkten monetären Gesamtkosten
162
4.2.4.2.1. Veränderung der Höhe der direkten monetären Gesamtkosten
163
4.2.4.2.2. Ursachen für die Veränderung der Gesamtkosten
169
4.2.4.2.3. Zusammenfassung
175
4.2.4.3. Veränderung von indirekten Kosten: Haftungs-, Abfindungs- und Fehlerkosten
176
4.2.4.4. Veränderung der Kalkulierbarkeit von Kosten
180
4.2.4.5. Kapazitätserhöhungen und Vermeidung von Opportunitätskosten
184
4.2.4.6. Zusammenfassung
187
4.2.5. Transaktionskostenwirkungen: Wirkungen rund um das Management der Beziehung zum Dienstleister 4.2.5.1. Suche nach geeigneten Vertragspartnern
187 188
4.2.5.1.1. Ex ante-Einschätzung der Qualität der Dienstleister
188
4.2.5.1.2. Instrumente der ex ante-Qualitätseinschätzung
191
4.2.5.1.3. Vertrauen in den Anbieter als Substitut von Instrumenten der Qualitätseinschätzung?
198
4.2.5.1.4. Zusammenarbeit mit mehreren Anbietern
202
4.2.5.2. Exkurs: „All-Personaldienstleistungsstrategie“ der Anbieter?
204
4.2.5.3. Vertragsabschluss und Vertragsanpassungen im Zeitablauf
206
4.2.5.3.1. Formulierung der Verträge
206
4.2.5.3.2. Aushandlung der Vertragskonditionen
212
4.2.5.3.3. Zusammenfassung
215
8 4.2.5.4. Kontrolle und Durchsetzung der vereinbarten Leistungen 4.2.6. Zusammenfassung Wirkungserwartungen
216 221
5. UNTERSCHIEDE IN DEN WIRKUNGSERWARTUNGEN UND IHRE EINFLUSSFAKTOREN
223
5.1. THEORETISCHE ERWARTUNGEN ZU UNTERSCHIEDEN IN DEN WIRKUNGSERWARTUNGEN 223 5.1.1. Einflussfaktoren aus der Unternehmensumwelt
224
5.1.2. Unternehmensspezifische Einflussfaktoren
226
5.2. ERGEBNISSE AUS DEN EXPERTENINTERVIEWS ZU DEN EINFLUSSFAKTOREN AUF DIE WIRKUNGSERWARTUNGEN
231
5.2.1. Situation in relevanten Arbeitsmarktsegmenten
232
5.2.2. Branche des nachfragenden Unternehmens
234
5.2.3. Zuständigkeit für die Entscheidung: Einkaufsabteilung versus Personalabteilung 236 5.2.4. Lebenszyklusphase des nachfragenden Unternehmens
237
5.2.5. Unternehmensgröße
238
5.2.6. Rechtsform und Eigentümerstruktur des nachfragenden Unternehmens
239
5.2.7. Wirtschaftliche Lage des nachfragenden Unternehmens
240
5.2.8. Kompetenzen und Ressourcen der Personalabteilung
243
5.2.9. Bisherige Outsourcing-Erfahrungen im Personalbereich
244
5.2.10. Werte und Einstellungen der Entscheider
246
5.2.11. Zusammenfassung
247
TEIL C - AUSBLICK
248
LITERATURVERZEICHNIS
251
9
Tabellen- und Abbildungsverzeichnis
Tabelle 1: Kontaktierte und interviewte Experten auf Angebots- und Nachfrageseite
25
Tabelle 2: Interne Erfüllung personalwirtschaftlicher Aufgaben und Personaldienstleistungen als Handlungsalternative
49
Abbildung 1: Der Entscheidungsprozess im Überblick
30
Abbildung 2: Personalbedarfs-Personalausstattungs-Ungleichgewichte
35
Abbildung 3: Eigenfertigung und Fremdbezug als wahrgenommene Alternativen
50
Abbildung 4: Kategorien der Wirkungen des institutionellen Designs
71
Abbildung 5: Determinanten des Wirkungssets sowie der erwarteten Wirkungen
223
11
Vorwort Dieses Buch enthält die ausführliche Dokumentation der Ergebnisse von teilstrukturierten Interviews zur Nachfrage nach Personaldienstleistungen durch Unternehmen, welche die AutorInnen im Jahr 2005 mit Experten aus der Praxis geführt haben. Die Interviews sind zugleich Teil eines wissenschaftlichen, nicht-kommerziellen Forschungsprojektes, welches in den DFG-Sonderforschungsbereich 580 der Universitäten Jena und Halle eingebunden ist. Somit steht dieses Buch an der Schnittstelle von Wissenschaft und Praxis. Einerseits werden überwiegend die Aussagen der Experten dokumentiert, so dass deren auf die Praxis bezogenes Erfahrungswissen und deren im Arbeitsalltag gewonnene Einschätzungen von Personaldienstleistungen, der Motive der nachfragenden Unternehmen und der Wirkungen der Make-or-Buy-Entscheidung in den nachfragenden Unternehmen im Mittelpunkt der folgenden Ausführungen stehen. Andererseits wurden diese Interviews aber im Rahmen eines wissenschaftlichen Forschungsprojektes und von Personen geführt, die damit kein kommerzielles, sondern ein wissenschaftlich-theoretisches Interesse verfolgen. Es ist eingebunden in einen größeren Forschungsprozess, der auch der Theorieentwicklung dient und zudem andere, quantitative empirische Anteile enthält. So sind auch in diesem Buch einige Passagen enthalten, die unsere theoretischen Erwartungen zur Nachfrage nach Personaldienstleistungen beschreiben. Diese theoretischen Anteile werden in diesem Buch jedoch in erster Linie zur Systematisierung und Interpretation des reichhaltigen empirischen Materials verwendet – der Hauptfokus und die zentrale Intention liegen darauf, die Aussagen der Experten aus der Praxis ausführlich zu dokumentieren und einer breiten Leserschaft zugänglich zu machen. Dieses Buch ist aus unserer Sicht für verschiedene Lesergruppen interessant. Anbieter von Personaldienstleistungen können in systematischer und strukturierter Form in die Denkwelt ihrer Kollegen, die andere Personaldienstleistungen anbieten, eintauchen und deren Auffassungen und Erfahrungen mit ihren eigenen Vorstellungen abgleichen. Zugleich geben die Aussagen der Nachfrager Einblicke in die Vorstellungen ihrer Kunden. Entscheidungsträger in den Unternehmen, sei es im Personalbereich, sei es in der Geschäftsführung, erfahren
12 etwas über den Verlauf der Entscheidungsprozesse in anderen Unternehmen, über wahrgenommene Wirkungen des Outsourcings von HR-Funktionen und über die Einschätzungen und die Denkweise der Anbieter, mit denen sie ggf. über den Bezug von Personaldienstleistungen verhandeln werden. Wissenschaftler, die sich in theoretischer Perspektive mit der Nachfrage nach Personaldienstleistungen beschäftigen, finden hier eine ausführliche, explorativ geprägte Ausleuchtung des Praxisfeldes „Personaldienstleistungen“ aus der Sicht der nachfragenden sowie der anbietenden Unternehmen. Da Interviewmaterial immer einer gewissen Interpretationsoffenheit unterliegt, bietet die schriftliche Offenlegung (von Teilen) des Materials zugleich die Chance für andere Wissenschaftler, dieses Material für andere Fragestellungen zu verwenden und ggf. dann auch unter anderen Perspektiven neu und anders zu interpretieren. Die AutorInnen danken insbesondere den interviewten Experten sehr herzlich für die Teilnahme an den Interviews, die Zeit, die sie uns zur Verfügung gestellt haben und die Offenheit, mit der sie uns an ihren Erfahrungen, Einschätzungen und Kenntnissen teilhaben ließen. Wir danken zudem der Deutschen Forschungsgemeinschaft und dem SFB 580 für die Finanzierung der Experteninterviews, des Forschungsprojektes insgesamt und des Druckkostenzuschusses zur Veröffentlichung dieses Buches. Unsere studentischen Hilfskräfte Katharina Feistel, Stephanie Schmidt, Franziska Teichmann, Doreen Voigt, Caroline Wappler und Franziska Wiegand haben uns in vielfältiger Form, z. B. bei der Kodierung und Kontrolle der Transkripte oder bei der Korrektur dieses Textes unterstützt. Frau Christine Steinbach hat die Formatierung und Endkorrektur des Manuskriptes übernommen und den Text in eine druckreife Form gebracht. Wir danken ihnen allen ganz herzlich für die wertvolle Unterstützung.
Jena, im Oktober 2006
Dorothea Alewell Sven Hauff
Katrin Bähring
Kirsten Thommes
Anne Canis
13
Teil A
Vorstellung des Forschungsprojektes und der Experteninterviews
1.
Einleitung: Die Nachfrage nach Personaldienstleistungen durch Unternehmen
Unter den Stichworten Outsourcing, Konzentration auf Kernkompetenzen und Gestaltung schlanker Unternehmen überprüfen Unternehmen seit längerer Zeit die Tiefe ihres Leistungsspektrums und verändern diese teilweise auch. Nachdem die damit angesprochenen Entscheidungen und Prozesse sich zunächst in erster Linie auf unterstützende Funktionen, wie z. B. die Betriebskantinen, den Fuhrpark sowie den IT-Bereich bezogen, rückten nach und nach auch solche Bereiche in den Fokus der Outsourcing-Diskussion, die näher an den Kernaktivitäten von Unternehmen liegen, z. B. der Finanzbereich des Unternehmens, Teile der Produktion oder Aktivitäten aus Forschung und Entwicklung. Mittlerweile hat dieser Trend auch den Personalbereich von Unternehmen erfasst: Für einzelne Personalfunktionen oder ganze Bündel davon wird überlegt, ob diese an externe Dienstleister vergeben werden können und sollen. Zugleich beobachten wir inzwischen ein recht ausdifferenziertes Angebot auf dem Personaldienstleistungsmarkt. Angefangen bei Beschaffungsdienstleistungen wie der Arbeitsvermittlung oder der Personalberatung, über Trainings- und Personalentwicklungsdienstleistungen sowie Beratung bei der Gestaltung von Lohnsystemen und betrieblichen Sozialleistungen bis hin zur Unterstützung bei der Freisetzung von Mitarbeitern durch Outplacementmaßnahmen sind die verschiedensten Teilfunktionen der internen Personalarbeit mittlerweile auch als extern erbrachte Dienstleistungen zu beziehen. Zudem werden klassische Personaldienstleistungen, wie die Zeitarbeit für einfach qualifizierte Arbeitskräfte, in Bereiche hoch qualifizierter Arbeitnehmer, z. B. in der Forschung und Entwicklung, ausgedehnt. Neben Zeitarbeitsunternehmen, die sich auf diesem Segment spezialisieren, bieten Interimsmanager und Interimsmanagementagenturen hoch qualifizierte „Managerarbeit auf Zeit“ und deren Vermittlung an. Einzelne Unternehmen lagern gleich ihre gesamte Personalabteilung aus dem Unternehmen aus und lassen sie als selbständige Anbieter von Personaldienstleistungen auf dem Markt agieren, während andere Unternehmen über die Bildung
14 von Shared Service Centern mit anderen Unternehmen und somit über ein „Outsourcing der Personalarbeit im Verbund“ nachdenken. All diese Entwicklungen machen es unübersehbar: Der Trend, über Outsourcing nachzudenken und die Leistungstiefe zu optimieren, hat mittlerweile auch die Personalbereiche erfasst. Auch in Personalabteilungen und Geschäftsführungen werden nun Entscheidungen für oder gegen das Outsourcing von (mehr oder weniger großen) Teilen der Personalarbeit getroffen. Trotz einer sehr breiten, kaum noch überschaubaren Literatur zum Outsourcing bzw. zu Eigenfertigungs-Fremdbezugsentscheidungen allgemein oder auch speziell im Personalbereich (vgl. stellvertretend für viele andere Arbeiten z. B. Aubert/Rivard/Patry 1996, Ang/Cummings 1997, Poppo/Zenger 1998, Klaas/McClendon/Gainey 1999 und 2001, Meckl 1999, Matiaske/Kabst 2001, Mellewigt/Kabst 2003, Vosberg 2003, Cooke/Shen/McBride 2005, Galanky/Papalexandris 2005, Klaas/Gainey/McClendon/Yang 2005, Sako 2005) wissen wir derzeit noch vergleichsweise wenig über die konkreten Inhalte der Entscheidungskalküle, die Gewichtung verschiedener Entscheidungskriterien und über die Prozesse, die dazu führen, dass bzw. ob Outsourcing im Personalbereich von den Entscheidungsträgern überhaupt als zu prüfende Alternative angesehen wird. Dieses Buch möchte einen Beitrag dazu leisten, an der Schnittstelle zwischen Theorie und Praxis einige dieser Wissensdefizite abzubauen. Im Mittelpunkt des Hauptteils stehen die Ergebnisse von knapp 50 Experteninterviews, die wir zur Nachfrage von Unternehmen nach Personaldienstleistungen, zu den diesbezüglichen Entscheidungskalkülen der Entscheidungsträger, den Auslösern der Entscheidung sowie den erwarteten Wirkungen von Eigenfertigung und Fremdbezug im Personalbereich geführt haben. Der Hauptfokus des Buches liegt auf der ausführlichen Dokumentation der Ergebnisse der Experteninterviews und erlaubt einen vertieften Einblick in die Denkwelt der von uns interviewten Experten. Das umfangreiche - und wie wir meinen, auch sehr interessante - Material aus diesen Interviews soll einer breiteren Öffentlichkeit auch außerhalb unserer Forschungsgruppe zugänglich gemacht werden. Die Aussagen der Experten werden dabei sehr breit präsentiert, um einerseits den Lesern den Zugang zu den zentralen Argumentationsmustern der Experten zugänglich zu machen, und um andererseits die Vielschichtigkeit und Heterogenität der Argumentation angemessen verdeutlichen zu können. Wir hoffen, damit nicht nur einen Beitrag für die Praxis leisten zu können, indem alle mit dem Feld der Personaldienstleistungen befassten Ak-
15 teure Einblick in Argumente ihrer KollegInnen und GeschäftspartnerInnen gewinnen können. Gleichzeitig können die hier dokumentierten Aussagen und Informationen ggf. auch andere Forschungsprojekte befruchten, indem sie als Anregung und explorativer Anstoß dienen können, bestimmten Teilfragestellungen hinsichtlich der Nachfrage nach Personaldienstleistungen vertieft nachzugehen. Schließlich unterliegen Interviewergebnisse immer einer gewissen Interpretationsoffenheit. Die auszugsweise Offenlegung des Materials kann einen Beitrag dazu leisten, dass andere, ggf. auch konkurrierende Interpretationen möglich werden und das reichhaltige Material nicht nach einmaliger Nutzung bei der Fortentwicklung unserer Theorie in unseren Schubladen verstaubt. In diesem Buch sind zudem Auszüge aus einem Theorieentwurf enthalten, in welchem der Prozess der Entscheidung über die Nachfrage nach Personaldienstleistungen beschrieben und erklärt wird. Es geht uns mit dieser Dokumentation der Ergebnisse der Experteninterviews jedoch nicht zentral darum, einen Theorieentwurf zu präsentieren und an den Aussagen der Experten zu überprüfen. Dies wäre angesichts des partiell explorativen Charakters der Interviews, angesichts der nicht-repräsentativen Auswahl der Experten und angesichts der im Verhältnis zur Zahl der Interviews recht großen Zahl unterschiedlicher Personaldienstleistungen 1 ohnehin ein wenig fruchtbares Unterfangen. Vielmehr verwenden wir unseren Theorieentwurf zur Nachfrage nach Personaldienstleistungen in diesem Buch mit einem viel geringeren Anspruch, nämlich als „Strukturierungshilfe“: Um sich in der Fülle des Materials und der unterschiedlichen Aussagen nicht zu verlieren, wird ein klarer roter Faden benötigt. Diesen liefert unser Theorieentwurf. Jeweils zu Beginn eines neuen Hauptabschnitts werden daher Auszüge aus der Theoriekonzeption präsentiert, um dessen Elemente zur Gliederung des empirischen Materials zu verwenden. Im Einzelnen ist dieses Buch wie folgt aufgebaut: Die beiden folgenden Abschnitte in Teil A enthalten weitere grundlegende Informationen. In Abschnitt 2 präsentieren wir einige weitere Informationen zu unserem Forschungsprojekt und dem Gesamtkontext, in dem die hier dokumentierten Interviews entstanden sind. Abschnitt 3 enthält methodische Erläute-
1
Vgl. weiter unten im Text zu der Durchführung der Interviews, wo genaue Angaben zu den Experten und der Zahl der Interviews gemacht werden sowie bei der Beschreibung des Forschungsprojektes weitere Hinweise dazu, welche Personaldienstleistungen wir untersucht haben.
16 rungen zur Durchführung der Experteninterviews und Informationen zu den befragten Experten. Teil B bildet mit der - entlang des Theorieentwurfs strukturierten - ausführlichen Dokumentation der Expertenaussagen den eigentlichen Hauptteil des Buches. Abschnitt 1 behandelt die Frage, welche Faktoren Auslöser einer Entscheidung über Make-or-Buy im Personalbereich sind. Abschnitt 2 dokumentiert die Aussagen der Experten zur Abbildung der Handlungssituation, insbesondere zur Wahrnehmung der Entscheidungsträger hinsichtlich der realisierbaren Handlungsalternativen. In Abschnitt 3 werden die Wirkungserwartungen der Entscheidungsträger behandelt. Damit stehen im Mittelpunkt dieses Kapitels die Inhalte des Entscheidungskalküls der Unternehmen. Im empirischen Teil werden zunächst Qualitätswirkungen (3.2.1.) und Know-How-Wirkungen (3.2.2.) sowie Stakeholder-Wirkungen (3.2.3.) gegenüber der Belegschaft, dem Betriebsrat, den Kapitalgebern und sonstigen Stakeholder-Gruppen wie den Kunden, den Wettbewerbern und der Öffentlichkeit behandelt. Anschließend werden Aussagen der Experten zu monetären Wirkungen (3.2.4.) und zu Wirkungen rund um das Management der Beziehung zum Dienstleister, sog. Transaktionskostenwirkungen (3.2.5.), präsentiert. Abschnitt 4 enthält schließlich die Überlegungen zu solchen Einflussfaktoren, die zu zwischen den Unternehmen differierenden Wirkungserwartungen und damit möglicherweise auch zu unterschiedlichen Make-or-Buy-Entscheidungen im Personalbereich beitragen können. Teil C enthält eine kurze Schlussbemerkung und rundet das Buch ab mit Hinweisen auf das weitere Vorgehen im Rahmen unseres Forschungsprojektes.
17
2.
Das Forschungsprojekt „Die Nachfrage nach Personaldienstleistungen im Spannungsfeld ökonomischer und rechtlicher Determinanten“ - ein kurzer Überblick
Die in diesem Buch dokumentierten Interviews wurden im Rahmen eines von der Deutschen Forschungsgemeinschaft finanzierten, nicht-kommerziellen Forschungsprojektes zum Thema „Die Nachfrage nach Personaldienstleistungen im Spannungsfeld ökonomischer und rechtlicher Determinanten“ geführt. In diesem Projekt wird die Nachfrage nach Personaldienstleistungen durch Unternehmen theoretisch und empirisch untersucht. Es ist als betriebswirtschaftliches Teilprojekt B5 eingebunden in den Arbeitsmarktschwerpunkt des Sonderforschungsbereiches 580 der Universitäten Jena und Halle, der unter dem Generalthema „Gesellschaftliche Entwicklungen nach dem Systemumbruch. Diskontinuität, Tradition und Strukturbildung“ steht. 2 Unter Personaldienstleistungen verstehen wir allgemein das durch externe Dienstleister erstellte Pendant zu unternehmensintern erstellten Personalfunktionen. Im Projekt wird die ganze Bandbreite an Personaldienstleistungen untersucht – angefangen bei der Zeitarbeit, über Interimsmanagement, Unternehmensberatung, Personalberatung, Arbeitsvermittlung und Outplacement bis hin zu Lohn- und Gehaltsabrechnung, externen Personalentwicklungs- bzw. Trainings- und Weiterbildungsdienstleistungen und der arbeits- und sozialrechtlichen Beratung. Wir gehen davon aus, dass die Nachfrage nach Personaldienstleistungen auf einer Make-orBuy- bzw. Eigenfertigungs-Fremdbezugs-Entscheidung hinsichtlich der Personalarbeit der Unternehmen basiert. Eine zentrale Grundidee des Forschungsprojektes lautet, dass hinter den Nachfragentscheidungen hinsichtlich einzelner Personaldienstleistungen - bei aller Unterschiedlichkeit der einzelnen Bereiche 3 - ein gemeinsames, übergreifendes Raster an Wir-
2
3
Weitere Informationen zum Sonderforschungsbereich sind zu finden auf der Homepage des SFB 580, vgl. www.sfb580.uni-jena.de. Ein wichtiger Unterschied zwischen den Personaldienstleistungen besteht hinsichtlich des Einsatzes externen Personals im nachfragenden Unternehmen. Während bei der Zeitarbeit und dem Interimsmanagement - und in vielen Fällen auch bei der Unternehmensberatung - der Einsatz externer Kräfte direkt im Unternehmen ein wichtiger Teil der Dienstleistung ist, ist dies für die anderen Personaldienstleistungen
18 kungserwartungen und Kriterien steht, welches für diese Make-or-Buy-Entscheidungen der Unternehmen relevant ist. Unsere Untersuchung zielt auf die Erfassung und Beschreibung dieses übergreifenden Sets an Entscheidungskriterien und Einflussfaktoren. Daher werden einerseits die Wirkungserwartungen der Unternehmen, andererseits die das Outsourcing hemmenden und fördernden Rahmenbedingungen und situativen Faktoren untersucht. Wir interpretieren die Make-or-Buy-Entscheidung als Entscheidung über das institutionelle Design der Personalarbeit im Unternehmen. Uns interessiert, unter welchen Bedingungen Unternehmen Teile ihrer personalwirtschaftlichen Aufgaben oder die gesamte Personalarbeit an externe Dienstleister bzw. über den Markt vergeben und wann sie dies nicht tun, sondern diese personalwirtschaftliche Funktionen unternehmensintern bzw. innerhalb des institutionellen Designs ihrer Hierarchie erstellen. Unser Fokus liegt damit nicht auf den Fragen, welche Personalfunktionen Unternehmen überhaupt benötigen oder in welchem Umfang bzw. mit welcher Intensität sie Personalarbeit betreiben und wie sie über diese Fragen entscheiden, sondern ob sie benötigte Personalfunktionen intern oder extern erstellen und warum sie dies tun. Diese Fragestellung wird insgesamt in einem von Mitte des Jahres 2004 bis Mitte des Jahres 2008 laufenden Forschungsprojekt untersucht, welches theoretische, qualitativ-empirische und quantitativ-empirische Projektphasen beinhaltet. Zunächst wurden im ersten Schritt auf der Basis einer Literaturauswertung und auf der Basis existierender Theorien zu Eigenfertigungs-Fremdbezugs-Entscheidungen theoretische Vorüberlegungen zu der Frage entwickelt, welche Elemente die Entscheidung über die Nachfrage nach Personaldienstleistungen durch Unternehmen beeinflussen. Diese Elemente wurden als Bausteine eines Theorieentwurfs verwendet (vgl. hierzu Alewell/Bähring/Thommes 2005a und 2005b, Alewell/Bähring/Canis/Thommes 2005). Im zweiten Schritt wurde dieser Theorieentwurf im Rahmen der hier vorzustellenden qualitativen empirischen Erhebung an der Praxis gespiegelt und damit einer ersten, noch stark explorativ geprägten empirischen Bewährungsprobe ausgesetzt. Das Ziel dieser qualitativen, leitfadengestützten, halbstandardisierten Experteninterviews bestand darin, unsere theoreti-
eher nicht der Fall. Hieraus können sich wichtige Unterschiede u.a. in den Wirkungserwartungen ergeben.
19 schen Vorüberlegungen zu den Einflussfaktoren auf die Nachfrage nach Personaldienstleistungen durch Unternehmen zu überprüfen, zu ergänzen und explorativ weiter zu entwickeln. Auf der Basis der Ergebnisse dieser Interviews wurde im dritten Schritt der Theorieentwurf modifiziert und verbessert (vgl. z. B. Alewell/Bähring/Canis/Hauff/Thommes 2005). Diese modifizierte Theorie wiederum bildet nun im vierten Schritt die Grundlage einer telefonischen Unternehmensbefragung (CATI-Befragung), in deren Rahmen im Sommer 2006 ungefähr 800 Personalleiter und Geschäftsführer zu der Nutzung oder Nicht-Nutzung von Personaldienstleistungen, ihren Wirkungserwartungen hinsichtlich Eigenfertigung und Fremdbezug im HR-Bereich und den weiteren Einflussfaktoren auf die Make-or-Buy-Entscheidung im Personalbereich befragt wurden. Mit ersten Veröffentlichungen zu den Ergebnissen der empirisch-quantitativen Untersuchung rechnen wir im Laufe des Jahres 2007. Wie hieraus deutlich wird, stellen wir in diesem Buch nur einen gewissen Ausschnitt unserer gesamten Forschungsarbeit zur Nachfrage nach Personaldienstleistungen vor, nämlich die Ergebnisse der qualitativ-empirischen Phase des Projektes mit den Experteninterviews.
3.
Die Experteninterviews – Konzeption, Durchführung und Auswertung
In diesem Abschnitt präsentieren wir einige Informationen zu den Experteninterviews. Wir werden zunächst erläutern, wer unsere Ansprechpartner in den Unternehmen waren und wie wir die Experten auswählten (3.1.). Anschließend wird die Konzeption der Interviews (3.2.), ihre Durchführung (3.3.) und die Transkription, Codierung und Auswertung (3.4.) beschrieben.
3.1.
Auswahl der Experten
Der Begriff Experte bezeichnet eine Person, die aufgrund langjähriger Erfahrung über spezifisches Wissen und Können im Bereich des jeweils untersuchten Themas, hier also über Erfahrungen mit der Nachfrage bzw. Nutzung (oder auch bewusster Nichtnachfrage bzw. Nichtnutzung) für mindestens eine der Personaldienstleistungen, verfügt (vgl. Mieg/Brunner 2001).
20 Die Auswahl der Experten erfolgte in dem vorliegenden Forschungsprojekt nicht nach dem Zufallsprinzip, sondern wurde auf der Grundlage inhaltlicher Überlegungen gezielt vorgenommen: Einerseits wurde, um ein breit gefächertes und umfassendes Bild der Erfahrungen mit unterschiedlichen Personaldienstleistungen auszuleuchten, eine heterogene Gruppe von Experten befragt, die insgesamt die ganze Palette der unterschiedlichen Personaldienstleistungen repräsentiert. Sie weisen Erfahrungen in den Bereichen Interimsmanagement, Zeitarbeit/Arbeitnehmerüberlassung, Arbeitsvermittlung, Personalberatung/Headhunting/Executive Search, Lohn- und Gehaltsabrechnung, Training/Weiterbildung/Personalentwicklung, Outplacement, Unternehmensberatung im HR-Bereich, arbeits- und sozialrechtlicher Beratung oder dem Komplett-Outsourcing der Personalarbeit auf. Obwohl im Mittelpunkt des Forschungsprojektes die Frage steht, wovon die Nachfrage nach Personaldienstleistungen abhängt, haben wir uns andererseits bewusst entschlossen, nicht nur Experten der Nachfrageseite zu interviewen. Vielmehr bestand unser Expertenpool aus Personen, die sich mit Personaldienstleistungen als Anbieter, Nachfrager oder Mitglied eines Personaldienstleistungsverbandes im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit beschäftigen. Wir vermuteten, dass neben den Nachfragern nach Personaldienstleistungen gerade auch die Anbieter und Verbände ergiebige Aussagen zur Wirkungsweise der einzelnen Personaldienstleistungen machen können, da es zu ihren täglichen Aufgaben im Rahmen ihrer Vertriebs- und Marketingüberlegungen gehört, sich über die Faktoren, die die Nachfrage nach Personaldienstleistungen hemmen oder fördern, Gedanken zu machen. Zudem wissen sie aus den Verkaufs- und Beratungsgesprächen mit ihren Kunden, welche Argumente und Erfahrungen bei den Kunden als Nachfragern eine Rolle spielen. Im Idealfall ist so bei einem Experten von der Angebotsseite das Wissen über die Entscheidungen sehr vieler verschiedener Nachfrager, die bei diesem Experten als Kunden auftreten, in gebündelter Form vorhanden. Dieser Vorteil, mit einem einzigen Interview an „gebündelte Informationen“ über mehrere Nachfrager und möglicherweise auch über verschiedene Gruppen von Nachfragern zu bekommen, wird allerdings durch den Nachteil erkauft, dass die Anbieter und die Anbieterverbände eine andere, auch durch ihr Geschäftsinteresse geprägte und daher in der Regel
21 positivere Perspektive auf „ihre“ Dienstleistungen haben als die Nachfrager. Diese mögliche Differenz in den Sichtweisen sollten die LeserInnen unseres Buches stets im Kopf behalten, wenn im Folgenden die Aussagen der Experten präsentiert werden. Wir bemühen uns zwar bei der Darstellung der Ergebnisse, immer dort, wo es erkennbare Unterschiede zwischen den Aussagen der beiden Gruppen gibt, auf diese auch hinzuweisen. Aufgrund der höheren Anzahl an Interviews mit Experten von Anbietern und Verbänden überwiegt aber die Sichtweise der Anbieter in unseren Ergebnissen deutlich. Der (potentielle) Bias, der dadurch in den Aussagen hinsichtlich der Sichtweisen und Motiven der Nachfrager nach Personaldienstleistungen entsteht, lässt sich nicht umfassend kontrollieren. Trotzdem meinen wir, dass angesichts der umfassenden Informationen, interessanten Einschätzungen und teilweise sehr reflektierten Aussagen, die wir gerade auch von den Experten von Anbietern und Anbieterverbänden erhalten haben, diese Vorgehensweise auch ex post gerechtfertigt ist.
3.2.
Konzeption der Interviews
Um zentrale Denk- und vor allem Begründungsstrukturen der Experten hinsichtlich der Nachfrage nach Personaldienstleistungen erfassen zu können, wurden halbstandardisierte, leitfadengestützte Interviews durchgeführt (vgl. Schnell/Hill/Esser 2005, S. 322). Diese Form der qualitativen Analyse gewährt dem Interviewten die Möglichkeit, die überwiegend offenen Fragestellungen umfassend und ausführlich zu beantworten (vgl. Hopf 2000). Grundlage des leitfadengestützten Gesprächs ist eine Vorlage von zielorientiert ausgewählten Stichworten und Fragen, die sicherstellen sollen, dass im Verlauf des Interviews alle forschungsrelevanten Inhalte angesprochen werden. Die genaue Formulierung der Fragen sowie deren Reihenfolge sind nicht fest vorgegeben. Diese partiell „offene“ Gesprächsführung stellt wesentlich höhere Anforderungen an den Interviewer, als das bei voll standardisierten Befragungen der Fall ist. Halbstandardisierte Fragebögen sind gekennzeichnet durch einen relativ großen Handlungsspielraum der Beteiligten und gewährleisten eine höhere Variabilität der angesprochenen inhaltlichen Zielbereiche. Leitfadeninterviews werden in der empirischen Sozialforschung u.a. explorativ zur Hypothesenentwicklung eingesetzt. Im Gegensatz zu den Hypothesen prüfenden quantitativen Methoden werden in der qualitativen Forschung vorwiegend Hypothesen generierende
22 Verfahren eingesetzt, die spezifische Zusammenhänge präzisieren, modifizieren und überprüfen (vgl. Lamnek 2005, S. 21). Ziel der qualitativen Forschung ist die Sammlung umfassender Informationen, die ein möglichst breites Spektrum von Sichtweisen des oder der befragten Experten repräsentieren. Daher wird das qualitative Vorgehen bei der Theorieentwicklung bzw. -modifikation durch das Prinzip der Flexibilität und Offenheit in den Befragungen geleitet (vgl. Lamnek 2005, S. 20ff). Wie oben in der Einleitung schon deutlich wurde, wurden die Experteninterviews in diesem Sinne auch in unserem Forschungsvorhaben eingesetzt. Auf der Basis verschiedener theoretischer Ansätze wurden zunächst Bausteine eines Theorieentwurfs entwickelt. Aus diesen Bausteinen wurden dann Stichworte und Fragen an die Experten abgeleitet, mit denen einerseits die Relevanz der vermuteten Effekte hinsichtlich der Nachfrage nach Personaldienstleistungen durch die Unternehmen überprüft, andererseits aber auch möglicherweise übersehene oder falsch eingeschätzte Effekte untersucht werden sollten. Somit hatten die Experteninterviews einen partiell explorativen Charakter.
3.3.
Durchführung der Interviews
Die Kontaktaufnahme zu den Experten erfolgte schriftlich und telefonisch. Dem Anschreiben mit Angaben zu den Inhalten und Zielen der Befragung und einer Beschreibung des Charakters der Untersuchung wurde ein Flyer mit weiteren Informationen zum Forschungsprojekt und der Forschungsgruppe beigelegt. In den ergänzenden Telefongesprächen wurde der Experte noch einmal über die Inhalte und Ziele der Befragung informiert bzw. es wurden weitere Fragen dazu beantwortet. Deutschlandweit wurden insgesamt 49 leitfadengestützte Interviews geführt, davon 35 mit Experten der Angebotsseite (Anbieter und Verbände) und 14 mit Experten der Nachfrageseite. Der stärkere Fokus auf die Angebotsseite begründete sich - wie oben bereits erwähnt daraus, dass die Anbieter und Verbände dank ihrer Angebotsperspektive und der Kenntnis ihrer Kunden sehr breit antworten konnten, sehr bereitwillig an den Interviews teilnahmen sowie ausführliche und ergiebige Informationen zur Verfügung stellten. Zudem liegt in der im Anschluss an die Interviews folgenden quantitativen Untersuchung das Augenmerk ausschließlich auf der Seite der Nachfrager. Mit der Einbeziehung der Angebotsseite in dieser
23 Phase des Forschungsprozesses besteht die Chance, auch Einflüsse, die von der Angebotsseite auf die Nachfrageseite ausgehen, mit zu erfassen. Zwischen dem 1. Februar 2005 und dem 17. Februar 2005 wurden zunächst fünf interne 4 und dann auch vier externe Pretests mit Anbietern von Personaldienstleistungen durchgeführt. Nach der Durchführung der Pretests erfolgte eine gründliche Überprüfung des Interviewentwurfs. Da sich jedoch keine gravierenden Änderungen als notwendig erwiesen und weder die Vorgehensweise bei der Befragung noch die Inhalte des Leitfadens verändert werden mussten, konnten die Ergebnisse der externen Pretests in die Auswertung vollständig mit einfließen. Die Durchführung der qualitativen Unternehmensbefragung gliederte sich in zwei große Abschnitte (1. Welle und 2. Welle, vgl. Tabelle 1 auf der übernächsten Seite). In der ersten Welle wurden insgesamt 73 potenzielle Interviewpartner auf der Angebotsseite des Personaldienstleistungsmarktes, darunter 62 Experten von Anbietern und elf von Verbänden, kontaktiert. Von den 62 angeschriebenen Anbietern gehörten 28 großen, breit aufgestellten Personaldienstleistern an. Bei den anderen Anbietern handelte es sich um Spezialisten aus den Bereichen Unternehmensberatung, Outplacementberatung, Executive Search/ Headhunting/ Personalberatung, Interimsmanagement und Komplett-Outsourcing. Die Briefe der ersten Welle wurden am 17. Januar 2005 verschickt. Die Interviewtermine wurden im Folgezeitraum telefonisch vereinbart. Dabei wurden im Zeitraum vom 21. Januar 2005 bis zum 4. Februar 2005 insgesamt 16 Interviewtermine durch direkte Rückmeldung angeschriebener Experten (15 Anbieter, ein Verbandsexperte) auf unseren Brief hin vereinbart. Die Vereinbarung der 15 weiteren Termine (neun Anbieter, sechs Verbandsexperten) erfolgte durch eine zweite, diesmal telefonische Kontaktaufnahme zwischen dem 31. Januar 2005 und dem 14. Februar 2005. Die praktische Durchführung aller Experteninterviews auf der Angebotsseite erfolgte im Zeitraum zwischen dem 24. Februar und dem 9. Juni 2005. Bei diesen Interviews mit Experten von der Angebotsseite haben wir auch gezielt nach Hinweisen auf Experten von der Nachfrageseite gefragt, welche umfangreiche Erfahrungen mit der Nutzung oder auch der
4
Interne Pretests wurden mit den Mitarbeitern des Forschungsprojektes und anderer Lehrstühle und Forschungsprojekte an der Universität Jena durchgeführt.
24 bewussten Entscheidung gegen die Nutzung von Personaldienstleistungen haben. Einige der Anbieter haben uns daraufhin Ansprechpartner empfohlen, die wir im Folgenden kontaktiert haben. Auch diese Vorgehensweise haben wir gewählt, um eine genügend große Anzahl von Experten für Interviews zu gewinnen, die tatsächlich ausreichende Erfahrungen mit der Nutzung oder bewussten Nichtnutzung von Personaldienstleistungen haben. Im Rahmen der zweiten Welle wurden am 29. März 2005 Briefe und Flyer mit Projektinformationen an 31 mögliche Interviewpartner der Nachfrageseite verschickt. Davon sind insgesamt elf Anschreiben auf Empfehlungen durch Interviewpartner der Angebotsseite zurückzuführen. Auch die Interviewtermine der Nachfrageseite wurden telefonisch vereinbart. Sechs Interviewtermine mit Nachfragern wurden nach einer direkten Rückmeldung auf den ersten Brief hin in dem Zeitraum vom 30. März 2005 bis zum 8. April 2005 vereinbart. Acht weitere Termine konnten bei der zweiten, telefonischen Kontaktaufnahme im Zeitraum zwischen dem 11. April und dem 20. April 2005 vereinbart werden. Die Durchführung der Befragung der Experten von der Nachfrageseite erfolgte dann im Zeitraum zwischen dem 27. April und dem 14. Juni 2005. Von den interviewten Nachfragern arbeiteten sechs Experten in Unternehmen des Dienstleistungsbereiches, insbesondere im Bereich Kredit und Versicherung, sowie acht in Unternehmen aus dem Bereich Industrie bzw. Produzierendes Gewerbe. Es wird anhand der in der Tabelle 1 präsentierten Daten deutlich, dass die Teilnahmebereitschaft der Experten von Anbietern und Verbänden sowie der Nachfrager, die wir auf Empfehlung der Anbieter kontaktiert haben, wesentlich größer war als die Teilnahmebereitschaft der Experten von der Nachfragerseite, die ohne Empfehlung angeschrieben wurden. Unsere Vermutungen hinsichtlich der Gewinnbarkeit von Gesprächspartnern, die hinreichende Erfahrungen mit der Entscheidung über und der Nutzung von Personaldienstleistungen besitzen, haben sich also bestätigt. Darüber hinaus wird auch noch einmal deutlich, dass unsere Vorgehensweise bei der Auswahl der Experten hinsichtlich der Gewinnbarkeit von Gesprächspartnern durchaus ihre Berechtigung hatte. Allerdings werden, wie oben schon beschrieben, die Vorteile hinsichtlich der besseren Zugänglichkeit der Experten natürlich mit Selektionseffekten (hinsichtlich der durch die Anbieter empfohlenen Nachfrager) und mit (möglichen) Verzerrungen der Ergebnisse durch die – auch vom kommerziellen Aspekten
25 geprägte und vermutlich unter anderem auch auf Förderung der jeweils von ihnen angebotenen Dienstleistung gerichtete- Interessenlage der Anbieter bzw. Verbände erkauft. Tabelle 1: Kontaktierte und interviewte Experten auf Angebots- und Nachfrageseite
Angebotsseite:
Nachfrageseite:
Kontaktiert
Interviews
Verbände
11
7
Große, breit aufgestellte Personaldienstleister
28
10
Unternehmensberatungen Outplacementberatungen Executive Search/Personalberatungen Interimsmanager (-agenturen)
6 7 10 4
4 3 4 2
Komplett-Anbieter des Personalmanagement
7
5
Summe Anbieterseite:
73
35
Mit Empfehlung durch Anbieter insgesamt: Davon: Dienstleister (v.a. Kredit/Versicherung) Industrie/Produzierendes Gewerbe Ohne Empfehlung insgesamt: Davon: Dienstleister (v.a. Kredit/Versicherung) Industrie/Produzierendes Gewerbe
11
9
2 9 20
1 8 5
12 8
5 0
Summe Nachfragerseite:
31
14
Quelle: Eigene Erstellung Die Interviews wurden mit Zustimmung der Experten auf Tonband aufgezeichnet. 5 Mit der Durchführung der Interviews waren ein, teilweise auch zwei, wissenschaftlichen MitarbeiterInnen des Projekts betraut. Aus Ressourcengründen und um den Interviewer-Bias zu kontrollieren, führten insgesamt sechs MitarbeiterInnen des Projekts Interviews durch.
3.4.
Transkription, Codierung und Auswertung der Interviews
Die Interviews wurden vollständig transkribiert. Diese Transkription unserer Experteninterviews haben wir per Werkvertrag an einen externen Dienstleister übertragen, welcher entsprechend zur Einhaltung des Datenschutzes verpflichtet wurde. Zudem wurde dem Werk-
5
Bei den wenigen Interviews, bei denen entweder die Experten eine Aufzeichnung des Interviews auf Tonband ablehnten (1 Person) oder in deren Interviews es ein Problem mit einigen Sequenzen der Auf-
26 vertragnehmer lediglich die Datenbanknummer des Experten, nicht aber dessen Name, Position oder Arbeitgeber mitgeteilt. Die Kategorisierung bzw. Codierung und Auswertung der Interviews erfolgte mit der Analysesoftware MaxQDA (vgl. Kuckartz 1999). Die zur Auswertung heran gezogenen Kategorien bzw. Subkategorien (Codes) ergaben sich aus den theoretischen Vorüberlegungen und dem auf deren Basis erstellten Interviewleitfaden. Dabei wurden insbesondere die einzelnen Bausteine der Theorie, wie z. B. die Wirkungskategorien und die jeweiligen Einflussfaktoren, als übergeordnete Codes genutzt und im Codebaum abgebildet. Um anschließende Auswertungen zu erleichtern, wurden zudem die übergeordneten Codes in möglichst feine Subkategorien unterteilt. Das computergestützte Textanalyseprogramm MaxQDA kann zur systematischen Verwaltung der digitalen Daten des Projekts eingesetzt werden und unterstützt den systematischen Zugriff auf die Textstellen. Die analytische Struktur des Programms erlaubt flexible und komplexe Zugriffsmöglichkeiten auf einzelne oder mehrere Textpassagen (Text-RetrievalFunktion). Diese Funktion unterstützt die Auswertung qualitativer Interviewdaten, indem Ähnlichkeiten, Unterschiede und Verbindungen zwischen den Inhalten in verschiedenen Textpassagen gefunden werden können. Horizontale Retrievals erfassen Textsequenzen in einzelnen Interviews, während vertikale Retrievals über mehrere oder alle Interviews hinweg nach bestimmten Textsequenzen suchen. Dabei können beliebige Codekombinationen zur Suche miteinander verknüpft werden. Im Rahmen der einzelnen Interviews konzentrierten wir uns jeweils nur auf eine Personaldienstleistung und sprachen über die Entscheidung von Nachfragern bezüglich dieser Personaldienstleistung. Dabei wurde, wenn Alternativen bestanden, jeweils die Personaldienstleistung ausgewählt, mit deren Angebot oder Nachfrage die Experten besonders viel Erfahrung hatten bzw. zu der sie besonders viel sagen konnten. Wenn die Interviewdauer es zuließ, wurde am Ende des Interviews eine weitere Personaldienstleistung kontrastierend besprochen.
nahme gab (2 Fälle), schrieben wir parallel deren Aussagen mit und erstellten sofort im Anschluss an das Interview ein ergänzendes Gedächtnisprotokoll des Gesprächs.
27 Während des gesamten Studienablaufs wurde darauf geachtet, die Befragung der Experten sowie die Auswertung der Fragebögen unter möglichst standardisierten Bedingungen zu vollziehen und die allgemein anerkannten Gütekriterien qualitativer Untersuchungen (Kriterien der Validität) einzuhalten (vgl. Bortz/Döring 2002). Die Codierung und Auswertung der Interviewtexte wurde in mehreren Arbeitsschritten von zwei Personen unabhängig voneinander vorgenommen. Anschließend wurden die Codings von einem weiteren Projektmitarbeiter auf Übereinstimmung überprüft, um zumindest Hinweise auf mögliche Probleme mit der Intercoder-Reliabilität zu bekommen. Abweichungen wurde nachgegangen und die Codierung entsprechend überprüft. Erst danach begann die Auswertung der Interviews. Die Auswertung der Experteninterviews erfolgte wiederum in zwei Wellen durch die Projektmitarbeiter, die jeweils für verschiedene Themengebiete zuständig waren und somit die einzelnen Interviewtexte arbeitsteilig bearbeiteten. Zunächst erfolgte im Juli und August 2005 die Auswertung der Interviews mit Anbietern und Verbänden, im September und Oktober 2005 sodann die der Nachfrager. Aus diesen Auswertungstexten wurde dann nach Diskussion und gründlicher Überarbeitung der folgende Buchtext als Gemeinschaftswerk der Projektgruppe fertig gestellt. Damit auch bei der weiteren Verwendung von Zitaten aus den Interviews kein Rückschluss auf einzelne Experten möglich ist, haben wir die Namen der befragten Experten und die Namen der Unternehmen in den Transkripten codiert, indem wir ihnen jeweils einen Buchstaben und eine laufende Nummer zuwiesen. Die Buchstaben dienen dazu, Experten aus den verschiedenen Gruppen zu kennzeichnen: Experten von einzelnen Anbietern erhalten zur Kennzeichnung ein A, Experten von der Verbandsseite ein V und Experten von der Nachfrageseite ein N. Die nachfolgende laufende Nummer steht dann jeweils für einzelne Experten (z. B. A 1 oder N 12 kennzeichnen den Experten 1 von der Anbieterseite und den Experten 12 von der Nachfragerseite). Zusätzlich wurden die Abschnitte der einzelnen Interviews in den Transkripten durchnummeriert. Bei Zitaten wird neben der Kennzeichnung des Experten auch die Fundstelle in dem jeweiligen Interview mit angegeben (z. B. Abschnitt 14 in dem Interview mit Experten A 1 von der Anbieterseite: A 1, 14). Dort, wo es zur Wiedergabe von größeren Interviewausschnitten nötig ist, kennzeichnen wir zusätzlich die Aussagen der interviewten Experten mit „E:“, die Fragen bzw. Aussagen von Interviewern mit „I:“.
28 Zudem haben wir alle Textstellen, in denen Verweise auf andere Unternehmen erfolgen, mit denen die Interviewpartner als Kunden oder als Dienstleister zusammen arbeiten, anonymisiert, um die Wahrscheinlichkeit möglichst klein zu halten, dass Marktinsider Rückschlüsse auf die Interviewpartner bzw. deren Identität ziehen können. Solche Veränderungen unsererseits in den Interviewaussagen sind im Text durch eckige Klammern ([…]) markiert. Gleiches gilt für Auslassungen, die wir an einigen Stellen vorgenommen haben, um die Lesbarkeit der Schriftfassungen der Gespräche zu erhöhen. Solche Auslassungen haben wir für solche Teile der Aussagen eingefügt, die für die zentrale Aussage einer Textstelle keine Rolle spielen oder für Satzkonstruktionen, die zwar im mündlichen Gespräch gut nachvollziehbar waren, aber in der Schriftfassung der Interviews störend wirkten. Auslassungen unsererseits sind durch runde Klammern ((…)) gekennzeichnet.
29
Teil B
Theoretische Erwartungen und Ergebnisse der Experteninterviews zur Nachfrage nach Personaldienstleistungen durch Unternehmen
Wie bereits beschrieben, bauen unsere Interviews auf den theoretischen Vorüberlegungen zur Nachfrage nach Personaldienstleistungen auf, die wir in der Projektgruppe vorab erarbeitet hatten. In diesem Theorieentwurf haben wir verschiedene Bereiche des Entscheidungsprozesses der Unternehmen hinsichtlich der Nachfrage oder Nicht-Nachfrage nach Personaldienstleistungen erfasst. Im Folgenden geben wir zunächst einen Überblick über das Modell des Entscheidungsprozesses (Abschnitt 1), bevor wir dann in den folgenden Kapiteln dieses Hauptteils (Abschnitte 2 bis 5) die einzelnen Bausteine des Entscheidungsprozesses isoliert voneinander behandeln und jeweils die theoretischen Vorerwartungen und die diesbezüglichen Ergebnisse der Interviews vorstellen.
1.
Überblick über die Elemente des Entscheidungsprozesses
Bei der Entscheidung von Unternehmen über die Nachfrage nach Personaldienstleistungen bzw. das Outsourcing von Personalfunktionen handelt es sich um eine komplexe Fragestellung. Wir gehen daher davon aus, dass diese Entscheidungen nicht laufend getroffen werden, sondern dass es bestimmter Voraussetzungen bedarf, damit ein solcher Entscheidungsprozess ausgelöst wird. Solche Auslöser einer Entscheidung über die Nachfrage oder NichtNachfrage nach Personaldienstleistungen werden im folgenden Abschnitt 2 behandelt. Wird Entscheidungsbedarf hinsichtlich der Frage, wie und von wem Personalfunktionen erstellt und ggf. bezogen werden sollen, wahrgenommen, ist es trotzdem nicht eindeutig, welches Set an Handlungsalternativen die Entscheidungsträger in ihren Entscheidungsprozess einbeziehen. Während der eine Entscheider möglicherweise das Outsourcing von Personalfunktionen von Anfang an als nicht realisierbar ansieht, mögen andere Beteiligte sowohl die reine Eigenfertigung als auch den reinen Fremdbezug der Leistungen und verschiedene Zwischenformen für möglich halten und als zu prüfende Alternativen einschätzen. Wir vermuten, dass sich Entscheidungsträger in den Unternehmen hinsichtlich des Sets an (Handlungs- bzw. Entscheidungs-)Alternativen, welche in die Entscheidungsprozesse
30 eingehen, deutlich unterscheiden können. Diese Abbildung des Alternativensets durch die Entscheidungsträger wird in Abschnitt 3 behandelt. Erfolgt eine Abwägung zwischen mehreren Entscheidungsalternativen, stellt sich die Frage nach den Kriterien des Vergleichs. Hier kommen die erwarteten Wirkungen von „Make“ oder „Buy“ bzw. die erwarteten Wirkungen der unterschiedlichen Formen des institutionellen Designs der Personalarbeit in den Blickwinkel der Betrachtung. Diese erwarteten Wirkungen werden in Abschnitt 4 betrachtet. Wir vermuten, dass sich Unternehmen (bzw. die Entscheidungsträger in den Unternehmen) in den Wirkungserwartungen unterscheiden können. Subjektive und situative Faktoren, die solche Unterschiede in den Wirkungserwartungen bedingen können, werden in Kapitel 5 untersucht. Die folgende Abbildung fasst diese Überlegungen zum Entscheidungsprozess noch einmal zusammen. Sie kann zugleich als „roter Faden“ durch dieses Buch verwendet werden. Abbildung 1: Der Entscheidungsprozess im Überblick
Bedarf an personalwirtschaftlichen Funktionen
Subjektive Faktoren
Generierung des Alternativensets
Rahmenbedingungen und situative Faktoren
>1
Wirkungsset
Auslöser
Wirkungserwartungen
Entscheidung nach Abwägung der wahrgenommenen Wirkungen
=1 Verfolgung der einzigen „Alternative“
Quelle: Eigene Erstellung.
31
2.
Auslöser der Make-or-Buy-Entscheidung für die Personalarbeit
2.1.
Theoretische Erwartungen zu den Auslösern der Entscheidung
Entscheidungen über den Bezug von Personaldienstleistungen oder die interne Erstellung der Personalarbeit werden in den Unternehmen nicht laufend getroffen, sondern, so unsere Vermutung, insbesondere dann, wenn es einen Auslöser für eine solche Entscheidung gibt. Die Veränderung zentraler Situationsmerkmale kann ein solcher Auslöser sein. Diese kann auf verschiedenen Ebenen liegen: • Veränderung des Bedarfs an einzelnen oder mehreren personalwirtschaftlichen Funktionen • Veränderung von Grundsatzentscheidungen der Personalarbeit • Veränderung der personellen Zuständigkeit für die Personalarbeit Diese drei Gruppen von potentiellen Auslösern einer Make-or-Buy-Entscheidung in der Personalarbeit werden im Folgenden kurz dargestellt. 2.1.1.
Veränderung des Bedarfs an personalwirtschaftlichen Aktivitäten
Die Notwendigkeit, eine Entscheidung über die Durchführung einer oder mehrerer personalwirtschaftlicher Aufgaben zu treffen, entsteht für ein Unternehmen u.a. dann, wenn Personalbedarf und Personalausstattung des Unternehmens (oder einzelner Bereiche des Unternehmens) in ein Ungleichgewicht geraten. D.h. neue bzw. veränderte Bedarfe an personalwirtschaftlichen Teilfunktionen als Basis einer möglichen Entscheidung über deren Eigenfertigung oder Fremdbezug werden durch – extern oder intern hervorgerufene, quantitative oder qualitative, dauerhafte oder vorübergehende, vorhersehbare oder unvorhersehbare – Veränderungen entweder des Bedarfs an Personal und/oder der Ausstattung mit Personalressourcen ausgelöst. 6
6
Hierzu können auch rechtliche Veränderungen gehören, welche z. B. die Erfüllung bestimmter Personalaufgaben erforderlich machen.
32 Welche breite Palette an Faktoren dabei grundsätzlich als Auslöser der Entscheidung in Frage kommt, wird sofort deutlich, wenn man die Einflussfaktoren, die Personalbedarf oder Personalausstattung eines Unternehmens verändern können, näher beleuchtet: Der Personalbedarf eines Unternehmens, eines Betriebes oder einer Abteilung wird durch verschiedene Größen beeinflusst. Grundsätzlich lassen sich dabei primäre Determinanten und sekundäre Determinanten des Personalbedarfs unterscheiden (vgl. Kossbiel 1992). Als primäre Determinanten werden all jene Faktoren bezeichnet, die in direkter Form auf den Personalbedarf einwirken. Zu ihnen gehört erstens das Leistungsprogramm des Betriebes, womit die in einem Unternehmen zu erledigenden Aufgaben nach Art und Menge angesprochen sind. Zweitens wird der Personalbedarf durch die Arbeitsproduktivität der Arbeitnehmer und drittens schließlich durch die von einem Arbeitnehmer pro Periode zur Verfügung gestellte Arbeitszeit beeinflusst. Veränderungen des Personalbedarfs ergeben sich direkt aus der Veränderung einer oder mehrerer dieser primären Determinanten. Steigt das Leistungsprogramm eines Betriebes, ausgedrückt in benötigten Arbeitseinheiten pro Periode, so erhöht sich ceteris paribus (unter sonst gleichen Bedingungen) der Personalbedarf. Entsprechend führt eine Erhöhung der Arbeitsproduktivität und/oder der von den Arbeitnehmern pro Kopf und Periode zur Verfügung gestellten Arbeitszeit ceteris paribus zur Senkung des Personalbedarfs. Ob die ceteris paribus Bedingung jeweils erfüllt ist, muss im Einzelfall entschieden werden. So kann es beispielsweise sein, dass eine Verkürzung der Arbeitszeit, die für sich betrachtet zu einer Erhöhung des Personalbedarfs führen würde, aufgefangen wird durch eine dadurch bedingte Erhöhung der Arbeitsproduktivität, so dass insgesamt der Personalbedarf konstant bleibt. Neben diesen primären Determinanten gibt es noch eine Vielzahl weiterer Faktoren, die den Personalbedarf beeinflussen, dies aber nicht direkt, sondern vermittelt über die primären Determinanten. Zu diesen sog. sekundären Determinanten des Personalbedarfs gehören unter anderem folgende Faktoren: • Angebots- und Nachfrageverhältnisse auf den Faktormärkten, u.a. • Höhe der Lohnkosten, • Höhe der Rohstoffpreise, • Wettbewerbsintensität,
33 • Angebots- und Nachfrageverhältnisse auf den Absatzmärkten, u.a. • Wettbewerbsintensität, • Segmentierung der Absatzmärkte, • Marketingstrategien der Konkurrenten, • die verfügbare Produktionstechnologie, • die angebotene Produktpalette, • Organisation des Betriebes, • Qualität der hergestellten Produkte, • rechtliche Vorschriften und Regelungen. Eine Veränderung von sekundären Determinanten kann Veränderungen der primären Determinanten verursachen und somit den Personalbedarf eines Unternehmens indirekt beeinflussen, wodurch wiederum ein Ungleichgewicht zwischen Personalbedarf und Personalausstattung hervorgerufen und damit die Durchführung personalwirtschaftlicher Funktionen notwendig werden kann. Beispielsweise kann eine Verschärfung der Wettbewerbsintensität auf den Absatzmärkten des Unternehmens dazu führen, dass die geplante Absatzmenge sinkt und damit das Leistungsprogramm des Betriebes eingeschränkt werden muss, wodurch ceteris paribus der Personalbedarf des Unternehmens gesenkt wird. Hier entsteht z. B. der Bedarf, über die Verringerung des entstandenen Personalüberhangs nachzudenken und damit z. B. „intern durchgeführte“ Personalabbau-Varianten gegen Outplacement-Leistungen externer Anbieter abzuwägen. Veränderungen von Rechtsregelungen können über das Leistungsprogramm eine direkte Auswirkung auf den Personalbedarf haben, etwa wenn den Unternehmen durch den Gesetzgeber neue Dokumentations-, Kontroll- oder Meldepflichten auferlegt werden oder neue Gesetze die Berechnung von Löhnen, Gehältern und Sozialversicherungsabgaben etc. verändern. Zusammenfassend lässt sich also festhalten, dass Veränderungen der sekundären und primären Determinanten des Personalbedarfs Auslöser der Make-or-Buy-Entscheidung sein können, wenn sie zu einem Ungleichgewicht zwischen Personalbedarf und Personalausstattung führen. Neben den Veränderungen des Personalbedarfs können auch Änderungen der Personalausstattung die Make-or-Buy-Entscheidung hinsichtlich der Personalarbeit auslösen. Unter
34 der Personalausstattung eines Unternehmens verstehen wir das insgesamt zu einem bestimmten Zeitpunkt zur Verfügung stehende Personal. Wie beim Personalbedarf kann man auch hier zwischen verschiedenen Einflussfaktoren auf die Personalausstattung eines Betriebes unterscheiden: • Aktionsparameter der Personalausstattung sind solche Einflussfaktoren, über die Unternehmen in aller Regel auch kurzfristig direkt entscheiden können. Dazu gehören z. B. die Beschaffung von Personal und der Personalabbau in seinen unterschiedlichen Varianten, sowie Versetzungen, Beförderungen und die gezielte Schulung bzw. Weiterbildung von Personal. • Determinanten der Personalausstattung sind solche Einflussfaktoren, die von dem jeweiligen Unternehmen kurzfristig kaum bzw. nur in ganz engen Grenzen beeinflusst werden können und daher keine Aktionsparameter darstellen. Darunter fallen z. B. die Fluktuation oder die Fehlzeiten des Personals, aber auch die Veränderungen der Personalausstattung durch Alterungsprozesse, der Eintritt von Erwerbsoder Berufsunfähigkeiten oder das Auftreten von Berufskrankheiten. Veränderungen bei den Determinanten der Personalausstattung oder bei den Aktionsparametern können wiederum die Personalausstattung verändern und somit zu einem Ungleichgewicht zwischen Personalausstattung und Personalbedarf führen. Ähnlich wie beim Personalbedarf können auch diese Veränderungen der Personalausstattung vorhersehbar oder unvorhersehbar sein, sie können sich quantitativ oder qualitativ sowie dauerhaft oder nur temporär auswirken und unternehmens-externe oder unternehmens-interne Ursachen haben. Abweichungen von einer zuvor bestehenden Abstimmung bzw. Übereinstimmung zwischen Personalbedarf (PB) und Personalausstattung (PA) führen zu einem Bedarf an der Durchführung einzelner personalwirtschaftlicher Aufgaben, wie in der folgenden Abbildung gezeigt wird (vgl. Abb. 2). Je nachdem, ob das Ungleichgewicht eher quantitativer oder eher qualitativer Art ist und ob es eher vorübergehend bzw. temporär oder dauerhaft ist, können hierfür verschiedene Veränderungen der Determinanten und Aktionsparameter von PB und PA ursächlich sein und unterschiedlichen Bedarf nach der Durchführung bestimmter Personalfunktionen auslösen.
35 Abbildung 2: Personalbedarfs-Personalausstattungs-Ungleichgewichte Art des Ungleichgewichts
Voraussichtliche Dauer
PB>PA (PA
Temporär
PB↑: kurzfristige Auftragszuwächse PA↓: „Fehlzeiten“ durch Krankheiten, Urlaub, Mutterschutz, Elternzeit
Anpassung durch veränderten Personaleinsatz (z.B. Überstunden); Personalbeschaffung (mit befristeter Perspektive)
Dauerhaft
PB↑: neue Strategie, Produktdiversifikation PA↓: Kündigungen, Eintritt von Erwerbsunfähigkeit, Rente, Todesfällen
Personalbeschaffung (mit langfristiger Perspektive)
Temporär
PB↑: neue Qualifikationsanforderungen während eines Sonderprojektes (z.B. EUROEinführung, Börsengang)
Personalentwicklung, Personalbeschaffung mit (befristeter Perspektive)
Dauerhaft
PB↑: neue Qualifikationsanforderungen aufgrund der Implementierung einer neuen Produktpalette oder einer neuen Technologie
Personalentwicklung, Personalbeschaffung mit langfristiger Perspektive
Temporär
PB↓: kurzfristige Auftragsrückgänge PA↑: Fehlkalkulation bei der Personalbeschaffung, verlorene Kündigungsschutzprozesse, überraschende Rückkehr aus Elternzeit
Anpassung durch veränderten Personaleinsatz (z.B. Kurzarbeit, Überstundenabbau), Freisetzung (befristete Perspektive)
Dauerhaft
PB↓: Outsourcing von Aufgaben oder Unternehmensabteilungen, Prozessinnovation
Freisetzung, Personalabbau
Temporär
-----
----
Dauerhaft
PB↓: höhere Produktivität der vorhanden Mitarbeiter PA↑: in Folge von Personalentwicklungsmaßnahmen sowie durch spontane, ungeplante Lernprozesse oder Weiterbildung
Anpassung durch veränderten Personaleinsatz (z.B. Versetzung, Beförderung), Freisetzung
PB
PB) (quantitativ)
PBPB) (qualitativ)
Ausgelöster Bedarf an Personalfunktionen (Beispiele)
Bedarf an der Durchführung administrativer und konzeptioneller Aufgaben in der Personalarbeit (als direkte oder indirekte) Folgewirkung der PB-PA-Ungleichgewichte
PB>PA (PA
Mögliche Ursachen (Beispiele)
Quelle: Eigene Erstellung. Aus der Abbildung lassen sich verschiedene typische Situationen, die Auslöser für eine Make-or-Buy-Entscheidung im Personalbereich sein können, beispielhaft ablesen: Ist ers-
36 tens der quantitative Personalbedarf größer als die Personalausstattung, ergibt sich für ein Unternehmen unter gegebenen Umständen die Notwendigkeit, diesen zu decken. 7 In einer kurzfristigen Perspektive lässt sich die Lücke zwischen Personalbedarf und Personalausstattung durch einen veränderten Personaleinsatz, z. B. durch Überstunden, schließen. Eine weitere Möglichkeit wäre die Beschaffung zusätzlichen Personals, je nach voraussichtlicher Dauer des Ungleichgewichts mit einer kurz- oder langfristigen Perspektive. Demgegenüber kann zweitens der qualitative Personalbedarf höher als die Personalausstattung sein, d.h. es werden Qualifikationen benötigt, die von der eigenen Belegschaft nicht angeboten werden. Diese Diskrepanz kann beseitigt werden, indem entweder das vorhandene Personal entsprechend weitergebildet wird oder aber die erforderlichen Qualifikationen extern über Personalbeschaffung zur Verfügung gestellt werden. Schon hier erschließen sich allerdings Wechselwirkungen mit anderen Formen des Personalbedarfs-Personalausstattungs-Ungleichgewichts. So lassen sich einerseits einmal erworbenen Qualifikationen nur sehr schwer wieder „beseitigen“. Ist also der erhöhte qualitative Personalbedarf nur temporärer Natur, wird die Personalentwicklung der vorhandenen Belegschaft bei Rückgang des erhöhten Bedarfs zu einer qualitativen und quantitativen Überausstattung führen. Hier könnten temporäre Formen der „Personalbeschaffung“ wie z. B. die Einstellung befristeten Personals oder der Einsatz von Zeitarbeitnehmern, Interimsmanagern oder Unternehmensberatern die temporären Qualifikationslücken decken. Drittens kann es ein Auslöser für die Make-or-Buy-Entscheidung sein, wenn der quantitative Personalbedarf kleiner wird als die tatsächliche Personalausstattung. In der kurzfristigen Perspektive kann dieser Überhang ggf. durch einen veränderten Personaleinsatz, z. B. durch Überstundenabbau oder Kurzarbeit vermindert werden, bei gravierenden und langfristigen Personalbedarfsrückgängen allerdings wird häufig ein Personalabbau erfolgen müssen, der z. B. durch Outplacement begleitet werden kann und von daher eine Make-or-BuyEntscheidung auslöst.
7
Umgekehrt ergeben sich auch immer die Möglichkeiten den gestiegenen Personalbedarf zu senken, indem das Leistungsprogramm des Betriebes verändert wird, beispielsweise Aufträge storniert oder zeitlich verschoben werden oder Teile der Produktion ausgelagert werden. Da hier die personalwirtschaftlichen Teilfunktionen im Vordergrund stehen, soll diese Perspektive vernachlässigt werden.
37 Schließlich kann viertens die qualitative Personalausstattung größer als der tatsächliche qualitative Personalbedarf sein. Eine gesteigerte Produktivität bzw. eine Überqualifikation der Belegschaft kann einen veränderten Personaleinsatz erfordern (um beispielsweise freiwilliger Fluktuation vorzubeugen, wodurch wiederum die Personalausstattung betroffen wäre) oder sogar in der Freisetzung von Personal resultieren, wenn durch die Überqualifikation z. B. Unzufriedenheit entsteht oder Personalleerkosten zu tragen sind. In den bisherigen Konstellationen wurde der Einfluss veränderter Personalbedarfe sowie veränderter Personalausstattungen als Auslöser des Bedarfs nach operativen Aufgaben der Personalarbeit betrachtet. Personalbedarfs-Personalausstattungs-Ungleichgewichte können jedoch auch den Bedarf an konzeptioneller und administrativer Personalarbeit beeinflussen. So führen möglicherweise unternehmensexterne und interne Veränderungen dazu, dass die Personalstrategie und -politik neu justiert werden müssen oder die Etablierung eines Personalplanungssystems oder eines Personalcontrollingsystems sinnvoll erscheint. Ebenso können etwa häufige Bedarfsüberhänge die Entwicklung einer Personalmarketingstrategie erfordern, oder häufige unerwartete Unter- oder Überdeckungen des Personalbedarfs für die Einführung einer systematischen Personalplanung sprechen. Eine veränderte Personalausstattung kann zudem den Personalbedarf im Bereich der administrativen Aufgaben der Personalverwaltung verändern, weil die Mitarbeiterzahlen und die Art der abgeschlossenen Verträge sich stark verändern. Daher ist zusätzlich zu den oben bereits genannten Effekten zu beachten, dass die Personalbedarfs-Personalausstattungs-Ungleichgewichte auch Auslöser für den Bedarf nach konzeptionellen und administrativen Personalaufgaben sein und darüber mittelbar weitere Make-or-Buy-Entscheidungen auslösen können. Die bisher genannten Auslöser einer Make-or-Buy-Entscheidung können sowohl in der Personalabteilung eines Unternehmens als auch in anderen Aufgabenbereichen auftreten: In beiden Bereichen können Personalbedarfs-Personalausstattungs-Ungleichgewichte den Bedarf nach personalwirtschaftlichen Aktivitäten auslösen, um eine neue Abstimmung von Bedarf und Ausstattung aufeinander zu erreichen. Einige besondere, direkt aus der Personalarbeit stammende Auslöser für die Make-or-BuyEntscheidung in der Personalarbeit, werden im folgenden Abschnitt noch einmal gesondert aufgegriffen.
38 2.1.2.
Veränderung von Grundsatzentscheidungen und von Zuständigkeiten in der Personalarbeit
Auch ohne direkte Veränderungen in Personalbedarf oder Personalausstattung und ihrer Abstimmung aufeinander kann eine Make-or-Buy-Entscheidung hinsichtlich der Personalfunktionen von Unternehmen ausgelöst werden, wenn die Unternehmen Grundsatzentscheidungen hinsichtlich ihrer Personalarbeit neu treffen. Solche Grundsatzentscheidungen könnten z. B. darauf zielen, • die Rolle der Personalabteilung im Unternehmen neu zu justieren, • eine andere Gewichtung einzelner Personalfunktionen vorzunehmen, • die prioritären Zielgruppen der Personalarbeit zu verändern, • erstmalig bestimmte Instrumente der Personalarbeit einzuführen, oder • die Ziele der Personalarbeit neu zu definieren. Zu denken wäre hier beispielsweise konkret an die Umgestaltung von Beschäftigungssystemen hin zu High-Comittment-Systemen, die Umdefinition der Rolle der Personalabteilung im Unternehmen weg von einer reinen Verwaltungsabteilung hin zur Rolle als strategischer Partner oder Business-Partner der Geschäftsführung, die stärkere Beachtung von bestimmten, in der Zukunft knapper werdenden Fachkräftegruppen als Zielgruppen der Personalarbeit, die höhere Gewichtung der Personalbeschaffungs- und Bindungsfunktion angesichts demographischer Risiken oder die Neueinführung von Assessment-Centern und Personalbeurteilungsinstrumenten zur Unterstützung der Personalentwicklung. Durch solche Grundsatzentscheidungen kann das erforderliche Leistungsprogramm der Personalabteilung direkt verändert werden, wodurch auch ohne ein zuvor entstandenes Ungleichgewicht zwischen Personalbedarf und Personalausstattung direkt eine Make-or-Buy-Entscheidung im Personalbereich ausgelöst werden kann. 8 Ein wichtiger Auslöser solcher Grundsatzentscheidungen, aber daneben auch ein eigenständiger Auslöser der Make-or-Buy-Entscheidung für Teile der Personalarbeit, kann eine veränderte personelle Zuständigkeit für die Personalarbeit sein. Beispiele hierfür sind, dass die
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Teilweise wird ein – möglicherweise auch nur für die Zukunft antizipiertes - Personalbedarfs-Personalausstattungs-Ungleichgewicht wiederum ein Auslöser für solche neuen Grundsatzentscheidungen sein. Deren Auslösern wollen wir hier jedoch nicht weiter nachgehen.
39 Stelle des Personalleiters neu besetzt wird, ein neuer Geschäftsführer die Personalarbeit als Teil seines Geschäftsführungsbereiches mit übernimmt oder nach einer Fusion, Übernahme oder Umstrukturierung von Unternehmen(steilen) die Zuständigkeiten für Personalfragen neu geregelt werden. In solchen Fällen ist es gut vorstellbar, dass der oder die neue Zuständige für die Personalarbeit den Bedarf an personalwirtschaftlichen Aufgaben bzw. das personalwirtschaftliche Leistungsprogramm neu bestimmt, z. B. weil auf dem Hintergrund anderer persönlicher Erfahrungen, anderer Qualifikationen, einer anderen Situationswahrnehmung oder der neuen Unternehmensstruktur andere Lösungen als bisher sinnvoll erscheinen. In diesem Fall wird also das personalwirtschaftliche Leistungsprogramm ganz oder teilweise neu bestimmt, so dass einerseits grundsätzlich eine Make-or-Buy-Entscheidung über die Erstellung dieser Leistungen im Raum steht, andererseits wiederum hinsichtlich möglicherweise weiterer entstehender Ungleichgewichte zwischen Personalbedarf und Personalausstattung Bedarf an personalwirtschaftlichen Aktivitäten ausgelöst wird. Deutlich wird also zusammenfassend, dass es ein sehr heterogenes und breites Feld an Auslösern für die Make-or-Buy-Entscheidung von Unternehmen hinsichtlich ihrer Personalfunktionen gibt, weil sehr vielfältige Auslöser für den Bedarf nach der Durchführung personalwirtschaftlicher Aufgaben im Unternehmen existieren.
2.2.
Ergebnisse aus den Experteninterviews zu den Auslösern der Make-or-BuyEntscheidung
Die essentielle Bedeutung einer Veränderung bestehender Verhältnisse – oder in unserer Terminologie einer Abweichung von einem zuvor bestehenden Gleichgewichtszustand zwischen Personalbedarf und Personalausstattung – als Auslöser für den Bedarf nach bestimmten Personalfunktionen beschreibt ein Experte von der Angebotsseite wie folgt: „Es ist wie im normalen Leben. Wenn ich gesund bin, habe ich meistens keinen Veränderungsbedarf. Habe ich Probleme, zum Beispiel durch Wachstum, durch personelle Veränderungen, durch irgendwelche Sorgen, die ich im Unternehmen habe, entsteht ein Bedarf, dass ich ein Problem lösen muss. Dieses Problem, was ich lösen muss, – das heißt nicht ich, sondern der Kunde, – führt dazu, dass er anfängt nachzudenken, wie könnte ich es denn lösen“ (A 14, 13). Umgekehrt beschreibt er aus seiner Sicht als Anbieter, wie Phasen ohne deutliche Veränderungen einer solchen Make-or-Buy-Entscheidung eher entgegenstehen:
40 „Schwierig [ist], haben wir es festgestellt, genau die andere Rolle: ihm [dem Kunden] geht es prima, es ist alles in Ordnung und jetzt kommen wir und sagen, wir wissen es besser. Dann sagt er meistens, (…) was soll es, was habe ich davon. Es gibt nichts zu verändern, nichts zu optimieren. Und das sind solche Sachverhalte, die man sehr sorgfältig analysieren muss, bevor man sich auf solche Reisen macht, denn Reisen mit dem Hintergrund, der Kunde ist zufrieden, lohnen sich nicht“ (A 14, 13). Ein durch Personalbedarfs-Personalausstattungs-Ungleichgewichte hervorgerufene Bedarf an der Durchführung personalwirtschaftlichen Teilfunktionen kann nach unseren zuvor beschriebenen theoretischen Erwartungen verschiedene externe oder interne Ursachen bzw. Auslöser haben. 9 Da in den von uns geführten Interviews nicht nur Nachfrager von Personalfunktionen, sondern auch Anbieter und Verbände von Personaldienstleistungen Gesprächspartner waren und die Fragen stets in Zusammenhang mit der Nachfrage nach Personaldienstleistungen bzw. dem Outsourcing einzelner Personalfunktionen gestellt und beantwortet wurden, beziehen sich die Aussagen der interviewten Experten teilweise nicht allgemein auf den ausgelösten Bedarf nach der Erbringung einzelner Personalfunktionen, sondern häufig schon direkt auf die Nachfrageentscheidung nach einzelnen Personaldienstleistungen, also nur auf die „Buy-Alternative“. Diese Entscheidung wird aber, so vermuten wir, aus der Sicht der Nachfrager häufig auch mit der Berücksichtung der internen „Make“Alternative einhergehen. Zeitarbeit/Arbeitnehmerüberlassung Die „klassischen“ Ursachen zur Rekrutierung zusätzlichen Personals resultieren aus kurzfristigen quantitativen Veränderungen der Personalausstattung, wie z. B. durch Krankheiten, Urlaub, Schwangerschaften oder des Personalbedarfs durch Auftragsspitzen: „Die erste Motivation, so wie Zeitarbeit groß geworden ist weltweit: Urlaub, Schwangerschaft, Engpass“ (A 21, 15). „Die Kunden greifen auf Zeitarbeit zurück, klar, wegen der Personalspitzen, teilweise dann auch, um längere Krankheiten abzudecken, um Urlaubsbereiche abzudecken. Wobei diese beiden Bereiche, Krankheit und Urlaub, etwas nachgelassen haben (…) durch die konjunkturelle Lage (…)“ (A 23, 19). 9
Hierbei soll keines Wegs der Anspruch auf Vollständigkeit erhoben werden, da die vorliegenden Aussagen sich häufig nicht auf alle Dimensionen der Veränderung und auch nicht auf alle unternehmensstrukturellen Faktoren beziehen. Vielmehr wird quasi indirekt über die Prioritäten und Meinungen der Experten eine Selektion essentieller Bedarfsauslöser getroffen.
41 „(…) traditionell war der Einsatz von Zeitarbeitskräften geprägt dadurch, in Urlaubszeiten, kurzfristigen Krankheiten, Auftragsspitzen, kam mal kurzfristig ein Auftrag rein, der aktuelle Personalbestand reicht hier nicht aus, es lohnt sich aber nicht, jetzt für diesen einen Auftrag (...) fest neue Mitarbeiter einzustellen. Diese Einstellung ist zwar heute noch zum überwiegenden Teil vorhanden, das sind immer noch die Hauptgründe, aber verantwortungsvolle Personalentscheider gehen immer mehr dazu über, sich eine bestimmte Personalreserve zu halten“ (A 19, 10). „Das fängt ja damit an, dass der Kundenbetrieb Auftragsspitzen hat, (…) für die die eigene Personalressource nicht ausreicht. Dann greift man auf die Zeitarbeit zurück“ (A 24, 9). „Es geht beim Kunden hauptsächlich darum, kurzfristige Engpässe (...) aufgrund von Auftragsspitzen oder aufgrund von einem hohen Krankenstand (...) zu beseitigen, dass das Geschäft weiterläuft“ (A 27, 35). „Und dann eben die Flexibilität, das ist der entscheidende Punkt. Also wir machen es ganz bewusst, weil wir extreme Schwankungen haben. Also ich sag mal, wenn (…) [einer unserer wichtigen Auftraggeber] als Beispiel das Programm um zehn, fünfzehn Prozent absenkt, dann haben wir so ungefähr zehn bis fast fünfzehn Prozent weniger Beschäftigung. Das geht relativ eins zu eins durch. (…) Und da können Sie mit (...) Arbeitszeitflexibilisierung nicht mehr viel machen. Also müssen Sie einen relativ hohen Anteil haben an Mitarbeitern, die halt eben dann auch leicht zu entfernen sind oder zurückzuschicken sind“ (N 14, 21). „(…) das zweite schlagende Argument ist eben, das sind diese Sonderaufgaben, diese Projekte, die ich habe, ich muss zum Beispiel einmal im Jahr einen Jahresabschluss machen und zu der Zeit, wo ich den Jahresabschluss machen muss, habe ich drei Monate einen erhöhten Personalbedarf von einer Person, von zwei Personen, von drei Personen. Jetzt soll ich gucken, ob ich die irgendwo befristet her kriege oder was weiß ich, das geht überhaupt nicht, also hol ich mir die über die Zeitarbeit“ (A 25, 37). „Sie haben ein SAP A 3 Projekt, Sie wollen es implementieren, stellen fest, Sie haben 1500 Manntage Implementation. Durch Ihr eigenes Dach können Sie aber nur 700 darstellen. Was machen Sie? Sie gehen an den Markt, entweder durch ein Systemhaus, Freelancer oder halt der Problemlöser“ (A 21, 15). „Natürlich kann das auch passieren,(…) wenn ein Unternehmen beginnt, verstärkt Geschäfte zu akquirieren und nicht weiß, ob der Trend anhält, ob die Konjunktur weiter bleibt, ob sie besser wird, ob sie schlechter wird“ (A 25, 17). Es wird deutlich, dass sowohl antizipierbare als auch nicht antizipierbare Auftrags- und Personalbedarfsspitzen, denen keine entsprechende Veränderung der Personalausstattung ge-
42 genüber steht, der Auslöser für die Nachfrage nach Zeitarbeit bzw. die diesbezügliche Make-or-Buy-Entscheidung sein können. Interimsmanagement Die Notwendigkeit, vorübergehend Personal zu beschaffen, ohne dabei dauerhafte vertragliche Verpflichtungen einzugehen, kann aus einer gestiegenen Marktdynamik resultieren, durch die sich der Personalbedarf der Unternehmen temporär erhöht. „So die Dynamik ist einfach mittlerweile groß genug am Markt, dass so was [der Einsatz von Interimsmanagern, Anm. d. Verf.] permanent passiert. Also, je stärker so eine Marktdynamik ist, desto weniger ist man ja in einem gleichmäßigen eingeschwungenen Zustand und je öfter ist man in solchen Sondersituationen. Für Sondersituationen Leute fest anzustellen, ist in vielen Fällen Quatsch“ (A 6, 17). Typische interne Auslöser für den Bedarf nach der kurzfristigen Beschaffung höher qualifizierten Personals können dabei – ebenso wie bei der Zeitarbeit – auch altersbedingte Ausfälle sowie mehr oder weniger unerwartete bzw. plötzliche Ereignisse wie beispielsweise Kündigung, Krankheiten oder auch Unfälle von Mitarbeitern sein, durch die kurzfristige Vakanzen entstehen: „(…) die klassische Indikation für Interimsmanagement ist das Closed Gap, das heißt, sie haben heute einen Marketingleiter im Unternehmen, der (…) kündigt überraschend, erkrankt oder hat einen Unfall, und (sie) brauchen Ersatz“ (A 6, 17). „Der Manager, der wird ja nur für eine gewisse Zeit gebraucht. Nehmen sie an (…) der Vorstand entscheidet, der Aufsichtsrat entscheidet, dass der Finanzvorstand entlassen wird. Und Sie wissen ja, wenn dann solche Personalentscheidungen fallen, fallen die ja in aller Regel sehr schnell. Und die fallen dann meistens so schnell, dass derjenige, der den Job ausgefüllt hat, dass der am nächsten oder übernächsten Tag nicht mehr da ist. Und die Position ist dann zu besetzen“ (A 25, 57). „Wenn es darum geht, Vakanzen zu stopfen, gerade in kleinen bis mittleren mittelständischen Betrieben ist es häufig so, dass die Unternehmen Leute suchen, wenn wirklich eine Vakanz entsteht durch Unfall oder Tod. Gerade bei inhabergeführten Unternehmen ist es so, dass keine wirkliche zweite Führungsebene da ist“ (V 3, 21). Insbesondere zu Beginn von Wachstumsphasen, Implementationsphasen oder bei geplanten Strategiewechseln sowie bei der Erschließung neuer Produkt- oder Ländermärkte erhöht
43 sich temporär der Personalbedarf. Damit kann eine Entscheidung über den Einsatz des Interimsmanagement zur Deckung dieses Bedarfs ausgelöst werden: „Wenn ich Interimsmanager will, da such ich einen (…), der hemdsärmelig einen Neuaufbau macht von einer Niederlassung im neuen Land oder so was in einer völligen Start up Situation zurecht kommt, wo ich einfach sage, o. k., wenn der das aufgebaut hat, stell‘ ich meine normalen Mitarbeiter da wieder rein, die fest angestellt sind. (…) Es gibt aber mittlerweile auch eine Menge andere Indikatoren, und zwar immer, wenn (…) Unternehmen nicht im eingeschwungenen Zustand sind, das ist bei Mergers & Acquisitions, bei Fusionen, das ist bei der Einführung neuer Produktsparten, bei der Umstrukturierung von irgendwelchen Dingen, Aufbau neuer Vertriebskanäle, (…) beim Aufmachen von Niederlassungen in anderen Ländern, (…) auch da braucht man solche Leute, (…) die eine Verstärkung der Bestandsmannschaft darstellen, die man aber auch eben halt nur in diesen Changesituationen braucht“ (A 6, 17). „Das andere, der andere Bereich ist der, dass Sie sagen, ich führe neue Betriebsoftware ein. Ich will aber sicherstellen, dass das alles reibungslos funktioniert. Und bevor ich die in Betrieb nehme, möchte ich hier zwei, drei, vier, fünf Monate im Testbetrieb beide Systeme laufen haben. So und für den Zeitraum brauchen Sie Leute, die das machen. Da brauchen Sie Projektspezialisten und brauchen irgendjemanden, der das managt“ (A 25, 57). Ein weiterer Auslöser für die Entscheidung über den Einsatz von Interimsmanagern kann nach Angaben des Experten V 3 der Vertrauensverlust in das existente Management sein. Hier ist eine qualitative Diskrepanz zwischen Personalausstattung und Personalbedarf der Auslöser der Entscheidung: „Und wer auch viel Interimmanager einsetzt, das sind halt die Insolvenzverwalter. (…) Weil in dem Moment einer Insolvenz das alte Management in der Regel (…) nicht mehr das Vertrauen, weder von den Mitarbeitern noch von den Kapitalgebern, hat, das weiter fortzuführen“ (V 3, 63). Weiterhin kann die Entscheidung über den Einsatz externen Personals aus einer veränderten Werthaltung oder einem veränderten Kontrollbedürfnis von Vorständen oder Kapitaleigentümern resultieren, auf Basis derer sich der Personalbedarf erhöht: „Wobei es in der Regel andersrum gespielt wird, so, dass (…) Banken [oder] Bankenkonsortien, die als Kreditgeber fungieren in so einem Fall, sagen, also bitteschön, wir möchten hier bitte einen Interimsmanager im Controlling oder sonst irgendwie stellen, wir möchten hier jemand haben, der draufschaut (…). Also die Kontrolle eher dann halt von den Kreditgebern ausgeübt bzw. über so einen Interimsmanager ausgeübt [wird]“ (A 6, 29).
44 Die Auslöser für die Entscheidung über den Einsatz von Interimsmanagement fasst der Experte aus Verband V 3 über das Tätigkeitsspektrum eines Interimsmanagers zusammen: „Übernahme von Vakanzsituationen, Unfall, Krankheit, Tod, (…), Aufbau von Unternehmensteilen, Übergangslösungen oder eben auch Fachprojekte, wo man jemanden benötigt, der genau zu einem ganz bestimmten Thema Ahnung hat“ (V 3, 7). Eine kurzfristige Diskrepanz zwischen quantitativer und/oder qualitativer Personalausstattung in Relation zum veränderten Personalbedarf als Auslöser für die Nachfrage nach Interimsmanagement fasst ein Anbieter so zusammen: „Im Prinzip jede Veränderung kann dazu führen, dass ein Interimsmanager eingesetzt wird. Wenn (…) dazu die Manpower nicht da ist oder die Kompetenz nicht da ist, dann kommen in der Regel Interimsmanager zum Einsatz“ (A 7, 9). Arbeitsvermittlung Der Bedarf nach Beschaffung neuen Personals ergibt sich zunächst aufgrund der Verringerung der Personalausstattung durch die reguläre Alterung vorhandener Mitarbeiter und deren Verrentung. „Ein Ansatz ist, dass wir in unserer Organisation die Mitarbeiter beschäftigen, bis sie in Rente gehen. Das heißt also, ich kann natürlich in meiner Vorschau feststellen, wer in den nächsten fünf Jahren zum Beispiel aus Altersgründen das Unternehmen verlässt. Bei uns darf man bis zu seinem Renteneintrittsalter arbeiten. Und da muss ich natürlich rechtzeitig neues Personal zuführen“ (N 10, 13). Typischer Weise entsteht der Bedarf nach zusätzlichen Personal auch, wenn sich Unternehmen in einer Wachstumsphase befinden. „Der andere Aspekt ist, wenn ich natürlich andere Marktsegmente dazu gewinnen will, das kann ich nur, auch wenn ich meine Anzahl von Mitarbeitern dementsprechend verstärke“ (N 10, 13). Welche Personaldienstleistung genutzt wird, um einen erhöhten Personalbedarf und die resultierende Suche nach neuen Mitarbeitern zu bewältigen, kann von der zeitlichen und qualitativen Struktur der Aufträge eines Unternehmens abhängen: „(…) maßgeblich ist es die Auftragslage, ganz maßgeblich und da ist es natürlich davon abhängig, ist es ein temporärer Auftrag, den ich evtl. mit Überstunden oder Zeitarbeitskräften oder wie auch immer abdecken kann, oder ist es ein permanenter Auftrag vom Volumen her, dass ich mich halt verstärken muss oder dass der Auftrag so gelagert ist, dass ich halt die Qualifikation im externen Be-
45 reich nicht bekomme, dass ich mich also selbst kümmern muss“ (A 12, 19). Personalberatung/Headhunting Ähnlich wie bei den vorher beschriebenen Dienstleistungen entsteht der Bedarf der Personalbeschaffung durch Personalberatung bzw. Headhunting durch einen erhöhten Personalbedarf in Expansionsphasen oder durch eine Verringerung der Personalausstattung, wie z. B. durch das reguläre Ausscheiden älterer Arbeitnehmer. Neues Management-Personal wird dabei vor allem dann gesucht, wenn Probleme mit vorhandenen Mitarbeitern entstehen oder wenn in Folge von Unternehmensrestrukturierungen die vorhandenen Mitarbeiter nicht mehr geeignet sind für die neuen Aufgaben. „(…) eher Konflikte mit vorhandenen Managern in vorhandenen Strukturen oder Nichteignung der vorhandenen Manager für neue Strukturen“ (N 3, 15). Aber auch die Arbeit von Headhuntern selbst kann – über Abwerbung von Mitarbeitern – zu Lücken in der quantitativen und qualitativen Personalausstattung in spezifischen Funktionen führen: „Und wenn Sie an das Geschäft unserer Kollegen denken, dann sind die natürlich munter am Wühlen in unseren Kundenunternehmen. Und wenn die auf ein, zwei, drei Leute treffen im Vertrieb, die unzufrieden sind, dann holen sie die auch raus. Das wusste der Vertriebsgeschäftsführer aber nicht. Also er wusste schon irgendwie, die sind unzufrieden, meinte aber, er hat die an der Hand, und plötzlich sind die weg“ (A 1, 31). Umgekehrt kann der Auslöser von Make-or-Buy-Entscheidungen bezüglich der Personalbeschaffung auch die wahrgenommene Initiative von eigenen Mitarbeitern zur beruflichen Veränderung sein. Suchen diese nach Alternativen zu ihrer derzeitigen Beschäftigung, eröffnen sich potenzielle Defizite in der Personalausstattung. „Wenn ich mitkriege, dass es einen Mitarbeiter gibt in einer Topposition, der am Markt unterwegs ist, also sprich für sich selbst eine neue Herausforderung sucht, dann sollte ich prophylaktisch mir überlegen, und ich hätte jetzt intern keinen Kandidaten, was tu ich denn, wenn der geht. Kann ich einmal prophylaktisch sagen, lieber Headhunter, bitte (…) screen mir doch mal den Markt in [der] Stadt, ob du dort nicht jemand theoretisch hättest, kann auch sein, das nichts draus wird. Also da gibt es viele Möglichkeiten“ (N 2, 51).
46 Unternehmensberatung im HR-Bereich Der Bedarf nach Beratungsleistungen wird insbesondere dann ausgelöst, wenn sich Unternehmen in Krisensituationen befinden und dadurch sowohl strukturelle als auch qualitative Veränderungen notwendig werden. Verfügt dabei die vorhandene Belegschaft nicht über das erforderliche Wissen oder die notwendigen Qualifikationen, wird über den Einsatz eines Unternehmensberaters nachgedacht: „Ich glaube, es gibt immer zwei Gründe für Beratungsleistungen in diesem Bereich. Die eine Geschichte ist, man ist, wenn Sie so wollen, sehr ambitioniert, ja, das ist dann meist an bestimmten Managern festzumachen, (…) und die sagen einfach, wir können das beschleunigen. Die zweite Kategorie sind sicherlich Unternehmen, die eine bestimmte Unternehmenskrise haben und deswegen in kurzer Zeit große Veränderungen schaffen müssen, das ist auch ein typischer Fall. Und sonst gibt es, sagen wir, für die dann übrig bleibenden typischen oder middle of the road Unternehmen halt immer wieder den Bedarf, sich an einer punktuellen Stelle etwas zu besorgen, das sind aber dann meistens punktuelle Themen“ (A 15, 19). Darüber hinaus gilt eine neue oder veränderte Zielvorgabe durch die Unternehmensleitung als essentieller Auslöser für den Bedarf nach beratenden Tätigkeiten: „Also die holen uns (…) oder ein anderes Beratungsunternehmen normalerweise, wenn sie sagen, ich habe entweder ein Ertragsproblem, ein Kostenproblem oder wenn Sie so wollen, ein Organisationsproblem“ (A 15, 25). „(…) ein Unternehmen (…) hat einen Vorstand und hat einen Aufsichtrat, der anfängt zu drücken, ihr seid zu teuer, ihr müsst mehr Wirtschaftlichkeit bringen. Jetzt fangen die an, intern Lösungen zu organisieren. Und das zählt oftmals unter Personalarbeit, und dann ist das Unternehmen, beginnt mit sich selbst unzufrieden zu werden, weil es die Ansatzpunkte nicht findet, um diesen Auftrag des Vorstandes oder des Aufsichtsrates zu erfüllen“ (A 14, 13). „(…) wir holen uns nur externe Hilfe, bei sagen wir mal, Strukturmaßnahmen, größere Strukturmaßnahmen, da arbeiten wir mit Unternehmensberater. Wir haben jetzt Unternehmensberatung im Haus, wenn es darum geht, mal die Unternehmensstrategie festzulegen der nächsten Jahre. Dass man sich dann externe Hilfe holt“ (N 11, 11). Im Unterschied zu den zuvor betrachteten Personaldienstleistungen liegt der Auslöser hier also offenbar eher im Bereich eines qualitativen Personalausstattungs-PersonalbedarfsUngleichgewichts: Neue Aufgaben mit neuen qualitativen Anforderungen erfordern einen
47 qualitativen Input von außen. Dagegen werden quantitative Ungleichgewichte hinsichtlich der Entscheidung über den Einsatz von Unternehmensberatungen eher nicht genannt. Outplacement Der Bedarf nach Personalfreisetzung in Folge eines verringerten Personalbedarfs ergibt sich, wenn Unternehmen entweder aufgrund äußerer Veränderungen, wie zum Beispiel in allgemeinen Rezensionsphasen der Gesamtwirtschaft, oder aber aufgrund innerbetrieblicher Faktoren, wie Umstrukturierungsmaßnahmen oder die Einführung neuer Technologien, Personal abbauen. „Der Bedarf entsteht in dem Moment, wo die Notwendigkeit besteht, sich von Mitarbeitern zu trennen. Sei es im Einzelfall, sei es eine größere Restrukturierung. Und das ist zunächst erst mal der potentielle Bedarf“ (V 4, 23). Personalentwicklung Der Bedarf nach Weiterbildung von Mitarbeitern entsteht einerseits dann, wenn neue Mitarbeiter in ein Unternehmen eintreten und noch nicht über unternehmensinterne oder arbeitsplatzspezifische Qualifikationen verfügen. Nachfrager 19 führt dies am Beispiel der Kundenberatung im Bankwesen aus: „Das ist zum großen Teil wirklich eine Erstqualifizierung für die Aufgabe. Wenn jemand eine Berufsausbildung Bankkaufmann, Bankkauffrau absolviert hat, verfügt er ja noch nicht über alle Kenntnisse, die er braucht, um einen Privatkundenberaterplatz dann auszufüllen. Und da kommen dann einfach so bestimmte Bausteine, die derjenige absolvieren muss. Das macht also ein Privatkundenberater oder in jeder anderen Funktion der Mitarbeiter auch in den ersten anderthalb Jahren, die er in Funktion ist. Und dann später kommt sicherlich mal die eine oder andere Anpassung, wenn neue Programme eingeführt werden, das sind aber in der Regel Tagesveranstaltungen, die wir dann auch selbst machen“ (N 9, 21). Auch in Krisen-, Umbruchs- und Neuorientierungsphasen, in denen das Gleichgewicht zwischen Personalbedarf und Personalausstattung in quantitativer und qualitativer Hinsicht gestört wird, werden Make-or-Buy-Entscheidungen hinsichtlich der Personalentwicklung ausgelöst: „Also wir haben immer so die Erfahrung gemacht, dass unsere Dienstleistungen, also die PE, aber auch darüber hinausgehend, immer dann in den Fokus rückt, wenn es Probleme im Unternehmen gibt. Wenn alles läuft (…), dann sagt keiner, ich will Geld ausgeben für PE, weil dann läuft ja alles. Aber in Problemsituatio-
48 nen kommt das sehr oft. Das könnte zum Beispiel sein, dass gute Nachwuchskräfte aus der 2. Reihe abwandern. Die gehen nach drei Jahren, weil sie keinen Job, weil sie keine Beförderung kriegen im eigenen Unternehmen (…). Und damit bricht in manchen Unternehmen schnell mal ne kleine Abteilung zusammen. Das könnte so ein klassisches Problem sein, wie wir es immer wieder erleben. (…) Was auch passiert ist, dass wir angesprochen werden in Richtung PE, wenn Unternehmen sehr schnell wachsen“ (A 11, 11).
2.3.
Zusammenfassung
Wie die Ergebnisse aus den Experteninterviews zeigen, eignet sich das Modell des Personalbedarfs-Personalausstattungs-(Un-)Gleichgewichts gut für die Bestimmung von Auslösern für den Bedarf nach personalwirtschaftlichen Teilfunktionen und daraus potenziell resultierenden Make-or-Buy-Entscheidungen. Insgesamt werden im empirischen Material eine Vielzahl von externen oder internen Determinanten und Aktionsparametern beschrieben, die den Personalbedarf und die Personalausstattung quantitativ oder qualitativ beeinflussen. Insbesondere aufgrund extern oder intern hervorgerufener Veränderungen ergibt sich ein Ungleichgewichtszustand, der die Erfüllung personalwirtschaftlicher Aufgaben erforderlich macht. Aufgrund dieser Veränderungen kann ein neuer Bedarf entstehen, vor dessen Hintergrund eine Eigenfertigungs-Fremdbezugs-Entscheidung gefällt werden kann. Aus Sicht der Anbieter besteht daher insbesondere dann eine Chance, ein Unternehmen als Kunden zu gewinnen, wenn solche Veränderungen in dem Unternehmen auftreten und Entscheidungen über die Bewältigung des zusätzlichen Bedarfs an personalwirtschaftlichen Teilfunktionen auslösen. Unternehmen in „eingeschwungenem Zustand“, wie es einer unserer Experten ausdrückt, stellen daher keine potenziellen Kunden für die Anbieter dar.
3.
Das Alternativenset der Make-or-Buy-Entscheidung
3.1.
Theoretische Erwartungen zum Alternativenset
Wurde eine Entscheidung über die Deckung des Bedarfs an personalwirtschaftlichen Funktionen ausgelöst, so ist im nächsten Schritt zu fragen, welche Alternativen zur Deckung dieses Bedarfs die Unternehmen bei ihrer Entscheidung berücksichtigen. Da es am Markt mittlerweile ein breites Angebot an verschiedenen Personaldienstleistungen gibt, die im wesent-
49 lichen die ganze Palette von personalwirtschaftlichen Aufgabenfeldern abdecken (vgl. Tab. 2), kann grundsätzlich personalwirtschaftlicher Handlungsbedarf in der Regel entweder intern vom Unternehmen selbst realisiert werden oder durch externe Dienstleister gedeckt werden. Tabelle 2: Interne Erfüllung personalwirtschaftlicher Aufgaben und Personaldienstleistungen als Handlungsalternative Personalfunktion
Personaldienstleistung
Konzeptionelle und strategische Personalarbeit, z.B. Gestaltung von Lohnsystemen Gestaltung von Sozialleistungssystemen
Unternehmensberatung im HR-Bereich, z.B. Vergütungsberatung, Sozialleistungsberatung etc.
Operative Aufgaben Personalbeschaffung
Arbeitsvermittlung Personalberatung/Executive Search Zeitarbeit Interimsmanagement
Personalentwicklung
Externe Personalenwicklung Trainings- und Weiterbildungsdienstleistungen
Personalfreisetzung
Outplacementberatung Arbeitsrechtliche Beratung
Administrative Aufgaben der Personalarbeit
Externe Lohn- und Gehaltsabrechnung Externe Pflege der Personalakten Berichts- und Dokumentationsdienstleistungen
Quelle: Eigene Erstellung. Wie umfassend und breit allerdings das Set der Handlungsalternativen von den Unternehmen bzw. den Entscheidungsträgern bei ihren konkreten Entscheidungen definiert und abgebildet wird, und ob damit eine echte Entscheidung zwischen Eigenfertigung und Fremdbezug getroffen wird, hängt von einer ganzen Reihe von weiteren Faktoren ab. Hierzu gehören vor allen Dingen subjektiv geprägte Einflussgrößen beim einzelnen Entscheidungsträger, aber z. T. auch Rahmenbedingungen und situative Faktoren, welche die vollständige Wahrnehmung des grundsätzlich bestehenden Alternativensets einschränken können (vgl. Abb. 3).
50 Abbildung 3: Eigenfertigung und Fremdbezug als wahrgenommene Alternativen subjektive Faktoren Wissen Moden Werte
Rahmenbedingungen und situative Faktoren
Erfahrungen aus vorherigen Entscheidungsprozessen Routinen
Unternehmensumwelt
Liegt Kenntnis über mehr als eine Alternative vor?
Erscheint mehr als eine Alternative realisierbar?
JA
Wirkungsset
Generierung des Alternativensets
Unternehmen
Wirkungserwartungen
Personalmanagement
Entscheidung nach Abwägung der wahrgenommenen Wirkungen
NEIN Verfolgung der Alternative
Quelle: Eigene Erstellung. Grundlegende Voraussetzung einer Wahrnehmung von Alternativen ist erstens der Faktor Wissen über die Möglichkeit der Eigenerstellung oder der Fremdvergabe. Nur wenn die jeweilige Personaldienstleistung und deren Funktionen bekannt sind, kann die potentielle Fremdvergabe in Betracht gezogen werden. Zweitens können Moden sowie das Verhalten anderer Unternehmen/ Wettbewerber die Möglichkeit der Eigenerstellung oder des Fremdbezugs unterbinden, indem „unmodische“ Alternativen zugunsten der „modischen“ Alternativen kaum wahrgenommen werden. Drittens sind Werte und Einstellungen von besonderer Relevanz. So kann beispielsweise die persönliche Einstellung des Geschäftführers, nach denen die eigene Erstellung bestimmter personalwirtschaftlicher Teilfunktionen fest in seinen Wertvorstellungen verankert ist (z. B. Rekrutierung und Auswahl von Personal als „Chefsache“), eine mögliche Buy-Alternative bzw. den Bezug von Personaldienstleistungen von Anfang an gar nicht als Alternative erscheinen lassen. Demgegenüber könnten z. B. junge Entscheidungsträger, die sich von ihrem Selbstbild her auf moderne, marktbezogene
51 Instrumente der Unternehmensführung verpflichtet sehen, die Eigenerstellung als „zu traditionell“ oder „zu konventionell“ erachten, weshalb bei ihnen die Make-Alternative nicht ernsthaft in Erwägung gezogen wird. Viertens kann die Alternativenwahrnehmung durch Erfahrungen aus früheren Entscheidungsprozessen und deren Wirkungsbewertungen eingeschränkt werden. Waren beispielsweise die im Rahmen vergangener Outsourcingentscheidungen getätigten Erfahrungen überwiegend negativ, so kann dies die Wahrnehmung neuer Entscheidungssituationen in der Art beeinflussen, dass nur noch die Eigenerstellung von Personalarbeit in Betracht gezogen wird, während die alternative Fremdvergabe von Aufträgen bei der Entscheidung nicht mehr berücksichtigt wird. Schließlich können fünftens Routinen eine Wahrnehmung aller tatsächlich bestehenden Alternativen und die Abschätzung ihrer Konsequenzen unterbinden, da lediglich vorgefertigten Handlungsmustern gefolgt wird. Hier besteht ein enger Zusammenhang zu den im vorigen Abschnitt diskutierten Auslösern, da häufig der Eintritt von Situationsveränderungen bzw. Personalbedarfs-Personalausstattungs-Ungleichgewichten, die sich nicht mehr mit den eingespielten Handlungsroutinen bewältigen lassen, zu einem Nachdenken über NichtRoutine-Handlungen führen und Routinehandlungen in Frage stellen werden. Inwieweit eine Alternative als realisierbar erscheint, hängt neben diesen subjektiven Faktoren z. T. auch von bestimmten Rahmenbedingungen und situativen Faktoren ab. Aus der Unternehmensumwelt kann beispielsweise ein knappes Angebot am Arbeitsmarkt die Möglichkeit der eigenen Rekrutierung von Anfang an als nicht realisierbar erscheinen lassen. Entscheidend könnten zudem das Angebot sowie ggf. das Image einzelner Personaldienstleistungen sein. Sind diese entweder nicht verfügbar oder haben ein sehr negatives Image, so kann dies auch zu einem Ausschluss des externen Bezugs dieser Leistungen aus dem wahrgenommenen Alternativenset führen. Auf der Ebene des Unternehmens selbst kann insbesondere dessen Größe und Organisationsstruktur die Wahrnehmung der Alternativen zwischen Eigenfertigung und Fremdbezug beeinflussen. Ist beispielsweise in kleinen Betrieben niemand explizit mit der Personalarbeit beauftragt, so könnte einfach mangels Information über das Angebot an Personaldienstleistungen die Buy-Alternative gar nicht wahrgenommen werden. Größe und Wissen könnten
52 also hier voneinander abhängig sein. Weiterhin können Betriebsräte oder Aufsichtsräte die Wahrnehmung der jeweiligen Alternativen der Eigenfertigung bzw. des Fremdbezugs beeinflussen, etwa indem Headcount-Vorgaben des Aufsichtsrats oder der Kapitalgeber die Einstellung von Personal zugunsten der Nutzung von Zeitarbeit und Interimsmanagement als nicht realisierbar erscheinen lassen oder indem ein Betriebsrat grundsätzlich dem Einsatz von Zeitarbeit im Betrieb nicht zustimmt. Auf der Ebene des Personalmanagements können die (subjektiv eingeschätzten) Ressourcen und Fähigkeiten der Personalabteilung die Wahrnehmung der Alternative beeinflussen. Wird beispielsweise eine Personalabteilung als zur Erfüllung einer personalwirtschaftlichen Aufgabe nicht fähig eingeschätzt, kann dies dazu führen, dass die Möglichkeit der Eigenerstellung aus dem Alternativenset ausgeblendet wird, ohne dass die Kosten-NutzenWirkungen von Make und Buy gegeneinander abgewogen werden.
3.2.
Ergebnisse aus den Experteninterviews zur Abbildung des Alternativensets
Die von uns interviewten Experten nennen verschiedene Faktoren, die Einfluss auf die Abbildung des Alternativensets bei den Entscheidungsträgern haben. Diese lassen sich in zwei große Gruppen einteilen: subjektive und kulturelle Faktoren einerseits, Rahmenbedingungen und situative Faktoren andererseits. 3.2.1.
Subjektive Größen als Einflussfaktoren auf das Alternativenset
Inwieweit die interne Erstellung einer personalwirtschaftlichen Aufgabe sowie deren Vergabe an externe Anbieter tatsächlich als realisierbare Alternativen angesehen werden, hängt nach Ansicht der von uns befragten Experten vor allem von subjektiven Faktoren ab: „Ich glaube, es wird von Unternehmen zu Unternehmen verschieden sein. Der eine wird sagen, Abrechnung kann ich outsourcen, der nächste sagt, Mensch Abrechnung, ich glaube, so wie ich mit meinem Mitarbeiter umgehe, [ist der Lohn eine] wichtige Zahl, das halte ich mal lieber im eigenen Haus, das macht im Rahmen des sozialen Verhältnisses mit meinen Mitarbeitern, glaube ich, vielleicht einen hohen Vertrauensvorsprung, wenn ich die selber abrechne, als wenn ich die Abrechnung von einem Steuerberater am Ort machen lasse, wo dann vielleicht auch noch eine Mitarbeiterin dran setzt und die dann abends im Freundeskreis erzählt, wer wie viel verdient. Das sind ja alles Ängste. In der Regel sind Ängste Hemmnisse, Dinge outzusourcen. (...) Und diese Ängste sind nicht überall
53 gleich verteilt, sondern Unternehmer haben da durchaus unterschiedliche Gefühle. Der nächste sagt, also die Qualifizierung ist so wichtig für mich, die Art der Qualifizierung, (…) das kann ich gar nicht aus der Hand geben. Das ist so wichtig, so wichtig sind meine Produkte, die hier hergestellt werden, das traue ich keinem auf dieser Welt zu, besser zu sein als ich selber. Und der nächste wird wieder sagen, das ist das einfachste der Welt, der kriegt das beigebracht und der kriegt da noch bestimmte Standards und das kontrolliere ich, ob diese Standards eingehalten werden. Also geht dieser Teil der Personalentwicklung woanders hin. Deswegen wird es da keinen einheitlichen Trend geben. (...) Jeder wird da eine andere Einstellung haben. Es gibt auch Unternehmen, die bis heute der Ansicht sind, ich mache lieber alles selber, als es fremd zu vergeben. Und sie sind durchaus genauso erfolgreich wie ihre Wettbewerber. Es gibt eben auch welche, die sagen, nein, ich hol mir den Wettbewerbsvorteil dadurch, dass ich nicht mehr alles selber mache, sondern konzentriere mich zukunftgerichtet auf mein Kerngeschäft und da stecke ich meine ganze Energie rein, in Weiterentwicklung zum Beispiel. (…) Ob das dann immer eine Einzelperson ist oder ein Gremium, wie ein gesamter Vorstand oder eine Geschäftsleitung oder mehrere Abteilungsleiter, das sei dahingestellt. Aber es sind in der Regel dann irgendwann Menschen, tendenziell würde ich eher sagen eine Gruppe von Menschen, die sagen, wir treffen die Entscheidung, dies oder jenes auszulagern oder nicht auszulagern“ (A 22, 44-46). Im Folgenden werden die Ergebnisse zu einzelnen subjektiven Faktoren beispielhaft anhand deren Einfluss auf die Alternativengenerierung für einzelne Personaldienstleistungen vorgestellt. 3.2.1.1
Wissen
Ein entscheidender Faktor für die Wahrnehmung der Buy-Alternative ist zunächst das Wissen über die Dienstleistungen und ihre Wirkungen. Für die Arbeitnehmerüberlassung z. B. beschreiben die Experten folgende Zusammenhänge: „Also aus meiner Zeit noch, als ich selbst noch aktiv in der Zeitarbeitsbranche gearbeitet habe, war es im Prinzip so, es gab, vor allem die großen Unternehmen, die waren einfach informierter. Das heißt, ich glaube, Sie könnten heute noch bei vielen kleinen Firmen, kleinen und Mittelstandsfirmen nachfragen, sagt Ihnen Leiharbeit irgendwas, dann gucken die Sie großartig an und [sagen], na ja klar, so ein bisschen was. Aber die wissen gar nicht, was das ist. Viele haben auch regelrecht Angst davor, sich mit dieser Thematik auseinander zu setzen“ (N 12, 40). „Also ich persönlich bin der Meinung, dass, wenn wir einen Kunden im Vorfeld gut beraten und ihn auf die Dienstleistung aufmerksam machen, wie einfach und wie sicher sie auch ist, es ist ja ohne großes Risiko, dann können wir doch was bewegen in der Denkweise, nämlich zu sagen, o. k. ich versuche es einfach mit
54 Arbeitnehmerüberlassung, um mir eine gewisse Flexibilität zu erhalten oder überhaupt eine gewisse Flexibilität überhaupt zu bekommen. Und da leisten wir schon im Vorfeld eine ganze Menge Arbeit“ (A 20,13). „Na, das wissen manchmal die Firmen noch nicht, das versuche ich dann klar zu machen, dass es vielleicht interessant ist, über Zeitarbeit zu gehen. Weil ich der felsenfesten Überzeugung bin, dass Zeitarbeit die Zukunft werden wird, weil viele Firmen nicht mehr unbedingt gerne einstellen, die haben schlechte Erfahrungen gemacht. Jetzt gerade in der Rezession, die Leute zu entlassen, das ist den Firmen unangenehm“ (A 26, 27). Neben der allgemeinen Information über die Zeitarbeit gehört auch die Information bzw. die Informiertheit über die Produktpalette im Besonderen als wesentliche Voraussetzung zur Wahrnehmung als Alternative. „Das hatten wir selbst auch, wir haben auch erst vor vier Jahren hier angefangen, war eine meiner ersten Amtshandlungen. Man hat hier noch nie mit kaufmännischem Personal gearbeitet gehabt. Also man kannte Zeitarbeit (…) aus dem gewerblichen Bereich, aber kaufmännisches [Zeitarbeitspersonal]? Wie, das gibt es auch? Hab ich gesagt, ja, warum soll es kein kaufmännisches Personal geben, es gibt sogar Ingenieure, die dort bei diesen Firmen arbeiten usw. usw. Ja, dann probieren wir das doch einfach mal. So, und die Mitarbeiterin arbeitet heute bei uns (...). Weil man da gesehen hat, es gibt auch fähige kaufmännische Kräfte in Leihfirmen, die man dann auch einfach übernehmen kann, wunderbar, so. Und auch da sind wir in vielen Bereichen dran, dass wir halt Leiharbeiter einsetzen. Aber das ist auch eine Frage von Informiertheit“ (N 12, 42). Auch für die Unternehmensberatung als externe Möglichkeit der Unterstützung wird diese Rolle der Informiertheit für die Wahrnehmung der Buy-Alternative beschrieben: „Und diese Zeiten, diese Umbruchsituationen, die bei den Unternehmen, bei den Kunden anfängt nachzudenken, was könnte ich denn jetzt tun. Da kommen natürlich dann Überlegungskreise, die über den bisherigen Radius von ihm hinausgehen. Und auf einmal sagt er, da hab ich doch mal was gelesen, da hab ich mal davon gehört oder da hab ich die Idee, das können doch andere machen, ich will mich um meine eigenen Sachen kümmern. Das sind meistens die Punkte, wo ein Unternehmen anfängt nachzudenken und dann natürlich durch Literatur, durch Artikel, durch alle möglichen anderen Medienmöglichkeiten das Thema versucht zu handeln“ (A 14, 13).
55 Ebenso für die Outplacementberatung als noch relativ junger Dienstleistung wird dieser Zusammenhang zwischen Kenntnisstand und Abbildung des Alternativensets immer wieder beschrieben: 10 „Also die Frage ist, inwieweit wir den Bedarf erhöhen können durch (…) eine gewisse Marktpräsenz. Ein Stück weit schon, weil je bekannter die Dienstleistung geworden ist, desto mehr hat man sie eben in Trennungssituationen eingesetzt. (…) Also von daher ist immer so ein bisschen, wie viel Bedarf kann man generieren“ (A 9, 9). „(…) man denkt an eine Outplacementberatung nur, wenn man eine Trennungssituation hat (…) es entlässt keiner Mitarbeiter, weil er jetzt gerade von einem neuen Produkt gehört hat oder hoffentlich zumindest nicht. Aber ich denke schon, ob jemand in einer Trennungssituation darüber nachdenkt, eine Dienstleistung anzubieten oder das eben rein mit Geld oder gerichtlichen Auseinandersetzungen zu machen, das hat schon viel damit zu tun, ob er selber (a) die Dienstleistung kennt und (b) eben auch überzeugt ist, dass er damit für sich und das Unternehmen etwas Gutes tut“ (A 9, 13). „Das kann ich mir schon vorstellen, dass sehr versierte, sehr gut ausgebildete Personaler eher auf diese Dienstleistung zurückgreifen, weil sie aus anderen Branchen, aus anderen Unternehmen auch Erfahrungsberichte kennen, weil sie wissen, wie wirkt diese Dienstleistung, weil sie sich damit beschäftigt haben, das spielt bestimmt auch eine Rolle“ (V 4, 69). Gleiches gilt für das Komplett-Outsourcing der Personalarbeit, welches ebenfalls eine relativ neue Dienstleistung darstellt. Auch hier ist das Wissen über die potentielle Möglichkeit der Auslagerung der gesamten Personalfunktionen essentiell für die Wahrnehmung als Alternative. „Aber unser Hauptmotiv gegen Outsourcing ist, überhaupt erst mal auf die Idee zu kommen, dass man im Bereich Personal outsourcen kann. Weil so lange gibt es das noch nicht, das muss erst mal so überhaupt im Kopf drin sein. Wenn das im Kopf drin ist, wenn ich über Personalkomplett-Outsourcing nachdenke, dann ist die Wettbewerbssituation auch noch nicht so riesengroß, dann ist wirklich die Frage, ist regional jemand vorhanden, den ich auch sicher anfassen kann, der das macht und dem ich das zutraue. Das ist so der Hauptpunkt, den wir sehen“ (A 8, 43).
10
Implizit ist dies auch abhängig von der Organisationsstruktur und dem kulturellen Einfluss. „Internationalität ganz bestimmt, weil Outplacementberatung ein Instrument ist, das eher aus dem amerikanischen, angelsächsischen Raum kommt, das heißt also internationale Unternehmen werden eher zu diesem Instrument greifen“ (V 4, 61).
56 Deutlich wird in vielen Zitaten, dass die Anbieter diese Abhängigkeit der möglichen Nachfrage nach Personaldienstleistungen vom Wissen der Entscheidungsträger über die Dienstleistungen und ihre Wirkungen, insbesondere die positiven Wirkungen, sehen und gezielt als Ausgangspunkt für eigene Aktivitäten zur Steigerung ihres Umsatzes verwenden. Der Wissensstand der Entscheidungsträger und ihr davon beeinflusstes Alternativenset sind damit also nicht nur „exogene“ Größen, sondern werden teilweise gezielt beeinflusst. Es existieren also auch in dieser frühen Phase des Entscheidungsprozesses schon Zusammenhänge zwischen der Nachfrageseite und der Angebotsseite. 3.2.1.2
Moden
Auch Moden bzw. das Verhalten der Konkurrenz kann die Wahrnehmung des Alternativensets zugunsten der Buy-Entscheidung beeinflussen: „(…) dass man häufig als Unternehmensberater auch deshalb zu Aufträgen kommt, weil man, weil darüber berichtet wurde in der Presse, dass die Beratungsgesellschaft gerade bei der Konkurrenz war“ (V 2, 61). Dieses Zitat lässt sich einerseits so interpretieren, dass das Verhalten der Konkurrenz imitiert wird und damit Moden wirksam werden. Andererseits könnte auch ein anderer Hintergrund bestehen, nämlich dass sich der Entscheidungsträger erhofft, von dem Unternehmensberater Informationen über die Konkurrenz zu bekommen. 3.2.1.3
Werte
Inwieweit die Werthaltung der Entscheider bzw. die Unternehmensphilosophie die Wahrnehmung von Alternativen beeinflussen kann, zeigt eine Textstelle aus einem Interview zum Interimsmanagement: „Klar, hatten wir sogar [kurzfristige Vakanzen in oberen Hierarchieebenen; Anm. d. Verf.] und haben wir nicht besetzt über Interimsmanager. Ja, warum? Ist schwierig, ist ganz schwierig zu sagen, also ist einfach wahrscheinlich eine Philosophie zu sagen, o. k. (…) wollen wir [das] wirklich, da sind so viele Informationen vom Vorstand, vom Unternehmen, die da gebündelt zusammenkommen (…) [und] alles, was wir so in der Ebene haben Bereichsleiter, Abteilungsleiter, wird noch fest eingestellt“ (N 13, 68).
57 Der starke Einfluss der individuellen Persönlichkeit von Geschäftsführung oder Entscheidern auf oberen Ebenen wurde für die Nachfrage nach Personalberatung bzw. Headhunting betont: „Wo die Inhaber aber sehr alt sind, so ab 55 aufwärts, kommen wir schwierig rein“ (A 1, 17). „(…) das ist eine schräge Unternehmenskultur. Hat ein Inhaber irgendeine verquere Sicht von Dienstleistung, von Beratung. In der Regel sind die alle beratungsresistent, solche Leute, und dadurch ist es auch für das Management, das da drunter arbeitet, und für Spezialisten enorm schwierig. Gleichwohl sind das teilweise auch sehr erfolgreiche Unternehmen. Aber da sind wir dann eben nicht drin und da können wir auch keinen Prozess initiieren“ (A 1, 23). „Wer der Entscheider ist. Eigentlich treibt es das. Und bei, wenn Einzelpersonen entscheiden, dann ist eher die Frage, das kann bei Handelsunternehmen genau so sein, wie bei kleinen oder großen Unternehmen, dann ist eher die Frage, wie der persönlich tickt. (…) also ich spreche von dem Segment, in dem wir tätig sind, und in diesem Segment, glaube ich, ist es mehr davon getrieben, von der Fragestellung, ob die Entscheidung durch einen Einzelnen oder durch ein Gremium gefällt wird, und wenn es der Einzelne ist, wie der tickt“ (A 3, 3). Auch bei der Unternehmensberatung lässt sich die meist ausschlaggebende Rolle von Unternehmensleitern bzw. Entscheidern und ihren persönlichen Werthaltungen aus unseren Interviews heraus bestätigen: „Also kleine Unternehmen haben nach wie vor große Probleme, überhaupt sich mit Beratern anzufreunden, (...), das hängt auch mit der Unzulänglichkeit der Führung zusammen, nicht, dass sie natürlich als Patriarchen häufig als Führer vorne stehen im Unternehmen und sich ungern dabei beobachten lassen, sich fremden Rat (...) geben zu lassen, weil das ihr Ansehen in der Belegschaft nach ihrer Auffassung gefährdet. Das Gegenteil ist eigentlich der Fall. Von daher gesehen gibt es da sicherlich unterschiedliche Sichtweisen, und deshalb ist das in größeren Unternehmen eher ausgeprägt, dass die überhaupt Berater an Bord holen“ (V 2, 103). Ebenso für die Wahrnehmung der Outplacementberatung als Alternative zur eigenständigen Personalfreisetzung wird auf den Einfluss einzelner Entscheidungsträger verwiesen: „Aber tendenziell würde ich sagen, ist es keine Frage der Betriebsgröße oder der Struktur, sondern letztendlich ist es eine Entscheidung des Einzelnen, des Einzelnen, der sagt, ich setze durch, dass wir das in unserem Unternehmen machen. Das kann ein HR-Verantwortlicher sein, das kann jemand aus der Geschäftsführung sein, und [der] eben, ich sag mal, auch ein gewisses Wertesystem schafft, wo er sagt, darein eingebettet möchte ich eben auch diese Dienstleistung wissen.
58 Ich glaube, es wird stärker von Individuen geprägt, als jetzt von einer bestimmten Unternehmensgröße“ (A 9, 57). Dies gilt auch für das Komplett-Outsourcing der Personalarbeit: „Also ich habe schon den Eindruck, dass wir ein paar Jungdynamiker haben, die sagen, ich source aus, was outzusourcen geht. (…) Ich will auch kein Management-Know-How reinstecken, ich will mir das nicht selber aufbauen. Das ist modern, das will ich machen“ (A 8, 33). „Also ich denke es gibt gerade bei dem Mittelständler noch eine sehr stark patriarchalisch angehauchte Wirkungsweise, die sagt, ich will das bei mir haben und mein Mann oder meine Frau da haben, der will ich sagen, was sie zu tun hat, und nicht so einem Dienstleister“ (A 8, 47). „Ich denke, man muss das, was wirklich strategisch ist oder was entscheidend ist, dass muss man dann selbst machen, das sehe ich auch als Chefsache an, das kann man nicht dem Personaldienstleister aufhängen“ (N 7, 13). „Ich sehe das wirklich, das hängt (...) davon ab, wie man als Unternehmenslenker dazu steht“ (N 7, 97). Neben individuellen Werthaltungen können jedoch auch in der Unternehmenskultur verankerte Werthaltungen das Alternativenset prägen: „(…) es hat sehr viel, es hat sehr viel mit der Unternehmenskultur zu tun. Also diese Tatsache, was tue ich in dem Bereich, können Sie nie losgelöst von der Unternehmenskultur betrachten und wenn Sie Unternehmen haben, die im allgemeinen sehr verantwortlich mit Mitarbeitern umgehen, die sich sehr stark um die persönliche Entwicklung der Mitarbeiter kümmern, wird die Wahrscheinlichkeit höher sein, dass man diese eine Nutzenüberlegung auch eher in diesen Bereichen ansiedelt. [Denn], anders als bei anderen Dienstleistungen, können Sie bei der Outplacementberatung nicht (...) sagen, wir machen jetzt mal zwei Tabellen und dann schreiben wir mal auf, was kostet es, wenn Sie es nicht machen, und was kostet es, wenn Sie es machen, sondern es hat sehr viel mit Commitment und mit Kultur im Unternehmen zu tun“ (V 4, 59). „(…) ist sicherlich (…) auch die Kultur, ja, im Sinne von Unternehmertum, bin ich organisiert wie ein Mittelständler - oder von der Mentalität her wie ein Mittelständler - oder bin ich ein Großunternehmen, der sagt, ich kaufe auch Leistungen zu, ich mache nicht alles selbst. Ja. Mit anderen Worten, während die Großzahl der etwas größeren Unternehmen in Deutschland, aber auch in Europa, sagen wir, offen gegen solche Fragen im Einzelfall ist, gibt es in jeder Branche ein paar Unternehmen, die sagen, ich kaufe grundsätzlich nichts zu, ja, ich heuere grundsätzlich keine Berater, weil ich, das für mich eine Kulturfrage ist, ich will wissen, dass meine Führungskräfte diese Dinge selbst können, ja, und ansonsten tausche ich sie aus, aber mache das nicht. Das ist zwar eine Minder-
59 heit, aber das gibt es“ (A 15, 53). In den Textstellen wird aus unserer Sicht nachdrücklich dokumentiert, wie groß individuelle und subjektive Einflüsse auf die Wahrnehmung des Alternativensets sind. Jedoch ist auch zu konstatieren, dass in einigen Interviewstellen nicht ganz klar getrennt werden kann, ob schon die grundsätzliche Wahrnehmung des Alternativensets oder erst die Einschätzung der durch Make oder Buy ausgelösten Wirkungen von den genannten subjektiven Faktoren beeinflusst werden. Bei extrem positiven oder negativen Wirkungseinschätzungen wird vermutlich beides zusammentreffen: Aufgrund von sehr eindeutigen, bereits unabhängig vom konkreten Entscheidungsprozess bestehenden Wirkungserwartungen zugunsten der Makeoder der Buy-Alternative wird die jeweils schlechter bewertete Handlungsmöglichkeit gar nicht mehr als echte Alternative wahrgenommen. Diese Interpretation legen auch die folgenden Textstellen nahe, die sich auf die Erfahrungen mit dem Bezug von Dienstleistungen und ihren Einfluss auf das Alternativenset beziehen. 3.2.1.4
Erfahrungen
Die bisherigen Erfahrungen mit dem Einsatz der Dienstleistungen beeinflussen offenbar ebenfalls stark die Alternativenwahrnehmung. Dies gilt offenbar sowohl in die positive als auch in die negative Richtung. Gute Erfahrungen mit Dienstleistern führen dazu, dass die Buy-Alternative regelmäßig in der Entscheidung berücksichtigt wird oder diese sogar dominiert, schlechte Erfahrungen führen zu einer Konzentration auf die Make-Alternative. „(…) in Wirklichkeit ist es natürlich so, da, wo man gute Erfahrungen hat, das wiederholt man. Oder da, wo in einer Abteilung ein Externer das und das gut gemacht hat, denkt man in der anderen Abteilung, mach‘ ich es doch ähnlich. So sind Menschen. Also Lösungen, die funktionieren, macht man häufiger oder leicht modifiziert. Das heißt, ein Unternehmen, was gute Erfahrungen mit Externen macht, wird gerne weiter Externe nehmen oder vielleicht auch noch welche dazunehmen. (…) Bis es dann zu dem Punkt kommt, wo es schlechte Erfahrung macht, dann geht es wieder ein bisschen umgekehrt“ (N 1, 93). „Ich habe Klienten gehabt, die gesagt haben, ich habe vor 25 Jahren mit [ihrer Firma] gearbeitet, da ist was schief gelaufen, seitdem habe ich mit dem nicht mehr gearbeitet. Also die sind sehr nachtragend. Man ist sich so unheimlich nahe in dem ganzen Prozess, wenn da was schief läuft, dann ist man sich sehr, sehr lange sehr weit entfernt“ (A 3, 101). „Aber dann ist ein Erfahrungswert da. (...) Wenn die Erfahrungen schlecht wa-
60 ren, ist es oft so, dass er sagt, Outplacement macht keinen Sinn mehr, also es wird dann eben gerade, weil man noch nicht so differenziert Erfahrung sammeln konnte oder wollte, auch relativ pauschal geurteilt, ob das ein sinnvolles Tool ist oder nicht. Und die Ausdifferenzierung von einigen Anbietern [kann] dann leider gar nicht so zum Tragen kommen. Das ist das Schlechte eigentlich, dass jedes schwarze Schaf eben nicht nur den eigenen Markt, sondern den gesamten Markt ein Stück weit schädigt“ (A 9, 27). „Also ich glaube schon, dass ein Unternehmen, das per se gute Erfahrung gemacht hat, dass das Einbinden von Externen (…) für einen Betrieb lohnend ist. Wenn die per se gute Erfahrungen mit externen Dienstleistern gemacht haben, auch grundsätzlich aufgeschlossen sind, mit anderen Themen auch auf Externe zuzugehen. Umgekehrt stimmt [es] natürlich leider genauso. Ja. Wenn man eben schlechte Erfahrung gemacht hat, dass man dann sagt, nee, da müssen wir mit eigenen Bordmitteln ran“ (A 9, 61). 3.2.1.5
Routinen
Bestehende und gefestigte Routinen können dazu führen, dass potentielle Alternativen aus dem Wahrnehmungshorizont der Entscheider verschwinden. Ein Beispiel für die quasi automatisierte Verfolgung der Buy-Variante zeigt folgende Textstelle: „Auch ein wichtiger Aspekt ist, dass das in bestimmten Unternehmen schon selbstverständlich geworden ist, dass man für die Besetzung einer Schlüsselposition sich externer Hilfe bedient. Weil man weiß, man kann da Fehler machen. Je höher die Hierarchien sind, wenn ich heute einen Vorstand besetze und der ist eine Fehlbesetzung, da hab ich ein Riesenproblem im Unternehmen. Zugegebenermaßen das ist die oberste Führungsebene, das schwächt sich nach unten etwas ab, aber jede Fehlbesetzung bringt unheimlich Probleme im Unternehmen. Und da ist es heutzutage ab bestimmter Hierarchieebenen schon eigentlich selbstverständlich, da wird gar nicht mehr darüber nachgedacht, nehme ich jetzt einen Personalberater oder nicht, wenn ich ihn nehme, dann kostet der so und so viel Geld, sondern das wird teilweise schon als so eine Art Selbstverständlichkeit angesehen, dass wenn es um bestimmte spezifizierte oder auch von der Hierarchie in gewissen Ebenen stehende Position geht, dann ist es einfach eine Selbstverständlichkeit, dass man dann einen Personalberater nimmt“ (V5, 73). Umgekehrt können jedoch branchenübliche Gewohnheiten, eventuell vermittelt durch typische Betriebsgrößen und den vorherrschenden Führungsstil, das Alternativenset auf die Make-Variante einschränken und eine Rekrutierung von Personal mit Hilfe von Dienstleistern, hier über die Zeitarbeit, mehr oder weniger ausschließen. „(…) man muss vielleicht von den Branchen auch ausgehen. Im Handwerk ist es so, im Handwerk versucht man eigentlich selbst einzustellen. Der alte Handwer-
61 ker, dem das Unternehmen gehört, es ist sein Unternehmen, das sind seine Mitarbeiter, der hat eine sehr hohe soziale Verantwortung zu seinen Mitarbeitern. Je größer das Unternehmen wird, desto mehr entfernt man sich davon“ (A 24, 36). Die Frage, ob hier unterschiedliche Alternativenwahrnehmungen oder unterschiedliche Wirkungserwartungen, die dann zu anderen Entscheidungen führen, vorliegen, lässt sich anhand des Zitats nach unserer Einschätzung wiederum nicht ganz klar entscheiden, nach unserer Interpretation wird aber hier auch deutlich auf Üblichkeiten in bestimmten Bereichen verwiesen, die nicht hinterfragt werden. Diese Üblichkeiten werden möglicherweise durch unterschiedliche Wirkungen in verschiedenen Bereichen unterstützt und aufrechterhalten. Insgesamt dominiert in den Interviewaussagen zu den subjektiven Faktoren ganz klar der Hinweis auf die individuellen Werthaltungen und Einstellungen der Entscheidungsträger gegenüber dem Bezug von Personaldienstleistungen. Daneben können aber offenbar auch unternehmenskulturelle Werte einen Einfluss auf die Abbildung des Alternativensets haben. 3.2.2.
Rahmenbedingungen und situative Faktoren
Zudem scheinen einige Faktoren aus der Unternehmensumwelt, dem Unternehmen selbst sowie der Personalabteilung die Zahl der wahrgenommenen Alternativen zu beeinflussen. 3.2.2.1.
Unternehmensumwelt
Rechtliche Regulierungen stellen Einflussfaktoren dar, welche die Möglichkeiten der Eigenfertigung oder der Fremderstellung limitieren können. Am Beispiel der Personalberatung wird beschrieben, dass das Wettbewerbsrecht sowie Gepflogenheiten im Wettbewerb die interne Durchführung der Personalbeschaffung verhindern können (oder aus der Sicht der Experten von der Angebotsseite wegen eines Verstoßes gegen die guten Sitten verhindern sollten): „Es gibt Unternehmen, die machen das. Sie dürfen das aber eigentlich nicht machen, beim direkten Mitbewerber abwerben, das ist ein Verstoß gegen die guten Sitten oder gegen das Wettbewerbsrecht. Machen es manchmal aber doch“ (A 1, 13). „Der Kunde darf eigentlich keinen an seinem Arbeitsplatz anrufen und den animieren, mit ihm ein Gespräch zu führen. Das unterliegt dem Wettbewerbsrecht. Das darf er eigentlich gar nicht. Gut, so was passiert auch, aber generell darf er
62 das nicht“ (A 2, 18). „Sie dürfen nicht und sie könnten sich da auch ziemlichen Ärger einhandeln, nicht, bei ihren Wettbewerbern. Die haben ja häufig auch so eine Vereinbarung, dass sie sagen, also wir werben uns gegenseitig die Leute nicht ab“ (A 2, 22). „Mein Kunde darf zum Beispiel nicht bei der Konkurrenz anrufen und Mitarbeiter abwerben. Das darf er nicht. Das ist wettbewerbs- und widerrechtliches und (...) sittenwidriges Verfahren“ (A 5, 17). Einen weiteren wesentlichen Einflussfaktor aus der Unternehmensumwelt stellt das in der Öffentlichkeit vorherrschende Image einer Personaldienstleistung dar, welches die Wahrnehmung der Buy-Alternative beeinflussen kann. So besaß beispielsweise die Arbeitnehmerüberlassung in Deutschland ein teilweise sehr negatives Image, was sich allerdings in letzter Zeit - nicht zuletzt über die neuen Tarifregelungen in der Arbeitnehmerüberlassung – zunehmend zu wandeln scheint. Zudem hat die breite öffentliche Diskussion in den letzten Jahren den Bekanntheitsgrad der Dienstleistung Zeitarbeit deutlich erhöht: „Ich glaube auch, dass sich gerade in Deutschland in der Zeitarbeit ein Wandel vollzieht. Zeitarbeit hat hier immer dieses Negativimage. (...) [Das] hat sich (...) wesentlich geändert, weil sich ja auch (...) die Politik und auch die Gewerkschaft (...) der Zeitarbeit zuwenden. Die Zeitarbeit ist komplett tarifiert. Auch das ist ein wichtiges Thema. Und die Unternehmen, das ist auf jeden Fall meine Überzeugung, - und ich glaube, das deckt sich auch mit dem Blick in die Zukunft - die Unternehmen werden mehr und mehr sich der Zeitarbeit bedienen, weil sie sich diese Art dieser flexiblen Personalreserve schaffen wollen“ (A 24, 9). „Also wir haben nach Einführung der Tarifierung die Branchennachfrage Plus erlebt. Es ist also nicht so, dass die Nachfrage nach Zeitarbeitskräften zurückgegangen wäre, sondern im Gegenteil, sie ist nach oben gegangen. Böse Zungen behaupten, ohne Tarifierung wäre sie noch stärker gestiegen. Das ist aber reine Spekulation. Das kann man heute nicht sagen. Wir wissen jedenfalls, dass der Fakt der Tarifierung dafür gesorgt hat, dass wir in der Öffentlichkeit ein anderes Bild abgeben als Branche. Wir gehören jetzt zu den Tarifierten und damit ist die Branche auch ein bisschen mehr salonfähig geworden. Und auch in vielen Kundenbetrieben hat sich die Ansicht über Zeitarbeit eben geändert. Das ist dann bis zu den Betriebsräten eben durchgegangen, so dass also schon mehr Nachfrage da ist. Problem ist nur für viele Mitgliedsbetriebe, dass eben durch die Tarifierung sich die Lohnkosten erhöht haben“ (V 7, 33). „(…) die Öffentlichkeitsarbeit bzw. die öffentliche Diskussion im Zusammenhang mit den Hartz-Gesetzen hat uns natürlich einen höheren Bekanntheitsgrad gegeben. Das heißt, immer mehr Firmen werden auf die Zeitarbeit aufmerksam als Alternative für Flexibilität“ (A 20, 13).
63 Auch bei der Personalberatung scheint das Image der Dienstleistung von besonderer Relevanz zu sein, wobei auch die Personalberaterbranche insgesamt einen deutlichen Imagewandel erlebt hat. Dies kann, ähnlich wie bei der Zeitarbeit, die Wahrnehmung der Alternative Personalberatung zur Rekrutierung von Fachkräften positiv stimulieren. „Ich glaube, dass wir eine Entwicklung in den letzten 20 Jahren gemacht haben, von einer sehr mysteriösen, im Dunklen, im Geheimnisvollen, zu einer offiziell anerkannten Dienstleistung gekommen zu sein, die viele kennen und wo es heute auch wenig Scheu von Seiten der Unternehmen gibt, sich mit uns zu unterhalten“ (V 6, 83). Wichtig für die Bildung des Alternativensets erscheinen auch die Erfahrungen anderer Unternehmen als Informationsquelle. Durch eine Weitergabe positiver Erfahrungen zwischen Unternehmen kann die Zeitarbeit als mögliche Alternative überhaupt erst in Betracht gezogen werden, oder umgekehrt auch durch die Weitergabe negativer Erfahrungen auch als Alternative ausgeblendet werden: „Es gibt Kunden, die denken langfristig, die denken strategisch, die sagen, ich habe dort verschiedene Projekte, auch die sind befristet für mich und sagen sich ganz einfach, ich probiere, bevor ich das selbst wieder handle, probier ich das ganz einfach mit Zeitarbeit, weil sie vielleicht auch von anderen Unternehmen erfahren haben, dass es gut läuft. Natürlich gibt es auch, dass sie von anderen Unternehmen erfahren haben, dass es nicht gut gelaufen ist, dann passiert natürlich folgendes, dass sie sagen, na ja, ich höre mir das mal an, aber ich bin davon nicht so von überzeugt“ (A 27, 35). Wie deutlich wird, besteht auch hier wieder ein potentieller Zusammenhang zwischen der Wahrnehmung der Alternativen und den wahrgenommenen Wirkungen. Vermittelt über das Image der Dienstleistung haben in der Einschätzung der Experten auch Politik und Gesetzgebung einen Einfluss auf die Wahrnehmung der Alternativen in den Unternehmen und auf die wahrgenommenen Wirkungen. 3.2.2.2
Unternehmen
Hinsichtlich der Unternehmensgröße kann vermutet werden, dass auch diese einen Einfluss auf das wahrgenommene Alternativenset ausübt. 11 Für die Zeitarbeit wird beispielsweise
11
Die Frage, ob hier unterschiedliche Alternativenwahrnehmungen oder unterschiedliche Wirkungserwartungen, vorliegen, lässt sich anhand der Zitate auch hier nicht immer klar unterscheiden. Vgl. hierzu auch Kap. 4.2.5.
64 beschrieben, dass in kleineren Unternehmen die Alternative Zeitarbeit meist nur in geringem Maße genutzt wird: „(…) es arbeiten weniger die kleinen Firmen mit Leiharbeit, sondern mehr die Großen (…)“ (N 12, 23). „Und es gibt gerade in den Mittelstandsunternehmen, also so diese 50 bis 150 Mitarbeiter umfassenden Betriebe, (...) die inhabergeführt sind, wo der Seniorchef noch da ist und so, also ich glaube, da gibt es eher so die glasklare Linie, das machen wir selbst. Und das ist, denke ich mal, auch noch das größte Feld für die Leihfirmen, den Fuß da irgendwo reinzukriegen, weil für die Großunternehmen ist es mittlerweile ein normales Instrument. Also ich würde einfach behaupten, es gibt keine Firma über 500 Mitarbeiter, die nicht irgendwann regelmäßig oder unregelmäßig an der einen oder anderen Stelle mal einen Mitarbeiter von einer Zeitarbeitsfirma einsetzt“ (N 12, 42). „In internationalen Konzernen ist das eine Selbstverständlichkeit, also da wird es schon vorgelebt aus anderen Ländern. In mittelständischen Betrieben, da sind wir ja am Arbeiten dran, dass man einfach hier diese Flexibilität auch vermitteln kann, die diese Betriebe dringend brauchen. In Kleinbetrieben hat es immer noch ein bisschen mit Loslassen zu tun und die Angst davor, jetzt sind es fremde Leute, die in mein Unternehmen kommen, so war es ja vor 20 Jahren in der Zeitarbeit grundsätzlich die Angst, die vorgeherrscht hat, oh, da kommen fremde Menschen in mein Unternehmen“ (A 20, 77). Der Einfluss der Unternehmensgröße auf die Wahrnehmung der Personalberatung als Alternative zeigt sich dergestalt, dass in klein- bis mittelständigen Unternehmen eine Personalbeschaffung über Headhunter bzw. Personalberater erst gar nicht in Betracht gezogen wird, da häufig keine finanziellen Mittel in ausreichendem Umfang vorhanden sind oder in der Einschätzung eines Anbieters von der Qualifikationsstruktur her keine Positionen existieren, die sich sinnvoll mittels Headhuntern besetzen lassen. “Unternehmen ab einer oder unter einer Mindestzahl von Umsatz und Beschäftigten, die geben uns überhaupt keine Aufträge. Also wir arbeiten nicht für jedes Unternehmen, weil für so einen großen Handwerksbetrieb sind wir einfach zu teuer. Nur man muss auch sehen, dass diese Klein- und Kleinstunternehmen ja in aller Regel mit, in Anführungszeichen, nicht abwertend gemeint, durchschnittlichem Personal gut auskommen“ (V 5, 56). Auch bei der Unternehmensberatung scheint die Unternehmensgröße wieder essentiell zu sein. Für klein- bis mittelständige Unternehmen entsteht häufig erst gar nicht die Frage der Relevanz des Bezugs von Beratung durch externe Dienstleistung.
65 „Wir sprechen im wesentlichen über Großunternehmen, weil wir der Meinung sind, in den kleinen Unternehmen ist der alte HR Generalist noch erforderlich, macht einen guten Job, denn, sag ich mal, bei denen ist das Thema Personal nicht ganz so kritisch, weil die die größeren Sprünge mit Neuerwerb von externen Kandidaten bewältigen werden. So dass es hier in der Tat nur um operative Abwicklung geht, wo man gegebenenfalls die Payroll outsourct. Wenn wir aber auf den globalen Markt schauen, und der treibt ja unser Geschehen, das Wachstum, schon allein aufgrund unserer Tagessätze, müssen wir ja eine gewisse Größe der Unternehmen ansteuern“ (A 18, 26). Die Unternehmensgröße kann somit die Wahrnehmung des Alternativensets beeinflussen. Dies thematisiert auch ein anderer Anbieter im Bereich Unternehmensberatung, nach dessen Einschätzung das Bedürfnis nach Beratungsleistungen auch in Kleinunternehmen vorhanden sein kann, sich aber nicht in einem konkreten Bedarf ausdrückt: „Also es ist sicherlich einmal die kritische Masse im Personalbereich. Ich sage, wenn Sie ein kleines Unternehmen haben, wo Sie [einen] Personalbereich haben von ein bis zwei Mitarbeitern, wo der Chef quasi das noch nebenbei mitmacht, da wäre da zwar latent Bedarf, aber da ist der Stellenwert von Personal nicht ausreichend. Es muss schon von der Masse, also von der Anzahl der Mitarbeiter, muss man schon einen Personalbereich eben vorhalten, der eine gewisse kritische Masse haben muss. Ich sage ’mal, wenn Sie einen Personalbereich haben kleiner zehn Mitarbeiter, dann ist da normalerweise kein echter Beratungsbedarf da, dann ist eher die Fragestellung, mache ich dann alles selber oder kann ich nicht große administrative Blöcke nach draußen geben“ (A 16, 13). Auch für das Outsourcing der kompletten Personalarbeit kommt der Unternehmensgröße eine entscheidende Bedeutung zu, hier aber in umgekehrter Richtung, da es eher für kleine und mittlere als für große Unternehmen interessant sein kann, ohne eigene Personalabteilung bzw. ohne eigene Personalverantwortliche zu arbeiten, während große Unternehmen die Möglichkeit, ohne eigene Personalarbeit auszukommen, nach Einschätzung der Experten nicht wirklich haben: „Ab einer gewissen Unternehmensgröße wird es fast selbstverständlich, dass es eine Spezialfunktion ist, die wahrgenommen werden muss. Diese Größe ist auf jeden Fall bei ungefähr 200 Mitarbeitern erreicht. In manchen Fällen schon deutlich früher, aber in jedem Fall so ab 200 Mitarbeitern, da kenn ich keinen, der sagt, ich brauch keinen Personaler. So, bei kleineren Unternehmen ist es sehr abhängig vom Bewusstsein des Geschäftführers, Inhabers, wie auch immer. Und das ist sehr unterschiedlich. Da gibt es welche, [die], vor allem, wenn sie aus Konzernen kommen, das kennen und sagen, das brauch ich, und es gibt im umgekehrten Fall Mittelständler, die es eigentlich immer selber irgendwo nebenbei gemacht haben, die sagen, brauch‘ ich nicht“ (A 8, 11).
66 „Ja, das kann man schon so sehen, also dass viele Mittelständler lange Zeit drum herum kommen, eine eigene Personalabteilung aufzubauen, weil sie sich eben mit externen Dienstleistern über Wasser halten. Das ist sicher so. Also, es gibt selten die Fälle, dass ein Mittelständler seine Personalabteilung abbaut, weil er sich dazu entscheidet, mit Personaldienstleistern zu arbeiten. Den Fall habe ich persönlich noch nicht erlebt. Aber ich denke schon, dass Betriebe, die vielleicht im Bereich zwischen 100 und 200 Mitarbeitern liegen, dass die sich schon relativ lange das verkneifen, eine [eigene] Personalabteilung professionell aufzubauen, weil sie eben sehr viel über Zeitpersonal (...) arbeiten und dann im Betrieb jemanden haben, der die Einsätze koordiniert, aber das war es dann auch, eben nicht die klassische Personalabteilung, wie man sie so kennt“ (V 7, 9). „Also ab einer bestimmten Größenordnung ist es einfach nicht mehr rentabel, das selber zu machen, insbesondere dann, wenn Sie an die Stelle kommen und sagen, Sie haben also Tätigkeit noch für eine Person, normalerweise, die aber dann Urlaub hat und Krankheit und holen dann die zweite und die aber nicht mehr ausgelastet ist, wenn Ihnen die eine weg bricht, dann bricht Ihnen das gesamte Know-How weg. Also da kommen Sie dann in so einen Grenzbereich, wo man einfach sagen muss, da wird es dann kritisch, das noch selber darzustellen (...)“ (N 5, 40). Bei börsennotierten Unternehmen spielen im Rahmen des unternehmerischen Handelns auch die Interessen der Aktionäre eine wichtige Rolle. Durch Vereinbarungen mit bzw. Auflagen von den Aktionären kann allerdings auch die Möglichkeit der eigenen Personalrekrutierung als realisierbare Alternative zugunsten des Einsatzes von Zeitarbeit unterbunden werden: „Sie sind ein Unternehmen und börsenorientiert und sie haben den Aktionären gesagt auf der Hauptversammlung: Wir sind 20 000 Menschen, und mehr werden wir nicht. Weil, wenn Sie den Personalkörper aufblähen, frisst das Ihre Kosten auf. So, dann haben Sie das Problem, Produkte laufen besser als Sie denken, Sie müssen mehr produzieren, aber um die Qualität sicher zu stellen, brauchen Sie dann doch Leute. Aber Sie haben gesagt, 20 000 ist das Limit. Wie schaffe ich das jetzt? Ich kann natürlich verschiedene Dinge zum Lieferanten outsourcen, keine Frage, geht. Aber verschiedene Sachen möchte ich dann doch im Haus behalten, sei es Patent, sei es Technologie, Wissen, was ich nicht rausgeben möchte, also hol ich mir dann Leute temporär rein. Das ist dann der Grund dafür“ (A 21, 45). „(…) mehrere Firmen, die dürfen gar nicht einstellen, die haben also Einstellungsstop, weil die teilweise Aktiengesellschaften sind, und die gehen grundsätzlich über Zeitarbeit“ (A 26, 61). Ähnliches kann für die Betriebsratsarbeit gelten, nur dass diese häufig die Zeitarbeit oder den Einsatz von externen Beratungen als realisierbare Alternative ausschließt:
67 „Und der Kunde ist nicht so zu klassifizieren, indem ich sage, grundsätzlich ist der Kunde getrieben, in der und der Situation Zeitarbeit einzusetzen. Kommt dazu, dass er gerne Zeitarbeit einsetzen würde und kann es nicht, weil der Betriebsrat es ihm verbietet, das kommt ja auch noch dazu“ (A 19, 47). „Ich will in einer Kostensituation bewusst keinen Externen haben, weil der Betriebsrat gesagt hat, ich darf das nicht machen und ich mit ihm einen Deal habe. Solche Dinge gibt es immer wieder“ (A 15, 51). 3.2.2.3
Personalmanagement
Auch aufgrund der bestehenden Ressourcen oder Fähigkeiten in der Personlabteilung kann die Alternative der Eigenerstellung nicht in Betracht gezogen werden, da dem eigenen Personal entsprechende Fähigkeiten nicht zugesprochen werden. „Wenn Sie eine Anzeige schalten, wenn jetzt heute jemand kommt zu mir, dann weiß ich, ich müsste am Donnerstag die Anzeige haben, damit sie am Samstag in der Zeitung ist, das heißt, ich verliere schon die Zeit. Dann muss jemand die Zeitung lesen, die bewerben sich. Da liegt schon alles vor bei der Zeitarbeit. Das heißt, die Bewerbungen liegen da, die Mitarbeiter sind da und können, wenn ich heute anrufe, sich spätestens Montag vorstellen. Und das kann ich hier nicht bieten, das ist einfach so. Das muss man einfach so neidlos anerkennen, dass man sagt, o. k. also die Fähigkeit haben wir nicht (…)“ (N 13, 36). Ähnlich beschreibt dies auch der Anbieter A23 für die Zeitarbeit. Nach seiner Ansicht sind viele Unternehmen aufgrund von hoher Auslastung oder fehlenden Ressourcen meist gar nicht in der Lage, die Rekrutierung von Personal selbst zu übernehmen. „Aber von den reinen Organisationsstrukturen sind wir sicherlich viel schneller, als die das sein können. Und wir sind natürlich auch schneller von der Kapazität, die wir haben. Klar, wenn die jetzt drei Mann in der Personalabteilung sind, dann müssten die jetzt noch jemanden suchen, und die sind sowieso bis ja Oberkante Kinn ausgelastet. Und jetzt auch noch separaten Bewerberlauf zu fahren, das kostet natürlich auch Zeit und das bedeutet, dass vielleicht aus der Sicht die einzelnen Personalabteilungen gar nicht in der Lage sind, [es] so gut und so schnell zu machen wie wir. Aber jetzt nicht aus der Fachkompetenz heraus, sondern aus der Quantität heraus, aus der Menge, was die überhaupt noch verarbeiten können“ (A 23, 65). Dieser Zusammenhang wird auch für die Arbeitsvermittlung beschrieben. Auch hier können die tatsächlichen bzw. erwünschten quantitativen Ressourcen in der Personalabteilung eine mögliche Eigenerstellung der Personalbeschaffung komplett ausschließen: „Dass wir unser Personal für die Personalsuche und die Auswahl der Mitarbei-
68 ter selber vorhalten, das können wir uns nicht leisten aufgrund unserer doch ziemlich schmalen Organisation, und das wollen wir uns auch nicht leisten“ (N 10, 19). „Das ist dann sicherlich die Frage, wie der Personalbereich in der Firma verankert ist, also was man dem zutraut. Wenn der hauptsächlich damit beschäftigt ist, die Lohn- und Gehaltsabrechnung hinzukriegen und jeden Monat aufatmet, dass er wieder einen Monat geschafft hat, so was gibt [es] durchaus, dann wird wenig Freiraum und Kapazität sein zu sagen, o. k. wie kriegen wir das für uns geeignete Personal. Das erfordert ja also A entsprechende Ressourcen, die zur Verfügung gestellt werden und dann auch die Qualifikationen dazu. (…) Und da gibt es Unternehmen, die fahren da Schmalspur, die sagen, machen wir nicht, wenn wir jemand brauchen, dann bedien ich mich anderer Mittel. Es gibt andere, die sagen halt, nee, das ist unsere ureigenste Aufgabe, das Personal, das wir brauchen, auch selber rauszusuchen, wer zu uns passt. Ich würde aber jetzt nicht unbedingt sagen, da gibt es jetzt richtig und falsch. Es ist eine Philosophiefrage, die muss jeder für sich selber wissen und beantworten können“ (N 5, 28). „Dadurch, dass wir eine kleine Personalabteilung sind, werde ich immer extern Leistungen einkaufen müssen und auch wollen“ (N6, 33). „Im Zuge des Lean-Management haben viele Unternehmen ihre Stabsabteilungen, zu denen ja auch die Personalabteilung zählt, ausgedünnt und personell auf dem absolut niedrigsten Niveau stehen. Und deshalb sind die oft dann nicht in der Lage, kurzfristig Personalkapazität und qualifizierte Personalkapazität zur Verfügung zu stellen, um so ein Projekt qualifiziert durchzuziehen. Es geht ja dann oft so, dass dann 60, 70, 80 Personen melden, Bewerber melden, die müssten dann ja qualifiziert beurteilt werden, die Unterlagen müssten gesichtet werden, Interviews geführt werden usw. Das heißt, da geht auch Zeit verloren, in Anführungszeichen, für die dortigen Entscheidungsträger, und das will man sich halt dann durch einen externen Dienstleister vom, wie soll man sagen, vom eigenen Schreibtisch wegnehmen lassen“ (V 5, 25). Allerdings kann auch ein anderer Zusammenhang auftreten, wie uns am Beispiel der Unternehmensberatung beschrieben wurde: bei der Entscheidung über die interne oder externe Erstellung einer Personalfunktion wird nur die Make-Alternative wirklich berücksichtigt, da die Fähigkeiten in der Personalabteilung qualitativ getestet und aufgewertet werden sollen. „Es sind eher Fälle, wo Unternehmen sagen, ich will, dass meine (...) Leute das auch mal selbst hinkriegen, ich möchte mal wissen, was der alleine machen kann. So etwas gibt es“ (A 15, 13).
69 3.3.
Zusammenfassung
Es sind einerseits die subjektiven Faktoren bei den Entscheidern, andererseits die Größe des Unternehmens und sein Wettbewerbsumfeld sowie die Fähigkeiten und Ressourcen der Personalabteilung, die besonders häufig als Einflussfaktor auf die Abbildung des Alternativensets genannt werden. Möglicherweise sind es also in besonderem Maße diese Faktoren, die dazu beitragen, dass Alternativensets im Entscheidungsprozess eingeschränkt werden. Schließlich ist aber auch noch einmal darauf hinzuweisen, dass insbesondere bei den Faktoren aus der Umwelt, dem Unternehmen und der Personalabteilung eine gewisse Unschärfe in den Interviewaussagen vorliegt: Es ist häufig nicht eindeutig festzustellen, ob die Experten tatsächlich im Sinne unseres Theorieentwurfs eine andere Abbildung des Alternativensets meinen, oder ob sie eigentlich eher über unterschiedliche Wirkungen und Wirkungserwartungen sprechen, die in Abhängigkeit von den genannten Einflussfaktoren auftreten und zu Unterschieden im Entscheidungsergebnis bei den Unternehmen führen. Nur wenn die Nachfrager sowohl die Make-Alternative als auch die Buy-Alternative in ihr Alternativenset aufgenommen haben, ist zu erwarten, dass es eine mehr oder weniger systematische Abwägung der Kosten- und Nutzenwirkungen für die beiden Alternativen geben wird. Liegt dagegen ein „unvollständiges“ bzw. auf „Make“ oder „Buy“ reduziertes Set an wahrgenommenen Handlungsmöglichkeiten vor, so ist zu erwarten, dass die Nachfrager diese von ihnen wahrgenommene Handlungsmöglichkeit auch realisieren werden, ohne dass eine vergleichende Prüfung und Abwägung der Wirkungen gegenüber anderen Alternativen überhaupt vorgenommen wird. Im folgenden Abschnitt werden solche Wirkungskategorien behandelt. Zunächst werden wiederum unsere theoretischen Erwartungen präsentiert, bevor darauf aufbauend die Aussagen der Experten dazu vorgestellt werden.
70
4.
Wirkungen der Nachfrage nach Personaldienstleistungen
4.1.
Theoretische Überlegungen zu den Wirkungen des institutionellen Designs
Eigenfertigung und Fremdbezug werden hier als unterschiedliche „institutionelle Designs“ der Erstellung von Personalfunktionen interpretiert. Der Fremdbezug personalwirtschaftlicher Leistungen kann gegenüber der Eigenfertigung Wirkungen auf ganz verschiedenen Ebenen entfalten. 12 Diese Wirkungen des institutionellen Designs werden im Folgenden untersucht. Im Mittelpunkt stehen also nicht die Wirkungen der Personalarbeit selbst, sondern die Wirkungen der Organisation bzw. des institutionellen Designs der Personalarbeit. In der gängigen Literatur zur Nachfrage nach Personaldienstleistungen dominieren überwiegend Kosten- und Flexibilitätsaspekte die Diskussion (vgl. zu ausführlichen Übersichten bzw. Darstellungen und kritischen Würdigungen solcher Ansätze etwa Alewell/Bähring/Canis/Thommes 2005, Cooke/Shen/McBride 2005, Galanky/Papalexandris 2005, Klaas/McClendon/Gainey 1999 und 2001, Klaas/Gainey/McClendon/Yang 2005, Matiaske/Mellewigt 2002, Mellewigt/Kabst 2003, Meckl 1999, Vosberg 2002). Diese Sichtweise greift jedoch zu kurz, da die Fremdbezugsentscheidung als eine Entscheidung über die zwischenbetriebliche Arbeitsteilung - wie andere Arbeitsteilungsentscheidungen auch - potenziell durch sehr heterogene, vielfältige Wirkungen gekennzeichnet sein kann, und unter anderem auch Wirkungen auf die Qualität der Dienstleistung, auf Know-How-Transfers zwischen Betrieben und Unternehmen und auf die Beziehungen zu verschiedenen Stakeholder-Gruppen auftreten können. Wir erwarten, dass - unabhängig von der konkreten Personaldienstleistung grundsätzlich die gleichen Wirkungskategorien relevant sein können und in den Make-orBuy-Entscheidungen gegeneinander abgewogen werden. Wir unterscheiden zunächst zwischen Leistungserstellungswirkungen des institutionellen Designs einerseits und Transaktionswirkungen dieses Designs andererseits. Leistungserstel-
12
Im Folgenden argumentieren wir jeweils ausgehend von der internen Erstellung der jeweiligen Leistungen, welche Wirkungen sich durch die externe Erstellung der jeweiligen Leistungen durch einen Dienstleister ergeben würden. Natürlich könnte man diesen Bezugspunkt auch einfach umdrehen und jeweils fragen, welche Wirkungen sich ergeben, wenn bisher extern erstellte Leistungen wieder vom Unternehmen intern erstellt würden. Da aber die Experten in den Interviews mehrheitlich den externen Ver-
71 lungswirkungen betreffen die Veränderung der Kosten und Nutzen, die sich bei der konkreten Erstellung der personalwirtschaftlichen Leistung in Abhängigkeit vom institutionellen Design ergeben. 13 Transaktionskostenwirkungen dagegen beziehen sich auf das Management der Beziehung zum Dienstleister bzw. zum „internen Leistungsersteller“ und entstehen im weitesten Sinne durch den Abschluss eines Vertrages mit dem externen Dienstleister oder einer in das Unternehmen einzugliedernden Arbeitskraft, welche die jeweiligen Leistungen intern erstellt. Leistungserstellungswirkungen können weiter in die Kategorien Qualitätswirkungen, Know-How-bezogene Wirkungen, beziehungsbezogene bzw. StakeholderWirkungen und monetäre Wirkungen unterteilt werden. Abb. 4 gibt eine Übersicht über die Kategorien von Wirkungen, von denen wir vermuten, dass sie von den (potentiellen) Nachfragern zum Entscheidungszeitpunkt erwartet und daher potenziell auch gegeneinander abgewogen werden. Diese werden im Folgenden vertieft beleuchtet. Abbildung 4: Kategorien der Wirkungen des institutionellen Designs
A. Leistungserstellungswirkungen Qualitätswirkungen Know-how-bezogene Wirkungen Monetäre Wirkungen Wirkungen auf die Beziehungen zu Stakeholdern
B. Transaktionskostenwirkungen
Quelle: Eigene Erstellung. Im Rahmen der Qualitätswirkungen stellt sich zunächst die Frage, wie sich ein Fremdbezug der Personalfunktion(en) auf die Qualität der benötigten Leistungen und die Qualität der Leistungserstellung bzw. des Leistungserstellungsprozesses auswirkt. Sowohl eine Verbes-
13
gleichspunkt wählten, folgen wir hier deren Vorgehen, damit die theoretischen und empirischen Aussagen leichter verglichen werden können. Diese Wirkungen werden sowohl von den kostenrechnerischen als auch von den transaktionskostentheoretischen Ansätzen überwiegend vernachlässigt, da beide von der Prämisse gegebener Leistungen mit gleichen Ertrags- bzw. Nutzenwirkungen ausgehen.
72 serung als auch eine Verschlechterung der Qualität gegenüber der Eigenerstellung sind denkbar, z. B. in Abhängigkeit davon, wie die Angebotsverhältnisse auf dem jeweiligen Dienstleistungsmarkt und die personalwirtschaftlichen Kompetenzen des nachfragenden Unternehmens ausgeprägt sind. So können einerseits Qualitätsverbesserungen durch den Einsatz externer Spezialisten entstehen, z. B. durch deren bessere Marktkenntnisse, durch deren Spezialisierung auf bestimmte Teilfunktionen oder Branchen, durch besseres Methodenwissen oder durch die Verfügung über eine bessere Infrastruktur zur Lösung spezieller Probleme, z. B. in Form von speziellen Datenbanken oder Programmen. Darüber hinaus können Dienstleister u. U. systematisch Erfahrungen aus dem Einsatz in anderen Unternehmen als Benchmark verwenden, die zugleich zur Durchsetzung von Best-Practice-Lösungen im Personalbereich des nachfragenden Unternehmens beitragen können. Andererseits können aber auch Qualitätsverschlechterungen auftreten, etwa wenn den Dienstleistern das nötige unternehmensspezifische Wissen fehlt, um personalwirtschaftliche Maßnahmen zielgruppen- und situationsgerecht zu konzipieren, oder die Motivation zur Erbringung qualitativ sehr hochwertiger Dienstleistungen nicht vorhanden ist. Kleine Dienstleister mit breitem Leistungsportfolio können eine geringere Spezialisierung aufweisen als die interne Personalabteilung eines Großunternehmens. Junge Dienstleistungsunternehmen haben möglicherweise geringe Informationen über Benchmarks als die seit Jahren eingespielte Personalabteilung eines großen Unternehmens. Neben solchen direkten Qualitätswirkungen eines Fremdbezugs kann die „bedarfsgerechte zeitliche Erbringung” eine spezielle, nämlich „zeitliche Qualität” des Fremdbezugs darstellen, wenn Leistungen einerseits schneller erbracht werden können oder andererseits genauer auf den Zeitraum des Bedarfs abgestimmt werden können. Hiermit ist also der zeitliche Aspekt von Flexibilität als Anpassungsfähigkeit von Unternehmen angesprochen, durch den idealerweise eine schnelle Anpassung an Schwankungen im Bedarf nach personalwirtschaftlichen Leistungen bzw. eine zeitlich sehr dicht an dem tatsächlichen Bedarfszeitraum oder -zeitpunkt liegende Erstellung der Leistung sichergestellt wird. Auch hier sind wieder grundsätzlich beide Wirkungsrichtungen denkbar. Flexibilitätsvorteile bzw. eine bessere zeitliche Abstimmung zwischen Bedarf und Angebot an den Leistungen kann beim externen Bezug von Personaldienstleistungen aufgrund der Spezialisierung der Personaldienstleister auftreten. So können Dienstleister durch ihre Fokussierung schneller
73 bestimmte Anforderungen der Aufgabe und mögliche Problemlösungen erkennen, da sie möglicherweise bereits Routinen zur Erstellung ähnlicher Leistungen ausgebildet haben und damit nicht erst in zeitaufwändigen Prozessen nach Ansatzpunkten für Lösungen suchen müssen. Bessere Marktkenntnisse und eine bessere Infrastruktur können ebenfalls zu schnelleren Problemlösungen beitragen. Arbeitsvermittler und Zeitarbeitsfirmen pflegen bspw. große Bewerberdatenbanken, so dass sie aufgrund des zur Verfügung stehenden großen Pools von Arbeitskräften schnell Personal vermitteln können. Andererseits kann der Einsatz der Dienstleister mit zeitaufwändigen Suchprozessen nach dem geeigneten Vertragspartner und aufwändigen Vertragsverhandlungen sowie einem umfangreichen Transfer unternehmensspezifischer Information einher gehen, bevor der Dienstleister überhaupt sinnvoll mit der Erbringung seiner Leistung beginnen kann. Zudem muss der Dienstleister in aller Regel die Aufträge verschiedener Kunden koordinieren, so dass aus der Sicht des einzelnen nachfragenden Unternehmens möglicherweise andere Kunden hinsichtlich der schnellen Erbringung der Leistungen eine höhere Priorität genießen. Bei Zeitarbeit, Unternehmensberatung und Interimsmanagement können die soeben vorgestellten Qualitätswirkungen auf zwei Ebenen auftreten. Neben den Wirkungen hinsichtlich der Qualität der Personalfunktionen, z. B. eines schnelleren oder besseren Beschaffungsprozesses, können Qualitätswirkungen potenziell auch in (anderen) Bereichen des Unternehmens anfallen, in denen die externen Kräfte eingesetzt werden. Dadurch, dass externes Personal für eine bestimmte Zeit im Unternehmen arbeitet, kann das Unternehmen sonst übliche Probezeiten verlängern und damit Entscheidungen über die Festanstellung auf eine breitere Informationsbasis stellen. Weisen die externen Kräfte andere Erfahrungen und Qualifikationen auf als interne Mitarbeiter und agieren unter anderen Motivations- oder Anreizstrukturen, so kann sich die Qualität der Aufgabenerfüllung bzw. der Arbeitsergebnisse auch in anderen Bereichen als der Personalabteilung des Unternehmens verändern. Verbesserungen könnten bei breiteren und tieferen Qualifikationen und zugleich höherer Motivation, Verschlechterungen könnten z. B. aufgrund fehlender Identifikation mit dem einsetzenden Unternehmen und fehlendem unternehmensspezifischen Know-How eintreten. Neben den Qualitätswirkungen können Know-How-bezogene Wirkungen des institutionellen Designs der Personalarbeit auftreten. Auch hier sind zwei gegenläufige Wirkungen denkbar:
74 Auf der einen Seite kann durch den Fremdbezug einer Personaldienstleistung Know-How gewonnen werden, etwa weil Mitarbeiter des nachfragenden Unternehmens die Vorgehensweise eines Personaldienstleisters beobachten und später imitieren können, weil bestimmte Informationen über die Marktlage oder Bedingungen eines effizienten Instrumenteneinsatzes vom Dienstleister bei der Leistungserbringung beabsichtigt oder unbeabsichtigt offen gelegt werden (vgl. Calmfors 2005, S. 42 f.) oder aber weil Mitarbeiter der Personaldienstleister in das nachfragende Unternehmen wechseln. Dienstleister können darüber hinaus auch eine Art von „Mentorenfunktion“ übernehmen, um das nachfragende Unternehmen in die Lage zu versetzen, bestimmte Prozesse in Zukunft auch eigenständig durchzuführen. Bei den Personaldienstleistungen, bei denen es auch um den Einsatz von externen Kräften im nachfragenden Unternehmen geht, können ferner außerhalb der Personalabteilung direkte Wissenszuflüsse durch diese externen Mitarbeiter auftreten und somit die Breite oder Tiefe der im nachfragenden Unternehmen verfügbaren Qualifikationen erhöhen. Daneben können aber auch Wissensabflüsse aus dem Unternehmen hin zum Personaldienstleister auftreten. Zu einer effizienten Erbringung von Personalfunktionen wird in aller Regel allgemeines (z. B. methodisches) Wissen mit Wissen aus und über das jeweilige Unternehmen kombiniert (vgl. Alewell/Bähring/Canis/Thommes 2005), so dass dieses Wissen potenziell von einem Know-How-Abfluss betroffen sein kann. 14 Sensible Informationen etwa über Personalangelegenheiten, Geschäftsfeldstrategien oder die Einführung neuer Produkte, die Durchführung von großen Projekten und ähnlichem können somit zum Dienstleister gelangen, der möglicherweise auch bei konkurrierenden Unternehmen zum Einsatz kommt. Eine besondere Gefahr ergibt sich im Bereich der strategischen Ressourcen eines Unternehmens, welche die Quelle von Wettbewerbsvorteilen darstellen (vgl. u.a. Wernerfelt 1984, S. 171 ff., Barney 1991, S. 99 ff. und Gottfredson/Puryear/Phillips 2005, S. 132 ff.). Auch beim Einsatz externer Mitarbeiter im nachfragenden Unternehmen wie etwa Unternehmensberatern, Zeitarbeitnehmern und Interimsmanagern besteht die Gefahr der ungewollten Diffusion sensibler Informationen aus dem Unternehmen heraus.
14
Die Abwanderung von Know-How-Trägern des Unternehmens zum Dienstleister sei als weitere Möglichkeit des Know-How-Abflusses lediglich angemerkt, soll an dieser Stelle jedoch nicht näher beleuchtet werden.
75 Allerdings gibt es verschiedene Mechanismen, die einen gewissen Schutz gegen die ungewollte Verbreitung von Informationen bieten: Beim Einsatz externer Kräfte können Wissensabflüsse dadurch vermindert werden, dass ein Einsatz der Arbeitskräfte in eher „unkritischen“ Bereichen des Unternehmens stattfindet. Der potenzielle Verlust der Reputation bei missbräuchlicher Weitergabe von Klienten-Informationen sowie die hohe Bedeutung von Referenzen im Markt stellen potenzielle Mechanismen dar, um Wissensabflüsse bzw. die missbräuchliche Nutzung dieses Wissens durch Personaldienstleister zu vermindern oder zu verhindern. Daneben können auch rechtliche Sicherungsmechanismen, wie z. B. Geheimhaltungsklauseln, non-disclosure-Agreements und Wettbewerbsverbote eingesetzt werden. Sofern das Outsourcing auf eine langfristige Aufgabenteilung zwischen nachfragenden Unternehmen und Anbietern abzielt (vgl. Bruch 1998, S. 16), besteht auch die Gefahr, dass nachfragende Unternehmen durch den Fremdbezug notwendige Kenntnisse zur effizienten Eigenerstellung ihrer Personalfunktionen dauerhaft verlieren und somit Know-HowAbflüssen ausgesetzt sind, die zugleich zu Schwierigkeiten im Management der Beziehung zum Dienstleister, etwa im Bereich der Qualitätskontrolle, führen. Die Know-How-Wirkungen des Fremdbezugs hängen also sowohl davon ab, welches Know-How im Unternehmen quantitativ und qualitativ bereits zur Verfügung steht, welcher Anteil davon unter die strategischen Ressourcen einzuordnen ist, welches Know-How ein Dienstleister im Austausch zur Verfügung stellen kann und stellt und welche Sicherungsmechanismen gegen eine missbräuchliche Nutzung eingesetzt werden und wirksam sind. Eine weitere Gruppe von Leistungserstellungswirkungen sind die monetären Wirkungen (vgl. Cronin/Catchpowle/Hall 2004, S. 20) des institutionellen Designs. Hier können verschiedene Teilwirkungen auftreten, die sich auf die Fixkosten, die variablen Kosten oder auf die Kalkulierbarkeit der Kosten beziehen. Durch einen Fremdbezug personalwirtschaftlicher Leistungen kann die Belastung des Unternehmens mit Fixkosten der Personalarbeit sinken. Dies ist immer dann der Fall, wenn durch den Fremdbezug Fixkosten (z. B. für Teile der Personalabteilung oder anderes fest eingestelltes Personal) abgebaut werden können oder gar nicht erst aufgebaut werden müssen, die bei einer internen Leistungserstellung (weiterhin) angefallen wären. Fixkostenreduktion kann insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen zu einer Risikosenkung und einer Erhöhung der Flexibilität im Sinne einer besseren
76 wirtschaftlichen Anpassungsfähigkeit an Umweltänderungen führen. Die Fixkostensenkung geht häufig mit einer Variabilisierung der Kosten für die Personalfunktionen einher, da die Dienstleister in aller Regel pro nachgefragter Leistungseinheit entlohnt werden. Ob die (erwarteten) Gesamtkosten pro Einheit der Dienstleistung bei einem Fremdbezug sinken, ist - wenn überhaupt - nur empirisch zu beantworten. Eine Gesamtkostensenkung kann auftreten, wenn der Personaldienstleister Economies of Scale, Lernkurveneffekte, Spezialisierungs- oder Lohnkostenvorteile (z. B. auf Basis anderer Tarifverträge) realisieren kann, die sich auf die Erstellungskosten der Dienstleistung auswirken und seine Gewinnaufschläge überkompensieren. Dies dürfte den Dienstleistern insbesondere gegenüber kleinen und mittleren Unternehmen mit einem geringen Bedarf an bestimmten, nicht beliebig teilbaren Leistungen möglich sein, wenn bei diesen bei der Eigenerstellung der Leistungen hohe Fixkosten pro Leistungseinheit anfallen würden (vgl. u.a. Addison/Surfield 2005). Gewinnaufschläge könnten jedoch einen erheblichen Preis- bzw. Kostenbestandteil bilden und somit die direkten monetären Gesamtkosten des nachfragenden Unternehmens deutlich steigern, wenn das nachfragende Unternehmen z. B. aufgrund eines nur schwachen Wettbewerbs zwischen den Dienstleistern in eine Abhängigkeitssituation gerät 15 . Durch den Fremdbezug bestimmter Personaldienstleistungen könnten sich weiterhin auch erwartete, jedoch schwer kalkulierbare Kosten aus einer „Haftung“ für Fehler, Gerichtsprozesse etc. verringern. Beispielsweise übernimmt der Arbeitgeber bei der Nachfrage nach Zeitarbeit direkt 16 keine Arbeitgeberrisiken für eine fehlerhafte Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen der einzelnen Zeitarbeitnehmer und trägt keine direkten Kosten für Kündigungsschutzprozesse und Abfindungen. Auch kann die Einschaltung eines Personalberaters dem Unternehmen z. B. dahingehend nützlich sein, dass erwartete Kosten aus Gerichtsprozessen niedriger sind, oder der Dienstleister selber dafür haftet, ob und wie bei Dritten angestellte Arbeitskräfte am Arbeitsplatz angesprochen werden dürfen oder im Rahmen der Vorauswahl Antidiskriminierungsvorschriften eingehalten werden. Ein hoch reguliertes Arbeitsrecht, welches Personalprozesse fehleranfällig werden lässt und Arbeitgeber arbeits-
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Auslöser für mangelnden Wettbewerb könnten z. B. unternehmensspezifische Dienstleistungen sein, was in den transaktionskostentheoretischen Analysen besonders im Mittelpunkt steht. Solche Risiken fallen aber sehr wohl an, wenn keine wirksame Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung auf Seiten des Verleihers vorliegt.
77 rechtliche Risiken auferlegt, kann aus dieser Perspektive ein die Nachfrage nach Personaldienstleistungen fördernder Faktor sein. Schließlich kann sich durch den Fremdbezug von Leistungen auch allgemein die Kalkulierbarkeit der Kosten für die Personalarbeit verbessern. Wird mit den Dienstleistern eine Vergütungsvereinbarung getroffen, wird zugleich eine bestimmte Kostengröße für bestimmte Leistungsbestandteile festgelegt. Bei der Eigenerstellung der Personalfunktionen dagegen wird häufig im nachfragenden Unternehmen keine Klarheit über die Höhe der relevanten Kosten bestehen, wenn etwa nicht genau erfasst wird, wie viele Arbeitsstunden und Telefonate in die Besetzung einer Stelle oder in die Bearbeitung eines bestimmten Projektes investiert wurden. Beziehungsbezogene oder Stakeholder-Wirkungen des institutionellen Designs der Personalarbeit existieren potenziell auf verschiedenen Ebenen, z. B. gegenüber der Belegschaft, Bewerbern als potenziellen Arbeitnehmern, Arbeitnehmervertretungen, Kapitalgebern, der Öffentlichkeit und Kunden. Wir erwarten, dass die Wirkungen gegenüber der Belegschaft und den Arbeitnehmervertretungen in der Regel die aus Sicht des nachfragenden Unternehmens wichtigsten Stakeholder-Wirkungen sein werden, da Personalarbeit direkt an den Beziehungen zwischen dem Unternehmen und den Arbeitnehmern und ihren Vertretungen ansetzt. Für Unternehmensberatung, Interimsmanagement und Zeitarbeit erwarten wir zudem, dass die Wirkungen auf die Beziehungen zu den Kunden eine wichtige Rolle spielen werden, wenn und soweit die jeweiligen externen Mitarbeiter für die Kunden sichtbar werden bzw. Kundenkontakt besteht. Stakeholder-Wirkungen können aus sehr vielen einzelnen Effekten und Teilwirkungen bestehen. Diese können u. U. auch je Stakeholder-Gruppe in unterschiedliche Richtungen weisen, also z. B. aus der Sicht des nachfragenden Unternehmens teilweise positiv, teilweise negativ wirken. Diese Effekte lassen sich in der Regel nicht auf einer einheitlichen Maßskala messen und zusammenfassen, müssen jedoch von den Unternehmen bei ihrer Nachfrageentscheidung gegeneinander abgewogen werden. Der Arbeitgeber kann versuchen, die Beziehung zur Belegschaft durch einen Fremdbezug personalwirtschaftlicher Leistungen gezielt zu beeinflussen. So kann er durch die Nachfrage nach Personaldienstleistungen einerseits bewusst Vergleichs- bzw. Referenzpunkte hinsicht-
78 lich der Leistungen und Kompensation der aktuellen Belegschaft implementieren, um hierdurch z. B. den (Leistungs-)Druck auf diese Gruppe zu erhöhen. Beispielsweise kann der Einsatz eines Personalberaters dazu dienen, die für Personalbeschaffung zuständigen Mitarbeiter der Personalabteilung dem Wettbewerb auszusetzen und höhere Qualitätsstandards zu etablieren. Durch den Einsatz von externen Mitarbeitern kann den Mitgliedern der Stammbelegschaft ihre eigene Ersetzbarkeit demonstriert werden. Dies könnte sie animieren, ihren Arbeitseinsatz – quantitativ und/oder qualitativ – zu steigern oder mehr Flexibilität, z. B. hinsichtlich ihrer Arbeitszeitlage und -dauer, zu zeigen. Andererseits kann der Einsatz von externem Personal auch dem Ziel dienen, die eigene Belegschaft vor (zeitlichen oder funktionalen, quantitativen oder qualitativen) Spitzenbelastungen zu schützen. Generell gilt, dass zunächst die Personalabteilung durch den Einsatz von Personaldienstleistern entlastet werden kann. Ein Entlastungseffekt kann aber auch in anderen Unternehmensbereichen auftreten, wenn Zeitarbeitskräfte, Interimsmanager oder Unternehmensberater in anderen Unternehmensbereichen als der Personalabteilung eingesetzt werden. Durch die Auslagerung hoch standardisierter und wenig abwechslungsreicher Tätigkeiten – wie z. B. Verwaltungsaufgaben – kann die Belegschaft auch qualitativ entlastet und motiviert werden: Die Mitarbeiter wären sodann frei für ”anspruchsvollere” Aufgaben, wodurch sich – bei Existenz entsprechender Präferenzstrukturen – Motivations- und Anreizwirkungen und/oder ein größerer zeitlicher Spielraum zur Übernahme von höherwertigen, z. B. auch strategischen Aufgaben ergeben könnten. Es ist somit festzuhalten, dass der Fremdbezug personalwirtschaftlicher Leistungen gegenüber der Belegschaft zahlreiche positive und negative Wirkungen entfalten kann, die zum Teil auch gleichzeitig auftreten können. Ähnlich facettenreich gestalten sich die möglichen Wirkungen des institutionellen Designs auf die Beziehung zu Arbeitnehmervertretungen, insbesondere zum Betriebsrat, aber auch zum Sprecherausschuss oder zur Jugendvertretung (siehe für einen Überblick zur Mitbestimmung und den zugehörigen institutionellen Vorschriften die Darstellungen bei Drumm 2005, S. 45 ff.). Beispielhaft seien die unterschiedlichen Wirkungen an der Beziehung zum Betriebsrat als vergleichsweise häufiger Form der Arbeitnehmervertretung verdeutlicht.
79 In Unternehmen, in denen der Betriebsrat von der Unternehmensleitung als unkooperativ wahrgenommen wird, existieren neben dem Schutz der Stammbelegschaft - z. B. durch quantitative Entlastung in Zeiten von Auftragsspitzen durch den Einsatz von Zeitarbeitnehmern - auch andere Wirkungen, die arbeitgeberseitige Motivationen für den Fremdbezug personalwirtschaftlicher Leistungen darstellen können. Solche Wirkungen sind z. B. ein Wegfall oder eine Verkleinerung des Betriebsrates durch eine Reduzierung der Stammbelegschaft bei einem Dauereinsatz von Zeitarbeitskräften oder die Heranziehung externer Autoritäten zur Legitimation bestimmter Handlungen auch gegenüber dem Betriebsrat. Auch die Umgehung von Mitbestimmungsrechten, wie z. B. in der Personalbeschaffung durch eine Verlagerung der Vorauswahl auf einen Personalberater, stellt eine weitere mögliche Wirkung dar, die nachfragende Unternehmen beim Fremdbezug der Leistungen im Hinblick auf die Beziehung zum Betriebsrat erwarten könnten. Auch bei den Wirkungen im Hinblick auf den Betriebsrat gilt, dass die von ihrer Wirkungsrichtung her heterogenen Teileffekte gleichzeitig auftreten können und zu schwer durchschaubaren Motivlagen im Einzelnen führen können. Lagert ein Unternehmen (Teile seiner) Personalfunktionen aus, beeinflusst dies über die Arbeitsmarktreputation möglicherweise auch die Beziehung zu potenziellen Arbeitnehmern bzw. Bewerbern. Der Einsatz von Personaldienstleistungen mit einem schlechten Ruf – wie dies z. B. lange für die Zeitarbeit der Fall war – könnte zu einer entsprechenden Verschlechterung des Arbeitgeberimage des nachfragenden Unternehmens führen, während andererseits der Einsatz positiv bewerteter Personaldienstleistungen, die als „moderne, zeitgemäße“ Instrumente der Personalarbeit angesehen werden, dieses auch positiv beeinflussen könnten. Eine geringe Bekanntheit des nachfragenden Unternehmens auf dem Arbeitsmarkt und eine daher fehlende Reputation oder ein negatives Arbeitgeberimage können andererseits auch dazu führen, dass bestimmte Personaldienstleistungen von einzelnen Unternehmen überhaupt erst nachgefragt werden, wie z. B. die Einschaltung eines Personalberaters zur Personalsuche, der dem Unternehmen die entsprechende Anonymität bei der Personalbeschaffung bis zur Endauswahl garantiert und somit einige Wirkungen eines schlechten oder fehlenden Arbeitgeberimages neutralisiert. Analog zu den vorhergehenden Beziehungskonstellationen – Belegschaft und Arbeitnehmervertretungen – sind also auch hier heterogene Wirkungseffekte denkbar.
80 Kapitalgebern kann durch den Fremdbezug personalwirtschaftlicher Leistungen ein sparsamer Umgang mit finanziellen Mitteln, die Verschlankung17 und Reformwilligkeit des Unternehmens oder eine Risikominimierung im Bereich „arbeitsrechtlicher Haftung“ signalisiert werden. Auch Head-Count-Vorgaben von Kapitalgebern können der Grund dafür sein, dass Unternehmen Personaldienstleistungen einsetzen, bei denen externes Personal ins Unternehmen geholt wird, z. B. Zeitarbeit, Unternehmensberatung oder Interimsmanagement. Derartige Beweggründe zur Verbesserung des Images bei Kapitalgebern bzw. zur Einhaltung von Vorgaben der Kapitalgeber sind insbesondere immer dort vorstellbar, wo Unternehmen stark auf Kapitalzuflüsse bzw. das Halten von Kapitalgebern angewiesen sind. Dies kann sowohl bei einer ausgeprägten Shareholder Value-Orientierung als auch der Notwendigkeit zur Beschaffung von Fremdkapital der Fall sein. Andererseits zeigen z. B. die jüngst geführten Diskussionen um die Berateraufträge der Bundesagentur für Arbeit, dass über die Effizienz des Einsatzes von Personaldienstleistern bei diversen Stakeholdergruppen sowohl negative als auch positive Einschätzungen entstehen können, so dass auch hier die Wirkungsrichtung letztendlich eine empirische Frage ist. Die Nachfrage nach bestimmten Personaldienstleistungen durch das Unternehmen kann letztlich auch Einfluss auf die Beziehung zu weiteren gesellschaftlichen Gruppen haben, insbesondere zu Kunden und der sonstigen Öffentlichkeit. Unternehmen werden dabei insbesondere die Bedeutung der Beziehungen zur Öffentlichkeit unterschiedlich gewichten, z. B. in Abhängigkeit von ihrer Größe und der Frage, inwieweit sie ohnehin im Blickpunkt der Öffentlichkeit stehen. Hinsichtlich der Beziehungen zu den Kunden erwarten wir, dass solche Personaldienstleistungen, die mit dem Einsatz externer Kräfte einhergehen, zwiespältige Wirkungen entfalten werden, da die Kunden mögliche Qualitätsvorteile des Fremdbezugs der Leistungen gegen mögliche Nachteile – z. B. durch eine geringere Identifizierung mit und Loyalität gegenüber dem nachfragenden Unternehmen sowie wechselnde personelle Zuständigkeiten - abwägen müssen.
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So ist beispielsweise aus öffentlichen Vorträgen von Lothar Späth, dem ehemaligen Vorstandsvorsitzenden von Jenoptik, bekannt, dass die Auslagerung der kompletten Personalabteilung von Jenoptik im Vorfeld des Börsengangs auch dadurch motiviert war, dass man die Holding um die ca. 25 Mitarbeiter der Personalabteilung verschlanken wollte, um Analysten keine unnötige Angriffsfläche zu bieten.
81 Neben den soeben beschriebenen Leistungserstellungswirkungen stellen die Transaktionswirkungen die zweite große Wirkungskategorie dar. Transaktionswirkungen beinhalten grob betrachtet alle Aspekte, die sich rund um den Vertragsschluss (Transaktion) mit einem Dienstleister bzw. mit den Arbeitskräften, die intern zur Leistungserstellung beitragen, ergeben. Hierzu gehören die Kosten der Suche nach (geeigneten) Vertragspartnern, des Vertragsschlusses, der Kontrolle der durch den Vertragspartner erbrachten Qualität, der Durchsetzung der vertraglichen Ansprüche sowie einer ggf. notwendig werdenden Vertragsanpassung in der Zukunft (vgl. ausführlicher Alewell/Martin 2006). Bei der Abschätzung der Transaktionskosten ist einerseits entscheidend, welche möglichen institutionellen Lösungen des Fremdbezuges zur Verfügung stehen. Grundsätzlich existiert zwischen einer Eigenfertigung der Leistung und dem Fremdbezug über eine Spot-MarktTransaktion ein Kontinuum an Möglichkeiten. Handelt es sich bei dem Gegenstand der Auslagerungsentscheidung um einen einzelnen personalwirtschaftlichen Aufgabenteil, steht neben den Reinformen Markt (mit Spotverträgen) und Hierarchie (mit Arbeitsverträgen) im Wesentlichen nur die Zwischenform verschiedener langfristiger Rahmen-Verträge zur Verfügung. Stehen dagegen mehrere personalwirtschaftliche Aufgabenfelder oder sogar die gesamte Personalarbeit im Blickpunkt der Auslagerungsentscheidung, müssen auch die Kosten für Lösungen im Netzwerk, z. B. in einem Shared Service Center, berücksichtigt werden. Welche Arrangements der Leistungserstellung das Unternehmen vergleicht und wo es die Transaktionskosten minimierende Lösung finden kann, impliziert daher auch eine Entscheidung über die anderen personalwirtschaftlichen Aufgaben und deren interne oder externe Erstellung. An dieser Stelle wollen wir uns jedoch auf die unterschiedlichen institutionellen Designs nicht weiter konzentrieren. 18 Schätzungen gehen davon aus, dass die Transaktionskosten bis zu zehn Prozent des Auftragsvolumens betragen können, abhängig von der Zahl der beteiligten externen Dienstleister. Diese Kosten bleiben bei der Kalkulation von Outsourcing-Projekten auf Nachfragerseite jedoch häufig unberücksichtigt (vgl. Wißkirchen 2003, S. 55). Nach Angaben einer Studie von Mummert Consulting wird von den Nachfragern durchschnittlich eine Kosten-
18
Die Frage ist gleichwohl für unseren Kontext relevant. Sie wird hier nur aus Platzgründen ausgeblendet und soll in weiteren Arbeiten behandelt werden.
82 senkung von 23,4 % durch Outsourcing erwartet, tatsächlich werden jedoch nur Einsparungen von durchschnittlich 16,9 % realisiert. Die Differenz könnte u.a. durch Transaktionskosten entstehen (vgl. Mummert Consulting 2004, S. 53 und S. 64). Daneben spielen alle im Transaktionskostenansatz behandelten Einflussfaktoren an dieser Stelle eine wichtige Rolle, also insbesondere die Spezifität der Leistungen und die Häufigkeit ihres Bedarfs sowie die Unsicherheit und Komplexität der Umwelt, die sich in Unsicherheit über die Art, den Umfang und den Zeitpunkt des Bedarfs an diesen Leistungen ausdrücken kann. Diese bereits vielfach durchgeführten Analysen werden wir hier nicht wiederholen, sondern sie als bekannt voraussetzen (vgl. dazu aber z. B. Jost 2001, Alewell/Hackert 1998 oder Eigler 1996 und 1997 sowie die Überblicke bei Vosberg 2002 und Alewell/Bähring/Canis/Thommes 2005). Danach sind höhere Transaktionskosten des Fremdbezugs bei höherer Spezifität der Leistungen bzw. geringerem Umfang an Wettbewerb zwischen den Dienstleistern, bei geringer Häufigkeit des Bezugs und bei höherer Unsicherheit hinsichtlich der Art der benötigten Leistungen zu erwarten. Die Besonderheiten von Dienstleistungen wie Immaterialität, Uno Actu Prinzip und Integration des Nachfragers in den Leistungserstellungsprozess (vgl. Meffert/Bruhn 2003, S. 60; Woratschek 1996, S. 63; Schade 1997, S. 26 ff.; Jeschke 2004, S. 136 ff.; Kaas/Busch 1996, S. 244 ff), führen zu Problemen bei der Qualitätsmessung. Daher ist zu erwarten, dass insbesondere die Auswahl von Dienstleistern mit guter Leistungsqualität und die ex post Kontrolle der erbrachten Qualität zentrale Transaktionsprobleme sein werden. Neben den gängigen Instrumenten der Qualitätssicherung, wie etwa der Verwendung von Zertifikaten und Referenzen sowie kurz laufender oder inhaltlich begrenzter Verträge als „Probezeiten“ ist zu erwarten, dass Prozesse der Vertrauensbildung zwischen Dienstleister und Nachfrager eine wichtige Rolle spielen werden. Bei erfolgreichem Aufbau einer Vertrauensbeziehung zwischen beiden Vertragsparteien werden Probleme der Qualitätsfeststellung und -kontrolle vermutlich als weniger gewichtig wahrgenommen. Nachdem nun das für alle untersuchten Personaldienstleistungen grundsätzlich relevante Wirkungsraster vorgestellt wurde, werden im Folgenden die Ergebnisse aus den Expertenin-
83 terviews zu den Wirkungen des Outsourcings von Personalfunktionen präsentiert. Wir beginnen hierbei mit den Qualitätswirkungen und ihren Ursachen.
4.2.
Ergebnisse aus den Experteninterviews zu den Wirkungen des Outsourcings von Personalfunktionen
4.2.1.
Qualitätswirkungen und ihre Ursachen
Dass externe Dienstleister eine bestimmte personalwirtschaftliche Leistung in einer anderen Qualität liefern können als das nachfragende Unternehmen, kann auf verschiedenen Grundlagen beruhen. Die Experten sprechen hier Faktoren an, die sich auf eine andere Infrastruktur des Dienstleisters, umfangreicheres Methodenwissen bzw. höhere Methodenkompetenz, die Qualifikationen und Erfahrungen externen Personals, umfangreicheres Marktwissen, Benchmarking- und Best-Practice-Effekte sowie auf die zeitlichen Aspekte der Leistungserstellung beziehen. Insgesamt deutet sich bei den Befragten eine positive Sichtweise auf die Qualitätswirkungen an - was angesichts der Tatsache, dass wir einerseits viele Anbieter befragt haben und andererseits eine Reihe von Unternehmen, die sich für die Nachfrage entschieden haben, nicht überrascht. Trotz dieses wahrscheinlich vorhandenen positiven Bias in der Einschätzung der Qualität meinen wir, dass die Aussagen dazu, woher die Qualitätsvorteile kommen, interessante Anknüpfungspunkte bieten, um die möglichen Quellen der Qualitätsvorteile aufzudecken. 4.2.1.1.
Infrastruktur
Eine mögliche Quelle von Qualitätsvorteilen könnte eine bessere infrastrukturelle Ausstattung der Dienstleister sein. Es wird in unseren Interviews an verschiedenen Stellen darauf hingewiesen, dass Personaldienstleister auf Grund ihrer Spezialisierung über eine bessere Infrastruktur als das nachfragende Unternehmen verfügen. „Mir hätten alle möglichen Softwaremodule gefehlt, um das zu verwalten beispielsweise. Internetauftritt hätte ich machen müssen, das wäre alles in die Monate gegangen“ (A 11, 20). „Und der zweite Punkt ist, Sie müssen eine sehr gute Research-Abteilung haben“
84 (N 4, 27). „Gerade bei diesem Gesetzesirrsinn und bei dieser Regelungswut, die unsere Regierung hat, kommt das dem noch entgegen. Da müssen Sie ja andauernd bei der Software wahrscheinlich ein Update kaufen und haben ständig irgendeine Änderung. Das ist nicht sinnvoll“ (N 7, 19). Zwar unterscheiden sich die Inhalte der jeweiligen Infrastrukturbereiche, aber der gemeinsame Kern der Aussagen ist, dass die Dienstleister sich bessere infrastrukturelle Voraussetzungen schaffen, weil sie diese häufiger bzw. intensiver und damit in effizienterer Weise nutzen als das einzelne Unternehmen, welches die entsprechenden Dienstleistungen sehr viel seltener bzw. in geringerem Umfang nachfragt. 4.2.1.2.
Methodenkompetenz und Spezialisierung
Eng mit der Infrastruktur verknüpft können Unterschiede im Methodenwissen und der Methodenkompetenz der Dienstleister im Vergleich zu den nachfragenden Unternehmen auftreten. Anbieter und Nachfrager sehen hier zentrale Qualitätsvorteile der Dienstleister, die durch deren Spezialisierung auf bestimmte Bereiche entstehen. Arbeitsvermittlungsanbieter und -verbände betonen z. B., dass die professionelle Personalauswahl durch Vermittler ein Mehrwert ist, den die spezialisierten Vermittler den Nachfragern anbieten können: „Der zweite Punkt ist einfach die fehlende aktuelle Methodenkompetenz, wenn ich mich nicht mehr mit Hausrezepten zufrieden geben möchte. Also das klassische Interview reicht mir nicht, auch in dem Bereich möchte ich möglicherweise innovative Auswahlmethodiken kennen lernen, um mich auch selbst zu qualifizieren. Also der Berater als Qualifikant meiner eigenen Person“ (A 13, 19). „Also ich denke, es spielt schon eine große Rolle, auch dass das Kundenunternehmen die Sicherheit hat, dass ich hier auf gut ausgewähltes Personal zurückgreifen kann und dass man nicht täglich dann neue Überraschungen erfährt, dass dann der Mitarbeiter sagt, oh ich stehe gar nicht so lange zur Verfügung oder, dass diese Punkte halt im Vorfeld dann schon abgeklärt werden. Und man muss ja einfach auch sehen, (…) unsere Disponenten, die machen nichts anderes von früh bis spät als Personal auszuwählen. Die werden bei uns speziell geschult auch, um eben passgenau für den Kunden auszuwählen“ (A 20, 38). „[Wir] interviewen, wir setzen ein Testverfahren (…) ein, Kapitäntestverfahren, standardisiert, das das Arbeits- und Leistungsverhalten beschreibt, das ist eine weitere Facette. Wir holen Referenzen ein und wir beide, Sie und ich als Berater, diskutieren einfach über das, was ich so erlebt habe, was Sie erlebt haben und versuchen ganz objektiv, ich berate Sie. Wenn am Ende es keiner wird, dann wird's eben keiner. Aber das ist eben die Dienstleistung, ganz objektiv darüber
85 [zu sprechen], was wir glauben, was der Beste ist. Und wenn das Profil angepasst werden soll, dann machen wir in dem Prozess das auch. Also sozusagen die Suche zu objektivieren. Ganz oft haben die dann einen kennen gelernt, das gibt es ja so bei Inhabern, ist ja auch ganz richtig, der macht das dann auch irgendwo, aber er wird sich wundern, auf welcher dünnen Entscheidungsgrundlagenbasis manchmal solche Führungskräfte eingestellt werden. Da stehen einem die Haare zu Berge“ (A 1, 21). „Denn in unserem Metier, da kann man natürlich Tools, Werkzeuge anwenden, da kann man Testverfahren einsetzen, da kann man Referenzeinholungen vornehmen usw., das sind alles Mosaiksteine, die zur Beurteilung beitragen. Aber der entscheidende Qualitätsbaustein für ein solches Personalsuchprojekt ist die Qualifikation des Beraters, ist der Berater selbst. Der Berater als Person, das ist das entscheidende Merkmal und wenn der Professionalität und Know-How erkennen lässt, dann ist das aus Sicht des Unternehmers ein ganz hohes Qualitätsmerkmal“ (V 5, 33). Ein Nachfrager nach Unternehmensberatung betont das absolut bessere Know-How der Berater: „Sie haben das Know-How nicht (…). Das sind 20 Mitarbeiter, aber sie haben die Kenntnisse nicht. Wir können die Kenntnisse nicht vorhalten“ (N 11, 19). „Das ist Strategie, da brauchen sie Hilfe dazu. Weil es ganz schwierig ist, Strategie festzulegen. Das ist Strategie ja, da müssen sie sich vorbereiten, da brauchen sie externe qualifizierte Leute. Solche Leute haben wir nicht im Haus“ (N 11, 19). Ein weiterer Anbieter argumentiert für den Bereich Personalentwicklung über Vorteile der Dienstleister hinsichtlich der didaktischen Kompetenzen: „Also üblicherweise wird [man] im Unternehmen so was nicht intern machen (...). Dass die sagen, das könnte mal Herr Meier hier aus Abteilung D machen. Weil da jeder weiß, dass erstens der Meier, wenn er gut ist, keine Zeit hat, und zweitens ist der didaktisch nicht geschult, der kriegt das gar nicht rüber und der hat auch nicht drei Tage Zeit, das vorzubereiten. So. Insofern ist schon immer der Trend, das ´raus zu geben“ (A 11, 30). Ein Nachfrager nach arbeitsrechtlicher Beratung betont, wie wichtig das Expertenwissen der Dienstleister für die Vermeidung von Folgekosten aus seiner Sicht ist: „Also wenn ich zum Beispiel einen bestimmten Vertrag kreieren möchte mit einem externen Berater, der sehr, sagen wir mal, sehr sensibel ist, was seine Konditionen angeht, dann lass ich mir da natürlich Unterstützung angedeihen, weil ich halt kein Arbeitsrechtler bin, und den Vertrag möchte ich trotzdem sauber stehen haben. Oder ähnliches Thema, wenn [ein] steuerliches Problem auftaucht
86 beim Expatriate, auch das kann und muss ich nicht alleine abdecken“ (N 6, 29). Bei der Auslagerung des kompletten Personalmanagements besteht der Qualitätsvorteil, den ein externer Anbieter leisten kann, darin, dass er für jeden Teilbereich der Personalarbeit einen Spezialisten in seinem Unternehmen hat. Insbesondere kleinere Unternehmen, die als Alternative einen oder zwei interne Personaler als Generalisten mit ihrer Personalarbeit beauftragen würden, können durch die Beauftragung externer Spezialisten, die über eine hohe methodische Kompetenz verfügen, so die Qualität ihrer Personalarbeit verbessern. „Und wir können vor allem qualitativ Vorteile bieten, weil wir für die ganzen Gebiete Spezialisten haben, die sonst ein Generalist abdecken müsste, was schlicht weg nicht geht. Also ich hab noch keinen kennen gelernt, der gleichermaßen gut in Personalentwicklung wie in Lohn- und Gehaltsabrechnung ist“ (A 8, 17). Es wird also deutlich, dass überwiegend Spezialisierungsvorteile der Personaldienstleister gesehen werden, auch wenn sich die Inhaltsbereiche der Kompetenzen von Dienstleistung zu Dienstleistung unterscheiden. 4.2.1.3.
Qualifikationen und Erfahrungen externen Personals
Für die Dienstleistungen, die mit dem Einsatz externen Personals im nachfragenden Unternehmen einhergehen, können Qualitätswirkungen nicht nur durch das Methodenwissen und die Methodenkompetenz des Dienstleisters, sondern auch durch das vermittelte externe Personal eintreten. Dies wird für die Zeitarbeit und das Interimsmanagement in verschiedenen Interviews angesprochen, wobei allerdings hinsichtlich der Zeitarbeit durchaus Uneinigkeit über die Qualifikation der Zeitarbeitnehmer besteht. Während die Anbieter von Zeitarbeit in der Regel die breitere Qualifikationen und die umfassenderen Erfahrungen der Zeitarbeitnehmer betonen, zweifeln die Nachfrager eher an den Qualifikationen, die über die Zeitarbeitsfirmen und ihre Mitarbeiter zur Verfügung gestellt werden können: „Also in dem Fall kann und wird man auch eher so argumentieren, dass man von Zeitarbeitnehmern profitiert, weil sie einfach eine breitere Perspektive in ihrer Erfahrung haben und da ist es für Kunden der Vorteil, einen Zeitarbeitnehmer einzusetzen, der eine ganz breite Perspektive, ein ganz breites Qualifizierungsspektrum schon hat (...)“ (A 22, 18). „Weil ganz einfach über Zeitarbeit Mitarbeiter an Bord sind, die mit ihren Qualifikationen in den verschiedensten Einsätzen sind, das heißt also bei verschiede-
87 nen Kundenunternehmen in ihrer Qualifikationen hauptsächlich, überwiegend, dort letztendlich eine praktische neue Erfahrung machen, praktische Berufserfahrung, sagen wir so, in ständiger praktischer Fortbildung sind und damit letztendlich häufig viel einsatzfähiger sind, als konventionelle Mitarbeiter, die dauerhaft im Unternehmen sind“ (A 27, 27). Im Gegensatz zu den Anbietern bezweifeln die Nachfrager teilweise bzw. mit Bezug auf bestimmte Qualifikationsgruppen, dass Personaldienstleister ähnlich gutes Personal beschaffen können wie die eigene Personalabteilung: „Von zehn Firmen, die Sie anrufen, sagen acht zu, sie hätten jemanden, und dann holen Sie sich die Leute her, schauen Sie sich die Leute an und geben Sie denen ein paar einfache Aufgaben, die jeder IHK-geprüfte Bilanzbuchhalter mit zwei Jahren Berufserfahrung spielend lösen sollte. Und es ist immer wieder erschreckend. Das ist genauso erschreckend, wie wenn wir selber Suchanzeigen schalten, wie breit das Spektrum auseinander geht. Aber das ist einfach so das Fatale bei den Leihfirmen, wo man einfach sagen muss, dass das wirklich zu weit auseinander geht. Und das ist bei einfachen Produktionstätigkeiten nicht, also wenn wir einen Helfer anfordern für Maschinenarbeit, dann ist es von der Anforderung her schon so niedrig gelegt, dass es eigentlich schwierig ist, unten drunter zu liegen. Aber sobald es um wirklich qualifizierte Zeitarbeit geht, und das im Sinne, so wie das in Holland und Belgien fantastisch funktioniert, warum auch immer, das ist in Deutschland fast aussichtslos. Also da tun sich die ganzen großen Leihfirmen schwer, die haben nun alle schon ihre Spartenaufteilungen mit Technikern, mit Kaufleuten, mit gewerblichem Personal. Aber ich glaube, die undankbarste Branche in der Zeitarbeit ist, wenn man für die kaufmännischen Leute zuständig ist. Weil, da wirklich jemand zu bekommen, der auch noch bereit ist, als Leiharbeiter zu arbeiten, gut ausgebildet ist, der Berufserfahrung mitbringt, das ist also sehr [schwer]. Und wenn, dann ist er so schnell wieder weg, dann ist er in der ersten Firma 14 Tage drin, dann erkennt man, dass das wirklich eine Fachkraft ist. Und dann wird man sich auch nicht scheuen, die Vermittlungsgebühr zu bezahlen und zu sagen, komm, dich stellen wir ein, so jemanden [haben wir] wirklich gesucht“ (N 12, 40). Allerdings berichtet der gleiche Nachfrager auch über eine bessere Qualität der Arbeitsleistung durch die höhere Motivation der Zeitarbeitnehmer: „Also wir haben Leihkräfte im Haus, die jetzt seit zwei Jahren da sind, die sind besser als unsere langjährigen Stammmitarbeiter, weil die halt auch nicht mehr die Notwendigkeit sehen, jetzt noch irgendwas zu tun. Wir haben hier vor zwölf Jahren begonnen, da waren die Mitarbeiter im Regelfall aus dem Umkreis hier so 35, 40, jetzt sind wir zwölf Jahre weiter, die Mitarbeiter sind irgendwo zwischen 50 bis 55, und sind nicht mehr gewillt oder sind auch wirklich nicht in der Lage, sich der neuen Technik anzupassen. Das heißt, wir sind hier das modernste (…)Werk Europas. Wir haben da unten Technik für mittlerweile knapp 100 Mil-
88 lionen Euro stehen, alles läuft nur noch EDV- und computergesteuert und teilweise sind die Mitarbeiter, die Stammmitarbeiter überfordert, selbst mit einfachsten Maschinenarbeitsplätzen, weil sie einfach nie die Notwendigkeit hatten, was zu machen. Weil sie waren ja hier beschäftigt und es hat ihnen auch keiner gesagt, dass sie durchaus eventuell nicht mehr den Anforderungen entsprechen. Und gerade die jüngeren Leute, die wir von den Leihfirmen bekommen, sind natürlich wesentlich flexibler, haben in vielen Branchen schon gearbeitet, in viel mehr Unternehmen und kennen sich gerade mit der neueren Technik sehr gut aus, und da besteht eben diese zweite Gefahr, dass die jüngeren Leihkräfte dem älteren Stammpersonal ein bisschen den Rang ablaufen. Und das führt natürlich durchaus nicht unbedingt nur zu positiven Effekten“ (N 12, 25). Neben diesen Qualitätswirkungen der Zeitarbeit durch höhere Motivation des Zeitarbeitspersonals treten durch die Verbesserung der Personalauswahl durch verlängerte Probezeiten aus Sicht der Anbieter weitere mögliche qualitätssteigernde Wirkungen der Zeitarbeit auf. „Ich würde mir ganz klar einen Dienstleistungspartner suchen, würde mit dem Dienstleistungspartner entsprechend mich abstimmen und würde auch unter Umständen den einen oder anderen übernehmen, dann, wenn ich das Gefühl habe, der passt zu mir, oder die Mitarbeiterin passt ganz genau ins Unternehmen, ich brauche sie auf lange Sicht, dann würde ich mir einfach über diesen Weg mein Personal rekrutieren und würde mir das ganze Auswahlverfahren sparen“ (A 20, 21). „Und diese Flut an Bewerbungen abzuwickeln, ist natürlich ein enormer finanzieller und zeitlicher Aufwand. Und von daher sagen die sich oft, das nehmen wir nicht mehr auf uns, sondern wir gehen an qualifizierte Personaldienstleister heran, die für uns die Vorauswahl machen, uns die selektive Vorauswahl vorstellen, wir sie dann erst über die Zeitarbeit testen und dann gegebenenfalls einstellen“ (A 23, 19). Möglich ist, dass dieser Effekt auch bei den anderen Personaldienstleistungen, die den Einsatz von Fremdpersonal umfassen, also auch beim Interimsmanagement und der Unternehmensberatung, eine im Entscheidungskalkül der Nachfrager enthaltende Wirkung ist. Jedoch wurde dies von unseren Experten nicht erwähnt. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass in unseren Interviews das Austesten potentieller neuer Mitarbeiter durch den vorherigen Einsatz in der Arbeitnehmerüberlassung von den Nachfragern deutlich weniger betont wird als von den Anbietern und Verbänden. Ob dies ein Zufallseffekt ist oder auch unterschiedliche Einschätzungen zwischen diesen Gruppen andeutet, können wir auf der Basis unserer recht geringen Zahl an Interviews mit Nachfragern allerdings nicht abschätzen.
89 Auch für das Interimsmanagement betonen Anbieter und Verbände die möglichen positiven Wirkungen durch die Qualifikation der Interimsmanager als Qualitätsvorteil: „Jetzt will [ein Unternehmen] aus Deutschland - [das] will übrigens nicht eine Niederlassung aufbauen in Lettland, sondern [das] muss, weil dort ein dicker Kunde sitzt und sagt, Ihr müsst hier am Ort sein, sonst fliegt der raus. So, also müssen die dann gehen. So jetzt hat [das Unternehmen] natürlich keine Ahnung, Lettland nicht vernetzt irgendwie, lettisch sprechen die auch nicht […]. Das muss jemand machen, mit dem Recht kennt sich keiner aus. Da kann man natürlich wunderbar einen Interimsmanager einsetzen, der zum Beispiel bilingual ist oder vielleicht in Lettland groß geworden ist, in Deutschland studiert hat und so was, schon allein durch diese Skills dort prädestiniert ist, es zu tun“ (A 6, 33). „Also Interimsmanagement, da muss man sich schon sehr, sehr genau überlegen, wen man da reinsetzt, das heißt, da kommt es sehr stark auf die Handlungskompetenz - und das ist ja die Mischung aus Sozial-, (...) Fach- und Methodenkompetenz - darauf kommt es eigentlich an, da jemanden zu holen, der vor allem auch diesen sozialen Bereich mit abdeckt“ (V 3, 33). Da wir keinen Nachfrager nach Interimsmanagement befragt haben, können wir nicht überprüfen, ob es hier auch die unterschiedlichen Einschätzungen von Nachfragern und Anbietern gibt. Zugleich wird aber im letzten Zitat auch schon angedeutet, dass möglicherweise erhebliche Schwierigkeiten bei der ex ante Feststellung der Qualität und dem Finden geeigneter Vertragspartner bestehen können. 4.2.1.4.
Marktkenntnisse
Als Resultat der Spezialisierung der Dienstleister auf bestimmte Segmente und Dienstleistungen kann ein größerer Umfang an Marktwissen angesammelt werden. So wird von fast allen Nachfragern das bessere Wissen, z. B. über einen speziellen Teilarbeitsmarkt, als der entscheidende Vorteil der Personaldienstleister angesehen. Durch dieses bessere Wissen ist der professionelle Dienstleister dann in der Lage, die jeweils in Frage stehenden Teile der Personalarbeit qualitativ hochwertiger zu erstellen. „Ich erwarte erstens, dass er einfach eine viel bessere Kenntnis über den Personalmarkt hat. Wir sagen, natürlich wollen wir auch den Markt, den abstrakten Markt kennen, aber wir kennen halt vor allen Dingen unsere Kunden. Wir haben dann Leute, die sich auf der Beschaffungsseite mit Beschaffungsmärkten beschäftigen, auch keine Frage. Wir haben auch im Personal natürlich eine Kenntnis über die Personalmärkte, aber die eben doch eher regional, eher branchenbezogen, was auch nicht immer die (...) Conditio-sine-qua-non ist. Und insofern wollen wir vor allen Dingen vom Headhunter die breitere Marktkenntnis. Weil wir
90 auch oftmals sagen, wir haben dann bei Spezialisten jemanden, der nicht in der Feinmechanik, Optik groß geworden ist, sondern wir suchen eben jemanden aus einer bestimmten Industrie, Automotive oder einen Biologen für die Mikroskopie, weil wir sagen,(...), wie das Mikroskop funktioniert, das wissen wir ja, aber es geht uns um die Applikation, da wollen wir verstehen, was der Eigentliche, der es kaufen soll, damit macht“ (N 3, 20). „Also je höher das Niveau der zu besetzenden Stelle, desto eher ist der Reflex im Management, das fremd zu vergeben. Ganz normal. Also den Sachbearbeiter traut man sich selber zu. Den Callcenter-Agent eigentlich auch, aber wenn man dann so an die zweite Ebene kommt im Unternehmen, denkt man, na ja, da muss doch mal ein Profi im Markt herumtelefonieren, weil die guten Leute lesen auch nicht immer alle Anzeigen und bewerben sich auch nicht. Wollen wir vielleicht gar nicht ans Schwarze Brett schlagen oder veröffentlichen, dass wir jemand suchen für die und die Position - das kommt ja auch dazu. Und so beauftragt man im Regelfall dann jemand, der herumtelefoniert. Das ist ziemlich üblich, deswegen gibt es relativ wenig Seniorpositionen, die veröffentlich werden“ (N 1, 69). „Es gibt in dem ganzen Bereich Personalsuche draußen viel Expertise, muss man schon sagen. Und natürlich kann man erwarten von einem Externen, dass er auch den Markt beobachtet und kennt, weil man ja im Unternehmen immer ein bisschen in seinem eigenen Häuschen sitzt, erwartet man, dass der Externe mehr kennt als nur mein Unternehmen, der kennt auch andere, muss er ja und von daher hat er einen besseren Marktüberblick. Das ist ein klarer Vorteil. Weil Personalsuche heißt ja, dass man aus seinem eigenen Häuschen rausgeht. Also man kann da lernen, klar“ (N 1, 27). „(...) der Personaldienstleister, sag ich mal, der arbeitet jeden Tag 100%-ig in dieser Materie und wir können das ja aufgrund der anderen Aufgaben, die wir noch machen müssen, natürlich nur zu bestimmter Zeit, die natürlich wesentlich mehr da beschnitten ist. Und der hat auch mehr Möglichkeiten zur Recherche, die natürlich zwar heute vorhanden ist, aber das ist trotz alledem noch zeitintensiv. Also diese Marktkenntnisse und die Möglichkeiten, die seine Organisation hat, innerhalb dieses Marktes“ (N 10, 16). „Wir arbeiten in sehr schmalen Nischen, (...) also wir suchen sehr spezialisierte Leute, um es mal so zusagen. (…) im Moment möchte ich gerade eine Stelle besetzen, da gibt es in Deutschland vielleicht zehn, fünfzehn Menschen. Ja. Da brauche ich einen Personalberater, da brauche ich einen Headhunter. Und das haben wir in anderen Bereichen relativ vergleichbar auch. Das sind dann vielleicht 100 Leute, die das am Markt können, und diese 100 wissen das auch und diese zehn, fünfzehn, die wissen das auch. Das heißt, die wollen tatsächlich angesprochen werden, die werden sich von einer Anzeige oder von einem Internetauftritt in keinster Weise bewegen lassen, über einen Job bei [uns] nachzudenken. Weil das eben Spezialisten sind, sind die gefragt und das wissen die halt auch. Ja. Das heißt, da muss ich, definitiv, da komme ich gar nicht umhin, das kann ich weder Inhouse noch sonst wie lösen, da brauche ich die professionelle
91 Ansprache, da brauche ich den Profi, der mir diese Leute auch findet“ (N 6, 18). Ein Anbieter argumentiert aus der Sicht seiner Kunden im Hinblick auf Personalentwicklungsangebote, dass der Überblick des Dienstleisters über den Trainermarkt ein wichtiger Qualitätsvorteil sein kann: „Ich hätte auch keinen Überblick über den Trainermarkt gehabt hier in der Region. Das Unternehmen gibt es noch gar nicht so lange. Da hätte ich mit hoher Wahrscheinlichkeit ein paar Mal daneben gehauen“ (A 11, 20). Auch andere Anbieter betonen diesen Aspekt ebenso wie die Nachfrager, wie die folgenden Ausschnitte aus Interviews zur Personalberatung zeigen: „Aber, ich würde von dem Unternehmen A erwarten, dass man mich im Rahmen der Profilbeschreibung schon berät, dass man also klar sagt, gibt's oder gibt's nicht. Und Gehalt, das ist ganz oft ein Knackpunkt, steht auch in richtiger Korrelation zu den Aufgaben“ (A 1, 15). „Ich würde gleichermaßen von dem Berater erwarten, dass er ein Sparringspartner ist, mir einen Spiegel letztendlich, sag ich mal, vorhält, was ist eigentlich realistische Erwartung und was ist eigentlich das richtige Gehaltsangebot, was ist die richtige Funktion, die wir ansprechen müssen, um zum Erfolg zu kommen“ (V 6, 29). „Wenn jemand sagt, ich will einen Key Accounter für die [Firma] haben, 100 Millionen € Umsatz, dafür möchte ich aber nur 50.000 € ausgeben. Ja da müssten Sie als Berater sagen, das hört sich gut an, aber den gibt es nicht, also noch nicht mal ein Junior Key Accounter für 50.000 €“ (A 1, 21). Auch hier wird wiederum deutlich, dass die Erwartung besteht, dass ein Dienstleister bessere Marktkenntnisse aufweist, auch wenn die Inhalte dieser Kenntnisse je nach Dienstleistung verschieden sind. Marktkenntnisse der Dienstleister werden hier breit verstanden: Im Fall der Personalberatung werden sie z. B. nicht nur in Bezug auf verfügbare Kandidaten bei gegebenem Suchprofil, sondern auch im Hinblick auf die Stellenprofile und auf angemessene Gehaltsangebote definiert, d.h. hinsichtlich verschiedener Aspekte des Beschaffungsprozesses. Im Fall der Personalentwicklung beziehen sich diese Marktkenntnisse nicht nur auf Seminarangebote und ihre Preise, sondern auch auf die Verfügbarkeit leistungsfähiger Trainer.
92 Aus diesen Marktkenntnissen resultiert häufig auch ein weiterer Effekt, den Anbieter und Nachfrager als Qualitätsvorteil ansehen, nämlich ein Benchmarking- bzw. Best-PracticeEffekt. 4.2.1.5.
Benchmarking- und Best-Practice-Effekte
Können Dienstleister auf Grund ihrer Markttätigkeit auch Wissen über die Abläufe und Vorgehensweisen in und bei anderen Unternehmen, zum Beispiel den direkten Konkurrenten des Unternehmens, sammeln, verfügen sie über eine Vergleichsbasis, um Lösungen zu beurteilen, die zum Benchmarking und zur Sicherstellung der Implementation von BestPractice-Lösungen verwendet werden können: „Ja, plus vielleicht auch die Komponente, sicherzustellen, dass man sich nicht an seinen nationalen oder regionalen Benchmarks orientiert, sondern einfach irgendwo weltweit sagt, das ist jetzt das Beste, was man tun kann“ (A 15, 27). „Da erwarten Kunden auf der einen Seite, dass man als Berater schon über ein (...) breites Spektrum verfügt, wie machen es andere. Also das Thema Best Practice und Benchmarks ist etwas, was eigentlich heute in keinem Mandat mehr wegzudenken ist“ (A 16, 19). Auch ein Nachfrager nach Arbeitsvermittlung nennt dieses Benchmarking-Argument der Anbieter. Er betont, dass gerade gegenüber einer dezentralen Leistungserstellung bei der Eigenfertigung ein zentraler Dienstleister Vorteile hinsichtlich der Vereinheitlichung der Leistungserstellung haben kann: „Neben der Kostenseite ist da, glaube ich, noch ganz, ganz wichtig der Wunsch nach Vereinheitlichung. Ich nehme mal das Thema Bearbeitung von Bewerbungen. Wenn Sie das an 20 Stellen bundesweit machen lassen in allen 20 Gebietsfilialen, ist es sehr, sehr schwer sicherzustellen, dass Bewerbungen möglichst nach einem einheitlichen Standard gehandhabt werden. Und wir hatten in der Vergangenheit auch immer mal wieder das Problem von Doppelt- und Dreifachbewerbungen, die Sie nicht abdecken können, wenn Sie das wirklich alles dezentral bearbeiten. Dann wurde ein Bewerber eben zu mehreren Gesprächen eingeladen, was ja keinen Sinn macht. Das sind, glaube ich, so die Hauptgründe“ (N 9, 23). Streng genommen ist damit natürlich kein Argument für den Einsatz eines Dienstleisters, sondern nur für eine zentrale Erstellung der jeweiligen Leistung genannt. Existiert aber in dem jeweiligen Unternehmen keine zentrale Personalabteilung, die diese Aufgabe übernehmen könnte, so wird möglicherweise in der Wahrnehmung der Nachfrager das Alternativen-
93 set gar nicht vollständig abgebildet, sondern die zentrale interne Erstellung der Leistung wird gar nicht geprüft. 4.2.1.6.
Schnelligkeit der Leistungserbringung und zeitliche Flexibilität
Aus besserer Infrastruktur und besserem Methoden- und Marktwissen sowie der Kenntnis von Benchmarks und Best-Practice-Lösungen können sich insgesamt auch zeitliche Vorteile im Sinne einer schnelleren Erledigung bestimmter Aufgaben ergeben. Zudem können Dienstleister teilweise flexiblere Leistungen in dem Sinne anbieten, weil die Leistung nicht nur schneller erbracht wird, sondern die Nachfrage bei wegfallendem Bedarf auch schneller wieder zurückgezogen werden kann. Hinsichtlich der zeitlichen Flexibilität als besonderem Qualitätsmerkmal sind sich Anbieter, Nachfrager und Verbände hinsichtlich der Einschätzung ihrer Relevanz relativ einig. Die Anbieter und Verbände geben Hinweise darauf, dass die zeitliche Flexibilität dabei in zwei Punkte untergliedert werden kann. Zum einen könnten Personaldienstleister grundsätzlich schneller bestimmte Aufgaben der Personalarbeit erledigen als das nachfragende Unternehmen: „Die Frage ist dann relevant, wenn ich zeitliche Effizienzvorteile haben möchte, das heißt, ich möchte einfach im kürzeren Zeitraum aufgrund eigener Fehlressourcen ein Projekt nach vorne bringen, den Vertrieb zu Beispiel. (...) Zeitgewinn im Bereich der Lösung von Ressourcenfragen (…), oder auch zum Beispiel bei der Frage, wie ich an bestimmte Zielgruppen herankomme“ (A 13, 19). Zum anderen können Dienstleister auch „auf Abruf“ Leistungen produzieren und diese können dann vom Nachfrager auch wieder abbestellt werden, so dass die Herstellung personalwirtschaftlicher Leistungen durch eine Marktbeziehung zeitlich wesentlich flexibler ist als die Erstellung in dem institutionellen Design der Hierarchie des nachfragenden Unternehmens: „Ist das ein Unternehmen, sprechen wir von 200 Mann-Unternehmen, der hat zwei Personaler oder anderthalb Personaler, und da wird eine Lohnabrechnung gemacht, da wird das gemacht, und wenn Fragen kommen, steht er meistens gnadenlos allein. Er muss also in unheimlicher Breite ausgebildet sein, nämlich alles. Wenn Probleme kommen […] dann kommt so eine Sanierungsaktivität, wo er mal für vier Wochen alles fallen lassen muss, nur noch sanieren muss (...). Der Externe hat die Chance, dadurch [dass] wir mit 30 Mann arbeiten, können wir Schwerpunkte setzen und können durch eine Projektarbeit sehr schnell in die Tie-
94 fe reinrutschen und sagen, wir sind mit fünf Mann da und eine Woche ist nur „Wooling“. Und dann ist das Thema geordnet und dann ist das Thema auch abschließend geordnet ohne Probleme. Das ist ein Punkt, wir sind also in der Verfügbarkeit, denke ich mal, den Problemen entsprechend“ (A 14, 15). Dieses Argument spielt erwartungsgemäß bei der Zeitarbeit eine wesentliche Rolle: „(...) ich versuche es einfach mit Arbeitnehmerüberlassung, um mir eine gewisse Flexibilität zu erhalten oder überhaupt eine gewisse Flexibilität überhaupt zu bekommen“ (A 20, 23). „Einmal natürlich um die klassischen Spitzen abzudecken, sprich also, die haben einen Stamm von einigen 100 oder einigen 1000 Leuten, haben aber dann regelmäßig Spitzen, die sie dann aber nicht mit zusätzlichem Personal abdecken wollen, sondern das über Zeitarbeit abzuwickeln haben. Weil, das ist einfach kurzfristiger zu handhaben für die Unternehmen, im Grunde genommen ist es so, dass sie von zwei Tagen bis zu einer Woche den Mitarbeiter direkt wieder abmelden können, sprich also, Flexibilität ist enorm groß“ (A 23, 19). Hauptgrund für die mit Leiharbeit erreichbare Flexibilität sind die deutlich kürzeren Kündigungsfristen des Vertrages mit dem Zeitarbeitsunternehmen im Vergleich zu den Kündigungsfristen bei einem Arbeitsvertrag nach der Probezeit. „Erstens war es die Frage, kriegen sie die Leute zeitlich, kriegen sie die mit der richtigen Qualifikation, was hat der Kollege für eine Motivation in den zeitlich befristeten Vertrag zu gehen, der möchte eigentlich ganz gerne ein unbefristetes Arbeitsverhältnis, wenn er aussuchen kann. Also wende ich mich an einen Personaldienstleister, so wie an uns, und sage, ich brauch zehn Buchhalter, am besten brauch ich die innerhalb der nächsten 14 Tage und in aller Regel krieg ich die auch. Und dann weiß ich ja nicht genau, wie lange mein Projekt dauert und mit dem Zeitarbeitsunternehmen habe ich eine vertragliche Regelung, dass innerhalb von fünf oder sechs oder zehn Tagen der Vertrag zu kündigen ist, das heißt also, ich kann den Mitarbeiter, den ich im Rahmen von Zeitarbeit übernommen habe, locker, leicht [freisetzen]“ (A 25, 17). Flexibilität in der Nachfrage bedeutet auch eine Senkung von Kostenrisiken für die Nachfrager: „Erst mal trägt der Kunde keinerlei Risiko, wenn er über Zeitarbeit geht. Es gibt eine Abmeldefrist, der Kunde muss uns laut AGBs eine Woche vorher Bescheid geben, wenn er sagt, der Auftrag ist zu Ende, wir brauchen den Mitarbeiter nicht mehr“ (A 26, 29). Je nach Seltenheit der Qualifikationen auf dem Arbeitsmarkt halten die Zeitarbeitsunternehmen Personal in ihrem Pool vor, um schnell auf Kundenanfragen reagieren zu können.
95 Hier sieht man deutlich den Interaktionseffekt zwischen der Infrastruktur, die Dienstleister aufbauen, und den zeitlichen Aspekten des Leistungsangebots: „Das ist für viele Unternehmen natürlich recht wichtig, dass auf manche Qualifikationen recht kurzfristig zurückgegriffen werden kann. Allerdings muss man eins sagen, wenn wir im Bereich der Ingenieure Auswahlverfahren haben, (…) man kann auch nicht zaubern, also hier muss auch der Prozess, auch eine gewisse Zeit einkalkuliert werden. Und das wissen aber auch die Kunden, dass die Mitarbeiter nicht hinter den Regalen sitzen und wir sie rausholen. (...) Aber gerade - (…) zum Beispiel im Produktionsbereich oder auch im kaufmännischen Bereich - sind wir sehr wohl in der Lage, sehr schnell zu reagieren, einfach weil unser System ein sehr schnelles System ist. Und wir auch mit (…) Vorhaltepersonal arbeiten in gewisser Weise, also wir auch Reserven haben, auf die wir zurückgreifen“ (A 20, 34). Selbst bei Spezialisten ist die angestrebte Beschaffungsgeschwindigkeit dank des Pools an Arbeitskräften, auf den die Zeitarbeitsunternehmen zurückgreifen, noch sehr hoch: „Wir wissen genau, wenn der Kunde jetzt, nehmen wir als Beispiel einen Projektleiter für Lasertechnikprojekte haben will für konkrete [Laser], dann wissen wir, wonach wir suchen müssen, wir wissen, wo wir das suchen können. (...) Also unser Ziel ist es eigentlich schon, wenn eine Kundeanfrage kommt, die sofort zu beliefern. Also sofort heißt dann auch in drei bis vier Stunden spätestens“ (A 28, 47ff.). Auch die Nachfrager bestätigen für die Zeitarbeit, dass die höhere Geschwindigkeit, mit der benötigtes Personal zur Verfügung gestellt werden kann, und die schnellere und leichtere „Widerabbaubarkeit“ dieser Personen, ein zentraler zeitlicher Qualitätsvorteil der Dienstleistung ist: "Ja gut, wenn wir die Mitarbeiter selber einstellen, müssten wir uns die Arbeit machen, erst mal irgendwo mit einer Suchanzeige zu starten oder über das Arbeitsamt oder was auch immer. Das heißt, wir haben selber sehr, sehr viel Arbeit in dem Sinne damit, dass wir uns bei dem Bedarf, den wir hatten in den vergangenen drei Jahren, fast ununterbrochen in Gesprächen befunden hätten. (…) die Trefferquote, so wie wir sie im Hause ansetzen, ist so ungefähr eins zu vier, eins zu fünf. Das heißt, ich muss mich mit fünf Leuten irgendwo erst mal unterhalten, um einen davon am Ende einzustellen. Das heißt, bei 120 Leuten sind das ungefähr 600 Gespräche. (…) Das muss man nach oben rechnen, die Stunden, die Kosten. Und dahingehend ist das einer der Gründe, warum wir sagen, o. k. wir haben ein klares Anforderungsprofil an die Leihfirmen, was wir von denen erwarten im gewerblichen Bereich. Und dann haben wir innerhalb der ersten Tagesstunden sowieso die Möglichkeit, den Mitarbeiter direkt zurückzuschicken, zu sagen, das wollen wir überhaupt nicht. Und gerade am Anfang sind natürlich die Kosten niedriger, als wenn ich mir den Mitarbeiter direkt einstelle. Für die ers-
96 ten sechs, acht Monate ist das so und dann überschreitet das eine gewisse Grenze, wo man sagen kann, es wäre dann eigentlich sinnvoller, die Mitarbeiter direkt wieder bei uns wieder zu beschäftigen. Und ich bewahre mir (…) eben wieder im Hintergrund diese Flexibilität, auf diesen Mitarbeiter dann zu verzichten an einem gewissen Punkt, wenn ich ihn wirklich nicht mehr brauche“ (N 12, 13). „Es ist wirklich einfach diese zeitliche Bindung. Wir sind da nicht in der Lage, wie jeder andere auch, das heißt, wenn Sie eine Anzeige schalten, wenn jetzt heute jemand kommt zu mir, dann weiß ich, ich müsste am Donnerstag die Anzeige haben, damit sie am Samstag in der Zeitung ist, das heißt, ich verliere schon die Zeit. Dann muss jemand die Zeitung lesen, die bewerben sich. Das liegt schon alles vor bei der Zeitarbeit. Das heißt, die Bewerbungen liegen da, die Mitarbeiter sind da und können, wenn ich heute anrufe, sich spätestens Montag vorstellen. Und das kann ich hier nicht bieten, das ist einfach so. Das muss man einfach so neidlos anerkennen, dass man sagt, o. k. also die Fähigkeit haben wir nicht (...)“ (N 13, 35). „[Wir haben] eine große Zahl Zeitarbeiter und wir haben auch Befristete, weil wir ja auch als Bank sozusagen, wir haben auch ein großes Backoffice und einen großen Kundendialog, wir wachsen sehr stark und wir wollen nachhaltig sicher auswärts anbieten. Und das bedeutet, dass wir in gewisser Weise flexibel bleiben müssen. Wenn wir also mal nicht so viel Werbung machen oder wir erfinden irgendwelche Computerprogramme, die die Abwicklung signifikant vereinfachen, hätten wir plötzlich Manpower zu viel. Und deswegen werden wir dauerhaft immer Zeitarbeiter haben und auch immer ein paar Befristete haben. Das ist unser Ziel, damit wir immer ein bisschen beweglich bleiben. Also verstehen Sie, wenn die Arbeit plötzlich um zehn, zwanzig Prozent zurückgeht, das kann immer mal sein, brauchen wir zehn oder zwanzig Prozent flexible Personalkapazität. Das ist ein Ziel von uns, das haben wir auch heute und das erhalten wir uns so, das geht“ (N 1, 11). „(...) und da kann es natürlich auch sein, dass man von heute auf morgen, irgendwo ein Umsatzvolumen verliert, was dramatisch für die Produktion sein kann und so eine Erfahrung hatte man vor knapp zehn Jahren schon mal am Hauptstandort, dass man dann einmalig und erstmalig überhaupt in der Geschichte des Unternehmens zu betriebsbedingten Kündigungen übergehen musste. Und von da an hat man gesagt, o. k. wir halten uns auf jeden Fall immer so ein Flexibilisierungsinstrument, was unter anderem die Leiharbeit ist, um auf solche Sachen so kurzfristig reagieren zu können, wie es nur irgendwie geht, im Regelfall von einer Woche. Haben da oben drauf noch die befristeten Mitarbeiter, die wir nach einem Tarifvertrag auch sehr, sehr kurzfristig ohne Angabe von Gründen entsprechend das Arbeitsverhältnis beenden können (…). So dass das eigentlich der Hauptgrund ist, dass man einfach sagt, natürlich wir haben noch Produktionsspitzen nach oben, die aufzufangen fällt mit eigenen Mitarbeitern sehr schwer, und dann aber auch nach unten hin im Prinzip die Flexibilisierung, dass man sagen kann, so bald wir also irgendwo in die Gefahr laufen, einen Großauftrag, dass der gekündigt wird oder die Mengen nicht mehr abgefragt
97 werden, wie sie bestellt sind, dass man dann darauf reagieren kann. Das ist eigentlich der Hauptgrund, dass man mit Zeitarbeit arbeitet. (...) Aber im Moment, wie gesagt, wir hatten vor zwei Jahren einen sehr schweren Sommer (…) und da hatten wir zum Glück unsere Arbeitszeitkonten und die Leihkräfte, aber da haben wir eben die Erfahrung gemacht, dass es durchaus sehr, sehr hilfreich ist, 60 Leihkräfte im Haus zu haben, die man dann auf Null runterfahren kann, um den eigenen Mitarbeitern einfach die Arbeit weiter zu sichern. Und wenn dann die Aufträge wieder anziehen, sofort wieder reagieren zu können und innerhalb von zwei Wochen wieder 60 Mitarbeiter im Hause zu haben, was wir als Werkspersonalabteilung hier nie schaffen würden“ (N 12, 11 und 17). „Aber da ist dann auch die Frage, wenn es wirklich so wäre, ich weiß nicht, ob im Vordergrund wirklich steht, dass die Kosten stehen, sondern ich glaube im Vordergrund steht, flexibel, sofort, jetzt. (...) Wir hatten einen Mitarbeiter, der hat einen ganz, ganz schweren Unfall gehabt letztes Jahr (...). Aber solche Krankheitsfälle, wo man wirklich sagt, da weiß man gar nicht, wann kommt derjenige wieder, inwiefern ist da im Moment irgendwas da. Das heißt also, das wäre eine Belastung der Mitarbeiter nicht nur kurzfristig für drei Wochen, sondern wirklich eine Belastung der anderen Mitarbeiter für mehrere Monate. Und dann muss man natürlich auch sehen, wie belastet war der bereits sowieso schon, wie sehen Überstunden so schon aus, und ist das noch mal machbar. Dann ist auch nicht unbedingt nur die Sache, dass man sagt, o. k. es geht um Kosten, sondern hier geht es wirklich darum, so schnell wie möglich, da eine Entlastung hinzukriegen“ (N 13, 49). „Und dann eben die Flexibilität, das ist der entscheidende Punkt. Also wir machen es ganz bewusst, weil wir extreme Schwankungen haben. Also ich sag mal, wenn [unser wichtigster Kunde] als Beispiel das Programm um zehn, fünfzehn Prozent absenkt, dann haben wir so ungefähr zehn Prozent bis fast fünfzehn Prozent weniger Beschäftigung. Das geht relativ eins zu eins durch. Und das können Sie über Arbeitszeitflexibilisierungsmaßnahmen, die wir ja haben für unsere festen Mitarbeiter, können Sie das nicht richtig abfangen. Ja, weil, das liegt an der Montagelinie als solcher, ja. Sie müssen die eine bestimmte Besetzung haben, ja, und dann fallen dann bestimmte Funktionen einfach raus, da wird dann einfach aus zwei mach einen und der ist dann übrig. Und da können Sie mit dem mit Arbeitszeitflexibilisierung nicht mehr allzuviel machen. Also müssen Sie einen relativ hohen Anteil haben an Mitarbeitern, die halt eben dann auch leicht zu entfernen sind oder zurückzuschicken sind (...). Wir können [unsere Produkte nicht] vorbauen, geht nicht, sondern wir bauen die [Produkte] 80 Minuten, bevor die gebraucht werden. Ja. So, das heißt mit anderen Worten, wir müssen eins zu eins mitschwanken“ (N 14, 21 und 31). Dieser, hier für die Zeitarbeit beschriebene, zeitliche Aspekt des Qualitätsvorteils der Dienstleister wird auch für andere Dienstleistungen genannt. So argumentieren etwa Anbieter und Verbandsmitglieder im Bereich des Interimsmanagements:
98 „So, von der Indikation natürlich auch noch, wichtig ist, das klassische, die klassische Indikation für Interimsmanagement, ist das Closed Gap, das heißt, sie haben heute einen Marketingleiter im Unternehmen, der (…) kündigt überraschend, erkrankt oder hat einen Unfall und [Sie] brauchen Ersatz. Und Sie wissen genau, einen festangestellten Ersatz, den Sie haben wollen, bis Sie da sorgfältig - gerade in so einer Position ist ein Fehler besonders schlimm - dort sorgfältig recherchieren, auswählen, Gespräche führen, bis die Leute wechseln können zu Ihnen und anfangen können, da können gut und gerne sechs, neun Monate ins Land gehen. Und wenn Sie das kürzer machen, dann haben Sie natürlich ein bisschen Angst, dass Sie die Auswahl nicht sorgfältig genug machen, sondern den Nächstbesten nehmen. Das wollen Sie nicht, in so einer Position schon gar nicht. Also je höher die Position ist, desto größer ist natürlich der Schaden, den man anrichten kann. Also brauchen Sie jemanden, der einfach ein bisschen diese Lücke schließt, darum nennen wir das Closed Gap“ (A 6, 17). Interimsmanager benötigen in der Einschätzung der Anbieter kaum Anlaufzeiten und können daher sofort eingesetzt werden: „(...) wenn man ganz ad hoc Ressourcen braucht, (...) dann ist es natürlich das Richtige, einen Interimsmanager zu holen, der innerhalb von 24, 48 Stunden da auf dem Stuhl sitzt und anfängt. Und der es auch gewohnt ist, einfach so ins kalte Wasser zu springen. Der braucht da nicht lange Hilfe und das sind auch meistens Leute, die nicht ein Sekretariat und dickes Auto oder weiß ich was brauchen, sondern die fangen an. Die kosten natürlich ihr Geld, aber die fangen einfach an“ (V 3, 39). Bei dem Einsatz von Interimsmanagern sind die Nachfrager an keinerlei Kündigungsfristen gebunden, wie ein Interimsmanager, der zugleich als Experte eines Verbandes interviewt wurde, bemerkt: „Ein zweiter Vorteil, wenn man niemanden fest einstellt, man kann diesen Menschen relativ einfach wieder loswerden. In der Regel, also ich persönlich habe tägliche Kündigungsfrist. Man kann mich jeden Tag abends rausschmeißen, ich krieg den Tag noch bezahlt, dann war's das. Das ist ein echter Vorteil“ (V 3, 39). Auch für die anderen hier untersuchten Dienstleistungen wird der Aspekt, dass die Zusammenarbeit mit den Dienstleistern zeitliche Vorteile und eine höhere Flexibilität mit sich bringt, immer wieder genannt, wie die folgenden Zitate zeigen. Anbieter im Bereich der Arbeitsvermittlung z. B. argumentieren: „Ich erwarte, dass ich passgenaue Bewerber präsentiert bekomme. Da bin ich sicherlich, wenn ich mein Handwerk verstehe, auch zu in der Lage als Unternehmer, als Personalverantwortlicher. Aber ich brauche wesentlich mehr Zeit, und die Zeit habe ich nicht. Die Zeit will ich mir einfach sparen, und da erwarte
99 ich eben, dass der Externe eine genauso gute Auswahl trifft, wie ich - allerdings mit viel mehr Aufwand - eventuell auch treffen könnte“ (V 1, 21). „Zeitgewinn im Bereich der Lösung von Ressourcenfragen (…) oder auch zum Beispiel bei der Frage, wie ich an bestimmte Zielgruppen herankomme“ (A 13, 21). Auch für die Personalberatungen wird dieses Argument angeführt, hier von den Nachfragern: „(...) ich brauch vielleicht ein, zwei Anzeigenschaltungen. Ich hab dann, wie ich es auch schon erlebt habe, für so einen Fall 100 bis 200 Bewerbungen durchzuarbeiten, qualifiziert durchzuarbeiten. Bis ich dann auf die fünf oder vielleicht zehn komme, die dann in die engere Auswahl gekommen sind, bindet unheimlich viel Zeit intern, dass man sich mit den Personen dann intensiv auseinandersetzt, das versteht sich von selber. Aber ich kürze diese ganze Zeit ab, hab also bereits dann praktisch die Profile von vielleicht vier, fünf, sechs Leuten und kann dann gezielt sagen, den und den möchte ich jetzt anschauen und wenn es die zwei nicht waren, dann noch mal einen Dritten. Also das sind durchaus Gesichtspunkte, die eigenen Ressourcen da zu schonen“ (N 5, 6). „Trotzdem, das Verfahren lässt sich mit dem Headhunting, mit so einem Personalvermittler häufig abkürzen, weil Sie so bestimmte Vorlaufdinge nicht haben. Aber auch [der Dienstleister] muss zunächst einmal schauen, was hat er denn selber auf seiner Karte, wen kann er denn also ansprechen, das funktioniert auch nicht von heute auf morgen. Aber es wird in aller Regel ein bissel schneller sein, als jetzt eine Ausschreibung, zwei, drei Wochen warten, bis der Rücklauf komplett ist, Sichten, Vorgespräche führen usw. Da sind Sie mal locker vier Wochen damit beschäftigt und da sind die interessanteren Bewerbungen auch schon weg, weil der schon irgendwo anders fündig geworden ist.(…). Außerdem ist es so, dass bei Personalvermittlern durchaus auch Leute sind, die in einer Position sind und nicht dringendst am Suchen sind, während (…) Sie also über eine Zeitung gehen [und dabei] in aller Regel davon ausgehen müssen, da schauen solche rein, die Veränderungswillen schon mitbringen oder die also derzeit keine Stelle haben. Also ob da immer die Besetzung dabei ist, die das Non plus Ultra ist, kann man nicht sagen“ (N 5, 7). Ähnlich beschreiben Anbieter von Personalberatungsleistungen diese zeitlichen Vorteile der größeren Schnelligkeit und Flexibilität: „Das ist eine Suche eines Aufsichtsrats für ein börsennotiertes Unternehmen, das soll neue Eigentümer kriegen, was noch nicht bekannt war, das ist also auch ein Insiderthema. Da geht es darum, sehr, sehr schnell die richtigen Aufsichtsräte zu haben. Man muss mit denen schnell reden, aber die Frage ist, was sagt man denen für Informationen, je mehr Leute wissen, dass da ein Deal läuft, desto größer ist die Gefahr, dass der Aktienkurs nach oben geht und die neuen Investoren
100 plötzlich ein paar Millionen mehr ausgeben müssen. Da ging es um Schnelligkeit. Das heißt ja, Qualität und Zeit, je nachdem, wie das im Moment ist“ (A 3, 53). Ein anderer Anbieter von Personalberatung beschreibt die Verkürzung des Beschaffungsprozesses für das nachfragende Unternehmen so: „Na ja, sicherlich erwarte ich mir, wenn ich jemanden einschalte, dass ich mich nur mit den Leuten auseinandersetzen muss, die es wirklich wert sind, sagen wir mal so“ (A 5, 26). Allerdings gibt es für den Bereich der Personalberatung auch einzelne gegenteilige Auffassungen, die dem Zeitaspekt eine geringere Bedeutung zuweisen: „Die Stelle natürlich, klar die steht im Vordergrund, aber die kann nicht auf Teufel komm raus im Vordergrund stehen, sondern wichtig ist, dass wir, dass der richtige Mensch für uns gefunden wird und dass wir den Richtigen finden für diese Stelle. Das ist ein ja ein Passspiel letztendlich, das muss passen und das braucht dann auch gegebenenfalls Zeit. Also wir haben uns mit einer Stelle, um Ihnen noch mal zu verdeutlichen, durchaus anderthalb Jahre Zeit gelassen, bis wir den richtigen Menschen gefunden haben. Das ist uns lieber, als jemand auf die Stelle zu setzen und dann von jemand zu erwarten, dass er etwas kann, was er definitiv nicht kann oder dass wir einfach nicht zusammenpassen. Das macht keinen Sinn“ (N 6, 39). Möglicherweise erklären sich die unterschiedlichen Einschätzungen daraus, dass die Einschaltung eines Personalberaters in unterschiedlichen Situationen erfolgen kann. Wird der Dienstleister in einer Situation eingeschaltet, in der das Unternehmen selbst ohnehin keinen passenden Kandidaten für die Stelle hätte finden können, steht möglicherweise die Frage, „ob überhaupt“ eine Stellenbesetzung erfolgen kann, stark im Vordergrund, während die Geschwindigkeit dieser Besetzung in den Hintergrund rückt. Auch im Bereich der Unternehmensberatung wird das Zeit-Argument von Anbietern genannt: „Zeit ist ein ganz wesentlicher Faktor im Projektgeschäft. Ja. Und das ist auch einer der Hauptgründe, warum man überhaupt teilweise [über] Fremdbezug nachdenkt, sagt, o. k., wir könnten es ja auch selber machen, aber wir haben entweder nicht die richtigen Capabilities, also die Kenntnisse, oder wenn wir sie haben, sind die eben noch im Tagesgeschäft eingebunden und dann dauert das Projekt einfach zu lange. Und wenn man das dann wieder auf die Kostenschiene setzt, wenn Sie intern für's Projekt dann vielleicht 15 Monate brauchen und extern dann nur drei Monate, und dafür aber den Erfolg, also den Umsetzungserfolg auch schneller sozusagen einfahren können, dann rechnet sich wieder der
101 Einbezug von Externen, also von fremden Dienstleistern“ (A 16, 30). „Weil als solches hat es auch etwas mit Geschwindigkeit zu tun und die meisten Konzerne haben hier nicht Unmenge an Zeit, sondern müssen diese Entscheidungen schnell treffen und innerhalb von sechs Monaten aus unserer Sicht realisieren. Nach zwölf Monaten müssen diese neuen Modelle funktionieren“ (A 18, 43). Für den Bereich des Outplacements finden sich in unseren Interviews gegenläufige Auffassungen zur Bedeutung von zeitlichen Qualitätsvorteilen. Ein Anbieter von Outplacement betont die hohe Bedeutung der Schnelligkeit als Qualitätsvorteil: „Sie erwarten schnelle Verfügbarkeit“ (V 4, 35). „Heute muss das häufig sehr schnell gehen, muss in wenigen Monaten realisiert sein. Das bedeutet, ich brauche möglicherweise externe Unterstützung und muss mich auf einen externen Dienstleister verlassen können, der mir hilft, dieses Ziel auch in einem zeitlichen Horizont zu erreichen“ (V 4, 61). Ein anderer Experte im Bereich des Outplacement dagegen meint, dass die zeitliche Dimension eher eine untergeordnete Rolle spielt. „Wobei das ist auch ein sehr interessanter Aspekt. Für viele spielt schnell lösen zwar einerseits natürlich eine Rolle, weil man sagt, man möchte das Problem so schnell wie möglich gelöst haben. Aber es ist für unsere Kunden zumindest nicht das Hauptanliegen, also es ist nicht zu sagen, also ich mach das jetzt, dann bin ich das vier Wochen schneller los, als wenn ich mich selber drum kümmern würde, sondern das hat immer diesen Aspekt, helfen wollen“ (A 9, 33). Schaut man noch einmal im Überblick auf die genannten zeitlichen Qualitätsvorteile, so wird deutlich, dass insgesamt die höhere Geschwindigkeit der Aufgabenerfüllung sehr viel häufiger genannt wird als der Aspekt, dass die Nachfrager eine höhere zeitliche Flexibilität in dem Sinne gewinnen könnten, dass sie ihre Nachfrage auch schnell wieder zurück ziehen können, wenn der Bedarf wegfällt. Allerdings werden wir unten bei den Kostenwirkungen noch sehen, dass teilweise diese Form der zeitlichen Flexibilität direkt im Kontext der Umwandlung von Fixkosten in variable Kosten angesprochen wird, also nur anders verankert und in einem anderen Kontext genannt wird. Hinsichtlich der Dienstleistungen, die sich in der Personalbeschaffung insbesondere mit dem Matching-Aspekt beschäftigen, nämlich die Personalberatung und die Arbeitsvermittlung, spielen die zeitlichen Qualitätsvorteile offenbar zumindest dann eine untergeordnete Rolle, wenn die Gewinnbarkeit von geeigneten Kandidaten an sich schon als kritisch ange-
102 sehen wird. In diesem Fall tritt eher die Frage in den Vordergrund, ob man die offene Stelle überhaupt besetzen kann. 4.2.1.7.
Aspekte der Qualitätssicherung
Viele Dienstleister und auch ihre Kunden haben offensichtlich Schwierigkeiten, ex ante bzw. vor einem Vertragsabschluss Qualitätsvorteile sichtbar zu machen bzw. festzustellen. Aus der Sicht eines Anbieters funktionieren Zertifikate im Bereich der Personaldienstleistungen nicht als Qualitätssignal: „Aber die Messbarkeit, die wir damit versucht haben, nachzuweisen, da hapert's vorn und hinten. Ich will das mal kurz beschreiben. Wir haben seit dem Jahr, [in dem] wir eine eigene Gesellschaft wurden, eine Zertifizierung nach ISO gemacht. Diese Zertifizierung war für uns ein Prozess, vorhandene Beschreibungen im Personalablauf - wie kann man nachweisen, dass wir auch Qualität machen - als Arbeitsabläufe zu beschreiben, zu definieren. Das haben wir in so einer Art Atlas der Personalarbeit gemacht. Haben den als Zertifizierungsgrundlage genommen, sind nach Dekra zertifiziert, alles fantastisch. Das Faszinierende: bisher hat kein einziger Kunde (...) mal die Frage gestellt: Sind Sie zertifiziert? Das heißt dieser Kostenblock, den wir hatten, hat sich Null ausgezahlt in irgendeiner Form“ (A 14, 29). Ein wichtigeres Instrument, um Nachfragern Qualität zu signalisieren, sind aus der Sicht eines weiteren Anbieters Referenzen durch Kunden: „Der Kunde erwartet des Öfteren Referenzen. Das heißt, er fragt, ob wir ihm Unternehmen benennen können, in denen wir vergleichbare Positionen besetzt haben. Das gilt insbesondere dann auch für angestellte Geschäftsführer (...) und Personalleiter, die sich rechtfertigen müssen, warum sie uns gegen gutes Geld den Auftrag geben. Der Unternehmer selbst, der das mehr oder weniger in eigener Regie entscheidet, der fragt da nicht, der hat das Vertrauen an sich, aber so jemand, der über fremdes Geld entscheidet, also ein Angestellter, der versucht natürlich, sich in alle Richtungen abzusichern und fragt dann auch noch nach. Das gilt im übrigen auch für Entscheidungsträger in diesem öffentlichen oder halböffentlichen Bereich, also wenn wir Stadtdirektoren oder Stadtwerkdirektoren oder Klinikdirektoren usw., die im öffentlichen, kommunalen Besitz sind, wenn wir die besetzen, auch da wird dann schon mal nach Referenzen gefragt. Da eigentlich am häufigsten“ (V 5, 52). „Aber weil Sie eben fragten, das ist sicher was, was an Stellenwert gewinnt und natürlich auch die Frage nach Referenzen. Also zu sagen, o. k., wenn Ihr so was schon mal gemacht habt, kann ich da ’mal jemand anders anrufen, aus einem anderen Unternehmen, der mit Euch gearbeitet hat und der das, was Ihr mir jetzt erzählt in der Präsentation, auch tatsächlich bestätigen kann, ob es so ist“ (A 16,
103 19). Zu diesen Einschätzungen der Anbieter passend geht in unseren Interviews kein Nachfrager auf die Wirkung von Zertifikaten ein, sie scheinen bei der Outsourcing-Entscheidung und der Einschätzung von Qualitätswirkungen tatsächlich eine untergeordnete Rolle zu spielen. Im Gegensatz dazu betonen aber die Nachfrager, wie oben bereits gesehen, die Qualitätsvorteile durch Spezialisierung der Dienstleister, d. h. sie betonen ein sachliches Argument, warum sie von Dienstleistern generell hohe Qualität erwarten. Hinsichtlich der Frage, wie bzw. woran Qualität gemessen wird, tauchen einige Unterschiede im Antwortverhalten zwischen den Expertengruppen auf. Anbieter und Verbände treffen kaum bzw. keine direkten Aussagen zur qualitativen Verbesserung des Leistungserstellungsprozesses, sondern betonen die höhere Qualität des Ergebnisses. Nachfrager dagegen setzen einen etwas anderen Akzent und argumentieren stärker über die Prozessabläufe und deren Qualität: „(...) wir hatten ein Callcenter mit 150 Mitarbeitern und wollten in zwei Jahren auf ungefähr 400, 450 Leute wachsen. Das heißt, wir brauchten so eine Art konzertierte Recruiting-Aktion. Wir brauchten also einen Partner, der weiß, worauf es bei Agents ankommt, der weiß, wie man die Anzeigen schaltet, der weiß, wie man die Interviews durchführt, der weiß, wie man Bewerbertage moderiert und so etwas. Ja. Und die Mitarbeiter der Personalabteilung hatten nicht die Zeit und auch nicht das Können auf diesem Markt, sondern sie waren eher verwalterisch orientiert“ (N 1, 23). Insbesondere bei denjenigen Personaldienstleistungen, die in Interaktion mit dem Kunden erstellt werden, wie Unternehmensberatung und Headhunting, betonen die Nachfrager die Wichtigkeit qualitativ guter Prozessabläufe: „[Der], den (…) wir haben, der das sehr geschickt gemacht hat. (...) Der Berater hatte mit allen Führungskräften gesprochen und mit ausgewählten Mitarbeitern ein sehr offenes Interview geführt, (…)und dann halt gesagt, was stört Sie da in der Abteilung, was stört Sie an den Vorgesetzten, was stört Sie, wie ist der Umgang mit Mitarbeitern, was ist da die Kultur (…). Also man beteiligt die Leute am Prozess. Natürlich müssen Sie das verfolgen, sie müssen dann die Mitarbeiter (...) unmittelbar informieren, keine Zeit verlieren, sonst haben Sie wieder den Bruch.(...) Das müssen Sie machen. Und da bin ich ein Verfechter, und wenn man es professionell macht, und mit externer Hilfe, wenn man es intern nicht hat, dann gibt es einige Techniken, das sind Arbeitsabläufe, Geschäftsprozesse und dann gibt es die Organisationsentwicklungs-Maßnahme, den Mitarbeiter zu beteiligen, den Mitarbeiter drauf vorzubereiten. Dann ist eine Struktur erfolg-
104 reich. Das zeichnet einen guten Unternehmensberater aus. Aber nicht wie früher, wo man nur hinter verschlossenen Türen heimlich gearbeitet hat“ (N 11, 24). „Wenn einer sich nur drauf konzentriert wie ist die Stelle, wie soll der Typ sein, und vergisst zu fragen, wie ist denn sein Team, mit wem arbeitet er zusammen, ja, dann kannst Du ihn auch schon wieder vergessen. Ja. Also da gibt es viele Möglichkeiten in so einem gemeinsamen Prozess abzuklopfen, tickt der mit uns professionell betrachtet - auf einer Linie oder nicht. Und daraus kristallisieren sich ein, zwei, mögen es auch drei sein, von denen Du sagst, der macht sein Business gut, professionell, und der ist auch kompatibel zu deinem Unternehmen“ (N 2, 37). Für Nachfrager scheint diese „Durchführungsqualität“ ein recht bedeutender Punkt zu sein. Gerade im Fall von Dienstleistungen, die in enger Abstimmung mit dem Kunden hergestellt werden und bei deren Erstellung viel Input des Kunden nötig ist, ist die Bedeutung der Leistungserstellungs- oder -prozessqualität auch theoretisch unmittelbar einsichtig. Eine weitere mögliche Interpretation dieser Unterschiede im Antwortverhalten setzt an der Beobachtbarkeit und Messbarkeit von Qualität an: Während es für Nachfrager häufig sehr schwierig sein dürfte, die Qualität des Endergebnisses, z. B. die Qualität einer erfolgten Stellenbesetzung, des Einsatzes von externem Personal oder die Qualität eines arbeitsrechtlichen Ratschlags, unabhängig von anderen situativen Einflussfaktoren im Vergleich zur Eigenerstellung zu bewerten, können sie einzelne Schritte der Durchführung teilweise direkt beobachten und ggf. auch als „Meilensteine“ in der Steuerung der Beziehung zum Dienstleister verwenden. Trifft diese Interpretation zu, so würden insbesondere die Aspekte der Qualität besondere Aufmerksamkeit genießen, die leichter beobachtbar sind als andere, nicht aber unbedingt die, die den größten erwarteten Einfluss auf das Endergebnis haben. 4.2.1.8.
Zusammenfassung Qualitätswirkungen
Insgesamt wird also deutlich, dass Qualitätswirkungen auf verschiedenen Ebenen bestehen und ganz unterschiedliche Ursachen haben können. Aufgrund dieser Heterogenität in den Ursachen und Betrachtungsebenen sind im Detail auch sehr unterschiedliche Einschätzungen von Anbietern und Nachfragern möglich. Deutlich wurde allerdings eine recht starke Übereinstimmung in den Antworten: Qualitätsvorteile der Anbieter werden stets in der einen oder anderen Art und Weise auf Spezialisierungseffekte zurückgeführt, die bei den Anbietern gegenüber den nachfragenden Unternehmen bestehen. Qualitätsvorteile der Dienst-
105 leister können insbesondere aus besserer bzw. spezialisierter Infrastruktur, Methoden- oder Marktkenntnissen oder schnellerer Erstellung der Dienstleistung entstehen. Allerdings scheint es für Nachfrager nicht unproblematisch zu sein, die Qualität des „Endergebnisses“ der Dienstleistungserbringung einzuschätzen. Daher konzentrieren sie sich eher auf einzelne Merkmale der Durchführungsqualität, um sich eine Einschätzung von der Güte des Dienstleisters und seiner Leistungserstellung zu machen. Weitere Hinweise auf Fragen der Qualitätssicherung und der Qualitätsmessung werden weiter unten im Bereich der Transaktionskostenwirkungen bzw. der Wirkungen rund um das Management der Beziehung zum Dienstleister aufgegriffen und ausführlich beleuchtet. 4.2.2.
Know-How-Wirkungen
Die von uns befragten Experten sind sich einig darüber, dass Know-How-Wirkungen im Sinne von Wissenszu- und Wissensabflüssen eine Rolle für die Entscheidung über die Eigenfertigung oder einen Fremdbezug von Personalfunktionen spielen können. Es treten aber deutliche Unterschiede zwischen den Experten einerseits hinsichtlich der Relevanz von Know-How-Wirkungen bei unterschiedlichen Personaldienstleistungen und andererseits hinsichtlich der Bedeutung der Know-How-Wirkungen im Vergleich zu anderen Wirkungserwartungen auf. 4.2.2.1.
Wissenszuflüsse in das nachfragende Unternehmen
Betrachten wir zunächst Wissenszuflüsse in das nachfragende Unternehmen. Eine ganze Reihe von Experten formuliert allgemein, dass ein Wissenszufluss vom Dienstleister in das nachfragende Unternehmen hinein als integraler Bestandteil der Geschäftsbeziehung auftritt. „(...) Der Berater ist [bspw.] Mentor in der Frage der Anwendung von modernen Auswahlinstrumenten, die ich [der interne Experte der Personalabteilung] dann auch selbst implementieren kann oder zumindest soweit umsetzen kann, dass ich sie auch vielleicht für eine Qualitätssteigerung einsetzen kann. So eine Art Coaching-Prozess, dass heisst, der Berater coacht mich (...)“ (A 13, 23). „(...) Wenn sie [die Kunden] während des Prozesses irgendwelche Informationen brauchen, wenn ich irgendwie helfen kann, dann ist man in der Regel dazu bereit. (...)“ (A 9, 28-29). „[Der Personaldienstleister] hat die Rolle des Experten (...) er sollte die Fähigkeit haben, dieses Expertenwissen im Rahmen [der Dienstleistung] den beteilig-
106 ten Projektkapazitäten vom Unternehmen auch nahe zu bringen. Also diese Lernkurve gehört dazu“ (A 16, 21). Ein Anbieter von Personalberatungsdienstleistungen beschreibt dies so: „Die wichtigste Information, die wir liefern können, und das wollen Kunden von uns haben, ist Marktinformation. Wie nimmt man mich, also wenn man mal irgendwann den Firmennamen nennt des Unternehmens X, wie nehmen die mich draußen wahr und wie stehe ich auch da mit meinen Gehältern, meiner Struktur, was kriegen Sie so mit (…), wenn Sie so mit den Kandidaten, die interessiert sind, sprechen. (…) Die Researcher sind aber noch wesentlich wichtigere Datenlieferanten. Weil die da draußen, sagen wir mal, 100 Menschen ansprechen auf eine Funktion und 99mal hören, na ja, und das reißt mich nicht. Und das ist natürlich auch das Feedback, das wir zurückspiegeln [an den Kunden]“ (A 1, 2425). Ähnlich argumentiert ein Anbieter von Trainings- und Weiterbildungsdienstleistungen: „Das ist bei unserem Angebot durchaus denkbar. Weil das ganze System, was wir haben, das kommt natürlich dann auch beim Kunden an. Also der kriegt natürlich die Einladungsschreiben und die (…) Teilnehmerlisten, den Hotelbrief, den Ordner mit den Seminarunterlagen, das Schreibbrett, den Stift (…). Und das Know-How kann er übernehmen, ist keine Frage. Er lernt auch die Trainer kennen, könnte die auch selber ansprechen hinterher“ (A 11, 22). Neben direkten Wissenszuflüssen in das Unternehmen parallel zur Erbringung der Dienstleistung nennt ein Experte aus dem Bereich Unternehmensberatung eine weitere Möglichkeit, wie Wissenszuflüsse beim Nachfrager generiert werden können, und nach seiner eigenen Erfahrung auch generiert werden: „Es gibt (...) die klassischen Formen [eines Wissenszuflusses] [z. B.], dass viele unserer Klienten Leute von uns abheuern“ (A 15, 36-37). Allerdings gibt es durchaus unterschiedliche Akzentsetzungen zu der Frage, ob es sich bei den Wissenszuflüssen um eine zentrale Wirkungserwartung handelt oder nicht. Teilweise wird der Zufluss von Wissen vom Personaldienstleister in das nachfragende Unternehmen nur als Nebeneffekt oder als kostenloses Kuppelprodukt aus der Zusammenarbeit mit dem Dienstleisters betrachtet: „Das wird gerne mitgenommen, keine Frage. Das ist aus meiner Sicht eigentlich ein nachgeordneter Motivationspunkt aus Sicht des Unternehmers. Also natürlich weiß man, dass ein Berater Know-How hat, auch über Gegebenheiten in Branchen und bei Wettbewerbsunternehmen. Es versucht natürlich so ein Unternehmer dann auch mal so ein bisschen Know-How da abzuschöpfen, aber ein seriö-
107 ser Personalberater wird sich darauf nicht einlassen“ (V 5, 36-37). Andererseits wird betont, dass der Zufluss von Wissen beim Nachfrager explizit dazu gehört und auch als selbstverständlicher Teil der Geschäftsbeziehung erwartet wird. Auf die Frage, ob die Kunden Know-How-Zuflüsse über den Markt durch den Berater erwarten, antwortet ein Experte von der Verbandsseite: „Aber natürlich, selbstverständlich“ (V 6, 29-31). Bei den Dienstleistungen, die mit dem Einsatz von externen Kräften im nachfragenden Unternehmen einhergehen, können neben den Know-How-Flüssen zwischen Dienstleister und Personalabteilung bzw. -verantwortlichen auch Know-How-Flüsse zwischen dem externen Personal und Mitgliedern der Stammbelegschaft sowohl innerhalb als auch außerhalb des Personalbereiches auftreten. Dies gilt für die Zeitarbeit, für das Interimsmanagement und die Unternehmensberatung. Dieser zweite Aspekt scheint, wenn man die Vielzahl der Experten betrachtet, die in ihren Aussagen hier einen Fokus setzen, eine vielleicht noch größere Rolle im Entscheidungskalkül des Unternehmens zu spielen als der direkte Wissenstransfer zwischen dem Dienstleister und den Personalverantwortlichen im nachfragenden Unternehmen. Auf die Frage, ob Kunden durch die Zeitarbeitnehmer Wissenszuflüsse erwarten, antwortet ein Experte von der Angebotsseite: E:„Kommen mit Sicherheit rein. Ja, natürlich. I: Über die Zeitarbeitnehmer? E: Über die Zeitarbeitnehmer. Und ich meine, es ist ganz klar, dass auch ein Zeitarbeitnehmer natürlich, sag ich mal, gerade in so (…) etablierten Unternehmen (…), wo die Strukturen doch seit Jahren schon bestehen, dass es gar nicht schlecht ist, wenn jemand von Außen reinkommt und auch mal andere Ideen mit reinbringt. Also da bin ich ganz sicher“ (A 26, 46-49). In die gleiche Richtung argumentiert ein weiterer Experte, dass Zeitarbeitnehmer durch die unterschiedlichen Arbeitseinsätze in unterschiedlichen Unternehmen und damit unterschiedlichen Kontexten breite Qualifikationen besitzen und daher sehr viel Erfahrung mitbringen, die den ausleihenden Unternehmen zu Gute kommen: „Wenn jetzt ein Logistiker schon diese neue Generation von Staplern hat und da wird ein Zeitarbeitnehmer darauf ausgebildet und der geht dann zum nächsten Logistiker und sagt, hör mal, ich hab gesehen, die haben die neuen Stapler. Dann redet der in der Regel nicht über Betriebsgeheimnisse, sondern erfreulicherweise
108 wird dann der ein oder andere Kunde [des Zeitarbeitsunternehmens] sagen, oh, mein Wettbewerber verschafft sich einen technischen Vorteil, aber wenn ich mit dem Trend der Zeit gehen will oder mit dem Trend der Technik gehen will, dann sollte ich mir vielleicht auch diese neue Generation von Staplern holen. Also in dem Fall kann und wird man auch eher so argumentieren, dass man von Zeitarbeitnehmern profitiert, weil sie einfach eine breitere Perspektive in ihrer Erfahrung haben und da ist es für Kunden [der Zeitarbeitsunternehmen] von Vorteil, einen Zeitarbeitnehmer einzusetzen, der eine ganz breite Perspektive, ein ganz breites Qualifizierungsspektrum schon hat, viel größer als die Gefahr, dass er den einen oder anderen Trend aus dem Unternehmen mitnimmt. Klar wird das passieren, aber die Vorteile, erfahrene und gut eingesetzte Mitarbeiter oder gut zu integrierende Mitarbeiter einzusetzen, ist viel, viel höher, der positive Effekt ist viel höher als dass man vielleicht das ein oder andere Mal einen technischen Vorteil (…) verliert, der früher oder später sowieso verloren worden wäre“ (A 22, 18). Dies bestätigt auch ein Nachfrager nach Zeitarbeit, der auf Know-How-Zuflüsse durch den Einsatz der Leiharbeitnehmer abzielt: „Auf der einen Seite lernt man auch mal ein neues Spektrum kennen, auch wir als Unternehmen natürlich, weil diese Mitarbeiter ja natürlich auch immer wieder andere Sachen mit einbringen ins Unternehmen (...)“ (N 13, 52). Für den Bereich der Unternehmensberatung argumentiert ein Nachfrager, dass grundsätzlich die Chance besteht, am Wissen einer Unternehmensberatung zu partizipieren und diese Chance von seinem Unternehmen auch genutzt wird: „Natürlich nutzen wir Chancen. Wenn Du jemanden hast, der uns auffällt, weil er irgendeinen Prozess besonders gut macht auf irgendeinem Feld, Innovationen zu haben scheint, dann wollen wir daran partizipieren“ (N 2, 13). Ein anderer Experte von der Anbieterseite äußert sich ebenfalls zu einem Wissenszufluss. Durch die Nutzung von Dienstleistungen aus dem Bereich der Unternehmensberatung fließen, so die Erfahrung des Experten, andere Erfahrungen ins Unternehmen hinein: „Also, dahinter steckt die Frage, welche Vorteile hat man überhaupt, wenn man einen Externen einsetzt. Das sind ja die bekannten Vorteile, wenn man so will, dass man natürlich eine andere Sicht hat, eine externe Sicht hat und nicht die Innensicht der eigenen Mitarbeiter letztlich im Unternehmen wiederkäut. Und man kriegt andere Erfahrungen ins Unternehmen hinein, möglicherweise auch vom Wettbewerber, wo der Berater vorher war“ (V 2, 61). Ebenfalls für die Unternehmensberatung formuliert ein Experte den Wissenstransfer als selbstverständlichen Bestandteil des Beratungsprozesses:
109 „Also diese Lernkurve gehört dazu. Ich glaube, die Kunden haben den Anspruch, dass sie hinterher wirklich in der Lage sind, ob das jetzt ein Personalprogramm ist oder auch eine neue Struktur, dass sie die wirklich selber beherrschen. Und das bedeutet eben, relativ frühzeitig Lernkurven mit einzuplanen, Know-How zu transferieren, damit auch während dieser Transformation dieser Know-HowTransfer auch wirklich tatsächlich funktioniert“ (A 16, 21). Für den Bereich des Interimsmanagements liegen uns keine Aussagen hierzu vor. Für andere Dienstleistungen, die nicht mit dem Einsatz externer Kräfte einhergehen, scheint die Relevanz der Know-How-Zuflüsse im nachfragenden Unternehmen nicht so eindeutig zu sein. Für die Arbeitsvermittlung konnten die Aussagen von zwei Experten analysiert werden. Beide argumentieren, dass Überlegungen hinsichtlich eines möglichen Zuflusses von Wissen des Dienstleisters bei der Nachfrageentscheidung eher eine untergeordnete Rolle spielen. Auf die Frage nach einem möglichen Wissenstransfer vom Dienstleister an den Kunden antwortet der eine Experte: „Eher nicht. Ein Kunde ist in der Regel auf etwas ganz anderes fokussiert, nämlich, dass er die Stelle besetzt, dass die Stelle mit dem bestmöglichen Kandidaten besetzt wird. Es mag das eine oder andere geben, was vielleicht ein Kunde dann mal selber verwertet, beispielsweise eine Präsentationsunterlage gibt ja viele Informationen, strukturiere Informationen, über den Bewerber, preis. Das mag durchaus sein. Ist aber sicherlich kein Argument, um einen Externen einzuschalten, um bei ein, zwei Aufträgen von ihm zu lernen, um das dann selber zu machen. Das ist kein Argument“ (V 1, 30-31). Ein Nachfrager nach Arbeitsvermittlung hat jedoch Lerneffekte aus der Zusammenarbeit mit einem externen Dienstleister generieren können: „Ja, im Callcenterbereich haben wir genau das gemacht, mit Externen gearbeitet, und als dann das Rekrutieren sehr viel weniger wurde, haben wir irgendwann angefangen, zum Beispiel die Bewerbertage selbst zu moderieren. Dann haben wir angefangen, diese Vorgespräche selbst zu führen. Aber wir haben im Wesentlichen den Auswahlprozess von den Externen dann irgendwann selbst übernommen, Schritt für Schritt, und selbst durchgeführt. Das ging aber erst, als die Zahl der Leute, die wir einstellen, herunter ging. Das war für eine Personalreferentin ein wunderbarer Job, weil sie dieses ganze Procedere mit den Kriterien usw. nicht hätte selbst erfinden können. Und so konnte sie da langsam rein wachsen und das übernehmen. Das hat uns weitergebracht. (...) Aber sobald es richtig drängen würde, würden wir es wieder fremd vergeben, also bevor wir noch jemanden einstellen würden, würden wir es wieder fremd vergeben. Da kann man lernen natürlich. (...)“ (N 1, 27).
110 Uneindeutig hinsichtlich der Relevanz der Know-How-Zuflüsse sind auch die Aussagen von Experten aus dem Bereich Headhunting bzw. Personalberatung: „Das wird gerne mitgenommen, keine Frage. Das ist aus meiner Sicht eigentlich ein nach geordneter Motivationspunkt aus der Sicht des Unternehmens. Also natürlich weiß man, dass ein Berater Know-How hat, auch über Gegebenheiten in Branchen und bei Wettbewerbsunternehmen. Es versucht natürlich so ein Unternehmer dann auch mal so ein bisschen Know-How da abzuschöpfen. (...) Der [Personalberater] wird sicherlich so allgemeines Know-How, das er über eine Branche generell hat, weitergeben, aber der wird kein unternehmensspezifisches Know-How eines Wettbewerbsunternehmens da platzieren“ (V 5, 36-37). „Und dass Know-How abgezogen wird, o. k., wir unterhalten uns dann bei interessierten Führungskräften auch oft über Potentialanalysen. Oder ich erkläre ihm meine Methoden, wie wir arbeiten, mit critical incident, was das ist. Und da ist dann auch schon manchmal Neugier. Aber es gibt auch viele Auftraggeber, die das gar nicht interessiert. Die sagen, mach Du, das ist Dein Ding und ich vertraue darauf. (...) Nein, also ich habe nicht das Gefühl, dass mir Know-How abgezogen wird“ (A 5, 28-29). Die Möglichkeit, aus der Zusammenarbeit mit einem Headhunter zu lernen, sieht auch ein Nachfrager. Jedoch sind solche Lernprozesse nicht mit dem Ziel verbunden, den Prozess oder die Aufgaben des Headhunters zu einem späteren Zeitpunkt wieder in das Unternehmen zu integrieren: „Dadurch, dass wir eine kleine Personalabteilung sind, werde ich immer extern Leistungen einkaufen (…) müssen und auch wollen. Lernen, klar, natürlich, über den Markt, über das, was wir dort halt an Kenntnissen, an Wissen, (…) letztendlich auch an Menschen kennen lernen. Das natürlich. Aber um es selbst zu tun, niemals. Also das würde ich nicht sehen“ (N 6, 33). Insgesamt wird deutlich, dass bei den Dienstleistungen, die mit dem Einsatz von externem Personal im Unternehmen einhergehen, Wissenszuflüsse im nachfragenden Unternehmen durchaus eine Rolle spielen, insbesondere Wissenstransfer von den externen Kräften zu den Arbeitskräften in den jeweiligen Einsatzbereichen auch außerhalb der Personalabteilung. Für die Personaldienstleistungen, die auf die Beschaffung von Personal zielen, ist die Relevanz von Wissenszuflüssen im nachfragenden Unternehmen nicht eindeutig. Am ehesten scheinen Kenntnisse des Dienstleisters über den jeweiligen Arbeitsmarkt und die Position des jeweiligen Nachfragers auf dem Markt für die Nachfrager interessant zu sein, wie wir auch schon bei den Qualitätswirkungen gesehen haben. Uneindeutig bleibt aber auch, ob
111 diesbezügliche Wissenstransfers in das nachfragende Unternehmen Relevanz haben oder nicht. 4.2.2.2.
Wissenszuflüsse beim Nachfrager als Problem für die Dienstleister?
Aus Wissenszuflüssen beim nachfragenden Unternehmen könnte für die Personaldienstleister das Problem entstehen, sich langfristig am Markt selbst überflüssig zu machen. Eine solche Gefahr sehen die Experten jedoch nicht. Experte A 14 führt hierzu aus: „[Es kann zunächst als Problem] für den Dienstleister [betrachtet werden], dass Unternehmen Prozesswissen abkupfern und es beim zweiten Mal selber machen. Veränderungen in der Umwelt und den Anforderungen führen aber dazu, dass das nicht immer klappt. [Diese] wirken also als Schutz für den Dienstleister. Beispiel Lohn- und Gehaltsabrechnung: Unternehmen bekommen Abrechnungen in der Lohn- und Gehaltsabrechnung und denken, sie könnten es jetzt selber machen. Das klappt nicht immer, weil es da häufig Änderungen gibt. Unternehmen stellen das relativ schnell fest, so dass das dann nicht mehr der Grund ist“ (A 14, 34-39). Auch Experte A 4 verneint, dass durch einen Wissensabfluss die Gefahr für den Dienstleister besteht, sich überflüssig zu machen. „[Der] Versuch, Wissen des Dienstleisters „abzukupfern“ kommt ab und an vor, scheitert aber an hohen Anteilen des impliziten Wissens an der Dienstleistung“ (A 4, 10-11). Die Experten nennen zwei Faktoren, die die Dienstleister davor schützen, sich selbst überflüssig zu machen: laufende Änderungen in den Anforderungen, um die Dienstleistung mit hoher Qualität erstellen zu können, und ein entsprechender Anteil von implizitem Wissen, der zur Erstellung der Dienstleistung notwendig ist. Da implizites Wissen per definitionem nur schwer und unter hohen Kosten von einer Person an eine andere Person transferiert werden kann, können solche Wissensbestandteile nur schwer vom Nachfrager „aufgesogen“ werden. Sind gerade diese Wissensanteile entscheidend für die Qualität der Dienstleistung, so besteht ein gewisser Schutz der Dienstleister vor Nachahmung. Ein weiteres Argument entwickelt Experte A5, der argumentiert, dass - selbst wenn ein Wissenszufluss vom Dienstleister ins Unternehmen auftrete - die Unternehmen sich weiter auf ihre Kernkompetenzen konzentrieren würden und eher eine Strategie verfolgen würden, die der Maxime „Schuster bleib bei deinem Leisten“ entspricht:
112 „I: Sie haben eben gesagt, dass Kunden auch oft kommen, nachdem sie mehrere erfolglose Versuche selbst gestartet haben. Erwarten die Kunden dann auch, dass sie Ihr Know-How abziehen können oder von Ihnen irgendwie lernen können bei der Fach- und Führungskräftebeschaffung, oder ist das überhaupt kein Thema? E: Nee. Ich glaube eher, das ist so, Schuster bleib bei Deinem Leisten. Nee, also es ist ja nicht ihr Kerngeschäft. Also wenn ich Geschäftsführer von einem (…) Unternehmen bin, habe ich ja nicht mein Kerngeschäft damit getan, dass ich Personal suche. Ich weiß nur, dass das ein Problem ist, was mir ständig immer Sorgen bereitet und mir auch schlaflose Nächte machen kann und da muss ich einfach jemanden haben, (…) an den ich mich vertrauensvoll wenden kann (…)“ (A 5, 28-29). Experte A 21 argumentiert, dass für Personaldienstleister nicht speziell eine Gefahr darin besteht, durch Wissenszuflüsse bei ihren Kunden Geschäftsvorteile zu verlieren. Vielmehr sieht er die generelle Gefahr, dass entsprechendes Dienstleistungs-Know-How von jedem Unternehmen im Zeitablauf aufgebaut werden kann: „Das kann jeder aufbauen, das ist ja nicht patentiert oder geschützt. Und dadurch, dass wir uns permanent damit beschäftigen, kennen wir's. Wenn ein Unternehmen sich damit beschäftigen würde, hätten die das auch ´drauf. Es gibt ja auch Unternehmen, die eigene [Arbeitnehmerüberlassungs-]Gesellschaften haben“ (A 21, 36). Zum Aufbau dieses Know-Hows seien Wissenszuflüsse vom externen Personaldienstleister an ein Kundenunternehmen also gar nicht notwendig. Allerdings schließt diese Aussage nicht aus, dass der – ggf. ohnehin recht leichte – Aufbau von Know-How durch einen solchen Wissenszufluss noch einmal unterstützt oder angeregt wird. Darüber hinaus ist, so ein Nachfrager, die Zeitdauer der Aktualität des Wissens nur begrenzt und die Wissensbestände entwickeln sich weiter, so dass es weniger sinnvoll erscheint, aktiv zu versuchen, Wissen eines Dienstleisters „abzuziehen“. 19 Ein Experte beschreibt, wie Dienstleister versuchen, Wissensabflüsse vertraglich zu regeln, zugleich aber auf die weiteren laufenden Vorteile des Einsatzes von Dienstleistern für den Kunden als Schutz des eigenen Geschäftspotenzials setzen:
19
In dem betreffenden Interview hat an einer Stelle die Aufnahmetechnik versagt. Daher können wir hier nur aus dem von den Interviewern direkt im Anschluss an das Interview angefertigten Gedächtnisprotokoll des entsprechenden Interviews zitieren.
113 „[Der Kunde] lernt auch die Trainer kennen, könnte die auch selber ansprechen hinterher. Wir versuchen das zwar vertraglich ein bisschen wegzunehmen, das Thema, aber am Ende wäre das denkbar. Wir setzen aber drauf, dass der Kunde sieht, was dahinter steckt an Arbeitsleistung. In der Regel schreckt das ab, weil das wirklich unglaublich viel Arbeit ist, die wir immer wieder nett und freundlich abnehmen. Und das ist sozusagen unsere Lust, dass wir dem Kunden zeigen, was wir alles für ihn machen. Und dann drauf setzen, dass er nie auf die Idee kommt, das selber zu machen. Weil er könnte es nur machen, indem er Leute einstellt und das wäre dann ein Folgeproblem, was er in der Regel nicht lösen kann“ (A 11, 22). Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass Anteile impliziten Wissens an der Dienstleistung sowie laufende Änderungen der Anforderungen gemeinsam mit einer Strategie der Kunden, sich auf ihre Kernkompetenzen zu konzentrieren, die Dienstleister davor schützt, dass durch Wissenstransfers an die Nachfrager ihr Geschäftspotenzial zerstört wird. 4.2.2.3.
Wissensabflüsse beim Nachfrager und bilaterale Wissensflüsse
Neben einem Wissenstransfer vom Dienstleister in das nachfragende Unternehmen kann auch ein Wissenstransfer vom nachfragenden Unternehmen zum Dienstleister auftreten, so dass die Experten insgesamt eher von bilateralen Know-How-Flüssen ausgehen. Mehrere der von uns befragten Experten auf der Anbieterseite stellen ganz klar heraus, dass es im Rahmen der Erbringung der Dienstleistung entweder zu einem Wissenstransfer vom nachfragenden Unternehmen zum Dienstleister kommt bzw. kommen muss oder selbstverständlich zu einem zweiseitigen Wissenstransfer zwischen Unternehmen und Personaldienstleister, in dessen Rahmen beide Parteien etwas lernen. Unterschiedliche Akzente werden aber hinsichtlich der Frage gesetzt, ob dies für die nachfragenden Unternehmen ein Problem darstellt oder nicht: „Nun, wir lernen gemeinsam in den Gesprächen, da lernen aber alle voneinander. Da lernen [Personaldienstleister] auch noch sehr viel. Das ist etwas, was wir in den Gesprächen natürlich dann auch wieder einsetzen“ (A 1, 24-25). „(...) Wissensabfluss in den anderen Bereichen über Personalvorgänge etc. kommt immer zustande“ (A 14, 34-39). „(...) das war (...) ein bewusster Prozess. [Der Nachfrager] hat auch bewusst Know-How in den Pool gegeben, damit ein Dienstleister entsteht, der Investoren wirklich so betreuen kann, dass sie hier in der Region das Personal finden, das sie brauchen. Letztendlich auch, [um] die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Region Mitteldeutschland, sag ich mal, auch entsprechend anzuheben. (...)
114 Es ist an sich auch notwendig, dass ein Unternehmen sich voll öffnet, damit man das Ganze auch bewerkstelligen kann“ (A 12, 52-53). Auf die Frage, ob es Stellen gibt, die nicht über Dienstleister besetzt werden, weil damit verbundene Aspekte als zu intim angesehen werden, um sie gegenüber dem Dienstleister offen zu legen, antwortet einer der Anbieter: „Ja, leider noch. Ja. Klar“ (A 3, 104-109). Ein Anbieter von Outplacementdienstleistungen dagegen sieht Wissensabflüsse eher nicht als Problem für seine Kunden an: „Nee, glaube ich nicht. Ich glaube, das spielt in unserer Dienstleistung keine Rolle. Weil man schon sagt, eine Trennungssituation (…) ist doch eine Ausnahmesituation. Und ein sehr spezielles Know-How, was ich hier brauche, muss der Betrieb auch nicht unbedingt intern haben. Ja. Und ich habe nicht das Gefühl, im Gegenteil, also wir erleben Kunden sehr, sehr aufgeschlossen im Sinne, wenn wir uns noch mal zusammensetzen sollen, wenn Sie während des Prozesses irgendwelche Informationen brauchen, wenn ich irgendwie helfen kann, dann ist man in der Regel dazu bereit, es gibt es nur ganz selten, dass, ich sag mal, der Fachvorgesetzte zum Beispiel sagt, nee, das habe ich jetzt abgehakt, da will ich auch nix mehr mit zu tun haben. Sondern in der Regel [gibt] man uns gerne Know-How, internes Wissen (…), um eben den Prozess dann so gut wie möglich begleiten zu können. Da haben wir eigentlich nicht diese kompetitiven Situationen“ (A9, 2829). Explizit bejaht ein Anbieter der externen Erbringung der gesamten Personalarbeit, dass nachfragende Unternehmen Vorbehalte haben, zuviel Wissen an den externen Dienstleister oder spezifisches, sehr vertrauliches Wissen an den externen Dienstleister abzugeben. Allerdings lag dieser Schilderung eine spezielle Situation der vorhergehenden Verflechtung von Unternehmen in einem Konzern zugrunde, die zu diesen Sorgen führte. Über die Breite der Kunden hin betrachtet, schätzt er die Relevanz von solchen Wirkungserwartungen bei Auslagerungsentscheidungen ebenfalls als eher gering ein. „ Das haben wir eher erlebt aus einer Sorge heraus, als wir noch zu einem großen Konzern gehörten, dass man sagte, ob die da bei uns in die Bücher gucken sollten, das weiß ich nicht, wir möchten lieber nichts mit Euch zu tun haben, weil wir Sorge haben, dass Ihr doch eigentlich zu diesem Konzern gehört und zum Wettbewerb oder so was“ (A 8, 26-31). Ein Experte eines Verbandes weist jedoch noch einmal darauf hin, dass ggf. das vom Nachfrager an den Dienstleister transferierte Wissen zwar nicht in spezifischer, auf den einzelnen
115 Nachfrager bezogener Form bei Wettbewerbern verwendet wird, sehr wohl aber in generalisierter Form auch bei anderen Kundenunternehmen eingesetzt wird: „Wir haben natürlich die Möglichkeit, (...) bei der Definition von Anforderungsprofilen und von Abgrenzungen von Positionen innerhalb des Organigramms im Wege des Benchmarkings den einen oder anderen Input zu geben. Wir wissen, wie bestimmte Schnittstellenprobleme in anderen Unternehmen gelöst werden. Und können das so einbringen. Das tun wir auch, ohne zu sagen, in der Firma X oder Y wird das so oder so gemacht. Sondern wir sagen, man kann es auch so oder so machen“ (V 5, 36-37). Ein besonders gravierendes Problem könnten Wissensabflüsse beim Einsatz von externen Kräften darstellen, da hier nicht nur der Personaldienstleister selbst als Unternehmen, sondern z. B. auch jeder einzelne Leiharbeitnehmer oder Interimsmanager oder Unternehmensberater Träger solchen, aus dem nachfragenden Unternehmen abfließenden Know-Hows sein kann. Ein Nachfrager, der selbst in relevantem Umfang Zeitarbeitnehmer in seinem Unternehmen nutzt, setzt sich sehr ausführlich mit der Gefahr von Wissensabflüssen und möglichen Gegenmaßnahmen auseinander. Grundsätzlich sei ein Know-How-Abfluss durch einen wechselnden Einsatz von Leiharbeitnehmern in verschiedenen Unternehmen nicht vollständig zu verhindern, werde aber aufgrund der anderen Vorteile der Zeitarbeit in Kauf genommen. „An jedem Standort leisten wir uns den Luxus einer verfahrenstechnischen Abteilung, Produktentwicklung, die also ständig nur am Machen sind. Und was eigentlich das Problem ist, dass es schon so ist, dass wir immer das Problem haben, dass wir davon ausgehen müssen, dass pfiffige Köpfe, die auch in den Leihfirmen da sind, natürlich wissen, was das vor Ort ist und wie wir das gemacht haben und das mitnehmen. Aber das werden wir nicht verhindern können. Das ist das Gleiche, wenn ich das als Kosten mit oben drauf rechne, dass ich sage, es ist mir wert, mehr Flexibilität zu haben, dafür nehme ich in Kauf, dass das eine oder andere aus dem Hause heraus fließt. Wir haben natürlich Vorkehrungen getroffen“ (N 12, 29). Ähnlich äußert sich ein Verbandsvertreter im Bereich Interimsmanagement: „Das ist auf der einen Seite ein Vorteil, auf der anderen Seite nimmt er natürlich auch wieder Know-How mit und saugt dieses Know-How ab und ist damit weg“ (V 3, 40-41). Insgesamt bestätigen die Experten also sehr deutlich, dass ein Wissenstransfer vom nachfragenden Unternehmen zum Dienstleister stattfindet. In den bisher genannten Zitaten bleibt
116 noch mehr oder weniger offen, ob dieser Wissenstransfer für die nachfragenden Unternehmen ein gravierendes Problem darstellt oder einfach als normaler Bestandteil des Prozesses auftritt. Weitere Hinweise zu dieser Frage ergeben sich aus den Äußerungen der Experten zu der Frage, welche Mechanismen zum Schutz der nachfragenden Unternehmen vor missbräuchlicher, geschäftsschädigender Nutzung solchen an den Dienstleister transferierten Wissens existieren und genutzt werden. 4.2.2.4.
Schutz der Nachfrager vor Missbrauch transferierten Know-Hows
Wirkungen, die sich aus einem Wissensabfluss ergeben, finden Platz im Entscheidungskalkül der Unternehmen, allerdings insbesondere im Hinblick auf die Frage, wie sich Unternehmen wirkungsvoll davor schützen können. Speziell wird hier diskutiert, wie man verhindern kann, dass unkontrolliert Wissen an den Personaldienstleister abfließt. Ein Nachfrager von Arbeitsvermittlung weist zwar auf potenzielle Gefahren eines Wissenstransfers aus seinem Unternehmen hin, deutet aber zugleich an, wie er das Problem etwas abschwächt, nämlich indem er nur bestimmte Informationen schriftlich heraus gibt und den Rest nur mündlich offen legt: „Also ich gebe Organigramme nicht raus, in solchen Gesprächen zeige ich die Organigramme, aber ich gebe sie nicht raus. (...) Auch die Unternehmenszahlen. Ein [Personaldienstleister] bekommt immer das, was so im Geschäftsbericht steht, also das, was man auch jedem sagen kann. Aber eine Aktiengesellschaft zum Beispiel veröffentlicht sowieso oder hat ein Intranet, wo einiges ´drin steht und das reicht meistens schon aus. Ja. Und den Rest kann man zeigen. Also ich habe da keine Ängste, dass Know-How abfließt“ (N 1, 30-31). Als eine weitere mögliche Form des Schutzes der Nachfrager vor unkontrollierten KnowHow-Abflüssen und missbräuchlicher Nutzung solcher Informationen sehen die Experten den Einsatz von Geheimhaltungsvorschriften bzw. non-disclosure-agreements an: „Da gibt es natürlich die striktesten Geheimhaltungsvorschriften“ (A 15, 44). Daneben spielt die Reputation der Anbieter eine große Rolle als Schutzmechanismus. Diese wird als ein viel wirksameres Mittel gegen den unkontrollierten Abfluss von Know-How, welches der Dienstleister eventuell bei der Konkurrenz platzieren könnte, aus dem Unternehmen angesehen. Die Experten von der Anbieter- aber auch Nachfragerseite betonen den möglichen Schaden für die Reputation des Anbieters und damit langfristig auch für die Ge-
117 schäftstätigkeit und Existenz des Personaldienstleisters, wenn Informationen missbräuchlich bzw. zum Schaden des jeweiligen Klienten verwendet würden: „Wenn wir das einmal machen würden, wären wir durch, und in der Region hier allemal. Das würde sich sofort rum sprechen (...), und das können wir uns nicht leisten. Die Angst gibt es [bei den Unternehmen], damit müssen wir umgehen, und wir tun das meistens offensiv“ (A 11, 24). „Wenn Sie heute (...) Know-How bei ihren Kunden zapfen, im Sinne von HRProzessen, dann haben sie schon verloren, dann kommen Sie nämlich gar nicht erst zum Auftrag“ (A 18, 52-53). „Und ich glaube auch, wir kommen an manche Themen einfach nur deswegen heran, weil jeder weiß, wir halten diese Dinge absolut vertraulich. Und es würde, wenn wir es einmal nicht täten, einfach unser Geschäftsmodell ruinieren, so dass wir das nie machen würden und alles zu verlieren hätten. (...) Ein kleiner Anbieter, der auch sehr gut ist, der muss sich erst über Jahre eine solche Glaubwürdigkeit erarbeiten“ (A 15, 44-45). „Na ja üblicherweise machst du so was wie einen Probelauf, gibst ihm eine Funktion, die auf dieser Ebene ist, das ist ganz klar. Ich sag, du besorgst mir, ich sag jetzt irgendwas, du besorgst mir den Filialleiter XY und sehen wir mal, wie die Zusammenarbeit funktioniert. Wie ist seine Performance, wie geht er das Thema an, wie liefert er und, und, und, (...) Natürlich hast du dort, also du wirst nicht sagen, ich wähle jetzt aus zehn Headhuntern einen aus, um einen Konzernvorstand zu besorgen. Das ist eine Beziehung, die wächst über Jahre hinweg und damit qualifiziert er sich in Anführungsstrichen für diese Sahnejobs. Aber (…) da hätte ich keine Bedenken (…) an der absoluten Vertraulichkeit, die wird da eingehalten. Es sei denn, der schießt sich selbst von der Bildfläche, nicht nur bei uns, sondern, Personaler haben ja eine Angewohnheit, die quatschen viel untereinander. Das sehen Sie ja bei jeder Arbeitgeberverbandssitzung oder bei welchen Tarifverhandlungen auch immer, und der weiß ganz genau, ein Flop bei wem auch immer in der Branche, dann ist er in der Branche tot. Also das passiert auch“ (N 2, 35). Zum Teil wird explizit deutlich bzw. es schwingt implizit in den Antworten mit, dass Vertrauen bzw. ein Vertrauensverhältnis zwischen Personaldienstleister und Unternehmen notwendig ist, insbesondere um die Sorgen der Nachfrager hinsichtlich eines möglichen Wissensabflusses aus dem Unternehmen zu entkräften. „(...) Wissensabfluss in den anderen Bereichen über Personalvorgänge etc. kommt immer zustande (...) setzt Vertrauen zwischen Dienstleister und Kunden voraus“ (A 14, 34-39). „Sie brauchen ein großes Vertrauensverhältnis. (...) Wir haben da eigentlich nicht das Problem, dass die Kunden da irgendwie Risiko scheuen, jetzt Know-
118 How preiszugeben, sondern das ist eigentlich im Rahmen eines partnerschaftlichen Verhältnisses Gang und Gäbe, dass man mit notwendigen Informationen beidseitig sehr vertraulich und sehr diskret umgeht“ (A 16, 22-23). Deutlich wurde aber bereits, dass dieses Vertrauensverhältnis offenbar dadurch gestützt wird, dass der Verlust von Vertrauen eines - und im Zeitablauf möglicherweise auch mehrerer - Kunden mit negativen Folgen für die Reputation des Personaldienstleisters verbunden sein kann. Die Experten von der Angebotsseite stufen die Gefahr einer missbräuchlichen Nutzung von Wissen durch die Dienstleister als sehr gering ein. Zugleich weisen sie aber darauf hin, dass diese Sorge bei ihren Kunden durchaus besteht. Dies bestätigt sich auch in unseren Interviews, insbesondere für die Personaldienstleistungen, die mit dem Einsatz von externem Personal im Unternehmen einhergehen. Bei diesen Dienstleistungen könnte der Abfluss von Wissen eine besondere Rolle spielen. Die Reputation des Dienstleisters kann nicht so stark als Schutzmechanismus wirken, weil es um eine Vielzahl einzelner Personen gehen kann, z. B. ganze Gruppen von Zeitarbeitnehmern, die nacheinander in unterschiedlichen Unternehmen eingesetzt werden, und bei denen es schwer fallen dürfte, nach einer erfolgten unerwünschten Wissensdiffusion den Verursacher genau festzustellen und über Zerstörung seiner Reputation zu „bestrafen“. Dass auch hier keine relevanten Know-How-Abflüsse aus dem Unternehmen auftreten, wird durch bestimmte Reaktionsweisen der nachfragenden Unternehmen sichergestellt: „(...) da gibt es in der Regel eine Stammmannschaft, die im Unternehmen ist, und da gibt es die Temporären, die in der Zeit des Hier-Seins immer mal dazukommen und auch wieder weggehen. Und das sind in der Regel Arbeitseinsätze, da geht es nicht um Betriebsgeheimnisse. Also, ich sage mal, wenn ein [Reifenhersteller] eine ganz besondere Reifenmischung hat, dann wird [er] nicht als erstes dort in der Versuchsküche, wo die neuen Reifenmischungen hergestellt werden oder zusammengekocht werden in der Gummilösung einen Zeitarbeitnehmer einsetzen, von dem [er] vermutet, dass er am nächsten Tag beim [konkurrierenden Reifenhersteller] eingesetzt wird“ (A 22, 18). „Na ja. Die Entwicklung eines [Produktes] denk’ ich mir nicht so bahnbrechend wunderbar. Wenn [der Leiharbeitnehmer] [bei einem Konkurrenzunternehmen] ein Jahr später dort im Einsatz ist und dort arbeitet, ist das nicht das Problem, denk ich mal. Also Hochtechnologie, das kann sein, aber wir haben sogar Mitarbeiter bei uns, die im Patentverfahren angemeldet sind und die also beim Kunden arbeiten und im Patentverfahren mitarbeiten und auch dort namentlich erwähnt sind. Geheimhaltungspflichten, es gibt ja rechtliche Restriktionen, die ich gießen kann, so dass es so funktioniert. (…) Also das ist ja ein recht komplexes Thema.
119 Wenn Sie ein Sachgebiet da beherrschen, dann haben Sie vielleicht einen Einblick von zwei bis drei Prozent, damit können Sie [das ganze Produkt] nicht bauen“ (A 21, 38). Zum Schutz vor unerwünschtem Wissenstransfer werden Zeitarbeiter also nur in solchen Bereichen im Unternehmen eingesetzt, wo der Anteil kritischen unternehmensspezifischen Wissens eher gering ist. Auch ein Nachfrager nach Leiharbeit weist darauf hin, dass Leiharbeitskräfte in der Regel nicht in Bereichen eingesetzt werden, die unter Wissensaspekten kritisch für die Unternehmen sein könnten: „ (…) das ist kein großes Problem, absolut nicht, absolut nicht. Das ist eine Tätigkeit, die ist, die hat überhaupt keine Geheimnisse. Ja. Es ist, wie gesagt, eine körperlich sehr anstrengende Tätigkeit, aber es ist, ich sag mal so herum, das kann jeder, der einigermaßen robust ist, physisch robust ist, der kann das also erlernen, der kann das tun (…). Da gibt es also kein Problem irgendwo mit Abwanderung von Know-How oder wie auch immer. Hier am Standort, oder ich sag es mal anders herum, so ein Fertigungs-Know-How jetzt in der (…) Entgeltstufe oder in dem Leistungsniveau, (...) gibt's da nicht“ (N 14, 45). Dies bestätigt auch ein weiterer Experte eines anderen Unternehmens, welches in erheblichem Umfang Zeitarbeitskräfte nutzt. Der Experte beschreibt aber zugleich eine ganze Reihe anderer Maßnahmen, die das Unternehmen anwendet, um mögliche Know-HowAbflüsse zu vermeiden, wodurch eindrucksvoll die hohe Relevanz solcher Wissensabflüsse und die Notwendigkeit eines Schutzes davor aus der Sicht dieses Unternehmens bestätigt wird: „Wir haben natürlich Vorkehrungen getroffen. Wie gesagt, wir überprüfen teilweise die Mitarbeiter 20 vorher, wir bekommen immer vorher schriftlich die Namen der Mitarbeiter mitgeteilt usw. Wir haben natürlich auch die Bestrebung, einen möglichst großen Stamm an Mitarbeitern zu haben, die wir schon mal hatten. Dann ist alles Elektronische im Hause verboten. Das heißt, die Mitarbeiter dürfen keine Handys mit dabei haben. Seit es Fotohandys gibt ist das wesentlich dramatischer geworden. Es gab und gibt derzeit auch noch Überlegungen, Schleusen einzuführen, die das also überprüfen, bevor man den Produktionsbereich betritt, weil wir immer mal wieder ein Problem haben, dass eben doch Handys in der Produktion angetroffen werden. Dahingehend wäre eigentlich das Schönste, so kenne ich das noch aus meiner aktiven Zeit in der Leiharbeit, wir haben das damals im bayerischen Raum so gemacht, wenn man so eine Art Ring aufbauen kann. Das heißt, wir haben hier [mehrere Firmen] (…), wenn man da so eine Art Vertrauensring aufbauen könnte und einfach sagen könnte, o. k. wir 20
Gemeint sind hier die Leiharbeitnehmer.
120 tun uns eigentlich untereinander nicht weh, die [Firmen sind alle Spezialisten] (…), aber eigentlich macht keiner [solche Produkte] so wie wir. Aber die Maschinen, die Anforderungen aus der [Branche] heraus, das Verpacken, die Hygieneanforderungen sind eigentlich in allen Unternehmen dieselben, dass man die Mitarbeiter eigentlich nur noch in diesem Ring austauscht. So dass eigentlich der Know-How Abfluss schon da ist, klar, man wird ihn nie vermeiden können, auch die Leiharbeiter verlassen mal ihre Leihfirma und werden irgendwo anders übernommen, aber dort weniger nutzbar, so dass man ganz klar sagen könnte, […] wir haben einen Stamm von 200 Leihkräften über fünf Firmen verteilt. Das hat man früher gern gemacht eigentlich, als die Zwölf-Monatsfrist noch da war, dann einfach die Leute nach zwölf Monaten ausgetauscht [und] in die nächste Firma weitergegeben. Dann gab es ja diese 25-%ige Überlappungszeit, die man einhalten musste, diese Freistellungszeit, dann hat man sie irgendwann nach einem halben Jahr wiedergekriegt, weil sie in der anderen Firma schon mal ein halbes Jahr waren und dann mussten sie nach einem halben Jahr dort wieder raus. Und da so einen Ring eigentlich einzurichten. Ich glaube, da muss man sich über so was weniger Gedanken machen. Aber nun setzen wir die Leihmitarbeiter auch nicht in den kritischsten Bereichen ein. Und wir haben ca. 80% Frauen und 20% Männer. Gerade die Männer, die übernehmen wir fast ausschließlich, die lassen wir nicht wieder nach außen, die in den Kernbereichen arbeiten, an Anlagen und so, die übernehmen wir. Und bei den Frauen - ohne jetzt Frauen nahe treten zu wollen, auf keinen Fall - aber die werden mit einfacheren Verpackungsarbeiten [beschäftigt]. Da beginnen die erst mal, und wenn sich dann herausstellt, dass sie wirklich fähige Mitarbeiter sind, auch an Maschinenarbeitsplätzen. Dann steht dort auch eher die Frage, übernehmen oder jetzt sehr, sehr lange behalten. Und dann ist es auch so, dass ich (…) mal nicht glaube, dass (…) die Frauen so techniklastig sind, dass sie so viel Know-How mit nach außen nehmen können. Also ich glaube - ich selbst auch, ich bin auch nur Betriebswirt, ich verstehe es auch nicht, wie die Technik funktioniert, selbst wenn ich mir sie noch so intensiv angucke und auch durchaus Interesse dafür habe - also glaube ich mal nicht, dass durch den hohen Frauenanteil so viel Technik nach außen fließt, dass das Know-How abgeht. Also, da glaube ich, da gibt es solche Überlegungen auch weniger. Und wir setzen Leiharbeit fast ausschließlich im Produktionsbereich ein. Kritisch ist es natürlich, was weiß ich, bei Firmen, (…) die auch sehr, sehr viel Leihkräfte im Verwaltungsbereich einsetzen. Also in Entwicklungsabteilungen, als Ingenieure für Projekte usw. Das ist natürlich dramatisch dann (…). Wir hatten damals Projektingenieure bei [Firma] für die Sitzherstellung vom damaligen [Autotyp] die für das Projekt mit da eingesetzt wurden, wenn die sich natürlich dann anschließend irgendwo bewerben bei dem nächsten Sitzhersteller für [Autofirma] und sagen, ich habe bei [Firma] den Sitz für den [Autotyp] mitentwickelt, dann greifen die anderen schon erst mal zu, um sagen zu können, also das, was der jetzt weiß, das wollen wir erst mal haben, dafür bezahlen wir ein bisschen Geld, der kriegt einen befristeten Vertrag für zwei Jahre. Und nach zwei Jahren haben wir ihn ausgesaugt, und dann wissen wir, was [Firma] macht und dann haben wir ein annähernd gleiches Know-How. Aber das haben wir hier nicht, also dazu arbeiten wir zu sehr im gewerblichen Be-
121 reich, und da habe ich die Befürchtung auch nicht, dass da viel nach außen gehen würde. Und da (…) rechnen wir irgendwo mit zwölf bis achtzehn Monaten, ehe so ein Mitarbeiter in der Lage ist, mal selbständig auf einer Anlage alle [Produktzusammensetzungen] zu fahren. Das ist natürlich dann auch KnowHow, das nach außen gehen würde, das ist auch interessant für die [eine Firma] oder die [andere Firma] zu wissen, was machen wir in unsere [Produkte] rein. Und um das möglichst gering zu halten das Risiko, dass das nach außen geht, sagen wir also grundsätzlich, die Mitarbeiter, die mit [der Zusammensetzung der Produkte], mit Anlagen, mit Verfahrensfragen in Berührung kommen, versuchen wir schon, im Hause zu halten, auch auf die Gefahr, dass wir den Plan mal um eine Stelle überschreiten“ (N 12, 29-31). Zusammenfassend wird also deutlich, dass die Gefahr eines Know-How-Transfers an den Dienstleister als Unternehmen oder an die externen Kräfte, die im nachfragenden Unternehmen eingesetzt werden, sowie die Gefahr der missbräuchlichen Nutzung solchen Wissens von den Nachfragern sehr wohl gesehen wird, dass aber eine ganze Reihe von unterschiedlichen Maßnahmen und Effekten helfen, dieses Problem zu kontrollieren. 4.2.2.5.
Zusammenfassung Know-How-Wirkungen
Insgesamt sind die Aussagen zu den Know-How-Wirkungen sehr heterogen. Die Experten machen sowohl unterschiedliche Aussagen zur Relevanz von Know-How-Effekten generell als auch zur dominierenden Richtung der Know-How-Flüsse. Als grobe Tendenzaussage kann man aber wohl festhalten, dass Know-How-Effekte nicht die dominierenden, zentralen Wirkungskategorien der Make-or-Buy-Entscheidung darstellen. In vielen Fällen werden bilaterale Know-How-Flüsse als normaler Bestandteil der Geschäftsbeziehung angesehen, der nicht im Mittelpunkt der Entscheidung steht, gleichwohl gewisse positive und negative Nutzeneffekte für die Nachfrager haben kann. Die Reputation der Anbieter wird als ganz entscheidender Schutzmechanismus vor missbräuchlicher Nutzung von Know-How aus den nachfragenden Unternehmen angesehen. Jedoch scheinen Know-How-Abflüsse aus den nachfragenden Unternehmen bei den Personaldienstleistungen, bei denen externe Kräfte eingesetzt werden, durchaus gewisse Sorgen bei den Nachfragern sowie daraus resultierend eine ganze Palette unterschiedlicher Gegenmaßnahmen auszulösen.
122 4.2.3.
Stakeholder-Wirkungen
Die Nutzung von Personaldienstleistungen kann Auswirkungen auf verschiedene Stakeholder-Gruppen im Unternehmen und seinem Umfeld haben. Uns interessieren hier insbesondere solche Wirkungen, die aus der Sicht der nachfragenden Unternehmen Bestandteil ihres Entscheidungskalküls sind, also als angestrebte Vorteile der Nutzung von Personaldienstleistungen oder als auftretende Nachteile, die gegen Vorteile abgewogen werden oder vermindert werden sollen, wahrgenommen werden. Wir unterscheiden hier nach den Stakeholder-Gruppen Belegschaft (inkl. Bewerbern als potenziellem Bestandteil der Belegschaft), Arbeitnehmervertretungen (insbesondere Betriebsräte), Kapitalgeber, Kunden, Wettbewerber und allgemeine Öffentlichkeit. Im Folgenden werden die Aussagen der Experten zu den Wirkungen einer Nutzung von Personaldienstleistungen gegenüber diesen StakeholderGruppen dargestellt. 4.2.3.1.
Wirkungen gegenüber der Belegschaft
Hinsichtlich der Belegschaft kann die Nutzung von Personaldienstleistungen eine ganze Reihe sehr heterogener Wirkungen entfalten. 4.2.3.1.1. Entlastung der Belegschaft Das nachfragende Unternehmen kann versuchen, Personalfunktionen, die nicht zum Kerngeschäft gehören, u.a. auch mit dem Ziel auszulagern, die Belegschaft durch den Einsatz externer Kräfte quantitativ und/oder qualitativ zu entlasten, um deren Kapazitäten für andere Bereiche nutzen zu können. Ein Anbieter im Bereich Arbeitsvermittlung verdeutlicht dies am Beispiel der Entlastung der Führungskräfte im Personalbereich: „Das ist noch ein anderer Gedanke, den ich immer wieder feststelle, nämlich zu sagen, es gibt Bereiche, die einfach nicht unser Kerngebiet sind. Und dazu zählen sehr oft die administrativen Prozesse. Es gibt keinen Grund, warum ein Unternehmen selbst die Payroll durchführen muss. Es ist nicht unser Kernbereich. Ich will meine eigene Führungsmannschaft im Personalbereich entlasten. Das ist dann nicht ein Kostenaspekt, der zum Outsourcing führt, sondern es ist dann die Überlegung, es ist etwas, mit dem wir uns als Unternehmen nicht beschäftigen wollen, (…), das machen Dritte. (…) Führungskräfte sind Mangelware. Die will ich nicht mit Dingen belasten, die nicht Kerngeschäft meines Unternehmens [sind]. Und dazu zählt unter anderem, sich um administrative HR-Dinge zu kümmern“ (A 18, 73).
123 Auch für die Nachfrage nach Outplacementleistungen wird dieses Argument der Entlastung der Personalabteilung genannt. „Es sind ja zum Teil Leistungen, die man jetzt extern einkauft, die man früher einfach nicht erbracht hat. Also von daher ist es erst mal ein Stück weit mehr, als was man früher gemacht hat. Von daher ist [es] sicher nicht so, dass die [Mitarbeiter in der Personalabteilung] unmittelbar eine Entlastung spüren. Aber ich denke schon, also es hängt ein bisschen davon ab, wie ein Unternehmen diese Dienstleistung einsetzt. Es gibt einige Unternehmen, die das, wie gesagt, sehr pro-aktiv angehen. [Da] gab es auch viele Situationen, wo Trennungssituationen sehr entspannt gelaufen sind, weil eben diese wiederkehrenden, auch unangenehmen Gespräche dann einfach der Personalabteilung ein Stück weit erspart geblieben sind oder der Geschäftsführung, je nachdem, wie sie aufgehängt waren. Also das kann da schon mit hineinspielen“ (A 9, 41). Besonders häufig genannt wird dieses Entlastungs-Motiv bei den Personaldienstleistungen, die mit dem Einsatz externen Personals einhergehen. Für die Zeitarbeit argumentieren einige Experten von der Anbieterseite wie folgt: „Das ist mit Sicherheit so, ob das jetzt ein Aspekt der Unternehmen ist, kann ich mir schon vorstellen, dass die qualifizierten Leute einfach von Routinearbeiten entlastet werden oder unterstützt werden in den Bereichen und dafür die Zeitarbeiter in allen Bereichen natürlich verstärkt eingesetzt [werden]. Das ist ganz klar eine Entlastung der Leute im Unternehmen. Sicher, das ist auf jeden Fall ein Argument“ (A 23, 41). „Was ein Arbeitgeber eigentlich am wenigsten gern macht und was natürlich auch die wenig attraktive Aufgabe ist: Mitarbeitergespräche zu führen und [dem Mitarbeiter] zu sagen: ‚Wir haben dich vor einem halben Jahr eingestellt und das hat sich alles nicht so rausgestellt, wie wir das gewollt haben. Du bist zwar ein Klasse Typ und machst hervorragende Arbeit, aber wir können dich nicht mehr gebrauchen.’ Gehe ich über Zeitarbeit, dann verabschiede ich mich von dem externen Mitarbeiter und mein Geschäft läuft normal weiter“ (A 25, 17). „Ja, ich sag das immer wieder Betriebsräten in Kundenbetrieben, auch auf Veranstaltungen, wenn man mir vorhält, „ihr eliminiert Stammarbeitsplätze“. Ich sag den Vertretern der Gewerkschaften immer wieder, das tun wir nicht, weil, wenn die Stammbelegschaft abgesichert ist, wenn für die Stammbelegschaft immer wieder 100 % Tätigkeit da ist und alle Spitzen über die Dienstleistung abgedeckt werden, dann bedeutet das, dass die Stammarbeitsplätze sicherer sind. Ja. Deswegen: die Angst muss dann gar nicht da sein“ (A 24, 19-21). Der Schutz vor Spitzenbelastungen kann in der Sichtweise der Experten von der Angebotsseite zugleich mit der Sicherung der Arbeitsplätze der Stammbelegschaft einhergehen. Das
124 Ziel, die eigene Belegschaft vor Spitzenbelastungen zu schützen, nennen auch zwei Experten von der Nachfrageseite: 21 „Wir hatten einen Mitarbeiter, der hat einen ganz, ganz schweren Unfall gehabt letztes Jahr. (…) Normalerweise [wird] Krankheit und Urlaub (…) nicht über Zeitarbeit besetzt. Es ist also eine ganz feste Sache, dass wir gesagt haben, das geht über den nächsten Mitarbeiter, über den Vertreter dann in dem Fall (...). Aber solche Krankheitsfälle, wo man wirklich sagt, da weiß man gar nicht, wann kommt derjenige wieder (…). Das heißt also, das wäre eine Belastung der Mitarbeiter nicht nur kurzfristig für drei Wochen, sondern wirklich eine Belastung der anderen Mitarbeiter für mehrere Monate. Und dann muss man natürlich auch sehen, wie belastet war der bereits sowieso schon, wie sehen Überstunden so schon aus, und ist da noch mehr machbar. Dann ist auch nicht unbedingt nur die Sache, dass man sagt, o. k. es geht um Kosten, sondern hier geht es wirklich darum, so schnell wie möglich Entlastung hinzukriegen“ (N 13, 49-50). „(...), wir halten Spitzenbelastung fern von den Mitarbeitern und das ist auch schon ein gewolltes Instrument. (...) Ja! (…)“ (N 13, 38-40). „Wir schützen über diese Flexibilisierung oder über diese Nutzung von Zeitpersonal dann eben auch die eigene Mannschaft“ (N 14, 30-31). Ähnliche Argumente werden auch für das Interimsmanagement vorgebracht. Hinsichtlich des qualitativen Aspektes könnte der Arbeitgeber durch den Einsatz von Interimsmanagern erwarten, dass die internen Manager vor potentiell karriereschädlichen Tätigkeiten bewahrt werden sollen bzw. die negativen Effekte solcher Career Concerns vom nachfragenden Unternehmen nicht in Kauf genommen werden: „(…) auf die wenigen Einsatzfälle im Interimsbereich, die, wie gesagt, definiert sind. Wo man einfach sagt, dass wollen wir niemandem antun, dass der sich hier drin den Ruf versaut als Sanierer, sondern da nehmen wir einen guten Interimssanierer. Der würfelt den Laden einmal richtig durch, schneidet 500 Köpfe ab. Und das weiß der auch. Und dann kann der wieder gehen, und dann kommt der nächste und sagt, Mensch Klasse, alles strukturiert, jetzt machen wir es aber wieder nett miteinander und gucken nach vorn“ (A 1, 45). „Klar, also gewisse unpopuläre Maßnahmen, die lassen halt den Verbleib eines entsprechenden Entscheiders nicht zu. Also holt man sich jemand anderes, der zum Sündenbock gemacht wird und macht weiter, das ist durchaus legitim, kann man machen“ (A 7, 41).
21
Wie wir später noch sehen werden, wird dieses Argument jedoch auch stark in dem Kontext genannt, den Betriebsrat von der Nutzung von Zeitarbeit zu überzeugen.
125 Daneben kann der Arbeitgeber die Belegschaft durch den Einsatz eines Interimsmanagers auch vor quantitativen Spitzenbelastungen schützen wollen, was ein Experte im Bereich Interimsmanagement explizit anspricht: „Häufig werden ja die Guten in der Führungsmannschaft überlastet. Es kommt immer noch eine Aufgabe, noch eine Aufgabe, bis sie irgendwann unter der Last zusammenbrechen, entweder krankheitsbedingt oder einfach aufgeben und sagen, das ist mir zu viel. Das mache ich nicht. Also demotivierend wirkt so etwas. Dann kann ich mir bei wesentlichen Aufgaben, wo ich im Grunde (…) eine Vollkraft brauche auf höchstem Niveau, dann hole ich mir für diese Zeit dieser Projektbelastung jemanden dazu. Das ist ein Vorteil“ (V 3, 39). Der gleiche Experte weist darauf hin, dass dieser Schutz vor Spitzenbelastung aber durchaus auch zwiespältige Wirkung – Motivation und Demotivation der Führungsmannschaft – entfalten kann: „[Der Schutz vor Spitzenbelastung] kann motivierend sein. Auf der anderen Seite kann man sagen, der traut uns das nicht zu. Das kann demotivierend sein. Das ist auch wieder so ein zweischneidiges Schwert. Ich denke, wenn man einen guten, starken Gesamtchef hat - CEO, der diesen Menschen an Bord holt, der das richtig kommuniziert, und der Interimsmanager gut ist und seine Rolle als Interimsmanager, auch was die Kommunikation in der gleichen Führungsebene betrifft, versteht und sich da geschickt positioniert, (…) kann das sehr, sehr positiv sein. Aber, wenn man das eben nicht richtig macht, kann das auch nach hinten losgehen“ (V 3, 45). Daneben wird aber auch argumentiert, dass die Sicherheit der Arbeitsplätze der Stammbelegschaft durch den Einsatz von Zeitarbeit steigt, so dass ein Schutz der Belegschaft vor Entlassungen auftritt: „Die Frage ist immer die: Wie wird die Zeitarbeit den Leuten denn verkauft? Wie wird der Einsatz dieser Zeitarbeitskräfte nach innen verkauft? Also, wenn eine Auftragsspitze da ist, dann würde ich als Arbeitnehmer sagen: ‚Mein Chef ist wirklich ein unheimlicher Sozialfreak. Der geht nicht her, stellt kurzfristig Leute fest ein, und wenn der Auftrag zu Ende ist, schmeißt der die wieder raus.’ (…) Also ist es wesentlich sozial verträglicher zu sagen, für diese Zeit holen wir uns temporär Menschen dazu“ (A 19, 20). „(…) dass ich ja damit 22 die Stammarbeitsplätze sichere, nämlich, wenn es im Unternehmen Probleme gibt oder die Aufträge rückläufig sind, dann kann ich problemlos ohne Imageverluste mich von dem Fremdpersonal trennen“ (A 20,
22
Gemeint ist: mit dem Einsatz von Zeitarbeit.
126 49). Ob allerdings dieser Schutz der Stammbelegschaft tatsächlich eintritt, ist aus der Wahrnehmung der Mitarbeiter in der Personalabteilung durchaus zwiespältig zu beurteilen, wie ein Experte von der Angebotsseite beschreibt: „Selbstverständlich. Kunden haben immer Angst, dass, wie gesagt, ist natürlich die Frage, wer ist der Kunde, Kunden aus dem Personalbereich, haben immer Angst, externe Dienstleister an Bord zu lassen, wegen der Gefahr, dass ihr eigener Job wegrationalisiert wird“ (A 18, 55). Offensichtlich besteht durchaus die Sorge, dass die „Entlastung“ der Stammbelegschaft in der Personalabteilung so weitgehend ist, dass ihre Arbeitsplätze überflüssig werden könnten. Auch hier wird einmal mehr die „Janusköpfigkeit“ des Einsatzes von Personaldienstleistungen unter dem Gesichtspunkt der Beziehungen zur Belegschaft deutlich. Zusammenfassend werden also verschiedene Aspekte der Entlastung der Stammbelegschaft genannt. Einerseits können Mitglieder der Personalabteilung von Routineaufgaben, unangenehmen bzw. belastenden Aufgaben oder quantitativen Spitzen im Arbeitsanfall entlastet werden. Dieser Entlastungseffekt kann beim Einsatz von solchen Personaldienstleistungen, die mit dem Einsatz externen Personals auch in anderen Bereichen des Unternehmens als der Personalabteilung einhergehen, auch für andere Gruppen von Mitarbeitern auftreten. Aus Gesprächen mit Disponenten in Zeitarbeitsunternehmen außerhalb unserer Experteninterviews wissen wir zudem, dass bei diesen tatsächlich ab und an die Wahrnehmung entsteht, dass gerade unfallträchtige, besonders anstrengende oder potentiell gesundheitlich belastende Arbeiten überzufällig häufig nicht von den Mitgliedern der Stammbelegschaft des Entleihunternehmens, sondern von den Zeitarbeitnehmern durchgeführt werden. Dies lässt den Schluss zu, dass nicht nur die quantitative Entlastung, sondern auch die „qualitative“ Entlastung der Stammbelegschaften eine relevante Wirkungskategorie beim Einsatz der Zeitarbeit sein kann, die dann allerdings auf Kosten der Zeitarbeitnehmer geht. Schließlich wird auch eine Entlastung der Stammbelegschaft von Arbeitsplatzrisiken als Wirkung mit angesprochen. Daneben besteht aber auch die Sorge, dass durch den Einsatz von Personaldienstleistungen Arbeitsplätze in der Personalabteilung wegrationalisiert werden, Arbeitsplatzrisiken also steigen.
127 Auffällig ist hier, dass diese Argumente, die für den Einsatz der Personaldienstleistungen aus der Sicht des nachfragenden Arbeitgebers sprechen können, sehr viel häufiger und auch deutlich prononcierter von den Anbietern genannt werden als von den Nachfragern. Allerdings ist die Gruppe der befragten Nachfrager auch deutlich kleiner als die Gruppe der befragten Experten von Anbieter- und Verbandsseite, so dass wir hier die Unterschiede nicht überbewerten wollen. 4.2.3.1.2. Verbesserung der Legitimation von Entscheidungen Durch die Nutzung von Personaldienstleistungen verbessert sich in der Sichtweise der von uns befragten Experten die Legitimation und Akzeptanz von personalwirtschaftlichen Maßnahmen. Ein Anbieter im Bereich Training und Weiterbildung argumentiert: „Ich hätte zum Beispiel als Personalleiter, der keinen Personalentwickler hat, eine Problemlage im Unternehmen, und ich will eine Lösung dafür haben. Die könnte ich vielleicht auch selber entwickeln. Aber da habe ich immer das Problem, mir nimmt das keiner so richtig ab. Und deswegen würde ich mir lieber einen externen Berater reinholen. Das heißt, ich legitimiere mich, indem ich viel Geld ausgebe. (…) Dass ich da (…) mir jemand reinhole, Berater reinhole, der als Externer sozusagen da eine bessere Lösung schafft, die besser angenommen wird, als wenn ich das selber machen würde“ (A 11, 18 und 34). Ein Anbieter im Bereich Unternehmensberatung bestätigt diesen Effekt: „Und das kann man ja auch, dafür kann man ja einen Berater auch ganz zielgerichtet einsetzen, dass man sagt‚ o. k., es gibt da schon gute pragmatische Lösungen. Die kann man vielleicht mit dem Berater ein Stück weiter entwickeln, weil die externe Sicht noch dazukommt, und dann kriegt das Ding auch einen anderen Stellenwert im Unternehmen. Es hat eine andere Akzeptanz und damit auch eine höhere Wahrscheinlichkeit, dass es tatsächlich umgesetzt wird. Also die Frage nach dem Stellenwert ist sicherlich auch ein nicht unwesentlicher [Punkt] für den Einsatz eines Unternehmensberaters“ (A 16, 65). Als mögliche Ursache für die höhere Akzeptanz oder Legitimation der Maßnahmen wird die größere Neutralität und Objektivität des externen Dienstleisters genannt. Ein Experte im Bereich Arbeitsvermittlung formuliert dies wie folgt: „Die Zielgruppenabhängigkeit oder Anspruchsgruppenabhängigkeit, die Sie ansprechen, ist sicherlich dann von Relevanz, wenn ich mir auch meine eigene Unabhängigkeit klar machen möchte. Das heißt, ich möchte einfach den Zielgruppen deutlich sagen, dass ein externer Berater hier nicht so gebunden ist, auch an bestimmte Rücksichtnahmen, die möglicherweise auch in so einem Prozess einer
128 Nachfolgebesetzung eine Rolle spielen könnten. Und dadurch bin ich auch in meiner Entscheidung freier und kann eben auch dadurch mich selbst in meiner Funktion zurücklehnen“ (A 13, 25). Ein Experte im Bereich Unternehmensberatung formuliert diesen Aspekt der höheren Unabhängigkeit und Objektivität als Ursache einer besseren Legitimation der Maßnahmen mit Bezug auf unpopuläre Maßnahmen: „Und wenn Sie zum Beispiel Firma X sich anschauen, dann ist es eben so, dass die interne Unternehmensberatung von Firma X X-Mitarbeiter sind, notwendigerweise. Und das sind eben im weitesten Sinne auch Kollegen derjenigen, in deren Abteilungen sie irgendwelche Projekte durchführen. Und die müssen eben auch mit dieser Einschränkung, ‚Du Kollege kannst hier das nicht so brutal durchrechnen, dass ich meinen Arbeitsplatz hier verliere’, durchführen, das können eben nur Externe“(V 2, 75). Ein Experte im Bereich Interimsmanagement weist jedoch darauf hin, dass dieser Punkt zwar auch relevant ist, aber jedenfalls im Interimsmanagement in der Regel nicht die einzige Motivation für den Einsatz einer externen Kraft sein kann: „Also dafür ist [ein] Interimsmanager dann doch zu teuer, um diesen moralischen Aspekt abzufedern, da muss schon die Arbeit noch ein bisschen mehr umfassen. Aber das könnte durchaus ein Aspekt sein. Klar, also gewisse unpopuläre Maßnahmen, die lassen halt den Verbleib eines entsprechenden Entscheiders nicht zu. Also holt man sich jemand anderes, der zum Sündenbock gemacht wird, und macht weiter. Das ist durchaus legitim, kann man machen“ (A 7, 41). Die Zusammenarbeit mit Externen ist aus Sicht eines Nachfragers ein Instrument, um die Akzeptanz der Personalabteilung insbesondere bei den Führungskräften im Haus zu erhöhen: „Wir haben dadurch auch als Personalabteilung auch viel Akzeptanz bei den Führungskräften gehabt. Das war uns wichtig, und [wir] haben jemand gehabt, [so dass] dieses Massengeschäft weg von uns war mit einem standardisierten Prozess. Also nicht Qualitätseinbußen, sondern die haben wirklich das sehr gut gemanagt. (…) Und wenn wir einen Personalberater zum Beispiel haben, dann ist in den Gesprächen immer dabei, Personal, der Berater und der jeweilige Manager. Und das ist wichtig für uns. Wir demonstrieren mit dem Berater zusammen, dass wir eine gute Dienstleistung machen für das Management im Haus. (…) Also es hebt den Standard, [das] ist mir auch wichtig (…). Also wenn nur die Referenten rekrutieren, wird es zu innen-lastig. Aber wem zeigt man das? Man zeigt es den Führungskräften im Haus, weil das sind so eine Art Kunden im Recruiting. Und man zeigt es natürlich auch dem Vorstand. Aber wir haben jetzt mit den Kapitaleignern so wenig zu tun, unser Auftraggeber ist der Vorstand. Ja.
129 Und der Vorstand reportet an den Aufsichtsrat. Aber ich reporte nicht an den Aufsichtsrat. Also wir müssen nicht jedem zeigen, wie professionell wir arbeiten, aber der Vorstand muss es wissen und die Führungskräfte“ (N 1, 23 und 39). Mit dem Einschalten eines externen Personalberaters kann ein Unternehmen nicht nur dem Management, sondern auch internen Stellenbewerbern eine höhere Objektivität bei der Stellenbesetzung demonstrieren wollen, was ein Experte aus dem Bereich Headhunting als erwartete Wirkung benennt: „Wir haben ja oftmals Mandate, in denen wir interne Kandidaten vergleichen mit den aus unserer Sicht Besten für die Aufgaben, die im Moment zur Verfügung stehen. Das heißt, wo wir ein Teil einer Personalentwicklungsaktivität sind. (…) Das [ist] ein Teil eines Vorgehens, was immer wieder passiert. Also, wo man im Grunde niemand aus dem Hause für dumm verkauft, sondern bewusst sagt: ‚Wir haben hier einen Berater. Mit dem wird ein Interview gemacht. Der beurteilt Sie vor dem Hintergrund des Profils und der Unabhängigkeit, die er hat, im Vergleich zu Kandidaten, die von draußen kommen. (…) Diese Vorgehensweise soll eigentlich signalisieren, dass man das Potenzial, das im Hause ist, ernst nimmt, zur Kenntnis nimmt, aber vergleicht. Offen und im direkt kommunikativen Vorgehen zu sagen: ‚Wir vergleichen Dich mit anderen.’ Die Alternative wäre ja, dass der unberücksichtigt bliebe in einer Diskussion, dass man einfach sagt: ‚Als Hauptabteilungsleiter, zweite Ebene unter dem Vorstand, nehmen wir nur jemand von draußen. Es gibt hier keinen, fertig“ (V 6, 55). „Ja, das wird schon mal, das ist schon mal ein Argument dann, wenn es im Unternehmen Bewerber um die zu besetzende Position gibt. Und (…) wenn der Unternehmer aber Bedenken hat, aus welchem Grund auch immer, dann wird [ein] Personalberater eingeschaltet mit dem Argument, dass der objektiv die internen Bewerbungen und die externen Bewerbungen miteinander vergleicht. Das geschieht dann auch. Dann bewirbt sich dieser eine oder diese mehreren internen Bewerber auf diese Ausschreibung genauso wie extern. Damit ist natürlich dann Objektivität gegeben. Und der Unternehmer kann dann leichter für alle Beteiligten die Entscheidung treffen, ich nehme einen Externen. Wenn er selber ohne Personalberater sagt, nee, Du lieber Mitarbeiter, Du hast zwar jetzt zehn Jahre lang und länger qualifiziert und mit hohem Einsatz für mich gearbeitet, aber ich möchte Dich nicht in diese Position bringen, dann (…) läuft er Gefahr, diesen verdienten Mitarbeiter zu demotivieren und zu frustrieren. Wenn aber eigentlich die gleiche Aussage ein Personalberater trifft, dann kann der Unternehmer sagen: ’Ich habe versucht, das Ganze zu objektivieren. Ich baue weiterhin auf Dich in Deiner Funktion. Du bist ein wichtiger Mann für mich, aber nach Maßgabe der von dem Personalberater ermittelten objektiven Kriterien bist Du für diese neue Position halt nicht der optimal Geeignete.’ Dann kann das dazu führen, dass alle, auch der Mitarbeiter, der nicht berücksichtigt worden ist, leichter weiterarbeiten können, ohne sein Gesicht zu verlieren. Das muss nicht immer so sein, aber das ist zumindest ein gutes Mittel, wird auch häufig mal eingesetzt“ (V
130 5, 41). Den Aspekt der größeren Glaubwürdigkeit, der dann wiederum mit einer höheren Akzeptanz und Legitimation der Entscheidungen oder Maßnahmen einhergeht, spricht auch ein Experte im Bereich Unternehmensberatung an. „Vielleicht in manchen Fällen auch, dass die Ergebnisse glaubwürdiger präsentiert werden in bestimmten Entscheidungsgremien, die es dann geben kann und die sehr unterschiedlich sein können“ (A 15, 27). Ein anderer Experte geht neben dem Punkt der höheren Akzeptanz neuer Lösungen zudem auf den Aspekt der generellen Akzeptanz von Neuerungen durch Hinzuziehen eines externen Beraters ein: „Also, wenn Sie im Bereich der strategischen Personalarbeit tätig sind, (…), dann ist natürlich immer ein Schuss Politik in der ganzen Geschichte drin. (…) Und das ist immer die Frage (…), nicht nur der Einbindung der HRCommunities, sondern auch der Einbindung der Kunden von HR. Und dass da immer ein Schuss Politik mit drin ist, wenn es um neue Systeme geht, um neue Programme, um neue Prozesse, weil teilweise eben Verantwortlichkeiten neu geschnitten werden, vermeintlich der Eindruck entsteht, der eine muss was abgeben, der andere kriegt mehr dazu, dann sind Sie immer in der politischen Dimension drin, die man letztendlich bei strategischer Personalarbeit gar nicht ausblenden kann. Was man letztendlich von einem Berater erwartet, der sich in diesem Umfeld bewegt, ist, dass er die politische Klaviatur spielen kann und dass er eben auch gewisse Botschaften so verpackt, und ich sag mal, so mundgerecht formuliert, dass sie auch von vornherein auf eine hohe Akzeptanz stoßen. Das ist sicherlich auch was, was immer dazu kommt“ (A 16, 33). Mit dem Ziel, durch den Fremdbezug von Unternehmensberatungsleistungen eine höhere Akzeptanz und Durchsetzbarkeit geplanter Maßnahmen zu erreichen, kann insbesondere bei eher tief greifenden Veränderungen wie Restrukturierung und damit verbundenen Entlassungen auch das Ziel der externen Legitimation unliebsamer Entscheidungen einhergehen. Ein anderer Experte im Bereich Unternehmensberatung spricht diesen Aspekt im Hinblick auf geplante Entlassungen noch ausführlicher an: „Tut mir ja leid, aber ich muss Sie leider entlassen. Und das muss ich bei 100 oder 150 oder 200 Leuten machen. Was meinen Sie, wie viel die verbliebenen 500 mir noch in der Zukunft glauben? Eher wenig? Oder eher wenig? Das spricht sich nämlich sehr herum, nicht? Erst stellt Ihr uns ein, erzählt uns was und dann entlasst Ihr alle wieder, nicht? Und das macht ihm gar nichts aus. Dann verliere ich an Glaubwürdigkeit als Führungskraft. Gleichwohl sind diese Entscheidungen so zu treffen, wie sie zu treffen sind. Das ist eine ganz bittere
131 Angelegenheit. Aber da stelle ich mich ja lieber hin und sage, also, ich habe mir das alles ganz anders vorgestellt und der Markt spielt nicht so mit, wie ich mir das vorstellt habe, wie unsere Planungen sind. Und jetzt haben wir uns einen Berater geholt, der natürlich schon viele Unternehmen gesehen hat und der hat uns das ausgearbeitet. Und leider müssen wir uns von 150 Mitarbeitern trennen. Ich hätte es ja gern anders gemacht, aber meine Shareholder sehen das auch so, nicht? Und dann drücke ich eine Krokodilsträne raus und dann sind alle draußen. Das sind die Rollen, die die Berater zu spielen haben. Und wenn das, wenn ich auch noch ein Inhaber bin, wie ich es vorhin angesprochen habe, der in der dritten Generation das Unternehmen führt, dann bin ich unverzichtbar, dann bin ich nach der Restrukturierung oder nach der Anpassung (…) immer noch an Bord“ (V 2, 97). Auch wenn der Punkt der Legitimation unternehmerischer Entscheidungen durch den Einsatz eines externen Beraters offenbar eine Rolle spielt, tauchen in den Aussagen unserer Experten durchaus unterschiedliche Auffassungen dazu auf, u.a. auch konträre Stellungnahmen von Experten im Bereich Unternehmensberatung: „Also die reinen Legitimationsgutachten habe ich die letzten Jahre, seitdem ich hier dabei bin, eigentlich nicht mehr gemacht. Das war immer, sicher ist das ein Nebenaspekt, dass man sagt, wenn [der Experte] sagt, das sind Benchmarks, dann soll mal jemand wirklich sich warm anziehen, wenn er beweisen will, dass das nicht die Benchmarks sind. Ja. Weil wir da sicher eine extrem gute Basis haben, solche Aussagen treffen zu können. Allerdings glaube ich, ist meistens wirklich die inhaltliche Komponente relativ unklar in vielen Fällen, so dass zu dieser Glaubwürdigkeitskomponente immer eine sehr stark inhaltliche – ‚Was ist die richtige Lösung?’ – dazu kommt. (...) Und ganz ehrlich gesagt, gehören wir ja auch eher zu den hochpreisigen Anbietern (…) in der Beratung. Wenn es also eine reine Legitimation wäre, ja, kauft man sich das meistens woanders um den halben Preis ein, weil das können andere auch, gute Unternehmen, die auch einen guten Namen haben, einfach dann billiger machen als wir“ (A 15, 37). Auch hinsichtlich der Erbringung von Outplacement-Leistungen wird die größere Neutralität der externen Dienstleister als entscheidend für die höhere Akzeptanz hervorgehoben: „Ich denke, ein wichtiger Grund, warum diese Aufgabe besser bei uns aufgehoben ist, ist die Neutralität. Das heißt also, wir sind neutral. Wir sind keine Partei in dem Trennungsprozess. Der Mitarbeiter kann sich uns unmittelbar anvertrauen, kann mit uns den Weg in die Zukunft gehen. Das ist ein wichtiger Grund. Jeder Vertreter des Unternehmens ist Partei und damit ist es häufig schwierig für Mitarbeiter, die von Trennung betroffen sind, sich gegenüber diesem Unternehmen, dass ihm gesagt hat, ab heute wollen oder können wir nicht mehr miteinander, sich dann in einen Prozess zu begeben, der in die Zukunft führen soll“ (V 4, 25).
132 Jedoch kann aus der Sicht des nachfragenden Unternehmens der Legitimationseffekt bei der Nachfrage von Outplacement auch stark über die Demonstration von sozialer Verantwortung wirken, wodurch der Belegschaft, ggf. aber auch anderen Stakeholdergruppen der „gute“ Wille und die Wahrnehmung der Fürsorgepflicht durch den Arbeitgeber signalisiert werden. Dieser Effekt tritt möglicherweise selbst dann ein, wenn der Arbeitgeber Outplacement nur anbietet, betroffene Mitarbeiter diese Leistung aber gar nicht annehmen. Zudem könnte er auch eintreten, wenn das Unternehmen Outplacement-Leistungen intern erstellen würde, was aber möglicherweise an dem soeben genannten Aspekt der fehlenden Neutralität scheitern könnte: „Dann sagt eben der eine [Mitarbeiter]: ‚Mir ist so eine Beratung sehr, sehr wichtig. Lieber könnt Ihr mir hier von der Abfindung ein Stück weit Gegenwert abziehen.’ Und andere sagen: ‚Nee, wenn ich dafür einen Teil selber zahlen muss, dann verzichte ich lieber.’ Nur, dann ist dem Unternehmen im Grunde ja auch schon gedient, dass es sagt‚ o. k., wir haben das Angebot gemacht, der Mitarbeiter wollte das nicht. Jetzt müssen wir auch kein schlechtes Gewissen haben, wenn der jetzt sich schwer tut, weil wir haben zumindest die Option für ihn offen gehalten. Und auch das kann ein Stück weit Lösung eines Problems sein, dass jemand sagt: ‚Wir haben alles getan im Umbauprozess. Er will das jetzt nicht. Dann muss er jetzt seinen Weg alleine gehen und, o. k., [das] ist dann halt so’“ (A 9, 43). Insgesamt wird jedoch deutlich, dass die Legitimationsfunktion einer externen Nachfrage für viele der hier untersuchten Dienstleistungen von den Experten gesehen wird, wenn auch die genaue inhaltliche Begründung dieser verbesserten Legitimation zwischen den Dienstleistungen streut. Angefangen bei besserer Kenntnis von Benchmarks, über größere Objektivität und Neutralität externer Dienstleister und – die damit eng verwandte - geringere Einbindung in Beziehungsnetzwerke innerhalb des nachfragenden Unternehmens und nicht bestehende Career Concerns der externen Arbeitskräfte bis hin zur Demonstration der Übernahme sozialer Verantwortung durch den Arbeitgeber, kommen verschiedene Begründungen für einen solchen Effekt verbesserter Legitimation und Akzeptanz von Maßnahmen durch die Belegschaft bei externem Bezug dieser Leistungen in Frage. Allerdings sind in unseren Interviews in erster Linie Aussagen von den Anbietern und Aussagen zu einer verbesserten Legitimation und Akzeptanz personalwirtschaftlicher Maßnehmen enthalten. Aussagen von Nachfragern und kritische Aussagen zu einer möglichen Verschlechterung der Akzeptanz von Maßnahmen durch den externen Bezug von Dienstleis-
133 tungen finden sich dagegen kaum. Hier liegt die Vermutung nahe, dass bei einem höheren Anteil von Nachfrager-Interviews die Gewichte sich potentiell deutlich verschieben könnten. 4.2.3.1.3. Veränderung von Referenzmaßstäben Der Einsatz von Personaldienstleistungen kann dazu führen, dass Referenz- und Vergleichspunkte hinsichtlich der funktionalen und extrafunktionalen Leistungsanforderungen des Arbeitgebers gegenüber seinen Mitarbeitern in der Personalabteilung oder in anderen Bereichen des Unternehmens verändert bzw. andere Beurteilungsmaßstäbe eingeführt werden. Dieser Aspekt wurde in den Interviews an verschiedenen Stellen angesprochen. Ein Anbieter im Bereich Executive Search berichtet, dass in bestimmten Bereichen die externen Dienstleister vom Management gezielt als Konkurrenz der Personalabteilung eingesetzt werden: „Man muss das immer differenzieren zwischen Toppositionen und Mittelmanagement. Mittelmanagement ist die Sache von der Personalabteilung, und da kann es eben sein, dass der technische Geschäftsführer sagt: ‚Also was Ihr mir da so geliefert habt auf Euren Wegen und mit Anzeigen, also das bringt mich hier nicht weiter, ja, also nehme ich gleich einen Berater’“ (A 2, 36). Auch ein Nachfrager betrachtet die Gespräche mit externen Dienstleistern als Möglichkeit, interne Kostentreiber zu disziplinieren und die Verhandlungsposition gegenüber Abteilungen im Unternehmen zu verbessern. „Ich nutzte aber diese externen Vergleiche und Gespräche auch dafür, natürlich intern meine Kostentreiber entsprechend zu disziplinieren“ (N 2, 3). Ein weiterer Nachfrager berichtet über das latente Konkurrenzverhältnis, welches in der Zusammenarbeit mit externen Dienstleistern, hier Arbeitsvermittlern und Personalberatern, mitschwingt: „Also zwei Aussagen. Die eine Aussage ist, man muss als Personalabteilung immer mehr, viel mehr als früher, gucken, dass man, (…) Personalreferenten (…) hat, die als echte Partner mit dem Management diskutieren können, ja oder zumindest mit dem Mittelmanagement. Also der klassische administrative Personalmensch ist eigentlich im Hause tot, der hat noch eine Zukunft, aber in den rein administrativen Funktionen. Ja. Es wird immer eine Gehaltsabrechnung brauchen, es wird immer ein SAP oder Datenbanksystem brauchen und da gibt es nur, es klappt oder es klappt nicht. Und da werden die Leute immer gebraucht
134 werden in gewisser Weise. Aber die, die mit Führungskräften was arbeiten, müssen sehr professionell sein. Die Anforderungen sind sehr viel höher als früher, und wenn der Personaler mit dem externen Recruiter zusammen ein Team bildet, merkt das der interne Kunde, der Manager, ganz genau. Aber der Personaler muss das leiten und führen. Wenn da jetzt ein Headhunter kommt und der Personaler läuft irgendwie ein bisschen mit oder ist noch nicht mal dabei, dann ist das schädlich. Also man zeigt Qualität, indem man sagt, ja, wir haben gute Partner, aber wir steuern den Prozess. Und dann haben Sie sozusagen in dem Bild gewonnen und nicht verloren, weil die sagen, oh, die können das aber wirklich gut. (…) Und ich glaube, so geht es. (…) Die zweitbeste Lösung ist, man macht es selbst, aber im Seniorenauftritt. Und die drittbeste Lösung ist, entweder man macht es selbst oder man vergibt es fremd, aber hat keinen guten Auftritt als Personal und die Kunden im Haus unterscheiden zwischen dem Externen und dem Internen. Das tun die. Wenn der Interne zu sehr abfällt gegenüber dem externen Headhunter, dann stimmt was nicht. Also der operative Personalmensch, die Rolle von dem (…) hat sich (…) sehr verändert. Und die Aufgaben sind viel schwieriger geworden, weil sie bestehen zu 70 % aus Kommunikation. Man muss das Geschäft kennen, man muss mitdiskutieren“ (N 1, 40-43). Dies trifft aber laut Aussage des Experten eher weniger für die administrativen Bereiche, sondern stärker für solche Aufgaben zu, in denen die Personalabteilung direkt mit den Führungskräften zusammen arbeitet. Besonders virulent könnte dieser Vergleichs- und Referenzpunktaspekt wieder dort zum Tragen kommen, wo der Bezug von Personaldienstleistungen mit dem Einsatz externen Personals im nachfragenden Unternehmen einhergeht, also für die Zeitarbeit, das Interimsmanagement und die Unternehmensberatung. In diesen Bereichen könnte wiederum nicht nur gegenüber der Arbeit der Personalabteilung, sondern auch mit Bezug auf die Arbeit anderer Gruppen von Mitarbeitern ein Konkurrenzverhältnis bzw. die Setzung von höheren Leistungsstandards auftreten. Für den Bereich der Zeitarbeit finden wir zu diesem Aspekte einige sehr dezidierte, jedoch durchaus auch widersprüchliche Hinweise. Mehrere Anbieter betonen den gezielten Einsatz von Konkurrenz zwischen Stamm- und Zeitarbeitnehmern als mögliche Strategie des Unternehmens oder doch als gern gesehenen Nebeneffekt: „Aber auch dieser Kernmannschaft immer vor Augen führt, wie leistungsfähig auch externe Mitarbeiter sind. Diesen Wettbewerb halte ich für nicht schädlich“ (A 20, 51). „Ich glaube, dass mittelständische Kundenunternehmen heute den Einsatz von Zeitpersonal gerade auch aus diesen Gründen zielgerichtet vornehmen, weil sie
135 eine bestimmte Haltung ihrer Belegschaft provozieren wollen. Ich denke schon, dass Unternehmensleitungen heute schon sehr klug kalkulieren, wann setzt man Zeitpersonal ein und wann nicht. Und das ist gerade in Zeiten, wo es auch härtere Auseinandersetzungen um Tarife und um Arbeitszeiten gibt, dass dort (…) von [der] Unternehmensleitung gezeigt wird, dass Personaleinsatz auch anders gehen kann. Ich glaube, dass [das] auch (…) teilweise Trotzreaktionen sind von Kundenunternehmen. Wir haben viele Kunden, die unser Personal absolut gleichwertig mit ihrem eigenen Personal integrieren in den Betrieb. Und dort gar nicht erst eine Zweiklassengesellschaft aufkommen lassen und unseren Mitarbeitern das Gefühl geben, dass sie dazugehören, und das überträgt sich dann auch auf die Stammbelegschaft des Kunden“ (V 7, 11). „Ich persönlich denke mal, dass an sich ein bisschen Konkurrenz im Unternehmen, auch bei den Mitarbeitern (…) die jahrelang im Unternehmen sind, die den Blick für die Realität, gerade hier im Osten, verloren haben, dass so ein frischer Wind im Unternehmen gar nicht schlecht ist. (…) Und ich glaube, von meinen Gesprächen her mit gewissen Geschäftsleitern, wird es dort auf alle Fälle auch so gesehen. (…) Und für Zeitpersonal ist es ja ganz einfach so, wie gesagt, Unternehmen rekrutieren dann häufig, wenn sie Zeitarbeit drin haben, rekrutieren sie ihr Personal (…) durch das Zeitpersonal. Und dort kommt natürlich schon eine gewisse Unruhe rein bei dem Stammpersonal, was dann auch schon so gewollt ist, aber eben auch, meines Erachtens, berechtigt ist. (…) Also da gibt es schon Unterschiede und ich glaube, das nutzen dann schon einige Geschäftsleitungen, um auch hier ein bisschen frischen Wind ins Unternehmen zu bringen“ (A 27, 53). Andere Experten der Anbieterseite haben dieses Motiv des nachfragenden Unternehmens, verstärkten Leistungsdruck aufzubauen, bei ihren Nachfragern nach Zeitarbeit noch nicht erlebt: „Also, dass ich durch die Zeitarbeiter eine Drucksituation aufbaue, um den Permanenten zu sagen, du bist ersetzbar? Also wenn Sie das so ansprechen, könnte ich mir das vorstellen. Ja. Also wenn Sie's ansprechen, könnte ich mir's vorstellen, aber es ist mir bewusst noch nicht untergekommen“ (A 25, 25). Das Gleiche gilt für die folgenden beiden Zitate aus Gesprächen mit Anbietern von Zeitarbeit, die auf die Frage, ob mit dem Einsatz externer Kräfte auch die Bezugspunkte für Leistungsbewertungen verändert werden sollen, wie folgt antworten: „Nein. Auf keinen Fall. Gerade im Engineering, (…) wo man ja um jeden Mitarbeiter kämpfen muss, den man hat, wo man nicht so einfach entlassen kann, glaube ich nicht. Also wirkliche Auftragsspitzen“ (A 28, 67). „Nein, dass ein Kundenunternehmen damit droht, wenn Ihr nicht funktioniert, hole ich Leute rein von draußen temporär, nein. Habe ich noch nicht erlebt“ (A
136 21, 59). Direkt angesprochen und verneint wird im letzten Zitat nur die Drohung mit der Entlassung der Stammarbeitskräfte und ihrem Ersatz durch temporär beschäftigte externe Kräfte. Nicht explizit verneint wird aber die möglicherweise subtilere und glaubwürdigere Variante dieser Drohung, eine höhere Flexibilität z. B. hinsichtlich der Lage und Dauer der Arbeitzeit oder eine größere Einsatzbereitschaft anzustacheln über den Vergleich mit den Zeitarbeitnehmern, die möglicherweise zwar nicht als Ersatz zu kündigender Mitglieder der Stammbelegschaft, aber als Nachfolger aus Alters- oder sonstigen Gründen ausscheidender Mitglieder und damit als Konkurrenten in Aufstiegswettbewerben auftreten könnten. Ob diese Option genutzt wird, bleibt in dieser Aussage offen. Auch Einflüsse auf die Beziehungen innerhalb der Belegschaft, die wiederum Rückwirkungen auf die Führungskräfte bzw. den Arbeitgeber haben können, werden von einem Nachfrager nach Zeitarbeit sehr deutlich herausgestellt. Ausdrücklich wird die Möglichkeit oder die Gefahr gesehen, dass man sich durch die Beschäftigung von Leiharbeitnehmern sozialen Unfrieden in das Unternehmen holt und dadurch die Beziehung zur Stammbelegschaft negativ beeinflusst. Gleichzeitig wird aber auch betont, wie wichtig die Leiharbeitnehmer als Korrektiv für überzogene Anspruchshaltungen fest angestellter Mitarbeiter sind: „Natürlich ist es immer eine Frage, hol ich mir damit sozialen Unfrieden ins Haus. [Man] muss ja mal sehen, was die Leihkräfte verdienen, die liegen ja im Regelfall um 25 % unter unseren Mitarbeitern. Und das ist auch immer eine Überlegung, wo wir halt sagen, ab welchem Punkt sollten wir wirklich dazu übergehen, die Mitarbeiter bei uns einzustellen, oder müssen wir ganz klar wirklich nach außen hin die Strategie rausgeben, also wir werden über diese 428 Mitarbeiter niemanden mehr einstellen, und alles, was nach oben drüber geht, werden wir grundsätzlich immer mit Leihpersonal im Hause bedienen. Da streiten wir uns noch ein bisschen im Hause. Ich bin eher so der Vertreter, der sagt, zwei Jahre ist irgendwo eine Obergrenze, wenn ich jemanden zwei Jahre im Haus habe, dann gibt es eigentlich, sag ich mal, überhaupt keine [andere] Überlegung mehr als zu sagen, der gehört eigentlich ins Stammpersonal, der soll einen Vertrag über unser Haus kriegen. Noch ist die Geschäftsleitung anderer Meinung, indem sie ganz klar sagt, Nein, wir wollen uns wirklich diese Flexibilität erhalten, sei es drum, dass das ein paar Euro im Jahr mehr kostet. Aber nachdem wir jetzt die letzten drei Jahre eigentlich stetig steigende Umsatz- und Ertragszahlen hatten, vielleicht werden wir ja in diesem Jahr dann irgendwann dazu übergehen können. Weil es ist wirklich ein bisschen gefährlich. Man merkt das auch bei den Mitarbeitern. Ich will nicht sagen, dass Leihkräfte immer Mitarbeiter zweiter Klasse bleiben, aber Menschen können sehr gemein sein. Und gerade, sag ich
137 mal, was jetzt so die Leihkräfte betrifft, ist es schon so, dass das - ohne das es ausgesprochen wird, aber man merkt das bei dem Umgang der Mitarbeiter untereinander immer so - ich will nicht sagen, Menschen zweiter Klasse sind, aber (…) ihnen haftet immer so der Makel an, ihr seid nur Leihkräfte. Und dahingehend haben wir da eben schon einige Erfahrungen im Hause gemacht, wo wir eigentlich drüber nachdenken sollten, dass es sinnvoller wäre, dem einen oder anderen als Signal zu sagen, o. k. komm, du bekommst jetzt einen Vertrag und der ist natürlich auch von der finanziellen Seite (…) her ganz anders ausgestattet als jetzt bei den Leihfirmen. I: Wie drückt sich das konkret aus, dass die Menschen zweiter Klasse sind? E: Ja, das fängt mit ganz kleinen Sachen an. Wir stellen ja nun allen Mitarbeitern im Hause die Arbeitskleidung zur Verfügung in fünffacher Ausfertigung, wir übernehmen die Reinigung, weil wir da speziellen Kriterien der (...) Hygiene unterliegen. Und unsere Mitarbeiter haben also ein Namensschild hier vorn drauf. Nun ist das natürlich für die Leihkräfte (…) sehr, sehr teuer, so ein Namensschild aufsticken zu lassen in fünffacher Ausfertigung. Nun ist der Durchlauf an Leihkräften relativ hoch. Das heißt, wenn ich mal von 120 Leihkräften ausgehe, die wir da im Peak-Fall im Hause haben, wenn wir mal auf einen Schlag 30 anfordern, dann brauchen wir ungefähr 45, um bei den 30 zu bleiben. Das heißt, der Durchlauf ist sehr, sehr hoch. Und die Kosten wären dahingehend wirklich nicht vertretbar, für jeden Mitarbeiter, der vielleicht mal für ein, zwei Tage dann ins Haus kommt und dann mal wieder nicht mehr kommt, da ein Namensschild auf die Kleidung anfertigen zu lassen. So dass das zwar nur ein ganz kleines, aber für jeden sichtbares Symbol im Hause ist. Wer kein Namensschild drauf hat, kommt von der Leihfirma. Das zweite ist natürlich so, wir sind hier ein sehr, ich sag mal, so ein bisschen boshaft, fast im sozialen Schlaraffenland hier im Hause, was die neuen Bundesländer betrifft. Das Unternehmen steht ja sehr gut da. Wir haben erst vor acht Wochen noch ein viertes Werk hinzugekauft (…). Und die Mitarbeiter hier kennen eigentlich gar nicht, dass was dort draußen ist, nämlich Arbeitslosigkeit, unregelmäßige Lohnzahlungen usw. Und das ist das, was die Mitarbeiter von den Leihfirmen eventuell kennen, die haben eine ganz andere Historie. Die Mitarbeiter, die hier einmal arbeiten, die arbeiten jetzt mittlerweile seit zehn, zwölf Jahren hier im Hause, sind natürlich einen ganz anderen sozialen Standard gewohnt und, ja, leben das auch so ein bisschen an den Leihkräften aus, indem sie ihnen klar zu verstehen geben, dass sie schon die Stufe unter ihnen stehen, dass sie also hier Stammpersonal sind und sie lediglich die Leihkräfte, ob sie nun ein oder zwei Jahre im Haus sind. Und natürlich ist es auch so, dass natürlich die Leihkräfte im Umkehrschluss immer hoffen, jederzeit hier ihren Vertrag zu bekommen, um ebenfalls in diesen anderen Status zu rücken und damit natürlich auch so ein bisschen unterwürfig sind. Und natürlich kommt dann nicht, wie von den Stammmitarbeitern, mal ein Widerspruch, wenn es heißt, am Sonntag wird gearbeitet. Und der eine sagt, ihr
138 seid doch nicht verrückt, ich arbeite doch nicht schon wieder sonntags. Und die Leihkräfte dann eventuell freiwillig den Arm heben und sagen, vielleicht habe ich ja dadurch die Chance, positiv wieder aufzufallen, um dann doch irgendwann hineinzukommen. Und das ist das, wo ich sage, da ist durchaus ein bisschen sozialer Sprengstoff drin, weil wir uns ja auch in gewisser Weise von den Leihkräften abhängig machen, weil, wenn die auch nicht mehr wollen irgendwann, dann ist es eben schwierig. Im Moment ist es noch so, dass sie wollen, natürlich wirkt die verschärfende Arbeitsmarktsituation da auch ein bisschen positiv mit rein. Aber es ist eigentlich nicht das Ziel, das wir haben, das muss man auch klar sagen. Aber im Moment, wie gesagt, wir hatten vor zwei Jahren einen sehr schweren Sommer, (…) und da hatten wir zum Glück unsere Arbeitszeitkonten und die Leihkräfte. Aber da haben wir eben die Erfahrung gemacht, dass es durchaus sehr, sehr hilfreich ist, 60 Leihkräfte im Haus zu haben, die man dann auf Null runterfahren kann, um den eigenen Mitarbeitern einfach die Arbeit weiter zu sichern. Und wenn dann die Aufträge wieder anziehen, sofort wieder reagieren zu können und innerhalb von zwei Wochen wieder 60 Mitarbeiter im Hause zu haben, was wir als Werkspersonalabteilung hier nie schaffen würden. Und das ist schon positiv, aber eben auch durchaus negativ für die Leihkräfte. Keine Frage. I: Das heißt also so in den Beziehungen zwischen Belegschaft, also Stammbelegschaft und Zeitarbeitnehmern spielt Konkurrenz, auch Konkurrenz darum, welche Arbeitsbedingungen man bereit ist zu akzeptieren, so wie Sonntagsarbeit, durchaus eine Rolle. Ja. Und kann es so sein, dass das aus Sicht der Geschäftsführung beispielsweise auch durchaus ein gewollter Effekt ist, also gerade weil Sie sehr gute Arbeitsbedingungen hier im Haus haben, das nicht weiter nach oben zu treiben sozusagen, sondern um diesen Standard nach außerhalb, wie Sie sagen, auch deutlich zu machen? Oder spielt so was keine Rolle? E: Also ich glaube es, also zumindest nicht bewusst, also das würde ich der Geschäftsleitung nicht unterstellen. Ich glaube noch nicht einmal, dass das Wissen bei der Geschäftleitung da ist, weil das ist für die Geschäftsleitung auch jetzt nicht interessant. Bei denen spielt weniger eine Rolle, ob die Leihkräfte mit dem Stammpersonal harmonisch zusammenarbeiten oder nicht, sondern da zählt wirklich mehr das Ergebnis, was hinten rauskommt. Die Probleme haben dann eventuell die Vorgesetzten, die ganz klar in ihrem Bereich dann mehr oder weniger für Ordnung sorgen müssen und es da auch schwer haben teilweise. Weil natürlich, wie gesagt, das Stammpersonal immer so einen kleinen Schritt voraus ist und natürlich auch weiß, ja die Leihkräfte werden schon sich freiwillig melden, weil die wollen ja noch was, wir haben ja schon. Wie gesagt, der Tarifvertrag ist dahingehend auch sehr restriktiv gehalten, was und welche Arten von Kündigungen betrifft in der [Branche]. Wenn man einmal eine bestimmte Zeitdauer erreicht hat, das wissen natürlich die Mitarbeiter, und auch der Betriebsrat im Hause weiß das natürlich und unterstützt das zumindest indirekt, indem er da also auch keine klare Linie gegenüber der Belegschaft oder auch gegenüber dem Werkleiter vertritt, indem er halt für die Einstellung von Leihkräften mehr ein-
139 stehen würde. Es ist in gewisser Weise, es ist ein geduldeter Zustand, der aber jetzt nicht irgendwie forciert wird oder der bewusst betrieben wird. (…) aufgrund der Vorgabe der Flexibilisierung ist er einfach da. Man muss versuchen, eine möglichst gute Mischung noch rauszuholen, mit einem möglichst guten Gleichgewicht noch irgendwo immer wieder mal. I: Nimmt Ihre Stammbelegschaft das auch so wahr, das die Leiharbeitnehmer einen wesentlichen Beitrag dazu leisten, die Sicherheit der eigenen Arbeitsplätze hinzubekommen und spielen vielleicht so auf dem Hintergrund gewisse Fairnessregeln oder Fairnesseinstellungen gegenüber den Zeitarbeitskräften eine Rolle? Oder ist es eher so, wir sind hier und ihr seid da? E: Und ich glaube nicht, dass unsere Stammmitarbeiter im Hause sich dieses Umstandes bewusst sind. Unsere Stammmitarbeiter im Hause sind im Gegenteil, wie gesagt, die kennen gar keinen anderen Zustand, als wie dieses allerheilige Schlaraffenland hier im Hause. Weil, wie gesagt, die meisten der Mitarbeiter sind jetzt seit zehn, zwölf Jahren hier im Hause beschäftigt. Und das Ziel der Mitarbeiter ist ganz einfach, mal sehr, sehr drastisch formuliert, die Befristungszeit von zwei Jahren zu überstehen und anschließend einen unbefristeten Vertrag zu bekommen. Und wer sich jetzt nicht gerade eine größtmögliche Gröblichkeit hier im Hause leistet oder wirklich durch Unfähigkeit irgendwann glänzt, der kann eigentlich davon ausgehen, dass er hier sehr, sehr lange arbeiten kann, eigentlich bis zur Rente. Dahingehend war ich, als ich damals hier begonnen habe und dieses Werk übernommen habe, schon mächtig überrascht, mit was für einer Selbstgefälligkeit die Mitarbeiter hier im Hause auch auftreten. (…) Es sind manchmal nur Kleinigkeiten, aber so im gesamten Auftreten der Belegschaft (...). Wir hatten vergangene Woche eine sehr lustige Betriebsversammlung (…). Wir haben uns jetzt nach zehn Jahren erlaubt, die Kantinenpreise um zwei Prozent anzuheben, weil wir den imaginären Zustand im Hause hatten, dass ein Brötchen bei uns im Hause zehn Cent kostete und die Kantine es für 15 Cent eingekauft hat. Das heißt, die Mitarbeiter haben dann irgendwann entdeckt, es ist hier sinnvoller, die Brötchen und das Brot zu kaufen und nicht mehr zum Bäcker zu gehen, weil die sind hier noch fünf Cent billiger als beim Bäcker selbst. Und da haben wir uns erlaubt, das auf ein normales Niveau anzupassen und die Brötchen also von zehn Cent auf 17 Cent zu erhöhen, damit wenigstens der Kantinenbetreiber noch zwei Cent dran verdient. Und das also hat einen Sturm der Entrüstung ausgelöst. Muss man sich vorstellen! Und dann ist man gleichzeitig dazu übergegangen, die Pausenversorgung um 20 Prozent anzuheben, muss man sich mal vorstellen, 20 Prozent, das heißt, ein belegtes Brötchen kam bisher 20 Cent und kostet jetzt 25 Cent, so dass der Caterer also wirklich gerade zu Null im Prinzip damit leben kann. Und ein komplettes Mittagsmenü bei uns im Hause kostet seit zehn Jahren - und kostet es nach wie vor noch - 2,40 €. Da haben sie aus vier warmen Essen Auswahl, haben einen Salat dabei, haben einen Nachtisch dabei, und das Ganze für 2,40 €. Und an diese Preise sind wir nicht mal rangegangen, die also seit zehn Jahren stabil sind. Und das hat also nichts desto trotz einen Sturm der Entrüstung im Hause ausgelöst, wo man einfach sagen muss, die
140 Leute sind manchmal vollkommen realitätsfremd (…). Und man muss sich noch vorstellen, das Unternehmen zahlt zu den Mittagsessenskosten 50 % dazu im Hintergrund. Das heißt 4,80 € wird uns vom Caterer in Rechnung gestellt, 2,40 € tragen die Mitarbeiter, und selbst das ist den Mitarbeitern noch zu viel. Dass also (…) eine Preisdiskussion vergangene Woche began, wo man einfach nur fragt, wie realitätsfremd sind teilweise unsere Mitarbeiter mittlerweile. Und da muss man im Umkehrschluss wieder sagen, schütteln dann die Leihkräfte nur den Kopf und sagen, also ihr habt hier schon das heilige Schlaraffenland, ihr bekommt eigentlich alles, ihr bekommt Arbeitskleidung, ihr bekommt Weihnachts- und Urlaubsgeld, ihr kriegt 30 Tage Urlaub, ihr kriegt 100 % Tarif, ihr kriegt jegliche Sozialleistung, wir haben ein eigenes Bildungsprogramm hier im Hause für unsere Mitarbeiter, da steht Tür und Tor offen, wenn es um Schulung, um Weiterbildung geht. (…) Und wie gesagt, ich würde mal fast so weit gehen, dass ich sage, teilweise sehen die Mitarbeiter, die lange hier sind von Leihfirmen, uns mehr als den Arbeitgeber eigentlich an, als das unsere eigene Stammbelegschaft teilweise tut. Die sind das einfach gewohnt, das ist für die einfach ja das Normalste. Ja, die gehen hierher auf Arbeit, aber mehr auch nicht. Und die Mitarbeiter von den Leihfirmen, die, sag ich mal, viele negative Erfahrungen in den vergangenen zehn Jahren auf dem Arbeitsmarkt teilweise gemacht haben, die sagen, das ist kaum mit Worten zu beschreiben teilweise, wie gut es euch eigentlich geht“ (N 12, 15-23). Folgt man der Sichtweise dieses Nachfragers nach Zeitarbeit, wird durch den Einsatz von Zeitarbeitskräften ein direkter Vergleich zwischen Stamm- und Zeitarbeitnehmern und ihren Arbeitsbedingungen forciert. Dieser hat in diesem Fall eher weniger den Effekt, dass Stammarbeitnehmern ihre eigene Ersetzbarkeit demonstriert wird, sondern positive Effekte auf die Einsatzbereitschaft und den quantitativen und/oder qualitativen Arbeitseinsatz der Leiharbeitskräfte. Für diese fungieren die Stammarbeitnehmer mit ihren „Privilegien“ als Referenzpunkte und Anreize, deren Position und damit verbunden deren Privilegien mit entsprechender Anstrengung erreicht werden können. Zu vermuten ist daher, dass es sich zwischen Stamm- und Zeitarbeitnehmern durchaus um eine Konkurrenzbeziehung handelt, die aber jedenfalls in diesem Unternehmen mit einer vergleichsweise hohen sozialen Absicherung der Stammbelegschaft primär von den Zeitarbeitnehmern als eine solche wahrgenommen wird. Insgesamt sind die Wirkungen des Einsatzes von Zeitarbeit auf die Belegschaft aber offenbar sehr unterschiedlich und hängen auch von der individuellen Interpretation von Sinn und Zweck dieser Maßnahme durch einzelne Beschäftigte ab: „Ich kann mich nicht in die Seele derer versetzen, wie die jetzt im Unternehmen
141 reagieren. Wie reagieren die eigentlich, wenn jetzt Zeitarbeitskräfte zusätzlich kommen? Sie werden alle finden. Sie werden die finden, die sagen: ‚Oh, guck mal, der fängt hier schon mal an und morgen wird er feststellen, dass er uns auch nicht mehr jeden Tag braucht, sondern das werden dann Zeitarbeitskräfte für mich machen.’ Oder die, [die] sagen‚ o. k., das ist vernünftig, das für diesen Auftrag zu tun. Wir müssen nicht zusätzlich noch reinknüppeln (…).’ Dann gibt es andere, die sagen: ‚Das ist eine Schweinerei. Ich habe mich schon so auf die Überstunden (…) eingestellt, ich zahle mein Haus ab und wäre dankbar gewesen, wenn ich die nächsten sechs Monate hier richtig Überstunden knüppeln könnte.’ Sie finden alles. Das sind sehr, sehr starke persönliche Motive auch“(A 19, 20). Der janusköpfige Charakter dieses Instrumentes im Spannungsfeld der unterschiedlichen Interessen wird in diesem Zitat noch einmal deutlich. Neben der Zeitarbeit werden auch beim Interimsmanagement und bei der Unternehmensberatung externe Kräfte im nachfragenden Unternehmen aktiv. Ob die für die Zeitarbeit genannten Effekte hier in ähnlicher Intensität relevant sind, können wir aufgrund einer viel geringeren Zahl an Interviews zu diesen Gebieten auf der Basis dieses Datenmaterials nicht überprüfen. Die Überlegung, mit dem Einsatz eines Interimsmanagers beispielsweise der Personalabteilung signalisieren zu wollen, dass man lieber einen externen Interimsmanager einsetzt, weil man mit der Beschaffungsleistung der Personalabteilung in der Vergangenheit unzufrieden war und eine Drucksituation gegenüber der eigenen Personalabteilung aufbauen möchte, wird von keinem Experten explizit als erwartete Wirkung genannt. Im Gegenteil argumentiert ein Experte im Bereich Interimsmanagement: „Ich glaube nicht, dass Interimsmanagement eine Konkurrenz ist zur Personalabteilung, auch nicht, dass [es] die unter Druck setzt. (…) Das ist keine Konkurrenz. (…) In der Regel ist es so, dass das vom Unternehmen abhängt, welchen Weg man geht, aber ich glaube nicht, dass dort jemand die Intention hat, auf diesem Weg die Personalabteilung wirkungsvoll unter Druck setzen zu können“ (A 6, 27). Für die Unternehmensberatung jedoch schildert uns ein Experte von der Verbandsseite einen ganz eigenen Konkurrenzeffekt, nämlich den, dass Unternehmensleitungen teilweise Unternehmensberater deswegen nicht einsetzen, weil sie sich selbst dieser Konkurrenz hinsichtlich ihrer Führungsleistung nicht stellen wollen bzw. fürchten, durch „Hilfe von außen“ gegenüber der Belegschaft einen Imageschaden zu erleiden: „Also kleine Unternehmen haben nach wie vor große Probleme, überhaupt sich mit Beratern anzufreunden. (…) Das hängt auch mit der Unzulänglichkeit der
142 Führung zusammen, dass sie natürlich als Patriarchen häufig als Führer vorne stehen im Unternehmen und sich ungern dabei beobachten lassen, sich fremden Rat (…) geben zu lassen, weil das ihr Ansehen in der Belegschaft nach ihrer Auffassung gefährdet“ (V 2, 103). Insgesamt wird also deutlich, dass vielfältige beziehungsbezogene und referenzpunktbezogene Interpretationen des Einsatzes von Personaldienstleistern vorgenommen werden. Ob solche Interpretationen in der Regel zwischen dem nachfragenden Unternehmen und den in diesem Unternehmen beschäftigten fest angestellten Mitarbeitern übereinstimmen oder häufig voneinander abweichen, können wir in den Interviews nicht feststellen. Denkbar ist aber, dass aufgrund von nicht übereinstimmenden Interpretationen zwischen verschiedenen Stakeholder-Gruppen eine Vielzahl an unerwarteten Wirkungen des Einsatzes der Dienstleistungen auftreten. 4.2.3.1.4. Diskretion hinsichtlich personalwirtschaftlicher Maßnahmen Mit dem Einsatz von externen Dienstleistern kann nicht nur eine höhere Neutralität und Objektivität angestrebt werden, sondern dieser kann auch dazu genutzt werden, bestimmte Maßnahmen sehr diskret durchzuführen und diese innerhalb (und außerhalb) des Unternehmens nicht (vorzeitig) bekannt werden zu lassen. Dieser Effekt wird uns mehrfach für die Arbeitsvermittlung sowie die Personalberatung genannt, Dienstleistungen also, bei denen es um die Neubesetzung von Stellen geht: „Wenn beispielsweise eine Stelle noch besetzt ist, der Stelleninhaber gar nicht wissen soll, dass er gehen soll oder dass er ersetzt werden soll, dann geht man über einen Externen, weil eben die Stellenbesetzung im Unternehmen noch nicht bekannt sein soll“ (V 1, 26). „Man kann diskret suchen. Also, wenn es um Ersatzbeschaffung geht im Unternehmen, wenn also ein Stelleninhaber noch auf seinem Stuhl sitzt, aber die Unternehmensleitung eigentlich schon beschlossen hat, dass man [den] ersetzen will oder muss, dann kann man den schon ersetzen, ohne dass der Inhaber davon etwas (…) mitbekommt. (…) Also ein externer Personalberater kann diskreter suchen. Es ist ja häufig so, wenn eine Position neu besetzt wird, also im Ersatzbedarf, dass dann um der Ruhe im Unternehmen wegen erst Vollzug gemeldet, also die Entscheidung erst den Mitarbeitern im Unternehmen, auch dem Betroffenen kund getan wird, wenn der Nachfolger schon gefunden worden ist. Und das kann man als Unternehmen alleine, ohne Hilfe eines Externen, gar nicht leisten“ (V 5, 19).
143 Ein Experte nennt einen solchen Fall auch für von externen Trainern erbrachte Trainingsund Weiterbildungsmaßnahmen: „Wollten Sie gar nicht haben, weil das gar nicht so im Gesamtunternehmen bekannt werden sollte, dass da so viele Trainings laufen. Das wollten wir eher [ein] bisschen auf kleiner Flamme halten, das Thema. Also da existieren manchmal auch solche Fantasien, dass wir was machen könnten ungefragt, was nicht zur Politik des Unternehmens passt“ (A 11, 24). Dieser Effekt, dass betroffene Mitarbeiter durch den Einsatz eines Personalberaters eine ganze Weile von den entsprechenden Vorgängen nichts mitbekommen, oder Trainingsangebote nicht allen Mitarbeitern bekannt werden sollen, könnte dazu führen, dass der Einsatz von Personaldienstleistern, so er denn bekannt wird, Misstrauen bei der Belegschaft sät und Spekulationen auslöst, welche Stelle denn neu besetzt werden soll oder welche Gruppe bevorzugt wird etc.. Hinweise auf solche Effekte sind jedoch in unseren Interviews (über das zuletzt genannte Zitat hinaus) nicht enthalten. Eine Ursache hierfür könnte wieder in der geringen Zahl von Interviews mit Nachfragern und der höheren Zahl an Interviews mit Anbietern, die sich eher auf die positiven Wirkungen konzentrieren, liegen. Für andere Personaldienstleistungen tauchen entsprechende Hinweise in unseren Interviews nicht auf. Möglicherweise ist diese Wirkung insbesondere für die Vermittlungsdienstleistungen relevant, obwohl man sich positive Wirkungen auch im Bereich der Lohn- und Gehaltsabrechnung, der arbeitsrechtlichen Beratung und der Unternehmensberatung ohne viel Mühe vorstellen kann, weil ja in allen Bereichen sensible Informationen eine Rolle spielen (können), bei denen man möglicherweise eine zu breite Diffusion innerhalb des Unternehmens verhindern möchte. Andererseits kann die angestrebte Diskretion sich auch darauf richten, dass der suchende Arbeitgeber gegenüber Bewerbern, den Wettbewerbern oder der allgemeinen Öffentlichkeit nicht bekannt wird. Diese Effekte und die zugehörigen Zitate werden weiter unten im Text bei den Stakeholder-Wirkungen gegenüber Kunden, Wettbewerbern und Öffentlichkeit aufgegriffen. (vgl. 4.2.2.4.). 4.2.3.2.
Wirkungen gegenüber dem Betriebsrat
Personaldienstleistungen nachfragende Arbeitgeber müssen bei ihrer Nachfrageentscheidung ggf. auch berücksichtigen, wie Arbeitnehmervertretungen, insbesondere der Betriebs-
144 rat, auf diese Entscheidung reagiert, oder wie sich die Beziehung zum Betriebsrat dadurch verändern kann. An verschiedenen Stellen in unseren Interviews deuten die Experten an, dass die Betriebsräte eher skeptisch auf den Einsatz von Personaldienstleistungen reagieren und zunächst überzeugt werden müssen. So argumentiert ein Experte für den Bereich der Zeitarbeit: „Ja. Also, das hab ich auch verstanden, dass der Betriebsrat da nicht besonders begeistert gewesen ist, insbesondere dann, wenn massive Personalabbaumaßnahmen stattgefunden haben. Und wenn dann, nachdem diese Personalabbaumaßnahmen durchgeführt worden sind, dann plötzlich Personal gebraucht worden ist (…) und man das dann über Zeitarbeit abdecken wollte. Also ich meine, von der Arbeitnehmervertreterseite kann ich das nachvollziehen, dass das dem Betriebsrat nicht besonders gut gefällt, wenn, da nehmen wir mal an, 100 Mitarbeiter entlassen werden müssen, und die dann auch entlassen sind, und sechs Wochen später braucht man dann plötzlich wieder 20, 30 oder 40 über die Zeitarbeit. Das ist sicherlich zumindest in Frage zu stellen“ (A 25, 21). Einige der oben bereits diskutierten möglichen Motive der Arbeitgeber beim Einsatz von Zeitarbeit können auch gegenüber dem Betriebsrat als Argument verwendet: „(…) Ich würde immer so argumentieren, auch gegenüber dem Betriebsrat, dass ich ja damit die Stammarbeitsplätze sichere, nämlich, wenn es im Unternehmen Probleme gibt oder die Aufträge rückläufig sind, dann kann ich problemlos ohne Imageverluste mich von dem Fremdpersonal trennen“ (A 20, 49). Indirekt spricht ein Zeitarbeitsexperte an, dass Arbeitnehmervertretungen eher skeptisch gegenüber dem Instrument Zeitarbeit eingestellt und der Meinung sind, dass durch den Einsatz von Zeitarbeitskräften Stammarbeitsplätze gefährdet sind: „Ja, ich sage das immer wieder Betriebsräten in Kundenbetrieben, auch auf Veranstaltungen, wenn man mir vorhält: ‚Ihr eliminiert Stammarbeitsplätze.’ Ich sage den Vertretern der Gewerkschaften immer wieder: ‚Das tun wir nicht, weil, wenn die Stammbelegschaft abgesichert ist, wenn für die Stammbelegschaft immer wieder 100 % Tätigkeit da ist und alle Spitzen über die Dienstleistung abgedeckt werden, dann bedeutet das, dass die Stammarbeitsplätze sicherer sind“ (A 24, 19). Ähnlich argumentieren zwei Nachfrager, dass der Schutz der Stammbelegschaft durch den Einsatz von Zeitarbeitskräften positiv auf die Wahrnehmung des Instrumentes Zeitarbeit auf Seiten des Betriebsrates wirkt: „Das heißt aber schon, (…) wir signalisieren dem Betriebsrat, wir halten Spitzenbelastung fern von den Mitarbeitern, und das ist auch schon ein gewolltes In-
145 strument. (...) Ja!(…)“ (N 13, 38-40). „Das heißt, wir haben über das System - und das ist auch das Verkaufsargument für den Betriebsrat nach innen hin, aber auch gegenüber einer Gewerkschaft -, dass er nämlich sagen kann, wir schützen über diese Flexibilisierung oder über diese Nutzung von Zeitpersonal dann eben auch die eigene Mannschaft.(...)“ (N 14, 30-31). Nachfrager 14 spricht mit seiner Aussage noch eine weitere mögliche Beziehungswirkung an. Er argumentiert, dass auch der Betriebsrat das Argument des Schutzes vor Spitzenbelastungen gegenüber den Stammarbeitnehmern einsetzt, um damit seine Zustimmung zum Einsatz von Zeitarbeitnehmern zu legitimieren und zu untermauern. Möglicherweise sind jedoch Widerstände von Seiten der Betriebsräte gegen den Einsatz von Personaldienstleistungen gar nicht durch deren Wirkungen gegenüber der Stammbelegschaft begründet, sondern vielmehr durch den direkten Einfluss auf den Betriebsrat selbst: Ein Unternehmen könnte durch die Nachfrage auch eine Reduzierung der Größe der Stammbelegschaft und daraus folgend eine Reduzierung der Größe des Betriebsrats anstreben oder erwarten. Diesen Aspekt spricht ein Zeitarbeitsexperte von der Angebotsseite an: „Dann könnte es auch von Vorteil für die Unternehmen sein, dass der Betriebsrat auf die (…) Zeitarbeitnehmer nicht ganz so den Zugriff haben, ja, dass natürlich auch die Anzahl der Betriebsratsmitglieder nicht so ausgeweitet wird. Klar, wenn die mehr einstellen, wenn ich 300 Zeitarbeiter im Unternehmen habe oder 300 selbst eingestellt habe, dann heißt es für mich natürlich auch mehr freigestellte Betriebsratsmitglieder“ (A 23, 33). Ein Experte deutet an, dass heftige Widerstände des Betriebsrates gegen den Einsatz von Zeitarbeitnehmern möglicherweise gar nicht so häufig auftreten, und zudem seit den gesetzlichen Änderungen im Jahre 2004 und dem großflächigen Abschluss von Tarifverträgen für die Zeitarbeit den Betriebsräten die Zustimmung leichter fällt: „Na ja, der Einsatz von Zeitpersonal ist ja auf jeden Fall den Betriebsräten vorher anzuzeigen. Und viele Unternehmensleitungen holen sich eben auch Zustimmung von ihren Betriebsräten ein zu diesem Einsatz. Ich habe kaum Fälle erlebt, in denen der Einsatz von Zeitpersonal gegen den Betriebsrat durchgeführt wurde, also ohne dass der Betriebsrat darüber Bescheid wusste und im Zweifel auch zugestimmt hat. Also diese Eskalation gibt es kaum. Wir haben in den letzten anderthalb Jahren nach Tarifeinführung auch sehen können, dass ganz viele Betriebsräte jetzt auch wesentlich offener auf das Thema Zeitarbeit reagieren, weil es tarifiert ist und weil Tarifverträge gelten und insofern sind die Betriebsräte schon kooperativ inzwischen“ (V 7, 15).
146 Wie für die Zeitarbeit wird auch bei der Personalberatung von den Experten bestätigt, dass zentrale Arbeitgebermotive, hier die höhere Objektivität und Neutralität bei der Stellenbesetzung, auch zur Rechtfertigung bzw. Legitimation von Stellenbesetzungsentscheidungen gegenüber dem Betriebsrat verwendet werden. „E: Wenn er selber ohne Personalberater sagt, nee, Du lieber Mitarbeiter, Du hast zwar jetzt zehn Jahre lang und länger qualifiziert und mit hohem Einsatz für mich gearbeitet, aber ich möchte Dich nicht in diese Position bringen, dann hat er, läuft er Gefahr, diesen verdienten Mitarbeiter zu demotivieren und zu frustrieren. Wenn aber eigentlich die gleiche Aussage ein Personalberater trifft, dann kann der Unternehmer sagen, ich hab versucht das Ganze zu objektivieren, ich baue weiterhin auf Dich in Deiner Funktion, Du bist ein wichtiger Mann für mich, aber nach Maßgabe, der von dem Personalberater ermittelten objektiven Kriterien bist Du für diese neue Position halt nicht der optimal Geeignete. Dann kann das dazu führen, dass alle, auch der Mitarbeiter, der nicht berücksichtigt worden ist, leichter weiterarbeiten können, ohne sein Gesicht zu verlieren. Das muss nicht immer so sein, aber das ist zumindest ein gutes Mittel, wird auch häufig mal eingesetzt. I: Auch im Sinne von einer stärkeren Fundierung oder Rechtfertigung der Entscheidung gegenüber (…) dem Betriebsrat (…)? E: Ja, auch“ (V 5, 43). Ein anderer Experte berichtet von einer solchen Legitimationsfunktion des Einsatzes von externen Outplacement-Dienstleistungen, die so stark werden könne, dass der Betriebsrat sich geradezu gezwungen sehe, Entlassungen zuzustimmen (A 10, 25). 23 Anknüpfend an solche Funktionen der Legitimation berichten andere Experten sogar explizit von einer Moderatorenrolle der Dienstleister zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber: „Wir sehen aber oftmals, dass wir gerufen werden, um die zerrütteten Verhältnisse zwischen der Arbeitnehmerbank und der Arbeitgeberseite wieder ins Lot zu richten. Dass also die Strukturen eingefahren sind, manchmal verfahren sind. Und dass man als Externer mit quantitativen Argumenten und gut unterlegten Aussagen im Grunde wieder etwas Bewegung ins Spiel bringen kann“ (A 18, 49). Insgesamt scheinen nach den Aussagen der Experten in unseren Interviews die Beziehungen zum und Wirkungen auf den Betriebsrat nicht sehr entscheidend für die HR-OutsourcingEntscheidung zu sein. Zwar wird der Betriebsrat ab und an eher im Zusammenhang mit Wi-
147 derstand gegen den Einsatz von Personaldienstleistungen genannt, aber es werden ebenso häufig auch sofort Argumente, wie man den Betriebsrat dann doch überzeugen kann oder wie der Betriebsrat selbst eine zustimmende Entscheidung vor der Belegschaft legitimieren kann, hinzugefügt. Zudem wird gelegentlich von den Anbietern davon berichtet, dass externe Dienstleister sogar eher zur Versachlichung des Klimas zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmervertretung beitragen können. Erstaunlicherweise gibt es gar keine Hinweise auf potenzielle Sorgen der Betriebsräte, dass durch den Einsatz von externen Dienstleistern und eine damit einher gehende partielle Verlagerung von (Vor-)Entscheidungen nach außen Mitbestimmungsrechte verwässert oder umgangen werden könnten. 4.2.3.3.
Wirkungen gegenüber den Kapitalgebern der Nachfrager
Eine andere wichtige Stakeholder-Gruppe im Unternehmen sind die Kapitalgeber. Auch hier ist die Frage zu stellen, ob und ggf. wie die Nachfrage nach Personaldienstleistungen auf die Beziehung zwischen dem nachfragenden Unternehmen und den Kapitalgebern wirkt bzw. welche Rolle die Kapitalgeber und ihre Interessen für die Nachfrageentscheidung spielen. Insgesamt zeichnet sich in den Expertenaussagen das Bild ab, dass die Kapitalgeber insgesamt eher fördernd auf die Nachfrage nach Personaldienstleistungen wirken. Genannt werden verschiedene Einzeleffekte. Durch die Nutzung solcher Personaldienstleistungen, die mit dem Einsatz externer Kräfte im Unternehmen einher gehen, entsteht aus der Sicht der Kapitalgeber die Möglichkeit, die Zahl der fest angestellten Mitarbeiter geringer zu halten als ohne die Nutzung der externen Kräfte, und somit entsteht ein geringeres „Arbeitgeberrisiko“. Hieraus wiederum kann eine gute Reputation des nachfragenden Unternehmens bei seinen Kapitalgebern entstehen. Diesen Reputationsaspekt spricht ein Anbieter im Bereich der externen Erbringung des kompletten Personalmanagements folgendermaßen an: „Ich habe ja mit jedem Mitarbeiter, den ich mehr an Bord habe, ein Stück Risiko mehr an Bord. Also wenn ich mal abbauen muss, muss ich auch Personaler abbauen oder jemand in der Personalabteilung abbauen. Das ist in Deutschland mit riesig hohen Abfindungskosten verbunden, mit allen möglichen Problemen. Die habe ich alle nicht an Bord. Also ich kann mich viel schlanker aufstellen, viel 23
Aufgrund technischer Probleme mit der Aufnahme des Interviews liegt uns von dieser Textstelle keine Aufnahme, sondern nur ein Gedächtnisprotokoll und Notizen des Interviewers vor.
148 flexibler aufstellen. Das wiederum führt zu einer positiven Reputation bei den Anteilseignern“ (A 8, 41). Andererseits können es auch Erwartungen, Vorgaben der oder Zusagen an die Kapitalgeber sein, die die Zahl der fest angestellten Mitarbeiter nach oben begrenzen und daher bei Auftrags- oder Arbeitsanfallspitzen den Einsatz externer Kräfte erfordern. „Also ich glaube schon, dass die Kapitaleigner heute eine hohe Produktivität abverlangen und den Einsatz modernster Instrumentarien zur Erreichung dieser Ziele abverlangen. (…) Die Kapitaleigner verlangen heute den Einsatz modernster Personalinstrumentarien, und dazu gehört auch die Zeitarbeit. Und nicht umsonst wird gefordert und wird ja auch, hat [eine Firma] ein eigenes [Personaldienstleistungs-]Unternehmen gegründet. Das haben die aber nicht gemacht, weil sie aus Jux und Tollerei meinten, jetzt können wir uns mal im Zeitarbeitsgeschäft tummeln. Die haben nicht umsonst die Ausgründung dieser Dienstleistungsbereiche. (…) Das heißt, die Kapitaleigner fordern heute die modernsten Einsätze. Und [da] auch unsere Gesetzgebung diese Flexibilität nur bedingt zulässt, ganz bestimmte Instrumentarien zu Befristungen möglich sind, die aber auch begründet sein müssen - das sind ja alles so halbe Möglichkeiten, die zur Verfügung stehen - erwartet er, dass eben diese Unternehmen dort, wo es möglich ist, Zeitarbeit einsetzen“ (A 19, 28). Diesen Aspekt erwähnt ein Experte auch für den Bereich Interimsmanagement, aber weist darauf hin, dass dies eine noch eher schwache Wirkungserwartung ist: „Man kann den Weg auch anders herum fahren. (…) zu sagen, wir bieten uns schon mal als Unternehmen an mit so hochmodernen Instrumenten zu arbeiten, um gegenüber Kreditgebern und übrigens auch gegenüber Kunden zu sagen, Ihr braucht keinen Overhead hier zu bezahlen. Und wir haben eine junge dynamische Mannschaft, und wenn wir morgen jemand brauchen, den wir heute nicht haben, dann holen wir uns einen Interimsmanager rein und wir arbeiten mit diesen Instrumenten. Das kann man machen. Ich glaube, dass es noch relativ schwach zieht“ (A 6, 29). Ein weiterer Experte spricht an, dass Zeitarbeit eine Möglichkeit darstellt, einen erhöhten Personalbedarf zu decken, vor allem wenn es von den Kapitalgebern klare Vorgaben oder Erwartungen über den Personalbestand gibt. Mit anderen Worten, dieses Ausnutzen von „Hintertürchen“ ist besonders bei (börsennotierten) Unternehmen von Relevanz, die nur mit einer bestimmten Größe eines Personalkörpers arbeiten wollen oder dürfen. Insbesondere diese Unternehmen könnten somit unter anderem auch deswegen Zeitarbeit nachfragen, weil das Unternehmen ansonsten nur wenige Alternativen zur Verfügung hat, um einen erhöhten Arbeitsanfall zu bewältigen. Diesen Punkt spricht Zeitarbeitsexperte A 21 an:
149 „Es gibt ja verschiedene Gruppen in unserer Gesellschaft, die daran interessiert sind oder daran interessiert waren, dass es Zeitarbeit gar nicht gibt. Es gibt aber dann auch verschiedene Kräfte und Bestimmungen, die es nicht zulassen, sondern die das einfach erzeugen. Zum Beispiel die Headcount-Begrenzung. Sie sind ein Unternehmen und börsenorientiert, und sie haben den Aktionären gesagt auf der Hauptversammlung: ‚Wir sind 20 000 Menschen und mehr werden wir nicht’. Weil, wenn Sie den Personalkörper aufblähen, frisst das Ihre Kosten auf. So, dann haben Sie das Problem. Produkte laufen besser als Sie denken. Sie müssen mehr produzieren, aber um die Qualität sicher zu stellen, brauchen Sie dann doch Leute. Aber Sie haben gesagt, 20 000 ist das Limit. Wie schaffe ich das jetzt? Ich kann natürlich verschiedene Dinge zum Lieferanten outsourcen, keine Frage, geht. Aber verschiedene Sachen möchte ich dann doch im Haus behalten, sei es [ein] Patent, sei es Technologie, Wissen, was ich nicht rausgeben möchte, also hole ich mir dann Leute temporär rein. Das ist dann der Grund dafür“ (A 21, 45). Auch für den Bereich der Unternehmensberatung betonen die Experten die Signalfunktion des Einsatzes externer Dienstleister. So kann nach Aussagen eines Experten von der Angebotsseite Kapitalgebern durch den Einsatz von Unternehmensberatern signalisiert werden, dass z. B. die vereinbarten Finanzziele schnell erreicht werden: „Sie haben einmal die Alibifunktion als externer Dienstleister. Aber Kapitalgeber erwarten zunehmend, dass die Diskussion um die Verbesserung der Ergebnislage der Unternehmen schnell gelöst wird. Dafür werden Berater eingesetzt. Das heißt, die ganze interne Diskussion, warum etwas nicht geht oder warum etwas schwierig ist, interessiert die Kapitalgeber heute fast überhaupt nicht mehr, sondern sie interessiert nur noch, können Sie die besprochenen, vereinbarten Finanzziele innerhalb der vorgegebenen Zeitfenster erreichen“ (A 18, 51). Experten für das Interimsmanagement weisen darauf hin, dass die Initiative zum Interimsmanagement-Einsatz sogar häufig direkt von Kapitalgeberseite ausgeht: „Sollten wir gleich mal ein etwas anderes Szenario [betrachten], was relativ häufig bei Kollegen auftaucht, dass die Banken, die mit einem Unternehmen zusammenarbeiten - gerade wenn ein Sanierungsfall sich abzeichnet-, die das Unternehmen durch sanften Druck motivieren, einen Interimsmanager einzustellen, um es vorsichtig auszudrücken -, sagen: ‚Da habt Ihr ein Problem. Wir möchten, dass dieses Problem gelöst wird. Das habt Ihr bisher nicht geschafft, also suchen wir mal jemanden, der das kann’“ (A 7, 37). „Oftmals werden Interimsmanager von Kapitalgebern eingesetzt. Dass man sagt: ‚Ihr kriegt das nicht auf die Reihe. Ihr versprecht schon seit drei Jahren hier Renditen (…). Kapitalgeber stecken ja [häufig] relativ fest in der Gesellschafterstruktur drin“ (V 3, 49).
150 „Also, es ist häufig so, dass Kapitalgeber, ob das nun Manager-Kapitalisten sind oder Private Equity Fonds, Interimsmanager einsetzen. Auf der einen Seite haben sie eine Stellung in der Gesellschafterversammlung und auf der anderen Seite so einen entscheidenden Einfluss, wenn sie die Geldhähne zudrehen. Die haben einfach ein Instrument, ob sie ein Darlehen rausziehen oder sonstiges, also ein Instrument, um eine gewisse Macht auszuüben. Also da wird man häufig eingesetzt. Und wer auch viel Interimsmanager einsetzt, das sind halt die Insolvenzverwalter. Das heißt, in dem Fall, wo es eigentlich schon zu spät ist, und ja, um die Unternehmensfortführung operativ zu machen. Weil in dem Moment einer Insolvenz das alte Management in der Regel, das ist nicht immer so, ich kenne auch Fälle, wo das anders ist, in der Regel nicht mehr das Vertrauen, weder von den Mitarbeitern noch von den Kapitalgebern hat, das weiter fortzuführen“ (V 3, 51). „Wobei es in der Regel andersrum gespielt wird, so, dass Firmen zum Teil von Banken, von Bankenkonsortien, die als Kreditgeber fungieren in so einem Fall, sagen, also bitteschön, wir möchten hier bitte einen Interimsmanager im Controlling (…), wir möchten hier jemand haben, der draufschaut. Oder wenn zum Beispiel bekannt wurde oder bekannt ist, dass der Geschäftsführer vielleicht, sage ich mal, eine gewisse konservative Haltung hat für viele Dinge, aber die Firma nun unbedingt ein Geschäft aufbauen möchte im neuen Feld und sagt, bitteschön Du nimmst dazu jetzt einen, der diese Dynamik halt dazu bringt, und der wird verantwortlich für die Abteilung oder für den [Geschäftsbereich]. Und das interimistisch (…). Also die Kontrolle [wird] eher dann halt von den Kreditgebern ausgeübt bzw. über so einen Interimsmanager ausgeübt“ (A 6, 28). Deutlich wird für das Interimsmanagement die starke Funktion der Kapitalgeber, den Einsatz von Interimsmanagern zu beauftragen und damit zu fördern. Anders als für die anderen Personaldienstleistungen scheint das zentrale Argument aber nicht die generell positive Einschätzung der Dienstleistung oder der Wunsch, arbeitsrechtliche Risiken zu vermindern, zu sein, sondern die Motivation, gezielt einzelne Manager in bestimmten Situationen auszutauschen. Ein anderer Experte aus dem Bereich Zeitarbeit sieht diesen Effekt gegenüber den Kapitalgebern eher nicht. Zeitarbeit sei als Instrument schon so alltäglich, dass man damit in der Wahrnehmung der Kapitalgeber ein Unternehmen nicht mehr positiv positionieren könne. „Kann ich eigentlich nicht sagen. Also, da in solchen Unternehmen gehört Zeitarbeit zum herkömmlichen Instrument, zumindest die Gedanken da drüber, also Konzepte gibt es fast überall, auch wenn man das auch aktiv nicht nutzt. Das hat aber in dieser Richtung gar keinen Einfluss“ (A 27, 56-57).
151 Ebenfalls ablehnend äußert sich ein Experte für den Bereich der Personalberatung. Die Einschaltung eines namhaften externen Personalberaters als positives Signal des nachfragenden Unternehmens an die Kapitalgeber sieht er grundsätzlich nicht als erwartete Wirkung, außer bei der Auftragsvergabe durch Auftraggeber aus dem Bereich der Politik: „Also generell würde ich sagen Nein. Es gibt in gewissen Bereichen Ausnahmen. Also insbesondere erleben wir das in Fällen, wo kommunalpolitische oder überhaupt politische und insbesondere kommunalpolitische Auftraggeber entscheiden“ (V 5, 38-39). In den beiden letzten, eher ablehnenden Stellungnahmen drückt sich vermutlich aus, dass eine differenzierte Abwägung aller Wirkungen der Nutzung von Personaldienstleistungen eben nicht unmittelbar in eine einfache und klare Botschaft an die Kapitalgeber hinsichtlich der Nutzung von Personaldienstleistungen umgesetzt werden kann. Zwar können einzelne Motive, wie etwa die Vorgabe von Head-Count-Begrenzungen oder der Austausch von Managern in Krisen- und Sanierungsfällen für den Einsatz von Personaldienstleistungen wie der Zeitarbeit oder dem Interimsmanagement sprechen und in bestimmten Situationen auch stark in den Vordergrund rücken. Insgesamt jedoch müssen in der Regel andere Wirkungen auf Stakeholder sowie das gesamte Set an Kosten-Nutzen-Abwägungen, welches für verschiedene Unternehmen durchaus unterschiedlich ausfallen kann, gegeneinander abgewogen werden, so dass etwa die Einhaltung von Head-Count-Vorgaben mit den daraus entstehenden Kosten oder die Begrenzung der Stammbelegschaft und der arbeitsrechtlichen Risiken mit möglichen Wirkungen in der Beziehung zur Belegschaft abgewogen werden müssen. 4.2.3.4.
Wirkungen gegenüber sonstigen Stakeholdern: Kunden, Wettbewerber, Öffentlichkeit
Ein Unternehmen könnte durch die Einschaltung eines externen Personalvermittlers bei der Stellenbesetzung erwarten, dass hierdurch nicht nur nach innen, sondern auch der Öffentlichkeit im Allgemeinen eine höhere Qualität und Objektivität der Stellenbesetzung signalisiert werden kann, wie dies ein Experte generell für die Vermittlungsdienstleistungen, ein Experte im Bereich Personalberatung mit besonderem Fokus auf den Öffentlichen Dienst und möglichen politischen Einflüssen bei Stellenbesetzungen anspricht: „Die eine Blickrichtung ist die, für ein Unternehmen zu sagen, ich arbeite nur mit den Besten, ich habe den besten Anwalt, ich habe den besten Steuerberater,
152 ich habe den besten Wirtschaftsprüfer, ich habe den besten Personalberater. Also in dem Sinne sind wir Teil einer Imagepositionierung, die ein Unternehmen sich gibt“ (V 6, 43). „Also insbesondere erleben wir das in Fällen, wo kommunalpolitische oder überhaupt politische und insbesondere kommunalpolitische Auftraggeber entscheiden. Also wenn ein Geschäftsführer für die Stadtwerke einer Stadt gesucht werden, oder wenn ein Kulturdezernent einer Stadtverwaltung gesucht wird, oder was man sich so alles vorstellen kann, ein (…) Vorstand einer kommunalen [Bank], (…) gesucht wird, dann besteht ja häufig die Gefahr, dass in der Öffentlichkeit diese Besetzung so wahrgenommen wird, dass die politischen Parteien da irgendwas miteinander auskungeln. Und dass da keine saubere objektive, ausschließlich an den fachlichen Qualifikationen orientierte Auswahl stattfindet, sondern dass nach parteipolitischen Kalkül, heute die Partei dran ist und morgen die Partei. Und dass dann auch teilweise Versorgungspöstchen, nenne ich das mal, definiert werden von vermeintlich ehrenwerten und verdienten Leuten, die man aus Dank oder wie auch immer in eine bestimmte Position bringen möchte. Und bezüglich solcher Dinge ist ja in den letzten Jahren die Öffentlichkeit immer sensibler geworden. Und da ist es dann oft so, dass sich die Entscheidungsträger dazu entschließen, eine Personalberatung einzuschalten, damit diese Personalberatung gewährleistet, dass da eine absolute Objektivität stattfindet, dass nicht derjenige mit dem richtigen Parteibuch in die Position kommt, sondern derjenige, der im Abgleich Anforderungsprofil zum Berufsbild, das jemand mitbringt, die beste Wahl zu sein scheint“ (V 5, 39). Beide argumentieren, dass Unternehmen den Einsatz von Dienstleistern gezielt als Signal an die Öffentlichkeit nutzen. Dazu muss dieser Einsatz natürlich auch gegenüber der Öffentlichkeit bekannt gemacht werden. Zugleich wird jedoch auch deutlich, dass der Faktor Diskretion oder Geheimhaltung auf mehreren Ebenen eine Rolle spielt, und gerade bezüglich des Aspektes der Diskretion ganz unterschiedliche Effekte auftreten können. Dass der Faktor der Diskretion nicht nur gegenüber der eigenen Belegschaft, sondern auch gegenüber Bewerbern und Wettbewerbern eine erwünschte und angestrebte Wirkung des Einsatzes von Dienstleistern im Bereich der Vermittlung sein kann, sprechen Experten von der Anbieter- und Verbandsseite an: „(…) dass ich auch nach außen nicht zu erkennen geben möchte, dass wir zum Beispiel vorhaben, wir wollen im Bereich Forschung und Entwicklung einen Leiter suchen. Deshalb arbeite ich auch mit dem Faktor Diskretion“ (A 13, 21). „Es gibt Projekte, da gibt es vielleicht 50 Kompetenzträger in Deutschland und wenn Sie da vielleicht klassisch vorgehen ohne einen Dienstleister, dann hat das eine negative Wirkung auf das Unternehmen selbst, weil der Markt fast oligopolistisch so transparent ist, dass Sie sich auch gegenüber einem Wettbewerber äu-
153 ßern, die sofort erkennen, dass Sie da eine Schwachstelle haben“ (A 13, 51). Ein anderer Experte (A4, 4) bestätigt diese Sichtweise, 24 ebenso wie ein Nachfrager: „Du willst nicht, dass in dem Zeitpunkt, wo Du suchst, bekannt wird, dass Du suchst. Also es gibt eine Palette von Gründen“ (N 2, 23). Diskretion kann dabei auf die einzelne zu besetzende Stelle, anderseits in enger Verbindung damit auch auf den suchenden Arbeitgeber an sich bezogen sein, so dass dieser den Einsatz des Dienstleister in solchen Fällen gerade nicht öffentlich bekannt machen wird. In eine ähnliche Richtung geht auch der folgende Hinweis der Experten für den Bereich der Zeitarbeit. Auch hier gibt es Effekte, bei denen Arbeitgeber versuchen, durch die Zusammenarbeit mit dem Dienstleister gerade nicht in den Blickpunkt der Öffentlichkeit zu geraten. Von den interviewten Experten wird für die Zeitarbeit betont, dass Unternehmen durch die Nachfrage nach Zeitarbeit von der Öffentlichkeit stark wahrgenommene Entlassungen vermeiden und durch - per Zeitarbeit erfolgende - diskrete Anpassungen des jeweiligen Arbeitskräftebestandes im Unternehmen an schwankende Personalbedarfe ein schlechtes Image vermeiden können. Diese bereits an anderer Stelle genannten Effekte kann man auch so interpretieren, dass die Personalbedarfsschwankungen des Unternehmens mit Hilfe der Zeitarbeit diskret und ohne große öffentliche Aufmerksamkeit bewältigt werden können. „In der heutigen Zeit sehe ich einfach nicht so viele Vorteile, wenn ich als Kundenunternehmen denke, dass ich mir den zusätzlichen Ballast von Festeinstellungen antue. Weil ich weiß, sobald die Wirtschaft wieder rückläufig ist, muss ich wieder entlassen und ich finde, das es für das Image eines Unternehmens immer sehr schlecht ist, wenn ich Entlassungen machen muss. Wenn ich die Mitarbeiter des Zeitarbeitsunternehmens oder des Personaldienstleisters zurückgebe, ist das eine Selbstverständlichkeit, weil das ist von vornherein so vereinbart“ (A 20, 21). „Das war eben ein Beispiel, was ich nannte, um deutlich zu machen, woher die Motivation kommen kann, das flächendeckend einzusetzen, so dass ich später als Unternehmen nicht hingehen muss und Tausende entlassen muss, was ja auch unglaubwürdig ist, diese Fahrstuhlmentalität. 20 rein und dann zählt keiner nach, dann 30 raus. Das wird heutzutage in der Gesellschaft nicht mehr so akzeptiert“ (A 21, 71). „Es muss ganz einfach die Erfahrung gemacht werden, dass Zeitarbeit drin ist
24
Aufgrund technischer Probleme mit der Aufnahme des Interviews liegt uns von dieser Textstelle keine Aufnahme, sondern nur ein Gedächtnisprotokoll und Notizen des Interviewers vor.
154 und dass Zeitarbeit fast immer, fast ausschließlich ein Zusatzgeschäft ist für das Unternehmen, und nicht ein Ersatz sein soll für die Stammarbeitsplätze. Was auch natürlich eine öffentliche Wirkung hat, sage ich mal so. Ich glaube, das kann sich dauerhaft oder mehrfach ein Unternehmen gar nicht leisten, weil dann würde es auch Probleme insgesamt im Markt bekommen“ (A 27, 51). Auch für das Interimsmanagement wird betont, dass der Einsatz von Interimsmanagern möglicherweise nur dann erfolgt, wenn man diesen vor den Kunden geheim halten kann: „Kunden sagen: ‚Ich möchte bitteschön, dass der Interimsmanager mit meiner Visitenkarte beim Kunden auf dem Projekt zum Beispiel auftritt, wenn ich den extern einsetze. Ich möchte nicht, dass der [Kunde] mitkriegt, dass das ein Freier ist. Weil, der weiß natürlich, dass er so und so viel Overhead[-Kosten] bei uns zahlt und letzten Endes sprechen wir natürlich auch dafür, was dahinter steht. Und jetzt habe ich hier einen Interimsmanager aus dem Grund, weil ich habe gerade niemand anders und ich brauche jetzt den Interimsmanager. Es kam ein Projekt mehr, als ich Leute da habe, und ich kann nicht Nein sagen zu diesem Kunden. Und darum muss der quasi so tun, als ob der angestellt ist.’ Und das ist ein sehr häufiger Fall, der alle ärgert, die beteiligt sind, weil zum einen der Einsatz des Instrumentes, der positive Einsatz des Instrumentes, negiert wird, zum zweiten natürlich die große Gefahr besteht, letzten Endes, wenn Sie streng sein wollen, ist es eine Art von Betrug, weil Sie was anderes verkaufen, als was drin ist“ (A 6, 29). Da den Kunden – laut dieser Einzelaussage - nicht gezeigt werden soll, dass die Leistung durch einen Interimsmanager erbracht wird, kann es sein, dass nachfragende Unternehmen bei einem Einsatz von Interimsmanagement eher eine fehlende oder geringe Akzeptanz dieser Entscheidung seitens der Kunden erwarten und diesen Einsatz daher nach außen hin diskret abwickeln möchten. Insgesamt wird daher deutlich, dass der Einsatz von Personaldienstleistungen mehrere Wirkungsebenen gegenüber der Öffentlichkeit haben kann – einerseits Ermöglichung von Diskretion hinsichtlich der Durchführung bestimmter personalwirtschaftlicher Maßnahmen wie Stellenbesetzungen, Bewältigung von Personalbedarfsschwankungen und Erhöhung des eigenen Images durch Bekanntmachung der Zusammenarbeit mit einem Dienstleister. Andererseits muss der Einsatz der Dienstleister teilweise selbst diskret gegenüber der Öffentlichkeit gehandhabt werden, um Interessen des nachfragenden Unternehmens nicht zu schädigen. So wird an verschiedenen Stellen immer wieder deutlich, dass die Nutzung von Personaldienstleistungen aus der Sicht der Nachfrager und ihren Interessen mit einem sehr schil-
155 lernden, vielfältigen Netz an Interessenwirkungen überzogen ist, die keine einfachen Bewertungen zulassen. 4.2.3.5.
Zusammenfassung Stakeholder-Wirkungen
Die soeben behandelten Effekte und Interviewaussagen der Experten machen aus unserer Sicht sehr deutlich, dass eine einfache, klar in eine Richtung weisende Bewertung des Einsatzes von Personaldienstleistungen unter Stakeholder-Gesichtspunkten nicht möglich ist. Es gibt nicht nur sehr verschiedene Stakeholder-Gruppen, die von dem Einsatz betroffen sein können und möglicherweise darauf reagieren, sondern auch bei den jeweils im Hinblick auf einzelne Gruppen zu betrachtenden Wirkungen bestehen sehr unterschiedliche Teileffekte. Es werden sehr heterogene mögliche Motive genannt, die mit der Entscheidung für den Einsatz externer Dienstleister verfolgt werden können, und dementsprechend können auch sehr unterschiedliche Interpretationen derselben Entscheidung durch unterschiedliche Personen und Gruppen auftreten. Personaldienstleistungen, insbesondere solche, die mit dem Einsatz externer Kräfte einhergehen, haben daher in dieser Hinsicht einen hoch interessanten janusköpfigen Charakter. Eindeutige und pauschalierte Bewertungen sind unseres Erachtens daher nicht sinnvoll und nicht möglich. 4.2.4.
Kostenwirkungen der Nutzung von Personaldienstleistungen
Neben Stakeholder-Wirkungen dürften beim Outsourcing von Personalfunktionen immer auch Kostenwirkungen relevant sein. Dabei stehen nicht nur die Höhe der direkten monetären Gesamtkosten, sondern auch die Aufteilung der Kosten in fixe und variable Kosten, die Kalkulierbarkeit der Kosten für die Erbringung der Personalfunktionen sowie die Höhe indirekter Kosten und die Vermeidung von Opportunitätskosten im Blickpunkt der nachfragenden Unternehmen. Wir beginnen mit den Aspekten, die sich auf die Kostenstruktur bzw. auf die Aufteilung in fixe und variable Kosten beziehen. 4.2.4.1.
Umwandlung von Fixkosten in variable Kosten
4.2.4.1.1. Fixkostenvariabilisierung als erwartete Wirkung Eine höhere Kostenflexibilität kann durch eine Senkung von Fixkosten und deren Umwandlung in variable Kosten erzielt werden. Die Variabilisierung von Fixkosten impliziert, dass
156 Unternehmen nur dann für personalwirtschaftliche Leistungen zu zahlen haben, wenn diese Leistungen tatsächlich benötigt und erbracht werden. Mehrere Experten sprechen die Umwandlung von Fixkosten in variable Kosten oder die Senkung von Fixkosten als potenzielle Wirkungserwartung der Nutzung von Personaldienstleistungen an: „Und das heißt letzten Endes, ich kann nicht Leute auf Vorrat haben, die im Regal sitzen, bis der nächste Auftrag kommt, und zwischendurch muss ich sie halt bezahlen. Das heißt, ich muss gucken, dass ich meine Festangestellten oder die Abhängigkeit, diese Kosten als Fixkosten ansehen zu müssen, dass ich das ein bisschen runterschraube und diese Kosten variabler gestalte“ (A 6, 17). „Wir rechnen ja Personen konkret ab, haben dadurch also wirklich höchst variable Kosten. Auch Risiken sind damit bei uns, wenn der wächst oder fällt. Und auf der anderen Seite hat der Kunde natürlich sprungfixe Kosten. Der stellt einen Personaler ein oder nicht, und dann stellt er noch einen halben ein oder nicht, während wir wirklich Personen konkret pro Monat abrechnen, wie viele Leute wir betreut haben. Dadurch haben wir bestimmte Kosteneinsparungen, wir minimieren das Risiko beim Kunden“ (A 8, 23). „Na, zunächst einmal ist ja ein ganz wichtiger Punkt der Kostengesichtspunkt. Wenn Unternehmen selbst Personalreserve vorhalten, müssen sie die auch bezahlen, auch in Zeiten, wo sie unproduktiv sind. Das übernimmt der Dienstleister, hält eben außerbetriebliche Personalreserven vor und teilt dieses Personal dann unter vielen Kundenunternehmen auf, so dass also Personal nur dann zu bezahlen ist, wenn es gebraucht wird und dann auch sehr schnell wieder weg ist, wenn es nicht mehr gebraucht wird“ (V 7, 3). Personaldienstleister übernehmen also eine Intermediärs- und Poolingfunktion, wodurch die für die Ressourcen anfallenden Fixkosten breit auf alle Einsätze verteilt werden können und damit den Kunden nur anteilig in Rechnung gestellt werden müssen. Die Senkung von Fixkosten bei den nachfragenden Unternehmen kann dabei auf die Gegenwart oder auf die Zukunft gerichtet sein, d.h. entweder dadurch zustande kommen, dass derzeit bestehende Fixkosten abgebaut werden, oder bedeuten, dass für die Zukunft keine weiteren Fixkosten aufgebaut werden müssen. Den bei einem Fremdbezug erwarteten Fixkostenabbau sprechen auch andere Experten an: „(…) oder ich möchte aufgrund fehlender eigener Ressourcen, die ich nicht vorhalten möchte, einfach projektorientiert einen externen Dienstleister an Bord nehmen, aber Minimierung der Vorhaltekosten, meiner eigenen Fixkosten“ (A 13, 19).
157 Die Vermeidung des Aufbaus von (weiteren) Fixkosten bzw. des Vorhaltens von entsprechendem Personal sprechen andere Zeitarbeitsexperten als mögliche Wirkungserwartung an oder bejahen dies als potenzielle Wirkungserwartung der nachfragenden Unternehmen: „Ja, das kann man schon so sehen, also dass viele Mittelständler lange Zeit drum herum kommen, eine eigene Personalabteilung aufzubauen, weil sie sich eben mit externen Dienstleistern über Wasser halten. Das ist sicher so. Also es gibt selten die Fälle, dass ein Mittelständler seine Personalabteilung abbaut, weil er sich dazu entscheidet, mit Personaldienstleistern zu arbeiten. Den Fall habe ich persönlich noch nicht erlebt. Aber ich denke schon, dass Betriebe, die vielleicht im Bereich zwischen 100 und 200 Mitarbeitern liegen, dass die sich schon relativ lange das verkneifen, eine Personalabteilung professionell aufzubauen, eine eigene, weil sie eben sehr viel über Zeitpersonal eben arbeiten und dann im Betrieb jemanden haben, der die Einsätze koordiniert, aber das war's dann auch, eben nicht die klassische Personalabteilung, wie man sie so kennt“ (V 7, 9). „(…) [die eigene Personalabteilung] kann stabil gehalten werden. Ich muss nicht zusätzliche Kräfte aufbauen“ (A 21, 31). Auch für den Bereich des Interimsmanagements wird der Effekt genannt, dass keine Fixkosten für Zeiträume zu tragen sind, in denen kein Bedarf für die Leistung da ist, sondern nur im Bedarfszeitraum variable Kosten zu tragen sind: „Also einmal es ist natürlich dann günstiger, wenn ich sage, ich kaufe eine Leistung nur für einen Zeitraum, für die ich sie brauche, und brauche sie davor und danach nicht zu bezahlen“ (A 6, 21). Auch Nachfrager rechnen mit einer Einsparung der Fixkosten dadurch, dass die Personalabteilung bei dem Einsatz eines externen Dienstleisters kleiner gehalten werden kann: „Dass wir unser Personal für die Personalsuche und die Auswahl der Mitarbeiter selber vorhalten, das können wir uns nicht leisten, aufgrund unserer doch ziemlich schmalen Organisation, und das wollen wir uns auch nicht leisten. Kostenvorteil, wenn man so sieht, ja, wenn ich jetzt da eine Halbtagskraft dagegen setzen würde, die ich permanent beschäftigen müsste. Aber weil wir das auch in verschiedenen zeitlichen Aspekten, wir suchen zwar dauernd Personal, aber wir werden immer mal eine Aktion starten. Und da kann ich den Personaldienstleister einsetzen“ (N 10, 19). „Ich kann das vielleicht [auch selbst] probieren, aber ich muss die Kosten ja dauerhaft betreiben“ (N 4, 33 ff.). Ein Nachfrager nach Personalberatung rechnet zwar mit kurzfristig hohen Gesamtkosten des Einsatzes von Personalberatern, stellt aber diesen den internen Verwaltungsaufwand, der
158 dauerhaft anfallen würde und daher Fixkosten darstellt, gegenüber. Auch hier wird also das Argument der Fixkostenvermeidung vorgebracht: „(…) Wir haben über Headhunter Sachbearbeiterfunktionen gesucht. Und das hat super funktioniert. Man muss sich überlegen, da kostet so ein Auftrag vielleicht 10.000 €, ja. Aber wenn jetzt zweimal oder dreimal, das wird standardisiert, dann haben wir die gleichen Kosten. Aber Sie haben einen riesigen Verwaltungsaufwand im Haus, ja (…)“ (N 4, 33 ff.). Auch für den Bereich der Unternehmensberatungsleistungen spricht ein Experte die Vermeidung des Aufbaus von Fixkosten durch die externe Nachfrage nach diesen Beratungsleistungen an, die gerade für kleinere oder mittlere Unternehmen relevant sei: „Wenn Sie da so eine (...) Abteilung haben, wo vier, fünf Strategen sitzen, nicht, [da] kostet so eine Manpower-Pool sicher pro Jahr, wenn Sie den für Beratung vorhalten, kostet der 250 000 €. Und wenn Sie das Know-How im Grunde für sich als Unternehmen nutzbar machen wollen, dann können Sie - als kleiner Mittelständler oder als großer Mittelständler, ist ganz egal, mit, was weiß ich, 500 Millionen € Umsatz - können Sie sich das nicht leisten, so eine Abteilung vorzuhalten“ (V 2, 61). Schließlich erwähnt auch ein weiterer Nachfrager, dass die Nachfrage nach externen Bildungsmaßnahmen dabei hilft, Fixkosten der Personalentwicklung zu vermeiden, da die Trainingskosten nur bei tatsächlicher Nachfrage gezahlt werden müssen. Einer der Experten spricht dabei auch schon den Aspekt an, dass eine Fixkostenvariabilisierung auf der Ebene der Personalabteilung und auf der Ebene der sonstigen Belegschaft möglich ist: „Ja, (…) wenn Sie es jetzt wirklich einmal ökonomisch sehen, dann sind es die entsprechenden Reduzierungen von Fixkosten bei entsprechenden Ressourcen oder im Personalbereich“ (A 13, 21). Diese beiden Bereiche können im Prinzip bei allen Personaldienstleistungen relevant sein, bei denen externe Kräfte im Unternehmen eingesetzt werden, denn jeweils sowohl der Einsatzbereich der externen Kräfte als auch die Personalabteilung können davon betroffen sein. Im Unterschied zu den bisher zitierten Aussagen, die alle den Effekt einer Fixkostenreduktion oder -vermeidung durch den Bezug von Personaldienstleistungen bestätigten, verneint ein Experte diesen Effekt jedoch für den Bereich des Outplacements:
159 „In unserem Bereich, nein. Weil für diesen Fall, dass ich mich von Mitarbeitern trennen muss, halte ich ohnehin keine Kapazitäten vor. Da ist vielleicht meine Kapazität frei, aber ansonsten halte ich für diese Aufgabe keine Kapazitäten vor“ (V 4, 45). Ob und inwieweit diese Einschätzung davon abhängig ist, ob Unternehmen schon häufiger Personalabbau in größerem Stil betrieben haben oder dies als Ausnahmesituation ansehen, kann hier nicht überprüft werden. Zu vermuten ist aber, dass mit zunehmenden Erfahrungen im Personalabbau der Ressourcenaufwand für diese Aufgabe auch ex ante eher eingeschätzt und bei Outsourcing-Entscheidungen berücksichtigt wird. 4.2.4.1.2. Arten der Variabilisierung von Fixkosten Durch die Nachfrage nach Zeitarbeit können Unternehmen Fixkosten variabilisieren, hinter denen unterschiedliche Ursachen stehen. Im Folgenden werden verschiedene Effekte der Variabilisierung beschrieben. Erstens kann der (quantitative und/oder qualitative) Personalbedarf durch das Beschäftigen oder Freisetzen von Zeitarbeitskräften zielgenau gedeckt werden, ohne Fixkosten aufzubauen, die auch in bedarfsschwachen Zeiten zu tragen sind. Zweitens, und hier kommen insbesondere die Regelungen des Arbeitrechts als Auslöser zum Tragen, werden auch bei bestehendem Bedarf ausschließlich produktive Zeiten der Arbeitskräfte bezahlt, so dass also auch keine „arbeitsrechtlich bedingten“ Fixkosten für Urlaubs-, Krankheits- und sonstige Freistellungszeiten übernommen werden müssen. „Des Weiteren ist es auch so, dass die Unternehmen einfach nicht mehr die Personaldecke vorhalten wollen, weil die Personalkosten sind in einem Unternehmen, gehören auf jeden Fall zu den größten Kostenanteilen eines jeden Unternehmens. Im Dienstleistungsbereich sowieso, aber auch [im] verarbeitenden Bereich. Und die Zeitarbeiter werden auch nur bezahlt, wenn sie effektive Leistung bringen. Sprich also an Feiertagen und Krankheitstagen oder an Urlaubstagen fallen keine Kosten an. Und ich habe die Erfahrung gemacht, dass die Unternehmen gerne für Leistung zahlen, aber ungern zahlen für nichtproduktive Zeiten“ (A 23, 33). „Nennt mir doch mal den Unterschied zwischen einer befristeten Beschäftigung und einer unbefristeten. Das ist ausschließlich der Zeitpunkt. Bei einer befristeten Beschäftigung habe ich bereits gekündigt, so, aber ich sage Ihnen, wenn ich den befristet einstelle, drei Monate, also in drei Monaten gehst du wieder nach Hause. Aber für diese drei Monate verpflichte ich mich, Sie zu bezahlen, ob Sie da sind oder nicht da sind, ob Sie krank sind oder ob Sie gesund sind, ob ein Fei-
160 ertag da ist, ich zahle eine ganze Masse Unproduktivität für sie weiter mit. Und wenn der Auftrag, den ich habe, nach anderthalb Monaten zu Ende ist, zahle ich Sie noch anderthalb Monate weiter, obwohl Sie gar nichts mehr zu tun haben. All das passiert Ihnen in der Zeitarbeit nicht. Weil in der Zeitarbeit ausschließlich die produktive Zeit bezahlt wird. Nur die Zeit, wo Sie die Mitarbeiter wirklich brauchen. Und wenn nach einem Monat Ihr Auftrag zu Ende ist, den Sie für drei Monate ausgelegt hatten, dann schicken Sie den Zeitarbeitnehmer wieder nach Hause und Sie haben keine Folgekosten. Und wenn Mittwoch ein Feiertag ist, dann kommt Ihr Zeitarbeitnehmer nicht und den bezahlen Sie auch nicht. Ihr Mitarbeiter bleibt zu Hause, den Tag zahlen Sie ihm genau so, als wenn er für Sie produktiv tätig gewesen wäre. Also gäbe es diese Überlegung nie, wenn ein Personalentscheider wirklich zu Ende denkt und auch wirklich richtig rechnet, müsste er sich immer für die Zeitarbeitskräfte entscheiden. (…) Sie zahlen ihm nur die Produktivkosten. (…) bei einem Zeitarbeitnehmer, den Sie einsetzen als Unternehmen, haben Sie keine unproduktiven Kosten. Sie müssen bei einem Mitarbeiter, ob Sie den befristet einstellen oder unbefristet einstellen, gibt es eine Unproduktivität, die liegt ungefähr bei 40 %, 45 %, denn dieser Mitarbeiter hat Anspruch auf Urlaub, auch wenn er befristet eingestellt ist, den können Sie nicht nach Hause schicken, wenn er krank wird, den müssen Sie weiter bezahlen. Wenn Sie Pech haben, ist der vier Wochen oder fünf Wochen krank von den acht Wochen, für die Sie ihn eingestellt haben als befristeten. Haben Sie fleißig bezahlt, aber keine Leistung dafür gekriegt. So, das können Sie alles ins Verhältnis zum Zeitarbeitnehmer setzen. Wenn der krank wird, zahlen Sie nicht. Sie bezahlen nur die Zeit. So. Das ist ein reiner, ein klarer Kostenvorteil. Und Sie haben den höchsten Flexibilisierungsgrad. Auch die Befristung bindet Sie wieder ein in ganz bestimmte Mechanismen“ (A 19, 10-12). „In den anderen Betrieben, man muss natürlich auch sehen, Einstellungen bedeuten natürlich höhere Kosten, auf Dauer höhere Kosten. Je größer das Unternehmen ist, desto größer ist das Kapital, das ich einsetzen muss. Über die Zeitarbeit ist es relativ einfach, über einen bestimmten Zeitraum Personal zu entleihen. Ich decke damit meine Auftragsspitzen ab, und dann hab ich es nicht mehr. Und ich hab dann auch die Zusatzkosten in der Zukunft nicht mehr“ (A 24, 36). „Der nächste Punkt ist ganz einfach so, dass, wenn plötzlich mal ein Auftrag abbricht oder weniger Aufträge da sind, kann ich das Personal relativ schnell reduzieren. Das ist also sicherlich von der Flexibilität, aber auch von der finanziellen Seite [her] ein großer Vorteil. Der nächste Vorteil ist: Es ist für mich ein großes Potenzial, Mitarbeiter im Unternehmen zu haben, woraus ich dann gegebenenfalls Festangestellte (…) machen kann. Wenn die jetzt bei mir zwei, drei Monate als Zeitarbeiter arbeiten, ich habe vielleicht auch im Vorfeld gar nicht die Absicht gehabt, die zu übernehmen, aber jetzt ergibt sich eine Vakanz im Unternehmen, sei es aufgrund einer Fluktuation im Unternehmen selbst, sei es aufgrund von Krankheit, sei es aufgrund von Auftragszugängen usw., Geschäftserweiterungen, da habe ich natürlich ein Potenzial im Unternehmen, das da schon arbeitet, das ich schon kenne über Monate, das sich im Unternehmen schon in-
161 tegriert hat, das ich dann auch kurzfristig in der Regel übernehmen kann, ohne dass da überhaupt ein Tag Lücke dazwischen wäre, und ohne dass ich da noch großen finanziellen Aufwand starten muss, um entsprechende Bewerberauswahl zu schaffen. Das ist sicherlich auch ein großer Punkt. Also, man sieht es ja auch daran, dass sehr, sehr viele Zeitarbeitnehmer in die Unternehmen praktisch übergehen, praktisch übernommen werden“ (A 23, 23). Der zuletzt zitierte Experte spricht eine dritte, neben den beiden schon genannten Effekten, bestehende Möglichkeit der Senkung von Fixkosten an: Durch die während der Zeitarbeit erfolgenden Selektionsprozesse können Teile der Personalbeschaffung eingespart werden, da diese Prozesse praktisch als „Kuppelprodukt“ des Einsatzes von externen Kräften im Betrieb auftreten. Hierfür müssen keine weiteren Fixkosten (in der Personalabteilung) aufgebaut werden (vgl. hierzu auch Alewell/Friedrich/Martin 2004). Tritt Beschaffungsbedarf auf, kann dieser variabel aus dem Pool an bereits bekannten Zeitarbeitnehmern gedeckt werden. Ähnlich äußern sich für die Zeitarbeit auch verschiedene andere Experten. „Das heißt, ich persönlich, wäre ich Kundenunternehmen, und da habe ich mir schon öfter drüber Gedanken gemacht, wie ich mich verhalten würde. Ich würde mir ganz klar einen Dienstleistungspartner suchen, würde mit dem Dienstleistungspartner entsprechend mich abstimmen und würde auch unter Umständen den einen oder anderen [Zeitarbeitnehmer] übernehmen, dann, wenn ich das Gefühl habe, der passt zu mir oder die Mitarbeiterin passt ganz genau ins Unternehmen. Ich brauche sie auf lange Sicht, dann würde ich mir einfach über diesen Weg mein Personal rekrutieren und würde mir das ganze Auswahlverfahren sparen“ (A 20, 21). „Das spielt in einem Gesamtkonzern natürlich auch immer wieder eine Rolle, wenn ich eine Mannschaft habe, von der ein großer Teil vielleicht von einem Zeitarbeitsunternehmer sind, dann habe ich natürlich einen geringeren Aufwand in meiner eigenen Personalabteilung. (…) Per Saldo binde ich weniger eigene Mitarbeiter in meiner Personalabteilung, wenn ich mich öfter der Personaldienstleister bediene. Ich muss weniger aufwenden. Ich selber muss weniger aufwenden in Sachen Personalentwicklung und Qualifizierung, weil das macht ja der Arbeitgeber, sprich der Personaldienstleister“ (A 22, 26). Ein anderer Nachfrager geht auf das Zustandekommen der variablen Kosten für Personalberatung bzw. Headhunting näher ein und beschreibt anschaulich einen weiteren Effekt der Variabilisierung von Kosten: „Bei mir war es in der Regel so, (…) man bestimmt am Anfang eine gewisse Gehaltsgruppierung, wo man meint in der Abstimmung, so möchte man es bezahlen, wo man meint, wir kriegen einen in dem Bereich. Und da gibt es einen bestimmten Prozentsatz, der war bei uns in der Regel nicht allzu hoch, das muss man sa-
162 gen, das waren 20 % vom Einjahreseinkommen, ja. Und dann wird es halt gestaffelt, da gibt es halt ein Drittel bei der Auftragsvergabe, ein Drittel, wenn die ersten Kandidaten gewählt wurden und ein Drittel, wenn der Arbeitsvertrag unterschrieben ist. Ja. Und wenn der nachher mehr verdient, dann ist im Prinzip die Honorierung gedeckelt, also die wächst dann mit, nach unten passt sie sich an, aber nach oben nicht. Aber das ist eine individuelle Vertragsgeschichte, ja, das ist bei uns so, normalerweise verlangen die, ich glaube, zwischen 25 und 30 % vom Jahreseinkommen. Das ist unterschiedlich“ (N 4, 31). Somit wird deutlich, dass neben dem Grundeffekt der Ressourcenpoolung die Kosten in Abhängigkeit vom Projektfortschritt variabilisiert werden, so dass nur bei (Teil-)Erfolgen auch gezahlt werden muss. Damit ist insgesamt ein vierter Effekt hinter der Variabilisierung von Fixkosten angesprochen. 4.2.4.1.3. Zusammenfassung Für eine ganze Reihe von Personaldienstleistungen wird der Effekt der Senkung und Vermeidung von Fixkosten und deren Umwandlung in variable Kosten von den Experten beschrieben. Dies gilt sowohl für solche Personaldienstleistungen, die mit dem Einsatz externen Personals einhergehen, als auch für andere Dienstleistungen. Im ersten Fall jedoch kann eine Fixkostenvermeidung nicht nur in der Personalabteilung, sondern auch in anderen Unternehmensbereichen, in denen die externen Arbeitskräfte eingesetzt werden, auftreten. Die Variabilisierung der Kosten kann sich dabei auf den Anteil produktiver Zeiten an den bezahlten Arbeitszeiten, den anfallenden Bedarf bzw. den Auslastungsgrad, die Leistungserfolge und die Entstehung von Selektionsergebnissen als „Kuppelprodukten“ des Einsatzes externen Personals beziehen. Alle Variabilisierungs-Effekte können jeweils isoliert oder auch kombiniert miteinander zu einer deutlichen Risikoreduktion für die nachfragenden Unternehmen führen im Vergleich zu einer Situation, in der Personaler oder andere Arbeitskräfte fest eingestellt werden und unabhängig von ihren Erfolgen, mehr oder weniger unabhängig von dem Anteil produktiver Zeiten sowie ihrer Auslastung bezahlt werden müssen. 4.2.4.2.
Veränderung von direkten monetären Gesamtkosten
Mit den bisher besprochenen Effekten der Umwandlung von Fixkosten in variable Kosten ist noch nichts darüber ausgesagt, ob die direkten monetären Gesamtkosten für die Erbringung der Personalfunktion bei externem Bezug steigen oder sinken. Vielmehr ist bisher nur eine veränderte Struktur der Kosten aus fixen und variablen Bestandteilen angesprochen.
163 Daneben ist aber selbstverständlich auch die Frage relevant, wie sich die Höhe der direkten monetären Gesamtkosten, also die Summe aus den fixen und variablen Kosten für die Erstellung der Personalfunktionen, durch die Nutzung von Personaldienstleistungen verändert. Zwar wurde schon gezeigt, dass die Fixkosten in der Einschätzung vieler Experten sinken, aber diese Fixkostensenkung könnte durch eine Steigerung der variablen Kosten überkompensiert werden oder eben auch nicht. Damit ist die Frage, wie sich die Gesamtkosten für die jeweils in Frage stehenden Personalfunktionen oder die zu erbringenden Leistungen in anderen Arbeitsbereichen des Unternehmens verändern, noch nicht beantwortet. 4.2.4.2.1. Veränderung der Höhe der direkten monetären Gesamtkosten Zu dieser Frage der Gesamtkostenhöhe sind in unseren Interviews folgende Einschätzungen der Experten, insbesondere aus dem Bereich Zeitarbeit, enthalten: „Nachteil könnte natürlich sein, Zeitarbeit ist in der Regel, zumindest für mittelständische oder Kleinunternehmen, etwas teurer als die eigenen Leute. Bei großen Unternehmen bestreite ich das ganz einfach zum großen Teil, weil die haben so viel Lohnnebenkosten, dass - wenn die wirklich dann mal eine Vollkostenrechnung machen - ganz einfach sehen, die Zeitarbeiter da sind nicht oder nicht wesentlich teurer. Ich hatte mal mit einem Unternehmen, mit dem Personalchef eines Versicherungsunternehmens gesprochen. Und die haben mir gesagt, sie hätten Lohnnebenkosten von 130 %. Und die Zeitarbeiter wären einfach günstiger. Sprich also, wenn die 1.000 € verdienen wollen, müssen die denen an kompletten Kosten 2.300 € zahlen. Und für 1.000 € kriegen die keinen mehr von zu Hause weggelockt. Also, im kleinen und mittelständischen Bereich kann es sein, dass es teurer wird, in Großunternehmen bezweifle ich [das]“ (A 23, 33). „Es ist maximal bei den Unternehmen so, die [es] im Laufe der Jahre verpasst haben, ihre Struktur im Unternehmens ganz einfach den veränderten Marktbedingungen anzupassen. Entweder verschwinden die sofort vom Markt komplett oder versuchen über die Schiene Zeitarbeit Auftragsspitzen, langfristige Auftragsspitzen, auch die sie sonst selbst gehandelt haben, ganz einfach kostengünstiger abzudecken, was auch funktioniert“ (A 27, 51). „Viele Kunden erwarten auch immer von Zeitarbeit, dass schon der Einsatz des Zeitpersonals billiger ist als das Stammpersonal. Das wird in vielen Fällen nicht immer erreichbar sein, weil auch Zeitpersonal Geld kostet, und wir gerade durch die Tarifierung, die wir jetzt auch haben, immer näher ranrutschen an die Preise der Kunden (…). Aber das wird heute schon häufig noch erwartet, dass unser Personal in der Einsatzzeit billiger ist als das eigene Personal“ (V 7, 7).
164 Allerdings gibt es auch relativierende Stimmen. Der Preis für die Dienstleistung ist aus der Sicht eines anderen Experten für die Nachfrager bei der Zeitarbeit unterschiedlich wichtig. „Also, dass (…) viele Kunden sagen, ich habe einen Bedarf, den will ich schnell besetzen. Und wer am schnellsten liefert - man soll jetzt nie vergessen, dass es um Menschen geht, aber wir nennen das mal so - wer am schnellsten den passenden Mitarbeiter zur Verfügung stellt, da interessiert mich der Preis eigentlich herzlich wenig. Dann gibt es wiederum Kunden, da geht es nur um den Preis. Die sagen, letztendlich nehme ich den billigsten Anbieter. Andere wiederum, die gehen mehr auf die Qualität, die sagen, ich möchte ganz einfach den passenden Mitarbeiter zum passenden Zeitpunkt und habe deswegen auch schon Gespräche und Zusammenarbeit im voraus mit dem Zeitarbeitsunternehmen. Das heißt, man kann ja auch langfristig suchen von unserer Seite, das ist das beste Geschäft, sag ich immer wieder. Dieser Kunde sagt, ich möchte auch einen Preis dafür zahlen, wo das alles mit drin ist, aber das ist nicht der niedrigste, soll auch nicht der höchste sein“ (A 27, 69). Ein weiterer Zeitarbeitsexperte fügt hinzu, dass zwar Kostenüberlegungen den Einsatz von Zeitarbeit antreiben und somit relevant sind, jedoch spricht der Experte nicht an, welche Kosten damit genau gemeint sind: „ (…) von den 30 DAX-Firmen sind 19 der großen DAX[-Firmen] (…) unsere aktuellen Kunden. Was die im Einzelnen antreibt, also ich sage mal, der Einsatz von Zeitarbeit sind definitiv Kostenüberlegungen. Ganz klare strategische Überlegungen“ (A 19, 45). Ein weiterer Experte betont, dass Interimsmanagement in einer Gesamtkostenrechnung zwar günstiger für das nachfragende Unternehmen sei als eine Festanstellung, dass Kundenunternehmen jedoch auf diesen Punkt der Gesamtkostensenkung hingewiesen werden müssen. „Die ganz entscheidende Rolle [ist]: Interimsmanagement wird falsch bewertet. Man sagt, der ist viel zu teuer. (…) Man hat sehr viele Kosten nicht. Wenn man jemand fest anstellt, nach einem halben Jahr hat man den an der Backe, und wenn man den wieder loswerden will - Fünf-Jahres-Vertrag als Geschäftsführer -, heißt, wenn man ihn rausschmeißt, in der Regel zahlt man noch die Hälfte des noch laufenden Vertrages aus. Der Interimsmanager ist einfach weg. Also man muss auch diese ganzen Opportunitätskosten sehen. Das ist eigentlich immer ein wesentlicher Punkt, dass man sagt, viel zu teuer, das kann ich nicht darstellen und wir sind in einer schwierigen Situation. Das ist immer wieder die Aufgabe des Interimsmanagers, den Unternehmer davon zu überzeugen, dass es ganz und gar nicht teuer ist, sondern das ist wirklich preiswert, damit meine ich nicht billig, sondern preiswert sein kann. Also ich mache mal die Rechnung auf. Ich mache mal eine Spalte Festeinstellung und Nicht-Festeinstellung und dann zieh ich dort einen Strich nach einem Jahr und dann sieht man, dass das zumindest nicht teurer ist, in der Regel [ist das] sogar günstiger“ (V3, 43).
165 Demgegenüber wägt ein anderer Interimsmanagementexperte den Punkt der (erwarteten) Senkung der Gesamtkosten aus Kundensicht eher ab, indem dieser sagt, dass der Einsatz eines Interimsmanagers auf Dauer nicht günstiger sei als der eines Festangestellten, weil die gleichen Kostenkomponenten eine Rolle spielten. „Also einmal es ist natürlich dann günstiger, wenn ich sage, ich kaufe eine Leistung nur für einen Zeitraum, für die ich sie brauche, und brauche sie davor und danach nicht zu bezahlen. Zum zweiten kaufe ich natürlich eine Leistung ein, die ist, sage ich mal ‚rent to go’, das heißt, ich muss niemanden ausbilden, sondern [der] ist ausgebildet. (…) Diese Kosten spare ich mir. (…) Ansonsten, ich glaube, Interimsmanager würden (…) wenn sie als Alternative zur Festeinstellung gespielt werden, sie werden nicht billiger sein können aus dem Grund, weil die den gleichen Kostenanteil haben, also die Kostenarten werden ja nur anders verteilt. Aber, ob ich nun sage, ich zahle einen höheren Tagessatz, dafür tut er sich selber sozial versichern und kranken versichern usw. und er hat auch in seinem Tagessatz, der halt höher ist dann als meine Festangestellten kalkulatorisch, hat der natürlich, sage ich mal, sich selber eine Versicherung eingebaut, für die Wochen, für die Tage, wo er halt keine Beschäftigung hat, wo er zwischen den Projekten ist. Das sind ja immer die gleichen Kosten, ich spare ja an keiner Stelle irgendwelche Kosten“ (A 6, 21). Ein Nachfrager betont, dass ihm Interimsmanager einfach grundsätzlich zu teuer sind und er sie darum nicht einsetzt: „Interimsmanager sind uns erst mal zu teuer, (a), und (b), sehen Sie auch eine gewisse Einarbeitungsphase bei Banken, weil das mit den Bankgeheimnissen ist ein sehr sensibler Bereich, ja und von dem her würde man das mit Sicherheit nicht machen, sondern eher unsere Personalentwicklung (…)“ (N 4, 15). Ein Experte im Bereich Arbeitsvermittlung spricht an, dass Unternehmen bei der Nachfrage nach Arbeitsvermittlungsleistungen keine „klare“ Kostenersparnis erwarten. „Dadurch, dass viele Unternehmer gar nicht wissen, was [sie] die Personalsuche eigentlich kostet, gehen natürlich manche Unternehmen her und sind der Meinung, dass unsere Dienstleistung eigentlich kostenlos sein müsste, was natürlich nicht funktioniert, das ist ganz klar. Aber, dass man jetzt sagen kann, die erwarten eine klare Kostenersparnis, nein, kann man nicht, weil sie eben sich gar nicht über die Kosten einer Personalsuche im Klaren sind“ (V 1, 43). Demgegenüber sehen andere Experten die Kostenersparnis als einen ganz wesentlichen Faktor für die Nachfrage nach Arbeitsvermittlungsleistungen: „Also es ist ganz, ich denke mal, ganz wesentlich ist der Kostenfaktor. Also die Akquisitionskosten für Personal an einem neuen Standort, die sollen so gering
166 wie möglich ausfallen“ (A 12, 29). „Die Klienten sehen die Kosten extrem unterschiedlich. Manche finden das hoch, manche finden das völlig vernachlässigbar. Wenn die sagen, also der Hebel, den (…) der richtige Mitarbeiter hat, der geht schnell in die zweistellige Millionenzahl. Und wenn man dann für eine Suche ein Drittel Jahresgehalt bezahlt, [das] ist ja so, als wenn Sie jemanden vier Monate früher einstellen, das ist das gleiche. Das gilt für manche als keine hohen Kosten. Das ist nebensächlich“ (A 3, 81). Zwei Experten im Bereich Headhunting sprechen den Punkt an, dass durch die Einschaltung eines Headhunters die Gesamtkosten der Personalbeschaffung oberer Führungskräfte gesenkt werden können. Einer der Experten weist auf die Verkürzung des Beschaffungsprozesses und die Zeitersparnis beim Einschalten eines externen Experten hin, die zu einer Gesamtkostensenkung beitragen können. „Als Unternehmen kann ich mir intern jemanden für das Recruiting beschaffen, aber die Recruiter arbeiten auch wieder mit Headhuntern zusammen. Also von daher, ja, ist das eher, sagen wir mal, dass man die Prozesse abkürzt, das ist ein Effekt. Wenn ich [als Anbieter zu dem Kunden] sage: ‚Warum kommen Sie denn jetzt erst? Sie haben eine Anzeige geschaltet. Sie haben ein halbes Jahr schon gewartet. Sie haben vielleicht auch schon jemanden eingestellt gehabt (…). Da rechne ich Ihnen mal auf, was [Sie] das kostet und dann zeige ich Ihnen mein Honorar, (...). Also das ist dann immer das Argument, das ich habe, um zu sagen: ‚Macht es lieber gleich, wenn Ihr genau wisst, dass das eine sehr anspruchsvolle Position ist, und Ihr braucht dort Unterstützung und die findet Ihr nicht auf dem Markt.’ Ich meine, das wissen ja die Unternehmen ja meistens auch viel besser als ich selbst, dass die sagen, die gibt es einfach nicht, die Leute. Dann ist so ein Weg, einen Headhunter einzuschalten, eigentlich auch der kostengünstigere und effizientere“ (A 5, 31). Der andere Experte erwähnt, dass sich ein Unternehmen durch die Nachfrage nach Personalberatungsleistungen auch dagegen besser absichern kann, Stellen falsch zu besetzen, und damit potentiell Folgekosten einer Fehlbesetzung einspart: „Jeder Unternehmer und jeder angestellte Geschäftsführer weiß, dass, wenn er eine Fehlbesetzung im Führungskräftebereich sich erlaubt, dass das erhebliche Kosten verursacht im Unternehmen. Von den immateriellen Kosten der häufigen Wechsel, die Unruhe, die rein gebracht wird, da ist einer gerade mal da, und nach [einem] halben Jahr oder einem Jahr scheidet er wieder aus usw. Davon mal ganz abgesehen bringt das ja auch quantitativ messbare Kosten. (...) Und
167 deshalb sagt der Unternehmer: ‚Wenn ich sicherstelle, dass ich keinen Fehlgriff tue, das heißt, dass die Qualität der (...) Beschaffung und der Beurteilung des Personalberaters in Ordnung ist, dann spare ich mir da auch Kosten, nämlich potentielle Folgekosten’“ (V 5, 71). Für die Personalberatung wird also von den Anbietern sehr deutlich darauf verwiesen, dass eine Abwägung der Wirkungen insgesamt erfolgen sollte, um zu einer korrekten Einschätzung der Dienstleistung zu gelangen. Dies kann man auch so interpretieren, dass sich möglicherweise viele Klienten durch die Honorarforderung der Personalberater zunächst abschrecken lassen, dann aber mit diesen und ähnlichen Argumenten überzeugt werden, dass die direkten monetären Gesamtkosten der Stellenbesetzung gar nicht das entscheidende Kriterium sind bzw. sein sollten. Ähnlich ist die Struktur der Aussagen bei der Unternehmensberatung. „Doch, doch, also der Preis ist schon eine Geschichte. Nur, man muss spezifisch sehen, wenn man eines der Top drei Beratungsunternehmen, die ungefähr 50 % teurer als die anderen (…) sind, nimmt, ja, dann überwiegen natürlich die qualitativen Anforderungen extrem, weil sozusagen, das sind alles Kaufleute, mit denen Sie verhandeln, und die nehmen Sie nur, ja, wenn Sie eben diesen besonderen Value glaubhaft rüberbringen können“ (A 15, 39). Andere Experten im Bereich Unternehmensberatung sprechen den Punkt der erwarteten Gesamtkostensenkung jedoch an und betonen, dass die Nachfrager hart um die Preise verhandeln, allerdings im Kontext erwarteter Kostensenkungen durch den Einsatz: „Also, ich würde im Wesentlichen sagen, als erstes, finanziell. Er will Geld sparen. Das ist eine der wesentlichsten Sachverhalte“ (A 14, 23). Die hohe Relevanz der Gesamtkosten wird auch von anderen Anbietern bestätigt. So berichtet ein Anbieter über Erfahrungen mit unterschiedlichen Preismodellen und über harte Preisverhandlungen mit den Kunden: „Die Fixkosten entstehen dadurch, dass im Prinzip sich das Unternehmen einen Personaler leisten muss und die sind da und die haben Räumlichkeiten, die haben Sachverhalte, (...) die Kosten für das Unternehmen bleiben gleich. Was wir anbieten, wo wir denken, was sehr gute Sachen vollbracht haben, der Person konkret anbieten des Preises pro Mitarbeiter, pro die Leistung und damit kann der Kunde sehr konkret rechnen, ich habe so und so viele Leute für das und das Volumen und kann damit arbeiten. Was (…) wir gemacht haben, war die Frage, wir bieten dir das zum Pauschalpreis an und bieten so eine Spanne mit an. Und wir haben gesagt, das ist jetzt der Standardpreis, und in den Volumina arbeiten
168 wir, und das ist die Bezahlung, und 15 % drüber, drunter ist immer der gleiche Preis. Also ist einmal eine Preisformulierung gemacht worden und dann nicht wieder. Im Ergebnis ist es so, wenn die Kunden wachsen, die wachsen über diese 15 % hinaus und sind natürlich gerne bereit, die Differenz, die sie dabei verdient haben, für sich einzustecken, das ist ihr Gewinn. Die nächsten Fragen, wenn die über die 15 % hinaus gehen, führen meistens dazu, das haben wir leider so erlebt, dass wir gesagt haben, der Differenzbetrag über 15 % ist jetzt von Anzahl der Mitarbeiter passiert. Nun (...) sagen wir, [wir] hätten gern diesen Preis wieder als Pauschale und stellen dann fest, dass der Kunde wohl sagt, ja, die 15 % sind erreicht, aber ich brauche eine generelle Preissenkung. Ratsch, saust er auf die Variante um, Preis wieder runter. (…) er versucht natürlich dann auf dem einmal fixierten Kostenblock zu bleiben oder den sogar noch zu unterbieten. Und das ist genau die Sache, die ich zu Anfang sagte. Eine sich entwickelnde Situation, wo der Personaler oftmals in die Mangel kommt, wie geht's denn hiermit weiter“ (A 14, 27-28). Auch für den Bereich der Lohn- und Gehaltsabrechnung wird die Relevanz der Gesamtkosten betont. Ein Nachfrager nach Lohn- und Gehaltsabrechnungen betont sehr eindeutig die Relevanz der Gesamtkosten für die Frage, ob dieser Bereich ausgelagert werden sollte oder nicht. Er bemerkt sogar, dass in dieser Frage nur die absoluten Kosten relevant sind. Der Nachfrager würde die Funktion auslagern, wenn externe Anbieter 30% günstiger wären, was jedoch noch kein Externer anbieten konnte, so dass die Funktion noch intern erbracht wird. „Theoretisch ist es die Einheit, die outsourcbar ist. Wieso haben wir es bisher nicht getan? Wir sind immer wieder an dem Punkt, das zu überlegen. Ich glaube, durch die standardisierte Aufstellung und den Prozess, der dahinter liegt, sind wir schon relativ gut. Und meine Hürde heißt, wenn es mir einer von Außen 30 % günstiger macht, dann kann er's haben. Aber die Hürde hat bisher keiner geschafft. Das heißt, ich habe konkret mit [Firma] gesprochen, die Kollegen dort waren natürlich höchst interessiert an dem Auftrag. Man muss sehen, was neben der 30 %-Hürde, die ich da sehen will, auch noch das Thema Mehrwertsteuer, das heißt, es muss schon einer wirklich kräftig besser sein. (…) Kommt natürlich in erster Linie das Thema, also ich rede da sehr offen, da kommt in erster Linie das Thema IT. Denn du zahlst ja für eine Payroll - obwohl du das dort nicht brauchen würdest, obwohl du das Zeug nicht brauchst - das ganze Sicherheitsinvestment einer Bank mit. Und das ist natürlich schon relativ teuer. Ich sage Ihnen ungefähr die Preissituation da. Wir haben momentan ungefähr 15 € pro Gehaltsabrechnung im Monat, die wir intern auch verrechnen, im Konzern verrechnen. Das externe Angebot liegt bei den Spezialitäten, die wir haben, momentan bei ungefähr zwölf [€] und ich habe jetzt für 05 die Zusage unserer IT, dass die von den 15 [€] auch noch mal zwei [€] heruntergehen. (…) Noch mal, wenn einer kommt, der mir sagt, ich biete es dir für unter zehn € an, am Anfang, ich habe
169 da keinen Stress damit. Das ist allerdings für mich bei dieser Outsourcingdiskussion immer die Hauptfrage“ (N 2, 3). Insgesamt wird also deutlich, dass es sehr unterschiedliche Einschätzungen darüber gibt, ob durch die Nutzung von Personaldienstleistungen für die nachfragenden Unternehmen eine Senkung der Kosten für ihre Personalfunktionen erreicht werden kann oder nicht und ob das Kostensenkungsmotiv auch isoliert betrachtet eine zentrale Bedeutung hat oder eher im Kontext anderer Wirkungen mit abgewogen wird. Diese unterschiedlichen Einschätzungen verweisen schon darauf, dass es verschiedene Einflussfaktoren auf die Höhe der Gesamtkosten gibt. 4.2.4.2.2. Ursachen für die Veränderung der Gesamtkosten Ob und wie stark die direkten monetären Gesamtkosten steigen oder sinken, wenn bei den nachfragenden Unternehmen durch die Nachfrage nach Personaldienstleistungen Fixkosten in variable Kosten umgewandelt werden, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Hinsichtlich der Ursachen und Effekte hinter einer möglichen Gesamtkostenersparnis gibt es unterschiedliche Aussagen: Gewinninteresse der Personaldienstleister, Economies of Scale, kostenlose Kuppelproduktion von Leistungen, Effekte der Zeitdauer der Nutzung und Effekte unterschiedlicher Tarifverträge. Diese werde im Folgenden kurz behandelt. Mehrere Experten weisen hinsichtlich der Höhe der Gesamtkosten am Beispiel der Nachfrage nach Zeitarbeit darauf hin, dass die Gesamtkostensenkung erstens immer fraglich sei, da der Dienstleister mit seinem Angebot Gewinne erwirtschaften will, die als Gewinnaufschläge in seine Preiskalkulation eingehen. „Ja gut, wir tragen die ganzen Lohnnebenkosten, die müssen wir auf jeden Fall, ja, dann draufschlagen. (…) Mit dem Kunden, da wird der Preis dann ausgehandelt. Aber wir können natürlich nicht unter dem gehen, was es uns kostet, logischerweise. Das kann man mal im Einzelfall machen in einer kleinen Firma, aber zum Schluss (…) muss ja ein Gewinn [heraus kommen]. Wir sind halt genauso wie jedes andere Unternehmen. Wir müssen Gewinn erwirtschaften. Wir haben eben nur die Ware Arbeitskraft unserer Menschen. (...) Die [Kundenunternehmen] haben ja auch ihre Erfahrung, was die Lohnnebenkosten sind. Und wir sagen knallhart, es kommt noch ein bisschen was drauf. Denn ich meine, ich lebe ja von meinen Mitarbeitern. Das wissen die [Kunden] schon dann“ (A 26, 39 und 43). „Im Prozess für den Kunden wird natürlich eine Kalkulation aufgemacht und ein
170 Kunde schreckt erst mal noch vor dem Tarif zurück. Weil letztendlich wird auch diese Rekrutierung, die wir durchführen, prozentual immer mitkalkuliert in dem Tarif. Das heißt, es gibt einen Mitarbeitertarif und kalkulatorisch gesehen einen Kundentarif. Und das schreckt einige Kunden ab, und haben wir hier im Osten sowieso einen Preiskampf, der wahrscheinlich ohnegleichen auf der ganzen Welt ist, sag ich mal, das ist echt Wahnsinn, was hier los ist. Und dort gibt es halt Angebote, wo man sagt, in der herkömmlichen Industrie reden wir von Dumpingangeboten oder von unlauterem Wettbewerb. Das gibt es in der Zeitarbeit auch, aber da wird so nicht drüber geredet. Das ist ganz einfach, es gibt Unternehmen, die sagen, ich will den billigsten Anbieter, es gibt Unternehmen, die sagen, ich möchte Qualität haben“ (A 27, 33). Zweitens kann es sein, dass der Dienstleister durch die Spezialisierung auf bestimmte Bereiche Größeneffekte bzw. Economies of Scale ausspielen kann und darüber trotz Gewinnzuschlägen zu Preisen anbieten kann, die für nachfragende Unternehmen zu einer Kostensenkung führen. Dies spricht ein Experte für Beschaffungsdienstleistungen am Beispiel der Insertionskosten an: „Das kostet den Kunden, die bezahlen bei uns, was weiß ich, nehmen wir mal eine Summe von 19 Prozent vom Jahresbrutto, zahlen die an uns als Gebühr. Davon abgesehen, der Wettbewerb liegt bei mindestens 25 Prozent. Da sind wir schon relativ gut. Und die haben praktisch, die hätten jetzt als Gegenkosten die gesamte Personalarbeit, was die Person an sich kostet für die Zeit. (…) Das sind riesige Summen. Dann die Zeitungsanzeige, dann die gesamten Jobbörsen. Wir haben ja Sonderkonditionen, weil wir so viel schalten, bundesweit. Da sind wir wieder bei 40 € pro Anzeige, da sind andere bei 200 [€]. So geht das halt weiter. Das ist einfach von der Seite her so. Also wer einmal betriebswirtschaftlich rechnet, der kommt auf einen externen Dienstleister“ (A 28, 65). In diesem Zitat wird sehr deutlich, dass Größeneffekte eine bedeutende Rolle für den Umfang dieser Kostenvorteile aufgrund von Economies of Scale spielen werden: So ist es für einen großen Dienstleister sehr viel einfacher, gegenüber kleinen Nachfragern größenbedingte Kostenvorteile geltend zu machen als für einen kleinen Dienstleister, der einem großen Nachfrager gegenüber steht. Bei der Zeitarbeit spielen offenbar zwei weitere Effekte eine Rolle. Drei Experten berichten, dass die Gesamtkosten der Personalbeschaffung insbesondere durch das Austesten und die spätere Übernahme von Zeitarbeitskräften in die Stammbelegschaft gesenkt werden könnten – das Argument, das wir weiter oben bereits als Begründung der mehr oder weniger „kos-
171 tenlosen“ Kuppelproduktion von weiteren personalwirtschaftlichen Leistungen kennen gelernt haben: „Also ich spar mir ja erst mal im Vorfeld eine ganze Menge Inseratskosten“ (A 20, 21). „Und wir [die Zeitarbeitsunternehmen] sind doch eigentlich eine billigere Alternative der Personalsuche. Die Firmen können über uns austesten, ein Jahr lang für umsonst, passt derjenige fachlich rein und passt er sozial rein. Und das sind zwei wichtige Komponenten. Und wenn Sie das dem Kunden klar machen, der Kunde weiß auch, dass er ganz schwierig Experten bekommt, weil der Kunde ja nur in seinem Umfeld [sucht], [unsere] Firma ist halt so groß, dass wir weltweit rekrutieren können“ (A 26, 27). „Und diese Flut an Bewerbungen abzuwickeln ist natürlich ein enormer finanzieller und zeitlicher Aufwand. Und von daher sagen die [Kunden] sich oft: ‚Das nehmen wir nicht mehr auf uns, sondern wir gehen an qualifizierte Personaldienstleister heran, die für uns die Vorauswahl machen, uns die selektive Vorauswahl vorstellen, wir sie dann erst über die Zeitarbeit testen und dann gegebenenfalls einstellen’“ (A 23, 19). Das Austesten von Personal wird hier praktisch als „kostenloses“ Kuppelprodukt der Nutzung der Zeitarbeit beschrieben. Spätestens dann jedoch, wenn die Zeitarbeitsunternehmen sich Vermittlungsprämien zahlen lassen, kann dieser Kostenvorteil wieder verloren gehen. Zudem werden natürlich die Rekrutierungskosten der Zeitarbeitsunternehmen in die Arbeitnehmerüberlassungsgebühr hinein kalkuliert, so dass man nur dann von „kostenloser“ Rekrutierung sprechen kann, wenn die Zeitarbeit ohnehin aus anderen Gründen genutzt würde und diese Arbeitnehmerüberlassungsgebühren ohnehin bezahlt werden müssten. Ein vierter wichtiger Faktor kann die Dauer bzw. der Umfang der Nutzung der Personaldienstleistungen sein. Ein Nachfrager nach Zeitarbeit beschreibt den Verlauf seiner Fixkosten explizit. Demnach sind insbesondere in der Anbahnungsphase die Fix- und die Gesamtkosten deutlich geringer, weil Personalsuche und -auswahl von dem Dienstleister übernommen werden. Später übersteigt der Preis des Zeitarbeitsunternehmens, der als variable Kosten im nachfragenden Unternehmen anfällt, jedoch die potenziellen internen Gesamtkosten, die fix für die weitere Personalarbeit anfallen würden, so dass dann Festeinstellungen kostengünstiger würden: „Und gerade am Anfang sind natürlich die Kosten niedriger, als wenn ich mir den Mitarbeiter direkt einstelle. Für die ersten sechs, acht Monate ist das so.
172 Und dann überschreitet das eine gewisse Grenze, wo man sagen kann, es wäre dann eigentlich sinnvoller, die Mitarbeiter direkt wieder bei uns wieder zu beschäftigen. (…) Wir haben einen gewissen Stamm im Hause, den werden wir kaum weiter nach unten reduzieren und alles, was sich nach oben hin wegbewegt, ist wunderbar mit den Leihkräften abzudecken. Und wie gesagt, wir haben so ein variables Arbeitszeitsystem im Hause, dass wir also von zwei Tagen in der Woche bis sieben Tage in der Woche arbeiten könnten und das von einer Schicht bis vier Schichten. Und da kommen wir eigentlich mit eigenen Mitarbeitern nie hin, das werden wir nie schaffen. Und wir werden dahingehend immer mit Leihkräften arbeiten müssen, also ansonsten sind die Kosten, die man dann hätte, gerade die Leerlaufkosten, mal angenommen, so wie jetzt vergangene Woche Feiertage usw. Das ist natürlich hervorragend mit Leihkräften, kosten uns nichts, Brückentage auch nicht - müssen die Leihfirmen sehen, wie sie das ihren Mitarbeitern auf gut deutsch gesagt verkaufen, dass da bei uns nicht gearbeitet wird im Hause. Und das sind für uns natürlich keine Kosten, das rechnet sich schon bei der Masse. Dann rechnet sich es eben auch, wenn man sagt, o. k., man beschäftigt die Leihkräfte länger als diese sechs oder acht Monate (...). Also man kann das schön ausrechnen. Die Tarife von den Leihfirmen sind ja doch wesentlich höher angesiedelt, wenn wir mal vergleichen, wir haben einen Einstiegstarif von 8,63 € hier im Haus und bei den Leihfirmen liegen wir irgendwo Summa summarum bei 12,00 €, 12,50 € pro Stunde. Und da ich da natürlich diese ganzen Auswahlkosten nicht habe, Bearbeitungskosten hier im Hause, da ich die Einarbeitungskosten zwar trage, aber auch nur indirekt, da ich ja für diese Sachen nicht aufkommen muss, die ganzen Fehlzeitensachen nicht dabei sind, wie Urlaub, Krankheit, Feiertagslohn usw. Und da kippt es irgendwann so, nach acht Monaten liegt der Break Even, wo man sagen muss, o. k. dann habe ich den Mitarbeiter so weit eingearbeitet, dass ich natürlich im Umkehrschluss auch sagen muss, er ist für mich schon wiederum eine wertvolle Kraft, ich habe jetzt Zeit, Geld in ihn investiert, um ihn auf diesem Stand zu haben. Und dann wäre es langfristig eigentlich sinnvoll, den Mitarbeiter ins Stammpersonal zu übernehmen, weil dann die Kosten im Prinzip ja pari liegen. Uns ist dann im Umkehrschluss die Flexibilität lieber, indem wir klar sagen, o. k. wir haben eine Grenze, die im Budget auch festliegt, wir haben einen entsprechenden Mitarbeiterplan im Hause für welche Kostenstelle, für welchen Arbeitsplatz, für welche Anlage, für welches Produkt wie viele Mitarbeiter notwendig sind, daraus ergibt sich eine Gesamtmenge. Und alles, was darüber hinausgeht über diese Kernmenge an Mitarbeitern, wird grundsätzlich immer mit Leihkräften besetzt. So, das ist die Strategie, die wir fahren. Und dann nimmt man dann im Umkehrschluss lieber die etwas höheren Kosten - die sind nicht allzu viel höher, als wenn wir die Mitarbeiter im Stamm hätten - aber man nimmt lieber im Umkehrschluss die höheren Gesamtkosten durch die Leiharbeit in Kauf, als die Flexibilisierung aufzugeben (...)“ (N 12, 13-15).
173 Andere Experten weisen ebenfalls darauf hin, dass durch die Nachfrage nach Zeitarbeit die Gesamtkosten nur kurzfristig, aber nicht dauerhaft gesenkt werden können, sondern dass die Einsparung von Gesamtkosten auch von der zeitlichen Dauer der Zeitarbeitsnutzung abhängt: „Na gut vielleicht ein Nachteil, es könnte unter Umständen etwas teurer sein, klar. Man hat mal ausgerechnet, dass innerhalb des ersten halben Jahres, wenn man eine Vollkostenberechnung macht, dann ist die Zeitarbeit mit Sicherheit günstiger. Aber nach einem halben Jahr wird sie dann in der Regel teurer. Das kann natürlich ein Nachteil sein (A 23, 31). „Ich meine, Zeitarbeit rechnet sich nicht auf Dauer. Also Zeitarbeit über drei Jahre rechnet sich eigentlich nicht, es sei denn, ich sehe Probleme in der Zukunft. Dann ja. Ansonsten macht es keinen Sinn. Aber für gewisse Zeiträume ist Zeitarbeit wesentlich günstiger. (...) Also wenn Sie überlegen, dass Sie vielleicht für eine Aufgabe immer nur, dass dafür nur 14 Tage Beschäftigung ansteht im Monat, dann lohnt sich dafür keine eigene Kraft. Dann kann ich natürlich die Leistung anders abwickeln oder abdecken lassen“ (A 24, 15 und 44). „Ja, aber ist es denn wirklich so, dass Sie durch Zeitarbeit viel Geld einsparen? Sie sparen durch Zeitarbeit sicherlich, wenn Sie dadurch einen Mitarbeiter ersetzen, dem Sie keine Abfindung zahlen müssen und der in, was weiß ich, in Ruhestand geht oder so was ähnliches, aber normalerweise? Also die Zeitarbeit ist ja eigentlich nicht dahingehend ausgelegt, dass sie da dauerhaft, also das heißt über mehrere Jahre am Stück tätig sind, dann macht es eigentlich wenig Sinn“ (A 25, 27). Die von uns befragten Nachfrager nach Personalberatung und Arbeitsvermittlung sind sich ebenfalls in dem Punkt einig, dass die Höhe der direkten monetären Gesamtkosten im Vergleich zur Eigenfertigung abhängig von der Dauer eigener Aktivitäten ist. Drei Nachfrager weisen darauf hin, dass sich die eigene Suche häufig dann nicht lohnt, wenn lange gesucht werden muss, um einen geeigneten Bewerber für eine Stelle zu finden: „Ich meine, sicherlich, ich kann jedes Problem irgendwie selbst lösen, aber da sag ich dann eben, es muss dann eigentlich wieder billiger sein, als wenn wir jetzt selber die ganze Branche ewig abklappern und versuchen zu verstehen und zu tun und zu machen“ (N 3, 33). „Man muss halt überlegen, wenn der erste Wurf nichts bringt, musst du einen zweiten machen und dann hat man den Headhunter schon bezahlt“ (N 4, 25). „Und da gibt es immer zwei Möglichkeiten, entweder man geht zunächst ganz konventionell über eine Anzeige in (ein) überregionales Blatt rein, Süddeutsche, Frankfurter, irgend so was und schaut, was man für eine Resonanz bekommt.
174 Oder aber man geht von Haus aus mit einer bestimmten Profilanforderung an einen Headhunter und sagt, das bräuchte ich, und wenn man mit dem gute Erfahrungen gemacht hat, dann ist es durchaus so, dass vom Kosten-Nutzen-Effekt so eine Headhunting-Maßnahme nicht teurer sein muss, wie wenn man es selber versucht, so einen Menschen zu besorgen. Also wenn ich daran denke, ich brauche vielleicht ein, zwei Anzeigenschaltungen. Ich hab dann, wie ich es auch schon erlebt habe, für so einen Fall 100 bis 200 Bewerbungen durchzuarbeiten, qualifiziert durchzuarbeiten, bis ich dann auf die fünf oder vielleicht zehn komme, die dann in die engere Auswahl gekommen sind. [Das] bindet unheimlich viel Zeit intern, dass man sich mit den Personen dann intensiv auseinandersetzt, das versteht sich von selber. Aber ich kürze diese ganze Zeit ab, hab also bereits dann praktisch die Profile von vielleicht vier, fünf, sechs Leuten und kann dann gezielt sagen, den und den möchte ich jetzt anschauen, und wenn es die zwei nicht waren, dann noch mal einen Dritten. Also das sind durchaus Gesichtspunkte, die eigenen Ressourcen da zu schonen (...) Jetzt muss man natürlich sagen, es kann mir passieren, dass Sie selber mit der Rekrutierung beginnen und ein bis zwei Anzeigen schalten, das Bewerberaufkommen sichten und dann nach ein paar Wochen feststellen, dass der, den Sie gebraucht hätten, nicht dabei war. Da haben Sie auch schon mal ordentlich Geld und Zeitressourcen verbraten, und fangen dann vielleicht an zu sagen, so, jetzt nehmen wir einen Personalvermittler“ (N 5, 6, 14). Eine weitere Ursache möglicher Unterschiede in den direkten monetären Gesamtkosten kann fünftens ein gewisses Tarif- bzw. Lohnkostengefälle zwischen Dienstleister und nachfragendem Unternehmen sein. Hierauf weist ein Experte für den Bereich Arbeitsvermittlung hin sowie ein weiterer für den Bereich Zeitarbeit, der zudem das Lohngefälle auch in den Kontext der Größe des nachfragenden Unternehmens stellt: „Sie müssen ja, um mal das Beispiel [Firma] [zu] nehmen, von den 120 000 Bewerbungen (…) auf die 2 000 runter kommen, die letztendlich da angefangen haben, das in Gang zu bringen. Dieser Trichter, der ist ja zumindest bei den Unternehmen, also bei den Großkonzernen ist es ja jetzt nicht so, dass die sagen, wir picken uns jetzt wahllos 2 000 raus, die beglücken wir jetzt mit einem Arbeitsvertrag, sondern da passiert ja auch inhaltlich was. Dieser Inhalt, also die Werkzeuge, die man da ansetzt, (…), das kostet auch was. Also das Personal, was diese Inhalte umsetzt, das ist natürlich ein Unterschied, ob die bei einem externen Dienstleister beschäftigt sind oder ob das [Firma]-Mitarbeiter sind, von den Gehältern her“ (A 12, 31). „Nachteil könnte natürlich sein, Zeitarbeit ist in der Regel zumindest für mittelständische oder Kleinunternehmen etwas teurer als die eigenen Leute. Bei großen Unternehmen bestreite ich das ganz einfach zum großen Teil, weil die haben so viel Lohnnebenkosten, dass, wenn die wirklich dann mal eine Vollkostenrechnung machen, ganz einfach sehen, die Zeitarbeiter da sind nicht oder nicht wesentlich teurer. Ich hatte mal mit einem Unternehmen mit dem Personalchef ei-
175 nes Versicherungsunternehmens gesprochen und die haben mir gesagt, die sie hätten Lohnnebenkosten von 130 %. Und die Zeitarbeiter wären einfach günstiger. Sprich also, wenn die 1.000 € verdienen wollen, müssen die denen an kompletten Kosten 2.300 € zahlen. Und für 1.000 € kriegen die keinen mehr von zu Hause weggelockt. Also, im kleinen und mittelständischen Bereich kann es sein, dass es teurer wird, im Großunternehmensbereich bezweifle ich [das]“ (A 23, 33). Deutlich wird aber, dass im Prinzip die Lohnkostenunterschiede in beide Richtungen wirken können – günstigere Lohnkosten für den Dienstleister aufgrund anderer Tarifbereiche gegenüber großen, unter „teuren“ Tarifen gebundene Unternehmen einerseits, mögliche Nachteile eines großen, unter einem teuren Tarif gebundenen Dienstleisters gegenüber kleineren, vielleicht nicht tarifgebundenen Unternehmen andererseits. 4.2.4.2.3. Zusammenfassung Die vier Effekte des Gewinninteresses der Personaldienstleister, der Zeitdauer der Nutzung der Dienstleistung oder auch der (erfolglosen) internen Erstellung der Personalfunktion, der Economies of Scale und der Tarif- und Lohnkostenunterschiede können im Prinzip bei jeder Personaldienstleistung auftreten, wenn sie auch in unseren Interviews jeweils nur für einzelne Dienstleistungen angesprochen wurden. Der fünfte Effekt, die mehr oder weniger kostenfreie Kuppelproduktion von Beschaffungsund Selektionsleistungen, scheint dagegen zwar auf den ersten Blick insbesondere bei den Personaldienstleistungen möglich zu sein, die mit dem Einsatz externer Arbeitskräfte im nachfragenden Unternehmen einhergehen. Jedoch kann im Grunde bei jeder Zusammenarbeit mit einem Personaldienstleister der Effekt auftreten, dass man Personal des Dienstleisters kennen und schätzen lernt und dieses später selbst für die eigene Personalabteilung einstellt. Daher können im Grunde alle fünf Effekte bei jeder der Dienstleistungen dazu beitragen, die Höhe der Gesamtkosten für die Erstellung der Personalfunktionen durch die Nachfrage nach Personaldienstleistungen zu verändern. Da die einzelnen Effekte durchaus auch in unterschiedliche Richtung wirken können und zudem der Vergleichsmaßstab, nämlich die Kosten des jeweils nachfragenden Unternehmens, je nach betrachtetem Nachfrager schwankt, lässt sich keine generelle Aussage über
176 einen Kostenvorteil der Nutzung von Personaldienstleistungen machen. Vielmehr ist der Kostenvergleich im Einzelfall und in Abwägung mit den anderen Wirkungskategorien durchzuführen, um zu einer Entscheidung über die Nutzung von Personaldienstleistungen zu kommen. Inwieweit allerdings einerseits die kostensenkenden Effekte die kostenerhöhenden Effekte überwiegen bzw. preisbestimmend werden können, wird nicht zuletzt auch eine Frage der Wettbewerbsintensität auf dem Personaldienstleistungsmarkt sein. Andererseits wird die Frage, ob überhaupt Vorstellungen über die Höhe der Eigenerstellungskosten und damit ein klarer Vergleichsmaßstab im nachfragenden Unternehmen existiert, von Unternehmen zu Unternehmen unterschiedlich zu beantworten sein. 25 4.2.4.3.
Veränderung von indirekten Kosten: Haftungs-, Abfindungs- und Fehlerkosten
Durch den Fremdbezug bestimmter Personaldienstleistungen könnten sich weiterhin auch weitere, eher indirekte Bestandteile von Kosten im weitesten Sinne verändern, die aus rechtlichen oder anderen Fehlern, aus Abfindungszahlungen, Gerichtsprozessen etc. entstehen können. Hinsichtlich solcher Bestandteile von Kosten im weitesten Sinne besteht zwar eine fließende Grenze gegenüber den direkten monetären Kosten, z. B. den Lohnkosten. Einige Bestandteile dieser Kosten wurden daher auch oben schon behandelt. Sie sind aber häufig schwerer kalkulierbar und abschätzbar als direkte oder regelmäßig anfallende Kosten und beinhalten zudem auch einige nichtmonetäre Bestandteile, die nur schwer direkt mit den monetären Bestandteilen verglichen werden können. Daher behandeln wir sie hier – trotz der teilweisen Überschneidungen zu den bereits behandelten Kostenbestandteilen - als extra Kategorie. Diese erwartete Wirkung über alle Personaldienstleistungen bzw. über Gruppen von Personaldienstleistungen hinweg spricht ein Experte im Bereich Komplett-Outsourcing an. Dieser erwähnt, dass das Unternehmen durch die Einschaltung eines externen Personaldienstleisters einen geringeren Personalbestand aufbaut, wodurch es weniger (Arbeitgeber-)Risiken trägt: „Ich habe ja mit jedem Mitarbeiter, den ich mehr an Bord habe, ein Stück Risiko
25
Vgl. hierzu weiter unten im Text.
177 mehr an Bord. Das ist in Deutschland verbunden (…) mit allen möglichen Problemen, die habe ich alle nicht an Bord. Also ich kann mich viel schlanker aufstellen, viel flexibler aufstellen“ (A 8, 41). Auch für die einzelnen Personaldienstleistungen wird diese Sichtweise von den Anbietern vertreten. Durch die Nachfrage nach Zeitarbeit tragen Unternehmen (gewisse) Arbeitgeberrisiken und daraus entstehende Kosten nicht, da das Zeitarbeitsunternehmen der Arbeitgeber für die einzelnen Zeitarbeitskräfte ist, die im nachfragenden Unternehmen zum Einsatz kommen. Derartige Kosten umfassen z. B. Risiken, die durch einen Arbeitsausfall durch Krankheit, Unproduktivität durch Minderleistung der Arbeitskraft oder einer Nichteinsetzbarkeit von Arbeitskräften wegen einer schlechten Auftragslage verursacht werden könnten. Derartige Arbeitgeberrisiken sprechen mehrere Zeitarbeitsexperten an: „Bei einem Zeitarbeitnehmer, den Sie einsetzen als Unternehmen, haben Sie keine unproduktiven Kosten. Sie wissen bei einem Mitarbeiter, ob Sie den befristet einstellen oder unbefristet einstellen, gibt es eine Unproduktivität, die liegt ungefähr bei 40%, 45%, denn dieser Mitarbeiter hat Anspruch auf Urlaub, auch wenn er befristet eingestellt ist. Den können Sie nicht nach Hause schicken, wenn er krank wird. Den müssen Sie weiter bezahlen. Wenn Sie Pech haben, ist der vier Wochen oder fünf Wochen krank von den acht Wochen, für die Sie ihn eingestellt haben als befristeten. Haben Sie fleißig bezahlt, aber keine Leistung dafür gekriegt. So, das können Sie alles ins Verhältnis zum Zeitarbeitnehmer setzen. Wenn der krank wird, zahlen Sie nicht. Sie bezahlen nur die Zeit. So. Das ist ein reiner, ein klarer Kostenvorteil und Sie haben den höchsten Flexibilisierungsgrad. Auch die Befristung bindet Sie wieder ein in ganz bestimmte Mechanismen“ (A 19, 12). „Ich hab auch [einen] erheblichen Kostenvorteil, weil ich damit, ich sage mal, all die unproduktiven Zeiten nicht bezahlen muss, ich zahle kein Weihnachtsgeld, ich zahle kein Urlaubsgeld, ich zahle keine Lohnfortzahlung, ich zahle ja nur für jede produktive Stunde. Also das ist auch ein erheblicher Kostenvorteil“ (A 24, 15). „Das heißt, ich habe eine absolut feststehende, kalkulatorisch sehr gute Größe. (…) ich kann die richtig einbuchen, kann sagen, mehr ist es nicht. Weil immer dann, wenn ein Ausfall unsererseits kommt, wir haben auch kranke Mitarbeiter, es gibt mal Arbeitsunfälle, es gibt jemand, der kündigt, ja, dann ist es ja nie der Fall, dass ein Kundenunternehmen da Kosten trägt. Das sind immer unsere Kosten“ (A 27, 35). Weitere Kosten, die mit Arbeitgeberrisiken einhergehen, haben mit der Entlassung von Arbeitskräften zu tun, z. B. Abfindungskosten oder Kosten für Sozialplanleistungen. Durch die
178 Nachfrage nach Zeitarbeit kann ein Unternehmen diese Kosten vermeiden, was drei Zeitarbeitsexperten ansprechen: „Ja, das ist eine reine Entlastung. Und ich hab einfach dann auch Personalmaßnahmen in dem Sinne nicht, die ja sehr teuer sein können, wenn Sie an Abfindungsvereinbarungen denken. Die können sie sich dann natürlich komplett sparen, wenn sie diese atmende Reserve über die Personaldienstleister haben“ (A 24, 40). „Also, das würde ich als absolut legitim sehen, wenn ich als Kunde sage, ich spare mir zumindest Kündigungsprozesse. Und unser Kündigungsschutzrecht ist ja gerade für schwierige wirtschaftliche Situationen so gar nicht angelegt. Ich verstehe es bis heute nicht, wieso muss ein Unternehmen, dem es nicht so gut geht, dieses Unternehmen muss Personal entlassen und dann hat es zu allem Überfluss auch noch die ganzen Kündigungsschutzprozesse am Hals, mit zusätzlichen Kosten, das genau in einer Zeit, in der es für das Unternehmen schädlich ist. Und da habe ich, also da habe ich schon mal ein Problem mit, weil ich sage, dann noch das Thema soziale Auswahl. (…) Sie haben keinen Arbeitsplatz mehr, es passt nichts, aber sie können auch nicht immer mit einer Abfindung, sondern sie müssen sie wieder einstellen“ (A 20, 45). „(…) Ich hole mir befristet Mitarbeiter ins Haus, also Zeitarbeitnehmer ins Haus, die kann ich zwei oder drei Jahre oder fünf Jahre heute halten, und dann kann ich mich aber von denen wieder schmerzlos trennen, ohne lange Kündigungsfristen und ohne Personalabbau über Sozialpläne und dergleichen mehr“ (A 22, 26). Der gleiche Effekt wird für das Interimsmanagement genannt: „Man hat sehr viele Kosten nicht bzw. wenn man jemand fest anstellt, nach einem halben Jahr hat man den an der Backe und wenn man den wieder loswerden will - Fünf-Jahres-Vertrag als Geschäftsführer -, heißt, wenn man ihn rausschmeißt, in der Regel zahlt man noch die Hälfte des noch laufenden Vertrages aus. Der Interimsmanager ist einfach weg. Also man muss auch diese ganzen Opportunitätskosten sehen“ (V 3, 43). Auch im Bereich der Outplacement-Beratung kann die Reduzierung möglicher Kosten aus Gerichtsverfahren eine wesentliche Wirkungserwartung darstellen: „Das spielt sicherlich mit hinein zu sagen: Also, wir wollen keine gerichtliche Auseinandersetzung. Das ist sicherlich auch ein Aspekt, wo Kosten eben sehr schnell in die Höhe peitschen können, wenn es eben doch dazu kommt. Also, dass man den Prozess gerne ruhig und möglichst auf der Zeitachse nicht ausufernd gestalten möchte, das schon“ (A 9, 45). „Ja, das ist auf jeden Fall so. Die Trennung verkürzt sich und die Neigung, sich gerichtlich auseinander zu setzen, nimmt ab. Wir können das nicht messen, weil
179 wir nicht wissen, wie hätte sich dieser Mensch verhalten, wenn. Aber wir können es schon erspüren an unseren Beratungen, dass, in dem Moment, wo der Blick in die Zukunft geht und dahin geht, was kann ich, welche Qualifikation habe ich und was will ich noch alles erreichen im Leben, dass dann automatisch der Blick nach hinten [geht] und dieser Wunsch, sich auseinander zu setzen oder für etwas zu kämpfen, was mir als einzelnem vielleicht ein paar Euro mehr bringt, ansonsten aber nur Stress und sehr viel Frust bringt [vermindert wird]. Das ist schon der Fall, das ist damit verbunden. Wobei Unternehmen, die sehr verantwortlich und sensibel mit Trennung umgehen, auch in der Regel sehr wenige Arbeitsgerichtsprozesse haben. Das muss man auch sagen“ (V 4, 53). Diese Überlegungen der Anbieter werden auch von einem Nachfrager nach OutplacementDienstleistungen bestätigt, der sowohl die Haftungsrisiken als Arbeitgeber bei der Beratung von Mitarbeitern als auch die größere Schnelligkeit eines spezialisierten Dienstleisters, bestimmte Kompetenzen zur Verfügung zu stellen, betont: „Thema 55er-Regelung. Mitarbeiter mit riesigem Beratungsbedarf, da hätten wir jetzt klar die Möglichkeit gehabt, alle [internen] Personalberater zu schulen, hätten dann aber auch für alles, was die in dem Zusammenhang beraten, ja ein Haftungsrisiko gehabt. Da haben wir uns eine externe Firma gesucht, das war ein Mensch, der hat früher beim Arbeitsamt gearbeitet, kannte von daher halt alle Varianten, die es da gibt, und der hat die Beratung der Mitarbeiter übernommen und hat mit jedem Mitarbeiter einzeln gesprochen, wann muss er zum Arbeitsamt gehen, was muss er da kundtun. Wenn die Formulare gekriegt haben, haben die sich an den Menschen gewandt, der hat Formulare mit ihnen zusammen ausgefüllt und das war erstens Know-How, was wir nicht hatten, was wir so schnell, wie wir es brauchten, auch nicht hätten aufbauen können, und zweitens diese Haftungsweise“ (N 9, 69-71). Die bisherigen Zitate aus Interviews mit Experten von der Anbieter- und Verbandsseite betonen sehr stark die Entlastung der Nachfrager von Risiken und die Übernahme dieser Risiken durch die Dienstleister. Allerdings kann gerade bei der Zeitarbeit durch die spezielle rechtliche Konstruktion auch ein besonderes und zusätzliches Risiko des entleihenden Arbeitgebers entstehen, welches zu zusätzlichen Haftungsproblemen führen kann, worauf ein Nachfrager hinweist: „Wir hatten auch die [Firma] hier im Hause, die ist (…) vor drei Jahren mit 1.800 Mitarbeitern in Konkurs gegangen. Zu dem damaligen Zeitpunkt hatten wir knapp 30 Mitarbeiter der Firma hier im Hause, wo wir also für den Zeitpunkt an haften oder bis heute haftbar dafür gemacht werden, als die Sozialversicherungsbeiträge und Steuern nicht mehr gezahlt wurden. Das ist gerade das, was größere Unternehmen, also ein bisschen auch immer wieder zurückschreckt“ (N 12, 40).
180 Deutlich wird, dass die angesprochenen Haftungsrisiken eigentlich immer aus Regelungen des Arbeitsrechts resultieren, sei es, weil Abfindungs- oder Lohfortzahlungsansprüche daraus resultieren oder weil das Recht so komplex ist, dass sehr leicht Fehler auftreten können, die zu Ansprüchen gegenüber dem Unternehmen führen können. In diesem Sinne kann man zusammenfassend sagen, dass ein stark regulierendes, die Arbeitnehmer schützendes Arbeitsrecht häufig dazu führen wird, dass Personaldienstleister bessere Umsatzchancen haben. Das Arbeitsrecht ist also durchaus ein wichtiger fördernder Einflussfaktor auf die Nutzung von Personaldienstleistungen. Ausnahmen können aber dort bestehen, wo das Arbeitsrecht, wie etwa im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz, eine Durchgriffshaftung auf die Arbeitgeber, die die Dienstleistungen nutzen, vorsieht oder die Erstellung oder Honorierung der Dienstleistung (partiell) reguliert, wie etwa in früheren Zeiten hinsichtlich des Arbeitsvermittlungsmonopols der Bundesanstalt für Arbeit oder in jüngerer Zeit durch das Gleichbehandlungsgebot in nicht tarifgebundenen Bereichen der Zeitarbeit. Allerdings ist auch zu konstatieren, dass z. B. die Änderungen im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz in 2004 mit dem darin enthaltenen Anreiz, Tarifverträge für die Zeitarbeitsbranche abzuschließen, das Image der Zeitarbeit durchaus positiv befördert haben, und von daher die Wirkung der rechtlichen Änderungen auf die Nutzung dieser Dienstleistung durchaus nicht eindeutig ist. (vgl. zu einer ausführlicheren Auseinandersetzung mit den Wirkungen des Gleichbehandlungsgebotes Alewell/Friedrich/Martin 2004). Es bleibt aber festzuhalten, dass das Arbeitsrecht insgesamt deutliche, wenn auch von ihrer Richtung her nicht immer eindeutige, Auswirkungen auf die Nutzung von Personaldienstleistungen hat. 4.2.4.4.
Veränderung der Kalkulierbarkeit von Kosten
Eine besondere Wirkung des Einsatzes externer Anbieter kann auch in einer besseren Kalkulierbarkeit der Kosten für die Personalarbeit bestehen, da das nachfragende Unternehmen durch die Preise des Personaldienstleisters eine klare, feste Kalkulationsbasis gewinnt. Genau die Effekte, die auch zu einer stärkeren Variabilisierung der Kosten bzw. einem Abbau von Fixkosten und damit einer Risikoverminderung für das nachfragende Unternehmen führen können, ziehen auch die verbesserte Planbarkeit und Kalkulierbarkeit der Kosten nach
181 sich, nämlich die fest vereinbarten Honorare pro Leistungseinheit und die Begrenzung der Zahlung auf produktive Stunden oder Erfolge: „Macht das ein externer Dienstleister, dann hat man sich auf Volumina und auf Geld geeinigt“ (A 14, 13). Auch die Nachfrager betonen diesen Aspekt. „Wir haben mit denen, mit denen wir zusammenarbeiten, immer eine Mischung gemacht zwischen Aufwand und Erfolg. Und das hat sich ganz gut bewährt. Also wir haben da, wo wir größere Stellenjobs haben, (...) sozusagen so eine Art Basishonorierung gemacht, für das, was die tun. Und für jeden, wo dann ein Arbeitsvertrag zustande gekommen ist, gab es eine kleine Prämie. Das hat sich gut bewährt. Das heißt, man kann die Kosten gut kalkulieren, aber die Kosten sind natürlich da. Ja. Und man weiß ungefähr, was eine Einstellung kostet. (...) Oder bei einem Headhunter ist es noch anders (…) Headhunter Seniormanagement: 20.000 €, oder was. Ist ein pauschales Honorar, so dass wir es klar kalkulieren können. Aber es kostet natürlich Geld. Also ich würde mal denken, Sachbearbeiter liegt bei 2000 bis 3.000 €, wenn man einen größeren Recruitingprozess hat. Und im Management geht es dann fast exponentiell hoch, was die Kosten angeht“ (N 1, 35). Bei der Nutzung von Zeitarbeit müssen die Entleiher, da sie in der Regel nicht der Arbeitgeber für die Leiharbeitskräfte sind, nur die Kosten für die geleisteten Arbeitsstunden tragen, wodurch diese deutlich besser kalkulierbar sind, als wenn auch Ausfallstunden durch Krankheit, Urlaub und Feiertage etc. mit einkalkuliert werden müssten: „Es ist natürlich auch ein Kosten-Nutzen-Verhältnis. Man sieht ganz einfach strategisch gesehen, man macht intern eine Kalkulation mal für einen Kunden, stellt seine Kosten mal gegenüber und sagt dann: ‚Eine Zeitarbeit bedeutet für mich, ich zahle jede effektive Arbeitsstunde. Ich habe einen genau festgelegten Tarif und ich weiß, wie viel Arbeitsstunden ich benötige. Das heißt, ich habe eine absolut feststehende, kalkulatorisch sehr gute Größe, weil ich kann die richtig einbuchen, kann sagen, mehr ist es nicht.’ Weil immer dann, wenn ein Ausfall unsererseits kommt, wir haben auch kranke Mitarbeiter, es gibt mal Arbeitsunfälle, es gibt jemand, der kündigt, ja, dann ist es ja nie der Fall, dass ein Kundenunternehmen da Kosten trägt. Das sind immer unsere Kosten. Letztendlich genau genommen trägt das das Unternehmen schon, nämlich durch seinen Kundentarif, wo soll das Geld herkommen? Es kommt ja nur vom Kunden. Das ist der einzige Geldgeber, den wir haben. Aber in so einem Fall, wenn der Kunde sagt, ich brauche, ich habe, ich brauche 2 000 Arbeitsstunden, ich habe den Tarif, er rechnet das hoch, stellt das seinen Kosten gegenüber. Und da kann er sagen, diese Größe ist fix, die ist nicht mehr variabel. Kann er mit eine gute Kalkulation auch machen“ (A 27, 35).
182 Das bestätigen auch die Nachfrager, u.a. unter Verweis auf Personalzusatzkosten: „In erster Linie hört es sich natürlich erst mal günstiger an, weil man natürlich sagt, die Kosten sind ganz anders planbar. Es gibt keine Personalnebenkosten. Das heißt, alles was kommt, es ist ein Brutto- für Nettopreis irgendwo. Das heißt also, wenn wir jemand einstellen, ich sag mal rund für 20 €, dann sind es 20 €, da kommt noch die Mehrwertsteuer rauf und dann ist es das und berechnet für die Stunden. Wenn wir natürlich jemand einstellen, richtig fest einstellen oder auch befristet einstellen, sind immer Personalnebenkosten noch mit da. (...) Wenn ich jemand von einem Personaldienstleister einstelle, ist es Krankheit, Urlaub usw. (…) das sind alles Dinge, die mich nicht belasten“ (N 13, 45). Auch ein anderer Nachfrager betont noch einmal weiter die bessere Kalkulierbarkeit der Kosten, da Krankheitstage, Urlaub und andere Fehlzeiten bei Zeitarbeitnehmern nicht bezahlt werden müssen. „(...) Eigene Mitarbeiter und Zeitarbeitsmitarbeiter - finanziell nehmen die sich nicht all zu viel, also bei uns jedenfalls nicht. Wir haben relativ günstige Tarife, ja, weil wir, ich sage mal, aufgrund der Wettbewerbssituation dann nur so überhaupt überlebensfähig sind in diesem Bereich, so und von daher all zu viel groß ist der Unterschied nicht zwischen einem eigens eingestellten Mitarbeiter und einem Mitarbeiter von der Zeitarbeitsfirma. Der Vorteil liegt in der Regel in der Nettobetrachtung. Also weil wir bei uns ja noch Abwesenheiten haben, ich meine noch nicht mal Urlaub oder so, sondern alleine Krankenstände, allein dadurch. Da ungefähr da macht sich das Ganze ein bisschen bemerkbar“ (N 14, 21). Auch ein Experte von der Anbieterseite im Bereich Arbeitsvermittlung spricht den Vorteil der festen Kalkulationsbasis bei der Nachfrage nach Arbeitsvermittlungsleistungen an, da durch die Preise des Externen auch versteckte bzw. indirekte Kosten erfasst werden, die beim nachfragenden Unternehmen sonst zusätzlich noch anfallen würden: „Ein weiterer Punkt, sicherlich auch ein erheblicher, den ein Unternehmen vergisst, oft vergisst, ist die Kostengröße. Wenn ein Unternehmen selber sucht, dann sind es sehr viele versteckte Kosten. Hier eine Stunde, da eine Stunde, dort eine Stunde, da Bewerbungsabsage, hier Telefonate. Während man, wenn man uns beauftragt, einen in der Regel festen Betrag hat oder eine Größe, mit der man sehr gut kalkulieren kann, wo dann auch nichts mehr zu kommt, außer Reisekosten für Bewerber. (…) Was kostet mich eine eigene Rekrutierung mit wirklich allen Kosten und was kostet mich der Externe? Und da ist [es] einfacher, eine pauschale, eine feste Kostengröße zu haben, als dass ich so X versteckte Kostenblöcke habe im Unternehmen“ (V 1, 15). „(…) Intern habe ich direkte und indirekte Kosten. Die Indirekten kann ich schlecht messen, die direkten kann ich messen, zum Beispiel Anzeigenkosten, während man bei uns eben eine feste Größe hat. Natürlich kommen Anzeigenkos-
183 ten in der Regel dazu, aber unser Honorar ist gleich, ob wir nun 100 Bewerbungen bearbeiten oder zehn Bewerbungen bearbeiten. Bei dem Unternehmer ist es nicht gleich, ob er 100 Bewerbungen intern bearbeitet oder zehn. Bei uns bleibt das Honorar gleich in der Regel. Ja. Für ihn wird's nicht teurer, ob wir 1000 Bewerbungen bearbeiten müssen für ihn oder einen. Das ist der Vorteil für ihn, er hat eine feste Größe“ (V 1, 25). Ebenso argumentieren Anbieter im Bereich der Personalberatung: „Es gibt das Maß. Also bei einer Suche gibt es in der Regel das Maß, dass das Honorar ein Drittel des Jahresgehaltes entspricht. Wobei das bei uns ein festes Honorar ist. (…) Wir schätzen die Komplexität so und so hoch ein und deshalb setzen wir das und das Honorar an. Und das ist dann ein festes Honorar. Wenn der Kandidat dann mehr als das dreifache davon verdient, ist das halt so, und wenn er weniger verdient, ist das halt auch so“ (A 3, 71). Hinsichtlich der besseren Kostenkalkulationsbasis der Kunden fügt ein Anbieter der Zeitarbeit jedoch hinzu, dass die bessere Kalkulationsbasis in der Zeitarbeit nicht statischer Natur ist, sondern auch bei den Anbietern, z. B. durch Tarifsteigerungen, des Öfteren angepasst werden muss. Somit ist die Kalkulationsbasis nicht dauerhaft feststehend, sondern auch Änderungen unterworfen. „Wobei wir auch Zwängen unterliegen. Wie gesagt, wir haben einen Tarifvertrag. Da sind Tarifsteigerungen bis 2007 schon festgelegt. Dort gibt es Zuschläge für Mitarbeiter im Unternehmen. Das heißt, letztendlich müssten wir eigentlich alle paar Monate zu dem Unternehmen hinlaufen und dort eine neue Kalkulation durchführen. Also das ist natürlich dann wiederum für das Unternehmen selbst kalkulatorisch nicht nachvollziehbar, weil er sagt: ‚Ich will wenigstens für ein Jahr eine feststehende Größe haben, dass ich weiß, ich brauche für 100 Stunden jemanden und was kostet mich das?’“ (A 27, 59). Wie hier schon deutlich wird, sind natürlich die ausgehandelten Preise auch potenziellen Anpassungsverhandlungen unterworfen. Ein Nachfrager beschreibt eine aus seiner Sicht recht günstige Verhandlungsposition gegenüber dem Dienstleister so: „Mit dem Dienstleister setzen Sie sich hin, mir geht es schlecht, Rate runter, Vertrag kündigen oder Rate runter. Sie werden sich wundern, manchmal endet das mit Rate runter. Das können Sie mit einem eigenen Angestellten nicht machen. Der sagt, schmeiß mich doch raus, kriege ich X Abfindung, bin fünf Jahre da“ (N 7, 91). Ob und wie stabil die Preise in solchen Verhandlungsprozessen bleiben, ob sie nach oben oder unten angepasst werden oder tatsächlich eine feste Kalkulationsbasis bilden, dürfte u.a.
184 auch von den Wettbewerbsverhältnissen auf dem jeweiligen Markt und, in engem Zusammenhang damit, von dem Grad der Abhängigkeit der beiden Marktpartner voneinander abhängen. Diese Aspekte werden wir im nächsten Kapitel zu den Transaktionskosten noch genauer beleuchten. Ruft man sich noch einmal die sehr unterschiedlichen Aussagen zur Höhe der Gesamtkosten in die Erinnerung, so wird auf dem Hintergrund der hier gemachten Äußerungen zur besseren Kalkulierbarkeit der Kosten auch noch ein weiterer Zusammenhang deutlich: Möglicherweise fallen die Gesamtkostenvergleiche zwischen Eigenfertigung und Fremdbezug auch deswegen so unterschiedlich aus, weil Unternehmen häufig gar nicht genau wissen, was ihre internen Prozesse im Personalbereich eigentlich kosten. Sie haben somit in vielen Fällen möglicherweise gar keinen klaren Kostenmaßstab, um die Kosten der internen Erstellung mit den Fremdbezugskosten oder den Preisen der Dienstleister zu vergleichen. Die Nutzung von Personaldienstleistungen oder auch schon die Anbahnungs- und Preisverhandlungsgespräche mit Personaldienstleistern können also durchaus auch die erwünschte Wirkung haben, Vorstellungen über die Höhe der entsprechenden Kosten in anderen Unternehmen, über „angemessene“ Kostengrößen oder Marktpreise zu gewinnen. 4.2.4.5.
Kapazitätserhöhungen und Vermeidung von Opportunitätskosten
Die Anbieter nennen in den Interviews einen weiteren Kostenvorteil, den sie zum Teil mit dem Stichwort der „Vermeidung von Opportunitätskosten“ belegen. Danach können z. B. Unternehmen durch die Nachfrage nach bestimmten Personaldienstleistungen ihre Personalausstattung schnell an einen höheren Personalbedarf anpassen. Wird dadurch die Übernahme weiterer Projekte oder Aufträge möglich, die ohne den Einsatz des Dienstleisters nicht möglich gewesen wären, so können die Opportunitätskosten der Nicht-Durchführung von Aufträgen oder Projekten vermieden werden. Diese müssen den Kosten durch den Einsatz des Dienstleisters mit gegenüber gestellt werden. Im engen Zusammenhang damit werden von den Experten auch Aspekte genannt, die wir schon im Bereich der schnelleren zeitlichen Anpassungsfähigkeit als besonderen Qualitätseffekt genannt haben, und die im strengen betriebswirtschaftlichen Wortsinn häufig keine Opportunitätskosten darstellen. Wir wollen sie hier aber dennoch gemeinsam mit den Aussagen der Experten zu den Opportuni-
185 tätskosten dokumentieren, um damit der Logik und Denkweise der interviewten Experten zu folgen. Ein Zeitarbeitsanbieter weist darauf hin, dass durch Zeitarbeit benötigtes Personal schneller beschafft wird als bei eigener Rekrutierung befristet einzustellender Personen, und die gegebene Personalausstattung somit schneller an einen höheren Personalbedarf angepasst wird. Hierdurch ergibt sich eine Zeitersparnis, die sich auch in finanzielle Vorteile umrechnen lässt: „Und hier ist ganz einfach der Fall, wir sind in einem ständigen Rekrutierungsprozess. Das heißt, wir haben ständig fast alle Qualifikationen zur Verfügung. Wenn wir sie selbst nicht haben, haben wir Partnerniederlassungen, die nicht weit weg sind, wo wir sagen, auf die können wir zurückgreifen. Und das ist ganz einfach. Für den Kunden ist es eine Zeitersparnis, eine eminente Zeitersparnis und letztendlich lässt sich ja Zeit immer wieder in Geld ausdrücken auch“ (A 27, 29). Genauso wird für den Bereich des Interimsmanagements argumentiert, hier dann sogar spezifisch auf bestimmte Projekte oder die fristgerechte Durchführung von Aufträgen bezogen, mit denen Opportunitätskosten vermieden werden können: „Der Interimsmanager kostet Geld. Wenn ich selbst intern löse, die kriegen sowieso ihr Gehalt, das geht auch. Aber wenn Sie die Opportunitätskosten rechnen, wenn das ganze Projekt länger dauert oder ganz in die Hose geht, dann ist das auf jeden Fall ein dritter wichtiger Punkt, das Kostenargument“ (V 3, 61). „Ein zweiter ganz wichtiger Punkt, wenn man ganz ad hoc Ressourcen braucht, Fall wie Krankheit, Unfall, oder man merkt, da schwimmt einem ein ganzer Markt weg, man hat nicht richtig reagiert und hat nicht mehr viel Zeit, dann ist es natürlich das richtige, einen Interimsmanager zu holen, der innerhalb von 24, 48 Stunden da auf dem Stuhl sitzt und anfängt“ (V 3, 39). Ganz ähnlich wird für den Bereich der Personalberatung argumentiert, dass es durch den Fremdbezug dieser Leistungen dem Unternehmen unter Umständen überhaupt erst möglich ist, gewisse Stellen im oberen Führungskräftebereich zu besetzen und somit bestimmte Projekte oder Aufträge durchzuführen. Deswegen spielt auch die Vermeidung von Opportunitätskosten der (eventuellen) Projekt-Nichterfüllung, Nichtbesetzung oder Fehlbesetzung einer Stelle eine Rolle. „Also, wenn ich letztlich der Meinung bin, also, ich habe eigentlich intern alles versucht, ich habe keinen und die Stelle ist so wichtig, dass ich sie besetzen muss,
186 und da ist nun keiner, und da soll aber ein neues Produkt aufgebaut werden, dann spielt das Honorar eigentlich keine Rolle, kann es ja auch gar nicht, denn die Alternative wäre, ich besetze die Stelle nicht“ (A 2, 26). Ein Anbieter im Bereich Unternehmensberatung spricht an, dass sich der Einbezug externer Dienstleister dann für die Nachfrager kostenmäßig rechnet, wenn das Projekt schneller erledigt und hierdurch der Umsetzungserfolg schneller erreicht wird. „(…) oder wenn wir sie haben, sind die eben noch im Tagesgeschäft eingebunden und dann dauert das Projekt einfach zu lange. Und wenn man das dann wieder auf die Kostenschiene setzt, wenn sie intern für das Projekt dann vielleicht 15 Monate brauchen, und extern dann nur drei Monate, und dafür aber den Erfolg, also den Umsetzungserfolg, auch schneller sozusagen einfahren können, dann rechnet sich wieder der Einbezug von externen, also von fremden Dienstleistern“ (A 16, 31). Zwei Anbieter im Bereich Outplacement sprechen den Punkt an, dass es sich für Unternehmen finanziell rechnen kann, wenn sich durch die Einschaltung eines (externen) Outplacementdienstleisters der Trennungsprozess verkürzt und hierdurch Personalkosten eingespart werden können. „Ich sage mal, unterschwellig spielen natürlich Kosten immer eine Rolle. Aber wenn man sich bewusst macht, wenn wir mit diesen Menschen, weil der Prozess unprofessionell läuft, erst ein halbes Jahr später zu einer guten Lösung kommen, sei es in einem halben Jahr später erst den Aufhebungsvertrag schließen können oder in einem halben Jahr später dieser Mitarbeiter erst eine Neuorientierung extern realisiert hat und erst dann bereit ist, das Haus zu verlassen - es gibt ja auch sehr, sehr unterschiedliche vertragliche Konstellationen, die noch gegeben sind - kostet es so viel mehr als eine Outplacementberatung. (…) Das heißt jetzt nicht, dass man sozusagen jedes Honorar realisieren kann, aber es spielt nicht so die ganz große Rolle, weil es sich sehr schnell relativieren kann, wenn der Prozess eben gut läuft. Und das sehen sehr viele auch sehr ja nüchtern und wirtschaftlich zu sagen, o. k., wenn es uns gemeinsam gelingt, den Prozess eben straight nach vorne zu pushen, dann hat sich das schnell amortisiert’“ (A 9, 67). „Wir haben sehr viele Kunden, die es nicht primär aus monetären Gesichtspunkten tun. Aber durchaus auch einige, die sagen, das rechnet sich für uns, weil, wenn wir das eben insgesamt, ja, weniger emotional und damit häufig eben doch auch auf der Zeitleiste effizienter gestalten können, ist beiden Seiten damit gedient“ (A 9, 45). Insgesamt wird also deutlich, dass die Experten neben der Vermeidung von Opportunitätskosten auch die Schnelligkeit der Leistungserfüllung unmittelbar als geldwerten Vorteil interpretieren und das Motto „Zeit ist Geld“ hier sehr nachdrücklich beschreiben. Die Wir-
187 kungskategorien der zeitbezogenen Qualität der Leistungserbringung und der monetären Wirkungen im Sinne einer Vermeidung von Opportunitätskosten weisen in der Sichtweise der befragten Experten sehr enge Zusammenhänge auf. 4.2.4.6.
Zusammenfassung
Insgesamt betrachtet, sind die Erwartungen der Nachfrager von Personaldienstleistungen hinsichtlich der monetären Wirkungen ihrer Nachfrageentscheidung also nicht eindeutig. Zwar wird ganz überwiegend eine Senkung von Fixkosten und deren Überführung in variable Kosten sowie eine Verbesserung der Kalkulierbarkeit der Kosten als positiver Effekt erwartet. Auch eine Vermeidung von Opportunitätskosten sowie der Übernahme von arbeitsrechtlichen Risiken durch den Dienstleister werden überwiegend auf der positiven Seite verbucht. Dem stehen aber sehr heterogene Erwartungen hinsichtlich der Höhe der Gesamtkosten gegenüber. 4.2.5.
Transaktionskostenwirkungen: Wirkungen rund um das Management der Beziehung zum Dienstleister
Bei der internen Erstellung der Personalarbeit muss die Arbeitsbeziehung zu den Mitgliedern der Personalabteilung gesteuert und gestaltet werden. Setzt ein Unternehmen externe Dienstleister ein, muss auch die Beziehung zu diesen Dienstleistern gemanagt werden. Es stellt sich daher die Frage, ob bei der Suche nach geeigneten Vertragspartnern, dem Vertragsabschluss, der Kontrolle und Durchsetzung der vereinbarten Leistungen sowie möglichen Vertragsanpassungen im Zeitablauf Vor- oder Nachteile des Einsatzes von Dienstleistern gegenüber der Eigenerstellung entstehen, welche die Nachfrage nach Personaldienstleistungen beeinflussen. Ein direkter Vergleich mit den aus einer internen Lösung entstehenden Transaktionskosten wird jedoch in aller Regel von den von uns interviewten Experten nicht vorgenommen, was angesichts der Schwierigkeiten eines solchen Vergleichs gerade in Bezug auf die internen Transaktionskosten nicht überraschend ist. Das Problem, Transaktionskosten bezüglich der Eigenerstellung der Personalarbeit sauber zu definieren und diese dann auch sauber zu bestimmen, ist keineswegs trivial. Hinsichtlich der grundsätzlichen Probleme, die damit verbunden sind, wird es nicht an dieser Stelle behandelt. Stattdessen sei auf bereits vorlie-
188 gende Arbeiten verwiesen (vgl. z. B. Eigler 1997, Alewell/Hackert 1998, Alewell 2001, Alewell/Martin 2006 und Martin 2006). Im Folgenden werden daher jeweils die Aussagen zu den Transaktionskosten des Fremdbezugs bzw. des Managements der Beziehung zum Dienstleister zusammengestellt, auch wenn der direkte Vergleich zur Eigenfertigung bzw. Eigenerstellung dieser Leistungen für die meisten Aussagen nicht oder kaum möglich ist. 4.2.5.1.
Suche nach geeigneten Vertragspartnern
Die Experten auf Anbieter-, Verbands- und Nachfragerseite haben sehr heterogene Auffassungen zu der Frage, ob es für die Nachfrager schwierig sei, den geeigneten Personaldienstleister zu finden. Für alle Personaldienstleistungen wird aus unterschiedlichen Blickwinkeln über die Verwendung einer Vielzahl an Instrumenten berichtet, um die Einschätzung der Qualität des Dienstleisters ex ante zu ermöglichen und möglichst gut abzusichern. 4.2.5.1.1. Ex ante-Einschätzung der Qualität der Dienstleister Vorab als Nachfrager die Qualität des Dienstleisters einzuschätzen, wird von den von uns befragten Experten als unterschiedlich schwierig angesehen. Für die Zeitarbeit nehmen etwa die Experten folgende Einschätzungen vor. Ein Anbieter berichtet: „Wir haben keinerlei Probleme, den Kunden davon zu überzeugen, dass wir in der Lage sind, seine Personalprobleme zu lösen“ (A 25, 33). Demgegenüber sehen andere Zeitarbeitsexperten auf der Angebotsseite die Suche nach einem geeigneten Zeitarbeitsunternehmen als eher schwierig für das nachfragende Unternehmen an, weil der Markt eher intransparent sei: „Der Markt ist schwierig zu durchschauen, insofern, als [dass] wir eine relativ hohe Anzahl von Anbietern vor Ort haben und es dem Kunden häufig schwer fällt, objektive Kriterien für die Qualität eines Personaldienstleisters anzulegen. Das ist schon etwas schwierig“ (V 7, 17). Auch für das Interimsmanagement sehen die Anbieter die Intransparenz des Marktes als ein Problem für Anbieter und Nachfrager. Zwei Experten im Bereich Interimsmanagement sprechen an, dass es eher schwierig sei, den geeigneten Interimsmanager zu finden, weil der Markt stark fragmentiert und der Marktzugang nicht beschränkt sei und somit Intransparenz herrsche: „Der Agenturmarkt ist extrem fragmentiert. (…) Das heißt letzten Endes, es gibt
189 Tausende oder zumindest Hunderte von Kleinstagenturen (…). Es dürfte nicht schwierig sein für Unternehmen, jemanden zu finden. Was ich eingangs schon sagte, (...) die Qualität vorher [zu] bestimmen von so einem Unternehmen ist sehr, sehr schwierig, (…) da Agenturen, wie Rechtsanwälte, Steuerberater und andere, sich ja sehr schwer tun, sich a priori zu differenzieren von dem Wettbewerb mit niedriger Qualität, weil einfach jeder erst einmal behaupten kann, er hat eine super hohe Qualität“ (A 6, 31). „Also das heißt, wir versuchen, die Qualität sehr hoch zu kriegen. Blöderweise ist es allerdings am Markt so, dass man das schlecht kommunizieren kann, aus dem Grund, weil das alle kommunizieren, weil alle einfach ungeprüft werben dürfen, sie würden hier und da sehr viel Qualität liefern und leisten und es ist für den Kunden völlig intransparent. (…) [Es ist] im Vorfeld schlecht zu erkennen, ob das nun einfach ein Spruch ist oder nicht“ (A 6, 15). „Mir mit meinem Hintergrund würde es natürlich relativ leicht fallen, [einen geeigneten Interimsmanager zu finden], aber wenn ich jetzt diesen Hintergrund nicht hätte, wäre es mir vor zwei Jahren noch sehr schwer gefallen, weil der Markt komplett fragmentiert ist. Es gibt keine Übersicht. Es gibt oder gab keine zentrale Organisation, nichts“ (V 3, 53). Es wird hier sehr deutlich, dass selbst aus Anbietersicht der Interimsmanagement-Markt sehr intransparent ist. Dies wird vermutlich aus Nachfragersicht noch viel stärker gelten, denn die Nachfrager werden sich nur in den seltensten Fällen laufend mit dem Interimsmanagement-Markt beschäftigen, sondern in erster Linie dann, wenn sie einen konkreten Bedarf und sich für die externe Deckung dieses Bedarfs entschieden haben. Auch bei anderen Personaldienstleistungen scheint es für die Nachfrager schwierig zu sein, den Markt zu überblicken. Ein Nachfrager nach Arbeitsvermittlung erwähnt, dass im Bereich Arbeitsvermittlung viele Personaldienstleister tätig sind, wodurch der Markt unüberschaubar für den Nachfrager ist. Der Experte betont zudem, dass es somit zwar nicht schwer sei, überhaupt Dienstleister zu finden und mit diesen einen Vertrag abzuschließen. Jedoch sei es schwer, genau die Anbieter zu finden, die die eigenen Bedürfnisse erfüllen können: „Nach meinen Erfahrungen der letzten fünf Jahre muss ich sagen, hat sich das so entwickelt, dass Personaldienstleister auf diesem Markt, natürlich auch aufgrund der Gesetzesänderungen, also in Größenordnung vorhanden sind. Wir (…) [arbeiten] mit Personaldienstleistern zusammen, die auch eine bestimmte Größe haben. Und wir legen ganz großen Wert [darauf], dass die vertragliche Gestaltung, dass das ein seriöses Geschäft ist, dass das Partner sind, wo wir uns gegenseitig darauf verlassen können, dass das auch ein ordentliches Geschäft [ist], weil das eine höchst sensible Geschichte ist. (…) Wie in jedem Bereich gibt es auch hier schwarze Schafe und Billiganbieter und sonst was. (…) Mit denen
190 würden wir nie zusammenarbeiten. Aber es ist wirklich so, dass wir permanent, bestimmt seit zwei, drei Jahren ununterbrochen Anrufe bzw. Post bekommen von Personaldienstleistern, die natürlich gerne mit uns zusammenarbeiten wollen. Und alle wollen uns sofort helfen und die meisten stellen fest, dass das, was wir wollen, unendlich kompliziert ist, auch umzusetzen. Deshalb, es ist überhaupt nicht schwer, einen Personaldienstleister zu finden und auch eine vertragliche Gestaltung ist nicht schwer (…). Aber der Markt (…) oder das Angebot an Personaldienstleistern ist eigentlich fast schon unüberschaubar“ (N 10, 23). Zwei Experten im Bereich Personalberatung meinen dagegen, dass es für das nachfragende Unternehmen selbst ohne Erfahrungen mit Personalberatern wenig aufwändig sei, eine Personalberatung auszusuchen und auszuwählen, indem man als Nachfrager an die größten bzw. bekanntesten Personalberatungsunternehmen herantritt. „Es ist einfach, die größten drei oder vier [Personalberater] festzustellen und die kann man dann ja mal einladen, sich das erklären lassen“ (A 3, 77). „Na ja, unsere Dienstleistung ist ja nichts Besonderes mehr, nichts Geheimnisvolles. Die Firmen, die man nehmen könnte, sind eigentlich bekannt“ (A 2, 42). Deutlich wird aus den vorangegangenen Aussagen, dass die Experten zur Arbeitsvermittlung und Personalberatung in erster Linie auf die Frage zielen, ob überhaupt ein Anbieter gefunden wird, nicht aber darauf, wie die Qualität seiner Leistung einzuschätzen ist, es sei denn, man wollte Größe und Bekanntheitsgrad mit der Leistung oder Qualität gleichsetzen. Auch ein Nachfrager nach Personalberatung bemerkt, dass es zwar leicht sei, irgendeinen Personalberater zu finden, nicht aber, den geeigneten zu bekommen: “(…) Die Zuverlässigkeit und die Individualität ist das Wichtige, und das wächst halt mit der Zeit. Und das letzte Mal war es der falsche [Headhunter]“ (N 4, 45). Somit wird deutlich, dass trotz etwas unterschiedlicher Meinungen unter den Experten insgesamt der Eindruck entsteht, dass für mehrere Personaldienstleistungen eine erhebliche Intransparenz auf dem Markt besteht. Diese löst wiederum bei den Nachfragern das Problem aus, einen geeigneten Dienstleister zu finden, der die gewünschte Qualität der Dienstleistung erbringen kann und auch tatsächlich erbringt. Wie im nächsten Abschnitt deutlich wird, nutzen die Nachfrager daher für viele Dienstleistungen, auch im Bereich Peronalberatung, ein umfangreiches Set an Instrumenten und Maßnahmen, um die Qualität der Dienstleistungen einzuschätzen. Auch dies ist ein deutliches
191 Indiz dafür, dass die ex ante Einschätzung der Qualität des Dienstleisters kein triviales Problem ist. 4.2.5.1.2. Instrumente der ex ante-Qualitätseinschätzung Die Unternehmen setzen verschiedene Mechanismen ein, um die Qualität der Dienstleistung ex ante abzuschätzen. Ein Anbieter von Zeitarbeit, der für sich selbst keinerlei Probleme sieht, den Kunden von der eigenen Lösungsfähigkeit von dessen Personalproblemen zu überzeugen, formuliert dies folgendermaßen: „Und [wir] haben auch die dementsprechenden Referenzen, die wir den Kunden vorweisen können. Und das (…) geht anderen Zeitarbeitsunternehmen sicherlich ähnlich. Der Start eines Unternehmens in der Zeitarbeit ist natürlich immer ein bisschen problematisch, weil dann eben noch keine Reputation da ist, aber das wird auch durch die Verbände gesteuert. Und wir sind im IGZ und andere sind im BZA, da gibt es auch gewisse Qualitätsstandards, denen man sich da unterwirft. Und die Unternehmen, die sich mit Zeitarbeit auskennen und die mit Zeitarbeit arbeiten, (…) wissen, welche Partner sie beauftragen können“ (A 25, 33). Mit Referenzen, der Reputation und der Verbandsmitgliedschaft als Signal werden von diesem Anbieter gleich drei verschiedene Instrumente eingesetzt, um den Kunden ex ante Qualität zu signalisieren. Auch ein Nachfrager nach Zeitarbeit bestätigt die Vielfalt der Strategien und Mechanismen, die zur Auswahl des Personaldienstleisters genutzt werden, geht aber dabei noch erheblich weiter als der Anbieter, indem auch verschiedene Screening-Instrumente genannt werden: „Und man kann schon anhand des Vertragswerkes sehen, wer ein seriöser Partner ist oder nicht. Darüber hinaus ist sowieso das Landesarbeitsamt (…) übergeschaltet, das heißt, die Leihfirmen, um diese Erlaubnis zu bekommen, müssen die (…) Arbeitsverträge und Arbeitnehmerüberlassungsverträge dort einreichen. Die werden rechtlich geprüft und erst dann bekommen sie die Erlaubnis, überhaupt überlassen zu dürfen, so dass das eigentlich sehr, sehr transparent erst mal alles ist. Also die haben im Prinzip alles dasselbe drinstehen, zwar ein bisschen anders formuliert, aber sie müssen sich alle auf dieselben Sachen berufen. (…) Wir haben drei große und drei kleine regionale Anbieter mit drin. Und dahin gehend holen wir für alle eine Creditreform-Auskunft, eine Schufa-Auskunft ein von den Unternehmen, wie sie bewertet sind, ob die Zahlungsmoral stimmt, ob es irgendwelche Auffälligkeiten gibt, die Finanzämter werden befragt, die Krankenkassen werden befragt. All das müssen uns die Leihfirmen nachweisen. Und dann treffen wir nach dem Preis die Entscheidung, der ist schon wichtig, holen Referenzen ein, mit welchen Firmen sie zusammengearbeitet haben. Das kann natürlich immer sehr entscheidend sein, wenn da eine Firma kommt, wo drin steht, wir arbei-
192 ten seit zehn Jahren sehr erfolgreich mit dem [Unternehmen] zusammen, die bestimmt noch einen spezifischeren Bedarf als wir haben, noch kurzfristiger und Saisonschwankungen. Wenn die dort eine positive Einschätzung erhalten, dann kann es für uns auch nur positiv sein“ (N 12, 32). Offenbar werden also zumindest von einzelnen Nachfragern sowohl Referenzen als auch Auskünfte und Bestätigungen von öffentlichen und halböffentlichen Stellen wie der Schufa, der Creditreforn, den Landesarbeitsämtern, den Finanzämtern und den Krankenkassen genutzt, um die Dienstleister vor einem Vertragsschluss auf ihre finanzielle Seriosität hin zu überprüfen und das Risiko zu vermeiden, bei ausbleibenden Lohnzahlungen an die Leiharbeitnehmer selbst in den Arbeitgeberstatus hinein zu rutschen. Auch im Bereich des Interimsmanagements werden diverse Strategien eingesetzt, um geeignete Anbieter zu finden und die Qualitätseinschätzung abzusichern. Nachfrager suchen über persönliche Netzwerke und Vermittler bzw. verwenden Referenzen des Dienstleisters, um den Qualitätsunsicherheiten hinsichtlich der Leistungseigenschaften des Anbieters bei der Dienstleisterauswahl zu begegnen. „Wenn ich Kunde bin und ich möchte Interimsmanagement ausprobieren, (…) kenne aber keinen, dann schreibe ich entweder in mein Netzwerk hinein, dass ich als gerade mittelständisches Unternehmen in der Regel habe, kennt da jemand einen, der einen kennt, der einen kennt. [Das] ist in der Regel im Moment noch die Regel. Ich denke einmal, [dass] so geschätzte zwei Drittel bis drei Viertel der Projekte über diesen Weg gehen, der einen kennt, der einen kennt. Oder man wendet sich an einen der Vermittler. So. Mehr bleibt Ihnen nicht übrig. Oder Sie gehen in die ganz klassische Auswahl, rufen also quasi zur Bewerbung auf und werden dann tot geschmissen mit Bewerbungen für Interimsmanagement von Leuten, die einfach nur arbeitslos sind. (…) Es gibt ja (…) auch im Bereich des mittleren Managements immer noch relativ viele Arbeitslose. Und früher haben sie Berater, freiberuflicher Berater auf ihren Lebenslauf und Karte geschrieben und jetzt schreiben sie Interimsmanager drauf“ (A 7, 46 und 48). „Ich glaube, er findet schon jemanden, aber er muss eigentlich immer entweder auf einen Provider zugreifen. [Der] Provider zieht sich 25 bis 30 % des Honorars ein, das ist nicht ganz billig. Oder, und das ist der häufigere Fall, er guckt in sein persönliches Netzwerk. Es gibt im Management, wenn man im Management arbeitet eigentlich immer jemanden, mit dem man früher irgendwie geschäftlich zu tun hatte, der doch einmal Interimmanager geworden ist. Und den ruft man dann an, entweder kann der das oder der kennt wieder einen. Da ist sehr viel Netzwerk gefragt“ (V 3, 53). „Und dass sie das prüfen können als Kunde, [da] geht man über Referenzen. Das heißt also, man lässt sich Referenzen geben von den Agenturen und prüft diese
193 Referenzen auch, und wenn das Feedback dann positiv ist, dann glaubt man, dass man da jetzt vielleicht einen Dienstleister gefunden hat, mit dem man arbeiten möchte“ (A 6, 31). Im Unterschied zur Zeitarbeit, die rechtlich viel stärker reguliert ist, werden beim Interimsmanagement also offenbar eher persönliche Netzwerke und Referenzen, sowie seltener auch die Interimsmanagement-Agenturen zur Auswahl von Interimsmanagern genutzt. Auch hier wird aber deutlich, dass potentiell mehrere Instrumente eingesetzt werden, um zu mehr oder weniger validen Qualitätseinschätzungen zu gelangen. Für die Personalberatung als weiterer Personaldienstleistung wird deutlich, dass Nachfrager nach Personalberatungsleistungen diverse Erwartungen an einen Personalberater haben können, z. B. dass dieser für den Nachfrager Moderator, Diplomat, Informationsgeber und Gesprächspartner ist, der die Erwartungen der Nachfrager versteht: „Dass, was wir von unserer Seite erwarten, [ist], dass ein Berater Moderator ist, gerade bei Fragen von Vertragsverhandlungen. Das heißt, der Berater hat die Funktion, moderierend Vorstellungen sowohl des Unternehmens des Nachfragers als auch der entsprechenden Führungskraft oder Fachkraft schon im Vorfeld zu sondieren, ob man überhaupt zusammenkommt. Ich würde einmal sagen, er ist eine Art ja Diplomat des Geschehens, das heißt, der Diplomat, der mir als Auftraggeber die Informationen gibt, ob der Kandidat verhandlungsbereit ist (…) bzw. das man im Vorfeld schon bei der Präsentation als Kandidat gewisse Flexibilitäten und Bandbreiten, Toleranzen angibt, auf die ich mich einstellen kann“ (A 13, 31). „Dann erwarte ich, dass der Personalberater versteht, was ich wirklich will. Dass der in einem kleinen Unternehmen von 50 Personen mir nicht jemanden präsentiert, der eigentlich gewohnt ist, nur im Konzern zu arbeiten beispielsweise. (…) Der Personalberater muss meine Sprache sprechen können. Das erwarte ich. Das nächste, was ich erwarte, ist, dass er ein Gesprächspartner ist während der Suchphase, aber auch ganz wichtig danach. Ich möchte ihn danach auch noch ansprechen können auf diesen Bewerber und sei es, dass ich ihm sage: ‚Mensch, klasse, [hat] toll geklappt.’ Aber in dem Falle, wo es vielleicht Reibungsverluste gibt, auch die gibt es dann schon einmal, wenn man einen Neuen im Team hat, der kann noch so gut sein, der passt auch eigentlich ganz toll, aber irgendwo stimmt die Chemie nicht, dann erwarte ich von dem Personalberater, dass er sich einschaltet und eventuell da auch noch einmal Gespräche mit dem Bewerber führt oder mir auch Tipps gibt, wie ich diese Reibungsverluste vermeiden kann. Das sind eigentlich so die wesentlichsten Dinge, die ich erwarte“ (V 1, 19).
194 Angesichts der möglichen Heterogenität der Erwartungen der Nachfrager an die Leistungen und Eigenschaften des Personalberaters versteht sich von selbst, dass auf der Anbieterseite entsprechend heterogene Angebote und Kompetenzprofile vorliegen können, die wiederum zur Intransparenz des Marktes beitragen. Daher ist es nicht erstaunlich, dass auch hier Referenzen eine erhebliche Rolle spielen: „Der Kunde erwartet des Öfteren Referenzen. Das heißt, er fragt, ob wir ihm Unternehmen benennen können, in denen wir vergleichbare Positionen besetzt haben“ (V 5, 52). Zudem werden die Anbieter mit kleineren oder weniger gewichtigen Aufträgen zunächst getestet, bevor man sie an wirklich wichtige Aufträge heran lässt. Auch hier spielt wieder das Reputationsargument eine wichtige Rolle: „Na ja üblicherweise machst Du so was wie einen Probelauf, gibst ihm eine Funktion, die auf dieser Ebene ist, das ist ganz klar. Ich sage: ‚Du besorgst mir (…) den Filialleiter XY, und sehen wir mal, wie die Zusammenarbeit funktioniert.’ Wie ist seine Performance? Wie geht er das Thema an? Wie liefert er? Und, und, und. Natürlich hast Du dort, also Du wirst nicht sagen, ich wähle jetzt aus zehn Headhuntern einen aus, um einen Konzernvorstand zu besorgen. Das ist eine Beziehung, die wächst über Jahre hinweg und damit qualifiziert er sich - in Anführungsstrichen - für diese Sahnejobs. Aber also da (…) hätte ich keine Bedenken an der absoluten Vertraulichkeit. Die wird da eingehalten, es sei denn, der schießt sich selbst von der Bildfläche (…). Personaler haben ja eine Angewohnheit, die quatschen viel untereinander. Das sehen Sie ja bei jeder Arbeitgeberverbandssitzung oder bei welchen Tarifverhandlungen auch immer, und der weiß ganz genau, ein Flop bei wem auch immer in der Branche, dann ist er in der Branche tot. Also, das passiert auch“ (N 2, 35). Ebenso wie für die Personalberatung verdeutlichen auch die Experten im Bereich Unternehmensberatung, dass von den Nachfragern nach Consulting-Leistungen verschiedene Kriterien und Strategien bei der Suche nach und Auswahl von Unternehmensberatern genutzt werden, um die Unsicherheit hinsichtlich der Leistung der Unternehmensberater zu reduzieren. Dabei beschreiben zwei Experten von der Anbieterseite anschaulich die unterschiedliche Vorgehensweise der Nachfrager bei ihren Auswahlverfahren: „Es gibt gewaltige Unterschiede in den Auswahlverfahren. Es gibt sozusagen relationship-orientierte Kunden, da haben Sie sich einfach über Jahre das erarbeitet, und Sie haben gute Chancen, dass der zuständige Vorstand Sie dann meistens anruft. Es gibt Unternehmen, die grundsätzlich alles über Ausschreibungen machen. Und manche Ausschreibungen sind dann extrem, wenn Sie so wollen, unprofessionell, nämlich von Einkaufsabteilungen, die Sie wie einen IT-
195 Dienstleister behandeln und gar nicht verstehen, dass bestimmte Begriffe oder Qualitätszusagen in der IT möglich sind, aber nicht in ihrer Diktion Personalthemen. Und manche sind extrem professionell, haben sich dann meistens, also für unseren Teil, irgendwelche Ex-Berater oder Leute, die halt das seit Jahren wissen, worauf es bei solchen Projekten ankommt, auch als Einkäufer genommen und stellen die richtigen Fragen. Also eine riesige Bandbreite gibt es da“ (A 15, 44). Einer der Experten spricht zudem an, dass es Nachfrager gibt, die zum Austesten der Unternehmensberater richtige Auswahlverfahren durchführen, die Unternehmensberater zu Vorstellungsgesprächen einladen und die Wettbewerber gegeneinander konkurrieren lassen: „Ja, man merkt das ja schon allein im eigentlichen Auswahlprozess. Früher war es ja [so], (…) dass teilweise eben auch maximal ein oder zwei Berater eingeladen wurden potenziell, wo man sagt, mit denen könnten wir uns vorstellen, das Projekt zu machen oder die Aufgabenstellung zu bewältigen. Heute ist es so, dass Sie im Regelfall mit fünf bis sechs Mitbewerbern in dem so genannten BeautyContest sind. Das heißt also, da sitzt eine Runde von ausgewählten Kundenvertretern quer Beet einmal vom Fachbereich, bei unserer Warte aus vom Personalbereich, meistens sitzt ein Controller dabei, meistens auch jemand vom Einkauf direkt. Und wie gesagt, durch die steigende Mündigkeit der Kunden wird schon sehr detailliert und sehr genau nachgefragt. Wer macht das Projekt? Wie viel Erfahrung bringen die mit rein? Wie lange dauert das Projekt? Was kostet das Projekt? Ist das ein Fixpreis oder kommt da noch was dazu? Also die Haltung bezüglich der Liefer- und Leistungsfähigkeit an Personaldienstleistung hat sukzessive zugenommen“ (A 16, 25). Zwei weitere Experten betonen, dass die Nachfrager einen Unternehmensberater suchen, mit dem sie vertrauensvoll und partnerschaftlich zusammen arbeiten können. Die Nachfrager versuchen, die Vertrauenswürdigkeit des Unternehmensberaters dabei z. B. mittels Referenzen zu überprüfen. Auch dient ein drohender Reputationsverlust des Dienstleisters am Markt als Absicherung des Vertrauensvorschusses. „Der Geschäftsführer hat bisher den Prozess selbst [durchgeführt] mit seiner Apparatur und schlagartig sagt er, ich gebe das einem anderen Dritten. Und der andere Dritte ist meistens dadurch schon im Nachteil, dass er sich erst einmal beweisen muss. Dieses Beweisen wird dadurch einfach, dass man sagt, man kann [das] über entsprechende Referenzen, man kann [das] über entsprechende Kontakte, die man auf anderer Plattform erreicht hat, durch entsprechende (…) Öffentlichkeitsarbeit, dass der Bereich gut ist, auch das verspricht, auch das hält, was er verspricht. Da hat [der Geschäftsführer] so eine gewisse Sorge. Das haben wir sehr oft erlebt“ (A 14, 26).
196 Die Nachfrager greifen nach der Einschätzung eines Anbieters bei der Suche nach geeigneten Unternehmensberatern immer wieder auf die zurück, mit denen sie zufrieden waren. Das Folgegeschäft mit gleichen Anbietern dient dann auch dem Reputationsaufbau seitens der Anbieter. „Der beste Indikator in unserer Branche [ist] noch immer das Folgegeschäft mit den gleichen Klienten, weil sie haben genügend Auswahl zwischen den Anbietern, und werden deswegen sich nur für den gleichen entscheiden, wenn sie mit ihm happy waren“ (A 15, 61). Eine weitere Möglichkeit, Unsicherheit hinsichtlich der Verschwiegenheit des Unternehmensberaters als speziellem Qualitätsaspekt zu reduzieren, besteht in der Verwendung von Wettbewerbsklauseln: „Deshalb gehen zum Beispiel große Unternehmen (…) und andere (…) dazu über, die Beratungsgesellschaften auch zu binden mit einer quasi Wettbewerbsklausel, dass sie innerhalb von zwei Jahren, die ab Ende des Projektes im Grunde folgen, nicht zu konkreten Wettbewerbern gehen. Wenn Sie an Telekommunikation denken, da lässt [Firma X] sich von den Beratungsgesellschaften unterschreiben: ‚Also du berätst in den nächsten zwei Jahren mit diesem Team oder einzelnen Mitarbeitern, so lange sie noch bei dir unter Vertrag sind, nicht die Firmen, (…) und andere Gesellschaften’, um zu verhindern, dass das Know-How wegfließt“ (V 2, 61). Auch für die Unternehmensberatung lässt sich damit, ähnlich wie für die anderen Dienstleistungen, festhalten, dass die Nachfrager ein sehr großes Spektrum unterschiedlicher Instrumente der Qualitätsfeststellung und -sicherung verwenden. Für den Bereich Personalentwicklung beschreibt ein Experte, wie Nachfrager (externe) Personalentwickler über die persönliche Weiterempfehlung auswählen und die Anbieter wiederum mit ihren Entscheidungen darauf reagieren: „Wir haben bei unseren Trainings immer auf sehr hohe Qualität gesetzt. Damit [haben wir] den Gewinn teilweise reduziert, weil die Trainer dann auch dementsprechend teuer waren. [Wir] haben auch Veranstaltungen gemacht mit relativ wenigen Teilnehmern, [um] die dann aber nicht zu frustrieren durch eine Absage. [Wir haben] da auch die Marge reduziert, dann aber mit dem Effekt, nach zwei bis drei Jahren, dass sich das Thema (…) herumgesprochen hat in den Unternehmen und das sich sozusagen informell verbreitete. Also das ist ein Marketingweg, der ganz gut ist, weil er nichts kostet. Und wenn ein Kollege anderen Kollegen ein Seminar empfiehlt, ist das viel mehr wert, als wenn wir von draußen da irgendwie reintelefonieren oder was schicken“ (A 11, 11).
197 Der gleiche Experte weist zudem darauf hin, dass Unternehmen möglicherweise einen „teuren“ Personaldienstleister im Bereich Personalentwicklung beauftragen, um durch eine mentale Verknüpfung „teuer = gut“ die Auswahlentscheidung nach innen, gerade auch für den Fall einer Fehleinschätzung, zu legitimieren. „Da würde ich nämlich lieber mit [Beratung] arbeiten. Das sind zwar die allerteuersten, und ob die so richtig gut sind, weiß ich auch nicht so richtig. Aber wenn es hinterher schief geht, kann ich immer sagen: ‚Was wollt ihr denn? Ich habe das teuerste und beste Beratungsunternehmen genommen, was es in Deutschland gibt’“ (A 11, 18). Zusammenfassend wird also deutlich, dass für mehrere Personaldienstleistungen ein breites Spektrum an Maßnahmen und Referenzen zur Abschätzung der Qualität von Dienstleistungen bzw. Dienstleistern von den Nachfragern verwendet wird, welches deutlich über die Gespräche mit den Anbietern selbst und die Analyse ihrer Angebote hinausgeht. Hierdurch wird im Umkehrschluss auch noch einmal deutlich, dass das Herausfiltern der geeigneten Dienstleister aus allen Anbietern kein triviales Problem darstellt, auch wenn das Finden irgendeines Anbieters in Zeiten der Internetnutzung einfach ist. Besonders weit verbreitet über die verschiedenen Dienstleistungen hinweg sind offenbar Referenzen und persönliche Weiterempfehlungen sowie die gezielte Nutzung der Reputation des Dienstleisters als Schutzmechanismus vor qualitativ schlechten Leistungen. Auch die Verbandsmitgliedschaft wird in der Einschätzung der Anbieter als Qualitätssignal gewertet. Zudem vergeben Nachfrager Probeaufträge, bevor sie sich längerfristig binden. Im Bereich Unternehmensberatung werden zusätzlich auch mehr oder weniger ausgefeilte Auswahlverfahren und Wettbewerbsklauseln zur Qualitätssicherung eingesetzt. Allerdings zeigt sich in einigen Zitaten auch noch ein anderer Zusammenhang, z. B. in dem zuletzt genannten Zitat des Personalentwicklungsexperten zur Auswahl von Unternehmensberatern. Danach kommt es nicht nur darauf an, einen tatsächlich geeigneten Dienstleister zu finden, sondern auch darauf, diese Entscheidung zu legitimieren und zu rechtfertigen, gerade im Falle eines Fehlgriffs. Die Bedeutung dieses Aspektes wurde auch bereits weiter vorn in diesem Buch bei der Besprechung der Stakeholder-Wirkungen deutlich.
198 4.2.5.1.3. Vertrauen in den Anbieter als Substitut von Instrumenten der Qualitätseinschätzung? Trotz des Einsatzes der oben benannten Instrumente und Maßnahmen kann die Unsicherheit über die zu erwartende Qualität der Dienstleistung ex ante nicht vollständig eliminiert werden. Dienstleistungen sind und bleiben in der Wahrnehmung der Nachfrager Vertrauensoder Erfahrungsgüter (vgl. zu Erfahrungs- und Vertrauenseigenschaften von Produkten die Ausführungen bei Kaas/Busch (1996), S. 244). Daher spielen zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Auftragsvergabe die Erwartungen des Nachfragers im Sinne eines Vertrauens in den Dienstleister und die Qualität seiner Leistungen offenbar eine große Rolle. In den Interviews sind verschiedene Aussagen der Experten dazu enthalten, welche Faktoren eine solche Vertrauensbildung positiv beeinflussen. Die Persönlichkeit des Vertragspartners ist in diesem Kontext eines der Kriterien, das für die Auswahl von Dienstleistungsunternehmen durch die Nachfrager eine Rolle spielt. Zwei Zeitarbeitsexperten sprechen dies für ihre Dienstleistung bspw. folgendermaßen an: „Das ist natürlich überall so, wo Leistung angeboten wird. Wenn das Produkt das gleiche ist, geht man natürlich auch so ein bisschen auf die persönlichen Präferenzen aus“ (A 23, 49). „Häufig (...) findet heute [ein] Verkauf in unserer Branche noch über Persönlichkeiten statt, also man verkauft seine eigene Persönlichkeit im Grunde als Anbieter und schafft dann damit eine Kundenbeziehung“ (V 7, 17). Auch für die Personalberatung wird die Bedeutung von Vertrauen zwischen Dienstleister und Nachfrager mehrfach beschrieben: „Also der Markt ist gar nicht so intransparent. (…) Hier [in der Region] wissen die Unternehmen ganz genau, welche Berater agieren und welche auch erfolgreich sind. Es ist nur eine Vertrauensfrage“ (A 1, 27). „Dass wir so einen Auftrag machen, das zeugt von sehr hohem Vertrauen in die Person des Beraters. Das heißt, auch von Nähe, die man dann entwickelt hat, und dass Vertrauen sich darauf aufbauen konnte. (…) Es ist nicht die Frage, ob [man] jemanden in die Strategie reingucken lässt, sondern die Frage, ob der Berater nah genug dran ist. Das ist das Entscheidende“ (A 3, 111). „Ich muss Professionalität, Seriosität, Solidität ´rüber bringen und auch, hört sich vielleicht auch ein bisschen trivial an, spielt aber auch eine nicht unerhebliche Rolle, ich muss Sympathie ´rüber bringen. Das heißt, es gibt kaum einen, ich habe das selten erlebt in meinem Berufsleben, so weit ich das erkennen kann,
199 gibt es keinen Auftraggeber, ob selbständiger Unternehmer oder angestellter Geschäftsführer, der einem Berater einen Auftrag gibt, der ihm unsympathisch ist. Wenn diese Chemie zwischen Berater und Unternehmer schon nicht passt, dann klappt es nicht. Das heißt, selbst wenn der Unternehmer feststellt, der ist professionell, der ist dienstleistungsorientiert, der hält Wort, der ist seriös und solide, selbst wenn er das erkennt, aber er ist ihm unsympathisch, da gibt er ihm trotzdem den Auftrag nicht“ (V 5, 31). „(…) weil einfach die Dienstleistung immer einen Vertrauensvorschuss genießt. Und ein Vertrauensvorschuss ist abhängig von der Person, die die Dienstleistung verkauft. Deshalb ist diese beziehungsgetriebene Entscheidungsdeterminante maßgebend, ob ich einen Outsourcingpartner wähle. Ich denke sogar, dass die Beziehungskompetenz, Vertrauen aufzubauen für eine outgesourcte Dienstleistung - vorausgesetzt, es gibt qualitativ methodisch nachweisbare Prozesstransparenz - dann ist diese Kompetenz entscheidend“ (A 13, 57). Auch bei der Auswahl eines (geeigneten) Outplacementberaters spielt für das nachfragende Unternehmen die Vertrauenskomponente und die persönliche Beziehung zum Dienstleister eine große Rolle, wie ein Outplacementexperte anspricht: „Ich muss zumindest das Gefühl haben, weil leider ist ja bei einer Dienstleistung immer so ein bisschen das Risiko dabei: Wird nachher das so laufen, wie es in der Broschüre steht oder wie es vom Berater erzählt wird? Dass er das Gefühl hat, das Preis-Leistungsverhältnis stimmt für ihn und dass er eben wirklich auch das Vertrauen haben kann, dieser Berater wird ihm, letztendlich zum Wohle aller, des Betroffenen und eben auch der Organisation, den Prozess zu Ende durchziehen. Und ich glaube, das ist mit der wichtigste Punkt. Also es ist nicht unbedingt, das ist so mein Erleben aus der Dienstleisterperspektive, dass es primär ums Geld geht. Natürlich, die Mittelverwendung muss stimmen, aber es geht nicht darum zu sagen, wo kriege ich vielleicht für 15 Euro weniger auch einen Anbieter, sondern es geht eher darum zu sagen, wo habe ich das Vertrauen, dass derjenige das auch wirklich löst und wir alle ein gutes Gefühl haben dürfen, damit eben auch einen Anbieter gewählt zu haben, der das Problem sowohl in unserem Interesse, aber auch im Interesse des Mitarbeiters möglichst optimal lösen kann. Und das ist natürlich auch was sehr Subjektives. (…) Ich glaube, dass es am Anfang viel eben auch mit der persönlichen Beziehung zu tun hat, zu sagen, jawohl, der ist mir sympathisch, von dem könnte ich mir vorstellen beraten zu werden in einer vergleichbaren Situation. Und dann kriegen wir sozusagen ein Stück Vertrauensvorschuss von diesem Auftraggeber, und der ist auch erleichtert, wenn es gut läuft, weil er es ja intern in der Regel auch entsprechend kommunizieren muss. Und wenn das dann eben gut gelaufen ist, man einmal diese Erfahrung miteinander hat, kann man natürlich in Zukunft darauf setzen, was dann für das Unternehmen wieder effizient ist, weil der Prozess einmal miteinander durchgelaufen ist, man eben wirklich sagen kann, das haben wir sehr gut gemacht, an dem Punkt informieren wir uns in Zukunft früher, oder [es] wäre besser gewesen, wir hätten schon vier Wochen den Kontakt früher bekommen
200 oder was auch immer. (…) Das ist das Schlechte eigentlich, dass jedes schwarze Schaf eben nicht nur den eigenen Markt, sondern den gesamten Markt ein Stück weit schädigt“ (A 9, 25 und 27). Neben der Persönlichkeit des Dienstleisters bzw. seiner Mitarbeiter und der Sympathie, die das Entstehen einer Vertrauensbeziehung zwischen Dienstleister und Auftraggeber begünstigt, können aber auch noch andere Faktoren eine Rolle spielen. Ein Experte im Bereich Zeitarbeit deutet an, dass eine gemeinsame Arbeitsebene und eine vertrauensvolle Beziehung möglicherweise auch über Ähnlichkeiten in der Arbeitsweise und eine daraus resultierende bessere gegenseitige Einschätzbarkeit begünstigt werden: „Ich stelle heute immer mehr fest, dass wir, wenn wir mit namhaften Kundenunternehmen zusammenarbeiten, uns auf gleicher Augenhöhe begegnen, dass wir unsere Prozesse ähnlich definiert haben, dass man also von ähnlichen Dingen spricht und nicht von völlig unterschiedlichen Auswahlprozessen, sondern dass man ähnlich arbeitet im Denken und eben in der Auswahl“ (A 20, 31). Auch räumliche Nähe und eine daraus resultierende Kontakthäufigkeit kann ein wichtiger Faktor sein, um eine vertrauensvolle Arbeitsbeziehung herzustellen. „Das Regionalitätsprinzip ist auch extrem wichtig. Was wir merken [ist], dass viele Anbieter hier in [Stadt] gerade einfach gescheitert sind, weil sie nicht hier vor Ort sind. (…) Das ist die Nähe zum Kunden. Das ist vielleicht ein ganz wichtiger Punkt. (…) Diese Nähe, die Qualität und die Nähe zum Kunden, ich glaube, dass sind die wichtigsten Sachen. (…). Also Beziehungen aufbauen ist ein ganz wichtiger Punkt. (…) Die Beziehung kann man doch nur aufbauen, wenn man nah dran ist. Das ist wie in der Familie. Wenn man in der Familie irgendjemanden ganz selten sieht, kann man keine Beziehung aufbauen. Das geht nicht. Das muss nah sein. Oder man muss die Nähe schaffen, dass man oft hinfährt. Das geht aber aufgrund der Entfernung wieder nicht. Also ist es schon günstiger, nah dran zu sein“ (A 28, 203 und 235). Ein Zeitarbeitsexperte spricht zudem an, dass bereits in einem sehr frühen Stadium des Prozesses eine partnerschaftliche Zusammenarbeit mit dem Nachfrager stattfindet. Auch diese könnte den Nachfragern dabei helfen, Unsicherheiten bezüglich der Leistungseigenschaften des Anbieters zu reduzieren: „Und zwar ist es so, dass es nicht unbedingt so kommt, dass die Kunden zu uns kommen und uns irgendwas fragen, sondern es ist sozusagen Gesetz, dass sie von Anfang an mit uns zusammenarbeiten. Im Rahmen der Ansiedlung sind wir schon dabei und erklären, wie unsere Personalkonzepte sind“ (A 22, 14).
201 Schließlich erwähnt ein Nachfrager, dass ehrliche und offene Angaben darüber, was leistbar ist, für ihn einen wichtigen Bestandteil der vertrauensvollen Arbeitsbeziehung zum Dienstleister ausmachen: „Und wir haben eigentlich auch einen klaren Anforderungskatalog, den die Leihfirmen kennen, [z. B.] dass es uns wesentlich lieber ist, es sagt mal jemand „Nein. Nein, wir können im Moment nicht liefern. Wir können morgen niemanden bringen.“ [Das ist uns wesentlich lieber,] als wenn man uns zwei oder drei Leute zusagt und am nächsten Morgen keiner da ist. Weil, wenn uns die Leute zugesagt wurden, dann haben wir auch entsprechend für dieses Mannpersonal Arbeit eingeplant. Und es ist nichts schlimmer, als wenn wir dann anfangen müssen, im Prinzip das bestehende Personal, Leihkräfte und Stammmitarbeiter, mehr oder weniger mit mehreren Aufgaben zu belasten. Und das ist auch ein großes Auswahlkriterium. Das testen wir am Anfang sehr intensiv. (…) wenn wir mit den neuen Firmen beginnen, da werden ’mal drei Leute angefordert, dann werden auch gleich ’mal zehn angefordert, und dann setzen wir uns auch ganz kurzfristig mit den Firmen wieder zusammen und sagen: ‚Was war das jetzt? Zehn waren angefordert, sechs standen da. Was soll das?’ Und die merken dann auch relativ schnell, dass es sinnvoller ist, Nein zu sagen. Und das klappt, wenn man so eine persönliche Ebene hat, wesentlich besser. Da kann man ganz klar sagen: ‚Pass’ auf, du wirst mir morgen nie und nimmer sechs Leute schicken können. Ich weiß es einfach. Na ja, machen wir lieber vier draus’“ (N 12, 36). Vertrauen und gutes gegenseitiges Verständnis zwischen Dienstleister und Nachfrager, die nur in einer stabilen Geschäftsbeziehung und über einen längeren Zeitraum wachsen, ist auch für einen Nachfrager nach Personalberatung wichtig: „Das Wichtigste ist, dass die verstehen, was wir brauchen. Das Wichtigste für einen Berater ist, dass der versteht, wer wir sind, was wir brauchen und sich danach ausrichtet. Und dazu muss es irgendwo zwischen Personalabteilung und dem Dienstleister eine Verbindung geben, wo auch Menschen sind, die sich auch verstehen. Also, der muss unser Geschäft verstehen. Deswegen haben wir [entweder] gar keinen Auftrag oder meistens im Laufe der Zeit mehrere Aufträge, woraus recht stabile Partnerschaften erwachsen. Das ist der wichtigste Punkt. Das ist wichtiger als Kosten. Weil das ist die Kernvoraussetzung. Deswegen sind die Partnerschaften auch stabil. Von außen denkt man immer: wieso ist es eigentlich stabil? Warum nutzt man das Unternehmen nicht schon längst aus, ja schon seit fünf Jahren? Aber wenn man drin ist, muss man sich nicht ausnutzen lassen. (…) ein Neuer kann gar nicht das leisten, was eine gute Partnerschaft leisten kann“ (N 1, 51). Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass viele Experten die Bedeutung von Vertrauen zum Dienstleister als wichtiges Kriterium bei der Dienstleisterauswahl betonen. Diese Betonung der Vertrauenskomponente kann als Indikator dafür gesehen werden, dass es für die
202 Nachfrager trotz des Einsatzes vieler verschiedener Maßnahmen zur Qualitätseinschätzung und -sicherung schwierig bleibt, die Qualität der Leistungen des Dienstleisters ex ante einzuschätzen. Vertrauen zum Dienstleister stellt nach den Aussagen der Experten ein Substitut für die fehlende ex ante-Einschätzbarkeit der Qualität der Dienstleistung dar. Vertrauen zwischen Nachfragern und Anbietern muss zunächst aufgebaut und dann abgesichert werden. Hierbei spielt die Persönlichkeit des Vertragspartners wie auch allgemein eine gute, von Sympathie geprägte persönliche Beziehung zu diesem eine große Rolle, wie Aussagen der Experten insbesondere bei Zeitarbeit, Headhunting und Outplacement zeigen. Daneben können auch die räumliche Nähe und Ähnlichkeiten in der Arbeitsweise dazu beitragen. Jedoch wird aus weiteren Textstellen deutlich, dass weder Maßnahmen zur besseren Einschätzung der Qualität noch der Aufbau von Vertrauensbeziehungen das Problem für die Nachfrager wirklich lösen. Vielmehr versuchen die Nachfrager zusätzlich, Wettbewerb zwischen den Anbietern zu nutzen. Dies geschieht auch dann, wenn spezifische Beziehungen zwischen Anbietern und Nachfragern bestehen. 4.2.5.1.4. Zusammenarbeit mit mehreren Anbietern Eine weitere Möglichkeit, Unsicherheiten hinsichtlich der Leistungen von Zeitarbeitsunternehmen zu reduzieren, stellt die Zusammenarbeit mit mehreren Anbietern dar. Dies ermöglicht es einerseits, laufend die Qualität und Zuverlässigkeit in der Leistungserstellung vergleichen zu können und andererseits, durch Wettbewerb zwischen den Anbietern eine Abhängigkeit des Nachfragers von einzelnen Dienstleistern zu vermeiden. Dies berichten mehrere Experten im Bereich Zeitarbeit: „Und vielleicht würde ich höchstwahrscheinlich mit ein oder zwei Unternehmen arbeiten, also um einfach auch die Qualität der Dienstleistung immer quer checken zu können“ (A 20, 27). „Die Unternehmen nutzen da ganz praktische Aspekte. Die arbeiten mit unterschiedlichen Zeitarbeitsunternehmen zusammen. Und die Unternehmen, die den besten Service, die besten Leute [haben], die Zuverlässigsten sind, die werden auf Dauer dann auch genommen. Das ist auch ein ganz klares Auswahlkriterium. Und es ist auch häufig so, dass Unternehmen über Jahre hinaus mit dem gleichen Zeitarbeitsunternehmen mit zwei, drei Zeitarbeitsunternehmen zusammen arbeiten. Und von daher hat es sich im Laufe der Zeit herausgestellt, die Qualität der Mitarbeiter stimmt oder stimmt nicht. Und wenn sie nicht stimmt, dann wird dieses Zeitarbeitsunternehmen selektiert. Sprich, [die] kriegen keine Aufträge
203 mehr. Das ist also ganz normaler tagtäglicher Auswahlprozess von Seiten der Unternehmen“ (A 23, 45). „Natürlich sage ich immer: Es wäre eigentlich fatal, wenn sich ein Kundenunternehmen nur für eine Firma entscheidet, weil das ist immer besser, man hat zwei, drei Firmen. Weil, wenn Sie mal einen großen Auftrag kriegen als große Firma, kann das Ihnen immer passieren, dass eine Zeitarbeitfirma nicht liefern kann. Und da würde ich mir als Kunde immer zwei, drei Zeitarbeitsfirmen halten“ (A 26, 77). „Wir haben noch einen anderen [Anbieter], weil, ich sage einmal so herum, [Anbieter X] braucht auch ab und zu einmal einen Hinweis darauf, dass andere vielleicht in einigen Ecken etwas flexibler sind. Und von daher haben wir damals einmal, (…) als wir ein Problem mit [Anbieter X] in administrativen Fragen hatten, (…) ein anderes Zeitarbeitsunternehmen dann mit dazu genommen. Das machen wir jetzt auch noch“ (N 14, 13). Auch für die Personalberatung wird die Nutzung von mehreren Anbietern von Nachfragern wie folgt beschrieben: „Die Befürchtung ist eher, dass man zu abhängig wird, dass die [Headhunter] zu viel Arbeit von uns bekommen. Das ist eigentlich eher die Befürchtung. Die guten Partnerschaften, die man hat, dass man eben nur noch diese Partnerschaft hat und nicht mehr frei ist, Entscheidungen zu treffen. Deshalb brauchen wir immer mehrere Partnerschaften, um nicht abhängig zu werden“ (N 1, 31). „Es (…) gab für uns zwei etablierte Partner, die gab es schon, als ich in die Bank kam. Und mit dem einen Partner hatten wir schon einmal gearbeitet und haben deshalb den Faden wieder aufgenommen. Also, es ergibt sich doch mehr aus existierenden Kontakten und Arbeitsbeziehungen, als (…) viele zugeben. Es ist nicht so, normalerweise, dass jetzt zehn Headhunter kommen, und wir machen dann die Headhunterauswahl, und mit dem [Besten] machen wir dann den Prozess. Sondern ich kenne vielleicht zwei, drei, vier Headhunter, mit denen ich arbeite, und je nachdem, um was es geht, wähle ich einen aus. Das sind im Regelfall die, die ich kenne. Es ist mir aber wichtig, immer drei oder vier zu haben, mit denen wir so arbeiten, nicht mehr, nicht weniger. Und wenn da einmal jemand ausscheidet, weil wir vielleicht unzufrieden sind, dann bin ich offen, neue Gespräche zu führen, aber auch nur, bis sich jemand findet. Das heißt, ein Headhunter muss auch im rechten Moment kommen. Das ist wichtig. (…) ich hatte so zwei, drei Kontakte, dann hatten wir einen Auftrag. Da habe ich überlegt, passt der Auftrag besser zum einen oder zum anderen oder zu dem, dem ich gern meinen Auftrag geben möchte, um den auch mal auszutesten. Es gibt immer so einen Personalberater eigentlich, mit dem haben wir noch nicht gearbeitet, und dann warte ich, bis der richtige Auftrag kommt, um einmal zu sehen, ob das gut ist. Aber wir haben eigentlich immer nur drei laufende Verbindungen, mehr nicht. Das ist die Art von Auswahl. [Das] ist ein sehr pragmatischer Ansatz, sehr pragmatisch“ (N 1, 45).
204 Ein Nachfrager betont jedoch auch den Aufwand, wechselnden Anbietern immer wieder die Besonderheiten des Unternehmens nahe zu bringen. Schon aus diesem Grund wählen die Nachfrager langfristige Beziehungen zu Personaldienstleistern und arbeiten nur mit einer begrenzten Anzahl von Anbietern gleichzeitig zusammen: „Und was natürlich ganz entscheidend ist, [ist], die Komplexität unserer Organisation jemand Außenstehenden dementsprechend [näher zu bringen], dass er auch seine Möglichkeiten, uns hilfreich zur Seite [zu] stehen, richtig nutzen kann, dem das zu erläutern. Und jedes Mal neu zu erläutern und jedes Mal neu mit jemanden zusammenzuarbeiten, das ist wenig fruchtbar, konnte ich feststellen. Das heißt also, wir sind auch auf längerfristige Zusammenarbeit grundsätzlich [aus]. (...) Wir werden [uns trotz] dieser Überfülle des Angebotes, (…) immer wieder auf die stützen, mit denen wir schon relativ erfolgreich längerfristig zusammengearbeitet haben“ (N 10, 35). In den letzten Zitaten wird deutlich, dass die Wechselbereitschaft der Nachfrager durch den Aufwand begrenzt wird, einen neuen Anbieter zu suchen und sich mit ihm auf einen Vertrag zu einigen. In diesem Spannungsfeld aus der Vermeidung von Abhängigkeit und dem Aufwand der Zusammenarbeit kann es aus der Sicht der Nachfrager eine Lösung sein, mit einer begrenzten Gruppe von Personaldienstleistern zusammen zu arbeiten. Offenbar streben sie an, dass deren Zahl zwar einerseits groß genug ist, dass Wettbewerb entsteht bzw. erhalten bleibt und Abhängigkeit des Nachfragers von einzelnen Anbietern aufgrund von Einarbeitungs- und Informationskosten sowie dem bereits erfolgten Aufbau intensiver Vertrauensbeziehungen vermieden wird, andererseits deren Zahl aber klein genug ist, dass der Aufwand für die Steuerung und Pflege der Beziehungen zu diesen Dienstleistern nicht zu groß wird. Mit anderen Worten entsteht hier offenbar eine Beziehung zu Dienstleistern, in der Kooperation und Konkurrenz gleichzeitig ihren Stellenwert haben. 4.2.5.2.
Exkurs: „All-Personaldienstleistungsstrategie“ der Anbieter?
Diese Überlegungen kann man auch dazu verwenden, um Portfolio-Strategien der Anbieter etwas näher zu beleuchten. Auf dem Personaldienstleistungsmarkt sind deutliche Diversifizierungsbestrebungen der Anbieter in Dienstleistungsfelder zu beobachten, die an ihre bereits seit längerer Zeit bearbeiteten Geschäftsfelder angrenzen. Analog zum Finanzdienstleistungsmarkt, wo in der Vergangenheit eine „All-Finanzdienstleistungsstrategie“ z. B. für Banken und Versicherungen als Anbieter diskutiert wurde, könnte sich also auch hier die
205 Frage stellen, ob Anbieter von Personaldienstleistungen eine „All-Personaldienstleistungsstrategie“ verfolgen sollten oder werden. Wie bereits deutlich wurde, wäre eine solche Strategie aus der Sicht der Nachfrager zwar einerseits deswegen wünschenswert, weil die Einschätzung der Qualität des Dienstleisters und die ergänzende Herstellung einer Vertrauensbeziehung zum Dienstleister für die Nachfrager aufwändig sind. Insofern könnte es sinnvoll sein, dass Anbieter möglichst breite Portfolios haben, damit Nachfrager auch bei heterogenen Nachfragerwünschen nur mit wenigen oder sogar nur mit einem Anbieter zusammenarbeiten müssen. Andererseits wurde aber schon deutlich, dass die Nachfrager Wert auf Wettbewerb zwischen den Dienstleistern und auf die Möglichkeiten zum Quervergleich der Leistungen legen, so dass sie von daher trotz des damit verbundenen Aufwandes häufig mit mehreren Anbietern zugleich arbeiten werden. Interessanterweise ist nun aus der Sicht der von uns befragten Experten von der Anbieterseite ein ganz ähnliches Bild zu verzeichnen: Zwar streben die Anbieter aus Gründen der Risikodiversifikation einerseits eine Erweiterung ihres Dienstleistungsportfolios an. Andererseits sehen sie aber deutlich die Gefahr, dass sie bei nachlassender Konzentration auf bestimmte Dienstleistungsbereiche möglicherweise Spezialisierungsvorteile verlieren oder aber diese Spezialisierungsvorteile im Markt nicht mehr entsprechend gut sichtbar gemacht werden können. Nimmt man beide Argumentationslinien – Anbieter- und Nachfragersicht – zusammen, so deutet sich an, dass „All-Personaldienstleistungsstrategien“ der Anbieter im allgemeinen Fall wohl nicht sehr chancenreich sein werden, sondern nur eine gewisse Bündelung von verschiedenen Dienstleistungen, die aber deutlich unterhalb des gesamten Spektrums der Personaldienstleistungen bleibt, in den Anbieterportfolios zu beobachten sein wird. Eine Ausnahme könnte für solche Personaldienstleister gelten, die sich auf Klein- und Mittelunternehmen als Kundengruppe konzentrieren: Hier dürfte es möglich sein, Spezialisierungsvorteile mittlerer und großer Dienstleister gegenüber der Eigenfertigungs-Alternative des „Ein-Mann-Generalisten-Personalbüros“ deutlich zu machen. Die hier angesprochenen Effekte lassen sich recht gut mit Zitaten aus unseren Interviews illustrieren. Da sich dieses Buch jedoch mit der Nachfrage nach Personaldienstleistungen beschäftigt, wird dieses
206 Thema der Anbieterstrategien hier nicht weiter vertieft, sondern in kommenden Aufsätzen behandelt. 4.2.5.3.
Vertragsabschluss und Vertragsanpassungen im Zeitablauf
Nachdem ein oder mehrere als geeignet eingeschätzte Vertragspartner gefunden wurden, muss ein Vertrag formuliert und abgeschlossen werden. Wir haben auch hier nach potenziellen Schwierigkeiten bei der Ausformulierung der Verträge und der Anpassung der Verträge im Zeitablauf gefragt. 4.2.5.3.1. Formulierung der Verträge Betrachtet man zunächst nur die Frage, ob es Schwierigkeiten gibt, die gewünschten Leistungen klar auszuformulieren, so ergibt sich ein heterogenes Bild. Ein Zeitarbeitsexperte meint, dass es für ein Unternehmen, das vor der Wahl steht, Zeitarbeit nachzufragen, wenig aufwändig sei, den Vertrag mit einem Zeitarbeitsunternehmen abzuschließen. Dies sei deswegen relativ einfach, da ein vorformulierter (Standard)Arbeitnehmerüberlassungsvertrag abgeschlossen wird: „Es gibt den Arbeitnehmerüberlassungsvertrag, den kriegt jeder Kunde (…) und das ist rechtlich abgesegnet und der beinhaltet den Arbeitsplatz. Jetzt sage ich einmal, in meinem Bereich spielt das nicht die Rolle, aber in dem anderen Bereich, wo sie Facharbeiter überlassen, spielt der Arbeitsschutz eine riesengroße Rolle. Und dazu wird sich vorher der Arbeitsplatz angeschaut, damit da auch keine Gefahren sind. Das wird alles in dem Arbeitnehmerüberlassungsvertrag [aufgenommen] und ebenfalls das Geld und das wird ja alles vorher ausgemacht“ (A 26, 55). Der Vertragsabschluss ist dabei umso einfacher, je informierter ein Unternehmen ist bzw. je mehr Erfahrungswissen es in diesem Bereich schon angesammelt hat: „Logischerweise hat der Einsatz von Zeitarbeitspersonal natürlich auch bestimmte Erfahrungswerte. Dass er auf einmal feststellt, dass morgens jemand nicht kommt. Und wenn er [der Nachfrager] dann rauskriegt, dass dieser nicht geschickt wurde, weil ein größerer Kunde die gleiche Qualifikation abgefordert hat, wird er natürlich zukünftig, wenn er wieder in Verhandlung eintritt, sagen: ‚Pass mal auf. Wenn Du wieder einen abziehst und setzt den woanders an, ist eine Konventionalstrafe zu zahlen, damit wir uns richtig verstehen.’ Weil der vorher das gar nicht wusste, dass so was gemacht wird“ (A 19, 38).
207 Deutlich wird in den Interviews aber auch, dass die Unternehmen in der Zeitarbeit offenbar Rahmenverträge nutzen, um insbesondere bei wiederholter Nachfrage die Kosten des Vertragsschlusses niedrig zu halten. Ein Anbieter von Zeitarbeit berichtet über die Zusammenarbeit mit wiederholt nachfragenden Kunden: „Also, da sind die Erwartungshaltungen schon ganz andere, weil auch das Hintergrundwissen ein ganz anderes ist. Und mit solchen Unternehmen werden auch meist Rahmenverträge geschlossen, wo ganz einfach verschiedene Kriterien schon im Voraus festgehalten sind, so dass im Rahmen der möglichen Zusammenarbeit der Kunde dann über uns oder bei anderen Unternehmen nur noch anzurufen braucht und sagt: ‚Ich benötige das und das.’ Und alles andere, was die Einschleusung im Unternehmen, den Arbeitsschutz, die Ausstattung mit Arbeitskleidung, die Abrechnung usw., was das betrifft, die Tarife, die Zuschläge und, und, und. Das ist alles schon im Voraus [ver]handelt“ (A 27, 79). Der hier angesprochene Aspekt, dass mit „nachfrage-erfahrenen“ Unternehmen Rahmenverträge abgeschlossen werden, kommt auch in verschiedenen anderen Interviewstellen zum Ausdruck. Dabei werden zwei weitere Argumente genannt. Einerseits taucht das schon bekannte Argument auf, dass Nachfrager ihre zeitlich gestreuten Aufträge in einem Rahmenvertrag bündeln, weil es Anbieter-Wechselkosten gibt: „Also wir geben Anforderungsprofile raus. So und so haben die auszusehen, das ist klar, die Mitarbeiter, was bestimmte Eigenschaften angeht. Und dann gibt es natürlich eben Dinge, das sind Erfahrungswerte, die also auch der Entleiher dann über eine bestimmte Zeit eben auch erfährt. Und wenn Sie andauernd springen von einem Unternehmen zum anderen, dann sage ich einmal, da haben Sie auch keine Qualitätsgarantie drin. Dann haben Sie ein echtes Problem“ (N 14, 39). Andererseits geschieht dies, um Synergieeffekte hinsichtlich anderer Personaldienstleistungen, wie z. B. Outplacement, besser nutzen zu können: „Wir haben den Rahmenvertrag mit [Anbieter] geschlossen, einfach, weil wir uns super gut ergänzen können. Also, es gibt so viele Synergien (…). Es ist ja immer ein Geben und Nehmen. Das heißt also, das habe ich vorhin schon angesprochen, wir haben Auszubildende und wir haben auch viele befristete Mitarbeiter. Und da unser Unternehmen wirklich sehr sozial ist, ist man natürlich nicht einfach so, dass man sagt, o. k. wenn die Verträge auslaufen, dann laufen die Verträge aus, das ist uns dann egal. Sondern es ist ein Stück weit so, dass wir gesagt haben, wir fühlen uns trotzdem noch verantwortlich, auch wenn jemand jetzt zwei Jahre gearbeitet hat oder ein Jahr gearbeitet hat, dass man einfach gesagt hat, o. k. wir wollen die nicht mit ihren Papieren in der Hand hier aus der Tür schicken, sondern wir sagen, hier, wir haben uns informiert, es gibt noch Mög-
208 lichkeiten. (…) Und [wir] haben dann jemanden gesucht wie [Anbieter], die gesagt haben, wir können euch anbieten, auf der einen Seite die noch weiter zu qualifizieren, auf der anderen Seite natürlich auch zu sagen, wir haben ja auch Kunden, die vielleicht genau das suchen, was ihr ausgebildet habt, aber ihr braucht das nicht mehr. Das heißt, wir geben die Leute, die wir hier hatten und die auch gut waren, (…) dann mit einer tollen Beurteilung an [Anbieter] dann weiter. Das heißt, wir empfehlen die“ (N 13, 54). Die Verwendung von Rahmenverträgen macht deutlich, dass Bedarf nach einer Verminderung des Aufwandes zur jeweils erneuten Formulierung von Verträgen besteht. Im Gegensatz zur Verwendung von Rahmenverträgen, gibt es auf der anderen Seite in der Zeitarbeit auch Fälle, in denen unter Umständen keine standardisierten Verträge oder Rahmenverträge verwendet werden können. Die Kunden legen von Auftrag zu Auftrag fest, welche Art von Vertrag – Werk-, Dienst- oder reiner Arbeitnehmerüberlassungsvertrag – sie haben wollen. Diesen Punkt spricht ein Zeitarbeitsexperte an: „Und der [Kunde] (…) hat ein Budget und hat gesagt: o.k., die dürfen jetzt niemanden [einstellen]. Eigentlich müssten die jemanden fest anstellen, weil das ein sehr heißes Thema ist, aber dürfen die nicht, das heißt, sie geben das in Arbeitnehmerüberlassung raus. Und dann haben wir wiederum (…) denselben Kunden, das ist eine Laborgeschichte, da dürfen die keine Arbeitnehmerüberlassung machen. Da wird das einfach als Dienstvertrag hingestellt oder als Werkvertrag, obwohl es nicht wirklich einer ist. Das hängt immer davon ab, wie das definiert wird vom Kunden“ (A 28, 17). Neben der Frage nach der Art der zu verwendenden Verträge, stellt die Ausformulierung der Verträge selbst ein weiteres Thema dar. Hinsichtlich des Vertragsabschlusses beim Interimsmanagement wird sehr deutlich, dass die Formulierung eines guten Vertrages zunächst einmal ein komplexes Problem darstellt. Ein Experte weist darauf hin, dass es an sich für ein Interimsmanagement nachfragendes Unternehmen nicht aufwändig sei, überhaupt einen Vertrag abzuschließen, problematisch sei aber häufig die schlechte Qualität der Verträge. „Die Interimsmanager werden, sage ich mal, so im unteren Feld direkt von Abteilungen, also Abteilungsleitern meistens per Dienstleistungsvertrag einfach so angeheuert, wie wenn er sich sonst irgendwas kauft, und auch über diese Budgets abgerechnet (…). Und es werden im Zweifel entweder gar keine Verträge oder ganz, ganz schlechte Verträge gemacht, weil diese Leute nicht darauf achten. Da sitzt so ein Abteilungsleiter und sieht genau: Ich habe jetzt hier ein Projekt laufen. Ich brauche morgen einen Experten für XY, sonst habe ich ein Prob-
209 lem. Und dann [ist] der nächste per Handschlag, zack, da. Also nicht nur die Qualität der Verträge usw. ist dort sehr gering. (…) Die Leute werden gar nicht überprüft, ob die Angaben richtig sind. Im Zweifel wird auf Geheimhaltung und sonst was und solche Sachen überhaupt nicht geachtet“ (A 6, 27). Die Experten von der Angebotsseite, insbesondere die Agenturvertreter, merken an, dass in der Praxis teilweise entweder sehr schlechte Verträge verwendet werden, die wesentliche Vertragsklauseln vermissen lassen, oder aber gute Verträge, die von den Agenturen oder anderen Anwendern in langjähriger Erfahrung fein geschliffen wurden. Sie stellen ferner sehr stark in den Vordergrund, dass durch das Zwischenschalten eines Vermittlers die Qualität der Verträge und somit auch die Professionalität der Vertragsabschlüsse verbessert werden können: „Das kann man natürlich umgehen, wenn man sich an eine Agentur wendet, die halt einem auch richtige Verträge anbieten kann. Also ich meine, die Verträge, die wir haben, die haben sehr, sehr viel Geld gekostet, bei sehr teuren Rechtsanwaltskanzleien, mussten in der Praxis aber noch wirklich über lange Zeit noch verändert, angepasst werden an die Praxis, weil das doch ein bisschen eine neue Geschichte ist. [Die] funktionieren mittlerweile sehr gut. Also ich glaube, sie funktionieren sogar besser als Angestelltenverträge“ (A 6, 27). „In der Regel macht man das ja gemeinsam mit dem Interimsmanager. Der Interimsmanager hat, wenn er erfahren ist, selbst ein Vertragswerk, wo auch immer her, von irgendeinem Kumpel einmal irgendwie zusammengestrickt. Das ist alles relativ abenteuerlich noch in der Branche. Bei den Vermittlungsagenturen sieht das anders aus. Die haben wirklich professionelle Verträge und regeln auch genau die Arbeit, die zu tun ist. Das heißt, es wird genau definiert: Was ist die Aufgabenstellung, was ist der Zeitraum, was sind die Kosten. Das ist eben auch ein großer Vorteil, wenn man mit Vermittlungsagenturen arbeitet. Wenn man direkt mit Interimsmanagern arbeitet, kann man auch das Pech haben, dass es einer ist, der etwa sich selbst optimiert. Das ist leider so in der Branche, da rennen noch ein paar schwarze Schafe herum, das muss man einfach so deutlich sagen“ (V 3, 55). „Ja also, wenn ich von Quality of Service auch rede, die ist nicht nur nicht definiert, sondern in der Regel kann das also zu brutalen Streits führen, dass die Verträge so schlecht sind, dass der Interimsmanager mitten im Projekt auf die Kundenseite, also auf die Endkundenseite, dann noch wechselt, (...) dass Geheimhaltung, Vertraulichkeit was weiß ich was, nicht eingehalten werden, weil das einfach so hemdsärmlig geschlossen wurde. Wenn die das so durchgemacht haben, dann werden die so schlau und fangen an zu überlegen: Zu welchen Agenturen soll ich gehen?“ (A 6, 31).
210 Angesichts der Tatsache, dass dieses Argument der besseren Vertragsqualität natürlich auch stark den Charakter eines Marketingargumentes für die Agenturen hat und wir aus unserem Datenmaterial heraus nicht überprüfen können, wie häufig es mit Verträgen über Interimsmanagement, die nicht von einer Agentur sind, in der Praxis Probleme gibt und wie stark sich die Qualität der Verträge verbessert, wenn Agenturen an ihrer Formulierung beteiligt sind, müssen wir bei der Interpretation dieser Aussagen zurückhaltend sein. Allerdings ist es aus ökonomischer Sicht plausibel, dass die Agenturen hier möglicherweise Spezialisierungsvorteile hinsichtlich der Formulierung komplexer Verträge geltend machen können und somit zu einer besseren Vertragsqualität beitragen könnten. Im Bereich Personalberatung beschreibt ein Experte sehr anschaulich, dass die Verträge selbst zwar recht formlos geschlossen werden, dass dies aber nur möglich wird, weil in einem schriftlichen Dokument ausführlich beschrieben wird, was das gemeinsame Verständnis der zu erbringenden Dienstleistung ist. Erst auf dieser Basis einer ausführlichen Vorarbeit wird dann ein formloser, vielleicht sogar mündlich oder telefonisch geschlossener Vertrag möglich: „[Der Vertragsabschluss mit dem Personalberater] geht in der Regel sehr einfach. Wir haben keine schriftlichen Verträge, wir schreiben es auf und wir reden dann. Also es ist sehr vertrauensbasiert. Wenn die Rechtsanwälte miteinander reden, können Sie es vergessen. Wir schreiben das Projekt auf, wie wir das verstehen in dem Briefing und schreiben da rein, wie wir das Honorar ansetzen, wie wir uns das vorstellen. Das ist ein Brief, das sind zehn Seiten oder so etwas. Da steht drin, das Unternehmen so und so und die Person, die wir suchen ist so und so und das Vorgehen ist so und so und das Ziel ist so und so und das ist das Team und das und das wäre das Honorar. Und der Unternehmer ruft dann bei uns an und sagt: ‚Ja, so machen wir das.’ Und in der Regel, also in Deutschland ist das in der Regel so, dass wir uns das nicht mehr schriftlich geben lassen. Auf Vertrauensbasis. Und dann suchen wir. Da gibt es Rechnungen, die werden bezahlt in der Regel. Das heißt, so ein Vertrag kommt schnell zustande, sehr schnell. Also manchmal auch einfach nur mündlich. Je nachdem“ (A 3, 79). Ebenso beschreibt ein Verbandsexperte für den Bereich Arbeitsvermittlung, dass der Vertragsschluss selbst recht einfach sei, begründet dies jedoch mit dem Vorliegen bereits fertig formulierter Verträge: „Also, mir würde das nicht schwer fallen, weil ich mich mit dem Vertragswesen gut auskenne. Aber es ist ja so, dass in der Regel der Lieferant - und ein Personaldienstleister ist ja ein Lieferant - (...) einen Vertrag hat. Ich muss mich mit
211 diesem Vertragswerk auseinandersetzen und Punkte, die mir unklar oder mir überhaupt nicht genehm sind, versuchen, herauszustreichen. Im Grunde genommen ist das Vertragswesen ganz simpel. Es sind einige wenige Punkte, die drin sein müssen, nämlich: Welche Leistung erbringt der Dienstleister? Was muss ich dafür zahlen? Gibt es eine Zeitschiene und was bekomme ich im Anschluss, vielleicht noch eine Garantie, eine nachgehende Betreuung? Mehr brauche ich eigentlich nicht. Gut, es gibt viele Dinge noch, Erfüllungsort usw. Aber eigentlich ist der Vertrag kurz und knapp. Was beinhaltet die Leistung? Was kostet es mich? Kommen Zusatzkosten dazu, zum Beispiel Anzeigenkosten, Reisekosten? Wie ist das Zeitfenster und wie ist die Haftung oder Garantie usw.? Mehr brauche ich nicht“ (V 1, 35). Genauso sieht ein Personalentwicklungsexperte von der Angebotsseite den Vertragsschluss des Nachfragers mit dem Dienstleister als wenig aufwändig an: „Also das geht in der Regel. Also, da gibt es immer Angebote und Verträge. Sie sind relativ sauber expliziert. (…) Wir versuchen, dem Kunden begreiflich zu machen, dass er von uns eine Leistung kriegt und dass wir davon ausgehen, dass die Leistung das ist, was er haben will. Und wenn es ein Problem gibt, wenn wir also danebenhauen mit unserer Leistung, sind wir eher daran interessiert, dann auf unsere Rechnung zu verzichten oder die zu reduzieren. Weil wir das große Interesse haben, mit dem Kunden weiter langfristig zusammenzuarbeiten. Und das versuchen wir ihm zu vermitteln. Also der Kunde, der mit uns zusammenarbeitet, wird in Krisenfällen nie ein Problem kriegen. Es wird immer zu seinen Gunsten gelöst, das Thema. Das ist eine Grundeinstellung bei uns. Und in der Regel kommt er mit den Angeboten und Verträgen gut zurecht. Dort ist immer spezifiziert, (…) ein Trainer pro Tag kostet ja das und das und die und die Kosten sind da mit drin. Das ist so das, was wir da vertraglich absichern in der Regel so. Das ist eigentlich unproblematisch“ (A 11, 26). Es wird hier deutlich, dass im Bereich von Personalentwicklungsdienstleistungen offenbar kaum Probleme bestehen, die Dienstleistungen klar zu formulieren, wenn schon Standardverträge und Angebote vorliegen. Zusätzlich wird jedoch darauf verwiesen, dass im Zweifel das Interesse des Anbieters an Folgegeschäften dazu führt, dass bei vertraglichen Unklarheiten eine Einigung im Sinne des Kunden erreicht wird. Insgesamt machen die Aussagen der Experten deutlich, dass die Aufwändigkeit des Vertragsabschlusses heterogen beurteilt wird. Der reine Vertragsschluss ist dann einfach, wenn umfangreiche Vorarbeiten, entweder in Form einer ausführlichen Leistungsbeschreibung (Beispiel des Personalberates) oder in Form fertig vorliegender Vertragsentwürfe (Beispiel der Interimsmanagementagenturen, der Zeitarbeitsfirmen und des Anbieters von Personalentwicklungsdienstleistungen) geleistet wurden. Auch die Verwendung von Rahmenverträ-
212 gen kann ein Instrument sein, um bei wiederholter Nachfrage den Formulierungsaufwand im einzelnen Nachfragefall deutlich zu senken. Interessen der Anbieter hinsichtlich eines Schutzes ihrer Reputation und an Folgegeschäften mit den Nachfragern können zusätzlich dazu beitragen, dass mit doch existierenden vertraglichen Lücken ex post im Interesse des Kunden umgegangen wird. Allerdings zeigen die Aussagen der Experten auch, dass erstens längst nicht alle Kundenbedürfnisse mit Standardverträgen befriedigt werden können, und dass zweitens zum Teil auch die Konsequenzen schlecht oder lückenhaft geschriebener Verträge gravierend sein können. 4.2.5.3.2. Aushandlung der Vertragskonditionen Neben der reinen Formulierung von Verträgen kann auch die Aushandlung der konkreten Vertragskonditionen aufwändig sein bzw. wird möglicherweise hart um Vertragskonditionen gerungen werden, einerseits zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses, andererseits aber auch im weiteren Vertragsablauf hinsichtlich möglicher Nachverhandlungen bzw. Anpassungen der Vertragskonditionen. Ein Experte von der Angebotsseite im Bereich Outplacement beschreibt, dass es teilweise Meinungsverschiedenheiten zwischen Anbietern und Nachfragern darüber gibt, wie eng man eine Dienstleistung bzw. das Leistungspaket zuschneiden kann, ohne dass negative Qualitätseffekte auftreten: „(…) wir sind ja auch ein bisschen stur in Anführungszeichen, indem wir sagen, wir haben ganz klar [einen] definierten Leistungsumfang und klare Qualitätskriterien, die uns wichtig sind. Wenn jetzt jemand sagt: ‚Das ist alles Schnickschnack und ich will die abgespeckte Version. Und das brauche ich auch nicht. Dann schneiden wir so ein paar Sachen ab und geht doch trotzdem’, [Das] lehnen wir ab. Das heißt, mit dem kommen wir nicht zusammen. Entweder der gibt sich einen Ruck und ist dann eben doch überzeugt, dass das so Sinn macht, eben in einer kompletten Leistung zu gehen oder er geht zu irgendeinem anderen Anbieter, der ihm das anbietet. (…) Aber klar, in der jetzigen Marktsituation wird er Anbieter finden, die auch sagen‚ o. k., wenn Du eben nur so und so viel Budget hast und da eben nur eine Facette davon anbieten möchtest, dann machen wir das entsprechend. Ja.’ Und ich glaube, da sind wir als Anbieter eben auch ein Stück weit verpflichtet, Qualität im Markt hochzuhalten und eine Aushöhlung einer Dienstleistung zu vermeiden, indem man selber Prinzipien und Vorstellungen über eine solche Dienstleistung hat und man kann ein Stück weit sicher immer mitgehen, aber es gibt auch Punkte, wo man sagen muss: ‚Sorry. Ja. Da gibt es Anbieter, aber nicht wir’“ (A 9, 55).
213 Zwar wird um den Umfang des Leistungspakets offenbar gerungen, und dies führt möglicherweise auch dazu, dass bestimmte Geschäftsbeziehungen nicht zustande kommen. Deutlich wird aber auch die Einschätzung des Experten, dass sich bei entsprechend starkem Wettbewerb zwischen den Anbietern der Kundenwunsch potenziell durchsetzen und/oder der Markt in verschiedene Angebotssegmente aufteilen wird. Allerdings kann der Suchprozess für den Kunden dann durchaus aufwändig sein. Ein anderer Experte im Bereich Zeitarbeit beschreibt einen ähnlichen Zusammenhang, aus dem aber zusätzlich noch deutlich wird, dass es auch innerhalb der nachfragenden Unternehmen unterschiedliche Interessen, z. B. zwischen der Einkaufsabteilung und der Fachabteilung, hinsichtlich der Qualität und des Preises der Dienstleistung geben kann. Diese schlagen sich dann auch in den Verhandlungen mit dem Dienstleister nieder. „Er [der Kostendruck] steigt. Ja, er steigt. Aber wir sind auch bereit, auf Aufträge zu verzichten, weil wir wissen, dass wir gut sind. Und wenn der Einkauf sagt, o. k. Ihr seid zu teuer, 20, 25 %, (…) und Ihr seid nicht bereit, im Preis runter zu gehen, also nehme ich einen Wettbewerber. Gut, nehmen wir einen Wettbewerber. Und siehe da, dann kommt die Fachabteilung zum Einkauf und sagt: ‚Hör mal, das mit [dem,] den Du ausgesucht hast, funktioniert nicht. Der kann das nicht.’ Dann kommt er dann ein paar Wochen später auf uns zu und sagt, können wir dann doch bitte mit Euch zusammen arbeiten“ (A 21, 143). Verschiedene Experten weisen darauf hin, dass es nicht nur zum Zeitpunkt der ersten Vertragsaushandlung, sondern auch im laufenden Geschäft immer wieder Verhandlungen um die Vertragskonditionen gibt, insbesondere hinsichtlich der Frage, welche Leistungsvolumina im Preis enthalten sind: „Macht das ein externer Dienstleister, dann hat man sich auf (…) Volumina und auf Geld geeinigt. Die Volumina versucht ein Kunde sehr, sehr gern und oft zu überschreiten, indem er sagt: ‚Das müsst ihr (...) noch machen. Aber im Geld darf es nichts mehr kosten.’ Und da beginnt natürlich dieser Punkt, den wir sehr oft erleben. Man will alles und kosten darf es nix. Und jetzt muss man natürlich, wir als Dienstleister, genau mit den Problemen sehr, sehr behutsam umgehen. (…). Das heißt, man muss versuchen, da auch sehr kooperativ zu sein. Auf der anderen Seite versucht er es natürlich auch durch Preisdiskussionen uns zu sagen: ‚Und andere machen das für die Hälfte und warum seid ihr so teuer?’ Und damit diesen Spagat hinzukriegen, Kunden erhalten, Kunden weiter begeistern, aber ihn jetzt nicht diesbezüglich sich auszuliefern. (…) Das heißt, man hatte (...) bestimmte Sachverhalte vereinbart, hatte die Verträge auch einfach und klar formuliert und dann sagt man: ‚Erwartet habe ich aber was ganz anderes.’
214 Ich soll das nämlich komplett machen. Aber für den Preis, da steht natürlich nur drin, da ist nur ungefähr ein Drittel des Volumens drin. Mit dieser Sperre muss der Kunde selbst klar kommen. (…) Der Kunde hat oftmals daraus aber das Gesamtpaket im Kopf und meint, das gehört dazu und die ganzen Sachen, die zwischen den Zeilen stehen, sind aufgefüllt mit Inhalten. Und dadurch kann es sehr, sehr schnell zu einem Negativprozess führen“ (A 14, 13 und 26). „Und deswegen stehen an erster Stelle eigentlich bei vielen Kunden erst einmal die Möglichkeiten, die Zeitarbeit ihm bietet, Risiko zu verringern, an zweiter Stelle steht dann der Preis. Wenn dann eine Zusammenarbeit zustande gekommen ist nach einer gewissen Weile, rückt der Preis in den Vordergrund, weil so ist es halt im Leben des Menschen immer. Alles, was man hat, wird dann plötzlich Normalität und dann wird am Preis rumgefeilscht. Und hier ist ganz einfach ein offenes Gespräch immer wieder erforderlich“ (A 27, 59). Gerade im letzten Zitat wird deutlich, wie sich im Verlauf der Geschäftsbeziehung die Erwartungen und Einschätzungen verändern können, so dass daraus Nachverhandlungen resultieren. Allerdings gelingt es z. B. bei der Personalberatung offenbar zumindest partiell, solche Effekte vorab durch eine klare Vertragsgestaltung hinsichtlich des Honorars zurückzudrängen: „Es gibt das Maß, also bei einer Suche gibt es in der Regel das Maß, dass das Honorar ein Drittel des Jahresgehaltes entspricht. Wobei das bei uns ein festes Honorar ist. Damit nicht am Ende wir bei den Verhandlungen, wenn wir bei den Verhandlungen sagen, müssen Sie ein bisschen mehr zahlen, dann sagt unser Auftraggeber, o. k., ich weiß genau, warum Sie das vorschlagen, sondern das wird im Vorfeld festgelegt bei [uns]. Das heißt, (…) wir schätzen die Komplexität so und so hoch ein und deshalb setzen wir das und das Honorar an. Und das ist dann ein festes Honorar. Wenn der Kandidat dann mehr als das Dreifache davon verdient, ist das halt so. Und wenn er weniger verdient, ist das halt auch so“ (A 3, 71). Ein Nachfrager nach „kompletter Personalarbeit“ beschreibt die aus seiner Sicht - im Vergleich zur internen Erstellung der Personalarbeit - besseren Möglichkeiten der Anpassung eines Vertrages mit einem externen Dienstleister, sowohl zu Beginn der Zusammenarbeit als auch bei wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Nachfragers: „Ja, was haben Sie denn für ein Problem, wenn Sie die Angestellten im Haus haben? Mit dem Dienstleister setzen Sie sich hin, mir geht es schlecht, Rate runter, Vertrag kündigen oder Rate runter. Sie werden sich wundern, manchmal endet das mit Rate runter. Das können Sie mit einem eigenen Angestellten nicht machen. Der sagt: ‚Schmeiß mich doch raus, kriege ich X Abfindung, bin fünf Jahre da.’ Also die Antwort ist, unser deutsches Arbeitsrecht, die Unflexibilität des
215 deutschen Arbeitsrechtes, macht es gerade attraktiv, den Volatilitäten im Geschäftsverlauf besser nachzugehen, wenn man einen Dienstleister hat. Das ist ja gerade der Spaß des Outsourcing“ (N 7, 61 und 91). Die Zitate zeigen sehr deutlich, dass teilweise sowohl die erste Aushandlung der Vertragsbedingungen als auch die während der Vertragslaufzeit stattfindenden Nachverhandlungen und Anpassungen sowie Auslegungen der Vertragskonditionen aufwändig sein können. 4.2.5.3.3. Zusammenfassung Insgesamt wurde deutlich, dass die Interessen von Anbietern und Nachfragern sehr unterschiedlich sind, und sich dies auch darin ausdrückt, dass die Aushandlung und Formulierung von Verträgen aufwändig sein kann. Zwar wird die Formulierung von „irgendwelchen“ Verträgen als vergleichsweise einfach beschrieben. Die Formulierung von guten und sehr guten Verträgen, bei denen ex post keine gravierenden Überraschungen erlebt werden und bei denen an die relevanten Aspekte auch gedacht wurde, ist jedoch - zumindest für unerfahrene Anbieter und/oder Nachfrager - durchaus aufwändig und kann entsprechende Probleme bereiten. Hier liegt einerseits ein Feld möglicher Spezialisierungsvorteile für die Anbieter. Andererseits wurde aber auch deutlich, dass sich die Erwartungen im Verlauf einer Geschäftsbeziehung verändern und die grundsätzlichen Interessenunterschiede zwischen Anbietern und Nachfragern bestehen bleiben. Beides kann auch bei sehr gut geschriebenen Verträgen zu Nachverhandlungen und Vertragsanpassungen führen. Die Nachfrager nutzen die Vertragsanpassungen unter anderem z. B. auch dazu, um ihre Zahlungsverpflichtungen an ihre wirtschaftliche Lage anzupassen. Demgegenüber stellen diese Nachverhandlungen für die Anbieter ein Problem dar, da sie eine Gratwanderung zwischen dem noch profitablen Angebot ihrer Dienste und der weiteren Zusammenarbeit mit den Kunden auslösen. Wie bereits weiter oben schon gesehen, schützen sich die Nachfrager durch die Zusammenarbeit mit mehreren Anbietern gezielt vor zu großer Abhängigkeit von einzelnen Anbietern und sorgen somit dafür, in solchen Nachverhandlungen eine entsprechende gute Verhandlungsposition auch gegenüber möglicherweise schon „spezifisch“ qualifizierten und auf die Zusammenarbeit mit dem jeweiligen Nachfrager ausgerichteten Anbietern zu haben.
216 4.2.5.4.
Kontrolle und Durchsetzung der vereinbarten Leistungen
Sind Verträge geschrieben und abgeschlossen, stellt sich weiterhin die Frage der Kontrolle der erbrachten Qualität und der Durchsetzung der vertraglich vereinbarten Leistungsansprüche. Ein Experte von der Anbieterseite im Bereich Zeitarbeit erwähnt, dass die Qualität des Zeitarbeitsunternehmens von den Nachfragern nach der Nutzung eingeschätzt werden kann. „Die Leistung kann man einschätzen, wenn man den ausprobiert hat“ (A 28, 71). Auch ein Nachfrager meint, dass die Qualität der Leistung eines Zeitarbeitsunternehmens insbesondere bei der Nachfrage nach einfachen und mittleren Qualifikationen gut eingeschätzt werden kann, es aber bei höherwertigen Qualifikationen zu Problemen kommen kann. Zugleich beschreibt er aber, wie er die „Lieferfähigkeit“ der Zeitarbeitsfirmen überprüft: „So, also das allerbeste Beispiel, das könnte man mit jeder Leihfirma machen, rufen Sie die heute an und verlangen Sie einen IHK-geprüften Bilanzbuchhalter. Von zehn Firmen, die Sie anrufen, sagen acht zu, sie hätten jemanden und dann holen Sie sich die Leute her, schauen Sie sich die Leute an und geben Sie denen ein paar einfache Aufgaben, die jeder IHK-geprüfte Bilanzbuchhalter mit zwei Jahren Berufserfahrung spielend lösen sollte. Und es ist immer wieder erschreckend. Das ist genauso erschreckend, wie wenn wir selber Suchanzeige schalten, wie breit das Spektrum auseinander geht. Aber das ist einfach so das Fatale bei den Leihfirmen, wo man einfach sagen muss, dass das wirklich zu weit auseinander geht. Und das ist bei einfachen Produktionstätigkeiten nicht“ (N 12, 40). Im Gegensatz zur Zeitarbeit sagt ein Interimsmanagementexperte aus, dass hinsichtlich der Beurteilung einer durch Interimsmanager erbrachten Leistung keine pauschale Aussage getroffen werden kann. Dieser Experte betont vielmehr, dass die Möglichkeiten zur Leistungskontrolle je nach Aufgabenstellung des Interimsmanagers im konkreten Projekt schwanken. „[Das ist] auch wieder sehr abhängig von der Aufgabenstellung. Wenn Sie jemanden haben, der eine Überbrückung macht, das heißt das Management auf Zeit übernimmt, ist der Erfolg [da]hinter, dass das Unternehmen ohne großen Schaden, ohne großen Schlenker weiter existiert und wieder in sichere, langfristige Hände übergeben wird. Wenn Sie ein Projekt haben, kann man das in der Regel sehr genau definieren. Es gibt nämlich ein Projektende und Meilensteine und es gibt auch ein Ziel, was mit dem Projekt erreicht werden soll. Also da gibt es schon eine Messbarkeit. Das hängt immer sehr stark von beiden Protagonisten ab, also dem Auftraggeber und dem Auftragnehmer. Und wer das Thema Inte-
217 rimmanagement seriös verfolgt, wird immer wieder berichten anhand der Zieldefinition mit Meilensteinen, was war das Ziel bis heute? Und was habe ich erreicht? Und das eigentlich wöchentlich“ (V 3, 57). Auch bei der Personalberatung ist die Frage nach einer ex post Qualitätskontrolle unterschiedlich zu beantworten, je nachdem, auf welcher Ebene Qualität gemessen werden soll. So kann zwar festgestellt werden, ob die Stellenbesetzung als solche erfolgreich war, mit anderen Worten, ob ein geeigneter Kandidat gefunden wurde oder nicht. Jedoch kann die eigentliche Qualitätskontrolle bei erfolgreicher Stellenbesetzung in der Regel erst später erfolgen, wenn das nachfragende Unternehmen sehen kann, welche Leistungen die vom Personalberater beschaffte Kraft langfristig erbringt. Diese eher schwierige Kontrolle der vom Personalberater erbrachten Leistung spricht einer der von uns befragten Experten im Bereich Personalberatung folgendermaßen an: „Qualitätskontrolle, das, was Sie auch ansprechen, das ist sehr schwierig. Qualitätskontrolle heißt, dass der, den wir irgendwo hinbringen, danach langfristig richtig performt. Das heißt also, man sieht im ersten Monat noch nicht, ob das funktioniert hat. Man sieht es vielleicht nach drei Jahren, ob es funktioniert hat oder so. Das heißt, Qualitätskontrolle, schwierig. Und wenn es nicht funktioniert, ist schwer zu sagen, woran es lag“ (A 3, 79). Dass Qualität hier ex post auf mehreren Ebenen definiert und erfasst werden kann, wird zudem anhand der Qualitätskontrollen der Nachfrager deutlich. Auch diese beziehen sich auf verschiedene Qualitätsebenen, zum einen auf die Auswahl der aus Nachfragersicht richtigen Kandidaten (Ergebnisqualität) sowie zum anderen auf die Arbeitsweise des Personalberaters selbst (Prozessqualität). Die Aussagen unserer Experten legen nahe, dass gerade beim Headhunting eher die Prozessqualität bewertet wird, teilweise sogar stärker als die Qualität des Endergebnisses, die auch dem Einfluss anderer Störgrößen unterliegt. Im Falle des Headhuntings betonen die Nachfrager, dass es Fehlgriffe bei der Stellenbesetzung geben kann, selbst wenn der Personalberater eigentlich alles richtig gemacht hat. Daher wird für die Qualitätsbeurteilung der Leistungserstellungsprozess des Personalberaters beleuchtet. „Es gibt zwei Dinge, Akzeptanz und Erfolg. Sie sehen, wer eingestellt wird, und Sie beobachten den Personalberater bei der Arbeit. Ein Punkt ist zum Beispiel: Arbeitet der überhaupt oder bedient der nur alte Karteikästen? Das ist einfach so. Einige bedienen alte Karteikästen oder kommen vom Akquisitionsgespräch und gehen dann zum Researcher, Studenten, die nebenbei überall herumtelefonieren. Und es gibt Personalberater, die wirklich arbeiten. Die schreiben [ein]
218 Profil, die führen Vorgespräche und wir haben zum Beispiel geregelt, wir gucken uns niemals Kandidaten an, die kein Vorgespräch hatten. So etwas ja. Und das ist für uns sehr wichtig. Und so kontrollieren wir Qualität, also indem wir sagen: Bring uns bitte nur Kandidaten, die mehr oder weniger auch zum Profil passen. Und [ein] zweiter Punkt von Qualität ist, dass ein Berater mit uns diskutiert. Ein Berater, der immer „Ja“ sagt, ist bei uns falsch. Weil niemand ist [vor Fehlern] gefeit. Und wenn der für einen arbeitet, heißt das, dass der eine Meinung haben sollte und man auch miteinander spricht. Also das finde ich wichtig. Qualitätskontrolle in dem Bereich ist im Grunde: Kommen die richtigen Kandidaten rein und (…) ist es für ihn eine Partnerschaft. Geht es zügig. Arbeitet der wirklich. Und hat der eine Meinung, so dass man zusammen arbeitet eigentlich. Oder hat man das Gefühl, der verkauft einem Kandidaten. Dann ist er für uns zum Beispiel falsch“ (N 1, 49). „So, also erster Stepp, wie geht er das Thema an, um für sich Klarheit zu schaffen, wen suche ich und wo suche ich. Zweite Phase, so machen wir es zumindest immer aus, bevor der nun in Gespräche mit potenziellen Leuten geht, kommt der bei mir mit der Longlist vorbei. Also, ich will praktisch das Ergebnis seines Research kennen, bevor er nun auf Meier, Müller, Huber zugeht. Und da siehst du wiederum, weil bissel was weißt du ja auch aus der Branche, welche Namen hat der auf der Longlist drauf. Trifft er da genau, schleppt er dir 100 Namen an oder ich sage einmal böse: Hat [er] die Telefonbücher der Konkurrenz abgeschrieben, oder hat er wirklich eine Idee aus dem ersten Teil, wen wir wirklich wollen. Dann machst du mit dem üblicherweise aus der Longlist eine Shortlist und dann präsentiert er dir in der Regel [ein paar Kandidaten], also ich will ja nicht mehr als drei Kandidaten sehen. Und da kannst du in dem ganzen Prozess, der hat eine ziemlich nahe Beziehung eigentlich zu uns oder zu mir in dem Fall, da siehst du relativ genau, wie der tickt. So, wenn du das zweimal geübt hast, dann hast du einen Eindruck, ob das geht oder nicht. Also ich glaube, das kann man einschätzen. Das war jetzt eine Kurzfassung. Also wir haben [einen] relativ detaillierten Prozess, wie denn das im Kontakt mit dem Headhunter laufen soll. So am Schluss der Party wird er dann auch daran gemessen, hat er jemanden geliefert, den wir einstellen. Der kann alles richtig machen, am Schluss kommt nie was raus. Auch nicht so wichtig. Aber das kann man einschätzen. Geht durch nahe Zusammenarbeit und eine klare Vorstellung, wie der Prozess eigentlich laufen sollte“ (N 2, 37). „Also da wird in der Regel schon ein Gespräch mit dem Headhunter erst einmal stattfinden, wo in der Regel auch zwei auf unserer Seite sitzen oder drei, dass gesagt wird, wir wollen den fachlichen Anspruch schon irgendwo definiert haben. Insofern muss der fachliche Vorgesetze oder jemand aus dem Gebiet, um einfach auch den fachlichen Background [dabei zu haben], der oftmals nicht ganz trivial ist, der bei Führungskräften nie entscheidend ist, aber der eben auch nicht trivial ist, um den rüberzubringen. Und dann ist es eher ein Thema, dass wir über die Managementschiene und den Personalchef eigentlich den Headhunter versuchen, im Gespräch von zwei Stunden die Gemengelage zu erklären. Er kriegt ein Anforderungsprofil in Form einer ausführlichen Stellenbeschreibung oder so was
219 mit und kriegt dann eigentlich gesagt: So, und jetzt durchdenke das einmal. Und [du] bist ja auch schon lange genug auf der Welt, mache einmal ein paar Vorschläge, wie die aussehen könnten. Und (...) eh wir dann richtig in die heiße Phase gehen, reden wir dann noch einmal. Das kann dann kurz sein oder fernschriftlich, E-Mail, irgendwas und dann lassen wir in der Regel erst einmal den Headhunter [ein] paar Leute bringen. Und dann muss, ich kenne einen Fall, da muss noch mal nachjustiert werden. In anderen Fällen waren wir dann relativ schnell an dem Punkt, dass man sagt: Der ist es, der ist es nicht“ (N 3, 17). Es wird sehr deutlich, dass die Nachfrager die Leistung des Personalberaters dominant über die Prozessqualität abbilden und kontrollieren sowie hinsichtlich der Qualitätskontrolle weniger auf die Ergebnisqualität setzen, die für sie schwerer erfassbar und messbar ist. Ein Experte im Bereich Unternehmensberatung weist darauf hin, dass - ähnlich wie bei den Stellenbesetzungen durch Personalberater - bei der Unternehmensberatung im Bereich HR die Leistung des Unternehmensberaters schwierig bzw. nicht durch das nachfragende Unternehmen messbar ist, da im Personalbereich viele Einflüsse das Endergebnis beeinflussen (vgl. A 17, 41). Demgegenüber erachtet ein Outplacementexperte es nicht als zutreffende Überlegung, dass es für ein Unternehmen schwierig sein könnte, die Leistung des Outplacementberaters zu kontrollieren. Der gleiche Experte weist jedoch darauf hin, dass die nachfragenden Unternehmen zunehmend Feedback im Sinne eines „Erfolgsberichtes“ vom Outplacementdienstleister erwarten, also deutliche Anstrengungen zur Qualitätsfeststellung ex post unternommen werden: „Sie erwarten sehr zunehmend auch ein sehr enges Feedback. Das heißt, sie möchten wissen, welches Ergebnis haben wir erzielt. Wir haben ein Investment geleistet an einen Mitarbeiter, der das Unternehmen verlässt. Wie war das Ergebnis. Wie schnell hat jemand eine neue Position gefunden und wie hat es uns dann am Ende des Tages auch geholfen, den Trennungsprozess zu vollziehen oder zukünftige Trennungsprozesse konstruktiv gestalten zu können?“ (V 4, 35). Ein Nachfrager nach Komplett-Outsourcing sieht ebenfalls kein Problem darin, die Leistung des Dienstleisters zu kontrollieren, da man Probeverträge vergeben kann: „Wir probieren das einmal ein viertel Jahr, ein halbes Jahr. Wenn es nicht funktioniert, dann beenden wir unkompliziert unsere Zusammenarbeit wieder. Und wenn es funktioniert, dann machen wir einen längerfristigen Vertrag. So eine Art Probezeit, wie bei einem Angestellten auch. Und nach einer Größenordnung von einem halben Jahr kann man schon einschätzen, ob das geht, gehen kann, was
220 man noch abschleifen muss oder entsprechend nicht“ (N 7, 61). „So ähnlich ist das jetzt mit einem Dienstleister oder mit einem Vertreter des Dienstleisters. Angenommen, der würde mir jemanden vorsetzen, der gewisse Mängel hat, die mich zum Wahnsinn treiben, die da hießen, er würde Termine nicht einhalten, er würde unpünktlich zu seinen Meetings kommen. Der steht dann als Bild für diesen Dienstleister. Da würde ich mich bei seinem Chef beschweren, ob er nicht einen anderen Kontaktmann hat. So, wenn er das nicht auf die Reihe bringt, oder - da kommen wir wieder bei dem zweiten Punkt, KnowHow - wenn die Arbeit ganz einfach vom Know-How oder von dem Niveau her Anlass zu Reklamationen gibt, um das mit der Produktsprache zu umschreiben, ja gut, dann nützt mir das ganze Vertrauen nix. Wenn die das nicht auf die Reihe kriegen, dann mache ich dasselbe, was ich mit einem eigenen Angestellten machen würde. Ich lege ihm nahe, sich doch was anderes zu suchen, weil er diese Aufgabe offenbar nicht machen kann. Also das [ist] einfach für mich“ (N 7, 79). Insgesamt betrachtet sind also hinsichtlich der Qualitätskontrolle verschiedene Aspekte zu berücksichtigen. Einerseits scheint - zumindest bei der Personalberatung und der Unternehmensberatung im HR-Bereich - die Kontrolle der Qualität des Endergebnisses schwierig zu sein, so dass die Nachfrager eher dazu übergehen, Meilensteine im Prozess zu kontrollieren. Andererseits kann bei mangelnder Qualität des Endergebnisses, sofern diese denn festgestellt werden kann, eine ganze Reihe möglicher Ursachen eine Rolle spielen, so dass nicht geschlussfolgert werden kann, ob es sich klar um ein Versagen des Dienstleisters handelt. Trotzdem können in der Wahrnehmung der Experten Dienstleistungsverträge leichter aufgelöst werden als (Arbeits-)Verträge mit eigenem Personal. Zu einem potenziell höheren Sanktionspotenzial gegenüber den externen Dienstleistern tragen auch weitere Effekte bei, die wir weiter vorne schon behandelt hatten: So stellt etwa die Sorge der Anbieter, Reputationsverluste bei vom Nachfrager als unzureichend eingeschätzter Leistung hinnehmen zu müssen, einen weiteren Anreiz dar, die Qualität der Leistungen hoch zu halten. Außerdem schützen sich die Nachfrager, wie bereits oben erwähnt, vor zu hoher Abhängigkeit von einem Dienstleister, indem sie häufig mit mehreren Dienstleistern parallel zusammen arbeiten. Die dadurch möglichen Quervergleiche tragen auch zu einer besseren Einschätzung der Leistungen der Dienstleister durch die Nachfrager bei.
221 4.2.6.
Zusammenfassung Wirkungserwartungen
Die im Abschnitt 4.2. präsentierten Ergebnisse der Experteninterviews zeigen, dass für die Entscheidung der Unternehmen über die Nutzung von Personaldienstleistungen eine breite Palette von Wirkungserwartungen relevant ist: Qualitäts- und Know-How-Wirkungen spielen ebenso wie Stakeholder- und Kostenwirkungen sowie Wirkungen rund um das Management der Beziehung zum Dienstleister für die Unternehmen eine Rolle. Wir haben die Experten auch befragt, welche Wirkungskategorien aus ihrer Sicht im Entscheidungsprozess dominieren. Hier besteht auf den ersten Blick eine sehr große Übereinstimmung in den Aussagen der Experten: Qualitäts- und Kostenwirkungen seien die dominierenden Wirkungen. Als drittwichtigste Wirkung werden je nach Experten unterschiedliche Wirkungskategorien genannt, hier tauchen sowohl die Know-How-Wirkungen als auch die Stakeholder-Wirkungen auf. Auffällig ist, dass die Transaktionskostenwirkungen von keinem der Experten als dominierende Wirkung genannt werden. Dies ist aber auch sehr plausibel, folgt man der Argumentation der Experten: Wirkungen, die sich direkt auf die Erstellung der personalwirtschaftlichen (Dienst-)Leistung beziehen, stehen im Mittelpunkt der Erwartungen. Wirkungen rund um das Management der Beziehung zum Dienstleister zielen dagegen auf die Frage, mit welchem Aufwand diese Wirkungen erreicht werden können. Diese Wirkungen stellen daher in der Sichtweise der Experten einen Nebeneffekt dar. Sie müssen zwar gegen andere positive und negative Wirkungen des Einsatzes von Dienstleistern abgewogen werden, können aber kaum im Zentrum der Entscheidung stehen. 26 Allerdings zeigt ein zweiter, intensiverer Blick auf die entsprechenden Aussagen zu den Wirkungskategorien, dass mit diesen Aussagen teilweise sehr unterschiedliche Akzentsetzungen hinsichtlich verschiedener Teileffekte verbunden sind. So werden etwa hinsichtlich der Qualitätswirkungen als dominierender Wirkungskategorie sowohl Argumente zur zeitli-
26
Aus theoretischer Sicht müsste man natürlich die Transaktionskosten von Eigenfertigung und Fremdbezug erfassen und systematisch gegenüberstellen. Wie schon bei der Darstellung der Aussagen zu den Transaktionskostenwirkungen erläutert, sind aber nur sehr wenige Aussagen zu den Transaktionskosten der Eigenfertigung in den Interviews erhalten. Ganz überwiegend werden die Transaktionskosten des Fremdbezugs einfach als zusätzliche Wirkungskategorie aufgefasst, denen keine „entsprechenden“ Kostenwirkungen bei der Eigenfertigung gegenüberstehen.
222 chen Flexibilität und zur Schnelligkeit der Leistungserbringung, als auch zur Qualifikation externen Personals und zur Qualität der Leistungen des Dienstleisters in den Vordergrund gestellt. Bei den Kostenwirkungen dagegen erfolgt kaum eine nähere Spezifizierung, welcher Kosten-Teileffekt (Gesamtkosteneffekte, Senkung von Fixkosten bzw. stärkere Variabilisierung der Kosten, Kalkulierbarkeit) als dominierend angesehen wird. Somit wird in der Gesamtschau noch einmal sehr deutlich, dass innerhalb der einzelnen Wirkungskategorien durchaus sehr heterogene und teilweise auch in unterschiedliche Wirkungsrichtungen weisende Teileffekte eine Rolle spielen können. So mögen zwar die Gesamtkosten der Personalarbeit steigen, dafür aber die Fixkosten sinken und die Kosten insgesamt besser kalkulierbar sein. Neben einem Effekt quantitativer Entlastung für Mitarbeiter (der Personalabteilung oder anderer Bereiche) kann zugleich der Effekt auftreten, dass der Einsatz eines Dienstleisters zu einer Erhöhung der Leistungsanforderungen gegenüber der Belegschaft führt. Diese Beispiele ließen sich hier noch eine Weile fortsetzen. Es wird deutlich, dass bei der Entscheidung der nachfragenden Unternehmen heterogene Teileffekte mit unterschiedlichen Wirkungsrichtungen gegeneinander abgewogen werden müssen, obwohl sich die verschiedenen Effekte kaum auf einer gemeinsamen Maßskala messen und vergleichen lassen. Die Entscheidung über die Nachfrage nach Personaldienstleistungen wird daher immer eine komplexe, auch mit stark subjektiven Anteilen behaftete Entscheidung der jeweiligen Entscheidungsträger in den Unternehmen bleiben. Trotzdem ist es nicht ausgeschlossen, dass es einige Faktoren gibt, die zu systematischen Unterschieden in den Wirkungserwartungen der Unternehmen führen. Neben den schon im Abschnitt zum Alternativenset und seiner Wahrnehmung besprochenen Einflussfaktoren kann es also hier eine weitere Gruppe von Rahmenbedingungen geben, die die Gewichtung oder die wahrgenommene Richtung der einzelnen Wirkungskategorien und damit die genaue Gestalt des Sets der erwarteten Wirkungen und des Entscheidungskalküls in den einzelnen Unternehmen beeinflusst. Solche situativen und subjektiven Einflussfaktoren werden im nächsten Abschnitt behandelt.
223
5.
Unterschiede in den Wirkungserwartungen und ihre Einflussfaktoren
5.1.
Theoretische Erwartungen zu Unterschieden in den Wirkungserwartungen
Hinsichtlich der Entscheidung über die interne Erstellung oder die Fremdvergabe personalwirtschaftlicher Aufgaben vermuten wir, dass verschiedene unternehmensexterne und interne Faktoren das Set an erwarteten Wirkungen beeinflussen, wodurch sich die in den einzelnen Unternehmen erwarteten Wirkungen in ihrer Stärke und/oder Richtung unterscheiden können. In diese Gruppen von Einflussfaktoren gehören eine ganze Reihe von Rahmenbedingungen und situativen Faktoren. Im Allgemeinen lassen sich Determinanten aus den Kategorien Unternehmensumwelt, Unternehmung selbst sowie Personalmanagement unterscheiden. Abbildung 5 gibt eine Übersicht über die im Folgenden betrachteten Determinanten. Abbildung 5: Determinanten des Wirkungssets sowie der erwarteten Wirkungen Unternehmensumwelt
Unternehmen
Personalmanagement
allg. Wirtschaftslage
Größe
Fähigkeiten (Qualität)
Arbeitsmarkt
Struktur
Ressourcen (Quantität)
Wettbewerbsstruktur
wirt. Lage
bish. Outsourcingerfahrung
Politik
Lebenszyklusphase
Rechtliche Regulierungen
Branche
(wahrg.) Struktur personalwirtschaftlicher Aufgaben
Gesellschaft
Rechtsform
Grad der Spezifität
Kunden
Aufsichtsrat
Standardisierungsgrad
PDL-Markt (Angebot; Image)
Betriebsrat
Formalisierungsgrad
Tarifbindung
Wissensstruktur
Mitarbeiter
Häufigkeit/ Regelmäßigkeit
allg. Outsourcingerfahrungen (wahrg.) Struktur der Aufgaben im Unternehmen
Art der Unsicherheit über Bedarf
Quelle: Eigene Erstellung. Die Variablen auf den verschiedenen Ebenen beeinflussen sich zum Teil untereinander. So können die Determinanten der globalen Umwelt Einfluss auf die unternehmensspezifischen
224 Determinanten haben, während diese wiederum Faktoren auf der Ebene des Personalmanagements beeinflussen können. Trotzdem werden sie hier getrennt behandelt, um zu einer besseren Systematisierung der Argumentation zu kommen. 5.1.1.
Einflussfaktoren aus der Unternehmensumwelt
Die allgemeine Wirtschaftslage als Determinante der globalen Umwelt kann die erwarteten Wirkungen dahingehend beeinflussen, dass beispielsweise in einer Rezessionsphase Kostenwirkungen im Allgemeinen ein höheres Gewicht beigemessen wird, weil die finanzielle Lage vieler Unternehmen angespannt ist, während umgekehrt in einer wirtschaftlichen Prosperitätsphase die erwarteten Qualitätswirkungen höher gewichtet werden können. Die allgemeine Lage kann möglicherweise über Stimmungen und öffentliche Diskussionen auch mehr oder weniger unabhängig von der wirtschaftlichen Lage des einzelnen Unternehmens die Entscheidungen in den jeweiligen nachfragenden Unternehmen beeinflussen. Alternativ dazu kann sich auch die konkrete wirtschaftliche Lage des einzelnen Unternehmens parallel zur gesamtwirtschaftlichen Lage entwickeln und als unternehmensspezifischer Einflussfaktor (siehe weiter unten) auf die Gewichtung der Wirkungserwartungen wirken. Für den Einfluss des Arbeitsmarktes lässt sich vermuten, dass Unternehmen, die in einem aus ihrer Sicht sehr engen Arbeitsmarktsegment agieren und rekrutieren, die Qualitätswirkungen einer Rekrutierungsaktion deutlich stärker gewichten, als beispielsweise Unternehmen, deren Rekrutierungen sich auf einem Arbeitsmarkt mit einem Überangebot der gesuchten Arbeitskräfte abspielen. Im letzteren Fall gewinnen vermutlich die Kosten eine höhere Bedeutung, da nicht so sehr fraglich ist, ob überhaupt eine geeignete Kraft gefunden wird, sondern eher, zu welchem Preis oder mit welchem Rekrutierungsaufwand die Stellenbesetzung erfolgen kann. Auch die Wettbewerbsstruktur, in deren Rahmen das Unternehmen agiert, kann einen Einfluss haben: Im Polypol ist wegen der dominanten Kostenorientierung der Marktteilnehmer zu erwarten, dass monetäre Wirkungserwartungen stärker als in anderen Wettbewerbssituationen gewichtet werden. Im Monopol werden diese Kostenwirkungen dagegen wegen der Marktmacht des Monopolisten nur eine vergleichsweise geringere Bedeutung erlangen. Sobald für das Unternehmen oligopolistische Handlungsspielräume bestehen, ist ein mittelbarer Zusammenhang über die gewählte Unternehmensstrategie zu vermuten, etwa in dem Sinne, dass bei einer Strategie der Qualitätsführerschaft Qualitätswirkungen hoch
225 gewichtet werden und bei einer Strategie der Kostenführerschaft Kostenwirkungen hoch gewichtet werden. 27 Auch die politische oder rechtliche Regulierung bestimmter Formen von Personaldienstleistungen hat Auswirkungen auf die Wirkungserwartungen und damit auch potenziell auf die Nachfrage, wenn die Angebotsbedingungen dadurch gezielt verändert werden. Als Beispiele seien einerseits die Einführung des Gleichbehandlungsgebotes in der Zeitarbeit Anfang 2004 – mit dem indirekten Anreiz zum Abschluss von Tarifverträgen auf der Anbieterseite und den daraus resultierenden Kostensteigerungen sowie Verbesserungen des Images – und andererseits die Aufhebung des Vermittlungsmonopols der Bundesanstalt für Arbeit als Veränderung der Angebotsbedingungen der Personalberater im Jahre 1994 genannt. Jedoch ist damit keineswegs gesagt, dass die ausgelösten Veränderungen immer auch den Intentionen des Gesetzgebers entsprechen. So wurden die seit Anfang 2004 geltenden Veränderungen im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz explizit mit dem Ziel einer Förderung der Zeitarbeit eingeführt. Ob dies gelingt, erscheint jedoch fraglich (vgl. auch Alewell/Friedrich/Martin 2004). Schließlich können rechtliche Regulierungen auch in der Form einen Einfluss auf die Wirkungserwartungen haben, dass sehr komplexe, sich möglicherweise oft ändernde Regelungen, die zu hohen Kostenbelastungen führen können, wenn sie falsch angewendet oder missverstanden werden, Spezialisierungs- und damit Qualitätsvorteile von Anbietern begründen. Nachfragende Unternehmen können nur unter Inkaufnahme hoher Kosten auf dem neuesten Stand der Regelungen bleiben und z. B. Haftungsrisiken korrekt einschätzen. Beispiele hierfür könnten der häufig als komplex wahrgenommene Kündigungsschutz und die Regelungen zu Sozialplänen sein, die Unternehmen evtl. davor zurück schrecken lassen, selbst die Arbeitgeberrolle zu übernehmen, und stattdessen dazu beitragen, dass Unternehmen die Rolle eines Nachfragers nach Zeitarbeit übernehmen. Auch hier wird unmittelbar deutlich, dass die Faktoren aus der Unternehmensumwelt mit subjektiven Faktoren interagieren, denn der Wissensstand und die subjektive Wahrnehmung der Rechtsregelungen können von Entscheidungsträger zu Entscheidungsträger schwanken. Weiterhin können die Wirkungserwartungen auch von der einem Unternehmen entgegen gebrachten Aufmerksamkeit in der Gesellschaft oder durch die Kunden beeinflusst werden. So ist anzunehmen, dass die bei der Make-or-Buy Entscheidung relevanten Stakeholder-
27
Vgl. weiter unten zur Strategie als unternehmensspezifischer Determinante.
226 Wirkungen bei Unternehmen, die ohnehin schon stark im Lichte der Öffentlichkeit stehen, tärker relevant sein werden als bei Unternehmen, bei denen dies nicht der Fall ist. Schließlich beeinflusst das Angebot am Personaldienstleistleistungsmarkt selbst die erwarteten Wirkungen, wobei insbesondere das Angebot, das Preis-Leistungsverhältnis, der Bekanntheitsgrad der jeweiligen Dienstleistung sowie deren Image relevant sein könnten. 5.1.2.
Unternehmensspezifische Einflussfaktoren
Eine weitere Gruppe von Rahmenbedingungen der Auslagerungsentscheidung sind die unternehmensspezifischen Einflussfaktoren. Wichtig könnte hier zunächst die Unternehmensgröße sein. Betreiben kleine Unternehmen explizite Personalarbeit, so dürfte die Fixkostenbelastung im Verhältnis zu den Gesamtkosten aufgrund des Teilbarkeitsproblems höher sein als bei größeren Unternehmen. Der Einsatz von Personaldienstleistungen könnte die Fixkostenbelastung daher spürbarer senken als in großen Unternehmen. Zudem können professionelle Dienstleister einer gegebenen Größe im Vergleich zu kleineren Unternehmen eher Spezialisierungs- und damit Qualitätsvorteile realisieren als gegenüber größeren Unternehmen. Diese Argumente sprechen dafür, dass kleine Unternehmen mit einer expliziten Personalarbeit die monetären und qualitätsbezogenen Wirkungen eines externen Bezugs im Vergleich zu größeren Unternehmen eher positiv einschätzen (vgl. Adler 2003, S. 57). Äquivalent zum Einfluss der gesamtwirtschaftlich-konjunkturellen Lage kann auch die aktuelle wirtschaftliche Lage eines Unternehmens die erwarteten Wirkungen beeinflussen. So ist auch hier zu erwarten, dass Unternehmen, die sich in einer wirtschaftlich angespannten Situation befinden, eine deutlich stärkere Gewichtung der erwarteten Kostenwirkungen vornehmen als Unternehmen, denen es wirtschaftlich besser geht. Unternehmen werden in Abhängigkeit von ihrer Strategie die möglichen Wirkungen der Eigenfertigungs-Fremdbezugs-Entscheidung potenziell unterschiedlich gewichten. Bei einer Kostenführerschaftsstrategie wird das Augenmerk der Unternehmung eher auf möglichen Kostensenkungen liegen, während bei einer Strategie der Qualitätsführerschaft die Qualitätswirkungen und die Know-How-Wirkungen vermutlich höher gewichtet werden, falls für diese Know-How-Wirkungen ein Zusammenhang zur Qualität der Produkte gesehen wird.
227 Auch die Börsennotierung und die Rechtsform eines Unternehmens wirken sich potenziell auf die Gewichtung der möglichen Wirkungserwartungen aus. Wenn das Unternehmen eine managergeführte Kapitalgesellschaft ist, wird die Beziehung zu den Kapitalgebern als zusätzlicher Gruppe neben den Organen der Unternehmensführung eine wesentliche Rolle spielen und potenziell höher gewichtet werden als in anderen Unternehmensformen, bei denen möglicherweise die Gruppen der Kapitalgeber und der Unternehmensführung stärkere Überschneidungen aufweisen. Je nach deren Bewertung des Einsatzes von Personaldienstleistungen wird der Einfluss auf die Wirkungserwartungen unterschiedlich sein, z. B. positive Stakeholder-Wirkungen auslösen, wenn zustimmende Bewertungen erfolgen oder negative Stakeholder-Wirkungen, wenn der Einsatz von Personaldienstleistungen z. B. als unnötig kostentreibender Faktor angesehen wird.28 Eine Rolle könnte in diesem Zusammenhang auch die Frage spielen, ob es sich bei dem Unternehmen um ein manager- oder ein eigentümergeführtes Unternehmen handelt. Bei managergeführten Unternehmen könnten Machtaspekte eine negativere Einschätzung des Fremdbezugs der Leistungen auslösen: Weil durch eine Auslagerung personalwirtschaftlicher Leistungen eine Senkung der Leitungsspanne und damit eine Verringerung der eigenen Machtposition und -legitimation auftreten kann, könnte die Nachfrage nach Personaldienstleistungen als eine Senkung des eigenen Einflusses in der Organisation wahrgenommen werden. Bei eigentümergeführten Unternehmen kann ein ähnlicher Effekt auftreten in die Richtung, dass der unabhängige Eigentümer sich nicht von fremden Experten in Entscheidungen hineinreden lassen möchte. Es könnten also unterschiedliche, aber für den Fremdbezug gleichermaßen negative Wirkungserwartungen im Bereich der Beziehungs- oder Stakeholder-Wirkungen ausgelöst werden. Die Rechtsform mit den daran hängenden Haftungsunterschieden könnte darüber hinaus auch die Einschätzung monetärer Haftungsrisiken in der Form verändern, dass bei Rechtsformen mit unbeschränkter Haftung der Eigentümer diese monetären Wirkungen höher gewichtet werden als in Unternehmen mit anderen Rechtsformen.
28
Die in der jüngeren Vergangenheit erfolgten Diskussionen um den Einsatz von Beratungsgesellschaften bei der Bundesagentur für Arbeit könnten ein Beispiel dafür sein, dass die Bewertungen der Stakeholder falsch eingeschätzt wurden, z. B. eine positive Reaktion erwartet wurde, weil sich eine Behörde an privatwirtschaftlichen Maßstäben orientiert und vielleicht auch messen lässt, dann aber negative Bewertungen auftraten, weil die Kostenwirkungen des Einsatzes von den Stakeholdern höher gewichtet wurden als erwartet.
228 Einen Einfluss auf die Gewichtung der Wirkungen könnte schließlich noch der Lebenszyklus des Unternehmens haben: In der Gründungsphase kann die Reduktion der Fixkostenbelastung eine hohe Bedeutung haben, und diesbezügliche monetäre Wirkungen dürften hoch gewichtet werden. Durch geringere Formalisierung und Explizierung der zu erledigenden Aufgaben können jedoch höhere Übertragungskosten von Wissen und damit höhere Transaktionskosten eines Fremdbezugs in dieser Phase auftreten, so dass eine negativere Einschätzung der Transaktionskosten des Fremdbezugs als in anderen Phasen des Lebenszyklus auftreten wird. Sofern durch den Fremdbezug von Personaldienstleistungen Know-HowZuflüsse bzw. Wissen über die beste Methode der Erstellung personalwirtschaftlicher Leistungen gewonnen werden kann, würden diese in der Gründungsphase auch hoch gewichtet und positiv bewertet. In späteren Phasen rücken dagegen andere Wirkungserwartungen in den Vordergrund. Aufgrund des wachsenden Bedarfs nach Standardisierung der Personalfunktionen dürften in der Wachstumsphase die Qualitätswirkungen eine wichtigere Rolle spielen. In der Reife- und Stagnationsphase ist dagegen der Formalisierungs- und Standardisierungsgrad der Personalarbeit in der Regel bereits höher. Dadurch sinken Wissenstransferund Transaktionskosten. Auch werden die Kostenreduktionsmöglichkeiten immer wichtiger, was zu einer höheren Gewichtung der monetären Wirkungen beiträgt. Auch die gewählte Organisationsstruktur beeinflusst potenziell die Gewichtung der Wirkungserwartungen. Bei Vorliegen einer funktionsorientierten Organisationsstruktur hat die Nachfrage nach Personaldienstleistungen auf der einen Seite eine stärkere stakeholderbezogene Wirkung gegenüber der Personalabteilung. So kann die Nachfrage nach Personaldienstleistungen in dieser Organisationsstruktur beispielsweise den Druck auf die bestehende, spezialisierte Personalabteilung stärker erhöhen als in anderen Organisationsformen. Auf der anderen Seite könnte der Fremdbezug gerade in dieser Organisationsform ein Signal sein, dass Spitzenbelastungen und Routineaufgaben von der Personalabteilung ferngehalten werden. So ist eine hohe Gewichtung der stakeholderbezogenen Wirkungen auf die Belegschaft in der Personalabteilung bei ex ante jedoch unklarer Wirkungsrichtung zu erwarten. Dagegen könnten bei einer objektorientierten/divisionalen Organisationsstruktur stärkere Qualitätsverbesserungen durch die gegenüber den internen Ressourcen stärkere Spezialisierung des Dienstleisters erreichbar sein als bei einer funktionsorientierten Organisationsstruktur. In diesem Fall könnten sich auch – analog zum Fall kleiner Unternehmen – stärke-
229 re monetäre Wirkungen durch eine stärkere Senkung von Fixkosten und ggf. auch von variablen Kosten durch Economies of Scale beim Personaldienstleister ergeben als in anderen Organisationsformen. Hat das Unternehmen einen aktiven und durchsetzungsfähigen Betriebsrat, wird auch die Beziehung zu diesem Stakeholder wichtiger sein als in Unternehmen ohne einen oder nur mit einem schwachen und weniger durchsetzungsfähigen Betriebsrat. Je nachdem, ob der Betriebsrat Personaldienstleistungen als Bedrohung wahrnimmt – etwa weil er um die eigene Existenz bangt oder eine Umgehung von Mitbestimmungsrechten befürchtet – oder als positiv beurteilt – weil sie z. B. Spitzenbelastungen von der Stammbelegschaft fernhalten – würde die höher gewichtete beziehungsbezogene Wirkungserwartung hier von der Richtung her unterschiedlich ausfallen. Analoge Einschätzungen könnten für Unternehmen mit einem mitbestimmten Aufsichtsrat gelten. Schließlich werden die möglichen Wirkungserwartungen eines Fremdbezuges durch vergangene Outsourcing- und auch eigene Dienstleistungserfahrungen beeinflusst. Eigenfertigungs-Fremdbezugsentscheidungen dürften somit pfadabhängig sein. Eigene Outsourcingund Dienstleistungserfahrungen führen vermutlich zu einer stark von diesen Erfahrungen vorgeprägten Einschätzung der Bedeutung von Transaktionswirkungen und damit zu einer vergleichsweise höheren Gewichtung dieser Wirkungen. Ob diese Wirkungserwartungen positiv oder negativ sind, dürfte stark von den in der Vergangenheit gemachten Erfahrungen abhängen. Hinsichtlich der Transaktionskosten dürfte aber gelten, dass eigene OutsourcingErfahrungen zu einer realistischen Einschätzung ihrer Höhe und damit einer stärker negativen Kostenerwartung führen als fehlende Outsourcing-Erfahrungen. Eigene Dienstleistungserfahrungen könnten dagegen den Vertragsabschluss und die Einschätzung potenzieller Vertragspartner eher erleichtern. Mummert (vgl. Mummert 2004, S. 53) berichten als ein Ergebnis ihrer Benchmarking-Studie, dass Outsourcing-Dienstleister im Durchschnitt Kosteneinsparungen in Höhe von 20,9% realisieren können. Im Gegensatz dazu können andere outsourcende Unternehmen durchschnittlich nur Kosteneinsparungen in Höhe von 16,9% realisieren. Dies könnte ein Hinweis auf transaktionskostenmindernde Effekte von Outsourcing-Erfahrungen sein.
230 Eine dritte Gruppe von Einflussfaktoren bilden die Merkmale des Personalmanagements selbst. Die Ressourcen und Fähigkeiten in der Personalabteilung spielen für die Auslagerungsentscheidung ebenfalls eine wesentliche Rolle (vgl. hierzu auch Matiaske/Mellewigt 2002). Bei geringer Professionalität, geringer Fähigkeitsausstattung und geringer Dienstleistungsqualität der eigenen Personalarbeit werden mögliche Qualitätswirkungen eines externen Bezugs vermutlich eher positiv eingeschätzt als bei einer hochprofessionellen und gut ausgestatteten Personalabteilung. Dies wäre z. B. dann der Fall, wenn es im Unternehmen keine Personalabteilung gibt, z. B. weil diese Funktion von anderen Führungskräften und/oder dem Eigentümer wahrgenommen oder die Personalarbeit dezentral durchgeführt wird (vgl. dazu auch Greer/Youngblood/Gray 1999, S. 85 ff.). Zugleich werden in einer solchen Situation die Kosten des Personaldienstleisters vermutlich stark als zusätzliche Kosten wahrgenommen, denen kein Fixkostenabbau innerhalb des Unternehmens gegenübersteht, so dass die Kostenwirkungen eher negativ wahrgenommen werden. Hat die Personalabteilung die Rolle eines „strategischen Partners der Geschäftsführung“ übernommen, wird eine Auslagerung standardisierter Aufgaben vermutlich mit dem Abbau von Routine-Tätigkeiten und daher niedrigeren Kosten, höherer Qualität der Aufgabenerfüllung und positiven Motivationswirkungen in der Personalabteilung verbunden werden, als wenn die Personalabteilung sich eher als „Verwaltungsabteilung“ definiert und zu einer Übernahme der strategischen Aufgaben weder bereit noch in der Lage ist. Dementsprechend werden die Stakeholder-Wirkungen gegenüber der Personalabteilung sowie die Qualitäts- und Kostenwirkungen eher positiv wahrgenommen werden. Weiterhin ist anzunehmen, dass speziell die auf der Ebene des Personalmanagements gemachten Erfahrungen mit der Nachfrage nach Personaldienstleistungen die erwarteten Wirkungen bei einer Make-or-buy Entscheidung nachhaltig beeinflussen. Im Großen und Ganzen kann davon ausgegangen werden, dass sich hier ähnliche Muster wie bei OutsourcingErfahrungen genereller Art bzw. auf Unternehmensebene zeigen. Schließlich spielt die wahrgenommene Struktur der personalwirtschaftlichen Aufgaben, über deren Auslagerung entschieden wird, eine wichtige Rolle für die erwarteten Wirkungen. Eine hohe (Unternehmens- und Betriebs-)Spezifität der Aufgaben im Sinne des Transaktionskostenansatzes (zu einem Überblick vgl. z. B. die Beiträge in dem Sammelband von Jost
231 2001) wird dazu führen, dass höhere Transaktionskosten erwartet werden als bei generellen Aufgaben. Ist die personalwirtschaftliche Aufgabe stark standardisiert und formalisiert, d.h. geringen inhaltlichen Anpassungsnotwendigkeiten ausgesetzt und bestehen wenig Unsicherheiten über die Art der benötigten Leistungen, dürften Transaktionsprobleme eine geringere Rolle spielen als bei Aufgaben, die wenig standardisierbar sind. In einem solchen Fall eines hohen Standardisierungs- und Formalisierungsgrades der Aufgabe werden vermutlich die Kostenwirkungen stärker gewichtet als die Qualitätswirkungen, da sich die Qualität der Leistungserfüllung aufgrund der hohen Standardisierung gut erfassen sowie aufgrund der hohen Formalisierung gut beschreiben und kontrollieren lässt und sich daher vermutlich gegenüber einer Eigenfertigung kaum verändern wird. Bei weniger standardisierten und formalisierten Aufgaben würden dagegen Qualitätswirkungen und die qualitätsbezogenen Transaktionswirkungen höher gewichtet und letztere negativ in das Wirkungsraster eingehen.
5.2.
Ergebnisse aus den Experteninterviews zu den Einflussfaktoren auf die Wirkungserwartungen
Wie bisher schon gezeigt, treffen Unternehmen unter ganz spezifischen Voraussetzungen und Erwartungen und in Abhängigkeit von ihrem Bedarf nach der Erfüllung einer personalwirtschaftlichen Leistung individuell die Entscheidung, inwieweit und in welchem Umfang eine Leistung selbst erstellt oder extern eingekauft wird. Wie in den vorigen Kapiteln bereits deutlich wurde, wirken dabei sowohl auf die Auslöser der Entscheidung als auch auf die Wahrnehmung der zur Verfügung stehenden Alternativen zur Erstellung der Personalfunktion eine ganze Reihe von Einflussfaktoren ein, die Unterschiede in den Entscheidungen von Unternehmen erklären können. Diese sollen hier nicht erneut behandelt werden. Im Gegensatz dazu soll in diesem Abschnitt untersucht werden, inwieweit sich solche Faktoren auch auf die erwarteten Wirkungen auswirken. Konkret geht es um die Frage, ob und warum sich Unternehmen hinsichtlich ihrer Erwartungen zu den Wirkungen von Eigenfertigung oder Fremdbezug von Personalfunktionen bzw. -dienstleistungen unterscheiden (können). Insbesondere werden also im Folgenden die Experteninterviews darauf hin ausgewertet, ob Einflussfaktoren genannt werden, die zu einer systematisch unterschiedlichen Einschätzung der
232 Wirkungsrichtungen oder zu einer systematisch unterschiedlichen Gewichtung der verschiedenen Wirkungskategorien führen. Häufig lassen sich allerdings die Aussagen zu den Gewichtungen der Wirkungserwartungen im Entscheidungskalkül und zu der Richtung der wahrgenommenen Wirkungsdifferenz zwischen Eigenfertigung und Fremdbezug in den Interviewaussagen nicht klar voneinander trennen. Für viele der von uns vermuteten Einflussfaktoren haben wir zudem keine – weder unterstützende noch widerlegende – Aussagen in den Interviews erhalten. Wir berichten daher im Folgenden nur über solche Faktoren, die aus der Sicht der Experten in einem Zusammenhang zu den Wirkungserwartungen stehen. 5.2.1.
Situation in relevanten Arbeitsmarktsegmenten
Von großer Bedeutung für alle mit Rekrutierungsaktivitäten verbundenen Personaldienstleistungen scheint die Situation auf dem jeweiligen Arbeitsmarkt zu sein. Je schlechter aus der Sicht der Unternehmen das Angebot am Arbeitsmarkt und desto schwieriger die Suche nach geeigneten Arbeitskräften, um so eher werden Kostenwirkungen in den Hintergrund gestellt und die Qualitätswirkungen des Fremdbezugs bzw. die Frage, ob überhaupt eine geeignete Arbeitskraft gefunden werden kann, hoch gewichtet: „(…) wenn ich bestimmte Leute suche, die ich am Markt nicht kriege, dann werde ich immer darauf kommen, ich muss einen Spezialisten zur Suche einschalten“ (A 8, 13). „(…) in solchen Fällen ist es natürlich so, wenn der Bewerbermarkt sehr dünn ist, dass der Kostenfaktor automatisch weniger Gewicht trägt“ (A 12, 83). „Ja also ich denke, je enger, je kleiner der Zielkorridor ist, je weniger Zielkandidaten in Frage kommen, umso höher ist der Qualitätsanspruch“ (A 13, 53). „Das sind dann Unternehmen, die zu uns kommen, die die Mitarbeiter nicht selber finden über Anzeigen. Im Engineering- oder Vertriebsbereich in ganz engen Märkten ist das so. (…) In der Regel ist aber Personalberatung genau da verankert, (…) wenn man merkt, man findet die Leute nicht, wenn man andere Wege gehen muss“ (A 1, 13). „(…) bei sehr exponierten Positionen, wo auch das Feld der möglichen Kandidaten gering ist, stoßen Sie mit herkömmlichen Methoden unter Umständen schnell an eine Grenze. Also dort hat sich in der Vergangenheit, das ist vielleicht vier, fünf Jahre zurück, (…), wenn Sie einen ganz normalen Controller haben wollten, da war der Markt leer, da haben Sie so oft inserieren können, wo Sie wollten, da
233 ist nix gekommen, außer solchen, die Sie dann nicht brauchen haben können. Dort war es notwendig zu sagen, o. k. ich geh jetzt den Weg über [eine] Personalvermittlungsfirma, auch wenn man genau weiß, dass das den Teufelskreis bloß noch beschleunigt. Weil wo werden die hergenommen? Die werden ja nur aus bestehenden Positionen dann auch versucht abzuwerben. Und dann hat das Problem der nächste und dann dreht sich die Spirale wieder. Das spielt sicherlich auch eine Rolle: Marktenge und bestimmte Spezialkenntnisse, die nicht breit verfügbar sind. (…) Wenn es am Arbeitsmarkt eng wird, dann haben die Personalberater eher Hochkonjunktur, wenn der Arbeitsmarkt ergiebig ist, dann trauen sich halt viele zu sagen, was soll ich jetzt eine Personalberatungsfirma einschalten, wenn ich auf eine Anzeige selber entsprechende Resonanz habe und grundsätzlich auch die Leute hab[e], die so was aussuchen können. Ja. Also ein gestandener Personalreferent in der Firma verfügt ja in aller Regel nicht über ein schlechteres Gespür, die richtige Person raus zu finden, als jemand, der bei einer Personalberatungsfirma arbeitet“ (N 5, 24-26). Sollen dagegen Arbeitskräfte akquiriert werden, bei denen ein hohes Angebot am Arbeitsmarkt besteht, werden die Kosten als Entscheidungskriterium hoch gewichtet, während erwartete Qualitätsdifferenzen zwischen Eigenfertigung und Fremdbezug kaum eine Rolle spielen, weil das Unternehmen auch selbst jemanden finden könnte: „I: Und den umgekehrten Effekt. Wenn es jetzt um Arbeitskräfte geht, wo ein großes Angebot da ist, wo die Aufgabe weniger komplex ist? E: Dann darf es nichts kosten. (…)“ (A 12, 86-87). Für die Personaldienstleistungen, die mit der Beschaffung von Personal zu tun haben, scheint also die Lage auf dem jeweils relevanten Arbeitsmarkt ein deutlicher Einflussfaktor auf die Gewichtung der Wirkungskategorien zu sein: Ist die Nachfrage nach Arbeitskräften in einem Arbeitsmarktsegment gemessen am Angebot sehr hoch, können die durch den Fremdbezug erwarteten Qualitätswirkungen somit gegenüber den Kostenwirkungen in den Vordergrund treten, weil die Entscheider sicher stellen wollen überhaupt eine geeignete Person zu finden, und hierzu die Dienste der spezialisierten Anbieter benötigen. Bei, gemessen an der Nachfrage, reichlichem Angebot an Arbeitskräften steht dagegen nicht in Frage, ob überhaupt eine geeignete Person gefunden wird, sondern nur, zu welchem Preis bzw. mit welchem Aufwand, und dementsprechend rücken die Kostenwirkungen gegenüber den Qualitätswirkungen stärker ins Blickfeld. Man kann diesen Effekt auch so interpretieren, dass die Kostenwirkungen erst dann stärker gewichtet werden, wenn der inhaltliche Kern der Dienstleistung, hier die Beschaffung einer
234 qualifizierten Person, mit einer Mindestqualität abgesichert ist. Ob dieser Zusammenhang auch für die anderen Personaldienstleistungen gilt, können wir aus unseren Interviews nicht entnehmen. 5.2.2.
Branche des nachfragenden Unternehmens
Ein Einfluss der Branche zeigt sich einerseits dergestalt, dass nach Ansicht der von uns befragten Experten im verarbeitenden Gewerbe Flexibilitäts- und Kostenaspekte eine deutlich größere Rolle spielen als im Dienstleistungsbereich. Demgegenüber scheint die Qualität der Leistungserstellung in der Dienstleistungsbranche von Vorrang zu sein: „Ich denke mal, der verarbeitende Bereich, da ist die Flexibilität wesentlich höher angesetzt als im Dienstleistungsbereich. Im Dienstleistungsbereich sind die Projekte mehr mittelfristiger Art, sprich mehrere Monate oder ein halbes Jahr oder wie auch immer. Im verarbeitenden Bereich kann es wirklich sein, dass jetzt der Auftragsboom kommt im Automobilbereich und die Bänder sollen jetzt mal drei Schichten laufen, statt zwei Schichten, aber die wissen genau, das dauert nur drei Monate. (…) Im gewerblichen Bereich, also im verarbeitenden Bereich, ist die Flexibilität wesentlich höher gewichtet als im Dienstleistungsbereich“ (A 23, 59). „Man kann sicherlich unterscheiden Branchen, die von Zeitarbeitsunternehmen eher niedrig qualifiziertes Personal abfragen, das sind also häufig Produktionsbetriebe. Die legen in erster Linie Wert auf Kostengünstigkeit. Also bei denen kommt es eben darauf an, dass das Zeitarbeitsunternehmen schnell und billig liefert. Dann gibt es eben andere Betriebe, das sind überwiegend Dienstleister oder verwaltende Betriebe, die häufig über uns Qualifikationen suchen, die am Arbeitsmarkt nicht einfach zu kriegen sind. Denen kommt es nicht so sehr auf den Preis an. Die wissen, dass bestimmte Mitarbeiterqualifikationen eben Geld kosten, und da spielt das Geld nicht die übergeordnete Rolle, sondern dann eher die passgenaue Vermittlung. Also da kommt es eben darauf an, dass der Personaldienstleister in der Lage ist, am Markt eben die Qualifikation zu finden, sie zuzuordnen und dann geordnet dem Kunden vorzuschlagen. Und die Preisfrage stellt sich dann erst, wenn man fündig geworden ist, wenn man den richtigen Mitarbeiter hat, dann wird erst mal über den Preis geredet. Also das kann man schon so feststellen, dass wir wirklich Kunden, Branchen haben, denen es nur darauf ankommt, möglichst schnell günstige Arbeitskräfte zu haben, wo es nicht so sehr eine Frage der Qualifikation ist. Und dann gibt es eben einen Bereich, der auch mehr und mehr zunimmt, wo dann eben Qualität gefragt ist, Qualität in der Vermittlung und Qualität im Mitarbeiter, in der Qualifikation des Mitarbeiters“ (V 7, 25).
235 Es lässt sich auf der Basis der Interviewaussagen nicht ganz klar trennen, ob die Ursache der Branchenunterschiede auf unterschiedliche Strukturen in den Auslösern der Nachfrage nach Personaldienstleistungen, also z. B. unterschiedlichen Strukturen in der benötigten Flexibilität der Personalausstattung, zurückzuführen sind, oder ob es sich um darüber hinaus bestehende Unterschiede zwischen den Branchen handelt. Die Einschätzung, dass Qualitätswirkungen sehr hoch gewichtet werden, gilt zudem nicht ungebrochen für den gesamten Dienstleistungsbereich. Ein anderer Experte beschreibt gerade für Handelsunternehmen – als speziellem Segment des Dienstleistungsbereiches – einen deutlicheren Einfluss der Kostenwirkungen als in anderen Branchen und führt dies auf eine eigene Branchenkultur der „Händler“ zurück: „E: Die Klienten sehen die Kosten extrem unterschiedlich. Manche finden das hoch, manche finden das völlig vernachlässigbar. Wenn die sagen, also der Hebel, den ein guter (…) Investmentbanker (…) hat, der geht schnell in die zweistellige Millionenzahl. Und wenn man dann für eine Suche ein Drittel Jahresgehalt bezahlt, ist ja so, als wenn Sie jemanden vier Monate früher einstellen, das ist das Gleiche. Das gilt für manche als keine hohen Kosten. Das ist nebensächlich. I: Können Sie festmachen, (…) welche Unternehmen das hoch bewerten und welche [das] niedrig bewerten? E: Ja. Handelsunternehmen sehen es immer als hoch an“ (A 3, 81-83). Möglicherweise beziehen sich also die Aussagen oben zum Vergleich zwischen dem Verarbeitenden Gewerbe und dem Dienstleistungssektor nur auf den Bereich an Dienstleistungen, in dem es um qualitativ hochwertige, eher komplexe Dienstleistungen und dementsprechend in der Personalarbeit auch häufig um die Rekrutierung und Betreuung hoch qualifizierter Arbeitskräfte geht. In jedem Fall gibt es hier eine interessante Parallele in den Aussagen zu einem unternehmensinternen Einflussfaktor, nämlich der unternehmensinternen Zuständigkeit für die Entscheidung über den Bezug von Personaldienstleistungen, die wir im nächsten Abschnitt behandeln.
236 5.2.3.
Zuständigkeit für die Entscheidung: Einkaufsabteilung versus Personalabteilung
Einen sehr entscheidenden Einfluss auf die Gewichtung der erwarteten Wirkungen hat offenbar die Zuständigkeit für die Entscheidung innerhalb des Unternehmens: Wird der Bezug der Dienstleistung nicht über die Personalabteilung, sondern über die Einkaufsabteilung gesteuert, so werden nach den Aussagen der Experten monetäre Wirkungen stärker gewichtet als Qualitätswirkungen. Allerdings beziehen sich alle Experten mit Aussagen zu diesem Thema auf die Zeitarbeit. Ob und in welchem Umfang dieser Effekt auch für andere Personaldienstleistungen auftritt, können wir auf der Basis unseres Interviewmaterials nicht eruieren. Für die Zeitarbeit berichten uns die Experten auch, dass die Unternehmen die Zuständigkeit für diese Entscheidung zunehmend in der Einkaufsabteilung und nicht mehr in der Personalabteilung ansiedeln. Die daraus resultierenden härteren Preisverhandlungen stoßen auf Seiten der Anbieter auf teilweise deutliche Ablehnung: „Ja, (…) man kann das auch nicht einfach schwarz weiß beantworten, weil der Bezug von Zeitarbeit heute sehr stark von Personalabteilungen wegwandert in den Bereich Einkauf. Das heißt, wenn Sie heute einen Personalentscheider vis a vis haben und mit dem den Einsatz des Personals besprechen, als Zeitarbeitseinsatz, hat er ein völlig anderes Verständnisfeld. Der ist wirklich fokussiert auf ganz bestimmte [Kriterien], auf Qualifikation, auf Zuverlässigkeit und, und, und. Wenn Sie mit dem Einkauf sprechen, der Einkauf ist sehr stark fokussiert auf Kosten. Ich sag mal, für den ist es relativ egal, ob er einen Menschen einkauft, oder ob er (…) eine Drehbank einkauft. (…) der kauft ´ne Dienstleistung ein, der sieht gar nicht den Menschen dahinter. Der sagt, wir kaufen die Dienstleistung ein und dort ist für uns entscheidend der Preis. Und Ihr werdet gemessen am Preis und so auch zum Wettbewerb. Wogegen, wenn Sie mit den Personalentscheidern sprechen, für die spielen andere Kriterien eine Rolle, irgendwann der Preis auch logischerweise, vordergründig erst mal ganz andere. Sie müssen nämlich erst mal die Anforderungen des Fachbereiches befriedigen, nicht, die sagen, wir brauchen die Leute, bringt uns die ganz schnell, also schneller Einsatz, dann sollen die sofort von Null auf 100 springen, also wenn die richtige Qualifikation sofort da ist, die sollen belastbar sein und sollen stabil [sein], damit sie möglichst dauerhaft diese Zeit da bleiben. Der Einkauf fokussiert sehr stark nur auf den Preis“ (A 19, 38). „Na ja, man muss davon ausgehen, dass wir immer mehr in unserem Bereich mit Einkäufern zu tun haben. Also es ist ja nicht mehr, wie es noch vor Jahren war [als] die Personalabteilung unser Ansprechpartner war, da ging es in erster Linie um Qualität. Und die Personaler, also ich sag es mal so, Personaler haben eine bestimmte Einstellung gegenüber Personalauswahl, Qualität, wie soll ein
237 Mitarbeiter sein. Der Einkäufer hat hier wiederum eine ganz andere Einstellung und wir haben in letzter Zeit immer häufiger mit Einkäufern zu tun. Und da (…) [spielt] in erster Linie der Preisaspekt eine Rolle, weil man sagt automatisch, die Qualität ist selbstverständlich. Wo ich so meine Zweifel habe. Und ich finde es ein bisschen schade, viel über den Preis regulieren zu wollen. Und ich glaube, nach wie vor sind die Unternehmen gut bedient, die sehr viel Wert auf Qualität legen und auch was ihr Personal anbelangt (…) keine Dumpingpreise uns aufzwingen“ (A 20, 87). „Es sei denn, von großen Unternehmen wird der Einkauf der Zeitarbeit über die Einkaufsabteilung geleitet, sprich, die schauen nur auf die Kosten. Die schauen auch nicht im ersten Part darauf, wie sind die Anbieter, haben wir da schon gute Erfahrung gemacht und wie ist die Qualität der Mitarbeiter, sondern handeln im Vorfeld Preise aus. Ja. Unternehmen, wo es in der Personalabteilung gemacht wird, die schauen wirklich mehr auf das Individuum“ (A 23, 63). Ähnlich wie bei der Zugehörigkeit eines Unternehmens zum Handel scheint also auch die Ansiedelung des eigentlichen Entscheidungsträgers in der “handelsorientierten“ Einheit des Unternehmens, nämlich der Einkaufsabteilung, die Gewichtung des Kosten- bzw. Preisfaktors im Entscheidungskalkül zu erhöhen und die Gewichtung des Qualitätskriteriums im relativen Vergleich zu senken. 5.2.4.
Lebenszyklusphase des nachfragenden Unternehmens
Ein möglicher Einfluss von Lebenszyklusphasen des Unternehmens auf die Gewichtung der Wirkungskategorien zeigt sich dergestalt, dass relativ „junge“ Unternehmen die durch den Einsatz externer Personaldienstleister erzielbaren Know-How-Zuflüsse stärker bewerten als Unternehmen, die bereits längerfristig Erfahrungswissen aufbauen konnten: „E: Na gut, das hat eine Wirkung auf das, was von uns abgefordert wird. Also wenn ein Unternehmen ein sehr, sehr ausgeprägtes Know-How hat, wenn ich auch weiß, was es will, sind wir eher in einer Rolle (…) des Dienstleisters, der im Hintergrund, also ich sag mal, mehr in der Umsetzerrolle ist, der Ausführende. Wenn wir jetzt ein Unternehmen haben, das in dem Bereich wenig Know-How hat oder wenig ja auch an Instrumentarien einsetzt und jetzt hier ein größeres Projekt realisieren will, dann sind wir mehr in der Rolle (…) des Coaches, oder [es] wird von uns mehr verlangt, um das Projekt richtig zu strukturieren. I: Dann ist (...) für das Unternehmen beispielsweise dieses Know-How, was die von Ihnen lernen können, wichtiger, wenn es selbst noch sehr, sehr jung und unstrukturiert in diesem Personalbereich ist? E: Ja“ (A 12, 79-81).
238 „Bei Unternehmen, die jetzt dabei sind zu wachsen, haben die einfach die Kompetenzen noch nicht vor Ort, klar. Da sind wir diejenigen, die weit im Vorteil sind“ (A 23, 37). In engem Zusammenhang mit frühen Lebenszyklusphasen und noch laufenden Wachstumsprozessen stehen also die möglicherweise noch geringen bzw. nicht ausreichenden Ressourcen und Fähigkeiten der Personalabteilung des nachfragenden Unternehmens im Vergleich zum Know-How des Dienstleisters im Blickpunkt, so dass die über eine Fremdvergabe zu erzielenden Qualitäts- und Know-How-Wirkungen stärker in den Vordergrund rücken (können). Allerdings ist auch hier nicht völlig eindeutig aus den Interviews heraus zu lesen, ob bei jungen oder noch stark wachsenden Unternehmen einfach die Know-How-Differenzen zwischen Dienstleister und nachfragendem Unternehmen größer sind als bei anderen Unternehmen, oder ob der gesamte Bereich der Know-How-Wirkungen eine höhere Bedeutung bzw. Gewichtung im Entscheidungskalkül des Unternehmens aufweist. 5.2.5.
Unternehmensgröße
Hinsichtlich der Frage, welchen Effekt die Unternehmensgröße auf die Gewichtung der Wirkungskategorien im Entscheidungskalkül und die Richtung der Wirkungserwartungen hat, ergeben sich stark übereinstimmende Aussagen von drei Experten, die alle meinen, dass kleine Unternehmen die Kostenwirkungen im Vergleich zu anderen Unternehmen besonders hoch gewichten. Dies beschreiben Experten für den Bereich der Zeitarbeit, der Arbeitsvermittlung und der Personalberatung: „Kleinere Unternehmen, ganz klar, schauen viel mehr auf die Kosten als große Unternehmen. (…). Große Unternehmen achten sicherlich insgesamt nicht so stark auf die Kosten wie Kleinstunternehmen. Die achten natürlich auch auf die Flexibilität, weil bei denen ist es natürlich aufgrund der Strukturen im Unternehmen, der Entscheidungsfindung im Unternehmen ist der zeitliche Faktor natürlich noch viel größer als im kleinen Unternehmen. Im kleinen Unternehmen kann es wirklich sein, dass man es schafft, innerhalb von einer Woche jemanden einzustellen. Im großen Unternehmen - je nachdem wie viel Entscheidungswege, wie viel Genehmigungen noch eingeholt werden müssen - dauert dieses reine Genehmigungsverfahren schon eine Woche oder zwei. Und dann fangen die erst an zu suchen. Der zeitliche Faktor ist bei großen Unternehmen sicherlich auch eher gegeben“ (A 23, 63). „Also der Kostenfaktor nimmt mit abnehmender Unternehmensgröße zu. Also für die Zulieferer ist natürlich der Kostenfaktor wesentlich wichtiger, weil die natür-
239 lich selber, also unabhängig jetzt von dem Thema Personalgewinnung, stehen die ja insgesamt unter einem immensen Kostendruck. Und da nimmt natürlich auch der Kostenfaktor Personalgewinnung zu. (…) Aber je kleiner die Unternehmen werden, umso größer wird die Bedeutung des Kostenfaktors“ (A 12, 69). „Ja, die Größe des Unternehmens spielt eine Rolle. Na ja, ich meine, ob ich mir als 20-Mann-Konstrukteursbüro einen Headhunter leiste, und da mal schnell so ein bisschen was vom Jahresgehalt abknöpfe - das tut mir natürlich mehr weh, als wenn ich ein großes Unternehmen bin (…). (…), die Kosten spielen schon eine Rolle bei der Unternehmensgröße“ (A 5, 45). In dem ersten Zitat wird deutlich, dass möglicherweise in großen Unternehmen und beim Bezug von Zeitarbeitsdienstleistungen zwei gegenläufige Effekte auftreten. Zwar wirkt die Unternehmensgröße eigentlich in die Richtung, dass Kostenerwartungen eine geringere Bedeutung haben als andere Wirkungsbereiche. Andererseits haben kleine Unternehmen vermutlich nur seltener eine spezialisierte Einkaufsabteilung als große Unternehmen, so dass möglicherweise der „kostenbetonende“ Effekt der Zuständigkeit von Einkäufern in großen Unternehmen zum Teil den ersten Effekt kompensiert. 5.2.6.
Rechtsform und Eigentümerstruktur des nachfragenden Unternehmens
Beim Einsatz von Interimsmanagern spielt die Eigentümerstruktur eine nicht zu vernachlässigende Rolle. Insbesondere in klein- bis mittelständigen Familien-Unternehmen scheinen die Stakeholder- bzw. Beziehungswirkungen zwischen Eigentümern und Dienstleistern aufgrund höherer sozialer Nähe von größerer Bedeutung sein: „Bei Familienunternehmen kommt es, glaube ich, viel eher darauf an, so auf, der kann das, unser Investment zu halten, da sind vielmehr so emotionale Kriterien wichtig, glaube ich. Da guckt man sich diese Person an und sagt, ist der irgendwie empfohlen, passt der zu uns, kann der mit uns als Familie sprechen? Also, das ist schon ein Unterschied, glaube ich“ (V 3, 63). Eigentümerstruktur und Rechtsform können auch entscheidend für die Relevanz von Transaktions- und Stakeholder-Wirkungen, insbesondere hinsichtlich der Legitimation von Entscheidungen gegenüber Kapitalgebern und der Öffentlichkeit, sein: „Der Kunde erwartet des Öfteren Referenzen. Das heißt, er fragt, ob wir ihm Unternehmen benennen können, in denen wir vergleichbar Positionen besetzt haben. Das gilt insbesondere dann auch für angestellte Geschäftsführer (…) oder Personalleiter, die sich rechtfertigen müssen, warum sie uns gegen gutes Geld den Auftrag geben. Der Unternehmer selbst, der das mehr oder weniger in eige-
240 ner Regie entscheidet, der fragt da nicht, der hat das Vertrauen an sich, aber so jemand, der über fremdes Geld entscheidet, also ein Angestellter, der versucht natürlich, sich in alle Richtungen abzusichern und fragt dann auch noch nach. Das gilt im übrigen auch für Entscheidungsträger in diesem öffentlichen oder halböffentlichen Bereich, also wenn wir Stadtdirektoren oder Stadtwerkdirektoren oder Klinikdirektoren usw., die im öffentlichen, kommunalen Besitz sind, wenn wir die besetzen, auch da wird dann schon mal nach Referenzen gefragt. Da eigentlich am häufigsten“ (V 5, 52). Je nachdem, welche Stellung und welchen Einfluss verschiedene Stakeholder-Gruppen in dem nachfragenden Unternehmen haben, entstehen für die jeweiligen Entscheidungsträger auch unterschiedliche Legitimationsnotwendigkeiten, die im Bereich der Steuerung der Transaktionsbeziehung zum Dienstleister auch zur unterschiedlichen Gewichtung bestimmter Kriterien beitragen können. 5.2.7.
Wirtschaftliche Lage des nachfragenden Unternehmens
Mehrere Experten sprechen die Bedeutung der wirtschaftlichen Lage insgesamt oder speziell der wirtschaftlichen Lage des nachfragenden Unternehmens hinsichtlich der Gewichtung verschiedener Wirkungskategorien im Entscheidungskalkül an, wobei allerdings die Einschätzungen zu dieser Frage heterogen sind. Einerseits wird argumentiert, dass Unternehmen, denen es wirtschaftlich schlecht geht oder die zu Kosteneinsparungen gezwungen sind, bei der Entscheidung über eine mögliche Beratungsleistung die Kostenwirkungen in den Vordergrund stellen: „Also die ganze Frage nach der Quantifizierbarkeit der Leistungserbringung, also Nutzen wirklich in Euro und Cent, kommt dann stärker zum Tragen, wenn sich das Unternehmen eh schon in einer wirtschaftlich angespannten Situation befindet. Und wenn dann diese Welle nach der Frage nach Effizienzsteigerung auch den Personalbereich erreicht. Und wenn es darum geht, zu sagen, wir müssen 15 oder 20% Produktivitätssteigerung erreichen, auch im Personalbereich, das bedeutet, man muss sich über [eine] Neugestaltung des Personalbereichs Gedanken machen, dann spielt der quantitative Teil dort eine wesentlich stärkere Rolle. Liegt aber dann eben meistens daran, dass das Unternehmen generell [sich] schon in einer eher wirtschaftlich angespannteren Situation sich befindet. (…) Die Frage nach der Qualität ist meistens dann gegeben, wenn Unternehmen proaktiv versuchen, die Wettbewerbsfähigkeit langfristig herzustellen. Da spielt sicherlich auch die quantitative Frage eine Rolle, aber nicht so stark, weil der Leidensdruck nicht so stark ausgeprägt ist. Also man hat auch wirklich noch Zeit, zu gestalten“ (A 16, 49).
241 Auf die Frage, welche Faktoren Einfluss auf Richtung und Gewichtung erwarteter Wirkungen haben können, antwortet ein weiterer Experte: „Na gut, das (...) Eine ist sozusagen die gesamte wirtschaftliche Situation und das Wachstum. (…) das Zweite auch die Kultur, ja, im Sinne von Unternehmertum, bin ich organisiert wie ein Mittelständler oder von der Mentalität her wie ein Mittelständler, oder bin ich ein Großunternehmen, der sagt, ich kaufe auch Leistungen zu, ich mache nicht alles selbst“ (A 15, 52-53). Ähnlich wird von einem Anbieter im Bereich Outplacement argumentiert: Geht es Unternehmen gut, so treten Kostenaspekte etwas in den Hintergrund, befinden sie sich dagegen in einer wirtschaftlich angespannten Situation, kann allein aufgrund der erwarteten Kostenwirkungen eine Outplacementberatung unterbunden werden. „Es kann schon der Fall sein, also diese Tendenz sehen wir auch, natürlich werden wir häufiger von Unternehmen beauftragt, denen es finanziell gut geht, die, aus welchen Gründen auch immer, bestimmte Aufgaben zu bewältigen zu haben, Restrukturierungen, Produktionsverlagerungen. Auch die Trennung vom Einzelnen spielt ja in unserer Arbeit eine große Rolle, der einzelne Spezialist oder die einzelne Führungskraft, die an dem Platz eben nicht mehr richtig aufgehoben ist. Und dass es durchaus auch Unternehmen gibt, die schlicht sagen, gute Idee, aber (…) wir können es uns nicht leisten. Das gibt es schon. Aber dieses Nichtleistenkönnen kommt seltener vor als ein Unternehmen, das sagt, das ist mir einfach nicht wichtig, oder ich zahle schon Abfindungen und ich mache schon dieses und jenes und ich bin nicht bereit, noch etwas darauf zu nehmen“ (V 4, 59). Andererseits wird aber von Anbietern und Nachfragern im Bereich von Personalbeschaffungsdienstleistungen wie Personalberatung und Arbeitsvermittlung ein direkter Einfluss der wirtschaftlichen Lage auf die Gewichtung der Entscheidungskriterien verneint: „Ich setze doch den Berater nicht ein aus Spaß. Ja. Ich habe keinen. (…) ob jetzt die Wirtschaft brummt oder nicht, ja, das spielt eigentlich keine Rolle“ (A 2, 40). „Nein, die Stelle muss besetzt werden. (…) Wenn wir es nicht selber lösen können, dann müssen wir uns helfen lassen, dann nützt das alles nix, dann muss man auch in schlechten Zeiten das Geld in die Hand nehmen. Ich will ja mit der Personalmaßnahme irgendwas nach Vorn bewegen, sonst würde ich ja keinen einstellen. Und dann muss ich da auch bereit sein, ein Stückchen azyklisch zu handeln. Also das würde ich, ich kann nicht ausschließen, dass das auf lange Sicht sich das eine oder andere, der eine oder andere Aspekt vielleicht in der Wichtigkeit verändert, aber gerade wie Sie es sagen, auf kurze konjunkturelle Sicht darf das eigentlich gar keine Rolle spielen“ (N 3, 35).
242 Es wird allerdings deutlich, dass der zuletzt zitierte Nachfrager hier normativ einen wünschenswerten Zustand beschreibt („darf eigentlich keine Rolle spielen“) und keine ganz eindeutige Aussage darüber macht, ob unterschiedliche Gewichtungen der Wirkungsbereiche in verschiedenen wirtschaftlichen Situationen auch tatsächlich keine Rolle spielen. Diese Aussagen zur Personalberatung fügen sich logisch an den oben bereits beschriebenen Effekt an, nachdem bei Beschaffungsdienstleistungen die Frage, ob überhaupt eine Besetzung einer vakanten Stelle erreicht werden kann, im Sinne einer Null-Eins-Variable eine solche Priorität erreicht, dass dahinter alle anderen Entscheidungskriterien und Einflüsse zweitrangig erscheinen. Es wäre daher denkbar, dass hinsichtlich der wirtschaftlichen Lage als Einflussfaktor auf die Gewichtung der Wirkungserwartungen die Personaldienstleistungen in zwei Gruppen auseinander fallen: Zur ersten Gruppe gehören solche Dienstleistungen, bei denen es in irgendeiner Form um die kurz- oder langfristig orientierte Beschaffung von Personal geht und bei denen man daher einen Mindest-Erfolg bzw. eine Mindest-Qualität der Leistung mehr oder weniger klar als Null-Eins-Variable bzw. dichotom definieren kann (wie z. B. Stellenbesetzung erreicht oder nicht). Hierzu könnten die Arbeitsvermittlung, Personalberatung/Headhunting und evtl. auch Interimsmanagement und Zeitarbeit gehören. Bei diesen würde auch in wirtschaftlich schlechten Zeiten dieser „Mindesterfolg“ als Qualitätsmaß immer im Vordergrund stehen und höher als die Kosten gewichtet werden. Zu einer zweiten Gruppe von Dienstleistungen würden dann solche wie z. B. Unternehmensberatung im HRBereich und Outplacement gehören, bei denen die einfache dichotome Definition eines solchen Erfolges nicht ganz so klar möglich ist und bei denen in wirtschaftlich schlechten Zeiten dann die Kosten als Entscheidungskriterium höher gewichtet werden, weil sich die Mindest-Qualität nicht so klar definieren lässt. Ob allerdings die Gruppen tatsächlich so zu definieren sind und wo genau in der Wahrnehmung der Marktteilnehmer die Grenzen zwischen einer „relativ klaren“ und einer „relativ unklaren“ dichotomen Definition eines Mindesterfolges verlaufen, ist offen und kann auf der Basis unserer Interviewaussagen nicht aufgeklärt werden. So könnte man beispielsweise auch argumentieren, dass beim Outplacement genauso klar definiert werden kann, ob eine Vermittlung auf einen neuen Arbeitsplatz erfolgt ist oder nicht wie bei den Stellenbesetzungen, und dass darüber hinaus auch bei Stellenbesetzungen das dichotom verstandene Er-
243 folgsmaß „Augenwischerei“ darstellt, da ja immer auch mitgefragt werden muss, mit welcher Wahrscheinlichkeit sich die neu gewonnene Arbeitskraft den Anforderungen gewachsen zeigt. 5.2.8.
Kompetenzen und Ressourcen der Personalabteilung
Dass Fähigkeiten und Ressourcen der Personalabteilung von hoher Relevanz für die erwarteten Wirkungen des Einsatzes von Dienstleistungen sind, kommt auch in mehreren Interviews zum Ausdruck. Sind diese Fähigkeiten vergleichsweise wenig ausgeprägt und ist die Personalabteilung personell schlecht ausgestattet, werden die durch den Fremdbezug erwarteten Qualitäts- und Flexibilitätswirkungen deutlich stärker gewichtet und positiver angesehen. So kann für kleine Unternehmen, die entweder keine oder aber eine Personalabteilung mit geringen Fähigkeiten und Ressourcen aufweisen, die erwartete Qualität der Leistung beim Fremdbezug positiv bewertet werden, da sie vielleicht selbst nicht zur Leistungserstellung fähig sind: „Bei Unternehmen, die die Größe nicht haben, die jemand in der Personalabteilung haben, der im Grunde genommen Personalchef, Personalabrechner und Personalsachbearbeiter in einem ist, da machen wir das auch sicherlich ein bisschen kompetenter als die“ (A 23, 37). „Wenn man mal in die Unternehmen geht, entweder sind es Großunternehmen, die haben ihre Personalabteilung, sehr große Unternehmen haben natürlich auch [eine] spezialisierte Personalabteilung, die sich um die Rekrutierung von Vertriebsingenieuren beispielsweise oder Entwicklungsingenieuren kümmert. Die sind natürlich sehr gut organisiert, die bedienen sich in der Regel eines Personaldienstleisters im Bereich der Beschaffung nur dann wieder bei den Highpotentials (…)“ (V 1, 15). Es wird deutlich, dass Größe des Unternehmens und Kompetenzen in der Personalabteilung in der Wahrnehmung der Experten eng miteinander korrelieren und somit hier auch ein weiterer, jedoch indirekter Effekt der Unternehmensgröße auf die Gewichtung des Qualitätskriteriums oder die Einschätzung der Qualitätswirkungen besteht. Allerdings sind die Meinungen der Experten hier nicht völlig homogen. Ein direkter Einfluss der Fähigkeiten im Personalbereich auf die Einschätzung von Qualitäts- sowie Kostenwirkungen wird von einem anderen Anbieter dagegen eher verneint (vgl. A 13, 48-49).
244 Ein weiterer wichtiger Einflussfaktor bei der Gewichtung und Einschätzung der erwarteten Kosten- und Qualitätswirkungen kann das Wissen über die Kosten und Zeitstrukturen der eigenen Personalarbeit sein, wie ein Verbandsexperte für den Bereich der Arbeitsvermittlung beschreibt: „Dadurch, dass viele Unternehmer gar nicht wissen, was sie die Personalsuche eigentlich kostet, gehen natürlich manche Unternehmen her und sind der Meinung, dass unsere Dienstleistung eigentlich kostenlos sein müsste, was natürlich nicht funktioniert, das ist ganz klar. Aber dass man jetzt sagen kann, die erwarten eine klare Kostenersparnis, nein, kann man nicht, weil sie eben sich gar nicht über die Kosten einer Personalsuche im Klaren sind. Sie erwarten in der Regel eine schnelle Stellenbesetzung. Und das ist etwas, was wir vielen Auftraggebern zunächst einmal klar machen müssen, dass eine Stellenbesetzung in der Regel eine gewisse Zeitdauer in Anspruch nimmt. Gerade dann, wenn es sich um Personen handelt, die ein sehr eingegrenztes, ein sehr spezielles Anforderungsprofil haben. Dann dauert es eben länger oder ist teurer. Jetzt nicht von unserer Honorarleistung unbedingt, aber von der Gehaltszahlung her. Ansonsten wüsste ich da eigentlich nicht, wo da die Probleme wären, nein“ (V 1, 43). Allerdings ist unklar, wie die Kosteneinschätzungen in den nachfragenden Unternehmen dann vorgenommen werden. Der Experte deutet jedoch eher an, dass mangelndes eigenes Wissen über die Kosten der internen Lösung dann eher zur Erwartung von Kostennachteilen durch den Fremdbezug führt, weil die Kosten der Eigenerstellung der Leistungen unterschätzt werden. Möglich wären aber natürlich auch andere Zusammenhänge. Insgesamt bleibt festzuhalten, dass die Ressourcen und Fähigkeiten der Personalabteilung in der Einschätzung der Experten also offenbar über zwei Effekte wirken: Höhere Gewichtung der Qualitätseffekte und schlechtere Vergleichbarkeit der Kosteneffekte mit der Folge der Unterschätzung eigener Kosten bei mangelnden eigenen Ressourcen in der Personalabteilung. 5.2.9.
Bisherige Outsourcing-Erfahrungen im Personalbereich
Eigene Erfahrungen mit der Bewältigung bestimmter personalwirtschaftlicher Aufgaben wirken offenbar ebenfalls auf die Entscheidung für oder gegen den Fremdbezug ein. Die erwarteten Qualitätsdifferenzen zwischen Fremdbezug und Eigenfertigung sind anscheinend eng mit den in einem Unternehmen im Allgemeinen und in der Personalabteilung im Besonderen gemachten Erfahrungen verbunden:
245 „Der Kunde, der eine Stellenvermittlung einschaltet, der hat in der Regel schon anderes ausprobiert. Erst mal ist er meistens den klassischen Weg gegangen, indem er Anzeigen geschaltet hat. Dann hat er festgestellt, was sich da alles für Schrott gemeldet hat. Haben sich dann 50 Leute gemeldet, das ist ja unglaublich, was für (…) Mut Menschen haben, sich auf bestimmte Qualifikationen hin zu melden mit ihrer eigenen Vita“ (A 19, 40). „Es gibt eine ganze Reihe von Firmen, die greifen heute auf private Personalvermittler zurück. (…) Es gibt die, die Erfahrung gemacht haben, wir tun das jetzt, und dann gibt es noch den größeren Teil, der selbst noch herum „gedoktert“ hat die ganze Zeit. Hat nicht funktioniert. Und [die] dann gesagt haben, komm, lass uns das mal mit einem Privaten versuchen, vielleicht funktioniert das ja doch“ (A 19, 43). Die Zitate lassen sich so interpretieren, dass Unternehmen offenbar bei schlechten Erfahrungen hinsichtlich des Preis-Leistungsverhältnisses der eigenen Personalsuche bzw. unter dem Gesichtspunkt der Entlastung der eigenen Personalabteilung von sehr aufwändigen Suchprozessen die Qualitätswirkungen des Fremdbezugs bei ihrer Entscheidung positiver einschätzen, als wenn sie selbst keine schlechten Erfahrungen gemacht haben. Weitere Determinanten für die erwarteten Wirkungen einer eigenen Personalbeschaffung vs. eines Fremdbezugs von Personalberatern sind schließlich die bisherigen Erfahrungen mit dem Fremdbezug dieser Dienstleistung. Insbesondere hervorzuheben sind dabei die erwarteten Qualitäts- und Kostenwirkungen, die durch vergangene Outsourcing-Erfahrungen determiniert werden. „Also wir haben es hier in [Stadt] mit (…) Unternehmern zu tun, die sich (…) dieser Dienstleistung Headhunting oder Direktansprache eigentlich nun noch nicht so häufig bedient haben. In westdeutschen Unternehmen ist das Usus. Da weiß jeder, was ein Personalberater tut. Und da weiß ich auch, dass ich, wenn ich einen Headhunter einschalte, dass es natürlich am Anfang ein bisschen teuer ist, aber ich letztendlich auch eine Garantie für diese Leistung habe. Und da ist mir mein Eindruck, wir müssen hier ein bisschen Aufklärungsarbeit leisten und auch diese Kosten-Nutzen-Relation ein bisschen gegeneinander halten“ (A 5, 33). Ein Experte beschreibt, dass Unternehmen, die in der Vergangenheit schon mehrfach Outsourcing-Erfahrungen gesammelt haben, die erhofften Qualitätswirkungen höher gewichten, während bei neuen Projekten zunächst die monetären Aspekte über das PreisLeistungsverhältnis im Vordergrund stehen: „Wenn Sie einmal eine Vertrauensebene mit ihrem Counterpart im Unternehmen
246 bekommen haben, ich denke, dann spielt Preis eine zweite oder dritte Rolle, aber da müssen Sie, wie Sie sagen bei Neukunden, erst sich über die Leistung Ihrer ersten Projekte hinarbeiten“ (A 18, 59). „Also was wir am Markt beobachten ist, dass Unternehmen, die schon sag ich mal größere Outsourcing-Erfahrungen haben, nicht mehr so sehr den, die TopPriorität auf den Kostenaspekt legen, sondern wechseln rüber auf (…) ein[en] Minimumqualitätsstandard, der eingehalten werden muss, und nur, wenn der eingehalten ist, dann wird zwischen den Unternehmen ausgewählt, welches das billigste ist. Also dieser Kostenaspekt, ja, der ist vorhanden, der ist auch immer noch im Vordergrund, aber es gibt so eine, ja, Minimumqualitätsanforderung, die man versucht, so weit wie möglich während des Outsourcings natürlich zu prüfen, was nicht immer ganz leicht ist. Also die letzten Projekte, die ich gemacht habe, da war jedes Mal der Kostenaspekt, ja, etwas in den Hintergrund gedrängt, aber dadurch, dass diese Minimumqualitätsanforderungen einfach notwendig waren und man erst mal selektiert hat nach den Qualitätskriterium, und dann im Grunde über die Kostenschiene gegangen ist“ (A 18, 71). Diese Veränderung der Wirkungsgewichtungen durch Erfahrungen mit der Nutzung von Dienstleistungen spricht auch ein Experte für den Bereich der Unternehmensberatung an: „Wenn die [Kunden] eine negative Erfahrung mit anderen gemacht haben, kann es aber gegen Sie sein, weil die [Kunden] vielleicht dann sagen, Beratung ist generell schlecht. Es kann auch positiv für Sie ausgehen, dass die sagen, jetzt weiß ich, wieso Sie teurer sind, ja und wir kommen jetzt zu Ihnen, weil das war es nicht. Das gibt es alles im Leben“ (A 15, 59). 5.2.10.
Werte und Einstellungen der Entscheider
Schließlich können wieder die individuellen Werte und Einstellungen von Eignern und Entscheidern sowie deren Wissen und Erfahrungen die erwarteten Wirkungen maßgeblich beeinflussen. Auf die Frage hin, inwieweit sich Personaldienstleistungen nachfragende Unternehmen strukturell unterscheiden, antworten beispielsweise Anbieter von Interimsmanagement und Personalberatung: „Also letztendlich muss ich sagen, jedes Unternehmen ist ein eigener Organismus. Und nein, das hängt sehr häufig von den einzelnen Entscheidern ab, von Konstellationen, wer hat da mit wem gesprochen. Nein, kann man nicht generalisieren“ (A 7, 52). „Ein Kunde, ein Klient, der als Person entscheidet, der hat natürlich seine Kriterien und das ist getrieben von seiner persönlichen Agenda, was der vor hat, wie schnell etwas sein muss, wie viel Angst er hat oder wie viel Sorge er hat. Es ist getrieben sicherlich mit Erfahrungen (…) mit Personalberatungen“ (A 3, 101).
247 Gerade in Rechtsformen bzw. Eigentümerstrukturen mit einer starken Stellung eines Individuums, z. B. in inhabergeführten Einzelunternehmen, könnten solche individuellen Einflüsse besonders stark wirksam werden. Rechtsform bzw. Eigentümerstruktur sowie Werte und Einstellungen der Entscheider könnten daher voneinander abhängige Einflussfaktoren auf die Gewichtung und die Einschätzung der Wirkungserwartungen sein. 5.2.11.
Zusammenfassung
Gemessen an unseren theoretischen Erwartungen haben wir nur vergleichsweise wenige Aussagen dazu bekommen, welche Faktoren Unterschiede in den Wirkungserwartungen der Unternehmen und Unterschiede in den Gewichtungen der einzelnen Wirkungskategorien im Entscheidungskalkül der Unternehmen auslösen. Trotzdem lassen sich auch beim derzeitigen Wissensstand nach den Aussagen der von uns interviewten Experten die Größe, Lebenszyklusphase und Branche des nachfragenden Unternehmens, seine wirtschaftliche Lage, die für personalwirtschaftliche Aufgaben vorhandenen Ressourcen und Kompetenzen sowie die bisherigen Erfahrungen beim Outsourcing von HR-Prozessen, die Rechtsform und subjektive Einflüsse aus dem Kreis der Entscheider als Einflussfaktoren ausmachen. Jedoch besteht noch großer Forschungsbedarf, welche weiteren Einflussfaktoren es gibt, wie diese miteinander interagieren und wie die Faktoren genau auf die Gewichtung der Wirkungen im Entscheidungskalkül und/oder auf die wahrgenommene Wirkungsrichtung der BuyAlternative gegenüber der Make-Alternative wirken.
248
Teil C
Ausblick
Die in diesem Buch dokumentierten Aussagen der Experten geben nach unserer Einschätzung sehr interessante und vielfältige Einblicke in die „Welt der Personaldienstleistungen“, u.a. in Motive und Strategien von Nachfragern und von Anbietern, in erwartete Wirkungen der Personaldienstleistungen in den nachfragenden Unternehmen und in Faktoren, die diese Wirkungserwartungen und -abwägungen beeinflussen und zu Unterschieden zwischen Unternehmen hinsichtlich ihrer Nachfrage oder eben Nicht-Nachfrage nach Personaldienstleistungen führen können. Wir möchten an dieser Stelle noch einmal allen Experten aus der Praxis herzlich danken, die mit einer hohen Bereitschaft an den Interviews teilnahmen, und uns nicht nur viel Zeit zur Verfügung gestellt haben und an vielen Stellen bemerkenswert offen und ausführlich an ihren Erfahrungen und Kenntnissen über den Markt teilhaben ließen, sondern die auch zugestimmt haben, dass wir die Interviews auf Tonband aufzeichnen und die Texte in diesem Buch anonymisiert zitieren. Selbstverständlich wird mit den hier vorgestellten Aussagen der Experten von uns nicht der Anspruch erhoben, generalisierbare oder repräsentative Ergebnisse für das gesamte Feld der Personaldienstleistungen vorzulegen. Dazu eignet sich die Methode der Experteninterviews nicht. Auch ist hierzu die Zahl der von uns interviewten Experten viel zu klein. Zudem sei noch einmal darauf hingewiesen, dass wir einen deutlichen Anteil an Experten von der Anbieterseite interviewt haben, die einerseits ein geschäftliches Interesse an der Vermarktung ihrer Personaldienstleistungen haben (müssen), andererseits aber auch stark spezialisierte Kenntnisse und Erfahrungen für „ihre“ jeweiligen Personaldienstleistungen aufweisen, die deutlich über die Erfahrungen der durchschnittlichen Entscheidungsträger auf der Nachfrageseite, die für andere Aufgabengebiete zuständig sind, hinaus gehen dürften. Während die Anbietergruppe, will sie geschäftlich erfolgreich sein, einerseits die Motive und Entscheidungskriterien ihrer Kunden, also der Nachfrager nach Personaldienstleistungen, recht gut kennen muss, hat sie möglicherweise andererseits eine deutlich positivere Wahrnehmung der angebotenen Dienstleistungen als die nachfragenden Unternehmen, deren HR-Outsourcing-Entscheidung im Fokus unserer Fragestellung steht. Insofern ist nicht auszuschließen, dass in den Zitaten in diesem Buch - gemessen an der Einschätzung des durchschnittlichen Nachfragers - insgesamt ein zu positives Bild des Fremdbezugs von Personalfunktio-
249 nen bzw. von Personaldienstleistungen zu Lasten der internen Erstellung der Personalarbeit gezeichnet wird. Schließlich haben wir an verschiedenen Stellen Antworten bekommen, die in verschiedene Richtungen weisen und sehr unterschiedliche Einschätzungen der Experten zu den gleichen Sachverhalten widerspiegeln. Welche der Sichtweisen dabei Mehrheitseinschätzungen sind, können wir auf der Basis der Interviews nicht feststellen. Genau an diesen offenen Fragen der vorliegenden qualitativen Studie, auf der die hier vorgelegten Ergebnisse beruhen, setzen unsere weiteren Forschungsbemühungen an. Über den Sommer des Jahres 2006 hinweg haben wir eine großflächige telefonische Befragung von Geschäftsführern und Personalleitern von Unternehmen des Verarbeitenden Gewerbes und des Dienstleistungsbereiches durchgeführt, also tatsächliche oder potenzielle Nachfrager nach Personaldienstleistungen ausführlich in bis zu einstündigen Interviews telefonisch interviewt. Diese wurden nach der Nutzung oder Nicht-Nutzung von Personaldienstleistungen, den erwarteten Wirkungen von Eigenfertigung und Fremdbezug im HR-Bereich und ihrer Gewichtung zum Entscheidungszeitpunkt, tatsächlich gemachten Erfahrungen und einer ganzen Reihe von Strukturdaten und weichen Faktoren zu dem jeweiligen Unternehmen und seiner Personalarbeit befragt. Wir hoffen, anhand der Auswertungen dieses Datensatzes tiefer gehende Informationen zur Generalisierbarkeit unseres Theorieentwurfs und der hier auf der Basis qualitativer Forschung dokumentierten Effekte zu erhalten sowie einen möglichen Anbieterbias dieser Studie zu korrigieren. Da es sich um eine standardisierte Befragung mit überwiegend geschlossenen Antwortvorgaben handelt, konnten wir allerdings zu den einzelnen Effekten nicht genauso tiefgehend nachfragen wie in den Experteninterviews, welche die empirische Grundlage dieses Buches bilden. Die von den Experten erhaltenen Informationen und Einschätzungen dienten als Basis für die Überarbeitung unserer theoretischen Überlegungen und sind somit auch in die Formulierung unseres Fragebogens mit eingeflossen. Andererseits werden wir sie zur Interpretation der Ergebnisse aus der quantitativen Befragung wieder heranziehen, um die quantitativen Daten besser erklären und verstehen zu können. Erste Ergebnisse unserer quantitativen empirischen Erhebung werden wir gegen Mitte/Ende 2007 vorstellen können. Diese Ergebnisse können wir den in unseren Experteninterviews vor allem durch anbieterseitige Auskünfte erworbenen Aussagen gegenüberstellen, um ein
250 stärker durch die Nachfragerseite fundiertes Bild der Nachfrage und Nachfrageentscheidung bezüglich der Personaldienstleistungen zu geben.
251
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