Atlan - Der Held von
Arkon
Nr. 203
Planet im Feuersturm Atlan und Crysalgira unter
Wüstenräubern - und im
Bombenha...
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Atlan - Der Held von
Arkon
Nr. 203
Planet im Feuersturm Atlan und Crysalgira unter
Wüstenräubern - und im
Bombenhagel feindlicher
Raumschiffe
von H. G. Ewers
In einer Zeit, die auf Terra dem 9. Jahrtausend v. Chr. entspricht, steht es mit dem Großen Imperium der Arkoniden nicht zum Besten, denn es muß sich sowohl äuße rer als auch innerer Feinde erwehren. Die äußeren Feinde sind die Maahks, deren Raumflotten den Streitkräften des Im periums durch überraschende Schläge schwere Verluste zufügen. Die inneren Fein de Arkons sind Habgier und Korruption der Herrschenden, die – allen voran Impera tor Orbanaschol III. – nur auf ihren eigenen Vorteil bedacht sind und das Gemein wohl völlig außer acht lassen. Gegen diese inneren Feinde des Imperiums ist der junge Atlan, der rechtmäßige Thronerbe und Kristallprinz von Arkon, der eine stetig wachsende Schar von ver schworenen Helfern um sich sammeln konnte, bereits mehrmals erfolgreich vorge gangen. Gegenwärtig ist Atlan jedoch nicht in der Lage, den Untergrundkampf gegen den Usurpator und Brudermörder Orbanaschol persönlich weiterzuführen. Der Kristall prinz ist bei seinem Besuch von Skrantasquor durch die Einwirkung einer Geheim waffe der Maahks erneut in ein anderes Raum-Zeitkontinuum gelangt – in den Mikro kosmos. Zusammen mit Crysalgira von Quertamagin, der jungen, tapferen Arkonidin aus ei nem alten Adelsgeschlecht, sucht er nach einer Chance der Rückkehr in den Mikro kosmos. Dabei werden die beiden Arkoniden in den Konflikt zweier Sternenvölker verwickelt – und dieser Konflikt macht aus einer besiedelten Welt einen PLANETEN IM FEUER STURM …
Planet im Feuersturm
3
Die Hautpersonen des Romans:
Atlan - Der Kristallprinz setzt sich durch:
Crysalgira - Atlans Begleiterin und Mitkämpferin.
Karsihl-HP - Anführer eines Stammes der Lopsegger.
Marsugg-TT - Karsihl-HPs Gegenspieler.
Germyr-HP - Ein lopseggischer Diplomat.
Hevla-Toorn - Anführer einer Gruppe von Parias der Wüste Thar.
1. Die kleine Raumflotte der Lopsegger war auf der Nachtseite des Planeten Wartzong gelandet, so daß wir von der Hauptstadt Wartzonga nur ein gleißendes Lichtermeer gesehen hatten. Prinzessin Crysalgira und ich blieben bis zum Morgen in einer Kabine eingesperrt. Wir hatten versucht, auf den fremdartigen Lagerstätten, die vielleicht für die Lopseg ger, aber niemals für Arkoniden gedacht wa ren, zu schlafen. Vergebens. Zu viele Gedanken beschäftigten uns. Prinzessin Crysalgira dachte naturgemäß in erster Linie daran, wie wir den Mikrokos mos, in den wir beide durch eine neue Waffe der Maahks verschlagen worden waren, wie der verlassen konnten. Sie sehnte sich nach dem arkonidischen Sonnenträger Chergost, dem sie in großer Liebe zugetan war. Ich dagegen dachte in erster Linie darüber nach, wie wir in die sogenannte Eisige Sphä re, hier im Mikrokosmos »Yarden« genannt, gelangen könnten. Die Eisige Sphäre sollte nicht nur der Zufluchtsort der letzten Varga nen sein, sondern auch der Ort, an dem mein Sohn Chapat gefangengehalten wurde. Außerdem sollte sich dort der Stein der Weisen befinden, dem ich so lange nachge jagt war und von dem ich inzwischen erfah ren hatte, daß er identisch war mit der Fä higkeit der Absoluten Bewegung zwischen jenem Mikrokosmos, in dem wir uns zur Zeit befanden und dem Makrokosmos, aus dem wir gekommen waren. Noch immer war alles sehr geheimnisvoll und rätselhaft. Allein die Vorstellung, daß es, irgendwie strukturell eingebettet in den
uns bekannten Makrokosmos, einen Mikro kosmos gab, in dem, wenn auch unendlich kleiner, Planeten, Pflanzen, Tiere und intelli gente Wesen mit ähnlichen Formen und Ei genschaften wie im Makrokosmos existier ten, brachte den Geist an die Grenze des Wahnsinns. Vielleicht hätte ich es nicht geglaubt, wenn ich es nicht im wahrsten Sinne des Wortes am eigenen Leibe erfahren hätte. Wenn der Mikrokosmos wenigstens in der Form existiert hätte, daß seine Sonnensyste me mit den Atomen des Makrokosmos iden tisch gewesen wären, daß also die Sonnen die Atomkerne und ihre Planeten die Elek tronen der Makromaterie wären, dann wäre es mir möglich gewesen, diesen Mikrokos mos in meinem wissenschaftlichen Weltbild anzusiedeln. Aber so gab es vorläufig überhaupt keine Erklärung dafür, daß dieser Mikrokosmos existierte und wie er in den Makrokosmos eingeordnet werden könnte. Dennoch war er da. Trotzdem – manchmal überkam mich das Gefühl, als wäre das alles nur eine Illusion, als befänden wir uns überhaupt nicht in ei nem Mikrokosmos, sondern wären in ein an deres Universum geraten. Denn alle Propor tionen stimmten. Man fühlte sich hier nicht anders als dort, woher wir gekommen wa ren. Doch im Unterschied zu Crysalgira wußte ich genau, daß es keine Illusion war. Ich war vorher schon einmal im Mikrokosmos gewe sen, und im Unterschied zu diesmal hatte ich damals meine ursprüngliche Masse behalten – die Masse, die mein Körper auch im Ma krokosmos besessen hatte. Das war für mich Beweis genug dafür, daß es eben doch in,
4 neben, um oder über oder sonstwie relativ zu unserem bekannten Makrokosmos einen Mi krokosmos gab. Als der Morgen graute, hatten Crysalgira und ich uns erhoben und waren an die Aus sichtsluke unserer Kabine getreten, um einen Blick auf die Stadt zu werfen. Zuerst erkannte ich jenseits des Raumha fens, auf dem wir in der Nacht gelandet wa ren, nur einen gigantischen unförmigen Ko loß. Als es aber immer heller und heller wurde, konnte ich die Einzelheiten vonein ander unterscheiden. Ich sah, daß Wartzonga ein Monstrum von Stadt war, besonders bedruckend für Arkoniden, die eine Aversion gegen jede Enge hatten. Die Einzelgebäude waren unterschiedlich groß und pyramidenförmig, aber sie standen so dicht zusammen, daß mein erster Ein druck war, sie wären übereinander gebaut. So eng ging es höchstens noch in einem In sektenbau zu. Von Straßen konnte ich über haupt nichts sehen. Über einigen Stellen der Stadt schwebten Fluggleiter, teils im Begriff zu landen, teils waren sie eben gestartet. Es mußte demnach auch in diesem Chaos noch Plattformen oder freie Plätze geben, denn auf den Pyramiden bauten selbst konnten keine Gleiter starten oder landen. Als sich das Schott unserer Kabine zi schend öffnete, fuhren Crysalgira und ich herum, auf das Schlimmste gefaßt. Doch in der Öffnung stand nur ein einzel ner Lopsegger, und er hielt keine Waffe in der Hand. Folglich stellte er keine Bedro hung dar. Der Anblick eines Lopseggers war für mich immer wieder faszinierend, denn im Makrokosmos hatte ich noch keine ver gleichbaren Lebewesen kennengelernt. Ein flunderförmiger, anderthalb Meter großer und fast genauso breiter Körper, auf dem ein kammähnlicher Kopf, rund fünf zehn Zentimeter breit und hoch, von vorn nach hinten verlief. Zwei kurze krumme Beinchen, ein aus dem Steiß bis zu den Kni-
H. G. Ewers en reichender stachelähnlicher Auswuchs, bis auf den Boden herabhängende Arme. Die Haut des Körpers war von grauer Farbe, der Kamm leuchtete rot. Auf jeder Seite des Kammes saßen drei gleichmäßig verteilte Augen. Außerdem wa ren über den Kamm acht Quasten verteilt, die die Hörorgane darstellten. Eine Art orga nischer Schublade auf der Brust hatte die Funktion des Mundes. Dort befanden sich auch die Sprechorgane, mit denen die Lop segger knarrende Laute ausstießen, die ohne einen Translator überhaupt nicht verständ lich gemacht werden konnten. »Ich bin Karsihl-HP«, sagte der Lopseg ger, und sein Translator übersetzte. Ich hatte mir beim Anblick des einzelnen Lopseggers schon gedacht, daß es sich um Karsihl-HP handeln mußte. Sicher war ich mir allerdings erst jetzt, denn für einen Ar koniden sah ein Lopsegger wie der andere aus. Crysalgira und ich waren auf dem Planten Cerkol von den unter Karsihls Kommando stehenden Lopseggern gefangengenommen worden. Zuerst hatte man uns in der feindli chen Umwelt zurücklassen wollen, was un ser sicherer Tod gewesen wäre. Dann hatte es sich Karsihl-HP im letzten Moment an ders überlegt und uns in seinem Raumschiff mitgenommen. Wie es weitergehen sollte, das wußten si cher nicht einmal die arkonidischen Götter, denn es waren Götter des Makrokosmos. »Wir sind Ihnen dankbar, daß Sie uns nicht auf Cerkol zurückgelassen, sondern mitgenommen haben«, sagte ich, und der Translator des Lopseggers übersetzte meine Worte in knarrende Laute. Vielleicht hätte Karsihl-HP daraufhin ver bindlich gelächelt. Aber versuchen Sie ein mal zu lächeln, wenn Sie kein Gesicht haben – oder etwas, das man nur mit viel Phantasie als Gesicht bezeichnen könnte. Karsihl-HP erwiderte: »Sie sind Gegner der Tejonther – und alle Gegner der Tejonther sind Freunde der Lop segger. Ich hoffe, daß wir eine Möglichkeit
Planet im Feuersturm finden, wie Sie uns nützlich sein können.« Das hoffte ich auch, aber noch mehr hoff te ich natürlich, daß ich mir die Lopsegger nützlich machen konnte. Sie verfügten über eigene Raumschiffe, und das allein war schon ungeheuer wertvoll. »Ich denke, daß ich schon eine solche Möglichkeit gefunden habe, Karsihl-HP«, antwortete ich. »Alles, was Ihr Volk bisher gegen die Tejonther unternommen hat, reicht nicht aus, um die Bedrohung ernstlich abzubauen. Sie haben einige der Planeten, die später einmal von den Tejonthern besie delt werden sollten, unbrauchbar für eine Kolonisierung gemacht. Aber es wird noch lange dauern, bis diese Anstrengungen Früchte tragen.« »Das ist mir ebenfalls klar, Atlan«, erwi derte der Lopsegger. »Was könnten wir aber sonst noch tun?« »Wir könnten beispielsweise eine Ge fühlsbasis der Leerraumkontrolleure er obern«, antwortete ich. »Das würde die Macht der Tejonther unmittelbar schwä chen.« Karsihl-HP erwiderte lange Zeit nichts darauf, und ich dachte schon, er würde mei nen Vorschlag rundheraus ablehnen, doch dann sagte er: »Das ist ein sehr kühner Plan, Atlan. Je länger ich darüber nachdenke, desto mehr kann ich mich dafür begeistern. Aber ich kann nicht allein über eine so wichtige An gelegenheit entscheiden. Darüber muß ich mit den führenden Mitgliedern der Stämme sprechen. Ich wollte Sie und Crysalgira sowieso den Stammesführern vorstellen. Am besten bre chen wir sofort auf. Bitte, folgen Sie mir!« Ich atmete auf. So schnell einen einflußreichen Befürwor ter meines Planes zu gewinnen, hatte ich kaum zu hoffen gewagt. Ich warf Crysalgira einen aufmunternden Blick zu, dann wandte ich mich wieder an den Lopsegger und erwiderte: »Wir fühlen uns geehrt, Karsihl-HP.«
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* Der Lopsegger führte uns in einen kleinen Schleusenhangar, in dem ein ovaler Flug gleiter auf Kufen stand. Schweigend wies Karsihl-HP der Prinzes sin und mir Plätze an, dann setzte er sich vor die Steuerung. Auf einen Funkimpuls hin öffnete sich das äußere Hangarschott. Der Gleiter erhob sich und schwebte langsam hinaus. Ich lehnte mich in meinem Sitz zurück, der viel zu breit für einen Arkoniden war, und spähte hinaus. Bei den übrigen gelande ten Raumschiffen herrschte reger Betrieb. Wartungskommandos eilten geschäftig hin und her, wechselten verbrauchte Teile aus, tankten mit Spezialanlagen hochkatalysier tes Deuterium auf und untersuchten die Au ßenhüllen sorgfältig mit Detektoren. Dennoch wirkte alles im Vergleich zu ei nem arkonidischen Raumhafen irgendwie improvisiert. Die Raumfahrttechnik der Lopsegger war eben längst nicht so ausge feilt wie die des Großen Imperiums. Bei einem Seitenblick auf Crysalgira sah ich, wie sich die Prinzessin an den Ober schenkeln kratzte. Erst dadurch wurde mir bewußt, daß ich ebenfalls einen heftigen Juckreiz verspürte. Die Erklärung dafür war ganz einfach. Crysalgira und ich waren seit vielen Ta gen nicht mehr aus unseren flexiblen blauen Metallrüstungen, die aus unzähligen winzi gen Segmenten bestanden, herausgekom men. Zuerst, weil wir auf dem Planeten Cer kol ums Überleben kämpfen mußten und deshalb keine Zeit gehabt hatten. Später hat ten wir die Anzüge aus Schamgefühl nicht ausgezogen, denn wir waren zusammen in einer Kabine eingesperrt gewesen. Ich nahm mir vor, bei der nächsten Gele genheit den Metallanzug, den ich aus Vruu mys' Beständen sozusagen geerbt hatte, aus zuziehen und mir den getrockneten Schweiß vom Körper zu waschen. Ansonsten hatte mir die Metallrüstung gu
6 te Dienste geleistet, und sie war durch eine zusätzliche Ausrüstung der Lopsegger er gänzt worden. Karsihl-HP steuerte den Gleiter in Rich tung Stadtzentrum. Zum erstenmal sah ich, wie die ineinander verschachtelten Bauwer ke von Wartzonga miteinander verbunden waren. Für Straßen war kein Platz gewesen. Außerdem wären sie wegen der starken Hö henunterschiede keine praktische Lösung gewesen. Statt dessen hatten die Lopsegger komplizierte, sich vielfach überschneidende Treppensysteme angelegt. Es war ein chaotisches Gewirr, das sich aufwärts und abwärts schlängelte und alle nur denkbaren Treppenformen beinhaltete. Dabei waren es nicht einmal primitive Roll treppen, sondern urzeitliche Steintreppen, auf denen man sich nur mit Hilfe der eige nen Muskelkraft bewegen konnte. Doch dem Gewimmel auf den Treppen nach zu schließen, machte das den Lopseg gern wenig aus. Aus der Höhe wirkte die Stadt durch dieses Gewimmel noch mehr wie ein Insektenbau. Karsihl-HP legte den Gleiter auf die linke Seite und drückte ihn gleichzeitig tiefer. Wenig später huschte das Fahrzeug zwi schen zwei besonders hohen Pyramidenbau ten hindurch. Vor uns erkannte ich einen unregelmäßig geformten freien Platz, der mit der ihn um gebenden Silhouette aus unterschiedlich großen und verschachtelten Gebäuden einer Urwaldlichtung ähnelte. Auf dem Platz herrschte reger Betrieb. Ständig landeten Gleiter, schwebten zum Rand des Platzes, luden ihre Passagiere aus, rollten wieder zur Mitte und starteten. Da durch erhielten die Bewegungen etwas spi ralig Kreiselndes – Wie ein ewig rotierendes System. Karsihl-HP setzte den Gleiter auf dem Punkt auf, auf dem auch alle anderen Gleiter vor uns gelandet waren. Anschließend steu erte er ihn in wenigen Zentimetern Höhe auf den Platzrand zu. Dort hielt er jedoch noch nicht an. Er steuerte ihn noch ungefähr hun-
H. G. Ewers dertfünfzig Meter tief in eine schmale Häu serschlucht hinein, bog nach rechts in eine Toreinfahrt ein und hielt in einer kleinen niedrigen Halle, in der schon andere Gleiter parkten. Kaum stand das Fahrzeug, da stieg Kar sihl-HP aus und ging auf eine Treppe zu, die in die linke Seitenwand der Halle führte. Er hielt es offenbar für selbstverständlich, daß die Prinzessin und ich ihm folgten, denn er sagte nichts und drehte sich auch nicht nach uns um. Crysalgira und ich beeilten uns, ihm zu folgen, denn wenn wir ihn aus den Augen verloren, würden wir uns unweigerlich in dem urbanen Labyrinth von Wartzonga ver laufen. Stets den Rücken des Lopseggers vor Au gen, stiegen wir die niedrigen Stufen einer Wendeltreppe empor, kamen ins Freie und mußten eine Geschoßtreppe hinabsteigen, die ungefähr genauso lang war wie die Wen deltreppe, die wir zuvor hinaufgestiegen wa ren. Anschließend ging es über eine schmale Brücke ohne Geländer, von der aus man mindestens dreihundert Meter tief fallen konnte, wenn man einen Fehltritt tat. Da nach kamen noch mehrere kleinere Treppen. Ich fragte mich schon, ob das bis zum Abend so weitergehen sollte, als Karsihl-HP durch ein quadratisches Tor trat, durch einen langen Korridor marschierte und endlich in einer großen, hell erleuchteten Halle stehen blieb, in der schon mindestens zwanzig an dere Lopsegger warteten. Es bedurfte der Warnung meines Extra sinns nicht. Ich merkte auch so im ersten Augenblick, daß die meisten anwesenden Lopseggers uns keine freundlichen Gefühle entgegenbrachten. Inzwischen kannte ich die Psychologie dieser Wesen gut genug, um an ihrer Haltung zu erkennen, daß sie Crysalgi ra und mir mit Mißtrauen und teilweise so gar mit Feindseligkeit begegneten. Karsihl-HP merkte das ebenfalls, und sei ne Haltung drückte Ärger den anderen Lop seggern gegenüber und Verlegenheit uns ge genüber aus, als er sagte:
Planet im Feuersturm »Atlan und Crysalgira, ich stelle Ihnen die führenden Mitglieder meines Stammes so wie der Stämme QR, RF, JL und TT vor.« Er nannte die Namen, und ich merkte sie mir. Danach wandte er sich an die Lopsegger und erklärte: »Atlan und Crysalgira wurden von unse ren Feinden, den Tejonthern, auf einer Welt namens Arkon aufgegriffen und entführt. Sie konnten ihnen entkommen. Ich brachte sie nach Wartzong, weil sie Gegner der Tejon ther und damit zwangsläufig unsere Verbün deten sind.« Einer der wartenden Lopsegger, es war Marsugg-TT wedelte mit seinen Hörquasten und gab eine Folge knarrender Laute von sich, die vom Translator Karsihl so übersetzt wurden: »Karsihl-HP, wir alle kennen Sie als eh renhaften Stammesführer, und wir vertrauen Ihnen. Das bedeutet aber nicht, daß wir auch den beiden Fremden vertrauen, die Sie mit nach Wartzong gebracht haben. Wer sagt Ih nen, daß Atlan und Crysalgira nicht tejonthi sche Spione sind?« »Ich habe die beiden gut genug kennenge lernt, um sicher zu sein, daß sie keine tejon thischen Spione sind, Marsugg-TT«, erwi derte Karsihl-HP. »Es sind fremdartige Lebewesen!« rief Quatrux-JL dazwischen. »So fremdartig, daß es für einen Lopsegger unmöglich sein dürf te, ihre andere Mentalität und ihre andere Auffassung von Moral und Ethik zu durch schauen. Wir werden niemals genau wissen, ob wir ihnen trauen dürfen oder nicht.« »Richtig!« bekräftigte Marsugg-TT. »Atlan und Crysalgira werden immer nur ei ne Belastung für uns darstellen. Die beste Lösung wäre, sie zu töten.« Karsihl-HP hob seine beiden langen Ar me. »Atlan und Crysalgira sind meine Gäste!« erklärte er. »Sie sind damit auch die Gäste des ganzen Stammes HP. Wer sie bedroht, bedroht den Stamm HP.« Das waren harte Worte. Ich befürchtete
7 schon eine heftige Auseinandersetzung, bei der es nicht bei Worten bleiben würde. Zu meinem Erstaunen aber änderten Karsihls Worte die Atmosphäre beinahe schlagartig. Zwar drückte die Haltung der Stammesfüh rer noch immer leisen Argwohn aus, aber die Feindseligkeit verschwand völlig. Marsugg-TT, der soeben noch unsere Hinrichtung gefordert hatte, trat vor und sagte: »Der Führer eines Stammes entscheidet, wer seine Gäste sind, und seine Gäste unter stehen nur seiner Rechtsprechung und sonst keiner. So war es, so ist es, und so soll es immer sein.« »So war es, so ist es, und so soll es immer sein!« sagten die anderen Lopsegger im Chor. Ich begriff, daß Karsihl-HP dadurch, daß er uns als seine Gäste bezeichnet hatte, die volle Verantwortung für uns übernommen hatte. Damit hatte er erreicht, daß sich die anderen Stammesführer uns gegenüber neu tral verhielten. Doch ich war sicher, daß Karsihl-HP dadurch das Risiko auf sich ge nommen hatte, zur Verantwortung gezogen zu werden, falls sich herausstellen sollte, daß wir doch gegen die Interessen der Lop segger arbeiteten. Es war ein Risiko, das ein Arkonide nur seinem besten Freund zuliebe in Kauf neh men würde. Ich war mir nur noch nicht klar darüber, ob Karsihl es eingegangen war, weil er uns für seine Freunde hielt oder weil er von meinem Plan, eine Gefühlsbasis zu erobern, begeistert war und zugleich wußte, daß er ein solches Unternehmen ohne unsere Unterstützung nicht durchführen konnte. Doch das war vorerst zweitrangig. Wich tig war, daß er Crysalgira und mir das Leben gerettet hatte. Karsihl-HP wandte sich mir zu und sagte: »Der Rat der Stammesführer hat noch ei niges zu besprechen, Atlan. Ich werde Sie und Crysalgira zu einer Unterkunft bringen lassen und bitte Sie, sie vorläufig nicht zu verlassen.« Er winkte einem anderen Lopsegger und
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H. G. Ewers
sagte: »Penfar-HP, bringen Sie meine Gäste in den Guhrsilom-Sektor und veranlassen Sie, daß Atlan und Crysalgira würdig unterge bracht werden.«
* Penfar-HP brachte Crysalgira und mich über ungezählte Kilometer Treppen zu ei nem Gebäude am Südrand der Stadt. Das Gebäude war pyramidenförmig wie alle in Wartzonga, aber es kam mir, im Un terschied zu den meisten Häusern, die ich bisher in der Stadt gesehen hatte, ziemlich neu vor. Als wir eintraten, sah ich, daß mein erster Eindruck nicht getrogen hatte. Dieses Ge bäude war neu. Das hellblaue Metall der Tü ren und das Metallplastik der Wände glänz ten fleckenlos, und die Treppe, zu der Pen far-HP uns führte, lief auf leise summenden Drehfeldern. Crysalgira und ich ließen uns hinter dem schweigsamen Penfar siebenundvierzig Eta gen nach oben befördern. Der Prinzessin wurde schwindlig dabei, weil die Treppen sich spiralenförmig nach oben schraubten. Ich mußte sie auf dem letzten Drittel der Strecke stützen. Dem Lopsegger schien die Karussellfahrt nichts auszumachen. Er schwankte nicht ein mal, als er oben von der Treppe hüpfte. Mit hin und her pendelndem Stachelschwanz marschierte er einen langen Flur entlang. Vor einem rosafarbenen Schott blieb er stehen. Seine Finger glitten über die Schalt sensoren eines schmalen silberfarbenen Armbands. Im nächsten Moment öffnete sich das Schott. Penfar-HP streifte das Armband ab und reichte es mir, dann deutete er auf das offene Schott. Da er keinen Translator trug, wäre es sinnlos für ihn gewesen, sich durch Worte mit uns verständigen zu wollen. Ich warf einen Blick nach drinnen und sah ein geräumiges Zimmer mit dreieckigem Grundriß und zwei niedrigen Fenstern. In ei-
ner Ecke lag ein wahrer Berg von Kissen un terschiedlicher Formen und Größen und Far ben. In der Mitte des Zimmers stand ein Versorgungsautomat. Eine breite, niedrige Tür führte in einen für hygienische Zwecke gedachten und entsprechend ausgestatteten Raum; ich erkannte das, weil die Tür offen stand. Ich überlegte, ob ich dem Lopsegger durch Zeichensprache klarmachen konnte, daß wir zwei getrennte Zimmer bevorzugen würden. Aber als ich zu dem Entschluß ge kommen war, es immerhin zu versuchen, und mich umdrehte, befand sich Penfar-HP bereits am anderen Ende des Korridors. »Es tut mir leid, daß ich es nicht fertigge bracht habe, ein separates Zimmer für Sie zu beschaffen, Prinzessin«, sagte ich zu Crysal gira. »Es muß deprimierend für Sie sein, keine Intimsphäre zu haben, in die Sie sich gelegentlich zurückziehen können.« Crysalgira Quertamagin lächelte. »Ich habe viel dazugelernt, seit ich in den Mikrokosmos verschlagen wurde«, erwider te sie. »Unter anderem auch, daß man sich mit Gegebenheiten abfinden muß. Es hätte ja wirklich schlimmer kommen können, nicht wahr?« Erleichtert seufzte ich auf. »Das hätte es allerdings, Prinzessin. Aber ich bin gern bereit, die Unterkunft für einige Zeit zu verlassen, damit Sie sich einmal ent spannen können.« »Nein, Atlan, gehen Sie nicht!« sagte Crysalgira. »Allein würde ich mich fürchten. Ich denke, wir sollten ganz einfach einige Regeln außer Kraft setzen und uns ganz na türlich benehmen, womit ich nicht meine, daß wir gewisse Grenzen überschreiten sol len.« Ich erwiderte ihr Lächeln, schob sie sanft ins Zimmer und sagte: »Einverstanden, Crysalgira. Und, was die Grenzen betrifft: ich weiß, daß Sie Chergost lieben und daß Ihre Liebe von ihm erwidert wird. Das wird mich von jedem Versuch ab halten, mich Ihnen unziemlich zu nähern.« »Ich sehe, wir haben uns verstanden«,
Planet im Feuersturm meinte die Prinzessin. Als wäre es eine Selbstverständlichkeit, streifte sie ihre flexible Metallrüstung ab. Natürlich trug sie darunter auch etwas, doch machte sie auch davor nicht halt. Ich bemühte mich, kaltes Blut zu bewah ren. Es fiel mir nicht leicht, denn unbeklei det erschien mir Crysalgira noch schöner und begehrenswerter als vorher. Doch es war selbstverständlich für mich, daß ich die Bindung zwischen ihr und dem Sonnenträ ger respektierte. Als ich sicher war, daß ich mich völlig unter Kontrolle hatte, folgte ich Crysalgiras Beispiel. Erst nachdem ich entkleidet war, merkte ich, welch große Wohltat es war, wieder frische Luft auf der Haut des ganzen Körpers zu spüren. Viel länger hätte ich es in dem enganliegenden Anzug nicht ausge halten. Dort, wo man naturgemäß am stärk sten transpiriert, hatte sich ein roter Aus schlag gebildet. Wir stellten fest, daß die Bademulde im Nebenraum groß genug war, um uns beide aufzunehmen. Zwar wollte ich abwarten, bis Crysalgira sich erfrischt hatte, aber sie spür te wohl an sich selbst, wie dringend wir bei de ein Bad nötig hatten und forderte mich auf, nicht länger zu warten. Das heiße Bad erfrischte uns und machte uns zugleich schläfrig. Nachdem wir uns von der Heißluftdusche hatten trocknen las sen, errichteten wir aus den reichlich vor handenen Kissen zwei bequeme Lager, streckten uns aus und waren kurz darauf ein geschlafen.
2. Als ich erwachte, wußte ich nicht, was mich geweckt hatte. Crysalgira war es jedenfalls nicht gewe sen. Ich überzeugte mich durch einen Blick in ihre Richtung, daß sie noch fest schlief. Schnell wandte ich mich wieder ab. Da ertönte ein dreimaliges quarrendes Hupen. Das konnte das Geräusch gewesen sein, das mich geweckt hatte. Allerdings
9 wußte ich nichts, was es bedeuten sollte – bis mein Blick auf das Schott fiel. Dort, wo die beiden Schotthälften zusam menstießen, schimmerte ein hellgelber Lichtstreifen. Ich sah, daß das Licht nicht von draußen hereinfiel, sondern daß es of fenbar Signalstreifen waren, die aktiviert worden waren. Wahrscheinlich forderte jemand Einlaß. Ich kroch aus meinem Kissenberg heraus, streifte mir die Hose über, die ich unter der flexiblen Metallrüstung getragen hatte und die auch als Oberbekleidung verwendet wer den konnte, und ging zur Tür. Schon wollte ich das silberfarbene Arm band benutzen, das Penfar-HP mir überlas sen hatte, als mir einfiel, daß ich Crysalgira nicht so, wie sie war, den Blicken eines Be suchers aussetzen durfte, auch wenn der Be sucher ein Lopsegger war, dessen Gefühle durch eine Arkonidin gewiß nicht erregt werden konnten. Schnell deckte ich soviel Kissen über die Prinzessin, bis nur noch ihr Gesicht heraus schaute. Davon erwachte Crysalgira. Unwillkür lich griffen ihre Hände nach einer imagi nären Decke. »Keine Sorge!« sagte ich. »Bleiben Sie so, Crysalgira. Jemand möchte uns besu chen; deshalb habe ich Sie zugedeckt.« Die Prinzessin errötete leicht, was ihr wirklich gut stand, aber ihre Augen verrieten mir, daß Sie verstanden hatte. Abermals hupte es dreimal. Ich ging zum Schott und betätigte das Ko deimpuls-Armband. Das Schott öffnete sich augenblicklich. Zwei Lopsegger standen draußen. Ich ver mutete, daß einer von ihnen Karsihl-HP war. Aber da ich einen Lopsegger nicht vom an deren unterscheiden konnte, mußte ich mir Gewißheit verschaffen. »Karsihl-HP?« fragte ich. »Ich bin Karsihl-HP«, antwortete einer der beiden Lopsegger. Der Translator, den er bei sich führte, übersetzte seine Worte. »Mein Begleiter ist Penfar-HP. Dürfen wir
10 eintreten, Atlan?« Ich trat zur Seite. »Bitte, kommen Sie herein«, antwortete ich. »Sie sind uns jederzeit willkommen. Entschuldigen Sie bitte, daß Crysalgira nicht aufsteht. Sie ist noch nicht angekleidet, und bei uns ist es unschicklich, seine Gäste un bekleidet zu empfangen.« »Ein Tabu?« erkundigte sich Karsihl-HP interessiert. »Richtig, ein Tabu«, erwiderte ich. Die beiden Lopsegger traten näher. Das Schott schloß sich hinter ihnen. Penfar-HP ging wie selbstverständlich zum Versorgungsautomaten und tastete vier Portionen eines mir unbekannten Fleischge richts mit Gemüsebeilagen. »Wir wollen zusammen essen«, sagte Karsihl-HP. »Penfar-HP und ich werden Crysalgira nicht sehen, bevor sie bei uns ist.« Die beiden Lopsegger stellten sich vor die quadratische Platte des Versorgungsautoma ten, knickten in den Knien ein, bis ihre Sta chelschwänze den Boden berührten und ih nen als Stütze dienten, und nahmen das Be steck auf. »Ich schlage vor, Sie ziehen etwas über und leisten uns Gesellschaft, Prinzessin«, sagte ich zu Crysalgira. »Ich werde ebenfalls nicht hinsehen.« »Vor Ihnen geniere ich mich nicht«, erwi derte Crysalgira. »Ich weiß, daß Sie sehr taktvoll sind, Kristallprinz.« »Ich besitze außerdem eine eiserne Wil lenskraft«, sagte ich lächelnd und holte mir einige Kissen, um sie zu einer Sitzgelegen heit aufzustapeln. Crysalgira lachte. Aber mir entging nicht, daß sie schon wieder errötete. Hatte sie sich etwa in mich verliebt? Das hätte mir gerade noch gefehlt. Ich be schloß, künftig noch zurückhaltender zu sein, damit nichts geschah, was unsere Freundschaft belasten würde, wenn wir erst einmal wieder in unserem Universum bezie hungsweise im Makrokosmos waren. Da Karsihl-HP und Penfar-HP mit dem
H. G. Ewers Beginn ihrer Mahlzeit nicht auf uns gewartet hatten, nahm ich an, daß so etwas bei Lop seggern verpönt war. Deshalb wartete ich auch nicht. Das Besteck bestand aus einem zangenar tigen Instrument, das sich verstellen ließ. Nach den ersten Schwierigkeiten gewöhnte ich mich aber schnell daran, es zweckent sprechend zu benutzen. Das Fleischgericht schmeckte etwas tra nig, aber ich wußte, daß ich bei fremden Le bewesen auf einer fremden Welt keine arko nidische Feinschmeckerkost erwarten durfte. Außerdem war ich seit langem daran ge wöhnt, bei der Nahrungsaufnahme meinen Geschmacks- und Geruchssinn weitgehend zu unterdrücken. Wichtig war nur, daß eine Nahrung ausreichende Mengen an Kalorien, Vitaminen und Spurenelementen enthielt, so daß der Organismus nicht durch Mangel krankheiten geschädigt werden konnte. Nachdem ich einige Bissen gegessen hat te, schmeckte es mir sogar halbwegs. Bald erschien Crysalgira. Sie hatte sich vollständig angekleidet. Demnach genierte sie sich doch. Auch sie nahm die fremde Nahrung ohne erkennbaren Widerwillen auf. Bevor sie in den Mikrokosmos verschlagen worden war, mochte sie bessere Kost gewöhnt gewesen sein. Doch inzwischen hatte sie gelernt, sich umzustellen. Auch mit dem ungewohnten Besteck kam sie nach einigen mißglückten Versuchen gut zurecht. Die beiden Lopsegger waren zuerst fertig mit ihrer Mahlzeit. Sie warteten, bis auch Crysalgira und ich fertig waren, dann klopf te Karsihl-HP mit den Fingern auf die Platte des Versorgungsautomaten. »Ich habe den Plan, eine Gefühlsbasis zu erobern, den Führern der anderen Stämme vorgetragen«, berichtete er. »Die Resonanz war unterschiedlich. Der Stamm QR ist klar dafür, während der Führer des Stammes RF noch unschlüssig war. Die Führer der Stäm me JL und TT sind strikt dagegen. Sie be haupten, es wäre zu gefährlich, eine Ge fühlsbasis der Tejonther anzugreifen, noch
Planet im Feuersturm dazu, wo sich die Flotte der Tejonther be reits zum nächsten Kreuzzug nach Yarden gesammelt haben muß. Welche Argumente für das Unternehmen kann ich noch vorbrin gen, um alle Stämme dafür zu gewinnen, At lan?« Ich verschränkte die Arme vor der Brust und dachte nach. Karsihl-HP hatte einen wunden Punkt be rührt. Ich konnte gegenüber den Lopseggern schlecht mein eigenes Motiv als Argument gebrauchen, nämlich das Bestreben, in einer Gefühlsbasis der Leerraumkonstrukteure Hinweise auf die Eisige Sphäre zu finden, die mir persönlich weiterhalfen. Ich wollte die Lopsegger auch nicht in Schwierigkeiten bringen, aus denen sie sich nicht selbst wieder heraushelfen konnten. Deshalb überlegte ich, ob es für die Lopseg ger tatsächlich nützlich sein würde, eine Ge fühlsbasis zu erobern. Für kurze Zeit wurde ich selbst schwan kend, bis ich ein Argument fand, das meines Wissens der Wahrheit weitgehend ent sprach. »Karsihl-HP!« sagte ich eindringlich, ob wohl der Translator keine gefühlsmäßigen Betonungen übersetzen konnte. »Es gibt ein sehr schwerwiegendes Argument für die Er oberung einer Gefühlsbasis. Die Tejonther unternehmen alle dreihun dert Jahre mit jeweils zehntausend Raum schiffen einen Kreuzzug nach Yarden. Mit sehr großer Wahrscheinlichkeit dienen die Gefühlsbasen ihrer Flotte dabei als eine Art von Leuchtfeuern. Wenn es uns gelingt, eine Gefühlsbasis oder mehrere zu erobern und auszuschalten, werden die Raumflotten der Tejonther die Orientierung verlieren. Viel leicht können sie dann ihren Kreuzzug nicht durchführen; vielleicht brauchen sie auch nur eine Verzögerung in Kauf zu nehmen. Aber sicher scheint mir zu sein, daß die Aktivitäten der Tejonther dadurch gebremst werden. Sie werden Ihnen, den Lopseggern, weniger Schaden zufügen können, als in der Vergangenheit. Das allein lohnt schon den Einsatz. Dazu kommt, daß wir unser Wissen
11 über die Gefühlsbasen und ihre Funktionen erweitern können, was Ihnen letzten Endes weitere Vorteile gegenüber den Tejonthern verschafft.« Karsihl-HP erhob sich abrupt. »Das sind ausgezeichnete Argumente, At lan!« rief er. »Wenn ich sie den Führern der Stämme vortrage, werden mir sicher alle zu stimmen. Ich denke, daß wir bald zur näch sten Gefühlsbasis aufbrechen können, Atlan und Crysalgira.« Penfar-HP erhob sich ebenfalls. Beide Lopsegger marschierten zum Schott. Damit schien der Besuch bei uns beendet zu sein. Ich öffnete das Schott wieder mit Hilfe des Armbands, die Lopsegger marschierten hinaus – und Crysalgira und ich waren wie der allein. »Mir kam es vor, als hätten Sie bei Kar sihl so etwas wie Begeisterung ausgelöst, Atlan«, bemerkte die Prinzessin. Ich seufzte. »Hoffentlich gelingt es ihm, seine Begei sterung auf die anderen Stammesführer zu übertragen«, erwiderte ich. »Mir selbst ka men meine Argumente etwas weit hergeholt vor. Es wundert mich, daß Karsihl alles ein fach hinnahm, ohne Fragen zu stellen.« »Das wird an der Mentalität dieser Leute liegen«, meinte Crysalgira. »Ich bin davon überzeugt, daß Karsihl sich durchsetzen wird.« »Ich denke schon!« sagte ich. Doch sicher war ich längst nicht. Mir wurde klar, daß wir beide für die Lopsegger ziemlich nutzlos wären, wenn Karsihls Vor schlag nicht angenommen würde. Und was die Lopsegger mit nutzlosen Gä sten anfingen, darüber besaßen wir keine In formationen. Ich konnte mir aber nicht vor stellen, daß wir unbegrenzt geduldet werden würden.
* Den ganzen Nachmittag über beobachte ten Crysalgira und ich durch die Fenster den Betrieb in der Stadt.
12 Wir stellten fest, daß nach einigen Stun den relativer Ruhe der Flugverkehr schlagar tig zunahm. Zur gleichen Zeit setzte auf den Treppen ein Gewimmel von Lopseggern ein, wie wir es bisher noch nicht gesehen hatten. Wenig später überflogen zahlreiche kleine Flugmaschinen die Stadt, keine normalen Fluggleiter, sondern offenbar Stratosphären flugzeuge, die dem Fernverkehr dienten. Ich machte mir so meine Gedanken über die allgemeine Betriebsamkeit. Wahrschein lich war es zu heftigen Kontroversen zwi schen den einzelnen Stämmen gekommen, und ich brauchte nicht lange zu überlegen, was wohl der Anlaß dafür gewesen sein mochte. Offenbar hatte sich Karsihl-HP mit seinen neuen Argumenten doch nicht durchsetzen können. In den Fernflugzeugen saßen mögli cherweise Abgesandte anderer Stämme, die zu Beratungen nach Wartzonga gekommen waren. Ich konnte nur hoffen, daß die Streitigkei ten der Lopsegger nicht in eine bewaffnete Auseinandersetzung ausarteten. Gegen Abend aber normalisierte sich das Leben in Wartzonga offensichtlich wieder. Die Fußgängerströme versiegten, die mei sten Gleiter und Flugzeuge verschwanden vom Himmel. Aufatmend ging ich zum Versorgungsau tomaten und versuchte mich damit, genieß bare Mahlzeiten für die Prinzessin und mich zu tasten. Obwohl ich die Symbole der Tasten nicht kannte, servierte der Automat nach einem gründlichen Fehlanschlag zwei Schüsseln mit einer würzigen Suppe, zwei Fladen eines körnigen scharfen Gebäcks und zwei große Becher mit einer Flüssigkeit, die nach kal tem Kräutertee schmeckte. Crysalgira und ich aßen, dann sprachen wir noch einmal über unsere Lage und die Aussichten, wieder in den Makrokosmos zu rückzukehren. Anschließend legten wir uns schlafen. Als ich diesmal wach wurde, wußte ich sofort, was mich geweckt hatte, denn ich
H. G. Ewers hörte noch den letzten Hupton. Zuerst ärgerte ich mich über die Störung, doch dann sagte ich mir, daß Karsihl-HP einen wichtigen Grund haben würde, wenn er mich mitten in der Nacht aus dem Schlaf riß. Noch ein wenig schlaftrunken stieg ich in meine Hose, dann ging ich zum Schott und öffnete es mit Hilfe des Armbands. Im Zimmer hatte matte Helligkeit ge herrscht, hervorgerufen von den Lichtern von Wartzonga, die durch die beiden Fenster schienen. Draußen im Korridor aber war es völlig finster. Da stimmt etwas nicht! warnte mein Ex trasinn. Bevor ich reagieren konnte, wurde ich in eine bittersüß riechende Wolke gehüllt. Meine Glieder wurden von einem Augen blick zum anderen so schwer wie Blei, und mein Gehirn schien in meinem Kopf gleich einer Trainingszentrifuge zu rotieren. Ich sah noch aufflammende Helligkeit und hörte knarrende Laute, dann verlor ich das Bewußtsein und fiel in einen tiefen schwarzen Abgrund, durch eine Röhre, die mitten durch den Planeten der Lopsegger führte … Und nach Passieren des Mittelpunkts stieg ich wieder nach oben, verließ den schwarzen Abgrund und fand mich in blendender Hel ligkeit wieder. Hatte ich nur schlecht geträumt? Ich bewegte den Kopf – und merkte, daß ich nicht geträumt hatte, denn ein stechender Schmerz fuhr durch meinen Schädel, so stark, daß ich unwillkürlich aufstöhnte. Das mußte die Nachwirkung des Betäu bungsmittels sein, das mich als bittersüß rie chende Wolke eingehüllt hatte. Ich wartete mit geschlossenen Augen, bis der Schmerz nachließ, dann öffnete ich die Augen erneut, diesmal aber, ohne den Kopf zu bewegen. Was ich sah, ließ mich abermals glauben, ich hätte nur schlecht geträumt, denn ich be fand mich auf einem Kissenberg in einem Zimmer, durch dessen Fenster helles Tages
Planet im Feuersturm licht fiel. Deutlich erkannte ich auf einem benachbarten Kissenberg die Prinzessin. Crysalgira schlief noch fest. Hier gibt es nur ein Fenster! teilte mir der Logiksektor meines Extrahirns mit. Schon bemerkt! dachte ich ärgerlich zu rück, denn der Impuls war äußerst schmerz haft gewesen. Behutsam richtete ich mich auf, wobei ich meinen schmerzenden Schädel so vorsichtig auf dem Hals balanciert, wie eine Eingebo rene von Harseitha einen vollen Wasserkrug auf dem Schädel. Außer der Tatsache, daß dieses Zimmer nur ein Fenster besaß, gab es noch andere Beweise dafür, daß Crysalgira und ich uns nicht mehr in der Unterkunft befanden, in die Penfar-HP uns gebracht hatte. So war der Grundriß dieses Raumes bei spielsweise quadratisch, die Wände waren nicht strahlend sauber und neu, sondern fleckig und stumpf, und der Versorgungsau tomat in der Mitte des Zimmers hatte eine runde Platte. Jemand hatte uns betäubt und verschleppt. Ich überlegte, ob ich zu leichtfertig gewe sen war, als ich das Schott geöffnet hatte. Nein, das war ich sicher nicht gewesen. Wie hätte ich wissen sollen, daß draußen nicht Karsihl-HP oder Penfar-HP warteten, son dern … Ja, wer eigentlich? Wer konnte daran interessiert sein, uns zu verschleppen? Ein lautes Stöhnen ließ mich herumfah ren. Im nächsten Augenblick fuhr mir erneut der gräßliche Schmerz durch den Schädel. Ich hatte das Gefühl, als wäre die Schädel decke geplatzt. »Oh!« stieß Crysalgira hervor. Ich ließ die Luft zwischen den Zähnen entweichen, atmete langsam ein und sagte: »Keine Angst, Crysalgira, der Schmerz wird irgendwann wieder aufhören.« Abermals stöhnte die Prinzessin, dann flü sterte sie: »Woher kommt nur dieser grauenhafte Kopfschmerz, Atlan?«
13 Sie hatte demnach überhaupt nichts von dem Überfall bemerkt und war wohl im Schlaf ein Opfer des Betäubungsgases ge worden. Vorsichtig blickte ich zu Crysalgira, die zwischen ihren Kissen hockte und ihre Hän de an die Brust hob, als sie mich sah. »Man hat uns mit Gas betäubt und ver schleppt«, erklärte ich. »Wir befinden uns in einem anderen Haus, vielleicht sogar in ei ner anderen Stadt.« »Aber warum?« fragte die Prinzessin mit schmerzverzerrtem Gesicht. »Und wer?« »Ich versuche gerade, darüber nachzuden ken«, erwiderte ich. »Mit meinem Gehirn scheint aber noch nicht alles in Ordnung zu sein.« Plötzlich hörte ich ein schwaches Tappen vor der Tür. »Ruhe bewahren, Prinzessin!« mahnte ich und drehte mich langsam herum, so daß ich das Schott ins Blickfeld bekam. Die Schotthälften glitten mit zischendem Geräusch auseinander. Ich erblickte drei Lopsegger. Zwei von ihnen waren mit Strahlgewehren bewaffnet, die sie sofort auf mich richteten. Der dritte, unbewaffnete Lopsegger trug einen Translator. Er trat ein, blieb aber so weit von mir entfernt stehen, daß seine Be gleiter mich weiterhin mit ihren Waffen be drohen konnten. »Was soll der Unsinn?« fragte ich unge halten. »Wir sind Gäste von Karsihl-HP.« »Wir bedauern die Maßnahme, zu der wir uns gezwungen sahen«, erklärte der Unbe waffnete. »Doch wir versichern Ihnen, daß wir Sie nicht töten werden, wenn Sie uns nicht durch eine unbedachte Handlung dazu zwingen.« »Wie großzügig!« höhnte ich. »Wer sind Sie – und wo sind wir hier?« »Sie sind nicht in Wartzonga, das muß ge nügen«, antwortete der Unbewaffnete. »Wir werden Sie so lange hier festhalten, bis sich die Idee, eine Gefühlsbasis erobern zu wol len, wieder gelegt hat. Wir halten ein sol ches Unternehmen für zu riskant. Da Sie,
14 Atlan, Karsihl-HP diese Idee eingegeben ha ben, vertrauen wir darauf, daß Karsihl-HP zu seinem klaren Denken zurückfindet, wenn er einige Zeit Ihrem Einfluß entzogen ist.« »Hören Sie!« sagte ich und trat auf den Lopsegger zu. »Wenn die Aktion gegen eine Gefühlsbasis schnell und kompromißlos durchgeführt wird, dann gibt es kein Risiko für die Stämme, das nicht zu verantworten wäre.« Der Lopsegger trat zurück. »Bleiben Sie stehen, Atlan!« warnte er. »Meine Leute schießen, wenn sie annehmen müssen, daß Sie mich angreifen wollen.« Ich sah ein, daß es keinen Sinn hatte, zu viel zu wagen. »Ich verstehe Ihre Bedenken«, erklärte ich. »Aber Sie dürfen mir glauben, daß ich genau weiß, was ich sage. Die Eroberung ei ner Gefühlsbasis kann nur vorteilhaft für die Stämme der Lopsegger sein, weil sie die Macht der Tejonther schwächen wird.« »Vielleicht haben Sie recht, Atlan«, ent gegnete der Lopsegger. »Aber wenn Ihr Plan nicht ganz aufgeht und wenn die Tejonther erfahren sollten, daß wir eine Gefühlsbasis angegriffen haben, dann werden sie sich an uns rächen. Wie gesagt, Ihnen wird nichts geschehen. Versuchen Sie aber nicht zu flie hen. Sie kämen nicht weit.« Er kehrte auf den Korridor zurück, und das Schott schloß sich wieder. »Glauben Sie, daß man uns nach Wart zonga zurückbringen wird, Atlan?« fragte Crysalgira leise. »Müßten unsere Entführer dann nicht damit rechnen, daß wir sie verra ten?« »Nein, das müßten sie nicht«, antwortete ich. »Wir können ja nicht einmal einen Lop segger vom anderen unterscheiden, haben also auch keine Ahnung, wer uns entführt hat und zu welchem Stamm diese Leute ge hören.« »Das beruhigt mich«, meinte die Prinzes sin. Die Frage ist nur, ob die Entführer wis sen, daß für euch ein Lopsegger wie der an-
H. G. Ewers dere aussieht! teilte mir mein Logiksektor mit. Diese Frage machte mir zu schaffen. Doch davon erzählte ich der Prinzessin nichts. Ich wollte sie nicht beunruhigen.
* Nachdem ich das Schott und das Fenster überprüft und festgestellt hatte, daß beide sich ohne Werkzeuge oder Waffen nicht öff nen ließen, beschlossen Crysalgira und ich, uns ganz normal zu benehmen, als sei nichts Besonderes geschehen. Wir wuschen uns, zogen uns an und lie ßen uns danach am Versorgungsautomaten nieder. Ich versuchte mich auch hier wieder mit der Tastatur, und es gelang mir tatsächlich wiederum, etwas Eßbares und Trinkbares auf die Platte zu zaubern. Sogar ein Krug war dabei, den ich als einen lopseggischen Weinkrug erkannte. Doch als ich etwas von dem Inhalt in die Trinkbecher gießen wollte, kam kein Wein heraus. Statt dessen klapperte es darin. Ich kippte den Krug an und griff hinein. Als ich die Hand wieder herauszog, hielt ich einen Handlaser zwischen den Fingern, wie er von den Lopseggern als Werkzeug be nutzt wurde. Das Gerät war nicht leistungs stark genug, um bei einer Schießerei wir kungsvoll eingesetzt zu werden. Man hätte den Laserstrahl mehrere Sekunden lang auf einen Lopsegger oder Arkoniden richten und im Ziel halten müssen. Doch es reichte völ lig aus, um das Impulsschloß eines Schotts herauszuschneiden oder eine Panzerglas scheibe zu zerstören. »Offenbar haben wir in dieser Stadt, wie sie auch heißen mag, einen Gönner«, sagte ich zu Crysalgira. »Unser Besucher sagte, wir würden nicht weit kommen, wenn wir ausbrächen«, erwi derte die Prinzessin. »Das ist mir völlig klar«, sagte ich. »Jeder Lopsegger, der uns sähe, würde uns als Fremde erkennen. Außerdem steht auf dem
Planet im Feuersturm Korridor sicher eine Wache. Doch das weiß unser Helfer bestimmt ebenfalls, also müßte er sich einen Plan ausgedacht haben.« Ich griff noch einmal in den Weinkrug. Diesmal holte ich eine zusammengefaltete Schreibfolie heraus, faltete sie auf der Platte auseinander und glättete sie. »Eine Zeichnung«, sagte die Prinzessin. »Hm!« machte ich nachdenklich. Es handelte sich tatsächlich um eine Zeichnung. Aber ich wurde zuerst nicht klug daraus, bis ich begriff, daß sie perspekti visch verzerrt war. Nachdem ich das begrif fen hatte, konnte ich die Zeichnung besser lesen als eine normale Zeichnung. Derjeni ge, der sie angefertigt hatte, konnte offenbar vierdimensional denken und hatte versucht, die Ergebnisse seiner Denkweise durch per spektivische Verzerrungen für uns verständ lich zu machen. Es war ihm gelungen. »Wir sollen am Ende der ersten Nacht hälfte durch das Fenster aussteigen, auf ei nem schmalen Sims entlang bis zu einer kor kenzieherartig geformten Treppe gehen, die Treppe hinabsteigen und auf der nächsten nach rechts führenden Brücke warten«, er klärte ich der Prinzessin. »Aber auf was oder auf wen sollen wir dort warten?« erkundigte sich Crysalgira. »Das geht aus der Zeichnung nicht her vor«, antwortete ich. »Aber ich nehme an, daß wir uns dort mit einem Helfer treffen werden, der uns weiterbringt.« Ich trat zum Fenster und hielt Ausschau nach dem Sims. Es gab ihn tatsächlich, doch er führte in schwindelnder Höhe um das py ramidenförmige Mauerwerk herum, in dem wir gefangengehalten wurden. Wo er endete, konnte ich von meinem Platz aus nicht se hen. »Das wird gefährlich«, flüsterte Crysalgi ra hinter mir. Ich drehte mich um und strich ihr sanft über ihr hochgestecktes silbriges Haar. »Wir schaffen es!« versicherte ich ihr. Sie blickte mich aus ihren roten mandel förmigen Augen vertrauensvoll an. Für
15 einen Moment empfand ich ihre vollen feuchten Lippen als Einladung, aber ich schüttelte diesen Gedanken ab. Beinahe schroff wandte ich mich um, griff nach dem Handlaser und versteckte ihn zwischen den Kissen – für den Fall, daß wir noch einmal Besuch bekamen. Die Zeich nung verbarg ich in einer Tasche meiner fle xiblen blauen Metallrüstung, die unsere Ent führer mir und auch der Prinzessin gelassen hatten. Am liebsten wäre es mir gewesen, wir hätten sofort aufbrechen können. Aber ich wußte, daß Geduld ein Faktor war, der nur zu oft über Erfolg oder Mißerfolg eines Un ternehmens entschied. Wir würden warten müssen.
3. Da wir noch keine volle Nacht auf Wart zong erlebt hatten – jedenfalls nicht bei Be wußtsein –, konnten wir nur abschätzen, wann die Zeit gekommen war. Wir legten den Zeitpunkt so fest, daß wir eher etwas zu früh aufbrachen als zu spät. Als es soweit war, stellte ich den Handla ser auf stärkste Strahlbündelung und brannte eine Fensterhälfte heraus. Es war eine müh selige Arbeit, da das dicke Panzerglas dem Laserstrahl starken Widerstand entgegen setzte. Es dauerte zirka fünf Sekunden, das Glas zu durchdringen, und danach mußte ich erst einmal anfangen. Doch schließlich konnten wir die Scheibe mit Hilfe von drei Löchern, die ich vorher in die Mitte gebrannt hatte, damit Crysalgira die Scheibe festhalten konnte, lösen und her einziehen. Wir legten sie auf den Boden, dann schob ich den Handlaser hinter den Gürtel und stieg durch die Öffnung. Der Sims lag ungefähr einen Meter unter halb des Fensters, so daß es nicht besonders schwierig war, mit den Füßen Halt darauf zu finden. Ich rückte ein Stück zur Seite, hielt mich mit einer Hand am stählernen Fensterrah
16 men fest und ergriff mit der anderen Crysal giras Handgelenk, um ihr beim Ausstieg zu helfen. Die Prinzessin zitterte. Der Ausblick auf die von vielen Lichtern erhellte Tiefe mach te sie offenbar nervös und unsicher. Wahr scheinlich war sie nicht schwindelfrei wie ich. »Sehen Sie nicht hinab!« flüsterte ich. »Drehen Sie sich mit dem Rücken zur Wand und halten Sie Ihren Schwerpunkt immer so dicht an der Wand wie möglich. Sie können die Augen schließen und sich von mir füh ren lassen.« Crysalgira gehorchte. Ich stand ebenfalls mit dem Rücken zur Wand. Der Sims war höchstens zwanzig Zentimeter breit. Mir reichte das völlig aus, um mich seitwärts vorzutasten. Aber die Prinzessin hatte nicht genug Übung darin, ihren Körperschwerpunkt bei einer solchen Kletterei immer über dem Sims zu halten. Manchmal verlagerte sie ihn zu weit nach vorn, und ich mußte sie durch einen sanften Druck auf den Unterarm vorsichtig wieder zurückdrängen, damit sie nicht stürzte. Doch nach und nach gewöhnte sie sich daran. Ihr Zittern ließ nach. Wir kamen et was schneller voran. Dennoch atmete ich er leichtert auf, als wir endlich die korkenzie herartig geformte Treppe erreichten. Wir legten eine Pause ein und sahen uns um. Es war ruhig in der fremden Stadt, auch wenn die hellen Flecken ungezählter Fenster und Beleuchtungskörper der Finsternis nur wenig Oasen überlassen hatten. Ab und zu erblickten wir die Positionslichter eines Fluggleiters, der zur Landung anschwebte oder nach dem Start steil hochzog. Fußgän ger waren nirgends zu sehen. Plötzlich ertönte ein hohles Brausen, dann traf uns ein kalter Windstoß. Sekunden spä ter prasselten Regenschauer auf uns herab. Ich war froh, daß wir den Sims schon ver lassen hatten. Der Regen machte ihn sicher schlüpfrig, und ein einziger Ausrutscher hät te genügt, uns beide in die Tiefe stürzen zu
H. G. Ewers lassen. Der Regen hielt allerdings kaum eine Mi nute an. Nur der Wind blieb. Er pfiff und heulte durch die Häuserschluchten und rüt telte an der Metallsäule, um den die Wendel treppe lief und die ihr einziger Halt war. Crysalgira und ich hielten uns an dem schienenartigen Geländer fest, das um die Säule lief. An der Außenseite der Treppe gab es kein Geländer, und bei dem starken Wind konnte man fortgeblasen werden, wenn man sich nirgends festhielt. Es dauerte ungefähr eine Viertelstunde, bis wir die erste nach rechts führende Brücke erreichten, eine frei zwischen zwei Treppensäulen aufgehängte Gitterkonstrukti on, die so zerbrechlich wirkte, als könnte ein besonders heftiger Windstoß sie zerreißen. »Ich möchte lieber auf der Treppe blei ben«, sagte Crysalgira nach einem Blick auf die heftig schwankende Brücke. »Wir sollen auf der Brücke warten«, gab ich zurück. »Aber ich sehe auch nicht ein, warum wir es so genau nehmen sollen. Blei ben wir also hier.« Wir hielten uns an der Geländerschiene und gegenseitig fest und ließen den inzwi schen zum Sturm gewordenen Wind gedul dig über uns ergehen. Leider konnten wir nicht lange bleiben. Plötzlich zuckte an der Spitze des Gebäu des, aus dem wir entflohen waren, in kurzen Intervallen ein grellgelbes Licht auf. Gleich zeitig röhrten laute Huptöne los und über tönten den Sturm. »Was bedeutet das?« fragte die Prinzes sin. »Alarm!« antwortete ich. »Unsere Flucht muß entdeckt worden sein. Hoffentlich kommt unser Helfer bald.« Vorerst aber kamen lediglich bewaffnete Lopsegger. Sie hasteten aus viele Türöffnun gen der benachbarten Bauten, eilten über Treppen und leuchteten mit Handscheinwer fern in dunkle Winkel. Als einige der Lopsegger am oberen Ende unserer Treppe erschienen, zog ich Crysalgi ra mit mir hoch und sagte:
Planet im Feuersturm »Wir müssen über die Brücke!« Die Prinzessin schüttelte den Kopf und deutete auf das obere Ende der Treppe, die durch die Brücke mit unserer Treppe ver bunden war. Als ich in die angegebene Richtung schaute, sah ich auch dort die Lichter von Handscheinwerfern und in ihrem Schein die Umrisse von Verfolgern. Dieser Weg war uns also versperrt. Ich preßte die Lippen zusammen und mu sterte die Brücke. Ihre Gitterkonstruktion bot einem geübten Kletterer die Möglich keit, sich dort zu verbergen. Aber Crysalgira …? Doch es gab keine andere Möglichkeit, den Verfolgern zu entgehen. »Wir müssen in das Gitterwerk unter der Brückendecke kriechen!« erklärte ich. »Oder wir lassen uns wieder einfangen.« Crysalgiras Augen weiteten sich, als sie das Gitterwerk musterte, doch dann sagte sie entschlossen: »Wir verstecken uns dort.« Es blieb keine Zeit mehr zu verlieren, denn die Verfolger waren auf beiden Trep pen schon einige Windungen herabgestie gen. Ich ließ die Geländerschiene los, hielt mich mit den Händen an der Seite der Brückendecke fest und kroch, mit dem Un terkörper voran, in das Gitterwerk. Als ich völlig hinübergewechselt war, drehte ich mich um und half der Prinzessin. Meine Füße hatten ausreichend Halt gefun den, und wäre der Sturm nicht gewesen, hät te ich mich freihändig bewegen können. So aber mußte ich mich ständig mit einer Hand festhalten, um nicht von der heftig schlin gernden Konstruktion geschleudert zu wer den. Glücklicherweise gab es keine scharfen Kanten, an denen wir uns verletzen konnten. Crysalgira bewies großen Mut. Dennoch glitt sie ein paarmal aus und wäre ohne mei ne Hilfe wahrscheinlich abgestürzt. Als wir beiderseits der Brücke die Schritte der Verfolger hörten, preßten wir uns an das
17 Gitterwerk und verhielten uns still. Kurz darauf polterten Schritte über die Brücke. Mehrere Lopsegger sprachen mit einander. Wir konnten nichts verstehen, da wir keinen eigenen Translator besaßen. Doch die Verfolger mußten zu dem Schluß gekommen sein, daß wir uns hier nicht befanden. Sie entfernten sich wieder nach beiden Seiten. Ich wartete, bis ich ihre Schritte nicht mehr hörte, dann sagte ich: »Halten Sie sich fest und bewegen Sie sich nicht, Crysalgira. Ich sehe nach, ob wir wieder nach oben können.« »Es ist gut, Atlan«, gab die Prinzessin zu rück. Allein bereitete es mir keine Mühe, durch das Gitterwerk zu klettern. Bald darauf be fand ich mich wieder auf der Treppe, über die wir gekommen waren. Die Lichtfinger der Handscheinwerfer unserer Verfolger gei sterten bereits ganz unten herum. Plötzlich sagte die mechanische Stimme eines Translators: »Ich nehme an, Sie sind Atlan.« Ich fuhr herum und erblickte auf der an deren Seite der Brücke eine schattenhafte Lopseggergestalt. Ich konnte nur hoffen, daß es unser angekündigter Helfer war. »Ja, der bin ich«, antwortete ich. »Dann kommen Sie!« sagte der Lopseg ger. »Einen Augenblick!« erwiderte ich, ver wundert darüber, daß der Lopsegger sich gar nicht nach Crysalgira erkundigte. Schließ lich mußte sein Auftrag doch lauten, zwei Personen abzuholen. »Erst muß ich Crysal gira aus ihrem Versteck helfen!« »Beeilen Sie sich!« drängte der Lopseg ger. »Ich dachte, Crysalgira wäre abgestürzt, weil ich sie nicht sah.« »Das hätte Ihnen wohl nichts ausge macht!« murmelte ich erbittert, während ich wieder in die Gitterkonstruktion kroch. Doch ich sah ein, daß meine Erbitterung un angebracht war. Ich konnte nicht verlangen, daß jemand für zwei völlig fremde Wesen, von denen er nur die Namen kannte, Mitge
18 fühl empfand. Nachdem ich die Prinzessin herausgeholt hatte, führte unser Helfer uns die gegenüber liegende Wendeltreppe hinunter und wieder auf einen Sims, der zu einem Drittel um den nächsten Pyramidenbau reichte. Wieder mußte ich Crysalgiras Hand neh men und die Prinzessin führen. Der Lopseg ger gab ungeduldige Knarrlaute von sich. Er kam mühelos voran, da er sich seiner langen Arme wegen zusätzlich mit den Händen an der Kante des Sims abstützen konnte, ohne sich vorzuneigen. Diesmal war es sogar noch gefährlicher als zuvor, denn der Sims war noch feucht. Glücklicherweise wehte uns der Wind genau in die Gesichter und drückte uns dadurch ge gen die Wand des Gebäudes. Endlich erreichten wir eine ovale Öff nung, die in das Gebäude führte. Der Gang, den wir betraten, mußte ein Geheimgang sein, denn er lag innerhalb der Außenwand des Gebäudes. Nach ungefähr zwanzig Minuten blieb un ser Helfer stehen, betätigte ein Schaltarm band – und vor ihm glitt ein Stück der inne ren Wandung zur Seite. Der Lopsegger ging durch die Öffnung, und wir folgten ihm. Hinter uns schloß sich die Wand wieder. Erstaunt blieben Crysalgira und ich stehen und blickten uns um. Wir befanden uns in einem großen, für lopseggische Begriffe luxuriös ausgestatte ten Raum mit kostbaren Wandteppichen, Muldensesseln, einer Art Schaltarbeitstisch und einer Batterie von verschiedenartigen Kommunikationsgeräten. Unser Helfer verschwand auf der gegen überliegenden Seite des Zimmers durch eine Tür, ohne ein Wort zu verlieren. Die Prinzessin und ich standen allein – und noch immer Hand in Hand – einem überdurchschnittlich großen Lopsegger ge genüber, der in ein robenartiges Gewand ge kleidet war. »Willkommen in der Botschaft des Stam mes HP!« begrüßte uns der Lopsegger. Ein
H. G. Ewers kleiner Translator, den er an seinen linken Unterarm geschnallt hatte, übersetzte seine Worte. »Ich bin Germyr-HP, Diplomat des Stammes HP. Ein Gewährsmann berichtete mir davon, daß Sie in einem Haus der Stadt Kalayshtan gefangengehalten wurden. Da Sie den Status von Gästen unseres Stammes haben, war ich verpflichtet, Sie zu befreien.« »Dafür danken wir Ihnen, Germyr-HP«, erwiderte ich. »Darf ich erfahren, welchem Stamm die Stadt Kalayshtan gehört?« »Sie gehört dem Stamm TT«, antwortete der Diplomat. »Marsugg-TT will mit allen Mitteln verhindern, daß Sie Karsihl-HP wei terhin dahingehend beeinflussen, eine Ge fühlsbasis zu erobern. Deshalb hat er Sie entführen lassen.« »Wie kommen wir nach Wartzonga zu rück?« fragte ich. »Wir werden sehen«, antwortete GermyrHP zögernd. »Bitte, machen Sie es sich erst einmal bequem. Ich werde mich unterdessen draußen umhören, welche Maßnahmen Mar sugg-TT angeordnet hat, um Sie wieder zu ergreifen.« Er verließ uns, und Crysalgira und ich blieben allein zurück. Im Grunde genommen hatte sich an unserer Lage nicht viel geän dert. Solange wir nicht nach Wartzonga zu rückkehren konnten, arbeitete die Zeit wei terhin für Marsugg-TT.
* Es dauerte fast drei Stunden, bis GermyrHP zurückkehrte. Die Prinzessin und ich hatten es uns auf den fremdartigen Muldensesseln mit den Aussparungen für die Stachelschwänze der Lopsegger so gemütlich gemacht, wie das möglich war. Doch so richtig entspannen vermochten wir uns nicht. Als der Diplomat zurückkehrte, merkte ich sofort an seinen fahrigen Bewegungen, daß er keine guten Nachrichten mitbrachte. Seine Worte bestätigten meine Vermutung. »Marsugg-TT hat erfahren, daß Sie mit meiner Hilfe entkommen sind«, teilte Ger
Planet im Feuersturm myr-HP uns mit. »Wie konnte er das?« wollte Crysalgira wissen. »Seine Leute haben Ihren Helfer abgefan gen und verhört«, antwortete der Diplomat. »Es war unvorsichtig, den Mann aus der Botschaft gehen zu lassen«, erklärte ich. »Er hätte hierbleiben müssen, bis wir uns end gültig in Sicherheit befanden.« »In der Botschaft des Stammes HP sind Sie in Sicherheit«, erwiderte Germyr-HP. »Wir befinden uns auf exterritorialem Ge biet. Marsugg-TT hat mir persönlich versi chert, daß er sowohl meine diplomatische Immunität als auch die Exterritorialität der Botschaft achten werde.« Ich lachte ironisch und sagte: »Die Tatsache, daß Marsugg-TT eine sol che Versicherung, zu der er nicht verpflich tet war, abgab, ist für mich ein Beweis da für, daß er nach Mitteln und Wegen sucht, uns hier gewaltsam herauszuholen. Ver ständlicherweise möchte er, daß wir bis da hin in der Botschaft bleiben.« »Er wird es nicht wagen!« rief GermyrHP. »Niemals wird er es wagen, Sie unter meinen Augen aus der Botschaft zu schlep pen. Meine Aussage vor dem Gericht aller Stämme würde dazu führen, daß er ausge stoßen würde.« »Das wird er sicher nicht riskieren«, meinte Crysalgira. »Bestimmt nicht!« erklärte ich. »Deshalb muß Marsugg-TT dafür sorgen, daß Ger myr-HP nicht aussagen kann. Falls ihm kei ne Drogen zur Verfügung stehen, mit denen sich Germyrs Gedächtnis löschen läßt, bringt er den Diplomaten vielleicht um.« »Das würde es für ihn nur noch schlim mer machen«, entgegnete Germyr-HP. Ich lächelte. »Nicht, wenn es dafür keine Zeugen gäbe, Germyr-HP. Jeder Mord läßt sich als Unfall arrangieren, wenn man selbst das Gesetz verkörpert.« Das stimmte den Diplomaten nachdenk lich. Er sagte eine ganze Weile überhaupt nichts.
19 Als ich schon dachte, er hätte vor Schreck die Sprache verloren, meinte er abrupt: »Wir müssen sofort von hier verschwin den.« Er musterte Crysalgira und mich genau, dann fügte er hinzu: »Aber zuerst erhalten Sie von mir Waffen und andere Ausrüstungsteile. So kämen Sie niemals bis nach Wartzonga.« »Warum nicht?« erkundigte sich Crysal gira. »Weil wir meinen Gleiter nicht benutzen können«, antwortete der Diplomat. »Kein Fahrzeug darf aus Kalayshtan starten, bevor es gründlich durchsucht wurde. Die Boden forts würden uns abschießen, wenn wir es dennoch versuchten. Nein, uns bleibt nur der Weg durch die Wüste Thar, die zwischen Kalayshtan und Wartzonga liegt. Kommen Sie!« Er führte uns in einen kleinen Raum, in dem ein ganzes Waffenarsenal lagerte. Ich suchte für die Prinzessin und mich je einen Handstrahler und ein Strahlgewehr so wie ein Messer aus, dazu einen Vorrat an Energiemagazinen. Leider gab es keine Flugaggregate. In dieser Hinsicht schienen die Lopsegger nur unzureichend ausgestattet zu sein. Germyr-HP schien von meiner Argumen tation sehr beeindruckt zu sein, denn er drängte fortwährend auf unseren schnellen Aufbruch. Ich hängte mir noch drei Behälter mit Wurfbomben an den Gürtel, dann folg ten wir wieder dem Diplomaten, der uns zu rück in den Geheimgang brachte. Auch er hatte sich mit Waffen versorgt. Der Diplomat führte uns zu einer schma len Treppe, die sich ebenfalls noch in der doppelten Mauer befand. Danach mußten wir neunhundertachtundachtzig Stufen hin absteigen. Ich zählte sie, obwohl es dafür ei gentlich keinen logischen Grund gab. Die Treppe endete in einem langen Stol len, von dessen Mauerdecke Wasser tropfte. Hier gab es keine Beleuchtung, so daß Ger myr-HP seinen Handscheinwerfer einschal tete.
20 »Der Stollen führt unter der Stadt hin durch zu einer Handelsstation an der TransThar«, erklärte der Diplomat. »Dort werden wir einen Ghyran bekommen, ein gepanzer tes und bewaffnetes Wüstenfahrzeug.« »Von wem werden wir das Fahrzeug be kommen?« erkundigte sich mich. »Von dem Händler, dem die Station ge hört«, antwortete Germyr-HP. »Ist er vom Stamme HP?« fragte Crysal gira. »Nein, vom Stamme JL, der ebenfalls ge gen die Eroberung einer Gefühlsbasis ist«, sagte der Diplomat. »Aber wir machen seit langer Zeit Geschäfte zusammen. Er muß mir helfen, weil er sonst in Wartzonga Schwierigkeiten bekommen würde.« Ich sagte vorläufig nichts dazu. Aber ich dachte mir, daß dieser Händler wahrschein lich Schmuggelware beförderte. Gemeinsa me verbotene Geschäfte banden anscheinend auch auf Wartzong stärker als Blutsbande. Wir setzten unseren Weg fort. Es war ein langer und mühseliger Marsch. Oft war der Stollen durch herabgestürztes Mauerwerk blockiert, das so nahe an die Decke reichte, daß wir uns mühsam durch den Spalt zwängen mußten. An anderen Stellen hatte sich der Boden gesenkt, und in den Mulden hatte sich Wasser angesammelt, das uns bis zu den Knien reichte. Nach rund anderthalb Stunden gelangten wir schließlich an eine weitere Treppe. Ger myr-HP führte uns hinauf. Ich zählte auch hier die Stufen und kam auf siebenhundert drei. Die Treppe endete vor einem stählernen Tor, das aussah, als wäre es seit Jahrhunder ten nicht mehr benutzt worden. Germyr-HP zog einen Impulskodegeber hervor und schaltete ihn ein. Über dem Tor bewegte sich etwas. Als ich hinschaute, konnte ich nur einen glänzenden Fleck auf dem Mauerwerk se hen. Er bewegte sich nicht mehr, doch ich war sicher, daß es sich um ein getarntes Fernsehauge handelte. Kurz darauf versank das Tor völlig ge-
H. G. Ewers räuschlos im Boden. Es wurde demnach doch öfter benutzt, als es den Anschein hat te. Vor uns lag eine Kammer, die von einer Deckenleuchtplatte erhellt wurde. Germyr-HP trat ein, und Crysalgira und ich folgten ihm. Hinter uns stieg das Tor wieder empor. Dann öffnete sich vor uns eine ausge zeichnet getarnte Tür. Vier Lopsegger stan den hinter der Öffnung. Die Mündungen ih rer Handstrahler waren auf uns gerichtet. »Was soll dieser feindselige Empfang, Vuudohr-JL?« fragte der Diplomat. »Du hast die Fremden bei dir, die von Marsugg-TT gesucht werden«, erwiderte der zweite Lopsegger von links. »Ich habe we nig Lust, Schwierigkeiten mit dem Stamm TT zubekommen, Germyr-HP.« »Marsugg-TT kann dich nicht beschuldi gen, den Fremden geholfen zu haben«, erwi derte der Diplomat. »Damit würde er zuge ben, daß es seine Beauftragten waren, die sie entführten. Aber wenn du uns nicht hilfst, wirst du Schwierigkeiten mit dem Stamm HP bekommen. Du weißt, daß ich mit Kar sihl-HP verwandt bin.« Der Händler überlegte kurz, dann befahl er seinen Leuten, die Waffen wegzustecken. »Ich gerate so oder so in Schwierigkei ten«, meinte er. »Aber wir sind Geschäfts partner. Deshalb werde ich dir helfen. Was brauchst du?« »Wir brauchen einen guten Ghyran«, ant wortete Germyr-HP. »Voll ausgerüstet, selbstverständlich.« »Dann kommt mit!« befahl Vuudohr-JL barsch.
* Wieder mußten wir eine Treppe hinauf steigen. Aber diesmal waren es nur sechs undvierzig Stufen. Der Händler führte uns in eine Tiefgara ge, in der zirka fünfzig Fahrzeuge standen. Die meisten waren Gleiskettenfahrzeuge, aber es waren auch Fahrzeuge mit Allradan trieb und großen Luftreifen dabei.
Planet im Feuersturm Vor einem der Gleiskettenfahrzeuge blieb Vuudohr-JL stehen. Es war ein großes Fahr zeug, fast doppelt so groß wie ein Flugglei ter. Zwei meterbreite Gleisketten trugen es. Am Bug befand sich ein nach außen ge wölbtes Fenster aus Panzerglas. Aus dem drehbaren Turm ragte der spiralige Lauf ei nes Strahlgeschützes, und auf einer Platt form am Heck war ein Raketenwerfer mon tiert, der für die Abwehr von Flugobjekten bestimmt war. »Mit diesem Ghyran werdet ihr keine Schwierigkeiten haben, die Wüste Thar zu durchqueren«, versicherte der Händler. »Er ist frisch überholt und hat Nahrung und Wasser für dreißig Tage und fünf Mann Be satzung. Eigentlich sollte er als Geleitschutz die nächste Karawane eskortieren.« »Ich wette, er ist gestohlen«, warf ich ein. Der Händler fuhr zu mir herum. »Du wagst es, Fremdling, mich einen Dieb zu nennen!« schrie er so laut, daß der Translator sich bei der Übersetzung zweimal verschluckte. Ich grinste ihn offen an. »Ein Schmuggler sollte nicht so empfind lich sein«, erwiderte ich. »Außerdem war meine Bemerkung nicht als Beleidigung ge meint, sondern nur das Ergebnis logischer Überlegung. Wenn dieser Ghyran nicht Ihr Eigentum ist, kann Marsugg-TT, falls es sei nen Leuten gelingt, uns wieder einzufangen, Ihnen nicht nachweisen, daß Sie uns gehol fen haben. Ich an Ihrer Stelle hätte genauso gehandelt.« »So war deine Bemerkung also gemeint, Fremdling«, sagte der Händler besänftigt. »Du hast recht. Der Wagen ist gestohlen worden, aber nicht von mir oder meinen Leuten. Parias boten ihn mir zum Kauf an.« Er wandte sich wieder an den Diploma ten. »Ihr solltet euch übrigens vor den Parias in acht nehmen, Germyr-HP. Sie sind in letzter Zeit sehr aktiv. Ich bezweifle zwar, daß ein einzelner Ghyran sie zu einem Über fall reizt, aber vorsehen würde ich mich an deiner Stelle jedenfalls.«
21 »Ich danke dir, Vuudohr-JL«, erwiderte der Diplomat. »Wenn du wieder nach Wart zonga kommst, kannst du den Ghyran auf dem Heimweg wieder mitnehmen.« »Ich danke Ihnen auch, Vuudohr-JL«, sagte ich. »Ich bin nicht sicher, ob es gut für uns Lopsegger ist, daß ich euch helfe, Fremd ling«, erklärte der Händler. »Du hast Kar sihl-HP den Plan eingeredet, eine Gefühls basis zu erobern. Das beschwört große Ge fahren für unser Volk herauf.« »Nicht, wenn Karsihl-HP so vorgeht, wie ich es ihm vorschlagen werde«, erwiderte ich. »Sie dürfen mir glauben, daß ich einige Erfahrungen in der Raumkriegführung und speziell in Kommandounternehmen habe.« »Von welchem Volk stammt ihr?« erkun digte sich der Händler. »Vom Volk der Arkoniden«, antwortete ich, denn mit Ausnahme der Tropoythers, die identisch mit den Varganen waren, konnte kein Volk des Mikrokosmos je etwas von Arkon gehört haben. »Deine Heimatwelt muß sehr weit von Wartzong entfernt sein«, meinte der Händ ler. »Jedenfalls ist die Kunde von deinem Volk noch nicht bis hierher gedrungen.« Er winkte mit beiden Armen. »Ich wünsche euch jedenfalls allezeit Wasser von glücklichen Quellen!« erklärte er. Damit waren wir offenbar endgültig ver abschiedet, denn Germyr-HP öffnete wortlos das seitliche Einstiegsluk des Wüstenfahr zeugs, kletterte durch die Öffnung und be deutete Crysalgira und mir, ihm zu folgen. Das Innere des Ghyrans erwies sich als ziemlich geräumig. Zwar war die Steuerkan zel, von der aus auch die Waffensysteme be tätigt werden konnten, nicht sehr groß, aber es gab neben einem Frachtraum voller Was sertanks und Verpflegungspakete einen großen Schlafraum mit gut gepolsterten Schlafmulden. Germyr-HP gönnte uns jedoch nur wenig Zeit zur Inspektion des Fahrzeugs. Er führte uns in die Steuerkanzel, setzte sich in den
22 Muldensessel vor der Tastensteuerung und sagte: »Wir müssen sofort aufbrechen. VuudohrJL rechnet damit, daß alle Handelsstationen bald Besuch von Soldaten des Marsugg-TT erhalten. Bitte, machen Sie sich mit den Schaltungen für die Waffensysteme vertraut. Falls wir von Parias angegriffen werden sollten, müssen Sie dafür sorgen, daß kein Angreifer näher als zwanzig Meter heran kommt. Das gleiche gilt für die Sphavn. Sphavn sind große Sandwürmer, deren Säu redrüsen ihren Inhalt fünfzehn bis zwanzig Meter weit schleudern können.« »Was für ein friedliches Land!« rief Crys algira ironisch. »Sie irren sich, Crysalgira«, entgegnete der Diplomat ernsthaft. »Die Wüste Thar ist alles andere als ein friedliches Land.« »Es war ironisch gemeint«, sagte ich. »Wir Arkoniden sagen manchmal das Ge genteil von dem, was wir denken, um eine Tatsache besonders hervorzuheben.« Germyr-HP erwiderte nichts darauf, son dern schaltete das Antriebssystem ein. Wie ich an den Kontrollen sah, wurden die Gleisketten von vier Elektromotoren an getrieben, die ihre Energie aus einem Fusi onsreaktor bezogen. Der Ghyran rollte an Vuudohr-JL und sei nen Männern vorbei, auf das nach außen führende Tor der Tiefgarage zu. Das Tor öffnete sich ferngesteuert. Wir fuhren eine Rampe hinauf, rollten über ein Schotterfeld und bogen danach auf eine breite Betonpiste ab, eine richtige sechsspurige Straße, die mitten durch eine Felswüste führte. Sicher wäre es taktisch klüger gewesen, nicht auf der Straße zu fahren. Aber ein Rundblick über die vom Tageslicht erhellte Landschaft zeigte mir, warum Germyr-HP die Straße gewählt hatte. Die Felswüste war von breiten Spalten durchzogen und mit teilweise gleitergroßen Felsbrocken übersät. Nicht einmal ein so ge ländegängiges Fahrzeug wie der Ghyran wä re hier weit gekommen. Nach dem Rundblick widmeten Crysalgi-
H. G. Ewers ra und ich uns dem Studium der Feuerschal tungen und -kontrollen. Wir durchschauten das System schon nach wenigen Minuten. Die Bedienung war einfach, wenn man sich in Elektronik auskannte. Was mich störte, war, daß es kein Gerät gab, mit dem ein Energieschirm zum Schutz des Ghyrans auf gebaut werden konnte. Das bedeutete, daß wir auf jeden Fremden schießen mußten, der sich dem Fahrzeug auf eine Distanz zu nähern drohte, aus der er uns mit Wurfgranaten bombardieren konnte. Ich blickte wieder nach draußen und sah, daß der Ghyran mit hoher Geschwindigkeit über die Piste nach Osten rollte. Genau vor uns ragte am Horizont ein kegelförmiger Berg auf. Nordöstlich davon befand sich ein zweiter Berg. Unsere Straße führte nach meiner Schät zung, wenn sie einen Bogen nach Norden beschrieb und dann wieder nach Osten ein schwenkte, genau zwischen den beiden dicht zusammenstehenden Bergen hindurch. Ich beschloß, besonders wachsam zu sein, sobald wir uns diesem Engpaß näherten. Wenn es in der Wüste räuberische Parias gab, dann wußten sie auch, daß sich der Engpaß besonders gut für einen Hinterhalt eignete.
4. Als wir eine halbe Stunde gefahren und noch keinem anderen Fahrzeug begegnet waren, wandte ich mich an Germyr-HP und fragte nach dem Grund dafür. »Die Straße ist nur auf etwa einem Zehn tel der Gesamtstrecke passierbar«, antworte te der Diplomat. »Es handelt sich um einen alten Handelsweg, der gebaut wurde, als Ka layshtan und Wartzonga noch kleine Oasen waren. Damals herrschte hier reger Betrieb. Doch dann kam der Flugverkehr auf. Die Straße wurde nicht mehr benutzt und verfiel, vor allem durch den extremen Unterschied zwischen Tages- und Nachttemperaturen. In dieser Zeit wurde es auch üblich, Ge setzesbrecher aus den Oasen und Städten in
Planet im Feuersturm die Wüsten des Planeten zu verbannen. Die se Ausgestoßenen lebten meist nicht lange. Vor allem die Thar-Wüste mit ihren lebens feindlichen Bedingungen forderte viele Op fer unter den Parias. Das änderte sich, als die Wirtschaft mit der Verstärkung des Raumflugverkehrs star ken Auftrieb erhielt. Die großen Städte, wie beispielsweise Wartzonga und Kalayshtan, wurden errichtet. Die vorhandenen Kapazi täten an Gleiter- und Flugzeugfrachtraum reichten nicht mehr aus, die Transportbe dürfnisse zu befriedigen. Folglich mußte der Überlandverkehr mit bodengebundenen Fahrzeugen intensiviert werden. Das geschah auch auf der Strecke zwi schen Wartzonga und Kalayshtan. Doch da bei stellte sich heraus, daß viel mehr Parias überlebt hatten als angenommen. Sie hatten sich angepaßt und vermehrt. Immer wieder wurden Transporte überfal len und ausgeraubt. Dabei erbeuteten die Pa rias auch hochmoderne Waffen, Kleinstreak toren und Energiemagazine. Wir bekamen es zu spüren, als der erste bewaffnete Konvoi losgeschickt wurde. Er erreichte sein Ziel nie. Zur Suche ausgeschickte Gleiter ent deckten die ausgebrannten Begleitfahrzeuge, die Leichen von Soldaten und Zivilisten so wie mehrere ausgeraubte und beschädigte Lastfahrzeuge nördlich des Pjuk-Salzsees. Von dem Tag an ließ der Verkehr auf der Trans-Thar schlagartig nach. Nur wenige Händler schickten von Zeit zu Zeit Karawa nen mit bewaffnetem Gleitschutz los. Man che zahlten Tribut an die Parias. Das ist zwar verboten, wird aber getan. Von den an deren Karawanen kam ungefähr die Hälfte durch – mit mehr oder weniger starken Ver lusten an Lopseggern und Material.« »Warum werden die Parias nicht mit Hilfe von Kampfflugzeugen gezwungen, sich in Sammellager zu begeben, in denen sie für ein Leben in der Zivilisation umerzogen werden könnten?« erkundigte ich mich. »Bisher wollte kein Stamm solche Aktio nen finanzieren«, antwortete Germyr-HP. »Sie wären auch nur zu bestenfalls dreißig
23 Prozent erfolgreich, denn die meisten Parias leben in Höhlenlabyrinthen des SheitarGebirges, die sich aus der Luft nicht be kämpfen lassen. Es gibt eine andere Möglichkeit, die mehr Erfolg verspricht. Wenn die Trans-Thar voll ausgebaut und durch Forts gesichert wird, können die Transporte wirkungsvoll ge schützt werden. Dieses Vorhaben kann aber nicht von einer der beiden Städte allein durchgeführt werden. Aus diesem Grund wurde ich von Karsihl-HP nach Kalayshtan geschickt, um mit den TT über die Vertei lung der Lasten zu verhandeln. Die Teilstrecke, auf der wir fahren, wurde schon vor einigen Jahren gebaut. Dann kam es zu Streitigkeiten über die Finanzierung. Die Arbeiten wurden eingestellt. Ich hoffe, daß sie trotz des Zwischenfalls mit Ihnen bald wieder aufgenommen werden können.« Ich ärgerte mich über die Formulierung des Diplomaten, die praktisch Crysalgira und mich zu den Schuldigen am Abbruch der laufenden Verhandlungen abstempelte. Dennoch ging ich nicht darauf ein, sondern brachte einen Gedanken ins Spiel, der mir soeben gekommen war. »Ich sehe eine noch bessere Möglichkeit«, erklärte ich. »Crysalgira und ich waren Zeu gen, wie lopseggische Kommandos einen potentiellen Kolonialplaneten der Tejonther umformten. Wenn Ihr Volk dazu fähig ist, ganze Planeten nach Belieben bewohnbar oder unbewohnbar zu machen, dann muß es erst recht in der Lage sein, eine Wüste in fruchtbares Land zu verwandeln. In einer umgewandelten Thar aber brauchten die heutigen Parias keine Karawanen mehr zu überfallen. Sie könnten vom Ertrag des Bo dens besser und sicherer leben.« Germyr-HP drehte seinen Körper hin und her, so daß die Augentrios an seinen beiden Kammseiten mich abwechselnd ansehen konnten. Nach einer Weile hielt er inne und sagte: »Die Beeinflussung der Natur auf unseren eigenen Planeten ist für uns Lopsegger tabu, Atlan. Das gilt, seit in ferner Vergangenheit
24 dabei ein lopseggischer Planet zerstört wur de.« »Dann muß man damals sehr radikal vor gegangen sein«, entgegnete ich. »Durch die Umwandlung einer Wüste in fruchtbares Land würde das Gefüge des Planeten jeden falls nicht erschüttert.« »Ich weiß es«, erwiderte der Diplomat. »Einige andere Lopsegger wissen das auch. Aber in den Massen ist das alte Tabu so tief verwurzelt, daß schon die Äußerung der Ab sicht, Wartzong oder einen Teil von Wart zong umzuwandeln, den größten Teil der Bevölkerung in Panik stürzen würde. Ich ra te Ihnen, mit keinem anderen Lopsegger je mals über diese Möglichkeit zu sprechen.« »Ich werde schweigen, denn ich beabsich tige nicht, Ihrem Volk zu schaden«, sagte ich. Ich meinte es ernst, denn ich wußte, daß Hindernisse psychologischer Art viel schwe rer zu überwinden waren als materielle Schwierigkeiten. Es gab Beispiele dafür, daß hochintelligente Völker nur deswegen keine Raumfahrt entwickelt hatten, weil religiöse, philosophische oder pseudowissenschaftli che Tabus sie daran hinderten, die betreffen den Probleme überhaupt in Angriff zu neh men. Meine Überlegungen wurden unterbro chen, als die Fahrt des Ghyrans sich verlang samte. Als ich nach draußen blickte, entdeckte ich den Grund dafür. Die voll ausgebaute Straße endete an einer Baustelle. Unser Fahrzeug rollte nicht mehr über eine Beton piste, sondern über Schotter. Nach wenigen hundert Metern hörte auch der Schotter auf. Der Ghyran mußte sich durch die Sprengtrichter von Explosionen quälen, mit denen die Baukommandos den Fels aufgerissen hatten, damit die Strecke nivelliert und für die Anlegung der Piste vorbereitet werden konnte. Als wir die Explosionstrichter hinter uns ließen, sahen wir die ehemalige Handelsstra ße, ein schmales Band, auf dem sich entge genkommende Fahrzeuge nur mit Mühe aus-
H. G. Ewers weichen konnten. Die alte Handelsstraße war aus großen Steinplatten gebaut worden, die zum über wiegenden Teil geborsten waren und sich an manchen Stellen gesenkt hatten. Unser Gleiskettenfahrzeug schaukelte durch die Unebenheiten. Doch die Fahrt auf dieser Strecke war immer noch einer Fahrt durch die Felswüste beiderseits des Handelsweges vorzuziehen. Ich hielt nach Leben Ausschau. Hoch oben am Himmel entdeckte ich einige große graue Vögel, die geduldig über der Strecke kreisten, wahrscheinlich Aasfresser, denn Tiere, die ihnen als Beute dienen könnten, ließen sich nicht sehen. Es gab auch nicht den geringsten Pflanzenwuchs. Dieses Land war tot. Und doch nicht ganz tot, denn einmal er spähte ich die Gestalt eines Lopseggers in hellgrauem Umhang, die für einen Augen blick hinter einem Felsbrocken vortrat und gleich wieder hinter einem anderen ver schwand. »Ein Kundschafter der Parias«, sagte Ger myr-HP, als ich ihm meine Beobachtung mitteilte. »Das ist kein Grund zur Beunruhi gung, Atlan.« Germyrs Antwort beruhigte mich nicht. Sie zeigte höchstens, daß er ein furchtloser Lopsegger war, aber sie bewies meiner Mei nung nach nicht, daß wir nicht mit einem Überfall zu rechnen hatten. Ich nahm mir vor, ab sofort meine ganze Aufmerksamkeit der Umgebung zu widmen.
* Seit wir die ausgebaute Straße verlassen hatten, war gut eine Stunde vergangen. In dieser Zeit hatten wir uns den beiden Bergen so weit genähert, daß wir Einzelhei ten zu erkennen vermochten. Der kegelför mige Berg, der genau vor uns lag, mochte sechshundert Meter hoch sein. Er war beina he glatt und völlig kahl. Nur seine Nordflan ke paßte nicht in dieses Bild. Sie sah aus, als hätte die Axt eines Riesen ein Zehntel des
Planet im Feuersturm Berges abgeschlagen. Allerdings mußte der imaginäre Riese anschließend die meisten Felstrümmer beseitigt haben. Jedenfalls war von unserer Position aus nur ein geringer Rest der Felsmassen zu sehen, die dem Berg fehlten. Das gleiche Bild bot der zweite Berg, der nördlich des ersten aus der Felswüste ragte. Er war zwar nicht kegelförmig, sondern un gefähr nierenförmig, mit sanft aufsteigenden Hängen und einem schmalen Gipfel, aber auch ihm fehlte ein Teil seiner Masse. An der Südflanke, also genau gegenüber dem »abgehackten« Hang des Kegelberges, brach der Berg abrupt ab. Ich fragte den Diplomaten, ob ihm be kannt sei, was dieses Phänomen verursacht hätte. Germyr-HP verneinte. »Es gibt allerdings eine uralte Legende«, sagte er. »Danach soll in grauer Vorzeit das Raumschiff eines unbekannten Volkes auf Wartzong abgestürzt sein. Angeblich hat es dabei eine Lücke in den damals zusammen hängenden Berg gerissen.« »Wenn es so war, kann es nicht abgestürzt sein«, erwiderte ich. »Dann muß es sich um eine Notlandung gehandelt haben. Wäre ein Raumschiff ungebremst hier abgestürzt, hät te seine Masse sich in Energie verwandelt. Dabei wären die beiden Berge verdampft worden.« »Wie gesagt, es ist nur eine Legende«, meinte der Diplomat. »Tatsache ist aber, daß die vom Buulberg und von Arakaun abge schlagenen Trümmer östlich des Einschnitts auf einer großen Fläche verteilt sind. Sie müssen mit großer Wucht dorthin geschleu dert worden sein.« Ich ertappte mich dabei, wie ich versuch te, dem Phänomen durch Überlegungen auf den Grund zu gehen. Dabei hatte ich zur Zeit viel wichtigere Probleme zu durchden ken. Also schob ich die Überlegungen hin sichtlich der beiden Berge von mir. Was im mer dort geschehen sein mochte, es lag so weit zurück, daß es die heutigen Ereignisse in keiner Weise beeinflussen konnte.
25 Die Straße bog, wie ich erwartet hatte, nach Norden ab und zielte in den Einschnitt zwischen den beiden Bergen. Aufmerksam beobachtete ich die Steil hänge, konnte aber keine verdächtige Bewe gung erkennen. Wahrscheinlich erschien den Parias ein einzelner Ghyran nicht wichtig genug, um daran Munition zu verschwenden und vielleicht noch eigene Opfer zu riskie ren. Aber sicher konnten wir in der Bezie hung nicht sein. Als wir in die Schlucht einfuhren, wurde es dunkler. Der rechts, also südlich, von uns liegende Buulberg warf seinen Schatten über die gesamte Breite der Schlucht. Nur die obere Hälfte des Arakaun-Steilhangs lag in helles Licht getaucht da. Die breiten Gleis ketten verursachten auf der von Steintrüm mern übersäten alten Handelsstraße klirren de, mahlende und knirschende Geräusche, die von den Steilwänden als Echos reflek tiert wurden. Ich betätigte die Waffenschaltungen und ließ den Geschützturm hin- und herschwen ken, so daß die hochgereckte Energiekanone abwechselnd auf die Ränder beider Steilhän ge zielte. Auf diese Weise würde ich bei ei nem Überfall schneller reagieren können, da ich ein Geschütz aus der Bewegung heraus leichter auf ein Ziel ausrichten ließ. Crysalgira warf mir hin und wieder einen fragenden Seitenblick zu, der Unsicherheit ausdrückte. Sie wußte offenbar ebenso gut wie ich, daß sich die Schlucht ideal für einen Hinterhalt eignete. Ein paar Sprengungen würden genügen, um sie an beiden Seiten zu blockieren, und wenn der Ghyran erst ein mal festsaß, würde es nur eine Frage der Zeit sein, bis wir erledigt waren. Aber nichts rührte sich. Kein Paria tauch te auf, keine Explosion erschütterte die Luft. Als wir neun Zehntel der Schlucht hinter uns gelassen hatten, ohne daß etwas gesche hen war, entspannte ich mich allmählich wieder. Und in diesem Moment tauchten sie auf! Vier offene gepanzerte Geländefahrzeuge mit je vier Räderpaaren, überdimensionalen
26 Reifen und mit je einem drehbaren leichten Zwillingsstrahlgeschütz ausgerüstet, hinter denen jeweils zwei Lopsegger hockten. Zu sätzlich befanden sich in jedem Gelände fahrzeug noch sechs Lopsegger, die dunkel grüne Kombinationen trugen. »Soldaten aus Kalayshtan!« rief GermyrHP. Er kuppelte die kurveninnere Kette aus und betätigte die Lenkbremse, um den Ghy ran auf der Stelle zu wenden. »Nein!« rief ich ihm zu, während ich die Geschützkuppel schwenkte, um die Drehbe wegung des Ghyrans zu kompensieren und ein Ziel anzuvisieren. »Nicht zurück! Vor wärts! Wir müssen durchbrechen! Hinter uns kommen bestimmt auch welche!« Germyr-HP reagierte viel zu langsam. Of fensichtlich besaß er so gut wie keine Kampferfahrung. Bevor ich ins Ziel gehen konnte, wurden wir von mehreren Energie strahlen getroffen. Glücklicherweise waren die Zwillingska nonen der Geländewagen zu schwach, als daß sie die Panzerung unseres Ghyrans auf Anhieb zerstören konnten. Aber die Hitze der Waffenstrahlen entlud sich an der Panze rung und teilte sich auch dem Innern des Ghyrans mit. Endlich hatte ich das erste Ziel erfaßt: das hintere Radpaar eines Geländewagens. Ich wollte möglichst keinen Soldaten töten, denn sie waren im Grunde genommen nicht unsere Feinde. Nur die Furcht vor dem Risi ko hatte Marsugg-TT dazu bewogen, sich gegen uns zu stellen. Der Strahl meines Energiegeschützes schmolz das Radpaar im Bruchteil einer Se kunde weg. Der Geländewagen sackte hin ten weg und kippte im Zeitlupentempo auf die rechte Seite. Die Soldaten sprangen her aus und suchten hinter einigen Felsblöcken Deckung. Unterdessen hatte Germyr-HP den Ghy ran wieder auf den ursprünglichen Kurs ge bracht und beschleunigt. Aufheulend raste er auf zwei dicht beieinander stehende Gelän dewagen zu. Crysalgira schaltete die vier starken
H. G. Ewers Frontscheinwerfer des Ghyrans ein. Die Sol daten hinter den Zwillingskanonen rissen geblendet die Arme vor die kammförmigen Köpfe. Die Waffenstrahlen eines abseits stehen den Geländewagens entluden sich links ne ben dem Ghyran und schleuderten glühende Steinbrocken hoch. Ich erwiderte das Feuer und zielte unter den Wagen. Die Energie meines Schusses entlud sich im Boden, hob den Wagen hoch und warf ihn um. Im gleichen Augenblick prallte der Ghy ran mit voller Wucht auf die beiden Gelän dewagen, die die Schlucht abriegelten. Die Besatzungen hatten sich im letzten Moment mit waghalsigen Sprüngen in Sicherheit ge bracht. Sie feuerten mit Handstrahlern auf uns. Doch damit konnten sie dem Ghyran nichts anhaben. Wir rasten aus der Schlucht und befanden uns nach wenigen hundert Metern in einer Sandwüste, die sich vor uns scheinbar bis in die Unendlichkeit erstreckte. Unendlichkeit …! War es nicht vermessen, so etwas über haupt zu denken, angesichts der Tatsache, daß dieser Planet so klein war, daß kein Mi kroskop aus dem Makrokosmos ihn für die Bewohner des Makrokosmos hätte sichtbar machen können? Gar nicht zu reden von Crysalgira, mir und den Lopseggern. Wie »groß« waren wir eigentlich im Vergleich zu einem Arkoniden des Makrokosmos? Wahrscheinlich viel zu klein für einen Vergleich. Ich verdrängte diese Gedanken wieder, als ich merkte, daß sie geeignet waren, meine geistige Gesundheit zu zerrütten. Es war nicht gut, alles verstehen zu wollen. Als ich meinen Blick wieder auf die Sandwüste richtete, kam mir alles unwirk lich vor. Und doch wußte ich, daß der Tod, wenn er uns hier ereilte, wirklich und end gültig sein würde …
* Die Überreste der alten Handelsstraße
Planet im Feuersturm führten rund fünfhundert Meter in die Wüste und endeten dann einfach im Sand. »Würden Sie bitte anhalten, GermyrHP?« sagte ich. »Warum?« fragte der Diplomat. »Weil ich mich vom Turm aus umsehen möchte«, antwortete ich. »Mich interessiert, ob uns jemand folgt. Ich bin sicher, daß die vier Geländewagen nicht die einzigen wa ren, die Marsugg-TT uns nachgeschickt hat.« »Einverstanden«, erwiderte Germyr-HP und hielt den Ghyran an. »Ob die Soldaten den Auftrag hatten, uns zu töten?« fragte Crysalgira. »Wahrscheinlich«, gab der Diplomat zu rück. »Marsugg-TT wird sich sagen, daß er unseren Tod den Parias anlasten kann und daß er deswegen keine Rücksicht auf meine diplomatische Immunität zu nehmen braucht.« Ich hörte nur mit halbem Ohr zu, denn ich war schon lange zu dem gleichen Schluß ge kommen. Die Mentalität sogenannter zivili sierter Völker hatte offenbar zahlreiche Ge meinsamkeiten, ob diese Völker nun im Ma krokosmos oder im Mikrokosmos lebten. Hier wie da hatte man oftmals keine Skru pel, sich unbequemer Personen zu entledi gen, wenn man die Angelegenheit nur so re gelte, daß die Schuld jemand anderem zuge schoben werden konnte. Ich stieg durch den breiten Schacht – er war ja für Lopsegger gedacht – hinauf, klappte das Turmluk zurück und setzte mich auf den Rand. Hinter uns waren nur die beiden dicht bei einanderstehenden Berge zu sehen. Sie ver sperrten den Blick auf die Stadt Kalayshtan. Wenn uns außer den vier Geländewagen, die wir unbrauchbar gemacht hatten, noch ande re Fahrzeuge gefolgt waren, so hielten sie sich in der Schlucht verborgen. Vielleicht warteten sie darauf, daß wir zwischen den Sanddünen verschwanden, um uns unbe merkt folgen zu können. Ich drehte mich um. Mein Blick wanderte über die zahllosen Dünen, von deren schma
27 len Graten ständig feiner Sand stob, so daß es aussah, als wehe der Wind den hellen Rauch von vielen Holzfeuern davon. So weit das Auge sah, war der Anblick gleich. Nur südöstlich von unserem Standort erhoben sich in der Ferne schneebedeckte Gipfel. Das mußte das Sheitar-Gebirge sein, von dem Germyr-HP gesprochen hatte. Dort sollten sich die unzugänglichen Schlupfwin kel der Parias befinden. Ich kletterte wieder herunter, wandte mich an den Diplomaten und sagte: »Welche Richtung würden Sie von hier aus normalerweise einschlagen, GermyrHP?« »Ich bin noch nie durch die Thar gefah ren, Atlan«, gab der Diplomat zurück. »Aber Wartzonga liegt genau in östlicher Richtung. Folglich werden wir nach Osten fahren.« »Nein!« erwiderte ich. »Das ist genau das, was unsere Verfolger annehmen werden. Ich nehme an, sie wollen uns, durch die Dünen unseren Blicken entziehen, überholen und uns tiefer in der Thar den Weg versperren. Deshalb schlage ich vor, wir biegen weit nach Südwesten ab und gehen erst in einiger Entfernung wieder auf Ostkurs.« »Südöstlich von uns liegt der PjukSalzsee mit zahlreichen Salzsümpfen«, meinte Germyr-HP. »Spätestens dort müß ten wir wieder nach Osten abbiegen, denn ich kenne keinen der sicheren Wege, die durch die Salzsümpfe führen.« »Einverstanden«, sagte ich. »Aber wir biegen auf halbem Weg zum See schon ein mal nach Osten ab, halten die Richtung eini ge Zeit und schwenken dann zum zweiten mal nach Südosten, bis zum Salzsee. Das dürfte unsere Verfolger verwirren, denn sie beobachten zweifellos die von den Gleisket ten des Ghyrans aufgewirbelten Sandwol ken.« »Gut!« erwiderte der Diplomat. Er ließ den Ghyran wieder anrollen und steuerte ihn nach Südosten. Wir kamen gut voran, da die Sanddünen alle von Nordwest nach Südost verliefen und wir, solange wir unsere Richtung hielten, in den Tälern blei
28 ben konnten. Dennoch ließ es sich nicht vermeiden, daß die von den Gleisketten aufgewirbelten Sandwolken über die Dünenkämme wehten. Von einem Fahrzeug, das einen Dünen kamm überquerte, mußten wir auf weite Entfernung hin zu sehen sein. Ich verließ mich aber darauf, daß unsere Verfolger sich, sobald sie unsere neue Fahr trichtung ermittelt hatten, ebenfalls in den Dünentälern halten würden, denn sie wollten schließlich nicht entdeckt werden. Doch wir waren höchstens drei Kilometer weit gekommen, als der Himmel sich ver dunkelte. Ich schaute auf und entdeckte, daß die ganze südliche Hälfte des Himmels von ei ner graubraunen Wand überzogen war, die sich rasch ausdehnte. »Ein Sandsturm!« erklärte Germyr-HP überflüssigerweise. »Wir hätten uns lieber in Kalayshtan verstecken sollen.« »Unser Ghyran dürfte auch dem stärksten Sandsturm standhalten«, entgegnete ich, ver ärgert über den Pessimismus des Diploma ten. »Sicher«, meinte Germyr-HP. »Aber der Sturm legt die Nester der Sphavn frei und macht sie aggressiv. Wenn wir von Sphavn angegriffen werden, während der Sturm uns festhält, sind wir verloren.« Ich erwiderte nichts darauf. Trotz des Hinweises auf die großen Wüstenwürmer teilte ich den Pessimismus des Diplomaten nicht. Crysalgira und ich hatten schon schlimmere Gefahren bestanden, Gefahren, von denen der lopseggische Diplomat nicht einmal etwas ahnte. Er hatte wahrscheinlich zeit seines Lebens Wartzong nicht verlassen. Der Himmel verdunkelte sich immer mehr. Der erste Windstoß traf unseren Ghy ran. Er brachte eisige Kälte mit, die im Nu durch die Panzerung des Fahrzeugs drang. Meine Finger wurden steif. Ich schob die Hände unter die Achselhöhlen. Crysalgira folgte meinem Beispiel. Sie schaute mich aus geweiteten Augen an. »Wir werden schon in der Wüste nicht er-
H. G. Ewers frieren, Prinzessin«, sagte ich lächelnd. Da bei merkte ich, daß meine Lippen sich spannten. Vielleicht brachte die Kälte uns doch um. Aber im nächsten Augenblick brach der Sandsturm mit elementarer Wucht über uns herein. Es wurde schlagartig stockdunkel. Der Sturm heulte, brauste und pfiff und schüttelte den Ghyran heftig durch. GermyrHP schaltete den Antrieb ab. Wir saßen völlig still, während der Sturm sich austobte. Wenigstens hatte der heiße Sand die Kälte vertrieben. Doch allmählich machte sich die Hitze unangenehm bemerk bar. Ich transpirierte so stark, daß ich mir wie gebadet vorkam. Glücklicherweise schlossen die Luken des Ghyrans so dicht, daß nur wenig Sandstaub ins Innere drang. Er legte sich wie hellgrauer Puder auf die Inneneinrichtung, unsere An züge und Gesichter und reizte Crysalgira und mich zum Husten. Dem Lopsegger schi en er nichts auszumachen. Nach ungefähr anderthalb Stunden ver ebbten die Geräusche des Sturmes. Dennoch wurde es nicht hell. Der Ghyran mußte von den angewehten Sandmassen begraben wor den sein. Germyr-HP schaltete den Antrieb ein. Die Gleisketten mahlten knirschend im Sand, aber ich merkte gleich, daß wir keinen Meter vorankamen, sondern uns nur noch tiefer wühlten. »Schalten Sie auf Rückwärtsfahrt!« sagte ich. Der Diplomat gehorchte, ohne eine Frage zu stellen. Wahrscheinlich hatte er Angst und konnte kaum noch klar denken. Ich hatte ihm aus gutem Grund gesagt, er solle auf Rückwärtsgang schalten. Meine Absicht war, den Rückstoß der Strahlenka none als zusätzlichen Antrieb zu verwenden. Da das Rohr nach vorn zeigte und ich es we gen des Widerstands, den die Sandmassen ihm entgegensetzten, nicht drehen konnte, mußte eben der Wagen rückwärts fahren. Ich stellte die Austritts- und Abstrahlfel der auf größte Fächerwirkung und schaltete
Planet im Feuersturm das Geschütz auf Dauerfeuer. Danach stellte ich es auf minimale Abstrahlleistung. Als ich den Feuerknopf drückte, wurde es vor dem Bug hell. Zuerst war es nur ein mat ter Lichtschimmer, doch er verwandelte sich schnell in eine blutrote Glutwolke. Unser Ghyran schüttelte sich und kroch langsam vorwärts. Ich erhöhte die Abstrahlleistung allmäh lich, bis hinter uns ein Feuerorkan kochte und brodelte. Da das Geschützrohr schräg nach unten gerichtet war, trieb der Rückstoß uns im gleichen Winkel nach oben. Die kochende Luft hinter uns verwandelte sich in ein Plas ma und trieb uns zusätzlich voran. Aber sie erhitzte auch die Panzerung. Lange würde die Wandung nicht standhalten. Schon glühte der Bug des Ghyrans kirsch rot, als das Heck plötzlich ins Freie schoß. Auf den Bildschirmen, die die heckseitige Umgebung wiedergaben, entdeckte ich nichts außer blauem Himmel. Ich wußte, was das bedeutete, aber bevor ich meinem Gefährten eine Warnung zurufen konnte, kippte der Ghyran nach hinten und donnerte mit den Gleisketten hart auf den Sand eines Steilhangs. Germyr-HP, Crysalgira und ich flogen durcheinander und holten uns blaue Flecke, während der Ghyran sich mehrmals über schlug und schließlich mit einem letzten schmetternden Krachen stehenblieb. Aus tränenden Augen blickte ich hinaus und sah, daß der Ghyran auf der Unterseite gelandet war. Die Erleichterung darüber war so groß, daß mir schwarz vor den Augen wurde. Immerhin hätte das Fahrzeug auch auf dem Rücken liegenbleiben können. Das wä re das Ende unserer Fahrt gewesen, denn drei Personen konnten einen schweren Ghy ran nicht umdrehen. So aber konnten wir weiterfahren, sobald wir uns etwas erholt hatten.
5.
29 Da wir außer schmerzhaften Prellungen keine Verletzungen davongetragen hatten und von Verfolgern weit und breit nichts zu sehen war, beschlossen wir, die Fahrtrich tung schon hier zu ändern und auf Ostkurs zu gehen. Germyr-HP bestand darauf, weiterhin die Steuerung zu übernehmen, obwohl ich ihm angeboten hatte, ihn abzulösen. Aber er fuhr irgendwie nervös oder zerstreut, bremste manchmal unvermittelt oder schlug einen Bogen, obgleich voraus kein Hindernis zu sehen war. Ich erkundigte mich nach dem Grund. Doch der Diplomat schwieg sich aus. Als er wieder einmal einem imaginären Hindernis auswich, geriet der Ghyran über eine Sanddüne, verlor den Halt und rutschte in dem losen Sand abwärts. Das erschien mir nicht gefährlich. Den noch stieß der Diplomat plötzlich schrille Schreie aus und versuchte, den Wagen wie der unter Kontrolle zu bekommen. Er mußte einen Grund für sein Verhalten haben, deshalb blickte ich in die Richtung, in die der Ghyran rutschte. Im nächsten Moment erschrak ich. Auf dem Grund des Dünentals, genau an der Stelle, an der wir ankommen würden, geriet der Sand in Bewegung. Seltsame, ekelhaft anzuschauende wurmähnliche Le bewesen ringelten sich durcheinander und richteten dann ihre Köpfe auf. Es waren fünf Tiere, jedes zirka andert halb Meter lang und – bis auf zwei Reihen schwarzer Flecken an den Flanken – von der gleichen Färbung wie der Wüstensand. Die runden Köpfe waren mit je zwei dreiecki gen, grünlich schillernden pupillenlosen Au gen ausgestattet. Die Münder waren hornige graue Aufwölbungen, und an jeder Kopfsei te befand sich eine faustgroße Ausbuchtung. Ich wußte sofort, daß es sich bei den Wurmwesen nur um die Sphavn handeln konnte, die der Diplomat beschrieben hatte. Doch bevor ich reagieren konnte, zischte und brodelte das Panzerglas vor unseren Ge sichtern. Deutlich hatte ich zuvor gesehen,
30 wie eines der Tiere zwei Strahlen einer farb losen Flüssigkeit aus seinen Ausbuchtungen am Schädel abgeschossen hatte. Meine Faust fuhr auf den Feuerknopf. Der Energiestrahl traf drei der Wurmwesen und verwandelte sie in Rauch und Asche. Dann brodelte es überall auf dem Ghyran. Giftige Dämpfe wallten auf und krochen durch die dünnsten Ritzen herein. Ich drückte erneut auf den Feuerknopf, doch da befanden sich die Sphavn bereits im toten Winkel. Glücklicherweise begriff Germyr-HP end lich, was er zu tun hatte. Anstatt weiter zu versuchen, den Ghyran abzubremsen oder von der Gefahr fortzusteuern, lenkte er ihn auf die beiden noch lebenden Würmer zu und rollte mit der linken Gleiskette über sie hinweg. Kurz darauf brachte er den Ghyran zum Stehen. Ich öffnete über Fernschaltung sämtliche Luken, damit der Durchzug die ätzenden Dämpfe aus dem Wageninnern vertrieb. Die Heckbeobachtungsschirme zeigten mir, daß die Sphavn keine Gefahr mehr darstellten. Aber die Sphavn-Säure hatte die gewölbte Panzerglasscheibe vor uns bis auf wenige kümmerliche Überreste aufgelöst. Wir wür den künftig ohne ihren Schutz auskommen müssen. »Wenn Sie wieder einmal solche Würmer entdecken, dann warnen Sie mich, GermyrHP!« sagte ich. Der Diplomat erwiderte nichts darauf. Er saß reglos in seinem Muldensessel. Offenbar hatte er einen Schock erlitten. »Ich steige aus und seh mir die Schäden an, die die Sphavn angerichtet haben«, er klärte ich. »Sehen Sie sich vor, Atlan«, sagte Crysal gira. »Ich werde inzwischen die Feuerschal tungen übernehmen.« Ich lächelte der Prinzessin zu und kletterte durch das Turmluk nach draußen. Die Wirkung der Säure war inzwischen verbraucht. Sie hätte allerdings nicht viel länger anhalten dürfen. Überall auf dem
H. G. Ewers Bug, auf dem Vorderteil des Aufbaus, auf der Geschützkuppel und auch auf dem Ab strahlrohr des Geschützes selbst befanden sich große Flächen, auf denen die Säure sich mehrere Zentimeter tief eingefressen hatte. Vorsichtig, damit ich mit keiner der Flä chen in Berührung kam, stieg ich nach unten und inspizierte die Gleisketten. Die vorderen Schutzpanzerbleche waren förmlich aufge fressen, aber die Ketten selbst hatten nur ein paar Spritzer abbekommen. Sie würden bis nach Wartzonga halten – falls wir nicht noch einmal von Sphavn angegriffen wurden. Ich stieg wieder ein und sagte zu GermyrHP: »Rücken Sie zur Seite! Ich werde die Steuerung für eine Weile übernehmen.« »Aber Sie erkennen die Sphavn-Nester nicht, Atlan!« protestierte der Diplomat. »Dann zeigen Sie sie mir!« entgegnete ich. »Sie stehen unter Schockwirkung. In dem Zustand können Sie das Fahrzeug nicht beherrschen, Germyr-HP. Crysalgira, kön nen Sie an den Feuerschaltungen bleiben?« Die Prinzessin lächelte spöttisch. »Verzeihung!« sagte ich verlegen. »Ich hätte mir die Frage ersparen können. Wer ein Raumschiff steuern und seine Waffen bedienen kann, der kommt auf jeden Fall mit diesem Kinderspielzeug zurecht.« Die Giftschwaden hatten sich inzwischen verzogen. Ich schloß die Luken, dann räum te Germyr-HP seinen Platz, und ich setzte mich hinter die Steuerung. Nach kurzer Überlegung entschloß ich mich dazu, wieder nach Südosten abzu schwenken, bis zum Salzsee zu fahren und an seinem Ufer entlang wieder Kurs Ost ein zuschlagen. Eigentlich müßten wir dann innerhalb von zwei Tagen wieder in Wartzonga sein.
* Der scharfe, mit Staub durchsetzte Fahrt wind ließ meine Augen und die Augen mei ner Begleiter tränen. Darum erkannten wir die Falle, die man
Planet im Feuersturm für uns aufgebaut hatte, erst im letzten Mo ment. In zirka fünfzig Metern Entfernung zu beiden Seiten des Ghyrans erschienen drei weiße Rauchwolken, dann knallte es – und im nächsten Augenblick zischte etwas über uns hinweg. Ich dachte zuerst an Raketen zur Panzer bekämpfung und schloß mit dem Leben ab, denn gegen Waffen, die sich selbst ins Ziel lenkten und durch die Panzerung fraßen, be vor sie explodierten, bot unser Ghyran kei nen Schutz. Aber dann entdeckte ich, daß die Raketen – es waren insgesamt sechs – weitmaschige Stahlnetze hinter sich her zogen. Man wollte uns fangen! Ich reagierte, ohne zu überlegen, denn dann wäre jede Reaktion zu spät gekommen. Der Ghyran ruckte förmlich nach links, beschleunigte mit voller Kraft und raste ge nau auf die Bodenverankerung eines Netzes zu. Crysalgira hatte unterdessen das Ge schützrohr im rechten Winkel nach oben ge stellt. Sie feuerte mit maximaler Energieab gabe, während sie die Kuppel hin und her drehte. In dem Netz über uns entstand ein feuri ger Bogen. Dennoch wären wir von den üb rigen Netzen begraben und festgehalten worden, wenn ich nicht nach der Seite aus gebrochen wäre. Es knallte laut, als der Bug die Bodenver ankerung rammte und fortschleuderte. Nur noch der Zipfel des betreffenden Netzes fiel klirrend auf den Ghyran, konnte ihn aber nicht festhalten. Zwar verfing sich die Bo denverankerung am Geschützrohr, so daß ein Netz zirka dreihundert Meter weit mitge schleppt wurde, doch dann löste es sich von selbst wieder. Ich fuhr erst einmal in der eingeschlage nen Richtung weiter, denn noch hatte sich kein Lopsegger und kein Fahrzeug blicken lassen. Dennoch mußte der Gegner irgendwo lauern, denn von selbst war die Netzra ketenfalle nicht hierhergekommen.
31 »Eigentlich ist es erstaunlich, wie genau der Gegner wußte, daß wir ausgerechnet hier und nirgendwo anders durchkommen wür den«, bemerkte Crysalgira. Auch ich hatte mich zuerst darüber ge wundert, aber dann war mir eine mögliche Erklärung eingefallen. »Wenn wir von einem Flugzeug oder ei nem Satelliten aus beobachtet werden, ist es nicht mehr erstaunlich«, sagte ich. »Wir sind seit rund zwei Stunden immer in die gleiche Richtung gefahren und dabei im selben Dü nental geblieben. Da genügt es, ein paar Gleiter auf einem vorausberechneten Punkt landen und die Netzraketen installieren zu lassen.« »Die Satelliten gehören allen Stämmen gemeinsam«, erwiderte der Diplomat. »Dementsprechend sind die Besatzungen zu sammengesetzt. Von dort haben die TT kei ne Unterstützung erhalten. Ich nehme an, daß Marsugg-TT ein hochfliegendes Aufklä rungsflugzeug eingesetzt hat.« »Dann können wir den Verfolgern also nicht entgehen«, stellte ich fest. »Ich denke doch«, meinte Germyr-HP. »Zu große Aktivität im Zusammenhang mit unserer Flucht würde Marsuggs Absicht bloßstellen. Das kann er sich nicht leisten. Folglich darf er das Flugzeug nur einmal einsetzen – für einen begrenzten Zeitraum.« Ich erwiderte nichts darauf, denn ich hatte den Ghyran gerade über einen Dünenkamm gesteuert, und als der Bug sich wieder senk te, entdeckte ich ein grausiges Schauspiel. Sechs Konzentrationen einer brodelnden, blasenwerfenden und dampfenden Masse kennzeichneten die Stellen, wo die Wüsten wagen unserer Verfolger von Sphavn über fallen worden waren. Die Wagen mußten direkt auf ein unter dem Sand verborgenes riesiges Nest der Wurmwesen gefahren sein. Mindestens vier zig Sphavn wimmelten um die verlaufenden Überreste herum. Ihre Vorderkörper hoben und senkten sich in kurzen Intervallen, und die hornigen Mäuler tunkten immer wieder in die brodelnden Massen.
32 Ich riß den Ghyran herum, denn wenn wir in diese Meute rasten, würde es unserem Fahrzeug und uns nicht besser ergehen als den sechs Wüstenwagen und ihren Besat zungen. Die Gleisketten wirbelten eine mächtige Sandwolke auf, wodurch uns die Sicht nach hinten genommen wurde. Crysalgira hatte unterdessen die Geschützkuppel herumge schwenkt und feuerte pausenlos aufs Gerate wohl durch die Sandwolke hindurch. Einige Säurestrahlen schossen über den oberen Rand der Sandwolke und zerstoben in der Luft, während sie sich wieder herab senkten. Ein feiner Sprühregen traf das Heck des Ghyrans und den Sandboden hinter ihm. Dann waren wir endgültig aus der Gefah renzone. »Das war knapp«, sagte die Prinzessin trocken. »Wir hatten einfach Glück«, erwiderte ich. »Wären die Sphavn nicht voll von ihrem grausigen Mahl beansprucht worden, hätten sie unsere Annäherung früher bemerkt und sofort angegriffen. So aber blieb mir gerade noch Zeit zum Wenden.« »Fahren Sie schneller, Atlan!« sagte Ger myr-HP und deutete nach rechts. Ich blickte hinüber und sah etwa zehn Sphavn, die ihre Wurmkörper abwechselnd zusammenzogen und auseinanderschnellten. Auf diese Weise kamen sie sehr rasch voran. Ihre Absicht war es offenbar, uns den Weg abzuschneiden. Als ich nach links schaute, entdeckte ich auch dort zirka zehn Sphavn. Bestimmt wa ren auch welche von ihnen hinter uns, durch die aufgewirbelte Sandwolke unseren Blicken entzogen. Ich beschleunigte so stark, wie es die Bo denverhältnisse zuließen. Aber der lockere Untergrund und die zahllosen hohen Dünen waren für den Ghyran doch ziemlich hin dernd. Die Sphavn dagegen bewegten sich in einem Gelände, an das sie seit zahllosen Generationen angepaßt waren. Sie schnell ten mit weiten explosiven Sprüngen durch die Luft.
H. G. Ewers Crysalgira feuerte ununterbrochen, aber die schaukelnden, schwingenden Bewegun gen des Ghyrans, die schnellen Sprünge der Sphavn und die Sanddünen, die den Tieren immer wieder Deckung boten, erlaubten kein sicheres Zielen. Bisher war nur ein ein ziges Tier getroffen worden. »Sie werden uns einholen«, prophezeite der Diplomat. Ich wollte ihn scharf zurechtweisen, als ich auf dem Bildschirm, der das Wagenheck zeigte, sah, wie ein Wurmtier aus der von uns aufgewirbelten Sandwolke schnellte und genau auf das Heck zuflog. Wieder reagierte ich instinktiv, indem ich scharf abbremste, damit das Tier gegen den Turmaufbau geschleudert wurde. Im nächsten Moment schloß ich geblendet die Augen, denn auf dem Bildschirm erschi en ein grellweißer Feuerball. Ein harter Schlag erschütterte den Ghyran. Ich beschleunigte wieder und mußte mei ne Aufmerksamkeit nach vorn richten, wo, teilweise aus dem Sand ragend, Trümmer ei ner ehemaligen Festung standen. »Das Tier hat eine Rakete ausgelöst«, be richtete Crysalgira, die den Bildschirm be obachtete, der den Luftraum über dem Fahr zeug zeigte. »Bestimmt ist es im Feuerstrahl umgekommen.« »Germyr-HP!« sagte ich. »Haben die Ra keten auch atomare Gefechtsköpfe?« »Ja«, antwortete der Diplomat. »Aber sie müssen erst durch Fernschaltung geschärft werden, sonst explodieren sie nicht.« Ich atmete auf, denn die Vorstellung, daß die Rakete irgendwo in bewohntem Gebiet, vielleicht sogar in einer der beiden nächsten Städte, niedergehen und explodieren könnte, hatte mich mit eisigem Schrecken erfüllt. Dann richtete ich meine Aufmerksamkeit wieder auf die Trümmer. Ich kurvte zwi schen ihnen hindurch, ließ den Ghyran über einen Schotterwall klettern und steuerte ihn auf der anderen Seite wieder in die Sanddü nen. »Sie folgen uns nicht mehr!« rief Crysal gira. »Die Sphavn bleiben zurück!«
Planet im Feuersturm »Sie scheuen die Nähe des Utgald«, er klärte Germyr-HP. »Das Utgald?« fragte ich. »Meinen Sie damit diese Trümmer?« »Ja!« antwortete der Diplomat. »Hier soll früher ein Dämonenstamm gehaust haben. Er hatte einen Zauberbann über das Utgald gelegt, der auch heute noch wirkt.« »Ich habe nichts davon gemerkt«, erwi derte ich. »Der Ghyran schützt kurzfristig vor die sem Zauberbann«, sagte Germyr-HP. Seine Erklärung stellte für mich einen Hinweis darauf dar, daß es sich bei dem »Zauberbann« wahrscheinlich um eine Strahlung handelte, die sich auf die Psyche und Physis von Lebewesen negativ auswirk te. Wahrscheinlich hatte der »Dämonenstamm« damit seine Zufluchts stätte geschützt. Ich fuhr noch rund fünf Kilometer weiter, dann schlug ich einen Kurs ein, der uns in weitem Bogen zum Salzsee bringen würde.
* Als wir den Salzsee erreichten, brach die Nacht herein. Die riesige Ebene lag baum und strauchlos vor uns, und die Salzkristalle auf ihrer Oberfläche leuchteten silberfarben auf, bevor es endgültig dunkel wurde. Ich bremste den Ghyran unmittelbar am Ufer ab und schaltete die Antriebsmotoren aus. Der Reaktor lief mit gedrosselter Lei stung weiter, denn wir brachten Energie für die Innenbeleuchtung und für den Mikro wellenherd, in dem wir die Fertiggerichte für unsere Abendmahlzeit aufwärmten. Wir aßen schweigend. Jeder hing seinen Gedanken nach. Ich dachte wieder einmal an Ischtar, die mit ihrem Raumschiff wahrscheinlich noch immer den Stützpunktplaneten der Maahks belauerte, auf dem ich verschollen war. Uns trennten mehr als Welten, obwohl ich nicht genau hätte definieren können, was uns eigentlich trennte. Ischtar mit ihrem Schiff befand sich genauso im Makrokos
33 mos wie der Stützpunktplanet der Maahks. Ich dagegen befand mich im Mikrokosmos. Aber ich hätte nicht sagen können, ob die ser Mikrokosmos in die Materie des maahkschen Planeten eingebettet war oder ob er zu einem anderen Universum gehörte als zu dem, in dem sich das Große Imperium befand. Es war fraglich, ob es überhaupt jemals möglich sein würde, das festzustellen. Dennoch war ich irgendwie sicher, daß es mir gelingen würde, mit Crysalgira in den Makrokosmos zurückzukehren, und zwar in unseren Makrokosmos. Wieder einmal fragte ich mich, ob es nicht möglich sei, aus dem Mikrokosmos heraus etwas gegen den Diktator Orbana schol III. zu unternehmen. Wenn man die Absolute Bewegung einwandfrei beherrsch te, dann sollte es nicht allzu schwierig sein, vom Mikrokosmos aus an eine beliebige Stelle des Makrokosmos zurückzukehren – beispielsweise nach Arkon. Das Hauptpro blem würde sicher die Entfernung sein, die im Mikrokosmos um den gleichen Faktor vergrößert sein mußte, um den er im Ver gleich zum Makrokosmos verkleinert war. Hier handelte es sich um gigantische Grö ßenordnungen! »Woran denken Sie, Atlan?« fragte Crys algira. Ich wollte im Augenblick nicht alles zer pflücken, was mir durch den Kopf gegangen war, deshalb sagte ich: »Daran, daß ich lieber an der frischen Luft draußen wäre, anstatt in der heißen ab gestandenen Luft des Ghyrans zu hocken. Kommen Sie mit hinaus, Crysalgira?« Germyr-HP, dessen Translator natürlich auch das übersetzte, was zwischen Crysalgi ra und mir gesprochen wurde, sagte: »Draußen ist es zu gefährlich, Atlan.« »Meinen Sie die Sphavn?« erkundigte ich mich. »Nein, die Sphavn erstarren, wenn die Luft abkühlt«, antwortete der Diplomat. »Aber es könnten zufällig Parias vorbeikom men.«
34 »Das riskiere ich«, erwiderte ich und er hob mich. »Die Thar ist so groß, daß eine rein zufällige Begegnung mit Parias, noch dazu im Dunkeln, unwahrscheinlich sein dürfte.« »Ich komme mit hinaus, Atlan!« sagte die Prinzessin und erhob sich ebenfalls. »Ich habe Sie gewarnt, Atlan!« rief Ger myr-HP uns nach. Doch wir ließen uns nicht aufhalten. Als wir draußen waren, schlug uns angenehm kühle, salzhaltige Luft entgegen. Ein leichter Wind wehte aus dem Sheitar-Gebirge von Süden, strich über den Salzsee und spielte mit dem Sand der Wüste. Es war nicht so dunkel, daß wir gar nichts hätten sehen können. Langsam gingen wir nebeneinander am Ufer des Sees entlang, von dem ein anheimelndes Glitzern ausging. Wir hatten uns etwa hundert Meter von unserem Ghyran entfernt, als mein Extrasinn mich vor einer Gefahr warnte. Ich ergriff Crysalgiras Unterarm, zog mit der freien Hand meinen Strahler und drehte mich um. Der Ghyran stand als schattenhafte Bal lung am Ufer. Sonst war nichts zu erkennen. Nein, doch! Etwas bewegte sich in der Nähe des Fahr zeugs. Tiere, Lopsegger – oder nur Einbildung? Ich schaute nach rechts. Dort ging es un gefähr drei Meter bis zum See hinunter. Die Uferböschung bot also eine gute Deckung gegen Beschuß aus der Richtung, in der der Ghyran stand. Crysalgira verhielt sich mustergültig. Sie hatte kein Wort gesprochen, obwohl ich si cher war, daß sie durch nichts vor einer Ge fahr gewarnt worden war und sich über mein Verhalten wunderte. Ich zog sie die Uferböschung hinab und erklärte ihr, sich hinzulegen. Dabei beobach tete ich unablässig die Umgebung des Ghy rans. Als ich wieder eine schemenhafte Be wegung zu erkennen glaubte, gab ich einen Schuß in die Luft ab. Er war als Warnung für Germyr-HP gedacht. Mein Schuß löste ein Chaos aus.
H. G. Ewers Plötzlich zuckten mindestens fünfzehn blendende Energiestrahlen aus mehreren Richtungen auf den Ghyran zu, entluden sich in der Panzerung und brachten sie zur Rotglut. Krächzende Laute ertönten. Im nächsten Augenblick brummten die Elektromotoren des Ghyrans auf, die schat tenhafte Ballung, als die der Wagen zu er kennen war, bewegte sich, schien zu versin ken, als er die Uferböschung hinabfuhr und tauchte gleich darauf über dem Glitzern des Salzsees auf. Wütend preßte ich die Lippen zusammen, als mir klar wurde, daß Germyr-HP floh, oh ne sich um uns zu kümmern. Dabei hätten die Angreifer ihn ohne meinen Warnschuß wahrscheinlich überrumpeln können. Die Angreifer – ich konnte nicht erken nen, ob es Parias oder Soldaten waren – schossen hinter dem Ghyran her. Einige dunkle Gestalten tauchten über der glitzernden Oberfläche des Salzsees auf. Aber kein Fahrzeug folgte dem Ghyran. Offenbar wa ren die Angreifer zu Fuß gekommen. »Schnell, fort!« flüsterte ich Crysalgira zu. Wir rannten, so schnell wir konnten, nach Westen. Dabei hielten wir uns immer unmit telbar unter der Böschung, um nicht gesehen zu werden. Wären wir auf den See hinausge laufen, hätten die Angreifer uns zweifellos entdeckt. Doch sie wußten durch meinen Schuß, daß sich jemand außerhalb des Ghyrans auf hielt. An ihren knarrenden und krächzenden Rufen erkannte ich, daß wir verfolgt wur den. Mehrere Strahlschüsse zuckten über uns hinweg. Aber sie waren ungezielt abge geben worden. Unsere längeren Beine erwiesen sich als unschätzbarer Vorteil gegenüber den Verfol gern. Die Rufe blieben immer weiter hinter uns zurück und hörten schließlich ganz auf. Crysalgira und ich blieben stehen. Wir at meten schwer. Lange hätten wir nicht mehr durchgehalten. »Was tun wir jetzt?« fragte Crysalgira nach einer Weile.
Planet im Feuersturm Ich lachte bitter. Da standen wir in einer riesigen Wüste, am Ufer eines Salzsees, dessen Sümpfe jedem Fremden zu Todesfallen werden konn ten, ohne Fahrzeug, ohne Nahrung und ohne Wasser. Aber untätiges Warten wäre auf jeden Fall tödlich gewesen. Wenn sich die Angreifer bei Tagesanbruch noch in der Nähe aufhiel ten, würden sie uns entdecken. Dann waren wir verloren. »Wir gehen über den See und versuchen, den Ghyran wiederzufinden«, antwortete ich. »In dieser Richtung werden die Angrei fer wahrscheinlich nicht suchen. Sie fürch ten die Salzsümpfe.« »Und wir?« fragte die Prinzessin. »Ich fürchte mich ebenfalls vor den Salzsümp fen.« »Ich auch«, gab ich unumwunden zu. »Das Risiko ist groß. Aber das Risiko ist to tal, wenn wir auf dieser Seite des Sees blei ben.« »Gut, gehen wir«, sagte Crysalgira tapfer.
6. Der neue Tag fand uns inmitten einer Salzwüste, die sich scheinbar endlos nach allen Seiten erstreckte. Nur der Anblick des Sheitar-Gebirges mit seinen eis- und schnee gekrönten Gipfeln gab uns die tröstliche Ge wißheit, daß auch der Salzsee endlich war. Wir waren bis ungefähr Mitternacht mar schiert und hatten uns dann auf einer flachen buckelartigen Erhebung niedergelegt. Crys algira war infolge Erschöpfung fast sofort eingeschlafen. Ich hatte noch eine Weile auf verdächtige Geräusche gelauscht. Als ich nichts dergleichen festgestellt hatte, war ich ebenfalls eingeschlafen. Crysalgira schlief noch immer. Sie er wachte, als ich aufstand und mich reckte. Im ersten Augenblick hatte sie etwas von einem verschreckten Vogel an sich, der nicht wußte, ob er fliehen oder sich totstel len sollte. Doch dann fiel ihr Blick auf mich, und sie lächelte zaghaft.
35 Ich streckte ihr die Hand entgegen. Crys algira nahm sie und ließ sich von mir aufhel fen. »Mir tut alles weh«, sagte sie. »Kein Wunder«, erwiderte ich mit einem bezeichnenden Blick auf den harten salz überkrusteten Buckel, auf dem wir standen. »Sicher hätten wir auch eine weichere Stelle gefunden, aber der Buckel kam uns in der Nacht wie eine sichere Insel vor.« Crysalgira blickte sich aufmerksam um. »Salzschollen, Soletümpel und angeweh ter Sand!« sagte sie erschaudernd. »Nirgends eine Spur von Leben.« »Darüber bin ich eigentlich recht froh«, erklärte ich. »Obwohl ich mich natürlich über den Anblick unseres Ghyrans noch mehr freuen würde.« »Ob Germyr-HP zurückgefahren ist und nach uns sucht?« fragte die Prinzessin. »Ich weiß es nicht«, gab ich zurück. »Aber wir dürfen uns nicht darauf verlassen. Ich schlage vor, wir gehen weiter nach Sü den und wenden uns, sobald wir den See hinter uns haben, nach Osten.« »Ohne Wasser schaffen wir es nie bis nach Wartzonga«, meinte Crysalgira. »Das stimmt«, gab ich zu. »Aber irgendwo in der Thar muß es Wasserstellen geben, sonst könnten die Parias nicht existieren. Vielleicht finden wir eine Wasserstelle.« »Wenn wir nicht vorher verdurstet sind«, erwiderte Crysalgira. Ich sagte nichts dazu. Es wäre sinnlos ge wesen, denn ich selbst spürte den Durst be reits schmerzhaft. Länger als einen Tag hiel ten wir es ohne Wasser bestimmt nicht aus. »Gehen wir!« sagte ich. Während wir nach Süden gingen, beob achtete ich aufmerksam die Umgebung. Zwar hatten wir den Nachtmarsch überstan den, ohne in einen Sumpf zu geraten, doch machte mich das nicht leichtsinnig. Nach einer Stunde war es bereits so heiß, daß wir am liebsten alles weggeworfen hät ten, was wir am Leibe trugen. Doch wir wußten, daß wir unsere Ausrüstung brau chen würden, wenn wir unsere Überlebens
36 aussichten nicht noch mehr reduzieren woll ten. Nach einer weiteren Stunde brach Crysal gira unverhofft zusammen. Ich kniete mich neben sie, öffnete ihre Metallrüstung etwas und versuchte, ihr mit einem Tuch etwas Kühlung zuzufächeln. Dabei spürte ich, daß meine Kräfte ebenfalls stark nachließen. Mir wurde schwarz vor den Augen, und die Versuchung, mich ein fach neben Crysalgira fallen zu lassen, war groß. Im letzten Augenblick riß ich mich zu sammen. Ich stand auf und zog dabei die Prinzessin mit hoch. Durch die Anstrengung wurde mir wieder schwarz vor den Augen. Eine Weile stand ich mit gespreizten Beinen da und bemühte mich, weder umzufallen noch Crysalgira loszulassen. Glücklicherweise kam die Prinzessin bald wieder zu sich, so daß ich nicht mehr ihr ganzes Gewicht halten mußte. »Entschuldigen Sie bitte, daß ich …«, fing sie an. »Ich will keine Entschuldigungen hören, sondern ich will, daß Sie sich zusammenrei ßen!« sagte ich. »Wenn Sie noch einmal schlappmachen, bekomme ich Sie wahr scheinlich nicht mehr hoch.« »Wie reden Sie mit mir?« protestierte Crysalgira. »Ich bin eine Prinzessin des Großen Imperiums!« Ich bemühte mich, ein Schmunzeln zu un terdrücken. Genau diese Reaktion hatte ich erzielen wollen. »Dann benehmen Sie sich auch wie eine Prinzessin!« gab ich zurück. »Sie werden nicht wieder erleben, daß ich schwach werde!« erklärte Crysalgira. »Lassen Sie mich los, Kristallprinz!« Ich gab sie nur zögernd frei, denn ich war nicht sicher, ob sie sich ohne meine Hilfe auf den Beinen halten konnte. Doch die Entrüstung hatte Crysalgiras Kräfte offenbar verdoppelt. Sie hielt sich nicht nur ohne Hilfe auf den Beinen, son dern schritt so zügig aus, daß ich nur müh sam mit ihr Schritt halten konnte.
H. G. Ewers Verbissen stapfte ich vorwärts. Ich hatte das Gefühl, als hingen Stahlplastikgewichte an meinen Füßen. Mein Gehirn schien in der Gluthitze zu brodeln, und mein Mund dörrte so aus, daß mir die Zunge bald gleich einem heißen Stein darin lag. Ich blickte starr geradeaus in die flim mernde Luft über der Salzwüste. Nur ab und zu wandte ich den Kopf, um zu sehen, ob Crysalgira noch neben mir war. Jedesmal sah ich nur ihr maskenhaft starres Gesicht, in dem nur noch die Augen zu leben schie nen. Als ich wieder einmal den Kopf wandte, sah ich die Prinzessin nicht mehr. Erschrocken blieb ich stehen. Mein Ge hirn arbeitete so langsam, daß ich wahr scheinlich eine halbe Minute brauchte, bis ich auf den Gedanken kam, daß ich mich umdrehen müsse. Die Ausführung des Gedankens bean spruchte noch einmal so viel Zeit. Als ich mich dann endlich umgedreht hatte, entrang sich ein Krächzen meiner ausgedörrten Keh le. Crysalgira steckte bis zu den Hüften in ei nem Sumpfloch. Ihre Lippen waren fest zu sammengepreßt. Offenbar ließ es ihr Stolz nicht zu, daß sie um Hilfe rief. Ich taumelte auf sie zu und wäre wahr scheinlich ebenfalls in dem Sumpfloch ge landet, wenn sie nicht geflüstert hätte: »Stehenbleiben, Sie Narr! Kehren Sie um, und gehen Sie allein weiter. Sie können mir nicht helfen.« »Unsinn!« krächzte ich. Ich ließ mich langsam in die Knie sinken, dann legte ich mich auf den Bauch und kroch auf Crysalgira zu. Als meine Hände nur noch wenige Zentimeter von ihr entfernt waren, berührten sie salzigen Schlamm. »Greifen Sie zu!« sagte ich mühsam. »Ich hole Sie heraus!« »Eine Prinzessin des Großen Imperiums braucht keine Hilfe!« gab Crysalgira zurück. Im nächsten Moment schluchzte sie trocken auf, streckte die Arme aus, und end lich konnte ich ihre Hände ergreifen.
Planet im Feuersturm Ich zog mit aller Kraft, die mir noch ge blieben war. Zentimeter um Zentimeter kam Crysalgira aus dem Sumpfloch heraus, wäh rend ich rückwärts kroch. Plötzlich glitt ich mit den Ellenbogen auf einer nassen Stelle aus. Für kurze Zeit war ich so kraftlos, daß ich Crysalgira nicht mehr halten konnte. Schmatzend und gur gelnd zog der Sumpfbrei sie wieder in sich zurück. Ich hätte vor ohnmächtigem Zorn heulen können. Aber ich kroch nur verbissen Crys algira nach, packte abermals ihre Hände und zog – bis ich merkte, daß ich diesmal nichts erreichte. Im Gegenteil, Crysalgira sank un aufhaltsam tiefer. Ich hielt dennoch fest, obwohl ich wußte, daß ich damit Crysalgira nicht mehr retten konnte, sondern nur erreichte, daß sie selbst vom Sumpf verschlungen wurde. Crysalgira klagte nicht. Sie blickte mich nur immerwährend traurig an. Der Sumpf reichte ihr schon bis zur Brust. Plötzlich erscholl lautes Brummen, Ras seln und Klirren. Zuerst achtete ich überhaupt nicht bewußt darauf. Doch als es immer lauter wurde, hob ich langsam den Kopf – und sah einen Ghy ran heranrollen. Wenige Meter vor dem Sumpfloch drehte das Fahrzeug bei. Die Gleisketten schleuder ten Salzstaub und Tümpelbrühe über Crysal gira und mich. Das überzeugte mich endgültig davon, daß ich nicht das Opfer einer Halluzination geworden war. Ich wollte rufen, brachte aber keinen Ton heraus. Der Ghyran stand inzwischen. Eine halbe Ewigkeit schien zu vergehen, bis das große Luk an der Seite sich öffnete. Der Oberkör per eines Lopseggers tauchte darin auf. Ein langer Arm warf sehr geschickt ein Seil, dessen Schlinge sich über Crysalgiras Schul ter senkte. Ich half Crysalgiras Arme über die Sch linge zu heben. Als sie sich unter ihren Ach seln straffte, verlor ich das Bewußtsein.
37
* Wie lange ich bewußtlos war, weiß ich nicht. Ich weiß nur, daß ich vor Erleichte rung beinahe wieder ohnmächtig geworden wäre, als ich erwachte und Crysalgiras Ge sicht über mir sah. »Nicht schlappmachen!« sagte Crysalgira. »Vergessen Sie nicht, daß Sie der Kristall prinz des Großen Imperiums sind!« Ich lächelte und wollte sprechen, aber meine Kehle war noch immer zunder trocken. Crysalgira hob meinen Kopf an und hielt mir eine Trinkschale an die Lippen. Sie ent hielt köstliches klares Wasser, und ich trank genießerisch, obwohl es warm war. Als die Schale leer war, seufzte ich und sagte: »Das war Hilfe in letzter Not. Wo ist Ger myr-HP?« »Ich bin hier«, antwortete der Diplomat von irgendwoher. »Fühlen Sie sich besser, Atlan?« »Ja!« antwortete ich. »Vielen Dank, daß Sie uns gerettet haben, Germyr-HP. Aber woher wußten Sie, wo Sie nach uns suchen mußten?« »Das habe ich durch logisches Nachden ken ermittelt«, erklärte der Diplomat. »Ich wußte, in welche Richtung Sie und Crysalgi ra am Abend gegangen waren und konnte mir denken, daß Sie bei dem Überfall in der gleichen Richtung weitergeflohen waren. Da Sie der Angreifer wegen nicht in die Wüste zurückgehen konnten, mußten Sie über den See, und zwar innerhalb eines relativ schma len Streifens, dessen Position ich mir aus der Strecke errechnete, die Sie zurücklegen wür den, bevor die Verfolger umkehrten.« »Genial!« sagte ich – und ich meinte es auch so, denn die wenigsten Arkoniden wä ren auf den Gedanken gekommen, allein durch logisches Nachdenken den schmalen Geländestreifen zu bestimmen, in dem sie uns zu suchen hätten. Außerdem revidierte ich meine Meinung
38 über den Charakter des Diplomaten. Als er mit dem Ghyran geflohen war, hatte ich ge dacht, er würde uns im Stich lassen. Es hatte sicher Mut dazu gehört, bei Tagesanbruch zum nördlichen Ufer des Sees zurückzufah ren, dort unseren Weg zu errechnen und zum zweitenmal über den heimtückischen Salz see zu fahren. Das Wasser hatte mich erfrischt und mei ne Lebensgeister geweckt. Mit Crysalgiras Hilfe richtete ich mich auf. Germyr-HP saß vor der Steuerung des Ghyrans. Wegen der fremdartigen Stellung seiner sechs Augen vermochte ich nicht zu erkennen, ob er nach draußen oder in meine Richtung schaute. »Fahren wir weiter nach Süden?« erkun digte ich mich. »Ja«, antwortete der Diplomat. »Wir fah ren über den See und weiter zum SheitarGebirge.« »Aber ich denke, dort befinden sich die Schlupfwinkel des Parias?« fragte ich ver wundert. »Sollten wir nicht lieber am Südu fer des Sees entlang nach Osten fahren?« »Nein!« erwiderte Germyr-HP. »Ich habe mir ausgerechnet, daß die Parias, die uns an gegriffen haben, damit rechnen. Sie werden um den Ostzipfel des Sees gehen und sich in einen Hinterhalt legen. Deshalb müssen wir einen weiten Bogen fahren. Außerdem, das Sheitar-Gebirge ist groß. Wenn wir nur die Ausläufer durchqueren, werden wir wahr scheinlich keinen Parias begegnen.« Ich dachte darüber nach. Germyr-HP hatte bewiesen, daß er logisch denken und planen konnte. Es gab keinen Grund für mich, daran zu zweifeln, daß sei ne Berechnungen auch diesmal stimmten. »Einverstanden!« erwiderte ich. Germyr-HP schaltete, drehte den Ghyran so, daß der Bug nach Süden wies, und be schleunigte. Die Gleisketten schleuderten Salz, Wasser und Schlamm hoch, als das Fahrzeug davonraste. Ich setzte mich wieder hinter die Feuer schaltungen, kniff die Augen zusammen und spähte hinaus.
H. G. Ewers Crysalgira und ich waren dem Tode so nahe gewesen wie nie zuvor. Dennoch leb ten wir noch. Das ließ mich hoffen, daß wir auch alle anderen Gefahren und Schwierig keiten überwinden würden, die auf dem Weg in die Eisige Sphäre auf uns warteten.
* Germyr-HP fuhr den Ghyran voll aus, und der Wagen entwickelte eine beinahe beäng stigende Geschwindigkeit. Ich sagte nichts dazu, obwohl ich mehr mals nahe daran war, ihn zu fragen, warum er in einem ihm unbekannten Gelände, in dem tückische Sümpfe unter der Salzkruste lauerten, nicht vorsichtiger fuhr. Als wir in einen der großen Sümpfe gerie ten, war ich froh, daß ich den Diplomaten nicht gefragt hatte. Wir versanken nämlich nur deshalb nicht, weil die Geschwindigkeit des Ghyrans so hoch war, daß die gefährli che Stelle bereits hinter uns lag, als die Salz kruste auf der vollen Spurbreite barst und der Sumpf gierig seine Schlammfühler aus streckte. Germyr-HP mußte meine Gedanken erra ten haben, denn er sagte: »Hohe Geschwindigkeit ist für jemanden, der die Sümpfe nicht kennt, die einzige Möglichkeit, lebend wieder herauszukom men. Ich bin nicht in der Lage, einen Sumpf, der unter einer Salzkruste liegt, zu erkennen, bevor der Ghyran darüber fährt. Würde ich langsamer fahren, bräche der Wagen mit Si cherheit ein.« »Das sehe ich ein«, erwiderte ich. Dennoch atmete ich erst auf, als wir den Salzsee hinter uns gelassen hatten. Abermals fuhren wir durch eine Sandwüste. Aber im Unterschied zu der Wüste nördlich des Sees ragten hier überall bizarr geformte Felsklip pen aus dem Sand. Später stieg das Gelände allmählich an. Der Sand machte nacktem Felsgestein Platz. Anfangs kletterte der Ghyran brav über das Gelände, aber nach und nach wurde die Landschaft wilder und unwegsamer.
Planet im Feuersturm Germyr-HP steuerte auf eine Gruppe von Hügeln zu, die, genau von West nach Ost ausgerichtet, eine lange Kette bildeten. Der Diplomat wollte in dem Tal zwischen den Hügeln und dem eigentlichen Sheitar-Ge birge nach Osten fahren. Dort würden wir vor den Blicken von Parias, die irgendwo in der Nähe des Sees lauerten, sicher sein. Als wir den ersten Hügel erreichten, muß te der Diplomat nach Süden abschwenken, um den Ghyran in das Tal dahinter steuern zu können. Wir fuhren praktisch um den hal ben Hügel herum. Dann lag das langgestreckte Tal vor uns – und nur zirka hundert Meter von uns ent fernt waren rund dreißig Geländewagen zu einem Kreis zusammengefahren. Innerhalb dieses Kreises standen niedrige schwarze Zelte, und zahlreiche Lopsegger gingen zwi schen den Zelten herum. »Parias!« stieß Germyr-HP hervor. Crysalgira stieß einen halberstickten Schrei aus und blickte aus schreckgeweite ten Augen auf das Lager, in dem wir inzwi schen entdeckt worden waren. Lopsegger rannten auf ihre Fahrzeuge zu, zweifellos, um uns mit ihnen zu verfolgen. »Halt!« schrie ich scharf, als ich sah, daß Germyr-HP den Ghyran abbremsen und um hundertachtzig Grad drehen wollte. »Wenn wir fliehen, holen sie uns bald ein. Dann sind wir verloren. Fahren Sie langsam weiter und halten Sie vor dem Kreis der Wagen!« »Dann wären wir erst recht verloren«, entgegnete der Diplomat. »Nein!« sagte ich. »Wir müssen so tun, als suchten wir Anschluß an die Wüstenbe wohner. Vielleicht nehmen sie uns auf, wenn wir behaupten, wir wären Ausgestoßene.« »Vielleicht!« erwiderte Germyr-HP. »Aber wenn nicht, dann foltern und töten sie uns.« Aber trotz seines Einwands fuhr er lang sam weiter. Der Ghyran mußte den Parias bedrohlich erscheinen. Deshalb entschloß ich mich, die Situation zu entschärfen, indem ich mich
39 zeigte. Außerdem hoffte ich, daß der An blick eines völlig Fremden die Wißbegier der Parias erregen würde. So schnell es ging, kletterte ich nach oben, stieß das Turmluk auf und schwang mich auf den Rand der Öffnung. Ich sah, daß zahlreiche Parias zwischen den Wüstenwagen in Deckung gegangen waren und mit Strahlgewehren auf uns ziel ten. Andere Wagen hatten sich in Bewegung gesetzt und waren ausgeschwärmt. Von ih nen richteten sich leichte Strahlgeschütze auf den Ghyran. Ich winkte und rief etwas, was die Parias zwar nicht verstehen konnten, aus dem sie aber zu schließen vermochten, daß ich Kon takt mit ihnen aufnehmen wollte. Am meisten aber überzeugte sie wohl die Tatsache, daß ich den relativ sicheren Schutz des Ghyrans verlassen hatte, von meiner Friedfertigkeit. Die meisten Strahl gewehre wurden gesenkt. Kein einziger Schuß fiel. Dicht vor dem Wagenring hielt GermyrHP den Ghyran an, dann stiegen er und Cry salgira aus. Ich stieg ebenfalls von meinem luftigen Sitz herab und stellte mich neben meine Gefährten. Eine Gruppe von Parias näherte sich uns langsam. Aber vier offene Wüstenwagen rollten an unserem Ghyran vorbei und ver schwanden hinter dem Hügel. Ihre Besat zungen sollten offenbar nachsehen, ob uns jemand folgte. Wenige Meter vor uns blieben die Parias stehen. Einer von ihnen trat vor und sagte: »Wer seid ihr und woher kommt ihr?« Seine Worte wurden von Germyrs Transla tor übersetzt. Der Diplomat stellte uns vor und erklärte: »Die beiden Fremden wurden vom Stamm HP auf einem anderen Planeten ge fangengenommen. Als sie erfuhren, daß in der Thar viele Ausgestoßene unter schlech ten Bedingungen leben, schlugen sie vor, das Klima so zu beeinflussen, daß aus der Thar fruchtbares Acker- und Weideland wird.«
40 Weiter kam er nicht, denn die Parias stie ßen ein Durcheinander von knarrenden Lau ten aus, so daß der Translator nicht in der Lage war, etwas zu übersetzen. Dann hob der Anführer der Parias die Hand. Als Stille eintrat, sagte er: »Damit haben die Fremden gegen das ur alte Tabu verstoßen. Warum wurden sie nicht sofort hingerichtet, Germyr-HP?« »Ich setzte mich für sie ein«, behauptete der Diplomat. »Ich erklärte, daß die Frem den nicht absichtlich gegen das Tabu ver stießen, sondern deshalb, weil sie es nicht kannten. Daraufhin beschränkte sich Kar sihl-HP darauf, die Fremden in die Wüste auszustoßen. Mich verurteilte er zu dem gleichen Schicksal, weil ich es gewagt hatte, sie zu verteidigen. Wir verließen Wartzonga und fuhren über den Nordkurs nach Kalays htan. Dort baten wir um Aufnahme, wurden jedoch abgewiesen und sogar von Soldaten gejagt.« »Von Soldaten?« rief der Paria aufgeregt. »Sind sie euch gefolgt?« »Sie stellten uns unterwegs eine Falle«, warf ich ein. »Aber bevor wir diesen Ort er reichten, wurden alle Soldaten mit ihren Fahrzeugen die Opfer von Sphavn. Die Sphavn griffen auch unseren Ghyran an, doch wir konnten entkommen und fuhren über den Salzsee.« Der Anführer blickte mich an. »Ihr habt einen weiten Weg hinter euch. Wie kamst du, Atlan, dazu, dich als Fremder für die Umwandlung der Thar in fruchtbares Land einzusetzen?« »Weil das die Voraussetzung für ein friedliches Nebeneinander der Stadtbewoh ner und jetzigen Wüstenbewohner ist«, ant wortete ich. »Du hast recht, Atlan«, erwiderte der An führer der Parias. »Wir wollen den Frieden, aber die Wüste kann uns nicht ernähren. Deshalb müssen wir die Transporte der Stadtbewohner überfallen und ausrauben. Wenn ihr wollt, könnt ihr bei uns bleiben.« »Wir nehmen dankend an«, sagte ich. »Gut!« meinte der Paria. »Wir nennen uns
H. G. Ewers die Hevla. Ich bin Hevla-Toorn, und du wirst von nun an Hevla-Atlan heißen. Dein Freund heißt dann Hevla-Crysalgira und Germyr-HP wird sich Hevla-Germyr nennen und seinen alten Stamm vergessen müssen.« »Wir danken dir und deinem Stamm, Hevla-Toorn!« sagte Germyr-HP feierlich.
7. Wir durften uns an dem Feuer des Anfüh rers niederlassen, das natürlich kein offenes Feuer war, sondern ein großer Mikrowellen herd, der seine Energie von dem Reaktor in seinem Sockel bezog. Offiziell waren wir damit in den Stamm der Hevla aufgenommen, aber ich merkte, daß die Lage sich erst entspannte, als die Besatzung der vier Wüstenwagen zurückge kehrt war und berichtet hatte, daß uns nie mand gefolgt war. Es amüsierte mich ein wenig, daß Crysal gira von den Hevla als mein Freund angese hen und damit als männliches Wesen einge stuft wurde. Andererseits war mir natürlich klar, daß ein Lopsegger keine Ahnung von den Geschlechtsmerkmalen der Arkoniden haben konnte. Bei den Lopseggern konnte ich die Geschlechter nur dadurch unterschei den, daß die Männer bewaffnet waren und keine körperlichen Arbeiten verrichteten, während die Frauen die Männer bedienten und auch sonst alle Arbeiten ausführten, die im Lager anfielen. Nachdem wir mit den Hevla zusammen gegessen hatten, wies Hevla-Toorn uns eines der schwarzen Zelte zu. »Es gehört euch«, erklärte er. »So, wie ihr von heute ab zu den Hevla gehört. Ruht euch aus. Später werde ich euch zur Bera tung holen lassen.« Als er gegangen war, blickte Crysalgira mich von der Seite an und meinte: »Wir gehören also jetzt zu den Wüsten räubern. Wie lange soll unser Gastspiel ei gentlich dauern, Atlan?« »Nur so lange, bis wir uns wegschleichen können«, antwortete ich. »Oder dachten Sie,
Planet im Feuersturm ich wäre daran interessiert, den Rest meines Lebens bei einem Stamm von Wüstenräu bern zu verbringen?« »So leicht kommen wir nicht fort«, mein te Germyr-HP. »Hevla-Toorn war freundlich zu uns, aber ich weiß, daß er uns überwa chen lassen wird. Wenn wir zu fliehen ver suchen, werden wir umgebracht.« »Das sind ja schöne Aussichten«, meinte Crysalgira. Ich lächelte ihr beruhigend zu. »Bisher haben wir noch aus jeder Lage einen Ausweg gefunden, Prinzessin«, erklär te ich. »Deshalb schlage ich vor, wir ruhen ein wenig und hören uns nachher an, was bei der Beratung gesagt wird.« »Einverstanden!« erwiderte Crysalgira und gähnte. »Ich gestehe, daß ich so müde bin, daß ich bestimmt drei Tage lang schla fen könnte.« Sie streckte sich aus. Ich folgte ihrem Bei spiel, während der Diplomat sich gleich ei ner Assel zusammenrollte. Innerhalb weni ger Sekunden war ich eingeschlafen. Ich erwachte von einigen knarrenden Tö nen. Als ich mich aufrichtete, stand ein Paria in der Zeltöffnung. Wieder sagte er etwas. Aber ich verstand nichts, weil der Translator in Germyrs zusammengerolltem Körper ver borgen war. Ich stieß den Diplomaten mit dem Fuß an. Germyr-HP rollte sich auseinander und schaute erst mich und dann den Besucher an. »Hevla-Toorn bittet euch zur Beratung«, sagte der Paria, und diesmal übersetzte der Translator. Inzwischen war auch Crysalgira aufge wacht. »Was ist denn los?« fragte sie. Ich klärte sie auf und machte ihr klar, daß wir auf jeden Fall an der Beratung teilneh men müßten. Der Paria wartete schweigend, bis wir das Zelt verlassen hatten. Dann führte er uns zu einem Halbkreis von Parias, dem fünf ande re Parias gegenübersaßen. Wir wurden angewiesen, am linken Flügel
41 des Halbkreises Platz zu nehmen. Der mittlere der fünf Parias wartete, bis wir saßen, dann sagte er: »Ich habe unsere neuen Stammesmitglie der rufen lassen, damit sie lernen, wie wir Hevla leben, arbeiten und kämpfen. Schon morgen werden sie sich an einem Überfall auf eine Gewürzkarawane beteiligen kön nen, die von Kalayshtan nach Wartzonga unterwegs ist. Für die beiden Fremden, Atlan und Crys algira, möchte ich erklären, was es mit die sen Gewürzen auf sich hat. Es sind keine Gewürze gemeint, die für Speisen verwendet werden. Vielmehr handelt es sich um Kräu ter, die zu Drogen verarbeitet werden, die die Seele beflügeln und den Geist entspan nen. Offiziell ist das ›Würzen‹ bei den Stadtbe wohnern verpönt, weshalb die Gewürze heimlich eingeführt werden müssen. Inoffi ziell werden die Gewürzschmuggler aller dings geduldet, denn alle Lopsegger nahmen regelmäßig Gewürzdrogen zu sich. Die Heimlichkeit, mit der das geschieht, beruht auf einer raffinierten Politik der Ge würzhändler, die mit den Stammesführern zusammenarbeiten und die Preise bestim men. Deshalb wird uns der Überfall auf die Ge würzschmuggler einen großen Reichtum bringen. Wir brauchen die Gewürze nur ei nem Händler von Wartzonga anzubieten. Er wird gezwungen sein, sie von uns zu kaufen, denn bis zur nächsten Lieferung vergeht noch viel Zeit. Mit dem Geld beschaffen wir uns neue Waffen, die uns helfen werden, auch die nächsten Transporte der Gewürz schmuggler erfolgreich zu überfallen. Der Stamm Hevla wird bald einer der reichsten Wüstenstämme sein.« Als er schwieg, brachen die Anwesenden in lauten, knarrenden Jubel aus. Ich forderte meine Gefährten auf, ein Stück beiseite zu gehen, dann wandte ich mich an Germyr-HP und fragte: »Wenn die Gewürzschmuggler überfallen werden, was geschieht dann mit den
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H. G. Ewers
Schmugglern?« »Sie werden getötet«, antwortete der Di plomat, als wäre das selbstverständlich. »Das wäre Mord«, erwiderte ich. »Da ma che ich nicht mit, Germyr-HP.« »Wir alle werden mitmachen müssen«, er klärte der Diplomat. »Es soll sozusagen un sere Bewährungsprobe sein. Wenn die Hevla feststellen, daß wir schlechte Kämpfer sind, werden sie uns ebenfalls töten.« Ich holte tief Luft. »Wenn es so ist, werden wir unser Ver halten den Umständen anpassen müssen«, sagte ich. »Wollen Sie sich dazu hergeben, friedli che Gewürzschmuggler abzuschlachten, At lan?« fragte Crysalgira empört. »Nein!« erwiderte ich ernst. »Ich schlage im Gegenteil vor, daß wir versuchen, die Gewürzschmuggler vor dem Überfall zu warnen, so daß sie sich darauf vorbereiten können.« »Wie sollen wir das anstellen?« fragte der Diplomat. »Das weiß ich auch noch nicht«, erklärte ich. »Aber hören wir erst einmal zu, was Hevla-Toorn noch zu sagen hat. Anschlie ßend überlegen wir uns, wie wir die Schmuggler rechtzeitig warnen können.«
* Hevla-Toorn erklärte, daß die Gewürz schmuggler noch am Abend des heutigen Tages den Nordostzipfel des Salzsees errei chen und dort ihr Nachtlager aufschlagen würden. Ich überlegte, daß die Hevla einen Spitzel nach Kalayshtan eingeschleust haben muß ten, sonst hätten sie nicht über so genaue In formationen verfügen können. Dann hörte ich wieder dem Paria zu, der soeben sagte, daß der Überfall im ersten Morgenlicht stattfinden sollte. Er teilte die Männer des Stammes in drei Gruppen ein. Eine Gruppe sollte nachts mit ihren Gelän dewagen auf einem geheimen Pfad über den See fahren und den Schmugglern den Rück-
weg abschneiden. Die zweite Gruppe sollte nach Osten ausholen und die Karawane frühmorgens aus dieser Richtung angreifen. Hevla-Toorn rechnete damit, daß die Schmuggler, wenn sie von zwei Seiten be drängt wurden, in südlicher Richtung aus weichen würden. Dort sollte das Gros der Parias ihnen auflauern und sie überrennen. Der Diplomat, Crysalgira und ich wurden der ersten Gruppe zugeteilt und durch drei Parias verstärkt, die in unserem Ghyran mit fahren sollten. Sobald die dritte Gruppe die Schmuggler angriff, sollten die Parias der ersten Gruppe im Schutz des Ghyrans vor stoßen und die Schmuggler im Nahkampf überwinden. Noch während Hevla-Toorn sprach, legte ich mir meinen Plan zurecht. Vorsichtshal ber redete ich jedoch noch nicht darüber. Damit wartete ich, bis wir uns nach der Ver sammlung in unser Zelt zurückgezogen hat ten. Germyr-HP hatte sich wieder zusammen gerollt und schlief fest, so daß sein Transla tor nicht ansprechen konnte. Das war wich tig, denn ich wollte den Diplomaten nicht in die Einzelheiten meines Planes einweihen. Nachdem ich der Prinzessin meinen Plan dargelegt hatte, sah sie mich zweifelnd an. »Das ist gefährlich, Atlan«, meinte sie. »Wenn die Parias etwas merken, sind wir al le verloren.« »Wir müssen das Risiko auf uns neh men«, erklärte ich. »Erstens kann ich es nicht mit meinem Gewissen vereinbaren, Unschuldige zu töten, und zweitens würden uns die Hevla niemals ziehen lassen. Wenn sie aber zurückgeschlagen und zur Flucht gezwungen werden, können wir einfach zu rückbleiben und dann mit den Schmugglern weiterziehen.« Crysalgira überlegte eine Weile, dann sagte sie leise: »Ich bin einverstanden, Atlan.« Wir schliefen ebenfalls noch eine Weile. Kurz vor dem Einbruch der Dunkelheit wur den wir geweckt. Wir nahmen eine letzte Mahlzeit mit den Parias ein, danach brachen
Planet im Feuersturm wir auf. Die drei Parias, die uns in den Ghyran be gleiteten, waren schwer bewaffnet. Sie setz ten sich an die Rückwand der Steuerkabine, so daß sie uns ständig beobachten konnten. Ich zweifelte nicht daran, daß sie von Hevla – Toorn zu unseren Aufpassern bestimmt worden waren. Der Paria traute uns also nicht. Das war mir allerdings nur recht, denn es bewahrte mich davor, ihm gegenüber Ge wissensbisse zu empfinden. Zu unserer Gruppe gehörten noch fünf of fene Geländewagen, in denen jeweils acht bewaffnete Parias saßen. Zwei fuhren voran, gefolgt von dem Ghyran. Die restlichen drei Wagen bildeten den Schluß. Es war dunkel, als wir das Südufer des Salzsees überquerten. Trotz der Dunkelheit fuhren die Parias ziemlich schnell. Sie schie nen den Salzsee und seine Tücken genau zu kennen. Wir kamen gut voran und erreichten das Nordufer rund dreieinhalb Stunden nach un serem Aufbruch aus dem Lager. Die Wagen der Parias fuhren langsamer und blieben auf dem See. Als sie anhielten, war es Mitter nacht. Ich blickte nach draußen, konnte aber nur die schemenhaften Umrisse der beiden er sten Wagen erkennen. Viel Zeit blieb mir nicht mehr, denn ich mußte vor dem Auf bruch zurück sein. Vor allem aber mußte ich unter einem Vorwand den Ghyran allein ver lassen – und ich brauchte den Translator des Diplomaten, wenn ich mich mit den Schmugglern verständigen wollte. Unsere drei Aufpasser kamen meinen Ab sichten unerwartet entgegen, denn einer von ihnen wandte sich an uns und sagte: »Ihr müßt aussteigen und draußen schla fen. Wir bleiben hier und bewachen den Ghyran.« »Aber draußen wird es kalt sein«, erwi derte ich, um mir nicht anmerken zu lassen, wie erfreut ich über die Aufforderung war, den Ghyran zu verlassen. »Hevla-Toorn hat es so angeordnet«, ent gegnete der Paria.
43 »Dann müssen wir gehorchen«, warf Ger myr-HP ein. »Die Befehle eines Stammes führers sind bindend.« »Es ist gut, daß du das einsiehst«, sagte der Paria. »Gehorchen oder sterben, das ist das Gesetz des Stammes.« Ich gab meinen gespielten Widerstand auf und verließ mit meinen Gefährten das Fahr zeug. Draußen hatten die Paria ihre Wagen verlassen. Sie bauten ihre schwarzen Zelte auf. Der Anführer unserer Gruppe kam zu uns und erklärte, daß für uns ebenfalls ein Zelt aufgestellt worden sei. Er führte uns hin und kehrte danach zu seinen Leuten zurück. Kaum waren wir im Zelt, da sagte Ger myr-HP: »Ich habe nachgedacht und bin zu dem Schluß gekommen, daß ich die Schmuggler warnen muß.« »Das hatte ich eigentlich vor«, erwiderte ich. »Ich dachte es mir«, meinte der Diplomat. »Aber mir werden die Schmuggler eher glauben als einem Fremden.« Er zog eine Metallscheibe, auf der Symbole eingraviert waren, aus einer Tasche seiner Kleidung. »Damit kann ich mich als Diplomat des Stammes HP ausweisen und die Schmuggler davon überzeugen, daß sie mir vertrauen können.« Das leuchtete mir ein, deshalb sagte ich: »Einverstanden, Germyr-HP. Aber Sie müssen einige Zeit vor Tagesanbruch wieder hier sein, sonst werden die Parias mißtrau isch.« »Ich werde rechtzeitig hier sein«, ver sprach der Diplomat. Ohne weiteren Kommentar hob er die Rückwand des Zeltes an und kroch hinaus. »Was geschieht mit uns, wenn er sein Wort nicht hält?« erkundigte sich Crysalgi ra. Ich erwiderte nichts darauf, denn sie kannte die Antwort ebensogut wie ich.
* Als der Anführer unserer Gruppe zum
44 Aufbruch rief, war Germyr-HP allerdings immer noch nicht zurück. »Wahrscheinlich ist er mit den Schmugg lern sofort nach seiner Ankunft weiter nach Osten gefahren«, meinte Crysalgira. »Möglich«, gab ich zu. »Wir müssen den Parias gegenüber behaupten, wir hätten nichts von seinem Verschwinden bemerkt. Wenigstens hat er uns seinen Translator zu rückgelassen, sonst könnten wir uns über haupt nicht verständigen.« Ich hatte mir das Gerät gerade an der Schnur, an der es befestigt war, umgehängt, als der Anführer unserer Gruppe im Zeltein gang erschien. »Kommen Sie heraus!« sagte er. »Wir müssen …« Er stockte, als er sah, daß Germyr-HP fehlte. Im nächsten Augenblick wandte er sich um und rief einige Befehle. Innerhalb weni ger Sekunden hatten sich alle Parias unserer Gruppe um das Zelt versammelt. Wir wur den gezwungen, es zu verlassen. »Wo ist der Lopsegger?« fragte der Paria, während sich zahlreiche Waffen auf uns richteten. »Hier!« rief eine Stimme, die ebenfalls von dem Translator übersetzt wurde. Die Parias fuhren herum. Ich riß Crysalgi ra mit mir zu Boden, denn ich ahnte, was kommen würde. Im nächsten Augenblick entluden sich die Strahlen zahlreicher Ener giewaffen in unserer Nähe. Schreie ertönten. Hitzewellen fauchten über uns hinweg. Plötzlich wurde es totenstill. Als ich den Kopf hob, sah ich, daß, von den Parias unserer Gruppe keiner mehr leb te. Lopsegger in schwarzen Kombinationen eilten ins Lager. Einige von ihnen kletterten aus unserem Ghyran und warfen die sterbli chen Überreste unserer Aufpasser auf die Salzkruste des Sees. Einer der Lopsegger näherte sich uns. Ich erkannte den Diplomaten an der Kleidung, durch die er sich von den Schmugglern un terschied. »Sie hätten nicht später kommen dürfen,
H. G. Ewers Germyr-HP«, sagte ich. »Ich sagte doch, daß ich rechtzeitig wie der hier sein würde«, erwiderte der Diplo mat. »Wir warteten mit dem Angriff nur, bis sich die meisten Parias um Sie versammelt hatten. Dadurch waren sie leichter zu be kämpfen, und einige Schmuggler konnten heimlich in den Ghyran steigen und die Auf passer ausschalten, bevor sie mit dem Ener giegeschütz eingreifen konnten.« »Das war tatsächlich genial«, gab ich zu. »Bestimmt haben Sie auch schon den weite ren Ablauf der Ereignisse geplant.« »So ist es«, sagte der Diplomat. »In die sem Augenblick wird die zweite Gruppe der Parias überwältigt. Danach fällt uns der Sieg über das Gros der Parias in den Schoß.« Ein zweiter Lopsegger näherte sich uns. Germyr-HP stellte ihn als den Anführer der Schmuggler vor. Die beiden Lopsegger duz ten sich. – Sie arbeiten für Germyr-HP! raunte mein Logiksektor mir zu. Der Diplo mat betreibt nebenberuflich einen schwung haften Handel mit Gewürzen. Das erklärt, warum er unbedingt selbst zum Lager der Schmuggler schleichen wollte und warum sie sich nach seinen Plänen richteten. Diese Vorstellung amüsierte mich. Ich überlegte, ob ich Germyr-HP verraten sollte, daß ich ihn durchschaut hatte. Doch ich ließ es dann doch lieber sein. Ich wußte nicht, wie er darauf reagieren würde. Die Schmuggler hatten unterdessen die Wüstenwagen der Parias besetzt. GermyrHP, Crysalgira und ich stiegen wieder in den Ghyran. Der Diplomat übernahm die Steue rung. Er fuhr hinter den Wüstenwagen her. Inzwischen war es endgültig Tag gewor den. Als wir das Lager der Schmuggler er reichten, näherte sich von Osten her eine Kolonne der kleinen offenen Wüstenwagen, wie die Parias sie benutzten. Aber sie waren mit Schmugglern besetzt. Demnach war also auch die zweite Gruppe der Parias besiegt worden. Die Wagenkolonne der Schmuggler setzte sich in Bewegung und fuhr nach Süden, während Germyr-HP uns erklärte, wie es
Planet im Feuersturm weitergehen würde. Ich konnte keinen Feh ler in seinem Plan entdecken. Für Hevla-Toorn und seine Gruppe mußte es so aussehen, als wäre ihr Plan aufgegan gen, als die Fahrzeuge der Schmuggler sich ihnen in wilder Flucht näherten, verfolgt von zwei Fahrzeugkolonnen, in denen die Wa gen der Parias zu erkennen waren. Dieser Eindruck wurde noch durch den Schuß wechsel zwischen Verfolgten und Verfol gern verhärtet. Hevla-Toorn glaubte sicher, leichtes Spiel zu haben. Die vollbesetzten Wagen seiner Gruppe tauchten auf einem Dünenkamm auf und rasten auf die Wagen der Schmuggler zu. Ihre Geschwindigkeit war so bemessen, daß sie in die Schmugglerkolonne hineinra sen mußten. Nach Ansicht der Parias wür den die Schmuggler ja nicht bremsen, weil ihnen die Verfolger im Nacken saßen. Aber genau das taten die Schmuggler. Dadurch stieß der Angriff der Parias ins Leere. Während ihre Wagen sich neu zu for mieren trachteten, waren auch die beiden »Verfolgergruppen«, angekommen. Die Verwirrung bei den Parias war voll kommen, als alle drei Gruppen das Feuer auf sie eröffneten. Ihre Wagen standen größten teils in Flammen, bevor sie recht begriffen, daß sie überlistet worden waren. Nur zwei Wüstenwagen mit Parias entka men. Vom Stamme Hevla drohte dem Han del auf absehbare Zeit keine Gefahr mehr. Die Transportfahrzeuge der Schmuggler formierten sich neu und fuhren nach Osten davon, in Richtung Wartzonga, begleitet von den mit Schmugglern besetzten erbeuteten Wüstenwagen. »Heute abend sind wir zu Hause«, versi cherte Germyr-HP.
8. Es war noch hell, als wir den westlichen Stadtrand von Wartzonga erreichten. Die Fahrt vom Salzsee aus war ohne Zwischen fälle verlaufen. Der Anführer der Schmuggler verabschie
45 dete sich von uns. Während wir mit dem Ghyran zu einem öffentlichen Parkhaus wei terfuhren, bog die Kolonne der Transportwa gen und Beutefahrzeuge nach Süden ab und nahm Kurs auf einen Handelshof, der noch außerhalb der Stadt lag. Wir stellten den Ghyran ab und stiegen aus. »Vielen Dank für Ihre Hilfe, GermyrHP«, sagte ich zu dem Diplomaten. »Ohne Sie wären wir immer noch die Gefangenen der TT. Würden Sie uns bitte sagen, wie wir zu Karsihl-HP kommen?« »Ich bringe Sie hin«, antwortete der Di plomat. »Um diese Zeit wird Karsihl-HP in seiner Wohnung sein. Das ist ganz in der Nähe. Wir können zu Fuß gehen.« »Sie sind wirklich ein prima Kerl!« sagte Crysalgira. »Wenn Sie ein Arkonide wären, würde ich Sie küssen.« Der Translator übersetzte zwar auch das, aber ich bezweifelte, ob Germyr-HP damit etwas anfangen konnte. Lopsegger küßten sich ganz sicher nicht. Jedenfalls vermochte ich mir das bei diesen Wesen nicht vorzu stellen. Der Diplomat ging uns voraus und führte uns zu einer der hier obligatorischen Trep pen. Seine Auffassung von Entfernungen unterschied sich offensichtlich stark von der unsrigen, denn nach einer halben Stunde wanderten wir immer noch treppauf, trepp ab. Ich wollte gerade eine entsprechende Be merkung machen, als unvermittelt ohrenbe täubende Huptöne erschollen. Die Lopseg ger, die sich mit uns auf der Treppe befan den, standen einen Augenblick lang wie er starrt, dann stoben sie aufgescheucht ausein ander. Einige waren so erstarrt, daß sie über den Rand der geländerlosen Treppe stürzten. Germyr-HP, Crysalgira und ich wurden von der Menge an die Wandseite der Treppe gedrängt. »Was ist los?« schrie ich dem Diplomaten über das Hupen und Knarren hinweg zu. »Das bedeutet doch Alarm? Ist Krieg zwi schen Wartzonga und Kalayshtan ausgebro
46 chen?« »Es ist viel schlimmer«, antwortete Ger myr-HP. »Die Alarmsignale bedeuten, daß Wartzong aus dem Weltraum angegriffen wird. Wahrscheinlich von einer Flotte der Tejonther. Ich hoffe nur, daß unsere Wach flotte sie aufhält.« »Wir müssen schnellstens zu KarsihlHP«, sagte Crysalgira. »Bringen Sie uns endlich zu seiner Wohnung!« »Dort ist er nicht mehr«, erklärte der Di plomat. »Karsihl-HP wird beim ersten Alarmsignal aufgebrochen sein und befindet sich auf dem Weg zum Hauptquartier.« »Dann führen Sie uns dorthin!« sagte ich. »Ja!« erwiderte der Diplomat – und warf sich zu Boden. Ich blickte nach oben. Was ich sah, ließ mir das Blut in den Adern erstarren. Ein ovales Raumschiff stürzte brennend vom Himmel. Die Flam men waberten aus seinem aufgerissenen Rumpf, hüllten das Heck völlig ein und ver einten sich dahinter zu einer brausenden Feuersäule. Winzig anmutende dunkle Ge stalten stürzten sich aus Luken im Vorderteil und fielen wie Steine herab. Es sah aus, als würde das brennende Schiff genau auf uns stürzen. Ich wußte al lerdings aus verschiedenen einschlägigen Erfahrungen, daß solche Eindrücke meist täuschten. Dennoch mußten wir uns in Deckung be geben. Ich schaute mich um und sah zirka zehn Meter unter uns eine Öffnung in dem Ge bäude, an dessen Wand unsere Treppe ent langführte. »Mitkommen!« rief ich Germyr-HP zu. Ich ergriff Crysalgiras Hand und hastete mit ihr die Stufen hinunter, immer zwei oder drei auf einmal nehmend. Die Prinzessin stolperte, und genau vor der Öffnung stürz ten wir. Ein Lopsegger landete neben uns und trampelte über uns hinweg durch die Öff nung: Germyr-HP. Gerade wollte ich Crysalgira hochziehen,
H. G. Ewers als das brennende Raumschiff mit ohrenbe täubendem Rauschen, Heulen und Donnern dicht über uns hinwegschoß. Der Pilot hatte offenbar todesmutig auf seinem Platz ausge harrt, denn ich sah, daß er versuchte, das Schiff hochzureißen, damit es nicht in die Stadt stürzte. Er schaffte es tatsächlich, den Bug wieder hochzureißen, doch dann sackte das Schiff endgültig weg, brach in zwei Teile und schlug irgendwo am Ostrand der Stadt auf. Ich konnte die Aufschlagstelle nicht ein sehen, da ein Gebäude im Wege stand, aber ich sah die schmerzende Helligkeit, die sich schlagartig ausbreitete. Dann erschütterte der Donner der Explosion den Boden. Die Treppe schwankte heftig, aber sie hielt. Als es still wurde, kroch Germyr-HP vor sichtig aus der Öffnung. »Das muß ein Raumschiff unserer Wach flotte gewesen sein«, erklärte er. Ich war noch verärgert über die Rück sichtslosigkeit, mit der er über uns hinweg getrampelt war, deshalb erwiderte ich un freundlich: »Dann bringen Sie uns schnellstens zum Hauptquartier, bevor die Angreifer selbst auftauchen!« »Kommen Sie!« sagte Germyr-HP. Er hüpfte die Treppe hinab. Wir folgten ihm. Die meisten Passanten waren ver schwunden. Nur einige einzelne Lopsegger hasteten noch panikerfüllt über die benach barten Treppen. Plötzlich wurde alles in gleißende Hellig keit getaucht. Ein hohles Brausen erscholl. »Nicht aufblicken!« rief ich Crysalgira zu. »Die Bodenforts haben das Feuer eröffnet. Wenn Sie mit ungeschützten Augen in einen Energiestrahl blicken, sind Sie blind.« Wir hasteten weiter, rannten über einen freien Platz und liefen eine andere Treppe hinauf. Plötzlich bäumte sich der Boden unter un seren Füßen auf. Nacheinander ertönte das schmetternde Krachen, mit dem sich starke Energiestrahlen in fester Materie entluden. Ich sah, wie ein pyramidenförmiges Gebäu
Planet im Feuersturm de zur Linken förmlich zerbarst. Glühende Trümmer wirbelten durch die Luft. Ein Schiff der Tejonther mußte die Ab wehr der Lopsegger durchbrochen haben und beschoß Wartzonga mit seinen Strahlka nonen. Nur Sekunden später strahlte hoch oben eine künstliche Sonne über der Stadt auf. Das tejonthische Raumschiff war im kon zentrischen Beschuß der Bodenforts explo diert. Aber es hatte sich bereits innerhalb der Atmosphäre befunden. Deshalb würden sei ne Trümmer unweigerlich herabfallen und zweifellos auch in der Stadt einschlagen. Wieder sah ich mich nach einer Deckung um. Ich entdeckte mehrere Öffnungen, aber ich kam nicht dazu, mit Crysalgira in eine zu flüchten, denn Germyr-HP war uns etwa zehn Meter voraus und rannte unaufhaltsam weiter. Wir mußten ihm auf den Fersen blei ben, wenn wir zum Hauptquartier finden wollten. Wir kamen immerhin anderthalb Treppen weiter, bevor der Trümmerregen einsetzte. Glühende Hüllenfetzen, brennende Aggrega te und zahllose undefinierbare Teile schlu gen rings um uns ein, rissen Häuserwände nieder, setzten Gebäude in Brand und schlu gen Treppen in Stücke. Wie durch ein Wunder blieben wir unver letzt. Germyr-HP schien von blinder Panik ergriffen zu sein. Er beschleunigte sein Tempo, sprang über breite Lücken, die von Trümmern in Treppen gerissen worden wa ren, rutschte eine Schutthalde hinunter und hastete eine neue Treppe hinauf. Wir rannten gerade über eine schmale Brücke zwischen zwei Treppensäulen, als die Stadt sich in eine einzige riesige, flackernde Aureole zu hüllen schien. Dann brach das dumpfe Krachen der Explosionen über uns herein. Raketenbeschuß! konnte ich noch denken. Im nächsten Augenblick verschwand das obere Drittel des Nachbargebäudes wie weg geblasen. Knallend barsten die Halterungen
47 unserer Brücke. Aus! dachte ich, während ich mich irgendwo festhielt und während unsere Brücke in den Abgrund zwischen den Treppentrüm mern stürzte.
* Als ich wieder zu mir kam, war es Nacht. Allerdings keine normale Nacht, denn das Glühen und Flakkern zahlloser Brände hellte die Dunkelheit auf. Wartzonga stand in Flammen – und ich lag mittendrin. Ich vermochte mich nicht an den Augen blick zu erinnern, an dem ich das Bewußt sein verloren hatte. Ich wußte nur noch, daß die Brücke mit mir in die Tiefe gestürzt war – mit mir, mit Crysalgira und wahrschein lich auch mit Germyr-HP. Bis zum Boden waren es mindestens drei hundert Meter gewesen. Ich konnte mir nicht vorstellen, wie jemand einen Sturz aus dieser Höhe überlebte. Dennoch lebte ich nicht nur, ich konnte sogar meine Lage über denken. Was ist aus Crysalgira geworden? Ich richtete mich auf. Außer Prellungen schien ich keine Verletzungen erlitten zu ha ben. Im zuckenden Schein der Flammen sah ich die Prinzessin ausgestreckt auf der Brücke liegen. Sie war offenbar bewußtlos. Doch ich sah auch, daß die Brücke nicht abgestürzt war, jedenfalls nicht sehr tief. Sie war an den eingeknickten Treppensäulen hängengeblieben und hing schief über dem Abgrund. Ein stetiges Knirschen und Knacken aber verriet mir, daß sie nicht mehr lange hier hängen würde. Auf Händen und Knien begab ich mich zu Crysalgira. Ich drehte sie behutsam um, stellte fest, daß sie atmete und schlug ihr ein paarmal gegen die Wangen. Die Lider über den mandelförmigen Au gen hoben sich, die Lippen zitterten. »Atlan?« flüsterte Crysalgira. »Ja, ich bin es«, erwiderte ich. »Können
48 Sie aufstehen? Wir müssen schnellstens hier weg!« »Ich dachte, wir wären tot«, sagte Crysal gira. »Kommen Sie endlich zu sich!« rief ich ungeduldig. Plötzlich knackte und knirschte es laut. Die gesamte Treppe kippte um etwa fünf Grad, sackte ein Stück ab und hing dann er neut fest. Ich begriff, daß wir nicht länger warten durften. Entschlossen legte ich mir Crysalgira über die Schultern, richtete mich auf und balan cierte über den schrägen Brückenboden zum benachbarten Treppenturm. Erneut knackte und knirschte es. Ich spür te, wie die Brücke sich wiederum unter mei nen Füßen senkte. Mit einem Sprung er reichte ich den Treppenturm, lehnte mich an die Säulenleiste und hörte, wie die Brücke hinter uns endgültig losbrach. Eine halbe Ewigkeit später drang das Ge räusch des Aufpralls aus der Tiefe zu uns herauf. Unser Treppenturm schwankte be denklich, aber er hielt. »Ich glaube, ich kann selber stehen«, flü sterte Crysalgira. So behutsam wie möglich ließ ich die Prinzessin herabgleiten und stellte sie auf die Füße. Vorsichtshalber hielt ich sie mit einer Hand weiter fest, während ich mit der anderen Hand die Säulenleiste umklammer te. »Es geht schon wieder, Atlan«, sagte Cry salgira und versuchte zu lächeln. »Was ist mit Germyr-HP?« »Wahrscheinlich ist er abgestürzt«, ant wortete ich. »Wir müssen versuchen, uns al lein zum Hauptquartier durchzuschlagen.« Ich schaute nach oben. Sämtliche benach barten Pyramidenbauten brannten. Soeben sank ein weiter entferntes Gebäude funken sprühend in sich zusammen. Wahrscheinlich stand ganz Wartzonga in Flammen. Die Aussichten, aus diesem Feuermeer heraus zukommen, waren gering. Dennoch war je der Versuch besser, als mutlos aufzugeben.
H. G. Ewers Ich richtete meinen Blick nach unten, um zu sehen, ob wir auf dem Treppenturm bis zum Boden gelangen konnten. Dabei entdeckte ich zirka fünfzehn Meter tiefer die Gestalt eines Lopseggers, die sich mit den Händen in eine Stufe verkrallt hatte, während der übrige Körper in der Luft pen delte. »Germyr-HP!« rief ich. »Atlan?« kam es fragend zurück. »Halten Sie aus!« schrie ich hinab. »Wir helfen Ihnen!« Ich wandte mich an Crysalgira und sagte: »Folgen Sie mir langsamer und halten Sie sich immer an der Säulenleiste fest!« Danach lief ich die Stufen hinab, legte mich so hin, daß meine Beine sich unter ei ner Stufe verklemmten und packte mit bei den Händen den Umhang des Diplomaten. Germyr-HP war doppelt so schwer wie ein Arkonide. Ich mußte alle Kraft aufwen den, um ihn Zentimeter um Zentimeter hö her zu ziehen. Dabei hatte ich mehrmals das Gefühl, als würde mein Rückgrat im näch sten Moment brechen. Schließlich kam Crysalgira bei uns an und half mir, sonst hätte ich es vielleicht doch nicht geschafft. Der Diplomat lehnte sich schweigend ge gen die Treppensäule, dann sagte er: »Ich danke Ihnen. Sie haben mein Leben gerettet. Lange hätte ich mich nicht mehr festhalten können.« »Warum haben Sie nicht nach uns geru fen?« erwiderte ich. »Dann hätten wir Ihnen schon früher helfen können.« »Ich dachte, Sie wären mit der Brücke in die Tiefe gestürzt«, antwortete der Diplo mat. »Aber das ist alles unwichtig. Wir müs sen sowieso sterben.« »Vielleicht auch nicht«, erwiderte ich. »Zumindest müssen wir versuchen, uns zum Hauptquartier durchzuschlagen.« »Wie denn?« erkundigte sich Germyr-HP. »Die ganze Stadt brennt. Wir können nicht durch die Flammen laufen. Hören Sie nicht die Bewohner schreien, die in der Gluthölle sterben?«
Planet im Feuersturm Ich hatte nicht auf die Wellen von knar renden Lauten geachtet, die unablässig über uns hinwegbrandeten. Erst als der Diplomat mich darauf hinwies, wurde mir bewußt, daß es sich um Schreie handelte, die in höchster Todesnot ausgestoßen wurden. Erschüttert schloß ich die Augen. Aber ich konnte die Ohren nicht verschließen. Es dauerte einige Zeit, bis ich mich wieder halbwegs gefaßt hatte. »Dennoch versuchen wir es!« erklärte ich tonlos. »Wir haben kein Recht, aufzugeben, solange wir noch um unser Leben kämpfen können.« Germyr-HP antwortete nicht gleich. Erst nach einiger Zeit sagte er leise: »Gut, Atlan, versuchen wir es.« Wir stiegen die Turmtreppe hinab und ei ne andere Treppe hinauf. Allerdings kamen wir nicht weit. Die Treppe hörte nach der halben Umrundung eines Gebäudes einfach auf. Wahrscheinlich hatte ein Trümmerstück sie zerschlagen. Wir kehrten um und suchten nach einem Eingang, durch den wir in das Gebäude kommen konnten. Es gab mehrere, aber sie waren durch Panzerschotte abgesichert. Endlich entdeckten wir, halb von den Trümmern eines abgestürzten Fluggleiters begraben, einen offenen Eingang. Wir zwängten uns hindurch und schalteten unse re Handscheinwerfer ein. Vor uns lag ein langer Korridor. Decke und Wände zeigten Risse und Spalten, die durch die Erschütterungen der Explosionen hervorgerufen waren. So schnell wir konnten, eilten wir durch den Korridor. An seinem Ende befand sich ebenfalls ein Panzerschott, aber es öffnete sich, als Germyr-HP noch etwa drei Schritte davor war. Durch die Öffnung drangen Licht und knarrende Schreie. Der Diplomat blieb stehen und drehte sich um. »Die Bewohner des Hauses haben sich ins Erdgeschoß geflüchtet, weil weiter oben al les brennt. Aber das Feuer wird sich tiefer fressen, wenn meine Vermutung stimmt, daß
49 die Tejonther Glühstaubbomben verwendet haben.« Er wandte sich wieder um und zwängte sich durch die Menge, die nur widerwillig Platz machte. Erschüttert sah ich, daß sich Tausende von Männern, Frauen und Kindern in den Räumen und Korridoren des Erdgeschosses aufhielten. Sie schienen zu wissen, daß es für sie keine Rettung gab und ergaben sich apathisch in ihr Schicksal. »Sagen Sie ihnen, sie sollen ins Freie flüchten«, rief ich Germyr-HP zu. »Das ist zwecklos!« rief der Diplomat zu rück. »Hier haben sie die Chance, einen schnellen Tod zu sterben, wenn die oberen Stockwerke herunterkommen.« Dennoch versuchte er es wenigstens. Aber die meisten Lopsegger gingen über haupt nicht darauf ein. Die spärlichen Ant worten waren Beschimpfungen, die vom Translator bruchstückhaft übersetzt wurden. Endlich erreichten wir einen Ausgang auf der gegenüberliegenden Seite des Gebäudes. Doch wir konnten nicht hinaus, denn die Te jonther flogen einen neuen Angriff. Aus dem Geräuschinferno glaubte ich herauszuhören, daß diesmal Raumjäger ein gesetzt wurden, die bis tief in die Atmosphä re hineinstießen und die Stadt mit Bugstrahl kanonen und Mikroatombomben angriffen. Das Gebäude schwankte unter dem Auf prall der Druckwellen. Die Lichter erlo schen, und die Lopsegger schwiegen vor Entsetzen. Immer und immer wieder krachte es, röhrten Triebwerke, donnerten Energie entladungen, heulte der Fahrtwind in den Bombenleitwerken. Dann trat überraschend Stille ein, eine so absolute Stille, daß ich im ersten Moment glaubte, ich wäre tot. Doch schon im nächsten Augenblick brandete wieder das knarrende Geschrei der Lopsegger auf. Germyr-HP stürzte aus dem Ausgang, Crysalgira und ich folgten ihm. Draußen er hellten immer noch flackernde Brände die Nacht. Doch es waren nicht mehr so viele
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wie zuvor. Die Druckwellen der letzten Ex plosionen mußten zahlreiche Feuer ausge blasen haben. Dafür hatte sich die Stadt endgültig in ein Trümmermeer verwandelt. Außerdem Haus, aus dem wir gekommen waren, konnte ich nur noch ein einziges sehen. Überall liefen Gestalten umher, verwirrte Einwohner, die wahrscheinlich noch nicht begriffen hatten, welches Unheil über sie hereingebrochen war. Germyr-HP blinkte mit seinem Hand scheinwerfer, als drei Fluggleiter auftauch ten. Die Gleiter kreisten einmal über dem Ge lände. Ein greller Lichtkegel traf den Diplo maten, dann Crysalgira und mich. Dann setzten die Gleiter neben uns auf. Bewaffne te Lopsegger sprangen heraus und umring ten uns. »Bringt uns zum Hauptquartier!« sagte Germyr-HP. »Und sorgt dafür, daß die Be wohner dieses Hauses hinter uns in Sicher heit gebracht werden!« »Steigen Sie ein!« sagte ein Lopsegger zu uns. Wir kletterten in die Sitzmulden eines Gleiters, der kurz darauf abhob. Das Trüm mermeer blieb rasch unter uns zurück. Wir waren dem Inferno des Grauens ent kommen …
* Das Hauptquartier befand sich in einem Tiefbunker neben dem Raumhafen von Wartzonga. Als wir auf der Versenkplattform lande ten, sah ich, daß drei der Raumschiffe, mit denen wir gekommen waren, als ausglühende Wracks auf dem Raumhafen lagen. Die übrigen Schiffe hatten wahrscheinlich noch rechtzeitig starten können. Die Versenkplattform sank so schnell hin ab, daß ich schlucken mußte. In ungefähr zweihundert Meter Tiefe stiegen wir aus und wurden durch einen Gang geführt. Hier un ten hatte der Angriff keinen Schaden anrich-
ten können. Wir kamen in einen kleinen Saal, in dem sich ungefähr fünfzehn Lopsegger aufhiel ten. Sie sprachen erregt aufeinander ein – bis sie uns erblickten. Schlagartig verstummten die Gespräche. Einer der Lopsegger kam langsam auf Crysalgira und mich zu. Plötzlich riß er sei ne Strahlpistole aus der Halfter und schrie: »Spione und Verräter! Ihr habt uns an die Tejonther verraten! Dafür werdet ihr ster ben!« Germyr-HP trat rasch zwischen den Lop segger, der kein anderer als Karsihl-HP sein konnte, und uns … »Halt, Karsihl-HP!« sagte er. »Atlan und Crysalgira sind keine Verräter. Sie und ich waren die ganze Zeit über zusammen. Wir schlugen uns mit Verfolgern aus Kalayshtan, mit Sphavn und Parias und befanden uns auf dem Wege zu dir, als der Angriff erfolgte. Crysalgira und Atlan hatten überhaupt keine Gelegenheit, den Tejonthern die Position Wartzongs zu verraten.« Langsam ließ Karsihl-HP seine Strahlpi stole sinken, dann schob er sie in die Halfter zurück, trat dicht vor die Prinzessin und mich und erklärte: »Mein Leben gehört Ihnen, denn ich habe Sie des Verrats beschuldigt, obwohl Sie un schuldig sind. Tun Sie mit mir, was Sie wol len!« »Vergessen Sie es, Karsihl-HP«, erwider te ich. »Ihre Stadt wurde verbrannt. Ich kann verstehen, daß Sie erregt sind und uns für Verräter hielten.« »Danke, Atlan!« sagte Karsihl-HP. »Ich hoffe, Sie werden auch Marsugg-TT verzei hen.« Ein anderer Lopsegger näherte sich uns, blieb vor uns stehen und sagte: »Ich bin Marsugg-TT, und ich hatte Ihre Entführung befohlen. Verfügen Sie über mich.« Er hatte Strafe verdient. Dennoch hielt ich es im Interesse der Sache für angebracht, auch ihm zu verzeihen. Nachdem er sich bedankt hatte, erklärte
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Karsihl-HP: »Die Tejonther zogen sich zurück, als un sere eigenen Raumschiffe ihren kleinen Ver band angriffen. Doch nichts kann sie daran hindern, wiederzukommen und weitere Städte auf Wartzong zu zerstören, wenn wir nicht unsererseits endlich die Initiative er greifen.« Er wandte sich den anderen Lopseggern zu und rief: »Sechsunddreißig Raumschiffe sind uns auf Wartzong verblieben. Ich schlage vor, daß wir alle sechsunddreißig Schiffe, sobald sie wieder gelandet sind, überholen und für einen Angriff auf die nächste Gefühlsbasis der Tejonther ausrüsten. Wer dagegen ist, soll sich melden.« Niemand meldete ich. Ich war sicher, daß noch nicht alle Stam mesführer mit dem Vorhaben einverstanden waren. Aber unter dem Eindruck der Verwü stung von Wartzonga wagte niemand, Kar sihl-HP zu widersprechen. »Es ist gut!« sagte Karsihl-HP, als das Schweigen anhielt. »Jeder weiß, was er zu tun hat.« Während der Saal sich allmählich leerte, wandte der Anführer des Stammes HP sich an Crysalgira und mich und sagte: »Ich nehme an, Sie sind immer noch da für, an der Eroberung einer Gefühlsbasis persönlich teilzunehmen?« Ich brauchte die Prinzessin nicht erst nach ihrer Meinung zu fragen, denn ich kannte
sie. »Wir sind bereit, Karsihl-HP«, antwortete ich. »Je früher wir eine Gefühlsbasis er obern, desto besser. Dennoch muß ich Sie bitten, meinen Hinweis zu akzeptieren, daß auch die Tejonther im Grunde ihres Wesens friedfertig sind. Wenn sie sich aggressiv ver halten, dann nur, weil sie von einem anderen Volk, den Tropoythers, unter Druck gesetzt werden.« »Das kann ich nicht akzeptieren!« erwi derte Karsihl-HP schroff. »Es waren die Te jonther, die die Hauptstadt meines Stammes zerstörten, nicht irgendwelche Tropoythers. Sagen Sie nie mehr, die Tejonther wären friedfertig, Atlan!« Ich seufzte resigniert. Die Lopsegger kannten die Zusammen hänge im Mikrokosmos leider zuwenig, um meine Behauptung zu verstehen. Aber viel leicht bot sich bald eine bessere Gelegen heit, um etwas gegen die Feindschaft zwi schen den beiden Völkern zu tun. »Wann starten wir?« fragte ich. »Sobald die Schiffe gelandet und ausgerü stet worden sind«, antwortete Karsihl-HP. »Germyr-HP wird Sie an Bord meines Flaggschiffs bringen, Atlan.«
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ENDE