1. Erf Zedden Ich liege bequem ausgestreckt im Gebüsch auf einer Anhöhe über dem Detroit River und schlafe meinen Rausch...
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1. Erf Zedden Ich liege bequem ausgestreckt im Gebüsch auf einer Anhöhe über dem Detroit River und schlafe meinen Rausch aus. Die Nacht ist schön mild, und als ich aufwache, fühle ich mich prima, liege da und schaue so herum, und - wupp! stolpert da einer aus dem Nichts, verliert das Gleichgewicht und fällt auf mich. Aus dem Nichts, sage ich. Ich schaue so; einen Augenblick vorher ist er noch nicht da, aber in der nächsten Sekunde gibt es ihn auf einmal. Ich winde mich unter ihm heraus und sehe zu, dass ich wieder zu Atem komme. Dann schaue ich hinauf, ob er nicht vielleicht aus einem Lufttaxi gefallen ist. Weit und breit kein Lufttaxi. Ich nehme mir fest vor, dass ich zum letzten Mal Gin vom Mars mit Wein von der Venus gemischt habe. Er setzt sich auf, schaut mich an, reibt sich die Augen und wackelt ein paar Mal mit dem Unterkiefer, bevor er überhaupt ein Wort herausbringt. Wie er dann schließlich sagt: »Wo bin ich?« redet er, als hätten sie ihm den Mund zugenäht. »Leicht zu beantworten«, sage ich. »Ich möchte aber lieber hören, wie Sie hergekommen sind.« Er steht auf, macht ein paar Schritte und verdreht den Hals in alle Richtungen. »Wo bin ich?« fragt er wieder. »Neu-Detroit«, sage ich. »Unten am Fluss, wie Ihnen vielleicht aufgefallen ist.« Er schaut sich noch Mal um und wird böse. »Hören Sie«, sagt er. »Ich kenne Detroit wie meine Hosentasche, und da gibt es nirgends einen Park, der so aussieht. Wo ist das Verwaltungszentrum? Wieso kann ich das Penobscot-Gebäude nicht sehen? Dort drüben muss die Belle-Insel sein, also müsste ich von hier aus das Stadtzentrum sehen können.« Ich sehe ihn mir genauer an und gebe mir Mühe, nicht über seine Sprechweise und die merkwürdige Kleidung zu lachen. Er sieht nicht mal übel aus, jung und gut gebaut, aber ein Haarschnitt wie der seine ist mir noch nicht vorgekommen - ganz kurz geschoren. Ich fange an, mich zu fragen, ob er nicht aus irgendeiner Anstalt entwischt ist. »Die Namen hab' ich noch nie gehört«, sage ich, »und vom Stadtzentrum sind Sie ungefähr zwanzig Meilen entfernt.« Er setzt sich wieder hin und macht ein so entgeistertes Gesicht, dass er mir leid tut. »Das ist doch Detroit, Bundesstaat Michigan, USA?« Ich erkläre ihm, dass es Neu-Detroit ist, und dass Neu-Detroit meines Wissens in der Provinz Michigan liegt, wenn ich auch nichts beschwören kann. Die Buchstaben am Schluß sagen mir überhaupt nichts. Er tut wie ein Kind, das sich Mühe gibt, etwas zu verstehen. »Das ist Detroit ... « »Neu-Detroit.« »Michigan -« »Provinz Michigan - glaube ich.« »Der fünfzehnte Juli -« »So ungefähr«, sage ich. So genau habe ich auf den Kalender nicht geachtet. Ich sage mir, dass es besser ist, wenn ich zusammen mit ihm erst mal von der Bildfläche verschwinde, bis ich mir über ihn klargeworden bin. Ich nehme seinen Arm und marschiere los. Er geht mit, ohne ein Wort zu sagen. Dabei sieht er sich aber dauernd um, als hätte er Neu-Detroit noch nie gesehen. Wenn es wirklich so ist, kann ich es ihm nicht mal Übel nehmen. Die Großstädte, die im großen Krieg ausgelöscht worden sind, waren natürlich schlimm dran, aber sie hatten auch den Vorteil, ganz neu anfangen zu können. Neu-Detroit ist wirklich wunderbar - die ganze Stadt ein großer Park, alle Wirtschaftseinrichtungen, Bodenverkehrsmittel und viele Wohnungen unter der Erde, und nur die Apartment-Gemeinden erstrecken sich in regelmäßigen Abständen in den Himmel.
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Er dreht sich nach dem Fluss um. »Sind wir weit vom Erie-See?« fragt er. »Nicht sehr weit. Von einem Lufttaxi aus können Sie ihn sehen, wenn Sie weit genug hinaufsteigen.« »Und vom St.-Clair-See?« »Sie meinen den Clair-See. Der ist ganz nah.« »Und das ist der Detroit-River?« »Hab' nie einen anderen Namen dafür gehört.« »Und das ist Detroit?« »Neu-Detroit.« Er atmet tief ein. »Und welches Jahr haben wir?« »2337«, sage ich. So wahr ich Zedden heiße, der Mann wird mir ohnmächtig. Ich rufe ein Lufttaxi, etwas später kommt er wieder zu sich, und ich schaffe ihn ohne Mühe in mein Hotelzimmer im siebten Untergeschoss. Ich werfe eine Münze ins Visiskop und setze ihn vor den Bildschirm, während ich weggehe, um ihm was Anständiges zum Anziehen zu kaufen. Wie ich zurückkomme, sitzt er zwar noch da, macht aber ein Gesicht, als würde er gleich explodieren. »Keine Werbung im Fernsehen!« sagt er. Ich frage ihn, was das ist. »Na, Werbung eben, Reklame, verstehen Sie - man spricht über ein Produkt oder singt ein Lied darüber, damit die Leute den Wunsch spüren, es sich zu kaufen.« »Hört sich albern an«, meine ich. »Davon habe ich noch nie etwas gehört. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass so etwas klappt. Wenn einer singt, komme ich ganz bestimmt nicht auf die Idee, mir etwas zu kaufen.« »Es hat aber Erfolg«, behauptet er. »Wissen Sie -« Ich sehe ihn mir an und versuche mir klar zu werden, ob er es ernst meint oder mich auf den Arm nehmen will. Ich komme nicht dahinter, weil er mit der Achsel zuckt und sagt: »Lassen wir's.« Einen Augenblick danach fängt er wieder an. »Das ist Detroit?« »Neu-Detroit.« »Und es gibt keine Werbung?« »Ich habe noch nie was davon gehört.« »Wie verkauft man denn dann die Waren?« »Tja, Verkäufer gibt es jede Menge. Mich stören sie nicht, weil ich Raumfahrer bin. Wir bekommen kaum Kredit. Wenn ich etwas brauche, gehe ich zu einem Handelszentrum und zahle bar. Und jetzt ziehen Sie sich erst mal um.« Ich bringe ihn soweit, dass er seine komischen Klamotten auszieht, und dann muss ich mit ihm streiten, weil er die neuen Sachen nicht mag. Gegen die Shorts hat er nichts, aber wegen des Umhangs macht er ein Riesentheater. »Was für einen Sinn hat es, einen durchsichtigen Umhang zu tragen?« fragt er mich. »Auf der Erde trägt ihn jeder«, sage ich. »Ich halte auch nicht viel davon, aber hier ist es nun mal so. Im Weltraum tragen wir praktische Kleidung.« »Jeder - Sie meinen - Frauen tragen ihn auch?« »Klar«, sage ich und zwinkere ihm zu. »Manche tragen noch viel durchsichtigere.« »Ich heiße Mark Jackson«, sagt er langsam. »Ich bin Automobilverkäufer - ein sehr guter sogar. Ich wohne in Detroit, und zwar im Jahr 1967, und ich will nach Hause.«
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»Ich heiße Erf Zedden«, sage ich. »Ich bin Raumfahrer, wahrscheinlich kein sehr guter. Ich arbeite auf einem Frachtschiff zwischen Mars und Kallisto und habe ein halbes Jahr Urlaub. Ich bin zum ersten Mal seit über fünf Jahren wieder auf der Erde, und wir schreiben das Jahr 2337. Was, zum Teufel, ist ein Automobil?« Er gibt keine Antwort, also schlage ich ihm auf die Schulter und erkläre ihm dass ich ein Glas vertragen könnte, während er den Eindruck macht, als sei eines für ihn zu wenig. Wir fahren zwei Geschosse hinauf zu einer Bar, die einem ehemaligen Raumfahrer gehört. Dieser Jackson benimmt sich sehr merkwürdig. Er starrt dauernd die Frauen an, und wenn ich auch zugeben muss, dass ihre Umhänge in dieser Bar durchsichtiger sind, als man sie sonst findet, frage ich mich doch langsam, ob er vielleicht noch nie eine Frau gesehen hat. »Wir schreiben 2337?« fragt er schließlich. »Bis zum nächsten Januar«, sage ich. »Ich habe mir zu überlegen versucht, woran es gelegen haben kann«, meint er. »Da war der radioaktive Niederschlag von den Bombentests. Die Zeitungen schlugen Krach, aber die Wissenschaftler behaupteten, er sei nicht gefährlich, und auf mich kann er auch nicht stärker gewirkt haben als auf alle anderen. Und dann dieser verdammte Röntgenapparat ... « Er macht Pause und trinkt einen Riesenschluck Mars-Gin. Ich warte ganz ruhig, weil ich mir sage, dass er vielleicht langsam vernünftig wird, wenn ich ihn nicht unterbreche. »Ich fuhr zu einem Arzt, um ihm ein Auto zu verkaufen«, fährt er fort, »und während ich auf ihn wartete, lehnte ich mich an den Röntgenapparat. Irgendwie schaltete sich das blöde Ding plötzlich ein. Der Arzt meinte, es seien nur ein paar Sekunden gewesen, und ich hätte nichts zu befürchten. Wahrscheinlich kamen auch noch andere Dinge dazu - es war eben so ein verflixter Tag. Und der Autounfall setzte allem die Krone auf. Ich fuhr von der Praxis weg, als plötzlich ein Kind auf die Straße lief. Ich hatte an meinem Kabriolett das Verdeck heruntergeklappt. Als ich auswich, prallte ich gegen einen Mast und wurde über den Zaun in einen Transformator der Edison Company geschleudert. Ich hatte gerade noch so viel Zeit, um zu denken ‚jetzt hat es dich erwischt!’, als ich auch schon hier war. Hier, bei Ihnen. 2337, sagen Sie?« »Bis zum nächsten Januar.« Er kippt wieder einen Vierstöckigen. »Ich glaube es nicht.« Ich erkläre ihm, dass er seine Sorgen gleich vergisst, wenn wir uns zwei Puppen angeln, aber er hat keine Lust und will lieber nachdenken. Wir fahren zurück zu meinem Hotelzimmer, aber da wimmelt es von Polizisten, jemand hat uns beobachtet, als ich ihn herbrachte, und hat es sofort gemeldet. Sie nehmen uns mit, auch seine seltsamen Klamotten, und in der Polizeizentrale brauche ich zwei Tage, um sie davon zu überzeugen, dass ich nichts über ihn weiß. Wie sie mich endlich weglassen, will mir keiner sagen, was sie mit ihm gemacht haben. Ich nehme also an, dass er zur Psychobehandlung dort behalten wird. Tja - ich weiß, dass ich für ihn getan habe, was ich konnte. Immerhin habe ich noch vier Monate Urlaub vor mir und Geld übrig, also nehme ich die nächste Rakete nach New York.
2. Professor John Parkins Es war Anfang August 2337, als ich von meinem alten Freund Bran Crustin, dem Polizeidirektor der Provinz Michigan, eine Telenachricht erhielt. Der Fall, den er mir beschrieb, war psychologisch nicht ausgefallen, hatte aber seine interessanten Aspekte. Es machte mir natürlich Spaß, auf irgendeine Wiese von Nutzen sein zu können. Zu dieser Zeit gab es noch keine Raketenverbindung Boston-Neu-Detroit, so dass ich zuerst nach New York flog und dort die Rakete nach Neu-Detroit nahm. Ich brachte drei Tage damit zu, die verschiedenen Kunsterzeugnisse zu studieren, die der angeblich aus der Vergangenheit stammende Mann mitgebracht zu haben behauptete, und mir die Tonaufzeichnung der langen Verhöre zu Gemüte zu führen. Seite 3
Bevor ich darum bat, ihn sehen zu dürfen, besprach ich den Fall außerdem noch in allen Einzelheiten mit den zuständigen Ärzten. Vier stämmige Pfleger brachten ihn ins Zimmer. Man sah, dass sie ihn für gewalttätig hielten, obwohl er ganz vernünftig aussah. Er hatte ein junges, gutgeschnittenes, wenn auch mürrisches Gesicht. Sein Körperbau war eindrucksvoll. Er schien eine führende Persönlichkeit zu sein, ein Mann, der es gewöhnt ist, zu dominieren. »Ich kenne Sie nicht«, sagte er zornig. »Was für ein Fach haben Sie? Lügendetektor? Psychosen?« Er trat einen Schritt vor, und die Pfleger stürzten hinzu, um ihn zu überwältigen. Ich winkte ab und schickte sie fort. Für mich stand bereits fest, dass dieser Mark Jackson nicht geisteskrank war, was immer er sonst sein mochte. Ich war zuversichtlich, dass er nicht gewalttätig werden würde, wenn ich ihn höflich behandelte. »Nehmen Sie bitte Platz«, sagte ich. Wir saßen einander an einem Tisch gegenüber, auf dem Jacksons Eigentum und seine merkwürdigen Kleidungsstücke ausgebreitet waren. »Ich heiße John Parkins«, sagte ich. »Professor für amerikanische Geschichte alt der Universität Harvard. Ich habe Ihre Habe studiert und mir die Aufnahmen der Unterhaltungen angehört.« »Und wie alle anderen halten Sie mich für verrückt!« knarrte er. Ich starrte ihn an. »Hübsch ausgedrückt! Aber nein, ich zweifle nicht an Ihrem Verstand. Ich bin auch von der Echtheit Ihres Eigentums völlig überzeugt. Hier handelt es sich unzweifelhaft um Relikte aus dem zwanzigsten Jahrhundert. Ihr Wert ist, in Geld ausgedrückt, nicht übermäßig groß, aber eine Reihe von Museen würde sie liebend gerne nehmen. Soweit nachprüfbar, ist auch Ihr Wissen über das zwanzigste Jahrhundert völlig zutreffend. Sogar Sprache und Akzent sind authentisch, jedenfalls nach den gängigen Theorien.« Er sprang auf und ging ein paar Mal hin und her. »Mal was andres. Dass mir geglaubt wird, meine ich. Heißt das, dass ich hier herauskann?« »Hm«, sagte ich. Alles, was dieser Mann von sich gab, klang überzeugend, aber ich durfte mich nicht überzeugen lassen. Ein Historiker geht selbstsicher mit Aufzeichnungen, Dokumenten, Funden um, darf aber nicht so voreilig sein, ein Urteil über die Echtheit, die historische Echtheit eines lebendigen Menschen zu fällen! »Nein«, sagte ich. »Es heißt nicht, dass Sie freigelassen werden können.« »0 fein. Sie glauben mir, und wahrscheinlich hat man Sie jetzt zu mir gesperrt!« Ich lächelte. »Nein. Ich habe darum gebeten, Sie sehen zu dürfen, weil ich Ihnen Ratschläge geben möchte. Die Ärzte sind entschlossen, Sie von Ihren Wahnvorstellungen zu heilen. Lassen Sie es zu.« »Wie?« »Sie glauben, dass Sie ein Geschichtsstudent sind, der an einer traumatischen Amnesie leidet und seine Studienthemen mit der Realität durcheinandergebracht hat. Geben Sie ihnen recht, dann wird man Sie vermutlich freilassen.« »Wie kann ich ihnen recht geben, wenn ich weiß, dass sie sich irren?« »Geben Sie ihnen trotzdem recht«, sagte ich entschieden. »Sie haben den Behörden schon genug Schwierigkeiten bereitet. Allein die Tatsache, dass nirgends Ihre Fingerabdrücke registriert sind, hat in vier Zweigen der Staatsverwaltung Panik hervorgerufen. Tun Sie einfach, was man Ihnen sagt, glauben Sie, was man Ihnen erzählt, und man wird Sie früher oder später in Freiheit setzen.« »Glauben Sie mir denn?«
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»Ich glaube, dass Sie ein verblüffendes Wissen über das zwanzigste Jahrhundert besitzen. Wie Sie es auch erworben haben mögen, es sollte nicht verschwendet werden. Kommen Sie nach Ihrer Freilassung zu mir, dann verschaffe ich Ihnen eine Stelle als Lehrkraft. Sie müssten ein hervorragender Historiker werden.« »Nein, danke«, sagte Jackson. »Ich bin Verkäufer - ein guter Verkäufer. Ein Posten als Lehrer interessiert mich nicht.« »Überlegen Sie es sich wenigstens gründlich. Und vergessen Sie nicht - je früher Sie mittun, desto eher kommen Sie hier heraus.« Nach meiner Rückkehr nach Boston befasste ich mich weiterhin häufig mit diesem Mark Jackson, weil mir in all den Jahren meines Gelehrtenlebens kein rätselhafteres Problem vor Augen gekommen ist. Schließlich schrieb ich an Arnold Stephens, einen Vetter meiner Frau, der Personalchef der Terra-Verkaufsgesellschaft ist. Ich schilderte in Umrissen, was ich für die Tatsachen des Falles Jackson hielt, und erkundigte mich, ob er in der Lage sei, den jungen Mann bei der Berufswahl zu unterstützen. Er schrieb zurück, dass er gern mit ihm sprechen wolle, aber nicht mehr versprechen könne, als jedem anderen Anwärter auf eine Verkäuferstelle auch zugestanden werde. Ich setzte mich sofort mit der Polizei von Neu-Detroit in Verbindung. Jackson war bereits als geheilt entlassen worden, und man wusste nicht, wohin er sich gewandt hatte. Ich konnte erkennen, dass sie sehr erleichtert waren, ihn endlich los zu sein.
3. Arnold Stephens Mark Jackson erschien wenige Tage, nachdem ich Professor Parkins' Brief über ihn bekommen hatte, in den Büroräumen der Terra-Verkaufsgesellschaft. Ich erkannte natürlich sofort seinen Namen und nahm an, dass ihn der Professor geschickt hatte. Ich spreche seit vielen Jahren mit allen Bewerbern selbst, weil man mich für diese Aufgabe am geeignetsten hält. Ich ließ Jackson sofort zu mir bringen und war nach der Lektüre von Parkins' Brief eigentlich ziemlich überrascht, nichts auffallend Besonderes an ihm zu finden. Die ein wenig sonderbare Aussprache hätte ich übersehen können, im übrigen wirkte er ganz normal. Wenn ich Parkins persönlich und vom Beruf her nicht so gut gekannt hätte, wäre ich auf die Idee gekommen, dass er sich mit mir einen Witz erlaubt hatte. Jackson war ein gutaussehender junger Mann, etwas ernster als die meisten, und was ihn von den anderen Bewerbern dieses Vormittags unterschied, war lediglich seine Haltung ruhiger Entschlossenheit. »Sie wissen sicher, dass mir Professor Parkins Ihretwegen geschrieben hat«, sagte ich. Er sah mich überrascht an. »Nein, das wusste ich nicht. Ich habe vor drei oder vier Wochen mit einem Mann dieses Namens gesprochen, aber über andere Dinge.« »Aha. Warum wollen Sie Verkäufer werden?« Er sprang auf. »Ich bin Verkäufer«, sagte er mit Entschiedenheit. Und er fing an. Eine derart erstaunliche Vorstellung war mir noch nicht vorgekommen. Er bewies die Geschicklichkeit eines geschulten Vortragskünstlers. Er war nicht nur redegewandt, sondern von brillanter Überzeugungskraft. Ohne seinen Akzent und den häufigen Gebrauch fremdartiger Wörter wäre ich hingerissen gewesen. Sein Vortrag befasste sich in erster Linie mit seinen Fähigkeiten und Erfahrungen im Verkauf von Automobilen. Dabei handelte es sich, wie ich später erfuhr, um eine überholte Form eines Transportmittels. Es war bemerkenswert, aber auch tragisch. Ich hörte ihn mir bis zum Ende an und schüttelte dann bedauernd den Kopf. » Tut mir leid«, sagte ich. »Ich kann Sie nicht brauchen.« »Warum nicht?«
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Die Qualifikationen für Verkäufer gehörten damals zu den am besten gehüteten Geheimnissen der Geschäftswelt. Obwohl ich ihm keine offene Antwort geben konnte, hatte ich doch das Gefühl, dass ihm wegen seiner Leistung mehr gebührte als die übliche, knappe Verabschiedung. »Haben Sie sich schon bei einer anderen Verkaufsgesellschaft beworben?« fragte ich. »Natürlich! Das hier ist die dreiundzwanzigste, und sechzehn habe ich noch vor mir. Nichts zu machen. Keine davon hat Verkäufer. Die Luftkabinen-Gesellschaft in Neu-Detroit bot mir fünf verschiedene Stellungen an, aber keine als Verkäufer. Man erklärte mir, dass man seit hundertfünfzig Jahren keine eigenen Verkäufer mehr verwendet habe. Alle Verkäufe werden über Verkaufsgesellschaften abgewickelt. Ich reiste also nach New York, um es bei diesen Gesellschaften zu versuchen, erhielt aber die gleiche Antwort. ‚junger Mann, wenn Sie Verkäufer werden wollen, müssen Sie zuerst einmal lernen, sich selbst zu verkaufen.’ Das klang vernünftig, also mietete ich mir ein Aufzeichnungsgerät. Gestern arbeitete ich fast die ganze Nacht durch an einem Verkaufsgespräch, um mich selbst zu verkaufen. Sie haben es eben gehört. Ich glaube, dass es gut ist. Verflixt, ich weiß, dass es gut ist! Aber ich höre immer wieder dasselbe. Verkaufen Sie sich selbst! Bei meiner letzten Bewerbung feixte mich ein dicker, alter Knabe an und sagte: ‚Bringen Sie mich dazu, sie einzustellen. Ich fordere Sie heraus!’« Ich lachte. »Das kann nur Barlow von >Verkauf ohne Haftungsbeschränkung< gewesen sein.« »Hören Sie, ich weiß, dass ich verkaufen kann. Ich verlange doch nur, dass man mir eine Gelegenheit dazu gibt. Sie können mich auf Provisionsbasis einstellen, und es kostet Sie nichts, wenn ich erfolglos bleibe. Was kann man dagegen einwenden? Bin ich aussätzig, oder was?« »Professor Parkins sagte, Sie seien der Ansicht, auf irgendeine Weise vom zwanzigsten Jahrhundert hierher versetzt worden zu sein. Er scheint halb dazu zu neigen, Ihnen Glauben zu schenken.« Jackson winkte ungeduldig ab. »Ich gebe gar nichts zu. Ich bin lange genug in dem Krankenhaus gewesen. « »Ich verstehe«, sagte ich. »Aber selbst wenn Sie im - nun ja, anderswo ein guter Verkäufer gewesen wären, müssten Sie sich leider auf andere Art Ihren Unterhalt verdienen. Ich rate Ihnen, bei der Luftkabinengesellschaft eine Stellung anzunehmen.« »Ich bitte doch nur um eine Chance«, flehte er. »Ich weiß, was ich leisten kann. Ich verkaufe alles.« »An jeden?« fragte ich. »Wie meinen Sie das?« Ich überlegte einen Augenblick. »Wegen Ihrer ungewöhnlichen Art werde ich eine Ausnahme machen und Ihnen zeigen, was von unseren Verkäufern verlangt wird. Kommen Sie mit.« Ich führte ihn ins Archiv und zog aufs Geratewohl einen Ordner heraus. »Hier ist der Wochenbericht eines unserer Verkäufer. Er hat erst vor kurzem angefangen, bessert sich aber. Sie sehen, dass er hundertsieben Besuche, am Tag also etwa einundzwanzig gemacht hat. Bei diesen Besuchen erzielte er zweihundertvierzig Aufträge, davon zweiundzwanzig große - mit Beträgen über zweitausend Dollar.« »Hat denn niemand nein gesagt?« entfuhr es Jackson. »Natürlich nicht«, sagte ich. »Wir können keinen Verkäufer brauchen, zu dem Leute nein sagen können. Ich weiß nicht, welche Erfolge Sie im - anderswo - hatten, aber wenn Sie nicht fast genauso viel leisten, könnte sich keine Verkaufsgesellschaft mit Ihnen abgeben. Und Sie könnten es sich nicht leisten, Ihre Zeit zu vergeuden. Dieser Verkäufer hier verdient sich seinen Lebensunterhalt, aber nur knapp. Wenn er bis Ende des Jahres nicht beträchtliche Fortschritte aufzuweisen hat, werden wir ihn entweder entlassen oder versetzen.« »Verstehe«, sagte Jackson. Er wirkte plötzlich müde. »Gehen Sie lieber zu der Fabrik«, meinte ich. »Das ist eine gute Firma. Man nimmt dort offenbar an, dass Sie Fähigkeiten besitzen, sollst hätte man Ihnen nicht fünf verschiedene Posten angeboten.« Seite 6
»Man hat mich zwei Tage lang getestet. Ich bin aber Verkäufer. Hinter einem Schreibtisch oder an einem Fließband würde ich mich nicht wohlfühlen. Ich bin Ihnen für Ihre Freundlichkeit dankbar, aber ihren Rat kann ich nicht annehmen.« »Ich nehme an, dass Ihre Geldmittel begrenzt sind. Irgend etwas werden Sie arbeiten müssen.« »Das weiß ich. Tja - heute früh habe ich einen Mann wiedergetroffen, der mir in Neu-Detroit begegnet ist. Erf Zedden. Er ist Raumfahrer und glaubt, mir auf einem Erzfrachter zwischen Mars und Kallisto eine Stelle verschaffen zu können. Im Augenblick hört sich das recht gut an.« »Das ist kein Platz für einen Mann mit Fähigkeiten«, sagte ich. »Mag sein, aber ich habe das Gefühl, dass ich einfach hier weg muss. Ich brauche Zeit zum Nachdenken.« Ich unterhielt mich noch ein paar Minuten mit ihm und versuchte ihn aufzuheitern, aber ohne großen Erfolg. Er bedankte sich und ging. Es dauerte über zwei Jahre, bis ich ihn wiedersah.
4. Erf Zedden In New York treffe ich diesen Mark Jackson wieder. Er sieht so niedergeschlagen aus, dass ich fast befürchte, er will sich ins Wasser stürzen. Sein Geld geht allmählich zur Neige, und er erzählt mir, dass das, was er für den Verkauf seiner Sachen an ein Museum bekommen hat, auch. schon fast ganz ausgegeben ist, worauf ich sage: »Ach was! In ein paar Tagen fliege ich wieder zum Mars. Kommen Sie mit zum Büro der Jupiter-Bergwerksgesellschaft, dann besorge ich Ihnen eine Stelle. Die Mars-Kallisto-Strecke ist harmlos, die Bezahlung gut, und wenn Sie zu alt werden, bekommen Sie eine ordentliche Pension. Was haben Sie zu verlieren?« Er sagt, dass er es sich überlegen will, aber vorher müsste er noch mit ein paar Leuten reden. Gegen Abend kommt er zu mir ins Hotel und sagt: »Wann starten wir?« Also nichts wie 'rauf zum Mars. Dieser Jackson ist wirklich tüchtig, das muss man ihm lassen. Zwei Monate dabei, und schon mein Chef. Ende des Jahres leitet er den ganzen Laden auf Kallisto, und ich bekomme von der Firma eine Prämie dafür, dass ich ihn mitgebracht habe. Noch nie habe ich jemanden so schnell aufsteigen sehen, aber irgendwie scheint er nicht sehr glücklich darüber zu sein. Gleichgültig, wie hoch er kommt, wir sind immer noch gute Freunde, und so oft ich auf Kallisto lande, wohne ich bei ihm. Als ich von einem Urlaub auf der Erde anfange, kommt er natürlich auch auf den Gedanken, dass er Urlaub gebrauchen könnte, und wir verabreden uns, gemeinsam zur Erde zu fliegen und uns tüchtig zu amüsieren. Ich komme dann doch vorher hinunter, weil er darauf besteht, als Tourist den Mond zu besichtigen. »Was ist am Erdmond so besonders, wenn du fast zwei Jahre auf einem Jupitermond gelebt hast?« frage ich, aber es bleibt dabei. Dadurch komme ich einen Tag früher in Stellar City an als er. Ich besorge in einem Raumfahrerhotel ein Zimmer für uns und hinterlasse ihm am nächsten Morgen eine Nachricht, dass wir uns im ‚Rocket Club’ treffen und uns zwei Mädchen suchen. Und genau an dem Tag geht es auf der Erde richtig los. Die Mädchen, die ich aufgable, sind sehenswert - große, üppige Wesen mit so durchsichtigen Umhängen, dass sie ruhig ganz darauf verzichten könnten. Das Haar tragen sie in dem neuen Aufwärtsstil, und sie sehen ganz so aus, als hätten sie Raketenantrieb. Ich denke mir, dass wir an den Urlaub noch lange denken werden. Wir sitzen im ‚Rocket Club’ und trinken. Nach einer Weile kommt Jackson herein, und wir gehen den Pluto-Boulevard hinauf zum Hotel. Und auf einmal rennt ein riesiger Pöbelhaufen auf uns zu.
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Wie gesagt, genau an diesem Tag ist auf der Erde der Teufel los. Wir drücken uns an eine Hauswand, während der Pöbel vorbeistürmt, und sehen ganz kurz das kalkige Gesicht von dem Mann, den die Leute jagen. Er rennt um sein Leben, und mordlustigere Gesichter als in dem Haufen habe ich in meinem ganzen Leben noch nicht gesehen. »Fort mit Schaden«, sagte eines der Mädchen. »Kommt mit, wir sehen uns an, wie sie ihn fertig machen.« Jackson hat noch nicht gehört, was los ist und schreit plötzlich: »Moment mal! Was soll denn das alles?« Wir haben keine Zeit für eine Erklärung. Der Pöbel rennt vorbei, ich rufe ein Flugtaxi, wir steigen ein und fliegen mit der kleinen Flotte mit, die über dem Ganzen schwebt, um die Vorstellung zu verfolgen. »Warum jagen sie ihn?« erkundigt sich Jackson. »Er ist ein Hypno«, sage ich. Er ist ein ziemlich guter Hypnotiker und bietet eine prima Vorstellung. Er schaut von Zeit zu Zeit über die Schulter und lässt zwei oder drei Gruppen erstarren. Die anderen rennen sie einfach über den Haufen, trampeln sie nieder und laufen weiter. In der Ferne sehe ich ein paar Polizeimaschinen und frage mich, ob sie es rechtzeitig schaffen. Natürlich nicht. Der Hypno rennt, solange er kann, dann dreht er sich um. Selbst ein erstklassiger Hypnotiker hätte keine Chance gehabt. Der Pöbel braucht nur seinem Blick auszuweichen. Leute klettern über ihn, Messer blitzen, und bis die Polizeistreifen landen, sind alle verschwunden, und man braucht mir noch den Toten wegzuschleppen. Das Taxi setzt uns vor dein Hotel ab. Die Mädchen quietschen immer noch ganz aufgeregt, und Jackson macht ein Gesicht, als wäre ihm übel. Wir geben auf unser Zimmer, er lässt sich in einen Sessel fallen und trinkt Mars-Gin aus der Flasche. »Warum?« fragt er. »Warum was?« sagt eines von den Mädchen. »Warum haben sie diesen Mann ermordet?« Das Mädchen starrt ihn an. »Hast du denn nichts gehört?« »Ich habe gar nichts gehört. Ich bin vor ein paar Stunden vom Mond gekommen - nicht wahr?« Ich gehe zum Visiskop, werfe eine Münze ein, und wir setzen uns alle hin und sehen zu. Paris. Sechshundert Hypnotiker ermordet, die Zahl steigt ständig. Aufnahmen von Menschenmengen, die Hypnos verfolgen. Applaus und Kichern bei den Mädchen. London. Mehr als zweihundert Hypnotiker ermordet. Unkontrollierbare Pöbelhaufen, die durch die Straßen stürmen. Das Internationale Institut für Hypnologie in Flammen. New York. Notstand ausgerufen. Keine Zahlen der Opfer verfügbar. Und so weiter. »Der Kongressausschuss hat heute früh seinen Bericht bekannt gegeben«, sagt eines von den Mädchen. »Millionen Hypnotiker auf der Erde, fünfundachtzig Prozent davon Verkäufer. Jedesmal, wenn man sich umdreht, verkauft dir einer etwas, und du fragst dich, warum du es gekauft hast, bis dir der nächste etwas verkauft. Ich bin vor drei Monaten von der Venus hierher gekommen. Wisst ihr, wie viele Luftkabinen ich habe? Drei Stück. Ich kann nicht einmal eine brauchen. Die letzte habe ich vor einer Woche gekauft, zusammen mit einer Garage, die eineinhalb Meilen von meiner Wohnung entfernt ist. Habe ich eine von den anderen beiden in Zahlung dafür gegeben? Nein. Also frage ich mich immer wieder: ‚Warum? Warum mache ich solche Dummheiten?’ Und heute früh kommt der Bericht heraus, da weiß ich auf einmal Bescheid. Hypnos haben mir alles verkauft. In meiner Wohnung stehen zwei Nahrungsmittel-Synthetikatoren. Mit einem einzigen kann man zehn Personen ernähren, und ich wohne allein - meistens. Die verdammten Hypnos. Ich habe eine Garderobe, die für die nächsten zehn Jahre reicht. In jedem Zimmer steht ein Visiskop. Ich habe soviel Zeug, dass ich mich kaum umdrehen kann. Als ich auf die Erde zurückkam, hatte ich ziemlich viel Geld, aber nach einem Vierteljahr ist alles fort, und die Raten kann ich die nächsten zwanzig Jahre bezahlen. Hypnos!« Sie zischt wie eine von den Schlangen, die ich bei meinem letzten Urlaub auf der Erde im Zoo gesehen habe.
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»Meine Schwester hat drei Teppiche übereinander auf dem Boden liegen«, sagt die andere. »Teure Teppiche, einfach übereinander. Von ihrem Mann bekäme sie was zu hören, wenn er nicht vier Flugkabinen gekauft hätte.« Auf dem Bildschirm wird von Stadt zu Stadt geschaltet. Die Krise erstreckt sich über den ganzen Erdball. Von Honolulu bis Moskau werden Hypnos durch die Straßen gejagt oder in ihren Häusern ausgeräuchert. »Ich will euch eines sagen«, meint eines von den Mädchen. »Wenn das vorbei ist, werden die Hypnos - falls es dann noch welche gibt - nichts mehr verkaufen. Wenn die Regierung damit nicht Schluss macht, besorgen wir uns eine neue Regierung.« Jackson klatscht in die Hände, küsst beide Mädchen und hämmert mir auf dem Rücken herum. Ich sehe einen merkwürdigen Ausdruck in seinen Augen, der mir vorher nie aufgefallen ist. »Und ich verschaffe mir einen Posten als Verkäufer«, sagt er. »Wer will etwas trinken?« Am nächsten Morgen werfen wir die Mädchen hinaus und nehmen eine Rakete nach New York. Die Mädchen sind nicht begeistert. Sie haben sich schon auf einen ganzen Monat mit freigebigen Raumfahrern eingerichtet, aber wir werfen sie trotzdem hinaus. Jackson besorgt sich eine Unmenge Zeitungsstreifen, bevor wir die Rakete besteigen, und liest während des ganzen Fluges, was über die Unruhen berichtet wird. Ich lese auch ein bisschen, um mir die Zeit zu vertreiben, finde den Kongressbericht aber nicht so sehr aufregend. Da steht nur, dass die Hypnos einen größeren Tell der Bevölkerung ausmachen, als man angenommen hat, worauf die Berufe der Hypnos aufgeschlüsselt werden: zwei Prozent Politiker, acht Prozent in irgendeinem Zweig der Medizin, drei Prozent Verbrecher, zwei Prozent Diverses und fünfundachtzig Prozent Verkäufer. Für uns Raumfahrer hat das nicht viel zu bedeuten. Wir sind von Verkäufern nie belästigt worden, weil es für uns keine Krediteinstufung gibt. Aber die übrige Bevölkerung steckt bis zum Hals in Schulden, weil sie Dinge kauft, die sie nicht braucht und sich nicht leisten kann. Als der Bericht bekannt wird, addiert jeder für sich zwei und zwei, und was dabei herauskommt, gefällt keinem. In New York schleppt mich Jackson mit zu einem vornehmen Bürogebäude. Über der Tür steht >Terra-Verkaufsgesellschaft<, und im Innern sieht es schlimm aus. Überall halten Polizisten Wache, zerbrochene Fensterscheiben werden ersetzt, in der großen Halle kehrt man Scherben und Gerümpel zusammen, und die Angestellten machen Gesichter, als wäre ein reicher Onkel gestorben, ohne sein Testament zu machen. Jackson strahlt über das ganze Gesicht, kämpft sich an Aufpassern und Sekretärinnen vorbei, bis wir im Büro eines Mannes namens Stephens landen. Er begrüßt uns sehr höflich, obwohl man sehen kann, dass er keine Lust hat, sich mit irgend Jemandem zu unterhalten. »Ich erinnere mich«, sagt er zu Jackson. »Sie sind der Mann aus dem - wie geht es Ihnen?« Jackson holt Stühle, wir setzen uns, und er beugt sich über den Schreibtisch, als gehöre er ihm und nicht diesem Stephens. Nachdem ich gesehen habe, wie Jackson auf Kallisto eingeschlagen hat, frage ich mich, ob er hier vielleicht auch das Kommando an sich reißt. »Jetzt verstehe ich, warum Sie mich nicht einstellen wollten«, sagt Jackson. »Alle Ihre Verkaufskanonen sind Hypnotiker.« Stephens nickt. »Selbstverständlich.« »Und wenn ein Bewerber Sie nicht durch Hypnose dazu veranlassen konnte, ihn einzustellen, wiesen Sie ihn ab.« Stephens nickt wieder. »Ich bin gegen Hypnose bis zu einem gewissen Grade immun, und wenn mich jemand hypnotisieren kann, weiß ich, dass er gut ist. Natürlich nehmen wir nicht einfach jeden Hypnotiker.« Seite 9
»Den Meldungen zufolge wird die Regierung noch heute Schritte unternehmen, um zu verhindern, dass Sie überhaupt noch Hypnotiker einstellen. Deswegen möchte ich eine Stellung.« »Die Antwort ist noch immer negativ«, sagt Stephens. »Wenn Hypnotiker nicht für Sie verkaufen können, müssen Sie andere Leute einstellen oder zusperren.« »Wir hatten heute früh eine Stabsbesprechung«, sagt Stephens. »Auch die Generalversammlung der Verkaufsgesellschaften ist zusammengetreten. Wir haben uns darauf geeinigt, notfalls die Arbeit einzustellen.« Er grinst uns an, aber dabei macht er keinen sehr glücklichen Eindruck. »Die von der Regierung zu erwartenden Beschränkungen werden sich nicht länger als einen Monat halten. Das genügt, um die schlimmste Wirtschaftskrise der Geschichte hervorzurufen. Unsere Wirtschaft kann ohne die Hypnotiker einfach nicht funktionieren. Es gibt keinen anderen Weg, die Bevölkerung zum Konsum unserer gigantischen Warenproduktion zu veranlassen. Es tut mir leid, aber der Rat, den ich Ihnen vor zwei Jahren gegeben habe, gilt immer noch.« »Ich glaube, dass Sie die Lage verkennen«, meint Jackson. »Die Beschränkungen werden nicht nur vorübergehend sein. Ich habe aber schon über zwei Jahre gewartet, da kommt es auf die kurze Zeit auch nicht mehr an.« Stephens erklärt ihm ganz freundlich, dass er nur seine Zeit vergeudet, wir drücken ihm die Hand und gehen. »Was passiert jetzt?« frage ich. »Wir bitten die Firma um unbefristeten Urlaub«, sagt Jackson. »Dann suchen wir uns Arbeit – irgendwo bei einer Behörde am besten, wo wir von der Krise nichts spüren. Dann warten wir ab. Ich bekomme einen Posten als Verkäufer. Vielleicht mache ich sogar aus dir einen!« Davon halte ich nicht viel, aber ich mag Jackson und bin einverstanden. Den unbefristeten Urlaub bekommen wir ohne Schwierigkeiten. Jackson ist so tüchtig, dass sie ihn später wiederhaben wollen. Wir treten also bei der Post ein und warten auf die kommenden Dinge.
5. Arnold Stephens Zu der Zeit, als mich Mark Jackson besuchte, glaubten wir tatsächlich, so lange aushalten zu können, bis unsere Hypnotiker wieder all die Arbeit durften. Die Krise entwickelte sich rasch. Über Nacht verwandelte sich unsere Wirtschaft von einem System, in dem jeder alles kaufte in ein solches, wo alle nichts kauften. Am Ende der zweiten Woche waren Millionen arbeitslos, und die Zahl nahm ständig zu. Die Arbeitslosen kauften nichts; ihre Reserven wurden von den Ratenzahlungen aufgezehrt, der Rest musste als Miete entrichtet werden. Sie schienen vollauf damit zufrieden zu sein, auf Luxus wie frische Nahrungsmittel zu verzichten, und nützten ihre früheren Käufe. Die Durchschnittsfamilie besaß einen Nahrungs-Synthetisator pro Person und hätte von synthetischer Nahrung über ein Jahr leben können. Die wenigen Glücklichen, die noch Arbeit hatten, zahlten widerstrebend ihre Raten und versuchten, nebenbei ein bisschen Geld zu sparen. Unsere Vorhersagen trafen mit einer Ausnahme ein: Obwohl die Wirtschaft in katastrophalem Zustand war, weigerte sich der Kongress, die Anti-Hypno-Gesetze aufzuheben. Erst nach drei Monaten konnten wir einen Abgeordneten dazu bewegen, einen neuen Entwurf einzubringen, aber er zog ihn schon am nächsten Tag zurück, als seine Wähler Abberufungslisten kursieren ließen. Erst dann nahmen wir das Unvermeidliche hin und begannen Nicht-Hypnotiker als Verkäufer einzustellen. Ich versuchte, Jackson ausfindig zu machen, aber er hatte keine Anschrift hinterlassen, und seine Firma wusste nur, dass er unbezahlten Urlaub genommen hatte. Einen Monat später kam er zu mir. »Sie stellen also endlich Nicht-Hypnotiker ein«, stellte er fest.
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»Ja«, gab ich zu. »Heute versuchte einer, mir eine Flugkabine zu verkaufen. Etwas Niederschmetternderes habe ich noch nicht erlebt. Er hielt mich auf der Straße all, druckste fünf Minuten lang herum und sagte schließlich: ‚Eine neue Flugkabine wollen Sie sich wohl nicht zulegen?’ Ich lehnte ab, er bedankte sich höflich und ging davon.« Er lachte dröhnend, und ich konnte nicht viel darauf sagen. »Sehen Sie sich das an, sagte er und hielt mir einen Zeitungsstreifen unter die Nase. In einem kleinen Kasten mitten auf der Seite forderte mich eine Schlagzeile auf, meine Schuhe zu betrachten. Ich tat es nicht und las weiter. ‚Sehen sie schäbig aus? Abgetragen? Kaufen Sie ein schimmernd-neues Paar Geh-Gut!’ »Was soll denn das sein?« entfuhr es mir. »Werbung«, sagte er. »Die erste Reklame im vierundzwanzigsten Jahrhundert, die ich gesehen habe. Gar nicht mal schlecht, wenn man bedenkt, dass das erst in den Kinderschuhen steckt. Auf jeden Fall eine weitaus bessere Leistung als bei diesem Verkäufer.« Ich zog den Verkaufsbericht für die vergangenen vier Wochen aus der Schublade und schob ihn über den Schreibtisch. Jackson starrte ihn an. »Kein Auftrag?« »Nicht einer. Wir haben tausend Nicht-Hypnotiker hinausgeschickt, aber sie brachten nicht einen einzigen Auftrag. Den Leuten macht es solche Freude, nein sagen zu können, dass sie einfach überhaupt nichts kaufen. Glauben Sie, dass Sie daran etwas ändern könnten?« »Darauf können Sie sich verlassen!« So verzweifelt unsere Lage auch war, ich zögerte. Er war so sympathisch, dass es mir widerstrebte, seinen Misserfolg mit ansehen zu müssen. »In einer Gesellschaft ohne Verkauf unter Hypnose werden die Verkäufer sicherlich ganz spezielle und wirksame Techniken entwickeln«, sagte ich, »aber ich zweifle daran, dass diese Techniken in einer Gesellschaft erfolgreich sein können, wo nur in der Hypnose verkauft worden ist. Ich gebe Ihnen die Gelegenheit und jede erdenkliche Unterstützung und hoffe nur, dass Sie von den Ergebnissen nicht enttäuscht sind. Ich bringe Sie zum Lagerhaus, da können Sie sich in Ruhe aussuchen, was Sie verkaufen wollen.« Er grinste. »Darauf habe ich lange gewartet. Gehen wir!« Er wählte ein verblüffendes Zierstück für den Haushalt, einen tragbaren Miniatur-Springbrunnen mit eingebautem Antrieb, der auf Knopfdruck ein berückendes Farbenspiel lieferte. Ich erklärte ihm den Gebrauch unserer Auftragsformulare, und er bat um ein tragbares Aufzeichnungsgerät. »Stört es Sie, wenn ich zugucke?« fragte ich. Ich glaube, der Gedanke machte ihm Spaß. Er brauchte geraume Zeit, um sich ein Apartmentgebäude auszusuchen, und als er seine Wahl getroffen hatte, fragte ich ihn, warum sie gerade auf dieses Haus gefallen war. »Staatsangestellte«, sagte er. »Sie haben ihre Stellungen noch, sind aber nicht in einer so hohen Einkommensklasse, dass die Türen mit Fernsehaugen ausgestattet wären. Wenn man einer Hausfrau etwas verkaufen will, muss man zuerst einmal den Fuß zwischen Tür und Angel bekommen.« Bevor ich ihn bitten konnte, mir das zu erklären, unternahm er schon den ersten Versuch. Als die Tür aufging, verbeugte er sich elegant und verkündete: »Wir führen eine Konsumentenbefragung durch. Dürfen wir hereinkommen?«
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Ich weiß nicht, wer erstaunter war, ich oder die wohlgenährte Hausfrau. Sie trat stumm zur Seite, und wir traten ein. Ich blieb an der Tür stehen, während er durch das Wohnzimmer ging und die Möbel kritisch betrachtete. Die Hausfrau ging hinter ihm her und sah mit jedem Schritt verwirrter aus. »Die Möbel sind in tragbarem Zustand«, bemerkte er. »Aber es fehlt Ihnen eigentlich an Platz, nicht wahr?« »Ich - eigentlich -«, stammelte sie. »Diese Farben passen überhaupt nicht zusammen. Haben Sie das selbst ausgewählt?« »Tja, ich -« »Und dann die Anordnung. Stimmt überhaupt nicht. Tut mir leid, aber ich fürchte, dass Sie sich nicht qualifizieren können.« »Wofür?« fragte sie. Jackson zog den Springbrunnen aus seiner Tasche, stellte ihn auf den Tisch und drückte auf den Knopf. Das Zimmer erstrahlte in allen Farben. Ich sah die kindliche Freude im Gesicht der Hausfrau und dachte: Er schafft es tatsächlich! Im nächsten Augenblick verblüffte er mich vollends. »Ich bin ermächtigt, eine begrenzte Anzahl dieser herrlichen Springbrunnen in geeigneten Heimen aufzustellen«, sagte er. »Aber wie schon erwähnt, können Sie nicht bedacht werden. Bedaure sehr.« Er stellte den Springbrunnen ab, steckte ihn in die Tasche und ging zur Tür. Ich habe selten eine Frau so wütend werden sehen. Mit rotem Gesicht und wedelnden Händen stellte sie sich ihm in den Weg und weigerte sich, ihn gehen zu lassen. Sie stritten ein paar Minuten miteinander, bis er schließlich nachgab und ihr erlaubte, ein Auftragsformular zu unterschreiben. In diesem Haus gab es zweiundsechzig Apartments. Jackson verkaufte zweiundsechzig Springbrunnen, ohne seine Technik auch nur um eine Silbe zu verändern. Dann gab er mir den Auftragsblock und sagte: »Ich bin leider nicht in Form. Zu müde. Ich muss für heute Schluß machen.« Ich war erschöpft vom Zusehen und wollte kaum meinen eigenen Augen trauen. Ich fragte mich immer wieder: Hat man im zwanzigsten Jahrhundert auf diese Weise verkaufen können? Indem man die Kunden beleidigte und sie daran zu hindern suchte, einen Kauf zu tätigen? Ich fuhr ebenfalls nach Hause und ging früh zu Bett. Jacksons Anruf weckte mich kurz nach Mitternacht aus dem Schlaf. »Kommen Sie schnell ins Polizeigefängnis«, sagte er. »Man hat mich festgenommen.« »Festgenommen? Aber - wie -« »Hypnose-Verkauf«, erwiderte er. »Einundzwanzig Ehemänner sind hier und behaupten, ich hätte ihre Frauen hypnotisiert, damit sie mir diese Springbrunnen abkaufen. Die Höchststrafe ist lebenslänglich, wie ich höre. Wundert mich nur, dass nicht der Tod darauf steht.« In diesem Augenblick kamen mir selbst Zweifel - es lag wohl an seiner merkwürdigen Methode und der eigenartigen Reaktion dieser Frauen. »Jackson«, sagte ich, »Sie haben die Frauen doch nicht wirklich hypnotisiert, oder?« »Natürlich nicht!«, schrie er. »Ich komme sofort«, versprach ich. Ich setzte mich mit dein Rechtsberater der Firma in Verbindung und machte mich mit ihm auf den Weg.
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In der Polizeizentrale herrschte heller Aufruhr. Als wir ankamen, hatten sich schon über vierzig wütende Ehemänner versammelt, und es trafen noch immer neue ein. Manche brachten ihre Frauen mit. Die Männer tobten. Die Frauen gestanden, dass Jackson ihnen nichts aufgedrängt habe. Er habe sich sogar geweigert, ihnen etwas zu verkaufen. Sie hätten nur unterschrieben, weil sie den Springbrunnen haben wollten. Sie seien immer noch darauf versessen. Ein hastig zusammengerufener Richterausschuss ließ sich alles vortragen, hörte sich die Aufnahmen einiger Verkaufsgespräche auf Jacksons Gerät an und deuteten dann vorsichtig an, dass ein Hypnotiker möglicherweise seine potentiellen Kunden so geärgert haben könnte, obgleich sie nicht zu begreifen imstande seien, warum er sich die Mühe machen sollte. Ein Psychiater entschied, dass Jackson kein Hypnotiker, sondern ein außerordentlich geschickter Psychologe und deshalb wohl umso gefährlicher sei. Die Reporter machten freudestrahlend Notizen und Aufnahmen und sprachen mit den Frauen. Jackson wurde natürlich freigelassen. Am nächsten Morgen erschien sein Foto auf allen Visiskopen und Zeitungsstreifen. ‚Meisterverkäufer’, titulierte ihn die Schlagzeile. Jackson stürmte in mein Büro und erklärte zornig: »Wir müssen da Einhalt gebieten!« »Sie sind Nachrichtenstoff, erwiderte ich. »Es war das erstemal seit Monaten, dass auf dem gesamten Erdball jemand etwas gekauft hat - abgesehen von lebensnotwendigen Dingen! Wir können die Massenkommunikationsmittel nicht daran hindern, darüber zu berichten.« »Mir gefällt das nicht«, sagte er und zuckte die Achseln. »Kommen Sie heute mit?« Wir gingen zum Lagerhaus, wo er von den neuesten Flugkabinen Farbfotos machte. Anschließend flogen wir zum nächsten Parkplatz für Staatsbedienstete. Ein etwas verbeultes Gefährt schwebte herunter, und Jackson ging auf den Piloten zu - einen dicken, gewichtig aussehenden Beamten. »Gehört Ihnen dieser Schrotthaufen?« fragte Jackson. Der Mann zuckte zusammen. »Sagen Sie - wo habe ich Sie schon mal gesehen?« Jackson beachtete die Frage nicht. »Es wundert mich, dass ein Mann in Ihrer Stellung so ein altes Ding fliegt. Sehen Sie sich die Kabine da drüben an.« Er wies auf ein neues Modell, das offenbar kurz vor den Unruhen gekauft worden war. »Die Menschen beurteilen jeden nach der Kabine, die er fliegt. Die Nachbarn dieses Mannes haben sicher Respekt vor ihm.« Im Gesicht des anderen spiegelte sich Verblüffung. »Daran habe ich noch nie gedacht«, sagte er. »Die Kinder machen ja alles kaputt. Ich habe fünf Flugkabinen, aber sie sehen alle so aus.« »Da gibt es eine einfache Lösung«, meinte Jackson. »Kaufen Sie sich eine neue Kabine, die nur Ihnen gehört.« Er zeigte eine seiner Aufnahmen. »Herrlich, nicht?« »Allerdings«, gab der Mann zu. Plötzlich hatte Jackson ein Auftragsformular in der Hand. »Unterschreiben Sie hier«, sagte er, »dann sorge ich dafür, dass heute Nachmittag noch geliefert wird.« Der Mann unterschrieb. Ich sah Jackson sieben Flugkabinen verkaufen, bevor ich in mein Büro zurückkehrte. Als er am frühen Nachmittag zurückkam, hatte er neununddreißig Bestellungen in der Tasche. Neununddreißig Großaufträge! Kein einziger Hypno-Verkäufer war in der Lage gewesen, so viele kreditwürdige Kunden an einem Tag zu beeinflussen. »Verblüffend!« sagte ich. »Sind Sie sicher, dass Sie nicht über irgendeine Art latenter Hypnotisierfähigkeit verfügen?« »Wenn ich sie hätte, wäre ich nicht Verkäufer«, sagte er. »Wo bleibt das Vergnügen beim Verkaufen, wenn der Kunde nicht nein sagen kann?«
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»Was es auch sein mag, ich bin überzeugt. In meinem ganzen Leben bin ich noch nie so eindeutig überzeugt worden. Ich werde den Vorstand bitten, Sie zum Direktor der Verkaufsschulung zu machen. Wenn Sie anderen beibringen können, was Sie leisten -« »Jetzt noch nicht«, wandte er ein. »Ich muss erst experimentieren. Mich stört da etwas. Die Leute sind zu naiv. Bei den kindischen Methoden, die ich anwende, müsste ich sehr oft auf Ablehnung stoßen, was nicht der Fall ist. Morgen versuche ich es wieder mit Springbrunnen.« Jackson erschien am nächsten Tag wieder in allen Sendungen und Zeitungen, ebenso die Männer, die ihm Flugkabinen abgekauft hatten. Einige waren verdrossen, andere zornig, ein paar räumten ein, eine neue Flugkabine zu brauchen. »Wenn sie nur damit aufhören würden«, sagte Jackson. »Bestimmt nicht«, meinte ich. »Sie sind eine Sensation, und Ihre Kunden bieten ebenfalls Nachrichtenstoff. Daran werden Sie sich gewöhnen müssen.« Er holte im Lagerhaus einen Springbrunnen und begann mit seiner Runde. Die erste Hausfrau starrte uns lange an und quietschte dann vor Vergnügen. »Sie sind ja der Verkäufer! Ich habe Ihr Bild gesehen! Kommen Sie doch herein!« Jackson funkelte mich böse an, zuckte resigniert die Achseln und setzte dann für die Hausfrau ein Lächeln auf. Wir folgten ihr ins Wohnzimmer, wo sie aufgeregt um ihn herumflatterte. »Ich habe alles gelesen«, sprudelte es aus ihr heraus. »Machen Sie es mit mir auch, wie bei den anderen Frauen.« Jacksons Lächeln wirkte gequält. Er sah sich im Zimmer um. »Nein. Tut mir leid. Sie sind leider nicht geeignet -« Sie kreischte vor Lachen. »Genau!« kicherte sie. »So ist es richtig. Ich habe alles gelesen. Weiter!« »Ihr Wohnzimmer ist viel zu klein.« Wieder ein Kichern. »Genau!« »Und die Farben passen nicht zusammen.« »Herrlich!« Er stellte den Springbrunnen auf den Tisch. »Ein wunderschönes Ziergerät, aber Sie kommen dafür leider nicht in Frage.« »Macht nichts«, sagte sie. »Mein Mann wäre sowieso nicht einverstanden. Ich bin Ihnen so dankbar, dass Sie mir das vorgeführt haben.« Wir standen wieder im Korridor, unserer Fassung beraubt. Wir machten noch zehn Sitzungen bei faszinierten, kichernden Hausfrauen durch, bevor Jackson aufgab und heimfuhr. Er verkaufte nicht einen Springbrunnen. Am nächsten Vormittag versuchte er es wieder mit Flugkabinen. Mittags kam er zurück - ohne Aufträge. »Sie schlagen mir auf die Schulter«, berichtete er. »Sie bieten mir zu trinken an. So viele Leute wollen mich sonst in einem ganzen Jahr nicht freihalten, wie allein heute Vormittag. Sie nehmen mich mit und stellen mich ihren Freunden vor. Wenn ich dann versuche, einen Verkauf anzubahnen, lachen sie mir ins Gesicht und sagen: »Ach, Sie sind ja der Verkäufer! Verkaufen Sie mir doch etwas!« »Sie sind zu bekannt«, meinte ich. »Ja. Ich muss mir etwas Neues einfallen lassen.« Er tat es. Am nächsten Tag hatte er einen sensationellen Erfolg. Am übernächsten bekam er keinen einzigen Auftrag. Dieses Schema wiederholte sich ständig. Er versuchte eine neue Methode und hatte ungeheuren Erfolg. Unweigerlich ermittelte eine Armee von Reportern bei der Kreditzentrale die Namen seiner Kunden, um sie zu interviewen. Am Morgen danach wurde dann in den Zeitungen und auf dem Bildschirm alles breitgetreten. Mit dieser Methode konnte Jackson dann einpacken. Seite 14
»Ich glaube, ich verstehe das jetzt«, meinte er. »Wenn ich den Kunden des vierundzwanzigsten Jahrhunderts ahnungslos erwische, ist er von unglaublicher Naivität. Er kann nicht nein sagen. Sobald er aber vorgewarnt ist, leistet er derart hartnäckigen Widerstand, dass kein Verkauf möglich ist. Wenn wir nur nicht dauernd im Rampenlicht stehen würden.« »Da ist nichts zu machen«, sagte ich. »Die Frage ist vielmehr: Können Sie anderen Verkäufern beibringen, jeden Tag eine neue Methode zu entwickeln?« »Nein. Im Laufe der Zeit wären einige dazu fähig, aber das verlangt angeborenes Talent - und große Verkaufserfahrung. Zu Beginn könnte ich ihnen nur Methoden beibringen, die ich selbst ausprobiert habe.« »Aber sobald eine solche Methode ausprobiert ist, funktioniert sie nicht mehr.« »So scheint es zu sein.« »Dann müssen wir uns leider geschlagen geben«, sagte ich. »Sie leisten Unfassbares, aber ein Mensch allein kann keine Wirtschaftskrise beseitigen.« Jackson erhob sich müde. »Es muss einen Weg geben, wie dieses Problem zu lösen ist. Und wenn es ihn gibt, finde ich ihn.« Aber er fand ihn nicht. Er arbeitete unablässig, sein Gesicht nahm einen gehetzten Ausdruck an, und er wurde immer reizbarer. Er schien sich völlig auszugeben, bis ich ihn dazu zwang, eine Woche auszuspannen. In dieser Woche schöpfte der Kongress neuen Mut und handelte. Er dekretierte im einzelnen, was an wen verkauft werden durfte, setzte auch die zulässigen Mengen fest und erlaubte den Hypnos, wieder an die Arbeit zu gehen. Als Jackson zurückkam, war die Krise im Abklingen. So sehr ich es auch bedauerte, Jackson hatte keine Chancen mehr. »Sie können Ihre Stelle wiederhaben und weitermachen wie Sie wollen«, sagte ich. »Ich erkenne wirklich an, was Sie zu erreichen suchten, und niemand bestreitet, dass Sie Bemerkenswertes geleistet haben. Es würde Ihnen aber schwer fallen, mit den Hypnos zu konkurrieren.« Er nahm es erstaunlich gelassen auf. »Das weiß ich«, gab er grimmig zu. »Aber ich bin immer noch der Meinung, dass ich das Problem lösen kann. Ich verspreche Ihnen, dass ich wiederkomme.« Ich rechnete nicht damit ihn je wiederzusehen.
6. Erf Zedden Solange Jackson Verkäufer ist, macht er mir das Leben schwer, und es wird von Tag zu Tag schlimmer. Wenn in der Wohnung irgendeine Kleinigkeit nicht klappt, macht er mich gleich fertig, und dann bleibt er fast die ganze Nacht wach, um sich neue Verkaufsmethoden auszudenken. Ich habe den Eindruck, dass er sich damit ins Grab bringt, und bin heilfroh, als ihn sein Chef eine Woche in Urlaub schickt. Wir fliegen auf den Mond und wohnen die ganze Woche in einem von diesen Luxushotels. Mir passt das nicht, aber ich sage nichts, weil ich sehe, dass er Ruhe braucht. Kaum sind wir wieder auf der Erde, fängt er wieder zu arbeiten an, kommt aber bald nach Hause und erklärt mir, dass der Fall erledigt ist. Für mich ist das die erste gute Nachricht seit den Unruhen. Wir fliegen noch am selben Tag zum Mars, und die Firma ist froh, uns wiederzuhaben - ihn wenigstens. Er wird ein bisschen niedriger eingestuft, weil er so lange weggewesen ist, aber im Nu ist er wieder am alten Platz und klettert weiter. Er braucht genau fünf Jahre, um Generaldirektor zu werden.
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Wir wohnen auf dem Mars, ich werde befördert und bekomme Gehaltserhöhung, um das zu spielen, was er seine ‚rechte Hand’ nennt. Eigentlich habe ich nur dafür zu sorgen, dass er gesund bleibt. Er macht mir Sorgen, weil ich sehe, dass er nicht glücklich ist, so hoch er auch steigt. ‚Einmal Verkäufer, immer Verkäufer’, sagt er ungefähr zum zehntausendsten Mal zu mir. Das will er sein, und er redet sich ein, dass er eines Tages zurückkehren und den Hypnos zeigen kann, wie es gemacht wird. Er geht mit dem komischen Ausdruck in den Augen auf und ab, und manchmal überlegt er sich nachts lange, wie man etwas an den Mann bringen könnte. Seine Methoden probiert er an mir aus, und ich erkläre immer wieder, dass sie gut sind, wenn sie mir nach einer Welle auch alle ziemlich ähnlich vorkommen. So geht es vielleicht zwei Jahre. Ich mache mir immer größere Sorgen um Jacksons Gesundheit, bis ihm eine plötzlich Neuentwicklung in der Bergwerksbranche Stoff zum Nachdenken gibt. Die Gruben auf Kallisto liefern kein Erz mehr. Die Jupiter-Bergwerksgesellschaft rechnet schon seit fünfzig Jahren damit. Auf Ganymed, Europa und Io sind längst Schürfungen im Gange. Die Firma verdient an dem auf Kallisto investierten Kapital vielleicht zehn Millionen Prozent, und keiner ist böse, weil man dort jetzt aufhören muss. Niemand außer Jackson. Er hält das für eine Krise und nimmt mich mit zu einer Direktorenbesprechung, damit ich den Projektor bediene. »Skandalöse Verschwendung«, erklärt er. »Wir haben sechs große Städte auf Kallisto, und das Abreißen lohnt sich nicht.« »Machen Sie sich keine Gedanken«, bekommt er zu hören. »Darauf verzichten wir gerne.« »Ist aber nicht vernünftig, ein Kapital in dieser Höhe einfach abzuschreiben.« »Mein Lieber«, sagt man zu ihm, »unser Kapital hat sich schon vor hundert Jahren amortisiert. Die Firma hat gar nicht damit gerechnet, dass wir so lange fördern können. Abschreiben ist genau das Richtige. « Jackson schüttelt den Kopf, und ich sehe wieder den komischen Ausdruck in seinen Augen. »Kallisto ist das alleinige Eigentum der Gesellschaft«, meint er. »Uns nützt es nichts mehr, also bitte ich den Vorstand um Erlaubnis, Kallisto zu verkaufen.« Es bleibt ungefähr zwei Minuten lang still, dann lachen sich die Herren krank. Sie lehnen sich zurück und brüllen einfach hinaus. Kallisto verkaufen? Warum nicht gleich die Erde? Jackson wartet ruhig, bis sie sich gefasst haben, dann stellt er einen formellen Antrag. Kallisto solle verkauft werden, wobei sich die Firma alle Schürfrechte vorbehält. Die Direktoren haben nichts dagegen, außer, dass es eben nicht möglich ist, und Jackson bekommt einstimmig die Genehmigung. Am nächsten Morgen fliegen wir zur Erde. Jackson mietet eine Archivmaschine und füllt ein paar Tage lang ein Notizbuch mit Notizen und Statistiken. Dann besuchen wir einen Mr. Whaley, den Chef eines großen Reisebüros. »Soviel ich weiß, haben Sie seit der Gesetzgebung über Hypnoseverkauf Probleme«, erklärt Jackson. Mr. Whaley ist froh, dass er sich bei jemandem ausweinen kann und erzählt uns seine Sorgen. Vor den Unruhen hat er Reisen durch Hypnotiker an Leute verkaufen lassen, die es gar nicht wollten. Seit den Unruhen verbietet das die Regierung. »Sie suchen also nach außergewöhnlichen Lockmitteln, damit die Menschen auf Reisen gehen wollen«, sagt Jackson. »Stimmt.« »Und jetzt überlegen Sie, ob Sie auf dem Mond ein Luxushotel für Flitterwöchner bauen sollen.«
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»Das wollten wir«, sagt Whaley. »Die schon vorhandenen Hotels wären aber eine riesige Konkurrenz, Und die Baukosten sind so gestiegen, dass wir Preise festsetzen müssten, die sich junge Brautpaare nicht leisten können.« »Ich bringe die Lösung für Ihr Problem«, sagt Jackson. »Bringen Sie Ihre Flitterwöchner auf Kallisto, wo schon erstklassige Hotels stehen. Sie müssten einiges ändern, aber die Auslagen wären gering.« »Das ist zu weit«, meint Whaley. »Bis die jungen Leute da ankommen, sind ja die Flitterwochen schon vorbei.« »Ich habe da einige Tatsachen, die Sie bestimmt interessieren«, sagt Jackson und schlägt sein Buch auf. Zwanzig Minuten lang traktiert er Whaley mit Statistiken. Er beweist ihm, dass neunzig Prozent der Einwanderer auf dem Mars jung und unverheiratet sind, und er liefert die Zahl der Eheschließungen auf dem Mars. Er erklärt ihm, wie viel Geld die Regierung ausgibt, um die Bürger der Erde zur Niederlassung auf anderen Planeten zu bewegen, und dass mit Vergnügen Zuschüsse zu einer Raumschiffflotte bezahlt werden würden, die Flitterwöchner auf Kallisto absetzen könnte. »Die hohe Zahl der Eheschließungen auf dem Mars garantiert Ihnen von Anfang an ein sicheres Geschäft, das mehr als Ihre Auslagen einbringt«, meint er. »Sie können sich auf Super-Luxus-Reisen spezialisieren. Außerdem haben Sie etwas zu verkaufen. Etwas, das die Leute erregt und interessiert. Denken Sie an die Schlagworte, die Sie verwenden können: ‚Flitterwochen unter den Monden - den Jupitermonden. Flitterwochen unter Jupiter, dem größten Mond des Universums’. Stellen Sie sich das einmal vor!« Whaley schüttelt den verträumten Ausdruck ab und sagt: »Was wollen Sie mir eigentlich verkaufen?« »Kallisto«, erwidert Jackson. »Dafür sind wir nicht groß genug. Kein Reisebüro ist groß genug.« »Alle gemeinsam sind groß genug. Verdienen könnt ihr alle. Das ist ein Plan, um große Geschäfte zu erzeugen.« »Ich habe keine Vollmacht«, sagt Whaley. »Ich müsste mit dem Gesamtverband sprechen.« »Sie brauchen mich nur einzuführen, das erledige ich schon«, meint Jackson. Es endet natürlich damit, dass er Kallisto verkauft. Das heißt, er verkauft den Besitz der Firma auf Kallisto, aber für die Presse läuft das auf dasselbe hinaus. Tagelang werden wir von Reportern bestürmt, und Jackson erscheint in allen Schlagzeilen. ‚Meisterverkäufer bringt Mond an den Mann’. Und so. Die Direktoren der Firma schicken Jackson eine Prämie und sprechen ihm eine Menge Aktien zu. Solange er auf der Erde ist, soll er doch gleich Urlaub machen, meinen sie. Ich befürchte schon, dass er wieder Verkäufer werden will, aber er tut es nicht. Er nimmt wirklich Urlaub. Eines Tages lädt uns dieser Stephens von der ‚Terra’ zum Abendessen ein. Ich nehme fast an, dass er Jackson wieder zurückholen will, aber nein, wir essen nur prima, und Jackson lernt seine Tochter kennen. Nach der Art und Weise, wie sie aufeinander reagieren, denke ich mir, dass Jackson bald selbst Flitterwochen auf Kallisto feiern wird. »Ich sehe, dass Sie Ihr Problem gelöst haben«, sagt Stephens. »Ja«, meint Jackson. »Ich habe es gelöst. Wenn meine Methoden nicht öfter als einmal wirken, muss ich eben etwas verkaufen, das man nur einmal an den Mann bringen kann.« Zuerst verstehe ich das nicht ganz, aber jetzt bin ich schon nachdenklicher geworden. Jackson heiratet Stephens' Tochter, und er bringt sie mit auf den Mars, wo er sich niederlässt, um eine große Familie zu gründen und die Gewinne der Firma zu vermehren. Es steht schon fest, dass er der nächste Aufsichtsratsvorsitzende sein wird. Keine schlechte Leistung für einen jungen Mann. Ich merke aber, dass er immer noch nicht mit sich zufrieden ist.
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Das Ganze hat nämlich den Haken, dass Kallisto sein Problem nicht wirklich löst. Er ist nicht glücklich, wenn er nicht etwas verkaufen kann, und selbst ich sehe, dass einer, der Dinge verkauft, die man nur einmal loswerden kann, die meiste Zeit unbeschäftigt sein wird. Jackson gibt selber zu, dass das Angebot an Monden noch geringer ist als die Nachfrage. In letzter Zeit bemerke ich wieder den komischen Ausdruck in seinen Augen, und das stört mich, wenn er nichts zu verkaufen hat. Ich stelle mir vor, es hängt vielleicht mit dem alten Buch zusammen, das er jetzt dauernd studiert. Auf der Erde hat er einem Antiquar ein kleines Vermögen dafür bezahlt. Es heißt: >Wie lerne ich hypnotisieren<.
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