ARO Assoziation fçr Orthopådische Rheumatologie (Hrsg.)
Rheumaorthopådie
Assoziation fçr Orthopådische Rheumatologie...
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ARO Assoziation fçr Orthopådische Rheumatologie (Hrsg.)
Rheumaorthopådie
Assoziation fçr Orthopådische Rheumatologie (Hrsg.)
Rheumaorthopådie Mit Beitrågen von P. Arnold ´ W. F. Beyer ´ H. Borgmann ´ M. Dangel H. Dinges ´ U. Donhauser-Gruber ´ B. Fink ´ B. Gondolph-Zink B. Greitemann ´ A. A. J. Gruber ´ F.-W. Hagena ´ M. Hammer L. Jani ´ F. Kandziora ´ F. Kerschbaumer ´ B. Kladny ´ G. Kæhler S. Krebs ´ M. Lukoschek ´ W. Mau ´ P. Metz-Stavenhagen P. Niehaus ´ B. Ostendorf ´ Th. Pauly ´ A. Quoû ´ St. Rehart W. Rçther ´ G. Salzmann ´ S. Schill ´ K. Schmidt ´ M. Schneider M. Sparmann ´ J. Steinhagen ´ B. Swoboda ´ H. Thabe K. Tillmann ´ A. Wanivenhaus ´ G. Weseloh ´ H. Zeidler A. Zink
Mit 170 zum Teil farbigen Abbildungen in 260 Einzeldarstellungen und 75 Tabellen
ARO Assoziation fçr Orthopådische Rheumatologie (Hrsg.) www.rheuma-orthopaedie.de www.orthopaedische-rheumatologie.de
ISBN 3-7985-1491-7 Steinkopff Verlag, Darmstadt Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet çber abrufbar. Dieses Werk ist urheberrechtlich geschçtzt. Die dadurch begrçndeten Rechte, insbesondere die der Ûbersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfåltigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfåltigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulåssig. Sie ist grundsåtzlich vergçtungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. Steinkopff Verlag Darmstadt ein Unternehmen von Springer Science+Business Media www.steinkopff.springer.de ° Steinkopff Verlag Darmstadt 2005 Printed in Germany Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wåren und daher von jedermann benutzt werden dçrften. Produkthaftung: Fçr Angaben çber Dosierungsanweisungen und Applikationsformen kann vom Verlag keine Gewåhr çbernommen werden. Derartige Angaben mçssen vom jeweiligen Anwender im Einzelfall anhand anderer Literaturstellen auf ihre Richtigkeit çberprçft werden. Herstellung: K. Schwind Umschlaggestaltung: Erich Kirchner, Heidelberg Satz: K + V Fotosatz GmbH, Beerfelden Druck und Bindung: Stçrtz GmbH, Wçrzburg SPIN 10934432
105/7231-5 4 3 2 1 0 ± Gedruckt auf såurefreiem Papier
Vorwort
Die Assoziation Rheumaorthopådie (ARO) ist innerhalb der Deutschen Gesellschaft fçr Orthopådie und Orthopådische Chirurgie diejenige wissenschaftliche Gesellschaft, die die Rheumaorthopådie vertritt. Wenn auch der Begriff ¹Rheumaorthopådieª wenig scharf gefasst erscheint, so will er doch vorrangig die Diagnostik und konservative und operative Behandlung jener Gelenkkrankheiten umschreiben, die primår auf die Krankheiten des Synovialgewebes zurçckgehen: die rheumatoide Arthritis, die Psoriasisarthritis und verwandte Krankheitsbilder. Die Rheumaorthopådie hat sich in den letzten Jahrzehnten als eigenståndige Spezialdisziplin innerhalb der Orthopådie etabliert, nicht nur im deutschsprachigen Raum, sondern auch im europåischen Ausland. Erst kçrzlich ist dieses Spezialgebiet dadurch beståtigt worden, dass es als eigenståndiger Schwerpunkt innerhalb der Weiterbildung zum Facharzt fçr Orthopådie und Unfallchirurgie beibehalten wurde. Zusammen mit der Tumororthopådie und der Kinderorthopådie stellt damit die Rheumaorthopådie ein Spezialgebiet dar, das sich nicht auf topographische Regionen beschrånkt, sondern sich auf alle Regionen des Kærpers einschlieûlich der Wirbelsåule bezieht, wie es dem systemischen Charakter der Arthropathien entspricht. Das vorliegende Buch will dem gesamtheitlichen Anspruch der Rheumaorthopådie Rechnung tragen. Es will jenseits des topographischen Gelenkbezuges die Prinzipien der konservativen und operativen Behandlung der rheumatischen Arthropathien umfassend und detailliert darstellen. Besonderen Wert wurde darauf gelegt, die Behandlung der Arthropathie im Kontext des polyartikulåren Krankheitsbildes zu bewerten und zu gewichten. Die Abwågung konservativer und operativer Therapieoptionen geschieht aus dem Blickwinkel des Orthopåden, der sich von dem des internistisch orientierten Rheumatologen in mancher Hinsicht unterscheiden mag. Anlåsslich einer ARO-Klausurtagung entstand die Idee, ein Lehrbuch der Rheumaorthopådie zu verfassen. Nach mehrjåhriger Arbeit ist das vorliegende Werk entstanden. Dass die ARO als Herausgeber fungiert, soll die Bedeutung des Buches als Standortbestimmung der Rheumaorthopådie im deutschsprachigen Raum hervorheben und die Einheit dieser wissenschaftlichen Gesellschaft unterstreichen. Besonderer Dank gilt dem langjåhrigen Schriftfçhrer der Gesellschaft, Herrn PD Dr. Thomas Pauly, der als unermçdlicher Motor die Arbeit çber mehrere Jahre begleitet und vorangebracht hat. Groûer Dank gebçhrt auch den weiteren Mitgliedern des Redaktionsausschusses Herrn Dr. H. Thabe, Herrn Dr. S. Schill und Herrn PD Dr. S. Rehart, dem wir das umfangreiche Sachverzeichnis zu verdanken haben. Frau Dr. Volkert, Steinkopff Verlag, hat mit Tatkraft, Kompetenz und Charme entscheidend zum Gelingen beigetragen. Frankfurt am Main und Hamburg Sommer 2005
Fridun Kerschbaumer
Pråsident der ARO 1998±2004
Wolfgang Rçther
Pråsident der ARO seit 2004
Inhaltsverzeichnis
] Entwicklung und Grundlagen Geschichte der Rheumaorthopådie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3
Epidemiologie rheumatischer Erkrankungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
12
Klinische Grundlagen der Arthritiden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
21
Arthrose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
55
F.-W. Hagena
W. Mau, A. Zink
M. Hammer, H. Zeidler
G. Weseloh, B. Swoboda
] Diagnostik Anamnese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
77
Rheumaorthopådische Untersuchungstechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
86
Labordiagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
99
Synoviaanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
121
Bildgebende Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
127
G. Salzmann
M. Sparmann
B. Ostendorf, M. Schneider B. Ostendorf, G. Salzmann J. Steinhagen, W. Rçther
] Konservative Therapie Physikalische Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
139
Krankengymnastik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
149
Ergotherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
162
W. F. Beyer, B. Kladny
U. Donhauser-Gruber, A. A. J. Gruber Th. Pauly, H. Borgmann
VIII
]
Inhaltsverzeichnis
Technisch-orthopådische Versorgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
173
Orthopådieschuhtechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
186
Intra- und periartikulåre Therapieverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
203
B. Greitemann G. Weseloh P. Niehaus
] Anåsthesie Anåsthesie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Quoû
211
] Rheumachirurgische Therapie Daumen und Langfinger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
221
Fingergelenkendoprothesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
231
Resektions-Interpositions-Arthroplastik der Fingergrundgelenke . . . . . . . . .
245
Handgelenk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
247
Arthroskopische Eingriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
267
Konventionelle offene Synovialektomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
272
Endoprothesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
280
Alternative Operationsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
289
Schultergelenk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
297
Vorfuû . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
321
Mittelfuû, Rçckfuû und Sprunggelenk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
340
Arthroskopie des Sprunggelenks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
356
S. Rehart, F. Kerschbaumer F.-W. Hagena S. Schill
S. Schill, H. Thabe, A. Wanivenhaus K. Schmidt
B. Fink, W. Rçther
W. Rçther, B. Fink B. Fink, W. Rçther
H. Thabe, H. Dinges, K. Schmidt K. Tillmann
K. Tillmann, W. Rçther K. Schmidt
Inhaltsverzeichnis
]
Arthroskopische Eingriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
361
Konventionelle Synovialektomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
366
Kniegelenkendoprothesen bei rheumatoider Arthritis . . . . . . . . . . . . . . . . . .
380
Arthroskopisch assistierte Synovialektomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
392
Gelenkerhaltende Eingriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
395
Hçftarthroplastik bei Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises . . . .
402
Halswirbelsåule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
419
Brust- und Lendenwirbelsåule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
430
K. Schmidt
K. Tillmann
F.-W. Hagena
B. Gondolph-Zink, M. Dangel G. Kæhler
P. Arnold, L. Jani
F. Kerschbaumer, F. Kandziora P. Metz-Stavenhagen, S. Krebs
] Begutachtung Begutachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
447
] Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
455
M. Lukoschek
IX
Autorenverzeichnis
Priv.-Doz. Dr. med. Peter Arnold Abteilung Orthopådie Kreiskrankenhaus Bergstraûe Viernheimer Straûe 2 64646 Heppenheim
Dr. med. Alfred A. J. Gruber Rheuma-Therapiezentrum Nçrnberg Ambulantes Operationszentrum Schweinau Schweinauer Hauptstraûe 12 90441 Nçrnberg
Prof. Dr. med. Wolfgang F. Beyer Rheumaklinik Waldstraûe 12 94072 Bad Fçssing
Prof. Dr. med. Frank-W. Hagena Auguste-Viktoria-Klinik Am Kokturkanal 2 32545 Bad Oeynhausen
Hans Borgmann Rehabilitationszentrum fçr Orthopådie, Rheumatologie, Schmerztherapie, Schwerpunktklinik fçr Amputierte Abteilung Ergotherapie Klinik Mçnsterland Auf der Stæwwe 11 49214 Bad Rothenfelde
Prof. Dr. med. Michael Hammer Klinik fçr Rheumatologie St. Josef-Stift Sendenhorst Westtor 7 48324 Sendenhorst
Dr. med. Markus Dangel Sana-Klinik Zollernalb GmbH Robert-Koch-Straûe 28 72461 Albstadt Dr. med. Harald Dinges Westpfalz-Klinikum Im Flur 1 66869 Kusel Ute Donhauser-Gruber RTZ Nçrnberg Schweinauer Hauptstraûe 12 90441 Nçrnberg Prof. Dr. med. Bernd Fink Orthopådische Klinik Markgræningen Kurt-Lindemann-Weg 10 71706 Markgræningen Prof. Dr. med. Bernd Gondolph-Zink Sana-Klinik Zollernalb GmbH Robert-Koch-Straûe 28 72461 Albstadt Prof. Dr. med. Bernhard Greitemann Klinik Mçnsterland Auf der Stæwwe 11 49214 Bad Rothenfelde
Prof. Dr. med. Lutz Jani Immenbachstraûe 36 41225 Riehen Schweiz Dr. med. Frank Kandziora Klinik fçr Unfall- und Wiederherstellungschirurgie Universitåtsklinikum Charit Campus Virchow Klinikum Augustenburgerplatz 1 13353 Berlin Prof. Dr. med. Fridun Kerschbaumer Klinik Rotes Kreuz Kænigswarterstraûe 16 60316 Frankfurt a. M. Prof. Dr. med. Bernd Kladny Fachklinik Herzogenaurach In der Reuth 1 91074 Herzogenaurach Prof. Dr. med. Gerd Kæhler Hessing-Kliniken Hessingstraûe 17 86199 Augsburg
XII
]
Autorenverzeichnis
Dr. med. Stefan Krebs Zentrum fçr Wirbelsåulenchirurgie Werner-Wicker-Klinik Im Kreuzfeld 4 34537 Bad Wildungen
Prof. Dr. med. Wolfgang Rçther Klinik und Poliklinik fçr Orthopådie Universitåtsklinik Hamburg-Eppendorf Martinistraûe 52 20246 Hamburg
Prof. Dr. med. Martin Lukoschek Orthopådische Abteilung Vincentus Krankenhaus Untere Laube 2 78462 Konstanz
Dr. med. Gçnter Salzmann Klinik fçr operative Rheumatologie Aukammklinik GmbH Leibnizstraûe 21 65191 Wiesbaden
Prof. Dr. med. Wilfried Mau Institut fçr Rehabilitationsmedizin Martin-Luther-Universitåt Halle-Wittenberg Klinikum der Medizinischen Fakultåt Straûe der Opfer des Faschismus (OdF) 6 06112 Halle
Dr. med. Stefan Schill Kliniken Harthausen Dr. W.-Knarr-Weg 1±3 83043 Bad Aibling
Dr. med. Peter Metz-Stavenhagen Zentrum fçr Wirbelsåulenchirurgie Werner-Wicker-Klinik Im Kreuzfeld 4 34537 Bad Wildungen Dr. med. Paul Niehaus Landgraben 37 52072 Aachen Dr. med. Benedikt Ostendorf Klinik fçr Endokrinologie, Diabetologie und Rheumatologie Heinrich-Heine-Universitåt Dçsseldorf Moorenstraûe 5 40225 Dçsseldorf
Priv.-Doz. Dr. med. Klaus Jçrgen Schmidt Orthopådische Abteilung ± Rheumaorthopådie Katholisches Krankenhaus Dortmund West Zollernstraûe 40 44379 Dortmund Prof. Dr. med. Matthias Schneider Klinik fçr Endokrinologie, Diabetologie und Rheumatologie Heinrich-Heine-Universitåt Dçsseldorf Moorenstraûe 5 40225 Dçsseldorf Prof. Dr. med. Martin Sparmann Rheumaklinik Berlin-Wannsee Immanuel-Krankenhaus Kænigstraûe 63 14109 Berlin
Priv.-Doz. Dr. med. Thomas Pauly Rheinisches Rheumazentrum St. Elisabeth-Hospital Hauptstraûe 74±76 40668 Meerbusch
Dr. med. Jærn Steinhagen Klinik und Poliklinik fçr Orthopådie Hamburg-Eppendorf Martinistraûe 52 20246 Hamburg
Dr. med. Arno Quoû Abteilung fçr Anåsthesie Rheumaklinik Bad Bramstedt Oskar-Alexander-Straûe 26 24576 Bad Bramstedt
Prof. Dr. med. Bernd Swoboda Abteilung fçr Orthopådische Rheumatologie im Waldkrankenhaus St. Marien Orthopådische Klinik mit Poliklinik der Friedrich-Alexander-Universitåt Erlangen-Nçrnberg Rathsberger Straûe 57 91054 Erlangen
Priv.-Doz. Dr. med. Stefan Rehart Abteilung fçr Rheumaorthopådie Orthopådische Universitåtsklinik Marienburgstraûe 2 60528 Frankfurt a. M.
Dr. med. Heiner Thabe Orthopådische und rheumatologische Abteilung Diakonie-Krankenhaus Ringstraûe 58±60 55543 Bad Kreuznach
Autorenverzeichnis Prof. Dr. med. Karl Tillmann Klingbarg 5 24576 Bad Bramstedt Univ.-Prof. Dr. med. Axel Wanivenhaus Orthopådische Universitåtsklinik Wåhringer Gçrtel 18±20 1090 Wien Ústerreich Prof. Dr. med. Gerd Weseloh Rathsberger Straûe 14 91080 Spardorf
Prof. Dr. med. Henning Zeidler Abteilung Rheumatologie Medizinische Hochschule Carl-Neuberg-Straûe 1 30623 Hannover Prof. Dr. rer. pol. Angela Zink Forschungsbereich Epidemiologie Deutsches Rheumaforschungszentrum Berlin Schumannstraûe 21/22 10117 Berlin
]
XIII
Abkçrzungsverzeichnis
AAS ACR AK AMA ANA AO ARA ARO BRASS CCP CK cP CPM CREST CRP DAHO DAP DGOT DIAP DIP DMARD DMOAD DNS EBK EDTA ELISA EMG ERASS ESSG EULAR FGF FMS FSE GdB GE GSB HES
atlanto-axiale Subluxation American College of Rheumatology Antikærper antimitochondriale Antikærper antinukleåre Antikærper Arbeitsgemeinschaft fçr Osteosynthesefragen American Rheumatism Association Assoziation fçr Orthopådische Rheumatologie (ehem. Arbeitskreis RheumaOrthopådie) British Rheumatoid Arthritis Surgical Society cyklisch citrullinierte Peptide Creatininkinase chronische Polyarthritis continuous passive motion Calzinose/Raynaud/E(Ú)sophagusmotilitåtsstærung/Sklerodaktylie/ Teleangiektasie c-reaktives Protein Deutscher Arbeitskreis Handorthesen Distraktionsarthroplastik Deutsche Gesellschaft fçr Orthopådie und Traumatologie Distraktions-/Interpositionsarthroplastik distales Interphalangealgelenk disease modifying antirheumatoid drugs disease modifying osteoarthritis drugs Desoxyribonukleinsåure Eisenbindungskapazitåt Ethylendiamintetraessigsåure enzymimmunologisches Bestimmungsverfahren Elektromyographie European Rheumatoid Arthritis Surgical Society European Spondylarthropathy Study Group European League against Rheumatism fibroblast like growth factor Fibromyalgiesyndrom Fast-Spin-Echosequenz Gesamtgrad der Behinderung Gradienten-Echosequenz Gschwend-Scheier-Båhler Hydroxyåthylstårke
XVI
]
Abkçrzungsverzeichnis
HLA ICD IG IGF IP LDE LDH LWAR MCP MCTD MdE MEPS MMP MOAK MRT MT MTP MTX NGOA NLG NSAID NSAR PAS PD PIP PKV POAK RA RAP RASS RF RIA RIAP RISAP SAPHO SLE Spa SSEP TGF TMT TNF TSE WHO
human lymphocytic antigene Internationale Klassifikation der Krankheiten Immunglobulin Insulin like growth factor Interphalangealgelenk Larsen-Dale-Eek Laktatdehydrogenase langfristig wirkende Antirheumatika Metakarpophalangealgelenk mixed connective tissue disease Minderung der Erwerbsfåhigkeit Mayo Elbow Performance Score Matrix Metallo-Proteinasen medial osteoarthritis of the knee Magnetresonanztomographie Metatarsal Metatarsophalangealgelenk Methotrexat nodal general osteoarthritis Nervenleitgeschwindigkeit nichtsteroidale antiinflammatorische Medikamente nichtsteroidale Antirheumatika periodic acid Schiff (reaction) ± histologische Fårbemethode zum Glykogennachweis Protonendichte proximales Interphalangealgelenk Private Krankenversicherung patellofemoral osteoarthritis of the knee rheumatoide Arthritis Resektionsarthroplastik Rheumatoid Arthritis Surgical Society Rheumafaktor Radioimmunoassay Resektions-/Interpositionsarthroplastik Resektions-/Interpositions-/Suspensionsarthroplastik Synovialitis/Akne/palmoplantare Pustulose/Hyperostose/Osteitis systemischer Lupus erythematodes Spondylitis ankylosans somatosensibel evozierte Potentiale transforming growth factor Tarsometatarsal Tumornekrosefaktor Turbo-Spin-Echosequenz Weltgesundheitsorganisation
Entwicklung und Grundlagen
Geschichte der Rheumaorthopådie F.-W. Hagena
Einfçhrung Die Rheumaorthopådie entwickelte sich wie kaum ein Schwerpunkt der neueren Orthopådie im Zentrum dieser seit çber 100 Jahren expandierenden Disziplin. Die Grçndungsversammlung der ¹Deutschen Gesellschaft fçr Orthopådische Chirurgieª fand am 23. September 1901 anlåsslich der Naturforschertagung in Hamburg statt. Von einem zarten Zweig des OrthopådenBaumes hat sich die Rheumaorthopådie zur wesentlichen krankheitsbezogenen Subdisziplin entwickelt. Sie hat mit eigenståndigen Behandlungsprinzipien und -techniken die allgemeine Orthopådie und die Chirurgie der Bewegungsorgane beeinflusst wie auch von deren Neuerungen profitiert. Mit der Beschreibung der ¹Rheumatoid Arthritisª hat A.E. Garrod 1859 den Sammelbegriff einer Vielzahl unterschiedlicher ¹entzçndlicherª Erkrankungen der Bewegungsorgane geprågt [11]. Im deutschen Sprachraum konnte der Begriff der ¹rheumatoiden Arthritisª (Rheumaåhnliche Arthritis) keine hinlångliche Akzeptanz finden. Noch bis in das Jahr 1939 wurde als Begriff insbesondere der ¹akuteª von dem ¹chronischenª Rheumatismus unterschieden. Mit wechselnder Intention wurden die Termini der primår bzw. progressiv chronischen Polyarthritis und spåter der Begriff der chronischen Polyarthritis (cP) synonym angewendet. Die Bemçhungen einer Ein- bzw. Abgrenzung der Gelenkerkrankungen unterschiedlicher Øtiologie spiegeln die Abhandlungen çber die Definition der ¹Rheumatologieª deutlich wider. So wurde zugebilligt, dass die degenerativen Erkrankungen zumindest in das orthopådische Gebiet der Rheumatologie gehæren [35]. Demgegençber stellten sich fçr die deutschsprachige Rheumaorthopådie die Wissenschaft und Lehre von den entzçndlich rheumatischen Gelenkerkrankungen sowie die Entwicklung und Verbreitung der Behandlungsprinzipien als Aufgabe. Erst die
Durchsetzung des englischen Sprachgebrauches in der internationalen Literatur hat dem Begriff der ¹rheumatoiden Arthritisª zur allgemeinen Anwendung verholfen. In die Mitte des 19. Jahrhunderts fallen die ersten Beschreibungen der operativen Behandlungen rheumatischer Gelenkerkrankungen. Dabei ist nicht endgçltig geklårt, ob es sich bei den operierten Gelenken tatsåchlich um Erkrankungen des selben Krankheitsbegriffes in der heutigen Definition oder eher um tuberkulæse oder infektbedingte Arthritiden gehandelt hatte.
Erste Operationen in der Rheumabehandlung In den Anfången der chirurgischen Behandlung der Rheumatologie erlangten drei wesentliche Operationsverfahren fçr die Lokalbehandlung der entzçndlichen rheumatischen Gelenkerkrankungen Bedeutung: ] die Synovialektomie und Tenosynovialektomie, ] die Arthrodese und ] die Arthroplastik. Dabei stellten die Techniken der Arthroplastik und der Arthrodese auch bedeutende Verfahren der allgemeinen orthopådischen Behandlung von Gelenkerkrankungen in der ersten Hålfte des 20. Jahrhundert dar. Die erstmalige spezifische Therapie der rheumatoiden Arthritis kann nur in der wohl 1870 von Volkmann noch bei tuberkulæser Arthritis und von Schçller 1887 angegebenen und von Mçller 1894 bei mit Synovialektomie operierten Kniegelenken von 4 Patienten mit rheumatoider Arthritis belegten Kontrolluntersuchung angenommen werden [40, 42, 56]. Diesen Arbeiten folgten bereits von Goldthwait 1900 [12] und von Swett 1923 [49] weitere wenige Publikationen in den USA. Schon
4
]
F.-W. Hagena
frçh wurden die ersten enthusiastischen Berichte çber die mæglichen Erfolge der Synovialektomien durch experimentelle Arbeiten gedåmpft. Es wurden die Regeneration der Synovialmembran ebenso wie die mægliche Schådigung der Gelenke durch die operative Synovialektomie nachgewiesen [29, 57]. Trotz der z. T. çberaus positiven Veræffentlichungen der Ergebnisse nach Synovialektomien hat sich das Fçr und Wider nahezu bis in die heutige Zeit gehalten [26, 45]. Ein prophylaktischer Effekt und eine systemisch positive Wirkung lokaler Synovialektomien waren langzeitig wesentliche kontrovers diskutierte Aspekte der operativen Rheumaorthopådie [10, 26, 39]. Die langfristigen, multizentrischen Studien von Synovialektomien konnten den klinischen Wert dieser Operationen insbesondere fçr das Frçhstadium belegen [3, 21, 25, 31]. Die Indikationen zur Synovialektomie wurden bereits 1972 von K. Miehlke [38] definiert, indem er diese als lokale Basistherapie einordnete. Unbestritten ist, dass sich in der Rheumatologie entgegen dem ¹Pyramidenprinzipª das Konzept ¹early and aggressivª durchgesetzt hat, d. h., die medikamentæse Therapie nach Erstellen der Diagnose mæglichst bereits im Frçhstadium der RA als Basistherapie einzuleiten. Dieser Philosophie sollte nunmehr auch die Indikation zur begleitenden, kombinierten chirurgischen lokalen Therapie folgen. Insbesondere die minimal invasiven, arthroskopischen Synovialektomien im Management der chronischen Synovialitis bei rheumatoider Arthritis und Psoriasis-Arthritis mit ggf. nachfolgender Synoviorthese bieten die hæchste Wahrscheinlichkeit, die zu erwartenden Destruktionen gemeinsam mit einer effektiven Therapie mit ¹disease modifying antirheumatoid drugsª (DMARD's) zu verhindern [28].
Arthroplastiken Als der Vater der Arthroplastik ist Louis Leopold Xavier Ollier (1825 bis 1900), in Frankreich als ¹P re de la chirurgie orthopdique, rparatrice et del orthopdique experimentaleª benannt, anzusprechen [14]. Er hatte bereits die Mæglichkeit von Gewebsinterpositionen bei der Gelenkresektion zur Verbesserung der Beweglichkeit beschrieben. Vielfåltige Methoden der Interposition von Geweben und Materialien haben letztlich den
Weg zur Entwicklung der Allo-Arthroplastiken bzw. Endoprothesen geebnet. Waren die ersten Implantationen zum kçnstlichen Gelenkersatz aus Elfenbein von Th. Gluck çber viele Jahrzehnte in Vergessenheit geraten, so wurden um so mehr ± aufgrund mangelnder Erfahrungen fçr die operative Behandlung der rheumatoiden Arthritis ± am Ellenbogengelenk die Techniken der Resektionsarthroplastik in der Technik von Hass und Herbert favorisiert [19, 20, 24]. Andererseits hat bereits Hoffmann 1911 in St. Louis von der Resektion der Metatarsalkæpfchen çber einen plantaren Zugang bei kontrakten Zehen berichtet, eine Operatonstechnik, die in der ¹Neuzeitª fçr die Rheumaorthopådie unter Berçcksichtigung der Weichteilbehandlung standardisiert worden ist [22, 50]. Ebenso sind die multiplen Verfahren der Resektionsarthroplastiken ggf. mit Interposition von unterschiedlichen Materialien nicht unmittelbar fçr rheumatische Gelenkerkrankungen beschrieben, jedoch sind diese Techniken fçr die Rheumaorthopådie weiterentwickelt worden [5, 33, 41].
Endoprothesen Smith-Petersen hatte 1939 fçr die Behandlung der rheumatisch destruierten Hçftgelenke die ¹cup arthroplastyª ± zunåchst aus Plexiglas ± entwickelt [43]. Bereits 1943 hat Smith-Petersen mit Aufranc und Larson spezielle Operationstechniken fçr die Behandlung der rheumatoiden Arthritis am Hand-, Ellenbogen-, und Schultergelenk beschrieben [44]. Einen allgemeinen Durchbruch in der Behandlung der rheumatoiden Arthritis stellte die Entwicklung der Endoprothesen vornehmlich durch Charnley 1961 dar. Die Endoprothetik hatte ihren Feldzug mit der Entwicklung der Hçftprothesen gestartet [6]. Auch hat sicherlich zunåchst die Entwicklung der flexiblen Implantate fçr Finger- und Handgelenke [47] in der Aufgabenstellung der therapeutischen operativen Mæglichkeiten einen wichtigen Beitrag geleistet. Bevorzugt werden Endoprothesen am Hçftgelenk, Kniegelenk, Schultergelenk, Ellenbogengelenk, Fingergelenk. Neuere Erfolge beweisen bei individuellen Indikationen die Ûberlegenheit der Endoprothesen gegençber den primåren Arthrodesen am Handgelenk [37] und am oberen Sprunggelenk [18].
Geschichte der Rheumaorthopådie
Arthrodesen und Spondylodesen Waren wegen der mangelnden positiven Langzeitprognosen von Endoprothesen die Arthrodesen als Primåreingriffe noch fçr das Knie-, Hçft- und Schultergelenk in den Anfången der Rheumaorthopådie angezeigt, so haben sich diese Verfahren mit unterschiedlichen Osteosynthesen lediglich am Handgelenk als totale oder ¹Teilarthrodeseª [4, 34], am Fuû als subtalare und talonavikulare Arthrodese und ggf. am Metatarsophalangealgelenk I erhalten. Die Spondylodese der Halswirbelsåule stellt eine besondere Entwicklung in der Rheumaorthopådie dar. Die zervikale Instabilitåt bei RA mit letalem Risiko ist ein sehr wichtiger Bereich im Wandel der Aufgaben der Rheumaorthopådie. Hatte Brattstræm, 1973 [2] noch die Verwendung von Knochenzement zur additiven Stabilisierung der Halswirbelsåule angegeben, so weisen die Operationstechniken mit Verschraubungen und Platten eine deutliche Verminderung von Komplikationen und Verbesserung der Prognose auf [13]. Einen besonderen Einfluss in der Indikationsstellung und im Wandel der Rheumaorthopådie stellten die Arbeiten aus der Neurochirurgie in England dar und damit einen Beginn in der Subspezialisierung [9]. Die Kernspintomographie bietet fçr die Diagnostik des Pannus am Dens axis fçr die zervikale Myelonkompression und fçr die Instabilitåt eine entscheidende Bereicherung und Fortschritt. Auch haben die stabilisierenden Operationstechniken an der rheumatischen Halswirbelsåule zu definierter Indikation und reproduzierbaren Ergebnissen gefçhrt [13].
Entwicklung spezieller Operationstechniken Besonders bedeutende Operationstechniken sind hervorzuheben, die als Meilensteine die Entwicklung der Rheumaorthopådie mitbestimmt haben [15]. Die Operationen des rheumatischen Vorfuûes waren bereits von Vainio 1956 und Clayton 1960 beschrieben worden [7, 52], als sich Tillmann 1977 mit seiner Monographie erneut und nachdrçcklich um die Versorgung des gesamten rheumatischen Fuûes bemçhte. Eine Initiative,
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die ihn auch in den weiteren Jahrzehnten nicht verlieû [54]. Nach der Erstbeschreibung des Caput-ulnaeSyndroms bei rheumatoider Arthritis von Båckdahl in Jahr 1963 [1] hat sich die operative Behandlung der rheumatischen Handdeformitåten entschieden beschleunigt. Mit der ¹dorsal wrist stabilizationª war eine wichtige Technik zur Behandlung der destabilisierten Handgelenkdeformitåten aufgezeigt [46]. Die einfache Op-Technik zur Fixation des subluxierten Handgelenkes und des karpalen Kollapses zeigte ein Verfahren, den osteoporotischen Karpus mit der Mæglichkeit der Frçhmobilisierung zu stabilisieren [34]. Bereits zwei Jahre spåter beschrieb C. H. Meuli 1973 die erste Handgelenkprothese, die er in den folgenden Jahrzehnten verfeinerte [37]. Differenziert wurde das operative Konzept am Handgelenk durch die Darstellung der radioulnåren Arthrodese 1983 von Chamay [4]. Eine bahnbrechende Idee mit nahezu 40-jåhriger Gçltigkeit und internationaler Anerkennung realisierte A.B. Swanson 1966, der sich sowohl fçr die zerebralen Låhmungen wie auch fçr die Therapie der rheumatoiden Arthritis engagierte, mit der Erfindung des Silikon-FingergelenkPlatzhalters (Silastik¾¹spacerª). Hiermit war es erstmals mæglich, die pathognomonische Ulnadeviation und Subluxation der rheumatisch destruierten Fingergelenke zu korrigieren. In der Folge sollten diese Implantate an MCP-, PIPund an den Zehengrundgelenken mit unterschiedlichem Erfolg Einsatz finden [47, 48]. Gschwend hat in der Zusammenarbeit mit Scheier und Båhler die Rheumaorthopådie mit der Entwicklung der Endoprothesen insbesondere am Knie- und Ellenbogengelenk geprågt. Vorrangig waren es die GSB-Kniegelenke, die er in der zweiten Generation nach u. a. Walldius als so genannte ¹physiologische Knieprotheseª mit relativ einfacher OP-Technik gerade fçr die Versorgung der Patienten mit rheumatoider Arthritis entwickelt hatte [14]. Wie oben dargestellt, war es gerade das Verdienst von Charnley aber auch von Huggler und M. E. Mçller [6, 23] in der Folge Hçftgelenk-Totalprothesen zu gestalten, die eine fçr damalige Verhåltnisse einzigartige Ûberlebensdauer zeigten. Ein Fortschritt, der mit der zementfreien Technologie weitergereift ist. Entscheidend fçr die Rheumaorthopådie war letztlich die umfassende Darstellung der operativen Mæglichkeiten und Grenzen im Lehrbuch von N. Gschwend, welches in den Jahren 1968
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und 1977 aufgelegt wurde und binnen weniger Jahre vollkommen vergriffen war [14]. Besonderheiten bei der operativen Therapie ergeben sich bei der juvenilen idiopathischen Arthritis (z. B. arthroskopische Operationen), bei der Psoriasis-Arthritis [30] und bei der Spondylitis ankylosans. Die Erfolge der ¹Kolumnotomieª zur Aufrichtung der ankylosierten Kyphose bei Spondylitis ankylosans und die Versorgung ankylosierter Hçftgelenke war bereits im Jahr 1973 beschrieben worden [14].
Die ARO Da die Behandlung der degenerativen Gelenkerkrankungen grundsåtzlich in das Aufgabengebiet der Orthopådie integriert ist, entwickelte sich insbesondere in skandinavischen Låndern und im deutschsprachigen Raum die Therapie der ¹entzçndlich-rheumatischenª Gelenkerkrankungen gesondert als orthopådischer Schwerpunkt. Damit wurde der Erkenntnis Rechnung getragen, dass die umfassende Behandlung der Patienten mit rheumatoider Arthritis und anderen entzçndlichen Erkrankungen eine eigenståndige Entitåt darstellt. Diese Patienten leiden çberwiegend an chronischen Systemerkrankungen mit multiplem Gelenkbefall und der Beteiligung von Gewebsstrukturen und Organen. Es wurden daher spezielle krankheitsbezogene Therapiemethoden, -techniken und -strategien erarbeitet. Bis heute wird in den angloamerikanischen Låndern eine derart spezialisierte Betrachtung zu Gunsten einer gelenkspezifischen Orientierung verdrångt und dieses, obwohl wesentliche historische Impulse fçr die operative Behandlung der ¹rheumatoiden Arthritisª gerade in England und in den USA entwickelt worden sind. Auf der Pråsidiums- und Beiratssitzung der Deutschen Gesellschaft fçr Orthopådie und Traumatologie (DGOT) war am 23. Mai 1970 die Einrichtung von Arbeitskreisen beschlossen worden. Der damalige Pråsident der DGOT, Prof. Dr. H. Ræssler, und der Vorsitzende der Programmkommission, Prof. Dr. H. Mau, stellten in einem Rundschreiben fest: Mit der Bildung der Arbeitskreise soll eine Plattform geschaffen werden, um den Erfahrungsaustausch, insbesondere mit jçngeren Kollegen, anzuregen. Gemeinsame Arbeitsvorhaben, auch mehrerer Kliniken, kænnten so koordiniert und die Finan-
zierung von Forschungsvorhaben erleichtert werden [16]. Von der Programmkommission waren 16 Arbeitskreise vorgeschlagen worden. Als Obmann fçr den Arbeitskreis ¹Rheumatologieª wurde Privatdozent Dr. Norbert Gschwend angesprochen, der Prof. Dr. Ræssler am 30. 9. 1970 seine Bereitschaft signalisierte, die Leitung des Arbeitskreis Rheumatologie zu çbernehmen. Fçr die Mitarbeit im Arbeitskreis sei eine Mitgliedschaft in der DGOT keine Voraussetzung. Damit fçhlte sich N. Gschwend beståtigt, den AK auf eine ¹internationale Bçhneª zu stellen und auf diese Weise auch Orthopåden aus anderen europåischen Låndern hinzuzuziehen, wie H. Brattstræm in Lund, S. Jakubowski in Warschau, J. A. Pahle in Oslo und K. Vainio in Heinola [16]. In der Absicht, einen klaren Trennstrich hinsichtlich der Zuståndigkeit gegençber den Allgemeinchirurgen zu ziehen, benannte Gschwend den Arbeitskreis nicht entsprechend der DGOT-Bezeichnung ,Rheumatologie` sondern ,Rheumaorthopådie`. Am 30. April 1971 fand unter Beteiligung von 10 anwesenden Interessenten die Grçndungssitzung des Arbeitskreises Rheumaorthopådie (ARO) in Baden-Baden statt (Abb. 1). Das Kçrzel ¹AROª schlug Gschwend den Teilnehmern vor mit dem Hinweis auf die groûe internationale Bedeutung, welche die (in der Schweiz begrçndete) AO (Arbeitsgemeinschaft fçr Osteosynthesefragen) erlangt hatte, und weil das die beiden Buchstaben verbindende R (Rheuma) dem Kçrzel Sinn und eine zukunftsweisende rollende Phonetik verlieh. N. Gschwend wurde damit zum Begrçnder und 1. Obmann der ARO (Abb. 2). Bereits auf der Tagungsordnung der Grçndungssitzung stand auûer çber Sinn und Zweck und Organisationsprinzipien unter den Zielen des Arbeitskreises die ¹einheitliche Dokumentationª an erster Stelle mit Hinweis auf die segensreiche Wirkung einer gemeinsamen Datensammlung in der AO. Dieses Ziel hat sich trotz vielfåltiger Bemçhungen [17] bis heute nicht realisieren lassen. Wesentlich war, dass von diesem Zeitpunkt an durch die regelmåûigen ¹Klausurtagungenª und Tagungen der ARO die Behandlungsprinzipien in der Rheumaorthopådie in Deutschland und in Zusammenarbeit mit den deutschsprachigen Kollegen des Auslandes aktuell diskutiert und weitere Entwicklungen stimuliert worden sind. Der Deutsche Bundestag hat im Mai 1980 die Einfçhrung der Teilgebietsbezeichnung (spåter Schwerpunkt) ¹Rheumatologieª fçr die Fåcher
Geschichte der Rheumaorthopådie
Abb. 1. Teilnehmerliste der Grçndungssitzung am 30. April 1971 in Baden-Baden (Original)
Abb. 2. Norbert Gschwend, Begrçnder und 1. Obmann der ARO in der DGOT
Innere Medizin und fçr die Orthopådie beschlossen. Entscheidend hierfçr war, dass die DGOT und der Berufsverband der Orthopåden bereits eine Weiterbildungsordnung inkl. Operationskatalog vorgelegt hatten. In seiner Eræffnungsansprache als Pråsident zur 67. Tagung der DGOT in Mçnster kommentierte H. H. Matthiass diesen Beschluss: Wir bedauern, dass
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auch im Bericht der Bundesregierung zur Lage der Rheumabekåmpfung der Anteil der Orthopådie unzureichend dargestellt ist. Es wird groûer Anstrengungen bedçrfen, den Beitrag unseres Faches in der Rheumabehandlung auch der Úffentlichkeit gegençber besser als bisher sichtbar zu machen [36]. Dennoch war dies ein Meilenstein und Grundlage im interdisziplinåren Verhåltnis und im Verståndnis der Therapie der rheumatoiden Arthritis. Diese Tatsache machte es mæglich, dass sich in zunehmenden Maûe auch rheumaorthopådisch spezialisierte Kollegen in der Praxis etablierten. Aufgrund der steigenden Mitgliederzahlen und des Interesses einer weitgehend selbståndigen Fçhrung erfolgte nach jahrelangem, zåhem Ringen unter Federfçhrung von K. Tillmann die Anerkennung als erste Sektion in der DGOT mit eigener Geschåftsordnung [16]. Anlåsslich der Klausurtagung der ARO im Mai 1992 in Wien erhielt der neugewåhlte ¹Obmannª R. Miehlke vom damaligen Pråsidenten der DGOT den Auftrag, den Arbeitskreis weiter auch vereinsrechtlich zu verselbstståndigen. Nach sehr intensiven, kurzfristigen Bemçhungen erreichte R. Miehlke, dass nunmehr mit einer neuen Satzung am 1. Oktober 1992 die Assoziation fçr Orthopådische Rheumatologie e.V. mit Sitz in Wiesbaden als Sektion der DGOT und damit Nachfolgeorganisation des Arbeitskreises gegrçndet wurde. In der Satzung ist die Hauptaufgabe verankert, die Færderung der Wissenschaft auf dem Gebiet der orthopådischen Rheumatologie in Forschung, Lehre und Krankenversorgung, einschlieûlich der Rehabilitation bei orthopådisch-rheumatologischen Krankheitsbildern. [16] Etwa zur gleichen Zeit, als von der DGOT die Aufforderung zur Grçndung eines Arbeitskreises fçr ¹Rheumatologieª zur Stårkung der wissenschaftlichen Arbeit an den damaligen Priv.Doz. Dr. N. Gschwend erging, wurde 1971 in England die Rheumatoid Arthritis Surgical Society (BRASS, spåter RASS), gegrçndet. Die enge freundschaftliche Zusammenarbeit und die Erkenntnis, dass die englische Sprache in der wissenschaftlichen Publizistik immer bedeutender wurde, fçhrte ± der politischen Entwicklung vorausgreifend ± auf dem Europåischen Rheumatologenkongress 1979 in Wiesbaden zur Grçndung der ¹European Rheumatoid Arthritis Surgical Societyª (ERASS). Hierdurch konnte langfristig die sehr gute und effektive Kooperation der deutschen Assoziation fçr Orthopådische Rheumatologie e.V. mit den rheu-
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maorthopådischen Gesellschaften Europas gesichert und weiterentwickelt werden.
Rheumaorthopådie und Rheumatologie als interdisziplinåres Konzept Im Jahr 1942 wurde bereits die Bedeutung einer interdisziplinåren rheumatologischen Therapie vom englischen Empire Council ¹the need for close co-operation between orthopeadic surgeons and rheumatologistsª hervorgehoben [45]. Entscheidend hierfçr ist die Erkenntnis, dass in vieler Hinsicht die konservativen Therapiemaûnahmen eine vollståndige Remission oder gar Heilung der chronischen und in der Mehrzahl progredienten Systemerkrankungen nur selten erzielen. Prinzipiell ist die systemische Therapie der rheumatischen Systemerkrankungen die Aufgabe der internistischen Rheumatologie. Zudem erfordern diese entzçndlich-rheumatischen Erkrankungen Konzepte lokaler Therapieprinzipien an den Gelenken aller Kærperregionen und der Wirbelsåule von der Kindheit bis ins hohe Alter. Beispielhaft hat sich die Rheumaorthopådie daher frçhzeitig innerhalb der Orthopådie in Zusammenarbeit mit der Rheumatologie, dem Schwerpunkt der Inneren Medizin und den Grenzgebieten um einen multidisziplinåren Therapieansatz bemçht und hierfçr eine internationale Plattform entwickelt. Besondere Vorbildfunktion fçr die ¹interdisziplinåre Zusammenarbeitª zwischen der internistischen und der orthopådischen Rheumatologie hatte zweifellos die im Jahr 1946 gegrçndete staatliche Rheumaklinik in Heinola, Finnland, in der seit 1951 von dem Rheumatologen V. Laine und dem Chirurgen K. Vainio international beispielhaft gemeinsam die Patienten mir rheumatischen Erkrankungen behandelt wurden. M. L. Clayton hat seit 1954 mit Charley J. Smith in Denver zusammengearbeitet und eine orthopådisch-rheumatologische Klinik mit einem ¹team-approachª entwickelt [8]. In Deutschland erfolgten mit einem Abstand von etwa 10 Jahren die Grçndungen der Rheumakliniken in Bad Bramstedt unter Leitung von K. Tillmann und in Augsburg unter Leitung von W. Mohing Anfang der 60er Jahre. Ebenso gestalteten M. Jåger als Orthopåde und M. Schattenkirchner, Rheumatologe an der Mçnchner Ludwig-MaximiliansUniversitåt, eine ¹Rheuma-Einheitª (entspre-
chend der englischen ¹rheuma-unitª), vorbildhaft fçr universitåre Einrichtungen. N. Gschwend hatte die Leitung der von W. Schulthess gegrçndeten Klinik in Zçrich çbernommen, um diese in enger Zusammenarbeit mit dem angesehenen Rheumatologen A. Bæni zu weltweiter Anerkennung auf dem Gebiet der Rheumaorthopådie zu fçhren. Die klinische Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Rheumatologie spiegelte sich auch in der Deutschen Gesellschaft fçr Rheumatologie wieder. In der 75-jåhrigen Geschichte dieser Fachgesellschaft gelang es, in zwei Perioden einen Rheuma-Orthopåden zum Pråsidenten zu wåhlen. Unter der Pråsidentschaft von P. Otte, 1980, und G. Weseloh, 1996, waren die gemeinsamen Interessenbereiche der Internisten und Orthopåden besonders stark thematisiert worden. Eine weitere Basis der interdisziplinåren Zusammenarbeit wurde in den ¹Kooperativen Regionalen Rheumazentrenª in Deutschland geschaffen. Diese haben sich zum Ziel gesetzt, die wohnortnahe Patientenversorgung zu verbessern. Des Weiteren findet auf der Ebene der niedergelassenen Rheumatologen und Rheuma-Orthopåden eine enge Kooperation statt. Nach skandinavischem Vorbild steht im Zentrum der multidisziplinåren Rheuma-Einheit der Patient mit dem Team der rheumatologisch spezialisierten Ørzte und der paramedizinischen TherapeutInnen, da in jedem Fall auch die konservative, physikalische Therapie begleitend durchgefçhrt werden muss. Zudem sind in den Bereich dieser Einheit sowohl die Spezialisten der angrenzenden Fachdisziplinen, die Hausårzte wie auch das soziale Netzwerk mit einzubeziehen (Abb. 3). Die regelmåûige Koordination von konservativer und operativer Therapie hat eine kontinuierliche Zusammenarbeit zwischen den internistischen und orthopådischen Rheumatologen etabliert. Es zeichnet sich eine deutliche Spezialisierung der internistischen Rheumatologie gegençber den Rheuma-Orthopåden auf dem Gebiet der Grundlagenwissenschaft und Entwicklung neuer Medikamente ab. Die Prognose fçr die Mehrzahl der Verlåufe rheumatischer Gelenkerkrankungen hat sich zwar durch neuere medikamentæse Therapien verbessert, jedoch ist es bisher nicht gelungen, Kriterien zu erarbeiten, die so genannten Responder von Nonrespondern zu unterscheiden [27]. Weiterhin wird daher nur eine andauernde Kenntnis der operativen Mæglichkeiten çber die entsprechende Wahl des Eingriffes und den optimalen Zeitpunkt und damit
Geschichte der Rheumaorthopådie
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Abb. 3. Rheuma-Einheit (Schema)
çber die Patientenversorgung in der Rheumatologie entscheidend bleiben, da eine lokale Destruktion an den Bewegungsorganen bei rheumatoiden Arthritiden vielfach individuell nicht verhindert werden kann.
Ausblick Die Rheumaorthopådie auf dem Weg zur ¹Subspezialisierungª? Fast klingt es wie ein Reizwort. Das Ende des Rheuma-Orthopåden mit interdisziplinårem Ansatz, der umfassend fçr ¹såmtlicheª Gelenke Indikationen stellen und Prioritåten setzen kann sowie çber die notwendige operative Fåhigkeit und Erfahrung verfçgt? Es besteht kein Zweifel, dass sich mit der allgemeinen Entwicklung der orthopådischen Chirurgie ¹Spezialistenª u. a. fçr Fuûchirurgie, Kniegelenk- oder Hçftchirurgie wie auch fçr die Wirbelsåulenoder Kinderorthopådie herauskristallisieren werden. Dieses ist eine logische Folge der immensen Geschwindigkeit, mit der Innovationen auch in der Medizin publiziert werden. Eine Subspezialisierung ohne die entsprechende rheumatologisch/rheuma-orthopådische Grundlage bedeutet jedoch den Verlust der wichtigsten interdisziplinåren Konzepte und damit den Verlust wesentlicher Errungenschaften in der Rheumatologie und besonders fçr die betroffenen Patienten
(s. Abb. 2). Fçr die Subspezialisierung in der Rheumaorthopådie muss aber gelten, dass diese nur auf dem Boden einer rheumatologisch ausgerichteten Weiterbildung in der orthopådischen Chirurgie zulåssig ist. Nur so wird gewåhrleistet bleiben, dass die Grundsåtze der Systemerkrankung inkl. deren systemischer Therapie (durch den Rheumatologen), die speziellen Operationstechniken und die individuellen Therapiebedçrfnisse, z. B. Gestaltung eines Gesamttherapieplans und die wesentliche Beachtung der Prioritåten weiterhin ihre Bedeutung haben. Vorstellungen zielen beispielhaft auch auf die Aufgliederung in einen ¹Spezialistenª jeweils fçr die oberen und fçr die unteren Extremitåten hin. Denkbar ist unter diesen Voraussetzungen, dass sich verschiedene ¹rheumaorthopådische Subspezialistenª unter einem Dach in einem ¹Zentrum fçr Rheumaorthopådieª etablieren, in dem dann z. B. ein Rheumatologe, Ergotherapeut sowie ein Neurologe und ein Dermatologe etc. zusammenwirken kænnen.
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Epidemiologie rheumatischer Erkrankungen W. Mau, A. Zink
Einfçhrung Die Bedeutung der Epidemiologie rheumatischer Erkrankungen reicht weit çber das auf den ersten Blick wenig anspruchsvolle Zåhlen von Fållen hinaus [30]. Schon die Entwicklung von Kriterien zur Falldefiniton und die zuverlåssige Ermittlung von Pråvalenz- und Inzidenzraten in der klassischen Epidemiologie erfordern sowohl rheumatologische Detailkenntnisse als auch die Anwendung von Methoden, die in der Public-Health-Forschung etabliert sind. Die klinische Epidemiologie nimmt direkten Bezug auf Patienten und verfolgt das Ziel, klinische Entscheidungen methodenorientiert auf eine sichere Grundlage zu stellen und dadurch zu verbessern. Dazu dient die Einschåtzung des Krankheitsverlaufs und die Identifizierung von prognostischen Indikatoren, die angesichts drohender Chronifizierung rheumatischer Erkrankungen von hoher praktischer und therapeutischer Relevanz sind. Untersuchungen zur Behandlung rheumatischer Erkrankungen im Rahmen der Versorgungsepidemiologie decken vorhandene Defizite auf. Die genannten Bereiche werden in diesem Kapitel am Beispiel der chronischen Polyarthritis (cP) veranschaulicht.
Falldefinitionen Fçr zahlreiche rheumatische Erkrankungen stehen heute Kriterienkataloge zur Verfçgung. Diese Kriterien bieten eine Orientierungshilfe im praktischen Alltag, kænnen aber die individuell zu stellende Diagnose nicht ersetzen [25]. Sie wurden primår fçr die Falldefinition in (epidemiologischen) Studien entwickelt und sollten die Vergleichbarkeit der untersuchten Kranken
erleichtern. Es handelt sich vielfach um Kriterien zur Klassifikation, d. h. zur Beschreibung typischer Manifestationsformen, die eine hohe Sensitivitåt und Spezifitåt aufweisen und damit eine gute Abgrenzung zwischen ausgewåhlten Kranken und Vergleichsgruppen erlauben. Sie erheben nicht den Anspruch, alle Aspekte abzubilden und zu gewichten, die in Praxis und Klinik fçr die Diagnose im Einzelfall entscheidend sein kænnen. Exemplarisch sind die Klassifikationskriterien fçr die cP [4] (s. Kapitel ¹Klinische Grundlagen der Arthritidenª), die Spondarthritiden [6], die Arthrose der Hçft- und Kniegelenke sowie der Hånde [1±3] und das Fibromyalgie-Syndrom [20, 34] zu nennen. Diese Kriterienkataloge haben inzwischen weite Verbreitung in klinischen Untersuchungen und bevælkerungsepidemiologischen Studien gefunden.
Pråvalenz und Inzidenz Hinsichtlich des Vorkommens rheumatischer Beschwerden und Erkrankungen ist zu unterscheiden zwischen der Pråvalenz, d. h. dem Gesamtanteil Erkrankter in einer definierten Population zu einem Zeitpunkt (Punktpråvalenz) oder in einem Zeitraum (Periodenpråvalenz, z. B. Ein-Jahrespråvalenz), und der Inzidenz, d. h. dem Auftreten neuer Fålle in einer Bevælkerungsgruppe wåhrend eines bestimmten Zeitraums (z. B. pro Jahr oder pro 100 000 Personenjahre). Auf der Ebene der subjektiven Symptomangaben vermitteln Bevælkerungsbefragungen einen Eindruck von der Håufigkeit der Beschwerden am Bewegungsapparat. Bei den 25- bis 74-Jåhrigen in Lçbeck fanden sich fçr verschiedene Schmerzregionen folgende Punktpråvalenzraten: Rçcken 29%, Nacken 16%, Beine 29%, Schulter 21%, andere Armregionen 16%, jeweils mit einer stårkeren Belastung der Frauen [13]. Diffe-
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renziertere Aussagen sind z. B. fçr Rçckenschmerzen durch die Berçcksichtigung der Schmerzintensitåt und des Behinderungsgrades mæglich: danach sind 6±16% der Bevælkerung durch Rçckenschmerzen stark beeintråchtigt [25]. Die Angaben zum Vorkommen konkreter rheumatischer Erkrankungen schwanken z. T. erheblich, da sie von verschiedenen Voraussetzungen abhången wie Falldefinition, Art der Datenerhebung und Charakteristika der Population (z. B. Geschlecht, Alter, Rasse). Am Beispiel der Hçft-, Knie- und Fingerendgelenke wird die Abhångigkeit der Pråvalenz degenerativer radiologischer Verånderungen vom Alter und Geschlecht deutlich [27] (Abb. 1). Die Håufigkeit der Ræntgenbefunde ist nicht mit der Pråvalenz der Arthrose-Krankheit gleichzusetzen, da selbst bei måûigen bis schweren morphologischen Verånderungen nur ein
Abb. 2. Geschlechtsgetrennte Håufigkeit von Gelenkschmerzen bei verschiedenen radiologischen Schweregraden der Arthrose an den distalen Interphalangeal-Gelenken (DIP) der Hånde und den Kniegelenken in einer britischen Bevælkerungsstichprobe (Lawrence et al. 1966 [14]).
Abb. 1. Geschlechtsgetrennte Pråvalenz degenerativer radiologischer Verånderungen (Grad 2) an den distalen InterphalangealGelenken (DIP) der Hånde, den Knie- und den Hçftgelenken in Abhångigkeit vom Alter in einer niederlåndischen Bevælkerungsstichprobe (Saase et al. 1989 [27]).
Teil der Personen Schmerzen angibt [14] (Abb. 2). In der Framingham-Studie wurde eine symptomatische Gonarthrose bei jeder zehnten Person çber 62 Jahre gefunden [8]. In Tabelle 1 ist eine Auswahl der verfçgbaren Pråvalenzraten rheumatischer Erkrankungen und Schmerzsyndrome dargestellt [8, 31]. Europåische Bevælkerungsstudien ergeben fçr die cP nach den ACR-Kriterien von 1987 Pråvalenzraten von 0,2±0,8%, die im unteren Bereich des frçher berichteten Spektrums liegen (Tabelle 2). Als Erklårungen fçr die geringeren Pråvalenzraten wurden diskutiert: die genauere Abgrenzung der Spondarthritiden [6], die Fokussierung auf typische Manifestationsformen durch die ACR-Kriterien von 1987 [4], ein Rçckgang schwerer Verlaufsformen im Zusammenhang mit einer frçhen konsequenten Therapie [10, 22] und eine mæglicherweise fallende Inzidenz der cP [31]. Basierend auf einer modifizierten Fassung der ACR-Kriterien von 1987, die u. a. Gelenkdeformationen und zu einem frçheren Zeitpunkt positive Kriterien berçcksichtigt, ist heute am ehesten von Pråvalenzraten von 0,8% insgesamt bzw. 1,2% fçr Frauen und 0,4% fçr Månner auszugehen [33]. Die Beachtung von Verånderungen der Inzidenzraten çber die Zeit ist fçr gesundheitspolitische Planungen relevant. Ferner geben sie Veranlassung zur Diskussion pathogenetischer Faktoren wie der hypothetisch protektiven Wirkung
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Tabelle 1. Punktpråvalenz und Inzidenz ausgewåhlter rheumatischer Erkrankungen und Schmerzsyndrome [8, 31] Punktpråvalenz pro 1000 Pers.
Inzidenz pro 100 000 Pers./J.
Arthritiden ] Chronische Polyarthritis Frauen Månner ] Juvenile chronische Arthritis (< 16 J.) ] Arthritis urica Frauen Månner
3±16 1±10 0,2±1
20±70 10±20 2±18
< 0,1±5 7±34
20±70 160±280
Spondarthritiden ] Arthritis psoriatica ] Reiter-Syndrom (< 50 J.) ] Spondylitis ankylosans
0,2±1 < 0,1 1±5
3 7
0,1±0,5 < 0,1 < 0,1 0,2±5
2±8 0,2±1 0,5±1,8 0,5±76
114 68
200
Systemkrankheiten des Bindegewebes ] System. Lupus erythematodes ] Systemische Sklerose ] Polymyositis/Dermatomyositis ] Polymyalgia rheumatica/ Riesenzellarteriitis (> 50 J.) Symptomatische Arthrosen ] Gonarthrose Frauen > 62 J. Månner > 62 J. ] Koxarthrose Frauen > 55 J. Månner > 55 J.
50±74
36 55
Diverse Schmerzsyndrome ] Nackenschmerzen ] Rçckenschmerzen ] Schulterschmerzen ] Fibromyalgie-Syndrom (Generalisierte Tendomyopathie)
160 290±400 210 7±60
2000±6000
Tabelle 2. Pråvalenzraten der RA nach den ACR-Kriterien 1987 aus europåischen Bevælkerungsstudien Land (Autor)
] ] ] ] ]
Italien [5] Jugoslawien [32] Deutschland [15] Frankreich [28] Groûbritannien * [33]
N
4456 2184 11534 2873 7050
Alter (J.)
³ 16 ³ 20 25±74 ³ 18 ³ 16
Pråvalenzraten (%) Frauen
Månner
Gesamt
0,5 0,3 0,4 0,9 1,2
0,1 0,1 0,2 0,3 0,4
0,3 0,2 0,3 0,6 0.8
* Basierend auf einer modifizierten Fassung der ACR-Kriterien von 1987, die u. a. Gelenkdeformationen und zu einem frçheren Zeitpunkt positive Kriterien berçcksichtigt
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oraler Kontrazeptiva als Ursache der nur bei Frauen beschriebenen fallenden Inzidenz der cP [31].
Krankheitsverlauf und Prognose Die klinische Epidemiologie liefert wichtige Beitråge zur Einschåtzung des Krankheitsverlaufs und zu prognostischen Indikatoren, die die Basis fçr therapeutische Entscheidungen bilden. Am Beispiel der cP konnte die Heterogenitåt der Manifestations- und Verlaufsformen je nach untersuchter Population bzw. Patientengruppe gezeigt werden: Kranke, die in Zufallsstichproben der Bevælkerung oder in prospektiven Kohortenstudien von Frçhfållen identifiziert werden, haben blandere Formen der cP als Patienten aus klinischen Querschnittsstudien oder retrospektiven Untersuchungen von in der Regel langjåhrig Erkrankten [16, 23]. Wenn die cP einen ungçnstigen Verlauf nimmt, so zeichnet er sich håufig bereits innerhalb der ersten zwei bis drei Jahre ab. Das ist auf allen drei nach der WHO zu differenzierenden Ebenen der Krankheitsfolgen belegt (s. Kapitel ¹Klinische Grundlagen der Arthritidenª):
] Kærperstrukturen und -funktionen (z. B. Ræntgendestruktion und Handdeformitåt) [7, 11], ] Aktivitåten [29] und ] Teilhabe, z. B. Arbeits- und Erwerbsunfåhigkeit [18, 21]. Entsprechend wichtig ist die frçhe Identifikation der gefåhrdeten cP-Kranken durch prognostische Indikatoren eines ungçnstigen Krankheitsverlaufs (Tabelle 3). Danach richtet sich die frçh, konsequent und umfassend notwendige Therapie des cP-Kranken (s. Kapitel ¹Klinische Grundlagen der Arthritidenª).
Versorgungsdefizite Rheumatologische Versorgung der Kranken in der Bevælkerung Werden Kranke mit einer chronischen Polyarthritis fachrheumatologisch betreut bzw. erhalten sie auch unabhångig davon die notwendige Behandlung? Die Ergebnisse einer 1984 bis 1990 zu dieser Frage durchgefçhrten deutschen Bevælkerungsstudie sprechen dagegen: So war
Tabelle 3. Soziodemographische und somatische Prognose-Indikatoren bei cP Prognose-Indikatoren
Krankheitsauswirkungen im Verlauf (Outcomes) Erosivitåt
Funktionsbehinderung
Erwerbsunfåhigkeit
Soziodemographische Parameter: ] hæheres Alter ] Frauen ] geringe Schulbildung
+ (+) (+)
+ + +
+ (+) +
Klinische Parameter: ] hohe Zahl geschwollener Gelenke ] Rheumaknoten ] Vaskulitis ] Funktionsbehinderung
+ (+) (+) +
+ (+) (+) +
+ Æ Æ +
+ + (+)
+ + (+)
+ + Æ
+
(+)
(+)
Laborchemische Parameter: ] BSG/CRP erhæht ] Rheumafaktor positiv ] Shared Epitope (HLA-DRB1*-Allele) Radiologische Befunde: ] Erosivitåt
Evidenz: + deutlich; (+) gering/kontrovers; Æ nicht untersucht
]
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nach einer mittleren Krankheitsdauer von 14 Jahren nur ein Viertel der cP-Kranken in den letzten zwælf Monaten und die Hålfte jemals von einem Rheumatologen versorgt worden [17]. An sich wåre das kein Problem, wenn geltende Prinzipien der Behandlung einer cP auch von Nicht-Rheumatologen berçcksichtigt wçrden. Das geschah allerdings nicht in ausreichendem Maûe. Von den hoch aktiv Erkrankten, die in den letzten zwælf Monaten ausschlieûlich von Nicht-Rheumatologen betreut worden waren, wurde nur jeder sechste mit LWAR (langfristig wirkenden Antirheumatika) behandelt. CPKranke, die einen Rheumatologen konsultierten, hatten eine siebenfach græûere Chance, die notwendigen LWAR zu bekommen. Nur 16% der aktiv Erkrankten erhielten Krankengymnastik und 32% begleitende physikalische Maûnahmen. Die Kommission Regionale Rheumatologische Versorgung der Deutschen Gesellschaft fçr Rheumatologie stellte 1994 fest, dass bei Patienten mit chronischer Polyarthritis nach verschiedenen Studien im Mittel dreieinhalb bis sieben Jahre vergingen, bis sie erstmals einem Rheumatologen vorgestellt wurden [24]. Diese Situation ist deshalb so ungçnstig, weil man heute gute Belege dafçr hat, dass gerade die Behandlung in den ersten zwei bis drei Jahren der Krankheit den Verlauf wesentlich beeinflussen kann. Entscheidend ist also das Ûberweisungsverhalten nichtspezialisierter Ørzte in die rheumatologischen Zentren beziehungsweise an niedergelassene Fachrheumatologen, die das gesamte Frçhdiagnose- und Behandlungsspektrum einschlieûlich einer differenzierten medikamentæsen Therapie beherrschen. Wie die bundesweit einheitliche rheumatologische Kerndokumentation der Arbeitsgemeinschaft Regionaler Kooperativer Rheumazentren belegt, kommen inzwischen 64% der Patienten mit einer chronischen Polyarthritis innerhalb des ersten und 75% innerhalb der ersten beiden Jahre der Krankheit erstmalig zu einem Rheumatologen [38]. Sehr spåt erreichen Kranke mit ankylosierender Spondylitis nach einer mittleren Krankheitsdauer von sechs Jahren den Rheumatologen. Die Kerndokumentation ist als klinikbasierte Routineerhebung kein bevælkerungsbezogenes Register und schlieût deshalb tendenziell die schwerer und aktiver Kranken ein. Durch die Daten zur Versorgungsanamnese ermæglicht sie jedoch Rçckschlçsse auch auf die Betreuungs-
situation im hausårztlichen und nicht rheumatologisch spezialisierten Bereich. So låsst sich ermitteln, dass nur eine Minderheit derjenigen, die an einer entzçndlich-rheumatischen Krankheit leiden, rheumatologisch betreut oder mitbetreut wird. Die Rheumazentren erreichen pro Jahr hæchsten 20% der Kranken mit chronischer Polyarthritis in den jeweiligen Regionen [35]. Besonders unterversorgte Gruppen sind åltere Frauen und die auslåndische Bevælkerung [36].
Versorgung mit langfristig wirkenden Antirheumatika (LWAR) Die Komplexitåt einer heute mæglichen und empfohlenen Therapie und deren Ûberwachung erfordert die frçhzeitige Einschaltung eines internistischen Rheumatologen. In der Kerndokumentation zeigt sich aufgrund der Angaben der behandelnden Ørzte zur Versorgungsanamnese, dass von den rheumatologisch betreuten cP-Patienten 91% im vergangenen Jahr eine Basistherapie erhalten hatten gegençber nur 43% der hausårztlich betreuten. Vergleicht man Fålle mit einer Krankheitsdauer von bis zu zwei Jahren mit långer Kranken, so wird insbesondere das Defizit im Bereich der Frçhbehandlung deutlich. Nur 16% der rheumatologisch, aber 75% der hausårztlich vorbehandelten Patienten waren im letzten Jahr ohne LWAR-Verordnung geblieben (Tabelle 4). Aber nicht nur die absolute Håufigkeit der Verordnung einer Basistherapie, sondern auch das Spektrum der verwendeten Substanzen weist groûe Unterschiede auf. So ist das Methotrexat im internistisch-rheumatologischen Bereich das Mittel der ersten Wahl; es wird auch bei frçhen Fållen durch Rheumatologen in 61% der Fålle verordnet, wåhrend nur 18% der durch Nicht-Spezialisten betreuten Patienten eine solche Therapie erhalten. Bei långerer Krankheitsdauer sind 37% der hausårztlich und 64% der rheumatologisch betreuten Patienten mit Methotrexat vorbehandelt. Die Zurçckhaltung bei der Verordnung von Methotrexat unter NichtRheumatologen erklårt sich aus der Unkenntnis der guten Wirksamkeit und der verbreiteten Furcht vor schwerwiegenden Nebenwirkungen. Diese sind jedoch nach heute vorliegenden Erfahrungen sehr selten und werden bei engmaschiger Therapieçberwachung rechtzeitig erkannt.
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Tabelle 4. Verordnungsspektrum von Basistherapie in den letzten 12 Monaten bei kurz und långer kranken cP-Patienten nach dem vorbehandelnden Arzt (Daten der Kerndokumentation der Rheumazentren von 2002, n = 8 371; NRh = nicht rheumatologisch spezialisierter Arzt, Rh = Rheumatologe; Angaben in Prozent der Patienten der jeweiligen Gruppe) Krankheitsdauer Vorbehandelnder Arzt
Bis 2 Jahre NRh
Rh
NRh
Rh
] ] ] ] ] ] ] ]
1 4 0 18 1 1 2 75
11 13 4 61 0 7 4 16
6 12 1 37 2 7 5 41
13 12 5 64 5 13 9 9
Hydroxychloroquin/Chloroquin Sulphasalazin parenterales Gold MTX Anti-TNF Leflunomid sonstige Basistherapie keine Basistherapie
Ûber 2 Jahre
Rheumachirurgische Versorgung und Synoviorthesen Øhnlich wie im Hinblick auf eine wirksame medikamentæse Therapie bestehen offenbar Informationsdefizite çber die Mæglichkeiten einer frçhzeitig einsetzenden, weitgehend pråventiv ausgerichteten Rheumachirurgie. Rheumachirurgische Eingriffe kommen bisher vor allem dann zum Tragen, wenn die Gelenke in ihrer Funktion bereits deutlich beeintråchtigt sind. Dies låsst sich an der Frage der Frçhsynovektomie oder -synoviorthese zeigen. Die offen oder arthroskopisch durchgefçhrte Synovialektomie oder die Synoviorthese mit chemischen oder radioaktiven Substanzen verfolgen das Ziel, durch die rechtzeitige Entfernung der entzçndeten Gelenkinnenhaut Destruktionen am Knorpel weitgehend zu verhindern. Hierzu ist es jedoch erforderlich, die Eingriffe durchzufçhren, bevor irreparable Schåden aufgetreten sind [9]. Entsprechend dieser Annahme wçrde man erwarten, dass derartige Eingriffe vor allem in den ersten beiden Jahren der Krankheit durchgefçhrt werden, insbesondere dann, wenn ein einzelnes Gelenk auf eine sonst gut wirksame Behandlung mit Medikamenten nicht ausreichend anspricht. Nach den Daten der Kerndokumentation trifft dies nur auf einen verschwindend kleinen Prozentsatz der Fålle zu (Tabelle 5). Von den Patienten mit chronischer Polyarthritis hatten bei kurzer Krankheitsdauer (bis zwei Jahre) lediglich 2% bereits eine Synovialektomie und 1% eine Synoviorthese erhalten. Bei konsequenter medikamentæser Frçhtherapie wåre diese Zurçckhaltung bei rheumachirurgischen Eingriffen zunåchst zu
Tabelle 5. Jemals durchgefçhrte rheumachirurgische Eingriffe und Synoviorthesen bei Patienten mit chronischer Polyarthritis nach der Krankheitsdauer (Daten der Kerndokumentation der Rheumazentren von 2002, n = 13 009; Angaben in Prozent der Patienten der jeweiligen Gruppe)
] ] ] ] ] ] ]
Synovialektomie Synoviorthese Endoprothetik Arthrodese Sehnenrekonstruktion andere OP keine OP
Bis 2 Jahre
2±10 Jahre
Ûber 10 Jahre
2 1 2 0 1 8 96
10 6 7 2 2 11 89
31 13 25 10 8 19 77
diskutieren. Bei einer Krankheitsdauer von zwei bis zehn Jahren waren die Anteile allerdings noch immer gering: 10% fçr die Synovialektomie und 6% fçr die Synoviorthese. Erst bei einer Krankheitsdauer von mehr als zehn Jahren war bei einem groûen Teil der Patienten bereits eine Synovialektomie (31%), seltener eine Synoviorthese (13%) durchgefçhrt worden. An zweiter Stelle in der Håufigkeit rheumachirurgischer Eingriffe steht die Endoprothetik, die erwartungsgemåû vorwiegend bei Patienten mit långeren Krankheitsverlåufen durchgefçhrt wird. Andere Operationen wie z. B. Sehnenrekonstruktionen wurden bei 1% der kurz Kranken und 8% der lange Kranken durchgefçhrt. Der versorgungsepidemiologisch relevante Befund an diesen Daten ist der sehr spåte Einsatz der Synovialektomie oder Synoviorthese. Auch hier finden sich deutliche Unterschiede zwischen nicht-rheumatologisch und rheumato-
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Bereich kommt der rehabilitativen Versorgung des Rheumakranken auch eine kompensatorische Funktion zu. Sie bietet besonders gçnstigste Voraussetzungen, um einen komplexen, komplementåren Therapieansatz zu verwirklichen. Maûnahmen zur medizinischen Rehabilitation sollten so frçh wie mæglich im Krankheitsverlauf erstmalig durchgefçhrt und ± entsprechend der Schwere des Krankheitsbildes ± regelmåûig wiederholt werden [12, 26]. Nach den Daten der Kerndokumentation hatten 2002 rund 12% der cP-Kranken im Vorjahr eine Maûnahme zur medizinischen Rehabilitation erhalten. Der dramatische Einschnitt durch das Wachstums- und BeschåftigungsfærderungsGesetz von 1996, das 1997 zu einem globalen Rçckgang der Rehabilitationsleistungen um 30% gefçhrt hat, zeigt sich bei den rheumatologisch betreuten Patienten abgeschwåcht in einem Rçckgang um 4% (von 16% im Jahr 1996). Der rehabilitative Versorgungsgrad dieser rheumatologisch betreuten Patienten ist damit deutlich hæher als nach dem Durchschnitt der Versicherten der Rentenversicherung zu erwarten wåre. 64% dieser Maûnahmen dauerten bis zu drei Wochen. Das Ziel der Frçhrehabilitation wurde in der Vergangenheit seltener erreicht als heute. So hatten von den seit weniger als zwei Jahren erkrankten cP-Patienten 1993 knapp 10% in den letzten zwælf Monaten eine solche Maûnahme erhalten, 2002 waren es 16% (Tabelle 6). Bei der ankylosierenden Spondylitis nahmen rund 20% der Patienten mit einer Krankheitsdauer bis zu fçnf Jahren an einer Rehabilitationsmaûnahme teil. Auch die rehabilitative Versorgung im Vorfeld einer vorzeitigen Berentung wegen Berufs- oder Erwerbsunfåhigkeit scheint Lçcken aufzuweisen.
logisch vorbehandelten Patienten. Von den rheumatologisch betreuten Patienten hatten 20%, von den nicht-rheumatologisch betreuten nur 10% in der Vergangenheit mindestens eine Synovialektomie erhalten. Allerdings sind rheumatologisch betreute Patienten deutlich långer krank als nicht-rheumatologisch betreute. Wenn man die beiden Gruppen hinsichtlich der Krankheitsdauer, des Funktionsstatus und des Rheumafaktors standardisiert, so bleibt eine nahezu doppelt so håufige Durchfçhrung der Synovialektomie bei rheumatologisch betreuten Patienten. Auch dies weist auf eine tendenzielle Unterversorgung nicht-rheumatologisch betreuter Patienten hin.
Rehabilitative Versorgung Therapeutische Angebote, die die klassische medikamentæse und physiotherapeutische Behandlung ergånzen, sind in der ambulanten Versorgung traditionell unterentwickelt. So hatten 2002 in den Rheumazentren auch von den rheumatologisch mitbetreuten Patienten nur 5% im vergangenen Jahr eine ergotherapeutische Beratung und nur 2% eine Patientenschulung erhalten. Beides zeigt Angebotsdefizite im Bereich der ambulanten Versorgung, die z. T. darauf zurçckgehen, dass es bislang kaum Kostençbernahmeregelungen insbesondere fçr ambulante Patientenschulungsprogramme gibt. Hinzu kommt, dass auch von den rheumatologisch mitbetreuten Patienten mit chronischer Polyarthritis weniger als die Hålfte innerhalb von zwælf Monaten in den Genuss einer einzeln durchgefçhrten Krankengymnastik kommt. Angesichts der Versorgungsdefizite im ambulanten
Tabelle 6. Maûnahmen zur medizinischen Rehabilitation in den letzten 12 Monaten bei rheumatologisch mitbetreuten Patienten nach der Krankheitsdauer und dem Geschlecht (Daten der Kerndokumentation der Rheumazentren von 2002; Angaben in Prozent der jeweiligen Gruppe)
] ] ] ] ]
n Bis 2 Jahre Ûber 2 bis 5 Jahre Ûber 5 bis 10 Jahre Ûber 10 Jahre
] Gesamt
chronische Polyarthritis
ankylosierende Spondylitis alle entzçndlich-rheumatischen Krankheiten
w
m
R
w
m
R
w
m
R
5262 15 13 11 12
1504 17 9 9 12
6766 16 12 10 12
319 17 28 11 13
570 20 16 21 13
889 19 20 17 13
9628 16 12 10 11
3647 13 11 11 11
13 275 15 12 10 11
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12
15
15
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Von den Rheumakranken, die 2001 noch berufståtig waren und 2002 vorzeitig berentet wurden, hatten 31% innerhalb der letzten 12 Monate und 71% irgendwann einmal eine Maûnahme zur medizinischen Rehabilitation erhalten. Bei knapp einem Drittel der wegen Berufs- oder Erwerbsunfåhigkeit berenteten Patienten ist also niemals ein Versuch einer medizinischen Rehabilitation unternommen worden. Diese Ergebnisse stimmen mit Verlaufsdaten von Patienten mit einer frçhen cP çberein [18, 19]. Allerdings sind die Zahlen der Kerndokumentation von 2002 gçnstiger als 1998, als nur 12% der vorzeitig Berenteten im Vorjahr eine medizinische Rehabilitation erhalten hatten.
Schlussfolgerungen und Perspektiven Neuere Daten zur Versorgungsepidemiologie der chronischen Polyarthritis belegen, dass man auf der Bevælkerungsebene von einer erheblichen Unterversorgung der Kranken mit medikamentæsen, rheumachirurgischen und ergånzenden nicht-medikamentæsen Maûnahmen rechnen muss. Die Wirksamkeit dieser Maûnahmen zur Verhinderung oder Verringerung der Gelenkzerstærung und zum Erhalt der Funktionsfåhigkeit ist nachgewiesen. Deshalb liegt es auf der Hand, dass eine deutliche Reduktion der individuellen, sozialen und gesellschaftlichen Folgelasten der chronischen Polyarthritis auch mit den heute vorhandenen therapeutischen Mæglichkeiten zu erzielen wåre, wenn diese einem græûeren Teil der Kranken zugute kåmen. Hierfçr sprechen auch die bevælkerungsbezogenen Daten von Hakala et al. [10], die belegen, dass schwer behinderte cP-Patienten heute die Ausnahme sind. Sie fçhren dies auf die breit eingesetzte, intensive, frçhe und multidisziplinåre Therapie unter Einschluss einer wirksamen medikamentæsen Therapie und einer relativ hohen Rate rheumachirurgischer Eingriffe zurçck. Die Zusammenarbeit zwischen internistischen und orthopådischen Rheumatologen untereinander und mit nicht-spezialisierten Hausund Fachårzten, wie sie in den regionalen kooperativen Rheumazentren etabliert wurde, ist ein wichtiger Schritt zur Verwirklichung eines solchen multidisziplinåren und rechtzeitig einsetzenden Versorgungsansatzes.
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Klinische Grundlagen der Arthritiden M. Hammer, H. Zeidler
Definitionen ] Arthritis (griech. arthron = Gelenk, -itis = Entzçndung) bezeichnet als Sammelbegriff eine entzçndliche Gelenkerkrankung, wird aber auch zur Charakterisierung von Krankheitsmanifestationen (Monarthritis, Oligoarthritis, Polyarthritis, akute Arthritis, chronische Arthritis, erosive Arthritis, mutilierende Arthritis) und zur Bezeichnung nosologischer Krankheitsentitåten (rheumatoide Arthritis, Arthritis psoriatica, juvenile Arthritis, Spondarthritis u. a. m.) verwendet. Pathologisch anatomisch liegt eine Synovialitis (Entzçndung der Synovialmembran = der Synovialis) zugrunde, wobei jedoch im angelsåchsischen Sprachraum ¹synovitisª auch als zusammenfassende Umschreibung der entzçndlichen Gelenksymptomatik (Schwellung, Gelenkerguss, Ûberwårmung, Rætung) verwendet wird [20]. Vor allem in den USA wird in den Medien und von Laien Arthritis als Bezeichnung fçr alle rheumatischen Beschwerden am Bewegungssystem verwendet, vergleichbar den bei uns çblichen Begriffen Rheuma und Rheumatismus [24]. Darin sind auch die Arthrosen und Sehnen-Muskel-Erkrankungen eingeschlossen. Historisch lassen sich diese sehr weiten Auslegungen zurçckfçhren auf die Ursprçnge des Rheumabegriffes in der antiken Såftelehre (reo = Fluss des kalten Schleims aus dem Gehirn in die verschiedenen Kærperregionen) und der spåteren symptomatologischen Ausgestaltung zur Umschreibung aller Krankheitszustånde mit flieûenden, reiûenden und ziehenden Schmerzen am Bewegungsapparat, einhergehend mit mehr oder weniger dauerhafter Bewegungsbehinderung. Die Bezeichnungen ¹Rheumaª und ¹Rheumatismusª sind heute als nosologisch und åtiologisch nicht mehr zeitgemåûe Sammelbegriffe abzulehnen, da sie eine in Wirklichkeit nicht gegebene Krankheitseinheit bzw. ursåchliche Gemeinsamkeit implizieren [16]. Auch die Benennung von Patienten mit rheumatischen
Erkrankungen als ,Rheumatiker` und ,Arthritiker` sollte aus den gleichen Grçnden vermieden werden; statt dessen ist ,Rheumakranker` als Sammelbegriff fçr das Kranksein und Leiden der Betroffenen angemessener, ohne damit eine definierte Diagnose zu stellen [35]. In Ermangelung einer Kurzbezeichnung fçr das muskuloskeletale Organsystem lebt die Bezeichnung ¹rheumatischª in vielen Krankheitsbezeichnungen fort. International hat sich das Fach ¹Rheumatologieª als wissenschaftliche Spezialitåt und Fachbezeichnung etabliert, wobei im Gegensatz zu der in Deutschland çblichen Eingrenzung auf die entzçndlichen Erkrankungen in anderen Låndern alle schmerzhaften, funktionsbehindernden Erkrankungen des Bewegungsapparates (entzçndlich, degenerativ, muskuloskeletal) sowie die systemischen Erkrankungen des Bindegewebes (Kollagenose, Vaskulitiden) zugerechnet werden.
Terminologie und Klassifikation Unterschiedliche historische Entwicklungen und sprachliche Besonderheiten haben zu einer Vielfalt der rheumatologischen Terminologie gefçhrt, z. B. zur synonymen Verwendung der Bezeichnung chronische Polyarthritis und rheumatoide Arthritis fçr das gleiche Krankheitsbild. Der ¹Thesaurus of Rheumatologyª stellt einen ersten, noch heute weitgehend gçltigen Standardisierungsversuch dar [28]. Eine Ergånzung und Erweiterung ist der von der Amerikanischen Gesellschaft fçr Rheumatologie herausgegebene ¹Dictionary of the Rheumatic Diseasesª, in dem Beschwerden, Symptome, Befunde und diagnostische Zeichen eindeutig definiert und ihre Durchfçhrung bzw. Wertigkeit beschrieben werden [7, 8]. Auch wenn die genannten Werke infolge der amerikanischen Autorenschaft deutsche und europåische Entwick-
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]
M. Hammer, H. Zeidler
lungen der Nomenklatur und Terminologie nicht berçcksichtigen, so sind sie doch eine sehr hilfreiche Grundlage fçr englischsprachige Publikationen und multimediale Kommunikationen. Eine einheitliche, weltweit verbindliche Klassifikation der Arthritiden und rheumatischen Erkrankungen existiert bisher nicht. Als wichtigste Klassifikationssysteme sind die folgenden zu nennen: ] American Rheumatism Association Nomenclature and Classification of Arthritis and Rheumatism [6] ] EULAR Klassifikation der Erkrankungen des Bewegungsapparates [23] ] International Classification of Musculo-sceletal Disorders [12] und ] die International Classification of Diseases for Rheumatology and Orthopaedics (ICD-R und O) [12]. Nur die beiden letzteren sind mit den wichtigsten orthopådischen Fachvereinigungen abgestimmt. Es wurde vor allem darauf geachtet, alle relevanten Diagnosen und Stærungen aufzunehmen sowie eine praktisch relevante Unterteilung nach åtiopathogenetischen Grundprozessen (z. B. Infektion, Entzçndung, Tumoren, degenerativ) bzw. spezifisch åtiologischen und lokalisatorischen Gesichtspunkten zu ermæglichen. Mit der zukçnftig in Deutschland gesetzlich vorgeschriebenen Dokumentation nach ICD-10 werden sich voraussichtlich die darin festgelegte Klassifikation und Kodierungen praktisch durchsetzen und zum Standard werden (Tabelle 1). Schlieûlich sei noch erwåhnt, dass derzeitig in den vom Bundesgesundheitsministerium gefærderten Rheumazentren eine Kerndokumentation mit einem eigenen Diagnoseschlçssel eingesetzt wird, fçr den auch die zugehærigen ICD-9- und ICD-10-Kodierungen zusammengestellt wurden. Die jçngste Entwicklung der åtiologischen Aufklårung zahlreicher rheumatischer Krankheitsbilder låsst schon bald auch einen Wandel in der Terminologie und Klassifikation erwarten. Es wird immer deutlicher, dass ein Erreger verschiedene rheumatische Syndrome und ein rheumatisches Syndrom durch verschiedene Erreger verursacht sein kann. Beispiele hierfçr sind die Chlamydien-Infektion, die eine seronegative Oligoarthritis, eine HLA-B27-assoziierte Spondarthritis, ein Reiter-Syndrom, eine juvenile Arthritis oder eine chronische Polyarthritis verursachen kann oder die Hepatitis-C-Virus-
Tabelle 1. Auswahl wichtiger rheumatologischer Diagnosen nach ICD-10 Name
ICD-10
] Arthropathien
M 00±25
] Infektiæse Arthropathien Eitrige Arthritis Reaktive Arthritis ± postenteritische ± Reiter-Syndrom ± Sonstige reaktive Arthritiden
M 00±03 M 00.M 02.M 02.1 M 02.3 M 02.8
] Entzçndliche Polyarthropathien Seropositive chronische Polyarthritis ± Vaskulitis bei chron. Polyarthritis ± seropositive chron. Polyarthritis mit Beteiligung innerer Organe ± Felty-Syndrom ± adulte Form der Still-Krankheit Seronegative chronische Polyarthritis Arthritis psoriatica Arthritis bei Enteritis regionalis Arthritis bei Colitis ulcerosa Juvenile Arthritis ± Morbus Still ± polyartikulåre Form ± oligoartikulår beginnende Form Gicht Sonstige Kristall-Arthropathien ± familiåre Chondrokalzinose ± sonstige Chondrokalzinose Palindromer Rheumatismus
M 05±14 M 05.8 M 05.2 M 05.3
] Sonstige Arthritis
M 13.-
] Arthrose ± Polyarthrose ± Koxarthrose ± Gonarthrose ± Rizarthrose
M 15±19 M 15.M 16.M 17.M 18.-
] Systemkrankheiten des Bindegewebes Panarteriitis nodosa Nekrotisierende Vaskulopathien ± Wegener-Granulomatose ± Aortenbogensyndrom (Takayasu-Syndrom) ± Riesenzellarteriitis bei Polymyalgie rheumatica System. Lupus erythematodes Dermatomyositis Polymyositis Systemische Sklerose (Sklerodermie) ± progressive systemische Sklerose ± CREST-Syndrom
M 30±36 M 30.0 M 31.M 31.3 M 31.4
M 05.0 M 06.1 M 06.0 M 07.0* (L 40.5 {) M 07.4* (K 50.- {) M 07.5* (K 51.- {) M 08.2 M 08.2 M 08.3 M 08.4 M 10.M 11.M 11.1 M 11.2 M 12.3
M 31.5 M 32.M 33.0±33.1 M 33.2 M 34 M 34.0 M 34.1
Klinische Grundlagen der Arthritiden Tabelle 1 (Fortsetzung) Name Sonst. Systembeteiligung des Bindegewebes ± Sicca-Syndrom (Sjægren-Syndrom) ± Morbus Behet ± Polymyalgie rheumatica
ICD-10 M 35.M 35.0 M 35.2 M 35.3
] Krankheiten der Wirbelsåule und des Rçckens
M 40±54
] Deformitåten der Wirbelsåule und des Rçckens
M 40±43
] Spondylopathien Spondylitis ankylosans ± spinale Enthesiopathie ± Sakroiliitis ± sonstige entzçndliche Spondylopathien ± Entzçndliche Spondylopathie, nicht nåher bezeichnet (undifferenzierte Spondyloarthritis) Spondylose Sonstige Spondylopathien ± Spinalstenose ± Spondylosis hyperostotica (Morbus Forestier) ± Baastrup-Syndrom
M 45±49 M 45 M 46.0 M 46.1 M 46.8 M 46.9 M 47.M 48.M 48.0 M 48.1 M 48.2
] Sonstige Krankheiten der Wirbelsåule M 50±54 und des Rçckens ] Krankheiten der Weichteilgewebe
M 60±79
] Krankheiten der Muskeln Infektiæse Myositis Myositis ossificans progressiva
M 60±63 M 60.0 M 61.1
] Krankheiten der Synovialis und der Sehnen
M 65±68
] Sonstige Krankheiten der Weichteilgewebe Adhåsive Entzçndung der Schultergelenkkapsel Enthesiopathien (periphere) Fibromyalgie
M 70±79
M 76.±77.M 79.0
] Osteopathien und Chondropathien
M 80±94
] Sonstige Krankheiten des Muskel-Skelett-Systems und des Bindegewebes
M 95±99
M 75.0
.- Kennzeichnet Begriffe mit Unterbegriffen; { kennzeichnet die Øtiologie einer Erkrankung, als Primårcode zu verwenden; * kennzeichnet die Manifestation einer Erkrankung, als Sekundårcode zu verwenden
]
infektion, die sich als chronische Polyarthritis, Sjægren-Syndrom, Kryoglobulinåmie mit Vaskulitis oder Polyneuropathie manifestieren kann [36]. Fçr die Entstehung eines Syndroms durch verschiedenste Erreger ist das Reiter-Syndrom beispielhaft, das durch Yersinien, Salmonellen, Shigellen, Campylobacter, Chlamydien oder Ureaplasmen ausgelæst wird.
Arthritis ± Symptomatologie und klinische Befunde Gelenke Die Arthritis zeichnet sich durch die 5 klassischen Symptome der Entzçndung aus: ] Schwellung ] Ûberwårmung ] Rætung (bei akuten Arthritiden) ] Schmerz ] gestærte Funktion Schwellung bedeutet bei der Arthritis eine weiche und ggf. fluktuierende Schwellung. Diese kommt zustande durch die entzçndlich verånderte, verdickte Synovialmembran sowie durch den Gelenkerguss. Je nach Stadium und Ausprågung der Arthritis als mehr proliferative oder mehr exsudative Synovialitis, ist der Tastbefund von mittlerer Konsistenz und wenig nachgiebig (durch das Pannusgewebe) oder mehr durch Fluktuation (bei vorherrschendem Gelenkerguss) gekennzeichnet. Fast immer låsst sich diese entzçndliche Schwellung (z. B. im Bereich von Fingergelenken) von der durch osteophytåre Anbauten gekennzeichneten derben Schwellungen bei arthrotischen Verånderungen abgrenzen. Eine deutliche Ûberwårmung und Rætung findet sich bei akuten Arthritiden. Das klassische Beispiel ist der Gichtanfall, der håufig am Groûzehengrundgelenk auftritt und pathognomonisch fçr die Erkrankung ist (¹Podagraª). Bei chronischen Arthritiden fehlen Schwellung und Rætung håufig oder sind nur in geringem Ausmaûe vorhanden. Der Schmerz bei einer Arthritis ist in Ruhe und nachts (besonders in der zweiten Nachthålfte) akzentuiert. Im Gegensatz zum funktionell durch Fehl-/Ûberlastung, bzw. degenerativ bedingten Schmerz bessert sich der entzçndliche Schmerz bei Bewegung. Der morgens frçh beim
23
24
]
M. Hammer, H. Zeidler
Aufstehen akzentuierte Entzçndungsschmerz geht mit einer meist ausgeprågten Morgensteifigkeit einher, die mehrere Stunden betragen kann. Die Gelenkfunktion, z. B. die Komplexbewegung bei Faustschluss der Hand, ist dann deutlich beeintråchtigt (Functio laesa). Abzugrenzen ist die entzçndlich bedingte morgendliche Funktionseinschrånkung vom ¹Anlaufschmerzª bzw. von einer kurzfristigen Gelenksteife nach långerer Ruhe bei Arthrosen. Dieses degenerativ bedingte Symptom hålt meist nur wenige Minuten an. Prinzipiell kænnen alle Gelenke bei entzçndlich-rheumatischen Erkrankungen betroffen sein. Die Arthritis-Symptome lassen sich diagnostisch bei denjenigen Gelenken gut erfassen, die der klinischen Palpation zugånglich sind. Bei von Muskulatur umgebenen Gelenken wie Schulter- und Hçftgelenk fehlt das Symptom der fçr den Patienten nachvollziehbaren oder durch die Untersuchung feststellbaren Schwellung håufig. Klinisch abzugrenzen sind bei der Untersuchung Symptome, die direkt auf eine Gelenkaffektion zurçckzufçhren sind, von periartikulåren Manifestationen (z. B. Kapselmuster bei der Periarthropathia humeroscapularis, Insertionstendopathien etc.) [13, 31]. Wichtige Informationen lassen sich zusåtzlich aus dem Gelenkbefallsmuster gewinnen, welches sich z. B. bei der chronischen Polyarthritis grundlegend von dem bei der Polyarthrose unterscheidet. Ebenso haben Spondarthritiden, z. B. die Spondarthritis psoriatica, die reaktive Arthritis, charakteristische klinische Erscheinungsmuster, die diagnostische Rçckschlçsse erlauben (s. Abb. 1±5).
Periartikulåre Manifestationen Tendinitis Tendinitiden, respektive Tendovaginitiden und Bursitiden sind die håufigsten periartikulåren Manifestationen bei entzçndlich-rheumatischen Erkrankungen. Besonders håufig werden bei der chronischen Polyarthritis Tendovaginitiden im Bereich der Fingerstrecker am Handrçcken sowie der Fingerbeuger in der Hohlhand gefunden. Am Handrçcken imponieren diese oft als ausgeprågte Schwellungen, die dem Verlaufe der Sehnenscheiden strangfærmig folgen. Krepitationen mit Verdickungen der Sehnen bzw. Sehnenknoten kænnen bei entsprechendem Befall der
Fingerbeugesehnen im Hohlhandbereich getastet werden. Wenn der Sehnenknoten stark ausgeprågt ist und nicht unter dem Ringband durchrutscht, entwickelt sich das Symptom des ¹springenden Fingersª (Digitus saltans). Bei starken Krepitationen ist die Gefahr eines Sehnenrisses verstårkt. Tendovaginitiden im Bereich des Unterarmes lassen sich håufig nicht durch Fluktuation diagnostizieren, sondern imponieren durch eine diffuse Schwellung. Krepitationen kænnen bei der sorgfåltigen Untersuchung manchmal palpiert werden, des Weiteren kann sich der Untersucher an der Schmerzangabe bei der Palpation und der Widerstandsprçfung der entsprechenden Muskeln orientieren.
Bursitis Bursitiden finden sich besonders håufig im Bereich des Ellenbogens (Bursitis olecrani), aber auch im Bereich des Schultergelenkes, des Hçftgelenkes sowie im Kniegelenksbereich. Diagnostisch ist die Fluktuation wegweisend, håufig mit nur geringer Schmerzhaftigkeit. Bei akuten Bursitiden kann eine Rætung imponieren. Hierbei muss zur Differenzialdiagnose einer eitrigen Bursitis eine Punktion und Untersuchung des Bursaaspirates erfolgen.
Ansatztendinitis (Enthesitis) Ansatztendinitiden (Enthesitiden) finden sich am håufigsten bei Krankheitsbildern aus der Gruppe der Spondarthritiden. Am bekanntesten ist die Kalkaneopathie bei der Spondylitis ankylosans mit entzçndlich-ossifizierenden Verånderungen am Achillessehnenansatz sowie am Ansatz der plantaren Ligamente und an der Tuberositas metatarsi 5. Klinisch kann hier eine Verdickung der dorsalen Aspekte des Kalkaneus imponieren, ggf. auch mit Ûbergang auf die Bursa subachillea. Schmerzen bei der Palpation kænnen aber auch am plantaren Kalkaneus vorkommen, ohne dass eine Schwellung sichtbar ist. Eine Kalkaneitis wird bei reaktiven Arthritiden und Spondarthritiden beobachtet, besonders håufig bei der Sonderform des Reiter-Syndroms (Urethritis, Konjunktivitis und Arthritis). Neben dem Kalkaneus finden sich Enthesitiden håufig im Bereich der Schulter (Akromion, Tuberculum majus, Processus coracoideus), im Bereich des Olekranons und am Epikondylus me-
Klinische Grundlagen der Arthritiden
dialis und lateralis humeri, am Os ischii/Os pubis sowie Trochanter major und minor femoris und am Condylus medialis und lateralis femoris. Am Kniegelenk sind oft die im Pes anserinus zusammenlaufenden Sehnenansåtze der ischiokruralen Muskulatur schmerzhaft betroffen. Håufig imponieren Sehnenansatzstellen nur als druckdolent, ohne dass eindeutige entzçndliche Verånderungen klinisch oder durch weitergehende Diagnostik (Sonographie, Radiologie) festgestellt werden kænnen. Eine Vielzahl von auf Druck schmerzhaften Sehnenansatzstellen (tender points) findet sich bei der Fibromyalgie, ohne dass eine entzçndliche oder degenerative Verånderung pathogenetisch verantwortlich gemacht werden kann. Durch die sorgfåltige klinische Untersuchung lassen sich diese periartikulår bedingten Beschwerden aber deutlich von artikulåren Prozessen abgrenzen.
Wirbelsåule Hauptsymptome der Wirbelsåulenbeteiligung bei entzçndlich-rheumatischen Erkrankungen sind Schmerz, Funktionsstærung und Haltungsverånderung. Der entzçndlich bedingte Wirbelsåulenschmerz låsst sich in vielen Fållen anamnestisch vom degenerativ oder funktionell bedingten Schmerz abgrenzen. Entzçndlich bedingte Rçckenschmerzen sind in der zweiten Nachthålfte und frçh morgens beim Erwachen (¹Aufwachschmerzª) besonders stark ausgeprågt. Der Schmerz bessert sich im Laufe des Vormittags mit zunehmender Bewegung, auch die parallel vorhandene Morgensteifigkeit nimmt ab. Dieser typische entzçndlich bedingte Wirbelsåulenschmerz findet sich mit Lokalisation im Kreuzbereich besonders håufig bei jungen Månnern im Frçhstadium einer Spondylitis ankylosans als Ausdruck der Sakroiliitis. Patienten mit einer akuten Sakroiliitis werden morgens von den Schmerzen aus dem Bett getrieben. Kennzeichnend fçr diesen entzçndlich bedingten Kreuzschmerz ist zusåtzlich eine gute Besserung auf nichtsteroidale Antiphlogistika. Gleichfalls werden als Kriterien fçr einen entzçndlich bedingten Kreuzschmerz anhaltende und wechselseitige Kreuzschmerzen bei Patienten unter dem 40. Lebensjahr gewertet. ] Kriterien des Kreuzschmerzes bei der Spondylitis ankylosans (nach Calin, A.: Ancylosing
]
spondylitis. In: Kelly, W.N., E.D. Harris, S. Ruddy, C.B. Sledge [Eds.]: Textbook of Rheumatology, S. 993±1007. Saunders, Philadelphia 1985) ] ] ] ] ]
Krankheitsbeginn vor dem 40. Lebensjahr Schleichender Beginn der Beschwerden Dauer mindestens 3 Monate Morgensteifigkeit Besserung bei Bewegung
Mindestens 4 Kriterien mçssen erfçllt sein. Ein åhnliches Beschwerdebild mit nicht so ausgeprågter Tagesrhythmik (meist anhaltender Schmerz bzw. auch Belastungsschmerz) findet sich bei Spondylitiden, die als aseptische Prozesse sowohl bei Spondyloarthritiden als auch bei der chronischen Polyarthritis vorkommen. Hiervon abzugrenzen sind die bakteriell-eitrigen Spondylitiden durch Mykobakterien, Salmonellen, Staphylokokken und Streptokokken, Brucellen u. a., die neben einer durchgehenden Schmerzsymptomatik oft mit allgemeinen Symptomen wie Fieber oder subfebrilen Temperaturen, Nachtschweiû und Schwåche einhergehen. Bei der klinischen Untersuchung findet sich als Zeichen der Sakroiliitis ein positives Mennell'sches Zeichen bzw. andere mit Schmerzangabe verbundene Provokationsteste der Iliosakralgelenke. Die Wirbelsåulenbeweglichkeit (Maûe nach Ott und Schober, Fingerbodenabstand, Seitwårtsneigung und Rotation) ist håufig eingeschrånkt, wobei dies nicht zwischen entzçndlich und degenerativ/funktionell bedingten Wirbelsåulenerkrankungen differenziert. Charakteristisch fçr die Spondylitis ankylosans ist in fortgeschrittenen Stadien die eingeschrånkte Mobilitåt des Thorax bei Befall der Kostotransversalgelenke, gemessen als inspiratorisch-exspiratorische Differenz des Thoraxumfangs im Bereich des 3. bis 4. Interkostalraumes (normal græûer als 5 cm, als diagnostisches Kriterium fçr die Spondylitis ankylosans: kleiner als 2,5 cm). Eingeschlossen werden mçssen bei der Untersuchung des Achsenskeletts auch immer die sternokostalen Verbindungen und das Sternoklavikulargelenk. Schwellungen im letzteren werden gehåuft beim SAPHO-Syndrom gefunden (Synovialitis ± Akne ± palmoplantare Pustulose ± Hyperostose ± Osteitis; synonym ¹akquiriertes Hyperostose-Syndrom mit palmoplantarer Pustulosisª). Sternoklavikulåre Arthritiden finden sich aber auch bei anderen Spondyloarthritiden, ebenso wie Entzçndungen der Synchondrosis manubriosternalis und der Kostosternalgelenke.
25
26
]
M. Hammer, H. Zeidler
Halswirbelsåulenbeteiligung Ein besonderes Problem stellt die Halswirbelsåulenbeteiligung bei der chronischen Polyarthritis dar, die sich bei langjåhrigem Verlauf in bis zu 50% der Fålle findet. Betroffene Strukturen sind das atlantodentale Gelenk mit dem Lig. alare und dem Lig. transversum atlantis und die Unkovertebral- und Intervertebralgelenke. Zusåtzlich kænnen Spondylodiszitiden und erosive Verånderungen der Dornfortsåtze vorkommen. Die Symptomatik åuûert sich in Nackenschmerzen vom entzçndlichen Typ mit Ausstrahlung in das Okziput, die Schultern und die Arme sowie durch Bewegungsbehinderung. Gefçrchtete Komplikationen der Zervikalarthritis sind neurologische Ausfålle durch eine Zervikalmarkkompression (akut oder chronisch) sowie infolge einer Durchblutungsstærung im Versorgungsgebiet der A. vertebralis. Warnsymptome einer zunehmenden Myelokompression sind stark zunehmende Nacken- und Kopfschmerzen, ausstrahlende Paråsthesien, Schmerzen und Schwåche in Armen und Beinen. Spåtsymptome sind das zunehmende Querschnittssyndrom mit Blasenund Mastdarmstærungen. Die Vertebralinsuffizienz åuûert sich in Form von Schwindel, Nystagmus, Tinnitus und Synkopen bei bestimmten Kopfbewegungen.
Organmanifestationen Bei vielen entzçndlich-rheumatischen Erkrankungen sind neben dem Bewegungssystem auch innere Organe und die Haut betroffen. So sind die Gelenke zwar håufig die klinisch auffållige Hauptmanifestation, der systemisch-entzçndliche Charakter vieler rheumatischer Erkrankungen wird aber durch die Pråsenz von Allgemeinsymptomen und viszeraler Beteiligung verdeutlicht.
Haut Als græûtes ¹Organª des menschlichen Kærpers ist die Haut håufig bei entzçndlich-rheumatischen Erkrankungen mit einbezogen und ermæglicht durch charakteristische Verånderungen oft die diagnostische Zuordnung. Besonders wichtig ist die sorgfåltige Inspektion der Haut bei unklaren Syndromen des Bewegungsapparates, bzw. nicht eindeutiger nosologischer Zuordnungsmæglichkeit bei frçhen Sy-
novialitiden. So muss bei der klinischen Inspektion der Haut auch an versteckten Stellen nach einer Psoriasis gesucht werden, z. B. im Gehærgang, im Bereich des Bauchnabels, in der Rima ani. Ein Erythema migrans kann schon abgeklungen sein, wenn eine Lyme-Arthritis auftritt. Die Frage nach einer entsprechenden Hautverånderung (und natçrlich nach einem Zeckenstich) ist dann entscheidend fçr die diagnostische Zuordnung. Vaskulitische Låsionen, auch minimaler Ausprågung als z. B. Nagelfalzkapillarverschluss, sind meist bei hoher Aktivitåt und schweren Formen einer entzçndlichrheumatischen Erkrankung zu finden. Das klinisch oft wenig imponierende Exanthem bei Morbus Still ist ein wichtiges diagnostisches Leitsymptom. Die pustulæsen Hautverånderungen palmar und plantar sind der Schlçssel zur Diagnose des SAPHO-Syndroms (Synovialitis ± Akne ± palmoplantare Pustulose ± Hyperostose ± Osteitis). Eine Auflistung der wichtigsten Hautmanifestationen bei rheumatischen Erkrankungen findet sich in Tabelle 2.
Lymphadenopathie Eine Beteiligung des lymphatischen Systems in Form einer Lymphknotenschwellung findet sich håufig bei der chronischen Polyarthritis, beim systemischen Lupus erythematodes, bei reaktiven Arthritiden wie z. B. der Yersinien-induzierten Arthritis, bei Vaskulitiden, beim KawasakiSyndrom (mukokutanes Lymphknoten-Syndrom), beim Morbus Still. Charakteristisch ist die hilåre Lymphadenopathie bei der Sarkoidose. Lymphadenopathien im Zusammenhang mit unklaren Arthritiden mçssen differenzialdiagnostisch immer auch an lymphoproliferative Erkrankungen oder andere maligne Grunderkrankungen denken lassen.
Gefåûe Die Vaskulitis ist die håufigste Gefåûbeteiligung bei rheumatischen Systemerkrankungen. Unterschieden werden die Vaskulitiden nach der Græûe der betroffenen Gefåûe (s. Tabelle 6). Neben den primåren Vaskulitiden (Morbus Wegener, Panarteriitis nodosa, mikroskopische Polyangiitis etc.) kommen entzçndliche Gefåûverånderungen bei der chronischen Polyarthritis vor, dem systemischen Lupus erythematodes, bei der Sklerodermie, der Dermatomyositis/Polymyositis u. a. Minimalformen einer Vaskulitis kænnen als Nagel-
Klinische Grundlagen der Arthritiden
]
Tabelle 2. Wichtige Hautmanifestationen bei rheumatischen Erkrankungen ] ] ] ] ] ] ]
Akrale Hautnekrosen Alopecia areata Aphthen Balanitis circinata Erythema (chronicum) migrans Erythema anulare Erythema nodosum
] ] ] ]
Haut-, Weichteil-Tophi Hautverkalkungen Keratoderma blennorrhagicum Livedo racemosa (syn.: reticularis)
] Onychopathien ] Palmoplantare Pustulose ] Polymorphe uncharakteristische Erytheme/ Exantheme ] Psoriasis vulgaris ] Purpura ] Pyoderma gangraenosum ] Raynaud-Syndrom ] Schmetterlingsexanthem (Wangen) ] Subkutane Knoten
Sklerodermie, Panarteriitis nodosa u. a. Vaskulitiden, SLE SLE SLE, Morbus Behet (oral und genital) Reaktive (posturethritische) Arthritis, Reiter-Syndrom Lyme-Borreliose, -Arthritis Rheumatisches Fieber Akute Sarkoidose (Loefgren-Syndrom), reaktive Arthritis, Enteropathie-assoziierte Arthritiden, Morbus Behet, Streptokokkeninfektionen etc. Gicht Dermatomyositis, Sklerodermie (Tibi rge-Weissenbach-Syndrom) Reaktive Arthritis, Reiter-Syndrom Sneddon-Syndrom, Polyarteriitis nodosa, SLE, Vaskulitiden, Kryoglobulinåmie, Dermatomyositis Psoriasis-Arthritis, Dermatomyositis SAPHO-Syndrom Morbus Still, Dermatomyositis, SLE, andere Vaskulitiden Psoriasis-Arthritis, Spondyloarthritis psoriatica Purpura Schænlein-Henoch, SLE, Morbus Waldenstræm Spondyloarthrididen bei entzçndlichen Darmerkrankungen (C. ulcerosa, M. Crohn) Sklerodermie, SLE, MCTD (Sharp-Syndrom), chronische Polyarthritis SLE Chronische Polyarthritis, rheumatisches Fieber, Gicht
SLE: systemischer Lupus erythematodes; MCTD: Mixed connective tissue disease; SAPHO: Synovialitis, Akne, palmoplantare Pustulose, Hyperostose, Osteitis
falz- oder Nageleckenischåmie bei chronischer Polyarthritis vorkommen, als vaskulitische Purpura (meist an den Unterschenkeln), als Befall der Vasa nervorum mit der Folge einer Mononeuritis multiplex oder Polyneuropathie sowie autonomen Neuropathie, als schwere nekrotisierende Vaskulitiden mit komplikationstråchtigen Gefåûverschlçssen z. B. der Mesenterial- oder Herzkranzgefåûe. Eine sehr charakteristische Symptomatik liegt bei der Arteriitis cranialis vor, die vor allem nachts und morgens akzentuierte heftigste Kopfschmerzen bereitet mit geschwollenen, druckdolenten Aa. temporales. Als Komplikation droht bei der Arteriitis cranialis bei Befall der A. ophthalmica (oder deren Øste) bei nicht rechtzeitiger Behandlung mit Glukokortikoiden eine Amaurosis.
Psychosoziale Beeintråchtigungen Durch ihren chronischen Verlauf fçhren viele rheumatische Erkrankungen zu vielfåltigen psychosozialen Folgen. Einteilen kann man diese
zum einen in die seelischen Verånderungen und Verhaltensånderungen, die der Patient im Verlaufe der Erkrankung durchlebt und erleidet, zum anderen die Verånderungen im sozialen Umfeld, z. B. im persænlich familiåren Bereich sowie im Beruf. Zu Beginn der Erkrankung sind es vor allem prognostische Fragen, die beim Patienten zu Selbstzweifel, Unsicherheit und Øngstlichkeit fçhren. Diese frçhe Krankheitsepisode geht mit einem hohen Informationsbedçrfnis einher, dem von seiten des Arztes und der betreuenden medizinischen Assistenzberufe Rechnung getragen werden muss. Insbesondere Fragen nach dem Verlauf und dem Ausgang der Erkrankung beschåftigen den Rheumakranken. Er sucht nach richtigen Antworten und Hilfe bei der Bewåltigung der Erkrankung. Individuelle Persænlichkeitsmerkmale und Verarbeitungsstile des Patienten (Coping-Strategien) kænnen zu unterschiedlichen seelischen Verånderungen fçhren, wobei sowohl regressive als auch depressive Reaktionen vorkommen. In Untersuchungen mit standardisierten Erhe-
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bungsinstrumenten (z. B. Beck-Depressions-Skala, Minnesota Multiphasic Personality Inventory, Anxiety and Depression Subscales of the Arthritis Impact Measurements Scales) finden sich eine erhæhte Frequenz von Depression und Angst vor allem bei Patienten mit chronischer Polyarthritis und mit Fibromyalgie. Diese psychometrisch messbaren Verånderungen sind im Verlauf der Erkrankung oft çber Jahre persistent. Beachtenswert ist eine eindeutige Korrelation zwischen der Krankheitsschwere, gemessen an der Anzahl der druckdolenten oder schmerzhaften Gelenke bei Patienten mit chronischer Polyarthritis und dem Ausmaû an Depression und Angst. Auch diese Faktoren bestehen im Krankheitsverlauf oft lange fort, d. h. starke Schmerzen und deutliche Funktionseinschrånkungen und damit assoziierte Depressivitåt zu Beginn einer chronischen Polyarthritis werden auch nach einigen Jahren in entsprechender Hæhe wieder gefunden. Schmerz, Funktionseinschrånkung und Depressivitåt kænnen damit als prognostische Indikatoren fçr den weiteren Krankheitsverlauf gewertet werden. Der Umgang mit der Krankheit wird einerseits von Passivitåt geprågt sein (z. B. Hoffnung, dass der Schmerz und die Erkrankung von alleine besser werden, oder ¹Katastrophenª-Vorstellungen, dass ¹sowieso nichts hilftª oder ¹dass alles schlechter wirdª), andererseits auch mehr aktiv vorgenommen werden mit verstårkter Informationssuche, Engagement in Selbsthilfegruppen und durch Beibehalten einer positiven Erlebniswelt auch wåhrend schmerzhafter Schubsituationen. So sind passive Coping-Strategien vermehrt korreliert mit psychologischen Stærungen und starkem Schmerzerleben. Ausreichende Information und Erlernen von Bewåltigungsstrategien haben einen positiven Einfluss auf den Krankheitsverlauf, z. B. die Rheumaschulung bei Patienten mit chronischer Polyarthritis. Die krankheitsbedingten Verhaltensånderungen, z. B. Aufgabe sozialer Kontakte, verminderte Affektivitåt, Einschrånkung in Tåtigkeiten des tåglichen Lebens sowie im Sexualleben, bedçrfen der gezielten anamnestischen Evaluation und gegebenenfalls der psychotherapeutischen Intervention. Verånderungen im beruflichen Bereich betreffen besonders das Fortkommen der beruflichen Tåtigkeit, die Aus- und Weiterbildung bis hin zum Arbeitsplatzverlust. Im Verlauf einer frçhen chronischen Polyarthritis sind bereits nach 5 Jahren fast die Hålfte der Patienten erwerbsunfåhig. Die Folgen sind oft soziale Iso-
lation, Frustration, geånderte Rollenverteilung in der Ehe bzw. der Familie sowie Einkommens-/Finanzeinbuûen, die meist ungçnstig kombiniert sind mit erhæhten finanziellen Aufwendungen bei der Therapie der Erkrankung.
Wichtige Krankheitsbilder Chronische Polyarthritis Definition Die chronische Polyarthritis ist eine entzçndlichsystemische Bindegewebserkrankung mit Manifestationen an den Gelenken (Hauptmanifestation), aber auch Sehnenscheiden und Schleimbeuteln, Gefåûen, seræsen Håuten, Augen und inneren Organen sowie mit allgemeinen Krankheitszeichen.
Håufigkeit und Vorkommen Die chronische Polyarthritis kommt bei allen Rassen und sozialen Schichten sowie in allen Klimazonen weltweit vor. Pråvalenzschåtzungen streuen zwischen 0,1 und 1,5%. Frauen erkranken ca. 3-mal håufiger als Månner, ab dem 60. Lebensjahr sind Erkrankungsfålle bei Månnern fast gleich håufig wie bei Frauen. Der Manifestationsgipfel der Erkrankung liegt in der 4. und 5. Lebensdekade [19].
Øtiologie Die Øtiologie der chronischen Polyarthritis ist unbekannt. Als krankheitsauslæsend werden exogene Faktoren (z. B. virale oder bakterielle Infektionen) und endogene Faktoren wie bestimmte genetische Prådispositionen, sowie immunologische und endokrine Pathomechanismen diskutiert. Fçr keine dieser Vorstellungen ergibt sich heute auch nur annåhernd ausreichende Evidenz zur genauen Festlegung der Øtiologie. Fçr das Krankheitsrisiko und den Krankheitsverlauf spielen genetische Faktoren eine bedeutsame Rolle. So finden sich bestimmte Subtypen des HLA-DRB1 mit weitgehend identischer Aminosåurensequenz (¹Shared Epitopeª) håufig bei schweren Verlåufen der chronischen Polyarthritis, insbesondere wenn beide Allele des Haplotyps mit diesen Subtypen be-
Klinische Grundlagen der Arthritiden
setzt sind. Die bis jetzt bekannten mit einer chronischen Polyarthritis assoziierten Allele sind DRB1*0101, *0401, *0404, *0405, *0408, *1001 und *1402. Da diese HLA-Klasse-II-Subtypen als alleinige Krankheitsauslæser nicht hinreichend sind (es gibt auch gesunde Merkmalstråger), wird heute eine bestimmte Kombination von verschiedenen Genen fçr die Krankheitsinduktion und Schwere des Verlaufes verantwortlich gemacht [30]. Die histologische Pathogenese der Erkrankung ist primår durch Verånderungen der Synovialmembran gekennzeichnet, bevor sekundår-destruktive Verånderungen von Knorpel und Knochen stattfinden. Frçheste Verånderungen der Synovialmembran betreffen die Erweiterung von synovialen Gefåûen, die Bildung von Fibrinexsudat, die Immigration von Entzçndungszellen sowie eine zunehmende Mehrschichtigkeit der synovialen Deckzellschicht (normalerweise ein bis drei Zellreihen). Die synovialen Deckzellen bilden eine ausgeprågte villæse Hyperplasie mit zunehmenden lympho-plasmazellulåren Infiltraten, wobei in den Plasmazellen intrasynovial Rheumafaktoren gebildet werden. Besondere Aufmerksamkeit wird in den letzten Jahren der Knorpeldestruktion durch Fibroblasten gewidmet, die sich bei der chronischen Polyarthritis frçhzeitig an die Knorpeloberflåche anlagern. Durch direkte Einwirkung von Enzymen sowie die Abgabe von Entzçndungsmediatoren wie z. B. Interleukinen wird der Knorpel sowohl an seiner Oberflåche degradiert, aber auch der Stoffwechsel von tiefer in der Matrix liegenden Chondrozyten inhibiert. Die zunehmende Bildung von Pannusgewebe erfolgt im weiteren Verlauf sowohl von der Knorpeloberflåche als auch in den Umschlagsfalten der Gelenkkapsel bzw. Synovialmembran, sodass der Knorpel schlieûlich von zwei Seiten zerstært wird [15].
gelenken sowie Zehengrundgelenken, wobei håufig die Extremitåten symmetrisch betroffen sind (Abb. 1). Seltener beginnt die chronische Polyarthritis an groûen Gelenken wie den Knieund Sprunggelenken. Bei ca. 1/3 ist initial nur ein Gelenk oder nur einige groûe Gelenke oder nur die HWS betroffen, sodass die Diagnose zunåchst schwierig erkennbar ist und sich erst im Verlauf das typische klinische Bild einstellt. Beim çberwiegenden Teil der Patienten treten die Symptome langsam schleichend auf, nur bei ca. 20% kommt es zu einem akuten Krankheitsbeginn mit einer ausgeprågten Polysynovialitis innerhalb weniger Tage und starker Allgemeinsymptomatik [14, 17]. Manifestiert sich die chronische Polyarthritis erst im hæheren Lebensalter, sind oft groûe Gelenk initial betroffen, vor allem die Schultergelenke (Abb. 2). Der weitere Verlauf der Erkrankung ist durch die symmetrische Polyarthritis mit Deviationen und Luxationen der betroffenen Gelenke gekennzeichnet. Nach ca. 10-jåhrigem Verlauf sind fast immer die Handgelenke sowie Fingergrundund Fingermittelgelenke befallen, Fingerendgelenke demgegençber nur sehr selten. Zu ca. 80% sind Kniegelenke und Sprunggelenke betroffen, nur wenig seltener Zehengrundgelenke und Schultergelenke sowie der Ellenbogen. In knapp
Klinisches Bild ± Gelenkbefall Als erste Zeichen einer chronischen Polyarthritis kçndigen sich oft Allgemeinsymptome wie Ermçdbarkeit, Leistungsschwåche, Appetitlosigkeit mit Gewichtsabnahme, subfebrile Temperaturen bis hin zu Fieberschçben, eine vermehrte Schweiûneigung sowie intermittierende Paråsthesien in Hånden und Fçûen an. An den Gelenken manifestiert sich die chronische Polyarthritis zu Beginn am håufigsten an kleinen Gelenken wie den Fingergrund- und -mittel-
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Abb. 1. Chronische Polyarthritis, Befallsmuster der Gelenke
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und Blasen- sowie Mastdarmlåhmungen sind bereits Zeichen einer fortgeschrittenen Rçckenmarkskompression mit potenzieller Entwicklung eines kompletten Querschnittsyndroms. Neben den Manifestationen im Bereich von C1/C2 kommen subaxiale Komplikationen im Sinne von Gefçgestærungen, Spondylodiszitiden, Befall der unkovertebralen und intervertebralen Gelenke (Spondylarthritis) sowie erosive Verånderungen der Dornfortsåtze vor. Als Hinweis auf eine Vertebralarterieninsuffizienz sind intermittierende Synkopen bei bestimmten Kopfbewegungen sowie Schwindelgefçhle mit Nystagmus und Tinnitus zu beachten.
Abb. 2. Chronische Polyarthritis, Beginn im Alter
der Hålfte der Fålle kommt es zu einem Befall der HWS, seltener der çbrigen Wirbelsåulenabschnitte. Die Hçftgelenke sind bei ca. 1/3 der Patienten betroffen, Kiefergelenke zu ca. 20%. Typische Deformitåten bei der chronischen Polyarthritis sind: ] Knopflochdeformitåt, ] Schwanenhalsdeformitåt, ] Ulnare Deviation der Fingergrundgelenke, ] 90/90 Deformitåt des Daumens (¹Schusterdaumenª), ] Volare Subluxation im Handgelenk (¹Bajonettstellungª) und Caput-ulnae-Syndrom, ] Vorfuûdeformitåt mit fibularer Deviation, Hallux valgus und Hammerzehen. ] Halswirbelsåulenbefall. Der HWS-Befall (Zervikalarthritis) ist durch einen entzçndlich bedingten Nackenschmerz charakterisiert mit Ausstrahlung in die Schultern und Arme. Betroffen sind bei der Zervikalarthritis besonders håufig der atlantookzipitale Ûbergang, besonders die atlantodentalen Gelenke mit der Komplikation einer Rçckenmarkskompression. Klinisch imponieren dabei zunehmende Nacken- und Kopfschmerzen mit Auftreten von Paråsthesien und Schmerzen in Hånden und Fçûen, Schwåchegefçhl in Armen und Beinen. Gangstærungen
] Tendosynovialitis und Tendinitis. Tendosynovialitiden und Tendinitiden finden sich am håufigsten im Bereich der Finger- und Handgelenke, seltener der Schultern, Sprunggelenke und Fçûe. Im Handgelenksbereich ist besonders håufig die Extensor-carpi-ulnaris-Tendosynovialitis, oft gemeinschaftlich mit Befall des Handgelenkes und der Fingerstrecksehnen des 4. und 5. Strahles. Die Tendosynovialitis der Fingerstrecker imponiert als wurstfærmige Schwellung auf dem Handrçcken mit gut palpabler Fluktuation. Bei ausgeprågten Sehnenknoten kommt es zum schnellenden Finger (Digitus saltans). Verursacht wird der schnellende Finger durch einen Knoten in der Beugesehne, der bei Beugung bzw. Streckung des Fingers nicht mehr unter dem Ringband in Hæhe des Metakarpalgelenkes (Retinakulum) durchgleitet. Seltener als im Handbereich sind die Sehnenscheiden der Fuûund Zehenbeuger bzw. -strecker betroffen. Am Schultergelenk findet sich am håufigsten eine Tendosynovialitis der langen Bizepssehne (mit eventueller Konsequenz eines Bizepssehnenabrisses). ] Bursitis. Bursitiden treten bei der chronischen Polyarthritis am håufigsten am Ellenbogen, am Kniegelenk sowie im Bereich der Schulter und an der Achillessehne auf. Selten finden sich Bursitiden im Bereich des Hçftgelenkes, dort meist nach ventral unter dem Leistenband austretend. Die bekannteste Bursitis ist die so genannte Baker-Zyste in der Kniekehle. Sie entspricht einer Bursitis gastrocnemiosemimembranosa, wobei eine Verbindung zwischen der Bursa und der Kniegelenkskapsel (im Sinne eines Einwegeventils) bei Ergussbildung im Kniegelenk zu einer ståndigen Fçllung der Baker-Zyste fçhrt. Bei zu starkem Druck in der Baker-Zyste kann diese
Klinische Grundlagen der Arthritiden
rupturieren mit der Folge des Absackens der entzçndlichen Synovia zwischen die Muskelsepten des Unterschenkels. Dieses Bild åhnelt stark dem einer akuten Unterschenkelvenenthrombose. Meist wird bei den Patienten zunåchst eine Phlebographie durchgefçhrt, bevor nach unauffålligem Ausfall dieser Untersuchung der Rheumatologe hinzugezogen wird. Weitere Komplikationen (z. B. Perforation) von Bursitiden finden sich gelegentlich an den Ellenbogen mit gleichzeitig ausgeprågter Rheumaknotenbildung. Die gefåhrlichste Komplikation ist die eitrige Bursitis, die durch plætzlich auftretende Ûberwårmung und zunehmende, meist teigige Schwellung des Ellenbogens auffållt (mit der mæglichen Folgekomplikation einer bakteriellen Kubitalarthritis). Die klinische und arthrosonographische Untersuchung sowie frçhzeitige Punktion (entscheidend!) sind die diagnostisch erforderlichen Maûnahmen.
Rheumaknoten und weitere extraartikulåre Manifestationen ] Rheumaknoten. Rheumaknoten werden bei ca. 10±20% der Patienten beobachtet. Diese sind fast ausschlieûlich Rheumafaktor-positiv (hochtitrig) und haben einen hochaktiven, destruktiven und von weiteren viszeralen Komplikationen begleiteten Krankheitsverlauf. Die Rheumaknoten sitzen bevorzugt an mechanisch exponierten Stellen çber Strecksehnen, im Bereich des Ellenbogens oder der Achillessehne, weiterhin håufig an Fingern und gelegentlich Zehen. Im Bereich des Ellenbogens kænnen sie betråchtliche Græûe erreichen (bis zu Hçhnerei-groû), gelegentlich aber auch nur als derbe, indolente kleine Knoten beobachtet werden. Des Weiteren werden Rheumaknoten am Auge im Bereich der Sklera (Komplikation: Skleromalazie und Perforation), in der Lunge, in Pleura und Perikard sowie im Myokard, am Peritoneum und im Bereich des Kehlkopfes beobachtet. Exulzerationen der Rheumaknoten kommen durch mechanischen Druck zustande und werden vor allem an den Ellenbogen, Fingern und Zehen gefunden. Die Heilungstendenz ist nicht selten verzægert und Superinfektionen kommen vor. An der Haut finden sich neben Rheumaknoten håufig vaskulitische Låsionen. Diese kænnen in minimaler Form als Nagelfalzkapillarverschlçsse imponieren (werden oft çbersehen), als kleinfleckige oder nur petechiale Exantheme (der Unter-
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schenkel), als Raynaud-Phånomen, bis hin zu Ulzerationen mit schlechter Heilungstendenz. Bei ausgeprågter Vaskulitis (pathogenetisch als Immunkomplex-Vaskulitis charakterisiert) kænnen nekrotisierende Arteriitiden mit schweren Durchblutungsstærungen der Akren bzw. Finger (bis zum Strahlverlust), der Darmwand, des Myokards sowie der Nieren vorkommen. Bei einer Vaskulitis der Vasa nervorum kommt es zu einer peripheren Neuropathie (Mononeuritis multiplex). ] Augenbeteiligung. Eine Augenbeteiligung liegt meist in Form eines Sicca-Syndromes vor. Anamnestisch wird eine Augentrockenheit angegeben, bei der Untersuchung findet sich eine konjunktivale Injektion. Seltener ist die Episkleritis, diagnostizierbar an der Sklerarætung und -schwellung sowie Durchscheinen des Glaskærpers und der Netzhaut, evt. mit Rheumaknotenbildung und Perforationsgefahr (Scleromalacia perforans). ] Herzbeteiligung. Das Herz ist bei der chronischen Polyarthritis am håufigsten in Form einer Pericarditis exsudativa betroffen, seltener in Form einer Herzklappenbeteiligung, Myokarditis und Herzinsuffizienz sowie von Herzrhythmusstærungen (Ûberleitungsstærungen, Blockbilder). ] Lungenbeteiligung. An der Lunge finden sich Pleuritis exsudativa, Lungenfibrose, Pneumonitis, pulmonale Hypertonie (infolge einer pulmonalen Arteriitis) und selten eine obstruktive Bronchiolitis. Als Sonderform der chronischen Polyarthritis wird das gemeinsame Auftreten einer Lungenfibrose verbunden mit multiplen nodulåren Parenchymverånderungen (Rheumaknoten) auf dem Boden einer Pneumokoniose als CaplanSyndrom bezeichnet. Bei der Differenzialdiagnose einer Dyspnoe muss der inspiratorische Stridor durch Befall beider Krikoarytenoidgelenke mit konsekutiver Adduktion der Stimmbånder abgegrenzt werden. Meist ist der (autoptisch håufige) Befall dieser Gelenke asymptomatisch oder fçhrt nur zu leichter Heiserkeit. ] Nierenbeteiligung. An der Niere werden glomerulåre und interstitielle Verånderungen in direktem Zusammenhang mit der rheumatischen Entzçndungsaktivitåt nur selten beobachtet. Håufig ist hingegen eine Proteinurie als Medikamentennebenwirkung (z. B. parenterale Gold-Therapie, d-Penicillamin) oder nach langjåhrigem hochaktiven Verlauf bedingt durch eine sekundå-
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re Amyloidose. Nierenfunktionseinschrånkungen durch glomerulåre Minderperfusion oder interstitielle Verånderungen durch die Gabe von nichtsteroidalen Antiphlogistika oder Analgetika sind ebenfalls håufig. ] Leberbeteiligung. Eine Leberbeteiligung ist bei hoher systemischer Entzçndungsaktivitåt als unspezifische Hepatitis bzw. Cholangitis anhand von erhæhten Aktivitåten der c-Glutamyl-Transferase und der alkalischen Phosphatase zu erkennen. Erhæhte Aktivitåten der Transaminasen sind selten und eher auf Medikamente zurçckzufçhren. Als Raritåten kommen vaskulitisch verursachte Mesenterialinfarkte vor. Die håufigen Ulzerationen des oberen und unteren Gastrointestinaltraktes sind fast ausschlieûlich auf nichtsteroidale Antiphlogistika zurçckzufçhren. ] Neurologische Manifestationen. Neurologische Manifestationen kommen vor in Form von Engpass-Syndromen, z. B. Karpaltunnel-Syndrom, Tarsaltunnel-Syndrom, Sulcus-ulnaris-Syndrom. Im weiteren Sinne ist als Komplikation eine Rçckenmarkskompression mit Querschnittssymptomatik bei schwerer Zervikalarthritis anzufçhren. Der Mononeuritis multiplex mit Paråsthesien, Sensibilitåtsstærungen (seltener motorische Låsionen) und brennenden Schmerzen im Ausbreitungsgebiet des betroffenen Nerven liegt eine Vaskulitis der Vasa nervorum zugrunde (s. o.). ] Håmatologische Beteiligung. Die håufigste håmatologische Beteiligung ist die hypochrome, mikrozytåre Anåmie als Ausdruck einer hohen systemischen Entzçndungsaktivitåt. Als Ursache kommt meist nicht ein Eisenmangel in Frage, sondern eine mangelnde Eisenutilisation durch den Einfluss verschiedener Entzçndungsmediatoren auf die Håmatopoese. Der Serumeisenspiegel wird entzçndungsbedingt håufig erniedrigt gefunden. Die Ferritin-Bestimmung als Maû fçr die Eisenspeicher ergibt allerdings meist hohe Werte, da Ferritin auch ein AkutePhase-Protein ist. Wird die Konstellation einer Anåmie mit niedrigem Serumeisenspiegel und niedrigem Ferritinspiegel angetroffen (ggfs. hohes Transferrin), muss nach einem Blutverlust im Gastrointestinaltrakt durch nichtsteroidale Antiphlogistika gefahndet werden. Eine Leukozytopenie im Rahmen einer chronischen Polyarthritis låsst neben Arzneimittel-induzierten Knochenmarkschåden differenzialdiagnostisch an das Felty-Syndrom denken. Das Felty-Syn-
drom ist definiert als Sonderform einer schweren chronischen Polyarthritis (meist als erosivdestruierender Verlauf mit Rheumaknoten) mit Leukozytopenie (selektiv der Neutrophilen), Splenomegalie und Ulzera an den Beinen.
Spondyloarthritiden Die Spondyloarthritiden umfassen eine Gruppe entzçndlich-rheumatischer Wirbelsåulenerkrankungen, deren klassischer Vertreter die Spondylitis ankylosans ist. Es werden folgende Spondyloarthritiden unterschieden: ] Spondylitis ankylosans, ] Psoriasis-Arthritis und Spondyloarthritis psoriatica, ] Reaktive Arthritis und Spondyloarthritis (posturethritisch, postenteritisch), ] Spondyloarthritiden bei idiopathischen entzçndlichen Darmerkrankungen (Morbus Crohn, Colitis ulcerosa), ] Juvenile Spondyloarthritis, ] SAPHO-Syndrom: Synovialitis ± Akne ± palmoplantare Pustulose ± Hyperostose ± Osteitis (synonym: Spondyloarthritis hyperostotica mit palmoplantarer Pustulosis), ] Undifferenzierte Spondyloarthritis. Spondyloarthritiden haben gemeinsam als genetische Grundlage eine gehåufte Frequenz des Histokompatibilitåtsantigens HLA-B27 mit 50±90%. Die pathogenetische Rolle des HLA-B27 konnte bisher weder bei den idiopathischen Spondyloarthritiden wie der Spondylitis ankylosans noch bei den bakteriell-induzierten Spondyloarthritiden, z. B. den reaktiven Arthritiden, geklårt werden. Patienten mit einer Psoriasis vulgaris oder einer idiopathischen entzçndlichen Darmerkrankung entwickeln bei positivem HLA-B27 aber deutlich håufiger eine spondyloarthritische Symptomatik. Das HLA-B27 ist deshalb als Risikofaktor fçr die Entwicklung einer entzçndlichen Wirbelsåulenbeteiligung prognostisch verwertbar. Diagnostisch ist dagegen die Bestimmung des HLA-B27 weder zur Festlegung einer Spondyloarthritis noch zum Ausschluss einer solchen Erkrankung beweisend, da es viele gesunde Merkmalstråger gibt sowie ebenso Spondyloarthritis-Patienten mit negativem HLA-B27. Ebenso hat die Bestimmung des Rheumafaktors fçr die Spondyloarthritiden keine Bedeutung, wenn-
Klinische Grundlagen der Arthritiden
gleich als Abgrenzung von der chronischen Polyarthritis der negative Rheumafaktor bei diesen Erkrankungen oft mitgenannt wird (¹seronegativeª Spondyloarthritiden). Als hilfreich fçr die Klassifikation klinisch nicht eindeutiger Spondyloarthritiden haben sich die Kriterien der europåischen Spondylarthropathy Study Group bewåhrt. Hiermit kann die Klassifikation als undifferenzierte Spondyloarthritis festgelegt werden. European Spondylarthropathy Study Group-Kriterien (ESSG-Kriterien) fçr die Klassifikation von Spondylarthropathien: ] Entzçndlich bedingter Wirbelsåulenschmerz oder ] Arthritis ± asymmetrisch ± bevorzugt an den unteren Extremitåten und eines oder mehrere der folgenden Kriterien: ] Positive Familienanamnese fçr Spondylitis ankylosans, Psoriasis, reaktive Arthritis, Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa, ] Befund oder Anamnese einer Psoriasis, ] Entzçndliche Darmerkrankung, ] Urethritis, Zervizitis oder akute Diarrhæ einen Monat vor Beginn der Arthritis, ] Schmerzen abwechselnd der rechten und linken Glutealregion, ] Fersenschmerzen.
Spondylitis ankylosans Die Spondylitis ankylosans ist der Prototyp der chronisch-entzçndlich rheumatischen Erkrankungen mit Hauptmanifestation am Achsenskelett. Die Håufigkeit der Erkrankung betrågt 0,1±0,4%. Der Gipfel der Altersverteilung liegt zwischen dem zwanzigsten und dreiûigsten Lebensjahr, wobei die Mehrzahl der Patienten schon in der Adoleszenz erste Symptome aufweisen. Das in ålteren Untersuchungen angegebene Geschlechterverhåltnis von 9 : 1 fçr Månner zu Frauen hat sich seit der Entdeckung des HLA-B27 und der verbesserten bildgebenden Diagnostik auf 3 : 1 reduziert. Die Øtiologie der Erkrankung ist unbekannt. In frçhen Krankheitsphasen kænnen uncharaktistische Prodromi wie Mçdigkeit, Schwåchegefçhl, Appetitmangel und ggf. Gewichtsverlust und Temperaturerhæhung bestehen. Das wichtigste Erstsymptom ist der tiefsitzende Kreuzschmerz in der zweiten Nachthålfte bzw. den
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frçhen Morgenstunden, der den Patienten aus dem Bett treibt. Die Wirbelsåule ist morgens unbeweglich (Morgensteifigkeit). Sowohl der entzçndlich bedingte Schmerz als auch die Morgensteifigkeit bessern sich mit zunehmender Bewegung. Diesen Kreuzschmerzen liegt eine Sakroiliitis zugrunde. Lokalisiert werden die Schmerzen oft in den Gesåûbereich, ggf. tritt eine pseudoradikulåre Austrahlung bis zum Knie auf ohne neurologische Ausfallsymptomatik. Meist sind beide Iliosakralgelenke betroffen, wobei Patienten gelegentlich schildern, dass die Beschwerden von einer auf die andere Seite wechseln. Mit fortschreitender Erkrankung breitet sich die Entzçndung auf die Lendenwirbelsåule und spåter die gesamte Wirbelsåule aus. Neben der langsam aszendierenden Beteiligung der Wirbelsåule gibt es den bipolaren Spondylitis-ankylosans-Typ mit einer Sakroiilitis und gleichzeitiger entzçndlicher Beteiligung der Halswirbelsåule. Im fortgeschrittenen und Endstadium tritt eine komplette Versteifung der Wirbelsåule mit Ankylosierung der kleinenWirbelgelenke und der Wirbelkærper ein. Diese Versteifung verursacht bei ca. 40% der Patienten eine Kyphose, wobei in schweren Fållen die Blickachse nicht mehr zur Horizontalen gehoben werden kann. Eine periphere asymmetrische Arthritis vom Mon- oder Oligoarthritistyp, besonders der groûen Gelenke der unteren Extremitåten ist håufig (Abb. 3). Befallen sind bei frçher Krankheitsmanifestation oft die Hçft- und Kniegelenke. Ein polyartikulårer, bevorzugt die kleinen Gelenke betreffender Verlauf ohne ausgeprågte Destruktionstendenz findet sich seltener. Ein Charakteristikum der Erkrankung ist die Håufigkeit der Beteiligung von Enthesen in Form von entzçndlichen Enthesiopathien. Am bekanntesten ist die Kalkaneopathie mit håufig schmerzhaften Schwellungen am Achillessehnenansatz. Hierbei werden sowohl hyperostotische als auch resorptive Verånderungen gefunden. Neben der Fersenregion manifestiert sich die Enthesitis besonders håufig an der Schulter im Bereich des Akromions, des Tuberculum majus und Processus coracoideus, am Ûbergang Sternum ± Rippenknorpel ± knæcherner Rippenanteil, am Olekranon sowie Epikondylus medialis und lateralis humeri, an der Spina iliaca anterior superior sowie am Os ischii/Os pubis, am Trochanter major und minor femoris, am Condylus medialis und lateralis femoris sowie an der Tuberositas metatarsi 5. Eine Beteiligung des Thorax findet sich klinisch håufig als gçrtelfærmiger Schmerz bei
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Psoriasis-Arthritis und Spondyloarthritis psoriatica
Abb. 3. Spondylitis ankylosans, periphere Gelenkbeteiligung
tiefer Inspiration oder beim Husten/Niesen. In fortgeschrittenen Stadien kann auch ein Gefçhl der Luftnot infolge einer Thoraxstarre auftreten, wobei die Kostotransversal- und Kostovertebralgelenke involviert sind mit zunehmender Ankylosierung. Am vorderen Thoraxskelett sind vor allem die Sternoklavikulargelenke und die Synchondrosis sternalis betroffen und die Ûbergangsbereiche vom Sternum zum Rippenknorpel bzw. dem knæchernen Rippenanteil. Auûerhalb des Bewegungssystems werden Manifestationen am håufigsten am Auge beobachtet mit einer einseitigen oder auch wechselseitigen Uveitis anterior mit klinischer Symptomatik von Schmerz und Lichtscheu bei gerætetem Auge. Weitere Organmanifestationen sind Aorteninsuffizienz durch Aortitis im Bereich der Aortenwurzel, kardiale Erregungs-Ûberleitungs-Stærungen (z. B. Blockbild am EKG), zystische Lungenoberlappenfibrose mit dem klinischen Symptom von Dyspnoe und Håmoptoe, sowie sekundåre Amyloidose und Nierenbeteiligung bei langjåhrigen Verlåufen mit hoher Entzçndungsaktivitåt. Neurologische Komplikationen werden selten in Form einer Zervikalmarkkompression durch atlantodentale Dislokation oder vereinzelt als Cauda-equina-Syndrom in der Folge einer Arachnoiditis beobachtet.
Eine Psoriasis wird in der Bewælkerung mit einer Pråvalenz von 0,25±2% gefunden. 10±20% der Betroffenen entwickeln eine Arthritis, wobei der Manifestationsgipfel hierfçr zwischen dem 30. und dem 50. Lebensjahr liegt. Das Geschlechterverhåltnis ist ausgeglichen. Es liegt eine familiåre Håufung der Erkrankung vor als Folge einer genetischen Determinierung mit Assoziation zu verschiedenen HLA-Antigenen (B13, B16, B17, B27 und DL7). Der synovialitische Prozess åhnelt dem bei der chronischen Polyarthritis, allerdings finden sich weniger Nekrosen und eine stårkere Tendenz zur Ankylosierung. In seltenen Fållen ist die Destruktionstendenz bei der Psoriasis-Arthritis ausgeprågter als bei der chronischen Polyarthritis mit Entwicklung von osteolytischen Mutilierungen bis zu Verstçmmelung der Phalangen (¹Teleskopfingerª). Das Charaktistikum des Entzçndungsprozesses ist das Nebeneinander von destruktiven und produktiven Verånderungen mit Entstehen von çberschçssigen Knochenstrukturen (Protuberanzen, Spikulae). Dieser Prozess findet sich neben den Gelenken auch an den Enthesen als Ausdruck einer entzçndlichen Enthesiopathie. Die Besonderheiten des Entzçndungsprozesses schlagen sich auch in radiologischen Charakteristika nieder (s. u.). Die periphere Arthritis zeigt unterschiedliche Befallsmuster (Abb. 4). In ca. 70% findet sich initial eine Oligoarthritis mit ausgeprågter Asymmetrie (im Gegensatz zur chronischen Polyarthritis). Dabei sind håufig alle Gelenke eines Fingers oder eines Zehes betroffen (Strahlbefall oder Axialbefall: Daktylitis, ¹Wurstfinger, Wurstzeheª). Seltener findet sich ein so genannter Transversalbefall der meisten Fingerendgelenke. Von den mittelgroûen und groûen Gelenken sind am håufigsten das Kniegelenk, das Handgelenk und das Sprunggelenk betroffen. In ca. 15% ist das Gelenkbefallsmuster vergleichbar zur chronischen Polyarthritis und nur Hautbefall, fehlender Rheumafaktor und typische radiologische Verånderungen lassen eine Differenzierung zwischen den Erkrankungen zu. Bei weiteren 7% findet sich ein typischer klinischer und radiologischer Befund einer Psoriasis-Arthritis bei Patienten ohne Hautmanifestationen, sodass die Diagnose einer Arthritis psoriatica sine psoriase gestellt werden kann (bei meist positiver Familienanamnese einer Psoriasis).
Klinische Grundlagen der Arthritiden
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Håufig ist bei der Spondyloarthritis psoriatica eine Beteiligung der Enthesen vergleichbar zur Spondylitis ankylosans sowie ein Befall des Sternoklavikulargelenkes. Radiologisch charakteristisch ist vor allem im lumbalen Bereich das Auftreten von Parasyndesmophyten, entweder als paravertebrale Ossifikationen neben dem Intervertebralraum oder dem angrenzenden Wirbelkærper, oder als stierhornartige Parasyndesmophyten mit zunåchst waagerechtem Wachstum aus der Grund- oder Deckplatte des Wirbelkærpers heraus und erst nach einigen Milimetern umknickendem Wachstum in die vertikale Richtung. Auch Mischbilder mit Parasyndesmophyten und typischen Syndesmophyten (wie bei der Spondylitis ankylosans) kommen vor (vergl. Kapitel ¹Ræntgendiagnostikª).
Reaktive Arthritiden und Spondyloarthritiden
Abb. 4. Psoriasisarthritis
Radiologisch finden sich an den peripheren Gelenken Periostreaktionen, Protuberanzen und spikulæse Ossifikationen. Als destruktive Verånderungen kommen typische Arrosionen und spåter Erosionen an den Finger- und Zehengelenken vor. Bei Patienten mit einer ausgeprågten Nagelpsoriasis sind håufig starke Protuberanzen an der Basis und Spitze der Endphalanx, bei çberwiegend destruktiven Verånderungen akroosteolytische Låsionen zu beobachten. Als Endstadium von produktiv-reparativen Prozessen ergibt sich die komplette Ankylose, in seltenen Fållen fçhren ausgeprågte destruktive Prozesse zur Mutilation mit Einschmelzung groûer Anteile der Phalangen (¹Pencil-in-cupª-Phånomen, Teleskopfinger). Charakteristischerweise treten die mehr produktiven und destruktiven Verånderungen nebeneinander auf. Bei ca. 25% der Patienten mit einer PsoriasisArthritis ist eine Beteiligung des Achsenskeletts zu beobachten. Am håufigsten zeigt sich eine Sakroiilitis, gefolgt von einer Spondylitis. Die klinische Symptomatik entspricht der des entzçndlich bedingten Rçckenschmerzes und der zunehmenden Bewegungseinschrånkung zunåchst der LWS, spåter auch anderer Wirbelsåulenabschnitte. Bei 50% der Patienten mit Spondyloarthritis psoriatica wird HLA-B27 gefunden.
Reaktive Arthritiden sind charakterisiert als Arthritiden mit oder ohne spondyloarthritische Komponente, bei denen sich durch die Anamnese, die klinische Untersuchung oder durch Laboruntersuchungen ein Zusammenhang mit einer bakteriellen Infektion mit Eintrittspforte im Magen-Darm-Trakt, Urogenitaltrakt oder den oberen Atemwegen belegen låsst, deren Erreger aber im Gelenk kulturell nicht nachgewiesen werden kann. Dieser fehlende kulturelle Erregernachweis im Gelenk unterscheidet die reaktiven Arthritiden von den infektiæs-septischen Arthritiden. Ebenfalls werden Arthritiden und Arthralgien nach Virusinfektionen, z. B. bei Hepatitiden, Masern oder Ræteln abgegrenzt. Eine Sonderstellung nimmt die Lyme-Arthritis bzw. Lyme-Borreliose ein, bei der der Erreger çber die Haut in den Organismus gelangt und in seltenen Fållen eine kulturelle Erregerisolation aus Gelenkmaterial, der Haut oder auch dem Liquor gelingt (durch spezielle Kulturverfahren). Wegen Øhnlichkeiten des Verlaufes wird die LymeArthritis aber von einigen Autoren den reaktiven Arthritiden zugehærig klassifiziert. Terminologisch unterscheidet man die reaktiven Arthritiden nach der Eintrittspforte, z. B. posturethritische reaktive Arthritis oder postenteritische reaktive Arthritis. Eine Sonderform der reaktiven Arthritis ist das Reiter-Syndrom, definiert als klinische Trias aus Arthritis, Urethritis und Konjunktivitis (im angelsåchsischen Schrifttum wird ¹Reiter's syndromeª oft synonym zur reaktiven Arthritis verwendet). Nach erfolgter Erregeridentifikation ist eine åtiolo-
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Tabelle 3. Bakterielle Erreger bei reaktiven Arthritiden Gastroenteritis-Erreger ] Yersinia enterocolitica ] Yersinia pseudotuberculosis ] Salmonella typhimurium ] Salmonella enteritidis ] Campylobacter jejuni ] Shigella flexneri ] Shigella dysenteriae ] Clostridium difficile Urethritis-Erreger ] Chlamydia trachomatis ] Mycoplasma hominis ] Mycoplasma genitalium ] Ureaplasma urealyticum ] Neisseria gonorrhoeae Infekterreger im Respirationstrakt ] Streptococcus pyogenes ] Chlamydia pneumoniae
gisch orientierte Diagnose sinnvoll, z. B. Chlamydien-induzierte Arthritis, Yersinien-induzierte Arthritis etc. Die håufigsten Erreger mit der Fåhigkeit zur Induktion einer reaktiven Arthritis sind in der Tabelle 3 aufgelistet. Klinisch manifestieren sich die reaktiven Arthritiden in der Mehrzahl der Fålle als eine asymmetrische Oligoarthritis mit Bevorzugung der unteren Extremitåten sowie håufigen Enthesiopathien, Daktylitiden sowie Achsenskelettbefall (Abb. 5). Die Arthritis tritt einige Tage bis zu mehreren Wochen (vereinzelt bis zu Monaten) nach der auslæsenden Infektion in Form einer Gastroenteritis oder Urethritis auf. Die auslæsende Infektion kann sehr unterschiedlich manifest sein, von der dramatischen Gastroenteritis bzw. schmerzhaften Urethritis oder anderen Beteilungen des Urogenitaltraktes (z. B. Salpingitis, Epididymitis) bis hin zur komplett asymptomatischen Infektion. So werden asymptomatische Verlåufe fçr einen hohen Prozentsatz der klinisch nicht abklårbaren, so genannten
Abb. 5. Reaktive Arthritis
undifferenzierten Arthritiden verantwortlich gemacht. Die mæglichen klinischen Manifestationen der auslæsenden Infektionen reaktiver Arthritiden sind in Tabelle 4 zusammengestellt. Bei reaktiven Arthritiden ist am håufigsten das Kniegelenk betroffen, gefolgt von den Sprunggelenken, Zehengelenken sowie Fingergelenken und Handgelenken. Seltener betroffen sind die Hçftgelenke, Schultergelenke und Ellenbogengelenke. Die klinische Symptomatik einer Beteiligung des Achsenskelettes (z. B. entzçndlich bedingter Kreuzschmerz) findet sich in bis zu 50% der Patienten mit akuter reaktiver Arthritis. Eine radiologisch nachweisbare Sakroiliitis wird bei einigen reaktiven Arthritiden, z. B. der Yersinien-induzierten Arthritis mit prolongiertem Verlauf, in bis zu 30% der Fålle gefunden.
Tabelle 4. Klinische Manifestationen der auslæsenden Infektionen bei reaktiven Arthritiden ] Urogenitale Manifestationen
Urethritis, Zystitis, Zervizitis, Adnexitis, Salpingitis, Bartholinitis, Epididymitis, Prostatitis, Orchitis, Urethrastriktur
] Gastrointestinale Manifestationen
Gastroenteritis, Pseudoappendizitis (entsprechend einer mesenterialen Lymphadenitis und terminalen Ileitis), Darmperforationen mit Peritonitis, Cholangitis, Hepatitis, pseudomembranæse Kolitis (Clostridium difficile)
] Manifestationen des Respirationstrakts
Pharyngitis, Tonsillitis, Tracheobronchitis (oft mit prolongiertem Verlauf), atypische/interstitielle Pneumonien
Klinische Grundlagen der Arthritiden
Enthesiopathien finden sich je nach Erreger in unterschiedlicher Frequenz zwischen 5% und 20% in Form einer Kalkaneitis, Achillobursitis, Achillodynie etc. Neben den Symptomen der auslæsenden Infektion sowie der artikulåren Symptomatik kommen bei reaktiven Arthritiden gehåuft extraartikulåre Manifestationen vor. Hierzu zåhlen Augenbeteiligungen (Konjunktivitis, Iritis), Keratoderma blennorrhagicum, Endokarditis, Meningitis, neurologische Komplikationen, Erythema nodosum, Myositiden, Glomerulonephritiden. ] Rheumatisches Fieber. Das rheumatische Fieber ist eine klassische reaktive Arthritis nach Infektion mit beta-håmolysierenden Streptokokken der Gruppe A (Streptococcus pyogenes) mit ] Polyarthritis, ] Karditis, ] Chorea, ] subkutanen Knætchen sowie ] Erythema marginatum (anulare) (Hauptkriterien ± modifizierte Jones-Kriterien von 1992). Das rheumatische Fieber mit diesen Hauptkriterien sowie den Nebenkriterien Fieber, Arthralgien, verlångertes PR-Intervall im EKG, erhæhte Akute-Phase-Proteine oder einem frçher schon einmal abgelaufenen rheumatischen Fieber findet sich heute nur noch sehr selten. Das klassische rheumatische Fieber ist zudem eine Erkrankung des Kindes- bzw. Schulalters. Daneben beobachtet man nach Streptokokkeninfektionen beim Erwachsenen gehåuft Arthritiden, ohne dass sich eine Karditis, Chorea oder subkutane Knoten finden lassen. Fçr diese håufig prolongierte Arthritis mit Bevorzugung der groûen Gelenke der unteren Extremitåten wird heute der Begriff der ¹Streptokokken-induzierten reaktiven Arthritisª gewåhlt und nicht von einem rheumatischen Fieber gesprochen. Abgrenzen lassen sich diese beiden Streptokokken-induzierten Krankheitsbilder auch durch das sehr gute Ansprechen der klinischen Symptomatik beim rheumatischen Fieber auf hohe Gaben von Acetylsalicylsåure, welches bei der Streptokokken-induzierten reaktiven Arthritis in dieser Form nicht beobachtet wird. ] Lyme-Arthritis. Als spezielle Form der reaktiven Arthritiden ist die Lyme-Arthritis (Lyme-Borreliose) zu nennen. Auslæser der verschiedenen Krankheitsbilder, die unter dem Begriff der Ly-
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me-Borreliose subsummiert werden, ist die Spirochåte Borrelia burgdorferi sensu lato. Die Ûbertragung dieser Spirochaete auf den Menschen erfolgt durch Zecken, wenn diese, fçr einige Stunden meist unbemerkt auf der Haut sitzend, ihre Blutmahlzeit einnehmen. Als Manifestation der lokalen Borrelieninfektion der Haut kommt es zum Erythema chronicum migrans (oder bei Zeckenstich im Bereich der Mamille oder des Ohrlåppchens zur Lymphadenosis benigna cutis). Das Erythema chronicum migrans breitet sich meist zentrifugal von der Stichstelle unter allmåhlicher Abblassung des Zentrums aus und verschwindet unbehandelt nach einigen Wochen. Nach einer Latenzzeit bis zu mehreren Monaten kann es dann zur Ausbildung neurologischer Krankheitsbilder in Form einer Radikuloneuritis (Bannwarth), Meningitis, Enzephalitis, von Augenbeteiligungen sowie Herzbeteiligungen (Karditis, Erregungsleitungsstærungen im Sinne von AV-Blockierungen oder Erregungsrçckbildungsstærungen) kommen. Die nach Monaten bis Jahren nach einem Zeckenstich auftretende Lyme-Arthritis zeigt sich als intermittierende Mon- oder Oligoarthritis mit håufig starken Exsudationen. Betroffen ist in der Mehrzahl der Fålle das Kniegelenk, oft mit der Ausbildung von Poplitealzysten (¹BakerZystenª). Daneben sind Sprunggelenke sowie Zehengelenke am håufigsten befallen, seltener Fingergelenke, Ellenbogengelenke und Mittelfuûgelenke. Nur selten findet sich eine LymeArthritis als symmetrische Polyarthritis (åhnlich dem klinischen Bild einer chronischen Polyarthritis). Håufiger kommt es zu Spondarthritis-åhnlichen Symptomen, z. B. einer Daktylitis oder Fersenschwellung. Die Lyme-Arthritis tritt håufig ¹attackenweiseª auf oder verlåuft variabel mit intermittierenden Arthritiden, deren Håufigkeit im Krankheitsverlauf abnimmt. Die Langzeitprognose der Lyme-Arthritis ist in den meisten Fållen gut, ræntgenologisch nachweisbare Destruktionen sind selten. Vor Ausbruch einer Arthritis, auch zum Zeitpunkt einer frçhen Generalisation der Erkrankung wåhrend eines Erythema chronicum migrans, kommt es oft zu Arthralgien ohne Gelenkschwellungen. Bevorzugte Region fçr diese Arthralgien und auch Myalgien ist der Schultergçrtel. Eine Spåtmanifestation an der Haut ist bei der Lyme-Borreliose die Akrodermatitis chronica atrophicans (Herxheimer), die durch atrophisch-dçnne, pergamentpapierartige Haut mit durchscheinenden Venen charakterisiert ist.
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Spondyloarthritiden bei idiopathischen entzçndlichen Darmerkrankungen Bei ca. 20% der Patienten mit einem Morbus Crohn oder einer Colitis ulcerosa kommt es zu einem Befall des Bewegungssystems, wobei die Hålfte dieser Fålle eine Beteiligung des Achsenskeletts entwickelt. Das Gelenkbefallsmuster entspricht bevorzugt einer asymmetrischen Oligoarthritis der unteren Extremitåten. Sprunggelenke und Kniegelenke sind bevorzugt betroffen, gefolgt von Fingergelenken und Zehengelenken. Eine radiologisch nachweisbare Sakroiliitis, håufig ohne klinische Symptomatik, findet sich in bis zu 20% aller Patienten mit idiopathischen entzçndlichen Darmerkrankungen. Das Vollbild einer Spondylitis ankylosans bildet sich in 2±7% aller Patienten aus. Als extraartikulåre Manifestationen kommen Erythema nodosum, aphthæse Stomatitis, Uveitis sowie Pyoderma gangraenosum vor. Bei der Colitis ulcerosa verschwindet die Arthritis in den meisten Fållen nach einer Kolektomie, wogegen die operative Entfernung von Darmabschnitten beim Morbus Crohn keinen Einfluss auf die Arthropathie hat. Labor-chemisch ist das HLA-B27 bei çber 50% der Patienten mit idiopathisch-entzçndlicher Darmerkrankung und Achsenskelettbeteiligung positiv.
SAPHO-Syndrom (Synovitis ± Akne ± palmoplantare Pustulose ± Hyperostose ± Osteitis) Der Begriff SAPHO-Syndrom wurde 1987 von einer franzæsischen Arbeitsgruppe geprågt fçr die Symptomkonstellation Synovitis, Akne, palmoplantare Pustulose, Hyperostose und Osteitis [18]. Besonders håufig findet sich beim SAPHOSyndrom eine Beteiligung des Achsenskelettes und eine Osteitis im Bereich der vorderen Brustwand (Sternoklavikulargelenk, Synchondrosis manubriosternalis). Im deutsch-sprachigen Bereich wird hierzu synonym der Begriff der Spondylarthritis hyperostotica mit palmoplantarer Pustulosis verwendet. Die Øtiologie ist nicht geklårt. Nach neueren Untersuchungen scheinen Bakterien aber ursåchlich beteiligt zu sein (z. B. Propionibacterium acnes). Klinisch findet sich bei den Patienten eine rezidivierend an den Handinnenflåchen und Fuûsohlen auftretende Pustulose. Håufig ist diese Pustulose die alleinige Hautmanifestation, in anderen Fållen finden sich an anderen Kærperregionen Herde, vergleichbar einer pustulåren Psoria-
sis. Auch eine schwere Akne (Acne conglobata, Acne fulminans) wird ebenfalls mit den Verånderungen am Skelettsystem assoziiert gesehen. Der Befall von Knochen und Gelenken låsst sich charakterisieren als das Nebeneinander von Synovialitis, hyperostotischen Verånderungen und Osteitis. Besonders håufig sind Gelenke und Synchondrosen der vorderen Brustwand betroffen. Initial imponiert oft eine Synovialitis des Sternoklavikulargelenkes, bevor im weiteren Verlauf periartikulåre osteosklerotische und osteolytische Prozesse auftreten. Håufig ist der gesamte gelenknahe Knochen betroffen in Form einer ausgeprågten Osteosklerose mit gelenknahen, aber auch peripheren Osteolysen. Hyperostotische Verånderungen lassen Sternoklavikulargelenke oder Kostosternalgelenke verdickt erscheinen. In akuten Stadien finden sich alle Entzçndungssymptome mit Schwellung, Schmerz, Ûberwårmung und Rætung an den betroffen Regionen der vorderen Brustwand. An der Wirbelsåule kommen gehåuft osteosklerotische Verånderungen ganzer Wirbelkærper vor, die initial von der Wirbelkærpervorderkante ausgehen. Daneben werden Diszitiden, Parasyndesmophyten (vergleichbar zur Spondyloarthritis psoriatica) sowie eine Sakroiliitis beobachtet. Diese ossåren Verånderungen lassen sich nicht immer auf Ræntgenaufnahmen der untersuchten Skelettregion darstellen. Insbesondere die vorderen Brustwandabschnitte mçssen konventionell tomographisch oder mit einem computerisierten Schnittbildverfahren dargestellt werden. Bewåhrt hat sich insbesondere die Magnetresonanztomographie, um aktiv-entzçndliche Prozesse zur Darstellung zu bringen. Laborchemisch fållt meist nur eine geringe systemische Entzçndungsaktivitåt auf, manche Patienten haben normale Entzçndungsparameter. Im Gegensatz zu anderen Spondyloarthritiden ist eine auffållige Assoziation zum HLA-B27 nicht gesichert.
Entzçndlich-systemische Bindegewebskrankheiten Die entzçndlich-systemischen Bindegewebskrankheiten (Kollagenosen) sind gekennzeichnet durch einen Befall des vaskularisierten Bindegewebes mit vorrangigen Manifestationen an Gelenken, der Haut, inneren Organen und die Pråsenz von zahlreichen Autoimmunphånomenen. Bei sehr unterschiedlicher klinischer Symptomatik sind chronisch progrediente Verlåufe mit
Klinische Grundlagen der Arthritiden
Komplikationen und schlechter Prognose håufig. Die Øtiologie der entzçndlich-systemischen Bindegewebskrankheiten ist unklar, pathogenetisch spielen Stærungen der zellulåren und humoralen Immunantwort auf dem Boden prådisponierender genetischer Faktoren eine çberragende Rolle. Die Definitionen der unterschiedlichen Krankheiten sowie die Klassifikation unterlagen immer wieder Ønderungen und Revisionen, wobei in den letzten Jahren die Erarbeitung von KriterienKatalogen (z. B. durch das American College of Rheumatology) sowie die Vorschlåge von Konsensuskonferenzen (z. B. fçr die Vaskulitiden) hilfreich waren.
Systemischer Lupus erythematodes Der systemische Lupus erythematodes ist eine klinisch schillernde Erkrankung mit polysymptomatischem Organbefall und typischem Autoantikærperprofil. Die Erkrankung zåhlt zu den håufigsten entzçndlich-systemischen Bindegewebskrankheiten und betrifft Frauen deutlich håufiger als Månner (ca. 9 : 1). Der Håufigkeitsgipfel liegt zwischen dem 15. und 40-sten Lebensjahr. Klinisch abzugrenzen ist von der systemischen Form des Lupus erythematodes die rein kutane Form (diskoider Lupus erythematodes), die allerdings in ca. 10% der Fålle in das systemische Krankheitsbild çbergehen kann. Klinisch stehen beim systemischen Lupus erythematodes Hautverånderungen, Arthralgien und Arthritiden, der Befall innerer Organe mit Bevorzugung der Nieren und der seræsen Håute sowie Allgemeinsymptome und Blutbildverånderungen im Vordergrund. An der Haut imponiert vor allem das schmetterlingsfærmige Gesichtserythem, welches pathognomonisch fçr den Lupus erythematodes ist. Ein Erythem kann aber auch an anderen, Sonnenlicht-exponierten Partien auftreten, besonders an den Streckseiten der Arme und im Halsausschnitt. Daneben muss der diskoide Lupus erythematodes im Gesicht und an anderen lichtexponierten Partien abgegrenzt werden, der lokalisiert als meist rundlich rote Plaques mit Hyperkeratosen imponiert. Eine verstårkte Lichtreaktion an UV-exponierten Hautpartien ist ein weiteres dermatologisches Charakteristikum. An der Schleimhaut werden vor allem orale schmerzlose Ulzera (Aphthen) beobachtet, die selten auch im Bereich der Nasenschleimhaut auftreten. Die Gelenkbeteiligung beim systemischen Lupus erythematodes ist gekennzeichnet durch ei-
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ne symmetrische Polyarthritis, meist unter Einbezug der Fingermittel- und Fingergrundgelenke. Nach jahrelangem Verlauf kann diese Arthritis auch zu Deformierungen (z. B. ulnare Deviation der Langfinger) fçhren, ohne dass im Ræntgenbild destruktive Verånderungen sichtbar werden (vergleichbar der Jaccoud-Arthritis beim rheumatischen Fieber). Auch Schwanenhalsdeformitåten kænnen vorkommen. Die Beteiligung der inneren Organe kann sich in Form einer Pleuritis oder Perikarditis åuûern. Eine Nierenbeteiligung findet sich in ca. 10% der Patienten und fçhrte frçher vor Einfçhrung der immunsuppressiven Therapie håufig zur terminalen Niereninsuffizienz und Dialysepflicht. Laborchemisch åuûert sich die Nierenbeteiligung in einer Erythrozyturie (Erythrozytenzylinder im Harnsediment), durch eine Proteinurie > 0,5 g/24 h sowie durch eine Kreatininerhæhung im Verlauf. Histologisch (Nierenbiopsie) wird die Lupus-Nephritis nach einer WHOKlassifikation in 5 verschiedene Typen mit unterschiedlichem Verlauf unterschieden. Eine ZNS-Beteiligung mit neuropsychiatrischen Symptomen wie Krampfanfållen, Chorea minor oder psychiatrischen Auffålligkeiten findet sich in ca. 15% der Fålle. Sehr håufig sind Blutbildverånderungen als håmolytische Anåmie, Leukozytopenie unter 4000/mm3 oder Thrombozytopenie unter 100 000/mm3. Weitere klinische Symptome sind: Fieber, Schwåche, Gewichtsverlust, Alopezie, Raynaud-Phånomen, Lymphadenopathie und Hepatosplenomegalie, Augensymptome (Episkleritis) sowie Myalgien (seltener Myositis). Laborchemisch sind antinukleåre Antikærper (ANA) bei fast allen Patienten mit systemischem Lupus erythematodes nachweisbar. Die Spezifizierung dieser antinukleåren Antikærper zeigt bei meist homogenem Muster im Immunfluoreszenztest das Vorliegen von Antikærpern gegen Doppelstrang-Desoxyribonukleinsåure, wobei vor allem die hochaviden Antikærper (gemessen im Radioimmunoassay) hochspezifisch fçr den systemischen Lupus erythematodes sind. Des Weiteren kommen andere ANA-Spezifitåten vor, die einzeln oder als Kombination mit anderen Autoimmunphånomenen vorliegen kænnen. Zusåtzlich sind håufig Anti-KardiolipinAntikærper nachweisbar, die sich bei Patientinnen mit einem Syndrom aus rezidivierenden Thrombosen, Aborten und dem weiteren labortechnischen Nachweis eines Lupus-Antikoagulans finden (so genanntes Antiphospholipid-An-
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tikærper-Syndrom). Weiterhin kænnen Aktivierungen des Komplementsystems beobachtet werden und eine erhæhte Blutkærperchensenkungsgeschwindigkeit. Im Gegensatz hierzu ist das C-reaktive Protein auch bei aktivem Lupus oft normal und wird erst bei infektiæsen Komplikationen (z. B. Pneumonie, Sepsis) deutlich erhæht gefunden. Fçr die Klassifikation in klinischen Studien, aber auch zur Diagnostik haben sich die Kriterien des American College of Rheumatology (ACR) von 1982 bewåhrt. Bei Vorliegen von 4 der 11 Kriterien kann die Diagnose eines systemischen Lupus erythematodes gestellt werden.
Kriterien fçr die Diagnose des systemischen Lupus erythematodes (SLE) (American College of Rheumatology von 1982): ] Schmetterlingserythem des Gesichtes ] Diskoide Hautlåsionen ] Fotosensibilitåt der Haut ] Orale oder nasopharyngeale Ulzeration ] Nicht-erosive Arthritis, wobei zwei oder mehrere periphere Gelenke befallen sein mçssen mit Schmerzhaftigkeit, Schwellung oder Erguss ] Serositis: ± Pleuritis ± Perikarditis ] Nierenbeteiligung: ± persistierende Proteinurie > 0,5 g/Tag ± Zylinder im Urin: Erythrozyten-, Håmoglobin-, granulierte, tubulåre oder gemischte Zylinder ] Neuropsychiatrische Verånderungen (ohne auslæsende Medikamente oder Stoffwechselstærung): ± Krampfanfålle ± Psychose ] Håmatologische Verånderungen: ± Håmolytische Anåmie mit Retikulozytose ± Leukozytopenie < 4000/mm3 bei zwei oder mehr Bestimmungen ± Lymphozytopenie < 1500/mm3 bei zwei oder mehr Bestimmungen ± Thrombozytopenie > 100 000/mm3 ] Immunologische Verånderungen: ± positiver LE-Zell-Nachweis ± erhæhter Titer von Antikærpern gegen native DNS ± Nachweis von Anti-Sm-Antikærpern ± falsch-positive Lues-Serologie (VDRL) çber mindestens 6 Monate mit negativem Treponema-pallidum-Immobilisations- oder Fluoreszenz-Treponema-Antikærper-AbsorptionsTest ] Erhæhter Titer fçr antinukleåre Antikærper (ANA) in der Immunfluoreszenz.
Sklerodermie Die Sklerodermie (synonym: progressive systemische Sklerose) ist gekennzeichnet durch eine Fibrose und Degeneration der Haut mit Beteiligung innerer Organe, vorwiegend Herz, Lunge, Nieren sowie des Gastrointestinaltraktes. Die Erkrankung befållt bevorzugt Frauen (Geschlechterverhåltnis Frauen : Månner 3 : 1) zwischen dem 30. und dem 50. Lebensjahr. Klinisch wird die Erkrankung unterschieden in einen Typ mit diffusem Hautbefall, der sich als symmetrische groûflåchige Verdickung der Haut an distalen und proximalen Extremitåten, im Gesicht und Stamm åuûert. Hierbei kommt es zu oft schnell fortschreitenden Verånderungen der Haut und einem frçhen Auftreten von viszeralen Manifestationen. Dem gegençber kommt es bei der limitierten Verlaufsform meist zu Hautverdickungen der distalen Extremitåten sowie im Gesicht mit eher langsamer Progression und spåtem viszeralen Befall. Bei der limitierten Verlaufsform werden håufig auch subkutane Verkalkungen (Kalzinose) sowie eine Teleangiektasie beobachtet. Zusammen mit anderen Manifestationen bezeichnet man diese sonderform als CREST-Syndrom: C(K)alzinose, Raynaud-Phånomen, E(Ú)sophagusmotilitåtsstærung, Sklerodaktylie, Teleangiektasie). Die wichtigsten Manifestationen der unterschiedlichen Formen der Sklerodermie sind in Tabelle 5 wiedergegeben. Labortechnisch werden bei der Sklerodermie gehåuft Autoantikærper nachgewiesen. Auch in Frçhphasen der Erkrankung, in der oft nur ein Raynaud-Phånomen vorhanden ist, ggf. mit beginnenden sklerodermieartigen Hautverånderungen, kann der Nachweis von Scl-70-Antikærpern oder Zentromer-Antikærpern hilfreich sein. Hinweisend ist der Befund positiver antinukleårer Antikærpern mit nukleårem oder zentromerem Immunfluoreszenzmuster, wobei letztere in bis zu 90% der Fålle beim CREST-Syndrom nachweisbar sind. Der Verlauf der Erkrankung ist gekennzeichnet von der zunehmenden Sklerose der Haut mit schmerzhaften Ulzerationen und Fingerspitzennekrosen (¹Rattenbissnekrosenª). Die durch periorale Fibrose bewirkte Abnahme der Mundæffnung zusammen mit Úsophagusmotilitåtsstærungen bewirkt håufig eine Gewichtsabnahme und in Endstadien eine Kachexie. Eine Beteiligung der Nieren fçhrt zu arterieller Hypertonie und zunehmender Niereninsuffizienz. An der Lunge zeigt sich bei der diffusen Sklerodermie eine zunåchst
Klinische Grundlagen der Arthritiden
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Tabelle 5. Klinische und labortechnische Charakteristika der diffusen und limitierten Verlaufsform der Sklerodermie Charakteristikum ] ] ] ] ] ] ] ] ] ] ] ] ] ] ]
Arthralgie/Arthritis Teleangiektasien * Raynaud-Phånomen * Gelenkkontrakturen Tendovaginitis crepitans Kalzinose * Úsophagusmotilitåtsstærungen * Lungenfibrose Pulmonale Hypertonie Niereninsuffizienz Herzinsuffizienz Muskelbeteiligung Antinukleåre Antikærper Scl-70-Antikærper (Topoisomerase 1) Anti-Zentromer-Antikærper
Diffuse Verlaufsform 80% 30% 85% 85% 65% 5% 75% bis ca. 80% 1% 10% 10% 20% 95% 40% < 5%
Limitierte Verlaufsform 60% 80% 95% 45% 5% 45% 80% ca. 30% 10% 1% 1% 10% 95% 15% 50%
* charakterisieren zusammen mit einer Sklerodaktylie das CREST-Syndrom als spezifische limitierte Verlaufsform
basale, sich spåter ausdehnende Fibrose. Als frçhestes diagnostisches Zeichen der Lungenbeteiligung kann die verminderte Diffusionskapazitåt fçr Kohlenmonoxyd (DLCO) gewertet werden. Bei der limitierten Verlaufsform der Sklerodermie kommt es dagegen gehåuft zu einer pulmonalen Hypertonie. Eine Gelenkbeteiligung im Sinne von Arthralgien oder einer nicht destruierenden Arthritis tritt bei mehr als der Hålfte der Patienten auf. An den Hånden kann die Abgrenzung einer Arthritis von der nur durch zunehmende Hautfibrose bedingten Einschrånkung der Gelenkbeweglichkeit (besonders der proximalen Phalangealgelenke) und dadurch bedingten Fingerdeformierung schwierig sein. Kardiale Manifestationen kommen in Form von Perikarderguss und Herzinsuffizienz oder als Herzrhythmusstærungen vor.
Polymyositis/Dermatomyositis Polymyositis und Dermatomyositis sind entzçndliche Muskelerkrankungen, die als eigenståndige Krankheitsbilder ohne bekannte Øtiologie mit einer Pråvalenz von ca. 8 Fållen pro 100 000 Einwohner auftreten. Die Erkrankung findet sich dreimal håufiger bei Frauen und beginnt meist im mittleren Lebensalter. Daneben gibt es einen Krankheitsgipfel der Dermatomyositis im Kindesalter (zwischen 10 und 14 Jahren). Bei der Klassifikation der entzçndlichen Muskelerkrankungen unterscheidet man neben der primåren
Polymyositis (Typ 1) und der primåren Dermatomyositis (Typ 2) noch die Polymyositis/Dermatomyositis in Assoziation zu malignen Erkrankungen (Typ 3), die Dermatomyositis oder Polymyositis im Kindesalter (Typ 4) und die Polymyositis/Dermatomyositis in Assoziation zu anderen entzçndlich-systemischen Bindegewebserkrankungen (Typ 5). Als weitere seltene eigenståndige Form wird die Einschlusskærperchenmyositis (Typ 6) sowie weitere andere seltene Myositisformen, z. B. eosinophile Myositis und andere (Typ 7) abgegrenzt. Klinisch findet sich initial meist eine Schwåche der stammnahen Extremitåtenmuskulatur verbunden mit Myalgien vom entzçndlichen Typ (nåchtliche, frçhmorgendliche Schmerzen). Die Abduktion der Arme wird von den Patienten als erschwert angegeben, das Aufstehen vom Stuhl oder das Treppensteigen ist nur noch mit Hilfe, bzw. mit Unterstçtzung durch die Arme mæglich. Auch andere Muskelgruppen kænnen betroffen sein, wie die Kopfheber oder die Schluckmuskulatur und in seltenen Fållen die Atemmuskulatur mit der mæglichen Konsequenz einer Ateminsuffizienz. Neben der Skelettmuskulatur kann auch der Herzmuskel betroffen sein in Form einer Kardiomyopathie mit Herzrhythmusstærungen. Bei der Dermatomyositis findet sich typischerweise ein heliotropes, lilafarbenes Gesichtserythem, vor allem periorbital mit Schwellungen der Oberlider und Teleangiektasien sowie Poiki-
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M. Hammer, H. Zeidler
lodermie. Als pathognomonisch gelten GottronPapeln, welche sich als flache Papeln mit Erythem begrenzt çber den Fingermittelgelenken und seltener den Fingergrundgelenken finden. Erythematæse Hautverånderung finden sich håufig auch çber den Streckseiten der groûen Gelenke, teilweise schuppend. Daneben treten håufig ein Raynaud-Phånomen, eine Vaskulitis (z. B. der Fingerarterien mit akralen Nekrosen), eine pulmonale Beteiligung im Sinne einer intestitiellen Pneumonie und einer Lungenfibrose und Verkalkungen der Muskulatur auf. Im hæheren Lebensalter findet sich die Polymyositis/Dermatomyositis gehåuft als paraneoplastisches Syndrom mit schlechtem Ansprechen auf therapeutische Bemçhungen (z. B. Glukokortikoide). Dagegen ist im jçngeren Alter die Frequenz an Malignomen deutlich seltener. Eine Tumordiagnostik ist bei allen Neuerkrankungen, besonders ab dem 50. Lebensjahr, empfehlenswert. Differenzialdiagnostisch mçssen vor allem viral induzierte, metabolische und endokrine sowie Medikamenten-assoziierte Myopathien bedacht werden. Neben dem klinischen Bild erfolgt die Diagnosestellung anhand der Erhæhung der Skelettmuskelenzyme (Kreatininkinase, Aldolase), durch charakteristische elektromyographische Befunde, anhand des typischen Bildes der Muskulatur im Kernspintomogramm sowie durch die histologische Klårung einer Biopsie aus einem entzçndeten Muskelbereich (Biopsieort z. B. im Kernspintomogramm oder durch Elektromyogramm festlegen). Des Weiteren sind laborchemisch gehåuft Autoantikærper nachweisbar, z. B. Anti-Jo1-, Anti-PM-Scl-, Anti-Mi2-, Anti-KU-Antikærper und andere.
Sjægren-Syndrom Das Sjægren-Syndrom wird sowohl als eigenståndige Erkrankung (primåres Sjægren-Syndrom) wie auch bei anderen entzçndlichen Bindegewebskrankheiten (sekundåres Sjægren-Syndrom, z. B. bei chronischer Polyarthritis, beim systemischen Lupus erythematodes) gefunden und ist charakterisiert durch eine Sicca-Symptomatik (Xerophthalmie, Xerostomie) und die Anwesenheit von typischen Autoantikærpern. Klinisch berichten die Patienten çber Augenbrennen, Fremdkærpergefçhl, Lichtempfindlichkeit, oft mit geræteten Konjunktiven. Die Mundtrockenheit fçhrt zu vermehrter, manchmal exzessiver Flçssigkeitszufuhr und kann als Kompli-
kation zur bakteriellen Infektionen der Mundschleimhaut fçhren mit der Folge von Kau- und Schluckstærungen. Des Weiteren kænnen Symptome infolge einer trockenen Nasenschleimhaut sowie einer Vaginitis sicca auftreten. Håufig findet sich eine bilaterale Schwellung der Parotis-Drçse sowie eine zervikale oder generalisierte Lymphadenopathie. Weitere klinische Symptome sind Schwåchegefçhl, Abgeschlagenheit, subfebrile Temperaturen, Myalgien, Arthralgien bzw. eine blande und nicht erosiv verlaufende Arthritis. An weiteren Manifestationen finden sich ein Raynaud-Phånomen, eine pulmonale Beteiligung, eine Vaskulitis und periphere Neuropathie sowie in wenigen Fållen ein Ûbergang in ein Lymphom. Laborchemisch sind erhæhte systemische Entzçndungsaktivitåt, eine teilweise ausgeprågte polyklonale Hypergammaglobulinåmie sowie antinukleåre Antikærper mit den Spezifitåten AntiRo (SSA) und Anti-La (SSB) nachweisbar. Diagnostisch kann eine Biopsie aus Lippenspeicheldrçsen hilfreich sein sowie eine Speicheldrçsendarstellungen mit Kontrastmittel oder eine Speicheldrçsenszintigraphie.
Seltene und undifferenzierte entzçndlichsystemische Bindegewebserkrankungen (Ûberlappungssyndrome) Viele Patienten mit einzelnen Charakteristika einer entzçndlich-systemischen Bindegewebserkrankung kænnen in frçhen Krankheitsstadien, manchmal auch im weiteren Verlauf nicht einer definierten Erkrankungen zugeordnet werden. So liegen håufig nur Allgemeinsymptome vor, wie Arthralgien, Raynaud-Phånomen, Schwåchegefçhl in Verbindung mit auffålligen Laborbefunden (z. B. systemische Entzçndungsaktivitåt, nachweisbare antinukleåre Antikærper und Rheumafaktoren). Bei diesen Patienten hat sich die Klassifikation als undifferenzierte entzçndlichsystemische Bindegewebserkrankung als hilfreich erwiesen, wobei das Hinzukommen neuer Symptome im Verlauf beachtet und ggf. zur Spezifizierung der Diagnose fçhren muss. ] Ûberlappungssyndrome. Bei entzçndlich-systemischen Bindegewebserkrankungen gibt es håufig Ûberlappungen zwischen zwei definierten Krankheitsbildern, z. B. zwischen chronischer Polyarthritis und systemischem Lupus erythematodes, zwischen Sklerodermie und Sjægren-Syndrom. Als terminologisch ¹unscharfeª Bezeich-
Klinische Grundlagen der Arthritiden
nung wird im deutsch-sprachigen Raum auch der Begriff der Mischkollagenose verwendet. Im englischsprachigen Raum wird der Begriff ¹mixed connective tissue diseaseª (MCTD; synonym auch ¹Sharp-Syndromª) spezifisch fçr eine Entitåt verwendet, charakterisiert durch die klinische Konstellation Raynaud-Phånomen, Polyarthritis, Schwellungen der Hånde, Úsophagusmotilitåtstærung, pulmonale Beteiligung und håufig Myositis. Obligat fçr diese Diagnose sind spezifische nukleåre Autoantikærper (AntiU1nRNP-Antikærper). Der Verlauf des ¹mixed connective tissue diseaseª wird als gçnstiger angesehen als bei der Sklerodermie. ] Behet-Syndrom. Eine weitere entzçndlich-systemische Bindegewebserkrankung ist das BehetSyndrom, welches gehåuft im æstlichen Mittelmeerraum sowie in Japan vorkommt. Es ist charakterisiert durch aphthæse Stomatitis, aphthæse Genitalulzera, Hypopyon-Iritis sowie håufiges Auftreten von Arthritiden, Erythema nodosum sowie arteriellen Verschlçssen und Thrombosen. ] Rezidivierende Polychondritis. Die rezidivierende Polychondritis ist eine weitere seltene Systemerkrankung mit entzçndlich-destruierenden Verånderungen des artikulåren und nichtartikulåren Knorpelgewebes. Klinisch ist der Befall des Ohrmuschelknorpels mit Schwellung, Rætung und Chondrolyse (¹Schlappohrenª) sowie des Nasenknorpels am auffålligsten. Der Gelenkbefall ist meist asymmetrisch und hat anfallsartigen und migratorischen Charakter. Daneben kænnen der Respirationstrakt mit Tracheitis und Bronchitis, die Augen, die Gefåûe in Form einer Vaskulitis sowie die Niere betroffen sein.
Vaskulitiden Vaskulitiden sind charakterisiert durch eine entzçndliche Infiltration der Blutgefåûwånde mit Zerstærung und Obliteration des Blutgefåûes und konsekutiven Komplikationen im Stræmungsgebiet der betroffenen Gefåûe. Die Ursache der Vaskulitiden ist bis heute nicht geklårt, ein direkter Zusammenhang mit viralen und bakteriellen Infektionen oder Medikamenten bleibt oft spekulativ. Pathogenetisch werden Ablagerungen von Immunkomplexen (Antigen-Antikærper-Komplexe) als auslæsend fçr den Entzçndungsprozess angesehen. Daneben gibt es Vaskulitiden, bei denen Immunkomplexe nicht oder nur selten in den Gefåûwånden identifiziert werden kænnen und in
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welchen granulomatæse Verånderungen histologisch im Vordergrund stehen. Die klinischen Manifestationen der Vaskulitiden sind vielfåltig und zeigen spezifische Befallsmuster und klinische als auch laborchemische Besonderheiten (Tabelle 6). Generell sind Vaskulitiden seltene Erkrankungen, wobei genaue epidemiologische Zahlen nicht vorliegen. Håufiger erscheinen Vaskulitiden mit ausschlieûlichem Befall der Haut, die komplikationsarm im Verlauf sind. Der Manifestationsgipfel der Vaskulitiden liegt im hæheren Lebensalter (z. B. Arteriitis temporalis, Kryoglobulinåmie, Wegener'sche Granulomatose, ChurgStrauss-Syndrom), wobei einige Vaskulitiden auch bevorzugt in den ersten zwei Lebensjahrzehnten vorkommen (z. B. Purpura SchænleinHenoch, Takayasu-Syndrom). Eine Einteilung der Vaskulitiden wird nach verschiedenen Gesichtspunkten vorgenommen. Zum einen unterscheidet man primåre Vaskulitiden mit ungeklårter Øtiologie von sekundåren Vaskulitiden, die bei anderen systemischen Erkrankungen auftreten (z. B. bei entzçndlich-systemischen Bindegewebserkrankungen, bei der chronischen Polyarthritis). Zum anderen werden die Vaskulitiden eingeteilt nach dem bevorzugten Bereich des Gelenkbefalls (z. B. groûe bis mittelgroûe Arterien, kleine Arterien, Kapillaren).
Kristallarthropathien Kristallarthropathien sind definiert als Erkrankungen, bei denen es Kristall-induziert bzw. durch Kristallablagerungen zu einer klinischen Symptomatik ggf. mit Gewebszerstærung sowie funktionellen Beeintråchtigungen von Organen oder Organsystemen kommt. Diese Definition beinhaltet, dass ein isolierter und asymptomatischer Kristallnachweis in einer Flçssigkeit oder eine radiologisch nachweisbare Kristallablagerung in einem Gewebe ohne Symptome nicht identisch ist mit einer klinisch manifesten Kristallarthropathie. So kænnen sich beim alten Menschen zunehmend Kristalle im Gelenkknorpel oder in Sehnenansåtzen ablagern (z. B. Calciumpyrophosphat-Kristalle, Hydroxylapatit-Kristalle), ohne dass diese klinisch symptomatisch werden. Die wichtigsten Kristallarthropathien sind die Gicht (Ablagerung von Mononatriumurat-Kristallen), die Chondrokalzinose (synonym: Calciumpyrophosphat-Arthropathie, auch: ¹Pseudogichtª) mit Ablagerung von Calciumpyrophosphat-Kristallen sowie die HydroxylapatitKrankheit [9].
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M. Hammer, H. Zeidler
Tabelle 6. Gefåûbefall, Hauptmanifestationen und charakteristische Befunde bei Vaskulitiden Vaskulitis
Gefåûbefall
Klinische Hauptmanifestation
Charakteristische Befunde
] Riesenzellarteriitis (Takayasu-Syndrom, Arteriitis temporalis)
Aorta, groûe bis mittelgroûe Arterien
Takayasu-Syndrom: Entzçndung und Stenose des Aortenbogens und seiner Abgånge, vorwiegend betroffen sind Frauen im zweiten Lebensjahrzehnt. Klinik: Durchblutungsstærungen der oberen Extremitåt mit Claudicatiointermittens-Symptomatik, abgeschwåchte Armpulse, Stræmungsgeråusche der betroffenen Arterien.
Hohe systemische Entzçndungsaktivitåt. Biopsie z. B. der A. temporalis (Ramus posterior): entzçndlich-zellulåres Infiltrat mit mononukleåren Zellen und mehrkernigen Riesenzellen
Arteriitis temporalis (cranialis): Arteriitis des hohen Lebensalters mit Befall meist der A. temporalis, aber auch anderer extra- und intrakranieller Arterien (A. ophthalmica, A. vertebralis, A. subclavia). Klinik: starker Schlåfenund Kopfschmerz, druckdolente Temporalarterien, plætzliche Gesichtsfeldausfålle oder Amaurosis, gelegentlich zuvor Doppelbilder, Nebelsehen, des Weiteren Claudicatio der Kaumuskulatur; håufiger vergesellschaftet mit Polymyalgia rheumatica: Nåchtliche und morgendliche Schultergçrtel- und Beckengçrtelschmerzen mit teilweise ausgeprågter Allgemeinsymptomatik ] Klassische Panarteriitis nodosa
Groûe, mittelgroûe und kleine Arterien
Nierenbeteiligung, viszerale Arterien des Gastrointestinaltraktes, Hautknoten und Ulzerationen, Arthritis und Arthralgien, Herz- und ZNS-Beteiligung, Hodenbeteiligung sowie periphere Nerven (Mononeuritis multiplex)
Aneurysmatische Erweiterungen der Mesenterial- und Nierenarterien in der angiographischen Darstellung; håufige Assoziation zur Hepatitis B und ggf. Hepatitis C
] Mikroskopische Polyangiitis
Mittelgroûe Arterien bis hin zu Kapillaren und Venolen
Haut-, Nieren- und pulmonaler Befall
Diagnostische Haut- und Nierenbiopsie; Nachweis von pANCA (mit Spezifitåt fçr die Myeloperoxidase) in ca. 60%
] Churg-StraussSyndrom
Mittelgroûe Arterien bis zu Kapillaren, Venolen und Venen
Lungenbeteiligung zu 100%, meist mit vorbestehendem Asthma bronchiale; des Weiteren Haut-, Nerven-, Herz-, Gastrointestinaltrakt- und Nierenbefall
Eosinophilie im Blut, erhæhte IgE-Spiegel, gelegentlich Nachweise von ANCA verschiedener Spezifitåt
] Wegener`sche Granulomatose
Mittelgroûe Arterien bis zu Kapillaren, Venolen und Venen
Granulomatæs-nekrotisierende Vaskulitis des oberen und unteren Respirationstraktes (Nasenschleimhautulzerationen, Epistaxis, Otitis media, Bronchitis, Håmoptoe und Pleuritis sowie pulmonale nodulåre Verdichtungen) und Glomerulonephritis
cANCA mit hoher Spezifitåt und auch hoher Sensitivitåt (çber 90%) bei aktiver und generalisierter Wegener`scher Granulomatose sowie bei ca 60% mit lokalisierter Wegener`scher Granulomatose (Kopfklinik), mit Spezifitåt fçr Proteinase 3. Håufig Fieber und vorausgehender Infekt der Atemwege
] Purpura SchænleinHennoch
Arteriolen, Kapillaren Haut mit der klassischen Purpura, Hautbiopsie mit Immunglobulinund Venolen vor allem der unteren Extremitåten (besonders IgA) und Komplement(ohne Thrombozytopenie), mit Arthralgien ablagerungen und Arthritis, håufigen kolikartigen Abdominalschmerzen sowie renaler Beteiligung
Klinische Grundlagen der Arthritiden
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Tabelle 6 (Fortsetzung) Vaskulitis
Gefåûbefall
Klinische Hauptmanifestation
] Kutane leukozytoklastische Vaskulitis
Arteriolen, Kapillaren Palpable Purpura, Urtikaria der und Venolen Extremitåten/abhångenden Partien, gelegentlich Hautulzerationen und Knætchen, Livedo reticularis
Hautbiopsie mit typischer leukozytoklastischer Vaskulitis; keine charakteristischen Laborteste
] Essentielle KryoglobulinåmieVaskulitis
Arteriolen, Kapillaren Hautbefall als Purpura, Livedo reticularis und Venolen oder Ulzerationen, vor allem nach Kålteexposition, bis hin zu akralen Nekrosen bei schwerer Vaskulitis
Labornachweis von Kryoglobulinen verschiedener Klassen (monoklonale und gemischte Kryoglobulinåmien), gehåufte Assoziation zu håmatologischen Neoplasien und Infektionen (besonders Hepatitis C)
Gicht Fçr die Gicht wird als ¹Wohlstandskrankheitª eine Pråvalenz von 0,1±0,4% angegeben. Die Krankheit wird bei Månnern ca. 9-mal håufiger als bei Frauen beobachtet. Symptomatisch wird sie bei den meisten Patienten zwischen dem 40. und dem 50. Lebensjahr, bei Frauen manifestiert sich die Gicht fast immer erst nach der Menopause. Definiert ist die Gicht als Krankheit mit Hyperurikåmie, rezidivierenden arthritischen Attacken (¹Gichtanfålleª), paraartikulåren Kristallablagerungen (Gichttophi), Kristallablagerungen in den Nieren (Uratnephropathie) sowie einer Nephrolithiasis (Harnsåuresteine). Eine asymptomatische Hyperurikåmie ist dabei nicht automatisch mit einer Gicht gleichzusetzen. Eine Gicht entwickelt sich nur bei ca. 5% der Patienten mit einer Hyperurikåmie. Ursache der primåren Gicht sind Enzymdefekte im Purinstoffwechsel, die eine Ûberproduktion von Purinen oder eine verminderte Exkretion von Harnsåure zur Folge haben. Sekundår kann die Gicht im Rahmen vieler Krankheitsbilder oder unter unterschiedlichen Bedingungen, die zu erhæhter Serumharnsåure fçhren, auftreten. Der Gichtanfall wird ausgelæst durch die Phagozytose von Natriumuratkristallen in der Synovialflçssigkeit durch polymorphkernige Granulozyten. Es kommt zu einer Zerstærung phagolysosomaler Membranen mit Freisetzung lysosomaler Enzyme und nachfolgender Aktivierung von Entzçndungsmediatoren. Auch das mononukleåre Phagozytensystem wird angeregt und initiiert eine Akute-Phase-Reaktion mit allgemeinem Krankheitsgefçhl, Fieber und Leukozytose. Bei den meisten akuten Gichtanfållen ergibt sich nach einigen Stunden bis Tagen eine Terminierung der Entzçndungsreaktion mit Abklingen der Schmerzen.
Charakteristische Befunde
] Klinisches Bild. Der erste Gichtanfall betrifft in ca. 50% das Groûzehengrundgelenk (¹Podagraª), gefolgt von Sprunggelenk und Kniegelenk. Der erste Anfall ist meist monartikulår und dauert einige Stunden bis Tage. Mit zunehmenden Krankheitsverlauf kænnen mehrere Gelenke beteiligt sein, z. B. die çbrigen Zehengelenke, Fingergelenke, das Hand-, Ellenbogenund Hçftgelenk. Sehr selten ist das Schultergelenk betroffen. Unbehandelt nimmt die Frequenz der Gichtattacken zu und symptomfreie Intervalle werden kçrzer. Nach einigen Jahren beginnt die Entwicklung der chronischen Gichtarthropathie mit radiologischen, oft charakteristischen Verånderungen und Funktionsverlusten. Es kommt zum Auftreten von Gichttophi bei çber der Hålfte der Patienten mit einer chronischen Gicht. Gichttophi finden sich am håufigsten im Bereich der Ohrmuschel, der Zehengelenke, der Finger sowie des Olekranons. Seltener sind Gichttophi an den Knien oder an der Achillessehne. Dabei sind Gichttophi håufiger in den Weichteilen lokalisiert als in den Knochen, wo sie fçr die radiologisch wie ausgestanzt wirkende kreisrunde Låsionen verantwortlich sind. In fortgeschrittenen Stadien kann die Haut çber den Gichttophi aufbrechen und Gichtkristalle entleeren sich in Form einer weiûlich-milchigen bræckligen Substanz. An extraartikulåren Manifestationen ist am håufigsten die Uratnephropathie mit Ablagerungen von Uratkristallen im Interstitium der Niere (interstitielle Nephritis). Als seltene Komplikation gilt die akute Gichtniere mit Nierenversagen bei Auskristallisation von Harnsåure in den Nieren-Sammelræhrchen oder im Nierenbecken sowie der Urethra mit Bildung von Nierenstein und einer postrenalen Abflussstærung.
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M. Hammer, H. Zeidler
] Diagnostik und Laborbefunde. Die Symptomatik des akuten Gichtanfalls ist pathognomonisch und erlaubt zusammen mit dem Nachweis einer Hyperurikåmie die klinische Diagnose. Laborchemisch ist die Hyperurikåmie zwar ein zentraler Befund, ist aber (z. B. auch wåhrend eines Gichtanfalles) nicht im gesamten Verlauf pråsent. Weiterhin kann wåhrend des Gichtanfalles eine Dysproteinåmie vorliegen mit erhæhter Blutkærperchensenkungsgeschwindigkeit und deutlicher Leukozytose. In der Synoviaanalyse findet sich ein entzçndlicher Erguss bei çberwiegender Pråsenz von neutrophilen Granulozyten (bis 90%). Beweisend fçr die Diagnose einer Gicht sind die phagozytierten Natriumuratkristalle in polymorphkernigen neutrophilen Granulozyten. Die Kristalle haben ein charakteristisches nadelartiges Aussehen und zeigen negative Doppelbrechung in der Mikroskopie mit polarisiertem Licht. Extrazellulåre, d. h. auûerhalb neutrophiler Granulozyten befindliche Gichtkristalle finden sich gelegentlich auch bei asymptomatischen Personen mit Hyperurikåmie und sind deshalb nicht beweisend. Radiologisch imponieren nach långerem Verlauf die durch ossåre Gichttophi hervorgerufenen rundlichen, wie ausgestanzt wirkenden periartikulåren ossåren Destruktionen. Der Gelenkspalt ist håufig zu Beginn der radiologisch nachweisbaren Verånderungen nicht mit einbezogen. Bei randståndigen Tophi kommt radiologisch oft ein çberhångender halbkreisfærmiger zackenartiger Rand zur Darstellung (¹Gichtstachelª). Radiologische Verånderungen finden sich am håufigsten im Bereich der Zehengrundgelenke, dann an den Finger- und Handgelenken sowie an den Ellenbogen. ] Differenzialdiagnose. Die Differenzialdiagnose der Gichtarthritis umfasst alle akuten, hochfloriden Arthritiden. Hierzu zåhlen vor allem die bakteriell-eitrige Arthritis, Arthritiden bei Spondyloarthritiden (reaktive Arthritis, Psoriasis-Arthritis) sowie die Arthritis bei Sarkoidose und familiårem Mittelmeerfieber. Ebenso zåhlen alle anderen Kristallarthropathien zur erweiterten Differenzialdiagnose sowie Arthritiden bei Hyperlipoproteinåmien. Gichttophi sind abzugrenzen von Rheumaknoten bei chronischer Polyarthritis, tuberæsen Xanthomen bei Hyperlipoproteinåmien sowie Kalkdepots bei Hydroxylapatitkrankheit, Sklerodermie und Dermatomyositis sowie von Knætchen bei rheumatischem Fieber und von Fremdkærpergranulomen. Auch
die Heberden-Knætchen bei der Fingergelenkspolyarthrose sollten nicht mit einer Gichtarthropathie verwechselt werden, obwohl der Volksmund die Heberden-Knoten oft fålschlicherweise als ¹Gichtknotenª bezeichnet.
Chondrokalzinose Die Chondrokalzinose ist eine Kristallarthropathie mit Ablagerungen von Calciumpyrophosphat-Kristallen im Faserknorpel der Meniski oder im hyalinen Gelenkknorpel. Analog kommt es bei der Chondrokalzinose-Spondylopathie zur Ablagerung von Calciumpyrophosphat-Kristallen in den Bandscheiben. Man unterscheidet zwischen einer klinisch manifesten Arthropathie und der asymptomatischen Chondrokalzinose, die vor allem im hæheren Lebensalter als Nebenbefund bei radiologischen Untersuchungen gefunden wird. Die Chondrokalzinose wird unterteilt in familiåre und sporadische Formen sowie in die mit Stoffwechselerkrankungen, lokalen Gelenkverånderungen oder dem hæheren Lebensalter assoziierten Formen. Bei Vorliegen einer Chondrokalzinose-Arthropathie sollte immer nach Stoffwechselerkrankungen gefahndet werden, wobei Hyperparathyreoidismus, Håmochromatose, Håmosiderose, familiåre hyperkalzåmische Hypokalziurie sowie Hypothyreoidismus und Gicht die relevanten Erkrankungen sind. Klinisch kann eine Chondrokalzinose symptomatisch werden durch plætzlichen Abfall des Serumcalciums, z. B. nach Parathyreoidektomie zur Behandlung eines Hyperparathyreoidismus. ] Klinisches Bild. Das klinische Bild der Chondrokalzinose ist vielfåltig und kann klinisch åhnlich imponieren wie andere entzçndliche und degenerative rheumatische Erkrankungen. Als Typ A wird eine dem Gichtanfall vergleichbare akute Arthritis in einem Gelenk bezeichnet (¹Pseudogichtª), wobei die Anfallsdauer ca. 10 Tage betrågt und das Kniegelenk am weitaus håufigsten betroffen ist. Daneben werden bei der akuten Chondrokalzinose-Arthritis håufig das Schultergelenk, das Ellenbogengelenk und das Sprunggelenk betroffen. Beim Typ B entwickelt sich subakut ein arthritisches Krankheitsbild mit Befallsmuster und Gelenkverteilung åhnlich einer chronischen Polyarthritis. Håufig sind Handgelenke und Metakarpophalangealgelenke symmetrisch betroffen. Kontrakturen im Bereich der Hand-, Ellenbo-
Klinische Grundlagen der Arthritiden
gen- und Kniegelenke sind håufig. Erosionen lassen sich im Gegensatz zur chronischen Polyarthritis radiologisch nicht nachweisen, wohl aber typische Verkalkungen. Als Typ C und Typ D werden Pseudo-Arthrosen als chronische Arthropathien bezeichnet, wobei Typ C mit akuten entzçndlichen Schçben einhergeht. Beim Typ D werden im Gegensatz keine entzçndlichen Schçbe beobachtet und ein bilateral-symmetrischer Gelenkbefall wie bei einer Arthrose mit Bevorzugung der Kniegelenke ist håufig. Als Typ E wird eine radiologisch nachweisbare, aber klinisch stumme Chondrokalzinose des hæheren Lebensalters bezeichnet. Der Chondrokalzinose-Typ F ist charakterisiert als eine stark destruierende chronische Arthropathie mit schneller Zerstærung græûerer Knochenpartien. In Analogie zur neuropathischen Arthropathie (Charcot) wird wegen der Knochendestruktion auch vom ¹pseudo-neuropathischen Typª gesprochen. Beim Wirbelsåulenbefall werden radiologisch nachweisbare feine Verkalkungen in den åuûeren Faserschichten der Bandscheiben, meist ohne klinische Symptomatik, beschrieben. Im weiteren Verlauf findet man destruierende Verånderungen mit Sklerosierungen sowie Erosionen der Grund- und Deckplatten betroffener Wirbelkærper und eine Spondylose. ] Diagnose und Laborbefunde. Neben dem klinischen Bild orientiert sich die Diagnose der Chondrokalzinose an den charakteristischen Ræntgenbefunden sowie dem Nachweis von Calciumpyrophosphat-Kristallen in der Synovialflçssigkeit oder im betroffenen Gewebe. Bei der Synoviaanalyse zeigen sich rhombisch bis elliptisch geformte Kristalle mit einer positiven Doppelbrechung in der polarisationsoptischen Mikroskopie. Håufig sind nur wenige Kristalle in der Synovia enthalten, vor allem bei chronischen Verlaufsformen. Eine grçndliche Durchmusterung des Synovia-Pråparates ist deshalb erforderlich. Weitere Laborbefunde wie eine beschleunigte Blutsenkung und Erhæhung von a2-Globulinen und c-Globulinen sind unspezifisch. Radiologisch finden sich im Faserknorpel grobschollige, teils punktfærmige, teils linear angeordnete Verkalkungen, die vor allem am Kniegelenk in den Meniski oder im Bereich der Handwurzel zu beobachten sind. Linienfærmige Verkalkungen kænnen im hyalinen Gelenkknor-
]
pel, am håufigsten im Kniegelenk beobachtet werden. Weiterhin sind oft im Bereich der Symphyse, der Hçft- und Schultergelenke sowie in den Bandscheiben charakteristische Kalkeinlagerungen vorhanden. Die erweiterte Labordiagnostik zum Nachweis bzw. Ausschluss metabolischer Erkrankungen beinhaltet die Serumspiegel von Calcium und Phosphat, Magnesium, alkalischer Phosphatase, Eisen und Ferritin, Schilddrçsenparameter, Harnsåure und Parathormon im Serum (bei erhæhten Serum-Calcium-Werten) und Calciumausscheidung im Urin.
Hydroxylapatit-Krankheit Bei der Hydroxylapatit-Krankheit kommt es durch Ablagerungen von Calciumapatitkristallen periartikulår im Weichteilmantel, in Sehnen sowie peritendinæs und Bursen zu akuten oder chronischen Kristallarthropathien. Als Synonyme fungieren die Bezeichnungen generalisierte Periarthritis calcarea, calzifizierende Tendinitis, Peritendinitis calcarea. Bei der generalisierten Form scheinen hereditåre Faktoren eine Rolle zu spielen, ansonsten werden wie bei der Chondrokalzinose metabolische Erkrankungen diskutiert. ] Klinisches Bild. Die periartikulåre Form der Hydroxylapatitkrankheit manifestiert sich im mittleren und fortgeschrittenen Lebensalter meist im Bereiche der Kapsel, Sehnen und Bånder des Schultergelenkes. Insbesondere die Supraspinatus-Sehne ist håufig betroffen. Kalzifizierende Depots liegen im oder um den Sehnensatz. Des Weiteren lassen sich Apatitkristalldepots periartikulår am Ellenbogen, am Handgelenk und am Hçftgelenk finden, seltener am Knie im Bereich der Bursa praepatellaris. Als Sonderform ist das Milwaulkee-Schulter-Syndrom beschrieben, welches vor allem bei ålteren Frauen vorkommt und durch eine glenohumerale Arthrose, eine Rotatorenmanschettenruptur sowie deutliche Funktionsminderung der Schulter charakterisiert ist. Beim artikulåren Befall unterscheidet man eine Arthroseform, eine mit episodisch ablaufenden Entzçndungen einhergehende Gelenkbeteiligung åhnlich dem Bild einer rezidivierenden aktivierten Arthrose sowie einer der Gicht oder Pseudogicht åhnliche Hydroxylapatit-Arthritis als Akutform. ] Diagnostik. Die Diagnostik der HydroxylapatitKrankheit ist durch die schlechte Darstellung der Apatitkristalle im Kristallpråparat sowie den feh-
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M. Hammer, H. Zeidler
lenden Nachweise im Polarisationsmikroskop im Gegensatz zu den anderen Kristallarthropathien erschwert. Mæglich ist die Darstellung der Apatitkristalle mit der Alizarin-Rotfårbung, die allerdings nicht spezifisch ist. Der genaue Nachweis gelingt mit der Ræntgenbeugungsanalyse, angenåhert auch mit der transmissionselektronenmikroskopischen Untersuchung. Beide stehen fçr den Routinebetrieb in der Regel nicht zur Verfçgung. Somit begrçndet sich die Diagnosestellung durch den radiologischen Befund mit kalzifizierenden Kristallablagerungen, die meist an der Schulter als flaue und wolkige, gelegentlich unscharf begrenzte periartikulåre Strukturen identifiziert werden. Das Verschwinden dieser radiologisch nachweisbaren Kalkdepots nach dem Abklingen einer akuten Periarthritis gilt als charakteristisch fçr die Hydroxylapatit-Krankheit.
Verlauf und Prognose Die Prognose rheumatischer Erkrankungen ist einerseits abhångig von der nosologischen bzw. åtiologischen Zuordnung (Diagnose), andererseits im individuellen Krankheitsverlauf von genetischen Faktoren, vom Geschlecht, vom Alter und von der Effizienz therapeutischer Maûnahmen. So hat sich die Prognose vieler entzçndlich-rheumatischer Erkrankungen in den letzten Jahrzehnten durch den Einsatz von immunsuppressiv-wirkenden Medikamenten deutlich verbessert (z. B. bei der chronischen Polyarthritis, dem systemischen Lupus erythematodes, der Wegener'schen Granulomatose). Neben objektiven Variablen fçr die Prognose einer rheumatischen Erkrankung wie das Ausmaû der Behinderung, der radiologischen Destruktion oder der krankheitsbedingten Ûbersterblichkeit (erhæhte Mortalitåt) gibt es auch subjektiv empfundene Symptome, die den Verlauf einer Erkrankung fçr den Patienten prågen. So wird von Ørzten der Verlauf einer Fibromyalgie meist als gçnstig bezeichnet, die Patienten beurteilen die langfristigen heftig empfundenen Schmerzen als erhebliche Einschrånkung der Lebensqualitåt und den Verlauf ihrer Erkrankung als ungçnstig. Die Definition der ¹Outcome-Variablenª ist deshalb fçr die prognostischen Aussagen des Arztes çber den zu erwartenden Krankheitsverlauf entscheidend. In Prognose-Gespråchen muss
der Patient einerseits Orientierungshilfen fçr seine Zukunft erhalten, andererseits mçssen Perspektiven vermittelt und entmutigende Aussagen vermieden werden (z. B. Aussage beim Betrachten des Ræntgenbildes: ¹Ihre Gelenke sind kaputtª). Der individuelle Verlauf vieler rheumatischer Erkrankungen und die persænliche Bewåltigungsstrategie des Patienten mçssen in das Prognosegespråch Eingang finden und die Motivationsbemçhungen fçr eine optimal gestaltete Therapie genutzt werden.
Chronische Polyarthritis Eine komplette Remission der Erkrankung kann nach frçheren Untersuchungen nur bei bis zu 10% der Patienten erwartet werden [5]. Bei weiteren ca. 10% liegt eine maligne Verlaufsform vor mit Gelenkdestruktionen und viszeralen Komplikation innerhalb weniger Jahre bis zur weitgehenden Invaliditåt. Bei ca. 20% liegt eine intermittierende Verlaufsform vor mit Perioden niedrigerer Entzçndungsaktivitåt und geringerer Beschwerdensymptomatik, gefolgt von wieder stårkerer Krankheitsaktivitåt. Hier ist insgesamt die Neigung zur Gelenkdestruktion und starken Funktionseinschrånkung geringer. Beim Rest der Patienten besteht eine progrediente Verlaufsform mit kontinuierlicher oder schubweiser Verschlechterung des Funktionsstatus und der Gelenkdestruktion mit teilweise oder intermittierend auftretenden extraartikulåren Komplikationen. Nach neueren Untersuchungen lassen sich bei sehr frçhzeitigem Einsatz von effektiven Therapie-Strategien (z. B. frçher Einsatz einer Kombinations-Basistherapie) bessere Verlåufe und bis zu 30% Remissionen erwarten. Die Prognose des Krankheitsverlaufes kann anhand von Prådiktoren eingeschåtzt werden. Als Prådiktoren fçr einen ungçnstigen Verlauf gelten: entzçndliche Aktivitåt in vielen Gelenken (Polyarthritis), hohe systemische Entzçndungsaktivitåt (starke Erhæhung von BKS, CRP und c-Globulinen), Pråsenz von Rheumafaktoren (hochtitrig) und Antikærpern gegen cyclische citrullinierte Peptide (CCP-Antikærper), frçhzeitige Erosivitåt, Beginn der Erkrankung im hæheren Lebensalter. Ebenso sind Rheumaknoten, viszerale Komplikationen (Serositis, Episkleritis, Lungenfibrose) und systemische Manifestationen (Fieber, Anåmie) hinweisend auf einen schlechten Verlauf der Erkrankung. Die Prognose qoad vitam ist entgegen frçheren Annah-
Klinische Grundlagen der Arthritiden
]
Tabelle 7. Stadieneinteilung der chronischen Polyarthritis (Steinbrocker-Stadien) Grad
Definition
Charakteristik
I II
Volle Aktivitåt Geringe bis måûige Einschrånkung
III
Starke Einschrånkung
IV
Ausgeprågte Funktionsstærung, Invaliditåt
Volle Arbeitsfåhigkeit, uneingeschrånkte Hausarbeit Arbeitsfåhig mit leichteren Modifikationen, Unabhångigkeit von fremder Hilfe, alle Hausarbeiten mæglich auûer schweren Tåtigkeiten Nur leichte Arbeit oder Hausarbeit mæglich, teilweise Abhångigkeit/ Hilfsbedçrftigkeit durch Dritte 100%ige Arbeitsunfåhigkeit, keine komplette Selbstversorgung mehr mæglich, ståndige Abhångigkeit von Hilfspersonen
men bei Patienten mit chronischer Polyarthritis mit einer um das 2- bis 3fach erhæhten Letalitåt im Vergleich zur Normalbewælkerung schlecht. So wird die Prognose einer chronischen Polyarthritis im Steinbrocker-Stadium III bis IV verglichen mit einer koronaren Herzerkrankung (mit Befall von 3 Herzkranzarterien) oder einem Morbus Hodgkin (ab Stadium III) [26]. Todesursachen bei Patienten mit chronischer Polyarthritis sind vor allem Gefåûkomplikationen aufgrund eines entzçndungsbedingten erhæhten kardiovaskulåren Arterioskleroserisikos mit Herz- und Hirninfarkten, bakterielle Infektionen infolge des langdauernden entzçndlichen Prozesses mit gestærter Immunabwehr oder infolge der medikamentæsen Therapie mit langfristiger Gabe von Glukokortikoiden, oder gastrointestinale Komplikationen bei Einnahme von nichtsteroidalen Antiphlogistika (letztere tragen wesentlich håufiger zu Todesfållen bei Patienten mit chronischer Polyarthritis bei als die langfristig wirksamen Antirheumatika/Basistherapeutika). Andere Todesursachen sind sekundåre Komplikationen wie eine Amyloidose oder Lungenfibrose oder eine progrediente atlanto-dentale Dislokation bzw. Destruktion bei Zervikalarthritis. Auch die Sozialprognose der Erkrankung ist in den meisten Fållen ungçnstig. Schon knapp die Hålfte der Patienten wird nach durchschnittlich 5 Jahren arbeitsunfåhig, eine Berentung wird durchschnittlich 11,6 Jahre frçher erfolgen als bei der Normalbevælkerung. Die Einteilung der chronischen Polyarthritis in ihrem Krankheitsverlauf hinsichtlich der Funktions- und Arbeitsfåhigkeit ist in der Tabelle 7 wiedergegeben.
Spondyloarthritiden Im Vergleich zu Patienten mit chronischer Polyarthritis haben Patienten mit Spondyloarthritiden generell eine bessere Prognose im Hinblick
auf Gelenkzerstærung, Funktionseinschrånkung und Lebenserwartung [4]. Allerdings gibt es auch bei der Spondylitis ankylosans (insbesondere mit viszeralen Komplikationen und peripherer Gelenkbeteiligung) und der Psoriasis-Arthritis schwere Verlaufsformen mit frçher Invalidisierung und hæherer Mortalitåt. Eine ausgeprågte Hypergammaglobulinåmie gilt als Hinweis auf eine sehr ungçnstige Prognose (håufige Organkomplikationen). Viele Patienten mit Spondylitis ankylosans bleiben aber bis ins hæhere Alter erwerbsfåhig. Insbesondere bei spåter Manifestation der Spondylitis ankylosans gibt es milde Krankheitsverlåufe, die selten in ungçnstiger kyphotischer Haltung zur Versteifung der Wirbelsåule kommen. Bei der Psoriasis-Arthritis besteht ein Zusammenhang zwischen dem Schweregrad der Hautbeteiligung und der Arthritis. So wird bei Patienten mit einer Erythrodermie oder ausgedehnter Psoriasis pustulosa oft ein schlechter Verlauf der Arthritis beobachtet. Die mutilierende Form der Psoriasis-Arthritis mit ausgeprågten Osteolysen und Destruktionen z. B. der Finger ist selten, fçhrt aber meist zur Invaliditåt. Die Sozialprognose der Psoriasis-Arthritis ist mit langerhaltener Arbeitsfåhigkeit deutlich besser im Vergleich zur chronischen Polyarthritis. Die reaktiven Arthritiden-/Spondyloarthritiden haben in ca. 70% der Fålle einen remittierenden Verlauf nach 6±9 Monaten. Bei ca. weiteren 20% kommt es im Verlaufe der ersten 1±2 Jahre zu einer weitgehenden Remission der Krankheitssymptome. Je nach auslæsendem Erreger werden zwischen 10 und 30% chronische oder rezidivierende Verlaufsformen gesehen (evt. durch erneute Infektion mit dem gleichen Erreger oder anderen Erregern getriggert). Die Sozialprognose ist insgesamt gut, trotzdem kann wegen des bevorzugten Befalls der gewichttragenden Gelenke der unteren Extremitåten långerfristige Arbeitsunfåhigkeit resultieren.
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Entzçndlich-systemische Bindegewebserkrankungen Die Prognose vieler systemisch-entzçndlicher Bindegewebserkrankungen und Vaskulitiden hat sich in den letzten Jahren durch effektivere Therapiekonzepte deutlich verbessert. So kann die terminale Niereninsuffizienz beim systemischen Lupus erythematodes durch die frçhzeitige medikamentæse Therapie mit Cylophosphamid in vielen Fållen vermieden werden [1]. Ebenso hat die kontinuierliche oder Bolus-Therapie mit Cyclophosphamid bei der Wegener'schen Granulomatose zu einer deutlichen Reduktion der Mortalitåt gefçhrt. Auch die Prognose der mikroskopischen Polyangiitis und der Panarteriitis nodosa haben sich unter immunsuppressiver Therapie verbessert. Die Prognose der Riesenzellarteriitis ist auch unter alleiniger Glukokortikoidtherapie gçnstig. Fçr die systemische Sklerodermie gibt es bis heute keine çberzeugenden Therapiekonzepte. Die Prognose der Erkrankung ist mit einer 5-JahresÛberlebensrate zwischen 70 und 80% eher schlecht. Insbesondere bei Beginn der Sklerodermie im hæheren Lebensalter, generalisiertem Hautbefall und bei frçhzeitigem Auftreten pulmonaler oder renaler Mitbeteiligung ist die Prognose schlecht. Ûberlappungssyndrome und das CREST-Syndrom haben eine bessere Prognose.
Kristallarthropathien Die Prognose der Gichtarthropathie ist unter konsequenter Harnsåure-senkender Therapie gçnstig. Die oft gleichzeitig vorhandenen Risikofaktoren Ûbergewicht, arterielle Hypertonie und Diabetes mellitus bestimmen beim Gichtpatienten die Prognose mehr (Myokardinfarkt und apoplektischer Insult) als die Spåtfolgen einer unzureichend behandelten Gicht (renale Komplikationen bis hin zur Gichtniere). Die Prognose der Chondrokalzinose ist im Hinblick auf sozialmedizinische Aspekte vom Verlaufstyp abhångig. Insbesondere die chronischen polyartikulåren Verlåufe kænnen mit fortschreitender Gelenkdestruktion frçh zur Behinderung und Berufsunfåhigkeit fçhren. Die meisten Chondrokalzinose-Typen verlaufen gutartig oder bleiben sogar asymptomatisch. Auch die Hydroxylapatit-Krankheit çberwiegt mit akuten Verlaufsformen und gçnstiger Prognose. Seltener sind chronische Arthropathien mit deformierenden Verånderungen und damit verbundenen
funktionellen Einschrånkungen (z. B. im Bereich des Schultergelenkes).
Der chronisch Rheumakranke Die Chronizitåt vieler rheumatischer Erkrankungen, insbesondere der rheumatoiden Arthritis bestimmt in vielfåltiger Weise das Arzt-Patienten-Verhåltnis [34]. Eine Strukturierung der Problemlage des chronisch Rheumakranken ist in verschiedener Weise mæglich. Im deutschsprachigen Raum unterscheidet Raspe zwischen Lasten und Leiden des chronisch Kranken [27]. Nach ihrer Herkunft werden 3 Bereiche von Lasten unterschieden: 1. Die so genannten Primårsymptome als krankheitsspezifische Lasten (z. B. Gelenkschmerzen, Kraftlosigkeit, Funktionseinschrånkungen, Gestaltverånderungen), 2. die krankheitsunspezifischen Lasten durch das chronisch Kranksein (dauernde und starke Beschwerden, Arbeitsunfåhigkeit, håufige årztliche Konsultationen, stationåre Behandlungen, Operationen), 3. die zum guten Teil behandlungs- und versorgungsstrukturspezifischen Lasten des Dauerpatienten (engmaschige Laborkontrollen, Medikamentennebenwirkungen, prognostische Unsicherheit des wechselhaften Krankheitsverlaufes, wechselnde Therapeuten, Betreuung durch verschiedene Ørzte und Fachdisziplinen). Demgegençber zielt der Begriff ¹Leidenª auf bestimmte seelische Verfassungen der Betroffenen, wie z. B. Depression, Øngstlichkeit, Abhångigkeit und Passivitåt ab. Diese Differenzierung in objektive, materielle Lasten und subjektive, emotionale Leiden orientiert sich an psychosomatischen Krankheitsmodellen, wåhrend im angelsåchsischen Sprachraum psychosoziale Krankheitsmodelle stårker vertreten sind, die von verhaltenstherapeutischen und soziologischen Theorien geprågt sind. International wird fçr die Rehabilitation von chronisch Kranken die Klassifikation der WHO in Funktionsverluste (Impairment), Behinderungen (Disability), und psychosozialen Benachteiligungen (Handicap) unterschieden. Ein daraus abgeleitetes Modell der Krankheitsfolgen einer Arthritis sieht die Funktionsverluste und die Be-
Klinische Grundlagen der Arthritiden
hinderungen als unmittelbare Folgen der somatischen Erkrankung, wåhrend die psychosozialen Benachteiligungen in starkem Umfang von krankheitsunabhångigen anderen Einflussfaktoren bestimmt werden (Abb. 6) [2]. Umwelt, Ressourcen und soziale Faktoren wirken sich aber auch mehr oder weniger stark auf Funktionsverluste und Behinderungen aus. Der chronisch Rheumakranke muss lernen, statt Heilung eine Symptomkontrolle als realistisches Behandlungsziel zu akzeptieren. Aufgabe der Krankheitsverarbeitung ist es, gesunde Fåhigkeiten zu stårken, die Bereitschaft zur aktiven Mitarbeit, die Ausschæpfung aller Mæglichkeiten der Selbsthilfe zu wecken und damit letztlich ein Leben als bedingt Gesunder zu ermæglichen. Information und Patientenschulung zielen auf die Rolle des Rheumakranken als Partner. Der Arzt ist gefordert als Helfer und langfristiger Betreuer. Im Vordergrund stehen eine symptom- und problemorientierte Therapie, die Wiederherstellung oder Kompensation von Funktionsverlusten, das Aufhalten der Krankheitsprogredienz und die Bereitstellung und Vermittlung aller mæglichen und verfçgbaren Therapieoptionen. Insbesondere der operativ tåtige rheumatologische Orthopåde sollte stets die folgenden 3 Punkte berçcksichtigen: 1. Welches sind die vom Patienten selbst definierten Behandlungsziele und Prioritåten? 2. Nutzen und Risiko eines Eingriffes mçssen stets ausfçhrlich mit dem Patienten besprochen werden, bevor eine operative Maûnahme angegangen werden kann. 3. Die Bedeutung eines dauernden irreversiblen Funktionsverlustes und der mæglichen Kompensationen muss dem Patienten erklårt werden. Vielfach besteht die Mæglichkeit durch
Abb. 6. Folgen einer Arthritis (nach Badley 1994)
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Orthesen oder Hilfsmittel die verloren gegangene Funktion zu kompensieren und damit die Behinderung teilweise oder weitgehend zu vermeiden.
Der rheumatologische Akut- und Notfall Arthritiden und andere rheumatische Erkrankungen werden in ihrer Gefåhrlichkeit håufig unterschåtzt. Weit verbreitet ist die Ansicht, dass sie dem Rheumakranken zwar eine unzåhlige Fçlle von Lasten und Leiden aufbçrden, ihn aber nicht lebensgefåhrlich bedrohen. Entsprechend fehlen in den gångigen Lehrbçchern und Kompendien der internistischen Notfallmedizin Kapitel zum rheumatologischen Notfall. Erst in jçngster Zeit wurde diese Problematik thematisiert und strukturierte Ûbersichten gegeben [11, 21, 22, 39]. Der rheumatologische Akutfall pråsentiert sich mit einem dramatischen Bild und hohem Leidensdruck des Patienten, seine Prognose ist aber quoad vitam gçnstig. Dem gegençber liegen beim rheumatologischen Notfall lebensgefåhrliche Situationen vor oder es besteht zumindest die Gefahr erheblicher funktioneller Ausfålle und tiefgreifender Folgen fçr das weitere Leben. Die fçr die orthopådische Rheumatologie relevanten Akut- und Notfålle sind in Tabelle 8 zusammengefasst. Besonders die infektiæs-bakterielle Arthritis bei chronischer Polyarthritis und Kollagenosen entgeht wegen des unter Immunsuppression maskierten klinischen Bildes einer frçhzeitigen Diagnose. So versterben nicht selten Patienten innerhalb von kurzer Zeit nach stationårer Aufnahme im septischen Schock, ohne dass die klassischen klinischen Sepsiszeichen bestanden. Ein wesentlicher Grund fçr einen solchen kaschierten Krankheitsverlauf liegt in der Immunkompromittierung, die bei vielen entzçndlich-rheumatischen Erkrankungen entweder im Rahmen der Grunderkrankung oder der medikamentæsen Therapie (Glukokortikoide, Immunsuppressiva) besteht. Auûerdem besteht in Folge der Schwere der Allgemeinerkrankung durch den jahrzehntelangen, chronischen Verlauf oft eine hohe Beeintråchtigung von Reaktionsbereitschaft und Leistungsreserve des Organismus. Bei anderen Gruppen von rheumatologischen Notfållen ist die vitalbedrohliche Situation auf
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Tabelle 8. Rheumatologische Akut- und Notfålle Akutfall
Notfall
] ] ] ] ] ]
] ] ] ] ] ] ] ]
Kristallarthritis (Gicht, Chondrokalzinose) Reaktive Arthritis Rupturierte Baker-Zyste Nekrotisierende Vaskulitis Osteoporotische Wirbelkærperfraktur Sehnenruptur
den ersten Blick unverkennbar, z. B. bei akutem Stridor, akuter Dyspnoe und akuter Herzinsuffizienz. Hier besteht håufig die Schwierigkeit darin, dass der Nicht-Rheumatologe die speziellen Komplikationen sowie deren Therapie nicht kennt und damit unzureichend oder zu spåt eingegriffen wird. Gefragt sind deshalb auch fçr den orthopådischen Rheumatologen entsprechende Kenntnisse [11, 21, 22, 39] und eine enge Kooperation zwischen internistischem und orthopådischem Rheumatologen.
Problemorientiertes interdisziplinåres Denken und Handeln Patienten mit rheumatischen Erkrankungen unterschiedlicher Genese haben vielfach gleiche Beschwerden, Probleme und Krankheitslasten. Zudem ist in Frçhstadien eine genaue nosologische Zuordnung oft nicht mæglich, sodass nur die vorlåufige Diagnose bzw. Arbeitsdiagnose einer undifferenzierten Arthritis, undifferenzierten Spondyloarthritis oder undifferenzierten entzçndlich-systemischen Bindegewebserkrankung gestellt werden kann. Dies bedeutet fçr den Rheumatologen, dass er fçr seine diagnostischen und therapeutischen Entscheidungen einen symptomund problemorientierten Zugang wåhlen muss [33]. Allerdings sollte dies auch nicht zu der vereinfachenden Aussage fçhren, wie sie in einem aktuellen Buch zu finden ist: ¹Detailed definitions of diagnostic groups are of limited value in the surgical management of chronic synovitisª [3]. Eine sachgerechte Indikationsstellung fçr operative Maûnahmen ist ohne genaue Diagnose und daraus ableitbarer prognostischer Beurteilung nicht mæglich. Sonst besteht die Gefahr der zu frçhen oder zu spåten Therapie. Wesentliche Grundlage der klinisch-rheumatologischen Entscheidungen sind die Differen-
Infektiæse Arthritis Rçckenmarkskompression bei zervikaler Dislokation Cauda-equina-Syndrom Koronare Vaskulitis AV-Block III. Grades Herzbeuteltamponade bei Perikarditis Stridor bei Krikoarytenoid-Arthritis Komplikationen der NSAID-Gastropathie (Ulkusperforation, Blutung)
zierung des Schmerzes (entzçndlich, sekundår arthrotisch, osteogen, neurogen, psychosomatisch), die genaue Differenzierung der Funktionsbehinderung (schmerzreflektorisch, Kontraktur, Destruktion, Deformierung, mechanische Engpåsse, Muskelverkçrzungen, Muskelatrophien), die Chronizitåt der Erkrankung, die begleitenden Organmanifestationen und die psychosoziale Gesamtsituation [25]. Gefragt ist deshalb nicht nur eine enge Kooperation zwischen internistischen und orthopådischen Rheumatologen, sondern eine integrierte multidisziplinåre Betreuung im Team und besondere organisatorische Kooperationsformen [40] (Tabelle 9). Grundsåtzlich lassen sich drei Formen einer interdisziplinåren Behandlung von Rheumapatienten unterscheiden: 1. Die strukturierte Aufgabenteilung und Zusammenarbeit zwischen verschiedenen organisatorisch unabhångigen medizinischen Versorgungsbereichen. Voraussetzung hierfçr sind eine ± derzeitig nicht gegebene ± flåchendeckende Verfçgbarkeit und ausreichende Anzahl von niedergelassenen Rheumatologen, rheumatologisch erfahrenen Krankengymnasten und Ergotherapeuten sowie von wohnortnahen internistischen, orthopådischen und rehabilitativen stationåren Einrichtungen. 2. Eine integrierte multidisziplinåre Betreuung durch verschiedene medizinische Fachdisziplinen und Hilfsberufe im Rahmen von verwaltungsmåûig zusammengefassten ambulanten oder stationåren Therapieeinrichtungen (Tageskliniken, Rheumakliniken, Rehabilitationszentren). 3. Besondere organisatorische Kooperationsformen zwischen verschiedenen medizinischen Versorgungsbereichen und stationåren Einrichtungen, die als Verein oder Interessens-
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Tabelle 9. Interdisziplinåre Kooperationsformen der Betreuung chronisch Rheumakranker Ambulant
Stationår
] ] ] ]
] ] ] ]
Ûberweisung Praxiszentren Interdisziplinåre Patientenschulung Interdisziplinåre Qualitåtszirkel bzw. Arbeitskreise
verband miteinander verbunden sind. In diesem Sinne wurden die vom Bundesministerium fçr Gesundheit initiierten und gefærderten Rheumazentren erprobt, die sich jetzt in der Arbeitsgemeinschaft der Regionalen Kooperativen Rheumazentren in der Deutschen Gesellschaft fçr Rheumatologie zusammengefunden haben [38]. In der Zusammenstellung sind beispielhaft die Personen und Berufsgruppen zusammengefasst, die je nach individueller Situation des Patienten in das rheumatologische bzw. Rehabiliationsteam integriert werden mçssen. Die erkennbaren Defizite des gegliederten Versorgungssystems in unserem Lande und der medizinische Fortschritt zusammen mit der Weiterentwicklung des professionellen Gesundheitssystems andererseits legen nahe, neue Organisationsformen dieser interdisziplinåren Therapie zu planen und zu erproben. Beispiele hierfçr sind die interdisziplinåre Rheumaeinheit der Universitåt Mçnchen, die interdisziplinåre Rheumastation der Medizinischen Hochschule Hannover und die wachsenden Kooperationen in den Regionalen Kooperativen Rheumazentren [29, 32, 40]. Auch international steigt die Zahl solcher interdisziplinåren ¹Arthritis Centersª, ¹Multipurpose Arthritis Centersª und ¹Joint Disease Clinicsª [10, 32].
Interdisziplinåres Therapieteam ] Patient, Angehærige ] Hausarzt, Allgemeinmediziner ] Fachårzte z. B. fçr Rheumatologie, Orthopådie, Physikalische Therapie und Rehabilitation ] Med. Assistenzberufe z. B. Krankengymnastik, Ergotherapie, Orthopådie-Mechanik, håusliche Pflege ] Psychologen, Psychosomatiker ] Soziale Dienste ] Selbsthilfeorganisationen
Konsildienste Fallkonferenzen Interdisziplinåre Visiten Therapie- bzw. Rehabilitationsteam
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Arthrose
G. Weseloh, B. Swoboda
Einfçhrung Die Besprechung des Themenkomplexes Arthrose scheint auf den ersten Blick fçr dieses Buch deplatziert zu sein, ist doch die Arthrose als degeneratives Gelenkleiden prinzipiell von den entzçndlich-rheumatischen Erkrankungen, insbesondere der rheumatoiden Arthritis abzugrenzen. Neuere Ergebnisse aus der Grundlagenforschung ebenso wie aus der klinisch-epidemiologisch ausgerichteten Forschung lassen dieses Bild der strengen Unterscheidung in degenerative und entzçndlich-rheumatische Erkrankungen nicht mehr sicher aufrechterhalten. Deshalb erscheint es auch sinnvoll, dass, insbesondere aus differenzialdiagnostischen aber auch aus differenzialtherapeutischen Aspekten heraus, eine Erærterung dieses Themas an dieser Stelle erfolgt. Alle wesentlichen Aspekte zur Pathogenese der Arthrose, deren Kenntnisse Grundlage fçr eine aktuell gçltige Einschåtzung der Prognose, der Diagnostik und Therapie sind, in einem kçrzeren Beitrag zu berçcksichtigen, ist bei der Fçlle der neugewonnenen Erkenntnisse nicht mehr mæglich. Gerade in den letzten Jahren wurden in den verschiedenen Bereichen der Forschung, die auf biochemische und molekularbiologische, pathomorphologische, immunologische und gentechnisch orientierte und insbesondere auch klinisch angewandte Methoden zurçckgreift, neue Untersuchungsergebnisse vorgestellt, die unser Wissen darçber vertiefen und die Sichtweise, wie diese Erkenntnisse zu deuten sind, prågen. Gleichwohl kænnen wir viele Fragen aber auch heute noch nicht schlçssig beantworten. Epidemiologische Aspekte treten in der klinisch orientierten Arthroseforschung immer mehr in den Vordergrund. Dabei ist der Bedeutung von Risikofaktoren, die zu einer Entwicklung einer Arthrose oder deren Manifestation beitragen kænnen, besonderes Augenmerk zu
schenken. Dieser Forschungsbereich hat in jçngster Zeit neue Impulse fçr die Diagnostik und Therapie erbracht und wird deshalb nachfolgend ausfçhrlicher berçcksichtigt. Die aktuellen grundwissenschaftlichen und klinisch orientierten Erkenntnisse helfen, zum Teil neue, weiterfçhrende Ansåtze in der Therapie zu entwickeln. Vielfach ist aber immer noch der Rçckgriff auf etablierte Behandlungsstrategien geboten.
Theoretische Grundlagen ± Pathogenese Als charakteristisches Merkmal der Arthrose wird unter pathologisch-anatomischen Gesichtspunkten der kontinuierliche Knorpelverlust herausgestellt, der, beginnend mit einer Knorpelerweichung, zur Aufrauung der Knorpeloberflåche mit immer tiefer werdenden Fissuren, zum Knorpelabrieb und letztlich zum vollståndigen Verlust der Knorpelmatrix und zur Knochenglatze fçhrt (Abb. 1±3). Dem hyalinen Gelenkknorpel wird hierbei eine zentrale Rolle sowohl in der Physiologie als auch in der Pathologie synovialer Gelenke zugewiesen. Einerseits erfçllt der Gelenkknorpel eine rein statische Stçtzfunktion, andererseits sorgt er fçr das reibungsarme Gleiten der Gelenkpartner gegeneinander. Bei einer rein mechanischen Betrachtungsweise wird folglich als Ursache der Arthrose allgemein ein Missverhåltnis zwischen Belastung und Belastbarkeit des Gelenkknorpels gefordert. Unberçcksichtigt bleibt hierbei, dass ein gesundes, belastbares Gelenk nicht nur einen intakten Knorpelçberzug hat, sondern auf das funktionelle Zusammenspiel aller am Aufbau synovialer Gelenke beteiligten Strukturen angewiesen ist, die im Verlauf des Arthroseprozesses charakteristischen Verånderungen unterliegen und gemeinsam zum Versagen der funktionellen Einheit ¹Gelenkª fuhren. Hierzu gehæren auûer
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G. Weseloh, B. Swoboda
Abb. 1. Makroskopischer Arthrosebefund an den Femurkondylen bei einer medial betonten Gonarthrose: Am medialen Femurkondylus vollståndiger Knorpelverlust mit Knochenglatze. In den angrenzenden Arealen ist der Knorpel fissuriert und aufgebrochen. Deutliche osteophytåre Randwulstungen am medialen Femurkondylus (intraoperativer Situs vor Implantation einer Knieprothese).
Abb. 2. Histologisches Pråparat eines arthrotischen Gelenkknorpels (Safranin-O-Ûbersichtsfårbung): Wåhrend gesunder Gelenkknorpel (s. Abb. 3) eine glatte Oberflåche mit leicht reduzierter Safranin-O-Anfårbung in der oberflåchlichen Zone, die als physiologisch angesehen wird, zeigt, finden sich in fortgeschrittenen Arthrosestadien ein Verlust der oberflåchlichen Knorpelschichten mit tiefen Einrissen, eine verminderte Proteoglykananfårbung sowie eine Brutnesterbildung.
Abb. 3. Vertikale Gliederung gesunden Gelenkknorpels entsprechend der Ausrichtung der Kollagenfibrillen (modifiziert nach [89]).
dem Gelenkknorpel die Gelenkflçssigkeit, die Synovialis, der subchondrale Knochen sowie der das Gelenk umschlieûende Kapsel-/Bandund Muskelapparat. Insbesondere neuere Untersuchungen zeigten inflammatorische Verånderungen der Synovialis wie sie auch bei entzçndlich-rheumatischen Gelenkerkrankungen gefunden werden kænnen (s. u.). Wåhrend keine Zweifel an der Bedeutung kataboler Zytokine und aus der Synovialis freigesetzter Proteasen fçr die Progression der Arthrose bestehen, bleibt unklar, inwieweit immunologische Phånomene auch an der Arthroseinduktion beteiligt sind. Anerkannt ist, dass es sich bei der Arthrose nicht um einen einfachen Alterungsprozess des Knorpels handelt, wie durch epidemiologische Studien vorgeschlagen, die eine zunehmen-
de Arthosepråvalenz mit dem Alter dokumentiert haben. Biochemische Studien haben belegt, dass die Knorpelverånderungen im Alter keinesfalls denjenigen bei Arthrosen entsprechen.
Gesunder Gelenkknorpel Gelenkknorpel ist eine nur wenige Millimeter dicke, jedoch hoch differenzierte Gewebeschicht, die, um den biomechanischen Anforderungen gerecht zu werden, einige Besonderheiten aufweist. Beim Erwachsenen besteht er ausschlieûlich aus gewebetypischen Zellen (Chondrozyten) und extrazellulåren Matrixbestandteilen, die çber 95% des Gewebevolumens repråsentieren. Gefåûe, Nerven und Lymphgefåûe fehlen. Die bedeu-
Arthrose Tabelle 1. Biochemische Zusammensetzung von Gelenkknorpel (modifiziert nach [82]) Wasser
66±79%
Feste Bestandteile
21±34%
anorganisch ] Asche organisch ] Kollagene ] Proteine ] Glykosaminoglykane ] Hyaluronsåure ] sonst. Matrixmolekçle
5±6% 48±62% 8±15% 14±23% > 1% < 3%
Tabelle 2. Extrazellulåre Matrixbestandteile des Knorpels Kollagene
Proteoglykane
Andere Matrixproteine
Typ II
Aggrekan
Link-Protein
Typ VI
Biglykan
COMP
Typ IX
Decorin
CMGP
Typ X
Fibromodulin
Fibronectin
Typ XI
(Kollagen Typ XI)
58-kD-Protein 59-kD-Protein 36-kD-Protein Tenascin Sialoprotein etc.
Hyaluronsåure
tendsten Strukturmolekçle im Knorpel sind Proteoglykane und Kollagene (Tabelle 1). Die kollagenen Bestandteile sind fçr die Festigkeit des Gelenkknorpels und die Proteoglykane fçr seine hydroelastische Verformbarkeit verantwortlich. Um den biomechanischen Anforderungen gerecht zu werden, sind die Kollagenfibrillen nicht nur quervernetzt, sondern ordnen sich auch in der Vertikalebene zonenspezifisch an, sodass eine oberflåchliche Tangential-, eine mittlere Ûbergangs-, eine tiefe Radiår- und eine Kalkknorpelzone unterschieden werden (Abb. 3) (als Ûberblick s. [14]). Entsprechend dieser zonalen Gliederung zeigen die Chondrozyten auch eine unterschiedliche Zellform. Eine mehr zellbiologisch orientierte Gliederung der Knorpelmatrix stellt den Chondrozyten in den Mittelpunkt und unterscheidet eine perizellulåre, territoriale und interterritoriale Matrix [99]. Neben einer Vielzahl kleinerer Glykoproteine enthålt Gelenkknorpel derzeit fçnf gut charakterisierte Proteoglykane (Tabelle 2), wobei davon auszugehen ist, dass eine Vielzahl weiterer existiert (als Ûberblick s. [43, 47, 48, 105]). Das mengenmåûig bedeutendste und zugleich auch græûte Strukturmolekçl aus der Gruppe der Proteoglykane ist das Aggrekan, ein Proteoglykan mit einem zentralen ¹core proteinª, an das çber 100 Chondroitin- und Keratansulfatketten gebunden sind, die dem Molekçl elektronenmikroskopisch das Bild einer ¹Flaschenbçrsteª verleihen. Aggrekan kann ± vermittelt çber ¹link proteinª ± an Hyaluronsåure binden, sodass riesige Aggregate entstehen. Die anionische Struktur und die hohe Wasserbindungsfåhigkeit von Aggrekan sind fçr die osmotischen Eigenschaften des Knorpels und damit seine hydroelastische Verformbarkeit verantwortlich. Fçr vie-
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le der kleinen Glykoproteine ist bis zum jetzigen Zeitpunkt die Funktion noch unklar. Da jedoch sehr enge Interaktionen zwischen den einzelnen Matrixmolekçlen bestehen, kann man davon ausgehen, dass diese Matrixmolekçle wesentlich zu dem hochorganisierten strukturellen Aufbau der Knorpelmatrix beitragen. Mengenmåûig sind Kollagene mit 50±60% des Trockengewichtes die hauptsåchlichen Strukturmolekçle im Knorpel (Tabelle 1). Charakteristisches Merkmal aller Kollagene ist die tripelhelikale Grundstruktur, die mindestens eine Domåne des Molekçls umfasst. Als Prokollagen synthetisiert, unterliegen Kollagene ausgeprågten posttranslationellen Prozessierungen, bis sie sich extrazellulår zu einem hochdifferenzierten Fasernetz organisieren (als Ûberblick s. [30, 54, 72, 94, 113]). Hauptbestandteil im Knorpel ist Kollagen Typ II, das zusammen mit Typ IX und XI die typischen Kollagenfibrillen aufbaut [88]. Fçr den femoralen Gelenkknorpel von 18 bis 24 Monate alten Stieren gibt Eyre einen prozentualen Anteil dieser Kollagene von 90±95% fçr Typ II, 1±2% fçr Typ IX und 2±3% fçr Typ XI an [29]. Kollagen Typ IX sitzt an der Oberflåche der Kollagenfibrillen und ist kovalent an Kollagen Typ II gebunden [117]. Da sich Kollagen-TypIX-Molekçle auch selbst quervernetzen, kænnen sie die einzelnen Kollagenfibrillen miteinander verbinden und das gesamte Fasernetz stabilisieren. Kollagen Typ IX enthålt auch eine kovalent gebundene Glykosaminoglykankette, so dass es biochemische Charakteristika der Proteoglykane erfçllt und eine Mittlerrolle zwischen Proteoglykanen und Kollagenen çbernehmen kann.
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Kollagen Typ VI, das weit verbreitet in verschiedenen nichtknorpeligen Geweben zu finden ist und sein eigenes Netzwerk bildet, konzentriert sich im Knorpel vor allem perizellulår und soll eine Mittlerrolle zwischen der Zelloberflåche der Chondrozyten und der sie umgebenden extrazellulåren Matrix çbernehmen [58, 100]. Frçhere Untersuchungen beschrieben auch Kollagen Typ I und III im Knorpel. Wåhrend der Nachweis von Kollagen Typ III im Knorpel sowohl elektronenmikroskopisch als auch immunhistologisch im normalen adulten Gelenkknorpel gesichert ist [129], sind Befunde zur Kollagen-Typ-I-Synthese diskussionswçrdig. Bei radioaktiven Markierungen im Tierexperiment konnte man eine Kollagen-Typ-I-Synthese [28, 38] im Knorpel nicht nachweisen und Nerlich [91] fand immunhistologisch im arthrosefreien humanen Gelenkknorpel ebenfalls keine Anfårbung fçr Kollagen Typ I. Ein weiteres Knorpelkollagen, das jedoch ausschlieûlich von hypertrophen Chondrozyten synthetisiert wird, ist Kollagen Typ X. In der epiphysealen Wachstumsfuge durchlåuft der Chondrozyt einen Differenzierungsprozess, der zur Zellhypertrophie in der Verknæcherungszone (Såulenknorpel) und Kollagen-Typ-X-Expression fçhrt [60, 61]. Im adulten humanen Knorpel wurde Kollagen Typ X in der Zone des kalzifizierten Knorpels beschrieben [50]. Im Knorpel çberwiegt eindeutig der Anteil extrazellulårer Matrixkomponenten in Relation zu zellulåren Bestandteilen. Der Chondrozyt ist die einzige Zelle im adulten hyalinen Knorpel und repråsentiert ca. 2% des Gewebevolumens. Die Aufgabe des Chondrozyten ist es, ein ¹steady stateª aufrecht zu erhalten. Unter physiologischen Bedingungen ist der Umsatz an relevanten Strukturproteinen sehr gering. Fçr Kollagene geht man von einer Halbwertszeit von 200 bis 400 Jahren aus [83]. Der Metabolismus an Proteoglykanen ist hæher. Angaben zur Halbwertszeit der Proteoglykane zwischen 3,5 und 20 Tagen sind wahrscheinlich zu kurz, da ± wie Treadwell u. Mankin [114] diskutieren ± Markierungsexperimente mæglicherweise nur den schnell metabolisierten Pool an Proteoglykanen erfassen. Als metabolisches Zentrum des Knorpels kann der Chondrozyt seine Syntheseleistungen enorm steigern und vermehrt extrazellulåre Matrixproteine bilden, um das Gleichgewicht zwischen Degradation und Regeneration aufrecht zu erhalten. Da ± wenn auch nur in ge-
ringem Ausmaû ± ein ståndiger Remodellierungsprozess im Knorpel stattfindet, synthetisiert der Chondrozyt auch unter physiologischen Bedingungen in geringen Mengen Proteinasen und deren Inhibitoren. Er unterliegt hierbei dem Einfluss von Wachstumsfaktoren und Zytokinen, wobei insbesondere Interleukin-1 und TNF-a (Tumor-Nekrose-Faktor-a) katabol wirken, TGF-b (Transforming Growth Factor-b), IGF (Insulin-like Growth Factor) und FGF (Fibroblast Growth Factor) hingegen anabol (als Ûberblick [79, 115, 116]). Proteinasen und deren Inhibitoren kænnen auch von Synovialzellen synthetisiert und in die Gelenkflçssigkeit sezerniert werden und beeinflussen so den Knorpelstoffwechsel [25].
Arthrotischer Gelenkknorpel Charakteristisches Merkmal der Arthrose ist der kontinuierliche Knorpelverlust. In ganz frçhen Stadien findet man eine Knorpelerweichung (Chondromalazie) verbunden mit einem vermehrten Wasser- und einem verminderten Proteoglykangehalt des Knorpels [41, 81, 86]. Diese biochemischen Untersuchungen belegen, dass es sich bei der Arthrose nicht um einen Alterungsprozess handelt, da sich im Altersgelenk umgekehrte Verånderungen des Wasser-und Proteoglykangehaltes finden [40, 118]. ] Knorpeldegradation. Ursache des Knorpelverlustes im Verlauf der Arthrose ist ein Ungleichgewicht zwischen Knorpeldegradation und -regeneration. Der Knorpelverlust kann einerseits rein mechanisch durch Abrieb bedingt sein, andererseits sind an der Knorpeldegradation aber auch proteolytische Enzyme beteiligt, die teilweise von den Chondrozyten selbst oder aber auch von Zellen der Synovialis synthetisiert und in den Gelenkraum sezerniert werden. Von besonderer Bedeutung sind hierbei Kollagenasen, Stromelysine und Gelatinasen aus der Gruppe der Matrix-Metallo-Proteinasen (MMPs), die vermehrt im arthrotischen Gelenkknorpel nachgewiesen worden sind. Von Bedeutung sind mæglicherweise auch die neu beschriebenen zellmembrangebundenen MT-MMPs (membrane type-MMP), die andere Proteasen aktivieren kænnen (als Ûberblick s. [84]). Die Matrixdegradation kann somit auf verschiedenen Ebenen reguliert werden und einerseits durch die Synthese, Sekretion und Aktivierung proteolyti-
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scher Enzyme und andererseits durch die Synthese von Proteinaseinhibitoren gesteuert werden. Diese Systeme unterliegen sehr komplexen Regulationsmechanismen, die bis zum jetzigen Zeitpunkt Gegenstand intensivster Forschungsarbeiten sind. ] Knorpelregeneration. Reparaturmechanismen bei der Arthrose kænnen nur vom Chondrozyten, dem einzigen zellulåren Element im Knorpel, ausgehen. Der Chondrozyt zeigt hierbei verschiedene Reaktionsmuster. Er proliferiert und steigert die Synthese extrazellulårer Matrixmolekçle, kann aber auch seine Syntheseprodukte åndern. Histologisches Korrelat der Chondrozytenproliferation ist die Bildung so genannter Brutnester (¹clusterª). Ein bereits erfolgter Abbau des Knorpels kann nur durch die vermehrte Synthese von extrazellulåren Matrixproteinen ausgeglichen werden. Inwieweit dadurch das hoch organisierte System ¹Knorpelª wiederhergestellt werden kann, bleibt fraglich. Aus tierexperimentellen Untersuchungen ist bekannt, dass es bereits in frçhen Phasen der Arthrose zu einer metabolischen Aktivierung der Chondrozyten kommt (als Ûberblick s. [2]). Bereits 1960 [20] wurde eine gesteigerte Proteoglykansynthese festgestellt. Eine gesteigerte Kollagensynthese wurde erst spåter nachgewiesen [28, 38, 705, 101]. Eyre [28] konnte hierbei zeigen, dass eine gesteigerte Kollagensynthese bereits in Stadien stattfindet, in denen der Knorpel makroskopisch noch unauffållig erscheint. Im arthrotischen Knorpel wurde auch ein vermehrter Gehalt an Kollagen Typ VI beschrieben [102, 112]. Da Kollagen Typ VI eine Mittlerrolle zwischen der Chondrozytenoberflåche und der den Chondrozyten unmittelbar umgebenden extrazellulåren Matrix çbernehmen soll, versucht der Chondrozyt offensichtlich, seine unmittelbare Umgebung wiederherzustellen. Mæglicherweise kommt es aber zu keiner koordinierten Synthesesteigerung der verschiedenen Matrixmolekçle, sodass die Regeneration einer geordneten Knorpelmatrix fraglich ist. ] Chondrozytendifferenzierung und Apoptose. Weitere Untersuchungen ergaben, dass der Chondrozyt im Verlauf der Arthrose auch seine Syntheseprodukte åndern kann. Im adulten hyalinen Gelenkknorpel ist der Chondrozyt durch die Synthese von Kollagen Typ II gekennzeichnet. Wåhrend der Embryogenese geht er aus so genannten Chondroprogenitorzellen hervor, die
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charakteristischerweise Kollagen Typ I und Typ III synthetisieren [12]. Eine weitere Differenzierung des Chondrozyten erfolgt in der epiphysealen Wachstumszone zu hypertrophen Chondrozyten, die durch die Synthese von Kollagen Typ X gekennzeichnet sind. Im Verlauf der humanen Arthrose kann der Chondrozyt auch die Synthese dieser Kollagene aktivieren. Die Synthese von Kollagen Typ X im arthrotischen Knorpel wurde Anfang der neunziger Jahre nachgewiesen [3, 50, 121], eine mægliche Aktivierung der Synthese von Kollagen Typ I bereits zu einem frçheren Zeitpunkt [1]. Der Chondrozyt kann somit im Verlauf der Arthrose sowohl in Richtung der Chondroprogenitorzellen dedifferenzieren, sich aber auch in Richtung der hypertrophen Chondrozyten weiter entwickeln [121]. Øhnlich wie fçr Verånderungen der synthetisierten Kollagene finden sich im Verlauf der Arthrose auch fçr adulten Knorpel untypische Proteoglykanepitope, die mit Hilfe monoklonaler Antikærper (Antikærper-7-D4, Antikærper-3-B3) nachgewiesen wurden [18, 120]. Hierbei handelt es sich um Differenzierungsprozesse, die ohne Frage dem Einfluss von Wachstumsfaktoren und Zytokinen unterliegen. Einerseits unterliegt der Chondrozyt dem Einfluss von Zytokinen, die in der Synovialmembran synthetisiert und in den Gelenkraum sezerniert werden, andererseits sind Chondrozyten selbst in der Lage, Wachstumsfaktoren zu synthetisieren und somit ihre Stoffwechselleistungen und ihren Zellzyklus selbst zu steuern. Die Arthrose ist durch einen kontinuierlichen Knorpelverlust gekennzeichnet, der nicht nur zur Zellproliferation fçhrt, sondern ohne Frage auch mit einem Zelltod verbunden ist. Diskutiert wird hierbei, inwieweit auch eine Apoptose der Chondrozyten zur Induktion und Progression der Arthrose beitrågt (als Ûberblick s. [80]). Bisherige Arbeiten zeigten, dass die Apoptose von Chondrozyten sowohl in der humanen als auch der experimentell induzierten Arthrose zu finden ist und mit dem Grad der Knorpeldegradation korreliert.
Die Rolle der Synovialmembran Eine wesentliche Rolle im Knorpelstoffwechsel fortgeschrittenerer Arthrosen spielt ohne Frage die entzçndlich verånderte Synovialmembran, wobei fçr die Arthrose der rheumatoiden Arthritis vergleichbare Zytokinprofile beschrieben werden. Bei Arthritispatienten liegen die Kon-
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zentrationen fçr Interleukin-8, Interleukin-10 sowie die Adhåsionsmolekçle ICAM-1 und VCAM-1 in der Synovialmembran jedoch hæher als bei Arthrosepatienten [39]. Vergleichbare Ergebnisse sind fçr Interleukin-1b und TNF-a beschrieben [87]. Umgekehrt zur Synovialmembran verhålt es sich fçr die Expression dieser Zytokine in Chondrozyten, wobei Arthrosepatienten hæhere Werte zeigten als Arthritispatienten. Melchiorri [87] sieht hierin die zentrale Rolle des Chondrozyten im Arthroseprozess beståtigt. Andererseits beschreiben Sakkas u. Mitarb. [107] in 65% der untersuchten Synovialmembranen von Arthrosepatienten Aggregate lymphozytårer Zellen, die çberwiegend CD3-positive T-Lymphozyten enthielten. Bei Arthrosepatienten fanden Sakkas u. Mitarb. in mononukleåren Zellen auch die Expression der Aktivierungs-Antigene CD69, CD25, CD38, CD43, CD45RO und HLA-Klasse II, jedoch in einer deutlich geringeren Ausprågung als bei Arthritispatienten, und folgerten hieraus, dass T-Zellen zur chronischen Synovialitis bei einer groûen Zahl der Arthrosepatienten beitragen. Da diese Untersuchungen an Synovialmembranen von Arthrose- und Arthritis-Patienten, die sich einem kçnstlichen Gelenkersatz unterzogen, durchgefçhrt wurden, handelt es sich in beiden Kollektiven um relativ weit fortgeschrittene Befunde und die Bedeutung der beschriebenen synovialen T-Zellinfiltration fçr die Arthroseinduktion und frçhe Arthrosestadien bleibt somit offen. Ohne das Arthrosestadium von fçnf untersuchten Synovialproben von vier Patienten mit primårer Gonarthrose exakt zu definieren, beschreiben auch Nakamura u. Mitarb. [90] CD3-positive T-Lymphozyten in der Synovialmembran und schlugen eine Antigen-induzierte lokale Immunantwort als wesentlichen pathogenetischen Faktor fçr die Arthroseentstehung vor. Auch wenn die Bedeutung entzçndlicher Zellinfiltrate in der Synovialis fçr die Entstehung der Arthrose noch nicht endgçltig geklårt ist, so haben die oben genannten Studien doch neue Bereiche der Arthroseforschung eræffnet. Mæglicherweise ergeben sich hierdurch neue Ansåtze, das åtiologisch heterogene Krankheitsbild der Arthrose weiter zu definieren und fçr bestimmte Arthroseformen vielleicht auch neue Therapieansåtze.
Epidemiologische Aspekte Einleitung Die Besprechung epidemiologischer Aspekte zielt primår auf die Beschreibung von Håufigkeit und Neuauftreten (Pråvalenz und Inzidenz), d. h. Angaben zur Morbiditåt der Arthrosekrankheit. Epidemiologie versteht sich jedoch darçber hinaus als eine sehr viel umfassendere Wissenschaft. Sie analysiert mit quantitativen Methoden den Verlauf der Krankheit in allen ihren Phasen und Phånomenen [70]. So ist fçr die epidemiologisch ausgerichtete Forschung neben der Bearbeitung von Fragen zur Pråvalenz und Inzidenz die Analyse von Risikofaktoren, d. h. die Suche nach den auslæsenden Bedingungen und Voraussetzungen zu Beginn des Krankheitsprozesses von besonderer Bedeutung [70, 71]. Ebenso ist hier auch die Erforschung der Krankheitsfolgen (¹outcomesª) mit Beschreibung des Zustandes, in dem sich der Patient befindet, zu erwåhnen. Diese Ergebnismessung reicht vom klinischen oder radiologischen Befund bis zur Frage der Lebensqualitåt und Krankheitsbewåltigung. Epidemiologie ist also eine klinische, umfassend greifende Wissenschaft. Sie deckt viele Unklarheiten und Lçcken in unserem Verståndnis des Arthroseprozesses auf. Viele dieser Aspekte kænnten auch unter dem Begriff der Pathogeneseforschung aus klinischer Sicht eingeordnet werden, insbesondere dann, wenn klinisch erfasste Phånomene zu ihrer Interpretation den Rçckgriff auf grundlagenwissenschaftlich erarbeitete Ergebnisse erfordert. Im vorangehenden Kapitel wurde auf die Komplexitåt des Arthroseprozesses aus grundwissenschaftlicher Sicht nåher eingegangen. Es wurde deutlich, dass viele Faktoren dazu beitragen, den Prozess zu initiieren und zu unterhalten. Aus klinischer Sicht besteht heute kein Zweifel, die Arthrose nicht als isolierte Krankheitsentitåt, sondern vielmehr als eine Gruppe einander çberlappender Krankheitsprozesse aufzufassen. Damit wird auch deutlich, dass nicht immer, wie schon einleitend angesprochen, eine scharfe Trennung zwischen klassisch degenerativen und entzçndlich (mit-)geprågten, klinisch erfassbaren Befunden mæglich ist. Vor diesem Hintergrund soll im Folgenden der epidemiologischen Forschung breiterer Raum gegeben werden, um die klinische Vielfalt des Arthroseprozesses herauszustellen und unser Verståndnis dafçr zu vertiefen. Nur die detaillierte Kenntnis
Arthrose
des Arthroseprozesses selbst versetzt uns in die Lage, bessere Diagnosekriterien und erfolgversprechendere Therapiestrategien zu entwickeln. Es bleibt in Erinnerung zu rufen, dass die grundlagenwissenschaftliche und klinische Arthroseforschung einen Bereich umfasst, der von enormer sozialmedizinischer Bedeutung ist. Felson [32] stellt nachdrçcklich heraus, dass in den Vereinigten Staaten pro Jahr nach vorsichtigen Schåtzungen von 46 Millionen Arztbesuchen, 3,7 Millionen stationåren Behandlungen mit 185 Millionen Bettenbelegungen und 68 Millionen ausgefallenen Arbeitstagen pro Jahr im Zusammenhang mit der Arthrosekrankheit ausgegangen werden mçsse. Bei ålteren Personen ist von einer durch Arthrose beeintråchtigten Aktivitåt an einem von acht Tagen auszugehen.
Pråvalenz und Inzidenz Im Folgenden wird auf die Mitbeteiligung der Wirbelsåule nicht nåher eingegangen, vielmehr werden nur die Extremitåtengelenke, die in den Arthroseprozess involviert sein kænnen, berçcksichtigt. Alle erhobenen Daten zur Pråvalenz zeigen, dass der Arthroseprozess an den peripheren Gelenken weltweit und in allen ethnischen Gruppen, zwar unterschiedlich, weit verbreitet ist. [98]. Besonders håufig sind die Hand, hier die distalen und proximalen Interphalangealgelenke und das Karpometakarpalgelenk des Daumens sowie Hçfte, Knie und Fuû mit dem ersten Metatarsophalangealgelenk betroffen, Radiokarpalgelenke, Ellenbogen und Schulter weit weniger. Hauptsåchlich sind also die gewichttragenden Gelenke der unteren Gliedmaûen und die Gelenke der Hand, welche beim Zangengriff beteiligt sind, involviert. Eine Feststellung, auf die noch im Weiteren nåher eingegangen werden soll. Wåhrend strukturelle (radiologische) Nachweise einer Arthrose an Hånden und Fçûen bekannt sind, bleibt festzuhalten, dass die Arthrose der Hand im Vergleich zu Arthrosen anderer groûer Gelenke weniger håufig und weniger schwerwiegend klinisch symptomatisch ist. Hçft- und Kniegelenke zeigen auch håufig strukturelle Verånderungen, verbunden mit deutlicher klinischer Symptomatik und erheblicher funktioneller Beeintråchtigung. Felson [32] weist daraufhin, dass radiologisch in 32,5% der Erwachsenen eine Arthrose nachweisbar ist, fçr
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das Kniegelenk in 33% bei Personen im Alter von 63 Jahren und mehr. In der NHANES I Studie [24] konnte radiologisch eine Pråvalenz im Durchschnitt von 3% bei den 45- bis 54-jåhrigen und von 15% im Alter von 65±74 der rekrutierten Personen festgestellt werden. Bagge [11] verglich 79- und 85-jåhrige Personen und ermittelte, dass bei çber 50% der Frauen und knapp 44% der Månner im Alter von 79 Jahren eine Arthrose nachweisbar war. Die Pråvalenz symptomatischer Arthrosen ist nach Felson [32], der mehrere Studien zitiert, unterschiedlich dokumentiert. Es wird dabei von symptomatischer Kniegelenksarthrose in 1,6 bis 9,4% bei Erwachsenen, bei ålteren Personen in 9,5% berichtet. Fçr die symptomatische Hçftarthrose wird eine Prozentzahl von 0,7 bis 4,4 bei Erwachsenen und fçr arthrotisch symptomatische Handaffektionen von 2,6% bei Erwachsenen vermerkt. Allgemein låsst sich konstatieren, dass die Pråvalenz von Arthrosen in allen Gelenken mit dem Alter korreliert. Frauen sind håufiger als Månner betroffen. Frauen weisen auch håufiger eine generalisierte Form der Arthrose auf. Vor dem 50. Lebensjahr haben Månner eine hæhere Pråvalenz fçr eine Arthrose als Frauen, wåhrend sich dies im hæheren Lebensalter zugunsten der Månner umkehrt [32, 96]. Zur Inzidenz der Arthrosen gibt es aus verschiedenen Grçnden weniger detaillierte Angaben. Nach Oliveria [93] ist die Inzidenz fçr symptomatische Arthroseprozesse der Hand auf 100, fçr Kniegelenke auf 240 pro 100 000 Personenjahre einzuschåtzen. Die Inzidenz von Hand-, Hçft- und Kniearthrose steigt mit zunehmendem Alter und ist bei Frauen hæher als bei Månnern jenseits des 50. Lebensjahres. Im Alter von 70 bis 89 Jahren weist die symptomatische Kniearthrose eine maximale Inzidenz von 1% pro Jahr auf. Radiologisch erfassbare Kniearthrosen zeigen eine hæhere Inzidenz mit einer Rate von 2% pro Jahr.
Risikofaktoren Wie aus grundlagenwissenschaftlicher Sicht bleibt auch unter klinischen Gesichtspunkten herauszustellen, dass der Arthroseprozess aus heutiger Sicht keine isolierte Krankheitsentitåt, sondern als eine Gruppe einander çberlappender Krankheiten zu definieren ist [27, 66]. Es handelt sich nach diesen Erkenntnissen bei den
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arthrotischen Erkrankungen um eine Stærung des normalen Gleichgewichtes zwischen Aufund Abbau innerhalb des Gelenkknorpels und des subchondralen Knochens [27]. Durch diese neue Definition wird anerkannt, dass es sich primår um einen Prozess und nicht per se um eine Krankheit handelt. Hier ist u. E. ein wesentlicher Aspekt in der Abgrenzung zu entzçndlich-rheumatischen Affektionen zu sehen. Inwieweit sich dieser (Arthrose-)Prozess dann klinisch mit bewegungsabhångigen Schmerzen und einem Verlust der normalen Gelenkfunktion manifestiert, ist auûerordentlich variabel [66]. Das Konzept, die Arthrose als eine Gruppe unterschiedlicher Krankheiten anzusehen, ist in erster Linie durch die Analyse der Risikofaktoren entstanden [27]. Im Weiteren soll daher auf einige dieser Risikofaktoren nåher eingegangen werden. Insbesondere auch auf solche Aspekte, die in diesem Beitrag mit Abgrenzung zu entzçndlich-rheumatischen Krankheiten wichtig erscheinen. So bestehen z. B. zwischen den Risikofaktoren fçr die Entstehung der Hçftund Kniegelenkarthrose sehr deutliche Unterschiede [27]. Daraus entwickelt sich die Betrachtungsweise, beide Lokalisationen als eigenståndige Stærungen innerhalb der Gruppe arthrotischer Prozesse bzw. Erkrankungen zu betrachten. Bei der Koxarthrose liegt das Erkrankungsalter in der Regel zwischen dem 20. und 70., bei der Gonarthrose zwischen dem 40. und 60. Lebensjahr. Das Geschlechtsverhåltnis ist bei der Koxarthrose in etwa ausgeglichen, bei der Gonarthrose çberwiegt das weibliche Geschlecht deutlich. Wåhrend bei der Koxarthrose Dysplasien eine vordergrçndige Rolle zur Induktion des Arthroseprozesses spielen, werden fçr die Gonarthrose vorangegangene Verletzungen der Kniegelenke und langwierige berufliche Tåtigkeiten in Hockstellungen als bedeutsame pathogenetische Faktoren aufgelistet [27]. Eine interessante Variation der Risikofaktoren wird auch bei der Differenzierung zwischen patellofemoralen und medialen tibiofemoralen Arthroseprozessen des Kniegelenkes erkennbar (Abb. 4 a, b, 5). Der (oft auch nur isolierte) Befall des patellofemoralen Kompartiments ist enger mit einer familiår bedingten Anlage und Knotenbildungen an den Fingern vergesellschaftet, wåhrend die tibiofemorale Variante besonders håufig mit Adipositas und einem vorangegangenen chirurgischen Eingriff verbunden zur Beobachtung kommt [27]. Dies sind Aspekte,
Abb. 4 a, b. Isolierte Retropatellararthrose POAK (Patellofemoral Osteoarthritis of the Knee)
die unter diagnostischen und auch therapeutischen Gesichtspunkten eine klare Unterscheidung zwischen einer MOAK und einer POAK (¹Medial and Patellofemoral Osteoarthritis of the Kneeª) erfordern [27]. Die Analyse der Risikofaktoren fçhrte auch zu dem von Dieppe [27] entwickelten Pathogenesemodell der Arthrose. Darin wird die Interaktion zwischen einer systemischen Prådisposition und der Einwirkung lokaler, biomechanischer Faktoren angesprochen. Die konstitutionellen Faktoren haben dabei einen wesentlichen Einfluss darauf, ob eine Arthrose çberhaupt entsteht, wåhrend die Lokalisation und der Schweregrad von lokalen biomechanisch geprågten Faktoren bestimmt werden [27, 65, 66]. Bei der feststellbaren Håufigkeit des Arthroseprozesses bleibt zu vermerken, dass er sich eigentlich zumeist nur an einigen wenigen Gelenkorten manifestiert. Zur Erklårung dieser Beobachtung
Arthrose
Abb. 5. Varusgonarthrose MOAK (Medial Osteoarthritis of the Knee)
sind verschiedene Theorien entwickelt worden, wie von Dieppe [27] herausgestellt wird. Es wird konstatiert, dass die verwundbaren Orte diejenigen Gelenke sind, die von der Evolution als ¹ungençgend geplantª zu betrachten sind. Aufgrund einer Analyse von Hand- und Hçftgelenksarthrose wird dargestellt, dass unsere Gelenke z. B. nicht ausreichend genug an den aufrechten Gang und an die Greiffunktion der Hand angepasst sind, mit der Konsequenz einer Konzentration arthrotischer Prozesse auf die Hçftgelenke und das Daumensattelgelenk. Andere Ûberlegungen fçhren zu der Annahme, dass die ¹ungençgend gebrauchtenª Teile unserer Gelenke einer potenziellen Arthroseentwicklung anheimfallen kænnten. Die Untersuchung alter Skelette liefert dazu hochinteressante Befunde. Sie zeigen, dass die MOAK bei unseren Vorfahren sehr viel seltener war als die POAK oder auch die Hçftgelenksarthrose [27]. Dies legt die Vermutung nahe, dass die aktuell groûe Håufigkeit der Arthrose, dies betrifft zumindest einige Lokalisationen, mit bestimmten Aspekten unseres modernen Lebens, so z. B. mit der Zunahme der Fettleibigkeit oder der Art, in der wir unsere Gelenke benutzen, zusammenhången kænnte [27]. ] Generalisierte Arthrosen. Die generalisierte Arthrose schlieût Handgelenke mit distalen und proximalen Interphalangealgelenken und Karpo-
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metakarpale-I-Gelenke, Knie- und auch Hçftgelenke sowie die zervikalen und lumbalen Wirbelgelenke ein. Es werden zwei Varianten der generalisierten Arthrose unterschieden. Nodale (Heberden-Knoten) und nicht nodale generalisierte Formen. Prinzipiell gilt, dass die Arthrose eines Gelenkes mit der Pråsenz von Arthrosen an anderen Gelenken assoziiert ist [32]. Generalisierte Arthrosen werden vornehmlich bei ålteren Frauen beobachtet. Bei Frauen ist ein dominanter, bei Månnern ein rezessiver Erbgang gegeben [52]. In der aktuellen Diskussion um die Krankheitsentitåt Arthrose spielt der Begriff der generalisierten Arthrose insbesondere die nodale Variante bei mehreren Autoren eine bedeutsame Rolle [52, 53, 56, 77]. Jones et al. [56] sehen die nodale generalisierte Arthrose (NGOA) als eine gesonderte Untergruppe der vielfåltigen Erscheinungsformen der Arthrose an. Diese NGOA ist durch ihre polyartikulåre Handbeteiligung, eine frçh einsetzende entzçndliche Komponente, Heberden-Knoten und BouchardArthrose sowie eine familiåre Prådisposition charakterisiert. Das Einmçnden in eine krankheitsrelevante Phase wird håufig bei Frauen mit Eintritt in die Menopause beobachtet. Diese Untergruppe der Arthrose ist mit einem konzentrischen Muster der Hçftgelenksbeteiligung vergesellschaftet und weist zudem interessante immunhistochemische Befunde in der Synovialis und im Knorpel auf. In diesem Zusammenhang bleibt auf eine interessante Studie hinzuweisen, die bei Rauchern eine geringere Inzidenz von Kniearthrose, aber nur bei Personen ohne nodale generalisierte Arthrose der Hånde finden lieû [33, 44, 69]. Hinsichtlich mæglicher genetischer Marker ist die nodale generalisierte Arthrose mit einer erhæhten Frequenz von HLA-Al, -B8 und dem Alpha-1-Antitrypsin-Phenotyp und erhæhter Frequenz von homozygoten Alpha-antichymotrypsin-Genen assoziiert. Fernerhin ist erwåhnenswert, dass die generalisierte nodale Arthrose im Gegensatz zu anderen Arthroseformen bzw. Gruppen mit vermehrtem Nachweis von IgG-Rheumafaktoren, niedrigen bis mittleren Spiegeln von IgA und einer erhæhten Pråvalenz von Antithyroglobulin-Antikærpern verbunden ist. Diese Daten fçhren zu der Annahme, dass die NGOA eine zu differenzierende Untergruppe der Arthrose ist, bei der pathogenetisch immunologische Mechanismen beteiligt sind. Das Vorkommen von Calcium-Kristalldepots in degenerativem Knorpel ist mæglicherweise
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Ursache fçr eine auch symptomatische generalisierte Arthrose. Darauf weisen mehrere Autoren hin [34, 46, 111]. Kristalle von Calciumpyrophosphatdihydrat wurden in 18 bis 60% in der Synovialflçssigkeit von Patienten mit Kniearthrosen und Ergussbildung gefunden [109]. Diese Befunde mçssen jedoch kritisch bewertet werden, weil die Kristalle auch in Gelenken gefunden werden, die gewæhnlicherweise nicht von einer Arthrose betroffen werden. Sie bieten dann auch ein unterschiedliches Spektrum pathologischer und radiologischer Verånderungen im Vergleich zur Arthrose. Calciumpyrophosphat-Kristalldepots kænnten pråvalent bei Personen mit einer Arthrose sein, weil die Pråvalenz von Arthrose und Kristalldepots mit dem Alter ansteigt [32, 34]. Calcium-Hydroxylapatit-Kristalle wurden in 44% von Synovialflçssigkeitsproben von Patienten mit Arthrosen gefunden [32]. Sie sind verbreitet in Knorpelproben von Patienten mit schwerer Arthrose nachzuweisen [4, 46, 111]. Beide genannten Kristallformen sind bei ålteren Personen mit und ohne Arthrose verbreitet in den Gelenken, also nicht nur bei Arthrosepatienten nachweisbar. Aber es bleibt herauszustellen, dass die Anwesenheit dieser Kristalle zu einer Akzeleration des Arthroseprozesses mit Einmçnden in deutlich klinisch symptomatische Formen fçhren kann [32]. Mit diesen Beobachtungen wird ein weiteres Mal belegt, dass heute in vielen Bereichen eine scharfe Abtrennung rein degenerativer Prozesse von entzçndlich bestimmten Phånomenen bei der Arthrose nicht mehr mæglich ist. Genetische Defekte bei der generalisierten Arthrose werden aktuell nåher untersucht. Bei Ûberprçfungen mit genetischen Markern fanden sich Hinweise auf genetisch bedingte Stoffwechselstærungen des Knorpels, die sich bis jetzt aber nicht hinreichend sichern lieûen. Wahrscheinlich haben Gene, welche die Kollagenfasern des Knorpels kontrollieren, dabei die græûte Bedeutung [70]. ] Arthrose und Sport. Interessant sind Untersuchungen von Lane [73] und Buckwalter [15] zur Frage, ob sportliche Aktivitåt Ursache fçr eine Arthrose sein kann. Die Autoren stellten fest, dass gesunde Gelenke gleichmåûige sportliche Belastungen normalerweise problemlos tolerieren, ohne dass negative Konsequenzen oder einen Arthroseprozess begçnstigende Entwicklungen zu beobachten sind. Gelenke mit Zustån-
den nach Verletzungen an den Båndern, Sehnen oder Menisken, einer der Norm abweichenden Gelenkanatomie, sowie von Personen, die gelenkbelastende Sportarten auf Hochleistungsniveau ausçben, lassen jedoch eine beschleunigte Entwicklung von Arthrosen ausmachen [85, 92]. Auch sportliche Aktivitåten, die immer wieder zu unphysiologischen Belastungsspitzen oder Torsionsbelastungen an den Gelenken fçhren, prådisponieren langfristig vermehrt zu einer Arthrose. Andererseits wurde festgestellt, dass das Laufen fçr den normalen Freizeitsportler kein vermehrtes Risiko einer Arthrose des Kniegelenkes mit sich bringt. Im Leistungssport ist das Risiko, langfristig eine Arthrose zu entwickeln, fçr Låufer hingegen deutlich erhæht [73]. Øhnlich einzuschåtzende Unterschiede fçr das Arthroserisiko bei Freizeit- im Vergleich zu Leistungssportlern sind auch fçr andere Sportarten wie Fuûball oder Baseball zu vermerken. Hier war das Arthroserisiko im Hochleistungsbereich immer erhæht. Wenn allerdings Gelenkverånderungen verschiedener Ursachen vorbestehen, ist auch bei einigen Freizeitsportarten (Laufen, Fuûball, Rugby) eine erhæhte Arthroserate wahrscheinlich [73]. ] Arthrose und Ûbergewicht. Eine Ûbersicht von Felson [37], die sich mit der Thematik Gewicht und Arthrose beschåftigt, kommt im Kern zu der Aussage, dass Ûbergewicht ein sehr wichtiger Risikofaktor in der Arthroseentwicklung des Kniegelenkes, der Hçfte und auch der Hand ist. Dabei sind offensichtlich sowohl lokale als auch systemische Effekte von Bedeutung. Fçr Frauen mit einem BMI (¹Body Mass Indexª) von 30 bis 35 besteht im Vergleich zu Frauen mit einem BMI unter 25 ein vierfach hæheres Risiko und fçr Månner ein 4,8fach hæheres Risiko, unter einer Kniegelenkarthrose zu leiden [10]. Ûbergewicht steigert ebenso die Gefahr der Hçftarthroseentwicklung mit Einmçnden in krankheitsrelevante Zustånde [22]. Der Zusammenhang zwischen Ûbergewicht und Hçftgelenksarthrose ist jedoch nicht so ausgeprågt wie beim Kniegelenk. Eine mægliche Erklårung dafçr kænnte sein, dass auf das Kniegelenk beim Gehen besonders hohe Belastungen von bis zum 6fachen, bei der Hçfte jedoch nur etwa bis zum 3fachen des Kærpergewichtes einwirken. Der Einfluss des Kærpergewichtes ist also fçr das Kniegelenk doppelt so hoch wie fçr die Hçfte einzuschåtzen [66]. Es konnte plausibel gezeigt werden, dass bei çbergewichtigen Frauen eine rechtzeitige Ge-
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wichtsabnahme dazu beitragen kann, das Risiko, spåter unter einer krankheitsrelevanten symptomatischen Kniegelenksarthrose leiden zu mçssen, vermindert werden kann. Bei durchschnittlich 5,5 kg Gewichtsverlust reduzierte sich das Risiko einer klinisch relevanten Kniegelenksarthrose um mehr als 50% [36]. Umgekehrt war bei Gewichtszunahme langfristig eine vermehrte Rate von spåter sich entwickelnden Gonarthrosen zu vermerken. Ûbergewichtige Personen haben auch bei bereits bestehender Arthrose ein erhæhtes Risiko der Krankheitsprogression und hinsichtlich der Schwere der Erkrankung eine ungçnstigere Prognose [49]. Die interessante Frage, warum Ûbergewichtige nicht nur håufiger unter Gon-und Koxarthrosen leiden, sondern auch vermehrt arthrotische Prozesse an den Hånden [17, 31] aufweisen, wird noch diskutiert. Es wird bei çbergewichtigen Personen ein systemischer Faktor (zirkulierender Knorpelwachstumsfaktor, Knochenfaktor?) angenommen, der die Knorpelzerstærung beschleunigt und zur Arthrose fçhrt [32, 36]. Besonders bei Frauen in der Menopause, bei denen das Arthroserisiko besonders hoch ist, kann adipæses Gewebe metabolisch aktiv sein. Hinzu kommt, dass Ûbergewichtige einen hæheren Knochenmineralsalzgehalt und eine hæhere Knochendichte aufweisen. Dieses kann per se ein Arthroserisiko bedeuten. Da das Kniegelenk bei Ûbergewicht besonders betroffen ist, låsst sich resçmierend festhalten, dass die Faktoren Ûbergewicht und Belastung eine wesentliche Rolle bei der Entwicklung eines Arthroseprozesses am Kniegelenk spielen, vielleicht begleitet oder begçnstigt durch einen systemischen Faktor [65]. ] Berufliche Aktivitåt und Arthrose. Berufliche physische Aktivitåt ist eine der wichtigsten Faktoren, die insbesondere fçr das Knie- und Hçftgelenk die Entwicklung von Arthrosen beeinflussen kænnen. Darauf weist Cooper [21] in einem Beitrag zur Frage des Zusammenhanges von beruflicher Belastung und dem Risiko der Arthroseentstehung hin. Es liegen aufgrund mehrerer Studien Daten vor, die belegen, dass Tåtigkeiten, die eine håufige oder langandauernde Kniebeugung und schwere kærperliche Arbeit abverlangen, zu einer hæheren Rate von Kniegelenksarthrose fçhren [76, 95, 106, 125]. Auch in der Framingham-Studie [35] konnte in einer Långsschnittuntersuchung an çber 1400 Personen nachgewiesen werden, dass das Arthrose-
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risiko solchermaûen beruflich belasteter Menschen am hæchsten war. Ein erhæhtes Arthroserisiko durch beruflich bedingtes långeres Gehen, Stehen, Sitzen oder Autofahren konnte in diesen Studien nicht festgestellt werden. Einer Schåtzung nach muss von einem relativen Anteil der durch berufliche Belastung ausgelæsten Arthrosen von etwa 5% ausgegangen werden [21]. Bei Landwirten wird eine besondere Håufigkeit von Hçftgelenksarthrosen beobachtet, die verglichen mit einer månnlichen Population bis um das 10 fache hæher liegt. Die ursåchlichen Zusammenhånge sind letztlich noch nicht geklårt. Mæglicherweise ist die Kombination von Tragen und Anheben schwerer Lasten von çber 25 kg Gewicht, verlångertem Stehen und Gehen auf unebenem Gelånde verantwortlich zu machen [21]. Die insgesamt schwere kærperliche Beanspruchung scheint eine wichtige Rolle zu spielen [21, 23, 119]. So fanden auch Coggon et al. [19] in einer Fall-Kontrollstudie eine signifikant hæhere Rate von Koxarthrosen bei Månnern, die beruflich schwere Hebetåtigkeiten zu verrichten hatten. ] Osteoporose und Arthrose. Eigene Untersuchungen [64] und die anderer [104] lassen vermuten, dass subchondrale Knochenverånderungen bei der Arthrose einen Einfluss auf den Arthroseprozess haben kænnen. Nach Felson [32] scheinen Patienten mit mehr verformbaren Knochen weniger anfållig fçr die Entwicklung einer Arthrose zu sein. Patienten mit Osteopetrose und steifen subchondralen Knochenstrukturen weisen eine hohe, solche mit Osteoporose eine niedrige Rate von Arthrosen auf [45]. Eine vermehrte Knochenmasse, die bei Arthrosepatienten gefunden wird, kann sicherlich durch die Assoziation von Arthrose und Ûbergewicht Erklårung finden. Ûbergewicht schçtzt gegen Osteoporose [32]. Dabei ist zu vermerken, dass bei Ûbergewichtigen eine Arthroseentwicklung durch die Produktion von steifen, nicht verformbaren Knochen ausgelæst werden kann. Insgesamt bewertet scheint also die Osteoporose eher einen protektiven Einfluss gegen den Arthroseprozess auszuçben. ] Angeborene und erworbene Gelenkdeformationen. Ein Genu varum oder Genu valgum, eine Varus- oder Valgusdeformitåt des Schenkelhalses fuhren zu einer ungleichmåûigen Belastung der Gelenke [97, 123]. Diese Fehlstellungen werden oft als pråarthrotische Deformitåten angesehen. Ebenso sind im Prinzip Hçfterkrankungen
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im Kindes- und Erwachsenenalter wie die angeborene Hçftdysplasie bzw. Hçftluxation, Morbus Perthes, Epiphyseolysis capitis femoris lenta, idiopathische Hçftkopfnekrose, Osteochondrosis dissecans (Hçfte und Knie) und Morbus Ahlbåck dieser Gruppe zuzuordnen. Ûber die artikulare Fehlbelastung ist eine Arthroseentwicklung wahrscheinlich [42]. ] Ústrogen und Arthrose. Der Einfluss von Geschlechtshormonen, insbesondere von Ústrogenen auf eine Arthroseentwicklung wird durch die unterschiedliche Betroffenheit der Geschlechter evident. Wie schon vorhergehend dargelegt, ist die hohe Inzidenz von Arthrosen bei Frauen jenseits des 50. Lebensjahres augenfållig. Zeitgleich ist ein postmenopausales Hormondefizit zu registrieren. Es bleibt zu folgern, dass mit dem eingetretenen Hormonmangel bei den Frauen das Risiko fçr eine Arthroseentwicklung deutlich steigt. Der Mangel an Ústrogenen wird dabei als besonderer Risikofaktor benannt [32]. Felson [32] zitiert eine Reihe von Studien, in denen eine Ústrogen-Substitutionsbehandlung mit einer Verminderung des Risikos, an einer Knie- oder Hçftarthrose zu leiden, korreliert ist. Der Zusammenhang zwischen Ústrogenmangel und hohem Risiko einer Arthrose scheint damit belegt.
Diagnostische Ansåtze Die im vorangehenden Kapitel angesprochenen epidemiologischen und klinisch pathogenetisch bestimmten Aspekte belegen nachdrçcklich, dass heute die Arthrose als eine Gruppe einander çberlappender Krankheitsprozesse zu interpretieren ist, die diagnostisch jeweils einer pråzisen Analyse bedçrfen. Es ist dabei nicht eindrçcklich genug eine besonders sorgfåltige Erhebung anamnestischer Angaben zu fordern, um den Arthroseprozess bei den betroffenen Patienten richtig einordnen zu kænnen. Erinnert sei z. B. an die Berçcksichtigung verschiedener Risikofaktoren, wie sie eingehend dargestellt wurden. Der klinische Befund ist entsprechend der Heterogenitåt des Arthroseprozesses von besonderer Vielfalt ge-
prågt. Sorgfåltige Inspektion, Palpation und Funktionsprçfung geben wertvolle Aufschlçsse, ob z. B. entzçndliche Komponenten (Kristallarthropathien! sog. aktivierte Arthrosen! Generalisierte Arthrosen mit frçh eintretender Neigung zu entzçndlichen Phånomenen! etc.) vorliegen. Im Rahmen dieses Beitrages sind eingehende Erlåuterungen nicht mæglich. Es verbleibt der Hinweis auf Standardwerke und Einzelpublikationen zu diesem Thema [42, 123, 126]. Die zur Frçherkennung der Arthrose von Altman et al. [7±9] vorgeschlagenen Diagnosekriterien (ACR-Kriterien) sind oftmals hilfreich. Nach unseren Untersuchungen haben diese Kriterien die gleiche Wertigkeit wie Untersuchungen mit viel aufwendigeren Analysescores. Fçr eine Verlaufsbeobachtung des Arthroseprozesses sind sie ungeeignet [124, 127]. Die Ræntgenuntersuchung ist nach wie vor im Repertoire der apparativen Diagnostik nicht zu entbehren. Charakteristische strukturelle Verånderungen bei der Arthrose, deren Ausprågungsgrad und Begleitphånomene wie eine Chondrokalzinose sind ræntgenologisch gut erfassbar [55]. Auch unter wissenschaftlichen Gesichtspunkten, wie Verlaufsbeobachtungen, Therapiestudien etc. sind bei optimaler Anwendung neuer technischer Mæglichkeiten ræntgenologische Untersuchungen unentbehrlich, oft seit Jahren bewåhrt [59, 110]. Weitere bildgebende Verfahren spielen in der Diagnostik wissenschaftlich und im klinischen Alltag eine zunehmend bedeutendere Rolle. Insbesondere die Magnetresonanztomographie erlaubt vertiefte Einblicke in den Arthroseprozess (Knorpelverlust, Zysten, freie Gelenkkærper, reparative Vorgånge ± Osteophyten, Sklerose des subchondralen Knochens) [62, 63, 122]. Auch entzçndliche Verånderungen sind nachweisbar (Synovialishypertrophie, Erguss). Der Wert als prognostisches Hilfsmittel und bei der Beurteilung therapeutischer Verfahren (Arzneimittelprçfungen!) ist heute noch nicht hinreichend abzuschåtzen [122]. Dies gilt auch fçr die Anwendung der Sonographie nach dem gegenwårtigen Stand der Kenntnis [128]. Labor und Synoviaanalysen haben insbesondere zur Differentialdiagnose wie zum Ausschluss septischer Arthritiden besondere Bedeutung [57, 68].
Arthrose
Therapeutische Strategien Die gerade in der aktuellen Literatur dargelegten vielfåltigen Hinweise zur Behandlung der Arthrose [13, 42] hinreichend zu wçrdigen, çbersteigt bei weitem den hier gesteckten Rahmen. Deshalb sollen im Folgenden nur einige wenige, besonders relevante Aspekte zur Therapie vor dem Hintergrund der heute gebotenen differenzierteren Betrachtungsweise des Arthroseprozesses angesprochen werden.
Pråvention Dieppe [26] entwickelte eine plausible Strategie verschiedener Behandlungsansåtze unter Berçcksichtigung aktueller grundwissenschaftlicher und klinisch gewonnener Erkenntnisse, wie sie vorhergehend hier nåher angesprochen wurden. Er stellt dabei ein Konzept mit einer Unterteilung in primåre, sekundåre und tertiåre Pråventivmaûnahmen vor. Die primåre Pråvention ist durch Eliminierung von Risikofaktoren mæglich, die sekundåre Pråvention bietet sich im Rahmen einer frçhen Erfassung und Kontrolle des Arthrosekrankheitsprozesses an und tertiår zu benennende Pråventionsmaûnahmen zielen schlieûlich auf eine angemessene Behandlung von Schmerz und Behinderung. Nach unserem gångigen Verståndnis ist unter der Ûberschrift Pråvention in erster Linie die Erærterung der primåren Pråvention aufzunehmen. Dabei bleibt die Rçckschau auf die vorhergehend nåher besprochenen Risikofaktoren von besonderer Bedeutung. Es gibt Risikofaktoren wie Alter, Geschlecht oder Rasse, die nicht geåndert werden kænnen. Mæglicherweise kænnen zukçnftig solche systemischen Risikofaktoren, wie die angesprochene genetische Disposition, metabolische oder hormonelle Faktoren wirksam beeinflusst werden. Aktuell kænnen Risikofaktoren, die lokal und systemisch gegeben sind, wie Adipositas, Trauma, berufliche oder sportliche Belastungen, angeborene oder erworbene Gelenkverånderungen bzw. -fehlstellungen veråndert werden [26]. Dem Risikofaktor Adipositas kann bei konsequenter Betreuung der Patienten, wie schon ausgefçhrt, erfolgversprechend begegnet werden. Eine deutliche Gewichtsreduktion fçhrt nachweislich zur Verminderung des Risikos, we-
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gen einer symptomatischen Arthrose behandelt werden zu mçssen. Sportliche Aktivitåten sind insbesondere dann als Risikofaktor einzubeziehen, wenn Personen betroffen sind, die Vorschåden z. B. an den gewichttragenden Gelenken aufweisen. Wie vorhergehend erwåhnt wurde, betrifft die Pråvention auch kærperliche Belastungen im Beruf und in der Freizeit. Hier gilt es, auf mægliche arthroseinduzierende Faktoren bei andauernden Tåtigkeiten in Hockstellung verbunden mit schwerer kærperlicher Beanspruchung zu achten. Insgesamt betrachtet sind auch posttraumatische Zustånde an Gelenken zu berçcksichtigen. Hier bleibt auf das prinzipiell erhæhte Arthroserisiko bei Fehl- und Ûberbelastung hinzuweisen. Pråvention im klassischen Sinne bedeutet auch, angeborene oder erworbene Gelenkfehlstellungen, die als pråarthrotische Deformitåten einzuordnen sind, rechtzeitig z. B. operativ zu beheben, um damit das Einmçnden in einen Arthroseprozess zu verhindern oder dessen Auftreten als Krankheit zeitlich hinauszuzægern. Inwieweit die Analyse genetisch bedingter Risikofaktoren zu wichtigen Strategien der Primårpråvention [26] fçhren kann, ist noch offen. Dagegen scheint der Zusammenhang von Mangel an Ústrogenen bei Frauen in der Menopause und hohem Arthroserisiko, wie vorhergehend dargelegt, belegt. Durch Hormonsubstitution wåre ein Weg zur Pråvention vorgezeichnet. Die erfolgversprechende pråventive Behandlung mit Medikamenten ist eine schon seit långerem vielseitig oft von Wunschdenken geprågte Angelegenheit. In der Vergangenheit konnte jedoch noch kein schlçssiger und haltbarer Beweis dafçr erbracht werden, dass bestimmte Substanzen eine chondroprotektive Wirkung und damit einen pråventiven Einfluss auf den Arthroseprozess besitzen. Es gibt jedoch vielversprechende Ansåtze, Pråparate, so genannte ¹Disease Modifying Osteoarthritis Drugsª (DMOAD) bereitstellen zu kænnen, die direkt in den Arthroseprozess einzugreifen und sein Fortschreiten zu verhindern oder zumindest einzudåmmen vermægen. Es werden aktuell Wirkstoffe entwickelt, die die Fåhigkeit besitzen, pathologische Prozesse und damit fortschreitende Gelenkdestruktionen bei der Arthrosekrankheit modifizieren zu kænnen. Dieses Forschungsfeld ist heute durch starke Verånderungen und stetigen Wandel gekennzeichnet. Ob bereits zur Verfçgung stehende oder in Erprobung befindliche Agenzien, wie z. B. sulfat-
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haltige Glycosaminoglykane, auf den Knochen einwirkende Pråparate (z. B. Bisphosphonate), Enzyminhibitoren (z. B. Tetracycline), Zytokine bzw. Wachstumsfaktoren (z. B. IGF-1, TGF-b, IL1RA) wirklich den geforderten Ansprçchen gençgen werden, bleibt abzuwarten. Die Bereitstellung effektiver Substanzen in nåchster Zeit scheint aber auûer Frage zu stehen [6]. Die damit verbundenen Schwierigkeiten in der Forschung und Entwicklung sind augenfållig. Gerade die aktuelle Arthroseforschung deckte ja die hohe Komplexitåt des Arthroseprozesses und die vielfåltigen klinischen Erscheinungsformen auf.
Therapie der symptomatischen Arthrose ] Allgemeine Aspekte. Die Ansåtze fçr eine wirksame Therapie der symptomatischen Arthrose sind vielfåltig, dem variablen Erscheinungsbild der Arthrose entsprechend, gegeben. In Ermangelung einer gezielten, gar kausal greifenden Behandlung, etwa durch Medikamente, bleibt heute nur der Rçckgriff auf ein Bçndel von Maûnahmen, das zum gewçnschten Erfolg fuhren kann (sog. tertiåre Pråvention nach Dieppe [26]). Wie vorab angesprochen, ist abzuwarten, ob sich zukçnftig andere, darçber hinausgehende Behandlungsstrategien anbieten werden. Psychosoziale Faktoren (Depression, soziale Isolation) werden in ihrer Bedeutung fçr die Arthrosebehandlung oft vernachlåssigt. Ihre Berçcksichtigung ist ein nicht zu unterschåtzender Aspekt bei der Betreuung des Arthrosepatienten. Gelenkschutz im Rahmen ergotherapeutischer Ansåtze und klassische Physiotherapie aufgrund der klinischen Erfahrung gebçhrt sicherlich breite Berçcksichtigung im Behandlungsgesamtkonzept, obwohl ihr Effekt in vielen Bereichen noch nicht hinreichend wissenschaftlich evaluiert ist. Physikalische Maûnahmen, die im Wesentlichen die Applikation von Wårme oder Kålte, je nach ærtlichem Befund (entzçndliche Reizzustånde!), sind ein wichtiges Element in der Behandlung ebenso wie stçtzende, z. T. auch wårmende Verbånde. Speziell auf das bei Chondromalazie der Patella bzw. Patellofemoralarthrose effektive Patellataping hat Dieppe [26] wieder hingewiesen. Gehhilfen sind oftmals unentbehrliche Hilfsmittel. Spezielle Schuhzurichtungen (Puffer-
absåtze, Abrollhilfen), kombiniert mit stçtzendbettenden Einlagen, sind wegen ihrer Stoûdåmpfung und Optimierung der Bewegungsablåufe der Gliederkette an den unteren Extremitåten von nicht unbedeutendem Nutzen. ] Medikamentæse Therapie. In der Behandlung der symptomatischen Arthrose nimmt die Verordnung von Medikamenten eine heute herausragende Rolle ein [76]. Eine Fçlle von Pråparaten, deren Wirksamkeitsnachweis oftmals nicht belegt ist, steht dabei zur Auswahl. Man unterscheidet heute, um einen gewissen, geordneten Ûberblick zu erhalten, zum einen in schnell und langsam wirkende, zum anderen in Symptom- und krankheitsveråndernde Substanzen [74]. Als oral zu applizierende Pråparate sind in erster Linie Analgetika und nichtsteroidale Antiphlogistika (NSAR) zu benennen. Sie sind als schnell oder langsam wirkende, symptomveråndernde Substanzen einzuordnen. Die NSAR finden breite Anwendung. Oftmals werden ihnen experimentell nachweisbare chondroprotektive, also krankheitsveråndernde Wirkungen zugesprochen. Bei der humanen Arthrose ist dieses Potenzial nach wie vor jedoch unklar. Ebenso wird auch eine knorpelschådigende Wirkung (Indometacin?) postuliert [6, 26]. Wenn wegen der hohen Wirksamkeit der NSAR bei Schmerz und Bewegungsbehinderung die Verordnung vielfach angezeigt ist, so bleibt doch die zum Teil hohe Toxizitåt dieser Pråparate zu berçcksichtigen (Gastrointestinaltrakt! Niere!). Die selektiven COX-2-Hemmer schienen diese nicht zu unterschåtzenden Risiken zu mindern. Oftmals wird man, insbesondere wenn keine maûgeblichen entzçndlichen Komponenten vorliegen, reinen Analgetika (Paracetamol!) den Vorzug geben kænnen. Der Wert oft verordneter, meist nichtsteroidaler-Antiphlogistika-haltiger Topika ist weitgehend unklar. Dennoch ist diese Behandlungsform bei uns weit verbreitet. ] Intra- und periartikulåre Therapie. Die intraartikulåre Gabe von Steroiden bleibt auf Fålle mit Synovialitis und/oder Ergussbildung und kristallinduzierten Entzçndungen beschrånkt. In anderen Fållen ist sie, insbesondere als reine Schmerztherapie, nicht indiziert. Die Vielzahl angebotener, intraartikulår zu applizierender Substanzen sind aktuell als langsam wirkende symptomveråndernde Agenzien einzuordnen, wie z. B. Hyaluronsåurepråparate [5]. Auf die
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potenziell krankheitsmodifizierenden Substanzen, die mæglicherweise in Zukunft zur Verfçgung stehen werden, wurde vorab schon nåher eingegangen. Zur Behandlung periartikulårer Befunde (z. B. Tendopathien, Bursitiden) bietet sich am ehesten die lokale Steroidinjektion an.
Operative Behandlung Die operative Behandlung der Arthrose stçtzt sich zum einen auf langjåhrig bewåhrte Maûnahmen, zum anderen auf neuentwickelte Konzepte, die zum Teil bereits eingefçhrt sind oder in der Zukunft von Relevanz werden kænnten. Alte Wunschvorstellungen, wirksame Methoden zur Stimulierung der Gelenkreparation zu etablieren, haben in jçngster Zeit erste positive Ansåtze erkennen lassen. Wåhrend fçr die Behandlung groûflåchiger Gelenkknorpeldefekte, wie wir sie beim ålteren Arthrosepatienten oder bei speziellen Verlaufsformen (z. B. kristallinduzierte Arthrosen) beobachten, aktuell keine der angedachten Behandlungsmodelle (osteochondrale Transplantate, perichondrale/periostale Lappen, Chondrozyten- oder mesenchymale Stammzelltransplantate) als erfolgversprechend betrachtet werden dçrfen, konnten bei der Behandlung partieller Knorpeldefekte mit gesundem Rand erste positive Erfahrungen gesammelt werden. Das Auffçllen umschriebener Defekte des Knorpels mit aus autologen Knorpelzellen angezçchtetem Zellmaterial konnte bei posttraumatisch bedingten Låsionen erfolgreich angewandt werden, sodass fçr arthrotisch entstandene lokale Defekte eine derartige Versorgung auch in Betracht kommt. Es wird sich erweisen, ob weitere Entwicklungen, wie die Migration von stimulierten Zellen der Synovialis und des subsynovialen Raumes in den Defekt und nachfolgende Proliferation am Ort (induziert durch Applikation von Wachstumsfaktoren zusammen mit einer raumdefinierenden, biologisch abbaubaren Matrix) die Erwartungen erfçllen kænnen [51, 108]. Diese hier angesprochenen Verfahren bedçrfen des operativen Zuganges zumeist groûer Gelenke. Besondere Erfahrungen bestehen hier fçr das Kniegelenk. Im Weiteren sind operative Verfahren sehr individuell zu diskutieren. Schmerzintensitåt, Grad der Funktionsstærung und der Nachweis des strukturellen Gelenkschadens mçssen bei
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der Indikationsstellung neben anderen Faktoren besonders berçcksichtigt werden [78]. Arthroskopisch gefçhrte Operationen sind in aller Regel Verfahren, die die Erhaltung oder auch Wiederherstellung der Gelenkoberflåche anstreben. Zur arthroskopischen Gelenktoilette gehært neben der Lavage die teilweise Entfernung von geschådigten Menisci, die Glåttung von geschådigtem Knorpel, die Abtragung von Osteophyten und die Bearbeitung freiliegenden subchondralen Knochens. Es wird versucht, den verbliebenen Gelenkknorpel zu erhalten oder gar zur Regeneration anzuregen. Ûber dieses Verfahren ist in den letzten Jahren vielfach berichtet worden, jedoch muss dessen Wert, da keine kontrollierten Studien darçber vorliegen, offen bleiben [78]. In diesen Bereich gehært auch die vorab schon angesprochene Intention, Gelenkoberflåchen durch Transplantation von Knorpel-/Knochenstçcken, Periost oder Perichondrium oder Chondrozyten wiederherzustellen. Diese Methoden scheinen zunåchst nur zum Auffçllen kleinerer ærtlich begrenzter Defekte geeignet zu sein. Osteotomien, zumeist gelenknah durchgefçhrt, verfolgen das Ziel, eine bessere Kongruenz der Gelenkflåchen zueinander und eine verbesserte Gelenkstatik zu erreichen. Namentlich Umstellungsosteotomien im Kniebereich fuhren nachweisbar zu dem gewçnschten Ziel, die Funktion des Gelenkes unter gleichzeitiger Reduktion der Schmerzen zu erhalten. Nach Radin [103] kænnen nach erfolgreichen, druckmindernden Operationen Gelenke tatsåchlich heilen. Einige von diesen bleiben geheilt, andere degenerieren erneut. Dies ist offenbar mit der schon vorab nåher besprochenen unterschiedlichen Pathogenese des Arthroseprozesses zu erklåren. Fçr fortgeschrittene Befunde verbleibt heute bei der zunehmenden Lebenserwartung und damit dem Erleben eines deutlich durch Schmerz und Behinderung gekennzeichneten Arthroseprozesses bei vielen Patienten der Rçckgriff auf Gelenkersatzoperationen. Der Gelenkersatz, besonders fçr das Hçft- und Kniegelenk, ist heute aus dem Behandlungskonzept fçr den Arthrosepatienten nicht mehr wegzudenken. Vielfach sind Schmerzen und Behinderung so deutlich, dass nur mit diesem Verfahren den betroffenen Patienten ausreichend geholfen werden kann. Heute kann der Nutzen deutlich hæher als das Risiko, welches mit dem Eingriff verbunden ist, eingeschåtzt werden. Die Komplikationen sind in letzter Zeit deutlich zurçckgegangen, und
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erwartungsgemåû werden z. B. mindestens 95% der Knieimplantate noch 10 Jahre nach der Operation funktionsfåhig sein. Diese Rate ist ebenso gut oder vielleicht noch besser als die gegenwårtigen Ûberlebensraten fçr Hçftgelenkimplantate [15, 67, 78]. Resçmierend låsst sich festhalten, dass ein ganzes Bçndel verschiedener Maûnahmen zur Therapie der Arthrose zur Verfçgung steht. Der Pråvention gebçhrt ein breiterer Rahmen, als dies bisher realisiert wurde. Zukçnftig werden neue Therapieansåtze vor allem durch krankheitsmodifizierende Medikamente zu erwarten sein. Eine wesentliche Rolle bei der Behandlung fortgeschrittener, stark schmerzhafter Arthrosen spielt zunehmend der Gelenkersatz.
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Diagnostik
Anamnese G. Salzmann
Einfçhrung Die Diagnose und damit der Erfolg einer Therapie sind zum einen abhångig von einer sorgfåltigen, gewissenhaft und behutsam erhobenen Anamnese und zum anderen von der kærperlichen Untersuchung, dem Labor und den bildgebenden Verfahren. Besonders frçhe Formen rheumatischer Erkrankungen und weichteilrheumatischer Syndrome werden vielfach ausschlieûlich aufgrund der anamnestischen Angaben des Patienten und der speziellen rheumatologischen Untersuchungstechnik diagnostiziert. Die Erhebung der Anamnese dient neben der Information çber den Patienten auch dem menschlichen Kontakt. Sie soll zu gegenseitigem Vertrauen und Verståndnis fçhren [2]. Mitgebrachte frçhere Berichte, Befunde, Ræntgenbilder oder Diagnosen sollten erst nach Erhebung der Anamnese und nach der Untersuchung angesehen werden, um sich nicht von diesen Vorberichten beeinflussen zu lassen. Sie sind aber von Bedeutung, um Doppeluntersuchungen zu vermeiden. Die ausfçhrliche Schilderung der gegenwårtigen Beschwerden und der Anlass, den Arzt aufzusuchen, eræffnen das Gespråch. Wåhrend der Erstkonsultation soll der Patient Vertrauen gewinnen. Der Arzt lernt durch die seelischen und kærperlichen Beschwerden, die Persænlichkeit des Patienten und seine Art der Krankheitsbewåltigung kennen. Wichtig fçr den Aufbau des Vertrauensverhåltnisses zwischen Arzt und Patient ist nicht die Erfassung der Geschichte der Erkrankung, sondern der Geschichte des Kranken. Die geschilderten Beschwerden sollen nicht angezweifelt oder unterbewertet werden. Man sollte sich zunåchst die Symptome nur beschreiben lassen und nicht versuchen, sofort einen kausalen Zusammenhang herzustellen. Im Dialog mit dem Patienten ist zu klåren: Warum kommt er gerade jetzt ± oft erst wenn
¹es nicht mehr gehtª. Immer noch kommen Patienten mit rheumatologischen Erkrankungen in einem schon relativ fortgeschrittenen Stadium der Erkrankung in die Sprechstunde eines Spezialisten. Erst nach einer solchen Spontananamnese wird durch gezielte Fragen die spezielle rheumatologische Anamnese vervollståndigt. Die entsprechende Einordnung der Angaben des Patienten fçhrt zur Diagnose. Eine tabellarische Aufstellung und das Abfragen einzelner Punkte erleichtern die Arbeit und çberprçfen die Vollståndigkeit der Anamnese. EDV-gestçtzte Erhebungsbægen kænnen den Arzt durch die Erhebung der Vorgeschichte fçhren und die Dokumentation erleichtern. Zur weiteren Erleichterung der Ûbersicht kænnen auch die anamnestischen gelenkbezogenen Angaben auf ein Skelettschema (¹Gelenkoder Wirbelsåulenmånnchenª) çbertragen werden. Zusåtzliche Angaben werden in kleinen Begleittabellen markiert (Abb. 1). Inhalt und Aufbau einer rheumatologischen Anamnese: ] aktuelle Grçnde fçr die årztliche Untersuchung, ] Zeitpunkt des Auftretens der Beschwerden, ] Verlaufs- und Befallsmuster, ] Charakterisierung des Schmerzes, ] Charakterisierung der Schwellung, ] Symptomatik an der Wirbelsåule, ] Symptomatik auûerhalb des Bewegungsapparates, ] Morgensteifigkeit, ] Funktionsstærung und Behinderung, ] Gestaltverånderung, Haltungsverånderungen, ] Begleit- und Vorerkrankungen, ] soziale Situation, ] bisherige Therapie und Verlauf, ] Familienanamnese. Abschlieûend sollte bei dem årztlichen Gespråch darauf eingegangen werden, dass es sich bei ei-
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G. Salzmann
Abb. 1. Skelettschema zur bildlichen Darstellung von Gelenkbefall (mod. nach [10])
nem Rheumakranken um einen chronisch Kranken handelt. ¹Chronischª bedeutet ein dauerndes Fortbestehen der Beschwerden, eine eventuelle Zunahme der Behinderung, die Gefahr der Gestaltverånderung, gelegentlich ohne Hoffnung auf Remission. Ein chronisch Kranker låuft Gefahr, fçr den Rest seines Lebens zu leiden und Lasten zu tragen, die materieller und immaterieller Art sind. Ein Rheumakranker ist håufig auf die Hilfe anderer Menschen angewiesen, aber sicher ståndig auf årztliche Hilfe. Die medikamentæse Therapie der Erkrankung muss kontinuierlich auf ihre Wirkung und Nebenwirkung hin çberprçft werden. Eventuell notwendige operative Eingriffe mçssen mit dem Patienten diskutiert und zeitlich abgestimmt werden.
Lokalisation, Auftreten und Verlauf der Beschwerden Das Vorgehen orientiert sich an den schematischen Fragen: ± Wo? ± Wann? ± Wie? Die Frage nach dem ¹Woª soll klåren, ob es sich um allgemeine oder lokale Beschwerden handelt. Das ¹Wieª klårt die Ausbreitung und deren Richtung, das ¹Wannª eine eventuelle Abhångigkeit von Tageszeit und Belastungsart.
Die Schmerzanalyse umfasst die Fragen: ] Lokalisation? ] Zeitpunkt ± wann erstmals, unter welchen Bedingungen? ] Charakter? ] Dauer? ] Schmerzfreies Intervall? ] Beeinflussbarkeit? ] Schmerzempfindung ± Bedeutung fçr den Patienten?
Lokalisation der Beschwerden ± ¹Wo?ª Welche Gelenke, welche Strukturen sind befallen? Zur Verdeutlichung sollte der Patient mit dem Finger auf die schmerzhaften Stellen deuten und eventuelle Ausstrahlungen zeigen, da viele Patienten die exakte Lokalisation nicht mit Worten beschreiben kænnen. Eng umschriebene Schmerzen lassen sich so von flåchigen differenzieren. Treten die Schmerzen artikulår, periartikulår lokalisiert, in den Sehnen, in den Sehnenansåtzen, Båndern oder diffus in der Muskulatur im Bereich der Wirbelsåule auf? Welcher Wirbelsåulenabschnitt, radikulår oder pseudoradikulår, diffuse Schmerzen ± ¹çberallª? ± Hierbei muss auch an eine psychosomatische Erkrankung gedacht werden (Tabelle 1). Das Befallsmuster kann diagnostische Hinweise geben: Schmerzen in den Fingergelenken
Anamnese Tabelle 1. Lokalisation der Schmerzen Artikulår ] Gelenk, Gelenkkapsel
monoartikulår oligoartikulår polyartikulår
Periartikulår ] Sehnen, Sehnenansåtze
groûe Gelenke kleine Gelenke
Extraartikulår ] Knochen, Muskulatur (diffus), Schleimbeutel
oberflåchlicher Schmerz, tiefer Schmerz diffuse Schmerzen ± çberall ± (Verdacht auf eine psychogene Erkrankung)
Wirbelsåule
welcher Abschnitt, radikulår, pseudoradikulår
]
rung der Jahreszahl. Es sollte auch versucht werden, einen eventuellen zeitlichen Zusammenhang des ersten Auftretens der Beschwerden mit Prodromalsymptomen zu erfragen. Diese sind in der Regel allgemeiner Natur und kænnen der eigentlichen Krankheit Wochen oder sogar Monate vorausgehen. Solche Vorlåufersymptome kænnen sein: vermehrtes Schwitzen, schnelle geistige und motorische Ermçdbarkeit, Appetitlosigkeit, leichte Anåmie, Paråsthesien, Morgensteifigkeit der Hånde, diffuse Muskel- und Sehnenschmerzen (Tabelle 2).
Verlauf ± ªWie?ª Tabelle 2. Prodromalsymptome Allgemeinzustand ] Krankheitsgefçhl ] Antriebslosigkeit ] rasche Ermçdbarkeit ] Inappetenz (Gewichtsverlust) ] vermehrtes Schwitzen ] Kåltegefçhl der Finger ] subfebrile Temperaturen ] psychische Vorerkrankungen (Nervositåt, Reizbarkeit, Depression) Beschwerden ] Arthralgien (flçchtig oder langanhaltend) ] Gelenksteifigkeit (Morgensteifigkeit) ] Paråsthesien (der Hånde) ] Akrozyanose ] Schwellungen ] Hitzegefçhl ] diffuse Sehnen-, Muskelschmerzen
deuten auf eine chronische Polyarthritis hin, wåhrend Schmerzen in den Groûzehengelenken fçr eine Gicht charakteristisch sind. Ein strahlfærmiger Gelenkbefall ist eher fçr eine Psoriasis-Arthritis typisch.
Zeitliches Auftreten der Beschwerden ± ¹Wann?ª Hier soll versucht werden, den Zeitpunkt des ersten Auftretens von Beschwerden zu fixieren. Je nåher der Zeitpunkt des ersten Auftretens am Untersuchungstag liegt, desto genauere Zeitangaben wird der Patient machen kænnen. Bei långer zurçckliegendem Beginn reicht die Fixie-
Weitere wichtige Informationen ergeben sich aus dem Verlauf der Erkrankung. Handelt es sich um einen schubweisen Verlauf mit oder ohne zwischenzeitliche Remissionen oder um einen progredienten Verlauf? Die Art des Beginns der Erkrankung gibt verlåssliche Hinweise, ob ein entzçndliches Gelenkgeschehen vorliegt. Die Angaben zum bisherigen Verlauf der Krankheit kænnen in entsprechenden Tabellen festgehalten oder ebenfalls am Gelenkmånnchen vermerkt werden (Tabelle 3). Tabelle 3. Verlaufs- und Befallsmuster bei Gelenkerkrankungen Beginn
Verlauf
Befallsmuster
] akut ] subakut ] schleichend
akut Remissionen vollståndige unvollståndige schubweise chronisch nicht progredient gering progredient deutlich progredient Dauer der Remission Frequenz der Schçbe Dauer der Schçbe
monoartikulår oligoartikulår polyartikulår groûe Gelenke kleine Gelenke symmetrisch asymmetrisch peripher oberflåchlich tief ausstrahlend Muskel Sehnen Sehnenansåtze Bånder Unterhaut
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Schmerz Diagnostisch bedeutsam ist die Beschreibung des Schmerzes. Wann treten die Beschwerden auf: in Ruhe oder nach Belastung? Sind sie mit einem Funktionsverlust verbunden? Handelt es sich um einen Dauer- oder um einen Anlaufschmerz? Låsst sich der Schmerz durch bestimmte Schonhaltungen oder Bewegungen beeinflussen oder durch bestimmte therapeutische Maûnahmen lindern. Diese Angaben zum Schmerztyp lassen sich çbersichtlich zusammenfassen: ] Ruheschmerz ] Nachtschmerz ] Bewegungsschmerz (Funktionsschmerz) ± Anlaufschmerz ± Ermçdungsschmerz ± Dauerschmerz ± plætzlicher Schmerz ] unabhångig von irgendwelchen Faktoren Es ist auch die Abhångigkeit der Schmerzen von bestimmten Situationen festzustellen: ] belastungsabhångig ] tageszeitabhångig ] jahreszeitabhångig ] abhångig von Temperaturschwankungen ± Wårme ± Kålte ± Feuchtigkeit ] Aufregung ] Stress ] Verstårkung der Schmerzen ± Bewegung ± ± bçcken ± ± heben ± ± tragen ± Kærperhaltung ± ± stehen ± ± sitzen ± ± liegen In der Regel kænnen die Patienten die Art des Schmerzes treffend beschreiben (Tabelle 4).
Schwellung Die Angaben der Patienten zu Schwellungen an den Gelenken oder in den Weichteilen sind håufig sehr subjektiv und lassen sich nicht immer
Tabelle 4. Schmerzcharakter, -stårke und -dauer Schmerzcharakter
Schmerzstårke
Schmerzdauer
dumpf stechend ziehend brennend reiûend bohrend håmmernd krampfartig
leicht mittel stark unertråglich gleichbleibend wechselnd
Minuten Stunden Tage
Tabelle 5. Erguss und Schwellung Beurteilung
Dauer
] Erguss
leicht måûig stark
ståndig zeitweise nur einmalig
] Schwellung
weich derb
ståndig zeitweise nur einmalig
objektivieren. Die Schwellungen kænnen auch nur vorçbergehend sein und sich bei der Untersuchung nicht mehr feststellen lassen. Ein Spannungsgefçhl im betroffenen Bereich kann auch als Schwellung charakterisiert werden. Liegt oder lag ein Gelenkerguss vor, kann dies von dem Patienten nicht immer genau angegeben werden. Die Angaben zu einem Erguss oder einer Schwellung sollten mæglichst genau charakterisiert werden. Besteht eine starke oder leichte Schwellung, ist sie ståndig vorhanden oder tritt sie nur zeitweise auf oder war sie nur am Beginn der Erkrankung vorhanden (Tabelle 5)? Die Frage, ob neben der Gelenkschwellung eine Ûberwårmung oder Rætung bestand, ist von Bedeutung, da Rætungen der Gelenke bei rheumatischen Erkrankungen selten anzutreffen sind, eventuell nur bei hochakuten Prozessen.
Symptome einer Wirbelsåulenbeteiligung Beschwerden an der Wirbelsåule kænnen in Zusammenhang mit rheumatischen Erkrankungen oder als alleinige Krankheit auftreten. Lokalisation und Beginn der Beschwerden kænnen in einer Tabelle registriert oder in einem Wirbelsåulenmånnchen eingetragen werden (Tabelle 6).
Anamnese Tabelle 6. Verlauf und Lokalisation bei Wirbelsåulenerkrankungen Beginn ] Akut ] subakut ] schleichend
Verlauf
Urogenitalerkrankungen hinterfragt und gegebenenfalls abgeklårt werden.
Befallsmuster
akut Remissionen vollståndig unvollståndig schubweise chronisch progredient gering progredient deutlich progredient Dauer der Remission Frequenz der Schçbe Dauer der Schçbe
ganze Wirbelsåule Halswirbelsåule Brustwirbelsåule Lendenwirbelsåule Kreuzbeinbereich Schultergçrtel Brustbein Gesåû oberflåchlich tief ausstrahlend
Die Art des Schmerzes kann, wie im Abschnitt ¹Schmerzª dargestellt (s. o.), angegeben werden. Hinzuzufçgen ist noch, ob es sich um atemabhångige Schmerzen handelt und ob sie ausstrahlen. Eventuell vorhandene Låhmungserscheinungen bzw. Sensibilitåtsdefizite sind zu erfragen. Bei einer Wirbelsåulenbeteiligung im Rahmen entzçndlicher Systemerkrankungen haben Begleitsymptome eine besondere diagnostische Wertigkeit. Fersenschmerz, periphere Gelenkbeteiligung, Muskelschmerzen, Gefçhl einer Brustkorbstarre, frçhmorgendliches Erwachen wegen tiefsitzenden Kreuzschmerzes mit Erfordernis des Aufstehens und Umherlaufens sind eindeutige Hinweise. Bei vermuteten entzçndlich-reaktiven Wirbelsåulenerkrankungen, eventuell auch mit peripherer Gelenkbeteiligung, mçssen chronisch rezidivierende oder akut infektiæse Darm- oder
Extraartikulåre Symptome Schwieriger zu erfragen und zu lokalisieren sind Schmerzen in den Weichteilen. Zu differenzieren ist, ob es sich um Nerven- oder Muskelschmerzen handelt. Nervenschmerzen haben einen entsprechenden segmentalen Verlauf. Bei Kompression peripherer Nerven entspricht die Lokalisation der Schmerzen dem entsprechenden Versorgungsgebiet. Von Bedeutung ist weiterhin die Lokalisation bei Weichteilschmerzen. Liegen sie im Unterhautgewebe, in den Sehnen, Sehnenscheiden oder Sehnenansåtzen, Båndern oder Schleimbeuteln? Auch diese Angaben kænnen im Gelenkmånnchen mit Zeitangaben festgehalten oder tabellarisch erfasst werden (Tabelle 7). Weiter sind Symptome entzçndlich systemischer Bindegewebserkrankungen abzufragen.
Morgensteifigkeit Angaben zur Morgensteifigkeit mçssen besonders kritisch vom Patienten erfragt werden. Die Steifigkeit ist von Anlaufbeschwerden abzutrennen, die mehr bei den degenerativen Erkrankungen auftreten und nach einigen Bewegungen wieder verschwinden. Nicht als Morgensteifigkeit dçrfen die nåchtlichen Kreuzschmerzen gewertet werden mit der Schmerzspitze am frçhen
Tabelle 7. Schmerzen bei Weichteilerkrankungen Schmerztyp
Abhångigkeit des Schmerzes von
Lokalisation
Spezielle Lokalisation
] Ruheschmerz
Belastung Tageszeit Jahreszeit Temperaturschwankung Kærperhaltung Aufregung, Stress Verstårkung oder Linderung durch Bewegung
Schultergçrtel Oberarm Unterarm Hand/Finger Stamm/Brustkorb paravertebral Beckengçrtel Oberschenkel Unterschenkel Fuû/Zehen
ein Muskel eine Muskelgruppe ein oder mehrere Nervenversorgungsgebiete einseitig beidseitig symmetrisch
] Nachtschmerz ] Bewegungsschmerz ] Funktionsschmerz ] Dauerschmerz ] plætzlicher Schmerz ] Schmerzen wechselnder Intensitåt unabhångig von irgendwelchen Faktoren
]
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Morgen, wie sie fçr den Morbus Bechterew charakteristisch sind. Die morgendliche Gelenksteife ist vor allem im Bereich der Hand- und Fingergelenke lokalisiert. Ihre Dauer ist abhångig von der entzçndlichen Aktivitåt der Grunderkrankung. Bei einem unbehandelten Rheumatiker kann die morgendliche Steifigkeit bis zu vier Stunden anhalten. Variationen in der Dauer kænnen als Wirkung der Therapie gewertet werden. Dies ist ein sehr preiswerter Test unter den vielen anderen ± und er ist jederzeit verfçgbar.
Funktionsstærung Zu erfragen ist, ob es sich um eine partielle oder totale Bewegungseinschrånkung handelt. Eine partielle Bewegungseinschrånkung kann Folge von entzçndlichen Gelenkschmerzen, Schwellungen und Gelenkergçssen, Kapsel- oder Bandschrumpfungen sein oder bedingt durch knæcherne Hemmungen. Eine totale Bewegungseinschrånkung findet man bei Kontrakturen oder Ankylosen. Beim Rheumatiker handelt es sich bei der Bewegungs- bzw. Funktionsstærung håufiger um eine Bewegungseinschrånkung und seltener um eine abnorme Beweglichkeit. Die seltene abnorme Beweglichkeit beim Rheumatiker tritt auf infolge von Band- oder Kapsellockerungen, Bånder- oder Sehnenrissen und bei schweren Gelenk- und Knochendestruktionen. Am genauesten kann man diese Funktionsstærungen erfassen, wenn man nach den Alltagsfunktionen und ihren Einschrånkungen fragt (Abb. 2). Die Funktions- und Bewegungsbeeintråchtigungen lassen sich in drei Schweregrade einteilen. 1. Welche Gelenke werden geschont? 2. Welche Bewegungsablåufe werden nicht mehr durchgefçhrt? Eine stårkere Beeintråchtigung liegt vor, wenn mehrere Bewegungsablåufe oder Funktionen nicht mehr ausgefçhrt werden kænnen. 3. Komplette Handlungsablåufe werden gemieden aus Angst, sie nicht mehr bewåltigen zu kænnen. Der Erhalt, die Abnahme oder die Wiederherstellung von tåglichen Funktionen und Bewegungsablåufen sind wichtige Beurteilungskriterien fçr den Verlauf einer rheumatischen Er-
krankung. Einschrånkungen der Funktion haben prognostische und therapeutische Bedeutung. Sie sind fçr die Beurteilung der Arbeitsfåhigkeit oder einer Invaliditåt von græûerer Bedeutung als die Schmerzangaben. Zu fragen ist nach: ] Einzelfunktionen, Komplexfunktionen, ] Gangstærung, Gehleistung, ] Alltagsfunktionen, Selbstversorgung, ] Stærung bei beruflicher Tåtigkeit, ] Stærung bei sportlicher Tåtigkeit, ] Hilfsmitteln. Die Klårung des Verlaufs der Deformierung eines Gelenkes, einer gesamten Extremitåt oder von Haltungsverånderungen ist fçr die Beurteilung des Schweregrades der Erkrankung von Bedeutung. Man gewinnt çber den Verlauf der Progredienz solcher Deformierungen einen Einblick çber den Aktivitåtsverlauf der Erkrankung.
Begleit- und Vorerkrankungen Systematisch muss die eigene Vorgeschichte des Patienten erfragt werden, auch Erkrankungen, die vom Kranken nicht unmittelbar in Zusammenhang mit der jetzigen Krankheit gebracht werden. Nicht nur nach den Kinderkrankheiten sollte gefragt, sondern auch die gesamte Entwicklung und das Wachstum sollten ermittelt werden sowie der allgemeine Gesundheitszustand. Die Anamnese muss eine Gesamtçbersicht çber Krankheiten, Unfålle und Operationen enthalten mit Zeitdauer, Schwere sowie Komplikationen und Folgen. Hierher gehæren besonders auch Fragen nach frçheren Muskelerkrankungen, Wachstumsschmerzen in der Kindheit, håufigen Racheninfekten und Anginen, besonders in Zusammenhang mit Herzbeteiligung und Gelenkschwellung, die auf ein rheumatisches Fieber deuten kænnen. Von Belang sind weitere Hinweise auf Viruserkrankungen oder intestinale Erkrankungen und eventuell damit in gewissem zeitlichen Zusammenhang aufgetretene Gelenkbeschwerden. Hautausschlåge kænnen darauf hinweisen, dass die Gelenkerkrankung Symptom einer allgemeinen Erkrankung ist ± wie die Schuppenflechte bei der Psoriasis-Arthropathie.
Anamnese
]
In den folgenden Fragen geht es um Tåtigkeiten aus dem tåglichen Leben. Bitte beantworten Sie jede Frage so, wie es fçr Sie im Moment (in Bezug auf die letzten 7 Tage) zutrifft.
Abb. 2. Erfassung der Stærungen bei Alltagsfunktionen
Entzçndungen der Iris und der Konjunktividen, der Harnræhre, des Dickdarms und im Periostbereich des Fersenbeins, der Trochanteren, des Darmbeinkamms und der Dornfortsåtze kænnen Frçhsymptome des Reiter-Syndroms, der Spondylitis ankylosans und des Still-Syndroms sein.
Soziale Situation Stabilitåt in Ehe und Familie sowie im Berufsleben mit Angabe des erlernten und zur Zeit ausgeçbten Berufes und der Belastung am Arbeitsplatz sind wichtige Faktoren, denn der Krankheitsverlauf kann die soziale Situation sehr beeintråchtigen. Die Dauer von Arbeitsun-
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Tabelle 8. Soziale Situation Familie Soziales Umfeld ] Verhåltnis zu ] Beruf
] Freizeit
Familienstand, Familiengræûe Stabilitåt der Partnerschaft, einschlieûlich sexueller Beziehung Verwandten, Freunden, Bekannten, Nachbarn, Arbeitskollegen erlernter Beruf, ausgeçbter Beruf, physische und psychische Belastung am Arbeitsplatz Zeit der Arbeitsunfåhigkeit arbeitslos Berentung (vorzeitig) Hobby, Sport
fåhigkeiten und eine eventuell vorzeitige Berentung spiegeln das Krankheitsgeschehen wider. Es ist ebenfalls von Interesse, ob der Kranke viele soziale Kontakte hat oder bereits in einer sozialen Isolation lebt. Fragen nach Konsumgewohnheiten, wie z. B. Alkohol und Nikotin, evtl. Drogen, gehæren ebenso zu diesen Angaben wie die Frage nach Hobbys und kærperlichen, eventuell sogar sportlichen Aktivitåten (Tabelle 8).
± wie Bestrahlungen, Massagen und Båder ± oder mehr aktive Maûnahmen ± wie Krankengymnastik ± durchgefçhrt, und wurden sie regelmåûig oder nur gelegentlich angewandt? Fçr die Weiterbehandlung von Bedeutung sind auch die Angaben çber Vorhandensein, Gebrauch und Nutzen verschiedener Hilfsmittel, wie z. B. Gehstæcke, Orthesen, Greifhilfen etc. und von orthopådischen Schuhen. Nicht nur fçr den operierenden Rheumatologen sollten Fragen nach durchgefçhrten Operationen wichtig sein. Die Zufriedenheit des Patienten mit jeder einzelnen Operation ist zu hinterfragen: Wurde der Patient durch eine Operation von seinen Schmerzen befreit oder nur beschwerdeårmer, konnte die Funktion des Gelenkes oder der gesamten Funktionskette verbessert oder zumindest eine Verschlimmerung verhindert werden? Ein Patient, der seine frçheren Operationen positiv beurteilt, wird eher zu weiteren Eingriffen eine positive Einstellung haben.
Familienanamnese Bisherige Therapie und Verlauf Zu einem vollståndigen anamnestischen Gespråch gehæren auch die Erærterung der vorangangenen und derzeitigen Therapie. Bei der Erhebung der Medikamenten-Anamnese kann man sich nicht auf die Ermittlung der gegenwårtigen Situation beschrånken. Es ist wichtig, nach Dosierung, Applikation und Dauer der bisher eingenommenen Medikamente zu fragen sowie Wirkung und Nebenwirkung, Vertråglichkeit bzw. Unvertråglichkeit zu erfassen. Bei den Kortikosteroiden ist die Dosierung von Bedeutung (Cushing-Syndrom, Gefahr der Nebenniereninsuffizienz beim plætzlichen Absetzen). Die Dokumentation frçher durchgefçhrter Basistherapien mit Resochin, Gold, D-Penicillamin und Immunsuppressiva sowie das Ansprechen auf diese Therapien ist Voraussetzung fçr die aktuell durchzufçhrende Behandlung. Die Wirkung physiotherapeutischer Maûnahmen muss erfragt werden: Wurden mehr passive
In besonderen Fållen, vor allem bei diagnostischen Problemfållen, kann die Kenntnis einer familiåren Belastung fçr die DiagnosesteIlung hilfreich sein. Die Fragen zur Familienanamnese gehæren an den Schluss, nicht an den Beginn. Der Patient wçnscht zunåchst, dem Arzt seine augenblicklichen Beschwerden mitzuteilen und nicht die Familiengeschichte. Fragen zur Familienanamnese umfassen zuerst Alter und Todesursachen der Eltern und naher Verwandter. Dann folgen Fragen nach chronischen Erkrankungen wie Diabetes mellitus, Hypertonien, malignen Erkrankungen oder Infektionskrankheiten. Bei der Frage nach rheumatischen Erkrankungen in der Familie ist meist schwer zu differenzieren, ob eine echte entzçndliche Erkrankung wie chronische Polyarthritis, Morbus Bechterew oder Psoriasis- Arthritis vorlagen oder mehr eine degenerative Gelenkerkrankung. Vervollståndigt werden muss die Anamnese durch Fragen nach Hauterkrankungen ± Schuppenflechte ± und Gicht in der Familie.
Anamnese
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Rheumaorthopådische Untersuchungstechnik M. Sparmann
Einfçhrung Bedeutung der klinischen Untersuchung Obwohl in den letzten Jahren zunehmend bildgebende Verfahren entwickelt wurden, die auch in der Rheumatologie die diagnostischen Mæglichkeiten wesentlich erweitert haben, obwohl die immunologische laborchemische Diagnostik ebenfalls einen hohen Standard erreicht hat, ist die rheumatologische Untersuchung weiterhin fçr die Diagnosestellung von zentraler Bedeutung. Die Kombination der unterschiedlichen Krankheitshinweise, das Muster des Gelenkbefalls, das Auftreten von Krankheitszeichen an Auge, Haut, den Weichteilen usw. hat richtungsweisende Bedeutung fçr die rheumatologische Feindiagnostik und die Therapie. Aus diesen Grçnden muss die Untersuchung einen vollståndigen kærperlichen Befund des gesamten Stçtz- und Bewegungsapparates umfassen. Da sie eine ausschlieûlich årztliche Tåtigkeit ist, muss ihr ein ausreichender zeitlicher Umfang eingeråumt werden. Die Sorgfalt der Untersuchung und die Zuwendung zum Patienten schafft die Voraussetzungen fçr die zukçnftige Zusammenarbeit zwischen Patient und Arzt.
Allgemeine Gesichtspunkte Fçr die rheumaorthopådische Untersuchung sollte ein geeigneter Untersuchungsraum zur Verfçgung stehen. Wichtig ist eine gute Temperierung des Raumes und eine ausreichende Luftfeuchtigkeit. Zug und Kålte sollten in diesem Raum nicht auftreten. Eine Untersuchungsliege muss so aufgestellt werden, dass der Untersucher um den liegenden Patienten herumgehen kann. Der Raum sollte mæglichst einen weichen Fuûboden aufweisen, damit der Patient barfuû gehen kann, ohne dabei wegen der håufig vorhandenen rheumatischen Vorfuûdeformitåt zusåtzliche Beschwerden
zu bekommen. Da der zeitliche Untersuchungsaufwand groû ist, sollte eine Wårmequelle çber der Liege vorhanden sein, um den Patienten vor Auskçhlung zu bewahren. Im Untersuchungsraum sollten Lagerungsrollen, Schaumstoffkeile, Kissen usw. vorhanden sein, damit insbesondere die Patienten, die schwere Kontrakturen und Fehlformen des Achsorganes aufweisen, gelagert werden kænnen ohne wesentliche Beschwerden und ohne vermehrten Druck auf die durch jahrelange Cortisoneinnahme håufig sehr verletzungsgefåhrdete Haut. Der Untersuchungszeitpunkt ist exakt zu bestimmen. Untersuchungen am frçhen Morgen belasten die Patienten håufig wegen der ausgeprågten Morgensteifigkeit der Gelenke. Untersuchungen im Schub kænnen nur ein oberflåchliches Bild der tatsåchlichen Leistungsfåhigkeit wiedergeben. Untersuchung nach Anwendung der Ganzkærperkåltetherapie werden von dem Patienten wegen der systemischen Analgesie als angenehm empfunden, tåuschen aber einen besseren funktionellen Zustand vor als er im Alltag tatsåchlich besteht. Folgende Hilfsmittel sollten bei der rheumaorthopådischen Untersuchung zur Verfçgung stehen: Kærperwaage, Messlatte zur Bestimmung der Kærpergræûe, Maûband, Winkelmesser (Goniometer), Reflexhammer, Nervenrådchen, Stimmgabel und Vigorimeter. Fçr die Dokumentation des Untersuchungsergebnisses empfiehlt sich eine standardisierte, mæglichst auf Formularen vorgefertigte Technik, die es ermæglicht, bei Kontrolluntersuchungen eine Verånderung des Gesundheitszustandes nachzuvollziehen. Diese Dokumentationstechnik sollte in jedem Falle ein sog. Gelenkmannequin beinhalten, auf dem Anzahl und Verteilungsmuster der betroffenen Gelenke dokumentiert sind. Die funktionellen Behinderungen sollten nach der Neutral-0-Methode dokumentiert sein. Eine Graduierung der Muskelschwåche muss vorgenommen werden, und Achsabweichungen sollten in Winkelgraden beschrieben werden.
Rheumaorthopådische Untersuchungstechnik
Die anamnestischen Hinweise des Patienten sind fçr den Untersuchungsgang von auûerordentlich hoher Bedeutung (der Patient erzåhlt seine Krankheit). Es ist zu prçfen, ob die angegebenen Beschwerden lokalen oder regionalen Krankheitsbildern entsprechen, z. B. eine Schwellung bei Arthritis, eine Instabilitåt eines Gelenkes, eine Steifigkeit, eine Blockierung von Bewegung, oder ob die angegebenen Beschwerden fortgeleiteter Natur sind als Folge eines intra- oder extraspinalen Nervenkompressionssyndroms. Fçr den Gang der Untersuchung sind unterschiedliche Systematiken vorgeschlagen. Zahlreiche Rheumatologen beginnen mit der Inspektion, fçhren dann eine funktionelle Untersuchung durch und schlieûen die Untersuchung mit der Palpation ab. Begrçndet wird dieses Vorgehen mit der Berçhrungsempfindlichkeit der rheumakranken Patienten, sodass die am meisten belastende Untersuchungseinheit am Ende des Untersuchungsganges stehen sollte. Mæglich ist allerdings auch ein Untersuchungsgang durch die einzelnen anatomischen Regionen, welcher die funktionelle Untersuchung und die Palpation zusammenfasst. Beginn der Untersuchung ist nach vollståndiger Entkleidung des Patienten die Inspektion im Stand und im Liegen. Das erste Interesse gilt den Hautverhåltnissen.
Hautverånderungen bei rheumatischen Erkrankungen Bei der Hautuntersuchung Rheumakranker finden sich håufig erhebliche krankhafte Verånderungen, die einzelnen rheumatischen Erkrankungen zugeordnet werden kænnen. Die Hautverånderungen manifestieren sich lokal (z. B. Streckseiten der Gelenke) oder systemisch (z. B. Erythema marginatum beim rheumatischen Fieber). Rheumaknoten finden sich bei der rheumatoiden Arthritis insbesondere in der Peripherie der Extremitåten, also an Hand und Fuû, aber auch an Ellenbogen- und an Kniegelenken (Abb. 1). Sie kænnen unterschiedliche Græûe und Konsistenz aufweisen. Tritt die rheumatoide Arthritis zusammen mit einer Vaskulitis auf, sind erythematæse Papeln vorhanden.
]
Abb. 1. Rheumaknoten am Rçckfuû
Fleckige Pigmentverschiebungen, trockene, schuppende Exantheme und eine insgesamt trockene Haut findet sich beim Sjægren-Syndrom. Das Erythema nodosum, insbesondere çber den Unterschenkeln, ist typisch fçr die reaktive Arthritis. Das Keratoderma blennorrhagicum tritt insbesondere an den Fuûsohlen auf und weist auf ein Reiter-Syndrom hin. Hyper- und Depigmentierungen finden sich bei der Dermatomyositis und beim Lupus erythematodes. Ein Raynaud-Phånomen ist bei der Sklerodermie, bei der Polymyalgie und gelegentlich bei der rheumatoiden Arthritis vorhanden. Besondere Aufmerksamkeit gilt der Untersuchung der Kopfhaut und des Haaransatzes, da hier Psoriasiseffloreszenzen vorliegen kænnen, auch auf der behaarten Kopfhaut. Eine Alopezie findet sich beim Lupus erythematodes. An der Ohrmuschel ist neben Psoriasiseffloreszenzen auch das Auftreten von Gichttophi mæglich. Zur Untersuchung des Auges s. Abschnitt ¹Augeª. Die Mundregion wird auf Aphthen (Morbus Behet), Ulzerationen und Depigmentierungen untersucht. Die Sklerodermie fçhrt zu erheblichen Fåltelungen und Atrophien, eine Depigmentation der Lippenregion ist beim Lupus erythematodes nachweisbar. Hautverånderungen des Stammes (Erythema marginatum, exfoliative Dermatitis, Erythema multiforme) sind gegen arzneimittelallergische Verånderungen abzugrenzen. Die Streckseiten der Extremitåtengelenke sind Prådilektionsstellen fçr die Psoriasiserkrankung. Besondere Aufmerksamkeit bei der Inspektion der Haut gilt den Hånden und den Fçûen.
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Ulzerationen an den Endphalangen finden sich bei der Sklerodermie, bei der Dermatomyositis, der Polymyositis und bei den nekrotisierenden Vaskulitiden. Teleangiektasien kænnen zusåtzlich auf einen Weichteilrheumatismus wie die Sklerodermie hinweisen. Fingernagelverånderungen treten insbesondere bei der Psoriasis auf. Hier sind Verplumpungen und Verbreiterungen, Querrillungen des Nagels, ein Abheben des Nagels von der Unterlage und Beteiligung des Nagelbettes erkennbar. Der Fingernagel ist bei der Psoriasis brçchig, beim Reiter-Syndrom verdickt. Psoriasiseffloreszenzen kænnen gelegentlich auch umbilikal und in der Analfalte gefunden werden. Schwellungen, Rætungen und Sekretionen aus der Harnræhre im Sinne einer Balanitis circinata weisen auf das Reiter-Syndrom hin. Fçr die einzelnen Erkrankungen ergibt sich folgende Tabelle (Tabelle 1): Unterschenkelgeschwçre und fleckfærmige Pigmentierungen finden sich beim Felty-Syndrom. Das Læfgren-Syndrom geht einher mit einem druckempfindlichen Knotenerythem an den Streck- und Auûenseiten der Unterschenkel. Die Haut ist zentral gerætet. Es besteht ein Erythema nodosum. Bei der chronischen Verlaufsform zeigen sich disseminierte Hauterscheinungen, meist makulopapulæse Verånderungen. Bei der klinischen Untersuchung muss berçcksichtigt werden, dass Medikamente, die ErTabelle 1. Hautverånderungen bei rheumatischen Erkrankungen Erkrankung
Hautverånderung
] Rheumatoide Arthritis
Rheumaknoten erythematæse Papeln und Plaques bei schweren Verlaufsformen Pyoderma gangraenosum kutane nekrotisierende Venolitis bei Kombination mit Vaskulitis trockene Haut, Erythem, Pruritus Keratoderma blennorrhagicum (Fuûsohle, Finger und Zehen) Psoriasiseffloreszenzen an der Kopfhautgrenze, an den Streckseiten der Extremitåten, paraumbilikal und in der Glutåalfalte Fingernagelverånderungen Erythema circumscriptum Schmetterlingserythem Makulæse Exantheme Vaskulitis, Purpura Kapillaranomalien im Nagelfalz Alopezie
] Sjægren-Syndrom ] Reiter-Syndrom ] Psoriasis-Arthritis
] Lupus erythematodes
krankte des rheumatischen Formenkreises håufig einnehmen, ebenfalls Hautverånderungen verursachen kænnen. Glukocorticoide kænnen zu einer Steroidakne fçhren, D-Penicillamine læsen eine Urtikaria, ein Erythema multiforme, verschiedenartige Exantheme und pemphigoide Reaktionen aus. Acetylsalicylsåure und Indometacin fçhren zu einer Urticaria. Die Behandlung mit Gold als Basistherapeutikum kann zu einer Depigmentierung, zu einer Goldeinlagerung in der Iris, Vaskulitiden und lichenoiden Exanthemen fçhren. Bei der ganzkærperlichen Inspektion muss insbesondere auf das Vorhandensein von Rheumaknoten geachtet werden, die auch heute noch als prognostischer Faktor gelten. Lage, Anzahl und Græûe der Knoten sollte dokumentiert werden. Håufige Lokalisation der Rheumaknoten sind Hånde, Fçûe und die Olekranonspitze; sie kænnen aber auch ubiquitår auftreten.
Auge Besondere Aufmerksamkeit hat dem Auge zu gelten, da es Prådilektionsorgan fçr unterschiedliche rheumatische Erkrankungen ist. Eine Iritis findet sich bei der Spondylitis ankylosans, beim Reiter-Syndrom, bei der Arthritis psoriatica, der Behet-Krankheit, der Colitis ulcerosa und der juvenilen chronischen Arthritis. Eine Iridozyklitis ist bei Spondylitis ankylosans, der Arthritis psoriatica, der Behet-Krankheit und der Colitis ulcerosa mæglich. Episkleritiden treten gelegentlich bei einer chronischen Polyarthritis, bei der Panarteriitis nodosa und der progressiven systemischen Sklerose auf. Beim Sjægren-Syndrom ist eine Keratokonjunktivitis sichtbar, manchmal sogar Leitsymptom. Eine nekrotisierende Skleritis ist bei der WegenerGranulomatose gelegentlich vorhanden, eine Retinopathie bei der Dermatomyositis. Eine Konjunktivitis tritt beim Reiter-Syndrom und der chronisch rezidivierenden Polychondritis auf. Das unterschiedliche Befallsmuster der einzelnen Gewebseinheiten des Auges kann dabei bei der Diagnosestellung hilfreich sein. Eine Keratoconjunctivitis sicca findet sich bei der rheumatoiden Arthritis. Diese Verånderung ist immer doppelseitig nachweisbar. Eine Skleritis oder eine Episkleritis kann ebenfalls bei der rheumatoiden Arthritis auftreten. Eine Uveitis ± ver-
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bunden mit einer bandfærmigen Keratopathie ± findet sich bei der juvenilen rheumatoiden Arthritis. Korneale und konjunktivale Låsionen treten beim systemischen Lupus erythematodes auf. Ein augenårztliches Konsil ist bei den unterschiedlichen Formen der Augenbeteiligung notwendig. Gelegentlich ist die Sicherung der Diagnose erst durch den Augenarzt mæglich (z. B. Morbus Behet).
ûen Trochanter, an der Innenseite des Knies und am Ûbergang vom M. gastrocnemius zur Achillessehne zu finden sind. Sind mindestens 5 dieser typischen Tender-Points schmerzhaft palpabel, ist eine primåre Fibromyalgie wahrscheinlich, sofern die sog. Kontrollpunkte negativ sind.
Gangbild
Untersuchungen der Gelenkregionen
Zur Analyse des Gangbildes siehe Abschnitt ¹Untersuchung der unteren Gliedmaûeª.
Die Untersuchung der Gelenkregionen umfasst zunåchst eine Prçfung der Beweglichkeit der einzelnen Gelenkabschnitte. Hierbei wird die aktive und passive Bewegungsfåhigkeit geprçft, die Bandstabilitåt und durch Palpation das Ausmaû der entzçndlichen Verånderungen. Die Untersuchungsreihenfolge Inspektion ± Palpation und funktionelle Diagnostik wird in der Rheumatologie wegen der håufig schmerzhaften Palpationspunkte umgekehrt, sodass die Palpation am Ende der Untersuchungsgånge steht. Fçr die Untersuchung der einzelnen Gelenkregionen ist eine çbersichtliche Dokumentation der Befunde wçnschenswert. Hierfçr eignet sich ein sog. Gelenkmannequin, mit dem die Anzahl der befallenen Gelenke und der Verteilungstyp der Gelenkentzçndung genau dokumentiert werden kænnen. Diese Dokumentation erlaubt es, bei Kontrolluntersuchungen Befundverschiebungen rasch zu erfassen. Einen symmetrischen Gelenkbefall erwarten wir bei der rheumatoiden Arthritis, beim systemischen Lupus erythematodes und anderen; einen peripheren pauki-artikulåren Befall erwarten wir bei der Psoriasis, beim Reiter-Syndrom, bei der Begleitarthritis, bei der Gicht, den enteropathischen Arthritiden und der Behet-Erkrankung. Periphere inflammatorische Gelenkverånderungen mit axialer Komponente sind insbesondere bei der Psoriasis-Arthropathie, aber auch bei der ankylosierenden Spondylitis zu erwarten, besonders dann, wenn es sich um den jugendlichen Typ dieser Erkrankung handelt. Die Gelenkuntersuchung beginnt mit der Analyse der Kopfgelenke, z. B. mit dem temperomandibulåren Gelenk. Dieses ist vor dem åuûeren Gehærgang tastbar. Hier sind Schwellungen palpabel, die auf die Diagnose einer juveni-
Weichteilrheumatismus ± Untersuchung der Muskulatur Die Untersuchung der Muskulatur umfasst die Palpation der einzelnen Muskelgruppen, die Prçfung besonderer Palpationspunkte, die funktionelle Untersuchung und beinhaltet die Dokumentation spezieller Schmerzregionen. Unterschieden werden mçssen degenerative und entzçndliche Verånderungen der Muskulatur. Verschleiûerkrankungen sind meist als Muskelverkçrzungssyndrome nachweisbar, die bei der funktionellen Untersuchung auffallen (besonders bei der schulter- und hçftfçhrenden Muskulatur). Entzçndliche Erkrankungen weisen håufig umschriebene druckschmerzhafte ¹Landmarksª auf, wie das fibromyalgische Syndrom oder die Ansatztendinosen. Schmerzen muskulåren Ursprungs im Bereich der Nackenmuskulatur und Beschwerden çber dem Schulter- und/oder dem Beckengçrtel weisen auf eine Polymyalgia rheumatica bzw. eine Riesenzellarteriitis hin. Steht die muskulåre Schwåche im Bereich des Schulter- und Beckengçrtels im Vordergrund und sind die Halsflexoren beteiligt, ist eher an eine Polymyositis zu denken. Die Diagnostik der Tendomyopathie stçtzt sich heute im Wesentlichen auf die sog. Tender-Points, die im Bereich der Nackenmuskulatur, in der Mitte des Trapeziusrandes, an der Rippen-Knorpel-Grenze II, 2 cm unterhalb des lateralen Epikondylus, an der oberen Glutåalregion, 2 cm hinter dem gro-
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len rheumatoiden Arthritis hinweisen kænnen. Die Mundæffnung ist beim Befall der Kiefergelenke eingeschrånkt. Eine Messung der Distanz der Schneidezåhne des Ober- und des Unterkiefers erlaubt die Verlaufskontrolle (Inzisalabstand). Der Normalwert betrågt 4,5 cm beim Erwachsenen. Minderungen dieses Úffnungsgrades sind auf entzçndliche Verånderungen der Kiefergelenke verdåchtig.
Untersuchung der Wirbelsåule Funktionelle Einschrånkungen der Wirbelsåule kænnen bereits beim Gespråch mit dem Patienten erkannt werden. Schonhaltung, Zwangshaltung, Einschrånkungen physiologischer Freiheitsgrade (Rotation) weisen auf eine entzçndliche Beteiligung des Achsorganes hin. Beim Entkleiden zeigt sich darçber hinaus, inwieweit durch Minderbeweglichkeit des Achsorganes kompensatorische Bewegungen durchgefçhrt werden mçssen, um die Entkleidung durchzufçhren (Schuhe ausziehen). Die Untersuchung der Wirbelsåule umfasst såmtliche Untersuchungsabschnitte, die in der allgemeinorthopådischen Diagnostik wesentlich sind, hier besonders die Prçfung der Symmetrieverhåltnisse, der Entfaltung der einzelnen Wirbelsåulenetagen usw. Bei der Untersuchung der rheumatischen Wirbelsåule sind die Prçfung der Stabilitåt der entzçndlichen Verånderungen (soweit mæglich) am Knochen bzw. an den Bogengelenken wesentliche Untersuchungsabschnitte.
Halswirbelsåule Die Bewegungsausmaûe fçr die Inklination, Reklination, Seitneigung und Rotation werden gemessen und dokumentiert. Die Entfaltung der Gelenkfacetten wird manualtherapeutisch beurteilt. Der Kinn-Brustbein-Abstand bei Inklination und Reklination betrågt im Allgemeinen 0±20 cm. Bei ankylosierenden Erkrankungen sind diese Bewegungsfreiheiten erheblich gemindert. Gemessen wird darçber hinaus der Abstand zwischen Hinterkopf und Wand, der bei einsteifenden Wirbelsåulenerkrankungen im Laufe der Zeit græûer wird.
Besonders wesentlich ist die Untersuchung des Bewegungssegments C1/C2, da in diesem Segment rheumatisch bedingte Instabilitåten auftreten kænnen. Die isolierte funktionelle Untersuchung dieses Bewegungssegmentes erfolgt in Flexion der Halswirbelsåule, weil in dieser Position isolierte Rotationsbewegungen des Segmentes C1/C2 prçfbar sind, oder in maximaler Seitneigung bei Streckung der Halswirbelsåule, weil in dieser Positionen Nickbewegungen ausschlieûlich im Segment C1/C2 durchgefçhrt werden. Bei ausgeprågten rheumatisch bedingten Instabilitåten besteht ein Schiefhals, der spontan eingenommen wird, um die Kompression auf das Rçckenmark zu mindern. Passive Untersuchungsablåufe an der Halswirbelsåule sind in diesen Fållen obsolet. Bei ausgeprågten Instabilitåten finden sich Hinweise auf eine zervikale Myelopathie. Das Lhermitte-Zeichen ist positiv (= plætzliche elektrische Sensationen, Paråsthesien im Bereich der gesamten Wirbelsåule, spastisch-quadriparetische Anzeichen, Abschwåchung der Reflexe, gelegentlich positiver Babinski-Reflex). Leitsymptome fçr die Instabilitåt C1/C2 sind Kopfschmerzen, Schwindel und auch koordinative Stærungen, sodass das Gehen mit geschlossenen Augen auf einer geraden Linie nicht mehr mæglich ist.
Brust- und Lendenwirbelsåule Die Bewegungsausschlåge der Brust- und Lendenwirbelsåule werden ebenfalls in ZentimeterMaûen angegeben. Als Ausdruck der Gesamtentfaltung der Wirbelkærper wird der Fingerkuppen-Fuûboden-Abstand gemessen, ebenso die Verånderung einer Wirbelsåulenstrecke bei aufrechtem Stand und Flexion in der Technik nach Ott und nach Schober. Bei der aktiven Bewegungsprçfung wird insbesondere die Hyperextension geprçft, da dabei Instabilitåten im Bereich der Lendenwirbelsåule zu einem vermehrten Gleiten der Wirbelkærper untereinander fçhren, sodass in die Ober- und Unterschenkel ausstrahlende neuralgiforme Beschwerden angegeben werden. Eine Einschrånkung der Beweglichkeit såmtlicher Wirbelsåulenabschnitte, insbesondere aber der Rotation im Bereich des thorakolumbalen Ûberganges findet sich als Frçhzeichen auf eine Spondylitis ankylosans. Der Thoraxumfang bei
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In- und Exspiration sollte çber der 6. Rippe gemessen werden, da die Entfaltung des Brustkorbes bei den ankylosierenden Erkrankungen ebenfalls gemindert ist. Die mit der rheumatischen Erkrankung verbundene Osteoporose zeigt sich beim Untersuchungsgang als Minderung der Kærperhæhe, Annåherung der Rippenbægen an den Beckenkamm, gelegentlich sogar als Aufsitz des Brustkorbes auf dem Beckenkamm und mit einer queren Oberbauchfalte.
Untersuchung des Iliosakralgelenks Druck- und Klopfschmerzen lassen sich bei entzçndlicher Beteiligung der Iliosakralgelenke auslæsen. Ein iliosakraler Verschiebeschmerz (Mennel-Handgriff) ist bei derartigen Krankheitsbildern håufig positiv. Das Anheben des gestreckten Beines in Bauchlage fçhrt zu vermehrten Beschwerden im Bereich der iliosakralen Region. Die sog. Sell'schen Druckpunkte sind zu palpieren, die auf eine Schmerzverstårkung bei Kompression des Iliosakralgelenkes hinweisen. Bei der Palpation des Rçckens sind die Dornfortsåtze gelegentlich auûerordentlich druckschmerzempfindlich (Entesitis). Stoûpalpationen, sog. Stauchungsmanæver der Wirbelsåule, Klopfschmerzen auf der Kalotte usw. sind bei rheumatischen Erkrankungen obsolet. Das Abtasten der Dornfortsåtze erfolgt auch, um ein Schanzen-Phånomen als klinischen Hinweis auf eine Instabilitåt festzustellen. Der Tonus der Muskulatur wird palpiert. An den Ansåtzen und Ursprçngen der Nacken-Schulter-Muskulatur, der Rçckenstrecker und der Brustmuskeln werden Schmerzpunkte aufgesucht. Die Anzahl der Myegolosen wird erfasst und dokumentiert. Darçber hinaus erfolgt die Palpation der Trigger-Punkte und die Palpation der sog. Fibromyalgie-Punkte. Muskelverkçrzungssyndrome werden manual-therapeutisch ermittelt. Dies betrifft insbesondere die Nacken-Schulter-Muskulatur, hier den M. levator scapulae, die Rhomboides und den Trapezius.
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Inspektion und Palpation des Rumpfes Im Bereich des Rumpfes manifestieren sich zahlreiche rheumatische Erkrankungen. Schwellungen und Schmerzen çber dem Sternoklavikulargelenk finden sich bei der Spondylitis ankylosans, dem Reiter-Syndrom und der Arthritis psoriatica. Eine Schwellung und Schmerzen çber dem Sternomanubrialgelenk, die sog. Symphysitis sternomanubrialis, sind gelegentlich Leitsymptome fçr seronegative Spondylarthritiden. Im ventralen Thoraxabschnitt sind Druckschmerzen bei parasternaler Chondrodynie, Tietze-Syndrom, Symphysitis sternalis und Xyphoides-Syndrom mæglich. Eine Kostovertebralarthritis fçhrt zu Thoraxkompressionsschmerzen, Fibrositiden bei primårer Fibromyalgie manifestieren sich thorakodorsal. Palpationsschmerzen çber dem Processus coracoideus signalisieren eine Ansatztendinopathie des M. pectoralis minor, des M. coracobrachialis und des kurzen Bizepskopfes. Eine Symphysitis des Beckens tritt im Zusammenhang mit der Spondylitis ankylosans auf.
Untersuchung der oberen Gliedmaûen Schultergelenk Die Palpation des Schultergelenkes bei rheumatoiden Arthritiden zeigt håufig einen erheblichen Schultergelenkserguss, der insbesondere von ventral her palpabel ist. Die einzelnen Schleimbeutel der Schulter kænnen im Rahmen der massiven entzçndlichen Verånderung zu einer sog. Panbursitis verschmelzen und vom Sternumrand bis zum medialen Skapularand reichen. Die pråoperative Planung erfordert hier eine erweiterte technische Diagnostik (Ultraschall). Besondere Aufmerksamkeit sollte der Rotatorenmanschette bei der Untersuchung gelten, da die Affektion der Rotatorenmanschette bei rheumatischen Erkrankungen besonders håufig ist und zu funktionellen Behinderungen fçhrt. Der Arm kann dann nicht mehr schmerzfrei angehoben werden, es entsteht ein sog. schmerzhafter Bogen (painful arc). Dieser Befund stellt einen sicheren Hinweis auf eine rheumatische Affektion der Rotatorenmanschette dar. Die Funk-
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tionsteste fçr die Rotatorenmanschette sind in diesen Fållen krankhaft veråndert. Schmerzhafte Bewegungseinschrånkungen çber der Horizontalen weisen eher auf eine Akromioklavikulargelenkserkrankung hin, die aber çberwiegend im Zusammenhang mit degenerativen Prozessen steht. Ein erhebliches Knarren bei der aktiven und passiven Prçfung des Schultergelenkes weist auf eine zunehmende Ulzerierung des Oberarmkopfes und Gelenkflåcheninkongruenz hin. Diese Verånderungen kænnen mit einer Spontanruptur der langen Bizepssehne einhergehen, sodass sich beim Anspannen der Beuger ein Muskelwulst distal am Oberarm zeigt. Folge der funktionellen Stærung im Schultergelenk kann eine Atrophie der Ober- und Untergråtenmuskeln sein. Die Palpation des oberen Skapularandes kann schmerzhaft sein, wenn ein Engpasssyndrom des N. infraspinatus vorliegt. Beschwerden im Bereich der Oberarme werden bei der Polymalgia rheumatica beklagt. Bei dieser Erkrankung sind eine Muskeltonuserhæhung und diffuse Druckschmerzen çber der Muskulatur nachweisbar.
Ellenbogen Am Ellenbogengelenk zeigen sich durch Abschmelzungsvorgånge des Knochens håufig erhebliche Achsabweichungen (Cubitus valgus, Cubitus varus). Besteht ein Gelenkerguss, ist insbesondere çber dem Hot-Spot zwischen radialem Epikondylus und dem Olekranon ein Kapseldruckschmerz auslæsbar. Ûber dem Olekranon findet sich im Rahmen verschiedener Stoffwechselstærungen, insbesondere bei der Gichterkrankung, eine Bursitis olecrani. Die Bandfçhrung ist nicht stabil, sodass das Ellenbogengelenk in Streckstellung aufgeklappt werden kann. Die ausgeprågte Synovialitis fçhrt zu einer Streckhemmung. Bei ankylosierenden Erkrankungen ist gelegentlich auch die Beugung so stark eingeschrånkt, dass die Hand nicht zum Gesicht gefçhrt werden kann. Håufig sind auch am Ellenbogengelenk beugeseitig erhebliche Aussackungen der Gelenkkapsel vorhanden, aber auch çber der Olekranonspitze in die Trizepsmuskulatur hineinragend, die unbehandelt zu ausgeprågten Fistelbildungen fçhren kænnen. Der erhæhte Gelenkdruck und die Usurierung des Sulcus ulnaris kænnen zu einem Sulcus-ul-
naris-Syndrom des N. ulnaris fçhren mit typischer Schmerzausbreitung und Funktionsminderungen im Versorgungsgebiet dieses Nerven.
Gelenke der Hand Die Handgelenksregion ist bei rheumatischen Erkrankungen håufig frçhzeitig veråndert. Klinisch sind Gelenkergçsse von Ergussbildungen çber den Streck- und Beugesehnen zu unterscheiden. Der Handgelenkserguss ist diffus und åuûert sich in einer Schwellung auf der Streckseite des Handgelenks. Eine Synovialitis der Extensorensehne ist umschrieben, reicht çber die anatomische Region des Handgelenkes deutlich hinaus und bewegt sich beim Faustschluss mit. Bei der Untersuchung muss insbesondere darauf geachtet werden, ob bereits ein palmares Abweichen der Handwurzelknochen im Sinne einer Bajonettstellung (Abb. 2) eingetreten ist. Die Lockerung des Bandapparates muss erfasst werden. Wesentlich ist die Untersuchung des Ellenkæpfchens. Bei erheblichem Federn des Ellenkæpfchens und spontanem Caput-ulnaeHochstand droht ein sog. Caput-ulnae-Syndrom. Zu prçfen ist, ob bereits eine radiale Drift der Handwurzelknochen eingetreten ist. Druckschmerzen lassen sich gelegentlich çber dem 1. Strecksehnenfach (Abductor pollicis longus und Extensor pollicis brevis) auslæsen im Sinne einer de-Quervain-Erkrankung. Ganglien finden sich håufig çber dem 4. Strecksehnenfach. Bei einer ausgeprågten Beugesehnensynovialitis kommt es zu einem Karpaltunnelsyndrom mit Klopfschmerzen çber dem N. medianus (Thinnel-Phånomen).
Abb. 2. Karpaler Kollaps mit palmarer Luxation der Handwurzel
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Periphere Nervus-ulnaris-Syndrome çber der Guillon-Loge treten bei rheumatischen Erkrankungen selten auf. Leitsymptom ist der positive Froment-Test, d. h., ein Blatt Papier kann nicht mehr durch reine Adduktion des Daumens zwischen Zeigefinger und Daumen gehalten werden. Bei der Untersuchung der Hand ist zunåchst auf Rætung, Schwellung, Atrophien der Thenarund Hypothenar-Muskulatur zu achten und auf Fehlformen der Hand, insbesondere im Sinne einer sog. rheumatischen Handskoliose, also einer radialen Drift der Mittelhand mit Ulnarabweichung der Langfinger (Abb. 3). Destabilisierungen der Gelenke zeigen sich durch Fehlformen, Ninety-to-Ninety-Deformitåten etc. Die funktionelle Untersuchung umfasst den kompletten Faustschluss, die Úffnung der Hand, die Feinmotorik (Flaschengriff, Spitzgriff, Schlçsselgriff) und insbesondere die Sensibilitåt der Hand. Geachtet wird auf das Verteilungsmuster von Gelenkverånderungen. Rheumatische Erkrankungen finden sich çber den Fingergrundgelenken. Hier ist das Gaenslen-Zeichen positiv (diagnostischer Håndedruck). Verånderungen çber den Mittel- und Endgelenken weisen eher auf Bouchard- und Heberden-Arthrose bzw. Gichterkrankungen in den Endphalangen hin. Ist die Verteilung eher strahlfærmig mit Destabilisierungen der Gliederkette und diffuser Weichteil-
schwellung, weist dies auf eine Psoriasis-Arthritis hin (Teleskop- oder Wurstfinger). Wichtig ist die Palpation an den Fingergelenken, um einen Erguss sicher tasten zu kænnen. Schwanenhalsund Knopflochdeformitåten (Abb. 4 a, b) sind Zeichen der Destabilisierung im Fingermittelgelenk als Folge anhaltender Ergçsse. Zu beachten sind weiterhin Verånderungen der Fingernågel. Ergussbildungen der Beugesehnen sind mit dem ALAN-Test nachweisbar. Die Funktion der Hand muss fçr die einzelnen Sehnen geprçft werden. Spontane Rupturen der tiefen oder oberflåchlichen Beugesehnen kænnen aufreten. Hier ist eine isolierte Testung der Sehnen erforderlich. Ebenso ist im Rahmen des Caput ulnaeSyndromes auf die isolierte Streckfåhigkeit des 4. und 5. Fingers zu achten (Abb. 5). Die Sensibilitåtsprçfung erfolgt fçr die einzelnen Innervationsgebiete gesondert und fçr die Feinmotorik im Rahmen der sog. Zwei-PunkteDiskriminationsteste. Die Grobkraft kann mit dem Vigorimeter objektiviert werden.
Abb. 3. Ulnare Abweichung der Langfinger bei Luxation der Strecksehnen nach ulnar
Abb. 4 a, b. Schwanenhals- und Knopflochdeformitåt bei ausgeprågten rheumatischen Verånderungen der Langfinger
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Abb. 5. Ausgeprågte mutilierende Verlaufsform mit starker Achsabweichung und vollkommenem Funktionsverlust der Langfinger
Untersuchung der unteren Gliedmaûen Allgemeine Aspekte Bei der Untersuchung der unteren Gliedmaûen erfolgt zunåchst die Inspektion im Stand bei gleichmåûiger Belastung beider Beine. Geachtet wird ± wie bei der Inspektion der oberen Extremitåten ± auf rheumatypische Hautverånderungen bis hin zur Beurteilung der Zehennågel und des Nagelfalzes, auf Umfangsdifferenzen, insbesondere im Bereich der Waden (Baker-Zyste), auf Atrophien der Muskulatur und auf wesentliche Achsenfehler. Diese sind bei den rheumatischen Erkrankungen insbesondere im Bereich des Kniegelenks wegen einer Insuffizienz der Seitenbånder und im Bereich des Långsgewælbes beider Fçûe wegen einer rheumatischen Plattfuûbildung zu erwarten. Sofern der Patient hierzu in der Lage ist, sollte jede Extremitåt gesondert im Einbein-Stand untersucht werden, um eine Vermehrung der Achsabweichung bei voller Kærperlast zu dokumentieren. Bei der seitlichen Inspektion zeigen sich insbesondere Beugekontrakturen in den Kniegelenken, aber auch in den Hçften, die Ursache fçr eine erhebliche Standunsicherheit der Patienten sein kænnen. Besonderer Betrachtung bedarf der Fuû im Stand und unter voller Last, um den meist erheblichen Funktionsverlust des Fuûes unter Belastung zu dokumentieren. Die vermehrte Valgusposition des Rçckfuûes, der Zusammenbruch des Långsgewælbes bis hin zur Luxation der Fuûwurzelknochen und Fehlbelastung auf dem Os naviculare kann nur im Stand beurteilt werden. Die Stellung der Zehen unter
Last ist wichtig fçr die Differenzialindikation zur operativen Behandlung. Beim nochmaligen Betrachten der unteren Extremitåten unter gleicher Belastung beider Beine wird ein Genu varum in Winkelgraden angegeben und der Abstand der inneren Kniegelenkspalten gemessen. Beim Genu valgum wird der Innenknæchelabstand gemessen. Das positive Trendelenburg-Zeichen weist beim rheumakranken Patienten auf eine Hçftgelenksdysplasie hin, sofern die rheumatische Erkrankung wåhrend des Wachstums erworben wurde, oder auf einen Verlust des Hçftkopfes, der bei der fulminaten Koxitis des Erwachsenen eintreten kann.
Ganganalyse Die Analyse des Gangbildes erfolgt barfuû, mæglichst ohne Verwendung von orthopådischen Hilfsmitteln, insebesondere ohne Schuhwerk. Geachtet wird auf die Fuûform und die Verformung des Fuûes unter Last. Bei rheumatischen Erkrankungen bedeutet das insbesondere: Ist das Quergewælbe erhalten? Ist das Långsgewælbe auch unter Belastung erhalten? Besteht eine Rçckfuûachsabweichung und eine krankhafte Lastaufnahme durch Rotation des Fuûes und Zusammenbruch des Långsgewælbes? Weiterhin werden der Abrollvorgang, die Schrittlången und die Belastungsphasen geprçft. Eine Verlångerung der Schrittlånge des erkrankten Beines weist auf Stærungen im Bereich der Zehengelenke, des Fuû- und des Kniegelenkes hin. Eine Verkçrzung der Schrittlånge des erkrankten Beines findet sich bei Kontrakturen des Hçftgelenkes und Verkçrzungen der PsoasMuskulatur. Geachtet wird weiterhin auf eine Achsabweichung in Hæhe des Kniegelenks als Hinweis auf eine wesentliche Bandinstabilitåt und auf den sog. Kotau-Gang, also ein Gangbild, das sich durch ein Vor- und Zurçckwippen des Oberkærpers auszeichnet als Folge einer Beugekontraktur in den Hçftgelenken. Geachtet wird auf die Beckenstellung, einen Ûberhang der Wirbelsåule, auf seitliche Exkursionen der Wirbelsåule, die Armbewegungen und die Kopfstellung. Sollten Hilfsmittel bei der Fortbewegung erforderlich sein, sind sie in ihrer Beschaffenheit zu beschreiben. Handelt es sich um einen Hand-
Rheumaorthopådische Untersuchungstechnik
stock mit anatomischer Formung, eine franzæsische Unterarmgehstçtze oder eine deutsche Achselkrçcke? Bei Hilfsmitteln ist weiterhin darauf zu achten, wie sie eingesetzt werden, ob sie passgerecht sind, ob sie die an sie gestellte Anforderung erfçllen und ob Gebrauchsspuren vorliegen als Hinweise darauf, dass der Patient die verordnete Hilfe tatsåchlich einsetzen kann. Es ist darçber hinaus zu prçfen, ob das Hilfsmittel noch dem neuesten technischen Stand entspricht, ob z. B. gewichtsreduzierende Materialien verwendet wurden oder ob es sich um ein ålteres und damit mæglicherweise çberholtes Hilfsmittel handelt. Ist der Patient mit orthopådischen Schuhen versorgt, sollte das Gehen mit und ohne Schuhe analysiert werden, um die Kompensation funktioneller Defizite durch das Schuhwerk zu beurteilen. Durch die Inspektion des Schuhwerks sind folgende Fragen zu beantworten: ] Liegt eine Einlagenversorgung vor? ] Ist sie ausreichend? ] Welche Abriebspuren finden sich an den Schuhsohlen? ± Sind diese symmetrisch? ± Sind diese physiologisch, oder weisen sie auf die Notwendigkeit einer Schuhzurichtung hin. Die Analyse des Gangbildes umfasst also ] die Art der Beinbelastung, ] die Schrittlången, ] die Gangbreite, ] die Belastungsphasen, ] den Abrollvorgang, ] die Schnelligkeit des Gehens, ] die Koordination und ] die Richtungsstabilitåt. Hierbei wird auf die Stellung des Beckens, die Wirbelsåulenexkursion, Armbewegungen und die Kopfstellung geachtet. Die Form des Hinkens muss analysiert werden. Das sog. Schmerzhinken wird bei der Arthritis und der schweren Arthrose im Bereich des Hçft-, Knie-, Sprung- und Zehengelenkes beobachtet. Bei der Erkrankung der Hçfte kommt es zum typischen Kotau-Hinken, bei Instabilitåt des Kniegelenkes zu einer erheblichen Verkçrzung der Belastungsphase des erkrankten Beines. Die Stellung des Beckens wåhrend des Gehens ist zu beurteilen. Besteht ein Absinken des Beckens, liegt
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ein positives Trendelenburg-Zeichen vor mit Erkrankungen der Hçfte. Wird das Becken beim Gehen angehoben, besteht kontralateral eine Beugekontraktur oder ipsilateral eine Spitzfuûstellung bzw. Peronåusparese. Zu differenzieren sind neurologische Krankheitsbilder, z. B. die Polyneuropathie mit stampfendem Auftreten und unsicherem Bodenkontaktgefçhl. Als zusåtzliche Funktionsprçfung kann der Zehen- und Hackengang erbeten werden, wobei der Zehengang håufig wegen der schmerzhaften Belastung des Vorfuûes bei ausgeprågter Fehlform und entzçndlicher Verånderung nicht mæglich ist. Bei Belastungsinsuffizienz des Vorfuûes wegen eines Mal perforans oder Bursitiden çber den Metatarsalkæpfchen ist der Abrollvorgang aufgehoben.
Hçftgelenk Bei der Inspektion des Hçftgelenkes wird auf eine Atrophie der hçftfçhrenden Muskulatur geachtet. Funktionelle Stærungen im Bereich der Hçfte gehen håufig einher mit druckschmerzhaften Trigger-Punkten des M. glutaeus maximus. Die Untersuchung der Hçfte findet zunåchst in Rçckenlage im Liegen statt. Ein entzçndlicher Erguss des Hçftgelenkes hat einen Leistendruckschmerz zur Folge. Druckschmerzen çber dem Trochanter major weisen auf Ansatztendopathien der M. glutaei, des M. obturatorius externus und des M. piriformis hin oder auf eine Bursitis trochanterica. Die Bewegungsprçfung des Hçftgelenkes in Rçckenlage muss so durchgefçhrt werden, dass Mitbewegungen des Beckens und der Lendenwirbelsåule vom Untersucher erkannt werden kænnen. Die nicht untersuchende Hand auf der kontralateralen Spina iliaca erfasst Mitbewegungen der Gliederkette wåhrend des Untersuchungsganges. Schwierig ist gelegentlich die Beurteilung einer Beugekontraktur im Hçftgelenk wegen einer konsekutiven Hyperlordose der Lendenwirbelsåule. In diesen Fållen muss ein Funktionstest nach Thomas durchgefçhrt werden, d. h., das gesunde Hçftgelenk wird so weit gebeugt, bis die Lendenlordose ausgeglichen ist. Nun zeigt die Winkelabweichung des Femurs von der horizontalen Unterlage den tatsåchlichen Winkel der Beugekontraktur an. Die Bewegungsprçfung des Hçftgelenkes nach der Neutral-0-Methode zeigt bei Affektio-
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nen des Hçftgelenkes meistens eine schmerzhaft eingeschrånkte Innendrehfåhigkeit der Hçfte und eine verminderte Abduktionsfåhigkeit. Bei schwergradigen destruktiven Verånderungen des Hçftkopfes ist bei der aktiven und passiven Bewegungsprçfung ein deutliches Knarren zu hæren ± vom Patienten meist als Knieknarren fehlinterpretiert. Besteht ein Zustand nach totalendoprothetischer Versorgung der Hçfte, sind bei angegebenem Hçftschmerz die klinischen Zeichen der Hçftgelenkslockerung zu prçfen. Ein Stauchungsschmerz beim um 458 gebeugten Kniegelenk weist auf eine Pfannenlockerung hin (positives Amboss-Phånomen). Eine rasch durchgefçhrte Innenrotation und Auûenrotation des Oberschenkels kann beim gelockerten Schaft Beschwerden hervorrufen (Rotationsschmerz). Die Prçfung der Extension der Hçften erfolgt in Bauchlage. Unter Fixation des Os sacrums wird die Extensionsfåhigkeit aktiv und passiv geprçft. Liegt eine doppelseitige Beugekontraktur der Hçften vor, liegt die Spina iliaca anterior nicht mehr der Unterlage auf.
Kniegelenk Bei der Inspektion des Kniegelenks erfolgt zunåchst eine Beurteilung der Hautverhåltnisse. Hautrætungen treten auf beim akuten Gichtanfall und beim Empyem. Beurteilt wird die Kontur der Patella und der Schwellungszustand. Eine Bursitis praepatellaris ist durch eine Schwellung çber der Kniescheibe selbst gekennzeichnet. Ein Kniegelenkserguss fçhrt dazu, dass der obere Rezessus der Kniegelenke verstrichen ist oder sogar ballonartig aufgetrieben. Bei chronischem Knieschmerz ist eine Atrophie der kniefçhrenden Muskulatur, insbesondere im distalen Drittel des Oberschenkels, nachweisbar. Anhaltende Kniegelenksaffektionen fçhren rasch zu einer Atrophie des M. vastus medialis. Bei schwergradigen Erkrankungen ist die gesamte Quadrizepsmuskulatur atrophiert. Die Palpation umfasst die Insertionspunkte der kniefçhrenden Muskulatur, einschlieûlich des Pes anserinus. Ein Kniegelenkserguss kann nach Auspressen des oberen Rezessus als sog. tanzende Patella klinisch nachgewiesen werden. Die Palpation des Kniegelenkes muss die hintere Kapsel und den proximalen Oberschenkel umfassen, da dort unter dem Ansatz des medialen Gastroknemiuskopfes håufig als Folge der Arthritis
Baker-Zysten entstehen, die sich oft bis zum Sprunggelenk ausdehnen kænnen und damit auch eine deutliche Umfangsvermehrung der Wade hervorrufen. Die Bildung von Baker-Zysten kann damit eine Unterschenkelthrombose vortåuschen; die differenzialdiagnostische Abklårung erfolgt mit einer Ultraschalluntersuchung. Die funktionelle Analyse des Kniegelenkes umfasst die aktive und passive Beuge- und Streckfåhigkeit. Bei rheumatischen Affektionen liegt håufig eine Beugekontraktur im Kniegelenk vor, durch Falschlagerung (Knierolle) oder durch eine bestehende Hçftbeugekontraktur verursacht. Die Prçfung der Seitenbånder erfolgt in 0-Stellung und 308-Beugung des Kniegelenkes. Mediale Seitenbandinstabilitåten sind beim Zusammenbruch des Fuûlångsgewælbes zu erwarten und bei der vermehrten X-Bein-Stellung, Auûenbandinsuffizienzen beim Genu varum; vorgetåuscht beim Abschmelzen des medialen Tibiakopfes. Ist bei vollståndiger Streckung des Beines eine Aufklappbarkeit des seitlichen Gelekspaltes vorhanden, weist dies auf eine gleichzeitige Instabilitåt der hinteren Gelenkkapsel hin (Abb. 6). Ein Funktionsverlust der vorderen oder hinteren Kreuzbånder wird in 908-Beugung des Kniegelenkes untersucht oder mit dem sog. Pivot-Shift-Test. Bei ausgeprågten rheumatischen Destruktionen der Kreuzbånder fållt der Unterschenkel beim aktiven Beugen des Kniegelenkes in die hintere Schubladenposition zurçck. Die Untersuchung der Menisken erfolgt nach den Regeln der allgemeinen orthopådischen Untersuchungstechnik, angegen von Steinmann, Payr und vielen anderen.
Abb. 6. Sog. Windschlagdeformitåt mit Varusbildung rechts und Valgusbildung links
Rheumaorthopådische Untersuchungstechnik
Die Prçfung des retropatellaren Gleitlagers erfolgt in der Untersuchungstechnik nach Zohlen: Die Patella wird im Interdigitalraum I/II von proximal umfasst und distalisiert. Nun wird der Patient aufgefordert, die Quadrizepsmuskulatur anzuspannen. Liegen erhebliche Verånderungen retropatellar vor, kommt es zu erheblichen Beschwerden. Deshalb muss diese Untersuchung mit Vorsicht durchgefçhrt werden, insbesondere dann, wenn bereits bei der aktiven und passiven Bewegungsprçfung ein deutliches retropatellares Krepitieren nachweisbar ist. Am Unterschenkel zeigen sich håufig die Folgen einer langjåhrigen Cortison-Einnahme. Atrophische Haut mit subkutanen Blutungen im distalen Unterschenkeldrittel sind in diesen Fållen nachweisbar. Am distalen Unterschenkel werden die Sehnenverlåufe der Tibialis-posterior-Sehne und der Tibialis-anterior-Sehne sowie der Peronealsehnengruppe palpiert, da hier Tenosynovialitiden vorliegen kænnen, in spåteren Stadien Sehnenrupturen mit erheblichen biomechanischen Auswirkungen auf den Fuû.
Oberes Sprunggelenk Die Inspektion des oberen Sprunggelenks umfasst Verånderungen der Sprunggelenksgabel und Verånderungen des anatomischen Verhåltnisses zwischen Sprunggelenksgabel und Rçckfuû. Ausgeprågte Subluxationen im oberen Sprunggelenk kænnen zur pathologischen Lastaufnahme çber dem Innenknæchel fçhren. Bei der Palpation des oberen Sprunggelenks låsst sich ein Erguss ventralseitig zwischen der Sprunggelenksgabel tasten. Dabei sind Schmerzen auslæsbar. Am medialen Knæchel finden sich fluktuierende Kapselschwellungen håufig bei der rheumatoiden Arthritis, dem Reiter-Syndrom, der Gicht und dem Læfgren-Syndrom. Druckschmerzen am Ansatz der Achillessehne sind gelegentlich bei der Spondylitis ankylosans auslæsbar. Die Prçfung des fibularen und tibialen Bandapparates wird mit einer Varus- bzw. Valgusstressuntersuchung vorgenommen. Hierbei muss der Kalkaneus sicher fixiert werden, um eine Mitbewegung des unteren Sprunggelenks auszuschlieûen. Die Insuffizienz des Lig. fibulotalare anterius wird durch die sog. vordere Schublade des Fuûes nachgewiesen.
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Unteres Sprunggelenk Die Inspektion erfasst zunåchst den Grad der Fehlstellung bei vermehrter Varus- und Valgusposition des Rçckfuûes. Bei der ausgeprågten rheumatischen Erkrankung des Fuûes kommt es zu einer Rotationsfehlstellung der gesamten Fuûachse, bedingt durch die Insuffizienz einzelner Sehnengruppen, durch knæcherne Abbauprozesse auch im oberen Sprunggelenk (Talus) und eine Insuffizienz des passiven Halteapparates. Folge dieser Fehlformen ist ein pathologisches Beschwielungsmuster des Fuûes als Hinweis auf eine krankhafte Lastaufnahme. Hierbei ist das Ausmaû der Senkfuû- bzw. Plattfuûbildung im Rahmen der rheumatischen Erkrankung zu berçcksichtigen. Die Insuffizienz des passiven Halteapparates fçhrt zu einem Absinken des Långsgewælbes bis hin zum Zusammenbruch der Fuûwurzelknochen, sodass ausgeprågte Subluxations- und Luxationsfehlstellungen des gesamten Fuûes resultieren kænnen (Abb. 7). Die Palpation des Fuûes fçhrt dabei zu Druckschmerzen çber dem entzçndlich verånderten Bandapparat. Ansatztendopathien, insbesondere am Ansatz der plantaren Muskulatur sind Hinweise auf eine Spondylitis ankylosans. Die Beweglichkeit der unteren Sprunggelenke ist sowohl in Eversions- als auch in Inversionsrichtung eingeschrånkt. Beim Engpasssyndrom unter dem Retinakulum, dem Tarsaltunnelsyndrom, sind in diesem Bereich Druckschmerzen auslæsbar. Besondere Aufmerksamkeit gilt dem Quergewælbe und den Zehen. Das Quergewælbe ist bei rheumatischen Erkrankungen håufig insuffizient. Die Belastung erfolgt çber den Kæpfchen
Abb. 7. Ausgeprågter Hallux valgus, entzçndliche Verånderungen çber dem Groûzehengrundgelenk, Krallenzehstellung mit Clavusbildung bei rheumatoider Arthritis, rechter Fuû operiert, linker Fuû nicht operiert.
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M. Sparmann: Rheumaorthopådische Untersuchungstechnik
Abb. 8. Ausgeprågte Vorfuûdeformitåt bei rheumatoider Arthritis mit groûer Hornschwiele çber den Metatarsale-Kæpfchen II/III als Hinweis auf eine komplette Insuffizienz des Quergewælbes; vorangeschrittene Insuffizienz des Quergewælbes mit beginnendem Malum perforans.
des Metatarsale II und III. Hier sind groûe Druckschwielen bis hin zu einer Ulzeration (Malum perforans) (Abb. 8) die Folge. Konsekutiv kommt es zu einer Zehenfehlstellung, die nicht nur das Groûzehengrundgelenk (Hallux valgus)
betrifft, sondern vor allem die Zehen II±IV im Sinne eines Pied-rond- oder Windmçhlenflçgelfuûes. Eine Luxation der Zehengrundgelenke ist hierbei håufig vorhanden. Die Luxation wird getastet von plantar und zehenwårts. Das Metatarsalkæpfchen kann hierbei palpiert werden. Entzçndliche Verånderungen der Bursen unter den Metatarsalkæpfchen sind die Folge. Die Belastbarkeit des Vorfuûes ist aufgehoben. Dies wird bei der Prçfung des Gangbildes deutlich. Ist die Beweglichkeit des Groûzehengrundgelenkes eingeschrånkt (Hallux rigidus), so weist dies besonders auf Gichterkrankungen hin. Die Beweglichkeit der Zehen II±IV ist als Folge der Krallen-Hammerzeh-Fehlstellung und der Luxation in den Zehengrundgelenken erheblich eingeschrånkt. Die Lastaufnahme ist vermindert. Folge hiervon ist eine Einschrånkung der sensomotorischen Kontrolle im Stand und im Gang. Dokumentiert werden mçssen Verkçrzungen der Strecksehnen und Ergussbildungen in den Beugesehnenfåchern. Ein Kompressionsschmerz der Zehengrundgelenke untereinander weist auf eine entzçndliche Ergussbildung hin (GaenslenZeichen). Besteht eine Ankylose im Groûzehengrundgelenk, ist eine vermehrte Beweglichkeit im Interphalangealgelenk vorhanden. Die Anzahl der Rheumaknoten, deren Græûe und die Beschaffenheit ist ebenso am Fuû zu dokumentieren wie an der Hand.
Labordiagnostik B. Ostendorf, M. Schneider
Einfçhrung Labormedizinische Untersuchungsbefunde in der Rheumatologie sind von groûer Wichtigkeit. Sie dienen der Diagnose und Differenzialdiagnose nichtentzçndlich, entzçndlich- und metabolischrheumatischer Erkrankungen, der Beurteilung der Krankheitsart und -aktivitåt sowie der Bewertung von Funktion und Schådigung betroffener Organsysteme. Auch fçr die Einschåtzung des Krankheitsverlaufes, die Objektivierung des Therapieerfolges und die Aufdeckung unerwçnschter Therapiewirkungen kommt der Labordiagnostik groûe Bedeutung zu. ] Wichtig ! Serologische Befunde sind Hilfsmittel der Diagnostik und besitzen allein keine Aussagekraft. Die Interpretation der Resultate muss immer im Kontext der Anamnese, der klinischen Untersuchung, der bildgebenden Verfahren sowie von weiterfçhrenden Untersuchungen erfolgen.
Klinisch-chemische Parameter Labormedizinische Entzçndungsdiagnostik Die erste Stufe einer rationellen Labordiagnostik dient der Erfassung der humoralen Entzçndungsaktivitåt und umfasst Basislaboruntersuchungen zur Unterscheidung entzçndlicher und nichtentzçndlicher Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises.
BSG (Blutkærperchensenkungsgeschwindigkeit) ] Indikation. Die BSG ist eine einfache, praktikable Laboruntersuchung und als globales Maû gut reproduzierbar. Die Beschleunigung der Reaktion zeigt eine gute Korrelation zur Intensitåt
der klinisch zu eruierenden Krankheitsaktivitåt und -floriditåt und ist daher als Aktivitåts- und Verlaufsparameter in der Labordiagnostik von groûer Wichtigkeit [23]. Mit der Bestimmung der BSG gelingt meist eine primåre diagnostische Weichenstellung zwischen entzçndlicher und nichtentzçndlicher Gelenkerkrankung. ] Bewertung. Bei der Bewertung muss berçcksichtigt werden, dass verschiedene Faktoren die BSG beeinflussen und Stærgræûen sind, unter anderem Fibrinogen, Akute-Phase-Proteine [43], Hyperlipoproteinåmie, sekundåre Anåmien [12], aber auch myeloproliferative Prozesse und Medikamente (z. B. Glukokorticoide) [8] sowie Schwangerschaft, hormonelle Kontrazeptiva und der Zeitpunkt des Menstruationszyklus [38]. Exzessiv bzw. deutlich erhæhte BSG-Werte (>100 mm/h) werden bei Labordiagnostik z. B. des Plasmozytoms, der Amyloidose bzw. der Polymyalgia rheumatica gefunden. Trotz der hohen Sensitivitåt fçr die Krankheitsaktivitåt sind auch entzçndlich-rheumatologische Krankheitsbilder bekannt, bei denen die BSG durchaus im Normalbereich liegt (z. B. Spondylitis ankylosans, Psoriasisarthritis, progressive systemische Sklerodermie [PSS] u. a.). ] Methode. Durchfçhrung nach Westergren [57]: Eine Blutprobe in Citrat wird in einem mit einer Millimetergraduierung versehenem Ræhrchen bis zu einer Hæhe von 200 mm aufgezogen. In senkrechter Stellung wird die Sedimentation der Erythrozyten in Millimeter nach einer Stunde (h) abgelesen. Diese Methodik ist genormt [28]. Die BSG sollte spåtestens drei Stunden nach Blutentnahme gestartet werden, der 2-h-Wert bringt keine zusåtzliche Information.
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B. Ostendorf, M. Schneider
Referenzbereich: Normalwerte nach Westergren [43] Alter
Frauen (,)
Månner (<)
unter 50 Jahre çber 50 Jahre
< 20 * < 30*
< 15 * < 20 *
* Angaben in mm fçr die erste Stunde
Akute-Phase-Proteine Immunologische Abwehrmechanismen bestehen aus zellulåren und humoralen Immunreaktionen. Aufgrund ihrer schnellen Reaktions- und kurzen Halbwertszeit werden die humoralen Abwehrsubstanzen auch als ¹Akute-Phase-Proteineª bezeichnet, z. B. das C-reaktive Protein (CRP), Serum-Amyloid-A-Protein, a1-Antitrypsin, Fibrinogen, Haptoglobin, Coeruloplasmin. AkutePhase-Proteine werden wåhrend Entzçndungsreaktionen innerhalb von 6±48 h durch Vermittlung von Interleukin-6 de novo in der Leber synthetisiert und bei entzçndlichen bzw. gewebsschådigenden Prozessen freigesetzt. AkutePhase-Proteine sind Plasmaproteine und fungieren als Mediatoren des Komplementsystems, Inhibitoren von entzçndlichen Proteasen und haben Abråum- und Reparationsfunktion [14].
C-reaktive Protein (CRP) ] Indikation. Im Vergleich mit der BSG erweist sich das CRP als der empfindlichere Parameter (es kann ggf. den klinischen Symptomen 12±24 h vorauseilen) und kann bei normaler BSG erhæht sein. Aufgrund des frçhen und starken Konzentrationsanstieges (6±10 h), der kurzen Halbwertszeit und der guten Korrelation zur Krankheitsaktivitåt hat sich das CRP als Messgræûe der Akute-Phase-Reaktion durchgesetzt [48]. ] Bewertung. Normale CRP-Werte schlieûen viele akut-entzçndlich-rheumatische Erkrankungen aus, insbesondere bakteriell getriggerte Infektionen, sprechen aber nicht generell gegen ein entzçndliches Geschehen. Wåhrend des akuten Krankheitsprozesses ist die Verlaufskontrolle der CRP-Konzentration ein empfindlicher Indikator der Entzçndungsaktivitåt und kann z. B. einen beginnenden Schub einer rheumatoiden Arthritis (RA) signalisieren und ist somit auch als Aktivitåtsmaû in der Beurteilung von Therapieerfolgen und -verlåufen von Nutzen [26]. Beim systemischen Lupus erythematodes (SLE) hingegen finden sich håufig nicht oder nur
leicht erhæhte CRP-Werte, sodass deutlich erhæhte Serumkonzentrationen differenzialdiagnostisch auch auf eine bakterielle Superinfektion hindeuten kænnen [7]. ] Methode. CRP im Serum oder Plasma låsst sich quantitativ einfach mit der radialen Immundiffusion (RID) und der Lasernephelometrie [44] analytisch bestimmen. Referenzbereich: konventionelle Benennung CRP
< 0,5 mg/dl
Elektrophorese ] Indikation. Die Serumelektrophorese gibt Zusatzinformationen bei der Erfassung entzçndlicher Reaktionen und vermittelt einen guten Einblick çber die Verånderungen der Plasmaproteinzusammensetzung. ] Bewertung. Verschiebungen (Dysproteinåmien) der fçnf Plasmaproteinfraktionen (Albumine, a1-, a2-, b-, c-Globuline) und die Form des Serumeiweiûbildes geben Hinweise zur Zuordnung bestimmter Erkrankungen oder Krankheitsgruppen zu charakteristischen Konstellationstypen [13, 14]. Sie dienen der Unterscheidung zwischen einer akuten (Erhæhung der a1- und a2-Globuline) und einer chronischen Entzçndung (Erhæhung der c-Globuline). Die Serumelektrophorese weist auch auf Gammopathien hin (Gammaglobulinåmie oder Paraproteinåmie), die Folge eines reaktiven Geschehens bei chronisch entzçndlichen Prozessen sein kænnen. Gammopathien kænnen ebenfalls Ausdruck einer Fehlleistung des Immunsystems (z. B. Autoimmunerkrankungen, Antikærpermangelsyndrome) bzw. einer malignen Erkrankung (z. B. Myelom) oder chronischen Entzçndung (z. B. Leberzirrhose) sein. Eine weitere Abklårung solcher Dysproteinåmien erfolgt mit der quantitativen Immunglobulinbestimmung bzw. der Immunelektrophorese [6]. ] Methode. Eiweiûelektrophorese auf Zelluloseazetatfolie. Die Auftrennung der Eiweiûe erfolgt bei konstanter elektrischer Spannung çber einen festgelegten Zeitraum in einer definierten Pufferlæsung und zeigt eine bandenfærmige Auftrennung. Nach Anfårbung (z. B. Ponceaurot, Amidoschwarz) erfolgt die Auswertung photometrisch [30].
Labordiagnostik Referenzbereich: Konventionelle Benennung. Konzentrationsverteilung der getrennten Fraktionen in % Albumin a1-Globulin a2-Globulin b-Globulin c-Globulin
45±65 2±5 7±10 9±12 12±20
Referenzbereich: SI-Einheit. Konzentrationsverteilung der getrennten Fraktionen in g/l Albumin a1-Globuline a2-Globuline b-Globuline c-Globuline
36±50 1±4 5±9 6±11 8±15
Eisenstoffwechsel Eisenstoffwechselstærungen gliedern sich in Eisenmangel- und Eisenverteilungsstærungen mit und ohne Beeintråchtigung der Erythropoese.
Serum-Eisen, Ferritin, Transferrin und Eisenbindungskapazitåt (EBK) ] Indikation. Die Bestimmung von Eisenstoffwechselparametern dienen zur Differenzierung von Stærungen des Eisenmetabolismus oder der Anåmiediagnostik. ] Bewertung. Prålatenter Eisenmangel als erstes Stadium ist labordiagnostisch bei Fehlen klinischer Zeichen nur durch leicht erniedrigtes Ferritin, durch den verminderten Eisengehalt der Makrophagen des Knochenmarks oder durch eine erhæhte intestinale Eisenresorption fassbar [25]. Latenter Eisenmangel ohne Anåmie zeichnet sich dadurch aus, dass das Serumeisen, an das Transportprotein Transferrin gebunden, bei chronischen Verlåufen entzçndlicher Prozesse (z. B. auch bei Infekten, Neoplasien, Myokardinfarkt, Uråmie, Stress u. a.) durch Umverteilung bzw. vermehrte Aufnahme in die Zelle erniedrigt ist. Nach Regredienz der Entzçndung wird es wieder ausgelagert (Verschiebung des Serumeisenpools). Das im Blut zirkulierende Ferritin weist hierbei eine direkte und quantitative Korrelation zum Speichereisengehalt des Kærpers auf. Beim echten bzw. manifesten Eisenmangel (z. B. bei akuten oder chronischen Blutungen
]
(vermehrter Eisenverlust), Unterversorgung (nutritiv), erhæhtem Bedarf (Schwangerschaft), gastro-intestinalen Resorptionsdefekten mit Anåmie (Erythrozytenvolumen (MCV) und/oder Håmoglobingehalt des Erythrozyten (MCH) vermindert) bindet sich das Serum-Eisen vermehrt an Transferrin. Håmoglobinkonzentration (Hb), Serumspiegel von Eisen und Ferritin sind deutlich erniedrigt. Die håmatologische Diagnostik ist Basis jeder Eisenstoffwechseluntersuchung: rotes Blutbild mit Hb, Erythrozytenzahl, Håmatokrit, Indexwerte und ein Differenzialblutbild zur Beurteilung der Erythrozytenmorphologie. Pathologisch erhæhte Eisenwerte finden sich bei primåren und sekundåren Håmochromatosen, Leberzellnekrosen, Bleivergiftungen, ebenso nach der Einnahme von Ústrogenen und hormonellen Kontrazeptiva [49]. ] Håmochromatose. Die Håmochromatose ist eine massive Eisençberlagerung mit Organschåden. Die Einteilung erfolgt in primåre (heriditåre, idiopathische) und sekundåre (erworbene) Håmochromatosen. Die assoziierte Arthropathie ist typischerweise durch die Synovialitis der Fingergrundgelenke II und III charakterisiert, andere Gelenke wie Hand-, Knie- und Hçftgelenke kænnen auch involviert sein. Labordiagnostisch finden sich erhæhte Serumeisenwerte, erniedrigte Serumtransferrinkonzentrationen und ein erhæhtes Serumferritin. Die Bestimmung erhæhter Ferritinwerte und das typische Gelenkbefallsmuster sind diagnostisch oft richtungsweisend, wobei differenzialdiagnostisch vor allem eine RA, bzw. eine Fingerpolyarthrose abgegrenzt werden mçssen. ] Methode ] Serum-Eisen: z. B. Enteiweiûungsverfahren und photometrische Tests mit Chelatbildnern, ] Ferritin: Immunoassays (z. B. RIA), ] Transferrin: RIA, Nephelometrie, ] EBK: Chemische Verfahren (Eisenbindung des Transferrin). Referenzbereiche: Konventionelle Benennung Eisen Ferritin Transferrin EBK
,
<
60±140 lg/dl 30±200 lg/l 200±310 mg/dl 274±494 lg/dl Fe
80±150 lg/dl 30±200 lg/l 210±340 mg/dl 291±430 lg/dl Fe
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Blutbild (Leukozyten, Håmoglobin, Thrombozyten), Retikulozyten ] Indikation. Verånderungen der Zellzahl von Blutbestandteilen sind fçr die Diagnostik entzçndlich-rheumatischer Erkrankungen von untergeordneter Bedeutung, fçr die Therapieçberwachung und Erfassung von Nebenwirkungen aber unerlåsslich. So z. B. sind Anåmien håufig Ausdruck von Entzçndungsaktivitåt (chronischfloride Entzçndung), kænnen andererseits aber auch Hinweise fçr Therapienebenwirkungen (Blutung, Zytostatikatherapie u. a.) geben oder eine renale Mitbeteiligung, eine Håmolyse oder eine Knochenmarkschådigung anzeigen bzw. im Rahmen von chronischer Dialysepflichtigkeit auftreten. Bei unklarer Øtiologie ist die Bestimmung der relativen und absoluten Retikulozytenzahl als Maû fçr eine effektive Blutbildung indiziert. ] Bewertung. Man unterscheidet hierbei die hyporegenerative (Retikulozytenzahl erniedrigt oder niedrig normal) und die hyperregeneratorische (meist håmolytische) Anåmie. Hyporegenerative Anåmien werden weiter nach den morphologischen Gesichtspunkten: mikrozytår (hypochrome Anåmie (A.)), normozytår (normochrome A.) und makrozytår (hyperchrome A.) klassifiziert. Anåmien mit hochgradiger ineffektiver Erythropoese, wie Thalassåmie, Sichelzellanåmie, perniziæse Anåmie oder myelodysplastisches Syndrom sind hyporegenerativ [52]. ] Thalassaemia major. Bei der Thalassaemia major ist die Bildung von Polypeptidketten des Håmoglobinmolekçls gestært. Die Hyperaktivitåt des Knochenmarks fçhrt zur Auftreibung der Knochen mit Ausdçnnung der Kortikalis, vor allem im Bereich der Metacarpalia und Phalangen. Eine ursåchliche Therapie ist nicht bekannt. Aufgrund der raschen Progression ist die Prognose infaust. Als Thalassaemia minor wird die asymptomatische Variante der Håmoglobinopathie bezeichnet, welche çberwiegend in Mitteleuropa vorkommt. Das klinische Bild entspricht einer seronegativen Oligoarthritis mit chronisch rezidivierendem Krankheitsverlauf. Hyperregeneratorische Anåmien werden eingeteilt in Coombs-positive (AK-vermittelte: z. B. autoimmunhåmolytische Anåmie) und Coombsnegative (z. B. extrakorporale Håmolyseursachen: mechanisch, chemisch-toxisch u. a.) Anåmien.
] Methode. ] Leukozyten: Kammerzåhlung durch Impedanzprinzip oder photoelektronisch, ] Håmoglobin (Hb): Cyanhåmoglobinmethode, automatische Direktmessung von Hb als OxyHb, ] Thrombozyten: Kammerzåhlung durch Impedanzprinzip oder photoelektronisch. Alle Messungen im EDTA-Blut. Referenzbereiche Leukozyten Håmoglobin Thrombozyten Retikulozyten
,
<
4,0±10,0 ´ 103/ll 12,0±15,0 g/dl 150±350 ´ 103/ll 0,8±2,0%
4,0±10,0 ´ 103/ll 14,0±18,0 g/dl 150±350 ´ 103/ll 0,8±2,0%
Differenzialblutbild ] Indikation. Das Differenzialblutbild dient auch zur Beurteilung der Erythrozyten-, Leukozytenund Thrombozytenmorphologie und somit zur weiteren Abklårung von Leukozytosen und -penien, Infektionen, Intoxikationen, Malignomen, Leukåmien und andere håmatologischen Systemerkrankungen. Die Beurteilung der Morphologie erfolgt unter den Kriterien der Zellgestalt, -græûe, der Plasmaform und Anfårbung. Die Beurteilung der Zellverånderungen ist fçr die Differenzialdiagnostik wichtig. ] Bewertung. Verånderungen der neutrophilen Granulozyten sind aufgrund ihres relativen Anteils von etwa 55±70% die wesentliche Ursache von Leukozytosen und Leukozytopenien. Leukozytosen sind relativ unspezifisch und werden sowohl bei bakteriellen als auch viralen Infektionen gesehen, stehen aber auch bei entzçndlichen Erkrankungen (RA, Vaskulitiden, Pankreatitis, entzçndlichen Darmerkrankungen u. a.), metabolischen Erkrankungen (Coma diabeticum, uraemicum, hepaticum u. a.) und Intoxikationen (Drogen) [18] im Vordergrund. Auch bei hæher dosierter Steroidtherapie werden sie beobachtet. Akute bakteriell-eitrige Infektionen sind gekennzeichnet von einer ausgeprågten Leukozytose (15 000±25 000/ll). In der Differenzierung des Differenzialblutbildes finden sich çber 80% Granulozyten, håufig mit toxischen Granulationen und einer relativen Vermehrung von jungen
Labordiagnostik
Formen (Stabkernige), was als Phånomen der ¹Linksverschiebungª zu deuten ist. Leukozytopenien bzw. Neutropenien beruhen in der Regel auf Bildungsstærungen (Immunsuppressiva, Zytostatika), Verteilungs- und Umsatzstærungen (z. B. Autoimmunkrankheiten-assoziierte Neutropenie) oder sind infektions- oder medikamentenbedingt [17]. Bei chronischen Entzçndungen hingegen finden sich oft normale bzw. leicht erhæhte Leukozytenzahlen, in einigen Fållen besteht eine Monozytose (z. B. bei Tuberkulose, Lues, Brucellose, Listeriose, subakuter Endokarditis) [54]. Im Rahmen viraler Entzçndungen kommt es meist zu einer Lymphozytose bei oft normaler Leukozytenzahl. Eine Eosinophilie kann richtungsweisend sein fçr eine allergische Reaktion oder eine Parasitose. Sie kann aber auch durch eine eosinophile Fasziitis, ein Læffler-Syndrom oder eine ChurgStrauss-Vaskulitis verursacht sein [27]. ] Methode. Konventionelle Methode (Anfårbung, mikroskopische Bestimmung), maschinelle Differenzierung. EDTA-Blut. Differenzialblutbild: , und < Basophile Granulozyten Eosinophile Granulozyten Lymphozyten Monozyten Segmentkernige neutrophile Granulozyten Stabkernige neutrophile Granulozyten
0±1% 2±4% 25±40% 1±12% 50±70% 3±5%
Diagnostik von Organmanifestationen ] Indikation. Die Bestimmung von Enyzmen oder Substraten im Serum dient der Erfassung einer Organmitbeteiligung rheumatischer Erkrankungen bzw. der Feststellung und Differenzierung von Organschåden, Funktions- und Stoffwechselstærungen. Von grundliegender Bedeutung sind labormedizinische Parameter fçr: Niere (Creatinin, Urinstatus), Leber (Transaminasen, cholestaseanzeigende Enzyme u. a.), Skelettmuskulatur (Creatininkinase, Myoglobin) und Knochen (alkalische Phosphatase u. a.).
]
Niere ] Indikation. Zur Erfassung von Erkrankungen der Niere und ableitenden Harnwege ist im Serum die Bestimmung von Creatinin und eine Untersuchung des Harns mit Nachweismæglichkeit von Protein, Zellen (Erythrozyten, Leukozyten), Zylindern und Keimen essenziell. Creatinin- und Harnstoffbestimmungen geben Auskunft çber die Nierenfunktion und sind fçr die Erfassung einer fakultativen Nierenbeteiligung z. B. bei Kollagenosen unerlåsslich. Die Bestimmung der Retentionswerte in Verbindung mit einer qualitiativen und quantitativen Proteinbestimmung im Urin sowie die Differenzierung des Urinsedimentes gehæren zur rheumatologischen Routineuntersuchung, ebenso zur Verlaufskontrolle und Therapieçberwachung. Nierenaffektionen treten gehåuft bei rheumatischen Erkrankungen auf. Im Rahmen chronisch hoch entzçndlicher Krankheitsverlåufe sind z. B. Amyloidablagerungen in den Nieren mæglich (Amyloid A; Amyloidose). Labordiagnostisch kann die Diagnose einer Amyloidose nicht gestellt werden, Hinweise geben aber eine Proteinurie sowie das Vorliegen einer monoklonalen Gammopathie [15]. Eine renale Amyloidose findet sich in 5% aller RA-Patienten. Ein Ü dieser Patienten entwickelt ein nephrotisches Syndrom [5]. Bei Verdacht auf eine primåre Nierenerkrankung bzw. Nierenbeteiligung im Rahmen von z. B. systemischen Bindegewebserkrankungen sollte bei eiweiûpositivem qualitativem Harnstatus neben der Bestimmung der Creatinin-Clearance (ungefåhre Græûenordnung der glomerulåren Filtrationsrate) immer eine Differenzierung bzw. quantitative Messung der Proteinurie (mg/l) im 24-h-Sammelurin durchgefçhrt werden. ] Bewertung. Proteinurie und Erythrozyturie sprechen fçr eine glomerulåre bzw. tubulåre Schådigung und deren Hæhe korreliert in direkter Beziehung zum Ausmaû des Nierenschadens [50]. Eine Leukozyturie signalisiert eine bakterielle Entzçndung der Harnwege, die einer weiteren bakteriologischen und urologischen Abklårung bedarf. Bei Proteinurie ist vor diagnostischen Rçckschlçssen eine Kontrolluntersuchung indiziert, damit eine Unterscheidung einer gutartigen Proteinurie, z. B. im Sinne einer intermittierenden, orthostatischen oder belastungsbedingten Eiweiûausscheidung bzw. ein falsch-positives Testergebnis durch Harnkonzentrierung ausge-
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B. Ostendorf, M. Schneider
schlossen werden kann. Die physiologische Proteinurie, abhångig von der Bestimmungsmethode fçr Gesamteiweiû, betrågt etwa < 70 mg/24h. ] Methode. ] Creatinin: Die Bestimmung des Creatinins wird in der Modifikation der Jaff-Methode oder enzymatisch durchgefçhrt, wobei unterschiedliche Messmethodenvarianten der Enteiweiûung angewendet werden. ] Creatinin-Clearance: z. B. enzymatischer Farbtest, ] Harnproteine: z. B. Streifentest, z. B. BiuretReaktion nach Proteinfållung mit TsuchiasReagenz [34]. Referenzbereiche Creatinin (Methode: Jaff ohne Enteiweiûung) Creatinin-Clearance Proteinurie
,
<
0,5±1,0 mg/dl
0,6±1,2 mg/dl
90±150 ml/min > 70 mg/24 h
90±150 ml/min > 70 mg/24 h
Leber ] Indikation und Bewertung. Die Bestimmung pathologischer Leberenzyme gibt einerseits Hinweise auf eine mægliche Lebermitbeteiligung und/oder medikamentæs-toxische Nebenwirkungen, andererseits auch auf Anzeichen fçr eine eventuelle Organmanifestation entzçndlich rheumatischer Erkrankungen (z. B. Leberbeteiligung beim Felty-Syndrom). Auch fçr die differenzialdiagnostische Abklårung virusassoziierter Arthralgien und Arthritiden mit laborserologisch manifester Hepatopathie ist die Bestimmung der Leberenzyme ein wichtiger diagnostischer Parameter. Bei den arzneimittelbedingten akuten Lebererkrankungen spiegeln die biochemischen Symptome die histologischen Leberverånderungen wider. Es kænnen Leberzellverfettung (z. B. durch Methotrexat) und Leberzellnekrosen (z. B. durch Paracetamol, Tetracycline, u. a.), intrahepatische Cholestase (z. B. durch anabole und kontrazeptive Steroide, Erythromycin, u. a.) oder Mischbilder (z. B. durch Phenylbutazon, Sulfonamide, u. a.) auftreten. Die wichtigsten Leberenzymbestimmungen umfassen die Glutamat-Oxalat-Transaminase (GOT) und die Glutamat-Pyruvat-Transaminase (GPT). Die GPT ist ein relativ leberspezifisches,
zytoplasmatisches Enzym der Hepatozyten. Eine Verschiebung des ¹de Ritisª-Quotienten (GOT/ GPT) zugunsten der GPT spricht fçr einen Leberzellschaden. Die Bestimmung der Gamma-Glutamyl-Transferase (c-GT) ist indiziert bei Verdacht auf Leber-Gallenerkrankungen (Ikterus, Cholestase u. a.) sowie bei der Erkennung von alkoholischem Leberschaden. Die alkalische Phosphatase (AP) wird aus dem Knochen kommend in der Leber aufgenommen und in den Darm ausgeschieden. Gering erhæhte Werte findet man bei akuter Hepatitis, hohe Werte beim Verschlussikterus und der Leberzirrhose. ] Methode ] GOT, GPT, c-GT: Aktivitåtsbestimmungen in zusammengesetzten optischen Tests unter optimierten Bedingungen, ] AP: Aktivitåtsbestimmung im optischen Test. Untersuchungsmaterial fçr alle Tests ist Serum oder Plasma. Referenzbereiche: *Angaben in U/l fçr 25 8C im Serum GOT GPT c-GT AP
,*
<*
<15 U/l <19 U/l <18 U/l 59±160 U/l
<19 U/l <23 U/l <28 U/l 78±178 U/l
Muskel ] Indikation. Die Creatininkinase (CK) ist muskelspezifisch und gilt als Leitenzym und wichtiger Wegweiser bei der Diagnose von Muskelerkrankungen. Die Bestimmung der CK ist indiziert bei der Primårdiagnostik und Verlaufskontrolle von Skelettmuskel- oder Herzmuskelerkrankungen (z. B. Herzinfarkt, Myokarditis). Bei der Diagnostik und Verlaufsbeobachtung von Myositiden (Polymyositis, Dermatomyositis, Virusmyositis, bakterielle und parasitåre Myositiden) ist die Bestimmung der CK diagnostisch richtungsweisend und ein wichtiger Aktivitåtsparameter. Die humane CK kann durch drei verschiedene Gene synthetisiert werden, deren Genprodukte CK-M, CK-B und CK-Mi genannt werden. Die CK setzt sich aus den Aktivitåten der zytoplasmatischen, dimeren Isoenzyme CKMM, CK-MB (v. a. Herzmuskel), CK-BB sowie deren modifizierten Formen und aus den Akti-
Labordiagnostik
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vitåten der Makro-Creatinasen (Makro-CK) zusammen. Bei Gesunden besteht die niedrige Gesamtaktivitåt vorwiegend aus CK-MM.
Knochen-Niere-AP, Darm-AP, Plazenta-AP und aus postgenetischen Formen, wie z. B. Gallengangs-AP und Tumorphosphatasen.
] Bewertung. Die Hæhe der CK korreliert mit dem Ausmaû des betreffenden Myokard- bzw. Skelettmuskelschaden. Bei den akuten Myositiden kænnen die CK-Aktivitåten weit çber 10 000 U/l betragen. Erhæht ist die CK auch nach Skelettmuskelschådigungen wie Traumen, intramuskulåren Injektionen, operativen Eingriffen bzw. nach starker kærperlicher Belastung. CK-Aktivitåtserhæhungen findet man aber auch bei Muskeldystrophien oder bei sekundåren Myopathien (z. B. im Rahmen endokrinologischer Erkrankungen). Die Lactat-Dehydrogenase (LDH) ist ein zytoplasmatisches Enzym und kommt in allen Geweben vor. Bei Organschåden (z. B. Muskel) tritt sie vermehrt ins Plasma çber und ist bei vielen pathophysiologischen Reaktionen erhæht. Es ist daher nicht als Leitenzym bei der Organdiagnostik zu betrachten. Erhæhte LDH-Werte sind aber Kennzeichen gesteigerten Erythrozytenabbaus und deuten auf eine Håmolyse hin. Eine Erhæhung von Myoglobin im Serum spricht fçr den Untergang von Herz- und Skelettmuskulatur. Myoglobin ist nierengångig, sodass es bei Skelettmuskelschådigungen im Urin nachweisbar wird, wenn die Konzentration hæher als 0.5 mg/l betrågt [51].
] Indikation. Die Serumbestimmung der Gesamt-AP hat globale diagnostische Bedeutung, die Bestimmung der Isoenzyme (Knochen-, Gallengangs-AP) dient der Differenzialdiagnostik (z. B. Tumordiagnostik: Hinweis auf Knochenmetastasen, Diagnostik hepatobiliårer Erkrankungen). Zur Erfassung und Differenzierung von Stærungen der Calcium- und Phosphathomæostase wird die Bestimmung im Serum empfohlen. Das ionisierte Ca im Plasma repråsentiert den aktiven Ca-Stoffwechselanteil. Ca- und Ph-Bestimmungen sind wichtig bei der Osteoporosediagnostik und Therapie, bei Verdacht auf neuromuskulåren Erkrankungen, Nephro- bzw. Urolithiasis als auch bei endokrinologischen Erkrankungen (z. B. Hyperparathyreodismus) und Stærungen des Magen-Darm-Traktes (z. B. Malabsorption).
] Methode ] CK; LDH: Enzymbestimmung durch optimierte Standardmethode (Deutsche Gesellschaft fçr klinische Chemie (DGKC)). ] Myoglobin: z. B. Nephelometrie. Referenzbereiche CK LDH Myoglobin im Serum Myoglobin im Urin (Nachweisgrenze)
,
<
£ 70 U/l 140±290 U/l 7±64 lg/l 0,5 mg/l
£ 80 U/l 140±290 U/l 16±76 lg/l 0,5 mg/l
Knochen Als Serumparameter fçr die Knochenstoffwechselaktivitåt gelten die alkalische Phosphatase (AP) (s. Leber), Calcium (Ca) und Phosphat (Ph). Die AP besteht aus den Aktivitåtsanteilen der drei genetisch determinierten Isoenzymgruppen Leber-
] Bewertung. Einer Hyperkalzåmie liegen in 80% der Fålle entweder eine Malignom (Syndrom der Tumorhypercalciåmie, verursacht durch humorale Faktoren oder Knochenmetastasen) oder ein primårer Hyperparathyreodismus zugrunde [9]. Erkrankungen, die eine Hypokalziåmie verursachen kænnen sind Ca-Absorptionsstærungen, Niereninsuffizienz, nephrotisches Syndrom u. a. ] Methode. Ca; Ph: z. B. Photometrie. Referenzbereiche Ca Ph AP
,
<
2,20±2,65 mmol/l 0,84±1,45 mmol/l 59±160 U/l
2,20±2,65 mmol/l 0,84±1,45 mmol/l 78±178 U/l
Crosslinks Pyridinolin und Deoxypyridinolin gehæren zur Gruppe der Crosslinks, die Kollagen mit der extrazellulåren Matrix verknçpfen. Mehr als die Hålfte des Gesamtkollagens des Organismus sind im Knochengewebe enthalten. Gemessen wird das beim Abbau von Kollagen entstehende Pyridinolin (Desoxypyridinolin), welches nicht verstoffwechselt wird.
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]
B. Ostendorf, M. Schneider
] Indikation und Bewertung. Der Nachweis von Crosslinks ist indiziert zur Abschåtzung bestimmter Knochenprozesse und zur Kontrolle des Therapieerfolges bei Osteopathien. Hierzu zåhlen der Morbus Paget, Akromegalie, Hyperparathyreodismus sowie die Verlaufsbeurteilung von Knochenmetastasen. Die Ausscheidung im Urin ist ein Maû fçr den Kollagenabbau des Organismus, sodass sich Crosslinks als sensitive Knochenstoffwechselparameter erweisen [53]. ] Methode. Pyridinium-Crosslinks: ELISA. Referenzbereich: Bestimmung im Urin Pyridinium-Crosslinks
13±93 lmol PyridinolinØquivalente/mol Creatinin
Harnsåure ] Indikation. Die Bestimmung der Harnsåure ist indiziert, wenn klinische Beschwerden bestehen, die auf eine Gicht hinweisen. Symptome, die den Verdacht einer Hyperurikåmie begrçnden sind z. B. Stærungen des Glukose- oder Fettstoffwechsels, Hypertonie, Alkoholabusus, Nierensteine, Fettleber, Atherosklerose u. a. ] Bewertung. Erhæhte Harnsåurewerte kænnen fçr die Diagnose einer Hyperurikåmie sprechen, die håufig auch sekundår bei Psoriasis-Arthropathien, katabolem Stoffwechsel, unter zytostatischer Therapie und nach Einnahme bestimmter Medikamente wie z. B. Furosemid, Salicylate u. a. erhæht auftreten kann. Da nicht jede Gicht mit erhæhten Harnsåurewerten einhergehen muss, sind Anamnese, klinischer Befund (Podagra, Tophus) und der Nachweis von Harnsåurekristallen in Synovia oder im Gewebe mit in die Diagnosestellung einzubeziehen. ] Methode. Harnsåure: z. B. Photometrie, enzymatischer Test (Uricase). Untersuchungsmaterial: Serum, Plasma. Referenzbereich Harnsåure
,
<
2,3±6,1 mg/dl
3,6±8,2 mg/dl
Immunologische Untersuchungen Im Ablauf der Stufendiagnostik lassen sich entzçndlich-rheumatische Erkrankungen durch laborserologische Basisuntersuchungen zunåchst von den nichtentzçndlich-rheumatischen Krankheitsbildern abgrenzen. In der weiterfçhrenden Diagnostik zur Erkennung der Spezifitåt entzçndlich-rheumatischer Erkrankungen finden eine Vielzahl von immunologischen Untersuchungen Anwendung, die charakteristische Verånderungen des Immunsystems spezifizieren, pathognomonische Autoimmunphånomene zeigen und helfen, den mehrschichtigen rheumatischen Symptomenkomplex nosologisch und differenzialdiagnostisch einzugrenzen. Gerade fçr die Frçhdiagnostik entzçndlich-rheumatischer Erkrankungen gewinnen immunologische Labormethoden immer mehr an Bedeutung. Neben den immunologischen Untersuchungen gehæren die Bestimmung von Histokompatibilitåtsantigenen und mikrobiologisch-serologische Untersuchungen zur Stufendiagnostik rheumatischer Erkrankungen. ] Wichtig ! Alle immunologischen Befunde sind nur unter Berçcksichtigung des klinischen Bildes, des Alters, ihrer Persistenz und in Zusammenhang mit anderen laborserologischen Befunden diagnostisch zu verwerten. Die erhæhte Sensitivitåt neuer Testverfahren, die zwangslåufig die Spezifitåt weiter vermindern, sollte zu kritischer und noch sorgfåltigerer Bewertung Anlass geben.
Antikærper (AK) Mit der Einfçhrung neuer physikalisch-chemischer Methoden begann die systematische Aufklårung von Produktion, Struktur und Funktion der AK, welche als spezifische extrazellulåre Repråsentanten der Immunreaktion von B-Lymphozyten zu verstehen sind. Die systematische Analyse ist bis in Details fortgeschritten, findet aber klinisch nur zum Teil Anwendung. Der Nachweis von speziellen Antikærpern ist auch heute nur durch aufwendige Assays mæglich und entzieht sich noch weitgehend den Bestimmungsmethoden eines Routinelabors. Autoantikærper sind AK gegen kærpereigene Substanzen, als Ausdruck einer Autosensibilisierung, in der das Immunsystem mit einer Struktur, die im eigenen Organismus vorliegt, in Form einer Autoimmunreaktion reagiert.
Labordiagnostik
Entzçndlich-rheumatische Erkrankungen zeigen Hinweise der Autosensibilisierung und sind somit Autoimmunerkrankungen. Inwieweit die dabei zu beobachtenden Immunphånomene zugleich krankheitsauslæsend oder nur Begleiterscheinungen pathogenetisch unterschiedlicher Prozesse sind, bleibt Gegenstand wissenschaftlicher Diskussion. Der Nachweis von Autoantikærpern ist fçr die Diagnostik systemischer entzçndlich-rheumatischer Erkrankungen wichtig. Bestimmte AK sind mit zahlreichen, klinisch definierten Krankheitsbildern eng assoziiert und teilweise Bestandteil diagnostischer Kriterien (z. B. RA, SLE, Sjægren-Syndrom). Zu den bedeutsamen rheumatologischen Autoantikærpern gehæren Rheumafaktoren, Antikernfaktoren, antimitochondriale und Muskelantikærper sowie AK gegen verschiedene spezifische Organstrukturen. ] Methoden. Autoantikærper werden zumeist im Serum nachgewiesen (bzw. Gelenkflçssigkeit, Pleurapunktat, u. a.). Nachweismethoden sind Pråzipitationstechniken (Doppelgeldiffusionstest, Ûberwanderungselektrophorese, Immunnephelometrie, u. a.), der Håmagglutinationstest (Antigene sind an Testerythrozyten gebunden), die indirekte Immunfluoreszenz (IIF), ¹Enzyme-linked immunosorbent assayª (ELISA) oder Radioimmunoassay (RIA), Dotblot, Immunoblot oder åhnliche Verfahren mit insolubilisierten Antigenen. ] Wichtig ! Unterschiedliche Testsysteme kænnen zu divergierenden Ergebnissen fçhren!
Rheumafaktoren Die çblicherweise nachgewiesenen Rheumafaktoren (RF) sind AK der Klasse IgM, die gegen vier antigene Determinanten des Fc-Fragments am IgG-Molekçl gerichtet sind. Sie wurden von Waaler (1940) [56] und Rose (1948) [40] entdeckt. Die unerwartete Agglutination von mit Kaninchen-IgG-beladenen Schafserythrozyten durch Seren von Patienten mit RA ± anstelle der erwarteten Lyse durch komplementfixierte antimikrobielle AK ± war lange der klassische Nachweis von RF. Diese AK erhielten somit die Bezeichnung ¹Rheuma-Faktorª, ein Name welcher bis heute geblieben ist, obwohl diese AK auch bei anderen Erkrankungen und selbst bei Gesunden bzw. ålteren Menschen ohne Anzeichen einer Erkrankung nachgewiesen werden
]
kænnen. Mit der Bestimmung des IgM-RF begrçndeten Waaler und Rose die serologische Diagnostik der RA. ] Indikation und Bewertung. Der RF-Nachweis ist Bestandteil der ARA-Kriterien [3] und bei Abklårung rheumatischer Gelenkerkrankungen indiziert. Der RF ist nur im Zusammenhang mit einer klinischen Symptomatik richtungsweisend und sollte vor allem bei niedrigem Titernachweis mit Vorsicht interpretiert werden. Der absolute Titer ist kein sicheres Maû der Krankheitsaktivitåt. Fçr die individuelle Verlaufsbeurteilung und Therapiekontrolle ist der RFTiter von gewissem Wert. RF werden in 80% im Serum bei RA-Patienten nachgewiesen (= seropositive RA), in hæheren Titern auch in deren Synovialflçssigkeiten. Hohe Titer von RF korrelieren bei der RA in der Regel mit schweren Krankheitsverlåufen, systemischer Manifestation und sind prognostisch ungçnstiger [37, 45]. In niedrigen Titern låsst sich der RF auch bei einer Vielzahl rheumatischer und nichtrheumatischer Erkrankungen bzw. bei physiologischen Zustånden nachweisen, so z. B. wåhrend der Schwangerschaft, beim Asthma bronchiale, bei Hepatitis B + C oder Mononukleose und anderen Virusinfektionen (Mumps-, Herpes simplex-, Rubella-, Influenza-Virusinfektionen [31]). 16% der IgM-Paraproteine, die bei essenzieller Kryoglobulinåmie, der Makroglobulinåmie Waldenstræm und bei chronisch-lymphatischer Leukåmie auftreten, haben RF-Aktivitåt [16]. Håufig ist der Nachweis von RF auch bei anderen Autoimmunerkrankungen (z. B. SLE), bei chronisch bakteriellen Infektionen (z. B. Endokarditis), bei parasitåren Erkrankungen (z. B. Trypanosomiasis) bzw. anderen chronisch entzçndlichen Erkrankungen (z. B. idiopathischer pulmonaler Fibrose, Sarkoidose, u. a.) [36]. RF finden sich in den Immunglobulinklassen M, G, A und E. In der Routine-Diagnostik wird jedoch çberwiegend der IgM-(19 S)RF bestimmt, der wegen seiner Multivalenz ein effektiver Agglutinator ist. ] Methode. Die çblichen Methoden zur Bestimmung des RF sind der Waaler-Rose-Test (Antigen ist tierisches IgG; die erzielten Titer sind niederiger als bei der Latexmethode, die Spezifitåt fçr RA jedoch hæher) und der Latex-Test, bei dem statt Schafserythrozyten als Reaktionstråger Latexpartikel verwendet werden, die mit menschlichen IgG beladen sind.
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]
B. Ostendorf, M. Schneider
Neben den bekannten qualitativen und semiquantitativen RF-Bestimmungsverfahren haben sich in der Routine-Diagnostik rein quantitative Verfahren wie die Laser-Nephelometrie durchgesetzt. Bei ¹Sero-Negativitåtª (= fehlender Nachweis des RF) ist in bestimmten Fållen eine Bestimmung von klein-molekularen RF der Immunglobulinklassen A und G sinnvoll. Referenzbereich Rheumafaktor
Test
quantitativ
Nephelometrie
< 20 U/ml
Cyclisches Citrulliniertes Peptid (CCP) Wesentlich zur serologischen Frçhdiagnostik der RA hat hingegen die Erkenntnis beigetragen, dass sich bei 40±60% der RA-Patienten im Serum auch Autoantikærper gegen epidermales Filaggrin nachweisen lassen (RA-Keratin, Antiperinukleårer Faktor). Filaggrin ist ein Protein der Epidermis, das Keratinfilamente miteinander verbindet. In den letzten Jahren konnte in zahlreichen Studien gezeigt werden, dass die in Filaggrin vorkommende, seltene Aminosåure Citrullin wesentlicher Bestandteil der antigenen Epitope ist [41]. Es konnte ferner gezeigt werden, dass bei Verwendung cyclischer citrullinierter Peptide anstelle der linearen citrullinierten Peptide als ELISA-Substrat die Sensitivitåt deutlich gesteigert werden kann [42]. Antikærper gegen cyclisches citrulliniertes Peptid (CCP) gehæren çberwiegend der Klasse IgG an und besitzen eine Spezifitåt von 97% fçr die RA. Sie werden sehr frçh im Verlauf der Erkrankung beobachtet und haben einen hohen prognostischen Wert: Patienten mit Anti-CCPAntikærpern entwickeln signifikant mehr radiologisch nachweisbare Gelenkschådigungen als Anti-CCP-negative Patienten [32]. Im Vergleich zu RF besitzen Antikærper gegen CCP bei gleicher Sensitivitåt (Anti-CCP: 80%, RF: 79%) eine deutlich hæhere Spezifitåt (Anti-CCP: 97%, RF: 62%). Antikærper gegen CCP sind bereits im Frçhstadium der Erkrankung bei 79% der Patienten nachweisbar. Referenzbereich CCP
Test
quantitativ
ELISA
< 5 RE/ml
Antinukleåre Antikærper Antinukleåre Antikærper (ANA) umfassen die Gesamtheit aller Autoantikærper gegen nukleåre Antigene (DNS: Desoxyribonukleinsåure, RNP: Ribonukleoprotein, Histone, u. a.). 1957 gelang durch Robins [39] erstmals die Beschreibung von DNS-AK beim SLE. Die Aufdeckung von Antikærperreaktionen mit kærpereigenen (humanen) Strukturen initialisierte den Begriff des Autoantikærpers. ] Indikation und Bewertung. Die Bestimmung der ANA bzw. von Autoantikærperprofilen trågt heute entscheidend zur Differenzierung entzçndlich-rheumatischer Erkrankungen, insbesondere der systemischen Bindegewebserkrankungen bzw. Kollagenosen bei. Die Titerhæhen der ANA lassen keine Differenzierung in einzelne Krankheitsbilder zu. ANA-Fuoreszenzmuster sind zur nosologischen Zuordnung der verschiedenen Verlaufsformen z. B. der Kollagenosen nur richtungsweisend und sollten weiterfçhrend differenziert werden. Niedrigtitrige ANA finden sich auch bei ålteren Menschen und einer Vielzahl chronischer Entzçndungen und Autoimmunerkrankungen. Innerhalb der ANA-Gruppe finden sich Autoantikærper gegen definierte Zellkernbestandteile. Die Bezeichung der spezifischen ANA ist willkçrlich und richtet sich z. B. entweder nach ihrer biochemischen Zusammensetzung (ds-DNSAK = AK gegen Doppelstrang-DNS), der assoziierten Erkrankung (Scl-70 = Sklerodermie, SS (A/B) = Sjægren-Syndrom) oder nach Patientennamen (Sm = Smith), bei denen sie das erste Mal beschrieben worden sind. Autoantikærper sind mit zahlreichen klinisch definierten Krankheitsbildern eng assoziiert und teilweise Bestandteil diagnostischer Kriterien (RA, SLE, Sjægren-Syndrom). Einzelne AK sind Marker typischer klinischer Syndrome (s. Tabelle 1). ] Methode. Als Messmethoden der ANA werden Immunpråzipitationen mit gereinigten Antigenen, Komplementfixations- und Håmagglutinationstests, ELISA-Test und Immunoblotverfahren eingesetzt. Als Routineverfahren etabliert ist der indirekte Immunfluoreszenztest (IFT), welcher qualitativ und/oder quantitativ ausgewertet werden kann. Angewendet werden vermehrungsfåhige, humane Epithelzellen (HEp-2-Zellen) als nukleåres Substrat, die mit Patientenserum in-
Labordiagnostik
]
Tabelle 1. Diagnostisch wichtige Autoantikærper bei systemisch entzçndlich-rheumatischen Erkrankungen [19] Verdachtsdiagnose
Leitsymptome
Screening-Test
Marker-AK gegen
] SLE
Schmetterlingserythem Photosensibilitåt diskoide LE-Låsion LE-typische Organsymptome Zytopenie Thrombose rezidiv. Abort
ANA-IFT (HEp-2-Zellen) (*98% positiv)
dsDNS Sm
] Sjægren-Syndrom
Sicca-Symptome Leukozytopenie
ANA-IFT Anti-SS-A
SS-A, SS-B
] Mixed connective tissue disease
Raynaud-Phånomen Arthritis Sklerodermie geschwollene Hånde
ANA-IFT (100% positiv)
U1-nRNP (meist hohe Titer)
] Systemische Sklerose
Raynaud-Phånomen Sklerodermie Lungenfibrose Úsophagusmotilitåtsstærung
ANA-IFT (> 95% positiv)
DNS-Topoisomerase I Zentromer, Fibrillarin PM-Scl RNS-Polymerase I, II und III
] Poly-/Dermatomyositis
Muskelschwåche CK-Erhæhung Dermatitis (heliotrop: Gesicht, Hals, Hånde u. a.)
ANA-IFT (ca. 60% positiv)
Aminoacyl-tRNA-Synthetase (Jo-1 u. a.) SRP Mi-2
IFT an neutrophilen Granulozyten (c-ANCA, p-ANCA)
Proteinase 3, Myeloperoxidase
] Wegener'sche Granulomatose Vaskulitische Hautverånderungen Skleritis Polyneuropathie pulmonale Infiltrate rapid progressive Glomerulonephritis u. a.
kubiert werden. Die Antikærperbindung an die exponierten Zellsubstanzen wird mikroskopisch dargestellt, wenn fluoreszenzmarkiertes AntiHumangammaglobulin zugesetzt und an die mit AK besetzten Stellen gebunden wird. Die verschiedenen AK rufen unterschiedliche Immunfluoreszenzmuster hervor, die fçr die weitere Diagnostik richtungsweisend sein kænnen: gesprenkelt, homogen (diffus), nukleolår, ringfærmig, zentromer u. a., auch Ûberlappungen kænnen vorkommen (Abb. 1). Das Fluoreszenzmuster des Zellkerns erlaubt bereits Aussagen çber eine mægliche Spezifitåt und pathogenetische Bedeutung. Håufig ist das Kernfluoreszenzmuster abhångig von der Verdçnnungsstufe des Serums, was auf unterschiedliche Konzentrationen der einzelnene AK zurçckzufçhren ist. Zur Musterbestimmung empfiehlt sich eine Beurteilung bei einer Verdçnnung von 1:20 sowie bei einer Verdçnnungsstufe unter dem Endtiter. Die Ausprågung der Muster sollte an der stårksten noch reagie-
Phospholipid Proteinkomplex
renden Serumverdçnnung beurteilt werden (Titerstufenverdçnnung: z. B. von 1:20±1:10240). Referenzbereich: methodenabhångig Normbereich ANA-HEp-2-Zelltest
< 1:80
Antikærper gegen Desoxyribonukleinsåure (DNS) Anti-DNS-AK sind AK, die gegen native (doppelstrångige = ds) sowie gegen denaturierte (einstrångige [single strange] = ss) DNS reagieren. AK gegen ds-DNS gehæren zusammen mit den ANA zu den 1982 revidierten ARA-Kriterien fçr SLE [46]. ] Indikation und Bewertung. Anti-DNS-AK lassen sich in 60±90% beim aktiven SLE nachweisen und zeigen eine hohe Korrelation zur Krankheitsaktivitåt. In der Remission kann der Titer bis unter die Nachweisgrenze abfallen, so-
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]
B. Ostendorf, M. Schneider
AK zeigt sich ein entsprechender Fluoreszenznachweis. Auch mit ELISA und RIA-Testverfahren ist eine Differenzierung der Anti-ds- und Anti-ss-DNS-AK mæglich. Referenzbereich: methodenabhångig Anti-DNS-AK
Test
Normbereich
ELISA RIA
< 20 U/ml < 7 U/ml
Antikærper gegen Histone ] Indikation und Bewertung. AK gegen Histone (niedermolekulare, basische Eiweiûkærper des Zellkernplasmas und der Chromosomen) sind zu 50% bei Patienten mit SLE nachweisbar, hingegen in 90% der Patienten mit medikamentæs induzierten LE. Anti-Histon-AK-Titer zeigen keine Korrelation zur Krankheitsaktivitåt. Bei seropositiver RA und juveniler chronischer Arthritis sind Anti-Histon-AK nachweisbar, niedrigtitrig auch bei autoimmunen Lebererkrankungen und Malignomen. ] Methode. IFT, Blot. Abb. 1. a ANA, homogenes Kernfluoreszenzmuster auf HEp2-Zellen ohne Gegenfårbung. b ANA, homogenes Kernfluoreszenzmuster auf HEp-2-Zellen mit Gegenfårbung (Evan's Blue).
dass Anti-ds-DNS-AK als Parameter bei Therapiemonitoring und Verlaufskontrolle eingesetzt werden kænnen. Die Anti-ds-DNS-AK haben in Abhångigkeit des Testverfahren fçr den SLE im aktiven Stadium eine Spezifitåt von 97% (ELISA sensitiver, RIA spezifischer). Differenzialdiagnostisch ist erwåhnenswert, dass beim Medikamenten-induziertem LE Anti-ds-DNS-AK fast nie auftreten. Eine hohe Konzentration an Anti-ds-DNS-AK ist håufig auch mit erniedrigten Serumkomplementwerten (C3, C4) assoziiert, da Anti-DNSAK komplementbindend sind. Ss-DNS-AK lassen sich beim medikamentæs induzierten LE, der RA und der chronisch aktiven Hepatitis nachweisen und gehen in der Regel ohne Komplementbindung einher. ] Methode. Der spezifische Nachweis der AntiDNS-AK gelingt mit dem indirekten Fluoreszenztest (IFT) mit Crithidia luciliae, einer Flagellate, die in ihrem Kinetoblasten reine ds-DNS enthålt. Bei positivem Nachweis von Anti-DNS-
SS-A-AK (Ro-AK) und SS-B-AK (La-AK) Bei den initialen Isolierungsversuchen zur molekularen Identifizierung von Autoantigenen wurden diese Antigene durch Salzlæsungen aus Kaninchenthymus-Zellkernen eluiert, ein Mechanismus der zum Begriff der extrahierbaren nukleåren Antigene (ENA) gefçhrt hat. Der Name ENA steht heute als Ûberbegriff bzw. Sammelname fçr eine Gruppe solcher Auto-AK. AK gegen ribonukleoproteinhaltige Kernsubstanzen wurden erstmals 1969 bei SLE-Patienten entdeckt und nach deren Namen mit Ro- und La-AK benannt. Die gleichen AK wurden 1976 auch beim Sjægren-Syndrom identifiziert [2] und als SS(Sjægren-Syndrom)-A und SS-B bezeichnet. Als læsliche Antigene aus Lymphoblasten gehæren diese zytoplasmatischen Antigene zur ENA-Gruppe. ] Indikation und Bewertung. SS-A-AK (SS-B-AK) werden beim Sjægren-Syndrom in 90±95% (90%) bzw. beim SLE in 25±50% (45%) der Fålle nachgewiesen. SS-A-AK kommen håufig auch beim subakut kutanen LE vor. Es besteht eine Assoziation mit dem HLA-Typ HLA-DR3/-DR2.
Labordiagnostik
]
] Wichtig ! Bei Schwangeren mit SLE und IgGSS-A-/SS-B-AK besteht fçr das Kind die Gefahr eines kongenitalen AV-Blockes: SS-AK binden mit Komplement an neonatale Herzzellen und bewirken eine Stærung des Reizleitungssystems [13].
Scl-70-AK und Anti-Zentromer-AK, U1-nRNP-AK und Sm-AK ] Indikation und Bewertung. Bei Patienten mit Raynaud-Phånomen und Sklerodermiesymptomen (Sklerodaktylie, Teleangiektasien, Úsophagusmotilitåtsstærungen u. a.) lassen sich in einem hohem Prozentsatz unter Verwendung des Hep-2-Zelltest ANA nachweisen. Bei der PSS sind bei 25% der Patienten AK gegen DNS-Topoisomerase I (Scl-70) nachweisbar (Scl-70-AK [Scl = Sclerodermie, Molekulargewicht 70 kDA]). Die diagnostische Sensitivitåt der Scl-70-AK betrågt bei der PSS mit den çblichen Bestimmungsmethoden (z. B. Immunoblot) > 70%, die diagnostische Spezifitåt liegt bei 100%. Anti-Zentromer-AK sind AK, die mit Antigenen an der zentralen Einschnçrungsstelle der Spindelfaser am Chromosom reagieren. Sie werden bei 25% der Patienten mit Raynaud-Syndrom und in 70±80% beim CREST-Syndrom (Calzinosis, Raynaud-Phånomen, Esophageal dysmotility, Sklerodaktylie, Teleangiektasien) gefunden (Abb. 2). AK gegen nukleåres Ribonukleoprotein (U1-nRNP) sind fçr Overlap-Syndrome (¹mixed connective tissue diseaseª [MCTD]) charakteristisch und sind in 70±90% nachweisbar. Auto-AK gegen nRNP sind zwar nicht sehr spezifisch (MCTD und SLE), aber nahezu 100% sensitiv fçr Mischkollagenosen (Abb. 3). Sm-AK gehæren ebenfalls zur ENA-Gruppe (benannt nach der Erstbestimmung bei dem Patienten Smith) und sind als hochspezifischer Marker in 30±40% bei SLE nachweisbar, gehåuft bei SLE-Patienten mit Polyserositis.
Myositis-Auto-AK: JO1-, PM-SCL-, MI2-AK ] Indikation und Bewertung. In der Diagnostik von entzçndlichen Muskelerkrankungen (z. B. Polymyositis, Dermatomyositis) sind in den letzten Jahren eine Reihe von Auto-AK bedeutsam geworden [35]. Diese myositisassoziierten
Abb. 2. Nachweis von Zentromer-Antikærper
Abb. 3. Nachweis von U1-nRNP-Antikærper
Auto-AK gehæren zur ENA-Gruppe. Auto-AK gegen JO1, einem Translationsenzym (HistidyltRNS-Synthetase) finden sich in 30% bei Patienten mit Myositis und extramuskulåren Symptomen (fibrosierende Alveolitis, Arthritis, Raynaud- und Sicca-Symptomatik = JO1- bzw. Antisynthetasesyndrom) bzw. auch bei Polymyositis (30%) und Dermatomyositis (10%). PM-SCL ist ein Komplex aus 11 nukleolåren Antigenen. AK gegen PM-SCL finden sich in 8±15% bei Patienten mit Sklerodermie-Myositis¹Overlapª-Syndrom. Das MI2-Antigen besteht aus 3 Proteinen, welche wiederum teils Bestandteil der ribosomalen SRP (¹signal recognition particleª) sind. AK gegen MI2 werden in ca. 10% der Patienten mit Dermatomyositis nachgewiesen.
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]
B. Ostendorf, M. Schneider
Antimitochondriale Antikærper
Antineutrophile-zytoplasmatische Antikærper
] Indikation und Bewertung. Anti-Mitochondriale Antikærper (AMA) gegen mitochondriale Membranen/Proteine sind charakteristische AK der primår biliåren Zirrhose (PBC), dem Endstadium autoimmuner Reaktionen gegen Gallengangskapillaren (z. B. primår nicht eitrige destruierende Cholangitis). Sie treten håufig vor Beginn der ersten klinischen Symptome (unklare Transaminasenerhæhung) auf und tragen somit zur Frçhdiagnostik der Erkrankung bei. Die PBC tritt relativ håufig zusammen mit anderen Autoimmunerkrankungen, wie z. B. RA, SjægrenSyndrom oder CREST-Syndrom auf. Die Bestimmung von AMA ist ebenso indiziert bei der Differenzialdiagnose von Kollagenosen.
Neben den ANA als fçhrender Gruppe der Autoantikærper in der Rheumatologie kommt der Bestimmung der ANCA (antineutrophile-cytoplasmatische AK), auch ACPA (= anticytoplasmatische AK) genannt, in den letzten Jahren eine zunehmende Bedeutung zu. 1985 wurden ANCA erstmals bei Patienten mit Wegener'scher Granulomatose beschrieben [58]. ANCA sind Autoantikærper, die gegen zytoplasmatische Bestandteile von neutrophilen Granulozyten und Monozyten gerichtet sind.
Antikærper gegen glatte Muskulatur ] Indikation und Bewertung. AK gegen glatte Muskulatur (ASMA: ¹anti-smooth muscle antibodiesª) stellen eine groûe heterogene Gruppe dar. Sie sind gegen eine Vielzahl von zytoplasmatischen Strukturen glatter Muskelzellen gerichtet, çberwiegend gegen Aktin, Aktomyosin, Tropomyosin, Vimentin (Intermediårfilament) u. a. ASMA sind nachweisbar bei chronischer aktiver Hepatitis (autoimmune Form), Virusinfektionen (Paramyxo-, Masern- und HerpesViren), bei Kardiomyopathien, beim DresslerSyndrom (Postmyokardinfarkt-Syndrom) und bei RA (bei 80% erhæhte IgM-/IgG-Vimentin Titer). Die Bestimmung von ASMA ist bei der Abklårung von Hepatopathien bzw. zur Differenzialdiagnose von Arthralgien bei Lebererkrankungen indiziert.
] Methode. Der Nachweis erfolgt çber die indirekte Immunfluoreszenzbestimmung und fçhrt zu drei unterschiedlichen Mustern: 1. AK gegen Proteinase 3 (PR 3) induzieren cANCA (zytoplasmatische Fluoreszenzfårbung (Abb. 4),
Abb. 4. Nachweis von c-ANCA mit zytoplasmatischem Fluoreszenzmuster auf åthanol-fixierten Granulozyten (Vergræûerung ´400).
AK gegen Skelettmuskulatur ] Indikation und Bewertung. AK gegen quergestreifte Muskulatur (Anti-SkelettmuskulaturAK [SMA]) richten sich gegen Myosin bzw. Strukturen des Sarkolemms und des sarkoplasmatischen Retikulums. SMA lassen sich vorwiegend bei Patienten mit Myasthenia gravis (in 95% bei gleichzeitigem Vorliegen eines Thymom), Polymyositis und Thymom nachweisen. Die Suche nach SMA scheint vor allem bei Patienten mit Verdacht auf Myasthenia gravis sinnvoll, da gerade in der Frçhphase die pathognomonischen Anti-Acetylcholinrezeptor-AK gelegentlich noch nicht nachweisbar sind.
Abb. 5. Nachweis von p-ANCA mit perinukleårem Fluoreszenzmuster auf Formalin-fixierten Granulozyten (Vergræûerung ´ 400).
Labordiagnostik
2. AK gegen Myeloperoxidase (MPO) pANCA (perinukleåre Fluoreszenzfårbung (Abb. 5) und 3. ist ein Mischbild aus beiden oder ein atypisches Muster mæglich, bedingt durch andere ANCA-Muster (¹xANCAª oder ¹atypischerª ANCA) induzierende Antigene wie z. B. Elastase, Lysozym oder Kathepsin G. ] Indikation und Bewertung. cANCA weisen eine hohe Spezifitåt fçr die Wegener'sche Granulomatose auf [22]. pANCA sind mit der mikroskopischen Polyangiitis assoziiert. ANCA sind sowohl diagnoseassoziiert als auch aktivitåtskorrelierend und damit nicht nur diagnoseweisend, sondern im weiteren Verlauf auch hilfreich fçr die Therapieplanung und die Verlaufskontrolle. Ein im Verlauf persistierender bzw. aszendierender ANCA-Titer deutet auf eine weiterhin aktive oder in ihrer Aktivitåt zunehmende Vaskulitis hin. In der kompletten Remission låsst sich der ANCA-Titer håufig nicht mehr nachweisen.
Anti-Cardiolipin-Antikærper (ACLA), Lupus-Antikoagulans Antiphospholipide sind eine heterogene Gruppe von Auto-AK, die nicht zu den ANA gehæren, als Autoantikærper (IgG und/oder IgM-AK) mit negativ geladenen Phospholipiden reagieren (Anti-Phospholipid-AK = APA) und zu falsch positiven Lues-Tests (VDRL) fçhren. Zu dieser Gruppe gehæren auch die Anti-Cardiolipin-AK (ACLA). Diese AK sind gegen die polaren negativ-geladenen Phosphodiestergruppen des Cardiolipins gerichtet. ] Indikation. Die Bestimmung von APA in der ergånzenden Diagnostik bei Kollagenosen findet ihre Indikation bei Patienten mit ungeklårter Abort-, Embolie- bzw. Thromboseneigung. ] Methode. Der Nachweis von APA erfolgt entweder im Enzym- oder Radioimmunoassay gegen Cardiolipin (ACLA) oder als Lupus-Antikoagulans (LA) durch ihre Reaktivitåt mit Phospholipiden des Thrombin-Aktivator-Komplexes [4]. ] Bewertung. LA und ACLA sind nicht indentisch. Patienten, bei denen diese AK nachzuweisen sind, fallen håufig durch thrombo-embolische Komplikationen auf. Etwa 15±40% aller SLE-Patienten haben erhæhter APA-Titer.
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Wegen der Håufigkeit des gleichzeitigen Vorkommens der APA und bestimmter klinischer Symptome bei SLE wurde 1987 von Harris et al. der Begriff des Antiphospholipid-Syndroms (APS) eingefçhrt [24]. Es wird definiert als eine Kombination von vaskulåren thrombotischen Verschlçssen, Abortneigung und einer Thrombozytopenie mit erhæhten APA-Titern. Durch breite Anwendung von APA-Tests konnten ACLA bei zahlreichen anderen Erkrankungen bzw. Krankheitsgruppen nachgewiesen werden. Diese Entdeckung fçhrte zum Begriff des ¹sekundåren APSª, welches gehåuft beim LE-Syndrom oder anderen undifferenzierten Kollagenosen auftritt. Der isolierte Nachweis von LA oder ACLA stellt wegen des håufigen asymptomatischen Vorkommens keine zwingende Behandlungsindikation dar.
Immunologische Aktivitåtsparameter Das Komplementsystem besteht aus einer Gruppe von Serumproteinen, die als inaktive Proteine mit Enzymcharakter im Blut zirkulieren und einem Regelkreislauf aus Aktivierung und Inaktivierung unterliegen. Die Aktivierung des Komplementsystems und Sequenzierung von Komplementfaktoren bzw. von Reaktionsprodukten erfolgt im Rahmen von Entzçndungsreaktionen, Erregerabwehr oder Antigenverarbeitung auf dem klassischen oder dem alternativen Weg.
Komplementfaktoren Die klassische Aktivierung erfolgt çber komplementbindene AK der Immunglobulinklassen IgG und IgM, die Immunkomplexe bilden kænnen. Der alternative Reaktionsweg verlåuft çber eine direkte Aktivierung von C3 mit der nachfolgenden Bildung eines terminalen lytischen Komplexes. Als Folge der Komplementaktivierung entstehen aus inaktiven Komplementproteinen aktive Spaltstçcke mit biologischer Funktion wie z. B. Chemotaxis, Erhæhung der Gefåûpermeabilitåt, Suppression der Antikærperantwort, Histaminfreisetzung, u. a. Aufschluss çber die Aktivitåt des Komplementsystems ergibt primår die håmolytische Gesamtaktivitåt (CH 50), darçber hinaus jedoch
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vor allem die Konzentration der Aktivierungsprodukte (C3d, C4d) und auch die Konzentration von C3 und C4. ] Indikation und Bewertung. Hypokomplementåmie wird bei verschiedenen Immunkomplexvermittelten Erkrankungen gemessen. Bei Autoimmunerkrankungen (z. B. aktiver SLE) mit gesteigertem Komplementeinbau in Immunkomplexe kænnen Komplementfaktoren, verknçpft mit der Krankheitsaktivitåt, erniedrigt sein. Bestimmungen von Komplementfaktoren eignen sich somit als aufschlussreiche Messgræûen fçr Krankheitsaktivitåt und Beurteilung des Therapieerfolges. Komplementfaktoren kænnen aber auch im Rahmen hereditårer Komplementdefekte pathologisch erniedrigt sein (z. B. hereditåres angioneurotisches Údem), weshalb es aufgrund fehlender Komplementwirkung bzw. Kontrollproteinfunktionen zu rezidivierenden Infektionen, Autoimmunerkrankungen (z. B. C4-Mangel beim SLE) und angioneurotischen Údemen (z. B. C1-Esteraseinhibitor-Mangel) kommen kann. ] Methode ] Komplementfaktoren: Proteinkonzentrationsmessung durch RIA, Nephelometrie, ] C1-Esterase: chromogener Test, ] CH50: Håmolyse-Test. Bei allen Tests muss EDTA-Blut bis zur Abtrennung des Plasmas bei Kçhlschranktemperatur gelagert werden. Nachfolgend sollte die Bestimmung zçgig erfolgen. Referenzbereich: methodenabhångig C3 C4 CH50 C1-Esteraseinhibitor
Test Nephelometrie Nephelometrie Funktioneller Test Chromogener Test
Normbereich 90±180 mg/dl 10±40 mg/dl 19,5±60 U/ml 80±125%
Zirkulierende Immunkomplexe Die Bildung von zirkulierenden Immunkomplexen (CIC) erfolgt in erster Linie im Verlauf einer physiologischen Abwehrreaktion. Wåhrend sie bei Infektionen passager auftreten, kommt ihnen bei chronisch-entzçndlichen Erkrankungen eine offenbar eigenståndige pathogenetische Bedeutung zu. Von CIC spricht man, wenn diese im peripheren Blut nachweisbar sind. Ûber Ablagerung
in Organen und Blutgefåûen kommt es zu lokalen Låsionen unterschiedlichen Ausmaûes. ] Indikation und Bewertung. CIC finden sich in geringer Konzentration auch bei Gesunden. Erhæhte Messwerte haben nur eine unspezifische Aussagekraft und dçrfen nie ohne Kenntnis der klinischen Symptomatik bewertet werden. Zur Verlaufskontrolle eignen sich CIC aufgrund ihrer Unspezifitåt und ihrer bisher aufwendigen Bestimmungsmethodik nicht. Bei der Diagnostik rheumatologischer Krankheitsbilder spielt ihr Nachweis aufgrund verbesserter und eindeutiger pathognomonischer Antikærperbestimmungen nur noch eine untergeordnete Rolle. ] Methode. Mit aufwendigen Bestimmungsmethoden (Raji-Zelltechnik, Clq-Bindungstest) lassen sich CIC erfassen. Immunhistologisch sind CIC als Immunpråzipitate, z. B. beim SLE in der Haut als Lupusbandphånomene nachweisbar, ebenso im Nierengewebe bei Glomerulitiden, als auch in Gefåûabschnitten z. B. als Immunkomplexe mit HBs-Antigenen bei der Panarteriitis nodosa. Referenzbereich: methodenabhångig CIC
Test
Normbereich
Nephelometrie
< 5,5 lg/ml
Zytokine Zytokine sind regulative Proteine, die z. B. von Makrophagen, Endothelzellen, T-Lymphozyten, Fibroblasten, u. a. sezerniert werden. Sie umfassen håmatopoetische Wachstumsfaktoren, Lymphokine, Monokine und åhnliche Molekçle, die in der Funktion als Mediatoren wichtige Informationen fçr die Zelldifferenzierung, Proliferation und Funktion vermitteln. Einige Zytokine wie z. B. Interleukin 2 (IL-2) sind lokale Botenstoffe, andere wie z. B. IL-6 oder Tumor-Nekrose-Faktor (TNF) haben systemische Wirkung. ] Indikation und Bewertung. Erhæhte IL- oder IL-Rezeptor-Spiegel bzw. die Expression dieser Rezeptoren werden bei Infektionen, Autoimmunopathien, lymphoproliferativen Erkrankungen, u. a. gefunden. Die einzelnen Erkrankungen unterscheiden sich in der Quantitåt der lokal und systemisch freigesetzten Zytokine sowie in den Zellpopulationen, die fçhrend an der Zytokinproduktion beteiligt sind.
Labordiagnostik
Von allen untersuchten Zytokinen korreliert die IL-6-Konzentration am besten mit dem Schweregrad und der Prognose der Erkrankung [20]. Das çberwiegend von Monozyten und Fibroblasten gebildete IL-6 ist maûgeblich an der Akute-Phase-Reaktion beteiligt und erreicht bereits bei bakteriellen Infektionen seinen Maximalwert nach 3±4 h, das heiût mehrere Stunden vor dem CRP, was einen wichtigen Fortschritt in der Frçhdiagnose und Therapiesteuerung schwerer Infektionen z. B. Meningitis (vor allem bei Kindern) bzw. nach Chemotherapie und Transplantationen [55] bedeuten kann. Wegen mangelnder schneller und zuverlåssiger Testsysteme spielt die IL-Messung im Routinelabor bis dato trotzdem nur eine untergeordnete Rolle. Voraussetzung fçr die Einfçhrung von Zytokintests in die klinische Routinediagnostik sind darçber hinaus detailierte Studien hinsichtlich der Aussagekraft von Zytokinen und der konkreten Zielsetzung des diagnostischen Einsatzes dieser neuen Parameter. ] Methode. Zytokine oder ihre læslichen Rezeptoren kænnen mittels RIA oder ELISA-Methoden im Serum gemessen werden.
Kryoglobuline ] Indikation und Bewertung. Kryoglobuline sind Immunglobuline, die sich bei Temperaturen unterhalb der normalen Kærpertemperatur reversibel aneinander binden und aggregieren. Kryoglobulinåmien werden in drei Gruppen (I±III) klassifiziert. Die unterschiedlichen Kryoglobulintypen unterscheiden sich in ihrer Zusammensetzung (IgM/IgG) und durch die mit ihnen assoziierten Erkrankungen: ] Typ I (monoklonales Immunglobulin): Plasmozytom, ] Typ II (zwei oder mehr monoklonale Immunglobuline): Autoimmunerkrankungen, ] Typ III (zwei polyklonale Immunglobuline, gemischter Typ): 30% idiopathisch, SLE) [11]. Klinische Symptome einer Kryoglobulinåmie treten bei Kålteexposition auf: Zyanose und Raynaud-Phånomen, Vaskulitis, Håmolyse, periphere Neuropathien u. a. ] Methode. Der Nachweis von Kryoglobulinen erfolgt durch Pråzipitation bei <37 8C. Nach Zentrifugation wird die Identifizierung der Prå-
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zipitatkomponenten entweder als Kryokrit, in Prozent angegeben, oder mit der Immunelektrophorese unter Verwendung spezifischer Antiseren durchgefçhrt. Nach Zentrifugation (wie Håmatokrit) weist ein Kryokrit çber 0,4% auf eine Kryoglobulinåmie hin. Material: Vollblut. Referenzbereich: methodenabhångig Kryokrit Kryoglobulin
< 0,4% < 80 mg/l
Histokompatibilitåtsantigene (MHC-Antigene, HLA-Antigene) Gene des Haupthistokompatibilitåtskomplexes (MHC: ¹Major Histocompatibility Complexª) bestimmen die immunologische Individualitåt eines jeden Menschen. Ein Teil dieser Gene sind Histokompatibilitåtsantigene (HLA-Antigene: ¹Human Lymphocyte Antigen Systemª), auf den Zellmembranen kernhaltiger Kærperzellen lokalisierte Molekçle. Sie haben die Aufgabe der spezifischen Immunantwort (Antigenpråsentation, Induktion von Proliferationsvorgången). Bei Immunschwåche sind diese Mechanismen reduziert, bei autoaggressiven Erkrankungen und Allergien sind diese Vorgånge aktiviert. Auf dem Boden dieser Beobachtungen sind signifikante Assoziationen zwischen besonderen Anfålligkeiten und Resistenzen gegençber definierten Erkrankungen und einzelnen HLA-Typen bzw. Mustern gefunden worden. Aus diagnostischen, prognostischen und therapeutischen Grçnden wird die HLA-Phåno- bzw. Genotypisierung durchgefçhrt. Das HLA-System ist genetisch verankert, spezifisch und unverånderlich und ist fçr die Erkennung und Unterscheidung kærpereigener und fremder Zellen unentbehrlich. Die HLA-Antigene werden vom MHC-Komplex auf dem kurzen Arm des Chromosom 6 kodiert und lassen sich in drei Klassen aufteilen: ] Klasse I umfasst die Merkmale HLA-A, -B und -C, die auf allen Kærperzellen zu finden sind. ] Die Klasse-II-Antigene betreffen die Merkmale HLA-DR, -DP und -DQ. Im Gegensatz zur Klasse I lassen sie sich nur auf Makrophagen, B-Lymphozyten und einigen Typen von T-Lymphozyten nachweisen. ] Die Klasse-III-Antigene beinhalten Gene des Komplementsystems.
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] Indikation. Die klinische Bedeutung der HLAAntigene in der Rheumatologie ergab sich aus der Beobachtung, dass bestimmte rheumatologische Krankheitsbilder håufiger bei Menschen auftraten mit bestimmten HLA-Mustern. Diese Entdeckung fçhrte in den letzten Jahren zu neuen Erkenntnissen zur Krankheitsdisposition und Pråvalenz. Assoziationen mit HLAAntigenen der Klassen I und II stellen aber nur Risikofaktoren (Dispositionsmerkmale) dar und sind nicht als krankheitsauslæsende Phånomene zu verstehen. ] Bewertung. Fçr die rheumatologische Diagnostik eignet sich vor allem die Untersuchung von HLA-B27 (Klasse I), das in çber 90% bei Patienten mit Morbus Bechterew nachzuweisen ist [10]. Auch bei anderen seronegativen Spondylarthropathien, wie z. B. in 75% beim ReiterSyndrom oder in 90% bei Patienten mit reaktiver Arthritis (Yersinien) findet sich eine gehåufte Assoziation zum HLA-B27-Merkmal. Positive Ergebnisse sind jedoch im Hinblick auf eine bestimmte Diagnose uncharakteristisch, weil sich in 5±8% das Genmerkmal auch bei Gesunden feststellen låsst. Der Nachweis von HLA-B27 erlaubt lediglich die Aussage einer Krankheitsdisposition und ist keine Diagnose. Die HLA-II-Assoziationen betreffen vor allem die DR-Merkmale. So zeigt sich bei der RA eine Assoziation zum Molekçl HLA-DR4 bei 50% der Patienten, beim Felty-Syndrom in çber 90% der Erkrankten. Die DR-Beziehung zur chronischen Polyarthritis wird fçhrend durch die Subtypen DR4-DW4 und DR4-DW14 getragen. Fçr den HLA-DR4-Tråger errechnet sich ein 4bis 7fach erhæhtes relatives Risiko an einer RA zu erkranken [33]. ] Methode. HLA-Antigene werden an isolierten funktionsfåhigen mononukleåren Zellen aus dem Blut, der Milz oder aus Lymphknoten nachgewiesen. Aus heparinisiertem Blut werden sie z. B. durch Dichtezentrifugation çber einen diskontinuierlichen zellvertråglichen Gradienten in hoher Reinheit gewonnen.
Mikrobiologische Untersuchungen Zur labormedizinischen Diagnostik entzçndlich-rheumatischer Erkrankungen in Zusammenhang mit einer Infektion mit Bakterien, Viren, Pilzen oder Protozoen gehæren der direkte
(kulturelle) bzw. der mikroskopische Erregernachweis, Nachweisverfahren von Erregerbestandteilen (Antigene, DNS) und der indirekte serologische Nachweis von Immunreaktionen (Antikærperbildung) gegen bestimmte Infektionserreger, als Marker fçr eine abgelaufende bzw. noch persistierende Infektion. Bei den infektæsen Gelenkerkrankungen ist der direkte Erregernachweis im Gelenkpunktat oder Biopsat mit mikrobiologischen Methoden entscheidend und richtungsweisend (s. Kap. Synoviaanalyse). Der Erregernachweis sollte bei jeder akut aufgetretenen Monarthritis versucht werden und nachfolgend zur Vermeidung falsch negativer Befunde ohne Verzægerung unter standardisierten Bedingungen im Labor çberprçft werden. Fçr die Diagnose postinfektiæser arthritischer Syndrome (z. B. reaktiver Arthritis, Reiter-Syndrom, akutes rheumatisches Fieber, Lyme-Borreliose) ist der Nachweis der vorausgegangenen Infektion wichtig. In diesem Zusammenhang kann die sorgfåltige Anamnese bei der Diagnosestellung hilfreich sein und evtl. Aufschlçsse fçr eine infektionsbedingte Genese liefern. Reaktive oder postinfektiæse Arthritiden treten meist einigen Wochen nach Primårinfektion auf. Zur Verifizierung der Infektion ist ein Keimnachweis anzustreben. Als Erreger finden sich beispielsweise Streptokokken (Pharyngealinfektion), gramnegative Darmbakterien (Shigellen, Yersinien, Salmonellen), Chlamydien oder Mykoplasmen (Urogenitalinfektionen) oder Borrelien (Zeckenstich, Hautinfektion: Lymphadenosis und Erythema chronicum migrans). Durch Rachenabstrich, Stuhlkultur oder Urethralabstrich ist der Erregernachweis in bestimmten Fållen mæglich, im Gelenk gelingt er nur selten (Chlamydien, Borrelien). Abhångig vom Erreger erfolgt die Beurteilung im Direktpråparat (Streptokokken nach Rachenabstrich, Shigellenachweis aus der Stuhlprobe) oder es werden Nåhr- und Brutmedien fçr die Zellkultivierung angelegt (Chlamydiennachweis). Modernste Methoden wie z. B. der gentechnologische Nachweis von Chlamydien-DNA mittels PCR-verstårkten Hybridisierungstechniken werden zur Zeit hinsichtlich ihrer Aussagekraft getestet. Die Sensitivitåt des Erregernachweises am Infektionsort ist jedoch in der Regel geringer als die des Nachweises erregertypischer AK durch Verfahren der Serodiagnostik. Probleme der Serodiagnostik liegen in der Abnahme von AK-Titern nach Krankheits-
Labordiagnostik
beginn im Krankheitsverlauf und in der hohen Durchseuchungsrate in der Bevælkerung (z. B. fçr Salmonellen, Chlamydia trachomatis, Borrelia burgdorferi). Dennoch erweisen sich bei fehlendem direktem Erregernachweis postinfektiæs serologische Antikærperbestimmungen als fakultative Nachweisverfahren. Mittels verschiedener Methoden (Bakterienagglutinations- und Komplementbindungsreaktionen, IFT- und ELISA-Verfahren) gelingt der serologische Nachweis der Immunantwort. Je nach Testverfahren ist neben dem Nachweis von Antikærpern auch die Bestimmung der Akuitåt durch Differenzierung der Antikærperklassen in IgM, IgA oder IgG mæglich. Die Pråsenz spezifischer IgM- und/oder IgA-AK, bzw. ein Titeranstieg der AK weisen auf eine Auseinandersetzung des Organismus mit dem Erreger hin und lassen auf eine akute Infektion schlieûen. IgM-AK werden als primåre Immunantwort gebildet und erreichen nach 1±2 Wochen maximale Werte und fallen nach 2±3 Monaten nach Auftreten der klinischen Symptomatik auf nicht nachweisbare Werte ab. IgG-AK steigen nach 2±3 Wochen nach erfolgter Infektion an und persistieren oft lebenslang. In Verlaufsbeobachtungen kommt es gewæhnlich zu einem starken Ansteigen des AK-Titers in den ersten 4 Wochen nach Infektion. Der Ausgangswert des Titers liegt in der Regel nicht bei Null, sondern unterhalb des Grenzwertes (Wert der Mehrzahl der Gesunden). Titer hæher als das 2bis 4fache weisen bei entsprechender Klinik auf eine akute Infektion hin. Bei der Interpretation von Antikærpertitern sollte daher immer auch die klinische Symptomatik in die Gesamtbeurteilung mit einbezogen werden. Laborserologisch bedeutsam sind hohe Ausgangstiter und deutliche Titerabnahmen in der Verlaufskontrolle. Virusbedingte Arthritiden sind håufig passager. Die Arthritis ist Ausdruck der Viruserkrankung und durch Immunkomplexe mit Virusbestandteilen bedingt. Virusarthritiden manifestieren sich am håufigsten nach Infektionen mit Parvovirus B19 (Ringelræteln), Rætelnvirus (Vakzine), Hepatitis-B-Virus und anderen seltenen Virusinfekten (Alphaviren, Enteroviren, Herpesviren, Adenoviren) [21]. Die Erfassung einer Virusinfektion beruht auf Verfahren der Serodiagnostik. Der Nachweis von IgM-AK ist entscheidend und unter Einbeziehung der klinischen Symptome diagnostisch richtungsweisend fçr eine akute Infektion.
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Im Rahmen z. B. einer HIV-Infektion werden verschiedene rheumatische Syndrome beobachtet (Reiter-Syndrom, Psoriasis-Arthritis, SjægrenSyndrom, Polymyositis u. a.). Bakterielle und virale Infektionen sind auch als Auslæser von Myositiden (Coxsackie-, Epstein Barr-, Herpes-simplex-Virusinfektion u. a.) und Vaskulitiden (Streptokokken, Hepatitis B und C) bekannt.
Diagnostik von Kristallarthropathien, Stoffwechselstærungen und endokrinen Erkrankungen Kristallarthropathien Ein weiterer Schwerpunkt der labormedizinischen Diagnostik in der Rheumatologie ist der Nachweis von Kristallen in Gelenkflçssigkeiten und im Gewebe. Durch Stoffwechselstærungen kommt es zur Bildung bzw. zur Ausfållung von Kristallen, welche Arthritiden induzieren kænnen. Die sie auslæsenden oder mit ihnen assoziierten Kristallstrukturen sind vorrangig Mononatriumurat, Calciumpyrophosphatdihydratkristalle und basische Calciumphosphate. Neben dem Kristallnachweis gehært auch die Bestimmung von Stoffwechselparametern wie Harnsåure, Calcium, Parathormon, alkalische Phosphatase, Ferritin u. a. zur Stufendiagnostik von Kristallarthropathien. ] Indikation. Der Nachweis von Kristallstrukturen dient neben der Erfassung von Laborparametern der Abklårung von metabolischen Arthropathien wie z. B. Gicht (s. Kap. Synoviaanalyse). ] Bewertung. Bei der Differenzialdiagnostik von nichtentzçndlichen Arthropathien mçssen u. a. die idiopathische Håmochromatose und auch endokrinologischen Erkrankungen (z. B. Thyreopathien, Hyperparathyreodismus (s. u.) mit in Betracht gezogen werden. ] Methode. Nachgewiesen werden Kristalle polarisationsoptisch im Deckglaspråparat. Pathognomonisch fçr eine Harnsåuregicht ist der polarisationsoptische Nachweis von Mononatriumurat im Gelenk- oder Tophuspunktat. Im Gegensatz hierzu kænnen doppelbrechende Calcium-
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pyrophosphatdihydratkristalle z. B. fçr eine primåre Chondrokalzinose oder Pseudo-Gicht sprechen. Pathognomonisch sind die frei in der Synovia und in Leukozyten phagozytierten Kristalle. Der eindeutige Nachweis gelingt aber håufig nur mittels elektronen- oder rasterelektronenmikroskopischen Techniken (s. Kap. Synoviaanalyse).
Hyperparathyreodismus Die Bestimmung des Parathormons (PTH) sowie von Ca und Ph sind wichtige Kriterien zur Differenzierung von Stærungen im Calciumhaushalt. Der primåre Hyperparathyreodismus (HPT) (Ûberfunktion der Nebenschilddrçse, z. B. durch Adenom-bedingte autonome PTHSekretion) ist durch eine Erhæhung des PTH und des Serumcalciums gekennzeichnet. Das organische Phosphat verhålt sich umgekehrt. Ein sekundårer HPT liegt vor, wenn durch Senkung des Serumcalciums oder seiner ionisierten Form eine Steigerung der PTH-Sekretion regulativ induziert wird, so z. B. bei der Niereninsuffizienz (Erhæhung des PTH bedingt durch eine renale oder intestinale Hypokalzåmie). Die langfristige Anregung der Nebenschilddrçse z. B. bei terminaler Niereninsuffizienz fçhrt çber die Hyperplasie bei einigen Patienten zu einer autonomen PTH-Sekretion. Man spricht hierbei von einem tertiåren HPT [1]. Laborserologisch ist das Calcium erhæht, die Entwicklung einer Hyperkalziåmie ist mæglich. Klinisch imponieren beim HPT diffuse Knochenschmerzen und Polyarthritis-åhnliche Beschwerden, die differenzialdiagnostisch beurteilt werden mçssen. Im Spåtstadium kommt es zu ossåren Verånderungen (Knochenverbiegungen, Spontanfrakturen), welche als Ostitis fibrosa generalisata bezeichnet werden. Referenzbereich: methodenabhångig PTH (intakt)*
15±65 ng/l (1,5±6,5 pmol/l)
* Bestimmungsmethode: Immunradiometrischer Assay (IRMA)
Schilddrçsenerkrankungen Im Rahmen sowohl hypothyreoter als auch hyperthyreoter Stoffwechselstærungen kann es zum Auftreten von Gelenk- und Muskelbeschwerden in Form von Arthralgien, selten Arthritiden, Myalgien und Muskelschwåche kommen. Grund hierfçr ist bei der Hypothyreose der Mangel an Schilddrçsenhormon und der dadurch bedingte extrazellulåre Einbau von Proteinen, welche sich mit Mucopolysacchariden und Hyaluronsåure verbinden und eine Údemneigung initialisieren (Myxædembildung). Bei der Hyperthyreose kann es in Extremfållen (thyreotoxische Krise) zum Auftreten von Myopathien und Muskelatrophien kommen. Gelegentlich treten Weichteilschwellungen von Hånden und Fçûen auf, verbunden mit phalangealen Verdickungen. Die laborserologische Diagnostik von Schilddrçsenerkrankungen sollte in Einklang mit einer gezielten Anamnese und kærperlichen Untersuchung stattfinden. Fçr die Erstdiagnostik besitzt die Bestimmung des basalen TSH (¹thyroidea stimulating hormoneª) eine ausreichende Treffsicherheit zum Ausschluss einer Funktionsstærung (z. B. TSH erniedrigt = Hyperthyreose, DD: Schilddrçsenhormoneinnahme). Die Bestimmung peripherer Schilddrçsenhormone (Thyroxin T4 (freies T4 = fT4), Trijodthyronin T3 (fT3)) ist erforderlich, um das Ausmaû der Ûber- oder Unterfunktion zu quantifizieren. Referenzbereich: methodenabhångig TSH fT4 TT4 (Total-/ = Gesamt) fT3 TT3
0,3±3,5 mU/l 8±18 ng/l (10±23 pmol/l) 55±110 lg/l (77±142 nmol/l) 3,5±8,0 pg/ml (5,4±12,3 pmol/l) 0,9±1,80 lg/l (1,4±2,8 nmol/l)
Labordiagnostik
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Synoviaanalyse
B. Ostendorf, G. Salzmann
Einfçhrung Die Gelenkflçssigkeit (Synovia) kleidet unter normalen Bedingungen den Gelenkbinnenraum als schmaler Flçssigkeitssaum aus. Die Synovia ist ein Dialysat des Blutplasmas, in das Hyaluronat, ein Glycosaminoglycan mit einem hohen Molekulargewicht, von den synovialen Deckzellen sezerniert wird, das wesentlich die Viskositåt der Synovia bestimmt. Durch die Synovia wird die Synovialis nutritiv versorgt, andererseits begçnstigt die Synovia die Beweglichkeit des Gelenkes durch Reduktion des Reibungswiderstandes.
Gelenkpunktion Gelenkpunktionen und Untersuchungen der Synovia sind bei jeder unklaren Arthropathie indiziert, die mit Gelenkerguss einhergeht, vor allem dann, wenn eine septische oder kristallinduzierte Arthropathie vermutet wird. Kontraindikationen sind wegen des erhæhten Risikos der Blutung relevante Thrombozytopenien und plasmatische Gerinnungsstærungen. Liegen in der direkten Umgebung des Gelenkes eitrige Hautaffektionen vor, sollte eine Punktion vermieden werden. Kontraindikationen kænnen bei Verdacht auf septische Arthritis oder Håmarthros in Einzelfållen relativiert bzw. aufgehoben werden. Jede Gelenkpunktion erfordert eine sorgfåltige Indikationsstellung. Der Patient muss çber das Verfahren und dessen Risiken aufgeklårt werden [1]. Die Aufklårung çber die Punktion, einschlieûlich der schriftlichen Einverståndniserklårung, sollte sowohl die potenzielle Verletzung von Gefåûen, Nerven, Sehnen, Bursen, Knorpel, als auch die Mæglichkeit einer Blutung
sowie einer Infektion beinhalten. Die Gelenkpunktion muss unter streng aseptischen Kautelen in einem separaten Raum erfolgen, in dem nicht mit infektiæsen Material gearbeitet wird.
Synoviaanalyse Das Punktat ist fçr die Routineuntersuchungen auf drei sterile Ræhrchen aufzuteilen: ] EDTA-Blut zur Bestimmung der Zellzahl und Anfertigung eines Ausstrichpråparates. ] Eine Probe ohne Zusatz zum Kristallnachweis und Bestimmung des Eiweiûgehaltes. ] Bei geringstem Verdacht auf septische Arthritis ist die bakteriologische Untersuchung zu veranlassen. Die Synovia muss in einem Zeitraum von 4 Stunden nach Punktion untersucht werden. Bei spåterer Analyse sinkt die Zellzahl und Art und Zahl der Kristalle kænnen sich veråndern und ¹neueª artifizielle Kristalle entstehen. Eine Lagerung des Synoviapunktats bei 4 8C kann diese Entwicklung verzægern. Die makroskopische Betrachtung und orientierende Viskositåtsprçfung sind ohne Hilfsmittel durchfçhrbar. Zur Charakterisierung von Kristallen wird das normale Labormikroskop mit einer polarisationsmikroskopischen Zusatzeinrichtung benutzt. So kænnen positiv doppelbrechende Kristalle (z. B. CalciumpyrophosphatKristalle) von negativ doppelbrechenden (Mononatriumurat-Kristalle) unterschieden werden. Das diagnostische Minimalprogramm der Synoviaanalyse umfasst makroskopische Beurteilung, Zellzåhlung, Differenzialzellbild, Kristallnachweis und Bakteriologie. Spezielle Fragestellungen kænnen durch weitere biochemische und immunologisch-serologische Untersuchungen beantwortet werden (Abb. 1) [4].
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B. Ostendorf, G. Salzmann
intraartikulåre Fraktur mit Eræffnung des Markraumes hin. Neben einem Trauma kænnen eine Bluterkrankheit oder eine Neuroarthropathie, seltener eine Therapie mit Antikoagulanzien oder eine Synovialitis villonodularis, einen Håmarthros verursachen.
Transparenz Die normale Gelenkflçssigkeit ist vællig klar, die von nicht entzçndlichen Erkrankungen wie der Arthrose ist transparent; trçb ist sie bei bakterieller Arthritis und Tuberkulose. Die Trçbung entsteht durch die im Erguss enthaltenen Zellen, ihre Intensitåt entspricht der Zellzahl. Sie kann aber auch Ausdruck von græûeren Mengen von Fibrin, Kristallen oder Lipiden sein. Kristallreiche Exsudate bei Gicht und Chondrokalzinose ergeben milchige Trçbungen. Reiskærnchen (¹rice-bodiesª) finden sich vorwiegend bei der rheumatoiden Arthrtitis. Sie enthalten Fibrin, Fibronektin, Zelltrçmmer und Kollagen.
Spontane Gerinnung Abb. 1. Algorithmus der Synoviaanalyse
Makroskopische Untersuchung Volumen Die punktierte Synoviamenge sollte dokumentiert werden. Bei krankhaften Gelenkverånderungen kann die Menge der Gelenkflçssigkeit deutlich zunehmen (z. B. bis zu 500 ml bei Kniegelenkergçssen).
Farbe Die normale Synovia ist farblos bis strohgelb und fadenziehend. Der Reizerguss bei der Arthrose ist bernsteinfarben, gelb bis grçnlich bei der rheumatoiden Arthritis und weiû bis gelb bei der Gicht. Einen weiû bis grauen Erguss, bedingt durch die groûe Zahl von Leukozyten, findet man bei der septischen Arthritis. Ein traumatisch bedingter Erguss ist je nach Dauer des Bestehens mehr oder weniger blutig gefårbt. In den Spåtstadien werden diese Ergçsse bråunlich (xanthochrom). Blutbeimengungen kænnen aber auch artifiziell bei der Punktion auftreten. Ein Fettgehalt des blutigen Ergusses deutet auf eine
Normale Synovia gerinnt wegen des Fehlens von Fibrinogen und anderen Gerinnungsfaktoren (Prothrombin, Faktor V und VII, Thromboplastin und Antithrombin) nicht. Infolge des Fibrinogençbertritts kann die entzçndliche Synovialflçssigkeit koagulieren. Die Geschwindigkeit und Menge der Gerinnung des nativen Punktats ist in etwa proportional zur Intensitåt der Entzçndung und kann semiquantitativ erfasst werden.
Muzintest Der Muzintest dient zur Unterscheidung nichtentzçndlicher von entzçndlichen Punktaten: in ein Reagenzræhrchen mit 3 ml 5%iger Essigsåure werden einige Tropfen der Synovia gegeben. Bei entzçndlichen Verånderungen tritt eine schneeflockenartige Pråzipitation des depolymerisierten Muzins ein. Bei Reizergçssen erfolgt dagegen die Ausfållung eines Muzinklumpens, der aufgrund seiner erhæhten Konsistenz um einen Glasstab gewickelt werden kann [2]. Dieser Test ist bei allen entzçndlich bedingten Gelenkverånderungen ± bei denen auch die Viskositåt der Synovia sinkt ± positiv, bei arthrotischen Reizergçssen dagegen negativ. Sind letztere jedoch von einer stårkeren Entzçndung begleitet, so sinkt auch hier die Viskositåt und der Muzintest wird pathologisch.
Synoviaanalyse
Viskositåt Durch den Gehalt an hochpolymerisierten Hyaluronaten hat die normale Synovia eine hohe Viskositåt, die bei entzçndlichen Prozessen durch Verånderung des Polymerisationsgrades der Hyaluronsåure um das Fçnf- bis Zehnfache oder mehr absinken kann. Die Viskositåt der Synovialflçssigkeit kann mit einfachen Mitteln gemessen werden. Ein Tropfen des Punktats wird aus der Punktionsnadel oder von einem vorher in Synovia getauchten Glasstab abgetropft und die sich bildende Fadenlånge registriert. Eine weitere Mæglichkeit besteht darin, einen Tropfen des Punktats zwischen Daumen und Zeigefinger zu nehmen und die Finger langsam auseinander zu spreizen. Auch hier wird die Långe des sich bildenden Fadens gemessen, die ± ¹Spinnbarkeit des Punktatsª. Bei normaler Viskositåt entsteht ein Faden von etwa 3 cm Långe. Bei entzçndlichen Exsudaten reiût der Faden wesentlich frçher ab oder es kommt zu keiner Fadenbildung. Das Phånomen hångt mit dem Polymerisationsgrad der Hyaluronsåure zusammen. Fçr die wissenschaftliche Fragestellung kann hierbei die Viskosimetrie eingesetzt werden.
Mikroskopische Untersuchung Zahl und Art der Zellen in der Synovia sind abhångig von der Art der Erkrankung. Deshalb hat die Bestimmung der Zellzahl und die Differenzierung der Zellen eine groûe diagnostische Bedeutung. Die Leukozytenzåhlung gestattet die Einordnung in nichtentzçndliche, entzçndliche und septische Ergçsse. Die Zellen werden am besten ± entsprechend einer Blutuntersuchung ± in der Zåhlkammer bestimmt, wobei zur Verdçnnung physiologische Kochsalzlæsung (0,3%) verwendet werden muss, um das Verklumpen der Synovialflçssigkeit und damit falsche Ergebnisse bei Zåhlung der Leukozyten zu vermeiden. Zur Gerinnungshemmung bei entzçndlichen Ergçssen muss EDTA oder Heparin zugesetzt werden. Zur Differenzierung der Zellen wird frisches Exsudat zentrifugiert; vom Sediment werden gefårbte Ausstriche angefertigt und dann im Licht- oder Phasenkontrastmikroskop differenziert. Eine normale Synovia enthålt nur wenige Zellen ± Leukozyten ± deren Anzahl 200/mm3 nicht çberschreitet. Hierbei handelt es sich besonders
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um Zellen lokalen Ursprungs wie Histio-, Mono- und Lymphozyten und weniger als 20% Granulozyten. Øhnliche Werte finden sich auch bei traumatischen Ergçssen und mechanisch bedingten Arthropathien (z. B. Meniskopathie, Osteochondrosis dissecans). Die rheumatoide Arthritis weist in Abhångigkeit vom Entzçndungsgrad sehr unterschiedliche Zellzahlen zwi3 schen 1 000 und 50 000/mm auf. Entsprechende Werte findet man auch bei Kollagenosen mit Gelenkbeteiligung, Lyme-Arthritis, post-infektiæsen Arthritiden (Salmonellen, Shigellen, Yersinien), enteropathischen Arthritiden (Colitis ulcerosa, Morbus Crohn, Morbus Whipple) als auch bei der Gicht oder Chondrokalzinose sowie der Tuberkulose. Die hæchsten Werte zeigen sich entsprechend dem Entzçndungsgrad bei der septischen Arthritis mit bis zu 200 000/mm3. Bei Gelenkerkrankungen kann die Zellzahl in der Synovialflçssigkeit von sehr unterschiedlicher Hæhe sein.
Differenzierung der Zellen Neben der Zahl kann die Differenzierung der Zellen in der Synovia weitere diagnostische Aufschlçsse geben. Die Fårbung nach Giemsa erlaubt die Differenzialzellzåhlung bei Ausstrichpråparaten. Bei Leukozytenzahlen çber 5 000 kænnen gute Ausstrichpråparate von der Nativflçssigkeit gemacht werden, bei niedrigerem Zellgehalt ist eine Anreicherung durch Zentrifugation zu empfehlen. In den luftgetrockneten, nach Giemsa gefårbten Ausstrichpråparaten kænnen polymorphkernige Granulozyten, Monozyten, Lymphozyten und groûe mononukleåre Zellen (transformierte Lymphozyten, Synovialdeckzellen) differenziert werden. Bei den traumatisch und arthrotisch bedingten Ergçssen liegt der Anteil der Granulozyten meist unter 25%. Bei der Tuberkulose liegt er unter 50%, bei der rheumatoiden Arthritis und der septischen Arthritis steigt der Anteil der Granulozyten auf çber 75% an. Lymphozyten sind bei akuten Gelenkentzçndungen meist nur wenig vorhanden. Bei einer groûen Menge von Lymphozyten muss besonders an eine Tuberkulose gedacht werden. Bei einem makroskopischen blutigen Gelenkerguss kann durch die Bestimmung der Erythrozytenzahl unterschieden werden, ob es sich um einen Håmarthros (Gelenkblutung) oder um eine håmorrhagische Synovialitis handelt. Werte çber 3±4 Mio. sprechen fçr reines Blut, nied-
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B. Ostendorf, G. Salzmann
rigere Werte eher fçr eine håmorrhagische Synovialitis. Die Synovialdeckzellen besitzen einen Durchmesser von 20±40 lm und einen exzentrischen Kern. Gelegentlich kænnen auch LE- oder Tumorzellen gefunden werden. Finden sich in einem gefårbten Zellausstrich LE-Zellen, so ist dies von groûem diagnostischen Wert, weil sich diese Zellen beim systemischen Lupus erythematodes spontan bilden kænnen. Zum Nachweis von Rhagozyten muss zusåtzlich ein natives Pråparat mikroskopisch analysiert werden. Bei den Rhagozyten handelt es sich um Granulozyten mit deutlichen Phagolysosomen. Phagozytiert werden nicht nur Immunkomplexe, sondern alle mæglichen korpuskulåren Bestandteile der Synovialflçssigkeit. Durch Zentrifugation kænnen Zellen angereichert werden. Aus dem Sediment låsst sich ungefårbt unter dem Phasenkontrastmikroskop oder mittels PAS-Fårbung der prozentuale Anteil der Rhagozyten bestimmen. Der diagnostische Aussagewert ist gering: sie sind weitgehend unspezifisch, finden sich aber in einem hohen Prozentsatz bei der rheumatoiden Arthritis.
Kristallnachweis Der Nachweis von Kristallen in der Synovia ± besonders im Sediment ± ist ein entscheidendes diagnostisches Kriterium. Deshalb sollte bei jedem Gelenkerguss unklarer Genese eine Untersuchung mit einem Polarisationsmikroskop durchgefçhrt werden.
Mononatriumurat-Kristalle Im Nativpråparat lassen sich bei der Gicht nadelbzw. ståbchenfærmige (Långe von 2±20 lm), im Polarisationsmikroskop negativ lichtbrechende Mononatriumuratkristalle (gelb und blau) nachweisen. Sie liegen extrazellulår, teilweise phagozytiert in Granulozyten. Besonders bei akuten Schçben kænnen sie auch zum Teil intrazellulår liegen. Zur Sicherung der Diagnose kænnen diese Kristalle durch eine kleine Menge Uricase aufgelæst werden (Abb. 2).
Abb. 2. Urat-Kristalle im Polarisationslicht
Calciumpyrophosphatdihydrat-Kristalle (CPPD) Diese Kristalle findet man bei der Chondrokalzinose. Sie haben eine rhomboide oder kubische Form, sind kleiner, farblich blau bzw. gelb und liegen intra- und extrazellulår. In polarisiertem Licht sind sie positiv lichtbrechend.
Cholesterin-Kristalle/artifizielle Rçckstånde Bei rheumatoider Arthritis mit långer bestehenden Ergçssen kænnen sich Cholesterin-Kristalle (Cholesterol-Kristalle) finden, die ein plåttchenfærmiges Aussehen haben. Sie erscheinen rot bzw. blau und liegen immer extrazellulår. Neben den Natriumurat-, CPPD- und sonstigen ¹biologischenª Kristallen kænnen Rçckstånde von injizierten kristallinen Kortikosteroiden, dem Erguss als Antikoagulans zugesetztem Heparin oder EDTA vorkommen. Diese Kristalle kænnen unterschiedliche Formen besitzen und positiv oder negativ doppelbrechend sein.
Calciumoxalat-Kristalle Diese Kristalle finden sich gelegentlich bei Arthritiden niereninsuffizienter Patienten, die håmolysiert werden; sie sind positiv doppelbrechend und bipyramidal geformt [8].
Amyloid Zur Diagnose einer Arthropathie bei primårer Amyloidose wird Synovia mit Kongorot gefårbt und Amyloid im polarisierten Licht als apfelgrçne Doppelbrechung nachgewiesen.
Synoviaanalyse
Bakteriologische Untersuchungen Der bakteriologische Befund kann das entscheidende Kriterium fçr die Diagnose bestimmter Gelenkerkrankungen, wie septischer und tuberkulæser Arthritiden sein. Bei klinischem Verdacht auf eine bakterielle Arthritis oder bei Leukozytenzahlen im Erguss çber 20 000/mm3 sind bakteriologische Untersuchungen indiziert. Zur raschen Orientierung und schnellen Diagnosesicherung dienen ein Ausstrich des Gelenkpunktates und die mikroskopische Untersuchung mit entsprechenden Fårbeverfahren (z. B. Gram-Fårbung, ZiehlNeelsen-Fårbung). Staphylokokken als håufigste Erreger sind als grampositive, runde Gebilde in Granulozyten nachweisbar. Der fehlende Nachweis von Bakterien in der Gramfårbung schlieût aber die Mæglichkeit eines septischen Gelenkes nicht aus (gramnegative Erreger). Gelenkergçsse unklarer Genese mçssen auch immer an eine Tuberkulose denken lassen (Ziehl-Neelsen-Fårbung!). Zur exakten Differenzierung der Erreger ist daher nicht nur eine mikroskopische Untersuchung mit unterschiedlichen Fårbungen der Ausstriche erforderlich, sondern auch das Anlegen von Kulturen einschlieûlich Antibio-/Resistogramm und spezifischer Kulturen zum Nachweis von Tuberkulose-Erregern. Trotzdem bleiben immer noch 30±40% der bakteriell bedingten Arth-
ritiden in der kulturellen Untersuchung negativ; hier kommt der Bestimmung des Laktats eine wesentliche Bedeutung zu [11]. Laktatkonzentrationen çber 60 mg/100 ml sichern die Diagnose. Bei der RA sprechen erst Werte çber 110 mg/100 ml eindeutig fçr die Existenz einer zusåtzlichen bakteriellen Infektion (Tabelle 1 [5]).
Laborchemische Untersuchungen Der Eiweiûgehalt von Gelenkergçssen ist abhångig vom Ausmaû der Entzçndung der Synovialmembran und damit der Permeabilitåtsstærung. In der normalen Synovia findet man eine Gesamteiweiûkonzentration von 1±2 g/100 ml. In nicht entzçndlichen Ergçssen und Arthrosen betrågt die Konzentration 2±3 g/100 ml und in arthritischer Synovia çber 3 g/100 ml. Die Elektrophorese der Synovia zeigt, wie im Serum, bei akuten Stadien der Gelenkentzçndung einen Anstieg der a2-Globuline und bei chronischen Prozessen einen Anstieg der c-Globuline. Die Bestimmung von Harnsåure und Enzymen (Aldolase, Lactatdehydrogenase, saure Phosphatase, lysosomale Enzyme) ist nur in den seltensten Fållen eine Hilfe, da diese Enzyme generell bei Entzçndungen unspezifisch erhæht sind [9].
Tabelle 1. Befunde der Synovia bei verschiedenen Gelenkerkrankungen (nach [5]) Normalbefund
Reizerguss Rheumabei toide Arthrose Arthritis
Morbus Bechterew
Gicht
Trauma
] Farbe
farblos strohgelb
bernsteinfarben
gelb-grçn
gelb
milchig, gelb
] Trçbung
klar
trçb
sehr hoch
trçb, evtl. flockig niedrig
klar
] Viskositåt
klar bis leicht trçb hoch
Blutig bis grau, gelb bis blutig-tingiert, weiû-cremig grçn-gelb xanthochrom klar bis trçb stark trçb trçb flockig
normal
schwach flockig
] Leukozyten/mm3 * 200
< 2 000
] ] ] ]
< 25% * 75% keine keine
< 25% * 75% keine keine
keine
keine
>1 000± 50 000 > 60% < 25% evtl. mæglich evtl. Cholesterol keine
] Muzinausfållung normal
Septische Arthritis
Tuberkulose
etwas niedrig niedrig normal schwach bis schwach flockig
normal bis niedrig normal bis schwach
niedrig
niedrig
schwach flockig
schwach flockig
* 1 000
> 5 000
< 10 000
> 20 000
> 10 000
> 50% * 50% keine keine
> 75% < 25% keine Urate
< 25% * 50% viele keine
> 90% < 10% mæglich keine
< 50% * 50% mæglich keine
keine
keine
keine
+
(+)
Zellzahl
Granulozyten Lymphozyten Erythrozyten Kristalle
] Bakterien
]
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B. Ostendorf, G. Salzmann: Synoviaanalyse
Immunologische Untersuchungen Die immunologische Analyse eines Gelenkpunktates kann in Einzelfållen bei unklarer Diagnose von Nutzen sein. Wie im Blut finden sich in der Synovia in gleicher Konzentration immunologische Parameter wie z. B. Rheumafaktoren, antinukleåre Antikærper, Anti-Streptokokken-Antikærper etc., so dass sich eigentlich eine Bestimmung im Erguss erçbrigt, obwohl der Nachweis z. B. von Rheumafaktoren im Punktat gelegentlich frçher als im Serum gelingt. Die Bestimmung von Komplement (CH50) und Komponenten (C3,C4) ergibt nur diagnostisch verwertbare Ergebnisse, wenn die Ergçsse frisch untersucht oder bei minus 70 8C eingefroren wurden. Bei der rheumatoiden Arthritis und dem systemischen Lupus erythematodes finden sich durch lokalen Komplementeinbau in Immunkomplexe erniedrigte Komplementspiegel (meist unter 30% der vergleichbaren Serumwerte), bei bakteriellen Arthritiden und beim Reiter-Syndrom hæhere Spiegel als im Serum.
Experimentelle Untersuchungen Aus der Gruppe der Zytokine, Zytokin-Rezeptoren, Zytokin-Rezeptor-Antagonisten finden sich in der Synovia bei rheumatoider Arthritis erhæhte Konzentrationen von TNFa-Rezeptoren, von Interleukin-1-Rezeptor-Antagonist sowie von Interleukin-6 [10]. Inwieweit die Bestimmung dieser Parameter einen frçh-diagnostischen bzw. prognostischen Wert haben, mçssen noch weitere Verlaufsstudien und Analysen zeigen. In einzelnen Untersuchungen konnte belegt werden, dass Osteocalcin als Parameter des Knochenstoffwechsels im Gelenkpunktat niedriger als im Serum auftritt [6]. Bei Patienten mit rheumatoider Arthritis konnten ferner in der Synovia Kollagenasen und Stromelysin gemessen werden [3], bei Patienten mit Arthrose erhæhte Spiegel von Spaltprodukten des Glykosaminstoffwechsels. Vielversprechend fçr die diagnostische Identifizierung von Erregern reaktiver und undifferenzierter Arthritiden (Chlamydien, Borrelien) ist der PCR-Nachweis von entsprechendem Gen-Material (DNA) in der Synovia [7].
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Bildgebende Verfahren J. Steinhagen, W. Rçther
Einfçhrung Bildgebende Verfahren spielen bei der Diagnostik, Therapie, Verlaufskontrolle und Indikationsstellung zu operativen Eingriffen von chronisch entzçndlichen Gelenkerkrankungen eine immer græûere Rolle. Das Ræntgen bleibt jedoch trotz des zunehmenden Erfolges der modernen bildgebenden Methoden unveråndert das Basisroutineverfahren in der Diagnostik der rheumatischen Erkrankung.
Ræntgenuntersuchung Die meisten chronisch entzçndlichen Gelenkerkrankungen weisen ein typisches Befallsmuster auf, sodass sich eine standardisierte Ræntgenuntersuchung anbietet. Bei der Frçhdiagnostik der rheumatoiden Arthritis ist es sinnvoll, sowohl Hånde als auch Fçûe radiologisch zu erfassen.
Ræntgenologische Untersuchungsstrategie in der Rheumatologie (modifiziert nach Freyschmidt)
] Chronische Polyarthritis (cP) ± Hånde und Fçûe dorso-volar bzw. -plantar (ggf. mit Mammographie-Technik, hochauflæsende, feinzeichnende Filme) ± andere Gelenke je nach klinischer Symptomatik ± HWS mit Funktionsaufnahmen (Re-/Inklination) ] Juvenile rheumatoide Arthritis ± Hånde (wie bei cP) ± Beckençbersicht ± Kniegelenke ± HWS (Funktionsaufnahmen)
] Spondylitis ankylosans (Spa) ± Sakroiliakalgelenke mit LWS ± thorakolumbaler Ûbergang ± symptomatische Gelenke ± HWS und BWS, entsprechend klinischer Symptomatik ] Psoriasis-Arthritis ± Hånde und Fçûe wie bei cP ± Sakroiliakalgelenk und Wirbelsåule wie bei Spa ± symptomatische Gelenke. Die betroffenen Gelenke kænnen mit ihrem Befallsmuster entscheidende Hinweise fçr die zugrunde liegende entzçndliche Gelenkerkrankung liefern.
Ræntgenologische Zeichen Bei dem Untersuchungsbefund der Arthritis werden Weichteilzeichen, arthritische Kollateralphånomene und arthritische Direktzeichen voneinander unterschieden. Weichteilzeichen sind zurçckzufçhren auf die intraartikulåre Flçssigkeits- bzw. Volumenzunahme sowie auf entzçndliche Prozesse des periartikulåren Gewebes. Die intraartikulåre Volumenzunahme fçhrt initial zu einer Erweiterung des Gelenkspaltes. Daneben finden sich abgedrångte Fettlamellen. Auch die Distanzierung der Metakarpalkæpfchen kann ein Hinweis auf die Arthritis der Grundgelenke sein. Die arthritischen Kollateralphånomene finden sich vor allem im subchondralen Knochen und werden verursacht durch Demineralisierung, die durch Schonung des entsprechenden Gelenkes noch verstårkt werden kann (periartikulåre Osteoporose). Die arthritischen Direktzeichen sind Folgen der Destruktion durch die chronisch entzçndlichen Erkrankung. Es gilt, zwischen destruktiven, resorptiven Verånderungen und produktiven Verånderungen zu unterscheiden.
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J. Steinhagen, W. Rçther Tabelle 1. Ræntgenklassifikation nach Larsen et al. Stadium 0 Stadium 1 Stadium 2 Stadium 3 Stadium 4 Stadium 5
Keine Verånderungen, die auf rheumatische Erkrankungen zurçckzufçhren sind Geringe Verånderungen. Gelenknahe Weichteilschwellung und Osteoporose, leichte Gelenkspaltverschmålerung Leichte Gelenkspaltverschmålerung und Erosionen Mittelgradige Erosionen und Gelenkspaltverschmålerung Schwere Gelenkspaltverschmålerung und Deformierung an gewichttragenden Gelenken Mutilierende Verånderungen. Verlust der ursprçnglichen Gelenkflåche, massive Deformierung der Gelenke
erst nach Monaten, zum Teil aber auch nach noch långerer Dauer der Erkrankung nachzuweisen.
Klassifikation der Gelenkverånderungen Abb. 1. Rheumatoide Arthritis: groûe Zystenbildung im Tibiakopf
Im Verlauf der Erkrankung kommt es zum Verlust der Grenzlamelle ± dieser Prozess beginnt håufig im Bereich des Processus styloideus ulnae. Ein Schwund der Grenzlamelle kann jedoch auch bei der Osteomalazie und beim Hyperparathyreoidismus vorkommen. Die weitere Destruktion des Knochen fçhrt zur Bildung von Usuren an der Knorpel-Knochen-Grenze. Es kann zu kugeligen Aufhellungen in der subchondralen Spongiosa kommen, den sog. Signalgeoden oder Begleitgeoden (Zysten) (Abb. 1). Die konzentrische Gelenkspaltverschmålerung ist gekennzeichnet durch den Schwund des Knorpels. Eine Beugekontraktur eines Gelenkes kann eine vermehrte Gelenkspaltverschmålerung vortåuschen. Insbesondere bei der unteren Extremitåt (z. B. Kniegelenk) kann die Aufnahme im Stehen (Belastungsaufnahme) das komplette Ausmaû der Knorpeldestruktion besser wiedergeben. Weitere Destruktionen kænnen zur Subluxation, Luxation, Ankylose oder auch vælligen Mutilation des Gelenkes fçhren. Die Weichteilzeichen stellen sich bereits relativ frçh nach Arthritisbeginn im ræntgenologischen Bild dar; die arthritischen Kollateralphånomene treten in der Regel erst nach Wochen bis Monaten auf. Die Direktzeichen finden sich bei raschem Verlauf der Erkrankung teilweise bereits nach Wochen. In der Regel sind sie jedoch
Der Ausbildungsgrad der destruktiven Verånderungen wird in der Regel nach der radiologischen Klassifikation von Larsen et al. eingeordnet (Tabelle 1).
Computertomographie In der Computertomographie gibt es verschiedene Scannersysteme. Bei den modernen Geråten handelt es sich um Rotationsscanner mit beweglichen oder stationåren Detektoren. Mit modernen Schleifring-CT-Geråten sind auch Aufnahmen in Spiral-Volumen-Technik (VolumenScanning) mæglich. Hierbei låsst sich bei kontinuierlich rotierendem Aufnahmesystem und kontinuierlichem Tischvorschub ein spiralfærmiger Datensatz erfassen. Diese Methode ermæglicht bei kurzer Untersuchungszeit die Akquirierung von Daten zur dreidimensionalen Rekonstruktion. Die Computertomographie ist eine ausgezeichnete Mæglichkeit zur Darstellung knæcherner Strukturen. Auch die Weichteilverånderungen kænnen visualisiert werden, hier ist die Kernspintomographie jedoch çberlegen. Wichtige Indikationen der Computertomographie stellen der Befall der Halswirbelsåule mit der entsprechenden Instabilitåt oder Kompression des Rçckenmarkes bzw. der Medulla oblongata und die Beteiligung der Sakroiliakalgelenke dar.
Bildgebende Verfahren
Magnetresonanztomographie Die Indikation zur Durchfçhrung einer Magnetresonanztomographie (MRT, Kernspintomographie) besteht in der Regel, wenn nach Ausschæpfung anderer diagnostischer Mæglichkeiten und bildgebender Verfahren eine Fragestellung nicht ausreichend beantwortet werden kann. Ein sinnvoller Einsatz der MRT ist nur dann mæglich, wenn eine therapierelevante Entscheidung vom Ergebnis der MRT abhångt und die Untersuchungsregion sowie die exakte Fragestellung definiert und eingeengt worden sind. Nur so kænnen die entsprechenden Schnittebenen und die jeweiligen Untersuchungstechniken angepasst gewåhlt werden. Die synovialitische Proliferation und der Gelenkerguss kænnen mit der Kernspintomographie hervorragend dargestellt werden. Wichtige Indikationen sind vor allem Verånderungen der rheumatischen Halswirbelsåule und der Sakroiliakalgelenke sowie die Untersuchung der Hçft-, Schulter- und Kniegelenke.
]
Tabelle 2. Darstellung bestimmter Strukturen ] Bånder, Sehnen ] Faserknorpel (Labrum) ] Hyaliner Knorpel ] Synovialitis, Arthritis
SE: SE: SE: SE:
T1; T1; T1; T1;
SE/TSE: T2; PD GE: T2 *; PD ¹Knorpelsequenzenª T1 mit Gd-DTPA
(vor Kontrastmittelgabe, immer T1-gewichtete Aufnahme nativ!, GE = Gradientenechosequenz; PD = Protonendichte; SE = Spinechosequenz; TSE = Turbo-Spin-Echo-Sequenz)
Tabelle 3. Gewebetypische Relaxationszeiten Gewebe
T1
P
T2
] Fett ] Knochenmark ] Muskelgewebe ] Hyaliner Knorpel ] Fibræser Knorpel ] Bånder/Sehnen ] Kortikaler Knochen ] Synovialflçssigkeit ] Infiltrate/Údeme
++ ++ +± + ± ± ± +± +±
++ ++ + ++ ± ± ± + +
+ + +± + ± ± ± ++ ++
++ signalreich; + ± signalarm; + intermediår; ± signalfrei; P = Protonendichte
Untersuchungstechniken Folgende Untersuchungstechniken gehæren bei rheumatischen Verånderungen in der Regel zum Standardprogramm. Sie kænnen in Abhångigkeit von der Fragestellung um zusåtzliche Sequenzen erweitert werden (Tabellen 2 und 3). Zur Ûbersicht und anatomischen Zuordnung werden in T1-Wichtung (kurze Repititionszeit [TR] und kurze Echozeit [TE]), Untersuchungen mit Spinechosequenzen (SE) durchgefçhrt. In der T2-Wichtung (lange Repititionszeit [TR] und Echozeit [TE]) lassen sich besonders Flçssigkeitsansammlungen wie Údeme, Ergussbildungen, Abszesse und Tumore differenzieren. Mit schnellen Spinechosequenzen kann die Messzeit verkçrzt und das Signal/Rausch-Verhåltnis verbessert werden. Untersuchungsprotokolle mçssen der Fragestellung angepasst werden. Fçr spezielle Fragestellungen werden individuelle Standardprotokolle entwickelt. Dabei ist zu berçcksichtigen, dass sich bestimmte Strukturen in den verschiedenen Wichtungen unterschiedlich gut darstellen lassen (Abb. 2). Tabelle 2 zeigt beispielhafte Untersuchungskonstellationen. Signale beruhen auf gewebetypischen Relaxationszeiten. Eine Interpretation der Befunde ist
Abb. 2. MRT Sprunggelenk, sagittale Schnittfçhrung. T2 gewichtete Bildgebung mit Fettsuppression. Ausgeprågte Tenosynovialitis des Flexor hallucis
nur mæglich bei Kenntnis der Untersuchungsund Messparameter. Der GeIenkerguss zeigt in der T1-gewichteten Sequenz eine niedrige Signalintensitåt, wåhrend
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]
J. Steinhagen, W. Rçther
er sich in den T2-gewichteten Aufnahmen signalreich darstellt. Durch die intravenæse Injektion eines paramagnetischen Kontrastmittels (z. B. Gadolinium-DTPA) zeigen synovialitische Proliferationen in T1-gewichteten SE-Sequenzen eine deutliche Zunahme der Signalintensitåt und erlauben so eine Abgrenzung zum Gelenkerguss, der deutlich weniger anreichert. Diese Differenzierung ist in anderen bildgebenden Verfahren wie z. B. der Sonographie zum Teil schwierig. Die Synovialitis stellt sich im T1-gewichteten Bild mit niedriger Signalintensitåt dar. Im T2-gewichteten Bild findet sich jedoch eine niedrige, teilweise auch inhomogene Verteilung des Signalmusters. Die Zunahme der Signalintensitåt im synovialitischen Gewebe wird als ein Indiz fçr eine hohe entzçndliche Aktivitåt gesehen. Durch die mægliche quantitative Auswertung der Kontrastmittelaufnahme erscheint eine Beurteilung der Krankheitsaktivitåt mæglich. Knochenverånderungen sind in der Kernspintomographie bei der chronischen Polyarthritis insbesondere in den groûen Gelenken nachweisbar. Die Nachweisbarkeit von Erosionen ist im MRT hæher als im Nativræntgenbild. Hier haben sich Gradientenechosequenzen (mit mittleren Flipwinkeln) bewåhrt. Der Gelenkknorpel stellt sich besonders gut in T1-gewichteten Bildern und in Gradientenechosequenzen dar, auch feine Knorpelverånderungen sind damit im initialen Stadium nachweisbar. Schwieriger ist die Knorpeldarstellung im Bereich der kleinen Gelenke.
Knochenszintigraphie In der Knochenszintigraphie wird die Anreicherung von radioaktiven Nukleiden im Knochen zu einer Aussage çber die Stoffwechselaktivitåt des Knochens benutzt. Es sind dynamische Untersuchungen durch Serien- und Mehrfachszintigraphie mæglich. Wichtig kann ein Vergleich mit dem Szintigraphiebefund der gegençberliegenden Kærperseite sein. Mit der Szintigraphie kann frçhzeitig das Befallsmuster der chronisch entzçndlichen Gelenkerkrankung erfasst werden. Sie ist zum Teil bereits in einem sehr frçhen Stadium der chronisch entzçndlichen Erkrankung positiv. Es werden fçr die Rheumato-
logie nur relativ unspezifische Aussagen gewonnen. Eine weitere Indikation stellt der Nachweis von Spontanfrakturen dar, die sich initial im Ræntgenbild zum Teil nicht darstellen lassen. Typische Lokalisationen stellen Sitz- und Schambein, Tibiakopf, distale Tibia, Mittelfuûknochen und Kalkaneus dar. Bei den seronegativen Arthritiden ist die Erfassung entzçndlicher Verånderungen der Sakroiliakalgelenke und auch der Wirbelsåule mæglich, eine exakte Aufschlçsselung der verschiedenen zugrunde liegenden Verånderungen bedarf anderer bildgebender Verfahren. In der Szintigraphie sind die Knochennekrosen schon vor dem Ræntgenbild nachweisbar. Eingesetzt wird die Szintigraphie auch bei dem Verdacht auf eine Endoprothesenlockerung. Eine Leukozytenszintigraphie kann durchgefçhrt werden zur differenzialdiagnostischen Abgrenzung eines Infektgeschehens. Es bleibt jedoch zu betonen, dass dies lediglich eine Zusatzuntersuchung darstellt, deren Bedeutung hinter der klinischen und nativradiologischen Untersuchung zurçcksteht.
Hånde, Handgelenk Ræntgenuntersuchung Bei der Diagnostik der rheumatoiden Arthritis im Ræntgenbild findet sich håufig ein typisches Befallsmuster mit Hauptmanifestationen im Bereich des Handskeletts. Gleichzeitig zeigt sich bei dieser Erkrankung eine Kombination aus gelenknaher Osteoporose und erosiven sowie destruktiven Verånderungen. Periostale Verånderungen sind bei der rheumatoiden Arthritis im Gegensatz zu anderen entzçndlichen Gelenkerkrankungen selten. Die Frçhverånderungen zeigen sich vor allem an den PIP-Gelenken sowie am 1. und 2. MCPGelenk radial, am 5. MCP-Gelenk ulnar. Arthritiszeichen sind zunåchst im Bereich der Metakarpophalangeal- und Interphalangealgelenke nachzuweisen. In einem spåteren Stadium kommt es dann zur typischen ulnaren Deviation und volaren Subluxation in den Fingergrundgelenken. Im Bereich des Handgelenkes zeigt sich bei der chronischen Polyarthritis ein Ab-
Bildgebende Verfahren
]
gleiten der Karpalknochen entlang der nach ulnar und palmar geneigten Gelenkflåche des Radius. Gleichzeitig besteht håufig eine Zerstærung der interkarpalen (¹intrinsicª) Bånder vor allem zwischen Skaphoid und Lunatum, die zu einer skaphulonåren Dissoziation mit Abgleiten des Os lunatums nach ulnar fçhrt. Daneben zeigt sich eine volare Verschiebung des Handgelenkes. Es entsteht die typische Skoliose des Handgelenkes. Hierdurch kommt es zu einem relativen Hæhertreten des Caput ulnae, was zum typischen Caput-ulnae-Syndrom fçhrt. Die Ræntgendiagnostik erbringt håufig wichtige Hinweise zur differenzialdiagnostischen Abgrenzung der verschiedenen rheumatischen Erkrankungen. ] Psoriasis-Arthropathie. Bei der Psoriasis-Arthropathie bestehen neben den Gelenkdestruktionen gleichzeitig proliferative Verånderungen. Von zentraler Bedeutung fçr die Diagnostik der Arthropathie ist der Befallstyp. Meistens findet sich ein oligo- oder polyartikulårer Befall, der asymmetrisch ausgeprågt ist. Im Bereich der Hand oder der Zehen zeigt sich ein axiales Befallsmuster, sodass alle Gelenke eines Fingers oder auch einer Zehe betroffen sind. Daneben kann auch ein transversaler Befallstyp mit der typischen Beteiligung der distalen Interphalangealgelenke bestehen. Beide Befallsmuster kænnen auch nebeneinander vorkommen. Die destruktiven Verånderungen der Psoriasis-Arthropathie (Usur, Destruktion, Lyse, Erosion) åhneln denen der chronischen Polyarthritis, gleichzeitig bestehen jedoch die spezifischen proliferativen (Apposition, Sklerose, Ossifikation) Verånderungen. Bei den proliferativen Verånderungen finden sich vor allem Verknæcherungen im Kapsel-Band-Ansatz und spikulåre Ossifikationen am Gelenkrand (Protuberanzen). Mutilationen sind bei der Psoriasis-Arthropathie håufig. ] Sklerodermie. Bei der Sklerodermie kommt es zu einer Osteoporose, die jedoch im Gegensatz zur rheumatoiden Arthritis im Handgelenksbereich diffus ausgeprågt ist. Arthritiszeichen sind wie bei der chronischen Polyarthritis zu finden. Es entstehen reaktionslose Osteolysen im Bereich der Akren (Nagelfortsatz der Finger, Processus styloideus ulnae, Radius). Typisch sind interstitielle Verkalkungen, sehr håufig in Kombination mit Nagelfortsatzosteolysen der Finger (Abb. 3).
Abb. 3. Sklerodermie: typische Weichteilverkalkungen
] Lupus erythematodes. Charakteristisch fçr den Lupus erythematodes ist der radiologisch relativ unauffållige Befund bei ausgeprågter klinischer Symptomatik. Die bei der rheumatoiden Arthritis beschriebenen Verånderungen werden trotz zum Teil ausgeprågten Gelenkbefalls nur in seltenen Fållen beobachtet. Auch Gelenkfehlstellungen treten ohne erosive Verånderungen auf. Es finden sich gelenknahe Entkalkungen, arthritische Weichteilzeichen, eine Akrosklerose und Osteolyse des Nagelfortsatzes. Zum Teil finden sich aseptische Knochennekrosen.
Magnetresonanztomographie Auch im Bereich des Handgelenkes und der Hand kænnen im MRT die entzçndlichen Verånderungen selektiv durch die zusåtzliche Gabe von Gadolinium erfasst werden. Dies ist besonders wichtig fçr die Darstellung von Frçhverånderungen. Darstellbar sind auch die Beteiligung der Ligamente im Rahmen des chronisch entzçndlichen Geschehens. Håufig betroffen sind die Ligg. ulnolunatum und ulnotriquetrale sowie das radioskapholunåre Ligament. Die skapholunåre Dissoziation zeigt sich ebenfalls in der Kernspintomographie und kann ggf. durch funktionelle Aufnahmen verdeutlicht werden. Auch die Mitbeteiligung der Sehnen im Rahmen des Pro-
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]
J. Steinhagen, W. Rçther
zesses kann ausgezeichnet dargestellt werden. Die Indikation zur MRT ergibt sich jedoch nur bei speziellen Fragestellungen nach Ausschæpfung anderer diagnostischer Methoden.
Schulter
Tabelle 4. MRT-Schnittebenen und beurteilbare Strukturen Schnittebene
Beurteilung
] Parakoronar
Rotatorenmanschette (beste Darstellung der Supraspinatussehne) Gelenkkapsel Labrum glenoidale Bursa subacromialis 2. Ebene des Humeruskopfes
] Parasagittal
Rotatorenmanschette Glenohumeralgelenk Gelenkkapsel korakoakromialer Bogen
] Transversal
M. supraspinatus Labrum glenoidale Gelenkkapsel Sehne des M. biceps brachii Ligg. glenohumeralia
Sonographie Zu den Routineuntersuchungsverfahren der rheumatischen Schulter zåhlt neben der klinischen und radiologischen Untersuchung auch die Ultraschalldiagnostik. Entzçndliche Verånderungen der Schulter kænnen sonographisch frçhzeitig erfasst werden, auch wenn klinische und radiologische Untersuchungen darauf noch keinen Hinweis geben.
Computertomographie Die Computertomographie eignet sich ausgezeichnet fçr die Beurteilung knæcherner Verhåltnisse am Schultergelenk. Die Treffsicherheit bei der Analyse von Verånderungen der periartikulåren Weichteilstrukturen fållt hinter der MRT zurçck. Bei der Operationsplanung zur Implantation einer Endoprothese bietet die CT exzellente Mæglichkeiten zur Beurteilung der knæchernen Pfannenverhåltnisse. Das genaue operative Vorgehen kann pråoperativ exakt geplant werden.
Magnetresonanztomographie Die entzçndlichen Verånderungen des Schultergelenkes, speziell die Verånderungen des Knorpels, stellen sich in der Kernspintomographie ausgezeichnet dar. Auch die Infiltration der Rotatorenmanschette (RM) und deren Verånderungen bis zur Ruptur visualisieren sich, kænnen jedoch auch in der sonographischen Diagnostik hervorragend erfasst werden. Die MRT ist nur dann indiziert, wenn durch die sonographische Untersuchung die Fragestellung nicht endgçltig beantwortet werden kann. Parakoronare, parasagittale und axiale Schnittebenen haben sich zur Beurteilung des
Schultergelenks als besonders geeignet erwiesen (Tabelle 4). Bei der akuten Tendopathie zeigt sich in der T2-Wichtung eine Signalerhæhung durch ein perifokales Údem, håufig mit Formverånderung im Sinn einer Schwellung der betroffenen Sehne sowie zusåtzlicher Flçssigkeitsansammlung in den Bursen mit Signalanstieg in der T2-Wichtung verbunden. Degenerationen der Rotatorenmanschette lassen sich in T1- und in protonengewichteten Bildern sowie in T2-FSE (FSE = Fast-Spine-Echo-Sequenz) durch eine mittlere Signalintensitåt erkennen, wåhrend sie bei fettsupprimierten T2-gewichteten Bildern eine mittlere/starke Signalintensitåt aufweisen. Partialrupturen zeigen in der T1-Wichtung niedrige bis mittlere Signalintensitåt, protonengewichtet mittlere bis hohe Signalintensitåt und in T2-SE und T2-FSE (parakoronar, parasagittal) ansteigende Signalintensitåt (Flçssigkeitsansammlung) um die Rotatorenmanschette. Fçr das Vorliegen von Rupturen der Rotatorenmanschette gibt es Primår- und Sekundårzeichen. In der T1-Wichtung lassen sich die fettige Atrophie der Muskulatur (insbesondere des M. supraspinatus), die Degeneration im Akromioklavikulargelenk mit Osteophyten sowie die subchondrale Sklerose gut beurteilen. Im T2-gewichteten Bild erhålt man zusåtzliche Informationen çber die oberflåchliche Ausdehnung zum Gelenk und in die Bursa (parasagittal); der Ort der Ruptur sowie die Rissgræûe in a.-p.-Ausdehnung kænnen erkannt werden.
Bildgebende Verfahren
] Primårzeichen der Rotatorenmanschettenruptur ± Sehnenlçcke (¹tendinous gapª) = Unterbrechung des normalerweise niedrigen Signals der Sehne ± direkte Verbindung zwischen Glenohumeralgelenk und Bursa subacromialis ± vollståndiges Fehlen der RM und Hæhertreten des Humeruskopfes bis zum Akromion ] Sekundårzeichen der Rotatorenmanschettenruptur (sollen im Zusammenhang mit den Primårzeichen gesehen werden) ± eindeutige Darstellung von Flçssigkeit in der Bursa subacromialis oder subdeltoidea ± Retraktion des M. supraspinatus ± Verånderung im Fett der Bursae subacromialis und subdeltoidea (Fett wird durch Granulationsgewebe ersetzt: Signalverminderung bei fehlendem direkten Nachweis der Ruptur sog. Tertiårzeichen) Die Tenosynovialitis der Bizepssehne zeigt sich im MRT durch Formverånderung im Sinne einer Sehnenverdickung oder Nachweis von Flçssigkeit. Signalverhalten: T1-SE: niedriges Signal; T2-SE und T2-FSE: hohes Signal. Daneben kænnen auch Verånderungen des Knochens wie z. B. die avaskulåre Nekrose erfasst werden.
Hçftgelenk Sonographie Eine groûe Bereicherung der Diagnostik am Hçftgelenk stellt die Sonographie dar, die nach klinischer und radiologischer Untersuchung ihren festen Platz in der Routinediagnostik gefunden hat. Entzçndliche Verånderung des Hçftgelenkes, insbesondere Frçhverånderungen sind der klinischen Untersuchung nur sehr schwer zugånglich.
Magnetresonanztomographie Die entzçndlichen Verånderungen wie Synovialitis und Ergussbildung kænnen auch in der MRT gut dargestellt werden. Die Gabe von Kontrastmitteln kann zur Differenzierung hilfreich
]
sein. Als ossåre Verånderung ist die Hçftkopfnekrose in der Kernspintomographie bereits sehr frçh erfassbar. In den Standardsequenzen zeigt sie sich in der Regel als eine fokale Låsion im anterosuperioren Anteil des Hçftkopfes, die zunåchst schlecht abgrenzbar ist, sich aber im Verlauf der Zeit demarkiert. Differenzialdiagnostisch muss in der Kernspintomographie die transiente Osteoporose des Hçftgelenkes abgegrenzt werden, die zum Teil auch als eine frçhe reversible Form der Osteonekrose angesehen wird. Auch die Beurteilung des Hçftgelenkknorpels ist mit speziellen Sequenzen mæglich.
Kniegelenk Sonographie Die Diagnostik von Synovialitis und Ergussbildung kann durch die Sonographie komplettiert werden.
Magnetresonanztomographie Die Kernspintomographie des Kniegelenkes ermæglicht die Darstellung der Knorpelzerstærung. Die Gabe von Gadolinium-DPTA als Kontrastmittel ist hilfreich, um Pannus und Granulationsgewebe, das auch die Knorpelflåchen çberzieht, darzustellen. Auch im Bereich des Kniegelenkes kann die kernspintomographische Untersuchung wesentliche Hinweise auf eine pigmentierte villonodulåre Synovialitis liefern. Das stark håmosiderinhaltige synoviale entzçndliche Gewebe zeigt durch den paramagnetischen Effekt des Eisens eine niedrige Intensitåt in T1- und T2-gewichteten Spinechosequenzen. Die begleitende Flçssigkeit wird jedoch insbesondere auf T2-gewichteten Bildern signalintensiv dargestellt. Sehr gut darstellen lassen sich in der Kernspintomographie die begleitenden Ergussbildungen, die poplitealen Zysten (Baker-Zyste), die jedoch auch der sonographischen Untersuchung nicht entgehen. Wichtig erscheint auch im Bereich des Kniegelenkes die Darstellung von lokalen Osteonekrosen. Der osteonekrotische Herd geht meistens mit einem ausgeprågten Knochenmarksædem einher, åhnlich dem der transienten Osteoporose im Bereich des Hçftgelenkes. Der nekrotische Herd zeigt sich als geringe Signalintensitåt im T1- und im T2-ge-
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]
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wichteten Bild, der subchondrale Knochen meist hingegen als Hypointensitåt auf T2-gewichteten Bildern.
Wirbelsåule Ræntgenuntersuchung Bei der chronischen Polyarthritis ist die Halswirbelsåule (HWS) bevorzugt betroffen mit folgenden mæglichen Manifestationen: ] Zerstærungen der Wirbelbogengelenke C2±C7 mit dem dazugehærigen Bandapparat. Die entzçndlichen Verånderungen kænnen zu Lockerungen der Bewegungssegmente fçhren. Bei ausgeprågter Instabilitåt der gesamten Halswirbelsåule entsteht ein sogenanntes Stufenleiterphånomen. Die rheumatischen Verånderungen befallen besonders håufig die Zwischenwirbelråume C2 und C3. ] Okzipito-atlanto-axial-Region (zwischen C0/C1 und C1/C2). Die typischen Verånderungen im Bereich der Halswirbelsåule bestehen neben lokalen Osteoerosionen, z. B. der Zerstærung des Dens axis, in der Lockerung des gesamten Bandapparates. Die Schådigung des KapselBand-Apparates betreffen vor allem das Lig. transversum, die Ligg. alaria sowie das Lig. apicis dentis. Es kann dadurch zur Kranialdislokation des Dens und Ventralverschiebung des Atlas auf dem Axis kommen. Eine typische Verånderung ist die atlanto-axiale Instabilitåt. Sie wird diagnostiziert, wenn der Abstand von der Hinterkante des vorderen Atlasbogens zur Vorderkante des Dens mehr als 3 mm betrågt. Bei der atlanto-axialen Instabilitåt wird unterschieden zwischen einer permanenten ± bereits auf der Nativaufnahme erkennbar ± und einer mobilen Dislokation, die sich lediglich in den Funktionsaufnahmen manifestiert. Eine weitere charakteristische Verånderung ist die pseudobasilåre Impression. Sie liegt dann vor, wenn die Densspitze die Horizontale zwischen Gaumen und Okzipitalschuppe (McGregor-Linie) um mehr als 3 mm in Richtung Foramen occipitale çberschreitet. ] Rheumatische Spondylodiszitis. Die unspezifische Spondylodiszitis im Rahmen einer rheumatoiden Arthritis ist durch eine Verminderung des Intervertebralraumes charakterisiert, wobei gleichzeitig die Grund- und
Deckplatten durch Arosionen unscharf konturiert sind. Es kann reaktiv zu reparativen Vorgången kommen. Der entzçndliche Prozess fçhrt bei der juvenilen chronischen Polyarthritis håufig zur Blockwirbelbildung. Die Spondylitis ankylosans ist durch die Bildung von Syndesmophyten charakterisiert. Sie stehen in exakter Långsrichtung zum benachbarten Wirbelkærper. Der Syndesmophyt verknæchert direkt von der Wirbelkærperkante nach kaudal oder kranial, håufig im Verlauf der Bandstrukturen, um dann zur kompletten Ankylose der Intervertebralgelenke zu fçhren. Die Syndesmophyten sind differenzialdiagnostisch von Spondylophyten abzugrenzen, die sich zunåchst nach lateral und ventral, dann weiter nach kranial bzw. kaudal entwickeln. Weiterhin mçssen Parasyndesmophyten abgegrenzt werden, die beim Morbus Reiter und bei der Psoriasis-Arthritis zu finden sind. Neben der Bildung von Syndesmophyten kommt es bei der Spondylitis ankylosans zur Verknæcherung der Ligamenta flava. Erst in einem spåteren Stadium sind die Verknæcherungen des vorderen und hinteren Wirbelsåulenlångsbandes zu sehen. Den Endzustand bildet
Abb. 4. Spondylitis ankylosans mit voll ausgebildetem ¹Bambusstabª der Wirbelsåule
Bildgebende Verfahren
die pathognomonische ¹Bambusstab-Wirbelsåuleª (Abb. 4). Die Spondylitis anterior (Romanus-Låsion) beginnt håufig mit einer umschriebenen Verdichtung der Spongiosa (¹shining cornerª), der dann die Destruktionen der Randleiste insbesondere im Ventralbereich folgt. Anbauvorgånge kænnen zur Bildung eines so genannten Kastenwirbels fçhren bis zur Entstehung des sog. Tonnenwirbels. Bei der Anderson-Låsion treten Spondylodiszitiszeichen auf. Manche Autoren unterscheiden bei der Anderson-Låsion einen entzçndlichen und einen nicht entzçndlichen Typ. Beim entzçndlichen Typ tritt meist im Lendenwirbelsåulenbereich eine breite Sklerosierung mit kleiner Defektbildung an der Wirbelkærperabschlussplatte auf. Der nicht entzçndliche Typ entspricht einem Ûberlastungsbruch in einer versteiften Wirbelsåule. Sind die radiologischen Verånderungen in den Nativ-/Funktionsaufnahmen im Bereich der Wirbelsåule, insbesondere der HWS nicht eindeutig zu beurteilen, dann ist eine weiterfçhrende Diagnostik mittels Tomographie ± ggf. Computertomographie oder Kernspintomographie ± sinnvoll.
Computertomographie An der HWS liefert die Computertomographie eine ausgezeichnete Darstellung der knæchernen Verhåltnisse. Bereits feine Erosionen und Destruktionen kænnen besser erkannt werden als mit konventionellen Schichtaufnahmen (Abb. 5).
Auch der entzçndliche Pannus ist mit der Computertomographie darstellbar. Die verschiedenen Dislokationen kænnen in Rekonstruktionen abgebildet werden und erleichtern so die Planung operativer Eingriffe. Auch Spondylodiszitiden kænnen mittels Computertomographie gut dargestellt werden. Die Erosionen der Grund- und Deckplatten kænnen erkannt werden.
Magnetresonanztomographie Die Kernspintomographie stellt hierbei sicherlich das empfindlichste diagnostische Verfahren insbesondere in der Frçhdiagnostik dar. Die Weichteilverånderungen bei der Beteiligung der Halswirbelsåule im Rahmen des Entzçndungsprozesses kænnen mit der Kernspintomographie hervorragend erfasst werden. Synovialitis und Ergussbildung sind auch in den kleinen Wirbelgelenken visualisierbar. Eine zentrale Bedeutung kommt bei der Kernspintomographie der Halswirbelsåule bei rheumatoider Arthritis der Darstellung des Atlantoaxialgelenkes zu. Die atlanto-dentale Subluxation und die pseudobasilåre Impression kænnen erfasst werden, die sich jedoch auch in der Ræntgenaufnahme nachweisen lassen. Die Arrosionen insbesondere im Bereich des Dens kænnen sehr gut dargestellt werden. Die MRT bietet bei der Beteiligung der Halswirbelsåule im Rahmen der chronisch entzçndlichen Grunderkrankung eine ausgezeichnete Mæglichkeit zur Beurteilung der Kompression von Rçckenmark und Medulla oblongata und der damit verbundenen Gefahr von neurologischen Komplikationen. Die sagittale Schnittfçhrung im T1-gewichteten Bild gibt durch eine erhæhte Signalintensitåt im Bereich der nervalen Strukturen Hinweise auf mægliche druckbedingte Stærungen durch den Dens oder den synovialitischen Prozess. Die MRT stellt somit eine erhebliche Hilfe bei der weiteren Planung der Versorgung der Halswirbelsåule dar.
Indikation zur weiterfçhrenden Diagnostik (NMR)
Abb. 5. CT der Sakroiliakalgelenke bei Spondylitis ankylosans. Sakroileitis mit Destruktionen und Sklerosen
]
] ] ] ] ] ]
Neurologische Symptomatik Pseudobasilåre Impression Atlantoaxiale Instabilitåt Atlantoaxiale Distanz > 10 mm Subaxiale Instabilitåt Persistierende Schmerzen.
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]
J. Steinhagen, W. Rçther: Bildgebende Verfahren
Sakroiliakalgelenk Ræntgenuntersuchung Zur Standarddiagnostik bei den seronegativen Spondylarthritiden zåhlen die Aufnahmen der Sakroiliakalgelenke und des thorakolumbalen Ûbergangs. In den meisten Fållen der ankylosierenden Spondylitis ist eine Sakroiliakalbeteiligung gegeben. Die radiologische Symptomatik im Bereich des Sakroiliakalgelenkes ist charakterisiert durch das sogenannte ¹bunte Bildª: ein Nebeneinander von destruktiven Verånderungen, Sklerose und Zeichen der Ankylosierung. Zeichen der Destruktion sind die unscharfe Konturierung, die subchondrale Verwaschung der Knochenstruktur und auch die girlandenfårmige Pseudoerweiterung des Gelenkspaltes. Daneben finden sich håufig erosive Verånderungen. Die ¹Perlenschnurª oder der ¹Rosenkranzª stellen aneinandergereihte Erosionen dar. Die Verånderungen treten in der Regel beidseits auf. Das Bild der bunten Sakroileitis tritt neben der ankylosierenden Spondylitis auch beim Morbus Reiter, der Psoriasis-Arthritis, den reaktiven Arthritiden, der Colitis ulcerosa und beim Morbus Crohn auf. Differenzialdiagnostisch abzugrenzen ist die bakterielle Sakroileitis, die in der Regel jedoch einseitig vorkommt. Bei der chronischen Polyarthritis kommt es bei Beteiligung der Sakroilialkalgelenke vor allem zur Bildung von Erosionen, die sich jedoch in der Ûbersichtsaufnahme håufig nicht darstellen. Das typische bunte Bild als Kombination mit reaktiven Sklerosen und Verknæcherungen zeigt sich bei der rheumatoiden Arthritis in der Regel nicht.
Computertomographie Eine Beteiligung der Sakroiliakalgelenke im Frçhstadium kann mit Ræntgennativaufnahmen håufig nicht sicher erkannt oder ausgeschlossen werden. Die Sakroiliakalgelenke sind in unterschiedlichem Maû schråg zur Sagittalebene geneigt. Dies macht in der Diagnostik von Frçhverånderungen den Einsatz von weiteren bildgebenden Verfahren, wie z. B. der Computertomographie oder der Kernspintomographie, notwendig. Die Computertomographie liefert eine ausgezeichnete Darstellung der knochendestruierenden bzw. proliferativen Verånderungen. Die
knæchernen Låsionen sind in der Computertomographie besser als in der Kernspintomographie erfassbar.
Magnetresonanztomographie Bei der Beteiligung der Sakroiliakalgelenke ist die MRT insbesondere im Frçhstadium sowohl der konventionellen Ræntgendiagnostik, der Tomographie als auch der CT çberlegen. Die frischen entzçndlichen Verånderungen stellen sich gut im T2-gewichteten Bild dar. Insbesondere nach Gabe von Gadolinium kænnen im T1-gewichteten Bild die entzçndlichen Verånderungen sehr gut aufgezeigt werden.
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Konservative Therapie
Physikalische Therapie W. F. Beyer, B. Kladny
Einfçhrung Definitionsgemåû umfasst die physikalische Therapie alle konservativen Behandlungsverfahren, deren wesentliche Wirkung in physikalischen Einwirkungen auf den menschlichen Organismus besteht. Dies beinhaltet auch die therapeutische Miteinbeziehung kærpereigener Funktionen. Die physikalische Therapie wird in der Regel nicht nach Indikationen oder Diagnosen, sondern nach Methoden gegliedert bzw. bezeichnet. Eine çbliche Gliederung erfolgt in die Bereiche Massage, Thermo-, Hydro- und Balneo- sowie Elektround Phototherapie. Physio- und Ergotherapie wåren nach der oben genannten Definition hier ebenfalls zu subsummieren, werden aber meist (wie auch in diesem Lehrbuch) gesondert abgehandelt. In der Praxis ist die physikalische Therapie ein grundlegender Bestandteil der Behandlung rheumatischer Erkrankungen und mæglichst frçhzeitig in das Therapiekonzept zu integrieren. Wie bei allen anderen Therapieverfahren sind auch hier Indikationen, Kontraindikationen aber auch insbesondere die Dosierung zu beachten, da speziell im rheumatologischen Bereich oftmals eine erhæhte Reizbarkeit vorliegt und durch Ûberdosierungen akute aber auch långer persistierende Beschwerden resultieren kænnen. Neben den Soforteffekten kænnen durch gezielte und wiederholte Applikation auch långerfristig Funktionsumstellungen im Sinne einer Adaptation und Regulation erzielt werden, weshalb einige Therapieformen heute nicht mehr als passiv sondern als reaktiv bezeichnet werden. Ferner wird zwischen lokalen und Fernwirkungen unterschieden. Letztere sind meist reflektorisch bedingt und experimentell oftmals nur schwer nachzuweisen. Wåhrend sich in der klinischen Praxis viele Verfahren bewåhrt und als effektiv erwiesen haben, stehen hingegen oftmals naturwissenschaftlich gesicherte Unter-
suchungen zur Wirksamkeit aber auch zur Wirkungsweise noch aus. Dies liegt neben methodischen Problemen auch an der Vielfalt der Verfahren und der Krankheitsbilder sowie insbesondere auch an deren sehr unterschiedlichem Spontanverlauf. ] Ziele. Ziele der physikalischen Therapie sind die Entspannung der Muskulatur, die Færderung der Durchblutung, die Funktionsverbesserung, die Dåmpfung der entzçndlichen Aktivitåt, die Schmerzlinderung und damit verbunden die Einsparung nebenwirkungsreicherer Medikamente. Selbstverståndlich werden, je nach angewandtem Verfahren, auch der Erhalt und die Wiederherstellung der sozialen und psychischen Integration angestrebt. Die physikalische Therapie muss deshalb, und dies gilt nicht nur in der Rheumatologie, Teil eines Gesamtkonzeptes sein und darf nicht losgelæst von den çbrigen diagnostischen und therapeutischen Ûberlegungen gesehen werden. Sie ergånzt und unterstçtzt die medikamentæse und operative Therapie, ohne diese zu ersetzen. ] Verfahrenswahl. Das jeweils indizierte Therapieverfahren richtet sich nicht nach Diagnose bzw. Krankheitsbild, sondern ausschlieûlich nach dem jeweiligen Befund. Man spricht von befundadaptierter bzw. befundorientierter Therapie. Sowohl ¹fertige Kochrezepteª als auch långerfristig angelegte Therapieplåne sind nicht sinnvoll, da Methode und Dosis ståndig an den sich spontan oder unter der Therapie åndernden Befund angepasst werden mçssen. ] Struktur- und Aktualitåtsdiagnose. Das von Tilscher primår im Konzept der manuellen Medizin propagierte Prinzip der Struktur- und Aktualitåtsdiagnose ist auch in der physikalischen Therapie von groûer Wichtigkeit. Vor Therapiebeginn ist, basierend auf Anamnese und funktioneller Untersuchung, die gefundene Pathologie einer anatomischen Struktur wie Kapsel,
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Band, Knorpel, Bandscheibe, Muskel etc. zuzuordnen und deren aktueller Krankheitswert zu definieren. Somit sind vor Therapiebeginn immer die zu behandelnde Struktur und das jeweilige Behandlungsziel festzulegen. Erschwert wird die Auswahl des zu wåhlenden Therapieverfahrens durch die Vielzahl und Vielschichtigkeit rheumatischer Erkrankungen und ihres Spontanverlaufes einerseits und durch die Vielfalt therapeutischer Verfahren andererseits. Ein zentraler Punkt innerhalb der physikalischen Medizin ist deshalb die optimal aufeinander abgestimmte Nutzung der vorhandenen Therapiemæglichkeiten und -verfahren. Im klinischen Alltag werden die einzelnen Methoden fçr sich allein betrachtet meist gut genutzt, leider werden jedoch Abstimmung und Koordination der einzelnen Verfahren oftmals vernachlåssigt. Gerade hierbei kommt jedoch dem Arzt innerhalb des therapeutischen Teams eine zentrale Rolle zu. All diese Ûberlegungen dçrfen den Arzt und Therapeuten jedoch nicht dazu verleiten, auf jegliches Konzept zu verzichten, unsystematisch vorzugehen und dem Prinzip von ¹Trial and Errorª zu folgen. Im Folgenden werden Aspekte einzelner Verfahren der physikalischen Therapie herausgegriffen und schwerpunktmåûig abgehandelt. Die Auswahl ist sicherlich subjektiv und von der eigenen Erfahrung geprågt.
Massage Definition Die ersten Aufzeichnungen çber massageåhnliche Techniken stammen aus China und sind circa 4000 Jahre alt. Massage als Behandlungsform wird meist als mechanische Einflussnahme auf Muskulatur, aber auch auf Haut, Subkutis, Bindegewebe, Gefåûe, Viszera und weitere Strukturen betrachtet, wobei man neben direkten Effekten auch neuroreflektorische Auswirkungen auf Stoffwechsel, Hormonsystem, Vegetativum, Kreislauf und innere Organe in Rechnung stellt. Nach der wohl am weitesten gefassten Definition von Kohlrausch stellt die Massage ¹eine meist manuelle mechanische Einwirkung auf den Kærper zum Zwecke der Kærperpflege,
Krankheitsvorbeugung oder Krankheitsbekåmpfungª dar und hat somit neben rein medizinisch-therapeutischen unter anderem auch pråventive Aspekte. Abhångig vom Allgemeinzustand und der Reaktionssituation des Patienten sowie vom erhobenen Gewebebefund kommen je nach dem zuvor festzulegenden Therapieziel unterschiedliche Techniken und Griffe zur Anwendung. Diese werden hinsichtlich Zug, Druck, Rhythmus, Bewegungsrichtung und -geschwindigkeit kombiniert und variiert [15].
Physiologische Grundlagen und Wirkung Trotz umfassender, çberwiegend jedoch empirisch gewonnener Erkenntnisse und Erfahrungen (z. B. Nordschow u. Biermann [13], Blçmel [2]) sind viele neurophysiologische Grundlagen auch heute noch eher spekulativ. Neben lokalen sind auch allgemeine Ablåufe nachzuweisen, die durch den Nachweis kutiviszeraler und kutimuskulårer Reflexzusammenhånge (Head, Mackenzie) therapeutisch gezielt und bewusst eingesetzt werden. ] Lokale Wirkung. Vor Ort werden durch Reibung abgestorbene Zellen sowie Sekrete der Haut entfernt, Talgdrçsen entleert und die Teilungsrate der Basalzellen erhæht. Es entsteht durch mechanisch verursachte Freisetzung von vasoaktiven Stoffen eine lokale Hyperåmie mit vermehrter Zufuhr von Sauerstoff und sonstigen Stoffwechselprodukten, aber auch ein verbesserter venæser Rçckstrom mit Entfernung von Stoffwechselschlacken und sauren Valenzen. Zusåtzlich werden rein mechanisch venæse und lymphatische Gefåûe entstaut, Adhåsionen gelæst und auch hierdurch Stoffwechselendprodukte vermehrt abtransportiert und Údeme vermindert oder gar beseitigt. ] Allgemeine Wirkung. Allgemein kommt es zu Flçssigkeitsverschiebungen in den intravasalen Raum, was zu einer Steigerung der Diurese mit entsprechender Verånderung des Håmatokrit fçhrt. Einflçsse auf den respiratorischen Stoffwechsel und Kreislauf sind åuûerst gering. So werden Sauerstoffaufnahme, CO2-Abgabe und Atemminutenvolumen sowie Blutdruck und Puls kaum beeinflusst. Die frçher immer wieder propagierte ¹Spiraleª von Schmerz und Muskelverspan-
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nung wird von einigen Neurophysiologen in neuerer Zeit stark in Frage gestellt. Dennoch werden durch die Reizung verschiedenster Mechano-, Thermo- und Nozizeptoren çber das ZNS je nach angewandter Technik die Regulation des Muskeltonus, das autonome Nervensystem und somit auch innere Organe, die Schmerzçbertragung und -modulation sowie die Psyche ggf. unabhångig voneinander beeinflusst. Dies gilt je nach angewandter Grifftechnik in Richtung Tonisierung bzw. Stimulation als auch in Richtung Detonisierung bzw. Dåmpfung. ] Indikation. Bekannte Effekte und damit auch Indikationen sind demnach akuter und subakuter Muskelhartspann, lokale Myogelosen sowie muskulår bedingte oder unterhaltene Schmerzzustånde. Einige Studien zeigen auch deutliche Auswirkungen auf psychologische Græûen, wie Angst, Anspannung, Depression [9], weshalb Massagen auch zum Standardkonzept vieler psychosomatischer Kliniken gehæren. Andere wiederum konnten diese Effekte nicht beståtigen [6].
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5. Die Vibration wird mit flach aufliegender Hand mit hoher Frequenz und niedriger Amplitude durchgefçhrt. Sie wirkt ebenfalls muskelentspannend.
Refexzonen- und Bindegewebsmassage Bei der Refexzonen- und Bindegewebsmassage stehen die kutiviszeralen reflektorischen Wirkungen auf innere Organe bzw. viszerale Befunde im Vordergrund. Sie sind in der Regel dann indiziert, wenn bindegewebige Befunde dominieren und aufgrund des Untersuchungsbefundes viszerale und/oder fasziale Stærungen vorliegen. Weitere Indikationen sind periphere arterielle Durchblutungsstærungen sowie die sog. ¹vegetative Gesamtumschaltungª.
Periostmassage Die 1953 von Vogler beschriebene Periostmassage setzt durch punktfærmige, rhythmische Druckmassage auf dem Periost einen sog. Zweitschmerz, der çber neuroreflektorische Verknçpfungen den sog. Primårschmerz auslæschen soll.
Massagearten Klassische Massage Bei der klassischen Massage werden fçnf Grifftechniken unterschieden: 1. Die Streichung (Effleurage) wird als mehr groûflåchige Bewegung von distal nach proximal durchgefçhrt. Ihr wird çberwiegend eine entstauende [18] und beruhigende, ¹vegetativ glåttendeª [15] Wirkung zugesprochen. 2. Knetungen (Petrissage) werden schråg oder quer zum Muskelverlauf angesetzt, wirken muskeltonusregulierend und aktivieren den Muskelstoffwechsel. 3. Die Reibung (Friktion, Zirkelung) arbeitet mit zunehmendem, dem Gewebe angepassten Druck in die Tiefe. Sie eignet sich besonders zur Therapie von Myogelosen (Gelotripsie), wirkt lokal durchblutungssteigernd und steigert die Wachaktivitåt. 4. Die Klopfung (Tapotement) wird als elastisch federne, rhythmische Anwendung durchgefçhrt. Je nach Griffstårke wirkt sie auf die Muskulatur tonisierend bzw. detonisierend. Am Thorax angewandt fçhren Klopfungen zu einer Vertiefung der Atmung. Variationen sind Hackungen und Klatschungen.
Manuelle Lymphdrainage Die manuelle Lymphdrainage nach Vodder arbeitet letztendlich mit verschiedenen Variationen der klassischen Massagegriffe. Es handelt sich çberwiegend um zarte, teils ausstreichende, teils pumpende Techniken, die die Lymphmotorik anregen, die Filtration von Flçssigkeit in das Gewebe hemmen und die Reabsorption aus dem Gewebe færdern. Indikationen sind demnach zwar primår Lymphædeme aber auch posttraumatische oder venæse Údeme. In Kombination mit einer anschlieûend durchgefçhrten Kompression spricht man von komplexer Entstauungstherapie.
Unterwasserdruckstrahlmassage Die Unterwasserdruckstrahlmassage wird mit 1,5±4 atç und 36 8C Wassertemperatur durchgefçhrt. Sie erzeugt einen kraterfærmigen Bezirk, in der unmittelbaren Umgebung entsteht ein Unterdruck. Somit kommt es lokal zu einer mechanischen und thermischen Druck- und Sogwirkung, generell wirken Wassertemperatur, Auftrieb und hydrostatischer Druck.
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Bçrstenmassage
Physikalische Grundlagen und Wirkung
Die auch in Eigentherapie durchfçhrbare Bçrstenmassage soll çber die erzeugte Hyperåmie der Haut zu einer Neuregulation der peripheren Gefåûe fuhren, zusåtzlich wird auch ihr die ¹vegetative Gesamtumschaltungª zugesprochen.
Wårmetherapie
Fuûreflexzonenmassage Die Fuûreflexzonenmassage geht ebenfalls von einer reflektorischen Beeinflussbarkeit entfernt wahrgenommener bzw. verursachter Schmerzen und innerer Organe aus. Anders als bei der Reflexzonenmassage geht man hier nicht von segmentbezogenen Beziehungen aus, sondern, åhnlich wie beispielsweise bei der Ohr- bzw. Schådelakupunktur, von sog. Somatotopien.
Bei der Wårmetherapie erfolgt mit Ausnahme der Hochfrequenztherapie (oder oftmals auch Diathermie genannt) der Wårmetransport zum Kærper mittels Leitung, Konvektion oder Strahlung. Limitierend fçr die meisten Verfahren ist die Ertråglichkeitsgrenze der Haut, die durch vaskulåre Mitbeteiligung und gestærte Trophik bei vielen rheumatischen Erkrankungen reduziert ist und deshalb besonders strenger Indikation und Ûberwachung bedarf. Auch sind hier insbesondere die gestærte Temperaturempfindung sowie allgemeine kardiovaskulåre Erkrankungen zu berçcksichtigen.
Definition
] Lokale und allgemeine Wirkung. Unterschieden werden lokale und allgemeine Wirkung. Unabhångig von der Applikationsform (Peloide, Båder, Hochfrequenz etc.) wirkt ein Temperaturanstieg im Gewebe analgetisch und stoffwechselsteigernd [23]. Zusåtzlich tritt eine Abnahme der Viskositåt von Kærperflçssigkeiten, eine Dehnbarkeitszunahme bindegewebiger Strukturen und damit verbunden auch eine Detonisierung von Muskeln ein. Hieraus abgeleitet, wird bei geringer entzçndlicher Aktivitåt mild dosierte Wårme, beispielsweise in Form eines Heublumensackes mit ihrer analgetischen Wirkung gerne als sog. Bewegungsstarter genutzt. Allgemein kommt es zu einer Zunahme von Herzfrequenz und Herzzeitvolumen, zu einer Abnahme des peripheren Venentonus, zu einer Blutdrucksenkung und psychischen Entspannung, zu einer Immunstimulation bei milder Hyperthermie bzw. einer Immunsuppression bei starker Hyperthermie sowie zu einer hormonellen Stimulation.
Man subsummiert unter diesen Begriff alle Methoden (unabhångig von ihren physikalischen Grundlagen), die dem Kærper bezogen auf die Indifferenztemperatur Wårme zufçhren oder entziehen. Sie stellen altbewåhrte und sehr håufig indizierte Therapieverfahren dar. Unterschieden werden Kryo- und Thermotherapie. Strenggenommen sind hierzu auch die Balneologie, die Hydrotherapie, die Hochfrequenztherapie, die Infrarotbehandlung sowie die Ultraschallapplikation einschlieûlich Phonophorese zuzuordnen.
] Wårmetråger. Durch die Wahl des Wårmetrågers, der Einwirkungszeit, der Applikationstemperatur und der Græûe des erfassten Kærperareals kann die Dosierung individuell abgestimmt werden, sodass man nahezu alle Patienten mit rheumatischen Grunderkrankungen sinnvoll und in ein therapeutisches Gesamtkonzept integriert behandeln kann. Dies gilt, und darauf weist Senn zurecht hin, im Einzelfall auch fçr Patienten mit akutem Krankheitsgeschehen bzw. erhæhter entzçndlicher Aktivitåt.
Kontraindikationen Alle Massagearten sind grundsåtzlich nicht angezeigt bei infektiæsen Allgemeinerkrankungen, im Bereich von Entzçndungen und Hauterkrankungen, bei erhæhter Blutungsneigung sowie bei frischen Verletzungen. Unter Berçcksichtigung der Fern- und Allgemeinwirkung kann auch bei lokal bedingter Kontraindikation eine der çberwiegend neuroreflektorisch ansetzenden Massagearten sinnvoll und erfolgreich eingesetzt werden. Beispiele hierfçr sind entzçndliche Gelenkergçsse, periphere arterielle Verschlusserkrankungen, Sudeck-Krankheit Stadium I und II und weitere.
Thermotherapie
Physikalische Therapie
Hochfrequenztherapie Eine Sonderform der Wårmetherapie ist die Hochfrequenztherapie, hier wird elektromagnetische Energie im Gewebe direkt in Wårme umgewandelt. Je nach Frequenz werden Kurzwelle (27,12 MHz; Kondensator- oder Spulenfeld), Dezimeterwelle (433,92 MHz) und Mikrowelle (2500 MHz) unterschieden. Da die Wårmebildung von den elektrischen Eigenschaften des Gewebes beeinflusst wird, werden abhångig von der Frequenz unterschiedliche Gewebestrukturen unterschiedlich stark erwårmt (Abb. 1), sodass sich hieraus auch die Indikation bzw. die Zielstruktur ableiten lassen.
Kontraindikationen Kontraindikationen der Wårmetherapie sind fieberhafte Allgemeininfektionen, Thrombosen und Thrombophlebitiden (mit oben genannter Einschrånkung). Kontraindikationen der Hochfrequenztherapie stellen hier liegende Metallimplantate, Herzschrittmacher, die Nåhe zu noch nicht geschlossenen Epiphysenfugen sowie zum Auge (cave: Linsentrçbungen) dar.
Methoden bzw. Verfahren Ultraschalltherapie Die Ultraschalltherapie gehært zu den wirksamsten Tiefenerwårmungsverfahren. Die therapeutisch genutzte Schallwellenfrequenz betrågt meist 800 kHz, die in der Praxis relevante Reichweite betrågt 7 cm [16]. Der Knochen besitzt eine zehnmal hæhere Absorption als die Weichteile. Daraus ergibt sich, dass sich der Ultraschall zur Therapie knochennaher Erkrankungen geradezu anbietet. Es kommt çber die Erhæhung der Mikrozirkulation zu einer Durchblutungssteigerung, zu einer Steigerung der Zellpermeabilitåt und des Stoffwechsels aber auch zu einer Zunahme der Dehnbarkeit von kollagenen Fasern sowie zu einer Erhæhung der Schmerzschwelle. In der Praxis wird eine sog. Indurationsabnahme bzw. Gewebeauflockerung mit einer Zunahme der Gelenkbeweglichkeit beschrieben.
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] Indikation. Indiziert ist die Ultraschalltherapie bei allen Erkrankungen bzw. Befunden, bei denen eine gezielte lokale bzw. regionale Wårmeapplikation (mit den oben dargestellten physiologischen Verånderungen) sinnvoll ist, wie z. B. Arthrosen kleiner Fingergelenke, Gonarthrosen, Insertionstendopathien und Periostosen. Bei der Therapie von ¹trigger pointsª hat sich die Simultantherapie mit Reizstrom bewåhrt [4]. Bei der Phonophorese handelt es sich, analog zur Iontophorese, um eine Kombinationstherapie mit einem lokal applizierten Arzneimittel. Nach Zilk [25] stehen wissenschaftliche Beweise zur Wirksamkeit noch aus. ] Kontraindikation. Kontraindikationen sind ± wie bei der Hochfrequenztherapie ± die Nåhe zu offenen Wachstumsfugen und dem Auge, darçber hinaus Varikosis, Thrombophlebitiden und Thrombosen sowie der gravide Uterus und unzureichende Gewebedeckung çber dem Rçckenmark (z. B. Z. n. Laminektomie). Keine Kontraindikationen sind indessen Metallimplantate und Endoprothesen, bei Herzschrittmachern sollte man lediglich einen Abstand von 15 cm zum Schrittmacher einhalten [4, 11].
Kåltetherapie Auch im Bereich der Kåltetherapie (Kryotherapie) stehen sehr viele Therapieformen zur Verfçgung, die sich grundsåtzlich in lokale und Ganzkærpermethoden sowie Verfahren mit Kurzzeit- und Langzeitwirkung unterscheiden lassen. Die sehr wirksamen Ganzkærper-Kåltekabinen sind sehr teuer und deshalb nur vereinzelt in entsprechenden Zentren im Einsatz. Bei lokalen Applikationen kommt es primår zu einer Vasokonstriktion, einem Absinken der Gewebetemperatur und einer Stoffwechselreduktion. Zeitlich verzægert bzw. sekundår werden Údembildung, Blutungsneigung, Entzçndung und Lymphproduktion gehemmt und die Gewebsviskositåt erhæht. Von groûer Bedeutung ist insbesondere die Detonisierung der Muskulatur, die Verlangsamung der physiologischen Kenngræûen eines Muskels (Latenz-, Kontraktionsund Erschlaffungszeit) sowie die Verringerung der Nervenleitgeschwindigkeit. Neben der lokalen Reaktion wird auch eine reflektorische Fernwirkung beobachtet und therapeutisch genutzt. Dies sind insbesondere thermoregulatorische Gegenreaktionen, eine Blutdruckerhæhung, eine Intensivierung der Atmung sowie kutiviszerale
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Reaktionen. Bei den Kurzzeitanwendungen hingegen kommt es zu einer reaktiven Hyperåmie und keinem Absinken der Gewebetemperatur tiefergelegener Gewebestrukturen, die ansonsten starke antiphlogistische Wirkung fehlt. Die Herz-Kreislauf-Belastung ist im Vergleich zu Wårmeanwendungen relativ gering. ] Indikation. Als Indikationen fçr die Kryotherapie ergeben sich hieraus insbesondere akute postoperative bzw. posttraumatische Reizzustånde, akute Zustånde entzçndlicher und degenerativer Gelenk- und Wirbelsåulenerkrankungen wie Arthritiden oder aktivierte Arthrosen und spastische Muskeltonuserhæhungen. Sowohl bei Wårme- als auch bei lokalen Kålteanwendungen kann es zu einer Aktivierung einer bestehenden Entzçndung kommen, was in beiden Fållen in der Regel auf eine Ûberdosierung zurçckzufçhren ist. Wårme- und Kålteapplikation bei ein und dem selben Patienten schlieûen sich keineswegs aus und kænnen mit unterschiedlichen therapeutischen Zielen lokal bzw. allgemein angewandt werden. Am håufigsten werden Ganzkærperwårmebehandlung zur Muskelrelaxation und lokale Kryotherapie zur Analgesie kombiniert. ] Kontraindikation. Vaskulitiden, Kåltehåmoglobulinurie, Raynaud-Syndrome etc. stellen auch bei der Kåltetherapie Kontraindikationen dar.
Hydrotherapie ] Wirkung. Bei der Hydrotherapie wird kaltes oder warmes Wasser auf verschiedenste Art appliziert. Die Abgrenzung zur Thermotherapie wie auch zur Balneologie bzw. Kurortmedizin ist insbesondere in Deutschland flieûend und oftmals auch unscharf. Neben thermischen wirken bei der Hydrotherapie auch mechanische Reize auf den Kærper ein. Je nach angewandtem Medium und Temperatur kænnen Båder, Gçsse, Waschungen oder Wickel wårmeentziehend und somit antiphlogistisch oder aber auch hyperåmisierend appliziert werden. In-vitro-Studien zeigen eine erhæhte Proteinsynthese von Fibroblasten, eine gesteigerte Hyaluronsåuresynthese und Glykolyse von Synovialisdeckzellen sowie eine Steigerung der Phagozytose und Diffusion bedingt durch die Temperaturerhæhung. Dies låsst vermuten, dass die nachweisbare Erwårmung intraartikulårer Strukturen auch entsprechende biochemische Verånderungen bewirken
Tabelle 1. Sofortwirkung einiger ortsgebundener Heilmittel (modifiziert nach Schmidt [19]) Heilmittel
Sofortwirkung
] Solebåder (2±5% NaCI oder mehr)
Verånderung des osmotischen Milieus der Haut Behinderung der Schweiûabgabe Hemmung der Mitoserate in der Haut Sensibilisierung der Haut gegençber UV-Licht Beeinflussung des Hautstoffwechsels und der Thermoregulation muskelrelaxierender Einfluss
] Schwefelbåder
Beeinflussung enzymatischer Prozesse in der Haut Einbau von Schwefel in die Grundsubstanz des Bindegewebes Stimulation der Hyaluronidaseaktivitåt Hemmung der immunkompetenten Langhans-Zellen in der Haut
] Moorbåder
Besonders intensive und gleichmåûige Wårmeçbertragung verbesserte Erwårmung der Akren Hemmung der Hyaluronidaseaktivitåt evtl. æstrogenåhnliche Effekte
kann, die weit çber die Immedialwirkung hinausgehen. Auch eine immunstimulierende Wirkung wird diskutiert. So werden auch hier durch eine leichte Erhæhung der Kærpertemperatur zahlreiche Lymphozytenfunktionen stimuliert (z. B. Bçhring [3]). Dass Einflçsse auf das Immunsystem bestehen, ist unbestritten, so werden die immunkompetenten Langhans-Zellen in der Haut durch Schwefelbåder gehemmt oder aber lymphatische Zellen durch eine lokale Hyperthermie in der Haut stimuliert und vermehrt Zytokine abgegeben [1, 14]. Ob bzw. inwieweit dies auch in der Praxis relevant ist, wird kontrovers und çberwiegend spekulativ diskutiert. Eine Ûbersicht çber die Sofortwirkung einiger ortsgebundener Heilmittel gibt Tabelle 1. ] Indikation. Die Indikationsgebiete decken sich mit denen, die bereits unter dem Abschnitt Thermotherapie aufgefçhrt wurden. Darçber hinaus wird sie den sog. Reiz-Reaktions-Adaptationstherapien zugeordnet und gilt als eine den Gesamtorganismus beeinflussende Maûnahme. Inwieweit die hierbei zweifellos nachweisbaren psychologischen Effekte wie Verbesserung im Selbstwertgefçhl, Rçckgang von Schlafstærungen, verbessertes Allgemeinbefinden u .a. ([5, 10, 12] u. a.) auf die Hydrotherapie oder aber
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auf sog. Kureffekte bzw. sonstige Interventionen zurçckzufçhren sind, bleibt dahingestellt. ] Kontraindikation. Bei den wårmeentziehenden Verfahren ist insbesondere die Dauer der Anwendung wesentlich, da hiervon abhångt, ob tatsåchlich ein Wårmeentzug erfolgt, oder ob es nach kurzer Anwendungszeit im Wesentlichen zu einer reflektorischen Hyperåmie kommt. Insofern sind kurzfristige intensive Kaltreize bei akuten entzçndlichen Schçben unter Umstånden kontraindiziert. All diese Verfahren setzen eine weitgehend ungestærte Gefåûregulation voraus, sodass sie auch bei allen rheumatologischen Erkrankungen mit vaskulårer Komponente, wenn çberhaupt, nur gezielt und unter årztlicher Kontrolle eingesetzt werden dçrfen. Kontraindikationen fçr Voll- bzw. Bewegungsbåder sind dekompensierte kardiale Insuffizienzen, wobei die kardiale Belastung dieser Therapieform håufig von den Patienten unterschåtzt wird.
Elektrotherapie Definition Zur Elektrotherapie rechnet man alle Verfahren, die dem Kærper elektrische Energie zu therapeutischen Zwecken zufçhren oder aber im Kærper des Patienten elektrische Energie induzieren [17]. Die Einteilung erfolgt entweder nach der ] Impulsform (monophasisch, biphasisch), nach der ] Hauptindikation (Elektroanalgesie: Galvanisation, Iontophorese, Impulsgalvanisation, diadynamische Stræme nach Bernard, Hochvolttherapie, neofaradischer Strom, TENS, invasive Elektrotherapie ± neuromuskulåre Reizung: Schwellstrom, Exponentialstrom, muskelfaserspezifische Stimulation, funktionelle Elektrostimulation, mittelfrequente Muskelstimulation) oder aber am håufigsten nach der ] Impulsfrequenz. Rein historisch bedingt und physikalisch nicht zu rechtfertigen wird die Ultraschalltherapie oftmals zur Elektrotherapie subsumiert.
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Bedingt durch die vielfåltigen Mæglichkeiten einerseits und dem oft unkritischen Sprachgebrauch andererseits [8] kommt es in der Praxis nicht selten zu einer mangelhaften Differenzialindikation bei den verordnenden Ørzten und einer relativ geringen Wertschåtzung bei den Patienten.
Methoden und Verfahren Gleichstræme Bei der Therapie schmerzhafter entzçndlicher Erkrankungen werden analgetisch wirkende und hyperåmisierende galvanische Stræme einschlieûlich hydroelektrischer bzw. galvanischer Båder håufig und gerne benutzt. Die schmerzlindernde Wirkung tritt çberwiegend unter der hyperpolarisierenden Anode auf. Die Durchblutungssteigerung tritt nicht nur im Bereich der Haut auf (Galvanoerythem), sondern låsst sich auch im Bereich der Muskulatur mit einem Anstieg bis auf 300% der Ruhedurchblutung nachweisen. Die applizierten Stromstårken liegen mit 0,1 mA/qcm meist deutlich unter der Toleranzgrenze von 1 mA/qcm Hautoberflåche, sodass es noch nicht zu einer Muskelkontraktion kommt. Vorteile der hydroelektrischen Båder sind die optimale Anpassung der ¹Elektrode Wasserª an den Kærper, die damit verbundene groûe aktive Oberflåche mit der hieraus resultierenden geringen Stromdichte. Vorteile des Stanger-Bades sind zusåtzlich thermische und mechanische Effekte mit der hieraus resultierenden Muskelrelaxation, Nachteil im Wesentlichen die kardiopulmonale Belastung. Folgerichtig ergeben sich als Hauptindikationen groûflåchige, oft schlecht lokalisierbare Krankheiten wie generelle Wirbelsåulensyndrome, Morbus Bechterew u. a. Bei der Iontophorese wird ein ionisiert vorliegendes Medikament unter der jeweils entsprechenden Elektrode aufgetragen und dann mit Hilfe des Stromflusses durch die Haut transportiert. Die Eindringtiefe ist hierbei relativ begrenzt.
Wechselstræme Bei den Wechselstræmen werden grundsåtzlich niederfrequente Reizstræme (unter 1000 Hz, in der Therapie meist 10±100 Hz) und mittelfrequente Wechselstræme (1000 Hz±100 kHz, in der Therapie i. d. R. 3 bis 20 kHz) unterschieden.
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] Niederfrequente Wechselstræme. Die niederfrequenten Stræme bewirken mit jedem Impuls eine Depolarisation der Nerven- und/oder Muskelfasern. Dies setzt voraus, dass die Pause zwischen zwei Impulsen långer sein muss als die entsprechende Refraktårzeit. Je nach Impulsdauer, Impulshæhe und Impulsform werden verschiedene Reizstræme unterschieden. Die Reizung mit kurzen bis sehr kurzen Impulsen wird bei der motorischen Reizung innervierter Muskulatur angewandt (¹schmerzlose oder faradische Reizungª). Die Impulsdauer betrågt meist 0,1±1 ms, bei der sog. Hochvolttherapie bis zu 0,04 ms. Bei diesen kurzen Impulsen ist die Impulsform ohne wesentliche Bedeutung. Beim sog. (Faradischen) Schwellstrom steigt und fållt die Impulshæhe rhythmisch, es kommt zur ebenfalls rhythmischen An- und Entspannung des Muskels (¹Elektrogymnastikª), was als gçnstig fçr Funktion und Durchblutung angesehen wird. Indikationen sind die Muskelreizung bei postoperativer Ruhigstellung zur Verzægerung von Muskelatrophien, aber auch zur Prophylaxe und Therapie von beginnenden Reflexdystrophien. Lange Impulse bewirken hingegen eine Analgesie im Sinne einer schmerzhaften Reizung, hierzu gehæren beispielsweise die diadynamischen Stræme nach Bernard. Bei diesen handelt es sich um einen gleichgerichteten sinusfærmigen Wechselstrom. Bei Einweggleichrichtung (¹Abschneidenª der negativen Halbwellen [20]) resultiert die Stromform MF (¹monophase fixeª) mit einer Frequenz von 50 Hz. Impuls- und Pausendauer betragen jeweils 10 ms. Durch ¹Umklappenª der negativen Halbwellen entsteht DF (¹diphase fixeª) mit einer Frequenz von 100 Hz und ohne Pause zwischen den Impulsen. Durch die gleichzeitig analgetische und reizwirksame Wirkung ergeben sich als Indikationen schmerzhafte Tendinosen, Periostosen, Myosen und Triggerpunkte, aber auch akute Weichteilverletzungen. Bei der transkutanen elektrischen Nervenstimulation (TENS) wird praktisch immer mit nullliniensymmetrischen Wechselstræmen gearbeitet, das Ziel besteht ausschlieûlich in einer Schmerzreduktion. Bei bis zu 50% der Patienten kommt es zu einer oft langanhaltenden Schmerzlinderung. Indikationen in der Rheumatologie sind chronisch dystrophe Schmerzzustånde, Periarthropathien, chronische Wirbelsåulensyndrome, Z.n. radikulåren Låsionen u.a.. Keine Indikation stellen mit Belastungsschmer-
zen einhergehende Arthrosen dar. Kontraindikationen sind auch hier Herzschrittmacher [8]. ] Mittelfrequente Wechselstræme. Der wesentliche Unterschied zu den niederfrequenten Stræmen besteht bei den mittelfrequenten darin, dass bei dieser Frequenz keine reizsynchronen Aktionspotenziale erzielt werden kænnen. Somit besteht der wesentliche Effekt in einer ¹reaktiven Depolarisationª, einer Dauerdepolarisation von etwa halber Ruhepotenzialhæhe. Wesentliches Zielorgan ist die Muskelzelle, die im Gegensatz zur Niederfrequenz direkt erfasst wird [21]. Hierdurch ist auch die besonders gute Volumenwirkung zu erklåren. Im Gegensatz zur Hochfrequenz kommt es bei der Mittelfrequenz praktisch kaum zu einer Gewebeerwårmung [22, 24]. Somit resultiert in der Praxis aus therapeutischer Sicht die Muskelkontraktion ohne schmerzhaften Charakter. In der Praxis arbeiten fast alle Geråte mit sinusfærmiger nulllinienfærmiger Wechselspannung, sodass es zu keiner Elektrolyse und somit nicht zur Veråtzung kommen kann. Da es bei reinen mittelfrequenten Stræmen schnell zu einer Adaptation und somit einem Wirkungsverlust kommt, sind Amplitudenmodulationen fçr den Erhalt der Reizwirkung erforderlich. Man unterscheidet drei Applikationsformen: 1. Bei den extern amplitudenmodulierten Mittelfrequenzstræmen ist die Modulationsfrequenz (Abb. 2) niederfrequent, die Trågerfrequenz mittelfrequent, sodass die Eigenschaften beider Prinzipien kombiniert werden. Anders als bei den çbrigen mittelfrequenten Stræmen kommt es zur (im Verhåltnis zur Modulationsfrequenz) reizsynchronen Erregung. Sie gehært somit von der Wirkungsweise und damit auch von den Indikationen zu den niederfrequenten Stræmen. Vorteile diesen gegençber bestehen in der geringeren sensiblen Belåstigung und in der sicheren Vermeidung von Hautveråtzungen. Durch die weitverbreitete Elektrodenanlage çber Saugnåpfe kommt es zu einer zusåtzlichen mechanischen, massageartigen Wirkung. 2. Bei den Interferenzstræmen entsteht die Amplitudenmodulation durch Ûberlagerung mittelfrequenter Stræme geringfçgig unterschiedlicher Frequenzen im Kærper des Patienten (endogenen Amplitudenmodulation). Vorteile dieses Verfahrens sind eine geringe Hautbelåstigung sowie die Unsicherheit bezçglich
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der genauen Lokalisation der Interferenz. Diese muss individuell erfasst bzw. erfçhlt [20] werden und ist somit wesentlich auch durch die Erfahrung des Therapeuten mitbedingt. Klassische Indikationen stellen oberflåchennahe Muskelverspannungen (auch bei Wirbelsåulensyndromen), die Muskelreizung bzw. Atrophieprophylaxe bei ruhiggestellten bzw. geschonten Extremitåten, Periarthropathien und Epikondylitiden dar. 3. Bei der geschwellten Mittelfrequenztherapie nach Wyss werden nach dem Drehstromprinzip sinusfærmige Wechselstræme mit einer Frequenz von 11 kHz mit drei (bisweilen auch zwei) gleichberechtigten Elektroden in das zu behandelnde Gewebe eingebracht. Zusåtzlich kann noch ein niederfrequenter Strom mit 250 Hz angebracht werden. Diesem kommt vorwiegend eine analgetische Wirkung zu. Durch antizyklische Schwellung mit dem mittelfrequenten Strom wechseln sich somit Muskelreizung und Analgesie periodisch ab, was von den Patienten als subjektiv angenehm empfunden wird. Die Indikationen entsprechen ansonsten denen der Interferenzstræme.
Kontraindikationen Wåhrend ursprçnglich im Hçftbereich Totalendoprothesen wegen im Tierexperiment nachgewiesener Lockerungen durch Resonanz als Kontraindikationen fçr eine mittelfrequente Therapie angesehen wurden, gilt dies nach Auffassung anderer Autoren [7] heute jedoch nicht mehr. Weitere Kontraindikationen sind in der Nåhe gelegene frische Thromben, lokale Entzçndungen, Ulzera etc. sowie teilweise Sensibilitåtsstærungen.
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Krankengymnastik
U. Donhauser-Gruber, A. A. J. Gruber
Krankengymnastik Erkrankungen des Bewegungsapparates fçhren zu einer Stærung der Funktion, d. h. zu einer Pathophysiologie. Diese Funktionsstærung verursacht gerade bei chronischen Erkrankungen eine vællig andere Wirkung der Mechanik, d. h. eine Pathomechanik. Dies verlangt eine ganz neue, andere Betrachtungsweise und eine entsprechende Umstellung des therapeutischen Handelns. Entzçndlich-rheumatische Gelenkerkrankungen sind charakterisiert durch einen multilokulåren Prozess, der in Schçben sehr schmerzhaft und chronisch verlåuft. Dies fçhrt zu typischen, dieses Krankheitsbild kennzeichnenden Verånderungen, Dysfunktionen und Deformitåten am Bewegungsapparat. Rheumatische Erkrankungen des Bewegungsapparates hinterlassen in der Regel Stærungen, die sich nicht mehr in physiologische und biomechanische Verhåltnisse zurçck fçhren lassen. Wir mçssen uns also mit der Pathophysiologie und Pathomechanik auseinandersetzen. Die Kenntnis der Pathophysiologie, der Bio- und Pathomechanik des Bewegungsapparates ist die Voraussetzung fçr eine sinnvolle Therapie im Sinne einer funktionellen krankengymnastischen Bewegungstherapie. Fçr eine sinnvolle Therapie im Sinne des Gelenkschutzes ist ebenso die Kenntnis krankengymnastischer Techniken, die zur Behandlung eingesetzt werden, wie z. B. Manuelle Therapie (MT), Funktionelle Bewegungslehre (FBL), Propriozeptive neuromuskulåre Fazilitation (PNF) usw. unabdingbar. Es ist dabei entscheidend, aus der Vielfalt der erlernten Techniken die jeweils richtige und geeignete fçr den Patienten und das jeweilige Stadium auszuwåhlen. In der Rheumatologie mçssen zusåtzlich meist diese Techniken auch noch modifiziert und dem Krankheitsgeschehen angepasst werden. Es wåre verfehlt, sich nur auf eine Technik zu beschrånken und zu glauben, damit jeden Patienten mit
unterschiedlichen Stadien und Erkrankungen behandeln zu kænnen. Neben den Techniken muss die Krankengymnastik darçber hinaus entsprechende Geråte vorhalten, um den individuellen Bedçrfnissen und pathomechanischen Gegebenheiten gerecht zu werden. Hier stellt die Therapie unter definierten Entlastungsbedingungen, z. B. im Schlingenkåfig (Abb. 1) oder ersatzweise zumindest zum Teil im Bewegungsbad, eine unabdingbare Voraussetzung dar. Im Schlingenkåfig besteht die Mæglichkeit, in Entlastung zu behandeln (notwendig in den Stadien 3 und 4 fçr die groûen Gelenke), aber auch in Entlastung mit dosiertem Widerstand die Muskulatur zu trainieren (Abb. 2) (z. B. im Stadium 2 fçr die groûen Gelenke). Ebenso kænnen Kontrakturen mit einem Dauerzug behandelt werden (Abb. 3). Auûerdem sollte in der Krankengymnastik ein Ungleichgewicht zwischen der Leistungsfåhigkeit und den Bedçrfnissen des Patienten erkannt werden und in der Therapie berçck-
Abb. 1. Schlingenkåfig
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U. Donhauser-Gruber, A. A. J. Gruber
Anamnese- und Befunderhebung, Befundanalyse und Therapieplanung
Abb. 2. Behandlung in Entlastung mit Widerstand
Abb. 3. Dehnung einer Kontraktur
sichtigt werden. Eine weitere Voraussetzung, um einen Patienten im Sinne des Gelenkschutzes behandeln zu kænnen, sind umfangreiche Kenntnisse in der Rheumatologie sowie praktische Erfahrung durch Arbeit mit den Patienten in verschiedenen Stadien.
Zielsetzung der Therapie ] Pråventivbehandlung zur Verhinderung von Deformitåten und zur Erhaltung der Funktionsfåhigkeit, ] Rehabilitationsmaûnahmen zur Wiederherstellung der Funktionsfåhigkeit oder Anpassung des Behinderten bei bleibenden Dysfunktionen.
Die Anamnese- und Befunderhebung sind die Grundvoraussetzungen fçr die Erstellung eines sinnvollen Therapieplanes. Die Erhebung sollte standardisiert dokumentiert werden. Hierzu dienen die Befunddokumentationsbægen der Gesellschaft medizinischer Assistenzberufe fçr Rheumatologie [11]. Eine wesentliche Orientierungshilfe zur Befundung der einzelnen Gelenke stellt dabei der Beurteilungsbogen zur Funktionsprçfung nach Steinbrocker-Stadien (B-Stufe II a) dar (Abb. 4). Die Befundanalyse fçhrt direkt zur Therapieplanung. Nach Erhebung der Befunde ist es wesentlich, alle erhaltenen Informationen in einen Zusammenhang zu bringen mit den Anforderungen, die dem Patienten im Alltag gestellt werden. Dabei ist nicht die Auswertung der Bewegungsausmaûe der einzelnen Gelenke von vorrangiger Bedeutung, sondern es muss die Tendenz zu typischen Fehlstellungen und Deformitåten erkannt werden. Der Therapieplan muss die Mæglichkeit berçcksichtigen, dass schnelle Verånderungen im Krankheitsbild zu einer Verschlechterung fçhren kænnen. Man sollte versuchen, immer einen Schritt schneller zu sein als die Deformitåt, indem man aus den gewonnenen Befunden unter Ûberlegung der pathomechanischen Vorgånge im Gelenk sofort die richtige Therapie im Sinne des Gelenkschutzes einleitet. Oberstes Ziel des Therapieplans muss sein, die Selbstståndigkeit und Unabhångigkeit des Patienten zu erhalten, bzw. wieder zu erlangen. Hierzu mçssen kleinere erreichbare Ziele gesetzt werden in Form von Funktionsverbesserungen. Dadurch werden dem Patienten Fortschritte gezeigt, und er wird zur Mitarbeit motiviert. Die Håufigkeit der Behandlung richtet sich nach dem Zustand des Patienten. Die Schwerpunkte fçr die Einzeltherapie ergeben sich aus den Angaben des Patienten und dem funktionellen Stadium, in dem sich der Patient bzw. das zu behandelnde Gelenk befindet. Je frçher der Patient in die Einzeltherapie kommt, desto gçnstiger ist die Prognose fçr den Verlauf der Erkrankung. Alle Frçhstadien der Erkrankung mçssen einer Einzeltherapie zugefçhrt werden. Die Gruppenbehandlung hat in allen Fållen nur den Stellenwert einer Therapieergånzung.
Abb. 4. Befundbogen B-Stufe IIa
Krankengymnastik ]
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Aufgaben der Krankengymnastik Bei der Behandlung rheumatischer Gelenk- und Wirbelsåulenerkrankungen stellt die Krankengymnastik einen wichtigen Teil der Behandlung dar.
Einzeltherapie Grundsåtzlich ist in der Rheumatologie die Einzeltherapie zu fordern. Dies gilt vor allem fçr die Frçhstadien der Erkrankung. Hier steht der Pråventivgedanke im Vordergrund. Im Gegensatz zur Arthrose ist der schubweise Verlauf der chronischen Polyarthritis ein wesentliches Merkmal, welches die Einzeltherapie bestimmt. Durch einen Schub kænnen zusåtzliche Gelenke betroffen werden oder Gelenke pathomechanisch in einen neuen Zustand versetzt sein. Die Einzeltherapie ist als Dauertherapie zu sehen und stellt die wichtigste Therapieform der Krankengymnastik beim Rheumatiker dar. Nur in Remissionsphasen kann darauf verzichtet werden.
Gruppentherapie Die Gruppentherapie hat in allen Fållen nur den Stellenwert einer zusåtzlichen Behandlung. Die Patienten mçssen aus der Einzelbehandlung wissen, welche Ûbungen fçr ihre Gelenke geeignet sind, da der Gruppentherapie keine individuelle Befunderhebung vorausgeht.
Eigentherapie bzw. ¹Hausçbungsprogrammª Die individuell vom Patienten erlernte Eigentherapie ist in allen Fållen indiziert und muss immer und tåglich durchgefçhrt werden. Der Patient lernt unter Anleitung durch den Therapeuten ein Ûbungsprogramm, das seinen individuellen Schwierigkeiten und seinem Gelenkzustand entspricht. Diese Ûbungen werden von Zeit zu Zeit kontrolliert, bzw. den Verånderungen im Krankheitsgeschehen angepasst. So kann in der Einzeltherapie jeweils der Schwerpunkt fçr die Behandlung herausgegriffen werden.
Prå- und postoperative Therapie und Narbentherapie Pråoperative Therapie Die pråoperative Therapie beginnt idealerweise zu dem Zeitpunkt, an dem eine Operation geplant wird. Sie erfolgt zusåtzlich zur Dauertherapie des Patienten. Sie richtet sich nach der Art des geplanten Eingriffes und dem Zustand des betreffenden Gelenkes. Mægliche Zielsetzungen fçr eine pråoperative Therapie sind: ] Entsprechendes Vorbereiten des betreffenden Gelenkes und der umgebenden Weichteile, ] Verbesserung der Beweglichkeit der Nachbargelenke bei geplanter Arthrodese, ] Dehnen kontrakter Muskulatur, ] Kråftigung insuffizienter Muskulatur, ] Koordinationsschulung der Bewegungen, ] Erlernen der postoperativen Bewegungsmuster und Erlernen entlastender Gangarten.
Postoperative Therapie Die postoperative Therapie richtet sich nach der Art des Eingriffes und nach dem gewåhlten Zugang zu dem Gelenk. Es ist nicht mæglich, einheitliche Behandlungsplåne zu erstellen, da die Operationstechniken von Klinik zu Klinik differieren. Es gibt jedoch einige Richtlinien, die man als allgemein gçltig betrachten kann: ] Frçhzeitige Mobilisierung, sofern es die Operation zulåsst, da eine långere Ruhigstellung fçr jeden Rheumakranken ungçnstig ist. ] Entstauende Maûnahmen. ] Bei sehr alten Patienten mehrmals tåglich aber kçrzer behandeln, da oft die Gefahr der kærperlichen Ûberforderung besteht. ] Bei Kindern ist eine gute Anleitung der Eltern wichtig sowie eine eventuell unterstçtzende Schienenversorgung und eine regelmåûige Ûberwachung des kleinen Patienten, ohne ihn unnætig lange zu hospitalisieren.
Narbentherapie Mit der Behandlung der Narben ist postoperativ bereits sehr frçh, in der Regel nach Fadenzug zu beginnen, um die Narbe verschieblich und unauffållig zu gestalten. Auch sollte sie nicht zum ¹Stærfeldª fçr den Patienten werden. Zur Behandlung geeignete Maûnahmen sind z. B.: Einfetten der Narbe und Narbenmassagen mit verschiedenen Techniken und Hilfsmitteln sowie Moxibustionsbehandlungen.
Krankengymnastik
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Behandlung im Schub und Lagerung
Krankengymnastik beim rheumakranken Kind
Schubperioden stellen groûe Schmerzsituationen fçr den Patienten dar. In dieser Phase kann man von dem Patienten keine groûe Aktivitåt erwarten. Neben dem tåglichen mæglichst mehrmaligen Durchbewegen aller Gelenke ist eine funktionsgerechte Lagerung ein wesentlicher Therapieteil. Im Schub sollte in schmerzfreien Positionen gelagert werden. Dies entspricht an den meisten Gelenken der Ruheposition. Da bei långerfristiger Lagerung in schmerzfreien Positionen Kontrakturen auftreten kænnen, ist das mehrmals tågliche Durchbewegen der Gelenke unabdingbar. Nur so kænnen Kontrakturen vermieden werden. Schon im Anfangsstadium sollten die Patienten darauf hingewiesen werden, dass flaches Liegen auf einer festen Unterlage die beste Kontrakturprophylaxe ist.
Die juvenile chronische Arthritis ist eine relativ seltene Erkrankung im Kindesalter. Sie unterscheidet sich wesentlich von der chronischen Polyarthritis des Erwachsenenalters. Auch die krankengymnastische Therapie orientiert sich an den fçnf Subgruppen. 1. Seronegative Polyarthritis, 2. Seropositive Polyarthritis, 3. Systemisch-chronische Arthritis (Morbus Still), 4. Oligoarthritis I, 5. Oligoarthritis II.
Physikalische Therapiemaûnahmen Die physikalischen Therapiemaûnahmen wie z. B. Kålte, Wårme, Elektrotherapie, Fangoauflagen, Båder, etc. sind als zusåtzliche vorbereitende oder unterstçtzende Maûnahmen zu sehen und nicht wegzudenken. Sie tragen als passive Maûnahmen ganz wesentlich zum Erfolg der Bewegungstherapie bei.
Patientenschulung Die aktive Mitarbeit des Patienten stellt die Voraussetzung fçr den Behandlungserfolg dar. Voraussetzung fçr eine solche Mitarbeit ist die Aufklårung des Patienten çber seine Erkrankung und çber die Therapie. Die Aufklårung çber die Notwendigkeit der Bewegungstherapie obliegt der Krankengymnastik. Sie kann auch im Rahmen einer ¹Patientenschulungª erfolgen. Der Patient sollte dabei çber die Notwendigkeit einer Pråventivbehandlung aufgeklårt und auf die Mæglichkeiten des Gelenkschutzes hingewiesen werden. Der Patient sollte auch çber die Mæglichkeiten der Be- und Entlastung seiner Gelenke Bescheid wissen und darçber informiert sein, dass z. B. Gewichtsreduktion die græûtmægliche Entlastung fçr die Gelenke bedeutet.
Die krankengymnastische Behandlung basiert auf den pathomechanischen Erkenntnissen. Zur Therapie sind viel Zeit, Geduld und Verståndnis erforderlich. Zusåtzlich ist die Mitarbeit der Eltern unumgånglich. Die krankengymnastische Behandlung des rheumakranken Kindes ist dabei håufig an die Klinik gebunden und verlangt eine spezielle Weiterbildung innerhalb der Krankengymnastik in der Rheumatologie.
Interdisziplinåre Zusammenarbeit Die Therapie chronisch Kranker kann nur als interdisziplinåre Aufgabe gesehen werden. Dies gilt in gleicher Weise fçr den Klinikbereich, als auch fçr die ambulante Versorgung am Wohnort. In unterschiedlichem Maûe sind dabei die einzelnen Berufsgruppen gefordert. Voraussetzung zur Erfçllung dieses interdisziplinåren Therapieauftrages ist das gemeinsame Gespråch auf der Grundlage gleicher Anamnese- und Befunddaten. Wçnschenswert ist dabei eine einheitliche Anamnese- und Befunddokumentation fçr die verschiedenen Berufsgruppen. Die medizinischen Assistenzberufe stellen dabei ein Bindeglied zwischen dem medizinischen Bereich und dem Patientenbereich dar.
Gelenkbezogene Beispiele krankengymnastischer Behandlung Entscheidend fçr die Form der Destruktion und den Funktionsverlust sind neben dem funktionell anatomischen Bau des jeweiligen Gelenkes
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der Funktionszustand von Kapsel-/Bandapparat und Muskulatur und der Zustand des Knorpels. Zur Beurteilung des Knorpelzustandes an den groûen Gelenken erfolgt die funktionelle Stadieneinteilung nach Seyfried.
Stadieneinteilung fçr die groûen Gelenke ] Stadium 1. Der Patient kann sein Gelenk im erhaltenen Bewegungsausmaû (Ausmaû der passiven Beweglichkeit) mit einem geringeren Widerstand als normal (ca. 1/2 Maximalwiderstand) flçssig und ¹schmerzfreiª bewegen. ] Stadium 2. Eine ¹schmerzfreieª und flçssige Bewegung ist nur ohne åuûeren Widerstand gegen die Eigenschwere der Extremitåt mæglich. ] Stadium 3. Die Bewegungen lassen sich nur noch unter Abnahme der Schwere (z. B. im Schlingenkåfig) flçssig durchfçhren. Bei Bewegungen gegen die Eigenschwere der Extremitåt tritt eine typische zahnradartige Bewegung auf (¹Zahnradphånomenª). ] Stadium 4. Trotz Bewegung unter Entlastung treten bei dem Patienten Schmerzen und eine zunehmende Einschrånkung der Beweglichkeit auf. An diesen funktionellen Stadien der Gelenkknorpelschådigung orientiert sich die krankengymnastische Behandlung. Wåhrend im Stadium 1 z. B. ein Gelenk mit einer Methode behandelt werden kann, die einen intakten Gelenkknorpel voraussetzt (z. B. PNF), muss bei zunehmender Schådigung des Gelenkknorpels ab Stadium 2, 3 oder 4 an eine rechtzeitige Entlastung der Gelenke als Gelenkschutzmaûnahme gedacht werden. Es werden dann krankengymnastische Techniken die Behandlung bestimmen, die die Behandlung eines Gelenkes in Entlastung erlauben (z. B. im Schlingenkåfig). Die ¹Kunstª der Therapie besteht darin, die åuûeren und inneren Belastungen der Gelenke zu analysieren und die Mæglichkeiten der åuûeren und inneren Kompensation zu finden, bzw. als richtig oder falsch zu beurteilen. Fçr die Beurteilung der Gelenke des Fuûes und der Hand bei entzçndlich-rheumatischen Erkrankungen orientiert sich die Stadieneinteilung einmal an der erheblichen Belastung und andererseits an dem Ausmaû der Deformitåt und der Mæglichkeit zur aktiven und passiven Korrektur.
Stadieneinteilung fçr die Gelenke des Fuûes ] Stadium 1. Funktionsstærungen mit erhaltener Mæglichkeit der aktiven Korrektur unter Belastung im Stehen. ] Stadium 2. Funktionsstærungen mit Mæglichkeit einer passiven Korrektur. ] Stadium 3. Fixierte Deformitåten.
Stadieneinteilung fçr die Gelenke der Hand ] Stadium 1. Die Deformitåt kann vom Patienten selbst aktiv noch korrigiert werden. ] Stadium 2. Die Deformitåt kann passiv korrigiert und die Korrekturstellung vom Patienten dann aktiv gehalten werden. ] Stadium 3. Die Deformitåt kann passiv korrigiert werden, der Patient kann die Korrektur aber nicht mehr aktiv halten. ] Stadium 4. Die Deformitåt kann passiv nicht mehr korrigiert werden.
Bedeutung der Stadieneinteilung Die funktionelle Stadieneinteilung nach Seyfried fçr die Gelenke des Fuûes und der Hand zeigt deutlich, dass es wichtig ist, den Patienten im Stadium 1 bzw. 2 zur pråventiven krankengymnastischen Therapie zu bekommen. In diesen Stadien kann unter Berçcksichtigung des Gelenkschutzes vorbeugend gegen die Deformitåten gearbeitet werden. In spåteren Stadien sind nur noch Rehabilitationsmaûnahmen, bzw. die Anpassung des Patienten an bleibende Deformitåten mæglich. Bei der Auswahl der geeigneten Therapien ist die entsprechende Deformitåt stadienbezogen einzuteilen und ein Behandlungskonzept festzulegen, welches folgende allgemeinen Ziele verfolgen sollte: ] Erhaltung und Verbesserung des Bewegungsausmaûes, ] Verhinderung von Dysfunktionen, Deformitåten und Kontrakturen, ] Kråftigung der Muskulatur bzw. Stabilisation der bandgefçhrten Gelenke, ] Behandlung bereits vorhandener Deformitåten, ] konzentrierte Behandlung der zur Mobilitåt vorrangigen Gelenke, ] Kompensation und Gelenkschutz.
Krankengymnastik
Schultergelenk Die Funktion dieses Gelenkes wird bestimmt von einem Kråftegleichgewicht der umgebenden Muskulatur. Man orientiert sich an der funktionellen Stadieneinteilung fçr die groûen Gelenke. Das Schultergelenk ist das beweglichste Gelenk des menschlichen Kærpers und ist dreidimensional beweglich mit Flexion/Extension, Ab-/Adduktion und Innen-/Auûenrotation. Es existiert ein physiologischer Humero-Skapular-Rhythmus.
Typische Verånderungen Ventrale und kraniale Subluxationsstellung des Humeruskopfes, Schwåche der Muskulatur, vor allem der Beuger und Rotatoren, Knorpeldestruktionen, Kapselkontrakturen.
Therapiekonsequenzen ] Richtig. Schmerzlinderung. Durch ein gezieltes Training vor allem der Flexoren und Rotatoren die Instabilitåt und das Muskelungleichgewicht beheben. Knorpelstadienbezogene Ûbungen zur Dehnung von Kontrakturen in alle Bewegungsrichtungen und Erlernen von Kompensationsbewegungen. Schulung des Patienten zum selbstståndigen Training der Muskulatur und stadienbezogenen Mobilisieren des Schultergelenkes. ] Falsch. Verzicht auf Ûbungen, die vor allem die Beuger und Rotatoren kråftigen. Dehnung von Kontrakturen unter Knorpelbelastung (z. B. Schwungçbungen)! Ûbungen fçr die Schultergelenke mit Mobilisationsçbungen fçr die Halswirbelsåule zu verbinden.
Ellbogengelenk Der funktionelle Wert des Ellbogengelenkes wird durch einen intakten Kapsel-/Bandapparat bestimmt. Die funktionelle Untersuchung des Gelenkknorpels in der Belastungszone erfolgt çber die Stadieneinteilung fçr die groûen Gelenke. Der anatomische Bau des Ellbogengelenkes zeigt, dass kleinste pathologische Verånderungen der Gelenkflåchen zu groûen funktionellen
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Einschrånkungen fçhren. Es ist ein zweidimensional bewegliches Gelenk mit Flexion/Extension und Pro-/Supination. Der M. biceps brachii inseriert gelenknah am Radius und beugt und supiniert das Ellbogengelenk. Der M. brachioradialis inseriert distaler und beugt das Gelenk in Mittelstellung des Unterarmes.
Typische Verånderungen Einschrånkung der vollen Streckung und Einschrånkung der endgradigen Supination. Verånderungen im Ellbogengelenk (z. B. Synovialitis) fçhren vor allem durch die Verlegung der Fossa olecrani zu Funktionseinschrånkungen (besonders Streckung). Die Einschrånkung der endgradigen Supination wird bei Insuffizienzen des Bandapparates und Knorpellåsionen besonders deutlich. Der Patient beugt in diesem Fall sein Ellbogengelenk çber den M. brachioradialis, da dieser distaler inseriert als der M. biceps brachii und somit das Gelenk weniger belastet. Auch wçrde der M. biceps brachii bei Anspannung durch die aktive Beugung in Supination das Radiuskæpfchen bei Instabilitåt des Ligamentum anulare luxieren.
Therapiekonsequenzen ] Richtig ] Mobilisation des Ellbogengelenkes durch isoliertes Ûben der Supination bei aufgestçtztem Unterarm und nicht in Verbindung mit der Flexion sowie Ûben der Flexion und Extension in Mittelstellung des Unterarmes, ] Stadienbezogene Ûbungen und Erlernen von Kompensationsbewegungen. ] Falsch ] Ûben der aktiven Flexion und Supination als Komplexbewegung, evtl. sogar mit Belastung, ] Ûben der Supination bei Schmerzen im distalen Radioulnargelenk, ] bei Verlegung der Fossa olecrani, bzw. Fossa coronoidea die endgradige Extension oder Flexion zu forcieren (Reizerguss).
Finger- und Handgelenke Die Gelenke der Hand zåhlen zu den bandgefçhrten Gelenken. Bandinsuffizienzen oder Banddestruktionen werden die Deformitåten be-
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stimmen. Die Muskulatur an der Hand hat Stellfunktion. Bei der Beurteilung der funktionellen Stadien richtet man sich nach der Stadieneinteilung fçr die Gelenke der Hand. Die Bewegungen im Handgelenk sind Dorsalextension und Palmarflexion, sowie Radial- und Ulnarabduktion. Der anatomische Aufbau des Handgelenkes zeigt eine Neigung der Radiusgelenkpfanne sowohl nach ulnar-proximal als auch nach palmar-proximal. Kråftige Bandstrukturen wirken der Tendenz zur palmar-proximalen Luxation entgegen. Die Dorsalextension færdert die Tendenz zur palmar-proximalen Luxation. Die Palmarflexion des Handgelenkes hingegen zentriert den Karpus in die Radiusgelenkpfanne. Radialabduktion færdert die Tendenz zur ulnar-proximalen Luxation, die Ulnarabduktion verbessert die Stellung des Karpus zur Radiusgelenkpfanne. Die Hand ist in ihrer Långsachse çber den Unterarm zum 3. Mittelhandstrahl ausgerichtet. Die Handwurzel bildet durch ihren knæchernen Aufbau einen transversalen Bogen, der sich bis zu den Fingergrundgelenken fortsetzt. Die Fingergrundgelenke ermæglichen durch Roll- und Gleitbewegungen Flexion/Extension und Ab- und Adduktion. An den Fingergrundgelenken kommt dem Seitenbandapparat groûe Bedeutung zu. Er sichert den optimalen Gelenkkontakt bei Beugung und das Lig. collaterale accessorium gewåhrleistet den gelenknahen Verlauf der Beugesehne und çbertrågt groûe innere Kråfte. In Streckung der Finger ist der Bandapparat locker und bei Beugung geråt der Seitenbandapparat in Spannung.
Typische Verånderungen im Bereich des Handgelenkes ] Bajonettstellung, Radial-Abduktionsstellung.
Typische Verånderungen im Bereich der Fingergelenke und des Daumens ] Verlust des Quergewælbes der Hand, ] Subluxation bis Luxation der Fingergrundgelenke, ] Ulnardeviation, ] Knopflochdeformitåt, ] Schwanenhalsdeformitåt, ] 90/90-Deformitåt des Daumens. Entzçndungsvorgånge lockern und destruieren den Bandapparat, was zu einem Kraftverlust in der Hand und in den Fingern fçhrt. Die innere Kompensation des Patienten auf diese Instabilitåt
des Bandapparates ist eine Palmarflexions- und Radialabduktionsstellung im Handgelenk beim Greifen, wobei die Palmarflexion als gute innere Kompensation zu werten ist, wåhrend die Schonhaltung des Patienten in die Radialabduktionsstellung die Entstehung weiterer Deformitåten beschleunigt. Die Gefçgezerstærung der Handwurzel bedingt den Verlust des Karpalbogens sowie den Verlust des Quergewælbes der Hand. Werden die Kollateralbånder an den Fingergrundgelenken durch die Entzçndung instabil und locker, verliert die Beugesehne ihre Aufhångung und es kommt bei aktiver Beugung zu einer Subluxation des Fingergrundgelenkes nach palmar proximal. Radialabduktion im Handgelenk sowie Verlust der Bandfixierung durch das Lig. collaterale accessorium am Grundgelenk verstårken die Ulnardeviation der Langfinger.
Therapiekonsequenzen ] Richtig ] Frçhzeitige Stabilisation durch Schienen und Ruhigstellung durch Orthesen in NeutralNull-Stellung bzw. leichter Flexionsstellung und Korrektur der Radialabduktionsstellung des Handgelenkes, ] Schulung des Patienten, Griffe in Null-Stellung, bzw. Palmarflexionsstellung des Handgelenkes auszufçhren, ] Aufrichten des transversalen Bogens der Hand aktiv, passiv und mit åuûeren Orthesen, ] Mobilisation der Fingergelenke durch Ûben des kleinen Faustschlusses und Ûben der Beugung im Fingergrundgelenk çber den Lumbrikalgriff, ] Versorgung mit Orthesen, die die aktive Beugung der Fingergrundgelenke bei Tåtigkeiten mit Krafteinsatz verhindern, ] Korrektur der Handskoliose: mit der Korrektur des Handgelenkes nach ulnar beginnen. ] Falsch ] Mobilisierung des Handgelenkes (vor allem dorsal) und Stabilisierung in Funktionshandstellung und Radialabduktionsstellung, ] Griffe in Dorsalextension auszufçhren (z. B. beim Aufstçtzen, bei Gehstçtzen und im Vierfçûlerstand) (Abb. 5), ] Ûben der Ûberstreckung in den Fingergrundgelenken bei Verlust des Quergewælbes, ] Ûben des groûen Faustschlusses, evtl. durch Druck eines weichen Schaumstoffballes oder durch Kneten (Abb. 6),
Krankengymnastik
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Einbeinstand die Hçfte mit ca. dem 4fachen Kærpergewicht belastet ist. Beim Laufen steigt die Belastung bis zum 8fachen Kærpergewicht an. Beim Treppaufgehen ist die Belastung durch die Anspannung des M. glutaeus maximus ebenfalls sehr groû, auch durch die Anspannung des M. iliopsoas beim Heben des gestreckten Beines aus der Streckstellung in Rçckenlage.
Typische Verånderungen Abb. 5. Falsche Belastungshaltung fçr das Handgelenk
Abb. 6. Falsche Ûbung fçr die Fingergrundgelenke
] Ûben des Spitzgriffes mit Kraft, d. h. Druck auf die Fingerspitze und Krafteinsatz der Finger ohne Unterstçtzung der Fingergrundgelenke, ] bei Korrektur der Handskoliose (Radialstellung des Handgelenkes und Ulnardeviation der Finger) mit der Korrektur der Finger zu beginnen, ohne das Handgelenk vorher nach ulnar korrigiert zu haben.
Hçftgelenk Die Sicherung und Stabilisierung des Hçftgelenkes erfolgt çberwiegend durch die Muskulatur. Die Knorpeluntersuchung erfolgt çber die funktionelle Stadieneinteilung fçr die groûen Gelenke. Der anatomische Bau des Hçftgelenkes zeigt, dass kleinste pathologische Verånderungen der Gelenkflåchen zu groûen funktionellen Einschrånkungen fçhren. Das Hçftgelenk besitzt drei Freiheitsgrade mit Flexion und Extension, Ab- und Adduktion, Innen- und Auûenrotation. Im Zweibeinstand ist die Hçfte mit ca. der Hålfte des Kærpergewichtes belastet, wåhrend im
] Typische Verånderungen sind Einschrånkung in der Beweglichkeit, vor allem in der Extension und Rotation, muskulåre Kontrakturen, vor allem Flexionskontrakturen. Das Hçftgelenk ist ein reines Gleitgelenk, sodass groûe Belastungen bei bestehender Knorpelschådigung zu einer progredienten Destruktion und damit zu Kontrakturen und Fehlstellungen fçhren. Der innere Kompensationsversuch des Patienten auf diese Verånderungen und Schmerzen ist eine Verånderung des Gangbildes, in dem der Patient den Oberkærper zur betroffenen Seite hin neigt, damit den Kærperschwerpunkt verlagert und das geschådigte Hçftgelenk entlastet (Duchenne). Dieses verånderte Gangbild ist zwar eine Entlastung fçr die Hçfte, ist aber nicht sinnvoll im Sinne des Gelenkschutzes, da es zur Ûberbelastung anderer Gelenke und Atrophie der Muskulatur, vor allem der Glutaeen und der Extensoren fçhrt.
Therapiekonsequenzen ] Richtig ] Kontrakturbehandlung bzw. Kontrakturprophylaxe durch stadienbezogene Ûbungen in alle Bewegungsrichtungen, Dehnung verkçrzter Muskulatur, Kråftigung insuffizienter Muskulatur, ] Erlernen von Kompensationsbewegungen çber die Wirbelsåule bzw. die Knie- und Sprunggelenke, ] Versorgung mit Gehstçtzen zur Entlastung auf der Gegenseite und Tragen einer Tasche bzw. eines Gewichtes auf der kranken Seite. ] Falsch ] Treppaufgehen als Training, ] Heben des gestreckten Beines aus der NullGrad-Stellung heraus, ] Tragen der Tasche auf der gesunden Seite.
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U. Donhauser-Gruber, A. A. J. Gruber
Kniegelenk Entscheidend fçr die Bewegungssicherung am Kniegelenk ist ein intakter Kapsel-/Bandapparat. Die Muskulatur greift neben dem Bandapparat als aktiver Stabilisator ein. Die Untersuchung des Gelenkknorpels erfolgt çber die funktionelle Stadieneinteilung fçr die groûen Gelenke in der Belastungszone. Das Kniegelenk besitzt zwei Freiheitsgrade der Bewegung mit Flexion/Extension und Rotation des Unterschenkels bei gebeugtem Knie. Im Femoropatellargelenk gleitet die Patella auf einem Kreisbogen in die Fossa intercondylaris hinein. Bei Beugung gleitet die Patella von kranial nach kaudal und bei Streckung umgekehrt. Die Beugemuskulatur und die Rotatoren umgreifen das Kniegelenk von hinten und kænnen so dynamisch die Seitenbandstabilisation des Gelenkes unterstçtzen. Die Kraft der Lateralmuskulatur wirkt als ¹Zuggurtungª und leitet die Belastung durch das Zentrum des Kniegelenkes. Der M. quadriceps verhindert funktionell das Einknicken bei Beugung und bei Kreuzbandinstabilitåt die dorsale Subluxation der Tibia.
Typische Verånderungen ] Typische Verånderungen sind Beugekontrakturen, Streckkontrakturen, Varusfehlstellung, Valgusfehlstellung bzw. Pseudo-Valgusstellung. Entzçndungen bzw. Schwellungen des Kniegelenkes bedingen Bewegungseinschrånkungen sowohl in die volle Streckung als auch in die volle Beugung. Kontrakturen kænnen ferner bedingt sein durch Kapselschrumpfungen bzw. Kontrakturen der Muskulatur bzw. Patellahoch- oder -tiefstand. Varusfehlstellungen zeigen eine deutliche Schwåche der Lateralmuskulatur, Seitenbandinstabilitåten kompensiert der Patient beim Gehen durch die Anspannung der Flexoren. Die Kompensation der ganzen Kette von Dysfunktionen fçhrt zu der typischen Deformitåt der Pseudo-Valgusstellung des Kniegelenkes.
Therapiekonsequenzen ] Richtig ] Øuûere Orthesen bei Bandinsuffizienzen, ] Kontrakturbehandlung bzw. Kontrakturprophylaxe durch Mobilisation der Patella,
] Bewegen des Kniegelenkes durch stadienbezogene Ûbungen, ] Dehnen verkçrzter Muskulatur, Kråftigung insuffizienter Muskulatur, ] Erlernen von Kompensationsbewegungen, ] Versorgung mit Gehstçtzen zur Entlastung. ] Falsch ] Unterlassen der åuûeren Stabilisierung bei Bandinsuffizienzen, ] Kniebeugen oder Treppabgehen als Training bei Schmerzen im Retropatellargelenk zu çben ] Ûberwiegendes Training des M. quadriceps zur Stabilisierung [!] des Kniegelenkes und fehlendes oder mangelndes Training der Beugemuskulatur und der Lateralmuskulatur.
Fuû- und Zehengelenke Die Gelenke des Fuûes zåhlen zu den bandgefçhrten Gelenken und sie ermæglichen die Anpassung an unebenes Gelånde. Der Bandapparat gewåhrleistet Stabilitåt und innere Kraftçbertragung. Bandinsuffizienzen oder Banddestruktionen werden die Deformitåten bestimmen. Die Untersuchung erfolgt çber die Stadieneinteilung des Fuûes. Der Fuû hat zwei passive Belastungspunkte, die Ferse und den Kleinzehenballen und einen aktiven Belastungspunkt, den Groûzehenballen durch die Anspannung des M. peronaeus longus. Dieser aktive Belastungspunkt ist verantwortlich fçr das Långsgewælbe zwischen Metatarsale 1 und Ferse und das Quergewælbe zwischen Metatarsale 1 und Metatarsale 5. Die Bewegungen des Fuûes sind die Dorsalextension und Plantarflexion im oberen Sprunggelenk sowie die Supination mit Adduktion und Pronation mit Abduktion im unteren Sprunggelenk. Ferner kann der Groûzehenballen aktiv zum Boden gedrçckt werden (Abdruck).
Typische Verånderungen ] Pes plano valgus abductus supinatus (rheumatischer Plattfuû), ] Hallux valgus, ] Hallux flexus rigidus, ] Hammer- und Krallenzehen. Der rheumatische Plattfuû mit einer Valgusstellung des Rçckfuûes, einem Verlust des Långs-
Krankengymnastik
und Quergewælbes und einer statischen Supination im Vorfuû kann durch falsche, innere Kompensation des Patienten entstehen, z. B. bei eingeschrånkter Dorsalextension im Sprunggelenk und/oder bei Schwåche des M. peronaeus longus.
Therapiekonsequenzen ] Richtig ] Erhaltung, bzw. Verbesserung der Beweglichkeit im oberen Sprunggelenk, ] Richtige Kompensation der (auch vorçbergehenden) Einschrånkungen der Beweglichkeit im oberen Sprunggelenk durch richtige Schuhversorgung: ± Einschrånkung der Dorsalextension: Schuhe mit hæheren Absåtzen. ± Einschrånkung der Plantarflexion: Entsprechende Erhæhung des vorderen Teils der Schuhsohlen. ] Richtige Einlagenversorgung bei einer Schwåche des M. peronaeus longus: ± Einlagen mit Unterstçtzung, bzw. Abstçtzung des Metatarsale 1. ] Stabilisierung bei instabilem unteren Sprunggelenk durch Bandagen oder knæchelhohe Schuhe, ] Kråftigung der Muskulatur, vor allem des M. peronaeus longus und des M. tibialis posterior zur Erhaltung des Långs- und Quergewælbes, ] Dehnung von Kontrakturen, vor allem des M. flexor hallucis longus zur Verhinderung des Hallux valgus. ] Falsch ] Im Stadium 1 nur Ûbungen in Entlastung zu machen, ] Bei Einschrånkung der Dorsalextension und Plantarflexion keine Kompensation çber die Schuhe zu geben, ] Einlagen zu geben, ohne Unterstçtzung des Metatarsale 1, bzw. im Stadium 2 korrigierende Einlagen zu geben, ] bei Verlust des Quergewælbes Zehenkrallen zu çben (ohne Anspannung des M. peronaeus longus) ] bei Hallux valgus nur Flexionsçbungen zu machen und nicht den M. flexor hallucis longus zu dehnen.
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Wirbelsåule Die Wirbelsåule ist das biegsame und zugleich stabile Achsenorgan des menschlichen Kærpers. Die Gelenke der Wirbelsåule werden durch zahlreiche Bånder stabilisiert, die Muskulatur sichert die einzelnen Bewegungen und die Verbiegungen der Wirbelsåule, wobei sie das Achsenskelett zusåtzlich verspannt. Die Bewegungen der Wirbelsåule sind Flexion und Extension, Lateralflexion und Rotation.
Typische Verånderungen Entzçndlich-rheumatische Gelenkerkrankungen fçhren an der Wirbelsåule zu unterschiedlichen funktionellen Stærungen. Die chronische Polyarthritis betrifft vornehmlich die Halswirbelsåule und fçhrt an den Gelenken der oberen Halswirbelsåule durch die entzçndliche Gelenkflåchenverånderung und die entzçndlich bedingte Lockerung und Zerstærung des Bandapparates zu Instabilitåten. Bei der Flexion des Kopfes entstehen Luxationskråfte, die zur einer Kompression des Rçckenmarks fçhren kænnen. Bei der Spondylitis ankylosans steht der ankylosierende Charakter der Erkrankung im Vordergrund. Der entzçndliche Beginn an den Iliosakralgelenken bedingt eine Instabilitåt des Bandapparates und fçhrt zu einer kompensatorischen Aufrichtung des Beckens. Dies bewirkt eine Streckstellung in den Hçftgelenken und eine Verminderung der Lendenlordose. Das Schwerelot des Kærpergewichts fållt vor die Fçûe und die resultierende Kraft beugt zusåtzlich im Bereich der Brustwirbelsåule. Kompensatorisch entsteht eine Rçckneigung des Kopfes und der Halswirbelsåule (Abb. 13). Die Versteifung der Wirbelsåule mit der damit verlorengegangenen Rotation veråndert die Gangmechanik und das Gangbild des Patienten entscheidend. Die Beckenstellung kommt einem Verlust der Extension der Hçftgelenke gleich und fçhrt in die Beugekontraktur der Hçftgelenke, die mit einer Hyperlordose der versteiften LWS nicht kompensiert werden kann. Hçftbeugekontraktur fçhrt zu Kniebeugekontraktur und Sprunggelenkbeugestellung (Dorsalextensionsstellung). Der Patient benætigt einen wesentlich hæheren Energieaufwand beim Gehen, da die Antriebskomponente fehlt. Der Patient kompensiert dies mit vermehrtem Armschwung. Die Versteifung der Wirbelsåule fçhrt auûerdem zu einem deutlichen Elastizitåtsverlust.
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U. Donhauser-Gruber, A. A. J. Gruber
Therapiekonsequenzen bei Wirbelsåulenbeteiligung bei einer chronischen Polyarthritis ] Richtig ] Isometrische Ûbungen in Entlastung zur Kråftigung der Muskulatur, ] Versorgung des Patienten mit stabilisierenden Orthesen, vor allem fçr die Nacht und zum Autofahren. ] ] ] ]
Falsch Massagen zur Lockerung der Muskulatur, Extensionsbehandlungen (Traktion), Mobilisationsbehandlungen.
Therapiekonsequenzen bei Spondylitis ankylosans ] Richtig ] Schlçsselpunkt der Behandlung sind die Hçftgelenke. ] Vorbeugen und Verhindern von Deformitåten, den Versteifungsprozess hinauszægern, ] Behandeln existierender Deformitåten, ] Dehnen von eingeschrånkten Bewegungen, Verbesserung der Muskelkraft und der allgemeinen kærperlichen Kondition, ] Verbesserung der Atemfunktion, ] Kompensation und Gelenkschutz. ] Falsch ] Bei der Behandlung nur Ausgangsstellungen zu wåhlen, in denen die Hçftgelenke gebeugt sind (z. B. Vierfçûlerstand beim Klapp'schen Kriechen), ] den Ausgleich der Lendenlordose und die Fehlstellung der Halswirbelsåule bei der Behandlung zu færdern, ] zu viele Flexionsçbungen zu machen, ] zu wenig in Entlastung zu çben.
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Ergotherapie
Th. Pauly, H. Borgmann
Einfçhrung Eine lokale Synovialitis im Gelenk- und Sehnenbereich kann zur Destruktion der Kraftçbermittler fçhren. Die Entzçndungsvorgånge kænnen damit erhebliche Funktionsverluste bewirken, die die Selbståndigkeit des Betroffenen bedrohen und in soziale Abhångigkeit fçhren kænnen. Ziel der ergotherapeutischen Behandlung ist eine individuell græûtmægliche Unabhångigkeit und Selbståndigkeit. Damit wird die Lebensqualitåt des Polyarthritikers gesteigert, seine Fåhigkeit zur aktiven Auseinandersetzung mit der Krankheit wird gestårkt und es resultiert mehr Zufriedenheit und Freude am Leben. Die ergotherapeutische Betreuung des Polyarthritikers stellt hohe Anforderungen an Ausbildung und Phantasie des Behandlers. Die Kenntnis lokaler Destruktionsvorgånge und das Wissen um die Ablåufe innerhalb von Funktionsketten, z. B. beim Gebrauch der Extremitåten, stellen unabdingbare Voraussetzungen dar. Drohende oder bereits eingetretene Funktionsbehinderungen mçssen erkannt und jeweils individuelle, vorbeugende und/oder stabilisierende therapeutische Maûnahmen eingeleitet werden. Ansatz dieser Therapie ist der Alltag, hierzu zåhlen der håusliche und berufliche Bereich genauso wie Hobbies und Freizeit. Die Therapieziele sollten nach den Vorstellungen und Wçnschen des Patienten aufgestellt werden und mçssen fçr ihn erreichbar sein. Dies ist die Voraussetzung fçr eine Akzeptanz der Therapiemaûnahmen durch den Patienten. Dem Ziel des Erhalts weitestgehender Selbstståndigkeit dienen folgende ergotherapeutische Aufgaben: ] Gelenkschutzinformation und -training, ] Hilfsmittel (Beratung, Unterweisung, Versorgung) und Selbsthilfetraining, ] Orthesenversorgung, ] Funktionelle Therapie (einzeln und in Gruppen),
] Beratung zur/bei der behinderungsgerechten Einrichtung von Wohnung und Arbeitsplatz, ] Vermittlung von Kontakten zu Selbsthilfegruppen (z. B. Rheumaliga) und ambulanter Therapie.
Befunderhebung Die Befunderhebung ist die Grundlage der Therapieplanung. Bei der Auswertung des Befundes mçssen verschiedene Funktionen im Zusammenhang beurteilt werden. Messungen sollen nach der Neutral-Null-Methode erfolgen und sind insbesonders prå- und postoperativ erforderlich. Befunderhebung und Dokumentation der Behandlung dienen den Beteiligten zum Nachweis des Therapieerfolges und damit auch der Motivationsfærderung. Die folgenden Schemata und Einteilungen haben sich als effektiv erwiesen fçr die Beurteilung der individuellen Situation und ihres Verlaufs.
Subjektive Angaben des Patienten ] Wann und wodurch treten Schmerzen auf? ] Håufigkeit von Schçben, wann letzter Schub? ] Welche Funktionseinschrånkung stært am meisten?
Objektive Befunde Motorische Kapazitåt ] Bewegungsausmaû von Gelenken (nach Neutral-Null-Methode), ] Kraftmessungen (z. B. Handkraft mit Vigorimeter), ] Grifformen testen (Schlçssel-, Spitz-, Zylindergriff, Faustschluss, Oppositionsfåhigkeit), ] Deformitåten stadienbezogen (s. u.) erfassen.
Ergotherapie
Funktionsklassen nach Steinbrocker
Mægliche Selbsthilfetests
] Grad 1. Keine Einschrånkung im Alltag. ] Grad 2. Funktionelle Kapazitåt deutlich herabgesetzt (mechanische Hilfsmittel sehr selten erforderlich, im tåglichen Leben bestehen nur relativ geringe Einschrånkungen). ] Grad 3. Abhångigkeit von Hilfsmitteln und partielle Abhångigkeit von Hilfspersonen. ] Grad 4. Bewåltigung des tåglichen Lebens nur mit Hilfspersonen.
] ] ] ] ] ] ]
Stadieneinteilung der Deformitåten der groûen und kleinen Gelenke (nach Seyfried) ± Groûe Gelenke ] Stadium 1. Gelenk im erhaltenen (passiven) Bewegungsausmaû gegen geringen Widerstand flçssig und schmerzfrei bewegbar. ] Stadium 2. Schmerzfreie und flçssige Bewegung gegen die Eigenschwere der Extremitåt mæglich. ] Stadium 3. Bewegungen nur unter Aufhebung der Eigenschwere durchfçhrbar, sonst Zahnradphånomen. ] Stadium 4. Trotz Entlastung (Aufhebung der Eigenschwere) Schmerzen bei Bewegung und zunehmende Einschrånkung der Beweglichkeit.
Stadieneinteilung der Deformitåten der groûen und kleinen Gelenke (nach Seyfried) ± Gelenke der Hand ] Stadium 1. Deformitåt kann aktiv korrigiert werden. ] Stadium 2. Deformitåt kann passiv korrigiert und aktiv gehalten werden. ] Stadium 3. Deformitåt kann passiv korrigiert, aber nicht aktiv gehalten werden. ] Stadium 4. Deformitåt kann passiv nicht korrigiert werden.
]
Kærperpflege, Tåtigkeiten in Haushalt und Beruf, Handfertigkeiten, Fortbewegung, Freizeit und Hobbys, Hilfspersonen und ihre Rolle, Kontakte zu Selbsthilfeorganisationen.
Kenntnisse çber Gelenkschutz und deren Anwendung ] Sind Hilfsmittel vorhanden und werden sie genutzt? ] Welche Orthesen sind vorhanden und werden sie getragen?
Aufgaben der Ergotherapie Gelenkschutzinformation und -training Der Gelenkschutz beschreibt den mæglichst schonenden, kraftsparenden Umgang mit den eigenen Gelenken bei der tåglichen Arbeit und die richtige Lagerung der Gelenke im Ruhezustand. Hier wird dem Patienten vermittelt, wie er selbst durch Verånderung von Lebensund Verhaltensweisen und den evtl. Gebrauch von Hilfsmitteln aktiv zu einem gçnstigeren Verlauf seiner Erkrankung beitragen kann. Das Ziel ist dabei die Vermittlung von Techniken des optimalen, d. h. ækonomischen Krafteinsatzes. Das bedeutet, dass aus der physiologischen Ausgangsstellung des Gelenkes heraus die zur Aufgabenlæsung gerade eben erforderliche Kraft aufgewendet werden soll, dabei sind unnætige Kraftspitzen im Gelenk-/Sehnenbereich zu vermeiden, wie sie entstehen kænnen durch ungçnstige Ausgangsstellung des Gelenkes (Hebelwirkung) und/oder unnætig hohen Kraftaufwand (z. B. durch Nichtbenutzen von Hilfsmitteln). Aus diesen kænnte eine Gelenkçberlastung mit Schmerzen, Fehlfunktion, Deformitåt und Kontraktur mit Funktionsverlust resultieren. Diese Ûberlegungen zum Gelenkschutz mçssen vom Patienten verstanden werden, damit er sie auch im Alltag umsetzen kann.
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Th. Pauly, H. Borgmann
Folgende Ziele sollen dabei erreicht werden: ] Erlernen von Techniken des optimalen, ækonomischen Krafteinsatzes bei gleichzeitiger achsgerechter Belastung der Gelenke. ] Erlernen des Umgangs mit vorhandenen Deformitåten und Funktionsverlusten (Kompensation), ] Erkennen und Beachten von Belastungsgrenzen, ] Realistische Einschåtzung der individuellen Situation bezçglich der Erkrankung und ihrer Folgen, ] Reduktion von Schmerzen (durch Umsetzen der Gelenkschutzinformation). Als Voraussetzung zum Verståndnis dieser Verhaltensregeln sind dem Patienten Grundkenntnisse zu vermitteln çber Bedeutung, Aufbau und Funktion der Gelenke und die Verånderungen, die sich als Folge der Erkrankung eingestellt haben oder einstellen kænnen. Allerdings besteht dabei auch eine gewisse Gefahr, den Patienten durch zu viel oder zu frçhe Information zu beunruhigen. Die aus dem Verståndnis des Gelenkschutzes resultierenden Verhaltensweisen sollten in einem mæglichst frçhen Stadium der Erkrankung eingeçbt und mæglichst in allen Phasen und Perioden der Erkrankung angewandt werden.
Hilfsmittel (Beratung, Unterweisung, Versorgung) und Selbsthilfetraining Hilfsmittel schçtzen Gelenke vor Fehl- und Ûberbelastung und damit vor dem Fortschreiten eventueller Fehlstellungen. Weiter kænnen sie Gelenkfunktionen kompensieren und stellen damit wichtige Instrumente fçr den Erhalt von Selbstståndigkeit und Unabhångigkeit dar. Der wichtigste Grundsatz der Hilfsmittelversorgung ist: ¹Soviel wie nætig, aber so wenig wie mæglichª. Verfrçht eingesetzte Hilfsmittel kænnen einen Funktionsverlust færdern. Eine Ûberversorgung oder eine mangelnde praktische Erprobung kænnen zur Ablehnung sinnvoller Hilfsmittel fçhren. Daher muss vor einer endgçltigen Verordnung von Hilfsmitteln praktisch geçbt werden, z. B. im Rahmen des Selbsthilfe- und Haushaltstrainings. Das Selbsthilfetraining richtet sich nach den jeweiligen Bedçrfnissen des Patienten. Der Kontakt zu Familie und Hilfspersonen ist zum Erreichen einer optimalen Versorgung sinnvoll.
Oft ermæglicht erst ein Hausbesuch des Ergotherapeuten die Einleitung von Maûnahmen zur Selbsthilfe, die die Selbstståndigkeit des Patienten erhalten kænnen. Hilfsmittel kænnen auch vom Therapeuten selbst hergestellt werden. Eventuell adaptiert er handelsçbliche Hilfsmittel auch individuell.
Orthesenversorgung Statische Orthese ] Zur Kompensation verlorener Funktionen (z. B. Stabilisation: Schwanenhalsring), ] zur achsgerechten Gelenkstabilisation (bei Ûbungsbehandlung und alltåglichen Verrichtungen), ] zur Ruhigstellung entzçndeter Gelenke (Lagerungsorthese) und damit zur Unterstçtzung des Rçckgangs der Entzçndung, ] zur Prophylaxe von Kontrakturen in funktionell ungçnstiger Stellung.
Dynamische Orthese ] Zur funktionellen Ûbungsbehandlung nach operativen Eingriffen, ] zur Behandlung von Kontrakturen (Quengel), ] zur Funktionsverbesserung (Unterstçtzung geschwåchter Muskulatur). Bei der Orthesenversorgung durch den Ergotherapeuten werden çberwiegend thermoplastische Materialien eingesetzt, die bei ca. 708C zugeschnitten und geformt und dem Patienten direkt an die betroffene Extremitåt anmodelliert werden. Im Verlauf der Therapie (funktionelle Behandlung, Selbsthilfe- und Haushaltstraining) werden Funktion und Handhabung der Orthesen erlernt, ihr Sitz und ihre Passform çberprçft und korrigiert. Der Patient ist çber Sinn, Trageschema, Pflege, Kontroll- und ReparaturmægIichkeiten der Versorgung am besten schriftlich zu informieren.
Funktionelle Therapie Hauptziele der funktionellen Therapie sind die Wiederherstellung bzw. Besserung verlorengegangener Gelenkfunktionen und die Kråftigung von Muskelgruppen, die einer Fehlstellung
Ergotherapie
entgegenwirken kænnen. Voraussetzung fçr diese Therapie ist ein vertrauensvolles Verhåltnis zwischen Therapeut und Patient. Unsicherheit, Angst und Schmerzen fçhren zur Verspannung der Muskulatur und verstårken eine Schonhaltung, dadurch werden die Behandlungsmæglichkeiten deutlich eingeschrånkt. Durch Einsatz handwerklicher Techniken, funktioneller Spiele, evtl. mit Unterstçtzung durch technische Hilfen wie Helparm, Arm-/ Schultertrainer oder Unterarmauflagen wird Bewegungseinschrånkungen und Muskelschwåchen entgegengewirkt. Weiter kænnen im Rahmen einer solchen Therapie Hilfsmittel und Orthesen erprobt, Belastungsgrenzen erkannt und Techniken den individuellen Bedingungen angepasst werden. Bei postoperativer Ûbungsbehandlung kann die Anwendung dynamischer Orthesen mit dem Einsatz funktioneller Spiele kombiniert werden. Bei guter individueller Anpassung bietet die funktionelle Therapie dem Patienten die Mæglichkeit zur Aktivitåt, zum Erfolgserlebnis und damit zur Steigerung des Selbstwertgefçhls. Diese Therapie kann ein Erlebnis von Leistungsfåhigkeit vermitteln, verbunden mit der Mæglichkeit des Abwendens von Leiden und Schmerzen. Die Erfahrung, dass der anfangs zunehmende Schmerz im Verlaufe der Therapie mit zunehmender Mobilisation wieder abnimmt, wird die fçr den Rehabilitationserfolg entscheidende Einstellung des Patienten zu seinen Schmerzen positiv beeinflussen. Die funktionelle Therapie in der Gruppe ermæglicht dem Patienten, aus der im Laufe der Erkrankung oft zunehmenden sozialen Isolation (bedingt durch Verlust von Arbeitsplatz, Sport, Hobby, mitbedingt aber auch durch das groûe Bedçrfnis, çber die Schmerzen zu sprechen) herauszukommen. Weiter kann sie den Folgen der reaktiven Depression entgegenwirken, die die Krankheitsbewåltigung mit sich bringt. Sie kann Kontakte zu anderen Betroffenen anbahnen und dadurch helfen, Informationen çber Erfahrungen anderer mit Erkrankung, Therapien oder Selbsthilfegruppen zu erhalten.
Beratung zur behindertengerechten Einrichtung von Arbeitsplatz und Wohnung Hier bezweckt die ergotherapeutische Hilfestellung die Umsetzung der Ziele des Gelenkschutzes. Die Hindernisse fçr eine selbstståndige, un-
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abhångige Nutzung einer Einrichtung werden analysiert und wenn mæglich beseitigt. Damit kann håufig ein Arbeitsplatz erhalten oder sogar auch neu geschaffen werden. Der Betroffene wird dabei unterstçtzt, sein Leben und seine Umwelt den Bedingungen anzupassen, die aus nicht reversiblen oder kompensierbaren Funktionseinschrånkungen entstanden sind.
Gelenkbezogene Beispiele ergotherapeutischer Behandlung In dieser Ûbersicht werden typische Gelenkprobleme, daraus resultierende Risiken im Bereich des Alltags und deren ergotherapeutische Behandlungsmæglichkeiten durch Hilfsmittelversorgung und Gelenkschutz aufgefçhrt.
Schultergelenk Typische Probleme Eingeschrånkte Beweglichkeit, insbesondere sind Abduktion, Nacken- und Schçrzengriff nicht oder nur eingeschrånkt durchfçhrbar.
Gefahren im Alltag ] Arbeiten, bei denen çber Kopf mit Gewicht hantiert wird. ] Direkte Abduktion des gestreckten Armes belastet das Gelenk besonders (durch gestærte Gleitfunktion). ] Zunahme der Funktionseinschrånkung durch Schonhaltung.
Gelenkschutz ] Kompensationsbewegung: Schulter zuerst in Anteversion, dann in Abduktion, ] Armlagerung beim Sitzen nicht in Ad-, sondern in Abduktion (z. B. durch Abstçtzen auf Armlehne, Kissen oder Tisch), ] Anpassungen in der Kçche oder am Arbeitsplatz: ± Oberschrånke hæhenverstellbar, ± håufig benutzte Gegenstånde unten platzieren,
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± Wåsche besser auf Stånder als auf Leine trocknen, ± Fenster putzen mit Profigeråt (långenverstellbare Stiele), ± Vermeidung dauernder Ruhigstellung der Schulter (z. B. in Armschlinge), ± Lasten mæglichst nicht tragen, sondern rollen.
Hilfsmittelversorgung ] ] ] ] ] ]
An- und Ausziehstab, Kamm/Bçrste mit Verlångerung, Greifzange, Jalousien motorisieren, Rçckenschwamm/-bçrste, Waschlappen mit langen Båndern.
Funktionelle Therapie Werktechniken wie Weben, Peddigrohrflechten, Makramee, Drucken und funktionelle Spiele an hæhen- und neigungsverstellbaren Arbeitstischen und Werkbånken, evtl. in Verbindung mit Helparm oder Schulter-Armtrainer zur Entlastung (weniger Druck im Gelenk bewirkt besseres Gleiten). Dabei muss beachtet werden, dass die Abduktion çber die Flexion erfolgt.
Ellenbogengelenk Typische Probleme ] Einschrånkung von Flexion, Extension und Rotation (insbesonders der Supination), ] Instabilitåt des Gelenkes.
Gefahren im Alltag ] Zugkråfte wirken auf das Gelenk beim Tragen von Lasten. ] Druckkråfte entstehen beim Abstçtzen auf der Extremitåt. ] Zunahme der Funktionseinschrånkung durch Schonhaltung und falsche Lagerung.
Gelenkschutz ] Taschen çber der Schulter tragen oder besser Rucksack benutzen, ] am Arbeitsplatz Unterarmauflagen einsetzen,
] Hebelwirkung nutzen (z. B. verlångerter Fenstergriff), ] Last auf mehrere Gelenke verteilen (z. B. Teller mit beiden Hånden tragen), ] Stoûkråfte vermeiden (Tennis, Golf, Håmmern).
Hilfsmittelversorgung (Gefahr: zu frçher Einsatz færdert Funktionsdefizit) ] ] ] ] ] ] ] ] ] ] ] ]
Strumpfanzieher, langer Schuhlæffel, Wasserhahn-/Heizkærperventilhilfe, Abschçttsieb, An- und Ausziehhilfe, abgewinkeltes Besteck, Knæpfhilfe, Bånder an Reiûverschlçssen, Griffverlångerungen an Fenster und Tçr, Universalgriff, Greifzange, Kehrgarnitur mit langen Griffen.
Funktionelle Therapie Werktechniken wie Weben, Peddigrohrflechten, Makramee, Drucken, Seidenmalerei, Ton, Therapieknete und funktionelle Spiele evtl. unter Verwendung von Helparm oder Schulter-/Armtrainer, Werkzeuge adaptieren (Schutz der kleinen Gelenke).
Gelenke der Hand ± Handgelenk Die Gelenke der Hand werden durch ihren jeweiligen Kapsel-/Bandappparat stabilisiert. Die Zerstærung dieser Strukturen durch lokale Entzçndungsvorgånge fçhrt zur Deformitåt. Die Muskulatur hat an der Hand lediglich eine Stellfunktion.
Typische Probleme Die entzçndungsbedingte Auslockerung des interkarpalen Bandapparates fçhrt zum Verlust des Handgewælbes und zur Rotation des Karpus und der gesamten Hand in Richtung Radius ± zu der Radialdeviation. Auûerdem disloziert der Karpus auf der in zwei Richtungen schråg abfallenden Gelenkflåche des Radius nach ulnar-proximal und palmar-proximal. Diese Instabilitåt kann passiv korrigiert werden ± dabei zeigt sich ein Schubladenphånomen (die Hand låsst sich
Ergotherapie
gegen den Unterarm dorsal-palmar verschieben), spåter kommt es zur Subluxation, die als Bajonettfehlstellung klinisch erkennbar wird. Bei zunehmender Dislokation wird die Vorspannung der çber das Handgelenk ziehenden Sehnen reduziert. Dies åuûert sich als erheblicher Kraftverlust beim Faustschluss. Am Beginn entzçndlicher Verånderungen des Handgelenks sind besonders die Dreh- und die endgradigen Flexions-/Extensionsbewegungen schmerzhaft. Der Patient kompensiert die Instabilitåt mit einer Schonhaltung und Bewegungseinschrånkung. Beim kråftigen Greifen stellt er das Handgelenk in Palmarflexion und Radialabduktionsstellung. Die Palmarflexion ist aus Sicht der Ergotherapie eine positive innere Kompensation, die Radialabduktion hingegen beschleunigt das Fortschreiten der lokalen Deformation.
Gefahren im Alltag ] Kråftiges Greifen in Radialabduktion, ] Belastung der Hånde in Dorsalextension des Handgelenkes færdert die Dislokation des Karpus.
Gelenkschutz ] Frçhzeitige externe Stabilisation durch Handgelenkbandagen mit volarer Verstårkung oder Orthesen aus thermoplastischem Material. ] Greifbewegungen aus Neutralstellung oder leichter Palmarflexion ausfçhren (gute innere Kompensation). ] Belastung der Handgelenke reduzieren: ± beim Aufstehen aus dem Sitzen mit den Unterarmen abstçtzen, ± Kopf nicht långere Zeit auf der Handinnenflåche abstçtzen, ± Griffe von Gehstçtzen adaptieren (Radialdeviation ausgleichen), ± Tçren nicht mit der flachen Hand aufdrçcken, ± kein Auswringen von z. B. Wischlappen, ± Schçttelbewegungen vermeiden (z. B. Aufschçtteln von Betten), ± Mixer oder Quirl anstelle eines Schneebesens benutzen, ± Pfanne mit zusåtzlichem (Camping-)Griff tragen, ± Fahrradfahren in mæglichst aufrechter Haltung ± Hollandrad.
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Hilfsmittelversorgung ] ] ] ]
Schraubdeckelæffner, Antirutschfolie, Rçhrstab, Quirl, abgewinkeltes Fuchsschwanzmesser, -feile, Hebelverlångerung der Griffe von Fenstern und Tçren, ] Universalgriff, ] Schlçsselhilfe, ] Auswringhilfe.
Orthesen ] Elastische Unterarm-/Handgelenkbandage mit volarer Verstårkung. Bewirkt çber die Stabilisation eine Schmerzreduktion und eine Verbesserung der Handkraft und ist einsetzbar beim Staubsaugen, Bettenmachen, Fahrrad-/Autofahren, Schreiben, Gartenarbeit. ] Dorsale Handgelenkorthese. Bewirkt eine Stabilisation der gewåhlten Gelenkstellung und kann gleichzeitig çber eine Hohlhandpelotte das Quergewælbe unterstçtzen. Das taktile Empfinden der Hohlhand wird dabei kaum eingeschrånkt. Die Anpassung erfolgt in Nullstellung oder leichter Dorsalextension bei leichter Ulnarabduktion des Handgelenks. Das Quergewælbe wird gut ausgeformt, dabei darf die Bewegungsfreiheit der Grundgelenke jedoch nicht eingeschrånkt werden. Die MCP-Gelenke werden streckseitig çberdeckt zur Vermeidung von Druckstellen durch Kanten im Gelenkbereich oder proximal der Gelenke. ] Zirkulåre Handgelenkorthese. Stabilisiert auch bei starkem Schubladenphånomen. Bei der Anpassung wird unter guter Ausformung der Hohlhand die Mittelhand angehoben (Korrektur der Subluxation, eine Dorsalextension muss dabei jedoch vermieden werden). Die MCP-Gelenke und der Daumen bleiben frei beweglich.
Funktionelle Therapie ] Grundsåtzlich geht Stabilitåt vor Mobilitåt (358 Dorsalextension und 158 Palmarflexion reichen fçr 95% aller Alltagsanforderungen). ] Beim Arbeiten (auch Fingerçbungen) Handgelenk achsgerecht halten, das heiût: Ellbogen-, Hand- und dritter Mittelhandknochen bilden eine gerade Linie.
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] Greifen aus leichter Palmarflexion des Handgelenkes, ] frçhe bzw. rechtzeitige Orthesenanpassung, -schulung und -benutzung.
Gelenke der Hand ± Metakarpophalangeal(MCP)-Gelenke Typische Probleme Die lokale Synovialitis fçhrt zu einer Ûberdehnung und damit Instabilitåt der Kapsel-/Bandstrukturen. Diese Instabilitåt wird gefærdert durch synovialitisch bedingte Knorpel-/Knochendefekte. Die lokale Synovialitis reduziert die Belastbarkeit der kraftçbertragenden Sehnenstrukturen bis hin zu Rissen. Daraus resultieren Verlust der Bandfçhrung der Gelenke, Instabilitåt und Fehlstellung.
Fehlstellungen, Ursachen Die Ulnardeviation der Langfinger resultiert aus der Kombination einer Instabilitåt der MCP-Gelenke mit gleichzeitiger Dislokation der Strecksehnen auf die ulnare Seite der MCP-Gelenke. Diese wird bedingt durch die Insuffizienz der radialseitigen Fixierung der Strecksehnen in Verbindung mit einer Zunahme der Tendenz der Sehnenzugrichtung nach ulnar (bedingt durch den nach radial abgewinkelten Verlauf der Strecksehnen) durch die radiale Deviation im Handgelenk. Die kapsulåre Instabilitåt der MCP-Gelenke bedingt ebenfalls eine Ønderung des ursprçnglich gelenknahen Verlaufs der Beugesehnen. Daraus resultiert die Dislokation der Grundphalangen nach volar. Bei fortgeschrittener CP kommt es zu einem Verlust des Quergewælbes. Physiologisch bilden die Kæpfe der Metakarpalia beim Faustschluss einen Bogen, MCP 3 steht hæher als MCP 2. Bei zerstærten Bandstrukturen bilden die Kæpfe eine gerade Linie.
Gelenkschutz Grundsåtzlich zu vermeiden, bzw. zu entlasten sind: ] der kraftvolle Faustschluss ± Beim Treppensteigen vermeidet der Hakengriff an Gelåndersprossen die beim Zylin-
dergriff um das Treppengelånder erforderliche Abkippung der Hand nach ulnar. ± Verstårken von Hammergriff und Fensterhilfe mit Moosgummi (rauhe Oberflåche), ± Anbringen einer Rolladenhilfe, ± Verdicken von Messergriffen. ] Der Spitzgriff (bewirkt eine hohe Belastung der MCP-Gelenke) ± kleine Gegenstånde wie Stifte, Pinsel, Nadeln verdicken, ± Einsatz spezieller Wåscheklammern, ± Benutzung des Universalgriffes fçr Herdschalter, Kçchenmaschine, ± Einsatz der Schlçsselhilfe. ] Belastungen der Finger, die ihrem ulnaren Drift Vorschub leisten ± Tasse und Bçcher nicht mit einer, sondern mit beiden Hånden halten, ± Wasserhahn mit Hilfsmittel æffnen, ± bei Elektrogeråten auf handliche Stecker (z. B. Tulpenstecker) achten, ± Lappen mit Trickbewegung oder Mangel/ Schleuder auswringen.
Hilfsmittelversorgung (allgemein bei Handbefall) ] Verdickte Griffe (Stifte, Schålmesser), ] Abschçttsieb, ] Zughilfe fçr Rolladen (Roll-o-mat oder Motorisierung), ] adaptierte Griffe an Gehstçtzen, ] Universalgriff, ] leichtes Geschirr, ] Tasse mit zwei Griffen, ] Campinggriff (als zusåtzlicher Griff), ] Antirutschfolie, ] Wasserhahn-/Heizkærperventilhilfe, ] Spezialwåscheklammern, ] Knæpfhilfen, ] Federbçgelscheren.
Orthesenversorgung frçhzeitig ] Antiulnardeviationsorthese. Korrigiert die Abweichung nach ulnar in Beugung, stçtzt das Quergewælbe und beugt der MCP-Subluxation vor und damit gleichzeitig einer Schwanenhalstendenz der PIP-Gelenke. Bei eingetretener Schwanenhalsdeformitåt muss der Steg distal breiter gestaltet werden. Daraus resultiert als Nachteil eine Einschrånkung der Beugefåhigkeit. Zu beachten ist die gute Ausformung des Quer-
Ergotherapie
gewælbes (in Extension) und die Vermeidung von Druckstellen (besondere Gefåhrdung des MCP-Gelenkes). Diese Versorgung soll mæglichst bei jeder Belastung der Hand getragen werden.
Funktionelle Therapie ] Handwerkliche Techniken oder Anwendung der Therapieknete unter Beachtung der Regeln des Gelenkschutzes. ] Ûbungen zur Mobilisation der Fingergelenke: ± kleiner Faustschluss im Wechsel mit Beugung der MCP-Gelenke (Mm. lumbricales). ± Korrektur der Ulnardeviation (bzw. Handskoliose): Korrektur der Handgelenkfehlstellung bei Aufliegen von Hand und Unterarm auf der Tischplatte ± dann Finger nacheinander in Richtung Daumen bewegen. Dabei nicht aufliegende Finger stellen eine Steigerung dieser Ûbung dar. Beim Ûben der groûen Faust mçssen die MCPGelenke z. B. mit Igelball (Schaumstoff nicht ausreichend) unterstçtzt werden. Die Spitzgriffçbung erfordert eine Unterstçtzung der MCP-Gelenke durch die Antiulnardeviationsorthese.
Gelenke der Hand ± Proximale Interphalangeal(PIP)-Gelenke Typische Probleme ] Schwanenhalsdeformitåt. Sie entsteht durch Subluxation der MCP-Gelenke mit reflektorischer Kontraktur der Mm. lumbricales. Die Synovialitis des PIP-Gelenkes bewirkt eine beugeseitige Ausweitung der Gelenkkapsel, evtl. mit Verlagerung der Interosseussehnen zur Streckseite. Daraus resultiert eine Einschrånkung des Faustschlusses. Der Versuch, eine aufgehobene Beugung im PIPGelenk durch håufigere Beugung im MCP-Gelenk zu kompensieren, fçhrt zu dessen stårkerer Belastung und damit Gefåhrdung. ] Gelenkschutz ± Tragen einer Antiçberstreckungsorthese (s. u.), ± Spitzgriff vermeiden, evtl. durch Schlçsselgriff ersetzen. ] Hilfsmittelversorgung ± siehe MCP-Gelenke.
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] Orthesenversorgung ± Antiçberstreckungsorthese (Schwanenhalsring, Achterschlaufe): hålt PIP-Gelenk in leichter Flexion und låsst weitere Beugung zu. Sie soll bei allen Tåtigkeiten getragen werden. ± Ûbungsorthese: bedeckt die Innenhand vom Karpus bis zu den PIP-Gelenken und hålt die MCP-Gelenke in Streckung. ] Funktionelle Therapie ± Keine Streck- und Spreizçbungen der Finger, funktionelle Spiele nur mit Ûbungsorthese oder Ûbungsbrettchen. ] Knopflochdeformitåt. Die streckseitige Ausweitung der Gelenkkapsel und die Zerstærung des Mittelzçgels der Strecksehnen fçhren zum Abrutschen der Seitenzçgel, die nun als Beuger wirken. Das Gelenk schlçpft durch dieses ¹Knopflochª, MCP- und DIP-Gelenk werden kompensatorisch çberstreckt. Der daraus resultierende reduzierte Úffnungswinkel der Hand ist funktionell weniger bedeutsam als eine Schwanenhalsfehlstellung. ] Gelenkschutz ± Stift- oder Griffverdickungen dçrfen nicht benutzt werden, der Spitzgriff wird durch den Schlçsselgriff ersetzt. ] Hilfsmittelversorgung ± siehe MCP-Gelenke. ] Orthesenversorgung ± Statische Antiflexionsorthese: sie fixiert das PIP-Gelenk mæglichst in Streckstellung und fçhrt es nach einer Beugebewegung wieder in die Streckung zurçck. Sie soll bei allen Tåtigkeiten getragen werden. ± Dynamische Antiflexionsorthese: dehnt kontrakte Strukturen und wird bei vorhandenen Kontrakturen perioperativ eingesetzt. Die Drahtvorspannung kann variiert werden. Eine zu hohe Vorspannung bewirkt allerdings ein reflektorisches Gegenspannen der Muskulatur. Die Tragezeiten sollen 15±30 Minuten nicht çberschreiten. ] Funktionelle Therapie ± die kompensatorische Ûberstreckung der MCP- und DIP-Gelenke ist bei der Ûbungsbehandlung unbedingt zu vermeiden!
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Gelenke der Hand ± Daumen Der Daumen hat eine Schlçsselfunktion fçr die gesamte Funktion der Hand. Er ermæglicht den Spitzgriff und ist wesentlich an den Grobgriffen beteiligt, wie z. B. Halten eines Glases oder Hånde schçtteln.
Typische Probleme ] Knopflochdeformitåt des Daumens (90/90-Deformitåt, Schusterdaumen). Die entzçndungsbedingte, streckseitige Ausweitung der Grundgelenkkapsel fçhrt zum Abrutschen der Strecksehnen zur Beugeseite. Daraus resultiert eine Ûberstreckung im Endgelenk, oft mit seitlicher Abweichung. Die Stabilitåt des Daumens kann bei der Opposition (Spitz- und Schlçsselgriff) stark eingeschrånkt sein. ] Gelenkschutz ± Vermeidung von Druck auf Gelenke des Daumens durch Orthese. Auch kann beispielsweise beim Schreiben der Stift zwischen den Langfingern gehalten werden. ] Hilfsmittelversorgung ± Spezial(bårchen)klammern, ± Federbçgelschere, ± Knæpfhilfe. ] Orthesenversorgung ± Daumengrundgelenkhçlse: Sie stabilisiert das Grundgelenk in leichter Flexion und verhindert eine Ûberstreckung des Endgelenkes. Bei ausgeprågter Instabilitåt des Endgelenkes kann sie dieses auch çberdecken (taktile Flåche muss frei bleiben). Sie soll bei allen Tåtigkeiten getragen werden. ± Daumenendgelenkhçlse: Sie umfasst den Daumen bis distal des Grundgelenkes (taktile Flåche ausgeschnitten). Sie wird besonders bei Tåtigkeiten getragen, die einen kråftigen Spitzgriff erfordern. ] Funktionelle Therapie ± Keine Tåtigkeiten oder Ûbungen, die eine kraftvolle Opposition erfordern! ± Tragen der Orthesen, z. B. IP-Hçlse bei Arbeiten mit Peddigrohr, Makramee oder bei funktionellen Spielen. ± IP-Beugung mit Daumengrundgelenkhçlse çben.
] Schwanenhalsdeformitåt des Daumens. Die Ûberdehnung/Zerstærung des Kapsel-/Bandapparates am Sattelgelenk fçhrt zum schmerzhaften Herausdriften des Metakarpale 1 aus dem Sattelgelenk. Aus der Schonhaltung (Adduktion bzw. Anteposition) resultiert die Adduktionskontraktur. Kompensiert wird diese durch Ûberstreckung des Grundgelenkes. Funktionell resultieren aus dieser Einschrånkung der Abduktion eine Minderung der Greiffåhigkeit und ein deutlicher Kraftverlust. ] Gelenkschutz ± Keine Stiftverdickungen! ± Orthese tragen, ± Keine groûen Gegenstånde (Griffverdickungen?) mit çberstrecktem Grundgelenk halten! ] Hilfsmittelversorgung ± Abschçttsieb, ± Fensterhebelverlångerungen nicht zu dick wåhlen. ] Orthesenversorgung ± Daumenabduktionsorthese: Sie korrigiert die Adduktionshaltung und vermindert damit die Schmerzen im Sattelgelenk. Sie soll bei allen manuellen Tåtigkeiten getragen werden. Als Variante kann diese Orthese beliebig nach proximal und distal verlångert werden. ] Funktionelle Therapie ± Keine Techniken, die die Ûberstreckung des Grundgelenkes færdern, wie z. B. das Greifen oder Halten von groûen Spielsteinen. Ad- oder Abduktionsçbungen gegen Widerstand, z. B. Therapieknete, mçssen vermieden werden. ] Lagerungsorthesen fçr die Hand. ] Indikationen ] Akute Entzçndungen an Hand- und Fingergelenken, ] nåchtliche Schmerzen im Bereich der Hand, ] Verhinderung von Kontrakturen, auch nach OP (funktionelle Ruhelage). ] Anpassung ] Handgelenk in ca. 208 Dorsalextension und in 5±108 Ulnarabduktion, ] Ausformung des Handgewælbes, ] Fingergelenke in Streckstellung bis leichter Flexion, ] bei vorhandener Deformitåt korrigierend.
Ergotherapie
] Allgemeine Prinzipien der Orthesenversorgung ] Orthesen ± mçssen genau passen und sollen mæglichst leicht sein, ± mçssen regelmåûig durch Arzt oder Ergotherapeuti/en çberprçft werden, ± mçssen konsequent getragen werden. ] Klettbånder mçssen mæglichst breit sein und dçrfen nicht einschneiden. ] Material sollte mæglichst luftdurchlåssig und leicht zu reinigen sein und darf keine allergischen Reaktionen hervorrufen. ] Patient muss genaue Instruktionen çber das An- und Ablegen, den Sitz, das Trageschema (Håufigkeit und Dauer) und die Reinigung der Orthese erhalten, am besten schriftlich!
Wirbelsåule ] Typische Probleme ± Instabilitåt, besonders C1 und C2. ] Gefahren ± Arbeiten çber Kopfhæhe, ± extreme Nickbewegungen, z. B. plætzliches Bremsen beim Autofahren. ] Gelenkschutz ± Stabilisierende Halskrawatte tragen, ± Sitzmæbel mit passenden Armlehnen (Schultern dçrfen nicht hochgezogen sein), ± Gehstçtzen genau einstellen, ± bei HWS-Problemen: Fahrrad fahren in aufrechter Haltung (Hollandrad), ± Verwendung eines Spezialkopfkissens, ± Kopfstçtze im Auto richtig einstellen (Oberkante der Stçtze auf Scheitelhæhe), ± Vermittlung allgemeiner Rçckenschulprinzipien, ± Gestaltung des Arbeitsplatzes im Sinne der Rçckenschule, ± keine schweren Lasten heben oder tragen. ] Hilfsmittel ± Zervikalkissen, ± Halskrawatte, ± Buchstçtze, ± Keilkissen, ± Greifzange, ± Strumpfanzieher. ] Funktionelle Therapie ± Generell: keine Arbeit çber Kopfhæhe bei HWS-Problemen, ± Erlernen und Beachtung der allgemeinen Rçckenschulprinzipien.
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Hçftgelenk ] Typische Probleme ± Bewegungseinschrånkungen in Extension, Abduktion und Rotation mit daraus resultierender funktioneller Beinlångendifferenz. ] Gefahren ± Ûberlastung beim Aufstehen von zu niedrigen Mæbeln, ± Hockhaltung, bzw. in die Hocke gehen, ± zu langes Gehen, Stehen, Sitzen. ] Gelenkschutz ± Håufiger Wechsel der Kærperhaltung, ± Gewichtsentlastung durch Stehhilfe, ± Einsatz von Keilkissen usw., ± als Nachtlagerung: Kissen zwischen die Beine bei Seitlage, ± Stolpergefåhrdungen aus der Wohnung entfernen, ± Steckdosen hæher platzieren (z. B. mit Verlångerungskabel), ± Kçhlschrank etc. hæher setzen, ± Hçft-TEP-Schule. ] Hilfsmittelversorgung ± Stehhilfe, ± Erhæhung der Sitz- und Schlafmæbel, ± Greifzange, ± Keilkissen, ± An- und Auskleiden, ± Strumpfanzieher, ± langer Schuhlæffel, ± An- und Ausziehstab fçr Strçmpfe, ] im Sanitårbereich ± Toilettensitzerhæhung, ± Zehenputzer, ± Badewannenbrett, -sitz, -lifter, ± Sicherheitsgriffe fçr Badewanne und Toilette, ± rutschfeste Matten in Wanne und Dusche, ± Duschhocker. ] Funktionelle Therapie ± Mobilisation und Muskelkråftigung an Fahrradsåge.
Kniegelenk ] Typische Probleme ± Beugekontrakturen durch Schonhaltung, ± Instabilitåt bis hin zur Subluxation durch Bandlockerung, ± Varus- oder Valgusstellung der Beinachse.
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] Gefahren ± Verwendung einer Knierolle, ± langes Stehen, Gehen, Sitzen, ± aufstehen aus zu tiefen Mæbeln, ± zusåtzliche Belastungen des Kniegelenkes, ± Treppen steigen, Steigungen oder Gefålle çberwinden, ± Sprungbelastungen, ± Ûbergewicht. ] Gelenkschutz ± Kniegelenk in Ruhe mæglichst gestreckt halten, ± Arbeitsplatzgestaltung (Aufstehen erleichtern), ± Knie-/Knie-TEP-Schule (z. B. Schulung des Aufstehens vom Stuhl, Bett, aus der Wanne). ] Hilfsmittelversorgung ± Strumpfanzieher, ± langer Schuhlæffel, ± Greifzange, ± Zehenputzer, ± Stehhilfe, ± Keilkissen, ± Toilettensitzerhæhung, ± Wannenbrett, -sitz, -lifter. ] Funktionelle Therapie ± Auftrainieren der Beuger-/Streckermuskulatur (z. B. am funktionellen Webgeråt), ± Fahrradsåge.
Fuû- und Zehengelenke ] Typische Probleme ± Valgitåt des Rçckfuûes, ± Verlust von Quer-und Långsgewælbe, ± Krallenzehen, ± Hallux valgus. ] Gefahren ± Ûberlastung bzw. Færderung der bestehenden Deformitåt durch falsches Schuhwerk, ± Schonhaltung bzw. ein gestærter Abrollvorgang des Fuûes çberlastet Knie- und Hçftgelenke.
] Gelenkschutz ± Flaches, festes Schuhwerk tragen, weiche Sohlen, ± Ûberlastungen durch zu langes Gehen, Stehen und ± Sprung-, Stoûbelastungen vermeiden. ] Hilfsmittelversorgung ± Hallux-valgus-Bandage, ± Bettungseinlagen mit retrokapitaler Abstçtzung vom Orthopådietechniker. ] Funktionelle Therapie ± Tretnåhmaschine, ± (Biber)Tretlaubsåge, ± Schaukelbrett.
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Technisch-orthopådische Versorgung B. Greitemann
Einfçhrung Zielsetzung einer interdisziplinåren Therapie beim Rheumatiker muss es sein, die erheblichen Funktionsverluste und die hieraus sich entwickelnden Handicaps durch Verlust von Selbstståndigkeit im Alltag und beruflichen Umfeld zu minimieren. Dies kann einerseits durch Abwendung drohender Funktionsverluste geschehen, andererseits durch gezieltes Training von Kompensationsmechanismen. Die technisch-orthopådische Versorgung von Rheumapatienten ist eine der wesentlichen Aufgaben der konservativen Orthopådie. Sie muss in einem engen Zusammenspiel des interdisziplinåren Teams aus Arzt, Physio-, Ergotherapeut, Orthopådietechniker und Orthopådieschuhtechniker erfolgen. Ziel ist der weitestgehende Erhalt von Funktionen, von Selbstståndigkeit des Patienten unter mæglichst geringer Beeintråchtigung der Lebensqualitåt der Betroffenen durch bewegungslimitierende oder vom Gewicht her belastende Orthesen. Um eine bedarfsgerechte orthopådisch-technische Versorgung zu gewåhrleisten, die vom Patienten auch akzeptiert wird, bedarf es einer funktionsadaptierten Indikation, die sich insgesamt folgende Fragen stellen muss: ] Welcher funktionelle Nutzen wird durch die Orthesenversorgung erreicht? ] Welche Einschrånkungen werden dem Patienten durch die technisch-orthopådische Versorgung zugemutet? ] Wie kann ich mit minimalem Aufwand den græûtmæglichen Nutzen erzielen? Generell ist die technisch-orthopådische Versorgung bei Miterkrankungen des rheumatischen Formenkreises ein wichtiger Therapiebaustein, wenn auch unter verbesserten operativ-technischen Læsungsmæglichkeiten heute von etwas geringerer Bedeutung als frçher. Es liegt weiterhin ein deutlicher Ûberlappungsbereich vor zwischen der ergotherapeutischen Versorgung
mittels individuell angepasster Funktionsorthesen und dem begleitenden Gelenkschutztraining. Folgende therapeutische Effekte sind durch orthopådisch-technische Versorgungen bei Rheumakranken zu erzielen: ] Statische Versorgung ± Lagerung von Gliedmaûen in Funktionsstellung (Lagerungsorthese mit Ruhigstellung entzçndeter Gelenke und Kontrakturprophylaxe), ± Fixierung instabiler Gelenke, ± Entlastung schmerzhafter Gelenkabschnitte, ± Korrektur von Gelenkfehlstellungen und Gelenkkontrakturen, ± Schuhzurichtungen (s. Kap. ¹Orthopådieschuhtechnikª), ± Versorgung mit technischen Hilfsmitteln. ] Dynamische Versorgungen ± Kontrakturbehandlungen mit Quengelschienen, ± dynamisch funktionelle Orthesen in der Ûbungsbehandlung nach operativen Eingriffen.
Lagerung von Gliedmaûen Im Rahmen entzçndlich rheumatischer Erkrankungen kommt es bei entzçndlichen Schçben zu synovialitischen Schwellungen und Proliferationen im Bereich der Gelenke mit resultierender schmerzhafter Bewegungseinschrånkung und zusåtzlicher Ûberdehnung und Lockerung der gelenkstabilisierenden Kapsel- und Bandbereiche. Die betroffenen Gelenke geraten reflektorisch håufig in eine Schonstellung, meist in Beugehaltung. Folge dieser Beugefehlstellung ist eine zusåtzliche Dehnung und Atrophie der Streckmuskulatur mit Verkçrzung der Beugemuskulatur. Es entstehen mit zusåtzlich resultierenden Gelenkkontrakturen die gefçrchteten
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Beugekontrakturen der Gelenke. Daher ist im entzçndlichen Schub die funktionsgerechte Lagerung der Gelenke, wie sie von Tillmann richtungsweisend beschrieben wurde, unabdingbar. Eine derartige Lagerung kann im akutschmerzhaften Schub mit Lagerungsschienen aus thermoplastischen Kunststoffen erreicht werden, die individuell leicht an die Gegebenheiten anformbar sind und mit Weichschaummaterialien gepolstert werden kænnen. Wichtig ist, dass derartige Lagerungshilfen ohne Schwierigkeiten vom Patienten selbst an- und abgenommen werden kænnen und daher mit Klettverschlçssen versehen werden. Besondere Bedeutung kommt in dieser Hinsicht den Nachtlagerungsschienen zu.
Ruhigstellung/Entlastung einzelner Gelenke Im Rahmen entzçndlicher Schçbe bzw. bei aktivierten arthritisch/arthrotischen Verånderungen ist die temporåre Ruhigstellung eines Gelenkes fçr den Patienten oftmals eine wichtige Entlastung. Durch die verbesserten rheumatologischmedikamentæsen Therapiemæglichkeiten ist die Indikation zu einer derartigen technisch-orthopådischen Versorgung allerdings seltener, aber nicht vollståndig verzichtbar geworden. Ein wichtiges Beispiel hierfçr ist die orthetische Stabilisierung des Handgelenks bei arthritisch-destruktiven Verånderungen und nicht gegebener und/oder gewollter Operationsindikation. Eine derartige Ruhigstellung låsst sich auch durch individuell angefertigte Orthesen ermæglichen. Dabei muss insbesondere auf den funktionellen Aspekt besonderer Wert gelegt werden: einerseits auf den funktionellen Stabilisationseffekt fçr die betroffene Extremitåt, andererseits auf die Handhabbarkeit der Orthese.
Entlastung schmerzhafter Gelenke Die Entlastung eines schmerzhaften Gelenks ist insbesondere an den unteren Extremitåten eine Indikation zur technisch-orthopådischen Versorgung. Die komplette Entlastung eines groûen Gelenks der unteren Extremitåt ist meist nur
mit sehr aufwendigen Orthesenversorgungen mæglich. Diese schrånken den Patienten funktionell zusåtzlich ein und sind daher nur in sehr seltenen Einzelfållen indiziert.
Korrektur von Fehlstellungen und Kontrakturen Redressierende Orthesen werden zur Korrektur von Gelenkfehlstellungen bzw. Kontrakturen im Sinne einer dynamischen Orthesenversorgung genutzt. Hauptindikationen fçr derartige Schienenversorgungen liegen im Bereich der Knie-, Hand- und Fingergelenke. Prinzipiell sollte eine solche Therapie nur unter strenger årztlicher Beobachtung durchgefçhrt werden, bzw. nur mit kontinuierlicher Begleitung durch eine intensive Physiotherapie und eine zusåtzliche Anleitung des Patienten zur Unterstçtzung und Sicherung der Eigenbehandlung. Gerade bei der reduzierten Belastbarkeit der Haut des rheumakranken Patienten ist eine derartige Therapie nicht ungefåhrlich und bedarf der regelmåûigen Supervision, um durch Quengelorthesen verursachte Druckulzerationen und damit sekundåre Probleme zu vermeiden.
Versorgung mit technischen Hilfsmitteln Ein wesentliches Problem der Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises ist die oftmals starke Funktionseinschrånkung der betroffenen Patienten mit den daraus resultierenden Alltagsproblemen. Gerade durch technische Hilfen sind dem Patienten fçr alltågliche Vorgånge vielfåltige Hilfsmæglichkeiten zugånglich, z. B. im Hinblick auf An- und Ausziehen, Waschen, Essen und Schreiben sowie Handhabungen im privaten Umfeld (beispielsweise Haushalt, Fenster, Tçren, Autofahren etc.). Bei Gehbehinderungen kænnen Gehstçtzen, speziell Arthritikerstçtzen, eine wichtige Entlastung betroffener Gelenke bewirken und Mobilitåt noch ermæglichen. Bei stårkerer Ausprågung der Behinderung stehen individuell angepasste, manuell oder elektrisch betriebene Rollstçhle zur Verfçgung.
Technisch-orthopådische Versorgung
Orthopådietechnische Versorgungen, Materialien Prinzipiell sind bei der Versorgung von Patienten mit rheumatischen Erkrankungen zwei Orthesentypen unterscheidbar: ] Kurzzeitversorgungen im Rahmen der Behandlung, ] långerfristige Versorgungsorthesen.
Kurzzeitversorgungen Sie sind in der Regel indiziert, um im entzçndlichen Schub Gelenke ruhig zu stellen, und zu schonen. Extreme Bewegungen und Ûberbelastungen werden verhindert, Kontrakturen vermieden bzw. mobilisiert. Die Schienen sind nur als meist passagere Lagerungshilfen gedacht. Sie sollten daher einfach, leicht verformbar und insbesondere nachpassbar sein. Hier haben sich in der Ergotherapie thermoplastisch verformbare Materialien speziell aus Kunststoff bewåhrt. Trotz der Nutzung als Kurzzeitorthesen ist auf eine spezielle Polsterung mit Weichpolstermaterialien besonderer Wert zu legen, unter dem schon erwåhnten Aspekt der reduzierten Belastbarkeit der Haut des Rheumatikers.
Langzeitorthesen Sie sollten prinzipiell permanent getragen werden und bedçrfen daher einer stabileren Ausfçhrung. Sie sind in der Herstellung aufwendiger und mçssen speziell an die Bedçrfnisse des Patienten angepasst werden. Es ist besonders auf Tragekomfort etc. zu achten. Generell hat sich die Orthesenversorgung in den letzten Jahren durch die Einsatzmæglichkeiten leichterer und leichter anpassbarer Materialien erheblich verbessert. Die Verwendung von Karbonmaterialien, aber auch von Polypropylen als leicht anformbares Kunststoffmaterial ist an erster Stelle zu nennen. Durch sie kann das Gewicht der jeweiligen Orthesen bei gleichwertiger Stabilitåt erheblich vermindert werden. Dadurch werden die funktionellen Einschrånkungen durch die Orthese selbst gemindert und die Akzeptanz seitens der Patienten deutlich erhæht. Des Weiteren sind stabilisierende externe Gelenkanteile auf dem Markt, die durch die Verwendung hårterer und belastbarerer, aber leich-
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terer Materialien (beispielsweise Titan) die Arbeit der Orthopådietechnik erleichtern. Im Bereich der Einlagentechnik resultierten aus der Einfçhrung unterschiedlicher Kunststoffmaterialien mit unterschiedlichen Shore-Hårten eine groûe Vielfalt leichter, hygienischer und formbeståndiger Versorgungen, die nicht mehr mit den Problemen der ¹alten Einlagentechnikenª behaftet sind.
Orthesen fçr die oberen Extremitåten Schulterorthesen Funktionelle Ausfålle im Bereich der Schulter betreffen insbesondere die Einschrånkung der aktiven Beweglichkeit, speziell der Abduktion und Elevation mit hieraus resultierenden Alltagsproblemen, beispielsweise beim Kåmmen, aber auch bei Ûberkopfarbeiten und Greifen von Gegenstånden. Folgende Erkrankungen sind zu nennen: ] Degeneration der Rotatorenmanschette, speziell des Supraspinatusanteils, ] Tendinosis calcarea, ] Bursitis subacromialis, ] Omarthrose/Omarthritis, ] Bizepssehnentendinitis, ] Akromioklavikulargelenkarthrose. ] Schulter-Abduktionsorthese Indikation: Erheblicher Bewegungsschmerz im Schultergelenk, Bursitis subacromialis im aktivierten Zustand, aktivierte Rotatorenmanschettenprobleme, zur Vermeidung einer ¹Frozen shoulderª (Rezessusverklebung), postoperative Lagerung nach Schultereingriffen. In der orthopådisch-technischen Ausfçhrung stehen unterschiedliche Modelle, meist als industriell vorgefertigte Versionen zur Verfçgung mit individuell anpassbarer Auflagenbreite und Långe bzw. einstellbarem Winkel. Bewåhrt haben sich Orthesen mit hohem Tragekomfort, wie beispielsweise das einfache Brieftrågerkissen. Bei sehr schmerzhaften Reizzustånden ist eine rigide Orthesenausfçhrung mit Armlagerungselementen im Sinne einer Armlagerungsschale çber Ober- und Unterarm sinnvoll. Die Fixation am Rumpf sollte mæglichst stabil mittels nicht einschneidender Klettverschlçsse erfolgen, oft ist eine Beckenkorbfassung zur sicheren Fixation sinnvoll.
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] Gummielastische Schulterbandage Indikation: Bei Instabilitåten bzw. arthritisch/ arthrotischen Gelenkdestruktionen zur Stabilisation, bei Tendomyopathien im Schulterbereich. Gummielastische Bandagen kænnen im Schulterbereich keine wesentliche biomechanische Bewegungseinschrånkung verursachen. Von daher ist ihre Indikation bei Erkrankungen aus dem rheumatischen Formenkreis ausgesprochen eingeschrånkt. Die Indikation zu Bandagen mit so genannten Friktionselementen ist fçr den Bereich der entzçndlichen Erkrankungen sehr kritisch zu sehen und wird vom Autor nicht gestellt. ] Gilchrist-Verband Indikation: Zur kurzfristigen Ruhigstellung der Schulter nach operativen Eingriffen, Trauma. Der Verband ermæglicht eine sichere Fixation bei korrekter Anpassung. Er sollte wegen der Gefahr der Einsteifung zeitlich nur kurzfristig eingesetzt werden.
Ellenbogengelenk Im Bereich des Ellenbogengelenkes kommt es bei Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises håufig zu synovialitischen Proliferationen speziell im Radioulnargelenk mit Destruktion und schmerzhafter Bewegungseinschrånkung. Betroffen sind die Flexion und Extension sowie speziell die Rotation (besonders die Supination). Durch die synovialitischen Ûberdehnungen des stabilisierenden Bandapparates resultieren håufig Instabilitåten des Gelenkes. Der Ellbogen selbst wird im Alltag, beim Tragen von
Lasten auf Zug, beim Abstçtzen der Extremitåten auf Druck beansprucht. Die Pro- und Supinationsfåhigkeit des Armes ermæglicht vielfåltige Funktionen der Hand. Technisch-orthopådische Versorgungen im Bereich des Ellbogens fçhren zumeist zu einer Ruhigstellung mit funktioneller Einschrånkung der Beweglichkeit, andererseits aber durch das Vermeiden schmerzhafter Bewegungen und die Stabilisation des Gelenkes wiederum zur vermehrten Nutz-/Einsetzbarkeit der Hand. ] Gummielastische Bandagen Gummielastische Bandagen haben am Ellbogengelenk eine gegençber dem Schultergelenk ausgeprågtere Stabilisierungsfunktion. Durch ihren komprimierenden Effekt kænnen Reizzustånde ggf. positiv mitbeeinflusst werden. Bei Ansatztendinosen der Beuger bzw. Strecker an den Epikondylen kænnen Friktionselemente durchaus sinnvoll sein. Ein Wårme- und Kompressionseffekt ist gegeben. ] Schienen-Schellen/Hçlsenapparat fçr Ober- und Unterarm (Abb. 1) Indikation: Schmerzhafte Arthritis des Ellbogengelenkes, Instabilitåten des Ellbogengelenkes, Resektionsarthroplastiken. Die orthopådietechnische Ausfçhrung erfolgt mit einer Ober- und Unterarmhçlse mit leichtgångiger Schnçrung oder Klettverschluss und entweder Lagerung in Funktionsstellung ohne Gelenke oder mit seitlichen Scharniergelenken im Ellbogengelenkbereich, meist monozentrisch. In der çblichen Ausfçhrung wird die Pro- und Supination des Armes hierdurch nahezu auf-
Abb. 1. Schienen-Schellen/Hçlsenapparat fçr Ober- und Unterarm. a, b Hochgradige Instabilitåt des Ellbogengelenkes bei Resektionsarthroplastik, c, d Stabilisierung mit Ellbogengelenksorthese
Technisch-orthopådische Versorgung
gehoben, der Gelenkanschlag der mechanischen Gelenke bestimmt den gewçnschten Bewegungsbereich. Låsst man den distalen Anteil des Unterarmes von der Hçlse her frei, so sind leichte Pro- und Supinationsbewegungen mæglich. In bestimmten Indikationsfållen kann die Armorthese durch eine Verlångerung mit einer Handauflage versehen werden und somit das Handgelenk zusåtzlich stçtzen. Die Ausfertigung ist dann zumeist mit einer volaren Abstçtzung versehen. Die Hçlsen werden aufgrund des Tragekomforts zumeist in Lederausfçhrung mit seitlichen Metallscharniergelenken ausgefçhrt. Bei vollståndiger Ruhigstellung des Gelenkes in einer bestimmten Funktionsstellung kann auf die seitlichen Scharniergelenke verzichtet und eine Karbonrahmenkonstruktion verwendet werden. Auf Druckprobleme an Olekranon und Humerusepikondylen ist bei der problematischen Haut des Rheumatikers zu achten.
Handgelenk Die Hand stellt eine der Prådilektionsstellen fçr die Entwicklung rheumatischer Erkrankungen dar. Die synovialitische Schwellung im Bereich des Handgelenkes fçhrt zur Ûberdehnung und Zerstærung der stabilisierenden Kapsel-/Bandstrukturen mit einer sich entwickelnden Deformitåt, die sich am Handgelenksbereich typischerweise als Z-Deformitåt manifestiert. Die entzçndungsbedingte Lockerung des interkarpalen Bandapparates fçhrt zum Verlust des Handgewælbes, zur Rotation des Karpus und der gesamten Hand im Sinne einer Radialdeviation und zur Dislokation des Karpus nach palmar mit einer Bajonettfehlstellung. Håufig beginnt die Deformitåt durch Auflockerung im distalen Radioulnargelenk mit der fçr den Patienten sehr schmerzhaften federnden Elle. Die zunehmende Dislokation des Handgelenks fçhrt zur Verminderung der Vorspannung der çber das Handgelenk ziehenden Sehnen mit Kraftverlust beim Faustschluss. Die arthritischen Verånderungen des Handgelenkes selbst fçhren zu einer schmerzbedingten Schonhaltung. Im Alltag resultiert hierdurch eine ausgesprochene Funktionsminderung der Greiffunktion der Hand mit håufig auftretenden Sekundårkomplikationen im Bereich der Langfinger. Falls keine operativen Interventionen geplant sind, bzw. frçhzeitig durchgefçhrt werden, ist die technisch-orthopådische Versorgung im Handgelenksbereich eine der wichtigsten Therapien zur Erhaltung der
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weitgehenden Selbstståndigkeit des Patienten. In diesem Kapitel wird nur auf die meist konfektioniert angebotenen oder orthopådietechnisch hergestellten Orthesen eingegangen. Die kleinen funktionellen Handorthesen, die gerade beim Rheumatiker håufig zur Anwendung kommen, stellen einen Ûberlappungsbereich zwischen Ergotherapie und Orthopådietechnik dar (s. Kap. ¹Ergotherapieª). Gerade bei Versorgungen im Handbereich ist spezielle Vorsicht angezeigt. Je nach besonderer Situation ist individuellen Anpassungen mit thermoplastischen Materialien, die mit niedrigen Arbeitstemperaturen verarbeitet werden kænnen, der Vorzug gegençber starren Konstruktionen zu geben. Zu beachten sind: Handwælbung, Lage und Bewegungsumfang der (zahlreichen) Hand- und Fingergelenke, Vermeidung narbiger Schrumpfung der Seitenbånder durch korrekte Lagerung in ¹Intrinsicplus-Stellungª und keine unnætigen, die Funktion noch mehr beeintråchtigenden Beschrånkungen des Bewegung der Nachbargelenke. ] Handgelenkbandage mit volarer Verstårkung (Abb. 2) Indikation: Frçhzeitige externe Stabilisation bei beginnender Instabilitåt des Karpus. Orthopådietechnische Ausfçhrung: Die industriell gefertigte kåuflich erhåltliche elastische Handgelenkorthese erfreut sich bei den Patienten ausgesprochener Beliebtheit. Sie ermæglicht eine vom Patienten als angenehm und auch unter funktionellem Aspekt positiv empfundene Stabilisation des Handgelenkes. Andererseits bewirkt sie aber durch den zirkulår elastisch komprimierenden Effekt eine zusåtzliche Propriozeptionsstimulation. Die leichte Anpassung, das geringe Gewicht der Orthese und der zirkulåre
Abb. 2. Handgelenkbandage mit volarer Verstårkung
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Kompressionseffekt werden vom Patienten geschåtzt. ] Handlagerungsschiene mit/ohne Daumeneinschluss Indikation: Ruhigstellung des Handgelenkes und ggf. der Fingergelenke, Lagerung nach operativen Eingriffen, Kontrakturprophylaxe. Orthopådietechnische Ausfçhrung: Die dorsale Handgelenkorthese wird zumeist aus thermoplastisch anformbaren Materialien, in der dauerhaften Ausfçhrung auch aus Karbonmaterialien oder Gieûharz gefertigt. Folgende Ausfçhrungen sind mæglich: ] Volare Handgelenkorthese, ] dorsale Handgelenkorthese, ] zirkulåre Handgelenkorthese. Bei der technisch-orthopådischen Ausfçhrung ist darauf zu achten, dass speziell bei der volaren Ausfçhrung die Funktion der Langfinger nicht beeintråchtig werden darf. Die volare Abstçtzung darf deshalb nur bis zur queren Hohlhandfalte reichen, das Quergewælbe muss gut ausgeformt werden. Unter Umstånden ist ein Einbezug des Daumens in Oppositionsstellung zur Stabilisation bei destruktiven Verånderungen des Daumensattel- oder -grundgelenks mæglich. Die Fixation erfolgt çblicherweise çber dorsale Klettverschlçsse mit breiter Weichpolsterung. Die volare Form der Handgelenkorthese vermindert durch die Pelotte im Handinnenbereich die taktile Sensibilitåt im Daumenballenbereich. Die dorsale Handgelenkorthese bewirkt eine Stabilisation des Handgelenkes in einer gewåhlten Gelenkstellung, çber eine zusåtzlich angebrachte Hohlhandpelotte ist das Quergewælbe auch abstçtzbar. Sie wird weniger håufig angewandt als die volare Form. Eine zirkulåre Handgelenkorthese stabilisiert bei stårkerem Schubladenphånomen zuverlåssiger durch die verbesserte Haltefunktion. Bei ihrer Anpassung ist insbesondere auf eine gute Ausformung der Hohlhand im Mittelhandbereich mit Korrektur der Subluxation ohne Behinderung der Funktionsfåhigkeit der Langfinger zu achten. Gerade bei den zirkulåren Formen ist auf eine besonders gute Anpassung zur Vermeidung von Druckulzerationen Wert zu legen.
] Antiulnardeviationsorthese (Abb. 3) Synovialitische Schwellungen im Langfingerbereich fçhren gerade bei vorbestehender Z-Deformitåt des Handgelenks zur Ulnardeviation der Langfinger II bis V, mit proportional zur zunehmenden Fehlstellung sich vermindernder Greiffunktion und -kraft. Die Ulnardeviation der Langfinger resultiert einerseits aus der Instabilitåt der Gelenke selbst, andererseits aus der Dislokation der Strecksehnen auf die Ulnarseite der MCP-Gelenke. Dies wird begçnstigt durch die Insuffizienz der radialseitigen Strecksehnenfixierung mit einer zunehmenden Tendenz der Verlagerung der Sehnenzugrichtung nach ulnar und der gleichzeitig bestehenden Radialdeviation des Handgelenkes. Im fortgeschrittenen Stadium kommt es zum Verlust des Quergewælbes, funktionell zu einem Verlust des kraftvollen Faustschlusses mit Behinderungen mannigfaltiger Art im Handeinsatz. Indikation: Progrediente Ulnardeviation der Langfinger II bis V. Orthopådietechnische Ausfçhrung: Antiulnardeviationsschienen kænnen im Sinne einer Lagerungsorthese speziell fçr die Nacht oder im Sinne einer dynamischen Orthese angewandt werden. Die einfachere Lagerungsorthese hat sich bei uns bewåhrt. Sie wird angefertigt aus einer thermoplastisch angeformten volaren Spange mit in die Interdigitalråume eingebrach-
Abb. 3 a, b. Antiulnardeviationsorthese
Technisch-orthopådische Versorgung
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ten Flçgeln, die die Langfinger jeweils in Korrekturstellung fixieren. Die Mittelhandspange muss dabei im volaren Handflåchenbereich so modelliert sein, dass alle Greifbewegungen dennoch nahezu uneingeschrånkt ausfçhrbar sind, um das Beçben von Hand und Fingern zu ermæglichen. Die Antiulnardeviationsschiene mit Mittelhandspange wird çblicherweise aus Polyethylen, Polypropylen hergestellt und wird vom Patienten in der Regel recht gut akzeptiert. ] Dynamische Handorthesen Dynamische Handorthesen werden in aller Regel nur nach rheumachirurgischen Eingriffen oder posttraumatisch angewandt. Ziel ist es, Adhåsionen, speziell im Sehnenbereich zu vermeiden, antagonistische Muskelzçge zu neutralisieren und den Operationsbereich zu schçtzen. Zusåtzlich dient das Training gegen Gummizçge gegebenenfalls zur Rehabilitation der Handfunktion. Dynamische Daumenorthese. Sie dient der Dehnung kontrakter Weichteile im Daumenbereich, insbesondere in der Flexion, meist nach operativen Eingriffen. Es sind unterschiedliche konfektionierte Exemplare erhåltlich, in kurzer oder langer Version, unterschiedlichen Angriffspunkten (Grundgelenk, Endgelenk, dorsal, palmar). Fingergrundgelenkextensionsschiene. Ûber einen dorsalseitigen Extensionszug wird die Streckung der Grundgelenke bei Beugekontrakturen oder in der Nachbehandlung nach Strecksehneneingriffen therapiert. Fingergrundgelenkflexionsschiene. Wird oft zur Remobilisation von Extensionskontrakturen und Låhmungen der intrinsischen Fingermuskulatur gegeben. Der Gegenhalt erfolgt çber eine volare Abstçtzung bis zur Basis der Mittelhand, wobei die Grundgelenkflexion nicht eingeschrånkt werden darf. Dynamische Handorthesen nach Mannerfelt/ Biedermann (DAHO = Deutscher Arbeitskreis Handorthesen). Diese Orthesen werden in der Regel nach operativen Eingriffen genutzt. Ihr Vorteil ist ein Baukastensatz, mit dem diverse Schienen zur aktiven Extension (oft) und Flexion (seltener) hergestellt werden kænnen. Sie sind auch in der Behandlung der Ulnardeviation einsetzbar (Abb. 4).
Abb. 4. Dynamische Handorthesen nach Mannerfelt/Biedermann (DAHO = Deutscher Arbeitskreis Handorthesen)
Es existieren drei Grundversionen: ] Dynamischer dorsoradialer Zug auf die MCPGelenke bei fixiertem oder beweglichen Handgelenkteil, ] dynamische Extension der proximalen und distalen Interphalangealgelenke sowie der MCP-Gelenke mit Handgelenkextension, ] dynamische Flexion der Langfinger mit fixiertem Handgelenk. An zusåtzlichen Deformitåten kænnen bei der rheumatischen Arthritis auftreten: ] Schwanenhalsdeformitåt, ] Knopflochdeformitåt. Die Schwanenhalsdeformitåt entsteht durch Subluxation des MCP-Gelenks mit reflektorischer Kontraktur der Musculi lumbricales. Durch die Synovialitis im Bereich des PIP-Gelenkes entsteht eine beugeseitige Schwåchung und Ausweitung der Gelenkkapsel. Die Interosseussehnen verlagern sich ggf. zusåtzlich zur Streckseite hin und verstårken durch ihre Zugrichtung die entstehende Schwanenhalsdeformitåt. Durch die Hyperextension im PIP-Gelenk resultiert eine Flexion im DIP-Gelenk. Bei der Knopflochdeformitåt ist es im Rahmen der Synovialitis zu einer Ausweitung der Gelenkkapsel und zu einer Zerstærung des Mittelzçgels der Strecksehnen gekommen. Die Seitenzçgel rutschen nach beugeseitig und wirken dann auch im Sinne von Beugern was die Deformitåt verstårkt. Kompensatorisch werden MCP- und DIP-Gelenk çberstreckt, der Úffnungswinkel der Hand reduziert.
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Im Rahmen der rheumatischen Erkrankungen treten im Bereich des Daumens verschiedene Problemkreise auf. Dies sind: ] Knopflochdeformitåten (90/90-Deformitåt), ] arthritisch/arthrotische Verånderungen des Daumensattelgelenkes. Im Rahmen der 90/90-Deformitåt kommt es entzçndungsbedingt zur streckseitigen Ausweitung der Kapsel des Daumengrundgelenkes. Auch hier rutschen die Strecksehnen seitlich herab und wirken anschlieûend beugend. Daraus resultieren eine Subluxation im Daumengrundund eine Ûberstreckung im Daumenendgelenk. Funktionell handelt es sich hierbei um eine besonders schwerwiegende Deformitåt, da die Stabilitåt des Daumens bei der Opposition (wichtig fçr Spitz- und Schlçsselgriff) stark vermindert wird. Eine Orthesenversorgung kann eine Stabilisation des Daumens ermæglichen. Die erforderlichen Orthesen werden meist individuell thermoplastisch angepasst (s. Kap. ¹Ergotherapieª). ] Daumensattelgelenkhçlse (Abb. 5) Indikation: Daumensattelgelenk-Degeneration durch arthritische oder arthrotische Prozesse. Orthopådietechnische Ausfçhrung: Es sind industriell vorgeformte Orthesenhçlsen erhåltlich, die individuell angepasst werden kænnen. Andererseits kænnen individuell thermoplastisch angeformte Orthesen auch selbst hergestellt werden. Die Orthese stabilisiert Sattel-, Grundund Endgelenk, wenn mæglich, sollten Handgelenkbewegungen nicht beeintråchtigt werden.
Abb. 5. Daumensattelgelenkhçlse
Orthesen fçr die unteren Extremitåten Hçftgelenk Synovialitische Schwellungen mit Befall des Hçftgelenkes fçhren zu Destruktionen und im Spåtstadium zur Hçftgelenkarthrose. Im Rahmen der Kortikoidtherapie, aber auch im Rahmen der Grunderkrankung, werden bei manchen rheumatischen Erkrankungen, speziell dem Lupus erythematodes auch håufiger Hçftkopfnekrosen bereits bei jungen Patienten festgestellt. Typische Probleme resultieren aus einer schmerzhaften Bewegungseinschrånkung, speziell der Rotation, besonders der Innenrotation, sowie in einer Bewegungsbehinderung der Extension und Abduktion. Es resultiert eine Beuge-/Adduktionskontraktur mit funktioneller Beinlångendifferenz und Ûberbelastung auch des lumbosakralen Bereiches. Probleme im Alltag resultieren aus der Einschrånkung der Gehstrecke, Schmerzen und Problemen beim Aufstehen aus niedrigen bzw. weichen Mæbeln und im Spåtstadium aus einem Ruheschmerz im Hçftgelenk. Im Rahmen der håufig bei rheumatischen Erkrankungen auftretenden Osteoporose kommt es durch Minderung der Knochendichte im Schenkelhalsbereich (Ward'sches Dreieck) zu einer erhæhten Frakturgefahr bei Stçrzen. Prinzipiell ist der Indikationsbereich klein. Die Orthesen werden meist nach Luxationen von Kunstgelenken, nicht-operablen Patienten oder zur Schenkelhalsfrakturprophylaxe gegeben. Bei den Hçftorthesen sind folgende Versionen zu unterscheiden: ] Stabilisierende Hçftorthese Indikation: Hochgradige arthritische/arthrotische Verånderungen des Hçftgelenkes mit starker Bewegungsschmerzhaftigkeit, fehlende Operationsmæglichkeit. Orthopådietechnische Ausfçhrung: Die Hçftorthese besteht aus einem Beckenanteil, der im Bereich der Beckenschaufeln eine feste Fixation ermæglicht, einer Oberschenkelhçlse, die çblicherweise in langer Ausfçhrung bis knapp oberhalb der Kondylen reicht und einem seitlichen, monozentrischen Scharniergelenk çber dem Hçftgelenk. Die Bewegung des Hçftgelenkes wird limitiert durch die Einstellung des Scharniergelenkes. Speziell verhindert werden sollen die schmerzhaften Rotationsbewegungen und die Streckbewegung. Die Schale wird individuell çblicherweise nach Abdruck angepasst, besonde-
Technisch-orthopådische Versorgung
rer Wert ist auf eine gute Passform im Bereich der Beckenschaufeln bzw. der Kondylen zu legen. ] Erlanger Orthesenbandage Indikation: Schmerzhafte arthritische/arthrotische Verånderungen des Hçftgelenkes, Luxationsprophylaxe nach Endoprothesen, zur Fixation bei Subluxation/Luxation. Orthopådietechnische Ausfçhrung: Die Erlanger Orthesenbandage ist eine Weiterentwicklung der Hohmann-Bandage. Bewusst wurde bei dieser Bandagenversion, die in zahlreichen Modellen handelsçblich zu erhalten ist, auf eine Fixation der Lendenwirbelsåule, wie sie im Original Hohmann-Mieder vorhanden ist, verzichtet, um hier kompensatorische LWS-Bewegungen nicht auszuschalten. Auch die Erlanger Orthesenbandage verfçgt çber ein Beckenteil, das es in kleinen Version in Form eines Beckengçrtels gibt, in einer græûeren Version in Form eines an der Beckenschaufel anmodeliertem Orthesenteils. Die seitliche Fçhrung ist çber ein seitliches Scharniergelenk mit zusåtzlicher hçlsenartiger Fassung im Kondylenbereich gewåhrleistet. Die Orthese kann mit einer Antitrendelenburgfassung geliefert werden. Die Flexionsfåhigkeit bzw. Extensionfåhigkeit des Hçftgelenkes ist çber den Gelenkmechanismus regelbar. ] Osteoporose-Hçftkappenorthese Indikation: Hæhergradige Osteoporose bei rheumatoider Grunderkrankung bzw. Kortikoidtherapie mit Minderung der Knochendichte im Ward'schen Dreieck, Schenkelhalsfrakturprophylaxe. Orthopådietechnische Ausfçhrung: Es handelt sich um eine gummielastische Hçftbandage, die çber dem Trochantermassiv eine eingelegte Kappe aus Kunststoff enthålt. Ziel ist es, bei auftretenden Stçrzen eine Reduktion des Aufpralles am Schenkelhals und dadurch eine Minderung der Frakturhåufigkeit zu erreichen, was in wissenschaftlichen Studien aus dem skandinavischen Bereich nachgewiesen werden konnte. ] Spiralfederorthese nach Thomsen Indikation: Arthritische/arthrotische Verånderungen im Hçftgelenk. Orthopådietechnische Ausfçhrung: Es handelt sich um eine gummielastische Bandage mit eingearbeiteten Spiralfedern, die speziell die Rotationsbewegungen vermindern sollen und hierdurch eine Schmerzentlastung ermæglichen sollen. Die Wirkung ist zweifelhaft.
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] Hçfthose nach Hildebrandt Indikation: Insertionstendinose des Glutaeus medius am Trochanter. Orthopådietechnische Ausfçhrung: Es handelt sich um eine aus Baumwollstoff gefertigte Hçfthose mit eingearbeiteten Pelotten çber dem Trochanterbereich. Es resultiert allenfalls eine Wårmewirkung, ggf. eine leichte Druckwirkung, die Gesamtwirkung ist zweifelhaft.
Kniegelenk Kniegelenkverånderungen sind bei rheumatischen Patienten håufig. Synovialitische Schwellungen fçhren aufgrund der doch relativ groûen Recessus im Gelenk typischerweise zu Instabilitåten des Bandapparates bis hin zu Subluxationen und Gelenkdestruktionen. Schmerzhafte Bewegungseinschrånkungen fçhren zu Beugekontrakturen mit Schonhaltung des Gelenks und resultierender Beinverkçrzung sowie Ûberbelastung des Hçft- und Wirbelsåulenbereiches. Funktionell resultiert eine Minderung der Gehfåhigkeit und eine Ûberbelastung der benachbarten Gelenke. Zur Orthesenversorgung stehen zur Verfçgung: ] Gummielastische Bandagen, ] gummielastische Bandagen mit seitlichen Fçhrungsståben, ] gummielastische Bandagen mit Patellafçhrung. Indikation: Arthrotische/arthritische Reizprozesse im Bereich des Kniegelenkes, Ergussbildungen, milde Instabilitåten. Orthopådietechnische Ausfçhrung: Gummielastische Bandagen sind in einer Vielzahl kåuflich erhåltlicher Modelle auf dem Markt zu finden. Sie differieren in der Regel in der Designgestaltung, insbesondere aber in der Stricktechnik im Kniebeugebereich. Generell çben gummielastische Bandagen sicher keinen biomechanisch stabilisierenden Effekt am Kniegelenk aus. Sie zeigen sicherlich einen gewissen Kompressionseffekt, was bei Ergussbildungen von Vorteil sein kann. Zusåtzlich sind eine Wårmewirkung und ggf. eine Propriozeptionsstimulation in der Wirkung anzusprechen. Die Akzeptanz seitens der Patienten ist allerdings çblicherweise recht hoch, es wird eine schmerzlindernde und gelenkstabilisierende Wirkung zugesprochen. Problematisch ist eventuell eine Kompression der Kniekehle mit venæsen Stauungsproblemen sowie ein durch die Bandage erhæhter Patellaan-
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pressdruck. In dieser Hinsicht sind Patellafçhrungsaussparungen bzw. Pelotten sicher sinnvoll. Seitliche Fçhrungsståbe fçhren zu keiner biomechanisch nachweisbaren Wirkung und sind daher verzichtbar. ] Kniefçhrungsorthesen Indikation: Bandinstabilitåt speziell des vorderen Kreuzbandes. Orthopådietechnische Ausfçhrung: Kniefçhrungsorthesen zeigen in der Literaturçbersicht eine begrenzte Wirkung auf die Festigkeit und den Bandhalt. Bei rheumatischen Erkrankungen sind diese Orthesenformen selten indiziert, da sie eine sehr aufwendige Orthesenversion bedingen, andererseits eine Stabilisierung nur bis maximal 30% der auftretenden Belastungen bewirken. Ihre Ausfçhrung ist çblicherweise heute im Rahmen einer Karbonrahmenkonstruktion mit mono- bzw. polyzentrischen Gelenkkonstruktionen durch seitliche Scharniergelenke gewåhrleistet. Ein Verrutschen der Orthese, das insbesondere im Hinblick auf die komplexe Biomechanik des Kniegelenkes problematisch ist, kann durch Neoprenpolsterungen bzw. Neoprenunterlagen vermindert, aber nie ganz vermieden werden. Der entscheidende Nachteil derartiger Orthesenkonstruktionen ist, dass sie der komplexen Biomechanik des Kniegelenkes mit Gleitdrehmechanismen niemals gerecht werden. In letzter Zeit ist eine Tendenz zu mehr elastischen Orthesen weg von den sehr starren Orthesen zu bemerken. ] Gonarthroseorthesen Indikation: Achsfehler, speziell Varusdeformitåten bei Gelenkinstabilitåten oder ossåre Destruktionen. Orthopådietechnische Ausfçhrung: Osteoarthroseorthesen werden ebenso wie die Kniefçhrungsorthesen mit Karbontechnikmaterialien in Leichtbauweise und seitlichen Scharniergelenken (mono- oder polyzentrisch) auf dem Markt angeboten. Die Achskorrektur folgt çblicherweise dem 3-Punkt-Prinzip. Ein auf dem Markt erhåltliches Modell zeigt eine doppelseitige Rahmenkonstruktion, was sicherlich fçr die Stabilitåt sinnvoller ist. Die biomechanische Wirkung im Sinne einer Achskorrektur ist bei den mit kurzem Hebelarm arbeitenden industriell vorgefertigten Orthesen nicht ausreichend erreichbar, eine Wirkung dieser Fertig-Osteoarthroseorthesen ist wissenschaftliche nicht nachgewiesen. Eine Ønderung der Gelenkspalthæhe im Stand ist nur bei ausgeprågten Bandinstabilitåten zu erreichen
mit individuell angefertigten Orthesen mit hoher Ober- und Unterschenkelfassung, dann çblicherweise in Hçlsenform. Håufig kommen auch noch Ledermaterialien fçr die Hçlsen aufgrund des besseren Tragekomforts mit seitlichen Metallgelenken zur Anwendung. Derartige Orthesenversorgungen sind allerdings sehr starr, sehr aufwendig und sehr schwer, somit auch funktionell stårker beeintråchtigend. Sie sind nur in geringen Einzelfallindikationen bei unbeherrschbaren Schmerz- und Instabilitåtszustånden und fehlender Operationsmæglichkeit indiziert. ] Rehabilitative Orthesen Indikation: Postoperative Zustånde. Orthopådietechnische Ausfçhrung: Die Rehabilitationsorthesen werden çblicherweise im Sinne konfektioniert erhåltlicher Orthesen als Lagerungsorthesen bzw. passagere Fçhrungsorthesen nach operativen Eingriffen, teilweise auch nach Knieendoprothesen eingesetzt. Ihre wirksamste Form haben sie in langer Ausfçhrung. Es gibt unterschiedliche Modelle auf dem Markt, beginnend mit Orthesen aus Weichmaterialien im Sinne von Hçlsenorthesen, Orthesen aus Kunststoffen in Leichtbauweise bzw. schwerere, individuell ausgefçhrte Orthesen aus thermoplastisch angeformten Hçlsen bzw. Scotchcast-Hçlsen mit Burri-Gelenken. ] Lagerungsorthese, Beinlagerungsschale Indikation: Entzçndliche Verånderung der Knieoder Sprunggelenke, Ruhigstellung nach operativen Maûnahmen. Orthopådietechnische Ausfçhrung: Ûblicherweise durchgehende Beinschale ohne Kniegelenk mit Fuûteil in 08-Stellung zur Verhinderung eines Spitzfuûes, ventrale Fixation durch Klettverschlçsse mit Polsterungen. Bei der Ausarbeitung des Fuûteils sollte darauf geachtet werden, dass bei einer Lagerungsschale die Schale selbst die Fuûlånge çberragt um Druck auf die Zehen durch die Bettdecke zu vermeiden. Ûblicherweise wird die Schiene nach einem Gipsmodell mit thermoplastischen Materialien gefertigt. ] Schienen-Hçlsen-Apparate Indikation: Belastungs- und Bewegungsschmerzen im Kniegelenk, schmerzhafte Arthrose und Instabilitåten, fehlende Operationsmæglichkeit. Orthopådietechnische Ausfçhrung: Ûblicherweise das Gelenk ruhigstellende, groûflåchige Apparatekonstruktion im Sinne einer Hçlsenkonstruktion an Ober- und Unterschenkel bzw.
Technisch-orthopådische Versorgung
durchgehend. In der durchgehenden Version kann auf seitlich stabilisierende Gelenkkonstruktionen und damit auf Gewicht verzichtet werden. Bei gewçnschter Gelenkbeweglichkeit wird dies çblicherweise durch ein monozentrisches oder polyzentrisches Scharniergelenk ermæglicht. Probleme aller Hçlsenapparate sind das Verrutschen nach distal und Stauungsprobleme. Dem kann durch das Anbringen eines Knie-/Fuûteiles entgegengewirkt werden. Ist eine Entlastung des Kniegelenkes oder des gesamten Beines gewçnscht, so muss auf eine Oberschenkelhçlsenversion mit Tuberaufsitz und Fuûteil mit Sohlenplatte und dorsalem Anschlag im Knæchelgelenk çbergegangen werden.
Sprunggelenk Synovialitische Schwellungen im Sprunggelenkbereich bei rheumatoiden Grunderkrankungen sind nicht selten. Hinzu kommen Enthesiopathien im Fersenbereich, synovialitische Schwellungen der Peronealsehnen und degenerative Verånderungen der Fuûwurzel. Neben orthopådieschuhtechnischen Maûnahmen sind auch Orthesenversorgungen im Sprunggelenkbereich mit in das Behandlungsspektrum einzubeziehen. Hierzu zåhlen: ] Gummielastische Bandagen mit Friktionspelotten Indikation: Schmerzen und synovialitische Reizungen im Sprunggelenk und in den Sehnen, Enthesiopathien an der Achillessehne. Orthopådietechnische Ausfçhrung: Ûblicherweise gummielastische Bandagen in Stricktechnik mit ggf. eingearbeiteten Friktionspelotten çber der Achillessehne seitlich oder im Sprunggelenksbereich, insbesondere im lateralem Gelenkanteil. Die Wirkung beruht auf einer Kompression des Sprunggelenkes, einem gewissen reizlindernden Effekt und einer geringen biomechanischen Stabilisierung. ] Stabilisierungsorthesen Indikation: Synovialitis, starke Reizzustånde bei arthrotischen/arthritischen Verånderungen. Orthopådietechnische Ausfçhrung: Ûblicherweise Ausfçhrung mit thermoplastisch anformbaren Kunststoffen mit Fuûteil. Hierdurch wird das Sprunggelenk ruhiggestellt, die Plantarflexion und damit schmerzhafte Bewegungen werden eingeschrånkt, hierdurch reizlindernder schmerzbefreiender Effekt.
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Wirbelsåulenorthesen Orthesen fçr die Halswirbelsåule Indikation: Bewegungsschmerz im Zervikalbereich, segmentale Instabilitåten, arthritische Verånderungen ggf. mit Nervenwurzelkompression. Orthopådietechnische Ausfçhrung: Ruhigstellende oder stabilisierende Orthesen fçr die Halswirbelsåule haben eine begrenzte Wirkung. Nach Untersuchungen von Johnson [1] sind die bewegungshemmenden Einflçsse derartiger Orthesen sehr gering. Speziell der Bereich der oberen Kopfgelenke und der beim Rheumatiker håufig befallenen atlanto-dentalen Region kænnen durch Orthesen nur geringgradig biomechanisch stabilisiert werden. Die Orthesen reichen von einem einfachen Schaumstoffwickelkragen çber Schaumstofforthesen mit anatomischer Anpassung bis hin zu Orthesen aus Plastazote und sehr rigiden Ausfçhrungen mit Thoraxabstçtzung bzw. der rigidesten Ausfçhrung, eine Halo-Body-Weste. Beim Rheumatiker sind çblicherweise nur kurzzeitig stabilisierende Orthesen im Sinne von Schaumstofforthesen bei akuten Reizzustånden anwendbar. Bei atlanto-dentalen Instabilitåten und fehlender Operationsmæglichkeit mit Gefåhrdung sind ggf. rigidere Orthesen in Erwågung zu ziehen, beispielsweise mit einem Philadelphia-Collar bzw. Orthesen mit einer thorakalen Abstçtzung.
Lumbalorthesen Im Rahmen rheumatoider Erkrankungen, speziell der Spondarthritiden, kommt es nicht selten zu Affektionen des lumbosakralen Ûbergangsbereiches mit resultierenden Schmerzphånomenen. Von der orthopådie-technischen Versorgung her sind unterschiedliche Mæglichkeiten gegeben. ] Lumbalbandage mit Stçtzpelotte lumbosakral Indikation: Schmerzhaft lumbosakrale Reizzustånde, milde Instabilitåten. Orthopådietechnische Ausfçhrung: Ûblicherweise Ausfçhrung mit gummielastischem Fixationsgçrtel und eingelegter lumbosakraler Pelotte. Diese Pelotten sind in vielen Bandagen mit Gummielementen eingearbeitet, teilweise mit Noppen versehen, die einen massierenden Effekt auf die Rçckenstreckmuskulatur ausçben sollen. Vom Patienten wird dieser Effekt als schmerzlindernd angegeben. Derartige Bandagen kæn-
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nen bei Bedarf durch Maûanfertigung mit Bauchhebezçgen versehen werden. Problematisch ist an den Pelotten, dass die Patienten teilweise in die Lordose ausweichen. Bei degenerativem oder entzçndlichem Befall der dorsalen Wirbelsåulenstrukturen ist der Einsatz von Pelotten allerdings problematisch. ] Lindemann-Mieder Indikation: Schmerzhafte lumbosakrale Funktionsstærungen. Orthopådietechnische Ausfçhrung: Halbelastisches Mieder mit Drellelementen, stabilisierenden Stabelementen, auch kombinierbar mit Bauchhebezçgen, stårkere Stabilisierung als die lumbalen Bandagen. ] Kreuzstçtzmieder Indikation: Lumbosakrale Schmerzzustånde, Instabilitåten. Orthopådietechnische Ausfçhrung: Konfektionierte oder nach Maû individuell angefertigte Orthesen bestehend aus Drell und elastischen Materialien mit einer in der Hæhe nach der individuellen Situation anpassbaren Lumbalpelotte (bis L1/L2).Zusåtzlich sind Bauchhebezçge einarbeitbar. Stårkergradige Fixation und Stabilisierung als die vorgenannten Mieder. ] Hohmann-Ûberbrçckungsmieder Indikation: Schmerzhafte lumbosakrale Prozesse, Instabilitåten hæheren Grades. Orthopådietechnische Ausfçhrung: Rahmenbauweise mit Abstçtzung im Bereich des Beckenkammes und der unteren Thoraxapertur, Metallstabilisierungsståbe. Hierdurch rigide Abstçtzung und stårkere Immobilisation des lumbosakralen Bereiches und des Lumbalbereiches. Leichtbauversion mæglich. ] Båhlersches 3-Punkte-Reklinationskorsett Indikation: Kompressionsfrakturen, stabil. Orthopådietechnische Ausfçhrung: Konfektionierte Orthese nach dem 3-Punkte-Prinzip, mit einer Thorakalpelotte reklinierend. Unterschiedliche Ausfçhrungen mit einer Thorakalpelotte oder im Sinne einer Rahmenkonstruktion mit 2 Thorakalpelotten. ] Rahmenstçtzkorsett Indikation: Osteoporotische Sinterungsfrakturen, hochgradige Schmerzzustånde der gesamten Wirbelsåule.
Orthopådietechnische Ausfçhrung: Korsett in Rahmenbauweise mit Aufrichtpelotten in den subklavikulåren Gruben, im Dorsalbereich bis in den Bereich der mittleren/oberen Brustwirbelsåule stabilisierend hochgezogen, feste Stabilisierungselemente.
Osteoporose-Orthesen Indikationen: Hochgradige Osteoporose mit Sinterungsfrakturen und starken Schmerzen. Die Wirkung wird heute auch teilweise çber die flåchige Stimulation der Hautpropriozeption begrçndet. Alle Orthesen streben eine Haltungsaufrichtung an. Orthopådietechnische Ausfçhrung: Anfertigung entweder nach Maû individuell oder çber 3 auf dem Markt erhåltliche konfektionierte Orthesen (Spinomed, Vibrostatic, Osteoporose-Body). Erstere mit einer Aluminiumabstçtzplatte, mittlere çber elastische Zçgel die Wirbelsåule abstçtzend/aufrichtend, letztere çber eine Stimulation çber eingebrachte Druckkammern und eine aufrichtende Body-Stricktechnik. Bei den Patienten werden gerade die konfektionierten, nicht so ¹schwerenª Orthesen vom Tragekomfort eher akzeptiert.
Hilfsmittelversorgungen Hilfsmittelversorgungen gehæren zur technischorthopådischen Versorgung der Patienten immer mit hinzu. Ûblicherweise werden sie heute in spezialisierten Zentren von der ergotherapeutischen Abteilung mit çbernommen und durchgefçhrt. Sie sind daher in diesem Kapitel nur summarisch aufgefçhrt. ± Gehhilfen ± Handstock ± Unterarmstçtze ± Arthritiker Stçtze ± Vierfuûgehstçtze ± Achselgehstçtze ± Gehgestelle ± reziprokes Gehgestell ± Rollator ± Deltarad ± Gehwagen ± Rollstçhle ± Hilfen fçr den Alltag.
Technisch-orthopådische Versorgung
Schuhversorgung Bei vielen entzçndlich-rheumatischen Erkrankungen kommt es bereits frçhzeitig zur Beteiligung des Fuûes und der Zehengelenke oder zur Enthesiopathie. Von unterschiedlichen Autoren wird die Fuûbeteiligung bei rheumatischen Erkrankungen bei bis zu 50% angegeben. Im Vorfuûbereich sind vor allem die Zehengrundgelenke, vor allem mit schmerzhaften Bursitiden unter den nach plantar hin vorspringenden Metatarsalekæpfchen, zusåtzlich entstehenden Krallenund Hammerzehen mit schmerzhaften Klavi zu nennen. Die Sprunggelenke kænnen bereits im Frçhstadium der Erkrankung im Sinne einer Oligoarthritis mit befallen sein. Bei der Psoriasisarthropathie werden såmtliche Gelenke, insbesondere auch die Zehen im Strahl mit befallen. Im Rçckfuûbereich dominiert die håufigste rheumatisch bedingte Fehlform des Fuûes, der Knick-/ Plattfuû mit der resultierenden Varusfehlstellung des Vorfuûes. Nicht selten kommt es gerade im Bereich des Ansatzes der Achillessehne zudem zu Enthesiopathien, am Ansatz der Plantarfaszie durch die Abflachung des Fuûlångsgewælbes zu Reizerscheinungen, die fålschlicherweise als Fersensporn bezeichnet werden, besser aber als eine Ansatztendinose des Musculus plantaris gesehen werden. Bei schweren Verlåufen rheumatoider Erkrankungen kommt es durch die synovialitische Schwellung im Sprunggelenk zur vollståndigen Lockerung des Bandapparates mit Instabilitåt im oberen und unteren Sprunggelenk, aber auch im Chopart-Gelenk und folgenden destruktiven bzw. degenerativen Verånderungen. Nicht selten sind auch entzçndliche Verånderungen im Tarsometatarsalgelenk zu finden. Fçr die rheumatoide Arthritis typisch ist der Pes plano-valgus im Rçckfuûbereich, die Abduktionsstellung des Vorfuûes mit pronatorischer Aufdrehung, der rheumatische Spreizfuû mit Arthritis des Groûzehengrundgelenkes, Hallux valgus und Hallux rigidus sowie die synovialitischen Schwellungen unter den Zehengrundgelenken II
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bis IV mit Verlust der Stabilitåt der intermetatarsalen Bandverbindungen, Abflachung des Quergewælbes, Prominenz der Metatarsalekæpfchen unter der Fuûsohle mit schmerzhaften Bursitiden, dorsalen Luxationen der Grundgliederbasen und Zehendeformierungen im Sinne von Krallenbzw. Hammerzehen mit Klavi. Das typische fortgeschrittene Bild des rheumatischen Vorfuûes ist der so genannte Windmçhlenfuû. Die orthopådie-schuhtechnische Versorgung vermag gerade bei der rheumatoiden Arthritis eine erhebliche therapeutische Wirkung zu ermæglichen, einerseits im Sinne von Prophylaxe weiterfçhrender Fuûdeformitåten, andererseits in der therapeutischen Beeinflussbarkeit schmerzhafter Zustånde am Fuû. Sie ist ein unverzichtbarer Bestandteil der technisch-orthopådischen Versorgung beim Rheumatiker. Sie wird aufgrund der Komplexitåt und Bedeutung in einem separaten Kapitel abgehandelt. Resçmierend bietet die konservative Orthopådie mit der technischen Orthopådie ein groûes Feld in der therapeutischen Beeinflussbarkeit von Folgezustånden rheumatischer Erkrankungen und gehært unabdingbar zur Palette der Behandlung dieses Krankheitsbildes (s. a. Kap. ¹Orthopådieschuhtechnikª).
Literatur 1. Baumgartner R, Greitemann B (2002) Grundkurs Technische Orthopådie. Thieme, Stuttgart 2. Baumgartner R (1981) Indikationen und Wirkungsweise von Orthesen an der HWS. Z Orthop 6(119): 690±693 3. Greitemann B, Perrick H (1997) Schuhversorgung des rheumatischen Fuûes. Praktische Orthopådie, Hrsg. Wessinghage. Bd 27, Thieme Stuttgart, S 255±264 4. Johnson RM et al (1977) Cervical orthosis. JBJS 59A:332±339
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Einfçhrung Øltere und aktuelle Studien belegen gleichermaûen, dass bei der rheumatoiden Arthritis (RA) die Fçûe in einem auffållig hohen Maûe mitbeteiligt sind. Die Inzidenz liegt zu Beginn der Erkrankung bei 15% [19]. Je långer der Krankheitsprozess anhålt, um so håufiger sind die Fçûe mitbetroffen. Nach mehrjåhrigem Verlauf ist von einer Fuûaffektion bei 50±100% der Patienten mit RA auszugehen. In der Literatur çberwiegen dazu Angaben, die einen Fuûbefall in der Græûenordnung zwischen 80 und 100% beschreiben [26, 31, 34, 37, 38]. Einheitlich wird dabei der Vorfuû als regelmåûig håufig betroffen (80±100%), der Befall des Rçckfuûes in einer breiten Streuung zwischen 10 und 65% benannt [12]. Diese wenigen Zahlen belegen eindrucksvoll die Notwendigkeit gezielter therapeutischer Maûnahmen in allen Stadien des rheumatischen Krankheitsprozesses [60]. Im Wesentlichen bleibt die konservative Therapie orthopådieschuhtechnischen Maûnahmen vorbehalten. Sie sollte aber nur im Kontext mit anderen, zumeist dauerhaft begleitenden Therapiekonzepten verstanden werden. Hervorzuheben in diesem Zusammenhang ist der Hinweis auf eine konsequente, stadiengerechte medikamentæse Behandlung, wie sie fçr die RA allgemein zu fordern ist. Nur im Zusammenwirken mit einer effektiven medikamentæsen Therapie wird eine orthopådieschuhtechnische Versorgung erfolgreich sein kænnen [48]. Die ærtliche Applikation, zumeist von Kortikoid-Injektionen, stellt oftmals eine sinnvolle Maûnahme zur Beherrschung akuter, schmerzhafter Artikulo- und Tenosynovialitiden am Fuû, zumindest vorçbergehend, dar [33]. Physikalische Behandlungsmaûnahmen bieten sich in vielfåltiger Form an. Sie sind als Ergånzung weiterer Therapieansåtze anzuwenden, den jeweiligen Stadien des Krankheitsprozesses entsprechend.
Als sehr wichtig ist die Physiotherapie einzustufen, die in allen Krankheitsstadien zur Anwendung kommen muss. Sie ist bei der RA, auch bei Befall des Fuûes, als Dauertherapie zu empfehlen. Dieser Forderung wird leider auch heute noch nicht mit der gebçhrenden Konsequenz entsprochen. Besonders gravierend ist, dass die Akzeptanz durch den Patienten erst in fortgeschrittenen Stadien und nicht, wie dringend notwendig, schon in frçhen Phasen des Krankheitsbildes gegeben ist. Hier ist ein groûes Defizit, auch von årztlicher Seite, aufzuarbeiten. Beispielhaft sei die Behandlung bei Beteiligung des Fuûes im frçhen Stadium erwåhnt. Hier kann durch ein gezieltes Ûbungsprogramm ein wesentlicher Beitrag zur Funktionserhaltung geleistet und der Entwicklung zu einem typischen Spåtbefund mit Pes plano-valgus oder Spreizfuû mit Hallux valgus entgegengewirkt werden. In frçhen Stadien besteht die Mæglichkeit der aktiven Korrektur der beginnenden Deformitåt in Belastung, im Weiteren sind passive Bewegungen oder Ûbungen in Entlastung angezeigt. Speziell wird das Aufrichten des Långsgewælbes, insbesondere das Verstårken des Druckes des M. peroneus zum Boden und die Dorsalflektion der Groûzehe geçbt. Hinzu kommt eine Kråftigung der Peroneus- und Tibialismuskulatur [15, 25]. Auch ergotherapeutische Maûnahmen sollten beachtet werden. Die erforderliche, sorgfåltige Fuûpflege, die im Weiteren noch angesprochen werden wird, kann beim Rheumatiker oftmals nur unter Verwendung von Hilfsmitteln realisiert werden. Das Fçûewaschen und Schneiden der Fuûnågel ist håufig wegen Deformitåten bzw. Funktionsbeeintråchtigung an den Hånden und durch Behinderungen in Hçft- und Kniegelenken deutlich beeintråchtigt [46]. Der Gebrauch einfacher Hilfsmittel erlaubt die selbstståndige Fuûpflege. Waschlappen mit Schlaufen und Bçrsten mit langem Stiel erleichtern das Fuûwaschen. Die Zehenzwischenråume kænnen mit einem durch Draht verlångerten Watte-
Orthopådieschuhtechnik
ståbchen gereinigt werden. Beim sorgfåltigen Abtrocknen der Fçûe ist die Verwendung eines Fæns oder eines Tuches mit langen Schlaufen hilfreich. Kçrzen der Zehennågel und Abtragen von Schwielen wird durch ein elektrisches Nagelschleifgeråt fçr viele Rheumatiker wieder mæglich, die nicht mehr in der Lage sind, Schere, Feile und andere Geråte zu benutzen [46]. Sollen orthopådieschuhtechnische Maûnahmen beim Rheumatiker langfristig erfolgreich sein, so ist die richtige, konsequente Fuûpflege als notwendige begleitende Maûnahme besonders wichtig. Neben der regelmåûigen Reinigung der Fçûe bleibt das Schneiden der Zehennågel im Abstand von 2±3 Wochen zu empfehlen [46]. Hier gilt es, ein Einwachsen in das Nagelbett zu verhindern und einer drohenden Paronychie vorzubeugen. Die Gefahr einer septischen Streuung in entfernt liegende Gelenke, auch z. B. bei implantierten Knie- und Hçftendoprothesen, darf im Falle einer Nagelbettentzçndung beim Rheumatiker nicht bagatellisiert werden. In speziellen Fållen bietet sich an, besondere, von medizinischen Fuûpflegern durchzufçhrende Behandlungsstrategien, die unter dem Begriff Orthonyxie subsumiert sind, zu erwågen [49]. Hartnåckige plantare Schwielen mit dem Bild einer hyperkeratotischen Hauterkrankung sind ursåchlich auf entzçndlich-rheumatisch bedingte Vorfuûdeformitåten, insbesondere im Bereich der Zehengrundgelenke, zurçckzufçhren. Das Abtragen von Fuûschwielen kann, auch im Zusammenhang mit orthopådieschuhtechnischen Anwendungen, hilfreich sein. Es erlaubt eine bessere Analyse der tieferliegenden Strukturverånderungen bzw. Verformungen und kann, zumindest vorçbergehend, schmerzlindernd wirken [34]. Wiederholte Behandlungen sind oftmals erforderlich. Sie sind erfolgversprechender, wenn gleichzeitig eine fachgerechte schuhtechnische Versorgung, wie im Folgenden nåher erlåutert, aufgenommen wird. Resçmierend sei hervorgehoben, dass gutes, bequemes, orthopådieschuhtechnisch çberprçftes, ergånztes, bzw. zugerichtetes Schuhwerk und der Verzicht auf die Versuchung, Komfort zu Gunsten modischer Aspekte zu opfern, immer sehr hilfreich sind, nicht nur die Fuûpflege zu erleichtern, sondern auch alle vorgenannten therapeutischen Maûnahmen am Rheumafuû maûgeblich zu unterstçtzen [34]. Die Anwendung so genannter kleiner Hilfsmittel, z. B. orthodigitales Splinting mit Silikonmaterial, das individuell angefertigt und angeformt werden kann, sind zuweilen geeignet,
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noch mobile Zehen vor Druckbelastung zu schçtzen und zu korrigieren [1]. Dies gilt in begrenztem Maûe auch fçr konfektionierte, aus Schaumstoffen oder åhnlichen Materialien und in verschiedenen Formen hergestellte Polster.
Einleitende Bemerkungen zur Orthopådieschuhtechnik Vor dem Hintergrund der zuvor einleitend kurz skizzierten nicht operativen Behandlungsmæglichkeiten am Rheumafuû bleibt herauszustellen, dass die orthopådieschuhtechnischen Maûnahmen in ihrer Wertigkeit im konservativen Therapiekonzept bei rheumatischen Fuûaffektionen ganz im Vordergrund stehen. Sie kænnen aber nur im Kontext mit den vorgenannten Behandlungsmæglichkeiten ihre besonderen Qualitåten unter dem Gesichtspunkt einer mæglichst effektiven Wirksamkeit entfalten. Es gibt keine scharfen Abgrenzungen, wann ein Problem bei einem Rheumafuû konservativ, d. h. im Wesentlichen durch orthopådieschuhtechnische Anwendungen oder operativ angegangen werden sollte [13]. Die Entscheidung, wann konservativ und wann operativ, ist im Einzelfall zu klåren. Dies verlangt fundierte Kenntnisse des Arztes çber beide Bereiche der mæglichen Therapie, der konservativen wie der operativen. Dies ist insbesondere fçr die Fålle einzufordern, die einer kombinierten schuhtechnischen und operativen Behandlung bedçrfen. Vielfach sollte es dem rheumatologisch versierten Orthopåden çberlassen bleiben, çber die mæglichst erfolgversprechende Strategie der Therapie des Rheumafuûes zu entscheiden. Dies bleibt auch im engeren Sinne zu postulieren, wenn besondere Anforderungen an die Indikationsstellung, Ausfçhrung und Ûberwachung spezieller orthopådieschuhtechnischer Maûnahmen gefragt sind. Die Indikation zu orthopådieschuhtechnischen Maûnahmen im Speziellen wird von mehreren Faktoren bestimmt. Abhångig vom Schweregrad des Befalls am Fuû ist die Verordnung von Einlagen, orthopådischen Schuhzurichtungen und orthopådischen Schuhen in vielfåltiger Form mæglich. Bei der schuhtechnischen Versorgung wird in erster Linie ein biomechanisch geprågter Therapieansatz verfolgt und sollte stadiengerecht eingesetzt werden. Die allgemeine Einschåtzung des Krankheitsprozesses, d. h. die
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Beachtung der aktuellen humoralen Entzçndungsaktivitåt ist von Bedeutung, ebenso die prognostische Bewertung, inwieweit durch ggf. Umstellung der medikamentæsen Therapie eine Besserung eines hochentzçndlichen Prozesses am Fuû zu erwarten ist. Eine voreilige Verordnung aufwendiger und auch kostentråchtiger schuhtechnischer Maûnahmen ist durch sorgfåltige Berçcksichtigung dieser Aspekte zu vermeiden. Andererseits kann ein zu zægerliches Abwarten die Chance verwehren, durch rechtzeitige Behandlung drohende Fuûverformungen zu verhindern. Die konsequente, engmaschige Betreuung des Patienten hilft, die mæglichst erfolgversprechendste Therapie zu realisieren. Dazu gehært nicht nur die Beachtung des aktuellen bzw. sich potentiell entwickelnden Fuûbefundes und des Krankheitsprozesses selbst, sondern auch die Bewertung sozial-medizinischer Aspekte. Es gilt insbesondere, berufsspezifische Probleme, wie stårkere kærperliche Belastung mit långerem Stehen und Gehen, ebenso einzubinden, wie Wçnsche nach zumeist begrenzter sportlicher Aktivitåt. Auch modische Ansprçche, wie schon erwåhnt, sind, wenn eine hohe Akzeptanz fçr die eingeleiteten Maûnahmen erwartet werden soll, nicht unbeachtet zu lassen. Wichtig erscheint der Hinweis, dass die schuhtechnischen Anwendungen in allen, also auch in den frçhen Stadien des Krankheitsverlaufes ihre Gçltigkeit haben. Dies bedeutet, dass diese komplexe, schuhtechnische Behandlungsstrategie nicht nur zur Funktionsverbesserung beachtet werden sollte, sondern auch besonders zur Funktionserhaltung. Die Funktionserhaltung ist ein Bereich, der auch heute im schuhtechnischen Therapiekonzept wenig Beachtung findet [37]. Es bleibt an wesentliche pathomorphologische Verånderungen am Rheumafuû zu erinnern, die diese Forderung einleuchtend und verståndlich machen.
Pathomorphologie des Rheumafuûes Generell bleibt herauszuheben, dass die rheumatisch bedingten Fuûverånderungen niemals isoliert betrachtet werden sollten. Vielmehr ist nachdrçcklich daraufhinzuweisen, die gesamte Gliederkette von der Hçfte çber das Knie bis zum oberen Sprunggelenk und schlieûlich bis zum Fuû zu berçcksichtigen. Eine durch eine
Rheumaerkrankung entstehende Achsenfehlstellung (z. B. Genu valgum oder Genu varum) hat erheblichen Einfluss auf die Fuûstatik. So ist also auch aus orthopådieschuhtechnischer Sicht immer die Analyse der gesamten Beinachse von besonderer Bedeutung, worauf im Folgenden noch nåher einzugehen ist. Im Hinblick auf eine mæglichst effektive schuhtechnische Behandlung seien nachfolgend, ohne Anspruch auf Vollståndigkeit, einige Aspekte in kurzer Form dargelegt, die den fortschreitenden Krankheitsprozess am Fuû bei entzçndlich-rheumatischen Affektionen, speziell der RA kennzeichnen. Im Prinzip mçssen wir rheumatische Rçck-, Mittel- und Vorfuûverånderungen als einen dynamischen, mehr oder weniger schnell ablaufenden Prozess begreifen. Fçr den Rçckfuû bleibt daran zu erinnern, dass hier eine Funktionseinheit von Gelenken mit den umgebenden Kapselund Bandstrukturen und den Sehnen gegeben ist: das Talokrural-, das Talokalkanear-sowie das Talonavikular- und das Kalkaneokuboidalgelenk, die dorsalen Extensoren sowie die Sehnen der medialen und lateralen retromalleolåren Sehnenlogen und schlieûlich die Achillessehne. Die aktiv und passiv wirksamen Haltefunktionen, die durch Kapseln, Bånder, Muskeln und Sehnen gewåhrleistet werden, nehmen bei der RA oftmals schon sehr frçh deutlichen Schaden. Damit ist sehr bald die deletåre Entwicklung von gravierenden Fehlhaltungen im Rçckfuûbereich mæglich. Es ist hervorzuheben, dass der Zusammenbruch des Långsgewælbes, der die Entwicklung eines rheumatischen Knick-/Senkoder Knick-/Plattfuûes einleitet, in der tibialen Gelenkreihe (Talonavikulargelenk!) eintritt und die Folge einer statisch bedingten Ûberlastung entzçndlich geschådigter kapsulårer, ligamentårer und muskulårer Stabilisatoren ist [7, 51]. Der Befall der Sehnen des Tibialis posterior verlangt hier besonders Interesse. Einige Autoren messen dem tenosynovialitischen Befall bis hin zur Ruptur der Postikussehne eine besondere Rolle bei der Entwicklung von Rçckfuûvalgusdeformitåten bei [1, 56]. In anderen Publikationen wird dies verneint, vielmehr der Befall des Talokalkaneargelenkes ursåchlich dafçr verantwortlich gemacht [31]. Diese Betrachtungsweise beeinflusst prinzipiell nicht die Indikationsbreite bei der schuhtechnischen Versorgung, kann aber im Detail die Art der Versorgung bestimmen. Dieses Beispiel verdeutlicht, wie wichtig die fachgerechte, sorgfåltige Analyse der Rçck-
Orthopådieschuhtechnik
fuûverånderungen am Rheumafuû im Einzelnen sein kann, um daraus eine optimale schuhtechnische Versorgung, dem jeweiligen Krankheitszustand entsprechend, ableiten zu kænnen. Besonders zu betonen bleibt, dass in aller Regel insgesamt bei den Rçckfuûverånderungen zunåchst mobile, also ein mobiler Knick-/Senkfuû, und erst im weiteren Verlauf kontrakte Deformitåten resultieren. Im Einzelfall sind aber besondere Verlaufsformen zu berçcksichtigen, die jeweils sehr ausgeprågt sein kænnen. Man unterscheidet eine fibrosierende Form, die frçh zur Einsteifung der vom rheumatischen Prozess betroffenen Gelenke, hier z. B. am Rçckfuû, fçhrt. Die mutilierend ± destruktive Verlaufsform geht dagegen mit einer bleibenden erheblichen Instabilitåt der betroffenen Gelenke einher. Dies hat fçr die spåter zu besprechende schuhtechnisch orientierte Therapie verståndlicherweise eine besondere Bedeutung. Allgemein kann konstatiert werden, dass als Spåtfolge des Rçckfuûbefalles sehr oft der Pes plano valgus mit vællig aufgehobenem Långsgewælbe resultiert (Abb. 1). Die Verknçpfung von rheumatischem Rçckund Mittelfuûbefall wird oftmals durch die Beobachtung einer Vorfuû-Mittelfuû-Varusfehlstellung augenfållig. Sie wird oft çbersehen und fçhrt zu fehlerhaften schuhtechnischen Therapieansåtzen. Eine Vorfuû-Mittelfuû-Varuskontraktur wird vielfach durch eine Rçckfuûvalgusstellung kompensiert und damit manifestiert. Umgekehrt kann eine Rçckfuûvalgusfehlstellung unbehandelt zu einem kontrakten Vorfuû-Mittelfuû in Varusstellung fçhren. Die richtige schuhtechnische Behandlung in diesen Fållen erfordert sehr sorgfåltige klinische und ggf. ræntgenologische Analysen dieser Befunde [1].
Abb. 1. Pes plano-valgus bei rheumatoider Arthritis
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Die Affektion des Mittelfuûes selbst ist håufiger, als allgemein angenommen wird [5, 50, 56]. Unsere eigenen Studien haben gezeigt, dass die frçhe Affektion der Lisfranc'schen Gelenklinie dazu beitrågt, den typischen rheumatischen Spreizfuû, zumindest bei seiner Entwicklung zu beschleunigen [5, 47, 50]. Dies bedeutet, dass nicht rein statische Elemente, wie wir dies vom rein degenerativ entwickelten Spreizfuû her kennen, zu berçcksichtigen sind, sondern auch arthritische Prozesse im Bereich der Lisfranc'schen Gelenklinie fçr die Entstehung des rheumatischen Spreizfuûes bedeutsam sind. Fçr die Entwicklung des rheumatischen Spreizfuûes mit Hallux valgus ist dazu noch die Elevation und supinatorische Verdrehung des ersten Fuûstrahles bei Aufhebung des Långsgewælbes wirksam. Dadurch kommt es zu einer Verlagerung des Adduktor hallucis nach plantar und zu einer deutlichen pathologisch wirksamen Fehlorientierung der Zugrichtung dieser Sehne. Die Aufspreizung des Fuûes fçhrt dazu, dass der Extensor hallucis longus nach fibular versetzt ist und damit der Valgusstellung der Groûzehe Vorschub leistet. Die Abflachung des Långsgewælbes fçhrt auch zu einer Abduktion des Vorfuûes und damit zu einer Ønderung der Zugrichtung der Zehenextensoren. Bei Befall der Zehengrundgelenke wird damit die fibulare Drift, insbesondere der Zehen II bis IV gefærdert. Schlieûlich ist fçr die V. Zehe, die beim rheumatischen Vorfuû çberwiegend in Varusstellung steht, zu erwåhnen, dass arthritische Destruktionen am Tarsometatarsalgelenk V zu einer verånderten Stellung des Metatarsale V fçhren und damit eine Insuffizienz des Abduktor digiti minimi zur Folge haben, die dann zu der schon beschriebenen Varusfehlstellung fçhrt [54]. Im Gefolge dieser typisch entzçndlich-rheumatisch bedingten Fuûaffektionen ist die Entwicklung hartnåckiger Hyperkeratosen und Ulzerationen, zumeist an der Fuûsohle, vielfach zu beobachten und ihre Entstehung gut interpretierbar. Sie stellen schuhtechnisch eine besondere therapeutische Herausforderung dar. Darçber hinaus bieten die oftmals zu konstatierenden Durchblutungsstærungen und besonders auch Vaskulitiden sowie Neuropathien besondere Probleme und verlangen eingehende Analysen. Schlieûlich bleibt daran zu erinnern, dass vielfach degenerative Verånderungen, besonders natçrlich bei ålteren Patienten, den Fuûbefund çberlagernd mitprågen kænnen, wie z. B. eine ausgeprågte Reduktion des Fuûsohlenfettpolsters [23].
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Bei der schuhtechnischen Versorgung gilt es auch, neben den vorab nåher angesprochenen spezifisch rheumatologisch pathomorphologischen Fuûververånderungen einen weiteren wesentlichen Aspekt zu berçcksichtigen. Bei der Realisierung schuhtechnischer Maûnahmen sind neben der Fuûaffektion andere involvierte Abschnitte der Gliederkette, wie Hçft- und Kniegelenk in die Behandlungsstrategie einzubinden. Auch die Erkenntnis ist im Auge zu behalten, dass durch die Gewichtsbelastung eine zusåtzliche Belastung der schon geschådigten Strukturen, insbesondere der Gelenke, am Fuû eintritt [23].
Klinische Befunde aus schuhtechnischer Sicht Zu Recht wird in zusammenfassenden Publikationen auf die Bedeutung sorgfåltiger Untersuchungstechniken und Schmerzanalysen im Rahmen der schuhtechnischen Versorgung des Rheumapatienten hingewiesen [10, 23, 43]. Die exakte Analyse der bestehenden Fuûbeschwerden ist oftmals schwierig. Die betroffenen Patienten sind vielfach nicht in der Lage, die Schmerzaffektion nåher zu charakterisieren. Nur durch eine differenzierte Untersuchung låsst sich dann feststellen, welcher Abschnitt der komplexen Formverånderung fçr geklagte Beschwerden verantwortlich zu machen ist und inwieweit dabei eine drohende oder bereits manifeste Funktionsbeeintråchtigung bewertet werden muss [29]. Dazu gehært die nåhere Erfassung von Gangstærungen, die beim barfçûigen Patienten am ehesten ermittelt werden kænnen. Normalerweise wird der Rçckfuû im lateralen Anteil des Kalkaneus aufgesetzt, wåhrend das innere Långsgewælbe nicht in Kontakt mit dem Boden kommt [14, 22, 27]. Im Weiteren wird aufgrund der Bewegung in den Sprunggelenken die gesamte Fuûflåche in Bodenkontakt eingestellt und die Gewichtsbelastung bei lasttragend aufliegender Ferse sowie vom I. und V. Mittelfuûkæpfchen çbernommen. Die Abrollung çber den Vorfuû kennzeichnet die Abstoûphase. Die Kleinzehen wirken als Stabilisatoren. Das Kærpergewicht wird çber den medialen Vorfuûbereich mit vermehrter Gewichtsbelastung auf die mittleren Metatarsalia abgerollt [14, 23, 27]. Rheumatisch bedingte Form- und Strukturverånderungen kænnen den Abrollvorgang er-
heblich beeintråchtigen. Die sich oft beim Rheumatiker entwickelnde Valgusfehlstellung des Rçckfuûes fçhrt zur Fehlbelastung der medialen (tibialen) Fersenbereiche und des Subtalargelenkes. Die Mitbeteiligung der Fuûwurzel stært maûgeblich den weiteren Abrollvorgang. Torsionsbewegungen und långere Belastungsphasen sind dann mit starken Schmerzen verbunden, Phånomene, die insbesondere bei manifesten Knick-/Senk- oder Knick-/Plattfuûbefunden augenfållig werden. Kontrakte schmerzbedingte Fehlhaltungen kænnen die Folge sein. Die håufige Vorfuûaffektion mit Destruktion der Zehengrundgelenke und Fehlstellungen der Zehen limitieren das Abrollen in der Abstoûphase zuweilen erheblich. Oftmals berçhren wegen fortgeschrittener Destruktionsprozesse in den Gelenken die Kuppen der Zehen, einschlieûlich der Groûzehen, im Stand und auch in der Schrittabwicklung nicht den Boden. Der physiologische Abrollvorgang wird dann vællig vermieden. Die ærtliche Inspektion des Fuûes hilft Schwellungen, trophische Stærungen, entzçndliche Rætungen und Verfårbungen sowie Hyperkeratosen der Haut zu erfassen (Abb. 2). Hinweisen auf eine Vaskulitis muss nachgegangen werden. Palpatorisch ist nach Stærungen der Durchblutung und Sensibilitåt zu fahnden. Die Druckschmerzhaftigkeit in verschiedenen Arealen des Fuûes ist sorgfåltig zu eruieren. Ursachen fçr eine Druckdolenz kænnen Artikulosynovialitiden, z. B. çber dem Subtalargelenk, dem Talonavikulargelenk und insbesondere den Zehengrundgelenken oder Tenosynovialitiden, z. B. der Sehne des M. tibialis posterior, sein. Ebenso sind der Palpation Bursitiden, z. B. plan-
Abb. 2. Rheumatischer Spreizfuû mit Hyperkeratosen und Bursitiden
Orthopådieschuhtechnik
tar in Hæhe der Metatarsalkæpfchen, zugånglich. Ausgeçbter Druck læst dann in dieser Region starken Schmerz aus. Der Gaenslen-Handgriff mit Kompression des Vorfuûes ist bei Vorliegen einer Artikulosynovialitis der Zehengrundgelenke und/oder einer Morton-Neuralgie schmerzhaft [19]. Die Palpation erlaubt fernerhin, zwischen noch mobilen oder bereits kontrakten Rçck-, Mittel- und Vorfuûdeformitåten zu unterscheiden und z. B. eine Rçckfuûvalgus- oder eine Vorfuûsupinationsfehlstellung nåher zu analysieren. Dabei ist der Prçfung der Mobilitåt des Rçckfuûes besonderes Augenmerk zu schenken. Die Stoûbelastbarkeit der Ferse sollte getestet werden (Schmerzangabe?). Die Schmerzauslæsung bei der Funktionsprçfung bedarf ebenso der besonderen Aufmerksamkeit. Torsionsprçfungen im Fuûwurzelbereich geben, bei fixierter Ferse geprçft, Aufschluss çber das Ausmaû der Mittelfuûbeteiligung und den Einfluss von Rçckfuûdeformitåten auf diesem Bereich. Die Erfassung oder der Ausschluss von meist schmerzhaften Kontrakturen stehen hier im Vordergrund [23].
Evaluation und Qualitåtssicherung Bevor im nachfolgenden Kapitel speziell auf die Mæglichkeiten eingegangen wird, wie das Versorgungsziel Funktion- und Strukturerhaltung, Beschwerdelinderung und Mobilitåtsverbesserung bei rheumatischen Fuûaffektionen erreicht werden kann, erscheint noch ein Wort zur Frage des Qualitåtsnachweises schuhtechnischer Maûnahmen notwendig. Es fehlt nicht an Publikationen im nationalen und internationalen Schrifttum, die allgemein und im speziellen die Bedeutung der Orthopådieschuhtechnik bei der Behandlung des Rheumafuûes hervorheben. Zumeist handelt es sich um Erfahrungsberichte, die keine Nachuntersuchung oder Verlaufsbeobachtung zur Grundlage haben. Nur sehr wenige Veræffentlichungen beziehen solche Aspekte ein [6]. Es liegt im Schrifttum nach ausgiebiger Recherche aktuell nur eine Veræffentlichung vor, die nach heute zu fordernden Kriterien eine anspruchsvolle Evaluierung im Rahmen einer prospektiven Studie bietet. Darin wird eine Einlagenversorgung beim Rheumatiker als ineffektiv bewertet [11]. Aber auch diese
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Studie weist verschiedene, auch instrumentelle Mångel auf, die nicht zu çbersehen sind [35, 60], sodass der Aussagewert nur gering ist. Eigene Bemçhungen, eine verlåssliche Evaluierung schuhtechnischer Maûnahmen auf den Weg zu bringen, zeigen deutlich die engen Grenzen, hier Fortschritte zu erreichen. Dies liegt sicherlich in der ausgeprågten Heterogenitåt des rheumatischen Fuûbefalles, in der sich oftmals veråndernden entzçndlich-humoralen Aktivitåt des Krankheitsprozesses und schlieûlich in den vielfåltigen Therapieansåtzen auf dem orthopådieschuhtechnischen Gebiet begrçndet.
Einlagen Allgemeines Die Verordnung von Einlagen ist sehr verbreitet bei drohenden oder bereits etablierten entzçndlich-rheumatisch bedingten Fuûaffektionen. Allerdings ist immer wieder zu registrieren, dass vielfåltig geformte und aus unterschiedlichen Materialien hergestellte Einlagen nicht getragen werden und die betroffenen Patienten auf weite, weich gepolsterte Schuhe, oft Sportschuhe oder Hausschuhe zurçckgreifen, um Beschwerden oder Funktionseinbuûen zu lindern bzw. zu beheben. Diese Feststellung ist åuûerst bedenklich, wird dadurch doch die Chance vertan, weitgehend risikolos eine erfolgversprechende Prophylaxe und eine wertvolle und effektive Behandlung anzubieten. Die mangelnde Kenntnis des Arztes çber die drohende oder schon eingetretene Verånderung ist oftmals der Grund fçr eine fçr den Patienten nicht akzeptable Einlagenversorgung. Ohne dieses Detailwissen ist es nicht mæglich, dem jeweiligen Stadium und Ausprågungsgrad entsprechend, eine exakte, individuell ausgerichtete Einlagenversorgung durchzufçhren. Auch die unzureichende Kooperation zwischen Arzt und Orthopådieschuhtechniker trågt dazu bei, Defizite bei der Einlagenversorgung aufkommen zu lassen. Zu fordern ist ein enges, kontinuierliches Miteinander von Arzt und Schuhtechniker. Es gelingt besonders in schwierigen Fållen erst nach mehreren Konsultationen, mit Einbeziehung von Patienten, Schuhtechniker und Arzt, den richtigen Weg in der Einlagenversorgung zu finden. Der Schlçssel fçr eine gute Zusammen-
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arbeit ist oftmals die exakte, alle Aspekte berçcksichtigende Rezeptur [20, 22, 27, 29 61]. Dadurch kænnen Missverståndnisse vermieden und eine fachgerechte Einlagenfertigung sichergestellt werden [51]. Schlieûlich soll nicht unerwåhnt bleiben, dass es den Patienten zuweilen an Geduld mangelt. Oft stellt sich der positive Effekt der Einlagenversorgung erst nach einigen Wochen der Gewæhnung und Anpassung ein. Der Hinweis, dass speziell gefertigte Einlagen erst stundenweise und dann allmåhlich zunehmend regelmåûig getragen werden sollten, hilft dem Patienten ebenfalls, die verordneten Einlagen zu akzeptieren und dauerhaft zu nutzen. Ein wesentlicher Grund fçr die vielen Fehlschlåge bei der Einlagenversorgung ist fernerhin, dass zu der vorhandenen Einlage nicht der entsprechende Schuh getragen wird. Schuh und Einlage gehæren als eine Einheit zusammen.
Wirkprinzipien der Einlagen und Einlagentypen Die Wirkprinzipien von Einlagen haben grundsåtzlich ihre Gçltigkeit, vielfåltige Therapieziele bei allen krankhaften angeborenen und erworbenen Fuûverånderungen erreichen zu helfen. Es werden drei Einlagentypen unterschieden: Korrektureinlagen, Kopieeinlagen und Bettungseinlagen. Die differenzierbaren Wirkungsweisen ergeben im Einzelfall am gleichen Fuû Kombinationsmæglichkeiten [27]. Einlagen kænnen nur unter Belastung ihre Wirkung entfalten. Deformierender Belastungsdruck (Bodendruck) soll durch die Einlage in korrigierende, gerichtete Kraft umgewandelt werden. Dies ist in optimaler Weise nur unter den Bedingungen des Kraftschlusses zwischen Fuû und Einlage, Einlage und Schuh sowie Schuh und Boden erreichbar. Die Einlage sollte eine definierte Lage zu Fuû und Schuh beinhalten, wenn gezielte Wirkungen angestrebt werden. Dieses Problem ist vielfach nur unbefriedigend gelæst, zumal Bewegungsablauf und Fuûabrollung meist erheblich von Beweglichkeit und Elastizitåt der Gelenke eines normalen Konfektionsschuhes abweichen [27]. Je nach Bauart und Stabilitåt des Schuhes (Laufsohle, Gelenk, Absatz, Schaft) wird sich die Inkongruenz der Bewegungsablåufe frçher oder spåter in deutlichen Tragspuren zeigen. Diese Tragspuren stellen ein wichtiges Hilfsmoment zur Erkennung und Analyse von Fuûfehlfunk-
tionen dar. Sie zeigen aber auch, wie schwierig es ist, bestimmte Krafteinflçsse vom Boden çber den Schuh und die Einlage ohne Richtungsverluste auf den Schuh einwirken zu lassen [9, 27]. Jede Einlagenkonstruktion versteift das Schuhgelenk durch Ûberbrçckung. Ein dadurch mægliches Heraushebeln wçrde jede kraftschlçssige Einlagenwirkung stæren. Die Kippsicherheit einer Einlage muss durch formschlçssige Anpassung der Lastaufnahmebezirke im Rçck- und Vorfuûbereich gewåhrleistet sein. Diese Anpassung (z. B. mit stabilisierenden Keilen) darf natçrlich nicht die Wirkungsebenen einer Einlage beeintråchtigen (Pro- und Supinationskeile) [27]. Sehr wichtig ist eine geeignete, stabile Schaftkonstruktion des Schuhes, die ein beliebiges seitliches Abgleiten oder Ausweichen des Fuûes verhindert. Diese Bedingungen sind mit leichten Konfektionsschuhen håufig nicht erfçllbar. Zu breite Einlagenformen kænnen den Schaft vor allem in Hæhe des Schuhgelenkes rasch zerstæren, zu schmale Einlagen verrutschen im Schuh und verursachen leicht Kantendruck. Wirksame Korrekturkråfte mçssen sich auf einem gençgend stabilen Schuhboden abstçtzen. Schuhzurichtungen des Absatzes, wie sie im Folgenden noch beschrieben werden, beugen der Schuhgelenkzerstærung vor. Lange Einlagen færdern das Heraushebeln der Ferse, kurze die Ûberlastung des Schuhgelenkes. Orthopådische Konfektionsschuhe (Schuhe fçr lose Einlagen) mit stabilem Schuhboden und hæher gezogenem Schaft sowie gençgender Weite erfçllen am ehesten die Voraussetzungen fçr eine wirksame Einlagenversorgung [27]. Betrachtet man, unter Berçcksichtigung der vorhergehenden Darlegungen, die mæglichen Wirkprinzipien ± korrigierend, stçtzend sowie druckentlastend und bettend ± von Einlagen zur Prophylaxe und Therapie entzçndlich-rheumatischer Fuûaffektionen, so wird deutlich, dass bei der Auswahl des Einlagentyps insbesondere krankheitsspezifische Aspekte zum Tragen kommen mçssen.
Korrektureinlagen Sie finden ihren Einsatz in erster Linie bei kindlichen Fuûdeformitåten zur Wachstumslenkung. Sie wirken durch definierte Druckeinwirkung an umschriebenen Stellen. Korrigierende Einlagen sind bei entzçndlich-rheumatischen Erkrankungen praktisch nie indiziert, allenfalls in
Orthopådieschuhtechnik
sehr frçhen Stadien, wenn nach einem akuten Schub eine långere Phase mit geringer oder ohne entzçndlicher Aktivitåt zu registrieren ist und eine leichte Fehlstellung (z. B. im Rçckfuûbereich) resultiert.
Kopieeinlagen Sie stellen kongruente Kopien des Sohlenreliefs in gewaltlos erreichbarer Stellungsverbesserung des Fuûes dar. Deformierende Belastungseinflçsse werden durch die Modelltechnik am entlasteten Fuû ausgeschaltet. Diese Einlagen besitzen keine eigentliche Korrekturwirkung, vielmehr stçtzen sie den Fuû in funktionsgçnstiger, beschwerdefreier oder zumindest schmerzarmer Stellung. Mit dem durch die Einlage z. B. erreichten Erhalt des Långsgewælbes wird die Lastverteilung optimiert. Stçtzende Einlagen sind bei rheumatisch-entzçndlichen Fuûfehlstellungen indiziert, die ohne begleitende Schmerzauslæsung passiv veråndert werden kænnen [23, 27].
Bettungseinlagen Bettende Einlagen dienen dem Ausgleich der Belastung bzw. der Entlastung einzelner Sohlenabschnitte. Die Verteilung der Kærperlast wird gleichfærmig und breitflåchig gewåhrleistet. Kleinflåchige oder punktfærmige, schlecht weichteilgepolsterte Ûberlastungszonen werden entlastet. Druckentlastung wird durch umschriebene Aussparungen, ergånzt durch Polsterung erreicht. Die Versorgung mit bettenden Einlagen zielt nicht auf eine Aufrichtung der Gewælbe, sondern wird verwendet, wenn die Gewælbe nicht mehr aufgerichtet werden kænnen (Kontrakturen!) oder passiv, bei nicht ohne Schmerzauslæsung zu behebenden Deformitåten [23]. Bei fortgeschrittenen rheumatischen Fuûverånderungen ist eine manuelle oder Entlastungskorrektur nicht oder nur in sehr begrenztem Umfang mæglich. Passive Korrekturversuche sind bei kontrakten Fçûen zu vermeiden, da sie in der Regel zu Belastungsproblemen und Beschwerden oder zur Einlagenzerstærung fçhren.
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Fertigungstechnik und Materialien Eine erfolgversprechende Einlagenversorgung beim Rheumatiker wird nicht unerheblich von der Fertigungstechnik und der Wahl des anzuwendenden Materials mitbestimmt. Serienfertigungen von so genannten Schuheinlagen (konfektionierte Einlagen) sind fçr die Prophylaxe und Behandlung rheumatischer Fuûerkrankungen nicht geeignet. Ûber die Angebotspalette bei sog. Diabetikerschuhen wird aktuell vielfach versucht, auch fçr den Rheumatiker åhnliche Offerten abzugeben. Soll eine erfolgversprechende Einlagenversorgung im Gesamttherapiekonzept des Rheumatikers Anwendung finden, so sind jegliche Formen konfektionierter Einlagen abzulehnen. Die Anfertigung von Einlagen muss eindeutig vom Arzt in der Rezeptur pråzise beschrieben werden. Dazu gehært insbesondere auch die Angabe, ob die Einlage nach Maû oder nach Gipsabdruck (Abdruck) gefertigt werden soll. Nach Maû lassen sich Einlagen nur mit einem begrenzten Genauigkeitswert herstellen. Technisch wird dazu eine Trittspur genommen, die belastete Areale und druckfreie Bezirke erkennen låsst. Es handelt sich um ein zweidimensionales Verfahren, das nur bedingt Aussagen çber die Fuûform zulåsst. Die Ûbertragbarkeit auf eine dreidimensionale Einlagenform und die Darstellbarkeit unterschiedlicher Belastungsgræûen sind unbefriedigend und ungenau. Die Trittspur kann objektiv die Lången- und Breitenmaûe des zu korrigierenden Fuûes, die Auswirkungen einer therapeutisch relevanten Stellungskorrektur jedoch nicht vermitteln [27]. Ergånzende Angaben zur Form mçssen zusåtzlich schriftlich (Maûblatt!) festgehalten werden. Nach den Maûen wird die Formung und der Zuschnitt abgeleitet. Wenn Einlagen nach einem Positivmodell gefertigt werden sollen, muss dafçr eine Negativform abgenommen werden. Dies geschieht in Form eines Gipsabdruckes oder mit Hilfe anderer Verfahren (Tretschaumnegativ, Wachsfolienabdruck). Von dieser Negativform kann dann ein Positivmodell hergestellt werden, çber das die Einlage gearbeitet wird [22]. Es handelt sich um eine dreidimensionale Erfassung der Fuûform. Manuelle Korrekturen der Vor-, Mittel- und Rçckfuûstellung sind mæglich. Wichtige Skelettpunkte werden am Fuû markiert und çbertragen sich pråzise auf Negativ- bzw. Positivmodelle. Fçr die Einlagenfertigung kænnen verschiedene Materialien, dem Bedarf entsprechend, ver-
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wandt werden. Einlagen lassen sich aus Holz, Metall, Kork bzw. Korkgemischen, Plexidur bzw. Phermit und weiteren, zunehmend in den Vordergrund rçckenden, flexiblen, thermoplastischen Kunststoffen herstellen. Aktuell finden Kunststoffe mit schaumartiger, geschlossener Struktur in unterschiedlicher Hårte (Shore) Anwendung. Diese Produkte (z. B. Podialene, Ignor Ortho 2000, Erlangen) sind mit verschiedenen Stårken je nach Bedçrfnis kombinierbar zu verarbeiten (Sandwich-Technik). Auch schaumartige Materialien mit sogenannter offener Struktur stehen zur Verfçgung. Lederfaserstoffe und andere Produkte komplettieren das Angebot. Auf die spezielle Versorgung mit diesen unterschiedlichen Materialien wird im Folgenden nåher eingegangen [42].
Spezielle Aspekte zur Einlagenversorgung beim Rheumatiker Es liegt auf der Hand, dass wesentliche, im Vorhergehenden schon angesprochene Aspekte, wie sie fçr die Einlagenversorgung in der Orthopådie allgemein gçltig sind, auch fçr die lndikationsstellung beim entzçndlich-rheumatisch betroffenen Fuû zu reklamieren sind. Aufgrund der sich vielfåltig stellenden Besonderheiten sind fçr den Rheumapatienten mit Fuûproblemen einige spezielle Hinweise angezeigt. Es kann nicht nachdrçcklich genug darauf hingewiesen werden, dass einer Einlagenversorgung bei entzçndlich-rheumatischen Affektionen mit Befall des Fuûes schon in frçhen Stadien des Krankheitsprozesses ein hoher Stellenwert beigemessen werden muss. Hier kommt, neben der Beschwerdelinderung, dem Erhalt der Fuûstatik, insbesondere des Långs- und Quergewælbes sowie des Rçckfuûes als prophylaktische Maûnahme hohe Prioritåt zu. In Betracht kommen çberwiegend stçtzende und bettende/druckentlastende Einlagen; korrigierend wirkende sind, von seltenen Ausnahmen abgesehen ± wie vorab angesprochen ±, nicht indiziert. Wenn in diesen frçhen Stadien keine schmerzhaften Synovialitiden und subkutane Bursitiden zu konstatieren sind, kænnen kurzsohlige Einlagen verordnet werden. Bestimmen die vorgenannten aktiven entzçndlichen Verånderungen das klinische Bild, ist der langsohlig gearbeiteten Einlage der Vorzug zu geben [57]. Eine Versorgung mit stçtzenden Einlagen. die in frçhen Stadien zum Erhalt der Fuûstatik beitragen soll, ist dann mæglich, wenn
eine gewaltlose, schmerzfreie passive Stellungsverbesserung oder -korrektur mæglich ist [22, 27]. Hier ist insbesondere auf die Stçtzung des Rçckfuûes bei drohendem Rçckfuûvalgus hinzuweisen [53]. Damit wird auch die gesamte Fuûstatik optimiert und erhalten. Besonderes Augenmerk ist bei diesen Fållen der sehr sorgfåltigen Abstçtzung des Långsgewælbes zu schenken. Am Långsgewælbe wird die Gewichtsbelastung aufgenommen und bei federnder und dåmpfender Funktion auf die Fuûsohle verteilt. Zu diesem Zweck soll die Långsgewælbepelotte unter dem Sustentaculum tali platziert werden [23, 57] (Abb. 3 a, b). Wird der Scheitel der Pelotte mehr nach distal zur Fuûwurzel hin verlagert und fçllt damit das gesamte Långsgewælbe aus, so geht die eigentliche Gewælbefunktion, nåmlich Elastizitåt und Belastungsdåmpfung, verloren [23]. Die Einlage kann dann nicht mehr ihren Zweck erfçllen, die Rçckfuûstellung zu erhalten. Hinzu kommt, dass in solchen Fållen der Vorverlagerung der Långsgewælbepelotte diese Einlage im Schuh nach hinten rutscht. Die Metatarsalstçtze liegt dann in druckentzçndlichen Bereichen unter der Fuûsohle [52, 57]. Wird fålschlicherweise die Långsgewælbepelotte noch weiter distal angebracht, resultiert eine Supination des Vorfuûes und damit eher eine weitere Abflachung des Långsgewælbes [23]. Zusåtzlich sollte diese Einlage mit der richtigen Positionierung der Långsgewælbepelotte im Rçckfuûbereich halbschalenoder schalenfærmig gearbeitet werden, insbesondere um damit zu verhindern, dass die Ferse nicht durch die mediale Anhebung nach lateral abdriften kann. Zusåtzliche Zurichtungen am Schuh kænnen diese Maûnahmen noch unterstçtzen, wie spåter auszufçhren sein wird. Bei drohenden Vorfuûdefomitåten (Spreizfuû und Hallux valgus) ist die Verordnung einer Quergewælbepelotte angezeigt. Diese Vorfuûpelotte sollte retrokapital liegen, um das Quergewælbe zu stçtzen und dabei gleichzeitig die Metatarsalkæpfchen zu entlasten. Es ist dabei von besonderer Bedeutung, dass die Pelotte nicht zu weit in die Nåhe der Zehengrundgelenke lokalisiert wird. Dadurch wçrde eine zu hohe Druckbelastung unter den Kæpfchen resultieren. Ebenso darf die Pelotte nicht zu weit nach hinten positioniert sein, weil in diesen Fållen dann die Metatarsalkæpfchen nicht ausreichend genug angehoben werden. Die Vorfuûpelotte darf nicht zu breit sein. Die Metatarsalkæpfchen I und V mçssen guten Bodenkontakt haben. Bei einer zu groûen Pelotte werden der I. und V. Strahl aus-
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Abb. 3. a Korrekte Anhebung des medialen Långsbogens. Unterstçtzung am Sustentaculum tali (A), nicht im Verlauf des Långsbogens (B)! b Stçtzend/bettende Einlage mit korrekter Abstçtzung am Sustentaculum tali. Rçckfuûbereich halbschalenfærmig.
Abb. 4. a Bei zu breiter Quergewælbepelotte wird ein Aufliegen der Mittelfuûkæpfchen I und V verhindert [22, 23]. b Stçtzend/ bettende Einlagen mit korrekt platzierter Vorfuûpelotte. (Im Vorfuûbereich elastisches Material!).
einandergedrångt [23, 51]. Eine zu weiche Bettung im Vorfuûbereich wçrde dazu fçhren, dass die Metatarsalkæpfehen zwar gut gebettet sind, aber immer weiter nach plantar durchtreten, bis letztendlich ein vællig abgeflachtes Quergewælbe resultiert (Abb. 4 a, b). Zusammenfassend låsst sich festhalten, dass bei Einlagenversorgung in frçhen Stadien des rheumatischen Prozesses ± sofern keine hochaktiven Entzçndungsphånomene zu registrieren sind ± eine kurzsohlige Einlage mit Abstçtzung des Långs- und Quergewælbes indiziert ist. Sind schon in diesen frçhen Stadien schmerzhafte Synovialitiden und Bursitiden zu beklagen, so ist in
aller Regel eine langsohlige Einlagenversorgung vorzunehmen, die bei passiv schmerzfreier Korrekturmæglichkeit mit einer stçtzenden Einlage durchgefçhrt wird. Als Materialien sind fçr den Rçckfuûbereich starre, bzw. halbstarre Produkte zu empfehlen. Fçr den Vorfuû ist eine Fertigung aus elastischen Materialien vorzuziehen. Es wird in der Literatur [22, 23, 28, 32, 54, 55, 57] kontrovers diskutiert, ob insgesamt auch dann bei fortschreitenden rheumatisch bedingten Deformitåten absolut weiche oder vællig harte Materialien zur Anwendung kommen sollen. In den hier zu besprechenden frçhen Stadien wird man einer Fertigung aus elastischen, nicht zu weichen Mate-
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rialien im Vorfuûbereich den Vorzug geben mçssen [51]. In fortgeschritteneren Fållen wird eine Einlagenversorgung zumeist in Form bettender und druckentlastender Einlagen zu empfehlen sein. Diese sind in aller Regel nur langsohlig gearbeitet und nach Gipsabdruck (Abdruck) zu verordnen. Sie sollten vorwiegend bei den sehr håufig vorhandenen schmerzhaften Bursitiden und Artikulosynovialitiden, verbunden mit ausgeprågten Fuûdeformitåten, nach der Fuûsohle geformt sein. Stçtzende oder gar korrigierende Elemente stehen hier in aller Regel nicht im Vordergrund. Eine Verbesserung der Fuûform ist in diesen fortgeschrittenen Stadien nicht ins Auge zu fassen. Kontrovers wird in der Literatur die Wahl des zu verwendenden Materials in diesen Fållen besprochen. Es wird zum einen die Versorgung mit fest gearbeiteten Einlagen gefordert [27, 54, 57]. Begrçndet wird dies mit der Gefahr, dass bei der Verwendung zu weicher Materialien die Formerhaltung nicht mæglich ist. Die aktiv und passiv formerhaltenden Strukturen und Kråfte seien durch die rheumatischen Prozesse geschwåcht, durch fest gearbeitete Einlagen kænne den fortschreitenden Deformitåten entgegengewirkt werden [57]. Ûberwiegend wird jedoch die Meinung vertreten, Weichbettungen den Vorzug zu geben [22±24, 32, 61]. Allerdings wird hierbei zu berçcksichtigen sein, dass bei Verwendung weicher Materialien auf eine sehr exakte Formung des Abdruckes bzw. der Einlage selbst Wert zu legen ist. Wird dies nicht gewåhrleistet und nicht fçr eine gute Auflageflåche in den lasttragenden Arealen des Fuûes Sorge getragen, ist die Kritik gegençber weichen Einlagen berechtigt. Problematisch sind hart gearbeitete Einlagen in hochakut entzçndlichen Phasen, begleitet von schon vorhandenen Deformitåten. In diesen Fållen werden sie von den Patienten oftmals nicht toleriert. Es folgt dann, wie die Erfahrung zeigt, eine weitere, als symptomatische Maûnahme zu wertende Versorgung mit sehr weichen Materialien, die aber nicht mehr den vorgenannten Prinzipien einer korrekten Fertigung entspricht. Im Resçmee bleibt herauszustellen, dass in schon fortgeschrittenen Phasen des rheumatischen Krankheitsprozesses, verbunden mit einer mehr oder weniger deutlichen Entzçndungsaktivitåt (Synovialitiden, Tenosynovialitiden, Bursitiden), langsohlig gearbeitete, bettende Einlagen zu verordnen sind. Passiv schmerzfrei durchfçhrbare Korrekturen (Rçckfuû!, Supinationsfehlstellung!) mçssen Berçcksichtigung finden. Diese bettenden Einlagen sollten im Rçckfuûbereich aus star-
ren oder çberwiegend halbstarren, fçr den Vorfuûbereich aus elastischen, nicht zu weichen Materialien gearbeitet werden. Der Rçckfuûanteil wird den Gegebenheiten entsprechend (Rçckfuûvalgus!) halbschalen- oder schalenfærmig gefertigt. In aller Regel wird eine Vorfuûpelotte anzubringen sein. Bei deutlichen Entzçndungsphånomenen im Vorfuûbereich ist die Quergewælbepelotte, auch wenn sie richtig positioniert ist, nicht ausreichend. In diesen Fållen empfiehlt sich eine retrokapitale Abstçtzung in Form einer Rampe, die eine bessere Entlastung der Metatarsalkæpfchen und eine gçnstigere Druckverteilung ermæglicht. Das Entlastungsmoment kann dabei durch punktuelle Weichbettung oder Ausschleifungen/ Hohllegungen betont werden. Die Ausschleifungen kænnen dann die Brandsohle des Schuhes mit einbeziehen, wie dies nachfolgend noch Erwåhnung finden wird. Fçr diese Art der vorbeschriebenen Einlagenversorgung in frçhen und spåten Stadien der rheumatisch bedingten Fuûaffektionen sind die auszuwåhlenden Materialien auch in der Rezeptur zu berçcksichtigen. Einlagen aus Holz und Metall gefertigt, spielen fçr die Behandlung des Rheumafuûes keine Rolle. In frçhen Stadien, wie vorab angesprochen, ist die Versorgung mit Kork-Leder-Einlagen håufig angezeigt. Sie haben den Vorteil, genau nach einem Gipsabdruck angefertigt werden zu kænnen. Hervorzuheben ist die Bearbeitungsmæglichkeit. Schleifen und Fråsen der Einlagen erlauben eine gute Anpassung an den Schuh. Ausschleifungen sind leicht realisierbar und damit das Auspolstern mit Gummi oder Schaumstoffen zur punktuellen Entlastung bestimmter Areale. Die Materialeigenschaft erlaubt die Fertigung von stçtzenden und bettenden Einlagen. Das Anbringen von Versteifungsmaterialien zur Vermeidung von Verformungen ist mæglich. Die lederçberzogenen Einlagen werden von den Rheumatikern wegen der angenehmen Trageigenschaften akzeptiert [61]. Beim Reinigen der Einlagen kænnen, insbesondere bei starkem Fuûschweiû, Probleme auftreten. In diesen Fållen ist die Einlagenfertigung mit verschiedenen geschåumten Kunststoffen, die in unterschiedlicher Hårte angeboten werden, anzuraten. Nachteilig kann sein, dass die Kork-LederEinlage durch ihr græûeres Volumen den Schuhinnenraum vermindert. Dies bedeutet dann oftmals, dass auf einen weiteren orthopådischen Konfektionsschuh (Schuh fçr lose Einlagen) ausgewichen werden muss. Fçr die Fertigung von langsohligen, bettenden Einlagen bietet sich die Verwendung von
Orthopådieschuhtechnik
geschåumten Kunststoffen an. Hier kænnen, nach Gipsabdruck, der korrekte Sitz, die Berçcksichtigung von Pelotten, Ausschleifungen und Aus-/Aufpolsterungen am besten realisiert werden. In vielen Fållen, insbesondere bei komplexen Fuûdeformitåten, sollten derartige Bettungen mæglichst ideal dem (orthopådischen) Konfektionsschuh passend angefertigt werden. Dies bedeutet, dass die bettende, speziell geformte Einlage nur fçr dieses eine Paar Schuhe bestimmt ist. Ein Wechsel in ein anderes Paar Schuhe ist dann zu vermeiden, weil in einem anderen Schuh die Kompatibilitåt zwischen Schuh und Einlage nicht mehr gegeben ist. Die regelmåûige Kontrolle der Einlagen ist von besonderer Bedeutung. Die Abnutzung der Einlagen kann den Wirkungsgrad verschlechtern oder sogar aufheben und dann negative Impulse auslæsen. Die Einlage kann z. B. dem pronatorischen Verhalten des Rçckfuûes durch Dauergebrauch nachgeben und dann die Initialpronation verstårken. Dies ist auch bei der Einlagenversorgung im Sportschuh bekannt. Auch deutlich abgenutzte Schuhsohlen kænnen sich negativ, insbesondere im Vorfuûbereich auswirken [3]. Es ist deshalb darauf zu achten, ggf. eine Einlagenneuversorgung oder Ausbesserung, bzw. eine Schuhreparatur rechtzeitig einzuleiten, um immer eine mæglichst optimale Behandlung zu gewåhrleisten.
Einlagen und Schuhe Die Einlage bildet mit dem Schuh eine funktionelle Einheit und ist daher in Form und Material nicht nur dem Fuû, sondern auch dem Schuh anzupassen [2]. Besonders wenn Einlagen verordnet werden, muss das Grundprinzip, einen fuûform- und -funktionsgerechten Schuh zu tragen, eingehalten werden. Es ist einleuchtend, dass Einlagen einen nicht unerheblichen Anteil des Innenvolumens des Schuhs beanspruchen. Dies gilt fçr lang- und halbsohlig gefertigte Einlagen gleichermaûen. Der Schuh muss also bei der gegebenen Einlagenversorgung entsprechend græûer gewåhlt werden. Bei Zehendeformitåten, die durch eine Einlage eine Korrektur erfahren kænnen, ist besonders auf eine ausreichende Långe des Schuhs zu achten. Am Fuûrist bleibt ein fester Sitz zu fordern. Breite Absatzauflageflåche und feste Fersenkappe erhæhen den Seithalt im Rçckfuûbereich. Bei zu niedrigem Fersenschaftabschluss besteht die Gefahr des Abhe-
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bens der Ferse in der Abstoûphase, ein Phånomen, das auch bei einer zu starren, nicht flexiblen Sohle des Schuhs eintritt. Die Fersenkappe muss also ausreichend hoch gearbeitet und die Schuhsohle im Vorfuûbereich gençgend flexibel sein [22]. Eine zu schmale Einlage findet keinen Anschluss an das Oberleder und verrutscht leicht nach medial. Zu breit gefertigte Einlagen zerstæren die Hinterkappe, der seitliche und hintere Schaftabschluss an der Ferse geht verloren [2]. Auf die negativen Auswirkungen zu stark abgetragener Schuhe (dçnne Laufsohle!) wurde bereits hingewiesen. Wenn zumeist halbsohlige Einlagen im Frçhstadium der rheumatischen Erkrankung in verschiedenen konfektionierten Schuhen getragen werden, so ist zu beachten, dass diese verschiedenen Schuhe mæglichst die gleiche Absatzhæhe und Brandsohlenform aufweisen [2]. Nur dann ist die zu fordernde Kompatibilitåt zwischen Schuh und Einlage gegeben. Bei einer Einlagenrezeptur wird, wenn keine besonderen Hinweise gegeben werden, von einer Gelenksprengung (Hæhendifferenz zwischen Ferse und Vorfuû) von 2±3 cm ausgegangen [8, 22, 36]. Wie schon vorab nåher angesprochen, ist insbesondere bei aufwendiger gearbeiteten langsohligen, bettenden Einlagen wegen des erhæhten Volumenanspruches das Tragen konfektionierter Schuhe nicht mæglich. In diesen Fållen muss auf orthopådische Konfektionsschuhe (Schuhe fçr Einlagen) çbergegangen werden, damit die gewçnschte Einheit (Einlage ± Schuh) gewåhrleistet bleibt. Die Anforderungen, die an einen orthopådischen Konfektionsschuh zu stellen sind, werden nachfolgend nåher besprochen.
Schuhzurichtungen Oftmals ist die Behandlung der entzçndlichrheumatisch betroffenen Fçûe mit Einlagen allein nicht mehr ausreichend. Dies trifft insbesondere fçr Fålle in schon fortgeschritteneren Stadien zu. Hier sind, um den Effekt der bettenden langsohligen Einlagen zu sichern, zu verbessern oder zu ergånzen, Zurichtungen am Schuh notwendig. Dazu bedarf es der richtigen Auswahl des Schuhes, damit diese Zurichtungen auch fachgerecht durchgefçhrt werden kænnen. Immer ist dabei das Postulat zu beachten, das nicht nur Fuû und Einlage, sondern gerade
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auch Einlage und Schuh eine funktionelle Einheit bilden. Schuhzurichtungen helfen oftmals, die sehr kostentråchtige Versorgung mit orthopådischen Maûschuhen zu umgehen. Zum besseren Verståndnis fçr die nachfolgenden Erlåuterungen zur Schuhzurichtung seien einfçhrend die Grundbegriffe des Schuhaufbaus in Erinnerung gerufen [2]. Zu benennen sind die Brand- und Laufsohle, der Spitzenhub, das Schuhgelenk und die Schuhgelenksprengung, am Schuhschaft Fersen- und Vorderkappe (Abb. 5). Die Form der Brandsohle wird durch die Absatzhæhe bestimmt. In guten Markenschuhen ist das Schuhgelenk verstårkt gearbeitet, im Vorfuûbereich kann die Sohle flexibel oder auch steifer ausgearbeitet sein. Je steifer die Sohle gefertigt ist, um so hæher fållt der Spitzenhub aus. Die Vorder- und Fersenkappen sind verstårkt gearbeitet. Die Vorderkappe ist ausreichend hoch und lang geformt (sog. Zehenzugabe ca. 10 mm) [2]. Gut gefertigte orthopådische Konfektionsschuhe mçssen die prinzipiellen Vorgaben voll erfçllen. Solche Schuhe, die das Tragen von Einlagen leichter ermæglichen, zeichnen sich durch eine hohe verstårkte Fersenkappe, festes Schuhgelenk, ausreichend hohe und lange Vorderkappe, weiches Oberleder und zumeist ausgiebig weiten Einschlupf aus [17]. Die an (orthopådischen) Konfektionsschuhen mæglichen Zurichtungen haben zum Ziel, dass eine bessere Anpassung des Schuhes an den Fuû erreicht und die Stellung des Fuûes in der Stand- und Gangbelastung gçnstig beeinflusst wird [23]. Sie sind an der Lauf- und Brandsohle, dem Absatz, der Hinterkappe und dem Schaft selbst angebracht. Schuhzurichtungen bei rheumatisch-entzçndlichen Fuûaffektionen mçssen, wie auch schon die Einlagenversorgung fçr sich allein, die Mitbeteiligung der ganzen Gliederkette (Hçfte, Knie, Beinstatik) mitberçcksichtigen. Bei Beinlången-
differenzen ist eine Absatzerhæhung allein nur bis zu einer Græûenordnung von maximal 1 cm mæglich, weil sonst die Schuhstatik erheblich gestært wird, In der Regel wird eine Schuherhæhung insgesamt (Sohlenerhæhung zumeist in Form einer Rolle, s. u.) angebracht sein. Der Absatz bedarf dann einer speziellen Trapezform. Abrollabsåtze erleichtern den Fersenauftritt und verkçrzen den Abrollvorgang des Rçckfuûes [16]. Pufferabsåtze begçnstigen auch das Abrollen des Fuûes und dåmpfen axial einwirkende Kråfte. Indiziert sind sie zur Verminderung der Belastung der Sprunggelenke (Zustand nach Arthrodesen), bei Knie- und Hçftarthritiden (Zustand nach Endoprothesenimplantationen!) [4, 18, 45]. Wenn das Schuhgelenk nicht fest genug ist, kommen die Rheumapatienten mit den Pufferabsåtzen nicht zurecht. Sie haben das Gefçhl der Unsicherheit. In diesen Fållen ist dann eine Absatzverlångerung, die dann zu einer Festigung des Schuhgelenkes fçhrt, angezeigt. Damit ist der Weg fçr die Verordnung von Stegabsåtzen oder vor allem Keilabsåtzen, die zu einer solchen Stabilisierung beitragen, vorgegeben. Keilabsåtze sind in vielen orthopådischen Konfektionsschuhen ohnehin bereits eingebaut (Abb. 6). Grundsåtzlich ist also ein durchgehender, in die Laufsohle einmçndender Absatz immer dazu geeignet, die Festigkeit insbesondere fçr das Schuhgelenk zu steigern. Auf die vielfach drohende und beginnende Rçckfuûvalgusfehlstellung wurde vorhergehend bereits mehrmals hingewiesen. Oft ist die passiv schmerzfreie Korrekturmæglichkeit mit einer auch hochschalenfærmig fçr den Rçckfuû gearbeiteten Einlage nicht zu halten. Hier empfiehlt sich zusåtzlich am orthopådischen Konfektionsschuh eine feste, hohe Fersenkappe und ein Supinationskeil, um den Fuû verlåsslich in der Korrekturstellung zu halten. Bei kontrakten Rçckfuûvalgusfehlstellungen bietet
Abb. 5. Långsschnitt durch einen Schuh [2]
Orthopådieschuhtechnik
Abb. 6. Schuh mit Keilansatz
sich unter Berçcksichtigung des Lotaufbaues neben der Fersenkappenverstårkung und Versorgung mit einer korrekt bettenden Einlage eine Absatzverbreiterung nach medial an. Im Falle einer kontrakten Rçckfuûvarusfehlstellung ist der Absatz nach lateral hin zu verbreitern. Seitliche Absatz- und Sohlenerhæhungen sind bei Achsfehlstellung im Kniebereich indiziertbeim Genu valgum medial und beim Genu varum lateral. Die Erhæhung betrågt in der Regel wenige Millimeter und stellt fçr sich allein nur eine Versorgungsmæglichkeit in frçhen Phasen ohne merkliche rheumatische Fuûfehlstellungen dar. Eine wichtige Funktion gewåhrleisten Abrollhilfen (Abrollrampen). Sie realisieren das Prinzip vom wandelnden Drehpunkt bei gleichzeitiger Entlastung und Ruhigstellung des Vor- und Mittelfuûes [2]. Die Schrittabwicklung wird je nach Art der Abrollhilfe beeinflusst. Die Abrollhilfen versteifen auûerdem als zusåtzlich aufgebrachtes Material den Schuhboden und erhæhen die Sohle, sodass gleichzeitig auch eine Absatzerhæhung (Ballen-, Mittelfuûrolle) notwendig ist, ebenso wie ein entsprechender Ausgleich auf der Gegenseite.
Abb. 7. Schema einer Ballen- und Mittelfuûrolle [27].
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Wir unterscheiden Mittelfuû-, Ballen- und Zehenrollen. Mittelfuûrollen dienen der Kompensation aufgehobener oder schmerzhafter Bewegungen im Rçckfuûbereich. Der Scheitel der Mittelfuûrolle ist weit nach proximal (LisfrancGelenk) lokalisiert. Der Fuû erreicht frçh die Schrittabwicklung, Gewichts- und Scherbelastungen der Sprunggelenke und auch des Mittelfuûes werden reduziert. Die erleichterte Abrollmæglichkeit wird durch eine z. T. deutliche Reduzierung der Standsicherheit erkauft. Die Ballenrolle erleichtert die Abrollung in den Zehengrundgelenken. Diese werden dadurch ruhiggestellt und entlastet. Auch die Metatarsalkæpfchen kænnen eine Entlastung erfahren. Die Hæhe der Ballenrolle muss so bemessen bleiben, dass ein gençgend ausreichender Spitzenhub verbleibt. Der Scheitel der Rolle liegt hinter den Metatarsalkæpfehen. Indiziert ist die Ballenrolle bei schmerzhaften Vorfuû-(Spreizfuû-)befunden [2, 16, 23, 27] (Abb. 7). Durchgehend gearbeitete Abrollhilfen in Form eines bis zur Sohle vorgezogenen Keilabsatzes (sog. Tintenlæschersohle) ermæglichen die Gewichtsverteilung auf die gesamte Fuûflåche und erleichtern die Abrollung bei Befall der Fuûwurzel [16]. Die Verordnung von Zehenrollen verfolgt andere Zielsetzungen und findet beim Rheumapatienten keine Anwendung. Bei Rheumatikern mit erheblichen metatarsalgieformen Beschwerden, die mit den vorgenannten Einlagen und Schuhzurichtungen nicht befriedigend versorgt werden kænnen, kann die spezielle Zurichtung des Schuhs mit einer geschlossenen Schmetterlingsrolle nach Marquardt indiziert sein. Sie entlastet vornehmlich die Metatarsalkæpfchen II und III. Diese Schmetterlingsrolle wird zwischen Lauf- und Brandsohle eingebaut. Dabei wird eine Ballen-
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G. Weseloh
rolle mit seitlichen Auslåufern und einer Aussparung in der Sohlenmitte aufgebracht und die genannte Aussparung mit weichem Material ausgepolstert. Eine retrokapitale Abstçtzung in Form einer Vorfuûpelotte im Inneren ist zusåtzlich gerade beim Rheumatiker zwingend erforderlich, um ein Einsinken des Quergewælbes mit Ausbildung eines rheumatischen Spreizfuûes entgegenzuwirken [2, 23, 57]. Weitere Zurichtungen am Schuh kænnen an der Schnçrpartie vorgenommen werden, wie z. B. ein Auspolstem oder distales Verlångern der Lasche. Das Anbringen von Klett- und Reiûverschlçssen kann das Aus- und Ankleiden des Schuhes erleichtern insbesondere, wenn beim Rheumatiker auch die Hånde befallen sind. Zurichtungen am Schaft sind zuweilen erforderlich zur Entlastung von Zehenfehlstellungen mit Druckbeschwerden im Bereich der Metatarsalkæpfchen I und V. Hier ist ein Weiten (auch Hohllegen) des Oberleders und ein Anbringen von punktuell wirksam werdenden Polsterungen zu rezeptieren [36, 41]. Schlieûlich seien auch noch Zurichtungen an der Brandsohle erwåhnt. Als Ergånzung zur fachgerecht angefertigten langsohligen, bettenden Einlage kænnen zur punktuellen Entlastung bei besonderen Zehenfehlstellungen oder ærtlichen Bursitiden in Hæhe der Metatarsalkæpfchen Ausschleifungen in der Brandsohle erforderlich sein. Sie sollten nach exakter Analyse des gegebenen Befundes pråzise rezeptiert werden.
Orthopådische Maûschuhe Bei schweren, rheumatisch bedingten Fuûdeformitåten mit deutlicher Beschwerdesymptomatik stoûen die Versorgungsmæglichkeiten mit (orthopådischen) Konfektionsschuhen trotz subtiler Einlagenfertigung und aufwendiger Schuhzurichtung an ihre Grenzen. Wenn also keine befriedigende Læsung mit Einlagen und Schuhzurichtungen gefunden werden kann, der Patient eine operative Behandlung nicht wçnscht, Operationen nicht mæglich sind, sollte die Maûschuhversorgung ventiliert werden. Natçrlich ist bei dieser Entscheidung auch immer die Kostenfrage einzubinden. Maûschuhe erfordern verståndlicherweise im Vergleich einen wesentlich hæheren Kostenaufwand. Prinzipiell hat der Maûschuh den Vorteil, dass Schuhzurichtungen nicht an den
(konfektionierten) Schuh angepasst werden mçssen, sondern diese, speziell gefertigt, in den (Maû-)Schuh integriert sind. Dadurch ist eine auf die gegebenen Fuûdeformitåten gezielt ausgerichtete Ausarbeitung mæglich. Ziel der Maûschuhversorgung ist es, eine weitere Fuûverformung zu verhindern, die bestehenden Beschwerden zu vermindern und Stehund Gehleistung des Patienten zu verbessern. Eine Korrektur der bestehenden Fuûfehlstellungen ist dabei in aller Regel nicht anzustreben. Maûschuhe kænnen in Halbschuhform, knæchelhoch oder çberknæchelhoch in Stiefelform gefertigt werden. Es ist also nicht zwangslåufig eine Stiefelform erforderlich. Håufig ist die Versorgung mit Halbschuhen oder knæchelhohen Schuhen ausreichend. Nur bei deutlichem Befall des oberen Sprunggelenkes und des Rçckfuûes wird man auf den çberknæchelhohen Stiefel zurçckgreifen mçssen. Bei sehr schmerzhaften Affektionen des oberen Sprunggelenkes ist auch die Verordnung eines Feststellabrollschuhes im Einzelfall zu ventilieren. Der Schuh zeichnet sich insbesondere durch eine Schaftversteifung bis zu 24 cm Hæhe und eine zusåtzliche Laschenversteifung aus. Durch eine eingearbeitete Mittelfuûrolle wird die Abrollung erleichtert. Dieser Stiefel wird von Rheumaorthopåden insbesondere auch zur Nachbehandlung einer Arthrodese des oberen Sprunggelenkes (fçr etwa 6 Monate) verordnet. Maûschuhe kænnen nach einem speziellen Leisten oder, was sich zunehmend durchzusetzen scheint, in Modularbauweise hergestellt werden. Insgesamt hat sich als hilfreich erwiesen, nach Fertigung der Bettung einen so genannten Probeschuh mit einem durchsichtigen Material in der Form des geplanten Schuhs herzustellen. Hierdurch kænnen beim Tragen Druckstellen erkannt und bei der Erstellung des endgçltigen Schuhs vermieden werden. Bettungen, Abrollhilfen, Fersenkappenverstårkungen, wie sie vorab als Zurichtungen bei konfektionierten Schuhen beschrieben wurden, sind in den Maûschuh integriert. Die Anforderungen an einen Maûschuh sind hoch zu stellen: Der Schuh sollte leicht sein. Das weiche Oberleder darf keine Nåhte an druckempfindlichen Stellen aufweisen. Zu fordern ist ein weiter Einschlupf und eine bequeme Schnçrung bzw. ein Klettverschluss. Dies erleichtert dem Rheumatiker, der in der Regel auch unter Handproblemen leidet, das leichte An- und Auskleiden des Schuhes. Zu beachten ist eine hohe und ausreichend lange
Orthopådieschuhtechnik
Vorderkappe, damit Zehenfreiheit gewåhrleistet ist. Der Maûschuh muss gençgend stabil gearbeitet werden. Ein festes Schuhgelenk und insgesamt ein fester Schuhboden tragen dazu bei. Stoûdåmpfende Absåtze sind fast immer indiziert. Die Fersenkappe ist ausreichend fest und hoch zu arbeiten. Ein richtiger Lotaufbau ist zu beachten. Den gegebenen Fuûdeformitåten und Beschwerdebildern entsprechend, sind Besonderheiten wie Absatzverbreiterung und Absatzabrundungen zu berçcksichtigen. Sehr oft ist eine durchgehende wiegenfærmige Abrollhilfe (Tintenlæscherrolle) indiziert. Die speziell gefertigte Bettung, die im Prinzip nach den im vorhergehenden Kapitel beschriebenen Kriterien gefertigt wird, zeichnet sich zumeist durch eine Schalenform im Rçckfuûbereich und eine quere Abstçtzung (Rampe) hinter den Metatarsalekæpfchen aus, um diese zu entlasten. Im Einzelfall ist die Bettung natçrlich so zu fertigen, wie es die vorgegebene Fuûdeformitåt erfordert. Darauf wurde bei der Besprechung der Einlagenversorgung vorausgehend bereits hingewiesen [21, 23, 30, 44, 52, 61]. Die fçr den Patienten auf Dauer befriedigende Versorgung mit Maûschuhen verlangt eine kontinuierliche, enge Kooperation zwischen Patienten, Arzt und Orthopådieschuhtechniker [38±41, 59]. ] Danksagung. Herrn STM Ignor, Ortho 2000, Erlangen wird herzlich fçr wertvolle Anregungen und Hinweise gedankt.
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Intra- und periartikulåre Therapieverfahren P. Niehaus
Einfçhrung Die lokale Therapie mit intra- und periartikulåren Injektionen ist eine wichtige und wirksame Maûnahme im Gesamtkonzept der Behandlung von rheumatischen Erkrankungen. Ziel der Injektionsbehandlung ist die Schmerzlinderung sowie das Aufhalten und die Eindåmmung des lokalen Entzçndungsprozesses im Gelenk oder den Weichteilen, besonders dann, wenn die systemische medikamentæse und die physikalische Therapie keine ausreichende Wirkung erzielt haben. Die Vorteile der lokalen Injektionsbehandlung sind der meist rasche Wirkungseintritt, die hohe lokale Wirkstoffkonzentration und die geringere systemische Belastung. Gleichzeitig kann mit der Punktion eines Ergusses das Gelenk entlastet und die pathologisch verånderte, destruierende Enzyme enthaltende Flçssigkeit entfernt werden. Die Gelenkpunktion mit nachfolgender Synoviaanalyse und ggf. bakteriologischer Untersuchung ist eine unverzichtbare und therapiebestimmende diagnostische Maûnahme.
Intraartikulåre Injektionen Intraartikulåre Kortikoidinjektion In der Rheumatologie sind zwei intraartikulåre Therapieverfahren von praktischer Bedeutung: ] die intraartikulåre Kortison-Injektion und ] die chemische bzw. die Radio-Synoviorthese. ] Allgemeine Voraussetzungen. Da jede intraartikulåre Injektion eine stichkanalartige Eræffnung des Gelenkes beinhaltet, bedçrfen intraartikulåre Injektionen und Punktionen einer sorgfåltigen Indikation.
Die Patienten mçssen çber das Verfahren und seine Risiken sowie mægliche Alternativen aufgeklårt sein. Eine entsprechende Dokumentation ist ratsam. ] Kontraindikationen. Generelle Kontraindikationen fçr intraartikulåre Injektionen sind Infektionen, Hautschåden und Hauterkrankungen in der Umgebung der Injektionsstelle sowie eine spontane oder durch Antikoagulanzientherapie bewirkte Blutungsneigung. Bestimmte råumliche Hygienevorschriften, eine adåquate Vorbereitung des Patienten durch mehrfache Desinfektion des Injektionsfeldes mit entsprechender Einwirkungszeit, die Reinigung und Desinfektion der Hånde, die Benutzung von sterilen Handschuhen, die Verwendung von sterilen Einmalkançlen und Einmalspritzen mit Wechsel der Kançle zwischen Aufziehen und Injektion sowie eine Abdeckung der Injektionsstelle durch Wundschnellverband sind zusåtzliche Forderungen in den Leitlinien fçr intraartikulåre Punktionen und Injektionen. Die Beachtung dieser Empfehlungen ist auch aus forensischen Grçnden ratsam. ] Indikationen. Indikation fçr die intraartikulåre Kortikoidtherapie ist die nach Allgemeinbehandlung persistierende Entzçndung als Monooder Oligoarthritis ] bei der rheumatoiden Arthritis, ] bei seronegativen Spondarthritiden (Spondylitis ankylosans, Morbus Reiter, Psoriasisarthritis, Arthritis bei Colitis ulcerosa oder Morbus Crohn), ] Arthritis bei Kollagenosen, z. B. SLE (systemischer Lupus erythematodes), ] nicht spontan abheilende reaktive Arthritiden, ] Hydrops articulorum intermittens. Weitere Indikationen sind die akute exsudative Kristallarthritis bei Gicht, Pseudogicht, Hydroxylapatit-Arthritis und simultan mit einer Radiosynoviorthese.
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P. Niehaus
Bei der Arthrose ist nur die aktivierte Form mit Ergussbildung und reaktiver Synovialitis eine Indikation. In der Kinderrheumatologie ist bei der oligoartikulåren Form der juvenilen chronischen Arthritis besonders bei der frçhkindlichen Form und bei kurzer Krankheitsdauer die intraartikulåre Injektion eines langwirkenden Kortikoids als Therapie der Wahl anzusehen. ] Kontraindikationen. Neben den o. g. allgemeinen Kontraindikationen sollten intraartikulåre Kortikoidinjektionen bei instabilen oder stark zerstærten Gelenken, bei Synovialitis nach Gelenkfraktur oder bei neuropathischen Gelenken vermieden werden. Im Vorfeld von geplanten operativen Eingriffen (Synovialektomien, Endoprothetik) muss ein ausreichender Sicherheitsabstand von mindesten 4, besser 6 Wochen zwischen intraartikulårer Kortisoninjektion und OP-Termin zur Vermeidung einer erhæhten Infektionsgefåhrdung eingehalten werden. ] ] ] ] ] ] ] ]
Risiken und Nebenwirkungen Gelenkinfektion, Kristallsynovialitis, Steroidarthropathie, aseptische Nekrosen, systemische Effekte, Hautreaktionen, periartikulåre Verkalkungen.
Das Infektionsrisiko liegt auch bei strenger Einhaltung der Regeln der Asepsis bei ca. 1 Infektion auf 150 000 Injektionen. Eine mægliche Kristallsynovialitis hångt von der Græûe und der Form der verwendeten Kristalle ab und ist selten zu beobachten. Eine Kristallgræûe kleiner als 2 lm und eine ausgewogene abgerundete Kristallform verringern die mechanische Irritation des Gelenkes. Schådigende Einflçsse auf den Knorpelstoffwechsel sind selten, wenn nur kleine Dosen des Kortikoids injiziert werden und Wiederholungen der Injektionen nicht håufiger als im Abstand von 4 Wochen bei 3±4 Injektionen pro Gelenk und Jahr angewandt werden. Aseptische Nekrosen des Hçftkopfes und des Schultergelenkes sind in der Vergangenheit beschriebene und gefçrchtete Komplikationen, deren ursåchlicher Zusammenhang mit der intraartikulåren Kortikoid-Injektion aber nicht
zweifelsfrei geklårt wurde. Hier muss die Indikation besonders sorgfåltig geprçft werden. Systemische Nebenwirkungen sind selten und abhångig von der Dosis des Pråparates und der Injektionsfrequenz. Sie mçssen besonders bei einem Diabetes mellitus, bei Entgleisungen und Stærungen im Elektrolyt-Stoffwechsel sowie bei bestehenden Ulzera im Magen-Darmtrakt bedacht werden. Eine Wickelung und Ruhigstellung des injizierten Gelenkes verringert die Mæglichkeit einer systemischen Nebenwirkung. Kortisoninduzierte Hautreaktionen in Form von Atrophie, Hypopigmentierung, Fettgewebsnekrosen und Flush kænnen durch Zurçcklaufen des Kortikoids aus dem Stichkanal oder durch nicht sichere intraartikulåre Lage der Nadel verursacht sein. Øuûerst seltene allergische Reaktionen kænnen sowohl auf das Lokalanåsthetikum selbst als auch auf das Kortikoid zurçckgefçhrt werden, wobei am ehesten die Læsungsvermittler verantwortlich sind. ] Pråparate und Dosierung. Die injizierten Kortison-Pråparate weisen Unterschiede in der Wirkungsstårke, im Wirkungseintritt und in der Pharmakokinetik auf. Die Partikelgræûe der Kristalle ist fçr die Vertråglichkeit, die lokale Reaktion und fçr die Verweildauer im Gelenk von Bedeutung. Die mittlere Wirkungsdauer intrartikulår injizierter Kortikoide liegt zwischen 6 Tagen beim Hydrocortison-Azetat und 21 Tagen beim Triamcinolon-Hexazetonid. Als Faustregel fçr die Dosierung der gebråuchlichsten Kortison-Pråparate gilt: ] groûe Gelenke (Knie- und Schultergelenk): 40 mg, ] mittlere Gelenke (Ellenbogen, Sprung- und Handgelenke): 10±20 mg, ] kleine Gelenke (Fingerund Zehengelenke): 5±10 mg. Die Dosisangabe ist empirisch und bezieht sich auf Triamcinolon-Azetonid bzw. TriamcinolonHexazetonid. Fçr Finger- und Zehengelenke wird die Verwendung von wasserlæslichen Produkten empfohlen. Zur Optimierung der Wirkung sollte ein Gelenkerguss abpunktiert werden. Die Mischung der Kortikoid-Kristallsuspension mit einem Lokalanåsthetikum hat eine
Intra- und periartikulåre Therapieverfahren
schwåchere und kçrzere Wirkung. Håufige Bewegungen des Gelenkes nach intraartikulårer Injektion beschleunigen den Abfluss des Kortikoids. Nach einer intraartikulåren Injektion muss gewåhrleistet sein, dass der Behandler auf mægliche Komplikationen eingerichtet ist. Prinzipiell kænnen alle peripheren Gelenke wie auch die Intervertebralgelenke der Rumpfund Halswirbelsåule sowie das Iliosakralgelenk mit intraartikulåren Kortison-Injektionen behandelt werden. Bei anatomisch schwer zugånglichen Gelenken (z. B. Wirbelgelenk, Hçftgelenk, Iliosakralgelenk) empfiehlt sich die Unterstçtzung durch Bildverstårkerkontrolle, CT oder die sonographische Darstellung.
Synoviorthese Bei der Synoviorthese wird durch die intraartikulåre Injektion einer chemischen Substanz oder eines Radionuklids die pathologisch verånderte Synovialmembran selektiv verædet bzw. zerstært.
Chemische Synoviorthese ] Osmiumsåure. Die intraartikulåre Applikation von 1%iger Osmiumsåure wird çberwiegend in Frankreich und den skandinavischen Låndern eingesetzt und hat im deutschen Sprachraum keine Verbreitung gefunden. Wesentliche Gefahren der Injektion sind die mægliche Knorpelzerstærung bei zu langer Expositionszeit sowie schwere Nekrosen bei paraartikulårer Injektion oder Reflux durch den Stichkanal. ] Natriummorrhuat. Die intraartikulåre Applikation von Natriummorrhuat (frçher Varicocid) bewirkt çber eine lokale heftige Gelenkentzçndung eine Verædung der Schleimhaut. Appliziert werden je nach Gelenk 0,5 ml (Fingergelenk) bis 5±6 ml (Kniegelenk) einer 5%igen Læsung. Wegen der lokalen Gelenkreaktion im Sinne einer massiven Entzçndung sollten gleichzeitig ein Lokalanåsthetikum und nachfolgend eine Kryotherapie des Gelenkes eingesetzt werden. Eine 48-stçndige Immobilisation wird angeraten. Bei heftiger Entzçndungsreaktion kann das Gelenk punktiert werden und eine erneute Injektion erfolgen.
]
Wegen der lokalen Entzçndungsreaktion wird vom Einsatz am Hçftgelenk und bei Fingergelenken im Strahl abgeraten. Als Vorteil der Natriummorrhuat-Synoviorthese gilt die Einsatzmæglichkeit auch bei jugendlichen Patienten. Eine Besserungsquote von 75% im 3-JahresVerlauf wird in der Literatur beschrieben.
Radiosynoviorthese Bei der Radiosynoviorthese wird çber Phagozytose der an Kolloidteilchen gekoppelten Radiopharmaka die Schleimhaut zerstrahlt ohne messbare Stærung des Knorpels. Es werden reine (Yttrium-90 und Erbium-169) oder vorwiegende Betastrahler (Rhenium-186, Dysprosium-165) eingesetzt (s. Tabelle 1). Dysprosium-165 erfordert wegen seiner sehr kurzen Halbwertszeit (2,3 Std.) die Nåhe eines Reaktors, sodass die Anwendung dieses Isotops nur in Ausnahmefållen mæglich ist. ] Voraussetzungen. Die Applikation der Radiopharmaka ist an die Bestimmungen des Strahlenschutzgesetzes gebunden (Umgangsgenehmigung durch Nuklearmediziner, zugelassene Råumlichkeiten, Strahlenschutzçberwachung, Lagerung und Abfallbeseitigung). Seit 1993 kann die Radiosynoviorthese auch ambulant vorgenommen werden. ] Indikationen ] Persistierende Mono- oder Oligoarthritis bei rheumatoider Arthritis oder seronegativen Spondarthritiden, ] villonodulåre Synovialitis, ] Håmarthros bei Håmophilie, ] aktivierte Arthrosen mit rezidivierender Ergussbildung und reaktiver Synovialitis, ] persistierende Gelenkergçsse nach Knie-TEP. ] Kontraindikationen. Neben den allgemeinen Kontraindikationen fçr intraartikulåre Injektionen gelten als absolute Kontraindikationen: Schwangerschaft, Laktation, bakterielle Gelenkinfektionen. Kinder und Jugendliche mit noch offenen Wachstumsfugen sollten mit dieser Methode ebenfalls nicht behandelt werden. Alternativ steht hier die chemische Synoviorthese zur Verfçgung. Bei nachgewiesener Baker-Zyste muss ein Ventilmechanismus ausgeschlossen werden. Die
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]
P. Niehaus
Tabelle 1. Radionuklide fçr die Synoviorthese Gelenke
Nuklid
Gewebsreichweite (mm)
Halbwertszeit (Tage)
] Kniegelenk
Yttrium-90
3,6±11
2,7
] Schulter-, Ellenbogen-, Hand-, Hçft-, Sprunggelenk
Rhenium-186
1,2±3,7
3,7
] Finger- und Zehengelenke
Erbium-69
0,3±1,0
9,5
Zyste sollte vor der Radiosynoviorthese abpunktiert werden. Bei Baker-Zysten ist der Einsatz der Radiosynoviorthese sorgfåltig zu prçfen. ] Radionuklide fçr die Synoviorthese. Prinzipiell kænnen alle Extremitåtengelenke mit der Radiosynoviorthese behandelt werden. ] Methode. Hilfreich fçr die Therapieplanung und Aktivitåtseinschåtzung ist die vorherige Weichteilszintigraphie. Die Arthrosonographie des zu behandelnden Gelenkes wird vor der Gelenkinjektion zur Beurteilung von Erguss und synovialen Gelenkzysten eingesetzt. Die Applikation selbst erfolgt entsprechend den allgemeinen Vorschriften fçr intraartikulåre Injektionen. Ein bestehender Gelenkerguss sollte abpunktiert werden. Nach der Injektion des Radioisotops wird die Applikation eines lang wirkenden Kortikoids çber dieselbe Nadel angeraten. Anschlieûend wird die Injektionsstelle mit dem Finger komprimiert und das Gelenk zur besseren Verteilung des Radionuklids durchbewegt. Das behandelte Gelenk wird fçr mindestens 48 Stunden immobilisiert. Nach der Radiosynoviorthese ist zur Dokumentation der regionalen Verteilung des Nuklids ein Verteilungsszintigramm (bei Yttrium und Rhenium) gesetzlich vorgeschrieben. ] Risiken und Nebenwirkungen. Sehr selten kænnen Strahlennekrosen im Stichkanal oder in der Umgebung der Injektionsstelle bei Reflux oder nicht sicherer intraartikulårer Injektion auftreten. Eine Dokumentation der Nadellage mit Kontrastmittel ist daher bei allen Gelenken mit Ausnahme des Kniegelenkes anzuraten. Allgemeine Strahlenreaktionen sind selten. Auch bei Patienten unter 40 Jahren ist die Ra-
diosynoviorthese bei strenger Indikationsstellung vertretbar. ] Erfolgsaussichten. Abhångig vom behandelten Gelenk, der Grunderkrankung und dem Ausmaû des Gelenkschadens lassen sich bei 50±70% der Fålle gute bis sehr gute Langzeitergebnisse hinsichtlich Schmerzreduktion, Schwellneigung und Funktionsverbesserung erzielen. Die Radiosynoviorthese kann nach 3±6 Monaten wiederholt werden. 4±8 Wochen nach einer arthroskopisch kontrollierten Synovialektomie des Kniegelenks optimiert die Radiosynoviorthese den Effekt des Eingriffs. ] Andere intraartikulår injizierte Substanzen. Bei der Behandlung chronisch entzçndlicher Gelenkerkrankungen haben sich intraartikulår injizierte so genannte Chondroprotektiva oder Zytostatika nicht durchgesetzt. Bei der Arthrose des Kniegelenkes scheint sich ein positiver Effekt auf Beschwerden und Gelenkfunktion durch die intraartikulåre Anwendung von Hyaluronsåurepråparaten abzuzeichnen.
Periartikulåre Injektionsverfahren Sie dienen der lokalen Schmerztherapie und der Behandlung von extraartikulåren Entzçndungsreaktionen speziell im Bereich von Bursen, Sehnenscheiden, Band- und Sehnenansatzregionen. Es kænnen unterschiedlich lang wirkende Lokalanåsthetika allein wie auch Mischungen mit Kortikoid-Pråparaten verwendet werden. Wåhrend intrabursale Kortison-Injektionen unter Beachtung der Kautelen fçr intraartikulåre Injektionen unproblematisch sind, gelten fçr paratendinæse Injektionen besondere Vorsichtsmaûnahmen.
Intra- und periartikulåre Therapieverfahren
Es muss gewåhrleistet sein, dass das Kortikoid eindeutig in die Sehnenscheide und nicht an oder in die Sehne gelangt. Dies gelingt am besten bei reichlich flçssigkeitsenthaltenden Tenosynovialitiden. Dabei empfiehlt sich eine ultraschallgesteuerte Injektionstechnik. Bei deutlich proliferativen, derben und pannæsen Formen der Tenosynovialitis ist die lokale Kortikoid-Injektion wegen der Gefåhrdung der Sehnenstrukturen durch die Kristalle abzulehnen. Unter schmerztherapeutischen Gesichtspunkten kænnen auch Infiltrationen mit einem Lokalanåsthetikum in die Muskulatur als Triggerpoint-Injektion oder als therapeutische Lokalanåsthesie ± mit allerdings kçrzerer Wirkungsdauer ± eingesetzt werden.
Zukçnftige Entwicklungen Neue Therapiekonzepte auch zur intraartikulåren Anwendung zeichnen sich in der Gentherapie ab. Gentherapie beinhaltet das Einbringen therapeutischer Gene in Kærperzellen, um fehlende oder defekte kærpereigene Proteine zu substituieren. Dabei erfolgt ein Gentransfer auf vorher isolierte Zellen des Patienten mit anschlieûender Rçckgabe in das Gelenk durch Injektion. Zum Transfer eines Gens in Kærperzellen kænnen direkte (in vivo) und indirekte (ex vivo) Methoden eingesetzt werden. Bisher ist von der FDA (Federal Drug Administration) in den USA als einzige Studie zur Gentherapie fçr das Gelenk der Einsatz der
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Il-1Ra CDNA durch die Arbeitsgruppe um Evans zugelassen. Problematisch sind zur Zeit bei den bisherigen Systemen die potenzielle Immunogenitåt, die geringe Expressionsdauer sowie die fragliche Sicherheit des Gen-Transferansatzes. Fçr die Zukunft bleibt abzuwarten, ob eine lokale intra-artikulåre Gentherapie einzelner Gelenke als Behandlungsprinzip fçr Patienten mit rheumatoider Arthritis sinnvoll eingesetzt werden kann.
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Anåsthesie
Anåsthesie A. Quoû
Einfçhrung Die operative Therapie von Patienten mit rheumatischen Erkrankungen hat in den letzten Jahrzehnten ein qualitativ hohes Niveau erreicht. Neben Synovialektomien an nahezu allen Gelenken und rekonstruktiven Eingriffen an Hånden und Fçûen nimmt die Endoprothetik an Hçft-, Knie- oder Schultergelenken einen immer græûeren Stellenwert ein. Dementsprechend nimmt auch die Håufigkeit von Prothesenwechseloperationen zu. Hierbei muss ein zeitlicher Umfang von sechs bis acht Stunden und ein Blutverlust von mehreren Litern einkalkuliert werden. Patienten mit rheumatischen Erkrankungen weisen eine Vielzahl anåsthesiologischer Besonderheiten auf. Ein Hauptproblem ist die Sicherung der Luftwege. Wichtig sind aber auch rheumatische Mitbeteiligungen des kardiovaskulåren und respiratorischen Systems. Je nach Schweregrad der Erkrankung und der daraus resultierenden chronischen medikamentæsen Therapie kann es zu Leber- und Nierenfunktionseinschrånkungen kommen. Auswirkung auf das anåsthesiologische Vorgehen haben auch die je nach Entzçndungsaktivitåt unterschiedlich ausgeprågte Anåmie und die medikamentæs beeinflusste Gerinnungsphysiologie. Hypo- und Dysproteinåmie kænnen abhångig von der Eiweiûbindung der verwendeten Anåsthetika zu deren prolongierter, kumulativer oder auch abgeschwåchter Wirkung fçhren [37]. Eine Kortisondauertherapie verursacht håufig eine deutliche Beeintråchtigung der peripheren Venenverhåltnisse. Bei ankylosierenden Verlaufsformen der rheumatischen Erkrankungen mçssen bewegungseingeschrånkte Gelenke besonders sorgfåltig gelagert werden. Autologe Blutersatzmethoden haben bei den oft groûen, elektiven operativen Eingriffen einen hohen Stellenwert.
Grundleidenspezifische anåsthesierelevante Besonderheiten Der obere Luftweg Grundvoraussetzungen fçr die endotracheale Intubation unter direkter Laryngoskopie sind normale Mundæffnung und Reklination des Kopfes. Patienten mit rheumatischen Erkrankungen haben håufig Bewegungseinschrånkungen im Halswirbelsåulenbereich bis hin zu kompletter Ankylosierung, die eine aktive und passive Reklination verhindern. Arthritische Verånderungen der Kiefergelenke kænnen zu einer Einschrånkung der Mundæffnung fçhren. Etwa ein Viertel der Patienten mit rheumatoider Arthritis haben eine arthritische Beteiligung des Krikoarytenoidgelenks, die klinisch durch Stimmverånderungen oder Heiserkeit auffållt. Mikrognathie, Makroglossie, groûe Zåhne, komplette Zahnreihen und eine lange Distanz von den Zahnreihen zur Glottis weisen ebenfalls auf erschwerte Intubationsbedingungen hin [1, 4]. Samsoon u. Young [29] geben die Håufigkeit einer erschwerten konventionellen Intubation bei allgemeinchirurgischen Patienten mit 1:2 230 an. In unserem Patientengut muss jeder zwanzigste Rheumatiker, der eine Allgemeinanåsthesie benætigt, fiberoptisch intubiert werden [24]. Viele Patienten haben im Rahmen ihrer rheumatischen Erkrankung Instabilitåten und Dislokationen im okzipito-atlanto-axialen und subaxialen Halswirbelsåulenbereich. Eine atlantoaxiale Subluxation kann beim Intubationsvorgang zu einer Protrusion des Dens axis in das Foramen magnum fçhren. Die Folgen kænnen eine Kompression des Hirnstammes oder eine Einschrånkung der vertebralen Durchblutung sein. Durch zunehmende Erfahrung mit fiberoptischer Intubationstechnik kommt dieses Verfahren heute håufiger zum Einsatz als frçher, um
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gefåhrdete Patienten vor den Folgen einer traumatischen direkten Laryngoskopie und Intubation, vor allem vor Zahnschåden, Kehlkopfverletzungen, Kiefergelenksluxationen oder Halswirbelsåulenschåden zu schçtzen. Eine retrospektive Analyse von Hakala u. Randell ergab græûere Sicherheit und weniger Intubationskomplikationen durch zunehmende Zahlen von fiberoptischen Intubationen bei Patienten mit rheumatoider Arthritis. Wattenmaker et al. [36] stellten bei Patienten mit gleicher Grunderkrankung in der postoperativen Phase nach Operationen an der Halswirbelsåule deutlich weniger Luftwegsobstruktionen fest, wenn die Intubation zuvor fiberoptisch und nicht direkt laryngoskopisch erfolgt war.
Viszerale Beteiligung Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises sind håufig durch immunologische Ursachen ausgelæst und unterhalten. Sie beschrånken sich nicht nur auf Gelenke und Muskeln, sondern beziehen innere Organe mit ein. Bei rheumatoider Arthritis findet man extraartikulåre Beteiligungen am Herz, an der Lunge und den Nieren, im Blut, an den Augen und der Haut sowie am retikulo-histiozytåren System. Eine rheumatische Affektion des Herzens zeigt sich in Perikarditiden und Perikardergçssen, Myokardiopathien und sekundåren Reizleitungsstærungen sowie Herzklappenaffektionen [5, 31]. Eine rheumatische Beteiligung der Lunge beinhaltet Pleuraergçsse, Fibrosen oder eine eingeschrånkte Thoraxbeweglichkeit. Alle Verånderungen kænnen zu restriktiven Ventilationsstærungen fçhren. Vaskulitiden treten bei einer Reihe von rheumatischen Erkrankungen auf, so etwa beim systemischen Lupus erythematodes (SLE), bei der Panarteriitis nodosa oder der Wegenerschen Granulomatose. Besonders anåsthesierelevant sind hier Affektionen der kardialen und renalen Blutgefåûe sowie entzçndliche Reaktionen an der Serosa von Hohlorganen. Die progressive systemische Sklerose (Sklerodermie) kann eine viszerale Beteiligung durch fibrotische Lungenverånderungen oder gastrointestinale Funktionseinschrånkungen durch Úsophagusstarre und Divertikelbildung aufweisen [11, 33, 35].
Laborchemische Verånderungen Im Zentrum des anåsthesiologischen Interesses steht hier die bei rheumatischen Erkrankungen håufige normochrome bis hypochrome normozytåre Anåmie. Etwa 25% der Patienten mit rheumatoider Arthritis leiden unter dieser Anåmie, die chronisch entzçndlicher Ursache ist und durch perorale oder intravenæse Eisensubstitution nicht zu beseitigen ist. Sie ist mit einer supprimierten Erythropoese assoziiert, deren Ursache noch nicht vollståndig aufgeklårt ist. Obwohl die Anåmie aufgrund langfristiger Adaptation meist gut toleriert wird, ist sie im Rahmen des perioperativen Blutverlusts besonders zu berçcksichtigen. Weitere durch die chronische Entzçndungsreaktion hervorgerufene laborchemische Verånderungen sind BSG- und CRP-Erhæhungen, Leukozytosen, Linksverschiebungen und Thrombozytosen.
Medikamenteninduzierte Nebenwirkungen Weit verbreitete Medikamente bei rheumatischen Erkrankungen sind Antiphlogistika (NSAID = Nichtsteroidale Antiinflammatorische Drogen), Glukokortikoide, so genannte Basistherapeutika (DMARD = Disease Modifying Antirheumatic Drugs) wie Chloroquin, Sulfasalazin, D-Penicillamin oder Goldverbindungen sowie Immunsuppressiva wie Methotrexat oder Cyclophosphamid. NSAID kænnen gastrointestinale Ulzera und Blutungen hervorrufen, denen håufig keine Schmerzen oder Unvertråglichkeitsreaktionen vorausgehen. Nach chronischer Einnahme von NSAID kænnen Leber- oder Nierenfunktionseinschrånkungen auftreten. Aus dem umfangreichen Nebenwirkungsspektrum der Glukokortikoide ist aus anåsthesiologischer Sicht die chronische Nebenniereninsuffizienz besonders erwåhnenswert, denn sie erfordert die perioperative Substitution von Hydrokortison. Einer steroidinduzierten diabetischen Stoffwechsellage sollte perioperativ ebenso Rechnung getragen werden wie Elektrolytverånderungen (Hypernatriåmie) oder einer Hypertonie. Stammfettsucht und Vollmondgesicht kænnen Maskenbeatmung und Intubation erschweren. Die Immunsuppression durch Glukokortikoidmedikation erhæht das Risiko fçr Infektionen und Wundheilungsstærungen. Die
Anåsthesie
håufig erheblich gesteigerte Fragilitåt der Blutgefåûe bewirkt erschwerte venæse und arterielle Punktionen. Durch die besonders ausgeprågte Vulnerabilitåt der Haut treten Hautlåsionen und Håmatome håufig bereits nach Bagatelltraumen auf. Im Rahmen von Lagerungsmaûnahmen, dem Fixieren von Kançlen und Tuben sowie dem Anlegen von Verbånden ist dies besonders zu berçcksichtigen. Basistherapeutika und Immunsuppressiva verursachen dosisabhångig zum Teil erhebliche Schåden an Leber, Nieren, Knochenmark und Gastrointestinaltrakt [32]. Die Blutgerinnung ist bei Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises klinisch und laborchemisch håufig veråndert. Eine Ursache hierfçr ist der chronische Entzçndungsprozess, auch eine Vielzahl der steroidal oder nichtsteroidal wirksamen Medikamente sowie Basistherapeutika greift direkt und indirekt in die Physiologie von Thrombozyten und Gerinnungsfaktoren ein.
Anåsthesiologisches Management Pråmedikation Neben der allgemein çblichen pråoperativen Anamnese und Befunderhebung sollte sich bei Patienten mit rheumatischen Erkrankungen das besondere Augenmerk des Anåsthesisten auf grundleidenspezifische und therapiebedingte Verånderungen richten. Besonders wichtig ist im Rahmen der klinischen Untersuchung der Aspekt eventuell auftretender Luftwegsprobleme. Hier sollten Kopf-, Hals- und Kiefergelenkbeweglichkeit çberprçft werden, essenziell sind ebenfalls die Eingruppierung nach Mallampati [17] sowie die Abschåtzung der thyromentalen Distanz. Die Frage nach bereits frçher aufgetretenen Anåsthesiekomplikationen oder Intubationsproblemen ist bei Patienten mit chronisch entzçndlichen Gelenkerkrankungen oft aufschlussreich. Die Auskunft des Patienten çber beispielsweise die angenehmste Lagerung der Extremitåten oder die Lokalisation einer gut punktierbaren peripheren Vene kann zur erfolgreichen perioperativen Versorgung beitragen.
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Paraklinische Untersuchungen, wie Labor, EKG und Ræntgen (Thorax, HWS), sollten unter Berçcksichtigung der Vorerkrankungen, des klinischen Zustands, der Aktivitåt der rheumatischen Erkrankung und des geplanten operativen Eingriffs erfolgen. Bei Patienten, die wiederholt operiert werden mçssen, treten Erklårungen çber perioperative Ablåufe im Anåsthesiegespråch oft in den Hintergrund, da das allgemeine Vorgehen den Patienten zumeist hinlånglich bekannt ist. Es erscheint hingegen wichtig, ein Vertrauensverhåltnis aufzubauen, um Øngsten entgegenzuwirken, und gemeinsam das geeignete Anåsthesieverfahren auszuwåhlen. Im Sinne einer guten Stressabschirmung pråmedizieren wir groûzçgig mit einem Benzodiazepinpråparat am Vorabend und am Operationstag morgens.
Anåsthesietechniken Bei der Wahl des Narkoseverfahrens mçssen die Schwere der rheumatischen Erkrankung, die daraus håufig resultierenden Lagerungsprobleme, Långe und Umfang des geplanten operativen Eingriffs mit Blutverlust und erforderlichen invasiven und noninvasiven intraoperativen Behandlungsstrategien sowie der Wunsch des Patienten berçcksichtigt werden. Regionalanåsthesiologische Vorgehensweisen sollten primår in Erwågung gezogen werden. Grundsåtzlich kommen alle gångigen Blockadeverfahren in Betracht. Wird eine Allgemeinanåsthesie durchgefçhrt, spielt die intra- und postoperative Sicherung der oberen Luftwege eine besondere Rolle. Spezielle Hilfsinstrumente zur konventionellen Intubation (verschiedene Spatelgræûen, McCoySpatel, Fçhrungsståbe, etc.) sollten ebenso zur Verfçgung stehen wie Larynxmasken und Bronchoskope. Fiberoptische Intubationen werden heute sowohl in Lokalanåsthesie unter leichter Sedierung als auch in Allgemeinanåsthesie durchgefçhrt. Einige Autoren berichten çber den Einsatz einer Intubationslarynxmaske zur Erleichterung der fiberoptischen Intubation. Wir fçhren fiberoptische Intubationen im Allgemeinen unter Analgosedierung mit Midazolam und Ketamin durch. Wir bewahren hiermit Spontanatmung und Reflexaktivitåt bei guter Sedierungsqualitåt bis zur Intubation. In langjåhriger Praxis sind bei dieser Vorgehensweise keine
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Aspirationen oder sonstigen vital gefåhrdenden Komplikationen aufgetreten [24]. Bei allen regionalanåsthesiologischen Verfahren, Larynxmasken- oder Maskennarkosen muss berçcksichtigt werden, dass ein nur noch fiberoptisch intubierbarer Patient vital gefåhrdet sein kænnte, wenn zur Behandlung einer anåsthesiologischen oder operativen Komplikation eine schnelle Intubation notwendig werden sollte. Die Kombination aus rçckenmarksnaher Leitungsanåsthesie und Allgemeinanåsthesie kann bei Patienten mit rheumatischen Erkrankungen eine sinnvolle Alternative darstellen: Eine Intubationsnarkose sichert den Luftweg und erleichtert schmerzfreies Lagern bei långerwierigen operativen Eingriffen, wåhrend der regionalanåsthesiologische Anteil optimale intra- und postoperative Analgesie gewåhrleistet. Zur guten intraoperativen Betreuung gehært die Verwendung hautschonender Pflaster und Verbånde. Aufgrund håufig eingeschrånkter aktiver und passiver Gelenkbeweglichkeit sollten spezielle Lagerungshilfen zur Verfçgung stehen. Das Legen von arteriellen Kançlen oder zentralen Venenkathetern an typischen Stellen kann durch Kontrakturen im Bereich der Handgelenke und der Halswirbelsåule erschwert sein. Die Extubation nach fiberoptischer Intubation sollte erst dann erfolgen, wenn ausreichende Wachheit, Spontanatmung und die Rçckkehr der laryngealen Reflexe gewåhrleistet sind. Ausschlieûlich fiberoptisch intubierbare Patienten bedçrfen in der postoperativen Phase besonders intensiver Ûberwachung. Durch die grundleidenbedingten Anomalien drohen ihnen Aspiration, Luftwegsobstruktion und respiratorische Insuffizienz [25]. Gelegentlich liegt ein Schlafapnoesyndrom vor, das respiratorische Stærungen aggravieren kann [6].
operativen Tag erhålt der Patient dreimal 8 mg Methylprednisolon (= 3 ´ 10 Prednisolon-Øquivalente) per os, am zweiten postoperativen Tag zweimal 8 mg (= 2 ´ 10 Prednisolon-Øquivalente) und am dritten Tag 8 mg (= 10 PrednisolonØquivalente). Danach wird die pråoperative Kortisonmedikation des Patienten fortgesetzt.
Perioperative Glukokortikoidsubstitution
Schmerz ist ein Leitsymptom bei entzçndlich rheumatischen Erkrankungen. Ursachen sind Arthritiden, (Sekundår-)Arthrosen und extraartikulåre Schmerzsyndrome des myofaszialen Weichgewebes. Periphere und zentrale Verånderungen im nozizeptiven System kænnen zu einer Chronifizierung der Schmerzen fçhren. Die Therapie eines so vielschichtigen Schmerzbildes muss multifaktoriell erfolgen. Die medikamentæse Schmerztherapie hat bereits in frçhen Krankheitsstadien einen hohen Stellenwert: Antiphlogistika (NSAID) wirken kausal direkt auf den schmerzauslæsenden Gelenkpro-
Zur perioperativen Glukokortikoidsubstitution bei Patienten unter Langzeitsteroidtherapie gibt es sehr unterschiedliche Empfehlungen [10, 35]. Unsere Vorgehensweise bei Patienten mit Nebennierenrindeninsuffizienz beinhaltet am Operationstag morgens die Gabe eines PrednisonSuppositoriums 10 mg, vor Narkoseeinleitung 100 mg Hydrocortison (= 25 Prednisolon-Øquivalente) intravenæs und nach weiteren drei Stunden 50 mg Hydrocortison (= 12,5 Prednisolon-Øquivalente) intravenæs. Am ersten post-
Infektionsgefåhrdung Patienten mit rheumatischen Erkrankungen haben ein deutlich hæheres Risiko, septische Arthritiden zu erleiden, als Patienten mit nicht rheumatischen Gelenkerkrankungen. Ursachen hierfçr sind die erhæhte Frequenz von Operationen mit Gelenkbeteiligungen und die vermehrte Versorgung mit endoprothetischem Gelenkersatz. Hautverletzungen und Håmatome, die durch Hautatrophie unter Glukokortikoidmedikation und rheumatische Deformitåten der Extremitåten begçnstigt werden, kænnen çber eine chronische Bakteriåmie zu einer bakteriellen Gelenkaffektion fçhren. Die klinische Differenzierung zwischen einem Rheumaschub und einer septischen Arthritis fållt teilweise schwer, hierdurch kann der Zeitraum bis zur korrekten Diagnosestellung verzægert werden. Die bei rheumatischen Erkrankungen håufig eingesetzten Glukokortikoide und Immunsuppressiva vermindern die kærpereigene Infektabwehr. Das Risiko einer septischen Arthritis in einem endoprothetisch versorgten Gelenk steigt deutlich an, wenn nach einer vorausgegangenen Endoprothesenimplantation an einem anderen Gelenk bereits schon einmal eine Gelenkinfektion aufgetreten ist.
Schmerztherapie
Anåsthesie
zess. Cyclooxygenase-2-Inhibitoren stellen eine åhnlich effiziente, aber nebenwirkungsårmere Erweiterung dieser Medikamentengruppe dar. Glukokortikoide kænnen Schçbe kupieren und bei guter Wirksamkeit auch in eine Dauertherapie integriert werden. Basistherapeutika (DMARD) wie Methotrexat oder Sulfasalazin kommen in erster Linie bei rheumatoider Arthritis zum Einsatz. Immunsuppressiva wie Azathioprin oder Cyclophosphamid bleiben wegen ihrer onkogenen Potenz schweren therapieresistenten Krankheitsverlåufen vorbehalten. Neben systemischen Therapien kommen auch lokale pharmakotherapeutische Behandlungsmaûnahmen wie die intraartikulåre Kortisonoder Radionuklidinjektion (Radiosynoviorthese) in Betracht. In jedem Krankheitsstadium sollten grundsåtzlich physikalische und physiotherapeutische Therapieverfahren einbezogen werden. Hierzu gehæren aktive und passive Maûnahmen sowie die Ergotherapie. Wenn die beschriebenen therapeutischen Mæglichkeiten keine ausreichende Effektivitåt zeigen, kænnen nach dem WHO-Stufenschema Nichtopioidanalgetika wie Paracetamol oder Flupirtin sowie schwach oder stark wirksame Opioidanalgetika hinzugefçgt werden. Obwohl der Nutzen einer Opioidtherapie bei Patienten mit rheumatischen Erkrankungen noch nicht hinreichend durch aussagekråftige klinische Studien belegt ist, lassen sich unserer Erfahrung nach durch den ergånzenden moderaten Einsatz von Opioiden eindrucksvolle schmerztherapeutische Resultate erzielen. Traditionelle Vorbehalte gegençber Opioiden bei entzçndlichen Gelenkerkrankungen scheinen allmåhlich abgebaut zu werden. Hierbei spielen die Erfahrungen çber den ¹sicherenª Umgang mit Opioiden in anderen Bereichen der Schmerztherapie sowie das zunehmende Wissen çber die Bedeutung der Vermeidung von Schmerzchronifizierung eine wegweisende Rolle.
Autologer Blutersatz Trotz hoher Qualitåtsstandards sind bei der Ûbertragung von homologem Blut Risiken, wie Infektionen (Hepatitis, AIDS, Malaria, Zytomegalie), febrile, allergische und håmolytische Transfusionsreaktionen sowie Immunisierungsund immunsuppressive Prozesse, nie ganz auszuschlieûen. Als logische Konsequenz gilt inzwischen der autologe Blutersatz als akzeptierte
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und etablierte Therapie bei elektiven Eingriffen, die mit transfusionsbedçrftigen Blutverlusten einhergehen. Ûber Eigenblutkonzepte fçr Patienten mit Erkrankungen aus dem rheumatischen Formenkreis liegen bislang nur wenige klinische Untersuchungen vor. Theoretische Erwågungen fçhren aufgrund des chronischen Entzçndungsprozesses und der damit vergesellschafteten Anåmie håufig zur Ablehnung von Eigenblutspenden bei Rheumapatienten [3, 8, 14, 30]. Erst unter der klinischen Anwendung von rekombinantem Erythropoietin scheinen sich in diesem Bereich erweiterte Mæglichkeiten zu ergeben. Die perioperativen Blutverluste sind aufgrund der verånderten Gerinnungsphysiologie bei Patienten mit rheumatischen Erkrankungen vergleichsweise græûer als bei Arthrotikern [23]. Rheumatiker mçssen sich unter Umstånden wiederholt blutverlustreichen Operationen unterziehen und sind demzufolge håufig polytransfundiert. Eine hieraus resultierende Antikærperbildung kann die Verfçgbarkeit homologer Blutkonserven bei seltenen Blutgruppenkonstellationen und groûen operativen Eingriffen mæglicherweise stark einschrånken. Aus diesen klinischen Erfahrungen heraus haben wir seit 1987 ein Eigenblutkonzept aufgebaut, das aus prå-, intra- und postoperativen Komponenten besteht: ] ] ] ]
Pråoperative Komponenten Eigenblutspende, Plasmapherese und maschinelle Plasma- und Erythrozytenseparation.
] Intra- und postoperative Komponenten ] akute normovolåmische Håmodilution und ] maschinelle Autotransfusion. Fçr die Erstimplantation von Hçft- bzw. Knieendoprothesen erfolgt die Vorbereitung ambulant im Allgemeinen mit ein bis zwei Eigenblutspenden, wobei in jedem Fall eine Vollblutspende (ca. 500 ml) und bei zu erwartendem Bedarf eine Plasmapherese zur Gewinnung von 600 ml Eigenplasma durchgefçhrt wird. Alternativ kann auch ein einmaliger maschineller Plasma- und Erythrozytenseparationszyklus (PES) erfolgen, an den sich eine stationåre Ûberwachung bis zum nåchsten Tag anschlieût. Bei græûeren geplanten Operationen, z. B. Endoprothesenwechseln, werden je nach Belastbar-
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keit des Patienten zwei bis drei PES-Zyklen durchgefçhrt. Der Abstand zwischen den Blutspenden sollte mæglichst mindestens zwei Wochen betragen, um eine ausreichende Erythropoese zu ermæglichen. Singbartl et. al. [32] konnten durch Verlångerung des Intervalls zwischen Eigenblutspende und Operation auf mindestens vier Wochen die Effektivitåt der Spende bei Patienten mit rheumatoider Arthritis steigern. Es sollte ein mæglichst groûes Blutvolumen entnommen werden, um die Erythropoese stårker zu stimulieren als nach Entnahme kleinerer Volumina [32]. Unmittelbar pråoperativ fçhren wir eine normovolåmische Håmodilution durch. Die Entscheidung zur maschinellen Autotransfusion fållt intraoperativ unter Berçcksichtigung des aktuellen Blutverlusts. Bei Bedarf wird die maschinelle Autotransfusion in den ersten postoperativen Stunden fortgefçhrt. Bei septischen Prothesenwechseloperationen sind wir ausschlieûlich auf pråoperative Eigenblutspenden angewiesen, da sich hier die maschinelle Autotransfusion grundsåtzlich verbietet [23]. Sobbe [34] konnte zeigen, dass sich die Ûberlebenszeiten maschinell separierter Erythrozyten bei Patienten mit rheumatoider Arthritis bzw. Arthrose nicht unterscheiden. Darçber hinaus wurde nachgewiesen, dass Håmoglobin und Håmatokrit nach autologer Transfusion schneller ansteigen als nach homologer Transfusion. Die Autorin schlieût, dass die maschinelle Autotransfusion in der operativen Versorgung von Patienten mit rheumatoider Arthritis eingesetzt werden kann, ohne das aus der die Erkrankung begleitenden Anåmie und den ihr zugrundeliegenden Pathomechanismen Einschrånkungen resultieren mçssen. Die Entscheidung zur Gabe von Fremdblut sollte immer sehr patientenindividuell erfolgen und darf nicht von einzelnen Parametern abhångig gemacht werden. Unseren Erfahrungen zufolge kænnen unter der essenziellen Voraussetzung einer Normovolåmie intraoperativ selbst Håmoglobinwerte von 4±5 g/dl toleriert werden, wenn keine gravierenden kardiopulmonalen, vaskulåren oder zerebralen Vorerkrankungen vorliegen und die çbliche intraoperative Ûberwachung (nichtinvasive Blutdruckmessung, Pulsfrequenz,
ST-Strecken-Analyse in Ableitung II) keine Besonderheiten aufweist. Auch postoperativ stellen wir die Indikation zur homologen Transfusion differenziert. Ein juveniler Arthritiker, der nach einem groûen blutverlustreichen Eingriff operationsbedingt immobilisiert ist, kann bei kompensierten Vitalsystemen unter Normovolåmie verståndlicherweise wesentlich niedrigere Håmoglobinwerte tolerieren als ein multimorbider geriatrischer Patient, der nach einer Hçftendoprothesenoperation schnell mobilisiert werden soll. In einer sinnvollen Kombination aller Stufen des Eigenblutkonzeptes gelingt es, Operationen mit mehreren Litern Blutverlust ausschlieûlich mit autologem Blutersatz durchzufçhren. Mit zunehmender Erfahrung im Eigenblutkonzept, einem straffen organisatorischen Management und einer guten Kooperation der operativen Fachvertreter konnte die Effizienz zunehmend verbessert werden. Seit 1992 liegt der autologe Blutersatz in unserer Klinik kontinuierlich çber 99% des Gesamtblutbedarfs der operativen Abteilung. Dies fçhrte zu einer deutlichen Kostenreduktion. Bezçglich der postoperativen Phase kann nicht ausdrçcklich genug betont werden, dass eine kritische, zurçckhaltende Anwendung von Fremdblut, also die Akzeptanz der normovolåmischen Anåmie, unter sorgfåltiger klinischer Beobachtung der Patienten die Basis aller Bemçhungen zur Fremdbluteinsparung darstellt [2]. Somit wird nicht nur jedes Transfusionsrisiko vermindert bzw. vermieden, sondern auch çber die Verbesserung der Blutrheologie eine wirksame Thromboseprophylaxe durchgefçhrt. Nicht zuletzt ist der positiv motivierte Patient, der sich aktiv in seinen Genesungsprozess eingebunden fçhlt, von hohem Stellenwert. Die Vielfalt der anåsthesiologischen Probleme eines Rheumatikers bedçrfen einer exakten pråoperativen Diagnostik, einer mit groûer Erfahrung versehenen intraoperativen Narkosefçhrung und einer intensiven postoperativen Nachsorge, besonders in Bezug auf die Luftwegsicherung. Das bestmægliche Ergebnis fçr einen Patienten kann nur durch eine effektive interdisziplinåre Zusammenarbeit zwischen Operateur, Rheumatologen und Anåsthesisten erreicht werden.
Anåsthesie
Zusammenfassung Die Anåsthesie von Patienten mit rheumatischen Erkrankungen stellt eine besondere Herausforderung dar, denn die chronische Entzçndungsaktivitåt fçhrt zu vielfåltigen pathologischen Verånderungen. Im perioperativen Umfeld ist die Sicherung der oberen Luftwege von besonderer Bedeutung. Wenn Regionalanåsthesieverfahren nicht durchfçhrbar sind, muss mit einer unter direkter Laryngoskopie erschwerten oder unmæglichen Intubation gerechnet werden. Ursachen hierfçr sind Bewegungseinschrånkungen der Halswirbelsåule oder der Kiefergelenke, die Reklination des Kopfes und Mundæffnung beeintråchtigen. Atlantoaxiale Subluxationen kænnen wåhrend direkter Laryngoskopie zu einer Myelonkompression fçhren. Zum Schutz des Patienten vor Intubationstraumen sollten fiberoptische Intubationstechniken genutzt werden. Extraartikulåre Manifestationen der rheumatischen Erkrankung treten im kardialen (Endo-, Myo-, Perikardiopathien), pulmonalen (Pleuraergçsse, Fibrosen, restriktive Ventilationsstærungen) oder håmatologischen (Anåmie, chronische Entzçndungszeichen, Thrombozytose) Bereich auf. Beachtenswerte Nebenwirkungen der medikamentæsen Therapie sind gastrointestinale Ulzera und Blutungen durch NSAID, Nebennierenrindeninsuffizienz durch chronische Glukokortikoidtherapie, Gerinnungsstærungen sowie Leberund Nierenfunktionseinschrånkungen durch NSAID oder Methotrexat. Ein Konzept zur Fremdbluteinsparung bei elektiven, blutverlustreichen Operationen umfasst pråoperative Eigenblut- und Plasmaspenden und die intra- und postoperative maschinelle Autotransfusion. Patienten mit chronischer Anåmie mçssen von Eigenblutspenden nicht ausgeschlossen werden, da sie an niedrige Håmoglobinwerte adaptiert sind. In der medikamentæsen Schmerztherapie kommen neben NSAID, Glukokortikoiden, Basistherapeutika und Immunsuppressiva auch Medikamente aus dem WHO-Stufenschema zum Einsatz. Wenn antiphlogistische Therapieansåtze ausgeschæpft sind, kænnen moderate ergånzende Opioidgaben beachtliche Erfolge erzielen. Die Rheumachirurgie hat in den letzten Jahrzehnten ein qualitativ hohes Niveau erreicht. Immer anspruchsvollere Eingriffe werden durchgefçhrt. Nicht selten sind es Operationen, die 6±8 Stunden erfordern und mit mehreren Litern Blutverlust einhergehen. Die Vielfalt der anåsthe-
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sierelevanten Besonderheiten, die diese spezifische Patientenklientel aufweist, stellt fçr die Anåsthesie eine Herausforderung dar. Der Anåsthesist muss çber Spezialkenntnisse verfçgen. Ein Hauptproblem ist die Sicherung der Luftwege. Wichtig sind aber auch grundleidenbedingte Mitbeteiligung des kardiovaskulåren und respiratorischen Systems. Je nach Schweregrad der Erkrankung und der daraus resultierenden, oft langjåhrigen medikamentæsen Therapie kann es zu Leberstærungen und Nierenfunktionseinschrånkungen kommen. Auswirkung auf die Anåsthesie haben auch die je nach Entzçndungsaktivitåt mehr oder minder ausgeprågte Anåmie und die medikamentæs beeinflusste Gerinnungsphysiologie. Hypo- und Dysproteinåmie kænnen abhångig von Eiweiûbindung der Anåsthetika zu prolongierter, kumulativer aber auch abgeschwåchter Wirkung fçhren [37]. Die peripheren Venenverhåltnisse sind oft problematisch, ihre Verånderung durch Kortisondauertherapie nicht zu unterschåtzen. Bei bewegungseingeschrånkenden Gelenken bzw. ankylosierenden Verlaufsformen bedçrfen lagerungstechnische Notwendigkeiten besonderer Sorgfalt. Autologe Blutersatzmethoden haben bei den oft groûen, blutreichen operativen Eingriffen einen hohen Stellenwert.
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Rheumachirurgische Therapie
Daumen und Langfinger S. Rehart, F. Kerschbaumer
Einfçhrung Die rheumatoide Arthritis befållt in mehr als 80% Gelenke der Hand. Dabei ist das Handgelenk am håufigsten befallen. Entsprechend seiner pathophysiologisch und therapeutisch zentralen Stellung kænnen die an den Fingern gelegenen distalen Verånderungen nicht isoliert betrachtet und therapiert werden. Sie sind zusammen mit der Funktion des Handgelenks zu evaluieren, da dessen Zustand sich auf die Fingerfunktion auswirkt. Im Einzelfall ist der Verlauf der Erkrankung unvorhersehbar und wird durch schubweise Progredienz, einen unterschiedlich starken Seitenbefall sowie die Differenzierung dominante-/nicht-dominante Hand prognostisch beeinflusst. Unbehandelt treten hæchstgradig deformierende Verånderungen an den Gelenken und Weichteilen der Hand auf, die Verrichtung von Aktivitåten des tåglichen Lebens nicht mehr eigenståndig zulassen. Ein Viertel aller rheumachirurgischen Eingriffe erfolgen an der Hand.
Pathologie der rheumatischen Fingergelenkdestruktion Daumen Von proximal nach distal sind das Karpometakarpal- (CMC), das Metakarpophalangeal- (MCP) und das Interphalangealgelenk (IP) als funktionelle Einheiten zu sehen. Die entzçndlichen Weichteilaffektionen betreffen die Kapsel-BandStrukturen der aufgefçhrten Gelenke sowie die Beuge- und Strecksehnen. Rheumaknoten kænnen die Greiffunktion durch Beeintråchtigung der Mechanik und durch Schmerzen erheblich behindern.
Karpometakarpalgelenk Die entzçndlichen Verånderungen dieses Schlçsselgelenkes des 1. Strahls fçhren zu einer Proximalisierung des ersten Metakarpalknochens (MC I) gegençber dem Widerlager des Trapeziums. Die Subluxation des ersten Mittelhandknochens wird durch den Sehnenzug im ersten Strecksehnenfach unterstçtzt. Die Abduktorenmuskulatur wird relativ insuffizient. Im weiteren Verlauf bewirkt die Synovialitis im Gelenkbereich eine Adduktionsfehlstellung des Daumens gegençber der restlichen Hand. Diese Fehlstellung ist zunåchst reversibel. Die Patienten sind bei der Úffnung des Daumens zum Greifen von Gegenstånden erheblich behindert.
Metakarpophalangealgelenk Die Daumen-Adduktionsfehlstellung im CMCGelenk fçhrt zu einer verminderten Beugefåhigkeit im Daumengrundgelenk mit daraus resultierender Ûberstreckfehlstellung in Kombination mit ulnarer und radialer Instabilitåt. Zuletzt wird das Gelenk vællig instabil und bietet den Langfingern keinen adåquaten Widerstand beim Halten von Gegenstånden. Eine entzçndlich bedingte palmare Subluxation der Grundphalanx gegençber dem Metakarpale I fçhrt in Verbindung mit der Hyperextensionsdeformitåt der End- gegençber der Grundphalanx im IP-Gelenk zu der ¹Ninety-to-ninetyª- oder auch Knopflochdeformitåt (90/90-Deformitåt) des Daumens. Dabei kænnen die Retinakularligamente kontrakt werden und einen aktiven/passiven Ausgleich der Hyperextension im Endgelenk verhindern. Sehnenrupturen im ersten Strecksehnenfach fçhren zu einer aktiven Streckinsuffizienz der Grundphalanx.
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S. Rehart, F. Kerschbaumer
Interphalangealgelenk
Proximale Interphalangealgelenke
Synovialitische Affektionen fçhren zu Instabilitåten in dorsaler, radialer und/oder ulnarer Richtung. Bei Ûberstreckstellung der Endphalanx ist das Greifen mit den distalen Anteilen der Grundphalanx mæglich. Die Ruptur der Sehne des M. extensor pollicis longus fçhrt dazu, die Endphalanx gegen Widerstand nicht mehr strecken zu kænnen. Ist die Sehne des M. flexor pollicis longus rupturiert, ist dementsprechend der Beugevorgang der Endphalanx nicht mehr mæglich.
Im Verlauf der entzçndlichen Infiltration entstehen Kapselhernien dorso-radial und/oder -ulnar. Spåter kænnen Instabilitåten in Extension und/oder in radialer/ulnarer Richtung hinzukommen. Die Ruptur der Sehne des M. flexor digitorum superficialis bedingt ein aktives Beugedefizit der Mittelphalanx.
Distale Interphalangealgelenke
Typische Fehlstellungen der Langfinger bei der rheumatoiden Arthritis sind die Knopflochund die Schwanenhalsdeformitåt sowie der Ulnardeviation der MCP-Gelenke (mit oder ohne Palmarsubluxation, håufig auch mit Pronationsfehlstellung der Grundphalanx gegençber dem Metakarpale, kontrakt / reponibel).
Primår sind Synovialitiden an diesen Gelenken nicht typisch fçr die rheumatoide Arthritis. Mutilierende Situationen resultieren meist aus degenerativen Verånderungen. Rupturen der Extensorensehne am Endglied kænnen ebenfalls nur selten der rheumatoiden Arthritis zugeschrieben werden. Eine solche Ruptur scheint jedoch bei der Entstehung einer Schwanenhalsdeformitåt von Bedeutung zu sein. Rupturen der profunden Beugesehne ergeben das Bild einer Beugeinsuffizienz des Endgliedes des betroffenen Fingers.
Metakarpophalangealgelenke
Schwanenhalsdeformitåt
Die Synovialitis fçhrt zunåchst zu einer Schwellung des Gelenks. Je nach Stadium der Erkrankung luxieren die Strecksehnen nach ulnar (selten radial) mit Ulnardeviation der Grundphalanx. Spåter kann eine Palmarsubluxation auftreten, die als Ausgangspunkt einer Schwanenhalsdeformitåt zu werten ist. Im Verlauf kann zunåchst die gegebene Fehlstellung aktiv ausgeglichen werden. Spåter folgen das Stadium der alleinigen passiven oder der gar nicht mehr mæglichen Reposition mit Kontraktur in Ulnardeviation und Flexion der MCP-Gelenke (Substrat: Kapsel-Band-Apparat mit palmarer Platte und intrinsische sowie extrinsische Sehnen). Hierzu kann sich erschwerend eine Pronationsfehlstellung des Fingers gesellen. Grçnde fçr ein Schnellen des Fingers (Digitus saltans) sind nicht allein eine Ringbandstenose (A1-Ringband) oder ein Sehnenhygrom, sondern kænnen auch in einer Tenosynovialitis der Flexoren bestehen, bei der ein SchnappPhånomen im Bereich des Chiasmas der Sehnen entsteht.
Es besteht eine Palmarsubluxation der Grundphalanx gegençber dem Metakarpale in Verbindung mit einer Hyperextension des PIP-Gelenkes und einer Flexionsstellung des Endgliedes gegen die Mittelphalanx. Drei Stadien werden unterschieden: Im ersten Stadium kann der Patient die Deformitåt aktiv ausgleichen, im zweiten ist der passive Ausgleich mæglich und im dritten sind die Verhåltnisse kontrakt. Die Synovialitis des MCP-Gelenkes und der Beugesehnen ist chronisch, die schrågen Landsmeer-Ligamente werden insuffizient und die queren Faserzçge werden im Verlauf kontrakt und fixieren die Fehlstellung.
Langfinger
Knopflochdeformitåt Es besteht eine Flexion des PIP-Gelenkes mit einer Hyperextension der Endphalanx. Die Verånderungen entstehen durch die chronische Synovialitis des PIP-Gelenkes. Drei Stadien bis zur Kontraktur werden durchlaufen. Der Tractus intermedius wird insuffizient. Danach kommt es zu einem Abrutschen der Tractus laterales des Extensorenapparates nach radial und ulnar unter die Bewegungsachse des PIP-Gelenkes. Spåter verkçrzen und retrahieren die schrågen
Daumen und Langfinger
Landsmeer-Bånder, wodurch die Hyperextensionsfehlstellung des Endgliedes zunehmend fixiert wird.
Klinisches Erscheinungsbild In den Anfangsstadien kann das klinische Bild vællig blande imponieren. Im Verlauf kommt es erst zu Synovialitiden, spåter zu den beschriebenen Fehlstellungen von Daumen und Langfingern, die zunåchst aktiv, dann passiv und zuletzt gar nicht mehr ausgeglichen werden kænnen, verbunden mit Schmerzen und Bewegungsdefiziten einzelner Gelenke bis hin zum Funktionsausfall bei Sehnenrupturen. Klinisch zeigt sich håufig ein Nebeneinander aller Deformitåten, besonders an den Langfingern kænnen Knopfloch- und Schwanenhalsdeformitåt benachbart beobachtet werden. Besonderes Augenmerk ist den gelegentlich schwierig zu diagnostizierenden palmaren Beugesehnensynovialitiden zu widmen.
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Radiologische Stadieneinteilung nach Larsen, Dale und Eek Die Ræntgendarstellung des entsprechenden Skelettabschnitts ermæglicht eine Bestimmung des Ausmaûes knæcherner Destruktionen. Larsen, Dale und Eek (LDE) haben fçr alle Gelenke eine Einteilung der radiologischen Verånderungen in 6 unterschiedliche Stadien (0±V) empfohlen. Entsprechende Referenztafeln liegen vor. Diese sind bei der Wahl des Operationsverfahrens hilfreich. Es bleibt zu betonen, dass die Weichteile einer gesonderten Evaluation unterliegen, die nicht durch das Ræntgenbild gestçtzt wird. Insofern unterliegt eine Operationsindikation nie allein nur der radiologischen Befundung. Zur weiterfçhrenden bildgebenden Diagnostik wird auf die Spezialkapitel verwiesen.
Therapie Konservative Maûnahmen Radiosynoviorthese
Diese kann in der Erstdiagnostik zum Nachweis von Ergçssen an den kleinen Fingergelenken hilfreich sein. Im Verlauf eignet sie sich vor allem zum Ausschluss von Sehnenrupturen, Adhåsionen und Tenosynovialitiden im Fingerbereich.
Die chemische Synoviorthese an den kleinen Gelenken von Daumen oder Langfingern, wird unseren Patienten wegen der unsicheren Auswirkungen auf den immens wichtigen, feinen Bandapparat nicht empfohlen. Bei gering proliferativen Synovialitiden ist die Radiosynoviorthese mit Erbium erfolgversprechend, um eine weitere Elongation der Streckerkappe zu vermeiden. Die Kontraindikationen, die wir bei Patienten bis zum 40. Lebensjahr fçr die Anwendung radioaktiver Substanzen sehen, schrånken die Indikationsbreite ein.
Ræntgen
Operative Maûnahmen
Der Daumen wird mit Handgelenk p.-a. und streng seitlich dargestellt. Die Langfinger werden mittels einer Aufnahme der Hand p.-a., streng seitlich und in Ballfangprojektion untersucht. Auûer auf die Mineralsalzminderung gelenknah wird auf Erosionen, Destruktionen und patholgische Weichteilschatten oder Fehlstellungen geachtet.
Indikationen zur Operation
Bildgebende Verfahren Sonographie
Zahlreiche Faktoren flieûen in die Entscheidungsfindung zu Zeitpunkt, Art und Ausmaû des operativen Vorgehens ein. Berçcksichtigt werden Alter, Allgemeinzustand, Beginn der Erkrankung, individueller Verlauf, Medikation, Lokalbefund und stattgehabte Therapie, soziale Situation, berufliche Tåtigkeit sowie die Funktion bei den tåglichen Routineleistungen. Die Håndigkeit und die betroffene Seite sind zu beachten.
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S. Rehart, F. Kerschbaumer
Bei der Indikation zu mehreren Operationen ist ein Therapieplan in Abstimmung mit dem Patienten zu erstellen. Wir sehen eine Indikation zur operativen Therapie, wenn die medikamentæse Langzeittherapie erfolglos war. Die Indikationsstellung zu einzelnen Verfahren erfolgt unter Beachtung der radiologischen Stadieneinteilung nach Larsen, Dale und Eek. An den Gelenken halten wir in den Frçhstadien (LDE 0±II/III) die Synovialektomie fçr ein aussichtsreiches Verfahren. Sie kann, je nach Gelenk, arthroskopisch oder offen erfolgen. Prinzipiell ist der Zustand der Weichteile in die Ûberlegungen zum operativen Vorgehen einzubeziehen. Spåtere Stadien (LDE IV±V) erfordern meist arthroplastische oder arthrodetische Maûnahmen. Die Funktion der Nachbargelenke, insbesondere proximal, ist von erheblicher Bedeutung. Gegebenenfalls empfehlen wir, operative Verfahren proximal vor distalen Eingriffen zu planen.
Daumen ] Dorsal. Am CMC-Gelenk empfehlen wir den dorsalen, sinusfærmig geschwungenen långsgestellten Zugang. Das MCP-Gelenk eræffnen wir çber einen radial geschwungenen halbkreisfærmigen Zugang. Ûber dem IP-Gelenk ziehen wir den queren dorsalen Zugang vor. ] Palmar. Hier raten wir zu Bruner-Inzisionen. ] CMC-Gelenk. Im LDE-Stadium 0±II/III kann die offene Synovialektomie çber einen långsgeschwungenen Zugang erfolgen. Bei hæheren LDE-Stadien ist die Resektionsarthroplastik und die Suspension des Metacarpale I mittels der partiell gewonnenen, distal gestielten Sehne des M. extensor oder flexor carpi radialis longus mæglich. Eine prothetische Versorgung kann mit verschiedenen Prothesenmodellen (Silikon: Ashworth-Platt, Metall: Kapandji ± zementiert) durchgefçhrt werden. Die Arthrodese des Daumensattelgelenks ist bei der rheumatoiden Arthritis eher nachteilig zu bewerten. ] MCP-1-Gelenk. Im LDE-Stadium 0±II/III erfolgt die offene oder arthroskopische Synovialektomie. Liegt eine radiale/ulnare und/oder eine Hyperextensionsdeformitåt vor oder besteht radiologisch ein LDE-Stadium IV±V, ist die Arthrodese mit einer Draht-Cerclage in 208-Flexion der Grundphalanx empfehlenswert.
] IP-Gelenk. Hier ist eine offene Synovialektomie mæglich, wenn keine knæchernen Låsionen oder Instabilitåten vorliegen. Besteht eine einwandfreie Funktion der Nachbargelenke und ist das IP-Gelenk instabil oder destruiert, kann eine Schraubenarthrodese in 08-Stellung oder eine DrahtCerclage-Arthrodese in 10±208-Flexion der Endphalanx angezeigt sein. ] Ruptur der Extensor-pollicis-longus-Sehne. Eine Ruptur der EPL-Sehne bei Patienten mit rheumatoider Arthritis aufgrund der tenosynovialitischen Infiltration oder der långerstreckigen Durchscheuerung am Lister-Tuberkel kann selten direkt genåht werden. Es empfiehlt sich die Extensor-indicis-proprius-Plastik oder ggf. die Arthrodese des IP-Gelenkes in Funktionsstellung. ] Ruptur der Flexor-pollicis-longus-Sehne. Eine Ruptur der FPL-Sehne bei Patienten mit rheumatoider Arthritis kann ebenfalls selten direkt genåht werden. Die Sehnenplastik mit einem freien Transplantat des M. palmaris longus ist eine Alternative zur Arthrodese des IP-Gelenkes in Funktionsstellung. ] Adduktionskontraktur. Wenn die aktive Úffnung der ersten Kommissur nicht mehr mæglich ist, kann ein operativer Læsungsversuch gerechtfertigt sein. Hierbei sind alle fibrotischen Strukturen zu mobilisieren. Zu prçfen ist, ob bei funktionierender Úffnung der kontralateralen ersten Kommissur (dominante/nicht-dominante Hand?) der erhebliche operative Aufwand notwendig ist, besonders, wenn weitere operative Maûnahmen in anderen Regionen erforderlich sind. ] Ninety-to-ninety-/Knopflochdeformitåt Im LDE-Stadium 0±II/III ist die Synovialektomie in Verbindung mit einer Sehnenrebalancierung angezeigt. Letztere besteht in einer Ablæsung der EPL-Sehne an der Endphalanx und der dorsalen Tenodese, um die Beugefehlstellung der Grundphalanx zu beseitigen. Die Verlångerung/ Sektion der schrågen Landsmeer-Bånder kann erforderlich werden, wenn die Flexion des Endgliedes nicht gelingt. Zuletzt sind die Einstrahlungen der intrinsischen Muskulatur in die Dorsalaponeurose, die die Grundphalanx beugen, zu durchtrennen und çber dem MCP-Gelenk zu raffen. Eine Kirschner-Draht-Fixation von MCPund/oder IP-Gelenk fçr 2 Wochen ist mæglich.
Daumen und Langfinger
Im LDE-Stadium IV±V ist die Arthrodese des MCP-Gelenkes notwendig, wobei die Einstellung abhångig ist von der Spitzgrifffunktion. Eine Tenosynovialektomie der FPL-Sehne kann çber Bruner-Inzisionen mit Entlastung der Sehne unter subtiler Schonung der Gefåû-Nerven-Straûen erfolgen. Funktionell stærende Rheumaknoten werden in gleicher Sitzung entfernt
Langfinger ] Dorsal. Ein einzelnes MCP-Gelenk eræffnen wir långs halbkreisfærmig geschwungen. Sind nebeneinander liegende oder alle MCP-Gelenke zu versorgen, nutzen wir den dorsalen queren Zugang. Die PIP-Gelenke von D II und III werden von uns dorsal nach ulnar geschwungen inzidiert. An D IV und V raten wir zu einem radialen Schwung der Hautinzision. Die IP-Gelenke werden dorsal quer eræffnet. ] Palmar. Hier nutzen wir Bruner-Inzisionen. ] Metakarpophalangealgelenk. Eine Synovialitis im LDE-Stadium 0±II/III ohne Deviation oder Rotation der Grundphalanx gegen das Metakarpale kann arthroskopisch synovialektomiert werden. Besteht eine Subluxation der Streckhaube zwischen die Metakarpalkæpfchen, empfiehlt sich neben der offenen Synovialektomie die raffende Naht der Streckhaube radial. Ulnar wird diese offen belassen. Bei Palmarsubluxation ist zusåtzlich die offene Læsung der intrinsischen Muskulatur mæglich. Zum Ausgleich der rotatorischen Fehlstellung der Grundphalanx gegen das Metakarpale wird die intrinsische Muskulatur versetzt (M. interosseus!). Im Stadium LDE IV±V ist neben der offenen Synovialektomie und der Sehnenbalancierung die prothetische Versorgung angezeigt. Hier dient das Swanson-Silastik-Implantat als Spacer. Es gibt unterschiedliche Modelle von nicht-gekoppelten Prothesen, deren Implantation jedoch, z. B. aufgrund von kontrakten Weichteilen, nicht immer mæglich ist. Die Arthrodese sehen wir an diesem Gelenk wegen seiner herausragenden Bedeutung fçr die Beweglichkeit als kontraindiziert an. Die Darstellung mæglicher Interventionen am MCP-Gelenk zur Therapie der Schwanenhalsdeformitåt erfolgt gesondert. ] Proximales Interphalangealgelenk. In den LDEStadien 0±II/III kommen die offene oder arthroskopische Synovialektomie in Betracht. Die
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Streckhaube ist beim offenen Vorgehen radial und ulnar zu rekonstruieren. In den spåteren LDE-Stadien ist bei vorhandener Seitenbandstabilitåt die prothetische Versorgung, z. B. mit einem Swanson-Spacer, mæglich. Ausgeprågte Destruktionen der Fingermittelgelenke erfordern in der Regel die Arthrodese in individuell angepasster, funktionell und kosmetisch gçnstiger Stellung. Die Darstellung mæglicher Interventionen am MCP-Gelenk zur Therapie der Knopflochdeformitåt erfolgt gesondert. ] Arthroskopische Synovialektomie am MCP- oder PIP-Gelenk. Die Fingergelenkarthroskopie fand erst kçrzlich Eingang in die operativen Verfahren. Sie wurde durch technische Entwicklungen mæglich, die uns in die Lage versetzen, auch in kleinste Gelenke minimal-invasiv einzugehen. Die arthoskopische Synovialektomie der Metakarpophalangeal- und der proximalen Interphalangealgelenke der Langfinger befindet sich zurzeit noch im Evaluationsstadium Der gering traumatisierende Zugang erlaubt die rasche postoperative Rehabilitation. Der Laser wird zur Vervollståndigung der Synovialektomie und zur Blutstillung adjuvant eingesetzt. Im Gegensatz zum offenen Vorgehen kann der dorsale Kapsel-Band-Apparat fast vollståndig geschont werden. Die Plexusanåsthesie erfolgt immer dann, wenn keine Kontraindikation hierzu besteht. Ein kurzes Arthroskop von 1,0 mm mit 308-Optik sowie ein in der Græûe an das Fingergelenk adaptierter Shaver sind neben einem Instrument (PE-Zange) zur Entnahme einer Probe zur histologischen Untersuchung vorzuhalten. Der Patient wird wie çblich auf dem Rçcken, die Hand auf einem Handtisch gelagert. Nach sterilem Auswickeln erfolgt das Schlieûen der BlutleereManschette. Zugegangen wird dorsal mit einer Stichinzision am MCP-Gelenk radial und ulnar, am PIP-Gelenk radial und ulnar zwischen Tractus medialis und lateralis in die meist durch die auftreibende Synovialitis kaum zu verfehlenden Gelenke. Nach Auffçllen des Gelenks mit einer geeigneten Flçssigkeit (Extension der knæchernen Konstituenten) werden Trokar und Optik eingebracht. Parallel werden der Tasthaken und der Shaver çber den benachbarten Zugang eingefçhrt. Nach einer systematischen Inspektion der Knorpeloberflåchen und der Schleimhåute wird eine PE zur histologischen Aufarbeitung entnommen und anschlieûend die
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Abb. 1. Operationssitus bei Schwanenhalsdeformitåt im Stadium I bei einer 42-jåhrigen Patientin mit rheumatoider Arthritis. Die geschlossene Schere wird zwischen Haut und Streckapparat des Fingers eingebracht und mit geæffneten Branchen zurçckgezogen. Hierdurch wird die Haut von den Sehnenstrukturen separiert und schafft Platz fçr das Platzieren des Skalpells unter Sicht.
Abb. 2. Operationssitus bei Schwanenhalsdeformitåt im Stadium I bei der 42-jåhrigen Patientin mit rheumatoider Arthritis aus Abb. 1. Eræffnetes MCP-Gelenk mit erheblicher Synovialitis. Diese wird fçr die Entwicklung einer Schwanenhalsdeformitåt ursåchlich verantwortlich gemacht.
Synovialektomie sorgfåltig durchgefçhrt. Der Lasereinsatz erfolgt am Ende des Eingriffs. Die Nachbehandlung erfolgt mit relativer Schonung, krankengymnastischer Beçbung, Eis und antinflammatorischer Medikation. ] Distales Interphalangealgelenk. Schmerzhafte Destruktionen und deutliche Deviationen sind die Indikation zur Arthrodese. Die Situation der Nachbargelenke ist zu beachten. ] Schwanenhalsdeformitåt. Die Hyperextension des PIP-Gelenks und die Flexionsfehlstellung des DIP-Gelenks werden in die 3 Stadien der aktiven/passiven/nicht mehr gegebenen Ausgleichbarkeit unterteilt. Diese Stadieneinteilung bestimmt das operative Vorgehen. Die Insuffizienz der schrågen und der queren LandsmeerBånder ist von Bedeutung.
Abb. 3. Operationssitus bei Schwanenhalsdeformitåt im Stadium I bei der 42-jåhrigen Patientin mit rheumatoider Arthritis aus Abb. 1. Die Lamina intertendinea superficialis ist durchtrennt worden (mit dem Skalpellrand markiert). Hierdurch werden alle anatomischen Strukturen, die die Grundphalanx nach palmar ziehen, gelæst. Die Basis der Grundphalanx kann anschlieûend bei dem Beugevorgang wieder im Gelenk zentriert werden.
] Stadium I. Neben der offenen Synovialektomie empfehlen sich ein ¹Intrinsic releaseª am MCPGelenk und eine radiale und ulnare dreieckfærmige Exzision der kontrakten Lamina intertendinea superficialis (Landsmeer) zur funktionellen Verlångerung des Tractus lateralis (Abb. 1±3). Postoperativ ist eine Flexion der PIP-Gelenke, bei gestreckten MCP-Gelenken, in einer Schiene oder mit transartikulårem Kirschner-Draht fçr 2 Wochen anzuraten.
] Stadium II. In diesem Stadium ist die Retinakularekonstruktion erforderlich. Ûber einen Mitt-Seit-Schnitt am Finger dorso-palmar vom Endgelenk bis zum proximalen Drittel der Grundphalanx ulnar wird der Tractus lateralis dargestellt. Dieser wird als distal gestieltes Sehnentransplantat, das anschlieûend mit sich selbst vernåht wird (Tenodese), zur Rekonstruktion der schrågen Landsmeer-Bånder verwendet.
Daumen und Langfinger
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Dieser palmar der Bewegungsachse des PIP-Gelenks verlagerte Sehnenanteil ist vorzuspannen, damit die Beugung des PIP-Gelenks eine Streckung des DIP-Gelenks zulåsst. Postoperativ wird die Immobilisation des PIP- und des DIPGelenks mit Kirschner-Dråhten fçr zumindest 2 Wochen angeraten. ] Stadium III. Bei gleicher Technik wie im Stadium II erfogt die Tenodese transossår in der Grundphalanx. Bei kontrakten Verhåltnissen kann es erforderlich werden, den ulnaren Anteil der Flexor-digitorum-superficialis-Sehne in vorgespannter Stellung mit dem Tractus-lateralisSehnenstreifen zu vernåhen. Bei fortgeschrittener Gelenkdestruktion und fixierter Knopflochdeformitåt ist die Arthrodese des Fingermittelgelenks in Funktionsstellung eine zuverlåssige Alternative. ] Knopflochdeformitåt. Auch diese Fehlstellung wird in die 3 Stadien der aktiven/passiven/nicht mehr gegebenen Ausgleichbarkeit unterteilt. Der Tractus intermedius wird durch die chronische Synovialitis am PIP-Gelenk insuffizient und der Tractus lateralis gleitet zunehmend unter dessen Bewegungsachse. So kommt es zunehmend zur Ûberstreckung im DIP-Gelenk. Spåter kontrahieren die schrågen Landsmeer-Bånder. Die Funktion Landsmeer-Bånder kann çber den Retinakular-Plus-Test geprçft werden: Bei passiver bestmæglicher Streckung des PIP-Gelenks wird zugleich versucht, das DIP-Gelenk zu beugen. Das gelingt nur bei ausreichender Långe der schrågen Landsmeer-Bånder. ] Stadium I. Neben der offenen Synovialektomie des PIP-Gelenks ist zu prçfen, ob die raffende knæcherne Versetzung des Tractus intermedius indiziert ist. ] Stadium II. Die offene Synovialektomie wird in Kombination mit einem teilresezierenden knæchernen Refixieren des Tractus intermedius durchgefçhrt. Die in Långsrichtung gehålfteten radialen und ulnaren Tractus laterales werden dorsal çber dem PIP-Gelenk vereint (Abb. 4±6). Gegebenenfalls erfolgt die Verlångerung der schrågen Landsmeer-Bånder in der Technik nach Matev. Das in Flexion positionierte DIPGelenk kann fçr 2 Wochen temporår mit einem Kirschner-Draht ruhig gestellt werden.
Abb. 4. Operationssitus bei einer Knopflochdeformitåt im Stadium II, mit insuffizientem, elongiertem Tractus centralis (50-jåhrige Patientin mit rheumatoider Arthritis). Der Tractus centralis ist am PIP-Gelenk nach Ablæsung zurçckgeschlagen worden, der Tractus lateralis wird ulnarseitig (anschlieûend radialseitig) mit dem Skalpell hålftig långs gespalten.
Abb. 5. Operationssitus bei einer Knopflochdeformitåt im Stadium II (Patientin von Abb. 4). Zuerst wird der reponierte Tractus centralis wieder unter Ausgleich der Flektionsfehlstellung transossår an dem Mittelglied refixiert.
] Stadium III. Zusåtzlich zu den in den ersten beiden Stadien angewandten Techniken ist die Durchtrennung der schrågen Landsmeer-Bånder notwendig. In funktionell gçnstiger Stellung der Fingermittelgelenke sind keine operativen Versorgungen notwendig.
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S. Rehart, F. Kerschbaumer
Nachbehandlung
Abb. 6. Operationssitus bei einer Knopflochdeformitåt im Stadium II (Patientin von Abb. 4). Zuletzt werden die medialseitigen Anteile der beiden gespaltenen Tractus laterales çber dem Gelenk vereint und vernåht und verschlieûen damit das ¹Knopflochª.
Flexorensehnen Die chronische Synovialitis der Beugesehnen im Fingerbereich kann zu Schnappen aller Finger fçhren. In diesem Fall ist zu prçfen, ob die alleinige Durchtrennung des A1-Ringbandes ausreichend ist. Es ist die genaue Lokalisierung des Schnapp-Phånomens erforderlich. Dieses kann auch im Bereich des Chiasmas der superfiziellen mit der profunden Beugesehne entstehen, dann bliebe die A1-Ringbandspaltung ohne therapeutischen Effekt. Zusåtzlich kann der tenosynovialitische Prozess zu einer Insuffizienz des Ringbandsystem fçhren mit dem Ergebnis der Beugeinsuffizienz des betroffenen Fingers und einem Bogensehnen-Effekt beim Flexionsvorgang (¹bow-stringingª). Bleiben daher konservative Maûnahmen und lokale Infiltrationen in die Sehnenscheide ohne Erfolg, empfehlen wir die Exploration der Beugesehnen im Fingerkanal und ggf. der Hohlhand çber Bruner-Inzisionen zur Tenosynovialektomie.
Rheumaknoten Diese kænnen ubiquitår an der Hand vorkommen. Sie sind besonders stærend, wenn sie den Greifvorgang (schmerzhaft) behindern. Insbesondere an der Fingerbeere oder am proximalen palmaren Daumen sind sie kaum zu tolerieren. Gelegentlich kænnen sie groteske Ausmaûe annehmen oder sogar rupturieren.
Die Ergebnisse nach operativer Versorgung der rheumatischen Fingergelenke stehen und fallen mit der Qualitåt der postoperativen Nachbehandlung und der Regeneration der periartikulåren Weichteilstrukturen. Gerade bei Patienten mit rheumatoider Arthritis ist aufgrund der schlechten Weichteilsituation und der komplexen polyartikulåren Befallssituation der oberen Extremitåt mit einer langwierigen Behandlungsdauer zu rechnen. Das Nachbehandlungskonzept orientiert sich am Operationsverfahren, am Ausmaû der Weichteiltraumatisierung, an der Qualitåt der periartikulåren Weichteilstrukturen und am arthritischen Befallsmuster der oberen Extremitåt. Nur ein intensives und patientenadaptiertes Nachbehandlungskonzept mit enger Verknçpfung der stationåren, poststationåren rehabilitativen und ambulanten Physio- und Ergotherapie ermæglicht die Wiederherstellung der Weichteilbalance und die langfristige Funktionsverbesserung der operierten Fingergelenke.
Fazit Operative Verfahren an der rheumatischen Hand sind individuell zu planen. Die Wahl des Operationsverfahrens orientiert sich am aktuellen Destruktionsmuster nach Larsen, Dale und Eek, am zu erwartenden Spontanverlauf und Ausmaû der periartikulåren Weichteildestruktion, einschlieûlich der Kompensationsmæglichkeiten der Nachbargelenke. Die Indikation zur Synovialektomie sollte frçhzeitig gestellt werden, um die lokale Progredienz und daraus resultierende Funktionsdefizite mæglichst zu verhindern. Die arthroskopische Synovialektomie ist eine in der Entwicklung begriffene Therapieoption. Die Arthrodese oder die Endoprothese verbleiben als Rçckzugsmæglichkeit in den fortgeschrittenen Destruktionsstadien.
Daumen und Langfinger
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Fingergelenkendoprothesen F.-W. Hagena
Einfçhrung Fçr die rheumatoide Arthritis stellt der beidseitige Befall der Fingergelenke ein pathognomonisches Kriterium dar. Dementsprechend sind die Fingergelenke nicht nur der håufigste Ort der Gelenkmanifestation, sondern sie weisen auch im langfristigen Verlauf die hæchste Inzidenz der Destruktion auf [8]. Damit geht nicht die Schmerzhaftigkeit jedoch eine koinzidente Behinderung einher. Die vielfåltige Adaptation an die reduzierte Einsatzfåhigkeit und die Kompensation der Patienten ist hervorgerufen durch vielfache Befçrchtungen, dass mægliche operative Maûnahmen zur Verschlechterung des Status fçhren kænnten. Bei dem Erhalt und der Wiederherstellung der komplexen Funktion an der Hand haben die Fingergrundgelenke und ihre funktionelle Stellung zum Daumen eine zentrale Position [44]. Hierbei ist auch die Wechselwirkung mit dem Handgelenk zu berçcksichtigen. Im spåten Stadium der lokalen rheumatoiden Erkrankung an den Fingergelenken bestehen die Zerstærung des Gelenkknorpels, Ûberdehnung der gelenkstabilisierenden Weichteilstrukturen ± der Kapsel, Ligamente und Sehnen ± sowie der Verlust knæcherner Substanz. Hieraus resultieren Schmerzen, Instabilitåt und Kontrakturen, Deformitåten und der Verlust der Kraft und der Funktion. In diesem Zustand der Gelenkdestruktion sind gelenkerhaltende Operationen nicht angezeigt, vielmehr stellt sich die Alternative zwischen einer Resektionsarthroplastik mit oder ohne Interpositum und eines Gelenkersatzes. Die Indikation zur Arthrodese ist am MCP-Gelenk eine Raritåt. Dagegen ist die Arthrodese in der jeweiligen Funktionsstellung am PIP-Gelenk eine wichtige Alternative zur Arthroplastik. Das bedeutet, dass die grundsåtzlichen Mæglichkeiten der Rekonstruktion der rheumatischen Hand schlieûlich von den operativen
Mæglichkeiten der Rekonstruktion der MCP-Gelenke abhångt. Hierbei ist die Entwicklung der Fingergelenk-Implantate von besonderer Bedeutung. ] Der Gelenkersatz ist der zentrale Bestandteil der operativen Rekonstruktion der Handfunktion bei rheumatoider Arthritis. Die Destruktion der Fingergrundgelenke, die Deformitåten und der Funktionsverlust und die damit verbundene kosmetische Stærung der Hand stellt fçr die betroffenen Patientinnen quasi eine ¹Visitenkarteª dar [16]. Dieses bedeutet, dass auch erhebliche psychische Probleme damit verbunden sein kænnen. Die Korrektur der Handdeformitåten mit Angriff an den destruierten MCP-Gelenk durch Endoprothesen zur Wiederherstellung der Funktion und Verbesserung der Kosmetik hat demnach einen besonders hohen Stellenwert im gesamten Therapieplan.
Funktionelle Anatomie und Pathomechanik bei RA Metakarpophalangeales Gelenk (MCP-Gelenk) Die elliptische Konfiguration der Fingergrundgelenke låsst neben der Flexions-/Extensionsbewegung eine radiale und ulnare Abduktion sowie eine Rotation zu. Der radiale ist stårker als der ulnare Kondylus ausgebildet. Palmar sind die Kondylen breiter als in der dorsalen Gelenkebene; dieser Effekt fçhrt zur Straffung der Kollateralbånder und somit zur Stabilisierung der Grundgelenke bei zunehmender Flexion. Durch die Verlagerung des Rotationszentrums bei Flexionsbewegung erfolgt eine Gleitbewegung der phalangealen Basisgelenkflåchen
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F.-W. Hagena
gegençber dem Metakarpalkopf. Die palmare Platte, die durch akzessorische Kollateralligamente verstårkt ist, stabilisiert und begrenzt die Extension der MCP-Gelenke. Die tiefen transversalen Ligamente bilden eine straffe Verbindung der palmaren Platten zwischen den Grundgelenken. Die so genannten Streckerkappen werden durch Fasern der Mm. interossei und lumbricales gebildet. Die proliferative Synovialitis fçhrt durch Distension der kapsuloligamentåren Stabilisatoren oder durch die Knorpel-Knochen-Destruktion zu einer palmaren und ulnaren Subluxation. Verschiedene Faktoren sind fçr die Imbalance der Gelenke verantwortlich: ] Die Asymmetrie der Metakarpalkopfkondylen bewirkt die Ulnardeviation des Fingers bei zunehmender Flexion. ] Die Ûberdehnung der Streckerkappe und progrediente Kontraktur der Mm. interossei und lumbricales leitet die palmare Subluxation ein. ] Die synoviale Proliferation schwåcht das radiale sagittale Band und fçhrt zur ulnaren Subluxation des Strecksehnen-Apparates. Das transversale Handgewælbe verliert durch die Stærung der Gelenke und Weichteilstrukturen an Spannung, sodass der Bogen der Fingergrundgelenke abflacht und die Fingerdeviation nach ulnar freigegeben wird. Håufig bestehende Handgelenksdeformitåten kænnen als zusåtzliche Mechanismen die Destruktion und Destabilisierung an den Fingergelenken verstårken und fixieren.
Proximales Interphalangealgelenk (PIP-Gelenk) Die proximalen Interphalangealgelenke sind wie Scharnier- oder Walzengelenke ausgebildet. Im Gegensatz zu den MCP-Gelenken ist eine Rotation am gesunden PIP-Gelenk nicht mæglich. Die normale Beweglichkeit betrågt ca. 1008 Flexion. Diese Beweglichkeit ist erforderlich, um den Faustschluss zu ermæglichen. Besondere Bedeutung bekommt diese Flexion bei eingeschrånkter Funktion der MCP-Gelenke. Da die kombinierte Beweglichkeit der MCP- und PIP-Gelenke ausreicht, damit die Fingerkuppen die Hohlhand erreichen, kann auf die Beweglichkeit der distalen Interphalangealgelenke verzichtet werden,
sodass dort die Arthrodese bei Destruktion die Operation der Wahl darstellt. Die gegenseitige pathologische Beeinflussung der MCP-, PIP- und auch der DIP-Gelenke wird bei der funktionellen Diagnostik der rheumatischen Hand regelmåûig berçcksichtigt.
Entwicklung der Fingergelenkendoprothesen Die Resektionsarthroplastiken der Fingergelenke zur Beseitigung der Deformitåten und zur Wiederherstellung der Funktion hatten keine ausreichend befriedigenden Langzeitergebnisse erbringen kænnen. Infolgedessen haben sich in der groben Ûbersicht drei Generationen von Fingergelenksarthroplastiken entwickelt. In den 50er Jahren wurden als erstes starrgekoppelte Scharnierprothesen aus Stahl vorgestellt. Hierdurch sollten insbesondere die Fehlschlåge der Resektionsarthroplastiken mit rezidivierenden Instabilitåten, Rezidiv-Deformitåten und Verkçrzungen der Finger vermieden werden. Die von Klein entwickelten und mit Brannon 1959 modifizierten, fçr posttraumatische PIPGelenkzerstærungen konzipierten Scharnier-Fingerprothesen wurden sehr bald von A. E. Flatt fçr den Einsatz bei rheumatoider Arthritis weiterentwickelt [12] (Abb. 1). Insbesondere die von A. E. Flatt eingefçhrte Scharnierprothese hatte zunåchst eine breite Aufmerksamkeit hervorgerufen. Der Vorteil bestand in der primåren Beweglichkeit und der Seitstabilitåt. Jedoch war schon die Implantation der Prothesen bei der RA-bedingten Osteoporose schwierig. Perforationen und Frakturen der karpalen und metakarpalen Knochen, der Verankerungen, Metallose und Lockerungen stellten sich nach wenigen Jahren ein. Auch war es be-
Abb. 1. Achsgefçhrte, starrgekoppelte Fingergelenkendoprothese nach Flatt
Fingergelenkendoprothesen
reits bei der Einbringung der Prothesen zum Diaphysenbruch oder Perforation des Knochens gekommen [12, 14]. Hierdurch war eine weitere Verbreitung der Implantate ausgeblieben. Hatte Flatt noch die endoprothetische Versorgung des Daumengrundgelenkes vorgesehen, so hat sich gezeigt, dass die komplexe Funktion des 1. Strahles an der Hand besondere Probleme fçr die Endoprothetik am MCP-I darstellte und die Arthrodese hier in der Regel zu bevorzugen ist. Der Stabilitåt des Daumens fçr die Handfunktion hat græûte Prioritåt. In der zweiten Generation, die auch heute noch Verwendung findet, hatte A. B. Swanson bereits 1966 mit der Publikation der flexiblen Silikon-Implantate das Konzept der Resektionsarthroplastik + Implantat + Kapsel = Neues Implantat (¹fixation by encapsulationª) fçr die rekonstruktive Handchirurgie insbesondere bei der rheumatoiden Arthritis zu einem weltweiten erfolgreichen Feldzug auf den Weg gebracht [39, 41]. Das flexible (Silikon) Implantat wurde als ¹Ergånzung der Resektionsarthroplastikª verwendet, um diese besser reproduzierbar und ihre Ergebnisse vorhersehbar zu machen [41]. Noch heute stellen die Silastic¾-Implantate nach Swanson den ¹Standardª dar. Keine Endoprothese ist in den vergangenen Jahren so håufig verwendet worden. Kein Implantat ist so oft in klinischen und experimentellen Studien untersucht und publiziert worden (Abb. 2). Entscheidender Vorteil der Silastic¾-Implantate gegençber der Resektionsarthroplastik ist die relativ stabile Rekonstruktion der ulnaren Deviation und palmaren Subluxation der Fingergrundgelenke, die auch in Langzeituntersuchungen aufrecht erhalten bleibt [19, 32]. Das Prinzip des ¹Platzhaltersª aus Silikon ist in weiteren Designs mit Verånderung der Veranke-
Abb. 2. Swanson-Silastic¾-Implantat mit Grommets
]
rungsstiele und Umformung des flexiblen Brçckenteils weiterentwickelt worden. Wesentlich schien auch, dass die Implantate eine gewisse Flexionsstellung vorgeben, um die Flektierbarkeit zu erhæhen, und dass die Verankerung durch rechteckige Verankerungsstiele rotationsstabiler ist.
Tabelle 1. Implantate/Endoprothesen fçr die Fingergelenke (modifiziert n. [7]) PIP-Gelenk
MCP-Gelenk
ANDIGO¾ Ascension PyroCarbon-PIP Avanta SRTM PIP Biomeric/Heiple Brannon-Klein CL-Finger-Mittelgelenk (ESKA) Digitos DJOA3 Flatt GSB-PIP Masada Mathy's Mayo Moje-Keramik Implantat Neuflex Nicolle-Calnan Richards Saffar (DISMO) St. Georg Sutter Swanson
ANDIGO¾ Ascension PyroCarbon-MCP Avanta SRTM MCP Biomeric/Heiple Brannon-Klein CL-Finger-Grundgelenk (ESKA) Digitale Digitos Flatt Garcia-Morale Griffith-Nicolle Hagert HM-MCP Helal Flap KY Alumina Ceramic Link Louscher Lundborg Masada (MES) Mathy's Minami Alumina Ceramic Minamikawa Moje-Keramik Implantat Moutet I.A.D. Neuflex Nicolle-Calnan Niebauer Richards Saffar Schetrumpf Schultz St. Georg Steffee I/II/III Strickland Sutter Swanson TMPR TM Finsbury Walker I/II/III WEKO-MCP
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F.-W. Hagena
Als dritte Generation sind in den vergangenen 40 Jahren vielfache Entwicklungen von Endoprothesen fçr die Fingergelenke vorgestellt worden, die jedoch mehrheitlich keinen langfristigen Erhalt aufgewiesen haben. Hier sind insbesondere eine Reihe von teilgekoppelten Endoprothesen zu nennen, die in der Regel auf Grund von Metallosen und aseptischen Lockerungen verlassen worden sind [12, 37]. Dies bedeutet, dass einerseits die biomechanischen Forderungen der Kinematik an den Fingergelenken nicht ausreichend beachtet worden sind ebenso wie die Materialeigenschaften den Anforderungen nicht Stand gehalten haben. Andererseits waren die Verankerungsprinzipien nicht dauerhaft suffizient. Es sind daher die von Swanson entwickelten flexiblen Platzhalter in unterschiedlicher Weise modifiziert worden. Die Silikon-Implantate werden heute noch weltweit am håufigsten verwendet (Tabelle 1).
Tabelle 2. Klassifikation von Fingergelenkendoprothesen Kategorie
Kriterien
Typ Typ Typ Typ
starrgekoppelt teilgekoppelt ungekoppelt flexible Implantate
I II III IV
Typ I: Achsgekoppelte Fingerprothesen Neuere Modelle der Fingergelenkprothesen haben auch wieder das Prinzip der starr-, achsgefçhrten Scharnierprothese mit Titanstiel-Verankerung eingesetzt [26]. Die vorlåufigen Ergebnisse wiesen eine mittlere Beweglichkeit von 508 bei verbesserter Kraft gegençber dem pråoperativen Befund auf. Die gleitfåhigen Gelenkanteile bestehen aus pyrolytischem Karbon.
Typ II: Teilgekoppelte Prothesen
Endoprothesen der Fingergelenke Die Endoprothesen fçr die Fingergelenke sind åhnlich wie die Kniegelenk-Arthroplastiken in Kategorien zu unterteilen. Diese Kategorien werden durch die Verankerungsprinzipien und insbesondere durch die Kopplung der Gelenkpartner unterschieden. Ein weiterer Unterschied ergibt sich aus der Bauhæhe der Implantate und hinsichtlich der verwendeten Materialien. Die teil- oder achsgekoppelten Modelle weisen eine græûere Bauhæhe auf. Hierdurch wird der Erhalt einer ligamentåren Stabilisierung aufgegeben. Andererseits sind es gerade diese Implantate, die ggf. fçr u. a. posttraumatische Indikationen zur Verfçgung stehen, bei denen eine græbere Verletzung des kapsuloligamentåren Apparates besteht. Bei dem Design der Fingergelenkendoprothesen werden in zunehmendem Maûe die anatomischen Dimensionen und Konturen der Fingergelenke berçcksichtigt. Grundlegend sind hierfçr die Ûberlegungen, dass mæglichst weitgehend eine Weichteilbalance und der Erhalt der Kollateralligamente gewåhrleistet ist [27] (Tabelle 2).
Nach den Ergebnissen mit den Silastik-Platzhaltern und den Fehlschlågen der starrgekoppelten Fingergelenkprothesen wurden fçr die MCPund PIP-Gelenke teilgekoppelte Endoprothesen mit dem Ziel einer gesteigerten Beweglichkeit entwickelt [9, 32]. Das Ausmaû der fçr die Implantation von den Endoprothesen erforderliche Knochenresektion ist ausschlaggebend fçr den Erhalt der Kollateralligamente und die Weichteilbalance. Dabei stellt auch der Streckapparat einen wichtigen Stabilisator fçr die Gelenke nach Implantation von Endoprothesen. Dieses waren wesentliche Argumente zur Entwicklung der Oberflåchenersatz-Implantate [22].
Typ III: Ungekoppelte Fingerprothesen Die mangelnde Seitstabilitåt und die Gefahr einer palmaren Subluxation insbesondere bei der Versorgung von rheumatisch destruierten Fingergelenken haben immer wieder gegençber ungekoppelten Fingergelenkendoprothesen Zurçckhaltung çben lassen. Einige der Neuentwicklungen ungekoppelter Endoprothesen sowohl fçr das MCP- als auch fçr das PIP-Gelenk sind bereits in klinischer Erprobung und Anwendung [22, 30]. Es wird daher vielfach gefordert, ungekoppelte Fingergelenkendoprothesen zu einem Zeitpunkt zu indizieren, zu dem der Kapsel-
Fingergelenkendoprothesen
bandapparat noch nicht zu stark geschådigt ist und zu dem insbesondere die Weichteile noch keine zu starke Kontraktur aufweisen. Vielfache Vermessungen der Dimensionen der Fingergelenke waren Grundlage fçr die Gestaltung dieser ungekoppelten Endoprothesen [2, 43] Die ¹pyrolytic carbonª-Implantate haben einen neuen Weg der ungekoppelten Fingergrundgelenk-Arthroplastik aufgewiesen. Der Metakarpalkopf wird durch das proximale Implantat distal der Kollateralbånder ersetzt. Der sphårische Implantatkopf gleitet in einer relativ tiefen sphårischen Basis-¹Pfanneª der Phalanx. Die Implantate werden zementfrei in die Schåfte der Phalanx und des Os metacarpale eingepresst, ggf. unter zusåtzlicher Impaktion von spongiæsem Knochenmaterial, das aus den Resektaten zu gewinnen ist. Wichtig ist hier eine subtile Technik der Weichteilbalance; hierbei ist insbesondere das radiale Kollateralligament zu stabilisieren bzw. zu rekonstruieren [6]. Eine neue zementfreie Verankerung der MCP-Gelenk-Prothese erfolgt mit lamellårem Titanschaft, die ein stabiles Einwachsen der Implantate gewåhrleistet. Waren in der ersten Generation die Flåchen beider Gelenkpartner dieser Implantate TitanODH-gehårtet, so konnte nunmehr in einer zweiten Generation eine wesentliche Verbesserung der Gleitflåchenkopplung mit Polyåthylen-Gelenkkopf erzielt werden. Entsprechende tribologische Untersuchungen belegen die hohe Stabilitåt der Gleitflåchen bei der ElogenicsTMFingerprothese [30] (Abb. 3).
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Um das Risiko eines Rezidivs der Ulnardeviation zu reduzieren, ist fçr die Weichteilbalance bei ungekoppelten Fingergelenkendoprothesen am MCP-Gelenk ggf. eine dynamische Stabilisierung durch ein ¹crossed intrinsic transferª nætig. Hierbei wird die jeweils ulnar mobilisierte Sehne der Mm. interossei (Digiti II bis IV) auf die Insertion des radialen Kollateralligamentes an der Phalanxbasis des ulnar benachbarten Fingergelenkes fixiert. Zusåtzlich wird am Kleinfinger die Sehne des M. abductor digiti minimi diszidiert, um auch die radiale Zugwirkung der Interosseus-Sehne des Ringfingers entfalten zu kænnen.
Typ IV: Flexible Implantate Die Silastic¾-¹Spacerª sind die am långsten und am besten untersuchten Implantate zum endoprothetischen Ersatz der Fingergelenke. Eine Reihe von technischen Ønderungen des Implantat-Designs insbesondere der Materialien sind entwickelt und untersucht worden, die sich in den meisten Fållen nicht auf dem Markt haben halten kænnen [28, 29]. Andere Weiterentwicklungen weisen eine Ønderung des biegsamen Mittelgliedes zur Verbesserung der Funktion auf [10, 24]. Zusåtzlich sind die Verankerungszapfen modifiziert worden, um eine gesteigerte Rotationsstabilitåt an der Verankerung zu erzeugen. Eine stabile Verankerung unter Verwendung von flexiblen Gelenkkomponenten verfolgte auch die Arbeitsgruppe um Lundborg und Brnnemark [18, 25].
Verankerung der Fingergelenkendoprothesen
Abb. 3. HM-MCP Fingergelenkendoprothese
In dieser Kategorie wurden die ersten Entwicklungen mit starrgekoppelten Implantaten publiziert. Zwei grundsåtzlich negative Kriterien fçhrten jedoch zum Scheitern der Implantate. Der achsgekoppelte Mechanismus hat zur hohen Krafteinleitung in den Intramedullårraum und damit zur Lockerung gefçhrt. Andererseits war durch die starre Kopplung eine groûe Gefåhrdung hinsichtlich einer Metallose und damit verbundener Osteolyse gegeben [14]. Erste Untersuchungen mit dem ¹teilgekoppeltenª Metall-Polyåthylen-Scharniergelenk Typ ¹St. Georgª wiesen bereits im 2. postoperativen Jahr eine Verschlechterung der Beweglichkeit auf [38].
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Eine weitere wesentliche Unterscheidung der Fingergelenkendoprothesen ist in Bezug auf die Verankerung vorzunehmen. Es sind zum einen zementierte und andererseits unzementierte Verankerungen. Auch heute wird noch Knochenzement fçr die stabile Verankerung von Implantaten bei Gelenkflåchenersatz-Endoprothesen propagiert [22]. Im Vergleich zu den anatomischen Verhåltnissen an Hçft- oder Kniegelenk sind die knæchernen Schaftdimensionen derart klein, dass desolate Defektbildungen bei Infekt oder aseptischer Lockerung jede Art der Revisionsoperation scheitern lassen [4]. Es liegen Berichte vor, die die Verwendung von Zement in den relativ klein dimensionierten phalangealen Knochen als ungçnstig darstellen. Eine Zementierbarkeit der Fingergelenkendoprothesen wird daher allgemein insbesondere fçr die Anwendung bei rheumatoider Arthritis nicht empfohlen. Bei der Verankerung von Silastic¾-Implantaten wird bewusst auf eine knæcherne Fixierung verzichtet. Das Biegeverhalten der elastischen Silikonkærper bildet eine regelmåûige Bewegung çber die Verankerungsstiele, die als so genannte ¹pistonª-Effekt bezeichnet wird. Hierdurch wird auch die wiederholt berichtete Resorption im Knochenlager der Silastic¾-Implantate begrçndet. Durch die Verwendung von Titan-DçbelVerankerungen konnte mit elastischen Silikonkærpern eine Osteointegration der Fingerprothesen bewerkstelligt werden [18].
Gelenkmaterialien Es ist bereits beschrieben, dass die weit håufigsten Fingerimplantate der Funktion eines Platzhalters bzw. der Resektionsarthroplastik mit Silikon-Interpositum gleichkommt [33, 41]. Demgegençber sind in dritter Generation Gelenkprothesen mit unterschiedlichen Kopplungen und Materialien der Gelenkpartner eingesetzt. Die Kopplung von Metall-Metall-Gleitflåchenpaarungen haben sich auf Grund der einsetzenden Metallosen nicht bewåhrt, da sie zu frçhzeitiger aseptischer Lockerung gefçhrt haben. Demgegençber werden Keramik sowie Kunststoffe wie Polyåthylen, Polyacetal, PBTP (Polybutylenterephthalat) und Polypropylen eingesetzt. Des Weiteren hat sich die Verwendung von Polycarbon als Material auch in der Gleitpaarung und in der Verankerung offenbar als zuverlåssig erwiesen [6]. Weitere Verlaufsstudien sind hier noch abzuwarten.
Tabelle 3. Anforderungen an Fingergelenkarthroplastiken Anatomische Kriterien (Form- und Græûenadaptation) Funktioneller Bewegungsumfang (3-dimensional) Stabilitåt ] Seitstabilitåt ] Torsionsstabilitåt ] Translationsstabilitåt (palmar) Mechanische Eigenschaften ] Krafteinleitung und -çbertragung ] Implantat-Knochen-Verankerung (¹interfaceª) ] Material ] Tribologische Eigenschaften ] Reproduzierbare OP-Technik (Instrumente)
Wesentlich kænnte es daher sein, in Zukunft die Operation zu einem frçheren Zeitpunkt zu indizieren. Hier kænnen aus der Entwicklung von Endoprothesen anderer Gelenke Rçckschlçsse gezogen werden (Tabelle 3). So war es insbesondere die starrgekoppelte Knieendoprothetik, die mittelfristig, erst im Spåtstadium implantiert, schlechte Ergebnisse aufwies. Erst die teil- und ungekoppelten Implantate der Knieendoprothesen haben die heute rechtzeitige Indikation zur Implantation und damit die gçltigen Langzeitresultate bewirkt.
Indikationen und Kontraindikationen zum Fingergelenkersatz Indikationen Epidemiologisch steht der Befall der Fingergrundgelenke bei der rheumatoiden Arthritis im Vordergrund. Funktionell anatomisch bilden die MCP-Gelenke das Zentrum der komplexen Handfunktion. Dieses wird besonders bei ankylosierten Deformitåten deutlich. Dabei ist die enge Beziehung der MCP-Gelenke zum Handgelenk wie auch zu den benachbarten PIP- und DIP-Gelenken mit zu berçcksichtigen. Noch kann nicht definitiv geklårt werden, ob die Kontraktur der Fingergrundgelenke oder die der Handgelenke primår ursåchlich sind. Wohl muss von einer nahezu gleichzeitigen Stærung der intrinsischen
Fingergelenkendoprothesen
und extrinsischen Muskulatur am Unterarm und an der Hand ausgegangen werden. Als typisch haben wir die Dorsal-Radial-Duktion der Handgelenke bei gleichzeitiger palmarer Subluxation und ulnarer Translokation des Karpus gegençber dem Unterarm mit der Ulnardeviation der Finger und Flexionskontraktur der MCP-Gelenke zu erkennen. Nach dem Grundsatz ¹von zentral nach peripherª oder von ¹proximal nach distalª ist es oft erforderlich, erst nach der Korrektur des Handgelenkes die rekonstruktive Korrektur der Fingergelenke zu planen. So stellt fçr die Prioritåten im langfristigen Behandlungsplan bei RA die dorsale Tenosynovialektomie am Handgelenk, wie die Hçft-Totalendoprothese und die Vorfuûkorrektur eine Operation 1. Ordnung, die MCP-Arthroplastik lediglich 2. Ordnung dar [15]. Die Mobilisierung bzw. die funktionelle Wiederherstellung des Handgelenkes ermæglicht die adåquate Balance der Weichteile fçr die Hand insbesondere fçr die Finger und ihre Gelenke. Merke: Fçr die Wiederherstellung der Funktion der Hand ist die eingehende Prçfung und ggf. die Prioritåt der Versorgung des Handgelenkes zu beachten! Die operative Behandlung der rheumatischen Hand setzt die Kenntnis der Pathomechanik der Fingerdeformitåten voraus. Diese wird an anderer Stelle im Einzelnen dargestellt und ihre Therapie detailliert formuliert. Wesentlich ist, dass die Knopflochdeformitåt (¹Boutonni reª-Deformitåt) nicht primår durch die Pathologie des MCP- sondern durch die des PIP-Gelenkes bedingt ist. Im Gegensatz dazu ist insbesondere die Pathomechanik der Schwanenhalsdeformitåt (¹Swanneckª-Deformitåt) komplex durch die Destruktion der MCP-Gelenke und vielfach einer palmaren Tenosynovialitis mit verursacht. Knopfloch- und Schwanenhalsdeformitåten werden håufig beobachtet und in 14% bzw. 36% bei RA-Patienten beschrieben [18]. Begleitend sind Pathologien der Beugesehnen und die Destruktion von PIP- und DIP-Gelenken zu beachten. Fçr die Destruktion der MCP-Gelenke sind unterschiedliche pathomechanische Deformitåten spezifisch und in ihrer differenzierten Ausprågung bei der Planung der Therapie zu berçcksichtigen. Diese Deformitåten der MCP-Gelenke (Tabelle 4) kænnen unabhångig voneinander oder kombiniert auftreten. Aufgrund der unterschiedlichen
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Tabelle 4. Deformitåten am MCP-Gelenk bei RA ] Palmare Subluxation ] Ulnare Deviation ] Pronationskomponente ] Subluxation der Extensor-Sehne
Tabelle 5. Indikationskriterien fçr Fingergelenkendoprothesen ] Schmerz ] Destruktion (LDE ³ III) ] Bewegungseinschrånkung ] Flexionskontraktur in ungçnstiger Funktionsstellung ] Instabilitåt mit ± Subluxation palmar oder/und ± Ulnardeviation
Verlaufsformen der rheumatoiden Arthritis entwickeln sich auch z.T. gravierende Fehlstellungen ohne Destruktion der Gelenke. Das bedeutet, dass die Deformitåt per se keine Indikation zum Gelenkersatz ist, sondern der Grad der Schmerzen, der Gelenkdestruktion und der damit einhergehende Funktionsverlust, ggf. in Kombination mit Deformitåt, sind Indikationskriterien. Merke: In der Regel ist eine Handgelenkdeformitåt vor Implantation von Fingergelenkendoprothesen zu korrigieren. Durch die Gelenkdestruktion entstehende Schmerzen und der progrediente Funktionsverlust sind Hauptkriterien fçr den Gelenkersatz an den Fingergelenken. Erstaunlich ist in diesem Zusammenhang, wie sehr sich die Patienten mit RA an ein progredientes Defizit adaptieren. Grund dafçr ist u.a. die mægliche Befçrchtung der durch die Operation eintretende funktionelle Verschlechterung. Daher ertragen viele Patienten gelegentlich erhebliche Fehlstellungen und Deformitåten. Die Kriterien fçr die Indikation zur Fingergelenkendoprothese am metakarpo-phalangealen Gelenk sind in Tabelle 5 zusammengestellt. Zur Indikation entscheidend ist die radiologische Stadieneinteilung nach Larsen, Dale u. Eek, 1977, [20], die international Anerkennung gefunden hat. Ab LDE-Stadium III ist insbesondere unter dem Aspekt der gravierenden Knorpeldestruktion und der Progression einer Deformitåt die Implantation von Fingergelenkendoprothesen angezeigt.
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Bei der operativen Therapie der rheumatoiden Arthritis werden die Arthroplastiken jeweils an den betroffenen Fingergelenken durchgefçhrt. Hierbei werden ggf. die Grundgelenke der Finger II bis V auch in einer Sitzung versorgt, eine Operation, die lediglich bei Arthritiden, aber in der Regel nicht bei degenerativen oder posttraumatischen Destruktionen erforderlich ist. Zusatzeingriffe mit Weichteilbalance und Rezentrierung der Sehnen sind erforderlich, um ein mæglichst hohes Maû an Funktion zu erhalten bzw. wiederzuerlangen. Die Indikation zum Gelenkersatz der proximalen Interphalangealgelenke wird gegençber dem MCP-Gelenk wesentlich seltener gestellt. Mit der Implantat-Versorgung der MCP-Gelenke kænnen die Operationen an den PIP-Gelenken gleichzeitig kombiniert werden [11]. Die gleichzeitige Implantation von Arthroplastiken am PIP- und am MCP-Gelenk wird jedoch seltener vorgenommen. Vorrangig fçr die Implantation von Arthroplastiken sind hier die Destruktionen und Kontrakturen einzelner PIP-Gelenke zu sehen, die bei sonst weitgehender Integritåt der Hand als besonders stærend empfunden werden. Alternativ steht fçr den Gelenkersatz am PIPGelenk die Arthrodese in Funktionsstellung zur Verfçgung. Ist bereits eine Endoprothese am MCP-Gelenk implantiert oder geplant, wird die PIP-Arthroplastik mit Zurçckhaltung indiziert sein. Die Indikation zur gleichzeitigen Endoprothese am MCP-und PIP-Gelenk ist auch abhångig von den knæchernen Verhåltnissen an der Grundphalanx. Hier sind die råumlichen Verhåltnisse zu berçcksichtigen, da bei zu geringer Græûe der phalangealen Knochen ein nicht unerhebliches Impingement der eingebrachten Implantate entstehen kann. Im Gegensatz dazu wird sich bei bereits durchgefçhrter Arthrodese des DIP-Gelenkes der Operateur eher fçr eine Arthroplastik am PIP-Gelenk entscheiden. Voraussetzung sind intakte oder rekonstruierbare Bedingungen der Beuge- und Stecksehnen çber dem PIP-Gelenk. Auch hier steht die Destruktion und die schmerzhafte Funktionsminderung fçr die Indikation im Vordergrund. Im Gegensatz zum MCP-Gelenk stellt sich die Indikation dort, wo die Arthrodese eine erhebliche Beeintråchtigung bedingen wçrde. Grundsåtzlich ist zu beachten, dass mehrfache Operationen an einer Hand sowohl im Bereich der Grundgelenke als auch an PIP- und DIP-Gelenken kombiniert werden. Additive Maûnahmen werden individuell geplant und an
der Rehabilitationsfåhigkeit sowie deren Mæglichkeiten ausgerichtet.
Kontraindikationen Es besteht keine funktionelle Kontraindikation mehrere Fingergelenke an derselben Hand endoprothetisch zu ersetzen. Der MCP- und PIPGelenkersatz wird auch an derselben Hand durchgefçhrt. Auch sind Techniken entwickelt, diese Gelenke an einem Finger zu ersetzen [12]. Kontraindikationen gegen die Implantation von Fingergelenkendoprothesen stellen ungçnstige Haut- und Narbenverhåltnisse sowie unzureichende ossåre Stabilitåt und ausgeprågte Substanzverluste bei exzessiver mutilierender RA dar. Der Grad der Destruktion und der Grad der Deformitåt stellen in gewissem Maûe Indikationskriterien fçr die Verwendung von Endoprothese unterschiedlichen Designs dar. So werden die endgradig kontrakten Deformitåten weiterhin die Domåne der flexiblen Implantate bleiben. Demgegençber stellen die Destruktionen ohne gravierende Weichteilkontraktur in Deviation bevorzugt die Indikation zum ungekoppelten Fingergelenkersatz dar. Ein Oberflåchenersatz ist eingeschrånkt in der Indikation bei rheumatoider Arthritis, da sich hierbei ausgeprågte, håufig resultierende Knochendestruktionen am Metakarpalkopf oder an der phalangealen Basis nicht rekonstruieren lassen [22]. Besondere Beachtung sollte die Destruktion und insbesondere eine Deformitåt des Handgelenkes finden, da ggf. diese vor der Implantation von MCP-Endoprothesen korrigiert werden sollte. Am PIP-Gelenk stellt eine endgradige, langfristig bestehende Knopflochdeformitåt wegen des defekten Streckapparates und der kontrakten Beugesehnen eine Kontraindikation fçr die Implantation von Endoprothesen dar. In diesen Fållen ist die PIP-Gelenk-Arthrodese indiziert.
Operationsvorbereitung und -planung Fçr die operative Therapie der rheumatischen Hand ist regelhaft eine detaillierte Dokumentation eingefçhrt. Bereits pråoperativ wird die ergotherapeutische Untersuchung und Funktions-
Fingergelenkendoprothesen
diagnostik vorgenommen und die postoperative Therapie vorbereitet. Ræntgenaufnahmen der Hånde werden in 3 Ebenen angefertigt-ap, seitlich und die so genannte Ballfangaufnahmen. Letztere gibt Auskunft çber das Maû der palmaren Subluxation, da bei der seitlichen RæntgenAufnahme meist eine zu starke Ûberlagerung der Gelenke vorliegt. Hierzu wird die Hand jeweils auf einen 458 schrågen Kunststoffkeil mit nach oben geæffneter Hohlhand gelagert. Fçr die Planung der Operation der Hand sollte jeweils immer nur eine Hand projiziert werden, da der Zentralstrahl sonst exzentrisch verlåuft und dadurch eine exakte Beurteilung der Gelenksituation verhindert wird. Des Weiteren wird pråoperativ eine Photodokumentation vorgenommen, da kosmetische und funktionelle Aspekte dieser Operationen wichtig sind. Zudem werden postoperativ erforderliche Schienenbehandlungen demonstriert und in ihrer Bedeutung besprochen. Zur Planung der Operation wird die Funktion des Handgelenkes und die der PIP-Gelenke untersucht. Voroperationen sind entsprechend zu dokumentieren. Zudem ist eine Testung der Spitz- und Grobgriff-Funktion erforderlich, um die Indikation zu prçfen und den postoperativen Verlauf abschåtzen zu kænnen.
Operationstechnik MCP-Gelenk Die Hautinzision wird bei der Operation eines MCP-Gelenkes çber der Streckseite des Gelenkes leicht bogenfærmig radial angelegt. Bei der Operation mehrerer Gelenke wird der transverse Zugang çber den Fingergrundgelenken empfohlen. Die Gefåûe werden geschçtzt. Bei einer Kontraktur werden die ulnaren Intrinsic-Sehnen dargestellt und reseziert, um eine Rezentrierung der Streckerkappe zu gewåhrleisten. Die Inzision der Streckerkappe wird radial der Strecksehne verlaufend gefçhrt, um ggf. beim Verschluss eine adaptierte Raffung mit Rezentrierung der Strecksehne zu ermæglichen. Die hypertrophe Synovialis resezieren wir vom proximalen Rezessus bis zur Grundphalanxbasis unter Erhalt der Kapsel und Kollateralligamente.
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In Flexionsstellung erfolgt die Resektion der Synovialitis in dem palmaren Kompartment unter Traktion des Gelenkes. Insbesondere fçr die spåtere Rekonstruktion wird das radiale Ligament mit einem Haltefaden versehen. Der Metakarpalkopf wird quer am metakarpalen Hals osteotomiert und reseziert. Die Kapsel wird nach distal freipråpariert und die Grundphalanxbasis zentral aufgebohrt und fçr die Aufnahmen des Schaftes vorbereitet. Der metakarpale Schaft wird identifiziert und intramedullår aufgefråst. Mit den Test-Implantaten kann die Stellung und Weichteilspannung geprçft werden. Es wird das jeweils græûtmægliche Implantat gewåhlt. Wesentlich ist die folgende Weichteilrekonstruktion. Es wird darauf geachtet, dass die kontrakte palmare Platte so weit mobilisiert wird, dass die Streckerkappe mit den Kollateralligamenten eine Verstårkung erhålt. Nach Stabilisierung und ggf. Reinsertion der Kollateralligamente, insbesondere radialseitig, werden die Strecksehnen rezentriert und die Operation mit dem Wundverschluss beendet.
PIP-Gelenk Da die Silikon-Implantate die græûte Verbreitung haben, wird die OP-Technik hierzu dargestellt. Der operative Zugang wird mit einem radial oder ulnar geschwungenen Hautschnitt oder S-færmig streckseitig des PIP-Gelenkes mit dem Hautmarker zum besseren Wundverschluss eingezeichnet und anschlieûend vorgenommen. Es empfiehlt sich jeweils am Zeigefinger der ulnare und am Kleinfinger der radiale Zugang, um einen stærenden Einfluss auf die Handfunktion zu vermeiden. Der zentrale Strecksehnenzçgel wird proximal des Grundphalanxkopfes durchtrennt. Eine subtile streckseitige Synovialektomie erfolgt bis zur Darstellung der Kollateralligamente. Diese werden am Grundphalanxkopf diszidiert. Die Synovialektomie wird nach palmar komplettiert. Mit der oszillierenden Såge wird der Kopf quer osteotomiert und exzidiert. Osteophyten werden an der Basis der Mittelphalanx geglåttet, die Gelenkflåche kann erhalten werden. Die Knochenkanåle der Grund- und Mittelphalanx werden mit Bohrern und Fråsen zur Aufnahme der Verankerungsstiele fçr die Implantate vorbereitet. Je nach Græûe der Strukturen werden die Intramedullårråume fçr die adåquaten Implantate aufgefråst. Das græûtmægliche Implantat wird zu-
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nåchst als Testversion und anschlieûend im Original eingesetzt. Hierbei stçtzt sich das Implantat jeweils mit der zentralen Brçcke an den Knochen der Mittel- und Grundphalanx exakt ab. Die Stabilitåt und die Beweglichkeit werden unter temporårer Adaptation der Strecksehne geprçft. Nach Spçlung wird die Strecksehne unter geringer Spannung readaptiert. Wundverschluss und Verband schlieûen die Operation ab. Die Implantation der Silastic¾-Implantate kann alternativ von palmar çber einen v-færmigen Zugang durchgefçhrt werden. Das A3-Ringband wird lateral inzidiert, die Beugesehnen werden verlagert und die palmare Platte tçrflçgelartig eræffnet. Nach Diszision der Kollateralligamente wird die knæcherne Bearbeitung der Gelenke fçr die Silastik-Platzhalter vorgenommen. Nach Insertion der Implantate ist eine Rekonstruktion der Weichteilstrukturen wichtig [21].
Postoperative Rehabilitation Unmittelbar nach Wundschluss wird die Beweglichkeit passiv geprçft. Ein voluminæser Kompressionsverband wird nach Ræntgendurchleuchtung und -Kontrolle angelegt. Die operierte Hand wird hochgelagert. Die Ergotherapeutin wird in besonderem Maûe in die Vorbereitung und in die Nachbehandlung von Fingergelenkendoprothesen involviert. Die pråoperative Funktionstestung und deren Dokumentation bilden einen wichtigen Bestandteil in der Analyse der individuellen Behinderung. Zwei Bereiche der Ergotherapie stellen die Nachbehandlung sicher. Zum einen wird die funktionelle Therapie und zum anderen die Schienenherstellung in den Behandlungsplan integriert (Abb. 4). Fçr die Verbesserung der Funktion und den långerfristigen Erhalt wird sehr frçhzeitig eine intensive Schulung des Gelenkschutzes betrieben [35, 44].
Ergebnisse Die langfristig erzielten subjektiven und funktionellen Resultate nach Ersatz der MCP-Gelenke bei RA mit den Silastik-Implantaten nach Swanson stellen auch heute noch den ¹Stan-
Abb. 4. Dynamische Fingerschiene zur postop. Therapie nach MCP-Endoprothese (hier: gleichzeitige Arthrodese MCP und IP I)
dardª mit einer Ûberlebensrate von çber 90% nach mehr als 10 Jahren dar [u. a. 19, 33]. Wohl kaum ein Implantat ist bisher so håufig in klinischen Studien kontrolliert worden, wie die Silastik-Implantate. Es wird von ¹Platzhalternª gesprochen, da eine tatsåchliche ¹Gelenkfunktionª diesen Silikonkærpern nicht zugeschrieben werden kann (Abb. 5). Mit den Silastik-Platzhaltern kann ein Bewegungsausmaû aus einer Beugestellung in eine funktionell gçnstigere Streckstellung der Langfinger erzielt werden (Abb. 6). Eine unmittelbar postoperativ erreichte Flexionsfåhigkeit kann mit der Dauer der Lage der Implantate abnehmen [13]. Die pråoperativ bestehende Ulnardrift der Finger wird durch Ersatz der MCP-Gelenke langfristig korrigiert. Dennoch ist eine gewisse rekurrente Fehlstellung zu beobachten [1, 33]. Mehrere Faktoren bestimmen das erzielbare Ergebnis nach Implantation von Endoprothesen an den Fingergelenken. Der pråoperative Status der komplexen Handfunktion hat einen entscheidenden Einfluss. Die gelenkumgebenden Weichteilverhåltnisse mit den Sehnen/Muskelbalancen, die Kraft der Muskulatur, der Zustand der angrenzenden Gelenke und insbesondere die Handgelenke beeinflussen wesentlich den Verlauf postoperativ. Es konnte zudem der Nachweis erbracht werden, dass die postoperative Rehabilitation inklusive der Ergotherapie mit der Schienenbehandlung und funktionellen Therapie und ihre Dauer çber das Resultat mitbestimmend sind [17]. Die Ûberlebensrate der Silastik-Implantate weist eine sehr gute Vertråglichkeit auf. Die Erfolgsrate wird mit 94% nach 5 Jahren, 93% nach 7 Jahren und verbleibend 90% nach 10 Jahren bezogen auf den Endpunkt einer Revisionsoperati-
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Abb. 5. Postop. Funktion: MCP II links bei 408 Flexion eingeschrånkt. Nach NeuflexMCP-Implantaten typischer 2-hæckeriger Aspekt der MCP-Gelenke dorsal
Abb. 6. MCP-Deformitåt (CDE V) ± durch Neuflex-Implantate II±V korrigiert
on angegeben [19, 33]. 49% der Fingergelenke wiesen im mittleren Nachuntersuchungszeitraum von 5,2 Jahren eine Synovialitis der mit SilastikImplantaten versorgten MCP-Gelenke auf [19]. An den PIP-Gelenken konnten die sehr guten Ergebnisse im Vergleich zu den MCP-Gelenken nicht reproduziert werden. Der postoperative Schmerz in einem hohen Maû von bis zu 67% mit verminderter Beweglichkeit (298) vermindern die Indikation fçr die Implantation von Swanson-Silastik-Platzhaltern in diesem Bereich. Die Ulnardeviation ist insbesondere im Spåtstadium der MCP-Gelenkdestruktion ein wichtiges Kriterium der Indikation und stellt einen hohen Anspruch an die Gelenkrekonstruktion dar. Bei der Kontrolluntersuchung von 901 Implantaten mit mittlerem NU-Zeitraum von 8 Jahren konnte die pråoperative Ulnardeviation von 458 bis auf 158 reduziert werden. Die Silastik-Implantate werden einer hohen Biegebelastung ausgesetzt. Die zum Teil scharfkantigen Resektionsebenen und die Beanspru-
chung stellen ein Risiko der Frakturgefåhrdung dar. Bei einer Nachuntersuchungszeit von 8 Jahren (im Mittel) wird eine Frakturrate von 14% berichtet. Die Implantatfrakturen der SilastikImplantate sind in der Regel asymptomatisch. Sie entziehen sich gelegentlich sogar der radiologischen Diagnostik. Wåhrend das reale Bewegungsausmaû nicht deutlich gesteigert werden kann, stellt der in die Extension hin verlagerte gçnstigere Bewegungsbereich eine Verbesserung fçr die Patienten dar. Hierdurch wird die Úffnung der Hand und damit die Greiffåhigkeit fçr die Patienten verbessert, auch wenn der Faustschluss damit nicht mehr vollståndig erreicht werden kann. Besondere Berçcksichtung bei den Ergebnissen findet die Anwendung so genannter ¹Grommetsª. Dieses sind halbschalenfærmige Titankæcher, die an der palmaren und dorsalen Zirkumferenz der Silastik-Auflagen an den knæchernen Resektionsebenen die Rate der Frakturen der Implantate und eine Osteolyse vermindern [34].
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Komplikationen und Revisionsoperationen Komplikationen Insgesamt ist die Rate der Komplikationen bei der Verwendung von Silikon-Platzhaltern in den Fingergelenken als gering zu bezeichnen. Die Operationstechnik und die Wahl der Implantattypen weisen zum Teil typische Fehlschlåge nach Endoprothesen an den Fingergelenken auf. Die periprothetische Knochenresorption wird kontrovers diskutiert. Osteolysen werden bis zu 90% beobachtet [33]. Einerseits ist eine zunehmende Verminderung der Kortikalisdicke mit der Dauer der Implantatlage an der Diaphyse der Metakarpalia, gleichermaûen jedoch ein ¹bone remodellingª mit Verdickung der metaphysåren Auflage der Silikonimplantate zu beobachten. Sinterungen der Implantate mit Ver-
kçrzung der Knochen kænnen in 29% festgestellt werden [13, 42] Ebenso werden die Implantatbrçche beschrieben. Diese treten in den Beobachtungsstudien zwischen 0% und bis zu 63% auf [13]. Implantatbrçche werden ebenso an den PIP-Gelenken beobachtet [21, 23]. Die Entwicklung einer osteointegrierten Titanverankerung mit flexiblem Silikon-Element hat die Fraktur der Implantate nicht verhindern kænnen [25]. In der Regel erfordern diese Implantatfrakturen keine Revision. Durch die Verwendung von Titan-Grommets konnte die Rate der Implantatfrakturen gering vermindert werden [34]. Die Anzahl der Implantatbrçche ist fçr die Sutter-Implantate mit einer hæheren Rate angegeben als bei den Swanson-¹Spacernª [23]. Die Infektionsrate fçr die Fingergelenk-Endoprothesen und -implantate ist derart gering, dass sie in der Regel nicht beschrieben werden. Sie wird mit unter 1% angenommen [1].
Abb. 7. Pråoperativ und 36 Monate nach Implantation einer HM-MCP-Endoprothese MCP II und III bds.
Fingergelenkendoprothesen
Rekurrente Ulnardeviationen und eine eingeschrånkte Funktion sind fçr die Silikon-Implantate zu nennen. Zur Vermeidung eines Ulnardriftes ist die Stabilisierung der Kapsel radialseits, insbesondere die Læsung kontrakter Strukturen ulnar wesentlich. Die Weichteilbalance gewinnt bei der Implantation ungekoppelter Endoprothesen entscheidenden Einfluss fçr die postoperativen Ergebnisse. Polyåthylen als Material fçr die Verankerung von Fingerprothesen hat zur vermehrten Lockerung gefçhrt [31]. Fçr ungekoppelte Endoprothesen besteht das Risiko einer Luxation, das durch die Entwicklung entsprechender Gelenkkonfiguration und durch die Weichteilrekonstruktion vermindert werden kann (Abb. 7).
Revisionsoperationen Lokale Eingriffe nach Fehlschlag von Endoprothesen werden bereits bei der Primårimplantationen als so genannte Rçckzugsoperationen mit in das Kalkçl einbezogen. Insgesamt kann festgestellt werden, dass Reoperationen an den Fingergelenken im Vergleich zu den Endoprothesen der belasteten Gelenke an den unteren Extremitåten selten erforderlich sind. Das liegt zum einen an den unterschiedlichen Belastungsanforderungen, aber auch an der Toleranz der Patienten, die in der Regel z. B. einen Implantatbruch der Silastik-Implantate nicht wahrnehmen. Selbst Kontrakturen oder ein Rezidiv der Ulnardeviation werden toleriert, da sie nicht akut entstehen, sondern sich çber einen långeren Zeitraum entwickeln. Fçr die Reoperationen nach Fingergelenkendoprothesen stellen auch Infektionen eine absolute Raritåt dar. Im Vordergrund der Indikation zu Revisionseingriffen steht die schmerzhafte Endoprothese und die fibræse Ankylose bzw. die vollståndige Funktionslosigkeit. Fçr die Silastik-Implantate ist zum einen ein Implantatwechsel mæglich, insbesondere wird aber auch eine so genannte ¹Sine-sineª-Arthroplastik im Sinne der Resektionsarthroplastik favorisiert. Da das Grundprinzip auf einer ¹encapsulationª des Silikonkærpers besteht, hat die Kapsel eine so hohe Widerstandsfåhigkeit, dass nach Entfernung der Implantate eine ausreichende Stabilitåt fçr die Finger gegeben ist [41]. Die durch zunehmende Kontraktur entstehenden Schmerzen bei der Handfunktion haben
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dennoch neue Læsungen gefordert. Mit neueren Implantaten ist auch in diesen Fållen eine endoprothetische Versorgung mæglich. Hierbei ist darauf zu achten, dass fçr die dauerhafte Verankerung bei Revisionseingriffen zusåtzlich ein Aufbau der defizitåren Knochensituation im Bereich der Phalanx und Metakarpalia gewåhrleistet sein muss.
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Resektions-Interpositions-Arthroplastik der Fingergrundgelenke S. Schill
Indikation Die Alloarthroplastik dominiert heute die rekonstruktive Versorgung der Fingergrundgelenke in den fortgeschrittenen Destruktionsstadien (LDE IV und V). Die Indikation zur Resektions- bzw. Resektions-Interpositions-Arthroplastik (RAP, RIAP) beschrånkt sich auf Patienten mit schweren, knæchern fixierten Fehlstellungen der MCPGelenke oder mutilierenden Verlaufsformen mit schlechter Knochenqualitåt, die eine erfolgversprechende Prothesenverankerung nicht mæglich machen. Die RIAP verbleibt als ideale Rçckzugsmæglichkeit nach aseptischen oder septischen Prothesenfehlschlågen.
Operationstechnik Operationsprinzip der Resektionsarthroplastik ist eine sparsame Knochenresektion mit Neumodellierung der Gelenkflåchen und Wiederherstellung der Weichteilbalance. Es muss zwischen der einfachen Resektionsarthroplastik nach Stellbrink [1] ohne Interposition und der Resektions-Interpositions-Arthroplastik unterschieden werden. In der Technik nach Vaino wird ein Teil der Streckaponeurose zwischen die neumodellierten Gelenkflåchen interponiert und an der volaren Kapsel fixiert. Wir favorisieren die Technik nach Tupper [4]. Die an ihrem proximalen Ursprung mobilisierte palmare Kapsel wird als Interponat zwischen die neumodellierten Gelenkflåchen eingeschlagen und dorsal transossår am Metakarpaleschaft fixiert. Die si-
chere Rekonstruktion der Weichteilfçhrung ist entscheidend fçr das funktionelle Ergebnis der RIAP. Die fortgeschrittene Fingerfehlstellung mit Ulnardeviation und palmarer Subluxation der MCP-Gelenke erfordert neben der Rezentrierung der Strecksehne mit ulnarem Release und radialer Raffung der Streckerkappe vielfach ein Intrinsic-Release mit Transfer der ulnaren Interossei auf den distalen radialen Seitenbandansatz des ulnaren Nachbarfingers.
Ergebnisse Die Ergebnisse [2, 3, 5, 6] nach Resektionsarthroplastik zeigen eine gute Schmerzreduktion mit Erhalt eines akzeptablen Bewegungsausmaûes der operierten Fingergelenke. Im Langzeitverlauf wird jedoch çber einen zunehmenden Korrekturverlust hinsichtlich Ulnardeviation und palmarer Subluxation berichtet. Ursåchlich sind knæcherne Resorptionen des metakarpalen Knochenlagers mit progressiver Instabilitåt und Wiederauftreten der Deformation.
Nachbehandlung Postoperativ wird eine volare Gipsschiene bis in Hæhe der MCP-Gelenke angelegt. Die aktive und aktiv-assistierte Physiotherapie beginnt nach dem ersten Verbandswechsel. Zusåtzlich wird eine dynamische Fingerschiene angelegt. Die Ergotherapie beginnt ab der 2. postoperativen Woche.
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S. Schill: Resektions-Interpositions-Arthroplastik der Fingergrundgelenke
Tabelle 1. Ergebnisse nach RAP/RIAP der Fingergrundgelenke Autor
OP-Technik
Thabe, H., Tillmann K. [3]
RAP (nach Stellbrink ohne Intrinsic-Transfer)
Thabe H., Tillmann K. [3]
Anzahl Gelenke
Follow-up (Jahre)
Extension/ Flexion
Ulnardeviation
76
8,6
6±0±468
38
RAP (nach Stellbrink mit Intrinsic-Transfer)
44
8,6
5±0±358
0,78
Vaino K. [6]
RIAP
±
±
40±458
17% Rezidiv
Uvspåå V. [5]
RIAP
131
2,5
408
158 (30% Rezidiv)
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Handgelenk
S. Schill, H. Thabe, A. Wanivenhaus
Einfçhrung Das klinische Bild (Abb. 1) der rheumatischen Hand mit typischen, symmetrischen Hand- und Fingerdeformierungen hat Symbolcharakter fçr die rheumatoide Arthritis. Die Verunstaltung der Hand bedeutet nicht nur eine funktionelle Behinderung mit drohenden Verlust der Selbstståndigkeit, sondern auch eine psychologische Belastung, geprågt durch die åsthetischen Normen unserer Gesellschaft, mit zunehmender sozialer Isolation derartig betroffener Patienten [9, 23]. Das Handgelenk ist der Eckpfeiler fçr die Hand- und Fingerfunktion. Ein stabiles und schmerzfrei bewegliches Handgelenk ist unabdingbare Voraussetzung fçr die komplexen Funktionen der menschlichen Hand. Das Handgelenk gehært zu den frçhzeitig und fast regelmåûig von der RA betroffenen Regionen. Bereits in den ersten beiden Erkrankungsjahren werden bei 40% der Patienten radiologische Verånderungen mit bis zu 67% klinisch-symptomatischem Gelenkbefall nachgewiesen [38]. Bei einer Verlaufsdauer der Erkrankung von mehr als 10 Jahren ist fast regelmåûig mit klinischen und radiologischen Verån-
Abb. 1. Handgelenkdestruktion mit Bajonettfehlstellung und deutlicher Synovialitis
derungen sowie mit mehr oder minder ausgeprågten Funktionsdefiziten zu rechnen [36]. Der Ablauf des rheumatischen Destruktionsprozesses gleicht dem in anderen Gelenken mit Lockerung der kapsuloligamentåren Strukturen, Sehnen-, Knorpel- und schlieûlich subchondraler Knochendestruktion. Der Destruktionsprozess beginnt meist im distalen Radioulnargelenk [12, 52, 63, 72, 81, 95]. Die synovialen Proliferationen infiltrieren und schwåchen den triangulåren fibrokartilaginåren Kapsel-Band-Komplex mit Lockerung der Aufhångemechanismen zwischen Radius und Proc. styloideus ulnae [12, 52, 95]. Entsprechend frçhzeitig finden sich Erosionen am Proc. styloideus ulnae, dem Ulnakæpfchen und der ulnaren Radiusgrube [31, 52, 81]. Der Verlust der kapsuloligamentåren Stabilisierung fçhrt zur progredienten Dorsalluxation des Ellenkæpfchens mit instabiler, federnder Elle (Klaviertastenphånomen) [5]. Mechanische Friktionsbelastung çber dem instabilen und erosiv verånderten Ellenkæpfchen und tenosynovitische Infiltrationen kænnen zu Rupturen der ulnarseitigen Strecksehnen (D5, evt auch D3+4) fçhren [98]. Das Vollbild des Caput-ulnae-Syndroms [5] beinhaltet das instabile, dorsal luxierte Ellenkæpfchen, eine schmerzhaft limitierte Unterarmdrehbewegung und die Ruptur der ulnaren Strecksehnen. Die Richtung der radiokarpalen Instabilitåt wird durch die normale Anatomie der bikonkaven, nach volar und ulnar geneigten Gelenkflåche des Radius vorgegeben. Der Wegfall der ulnaren Bremse durch entzçndliche Perforation und Schwåchung der ulnaren radiokarpalen Bandverbindungen (Triquetrumschleuder) [95] und Verlust der ulnar stabilisierenden Wirkung der nach volar verlagerten Extensor-carpi-ulnaris-Sehne fçhren zu einer zunehmenden Ulnardrift des Karpus [52, 95]. Hinzu kommt die Destruktion der skapholunåren und interkarpalen Bandverbindungen [88] mit zunehmender skapholunårer Dissoziation und Verschiebung des zentralen Karpuspfeilers nach ulnar. Der Verlust
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S. Schill et al.
der antisupinatorischen Wirkung des nach volar verlagerten M. extensor carpi ulnaris, die palmare Subluxation des Karpus mit Rotationsinstabilitåt des Skaphoids und die dorsale Luxation der Elle begçnstigen die supinatorische Aufdrehung der Hand gegen den Unterarm. Durch die Schwåchung der ulnar-abspreizenden Wirkung der nach volar verlagerten Sehnen des ulnaren Streckers und Beugers fixiert der M. extensor carpi radialis longus den Karpus und Metakarpus in radialer Inklination. Die Radialinklination des Karpus mit Ausbildung der typischen ¹Zick-Zackª-Deformitåt ist ein wichtiger Teilaspekt in der Pathogenese der Ulnardeviation der Langfinger [50, 78]. Die Destruktion der zentralen radiokarpalen Bandverbindungen (Lig. radioscapholunare, Lig. radiocarpale palmare) [34, 55, 88, 95] fçhrt zu einer volaren und interkarpalen Rotationsinstabilitåt. Håufig bildet sich eine ziehharmonikafærmige Instabilitåt des zentralen Karpuspfei-
lers mit Flexionsstellung des Lunatums zum Radius und Extensionstellung des Kapitatums zum Mondbein (VISI-Deformitåt) [95]. Radiologisch zeigen sich håufig Usuren des Mond- und des Kahnbeins sowie des Radius im Bereich des radioskapholunåren Bandverlaufs [55]. Die Destruktion der skapholunåren Bandverbindungen bewirkt neben der Dissoziation der beiden Karpalknochen auch eine horizontale Instabilitåt des Kahnbeins. Der Kahnbeinkopf wird nach dorsal verlagert und das Tuberkulum bedrångt die lange Daumenbeugersehne im Karpaltunnel [95]. Die fortschreitende Knorpel-Knochen-Destruktion mit zunehmendem karpalen Hæhenverlust potenziert die fehlende kapsuloligamentåre Stabilisierung und leistet einer zunehmenden Handgelenksfehlstellung Vorschub. Aus der Summe der artikulåren und extraartikulåren Destruktionen ergibt sich das Vollbild der rheumatischen Handgelenksdestruktion (Abb. 2) mit ulnarer Translokation des proximalen Karpus, Radialinklination des distalen Karpus und Metakarpus und Volardrift des gesamten Karpus mit supinatorischer Aufdrehung.
Klinisches Erscheinungsbild
Abb. 2. Pathologie der rheumatischen Handgelenkarthritis. Skapholunåre Dissoziation ($ Doppelpfeile, weiû); ulnare Translokation (/ schwarzer Pfeil); Radialinklination (gepunktete, weiûe Linie); Ulnardeviation (gestrichelter, weiûer Pfeil)
Das klinische Bild der Handgelenkarthritis wird geprågt durch schmerzhafte Gelenk- und Sehnenschwellungen mit frçhzeitiger Einschrånkung der Unterarmdrehbewegung und Kraftverlust bei Grob- und Haltegrifffunktionen. Der Entzçndungsprozess beginnt bevorzugt im ulnaren Kompartment mit Tenosynovialitiden der ulnaren Strecker und entzçndlicher Infiltration des distalen Radioulnargelenks. Mit zunehmender Krankheitsaktivitåt werden auch die çbrigen Streckerfåcher 2±6 und die radiokarpalen Gelenkreihen befallen. Das erste Strecksehnenfach mit dem M. abductor pollicis longus und M. extensor pollicis brevis wird in der Regel ausgespart [92]. Im Anfangsstadium der Handgelenkarthritis werden auch isolierte Tenosynovialitiden (Abb. 3) oder rein entzçndliche radiokarpale oder radioulnare Gelenkmanifestationen beobachtet. Strecksehnenrupturen sind Folge der entzçndlichen Infiltration und mechanischen Friktionsbelastung an der Radiuskante, dem Tuberculum Listeri und dem dorsal luxierten Ellenkæpfchen [98]. Prådilektionsorte sind der M. extensor pollicis longus und der M. ex-
Handgelenk
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Bildgebende Verfahren Radiologische Darstellung
Abb. 3. Tenosynovialitis des 2. und 3. Strecksehnenfachs, intraoperativer Situs
tensor digiti minimi. Trotz der håufig gravierenden Hand- und Fingerdeformation besteht eine erstaunliche Adaptationsfåhigkeit des Rheumapatienten an den meist intervallartig, langsam fortschreitenden Verlust der Handfunktion. Der objektivierbare Funktionsverlust bei wichtigen Alltagsfunktionen wie Waschen, Kåmmen, Anund Ausziehen wird lange Zeit çber die Nachbargelenke kompensiert und ein erhaltener Daumenstrahl, insbesondere das selten betroffene Daumensattelgelenk, stellen rudimentåre Greiffunktionen sicher [36]. Die Adaptationsmechanismen und der ¹relative Funktionsgewinnª durch die anfångliche Kapsel-Band-Destruktion und die damit verbundene Kompensation der arthrogenen Bewegungsverluste bedingen vielfach einen zu spåten Erstkontakt mit dem Rheumaorthopåden, um pråventive Operationsverfahren erfolgversprechend durchzufçhren. Die ¹wait-and seeª-Einstellung sollte gerade bei der Beurteilung der Handgelenkarthritis der Vergangenheit angehæren. Es bedarf einer engen interdisziplinåren Kooperation zwischen Rheumaorthopåden und internistischen Rheumatologen, um rechtzeitig einen Therapieplan fçr die rheumatische Hand unter Berçcksichtigung der gesamten Funktionskette der oberen Extremitåt zu erstellen und den drohenden Funktionsverlust dieses wichtigen Schlçsselgelenks fçr die Hand- und Fingerfunktion abzuwenden.
Die Ræntgenaufnahmen des Handgelenks in 2 Ebenen und streng seitlich geben Aufschluss çber den augenblicklichen Stand der artikulåren Destruktion. Die Einteilung Knorpel-KnochenDestruktion erfolgt entsprechend den Ræntgenkriterien nach Larsen-Dale-Eek [51] in die Stadien 0±V (LDE-Stadien). Unabdingbare Voraussetzung fçr eine optimale Therapieplanung sind neben der Erfassung des aktuellen Ausmaûes der Destruktion die Kenntnis des Destruktionstyps und damit der Langzeitprognose des Spontanverlaufs. Nach Simmen u. Huber [79] werden drei natçrliche Verlaufsformen unterschieden. Diese Klassifikation berçcksichtigt den Typ des Spontanverlauf, die Art der Destruktion und erst in zweiter Linie das Ausmaû bzw. das Stadium der Zerstærung.
Typ I: Ankylose (Abb. 4) Spontane knæcherne radio- oder interkarpale Ankylose mit Stabilisierung des Handgelenks. Am Ende steht das Os carpale mit einem funktionell stabilen Handgelenk.
Typ II: Osteoarthrose (Abb. 5) Entzçndlich-erosive und sekundår-arthrotische degenerative Verånderungen stehen im Gleichgewicht. Stabilisierung der karpalen Architektur im Zustand der Osteoarthrose. Der radiologische Verlauf beider Morphotypen ist gekennzeichnet durch eine langsame und weitgehend lineare Zunahme des karpalen Hæhenverlustes und der ulnaren Translokation [28, 103].
Typ III: Desintegration (Abb. 6) Zunehmende entzçndlich-erosive Zerstærung der Karpusarchitektur mit ulnar-volarer Instabilitåt und Funktionsverlust des Handgelenks. Der Ræntgenverlauf dieser prognostisch schlechtesten Verlaufsform ist kennzeichnet durch eine in kurzer Zeit rasch progressive Ulnartranslokation und/oder einen rapiden karpalen Hæhenverlust.
Sonographie Die Sonographie des Handgelenks ermæglicht eine gute Differenzierung zwischen artikulårer und extraartikulårer Synovialitis. Der Arbeits-
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S. Schill et al.
kreis Stçtz- und Bewegungsapparat der DEGUM [92] hat folgende Standardschnittebenen an der Hand definiert: ] dorsale Longitudinalschnitte, ] dorsale Transversalschnitte.
Abb. 4. Typ I nach Simmen ± Ankylose
Die Ergussbildung/Synovialitis des dorsalen Handgelenks entspricht dem sonographischen Bild einer echoarmen Raumforderung mit dorsaler Schallverstårkung und Abhebung der Gelenkkapsel. Echoreiche Einlagerungen entsprechen Fibrinausschwitzungen. Im Longitudinalund Transversalschnitt lassen sich die Tenosynovialitiden als echoarme Raumforderung mit typischem Sehnenhalo im Querschnitt den einzelnen Streckerfåchern zuordnen. Die sonographische Diagnostik der Strecksehnenruptur ist auch bei Verwendung hochauflæsender Schallkæpfe nur in 50% positiv [92]. Die Beurteilung der Knochenoberflåchen låsst frçhzeitig Usurierungen mit Unterbrechung der Konturlinie erkennen.
Operative Maûnahmen
Abb. 5. Typ II nach Simmen ± Osteoarthrose
Abb. 6. Typ III nach Simmen ± Desintegration
Bevor die Indikation zur operativen Versorgung des rheumatischen Handgelenks gestellt wird, ist eine individuelle Bedarfs-Funktions-Analyse notwendig. Es muss ein Therapieplan erarbeitet werden, der die Prioritåten an der oberen und unteren Extremitåt in Abhångigkeit vom individuellen Befallsmuster und der Krankheitsaktivitåt festlegt. Bei der Eingriffsplanung sind der individuelle Funktionsbedarf der rheumatischen Hand und die Kompensationsmæglichkeiten der Nachbargelenke in Relation zum vorhersehbaren Nutzen des operativen Verfahrens zu setzen. Die Wahl des Operationsverfahrens orientiert sich am aktuellen Destruktionsmuster nach Larsen und dem zu erwartenden Spontanverlauf entsprechend der Einteilung nach Simmen [79]. Ziel des operativen Eingriffs ist es, ein langfristig schmerzfreies und stabiles Handgelenk mit einem funktionell ausreichenden Bewegungsradius sicherzustellen. Die operative Versorgung sollte mæglichst frçhzeitig erfolgen. Dieser Zeitpunkt beeinflusst die Langzeitprognose und die verbleibenden Rçckzugsmæglichkeiten. Die in der Literatur [16, 31, 38, 65, 72, 102] angegebene Zeitspanne von 6±9 Monaten erfolgloser konservativer Therapie ist heute auf 8±12 Wochen
Handgelenk
zu reduzieren. Die håufigsten klinischen Indikationen sind schmerzhaft limitierte Unterarmdrehbewegungen mit Instabilitåt des Ulnakæpfchens, schmerzhafte radiokarpale Synovialitiden mit oder ohne Strecksehnenrupturen sowie eine progrediente karpale Instabilitåt mit sekundårer Ulnardrift der Langfinger. Je nach Destruktionsgrad des rheumatischen Handgelenk unterscheiden wir zwischen pråventiven oder Gelenk erhaltenden und rekonstruktiven Operationsverfahren. Bis zum LDE-Stadium III sind pråventive Operationsverfahren sinnvoll, danach werden zunehmend rekonstruktive Gelenk ersetzende oder teil- bzw. komplettversteifende Operationsverfahren notwendig.
Gelenk erhaltende Operationen Artikulotenosynovialektomie Indikation Die Synovialektomie des dorsalen Handgelenks sollte mæglichst frçhzeitig in den LDE-Stadien 0±II, bevor erosive Verånderungen erkennbar sind, durchgefçhrt werden. Indikationen sind schmerzhafte Gelenk- und Sehnenschwellungen, die trotz ausreichender medikamentæser Therapie çber 8±12 Wochen persistieren. Ziel der Frçhsynovialektomie ist eine mæglichst radikale Entfernung der immunkompetenten Synovialschicht der Strecksehnenscheiden und Handwurzelreihe. Die Radiosynoviorthese ist eine Alternative in Fållen mit isoliertem Gelenkbefall. Die engen Raumverhåltnisse und die fehlenden Mæglichkeiten zur Weichteilrekonstruktion und Tenosynovialektomie limitieren die Mæglichkeiten minimal-invasiver Operationsverfahren und schrånken die klinische Bedeutung der Handgelenkarthroskopie ein [1, 90]. Rezidivsynovialitiden nach Radiosynoviorthese und Gelenk- sowie Strecksehnenbefall der frçhen LDE-Stadien 0±II sind klare Indikationen zur Artikulotenosynovialektomie des streckseitigen Handgelenks.
Operative Technik Ûber einen geraden oder S-færmigen Hautschnitt wird das Retinaculum extensorum dar-
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gestellt. Es wird tçrflçgelartig von den Septen der Strecksehnenfåcher von ulnar nach radial abpråpariert. Am ulnaren distalen Rand wird eine kleine Halteschlaufe çber dem 6. Fach pråpariert. Die Tenolyse und Tenosynovialektomie der Streckerfåcher 2±6 folgen, danach die Elektrokoagulation des R. interosseus [73] und die Abtragung des Listerschen Tuberkels. Nun Eræffnung des Handgelenks nach radiokarpaler Inzision parallel zu den radiotriquetralen Bandverbindungen und Eræffnung des distalen radioulnaren Gelenks parallel zum Extensor carpi ulnaris an der ulnaren Kante. Die radiokarpalen und interkarpalen Gelenkabschnitte werden sorgfåltig synovialektomiert. Der Verschluss der Gelenkkapsel erfolgt leicht raffend. Die Strecksehnen werden subkutan verlagert mit Unterschlagen des Retinaculum extensorum unter die Strecksehnen. Das verlagerte Retinakulum wird mit der dorsalen Handgelenkskapsel vernarben und dadurch die gewçnschte ¹dorsal wrist stabilisationª gewåhrleisten. Mit der Retinakulumschleife [86] wird die oft nach palmar luxierte Sehen des Extensor carpi ulnaris reponiert, in ihrer richtigen Lage gehalten und gefçhrt. Alternativ ist eine Halbierung des Retinakulums beschrieben. Die distale Hålfte wird dabei unter die Strecksehnen geschlagen, um die dorsale Handgelenkkapsel zu verstårken, und die proximale Hålfte wieder çber die Strecksehnen gezogen, um ein mægliches Bogensehnenphånomen in Dorsalextensionsstellung des Handgelenks zu vermeiden.
Nachbehandlung Ruhigstellung auf volarer Unterarmgipsschiene bis zum 2. postoperativen Tag. Aktive und passive krankengymnastische Ûbungsbehandlung ab 2. postoperativen Tag. Dynamische Fingerschiene zur Unterstçtzung der Fingermotoren.
Ergebnisse Die Literatur beståtigt der Frçhsynovialektomie im Langzeitverlauf eine signifikante Reduktion von Schmerz- und Schwellung mit Erhalt einer ausreichenden Handgelenkfunktion [2, 4, 6, 13, 40, 49, 70, 77, 91, 93, 96]. Mit einer Schmerzreduktion zwischen 70 und 80% ist zu rechnen. Revisionspflichtige Rezidive werden zwischen 9 und 11% beschrieben. Die erwçnschte Stabilisierung der dosalen Handgelenkkapsel mit Subkutanverlagerung der Strecksehnen fçhrt zu
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S. Schill et al.
einer Reduktion der Extensions-Flexions-Ebene um durchschnittlich 30%. Es resultiert ein langfristig schmerzarmes und stabiles Handgelenk mit einem physiologischen Bewegungsradius [18, 67]. Die Tenosynovialektomie mit Subkutanverlagerung der Strecksehnen reduziert die Fequenz der Spontanrupturen und sichert langfristig die Funktion der wichtigen Handund Fingermotoren. Das Fortschreiten der çberwiegend interkarpal lokalisierten sekundårarthrotischen ræntgenologischen Verånderungen låsst sich auch mit der Frçhsynovialektomie nicht aufhalten. Der Wert der Synovialektomie liegt im Zeitgewinn mit der Chance neuer Medikamentenentwicklungen und Forschritten in der rekonstruktiven Versorgung mit neuen Prothesengenerationen.
Artikulotenosynovialektomie mit Ulnakæpfchenresektion Mit Fortschreiten der entzçndlichen Destruktionsprozesse entsprechend den LDE-Stadien II und III wird das distale Radioulnargelenk zunehmend instabil [11, 12]. Destruktion und Instabilitåt des Ulnakæpfchens mit schmerzhaft eingeschrånkter Unterarmdrehbewegung erfordern vielfach zusåtzlich zur vorgeschriebenen Artikulotenosynovialektomie die subkapitale Resektion des distalen Ellenkæpfchens. Die Resektionstrecke liegt zwischen 1,5 und 2 cm [24, 25, 35, 68]. Die Stabilisierung des Ulnastumpfes erfolgt mit transossåren Nåhten der palmaren Kapsel, der dorsalen Kapselnaht und çber die reponierte Extensor-carpi-ulnaris-Sehne. Technik und Nachbehandlung sind identisch mit der Darstellung im vorigen Abschnitt.
Ergebnisse Die Artikulotenosynovialektomie mit Ulnakæpfchenresektion und ¹dorsal wrist stabilisationª gehært zu den dankbarsten und meistindizierten Eingriffen der Rheumaorthopådie. Laut Literatur [2, 11, 13, 35, 39, 47, 62, 89] wird mittel- und langfristig eine sehr gute Schmerzreduktion (74±95%) mit Verbesserung der Handgelenksfunktion erreicht. Die ¹dorsal wrist stabilisationª fçhrt zu einem moderaten Bewegungsverlust fçr die Extensions-Flexions-Achse zwischen 14±36% des pråoperativen Ausgangswertes. Der resultierende Bewegungsradius liegt jedoch innerhalb des physiologischen Bewegungsbedarfs des Handgelenks
Abb. 7. Ræntgenbild dp. 10 Jahre nach Synovialektomie und Ulnakæpfchenresektion; spontane radiokarpale Ankylose
[18, 67]. Der Hauptgewinn liegt in der schmerzfreien Unterarmdrehbewegung nach Entfernung des instabilen Ulnakæpfchens. Parallel zur Synovialektomie des Handgelenks ist mit einer Progression der çberwiegend sekundår-arthrotischen Verånderungen zu rechnen (Abb. 7). Kritisch bewertet werden muss der postoperative Ulnardrift und die Rotationsinstabilitåt des Karpus nach Ulnakæpfchenresektion. Mehre Arbeitsgruppen [2, 11, 13, 35, 39, 41, 47, 62, 89] haben in 11±53% nach Ulnakæpfchenresektion eine zunehmende ulnare Instabilitåt des Karpus beschrieben. Als therapeutische Konsequenz wird von den meisten Autoren [19, 46, 53, 79, 92, 95] die Kombination der Ulnakæpfchenresektion mit einer partiellen radiokarpalen Arthrodese empfohlen. Alternative Therapiestrategien umfassen den Sehnentransfer [14, 21, 27] oder die Sauve-Kapandji Operation [74]. Entscheidendes Kriterium fçr die Wahl des karpalen Stabilisierungsverfahren nach Ulnakæpfchenresektion ist der zu erwartende Spontanverlauf und das Ausmaû der radiokarpalen Gelenkdestruktion nach Larsen, Dahle und Eek.
Artikulotenosynovialektomie, Ulnakæpfchenresektion und Sehnentransfer Indikation Stabile Verlaufsformen vom Typ I und II nach Simmen u. Huber sind einer Weichteilstabilisierung mit Sehnentransfer zugånglich. Voraussetzung sind intakte radiokarpale Knorpelverhålt-
Handgelenk
nisse (LDE-Stadium II) und funktionstçchtige Handgelenkmotoren. Wie biomechanische Untersuchungen [10, 14] beståtigen, kann durch den hålftigen Transfer der Sehne es M. extensor carpi radialis brevis (ECRB) [27] oder der kompletten Sehne des M. extensor carpi radialis longus (ECRL) [21] die Rotationsinstabilitåt des Karpus behoben und eine zusåtzliche Stabilisierung des Ulnakæpfchens wie auch des Handgelenks erreicht werden.
Operative Technik (Abb. 8) Experimentelle Untersuchungen von Berger [10] und Boyce [14] bilden die Grundlage der kapsulo-ligamentåren Stabilisierung des Handgelenks nach Ulnakæpfchenresektion durch Sehnentransfer. Nach Clayton u. Mitarb. [21] wird die Sehne des Extensor carpi radialis longus auf den Ansatz des Extensor carpi ulnaris transferiert. Alternativ hat Thabe bei ligamentårer Instabilitåt den hålftigen Transfer des Extensor carpi radialis brevis, der in der Technik nach Pulvertaft ansatznah in die Sehne des Extensor carpi ulnaris eingeflochten wird, befçrwortet und Ergebnisse publiziert [27]. Der klinisch und experimentell beståtigte Effekt liegt in der sicheren Rezentrierung des Extensor carpi ulnaris und in der Verstårkung der radial gerichteten Fixierungskråfte. Die Radialdeviation und supinatorische Aufdrehung des Karpus wird korrigiert und eine ligamentåre Stabilisierung des Handgelenks erreicht. Voraussetzung ist jedoch ein noch geschlossener Knorpelbelag
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der an der Bildung der radiokarpalen Gelenkeinheit beteiligten Knochen entsprechend den LDEStadien II±III.
Nachbehandlung Postoperativ erfolgt eine Ruhigstellung mittels volarer Unterarmgipsschiene bis zum 10. Tag. Aktive und passive krankengymnastische Ûbungsbehandlung ab 2. Tag postoperativ. Dynamische Fingerschiene zur Unterstçtzung der Fingermotoren.
Ergebnisse Mittelfristige Ergebnisse [14, 21, 27] im Verlauf von 3±5 Jahren beståtigen den radiokarpal stabilisierenden Effekt des Sehnentransfers nach Artikulosynovialektomie und Ulnakæpfchenresektion fçr die Verlaufsformen I und II nach Simmen [79] und bei intakten radiokarpalen Gelenkflåchen der LDE-Stadien I und II.
Operation nach Sauv und Kapandji Das çberwiegend im franzæsischen Sprachraum verbreitete Operationsverfahren nach Sauv und Kapandji [74] beinhaltet die distale radioulnare Fusion mit Ulnasegmentresektion. Wir sehen in diesem Operationsverfahren eine Alternative zum Sehnentransfer bei erhaltenem Ulnakæpfchen, gençgendem Knochenlager und erhaltenem Radiokarpalgelenk fçr die Destruktionstypen 1 und 2. Nachteile der Sauv-KapandjiOperation sind insbesondere bei bereits vorliegendem Ulnardrift und skapholunårer Dissoziation die ungençgenden Korrekturmæglichkeiten mit Progredienz der karpalen Instabilitåt [2, 100].
Partiell und komplett versteifende Operationsverfahren Radiolunåre Teilarthrodese (Abb. 9) Indikation
Abb. 8. Sehnentransfer mit der hålftigen Sehne des ECRB nach H. Thabe
Mit zunehmendem Aufbrauch der radiokarpalen Knorpelstrukturen entsprechend dem LDE-Stadium III bzw. erkennbarem desintegrativen Spontanverlauf sind kapsuloligamentåre Stabilisie-
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S. Schill et al.
Abb. 9. Radiolunåre Teilarthrodese, 7 Jahre postoperativ
rungen nicht mehr ausreichend. Diese Fålle lassen sich langfristig nur stabilisieren durch einen knæchernen Eingriff im Sinne der partiellen radiolunåren oder radioskapholunåren Arthrodese. Voraussetzung fçr den Erfolg der radiolunåren Arthrodese ist ein substanziell erhaltenes Knochenlager mit erhaltenen skaphoradialen und mediokarpalen Gelenkabschnitten.
Operative Technik In Verbindung mit der Artikulotenosynovialektomie des Handgelenks und der Ulnakæpfchenresektion werden zunåchst die korrespondierenden Gelenkflåchen des Os lunatum und der Radiusbasis angefrischt. Das Lunatum wird reponiert und mit zwei Titanklammern [19] stabilisiert. Knæcherne Inkongruenzen oder Defekte mit starker Hæhenminderung des Lunatums kænnen mit Spongiosa aus dem resezierten Ulnakæpfchen ausgeglichen werden.
cherstellen. Die publizierten klinischen Ergebnisse [19, 26, 41, 46, 53, 92] beståtigen eine sehr gute Schmerzreduktion mit hoher Patientenakzeptanz bei moderatem Bewegungsverlust. Es ist jedoch langfristig mit einem Korrekturverlust und mit einer Zunahme der çberwiegend sekundår-arthrotischen Verånderungen im interkarpalen Gelenkabschnitt zu rechnen. Fçr die çberwiegend interkarpale Gelenkdestruktion werden ursåchlich diskutiert eine erhæhte mechanische Lasteinleitung nach radiokarpaler Teilversteifung, die unvollståndige Radikalitåt der interkarpalen Synovialektomie und die individuelle Eigendynamik des Krankheitsprozesses [26]. Radiologische und klinische Langzeitverlåufe [26, 92] beståtigen eine Korrektur der Radialinklination und eine Stabilisierung der Ulnartranslokation. Es ist jedoch mit einem kontinuierlichen karpalen Hæhenverlust und einer palmaren Subluxation des Karpus zu rechnen. Einige Autoren [26, 79] empfehlen deshalb fçr instabile desintegrative Verlaufsformen die radiokarpale oder Panarthrodese.
Radiokarpale Arthrodese (Abb. 10) Indikation Die fortgeschrittene radiokarpale Destruktionen mit desintegrativem Spontanverlauf und erhaltenen medio- insbesondere kapitatolunåren Ge-
Nachbehandlung Postoperativ erfolgt eine Ruhigstellung mittels volarer Unterarmgipsschiene bis zum Abschluss der Wundheilung und anschlieûend die Ruhigstellung des Handgelenks im Unterarmcast fçr 4 Wochen. Die Fingergelenke und Fingermotoren werden ab dem 2. Tag postoperativ aktiv und passiv beçbt.
Ergebnisse Im mittel- bis langfristigen Verlauf låsst sich mit der radiolunåren Teilarthrodese eine schmerzfreie und weitgehend stabile Handgelenkfunktion si-
Abb. 10. Radiokarpale Arthrodese, 5 Jahre postoperativ
Handgelenk
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lenkflåchen ist die Domåne der radioskapholunåren Teilarthrodese [79].
Operative Technik Die Operationstechnik entspricht der radiolunåren Arthrodese mit Anfrischen der korrespondierenden radiokarpalen Gelenkflåchen, Reposition des Karpus, ggf. Spongiosaanlagerung und Staplefixation. Hat der rheumatische Destruktionsprozess neben der radiokarpalen Gelenkreihe auch das Mediokarpalgelenk erfasst, kann die radiokarpale Arthrodese mit einer distalen Resektions-Interpositions-Arthroplastik (Abb. 11) kombiniert werden. Die radiokarpale Staplefixation wird mit einer sparsamen Teilresektion der distalen Handwurzelreihe und Retinakuluminterposition entsprechend der Technik nach Stellbrink u. Tillmann kombiniert [92].
Ergebnisse Nach unseren bisherigen Erfahrungen låsst diese Operationstechnik eine zuverlåssige Stabilisierung und Schmerzreduktion des Handgelenks erwarten. Der Bewegungsradius liegt bei durchschnittlich 308 fçr die Extension/Flexionsebene [92]. Taleisnik [87] hat eine alternative Kombination aus interkarpaler (kapitatolunårer) Arthroplastik und erweiterter radiokarpaler Arthrodese beschrieben. Zusammenfassend gewåhrleistet die erweiterte radiokarpale Fusion eine langfristige Stabi-
Abb. 12. Mannerfelt-Arthrodese, postoperatives Ræntgenbild
lisierung des Handgelenks mit zuverlåssiger Schmerzreduktion und akzeptablem Funktionsradius. In Kombination mit der distalen RIAP oder der distalen Arthroplastik ist sie bei ausreichendem Knochenlager und intakten Handund Fingermotoren eine Alternative zur Panarthrodese (Abb. 12). Der Erhalt breiter Rçckzugsmæglichkeiten sowohl in Richtung der kompletten Arthrodese wie auch zur Handgelenkprothese låsst dieses Verfahren gerade bei jçngeren Patienten vorteilhaft erscheinen.
Handgelenkarthrodese A. Wanivenhaus
Einleitung
Abb. 11. Radiokarpale Arthrodese mit distaler Resektions-Interpositions-Arthroplastik
Die Arthrodese des Handgelenkes stellt fçr den Patienten mit rheumatoider Arthritis (RA) einen weniger in die Gesamtbiomechanik der Hand eingreifenden Prozess dar, als primår angenommen werden muss.
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S. Schill et al.
Durch die Ausgangssituation der Handgelenkdestruktion, der volaren und ulnaren Luxation des Karpus gegençber dem Radius besteht ein primår ausgeprågter Funktionsverlust, der noch dazu durch die pathologische Zugrichtung der Strecksehnen in der Regel zu einer kompletten Handskoliose mit Ulnardeviation der Langfinger fçhrt. Die Stabilisierung des Handgelenks mit gleichzeitiger Korrektur der Fehlstellung fçhrt somit auch zur Grundlage der Verbesserung der Fingerfunktion und setzt damit den Eingriff am Handgelenk bei einer komplexen Handdeformitåt an die erste Stelle. Anders als beim Patienten mit Arthrose steht hier nicht lediglich der Krafterhalt und -gewinn, sondern auch ein funktioneller Benefit im Vordergrund. Aus diesem Grund mçssen bei meist beidseitiger Handgelenkbeteiligung die funktionellen Erfordernisse (Toilette, Waschen, etc.) çberprçft werden. Dazu ist es denkbar, pråoperativ eine Ruhigstellung in der vorgesehenen Position durch Anlegen einer Schiene zu simulieren. Bewåhrt hat sich bei beidseitiger Beteiligung an einer Hand eine neutral bis geringe Volarflexion von 108 mit einer Radialstellung von weiteren 108, wodurch die Kærperpflege unproblematisch mæglich ist. Sollte auch die Notwendigkeit der Arthrodese des zweiten Handgelenkes bestehen, so kann dieses Handgelenk in Neutralstellung bzw. geringer 10- bis 15-gradiger Dorsalextension, allerdings ohne Ulnar- oder Radialdeviation erfolgen. Prinzipiell steht die Mæglichkeit der inneren Schienung (nach Mannerfelt) bzw. die Plattenosteosynthese zur Verfçgung. Unsere Nachuntersuchungsergebnisse haben gezeigt, dass die Arthrodese mit Hakennagel gering bessere funktionelle Resultate als die Arthrodese mit Platte erbrachte, allerdings ohne statistische Signifikanz. Beide Verfahren haben jedoch bei Patienten mit RA ihre Berechtigung und klare Indikation (Tabelle 1). Die Komplexitåt der rheumatischen Hand mit håufig sekundår notwendiger Korrektur von
Fingerdeformitåten erfordert auch die Berçcksichtigung von eventuellen Folgeoperationen. Daher stellt ein zu erwartender Ersatz der Fingergrundgelenke eine relative Kontraindikation fçr die Mannerfelt-Arthrodese dar, da dadurch mæglicherweise das Markraumlager zukçnftiger Gelenke potentiell geschådigt oder besetzt wird. Hier bietet die Plattenosteosynthese Vorteile, welche allerdings durch das Plattenvolumen selbst z. B. bei Sehnenruptur und notwendigen Rekonstruktionseingriffen dieser Sehnen aufgehoben werden. Bei komplett luxierten MCP-Gelenken besteht auch die Mæglichkeit, den Hakenmarknagel direkt von distal durch die unbelastende Gelenkflåche des Kæpfchens einzufçhren und seitlich ossår durch Kerbung des Kæpfchens zu stabilisieren. Diese Variante ist technisch sehr einfach und ermæglicht bei Folgeeingriffen am MCP-Gelenk eine einfache Explantation des Marknagels und låsst das Prothesenlager intakt. Der Hakenmarknagel bietet sich auch bei massiven Knochensubstanzverlusten und kompletter Luxation des Karpus nach volar nach Reposition des Karpus auf den Radius als innere Schienung als optimale Versorgung an. Dies beinhaltet auch Rekonstruktions- und Handgelenkverlångerungseingriffe mit groûen Beckenkammspånen.
Indikation Die Arthrodese des Handgelenkes stellt den letzten Schritt bei fortschreitender Destabilisierung oder Destruktion des Handgelenks dar. In der Regel findet die Operation bei weit fortgeschrittenem Krankheitsbild statt (LDE-Stadium IV, Desintegration nach Typ III in der Graduierung nach Simmen u. Huber [79] oder nach Writhington, Klassifikation nach Hodgson Typ 3 oder 4). Es ist also vor allem die volare Subluxation bis Luxation des gesamten Karpus gegençber der Radiuskante, weniger die Ulnardrift des Karpus die in frçhen Fållen auch noch durch
Tabelle 1. Vergleich der Plattenosteosynthese mit der Mannerfelt-Arthrodese ] Platten-OS ] Mannerfelt
MCP-Beteiligung
Sehnenruptur
OS ex
+++ ±*
+ +++
± ± ± ± **
Handgelenk
eine radiolunåre Arthrodese bzw. OP nach Kapandji kompensierbar wåre.
Technik der Plattenosteosynthese (Abb. 13) Fçr die Handgelenksynovialektomie wird von dorsale in Verlångerung des dritten Metakarpale zugegangen. Dabei wird das Retinaculum extensorum am V. Strecksehnenfach nach radial abpråpariert. Es erfolgt eine komplette Tenosynovialektomie der Extensorensehnen. Das Listersche Tuberkel wird als Ausgangspunkt fçr potenzielle Sehnenrupturen abgetragen. Das radiokarpale Gelenk wird fensterflçgelartig mit medialer Långsinzision eræffnet. Anschlieûend wird eine komplette Synovialektomie des Radiokarpal- und der Interkarpalgelenke durchgefçhrt. Såmtliche Gelenkflåchen, die zugånglich sind, werden entknorpelt. Am III. Metakarpale wird dorsalseitig das Periost långsgespalten, abgeschoben und mit zwei Hohmann-Hebeln umfahren. In åhnlicher Weise wird am Radius verfahren, der nach proximal auf etwa 8 cm exponiert wird. Die in der Regel vorliegende Ulnakæpfchenluxation wird durch Eræffnen der Ulnarkæpfchengelenkkapsel und Resektion des Ulnakæpfchens
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mæglichst unter Erhaltung des ligamentåren Halteapparates behandelt. Gleichzeitig muss die Sehne des M. extensor carpi ulnaris aufgesucht und synovialektomiert werden; auch das Radioulnargelenk ist nach Ulnakæpfchenresektion der Synovialektomie gut zugånglich. Danach sollte der Ulnakæpfchenstumpf sorgfåltig mit Kapsel- und Weichteilgewebe gedeckt werden. Anschlieûend kann die Platte positioniert werden. Bei Fehlen von Knochensubstanz hat sich hierbei die Synthes-Handgelenkarthrodeseplatte aus Titan bewåhrt, die einen vorgebogenen Bereich im Handgelenk aufweist, womit durch Abmeiûeln der dorsalen Radius- und Karpuskante reichlich Knochen zur Anlagerung gewonnen werden kann. Auch weisen diese Platten distal zartere Dimensionen als proximal auf und ermæglichen distal die Verwendung von Mini-, proximal die Verwendung von Kleinfragmentschrauben. Nach Stabilisierung der Platte sollte eine mæglichst vollståndige Naht der Gelenkkapsel çber der Platte erfolgen. Bei Defekten der Gelenkkapsel, die håufig vorliegen, Verwendung eines subtendinæs verlagerten Retinakulumanteils mit Ausbildung eines Retinakulumzçgels ulnarseitig zur Fesselung der Extensor-carpi-ulnarisSehne çber dem dorsalen Ulnarest. Bei insuffizient durchfçhrbarer Deckung kann die Extensor-carpi-radialis-Sehne gefåchert ebenfalls zur Deckung herangezogen werden. Subkutane Wunddrainage und Einzelknopfwundverschluss beenden den Eingriff.
Nachbehandlung Als Nachbehandlung erfolgt eine volare Gipsruhigstellung fçr 24±48 Stunden mit konsequenter Hochlagerung, dann lediglich Stabilisierung des Handgelenkes in abnehmbarer Schiene fçr 6 Wochen. Wesentlich ist dabei die frçhfunktionelle Beçbung der MCP-Gelenke.
Technik der Handgelenkarthrodese mit Hakenmarknagel nach Mannerfelt (Abb. 14)
Abb. 13. Plattenarthrodese
Im Wesentlichen wird bei der Operation in gleicher Weise zugegangen wie bei der Plattenosteosynthese, nur dass die Gelenkkapsel tçrflçgelartig distal gestielt eræffnet wird; auch die Versorgung des Ulnakæpfchens erfolgt in gleicher Weise.
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S. Schill et al. Abb. 14. Mannerfelt-Arthrodese
Nach Entknorpelung såmtlicher Gelenkflåchen wird das Periost am III. Metakarpale dorsoradial abgeschoben und das Metakarpale mit zwei Hebeln umfahren. Anschlieûend wird mit dem Sequestermeiûel ein 4-mal 8 mm im Långsdurchmesser messender Defekt gesetzt, der mit dem Luer erweitert werden kann. Anschlieûend wird mit einer Ahle der Markraum des III. Metakarpales erweitert, diese bis zum Handgelenk vorgeschoben und erweitert, bis ein dafçr vorgesehener Hakenmarknagel eingebracht und bis zum Handgelenk vorgetrieben werden kann. Die Hæhe der Eintrittsæffnung wird so gewåhlt, dass der Hakenmarknagel positioniert werden kann, was in der Regel etwa dem dritten distalen Viertel des Metakarpale entspricht. Bei sehr engen Markråumen muss jedoch das zweite Viertel ± somit proximaler ± gewåhlt werden. Anschlieûend wird die Spitze des Marknagels so am Radius positioniert, dass bei weiterem Vorschlagen eine ideale Reposition in volar/dorsaler und ulnar/radialer Position gegeben ist. Zu beachten ist, dass der Hakenmarknagel eine schråge Spitze aufweist, die durch Drehen
des Marknagels die Positionierung im Markraum ermæglicht und damit eine Perforation verhindert. Mæglich ist es auch, entsprechend der Långe des Marknagels in Karpus und Metakarpale, diesen vorzubiegen und damit eine Flexions- oder Radialduktionsstellung des Karpus zu erzielen. Nach Einschlagen des Marknagels in den Radius sollte ein Kontrollræntgen in zwei Ebenen erfolgen, um eine Perforation sicher auszuschlieûen und zu dokumentieren. Abschlieûend Durchfçhren einer maximalen radiokarpalen Kompression und zur Verhinderung der Rotation Anlegen einer kråftigen, selbstgebogenen Kirschner-Draht-Klammer oder Verwendung von Shapiro-Klammern. Ûbliche Blount-Klammern erscheinen vom Volumen her zu massiv. Danach erfolgt der schichtweise Wundverschluss mit sorgfåltiger Deckung des Handgelenkes und des Ulnakæpfchens, Zentrierung der Sehne des Extensor carpi ulnaris çber dem Ulnakæpfchenrest. Die Nachbehandlung ist identisch mit derjenigen bei der Plattenosteosynthese.
Handgelenk
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Rekonstruktive Operationsverfahren Trotz der Forderung zur Frçhsynovialektomie und einem differenzierten stadienabhångigen Therapiekonzept verbleiben ca. 20% mit fortgeschrittenen Destruktionen der LDE-Stadien IV±V [92]. Gelenk erhaltende Operationsverfahren sind dann nicht mehr ausreichend und rekonstruktive oder gelenkversteifende Eingriffe werden notwendig. Der Erhalt der feinmotorischen Gebrauchsfåhigkeit der Hand låsst rekonstruktive Operationsverfahren vorteilhaft erscheinen. Um der Schlçsselrolle des Handgelenks fçr die Gebrauchsfunktion der gesamten Hand gerecht werden zu kænnen, muss die rekonstruktive Versorgung ein schmerzfreies und ausreichend stabiles Gelenk mit einem funktionellen Bewegungsradius sicherstellen.
Abb. 15. Swansonprothese, postoperatives Ræntgenbild
Handgelenkendoprothese H. Thabe, S. Schill
Einfçhrung Das schmerzhaft destruierte Handgelenk der LDE-Stadien IV und V ohne Tendenz zum destabilisierenden Spontanverlauf mit ausreichendem Knochenlager, intakten Handgelenkmotoren und korrigierbarer Weichteildysbalance stellt die Indikation zur prothetischen Versorgung dar.
Historische Entwicklung Die Swanson-Arthroplastik [33, 85, 86] dominierte in den 70er und 80er Jahren die prothetische Versorgung des Handgelenks. Das Silikonimplantat (Abb. 15) ist vom Konstruktionsprinzip ein dynamischer Platzhalter. Die Gelenkstabilisierung und die langfristige Korrektur der Fehlstellung ist abhångig von der Rekonstruktion der Weichteilfçhrung. Diese çbernimmt im Sinne des so genannten ¹encapsulation processª die Gelenkfçhrung. In Ûbereinstimmung mit den Ergebnissen der MCP-Arthroplastik ist langfristig mit einem Korrekturverlust der Weichteilstabilisierung zu rechnen. Der Silikonspacer kann die auf das Handgelenk einwirkenden Kråfte nicht kompensieren. Entsprechend håufig zeigen sich Stielverbiegungen nach ulnar/volar und mit zunehmendem Silikonabrieb Materialermçdungsbrçche (Abb. 16). Die Silikonpartikel fçhren zu
Abb. 16. Spacerbruch mit karpalem Hæhenverlust 12 Jahre nach Primårversorgung
einer synovialen Reaktion mit zystischen Knochenresorptionen im radialen und karpalen Implantatlager [81]. Nachdem im kurz-/mittelfristigen Verlauf [32, 44, 64, 83, 85] hervorragende Ergebnisse mit der Swanson-Arthroplastik erzielt wurden, zeigt die Literaturanalyse [2, 15, 20, 22, 30, 42, 48, 84, 80, 92], dass nach durchschnittlich 5 Jahren mit einer deutlichen Verschlechterung der klinischen und radiologischen Ergebnisse zu rechnen ist. Ûbereinstimmung besteht bei allen Autoren [2, 15, 20, 22, 30, 42] dahin gehend, dass die radiologischen und die subjektiv klinischen Befunde diskrepant sind. Lediglich der Im-
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S. Schill et al.
plantatbruch mit eventuellem Silikonabrieb und zystischen Osteolysen korreliert mit Schmerzen und schlechten klinischen Ergebnissen. Heute wird die Indikation zur Swanson-Arthroplastik nur noch selten gestellt [8, 22, 42, 48]. Die zweite Generation der Handgelenkimplantate wurde von Volz [101] und Meuli [56] simultan in den frçhen 70er Jahren entwickelt. Es handelte sich um zementiert verankerte Zweikomponenten-Prothesen mit einer MetallPolyåthylen-Gelenkpaarung. Beide Prothesenmodelle zeigten frçhzeitig eine hohe Rate an Komplikationen mit Fehlstellung, Luxation und Auslockerung der Komponenten. Ursåchlich verantwortlich waren technische Fehler durch inkorrekte Einstellung des Drehzentrums bei der zweistieligen Metakarpusfixation. In ihrer ursprçnglichen Form werden sie heute nicht mehr implantiert. Die Problematik der Dysbalance konnte trotz einer zwischenzeitlichen Modifikation der Volz-Prothese [20] auf eine einstielige Karpusfixation nicht behoben werden. Die Meuli-Prothese wurde 1986 [56] modifiziert. Eine exzentrische Positionierung der Fixationsstiele, eine Titannobium-Polyåthylen-Gelenkpaarung und die zementfreie Fixation waren die wesentlichen Modifikationen. Dadurch konnte erfolgreich das Problem der Dysbalance infolge der nicht korrekten Drehpunktrekonstruktion gelæst werden. Unveråndert hoch ist mit 22% der Anteil karpaler Lockerungen [56]. Die frçhen Fehlschlåge dieser Prothesengeneration waren Mitte der Achtziger- und Anfang der Neunzigerjahre Anlass zu Neuentwicklungen in der Handgelenkendoprothetik [3, 7, 43, 75, 76]. Gemeinsam ist diesen Konstruktionen eine bessere Adaptation an die Biomechanik des Handgelenks durch exaktere Rekonstruktion des Gelenkdrehpunktes, eine mæglichst zementfreie Verankerung und einen teilweisen Formschluss der Gelenkkopplung. Den hæchsten Formschluss weist das von Figgie u. Mitarbeiter 1977 [43] eingefçhrte Trispherical-Implantat auf. Es handelte sich funktionell um ein Zapfen-Pfannen-Gelenk mit Luxationssicherung. Die Prothese wird zementiert verankert und weist im 9-Jahres-Verlauf sehr niedrige Revisionsraten auf. Kritisch erscheinen der starke Formschluss und die langstielige zementierte Verankerung, was sich in radiologischen Aufhellungssåumen von 20% und Migrationen der Karpuskomponente manifestiert. Neuere Entwicklungen wie die Biaxialprothese von Beckenbaugh [7] aus der Mayo-Klinik
und die GUEPAR-Prothese von Alnot [3] aus Frankreich haben breite elipsoide Gelenkflåchen mit einem leichten Formschluss volar und ulnar der konkaven Radiusgelenkflåche. Beide Prothesenmodelle ermæglichen eine recht gute Rekonstruktion der Gelenkmechanik und haben bei guter Weichteilbalancierung trotz ihres geringen Formschlusses nur geringe Dysbalanceprobleme. Hauptproblem ist die Lockerung der Karpuskomponenten. Theoretische Ursache ist der vermehrte Formschluss dieser Prothesenmodelle bei Grobgrifffunktionen in Dorsalextension des Handgelenks mit deutlichem Stresstransfer auf die Karpusverankerung. Wir haben Anfang der Neunzigerjahre eine neue Handgelenkendoprothese entwickelt [75, 76, 92]. Konstruktive Merkmale dieses Prothesentyps sind die anatomische Ausrichtung der radialen und karpalen Gelenkflåchen, um eine kraftschlçssige Einstellung der proximalen Handwurzelreihe sicherzustellen. Die zusåtzlichen Freiheitsgrade der zweiachsigen Karpuskomponente in Extensions-/Flexionsrichtung reduzieren die Kråfte auf die karpale Implantatverankerung und stellen einen natçrlichen Bewegungsablauf sicher. Fertigungsprobleme mit fehlerhaft bearbeiteten Oberflåchen, Radiusinkongruenzen der Gelenkpartner und zu schwach dimensionierten Sicherungsringen der distalen Gelenkachse machten 1998 einen Herstellerwechsel notwendig. Die ¹Modulare Physiologische Handgelenkendoprotheseª (Link¾) ist jetzt mit Titan-Hxtm beschichtet und modular aufgebaut (Abb. 17 und 18). Die Modularitåt ermæglicht eine exaktere Abstimmung an die individuelle Handgelenkarchitektur und erleichtert zukçnftige Revisionen. Die Gelenkflåchen werden jetzt aus hochpoliertem Titanniobium gefertigt. Die auf 108 reduzierten Inklinationswinkel der Radius- und Karpuskomponenten erhæhen die Stabilitåt des Implantats gegençber den pathologischen Weichteildysbalancen des rheumatischen Handgelenks. Die distale Gelenkachse wurde ummantelt, um zusammen mit der Hochpolitur Titanabrieb zu vermeiden. Die Radiuskomponente wird in Inlaytechnik implantiert und hat heute als Gleitpartner eine PEKomponente. Fçr Revisionen steht ein gekoppeltes Revisionsimplantat zur Verfçgung. Die aktuelle Literaturçbersicht [3, 7, 33, 43, 75, 76] der gångigen Handgelenkendoprothesen neuester Generation beståtigt, dass das ideale Kunstgelenk noch nicht gefunden ist. Die moderne Handgelenkendoprothetik reicht in ihrer
Handgelenk
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Eine exzessive Aufspannung der karpalen Hæhe sollte vermieden und græûtmæglicher Wert gelegt werden auf eine prå- und intraoperative Planung der Drehpunktrekonstruktion und der Weichteilrebalancierung. Ausschlaggebend fçr die Entscheidung Arthrodese oder Gelenkersatz ist der einzelne Patient mit seinem Funktionsanspruch und seinem aus dem polyartikulåren Gelenkbefall resultierenden Funktionsdefizit.
Resektions-Interpositions-Arthroplastik (RIAP) S. Schill, H. Thabe
Indikation Abb. 17. MPH-Handgelenkendoprothese
Eine mobile Alternative zur Handgelenkendoprothetik ist die Resektions-Interpositions-Arthroplastik. Im Vergleich zu der relativ einfachen Versorgung mit einem Swanson-Siliastik-Spacer ist diese operative Variante technisch aufwendiger und mit hohen Anforderungen an das manuelle Geschick des Operateurs verbunden [92]. Der Erfolg [69] der RIAP ist abhångig vom Erhalt und der Rebalancierung der kapsuloligamentåren Strukturen. Voraussetzung fçr eine erfolgversprechende Interposition ist ein belastungsstabiles Retinaculum extensorum.
Operative Technik Wir unterscheiden zwei verschiedene Formen der Resektions-Interpositions-Arthroplastik: ] die proximale RIAP nach Stellbrink und Tillmann [94] und ] die distale RIAP zwischen der proximalen und distalen Handwurzelreihe in Kombination mit der radiokarpalen Teilarthrodese [92]. Abb. 18. Postoperatives Ræntgenbild nach MPH-Prothesenversorgung
Ergebniskonstanz noch nicht an die Erfolge der Hçft- und Knieendoprothetik. Zusammenfassend bleibt die Handgelenkendoprothetik ein Eingriff, der trotz relativ hohen Risikos mit hohem funktionellen Nutzen fçr den Patienten verbunden sein kann. Derzeit sollte die Indikation wegen der erhæhten Lockerungsraten auf schmerzhaft destruierte Handgelenke der Destruktionstypen I und II nach Simmen mit gutem Knochenlager und intakten Hand- und Fingermotoren beschrånkt werden.
Die RIAP nach Stellbrink und Tillmann [94] beinhaltet eine Neuformung der proximalen Gelenklinie. Die Resektion der karpalen Anteile muss in einem kleineren Krçmmungsradius erfolgen als im radialen Segment, um eine Ankylosierung zu vermeiden. Aus dem Retinaculum extensorum wird ein radial gestielter Lappen gebildet, der in das Gelenk eingeschlagen und mæglichst weit distal mit der volaren Kapsel vernåht wird. Um den Karpus aus seiner volaren Subluxation zu reponieren, wird anschlieûend das Retinakulum nach dorsal gezogen und durch Bohrkanåle an der dorsalen Radiuskante vernåht.
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Die Technik der distalen RIAP in Kombination mit einer radiokarpalen Teilarthrodese wurde weiter oben beschrieben.
Ergebnisse (Abb. 19) Die klinischen Ergebnisse der Resektions-Interpositions-Arthroplastik nach Stellbrink und Tillmann [91, 94] zeigen eine sehr gute Schmerzreduktion und Beweglichkeit der operierten Handgelenke. Nachteilig im Langzeitverlauf ist der Korrekturlust mit Instabilitåt der Handgelenke infolge resorptiver Knochenverluste.
Fazit Die Fortschritte in der Handgelenkendoprothetik und die alternativen radiokarpalen Fusionen schrånken heute das Indikationsspektrum fçr die proximale RIAP deutlich ein. Sie verbleibt als Rçckzugsalternative nach Prothesenfehlschlågen septischer oder aseptischer Ursache.
Rekonstruktion der Strecksehnen Einfçhrung Ursache der Strecksehnenrupturen des dorsalen Handgelenks sind tenosynovialitische Infiltratio-
Abb. 19. RIAP des Handgelenks, Ræntgenbild dp. 10 Jahre postoperativ
nen mit zentralen Nekrosen der Sehnen und mechanische Scherkråfte, die çber den Knochenkanten des instabilen Ellenkæpfchens, der dorsalen Radiuskante und dem Listerschen Tuberkel entstehen kænnen [98]. Am håufigsten betroffen ist die lange Daumenstrecksehne, die Sehne des Extensor digiti minimi und die Communis-Zçgel des Ring- und Kleinfingers [52, 63, 92].
Klinisches Erscheinungsbild Klinisch imponiert ein plætzlicher Streckausfall eines oder mehrerer Langfinger. Nicht selten werden die Funktionsverluste bei Strecksehnenrupturen durch synovialitische Verklebungen und narbige Adhåsionen der Strecksehnenreste verschleiert. Differentialdiagnostisch muss eine Interdigitalluxation der Strecksehnen mit volarer Fehlstellung der Grundgelenke oder eine Streck-/Beugehemmung des betroffenen Langfingers durch Affektionen der entsprechenden Beugesehnen ausgeschlossen werden. Die langstreckige entzçndliche Sehneninfiltration mit nekrotisierender Destruktion der Sehnenstruktur und die Retraktion der Stumpfenden machen eine direkte Rekonstruktion der Strecksehnen durch End-zu-End-Sehnennaht auch bei sofortiger Indikationsstellung nur selten mæglich [16, 38, 61, 72, 95]. Fçr die isolierte Strecksehnenruptur bietet sich ein Transfer des Extensor indicis oder eine End-zu-Seit-Kopplung mit der benachbarten Strecksehne an. Die Kopplung erfolgt in der Technik nach Pulvertaft, um eine sofortige aktive Nachbehandlung zu ermæglichen [61]. Freie Sehnentransplantate aus der Palmaris- oder der hålftigen Sehne des Extensor carpi radialis longus sind nur bei ausreichender Mobilitåt des proximalen Motors mit passiver Dehnbarkeit um 1,5±2 cm erfolgversprechend [36]. Die funktionellen Ergebnisse mit freien Sehnentransplantaten sind aufgrund der fast immer zu erwartenden Sehnenadhåsionen selten voll zufrieden stellend [31, 61, 72]. Die Extensionskraft des Extensor indicis allein reicht nicht aus, um auf zwei rupturierte Strecksehnenzçgel transferiert zu werden [63]. Es empfiehlt sich eine Kombination aus Seit-zu-Seit-Tenodese der benachbarten Communis-Zçgel und einem Transfer des Extensor indicis. Fçr ausgedehnte Rupturen, die drei oder mehr Strecksehnen betreffen, werden Kombinationen aus Indicis- und Flexor-superficialis-Transfer [60] auf die dis-
Handgelenk
talen Sehnenstçmpfe empfohlen. Wird die Sehnenrekonstruktion mit einer Handgelenkarthrodese kombiniert, kommen trotz der kçrzeren Arbeitswege auch die radialen und ulnaren Handgelenkstrecker als Transfersehnen in Betracht [16, 52, 92].
Fazit Die aufgezeigte Problematik unterstreicht den prophylaktischen Wert der Tenosynovialektomie mit Subkutanverlagerung der Strecksehnen. Tenosynovialitische Rezidive mit sekundåren Strecksehnenrupturen werden nach pråventiver Versorgung des rheumatischen Handgelenks selten beobachtet [61]. Die Prognose der Strecksehnenruptur ist abhångig von der Zahl der zu versorgenden Sehnenrupturen und dem operationstechnischen Versorgungsaufwand. Die besten funktionellen Ergebnisse sind nach isoliert versorgten Streckerrupturen zu erwarten [6, 60].
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Arthroskopische Eingriffe K. Schmidt
Einfçhrung
Indikation
In 50±70% der Patienten mit rheumatoider Arthritis kommt es zu einer Mitbeteiligung des Ellenbogengelenkes [9, 23, 28]. Trotz dieser Håufigkeit werden chirurgische Eingriffe verhåltnismåûig selten und håufig erst in spåteren Stadien notwendig. Dies liegt vor allem darin begrçndet, dass das Ellenbogengelenk als nicht gewichtsbelastetes Gelenk relativ spåt symptomatisch wird und seine Behandlung zu Gunsten der gewichtstragenden Gelenke sowie der Handund Fingergelenke hintangestellt wird. Die Synovialektomie wird in der Regel dann notwendig, wenn starke Schmerzen nicht mehr durch konservative Maûnahmen therapierbar sind. Meist ist hiermit eine deutliche Bewegungseinschrånkung und Funktionsverminderung verbunden. Arthroskopische Operationen am Ellenbogengelenk zåhlen auch heute noch zu den selten durchgefçhrten Eingriffen. Obwohl erste Berichte çber extraartikulåre endoskopische Eingriffe am Ellenbogen veræffentlicht wurden [7, 35], kann die Arthroskopie des Ellenbogengelenks nur zur Therapie intraartikulårer Verånderungen angewendet werden. Da die Arthritis des Ellenbogengelenks in Frçhphasen meist schmerzarm ohne wesentliche Funktionsbehinderung ablåuft, fållt die Indikationsstellung zur Operation schwer [14]. Auch ist bei Frçhsynovialektomien der Kapsel-Band-Apparat oft straff und die Gelenkhæhle folglich eng, so dass bei der Arthroskopie mit Ûbersichtsproblemen zu rechnen ist. Eine deutliche Steigerung der Rate der Frçhsynovialektomien, wie sie nach Einfçhrung der arthroskopischen Technik am Kniegelenk zu beobachten ist, zeigt sich daher beim Ellenbogengelenk weniger deutlich [34]. Die Synovialektomie des Ellenbogengelenks gilt als Eingriff mit sekundårer Prioritåt bei chronischer Polyarthritis [14].
Die Analyse der Korrelation zwischen Ræntgenstadium und Schmerzangabe im Rahmen der ERASS-Studie [13] zeigte, dass in frçhen Stadien eine Ellenbogensynovialektomie keine wesentliche Schmerzbesserung, in den mittleren Stadien (nach Larsen, Dale und Eek 2 und 3) die beste Schmerzlinderung und in hæheren LDE-Stadien immer noch eine deutliche Verbesserung der Schmerzsituation zu erwarten ist [21]. Unter Berçcksichtigung aller Ræntgenstadien lieû sich durch die Synovialektomie eine Schmerzverbesserung in 82% erreichen [13]. Obwohl derzeit keine gesicherten Studien çber Frçhsynovialektomien existieren, darf in Analogie zu den Ergebnissen an anderen rheumatisch erkrankten Gelenken postuliert werden, dass frçhzeitige Eingriffe am ehesten ein Fortschreiten der arthritischen Zerstærung verlangsamen kænnen. Somit ist auch fçr das Ellenbogengelenk, trotz der Erfolge operativer Maûnahmen in fortgeschrittenen Fållen, eine rechtzeitige Entfernung der lokalen Entzçndungsaktivitåt nach dem Versagen geeigneter konservativer Maûnahmen zu fordern [2, 5, 11, 19, 23, 26, 27, 29, 37]. In Frçhfållen mit noch intakter Gelenkkapsel und einer wenig proliferativen, d. h. dçnnen Tunica synovialis, bei eher produktiver, d. h. ergussbildender Entzçndungsform empfiehlt sich alternativ die Durchfçhrung einer Synoviorthese, die fçr den Patienten weniger belastend ist.
Operative Technik Zur Arthroskopie des Ellenbogengelenks sind verschiedene Lagerungen mæglich. Bei Rçckenlagerung des Patienten wird der Arm an einem steril abgedecktem Armhalter aufgehångt [1]. Alternativ kann der Patient in Bauchlagerung,
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K. Schmidt
mit Lagerung des Armes auf einer Operationstischverbreiterung, oder aber in Seitlage mit Lagerung des Ellenbogens çber einen am Tisch angeschlagenen Bçgel positioniert werden [15, 31] (Abb. 1). Fçr kçrzere Eingriffe ist auch in Bauch- oder Seitlagerung bei kooperativen Patienten eine Regionalanåsthesie mæglich. Bei långer dauernden Eingriffen, insbesondere bei Rheumapatienten, empfiehlt sich aufgrund der bei den Lagerungen auftretenden Gelenkschmerzen die Anwendung einer Allgemeinanåsthesie. Die Verwendung eines Tourniquets zur Oberarmblutleere ist unumgånglich, auûer bei einer rein diagnostischen Arthroskopie. Zur Durchfçhrung der arthroskopischen Synovialektomie wird ein Standard-308/5mm- Arthroskop mit einer Kamerakette verwendet. Arthroskopische Standardinstrumentarien wie Tasthaken, Elektrokaustikhaken und Fasszangen werden ebenso benætigt. Essenziell ist die Anwendung eines leistungsfåhigen Shaversystems mit einem kleinen (z. B.: 4 mm) Shaveraufsatz fçr die Vorgehensweise in den engen Gelenkanteilen. Doppelt schneidende oszillierende Shaversysteme stellen derzeit den Stand der Technik dar. Fakultativ kænnen, wie von einigen Autoren beschrieben, Lasersysteme eingesetzt werden [24]. Das Ellenbogengelenk wird zunåchst punktiert und die Gelenkkapsel mittels Spçllæsung dilatiert. Eine dorso-radiale Punktion wird hierzu bevorzugt [32, 38]. Das Gelenkinnere ist im gefçllten Zustand beim Einbringen der Arthroskopiehçlse wesentlich leichter zu erreichen [17]. Durch die anfångliche Gelenkfçllung darf jedoch keine wesentliche Verlagerung der gefåhrdeten ventralen Gefåû-Nerven-Strånge in Relation zur Punktionsstelle bewirkt werden. Typischerweise
Abb. 1. Lagerung zur Ellenbogenarthroskopie
fçhrt der Unterarm beim Auffçllen eine geringe Supinationsbewegung durch [6]. Vor der Durchfçhrung einer radikalen Synovialektomie sollte mit der Inspektion des dorsalen Kompartiments begonnen werden. Dazu wird das Arthroskop çber einen postero-lateralen Zugang im Zentrum eines von Epicondylus humeri radialis, Radiuskæpfchen und hinterer Olekranonbegrenzung gebildeten Dreiecks eingebracht [1]. Wie bei allen Zugången sollte zunåchst die Haut nur geritzt werden, um anschlieûend mit einem stumpfen Klemmchen unter Spreizung des Subkutangewebes und der Muskulatur einen Kanal bis auf die Gelenkkapsel zu bilden. Mit dem scharfen Trokar kann die Arthroskopiehçlse dann in kranio-medialer Richtung gefahrlos bis in die Fossa olecrani vorgebracht werden. Nach Einbringen der Optik wird das Gelenk weiter mit Spçllæsung gefçllt. Ca. 2±3 cm proximal und medial dieses Zugangs wird ein weiterer Zugang in der beschriebenen Technik gesetzt, çber den ein Synovialresektor eingebracht wird. Meist muss die Synovialmembran zu Beginn unter relativ schlechten Sichtverhåltnissen knochennah entfernt werden, bis eine ausreichende Gelenkçbersicht entsteht. Sollte dies nicht mæglich sein, ist zu empfehlen, zunåchst die ventrale Synovialektomie durchzufçhren und danach dorsal çber eine umschriebene Arthrotomie vorzugehen. Bei ausreichender Gelenkçbersicht kann unter Verwendung von gebogenen Rongeuren bis weit nach ulnar synovialektomiert werden. Nach Umstecken des Arthroskopes nach proximal und Einbringen des Synovialresektors çber den weiter distal gelegenen Zugang kann eine weitgehende Gelenkinnenhautentferung des dorsalen Gelenkkompartments durchgefçhrt werden. Im Falle von Streckbehinderungen kann eine Abtragung von Osteophyten am Olekranon unter Verwendung von Fråsen oder aber eines schmalen Osteotoms bzw. groben Rongeurs durchgefçhrt werden. Auch hat sich in Einzelfållen die Vertiefung der Fossa olecrani mit einer Fråse bewåhrt. Ûber die dorsalen Zugånge kann in der Regel bei den meist weichen Kapselbandverhåltnissen des Rheumatikers, insbesondere in fortgeschrittenen Fållen, relativ problemlos bis zum Radiuskæpfchen vorgegangen werden, um die entzçndliche Gelenkinnenhaut des dorsalen Anteiles des proximalen Radioulnargelenks zu entfernen (Abb. 2). Bei straffen Kapselstrukturen und bei der Notwendigkeit der Radiuskæpfchenresektion kann ein zusåtzlicher distaldorsaler Zugang in Hæhe des radiohumeralen Gelenkspalts nçtzlich sein.
Arthroskopische Eingriffe
]
Abb. 2. Arthroskopischer Blick auf das Radiuskæpfchen von dorsal Abb. 3. Synovialektomie des proximalen Radioulnargelenks
Zur Durchfçhrung der ventralen Synovialektomie wird vor dem Epicondylus humeri radialis knapp oberhalb des Radiuskæpfchens eine Punktionskançle eingebracht. Nach Rçckfluss von Spçlflçssigkeit wird in der o. g. Technik das Arthroskop eingefçhrt. Zum Schutz des Nervus radialis wird der Unterarm in maximale Pronation gebracht [25]. Nach Perforation der Gelenkkapsel wird die Arthroskophçlse mit dem stumpfen Trokar in Richtung Zentrum zum Prozessus coronoideus vorgebracht. Nach Einbringen der Optik kann der ventrale Rezessus inspiziert werden. Ein weiterer antero-ulnarer Zugang wird angebracht, dessen Lage durch Diaphanie des nach ulnar vorgeschobenen Endoskops bestimmt wird. Gegebenenfalls kann auch die Arthroskopiehçlse çber einen spitzen Trokar bis nach subkutan vorgeschoben werden. Nach Stichinzision wird ein 4-mm-Shaver retrograd in die Endoskopiehçlse vorgeschoben. So kænnen beide Instrumente sicher in das Gelenkinnere gebracht werden. Unter Sicht wird der ventro-ulnare Anteil des Gelenkinnenraumes von Synovialis befreit. Die Arthroskopieoptik wird nach ulnar umgesetzt und çber den ventro-radialen Zugang der ventro-laterale Anteil inklusive der ventralen Anteile des proximalen Radioulnargelenks synovialektomiert (Abb. 3). Beim Vorliegen einer Beugehemmung kænnen sekundårarthrotische Anbauten am Prozessus coronoideus gezielt abgetragen werden. Auch kann im Fall einer Streckhemmung die ventrale Kapsel subperiostal mittels eines eingebrachten schmalen Raspatoriums oder eines scharfen Læffels mobilisiert werden. Ein grob destruiertes Radiuskæpfchen sollte reseziert werden. Bei stark osteoporotischem Knochen kann das Radiuskæpfchen rein arthroskopisch mit einem groben Rongeur abgetragen werden. Bei solidem Radiuskæpfchen empfiehlt sich die Einbringung eines schmalen
Osteotoms oder eines turbinengetriebenen Seitenschneiders, um nach Zerteilen die knæchernen Segmente zu entfernen. Gegebenenfalls kann auch ein distaler radialer Zugang etwa in Hæhe des Radiuskæpfchens zusåtzlich angebracht werden, um gezielt das Radiuskæpfchen zu entfernen. Bei technischen Schwierigkeiten kann dieser Zugang leicht erweitert werden, um çber eine Miniarthrotomie das Radiuskæpfchen in konventioneller Technik abzutragen. Am Ende der Operation kænnen sichtbare Gefåûeræffnungen gezielt mit dem ElektrokaustikHaken verschorft werden. Eine Redondrainage wird çber eine der Stichinzisionen ausgeleitet. Beim Vorliegen einer Bursitis olecrani kann diese endoskopisch unter Beachtung des Verlaufes des Nervus ulnaris in geeigneten Fållen entfernt werden [35].
Nachbehandlung Der wesentliche Vorteil der arthroskopischen Ellenbogensynovialektomie besteht in der sofortigen uneingeschrånkten aktiven und passiven Mobilisierbarkeit. Damit wird der nach Synovialektomie çblichen Verklebungstendenz der Wundflåchen erfolgreich entgegen gewirkt.
Ergebnisse Erste klinische Studien zeigen mittelfristig annåhernd åhnlich gute postoperative Ergebnisse wie nach offener Synovialektomie (Tabelle 1) [20, 22, 33].
269
270
]
K. Schmidt
Tabelle 1. Literaturçbersicht der Ergebnisse nach offener und nach arthroskopischer Ellenbogensynovialektomie (ohne Anspruch auf Vollståndigkeit) Quelle Erstautor
Jahr
Ellbogen n
postop. Jahre
ROM + % Pat.
Schmerz ± % Pat.
Rezidive % Pat.
Arthrotomie Porter [28] Copeland [4] Linclau [23] Rymaszewski [29] Brumfield [2] Waertel [39] Kerschbaumer [18] Gschwend [9] Saito [30] Ferlic [5] Neumann [26] Summer [37] Grimm [8] Niehaus [27] Siekmann [36] Kerschbaumer [20]
1974 1979 1983 1984 1985 1985 1985 1986 1986 1987 1987 1987 1989 1990 1990 1997
154 25 39 40 82 104 20 40 23 57 75 65 16 30 36 18
3 4,3 2 6 7 4,7 4,5 3 4 7,2 5,2 5,1 5 2,9 7,5 2,8
21 73 54 95 64 65 57 60 91 76 ? 84 75 83 83 59
63 90 69 70 87 79 76 90 74 77 97 59 82 90 44 77
16 ? 20,5 ? 31 3 3 0 0 ? 6,7 17 6,3 6,6 8,3 11
Arthroskopie Schmidt [33] Lee [22] Kerschbaumer [20]
1994 1997 1997
16 14 12
3,1 3,5 1,8
62,5 43 59
93,3 64 71
12,5 ? 27
Fazit Die offene und arthroskopische Synovialektomie sollten nicht als konkurrierendes Verfahren angesehen werden. Zwar ist prinzipiell eine offene Synovialektomie des Ellenbogengelenks in allen Stadien mæglich, jedoch stellt das arthroskopische oder teiloffene Verfahren unter Beachtung der notwendigen Indikationseinschrånkungen fçr den erfahrenden Arthroskopiker eine zwar technisch aufwåndige, doch fçr den Patienten eine weniger traumatisierende Operationstechnik dar. Idealerweise låsst sich die arthroskopische Synovialektomie an einem bandlockeren Gelenk durchfçhren, das keine wesentlichen knæchernen Destruktionen erkennen låsst. Bei fortgeschrittenen arthritischen Verånderungen mit zunehmender Einsteifung oder gar Ankylosierung des Gelenks stæût man ebenfalls rasch an die Grenzen der Methode. Zwar låsst sich in arthroskopischer Technik eine Erweiterung des Bewegungsumfanges durch subperiostales Ab-
schieben der Kapsel und Abtragen des Prozessus coronoideus bzw. Olekranonspitze erreichen, dennoch darf man aufgrund extraartikulårer Kontrakturen keine sprunghafte Zunahme der Beweglichkeit erwarten [15]. Da Unklarheit darçber besteht, inwieweit eine radikale Entfernung der Gelenkinnenhaut auf arthroskopischem Wege mæglich ist, empfiehlt sich in Analogie zu den çberprçften Erfahrungen am Kniegelenk die Durchfçhrung einer zusåtzlichen Synoviorthese.
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271
Konventionelle offene Synovialektomie B. Fink, W. Rçther
Einfçhrung Swett beschrieb 1923 als Erster die Synovialektomie beim rheumatisch destruierten Ellenbogengelenk und Smith-Petersen et al. berichteten 1943 çber die zusåtzliche Radiuskæpfchenresektion [41, 44]. In zahlreichen Studien konnte gezeigt werden, dass durch die Synovialektomie des Ellenbogengelenkes in etwa 70% der Fålle mittelfristig ein schmerzfreies oder zumindest deutlich schmerzgebessertes Gelenk erzielt wird [4, 7, 14, 15, 34, 40, 43, 47, 48]. Hinsichtlich der zu erwartenden Langzeitergebnisse existieren in der Literatur unterschiedliche Angaben. Eine Ûbersicht liefert Tabelle 1. Die divergierenden Ergebnisse mægen in der unterschiedlichen Zusammensetzung der verschiedenen Patientenkollektive, der unterschiedlich fortgeschrittenen Destruktion der Ellenbogengelenke, der meist breiten Streuung der Nachuntersuchungszeitpunkte, der unterschiedlichen operativen Technik und den verschiedenen Bewertungsmaûståben begrçndet sein. Trotzdem scheinen sich fçr die Differenzialindikation der Synovialektomie mit oder ohne Radiuskæpfchenresektion einige Gesichtspunkte herausarbeiten zu lassen.
Operative Technik Laine u. Vainio [23] verwendeten einen medialen und einen lateralen Zugang fçr die Synovialektomie des Ellenbogengelenkes. Inglis et al. [17] schlugen einen dorsalen Zugang mit Osteotomie des Olekranons vor. Diese Technik war jedoch mit einer hæheren Rate von ± dem operativen Zugang zuzuordnenden ± Komplikationen wie Pseudarthrose, Schraubenabbruch und Ankylose behaftet. Die Mehrzahl der Autoren favorisieren einen isolierten lateralen Kocher-Zugang [22] oder den isolierten posterolateralen Zugang von Gschwend [13] und fçhren eine zu-
såtzliche mediale Inzision nur bei einer Kompressionssymptomatik des Nervus ulnaris mit geplanter Transposition des Nerven durch. Copeland u. Taylor [5] beobachteten einen hæheren Prozentsatz an zufriedenstellenden Ergebnissen bei Verwendung eines bilateralen im Vergleich zu einem rein lateralen Zugang. Hingegen sahen Tulp u. Winia [47] sowie Hagena [14] in einer Multicenterstudie keinen wesentlichen Unterschied in den Ergebnissen zwischen dem rein dorsolateralen und einem bilateralen Zugang. Im Gegenteil konnte in der von Hagena [14] veræffentlichten ERASS-Multicenterstudie nachgewiesen werden, dass durch den zusåtzlichen ulnaren Zugang wesentlich håufiger nervale Stærungen auftreten. In der Studie von Porter et al. [33] entsprachen die Ergebnisse bei einem erweiterten dorsolateralen Zugang denen eines bilateralen Zuganges, welche jedoch besser waren (weniger verbleibende medialseitige Schmerzen) als bei einem reinen lateralen Zugang. Eichenblat et al. [6] fçhrte zur besseren Darstellung bei einem erweiterten lateralen Zugang zusåtzlich eine Ablæsung des radialen Kollateralligamentes vom Epikondylus durch. Diese Technik birgt jedoch die Gefahr der Instabilitåt, sodass die Ligamentablæsung nicht empfohlen werden kann. Schlussfolgernd aus den eigenen und den Erfahrungen in der Literatur kann festgehalten werden, dass sich der dorsoradiale Zugang nach Gschwend [13] fçr die Ellenbogensynovialektomie bewåhrt hat und empfohlen werden kann.
Radiuskæpfchenresektion In der Regel wird die Synovialektomie mit einer Radiuskæpfchenresektion kombiniert, obwohl der Stellenwert der zusåtzlichen Radiuskæpfchenresektion durchaus kontrovers diskutiert wird. Bei einem normalen Ellenbogengelenk kommt es zu einer gleichmåûigen Kraftverteilung zwischen Radius und Ulna, was dazu fçhrt, dass
Konventionelle offene Synovialektomie
die Kollateralbånder nicht unter Spannung geraten [2, 34]. Nach einer Radiuskæpfchenresektion wird die axiale Belastung des Radius ± wohl çber die Membrana interossea ± auf die Ulna transferiert. Dies fçhrt bei Belastung des Ellenbogens erstens zu einer Spannung des medialen Seitenbandes (um eine Valgusabweichung zu verhindern) und zweitens zu einer Belastungssteigerung des Humeroulnargelenkes [2, 34].
Ergebnisse Rymaszewski et al. [34] sahen dieses biomechanische Ungleichgewicht fçr die Hauptursache von wieder auftretenden Beschwerden nach Ellenbogensynovialektomien mit Radiuskæpfchenresektionen an. Diese lokalisierten sich hauptsåchlich im medialen Gelenkbereich und wurden fçr den Rçckgang der guten Resultate von anfånglichen 70 bis auf 45% innerhalb von 6 Jahren verantwortlich gemacht. Hingegen wurden in einer ERASS-Multicenterstudie keine zusåtzlichen Instabilitåten des Ellenbogens nach Radiuskæpfchenresektion beobachtet [14]. Das Radiuskæpfchen hat nicht nur Anteil an der Stabilitåt des Ellenbogens, sondern auch an der des Handgelenkes. So werden nach Radiuskæpfchenresektionen aufgrund von Frakturen bis zu 50% Instabilitåten mit Subluxationen des distalen Radioulnargelenkes beobachtet [45]. Gschwend wies darauf hin, dass nach einer Radiuskæpfchenresektion bei rheumatoider Arthritis eine Verschlimmerung eines Caput-ulnaeSyndroms auftreten und hierdurch eine operative Behandlung des Handgelenkes notwendig werden kann [12]. Hingegen traten in der Studie von Eichenblat et al. [6] nach Radiuskæpfchenresektionen bei rheumatoider Arthritis keine radioulnaren Dislokationen oder Långendifferenzen am Handgelenk auf. Da Copeland u. Taylor [5] keine schlechteren Ergebnisse bei Ellenbogensynovialektomien mit belassenem Radius im Vergleich zur Radiuskæpfchenresektion fanden, plådierten sie fçr ein Belassen des Radiuskæpfchens. Auf der anderen Seite wird die Radiuskæpfchenresektion von vielen Autoren als der ausschlaggebende Operationsschritt fçr den Erfolg des Eingriffes angesehen [6, 11, 29, 33, 43, 46]. So erzielten Taylor et al. [46] eine ebenso ausgeprågte Verbesserung der Gelenkbeweglichkeit allein durch die Radiuskæpfchenresektion ohne Synovialektomie im Vergleich zur Ra-
]
diuskæpfchenresektion mit Synovialektomie. Anhand einer Multicenterstudie der ARO wurde herausgearbeitet, dass bei Frçhsynovialektomien im LDE-Stadium 0 und 1 in der Regel eine Erhaltung des Radiuskæpfchens mæglich ist und ab einem LDE-Stadium 3 die Resektion des Radiuskæpfchens zu empfehlen ist [39]. Kontraindikationen fçr die Radiuskæpfchenresektion stellen erstens noch offene Epiphysenfugen bei Kindern mit juveniler chronischer Arthritis dar, da in diesem Alter im weiteren Wachstum Inkongruenzen im distalen Radioulnargelenk auftreten kænnen [11]. Zweitens zåhlen hierzu deutliche ligamentåre Instabilitåten, vor allem des Humeroulnargelenkes [7, 49].
Radiuskæpfchenprothese Um die mæglichen Nachteile einer Radiuskæpfchenresektion zu vermeiden, wurde von verschiedenen Autorengruppen die Implantation einer Silastik-Radiuskæpchenprothese bzw. eines -interponates durchgefçhrt. Ferlic et al. [7] fanden jedoch keine langfristig besseren Ergebnisse dieser Methode gegençber der einfachen Radiuskæpfchenresektion. Dies mag darin begrçndet sein, dass der Silikon-Platzhalter die biomechanischen Verhåltnisse des Gelenkes nicht wieder normalisiert, sondern genauso wie die Resektion des Radiuskæpfchens eine unphysiologische proximale Migration des Radius unter Belastung erlaubt, wie Knight et al. [21] in biomechanischen Untersuchungen nachweisen konnten. Aufgrund des fehlenden Vorteils dieses Spacers gegençber der einfachen Resektion und aufgrund der mæglichen Komplikationen mit Osteolyse des Radiuskæpfchens, Luxation und/oder Fragmentation des Interponates sowie Silikonsynovialitis sollten die Silastik-Interponate nicht verwendet werden. Einen Fortschritt mægen die metallischen Radiuskæpfchenprothesen darstellen, die zumindest in biomechanischen Untersuchungen die axiale Stabilitåt und biomechanischen Krafteinflçsse wieder zu rekonstruieren vermægen und bei Radiuskæpfchenfrakturen klinisch gute Ergebnisse erbringen [21]. Ûber den Einsatz dieser Radiuskæpfchenprothesen im Rahmen einer Synovialektomie bei rheumatoider Arthritis gibt es unseres Wissens bisher keine veræffentlichten Daten, sodass hierçber zukçnftige Studien Aufschluss geben mçssen.
273
274
]
B. Fink, W. Rçther
Ergebnisse Ferlic et al. [7] fanden in ihrer Studie die Tendenz, dass die Ergebnisse in frçheren Destruktionsstadien besser sind als in spåteren. Wegen der geringen Græûe ihres Patientenkollektives konnten sie jedoch keine signifikanten Unterschiede herausarbeiten. Diese Beobachtung entspricht den Erfahrungen an anderen Gelenken [9, 20]. Hingegen sahen Gendi et al. [10], Porter et al. [33], Rymaszewski et al. [34] und Summers et al. [43] keinen Zusammenhang zwischen den radiologischen Destruktionsstadien und den postoperativen Ergebnissen. Auch bei einem direkten Vergleich zwischen Gelenken des Destruktionsgrades Steinbrocker II±IV ergab sich bei Porter et al. [33] kein Unterschied fçr die Synovialektomie-Ergebnisse. Darçber hinaus erzielten Grimm [11] bei fortgeschrittenen Destruktionsgraden im LDE-Stadium 4 und 5 sowie Lonner u. Stuchin [27] im SteinbrockerStadium III nach Synovialektomien mit Radiuskæpfchenresektion nach 5 bzw. 6,1 Jahren sehr zufriedenstellende Ergebnisse mit schmerzfreien oder deutlich schmerzgebesserten und funktionsgesteigerten Gelenken. Fçr eine mæglichst gute Schmerzverbesserung, die das Hauptziel der Synovialektomie ist, ist unseres Erachtens weniger der Gesamtschweregrad der rheumatischen Gelenkdestruktion sondern eher die Hauptlokalisation des Schmerzes ausschlaggebend. Ein hauptsåchlicher Rotations- und Bewegungschmerz im radialen Gelenkkompartiment profitiert am meisten von der Synovialektomie und Radiuskæpfchenresektion, da hier das Radiohumeralund Radioulnargelenk die schmerzauslæsenden Gelenkkompartimente sind. Dagegen wird ein medial lokalisierter Schmerz mit Destruktion des Humeroulnargelenkes weniger deutlich durch diesen operativen Eingriff beeinflusst. Zu einem gleichen Schluss kommt die Autorengruppe um Gendi et al. [10], die bei einer pråoperativen Einschrånkung der Rotationsbewegung von çber der Hålfte eine Erfolgsaussicht der Synovialektomie mit Radiuskæpfchenresektion von çber 70% berechnete. Bei einem Flexions-Extensions-Bewegungsumfang von 608 und weniger fand man hingegen eine Versagerquote dieser Operation von 60%. Eine Erfolgsquote von 100% war gegeben bei einer Kombination von eingeschrånkter Rotation von çber der Hålfte und Scharnierbewegung > 608. Ebenso schlossen Woods et al. [49] aus ihren Ergebnissen,
dass ein pråoperativer lateral lokalisierter Schmerz in Kombination mit einer Einschrånkung der Rotation Bedingungen fçr gute Ergebnisse einer Synovialektomie mit Radiuskæpfchenresektion sind. Medial lokalisierte Schmerzen und eine hauptsåchliche Limitierung der Scharnierbewegung stellen dagegen keine guten Vorraussetzungen fçr diesen operativen Eingriff dar.
Fazit Wie die Auflistung der Ergebnisse der Literatur in Tabelle 1 zeigt, wird durch eine Synovialektomie und Radiuskæpfchenresektion deutlicher die Rotationsfåhigkeit als die Scharnierbewegung verbessert. Zur Verbesserung des Bewegungsumfanges und hier vor allem der håufig bestehenden Flexionskontraktur fçhrten Lonner u. Stuchin [27] zusåtzlich ein anteriores Kapselrelease und Saito et al. [35] zusåtzlich zur totalen Kapsulosynovialektomie ein subperiostales Muskelrelease an den Insertionsstellen des lateralen Epikondylus durch. Hierbei werden der M. anconeus, M. extensor carpi ulnaris, M. extensor digitorum communis, M. bracioradialis, die Mm. extensor carpi radialis longus und brevis und der M. supinator subperiostal an ihren Insertionsstellen abgehoben. Eine zusåtzliche Entfernung der Osteophyten des Olekranons und des Processus coronoideus hilft ebenso, die Flexion und Extension zu verbessern [35]. Einige Autorengruppen finden eine Verschlechterung der Ergebnisse mit zunehmender Dauer des Follow-ups [10, 34, 43, 48]. So beschrieben Rymaszewski et al. [34] eine anfångliche Schmerzverbesserung bei 70% der Gelenke, welche nach 6 Jahren nur noch bei 45% der Gelenke vorhanden war. Summers et al. [43] beobachteten eine Schmerzverbesserung bei 65 Ellenbogengelenken in 84% 6 Monate postoperativ, aber nur noch in 54% nach 5 Jahren. Vahvanen et al. [48] zeigten signifikant schlechtere Ergebnisse an Gelenken mit einem Follow-up von mehr als 12 Jahren auf als bei Gelenken mit kçrzerem Nachuntersuchungszeitraum. Porter et al. [33] beobachteten eine Tendenz zu schlechteren Ergebnissen nach einer Zeit von 3 Jahren postoperativ, ohne dass sie jedoch signifikante Unterschiede zwischen den Gelenken mit einem Follow-up von 1±3 Jahren und denen mit einem Nachuntersuchungszeitraum von 3±6 Jahren feststellen konnten. In einer Ûberlebenskurvenberechnung von Gendi et al. [10] ergab sich ei-
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Clin Orthop 1987
Z Orthop 1989
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Akt Rheumat 1994
Erstautor
Brumfield
Copeland
Eichenblat
Ferlic
Grimm
Gendi
Hagena
32 lateral 7 medial 3 posterior
Zugang
RKR
RKR 3 Ulnarisverl.
57 RKR 13 RKP
RKR
verschiedene Zugånge
dorsolateral n. Gschwend
lateral
lateral
16 RKR 22 bilateral 22 Ulnarisverl. 8 lateral
RKR 2 RKP
Technik
265 RKR meist (multicenter)
171 115 klin
16
70
25
30 25 klin
42
Ellenbogen
Larsen Æ 2,6 Ô 1,1 II u. III meist
Larsen IV u. V
ARA/Steinbr. II ? 24% IIIA ? 50% IIIB ? 26%
Steinbrocker II ? 6 III ? 16 IV ? 3
Steinbrocker II ? 8 III ? 21 IV ? 1
ARA III u. IV
Stadium
0-34-102 Ex/ Flex 35-0-17 Pro/ Sup
0-35-125 Ex/ Flex 55-0-60 Pro/ Sup
0-38-122 Ex/ Flex 54-0-46 Pro/ Sup
ROM pråop
Æ 4,1 Jahre 2,5±14 Jahre
Æ 6,5 Jahre 1±20 Jahre
5 Jahre
0-28-121 Ex/ Flex 59-0-62 Pro/ Sup
0-35-116 Ex/ Flex 43-0-36 Pro/ Sup
Æ 86 Monate 0-28-135 Ex/ 1±20 Jahre Flex 66-0-66 Pro/ Sup
Æ 5 Jahre 2±11 Jahre
Æ 4,3 Jahre 1±10 Jahre
Æ 7 Jahre 2±17 Jahre
Follow-up
0-22-129 Ex/ Flex 69-0-72 Pro/ Sup
+ 118 Flex/Ex + 508 Rotation
0-19-125 Ex/ Flex 52-0-63 Pro/ Sup
0-23-135 Ex/ Flex 79-0-80 Pro/ Sup
0-21-132 Ex/ Flex 79-0-71 Pro/ Sup
0-25-135 Ex/ Flex 67-0-72 Pro/ Sup
0-33-130 Ex/ Flex 58-0-61 Pro/ Sup
ROM Follow-up
20% schmerzfr. 15% starke Schmerzen 82% Schmerz verbessert
2 Gelenke mit Schmerzen
18% unilateral 18% bilateral
4 leicht instabil in Valgus
7 schmerzfrei 15 Beschw. n. Ûbungen 3 schmerzhaft 58% exzellent 19% verbessert 23% schlecht
2
1
Instabilitåt postop
22/25 keine oder leichte Schmerzen; 6 Versager
4 exzellent 15 gut 14 fair 9 schlecht
klinisches Ergebnis
in 5,8% Revisionseingriffe
1 temp. Ulnarisirritat. 1 oberflåch. Infekt 1 Serom
5 temp. Ulnarisirritat. 1 Bursitis olecrani
2 temp. Ulnarisirritat. 1 Synovitisrezidiv
5 sensible Ulnarisirrit. bei bilateral Zugang + Ulnarisverlagerung
7 Ulnarisirritationen 1 Wundheilungsstærung 1 oberflåchl. Infekt 31% Synovitisrezidiv
Komplikationen
Tabelle 1. Ûbersicht von Studien çber offene Synovektomien des Ellenbogens (klin = klinisch untersucht, RKR = Radiuskæpfchenresektion, RKP = Radiuskæpfchenprothese (Silastikprothese), UKR = Ulnakæpfchenresektion am Handgelenk, temp.= temporår)
Konventionelle offene Synovialektomie ]
275
JBJS [Br] 1974
154
RKR
RKR UKR bei 6
lateral + bilateral
Steinbrocker I ?1 II ? 43 III ? 80 IV ? 30
ARA III
0-14-130 Ex/ Flex 72-0-73 Pro/ Sup
1±6 Jahre
Æ 3,5 Jahre 8±89 Monate
D 218 Flexion D 218 Extension bei Gelenken mit Befundverbesserung
D 38 Ô 208 Flex D 38 Ô 208 Ex D 178 Ô 338 Pro D 218 Ô 298 Sup Klinisch: 71% zufrieden 29% unzufried. Klin. + radiol.: 54,5% zufried. 45,5% unzufr.
Ewald-Score 37 pråop ? 84 postop
0-27-120 Ex/ Flex 52-0-37 Pro/ Sup
Æ 6,1 Jahre
meist unverånderte Stabilitåt
2 sens. Ulnarisirritat. 1 Infekt 16% Synovitisrezidive
keine Komplikationen
keine Komplikationen
1 temp. Ulnarisirritat. 2 temp. Paralysen d. posterioren N. interosseus
3 Ankylosen 1 Schraubenbruch 2 Pseudarthrosen 1 temp. Radialisparese 1 Synovitisrezidiv
keine Komplikationen
Porter
25
posterolateral
27 zufrieden 12 unzufrieden
0,5±5 Jahre
22 schmerzfrei keine 4 wenig Schm.; Instabilitåt 16 gut 6 zufriedenst. 4 schlecht
keine Instabilitåt
JBJS [Am] 1972
RKR + ant. Kapselrelease 3 RKP
0-20-127 Ex/ Flex 74-0-55 Pro/ Sup
3 schmerzfrei 7 verbessert 1 unveråndert
Marmor
12
30 lateral Steinbrocker 8 bilateral I ?6 1 anteromed. II ? 9 III ? 17 IV ? 7
0-29-112 Ex/ Flex 72-0-52 Pro/ Sup
0-23-135 Ex/ Flex 79-0-80 Pro/ Sup
J Hand Surg 1997
37 RKR
Æ 3,5 Jahre 1±6 Jahre
0-28-135 Ex/ Flex 66-0-66 Pro/ Sup
Komplikationen
Lonner
39
posterior ARA III u. IV m. Olekranonosteotomie
Æ 14 Jahre 12±15 Jahre
Instabilitåt postop
Acta Orthop Scand 1983
RKR
Larsen II ? 4 III ? 5 IV ? 3
klinisches Ergebnis
Linclau
28
lateral
ROM Follow-up
JBJS [Am]
RKR
ROM pråop
Inglis
11
Follow-up
Acta Orthop Scand 1995
Stadium
Herold
Zugang
Quelle
Technik
B. Fink, W. Rçther
Erstautor
Ellenbogen
]
Tabelle 1 (Fortsetzung)
276
Ann Rh Dis 1975
J Rheumat 1988
JBJS [Br] 1976
JBJS [Br] 1984
AOTS 1991
J Shoulder Elbow Surg 1999
Stein
Summers
Taylor
Tulp
Vahvanen
Woods
38 lateral Kocher
Zugang
94% RKR
RKR
45
20 kein RKR 34 RKR 7 RKP
RKR
RKR
RKR
? ? ? ?
2 1 18 19
Steinbrocker I ?1 II ? 6 III ? 29 IV ? 1
Laine+Vainio II ? 13% III ? 53% IV ? 34%
ARA II ? 10 III ? 12 IV ? 1
I II III IV
Stadium
Æ 8,4 Jahre 6±10 Jahre
Æ 6,5 Jahre 4-10 Jahre
Æ 5 Jahre 0,5-8 Jahre
Æ 5,1 Jahre 1±16 Jahre
Æ 3,3 Jahre ݱ8 Jahre
Æ 4 Jahre 1±8 Jahre
Æ 6 Jahre 2±15 Jahre
Follow-up
lateral oder dorsolateral
Larsen III ? 22 IV ? 17 V ?7
1±20 Jahre
91% bilateral Larsen Æ 7,5 Jahre 6% lateral III ? 87% 1,5±22 Jahre 1,5% medial IV+V ? 13% 1,5% poster.
61 lateral 8 bilateral 1 anterior
lateraler
61 lateral
29 posterolateral 3 bilateral mit Ulnarisverl.
RKR mit mus- lateral kulårem Release an Epikondylen
40 RKR 2 Ulnarisverl.
Technik
70
27 von 70
70
44
65
32
23
Acta Orthop Scand 1986
Saito
Ellenbogen
40
Quelle
Rymaszewski JBJS [Br] 1984
Erstautor
Tabelle 1 (Fortsetzung)
5 der 18 zufrieden, 17 der 21 unzufrieden
Instabilitåt postop
11 schmerzfrei 3 leicht in 2 leichte Schm. Valgus 3 moderate S. 1 starke Schm.
18 schmerzfrei 21 unzufrieden 70% gut
klinisches Ergebnis
schmerzfr. leicht Schm. moderate deutliche
63% zufrieden
70% zufrieden
79% gut 7% fair 14% schlecht
33% 21% 23% 23%
0-24-138 Flex/ 40% Æ oder milEx der Schmerz 61-0-73 Pro/ 38,5% moderat Sup
948 Flex/Ex
1008 Flex/Ex
1168 Flex/Ex
0-29-127 Ex/ Flex 75-0-67 Pro/ Sup
+ 18,48 Flex/ 72% schmerzfr. 5 Ex 28% leichte S. (zw. 10 u. 308) + 11,98 Rotation
0-21-123 Ex/ Flex
0-39-132 Ex/ Flex 75-0-75 Pro/ Sup
ROM Follow-up
718 Flex/Ex 848 Flex/Ex 12 schmerzfrei 1158 Rotation 1628 Rotation 11 geleg. Schm. 7 leichte Schm. 6 moderate Schm. 9 starke Schm.
818 Flex/Ex
898 Flex/Ex
788 Flex/Ex
0-32-125 Ex/ Flex 65-0-60 Pro/ Sup
0-45-118 Ex/ Flex
ROM pråop
2 Ulnarisirritationen 1 Wundheilungsstær.
1 temp. Ulnarisirritat. 2 Paralysen R. post. N. interosseus
keine Komplikationen 39% Synovitisrezidiv
1 Paråsthesie im N. ulnarisBereich
Komplikationen
Konventionelle offene Synovialektomie ]
277
278
]
B. Fink, W. Rçther
ne Versagerquote von 19% innerhalb des ersten Jahres. Die kumulative Ûberlebensrate sank hiernach kontinuierlich um durchschnittlich 2,6% pro Jahr. Hieraus ergab sich eine Gesamtversagerquote von 46% nach durchschnittlich 6,5 Jahren. Postoperativ wieder auftretende Schmerzen sind håufig auf der medialen Seite des Gelenkes lokalisiert [23, 34, 43]. Laine u. Vainio [23] sahen in einer persistierenden medialen Synovialitis die Ursache fçr diese Beschwerden, weshalb sie den zusåtzlichen medialen Zugang propagierten. Eine Synovialitis kann aber auch nach vollståndiger Synovialektomie wieder auftreten und Schmerzen verursachen. Rezidive einer Synovialitis werden bei 4±60% der Fålle beschrieben [4, 16, 17, 23, 30, 31, 33, 43]. Allerdings dçrfte ein Synovialitisrezidiv das Gelenk ubiquitår befallen und somit nicht zu hauptsåchlich medial lokalisierten Schmerzen fçhren. Vielmehr dçrfte die durch die Synovialitis mitbedingte zunehmende Gelenkdestruktion des Humeroulnargelenkes fçr wieder auftretende, hautsåchlich medial lokalisierte Beschwerden verantwortlich sein. Rymaszewski et al. [34] begrçndeten die wieder auftretenden Beschwerden nach Ellenbogensynovialektomien mit dem ± durch die Radiuskæpfchenresektion bedingten ± biomechanischen Ungleichgewicht mit Spannung des medialen Seitenbandes und Erhæhung des Druckes im Humeroulnargelenk. Mediolaterale Instabilitåten von mehr als 158 wurden von Vahvanen et al. [48] in 16% der Fålle und von Stein et al. [42] in einem gleichen Prozentsatz zwischen 10 und 308 beobachtet. Ebenfalls in 16% wurden von Eichenblat et al. [6] geringgradige, nicht nåher beschriebene Instabilitåten gesehen, bei Brumfield und Resnick [4] in 9,5% der Fålle, hingegen in 50% bei Rymaszweski et al. [34]. Hierbei sahen Vahvanen et al. [48] die Hauptursache der zunehmenden Instabilitåt im zunehmenden Knochenverlust durch die fortschreitende destruktive Arthritis begrçndet. Andererseits fanden Tulp u. Winia [47] auch nach 6±10 Jahren in 67% der Fålle zufriedenstellende Ergebnisse nach Synovialektomien, was fçr akzeptable Langzeitergebnisse dieses operativen Eingriffs spricht.
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279
Endoprothesen W. Rçther, B. Fink
Einfçhrung Bei rheumatischen Destruktionen des Ellenbogens im LDE-Stadium IV oder V und fehlgeschlagenen Synovialektomien inklusive Radiuskæpfchenresektionen ist in der Regel der endoprothetische Ersatz des Gelenkes indiziert. Die Hauptindikation bei der rheumatoiden Arthritis stellt der starke, konservativ nicht mehr beherrschbare Schmerz bei fortgeschrittener Gelenkdestruktion dar. Eine zweite Indikation ist der Verlust an Bewegung, sodass die fçr das tågliche Leben benætigte Gelenkbeweglichkeit von 0-30-1208 bis 1308 (Streckung-Beugung) [35] stark reduziert ist und z. B. das Gesicht mit der Hand nicht mehr erreicht werden kann. Zusåtzlich kann eine Instabilitåt in Verbindung mit Beweglichkeitsverlust oder Schmerzen eine Indikation zur Ellenbogengelenksendoprothese darstellen. Die Ursprçnge der Endoprothetik des Ellenbogens gehen bereits auf das Jahr 1952 zurçck, als Venable eine Endoprothese fçr den distalen Humerus entwickelte [53]. Die ersten Endoprothesen waren ± wie z. B. die Prothese von Barr u. Eaton [2] oder von Street u. Stevens [51] Hemiarthroplastiken des distalen Humerus (s. Abb. 6). 1970 ersetzten Johnson und Schlein erstmalig die ulnare Gelenkflåche mit einer Vitalliumprothese [26]. Spåter folgte der ulnare Oberflåchenersatz von Peterson u. Bickel [41], der wie beim humeralen Oberflåchenersatz von Street u. Stevens [51] die mæglichst geringe Knochenresektion und den mæglichst guten Erhalt der Kollateralligamente erzielen sollte. Die erste Totalendoprothese wurde von Dee 1972 [9] unter Verwendung von Knochenzement implantiert. In Anlehnung an diese Prothese folgten verschiedene gekoppelte Scharniergelenksprothesen wie die Prichard-Walker-Prothese, die GSB-I-Prothese, die Mayo-I-Prothese, die Coonrad-Prothese oder die Inglis-Prothese. Mit dieser ersten Generation an Totalendoprothesen
konnte eine gute Schmerzverbesserung erzielt werden und das Bewegungsausmaû war mit durchschnittlich einem Streckdefizit von 208 und einer Beugung von 110±1208 recht zufriedenstellend. Jedoch waren die Lockerungsraten und Komplikationsrate hoch, sodass nach kurzer Zeit zwischen 22 und 41% der Prothesen einer Revision bedurften. So waren nach drei Jahren durchschnittlich 27% der Prothesenkomponenten gelockert, wobei dies meistens die humerale Komponente betraf [10, 14, 17, 36, 37]. In der Folgezeit kam es zu Designånderungen, unter denen vor allem flçgelartige Anbauten an der humeralen Komponente (sog. ¹flangesª) und das Konzept der nicht ganz starren konstruktiven Verbindung zwischen humeraler und ulnarer Komponente (sog. ¹sloppy hingesª) zu nennen sind. Die fçgelartigen Anbauten, z. B. bei der Coonrad-Morrey-Prothese (Abb. 1) oder der GSB-Prothese (Abb. 2), sollen die dorsal gerichteten Kråfte, die bei der aktiven Beugung auftreten, und die dorsokraniale Wanderung eines distalen Humeruskærpers erklåren, kompensieren und darçber hinaus durch die laterale Platzierung bei der GSB-Prothese auch rotatorisch wirkende Kråfte auffangen. Die Aufgabe einer starren Scharnierkopplung fçhrte zu teilgekoppelten (¹semiconstrainedª) Systemen, die zwar nicht auf eine konstruktive Verbindung
Abb. 1. Detail der humeralen Komponente bei der Coonrad-Morrey-Prothese: ventraler, hakenartiger Anbau, der mit einem Knochentransplantat zusåtzlich gesichert werden kann, zur Verhinderung der Dorsalwanderung der Prothese. Kopplung der Prothesenteile mittels Steckachse.
Endoprothesen
Abb. 2. Humerale Komponente bei der GSB-III-Prothese: laterale Prothesenflçgel, die ventral erhæht sind, zur Abstçtzung auf dem humeralen Knochen. Humerale und ulnare Komponente sind çber einen Steckstift miteinander verbunden.
Abb. 3. Konzept des ¹sloppy hingeª: die humerale und ulnare Prothesenkomponente weisen eine konstruktive Verbindung auf, die eine Wackelbewegung in Varus-valgus-Richtung und in Rotationsrichtung zulassen. (Aus: Morrey 1993 [39]).
der humeralen und ulnaren Komponente verzichteten, aber eine Bewegung in der Varus-valgus-Richtung und der Rotationsrichtung um wenige Winkelgrade zulieûen (Abb. 3). Dieses so genannte ¹sloppy hingeª-Konzept kann sich dann entlastend auf den Knochen-Zement-Pro-
]
thesen-Verbund auswirken, wenn die funktionelle Laxitåt des Gelenkes geringer ist als die konstruktive Laxitåt der Prothese, d. h. wenn sich Muskeln und Ligamente an der Stabilisierung der Verbindung beteiligen. Unter dieser Bedingung wirken ¹sloppy hingesª als teilgekoppelte Prothesen [40]. Wenn die Weichteillaxitåt die konstruktive Laxitåt der Prothese aber çberschreitet, wirken sie wie gekoppelte Prothesen. Fehlimplantationen kænnen das Konzept der ¹sloppy hingesª an die Grenze der Leistungsfåhigkeit fçhren, die konstruktive Prothesenlaxitåt wird dann voll ausgenutzt und die einwirkende Kraft uneingeschrånkt auf den Prothesenverbund çbertragen. Ein generelles Problem der ¹sloppy hingesª ist der kleinflåchige Kupplungskontakt, der zumindest theoretisch zu einem Polyåthylen-Problem fçhren kann. Zu diesen modernen teilgekoppelten (¹semiconstrainedª) Endoprothesen gehæren u. a. die Coonrad-Morrey-Prothese [38], die GSB-III-Prothese [20], die Trispherical-Prothese [24], die Norway-Prothese [44], die Prichard-Prothese [43] und die Arizona-Prosthesis [54]. Den gekoppelten und teilgekoppelten Prothesen stehen ungekoppelte Prothesen gegençber, die fçr ihre Fçhrung und damit die Stabilitåt des Gelenkes auf die Kollateralligamente angewiesen sind. Diese ungekoppelten Prothesen verzichten auf eine konstruktive Verbindung zwischen humeraler und ulnarer Prothesenkomponente; sie weisen aber dennoch in unterschiedlichem Ausmaû eine gewisse mechanische Fçhrung auf, da die Gelenkoberflåchen mehr oder weniger stark geformt sind. Zu diesen Prothesen zåhlen z. B. die Capitellocondylar-Prothese [12], die Roper-Tuke-Prothese [1], die London-Prothese [33], die Souter-Prothese [48], die Kudo-Prothese [28], die Sorbie-Prothese, die Prichard-II-Prothese [43], die Alumina Ceramic Elbow Prosthesis bzw. deren zementlose Variante (JACE Elbow Prosthesis) [25], die NSK-Prothese (Niighata-Senami-Kyocera-Prothese) [23]. Ungekoppelte Oberflåchenprothesen, d. h. solche Prothesen, die ohne stielartige Verankerung im Humerus oder der Ulna konzipiert waren, sind nahezu vollståndig aus der klinischen Anwendung verschwunden, weil sie zum dorso-cranialen Ausbruch der ulnaren Komponenten neigen. Die Entscheidung fçr einen zu verwendenden Prothesen-Typ (gekoppelt, teilgekoppelt oder ungekoppelt) wird neben individuellen Einschåtzungen des Operateurs von dem Schweregrad des Knochenverlustes und vor allem von der liga-
281
282
]
W. Rçther, B. Fink
mentåren Stabilitåt des Gelenkes geleitet. Generell werden mit beiden Prothesentypen zufriedenstellende Ergebnisse hinsichtlich Schmerzverbesserung und Bewegungsausmaû in 90±95% der Fålle erreicht. Der Vorteil der teilgekoppelten Prothesen liegt in der græûeren Gelenkstabilitåt, der Nachteil fçr einige Prothesentypen in der håufig græûeren Knochenresektion und bei einigen Prothesenmodellen in der mæglichen Gefahr einer Entkoppelung der Prothesenkomponenten, z. B. GSB III. Die teilgekoppelten Prothesen scheinen geringgradig mehr Extension des Gelenkes als die ungekoppelten zu erreichen, was an dem dorsalen Design der ulnaren Komponente und der postoperativen Ruhigstellung der ungekoppelten Prothesen zur Vermeidung einer Instabilitåtsentwicklung liegen mag. Bei den ungekoppelten Prothesen treten postoperativ håufiger als bei den teilgekoppelten Modellen Subluxationen oder sogar Dislokationen der Komponenten auf. Die Komplikationsrate ist beim endoprothetischen Ersatz des Ellenbogengelenkes unabhångig von dem verwendeten Prothesenmodell und verglichen mit anderen Gelenken hoch. Dies liegt u.a. an der oberflåchlichen Lage des Gelenkes mit einer geringen Weichteildeckung. Hierdurch ist die Gefahr von Infektionen und Instabilitåten im Vergleich zu anderen Gelenken græûer. Die Infektionsrate ist bei allen Endoprothesen am Ellenbogengelenk mit 8±12% verglichen mit den Endoprothesen am Schultergelenk (0,8%) als hoch einzustufen [47]. Ein weiterer Grund fçr die relativ hohe Komplikationsrate liegt in gelenknahen Nervenverlåufen, wobei der Nervus ulnaris der am meisten gefåhrdete Nerv ist. Er sollte daher bei dem operativen Eingriff immer dargestellt werden. Ulnarisirritationen werden zwischen 2% [3] und 26% [52] angegeben und reichen von vorçbergehenden Paråsthesien in 25% [21] bis zu bleibenden Paresen in 5% [46]. In einer Ûbersichtsarbeit hinsichtlich Komplikationen nach Ellenbogenprothesen stellten Gschwend et al. [21] 828 Prothesen aus Veræffentlichungen der Jahre 1986 bis 1992 zusammen. Hierbei betrug die Komplikationsrate 43%: 17,2% radiologische und 6,4% klinische aseptische Lockerungen, 8,1% Infektionen, 10,4% Ulnarisirritationen, zwischen 7% und 19% Instabilitåten, 4,3% Komponentendislokationen, 2,2±6,5% Subluxationen, 3,2% intraoperative Frakturen und 0,6% Komponentenbrçche. Manche Komplikationen kænnen konservativ behandelt werden. Hierzu gehæren die akut nach der Operation auftretenden Instabilitåten von
nichtgekoppelten Prothesen. Bei intakten Kollateralbåndern reicht håufig die Ruhigstellung und anschlieûende gefçhrte Bewegung in einem Ellenbogen-Splint. Auch manche Subluxationen und sogar Dislokationen kænnen erfolgreich durch solche Maûnahmen behandelt werden. In Fållen von konservativ nicht zu beherrschenden Komplikationen stehen prinzipiell zwei operative Optionen zur Verfçgung: Der Ausbau der Endoprothese ohne Reimplantation (sog. Sine-Sine-Arthroplastik) oder der sofortige oder zeitversetzte Prothesenwechsel. Mit der Sine-Sine-Arthroplastik, die als einfache Resektionsarthroplastik aber auch als Resektions-Interpositions-Arthroplastik mit verschiedenen Arten von Interponaten durchgefçhrt werden kann, låsst sich in der Regel ein schmerzfreies aber mehr oder weniger instabiles Ellenbogengelenk erzielen. Bei Prothesenreimplantationen wird in der Regel eine gekoppelte oder halbgekoppelte Prothese verwendet. King et al. [27] berichteten çber 41 Coonrad-Morrey-Prothesen, die bei Revisionseingriffen implantiert worden waren. Hiervon waren nach 6 Jahren Beobachtungszeitraum noch 38 (93%) in situ. Der durchschnittliche Mayo Elbow Performance Score (MEPS) stieg von durchschnittlich 44 Ô 17 Punkten pråoperativ auf 87 Ô 16 Punkte in der Follow-up-Untersuchung, was åhnlichen Ergebnissen wie bei der Primårimplantation dieser Prothese entspricht. Bei græûeren Knochenverlusten werden verlångerte Prothesenstiele, ggf. in Kombination mit Knochentransplantaten, notwendig sein. Manchmal mçssen auch Custom-made-Prothesen als Revisionsprothesen angefertigt werden. Hierbei ist bei einem Långenverlust des Humerus bis zu 2 cm proximal der Fossa olecrani in der Regel noch kein Allograft oder eine Custom-made-Prothese notwendig [13, 24]. Bei Verlust der knæchernen Epikondylen ist deren Rekonstruktion in Erwågung zu ziehen. Hierfçr empfiehlt Gschwend [19] Beckenkammknochen mit groûen trikortikalen Knochenblæcken. Die Allograft-Augmentationstechnik ist mit einer hohen Komplikationsrate behaftet. Dean et al. [8] sahen bei 14 Fållen in einem Beobachtungszeitraum von durchschnittlich 7,5 Jahren in 70% der Fålle Komplikationen (Infektionen, Instabilitåten und Pseudarthrosen an der Knochen-Allograft-Grenze). Insgesamt betrug die Versagerrate der Prothesen in diesem Beobachtungszeitraum insgesamt 29%. Kontraindikationen fçr einen endoprothetischen Ersatz des Ellenbogengelenkes sind unab-
Endoprothesen
hångig von dem zu verwendenen Prothesentyp. Generell gehæren hierzu offene Wunden im Bereich des Ellenbogens, Infektionen des Gelenkes und Paresen des Bizeps oder Trizeps. Relative Kontraindikationen stellen bestehende Arthrodesen oder bereits eingetretene Ankylosen des Gelenkes dar.
Operationstechnik Fçr die Implantation von Ellenbogenprothesen sind verschiedene Zugangswege beschrieben worden. Der Patient wird meist in Seitenlage positioniert und der Arm seitlich çber einen Bçgel gelegt, sodass der Oberam horizontal, der Unteram vertikal und die dorsale Seite des Ellenbogens nach oben positioniert ist. Das Ellenbogengelenk kann so frei gestreckt und gebeugt werden. Alternativ kann der Patient semilateral mit dem Arm çber der Brust gelagert werden, sodass die dorsale Ellenbogenseite oben liegt. Nach dorsaler Långsinzision erfolgt die von Campbell [5] beschriebene Abpråparation der Trizepssehne vom muskulåren Anteil bei belassener Sehneninsertion am Olekranon. Die distale Trizepsmuskulatur wird dann V- oder Y-færmig durchtrennt. Hierdurch wird eine sehr gute Ûbersicht auf das Gelenk gewåhrt. Fçr die Capitellocondylar-Prothese wird der Kocher-Zugang bevorzugt, der die Trizepsmuskulatur intakt låsst. Dieser Zugang kann dahingehend modifiziert werden, dass der M. triceps gemeinsam mit dem M. anconeus umgeklappt wird. Dies kommt dem von Bryan u. Morrey [4] beschriebenen Mayo-Zugang nahe. Hanyu et al. [22, 23] bevorzugen ebenfalls einen posterolateralen Zugang mit subperiostaler långsverlaufender Abtrennung der lateralseitigen Trizepssehne vom Olekranon. Der laterale Seitenbandkomplex wird intraligamentår durchtrennt oder vom Epikondylus abgetrennt und am Ende der Operation wieder reinseriert. Gschwend [18] bevorzugt fçr die GSB-Prothese eine direkte, gerade, mittig gelegene Spaltung des Trizeps nach beiden Seiten, wobei dies am ulnaren Ansatzbereich mit Hilfe eines scharfen AO-Meiûels ossår mit Gewinnung von schmalen Knochenscheiben geschieht. Zum Wundverschluss bedarf es hierbei wieder einer transossåren Refixation des Sehnenansatzes. Der Nervus ulnaris sollte regelhaft aufgesucht und im Bereich des Ellenbogens freipråpariert
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werden, damit er unter der Operation geschont werden kann. Hierbei wird der Nerv so weit wie mæglich gelæst durch Spaltung des Musculus flexor carpi ulnaris sowie durch Læsung des Nerven von der tiefen Aponeurose des Musculus pronator. Eine Ventralisierung des Nerven wird allgemein nur bei pråoperativ bestehender Nervenkompressionssymptomatik empfohlen.
Postoperative Nachbehandlung Die beiden Prothesentypen (halb- und vollgekoppelt bzw. ungekoppelt) unterscheiden sich in der postoperativen Nachbehandlung vor allem in der Dauer der postoperativen Ruhigstellung. Die ungekoppelten werden durchschnittlich 3±7 Tage nach der Operation in einer Schiene in 45±908 Flexion ruhiggestellt. Hierdurch soll eine fibræse Einscheidung zur Erzielung einer besseren Stabilitåt gefærdert werden. Die Dauer der Ruhigstellung ist von dem individuellen intraoperativen Befund und der zugrunde liegenden Erkrankung abhångig. Arthrosegelenke neigen schneller zur Einsteifung als arthritische Gelenke, sodass die erstgenannten Gelenke einer kçrzeren Ruhigstellung bedçrfen. Nach dieser Phase der Ruhigstellung erfolgen meist zunåchst passive Bewegungsçbungen aus der Schiene heraus. Die aktiv-assistive Mobilisation des Gelenkes schlieût sich in der Regel ab der zweiten bis dritten Woche postoperativ an, die rein aktive Mobilisation in der Regel je nach Befund ab der vierten bis sechsten Woche postoperativ. Eine dorsale Schiene zur Nacht wird ebenso individuell zwischen 3±6 Wochen postoperativ belassen. Insgesamt sollten extreme Belastungen des Gelenkes wie das Tragen schwerer Gegenstånde oder sogar Sportarten mit Belastungen des Armes und Zugwirkungen am Arm vermieden werden.
Ergebnisse Teilgekoppelte Prothesen Aufgrund der relativ hohen Lockerungsraten sind starr gekoppelte Ellenbogenprothesen weitgehend von den halbgekoppelten Prothesen verdrångt worden. Diese sind durch einen Kopp-
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lungsmechanismus zwischen der humeralen und ulnaren Komponente charakterisiert, der eine Valgus-varus-Beweglichkeit von 4±108 und eine Rotation (¹sloppy hingeª) erlaubt. Dieser Mechanismus fçhrt zur Reduzierung der Scherkråfte an der Knochen-Zement-Grenze (die Prothesenkomponenten werden regelhaft zementiert), wie biomechanische Untersuchungen von O'Driscoll et al. [40] schlussfolgern lassen. Unter den semigekoppelten Prothesen sind die GSB-III-Prothese (s. Abb. 2), die CoonradMorrey-Prothese (s. Abb. 1) und die NorwayProthese die am meisten verwendeten. Den ersten beiden Prothesen ist ein Steckkopplungsmechanismus zwischen der ulnaren und humeralen Komponente gemeinsam sowie vordere bzw. seitliche Flanges an der humeralen Komponente. Die Norway-Prothese besitzt einen Schnappmechanismus zwischen der humeralen und ulnaren Komponente, die humerale Komponente weist keine Flanges auf. Die GSB-III-Prothese erlaubt eine Varus-valgus-Bewegung von 48. Gschwend et al. [20] berichteten 1988 çber ihre Erfahrung bei 57 Patienten. Hiervon hatten 53 keine Schmerzen mehr im Ellenbogen, das Bewegungsausmaû betrug 0±29±1408 (Streckung-Beugung) und 68±0±648 (Pronation-Supination). Bei 5 Gelenken fand sich ein progredienter Ræntgensaum. Insgesamt waren in 27% der Fålle Komplikationen aufgetreten. Hierzu zåhlten 7 Komponentendesartikulationen. 4 Explantationen waren notwendig. 1996 veræffentlichten Gschwend et al. [21] die Ergebnisse von 118 GSB-III-Prothesen bei rheumatoider Arthritis mit einem Nachuntersuchungszeitraum von durchschnittlich 4,3 Jahren. Sie gaben eine Komplikationsrate von 11% und eine Revisionsrate von 8,4% an. Hierbei wurden in 3,4% radiologische Lockerungen, in 2,8% Infektionen und in 2,5% Disartikulationen beobachtet. Die Coonrad-Morrey-Prothese erlaubt eine Valgus-varus-Beweglichkeit und eine Rotation von jeweils 78. Gill et al. [15] veræffentlichten die Ergebnisse von 78 Prothesen mit einem Follow-up von 10±15 Jahren. Hierbei hatten 69 Patienten eine rheumatoide Arthritis, 3 eine distale Humeruspseudarthrose und 12 eine fehlgeschlagene Ellenbogenendoprothese anderen Typs. Von diesen 78 Patienten gaben 76 (97%) Schmerzfreiheit an. Die durchschnittliche Beweglichkeit betrug 0±28±1318 (Extension-Flexion), einer Verbesserung von 228 entsprechend. Der Mayo Elbow Performance Score (MEPS)
[38] stieg von 42 Punkten pråoperativ auf 87 Punkte in der Nachuntersuchung. Bei den objektiven MEPS-Zehnjahres-Ergebnissen wurden 86% als gut oder exzellent und 14% als fair oder schlecht gewertet. Die 5-Jahres-Ûberlebensrate betrug 94,4% und die 10-JahresÛberlebensrate 92,4%. Die Ræntgenauswertung von 76 der 78 Prothesen zeigte eine radiologisch lockere Humerus- und 3 lockere Ulnarkomponenten. 10 Prothesen (12,8%) hatten innerhalb des 10- bis 15-Jahres-Follow-up einen Revisionseingriff gehabt: 3 wegen aseptischer Lockerung, 3 wegen Trizepsalteration, 2 wegen Infektion, 1 wegen Fraktur der Ulna und einen wegen eines Komponentenbruchs. Insgesamt berechneten Gill et al. [16] fçr insgesamt 695 halbgekoppelte Ellenbogenprothesen verschiedener Bauarten, die in 69% der Fålle bei Patienten mit rheumatoider Arthritis implantiert worden waren, nach einem durchschnittlichen Zeitraum von 5 Jahren eine mittlere Beweglichkeit von 0±29±1358 (StreckungBeugung) und 67±0±638 (Pronation-Supination). In 93% bestand Schmerzfreiheit. Die Komplikationsrate wurde mit 20% angegeben und 2,5% der Prothesen mussten in diesem Zeitraum revidiert werden. Insgesamt zeigten 91% der Prothesen ein zufriedenstellendes Ergebnis.
Ungekoppelte Prothesen Fçr ungekoppelte Prothesen bedarf es insbesondere einer ausreichenden ligamentåren und kapsulåren Gelenkstabilitåt. Anfånglich wurden diese Prothesensysteme als Hemiarthroplastiken (Abb. 4) spåter als Totalendoprothesen ohne Stiel, d. h. als reiner Oberflåchenersatz, eingesetzt. Durch die nach dorsal und proximal gerichteten Scherkråfte kam es zu hohen Locke-
Abb. 4. Street Prothese als Hemiprothese fçr den Oberflåchenersatz am distalen Humerus. (Aus: Wadsworth 1982).
Endoprothesen
rungsraten mit dorsokranialem Ausbruch [29]. So waren bei Ljung et al. [34] bereits 8 von 13 stiellosen Wadsworth-Prothesen durchschnittlich nach 5,7 Jahren gelockert. Derartige Prothesensysteme wurden entweder vom Markt genommen oder nachtråglich mit intermedullåren Stielverankerungen ergånzt. Mit der ungekoppelten Prothese wird versucht, die anatomischen Verhåltnisse mæglichst unkompliziert nachzuempfinden. Da in der Regel der Gelenkflåchenersatz in Kombination mit einer Radiuskæpfchenresektion durchgefçhrt wird, bedarf es eines medialen Offsets der ulnaren Komponente in Relation zur anatomischen Achse des Humerus. Aufgrund der Exzentrizitåt der Gelenkbeuger kommt es hierdurch jedoch nicht selten zu einem Valgusstress auf das Gelenk. Vermeiden låsst sich diese Exzentrizitåt der Beugekråfte durch eine den anatomischen Verhåltnissen entsprechende, zusåtzliche radiohumerale Gelenkkomponte. Dies fçhrt zur weiteren Komplexitåt des Endoprothesensystems, wobei eine korrekte Långe der drei Prothesenkomponenten zur Zentralisierung der Kråfte schwierig ist. Bei den meisten Prothesensystemen wurde deshalb die Verwendung dieser dritten, radiohumeralen Prothesenkomponente nicht konzipiert oder aufgegeben. Zu den am meisten verwendeten ungekoppelten Prothesen zåhlen die Kudo-Prothese (Abb. 5), die Souter-Strathclyde-Prothese (Abb. 6) und die Capitellocondylar-Prothese. Fçr die Kudo-Prothese (s. Abb. 5), deren Komponenten bei den neueren Modellen zementlos implantiert werden kænnen, wurden vom Autor selbst [30] in nahezu 90% gute und exzellente
Abb. 5. Kudo-Prothese: ungekoppelte Prothese zum zementfreien Einsatz.
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Abb. 6. Souter-Strathclyde-Prothese: humerale Komponente der ungekoppelten Prothese mit kurzer, stielartiger und flåchiger Verankerung im Humerus, starke Konturierung der Gelenkoberflåche.
Ergebnisse angegeben. Kudo et al. [30] fanden eine durchschnittliche Bewegungsverbesserung der Flexion von 258 (von pråoperativ 1068 auf postoperativ 1318), der Pronation um 168 (von 308 auf 468) und der Supination um 218 (von 408 auf 618). Fçr die Extension wurde keine Bewegungsverbesserung berichtet. Dies mag an dem dorsalen Design der ulnaren Komponente sowie an der leichten Verlångerung der Weichteilstrukturen bei der Implantation zur besseren Weichteilstabilisierung des Gelenkes liegen. Bei der Kudo-Prothese vom Typ IV bestand die humerale Komponente aus Titan. Aufgrund von Schaftbrçchen der Humeruskomponente und tribologischen Problemen zwischen Titan und Polyåthylen wurde das Design auf eine ChromCobalt-Legierung geåndert und die rauhe Sandstrahlung der Oberflåche nur noch auf die gelenknahe Hålfte des humeralen, verstårkten Stems beschrånkt (Kudo-Prothese Typ V). Hiermit traten diese Probleme nicht mehr auf. Kudo et al. [32] berichteten çber 43 Kudo-Typ-V-Prothesen bei Patienten mit rheumatoider Arthritis bei einem Follow-up von durchschnittlich 3 Jahren und 10 Monaten (von 2,5±5,5 Jahren). Unter Verwendung des Mayo Elbow Performance Scores (MEPS) erzielten 6 Prothesen ein exzellentes Ergebnis, 31 Gelenke ein gutes und 6 Ellenbogen ein befriedigendes Resultat. Postoperativ war immer Schmerzfreiheit zu verzeichnen. Das Bewegungsausmaû stieg fçr die Flexion von 1048 pråoperativ auf 1338. Hingegen wurde die Extension leicht schlechter von durchschnittlich 388 auf 428 Beugekontraktur. Als Komplikationen wurden eine Dislokation und eine periartikulåre Weichteilverknæcherung angegeben. Die Souter-Strathclyde-Prothese (s. Abb. 6) ist eine bereits 1973 entwickelte Prothese, deren humerale Metallkomponenente mit seitlichen
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Flanges in die Epikondylen einzementiert wird. Ventrale Flanges besitzt die humerale Komponente nicht, eine stem-artige Verankerung besitzt allenfalls die Revisionsvariante. Die ulnare Komponente besteht aus Polyåthylen. 1989 berichtete Souter [49] çber 250 eigene Fålle. Er gab eine Schmerzeliminierung in 92% an sowie eine Verbesserung der Flexion von durchschnittlich 1278 auf 1358. Die Pro- und Supination konnte im gleichen Ausmaû verbessert werden. Als Komplikationen beobachtete er in 15% Ulnarisirritationen, in 2% Infektionen, in 3,5% Instabilitåten und radiologische Lockerungen in 11%. Pæll u. Rozing [42] veræffentlichten Ergebnisse von 33 Endoprothesen nach einer durchschnittlichen Beobachtungszeit von 4 Jahren. 5 Prothesen wurden revidiert, 3 wegen einer Dislokation, eine wegen einer Lockerung und eine wegen einer Infektion. Das durchschnittliche Bewegungsausmaû betrug postoperativ 0±31±1388 (Streckung-Beugung). Øhnliche Ergebnisse gaben Chiu et al. [6] an. Von 20 implantierten Gelenken war eines nach durchschnittlich 43 Monaten instabil und eines war revidiert worden, jedoch betrug die Komplikationsrate insgesamt 45%. Sjolden et al. [47] berichteten sogar, dass 6 von 19 Implantaten nach 5 Jahren locker waren. Auffållig ist bei allen Berichten, dass die humerale Komponente bei den Lockerungen nach ventral abkippt. Hierfçr dçrfte die fehlende ventrale Abstçtzung und die kurze intramedullåre Fixierung verantwortlich sein. Mittlerweile stehen 7,5 cm lange humerale Komponenten zur Verfçgung (anstelle 3,5 cm), die ursprçnglich fçr Revisionen gedacht waren, aber auch fçr die Primårimplantation geeignet sind. Bei diesem neuen Prothesendesign ist die ulnare Komponente mit Metall unterlegt und es besteht eine Snap-fit-Verbindung zwischen den beiden Prothesenkomponenten (zur Reduktion der Dislokationsgefahr). Die Capitellocondylar Ellenbogenprothese wurde in den frçhen 70er Jahren von Ewald [11, 12] entwickelt. Die humerale Komponente ist in verschiedenen Valgitåtswinkeln vorhanden (58, 108, 158 und 208). Die humerale Komponente wird nach dem anatomischen Valgitåtswinkel und der Spannung auf das mediale Seitenband individuell ausgewåhlt. So benætigen Patienten mit einer græûeren Laxizitåt des medialen Seitenbandes einen græûeren Valgitåtswinkel der humeralen Komponente, um eine suffiziente Spannung des medialen Seitenbandes zu erzielen. Meist werden jedoch die Valgitåtswinkel 58
und 108 verwendet [55]. Ewald et al. [12] berichteten çber 54 der ersten 69 Implantate mit einem Nachuntersuchungszeitraum von 2±5 Jahren. Die Ergebnisse wurden mit 87% als exzellent und gut angegeben, mit 4% als måûig und 9% waren Versager. Die Flexion verbesserte sich signifikant, die Extension aber nicht. Die Ræntgenuntersuchungen lieûen bei 8 der Ulnarkomponenten Ræntgensåume erkennen, jedoch trat keine progrediente Lockerung auf. Als Komplikationen traten 5 Dislokationen, 3 tiefe Wundinfektionen, 11 Ulnarisirritationen (5 permanente) und 3 Frakturen auf. Insgesamt waren in 8 Fållen Revisionseingriffe notwendig. Davis et al. [7] berichteten çber 30 Capitellocondylar Prothesen nach einem durchschnittlichen Nachuntersuchungszeitraum von 40 Monaten (10±62 Monaten). Das Bewegungsausmaû stieg von pråoperativ 0±31±1218 (Streckung-Beugung) auf 0±35±1508, sodass zwar eine Verbesserung der Flexion nicht aber der Extension zu erkennen war. Die Umwendbewegung ånderte sich von pråoperativ 57±0±558 (Pronation-Supination) auf 79±0±668. Der Ewald-Score [11] verbesserte sich von 8 Punkten auf 85,2 Punkte. Als Komplikationen wurden in 6,6% Wundinfektionen, in 13,2% Subluxationen, welche konservativ durch Gipsruhigstellung behandelt werden konnten, und in 10% Ulnarisparåsthesien angegeben. Rosenberg et al. [45], Weiland et al. [55] veræffentlichten vergleichbare, mittelfristige Ergebnisse. Weiland et al. konnten nach Verwendung des lateralen Kocher-Zuganges (anstatt des dorsalen Zuganges) die Rate der Ulnarisirriationen von 30 auf 15% senken. Beide verwendeten Zugånge ergaben sonst mit einem durchschnittlichen Ewald-Score von 81 Punkten fçr den hinteren und 83 Punkten fçr den lateralen KocherZugang vergleichbare klinische Ergebnisse. In Japan werden zwei ungekoppelte Prothesen mit einer Gelenkflåchenpaarung aus Keramik fçr die humerale und Polyåthylen fçr die ulnare Gelenkflåche verwendet. Dies sind die Alumina Ceramic Elbow Prosthesis [25] und die NSKProthese (Niighata-Senami-Kyocera-Prothese [22, 23]). Humerale Stielverankerungen wurden aufgrund hoher Lockerungsraten in spåteren Modellen eingefçhrt, wobei sie bei beiden Prothesen zunåchst aus Sapphir bestanden und in den neuesten Ausfçhrungen aus Titan konstruiert sind (JACE-Prothese und NSK-Prothese) [22, 25]. Hierbei zeigte eine Gegençberstellung von jeweils 6 Prothesen mit einem Sapphir- und einem Titanstiel fçr die NSK-Prothese, dass
Endoprothesen
Ræntgensåume bei allen zementlos implantierten Sapphir-Stielen innerhalb eines Jahres postoperativ auftraten, nicht aber bei den TitanstielProthesen [23]. Veræffentlichungen çber langfristigere Ergebnisse mit diesen neueren Modellen stehen jedoch fçr beide Prothesen (JACEProthese und NSK-Prothese) noch aus.
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Alternative Operationsverfahren B. Fink, W. Rçther
Resektions-Interpositions-Arthroplastik (RIAP) Indikation Bei fortgeschrittenen, rheumatischen Destruktionen des Ellenbogengelenkes im LDE-Stadium IV und V [2] sind gelenkerhaltende Operationen weniger indiziert. In diesen Stadien kommen zunehmend Arthroplastiken zum Einsatz [4, 18]. Da die gekoppelten Endoprothesen der ersten Generation als reine Scharnierprothesen (z. B. die Dee-, GSB-I- oder Mayo-Prothese) hohe Komplikations- und vor allem Lockerungsraten aufwiesen [10, 25], kamen vielerorts Resektionsarthroplastiken als operative Alternative zum Einsatz. Diese Operationstechnik geht bereits auf Verneuil [42] und Ollier [31, 32] zurçck, die Ende des 19. Jahrhunderts die subperiostale Exzision des Ellenbogengelenkes bei ankylosiertem Ellenbogen nach tuberkulæser Arthritis beschrieben. Seit 1921 wurden verschiedene Substanzen als Interponat eingesetzt, um eine Reankylosierung zu verhindern: Fascia lata, Fett, Muskel und Kapsel, Haut, Akryl, Nylon, Gelfoam, Metalloberflåchen und Homograft.
Bei der Methode von Hass [13, 14], welche spåter von der Arbeitsgruppe um Vainio [19] modifiziert wurde, werden die Gelenkflåchen verkleinert, wobei die Gelenkflåche der Ulna leicht gemuldet und das distale Ende des Humerus zu einem stumpfen Keil geformt wird [35]. Dies kann entweder wie bei Kimura u. Vainio [19] çber einen separaten Zugang fçr das Radiuskæpfchen und eine querverlaufende Inzision zwischen den Epikondylen erfolgen oder durch einen dorsalen Zugang durchgefçhrt werden. Diese Art der Gelenkflåchenresektion erzielt eine bessere Gelenkstabilitåt und damit Kraftausçbung als die zuerst genannte Technik von Herbert [15].
Nachbehandlung Die Nachbehandlung wird von den verschiedenen Autoren sehr unterschiedlich gehandhabt: Immobilisierungen von bis zu zwei Wochen in einer Gipsschiene [17, 19, 20, 38] çber Wechsellagerungen des Ellenbogens in Gipsschienen von maximaler Flexion und Extension sowie 908-Flexion fçr die Nacht [37] und passiver Bewegungsçbung aus einer dorsalen Gipsschiene [23].
Operative Technik
Alternative Interponate
Hinsichtlich der Resektionstechniken der gelenkbildenden Knochenanteile existieren zwei gångige Methoden. Die von der Arbeitsgruppe um Ollier weiterentwickelte Technik [15] sieht vor, çber einen dorsalen longitudinalen Schnitt die Trizepssehne zu spalten und vom Olekranon abzupråparieren. Nach extraperiostaler Resektion des Gelenkes, wobei der Humerus auf Hæhe der Epikondylen gerade, die Ulna gerade in Radiuskæpfchenhæhe und das Radiuskæpfchen gerade reseziert werden, resultiert ein etwa 4 cm umfassender Spalt. Auf die Bildung eines Interponates wird verzichtet. Der Nachteil dieser Methode liegt in der deutlichen Instabilitåt des Gelenkes.
Anstelle von biologischen Materialien kænnen kçnstliche Interponate verwendet werden. Shahriaree et al. [38] verwendeten Gelfoam, welches nach 20±45 Tagen vollståndig resorbiert wird und daher nur ein temporåres Interponat darstellt. Coates et al. [6] verwendeten ein schalenfærmiges Silikoninterponat, welches çber dem humeralen Gelenkteil platziert wird. In der Regel wird es mit einer Swanson-Radiuskæpfchenprothese kombiniert. Sie fanden in einer Nachuntersuchung von 25 in dieser Technik operierter Ellenbogengelenke nach einem durchschnittlichen Nachuntersuchungszeitraum von 10,9 Jahren eine Versagerquote von 12%.
290
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B. Fink, W. Rçther
93% der Patienten waren hinsichtlich der Schmerzen mit dem Ergebnis zufrieden. Hinsichtlich der Flexions-Extensions-Bewegung konnte durchschnittlich das Bewegungsausmaû um 478 und hinsichtlich der Pro-/Supination um 368 gesteigert werden. Instabilitåten wurden nicht beobachtet. Ein Nachteil stellen die zu befçrchtenden Komplikationen nach Silikonimplantaten wie Luxation, Fragmentation, Osteolysen und Silikonsynovialitis dar.
Ergebnisse Eine Ûbersicht çber Ergebnisse nach verschiedenen Techniken der Resektionsinterpositionsarthroplastiken mit biologischen Interponatmaterialien gibt Tabelle 1. Fasst man die publizierten Fålle zusammen, was aufgrund der verschiedenen Operationstechniken, verschiedenen Nachuntersuchungsmethoden und Bewertung nur mit allergræûtem Vorbehalt und mit Zurçckhaltung durchgefçhrt werden kann, so weisen 460 RIAPs bei 411 Patienten nach durchschnittlich 8,4 Jahren einen Bewegungsumfang von durchschnittlich 958 Flexion/Extension gegençber 528 pråoperativ auf. Ca. 60% der Gelenke sind schmerzfrei. Hingegen mussten etwa 10% der Ellenbogengelenke in der Studie von Ljung et al. [23] aufgrund persistierender Schmerzen revidiert werden und die RIAP in einen endoprothetischen Gelenkersatz umgewandelt werden. Insgesamt treten als håufigste Komplikation mit 12,5% Irritationen des Nervus ulnaris auf, gefolgt von 2,6% Infektionen, 2,3% Frakturen der Epikondylen und 1,4% Frakturen des Olekranons. Als weiteres håufig auftretendes Problem werden Knochenresorptionen der Gelenkflåchen beobachtet (Abb. 1), die Kimura u. Vainio [19] in 26% fçr die Technik nach Herbert und in 46% fçr die nach Hass fanden. Leichtere Knochenresoptionen fanden Håmålainen u. Kataoka [11] in 65% der Fålle, ausgeprågtere in 40%. Ljung et al. [23] beobachteten Knochenresorptionen in zwei Drittel an der humeralen und in einem Drittel an der ulnaren Gelenkflåche. Bei Håmålainen u. Kataoka [11] betraf die Resorption am deutlichsten den zentralen Anteil des Humerus. Hingegen beobachteten Kankaanpåå u. Vainio [17], dass die mediale Seite des Gelenkes håufiger bzw. stårker von den Resorptionsvorgången betroffen ist. Knochenresorptionen gehen regelhaft mit einer Gelenkinstabilitåt einher [17]. So beobachteten Smilowicz et al. [39],
Abb. 1. Knochenresorption der humeralen und ulnaren Gelenkflåche, 4,5 Jahre nach Resektions-Interpositions-Arthroplastik bei rheumatoider Arthritis.
dass alle in ihrer Studie untersuchten Ellenbogen in einem Nachuntersuchsungszeitraum von 6±24 Jahren in Streckung instabil waren. Rçther et al. [37] geben fçnf denkbare Grçnde fçr die Knochenresorption nach RIAP an: 1. Bei Patienten mit entzçndlicher Arthritis kann ein Wiederauftreten einer Synovialitis zu einem entzçndlich bedingten Knochenabbau fçhren. 2. Die krankheitsabhångige, individuelle Mutilationstendenz kann unterschiedlich starke Resorptionsausprågungen bedingen. Ein Indiz fçr solche Mutilationstendenzen am Ellenbogen kænnen mutilierende Verånderungen an anderen Gelenken sein. 3. Das verwendete Interponat selber beeinflusst eventuell das Ausmaû der Knochenresorption, sodass die unterschiedlichen Interponatmaterialien unterschiedlich starke Resorptionstendenzen hervorrufen. 4. Auch Medikamente, die die Osteoblastenaktiviåt herabsetzen kænnen, wie nicht-steroidale Antirheumatika, kænnen Knochenresorptionen zumindest færdern und unterhalten. 5. Als weitere Erklårung wåren mechanische Ursachen denkbar, durch die die Gelenkflåchen zerrieben werden. Gschwend [9] sieht in diesen mechanischen Faktoren die Hauptursache fçr Knochenresoptionen. Insgesamt kann durch die Resektions-Interpositions-Arthroplastik nur in rund zwei Drittel der
19
63
Rheumatol 1991
Kankaanpåå U. Rheumatol 1991
Rheumotol 1991
Acta Orthop Scand 1977
Orthopåde 1973 Arch Orthop Unfallchir 1976
Smilowicz M.
Håmålåinen M.M.J.
Kita M.
Raunio P. und Kimura Ch.
Gesamt
26
J Orthop Rheum 1992
Rçther W.
411
182
31
57
33
J Shoulder Elbow Surg 1996
Ljung P.
Pat.
Quelle
Erstautor
460
208 RA (53 n. Herbert-Ollier 155 n. Hass)
31 (7 RA, 8 sept. Arthr, 15 Trauma)
71 RA
22 RA
32 RA
61 RA
35 RA (28 untersucht)
Ellbogen/ Diagnose
19 (7±30) Jahre
11 (4±26) Jahre
6 (1±15) Jahre
8,4 Jahre
Herbert-Ollier: 6 Jahre kein Interponat Hass: Bauchhautlappen
Fascia lata (J-K-Membran)
Bauchhautlappen
Bauchhautlappen
548 Fl/Ex
448 (HerbertOllier) 658 (Hass)
59±50±08 Fl/Ex
Ankylose 13 < 308 8 < 608 6 < 1008 5 < 1308 0
15 (6±24) 9 Bauchhaut Jahre 22 Faszie 1 Tunica albuginea testis bovinum
ROM pråop
109±38±08 Fl/Ex 45±0±318 Pro/Sup
5 (2±8) Jahre
Nachuntersuchungszeit
7,1 (1±19) Jahre
lyophilisierte Dura
RinderKollagenMembran
Interponat
Tabelle 1. Ergebnisse von Resektions-Interpositions-Arthroplastiken am Ellenbogen
968 Fl/Ex
1008 (HerbertOllier) 968 (Hass)
105/43/08 Fl/Ex
31% < 108 63% 10±208 22% > 208
20/0/148 valg/var < 5 J. 18±0±118 5±10 J. 7±0±78 > 10 J.
46% < 108 43% 10±208 11% > 208
Stabilitåt postop
65% Knochenresorption, davon 40% (29) deutlich (3.±4. Grad)
77% (17) mit deutlicher Knochenresorption
22% keine 29% leiche 18% bis Fossa olecrani 31% in Fossa olecrani
8 (3±19) mm humeral 5 (4±7) mm ulnar
Knochenresorption
65% keine
keine 77% He, bei der Methode 26% Herbert 67% Ha; nach Hass besser 46% Hass zeitweise 13% als nach Herbert He, 19% Ha; ståndig 10% He, 14% Ha
9 excellent 6 gut 10 fair 6 schlecht
36% (8) zufrieden 64% (14) unzufrieden
25 keine 5 tolerabel 2 wåhrend Bewegung 0 dauernd
Ankylose 0 < 308 1 < 608 7 < 1008 14 < 1308 10 1148 (85±1458) Fl/Ex 1068 (20±1808) Pro/Sup
57% keine 22% leichte 15% moderate 7% starke
85% keine oder leichte 7% starke
Schmerz postop
125±28±08 Fl/Ex 44±0±478 Pro/Sup
135±30±08 Fl/Ex 60±0±708 Pro/Sup
ROM postop
12,5% N.-ulnarisIrritation 2,6% Infektion 2,3% Fraktur d. Epikondylus 1,4% Fraktur d. Olekranons
9% (18) Neurolysen des N. ulnaris 2% (4) Infektionen
1 Infektion 1 Fraktur 4 Pseudarthrosen d. Olekranons
1 Reoperation wegen Fraktur d. Olekranon 2 Frakturen d. Epicondylus medialis
9% (3) N.-ulnarisIrritation 9% (3) Infektion
26% (16) N.-ulnarisIrritationen 8% (5) Epikondylusfraktur 7% (3) ektope Ossifikationen
17% (6) N.-ulnarisIrritationen 3% (1) Luxation 3% (1) Infekt
Komplikationen
Alternative Operationsverfahren ]
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B. Fink, W. Rçther
Fålle Schmerzfreiheit erzielt werden. Dies stellt einen deutlich niedrigeren Prozentsatz dar als nach endoprothetischen Ersatzoperationen. Daher empfehlen Ljung et al. [23] als Ersteingriff heutzutage den endoprothetischen Gelenkersatz und nicht mehr die RIAP. Hingegen sehen die anderen Autoren, deren Studienergebnisse in Tabelle 1 aufgelistet sind, die RIAP auch heute noch vor allem bei jungen Patienten indiziert.
pråoperativ 60 Ô 16,48 Gesamtbewegung in der Pro-/Supination auf 113,7 Ô 23,68 gesteigert werden. Der Gesamt-Inglis-Score [16] steigerte sich von pråoperativ 43,7 Ô 4,8 auf 85,8 Ô 4,2 Punkte zum Nachuntersuchungszeitraum. Diese Ergebnisse sind durchaus mit denen nach endoprothetischen Gelenkersatzopertionen vergleichbar.
Distraktionsarthroplastik (DAP) Resektions-InterpositionsSuspensionsarthroplastik (RISAP) Bessere Ergebnisse als mit den herkæmmlichen Interponattechniken scheint die Resektions-Interpositions-Suspensionsarthroplastik (RISAP) des Ellenbogens nach Tillmann zu liefern [41].
Operative Technik Hierbei wird beim dorsalen Zugang anstelle eines dorsalen V-fæmigen Trizepssehnenlappens ein zentraler streifenfærmiger Sehnenlappen abpråpariert. Nach Resektion der Gelenkflåchen in der nach Vainio modifizierten Technik von Hass wird dieser zentrale Trizepslappen als Interponat und Suspension der Ulna gegençber der humeralen Gelenkflåche von dorsal nach ventral zwischen die Gelenkflåchen gebracht. Vom kubitalen Gelenkbereich wird der Sehnenstreifen durch ein zentrales Loch durch die Fossa olecrani wieder nach dorsal gebracht und an dem dorsalen kortikalen Knochen der distalen Humerusmetaphyse mit Fåden çber quer verlaufende kleine Bohrkanåle fixiert. Hierdurch wird ein dorsaler Tilt des Olekranons gegençber der humeralen Gelenkflåche, welches ein nicht seltenes Problem der herkæmmlichen RIAP-Techniken ist, verhindert und die Stabilitåt des Gelenkes erhæht [41].
Ergebnisse In einer Nachuntersuchung von 12 rheumatisch destruierten Ellenbogengelenken, die in dieser RISAP-Technik nach Tillmann operiert wurden, zeigte sich nach einem Zeitraum von 4,9 Ô 2,1 Jahren (1,7±8,3 Jahre), dass alle Gelenke schmerzfrei waren. Die Beweglichkeit konnte von pråoperativ 61 Ô 26,58 in der Flexion/Extension auf 120 Ô 14,48 Gesamtbewegung und von
Bei destruierten Ellenbogengelenken, bei denen man, z. B. bei jungen Patienten, noch keinen endoprothetischen Gelenkersatz durchfçhren mæchte, kann neben der RIAP oder RISAP auch die Distraktionsarthroplastik (DAP) mit einer vorçbergehenden Separation der Gelenkflåchen eine Hilfe fçr die Gelenkrekonstruktion bzw. Funktionsverbesserung sein [4, 7, 8, 27±29, 33, 36, 43]. Das Verfahren der Distraktionsarthroplastik (DAP) kann zur Erreichung einer Gelenkflåchenseparation und/oder Erhaltung bzw. Wiederherstellung der Gelenkstabilitåt verwendet werden [27, 36] (Abb. 2 a, b). Die Gelenkflåchenseparation ist in den Situationen hilfreich, in denen die Gelenkpathologie intraartikulår liegt und ein unmittelbar postoperativ stattfindender Gelenkflåchenkontakt das Operationsergebnis beeintråchtigen wçrde. Dies ist z. B. nach Resektions- oder Resektions-Interpositions-Arthroplastiken der Fall. Schon Payr erkannte 1910, dass nach einer Resektionsarthroplastik eine postoperative Extension mit Separation der Gelenkflåchen zur Verhinderung des unmittelbar postoperativen Gelenkflåchenkontaktes eine Verbesserung der Beweglichkeit bedingen kann. Ein unmittelbar postoperativer Kontakt der håufig spongiæsen Gelenkflåchen fçhrt in der Regel zu einer schmerzbedingten, reflektorischen Bewegungseinschrånkung, die letztendlich wieder in einer fibræsen Gelenksteife enden kann. Durch die Separation der Gelenkflåchen fçr ca. 6±8 Wochen kann sich nach Morrey [29] und Volkov u. Organesian [43] zwischen den Gelenkflåchen eine bindegewebige oder sogar fibrokartilaginåre Schicht bilden, die nach Aufhebung der Distraktion als neue Bewegungsschicht des Gelenkes dient. Bei Verwendung eines Interponates nach mehr oder weniger ausgedehnter Resektionsarthroplastik kann die Separation der Gelenkflåchen bei der Distraktionsarthroplastik verhindern, dass das Interponat bei der postoperativen Bewegung unter Druck ge-
Alternative Operationsverfahren
]
Abb. 2 a, b. Ræntgenbilder einer 47-jåhrigen Patientin mit Arthrose und schmerzhafter Gelenksteife des rechten Ellenbogens vor und wåhrend Distraktionsarthroplastik. a Pråoperative Ræntgen-
bilder des rechten Ellenbogens in 2 Ebenen; b Postoperatives Ræntgenbild a.-p. nach Distraktionsarthroplastik mittels OME-Fixateur.
råt und ggf. sogar durch die inkongruenten Gelenkflåchen bei der Bewegung zermalen wird (Distraktions-Interpositions-Arthroplastik ± DIAP) [5, 29, 36]. Durch die Distraktionsarthroplastik kann das Interponat ohne stærende åuûere Krafteinflçsse bei erhaltener Beweglichkeit einheilen. Weiterhin kommt es durch die schrittweise Separation der Gelenkflåchen zu einer Distraktion der bei der Kontraktur verkçrzten Kapsel-, Band- aber auch Muskel- und Sehnenstrukturen, was zu einer Verlångerung dieser Weichteilstrukturen durch Wachstum im Sinne des IlizarovPrinzips (Histiogenese durch Distraktion) fçhren kann [8, 29]. Dies hilft, das erreichte Bewegungsausmaû des Ellenbogengelenkes nach Beendigung der Distraktion (nach Fixateur-Abnahme) aufrechtzuerhalten [29].
gungsachse des Ellenbogengelenkes beginnt (von lateral gesehen) am Tuberkel des lateralen Epikondylus als Zentrum des Capitulum humeri, verlåuft durch die Trochlea humeri und endet medial im anterior-inferioren Bereich des medialen Epikondylus [27±29]. Die Ûbereinstimmung der Fixateur- und Gelenkbewegungsachse kann auf zwei Arten realisiert werden. Entweder wird je ein Scharniergelenk auf beiden Seiten des Ellenbogengelenkes exakt in die verlångerte Bewegungsachse des Ellenbogengelenkes gebracht (Abb. 3) oder ein Fixateurnagel, um den sich der ulnare Teil des Fixateurs bewegt, wird durch die Bewegungsachse des Ellenbogens gelegt (Abb. 4 a, b). Die bei der Distraktionsarthroplastik verwendeten gelenkçbergreifenden Fixateure sind ebenso hilfreich, die Stabilitåt des Ellenbogengelenkes zu gewåhrleisten. Nach ausgedehnter Arthrolyse ggf. mit Abtrennung von Kollateralbåndern und deren Rekonstruktion ist mæglichst ein Valgusund Varusstress des Gelenkes zu vermeiden [27±29]. Durch die heute fçr die Distraktionsarthroplastik verwendeten gelenkçbergreifenden Fixateure werden diese schådigenden Beanspruchungen des Gelenkes vermieden und das Gelenk kann bei erhaltener Stabilitåt bewegt werden [8, 27±29, 43]. Diese Behandlungsziele (Beweglichkeit bei erhaltener Stabilitåt) finden auch bei Luxationen des Gelenkes, manchen intraartikulåren Frakturen und Pseudarthrosen (bei denen die primåren Osteosynthesen keinem Bewegungsstress
Operative Technik Payr [34] fçhrte bereits 1910 die Gelenkflåchenextension mit Hilfe eines gewichtsbeladenen Steinmann-Nagels durch die gelenkflåchennahe Ulna durch. Volkov u. Organisian waren 1975 die ersten, die fçr die Gelenkflåchenseparation einen gelenkçbergreifenden Fixateur verwendeten. Bei den verwendeten gelenkçbergreifenden Fixateuren ist es von eminenter Wichtigkeit, dass die Bewegungsachse des Fixateurs mit der des Gelenkes çbereinstimmt, um schådigende Hebelwirkungen bei der Gelenkbewegung zu vermeiden [8, 27±29, 33, 36, 43]. Die Bewe-
293
294
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B. Fink, W. Rçther
Ergebnisse DAP/DIAP
Abb. 3. Scharniergelenk eines gelenkçbergreifenden Ringfixateurs zur Distraktionsarthroplastik des Ellenbogens
Abb. 4 a, b. Rahmenfixateur eigener Konstruktion (OME-Fixateur, Fa. Orthomed GmbH, Lautertal) in Ansicht von vorne (a) und in schråger Ansicht (b)
ausgesetzt werden sollten) Anwendung [7, 8, 33]. Durch die Distraktionsarthroplastik mit den hierfçr verwendeten Fixateuren kann die Weichteil- und/oder Gelenkflåchenrekonstruktion heilen, ohne dass schådigende Einflçsse auf die Gelenkflåchen oder unerwçnschte Varus- und Valgus-Beanspruchungen des Gelenkes auftreten [7, 8, 29, 33, 43].
In einer Nachuntersuchung von 13 Ellenbogengelenken nach Distraktions-Interpositions-Arthroplastik (DIAP) mit Fascia lata als Interponat [10 Gelenke mit posttraumatischer und 3 mit inflammatorischer Arthritis) fanden Cheng u. Morrey [5] nach einem durchschnittlichen Follow-up von 63 Monaten, dass 69% der Gelenke eine zufriedenstellende Schmerzverbesserung aufwiesen und 62% der Gelenke insgesamt als exzellent und gut nach dem Mayo-Ellenbogen-Score eingestuft werden konnten. Vier Gelenke mussten aufgrund von Schmerzen revidiert werden und erhielten einen endoprothetischen Ersatz. Der druchschnittliche Mayo-Elbow-Performance-Score (MEPS) (100 Punkte) stieg bei den 9 Gelenken ohne Revision von pråoperativ 34 auf postoperativ 79. Hierbei stieg der Schmerzscore (45 Punkte) von 3,3 auf 33,3 Punkte, der Bewegungsscore (20 Punkte) von 13,9 auf 15,0 Punkte, der Stabilitåts-Score (10 Punkte) von 8,8 auf 9,4 Punkte und der Funktions-Score (25 Punkte) von 8,3 auf 21,1 Punkte. Das durchschnittliche Bewegungsausmaû dieser Gelenke betrug fçr die Scharnierbewegung 0±40±1028 (Extension/Flexion) pråoperativ und stieg auf durchschnittlich 0±35±1218 (Extension/ Flexion). Die Ergebnisse der DIAP waren bei rheumatisch destruierten Ellenbogengelenken mit denen bei arthrotischen Gelenken vergleichbar. Es traten 8 Komplikationen bei 6 Patienten (46%) auf, allesamt mit posttraumatischen Gelenkdestruktionen. Im Einzelnen handelte es sich um 3 Ulnarisparåsthesien und 1 Radialisparåsthesie, 1 Pininfekton, 1 Interponatinfektion, 1 Muskelhernie an der Entnahmestelle der Fascia lata und 1 Schmerzsyndrom an der Entnahmestelle. Morrey [27] bewertete in einer Nachuntersuchung von 20 Ellenbogen mit posttraumatischer Gelenkkontraktur, bei denen 14 mittels Distraktionsarthroplastik (DAP) ohne Interponat und 6 mittels Distraktions-Interpostions-Arthroplastik (DIAP) behandelt worden waren, die Ergebnisse nach einem Follow-up von durchschnittlich 34 Monaten bei 13 Gelenken der ersten Gruppe und 5 der zweiten Gruppe als zufriedenstellend. In der Gruppe der DAP verbesserten sich die Schmerzen von pråoperativ durchschnittlich 1,2 Punkten auf 0,6 Punkte (0 = keine, 1 = milde, 2 = moderate und 3 = deutliche Schmerzen), in der DIAP-Gruppe von 1,2 auf 0,5. Die Scharnierbeweglichkeit stieg in der DAP-Gruppe von pråoperativ durchschnittlich 0±61±938 (Extension/Flexion) um durchschnittlich 678 auf 0±25±1248. In der DIAP-Grup-
Alternative Operationsverfahren
pe betrug die durchschnittliche Bewegungssteigerung 808 von 0±65±928 auf 0±28±1358. Die Umwendbewegung betrug pråoperativ in der DAPGruppe durchschnittlich 49±0±568 (Pronation/Supination) und stieg auf durchschnittlich 63±0±678. Bei den Patienten mit DIAP stieg sie von 29±0±398 auf 59±0±648. 12 der 14 DAP-Gelenke waren stabil, zwei wiesen eine leichte, asymptomatische Instabilitåt auf. Von den DIAP-Gelenken war eines deutlich instabil, die restlichen waren stabil. In der ersten Gruppe traten 7 Komplikationen bei 6 Gelenken (43%) auf. Dies waren 1 Abriss der Trizepssehne, 1 Hautnekrose, 2 Pin-Infektionen, 1 tiefe Infektion und 2 Nervus-ulnaris-Paråsthesien. In der DIAP-Gruppe kam es einmal zu einer aseptischen Resorption des distalen Humerusund proximalen Ulnaendes.
Fazit Insgesamt sind die Ergebnisse nach DAP und DIAP weniger zuverlåssig und vorhersehbar als nach endoprothetischem Gelenkersatz und die Komplikationsraten hæher als bei modernen Ellenbogenendoprothesen. Bei Sekundårarthrosen ist die DAP bzw. DIAP daher nur fçr junge Patienten indiziert, bei denen aufgrund des Alters noch kein endoprothetischer Ersatz des Ellenbogengelenkes durchgefçhrt werden soll [5, 29].
Arthrodese Die Arthrodese des Ellenbogengelenkes stellt kein wirklich alternatives Verfahren zu der Endoprothese oder den anderen, oben genannten Arthroplastiken dar. Sie kommt vielmehr als Ultima ratio bei z. B. spezifischen und unspezifischen Gelenkinfektionen mit und ohne Osteomyelitis oder schlaffen Låhmungen in Betracht [2, 12, 24]. Die besondere Zurçckhaltung hinsichtlich der Arthrodese ist vor allem darin begrçndet, dass hierdurch ein extremer Funktionsverlust des Armes in Kauf genommen werden muss, der nicht wie bei anderen Gelenken durch die angrenzenden Gelenke kompensiert werden kann. So gibt es aus funktioneller Sicht keine optimale Stellung, in der das Ellenbogengelenk versteift werden sollte [26]. Darçber hinaus sind die Arthrodesen aufgrund der einwirkenden langen Hebelarme bei kleiner Arthrodesenflåche technisch schwierig und mit einer hohen Lockerungsrate behaftet [3, 4].
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Ergebnisse Trotz langfristiger Immobilisation lagen die Fusionsraten bei den meisten Verfahren der ersten Hålfte des zwanzigsten Jahrhunderts (mit verschiedenen Spantechniken) unter 50% [21]. Mçller et al. veræffentlichten 1969 eine Druckarthrodese unter Verwendung eines Rahmen-Fixateur-externe und einer vom Olekranon in den Humerusschaft gehenden Spongiosaschraube [30]. 1973 beschrieb Spier eine Arthrodesentechnik mit einer gebogenen AO-Platte [40]. Hahn et al. [12] gaben eine Methode mit kombinierter externer und interner Fixation (Fixateur externe und bebogene Osteosyntheseplatte) an, wobei der Fixateur externe fçr 6±8 Wochen belassen wurde. Mit dieser Technik erzielten sie eine Fusion in 5 von 6 Fållen. Arafides [1] erzielte mit seiner Methode sogar eine hundertprozentige Fusionsrate. Bei der von ihm angegebenen Technick wird das Olekranon dreieckfærmig zugerichtet, in ein ebensolches Loch in der Fossa olecrani humeri eingebolzt und zusåtzlich erfolgt eine Fixierung mit einer Schraube vom Humerus in die Ulna. Somit scheinen diese beiden letztgenannten Techniken fçr die seltenen Ausnahmesituationen einer Ellenbogenarthrodese indiziert zu sein.
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Schultergelenk
H. Thabe, H. Dinges, K. Schmidt
Einfçhrung Die anatomische Konstellation aus dem weiten Muskelmantel der Rotatorenmanschette, einem groûen Humeruskopf und einer vergleichsweise kleinen Glenoidpfanne ermæglicht einen groûen Bewegungsumfang. Diese Relation bedingt jedoch auch eine relative Instabilitåt, die durch aktive Muskelfçhrung kompensiert wird. Physiologischerweise sind die muskulåren Gelenkstabilisatoren unter anåsthesiologischer Relaxation gut dehnbar, sodass trotz der starken Krçmmung der Gelenkflåchen das Schultergelenk auch mit einem Arthroskop gut einsehbar wird. Gleiches gilt in eingeschrånkter Form auch fçr das ¹zweite Schultergelenkkompartmentª, den Subakromialraum. Die Bursa subacromialis zeigt dabei unterschiedliche Ausdehnungen. Die Bursa subdeltoidea und die Bursa subscapularis bilden zusammen mit dem Subakromialraum eine Verschiebeschicht zwischen M. deltoideus, Subskapularraum und der Rotatorenmanschette, sodass wir zusåtzlich çber eine groûe Beweglichkeitsreserve im ¹Schulterblatt-Thorax-Gelenkª verfçgen. Der Schultergçrtel wird stabilisierend komplettiert durch die Gelenkverbindungen der Klavikula mit Schultereckgelenk und Sternum.
Die Symptome des betroffenen Schultergelenks sind anfånglich schleichend und nur von gelegentlichen Schmerzattacken begleitet. Der Verlauf neigt aber zu einer raschen Progredienz mit Bewegungseinschrånkung. Hauptschmerzursache ist der Befall des subakromialen Raums mit Beteiligung der Bursa subdeltoidea in 69% der Fålle [1], die Bizepstendinitis in 75% und die Supraspinatuslåsion in 39% (Abb. 1 und 2).
Abb. 1. Massiver Befall einer rheumatischen Schulter mit prominenter Bursa subdeltoidea
Rheumatische Erkrankungen der Schulterregion Inzidenz Die Literaturangaben çber Schulterbeteiligung schwanken zwischen 57% [27] und 91% [53], neuere Untersuchungen mittels objektiver sonographischer Befunde lassen die Befallshåufigkeit schon frçhzeitig eher in einem Bereich von 96% ansiedeln [32].
Abb. 2. Dieselbe Patientin mit OP-Situs der Bursa subdeltoidea
298
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H. Thabe et al.
Klinischer Verlauf Bereits kurz nach der klinischen Erstdiagnostik einer Schulterbeteiligung werden durch sonographische Kontrollen ausgedehnte Rotatorenmanschettenrupturen nachgewiesen [19, 69]. Das betroffene Gelenk ist durch die weite Kapselfçhrung im unteren Rezessus und den damit vorhandenen Reserveraum zunåchst wenig schmerzhaft. Dies ist eine mægliche Erklårung fçr die spåte Vorstellung der Schulterbeteiligung beim Rheumaorthopåden. Der rheumatische Befall der Schulter ist mit einem massiven Entzçndungsschub und erst im fortgeschrittenen Verlauf zusåtzlich mit einem Schmerzschub verbunden. Inaktivitåt, Atrophie und letztlich die Abhångigkeit von fremder Hilfe resultieren. Diese Auswirkungen werden jedoch zunåchst von den Patienten çber gute Ellenbogen- und Handfunktion kompensiert. Bei der klinischen Untersuchung entgeht dem Untersucher daher leicht ein Funktionsdefizit des Schultergelenks. Erste Zeichen des Gelenkbefalls sind Einschrånkungen der Auûenrotation und Elevation, die als deutliche Diskrepanz im Bewegungsspielraum bei fixiertem Schulterblatt im Glenohumeralgelenk und im Thorax-SchulterblattGleitraum imponieren. Ein artikulårer Schmerz tritt nur im akuten Schub und erst bei fortgeschrittener Destrukti-
on mit Usuren und Defekten auf. In noch spåteren Stadien der Destruktion treten klinisch Kraftverlust und Bewegungseinschrånkung in den Vordergrund. Das Ausmaû der Weichteilbeteiligung im Rahmen der Entzçndung ist fçr das Schicksal des Schultergelenks von entscheidender Bedeutung. Der rheumatische Befall des Gelenkbinnenraums ist gekennzeichnet durch eine Synovialitis im unteren Rezessus. Extraartikulår hinterlassen relativ schmerzarm verlaufende Bursitiden-Verklebungen, die Bewegungseinschrånkungen nach sich ziehen. Durch die entzçndliche Impingement-Symptomatik ist der subakromiale Raum Hauptverursacher des rheumatischen Schulterschmerzes. Ausgedehnte Bursitiden mit massiven Fibrinexsudaten sind schmerzhaft und gut sichtbar. Sie resultieren aus der im Verlauf mæglichen Kommunikation mit dem Schultergelenk bei manifester Rotatorenmanschettenruptur (Abb. 3). Synovialhernienartig verbinden sich intra- und extraartikulårer Raum. Als weitere extraartikulåre Beteiligung finden wir oft eine Tenosynovialitis der langen Bizepssehne. Das Akromioklavikulargelenk ist eher selten in den Entzçndungsprozess und die Destruktion miteinbezogen und wird kaum isoliert befallen [25]. Eine Beteiligung zeigt sich erst in einem sehr spåten Stadium.
Abb. 3. Arthrographie einer Bursastruktur subdeltoidal mit Verbindung zum Schultergelenk - Ausstçlpung mit Einbruch in die Bursa einer massiven Schultergelenksynovialitis bei vorhandener Rotatorenmanschettenruptur.
Schultergelenk
Bildgebende Untersuchungsverfahren Einleitung In den Anfangsstadien der rheumatischen Arthritis låsst sich radiologisch kaum eine Aussage çber eine Gelenkbeteiligung machen. Sonographisch ist dieses mæglich und auch Knochenarosionen kænnen dargestell werden, lange bevor sie im Ræntgenbild sichtbar werden. Das Hæhertreten des Humeruskopfes als Zeichen der Rotatorenmanschettenlåsion ist bereits mit ausgedehnten Knorpellåsionen vergesellschaftet. Abstçtzreaktionen am Akromion mit Ausbildung fibrokartilaginårer Nearthrosstrukturen sind Reaktionen auf Kraftverlust und Bewegungseinschrånkung. Bei der bildgebenden Diagnostik der rheumatischen Schulter sind sowohl die Computerals auch die Magnetresonanztomographie keine Verfahren der ersten Wahl. Die Indikation zu derartigen Verfahren muss in der heutigen Zeit nicht nur wegen des Kostendrucks, sondern auch wegen der Aussagekraft guter sonographischer Befunde relativiert werden.
]
kænnen nicht gençgend Strukturen aus dem Schallschatten des Akromions herausgebracht und beurteilt werden. Auch erschwert die Zerstærung der anatomischen Referenzstrukturen in den spåten Stadien die Beurteilung. Nach den Richtlinien des Arbeitskreises Stçtz- und Bewegungsapparat der DEGUM gelten derzeit folgende Standard-Ebenen [60]: ] Ventrale Region ± ventral-transversal, ± ventral-longitudinal, ± ventral-diagonal (coracoakromiales Fenster). ] Supero-laterale Region ± lateral-longitudinal (M. supraspinatus/ infraspinatus), ± lateral-transversal (Rotatorenmanschette quer). ] Dorsale Region ± dorsal-transversal, ± dorsal-longitudinal. Zusåtzlich sollte noch eine axillåre Schnittfçhrung, sowohl longitudinal als auch transversal, im Bereich des Recessus axillaris durchgefçhrt werden.
Sonographische Befunde
Sonographie H. Dinges Bei der Beurteilung der rheumatischen Schulter kommt es neben der Diagnostik ossårer Verånderungen insbesondere auf die Erfassung der Qualitåt der Schulterweichteile an. Hierbei hat sich die Sonographie in den letzten Jahren besonders bewåhrt. Mit ihr ist es mæglich, die Weichteilpathologie auch subakromial weitgehend sicher darzustellen. Den Strukturen des subakromialen Raumes (Rotatorenmanschette, Bursen) sowie der langen Bizepssehne kommt in allen Stadien der Erkrankung eine besondere Bedeutung zu. Pathologien werden bereits in den Frçhstadien, in denen Verånderungen klinisch und radiologisch nicht sicher erfassbar sind, erkennbar und kænnen so gezielt behandelt werden. Die Beurteilbarkeit der Rotatorenmanschette ist fçr den Operateur besonders wichtig, da ihr Zustand fçr das Ergebnis des operativen Eingriffs von wesentlicher Bedeutung ist. Die Aussage der Sonographie ist limitiert, insbesondere bei erheblich eingeschrånkter Beweglichkeit des Schultergelenks. In diesen Fållen
] Bursitis. Betroffen sind håufig die Bursa subdeltoidea/subacromialis, nicht selten auch die Bursa subcoracoidea. Bursitiden stellen sich als echoarme bis echoleere Raumforderungen zwischen dem M. deltoideus und der Rotatorenmanschette dar (Abb. 4). Bei Verlust der Rotatorenmanschette ist die Humeruskopfkalotte die kaudale Begrenzung. Håufig finden sich echoreichere Plaques in dieser echoarmen bis echoleeren Raumforderung, meist als Ausdruck von Fibrinausschwitzungen. Die çbrigen Schulterbursen sind entsprechend ihrer anatomischen Zuordnung in der jeweiligen Standardschnittebene zu finden. ] Tendinitis der langen Bizepssehne. Echoarme Raumforderung um die Sehne im ventral-transversalen Schnitt (Bizepssehnen-Halo, ¹Vogelaugen-Phånomenª) sowie im ventral-longitudinalen Schnitt. Wichtig ist, dass die lange Bizepssehne tomogrammartig, insbesondere im Transversalschnitt abgetastet wird. Die echoarme Raumforderung als Ausdruck von Synovialitis und/oder Ergussbildung stellt sich, insbesondere bei weniger ausgeprågten Fållen, erst unterhalb des Ligamentum transversum dar. Dort ist
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300
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H. Thabe et al.
Abb. 4. Defekt der Rotatorenmanschette; a Långsschnitt, b Querschnitt
Abb. 5. Tendinitis der langen Bizepssehne; a långs, b quer
die ventrale Begrenzung weniger stabil als im Bereich des Ligaments. Diese echoarme Raumforderung kann mit echoreichen Mustern durchsetzt sein als Folge der Fibrinausschwitzung und håufig sogar ein homogen echoreiches Bild annehmen (Abb. 5). Die sonographische Diagnostik von Bizepssehnenrupturen ist schwierig und lediglich beim akuten Abriss durch das entstehende Håmatom erkennbar. Die klinische Diagnostik der Bizepssehnenruptur ist eindrucksvoller als die sonographische.
im supero-lateralen Långs- und Querschnitt zu erkennen, da in diesen Schnitten die Sehne des M. supra- bzw. infraspinatus zur Darstellung kommt. Auch ist hier die dynamische Beurteilung der Strukturen wichtig.
] Defekte der Rotatorenmanschette. Ønderungen der Echogenitåt im Sinne der Hypo- oder Hyperdensitåt sind eher unsichere Zeichen einer Rotatorenmanschettenlåsion. Sichere Zeichen sind der Kalibersprung, das Auflegen bzw. Annåhern der Grenzschicht zwischen M. deltoideus und Bursa hin zur Humeruskopfkalotte bzw. die Kontinuitåtsunterbrechung. Diese Verånderungen sind insbesondere
] Defekte der Humeruskopfkortikalis. Sie sind bereits in sehr frçhen Stadien als kleinere Usurierung im Bereich der Humeruskopfoberflåche, insbesondere an der Knorpel-Knochen-Grenze, erkennbar. Defekte zeigen sich als Unterbrechung der Humeruskopfkortikalis mit so genannten Bodenechos, die eine Unterscheidung von den so genannten Pseudousuren mæglich machen (Abb. 6). Sonographisch lassen sich in den StandardSchnittebenen tomogrammartig weite Bereiche des Humeruskopfes abtasten. Dies ist der Grund dafçr, dass im Ultraschall håufig vor Nachweis im Ræntgenbild kleinere osteochondrale Defekte diagnostiziert werden kænnen. Ebenso kænnen Plus-Defekte im Sinne von exophytåren Anbauten erkannt werden.
Schultergelenk
]
Mobilitåt der Schulter bis zur Horizontalen vorhanden ist (Abb. 7). ] Schultereckgelenk. Sowohl Långs- als auch Querschnitte dokumentieren Ergussbildung bzw. Synovialitis als echoarme bis echoleere Raumforderung. Auch ossåre Verånderungen im Sinne von Usurierung sind nachweisbar. In der dynamischen Untersuchung lassen sich auch Instabilitåten erkennen und dokumentieren.
Abb. 6. Usur im Humeruskopfbereich
] Ergussbildung bzw. Synovialitis des Glenohumeralgelenkes. Echoarme bis echofreie Raumforderung, am besten im dorsalen Transversalschnitt in Auûenrotation erkennbar. Man findet diese echoarme Raumforderung im Zwickel zwischen dorsaler Glenoidbegrenzung, Humeruskopfoberflåche und dem M. infraspinatus nach kranial. Ebenfalls sind Erguss bzw. Synovialitis im axillåren Longitudinalschnitt nachweisbar. Dies besonders in frçhen Fållen, wo noch keine sonstigen artikulåren bzw. periartikulåren Verånderungen vorliegen und noch eine gençgende
] Vorteile der Sonographie. Erfassung periartikulårer Weichteilverånderungen, insbesondere in den Frçhstadien, noch bevor im Ræntgenbild Verånderungen feststellbar sind: ] Frçhzeitiges Erkennen von Erguss bzw. Synovialitis im Glenohumeralgelenk, ] Erkennen von osteochondralen Verånderungen (Ausdruck von Usuren und Erosionen) bevor diese radiologisch erfassbar sind, ] Objektivierung von Instabilitåten im Glenohumeral- und Akromioklavikulargelenk, ] nicht invasives Verfahren, ] beliebig oft wiederholbar, ] keine Nebenwirkungen, ] geringe Kosten, ] inzwischen fast çberall verfçgbar, ] vom behandelnden Arzt selbst durchzufçhren (Diagnose und Therapie in einer Hand).
Ræntgen In der Beurteilung der Verånderungen bei rheumatoider Arthritis hat sich die Stadieneinteilung nach Larsen-Dale-Eek (LDE) bewåhrt [39] (Abb. 8):
LDE-Stadium 0 Ræntgenzeichen sind noch nicht nachweisbar. Die Gelenkkonturen sind regelrecht, Weichteilzeichen und Zeichen einer periartikulåren Osteoporose fehlen.
LDE-Stadium I Gelenknahe Osteoporose, noch keinerlei destruktive Verånderungen und keine Gelenkspaltverschmålerung. Diese Zeichen sind Ausdruck arthritisbedingter Verånderungen im subchondralen Bereich. Abb. 7. Entzçndliche Substrate im Rezessus
301
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H. Thabe et al.
LDE-Stadium V Hæhertreten des Humeruskopfes, Verlust des Gelenkspalts und der Gelenkkontur, ggf. mit Ankylosierungstendenz, komplette Ankylosierung åuûerst selten.
CT und MRT
Abb. 8. Ræntgenstadien nach Larsen
LDE-Stadium II Gelenkspaltverschmålerung, ohne Unterbrechungen der Gelenkkonturen. (Sonographisch sind schon Usuren nachweisbar).
LDE-Stadium III Usuren und Zystenbildung an der Knorpel-Knochen-Grenze. Die Gelenkspaltverschmålerung nimmt zu. Håufig Hæhertreten des Kopfes als Zeichen der Rotatorenmanschettenlåsion.
LDE-Stadium IV Usuren, Destruktionen, Konturunterbrechungen auch im Bereich der Gelenkflåchen, die Kopfkontur deutlich abgeflacht, Medialisierung des Schulterdrehpunktes. Destruktionen im Bereich des Glenoids als genereller Knochensubstanzverlust; kaum oder keine zystischen Verånderungen.
Computer- und Magnetresonanztomographie bieten gegençber der Sonographie keine wesentliche Verbesserung der Primårdiagnostik. Durch die Funktionsuntersuchung werden sonographisch deutlich bessere Aussagen çber den Zustand der Weichteile getroffen, die uns wesentliche Aufschlçsse çber funktionell erreichbare postoperative Ergebnisse vermitteln. Bei der pråoperativen Diagnostik ist das MRT zur Abklårung von Defekten der Rotatorenmanschette und des Labrums sinnvoll. Die Anfertigung von CT-Aufnahmen ist ± z. B. vor endoprothetischer Versorgung ± zur Abklårung des Ausmaûes knæcherner Defekte im Bereich des Glenoids [2, 6, 10] hilfreich. Inzwischen ist durch die T2- gewichteten Verfahren mit Kontrastmittel die Aussagekraft des MRT, bezogen auf Knochen- und Weichteilstrukturen und Ausdehnung der Synovialmembran, deutlich verbessert worden und bietet so differenzialdiagnostisch eine wertvolle Ergånzung.
Konservative Behandlungsmaûnahmen Im LDE-Stadium 0±II steht die Therapie der Weichteile im Vordergrund. Konservative Maûnahmen mit Bupivacain-Kortisonpalmitat-Injektionen zur Behandlung der Affektionen des subakromialen Raumes bringen vorçbergehende Erleichterung und eine Reduzierung der entzçndlichen Verånderungen. Tritt ein Gelenkbefall im frçhen Stadium auf, so besteht die Indikation zur intraartikulåren Kortisontherapie, bei Rezidivneigung und therapierefraktåren Situationen zur chemischen Synoviorthese [77], alternativ zur Yttrium-Behandlung. In das Schultergelenk injizieren wir Bupivacain und 3 ml Natriummorrhuat oder 5 mCi Yttrium-90, alternativ wird Rhenium-186 verwandt. In der Literatur finden sich wenig Arbeiten çber Radiosynoviorthesen des Schultergelenks. Die Ergebnisse bewegen sich bei ca. 60%
Schultergelenk
Erfolg nach 1/2 bzw. einem Jahr, nach 2 Jahren ist diese Quote auf ca. 50% abgesunken [58]. Kçrzlich vorgetragene Ergebnisse nach radiosynoviorthetischen Maûnahmen im Bereich der Schulter [48] an 273 Patienten zeigten bei einer mittleren Beobachtungszeit von 16 Monaten eine bis zu 87%ige Verbesserung im Bewegungsausmaû und im Schmerzbefund. Es wurde spekuliert, dass dieser Therapieerfolg çber ein Jahrzehnt anhalten kann. Dies haben die klinischen Ergebnisse bisher aber nicht gezeigt. Øhnliche Ergebnisse kænnen auch mit Natriummorrhuat erzielt werden. Problematisch ist im Bereich der Schulter, dass die geringe Flçssigkeitsmenge letztlich im Bereich des Rezessus versackt und nicht die wichtige Knorpel-Knochen-Grenze an der Schulter erreicht.
Operative Maûnahmen In den Anfången der Rheumaorthopådie wurden die Zugånge zur und die Versorgung der Schulter noch sehr zurçckhaltend gehandhabt. Die Ergebnisse wurden kaum publiziert. Heute ist die Akzeptanz chirurgischer Schultereingriffe græûer, weil frçhzeitige operative Interventionen zu guten Erfahrungen gefçhrt haben. Durch die inzwischen verfeinerte arthroskopische Technik und verbesserte Zugånge sind diese Eingriffe gelenkschonend durchfçhrbar. Bei frçhzeitigem Eingreifen lassen sich die kontraktilen Strukturen der Weichteile gut rekonstruieren und durch subakromiale Arthrolysen sind gute Bewegungsergebnisse erzielbar.
Lassen sich in frçhen Stadien græûere Synovialproliferationen nachweisen, dann ist die Kombination einer arthroskopisch kontrollierten Entfernung der Synovialmassen mit einer Yttrium-Synoviorthese 6 Wochen postoperativ sinnvoll [66].
Arthroskopische Eingriffe K. Schmidt
Indikationen Synovialitis, Bursitis und in Einzelfållen, Zysten im Humeruskopf sind schultergelenkspezifische Arthroskopieindikationen beim Rheumapatienten. Die klinischen Ergebnisse nach offener oder arthroskopischer Schultersynovialektomie sind gut. Der Bewegungsumfang nimmt in rund 80% zu in Verbindung mit einer Schmerzabnahme (Tabelle 1). Nur in Frçhstadien der Erkrankung und bei rechtzeitiger Therapie kann ein Stillstand der Erkrankung oder eine Minderung der knæchernen Destruktionen und der Låsion der funktionsbestimmenden Rotatorenmanschette beobachtet werden. Die Indikation zum arthroskopischen Vorgehen sollte daher auf frçhe bis mittelgradige Stadien der Erkrankung mit erhaltenen Gelenkflåchen beschrånkt werden (LDE-Stadium I±III [39]. Die besten Langzeitergebnisse sind in frçhen Stadien bei erhaltener Rotatorenmanschette zu erwarten [27, 50, 51, 54, 81]. Das wesentliche Therapieziel der Schultergelenksynovialektomie ist die Reduktion des entzçndungsbedingten Schmerzes und darçber hinaus die Verbesserung der Gelenkfunktion.
Tabelle 1. Literaturçbersicht der Ergebnisse nach offener und arthroskopischer Schultersynovialektomie (ohne Anspruch auf Vollståndigkeit) Quelle Erstautor
]
Jahr
Schultern n
Jahre postop.
+ ROM % ROM
+ ROM % Pat.
Schmerzabnahme
% Rezidive
Arthrotomie Pahle [50] Petersson [54] Pahle [52] Tressel [81]
1973 1986 1989 1989
9 13 54 74
? 4 5,3 6,1
35 69 11 ?
56 100 85 77
78% 83% 81% 60%
P. P. P. P.
0 ? ? 19
Arthroskopie Schmidt [66] Miehlke [45]
1994 1997
10 35
3,7 3,5
32 15
80 ?
100% P. 100% P.
10 ?
303
304
]
H. Thabe et al.
Die Auswertung von Langzeitverlåufen fçhrte zur Unterteilung in ¹nicht-progressiveª, ¹erosiveª, ¹arthrose-åhnlicheª ¹mutilierendeª und ¹kollaptischeª Omarthritiden, wobei nur fçr die erstgenannten drei Verlaufsformen eine rechtzeitige Synovialektomie, fçr die beiden letztgenannten ein frçhzeitiger Gelenkersatz empfohlen wird [31]. Die Schmerzen der beim Gehen und Stehen belasteten mitbefallenen Gelenke der unteren Extremitåt und die Behinderung bei alltåglichen Tåtigkeiten bei Hand- und Ellenbogengelenksbefall lassen die aus dem Schultergelenk resultierenden Probleme oft in den Hintergrund treten. Durch Kompensationsbewegungen des Schultergçrtels im Thorax-Schulterblatt-Gelenk kænnen Bewegungsschmerz und -einschrånkung im Glenohumeralgelenk gut kompensiert werden, sodass der Patient mit einem Bruchteil des physiologischen Bewegungsumfangs im Glenohumeralgelenk zufrieden scheint. Aufgrund des eingeschrånkten Funktionsanspruchs, den der Rheumapatient håufig an sein Schultergelenk stellt, werden Schultergelenksynovialektomien selten durchgefçhrt. Die Notwendigkeit der Ablæsung wesentlicher periartikulårer Bewegungselemente bei einer hinreichend radikalen offenen Synovialektomie bedingte die Zurçckhaltung bei der Indikationsstellung. Die Arthroskopie umgeht die Notwendigkeit der Weichteilablæsung. Bei instabiler arthritischer Schulter, Notwendigkeit einer Rotatorenmanschettenrekonstruktion oder bei einer fortgeschrittenen Destruktion ist ein offenes Vorgehen indiziert.
Operative Technik Die in der Einfçhrung zu diesem Kapitel dargestellten gçnstigen Voraussetzungen zur Schulterarthroskopie werden jedoch dadurch eingeschrånkt, dass anders als an den distaleren Extremitåtengelenken eine ¹Blutleereª nicht angewendet werden kann. Durch gekçhlte Spçllæsung mit Adrenalinzusatz, kontrollierte Hypotension, zusåtzliche Zuflusskançlen bzw. Verwendung eines leistungsfåhigen Pumpensystems zum Erzielen hinreichend hoher Flçssigkeitsdrucke und Durchflussraten kann dieser Nachteil im Wesentlichen kompensiert werden [67, 72]. Prinzipiell ist die Arthroskopie des Schultergelenkes unter Verwendung eines Skalenusblockes oder aber einer Allgemeinnarkose durchfçhrbar.
Der Patient kann in Seitenlage gelagert werden mit abduziertem Arm, der durch einen Armhalter extendiert wird. Es hat sich jedoch die Lagerung des Patienten in ¹Beach-chairª- Positionª durchgesetzt, die den problemlosen Ûbergang auf ein gegebenenfalls offenes operatives Vorgehen ermæglicht. Ein steril verpacktes Kissen kann nach Abdecken in die Axilla geklemmt werden, um ein Aufhebeln des glenohumeralen Gelenkspaltes zu ermæglichen (Abb. 9). Zur Durchfçhrung der arthroskopischen Synovialektomie wird ein Standard-308/5mmArthroskop mit einer Kamerakette verwendet. Die arthroskopischen Standardinstrumentarien, inklusive Tasthaken, Beiûzangen, Elektrokaustikhaken und Fasszangen werden ebenso benætigt. Essenziell ist die Anwendung eines leistungsfåhigen Shaversystems. Doppelt schneidende, gegebenenfalls oszillierende Shaversysteme, stellen derzeit den Stand der Technik dar. Fakultativ kænnen auch Lasersysteme eingesetzt werden, die çber gezielte Narbeninduktion der Kapsel zu stabilitåtsverbessernden Maûnahmen verwendet werden [41]. Um das Einbringen der Arthroskopiehçlse in das Gelenk zu erleichtern, empfiehlt es sich, zunåchst das Gelenk am so genannten dorsalen ¹Softspotª, ca. 1 cm kaudal und medial der dorsalen Akromionprominenz zu punktieren. Mit einer langen Kançle kann dann das Gelenk mit Spçllæsung gefçllt und distendiert werden. Zur Vermeidung von Verletzungen periartikulårer Strukturen und von Blutungen empfiehlt es sich, lediglich die Haut zu ritzen und das daruntergelegene Subkutan-/Muskelgewebe mit einem stumpfen Klemmchens zu spreizen. Dabei kann die Rotatorenmanschette mit einem geschlosse-
Abb. 9. Lagerung zur Schulterarthroskopie mit Hypomochlion nahe der Axilla
Schultergelenk
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nen Klemmchen perforiert werden, welches zur Erweiterung des Zuganges leicht gespreizt zurçckgezogen wird. Die Arthroskopiehçlse wird anschlieûend mit einem stumpfen Trokar in Richtung des Processus coracoideus intraartikulår eingefçhrt. Nach Einbringen der Optik wird das Gelenk nach Sichtkontrolle mit Spçllæsung gefçllt, die gekçhlt und zur Verminderung von Blutungen mit 1 mg Adrenalin pro 3 l versetzt werden sollte [72]. Ventral wird etwa 1 cm lateral des Processus coracoideus ein weiterer Zugang in der beschriebenen Technik gesetzt. Vorzugsweise sollte çber einen stumpfen Trokar eine selbstschlieûende Wechselhçlse an dieser Stelle eingebracht werden. Mit einem von ventral eingebrachten Tasthaken werden die intraartikulåren Strukturen abgetastet. Zur Durchfçhrung der Synovialektomie der ventralen und kranialen Gelenkanteile wird ein Synovialresektor eingefçhrt (Abb. 10). Beim Auftreten von Blutungen sollte konsequent ein Elektrokaustik-Haken zur subaqualen Blutstillung çber die Wechselhçlse alternativ eingefçhrt werden (Abb. 11). Wenn dies zur hinreichenden Ûbersicht nicht gençgt, kann çber einen weiteren Zugang eine Zuflusshçlse zur Erhæhung des Spçlflçssigkeitsdurchsatzes eingebracht werden. Bei den meist laxen Kapsel-BandVerhåltnissen des Rheumapatienten kann vom ventralen Zugang aus mit dem Synovialresektor der kaudale Rezessus teilweise erreicht werden. In Einzelfållen kænnen auch gebogene Rongeure oder Shaveraufsåtze benutzt werden. Sollte dies nicht ausreichen, kann von ventro-kaudal ein weiterer Zugang in der oben genannten Spreiztechnik gesetzt werden. Dabei ist die Nåhe der Vena cephalica zu beachten. Um die hinteren Gelenkanteile zu synovialektomieren wird die Optik von ventral eingebracht, der Synovialresektor von
dorsal. Nach Beendigung der arthroskopischen Synovialektomie des Glenohumeralgelenkes und eventuell notwendiger Zusatzmaûnahmen wie Knorpel-, Knochen- oder Limbusglåttung sollte in jedem Fall eine Inspektion des Subakromialraumes durchgefçhrt werden. Im Falle einer Bursitis schlieût sich die Bursektomie an. Hierbei hat sich gezeigt, dass groûe, ausgedehnte Bursen leichter zu entfernen sind. Zur Durchfçhrung der Bursektomie wird vom dorsalen Zugang die Optik çber den stumpfen Trokar bis in den Subakromialraum eingebracht. Ûber einen zusåtzlichen lateralen Zugang mittig der a.p.-Ausdehnung des Akromions und ca. 1±2 cm lateral davon wird der Synovialresektor eingefçhrt. Meist muss zu Beginn unter relativ schlechten Sichtverhåltnissen die Synovialmembran knochennah an der Akromionunterseite entfernt werden, bis eine ausreichende Ûbersicht entsteht. Auch ist hier eine konsequente Blutstillung mit dem Elektrokaustik-Haken angezeigt. Beim Vorliegen von Fibrinexsudaten werden mit einem groûen Synovialresektor oder einer dickvolumigen Absaughçlse die zum Teil sagokornartigen Exsudate entfernt. Danach ist die Innenwand der Bursa meist gut zu erkennen und kann gezielt entfernt werden. Bei einer groûen Bursa wird ein Umstecken der Optik in den lateralen Zugang notwendig, um çber den ventralen oder dorsalen Zugang weit nach medial zu synovialektomieren. Hierbei sind auf der Dorsalseite der Verlauf des Nervus axillaris und seiner Begleitgefåûe und auf der Ventralseite der Nervus musculocutaneus zu beachten. Aufgrund der Involvierung der Rotatorenmanschette in das entzçndliche Geschehen ist diese oftmals erheblich narbig veråndert oder
Abb. 10. Arthroskopisches Bild der Synovialektomie mittels oszillierendem Shaver im vorderen Gelenkanteil
Abb. 11. Arthroskopisches Bild der subaqualen Blutstillung mittels Elektrokaustikhaken
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sogar ausgedehnt defizitår. Aufgrund dieser pathologischen Verånderungen scheint die Naht der Manschette meist nicht sinnvoll wegen nicht zu erwartender Heilung [45]. Da subakromiale Beschwerden beim Rheumatiker in der Regel durch die Bursitis oder durch ein Impingement bei insuffizienter Rotatorenmanschette bedingt sind, sollte auf die Resektion des Ligamentum coracoacromiale verzichtet werden, um nicht die Gefahr einer antero-kranialen Instabilitåt des Schultergelenks zu erhæhen. Beim Vorliegen von groûen rheumatisch bedingten Zysten im proximalen Humerus kann es zu einem Einbrechen des Humeruskopfes mit weitgehendem Funktionsverlust des Schultergelenkes kommen. Sind in diesen Fållen die Gelenkflåchen noch intakt, besteht nur eine durch die gleichzeitige Arthritis bedingte Funktionseinschrånkung (Abb. 12 a). Der Zusammenbruch des Humeruskopfes kann durch das rechtzeitige Auffçllen dieser Knochenzysten mit autologer oder homologer Spongiosa verhindert werden (Abb. 12 b). Bei geeigneten anatomischen Voraussetzungen kænnen eine arthroskopische Synovialektomie und Bursektomie mit einer arthroskopisch assistierten Ausråumung der Zyste mittels Miniarthrotomie çber dem Tuberculum majus kombiniert werden [82]. Je nach Lage der Zyste wird etwa in Hæhe des Tuberculum majus eine 3±4 cm lange Hautinzision gesetzt und die darunter gelegene Muskulatur stumpf gespreizt. Nach Úffnung der Zyste çber einen kranial periostgestielten Knochendeckel von ca. 2 ´ 1 cm Græûe kann der entzçndliche Zysteninhalt kçrettiert werden. Die Zystenwånde werden mit der Kugelfråse angefrischt. Die Vollståndigkeit der Entfernung des entzçndlichen Gewebes kann çber das eingefçhrte Arthroskop kontrolliert werden. Danach kann der Defekt mit autooder homologer Spongiosa, u.U. auch mit Kno-
Abb. 12. a Ræntgenbild einer groûen rheumatischen Humeruskopfzyste; b Ræntgenbild nach Auffçllen einer groûen rheumatischen Humeruskopfzyste mittels minimal invasiver Spongiosaplastik.
chenersatzmaterial aufgefçllt werden. Nach periostalem Rçckvernåhen des Knochendeckels erfolgt der Hautverschluss.
Nachbehandlung Das Schultergelenk kann sofort uneingeschrånkt aktiv und passiv mobilisiert werden. Der nach Synovialektomie drohenden Verklebungstendenz der ausgedehnten Wundflåchen wird so erfolgreich entgegen gewirkt. Auch bei Defektauffçllung im Bereich des Humeruskopfes ist die Mobilisierung nicht eingeschrånkt.
Fazit Es handelt sich um ein relativ schwieriges operatives Vorgehen, das dem erfahrenen Schulterarthroskopeur vorbehalten ist. Angesichts vergleichbarer Ergebnisse nach offener oder arthroskopischer Schultersynovialektomie sollte ± unter Beachtung der oben genannten Indikationseinschrånkungen ± der arthroskopisch kontrollierten Synovialektomie den Vorzug gegeben werden [45, 65, 68]. Der græûte Vorteil dieses Verfahrens liegt in der frçhzeitigen Mobilisierbarkeit des Gelenkes. Eine anhaltende Verbesserung von Schmerz und Schwellung ist, wie nach offenem Vorgehen zu erreichen, ein Voranschreiten der rheumatischen Gelenkdestruktion ist meist nicht zu verhindern.
Konventionelle offene Synovialektomie H. Dinges
Indikation Die Indikation zum arthroskopischen oder offenen Vorgehen ist flieûend und richtet sich im Wesentlichen nach den eventuell zusåtzlich vorhandenen pathologischen Befunden im subakromialen Raum (Rotatorenmanschettendefekte, Bursitiden, Synovialitiden der langen Bizepssehne und/oder ossåren Destruktionen). Auch additiv notwendige Operationstechniken (Doppelosteotomie, Akromioplastik, Denervation, Zystenausråumung/-auffçllung) finden Berçcksichtigung. In Kombination mit der Synovialitis im Glenohumeralgelenk finden sich håufig eine mehr oder minder ausgeprågte Bursitis subdeltoidea/
Schultergelenk
subacromialis, eine Tendinitis der langen Bizepssehne [51] sowie eine Mitbeteiligung des AC-Gelenkes [7, 26]. Diese pathologischen Verånderungen mçssen ebenfalls mittherapiert werden. Bei Vorliegen der angefçhrten Pathologien sehen wir die Indikation zur offenen Synovialektomie auch in den frçhen bis mittleren LDEStadien (0±III) mit Zunahme der Schmerzen und Abnahme der Beweglichkeit [54] und unter konservativer Therapie persistierender Synovialitis [7, 26]. Neben ausschlieûlich minimalinvasiven oder ausschlieûlich offenen Verfahren haben sich in unserer Hand in letzter Zeit auch so genannten semiarthroskopische Vorgehensweisen sehr bewåhrt. Ein semiarthroskopisches Vorgehen ist bei folgenden zusåtzlichen Befunden indiziert: ] Defekte der Rotatorenmanschette, bei denen eine Naht bzw. Rekonstruktion sinnvoll erscheint, ] monstræse, insbesondere fibringefçllte Bursitiden der Bursa subdeltoidea/subacromialis, ] Tenosynovialitis der langen Bizepssehne im Bereich der synovialen Auskleidung, die dem Arthroskop nicht zugånglich sind, ] Intratendinæse Verkalkungen, welche allerdings bei Patienten mit entzçndlich rheumatischen Erkrankungen der Schulter sehr selten vorkommen. Beim semiarthroskopischen Vorgehen werden zunåchst çber die Zusatzinzision die subakromialen Pathologien entfernt bzw. die Synovialektomie der langen Bizepssehne durchgefçhrt, anschlieûend die arthroskopische Synovialektomie des Glenohumeralgelenkes. Hinsichtlich Schmerz bzw. Nachbehandlung sehen wir bei diesem Vorgehen keine Nachteile, da die Sehne des M. subscapularis nicht wie bei der offenen Synovialektomie abgelæst werden muss. In aller Regel wird auch der M. deltoideus am Akromion bzw. der Klavikula lediglich in Långsrichtung gespalten ohne Ablæsung. Somit besteht hinsichtlich der Nachbehandlung gegençber dem rein arthroskopischen Vorgehen keine wesentliche Einschrånkung.
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Operatives Vorgehen Als Anåsthesieverfahren ist die Allgemeinnarkose zu empfehlen, da håufig eine multiple Gelenkbeteiligung vorliegt. Allerdings ist eine Operation auch im Skalenusblock mæglich. Die Operation wird in halbsitzender (¹Beachchairª-)Position durchgefçhrt. Der Arm wird dabei steril eingepackt und frei beweglich gehalten. Als Zugang kommt ein modifizierter vorderer Zugang (supero-anterior) zur Anwendung. Der Hautschnitt beginnt etwa 2±3 cm hinter dem Akromioklavikulargelenk, zieht dann bogenfærmig ca. 1 cm lateral davon nach ventral, ca. 1 cm lateral des Sulcus deltoideopectoralis bis etwa 6 cm distal des vorderen Akromionrandes. Durch Unterminieren von Haut und Subkutis wird die Faszie dargestellt. Beginnend an der ventralen Ecke des Akromions, ca. 1 cm lateral des Sulcus deltoidopectoralis bis ca. 5±6 cm distal des Akromionrandes wird die Faszie des M. deltoideus inzidiert. Teils stumpfes, teils scharfes Úffnen des M. deltoideus in Faserrichtung und Darstellen der Bursa subdeltoidea/subacromialis. Mobilisation der Muskelunterseite von der håufig entzçndlich verånderten Bursa, welches am besten und schonendsten manuell mæglich ist. Anschlieûend erfolgt die Bursektomie unter Rotation des Humeruskopfes. Meist besteht jetzt bereits eine ausreichend gute Ûbersicht çber den subakromialen Raum einschlieûlich der Rotatorenmanschette. Ansonsten erfolgt das Ablæsen des M. deltoideus vom Akromion mittels einer Knochenschuppe [26] bzw. von der lateralen Klavikula mit dem Elektromesser. In Auûenrotation des Armes Anschlingen der Sehne des M. subscapularis mit nicht resorbierbarem Faden und Ablæsen der Sehne nahe dem Tuberculum minus mit dem Elektromesser. Dabei schrittweise Luxation des Humeruskopfes. Danach mæglichst radikale Synovialektomie des Glenohumeralgelenkes unter Zuhilfenahme eines Humeruskopfretraktors. Reposition des Humeruskopfes, Refixation der Sehne des M. subscapularis und Naht der Faszie des M. deltoideus. Bei Bedarf wird die Vagina synovialis der langen Bizepssehne inzidiert und eine Synovialektomie durchgefçhrt. Verschluss des Recessus bicipitalis, subakromiales Einlegen einer Drainage sowie schichtweiser Wundverschluss. Besteht ein Defekt der Rotatorenmanschette, so kann dieser als Einstieg ins Gelenk mitbenutzt werden. Sind zusåtzlich Zysten im Humeruskopf vorhanden mit Gefahr des Ein-
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bruchs, erfolgen die Kçrettage und Auffçllen der Zyste mit autologer Spongiosa vom Beckenkamm. Nach der Bursektomie und Mobilisation des subakromialen Raumes kann bei vorhandener Enge eine vordere Akromioplastik in modifizierter Technik nach Neer durchgefçhrt werden. Dabei wird die ventro-laterale Ecke mit einem Luer reseziert, um den subakromialen Raum zu erweitern. Liegen exophytåre Verånderungen im Bereich des Akromions bzw. des Akromioklavikulargelenkes vor, so sind auch diese sorgfåltig zu entfernen, um eine Irritation der Strukturen im subakromialen Raum zu beseitigen. Anschlieûend erfolgt dann noch die Denervation mit dem Elektrohaken unter dem Schulterdach mit zusåtzlicher Denervation der ventralen Kapselgefåûe.
Nachbehandlung Postoperativ Lagerung auf Schulterabduktionskissen in ca. 608-Abduktion und ca. 308-Anteversion, am 2. postoperativen Tag Entfernung der Redondrainagen und Beginn mit passiver Krankengymnastik unter Ausschluss der Rotation und 2-mal am Tag 1 Stunde Bewegung auf der Motorschiene im Sinne der Elevation. Zusåtzlich isometrische Beçbung der DeltoideusMuskulatur. 14 Tage postoperativ dann Beginn der aktiven Beçbung sowie gefçhrte Elevation çber den Kopf in Rçckenlage. Nach 6 Wochen dann Beçbung der Rotation und Beginn der stabilisierenden Phase zur Kråftigung, insbesondere der distalen Anteile der Rotatorenmanschette zur besseren Zentrierung des Humeruskopfes sowie der den Humeruskopf kaudalisierenden Muskelgruppen (Latissimus dorsi). Håufig ist eine Behandlungsdauer von bis zu 6 Monaten oder auch långer erforderlich, um wieder eine gute Muskelbalance herzustellen. Bei den arthroskopisch und semiarthroskopischen Synovialektomien wird ca. 6 Wochen nach dem Eingriff eine Radiosynoviorthese bzw. chemische Synovialektomie konsequent durchgefçhrt [29, 36, 65, 77], um die Ergebnisse der Synovialektomie noch weiter zu verbessern. Bezçglich der Ergebnisse in der Literatur sei auf Tabelle 1 beim Kapitel ¹Arthroskopische Synovialektomieª verwiesen.
Doppelosteotomie Die Indikation zur Doppelosteotomie (Abb. 13) ist eher der Schmerz aus dem Glenohumeralgelenk als die Synovialitis oder der Beweglichkeitsverlust [8]. Håufig wird dieser Eingriff sinnvollerweise mit einer Synovialektomie der Schulter kombiniert [18]. Benjamin [8] berichtet 1981 in seiner Arbeit çber eine gute bis sehr gute Schmerzerleichterung bei 86 seiner Patienten. Die Schmerzen waren håufig bereits innerhalb der ersten 24 Stunden verschwunden. Der analgetische Effekt wird von ihm im Zusammenhang mit einer Verminderung des intraossåren Ûberdrucks gesehen. Die mittlere Nachuntersuchungszeit seiner Ergebnisse betrug durchschnittlich 13 Monate. Weitere, aktuellere Mitteilungen çber die Doppelosteotomie des Schultergelenkes bei chronischer Polyarthritis sind sehr spårlich, insbesondere hinsichtlich der ausschlieûlichen Anwendung. Die eigenen Erfahrungen beziehen sich ebenfalls auf eine additive Anwendung im Rahmen der Synovialektomie. Gschwend [8, 27] betrachtet die Doppelosteotomie ebenfalls als geeignet fçr Patienten mit juveniler Polyarthritis. Diese Einschåtzung wird von Cofield et al. [17] geteilt, die besonders darauf hinweisen, dass die Ergebnisse bei Osteoarthrose besser sind als bei der chronischen Polyarthritis.
Operative Technik Die Osteotomie wird am Skapulahals und am Collum chirurgicum des Humerus durchgefçhrt. Die Osteotomie im Bereich der Pfanne wird ca. 5 cm medial des Glenoids angelegt, wobei das Osteotom nach dorsal und leicht nach lateral
Abb. 13. Doppelosteotomie nach Benjamin
Schultergelenk
gerichtet ist in einer Ebene, die parallel zur Gelenkflåche der Pfanne steht. Dabei wird die Kortikalis mit einem Klingenosteotom von ca. 6 mm Breite eræffnet und die Spongiosa sternfærmig eingemeiûelt. Somit bleibt die Stabilitåt des Knochens weitgehend erhalten. Die Osteotomie am Humerus erfolgt am Collum chirurgicum in oben beschriebener Weise mit dem Klingelmeiûel, auch hier bleiben Stabilitåt und Kontinuitåt des Knochens erhalten. Somit resultiert keine wesentliche Einschrånkung fçr die Nachbehandlung.
Fazit In den spåten LDE-Stadien III und IV ist die Doppelosteotomie nach Benjamin ein sicherlich sinnvoller additiver Eingriff, durch ihn kann zumindest kurz- bis mittelfristig eine Reduktion des Schmerzes und Verbesserung der Funktion erzielt werden. Als alleiniger Eingriff ist diese Osteotomie in ihrer Wertigkeit nicht ausreichend belegt und der Effekt nicht von Dauer [78].
Akromioplastiken Smith-Petterson und Neer [49] beschreiben je eine Methode der Akromioplastik, wobei die modifizierte Akromioplastik nach Neer håufiger zur Anwendung kommt und zwar sowohl bei systemisch-entzçndlicher Grunderkrankung als auch bei sonstigen Schultererkrankungen, die ihre Ursache im subakromialen Raum haben. Sind die Ergebnisse bei den Patienten aus dem degenerativen Formenkreis sehr positiv, so sind bei Patienten mit systemisch-entzçndlichen Erkrankungen Einschrånkungen gegeben. Durch die Resektion des Ligamentum coracoacromiale und der ventro-lateralen Akromionecke kænnen græûere Defekte entstehen, die spåter notwendige Versorgungen, insbesondere endoprothetische, problematisch werden lassen kænnen. Auch von anderen Autoren wird die Indikation zur Akromioplastik mit Ligamentresektion unter dem Aspekt der daraus resultierenden antero-kranialen Instabilitåt eher zurçckhaltend gesehen [26]. Eine modifizierte vordere Akromioplastik nach Neer [78] wird dann durchgefçhrt, wenn eine Einengung des subakromialen Raumes durch die Form des Akromions und/oder dessen exophytåre Verånderung vorliegt. Ebenso
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sind subakromiale Erweiterungen durchzufçhren bei exophytåren Randzackenbildungen, die vom Akromioklavikulargelenk ausgehen und die subakromialen Strukturen ebenfalls irritieren kænnen. Erwåhnung finden sollte auch noch die Mæglichkeit der Denervation des subakromialen Raumes, welche mit dem Elektrohaken unter dem Akromiondach durchgefçhrt werden kann. Ebenfalls additiv ist eine Denervation mit Koagulation der ventralen Kapselgefåûe zu empfehlen. Isolierte Erfahrungen und Ergebnisse mit diesem Verfahren liegen insbesondere bei der Behandlung von Patienten mit entzçndlichrheumatischen Erkrankungen nicht vor. Wir selbst fçhren die ventrale Kapseldenervierung nach Baumann lediglich additiv im Rahmen von offenen Schultereingriffen durch.
Operative Technik Zur Erweiterung des subakromialen Raumes wird mit der Luer-Zange die ventro/laterale Ecke des Akromions reseziert. Auf eine zusåtzliche Resektion des Ligamentum coracoacromiale sollte verzichtet werden, um einer anterokranialen Instabilitåt vorzubeugen. Die Resektionsflåche wird mit dem Luer geglåttet, damit keine scharfen Kanten entstehen, die die Strukturen des subakromialen Raumes, insbesondere die Rotatorenmanschette, irritieren kænnten.
Fazit Die Indikation zur vorderen Akromioplastik nach Neer [49] mit Resektion der ventro/lateralen Akromionecke sowie des Ligamentum coracoacromiale sollte bei Patienten mit entzçndlich-rheumatischen Erkrankungen eher zurçckhaltend gestellt werden. Insbesondere die Resektion des Ligaments ist nur in Ausnahmefållen durchzufçhren, da dadurch einer antero-kranialen Instabilitåt Vorschub geleistet werden kann. Die Erweiterung des subakromialen Raumes sollte die mæglichst radikale Entfernung des entzçndlichen Gewebes beinhalten. Zusåtzlich erfolgt das Abtragen von exophytåren Randzacken im Bereich des Akromioklavikulargelenkes oder des Akromions selbst. Zusåtzlich empfehlen wir, eine Denervation mit dem Elektrohaken unter dem Schulterdach durchzufçhren, ebenso die Denervation der ventralen Kapselgefåûe nach Baumann. Durch diese Maûnahmen wird
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H. Thabe et al.
eine deutlich verbesserte Beweglichkeit der Schulter ermæglicht, da die Verklebungen in der subakromialen Gleitschicht beseitigt sind. Ebenso wird die Funktionalitåt durch Reduzierung der Schmerzen verbessert, die aus dem subakromialen Raum herrçhren.
Resektions-Interpositions-Arthroplastik H. Thabe
Indikation In den LDE-Stadien IV und V mit deutlicher Destruktion der knæchernen Anteile sind pråventive Eingriffe nicht mehr ausreichend. Rekonstruktive Maûnahmen mçssen fçr die Versorgung herangezogen werden. Eine Alternative zur Endoprothetik ist die Resektions- bzw. Resektions-Interpositions-Arthroplastik [76].
Prinzip Ziel ist die Wiederherstellung der Kongruenz der Gelenkflåchen sowie die Verminderung des Gelenkinnendrucks durch Resektion und Neuformung der Gelenkflåche. Durch die Verkleinerung des Humeruskopfvolumens wird in den meisten Fållen eine weitgehend spannungsfreie Naht bzw. Rekonstruktion der Rotatorenmanschette mæglich. Dies ist die wesentliche Voraussetzung fçr das Funktionieren dieses kraftschlçssigen Verfahrens. Ein Problem der Resektions-Interpositions-Arthroplastik ist die deutliche Verschlechterung des Hebelarmansatzpunktes fçr den M. deltoideus aufgrund der verånderten Schultergelenkbiomechanik [18, 71]. Daher bietet sich eine Kombination der Resektionsarthroplastik mit einer Akromiotomie an. Bei zu starker Verschlechterung des Drehpunktes durch die Verkleinerung des Kopfes kann eine zusåtzliche Resektion im Bereich des Akromions erfolgen, sodass die Zugkråfte çber den Deltoideus wiederhergestellt werden kænnen. Die Deckung mit lyophilisierter Dura dient der Verbesserung des Gleitflåchenanteils und des Schmerzempfindens postoperativ. Ûber das Mobilisierungsprinzip wird ein schneller Umbau der eingebrachten Fremdmaterialien durch eine chondroide Transformation erzielt. Die Resektions-Interpositions-Arthroplastik bedarf einer intensiven krankengymnastischen Nachbehandlung.
Operative Technik Die Resektions-Interpositions-Arthroplastik (RIAP) wird bevorzugt in der von Thabe und Tillmann veræffentlichten Technik [76] durchgefçhrt (Abb. 14 a, b). Nach temporårer Ablæsung des M. deltoideus am Akromionrand mit einer Knochenschuppe nach Smith-Petterson erfolgt die Durchtrennung des Lig. coracoacromiale. Anschlieûend wird der M. subscapularis temporår abgelæst [2] und die Bizepssehne in ihrem Kanal fixiert [3]. Jetzt erfolgt die Verkleinerung des Humeruskopfes [4], gleichzeitig wird somit die Humerusgelenkflåche neu geformt. Die Pfannenrånder werden geglåttet [5] und anschlieûend die verkleinerte Humeruskopfflåche mit Lyodura gedeckt [6]. Die Rotatorenmanschette wird rekonstruiert. Bei starkem Versatz des Schulterdrehpunkts wird das Akromion in der gesamten Front nachreseziert, um eine Verbesserung der Kraftverhåltnisse (des Muskelangriffspunkts) fçr den Deltoideus zu erzielen.
Ergebnisse und Fazit Durch den Raumgewinn und die Mæglichkeit der spannungsfreien Rekonstruktion der Rotatorenmanschette ist der Bewegungszugewinn nach Resektions-Interpositions-Arthroplastiken unmittelbar postoperativ sehr beeindruckend. Die erforderliche groûråumige Exposition setzt
Abb. 14 a, b. Schematische Darstellung der RIAP nach Thabe/Tillmann
Schultergelenk
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Tabelle 2. Ergebnisse nach Resektions-Interpositions-Arthroplastiken Autor
Anzahl RA-Patienten
Schmerzreduktion Abduktions(ARO-Score 1-3) zugewinn (8)
Flexionszugewinn (8)
Innenrot.zugewinn (8)
Auûenrot.zugewinn (8)
Tillmann, Braatz [79] Miehlke, Thabe [44] Milbrink, Wigren [46] Tillmann [80]
22 26 10 29
2,5 ³ 0,8 2,8 ³ 0,6 ± 3,0 ³ 0,6
32 65 67 43
13 28 21 35
15 7 25 25
Abb. 15. Postoperatives Ræntgenbild einer Resektionsinterpositionsarthroplastik der Schulter, 12 Jahre post-op
eine ausgiebige Arthrolyse voraus. Die so erzielte Verbesserung der Beweglichkeit muss in der Nachbehandlung erhalten werden. Die mittelfristigen Ergebnisse [66, 69] zeigen gegençber den Hemiarthroplastikergebnissen deutlich bessere Bewegungsausmaûe (Tabelle 2). Als Zugeståndnis an postoperativ biomechanisch ungçnstige Gelenkpositionen resultieren aber auch hebelarmbedingt schlechtere Kraftverhåltnisse (Abb. 15).
Schulterendoprothetik H. Thabe Der biomechanische Aspekt einer Verbesserung der Hebelwirkung der Muskelangriffspunkte durch Wiederherstellung der Schulterdrehpunkte ist bei rekonstruktiven Eingriffen mitentscheidend [24, 33, 56, 57, 73, 74, 78]. Elektromyographische Untersuchungen haben das Ausmaû der Muskelkraftminderung durch Ønderung der Muskelangriffspunkte eindrucksvoll belegen kænnen [40, 61]. Eine Verlagerung des
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Hebelarmansatzes fçr den Deltamuskel im Glenohumeralgelenk fçhrt zur deutlichen Schwåchung seiner Funktion. Am eindrucksvollsten wurden diese biomechanischen Aspekte bei der Versorgung von Frakturpatienten belegt [38, 47]. Je nach Krankengut variieren die Defekte der Rotatorenmanschette zum Zeitpunkt der Versorgung zwischen 30 und 100% [74]. In den LDEStadien 4 und 5 waren bei Resektions-Interpositions-Arthroplastiken bis zu 94% der Rotatorenmanschetten defekt, bei der endoprothetischen Versorgung fanden sich immerhin in 87% Defekte der Rotatorenmanschette [18]. Eine Deckung der Rotatorenmanschette ist oftmals nur durch eine Schwenklappenplastik des M. subscapularis mæglich oder durch den Rçckzug auf eine extreme Kopfresektion mit Lyodurainterponat (in der Originaltechnik, heute mit Fascia lata o. å.), sodass die Reste der Rotatorenmanschette fçr eine Deckung ausreichen. Andere Implantationsmaterialien haben sich nicht bewåhrt [17]. Eine extreme Verkleinerung des Kopfes birgt die Nachteile der bereits erwåhnten weiteren Verlagerung des Schulterdrehpunktes. In Kombination mit Substanzverlusten am Glenoid æffnet sich dabei eine nicht mehr aufzuarbeitende biomechanische Sackgasse. Das Auftrainieren der Muskelatrophien wird durch Verschlechterung der Muskelangriffspunkte und damit der Arbeitswege zusåtzlich erschwert. Gerade bei ålteren Patienten sollte daher eher durch einen prothetischen Ersatz der Humeruskopfgelenkflåche eine Korrektur der Muskelhebelarme vorgenommen werden [4, 5]. Nicht mehr rekonstruierbare Teilverluste der Rotatorenmanschette waren fçr einige Autoren daher noch bis 1990 eine Kontraindikation fçr eine rekonstruktive Versorgung der Schulter [7, 21]. Einig sind sich im Wesentlichen alle Autoren darçber, dass Insuffizienz und Defekte der Rotatorenmanschette letztendlich Ursache schlechter Ergebnisse sind.
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H. Thabe et al.
Abb. 16. a Deutliche, schon sekundår arthrotische Verånderungen an der Schulter pråoperativ; b Kappenprothese nach Copeland
truktionen der Schultermechanik. Der Gelenkflåchenersatz ist eine gute Versorgungsmæglichkeit bei im Wesentlichen auf die knæchernen Strukturen begrenzten Destruktionen der Schulter. Bei Substanzverlusten der Rotatorenmanschette sind, ebenso wie bei Hemiarthroplastiken (Abb. 17), die Grenzen dieser Rekonstruktion erreicht. Nicht mehr ausreichend rekonstruierbare Rotatorenmanschetten bedeuteten differenzialtherapeutisch die Grenze zur Arthrodese. Insuffiziente Rotatorenmanschetten machen eine Verbesserung der aktiven Bewegungsausmaûe bei kraftschlçssigen Prothesen unmæglich. Wegen des fehlenden aktiven Gegenhaltens der Rotatorenmanschette verpufft die restliche Kraftentwicklung in der kranialwårts gerichteten Luxation des Oberarmkopfes. Diese proximale Migration fçhrt letztlich zum Bewegungsverlust, vor allem in der Elevation [9, 64] Bei Substanzverlusten der Rotatorenmanschette låsst sich eine gewisse Funktionsverbesserung durch Ausgleich der Muskelspannung çber die Verlagerung des Gelenkdrehpunktes erzielen. Heute ist dies mit modularen Kopfkomponenten durch sehr gute Abstimmungsmæglichkeiten aufgrund der Verwendung verschiedener Kopf-Hals-Lången mæglich. Eine gute Knorpeldeckung im Glenoidbereich sowie die Rekonstruktion der Humeruslånge und des Ge-
Der biomechanische Aspekt der Rekonstruktion des Drehpunktes hat das Konzept der Resektions-Interpositions-Arthroplastik gegençber dem der Hemialloarthroplastik deutlich ins Hintertreffen gebracht. Es wurde zunehmend ersichtlich, dass nach Humerusteilersatz im Vergleich zur Resektionsarthroplastik eine Schmerzbefreiung und ein schnellerer Funktionszugewinn resultiert. Vom Prinzip her ist die Resektions-Interpositions-Arthroplastik ein ¹Resurfacingª. Die Problematik dieses Verfahrens besteht auch heute noch in der Verfçgbarkeit biologisch inerter Materialien. Daher ist die Kappenversorgung mit ihren zunehmend stabilen Ergebnissen als echte Alternative dazu anzusehen [20, 33] (Abb. 16 a, b).
Differenzialindikation der Implantattypen Das Ergebnis einer endoprothetischen Versorgung der rheumatischen Schulter hångt in hohem Maû von der Qualitåt der Weichteilstrukturen ab. Eine intakte Rotatorenmanschette bietet die beste Voraussetzung fçr eine gute Rekons-
Abb. 17. Ræntgenbild einer Standard-MVS-Versorgung (Hemiarthroplastik)
Schultergelenk
]
lenkdrehpunktes sind Voraussetzungen fçr die erwåhnten Funktionsverbesserungen. Nicht mehr rekonstruierbare Rotatorenmanschettendefekte waren zunåchst eine Kontraindikation fçr eine endoprothetische Versorgung der Schulter. Ein Ansatz zur Læsung dieser Problematik fçhrte zur Konstruktion von formschlçssigen Prothesen. Die gesamten Kråfte auf das Gelenk mçssen hierbei von der Implantatverankerung abgefangen werden, Glenoidlockerungen waren die Folge [21]. Der Einsatz formschlçssiger Prothesenmodelle hat sich bei der Rekonstruktion der rheumatischen Schulter daher nicht bewåhrt [10].
durch die Pfannenschale rekonstruiert. So wird eine Verbesserung des Muskelarbeitsweges erreicht. Sind die Defekte in der Rotatorenmanschette zu groû und auch durch plastische Maûnahmen nicht sinnvoll und stabil zu rekonstruieren, bieten sich prothetische Versorgungen an, die sich mit ihrer Gelenkflåche unter dem Akromion und am Glenoid abstçtzen. Die groûe åuûere Schale dieses Variokopfsystems kaudalisiert und verbessert somit gleichzeitig den Schulterdrehpunkt. Die Funktion der Rotatorenmanschette wird nun statisch durch das Implantat çbernommen.
Operative Technik fçr rekonstruktive Eingriffe an der Schulter
Ergebnisse
Der intubierte Patient wird in halbsitzender Position auf dem OP-Tisch gelagert, der Kopf in einer Schalenstçtze fixiert. Die Schulter sollte çber die OP-Tischkante hångend positioniert werden, um eine maximale Bewegungsfreiheit fçr die Manipulation des Oberarms zu erreichen. Der Hautschnitt erfolgt modifiziert nach Kessel/Gschwend 3 cm oberhalb des AC-Gelenks zwischen Skapularand und Klavikula çber den vorderen Anteil des AC-Gelenks, çber die Muskelloge an der Vorderkante des AC-Gelenks nach distal ziehend. Die Eræffnung der Muskelloge erfolgt im Faserverlauf. Nach manueller Mobilisation des subakromialen Raumes und evtl. Bursektomie wird die Schulter medial des Sulcus bicipitalis durch Ablæsen des Subskapularismuskels eræffnet. Durch eine zweischichtige Pråparation der Kapsel kann eine Verlångerung dieser Struktur erreicht werden. Bei intakter oder rekonstruierbarer Rotatorenmanschette und guten, ebonisierten, zum Teil noch knorpelgedeckten Glenoidanteilen finden Kappen- oder Hemiprothesensysteme Verwendung, d. h. nur der Humerusanteil wird endoprothetisch ersetzt. Bei intakter oder noch rekonstruierbarer Rotatorenmanschette, aber defizitårem destruierten Glenoid mit dadurch verlagertem Gelenkdrehpunkt wird ein Endoprothesensystem mit einem Variokopfsystem als Ersatz fçr das Pfannenlager oder eine zusåtzliche Glenoidkomponente implantiert. Bei Verwendung von Variokopfsystemen werden die knæchernen Reste des Glenoids nicht zusåtzlich durch ansonsten fçr Glenoidkomponenten erforderliche Verankerungsmaûnahmen geschwåcht. Der Gelenkdrehpunkt wird
Bei der Beurteilung der Ergebnisse muss der Schultergçrtel bei der Funktionsbetrachtung zusammen mit der Wirbelsåule als Einheit gesehen werden. Selten werden Einschrånkungen im subskapulåren Verschiebegelenk klinisch erkannt. Zusammen mit der aus der Wirbelsåule resultierenden Beweglichkeit sind bei Polyarthritikern oftmals allein hier Elevationsbewegungen bis 808 mæglich. Der Funktionsgewinn einer endoprothetischen Versorgung muss daher relativiert werden. Nach Hemiarthroplastiken fållt auf, dass gute klinische Ergebnisse nicht unbedingt mit den ræntgenologischen Ergebnissen korrelieren. Der objektive Bewegungszugewinn im ersetzten Gelenk, ermittelt durch Messung bei fixierter Skapula, korreliert nicht zwangslåufig mit dem Funktionsgewinn der Extremitåt. Der Bewegungszugewinn und die Schmerzbefreiung lassen sich mit der Versorgung der glenoidalen Schulterseite steigern [21, 22]. Eine Funktionsverbesserung der Extremitåt wird allein schon durch die Reduktion des Schmerzerlebnisses erreicht. Die Gebrauchsfåhigkeit der gesamten Extremitåt wird verbessert. Diese Erfahrung wurde von anderen Autoren beståtigt [43], wåhrend eine Zunahme der Beweglichkeit nicht immer nachvollzogen werden konnte [11, 64]. Der biomechanische Aspekt der Verbesserung des Drehpunktes ist fçr die Glenoidversorgung nur als relativer Vorteil zu werten. Es bleibt die Frage, ob die hohen Lockerungsraten der Glenoidkomponente diesen Vorteil rechtfertigen. Eine çber Jahre stetig zunehmende Insuffizienz der Rotatorenmanschette ist ursåchlich verantwortlich fçr vermehrte Lockerungen der Glenoidkomponenten [12, 23, 24].
313
314
]
H. Thabe et al.
] Ursachen der Glenoidimplantatlockerung (Abb. 18). Anhand finiter Elementanalysen wurde dargestellt, dass gerade das Glenoid fçr die Verankerung einer prothetischen Komponente denkbar ungçnstig ist [10]. Bei zunehmendem Abduktionsgrad steigt die Gelenkkraft und damit die Kraft auf die Verankerung auf das 0,8 fache des Kærpergewichtes. Eine Gewichtserhæhung von 50 Newton steigert die Last auf das 2,5 fache des Kærpergewichts. Bei kraftschlçssigen Versorgungen wird diese Kraft græûtenteils muskulår kompensiert werden kænnen, wåhrend die Verankerung einer formschlçssigen Prothese diese Kråfte abfangen muss. Daraus låsst sich der hohe Anteil der Glenoidkomponentenlockerungen von bis zu 51% bei diesen Prothesentypen erklåren [15, 16]. Mit zunehmendem Formschluss steigt die Lockerungsrate weiter an. Schon frçhzeitig wird çber ¹radiolucent linesª mit einer Håufigkeit von 32% [43] çber 36% bis hin zu 86% berichtet. Dabei muss auch hier nicht zwangslåufig eine Korrelation zwischen ræntgenologischen Zeichen und klinischen Ergebnissen bestehen [3]. Torsionsfriktion und Translationskråfte werden als Hauptursache fçr die Glenoidlockerung angeschuldigt. Das Freigeben der Translation durch græûere Pfannendurchmesser in Relation zu den Kopfradien vermindert extrem die Krafteinwirkung auf die Verankerung. Jede Versorgung mit endoprothetischer Wiederherstellung der Gelenkflåchen steht und fållt mit der Qualitåt der muskulåren Fçhrung, gerade im Bereich der Schulter. Daher ist es von entscheidender Bedeutung, Muskelarbeitswege und Funktionswege wiederherzustellen.
Die alleinige Versorgung mit Hemiprothesen oder die Versorgung mit Halbschalen im Humeruskopfbereich bei fehlender Rekonstruktionsmæglichkeit der Rotatorenmanschette muss immer mit einem Hæhertreten des Humerskopfes und letztlich dann auch mit Bewegungsverlust erkauft werden. Je græûer der Kopfradius ist, desto besser stellt sich der Kopf unter dem Akromion ein. Ein Totalverlust der Rotatorenmanschette låsst sich mit der Cup-Version des MVS-Systems (Abb. 19) versorgen. Hier wird åhnlich wie bei der Nearthrosbildung nach schweren Rotatorenmanschettenerkrankungen die zusåtzliche Artikulation unterhalb des Akromions und am Glenoid gesucht. Die Hauptbewegungsrichtung erfolgt dann im inneren Kopf in der Keramikschale. Somit wird von der åuûeren Schale statisch die Rotatorenmanschette imitiert, der Zug çber den Deltoideus verhilft dann zur besseren Kraftentwicklung in der Schulter. Mit diesem System sind auch Totaldefekte bei Rotatorenmanschettenerkrankungen beherrschbar, die frçher Indikation fçr eine Schulterarthrodese waren. Die mobile Læsung bringt fçr den Patienten deutliche Vorteile. Mit Hilfe des Variosystems in modularer Technik wird auf eine fixe Glenoidversorgung verzichtet, das Hauptproblem der Glenoidverankerung kann so vermieden werden. In långeren Verlåufen låsst sich deutlich eine Sklerosierung der subchondralen Anteile der Glenoidseite erkennen. Ein Effekt, der zur weiteren Stabilisierung des Glenohumeralgelenks beitrågt (Abb. 20). Eine einheitliche Bewertung der verschiedenen Veræffentlichungen çber Ergebnisse nach endoprothetischem Ersatz der rheumatischen Schulter ist wegen der Verwendung unterschiedlicher Scores kaum mæglich (Tabelle 3).
Abb. 18. Glenoidlockerung
Abb. 19. MVS-Cup-System mit kurzstieliger Zementvariante
Schultergelenk
]
Tabelle 3. Veræffentlichungen çber Ergebnisse nach endoprothetischem Ersatz der rheumatischen Schulter Autor
Diagnose Jahr
Anzahl (n)
Kompli- Lockekation rung (n) (%)
Infekt (%)
Re-OP (%)
Flex (8)
Flexge- Kein LDE winn (8) Schmerz [%]
Neer [49] Cofield [14] Barrett [7] Friedman [23] Brenner [11] Hawkins [29] Cofield zementfrei [16] Thabe zementiert [75] Kelly [35] Thabe zementfrei [78] Stewart zementfrei [82]
O.A. O.A. O.A. R.A. R.A. O.A. O.A.
1982 1984 1987 1987 1989 1989 1992
194 73 50 35 51 70 31
12 20 16 ± 12 11 2
5 11 10 10 10 7 6,5
0,5 0 0 0 0 0 0
6 7 8 0 4 8 6,5
± 120 100 81 108 131 ±
57 44 29 30 36 60 ±
94 92 88 97 82 91 ±
± ± ± 4 ± ± ±
R.A.
1994
41
3
8
0
8
121
28
92
4/5
R.A. R.A.
1994 1997
36 30
9 (24) 0
9/9 0
0 0
5,5 0
± 114
35 45
± 100
4/5 4/5
R.A.
1996
37
28
2
2
75
22
89
4/5
13
Abb. 20. Ræntgenologische Darstellung der Bewegungen der Cup-Version in der Elevationsbewegung, zuerst erfolgt die Rotation im Prothesensystem (2), erst nach Ende dieser Bewegung erfolgt eine Rotation im Glenoid-Cup-Gelenk (4).
Revisionen Hauptursachen, die zur Revision der endoprothetisch versorgten Schulter zwingen, sind rezidivierende Luxationen und schmerzhafte Lockerungen, vornehmlich im Glenoidanteil Instabilitåten, bedingt durch sekundåre Rupturen der Rotatorenmanschetten, die schon frçhzeitig bei den Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises zu schleichenden und auch plætzlich auf-
tretenden Funktionsverlusten und Beweglichkeitsverlusten fçhren. Das Hæhertreten des Prothesenkopfes unter das Akromion ist dann schon fast beweisend fçr den Defekt der Rotatorenmanschetten. Kommt es zudem zu Instabilitåten und Funktionsverlusten im M. subscapularis, sind oft antero-superiore Instabilitåten und schleichende Luxationen nach vorn-oben die Folge. Bleiben diese, von den Patienten oftmals wegen dringend anstehender anderer Låsionen verharmlost, unbehandelt, werden die spåten Versorgungen zunehmend durch knæcherne Substanzverluste am Glenoid kompliziert. Groûe Substanzverluste am Glenoid sind auch Folgen von Implantatlockerungen nach aufwendigen Glenoidversorgungen und bei Instabilitåten nach gekoppelten Prothesenmodellen. In diesen Fållen war primår schon ein Muskeldefekt in den Rotatorenmanschetten Grund fçr diese Prothesenversorgung oder die Muskelfunktion wurde nicht mehr aktiviert. Der zusåtzliche Knochenverlust nach derartigen Versorgungen belastet selbst die Revision mit schwer vorhersehbaren Ergebnissen. Die Stabilitåt der Schulter kann nur durch zusåtzliche Bewegungseinschrånkungen erkauft werden. Die Instabilitåtszonen mçssen durch Implantate oder Muskelersatzrekonstruktionen gesichert werden, die immer mit Bewegungsverlusten einhergehen (Abb. 21). Defekte, die noch eine knæcherne Schale als Glenoid haben, kænnen gut mit Knochenspånen aufgefçllt und mit Groûkopf- oder Bipolarcupsystemen versorgt werden und lassen auch noch gute Funktionsergebnisse erwarten
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Abb. 21. Originalimplantat Antiluxationsplatte zur Kompensation einer antero-superioren Luxation in Verbindung mit MVS-CupSystem, Position am Skelett (Kunststoffinlay wird in die endgçltige Position in Pfeilrichtung nach dorsal geschoben), Ræntgenbild vor und nach Op.
Arthrodese Indikation
Abb. 22. a Glenoidlockerung; b Versorgung mit Cup-MVS-Version, Glenoid mit Spongiosatransplantat aufgebaut.
(Abb. 22 a, b) Wie bei keinem anderen Krankheitsbild sollte aber die Primårversorgung des Gelenks immer unter den Aspekten der Rçckzugmæglichkeiten indiziert werden, denn irreparable Fehlschlåge fçhren fast zwangslåufig zum Funktionsverlust der betroffenen Extremitåt. Gerade deshalb sollte immer ¹knochensparendª operativ versorgt werden. Groûvolumige, stark knochenresezierende Versorgungen verbieten sich demnach bei rheumatischen Erkrankungen, da die Knochenreserven beim Polyarthritiker nicht ausgeprågt sind und eher der Behandlung lebensgefåhrdender Versorgungen, wie der Spondylodese der HWS vorbehalten bleiben sollten.
Bei neurologischen Låsionen, septischen Komplikationen nach endoprothetischem Ersatz des Schultergelenks und bei ausgeprågten Destruktionen und Knochenverlusten erhålt die Arthrodese des Schultergelenks çber die Restfunktion im subskapulåren Verschiebegelenk immer noch eine gute Beweglichkeit der Schulter. Die Ergebnisse der arthrodetischen Versorgung [59] haben diesem Verfahren den Schrecken genommen. Es wird eine absolut stabile, schmerzfreie Situation im Bereich der Schulter erreicht. Die Bewegungsmæglichkeiten im subskapulåren Verschiebegelenk werden durch eine bessere Ausnutzung der Freiheitsgrade in Funktionsverbesserungen umgesetzt.
Operative Technik Der Zugang entspricht dem zur endoprothetischen Versorgung. Nach Entknorpeln der humeralen, glenoidalen und akromialen Kontaktflåchen erfolgt die Einstellung, wie von Raunio angegebenen [59]: Abduktion: 30±558/Flexion: 308/Innenrotation: 20±308. Die Fixation kann in AO-Technik oder çber 3 Spongiosazugschrauben durchgefçhrt werden (Abb. 23). Wichtig ist, dass eine hohe Primårfestigkeit erzielt wird. Dies ist bei dem entzçndlich bedingt weichen und porotischen Knochen
Schultergelenk
]
Abb. 24. a Osteolytische, septische Komplikation; b Arthrodese mit Spezialplatte Abb. 23. Schultergelenkarthrodese in der Raunio-Technik
oftmals recht schwierig. Bei knæchernen Defekten kann man mit Spezialkonstruktionen unter Einbeziehung der Skapula in die Fixation eine sichere Fusion erzielen. Ansonsten ist die Plattenosteosynthese nach AO eine sichere Methode. Eine Dreipunktverschraubung ist nur bei ausreichender Knochensubstanz mæglich. Zur Verbesserung der Beweglichkeit sollte eine Resektion der Klavikula am akromialen Ende erfolgen.
Ergebnisse Die Entscheidung zur Arthrodese ist sehr kritisch zu fållen. Die Ergebnisse nach primåren Arthrodesen beim Rheumatiker sind durch die Progredienz eines Befalls von Ellenbogen- und Handgelenken potenziell gefåhrdet. Es sollte daher mæglichst eine mobile, gelenkersetzende und somit funktionserhaltende Læsung angestrebt werden. Bei sekundåren Arthrodesen ist die Akzeptanz græûer, die Problematik jedoch nicht geringer. Dies spiegelt sich deutlich in den subjektiven Beurteilungen der Operationsergebnisse wieder. Die Akzeptanz ist erstaunlich hoch, wenn ein Ergebnis erzielt wurde, das eine problemarme Wiedereingliederung in den Alltag ermæglicht und wenn keine entzçndungsbedingte Funktionsverschlechterung der Nachbargelenke eintritt. Die Zahl der Pseudarthrosen nach primåren Arthrodesen ist verschwindend gering. Sie steigt aber bei den Sekundåreingriffen wegen der fehlenden Knochensubstanz deutlich an. In diesen Fållen sind durchaus Indikationen fçr den Einsatz von Spezialanfertigungen fçr die Fixation gegeben (Abb. 24 a, b). Im Zeitalter der endoprothetischen Versorgung mit zunehmend besseren rekonstruktiven
Mæglichkeiten ist die Arthrodese zahlenmåûig deutlich in den Hintergrund getreten. Die neuen Technologien in der Schulterendoprothetik schrånken die Indikation fçr die Schulterarthrodese deutlich ein. Nach Versagen einer endoprothetischen Versorgung ist eine positionsmåûig korrekt eingestellte Arthrodese der Sine-sineArthroplastik deutlich çberlegen.
Postoperative Nachbehandlung der Schulter Die Ergebnisse nach operativen Versorgungen der Schulter stehen und fallen mit der Qualitåt der postoperativen Nachbehandlung und der Regeneration des Schultermotors, der Muskulatur. Wie kein anderes Gelenk ist gerade die Schulter auf eine ausgedehnte poststationåre Behandlung angewiesen. Bis zum Erreichen eines guten postoperativen Funktionszustands muss daher die krankengymnastische Therapie fortgesetzt werden, dieses kann und wird sich in der Regel çber Monate hinziehen. Bei Eingriffen mit Beteiligung der Rotatorenmanschette empfehlen wir postoperativ die Lagerung auf einer Thoraxabduktionsschiene (Abb. 25). Nach unserer Erfahrung kann dadurch ein wesentlich schnellerer und sicherer Zugewinn der Abduktionsfåhigkeit erzielt werden. Bei spannungsfreier Adaption der Rotatorenmanschette kann die Schiene zur Nacht gegen eine Gilchrist-Bandage ausgetauscht werden. Ab dem 1. postoperativen Tag sollte eine Wechsellagerung zwischen zweimal 1 1/2 Stunden Lagerung auf der Thoraxabduktionsschiene und der Gilchrist-Bandage erfolgen. Ab dem 2. postoperativen Tag, nach Entfernung der Redon-Drainagen, kann zusåtzlich fçr
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H. Thabe et al.
Abb. 25. Thoraxabduktionskissen
zweimal 1 Stunde auf einer CPM-(ContinuousPassive-Motion-)Maschine eine reine Elevationsbewegung durchgefçhrt werden. Die individuelle krankengymnastische Mobilisationstherapie mit isometrischen Spannungsçbungen zur Kråftigung des Deltamuskels sowie aktiv-assistierte krankengymnastische Ûbungselemente begleiten die erste Behandlungsphase. Ûber einen Zeitraum von 14 Tagen sollte diese Therapieform beibehalten werden. Anschlieûend sind zunehmend aktive krankengymnastische Ûbungen erlaubt. Gefçhrte Elevationsçbungen çber Kopf in Rçckenlage kænnen zur Dehnungsbehandlung unterstçtzend durchgefçhrt werden. Nach gesichertem Ausheilen/Anheilen der intraoperativ abgelæsten Muskulatur (ab der 6. Woche) kann die Beçbung der Auûenrotation aufgenommen werden. Jetzt sind alle Schulterçbungen, auch gegen Widerstand erlaubt.
Fazit Die Wertigkeit der Schulterversorgung steht und fållt mit der Qualitåt und der Rekonstruierbarkeit des Muskelmantels ± vornehmlich der Rotatorenmanschette. Die operativ erzielten Ergebnisse haben den Wert einer mæglichst frçhzeitigen Intervention beståtigt [19]; obwohl sich heute auch Stimmen mehren [26], die Schulter wegen der Kompensationsmæglichkeiten der Gelenkfunktion çber Ellenbogen und Handgelenk erst spåter und dann durch frçhzeitige endoprothetische Versorgung zu behandeln. Mit minimalinvasiven Techniken lassen sich groûe Muskelablæsungen vermeiden
und bei isolierter Pathologie des Gelenkbinnenraums eine gute und schnell verbesserte Gelenkfunktion erzielen. Der ¹operative Schadenª vor der endoprothetischen Versorgung ist dadurch verschwindend gering. Durch die Wahl eines Standardzugangs kann bei offenen Eingriffen der Schaden an kontraktilen Strukturen ebenfalls deutlich minimiert werden. Sind ausgeprågte Destruktionen am Schultergelenk Ausgangspunkt einer operativen Versorgung, bieten modulare Schultersysteme heute gute Voraussetzungen fçr die Wiederherstellung der Gelenkfunktion und dies selbst in Fållen mit groûen Rotatorenmanschettendefekten. Eine Verschiebung der Indikation hin zum endoprothetischen Ersatz nach vorn in das LDE-Stadium III (mit besseren Weichteilverhåltnissen) wird anfånglich bessere Ergebnisse erbringen. Mit dieser Verschiebung der Indikationsgrenze wird auch der Zeitpunkt fçr derartige Maûnahmen vorverlegt. Dies mçsste wiederum durch verlångerte Standzeiten der Implantate kompensiert werden. Der pråventive Eingriff an der Schulter hat daher weiter seinen festen Platz in der operativen Versorgung, da er diese Indikationszeitgrenzen zur endoprothetischen Versorgung hinausschieben kann.
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56. 57. 58. 59. 60. 61.
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Vorfuû
K. Tillmann
Eingriffe am Vorfuû Inzidenz des Vorfuûbefalls Wie bereits in den vorangegangenen Kapiteln erwåhnt, ist ± entgegen der landlåufigen Meinung ± der Vorfuû bei entzçndlich-rheumatischen Krankheiten insgesamt weniger håufig befallen als der Rçckfuû [126, 142]. Vainio [137] stellt jedoch fest, dass mehr als 50% von hospitalisierten Patienten an Vorfuûproblemen litten. Das dçrfte auch der Erfahrung anderer spezialisierter Kliniken entsprechen. Bei der juvenilen chronischen Polyarthritis ist der Vorfuûbefall geringfçgig seltener. Der Unterschied zwischen dem weitaus håufigeren Rçckfuû- und dem Vorfuûbefall ist hier jedoch deutlicher als beim Erwachsenen [3, 47, 69, 94, 120]. Nach unserer Erfahrung sind die resultierenden Deformierungen meist weniger ausgeprågt, der Verlauf auch langsamer. Wenngleich es bezçglich der Deformierungen und auch in der Therapie Ûbereinstimmungen gibt [126, 137], so gibt es doch auch Unterschiede, so das håufigere Auftreten des Hohl- und Hackenfuûes, der Vorfuûadduktion und des Hallux flexus und rigidus sowie Wachstumsdifferenzen [29, 47, 120, 134, 137]. Bezçglich des Befallsmusters ist bei entzçndlich-rheumatischen Gelenkkrankheiten insbesondere die MTP-Reihe betroffen, weniger håufig die interphalangealen Gelenke. Beugekontrakturen der Interphalangealgelenke ohne Entzçndungsanamnese und ohne entsprechenden klinischen Befund sind meistens sekundåre Folge der MTP-Gelenk-Fehlstellungen.
schen Polyarthritis mit der Hand konkurrieren. Dies mag verwundern, da der Ursprung und die Ausrichtung der Deviation in mancher Hinsicht mit denjenigen identisch ist, die rein mechanischen Ursprungs sind [59, 107]: Spreizfuû, Hallux valgus, Hammerzehen II±V, fibulare Abweichung II±IV und ¹Digitus V varusª [126]. Das Resultat ist durch den Hallux valgus und den ¹Digitus V rheumaticusª eine triangulåre Form in der Aufsicht (Abb. 1 a, b), im Querschnitt durch plantarkonvexe Deformierung des Quergewælbes oft eine verrundete Form ([84], Abb. 2 a, b), betont durch Gelenkschwellungen, ausgeprågte Bursen und Schwielenbildungen. Hautatrophien und Ulzerationen kænnen sowohl durch vaskulåre Verånderungen [26, 139] als auch durch die medikamentæse Therapie, speziell durch Steroide hervorgerufen werden. Rheumaknætchen und -knoten vervollståndigen das charakteristische Erscheinungsbild. Das charakteristische Erscheinungsbild des rheumatischen Vorfuûes ist somit weniger an der Art der Deformationen, sondern von ihrem Ausmaû und den begleitenden Weichteilverånderungen geprågt (s. Abb. 1 a).
Klinisches Erscheinungsbild des Vorfuûbefalls Wåre der Fuû mehr den Blicken preisgegeben, so kænnte der rheumatische Fuû mit seiner typischen Erscheinung als Symbol der chroni-
Abb. 1. a Typisches Erscheinungsbild des rheumatischen Vorfuûes mit Zehenfehlstellungen und entzçndlichen Bursitiden; b 2 Jahre nach operativer Korrektur mittels Bursektomien, Sehnenreplatzierungen, Resektionsarthroplastiken aller Zehengrundgelenke (II±V von plantar) und Hohmann-Operation der Zehen II, IV und V.
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K. Tillmann
Abb. 2. Gebråuchliche Schnittfçhrungen am rheumatischen Vorfuû. a dorsal; b plantar
Diagnostik Die ersten und meist auch entscheidenden Hinweise ergeben sich aus der Anamnese. In aller Regel ist die Diagnose långst gestellt, bevor die Vorfuûprobleme die Patienten zum Spezialisten fçhren. Der initiale Befall des Vorfuûes ist allerdings auch keine Raritåt ± in der Praxis des niedergelassenen Kollegen sicherlich håufiger als in der Klinik. Der Patient klagt zunåchst çber Vorfuûschmerzen beim Abrollen, die meist als Metatarsalgien oder arthrotische Beschwerden gedeutet werden. Manchmal kann eine schubweise Verstårkung der Beschwerden den Verdacht auf ein entzçndlich-rheumatisches Geschehen lenken. Besonders verdåchtig und leider zu wenig beachtet ist die Angabe einer raschen Progredienz der Deformierungen, insbesondere eines Hallux valgus [126, 137]. Im Verdachtsfalle sollte wenigstens danach gefragt werden: Eine positive Antwort fçhrt fast immer in die richtige Richtung. Bei der klinischen Untersuchung kann ± wie auch an der Hand ± der Gaensslen-Handgriff (transversale Vorfuûkompression in Hæhe der Mittelfuûkæpfchen) einen Hinweis geben. Nach unserer Erfahrung ist allerdings die einfache Palpation schmerzhafter Schwellungen einzelner Gelenke und ebenso die Schmerzangabe bei passiver plantarer Flexion der MTP-Gelenke diagnostisch ungleich wertvoller und ergiebiger. Ein transversaler oder radiårer Befall der Gelenkreihe bzw. eines Zehenstrahls ist håufig bei der Psoriasis-Arthritis. Neben den Haut- sind auch die Zehennagelverånderungen zu beachten, die zunåchst meist als Onychomykose gedeutet werden. Bei radiårem Befall geben oft die resultierenden ¹Wurstzehenª
den Ausschlag fçr die klinische Diagnose. Die tophæse Gicht ist in ihrem klinischen Erscheinungsbild insbesondere bei Befall des Groûzehengrundgelenks unverkennbar. Håufiger sind allerdings nach unserer Erfahrung schleichende Verlåufe, die ± klinisch wie radiologisch ± eher einer Arthrose entsprechen. Bei diagnostischen Unsicherheiten bei der Frçhphase des rheumatischen Vorfuûbefalls kann die Szintigraphie hilfreich sein. Sie sollte allerdings die klinische Diagnostik nicht erçbrigen, sondern dieser nachgeordnet sein ± nicht umgekehrt. Gegençber der Region des Rçckfuûes, wo die Objektivierung und Befunddokumentation besonders tendinæser peritendinitischer Verånderungen wichtig sein kann [13, 31], ist der Stellenwert der Sonographie im Vorfuûbereich praktisch geringer, desgleichen derjenige der Kernspintomographie. Die Ræntgenuntersuchung des Vorfuûes in zwei Ebenen ist nach wie vor die wichtigste Ergånzung der klinischen Untersuchung. Das Fehlen radiologischer Destruktionen bei ausgeprågten Deviationen und ± nicht immer ± von klinischen Entzçndungszeichen kann den Verdacht auf das Vorliegen einer Kollagenose erwecken [86, 89], der dann ggfs. labordiagnostisch nachgegangen werden kann. Eine Gelenkspalterweiterung kann durch entzçndliche Kapselausweitungen und Erguss bedingt sein. Gelenkspaltverschmålerungen ± sofern nicht projektionsbedingt ± treten bei raschem Verlauf ohne die Begleitphånomene der degenerativen Verånderungen wie subchondrale Sklerosierung und Randosteophyten auf. Eher kommt es zu dem Verlust der Grenzlamellen [30]. Zystische Verånderungen und Randusuren sind weniger spezifisch, wenngleich eine Randsklerose eher suspekt auf eine degenerative Genese ist. Ein radiåres oder transversales Befallsmuster spricht fçr eine Psoriasis-Arthritis ± zusammen mit den pathognomonischen ¹Protuberanzenª [104]. Irregulåre oft auf benachbarte Skelettanteile çbergreifende, teils unscharf begrenzte, teils ¹ausgestanzteª Knochendefekte, oft im Bereich schwach schattengebender Weichteiltumoren insbesondere im Bereich des Groûzehengrundgelenks sind charakteristisch fçr eine Arthritis urica. Entsprechend dem klinischen Verlauf (s. o.) sollte ein isoliertes Auftreten typischer arthrotischer Verånderungen am Groûzehengrundgelenk an eine urikåmische Verursachung denken lassen. Mutilierende Verånderungen,
Vorfuû
insbesondere die MTP-Gelenke betreffend, kommen am håufigsten bei entsprechenden Verlaufsformen der chronischen Polyarthritis vor. Ausgeprågte Gelenkdestruktionen ohne Beschwerden und mit wenig auffålligem klinischen Befund haben wir insbesondere bei der Spondylitis ankylosans gesehen. Die oft abenteuerlichen typischen rheumatischen Zehendeformierungen und -deviationen spiegeln sich natçrlich auch in den Ræntgenbildern wieder. Zystische Verånderungen und Erosionen wie auch Mutilationen, besonders der Metatarsalkæpfchen und die oft becherfærmigen Deformierungen der Grundgliedbasis sind in den Spåtstadien meist verbunden mit einer proximalen und fibularen Subluxation oder Luxation der Grundglieder.
Pathomechanik der Vorfuûdeformierungen Im Grundsatz ist der Ursprung statischer und rheumatischer Vorfuûdeformierungen der gleiche: Die Schwerkraft çberwindet die aktiven und passiven formerhaltenden Kråfte. Zusåtzlich kænnen diese bei rheumatischen Entzçndungen durch den systemischen Prozess und çberdies durch die medikamentæse Behandlung geschwåcht werden. Das Ergebnis ist eine Beschleunigung der Progredienz und eine ausgeprågte Verstårkung der Deformierungen [120]. Die Vorfuûdeformierungen werden darçber hinaus håufig ausgelæst und begçnstigt durch die Verånderungen im Rçckfuûbereich. Es bestehen hier augenfållige Zusammenhånge [126, 127, 137]. Den håufigsten Deformierungen und Abweichungen der Zehen ± gleich ob statischen, dynamischen oder entzçndlichen Ursprungs ± geht der Spreizfuû voraus. Dieser resultiert bei der chronischen Polyarthritis håufig aus der gegenseitigen Beeinflussung der besonders håufigen Gelenkverånderungen auf der tibialen Fuûseite, speziell des Talonavikular- und des 1. Metatarsophalangealgelenks. Diese beiden Gelenke sind im Vor- bzw. Rçckfuûbereich am håufigsten betroffen [49, 126, 137]. Eine schmerzbedingte Entlastung dieser Gelenke dçrfte der Hauptgrund sein fçr die auch pedographisch gefundene Lateralisation der Vorfuûsohlendrucke [51, 119]. Das resultierende klinische Phånomen wurde von Vainio [137] als ¹Metatarsus primus elevatusª beschrieben. Dieser fçhrt per se zu einer Supination des Vorfuûes und zu ei-
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ner Abflachung sowohl des Långs- als auch des Quergewælbes des Fuûes. Wird diese Position fixiert, fçhrt eine plantigrade Belastung des Vorfuûes automatisch zu einer Valgisierung des Rçckfuûes. Durch diese Wechselwirkung von Vor- und Rçckfuûverånderungen und -deformierungen entsteht der ¹Pes antice supinatus, postice pronatusª [59]. Aus Grçnden der besseren Verståndlichkeit sollten die Verånderungen der Groûzehe, der mittleren Zehen und der 5. Zehe gesondert besprochen werden. Die håufigste Zehendeformierung des rheumatischen Vorfuûes ist der Hallux valgus [68, 126]. Die Schwere und die Håufigkeit nimmt mit der Krankheitsdauer zu: bei Frauen stårker als bei Månnern [137]. Wir betrachten diese Deformierungen als eine Folge der Elevation des Metatarsale I, welches zusåtzlich in eine Varusund Supinationsfehlstellung geråt. Dadurch wird eine fibulare Verlagerung der Strecksehnen, weniger ausgeprågt der Beugesehnen verursacht. In Relation zum Metatarsale I kommt dadurch die groûe Zehe in eine Valgus- und Pronationsfehlstellung. Bei Zerstærungen der Kollateralbånder und der Abduktor-Sehne, verursacht durch die ¹entzçndliche Zangeª der Synovialitis von innen und der Bursitis von auûen, kombiniert mit einem Plantarverrutschen der Abduktorsehne als Folge der Rotationsfehlstellung des Matatarsale, wird die Fehlstellung fixiert. Beides ermæglicht die fibulare Subluxation der Grundgliedbasis, die wir radiologisch in etwa 1/3 aller Valgus-Deformierungen gefunden haben [126]. Der Hallux rigidus ist eine relativ håufige funktionelle Stærung bei Rheumatikern, der Hallux varus selten [126, 137]. Die limitierte Dorsalextension der MTP-Gelenke ist håufig kombiniert mit einer meist entzçndungsbedingten Ûberstreckung oder Instabilitåt des Groûzehenendgelenks [101, 126, 137]. Wir sehen einen Zusammenhang zwischen beiden funktionellen Stærungen. Einen Hallux malleolus haben wir nur in Kombination mit einem Hohlfuû gesehen. An den Zehen II±IV ist die Kombination von Hammerzehe und fibularer Deviation die ¹typischeª Deformierung. Wir sehen sie in Zusammenhang mit dem Spreizfuû und der Mittel-/ Vorfuûabduktion, die durch die Abflachung des Långsgewælbes entsteht. Hierdurch wird der Zug der kurzen Zehenstrecker nach lateral verlagert und begçnstigt so die laterale Deviation und ± im Falle einer ligamentåren Instabilitåt ± auch
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die laterale Dislokation dieser Zehen. Die Ûberstreckung und dorsale Dislokation der Grundgliedbasen aller lateraler Zehen infolge Schwåchung der plantaren Kapsel durch die ¹entzçndliche Zangeª der Synovialitis von innen und der Bursitis von auûen (s. o.) begçnstigt wiederum die interdigitale Dislokation der Beugesehnen, was ebenfalls zur Hyperextension und dorsalen und fibularen Dislokation der Grundgliedbasen dieser Zehen fçhrt. Kommen Beugesehnen dorsal des Drehpunktes der MTP-Gelenke zu liegen, so wird die Deformierung extrem und irreversibel [126]. Die 5. Zehe folgt bzgl. der Pathomechanik der dorsalen Dislokation den o. g. Gesetzen, die fçr alle Zehen gelten. Bezçglich der Zehabweichung ist die Situation der 5. Zehe dagegen anders. Die o. g. Rçck- und Mittelfuûdeformierungen ± Senk- und Spreizfuû ± sind gekoppelt mit einer Abduktion des Mittel- und Vorfuûes, was eine Valgus- und Pronationsfehlstellung des 1. Strahls nach sich zieht. Diese Fehlstellung wird wahrscheinlich noch begçnstigt durch den sehr håufigen Befall besonders der lateralen Tarsomatatarsalgelenke [126, 127]. Da am 5. Strahl eine kurze Strecksehne nicht vorhanden ist, wird die lange in tibialer Richtung verzogen, was zu einer Varus-Fehlstellung der 5. Zehe fçhrt. Der ¹Digitus V varus rheumaticusª ist nach unseren Untersuchungen mehr als zweimal håufiger als die Fibularabweichung der 5. Zehe [126]. Letztere sehen wir hauptsåchlich bei Patienten mit einem stark betonten Långsgewælbe (Hohlfuû) ± ebenso wie den Hallux malleus (s. o.). Die pronatorische Rçckdrehung der Groûzehe und analog ± die Supination der Kleinzehe (gegenlåufig zur Rotation der Metatarsalia!) ist vorwiegend eine Folge des plantaren Abrutschens der zugehærigen Abduktorsehnen bei der Valgus-Deformierung der Groûzehe bzw. der Varusfehlstellung der Kleinzehe. Nach unserer Erfahrung ist die Flexionskontraktur der Interphalangealgelenke bei der chronischen Polyarthritis håufiger ein durch Dysbalance der Sehnen verursachtes sekundåres Phånomen, als eine Entzçndungsfolge. Letztere finden wir håufiger bei der Psoriasis-Arthritis (¹Wurstzeheª s. o.), als bei der chronischen Polyarthritis.
Operationsindikation Obgleich bei der rheumatoiden Arthritis der Rçckfuû deutlich håufiger befallen ist als der Vorfuû, wird die Indikation zur Vorfuûoperationen viel håufiger gestellt als am Rçckfuû, in unserer Klinik mehr als doppelt so oft. Der Grund liegt seitens der Patienten wohl in der schlechteren Entlastungsmæglichkeit bei Schmerzen, seitens der Operateure in den sehr guten Erfolgsaussichten operativer Vorfuûkorrekturen. Diese werden von Gschwend [45] und Souter [115], den Erfolgschancen der håufigsten rheumachirurgischen Operationen entsprechend, als ¹Eingriffe erster Ordnungª eingestuft: Souter spricht von einer ¹Winner-Operationª, die sich gut fçr den Einstieg in eine operative Rehabilitation vielfach behinderter Patienten eignet. Wie generell in der operativen Rheumatologie, so ist auch am Vorfuû die Indikation zu einer Operation nur dann gerechtfertigt, wenn die konservativen Behandlungsmæglichkeiten erschæpft oder nicht mehr viel versprechend sind. Da kosmetische Ûberlegungen generell zurçcktreten und da die funktionellen Ansprçche sich im Wesentlichen auf die Gehfåhigkeit beschrånken, konzentrieren sich die Ûberlegungen auf zwei Gesichtspunkte: ] die Schmerzminderung auf ein fçr den Patienten akzeptables Maû, ] die Beschuhbarkeit des Fuûes. Da Schmerz ein subjektives Phånomen ist und da objektiv gleich erscheinende Verånderungen ein vællig unterschiedliches Beschwerdebild verursachen kænnen, ist die Entscheidung fçr einen operativen Eingriff in erster Linie vom Patienten ausgehend. Die Frage der Beschuhbarkeit ist gemeinsam mit dem Orthopådieschuhtechniker zu beantworten. Die Auswahl eines geeigneten Handwerkers hat in der Rheumaorthopådie ein ganz besonderes Gewicht. Nur ein Orthopådieschuhtechniker, der sich engagiert mit dem rheumatischen Fuû befasst und vom kooperativen Arzt mit spezieller Sachkunde informiert wird, wird eine akzeptable Arbeit leisten kænnen und somit bei der Differenzialindikation zwischen operativer und konservativer Behandlung hilfreich sein kænnen.
Vorfuû
Operative Zugånge
Therapie
Praktisch alle operativen Zugånge, die im Bereich des Vorfuûes bekannt sind, sind auch bei rheumatischen Fçûen schon angewendet worden. Die Auswahl richtet sich eher nach dem Gelenkbefall (Verteilungsmuster) als nach der Art des durchzufçhrenden speziellen Eingriffs. Bei Rheumatikern sollte auch immer bedacht werden, dass zum Zeitpunkt der Operation noch nicht befallene oder ¹operationswçrdigeª Gelenke im weiteren Verlauf betroffen werden kænnen. Da meistens die gesamte MTP-Reihe betroffen ist, werden die Gelenke II±V in der Regel von transversalen Zugången erreicht. Dabei liegt es in der persænlichen Einschåtzung des Operateurs, ob er dorsal oder plantar zugeht. Beide Zugånge haben ihre Vor- und Nachteile [5, 103, 128], und bei einer Sichtung der Weltliteratur war eine eindeutige Ûberlegung nicht festzustellen [128]. Mit der Wahl des Operationsverfahrens legt man sich bezçglich des Zuganges weitgehend fest. Neben der transversalen dorsalen [18, 34, 67, 79] sind auch longitudinale Einzelschnitte [74, 76, 117] çber den MTP-Gelenken mæglich. Diese werden håufig bevorzugt, wenn nur einzelne Gelenke befallen sind. Sie sind auch zu bevorzugen, wenn ausgiebigere Resektionen der Grundphalangen Bestandteil der Korrektur sind (Abb. 2 a). Ist eine Dermodese beabsichtigt, sind wiederum spezielle plantare Schnittfçhrungen erforderlich [34, 77, 103, 126, 131] (Abb. 2 b). Bei Operationen am Groûzehengrundgelenk wird generell dem dorsotibialen Zugang der Vorzug gegeben ± mit oder ohne plastische Schwielenexzision. Am IP-Gelenk der Groûzehe werden çberwiegend dorsale Querzugånge bevorzugt. Es ist jedoch auch eine Y-færmige Schnittfçhrung mæglich, die u. U. einen besseren Ûberblick verschafft (Abb. 2 a). Die meist beugekontrakten PIP-Gelenke werden von dorsalen Långsschnitten aus freigelegt ± meist mit plastischer Umschneidung allfålliger Hautschwielen und Exzisionen streckseitiger Bursen (s. Abb. 2 a). Die DIP-Gelenke sind selten direktes Ziel operativer Eingriffe. Auch hier ist eine dorsale transversale Freilegung mæglich. Hier bevorzugen wir allerdings wegen der kleinen Verhåltnisse den Y-Schnitt, ebenfalls in Verlångerung des långs gerichteten Zugangs çber dem benachbarten PIP-Gelenk (Abb. 2 b).
Therapieziele
]
Die Zielsetzung ist am rheumatischen Vorfuû ausgerichtet auf die Reduzierung, mæglichst Beseitigung von Schmerzen und den Erhalt bzw. die Wiederherstellung der Geh- und Abrollfunktion. Durch die konservative Behandlung wird auch hier versucht, operative Eingriffe entweder zu erçbrigen (was leider oft nicht dauerhaft mæglich ist) oder die Voraussetzung fçr spåtere Korrekturen zu verbessern. Werden letztere Therapiemaûnahmen erforderlich, so kann die Zielsetzung nur begrenzt sein (¹limited goalª): Die Herstellung physiologischer Verhåltnisse ist mit rekonstruktiven Maûnahmen nicht erreichbar. Auch ein voller Rçckgewinn der Funktion stellt eine Ausnahme dar. Kosmetische Gesichtspunkte treten im Vergleich zur Hand in den Hintergrund, Verbesserungen werden jedoch sehr dankbar angenommen. Die positive psychologische Wirkung sollte nicht unterschåtzt werden. Groûe Bedeutung kommt der Frage der ¹Beschuhbarkeitª zu. Ein geschickter engagierter erfahrener Orthopådieschuhtechniker kann zwar viele Operationsindikationen hinauszægern, jedoch gibt es natçrlich auch fçr ihn Grenzen.
Operationszeitpunkt Der Zeitpunkt eines operativen Eingriffes wird in erster Linie vom Patienten bestimmt. Dort, wo konservative und operativ pråventive Maûnahmen nur begrenzt Erfolgsaussichten haben, gilt dies um so mehr. Schwierig kann die Entscheidung werden, wenn Einzelgelenke betroffen sind. Haben systemische und konservative lokale Maûnahmen keine Erfolgsaussichten mehr und ist mit einer raschen Progredienz in den Nachbargelenken nicht zu rechnen, so kann man trotz gewisser Vorbehalte eine Synovialektomie anbieten. Man kann damit Zeit und abwartend Klarheit çber die Notwendigkeit einer evtl. umfassenderen spåteren Therapie gewinnen. In dieser Situation darf natçrlich nicht zu lange gewartet werden. Dies gilt auch fçr die isolierte Rekonstruktion destruierter Einzelgelenke.
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K. Tillmann
Synovialektomie
Weitere Weichteileingriffe
Wie bereits erwåhnt, wird ± abgesehen vom Fuû ± die Indikation zu einer isolierten Synovialektomie nur selten gestellt, wåhrend die Kombination mit rekonstruktiven Maûnahmen immer indiziert erscheint, solange der entzçndliche Prozess aktiv ist. Die alleinige Synovialektomie wird praktisch nur an den MTP-Gelenken, allenfalls noch am IP-Gelenk der Groûzehen durchgefçhrt, besonders bei isoliertem Befall einzelner Gelenke (s. o.), und zwar von einem dorsalen Zugang aus. Ob eine longitudinale (meist bogenfærmige) oder transversale Schnittfçhrung gewåhlt wird, sollte vom Befallsmuster sowie von der Einschåtzung des Risikos eines zeitlich versetzten Befalls weiterer MTP-Gelenke abhångig gemacht werden. Bei noch straffer Bandfçhrung ± und hier liegt das Hauptindikationsfeld ± ist oftmals nur eine dorsale Synovialektomie sowie eine Synovialektomie unter den Seitenbandansåtzen mæglich. Bei fibularer Deviation gehen wir entweder fibular der kurzen Strecksehne, sonst zwischen långer und kurzer Strecksehne auf das Gelenk ein. Bei vorliegender Tendenz zur Hyperextension kann eine dorsale Ablæsung der proximalen Seitenbandansåtze den Eingriff erleichtern und auch einen gewissen Zugang nach plantar ermæglichen, ebenso bei einer weitgehenden Ablæsung des fibularen Seitenbandes (mæglichst im Periostverbund) bei schon vorliegender fibularer Abweichung (bzw. tibial bei Varusabweichung der 5. Zehe). Natçrlich werden die Kollateralbånder in diesen Fållen nicht zurçck vernåht. Eher kann eine korrigierende Raff- und Stabilisierungsnaht auf der Gegenseite der Deviation von Nutzen sein. Nach Raunio u. Laine [99], Brattstræm [15] sowie Aho u. Halonen [1, 2] sind die Resultate zufriedenstellend. Unsere eigene limitierte Erfahrung reicht fçr eine Stellungnahme nicht aus. Eine Studie mit mittlerer Beobachtungsdauer ergab eine anhaltende Schmerzlinderung çber die sieben Jahre in der Hålfte der Patienten. Wenn eine Resektionsarthroplastik nachgeholt werden muss, dann zwei bis sechs Jahre spåter [2]. Benjamin u. Helal [9] fanden vierzehn von achtzehn operierten Vorfçûen nach fçnf Jahren schmerzfrei, wåhrend vier innerhalb der ersten drei Jahre nachoperiert werden mussten. Belt et al. [10] haben bei långerer Nachbeobachtung 75% der synovialektomierten MTP-Gelenke resezieren mçssen.
Weichteilentspannende Maûnahmen sind Bestandteil vieler korrigierender Eingriffe im Vorfuûbreich. Isoliert werden sie dagegen nur selten durchgefçhrt. Die Tatsache, dass die zugrundeliegende Deformitåt unkorrigiert bleibt, beinhaltet ein hohes Rezidivrisiko. Marmor [79] empfahl eine Kombination von Z-færmiger Strecksehnenverlångerung, Querinzision der dorsalen Gelenkkapsel und Synovialektomie der MTP-Gelenke und, wenn notwendig, die Exzision dorsaler Schwielen çber den PIP-Gelenken çber einen dorsalen Långsschnitt. Preston [98] empfahl subkutane Tenotomien der langen Strecksehnen proximal der kurzen Sehneneinstrahlungen und ± falls notwendig ± eine dorsale Kapsulotomie. Eine konsequente aktive korrigierende krankengymnastische Behandlung ist danach erforderlich. Nachuntersuchungsergebnisse dieser Weichteilkorrekturen liegen nicht vor. Isolierte Bursektomien sind im Vorfuûbereich relativ selten, kænnen aber çber den PIP-Gelenken erforderlich werden, ohne dass die Notwendigkeit einer gleichzeitigen Gelenkoperation besteht. Sie werden in der Regel mit långs ovalåren plastischen Exzisionen verbunden, die bei korrekter Positionierung und Dimensionierung einen sehr guten Dermodese-Effekt haben kænnen. In der Regel werden sie gleichzeitig mit einer Narkosemobilisation, manchmal mit einer temporåren Drahtstiftarthrodese verbunden ± sowohl zur Stellungskorrektur als auch zur Sicherung der Wundheilung. Die Bursektomien unter den MTP-Kæpfchen, bei I und V auch fibular, werden in der Regel in Verbindung mit Gelenkoperationen (meist Rekonstruktionen, s. o.) durchgefçhrt. Die Bursitiden kænnen aber auch isoliert behandlungsbedçrftig werden oder nach operativer Behandlung rezidivieren und dann zu Operationen Anlass geben. Meist wird auch hier die Exzision mit einer Hautplastik und Dermodese verbunden. Rheumaknoten treten an den Vorfçûen seltener auf als im Bereich der Hånde. Die Håufigkeit hat allerdings nach unserer Erfahrung durch die Einfçhrung der MTX-Behandlung zugenommen. Da die Rezidivhåufigkeit hoch ist, wird die Exzision nur dann durchgefçhrt, wenn dem Patienten durch die Knotenbildungen nennenswerte Beschwerden entstehen.
Vorfuû
Osteotomien Proximale Osteotomien der Metatarsalia [12, 73] sind bei entzçndlich-rheumatischen Gelenkkrankheiten nicht verbreitet. Da Fehlstellungen in aller Regel durch entzçndliche Verånderungen in den Tarsometatarsalgelenken mit nachfolgenden Gelenkdestruktionen oder weichteilbedingten Kontrakturen sind, wird man ± wenn çberhaupt ± eher die befallenen Gelenke in korrigierter Stellung versteifen. Dagegen ist die distale Metatarsalosteotomie, die durch Helal [53] populår gemacht wurde, ein relativ anspruchsloser Eingriff, der die Patienten meist nur wenig belastet. Die Operation wird in der Regel von einem distalen interdigitalen Långsschnitt am Fuûrçcken ausgefçhrt. Die Osteotomieebene wird proximal des Gelenks von dorsal proximal nach plantar distal gelegt, ohne das Gelenk selbst zu tangieren (Abb. 3) mit der Zielsetzung, eine Verschiebung des distalen Fragments nach proximal und dorsal zu ermæglichen und auf diese Weise den so behandelten Zehenstrahl funktionell zu verkçrzen und die plantare Belastung des Mittelfuûkæpfchens bei der Abrollung zu reduzieren. Es wird dabei auch auf den bisher ungeklårten Osteotomieeffekt bzgl. der gçnstigen Beeinflussung der Synovialitis reflektiert. Wenige Tage nach der Operation soll der Patient bereits den Vorfuû belasten, wobei wir einen zehenzçgelnden Verband mit weicher Pelotte (Verbandswatte) empfehlen, um das Quergewælbe wieder aufzurichten. Ohne die frçhe postoperative Belastung besteht die Gefahr, dass die distalen Fragmente wieder in ihre ursprçngliche Stellung zurçckrutschen, sodass der Therapieeffekt verloren geht. Spåtestens nach vier Wochen versorgen wir den Patienten mit einer formbeståndigen Einlage mit fester Vorfuûpelotte, deren Position natçrlich der Verkçrzung der operierten Metatarsalstrahlen Rechnung tragen muss. Benjamin u. Helal [9] korrigierten çberdies mittels Osteotomie von proximal fibular nach distal tibial am Metatarsale I die Valgusposition der Groûzehe, in umgekehrter Richtung am 5. Strahl die Varusdeformierung der Kleinzehe. Es wird çber gute Langzeitergebnisse berichtet [56, 141]: weniger als 10% schlechte Resultate. Wir selbst sahen gute Resultate besonders bei Rheumapatienten mit ausgeprågten Deformierungen der Zehen II±IV bzgl. der Korrektur des begleitenden Spreizfuûes ± selbst bei plantarkonvexen Deformierungen des Quergewælbes.
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In geeigneten Fållen lassen sich die Metatarsalkæpfchen I und V als Stçtzpunkte des Vorfuûes erhalten. Horizontale metatarsale Korrekturosteotomien ± langstreckig fçr den 1. Strahl (¹Scarfª ± [11]), distal verkçrzend fçr die Metatarsalia II±V (¹Weilª ± [6]), haben in den letzten Jahren zunehmend Bedeutung fçr die Behandlung spreizfuûbedingter Zehendeformierungen und Vorfuûprobleme erlangt. Sie sind auch mit guten Frçhresultaten bei rheumatischen Zehenverånderungen eingesetzt worden [96, 104, 110], auch in Kombination mit Synovialektomien. Unsere eigenen Erfahrungen sind begrenzt und auf die Weil-Osteotomie beschrånkt. Wir haben jedoch in zwei Fållen trotz Synovialektomie ein Fortschreiten zystisch-erosiver Verånderungen mit Freilegung der zur Osteosynthese benutzten Schrauben gesehen. Wir glauben, dass die Indikation hier noch nicht ausgereift ist und deshalb mit Zurçckhaltung gestellt werden sollte.
Resektionsarthroplastik Resektionsarthroplastiken sind bei Rheumatikern die weitaus am håufigsten gebrauchten Operationen im Vorfuûbereich zur Schmerzbeeinflussung und zur Korrektur von Deformierungen. Zugrunde liegt der Gedanke einer Entfernung des schmerzhaft zerstærten Knochens und einer Entspannung und Ausbalancierung verkçrzter und kontrakter umgebender Weichteilstrukturen durch Verkçrzung der Knochenstrecke. Håufige Zusatzeingriffe sind Synovialektomien, Tenolysen, die Replatzierung, Verlångerung und Verkçrzung von Sehnen sowie die Entspannung oder Raffung der gleichfalls verformten Gelenkkapseln. Die Resektion kann auf der proximalen und distalen Gelenkseite erfolgen: weitaus am håufigsten an den MTP-, weniger håufig an den PIP- und nur ausnahmsweise an den DIP-Gelenken. Auch bei der juvenilen rheumatoiden Arthritis kann es zu schweren schmerzhaften Destruktionen kommen, die Resektionsarthroplastiken erforderlich machen. Diese sollten allerdings mæglichst erst nach Abschluss des Wachstums erfolgen [29, 120]. Unter Erwåhnung nur der gebråuchlichsten Methoden soll eine Ûbersicht gegeben werden von proximal nach distal vorgehend, beginnend an der groûen Zehe. Metatarsalkæpfchen-Resektion: am Metatarsalkæpfchen I, isoliert auch V, sind die Operatio-
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K. Tillmann
nen nach Hueter [60] und Mayo [80] bekannt und gebråuchlich ± auch fçr den rheumatischen Hallux valgus. Indem wir mehr das Ausmaû der Deformierungen als den Metatarsal-Index [46] berçcksichtigen und die exakte Långenabstimmung der lateralen Metatarsalia fçr wichtiger halten [4, 36, 57, 93, 112, 132], bevorzugen wir eine mehr oder weniger ausgedehnte partielle Resektion und eine sehr subtile Neuformung des verkleinerten Metatarsalkæpfchens. Es wird çberkleidet mit einem proximal gestielten dorsalen Lappen aus der Streckerkappe. Abhångig von der Gelenkflåchendestruktion empfehlen wir eine Exzision der Sesambeine. Bei ausgeprågten Knorpelzerstærungen stellen sie eine postoperative Beschwerdeursache und den Grund fçr Re-Operationen dar. Die Exzisionshæhle muss durch eine Raffnaht geschlossen werden, um einen Hallux malleolus zu vermeiden [132]. Die Abduktorsehne und die Insertion des fibularen Seitenbandes werden temporår isoliert, desgleichen die Abduktorsehne. Bei extremen Valgusdeformierungen (mehr als 608) kann es nætig werden, nach Maûgabe der Weichteilspannung von proximal her die Grundphalanx zu kçrzen, um eine zu starke Verkçrzung des Metatarsale I zu vermeiden. In diesen Fållen muss die Abduktor-Sehne in geeigneter Spannung durch tibiale Bohrlæcher proximal im Grundgliedstumpfreinseriert werden [126, 132]. In solchen Fållen ist allerdings zu çberlegen, ob nicht besser die Indikation zur Arthrodese des MTP-Gelenkes I gestellt werden sollte. Fçr die Zehen II±V ist die Metatarsalkæpfchen-Resektion nach Hoffmann [58] in korrekter Långenabstimmung [75] in verschiedenen Modifikationen das gebråuchlichste Vorgehen. A. Kates [64] fçhrte sie unter Schwielenexzision von plantar durch. Tillmann [126] modifizierte die Methode durch plastische querovalåre Hautexzisionen aus dem Vorfuûballen ± ebenfalls mit Schwielenexzision und im Sinne einer Dermodese. Zusåtzlich erfolgt im Falle einer Dislokation eine Tenolyse und Replatzierung der Beugesehnen, im Falle von Rupturen eine Rekonstruktion. Es folgt eine Synovialektomie bzw. Arthrolyse, eine Verrundung der distalen matatarsalen Schaftenden (Abb. 3) unter Neigung der Resektionsflåchen gegensinnig zur Deformierung sowie eine Raffung der Kapsel plantar tibial fçr die Strahlen II±IV, tabaksbeutelartig fçr den 5. Strahl. Das Ausmaû der Raffung und die Positionierung der Nåhte muss den speziellen Bedingungen der pråoperativen Deformierungen angepasst werden [131]. Durch diese Zusatzmaûnahmen kann in der Regel der Erhalt der fçr eine Arthro-
Abb. 3. Distale Metatarsalosteotomie nach Helal
plastik der kleinen Gelenke erforderlichen Distrahierbarkeit (68 mm) und eine korrekte Position der Zehen erreicht werden, sodass eine zentrale transossåre Kirschner-Draht-Fixierung in der Regel nicht erforderlich ist. Nur bei extremen Deformierungen und massiven Weichteilverkçrzungen, auch nach seitversetzenden Korrekturen der einzelnen Zehenstrahlen kann eine Teilexzision der Grundgliedbasis von proximal her erforderlich werden. In diesen Fållen muss die plantare Kapsel auf der Seite der Raffung durch einen Bohrkanal plantar proximal auf der Korrekturseite reinseriert werden, wobei Ûberkorrekturen vermieden werden mçssen [126]. Wir bevorzugen die Resektion auf der Metatarsalseite entsprechend der Hauptlokalisation der Knochenstærungen und der Schmerzen bei der Abrollung. Eine Problematik entsteht, wenn in der MTP-Reihe II±V einzelne Gelenke von der Zerstærung ausgespart werden. In solchen Fållen kann man gezwungen sein, ein ¹gesundesª MTP-Kæpfchen zu opfern, da bei Belastung dessen Ûberlånge sicher zu Problemen fçhrt. Das MTP-Kæpfchen kann evtl. isoliert belassen werden, besonders dann, wenn auch das MTP-Kæpfchen I nicht oder nur wenig gekçrzt werden muss. Pahle sprach ± vielleicht etwas çberspitzt, im Grunde aber richtig ±, vom ¹Alles oder Nichts Gesetzª [94]. Die Resektion der Grundgliedbasen ist hiervon abweichend das Grundelement verschiedener anderer Methoden, die ebenfalls zur Behandlung rheumatischer Vorfuûdeformierungen in Gebrauch sind. An der Groûzehe wird håufig die Keller-Operation [65] bevorzugt, hierzulande sogar noch die exzessivere Grundgliedresektion nach Brandes [14], frçher die håufigste Korrekturmethode fçr den Hallux valgus generell. Wir halten diese Methode bei einem Rheumatiker fçr schlecht, da wir oft in der Situation gewesen sind, wegen nachfolgend fortschreitender schmerzhafter Destruktionen des Mittelfuûkæpfchens auch dieses resezieren zu mçssen ± zwangslåufig mit der Folge einer schwer behandelbaren Instabilitåt und massiven Verkçrzungen der Groûzehe. Wir sind nach wie vor der Ûberzeugung, dass in der
Vorfuû
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Regel bei den distalen Resektionen an der falschen Stelle operiert wird. Ûberdies ist es nach unserer Erfahrung ungçnstig, wenn ± nach Resektion der Mittelfuûkæpfchen II±V bei Belassung der ursprçnglichen Långe der Metatarsale I dieses nach distal çbersteht. Hiervor hat schon Vainio gewarnt [138]. Dies kann schon fçr sich Schmerzen verursachen [36] und ± durch die Notwendigkeit der Entlastung ± ebenfalls schlecht behandelbare Vorfuûsupinationen noch verstårken, desgleichen die plantarkonvexe Deformierung des Vorfuûes [113, 119, 126] mit der Folge von Metatarsalgien [83]. Auch wird nach unserer Erfahrung dadurch nach gleichzeitiger Kçrzung der MTP-Kæpfchen II±V ein Valgusrezidiv der zugehærigen Zehen wie auch der Groûzehe selbst [83, 126] begçnstigt. An den Zehen II±V kann in bestimmten Situationen die Resektion der Grundgliedbasen unbedenklicher sein, da die biomechanischen Nachteile hier weniger ins Gewicht fallen. Lipscomb et al. [76] entfernen zusåtzlich die plantaren Kondylen der Mittelfuûkæpfchen und durchtrennen die Strecksehnen in Hæhe der Gelenkspalte (Abb. 4). Stainsby [116] entfernt çber eine långs gestellte dorsale, fibular gewinkelte Inzision die proximale Hålfte der Grundgliedbasen in åhnlicher Weise. Er låsst die Mittelfuûkæpfchen unberçhrt, durch-
trennt die Strecksehnen in Hæhe der Metatarsalmetaphysen, læst proximal die plantare Platte und nåht das proximale Ende des distalen Strecksehnenstumpfes plantar auf die tiefe Beugesehne. 14 Tage werden die operierten Zehenstrahlen insgesamt mit zentralen Kirschner-Dråhten fixiert (Abb. 4). Wir benutzen diese Methode mit Erfolg bei nicht entzçndlichen extremen Hammer- und Krallenzehen. Die Entfernung voroperierter funktionsloser Pendelzehen, meist nach Grundgliedbasis-Resektion ist so gut wie immer ein schwerer Fehler, und kaum vermeidbare Fehlstellungen der Nachbarzehen sind fast immer die Folge. Dies kann in der Regel durch die Gocht'sche-Einbettung [40], die Dermodese der Zehenkuppe zum Fuûballen hin, sicher verhindert werden [126]. Beidseitigen Resektionen liegen zwei in der Rheuma-Orthopådie wohlbekannten Operationsverfahren zugrunde (Abb. 4). Fowler [34] resezierte von einer dorsalen Querinzision aus die Basen der Grundphalangen II±V, gleichzeitig nahm er eine plantar verrundete Teilresektion der Metatarsalkæpfchen. Mit einer zusåtzlichen plantaren Hautexzision entfernte er die Hautschwielen unter den Metatarsalkæpfchen. Clayton [19] entfernte ± ebenfalls von einem dorsalen Querschnitt aus ± die gesamten MTP-Gelenke einschlieûlich des
Abb. 4. Gebråuchliche Operationsverfahren zur Korrektur. I: typischer rheumatischer Deformierungen; der Zehen, II±V, nach: II: L. Marmor (1967), III: B. Helal (1975), IV: A Kates, L. Kessel,
A. Kay (1967), V: K. Tillmann (1973), VI: M. L. Clayton (1960), VII: M. L. Clayton (1992), VIII: A. W. Fowler (1959), IX: P. R. Libscomb, G. M. Benson, D. A. Sones (1972), X: G. D. Stainsby (1992)
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ersten unter Verzicht auf jegliche innere Fixierung. Damit erzielte er eine gute Schmerzlinderung, natçrlich auf Kosten der Zehenstabilitåt (s. Abb. 4). Spåter ånderte er seine Technik, wobei er die plantare Platte als proximal gestielten Lappen zur Interposition benutzte, indem er den distalen Rand auf die dorsale Seite der proximalen Phalanx nåhte [20]. Hierdurch vermeidet er ein Rezidiv der dorsalen Dislokation. Gleichzeitig replatziert er die Strecksehnen (s. Abb. 4). Auûerdem durchtrennt er die Strecksehnen. Die Resultate sind erstaunlich gut: zwei bis sechs Jahre nach der Operation waren 92% aller Patienten zufrieden. Die Operationstechnik wurde im Einzelnen auch von A. Cracciolo [25] beschrieben. Die Ergebnisse der verschiedenen Methoden der Resektionsarthroplastik sind kaum vergleichbar: teils aufgrund der unterschiedlichen Situationen zum Operationszeitpunkt teils aufgrund der unterschiedlichen Nachbeobachtungszeiten. Unabhångig von der Operationstechnik und der Nachbeobachtungszeit belåuft sich die Erfolgsrate auf 70±80% [4, 7, 10, 19, 21, 36, 42, 43, 50, 52, 57, 62±64, 67, 71, 72, 76, 83, 85, 102, 105, 108, 109, 113, 118, 119, 136, 140]. Wir glauben, dass es nur in Frçhfållen sinnvoll ist, die Mittelfuûkæpfchen zu belassen. Bei massiven Destruktionen, erheblicher Kontraktur oder ausgeprågten Subluxationen der Grundgliedbasen scheint es logischer, die zerstærten Mittelfuûknochen zu opfern und durch Osteotomien zu entlasten. Wir glauben, dass unabhångig von operationstechnischen Einzelheiten die Schmerzlinderung, das Hauptziel aller Verfahren, bei denen
die Mittelfuûkæpfchen reseziert oder neu geformt werden, etwa gleich gut zu erreichen ist. Unterschiede mægen in kosmetischer (s. Abb. 1 a, b) und funktioneller Hinsicht bestehen, jedoch bisher ohne eindeutigen Beweis [130]. Mit anderen Autoren halten auch wir es fçr wichtiger, eine gute Långenabstimmung der Metatarsalia aller Zehen anzustreben, als dem Metatarsal-Index die entscheidende Bedeutung beizumessen (s. o.). Auch wir versuchen, eine harmonische Långenanpassung der Metatarsale I an die Metatarsalia II±V zu erreichen, ohne eine exzessive Kçrzung der Metatarsale I in Kauf zu nehmen [126, 132] (Abb. 5 a, b). Die Bedeutung der Nachbeobachtungszeit haben wir bei frçheren Nachuntersuchungen kennen gelernt. Indem wir die Resultate nach der Nachuntersuchungszeit gegliedert haben, fanden wir (entsprechend Arnold u. a. ± [4]) einen etwa hålftigen Korrekturverlust nach mehr als 10 Jahren ± trotz sehr konsequenter und zeitaufwendiger postoperativer Behandlung (bis zu einem Jahr). Auûerdem verloren wir einen Teil der postoperativen Beweglichkeit im Laufe der Jahre. Die Schmerzlinderung allerdings blieb voll erhalten [52]. Die Ergebnisse unserer Langzeituntersuchungen stimmen prinzipiell mit denjenigen von Hilker u. a. [57] çberein, die bei 81 nach unserem Verfahren operierten Fçûen durchschnittlich 12,9 Jahren ermittelt wurden. Der Korrekturverlust war hier mit 25% etwas geringer, die Einbuûe an aktiver Beweglichkeit wohl etwas ausgeprågter als in unserem Kollektiv. Die Frage der Ûberlegenheit des plantaren oder des dorsalen Zugangs ist nach wie vor offen. Es scheint, dass trotz einiger Kritik [5] die Tendenz eher zum Gebrauch des plantaren Zuganges geht [128].
Endoprothetische Versorgung
Abb. 5. Resektion der MT-Kæpfchen I±V (¹komplette Vorfuûkorrekturª) unter sorgfåltiger Långenabstimmung und Verrundung der distalen metatarsalen Schaftenden. a Vor der Operation; b 2 Jahre nach dem Eingriff
Fçr das Groûzehengrundgelenk sind viele alloplastische Verfahren angegeben worden, ohne sich allerdings speziell fçr die Behandlung rheumatischer Destruktionen durchzusetzen. Angesicht ihrer Popularitåt und vorliegender Langzeitergebnisse sollen hier nur drei Platzhalter erwåhnt werden. Swanson [121, 125] empfahl einstielige Implantate fçr den Ersatz der Grundgliedbasis der Groûzehe sowie ein doppelståmmiges fçr den Ersatz und die Stabilisierung des Groûzehengrundgelenkes, beide aus Silicon. Das einståmmige Implantat wird inzwischen statt aus Silicon aus Titan gefertigt. Spåter empfahl Swanson
Vorfuû
Abb. 6. a Rheumatischer Hallux valgus mit Riesenzyste im MTKopf; entzçndliche Luxation MTP II bei erhaltenem MT-Kopf; b Defektfçllung und Korrektur mit Swanson-Endoprothese MTP I; Stellungskorrektur MTP II nach Stainsby
den Gebrauch von Titantrichtern zum Schutz von Knochen und Implantat [123, 124]. Fçr uns ist der doppelståmmige Platzhalter eine wertvolle Hilfe zur Fçllung krankheitsoder iatrogen bedingter Knochendefekte ± zur Vermeidung oder Behebung funktionsbehindernder Verkçrzungen des 1. Strahles (¹Salvageª ± Abb. 6 a, b). Helal u. Chen [55] benutzen eine kugelfærmige Silicon-Prothese mit relativ dçnnen zentralen Stielkonstruktionen, die durch ein Polyester-Fasernetz verstårkt sind ± ebenfalls als Platzhalter fçr das Fingergelenk. Weniger Erfolg und somit auch weniger Verbreitung war verschiedenen zementierten Prothesen beschieden, die hauptsåchlich aus Metall und Polyaethylen gefertigt waren. Die problematischen Knochenverhåltnisse und eine sehr hohe Belastung eines relativ kleinen Implantates dçrften die håufigsten Grçnde gewesen sein, die der Verbreitung entgegenstanden. Bezçglich der Ergebnisse der MTP-I-Endoprothesen gibt es verschiedene Studien mit unterschiedlichen Nachbeobachtungszeiten, hauptsåchlich fçr die doppelståmmigen Swanson-Endoprothesen [23, 25, 27, 32, 41, 70, 87, 90, 91, 95, 97, 121, 123, 124, 125]. Prothesenfrakturen sind ± zumindest langfristig ± nicht selten [35, 38]. Die Frakturraten werden auch in den zitierten Arbeiten extrem unterschiedlich angegeben. Ungeachtet dessen ist die klinische Beurteilung generell positiv. Dies scheint der allgemeinen praktischen Erfahrungen zu entsprechen. Bezçglich der einståmmigen Implantate scheinen die Meinungen stark auseinander zu gehen [17, 27, 37, 38, 70, 111, 125]. Hier scheinen die praktischen Erfahrungen weniger positiv zu sein. Even-
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tuell sind formentsprechende Titan-Implantate [123] bzgl. der Fremdkærperreaktionen weniger problematisch. Anscheinend ist die Helal-Prothese mechanisch widerstandfåhiger. Die frçhen Ergebnisse waren zufriedenstellend: etwa die Hålfte der vorbestehenden Deformierungen konnte korrigiert werden, die Beweglichkeit blieb erhalten und 86% der Patienten waren schmerzfrei. Die Metatarsalgie wurde nicht beeinflusst ± weder positiv noch negativ [55]. Hauptproblem stellte eine relativ hohe Infektionsrate dar, die Anlass zu einer routinemåûigen antibiotischen Prophylaxe gab [81]. Bei eingeschrånkter Indikation (Ausschluss Hallux valgus) waren extreme Langzeitergebnisse eindrucksvoll [54]. Fçr die Grundgelenke II±V gab Swanson zylindrische Silicon-Platzhalter an [122]. Pfeiffer et al. [97] benutzten mit guten Ergebnissen derartige doppelståmmige Silicon-Platzhalter mit guten Ergebnissen nach durchschnittlich 5,7 Jahren. Die Frakturrate war sogar niedriger (3%) als die der Groûzehengrundgelenks-Endoprothesen (7,9%). Trotzdem wurde die endoprothetische Behandlung dieser Gelenke aufgegeben, da sie gegençber den Resektionen keine Vorteile erkennen lieû. Wir implantierten in einigen Fållen einståmmige Silicon-Implantate zum Ersatz einzelner zerstærter Mittelfuûkæpfchen [133]. Wir machten exakt die gleichen Erfahrungen und gaben die endoprothetische Versorgung dieser Gelenke ebenfalls auf.
Arthrodese Fçr die Groûzehengrundgelenke empfahl Vainio im Falle exzessiver rheumatischer Deformierungen mit Nachdruck die Arthrodese [137]. Aus eigener Erfahrung kænnen wir dem unter besonderen Bedingungen zustimmen. Die Versteifung wurde in 108-Valgus-Position und etwa 308-Dorsalextension durchgefçhrt. Zur Zeit wird ein etwas stårkerer Valgus-Winkel empfohlen: etwa 258 [23, 92]. Fçr die innere Fixierung empfehlen wir Schrauben und Klammern, meist kombiniert. Zusåtzlich fçhren wir eine Gipsfixierung fçr ca. 6 Wochen durch, danach eine sehr stabile Einlage mit integrierter Zehenfeder fçr mindestens 2 Monate zusåtzlich. Die Nachbehandlung kann fçr schwer behinderte Patienten sehr belastend sein, sodass wir diese Operation nur Fållen mit besonders schwierigen lokalen Verhåltnissen vorbehalten [126]. Bei einer erheblichen Minusvariante des MTP-I kann die
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Abb. 7. a Ausgeprågte Valgusdeformierung der Groûzehe und erheblicher Minus-Index des MT I bei rheumatischer Destruktion aller Zehengelenke; b Arthrodese MTP I unter weitgehender Erhaltung der Långe; Resektionsarthroplastik MTP II±V in korrekter Långenabstimmung
Arthrodese den Vorteil bieten, dass die resektionsbedingte Verkçrzung des 1. Strahles minimiert wird (Abb. 7a, b). An den Groûzehenendgelenken fçhren wir beim Hallux malleolus und ± håufiger ± bei schmerzhafter Instabilitåt infolge Destruktion oft in Kombination mit einer Extensionsdeformierung, eine Kompressionsarthrodese mit einer zentralen Schraube von distal nach proximal durch [126, 132]. Eine åuûere Fixation ist in der Regel çberflçssig. Die Patienten dçrfen schon nach zwei Wochen belasten. Nur bei sehr schlechter Knochenqualitåt (insbesondere bei massiver Osteoporose) benutzen wir zusåtzlich Titanklammern fçr die innere Fixierung [114]. Nach unserer Erfahrung ist die Arthrodese des Endgelenkes besonders zu empfehlen in Kombination mit einer Resektions-Interpositions-Arthroplastik des Grundgelenks. Die Bewegungsresultate werden bei dieser Kombination nach unserer Erfahrung besonders gut ± mæglicherweise aufgrund der Abrollung mit verlångertem Hebelarm. Arthrodesen der MTP-Gelenke II±V werden bei Rheumatikern nicht durchgefçhrt. An den proximalen Interphalangealgelenken der Zehen II±V zielen die meisten Stellungskorrekturen auf eine knæcherne oder fibræse Ankylose bei korrekter Position ab. Fçr die Korrektur fixierter Beugekontrakturen insbesondere der proximalen Interphalangealgelenke als Folge einer direkten Entzçndung bevorzugen wir die Technik nach Hohmann [59] ± mit Resektion
des Grundgliedkæpfchens und Raffung der Strecksehnen und Streckerkappe. Håufig fçhren wir zusåtzlich eine Kirschner-Draht-Fixierung fçr zwei Wochen durch. Korrektur-Arthrodesen benutzen wir an den PIP-Gelenken bei Fehlstellungen infolge lokaler Entzçndungen bzw. Entzçndungsfolgen. Eine besonders sichere und elegante Methode stellt hier die ¹Peg in holeªTechnik dar: eine Bolzungsarthrodese mit zentraler Kirschner-Draht-Fixierung [116]. Die meisten Deformierungen und Kontrakturen in dieser Lokalisation sind allerdings sekundår ± als Folge der Abflachung des Quergewælbes sowie der Deformierungen und Luxationen in den MTP-Gelenken. Diese kænnen nach unseren Erfahrungen fast immer durch eine stumpfe Mobilisation manueller Extensionen in Narkose im Anschluss an die Korrektur der Grundgelenke korrigiert werden ± in zwei Dritteln aller Fålle mit dauerhaftem Erfolg, auch ohne temporåre zentrale Kirschner-Drahtung [126]. Die Resultate der Arthrodesen, insbesondere des Groûzehengrundgelenkes, mægen in Fållen exzessiver Deformierungen und auch fçr VarusDeformierungen unçbertroffen sein [137]. Die Akzeptanz durch die Patienten bei korrekter Wahl der Position und nach erfolgtem knæchernen Durchbau ist ausgezeichnet [92, 100], was auch unserer Erfahrung entspricht. Darçber hinaus scheint die Versteifung die Position der Zehen II±V im Falle gleichzeitiger Korrektur durch Resektionsverfahren zu sichern. Voraussetzung fçr die MTP-I-Arthrodese ist allerdings ein intaktes IP-Gelenk, welches wir [126] entsprechend Resnik [101] lediglich in 50% der fortgeschrittenen Fålle bei chronischer Polyarthritis gefunden haben. Eine weitere Einschrånkung der Indikation ergibt sich aus der Notwendigkeit der lang dauernden åuûeren Fixierung (s. o.). Bezçglich der klinischen und biomechanischen vergleichsweisen Wertigkeit von Arthrodese und Arthroplastik am MTP-Gelenk I bei Rheumatikern sind die Meinungen uneinheitlich [8, 36, 61, 67, 78, 100, 119]. Eine schwierige Situation ergibt sich, wenn es nach Arthrodesen zu einer schmerzhaften progredienten Destruktion des IP-Gelenkes kommt. Eine zusåtzliche Arthrodese des Endgelenkes ist keine gute Læsung, eine alloplastische Versorgung technisch schwierig. Eine Læsungsmæglichkeit kann eine Resektions-Interpositions-Suspensionsarthroplastik, entsprechend Tupper [135] darstellen, die wir sonst gerne bei jçngeren Rheumatikern an den MCP-Gelenken durchfçhren.
Vorfuû
Vorfuûamputation Die radikalste Methode zur Læsung rheumatischer Vorfuûprobleme stellt die komplette Vorfuûamputation dar (¹Pobble-Operationª ± [33, 82]). Auch wenn man ± abhångig von der Technik und den pråoperativen Gegebenheiten ± manche Ergebnisse von Resektionsarthroplastiken funktionell einer Vorfuûamputation gleichsetzen kann [44], so sind wir doch froh, dass wir in 35 Jahren rheumaorthopådischer Tåtigkeit noch nie auf diese psychisch radikale wie versorgungstechnisch belastende Læsung haben zurçckgreifen mçssen.
Nachbehandlung Ungeachtet der Vielfalt operativer Behandlungsmæglichkeiten im Vorfuûbereich ist die Nachbehandlung im Vergleich zu anderen Gelenkregionen, ganz besonders verglichen mit der Hand, recht uniform. Einige spezielle Hinweise sind bereits in den vorausgegangenen Kapiteln vorhanden, sodass hier im Wesentlichen Grundsåtzliches diskutiert werden kann. Angesichts der hohen Risiken von Infektionen und Durchblutungsstærungen ist fçr die Periode der Wundheilung logischerweise trotz des Wunsches nach einer frçhen Mobilisierung und Belastung im Sinne einer frçhfunktionellen Behandlung eine Hochlagerung und Entlastung zu fordern. Die konsequente Durchsetzung ist oft unter håuslichen Umstånden nicht mæglich, sodass eine Abkçrzung der Krankenhausbehandlung fçr die Patienten oftmals ein unverantwortliches Risiko darstellt. Die Verhinderung postoperativer Schwellungszustånde durch Hochlagerung und durch unterstçtzende medikamentæse Maûnahmen, wie nicht steroidale Antirheumatika, alternativ Aescin-Pråparate, sind meistens erforderlich, dazu oft zusåtzlich als wirkungsvollste physikalische Maûnahme die manuelle Lymphdrainage. Wir belassen die Fåden im Vorfuûbereich ± nicht nur bei plantarem Zugang ± grundsåtzlich 14 Tage. Dehiszenzen kosten mehr Zeit und Geld. Wenn nicht eine innere Fixierung vorgenommen wurde, werden komprimierende, Zehenschienende und redressierende Verbånde angelegt, sowohl postoperativ als auch beim Verbandswechsel. Das gilt selbst dann, wenn eine åuûere Fixierung mittels Gipssohle erfolgt. Die Gipssohle wird in der Regel 14 Tage belassen, ebenso temporåre Kirschner-Draht-Fixierungen.
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Zusåtzlich zur Gipssohle kann nach arthroplastischen Eingriffen an den Zehengrundgelenken eine Extension angebracht werden durch Heftpflasterzçgelung oder durch Gummizçgelung çber eine ¹tennisschlågerartigª angebrachte Kramer- oder Bæhler-Schiene. Auf die extendierenden Maûnahmen kann allerdings auch zugunsten der frçhen krankengymnastischen Mobilisierung verzichtet werden, wo dies personell mæglich ist. Nach nicht korrigierenden Weichteileingriffen (Synovialektomien) kann meist schon nach vierzehn Tagen auf eine Fixierung verzichtet werden. Eine formbeståndige (Kunststoff verstårkte) individuell gefertigte Walkledereinlage kann [126, 129] in diesen Fållen schon vierzehn Tage nach der Operation benutzt werden, falls dies nicht durch postoperative Schwellungen verhindert wird. Bei rekonstruktiven Operationen wird nach der Wundheilung ein mit Heftpflaster oder entsprechend stabil fixierenden modernen Verbandsmaterialien ein Zehen schienender und in Korrekturrichtung redressierender fester Vorfuûverband angelegt, der nochmals fçr mindestens 14 Tage belassen wird. In diesem Verband wird das Quergewælbe durch eine relativ feste Wattepelotte abgestçtzt. Meist ist der Patient in der Lage, mit diesem Verband bereits Abrollung zu trainieren. Der Verband wird schon so angelegt, dass die Zehen sowohl aktiv als auch unter Extension passiv krankengymnastisch beçbt werden kænnen. Dieser Verband wird ± etwa vier Wochen nach der Operation ± durch die o. e. Einlage ersetzt. Es ist natçrlich vælliger Unsinn, fçr die weitere postoperative Behandlung
Abb. 8. Kunststoffverstårkte Walkledereinlage mit ausreichender und korrekter Abstçtzung des Långs- und Quergewælbes
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konfektionierte Einlagen verschreiben zu wollen, wie es offensichtlich im Sinne des Gesetzgebers und des Kostentrågers liegt ± wie çberhaupt konfektionierte Einlagen fçr einen rheumatischen Fuû hinausgeworfenes Geld bedeuten. In der Einlage muss neben der Entlastung der MTP-Gelenke ± mit Rçcksicht auf die wechselweise Beeinflussung von Vor- und Rçckfuûdeformierungen ± auch das Långsgewælbe voll abgefangen, meist auch die Ferse in mæglichst neutraler Position fest abgestçtzt sein (Abb. 8). Durch die pråoperativen entzçndlichen Verånderungen, die damit verbundene Schonung und die postoperative Entlastung kommt es sehr håufig zu einer rapiden Verstårkung allfålliger Osteoporosen, die sich in generalisierten Belastungsschmerzen der Fçûe åuûern und natçrlich auch ein hohes Risiko der Progredienz weiterer Deformierungen der Fuûgewælbe und des Rçckfuûes beinhalten. Zur Verhinderung einer Rezidivfehlstellung der Groûzehe verordnen wir fçr mindestens ein halbes Jahr eine elastische Vorfuûbandage, mit der Groûzehe in Korrekturrichtung gezçgelt wird. Diese wird nachts anstelle der Einlage getragen. Extrem wichtig ist es, die krankengymnastische Behandlung ausreichend lange durchzufçhren, erforderlichenfalls bis zu einem halben Jahr. Kommt es postoperativ zu Einsteifungen, die auch bei konsequenter Nachbehandlung ± abhångig von der individuellen Tendenz zur Narbenbildung ± nie ganz auszuschlieûen sind, so ist bis zu sechs Wochen eine Narkosemobilisation arthoplastisch behandelter Zehengelenke noch Erfolg versprechend ± in manchen Fållen sogar noch çber die Grenze hinaus. Bei diesen Verlåufen ist allerdings eine stationåre Wiederaufnahme mit konsequenter und intensiver krankengymnastischer Behandlung, die auch extendierende Elemente beinhalten muss (am besten nach den Regeln der manuellen Medizin), erforderlich. Die Krankengymnastik darf nicht zu frçh beendet werden. Die erforderliche Zeitdauer liegt zwischen drei Monaten und einem Jahr. Im Gegensatz zu den sonst çblichen Grundsåtzen ist nach Zehenarthroplastiken eine Behandlung, die unter der Schmerzgrenze bleibt, fast immer insuffizient ± jedenfalls dann, wenn operativ versucht wurde, die Abrollfixation der Zehen zu erhalten, d. h. ein straff gefçhrtes, ausreichend stabiles und dennoch mobiles Bewegungselement herzustellen. Die ¹funktionelle Vorfuûamputationª mit vollståndiger Resektion von MTP-Gelenken macht diesbezçglich
weniger Probleme, was allerdings in unseren Augen auf lange Sicht fçr den Patienten nicht gerade vorteilhaft ist. Zehenschienen als Ergånzung der Einlage sind nur nach versteifenden Operationen empfehlenswert. Auch die Abrollhilfen (rçckverlagerte Ballenrolle) kænnen eher schådlich als nçtzlich sein, wenn bei arthroplastischen Eingriffen die schmerzhaften Metatarsalekæpfchen entfernt worden sind. Sie schalten lediglich die permanente Gelenkmobilisierung durch die Abrollung aus. Die allgemein beliebte Schmetterlingsrolle ist bei Vorliegen oder nach Korrektur einer Spreizfuûdeformierung (erst eines plantarkonvexen Fuûgewælbes) unlogisch. Wir haben sie bei Rheumatikern noch nie verwendet und noch nie nætig gehabt. Weiche Einlagen sind prå- wie postoperativ kontraindiziert. Sie begçnstigen auch postoperativ das Rezidiv einer Deformierung. Natçrlich kænnen in einer festen und formbeståndigen Einlage Druckpunkte freigelegt oder weich gebettet werden. Die Insuffizienz eines Orthopådieschuhtechnikers låsst sich jedoch durch ¹weicheª Einlagen auf die Dauer nicht kompensieren oder verbergen. Mit postoperativ zu benutzenden Spezialschuhen, die çberwiegend oder ausschlieûlich die Ferse belasten, haben wir oft Schwierigkeiten gehabt wenngleich sie in manchen Situationen nicht zu entbehren sind. Wir haben jedoch die Erfahrung gemacht, dass die Benutzung solcher Gehhilfen die Wiederherstellung der Abrollfunktion und çberdies auch die Abschwellung im Operationsbereich verzægern kann.
Konservative Therapie Da die entzçndlich-rheumatischen Krankheiten systemischer Natur sind, ist die Notwendigkeit einer adåquaten systemischen medikamentæsen Behandlung eine Selbstverståndlichkeit. Sie rangiert auch vor der lokalen konservativen Behandlung, diese wiederum vor der Operation. Die physikalische Therapie hat nur begrenzte Anwendungsmæglichkeiten, die sich auf Einzelsymptome, insbesondere die Schwellung beziehen. Hierfçr ist die manuelle Lymphdrainage die wirkungsvollste Gegenmaûnahme. Meist kommt in akuten Phasen Kåltebehandlung bei chronischen Schmerzzustånden, selten auch die Wårmebehandlung infrage. Die Krankengymnastik findet nur postoperativ breite Anwendung. Redressierende Maûnahmen, auch starre Schienen zur Verhinderung von Zehendeformie-
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rung sind kaum in der Lage, der Progredienz rheumatischer Zehendeformierungen entgegenzuwirken. Konfektionierte Zehenpolster kænnen Erleichterung bringen, jedoch meist nur temporår. Dasselbe gilt fçr konfektionierte Einlagen. Wirksam sind nur speziell gefertigte Sonderanfertigungen, die den schon in der Nachbehandlung erwåhnten Ansprçchen gençgen ([126, 129], s. o.). Die Einlage, im orthopådischen Schuh die Fuûbettung, ist bei weitem das wichtigste Element in der konservativen Behandlung rheumatischer Fuûverånderungen generell: prå- wie postoperativ. Massive Zehendeformierungen, die nicht operiert werden, mçssen in aller Regel mit orthopådischen Schuhen versorgt werden. Hier sollte das Oberleder weich, die Sohle fest sein. In dieser Situation haben auch Abrollhilfen aller Art ihre Berechtigung, vorrangig bei Vorfuûverånderungen die rçckverlagerte Ballenrolle [129]. Vor allem im Frçhstadium von Synovitiden der Zehengelenke sind, falls die systemische Behandlung nicht ausreicht, intraartikulåre Injektionen erfolgversprechend, insbesondere mit langwirkenden Steroiden wie Triamcilonon-Hexacetonid [130], desgleichen mit Erbium 169 im Sinne der Radiosynoviorthese [28, 88]. In aller Regel werden diese Injektionen auch der operativen Synovialektomie vorgeschaltet.
Komplikationen Die Durchblutung der Akren ist bei Rheumatikern håufig durch Gelenkverånderungen gestært [22, 26, 126, 139], sodass das Risiko postoperativer Wundkomplikationen [48], insbesondere von Hautnekrosen erhæht ist. Starke kontrakte Deformierungen der Zehen sowie Funktionsstærungen der Hånde kænnen die Mæglichkeit der lokalen Hygiene einschrånken. Damit erhæht sich das Risiko von Wundinfektionen, besonders von bakteriellen Superinfektionen allfålliger Wundrandnekrosen. Im Falle einer rheumatischen Neuropathie steigt zudem das Verletzungsrisiko mit gleichzeitiger Beeintråchtigung der Wundheilung. Oftmals wird diese ungçnstige Situation noch durch medikamentæs bedingte Hautatrophien verschårft. Wundinfektionen sind bei operativen Vorfuûkorrekturen leider keine Seltenheit ± begçnstigt durch die erwåhnte Durchblutungsproblematik
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(s. o. ± [48, 126]). Hautnekrosen sollten nach Mæglichkeit pråoperativ saniert werden, desgleichen Fisteln und andere potentiell infizierte oberflåchliche wie tiefe Verånderungen im Operationsbereich. Weil erhæhte Keimbesiedelungen nie ausgeschlossen werden kænnen und die Rate postoperativer Infektionen mit generell rund 3% ungewæhnlich hoch liegt, fçhren wir routinemåûig bei jedem Eingriff am rheumatischen Fuû eine perioperative Antibiotikaprophylaxe durch. Die beste Prophylaxe von Wundkomplikationen ist die gewebeschonende Operation ± auch die einzige, die einige Sicherheit bietet (¹Handchirurgie am Fuûª). Eine gewebeschonende Operation ist an sich ein Anspruch, den jeder Patient hat. Der Zeitaufwand, der hierfçr nætig ist, ist m. E. kein Diskussionspunkt: ein Operationssaal ist kein Sportplatz. Die Bequemlichkeit und der persænliche Ehrgeiz des Operateurs bzgl. RekordOperationszeiten verstæût eindeutig gegen die Interessen des Patienten. In der Hand- und Fuûchirurgie beim Rheumatiker wird dies augenfållig. Hautschwielen, insbesondere çber entzçndlichen Bursen und Rheumaknoten kænnen zu Fistelungen und Ulzerationen [48] fçhren. Neben der Lokalbehandlung ± konservativ wie operativ ± sind hier orthopådieschuhtechnische Maûnahmen zu erwågen. Im Falle einer laufenden MTX-Behandlung muss erforderlichenfalls çber eine temporåre Unterbrechung prå-, peri- und postoperativ (bis zum Abschluss der Wundheilung) dieser Therapie nachgedacht werden. Die håufigste ¹Komplikationª, die bei Stellungskorrekturen der Zehen gleich mit einkalkuliert und natçrlich dem Patienten gegençber pråoperativ erwåhnt werden muss, ist das Rezidiv einer Fehlstellung. Nach unseren Erfahrungen erreicht dies jedoch selten ein Ausmaû, welches einen Korrektureingriff rechtfertigt. Fehlstellungsrezidive wurden von Patienten bei den Nachuntersuchungen so gut wie nie erwåhnt. Von praktischer Relevanz sind dagegen Exostosenbildungen nach resezierenden Operationsverfahren, die håufig an den distalen Metatarsalschaftenden auftreten. Im Bereich der Zehen II±V stellen sie nach unseren Erfahrungen den håufigsten Grund fçr Re-Operationen [52]. Diese Nachkorrekturen sind allerdings nach unserer Erfahrung durchweg unproblematisch, wenngleich auch weitere Rezidive nie ausgeschlossen werden kænnen, die dann allerdings ebenso problemarm angegangen werden kænnen. Im Gegensatz zu den Erfahrungen von Goldie u. a. [39] wurde bei unseren Patienten das
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Alignement, die korrekte Långenabstimmung dadurch nicht beeintråchtigt. An der Groûzehe war dagegen in den Anfangsjahren unsere Beschåftigung mit der operativen Behandlung rheumatischer Fçûe Nachoperationen wegen persistierender Beschwerden durch rçckbelassene destruierte Sesambeine håufig [90]. Die groûzçgigere Indikation der Exzision hat das Problem inzwischen gelæst. Gleichermaûen gab es postoperativ Probleme durch unterlassene Fusionen schmerzhaft destruierter IP-Gelenke an der Groûzehe. Durch entsprechende Erweiterung der Indikationsstellung zur simultanen Arthrodese im Rahmen der kompletten Vorfuûkorrektur ist auch hier das Problem minimiert worden ± zumal sich herausgestellt hat, dass sich die gleichzeitige Arthrodese des IP-Gelenks auf die Beweglichkeit einer MTP-I Arthroplastik gçnstig auswirkt (s. o.).
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Mittelfuû, Rçckfuû und Sprunggelenk K. Tillmann, W. Rçther
Mittel- und Rçckfuû Einfçhrung Der Befall des oberen Sprunggelenkes wird sehr unterschiedlich angegeben ± vermutlich in Abhångigkeit vom Krankheitsstadium, in dem die Patienten von verschiedenen Autoren gesehen wurden: von 10±40% und mehr [23, 55, 58]. Bei Patienten in fortgeschrittenen Stadien, die bei uns zur Vorfuûkorrektur kamen, belief sich der Befall der oberen Sprunggelenke auf 37%, derjenige der Tarsalgelenke auf ca. 60% [45]. Dies entspricht den Angaben von Vainio u. Vahvanen [53, 55]. Bei juveniler chronischer Polyarthritis dçrfte das obere Sprunggelenk nach dem Kniegelenk die zweithåufigste Lokalisation des rheumatischen Gelenkbefalls çberhaupt darstellen [25]. Bei mehr als der Hålfte aller Patienten mit Arthritis der Tarsalgelenke sind auch die Sehnenscheiden befallen: am håufigsten die der Tibialis-posterior-Sehnen.
Klinisches Erscheinungsbild Als Initialsymptom treten meist Schmerzen auf, die auch belastungsunabhångig sein kænnen. Bei Kindern fållt eher die Gehunlust sowie ein Schonhinken auf. Hinweisend sind oft lokale Schwellungen, die aufgrund von Begleitædemen besonders bei adipæsen Patienten manchmal wenig eindrucksvoll sind [32, 45]. Bei schlanken Patienten, insbesondere auch bei Kindern, lassen sich die Schwellungen dagegen oft sehr gut erkennen und auch zuordnen ± z. B. den bei der chronischen Polyarthritis håufig befallenen retromalleolåren Sehnenscheiden. Die exakte Palpation und insbesondere die passive Bewegungsprçfung ermæglichen oft eine
sehr genaue Lokalisation des Gelenk- und auch Sehnenscheidenbefalls. Ein umschriebener, ausgeprågter Druckschmerz im Ansatzbereich der Achillessehne ist oft Ausdruck einer Achillobursitis im Rahmen von Spondarthritiden. Erst in spåteren Stadien kommen Rçckfuûdeformierungen hinzu, am håufigsten in Valgusrichtung und oft verbunden mit Abflachungen der Gewælbe und Abduktionsverformungen im Rçck- und Mittelfuûbereich. Diese Deformierungen sind Ausdruck des Dominierens der Schwerkraft çber die aktiven und passiven formerhaltenden Kråfte, die durch entzçndliche Verånderungen geschwåcht werden [45].
Diagnostik Klinische Diagnostik Bezçglich der tik sei auf das bezçglich der rausgehenden nungsbildª.
allgemeinen klinischen Diagnosentsprechende Kapitel verwiesen, lokalen Diagnostik auf den voAbschnitt ¹Klinisches Erschei-
Bildgebende Verfahren ] Ræntgendiagnostik. Die konventionelle Ræntgendiagnostik hat auch heute noch vorrangige Bedeutung [14]. Vor den Weichteilverånderungen, die bei entsprechender Technik die klinisch erhobenen Befunde ergånzen kænnen, ist schon in den Frçhstadien periartikulår auf umschriebene vermehrte Strahlendurchlåssigkeit zu achten. Differenzialdiagnostisch ist hier die Algodystrophie zu erwåhnen. Die Gelenktuberkulose, an die bei monartikulårem Befall auch immer noch gedacht werden sollte, verursacht in der Regel eine wesentlich ausgedehntere, oft auch ausgeprågtere Osteoporose. Tuberkulæs bedingte Arthritiden
Mittelfuû, Rçckfuû und Sprunggelenk
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Abb. 2. Achillobursitis bei rheumatoider Arthritis Abb. 1. Rheumatoide Arthritis des oberen Sprunggelenks mit gleichmåûiger Gelenkspaltverschmålerung, auch zwischen Talus und Fibula; Usuren und subchondrale Sklerose; keine Osteophyten; verbreiterter Syndesmosenspalt.
kænnen sich schon frçh entsprechend manifestieren. Je nach Verlaufsform kann initial eine glatte, mehr oder minder gleichmåûige Gelenkspaltverschmålerung nachfolgen (Abb. 1). Projektionsbedingte Fehlinterpretationen sind durch unterschiedlichen Strahlengang, erforderlichenfalls durch Tomographie auszuschlieûen. Verånderungen der Tarsalgelenke werden oft erst hierdurch radiologisch erkennbar. Das weitgehende Fehlen von Randosteophyten und subchondraler Sklerosierung kann fçr die differenzialdiagnostische Unterscheidung von entzçndlichen gegençber degenerativen Verånderungen hilfreich sein. Zystisch deformierende Verlaufsformen kænnen sich auch ohne Gelenkspaltverschmålerungen manifestieren. Die beschriebenen Verånderungen kænnen ± neben rheumatischen Arthritiden aller Art ± auch auf eine Synovialitis villonodularis pigmentosa zurçckzufçhren sein, die auch mit destruierender Beteiligung des gelenkbildenden Skeletts verlaufen kann. Im Fuûwurzelbereich kænnen die Gelenkspalte bei blandem Verlauf allmåhlich ¹verdåmmernª mit dem Resultat eines Os tarsale ± nicht nur bei der chronischen Polyarthritis, sondern ebenso z. B. bei den Spondarthritiden und der Sklerodermie. Die Achillobursitis (Abb. 2) kann zu ausgedehnten Usurierungen am Tuber calcanei fçhren [11].
Bei der Arthritis urica sind tophæs bedingte Usuren seltener als mehr oder minder ausgeprågte irregulåre periossåre Knochenappositionen (¹struppiger Fuûª) [11]. Mçnden die Gelenkverånderungen in eine Sekundårarthrose ein, so mindert sich natçrlich die differenzialdiagnostische Aussagekraft des Ræntgenbildes und auch anderer bildgebender Verfahren entsprechend dem Abklingen der Entzçndungserscheinungen. ] Computertomographie. Computertomographische Untersuchungen spielen bei rheumatischen Krankheiten im Rçckfuûbereich primår-diagnostisch keine wesentliche Rolle [14]. Irregulåre Destruktionen z. B. in Einzelabschnitten der Tarsalgelenke, die sich (oft aufgrund von Rçckfuûdefomierungen) im Ûbersichtsræntgenbild schlecht darstellen, lassen sich auch mit konventionellen Schichtaufnahmen ausreichend abklåren. Im Ûbrigen haben unter den bildgebenden Verfahren in dieser Region Sonographie und Kernspintomographie eine ungleich græûere Bedeutung. ] Szintigraphie. Die Szintigraphie hat im Bereich des Rçckfuûes vorwiegend die Aufgabe des Nachweises einer entzçndlichen Gelenkbeteiligung im Rahmen eines ¹Screeningª sowie einer lokalisatorischen Zuordnung von Rçckfuûbeschwerden. Ûberdies ermæglicht sie eine bedingte Aussage çber die Akuitåt der lokalen Verånderungen. Die Szintigraphie sollte jedoch nicht als Ersatz fçr eine subtile klinische Untersuchung missbraucht werden. Allgemein sind mit der Skelettszintigraphie klarere Darstellungen zu erzielen als mit der Weichteilszintigraphie.
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K. Tillmann, W. Rçther
Abb. 3 a, b. Kernspintomographie bei Tendosynovialitis rheumatica mit Beteiligung der Postikussehne und der langen Groûzehbeugesehne.
] Sonographie. Die Sonographie stellt fçr den erfahrenen Untersucher eine wertvolle Ergånzung der klinischen Befunderhebung dar. Sie erlaubt weitergehende Aussagen çber die Ausprågung synovialitischer und tenosynovialitischer Verånderungen und Ergussbildungen, den Zustand der Sehnen und das Vorliegen und die Ausdehnung von Bursitiden und ermæglicht die Dokumentation dieser Verånderungen fçr spåtere Vergleichsuntersuchungen [3, 14]. ] Magnetresonanztomographie. Die Magnetresonanztomographie (MRI) hat in der bildgebenden Diagnostik zweifellos die græûten Fortschritte gebracht [14], wobei aus organisatorischen Grçnden wie auch aus finanziellen Ûberlegungen sicherlich noch långst nicht alle Mæglichkeiten im wçnschenswerten Maûe gençtzt werden. Weichteilverånderungen z. B. im Bereich der Sehnen (einschlieûlich Rupturen) lassen sich in der kernspintomographischen Darstellung auch dem weniger Geçbten wesentlich eindrucksvoller und deutlicher çbermitteln als beispielsweise in der sonographischen Darstellung (Abb. 3). Besonders wichtig erscheint uns die Mæglichkeit der Frçherkennung ossårer Durchblutungsstærungen als Vorlåufer oder Ausdruck von Knochennekrosen in der Operationsplanung. Auch bei vagem Verdacht erscheint aufgrund negativer Erfahrungen die Abklårung der ossåren Durchblutungsverhåltnisse z. B. im Bereich des oberen Sprunggelenkes vor endoprothetischer Versorgung unbedingt empfehlenswert. Auch destruierende Verånderungen der Tarsalgelenke und deren Ausdehnung kænnen in der pråoperativen Planung von versteifenden Eingriffen im Rçckfuûbereich Hinweise çber Notwendigkeit und erforderliche Ausdehnung von Knochenspanimplanta-
tionen geben und ggf. die Pseudarthroseraten senken helfen. Da im Gegensatz zu den Ræntgenaufnahmen einschlieûlich CT die Bedenken der Strahlenbelastung entfallen, stehen der wçnschenswerten wesentlich breiteren Anwendung zur Zeit in erster Linie ækonomische Erwågungen entgegen.
Extraartikulåre Manifestationen ] Tenosynovialitiden treten bei rheumatischen Arthritiden im Rçckfuûbereich zwar weniger regelmåûig und weniger uniform auf als z. B. in der Region des Handgelenkes. Dennoch sind sie so håufig, dass bei Rçckfuûarthritiden unbedingt gezielt daraufhin untersucht werden muss. Sie treten auch als Erstsymptom der chronischen Polyarthritis auf [55]. Vainio fand Entzçndungen des oberen Sprunggelenkes in knapp 9% von 955 untersuchten Rheumatikern, Tenosynovialitiden im Rçckfuûbereich in 6,5%. In der Reihenfolge der Håufigkeit fçhrten klinisch die Peronealsehnen vor den Tibialis posterior-, Tibialis anterior-, Zehenstreck- und AchillesSehnen. Dies entsprach auch in etwa unserer klinischen Erfahrung, gemessen an der Håufigkeit retromalleolårer Zugånge (çberwiegend fibular, danach bilateral, seltener isoliert tibial [45]). Kernspintomographische Untersuchungen [3] ergaben jedoch eine andere Reihenfolge: Tibialis posterior-, Peroneal-, Zehenbeuger- und Tibialis anterior-Sehne. Die biomechanischen Auswirkungen des Sehnenbefalls waren teils widersprçchlich. Der Befall wie auch die (nicht håufigen) spontanen
Mittelfuû, Rçckfuû und Sprunggelenk
Rupturen der Tibialis posterior-Sehnen konnten bei Erwachsenen die Knick-Senkfuû-Deformierungen verstårken oder gar induzieren, bei Kindern und Jugendlichen dagegen als Folge der Schonhaltung auch zur Varusdeformierung und Vorfuûadduktion, auch zu klumpfuûåhnlichen Fehlstellungen fçhren. ] Bursitiden treten håufig an mechanisch exponierten Stellen auf (z. B. an der Tuberositas des Os naviculare und des Os metatarsale V), besonders im Falle der Betonung durch Deformierungen (Plattfuû) und sekundårarthrotische Randzackenbildungen (z. B. dorsal an Talonavikular- oder Kuneonavikulargelenken ± sog. Fuûrçckenexostosen). Die Achillobursitis ist bei Spondarthritiden håufig, wird aber nur selten operativ behandlungsbedçrftig. Meist bildet sie sich spontan zurçck, wenn auch unter Hinterlassung von Usuren. ] Rheumaknoten unterschiedlichster Græûe entwickeln sich ebenfalls besonders an mechanisch belasteten Stellen, so an der Tuberositas ossis metatarsalis V, çber dorsalen Randosteophyten, an Strecksehnenscheiden und auch çber der Achillessehne. Oft hången sie mit Bursen und tendovaginitischen Verånderungen zusammen. Unter MTX-Behandlung steigt die Håufigkeit. Ungeachtet der groûen Rezidivneigung kænnen schmerzhafte Beschwerden zum operativen Eingreifen zwingen. ] Ganglien stellen meist synovialitische Kapselperforationen dar: am håufigsten im Bereich der medialen distalen Fuûwurzelgelenke, aber auch (mechanisch mitbedingt?) ausgehend vom Peritendineum der medialen Strecksehnen (besonders lange Groûzehenstrecksehne). Sprechen sie nicht auf eine konservative Behandlung an, mçssen sie operativ entfernt werden ± meist in Kombination mit der Synovialektomie der zugehærigen Gelenke und Sehnenscheiden.
Indikation zur Operation Wie prinzipiell fçr jeden rheumaorthopådischen Eingriff, stellt auch im Rçckfuûbereich die fehlende und unzureichende Wirksamkeit konservativer Behandlungsmaûnahmen die entscheidende Voraussetzung dar. Neben den systemi-
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schen und lokalen konservativen Maûnahmen låsst sich durch rechtzeitige und geeignete orthopådie-schuhtechnische Maûnahmen die Zahl notwendiger operativer Eingriffe im Rçckfuûbereich drastisch reduzieren [45]. Vor allem lassen sich massive Rçckfuûdeformierungen, die groteske Destruktionen nach sich ziehen kænnen und spåter mit groûem Aufwand und unsicherem Erfolg operativ angegangen werden mçssen, wenn nicht vermeiden, so doch zumindest begrenzen. Die Zielsetzung aller Behandlungsmaûnahmen ± nicht nur der operativen ± ist fçr das obere Sprunggelenk und die Tarsalgelenke vællig unterschiedlich, teils gegensåtzlich. Das Ziel der Formerhaltung ist çbereinstimmend. Die Erhaltung von Beweglichkeit ist dagegen bei dem begrenzten Funktionsanspruch schwerbehinderter Rheumatiker nur fçr das obere Sprunggelenk wichtig. Fçr die Tarsalgelenke gençgt dagegen eine schmerzfreie Belastbarkeit, der gegençber die Beweglichkeit von vællig untergeordneter Bedeutung ist. Gleich wichtig ist hier aber die Erhaltung oder Erreichung gut beschuhbarer Formverhåltnisse. Fçr das obere Sprunggelenk spielen daher bewegungserhaltende Eingriffe wie Synovialektomie und Alloarthroplastik eine græûere Rolle, wåhrend die Arthrodese heute fçr uns die ultima ratio darstellt. In Konkurrenz stehen die offene und die arthroskopische Synovialektomie. Da ± åhnlich wie am Handgelenk ± Gelenk- und Tenosynovialitis çberwiegend kombiniert auftreten und von den fçr die Tenosynovialektomie erforderlichen Schnittfçhrungen aus (s. u.) auch das Gelenk meist problemlos erreichbar ist, wird das offene Vorgehen sicher auch in Zukunft Bedeutung behalten. In åhnlicher Weise bietet sich bei versteifenden Operationen an den Tarsalgelenken håufig die simultane Synovialektomie des oberen Sprunggelenkes aufgrund der einfachen operationstechnischen Erreichbarkeit an. Im Falle fortgeschrittener schmerzhafter Destruktionen und sekundårarthrotischer Verånderungen des oberen Sprunggelenkes ist die Differenzialindikation zwischen Endoprothese und Arthrodese zu treffen. Generelle Richtlinien kann es derzeit nur fçr Extremfålle geben. Wir sind hier auf eine subjektive Wertung aufgrund eigener, inzwischen çber 25-jåhriger Erfahrung angewiesen. Fçr schwer und multipel behinderte Rheumatiker mit begrenztem Funktionsbedarf, entzçnd-
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K. Tillmann, W. Rçther
lichen Verånderungen oder postoperativen Zustånden gleichseitiger Nachbargelenke sowie bei bilateralem Befall der Sprunggelenke geben wir der Endoprothese den Vorzug ± geeignete lokale Verhåltnisse vorausgesetzt. Diese beinhalten, da heute generell unverblockte Implantate verwendet werden, eine ausreichende Bandstabilitåt und eine verlåssliche Qualitåt des knæchernen Implantatlagers. Ausgeprågte osteonekrotische, osteolytische und mutilierende Verånderungen im Gelenkbereich stellen fçr uns eine Kontraindikation dar: im Zweifelsfalle sollte pråoperativ eine kernspintomographische Abklårung erfolgen (s. o.). Stårkere Fuûdeformierungen im Varus- oder Valgussinne infolge von Verånderungen der Tarsalgelenke wie auch therapieresistente schmerzhafte Destruktionen dieser Region sollten erforderlichenfalls zuvor durch Arthrodese und Stellungskorrektur behandelt werden ± wenn nicht in diesen Fållen im Hinblick auf die Operabilitåt des Patienten auch am oberen Sprunggelenk der Arthrodese der Vorzug zu geben ist. Simultane Bandrekonstruktionen bei endoprothetischen Versorgungen sind technisch mæglich und werden erforderlichenfalls auch durchgefçhrt. Sie kænnen allerdings nach unseren Erfahrungen die Prognose belasten. Bei mono- oder oligartikulåren Verånderungen des oberen Sprunggelenkes und fçr jçngere Patienten mit hohem Funktionsanspruch bevorzugen wir die Arthrodese des oberen Sprunggelenkes, mæglichst beschrånkt auf das Talokruralgelenk. Bei noch gut erhaltenen Tarsalgelenken versuchen wir, deren Funktion ggf. durch gezielte Gelenksynovialektomien zu erhalten, da die verbliebene Restbeweglichkeit im Rçckfuûbereich fçr die Patienten funktionell wertvoll sein kann. Die Prognose ist allerdings auch hier unsicher: infolge der resultierenden mechanischen Ûberlastung sind spåtere sekundår degenerative Destruktionen besonders im dorsalen Abschnitt des Talokalkanealgelenkes mæglich. Im Falle schwerster Destruktionen und knæcherner Defektbildungen wçrden wir Aufbauarthrodesen ggf. auch unter Verwendung von groûen Knochenbankspånen der (sehr unsicheren) Defektfçllung mittels Gelenkendoprothese vorziehen, wobei die technischen Schwierigkeiten und die Erfolgsunsicherheit auch dieser Operationen nicht zu unterschåtzen sind. Im Bereich der Tarsal- und Tarsometatarsalgelenke haben weder die isolierte Synovialekto-
mie noch die endoprothetische Versorgung nennenswerte Bedeutung erlangt. Zwar werden håufig Synovialektomien im Zusammenhang mit anderen operativen Eingriffen im Rçckfuûbereich durchgefçhrt, so in Kombination mit Synovialektomien der oberen Sprunggelenke, Tenosynovialektomien im Rçckfuûbereich (z. B. dorsal am Talokalkanealgelenk bei der Tenosynovialektomie der langen Groûzehenbeugesehnen, am Talonavikulargelenk bei der Tenosynovialektomie der Tibialis posterior-Sehne sowie am Kalkaneokuboidgelenk bei der Tenosynovialektomie der Fibularis-longus-Sehne). Die gezielte isolierte Synovialektomie eines einzelnen befallenen Fuûwurzel- oder Mittelfuûgelenkes stellt sicher eine Raritåt dar. Bei Versagen konservativer lokaler Maûnahmen kommen hier in der Regel nur Arthrodesen in Frage, erforderlichenfalls mit Stellungskorrekturen. Wir versuchen dabei, die Arthrodesen auf diejenigen Gelenke zu beschrånken, die destruiert sind. Sind jedoch schon spontane Ankylosen in ungçnstiger Form aufgetreten, so ist eine Korrektur durch deren Auflæsung kaum praktikabel. Statt dessen werden Stellungskorrekturen nach Art von Keil- und Brçckenkeilosteotomien, erforderlichenfalls mit korrigierenden Knochenspanimplantationen durchgefçhrt, die eher die begrenzte Zielsetzung einer besseren Beschuhbarkeit verfolgen, als den ehrgeizigen Anspruch auf eine Wiederherstellung der physiologischen Formverhåltnisse zu erheben. Akute Instabilitåten und Formverånderungen kænnen auch durch entzçndliche Spontanrupturen von Sehnen im Rçckfuûbereich entstehen. Voraussetzung ist allerdings nach unserer Erfahrung auch eine simultane Schwåchung der Bandverhåltnisse bestimmter Tarsalgelenke. Dies muss auch bei der Therapie berçcksichtigt werden. So haben wir mit einer einfachen Rekonstruktion der akut spontan rupturierten Tibialis-posterior-Sehne nur vorçbergehend eine Wiederherstellung des Långsgewælbes und Korrektur des Valgus-Rçckfuûes erreichen kænnen. Eine spåtere Arthrodese des Talonavikulargelenkes mit gleichzeitiger Nachraffung und Restabilisierung erwies sich als dauerhafter. Eine Supinationsinstabilitåt durch Spontanruptur beider Fibularis-Sehnen bei noch erhaltenem fibulotalarem Bandapparat konnte in einem Einzelfall durch plastische Rekonstruktion der gerissenen Sehnen und Stabilisierung des gelockerten fibulokalkanearen Bandapparates in funktionell befriedigender Weise behoben werden.
Mittelfuû, Rçckfuû und Sprunggelenk
Operative Zugånge Das obere Sprunggelenk låsst sich streckseitig von einer queren Schnittfçhrung aus am besten çbersehen [45, 56]. Den Hautspannungslinien folgend erbrachte sie uns die besten Narben und die geringsten Wundheilungsstærungen, wenn durch entsprechende Operationstechnik unter Schonung långsverlaufender Nerven und Gefåûe die Wundrånder stumpf zurçckgehalten wurden. Umschriebene Tenosynovialektomien der Strecksehnen lieûen sich unter guter Sicht durchfçhren. Eine jeweils ca. 5 cm lange Långsinzision der Retinacula und korrespondierend des Gleitlagers der Strecksehnen fibular und tibial ermæglichte einen vollståndigen Ûberblick çber die gesamte ventrale Gelenkkapsel und entsprechend eine radikale ventrale Synovialektomie und Kapsulektomie. Dieser Zugang wurde von uns in den 60er und frçhen 70er Jahren fçr die Synovialektomie des oberen Sprunggelenkes bevorzugt. Als nachteilig erwies sich dieser Querschnitt bei den relativ seltenen (s. o., [3, 45]) ausgedehnten langstreckigen Tenosynovialitiden der Strecksehnen, mehr aber noch bei Revisionseingriffen insbesondere zur Implantation einer Endoprothese im Falle unzureichenden Synovialektomieeffektes. Bei Wiederbenutzung der vorgångigen Schnittfçhrung war die Pråparation und Schonung des oberflåchlichen Fibularis-Nerven und seiner Aufzweigungen schwierig und zeitraubend, wenn nicht unmæglich. Die Ûberkreuzung der Quernarbe durch einen spåteren Långsschnitt fçhrte zwar in den wenigen von uns durchgefçhrten Fållen nicht zu Wundheilungsstærungen, ist aber doch mit erhæhten Risiken behaftet. Trotz der unbestreitbaren Vorteile haben wir deshalb spåter die quere Schnittfçhrung zugunsten von Långsinzisionen vællig verlassen. Zunåchst haben wir ± insbesondere fçr die Sprunggelenksimplantation ± einen zentralen Långsschnitt bevorzugt, der distal leicht nach fibular umbog. Damit wurde der Ramus medialis des Nervus fibularis superficialis çberkreuzt. Er låsst sich jedoch nach Darstellung und Freilegung gut nach distal verziehen. Das tiefe neurovaskulåre Bçndel wurde nach Ligierung fibularer arterieller Abzweigungen nach tibial verzogen. Dieser Zugang ergab den besten Ûberblick çber die Streckseite des oberen Sprunggelenkes.
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Aufgrund der leider nicht seltenen Reoperationen nach Implantationen zementierter Sprunggelenksendoprothesen haben wir uns nochmals umgestellt. Es zeigte sich, dass bei der mehr fibular orientierten Schnittfçhrung im Revisionsfalle der Ramus dorsalis pedis medialis im distalen Wundwinkel schwer aus der Narbe zu læsen war, ohne ihn zu lådieren. Heute legen wir ± der Empfehlung von Kofoed (Kofoed, pers. Mitteilung 1992) folgend den streckseitigen Långsschnitt zwischen der langen Groûzehenstrecksehne und der Tibialis-anterior-Sehne an und biegen dann parallel zu letzterem Sehnenverlauf langbogig nach tibial distal um. Auf diese Weise wird eine Ûberkreuzung des distalen Nervenverlaufes, der allerdings dargestellt wird, vermieden. Die Retinacula werden entsprechend zwischen beiden Sehnen långs gespalten. Die Verziehung des tiefen Gefåûnervenbçndels erfolgt in der Regel nach fibular. Wenn aber die tibialen arteriellen Gefåûverbindungen wesentlich stårker sind als die fibularen, versuchen wir, sie zu schonen und das Bçndel nach fibular zu verziehen. Danach ist der Weg frei fçr die streckseitige Kapsulektomie und Synovialektomie. Wichtig ist, dass der Zugang fçr die Gelenkimplantation weit genug nach distal reicht, um auch den Talushals ausreichend freizulegen und zu çbersehen und damit die jeweilige Taluskomponente korrekt implantieren zu kænnen [48]. Der fçr jede Synovialektomie des oberen Sprunggelenkes erforderliche dorsale Zugang richtet sich meist nach der klinisch stårker imponierenden tenosynovialitischen Ausprågung entweder der tibialen, der fibularen oder der beidseitigen retromalleolåren Sehnenscheiden. Fehlt die Tenosynovialitis, so nehmen wir die dorsale Synovialektomie von einem kleinen Långsschnitt fibular der Achillessehne aus vor. Der tibiodorsale Zugang ist zwar bequemer, tangiert jedoch stårker die hier verlaufenden Nerven und Gefåûe des Tarsaltunnels und hinterlåsst çberdies die fçr den Druck der Schuhkappe ungçnstigere Narbe. Im Zusammenhang mit den endoprothetischen Versorgungen des oberen Sprunggelenkes ist der Vollståndigkeit halber und aus historischen Grçnden der transfibulare Zugang zu erwåhnen [6]. Hier wurde von einem fibularen Bogenschnitt aus die Fibula in Gelenkspalthæhe quer durchtrennt, nach distal abgeklappt und spåter wieder verschraubt. Dem Vorteil der guten Ûbersicht stand der græûere Nachteil lang-
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dauernder postoperativer fibularer Beschwerden gegençber, die wohl auf die notwendigen partiellen Durchtrennungen des gleichseitigen Bandapparates zurçckzufçhren waren. Fçr versteifende Operationen im Bereich des oberen Sprunggelenkes sind inzwischen vielfåltige operative Techniken im Gebrauch, die jeweils einen speziellen Zugang erfordern. Auch wir bedienen uns je nach individueller Situation unterschiedlicher Techniken und entsprechend auch unterschiedlicher Zugånge. Arthroskopisch assistierte und ¹perkutaneª Arthrodesen (s. u.) werden heute von extrem kleinen Zugången aus durchgefçhrt. Fçr isolierte talokrurale Arthrodesen verwenden auch wir einen relativ kurzen (ca. 6 cm langen) streckseitigen Långsschnitt und einen 3±4 cm langen tibiodorsalen Zusatzschnitt, da sich ungeachtet der Nachbarschaft der Nerven und Gefåûe von hier aus die dorsale talotibiale Fixierung am leichtesten bewerkstelligen låsst. Fçr Versteifungen unter Einschluss des Talokalkanealgelenkes verwenden wir bevorzugt einen ausgedehnten Fibulaspan, der entsprechend einen fibulodorsalen ausgedehnten Bogenschnitt erfordert. Auch fçr operative Eingriffe an den Tarsalund Tarsometatarsalgelenken hat sich der Zugang individuell an der Lokalisation und Zielsetzung der jeweiligen Operation zu orientieren. Generell bevorzugen wir im Rçckfuûbereich geschwungene Långsinzisionen: fibular etwa in Hæhe des Sinus tarsi, tibial zentral çber dem Talonavikularund dem 1. Kuneonavikulargelenk, z. B. fçr die Triplearthrodese. Fçr brçckenkeilartige Korrekturosteotomien im proximalen Tarsalbereich werden die zu operierenden Gelenke und Skelettanteile hart knochennah freigelegt. Fibular wird mit Rçcksicht auf die Nervenversorgung der Ursprung der kurzen Zehenstrecker knapp L-færmig von proximal und plantar abgehoben. Von hier aus låsst sich die Fuûwurzel dorsal und plantar sehr gut freilegen und çbersehen, jedoch benutzen wir im Hinblick auf das relativ hohe Pseudarthrosenrisiko fçr das Talonavikulargelenk regelmåûig einen tibialen mittseitlichen Zusatzschnitt. Die Tibialis-posterior-Sehne wird dabei in der Regel mit dem knæchernen Ansatz abgelæst und zuggurtungsartig raffend nach distal versetzt. Zur Erreichung einzelner Tarsometatarsalgelenke eignen sich am besten dorsale, fçr TMTGelenk I und V auch seitlich-dorsale Långsschnitte. Sollen mehrere benachbarte TMT-Gelenke erreicht werden, ist ein ausgedehnter Querschnitt
unter Darstellung und Schonung der långsverlaufenden Weichteilstrukturen gçnstiger.
Therapie Therapieziele Erstes Therapieziel ist die Erhaltung oder Wiederherstellung eines schmerzfrei belastbaren, formkorrekten, stabilen Rçckfuûes. Zweites Ziel ± oft nicht voll erreichbar ± ist die Bewahrung oder Rçckgewinnung der aktiven und passiven Gelenkbeweglichkeit, wobei die funktionelle Bedeutung der Beweglichkeit des oberen Sprunggelenkes ungleich græûer ist als die der Tarsalgelenke. Bei der Behandlung der Letzteren ist das erstgenannte Therapieziel absolut vordringlich. Nur im Falle eines Bewegungsverlustes des oberen Sprunggelenkes, sei es primår krankheits- oder therapiebedingt, kann die Bewegungsfunktion im Tarsalbereich an Bedeutung gewinnen. Demgegençber bedeutet die Aufgabe der Beweglichkeit des oberen Sprunggelenkes zugunsten der schmerzfreien Belastbarkeit und Formverbesserung des Rçckfuûes in jedem Falle eine erhebliche, oft schwer kompensierbare Funktionseinbuûe.
Operationszeitpunkt Der Zeitpunkt des operativen Eingreifens richtet sich nach der Zielsetzung und nach dem Krankheitsverlauf. Je hæher der Anspruch, d. h. je mehr das Operationsziel sich einer Restitutio ad integrum nåhert, um so frçher muss eingegriffen werden und: je foudroyanter der Verlauf ist, um so schneller muss operativ gehandelt werden. Auf alle Fålle ± und das ist eine generelle Forderung ± muss, solange çberhaupt noch eine Chance besteht ± der konservativen Behandlung die Mæglichkeit gegeben werden, ihre Wirkung zu entfalten. Gerade hieraus kann sich bei rapider Progredienz ein Entscheidungskonflikt ergeben, der nur unter Mitwirkung speziell operativ erfahrener Kollegen in Abstimmung mit dem Patienten einer Læsung zugefçhrt werden kann. Wir sehen es als sehr bedenklich an, wenn hier im Alleingang von internistisch-rheumatologischer Seite unter Ausschluss orthopådischer Rheumatologen Entscheidungen getroffen werden, die
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sich spåter aufgrund von Versåumnissen zum Nachteil des Patienten auswirken kænnen. Der zeitliche Spielraum fçr pråventive Eingriffe wie Synovialektomien ± insbesondere am oberen Sprunggelenk ± ist relativ eng. Trotzdem sind auch Spåtsynovialektomien nicht ohne Wert, solange noch erhaltenswerte Knorpelverhåltnisse bestehen und die Aussicht auf eine symptomarme Sekundårarthrose einem raschen Fortschreiten von synovialitisch bedingten Destruktionen vorzuziehen ist. Bezçglich der Synovialektomie der çbrigen Tarsalgelenke lassen wir uns bei der Entscheidung mit Hinblick auf die Operationsziele (s. o.) mehr Zeit. Eine spontane Versteifung kann hier einen wçnschenswerten Verlauf ohne merkbaren funktionellen Nachteil fçr den Patienten bedeuten. Allerdings muss man bei schmerzhaften Destruktionen auch abschåtzen kænnen, ob çberhaupt Aussicht auf einen solchen glçcklichen Ausgang besteht und wann und in welchem Falle damit nicht mehr zu rechnen ist. Eine auch durch optimale orthopådie-schuhtechnische Maûnahmen nicht zu behebende umschriebene Schmerzhaftigkeit çber ein bis zwei Jahre, eine schmerzhafte ¹raueª Instabilitåt und ein Pseudarthroseåhnliches Ræntgenbild sind fçr uns die Hinweise fçr die Notwendigkeit einer operativen Sanierung durch eine Arthrodese. Der Verlauf und das Destruktionspotential von Tenosynovialitiden sind schwer abschåtzbar. Auf keinen Fall sollte man ± besonders bei jçngeren Patienten ± unter Ausschæpfung aller konservativer Therapiemæglichkeiten so lange mit der Tenosynovialektomie warten, bis Schonhaltungen erkennbar werden, die dann rasch zu fixierten Deformierungen im Rçckfuûbereich fçhren. In fortgeschrittenen Fållen kann auch fçr rekonstruktive Eingriffe der zeitliche Spielraum eng bemessen sein. Am oberen Sprunggelenk kann eine endoprothetische Versorgung nur so lange mit akzeptablen Erfolgsaussichten indiziert werden, solange nicht durch Knochen- und Banddestruktionen sowie durch ausgeprågte Rçckfuûdeformierungen die notwendigen Voraussetzungen fçr die Implantation der durchweg unverblockten Kunstgelenke verpasst sind. Bizarre Deformierungen und Destruktionen kommen zeitweise zur Ansicht, wenn auch die letzten Mæglichkeiten der orthopådie-schuhtechnischen Versorgungen erschæpft sind und die Belastbarkeit der Haut çberschritten ist. Die Risiken der dann erforderlichen Extremeingriffe
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sind erheblich. Die Mæglichkeiten der Formkorrektur kænnen limitiert sein. Das gilt auch fçr Rçckfuûankylosen in ungçnstiger Stellung (z. B. ¹Schaukelfçûeª): generell Folgen unzureichender orthopådie-schuhtechnischer Vorbehandlung. Auch hier kann eine beschuhbare Form des Rçckfuûes manchmal nur nach groûzçgigem Umgang mit der ursprçnglichen Anatomie erreicht werden. Obgleich in allen diesen Fållen die gçnstigsten Zeitpunkte verpasst sind, sollte man sich gegençber dem Patienten entsprechende Bemerkungen sparen. Sie sind alles andere als hilfreich, und die Grçnde fçr die ¹Verspåtungª kænnen sehr vielfåltig sein (z. B. vordringliche therapeutische und menschliche Probleme oder schlichtweg Angst). Bei spontanen Sehnenrupturen kann ein rasches Handeln angeraten sein ± mæglichst innerhalb von zwei Wochen, da der Arbeitsweg des Muskels durch vorgångige Schådigungen oft schon kurz nach diesem Zeitraum verloren sein kann ± viel frçher als nach traumatischen Kontinuitåtstrennungen. Zusåtzliche stabilisierende Maûnahmen an den Tarsalgelenken kænnen dann erforderlich sein (s. o.).
Synovialektomie Wie schon bei den operativen Zugången erwåhnt, werden Gelenk- und Tenosynovialektomien im Rçckfuûbereich håufig in den verschiedensten Kombinationen durchgefçhrt. Dabei kommt der Synovialektomie des oberen Sprunggelenkes klinisch die græûte Bedeutung zu. Obgleich Literaturberichte çber Ergebnisse dieser Operation spårlich und zum Teil veraltet sind [23, 34, 45] und aufschlussreiche neuere Untersuchungen noch nicht veræffentlicht sind, steht die Effektivitåt einer korrekt indizierten und radikal durchgefçhrten Synovialektomie auûer Zweifel. Bei sehr unsicherer Vergleichbarkeit wurden in den frçhen Publikationen nach offener Synovialektomie von verschiedenen Autoren insgesamt 85,5% der Ergebnisse in der kurzund mittelfristigen Nachbeobachtung bei eher strenger Bewertung als befriedigend und gut eingestuft [45]. Die Ergebnisse mittel- und langfristiger Untersuchungen sind bei rechtzeitigem Eingreifen zu mindestens zwei Dritteln gut, die Reoperationsraten mit unter 10% gering [2, 50]. In unserer Klinik ist der Eingriff auch keine Raritåt: unter 455 zwischen 1/76 und 12/95 durchgefçhrten Operationen am oberen Sprung-
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gelenk waren 114 offene Gelenksynovialektomien (25%). Die Durchfçhrung der Operationen ± offen wie arthroskopisch ± wird als technisch einfach eingestuft, die Nachbehandlung als unproblematisch. Dies stimmt natçrlich nur bedingt. Simultan durchgefçhrte Sehnen- und Bandrekonstruktionen und versteifende Eingriffe im Tarsalbereich kænnen die Operationen wie auch deren Nachbehandlung erheblich komplizieren. In der Regel wird bei offenem Vorgehen von dorsal und ventral nicht nur das Stratum synoviale, sondern auch die Gelenkkapsel exzidiert, dorsal meist auch zusåtzlich die oft begleitend entzçndlich verånderte Kapsel des Subtalargelenkes. Auch eine partielle Tenosynovialektomie der sonst schlecht erreichbaren Groûzehenbeugesehne ist von hier aus gut durchfçhrbar. Bandinstabilitåten, die manchmal erst bei der Synovialektomie augenfållig werden, kænnen bei offenem Vorgehen mit den gelåufigen Techniken versorgt werden. Relativ håufig ist der fibulotalare, ebenso der tibiofibulare Bandapparat betroffen. Wåhrend wir çblicherweise die postoperative Ruhigstellung in einer Gips-Liegeschale (Rçckfuû in Neutralstellung, Fuûgewælbe anmodelliert) auf 14 Tage begrenzen und danach die zunehmende Belastung in einer rçckfuûumfassenden, kunststoffverstårkten Walkleder-Einlage beginnen, behalten wir die Lagerung und Entlastung nach Band- und Sehnenrekonstruktionen fçr sechs Wochen bei, ohne bisher Nachteile fçr die Remobilisierung des oberen Sprunggelenkes gesehen zu haben. Die arthroskopische ventrale Synovialektomie des oberen Sprunggelenkes ist von anterolateralem und anteromedialem Zugang radikal durchfçhrbar und kann mit einer offenen dorsalen Synovialektomie und Tenosynovialektomien kombiniert werden [38, 39], ebenso mit einer Radiosynoviorthese [36]. Synovialektomien der Tarsalgelenke sind bei straffen Bandverhåltnissen nur begrenzt mæglich. Durch Aufnåhen, Raffen und Verlagerung benachbarter Sehnenverlåufe und -ansåtze lassen sich Kapsel- und Bandverstårkungen durchfçhren. Natçrlich sind auch hier entsprechend lange Fixierungszeiten (durchschnittlich sechs Wochen) und exakte, formbeståndige orthetische Versorgungen postoperativ notwendig. Tenosynovialektomien erfordern meist relativ langstreckige Expositionen (s. o.) sowie ± im Rahmen der Mæglichkeiten ± sorgfåltige Rekonstruktionen der Sehnenscheiden und der Re-
tinacula zur Verhinderung von Luxationen und Bogensehneneffekten. Eine operative Tenosynovialektomie wird håufig in Kombination mit Gelenkeingriffen am Rçckfuû durchgefçhrt ± von retromalleolåren Bogenschnitten aus, von denen aus auch der dorsale Abschnitt des Talokrural- und des Talokalkanealgelenkes gut zu erreichen ist. Auch der proximale Verlauf der mitbefallenen langen Groûzehenbeugesehnenscheide ist hier fçr eine Tenosynovialektomie gut zugånglich. Sie kommuniziert im Entzçndungsfalle håufig mit den vorgenannten benachbarten Rçckfuûgelenken ± åhnlich wie die Peroneus-longus-Sehne mit dem Kalkaneokuboidgelenk. Das selten befallene Peritendineum der Achillessehne spricht schlecht auf konservative Maûnahmen an. Eine Tenosynovialektomie ist hier dem Warten auf eine Spontanruptur vorzuziehen.
Resektion Resektionsarthroplastiken des oberen Sprunggelenkes sind nicht gelåufig. Wir haben keine einschlågigen Erfahrungen. Koneczny [28] fçhrte bei Rheumatikern 12 Koriumarthroplastiken im Sprunggelenksbereich durch, von denen er 11 als gut und befriedigend beurteilte. Die Nachuntersuchungszeiten sind nicht genau ersichtlich. Langzeitbeobachtungen scheinen nicht vorzuliegen.
Arthroplastiken Die moderne Endoprothetik des oberen Sprunggelenkes ist noch nicht drei Jahrzehnte alt. Die zweiteilige, unverblockte zementierte St. GeorgEndoprothese [6] kann als Prototyp der ersten Generation von Sprunggelenksendoprothesen gelten: eine konkave Polyåthylenkomponente, die mit einer schlittenfærmigen Metall-Oberflåchençberkleidung der Talusrolle artikuliert (Abb. 4). Durch Unterschiede im Design wurden Implantationsweise, Resektionsausmaû, Verankerungen und ± in relativ engen Grenzen ± der Bewegungsablauf variiert. Man kann heute sagen, dass diese erste Generation seit ca. einem Jahrzehnt bereits durch eine zweite abgelæst worden ist: Dreikomponenten-Endoprothesen, bei denen die Taluskomponente in etwa den frçheren entspricht, die Tibiaunterflåche dagegen aus einer planen
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Abb. 4 a, b. Zweiteilige unverblockte St. Georg-Endoprothese ± Prototyp der ersten Generation von Sprunggelenksprothesen.
Abb. 5. Dreikomponenten-Endoprothese mit meniskusartigem Gleitkern aus Polyåthylen, hier das Modell von H. Kofoed.
Metallplatte besteht. Zwischen beiden bewegt sich ± frei zur Tibia, gefçhrt durch die Formgebung der Taluskomponente, ein PolyåthylenGleitkern ([5, 27], Abb. 5): entsprechend dem Prinzip und der Idee der ¹meniskalenª Kniegelenksimplantate von Goodfellow [17]. Durch die Freiheitsgrade dieser Endoprothesen werden die Schwåchen der ersten Generation vermieden, bei der die an sich erforderliche korrekte Ûbereinstimmung von physiologischer Achse und Implantatachse nur in seltenen Idealfållen erreicht werden konnte. Ûberdies fehlte der ¹ersten Generationª ± abgesehen von den recht instabilen ¹multiaxialenª Gelenken ± groûenteils die natçrliche Rotationsmæglichkeit. Beides fçhrte zu vermehrtem Abrieb und vermehrter Belastung der Knochen-EndoprothesenFixierung: mit der Folge einer relativ hohen Rate aseptischer Lockerungen [7, 18, 24].
Wie weit diese Rate durch die neuen Konstruktionen tatsåchlich gesenkt werden kann, wird sich in der Langzeitbeobachtung zeigen mçssen. Die Entlastung der Fixierung durch die hæheren Freiheitsgrade der neuen Generation ermæglicht jedenfalls eine zementfreie Implantation. Die kurz- und mittelfristigen Ergebnisse sind vielversprechend [4, 12, 20, 26, 37, 59]. Die Implantationstechnik wird durch das Implantat, das Instrumentar und die Empfehlung der jeweiligen Autoren bestimmt, sodass detaillierte Ausfçhrungen sich hier erçbrigen. Die Operationstechniken sind anspruchsvoll, sodass die Anwendung zur Zeit im Wesentlichen auf Zentren mit spezieller Erfahrung beschrånkt ist. Unsere eigenen Kenntnisse ± beginnend 1976 mit den zementierten Endoprothesen der ersten und seit 1990 mit den fast ausschlieûlich unzementiert implantierten der zweiten Generation ± beschrånken sich praktisch ausschlieûlich auf rheumatische Gelenke. Diese sind zwar operationstechnisch besonders anspruchsvoll [41, 46, 48, 49], kænnten jedoch durch den meist relativ niedrigen Funktionsbedarf der Patienten positive Aussichten auf gute Dauerresultate haben. Die Nachbehandlungsrichtlinien scheinen zur Zeit noch wenig ausgefeilt. Die zementfreie Fixierung der modernen Implantate macht eine frçhe vertikale Belastung initial unter Vermeidung der Bewegung wçnschenswert. Die problematischen Hautdurchblutungsverhåltnisse an der Streckseite des oberen Sprunggelenkes stellen ein weiteres Argument fçr eine sechswæchige Fixierung im zirkulåren Gipsverband dar. Sicher ist diese relativ lange postoperative Gips-
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fixierung eine Mitursache, jedoch wohl nicht der einzige Grund fçr die bislang nicht voll befriedigenden Bewegungsresultate [46]. In der Nachbehandlung folgt der Gipsfixierung eine Stabilisierung mit pneumatisch-adaptierbaren Kunststoffschienen (Aircast¾) fçr weitere sechs Wochen, danach die Versorgung mit einer rçckfuûumfassenden formstabilen (kunststoffverstårkten) Walkleder-Einlage. Auf Abrollhilfen wird nach Mæglichkeit verzichtet, um die Ûbung der Beweglichkeit durch die Abrollung im tåglichen Gebrauch nicht zu behindern. Bei sehr guten Ergebnissen bezçglich Schmerzlinderung und Belastbarkeit haben wir mit den zementierten Endoprothesen eine Halbierung der pråoperativen Beweglichkeit [41] mit Verschlechterungstendenz in den Langzeitbeobachtungen [49] hinnehmen mçssen. Die neue Generation von Endoprothesen låsst tendenziell eine positivere Entwicklung erhoffen [4, 13, 56], jedoch bleiben die Langzeitergebnisse abzuwarten.
Arthrodese Die besonderen Probleme der Arthrodese beim Rheumatiker ergeben sich ± wie bei allen rekonstruktiven Eingriffen ± in erster Linie aus der schlechten Knochenqualitåt (Osteoporose, zystische Destruktionen, Osteolyse) und der oft gestærten Trophik der Weichteile, insbesondere der Haut (mechanische Ûberlastung, Vaskulitiden, Neuropathien u. a.). Die Lokalisation und das Ausmaû der Arthrodesen richtet sich nach dem Gelenkbefall: generell muss nur das versteift werden, was schmerzhaft destruiert ist (s. o.). Andererseits beinhalten versteifende Eingriffe ± oft in Kombination mit Osteotomien ± eine optimale Mæglichkeit der Formkorrektur. Die Kombination von Arthrodese und Osteotomie bietet sich oft an, da die Nachbehandlung bezçglich Art und Dauer der åuûeren Fixierung durch Gips und orthetische Versorgungen meist identisch ist. Håufig sind Knochenspanimplantationen erforderlich, um befriedigende Formverhåltnisse zu erreichen. Bei der sehr schlechten Beschaffenheit des Implantatlagers sind ausgedehnte Resektionen, verbunden mit Långeneinbuûen manchmal nicht vermeidbar. Die funktionell ungçnstigste und auch technisch schwierigste Arthrodese ist die des oberen Sprunggelenkes. Zur isolierten Fixierung des Ta-
Abb. 6. Arthrodese des oberen Sprunggelenks und des Subtalargelenks unter Verwendung eines Fibulariegels.
lokruralgelenkes hat sich uns die Kombination von Verschraubung und Verklammerung am besten bewåhrt. Wird das Talokalkanealgelenk in die Versteifung einbezogen, so nuten wir gerne die osteotomierte distale Fibula seitlich als stabilisierende autologe ¹Knochenstraûeª in Tibia, Talus und Kalkaneus ein ([1, 21], Abb. 6). Die gesamte Stabilisierung des Rçckfuûes einschlieûlich des oberen Sprunggelenkes wurde von uns frçher håufig mittels Fixateur externe [8] vorgenommen. Wie anderen Autoren auch hat sich uns im Laufe der Jahre die innere Fixierung der Schrauben [43, 57] und Klammern [40] als unproblematischer und sicherer erwiesen. Auch Platten und Någel [15] finden Verwendung. Håufig mçssen bei diesen komplexen Eingriffen umfangreiche Formkorrekturen und Knochenaufbauten vorgenommen werden. Dies gilt besonders fçr die Arthrodese des oberen Sprunggelenkes nach Fehlschlågen endoprothetischer Versorgungen. Hier ist ± will man nicht groûe Långeneinbuûen in Kauf nehmen ± die Fçllung der oft riesigen Lockerungshæhle mit entsprechend groûen Knochenspånen unerlåsslich. Autologes Material reicht hier oft kaum aus, biologisch hochwertiger allogener Knochen ist infolge der extrem strikten Sicherheitsbestimmungen kaum noch in ausreichender Menge erhåltlich (Abb. 7).
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Abb. 7 a, b. Arthrodese nach fehlgeschlagener Sprunggelenksendoprothese. Ausgedehnte autologe Knochentransplantation. Fixation mittels Kondylenplatte, deren Klinge in den Kalkaneus eingeschlagen ist.
Fçr die obere Sprunggelenksarthrodese sind so viele Mæglichkeiten der inneren Fixierung angegeben worden, dass hier im Wesentlichen nur die persænlichen Erfahrungen bei rheumatischen Patienten diskutiert werden konnten. Gesondert zu erwåhnen sind die arthroskopisch-assistierten [35, 38, 39, 51] und die perkutanen [29] Arthrodesen des oberen Sprunggelenkes. Bei Letzteren werden die zerstærten Gelenkflåchen des Talokruralgelenks ohne direktes Eingehen auf das Gelenk durch gekreuzte Schrauben komprimiert [29]. Bezçglich der Ergebnisse, insbesondere der Heilungstendenz und natçrlich auch der Vermeidung von Wundkomplikationen, werden sie sehr positiv beurteilt. Sie sind allerdings in der Indikation begrenzt auf das Talokruralgelenk, somit auf Fålle mit limitierten Destruktionen [29, 35, 38]. Die Durchfçhrung sollte beim derzeitigen Stand der Erfahrungen auf Zentren mit umfangreicher spezieller Erfahrung limitiert werden. Arthrodesen der Tarsalgelenke [30, 53] unter Aussparung des oberen Sprunggelenkes werden bei uns vergleichsweise selten durchgefçhrt. Der Grund hierfçr liegt in der bei uns çblichen sehr konsequenten orthopådie-schuhtechnischen Behandlung tarsaler Arthritiden (s. o.). Wird hierdurch das Ziel einer schmerzfreien fibræsen oder knæchernen Versteifung in guter Stellung nicht erreicht, werden die erforderlichen Arthrodesen mæglichst knochensparend (geringst-
mægliche Resektion) und erforderlichenfalls mit formkorrigierendem Knochenspanaufbau durchgefçhrt. Autologe freie Knochenverpflanzungen (Beckenkamm) sind hier relativ håufig erforderlich. Die Fixierung erfolgt vorwiegend mit Klammern und Schrauben (Abb. 8). Bei sehr osteoporotischen Knochenverhåltnissen sind manchmal kråftige Klammern (z. B. Blount-Klammer) vorteilhafter als die sonst von uns bevorzugten druckluftgetriebenen Titan-Klammern [40]. Die
Abb. 8. Arthrodese des Chopart-Gelenks mittels Blount-Klammern.
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håufigsten Operationen in diesem Bereich sind die Talonavikulararthrodese und die Triplearthrodese. Angesichts der besonderen Probleme bezçglich der Knochenqualitåt gelten fçr uns in der Nachbehandlung besondere Vorsichtsmaûregeln. Zwar heilt der porotische Knochen oft besonders rasch, jedoch sind spåtere Verformungen, auch Spontanfrakturen im distalen Unterschenkelbereich nach abgeschlossener knæcherner Heilung umfangreicher Rçckfuûarthrodesen keine Seltenheit. Mit der Belastung im zirkulåren Gips beginnen wir in der Regel frçhestens sechs Wochen nach Operation. Bei Arthrodesen mit Einschluss des oberen Sprunggelenkes wird dieser Gips drei Monate postoperativ durch einen Arthrodesenstiefel mit mindestens 35 cm Schafthæhe ersetzt, der dann noch fçr minimal drei Monate konsequent getragen werden muss. Bei ausgeprågten Osteoporosen sollte er langsam abgewæhnt werden, um das Risiko von Spontanfrakturen zu reduzieren [16, 19, 44]. Nach Arthrodesen der Tarsalgelenke unter Erhalt des oberen Sprunggelenkes wird die Entlastung nach Mæglichkeit auch fçr sechs Wochen beibehalten. Die Gesamtdauer der Gipsfixierung begrenzen wir hier auf acht Wochen. Die Remobilisierung des oberen Sprunggelenkes und die Einlagenversorgung erfolgen dann stationår. Die Sicherung der Rçckfuûstellung erfolgt mit einer rçckfuûumfassenden formstabilen (kunststoffverstårkten) Kork-Walkleder-Einlage, erforderlichenfalls mit seitlich hochgezogenen, entsprechend stabilisierten Laschen, die ein Umknicken im Varus- oder Valgussinne sicher verhindern. Alternativ kann auch hier in geeigneten Fållen eine Aircast-Schiene verwendet werden.
Konservative Therapie Wie schon bei der Indikation besprochen, ist die konservative Therapie nach aller Mæglichkeit der operativen vorzuschalten. Die Mæglichkeiten der systemischen und lokalen medikamentæsen Behandlung sind bereits im entsprechenden Kapitel abgehandelt. Nur Letztere sollen hier mit Hinblick auf die spezielle Lokalisation kurz besprochen werden. Wichtigstes orthopådie-schuhtechnisches Hilfsmittel zur Pråvention von Deformierungen ist ± wie schon mehrfach hervorgehoben ± die formstabile Einlage, die den Rçckfuû sicher umfasst, Valgus- und Varusfehlstellungen verhindern und
in begrenztem Umfang auch korrigieren kann und die Fuûgewælbe wie auch die Fuûachsen zuverlåssig sichert. Schuhzurichtungen wie Absatzånderungen und Abrollhilfen sowie Schuhversorgungen bis hin zum Arthrodesenstiefel kænnen weitere Mæglichkeiten darstellen, operative Eingriffe entweder zu erçbrigen oder doch ohne græûere Einschrånkungen spåterer operativer Mæglichkeiten den Operationszeitpunkt erforderlichenfalls hinauszuschieben. Gelenk- und Tenosynovialitiden kænnen lokal medikamentæs behandelt werden, wobei wir fçr die Gelenke langwirkende Cortison-Kristallsuspensionen, fçr die Sehnenscheiden læsliche Cortison-Pråparate oder stark verdçnnte Kristallsuspensionen verwenden. Fçr das obere Sprunggelenk haben sich uns Synoviorthesen, insbesondere die Radiosynoviorthese mit Erbium-169 und Rhenium-186 sehr gut bewåhrt [33]. Allerdings sollte bei progredientem, unkontrollierbarem Verlauf mit wenig aussichtsreichen konservativen Behandlungsversuchen nicht so viel Zeit vertan werden, dass sich wichtige operative Behandlungsmæglichkeiten entscheidend verschlechtern.
Komplikationen Hauptkomplikation im Bereich des Fuûes sind generell Wundheilungsstærungen septischer und zirkulatorischer Art. Bei schwerbehinderten Rheumatikern stellen mangelnde Mæglichkeiten der Kærperhygiene infolge von Funktionsstærungen der Hånde, schwieriger Erreichbarkeit der Fçûe und schlechter Mobilitåt der Zehen, bakteriell superinfizierter Mykosen, Clavi und Druckulzera [45] sowie durch systemisch bedingte Beeintråchtigungen der Blutzirkulation wie auch Sensibilitåts-bedingte trophische Stærungen der Haut groûe Risikofaktoren dar. Wir versuchen, durch eine perioperative antibiotische Prophylaxe, oft zusåtzlich durch Dauertropfinfusionen von HES-Læsung (1000 ml/d), diese Risiken zu mindern. Wåhrend die Literatur im Vorfuûbereich generell eine Rate tiefer Infektion von 3% widerspiegelt [47], werden die Raten fçr Operationen im Bereich des Rçck- und Mittelfuûes uneinheitlich angegeben. Dabei sind ± der Literatur wie auch eigenen Erfahrungen zufolge ± die Sprunggelenksendoprothesen mit einem relativ
Mittelfuû, Rçckfuû und Sprunggelenk
hohen Risiko von Weichteilkomplikationen belastet, wofçr besonders die Mæglichkeit des Bogensehneneffektes bei frçher postoperativer Bewegung verantwortlich gemacht wird. Fasst man oberflåchliche und tiefe Wundheilungsstærungen im Rçckfuûbereich zusammen, so bewegen sich die Literaturangaben etwa zwischen 0 und 30%, die eigenen Erfahrungen um 10%. Die Zahl tiefer Infektionen liegt bei den Endoprothesen zwischen 0 und 5% [4, 12, 20, 26, 37, 59], wåhrend fçr die offenen Arthrodesen entsprechende Angaben entweder fehlen oder çberaus uneinheitlich sind (von 0 bis çber 30%) [10, 22, 42, 43, 52, 54]. Das Hauptproblem der Endoprothesen ist die aseptische Lockerung. Die Literaturangaben sind sehr unterschiedlich. Mit Sicherheit spielt die Beobachtungsdauer hier die ausschlaggebende Rolle ± zumindest fçr die zementierten Zweikomponenten-Endoprothesen. Nach gut 14 Jahren betrug in unserem Krankengut die Lockerungsrate knapp 25%. Wir glauben, dass dies als eine untere Grenze anzusehen ist, da andere Autoren schon bei kçrzeren Nachbeobachtungszeiten deutlich hæhere Lockerungsraten angeben. Die zementfreien Dreikomponenten-Implantate scheinen insgesamt deutlich besser abzuschneiden, wobei die Nachbeobachtungszeiten allerdings allgemein niedriger liegen. Es wurden zwar vielfach radiologische Aufhellungssåume [4, 12, 20, 26, 37, 59], jedoch maximal 6% Lockerungen beschrieben. Wir selbst sahen bei 75 von 1990 bis 1995 implantierten Endoprothesen dreimal ein Einsinken der Taluskomponente, wobei in allen drei Fållen eine Nekrose der Talusrolle die Lockerungsursache darstellte. Im Zweifelsfalle ist deshalb eine pråoperative MRIUntersuchung dringend anzuraten (s. o.). Buechel [4] sah in zwei Fållen eine Subluxation des Polyåthylen-Meniskallagers, die in beiden Fållen durch Implantation eines hæheren Gleitkerns beseitigt werden konnte. Eine entsprechende Komplikation sahen wir bei einer STAR-Endoprothese aufgrund einer Fehlimplantation (Ventralkippung) einer Taluskomponente, wobei sich in Plantarflexion die Fçhrung entkoppelte. Hier musste die Taluskomponente umgesetzt und gleichzeitig ein hæheres Lager implantiert werden. Eine seltenere Komplikation scheint die ektope Ossifikation zu sein [24, 34]. Sie wurde bisher nur bei zementierten Endoprothesen beschrieben.
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Der Prozentsatz dçrfte bei 1 bis max. 4% liegen. Wir sahen in einem Falle eine vællige knæcherne Ummauerung einer zementierten Endoprothese, was einer spontanen Ankylose gleichkommt (s. o.). Der Zustand konnte belassen werden. Die methodenspezifische Komplikation der Arthrodesen ist die Pseudarthrose. Nach unserem Eindruck sind versteifende Eingriffe bei rheumatischen Entzçndungen zwar technisch schwieriger als bei degenerativen Verånderungen: wegen der oft massiven Begleitosteoporose. Gerade diese dçrfte aber die knæcherne Heilung eher begçnstigen als stæren ± abgesehen von Fållen mit groûen Knochendefektbildungen im Arthrosenbereich. Die Pseudarthroseraten werden ± sicher auch abhångig von der Fixierungstechnik ± sehr unterschiedlich angegeben. Fçr das obere Sprunggelenk reichen sie von 10% bis çber 30%, durchschnittlich etwa 20% [10, 22, 42, 43, 52, 54]. Fçr die Triplearthrodesen werden Pseudarthroseraten von 0±15% angegeben, fçr das mechanisch besonders exponierte TN-Gelenk ca. 10% [9, 19, 53], radiologisch sogar bis 37% [30]. Die Pseudarthrosen im Rçckfuûbereich sind jedoch ± auch nach eigener Erfahrung ± manchmal wenig beschwerlich [19] und bedçrfen daher nicht zwingend einer Re-Operation. Fehlschlåge sind håufig durch Infektionen kompliziert [9], was auch unserer Erfahrung entspricht. Generell haben sich die inneren Fixierungen gegençber den åuûeren durchgesetzt ± sicher nicht wegen besserer Ergebnisse, sondern wegen der besseren Akzeptanz durch die meist vielfach behinderten Patienten und wegen der niedrigeren Infektionsgefahr durch Vermeidung der Hautpenetration. Besonders problematisch sind Versteifungen nach Entfernung von Sprunggelenksendoprothesen, die immer einen ausgedehnten Knochenspanaufbau erfordern. Von diesen ist nach unseren Schåtzungen im ersten Anlauf nur die Hålfte fest geworden, wobei Pseudarthrosen nicht immer mit stårkeren Beschwerden verbunden sind und infolgedessen auch nicht unbedingt einer Revision bedçrfen. Nach umfangreichen simultan versteifenden Eingriffen der oberen Sprung- und Tarsalgelenke mit entsprechend langdauernder Ruhigstellung durch Gips und Stiefel besteht die Gefahr porotisch bedingter Stressfrakturen im distalen Tibiaschaft [16, 19, 44]. Eine systemische medikamentæse Osteoporosebehandlung scheint als Prophylaxe sinnvoll, wenngleich die Wirksamkeit kaum beweisbar sein dçrfte. Wir raten zu
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354
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K. Tillmann, W. Rçther
einer sehr sorgfåltig geplanten stufenweisen Steigerung der Belastung und informieren die Patienten çber Risiko und Symptome, damit ggf. sofort gehandelt werden kann. Bei rechtzeitiger Entlastung und Fixierung heilen ± wie meist bei einer Osteoporose ± die Umbauzonen, Fissuren und Frakturen rasch und komplikationslos aus.
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Arthroskopie des Sprunggelenks K. Schmidt
Einfçhrung Die Håufigkeit des Sprunggelenkbefalls im Rahmen der rheumatoiden Arthritis wird in der Literatur sehr unterschiedlich angegeben [2, 5, 7, 8, 16, 18]. Grçnde hierfçr liegen nicht nur in den unterschiedlich Patientenklientelen, sondern auch in der nicht immer eindeutig zuzuordnenden klinischen Symptomatik. Der komplexe anatomische Aufbau des Sprunggelenks aus oberem und mehrteiligem unteren Sprunggelenk (Talonavikulargelenk, Kalkaneokuboidalgelenk, Talokalkanealgelenk) erschwert eine eindeutige Zuordnung rheumatischer Rçckfuûbeschwerden. Zudem verschleiern Entzçndungen der nahegelegenen Sehnenscheiden der Peronealmuskelsehnen, der Sehne des M. tibialis posterior und der Extensorensehnen die Symptomatik des Sprunggelenkbefalls. Dem polyartikulåren Befall der Erkrankung entsprechend liegt meist eine Kombination des Befalls verschiedener Anteile des Sprunggelenks vor. Klinisch klagt der Patient bei Befall des oberen Sprunggelenks (OSG) vornehmlich çber Beschwerden beim Abrollen, d. h. çber Belastungsschmerzen, meist nur bei deutlicher Schwellung auch çber Ruheschmerz. Bei Befall des unteren Sprunggelenks ist das Gehen auf unebenem Boden schmerzhaft, d. h. auch hier besteht Belastungsschmerz, seltener Ruheschmerz. Bei fortgeschrittenem Befall zeigt sich meist der typische Rçckfuûvalgus in Kombination mit der Entwicklung eines rheumatischen Knickplattfuûes. Fçr viele der betroffenen Patienten stehen meist jedoch die Beschwerden der çbrigen Gelenke der unteren Extremitåt im Vordergrund, sodass die o. g. Rçckfuûbeschwerden nur auf Befragen angegeben werden. Wåhrend eine schmerzbedingte Bewegungsminderung im Hçft- und Kniegelenk das Gangbild deutlich beeintråchtigt, ist eine schmerzbedingte Bewegungsminderung im oberen oder gar im unteren Sprunggelenk
nicht so stark augenfållig. Das Sprunggelenk wird daher therapeutisch oft vernachlåssigt, sodass eine konsequente Therapie nicht selten erst bei beginnender Zerstærung des Sprunggelenks erfolgt. Insbesondere die operative Therapie kommt vergleichsweise selten zur Anwendung und beschrånkt sich bislang hauptsåchlich auf arthrodesierende Eingriffe der einzelnen Sprunggelenkanteile.
Arthroskopisch kontrollierte Synovialektomie des OSG Offene Synovialektomien des Sprunggelenks werden vergleichsweise selten durchgefçhrt. In der Literatur ist der Kontrast zwischen seltener Durchfçhrung und vergleichsweise guten klinischen Ergebnissen offenkundig [5, 7, 8, 16]. Neben der oben beschriebenen subjektiven Bewertung der Beschwerden mag auch die Notwendigkeit, mehrere Zugånge anzulegen, um eine radikale Synovialektomie såmtlicher Anteile des oberen Sprunggelenks in offener Technik durchzufçhren, einen wesentlichen Grund darstellen. Der Vorteil der arthroskopischen Technik zur OSG-Synovialektomie besteht im Wegfall der offenen, zum Teil ausgedehnten ventralen Zugånge. Technisch ist auch eine arthroskopische Synovialektomie des hinteren Gelenkanteils mæglich. Die hierzu notwendige Extension des Gelenkes, vorzugsweise mittels eines Fixateur externe, stellt unseres Erachtens nach einen nichtadåquaten Aufwand dar, da die zusåtzliche Traumatisierung den Nachteil eines umschriebenen dorsalen Zuganges nicht aufwiegt. In den meisten Fållen des Sprunggelenkbefalls ist zumindest eine der dorsalen Sehnenscheidengruppen mitbefallen, sodass es nahe liegt, çber den zur Tenosynovialektomie notwendigen offenen Zugang gleichzeitig eine dorsale offene Synovialektomie des oberen Sprunggelenks durchzufçhren.
Arthroskopie des Sprunggelenks
Technik der ventralen Synovialektomie Die arthroskopische Synovialektomie des oberen Sprunggelenks erfolgt in Oberschenkelblutleere und in Intubations- oder Regionalanåsthesie. Nach Ertasten der anatomischen Strukturen wird das Gelenk von ventrolateral punktiert und mit elektrolytfreier Spçllæsung aufgefçllt. Etwa 1 cm medial der Sehnen des M. tibialis anterior und ca. 1,5 cm proximal der Innenknæchelspitze (Orientierung am Ræntgenbild) låsst sich nun eine prall elastische Anspannung tasten, bei der eine långs gestellte Hautinzision gesetzt wird. Mit einem stumpfen Klemmchen wird nun in die Tiefe vorpråpariert, wobei es bei Eræffnen der Gelenkkapsel zu einem Rçckfluss von Spçllæsung kommt. Mittels eines stumpfen Trokars kann nun die Arthroskopieoptik eingebracht werden. Nach Kontrolle der intraartikulåren Lage wird das Gelenk weiter mit elektrolytfreier Spçllæsung gefçllt. Unter Sichtkontrolle wird das Arthroskop nach lateral vorgebracht und die Arthroskopieoptik gegen einen spitzen Trokar eingetauscht, der bis nach subkutan vorgebracht wird. Hierçber erfolgt eine långsgestellte Stichinzision. Anschlieûend kann mittels eines stumpfen Trokars die Hçlse bis nach extraartikulår lateral vorgefçhrt werden. Ein 4-mm-Shaver wird in die Arthroskopiehçlse retrograd eingesteckt und mittels Rçckziehen der Arthroskopiehçlse sowohl der 4-mm-Shaver, als auch die Arthroskopiehçlse nach intraartikulår vorgebracht. Nach Einbringen der Arthroskopieoptik wird nun sorgfåltig eine Abtragung der hypertrophen Synovialis durchgefçhrt, wodurch sich die Sichtverhåltnisse in der Regel deutlich verbessern, sodass mit dem Tasthaken nun eine genaue Palpation der Strukturen mæglich ist. Bei sichtbaren Blutungen kann mit dem Elektrokaustikhaken eine sorgfåltige Blutstillung durchgefçhrt werden. Der Knorpel-/KnochenÛbergang wird nach Synovialektomie groûzçgig elektrokaustisch verædet, um ein rasches Nachwuchern von pannusartigem Gewebe zu vermeiden. Zur Synovialektomie vor dem Auûenknæchel wird der Fuû etwas proniert, um die betreffende Region zu erweitern. In åhnlicher Technik, d. h. durch Supination, kann vor dem Innenknæchel grçndlich synovialektomiert werden, wobei ein Austausch von Arbeits- und Optikzugang notwendig ist. Die Inspektion der hinteren Gelenkanteile gelingt nur unter starker Distraktion, was bei den gelockerten Kapselbandverhåltnissen
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des Rheumatikers teilweise relativ gut gelingt. Hilfsweise kann ein stumpfer Trokar zwischen die Gelenkflåchen vorsichtig eingefçhrt werden. In Einzelfållen ist auf diese Art und Weise auch eine arthroskopische Synovialektomie des hinteren Rezessus çber einen dorsolateralen Zugang mæglich. Bei straffen Kapsel-Band-Verhåltnissen mçssen hierzu ein Fixateur externe oder ein vergleichbarer Extensionsmechanismus angewandt werden. Dies stellt unseres Erachtens nach die Vorteile der minimal invasiven Technik in Frage. In den meisten Fållen liegt jedoch gleichzeitig eine Tenosynovialitis der angrenzenden Sehnenscheiden vor. In diesen Fållen ist eine Tenosynovialektomie indiziert, die çber eine dorsolaterale Inzision (Peronealsehnenscheiden) und çber eine dorsomediale Inzision (M. tibialis posterior) geschieht. Damit ist es leicht mæglich, çber den jeweiligen Zugang eine dorsolaterale, bzw. dorsomediale Kapselinzision anzulegen und eine offene Synovialektomie der hinteren Abschnitte des oberen Sprunggelenks durchzufçhren. Hierbei hat es sich als vorteilhaft erwiesen, das Arthroskop zur Inspektion des offenen Situs zu verwenden, um den offenen Zugang mæglichst wenig auszudehnen und dennoch gezielt verborgenes Synovialgewebe zu entfernen.
Nachbehandlung Die krankengymnastische Nachbehandlung beginnt am 1. postoperativen Tag nach Entfernung der Redondrainage mit aktiven und passiven Extensions- und Flexionsçbungen. Bei der zur Tenosynovialektomie notwendigen Durchtrennung der entsprechenden Retinacula medial oder lateral werden zunåchst Pronations- und Supinationsçbungen zur Vermeidung einer Sehnenluxation unterlassen. Wir limitieren die Entlastungsphase auf zehn postoperative Tage und steigern danach je nach Schwellneigung die Belastung rasch bis zur Vollbelastung.
Fazit Die operative Behandlung des rheumatischentzçndlichen oberen Sprunggelenks steht wegen der Håufigkeit des Mitbefalls vieler und der Prioritåt anderer Gelenke meist nicht im Vordergrund. Dementsprechend sind Berichte çber offene Sprunggelenksynovialektomien eher selten. Mohing berichtete çber eine Fallzahl von 81 Sy-
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K. Schmidt
novialektomien mit einem Nachbeobachtungszeitraum von 4 Jahren [8]. Er fand eine Besserung der Gehleistung, der Entzçndungssymptomatik und des Schmerzes in rund 70%, wobei sich die Differenzierung von Beschwerden, die vonseiten des unteren Sprunggelenks oder der Fuûwurzel herrçhrten, recht schwierig und nicht immer eindeutig gestaltete. Øhnliche klinische Ergebnisse fanden wir mittelfristig nach arthroskopischer Synovialektomie von zehn Gelenken [14]. Postoperativ zeigte sich nach beiden Verfahren ein leichtes Fortschreiten der radiologisch erkennbaren Verånderungen. Aufgrund der geringen Traumatisierung beim arthroskopischen Vorgehen mit entsprechend kçrzerer Rehabilitationsphase weist dieses Verfahren Vorteile auf und sollte in geeigneten Fållen angewandt werden. Die komplette arthroskopische Synovialektomie des oberen Sprunggelenks bedarf jedoch einer kraftvollen Extension des Gelenkes, was in der Regel nur durch das Anlegen eines Fixateur externe oder åhnlicher Konstruktionen mæglich ist. Die hierbei auftretende Traumatisierung der Knochen macht unseres Erachtens nach den Vorteil des minimal invasiven Vorgehens mehr als wett. Beim isolierten Befall des oberen Sprunggelenks ohne Mitbefall angrenzender Strukturen wçrden wir einer Radiosynoviorthese, bzw. chemischen Synoviorthese den Vorzug geben. Diese Verfahren zeigen vergleichbar gute Ergebnisse, haben jedoch den Nachteil, dass bei der in einigen Fållen vorhandenen Kommunikation zwischen Gelenkinnenraum und angrenzenden Sehnenscheiden das injizierte Material nach dorthin austreten kann und Gewebeschåden verursacht [5, 10, 11]. Lediglich bei nach wie vor isoliertem Befall und Rezidiv trotz mehrfacher Anwendung dieser Verfahren sehen wir die Indikation zur arthroskopischen dorsalen und ventralen Synovialektomie. Bei Mitbefall der dorsal angrenzenden Sehnenscheiden hat sich das von uns angewandte kombinierte arthroskopisch offene Verfahren bewåhrt.
Arthroskopisch assistierte Arthrodese des oberen Sprunggelenks Die nur zum Teil gerechtfertigte Sorge hinsichtlich einer Gangbildverånderung nach Arthrodese des oberen Sprunggelenks und die lange
Nachbehandlungsphase bis zur knæchernen Konsolidierung hat oft zur Folge, dass dieses Verfahren erst in spåten Stadien mit Rçckfuûfehlstellung angewendet wird. Die dann oftmals bestehende schlechte Knochenqualitåt und der bei Stellungskorrektur meist nicht mehr mægliche spannungsfreie Hautverschluss erklårt die kaum akzeptable hohe Rate an Komplikationen [4]. Hieraus kann nur eine frçhzeitige Indikation zur Arthrodese bei noch nicht stark ausgeprågter Fehlstellung des Rçckfuûes abgeleitet werden. Mit einer orthopådischen Schuhversorgung kann fçr eine geraume Zeit Beschwerdelinderung erreicht werden. Bei Beschwerdearmut unter Ruhigstellung des oberen Sprunggelenks, geprçft z. B. durch Gipstest und bei erfolgreicher Therapie der lokalen Entzçndungsaktivitåt ist eine orthopådische Schuhversorgung indiziert. Dennoch muss der Fuû sorgfåltig im Hinblick auf eine weitere Zunahme der Fehlstellung durch Fortschreiten der Destruktion klinische und radiologisch kontrolliert werden. Gegebenfalls mçssen rechtzeitig weitere chirurgische Maûnahmen indiziert werden.
Technik der arthroskopisch assistierten Arthrodese Die Vorbereitungen sind åhnlich wie bei der oben beschriebenen arthroskopischen Synovialektomie. Zusåtzlich wird jedoch vor Beginn der Arthroskopie ein Fixateur externe angebracht. Hierzu wird unterhalb der Vorderkante des Innenknæchels çber eine Stichinzision ein Steinmann-Nagel mit zentralem Gewinde horizontal durch den Talus vorgebracht. In Einzelfållen haben wir auch einen Steinmann-Nagel durch den vorderen Anteil des Kalkaneus vorgetrieben, ohne eine wesentliche Schådigung des unteren Sprunggelenks feststellen zu kænnen. Ein zweiter gleicher Steinmann-Nagel wird eine Handbreit proximal des OSG parallel zum distalen Steinmann-Nagel durch die Tibia vorgebracht. Nach Montage des Fixateur externe wird çber einen Spanner eine Distraktion zur Erweiterung des oberen Sprunggelenkspaltes um ca. 0,5±1 cm hergestellt. Hierbei zeigt sich, dass aufgrund der viskoelastischen Eigenschaften der Kollateralbånder eine langsame Zunahme der Gelenkspaltweite abzuwarten ist. Bei den meist laxen Kapsel-BandVerhåltnissen des Rheumatikers låsst sich diese Distraktion mit vergleichsweise geringer Kraft erreichen. Danach erfolgt das Setzen der Zugånge
Arthroskopie des Sprunggelenks
und die Synovialektomie des vorderen Anteils in der o. g. Technik. Zusåtzlich wird von posterolateral etwa 1 cm proximal der Auûenknæchelspitze und hinter den Peronealsehnenscheiden eine Nadel nach intraartikulår vorgebracht. Bei korrekter Positionierung wird eine Stichinzision durchgefçhrt und mit einer Pråparationsklemme der Kapselzugang gesetzt. Ûber diesen Zugang erfolgt nun ggf. die dorsale Synovialektomie mit einem 4 mm Synovialresektor. Unter Sicht des çber einen der ventralen Zugånge eingebrachten Arthroskops wird çber die nicht besetzten Zugånge eine Entfernung des Restknorpels und eine Aufrauhung der subchondralen Knochenlamelle unter Zuhilfenahme einer Ringkçrette, eines scharfen Læffels, einer Kugelfråse oder eines Acromionizers durchgefçhrt. Eine Korrektur einer leichten Rçckfuûstellung kann çber eine asymmetrische Knochenabtragung erlangt werden. Beim Vorliegen osteosklerotischer Knochenareale empfiehlt es sich, ein ca. 0,5 cm breites Osteotom einzufçhren, um die Resektionsflåchen bis zum Erreichen gençgend gut durchbluteten Knochengewebes aufzubrechen. Um såmtliche Areale gleichmåûig bearbeiten zu kænnen, hat es sich bewåhrt, ggf. einen zusåtzlichen vorderen zentralen Zugang in Hæhe des Gelenkspaltes unter Beachtung des Verlaufes der A. tibialis anterior zu setzen. Die Inspektion çber diesen Zugang bietet zudem den Vorteil, dass man die Stellung der Arthrodesenflåchen zueinander unverzerrter beobachten kann. Abschlieûend wird der Fixateur externe auf Kompression umgestellt.
Nachbehandlung Bei den ersten arthroskopisch assistierten Arthrodesen belieûen wir den Fixateur fçr sechs Wochen und modellierten fçr weitere sechs Wochen einen Unterschenkelgehgips an. Mittlerweile hat sich die Stabilisierung durch unter Bildwandlerkontrolle eingebrachte Spongiosaschrauben çber Stichinzisionen, die ca. 5 cm oberhalb der Resektionslinie liegen, bewåhrt. Die Verwendung kançlierter Schrauben erleichtert die exakte Positionierung. Bei eindeutiger Durchquerung des oberen Sprunggelenkspaltes reichen zwei Spongiosaschrauben zur sicheren Fixierung aus. Im folgenden wurden die Patienten sechs Wochen mit einem Unterschenkelliegegips und weitere sechs Wochen mit einem Unterschenkelgehgips oder Brace versorgt.
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Fazit Die Arthrodese des oberen Sprunggelenks in arthroskopisch assistierter Technik ist im Vergleich zum offenen Vorgehen ein komplikationsårmeres, aber technisch aufwåndigeres Verfahren. Tendenziell scheint die knæcherne Konsolidierung auch eher einzutreten. Ein Vergleich mit dem offenen Verfahren ist schwierig, da offene Sprunggelenkarthrodesen meist in vergleichsweise fortgeschrittenen Fållen durchgefçhrt werden, wåhrend die arthroskopische Technik nur in frçheren Stadien ohne wesentliche Rçckfuûfehlstellung anwendbar ist. Von der Indikation her konkurriert die arthroskopisch assistierte OSG-Arthrodese mit der Sprunggelenkendoprothetik, die in åhnlichen Stadien indiziert wird. Im Vergleich zu frçheren Veræffentlichungen scheinen sich hier mit den technisch weiterentwickelten Endoprothesen gçnstigere Ergebnisse erreichen zu lassen [12±14, 17]. Dennoch muss auch angesichts der neueren Ergebnisse von einer beschrånkten Standzeit der OSG-Endoprothese ausgegangen werden. Die Revision nach Lockerung ist nicht unproblematisch und hinterlåsst groûe Defekte [15]. Fçr den jçngeren Patienten ist daher dem versteifenden Verfahren der Vorzug zu geben. Fçr den ålteren Patienten hat die Endoprothetik den Nachteil des aufwåndigeren Eingriffs, allerdings den Vorteil einer kçrzeren Rehabilitationsphase. Angesichts der tendenziell erkennbaren frçheren knæchernen Konsolidierung nach endoskopischen Verfahren und bei Anwendung abnehmbarer Orthesen wird sich in Zukunft aber auch die Rehabilitation nach Arthrodese fçr den Patienten angenehmer gestalten.
Arthroskopie des unteren Sprunggelenks Die Arthroskopie des unteren Sprunggelenks wird selten und wenn, dann im Zusammenhang mit einer OSG-Arthroskopie çber laterale Zugånge durchgefçhrt. Durch maximalen Varusstress im Rçckfuû låsst sich eine hinreichende Ûbersicht çber die subtalaren Gelenkflåchen erlangen. Dennoch erscheint uns der Gelenkraum zu stark eingeengt, um eine gezielte radikale Synovialektomie durchzufçhren. Eine zumindest subtotale Entknorpelung der Gelenkflåchen zum
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K. Schmidt: Arthroskopie des Sprunggelenks
Erreichen einer Arthrodese ist nach unseren Erfahrungen mæglich. In der Literatur wird bislang nur çber diagnostische Arthroskopien berichtet, wobei mehrere Zugangswege beschrieben werden [1, 3].
Gesamtfazit Die Anwendung der arthroskopischen Techniken zur Behandlung des rheumatischen Sprunggelenkbefalls ergånzt, bzw. ersetzt bislang nur in speziellen Fållen die klassischen Therapien. Fçr die betroffenen Patienten wåre es wçnschenswert, dass aufgrund der Vorteile des endoskopischen Verfahrens eine frçhere Indikationsstellung zur Sprunggelenkarthrodese erfolgt. In den geeigneten Fållen mit noch weitgehend orthograder Rçckfuûstellung konkurriert das Verfahren allerdings mit der zunehmend an Bedeutung gewinnenden Endoprothetik. Fçr den jçngeren Patienten scheint die Arthrodese jedoch nach wie vor das gçnstigere Verfahren zu sein, insbesondere im Hinblick auf den Langzeitverlauf. Eine lebenslange Beschwerdefreiheit im oberen Sprunggelenk nach Arthrodese wird leider oftmals zunichte gemacht durch den håufig spåter auftretenden Mitbefall des unteren Sprunggelenks. Dessen Zerstærung wird gefærdert durch die vermehrte Belastung aufgrund des Wegfalls der OSG-Beweglichkeit. Inwieweit hierbei (gleichzeitig oder spåter) mit der OSGArthrodese eine USG-Versteifung auf endoskopischem Wege mæglich sein wird, kann zum derzeitigen Zeitpunkt nicht beurteilt werden. Die Arthroskopie des unteren Sprunggelenks stellt bislang nur eine umschriebene diagnostische Zusatzmæglichkeit dar.
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Arthroskopische Eingriffe K. Schmidt
Einfçhrung Der wesentliche Vorteil der arthroskopischen Technik ergibt sich durch den Wegfall der Notwendigkeit einer weiten Gelenkæffnung, die bei offenen Knieeingriffen meist unumgånglich ist. Hieraus resultieren ein verringertes Infektionsrisiko, eine geringere Gefahr der Schådigung des Ramus cutaneus nervi sapheni, keine wesentliche Stærung der neuromuskulåren Gelenksteuerung, eine Verringerung der Inzidenz von postoperativen Fibroarthrosen, ein geringerer postoperativer Schmerz, eine raschere Mobilisierung, eine kçrzere Hospitalisationsdauer und die Mæglichkeit, den Eingriff im Rezidivfall relativ schonend wiederholen zu kænnen [15]. Es lag daher nahe, diese Vorteile auch zur Durchfçhrung der Kniegelenksynovialektomie zu nutzen, um der Forderung nach einer weitestgehenden Radikalitåt bei mæglichst atraumatischer Operationstechnik zu entsprechen [13].
Indikation Bei rezidivierender Entzçndungssymptomatik trotz konsequenter medikamentæser und lokaler physikalischer Maûnahmen besteht die Indikation zur offenen oder arthroskopischen Synovialektomie des Kniegelenks. Ein oligoartikulårer, insgesamt milder Verlauf nach Beginn einer Basistherapie rechtfertigt eine abwartende Haltung. Bei aggressivem Krankheitsverlauf mit primår polyartikulårem Befallsmuster und hohen Entzçndungswerten bedeutet ein zu langes Zuwarten, die Chance einer Frçhsynovialektomie mit der deutlich besseren Prognose zu verpassen. Bei bereits eingetretenen arthritischen Destruktionen ist im Einzelfall abzuwågen, ob mit der fçr den Patienten komfortableren arthroskopischen Technik noch vorçbergehend Be-
schwerdelinderung zu erreichen ist oder ob, insbesondere bei bereits gelockertem Bandapparat oder groben sekundårarthrotischen Anbauvorgången, mit der offenen Technik im Sinne eines Dbridements mittelfristig nicht ein besserer postoperativer Verlauf zu erwarten ist.
Operative Technik Zur Durchfçhrung der arthroskopischen Synovialektomie wird ein Standard-308/5 mm-Arthroskop mit einer Kamerakette verwendet. Einige Autoren verwenden im dorsalen Rezessus zusåtzlich eine 708-Optik [16]. Die arthroskopischen Standardinstrumentarien, wie Tasthaken, Stanzen, Elektrokaustikhaken und Fasszangen, werden ebenso benætigt. Der Einsatz eines græûeren Rongeurs (z. B. 6 ´ 15 mm-Branche) hat sich zur Entfernung græûerer Gewebsanteile bewåhrt. Essenziell ist die Anwendung eines leistungsfåhigen Shaversystems mit einem kleineren (4 mm) Shaveraufsatz fçr das Vorgehen in engen Gelenkabschnitten und mit einem mæglichst groûlumigen (³ 6 mm) Shaver zur raschen Entfernung in den weiten Rezessus. Doppelt schneidende oszillierende Shaversysteme stellen derzeit den Stand der Technik dar. Fakultativ kænnen, wie von einigen Autoren beschrieben, Lasersysteme eingesetzt werden [22]. Die arthroskopische Synovialektomie erfolgt in Intubationnarkose oder Regionalanåsthesie. Die Lokalanåsthesie verbietet sich aufgrund der Dauer, der Ausdehnung des Eingriffes und der Notwendigkeit einer Blutleere. Das Arthroskop wird nach Stichinzision lateral des Ligamentum patellae in das Gelenk eingebracht und der Gelenkinnenraum mit elektrolytfreier Spçllæsung gefçllt. Danach wird der Gelenkinnenraum zur Diagnostik inspiziert. Ein weiterer Zugang wird medial des Ligamentum patellae fçr den Tasthaken eingebracht. Bei starker Hyperplasie der
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K. Schmidt
Synovialis ist der Gelenkraum zum Teil verlegt und kann nur erschwert eingesehen werden. Håufig muss mehrfach çber die Arthroskophçlse gespçlt werden, um trçbe Synovia zu entfernen und klare Sicht zu erlangen. Hiernach wird ein 6-mm-Synovialresektor von medial eingebracht und eine Teilresektion des in der Regel entzçndlich vergræûerten Hoffa'schen Fettkærpers durchgefçhrt. Auch die Kreuzbånder werden mit dem Synovialresektor oder verschiedenen gebogenen Rongeuren synovialektomiert (Abb. 1). Kommt es dabei zu einer Blutung aus dem Synovialschlauch, wird diese gezielt mit dem Elektrokaustikhaken gestillt. Der Knorpel-/ Knochençbergang in der Fossa intercondylica wird mit dem Elektrokaustikhaken verædet, um letzte Anteile der Gelenkinnenhaut zu entfernen und durch Induktion einer Narbenbildung die Entstehung von knorpelçberwucherndem Pannus zu verhindern. Das Kniegelenk wird nun in Valgussstress gebracht, um das mediale Gelenkfach einzusehen. Hier wird oberhalb und unterhalb des Meniskus mit einem 4-mm-Synovialresektor die Synovialis sorgfåltig entfernt. Zur Synovialektomie des dorsomedialen Rezessus wird das Arthroskop çber den lateralen Zugang durch die Fossa oberhalb des vorderen und unterhalb des hinteren Kreuzbandes vorgeschoben. Bei stark hypertrophierter Synovialis muss zuvor mit dem schmalen Synovialresektor der Weg in den dorsalen Rezessus synovialektomiert werden. Nun wird der Synovialresektor çber einen dorsomedialen Zugang hinter dem Innenband eingebracht. Dazu wird das Kniegelenk 908 flektiert und oberhalb der tastbaren Sehne des M. semitendinosus hinter der medialen Femurrolle eine Punktionskançle in das Gelenkinnere eingefçhrt. Nach der Visuali-
sierung des Verlaufs der V. saphena unter Diaphanie kann nach Sondierung der Richtung mit einer Punktionskançle çber eine Stichinzision ein Synovialresektor zur Gelenkinnenhautentfernung eingebracht werden. Zur besseren Ûbersicht wird hier von einigen Autoren eine 708-Optik favorisiert [16]. Anschlieûend wird das Kniegelenk gestreckt, um unter Sicht des von lateral eingebrachten Arthroskops von medial eine Synovialektomie des oberen Rezessus durchzufçhren. Hier kann ein groûlumiger motorbetriebener Shaver verwendet werden (Abb. 2). Es hat sich aber auch als vorteilhaft erwiesen, mit dem Elektrohaken am Knorpel-/Knochençbergang die Synovialis abzutrennen und weit långs zu spalten. Mit dem Elektrohaken oder einem scharfen Læffel kann sie nun groûflåchig abgeschoben werden, um anschlieûend mit einer groûen Nukleusfasszange entfernt zu werden. So kann auch bei stark verdickter Synovialis relativ rasch eine Synovialektomie des oberen Rezessus durchgefçhrt werden. In gleicher Weise wird auch im medialen Rezessus die Gelenkinnenhaut entfernt, wobei sie hier vom Patellarand abgetrennt und verbleibende Reste mit einem groûen Synovialresektor entfernt werden. Bei engem Retropatellarraum bzw. engem medialen Rezessus, kann zusåtzlich ein proximaler Zugang erforderlich werden, meist proximolateral angelegt, in Einzelfållen auch ein weiterer proximomedialer Zugang. Hierzu wird zunåchst eine Punktionskançle ± je nach Ausdehnung des oberen Rezessus ± etwa 4 cm proximal des oberen Patellarandes nahe dem sehnigen Ansatz des M. vastus medialis vorgebracht. Bei gçnstig erscheinender Lage der Kançle wird hier nur die Haut mit dem Skalpell geritzt und mit einem stumpfen Klemmchen ein weiterer Zugang gesetzt. Nach
Abb. 1. Arthroskopische Synovialektomie der Kreuzbånder
Abb. 2. Arthroskopische Synovialektomie im oberen Rezessus
Arthroskopische Eingriffe
Umstecken des Arthroskopes in den proximolateralen Zugang kann nun die Synovialis im medialen Rezessus sorgfåltig entfernt werden. Eine oftmals an dieser Stelle vorliegende Plica sollte mitreseziert werden. Auch hier sollte der Knorpel-/Knochençbergang sowohl an der Patella als auch an der medialen Femurrolle sorgfåltig elektrokaustisch bearbeitet werden, um ein Wiederaufwuchern von Pannus zu verhindern (Abb. 3). Unter Sicht von proximal/lateral kann auch der laterale Rezessus sorgfåltig synovialektomiert werden. Anschlieûend wird das Kniegelenk in die sog. Glinz-Stellung gebracht, damit das åuûere Kompartiment ebenfalls eingesehen und oberhalb und unterhalb des Meniskus synovialektomiert werden kann. Die Synovialektomie des dorsolateralen Rezessus erfolgt bei stark gebeugtem Kniegelenk çber einen oberhalb des Auûenmeniskus in Hæhe der Sehne des M. popliteus platzierten dorsolateralen Zugang. Zusåtzlich kann das Arthroskop von posteromedial mit dem stumpfen Troikart transseptal hinter den Kreuzbåndern in den dorsolateralen Rezessus vorgebracht werden, so dass der dorsale Rezessus bis oberhalb der Kondylen erreicht werden kann [1]. Neben der Synovialektomie werden zusåtzlich vorhandene intraartikulåre Pathologien wie Meniskusrisse durch Teilresektion, Knorpeldefekte durch Glåttung angegangen, freie Gelenkkærper werden entfernt. Da es nach der Synovialektomie zu relativ starken Blutungen kommen kann, sollten am Ende der Operation mit dem Elektrokaustikhaken groûzçgig die Wundflåchen behandelt werden. Alternativ kann auch ein Laser
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zur Verschorfung der Wundflåche eingesetzt werden. Eine Synovialektomie soll bei Verwendung eines leistungsfåhigen Holmium-YAG-Lasers mittlerweile auch in vertretbarem Zeitrahmen mæglich sein [22]. Es hat sich bewåhrt, am Ende der Operation das Gelenk mit Spçlflçssigkeit aufzufçllen und die Redondrainage fçr ca. 2 Stunden nicht zu æffnen, um durch den angelegten Kompressionsverband und gleichzeitiger Druckerhæhung von intraartikulår den Blutverlust zu verringern. Gleichzeitig wird ein weitgehendes Herausspçlen von Blutzerfallsprodukten çber die Verdçnnung erreicht.
Nachbehandlung Der wesentliche Vorteil aller arthroskopischen Verfahren ist die geringe postoperative Schmerzhaftigkeit und die daraus resultierende Mæglichkeit, das Gelenk frçhfunktionell krankengymnastisch und unter Anwendung von CPM-Schienen nachzubehandeln. In Abhångigkeit von Schmerz und Schwellung kann der Bewegungsumfang in der Regel rasch erweitert werden. Die Frage der postoperativen Belastungsaufnahme wird kontrovers diskutiert. Zum einen veråndert sich postoperativ die Zusammensetzung der Gelenkflçssigkeit mit resultierender Stærung des Knorpelstoffwechsels, zum anderen lag bereits vor der Operation eine entzçndungsbedingte Stærung des Knorpelstoffwechsels vor. Viele Patienten kænnen aufgrund des multiplen Gelenkbefalls nur eingeschrånkt entlasten. Die Belastungsaufnahme etwa 2±3 Wochen nach dem Eingriff je nach Rçckbildung des postoperativen Gelenkergusses stellt einen guten Kompromiss dar.
Kombination mit Synoviorthese
Abb. 3. Elektrokaustische Verædung des KnorpelKnochen-Ûberganges im oberen Rezessus
Eine Synoviorthese im Anschluss an eine operative Synovialektomie erscheint aus verschiedenen Grçnden sinnvoll. Sowohl bei der offenen als auch bei der arthroskopischen Synovialektomie gelingt eine vollståndige Entfernung der Tunica synovialis nicht. Daher kann durch diese Zusatzmaûnahme die Radikalitåt der Entfernung des Entzçndungsgewebes gesteigert und die Rezidivquote gesenkt werden [29, 30, 32, 52]. Mit der Regeneration eines ersten kompletten Zelllayers sechs Wochen nach operativer Synovialektomie erscheint zu diesem Zeitpunkt eine
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K. Schmidt
Synoviorthese sinnvoll [19]. Die Synoviorthese kann sowohl mittels strahlender Substanzen als auch chemischer Stoffe durchgefçhrt werden (s. a. Kap. ¹Intra- und periartikulåre Therapieverfahrenª).
novialektomie, die als gute Operationsmethode aufgrund inadåquater Durchfçhrung zumindest im anglo-amerikanischen Bereich unberechtigterweise in Verruf kam.
Ergebnisse
Literatur
Der in den ersten Jahren berechtigten Skepsis bzgl. der Effektivitåt und Radikalitåt der arthroskopischen Methode [24, 35] steht eine zunehmende Zahl an guten, meist jedoch nur kurzbis mittelfristigen Ergebnissen nach endoskopischer Synovialektomie gegençber [2, 3, 4±7, 9, 10, 15, 17±20, 21, 27, 33]. Einige Autoren beurteilen die arthroskopische Synovialektomie im Vergleich zum offenen Verfahren gleichwertig, wenn nicht sogar çberlegen [15, 17±20, 23, 31, 37, 38]. Mittelfristig zeigt sich bei 60±90% der arthroskopisch synovialektomierten Kniegelenke eine anhaltende Remission der lokalen Symptomatik [3, 9, 10, 14, 20, 21, 27, 31]. Ein direkter Vergleich der Ergebnisse nach offener und nach arthroskopischer Synovialektomie ist jedoch aufgrund der åuûerst unterschiedlichen operativen Technik ausgesprochen schwierig. So reicht die operative Vorgehensweise bei der offenen Synovialektomie von ausgesprochen radikalen Methoden mit Kapsulektomie und Meniskektomie bis hin zu aufwåndigen Verfahren mit mehreren Zugången, die auf den weitgehenden Erhalt bzw. die Rekonstruktion der intra- und periartikulåren Strukturen abzielen [25, 34].
Fazit Trotz der Schwierigkeiten der Vergleichbarkeit angesichts unterschiedlicher Operationstaktiken sind mittel- bis langfristig mit der arthroskopischen Synovialektomie des Kniegelenks åhnlich gute Ergebnisse wie nach dem offenen Eingriff zu erreichen. Fçr die arthroskopische Vorgehensweise spricht die geringere Traumatisierung der periartikulåren Strukturen. Es sollte jedoch betont werden, dass eine hinreichend radikale arthroskopische Synovialektomie eine vergleichsweise schwierige Operation ist und daher dem erfahrenen Arthroskopeur vorbehalten bleiben sollte. Ansonsten kænnte dieser Operationsmethode das gleiche Schicksal drohen wie der offenen Sy-
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Konventionelle Synovialektomie K. Tillmann
Einfçhrung Mit der ¹konventionellenª ist die traditionelle, offene Synovialektomie gemeint. Ihr Nachteil liegt in der Traumatisierung durch die offenen Zugånge, ihre Vorteile sind ± zumindest fçr den arthroskopisch nicht optimal geçbten Chirurgen ± die einfachere Kontrollierbarkeit, die Mæglichkeit einer græûeren Radikalitåt auch bei schwierigen Gewebeverhåltnissen und eine mehr als hundertjåhrige Erprobung und Bewåhrung dieses Operationsverfahrens. Welche der beiden Methoden ± die offene oder die arthroskopische ± in der Zukunft fçr sich in Anspruch nehmen kann, die ¹konventionelleª zu sein oder zu werden, wird sich wohl vielleicht erst in einigen Jahrzehnten herausstellen [36]. Vorsichtig prognostizierend glaube ich persænlich, dass sich eine Differenzialindikation herausschålen wird, die u. a. Beschaffenheit der Synovialis und Aktivitåt der Synovialitis wie auch die etwaigen Notwendigkeiten zusåtzlicher rekonstruktiver Maûnahmen zu berçcksichtigen hat. Wo die Grenze zu ziehen ist, wird jeder Operateur fçr sich entscheiden mçssen. Die Bezeichnung ¹traditionellª bedingt einige Worte zur geschichtlichen Entwicklung der Kniegelenksynovialektomie, die auch fçr das Operationsverfahren generell gçltig sein kænnen.
Historie Das erste, ¹klassischeª Gelenk, an dem nach der bekannten Literatur gegen Ende des vorigen Jahrhunderts Synovialektomien durchgefçhrt wurden, war das Kniegelenk, die erste Indikation die tuberkulæse Synovialitis [50]. Die Ûbertragung dieser Operationsmethode auch auf rheumatisch verånderte Kniegelenke wurde spåter veræffentlicht: auch immerhin vor mehr als
hundert Jahren [30, 39, 40]. Die heute gebråuchlichste und auch von mir benutzte Benennung des Operationsverfahrens erfolgte zur Jahrhundertwende [25]. Bezçglich der Einzelheiten und der Quellenforschung wird auf die verdienstvollen Arbeiten von S. Geens [10], I. Goldie [12], N. Gschwend [13] sowie Wessinghage u. Miehlke [51] verwiesen. Dass die ersten Synovialektomien am Kniegelenk durchgefçhrt wurden, hat sicher mehrere Grçnde. Eine Schwellung dieses vom Volumen her græûten Gelenkes des menschlichen Kærpers ist besonders augenfållig und eindrucksvoll. Eine damit verbundene schmerzhafte Funktionsstærung dieses ebenso exponierten wie durch seine Kompliziertheit stæranfålligen Gelenks fordert besonders zu therapeutischem Handeln heraus.
Inzidenz Versteht man hierunter die relative Håufigkeit von Gelenken, die fçr die offene Synovialektomie in Frage kommen, so wird diese von einer Vielzahl von Variablen beeinflusst: von der Zusammensetzung des Krankengutes (Anteil von Frçh- und Spåtstadien), von der Lokalisation und der Einschåtzung der Erfolgsaussichten an dem jeweiligen Gelenk, von der Beurteilung der Mæglichkeiten rekonstruktiver Maûnahmen fçr den Fall, dass der gçnstigste Zeitpunkt fçr die Synovialektomie ungenutzt bleibt, sowie von der prognostischen Einschåtzung des weiteren Verlaufes. Alle diese Faktoren sind weitgehend von der subjektiven Bewertung des zuweisenden wie auch des den Eingriff indizierenden Arztes abhångig. Nach eigener Statistik standen in den Jahren 1971 bis 1990 (20 Jahre) 1687 ausschlieûlich offene Kniegelenkssynovialektomien 1701 primåren Implantationen von Kniegelenksendoprothesen gegençber: Pråvention und Rekonstruktion hielten sich derzeit die Waage. Bezçg-
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lich der Befallshåufigkeit dçrften bei Erwachsenen die Knie- nach den Handgelenken an zweiter Stelle liegen [52], bei juvenilen Polyarthritisformen sogar an erster Stelle [21].
Klinisches Erscheinungsbild Das klinische Bild des rheumatischen Kniegelenks ist geprågt von den entzçndlichen Erscheinungen: Schmerz und Schwellung. Eine entzçndliche Rætung ist selten vorhanden, eine lokale Ûberwårmung die Regel. Die Schwellung (Abb. 1 a, b) setzt sich zusammen aus der Verdickung der Synovialis und gegebenenfalls aus dem Erguss. Beides låsst sich håufig palpatorisch differenzieren (abgrenzbare, teigig-weiche Schwellung ± ¹tanzende Patellaª). Einen guten Eindruck von der Dicke der Synovialis kann der Palpationsbefund unmittelbar nach einer Punktion vermitteln. Optisch ist die Verdickung am deutlichsten im Bereich der oberen Recessus zu erkennen, wobei der Eindruck zusåtzlich durch eine Quadrizepsatrophie verstårkt werden kann. Diese betrifft oft schon sehr frçh besonders den M. vastus medialis als Folge der schmerzbedingten Inaktivitåt. In der Kniekehle ist manchmal eine BakerZyste optisch erkennbar, die sich typischerweise medial entwickelt und nach distal ausbreitet: im
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Extremfall çber die ganze Wade bis hin zur Achillessehne. Die palpatorische Unterscheidung zwischen Zyste und dorsaler synovialer Verdickung kann gerade in den Entstehungszeiten noch weicher und wenig ausgedehnter Kniekehlenzysten sehr schwierig sein. Wåhrend der Phase aktiver Entzçndungen (¹Schubª) ist die entzçndete Synovialis meist schmerzhaft. Die Stabilitåt der Seitenbånder, bei rascher Progredienz auch der Kreuzbånder, kann schon in frçhen Stadien spçrbar beeintråchtigt sein. Wir werten dies als prognostisch ungçnstiges Zeichen, das die Indikation zum raschen operativen Eingreifen beeinflussen kann (s. u.). Stårkere entzçndliche Verånderungen des Retropatellargelenks lassen sich klinisch in gleicher Weise erkennen wie degenerative: Druckund Klopfschmerz, Verschiebeschmerz, Druckschmerz der Patellaspitze und der retropatellaren Gelenkfacetten. Auch die Prçfung der Meniskuszeichen kann Aufschlçsse çber den Gelenkzustand geben und das therapeutische Vorgehen beeinflussen. Die schmerzhafte Funktionsstærung, aber auch Folgekontrakturen kænnen zu einem Schon- oder Verkçrzungshinken fçhren. Achsenabweichungen sind spåteren Stadien zuzuordnen, die eher rekonstruktive als pråventive Maûnahmen erfordern.
Bildgebende Diagnostikverfahren
Abb. 1. Flexionsbehindernde suprapatellare Knieschwellung links bei rheumatoider Arthritis. a Vor der Operation; b nach Synovialektomie links.
Mit der Sonographie steht ein nebenwirkungsfreies Untersuchungsverfahren zur Verfçgung, das zur Abklårung vieler Weichteilverånderungen (Baker-Zyste, villonudulåre synoviale Hypertrophien, unverkalkte und nicht verknæcherte Kapselknochen und freie Gelenkkærper) sehr gut geeignet ist. Fçr den Nachweis von Verånderungen der Menisken und des Kapselbandapparates ist die Kernspintomographie je nach Technik besser geeignet, desgleichen zur Beurteilung der Durchblutungssituation im gelenknahen Knochen. Szintigraphische Darstellungen des Kniegelenks haben im Rahmen des ¹Gelenk-Screeningª bei der Ganzkærperszintigraphie græûere Bedeutung erlangt als fçr die Beurteilung der oben aufgefçhrten Verånderungen im Gelenkbereich. Die Bedeutung der Immun- und Granulozyten-
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szintigraphie fçr den speziellen Nachweis mikrobiologisch verursachter Arthritiden ist noch nicht endgçltig zu çbersehen. Die konventionelle Ræntgendarstellung der Skelettverhåltnisse hat nach wie vor fçr die Bestimmung von Lokalisation, Art und Ausmaû von klinisch schwer erfassbaren Destruktionen, Fehlstellungen und Inkongruenzen die weitaus græûte Bedeutung. Standaufnahmen im Varus- oder Valgusstress lassen oft deutlich das Ausmaû von græûeren Knorpelverdçnnungen und -defekten erkennen und sind damit fçr die operative Therapieplanung von græûtem Wert (meist in Verbindung mit dem klinischen Befund).
Extraartikulåre Manifestationen In erster Linie ist die Baker-Zyste zu erwåhnen (Abb. 2 a, b). Die typischen Zysten entspringen mit querovalårer Úffnung und meistens breitem Stil proximal im dorsalen tibialen Rezessus und dringen zwischen Semimembranosusansatz und Gastroknemiusurspung nach distal vor, um sich auf dessen Sehnenspiegel im Extremfall bis zur Achillessehne auszudehnen und diese in seltenen Fållen auch noch zu invadieren. Je græûer die Ausdehnung, um so stårker nach unserer Erfahrung die Verwachsungen zwischen Zystenwand und Sehnenspiegel. Ebenfalls ungçnstig
fçr die operative Entfernung ist eine Ausbreitung nach proximal-zentral ± schon wegen der Mæglichkeit des Kontaktes zu den poplitealen Nerven und Gefåûen. Tibial kænnen peritendinitische Umhçllungen der Semimembranosussehne auftreten. Sie kænnen die Sehne oberflåchlich auffasern, aber auch infiltrieren. Oft ist nicht zu erkennen, ob es sich dabei um eine eigenståndige Verånderung oder um eine Umwachsung seitens einer gleichzeitig vorliegenden Baker-Zyste handelt. Recht selten sind fibulare Gelenkhernien, die meist (aber nicht immer) zwischen Bizepsansatz und fibularem Gastroknemiusursprung austreten. Sie erreichen kaum die Græûe einer Baker-Zyste. Verdickte Lymphknoten in der Kniekehle kænnen fçr den weniger Erfahrenen eine Verwechslungsmæglichkeit bieten. Verdickungen und Verwachsungen der fibularen Kniekehlenfaszie, oft verbunden mit einem verbreiterten Bizepssehnenansatz, kænnen die fibularen Nerven einengen und zu entsprechenden ausstrahlenden Beschwerden fçhren, deren Ursache meist erst intraoperativ erkannt wird. Die Bursa praepatellaris wird im Gegensatz z. B. zur Bursa olecrani ± nur selten von entzçndlichrheumatischen Verånderungen befallen. Auch Rheumaknoten kommen im Kniegelenkbereich seltener vor.
Indikation Konservative Alternativen
Abb. 2. Rheumatische Baker-Zyste. a Klinisches Bild; b Operationssitus
Bevor die Indikation zum operativen Eingreifen çberhaupt erwogen wird, ist obligat zu prçfen, ob nicht konservative Behandlungsalternativen existieren, die bei geringerem Risiko und geringerer Belastung fçr den Patienten vergleichbare oder sogar bessere Erfolgsaussichten bieten. In Frçhfållen sind hier in erster Linie die Mæglichkeiten der systemischen medikamentæsen Therapie zu bedenken. Wenn symptomatische Maûnahmen bei wiederholtem Einsatz ohne Dauerwirkung geblieben sind, muss eingehend nachgeforscht werden, ob tatsåchlich der medikamentæsen Basistherapie ausreichende Chancen eingeråumt wurden. Sehr oft stæût man hier auf erstaunliche Lçcken, wenn nicht eine kompetente rheumatologische Behandlung vorgeschaltet wurde.
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Operationsindikationen Fçhrend ist die konservativ nicht beeinflussbare, schmerzhafte Gelenkschwellung (Kapselverdickung) und/oder Ergussbildung, die ohne Besserungstendenz entweder permanent oder schubweise çber einen Zeitraum von mehr als einem halben Jahr bestehen bleibt. Entscheidende Kriterien sind fçr uns die Gelenkfunktionen: Beweglichkeit und Stabilitåt. Schon beginnende Beugekontrakturen und Bandinstabilitåten mçssen engmaschig kontrolliert werden und bedingen bei Persistenz, erst recht bei Verschlechterung eine Indikation zur Operation. Auch konservativ unbeeinflussbare Beschwerden kænnen fçr sich eine Indikation zum operativen Eingreifen darstellen. Je jçnger der Patient und je hæher der Funktionsanspruch ist, um so weniger darf die Indikation zur Synovialektomie verpasst werden, da sonst der alloplastische Gelenkersatz unvermeidlich wird. Achsenfehlstellungen und massive Stabilitåtseinbuûen zeigen an, dass der geeignete Zeitpunkt fçr eine pråventive Synovialektomie bereits verstrichen ist. Sehr spåte Synovialektomien kænnen nur noch bei sehr einsichtigen und kooperativen Patienten mit der limitierten Zielsetzung einer Arthrolyse zur Kontrakturbeseitigung und Beweglichkeitsverbesserung durchgefçhrt werden.
Operative Zugånge Der Nachteil des offenen Zugehens gegençber der Arthroskopie besteht in der Traumatisierung. Es resultieren Haut- und Kapselnarben. Der Stærung der Propriozeption durch Nervendurchtrennung wird vermehrt Aufmerksamkeit geschenkt. Wie weit dies klinisch langfristig relevant und entsprechend der aktuellen Einschåtzung gerechtfertigt ist, ist allerdings bisher nicht exakt nachgewiesen, noch entspricht es der eigenen klinischen Erfahrung. Folgende Anforderungen sind an einen geeigneten Zugang fçr die Synovialektomie zu stellen: ] Gute Gelenkçbersicht, ] gute und gesamthafte Erreichbarkeit des entzçndlichen synovialen Gewebes, in Spåtfallen auch der wichtigsten rekonstruktionsbedçrftigen Strukturen ] und ± wenn noch intakt ± deren Schonung,
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] kosmetisch wenig stærende, auch wenig keloidanfållige Narbenbildung, ] mæglichst geringes Risiko von Narbenkontrakturen und Durchblutungsstærungen. Die Ausdehnung des Zuganges spielt bei gewebeschonendem Vorgehen gegençber der Ûberschaubarkeit und Erreichbarkeit des Operationsfeldes eine untergeordnete Rolle. Die Zugånge sollen so geplant werden, dass sie fçr Nachfolgeeingriffe ± auch fçr eine eventuelle spåtere endoprothetische Versorgung ± mæglichst gut geeignet sind. Generell muss auf die problematischen Durchblutungsverhåltnisse des Rheumatikers (systemische Gefåûverånderungen, Nebenwirkungen der medikamentæsen Behandlung) besondere Rçcksicht genommen werden. Wir benutzen zur Retraktion der Haut grundsåtzlich keine scharfen Haken. Ein divergierender Zug sollte dabei mæglichst nur von einem Assistenten ausgeçbt werden, um den Druck auf die Wundrånder besser kontrollieren zu kænnen. Frçhere Zugånge werden von uns wieder benutzt, wenn irgend mæglich. Die Hautnarben werden schmal exzidiert, desgleichen subkutane und intrakapsulåre Narben gelæst und gegebenenfalls ebenfalls exzidiert. Auch der Bandapparat, gegebenenfalls Muskeln und Sehnen, werden von Narbengewebe mæglichst radikal befreit. Der Zugewinn an Elastizitåt dieser Bindegewebsstrukturen, sekundår damit auch der Beweglichkeit ist oft verblçffend. Wir sehen es persænlich als einen Vorteil des offenen Vorgehens gegençber dem arthroskopischen gerade am Kniegelenk an, dass dabei die Notwendigkeit einer Ûberdehnung der Gelenke im Varus- und Valgussinne bei oft schon stark vorgeschådigtem Bandapparat entfållt. Es sollen hier nur diejenigen Zugånge Erwåhnung finden, die speziell fçr die Synovialektomie Bedeutung erlangt haben.
Ventrale Zugånge (Abb. 3) Den doppelten Parapatellarschnitt (Mori-Zugang, [29]) haben wir lange Zeit favorisiert und benutzen ihn auch heute noch in Fållen, in denen wir aufgrund des palpatorischen und sonographischen Befundes dorsal wenig Synovialitis und keine operationsbedçrftige Baker-Zyste vermuten. Der Zugang ist gedacht fçr eine blockweise Exzision der ventralen Synovialis in drei Partien (kranial, tibial und fibular).
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jedweder ventrale Kapselzugang durchfçhren, sowohl tibial wie auch fibular (Gschwend, pers. Mitteilung 1985). Wegen der auffålligen und groûen Narbe, die infolge der Dehnung in Beugestellung auch zur Keloidbildung neigt, benutzen wir diese Schnittfçhrung trotz ihrer Mæglichkeiten der beidseitigen Kapseleræffnung und der Berçcksichtigung des venæsen und lymphatischen Abflusses nur in Ausnahmefållen. Ungebråuchlich ist der Textor-Schnitt geworden, da er fçr die Synovialektomie die Ablæsung der Tuberositas tibiae erfordert.
Dorsale Zugånge
Abb. 3. Schnittfçhrungen zur ventralen Kniegelenk-Synovialektomie nach Mori, Verlångerung zum Payr-Zugang, Verlångerung zum Subvastus-Zugang (Erkes [9]), Zentraler Långsschnitt (Gschwend [14], Insall [16]), Textor-Schnitt.
In gebeugter Gelenkstellung ist es mæglich, durch Långsinzisionen dorsotibial und dorsofibular hinter den Seitenbåndern auch die dorsalen Gelenkabschnitte zu erreichen. Bedingt durch die Faltung der dorsalen Gelenkkapsel in Beugestellung ist dies jedoch weniger kontrolliert mæglich als von getrenntem dorsalen Zugang aus (s. u.). Der Payr-Zugang [33] erfordert die Ablæsung des M. vastus medialis, der lateralen Version des M. vastus lateralis von der gemeinsamen Quadrizepssehne. Diese Abtrennung halten wir fçr entbehrlich, obwohl gravierende klinische Nachteile nach unserem Wissen nicht bewiesen sind. Wir favorisieren statt dessen den SubvastusZugang von tibial [9]. Hier wird der tibiale Parapatellarschnitt nach proximal dorsal verlångert. Folgt man den Muskelkonturen in diesem Bereich, resultieren kosmetisch sehr zufriedenstellende Narben. Bei entsprechender Operationstechnik ist eine vollståndige Entfernung der gesamten ventralen Synovialis als ringfærmiges Gesamtpråparat (s. u.) mæglich. Dieses Vorgehen erfordert allerdings vergleichsweise mehr Ûbung als die Benutzung des Mori-Zuganges. Die Benutzung eines ausgedehnten zentralen Långsschnitts [16] hat in den letzten Jahren an Popularitåt gewonnen. Von hier aus låsst sich
Der dorsale zentrale Långsschnitt ist mit dem Risiko einer Narben- und Gelenkkontraktur verbunden und daher von uns nie verwendet worden. Auch zwei kçrzere seitliche Långsschnitte ± tibiale und fibulare ± sind diesbezçglich nicht unbedenklich. Wir benutzen fast ausschlieûlich einen S-færmigen Querschnitt, der fibular nach proximal umbiegt und tibial bogenfærmig so weit nach distal ausgeschwungen wird (Abb. 4), wie es bei vorliegenden Baker-Zysten fçr deren Entfernung
Abb. 4. Hautschnitt zur dorsalen Synovialektomie (und ggf. zur Baker-Zysten-Entfernung) mit Verlångerungsmæglichkeit nach distal. (Aus: Tillmann 1976 [42]).
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Abb. 5. Dorsaler Zugang zum Gelenk. a Tibial; b fibular. (Aus: Tillmann K., Rçther W. 1996 [48])
nætig erscheint: erforderlichenfalls bis zur Achillessehne [41, 48]. Als Kapselzugånge sind fast immer zwei Långsschnitte dorsal des Seitenbandapparates ausreichend: tibial zwischen Semimembranosusansatz und tibialem Gastrocnemiusursprung (Abb. 5 a, b), fibular zwischen Bizepsansatz und fibularem Gastrocnemiusursprung. Eine zusåtzliche Querinzision der Gelenkkapsel kann bei starken Beugekontrakturen erforderlich werden ± mit einer gewissen Schwåchung der Seitenstabilitåt des Gelenks in Streckstellung. Praktisch wirkt sich dies allerdings nach unserer Erfahrung bei zuvor beugekontrakten Gelenken nicht negativ aus. Von diesem Zugang kann man auch etwa notwendige Tenotomien (selten erforderlich), Tenolysen und Neurolysen durchfçhren und ± bei ausreichender Ausdehnung der Kapselschnitte ± den gesamten dorsalen Gelenkabschnitt unter ausgezeichneter Ûbersicht radikal synovialektomieren ± auch unter den Menisken. Auf der fibularen Seite muss darauf geachtet werden, die Popliteussehne zu schonen, um eine fibulare Instabilitåt zu vermeiden. Die Kniekehlenfaszie, die entsprechend dem Hautschnitt durchtrennt wird, wird bei ausgeprågteren Beugekontrakturen nicht genåht,
çber dem N. fibularis in jedem Falle offen gelassen ± zur Vermeidung narbenbedingter postoperativer Nervenkompressionen [48].
Operative Therapie Ziel der offenen Synovialektomie muss die radikale Entfernung des gesamten synovialen Gewebes sein, solange noch eine nennenswerte entzçndliche und proliferative Aktivitåt besteht. Der Vorteil der offenen Synovialektomie liegt darin, dass sich die Radikalitåt direkt optisch nahezu çberall kontrollieren låsst. Auch an den schwer zugånglichen, aber u. E. fçr die Prognose entscheidenden Gelenkbereichen (unter den Menisken, an den distalen Seitenbandansåtzen) lassen sich unter direkter optischer Kontrolle die fçr die Synovialektomie benutzen Instrumente mit groûer Bewegungsfreiheit und Pråzision fçhren und wiederholt einsetzen. Von ventral wie auch von dorsal låsst sich der weitaus græûte Teil der Synovialis so pråparieren, dass er im Zusammenhang entfernt und nach Herausnahme sogar auf Vollståndigkeit kontrolliert werden kann (ventral als Ringprå-
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parat, dorsal in Form von zwei geschlossenen Lappen). Verletzungen noch vorhandener funktionell wichtiger Gelenkstrukturen (Knorpel, Bandapparat, Menisken, Gelenkkapsel) lassen sich durch die direkte optische Kontrolle und die weitgehend freie Instrumentenfçhrung bei einiger Ûbung mit Sicherheit vermeiden.
Ventrale Synovialektomie Zur Gewåhrleistung einer radikalen ventralen Synovialektomie gaben Mori u. Ogawa [29] die damals richtungweisende Technik an. Es wurden drei Blæcke gebildet: kranial, tibial und fibular. Die blockweise Entfernung wurde durch den doppelten parapatellaren Zugang (s. o.) ermæglicht. Wir selbst entwickelten im Laufe der Jahre ausgehend von dieser Technik ein differentes Vorgehen. Die oberen und die vorderen Anteile der seitlichen Rezessus wurden vorsichtig komplett ausgeschålt und kranial vom Ansatz des M. articularis scharf abgelæst. Das dorsale (gelenknahe) Drittel des infrapatellaren Fettkærpers wird durch Scherenschlåge von der Hauptmasse abgetrennt. Im Bereich der Umschlagsfalten wird dann die Synovialis von den Knorpel-Knochen-Grenzen der Femurkondylen und den Vorderkanten der Seitenbånder und der Meniskus-Vorderhærnern abpråpariert. In gleicher Weise erfolgt zirkulår die Ablæsung der Synovialis von der Knorpel-Knochen-Grenze der Patella. Die Ablæsung von den Knorpel-Knochen-Grenzen erfolgt fast ausschlieûlich mit dem Skalpell. Danach låsst sich das resultierende ringfærmige Gesamtpråparat (Abb. 6) in einem Stçck vollståndig aus dem Gelenk herausziehen. Je nach Beschaffenheit des infrapatellaren Fettkærpers wird dieser mehr oder weniger stark reduziert. Die Fossa intercondylica, die Tiefe der seitlichen Rezessus und die Rezessus unterhalb der Menisken werden mit Hohlmeiûelzangen verschiedener Form und Græûe grçndlich von synovialitischem Gewebe befreit. In fortgeschrittenen Fållen fehlt oft das vordere Kreuzband. Wir haben erlebt, dass dies von arthroskopisch nachoperierenden Ørzten in Unwissenheit dem Voroperateur angelastet wurde. Die Defekte entstehen meistens durch scharfkantige Randzacken in der Fossa intercondylica, welche die Kreuzbånder aufreiben kænnen ± ebenso wie scharfe Randzacken an den Femurkondylen und am Tibiakopf auch die Seitenbånder lådieren und zur Ruptur bringen kænnen.
Abb. 6. ¹Ringpråparatª der ventralen Synovialis (rheumatoide Arthritis): zentral die Aussparung durch die Patella; hier mit den total exzidierten, rheumatisch destruierten Menisken.
Dies ist auch der Grund, weshalb wir solche sekundårarthrotischen Randzacken bei der Synovialektomie mit græûter Sorgfalt entfernen und verrunden, selbst wenn dadurch eine bereits vorbestehende leichte Bandinstabilitåt temporår verstårkt werden kann. Meist wird diese Instabilitåt schon relativ rasch in der Nachbehandlung muskulår kompensierbar. Ein vorderer Kreuzbanddefekt, der schleichend durch entzçndliche Verånderungen und Friktion entsteht, ist oftmals klinisch çberhaupt nicht nachweisbar und entsprechend funktionell nicht von Belang ± zumindest kein Anlass fçr weiterreichende therapeutische Maûnahmen. Wir haben gesehen, dass bei einer solchen schleichenden Insuffizienz des vorderen Kreuzbandes sich in der Gelenkkapsel offensichtlich verstårkte Faserzçge ausbilden, die das funktionelle Defizit weitgehend ausgleichen kænnen, was einer durchaus akzeptablen Defektheilung gleich kommt. Die Synovialektomie unter den Menisken bieten sich an, wenn synovitisches Gewebe bereits vorquillt oder sogar die Vorderhærner losgelæst hat. Die Refixierung erfolgt mit versenkten resorbierbaren Nåhten, bei extrem schlechten Gewebeverhåltnissen auch locker transæssår. Auch in weniger proliferativen Fållen legen wir unter den Menisken kleine Querschnitte an, um zumindest den synovialitischen Befall in dieser Problemzone zu kontrollieren. Hier kann
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auch gut mit kleinen scharfen, auch biegsamen Læffeln gearbeitet werden. Die Zugånge werden hinterher sorgfåltig verschlossen (s. o.). Wir halten diese Komplettierung der Synovialektomie fçr wichtig, um einer spåteren synovialitischen Lockerung der distalen Seitenbandansåtze vorzubeugen. Im Unterlassungsfalle haben wir entsprechende Komplikationen gesehen ± manchmal verbunden mit radiologisch gut erkennbaren Randusuren seitlich am Tibiakopf. Bezçglich der Meniskektomie sind wir eher zurçckhaltend. Lieber glåtten wir ¹ausgefransteª freie Rånder, entfernen Fragmente, verschmålern und refixieren. Nåhte von massiven, tiefreichenden Rupturen halten wir allerdings fçr sinnlos: In diesen Fållen sollte besser eine Meniskektomie erfolgen. Diese erleichtert natçrlich die Synovialektomie in der Problemzone erheblich, weshalb auch unser Lehrer K. Vainio die Meniskektomie als Zusatzeingriff zur Synovialektomie sehr groûzçgig indizierte [23]. Von ca. 2 cm langen Långsschnitten, die in Beugestellung dorsal der Seitenbånder in der Gelenkkapsel angelegt werden, werden dann die dorsalen Rezessus kontrolliert. Findet sich hier wenig synovialitisches Gewebe, so wird versucht, auch dieses mæglichst radikal von diesen Zugången aus zu entfernen ± erforderlichenfalls unter Verlångerung der Kapselschnitte. Kommt unerwarteter Weise massive Synovialitis zum Vorschein, so ist es ratsamer, spåter eine getrennte dorsale Synovialektomie durchzufçhren, als von diesen Zugången aus ohne ausreichende Kontrolle ein radikale Synovialektomie zu versuchen. ¹Pannus-Ûberwachsungenª auf dem Gelenkknorpel lassen sich gut mit scharfem Læffel, manchmal auch mit der Hohlmeiûelzange entfernen. In Spåtfållen werden im Bereich von Knorpeldefekten engmaschige Pridie-Bohrungen angelegt. Bei tieferen Defekten benutzen wir Spiralbohrer (2,7±3,7 mm), in Grenzbereichen auch Dreikantbohrer zur Perforation subchondraler Knochensklerosen. Randzacken werden mit Meiûeln und Hohlmeiûelzangen geglåttet und verrundet. Aufgefaserte Menisken werden ebenfalls geglåttet, synovialitisch unterwanderte und losgelæste Vorderhærner refixiert. Gelockerte Seiten- und Kreuzbånder werden gerafft und je nach Situation durch nichtresorbierbare oder resorbierbare Nåhte verstårkt ± meist transossår. Bei den nicht seltenen fibularen Kapselschrumpfungen werden weitråumige laterale
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Kapselentspannungen [49] angelegt bzw. die laterale Gelenkkapsel kulissenartig verlångert [43]. Auch vom Subvastus-Zugang aus [9] låsst sich das oben beschriebene Ringpråparat gewinnen. Die Pråparation zwischen dem lateralen Patellarand und dem Vorderrand des fibularen Seitenbandes bedarf hier einiger Ûbung. Die Pråparation des Ringpråparates muss hier von tibial aus zunåchst mæglichst weit çber die Mittellinie hinaus erfolgen ± auch die Isolierung des dorsalen Anteils des infrapatellaren Fettkærpers. Auch die Ablæsung der Synovialis von den Knorpel-Knochen-Grenzen (auch von dem tibialen, kranialen und kaudalen Patellarand aus) muss so weit erfolgen, dass sich die Patella gut nach lateral und ventral verziehen, besser noch evertieren låsst. Danach kann die Synovialis vom lateralen Patellarand losgelæst und diese soweit verzogen oder evertiert werden, dass von hier aus die Synovialis von der Innenwand der fibularen Gelenkkapsel abgelæst werden kann. Die weitere Isolierung der Synovialis vom fibularen Femurkondylus, vom Vorderrand des fibularen Seitenbandes und vom Vorderrand des fibularen Meniskus macht dann in der Regel keine groûe Schwierigkeiten mehr. Håufig findet sich zwischen dem lateralen Patellarand und dem Vorderrand des fibularen Seitenbandes noch eine narbenåhnliche feste bindegewebige Platte. Nach deren Entfernung verbessert sich meist die Verschiebbarkeit der Patella so gut, dass eine laterale Kapselentspannung nicht mehr erforderlich ist. Bleibt die Tendenz der Patella-Lateralisierung dennoch bestehen, kann auch von innen her unter Sicht eine ausgedehnte laterale Kapselentspannung erfolgen, wobei allerdings auf die Stillung von Kapselblutungen besonders zu achten ist. Wir fçhren die Synovialektomie grundsåtzlich in Blutleere durch. Meist legen wir zwei Redon-Drainagen an: eine in den hinteren tibialen Rezessus mit Ausleitung nach proximal tibial, eine zweite durch die oberen Rezessus mit Ausleitung nach fibular-ventral-distal. Der Kapselverschluss erfolgt entweder ausschlieûlich mit resorbierbaren Nåhten oder ± bei zu erwartender starker Belastung ± mit maximal vier unresorbierbaren Einzelknopfnåhten (Mersilene I). Auch die Oberschenkelfaszie wird mit resorbierbarem Nahtmaterial verschlossen, desgleichen ± nach Einlegung eines subkutanen Drains ± die Subkutis. Die Haut verschlieûen wir meist fortlaufend intrakutan, bei zu erwartender problematischer Wundheilung auch mit Allgæwer-Nåhten.
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Dorsale Synovialektomie (einschlieûlich Entfernung von Baker-Zysten) Von dem oben beschriebenen S-færmigen queren Hautschnitt aus [42, 48] wird zunåchst die Faszie exakt im entsprechenden Verlauf durchtrennt. Auf der fibularen Seite kænnen bogenfærmige, von proximal-lateral nach distalmedial verlaufende Faserzçge den N. fibularis einengen. Sie verursachen in der Regel keine objektivierbaren neurologischen Stærungen, wohl aber ausstrahlende Schmerzen. In diesem Falle wird die Kniekehlenfaszie fibular auch nach distal inzidiert und erforderlichenfalls eine Neurolyse vorgenommen [48]. Die tibiale Seite wird auf das Vorliegen einer Baker-Zyste exploriert, die klinisch manchmal nicht erkennbar ist. Gegebenenfalls muss die Schnittfçhrung entsprechend nach distal verlångert werden (s. o.). Fast alle Zysten gehen vom dorsalen Rezessus fast randståndig proximal mit querliegender Stielæffnung aus ± oberhalb des Semimembranosusansatzes. Oft wird die Semimembranosus-, seltener die Semitendinosusund nur ausnahmsweise die Grazilissehne peritendinitisch von entzçndlichem Gewebe ± oft im Zusammenhang mit der Zystenwand ± umhçllt. Das Gewebe wird im Sinne einer Tenosynovialektomie und Tenolyse entfernt. Die Baker-Zyste wåchst nach distal, dem Sehnenspiegel des Gastroknemius aufliegend, und bei entsprechender Ausdehnung auch zwischen Gastroknemius und Soleus invadierend. Seltener dehnen sich die Zysten auch nach proximal aus. Die Entfernung ist dann durch schwierige Erreichbarkeit und durch die Nachbarschaft der Nerven und Gefåûe in der Kniekehle erschwert. Es ist jedoch, wenn man einen Teil der Pråparation bei leicht gebeugtem Kniegelenk durchfçhrt, selten nætig, einen zusåtzlichen proximalen Schnitt auf der Hæhe der tibialen Biegung aufzusetzen. Erst nach der Entfernung der Baker-Zyste eræffnen wir die dorsale Gelenkkapsel mit den oben beschriebenen ausgedehnten Långsschnitten tibial und fibular ± von der Hæhe des oberen Rezessus bis zum Tibiakopf. Das Rete articulare wird ± soweit mæglich ± geschont, jedoch haben wir auch von ausgedehnten Elektrokoagulationen im Falle der Notwendigkeit bisher noch keine Nachteile gesehen. Die Schnittfçhrung kann tibial von der Stielæffnung einer Baker-Zyste ausgehen und verlåuft zwischen Semimembranosussehne und tibialem
Gastroknemiusursprung, ohne beide zu verletzen (s. Abb. 5 a). Gleichermaûen erfolgt der Långsschnitt fibular zwischen Bizepsansatz und fibularem Gastroknemiusursprung (s. Abb. 5 b). Hier ist eine Schwachstelle in der Kapsel, aus der sich auch långs gerichtete wulstige Gelenkhernien entwickeln kænnen. Je nach Beschaffenheit des synovialitischen Gewebes ist gerade bei massiver Proliferation eine zusammenhångende blockweise Entfernung tibial und fibular mæglich. Fibular ist dabei besondere Aufmerksamkeit erforderlich, um die Popliteussehne nicht zu verletzen. Bei der fibularen dorsalen Synovialektomie ist auf die Ausråumung des Recessus popliteus zu achten. Hier finden sich oft erstaunliche Mengen synovialitischen Gewebes, sodass wir diese Region als die ¹innere Baker-Zysteª bezeichnet haben. Verbleibendes Gewebe unter den Seitenbåndern und in der Fossa intercondylica wird mit Hohlmeiûelzangen und scharfen Læffeln entfernt, ebenso unter den Menisken. Die KnorpelKnochen-Grenze der Femurkondylen kann proximal in gebeugter Gelenkstellung sehr gut zur Ansicht gebracht werden. Im Falle von Beugekontrakturen werden die dorsalen Kapselschnitte nicht verschlossen. Die Synovialektomie unter den Seitenbåndern hat in diesem Falle auch den Sinn einer Arthrolyse. Sie ermæglicht es den Seitenbåndern, in der Streckung wieder nach ventral zu gleiten ± ohne Behinderung durch die Verbindung mit der dorsalen Gelenkkapsel. Selten ist es nætig, auch eine Querspaltung der dorsalen Gelenkkapsel durchzufçhren. In diesem Falle mçssen die poplitealen Gefåûe und Nerven zunåchst von der Seite her von der Kapsel gelæst und nach dorsal verzogen werden. Die quere Kapselspaltung verursacht bei exakter Durchfçhrung keine stårkeren Blutungen. Wir fçhren sie relativ weit distal durch, jedoch proximal der Menisken. Selten ist eine Verlångerung der Strecksehnen erforderlich, wobei wir schrittweise z-færmig nur die Sehnen verlångern, die sich bei progressiver Streckung zu stark anspannen. Meist beginnt die Verlångerung mit der Semitendinosusund der Grazilissehne. An der Bizepssehne ist oft eine lose Einkerbung der dorsalen Hålfte ausreichend. Nach Abschluss der Synovialektomie legen wir einen Drain durch die dorsalen Rezessus von fibular nach tibial mit Ausleitung nach tibial-distal. Der Kapselverschluss erfolgt mit kråftigen resorbierbaren Nåhten. Losgelæste,
Konventionelle Synovialektomie
instabile Hinterhærner kænnen mit durchgreifenden, gleichzeitig Kapsel verschlieûenden U-Nåhten refixiert und stabilisiert werden. Der Verschluss der Kniekehlenfaszie erfolgt nur dann, wenn keine kontrakturbedingte Verkçrzung vorliegt, und zwar nur zentral und tibial. In der Nåhe des Nervus fibularis sollte kein Faszienverschluss erfolgen. Wir haben hier schon Verwachsungen und Kompressionserscheinungen erlebt, die dann zur sekundåren Neurolyse zwangen. Die Subkutannaht erfolgt mit versenkten, dçnnen resorbierbaren Nåhten. Ein subkutaner Drain wird nur ausnahmsweise verwendet. Die Hautnaht erfolgt entweder mit Allgæwer-Nåhten oder auch fortlaufend intrakutan. Nur fçr den geçbten Operateur ist es mæglich, ohne Nachteil fçr die Radikalitåt und das gewebeschonende Operieren die dorsale und die ventrale Synovialektomie wåhrend einer Blutleerezeit in einer Sitzung durchzufçhren. Wir beginnen in diesen Fållen in Bauchlage und decken so ab, dass der Patient ohne Gefåhrdung der Sterilitåt gedreht werden kann. Die dorsale Synovialektomie beansprucht mehr Zeit als die ventrale ± insbesondere dann, wenn auch noch eine Baker-Zyste zu entfernen ist. Da wir uns unseres atraumatischen Vorgehens und unserer Blutstillung sicher sind, wird die dorsale Wunde vor dem Umdrehen des Patienten in die Rçckenlage vollståndig verschlossen. Um die ventrale Synovialektomie in Ruhe angehen zu kænnen, mçssen danach noch mehr als 45 Minuten Blutleerezeit zur Verfçgung stehen. Anderenfalls sollte die ventrale Synovialektomie auf eine zweite Sitzung verschoben werden.
Nachbehandlung Nach ventraler und dorsal-ventraler Synovialektomie bzw. so lange, wie die intraartikulåren Redon-Drainagen noch færdern, fçhren wir eine Wechsellagerung zwischen Kirschner-Schiene in ca. 708 Beugung (2-mal tåglich fçr etwa 2±3 Stunden) und Volkmann-Schiene (çber Mittag und zur Nacht) durch. Nach der Entfernung der Drains wird die Kirschner-Schiene durch eine Motorschiene mit progressiver Beugeeinstellung ersetzt. Die Beugungsgrade und -zeiten werden jetzt je nach Schmerztoleranz des Patienten bemessen. Die Lagerung auf der Volkmann-Schiene zur Nacht wird bis zur Erreichung der vollen Streckung beibehalten und dann durch zwei dor-
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sal eingewickelte Kniegitterschienen ersetzt. Die krankengymnastische Ûbung ± aktiv und vorsichtig passiv ± beginnt nach Entfernung der Drains. Sie wird ergånzt durch Unterwassergymnastik nach Entfernung der Fåden (14 Tage postoperativ). Erst dann beginnt auch die Belastung: vorsichtig zunehmend vom Bodenkontakt bis zur Vollbelastung innerhalb der dritten postoperativen Woche ± je nach Vertråglichkeit. Ein offensiveres Vorgehen hat sich nicht bewåhrt. Generell schwillt das Kniegelenk zu Beginn der Belastungsphase etwas an, und die Beugung geht um 58 bis 108 zurçck. Ist bis dahin schon eine Beugung leichtgångig deutlich çber 908 erreicht, was in der Regel der Fall ist, so geht die Beugung unter Belastung auch nur sehr selten unter 908 zurçck. Ist nach drei Wochen eine Beugung nur bis oder unter 908 erreicht worden, so fçhren wir eine Narkosemobilisiation durch (¹brisement modrª). Diese erfolgt am gçnstigsten in der dritten postoperativen Woche und kann erforderlichenfalls 10±14 Tage spåter wiederholt werden [43]. Einen Håmarthros punktieren wir nur dann ab, wenn er die Beugung behindert, und zwar mæglichst erst nach zwei Wochen. Dann ist das Blut so dçnnflçssig, dass es sich mçhelos durch eine Einerkançle absaugen låsst. Eine offene Håmatomausråumung haben wir bei diesem Vorgehen nach einer Synovialektomie nie nætig gehabt. Nach alleiniger dorsaler Synovialektomie (mit oder ohne Entfernung eine Baker-Zyste) gestaltet sich die Wiedergewinnung der Beweglichkeit postoperativ meistens problemlos. Hier wird auch vorwiegend in Streckung gelagert: insbesondere im Falle pråoperativer Beugekontrakturen, ebenfalls çberwiegend mit Volkmann-Schienen. Das Fuûende sollte relativ hochgestellt, die Schiene mit Sandsåcken stabilisiert werden. Die Schiene muss ausreichend lang sein (bis fast zur Gesåûfalte). Zu kurze Schienen begçnstigen Beugekontrakturen. Bei sehr starken Beugekontrakturen beobachten wir vor dem Verbinden und nach Úffnung der Blutleere die Durchblutungssituation der Hautlappen und entscheiden, wie viel Beugung zunåchst bei der Strecklagerung in Kauf genommen wird. Innerhalb weniger Tage versuchen wir dann, die angenåherte oder volle Streckung zu erreichen. Bei diesem Vorgehen kommt es nur åuûerst selten zu Wundheilungsstærungen. Die Wiedererlangung der Beugebeweglichkeit ist fast immer
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vællig unproblematisch. Eine tåglich zweimalige krankengymnastische Behandlung reicht meistens aus, Motorschienen sind oftmals nicht erforderlich. Sobald mæglich, verzichten wir auf die Schienenlagerung. Zusåtzlich zur krankengymnastischen Ûbung wird der Patient angehalten, mehrfach tåglich die Streckung aktiv mit unterpolsterter Achillessehne (Sandsack und Schaumstoffauflage) selbst zu çben, indem er versucht, die Kniekehle federnd der Unterlage anzunåhern. Die Belastung beginnt routinemåûig nach etwa 10 Tagen ± je nach Situation mit ein oder zwei Kniegitterschienen, die baldmæglichst weggelassen werden.
Ergebnisse Ûber den Wert und den Nutzen der offenen Synovialektomie des Kniegelenks ist unendlich viel geschrieben und gestritten worden. Es ist sicher, dass in unterschiedlichen Stadien unterschiedliche Ergebnisse erzielt werden [11, 12, 14, 20, 28]. Logischerweise kann eine sehr spåte Synovialektomie fortgeschrittene Knorpeldestruktionen nicht rçckgångig machen. Dieses Verfahren kann bei bereits ausgebrannter Synovialitis nur noch den Sinn einer Arthrolyse haben. Ebenso bekannt sollte es inzwischen sein, dass unterschiedliche Techniken unterschiedliche Resultate erbringen, wobei nach unseren Untersuchungen der entscheidende Faktor die Radikalitåt ist [7, 8]. Aus diesen Grçnden sind leider auch die aufwendigen prospektiven randomisierten Studien britischer [1], amerikanischer [2] und niederlåndischer [24] Autoren nach unserer Ansicht von minderem Wert, da in ihnen die Operationstechnik wie auch die Nachbehandlung vællig unberçcksichtigt blieben ± abgesehen von anderen Mångeln [22, 45, 46]. Somit verbleiben uns fçr die Beurteilung nur die retrospektiven Studien. Wir selbst haben schon frçh festgestellt, dass selbst mit spåten Synovialektomien in çber der Hålfte der Fålle (56%) eine Beweglichkeitsverbesserung von çber 108 erreicht werden konnte, wåhrend ein Rçckgang nur selten (7%) beobachtet wurde [41]. Hier dçrfte das subtile, gewebeschonende Vorgehen ausschlaggebend gewesen sein. Bei einer spåteren Untersuchung [7], bei der verschiedene Stadien erfasst wurden, wurde gesamthaft eine Verbesserung der Beugung in 30%, der Streckung in 40%, aller untersuchten Fålle erreicht. Die durchschnittliche Verbesserung der Beweglichkeit betrug 158.
Eine Besserung der Beschwerden wurde in Ruhe und bei Belastung in ca. 70% aller Fålle erzielt, wobei die radikal operierten Gelenke deutlich, jedoch nicht statistisch signifikant çberlegen waren. Insgesamt wurden bei dieser Studie 116 Gelenke untersucht. Die Nachbeobachtungszeit betrug 6,6 Ô 1,8 (nur ventral, n = 52) bzw. 5,8 Ô 1,2 (dorsa/ventral, n = 64) Jahre [7, 8]. Bei juveniler chronischer Polyarthritis haben wir ± der Literatur entsprechend [5, 18, 31, 37] ± in den frçhen Jahren unserer rheumaorthopådischen Tåtigkeit (1966 bis ca. 1975) exzellente Bewegungsergebnisse gesehen, solange es das ¹Rooming inª noch nicht gab. Danach haben wir die Synovialektomien bei Kindern nahezu aufgegeben. Leider sind unsere Fallzahlen aus der frçhen Zeit zu gering, um sie statistisch zu erfassen. Es kamen uns jedoch teilweise verblçffend gute Spåtresultate zu Gesicht. An die ausschlaggebende Bedeutung des Krankheitsver-
Abb. 7. a 42-jåhrige Polyarthritikerin: rechts vor der Spåtsynovialektomie, links (noch) symptomfrei; b Ræntgenbefund der Kniegelenke 6,2 Jahre nach rechtsseitiger Synovialektomie, links nicht operiert: destruierender Spontanverlauf (32). (Aus: Tillmann 1991 [45]).
Konventionelle Synovialektomie
Abb. 8. a 16-jåhriges Mådchen mit juveniler rheumatoider Arthritis: rechts ausgeprågte Synovialitis des Kniegelenkes, links (noch) symptomfrei; b Ræntgenbefund der Kniegelenke 5,1 Jahre nach der Synovialektomie rechts symptomfrei, links ohne Operation destruierender Spontanverlauf. (Aus: Tillmann 1991 [45]).
laufes fçr das Resultat glauben wir nur dann, wenn unvollståndig synovialektomiert wurde. Nach unseren Untersuchungen und der Bewertung radiologischer Verlåufe ist die Operationstechnik (Radikalitåt) ungleich entscheidender fçr das Resultat [7, 8, 45, 46 ± (s. Abb. 6, Abb. 7a, b, Abb. 8 a, b)]. Bezçglich weiterer Einzelheiten mæchten wir auf die einschlågige Literatur verweisen, wobei wir einige uns besonders informativ erscheinende Arbeiten, die im Literaturverzeichnis enthalten sind, herausstellen mæchten [4, 10±14, 20, 28].
Komplikationen Die Zahl intra- und postoperativer Komplikationen im engeren Sinne wie Infektionen, Nerven-, Gefåû- und Bandlåsionen scheint bei der konventionellen Synovialektomie am Kniegelenk nach derLiteratur [4, 10±12, 14, 35] wie auch nach unseren Erfahrungen sehr gering. Wir erlebten die erste Infektion nach çber 400 diesbezçglich komplikationsfrei verlaufenden Eingriffen. Diese heilte allerdings erst nach Arthrodese aus.
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Sinnvoller erscheint es uns, nach Fehlschlågen zu suchen, die sich besonders in Form von Rezidiven und Reoperationen zu erkennen geben. Da uns viele, vor allem frçhe Berichte zu optimistisch erscheinen, mæchte ich mich auf unser Krankengut beschrånken. Die Rezidivhåufigkeit ist nach unseren Erfahrungen weitgehend von der Operationstechnik abhångig. So fanden wir ca. 6 Jahre nach dem Primåreingriff nach ventraler (¹partiellerª) Synovialektomie 24%, nach dorsal/ventralem (¹subtotalemª) Eingriff 11% Rezidive [7, 8]. Dabei wurde jede schmerzhafte Schwellung und Ergussbildung als Rezidiv bezeichnet. Da es sich bei dieser Untersuchung durchweg um Spåtsynovialektomien handelte (Larsen-Stadium II±IV, durchschnittlich III), sind dabei sicher auch in græûerer Zahl sekundårarthrotische Begleiterscheinungen erfasst worden. Auch die Zahl der Reoperationen liegt in unserem Krankengut relativ hoch. Bei einer Kontrolle von 150 Kniegelenkssynovialektomien des eigenen Krankengutes im Rahmen einer europåischen Feldstudie [4] durch Thabe in den Larsen-Stadien I±III, durchschnittlich II, wurden 10 Jahre postoperativ ca. 9% Reoperationen angegeben, davon 1/3 Resynovialektomien, 2/3 endoprothetische Versorgungen. Zusåtzlich wurde bei 11% postoperativ eine Radiosynoviorthese fçr notwendig erachtet. Natçrlich hat die Weiterentwicklung der Gelenkendoprothetik auch unsere Indikationsstellung beeinflusst. Dies betrifft allerdings mehr die Selektion nach Alter und Funktionsbedarf als nach der Stadieneinteilung. Auch heute fçhren wir nach Mæglichkeit bei jçngeren Patienten mit hohem Funktionsbedarf sehr spåte Synovialektomien durch. Bei hoher Krankheitsaktivitåt (lokal und systemisch) ziehen wir das subtotale (dorsal-ventrale Vorgehen) der einfachen partiellen (ventralen) Synovialektomie vor.
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Kniegelenkendoprothesen bei rheumatoider Arthritis F.-W. Hagena
Einfçhrung Die Implantation von Endoprothesen am Kniegelenk ist wohl die håufigste Operation bei rheumatoider Arthritis [3]. Die Kniegelenke sind bei ca. 90% der Patienten mit rheumatoider Arthritis betroffen. Ein gleichzeitiger Befall an beiden Kniegelenken tritt bei 65±70% der Patienten mit RA ein [5]. Zum Zeitpunkt der Indikation zum endoprothetischen Gelenkersatz sind die Patienten mit RA in der Regel 10 Jahre jçnger als Vergleichskollektive mit degenerativen Gelenkerkrankungen. Bei normaler Lebenserwartung muss daher gefordert werden, dass besondere Ansprçche an eine långere Verweildauer angesetzt werden mçssen. In der Entwicklung der Endoprothesen fçr das Kniegelenk hat eine Annåherung von ¹Extremenª stattgefunden. In der Endoprothetik am Kniegelenk ist der technische Fortschritt der vergangenen 30 Jahre besonders gravierend. Waren es einerseits zunåchst lediglich Teilimplantate fçr das Kniegelenk, z. B. TibiaplateauImplantate von McIntosh (Abb. 1) oder die ¹Femurkondylenkappeª nach Platt, so standen andererseits in der frçhen Zeit diesen die groûen starrgekoppelten, achsgefçhrten Knieprothesen gegençber (Walldius, Shiers, Sheehan) (Abb. 2). Wesentlich war bei der Entwicklung neuerer Modelle, dass inbesondere fçr die Patienten mit rheumatoider Arthritis wegen der Ligamentinsuffizienz teilgekoppelte Designs zu bevorzugen sein sollten, die zudem eine Modularitåt auch fçr den Fall der erforderlichen Revisionseingriffe aufwiesen [6]. Vornehmlich werden in der jetzigen Generation Knieprothesen als ¹Oberflåchen-Prothesenª zum Ersatz der drei Kompartimente eingesetzt. Diese Modelle kænnen mit oder ohne Patellarçckflåchen-Prothese verwendet werden. Die trikompartimentellen Endoprothesen werden in unterschiedlichem Maûe gekoppelt zum
Abb. 1. McIntosh-Tibiaplateau, 20 Jahre in situ (1979)
Abb. 2. Walldius-Achs-Knie-TEP, 4,5 Jahre postop. in situ, massive Osteolyse tibial (1980)
Kniegelenkendoprothesen bei rheumatoider Arthritis
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Abb. 3. Genesis-II-Knie-TEP mit Oxinium¾-Femur-Komponente bei allergischer Diathese, RA mit ¹rotating platformª (2004)
Ausgleich eines ggf. bestehenden Defizits des hinteren Kreuzbandes oder zum Ausgleich einer Kollateralbandinsuffizienz. Die Knieprothesen kænnen mit Zement oder zementfrei verankert werden. Neuere Materialentwicklungen ermæglichen zudem eine gesteigerte Haltbarkeit und die Berçcksichtigung von zunehmenden allergischen Diathesen auch bei Patienten mit rheumatoider Arthritis (Abb. 3). Als Primåreingriff sind frçhere Operationsverfahrenwie die Kniegelenkarthrodesen oder gelenknahen ¹Doppelosteotomienª verlassen worden. Die rheumatisch bedingte Gelenkdestruktion bietet spezielle Aspekte, die als Einzelfaktoren und besonders in ihrer komplexen Kombination ein Spektrum von therapeutischen und insbesondere operationstechnischen Maûnahmen fordern, die bei Primårimplantationen von Knieendoprothesen bei anderer Indikation nicht entsprechend Berçcksichtigung finden mçssen (Tabelle 1). Dieses sind zum einen lokale Faktoren, die durch die Beteiligung angrenzender Gelenke der betroffenen Extremitåt aber auch durch den multiplen Gelenkbefall zur Geltung kommen. Die entzçndlichen Verånderungen sind an den artikulåren und an den periartikulåren Strukturen unterschiedlich ausgeprågt. Die Destruktion der Kniegelenke bei Patienten mit rheumatoider Arthritis bedarf des totalen Gelenkersatzes, da es sich bei der rheumatoiden Arthritis um eine systemische Erkrankung handelt. Die Implantation einer unikondylåren Knieprothese ist nicht indiziert, da in einem absehbaren Zeitraum das nicht versorgte Kompartment im Rahmen des natçrlichen Verlaufes ebenfalls destruieren wird (Abb. 4).
Abb. 4. Unikondylåre Knieprothese lateral bei RA, 3 Jahre nach Implantation, Destruktion des medialen Kompartments
Tabelle 1. Spezielle Aspekte der Endoprothetik am Kniegelenk bei rheumatoider Arthritis ] ] ] ] ] ] ] ] ] ] ] ] ] ] ]
Indikation Pråoperative Planung Operativer Zugang/Operationstechnik Wahl des Implantats Græûe Zementiert/unzementiert Achskorrektur Ligament-Balance Kopplung der femorotibialen Komponenten Stem-Verlångerung Osteoporose Knochendefektsanierung Patella-Ersatz Postoperative Therapie Perioperative medikamentæse Therapie
Indikationen zur Kniegelenkendoprothese Die Indikation zur Endoprothese am Kniegelenk ist vornehmlich durch die Schmerzen gegeben, die durch die Destruktion des Gelenkknorpels und der knæchernen Strukturen entstehen. Zudem sind es die hieraus sich entwickelnden Fehlstellungen des Kniegelenkes mit Kontraktu-
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F.-W. Hagena
ren und Fehlbelastung u. a. am Sprunggelenk durch die Imbalance der Weichteile, die einen normalen Gehakt verhindern. Eine stadiengerechte Therapie und damit die adåquate Indikationsstellung zur Implantation einer Endoprothese setzt die Kenntnis des natçrlichen Verlaufs voraus. Ebenso werden die Ræntgenverlaufskontrollen in die Beurteilung mit einbezogen. Die Indikation zum Gelenkersatz wird in der Stadieneinteilung n. Larsen, Dale, Eek, 1977 [11] ab dem LDE-Grad III empfohlen. Die Indikation zum Gelenkersatz bei RA ist in der Regel bei bestehender Destruktion kurzfristig zu stellen. Dieses steht im Gegensatz zur Indikation bei degenerativen Gelenkerkrankungen, die meist durchaus ein Abwarten erlauben. Der natçrliche Verlauf der Arthritis wird individuell eingeschåtzt, da einige Patienten mit hypertropher Synovialitis zwar Schmerzen und Bewegungseinschrånkungen erfahren, der Destruktionsprozess aber nur langsam einsetzt oder fortschreitet. Bei der klinischen Diagnostik sind Schwellungen durch pannæse Synovialitiden, Schmerzen und insbesondere Fehlstellungen und Instabilitåten zu berçcksichtigen, die zur Gehbehinderung fçhren. Gleichzeitig werden die Gelenke der betroffenen und der kontralateralen Extremitåt mit in die Untersuchung einbezogen. Es sind Flexionskontrakturen einerseits aber auch die Kombinationen von Valgus- und Rotationsdeformitåten zu differenzieren. Besteht eine degenerative Erkrankung, auf die eine rheumatoide Arthritis ¹aufgepfropftª ist, so werden auch Varusdeformitåten beobachtet.
Pråoperative Diagnostik und Planung Vor der Implantation einer Kniegelenkendoprothese sind die Ræntgenuntersuchungen ggf. mit Zusatzdiagnostik erforderlich, um die Grundlage einer kompletten Dokumentation fçr die postoperativen Verlaufs- und Kontrolluntersuchungen vorzubereiten. Zur individuellen Planung werden vor der Knie-TEP Ganzbein-Standaufnahmen im ap. Strahlengang, Ræ-Aufnahmen der Kniegelenke in 2 Ebenen und eine Patella-
Tangential-Aufnahme der betroffenen Gelenke angefertigt. Zur Planung wird zudem im apStrahlengang eine Ganzbein-Achsaufnahme im Stehen angefertigt. In einzelnen Fållen werden zusåtzliche kernspintomographische Aufnahmen angefertigt, um bereits in der pråoperativen Planung das konkrete Ausmaû einer bestehenden Osteonekrose beurteilen zu kænnen. Alternativ werden in Einzelfållen CT-Aufnahmen veranlasst. Da mit hoher Wahrscheinlichkeit von 50% ein Mitbefall der Hçftgelenke anzunehmen ist, sollte zusåtzlich eine Beckençbersichts-Aufnahme angeordnet werden. Ræntgen-Stressaufnahmen oder eine Untersuchung unter Ræntgendurchleuchtung werden in Ausnahmefållen bei extrem gesteigerter Gelenkinstabilitåt oder verstårkter Fehlstellung in Varus- oder Valgusposition durchgefçhrt. Die immunsuppressive Medikation erfordert eine bereits pråoperative Beachtung. Eine interdisziplinåre Begleitung und Klårung der medikamentæsen Therapie perioperativ sollte angestrebt werden. Hierin werden die internistischen Rheumatologen und die Anåsthesiologen mit involviert sein. Da das Risiko einer Infektion bei Patienten mit RA um das Dreifache erhæht ist, wird eine perioperative Antibiotikaprophylaxe angestrebt. Bereits pråoperativ werden die Patienten gemeinsam mit den Physiotherapeuten untersucht und das Procedere vorbereitet, um die unmittelbar postoperative Mobilisierung der Patienten zu planen. Wegen der vielfachen Behinderungen der oberen Extremitåten werden die Mæglichkeiten durch die Versorgung mit Hilfsmitteln geklårt. In diesen Fållen ist auch in der Planung des operativen Procedere zu berçcksichtigen, dass die Patienten nach Implantation der Knieprothesen eine ausreichend gute Flexion von mehr als 1058 erreichen, damit sie ohne Abstçtzung und ohne Fremdhilfe durch entsprechende Verlagerung des Kærperschwerpunktes çber die Fçûe selbstståndig aus dem Stuhl sich erheben kænnen [19]. Bei der Operationsplanung und -vorbereitung sind die besonderen Hautverhåltnisse bei Patienten mit langjåhriger RA zu beachten. Durch entsprechende schçtzende Verbånde und Vorsicht soll verhindert werden, dass die durch die Einnahme von Kortikoiden geschwåchte Haut geschådigt wird.
Kniegelenkendoprothesen bei rheumatoider Arthritis
Operativer Zugang Der Standardzugang erfolgt çber die gerade pråpatellare Hautinzision, die ca. drei Querfinger proximal der Patella ansetzt und bis zur Tuberositas tibiae reicht. Nach Pråparation des Subkutangewebes werden Kapsel und Retinakula mediopatellar dargestellt. Die Kapsel wird mediopatellar mit dem Retinakulum bis in den medialen Rand der Quadrizepssehne gespalten. Bei dem operativen Zugang werden bereits erfolgte Voroperationen beachtet. In zunehmenden Maûe werden Synovialektomien mit arthroskopischer Technik durchgefçhrt. Dennoch gilt es als Standard, Synovialektomien insbesondere bei Revisionseingriffen ggf. in offener Technik durchzufçhren. Hier hat sich der bipatellare Zugang nach Mori bewåhrt [14]. Zur Vermeidung von Wundheilungsstærungen wird in diesen Fållen die mediale Narbe exzidiert und jeweils im Sinne des Payr-Schnittes nach proximal erweitert. Bei anderen Voroperationen ist zu berçcksichtigen, dass zwischen den Narben und dem neuen pråpatellaren, geraden Zugang fçr die Knie-TEP ein ausreichend groûer Abstand besteht, um die Komplikationsgefahr von Durchblutungs- und Wundheilungsstærungen zu verringern. Fakultativ wird statt des medialen der laterale parapatellare Zugang çber die Kapsel und Retinakula bevorzugt. Dieser Zugang hat den Vorteil, dass die Insertion des M. vastus medialis vollståndig erhalten wird. Besonders fçr ausgeprågte Valgusdeformitåten wird zudem bei erforderlicher lateraler Retinakulumspaltung die Gefåûversorgung der Patella nicht gefåhrdet. Eine Synovialektomie des Kniegelenkes wird bei den Patienten mit rheumatoider Arthritis durchgefçhrt, bei denen sich insbesondere eine aktive Synovialmembran mit hypertropher Zottenbildung oder gravierenden Narbenbildungen zeigt, die mæglicherweise sogar die Beweglichkeit stærend beeinflussen kann. Auf den Erhalt des femoralen Gleitgewebes wird geachtet. Das Tibiaplateau wird freipåpariert und dadurch die Kapsel distal mobilisiert. Retraktoren werden nach der Patellaluxation eingesetzt zum Schutz der Kollateralbånder und der Sehne des M. popliteus. Eine partielle Resektion des HoffaFettkærpers im Sinne der Synovialektomie und die Resektion des vorderen Kreuzbandes wird durchgefçhrt. Die knæchernen Gelenkflåchen werden mit den Implantat-spezifischen Schablonen reseziert.
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Besondere Beachtung findet die Achsausrichtung und die Balance der Weichteile.
Wahl des Implantates (Græûe ± zementiert/unzementiert) Fçr die Wahl einer Kniegelenksprothese bei RA sind die Kriterien der knæchernen und Weichteilstabilitåt fçr das zu implantierende Modell individuell zu berçcksichtigen. Es stehen allgemein die ungekoppelten, teilgekoppelten oder die achsgefçhrten Knieprothesen zur Verfçgung. Je stårker die Instabilitåt oder die Deformitåt des Kniegelenkes ausgeprågt ist, um so stårker muss das Implantat intrinsisch gekoppelt sein (s. unten). Bei der Græûenwahl wird darauf geachtet, dass das Implantat nicht die Weichteile unter verstårkte Spannung (¹overstuffingª) bringt, um eine optimale Funktion postoperativ zu gewåhrleisten. Inwieweit zementierte oder unzementierte Komponenten implantiert werden, ist insbesondere von dem Prothesendesign und dem Verankerungsmechanismen abhångig. Fçr zementfreie oder zementierte Knie-Totalendoprothesen ist bisher nicht nachgewiesen, dass bei Patienten mit rheumatoider Arthritis eine signifikant bessere Ûberlebensrate zu erwarten ist. Zur Implantation von unzementierten bikondylåren KnieTEP liegen bereits zahlreiche Publikationen vor. Bei mittlerem Nachuntersuchungszeitraum von 3,1 Jahren (2±4,5 Jahren) waren bei Patienten mit RA oder Gonarthrose keine Lockerungszeichen zu erkennen. Beim Vergleich der pråoperativen Knee-Scorewerte bei den Patienten mit rheumatoider Arthritis und den mit degenerativ bedingter Gonarthrose zeigte sich, dass die Patienten mit RA pråoperativ sowohl im Hinblick auf den die Kniefunktion beurteilenden KnieScore als auch im Hinblick auf den die Gehfåhigkeit beurteilenden Funktions-Score signifikant schlechtere Werte aufwiesen (p < 0,05) und dass somit bei den Patienten mit RA ein deutlich schlechterer Ausgangsbefund bestand. Zum Zeitpunkt der Nachuntersuchung konnte kein signifikanter Unterschied fçr den Knie-Score bei dem verbleibenden Funktions-Score zwischen beiden Gruppen festgestellt werden [13]. Zementfreie Knieprothesen kænnen auch in Langzeituntersuchungen als sichere Implantationen bezeichnet werden [9].
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Achskorrektur Bei Patienten mit RA besteht durch die Destruktion der Kniegelenke håufig eine extreme Fehlstellung der Beinachsen sowohl als Varusoder Valgusdeformitåt als auch zum Teil als extreme Rotationsfehlstellung. Fçr die Patienten mit rheumatoider Arthritis hat aufgrund der håufig multiplen Gelenkerkrankungen die Achsausrichtung eine besondere Bedeutung. Zudem stellen vorausgegangene Achskorrekturen u. a. bei idiopathischer juveniler Arthritis gravierende Fehlpositionierungen dar, die eine korrekte Positionierung der Implantate sehr erschweren (Abb. 5 a, b). Fçr den Erfolg der Endoprothese des Kniegelenkes hat die korrekte Achsausrichtung, das
Abb. 5. a Pat. 42 J., idiopathische juvenile Arthritis, Destruktion des linken Kniegelenkes LDE IV, Z. n. suprakondylårer Femurosteotomie. b Z. n. Entfernung des Osteosynthesematerials und Implantation einer Knie-TEP (condylar constrained).
¹alignmentª, eine besonders hohe Prioritåt. Hierzu sind in den vergangenen zwei Dekaden groûe Anstrengungen unternommen worden, die Implantationsinstrumentarien zu optimieren. Das Ziel ist, mit Implantation der Kniegelenkendoprothese die mechanische Belastungsachse vom Zentrum des Femurkopfes çber das des Kniegelenkes zum oberen Sprungggelenk auszurichten. Die Navigation in der Knieendoprothetik zielt insbesondere darauf ab, dass auch bei extremen Fehlstellungen eine reproduzierbare Achskorrektur mit der Knieprothesen-Implantation erreicht wird [4, 8].
Ligament-Balance ± Kopplung der femorotibialen Komponenten Bei kontrakter Varus- oder Valgusdeformitåt wird eine stadiengerechte Weichteillæsung erforderlich. Partielle Diszisionen von Narbengewebe und Resektion von Osteophyten werden vor den knæchernen Gelenkflåchenosteotomien durchgefçhrt. Nach erfolgter Pråparation der Resektionsebenen wird eine gleichmåûige Bandspannung der Kollateralbånder und des hinteren Kreuzbandes gefordert bei paralleler und identischer Gelenkdistanz in Flexion- und Extensionsstellung. Um die exakte, ausgeglichene Bandspannung zu prçfen, steht fçr einige Prothesenmodelle ein Spannungsmesser zur Verfçgung. Es kænnen auch Testblæcke fçr die Bandspannung in Flexions- und Extensionsstellung interponiert werden. Der Erhalt des hinteren Kreuzbandes wird diskutiert. Als stårkstes Ligament des Kærpers wird seine Erhaltung empfohlen, um eine posteriore Subluxation des Kniegelenkes zu verhindern. Hierdurch wird die Funktion fçr die Streckung und beim Treppensteigen verbessert [3]. Bei Verlust des hinteren Kreuzbandes sollte ein Kreuzband-ersetzendes Implantat verwendet werden. Die Destruktion der Kniegelenke bei RA erfordert ein differenziertes Konzept fçr den Kniegelenkersatz, das sich auch auf die zu verwendenden Implantate beziehen muss.
Kniegelenkendoprothesen bei rheumatoider Arthritis
OP-Technik ± Deformitåten ± Weichteilbalance Regelfall Vielfach stellt die Implantation von Knie-TEP keine besondere Anforderung an den Operateur. Im Gegenteil zur degenerativen Gonarthrose stellt sich die OP-Technik Synovektomie bei der verminderten Knochenqualitåt und wegen der erhæhten Ligamentlaxitåt erleichtert dar, wenn keine zusåtzliche Deformitåt besteht. In diesen Fållen wird ein ungekoppeltes Knieprothesenmodell favorisiert, das einen Erhalt des hinteren Kreuzbandes vorsieht [7]. Ein ¹stretchingª, d. h. eine Elongation der Ligamentstrukturen wird auch çber einen langfristigen Zeitraum nicht beobachtet [9, 17].
Varusdeformitåt Die Varusdeformitåt wird håufiger bei degenerativen Gonarthrosen beobachtet. Bereits bei der Darstellung des Kniegelenkes wird am medialen Tibiakopf schrittweise eine Diszision der Kapsel durchgefçhrt. Diese kann såmtliche Strukturen medial des Gelenkes mit erfassen, inkl. des Lig. collaterale mediale.
Valgusdeformitåt Diese typische Deformitåt ist gekennzeichnet durch die zunehmende Kontraktur der Weichteile der fibularseits angelegten Strukturen. Der Tractus iliotibialis, die Sehne des M. popliteus, die Gelenkkapsel und das Kollateralligament sind in die Fehlstellung involviert. Zudem wird die knæcherne Destruktion mit Osteonekrose des lateralen Femurkondylus und oder des Tibiaplateaus beobachtet (Abb. 6). Diese geht einher mit einem Defekt des vorderen Kreuzbandes und einer Laxitåt oder Kontraktur des hinteren Kreuzbandes. Fçr das operative Vorgehen mit Ersatz des Gelenkes muss ein konsequentes Vorgehen Schritt fçr Schritt geplant werden. Bereits der Zugang wird meist lateral bevorzugt, um die medialen Gelenkstrukturen, die elongiert sind zu schonen. Die knæchernen Defekte werden mæglichst durch autogene Transplantate rekonstruiert. Mit einer Valguskontraktur sind håufig extreme Rotationsfehlstellungen der Tibia kombiniert. Hierdurch kann eine Kontraktur der M. popliteus auftreten. Ein Release der PopliteusSehne kann diese rotatorische Komponente læsen. Zudem kann diese Kontraktur auch durch eine zusåtzliche valgische Fuûdeformitåt beeinflusst sein. Dieses ist klinisch zu prçfen.
] Stadium I: Subperiostale Exposition des medialen Tibiakopfes ca. 1±1,5 cm bis zur Insertion des M. semimembranosus. Læsung der Kapsel und des tiefen medialen Kollateralbandes. ] Stadium II: Erweiterung der Ablæsung bis ca. 5±6 cm distal der Gelenkebene; hierbei wird der Sehnenansatz des M. semimembranosus inkludiert. ] Stadium III: Ausgedehnte zirkumferente Ablæsung der Kapsel bis zum hinteren Kreuzband. ] Stadium IV: Hierbei wird die Ablæsung des medialen Kollateralbandes mit eingeschlossen. Es ist zu beachten, dass das defizitåre mediale Kollateralligament bei Belastung der Extremitåt nicht kompensiert werden kann, sodass in Einzelfållen ein Wechsel des geplanten Implantates zu einem stårker gekoppelten Modell erforderlich wird. Fçr den zusåtzlich bestehenden knæchernen Defekt muss eine adåquate Rekonstruktion geplant werden.
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Abb. 6. Valguskontraktur bei RA, Osteonekrose des lateralen Tibiaplateaus bei Osteoporose
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Flexionskontraktur Beugekontrakturen kænnen mitunter die Primårimplantation einer Knie-TEP extrem beeinflussen. Das operative Vorgehen ist mit einer Revisionsoperation vergleichbar, da sich insbesondere bereits der Zugang besonders erschwert gestaltet. Fçr diese kontrakten Kniegelenke sind zum einen die proximalen Læsungen im Bereich der Quadrizepssehne oder die distale Læsung mit Osteotomie der Tuberositas tibiae alternativ anzuwenden. Der Vorteil der proximalen Læsung ist, dass die Subluxation des Streckapparates mit der Patella mit dem weiteren Debridement erleichtert wird. Hierbei wird die Quadrizepssehne V- oder Y-færmig inzidiert. Eine Verlångerung/Verkçrzung kann angeschlossen werden. Der grundlegende und entscheidende Nachteil besteht in der Schwåchung des M. quadrizeps und der z.T. postoperativ erforderlichen Immobilisierung, die einem guten funktionellen Resultat insbesondere bei RA entgegensteht. Der wesentliche Vorteil in der Osteotomie der Tuberositas tibiae ergibt sich aus der erreichbaren Ûbersicht und der gut adaptierbaren Quadrizepsspannung beim Wundschluss. In der Regel kann eine unmittelbar postoperative Mobilisierung nach Versorgung der Osteotomie mit Cerclagen vorgesehen werden [22]. Die Osteotomie der Tuberositas kann sowohl von medial als auch von lateral unter Erhalt des Periostes bzw. der Muskelfaszie der Tibialismuskulatur erfolgen.
Ligamentstabilitåt bei RA Im spåten Stadium der RA stellen wir eine zunehmende Laxitåt der Ligamente am Kniegelenk fest. Zum einen ist dieses primår durch die rheumatoide Destruktion der mechanischen und viskoelastischen Eigenschaften der Kollateral- und Kreuzbandstrukturen und zum anderen durch knæcherne Destruktion sekundår bedingt. Hierauf wird im Rahmen der Implantation von Knieendoprothesen Rçcksicht genommen [12]. Experimentelle Untersuchungen haben nachgewiesen, dass die Bandstabilitåt bei langjåhriger RA gravierend reduziert ist [7]. Ein Ersatz des hinteren Kreuzbandes mit einem entsprechenden Implantatdesign ist zur Sicherung der verbesserten Beweglichkeit, verminderten Morbiditåt und guter Langzeiterfolge vorzusehen [16]. Durch neue Entwicklungen
fçr die modifizierte Kopplung der Implantate bei den Knieprothesenmodellen wird einerseits mit den vermehrt kongruenten Polyåthylen-Inlays, andererseits mit den verstårkt konformen ¹mobile-bearingsª gleichzeitig eine verminderte Laxitåt der Kniegelenke erzielt [9]. Hierdurch hat sich die Indikation zur Verwendung der rigideren, das hintere Kreuzband ersetzenden Implantate reduziert.
Osteoporose ± Stem-Verlångerung Fçr die Implantation einer Kniegelenkendoprothese ist sowohl bei der OP-Technik als auch fçr die Verweildauer das knæcherne Implantatlager von Bedeutung. Bei Patienten mit RA ist die Knochenqualitåt veråndert. Bereits in der Definition der radiologischen Stadien wird die periartikulåre Osteopenie im Stadium LDE I beschrieben. Diese Osteopenie verstårkt sich durch das zunehmende Alter und die Dauer der Erkrankung. Des Weiteren spielen die Inaktivitåt der Patienten insbesondere mit Beeintråchtigung der Gehfåhigkeit und Verminderung der Gehleistung vorrangig aber auch die in den Knochenstoffwechsel eingreifenden Medikamente eine entscheidende Rolle, deren singulåre Kausalitåt u. a. fçr Kortikoide oder in Bezug auf die Inaktivitåt nicht beståtigt ist. Vielmehr sind es Mechanismen der rheumatoiden Arthritis, die per se die Osteoporose zu induzieren scheinen [1]. Dieses ist bei der Planung der zu verwendenden Implantate und bei der Operationstechnik zu berçcksichtigen. Der Grad der subchondralen Osteoporose stellt einen wesentlichen Faktor bei den Ûberlegungen der Fixation der Implantate dar. Dieses gilt insbesondere fçr die tibiale Prothesenkomponente. In der Regel wird eine zementierte Knieprothesenimplantation bevorzugt. In einzelnen Fållen wird eine ¹Hybridª-Implantation mit zementfreier Verwendung einer femoralen Komponente zum Einsatz gebracht [2]. Die zementierte Implantation der Knie-TEP wird zudem favorisiert, weil durch die wegen der bestehenden Ligamentinsuffizienz verwendeten teilgekoppelten Knieprothesen eine gesteigerte Krafteinleitung im ImplantatKnochenlager çbertragen wird. Inwieweit eine Zementierung der Stielverankerung erforderlich ist, wird bei der Verwendung von Titanimplantaten kontrovers diskutiert.
Kniegelenkendoprothesen bei rheumatoider Arthritis
Durch die kontrakten Fehlstellungen, die bei RA anzutreffen sind, und die partiellen Osteonekrosen der Femurkondylen oder des Tibiaplateaus werden vermehrt osteochondrale Defekte beobachtet, die adåquat versorgt werden mçssen. Des Weiteren entwickeln sich durch die rheumatoide Arthritis paraartikulåre Synovialzysten, die typisch im Tibiakopf dorsal im Verlauf der Insertion des hinteren Kreuzbandes auftreten und sich mitunter stabilitåtsmindernd vergræûern. Hier befindet sich hoch aktives Synovialgewebe, das auskçrretiert und durch eine Spongiosaplastik aufgefçllt werden muss. In Einzelfållen ist es erforderlich, mit dem Patienten bereits pråoperativ eine Transplantation vom Beckenkamm zu planen. Auch wird eine Verlångerung des tibialen Prothesenstiels zum Schutz der Spongiosaplastik erforderlich (s. u. Knochendefekte). Die Verwendung intramedullårer Stielverlångerungen ist eine Maûnahme, um eine diaphysåre Fixation der Implantate zu gewåhrleisten (Abb. 7). Dieses ermæglicht bei osteoporotischem Knochen und Knochentransposition, die Lastaufnahme von dem Prothesenauflager zu verteilen. Mit Zement fixierte Stielverlångerungen kænnen dabei die Revisionsfåhigkeit erheblich erschweren. Die Entwicklung der medikamentæsen Therapie der Osteoporose låsst es zu dem als sinnvoll erachten, Patienten mit einer Cortisontherapie, insbesondere, bei denen eine Osteoporose verifiziert ist, medikamentæs zu therapieren. Hierdurch kann eine deutliche Steigerung auch der
Abb. 7. a Spontanfraktur ¹Looser-Umbauzoneª der proximalen Tibia, b Versorgung mit GSB-Revisionsschaft tibial
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lokalen Knochenstabilitåt bzw. Knochendichte erzielt werden. Mit einer verbesserten Knochenqualitåt wird die Mikrowanderung und damit das Risiko einer vorzeitigen aseptischen Lockerung vermindert.
Knochendefektsanierung Die Knochendefekte, die aufgrund langfristiger Deformitåt, Osteoporose, partieller Osteonekrose und/oder Frakturen bei RA zum Zeitpunkt der Implantation von Knieendoprothesen bestehen, bedçrfen der konsequenten pråoperativen Planung. Dieses bezieht sich auf die zu verwendenden Implantate wie auch auf die Defektsanierung. Wenn mæglich, wird man auf eine autologe Knochentransplantation abzielen, um bereits zum Zeitpunkt der Erstimplantation mæglichst optimale Bedingungen fçr eventuell spåtere Revisionseingriffe herzustellen. Das bedeutet, dass die Defektauffçllung in unterschiedlichen Formen erfolgt: ] Der Defekt wird in dem Verlauf schråg an der Basis im Gesunden osteotomiert und ein Knochenkeil entweder aus dem kontralateralen Resektat gewonnen und mit oder ohne zusåtzliche Stabilisierung u. a. mit Schrauben unterhalb des Implantates fixiert. ] Der Defekt wird horizontal osteotomiert und entsprechend mit einem horizontalen kortiko-
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spongiæsen Span aus der Gelenkflåche transloziert. Der Vorteil in der 2. Technik liegt zweifelsfrei in der gçnstigeren Belastungsebene, wåhrend die erste Technik eine schråge Ebene und dadurch einen gewissen Gefåhrdungsgrad fçr das Transplantat darstellt. ] Der Defekt wird mit einer metallischen Augmentation entweder horizontal oder winkelfærmig unterfçttert. Dieses Vorgehen verkçrzt die Operationsdauer, macht autogenes Transplantat entbehrlich und weist eine hohe primåre Stabilitåt auf. Dieses Vorgehen ist bei multimorbiden Patienten im hæheren Alter oder bei mehrfach zu erwartenden Operationen mit ggf. erforderlicher Knochentransplantation vorzuziehen. Das metallische Ersatzimplantat ermæglicht eine sofortige Stabilitåt. Es berçcksichtigt jedoch nicht die biologische Stabilisierung und ggf. erforderliche Rçckzugsmæglichkeit. In jedem Fall ist bei Ersatz eines tibialen Defektes eine Verlångerung des Verankerungsstieles zu empfehlen.
Patella-Ersatz Besonders kontrovers werden in der Literatur die Mæglichkeiten der Behandlung der Patella bei Implantation einer Kniegelenkendoprothese behandelt. Da die Rate der Revisionseingriffe am femoropatellaren Gleitlager nach Knie-TEP einen relativ hohen Prozentanteil ausmacht, ist die wesentliche Entscheidung bei der Primårimplantation hinsichtlich der Implantatwahl, des retropatellaren Gelenkflåchenersatzes und fçr eine spezifische Operationstechnik zu treffen. Wir kænnen drei Lager unterscheiden: ] diejenigen, die die Patellagelenkflåche immer ersetzen, ] diejenigen, die keinesfalls einen Ersatz durchfçhren ] und die dritte Gruppe, die den Ersatz fakultativ entscheidet. Selbst fçr einzelne Knieprothesenmodelle wird von verschiedenen Autoren eine vollståndig kontråre Stellung zum Patella-Ersatz vertreten. Mehrere Autoren favorisieren eine Implantation des Patellarçckflåchenersatzes bei allen Patienten mit rheumatoider Arthritis. Der Gelenkknorpel
Tabelle 2. Patella bei Knie-TEP ] ] ] ] ]
Rçckflåchenersatz Ohne Patella-Implantat Patellaplastik Laterales Release ¹Denervierungª der Patella
soll vollståndig entfernt und ersetzt werden, da hierdurch die Stimulierung des Immunkomplexes und eine rezidivierende Synovialitis bewirkt werden kann [15, 16]. Fçr die Implantation eines Rçckflåchenersatzes ist es wichtig, dass die normale Dicke der Patella wiederhergestellt wird. Aufgrund der vorliegenden Literatur ist ein fakultativer Patella-Ersatz vorzunehmen in Abhångigkeit von der Struktur der Patellarçckflåche zum Zeitpunkt der Operation, der pråoperativen Schmerzsymptomatik und der Kongruenz der Patellarçckflåche mit dem verwendeten kondylåren Implantat (Tabelle 2). Hierbei ist operationstechnisch auf die korrekte Implantation der femoralen und tibialen Komponenten zu achten, um einen vergæûerten Q-Winkel durch Fehlrotation sowie eine Patella-alta- oder -bajaPosition zu vermeiden [10, 21]. Zudem ist die Gleitbahn der Patella durch eine ggf. erforderliche laterale Kapseldiszision zu gewåhrleisten. Diese Operationsschritte werden sowohl fçr den Patella-Ersatz als auch ohne Rçckflåchen-Implantat als wichtig erachtet. Alternativ kann die Patella durch eine plastische Umformung der Gelenkflåchen an das jeweilige Prothesendesign adaptiert werden. Des Weiteren wird durch die peripatellare ¹Denervierungª mit dem Elektrokauter nach Synovialektomie eine reduzierte, anteriore Schmerzsymptomatik erwartet. Wesentlich ist eine gute Weichteilbalance und die dreidimensional korrekte Ausrichtung der Knieprothesenkomponenten mit dem patellofemoralen Gelenk unter Einbeziehung der Gelenkebene.
Bilaterale einzeitige Implantation von Knietotalendoprothesen Bei polyartikulårem Gelenkbefall der RA stehen im langfristigen Verlauf vielfache operative Eingriffe an den Extremitåten an. Durch die Betei-
Kniegelenkendoprothesen bei rheumatoider Arthritis
ligung beider unterer Extremitåten wird in hohem Maûe die Funktion und insbesondere die Gehfåhigkeit eingeschrånkt bzw. bis zur Rollstuhlabhångigkeit aufgehoben. Ziel der Versorgung der Gelenke mit Endoprothesen ist, mæglichst die Anzahl der Operationssitzungen zu reduzieren und die Gehfåhigkeit zu erhalten und zu verbessern. Dementsprechend ist bereits bei der Planung der Operationen nach Untersuchungen des gesamten Patienten zu prçfen, inwieweit nicht nur isoliert ein Kniegelenk, sondern das kontralaterale Kniegelenk und/oder ein bzw. beide Hçftgelenke eines endoprothetischen Ersatzes bedçrfen. Bei postarthritischer Arthrose beider Kniegelenke oder beider Hçft- und Kniegelenke ist zu prçfen, ob die Patientin einem einzeitigen Gelenkersatz unterzogen werden sollte. Entsprechend der Regel ¹von zentral nach peripherª wird die endoprothetische Versorgung des Hçftgelenkes Prioritåt gegençber der Knieprothesenimplantation haben. Fçr die Situation der Destruktion der vier groûen Gelenke der unteren Extremitåten ist ein Regime vorzugeben, nach dem ein ¹horizontalesª Vorgehen favorisiert wird [20] (Abb. 8, 9). Es ist zu berçcksichtigen, dass die Erfordernis zum gleichzeitigen operativen Vorgehen selbstverståndlich nicht regelmåûig gegeben ist. Mehrheitlich handelt es sich um zeitlich versetzt entstehende Destruktionen, die erst innerhalb mehrerer Jahre eine endoprothetische Versorgung erfordern. Vorteile eines einzeitigen Procedere mit Mehrfachversorgungen: ] Reduzierung ± der OP-Zahl, ± der Narkosen, ± der Gesamt-OP-Dauer, ± der stationåren Verweildauer, ± der Kosten. Nachteile der einzeitigen endoprothetischen Mehrfacheingriffe sind insbesondere die primår verzægerte Rehabilitation. Fçr eine erhæhte Komplikationsrate sind die Daten nicht gesichert. Der multiple Gelenkersatz spielt insbesondere bei polyartikulårem Gelenkbefall der rheumatoiden Arthritis eine groûe Rolle. Hier sind die bilateralen Versorgungen beider Kniegelenke mit Endoprothesen mit einer verkçrzten Rehabilitation bei guter Compliance der Patienten mæglich.
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Abb. 8. a Indikation, b, c postoperativ einzeitige, bilaterale Implantation von Knietotalendoprothesen bei RA
Postoperative Therapie Perioperativ wird routinemåûig eine Antibiose und Anti-Thromboembolie-Prophylaxe durchgefçhrt. Bereits am postoperativen Tag wird die Mobilisierung mit der passiven Bewegungsschiene begonnen. Die Dauer dieser Therapie ist abhångig von der Verfçgbarkeit der Bewegungsschienen. Mit der Krankengymnastin erfolgt die Mobi-
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Abb. 9. a±c RA-Patientin, Implantation Knie-TEP bds. 1991, 13 Jahre postop. mit sehr guter Funktion
lisierung aus dem Bett bereits ebenfalls am ersten Tag nach der Operation. Tåglich wird der Fortschritt der Funktion auf entsprechenden Datenblåttern registriert. Bei unerwartet eingeschrånkter Funktion innerhalb von 10 Tagen postop. erfolgt eine Mobilisierung mæglichst unter Einsatz eines periduralen lumbalen Schmerzkatheters oder in Kurznarkose. Je nach Prothesentyp wird ab dem 14. postoperativen Tag die Belastung gesteigert. Wichtig ist hierbei die Aktivitåt der Streckmuskulatur, die eine orthograde Belastung der Knieprothese sichern soll.
Komplikationen Komplikationen nach Totalendoprothesen des Kniegelenkes kænnen schwerwiegender in der Mæglichkeit der Revision und Rekonstruktion als bei Hçftgelenktotalendoprothesen sein. Verbleibende anteriore Knieschmerzen kænnen durch sekundåre degenerative Alterationen der Patella bedingt sein. Hier ist zu beachten, dass die retropatellaren Druckkråfte abhångig von der Konfiguration der femoralen Prothesenkomponente Prothesen-Design-spezifisch zu sein scheinen. Ein sekundårer Patellarçckflåchenersatz bewirkt in den meisten Fållen eine Schmerzlinderung. Eine Patellalateralisation oder -subluxation kann durch ein zusåtzliches laterales Kapsel-Release beherrscht werden. Derartige Komplikationen werden durch die primåre Beachtung des dreidimensionalen Alignments ins-
besondere der Rotation von Femur- oder Tibiakomponente vermieden. In Einzelfållen stellt sich u. a. in der Computertomographie eine Fehlrotation z. B. der Tibiakomponente dar, die durch Transposition der Tuberositas tibiae oder mit einer Neuzentrierung der Prothesenkomponente behandelt werden kann. Instabilitåt ist in der Regel durch ein unzulångliches Weichteil-Balancing oder durch sekundåre Ligamentdehnung hervorgerufen. Auch kann ein vorzeitig verstårkter Abrieb der Polyåthylen-Gelenkflåchen oder ein Absinken von Prothesenkomponenten eine Imbalance der Knieprothesen hervorrufen. Eine exakte Evaluation des Fehlermechanismus ist vor einer geplanten Revisionsoperation durchzufçhren. Besondere Probleme kænnen sich durch eine Steifigkeit oder reduzierte Funktion ergeben. Fibroarthrosen stellen sich bereits kurzfristig nach der Implantation ein. Die Reflexdystrophie kann dauerhaft anhaltende Schmerzsymptome und eine eingeschrånkte Beweglichkeit bewirken. Hier ist die Diagnosestellung oft besonders schwierig zu stellen. Eine Revision der Knieprothese ist als sehr kritisch zu sehen. Ein Therapieversuch durch arthroskopische Læsung von Verwachsungen mit entsprechender medikamentæser Begleittherapie und Physiotherapie kann erfolgreich sein. Aseptische Lockerungen erfordern die Wechseloperation mit Austausch der jeweiligen Komponenten. Hierbei ist man bemçht, intakte Komponenten zu erhalten.
Kniegelenkendoprothesen bei rheumatoider Arthritis
Infektionen nach Kniegelenktotalendoprothesen stellen eine gravierende Komplikation dar. Das Risiko eine tiefen Infektion wird bei RA 2bis 3-mal hæher eingeschåtzt als bei Arthrosen [18]. Septische Lockerungen kænnen bei Frçhinfektionen einzeitig, in der Regel durch zweizeitige Wechselstrategie erfolgreich saniert werden. Besonderes Augenmerk ist in diesen Fållen dem Erhalt bzw. der Rekonstruktion der knæchernen Substanz und des Implantatlagers zu widmen. Als ¹Salvage-Operationª wird in diesen Fållen eine Arthrodese des Kniegelenkes erforderlich, wenn eine Reimplantation aufgrund eines erheblichen Substanzverlustes nicht angemessene Langzeitresultate gewåhrleistet. In seltenen Fållen kann hierbei ein femorotibialer Nagel Anwendung finden, der in der Gelenkebene intraoperativ verriegelt wird.
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Arthroskopisch assistierte Synovialektomie B. Gondolph-Zink, M. Dangel
Einfçhrung In der Behandlung primårer Synovialitiden ist die Synovialektomie beim Scheitern konservativer Maûnahmen seit langem ein anerkanntes Therapieverfahren. Im Gegensatz zu anderen groûen Gelenken wird die Synovialektomie am Hçftgelenk, welches nach Angaben in der Literatur bei 10±50% der Patienten mit chronischer Polyarthritis mit befallen ist [16, 17], inbesondere als pråventiv-kurativer Eingriff eher selten durchgefçhrt [7]. Dies bedeutet, dass es sich bei diesen Synovialektomien meist um eine Spåtsynovialektomie handelt, die nicht mehr die Erfolgsquote einer Frçhsynovialektomie aufweisen kann [8]. Als wesentliche Grçnde fçr die zurçckhaltende Einstellung zur Synovialektomie galten die Unsicherheit in der Frçherkennung der Hçftsynovialitis und konsekutiven Indikationsstellung zur Synovialektomie [1, 11, 14, 15]. Nach Etablierung diagnostischer Verfahren wie Sonographie, Kernspintomographie und Arthroskopie ergab sich die Mæglichkeit einer zuverlåssigen Beurteilung der Hçftbinnenstrukturen, insbesondere der Synovialis [4, 9, 13]. Als weiteres Argument gegen die Synovialektomie kann die schwierige Operationstechnik, welche eine temporåre Hçftkopfluxation beinhaltet, angefçhrt werden [9, 10]. Auf diese Luxation wird wegen der groûen Gefahr der postoperativen Hçftkopfnekrose aufgrund insuffizienter Gefåûversorgung insbesondere bei gleichzeitiger totaler Kapsulektomie håufig verzichtet, was eine mangelnde Radikalitåt des Eingriffs zur Folge hat [6, 11, 14, 15]. Insbesondere die im Bereich der Fossa acetabuli aggressiv wuchernde Synovialis, die u. a. auch fçr die Protrusio acetabuli mitverantwortlich gemacht wird [17], ist ohne temporåre Kopfluxation nicht zugånglich. Nachdem sich bei der Hçftarthroskopie unter Extension der zu operierenden unteren Extremitåt zeigte, dass die Fossa acetabuli einschlieûlich
des Lig. capitis femoris gut einsehbar ist, wurde dazu çbergegangen, diese Mæglichkeit auch therapeutisch zu nutzen [4].
Operatives Vorgehen Der Eingriff erfolgt in Rçckenlage wahlweise in Vollnarkose oder Regionalanåsthesie. Der Patient wird auf dem Extensionstisch gelagert. Durch Zug an dem zu operierenden Bein wird der Hçftgelenkspalt unter Bildverstårkerkontrolle so stark erweitert, dass ein Arthroskop mit 5-mm308-Optik (selten ist ein Umsteigen auf eine 608-Optik notwendig) zwischen die Gelenkflåchen eingebracht werden kann (Abb. 1). Hierzu bedarf es eines Zuges mit 35±65 kg in Abhångigkeit von den individuellen Gegebenheiten und der muskulåren Relaxation in Narkose. Zur Vermeidung von Weichteildruckschåden ist auf eine sorgfåltige Polsterung des Fuûes und der Genitalregion zu achten. Eine besondere Schwierigkeit stellt die Abdeckung dar, die gewåhrleisten muss, dass nach Aufhebung der Extension unterschiedliche Funktionsstellungen des Hçftgelenks ohne Gefåhrdung der Sterilitåt eingenommen werden kænnen.
Abb. 1. Bildverstårkerkontrolle bei Extension zur Erweiterung des Hçftgelenkspalts mit einliegenden Instrumenten
Arthroskopisch assistierte Synovialektomie
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Technik der Hçftarthroskopie Im Gegensatz zu Glick [10] bevorzugen wir den ventrolateralen Zugang. bei dem als Referenzpunkte zur Lokalisation der Stichinzision die Spina iliaca superior anterior, die A. femoralis und die Trochanter-major-Spitze dienen. Die kutane Eintrittspforte wird 3±4 Querfinger unterhalb der Spina, ca. 3 Querfinger lateral der A. femoralis in Hæhe der Trochanterspitze gewåhlt. Mit dem scharfen Trokar wird unter Bildverstårkerkontrolle in mediokaudaler Verlaufsrichtung auf den ventralen Schenkelhals vorgegangen. Nach Knochenkontaktaufnahme wird die fibræse Kapsel penetriert und stumpf perforiert. Nach Instillation von Ringer-Læsung unter einem Druck von ca. 100 mmHg wird das Hçftgelenk inspiziert. Die erfolgreiche Einfçhrung des Arthroskops beståtigt der Blick auf das Labrum acetabulare, die ihm benachbarten Kopf- und Schenkelhalsbezirke sowie auf die Gefåûzeichnung der Synovialis. Nun kænnen der ventrale Limbus und die ventrokaudale Gelenkaussackung, die håufig mit der Bursa iliopectinea kommuniziert, suffizient inspiziert werden. Ûblicherweise perforieren wir die Kapsel ohne Ønderung des peripheren Stichkanals ein 2. Mal mæglichst kranial, wodurch insgesamt eine Beurteilung des Labrum acetabulare zu 2/3 seiner Zirkumferenz ermæglicht wird. Sodann wird durch Traktion am operierten Bein der Gelenkspalt so stark extendiert, dass unter Vermeidung iatrogener Låsionen zwischen die knorpeligen Gelenkflåchen eingegangen werden kann. Somit verschafft man sich eine gute Sicht auf Kopf- und Pfannenknorpel, Fossa acetabuli und das Lig. capitis femoris (Abb. 2). Wåhrend sich die Biopsien çber den einliegenden Trokar des Arthroskopes gewinnen lassen, werden fçr arthroskopische Operationen zusåtzliche Zugangswege zur Einfçhrung unterschiedlicher Instrumente wie Zangen, Shaver und Laserkabel notwendig. Das Vorschieben arthroskopischer Instrumente parallel zum einliegenden Trokar erleichtert deren intraartikulåre Identifikation. In Frçhstadien primårer Synovialitiden bei unbeteiligter Fossa acetabuli und noch ungeklårter Diagnose kann nach Entnahme einer Synovialisbiopsie und ggf. arthroskopischer Teilsynovialektomie, Kortikoidinstillation oder chemischer Synoviorthese der Eingriff auf diesen Teilaspekt beschrånkt bleiben. Fçr die radikale Synovialektomie steht die semiarthroskopische Hçftsynovialektomie zur Verfçgung.
Abb. 2. Einblick in die Fossa acetabuli (FK: Femurkopf; L. c. f.: Lig. capitis femoris)
Semiarthroskopische Hçftsynovialektomie Zunåchst wird çber leicht dorsalkonvexen Hautschnitt çber dem Trochanter major eingegangen und in çblicher Weise nach Umfahren des Schenkelhalses mit Hohmann-Hebeln und Einlegen eines gebogenen Hohmann-Hebels çber den vorderen Pfannenrand die Hçftgelenkkapsel dargestellt. Diese wird nun jeweils ventrokranial und ventral perforiert, um die arthroskopische Optik und ein Portal fçr arthroskopische Instrumente einbringen zu kænnen. Via Monitor kann nun unter Sicht bei geschlossener Hçftgelenkkapsel zur Vermeidung intraartikulårer Blut- und Luftbeimengungen zum Spçlmedium die Synovialektomie des Pfannengrundes und des Lig. capitis femoris erfolgen. Eine hinreichende Gelenkdistension, wie oben beschrieben, ist wåhrend dieses Operationsschrittes obligat. Erst nach Abschluss der arthroskopischen Synovialektomie der Fossa acetabuli wird die Synovialektomie des Restgelenkes in konventioneller Weise durchgefçhrt, wozu die Kapsel ventral tçrflçgelartig eræffnet wird. Wåhrend dieser Phase der offenen Hçftsynovialektomie ist es meist erforderlich, die starre Fixation des Beines auf dem Extensionstisch aufzuheben, um durch verschiedene Einstellungen des Hçftgelenks eine radikale Synovialektomie zu ermæglichen. Dies gelingt unter Einsatz unterschiedlich kalibrierter und kurvierter Luers und Rongeure. Auf einen Kapselverschluss kann verzichtet werden.
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B. Gondolph-Zink, M. Dangel: Arthroskopisch assistierte Synovialektomie
Nachbehandlung Die ausschlieûlich arthroskopische Behandlung macht eine rasche Rehabilitation mit sofortiger Belastung und funktioneller Nachbehandlung mæglich. Nach einer semiarthroskopischen Synovialektomie werden die Patienten postoperativ angehalten fçr ca. 6 Wochen zu entlasten, wobei eine intensive Bewegungstherapie fçr den Operationserfolg mit ausschlaggebend ist [12]. Mit Hilfe der Synovialektomie kænnen rasch die klinischen Parameter wie Schmerz, Gehstrecke und Funktion deutlich gebessert werden [5]. Das langfristige Ziel insbesondere der Frçhsynovialektomie besteht in der Verlangsamung der entzçndlichen Gelenkdestruktion und Pråvention einer Protrusio acetabuli. Potenzielle Risiken bestehen neben den allgemeinen Operationskomplikationenen in Knorpelschådigung durch Instrumente, Instrumentenbruch, Infektionen und narbigen Kontrakturen. Nur sporadisch werden Schåden des N. pudendus angegeben.
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Gelenkerhaltende Eingriffe G. Kæhler
Das Hçftgelenk bei entzçndlich-rheumatischen Krankheiten Beim Studium der Literatur wird man sehr bald feststellen, dass çber die Beteiligung des Hçftgelenkes bei entzçndlich-rheumatischen Krankheiten die unterschiedlichsten Angaben gemacht werden. Vainio und Pulkii [18] berichten çber eine Håufigkeit des Hçftgelenkbefalls im Patientengut der Klinik Heinola von 10%. Gschwend [8] kommt bei der Analyse von 300 Polyarthritikern zu 17% Hçftverånderungen. Fuhrmann [4] untersuchte 500 Patienten mit Spondylitis ankylosans. 42% der Patienten gaben dabei intermittierende bis persistierende Hçftschmerzen an. Bei ca. 21% konnten dabei radiologische Verånderungen der Hçfte nachgewiesen werden. Sweetnam u. Mitarb. [16] und Fura u. Mitarb. [5] geben sogar Beteiligungen bis zu 30% an. Allen angegebenen Arbeiten ist gemeinsam, dass sie zu einem Zeitpunkt durchgefçhrt wurden, bei dem moderne Untersuchungsmethoden wie Szintigraphie, Computertomographie oder Magnetresonanztomographie (MRT) nicht zum Standard gehærten. Die Kriterien beschrånkten sich ausschlieûlich auf klinische bzw. radiologische Verånderungen. Auûer in Fuhrmanns Arbeit [4] ist das Patientengut bei allen vorgegebenen Untersuchungen im Rahmen des entzçndlichen Rheumatismus nicht weiter aufgeschlçsselt. So ist bei der chronischen Polyarthritis bekannt, dass bevorzugt die peripheren Gelenke, bei Spondylitis ankylosans die stammnahen Gelenke befallen sind. Insgesamt kann man jedoch davon ausgehen, dass selbst bei verfeinerter und pråziserer Diagnostik eine Hçftbeteiligung von 30% nicht çberschritten wird. Vergleicht man dieses Ergebnis mit den Analysen von Gschwend [8], so ist im Gegensatz zum Kniegelenk (74,3%) bzw. zum Sprunggelenk (52%) und zu den Vorfçûen (fast 80%) die Hçfte das am seltensten befallene Gelenk der unteren Extremitåt.
Bei der Behandlung der ¹Hçftarthritisª kænnen mehr als 90% der Betroffenen durch eine konsequente medikamentæse Behandlung, ergånzt durch physikalische Therapien, in einem ertråglichen Zustand gehalten werden. Invasive Maûnahmen sind deshalb wåhrend der frçhen Phasen der Krankheiten selten.
Pathologisch-anatomische Besonderheiten des Hçftgelenkes Das Hçftgelenk ist ein knochengefçhrtes Gelenk mit tiefer Pfanne und straffem Bandapparat. Die Pfanne ist annåhernd 458 geneigt und um 208 nach vorne geæffnet. Im dorsalen Anteil reicht die Kapsel vom Pfannenrand bis zu Mitte des Schenkelhalses, im ventralen Anteil bis zur Linea intertrochanterica. Bei leichter Abduktion, Beugung und Auûenrotation ist der Bandapparat am meisten entspannt. In diesem Zustand hat der Hçftbinnenraum sein græûtes Volumen. Die ventrale Gelenkkapsel ist durch 3 Bånder verstårkt. Lediglich zwischen Ligamentum iliofemorale und Ligamentum ischiofemorale besteht eine Verbindung zu den umgebenden Weichteilen. Der Hçftbinnenraum kommuniziert hier im Normalfall mit der Bursa iliopectinea. Diese ¹Schwachstelleª spielt im Verlauf des rheumatischen Geschehens eine entscheidende Rolle.
Operative Maûnahmen Bei der Behandlung des entzçndlichen Rheumatismus sind invasive Maûnahmen dann angezeigt, wenn Gelenke trotz intensiver physikalischer und medikamentæser Therapie, einschlieûlich der Basistherapie, çber einen Zeitraum von 1/2 Jahr unbeeinflusst bleiben. Wir verstehen darunter ein
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G. Kæhler
Persistieren der Schmerzen, der Schwellung und der Funktionseinschrånkung. Als Ausnahmen von dieser Regel gelten: ] Akute oder schleichende Nerven- oder Gefåûengpasssyndrome, ] drohende Sehnenrupturen, ] stark progrediente klinische oder radiologische Verschlechterungen. Diese Kriterien betreffen selbstverståndlich auch das Hçftgelenk. Wie an allen anderen Gelenken sind auch am Hçftgelenk gelenkerhaltende und gelenkersetzende Eingriffe mæglich. An gelenkerhaltenden oder auch gelenkschçtzenden Operationen am Hçftgelenk kennen wir: ] Bursektomien, ] Tenotomien, ] Synovialektomien, ] rekonstruktive Knochenaufbauplastiken, ] Osteotomien. Durch seine anatomische Lage, vor allem durch die umgebenden Muskelmassen ist das Hçftgelenk einer direkten klinischen Untersuchung nicht zugånglich. Die subjektive Angabe der Schmerzen wie auch die objektive Bewegungseinschrånkung lassen noch keinen Schluss çber die Lokalisation des Krankheitsprozesses zu. Ergånzende Untersuchungsmethoden wie Szintigraphie, Ræntgen, Ultraschall, Computertomographie und Magnetresonanztomographie sind absolut notwendige Hilfsmittel bei der Indikationsstellung zur Operation bzw. bei der Wahl des operativen Verfahrens. Die so genannte ¹diagnostische Arthrotomieª sollte der Vergangenheit angehæren. Bei wirklich unklarem Prozess im Rahmen einer Monarthritis, bei der eine feingewebliche Beurteilung der gelenknahen Strukturen notwendig erscheint, ist auf jeden Fall den minimalinvasivenVerfahren wie der Arthroskopie der Vorzug zu geben [7].
Bursektomien Pathologisch-anatomische Besonderheiten Im Rahmen des entzçndlich-rheumatischen Geschehens am Hçftgelenk kænnen 2 Bursen betroffen sein: 1. Bursa trochanterica, 2. Bursa iliopectinea.
Bedingt durch ihre anatomische Lage ist die Bursa trochanterica selten ausschlieûlich am rheumatischen Geschehen beteiligt. Differenzialdiagnostisch muss bei den klinischen Beschwerden ein Musculus-piriformis-Syndrom abgegrenzt werden. Die bereits erwåhnten bildgebenden Verfahren erleichtern dabei die Diagnostik. Die Seltenheit dieses Krankheitsbildes låsst sich vielleicht am ehesten daraus erkennen, dass bei mehr als 6000 rheumachirurgischen Eingriffen im Laufe von 25 Jahren in der Rheumatologischen Abteilung der Hessing-Stiftung diese Operation lediglich zweimal isoliert durchgefçhrt wurde. Intraoperativ imponierten dabei annåhernd faustgroûe Zysten mit erheblichen Entzçndungszeichen die zu massiver Behinderung der Patienten gefçhrt haben. Thabe [17] kommt zu einem vergleichbaren Ergebnis. Von wesentlich græûerer Bedeutung ist die Bursitis iliopectinea. Kataoka u. Mitarb. [10] berichten in ihrem Fallbericht einschlieûlich einer Zusammenfassung der Literatur 1995 çber 35 Fålle im Zusammenhang mit entzçndlichem Rheumatismus. Klinisch beeindruckt die Bursa im fortgeschrittenen Stadium als bis zu mandarinengroûe Schwellung unterhalb des Leistenbandes. Neben Schmerzen in der Hçfte klagen Patienten unter Umstånden çber Durchblutungsstærungen und ausstrahlende Schmerzen ins Bein [2, 13]. Keiner der erwåhnten Autoren beschreibt diese Bursitis als isolierten Prozess, sondern alle sehen einen direkten Zusammenhang mit Verånderungen im Hçftgelenk. Wie bereits erwåhnt, besteht in vielen Fållen eine Kommunikation zwischen Bursa iliopectinea und dem Hçftgelenk. Durch das entzçndlich rheumatische Geschehen im Hçftgelenk kommt es zu einer vermehrten Produktion von Synovialflçssigkeit, die sich entweder durch die direkte Verbindung in die Bursa oder durch eine spontane Synovialruptur zwischen Ligamentum iliofemorale und Ligamentum pubofemorale in den ventralen Anteil des Oberschenkels entleeren kann. Dieser Vorgang ist durchaus mit einer åhnlichen Entwicklung im dorsalen Abschnitt der Kniekehle (Baker-Zyste) oder dem beugeseitigen Anteil des Ellbogengelenkes vergleichbar.
Pråoperative Diagnostik Nur in den seltensten Fållen und nur bei massivem Befall lassen sich beide Bursen klinisch diagnostizieren. Die sonographische Untersuchung
Gelenkerhaltende Eingriffe
des Hçftgelenkes wie auch der Trochanterregion gibt erste Hinweise auf den Befund. Zur Sicherung der Diagnose, vor allem bei der Planung des operativen Vorgehens, sollte ein Magnetresonanztomogramm angeschlossen werden.
Operatives Vorgehen Die isolierte Bursitis iliopectinea bzw. Bursitis trochanterica ist eine absolute Seltenheit. Sollte es trotzdem notwendig werden die Bursen operativ zu entfernen, ist der anatomisch gçnstigste Weg unter besonderer Berçcksichtigung des Nervengefåûbçndels vorzuziehen. Bei Kombinationseingriffen wie Synovialektomie des Hçftgelenkes und Korrekturosteotomie ist der Zugang dieser Operationen zu beachten. Die alleinige Entfernung der oben beschriebenen Bursen ermæglicht eine sofortige Mobilisierung bei voller Belastung des Beines. Die Kriterien der Wundheilung sollten jedoch eingehalten werden.
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Operatives Vorgehen Bei therapieresistenten Adduktionskontrakturen oder bei ausgebrannten Stadien der Koxitis wie auch bei hohen operativen Risiken fçr umfangreiche Eingriffe hat sich die subkutane Adduktorentenotomie mit Durchtrennung der Adduktoren an ihrem Ursprung bewåhrt. Aus historischen Grçnden seien die Voss'sche Hångehçfte [19] mit zusåtzlicher Ablæsung des Trochanter major und der Spaltung der Fascia lata, wie auch die Erweiterung durch Cordier u. Mitarb. [3] mit Ablæsung des M. iliopsoas sowie die Tenotomie des Musculus rectus femoris erwåhnt. Im Rahmen des entzçndlichen Rheumatismus spielen diese Eingriffe als isolierte Maûnahme keine Rolle, da bei diesen Krankheiten der Aufwand der Operationen in keinem Verhåltnis zu den Ergebnissen steht. Als Nachbehandlung nach isolierter Adduktorentenotomie ist eine sofortige Mobilisierung notwendig; ebenso die Lagerung des Patienten in leichter Adduktionmittelstellung und voller Streckung der Hçfte. Unmittelbar postoperativ sind mæglichst håufig passive Bewegungsçbungen angebracht. Nach Entfernung der ableitenden Drainagen ist eine sofortige Belastung und Mobilisierung mæglich.
Tenotomien Pathologisch-anatomische Besonderheiten Der schmerzhafte Befall des Hçftgelenkes verursacht zwangslåufig eine Schonung, die entsprechend der anatomischen Gegebenheiten in eine Flexion, Adduktion und leichte Auûenrotation mçndet. Wird diese Fehlhaltung çber einen långeren Zeitraum eingenommen, so fçhrt dies zu einer Verkçrzung der Adduktoren, der Auûenrotatoren, des M. rectus femoris und des M. iliopsoas.
Pråoperative Diagnostik Die alleinige Tenotomie als Operation bei entzçndlichem Rheumatismus ist eine absolute Ausnahme. Bevor dieser Eingriff durchgefçhrt wird, sollte jeder floride entzçndliche Prozess im und um das Hçftgelenk ausgeschlossen sein. Weiterhin muss sichergestellt werden, dass lang andauernde intensive Ûbungsbehandlungen einschlieûlich Quengelungen ohne Erfolg blieben.
Synovialektomien Die Synovialektomie (Synovektomie) hat ihren festen Platz in der Behandlung des entzçndlichen Rheumatismus. Die ausgezeichneten Ergebnisse im Bereich der Hand, des Ellbogens als auch des Kniegelenks legen nahe, dass auch am Hçftgelenk vergleichbare Erfolge mæglich sein mçssten. In der Literatur sind Berichte çber Synovialektomien am Hçftgelenk jedoch åuûerst spårlich [8, 17]. Als Ursache sehen wir einerseits den im Vergleich zu anderen Gelenken schwierigen, traumatisierenden Zugang, andererseits die wenigen Berichte mit nur måûigem Erfolg. Diese Zurçckhaltung ist nach unserer Meinung, vor allem bei der Frçhsynovialektomie nicht gerechtfertigt. Wir schlieûen uns der Meinung von Schwågerl [15] an, dass zum richtigen Zeitpunkt ausgezeichnete Ergebnisse erzielt werden kænnen [12]. Unsere Indikationen stimmen mit jenen von Thabe [17] weitgehend çberein:
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] Progredienter Verlauf im Kindes- und Jugendalter. ] Therapieresistente Monarthritis. ] Rezidivsynovialitis nach lokaler Gelenkbehandlung. ] Arthritis in Verbindung mit Synovialhernien (Bursitis iliopectinea). ] Stark progredienter Verlauf der Koxitis mit Gefahr der Ausbildung der Protrusions- bzw. Subluxationshçfte im zunehmenden Alter.
Pathologisch-anatomische Besonderheiten Die eng gefçhrte Knochensituation am Hçftgelenk bietet dem entzçndlich bedingten Pannusgewebe nur wenig Angriffsmæglichkeiten. Die klinische wie auch die pathologisch-anatomische Erfahrung zeigt am Hçftgelenk vier Angriffspunkte der Synovialis. Besonders gefåhrdet ist die Knochen-Knorpel-Grenze am Ûbergang vom Hçftkopf zum Schenkelhals. Am Ansatz der fibræsen Kapsel wåchst der Pannus invasiv und auch unterminierend in den Knorpel bzw. unter die Kortikalis. Vergleichbares stellt sich entlang der Knochen-Knorpel-Grenze am Pfannenrand dar. Besonders am oberen Pfannenrand kommt es dabei durch invasives Wachstum des Pannusgewebes unter die Knochen-Knorpel-Struktur zu riesigen Zysten und Knochendefekten, die langfristig zu einer Pfannenauswalzung nach kranial und damit zu einer Subluxation des Hçftkopfes fçhren. Eine weitere bevorzugte Stelle fçr Pannusgewebe zeigt sich an der Fovea centralis des Pfannengrundes. Hier kann das Pannusgewebe unterminierend unter die innere Kortikalisschicht wandern und damit mittelfristig zu einer Protrusionskoxarthritis fçhren. Als weitere Schwachstelle ist der Verlauf der im Alter obliterierten Arteria femoris capitis und des Kopfbandes zu erwåhnen. Von der Fovea centralis ausgehend wåchst das Pannusgewebe entlang dieses obliterierten Stranges in den Hçftkopf und fçhrt zu Unterminierungen der Kortikalis des Kopfes sowie zu Zystenbildungen im Hçftkopf selbst. Eine Synovialektomie des Hçftgelenkes kann demnach nur dann erfolgreich sein, wenn alle beschriebenen Stellen von aggressivem Pannus befreit werden. Dies ist jedoch nur dann mæglich, wenn erstens der Hçftkopf luxiert wird und zweitens das invasive Wachstum des Pannusgewebes im Pfannengrund und Hçftkopf nicht so weit fortgeschritten ist, dass eine vollståndige Entfernung nicht mehr durchfçhrbar
ist. Zysten im oberen Pfannenbereich lassen sich in einer gesonderten, spåter beschriebenen Operation bzw. als Begleitmaûnahme relativ gut darstellen, synovialektomieren und gleichzeitig durch Knochençbertragung stabilisieren. Um eine vernçnftige Aussage çber das zu erwartende Ergebnis bei einer Hçftsynovialektomie machen zu kænnen, ist deshalb pråoperativ eine pråzise Operationsplanung und vor allem eine exakte Beurteilung der bereits betroffenen Stellen unverzichtbar.
Pråoperative Diagnostik Neben der klinischen Untersuchung sind bei der Indikation zur Synovialektomie des Hçftgelenkes zwingend bildgebende Verfahren notwendig. Durch Ultraschalluntersuchung kann einerseits der Erguss des Hçftgelenkes gesichert werden, zusåtzlich kænnen orientierend begleitende Bursen dargestellt werden. Die Ræntgennativaufnahme gibt eine Ûbersicht çber den gesamten Zustand des Gelenkes. Beschrånkt man sich bei der Beurteilung ausschlieûlich auf diese Aufnahmen, sollte man sich darçber im Klaren sein, dass bei radiologischen Verånderungen çber ein Larsen Stadium 2 hinaus die guten Ergebnisse im Durchschnitt eines Beobachtungszeitraums von 2 Jahren unter 50% liegen [11]. Die Magnetresonanztomographie gibt schlieûlich eine detaillierte Ûbersicht çber die Lage und Situation des Pannusgewebes. Hier kann festgestellt werden, inwieweit ein ausgeprågtes unterminierendes Wachstum im Bereich des Hçftkopfes selbst wie auch im Pfannengrund vorhanden ist.
Operatives Vorgehen Der Operateur sollte jenen Zugang zum Hçftgelenk wåhlen, den er routinemåûig beim Implantieren von Prothesen bençtzt, da dabei die geringste Traumatisierung zu erwarten ist. Wir bevorzugen åhnlich wie Thabe [17] den hinteren Zugang. Er ermæglicht eine Luxation des Hçftkopfes nach kranial und bietet einen guten Ûberblick çber die Pfannensituation. Gleichzeitig sind weiterfçhrende Maûnahmen im Bereich des Pfannendaches im Sinne einer stabilisierenden Pfannendachplastik mæglich. In den seltensten Fållen fçhren wir gleichzeitig eine intertrochantåre Umstellungsosteotomie
Gelenkerhaltende Eingriffe
durch. Bei dieser Situation wie auch bei einer ausgeprågten Bursa iliopectinea wçrden wir uns zum vorderseitlichen Zugang nach Watson/Jones entschlieûen. Bei der Pråparation der Hçftkapsel sollte besonders darauf geachtet werden, dass die Eræffnung des Hçftgelenkes und die Durchtrennung der Kapsel mæglichst nahe am Pfannenrand erfolgt, um die Hçftkopf versorgenden Gefåûe zu schonen. Wir sind der Meinung, dass nach dem 20. Lebensjahr bei allen Hçftgelenksynovialektomien der Hçftkopf luxiert werden sollte, um das ausgeprågte Pannusgewebe im Azetabulum zu entfernen. Bei 107 operierten Hçftgelenken haben wir lediglich ein einziges Mal bei einer 20-jåhrigen Patientin eine Hçftkopfnekrose nachweisen kænnen. Hier handelte es sich jedoch bereits um eine Spåtoperation mit zystischer Unterwanderung der Kortikalis des Hçftkopfes zum Zeitpunkt der Operation. Bei Kindern und Jugendlichen machen wir die Entscheidung zur Luxation vom Ergebnis des MRTs abhångig. Bei Beteiligung des Pfannengrundes am entzçndlichen Prozess entschlieûen wir uns auch in diesem Falle zur Luxation.
Nachbehandlung Die Nachbehandlung nach Hçftgelenksynovialektomie ohne zusåtzliche Eingriffe am Knochen entspricht jener der unteren Extremitåten. An die Operation kænnen eine sofortige funktionelle Nachbehandlung sowie eine frçhzeitige Mobilisierung des Patienten an Gehstçtzen ohne Belastung der operierten Extremitåt fçr insgesamt 3 Wochen angeschlossen werden. Die Patienten sollten mit Abspreizkeil und Luxationsprophylaxe in Abhångigkeit vom Zugang gelagert werden. Zwischen der dritten und sechsten Woche dçrfen sie zunehmend belasten, nach sechs Wochen ist volle Belastung und freie Bewegung erlaubt.
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nussgroûen Zysten im Pfannendach kænnen einbrechen und breit ausgewalzte Dysplasiepfannen bilden [9]. Die Schwåchung des Schenkelhalses durch Zystenbildung begçnstigt Frakturen, die bei schleichendem Verlauf zu erheblichen Valgus- oder Varusfehlstellungen im Schenkelhals fçhren kænnen. Frçhzeitiges Ausråumen dieser Zysten und anschlieûende Auffçllung mit Spongiosa oder Knochenersatzgewebe kann diese Destruktion verhindern und primår das Gelenk erhalten. Bei fortgeschrittenen Zerstærungen kænnen durch solche Aufbauplastiken gçnstigere Voraussetzungen fçr die Implantation einer Totalendoprothese geschaffen werden.
Pathologisch-anatomische Besonderheiten Sowohl Pfannendach als auch Schenkelhals sind dem Operateur gut zugånglich. Knochenaufbauplastiken in diesem Bereich bieten operationstechnisch keine Schwierigkeiten. Problematischer sind die Destruktionen und Zysten im Hçftkopf bzw. Pfannengrund. In den seltensten Fållen sind groûe konfluierende Zysten im Hçftkopf darzustellen und çber den Schenkelhals in Anlehnung an die Operationstechniken bei Hçftkopfnekrosen zu erreichen, auszuråumen und aufzufçllen. Meist finden sich diffus kleine bis zu linsengroûe Zysten, die operativ nicht erreicht werden kænnen, sodass hier Spongiosaplastiken selten mæglich sind. Gleiches gilt fçr den Pfannengrund. Stabilisierende Pfannenbodenplastiken als gelenkerhaltende Eingriffe erweisen sich als nicht sinnvoll, da die çbrigen Strukturen des Gelenkes immer so weit zerstært sind, dass prothetische Maûnahmen notwendig werden [20]. Knochenaufbauplastiken werden im Normalfall nicht als isolierte Eingriffe durchgefçhrt. In Abhångigkeit vom Krankheitsbefund werden sie entweder mit Synovialektomien oder in Ausnahmefållen mit Korrektur-Osteotomien kombiniert.
Pråoperative Diagnostik
Rekonstruktive Knochenaufbauplastiken Das invasive Wachstum des Pannusgewebes im Pfannendach wie auch im Schenkelhals kann vor allem bei Jugendlichen zu erheblichen sekundåren Destruktionen fçhren. Die bis zu wal-
Das diagnostische Vorgehen entspricht jenem der Synovialektomie, um das Pannusgewebe im und um das Hçftgelenk sicher entfernen zu kænnen. Der Operateur sollte sich eine klare Vorstellung çber die Lage der Defekte machen, um entsprechend der Lokalisation seinen operativen Zugang zu wåhlen.
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G. Kæhler
Operatives Vorgehen Das Operationsverfahren muss so gewåhlt werden, dass alle betroffenen Abschnitte erreicht werden kænnen. Es empfiehlt sich jedoch, sich mæglichst fçr jenen Zugang zu entscheiden, der eine spåtere totalendoprothetische Versorgung gewåhrleistet. Nach Erreichen des Defektes (Schenkelhals oder Pfannendach) wird die Kortikalis mit der oszillierenden Såge oder dem Meiûel tçrflçgelartig eræffnet, der Zysteninhalt mit dem scharfen Læffel oder dem Luer entfernt. Radikalitåt ist dabei unabdingbar. Die Zysten sind meist gegen die umgebende Spongiosa durch kortikale Lamellen abgegrenzt, eine Verbindung zum Gelenk kann bestehen. Es hat sich bewåhrt, vor Auffçllung der Zysten mit Spongiosa oder Knochenersatzgewebe die kortikalen Strukturen mit dem scharfen Læffel oder Bohrern zu perforieren, um eine Durchblutung des Transplantates zu gewåhrleisten. Es ist jedoch unbedingt darauf zu achten, dass die Stabilitåt der Lamellen erhalten bleibt, um ein Zusammenbrechen der Hohlråume zu verhindern. Im Pfannendach oder im Hçftkopf bevorzugen wir homologe Knochenchips, am Schenkelhals einen kortikospongiæsen Span.
nen nach Einbruch von Pfannendachzysten oder Schenkelhalsfehlstellungen als Frakturfolge [9] kænnen solche Operationen çberlegt werden. Sie sind dann mit allen zuvor beschriebenen Verfahren kombinierbar. Die pråoperative Diagnostik entspricht jener der Synovialektomie, das operative Verfahren selbst den bekannten orthopådischen Methoden.
Resektionsarthroplastiken, Arthrodesen Die von Girdlestone [6] und Batchelor [1] beschriebene Resektionsarthroplastik des Hçftgelenkes wie auch die erweiterte Form mit Angulationsosteotomie nach Milch [14] haben als primåre Eingriffe nur noch historische Bedeutung. Gelegentlich werden sie bei infektionsbedingtem Prothesenausbau als ultima ratio notwendig. Die Arthrodese des Hçftgelenkes, die frçher bei Monarthritiden durchgefçhrt wurde, hat heute im Rahmen der operativen Behandlung des entzçndlichen Rheumatismus keinen Stellenwert mehr.
Nachbehandlung Zur Erhaltung der Beweglichkeit des Gelenkes ist die sofortige Mobilisierung notwendig. Die Belastung ist einerseits von den Begleiteingriffen, andererseits vom Ausmaû des Defektes abhångig. In Verbindung mit einer Synovialektomie wird eine volle Belastung frçhestens nach sechs Wochen erreicht; bei græûeren Spongiosaplastiken entschlieûen wir uns zur Teilbelastung bis zu zwælf Wochen.
Intertrochantåre Osteotomien Entzçndlich-rheumatische Krankheiten am Hçftgelenk werden durch intertrochantåre Osteotomien nicht beeinflusst. Sie kænnen jedoch vor allem bei jçngeren Patienten notwendig werden, wenn unabhångig von der Grundkrankheit pråarthrotische Fehlstellungen im Hçftgelenk bestehen. Im fortgeschrittenen Stadium der Grundkrankheit, bei sekundåren Dysplasiepfan-
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Håufigkeiten und Befallsmuster Das Hçftgelenk zåhlt bei der chronischen Polyarthritis des erwachsenen Patienten zu den relativ selten betroffenen Gelenken, da die Erkrankung der kleinen und mittleren Gelenke im Vordergrund steht. Die Hçftgelenke sind selten monartikulår befallen und erstes Krankheitssymptom der chronischen Polyarthritis (Abb. 1). Nach Lenoch betrågt die Erkrankungsquote der Hçfte im Rahmen der chronischen Polyarthritis 3% [21], Vainio gibt 10% [21] an und Gschwend fand nach einer Krankheitsdauer von 10 Jahren eine Quote von 17% [8]. Im selben Zeitraum war das Knie in 74%, das Sprunggelenk in 52% und der Vorfuû in 79% der Fålle betroffen [8]. In anderen Publikationen wird der Hçftgelenksbefall bis zu 30% angegeben [6]. Diese Anzahl dçrfte bei långerer Krankheitsdauer zutreffend sein, da der håufig schon fortgeschrittene Befall der Knie-, Sprung- und Fuûgelenke zu Fehlbe-
Abb. 1. 71-jåhrige Patientin mit rheumatischer Koxarthrose links. Gleichmåûige Verschmålerung des Gelenkspaltes
lastungen der Hçfte fçhrt. Die Gelenke der oberen Extremitåt [8] sind bekanntlich weit håufiger betroffen (Schultergelenk 58%, Ellenbogengelenk 53%, Handgelenk 60%, Fingergelenke 93%). Bei der juvenilen chronischen Polyarthritis gehært dagegen das Hçftgelenk zu den frçhzeitig und håufiger betroffenen Gelenken. In diesen Fållen kann es relativ rasch zu schweren Gelenkzerstærungen mit fibræsen Gelenksteifen und schweren Fehlstellungen der beteiligten Gelenkabschnitte kommen.
Klinisches Erscheinungsbild Die pathologischen Hçftgelenkverånderungen finden sich bei der rheumatoiden Arthritis oft doppelseitig, jedoch meist von unterschiedlichem Schweregrad. Gewæhnlich sind die Kreuzdarmbeingelenke, insbesondere beim Morbus Bechterew, mit befallen. Mit der Zeit kommt es zu deutlichen schmerzhaften Bewegungseinschrånkungen mit zunehmender Fehlstellung, zumeist in Beuge- oder in Auûenrotationsfehlstellung. Durch die schmerzbedingte Belastungsunfåhigkeit entsteht eine hochgradige Atrophie der glutealen Muskulatur. Die Adduktorenmuskulatur und der Muskulus ileopsoas sind in der Regel verkçrzt. Da die schmerzhafte Destruktion des Hçftgelenkes eine Kompensation durch eine allenfalls noch intakte Gegenseite nicht zulåsst, wie z. B. an der oberen Extremitåt, muss die Indikation zur Hçftgelenksarthroplastik meist frçh gestellt werden. Hinzu kommt, dass beim gleichzeitigen Befall der oberen Extremitåt der Einsatz von Gehstçtzen schwierig ist. Der håufige doppelseitige Befall und die enge funktionelle Beziehung zum fast immer mitbefallenen Kniegelenk låsst den Kranken zu Recht ein Dasein im Rollstuhl befçrchten. Damit wird verståndlich, dass die Anzahl der kçnst-
Hçftarthroplastik bei Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises
lichen Hçft- und Kniegelenke bei weitem die Alloarthroplastiken an der oberen Extremitåt çbersteigt.
Besonderheit der rheumatischen Hçfte Die rheumatische Hçfte weist eine Håufung typischer Verånderungen sowohl an der Pfanne als auch am Schaft auf, die sie von den çblichen arthrotischen Krankheitsbildern unterscheidet. Die entzçndliche Zerstærung des Hçftgelenkes tritt gegençber den Koxarthrosepatienten in jçngeren Jahren auf. Bei der Auswertung der ARO-Multicenter-Studie 1996 betrug das Durchschnittsalter bei Implantation der Totalendoprothese bei den Rheumatikern 57,5 Jahre. Die Arthrosepatienten waren durchschnittlich um 10 Jahre ålter. Die Geschlechtsverteilung weiblich : månnlich betrug bei den Rheumatikern 3 : 1 und bei den Arthrosepatienten 3 : 2. Durch die entzçndlichen Destruktionen und die schmerzhafte Inaktivierung des Hçftgelenkes tritt eine gelenknahe Osteoporose auf, die beim Rheumatiker çber das çbliche Maû hinaus geht. Sie gehært zum Krankheitsbild und wird durch håufig notwendige Steroidmedikation noch verstårkt. Bei der ARO-Studie betrug die Osteoporoserate bei den Rheumatikern 85% gegençber 22% bei den Arthrosepatienten
Abb. 2. a 51-jåhriger Rheumatiker mit Koxarthrose rechts. Ausgeprågte Osteoporose im Becken- und Schaftbereich. b 3 Jahre nach Implantation einer zementfreien Totalendoprothese. Die zementfreie Pfanne musste aufgrund der Osteoporose mit mehreren Schrauben arretiert werden, um eine gute Primårstabilitåt zu erreichen.
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(Abb. 2 a, b). Die ausgedehnte Synovialitis fçhrt zur Ausdçnnung und schlieûlich zur Zerstærung der Kortikalis und der Spongiosa. Der Destruktionsverlauf der chronischen Polyarthritis fçhrt im Bereich der Pfanne und im Bereich des Hçftkopfes zu typischen Verånderungen, die in die pråoperativen Planungen miteinbezogen werden mçssen. Da der Kranke unter der temporåren Wirksamkeit der nicht steroidalen Antiphlogistika sein geschwåchtes Hçftgelenk çber Gebçhr belastet, kommt es aufgrund der Ausdçnnung des Pfannenbodens zum Bild der Protrusionshçfte mit zentraler Verlagerung des Hçftkopfes in Richtung des kleinen Beckens (Abb. 3 a, b). Die Ausdçnnungen und Deformierungen des Pfannenbodens kænnen so weit fortschreiten, dass es zu Spontanfrakturen des Pfannenbodens mit zentraler Hçftluxation kommen kann. Diese schweren Destruktionsverlåufe sollten frçhzeitig einem totalendoprothetischen Ersatz zugefçhrt werden, da anderenfalls aufwendige knæcherne Rekonstruktionen und Stçtzschalen erforderlich sind. In seltenen Fållen kommt es zu Zerstærungen des kranialen Pfannendaches mit einem Hochwandern des oft gleichzeitig deformierten Kopfes zusammen mit dem Schenkelhals in den Defektbereich (Abb. 4 a±c). Der Hçftkopf selbst kann beim Rheumatiker massiv deformiert werden, aber auch nekrotisch eingebrochen sein (Abb. 5). Gelegentlich kommt es zur Ausbildung von Spontanfrakturen im Sitzund Schambeinbereich.
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Abb. 3. a 72-jåhriger Rheumatiker mit fortgeschrittener Koxarthrose beidseits. Deutliche Ausdçnnung der Knochenkortikalis des Pfannenbodens und zentrale Pfannenprotrusion links mit Einstellung des Schenkelhalses in der Pfanneneingangsebene. b Zustand nach Implantation einer zementierten Totalendoprothese rechts mit zentraler Kreuzschale. Wegen starker Schmerzhaftigkeit wurde im Intervall von 6 Monaten eine Totalendoprothese links implantiert.
Beim Befallsmuster des Hçftgelenkes unterscheiden wir nach Thabe [21] ] Eine dysplastische Form, ] eine Protrusionsform, ] eine Destruktionsform und ] eine De- und Regenerationsform. Bei der juvenilen Form der chronischen Polyarthritis entwickelt sich durch den chronischen Entzçndungsreiz eine Wachstumsstærung mit starker Antetorsion des Schenkelhalses und extremer Antekurvation im proximalen Oberschenkel-Schaftdrittel. Daraus resultiert im Wachstumsalter oft eine Coxa valga mit gelegentlichen
Abb. 4. a 56-jåhriger Rheumatiker, bei dem 1993 wegen starker Bewegungseinschrånkung der linken Hçfte dieses Ræntgenbild angefertigt wurde. b 3 Jahre spåter stellt sich der Patient wegen starker Schmerzhaftigkeit und zunehmender Beinverkçrzung erneut vor. Es zeigt sich deutliche Pfannen- und Kopfdestruktion mit Hochstand des Femurschaftes und einer Beinverkçrzung von nahezu 9 cm links. c Unter Zuhilfenahme von autologem Knochen in Form von 2 zubereiteten Hçftkæpfen wurde der Defekt teilweise behoben, um eine gute Primårstabilitåt der zementfreien Pfanne zu erzielen. Der Femurschaft wurde in typischer Weise zementiert.
Luxationsphånomenen bei entsprechender Destruktion des Hçftkopfes und der Pfanne. Wåhrend die ersten drei Formen besonders rekonstruktive Maûnahmen beim endoprotheti-
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schen Ersatz erfordern, zeigen sich bei der Deoder Regenerationsform Endzustånde, wie bei der çblichen Koxarthrose (Abb. 6 a±c). Bei der dysplastischen Form des rheumatischen Hçftbefalls, die im Kindes- und Jugendalter auftritt, handelt es sich um eine durch den chronischen Entzçndungsreiz entstandene Wachstumsstærung, die zur extremen Coxa valga subluxans oder gar zur Luxation fçhren kann.
Bei der Protrusionsform unterscheidet man eine Form, die zum Zeitpunkt der Pubertåt einsetzt und mit einem starken Befall der Fovea einhergeht, von einer Altersprotrusion. Bei der juvenilen Form fçhrt die starke Synovialitis rasch zu Destruktionen des Pfannengrundes mit Protrusionen, die extreme Ausmaûe annehmen und zu erheblichen Bewegungseinschrånkungen der Hçfte fçhren kænnen. Der juvenilen Form der Protrusion steht die Altersprotrusion gegençber, die in der Regel an einen Krankheitsbeginn im 40. bis 60. Lebensjahr gekoppelt ist. Diese Verlaufsform geht in der Regel mit einer ausgeprågten Osteoporose und deutlich erhæhten serologischen Entzçndungsparametern einher (Abb. 7 a, b). Die Destruktionsform tritt vorwiegend jenseits des 3. Lebensjahrzehntes auf und ist durch rasch verlaufende Osteonekrosen im Hçftkopf und Pfannenbereich sowie starke Sklerosierungstendenzen im çbrigen Knochen gekennzeichnet. Die oft erheblichen Diskrepanzen zwischen Ræntgen- und Schmerzbefund lassen sich am ehesten durch eine hohe Kortisonmedikation erklåren. Ferner findet man intraoperativ dicke Pannuslagen, die praktisch die Situation einer Interpositionsarthroplastik darstellen und damit eine relativ gute Beweglichkeit sowie eine relative Schmerzarmut ermæglichen (Abb. 8 a, b).
Abb. 6. a 60-jåhrige Patientin mit zentraler Koxarthrose. b 1 Monat nach Impantation der zementierten Totalendoprothese. Die zementierte Variante wurde verwendet, da die Patientin wegen eines re-
duzierten Allgemeinzustandes die Hçft-TEP nicht entlasten konnte. c 8 Jahre nach Implantation der Totalendoprothese unverånderter Sitz von Pfanne und Schaft.
Abb. 5. 40-jåhrige Frau mit bekannter juveniler Polyarthritis. Deutliche Deformierung mit Verplumpung des Schenkelhalses und Zerstærung des Hçftkopfes rechts. Fleckige und stråhnige Osteoporose des Femurs mit einer Beinverkçrzung von 4,5 cm.
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Diagnostik mit bildgebenden Verfahren Leistenschmerzen sowie Bewegungseinschrånkungen im Hçftgelenk, insbesondere der Innenrotation, sind bei Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises wichtige Hinweise fçr eine Mitbeteiligung dieses Gelenkes und bedçrfen weiterer Abklårungen durch bildgebende Verfahren. Dabei kommt dem konventionellen Ræntgenbild die zentrale Bedeutung zu, da es zusammen mit dem klinischen Befund in den meisten Fållen die Diagnose und die Feststellung des Schweregrades der Erkrankung, die Beurteilung des Verlaufes und die daraus zu ziehenden therapeutischen Konsequenzen ermæglicht. Lediglich im Frçhstadium der rheumatischen Arthritis ist bei noch unauffålligem Ræntgenbild, aber bereits vorhandener klinisches Symptomatik die Sonographie hilfreich, mit der die eingetretene Kapseldistension als Folge eines Ergusses oder einer Synovialitis feststellbar ist. Die konzentrische Gelenkspaltverschmålerung ist immer Folge eines Knorpelschwundes und wird somit bei einer Arthritis kaum je Frçhsymptom sein. Entzçndlich bedingte subchondrale Demineralisierungen oder ein Erguss kann sogar radiologisch eine Gelenkspalterweiterung vortåuschen. Eine gelenknahe Osteoporose ist abhångig von der Dauer und Aktivitåt der Arthritis. Die fortschreitenden Knorpel- und Knochenentzçndungen bei der chronischen Polyarthritis fçhren
Abb. 7. a 68-jåhrige Rheumatikerin, der vor 3 Jahren eine zementierte Totalendoprothese rechts implantiert wurde. Die aktuelle Vorstellung erfolgt wegen Protrusionskoxarthrose links mit ausgeprågter Osteoporose im Trochanterbereich. b Zustand nach Implantation einer zementierten Totalendoprothese mit Kreuzschale 1 Jahr postoperativ.
Abb. 8. a 64-jåhrige Rheumatikerin mit fortgeschrittener Koxarthrose und leichter zentraler Pfannenprotrusion. b 8 Jahre nach Implantation einer zementierten Totalendoprothese mit zentraler Kreuzschale.
Hçftarthroplastik bei Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises
zunåchst zu Erosionen oder als tiefer greifende Knochendestruktion zu einer Usur. Die AROMulticenter-Studie zeigte, dass die osteolytischen Knochendefekte bei der chronischen Polyarthritis mit 33% wesentlich håufiges auftraten als bei der Koxarthrose mit 12%. Bei beiden Krankheitsbildern waren diese Defektzustånde vorwiegend im Bereich des Azetabulums lokalisiert. Mit der schlieûlich eintretenden fibræsen, selten auch ossifizierenden Ankylose kann die Arthritis bei diesen Krankheitsbildern zum Stillstand kommen. Neben diesem stabilisierenden Endzustand der Arthritis kann auch eine Gelenk verstçmmelnde Mutilation mit der Entwicklung einer Subluxation, Luxation oder Fehlstellung des Gelenkes den lokalen Entzçndungsprozess beenden. Nach Rutishauser und Jaqueline [18] unterscheidet man beim radiologischen Verlauf der Hçftgelenkserkrankungen bei der chronischen Polyarthritis: ] Eine destruktive Form mit unregelmåûig konturiertem Hçftkopf, ] eine subakut verlaufende Form, åhnlich der Arthrose, ] eine osteoporotische Form und ] eine Arthritis mutilans. Die radiologischen Kriterien fçr die Stadieneinteilung der chronischen Polyarthritis erfolgen nach Steinbrocker [20] oder nach Larsen, Dale und Eek [12] und werden in einem eigenen Kapitel dieses Buches abgehandelt.
Indikation zur Operation und Operationszeitpunkt Der Zeitpunkt der Implantation einer Totalendoprothese wird beim Rheumatiker ebenso wie beim Koxarthrosepatienten von den Schmerzen, der Gehstrecke und der Beweglichkeit des Gelenkes abhångig gemacht. Zeigt das Ræntgenbild bereits hochgradige Destruktionen, bleibt als einzige operative Mæglichkeit die Alloarthroplastik. Aufgrund des polyarthritischen Krankheitsbildes und des ungewissen Verlaufes der Erkrankung sind Arthrodesen beim Rheumatiker grundsåtzlich kontraindiziert. Der alloplastische Gelenkersatz stellt die entscheidende Mæglichkeit dar, die von schweren Gelenkzerstærungen betroffenen Rheumatiker mobil zu erhalten. Dabei sind die bestehenden Behin-
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derungen anderer Gelenke und die wahrscheinliche weitere Entwicklung im Rahmen eines Behandlungskonzeptes abzuklåren und mit zu berçcksichtigen. lm Gegensatz zum Koxarthrosepatienten sollte beim Rheumatiker nach Stellung der Operationsindikation der Eingriff baldmæglichst erfolgen, da die Destruktion meist rasch voranschreitet und sich damit die Verankerungsmæglichkeiten bei der Implantation einer Totalendoprothese weiter verschlechtern.
Operative Zugånge und Operationstechniken Die fçr die Arthroplastik gebråuchlichen Schnittfçhrungen und Zugangswege gliedern sich in folgende Gruppen: ] Anterolateraler Zugang nach Watson Jones, ] transglutåaler Zugang nach Bauer, ] posteriorer Zugang. Beim Zugangsweg nach Watson Jones liegt die Hautinzision leicht lateral und unterhalb des Trochanter major. Sie umfåhrt diesen, um nach oben in Richtung der Spina iliaca anterior aufzusteigen. Nach Spaltung der Fascia lata wird das Spatium zwischen Musculus tensor fasciae latae und dem vorderen Anteil des Musculus glutaeus medius aufgesucht. Man erreicht die Hçftgelenkskapsel, indem der Musculus tensor fasciae latae nach medial, der Musculus glutaeus medius nach lateral unter teilweiser Ablæsung seines Ansatzes pråpariert wird. Die Schnittfçhrung nach Watson Jones ist wenig traumatisierend. Geradschaft-Endoprothesentypen lassen sich von diesem Schnitt allerdings schwieriger einbringen, da der laterale Trochanter major Bereich nicht immer ausreichend dargestellt und fçr die Implantation der Endoprothese vorbereitet werden kann. Der volle Ûberblick in die Pfanne wie er gerade bei knæchernen Rekonstruktionen erforderlich ist, kann bei diesem Zugang schwierig sein. Beim transglutåalen Zugang nach Bauer [1, 2] erfolgt ein Långsschnitt çber dem Trochanter major, wobei die Ausdehnung des Hautschnittes ein Drittel oberhalb und zwei Drittel unterhalb der Trochanterspitze liegt. Nach Spaltung des Tractus iliotibialis in Långsrichtung erfolgt der eigentliche transglutåale Zugang unter Långs-
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spaltung des Musculus glutaeus medius und des Musculus vastus lateralis. Ûber diesen atraumatischen Zugangsweg låsst sich anschlieûend mit Hohmann-Hebeln die Hçftgelenkskapsel sehr gut umfahren und darstellen. Nach Resektion der Hçftgelenkskapsel und des Hçftkopfes im Schenkelhalsbereich hat man einen sehr guten Ûberblick çber såmtliche Pfannenabschnitte und Strukturen, sodass eine anatomische Platzierung der kçnstlichen Hçftpfanne und eine evtl. knæcherne Rekonstruktion gut mæglich sind. Nach Umlagerung des Oberschenkels in Adduktionsstellung und 908 Auûenrotation bei rechtwinkelig gebeugtem Unterschenkel ist eine korrekte Platzierung aller Femurprothesen durchfçhrbar. Osborne und Moore haben aus dem GibsonSchnitt [7] den eigentlichen dorsalen Zugang entwickelt, bei dem auûer den kurzen proximalen Rotatoren keine Muskeln durchtrennt werden mçssen. Der dorsale Zugang wird heute von zahlreichen Autoren empfohlen. Auch bei diesem operativen Zugangsweg låsst sich die Traumatisierung der periartikulåren Strukturen auf ein Minimum beschrånken. Eingriffe an der Pfanne, insbesondere deren knæcherne Rekonstruktion, sind von diesem Zugang aus schwieriger. Der Patient befindet sich in Seitenlage auf dem Operationstisch. Die Inzision reicht von der Spina iliaca posterior hinten am Trochanter major vorbei und verlåuft mehr lateral an der Auûenseite des Oberschenkels vorbei nach unten. Nach Spaltung der oberflåchlichen Fascia glutaealis lassen sich die Fasern des Musculus glutaeus maximus identifizieren. Sie kænnen nun stumpf auseinandergedrångt werden bis zu ihrem Ansatz am Femur. Hier werden die Auûenrotatoren (Musculi gemelli, Musculus obturatorius externus, Musculus piriformis) an der Crista trochanterica unter Belassung eines Sehnenstumpfes fçr die Reinsertion abgelæst. Der Nervus ischiadicus wird geortet aber nicht pråpariert. Nach T-færmiger Inzision der Hçftgelenkskapsel erfolgt die Luxation des Femurkopfes durch Abduktion und Innenrotation des Femurs. Damit sind beim Einbringen der Endoprothese in das proximale Femurende çbersichtliche Verhåltnisse gewåhrleistet. Fçr die bevorzugte Wahl des einen oder des anderen Zuganges spielt die jeweilige Erfahrung des Operateurs eine wesentliche Rolle. Bei den operativen Zugangswegen zur Hçfte lag bei der ARO-Multicenter-Studie der transglutåale Zugang mit 40% an der Spitze, gefolgt von dem
anterolateralen Zugangsweg mit 28%. 20% verwenden einen hinteren Zugang. Bei 12% der Patienten lagen uns keine Angaben vor. Die Luxationsrate im Hinblick auf den Zugangsweg zeigte die hæchste postoperative Quote fçr den hinteren Zugang mit 3,2%, vor dem anterolateralen Zugang mit 1,2% und dem transglutåalen Vorgehen mit knapp 1%. Øhnliche Ergebnisse sind uns aus der aktuellen Literatur bekannt [32]. Bei der Operation mit starken Protrusionen und Ausdçnnung des Pfannengrundes ist vor allen Dingen die Rekonstruktion des Pfannenbodens sehr wichtig. Viele Publikationen unterstreichen die Bedeutung der Verlagerung des Drehpunktes der Pfanne in die anatomische Position des Beckens zur Verbesserung der Langzeitergebnisse bei Totalendoprothesen [16, 70, 75]. Da der Pfannenboden sehr dçnn ist und die weitere Protrusion durch die Osteoporose begçnstigt wird, darf die Pfanne nie in Protrusionsstellung eingebracht werden. Deshalb erfolgt nach vorsichtigem Auffråsen des Pfannenbodens die Ausfçllung mit kortikospongiæsen Spånen meist in Kombination mit einer zementfreien Pfanne. Das Ausfçttern des Azetabulums mit kortikospongiæsen und spongiæsen autologen Transplantaten bringt die besten Dauerresultate, da die Spåne innerhalb von 3±6 Monaten fusioniert sind [24]. Bei Destruktionen des Pfannenerkers werden diese Defekte in der gleichen Sitzung mit autologem Knochenmaterial rekonstruiert. Bei Verwendung von zementierten Endoprothesen erfolgt die Unterfçtterung bzw. Abstçtzung der Pfanne durch Kreuz- oder Stçtzschalen. Bei der so genannten dysplastischen rheumatischen Koxitis, aber auch bei weit nach kranial reichenden Pfannendestruktionen sollte, wenn immer mæglich, die Einstellung der Kunstpfanne in die ursprçngliche anatomische Pfannenregion angestrebt werden, um Beinlångenunterschiede in Grenzen zu halten. Bei den sehr seltenen hohen Luxationen ist unter Umstånden ein zweizeitiges Vorgehen mit entsprechender Distraktion erforderlich. Intraoperativ sollte gerade beim Rheumatiker stets eine komplette Synovialektomie des Hçftgelenkes durchgefçhrt werden, um die lokale Ursache des pathologisch-anatomischen Geschehens zu beseitigen. Die bei weniger radikaler Synovialektomie verbliebene Synovialis kænnte das Einwachsverhalten der eingebrachten Spongiosa stæren, aber auch weitere osteolytische Verånderungen am Knochen verursachen.
Hçftarthroplastik bei Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises
Komplikationen Trotz græûter Sorgfalt kænnen bei der Implantation einer Totalendoprothese vereinzelt intraund postoperative Komplikationen auftreten, die unter Umstånden eine Reoperation erfordern. Bei Verletzungen von Blutgefåûen kann es zu stårkeren Blutungen kommen, die eine Blutçbertragung erforderlich machen. Das Einbringen der ventralseitigen Hohmann-Hebel um die Pfanne ist sorgfåltig durchzufçhren, um eine Verletzung der Arteria iliaca externa zu vermeiden. Bei Perforationen des Pfannenbodens kænnen selten einmal Verletzungen der groûen Gefåûe im Becken auftreten. Die verletzten Blutgefåûe mçssen dann, je nach Wichtigkeit, unter Eræffnung des Bauchraumes von einem separaten Zugang aus genåht werden. Bei der AROMulticenter-Studie traten Gefåûlåsionen, die einer operativen Intervention bedurften, nur in 3 Fållen auf (0,7%). In 2 Fållen waren Patienten mit rheumatischen Grundkrankheiten betroffen. Sonstige Nachblutungen, die einer operativen Revision bedurften, traten bei der Dysplasiekoxarthrose in 0,7% der Fålle und bei der Arthrose in 0,3% der Fålle auf. Bei den rheumatischen Patienten musste kein Patient wegen einer Nachblutung operiert werden. Sehr selten kommt es intraoperativ zu Nervenverletzungen. Meist handelt es sich um Druckschådigungen durch Operationsinstrumente, insbesondere von Haken, die zur Neurapraxie fçhren kænnen. Als weitere Ursache wird eine bei der Prothesenimplantation entstandene Beinverlångerung diskutiert. Die hæchste Rate an postoperativen Nervenlåsionen fand sich bei der ARO-Multicenter-Studie bei der Dysplasiekoxarthrose mit 0,5%, die im Wesentlichen durch die pråoperative Beinverkçrzung bedingt sein dçrfte. Bei den arthrotischen Krankheitsbildern und den Rheumahçften betrug die Quote der intraoperativen Nervenlåsionen 0,4 bzw. 0,2%. Sehr selten kommt es durch intraoperative lagerungsbedingte Druckschådigungen zu Nervenlåsionen. Sie bilden sich meist innerhalb weniger Wochen zurçck (Tabelle 1). Bei osteoporotischen Knochen kann es intraoperativ zu einer Fissur oder Fraktur kommen, die mit Metallplatten, Schrauben oder Dråhten fixiert werden muss, um eine ausreichende Primårstabilitåt zu erreichen. In der ARO-Multicenter-Studie sind bei den Patienten mit Erkrankung des rheumatischen Formenkreises in
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2% Azetabulumperforationen beschrieben, bedingt durch die starke Osteoporose und die Pfannenprotrusion. Die hæchste Komplikationsrate in Bezug auf die Pfanne ergab sich allerdings bei der Dysplasiekoxarthrose (4%). Fissuren, Trochanterabrisse und Schaftfrakturen, insbesondere bei der zementfreien Implantation von Totalendoprothesen, traten beim Rheumatiker in 5,5% auf; halb so håufig wie bei den Dysplasiekoxarthrosen (12,5%). Bei Implantation einer zementierten Schaftprothese war die Komplikationsrate deutlich geringer; sie schwankte bei allen 3 Krankheitsbildern zwischen 7,2 und 2,5% (Tabelle 2). In der postoperativen Phase kann es zu einem Frçh- oder Spåtinfekt der Totalendoprothese kommen. Frçhinfekte sind gegençber frçheren Jahren seltener geworden, wobei eine Reihe von Faktoren (Klimatechnik, perioperative Antibiotikaprophylaxe, schonendere Operationsverfahren) verantwortlich zeichnen. In der ARO-Multicenter-Studie zeigte sich erstaunlicherweise bei den Rheumapatienten gegençber den beiden anderen Diagnosen die geringste Infektrate (Tabelle 3). Sobald klinisch und laborchemisch die Diagnose des Frçhinfektes eindeutig ist, sollte mæglichst schnell die Revision erfolgen. Bei einem subfaszial gelegenen tiefen Infekt muss ein sorgfåltiges Debridement erfolgen. Uns hat sich in den letzten Jahren als zusåtzliche Maûnahme die Jet-Lavage empfohlen, bei der zwischen 3±5 Litern Spçlflçssigkeit fçr eine optimale Såuberung sorgen. Inwieweit anschlieûend eine Saug-Spçl-Drainage angelegt oder eine topische Antibiotikatherapie mittels Septopal-Ketten und Sulmycin-Schwåmmen durchfçhrt wird, hångt vom Ausmaû des Infekts und dem erzielten Debridement ab. Mit diesen Maûnahmen gelingt es in der Regel, den Infekt zur Ausheilung zu bringen. Sollte es zu einem Infektrezidiv kommen, sollte åhnlich verfahren werden wie bei einem sogenannten Spåtinfekt. Ursache des Spåtinfektes, der definitionsgemåû frçhestens nach drei Monaten auftritt, ist im nicht erkannten gleichsam chronisch verlaufenden Frçhinfekt oder in einem echten håmatogen entstandenen Infekt zu sehen. Wenigstens einige Tage vor der geplanten Revision sollte mittels Punktion eine bakteriologische Untersuchung mit entsprechendem Antibiogramm erfolgen. Ein Långenunterschied des operierten Beines zum nicht operierten Bein låsst sich nicht vollståndig vermeiden und ist trotz sorgfåltiger pråoperativer Planung mæglich. Wichtig ist, diese
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mægliche Folge in der pråoperativen Aufklårung zu erwåhnen. Luxationen des Hçftgelenkes, vor allen Dingen in den ersten 3 Monaten nach der Operation, lassen sich nicht mit letzter Sicherheit vermeiden. Die postoperative Luxationsquote war in der ARO-Multicenter-Studie sowohl in der Frçh- als auch in der Spåtphase bei den Rheumapatienten mit 1,7 bzw. 1,8% am hæchsten. Die wesentliche Ursache dçrfte jedoch nicht bei der Grundkrankheit zu suchen sein, sondern durch den hinteren Zugang bedingt sein, der gerade bei den Rheumatikern in der ARO-Studie sehr håufig gewåhlt wurde. Bei der Dysplasiekoxarthrose und der degenerativen Koxarthiose schwankten die Werte zwischen 0,2 und 0,8%. Rezidivierende Luxationen, die auf eine Fehlpositionierung der Implantate beruhen, bedçrfen einer erneuten Operation mit entsprechender Korrektur. In der ARO-Studie war dies nur in 0,2% der Fålle erforderlich. Zweimal musste ein Pfannenwechsel, zweimal ein Kopfwechsel und ebenfalls zweimal ein Pfanneninlay- und Kopfwechsel durchgefçhrt werden. Die tiefe Beinvenenthrombose zåhlt zu den håufigsten Komplikationen der operativen Medizin. Vor Einfçhrung der medikamentæsen Prophylaxe betrug die Rate bei orthopådischen Eingriffen im Hçftbereich 50±80%. Durch die Anwendung verschiedener Heparinderivate und der postoperativen Frçhmobilisation lieû sich die Håufigkeit thromboembolischer Komplikationen deutlich senken. Die thromboembolische Komplikationsrate betrug in der ARO-Multicenter-Studie bei der Dysplasiekoxarthrose bzw. primåren Koxarthrose 3,9 bzw. 3,5%. Bei den Rheumatikern war sie mit 2,3% am geringsten. Gelegentlich entstehen nach der Operation Ossifikationen in den benachbarten Muskeln, die z. T. zu erheblichen Bewegungseinschrånkungen des Gelenkes fçhren kænnen. Die Tendenz zu paraartikulåren Ossifikationen war bei den Rheumatikern am geringsten (Tabelle 4). Bei hochgradigen Bewegungseinschrånkungen sollten nach Abklingen des Verknæcherungsprozesses, der anhand der Aktivitåt der alkalischen Phosphastase und im Knochenszintigiamm beurteilt werden kann, die Verknæcherungen entfernt werden. Zur Verhinderung erneuter Verknæcherungen ist eine einmalige Bestrahlung in den ersten 24 Stunden postoperativ oder eine medikamentæse antiphlogistische Behandlung notwendig.
Tabelle 1. Intraoperative Gefåû- und Nervenlåsionen
Tabelle 2. Komplikationen ± Schaft (Fissur, Trochanterabriss, Schaftfraktur)
Tabelle 3. Frçhinfekte
Hçftarthroplastik bei Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises Tabelle 4. Ossifikationen (Brooker III & IV) (nach Øtiologie und Verankerungsart)
Nachbehandlung Die Nachbehandlung ist abhångig von der Primårstabilitåt des gewåhlten Prothesenmodells und seiner Fixation. Zusåtzlich muss das Ausmaû der Rekonstruktion von knæchernen Defekten, insbesondere im Bereich der Pfanne, berçcksichtigt werden. Da beim Rheumatiker infolge der Grunderkankung meistens die obere Extremitåt mit befallen ist, gestaltet sich die postoperative Entlastung des Hçftgelenkes, insbesondere bei der Implantation von zementfreien Endoprothesen, schwieriger als beim Arthrotiker. Wenn die Mobilisierung des Rheumatikers mit Unterarmgehstçtzen nicht mæglich ist, stehen Arthritisgehhilfen, Achselgehstçtzen, Gehbock oder Gehwagen zur Verfçgung. Die im Einzelfall passende Gehhilfe muss nicht nur exakt ausgewåhlt, sondern auch sorgfåltig eingestellt werden. Bei der vollzementierten Endoprothese ist die Vollbelastung prinzipiell am ersten postoperativen Tag mæglich. Zur Schmerzreduktion und um eine Ûberlastung der intraoperativ durchtrennten Muskelgruppen zu vermeiden, werden die Patienten jeweils fçr 6 Wochen postoperativ mit Unterarmgehstçtzen und danach je nach dem Allgemeinzustand fçr ca. 6 Wochen mit einem Handstock versorgt. Bei den zementfreien Varianten inklusive der Hybridversion ist bei ausreichender Primårstabilitåt fçr zwei Wochen postoperativ die Belastung mit Sohlenkontakt, das heiût ca. 20 kg, erlaubt. In den folgenden 4 Wochen darf das operierte Bein langsam zunehmend teilbelastet werden, sodass nach der 6. Woche entsprechend dem Zustand der Hçftmuskulatur in der Regel die volle Belastung mæglich ist.
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Bei ausgedehnten autologen Spongiosaunterfçtterungen und -aufbauten der Pfanne muss der Patient je nach Primårstabilitåt långer als 6 Wochen nach der Operation entlasten, bis die Knochentransplantate teilweise in das Knochenbett integriert sind. Insbesondere sollte bei teilzementierten und zementfreien Varianten vor dem Ûbergang auf Vollbelastung nochmals eine Ræntgenkontrolle erfolgen. Unabhångig von der Art der Verankerung wird in den ersten sechs Wochen die Flexion bis 908 limitiert. Wegen der Luxationsgefahr sollte keine Adduktion und/oder Auûenrotation des operierten Beines durchgefçhrt werden. Die Lagerung postoperativ auf der Braun'schen Schiene sollte in leichter Abduktion und Rotationsmittelstellung erfolgen. Am ersten postoperativen Tag darf der Patient mit krankengymnastischer Kontrolle aufstehen. Zusåtzlich erfolgt ein statisches Muskeltraining des operierten Beines. Ab dem zweiten bis dritten postoperativen Tag wird das selbståndige Aufstehen mit dem Patienten geçbt, das asymmetrische Sitzen mit Sitzerhæhung wird erlaubt. Im weiteren stationåren Verlauf wird die Schulung von physiologischen Bewegungsablåufen im Alltag mit Verbesserung des Gangbildes und der Kraftausdauer trainiert. Vor der Entlassung wird das symmetrische Sitzen mit Sitzerhæhung geçbt, damit keine Flexion çber 908 eintritt. Nach der Fådenentfernung 2 Wochen postoperativ kænnen hydrotherapeutische Anwendungen erfolgen. Grundsåtzlich ist im Anschluss an den Krankenhausaufenthalt ein Anschlussheilverfahren zu empfehlen. Die Nachbehandlung bei Rheumatikern beansprucht angesichts der Mehrfachbehinderung und der muskulåren Atrophieen in der Regel mehr Zeit als bei Koxarthrosepatienten.
Ergebnisse Die Resultate nach Implantation einer Hçfttotalendoprothese sind auch beim Rheumatiker trotz seiner Mehrfachbehinderung erfreulich gut. Dies wird nicht zuletzt durch die von der ARO in den Jahren 1994/1995 an 24 Kliniken durchgefçhrte Multicenter-Studie beståtigt. Ziel der Studie war der Vergleich verschiedener Totalendoprothesen und Verankerungsmechanismen bei unterschiedlicher Grundkrankheit. In die Studie aufgenommen wurden die 1987 und 1988
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wegen einer Dysplasiekoxarthrose, primåren Koxarthrose oder einer Arthritis/Arthrose aus dem rheumatischen Formenkreis operierten Patienten. Im folgenden werden diese mittelfristigen Ergebnisse dargestellt und bezçglich der Grunderkrankung miteinander verglichen. In dem genannten Zeitraum wurden insgesamt 5255 Totalendoprothesen implantiert. Davon konnten 3133 Prothesen erfasst und nachuntersucht werden. Dies entspricht einer Nachuntersuchungsquote von 59,6%. Unter den 3133 dokumentierten Datensåtzen fanden sich 417 Patienten mit einer Dysplasiekoxarthrose, 2125 mit einer primåren Arthrose und 591 mit einer Erkrankung des rheumatischen Formenkreises. Bei 109 Patienten erfolgte wegen einer septischen bzw. aseptischen Lockerung in der Zwischenzeit ein Pfannen- oder Schaftwechsel bzw. der komplette Austausch der Totalendoprothese, was einer Versagerquote von 3,4% entspricht. Die Verankerungsprinzipien der Totalendoprothese (zementfrei, Hybrid, zementiert) waren bei den 3 Krankheitsbildern unterschiedlich. Bei den Rheumatikern fand sich eine nahezu gleichmåûige Verteilung zu je einem Drittel auf die 3 Verankerungsarten. Bei den Dysplasiekoxarthrosen erfolgte die zementfreie Verankerung von Schaft und Pfanne bei 50% der Patienten. Wåhrend bei den Arthrosepatienten die Hybridverankerung mit 45% am håufigsten vertreten war (Tabelle 5). Bei der Pfannenverankerung çberwog die zementfreie Technik in einem Verhåltnis von 7 : 3. Zementfreien Schraubpfannen wurden insbesondere beim Rheumatiker, aber auch bei den anderen Grundkrankheiten deutlich håufiger angewendet als die hemisphårischen Press-fit-Pfannen (Tabelle 6). Die Verankerung des Schaftes ergab ein Verhåltnis von 7 : 3 zugunsten des zementierten Schaftes. Bei den zementierten Schaftversionen wurden am håufigsten der Weber-Schaft und der Mçller-Geradschaft implantiert. Bei den zementfreien Schåften lag an erster Stelle der CLSSchaft vor dem S & G-Schaft und der Link-Rippenschaftprothese (Tabelle 7). Die mittlere Prothesenstandzeit bei der Nachuntersuchung betrug in allen Behandlungsgruppen 7 Jahre. Das mittlere Operationsalter variierte bei den einzelnen Behandlungsgruppen abhångig vom Verankerungsprinzip (Tabelle 8). Die subjektive Beurteilung des Operationsergebnisses durch die Patienten ergab hinsicht-
Tabelle 5. Verankerungsart (n = 3133)
Tabelle 6. Zementfreies Verankerungsprinzip der Pfanne
Tabelle 7. Handelsnamen der zementfreien Schåfte (n = 955)
Tabelle 8. Alter bei Implantation der TEP
Hçftarthroplastik bei Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises
lich der Schmerzreduktion, Funktionsverbesserung und der Zufriedenheit mit der Operation jeweils Ergebnisse weit çber 90% (Tabelle 9). Die Gruppe der Rheumatiker war in allen Kategorien mit dem Operationsergebnis am zufriedensten. Zur funktionellen Analyse des Operationsergebnisses kam bei der Nachuntersuchung der ¹Harris-Hip-Scoreª zur Anwendung [30], in dem die Kriterien Schmerz, Gang, Aktivitåtslevel, Abwesenheit einer Deformitåt und die Beweglichkeit der Hçfte mit unterschiedlicher Gewichtung erfasst werden. Bei nåherer Betrachtung erkennt man, dass die beiden ersten Kriterien Schmerz und Gang mit insgesamt knapp 80% eine hohe Gewichtung erfahren, wåhrend den çbrigen Kriterien prozentual eine geringe Bedeutung zukommt (Tabelle 10). Im Kriterium Schmerz wiesen die Dysplasieund die Arthrosegruppe bei den Nachuntersuchungen jeweils 40 Punkte auf, die Rheumagruppe lag im Mittel um 2,5 Punkte darunter. Wenn man jedoch berçcksichtigt, dass die Rheumagruppe mit 11 Punkten einen schlechteren Ausgangswert hatte und unter Berçcksichtigung der weiteren Abstufungen im ¹Harris-Hip-Scoreª zwischen den Schmerzgruppen leicht und mittel, kommt diesem Unterschied keine Bedeutung zu (Tabelle 11). Beim Gang, der sich aus der Addition der Punktwerte Hinken, Hilfsmittel und Gehstrecke zusammensetzt, erreichten die Dysplasie- und die Arthrosegruppe jeweils 27 Punkte. Die Rheumapatienten lagen durchschnittlich um 3 Punkte niedriger, wobei zu berçcksichtigen ist, dass bei ihnen der Ausgangswert wieder am schlechtesten war. Bei der weiteren Analyse der Nachuntersuchungsbefunde ergab sich, dass die Rheumatiker hauptsåchlich bei Hilfsmitteln und Gehstrecke, vermutlich wegen des polyartikulåren Befalls, gegençber den beiden anderen Gruppen Punkte einbçûten (Tabelle 12). Der Aktivitåtslevel, welcher die Kriterien Treppensteigen, Schuhe und Strçmpfeanziehen, Sitzen und die Benutzung æffentlicher Verkehrsmittel umfasst, war bezçglich der Ausgangswerte in allen Gruppen nahezu gleich. Die Dysplasie- und Arthrosegruppe verzeichnete hier einen Zugewinn von 5 Punkten, die Rheumatiker verbesserten sich um 3,4 Punkte. Die Punktverluste des Rheumatikers entfielen auf Treppensteigen und ¹Schuhe und Strçmpfeanziehen (Tabelle 13). Das vierte Kriterium des ¹Harris-Hip-Scoreª, nåmlich das Fehlen einer markanten Deformitåt in Form einer Kontraktur oder Beinverkçrzung,
Tabelle 9. Subjektive Beurteilung des Operationsergebnisses
Tabelle 10. Harris-Hip-Score (max. 100 Punkte)
Tabelle 11. Harris-Hip-Score (I. Schmerz)
Tabelle 12. Harris-Hip-Score (II. Gang)
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ergab keine Unterschiede in den einzelnen Gruppen. Durchschnittlich wurde in jeder Patientengruppe die maximale Punktzahl nahezu erreicht (Tabelle 14). Auch die Bewegungsausmaûe zeigten bei der Nachuntersuchung in den drei Gruppen keine Unterschiede (Tabelle 15). Bei Addition der einzelnen Kriterien des Harris-Hip-Scores lagen die mit einer Hçft-TEP versorgten Rheumatiker um 6 bis 7 Punkte unter den Ergebnissen der beiden anderen Diagnosegruppen, hatten aber auch niedrigere pråoperative Ausgangswerte (Tabelle 16). Wichtig war die Frage, inwieweit gerade beim Rheumatiker das Verankerungsprinzip der Prothese Einfluss auf das funktionelle Endergebnis hat. In der ARO-Studie wiesen die mit einer zementfreien Prothese versorgten Rheumatiker einen um 10 Punkte besseren Score auf, als diejenigen mit einer Hybridprothese bzw. vollzementierten Prothese. Unterschiede in Bezug auf die Ausgangssituation ergaben sich dabei nur hinsichtlich des Alters; die mit einer zementfreien Prothese versorgten Rheumatiker waren durchschnittlich 48 Jahre alt und somit 14 Jahre jçnger als die Rheumapatienten mit einer volloder teilzementierten Prothese. Bei der Auswertung der Studie wurde besonderer Wert auf die Analyse der mittelfristigen Implantatversager gelegt. In dieser Gruppe erfassten wir die gewechselten und zum Zeitpunkt der Nachuntersuchung gefåhrdeten Implantate, die zur Wechseloperation anstanden. Unter Berçcksichtigung dieser Kriterien umfasste die Gruppe der aseptischen Implantatversager 208 Totalendoprothesen (6,6%). Sowohl bei den gewechselten als auch bei den gefåhrdeten Implantaten zeigte sich deutlich, dass die Pfanne doppelt so håufig zu Problemen fçhrte wie der Schaft (Tabellen 17 und 18). Das Ûberwiegen der isolierten Pfannenwechsel im Vergleich zu den Schaft- bzw. kompletten TEP-Wechseln ist insbesondere beim Rheumatiker in der Literatur hinreichend bekannt [8, 19]. Beim aseptischen Pfannenwechsel mussten die zementfrei implantierten Pfannen mittelfristig doppelt so håufig gewechselt werden wie die zementierten Typen. Insbesondere beim Vergleich der rheumatischen Hçften zeigte die Wechselquote der zementfrei implantierten Pfanne eine deutlich erhæhte Rate von 5,7% im Vergleich zur Dysplasiekoxarthrose bzw. zur primåren Koxarthrose (Tabelle 19).
Tabelle 13. Harris-Hip-Score (III. Aktivitåtslevel)
Tabelle 14. Harris-Hip-Score (IV. Fehlen einer markanten Deformitåt)
Tabelle 15. Harris-Hip-Score (V. Hçftgelenksbeweglichkeit)
Hçftarthroplastik bei Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises
Bei den aseptischen Pfannenlockerungen, die nach einer Standzeit von 7 bzw. 8 Jahren zur Wechseloperation anstehen, ergaben sich in der Studie Unterschiede in Bezug auf das Pfannendesign. Die Lockerungsquote des Schraubpfannen betrug 5,7 gegençber 7,5% bei den so genannten Press-fit-Pfannen. Die Pfannenlockerungsrate bei zementfreier Verankerung ergab keine groûen Unterschiede zwischen Rheumapatienten (5,4%) und Patienten mit Dysplasiekoxarthrosen (5,7%). Die Lockerungsquote der zementierten Pfannen war etwas geringer und lag zwischen 2,9 und 3,5%. Bei den Pfannenlockerungen der Rheumatiker konnte keine Korrelation hinsichtlich Alter, Geschlecht, Ûbergewicht oder Kortisoneinnahme festgestellt werden. Ein wichtiges radiologisches Indiz fçr eine schon eingetretene oder sich anbahnende Pfannenlockerung sind Pfannenwanderungen und -såume. Im gesamten Krankengut der ARO-Studie fanden sich 15,5 Pfannenwanderungen, vor allem bei den zementfrei implantierten und hier wiederum bei den Schraubpfannen (Tabelle 20). Bei den Patienten mit rheumatischer Arthritis waren radiologisch die geringsten Wanderungsraten zu sehen. Diese Ergebnisse stehen nicht in Einklang mit frçheren Studien, in welchen die Wanderungsrate der Pfanne beim Rheumatiker ausgeprågter und håufiger anzutreffen war als bei der primåren Koxarthrose, insbesondere wenn die Protrusion der Pfanne bei Implantation der Totalendoprothese nicht korrigiert wurde [3, 14]. Såume zeigten sich bei etwa 25% der zementfreien und bei 40% der zementierten Pfannen unabhångig von der Grundkrankheit. Die zementfreien sphårischen Press-fit-Pfannen hatten deutlich weniger Såume als die meisten Schraubpfannen. Pfannen mit durchgehendem Saum wiesen im Gegensatz zu den saumfreien Pfannen schlechtere Werte im ¹Harris-Hip-Scoreª auf. Die Wechselrate der Prothesenschåfte lag in der ARO-Studie mit 1,2% nur knapp halb so hoch wie bei den Pfannen. Auch hier wurden die zementfreien Schåfte (1,8%) etwas håufiger gewechselt als die zementierten Varianten (1,0%). Rheumapatienten mit zementfreiem Schaft hatten mit 2,5% eine hæhere Rate. Bei den zementierten Schaftversionen schwankte die Wechselrate in Abhångigkeit von der Grundkrankheit zwischen 0,5 und 1,1% (Tabelle 21). Schaftlockerungen waren bei 1,8% der Patienten ræntgenologisch zu sehen, wobei wiederum die zementfreien mit 2,5% gegençber den ze-
Tabelle 16. Ûberblick çber Gesamt-Harris-Hip-Score
Tabelle 17. Aseptisch bedingte Implantatversager
Tabelle 18. Aseptisch bedingte Implantatversager
Tabelle 19. Aseptische Pfannenwechsel (n = 76)
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mentierten Schåften mit 1,3% çberwogen. Betrachtet man die Lockerungsrate in Abhångigkeit von der Grundkrankheit, so fållt auf, dass erstaunlicherweise bei keinem der mit einem zementfreien Schaft versorgten Rheumatiker der ræntgenologische Verdacht auf eine Lockerung geåuûert wurde. Am Prothesenschaft waren sowohl das Einsinken des Schaftes wie auch die Saumbildungen am håufigsten bei den Dysplasiekoxarthrosen zu sehen (Tabelle 22). Ein gewisses Ausmaû an Einsinken kann bei zementfreien Schåften mæglicherweise als frçhes Setzen der Prothese interpretiert werden. Såume fanden sich bei zementfreien Schåften çberwiegend im metaphysåren Anteil und bei den zementierten Schåften im diaphysåren Abschnitt des Femurs. Die zementfreien Schåfte waren mit einem hæheren Prozentsatz von Såumen behaftet als die zementierten. Die Patienten mit rheumatoider Arthritis hatten sowohl in der zementfreien als auch in der zementierten Gruppe mit die geringsten Saumbildungen (Tabelle 23). Aufgrund der Ergebnisse der ARO-Multicenter-Studie und der Kenntnis der Vor- und Nachteile der zementfreien bzw. zementierten Verankerung von Endoprothesen ist es unmæglich, eine verbindliche Empfehlung fçr die eine oder andere Verankerungsart auszusprechen, zumal gerade bei den zementfrei implantierten Prothesen 1987/1988 noch z. T. Modelle verwendet wurden, die sich einige Jahre spåter als ungeeignet erwiesen. Ist es bei der zementfreien Verankerung zu keiner ausreichenden Osteointegration gekommen, tritt meistens ein frçhzeitiges Versagen des Implantats ein. Bei den zementierten Implantaten manifestiert sich das Versagen zu einem spåteren Zeitpunkt. Es zeigen sich dann aber nicht selten erhebliche Destruktionen im Knochen, die einen Totalendoprothesenwechsel erschweren und die langfristige Prognose bei der juvenilen Polyarthritis verschlechtern [23]. Immerhin haben die mittelfristigen Ergebnisse der Studie gezeigt, dass eine zementfreie Implantation beim Rheumatiker keinesfalls schlechtere Resultate gegençber den Patienten ergibt, die die Prothese wegen einer Dysplasiekoxarthrose oder einer primåren Arthrose erhielten. Ebenso konnten bei der juvenilen Polyarthritis gute mittelfristige Ergebnisse in verschiedenen Verlaufskontrollen bei Anwendung zementfreier Implantate erzielt werden [5, 13, 22].
Tabelle 20. Pfannenwanderung
Tabelle 21. Aseptischer Schaftwechsel (n = 39)
Tabelle 22. Einsinken der Schåfte (nach Øtiologie)
Tabelle 23. Såume an den Schåften (nach Øtiologie)
Hçftarthroplastik bei Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises
Die Versager bei den zementfrei implantierten Prothesen dieser Studie waren in erster Linie vom Prothesentyp abhångig. Diese Prothesen werden mittlerweile nicht mehr angeboten oder sind im Design erheblich modifiziert worden. Fçr die zementfreie Implantation ist allerdings Voraussetzung, dass eine wirkliche gute Primårstabilitåt des Implantates in der Pfanne und im Schaft gewåhrleistet ist. Ossåre Destruktionen am Pfannendach mçssen mit autologem Spongiosamaterial aus dem Hçftkopf aufgefçllt und rekonstruiert werden. Voraussetzung fçr die zementfreie Implantation ist aber auch, dass der Allgemeinzustand des Patienten und insbesondere der Zustand der çbrigen Gelenke eine zumindest teilweise Entlastung des operierten Beines fçr einige Wochen zulassen. Fçr Patienten, die ihr Kunstgelenk sofort voll belasten mçssen, halten wir die zementierte Verankerung insbesondere am Schaft fçr geeigneter, da der Knochenzement eine maximale Primårstabilitåt unmittelbar nach der Operation gewåhrleistet.
Fazit Das Einsetzen einer Totalendoprothese im Hçftgelenk fçhrt trotz teilweise schwierigerer Ausgangsbedingungen gerade beim Rheumapatienten zu erfreulichen Resultaten. Dies haben die mittelfristigen Ergebnisse der ARO-Studie gezeigt. Die Komplikationsrate war in Bezug auf intraoperative Komplikationen, wie z. B. Frakturen und Nervenlåsionen, geringer als bei Patienten, die wegen einer Dysplasiekoxarthrose oder einer primåren Arthrose operiert worden waren. Das gleiche gilt fçr die postoperativen Komplikationen in Form von Nachblutungen, Infekten und parossalen Ossifikationen. Lediglich die Luxationsrate war mehr als doppelt so hoch gegençber den anderen Diagnosegruppen, was aber auf den beim Rheumapatienten in dieser Studie håufiger gewåhlten hinteren Zugang zurçckzufçhren ist. Bei der subjektiven Zufriedenheit schnitten Rheumatiker besser ab. Die objektiven funktionellen Resultate waren naturgemåû etwas schlechter als in den anderen beiden Diagnosegruppen, zum einen wegen des polyartikulåren Befalls, zum anderen aber wegen der schlechteren pråoperativen Befunde beim Rheumatiker.
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Die im Beobachtungszeitraum von ca. 7 Jahren notwendig gewordenen Pfannen- und/oder Schaftwechsel waren beim Rheumapatienten geringfçgig, das heiût, um ein knappes Prozent hæher. Dies wurde insbesondere bei bestimmten, zementfrei implantierten Pfannen, vor allem Schraubpfannen bzw. Schåften festgestellt. Andererseits hatten gerade die jçngeren Rheumapatienten mit zementfreier Prothesenverankerung einen um 10 Punkte besseren Score als die mit voll- und teilzementierter Verankerung. Zum Wechsel anstehende Pfannen- oder Schaftlockerungen, Pfannenwanderungen oder Einsinken der Schåfte sowie die Saumbildungen waren bei Rheumapatienten unabhångig von der gewåhlten Prothesenfixation prozentual seltener als bei den anderen beiden Diagnosegruppen. Die Ergebnisse der Studie zeigten, dass beim Rheumapatienten die Frage nach der optimalen Prothesenverankerung ± mit oder ohne Zement ± durchaus mit ¹sowohl als auchª beantwortet werden kann und ± wie auch bei den anderen beiden Diagnosegruppen ± von der unmittelbar postoperativen Belastungsfåhigkeit des Patienten abhångig gemacht werden sollte. Jçngere Rheumapatienten sind, wie die Studie zeigte, durchaus fçr die zementfreie Implantation geeignet, vorausgesetzt man wåhlt ein diesbezçglich geeignetes und bewåhrtes Prothesendesign.
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Halswirbelsåule
F. Kerschbaumer, F. Kandziora
Rheumatoide Arthritis Pråvalenz Die rheumatischen Affektionen der Halswirbelsåule (HWS) sind eine Funktion der Zeit. Demzufolge zeigen klinische Querschnittsuntersuchungen zur Pråvalenz der rheumatischen HWS-Affektionen eine ausgesprochen groûe Varianz. Die groûe Streubreite der folgenden Pråvalenzangaben resultiert des Weiteren aus unterschiedlichen Studienpopulationen, Altersverteilungen und Definitionen einer rheumatischen Halswirbelsåulenverånderung. Ein Befall der HWS liegt bei 12±88% der Patienten mit rheumatoider Arthritis (RA) vor. Die Affektionen der oberen HWS (C0-C2) stehen dabei im Vordergrund. Eine atlantoaxiale Subluxation (AAS) findet sich bei 14±84%, eine pseudobasilåre Impression bei respektive 1,2±32% der RA-Patienten. Subaxiale Subluxationen treten bei 5,5±36% der Patienten auf. In einer Metaanalyse von 1749 Patienten mit RA fand Casey [5] bei 32% der RA-Patienten eine AAS und bei 4,2% eine pseudobasilåre Impression. Insgesamt wiesen 17% der Patienten eine neurologische Symptomatik auf. Die Angaben zum natçrlichen Verlauf der zervikalen Manifestationen bei RA sind spårlich. Rana [24] berichtet çber 41 RA-Patienten mit AAS, die er 10 Jahre lang beobachtete. Bei 61% der Patienten traten keine Verånderungen auf. 27% wiesen eine progressive Subluxationstendenz auf und bei 12% der Patienten kam es zur Verringerung des Subluxationsgrades. Pellicci [23] untersuchte prospektiv 106 Patienten çber 5 Jahre. Bei 36% der Patienten kam es zur neurologischen und bei 80% zur radiologischen Progression des Befundes. In einer Metaanalyse [4] von 556 Patienten zeigte sich bei einem mittleren Nachbeobachtungszeitraum von 6,8 Jahren eine radiologische Progression der horizontalen Subluxation bei
21% und der vertikale Subluxation bei 14% der Patienten. Bei 15% der Patienten kam es zur Progression des neurologischen Defizits.
Pathophysiologie Pathologisch-anatomisch finden sich an der HWS dieselben Verånderungen, die auch die periphere Arthritis kennzeichnen. Die pannæse und destruierende Synovialitis manifestiert sich bevorzugt in den Intervertebral-, Unkovertebralund Okzipitoatlantoaxialgelenken. Bei den subaxialen Verånderungen stehen die destruktive Umwandlung der Intervertebralgelenke und Wirbelkærper im Vordergrund. Ausgehend von den Unkovertebralgelenken kann die Synovialitis zu einer Spondylodiszitis und zu einem bindegewebigen Ersatz des Discus intervertebralis fçhren. In der Folge entsteht eine diskoligamentåre Instabilitåt im Bewegungssegment mit Wirbelkærpersubluxation, die entweder direkt oder çber eine sekundåre Bandscheibenaffektion in eine ventrale medullåre Kompression mçnden kann. Eine weitere Form der ventralen Kompression entsteht durch rheumatische Granulome in den Bandscheiben oder den Wirbelkærpern selbst. Am håufigsten findet sich subaxial jedoch eine dorsale Einengung des Myelons als Folge einer Proliferation fibræsen Granulationsgewebes im epiduralen Raum oder einer rheumatischen Pachymeningitis oder Arachnoiditis. Subaxiale Luxationen kænnen darçber hinaus als Ûberlastungsfolge nach okzipitozervikalen und seltener atlantoaxialen Fusionen entstehen. Das eigentliche Charakteristikum der rheumatischen HWS ist die atlantoaxiale Dislokation. Der Dens axis wird in der Articulatio atlantodentalis durch die Ligg. alaria (atlantale und okzipitale Anteile), das Lig. cruciforme atlantis (bestehend aus dem Fasciculus longitudinalis und dem Lig. transversum atlantis), das Lig. at-
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lantodentale anterior und das Lig. apicis dentis stabilisiert. Durch eine synoviale Entzçndung kann es zur Zerstærung der Bånder und zur erosiven Destruktion des Dens, der Articulationes atlantoaxiales laterales und der okzipitozervikalen Gelenke kommen. Die Entzçndung beginnt in der Articulatio atlantodentalis. Zunåchst sind das Lig. atlantodentale anterior und das Lig. transversum atlantis betroffen. Bei einer Erweiterung der anterioren atlanto-dentalen Distanz auf mehr als 8 mm ist von einer zusåtzlichen Insuffizienz der Lig. alaria auszugehen. Zuletzt çbernehmen nur die Membrana tectoria und der Fasciculus longitudinalis eine gewisse Haltefunktion. Man unterscheidet zwischen einer horizontalen (håufig anterioren, selten posterioren und lateralen), vertikalen und rotatorischen atlantoaxialen Subluxation. Die Kombination dieser Luxationsformen ist håufig. Die anteriore horizontale Dislokation ist vorwiegend durch die ligamentåre Destruktion bedingt, wåhrend die vertikalen Dislokationen eine ossåre Mitbeteiligung der Articulationes atlantoaxiales laterales voraussetzen, durch deren Hæhenminderung der Dens axis sekundår aszendiert. Neben der pseudobasilåren Impression, das sog. ¹cranial settlingª, kann zusåtzlich eine synovialitische Destruktion der okzipitozervikalen Gelenke entstehen.
Klinisches Erscheinungsbild Klinisch imponieren bei rheumatoider HWS-Affektion zunåchst Nacken- und Kopfschmerzen, die muskulåren oder neuralgiformen Charakter haben kænnen und in Abhångigkeit von der Hæhenlokalisation in die Okzipitalregion (N. occipitalis major et minor) in den frontotemporalen Bereich (N. auricularis magnus), in die seitliche Halsregion (N. transversus colli) und in die Schultergegend (N. supraclavicularis) ausstrahlen kænnen. Bei subaxialen Affektionen kænnen radikulåre Symptome hinzutreten. Charakteristisch sind neben den Spontanschmerzen reproduzierbare, dumpfe Belastungs- und Bewegungsschmerzen. Bei Wirbelkærperdislokation åndert sich der Schmerzcharakter, er wird unbeståndig und lanzierend. Håufig treten Bewegungseinschrånkungen und Bewegungsblockierungen hinzu. Im Extremfall ist eine Abflachung der HWS-Lordose und eine kyphotische Fehlstellung erkennbar. Neurologische Komplikatio-
nen sind die Folge einer direkten medullåren Kompression, einer radikulåren Affektion oder einer Durchblutungsstærung im Arteria-vertebralis-Arteria-basilaris-Stromgebiet. Die zervikale Myelopathie resultiert aus repetitiv angreifenden anterioren Scherkråften. Frçhsymptome sind Paråsthesien (Affektion des Tractus spinothalamicus) und muskulåre Schwåche in Armen und Beinen (Affektion des Tractus pyramidalis). Spåter kænnen Stærungen des Schmerz- und Temperaturempfindens als Ausdruck eines Vorderseitenstrangsyndroms hinzutreten. Werden die Frçhsymptome verkannt, kann es zur Entwicklung eines Arteria-spinalisanterior-Syndroms, zu einem Brown-SequardSyndrom und zur pseudobasilåren Impression kommen. Eine bulbåre Kompression kann zur Urinretention und Inkontinenz fçhren. Hirnnervenausfålle entstehen durch eine Kompression von Hirnnervenkernen (z. B. Nucleus trigeminus) oder eine Affektion der kleinen Hirnstammarterien. Cheyne-Stokes-Atmung und vertikaler Nystagmus sind Spåtsymptome der Hirnstammkompression. Durch Schlångelung, Verlagerung und Lumeneinengung der Arteria vertebralis kann eine vaskulåre basilåre Insuffizienz entstehen. In der Folge treten intermittierend, håufig bewegungsabhångig, Vertigo, Vomitus, Ataxie, Diplopie, homonyme Hemianopsie, Dysarthrie, Dysphagie und ¹drop attacksª (Sturzanfålle) auf. Zur Graduierung der neurologischen Verånderungen liegen viele Klassifikationen vor [8, 21, 28], die Stadieneinteilung nach Ranawat [25] (Tabelle 1) ist am verbreitetsten.
Diagnostik Klinische Untersuchung Eine klinische orthopådisch-rheumatologische Untersuchung mit neurologischem Status ist elementar.
Tabelle 1. Stadieneinteilung der neurologischen Affektionen bei AAS nach Ranawat [25] I
Kein neurologisches Defizit
II
Subjektive Schwåche, Hyperreflexie, Dysaesthesie
III A Objektive Schwåche, Pyramidenzeichen, gehfåhig III B Tetraparese, nicht gehfåhig
Halswirbelsåule
Bildgebende Verfahren Obwohl radiologische Verånderungen erst nach einer gewissen Zeit auftreten, sind sie immer noch die Basis der bildgebenden Diagnostik und eignen sich hervorragend zur Verlaufskontrolle. Erforderlich sind neben den StandardHWS-Aufnahmen in 2 Ebenen seitliche Funktionsaufnahmen in Extension und Flexion mit Abbildung des harten Gaumens. Bei Verdacht auf eine laterale Subluxation sollten zusåtzlich a.-p.-Bending-Aufnahmen durchgefçhrt werden. Eine anteriore horizontale Dislokation des Atlas liegt dann vor, wenn der Abstand von der Hinterkante des Arcus anterior atlantis zur Vorderkante des Dens axis (= anteriores atlantodentales Intervall, AADI) mehr als 3 mm betrågt (physiologische Dicke des Knorpels in der Articulatio atlantodentalis). Græûere prognostische Aussagekraft besitzt aber der Abstand zwischen Vorderkante des Arcus posterior atlantis und Hinterkante des Dens axis (= posteriores atlantodentales Intervall, PADI) [1]. Das PADI entspricht dem Durchmesser des Spinalkanals und sollte in Neutralposition auf Hæhe des Foramen magnum 14 mm und auf Hæhe C1 mindestens 13 mm umfassen. Die posteriore Subluxation setzt eine Denserosion voraus. Laterale Subluxationen sind im a.p.-Bild zu erkennen, sie weisen eine Asymmetrie des Dens-Massa-Iateralis-Abstands auf. Des Weiteren sind prinzipiell mobile von stabilen bzw. permanenten atlantoaxialen Subluxationen zu unterscheiden. Die permanente atlantoaxiale Dislokation, die als Folge einer Impaktion der Articulatio atlantoaxialis lateralis fixiert ist, liegt dann vor, wenn in den Funktionsaufnahmen die Dislokation konstant bleibt. Die vertikale Dislokation im Sinne einer pseudobasilåren Impression wird im Allgemeinen angenommen, wenn der Apex des Dens axis die McGregor-Linie um mehr als 4,5 mm çberragt. Dieser Wert kann jedoch in Abhångigkeit vom untersuchten Kollektiv zwischen 3,9 und 8,9 mm schwanken [20]. Bei gleichzeitig bestehender Denserosion ist diese McGregor-Messmethode ungeeignet, dann empfehlen sich die Messmethode nach Ranawat und Redlund-Johnell. Nach Ranawat wird auf der seitlichen HWS-Aufnahme die Distanz zwischen der koronaren Achse des Atlas und dem Zentrum der Pedikelprojektion von C2 bestimmt. Werte unter 13 mm sind pathologisch. In der Methode nach Redlund-Johnell wird die Distanz zwischen der
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McGregor-Linie und dem Unterrand von C2 bestimmt. Werte unter 34 mm bei Månnern und unter 29 mm bei Frauen sind pathologisch. Subaxial finden sich polymorphe Verånderungen, die von Destruktionen der Intervertebral- und Unkovertebralgelenke sowie der Wirbelkærper bis zur diskoligamentåren Instabilitåt mit Wirbelkærpergleiten reichen. Die konventionelle Tomographie, die vor allem in Bezug auf Densaffektionen hilfreiche Zusatzinformationen liefern kann, wurde weitgehend durch die Computertomographie abgelæst. Die Computertomographie sollte in 1-mm-Schritten durchgefçhrt werden, um eine adåquate sagittale und koronare Rekonstruktion zu ermæglichen. Die Magnetresonanztomographie ist sehr hilfreich, wenn es um die Identifikation der Lokalisation der Myelonkompression geht. Darçber hinaus lassen sich auch Weichteilstrukturen wie die Medulla spinalis, Granulationsgewebe im subaxialen epiduralen Raum und der inflammatorische Pannus, bevorzugt im Bereich des Dens axis, beurteilen. Funktions-MRT-Untersuchungen in Flexion und Extension werden zusehends håufiger durchgefçhrt. Dadurch wird nicht nur eine statische, sondern auch eine dynamische Myelonkompression evaluierbar. Es konnte gezeigt werden, dass ein kernspintomographischer Rçckenmarksdurchmesser von weniger als 6 mm in Flexion direkt mit den klinischen Symptomen der zervikalen Myelopathie verknçpft ist [1]. Auch neurophysiologische Untersuchungen, wie die Elektromyographie (EMG), die Elektroneurographie (NLG = Nervenleitgeschwindigkeit) und die somatosensibel evozierten Potenziale (SSEP), gewinnen zur Verifizierung und Verlaufskontrolle der zervikalen Myelopathie nicht nur prå-, sondern auch intraoperativ zunehmend an Bedeutung.
Indikation zur Operation Sowohl starke therapieresistente Schmerzen als auch neurologische Defizite sind eindeutige Indikationen fçr eine operative Therapie. Trotz unseres begrenzten Wissens çber den natçrlichen Verlauf der zervikalen Affektionen bei RA scheint es so zu sein, dass einige Patienten auch ohne objektivierbare neurologische Defizite von einer chirurgischen Intervention profitieren. Zahlreiche Autoren favorisieren demzufolge eine frçhzeitige operative Therapie, bevor eine pseu-
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dobasilåre Impression eintritt. Boden [1] und Dvorak [6] konnten nachweisen, dass bei Patienten mit einem radiologischen posterioren atlantodentalen Intervall unter 13 mm (Boden) und gleichzeitigem kernspintomograpischen Rçckenmarksdurchmesser unter 6 mm (C1/2) in Flexion [6] der postoperative klinische ¹Outcomeª deutlich schlechter ist, als bei Patienten, deren Maûe çber diesen Werten liegen. Indikationen zur operativen Therapie: ] Starke Schmerzen, ] neurologisches Defizit als Folge einer radikulåren oder Myelonkompression, ] Progression der Instabilitåt (atlantoaxial, atlantookzipital, subaxial), ] radiologisches posteriores atlantodentales Intervall unter 14 mm und/oder ] kernspintomograpischer Rçckenmarksdurchmesser unter 6 mm (C1/2) in Flexion.
Operative Zugånge Vordere Zugånge ] Zugang zu C1 und C2 (transoraler Zugang). Das Problem dieses Zuganges ist das Operieren im keimbesiedelten Gebiet mit Eræffnung spongiæser Knochenråume. Vor Beginn der Operation sollte deshalb eine grçndliche Munddesinfektion durchgefçhrt werden. Der Eingriff wird unter Antibiotikaschutz vorgenommen. Der Patient wird in Rçckenlage mit abgesenktem Kopf und leicht çberstreckter Halswirbelsåule gelagert. Die Operation kann ohne Probleme mit einem transoralen Tubus durchgefçhrt werden, der an einem Mundsperrer fixiert wird, der gleichzeitig die Zunge nach unten hålt. Mit einer transnasal gefçhrten Naht zieht man den weichen Gaumen nach oben. Zur Darstellung der Wirbelkærper wird eine tçrflçgelartige Inzision der hinteren Pharynxwand vorgenommen, beginnend von dem gut tastbaren Tuberculum anterius atlantis bis zur Hæhe von C2. Die Schnittlånge betrågt etwa 4±5 cm. Der M. longus colli wird anschlieûend in der Mittellinie gespalten. Mit einem Raspatorium werden dann die Weichteile an der Vorderseite von C1 und C2 zur Seite abgeschoben. Damit gelangen das Tuberculum anterius sowie die Massa lateralis des Atlas und der Axiskærper zur Ansicht. Der Atlas kann bis maximal 2 cm lateral der Mittellinie dargestellt werden, der Wirbelkærper C2 jedoch nicht mehr als 1 cm,
da insbesondere am Unterrand von C2 die Gefahr einer Verletzung der A. vertebralis besteht. Der Wundverschluss wird in zwei Schichten mit resorbierbaren Einzelknopfnåhten durchgefçhrt. ] Zugang zu C3±C7. Der Patient wird auf dem Rçcken gelagert mit einem Kissen zwischen den Schulterblåttern. Beide Schultern werden mit Heftpflasterstreifen nach unten gezogen. Die Wahl der Schnittfçhrung ist abhångig von der Ausdehnung der Wirbelkærperdarstellung. Ist die Freilegung von nur einem oder zwei Segmenten gençgend, dann empfiehlt sich die quere Hautinzision parallel zu den Halsfalten in Abhångigkeit von der Låsionshæhe. Fçr eine breite mehrsegmentale Darstellung der Halswirbelsåule wird die Långsinzision vor dem M. sternocleidomastoideus bevorzugt. Das Platysma wird in derselben Richtung durchtrennt und nach beiden Seiten mobilisiert. Die oberflåchliche Halsfaszie wird nun am Vorderrand des M. sternocleidomastoideus in Långsrichtung durchtrennt. Der M. sternocleidomastoideus wird dann nach lateral und die Unterzungenbeinmuskulatur nach medial weggehalten. Der obere Bauch des M. omohyoideus wird unterfahren, zwischen zwei Ligaturen durchtrennt und beiderseits weggehalten. Die weitere Pråparation erfolgt stumpf. Mit dem Finger lassen sich jetzt in der Tiefe bereits die Halswirbelkærper tasten. Die mittlere Halsfaszie wird nach oben und unten pråpariert. Lateral låsst sich mit dem Finger der Puls der A. carotis cornmunis tasten. Das Gefåû-Nerven-Bçndel (A. carotis communis, V. jugularis interna und N. vagus) wird vorsichtig nach lateral und die viszeralen Strukturen (Trachea, Larynx, Schilddrçse) sowie M. sternohyoideus und M. sternothyroideus werden nach medial weggehalten. Die weitere Pråparation nach medial und oben, zwischen der die Wirbelkærper bedeckenden tiefen Halsfaszie einerseits, sowie Úsophagus und Larynx andererseits, erfolgt am besten mit Pråpariertupfern.
Hinterer Zugang Der Patient wird auf dem Bauch gelagert, mit einem Kissen unter dem Thorax. Der median gelegene Hautschnitt wird in Abhångigkeit von der angestrebten Fusionslokalisation angelegt. Er kann zwei Querfinger oberhalb der Protuberantia occipitalis externa beginnen und sich bis zur Spitze des 7. Halswirbeldornfortsatzes (Vertebra prominens) erstrecken. Nach Durch-
Halswirbelsåule
trennung der Subkutis wird median durch die Nackenfaszie auf das Lig. nuchae eingegangen. Zur Darstellung der Wirbelsåule wird das Lig. nuchae in der Mittellinie durchtrennt und bis zur Spitze der Dornfortsåtze eingeschnitten. Beginnend am Dornfortsatz des 2. Halswirbelkærpers wird knochennah von kranial nach kaudal die tiefe Muskelschicht von den Dornfortsåtzen abgelæst. Bei Bedarf (okzipitozervikale Fusion) kann die am Hinterhaupt entspringende bzw. ansetzende Muskulatur (M. trapezius, M. semispinalis capitis) T-færmig abgelæst werden. Anschlieûend wird der kaudal der Protuberantia occipitalis externa liegende Teil der Hinterhauptschuppe subperiostal mit einem scharfen Raspatorium freigelegt. Das Tuberculum posterius des Atlas wird getastet. Die daran entspringende Muskulatur (M. rectus capitis posterior minor) læst man auf beiden Seiten ab und mit dem Raspatorium wird der Atlasbogen subperiostal beiderseits etwa 1,5 cm pråpariert.
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nun von kranial nach kaudal çber das Transplantat und den Dornfortsatz des Axis gezogen. Die kaudalen Drahtenden werden von lateral kommend çber dem Transplantat gespannt und fixiert. Postoperativ wird von den meisten Autoren eine 12-wæchige Ruhigstellung im Halo-Jacket oder steifem Kragen empfohlen. Zahlreiche Untersuchungen konnten den klinischen Stellenwert dieses Verfahrens untermauern [7].
Die dorsale atlantoaxiale Fusion ist vor allem im Frçhstadium bei isolierter horizontaler meist anteriorer atlantoaxialer Instabilitåt indiziert. Fçr die dorsale atlantoaxiale Fusion sind mehr als 20 Operationsverfahren beschrieben. Zur Spondylodese werden Schrauben, Platten, Kabel, Ståbe, Klammern und Cerclagen eingesetzt. Die meisten dieser Operationsverfahren gehen auf Einzelfalldarstellungen zurçck und werden nur selten durchgefçhrt. Die am håufigsten durchgefçhrten Operationstechniken werden im Folgenden dargestellt.
] Methode nach Brooks [3]. Die so genannte ¹wedge compression methodª wurde erstmals 1978 beschrieben [3]. Der wesentliche Vorteil dieses Operationsverfahren bei jedoch hæherem operativen Aufwand besteht in einer zur GallieTechnik deutlich verbesserten Rotationsstabilitåt. Nach der Ablæsung der Membrana atlantooccipitalis posterior und des Lig. flavum werden Adhåsionen zwischen dem Atlasbogen und der Dura entfernt. Vier 0,8 mm starke weiche Dråhte werden an einem Ende zu einer Schlaufe gebogen und mit einem Faden versehen. Diese fadenarmierten Dråhte kænnen nun mit einer schmalen Deschamps-Sonde bilateral unter die Bægen von C1 und C2 hindurchgefçhrt werden. Mit einer Kugelkopffråse werden die Laminae von Atlas und Axis beiderseits der Mittellinie angefrischt. Zwei vorher entnommene kortikospongiæse Beckenkammspåne werden beiderseits des Dornfortsatzes von C2 bçndig interlaminår eingebracht und mit den Dråhten fixiert. Postoperativ wird von den meisten Autoren eine 6±12-wæchige Ruhigstellung in der steifen Halskrawatte empfohlen. Zahlreiche Untersuchungen belegen die guten Ergebnisse dieses Operationsverfahrens [3].
] Methode nach Gallie [9]. Obwohl Gallie nie eine detaillierte Operationstechnik beschrieben hat, ist eine der håufigsten Operationsmethoden mit seinem Namen verknçpft. Der wesentliche Vorteil dieses Operationsverfahrens ist seine relativ einfache Durchfçhrbarkeit. Nachteilig ist die geringe Primårstabilitåt des Verfahrens. Ein 0,9 mm starker, weicher und biegsamer Draht wird in der Mitte zu einer U-færmigen Schlaufe gebogen und von kaudal unter den Atlasbogen hindurchgefçhrt. Ein vorher entnommener kortikospongiæser Beckenspan wird als ein auf den Dornfortsatz des Axis ¹reitenderª Span eingesetzt. Die kraniale Drahtschlaufe wird
] Transartikulåre Verschraubung nach Magerl [19]. Die transartikulåre Verschraubung ist eine technisch anspruchsvolle Operation, die aber eine bessere Stabilitåt gewåhrleistet als andere Methoden der dorsalen atlantoaxialen Fusion. Auch eine computerassistierte Schraubenplatzierung ist mæglich. Zuerst wird eine Drahtschlaufe von kranial nach kaudal unter den Atlasbogen gefçhrt, wobei die freien Drahtenden unter die Schlaufe gezogen werden. Somit kann ein nach dorsal ausgeçbter vorsichtiger Zug den Atlas aus seiner Dislokationsstellung reponieren. Nun folgt die Pråparation der Gelenke C1/C2 von kaudal nach
Operationsmethoden Dorsale atlantoaxiale Fusion
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] Gefahren und Komplikationen. Bei unsachgemåûer Pråparation der Gelenke C1/C2 ist eine Verletzung des N. occipitalis major mæglich. Die transartikulåre Verschraubung kann speziell bei zu lateraler Bohrrichtung in bis zu 10% der Fålle zu einer Verletzung der A. vertebralis fçhren. Die Bohrung sollte unter Kontrolle des Bildwandlers erfolgen. Eine Perforation der Bohrerspitze nach ventral ist wegen der Gefahr einer Schådigung von retropharyngealen Strukturen zu vermeiden.
sowohl okzipitozervikale Verfahren als auch die transartikulåre Schraubenfixation in Frage. Eine ventrale Fusion mittels Spezialplatte nach Harms ist ebenfalls mæglich, sie sollte jedoch zur Verbesserung der Primårstabilitåt mit einer dorsalen Fusion nach Brooks kombiniert werden [16]. Alternativ stehen seit kurzem winkelstabile transorale Plattensysteme zur Verfçgung [15]. Die alleinige transorale Densresektion ohne zusåtzlich stabilisierende Maûnahme erscheint nicht sinnvoll, da die persistierende Instabilitåt als Teilursache fçr die Ausbildung der zervikalen Myelopathie angesehen wird. Nach transoralem Zugang und Darstellung der Wirbelkærper folgt die Entfernung eines ca. 1,5 cm breiten Knochenfensters des vorderen Atlasbogens. Das pannusartige Gewebe hinter dem Atlasbogen und die Reste der Densspitze werden reseziert. Narbige Verdickungen hinter der Densspitze werden ebenfalls entfernt, um eine Dekompression des Rçckenmarks zu erreichen. Die Gelenkflåchen im Bereich der Massa lateralis von C1 und C2 werden sparsam und vorsichtig reseziert. Fakultativ kann eine Knochenspaninterposition und eine zusåtzliche ventrale Sicherung mit einer Spezialplatte nach Harms, welche die Massa lateralis von C1 mit dem Korpusbereich von C2 verbindet, erfolgen. Postoperativ wird eine Ruhigstellung in einem halbsteifen Kunststoffkragen fçr 6±8 Wochen empfohlen. Gute klinische Ergebnisse nach transoraler Densresektion sind dokumentiert [14, 16].
Ventrale transorale Eingriffe
Dorsale okzipitozervikale Fusion
Irreponible AAS machen eine ventrale Deblockierung der Articulationes atlantodentales laterales notwendig. Ausgeprågte sekundåre basilåre Impressionen sowie Wucherungen der Synovialis im Bereich der Densspitze kænnen zur Kompression des Hirnstamms und des oberen Zervikalmarks fçhren. Diese pathologischen Vorgånge konnten erst seit der routinemåûigen Anwendung der Kernspintomographie in aller Deutlichkeit bildgebend dargestellt werden. Eine dorsale Reposition und Fusion kann in diesen Fållen unzureichend sein, weil dadurch eine gençgende Dekompression der A. spinalis anterior sowie des Halsmarks nicht erreicht wird. Bei diesen Fållen kann die Indikation zur ventralen Dekompression und zur dorsalen atlantoaxialen oder okzipitozervikalen Fusion gestellt werden. Fçr die dorsale Fusion kommen dabei
Die okzipitozervikale Fusion von dorsal kann bei Destruktionen der Gelenkflåchen C0/C1, bei sekundåren basilåren Impressionen, aber auch bei ventraler Dislokation des Atlas oder dorsaler Subluxation als Folge von pathologischen Densfrakturen indiziert sein. Zahlreiche okzipitozervikale Operationsverfahren sind beschrieben. Die ¹Onlayª-Technik, bei der ein Knochenspan dorsal angelagert wird benætigt eine rigide langdauernde externe Fixation z. B. mit dem HaloFixateur. Als interne Fixationssysteme finden Cerclagen, Cerclagen mit Knochenzement, biegsame Ståbe, formbare Schlingen, Platten oder in letzter Zeit vermehrt Schrauben-Stab-Systeme und Fixateur-interne-Systeme Anwendung. Die im deutschen Sprachraum bisher am håufigsten durchgefçhrten Operationsverfahren werden im Folgenden dargestellt. Speziell die
kranial entlang des Bogens des Axis. Knapp medial und kranial des Gelenks C2/C3 wird nach Ankærnung mit einem Pfriem ein langer 2,7 mm Bohrer flach angesetzt und unter Bildwandlerkontrolle (seitlicher Strahlengang) durch die Lamina und das Gelenk C1/C2 in das Gelenkmassiv des Atlas gebohrt. Nach dem Schneiden des Gewindeloches wird eine Kortikalis-Kleinfragmentschraube eingedreht. Der Unterrand des Atlasbogens sowie der kraniale Anteil des Dornfortsatzes und der Lamina des Axis werden mit einer Fråse angefrischt und ein kortikospongiæses Beckentransplantat wird eingelegt. Nach Anschlingen des Dornfortsatzes C2 wird der Draht gespannt und fixiert. Postoperativ wird von den meisten Autoren eine 6-wæchige Ruhigstellung mit der steifen oder halbsteifen Halskrawatte empfohlen. Einige Operateure behandeln ohne Ruhigstellung nach. Die klinischen Ergebnisse dieses Operationsverfahrens sind ausfçhrlich dokumentiert [11].
Halswirbelsåule
Methoden nach Gschwend und Brattstræm verlieren aber zunehmend an Bedeutung und werden durch die Verwendung von Schrauben-Stabund Fixateur-interne-Systemen abgelæst. ] Methode nach Gschwend [13]. Nach dorsalem Zugang werden 1,5 cm seitlich der Mittellinie und kaudal der Protuberantia occipitalis je ein Bohrloch mit dem Spezialbohrer angelegt und zwei Gschwend-Schrauben eingedreht. Es erfolgt die sublaminåre Pråparation des Atlas- und des Axisbogens, die Entfernung des Lig. interspinale zwischen C2 und C3 sowie eine sparsame Resektion der kranialen Anteile des Bogens C3. Zwei Dråhte werden sublaminår unter die Bægen von C1 und C2 gefçhrt. Ein weiterer Draht wird um beide Schraubenhålse gelegt und unter den Bogen von C1 gefçhrt. Nun låsst sich durch Zug nach dorsal eine Reposition des Atlasbogens erreichen. Am Hinterhauptsknochen wird nun eine quere Nut mit einem Kugelbohrer angelegt und ein vom Beckenkamm entnommener kortikospongiæser Knochenspan so eingebracht, dass er bçndig im Interlaminårbereich sitzt. Es folgt die Verdrahtung des zentralen Transplantats um den Dornfortsatz C2. Anschlieûend werden zwei weitere aus dem Beckenkamm entnommene Transplantate zwischen den Bægen von C1 und C2 angelegt und verdrahtet. Postoperativ wird von den meisten Autoren eine Ruhigstellung im Halo-Fixateur fçr 3±4 Monate empfohlen. Die klinischen Ergebnisse sind gut dokumentiert [13]. ] Methode nach Brattstræm [2]. Beiderseits der Mittellinie werden vier Bohrlæcher mit einem kalibrierten neurochirurgischen Trepanationsbohrer in der Hinterhauptsschuppe angelegt. Die Dura wird vorsichtig von der Squama ossis occipitalis gelæst. Ein 0,9 mm starker, weicher und biegsamer Draht wird an einem Ende als Schlaufe angewinkelt, durch die Læcher einer Seite der Hinterhauptsschuppe durchgezogen und anschlieûend von kranial nach kaudal durch die Læcher der Gegenseite wieder herausgefçhrt. Anschlieûend werden die kaudalen Drahtenden sublaminår unter dem Atlasbogen durchgezogen. Der Dornfortsatz von C2 wird mit einem 2 cm langen, 1,5 mm starken Kirschner-Draht bestçckt. Nun werden an einer Seite Knochenspåne angelagert und auf der anderen Seite eine Zementplombe eingebracht. Nach deren Abhårten wird der Draht çber dem Dorn-
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fortsatz des Atlas und dem Kirschner-Draht verzwirbelt. Postoperativ wird von den meisten Autoren eine Ruhigstellung im Halo-Fixateur fçr 3±4 Monate empfohlen. Die klinischen Ergebnisse sind zufriedenstellend [2]. ] Methode nach Grob [12]. Ein wesentlicher Bestandteil der Operation ist die Integration der atlantoaxialen Verschraubung in der Technik nach Magerl (siehe S. 423). Die beiden transartikulåren Schrauben werden çber eine auf dem Kopf stehende Y-færmige Platte mit dem Okziput verbunden. Die Schraubenfixation am Okziput geschieht in der Mittellinie. Nach Entnahme eines kortigiospongiæsen Knochenspanes wird dieser unter der Platte vor der endgçltigen Fixierung derselben platziert und durch das Anziehen der Schrauben in das vorbereitete Spanbett am Okziput, Atlas und Axis gepresst. Postoperativ wird eine Ruhigstellung in einem halbsteifen Kunststoffkragen fçr 6±8 Wochen empfohlen. Vielversprechende klinische Ergebnisse wurden publiziert [12]. ] Gefahren und Komplikationen. Bei unsachgemåûer sublaminårer Pråparation des Atlasbogens droht eine Verletzung der Dura des Halsmarks oder der A. vertebralis. Vor dem Festziehen der Dråhte bzw. Schrauben ist jeweils die gençgende Reposition des Atlas im Bildwandler zu kontrollieren. Bei den okzipitozervikalen Fusionen ist eine zu starke Spannung des Drahtes bzw. der Platte und damit eine Verstårkung der basilåren Impression zu vermeiden.
Dorsale subaxiale Fusion Die dorsale subaxiale Fusion ist das Standardverfahren bei rheumatischer subaxialer Instabilitåt. Sie ermæglicht die Stabilisierung bei diskoligamentårer Instabilitåt und die Fusion nach dorsaler Laminektomie und Dekompression des Myelons. Nach dorsaler Darstellung der unteren HWS und Exposition der Wirbelkærper kann bei Bedarf eine Laminektomie mit Entfernung von epiduralem rheumatischem Granulationsgewebe durchgefçhrt werden. Eine Stabilisierung kann sowohl mit Platten als auch mit SchraubenStab-Systemen vorgenommen werden. Nach Ankærnen des Schraubeneintrittspunktes in der
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medialen Hålfte des Gelenkfortsatzmassives wird ein 2 mm starkes Bohrloch angelegt. Die Bohrrichtung weist 30o nach lateral und ca. 45o nach kranial. Nach Einbringen eines Spanes wird die Platte oder ein Doppelstabsystem mehrsegmental montiert. Postoperativ wird eine Ruhigstellung in einem halbsteifen Kunststoffkragen fçr 6±8 Wochen empfohlen. Klinische Ergebnisse zu subaxialen Fusionsoperation bei rheumatoider Arthritis wurden bisher selten publiziert [18].
Ventrale subaxiale Fusion Die ventrale subaxiale Fusion stellt bei rheumatischer HWS-Affektion in der Regel ein additives Verfahren nach dorsaler Fixation dar, wenn eine Bandscheiben- oder Wirbelkærperdestruktion besteht. Als alleiniges Stabilisierungsverfahren ist sie in Folge der regelmåûig bestehenden ausgeprågten Osteopenie und vor allem der dorsalen ligamentåren Instabilitåt bei Patienten mit rheumatoider Arthritis nicht geeignet. Nach ventralem Zugang zur unteren HWS und Darstellung der Fusionsstrecke wird das vordere Långsband H-færmig inzidiert. Der vordere Anteil des Anulus fibrosus wird ausgeschnitten und die Bandscheibe wird vollståndig ausgeråumt. Die Deck- und Bodenplatten werden sorgfåltig entknorpelt. Vom Beckenkamm wird nach Robinson ein trikortikaler Knochenspan entnommen, der wie ein nach hinten offenes Hufeisen in den Zwischenwirbelraum eingepasst wird. Eine zusåtzliche Fixation der Spondylodese mit winkelstabilen oder winkelinstabilen Plattensystemen ist notwendig. Postoperativ wird eine Ruhigstellung in einem halbsteifen Kunststoffkragen fçr 6±8 Wochen empfohlen. Klinische Ergebnisse zu dieser Fusionsform bei rheumatoider Arthritis wurden bisher nur in kleinen Fallzahlen publiziert [18].
Ergebnisse der operativen Therapie Die Ergebnisse der operativen Therapie bei rheumatischem Befall der HWS lassen sich anhand verschiedener Parameter bewerten (Schmerzreduktion, Fusionsrate, neurologische Restitutio, Patientenzufriedenheit, Lebensqualitåt, Mortalitåtsrate). Die fehlende Standardisierung der Nachbeobachtungsprotokolle und die unter-
schiedlich selektionierten Patientenkollektive erschweren vergleichende Betrachtungen. Das ¹Outcomeª ist entscheidend von der pråoperativen Ausgangssituation abhångig. Die operative Mortalitåtsrate schwankt zwischen 0 und 18%. Eine Metaanalyse an 456 Patienten mit RA ergab eine Mortalitåtsrate von 6,3% [4]. Die ossåren Fusionsraten liegen bei ca. 65±98%, wobei die Pseudarthroserate bei den bisher çberwiegend durchgefçhrten okzipitozervikalen Spondylodeseverfahren aufgrund der geringeren Primårstabilitåt hæher liegt als bei den atlantoaxialen Spondylodeseverfahren. Eine Verringerung der neurologischen Symptome entsprechend der RanawatKlassifikation ist abhångig vom pråoperativen Status. Bei Patienten der Stadien Ranawat I und II ist eine neurologische Restitutio bei 78±100% der Patienten mæglich, wohingegen bei Patienten mit hæhergradigem neurologischen Defizit (Ranawat-Stadium III) bei 30±54% der Patienten eine neurologische Defektsituation verbleibt. Eine Verbesserung der Schmerzsymptomatik und der Lebensqualitåt lassen sich bei 66±96% bzw. 68±100% der Patienten erreichen.
Spondylitis ankylosans (Morbus Bechterew) Pråvalenz Der typische Befall der gesamten Wirbelsåule einschlieûlich der HWS findet sich nur bei 20±30% der Patienten, wobei eine vollståndige HWS-Versteifung bei Frauen (40%) håufiger ist als bei Månnern (16%). Die Pråvalenz einer korrekturwçrdigen kyphotischen HWS-Fehlstellung wird auf 3% geschåtzt. Frakturen der HWS bei Morbus Bechterew finden sich bei ca. 1% der Patienten. In der çberwiegenden Mehrzahl der Fålle handelt es sich um Frakturen im thorakozervikalen Ûbergangsbereich, selten um Frakturen des Dens. Etwa 2/3 dieser Frakturen (62±67%) gehen mit einer neurologischen Symptomatik einher. Mortalitåtsraten bei Frakturen bis zu 30% wurden beschrieben. Atlantoaxiale Instabilitåten bei Morbus Bechterew werden mit einer Håufigkeit von 4±21% angegeben.
Halswirbelsåule
Pathophysiologie
Diagnostik
Der pathologische zunåchst entzçndlich-destruktive und spåter ossifizierend-proliferierende Prozess aszendiert von kaudal nach kranial. Das morphologische Bild ist durch das Auftreten von Syndesmophyten, die Verknæcherung der vertebralen Långsbånder und die knæcherne Ankylosierung der Intervertebral- und Unkovertebralgelenke bis hin zur Bambusstabform der Halswirbelsåule charakterisiert. Vor allem die Verknæcherung des hinteren Långsbandes kann zu erheblicher Einengung des Spinalkanals mit neurologischem Defizit fçhren. Aufgrund der vollkommenen Ankylose, fehlender Flexibilitåt und als Folge der durch das Grundleiden bedingten Osteoporose sind die Wirbelsåulen bei Spondylitis ankylosans besonders im Spåtstadium frakturgefåhrdet. Am håufigsten kommen Frakturen des zervikothorakalen Ûbergangs (C5-TH1) vor. Bereits Bagatelltraumata, die bevorzugt als Flexionsverletzungen (z. B. Schleudertrauma) auftreten, kænnen hier zur Fraktur fçhren.
Klinische Untersuchung
Klinik Die Spondylitis ankylosans kann mit Schmerzen im thorakolumbalen Ûbergang oder im Zervikalbereich und mit einer progredienten Bewegungseinschrånkung der HWS einhergehen. Die entzçndlichen Enthesiopathien kænnen selten auch die Sehnenansåtze im Halsbereich (M. sternocleidomastoideus) betreffen. Bei kyphotischer Einsteifung der HWS kænnen Stærungen der Mundæffnung, der Nahrungsaufnahme mit Dysphagie und Stærungen der Atmung auftreten. Die Reduktion des Blickwinkels kann zu Gang- und Stand-Einschrånkungen fçhren und erhebliche soziale Probleme mit sich bringen. Frakturen kænnen neben Schmerz und Bewegungseinschrånkungen neurologische Symptome bis hin zur Querschnittslåhmung zur Folge haben. Das neurologische Defizit entsteht dabei nicht allein durch die Wirbelkærperdislokation, sondern kann auch selbst bei ankylosierter HWS durch eine sekundåre Abscherung der Bandscheibe induziert sein.
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Eine klinische orthopådisch-rheumatologische Untersuchung mit neurologischem Status ist elementar.
Bildgebende Verfahren Ræntgenologisch kænnen im Frçhstadium usurierende und zum Teil auch sklerosierende HWS-Affektionen gemeinsam vorkommen. Die Syndesmophyten finden sich an der HWS zuerst im thorakozervikalen Ûbergang. Begleitend manifestieren sich Erosionen an der Wirbelkærpervorderkante im Bereich der diskovertebralen Grenze und Kastenwirbel durch die Aufhebung der konkaven Wirbelkontur. Sowohl die konventionelle Tomographie als auch die Skelettszintigraphie kænnen bei der Detektion von Frakturen im thorakozervikalen Ûbergang hilfreich sein. Mit Hilfe der Kernspintomographie kænnen vor allem bei Frakturen fokale Verånderungen des Myelons und epidurale Håmatome evaluiert werden.
Indikation zur Operation Bei kyphotischer Einsteifung sind keine generellen Indikationen zur Korrekturosteotomie festlegbar. Hier sind im Besonderen die individuellen sozialen und auch beruflichen Gegebenheiten des Patienten in Relation zum Operationsrisiko zu berçcksichtigen. Aufgrund der zahlreichen Komplikationsmæglichkeiten bei zervikaler Kolumnotomie ist aber eine strenge Indikationsstellung angezeigt. Bei Frakturen stellen Schmerzen eine relative und neurologische Defizite eine eindeutige Operationsindikation dar. Ist der betroffene Wirbelkærper verformt ± meist in kyphotischer Deformitåt ±, so besteht eine Operationsindikation, da diese kurzbogige Kyphose die ohnehin im Rahmen der Spondylitis ankylosans bestehende oder zu erwartende kyphotische Deformitåt erheblich verstårkt. Jedoch selbst wenn die Wirbelkærper nicht deformiert sind, besteht håufig eine Operationsindikation, da die groûen Hebelarme des gebrochenen ¹Stabesª håufig zur Pseudarthrosenbildung fçhren.
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Zugånge Die dorsalen und ventralen Zugånge zur HWS sind oben beschrieben worden.
tiv muss eine interne Fixation mit Platten, Schrauben-Stab- oder Fixateur-interne-Systemen erfolgen. Postoperativ sollte eine Ruhigstellung des Patienten in einem halbsteifen Kunststoffkragen fçr 12 Wochen erfolgen.
Operationsverfahren
Andere Techniken
Spondylodese in situ
Auch Halo-Ilisarov-Distraktionsverfahren zur Korrektur kyphotischer HWS-Deformitåten sind beschrieben [10]. Die Erfahrungen beschrånken sich auf wenige Fålle. Bei einer von Simmons [26] beschriebenen Osteotomieform wird die Osteotomie am Scheitelpunkt der zervikalen Kyphose platziert. Dabei wird eine ventrale Læsung des M. sternocleidomastoideus mit einer dorsalen inferioren Facettenresektion und einer internen Fixation verbunden. Mit diesem Operationsverfahren wurden bisher nur wenige Patienten behandelt.
Bei Frakturen, die nicht mit einer Deformierung des Wirbelkærpers einhergehen, sollte eine Insitu-Stabilisierung der Fraktur mit Platten, Schrauben-Stab- oder Fixateur-interne-Systemen erfolgen.
Korrekturosteotomie nach Mason und Urist [27] Der Patient sitzt wåhrend der Operation. Bis vor kurzem wurden viele Korrekturosteotomien in Lokalanåsthesie durchgefçhrt, um eine intraoperative Evaluation des Patienten wåhrend der Korrektur zu ermæglichen. Mittlerweile erlauben aber neurophysiologische Untersuchungen wie SSEP eine Operation in Allgemeinanåsthesie. Ein angebrachter Halo-Fixateur oder eine Mayfield-Klammer ermæglichen eine dreidimensionale Mobilitåt der HWS wåhrend der Operation. Fçr die Korrekturosteotomie wird das Segment C7/TH1 gewåhlt, da hier die A. vertebralis noch extravertebral verlåuft. Nach dorsalem Zugang und Darstellung der Wirbelkærper werden die meist verknæcherten Interspinalligamente C6/C7 und C7/TH1 sowie der Processus spinosus C7, fakultativ auch TH1, abgetragen. Das verknæcherte Lig. flavum wird reseziert. Es erfolgt die Verbreiterung dieser medianen Osteotomie durch die Resektion von 3±4 mm der angrenzenden Wirbelbægen und der ehemaligen Gelenkportion von C7/TH1 in Richtung auf die Intervertebralforamina. Der Winkel dieser Osteotomie zur Horizontalen betrågt ca. 15±208. Nach vollståndiger Osteotomie und Darstellung der Wurzel C8 wird der Kopf von vorne langsam und schrittweise rekliniert. Dabei wird die vordere Såule gebrochen. Sollte bereits pråoperativ erkennbar sein, dass ausgeprågte Syndesmophyten diese dosierte Frakturierung verhindern, muss zunåchst eine ventrale Osteotomie durchgefçhrt werden. Die Spinalnerven mçssen wåhrend der gesamten Reposition vor Kompression geschçtzt werden. Nach vollståndiger Korrektur werden die resezierten Dornfortsåtze und das Osteotomiematerial auf die Laminae C7 und TH1 angelagert. Addi-
Ergebnisse der operativen Therapie Die operativen Ergebnisse der Kolumnotomie sind im Hinblick auf Patientenzufriedenheit, ossåre Fusionsrate, Schmerzreduktion, Aufrichtungsausmaû und Verbesserung der Lebensqualitåt erfreulich. Koh [17] beschreibt 10-JahresResultate in einer heterogenen Gruppe von Bechterew-Patienten mit Halswirbelsåulenoperation. 93% der Patienten waren mit dem operativen Eingriff zufrieden, bei 81% der Patienten kam es zur Schmerzreduktion. Sowohl die konservative als auch die operative Therapie von HWS-Frakturen bei Morbus Bechterew zeigen gute Ergebnisse. Die Gesamtmortalitåtsrate liegt aber aufgrund der zahlreichen Komplikationsmæglichkeiten bei ca. 5%, sodass eine strenge Indikationsteilung speziell fçr zervikale Kolumnotomien indiziert ist.
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Brust- und Lendenwirbelsåule P. Metz-Stavenhagen, S. Krebs
Im Rahmen der entzçndlich-rheumatischen Erkrankungen ist nach der rheumatoiden Arthritis die Spondylitis ankylosans die zweithåufigste chronisch-entzçndliche rheumatische Erkrankung. Konzentriert sich der Befall des Achsenskeletts bei der rheumatoiden Arthritis auf die Halswirbelsåule, hier bevorzugt auf den zerviko-okzipitalen Ûbergang, so steht im Bereich der Brustund Lendenwirbelsåule schon rein numerisch die ankylosierende Spondylitis mit all ihren Variationen weit im Vordergrund.
Rheumatoide Arthritis Im Gegensatz zum nahezu regelmåûigen Befall der Metakarpophalangeal-, der proximalen Interphalangeal- und der Metatarsophalangealgelenke, aber auch dem håufigeren Befall anderer groûer Gelenke und der Halswirbelsåule, ist eine relevante Beteiligung der Brust- und Lendenwirbelsåule bei der rheumatoiden Arthritis vergleichsweise selten. Auch die Ausprågung der Låsionen in diesen Wirbelsåulenabschnitten und letztendlich hieraus resultierende Beschwerden sind bei diesen Patienten håufig zweitrangig. Sind die Brust- und Lendenwirbelsåule jedoch beteiligt, dann sind in der Regel hauptsåchlich die diskoligamentåren Strukturen durch die entzçndlichen Verånderungen betroffen und kænnen zu lokalen Instabilitåten und Formverånderungen fçhren, die sich bevorzugt durch eine lokale Schmerzsymptomatik åuûern, aber auch bis hin zur Spinalkanalstenosesymptomatik gehen kænnen. Komplikationen bei rheumatoider Arthritis mit Befall der Wirbelsåule kænnen der Ûbergang in eine septische Arthritis sein, konsekutiv bis hin zum epiduralen Abszess. Auch Myelopathien durch Kompressionen, z. B. im Brustwirbelsåulenbereich aufgrund intraspinaler Rheumaknoten wurden beschrieben. Pathologi-
sche Frakturen bei rheumatoider Arthritis mit lumbaler Manifestation sind mæglich. Insgesamt sind dies aber Ausnahme- und Einzelfålle. In der Regel stehen Probleme, wie sie auch bei degenerativen Lendenwirbelsåulenleiden vorkommen, im Vordergrund. Bei schwereren, auch operationswçrdigen Befunden handelt es sich oft um ein Mischbild aus rheumatoiden und degenerativen Verånderungen; somit werden selten jçngere Patienten mit rheumatoidem Befall der Wirbelsåule beobachtet. Bei der juvenilen chronischen Polyarthritis ist eine Mitbeteilung des Achsenorgans ein rares Phånomen.
Seronegative Spondarthritiden Die seronegativen Spondylarthropathien (ankylosierende Spondylitis, Psoriasis-Arthritis, Reiter-Syndrom, enteropathische Arthropathien) zeichnen sich durch inflammatorische Låsionen der Iliosakralgelenke, der Wirbelsåule und/oder der peripheren Gelenke aus, assoziiert mit dem Fehlen von Rheuma- und antinukleåren Faktoren. Håufig ist eine Mitbeteiligung der stammnahen und groûen Gelenke gegeben. So selten das in unserer Vorstellungswelt klassische Vollbild der Spondylitis ankylosans mit massiver Totalkyphose, Bambusstabwirbelsåule und begleitender Iritis tatsåchlich vorkommt, so wenig gelingt immer eine klare Abgrenzung gegençber anderen seronegativen Spondarthritiden. Der Befall der Wirbelsåule im Sinne der Spondylitis psoriatica wird auf 5±10% eingeschåtzt. Soll auch beim primår diagnostizierten Morbus Crohn oder der Colitis ulcerosa ein Wirbelsåulenbefall insgesamt relativ selten vorkommen, ist umgekehrt bei der ankylosierenden Spondylitis eine intestinale Beteiligung oder Empfindlichkeit recht håufig. Im Rahmen der Genforschung wachsen die Kenntnisse ± z. B. assoziiert eine hohe Inzidenz von Spondylitis an-
Brust- und Lendenwirbelsåule
kylosans mit Morbus Crohn bei vorliegenden HLA-Pheno-Typen B27 und B44 ± im klinischen Alltag ist aber eine klare Abgrenzung der enteropathischen Spondylarthropathien nach wie vor nicht mæglich. Gemeinsam ist den genannten Erkrankungen die zwischen 70 und 96% liegende hohe Assoziation mit dem Histokompatibilitåtsantigen HLA-B27. Obwohl auch unter radiologischen Aspekten eine Differenzierung der seronegativen entzçndlich-rheumatischen Erkrankungen mit Befall der Brust- und Lendenwirbelsåule mæglich ist, scheint unter praktischen wirbelsåulenchirurgischen Gesichtspunkten eine Zusammenfassung sinnvoll. Auch die Beobachtung, dass eine ausgeprågtere Erscheinung des Krankheitsbildes bei Bechterew-Patienten mit intestinaler Beteiligung vorliegt, sollte unter dem Aspekt der mangelnden, zum Teil aber auch irrelevanten Differenzierungsmæglichkeit gesehen werden.
Spondylitis ankylosans Definition, Inzidenz und Pråvalenz Die ankylosierende Spondylitis ist eine chronisch-fibrosierende ankylosierende Entzçndung, die vorwiegend die Iliosakralgelenke, die Wirbelsåule und die groûen stammnahen Gelenke befållt. Relativ håufig ist auch die asymmetrische Oligoarthritis peripherer Gelenke der unteren Extremitåten. Eine Manifestation an inneren Organen, wenn auch meist in milderer Form, ist ebenfalls nicht selten.
Klinisches Erscheinungsbild, Stadieneinteilung Im Initialstadium liegen eher unspezifische allgemeine Krankheitszeichen mit diffusen Gelenk- und Muskelschmerzen wie Mçdigkeit und allgemeiner Abgeschlagenheit etc. vor. Zunehmend kommt es aber zum Auftreten von meist zunåchst einseitigen, dann beidseitigen pseudoischialgiformen Beschwerden. Radiologische Zeichen fehlen anfangs, spåter sind dann zunehmende Verånderungen, zunåchst an den Kreuzdarmbeingelenken erkennbar. Das folgende Wirbelsåulenstadium ist durch eine Manifestation der Erkrankung am Achsenorgan gekennzeich-
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net. Nach immer håufiger auftretenden, zum Teil Wochen und Monate andauernden Schçben, kommt es zu zunehmendem Funktionsverlust, zunåchst der lumbalen Abschnitte der Wirbelsåule, dann bei ca. einem Viertel der Betroffenen zur kompletten Einsteifung. Nach oft jahrzehntelangem Verlauf mçndet die Krankheit dann in ein Spåt- oder Endstadium. Die Entzçndungsaktivitåt geht deutlich zurçck, die Erkrankung ist ¹ausgebranntª. Neben den bereits genannten, eher unspezifischen Prodromi gelten als typische Krankheitszeichen der tiefsitzende, vor allem nachts und in den frçhen Morgenstunden verstårkte Kreuzschmerz, einhergehend mit Morgensteifigkeit. Periphere Arthritiden treten ca. bei der Hålfte der Betroffenen auf. Ebenso sind Fersenschmerzen, Enthesiopathien anderer Lokalisationen und eine Mitbeteiligung der Rippengelenke und der sternomanubrialen Synchondrose håufig. Hieraus resultieren Thoraxschmerzen und eine messbare Minderung der Atemexkursion. Auch resultiert aus einem begleitenden Organbefall, z. B. im Sinne der interstitiellen Lungenfibrose, eine zum Teil erhebliche Minderung der pulmonalen Funktion. Aufgrund der fehlenden Elastizitåt, gepaart mit mangelhafter Knochenqualitåt der vællig eingesteiften und entzçndlich verånderten Wirbelsåule, kænnen zum Teil geringfçgige Traumen bereits zu Frakturen fçhren. Die Prådilektionsstellen sind der zervikothorakale und der thorakolumbale Ûbergang. Oftmals handelt es sich um schwerste, die ganze Zirkumferenz betreffende Verletzungen, håufig mit Dislokationen einhergehend, zumal aufgrund der krankheitstypischen Verånderungen das Mehrsåulenprinzip keine Gçltigkeit mehr hat. Bei der wegen der Fragmentverschiebung meist deutlichen Instabilitåt ist eine neurologische Symptomatik bis hin zur kompletten Querschnittlåhmung nicht selten. Die operative Intervention ist daher håufig unumgånglich. Oftmals bestehen gerade im Bereich von Anderson-Låsionen, entweder aufgrund der Entzçndungsaktivitåt, aber auch der persistierenden Instabilitåt erhebliche Schmerzen. Auch die durch den Rumpfçberhang bedingten Fehlbelastungen kænnen zu chronischen Irritationen und ganz erheblichen Schmerzen in den noch mobilen Anteilen der Halswirbelsåule oder an anderen Wirbelsåulenabschnitten fçhren. Betroffen ist hierbei håufig der zervikookzipitale Ûbergang.
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Ob die auffållige Koindizienz von chronisch entzçndlichen Darmerkrankungen als håufige Begleiterscheinung bei Spondylitis ankylosans gewertet wird oder ob das Krankheitsgeschehen als eigene Entitåt im Sinne der enteropathischen Spondarthropathien gesehen werden muss, sei dahingestellt. Eine intestinale Beteiligung jedenfalls ist erfahrungsgemåû als ungçnstiges prognostisches Kriterium zu werten. Durch eine zunehmende Totalkyphosierung, bei einem kleinen Patientenanteil bis hin zu grotesken Ausmaûen, kommt es zu einer Absenkung der Blickachse. Trotz verschiedenster Kompensationsmechanismen wie Hyperlordosierung, Seit- und Schråghaltung der Halswirbelsåule sowie zunehmender Beugung in Hçft- und Kniegelenken mit einhergehenden Kontrakturen kann letztendlich ein Ausgleich des Blickwinkelverlustes nicht mehr erreicht werden. Nicht nur das åuûere Erscheinungsbild, sondern auch die durch die Blickachsenabsenkung reduzierte Mæglichkeit der zwischenmenschlichen Kontaktaufnahme zwingt die Patienten zunehmend in die soziale Isolation (¹Ich habe in den letzten 20 Jahren nur noch Ameisen gezåhltª) (Abb. 1 a, b).
Diagnostik Klinische Untersuchung Zur Beurteilung einer Operationsindikation spielen das Ausmaû und die Lokalisation der Kyphose eine sehr wichtige Rolle. Im eigenen Patientengut lag bei 80% der Totalkyphosen der Scheitelpunkt çber dem thorakolumbalen Ûbergang. Nur 10% der Patienten hatten rein thorakale, teils bis in den zervikalen Bereich reichende Kyphosen und nur ca. 2% eine rein lumbale Kyphose. Die Lokalisation der Krçmmung ist im Hinblick auf die auszuwåhlende Osteotomiehæhe von Bedeutung. Die Blickachsenausmessung muss bei durchgestreckten Kniegelenken mit dem Rçcken zur Wand, wenn nætig, mit Hilfestellung erfolgen. Fl che zevikale (Abstand Wand±Dornfortsatz C7) als auch Fl che okzipitale (Abstand Wand± Hinterhaupt) sind in gleicher Position zu messen. Neben der Messung der Vitalkapazitåt, die håufig mehr als 50% unter der Norm liegt, ist eine Beschreibung der Gelenkbeweglichkeit und die Beurteilung der Hautstrukturen auch im Hinblick auf eine postoperative åuûere Ruhigstellung notwendig. Die Stehgræûenmessung bleibt zweitrangig, kann aber im postoperativen Verlauf zur Verbesserung der psychischen Befindlichkeit des Patienten durchaus hilfreich sein. Aufgrund der bereits o. g. Thoraxstarre zeigen die Patienten eine typische Bauchatmung mit vorgewælbten Bauchdecken. Eine augenårztliche Untersuchung sowie eine internistische Beurteilung der kardio-pulmonalen Situation und des Intestinums mit Abdomensonographie, Echokardiographie, gegebenenfalls auch endoskopischer Diagnostik werden vor einer Operation routinemåûig gefordert.
Bildgebende Diagnostik
Abb. 1 a, b. Die Absenkung der Blickachse wird zunehmend durch Beugekontrakturen in den Hçft- und Kniegelenken, durch Seit- und Schråghaltung der Halswirbelsåule bis hin zu teilweise grotesken Deformierungen kompensiert. Bei dieser Patientin besteht zusåtzlich ein Morbus Crohn; die Anlage eines Anus praeter war notwendig geworden.
Wirbelsåulenganzaufnahmen in 2 Ebenen werden nicht nur zur Beurteilung und Vermessung der Deformitåten benætigt, sondern auch zur Bestimmung der Wirbelsåulenimbalance. Ob hier zur exakten Ausmessung der Lotlinie Becken und Schådel mitgeræntgt werden, bleibt der Erfahrung des einzelnen Untersuchers çberlassen. Falls Zweifel çber den Ossifikationstyp oder das Vorliegen anderer Verånderungen (z. B. Anderson-Låsion, Romanus-Låsion) oder Art und Ausdehnung der syndesmophytåren Verån-
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Abb. 2. Durch ausgeprågte Beugekontrakturen mit Fehlbelastung, aber auch wegen der begleitenden rheumatoiden Koxitis sind mitunter erhebliche Hçftgelenkdestruktionen gegeben. Gut zu erkennen sind auch die vælligen Verlætungen der Iliosakralfugen. Abb. 3. Spondylarthrotischer Typ
derungen bestehen, kænnen Zielaufnahmen hilfreich sein. Obligatorisch sind Hçft- und Kniegelenkaufnahmen zur Darstellung von begleitenden Gelenkdestruktionen und Beugekontrakturen. Auch auf eine Darstellung der Halswirbelsåule und gegebenfalls gezielt des zervikookzipitalen Ûberganges sollte nicht verzichtet werden. Zusåtzliche Schichtaufnahmen, insbesondere die Mittelschicht, sind oft die einzige Methode, um ossår destruierende Verånderungen festzustellen. Eine Beurteilung mittels Magnetresonanztomographie ist håufig nicht mæglich, da die Patienten aufgrund der schweren, rigiden Deformierungen nicht in den geschlossenen Kernspintomographen passen. Gegebenenfalls muss hier das offene MRT weiterhelfen. Panmyelographien sind aufgrund der ausgeprågten Verknæcherungen, auch des gelben Bandes, technisch schwierig durchfçhrbar. Die Skelettszintigraphie gibt wertvolle Hinweise auf noch bestehende Aktivitåten des Krankheitsprozesses und vor allem, im Hinblick auf ein operatives Vorgehen, çber mægliche Anderson-Låsionen und Instabilitåten (Abb. 2).
Radiologische Stadieneinteilung Bereits anhand der A.p.- und Seitaufnahmen der Wirbelsåule sind die unterschiedlichen Ossifikationstypen in den meisten Fållen recht gut bestimmbar. Typ I ist der rein dorsale spondyl-
Abb. 4. Ostotischer Typ
arthritische Typ mit Befall der kleinen Wirbelgelenke, der dorsalen interspinæsen Bånder und des gelben Bandes. Typ II a und II b beschreiben den inkompletten und kompletten spondylotischen anulåren Typ und Typ III a und III b den teilweisen oder totalen ostotischen Typ, welcher hinlånglich als Bambusstabwirbelsåule beschrieben wurde (Abb. 3 und 4).
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Operationsindikation
Operative Korrekturmethoden
] Schmerzbedingte Indikation. Ursachen fçr die schmerzbedingte Indikationsstellung sind oft sekundåre lokale Instabilitåten, Anderson-Låsionen, Frakturen, aber auch Beeintråchtigungen und Schmerzen in den anhångigen groûen Gelenken, insbesondere den Hçft- und Kniegelenken. Bei noch beweglicher Halswirbelsåule sind lokale Schmerzen weniger Ausdruck der noch bestehenden entzçndlichen Restaktivitåt, als vielmehr Zeichen einer chronischen Verspannung und Ûberbeanspruchung der Muskulatur. Diese kænnen durch Korrekturen in den versteiften/deformierten Wirbelsåulenabschnitten çber eine Verbesserung der Statik behoben werden.
Historische Entwicklung
] Soziale Indikation. Auffållig ist, dass die Patienten oft erst nach Abschluss des rheumatologischaktiven, entzçndlichen Krankheitsstadiums zur operativen Behandlung kommen. Dies ist in der Regel in der 4. oder 5. Lebensdekade der Fall. In diesen ausgebrannten Stadien spielen Schmerzen håufig eine untergeordnete Rolle. Die soziale Ausgrenzung aufgrund des åuûeren Erscheinungsbildes und fehlenden Blickkontakts sind fçr die meisten Patienten erheblich belastender.
Operationsziel Das Ziel der operativen Korrektur der Totalkyphose ist die Wiedererlangung einer normalen physischen und psychischen Balance. Die Horizontalisierung der Blickachse ermæglicht die von den Patienten oft jahrzehntelang vermisste direkte Kontaktaufnahme. Gemeinsam mit der Wiederherstellung eines aufrechten åuûeren Erscheinungsbildes ist die Integration in das soziale Umfeld wieder mæglich. Eine Schmerzreduzierung wird durch die Entlastung von Muskeln, Båndern und Sehnen infolge des biomechanischen Ausgleichs des Achsenorgans erreicht. Unphysiologische Belastungen und damit verbundene Zug- und Scherkråfte werden reduziert. Hierdurch wird wiederum ein Aufbau der Knochenmasse induziert und damit das Frakturrisiko deutlich gemindert. Die Korrektur der Wirbelsåulendeformitåt bedeutet gleichzeitig prophylaktische Vermeidung anhaltender Fehlbelastungen, z. B. der Hçft- und Kniegelenke. Eine endoprothetische Versorgung kann mæglicherweise hinausgezægert oder ganz vermieden werden.
Bereits vor 50 Jahren wurde in Amerika durch Smith-Peterson und Mitarbeiter, Briggs u. a., sowie in Europa durch Herbert [9] und LaChappell [14] versucht, die kyphotisch deformierte Wirbelsåule bei Patienten mit Spondylitis ankylosans aufzurichten. Hierbei wurden zur Ausnutzung des groûen Hebelarms die Osteotomien im lumbalen Bereich durchgefçhrt. Aufgrund fehlender instrumenteller Mæglichkeiten und Fixierungen traten hierbei bekanntlich erhebliche, auch neurologische, Komplikationen auf. Durch das Aufreiûen der ventralen Syndesmophyten kam es teilweise zu massiven Luxationen. Ventrale Osteotomien waren aufgrund der Nachblutungstendenz mit anhaltender abdomineller Problematik behaftet und wegen der håufig erforderlichen Revisionseingriffe gefçrchtet. Um diese Komplikationen zu verhindern, berichteten Ziwjan [37], spåter Yau und Leong [16] çber die Entnahme von dorsalen Keilen, wobei die Hinterwand des Wirbelkærpers mitentfernt wurde, um den Drehpunkt der Korrekturosteotomie weiter nach ventral verlagern zu kænnen. Aber auch nun waren die Probleme bei noch nicht ausreichend belastungsstabilen Osteosynthesen nicht zufriedenstellend gelæst. Eine andere monosegmentale Korrektur unter Ausnutzung eines groûen Korrekturhebels wurde von Wilson und Lewine [36] beschrieben, die den Korrekturdrehpunkt noch weiter nach kaudal legten und eine ventral aufklappende Osteotomie am Becken durchfçhrten. Nachdem Simmons [30] vor 30 Jahren erstmals çber eine implantatgestçtzte Korrektur in Verbindung mit Harrington-Kompressionsståben berichtete, wurde dann von Zielke und Pçschel [23] zu Beginn der 80er Jahre die mehrsegmentale Korrekturosteotomie nach dem Prinzip von Smith-Peterson [32] in Verbindung mit soliden, transpedikulår verankerten Implantaten propagiert. All diese Korrekturen wurden im lumbalen oder lumbosakralen Bereich vorgenommen, um den langen Hebelarm auszunutzen und insbesondere das neurologische Risiko zu reduzieren. Bei stårkergradig ausgeprågten Kyphosierungen im hochthorakalen und HWS-Bereich wurde von Mason [17] und von Urist [34] eine tiefzervikale dorsale Korrektur ebenfalls çber Keilosteotomie erreicht. Die Korrektur wurde bis
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zur Ausheilung im Halo-Rumpfgips gehalten. Limitierend war und ist bei dieser Korrekturform jedoch das relativ hohe neurologische Risiko.
Biomechanische Korrekturprinzipien Prinzipiell gibt es zwei Mæglichkeiten, eine Kyphose der Wirbelsåule aufzurichten: Die ventrale Distraktion und die dorsale Kompression oder auch eine Kombination der beiden Verfahren. Besteht keine ausreichende Flexibilitåt, wie dies bei der Totaleinsteifung im Rahmen des Morbus Bechterew gegeben ist, mçssen Osteotomien durchgefçhrt werden. Bedingt durch die bei langem Hebelarm effektiveren Korrekturmæglichkeiten und vor allem zur sicheren Schonung der neurologischen Strukturen ist die mittlere Lendenwirbelsåule hierfçr am geeignetsten. Auch gestattet die hæhere Stabilitåt der lumbalen Wirbel græûere Korrekturkråfte. Bei entsprechenden Proportionen sind die Pedikelschrauben einfacher und sicherer einzubringen. Aufgrund eines entzçndlichen Mitbefalls der Kostotransversalgelenke, aber auch der kostomanubrialen Verbindungen liegt bei fortschreitender Bechterew-Erkrankung eine ausgeprågte Thoraxstarre vor. Nicht nur aus diesem Grunde sind Korrekturen im Thorakalbereich aufwendig und wenig effektiv. Selbst bei zusåtzlichen Rippenosteotomien und begleitendem dorsalen Release verlaufen Repositionsmanæver zu abrupt und wenig planbar. Auch aufgrund der vorgegebenen anatomischen Verhåltnisse kann es somit leichter zu Irritationen neuraler Strukturen kommen. Græûere Korrekturmæglichkeiten sind dann wieder im unteren Halswirbelsåulenbereich gegeben, zumal dort die zusåtzlich stærende Fixierung durch den Thorax nicht besteht. Aber auch wegen der relativen Weite des Spinalkanals und des extravertebralen Verlaufs der Arteria vertebralis erscheint der zervikothorakale Ûbergang fçr eine Osteotomie geeignet. Aufgrund der bereits erwåhnten neurologischen Komplikationsmæglichkeiten sollten aber die Indikationen hier streng gestellt werden.
Bedeutung der Implantate bei der Korrektur der Totalkyphose Am Anfang der operativen Kyphosebehandlung bestanden keine internen Fixationsmæglichkeiten. Auch mit den spåter angewandten einfachen, nicht transpedikulåren Instrumentationen traten håufig Probleme infolge der ungençgenden Stabi-
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litåt mit nachfolgenden Pseudarthrosen oder Korrekturverlusten auf. Je nach Ausmaû der ventralen Verknæcherungen wurden bei der in der Regel schlechten Knochenqualitåt håufiger Ausrisse der Implantate bereits wåhrend der intraoperativen Korrekturphase beobachtet. Mit Einfçhrung der Pedikelschrauben in die Wirbelsåulenchirurgie konnten in vielen Fållen diese Probleme çberwunden werden. Durch weitere Modifikationen der Operationstechnik sind mittlerweile auch sehr rigide Kyphosen trotz reduzierter Knochenqualitåt operabel. Ein Implantatversagen, insbesondere das Auswandern der Schrauben bei der Kyphosekorrektur, ist aber immer noch eines der hauptsåchlichen technischen Probleme. Das Thema ¹steife versus flexible Implantateª wird nach wie vor kontrovers diskutiert. Die Anwendbarkeit rigider Implantate ist allerdings trotz verbesserten Schraubendesigns mit hæherer Auszugskraft limitiert. Die Annåherung der Wirbelsåule an das vorgeformte Implantat erfordert teilweise erhebliche Kråfte, die die Ausreiûkraft der Pedikelschrauben çberschreiten kænnen. Das zu erzielende Korrekturausmaû wird somit auch vom Implantat bestimmt.
Pedikelschrauben Die Anwendung von Pedikelschrauben hat sich in den letzten Jahren, zumindest in Europa, auch im Bereich der Brustwirbelsåule weitgehend durchgesetzt. Die angewandte Technik bezieht sich in den meisten Fållen auf das von Roy-Camille [26] und spåter von Weinstein modifizierte Vorgehen. Hier wird ein streng intrapedikulårer Verlauf der Schraube angestrebt. In unserer Klinik hat sich seit mehr als 10 Jahren eine extrapedikulåre Technik durchgesetzt, die sowohl operationstechnische als auch biomechanische und zeitliche Vorteile bringt. Hierbei liegt der Eintrittspunkt lateral im Bereich des Processus transversus. Die Schraube wird dann in konvergierender Richtung eingedreht, bei der sie teilweise durch die Rippe låuft und ventral im Bereich des Kostotransversalgelenks in den Wirbelkærper eintritt. Durch den deutlich græûeren Abstand der Schraube zum Spinalkanal resultiert eine hæhere Sicherheit, vor allem bezçglich der neuralen Strukturen, im Vergleich zu der streng intrapedikulåren Technik. Zudem werden bei dieser Technik mehrere kortikale Bereiche von den Schrauben durchquert. Dies fçhrt zu einer signifikanten Erhæhung der Auszugskraft.
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Korrektur der Totalkyphose bei mobilen ventralen Strukturen (polysegmentale Korrektur) Bei Fållen mit geringerem Befall der ventralen Strukturen, somit hauptsåchlich beim spondylarthritischen und dem leichteren anulåren Typ (Typ I und Typ II a der Spondylitis ankylosans), ist die dorsale polysegmentale Korrektur am effektivsten. Durch V-færmige Osteotomien, welche die ankylosierten kleinen Gelenke eræffnen und erweitern, und Resektionen des verknæcherten Ligamentum flavum bis zu den angrenzenden Dornfortsåtzen werden Råume zur Korrektur geschaffen. In der Regel werden 4±6 Osteotomien (Th12-L4) durchgefçhrt. Die Korrektur kann nun segmental çber Pedikelschrauben erfolgen. Durch Einbringen eines flexiblen 4-mm-Gewindestabes und zentripetales Andrehen der Gewindestabmuttern kann eine harmonische Korrektur unter gleichmåûiger Belastung aller Pedikelschrauben erfolgen. Zusåtzlich wird die Korrektur durch Anwendung eines speziellen Operationstisches und sukzessives Aufrichten desselben unterstçtzt. Auf diesem Operationstisch erfolgt die Abstçtzung çber Sternum und Symphyse. Der Bauch hångt, auch zur Vermeidung intraabdomineller Drucksteigerung und somit Minderung von Blutungen, frei. Durch entsprechende Korrektur des Operationstisches wird die Kyphose mitaufgerichtet und somit die Instrumentation erheblich entlastet. Bei der polysegmentalen Korrektur erfolgt die Pedikulierung kaudal obligatorisch bis zum Kreuzbein und kranial in Abhångigkeit vom Ky-
Abb. 5 a±h. Polysegmentale Korrektur bei ausgeprågter Totalkyphose mit allerdings noch mobilen ventralen Strukturen, wie auch in der Schemazeichnung dargestellt. Neben der kompletten Wiederaufrichtung ist eine physiologische Ausrichtung des sagittalen Lotes gelungen.
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phosescheitel. Dieser sollte von der Instrumentation çberbrçckt werden. Entscheidend fçr eine primår ausreichende Stabilitåt und Sicherung einer regelrechten knæchernen Ausheilung sind der feste Verschluss der Osteotomielçcken, die Ausrichtung der Pedikelschrauben und die Winkelstabilisierung durch festes Kontern der Gewindestabmuttern (Abb. 5 a± h).
Korrektur der Totalkyphose bei komplett eingesteifter ventraler Såule (monosegmentale Korrektur, ¹closing wedgeª) Bestehen auch ventral fortgeschrittene Verknæcherungen im Sinne von partiellen oder totalen ostotischen Ossifikationen (Typ III a und III b) und liegt eine fehlende Mobilitåt der intersegmentalen Råume vor, kann ein polysegmentales Vorgehen entweder zum Implantatversagen oder, was noch gravierender wåre, zu einer unkontrollierten Sprengung mit Aufklaffen und gegebenenfalls intersegmentaler Dislokation fçhren. Mægliche Komplikationen sind hierbei eine bleibende
Abb. 6 a±g. Monosegmentale Korrektur: Bei sorgfåltiger Vorgehensweise und mit entsprechender Technik sind auch stabile Korrekturen von çber 408 mæglich.
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Instabilitåt oder die Verletzung neuraler Strukturen. Hehne [7] hat dies bereits bei einer Auswertung von 100 Fållen aufgezeigt. Bei 7 von 47 korrekt multisegmental durchgefçhrten Osteotomien verlief die Korrektur nur çber ein Segment. Es kam zu Subluxationen mit Gefåhrdung neurologischer Strukturen und zum Teil ausgeprågten Instabilitåten. Bei diesem Typ der ankylosierenden Spondylitis nehmen wir eine monosegmentale, von dorsal weit nach ventral keilfærmig verlaufende Osteotomie vor. Dieses Korrekturprinzip wurde erstmals von Ziwjan [37] und spåter von Hsu, Yau und Leong [16] beschrieben. Da hierbei aber auch zum Teil erhebliche Komplikationen mit unkontrollierten Zerreiûungen, Dislokationen und abdominellen Blutungen vorkamen, haben wir dieses Prinzip weiter modifiziert. Durch komplette Resektion der Lamina, einschlieûlich eines Anteils des kranialen und kaudalen Dornfortsatzes mitsamt den verknæcherten dorsalen Bandstrukturen, vollståndige Pedikelresektion und keilfærmige, weit nach ventral reichende
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Resektion der Hinter- und Seitenwand des Wirbelkærpers wird der Drehpunkt der Osteotomie sehr weit nach anterior verlagert. Durch die sehr umfassende, bis an das vordere Långsband reichende, gezielte Schwåchung der Strukturen kann ein gleichmåûiges und kontrolliertes Schlieûen der Osteotomie bewirkt werden. Die Osteotomieflåchen treffen in jedem Abschnitt (Dornfortsatz, Lamina und Wirbelkærper) harmonisch aufeinander. Problematisch bleibt bei der monosegmentalen Korrektur die stabile Fixierung mit geeigneten Implantaten. Zum einen sind hier rigide Materialien erwçnscht, um die riesigen Hebel- und Korrekturkråfte in nur einem Segment abzufangen und ein rotationsstabiles Konstrukt zu bilden. Zum anderen wåren, zumindest wåhrend der Korrekturphase selbst, elastischere ¹mitschwingendeª Ståbe sinnvoll, um eine bessere Kraftumverteilung auf die Pedikelschrauben zu gewåhrleisten und somit deren Auswandern zu verhindern. In der Praxis bedeutet dies die Verwendung von semirigiden Ståben çber mehrere Segmente (2 oberhalb, 2 unterhalb der Osteotomie). In Abhångigkeit der Knochenqualitåt und des geplanten Korrekturumfanges ist aber auch die rein monosegmentale Stabilisierung çber einen winkelstabilen Fixateur mæglich (Abb. 6 a±e).
Korrektur im zervikothorakalen Ûbergang gegeben. Das in der Vergangenheit durchgefçhrte, noch håufiger beschriebene dorsale Verfahren nach Mason [17] und nach Urist [34] kann wegen seiner starken Belastung wåhrend der Operation und den zum Teil sehr abrupten Korrekturmanævern mit damit verbundenem hohen neurologischen Risiko nicht mehr empfohlen werden. Wir korrigieren çber nach wie vor monosegmentale, aber auch çber polysegmentale dorsale Osteotomien. Dabei erfolgt die Korrektur entweder schrittweise in den ersten postoperativen Tagen çber Halo-Body-Cast. Oder die Korrektur und innere Fixation wird direkt vorgenommen çber die Verankerung von Schrauben (3,5±4,5 mm Durchmesser) im Gelenkfortsatzmassiv der Halswirbelsåule und Pedikelschraubenverankerung in Th1 und Th2. Die Aufrichtung kann hierbei kontrolliert und sicher durch sukzessives, zentripetales Andrehen der Gewindestabmuttern durchgefçhrt werden. Die Primårfixation liegt intern. Bis zur knæchernen Ausheilung gençgt die zusåtzliche åuûere
Korrektur der Totalkyphose mit zervikothorakaler Komponente Bei Kyphosierungen im Halswirbelsåulenbereich handelt es sich in den meisten Fållen nur um eine Abflachung oder Aufhebung der Lordose. Ursåchlich sind hauptsåchlich traumatische oder osteoporotisch bedingte Frakturen des zervikothorakalen Ûbergangs. Die Korrektur dieser kyphotischen Komponente ist nur bei stårkster Ausprågung zwingend erforderlich, wenn z. B. Probleme bei der Nahrungsaufnahme durch einen erheblich verminderten Kinn-Sternum-Abstand auftreten oder gar durch direktes Aufliegen eine Mazeration der Haut und Weichteile entstanden ist. Anderenfalls kann durch eine thorakolumbale Hyperlordosierung die zervikothorakale Kyphosierung ausreichend kompensiert werden. Liegt allerdings nach Ausschæpfen des lumbalen Korrekturpotentials noch eine erhebliche zervikothorakale Kyphosierung vor mit Absenkung der Blickachse, persistierender Schmerzsymptomatik (typischerweise im zervikookzipitalen Bereich) ist die relative Indikation zur
Abb. 7 a±h. Beispiel einer Korrektur und Stabilisierung im zervikothorakalen Ûbergangsbereich.
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Abb. 7 e±h
Abstçtzung mit einer einfachen Halskrawatte (Abb. 7a±h).
Anderson-Låsion Bei der Differenzierung der Anderson-Låsion wird von 2 Typen ausgegangen: 1. Zum einen dem so genannten entzçndlichen Typ mit zum Teil ausgeprågtem Granulationsgewebe, welches gelegentlich den Grad tumoråhnlicher Zerstærungen erreichen kann. Dieser Typ tritt håufiger in den floriden Anfangsstadien der Erkrankung auf, wenn diese noch in Schçben verlåuft. Die Totalkyphose ist dann durch die additive segmentale Kyphosierung oft sehr progredient. 2. Zum anderen unterscheidet man den håufiger zu beobachtenden nicht entzçndlichen Typ. Im fortgeschrittenen Erkrankungsstadium mit bereits vollståndig ankylosierter entkalkter Wirbelsåule handelt es sich hier um die pseudarthrotische Umwandlung eines trans-
diskalen oder transvertebralen Ermçdungsbruchs. Durch die permanente Instabilitåt treten håufig starke Schmerzen auf, auch ist eine plætzliche Dekompensation mit Zunahme der Totalkyphose und den bereits geschilderten Komplikationen mæglich. Bei der operativen Stabilisierung einer solchen Anderson-Låsion ist natçrlich zu berçcksichtigen, dass nach einer entsprechend sorgfåltigen Dekompression der neurologischen Strukturen ein nicht unerhebliches Korrekturpotential im Bereich der Anderson-Låsion gegeben ist, da obligatorisch auch eine ventrale Lockerung vorliegt. Umgekehrt muss bei operativer Korrektur der Totalkyphose eine ebenfalls vorliegende Anderson-Låsion mitberçcksichtigt und stabilisiert werden ± zumindest sollte die Instrumentation çbergreifend erfolgen. Im Einzelfall, besonders bei sehr deutlichem Klaffen der ventralen Strukturen, wird die zusåtzliche anteriore intersomatische Fusion notwendig (Abb. 8a±c).
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Abb. 8 a±c. Typische Anderson-Låsion. Gut zu erkennen ist die Beteiligung aller 3 Såulen. Wie myelographisch dargestellt, kommt es zu einer deutlichen Einengung des Spinalkanals. Bei
der monosegmentalen Aufrichtungsoperation wurde dieser Bereich mitstabilisiert. Auch eine zusåtzliche Korrektur war hier nach Dekompression mæglich.
Frakturen bei Spondylitis ankylosans
Ståben halten wir zur Vermeidung von Materialermçdungsbrçchen, insbesondere im belasteten thorakolumbalen Korrekturbereich, die åuûere zusåtzliche Fixierung nach wie vor fçr notwendig. In der Anfangszeit wird çber einen Zeitraum von 4 Monaten ein zirkulårer Gips getragen, dieses Material passt sich immer noch am besten der Kærperform an, gewåhrt somit eine sichere Stçtzung und hilft am besten, Mazerationen der bei dem rheumatologischen Krankengut empfindlichen Haut zur vermeiden. Danach wird eine Rumpforthese aus Kunststoff fçr weitere 3±4 Monate verordnet. Bei der monosegmentalen Korrektur mit groûen Osteotomieflåchen und hieraus resultierender schnellerer und sicherer Ausheilung gençgt eine Gesamtruhigstellungsdauer von 6 Monaten. Um Stressbewegungen im lumbosakralen Ûbergang so gering wie mæglich zu halten, werden die Patienten auûerdem dazu angehalten, tiefes Sitzen zu vermeiden. Bei zervikothorakalen Korrekturen bleibt eine Halo-Cast-Versorgung in der Regel zwischen 3 und 4 Monaten bestehen. Wird Osteosynthesematerial benutzt, gençgt das Tragen einer Halskrawatte çber einen Zeitraum von 8 Wochen.
Aufgrund fehlender Kompensationsmæglichkeiten der total eingesteiften Wirbelsåule kænnen bereits geringfçgige Belastungen oder Bagatelltraumen zu Frakturen fçhren. Die Prådilektionsstellen sind der zervikothorakale und thorakolumbale Ûbergang. In der Regel handelt es sich bei den Brçchen um Mehrsåulenverletzungen im biomechanischen Sinn. Diese Frakturen sind somit als hochgradig instabil anzusehen und kænnen auch in vielen Fållen zu neurologischen Symptomen bis hin zur kompletten Querschnittlåhmung fçhren. Aus diesen Grçnden ist zur adåquaten operativen Versorgung meist die dorsoventrale Stabilisierung und Fusion angezeigt. Im Einzelfall kann entschieden werden, ob gleichzeitig bei der Frakturversorgung eine Korrektur der Totalkyphose mit additiven Osteotomien erfolgen kann.
Nachbehandlung Insbesondere bei der polysegmentalen Korrektur mit den dabei verwendeten relativ dçnnen
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Diskussion Bei der operativen Therapie der Totalkyphose bei Spondylitis ankylosans geht es, wie bei anderen Formverånderungen auch, in erster Linie nicht um eine Verbesserung von Winkelgraden. Zwar sind ohne weiteres Korrekturen bis çber 458 sowohl bei poly- als auch monosegmentalem Vorgehen mæglich. Wichtiger ist aber die korrekte Wiederherstellung insbesondere des sagittalen Lots, d. h. die balancierte Einstellung des Kopfes çber Rumpf und Becken zur Vermeidung von Rekyphosierungen, aber auch zur Frakturpråvention. Die Korrektur der Totalkyphose sollte anatomisch und biomechanisch an der gçnstigsten Stelle vorgenommen werden. Dies ist aufgrund des langen kranialen Korrekturarmes die mittlere und obere LWS. Bei nicht ausreichender Aufrichtung in diesem Bereich ist additiv die Korrektur des zervikothorakalen Ûbergangs mæglich. Diese wird dann notwendig, wenn durch den verringerten Kinn-Sternum-Abstand der Patient bei der Nahrungsaufnahme beeintråchtigt ist oder gar eine Mazeration der Weichteile vorliegt. Bei derart ausgeprågten Deformationen handelt es sich meist um Folgen von unbemerkten Sinterungsfrakturen, oft nach Bagatelltraumen. Operationstechnisch ist zunåchst bei der Planung und Auswahl der Implantate die oftmals schlechte Knochenqualitåt der Patienten mit zu berçcksichtigen. Eine absolut sichere Verankerung der Implantate ist meist schwierig, die Korrekturkråfte mçssen deshalb çber mehrere Segmente verteilt werden. Nicht allein die richtige Auswahl des Schraubendurchmessers und ein spezielles Design fçhren zu einem besseren Halt der Schrauben. Auch andere operationstechnische Ûberlegungen, wie z. B. eine extrapedikulåre Schraubenlage im BWS-Bereich, ein gezielter Schraubenspitzenkontakt oder die Penetration der ventralen Kortikalis, kænnen zusåtzlich die Stabilitåt verbessern. Gerade bei der monosegmentalen Korrektur, bei der ja in einem relativ umschriebenen Bereich riesige Korrekturkråfte einwirken, wåre ein Implantatversagen im Sinne von Schraubenauslockerungen oder -ausrissen fatal. Der Nachteil primår stabilerer, aber zu rigider Implantate ist, dass hierçber eine sukzessive Korrektur, wie sie bei weichem Knochen und zur Vermeidung neurologischer Komplikationen geschehen sollte, nur schlecht mæglich ist. Zu
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flexible dçnne Ståbe wiederum kænnen den erheblichen, aus dem groûen Hebelarm resultierenden Kråften nicht ausreichend widerstehen und brechen. Semirigide Implantate, gepaart mit dreidimensionaler Korrekturmæglichkeit, haben sich am besten bewåhrt. Auch eine Kombination von polyaxialer Schraubenfunktion und multisegmentaler Kompressionskorrektur ist mæglich. Resultierend aus der Erfahrung von mehr als 700 Aufrichtungsoperationen ist es eine Tatsache, dass immer die Beschaffenheit des biologischen Materials letztendlich der limitierende Faktor ist, dem sich der Operateur anpassen muss. Ûber Erfolg und Misserfolg dieser anspruchsvollen Operationen entscheiden nicht nur Implantateigenschaften. Auch weniger starre, dafçr im Handling bessere Implantate zeigen sich deutlich çberlegen, wenn mit ihnen das Hauptziel erreicht wird, nåmlich die optimale Balancierung des Achsenorgangs, d. h. die Zentrierung des Kopfes çber Rumpf und Becken, sowohl in der sagittalen als auch in der frontalen Ebene. Hierdurch kænnen unphysiologische Zug- und Scherkråfte eliminiert werden. Dies ist eine Grundvoraussetzung, um ungçnstige Dauerbelastungen der Implantate zu vermeiden und eine schnelle, unkomplizierte Knochenheilung zu gewåhrleisten. Nichtimplantatabhångige Komplikationen entstehen aufgrund des entzçndlichen Charakters der Grunderkrankung, des oft reduzierten Allgemeinzustandes und auch infolge Kortisondauerbehandlung. Thrombosen treten gehåuft auf. Die Blutungsbereitschaft ist erhæht. Eine erhæhte Fragilitåt, auch der Gefåûe, ist gegeben. Bei krankheitsspezifischer pulmonaler, kardialer oder intestinaler Mitbeteiligung besteht auch diesbezçglich ein erhæhtes Operationsrisiko. Durch ein entsprechend sorgfåltiges prå- und postoperatives Management wurden aber auch diese Komplikationen in den letzten 10 Jahren auf ein Minimum reduziert. Græûere operationstechnisch bedingte neurologische Stærungen konnten jedenfalls in diesem Zeitraum bei çber 300 Operationen nicht mehr beobachtet werden. Ein weiterer gçnstiger Effekt durch die Aufrichtung einer Totalkyphose ist die Wiederherstellung einer physiologischeren Belastung fçr Hçft- und Kniegelenke. Durch die Aufrichtung des Beckens tritt eine Umverteilung der Belastungszonen am Hçftkopf- und Pfannenknorpel auf. Dies kann bei bereits deutlichen Knorpelarrosionen in den vormals tragenden Anteilen
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P. Metz-Stavenhagen, S. Krebs
den Effekt einer Umstellungsosteotomie haben. Dieses Phånomen wurde bei zahlreichen Patienten nach Aufrichtungsoperationen beobachtet. Die Besserung der Hçftgelenkbeschwerden und die oft wiedererlangte Beweglichkeit fçhrt håufig zur Verschiebung einer bereits geplanten endoprothetischen Versorgung. Auch bei schwereren Hçftgelenkzerstærungen mit zum Teil ausgeprågter Kontraktur der pelvitrochantåren Muskulatur und unumgånglicher endoprothetischer Versorgung schafft die Beckeneinstellung nach Aufrichtungsoperation bessere Voraussetzungen fçr eine regelrechte Lage und Verankerung einer Hçftgelenkendoprothese und hilft somit deren Langzeiterfolg zu sichern. Bei Befall der Hçftgelenke und Vorliegen einer Totalkyphose im Rahmen der Spondylitis ankylosans ist unseres Erachtens die Korrektur des Achsenorgans einer hçftendoprothetischen Versorgung zeitlich vorzuziehen. Fçr die Patienten selbst sind diese Betrachtungen und die darin enthaltenen biomechanischen Ûberlegungen eher zweitrangig. Durch die erfolgreiche Operation wird nach håufig jahrzehntelangem Leidensweg wieder ein normales Leben ermæglicht. Viele der Betroffenen schildern dies als zweite Geburt.
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Begutachtung
Begutachtung M. Lukoschek
Einfçhrung Im Vordergrund der Begutachtung stehen morphologisch-anatomische Befunde, die der Arzt den damit verbundenen Funktionseinbuûen zuordnet. Der Funktionsausfall wird entsprechend unterschiedlichen Anspruchsvoraussetzungen der Gesetzes- und Versicherungsvorgaben abgegolten. Dem Gutachter wird der Funktionsausfall gelegentlich vom Patienten in verringerter (Dissimulation), verdeutlicht (Aggravation) oder gar in fålschlicher Form (Simulation) vorgestellt. Deshalb muss der Gutachter morphologischanatomische Befunde, insbesondere bei rheumatischen Erkrankungen, folgerichtig dem damit verbundenen objektivierbaren Funktionsausfall zuordnen kænnen. So ist es auch notwendig, die Anspruchsvoraussetzungen zu kennen.
Anspruchsvoraussetzungen und Begriffsbestimmung Sozialgesetzgebung ] Gesetzliche Krankenversicherung. Arbeitsunfåhigkeit wird nachgewiesen durch årztliche Bescheinigung und besteht bis zur Wiederherstellung der Belastbarkeit am bisherigen Arbeitsplatz. Die stufenweise Wiederaufnahme der Arbeit ist in Absprache mit dem Versicherten, den Krankenkassen und dem Betrieb mæglich. Bis zur vollen Wiederherstellung der Arbeitsbelastbarkeit besteht Anspruch auf ambulante, ggf. stationåre Behandlung. ] Gesetzliche Rentenversicherung. Rehabilitation vor Rente ist ein Grundsatz der gesetzlichen Rentenversicherung, um ¹mit allen erdenklichen Mittelnª eine Wiedereingliederung in das Erwerbsleben zu erreichen. Unter Hinzuziehung
eines Rehabilitationssacharbeiters (Arbeitsamt) sind berufliche Maûnahmen anzuregen (Arbeitsbedingungen, Arbeitsplatzwechsel, Berufsfærderung etc.). Berufsunfåhigkeit besteht, wenn aus medizinischen Grçnden weniger als die Hålfte des Einkommens eines gesunden Versicherten mit vergleichbarer Ausbildung, vergleichbaren Fåhigkeiten und Kenntnissen erzielt werden kann. Bei mæglicher vollschichtiger Belastbarkeit ist Berufsunfåhigkeit kaum anzunehmen, da der Versicherte durch die Verwaltungsbehærde oder Gerichte auf die nåchstliegende Lohnstufe verwiesen werden kann. Erwerbsunfåhigkeit ist anzunehmen, wenn infolge Krankheit auf absehbare Zeit gewinnbringende Tåtigkeit in gewisser Regelmåûigkeit nicht auszuçben ist oder wenn nur noch geringfçgige Einkçnfte eigenståndig auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt erzielt werden kænnen. Im Gegensatz zur Berufsunfåhigkeit ist bei der Erwerbsunfåhigkeit der erlernte Beruf nicht von Belang, da fçr die Erwerbsunfåhigkeit der gesamte Arbeitsmarkt aller lohnbringenden Tåtigkeiten geprçft werden muss. ] Soziales Entschådigungsrecht. Das soziale Entschådigungsrecht kompensiert Gesundheitsschåden durch Krieg, Wehrdienst, Zivildienst, Impfschåden und Gewalttaten. Anspruch besteht bei Schådigungsfolgen, die zu einer mindestens 6-monatigen Minderung der Erwerbståtigkeit (MdE) gefçhrt haben. Richtlinien zum Grad der MdE gibt das Bundesministerium fçr Arbeit und Sozialordnung in ¹Anhaltspunkten fçr die årztliche Gutachtertåtigkeitª heraus. ] Schwerbehindertengesetz. Das Schwerbehindertengesetz unterstçtzt Schwerbehinderte bei der Eingliederung in Arbeit, Beruf und Gesellschaft (z. B. Kçndigungsschutz, Zusatzurlaub, Steuerermåûigungen). Die Behinderung wird nach den Anhaltspunkten fçr die årztliche Gutachtertåtigkeit (Bundesministerium fçr Arbeit und Sozial-
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M. Lukoschek
ordnung) in Grad der Behinderung (GdB) angegeben und ist der MdE des Entschådigungsrechtes vergleichbar. Schwerbehinderung besteht ab einem GdB von 50. Nur die Gesamtauswirkung der Behinderung ist zu beurteilen. Addition einzelner Funktionsausfålle ist nicht zulåssig. Insbesondere chronisch Kranke (Rheumatiker) stehen unter dem Schutz des Schwerbehindertengesetzes, so ist ab einem GdB von 30 zur Sicherung des Arbeitsplatzes eine Schwerbehindertengleichstellung mæglich (Arbeitsamt). ] Gesetzliche Unfallversicherung. Versichert ist ein plætzlich auf den Kærper von auûen einwirkendes Ereignis auf dem Weg oder wåhrend der Arbeit. Der Unfall muss nicht alleinige Ursache sein. Im Rechtssinne besteht ein Unfall, wenn dem Ereignis gleich viel oder mehr Bedeutung als anderen Mitursachen zukommt. Fçr chronisch Kranke (Rheumatiker) ist die Verschlimmerung ein Rechtsbestand, der Anwendung findet, wenn bereits vorbestehende Leiden durch Unfalleinflçsse vorçbergehend oder bleibend beeintråchtigt werden. Die Bewertung des Unfallschadens erfolgt in MdE. Die MdE der gesetzlichen Unfallversicherung entspricht nicht der MdE des sozialen Entschådigungsrechts. Die Bewertung ist deshalb auch nicht aus den Anhaltspunkten fçr årztliche Gutachtertåtigkeit des Ministeriums fçr Arbeit und Sozialordnung zu entnehmen, sondern aus tabellarischen Richtlinien, die sich an der Rechtssprechung zur gesetzlichen Unfallversicherung orientieren. ] Berufskrankheitenverordnung. Berufskrankheiten sind in der Berufskrankheitsverordnung der gesetzlichen Unfallversicherung aufgefçhrt und sind anzunehmen, wenn sie durch Einwirkung des Berufes (mit-)verursacht werden. Zum Teil sind weitere Voraussetzungen (krankheitsspezifisch) erforderlich, um als Berufskrankheit anerkannt zu werden. Auf rheumatologischem Gebiet ist z. B. an die Lyme-Arthritis bei Waldarbeitern zu denken.
Privates Versicherungsrecht ] Private Krankenversicherung (PKV). Leistungen der PKV richten sich nach den im bilateralen Vertrag vereinbarten Bedingungen und Tarifen. Im Gegensatz zur gesetzlichen KV kennt die PKV den Begriff der Teilarbeitsfåhigkeit und Teil-
erwerbsfåhigkeit. Arbeitsunfåhigkeit im Sinne der Vertragsbedingungen ist meist erst erfçllt, wenn die berufliche Tåtigkeit nach medizinischen Befunden in keinster Weise ausgefçhrt werden kann. Bei Selbståndigen bedeutet dies, weder leitend, noch aufsichtsfçhrend tåtig zu sein, was absoluter Bettruhe gleichkommt. Dies ist bei der Krankentagegeldversicherung von Relevanz. ] Private Unfallversicherung (PUV). Durch die private UV werden Folgen eines Unfalls (Definition s. ¹Gesetzliche Unfallversicherungª) und Folgen durch plætzliche Kraftanstrengung hervorgerufener Verrenkungen, Zerrungen, Zerreiûungen abgesichert. Ausgeschlossen sind eine Reihe von Umstånden (Vertragsbedingungen), wobei insbesondere der Vorschaden von Bedeutung ist. Bei Mitwirkung eines Vorschadens an den Unfallfolgen ist die Versicherungssumme zu kçrzen, was insbesondere fçr chronisch Kranke von Bedeutung ist. Die Unfallfolgen werden ab Tag des Unfalls nach Invaliditåtsgrad beurteilt. Der Invaliditåtsgrad ist eine abstrakte Bewertung, die in Bruchteilen oder Prozent angegeben werden kann und deren Hæhe aus entsprechenden Tabellen abgelesen werden kann. Die berufliche Beeintråchtigung bezieht sich auf die Erwerbsminderung, bezogen auf die von dem Versicherten ausgeçbte berufliche Tåtigkeit unabhångig vom Arbeitsmarkt. Die Tagegeldversicherung wird sich nach der Hæhe der Erwerbsminderung richten.
Begriffe und Vergçtungen des Sozialrechts ] Steuervergçnstigung. Steuerfreie Pauschalbetråge gibt es bei GdB çber 50 oder GdB von çber 25 bei gleichzeitiger Rente wegen der Behinderung oder dauernder Einbuûe kærperlicher Beweglichkeit. ] Kfz-Steuererlass. KFZ-Steuererlass ist mæglich bei Kriegsschåden mit Gehbehinderung und Schwerbehinderten mit auûergewæhnlicher Gehbehinderung. Nachlass bei der KFZ-Versicherung kann gewåhrt werden. ] Auûergewæhnliche Gehbehinderung besteht bei Personen, die sich nur mit fremder Hilfe oder nur mit groûer Anstrengung (z. B. Querschnittgelåhmte) auûerhalb des KFZ bewegen kænnen. Ihnen kann Parkerlaubnis gewåhrt werden. KFZ-Steuer- und Nahverkehrsfreistellungen sind mæglich.
Begutachtung
] Erheblich gehbehindert sind Personen, die in ihrer Bewegungsfåhigkeit im Straûenverkehr erheblich behindert sind und auf die Nutzung eines KFZ angewiesen sind. Hålftiger KfzSteuererlass, Nahverkehrsfreifahrten mit Wertmarkenkauf (Versorgungsamt) sind mæglich. ] Unentgeltliche Nahverkehrsbefærderung. Unentgeltliche Befærderung im Nahverkehr steht Kriegsversehrten mit einer GdB von 70 oder MdE von 50 v. H. verbunden mit erheblicher Gehbehinderung zu. ] Befreiung von Rundfunkgebçhr. Bei einem GdB von 80, Seh- und Hærbehinderung ist die Befreiung von Rundfunkgebçhren und Ermåûigung von Fernsprechanschlussgebçhren mæglich.
Begutachtung einzelner Krankheitsbilder Vorbemerkungen Degenerative Verånderungen an Gelenken der Wirbelsåule und Gleitgeweben sind in ihrer Prognose und Leistungsminderungsbeurteilung von den entzçndlich-rheumatischen Gelenkerkrankungen abzugrenzen. Die degenerativen Erkrankungen sind gelenk- bzw. stçtzgewebegebunden, wåhrend entzçndlich-rheumatische Erkrankungen nicht Gelenkerkrankungen im engeren Sinne sind, sondern der arthrogene Ausdruck einer entzçndlichen Systemerkrankung. Der Gutachter muss sich der Systemerkrankung mit ihren chronischen Verlaufsformen bewusst sein, da es anders als bei den degenerativen Gelenkerkrankungen zu frçhen und zum Teil gravierenden Funktionsstærungen des gesamten Haltungs- und Bewegungsapparates kommen kann. Zum Teil verlaufen rheumatische Erkrankungen schubweise. Dies bezieht sich sowohl auf die degenerativen Verånderungen (aktivierte Arthrose) als auch auf die entzçndlich-rheumatischen Erkrankungen. Um der wahren Leistungsminderung des Patienten gerecht zu werden, muss der Gutachter bedenken, dass der Befundzeitpunkt das wahre Bild der Funktionseinbuûe wegen des schubweisen Verlaufes nicht sicher erkennen låsst. Sowohl fçr degenerative als
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auch entzçndlich-rheumatische Erkrankungen sind Ursachen selten bekannt, sodass ein positiver Zuordnungsnachweis fçr exogene Einwirkungen nur selten zu fçhren ist. Im Folgenden werden die wichtigsten rheumatischen Erkrankungen hinsichtlich ihrer Prognose und gutachterlichen Bewertung besprochen.
Arthrose (degenerative Gelenkerkrankungen) ] Prognose. Der Verlauf der Arthrose ist schleichend progredient, die Beeintråchtigung des Patienten kann vom Ræntgenbild allein nicht erfasst werden. Die Abgrenzung von altersçblichen degenerativen Erscheinungen ist zum Teil schwierig, das gesunde Altersgelenk schmerzt jedoch nicht. ] Funktionsbeurteilung. Eine generelle Klassifikation hat sich fçr die Begutachtung nicht durchgesetzt. Im Einzelnen ist auf die Gelenke betreffende Aktivitåten des tåglichen Lebens abzuheben (Treppensteigen, Gehstrecke, Kærperpflege). ] Leistungsbeeintråchtigung. Die Leistungsfåhigkeit des Arthrotiker wird bestimmt von der Funktionsfåhigkeit groûer Gelenke und der Hånde bei der Polyarthrose. Sehr selten kann es bei der Polyarthrose, die zum Teil systemischen Charakter vorspiegelt, neben dem kosmetischen Problem zur erheblichen Leistungsminderung kommen. Die Gebrauchsunfåhigkeit der groûen tragenden Gelenke kann zur Erwerbsunfåhigkeit fçhren (Gehstrecken weniger als 500 m). ] Zusammenhangsfragen. Die Øtiologie sekundårer Arthrosen ist geklårt und hier ist im Allgemeinen die Zusammenhangsfrage (z. B. posttraumatisch) herzustellen. Schwierig wird es bei posttraumatischen Zustånden, die kein radiologisches Korrelat aufweisen. Hier ist jedoch an unerkannte Knorpelkontusionen oder Abscherungen zu denken. Passager bestehende posttraumatische Instabilitåten kænnen ebenfalls die Zusammenhangsfrage schwierig gestalten. Bei der idiopathischen Arthrose ist die Øtiologie unbekannt, jedoch sind repetitive Mikrotraumen bei stårkster kærperlicher Belastung von åtiologischer Relevanz.
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Rheumatoide Arthritis (chronische Polyarthritis) ] Prognose. Der Verlauf der rheumatoiden Arthritis ist nicht sicher vorhersehbar und eine Prognose der Beeintråchtigung der Patienten kann nicht sicher gestellt werden. Circa 10% der Erkrankten zeigen eine mutilierende Verlaufsform, die nach wenigen Jahren in der Erwerbsunfåhigkeit endet. Faktoren, die mit einer schlechten Prognose verbunden werden, sind hohe Rheumafaktortiter, symmetrischer Befall, hohe Entzçndungskonstellation, hohes Alter sowie die Pråsentation des HLA-DR4-Molekçls. 20% der Erkrankten zeigen einen kurzen Krankheitsverlauf, wåhrend 70% eine schubweise zum Teil progrediente Verlaufsform aufweisen. ] Funktionsbeurteilung. Zur Funktionsbeurteilung der Patienten hat sich die SteinbrockerKlassifikation etabliert. Dem Begutachter gibt sie Auskunft çber die globale Beeintråchtigung des Erkrankten und den Verlauf der Erkrankung. In neuer Zeit hat sich die Einteilung nach den Funktionskriterien des ACR durchgesetzt. Diese sollte fçr kçnftige gutachterliche Stellungnahmen Verwendung finden. ] Leistungsbeeintråchtigung. Die Beurteilung der Berufs- und Erwerbsfåhigkeit wird beim Polyarthritiker hauptsåchlich von der Funktionsfåhigkeit der Hånde und der groûen Gelenke bestimmt. Um die vorzeitige leistungsmindernde Beeintråchtigung der Gelenke zu vermeiden, ist beim Rheumatiker die frçhe Diagnose und Therapie von entscheidender Bedeutung. Die berufliche Rehabilitation sollte vorausschauend geplant werden, um auch bei zu erwartender Leistungsminderung die berufliche Tåtigkeit langfristig ausçben zu kænnen. Auch in frçhen Krankheitsstadien sollte bei noch geringer Behinderung von der Mæglichkeit zur ¹Schwerbehindertengleichstellungª Gebrauch gemacht werden, wenn ohne diese ein geeigneter Arbeitsplatz nicht erlangt oder behalten werden kann und der GdB von 30 erreicht wird. Die Berentung der ¹Rheumatikerª erfolgt durchschnittlich 10 Jahre vor Erreichen der Altersgrenze, die Hålfte der Fålle als Berufsunfåhigkeit. Die hohe Motivation der Rheumatiker, beruflich aktiv zu bleiben, sollte frçhzeitig durch Anpassungen am Arbeitsplatz oder durch
Tabelle 1. Funktionsklassifikation der chronischen Polyarthritis, modifiziert nach Steinbrocker u. Mitarb. 1949 ± Grade der Funktionsbeeintråchtigung I II
Keine Einschrånkung Måûige Einschrånkung: Tågliche Aktivitåten durch Schmerz- und geringe Bewegungseinschrånkung behindert. Arbeitsplatzberatung, z. T. Berufsunfåhigkeit III Starke Einschrånkung: Tågliche Aktivitåten nur mit Hilfe mæglich. Im Arbeitsprozess nur zeiteingeschrånkte adaptierte Arbeit mæglich, z. T. Erwerbsunfåhigkeit IV Ausgeprågte Funktionsbehinderung, pflegebedçrftig, Rollstuhl oder Bett
geeignete Berufsfindung unterstçtzt werden. Erwerbsunfåhigkeit tritt ein bei besonders schweren Funktionsstærungen, wie Gebrauchsunfåhigkeit der Finger oder Beeintråchtigung der Gehstrecke von weniger als 500 m durch rheumatische Vorfuûverånderungen oder postarthritische Arthrosen der groûen Gelenke. ] Zusammenhangsfragen. Da die Øtiologie der rheumatoiden Arthritis unbekannt ist, bleibt die Zusammenhangsfrage im Allgemeinen offen. Unter bestimmten Bedingungen ist eine ¹Kannversorgungª (s. dort) mæglich. Im Hinblick auf die Ungewissheit der Øtiologie sind bei infektiæsen und anderen Krankheiten, die die Immunitåtslage nachhaltig veråndern, bei kærperlichen Belastungen, die geeignet sind, die Resistenz erheblich herabzusetzen, sowie bei Kålteeinwirkung, Traumen, seelischem Stress die Voraussetzungen fçr eine Kannversorgung zu prçfen, wenn die Erkrankung in einem zeitlichen Zusammenhang von bis zu 6 Monaten auftrat. In der Unfallversicherung wird es oft erforderlich, Vorschaden und Progredienz der vorbestehenden Erkrankung vom Unfallschaden und seinen Folgen zu trennen. Auskunft çber den individuellen unfallunabångigen Verlauf einer rheumatoiden Arthritis gibt håufig der Vergleich mit dem nicht unfallgeschådigten Gelenk der anderen Gliedmaûe. Dies låsst sich dann mit der ræntgenologischen Progredienz des traumatisierten Gelenkes in Beziehung setzen und zu einem gewissen Grad den entzçndlichrheumatischen Anteil der Progredienz abschåtzen. Als hilfreich hat sich die ræntgenologische Progredienzdokumentation an beiden Hånden bewåhrt.
Begutachtung
Spondarthritiden (seronegative Spondarthritiden, seronegative Spondylarthropathien) Spondylitis ankylosans (Morbus Bechterew) ] Prognose. Das Vollbild des Morbus Bechterew ± ¹der die Sonne nicht mehr siehtª ± ist durch physikalische, krankengymnastische, medikamentæse und operative Therapie selten geworden. 10% der Erkrankten zeigen hochgradige funktionelle Einschrånkungen, 90% sind mit Einschrånkungen arbeitsfåhig. ] Leistungsminderung. Maûgeblich fçr die Leistungseinschrånkung sind die Kyphosierung der Wirbelsåule (Hinterhaupt-Wand-Abstand) sowie die Kontrakturen der groûen Gelenke der unteren Extremitåt mit Kniebeuge- und Hçftbeugekontrakturen. Hierdurch wird die maximale Blickaufrichtung kompensatorisch vergræûert. Im Vollbild sind die Versicherten erheblich leistungsbehindert bis arbeitsunfåhig. Die Leistungsbereitschaft der Bechterew-Patienten hålt sie lange Zeit im Arbeitsprozess, wenn entsprechende Tåtigkeiten, sitzend ohne Zwangshaltung, ohne schwere kærperliche Tåtigkeit durchfçhrbar sind. Frçhe Berufssteuerung, ggf. Umschulung låsst die Arbeitsfåhigkeit und die soziale Integration erhalten. Rehabilitationsmaûnahmen mit dem Schwerpunkt krankengymnastischer, physikalischer und balneologischer Therapien sind bei progredientem Verlauf regelmåûig angezeigt. Weil viele Spondylitis-ankylosans-Patienten ihre Krankheit dissimulieren und von ihrer Persænlichkeitsstruktur her ihre soziale Absicherung eher vernachlåssigen, ist frçhzeitig an die Mæglichkeit der Schwerbehindertengleichstellung zu denken. ] Zusammenhangsfragen. Wie bei der rheumatoiden Arthritis kommt unter bestimmten Umstånden eine Kannversorgung in Betracht. Krankheitsbedingt ist auch ohne auffållige åuûere Einwirkung auf dem Boden der eingeschrånkten Beweglichkeit mit Frakturen, insbesondere im Wirbelsåulenbereich bis hin zur Querschnittlåhmung zu rechnen.
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Psoriasis-Arthritis (Psoriasis-Arthropathie, Arthritis psoriatica) ] Prognose. Der Verlauf ist variabel. Kriterien, die die Prognose beeinflussen, sind noch nicht gefunden. Assoziationen mit dem HLA-B27-Locus sind ohne prognostische Bedeutung. Bei HLA-B27-Positivitåt ist ein axialer Befall doppelt so wahrscheinlich. Die Erkrankung verlåuft schubweise, rezidivierend, wobei die Schubdauer von heftig kurz bis lang anhaltend sein kann. Medikamentæs schlecht kupierbar, wie auch die Enthesiopathien zum Teil Gehunfåhigkeit bedingen. ] Leistungsbeurteilung. Durch den schubweisen Verlauf sind wiederholte Heilmaûnahmen notwendig. Die berufliche Orientierung wird durch das Befallsmuster bestimmt, sodass im Einzelfall zu entscheiden ist, ob und inwieweit manuelle Tåtigkeiten mæglich sind und wie die Gehbelastung gestaltet werden kann. Ungçnstige Witterungseinflçsse, z. B. feuchte Kålte, kænnen eine Verschlimmerung bewirken.
Reaktive Arthritiden ] Prognose. Von den reaktiven Arthritiden sollen bis zu 2/3 einen chronischen Verlauf nehmen, was unserer Erfahrung nach bei ca. 40±50% liegen dçrfte. Erschwert wird die Verlaufsbeurteilung durch inkomplette Ausprågungen, jahrelange freie Intervalle sowie unregelmåûig rezidivierende Verlåufe. HLA-B-27-Positivitåt hat keinen Einfluss auf die Prognose. Inwieweit die frçhe Diagnosestellung und die zielgerichtete Eradikation der Erreger die Prognose und den Verlauf verbessern, ist nicht gesichert, aber denkbar. ] Leistungsbeurteilung. Wie bei den Spondarthritiden kann hauptsåchlich die Gehfåhigkeit durch Kalkaneusenthesiopathien und Arthritiden der Knie- und Sprunggelenke gemindert sein. Komplizierend beim Reiter-Syndrom und den HLAB27-assoziierten reaktiven Arthritiden sind die Iritiden und Karditiden, die auf extraorthopådischem Gebiet die Leistung fçhrend einschrånken kænnen. Da die Prognose ungewiss ist, sollte man die Berufslenkung/Umschulung auf sitzende und leichte Tåtigkeiten vornehmen. Heilbehandlungen sind bei Schçben indiziert.
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] Zusammenhangsfragen. Hinreichend geklårt ist nur die ursåchliche Bedeutung von infektiæsen Harnwegs- und Darmerkrankungen. Sind diese Vorerkrankungen nachgewiesen, ist ein Zusammenhang wahrscheinlich. Eine Kannversorgung ist in Betrachtung zu ziehen, wenn infektiæse und sonstige Krankheiten wie kærperliche Belastungen die Immunitåtslage oder Resistenz erheblich herabsetzen und sich das Leiden in einer zeitlichen Verbindung bis zu 6 Monaten manifestiert.
Lyme-Arthritis ] Prognose. Der intermittierende Verlauf nimmt nur selten chronische Gestalt an. Die Synovialitiden sind weniger schmerzhaft als bei anderen rheumatischen Erkrankungen, fçhren in den seltensten Fållen zu destruierenden Gelenkverånderungen. ] Leistungsbeurteilung. Die Mon- oder Oligoarthritiden limitieren die Geh- und Stehfåhigkeit. Die Gehfåhigkeit wird zum Teil durch die Enthesiopathien maûgeblich limitiert. Fçhrend fçr die Leistungseinschrånkung kænnen Verånderungen auf extraorthopådischem Gebiet, hauptsåchlich neurologischer Art sein. Im Schubsituationen sind Heilmaûnahmen indiziert. Sitzende und leichte Tåtigkeit sollte angestrebt werden. ] Zusammenhangsfragen. Bei der Lyme-Arthritis ist die Ursache bekannt. Berufliche Exposition kommt bei Waldarbeitern und Landwirten vor.
Chronische Arthritis im Kindesalter (juvenile chronische Arthritis, juvenile rheumatoide Arthritis) ] Verlauf und Prognose. Es handelt sich bei der juvenilen chronischen Arthritis um ein heterogenes Krankheitsbild. Verlauf und die Prognose sind in den Subgruppen unterschiedlich. Bei der systemischen Form sind bis zu 14% tædliche Verlåufe zu verzeichnen, wåhrend der oligoartikulåre Typ II in der Regel keine krankheitsbedingten Todesfålle aufweist. Insgesamt wird die Prognose der juvenilen chronischen Arthritis jedoch gçnstiger als die Erwachsenenform betrachtet. Die meisten Kinder wachsen mit Residuen der Erkrankung ins Erwachsenenalter.
Bei adåquater Therapie werden 80% der Kinder arbeitsfåhig. ] Leistungsminderung. Befunde an tragenden Gelenken, viszerale Beteiligung und Augenerkrankung sind maûgeblich fçr die Leistungsminderung. Von sozialmedizinischer Bedeutung ist die richtige Berufsplanung, wobei leichte kærperliche Tåtigkeiten, vorwiegend sitzend ohne besondere Geh- und Fingerbelastung zu bevorzugen sind. Je nach Grad der Behinderung sollte die berufliche und soziale Eingliederung durch das SchwbG erleichtert werden, wobei in geringeren Graden der Behinderung ab 30% von der Schwerbehindertengleichstellung Gebrauch gemacht werden sollte.
Chronisch entzçndliche systemische Bindegewebserkrankungen (Kollagenosen) ] Begutachtung. Die Prognose der Kollagenosen ist nicht vom Gelenkbefall bestimmt. Auch die Leistungsfåhigkeit wird in der Regel durch den Befall der inneren Organe bestimmt. ] Leistungsbeurteilung. Sowohl der systemische Lupus erythematodes, die progressive systemische Sklerose und die ¹Mixed Connective Tissue Deseaseª gehen mit vorçbergehendem Befall der peripheren Gelenke einher. Heilbehandlungen unter manualtherapeutischen Gesichtspunkten zur Erhaltung der Fingermobilitåt sind angezeigt. Die Polymyositis (PM) und die Dermatomyositis (DM) fçhren im akuten Schub zur Arbeitsunfåhigkeit. Nach Einstellung auf Kortikoide gelingt jedoch bei einem Groûteil der Erkrankten die Wiedereingliederung in den Arbeitsprozess. Leichte kærperliche Tåtigkeiten, vorwiegend sitzend ohne differenzierte manuelle Fertigkeiten sind anzuraten. Eine definitive Berentung ist im Falle der PM und der DM vor Ablauf von 3 Jahren nicht zu empfehlen, da unter optimaler medikamentæser Einstellung Rezidive selten auftreten und teilweise uneingeschrånkte Arbeitsfåhigkeit wiedererlangt werden kann.
Polymyalgia rheumatica ] Leistungsfåhigkeit. Da die Erkrankung jenseits des 65. Lebensjahres auftritt, ist krankheitsbedingte Arbeitsunfåhigkeit selten. Wegen der guten Ansprechbarkeit auf Glukokortikoide ist
Begutachtung
eine fast 100%ige Wiederherstellung der Leistungsfåhigkeit innerhalb kurzer Zeit zu erwarten. Spåter sind cortisonbedingte Schåden (Hçftkopfnekrosen) im Sinne einer Verschlimmerung der Grundkrankheit zu werten.
Weichteilrheumatismus Unter dem Begriff Weichteilrheumatismus subsumieren sich eine Vielzahl von Erkrankungen entzçndlicher und nicht entzçndlicher Natur, deren Gemeinsamkeiten chronische Schmerzen und Verånderungen in den Weichteilen sind. Viele der unter dem Sammelbegriff zu findenden Erkrankungen haben eine bekannte Øtiologie, werden aber teilweise unter nebulæsen Begriffen, wie z. B. im Bereich der Schulter als Periarthritis humeroscapularis zusammengefasst. Hier finden sich Erkrankungen der Rotatorenmanschette, Kalkablagerungen, Bursitiden, Ansatztendinosen, Sehnenrupturen und zum Teil Einrisse im Labrum glenoidale. Fçr die orthopådische Begutachtung ist die zugrundeliegende Erkrankung maûgeblich und nicht das Symptom, sodass eine symptombezogene Darstellung nicht mæglich ist.
Fibromyalgiesyndrom (Fibromyalgie, Fibromyalgia, generalisierte Tendomyopathie) ] Prognose. Von orthopådisch gutachterlichem Interesse ist das bei den chronisch entzçndlichen rheumatischen Erkrankungen als Diffe-
]
renzialdiagnose relevante Fibromyalgiesyndrom (FMS), welches als eigenståndiges Krankheitsbild definiert ist. Da das FMS in seiner Definition ein neues Krankheitsbild ist, sind prognostische Parameter nicht gesichert. ] Leistungsminderung. Die Versicherten werden oft als Drçckeberger oder Simulanten abgestempelt, da Laborparameter und reproduzierbare Parameter bis auf die Tenderpoints nicht vorliegen. Der subjektive Leidensdruck kann jedoch eine AU notwendig machen. Heilmaûnahmen unter dem Gesichtspunkt aktiver Bewegungstherapie und physiotherapeutischer Betreuung sind angezeigt. Beruflich sind Zwangshaltungen, Akkordarbeit, ståndig sitzende Tåtigkeiten nicht anzuraten. Leichte Tåtigkeiten, auch mit viel Bewegung und Ablenkung, sind vorzuziehen.
Literatur 1. Bundesministerium fçr Arbeit und Sozialordnung (1996) Anhaltspunkte fçr die årztliche Gutachtertåtigkeit im sozialen Entschådigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz 2. Rompe G, Erlenkåmper A (2004) Begutachtung der Haltungs- und Bewegungsorgane, 4. Aufl. Thieme, Stuttgart 3. Schneider B (2000) Begutachtungsfragen. In: Miehle W, Fehr K, Schattenkirchner M, Tillmann K (Hrsg) Rheumatologie in Praxis und Klinik. Thieme, Stuttgart, S 409±420 4. Spåth M, Neeck G (2002) Begutachtung der Fibromyalgie. Z Rheumatol 61:661±666
453
Sachverzeichnis
A Abductor pollicis longus 92 Abduktionsstellung 185 Abrollhilfen 199, 200, 334, 335 Abrollvorgang 94 Abstoûphase 190, 197 Abszesse 129, 430 Achillessehne 30 Achsabweichung 94 Adipositas 67 Affektion, subaxiale 420 Aggravation 447 AIDS 215 Akrodermatitis chronica atrophicans 37 Akromioklavikulargelenk 92, 298, 307, 308, 309 Akromioplastik 306, 308, 309 Aktivitåt, entzçndliche 82, 139, 142 ALAN-Test 93 Algodystrophie 340 Alignement 336, 390 Allergien 78, 115, 381 Alloarthroplastik 4, 343, 403, 407 ± Fingergrundgelenke 245 Alopezie 39, 87, 88 Alveolitis 111 Amboss-Phånomen 96 Amyloid 103, 124 Amyloidose 32, 49, 99, 103, 124 ± sekundåre 34 Analgesie, systemische 86 Anåmie 32, 99, 101, 102, 212, 215, 216, 217 ± hypochrome mikrozytåre 32 ± perniziæse 102 Anamnese 77, 78 Ankylose 82, 98, 128, 134, 249, 272, 276, 283, 332, 344, 353, 407, 427 ± fibræse 243 Ankylosierung 34, 37, 133, 211, 261, 270, 289, 302, 427 Anlaufschmerz 80 Ansatztendinosen 185, 453 Antibiotikaprophylaxe 335, 382 Antigene, extrahierbare nukleåre (ENA) 110, 111 Antikærper (AK) 106, 107, 108, 109, 110, 111, 112, 113, 114, 116, 117, 126, 133, 215 ± Anti-Mitochondriale (AMA) 112 Antikærper ± antineutrophile-cytoplasmatische (ANCA) 112, 113 ± antinukleåre (ANA) 39, 40, 41, 42, 107, 109, 111 ± Cup-Antikærper 48
± infektiæse 117 Antikærpermangelsyndrom 100 Antiphospholipide 113 Antiphospholipid-Syndrom (APS) 113 a-1-Antitrypsin 100 Antiulnardeviationsorthese 178 Antiulnardeviationsschienen 178, 179 Apatitkristalldepot 47 Apatitkristalle 47, 48 Arachnoiditis 34, 419 Arbeitsfåhigkeit 82 Arbeitsunfåhigkeit 83, 447, 448, 451, 452 Arteria-spinalis-anterior-Syndrom 420 Arteriitis temporalis 43, 44 Arthralgien 37, 39, 42, 44, 79, 104, 112, 118 Arthritiden-/Spondyloarthritiden, reaktive 49 Arthritiker 174, 184 ± juveniler 216 Arthritis 12, 15, 21, 22, 23, 25, 26, 28, 33, 34, 35, 36, 37, 38, 39, 41, 42, 44, 46, 49, 50, 51, 52, 53, 59, 60, 78, 87, 89, 95, 111, 117, 118, 126, 127, 128, 130, 144, 176, 179, 185, 289, 301, 306, 340, 351, 382, 395, 398, 406, 407, 411, 419, 431, 451 ± akute 21, 23 ± bakterielle 46, 122, 125 ± bei Colitis ulcerosa 22, 203 ± bei Enteritis regionalis 22 ± chronische 21, 23, 452 ± eitrige 22 ± Ellenbogengelenk 4 ± enteropathische 89 ± entzçndliche 290 ± erosive 21 ± Handgelenk 4 ± idiopathische juvenile 384 ± infektiæse 52, 123 ± infektiæs-bakterielle 51 ± infektiæs-septische 35 ± juvenile 21, 22 ± ± chronische 88, 110, 153, 273, 452 ± ± ± oligoartikulåre Form 204 ± ± idiopathische 6 ± ± juvenile oligoartikulåre Form 22 ± ± rheumatoide 89, 90, 127, 327, 452 ± ± polyartikulåre Form 22 ± Kollagenosen 203 ± mutilierende 21 ± nicht-erosive 40 ± psoriatica 22, 88, 451 ± psoriatica sine psoriase 34
456
]
Sachverzeichnis
± reaktive 24, 26, 32, 33, 35, 36, 37, 46, 87, 116, 137, 203, 451 ± ± Infektion 36 ± ± postenteritische 35 ± ± posturethritische 35 ± rheumatische 91, 341, 342, 415, 416 ± rheumatoide (RA) 3, 4, 5, 6, 7, 9, 21, 50, 55, 59, 87, 88, 89, 97, 98, 100, 102, 108, 112, 116, 122, 123, 124, 125, 126, 127, 128, 130, 131, 134, 135, 185, 186, 188, 203, 205, 207, 211, 212, 215, 216, 222, 224, 226, 227, 228, 232, 236, 237, 238, 240, 247, 255, 256, 273, 280, 284, 285, 301, 324, 372, 380, 381, 382, 383, 384, 386, 387, 388, 389, 402, 419, 426, 430, 450, 451 ± ± Arthroplastik 238 ± ± Ellenbogengelenk 267 ± ± entzçndliche Affektionen 188 ± ± Frakturen 430 ± ± Handgelenk 221 ± ± Kniegelenkendoprothese 380 ± ± mutilierende 238 ± ± seropositive 107, 110 ± ± Sprunggelenk 356 ± Schultergelenk 4 ± septische 66, 121, 125, 123, 125, 214, 430 ± seronegative 130 ± Symptome 24 ± systemisch-chronische 153 ± tuberkulæse 125 ± urica 322, 341 Arthrodese 3, 5, 17, 152, 198, 224, 225, 227, 228, 231, 232, 233, 256, 261, 316, 317, 332, 336, 343, 344, 346, 347, 350, 351, 352, 353, 358, 359, 360, 377, 407 ± MTP-I-Arthrodese 332 ± oberes Sprunggelenk 359 ± primåre 4 ± radiokarpale 252, 254, 255 ± radiolunåre 5, 254, 255, 257 ± rasdioskapholunåre 254 ± subtalare 5 ± talonavikulare 5, 346 Arthrodesenstiefel 352 Arthrographie 298 Arthrolyse 293, 303, 311, 369, 374, 376 Arthropathien 22, 38, 46, 47, 50, 101, 117, 121, 123, 124 ± enteropatische 430 ± entzçndliche 117 ± infektiæse 22 ± kristalline 121 ± septische 121 Arthroplastik 3, 4, 243, 255, 296, 328, 334, 348, 402, 405, 407 ± distale 255 ± Fingergrundgelenk 235 ± Kniegelenk 234 Arthrose 13, 21, 22, 24, 123, 283, 295, 322 ± Hånde 12 ± Hçftgelenk 12 ± Kniegelenk 12 ± postarthritische 450 ± radiolunåre 253
Articulatio atlantodentalis 420 HLA-Antigen 28, 29, 34, 115, 116, 450 ± HLA-B27 32, 33, 35, 38, 116, 431, 451 Artikulosynovialitis 186, 190, 191, 196 Artikulotenosynovialektomie 251, 252, 253 ± Handgelenk 251, 254 Ataxie 420 Øtiologie, Evidenz 28 Atlantoaxialgelenk 135 Atlas 134 Atrophien 87, 94, 298 Attacken, arthritische 45 Auge 86, 87, 88, 212, 452 Autoantikærper 42, 106, 107, 108, 113 Axis 134 B Babinski-Reflex 90 Båhlersches 3-Punkte-Reklinationskorsett 184 Bajonettfehlstellung 156, 167, 177, 247 Bajonettstellung 30, 92 Baker-Zyste 30, 37, 52, 94, 96, 133, 205, 206, 367, 368, 369, 370, 374, 375, 396 Bakterien 116, 125 Bakteriologie 121, 122 Balanitis circinata 88 Ballenrolle 199 ± rçckverlagerte 335 Balneologie 142, 144 Bånderrisse 82 Bandinstabilitåt 182 Bandspannung 384 Bandstabilitåt 344, 386 Basistherapeutika 88, 213, 215, 217 Basistherapie 4, 16, 17, 48, 84, 368, 395 ± lokale 4 Beckenkammspåne 256 ± kortikospongiæse 423, 424 Beeintråchtigung, systemische 352 Befall ± entzçndlicher 435 ± polyartikulårer 228, 361, 413, 417 Befallsituation, arthritische 228 Befunde ± radiologische 15 ± ± Evidenz 15 Behandlung ± medikamentæse 323, 395 ± physiotherapeutische 18 ± systemische 334, 352 Behet-Syndrom 43, 87, 88, 89 Behinderung, Grad 452 Beinvenenthrombose, tiefe 410 Beratung, ergotherapeutische 18 Berentung 34 Berufsunfåhigkeit 18, 19, 448, 450 Beschwerden ± arthrotische 322 ± rheumatische 12, 21 Beteiligung, entzçndliche 90
Sachverzeichnis Beugekontrakturen 94, 95, 96, 171, 174, 179, 182, 371, 374, 375, 386, 433 Beugesehnensynovialitis 92 Bindegewebserkrankung ± entzçndlich-systemische 28, 38, 39, 41, 42, 43, 50, 52 ± ± chronische 452 Bipolarcupsysteme 315 Bizepssehne 33, 92, 175, 298 Bizepssehnenabriss 30, 300 Blasenlåhmung 30 Blickachse 434, 438 Blockierung 87 Blutkærperchensenkungsgeschwindigkeit (BSG) 99, 100 ± Erhæhung 212 Blutleere 373 Body Mass Index 64 Borrelien 37, 116, 117, 126 Bouchard-Arthrose 63 Boutonni re 237 bow-stringing 228 Brieftrågerkissen 175 Brucellose 103 Bruner-Inzision 224, 225 Brustwirbel 431 Brustwirbelsåule 90, 127, 151, 159, 184, 430, 435, 441 Bursektomien 326 ± fibulare 326 Bursitiden 24, 31, 95, 185, 190, 194, 195, 196, 200, 298, 299, 306, 307, 321, 325, 342, 343, 453 Bursitis 24, 30, 95, 96, 175, 269, 299, 303, 305, 306, 307, 323, 340, 341, 343 ± eitrige 31 ± olecrani 92 C Calciumapatitkristalle 47 Calcium-Hydroxylapatit-Kristalle 64 Calcium-Kristalle 63 Calciumpyrophosphat 43, 117, 118, 124 Calciumpyrophosphatdihydrat 64 Calciumpyrophosphat-Kristalle 43, 47, 64, 121 Calzinosis, Raynaud-Phånomen, Esophageal dysmotility, Sklerodaktylie, Teleangiektasien-Syndrom (CREST) 40, 50, 111, 112 Caplan-Syndrom 31 Caput-ulnae-Syndrom 5, 30, 92, 93, 131, 247 Cauda-equina-Syndrom 34, 52 Ceratinkinase (CK) 104, 105 Chondrodynie 91 Chondrokalzinose 46, 47, 50, 52, 66, 118, 122, 123, 124 ± Arthropathie 46 ± Spondylopathie 46 Chondrolyse 43 Chondromalazie 58, 68 Chondrozyten 29, 56, 57, 58, 60, 69 ± Apoptose 59 Chopart-Gelenk 185 Chorea minor 39
Chronifizierung, rheumatische Erkrankungen Coeruloplasmin 100 Colitis ulcerosa 32, 38, 88, 137, 430 Coping-Strategien 27, 28 Cortison 86, 97 Coxa valga 404, 405 Crosslink 105, 106 CRP 115 CRP-Erhæhung 212 Cubitus valgus 92 Cubitus varus 92 Cushing-Syndrom 84
12
D Daktylitis 34, 36 Darmerkrankung, entzçndliche 33 Daumenendgelenk 180 Daumengrundgelenk 170, 180, 233 Daumensattelgelenk 63, 178, 224, 249 ± arthritische Verånderung 179 Daumensattelgelenkhçlse 180 Daumensattelgrundgelenk 178 Debridement 386, 409 Deckzelle, synoviale 29 Defekte 315, 387 Deformierung 82, 323, 327, 331, 332, 335, 340 ± Fuûgewælbe 334 ± rheumatische 331 ± Rçckfuû 334 Deformitåt 154 ± 90/90 Deformitåt 30, 156, 170, 180 ± ankylosierende 236 ± Z-Deformitåt 177, 178 ± VISI-Deformitåt 248 Deformitåten, pråarthrotische 65, 67 Denervierung 388 Dens axis 5 Densresektion, transorale 424 Depression 28, 50, 68, 79, 141 De-Quervain-Erkrankung 92 Dermatitis, exfoliative 87 Dermatomyositis (DM) 22, 26, 41, 46, 87, 88, 104, 111, 452 Dermodese 325, 326, 328, 329 Destabilisierung 93 Destruktion 127, 330, 332, 344, 399 ± arthritische 361 Destruktion ± erosive 420 ± radiologische 322 ± rheumatische 330 ± rheumatoide 386 ± synovialitische 420 Deutscher Arbeitskreis Handorthesen (DAHO) 179 Deviation 29, 30, 321, 323 ± fibulare 323, 326 Diabetes mellitus 84, 204 Digitus saltans 24, 30, 222 Digitus V rheumaticus 321 Digitus V varus 321 ± rheumaticus 324
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Disease modifying antirheumatoid drugs (DMARD`s) 4 Dislokation 135, 167, 177, 211, 282, 285, 286, 330, 420, 421, 423, 424, 437 Dislokation ± atlantoaxiale 419, 421 ± atlanto-dentale 34, 49 ± fibulare 324 ± Handgelenk 177 Dissoziation 248 ± skapholunåre 131, 247, 253 Distanz, anteriore atlanto-dentale 420 Distraktionsarthroplastik (DAP) 292, 293, 294, 295 Distraktions-Interpositions-Arthroplastik (DIAP) 294, 295 Doppel-Osteotomie 308, 309 Drahtstiftarthrosen 326 Dreikomponenten-Endoprothesen 349 Drift, fibularer 189 Drogen, nichtsteroidale antiinflammatorische (NSAID) 212 Duchenne 157 Durchblutungsstærungen 333 Dysarthrie 420 Dysphagie 420, 427 Dysplasie 62, 399, 400, 405, 409, 410, 412, 413, 414, 415, 417 Dysproteinåmien 100 E Effekte, systemische 204 Eigenblutspende 215, 216, 217 Eingriffe ± arthrodesierende 356 ± endoprothetische 389 ± konstruktive 347 ± pråventive, Synovialektomie 347 ± ± oberes Sprunggelenk 347 ± transorale 424 Einlagen 95, 159, 187, 191, 192, 193, 194, 195, 196, 197, 198, 199, 200, 201, 334, 335, 352 ± entzçndeter Fuû 196, 198 ± entzçndlich rheumatischer Fuû 194 ± entzçndliche Erkrankungen 192 ± kontrakte Fçûe 193 Einsteifung 270, 334 Eisenbindungskapazitåt (EBK) 101 Eisenmangel 101 Elektrophorese 100, 125 Elektrotherapie 145, 153 Elle, federnde 177 Ellenbogen 29, 30, 31, 46, 47, 318 Ellenbogenarthrodese 295 Ellenbogenbereich 176 Ellenbogengelenk 4, 5, 36, 37, 45, 46, 87, 92, 155, 166, 176, 267, 268, 270, 272, 282, 283, 289, 290, 292, 293, 294, 304, 317, 402 ± ankylosiertes 289 ± Arthritis 267 ± instabiles 282 ± Synovialektomie 267
Ellenbogengelenksendoprothese 280, 295 Ellenbogengelenksorthese 176 Ellenbogenknochen 167 Ellenbogenprothesen 283, 284 Ellenbogensynovialektomie 267, 269, 270, 272, 273 Embolie 113 Empyem 96 Endgelenk 93, 170, 179, 180, 221 Endokarditis 103, 107, 217 Endoprothese 4, 5, 132, 181, 198, 214, 228, 234, 235, 236, 238, 240, 242, 243, 280, 281, 285, 286, 289, 296, 313, 317, 344, 350, 353, 359, 382, 384, 389, 407, 408, 411 ± Fingergelenke 233, 234 ± Implantation 214, 407 ± OSG-Endoprothese 359, 360 Endoprothesenlockerung 130 Endoprothesenwechsel 215 Endoprothetik 17, 204, 211, 233, 288, 310, 359, 360 ± Hçftgelenke 211 ± Kniegelenke 211 ± Schultergelenke 211 Engpass-Syndrom 32, 97 Enteritis 36, 91 Enthesiopathien 33, 36, 37, 183, 185, 431, 451, 452 ± entzçndliche 427 Enthesitiden 24 Entzçndung 22, 32, 34, 38, 45, 48, 100, 101, 103, 123, 125, 142, 143, 144, 147, 156, 158, 159, 162, 164, 170, 175, 188, 205, 211, 213, 215, 217, 248, 267, 298, 303, 321, 324, 341, 353, 358, 361, 363, 396, 404, 407, 431, 439, 450 ± ankylosierende 431 ± bakterielle 103 ± rheumatische 323 ± synoviale 420 ± systemische 38 Entzçndungsaktivitåt, rheumatische 31 Entzçndungsprozess 43 Entzçndungsreaktion 212 Entzçndungsschmerz 24 Enzephalitis 37 Epidemiologie 12, 15, 19 ± klinische 12 Epiphysenfugen 143 Epiphyseolysis capitis femoris 66 Episkleritis 31, 48, 88 Ergotherapie 52, 68, 139, 162, 163, 164, 165, 167, 171, 173, 175, 177, 180, 186, 215, 228, 240 Erguss 80, 82, 92, 93, 97, 98, 121, 122, 123, 125, 126, 129, 130, 133, 155, 182, 203, 205, 206, 250, 267, 301, 369, 377, 406 ± entzçndlicher 95, 98, 123 ± nicht-entzçndlicher 123 ± septischer 123 Erkrankung ± ankylosierende 90, 92 ± chronisch-entzçndliche 33 ± entzçndliche 21, 38, 41, 51, 84, 89, 99, 100, 102, 106, 107, 108, 114, 122, 130, 135, 144, 154, 176, 185, 192, 214, 400, 430, 434, 449, 453 ± entzçndlich-rheumatische 24, 25, 26, 48, 55, 56, 62, 91, 102
Sachverzeichnis ± lymphoproliferative 114 ± rheumatische 12, 13, 21, 22, 26 ± ± chronischer Verlauf 27 ± rheumatoide 185, 231 ± systemische 43, 381 ± ± entzçndliche 107 Erosionen 35, 47, 131, 134, 135, 137, 223, 247, 301, 323, 407, 427 Erwerbsminderung 448 Erwerbsunfåhigkeit 18, 19, 447, 449, 450 Erythema 39, 88 ± chronicum migrans 37, 116 ± circumscriptum 88 ± marginatum 87 ± migrans 26 ± multiforme 87, 88 ± nodosum 37, 38, 87, 88 Erythropoese 101, 212, 216 Erythropoietin 215 Exantheme 87 ± lichenoide 88 ± makulæse 88 Exostosen 335 Exsudate 122, 123, 298, 305 ± entzçndliche 123 Extensor pollicis brevis 92 Exzision 326, 328, 329 F Faustschluss 167, 169 Fehlstellung, kontrakte 387 Felty-Snydrom 32, 88, 104, 116 Femorpatellargelenk 158 Ferritin 32, 101, 117 Fibrinexsudat 29 Fibroarthrose 390 Fibroblasten 29 Fibromyalgie 23, 25, 28, 48, 89, 91, 453 ± primåre 91 ± Syndrom 12, 88 Fibrose 34, 40, 41, 42, 48, 109, 212, 217 Fieber 37, 48, 78, 143 ± rheumatisches 37, 39, 46, 82, 87 ± ± akutes 116 Fieberschçbe 29 Fingerendgelenke 13, 29 Fingergelenke 4, 5, 30, 36, 37, 38, 45, 46, 78, 82, 143, 155, 156, 169, 170, 174, 178, 205, 221, 222, 228, 231, 232, 234, 235, 237, 238, 241, 242, 245, 254, 267, 402 Fingergelenkendoprothesen 231, 232, 233, 234, 236, 240, 242 Fingergelenkersatz 236 Fingergelenksarthroplastiken 232 Fingergelenkspolyarthrose 46 Fingergrundgelenk-Arthroplastik 235 Fingergrundgelenke 29, 30, 39, 42, 93, 101, 130, 156, 157, 179, 232, 233, 236, 239, 256 ± Alloarthroplastik 245 ± Resektions-Interpositions-Arthroplastik 245 Fingermittelgelenke 29, 39, 42, 93, 225, 227
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Fingerprothesen 234, 235, 243 Fingerschiene, dynamische 251 Fistel 92, 335 Fistelungen 335 Fixateur externe 350, 358, 359 Flaschengriff 93 Flexionskontrakturen 157, 274 Fluoreszenzfårbung, zytoplasmatische (cANCA) 112, 113 Foramen magnum 421 Frakturen 122, 130, 180, 181, 232, 241, 242, 273, 280, 282, 284, 286, 291, 293, 311, 387, 400, 403, 409, 417, 426, 427, 428, 431, 434, 438, 440, 441 ± osteoporotische 184 Fremdblut 216, 217 Fremdkærperreaktionen 331 Friktion 141 Frçhinfektionen 391 Frçhsymptom 83 Frçhsynovialektomie 17, 251, 252, 259, 267, 273, 361, 392 Frçhsynoviorthese 17 Fusion ± atlantoaxiale 419, 423, 424 ± okzipitozervikale 419, 423, 424, 425 ± subaxiale 425, 426 Fusionsrate 426 Fuû, rheumatischer 321, 324, 335 Fuûbett 335 Fuûdeformierung 196, 197, 344 Fuûdeformitåt, valgische 385 Fuûgelenk 94, 158, 172, 402 Fuûpflege 187 Fuûwurzelgelenke 343 G Gaenslen-Handgriff 191, 322 Gaenslen-Zeichen 93, 98 Gamma-Glutamyl-Transferase (GAMMA-GT) 104 Gang, Hilfsmittel 95 Ganganalyse 94 ± Hilfsmittel 94 Ganglien 92 Gangstærung 30 Ganzkærperszintigraphie 367 Gefåûlåsion 409 Gehstçtzen 157, 158 Gelenk 24, 343 ± AC-Gelenk 307, 313 ± arthritisches 283 ± atlantodentales 30 ± DIP-Gelenk 179, 226, 227, 232, 237, 238 ± distales radioulnares 251 ± okzipitozervikales 420 ± oligopartikulåres 79 ± polyartikulåres 79 ± synoviales 55 ± temporomandibulåres 89 Gelenkaffektion, bakterielle 214 Gelenkbefall, polyartikulårer 388, 389
459
460
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Sachverzeichnis
Gelenkbeteiligung, entzçndliche 342 Gelenkdestruktionen 67, 82, 323, 381 Gelenkentzçndung 123 Gelenkergçsse 92 ± entzçndliche 142 Gelenkerkrankung, entzçndliche 21, 127, 130, 149, 215, 449 Gelenkersatz 231, 238, 304, 382 ± endoprothetischer 380 ± kçnstlicher 4 Gelenkhernien 374 Gelenkimplantation 345 Gelenkinfektion 204 ± bakterielle 205 Gelenkinnenhaut 17 Gelenkinstabilitåt 290, 382 Gelenkknorpel 56, 57, 58, 59, 62, 69, 373, 388 ± Destruktion 381 ± hyaliner 55 Gelenkkontraktur 370 Gelenkkrankheiten, entzçndlich-rheumatische 321, 327 Gelenkprothese 236 Gelenkschmerz, entzçndlicher 82 Gelenkschutz 149, 150, 153, 154, 157, 160, 162, 163, 164, 165, 166, 167, 168, 170, 171, 172, 172, 173, 240 Gelenkschwellungen 82 Gelenksteife 82, 402 ± fibræse 292 Gelenksynovialektomie 348 Gelenksynovialitiden 352 Gelenktoilette, arthroskopische 69 Gentherapie 207 Genu valgum 65, 94, 188, 199 Genu varum 65, 94, 96, 188, 199 Gesichtserythem, schmetterlingsfærmiges 39 Gewichtsreduktion 153 Gicht 43, 45, 46, 47, 50, 52, 79, 84, 87, 92, 93, 96, 97, 106, 117, 122, 123, 124, 125, 322 ± exsudative Kristallarthritis 203 Gichtanfall 23 Gichtarthritis 46 Gichtarthropathie 45, 46, 50 Gilchrist-Verband 176, 317 Glenohumeralgelenk 262, 298, 301, 304, 305, 306, 307, 308, 311, 314 Glomerulonephritis 37, 44 Glukokorticoide 27, 88, 99, 212, 214, 215, 217, 452 Glutamat-Oxalat-Transaminase (GOT) 104 Glutamat-Pyruvat-Transaminase (GPT) 104 Gonarthrose 13, 22 Grad der Behinderung (GdB) 448, 449, 450 Granulome 419 Groûzehengelenk 79, 332 Groûzehengrundgelenk 45, 97, 98, 127, 156, 167, 170, 179, 180, 185, 322, 330, 331, 332 Grundgelenke 231, 232, 238 Guillon Loge 93
H Hackenfuû 321 Hakenmarknagel 256, 258 Hallux flexus 321 ± rigidus 158 Hallux malleolus 323, 328, 332 Hallux malleus 324 Hallux rigidus 98, 185, 321, 323 Hallux valgus 30, 97, 98, 158, 159, 172, 185, 186, 189, 194, 321, 322, 323, 328 ± rheumatischer 328 Halo-Fixateur 299, 424, 425, 428, 435, 438, 440 Halo-Jacket 423 Halswirbelsåule (HWS) 5, 90, 127, 128, 129, 134, 135, 151, 155, 159, 160, 171, 183, 205, 212, 214, 217, 419, 420, 421, 422, 425, 426, 428, 430, 431, 432, 433, 434, 435, 438 ± ankylosierende 427 ± usurierende 427 ± Lordose 420 ± okzipito-atlanto-axialer Bereich 211 Haltung, kyphotische 49 Håmarthros 121, 122, 123, 205, 375 Håmatopoese 32 Hammerzehe 30, 158, 185, 321, 323 ± entzçndliche 329 Håmochromatose 46, 101, 117 Håmolyse 102, 105, 113 Håmophilie 205 Håmosiderose 46 Hand 12, 15, 321 ± rheumatische 237 Handbeteiligung, polyartikulåre 63 Handdeformation, rheumatische 5 Handgelenk 4, 5, 29, 30, 34, 36, 45, 46, 47, 63, 82, 92, 101, 130, 131, 155, 156, 157, 166, 167, 168, 169, 170, 174, 177, 214, 221, 231, 232, 236, 237, 238, 240, 247, 248, 250, 251, 252, 253, 255, 256, 258, 259, 260, 261, 262, 273, 275, 304, 317, 318, 342, 343, 367, 402 ± subluxiertes 5 Handgelenkarthritis 248, 249 Handgelenkarthrodese 255, 257, 263 ± nach Mannerfelt 257 Handgelenkarthroskopie 251 Handgelenkendoprothese 259, 260, 261 Handgelenkorthese 167, 177, 178 ± dorsale 178 ± volare 178 ± zirkulåre 178 Handgelenkprothese 261 Handgelenkserguss 92 Handgelenksynovialektomie 257 Handicap 50, 51 Handskoliose 156, 157, 169, 256 ± rheumatische 93 Harn 103, 104 Harnsåure 45, 47, 50, 106, 117, 125 Harris-Hip-Score 413, 414, 415, 416 Haut 26, 27, 82, 86, 87, 142, 175, 177, 187, 190, 204, 212, 213, 214, 238, 268, 432, 438 Hautnekrose 295, 335
Sachverzeichnis Hautschwielen 325, 329 Hautverånderungen ± systemische 87 ± vaskulitische 109 Heberden-Arthrose 93 Heberden-Knoten 63 Hemialloarthroplastik 312 Hemiarthroplastiken 280, 284, 313 Hemiprothese 313, 314 Hepatitis 32, 104, 110, 215 Herzbeteiligung 82 Herzinfarkt 104 Hilfsmittel 82, 86, 163, 164, 165, 166, 167, 168, 169, 170, 171, 184, 187, 382 HIV-Infektion 117 Hæhenverlust, karpaler 248, 249, 254 Hohlfuû 321, 324 Hohmann-Ûberbrçckungsmieder 184 Hçftarthritiden 198 Hçftbeugekontrakturen 96, 159, 451 Hçftdysplasie 66 Hçfte, Synovialektomie 392 Hçftendoprothese 215 Hçftendoprothesenoperation 216 Hçftgelenk 4, 6, 12, 13, 24, 30, 36, 47, 61, 63, 64, 65, 69, 70, 94, 95, 96, 101, 129, 133, 157, 159, 160, 171, 180, 186, 190, 205, 236, 356, 392, 393, 395, 396, 397, 398, 399, 400, 402, 403, 404, 406, 407, 408, 411, 432, 433, 434, 441, 442 ± arthritische Verånderung 181 ± Arthrodese 400 ± chronische Polyarthritis 402, 407 ± endoprothetische ± ± Versorgung 389 ± ± Ersatz 389 ± entzçndliche Destruktion 403 ± entzçndliches 395 ± Erguss 398 ± Luxation 410 ± pråarthrotische Fehlstellung 400 ± Synovialektomie 392, 397, 398, 408 ± Totalendoprothese 417 Hçftgelenkendoprothese 5, 390, 442 Hçftgelenksarthroplastik 402 Hçftgelenksdysplasie 94 Hçftgelenksynovialektomie 399 Hçftkopfluxation 392 Hçftkopfnekrose 66, 133, 392, 399, 453 Hçftorthese 180 Human Lymphocyte Antigen System (HLA) 28, 29, 34, 115, 116, 450 ± HLA-B27 32, 33, 35, 38, 116, 431, 451 Humeroulnargelenk 273, 274, 278 Humerusgelenk 310 Humeruspseudarthrose 284 Humerusteilersatz 312 Hyaluronat 121, 123 Hyaluronidase 122, 144 Hyaluronsåure 57, 68, 118, 123, 144, 206 Hydrotherapie 142, 144 Hydroxylapatit-Arthritis 47, 48, 50, 203 Hyperkeratose 189, 190
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Hyperparathyreoidismus (HPT) 46, 105, 106, 117 Hyperplasie, villæse 29 Hyperthyreose 118 Hypertonie 41, 84 Hypertrophien, villonodulåre synoviale 367 Hyperurikåmie 45, 46, 106 I Iliosakralgelenk 25, 33, 91, 159, 205, 430, 431, 433 Imbalance 390 Immunsuppressiva 84, 103, 212, 213, 214, 215, 217 Impairment 50, 51 Implantate 384, 386, 387, 391, 414, 416, 417 Implantate, flexible 4 Implantation 215, 381, 382, 385, 386, 387, 388, 417 ± Totalendoprothese ± ± Komplikationen ± ± ± Gefåûlåsion 409 ± ± ± Nervenverletzung 409 ± ± ± Perforation 409 Implantationsinstrumentarien 384 Impression ± basilåre 424, 425 ± pseudobasilåre 134, 135, 419, 420, 421, 422, 424 Infekt 36, 101, 130, 214, 236, 291, 417 Infektion 11, 22, 35, 42, 49, 102, 103, 114, 115, 116, 117, 142, 143, 204, 212, 243, 282, 283, 284, 286, 291, 296, 302, 333, 335, 352, 353, 377, 394, 400 ± bakterielle 43, 49, 100, 102, 107, 115, 117, 125 ± virale 43, 117 Infektionskrankheiten 84 Infektionsrate 242, 331 Infektionsrisiko 204 Infektrate 409 Infiltration ± entzçndliche 222 ± lympho-plasmazellulåre 29 ± tenosynovialitische 224 Injektion 203, 204, 205, 206, 207, 214, 215 ± Entzçndung 203 ± Haut 203 ± Hautschåden 203 ± Infektion 203 ± Kortison-Injektion 203 ± paratendinæse 206 Injektionsstelle 203 Insertionstendopathien 143 Instabilitåt 87, 90, 91, 94, 95, 96, 128, 134, 155, 156, 158, 159, 166, 167, 168, 170, 176, 177, 182, 184, 189, 221, 245, 247, 248, 249, 253, 262, 272, 273, 276, 277, 278, 282, 286, 289, 290, 295, 297, 301, 309, 315, 328, 344, 369, 371, 372, 390, 409, 411, 422, 431, 433, 434, 437, 439, 449 ± atlantoaxiale 134, 135, 423, 426 ± atlanto-dentale 183 ± diskoligamentåre 425 ± ligamentåre 426 ± subaxiale 425 ± zervikale 5 Insuffizienz, vaskulåre basilåre 420 Interferenzstræme 146, 147
461
462
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Sachverzeichnis
Interkarpalgelenke 257 Interleukin (IL) 29, 115 Interleukin-1 (IL1) 126 Interleukin-2 (IL2) 114 Interleukin-6 (IL6) 100, 114, 115, 125 International Classification of Diseases for Rheumatology and Orthopaedics (ICDR und O) 22 Interphalangealgelenke (IP) 98, 130, 131, 221, 222, 224, 225, 226, 232 ± distale 61, 63, 179, 222 ± Instabilitåten 222 ± proximale 61, 63, 179, 222, 225, 332, 430 Interposition 4 Intervall, anteriores atlantodentales (AADI) 421, 422 Intervall, posteriores atlantodentales Intervall (PADI) 421 Intervertebralgelenk 134, 205, 419, 421, 427 Intrinsic release 226 Intrinsic-plus-Stellung 177 Intrinsic-Sehnen 239 Intubation 212, 213, 214, 217 ± endotracheale 211 ± fiberoptische 211, 212, 213, 214, 217 ± laryngoskopische 212 Invaliditåt 48, 82 Invaliditåtsgrad 448 Inversion 97 Inzidenz ± ACR-Kriterien 13, 14, 450 ± Arthritis psoriatica 14 ± Arthrosen 14 ± chronische Polyarthritis 14 ± Fibromyalgie-Syndrom 14 ± Gonarthrose 14 ± juvenile chronische Arthritis 14 ± Koxarthrose 14 ± rheumatisch ± ± Beschwerden 12 ± ± Erkrankungen 14 ± Spondarthritiden 14 ± Spondylitis ankylosans 14 Inzidenzraten 12, 13 Inzisalabstand 90 Iontophorese 143, 145 Iridozyklitis 88 Iris 88 ± Entzçndungen 83 Iritis 88, 430, 451 K Kachexie 40 Kalkaneokuboidalgelenk 188, 348, 356 Kalzinose 40 Kapsulosynovialektomie 274 Kardiomyopathien 112 Karditis 37, 451 Karpaltunnelsyndrom 92 Karpometakarpalgelenk (CMC) 61, 63, 221, 222, 224 ± Subluxation 221 Karpus 5 Keratoconjunctivitis sicca 88
Keratokonjunktivitis 88 Kerndokumentation 17, 18, 19, 22 ± rheumatologische 16 Kernspintomographie 322 Kiefergelenke 30, 90, 213, 217 Kiefergelenksluxation 212 Kinn-Sternum-Abstand 90, 438, 441 Klassifikationssysteme 22 Knick-/Plattfuû 188, 190 ± rheumatischer 356 Knick-/Senkfuû 188, 189, 190 Knickfuû 185 Kniebeugekontrakturen 159, 451 Knieendoprothesen 182, 215, 236, 387, 388 ± Implantation 386, 388 Knieendoprothetik 236, 261 Kniegelenk 4, 5 12, 13, 24, 25, 29, 30, 34, 36, 37, 38, 47, 61, 62, 63, 64, 65, 69, 87, 94, 95, 96, 101, 127, 128, 133, 157, 158, 171, 172, 174, 181, 182, 183, 186, 190, 206, 236, 267, 270, 340, 356, 366, 367, 369, 380, 384, 389, 395, 397, 402, 403, 432, 433, 434, 441, 451 ± arthritische Reizprozesse 182 ± Arthrodese 391 ± Arthroplastik 234 ± Destruktion 381 ± Endoprothese 380, 384 ± Instabilitåt 383 ± kontraktes 386 ± Laxitåt 386 ± postarthritische Arthrose 389 ± Synovektomie 383 ± Totalendoprothesen, Komplikationen 390 Kniegelenkarthrodesen 381 Kniegelenkerguss 96, 122 Kniegelenkersatz 384 Kniegelenkendoprothese 382, 384, 388 ± Implantation 386 ± Pråvention 366 ± Rekonstruktion 366 ± rheumatoide Arthritis 380 Kniegelenksynovialektomie 361, 366, 377 Knieprothese 381, 382, 383, 385, 390 ± Implantation 384, 386, 389 ± septische Streuung 187 Knieprothesenmodelle 386 Knieprothetik 384 Knie-TEP 205, 382, 383, 389 ± Infektionen 391 Knochen, osteoporotischer 387, 409 Knochenarosionen 299 Knochendefekte 322, 387 ± osteolytischer 407 Knochendestruktionen 82 Knochennekrose 342 Knochenspan 426 ± kortikospongiæser 425 Knochentransplantation 387 Knopflochdeformitåt 30, 93, 156, 169, 179, 222, 224, 225, 227, 228, 237 Knorpel 17, 29, 43, 55, 56, 57, 58, 59, 63, 64, 65, 68, 69, 128, 129, 130, 132, 133, 140, 154, 157, 158, 168, 204, 205, 231, 232, 237, 247, 248, 249, 252, 253, 299,
Sachverzeichnis 300, 302, 303, 305, 312, 313, 316, 359, 363, 368, 372, 373, 374, 376, 394, 398, 406, 421, 441, 449 Knorpeldestruktion 29, 55 Knorpelmatrix 57 Kollagen 57, 58, 59, 105 Kollagenase 126, 322 Kollagenosen 38, 103, 108, 113, 123, 452 Kollaps, karpaler 92 Kollateralbånder 326 Kolumnotomie 6, 427, 428 Komplementfaktor 113 Komplikationen 82, 352, 353, 390, 409, 417, ± subaxiale 30 Kompression 128, 135, 141, 159, 211 ± bulbåre 420 ± medullåre 419, 420 Kompressionsarthrodese 332 Konjunktivitis 37, 83 Kontrakturen 82, 86, 94, 149, 150, 152, 153, 154, 157, 158, 159, 163, 164, 169, 170, 173, 175, 178, 179, 180, 191, 192, 224, 231, 232, 236, 238, 239, 243, 285, 270, 330, 332, 367, 369, 375, 385, 386, 413, 432, 442, 451 Kopfgelenke 89, 213 Kopfluxation 392 Kork-Walkleder-Einlagen 352 Kortikoid 206, 452 ± allergische Reaktionen 204 Kortikoid-Injektion 186, 203, 204 ± systemische Nebenwirkungen 204 Kortikoidtherapie 203, 204 ± instabile Gelenke 204 ± Synovialitis nach Gelenkfraktur 204 Kortison 84, 124, 203, 204, 205, 206, 211, 214, 215, 302, 441 Kostosternalgelenke 38 Kostotransversalgelenke 435 Kostovertebralarthritis 91 Kotau-Hinken 95 Koxarthrose 22 Koxitis 94 ± rheumatoide 433 Krallenzehe 158, 185 ± entzçndliche 329 Krankengymnastik 18 Krankheiten, ± entzçndliche 103 ± entzçndlich-rheumatische 18 ± ± systemische 334 ± infektiæse 450 Krankheitsbild ± polyarthritisches 407 ± rheumatisches 22 Krepitationen 24 Kreuzbånder 96, 158 Kreuzdarmbeingelenke 402, 431 Kreuzschmerz 81 ± entzçndlich bedingter 25 ± tiefsitzender 33 Kreuzstçtzmieder 184 Kristallarthropathien 22, 43, 45, 46, 47, 48, 50, 52, 66, 117, 203
]
Kristalle 46, 47, 48, 64, 68, 69, 117, 118, 121, 122, 124, 125, 204, 207 Kristallsynovialitis 204 ARA-Kriterien 109, 276, 277 Kryoglobuline 115 Kryotherapie 142, 143, 144 Kyphose 33 ± ankylosierte 6 L Lactat-Dehydrogenase (LDH) 105 Låhmung 81, 179, 296 Långsgewælbe 94, 188, 193, 194, 195, 334 Larsen, Dale und Eek (LDE) 223, 224, 228, 237, 245, 249, 250, 251, 252, 253, 256, 259, 267, 273, 276, 277, 289, 301, 302, 303, 307, 309, 311, 318 Laryngoskopie 211, 212, 217 Laser 226, 304 Låsionen 137 ± akroosteolytische 35 ± diskoide 40 ± vaskulitische 26, 31 Lavage 69 Leberzirrhose 100, 101, 104 Leitungsanåsthesie 214 Lendenwirbel 431 Lendenwirbelsåule (LWS) 90, 135, 151, 159, 181, 430, 435, 441 Leukåmie 102, 107 Leukozytopenie 32 Lhermitte-Zeichen 90 Lig. radioscapholunare 131, 248 Lig. transversum 134, 420 Ligamentlaxitåt 385, 386 Lindemann-Mieder 184 Lisfranc-Gelenk 189, 199 Listeriose 103 Listersches Tuberkel 251, 257, 262 Lockerung 387 ± aseptische 349, 353 ± septische 391 Lockerungsrate 353 Læffler-Syndrom 103 Læfgren-Syndrom 88, 97 Lues 103, 113 Lungenfibrose 31, 49 Lupus erythematodes 26, 27, 87, 88, 110, 124, 131, 180 ± diskoider 39 ± kutane Form 39 ± systemischer (SLE) 22, 26, 27, 39, 40, 42, 48, 50, 89, 100, 107, 108, 109, 110, 111, 113, 114, 115, 124, 203, 212, 452 Luxation 97, 98, 128, 155, 156, 159, 180, 181, 185, 247, 248, 256, 257, 260, 262, 290, 291, 293, 307, 315, 392, 398, 399, 404, 405, 408, 411, 434 ± subaxiale 419 Lyme-Arthritis 26, 37, 123, 448, 452 Lyme-Borreliose 37, 116 Lymphadenopathie 39, 42 Lymphadenosis benigna cutis 37
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Sachverzeichnis
Lymphdrainage 141, 333, 334 Lymphædeme 141 Lymphom 42 M Malabsorption 105 Malignom 42, 102, 105, 110 Malum perforans 95, 98 Mannerfeltarthrodese 255, 256 Marknagel 258 Massage 140, 141, 142, 160 Maûnahmen ± arthrodetische 224 ± arthroplastische 224 ± systemische 343 Maûschuh 200, 201 Mastdarmlåhmung 30 McGregor-Linie 421 McGregor-Messmethode 421 Medikamente 84, 88, 99 ± Anamnese 84 Medulla oblongata 128, 135 Medulla spinalis 421 Membrana tectoria 420 Meningitis 115 Mennel-Handgriff 91 Menopause 63, 66 Mesenterialinfarkte 32 Metakarpophalangealgelenke (MCP) 5, 46, 130, 167, 168, 169, 178, 179, 221, 222, 224, 225, 231, 232, 233, 234, 236, 237, 238, 239, 240, 241, 245, 256, 257, 430 ± Arthroplastik 237, 259 ± Endoprothese 238 ± intrinsic release 226 ± Prothese 235 ± Subluxation 179 ± Synovialektomie 225 Metastasen 105, 106 Metatarsalgien 322, 329, 331 Metatarsal-Index 328, 330 Metatarsalkæpfchen, Resektion 4 Metatarsalosteotomie 327 Metatarsophalangealgelenk 61, 323 Metatarsus primus elevatus 323 Methotrexat 16 Meuli-Prothese 260 Minderung der Erwerbsfåhigkeit (MdE) 447, 448, 449 Mischkollagenose 111, 443 Mittelfuû 352 Mittelfuûdeformitåten 191 Mittelfuûgelenke 37 Mittelfuûkæpfchen 330 Mittelfuûrollen 199, 200 Mittelfuûverånderung, rheumatische 188 Mittelgelenke 93 Mixed connective tissue disease (MCTD) 27, 43, 109, 111, 452 Monarthritis 21, 37, 203, 205, 396, 398, 400, 452 Mononatriumurat-Kristall 124
Mononeuritis multiplex 31, 32, 44 Morbus Bechterew 82, 84, 116, 125, 145, 402, 426, 428, 431, 435, 451 Morbus Crohn 32, 38, 123, 137, 203, 430, 431, 432 Morbus Hodgkin 49 Morbus Paget 106 Morbus Perthes 66 Morbus Reiter 134, 137, 203 Morbus Still 153 Morgensteifigkeit 24, 25, 33, 77, 79, 86 Mortalitåt 49, 50 Mortalitåtsrate 426, 428 Morton-Neuralgie 191 Mutilationen 35, 128, 131, 290, 407 Muzintest 122, 125 Myalgien 42, 118 Myasthenia gravis 112 Myelokompression 26, 217, 421, 422 Myelopathie 430 ± zervikale 90, 420, 421, 424 Myogelose 141 Myoglobin 105 Myokardinfarkt 101 Myokardiopathien 212, 217 Myokarditis 31, 104 Myopathie 105, 118 Myositis 41, 104, 105, 117 ± infektiæse 23 Myxædem 118 N N. infraspinatus 92 N. medianus 92 N. ulnaris 92 N. ulnaris-Syndrom 93 Nachbargelenk 224, 228, 249 Nagelpsoriasis 35 Narbenkontrakturen 369, 370 Narkosemobilisation 334, 375 Natriumuratkristalle 46, 124 Navigation 384 Nebennierenrindeninsuffizienz 84, 214, 217 Nebenwirkung, toxische 104 Nekrose 34, 40, 104, 130, 132, 133, 205, 206, 262, 335, 353, 403 ± aseptische 204 Neoplasien 45, 101 Nephritis, interstitielle 45 Nephrolithiasis 45 Nervenlåsion 417 Nervenverletzung 409 N. fibularis superficialis 345 N. ischiadicus 408 Neurolyse 374 Niereninsuffizienz 40, 50 Ninety-to-Ninety-Deformitåten 93, 221, 224 Notfall, rheumatologischer 51, 52 NSAID 214, 217 Nystagmus 30
Sachverzeichnis O Okzipitoatlantoaxialgelenke 419 Oligoarthritis 21, 34, 37, 38, 153, 185, 203, 205, 431, 452 ± asymmetrische 36 ± seronegative 22, 102 Omarthritis 175 ± erosive 304 ± mutilierende 304 Onychomykose 322 Operation, arthroskopische 6 Operationsmethode, atlantoaxiale Fusion 423 Operationsmethode ± nach Brooks 432 ± nach Gallie 423 ± nach Magerl 423, 425 ± okzipitozervikale 424 Orthese 51, 156, 158, 160, 162, 163, 164, 165, 168, 169, 170, 171, 173, 174, 175, 177, 178, 179, 180, 182, 183, 184 Os carpale 249 Os tarsale 341 Ossifikation ± ektope 353 ± parossale 417 ± reartikulåre 410 Osteochondrosis dissecans 66, 123 Osteolyse 38, 49, 131, 235, 241, 242, 273, 290, 350 ± zystische 260 Osteomalazie 128 Osteomyelitis 296 Osteonekrose 133, 382, 385, 387, 405 ± lokale 133 Osteopathie 106 Osteopenie 386, 426 Osteoporose 65, 91, 105, 127, 131, 133, 180, 181, 232, 301, 332, 340, 350, 352, 353, 354, 381, 386, 387, 403, 405, 406, 408, 427 ± Orthesen 184 Ostitis fibrosa generalisata 118 Ústrogen 66, 67 P Pachymeningitis 419 painful arc 91 Palmarsubluxation 222, 225 Panarteriitis nodosa 50, 88, 114, 212 Panarthrodese 254 Pannus 5, 29, 133, 362, 398, 399, 405, 424 ± entzçndlicher 135 Papel 42 ± erythematæse 87, 88 Paråsthesien 30, 282, 286, 294, 295, 420 Parasyndesmophyten 35, 38, 134 Parathormon (PTH) 47, 118 Parathyreoidektomie 46 Paresen 282, 283 Paronychie 187 Patella ± Lateralisierung 373
]
± tanzende 96 Pathogenese, histologische 29 Peptid, cyclisches citrulliniertes (CCP) 108 ± Antikærper 108 Perforation 409 Periarthropathien 146, 147 Pericarditis exsudativa 31 Perikardiopathien 217 Perikarditis 39, 212 Peronåusparese 95 Pes anserinus 96 Pes plano-valgus 185, 186, 189 Pfannen, implantierte 414 Pfannenlockerung 96 Phalangealgelenke, proximale 41 Phånomene, entzçndliche 66 Phosphatase, alkalische (AP) 105 Photodokumentation 239 Pied-rond 98 Pivot-Shift-Test 96 Plasmozytom 99, 115 Plattensysteme, transorale 424 Plattfuû 94, 97, 185 ± rheumatischer 158 Pleuritis exsudativa 31 Pneumonitis 31 Podagra 23, 45, 106 Polyarthritis, chronische 79 Poly-/Dermatomyositis 109 Polyangiitis 113, 118 Polyarthritiker 162, 313, 316 Polyarthritis 21, 29, 37, 39, 43, 48 ± chronische (cP) 15, 16, 17, 18, 19, 22, 23, 24, 25, 26, 27, 28, 29, 30, 31, 32, 33, 34, 37, 42, 43, 46, 47, 48, 49, 84, 116, 127, 130, 131, 134, 152, 153, 159, 160, 267, 308, 323, 324, 332, 340, 342, 395, 402, 403, 406, 407, 450 ± ± Hçftgelenk 402, 407 ± ± Pråvalenz 28 ± ± primåre 3 ± ± seronegative 22 ± juvenile 308, 367, 416 ± ± chronische 134, 321, 340, 376, 402, 404, 405, 430 ± progressive 3 ± ± chronische 3 ± seronegative 153 ± seropositive 153 ± symmetrische 37 Polyarthropathien, entzçndliche 22 Polyarthrose 22, 24, 449 ± systemische 449 Polychondritis 43 ± chronisch rezidivierende 88 Polymyalgia rheumatica 23, 44, 89, 92, 99, 452 Polymyalgie 87 Polymyositis (PM) 41, 88, 89, 104, 111, 112, 117, 452 Polymyositis/Dermatomyositis 41, 42 Polyneuropathie 23, 27, 95, 109 Polyserositis 111 Polysynovialitis 29
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Sachverzeichnis
Pråvalenz ± ACR-Kriterien 14 ± Arthritis psoriatica 14 ± Arthrosen 13, 14 ± chronische Polyarthritis 14 ± degenerativer radiologischer Verånderungen 13 ± Fibromyalgie-Syndrom 14 ± Gonarthrose 14 ± juvenile chronische Arthritis 14 ± Koxarthrose 14 ± rheumatische ± ± Beschwerden 12 ± ± Erkrankungen 13, 14 ± Spondarthritiden 14 ± Spondylitis ankylosans 14 Pråvalenzrate 12, 13 Pråvention 67, 68, 70, 140 Progredienz 82, 325 Pronationsfehlstellung 323, 324 Protein ± Akute-Phase-Proteine 100 ± c-reaktives Protein (CRP) 40, 100 ± C-reaktives 40 ± Serum-Amyloid-A-Protein 100 Proteinurie 31, 39, 40, 103, 104 Prothesen 232, 233, 252, 260, 273, 275, 281, 282, 283, 284, 285, 286, 287, 313, 314, 315, 386, 390 ± GSB-Prothese 283 ± GSB-I-Prothese 280, 289 ± GSB-III-Prothese 284 ± GSB-III-Prothese, rheumatoide Arthritis 284 ± GSB-III-Prothesen 281, 282 Prothesendesign 383, 417 Prothesenfrakturen 331 Prothesenimplantation 409 Prothesenwechseloperationen 211 ± septische 216 Protrusionen 405, 406, 408, 409 Protrusionsform 405 Protrusionshçfte 403 Protrusionskoxarthritis 398 Proximale-Interphalangelenke (PIP) 5, 130, 169, 179, 222, 225, 226, 227, 231, 232, 234, 236, 238, 239, 241, 242, 332 ± Arthrodese 238 ± Beugekontrakte 325 ± distales 232 ± Gelenkersatz 238 ± Synovialektomie 225 Prozesse ± aseptische 25 ± entzçndliche 38, 49, 123, 127, 188, 326, 397, 427 ± immunsuppressive 215 ± myeloproliferative 99 ± synovialitische 34 Pseudarthrosen 47, 272, 276, 282, 291, 293, 317, 342, 346, 347, 353, 426, 427, 435 Pseudogicht 43, 46, 47, 203 Psoriasis 26, 33, 34, 87, 88, 89 ± pustulosa 49 ± pustulåre 38 ± vulgaris 32
Psoriasis-Arthritis 4, 32, 34, 35, 46, 49, 79, 84, 88, 93, 99, 117, 127, 134, 137, 203, 322, 324, 430, 451 ± mutilierende Form 49 Psoriasis-Arthropathien 82, 106, 131, 185, 451 Psoriasiseffloreszenzen 87, 88 Psychose 40 Pufferabsåtze 198 Punktate ± entzçndliche 122 ± nicht-entzçndliche 122 Punktion 203, 213 Purinstoffwechsel 45 Purpura 88 ± Schænlein-Henoch 43, 44 ± vaskulitische 27 Pustulose 38 Pyoderma gangraenosum 88 Q Quergewælbe 94, 97, 98, 194, 195, 196, 200, 321, 327, 332, 333 Querschnittslåhmung 427, 431, 440, 448, 451 Querschnittssymptomatik 32 Querschnittssyndrom 26, 30 Q-Winkel 388 R Radialdeformitåt 177 Radialdeviation 166, 253, 256 Radialinklination 254 Radiohumeralgelenk 274 Radiokarpalgelenke 61, 253, 257 Radionuklid 205, 215 Radiosynoviorthese 203, 205, 206, 215, 223, 251, 302, 303, 335, 348, 352, 358 ± chemische 203 Radioulnargelenk 155, 176, 177, 257, 268, 274 ± distales 247, 248, 273 ± ± instabil 252 ± synovialektomiertes 269 Radiusgelenk 156, 260 Rahmenstçtzkorsett 184 Raynaud-Phånomen 31, 39, 40, 41, 42, 43, 87, 109, 111, 115 Reaktion ± allergische 103, 215 ± depressive 27 ± entzçndliche 212 ± pemphigoide 88 ± regressive 27 Reflexdystrophien 146, 390 Rehabilitation 18, 19, 165, 240, 447, 450 Reimplantation 391 Reiter-Syndrom 22, 23, 35, 83, 87, 88, 89, 91, 97, 116, 117, 126, 451 Reizstrom 143, 145 Reizzustånde, entzçndliche 68 Rekonstruktion 408, 417 Rente 447, 448 Resektion, Metatarsalkæpfchen 4
Sachverzeichnis Resektions-Arthroplastik (RAP) 4, 176, 224, 231, 232, 233, 236, 243, 245, 246 282, 289, 292, 312, 333 ± Fingergelenke 232 ± mit intrinsic-Transfer 246 ± ohne intrinsic-Transfer 246 Resektions-Interpositions-Arthroplastik (RIAP) 245, 246, 255, 261, 262, 282, 289, 290, 292, 310, 311, 312 ± Fingergrundgelenke 245 ± Grundgelenk 332 Resektions-Interpositions-Suspensionsarthroplastik (RISAP) 292, 332 Retinacula 345, 348 Retinakularekonstruktion 226 Retinakular-Plus-Test 227 Retinopathie 88 Retropatellargelenk 158, 367 Revision 388 Revisionseingriffe 345 Rezidive 452 Rhagozyten 124 Rheumachirurgie, pråventiv ausgerichtete 17 Rheumafaktoren (RF) 17, 32, 33, 34, 42, 48, 63, 107, 108, 450 ± Nachweis 107 ± seronegative 107 ± synoviale 29 Rheumaknoten 31, 32, 46, 87, 88, 98, 225, 228, 321, 326, 335, 343, 368, 430 Rheumaliga 162 Rheumaschub 214 Rheumatismus, entzçndlicher 395, 396, 397, 400 Rheumatologie 3, 6, 7, 8, 9, 21, 324 ± internistische 8, 19 ± orthopådische 7, 19 Riesenzellarteriitis 89 Rippengelenke 431 Risikofaktoren, systemische 67 Rizarthrose 22 Rollstçhle 174, 184 Rotatoren 155 Rotatorenmanschette (RM) 91, 92, 132, 175, 297, 298, 299, 300, 305, 306, 307, 308, 309, 310, 311, 312, 314, 315, 317, 318, 453 Rotatorenmanschettendefekte 306, 313, 318 Rotatorenmanschettenlåsion 300, 302 Rotatorenmanschettenrekonstruktion 304 Rotatorenmanschettenruptur 133 Rçckenmark 128, 135, 159 Rçckenmarkskompression 30, 32 Rçckfuû 87, 94, 189, 321, 323, 324, 342, 343, 344, 347, 350, 352, 353, 356 Rçckfuûabweichung 94 Rçckfuûankylose 347 Rçckfuûarthritiden 342 Rçckfuûarthrodesen 352 Rçckfuûbereich 193, 196, 197, 199, 201 Rçckfuûdeformierung 191, 334, 341 Rçckfuûvalgus 188, 189, 191, 194, 196, 356 Rçckfuûvalgusfehler 198 Rçckfuûvarus 199
Rçckfuûverånderung 189 ± rheumatische 188 Rumpfsåule 205 Ruptur 132, 188, 222, 224, 247, 252, 262, 315, 343 S Sakroilitis 33, 35, 25, 36, 38, 135, 137 ± akute 25 ± bakterielle 137 Sakroiliakalgelenke 127, 128, 129, 130, 136, 137 Salvage 331 Sattelgelenk 170, 180 Sauv-Kapandji 252, 253 Scarf 327 Schåden, cortisonbedingte 453 Schanzen-Phånomen 91 Scharniergelenk 235, 293, 294 Scharniergelenksprothese 232, 234, 280 Schenkelhalsfraktur 180, 181 Schiefhals 90 Schiene 240, 245, 251, 253, 254, 283, 289, 334 Schleimbeutel 28, 81 Schleudertrauma 427 Schlingenkåfig 149, 154 Schlçsselgriff 93 Schmerz ± chronischer 334 ± degenerativ bedingter 23, 25 ± entzçndlich bedingter 25, 30, 33, 52 ± funktionell bedingter 25 Schmetterlingserythem 40, 88, 109 Schmetterlingsrolle 199, 334 Schock, aseptischer 51 Schrittlånge 94, 95 Schub, entzçndlicher 47 Schublade, vordere 97 Schulter 30 ± instabile arthritische 304 Schulterendoprothetik 311, 317 Schultergelenk 4, 24, 29, 30, 36, 45, 46, 47, 50, 91, 92, 129, 132, 155, 165, 176, 282, 297, 298, 299, 301, 302, 304, 308, 310, 316, 318, 402 ± Instabilitåt 306 Schultergelenkarthrodesen 317 Schultergelenksynovialektomie 303, 304 Schultergelenksynovialitis 298 Schultersynovialektomie 303, 306 Schuppenflechte 82, 84 Schwanenhals 164, 168, 169, 170, 237 Schwanenhalsdeformitåt 30, 39, 156, 179, 222, 223, 226 Schwellung 87, 333 ± synovialitische 178, 180, 181, 185 Schwerbehindertengleichstellung 452 Schwielen 187, 321, 325 Schwielenexzision 328 Scleromalacia perforans 31 Sediment 122, 124 Sehnen 23 Sehnenansatz 25 Sehnenknoten 30
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Sachverzeichnis
Sehnen-Muskel-Erkrankung 21 Sehnenrekonstruktion 17 Sehnenriss 24, 82 Sehnenruptur 52, 221, 223, 256, 257, 263, 347, 453 Sehnenscheiden 24, 28 Sehnentransfer 253 Seitenbandinstabilitåten 96 Senkfuû 97, 324 Sensibilitåt 93 Sepsis 40, 51 Sesambeine 328, 336 Sicca-Syndrom 31, 42, 111 Sichelzellanåmie 102 Silastic 5, 233, 234, 235, 236, 240, 241, 243, 273 Silastik-Implantate 240 Silastik-Platzhalter 240 Silastikprothese 275 Silikon 234, 239, 242, 243, 259, 260, 289, 330, 331 ± Fingergelenk 5 ± Implantate 233 ± Kærper 236 ± Prothese 331 Silikonsynovialitis 273, 290 Sine-sine-Arthroplastik 282, 317 Sjægren-Syndrom (SS) 42, 87, 107, 108, 109, 110, 112 Skleritis 88, 109 ± nekrotisierende 88 Sklerodaktylie 40, 111 Sklerodermie 26, 40, 41, 42, 46, 50, 87, 88, 108, 109, 111, 131, 212, 341 ± progressive systemische Sklerodermie 99 Sklerodermie-Myositis-¹Overlapª-Syndrom 111 Skleromalazie 31 Sklerose 131, 132, 135, 137 ± progressive systemische 40, 212, 452 ± systemische 109 Sklerosierung 47, 135 Skoliose 131 Sonographie 66, 130, 132, 133, 205, 223, 249, 250, 297, 298, 299, 300, 301, 302, 322, 341, 342, 367, 369, 392, 396, 406, 432 spacer 5 Spannungsmesser 384 Spåtsynovialektomie 376, 377, 392 Spezialschuhe 334 Spinalkanal 421, 427, 435 Spinalkanalstenose 430 Spitzfuû 182 Spitzgriff 93 Splenomegalie 32 Spondarthritiden 12, 13, 24, 183, 340, 341, 343 ± seronegative 203, 205, 430, 451 Spondarthritis 21 ± HLA-B27-assoziierte 22 ± psoriatica 24 Spondylarthritis hyperostotica 38 Spondylarthropathien 33 ± enteropathische 431, 432 ± seronegative 116, 451 Spondylitis 35, 135 ± ankylosans (Spa) 6, 23, 24, 25, 32, 33, 35, 38, 49, 83, 88, 90, 91, 97, 99, 127, 134, 135, 137, 159, 160,
203, 232, 395, 426, 427, 430, 431, 432, 434, 436, 441, 442, 451 ± bakteriell-eitrige 25 ± Frakturen 440 ± ankylosierende 16, 18, 430, 431, 437 ± anterior 135 ± psoriatica 430 Spondyloarthritis 23, 25, 30, 32, 33, 35, 38, 46, 49, 52 ± bakterielle 32 ± idiopathische 32 ± juvenile 32 ± psoriatica 32, 35, 38 ± seronegative 33, 137 Spondylodesen 5, 423, 426, 428 ± atlantoaxiale 426 ± Halswirbelsåule 316 ± okzipitozervikale 426 Spondylodiszitis 26, 30, 134, 419 Spondylopathie 23 Spondylose 23, 47 Spongiosa 254, 306, 308, 309, 316 Spongiosaplastik 387, 400 Spontanfrakturen 344, 352 Spreizfuû 186, 189, 194, 321, 323, 324, 327 ± rheumatische 185, 200 Spreizfuûdeformierung 334 Sprunggelenk 29, 34, 36, 37, 38, 45, 95, 96, 97, 157, 159, 183, 185, 190, 198, 344, 354, 356, 358, 360, 395, 402, 451 ± Kontrakturen 382 ± oberes 4, 159, 185, 188, 200, 340, 342, 343, 344, 345, 346, 350, 352, 353, 384 ± ± Arthrodese 200, 359 ± ± endoprothetische Versorgung 347 ± ± entzçndliches 357 ± ± Resektionsarthroplastik 348 ± ± Synovialektomie 347, 348, 356, 357, 358 ± rheumatoide Arthritis 356 ± synovialitische Reizung 183 ± synovialitische Schwellung 183 ± unteres 158, 185, 358, 359, 360 Sprunggelenkarthrodese 360 ± obere 351 Sprunggelenksendoprothesen 345, 348, 352, 353 Stabilitåt 89, 90, 273, 386, 411, 417 Stadien 158, 163 Stadieneinteilung 154, 155, 156 Stauchungsschmerz 96 Steifigkeit 82, 87 Steinbrocker-Stadien 49, 150, 151, 163, 274, 276, 277, 450 Sternoklavikulargelenk 38, 91 Steroid 102, 104, 212, 214, 335 Steroidarthropathie 204 Still-Syndrom 83 Stoffwechselstærung ± hyperthyreote 118 ± hypothyreote 118 Stomatitis, aphthæse 43 Strahlenschutzgesetz 205 Stratum synoviale 348
Sachverzeichnis Streckerruptur 263 Streckhemmung 92 Strecksehnenruptur 248, 250, 251, 262, 263 Strecksehnenverlångerung 326 Stressfrakturen 353 Stridor 52 Struktur ± fibrotische 224 ± periartikulåre 408 Studien, epidemiologische 12 Stufenleiterphånomen 134 Subluxation 5, 97, 128, 130, 155, 156, 158, 167, 169, 171, 225, 232, 233, 234, 237, 239, 245, 248, 254, 256, 261, 273, 282, 407, 419, 421, 424, 437 ± atlantoaxiale (AAS) 217, 419, 420, 424 ± atlanto-dentale 135 ± axiale 211 ± entzçndliche 221 ± stabile atlantoaxiale 421 Subluxation/Luxation 181 Substanzen, radioaktive 223 Subtalargelenk 190, 348 Sudeck-Krankheit 142 Sulcus ulnaris 92 Sulcus-ulnaris-Syndrom 92 Superinfektionen 335 Supination 323, 324 Supinationsfehlstellung 196, 323 Supinationsinstabilitåt 345 Swanson 233, 234, 240, 330, 331 ± Arthroplastik 259, 260 ± Silastic 233, 241, 261 ± Spacer 225 Synchondrose 38 ± sternomanubriale 431 ± manubriosternalis 25, 38 Syndesmophyten 35, 134, 427, 428, 434 Syndrom ± degenerativ bedingtes 24 ± fibromyalgisches 89 ± infektiæses arthritisches 116 ± myelodysplastisches 102 ± nephrotisches 103, 105 ± paraneoplastisches 42 ± rheumatisches 22 Synkopen 30 Synovektomie 239, 385, 397 ± arthroskopisch durchgefçhrte 17 ± Kniegelenk 383 Synovia 31, 47, 106, 118, 121, 122, 123, 124, 125, 126 ± arthritische 125 Synovia-Analyse 46, 66, 116, 117, 121, 122, 203 Synovialektomie 3, 4, 17, 18, 204, 211, 224, 226, 227, 228, 252, 254, 257, 267, 268, 269, 270, 272, 273, 274, 278, 280, 304, 305, 306, 307, 308, 325, 326, 327, 328, 333, 335, 343, 344, 345, 347, 348, 356, 357, 358, 359, 361, 362, 363, 364, 366, 369, 370, 371, 372, 373, 375, 376, 377, 383, 388, 392, 394, 396, 397, 399, 400, 408 ± arthroskopische 4, 225, 343 ± chemische 308 ± Hçftgelenk 392, 397, 398, 408 ± Kniegelenk 206
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± minimal invasive 4 ± oberes Sprunggelenk 356, 357, 358 ± pråventive 369 Synovialflçssigkeit 47, 107, 122, 123, 129 Synovialgewebe 387 Synovialis 21, 23, 56, 58, 60, 63, 66, 69, 144, 177, 239, 269, 301, 357, 362, 363, 366, 367, 370, 371, 372, 393, 398, 424 ± entzçndete 367 Synovialitis 26, 38, 68, 92, 101, 124, 129, 130, 133, 135, 155, 162, 168, 179, 194, 195, 196, 221, 222, 223, 226, 228, 247, 249, 250, 251, 278, 290, 298, 299, 301, 303, 306, 323, 324, 327, 366, 382, 388, 392, 393, 403, 405, 406, 419, 452 ± chronische 4 ± pannæse 382, 419 ± pigmentierte villonodulåre 133 ± reaktive 204, 205 ± villonodulåre 205 ± villonodularis 122 ± ± pigmentosa 341 Synovialitis-Akne-palmoplantare Pustulose-Hyperostose±Osteitis-Syndrom (SAPHO-Syndrom) 25, 26, 27, 32, 38 Synovialmembran 21, 23, 29, 205, 268 Synovialproliferation 303 Synovialzyste 387 Synoviorthese 4, 17, 205, 206, 267, 270, 303, 352, 363, 364 ± chemische 205, 223, 302, 393 Synoviorthese ± Ellenbogengelenk 206 ± Fingergelenk 206 ± Handgelenk 206 ± Hçftgelenk 206 ± Kniegelenk 206 ± mit chemischen Substanzen 17 ± mit radioaktiven Substanzen 17 ± Schultergelenk 206 ± Sprunggelenk 206 ± Zehengelenk 206 Synovitis 38, 232, 241, 276, 277, 335 Systemerkrankungen 8, 9, 22 ± chronische 6, 8 ± entzçndliche 449 Szintigraphie 42, 130, 206, 322, 367, 395, 396, 410, 427, 433 T Talokalkanealgelenk 188, 344, 346, 348, 356 Talokruralgelenk 188, 344, 348, 350, 351 Talonavikulararthrodese 351 Talonavikulargelenk 188, 190, 323, 343, 344, 356 Tarsalgelenk 340, 341, 342, 343, 344, 346, 347, 351, 352, 353 ± Synovialektomie 348 Tarsaltunnelsyndrom 97 Tarsometatarsalgelenk 324, 327, 344, 346 ± entzçndliche Verånderung 185 Teilarbeitsfåhigkeit 448 Teilarthrodese
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Sachverzeichnis
± radiokarpale 261, 262 ± radiolunåre 254 ± radioskapholunåre 255 Teilerwerbsfåhigkeit 448 Teleangiektasien 41, 88 Teleskopfinger 34, 93 Tender-Points 89, 453 Tendinitis 24, 30, 300 Tendinosen 176 Tendomyopathien 176 Tendopathie 95, 132 Tendosynovialitis 30 Tendovaginitiden 24 Tenodese 224, 226, 227, 262 Tenolyse 251, 327, 328, 374 Tenosynovialektomie 3, 225, 228, 237, 251, 252, 257, 263, 343, 344, 345, 347, 348, 356, 357, 374 Tenosynovialitis 97, 133, 186, 190, 196, 207, 222, 223, 248, 249, 250, 298, 307, 342, 343, 347, 352, 357 ± pannæse Form 207 Tenotomien 326, 371, 397 TEP-Schule 171, 172 Thalassaemia major 102 Thalassaemia minor 102 Thalassåmie 102 Therapie ± medikamentæse 139, 211, 321, 395 ± multidisziplinåre 19 ± systemische 203, 368 ± zytostatische 106 Thermotherapie 142, 144 Thoraxstarre 34 Tietze-Syndrom 91 Tinnitus 30 Totalendoprothese 147, 280, 405, 406, 408, 409, 411, 412, 415, 416, 417 ± Hçftgelenk 417 ± Implantation 403, 404, 406, 407 ± ± Komplikationen 409 ± ± ± Gefåûlåsion 409 ± ± ± Nervenverletzung 409 ± ± ± Perforation 409 ± Infekt 409 ± Kniegelenk, Komplikationen 390 Transferrin 101 Translokation, ulnare 249 Trauma 67, 69, 125 Trendelenburg-Zeichen 94, 95 Trigger-Punkt 91, 95, 146 Triple-Arthrodese 346, 351, 353 Tuberculum Listeri 248 Tuberkulose 103, 122, 123, 125, 340 Tumor 22, 105, 129 Tumor-Nekrose-Faktor (TNF) 114 ± a-Rezeptoren 126 U Ûbergang, atlantookzipitaler 30 Ûbergewicht 64, 65 Ûberlappungssyndrome 42 Ulnarabweichung 93
Ulnardeviation 5, 156, 157, 168, 169, 178, 222, 232, 235, 237, 241, 243, 245, 248, 256 Ulnardrift 240, 243, 247, 251, 252, 253, 256 Ulnartranslokation 249, 254 Ultraschall 91, 96, 132, 142, 143, 145 Ulzera 147, 204, 212, 217 Ulzeration 88, 98, 189, 335 Unfall 82, 448, 450, 488 Unfallschaden 448 Unkovertebralgelenk 419, 421, 427 Untersuchung, bakteriologische 203 Uratkristalle 45, 124 Uratnephropathie 45 Urethritis 33, 36 Urinsediment 103 Urticaria 88 Usuren 131, 128, 298, 300, 301, 302, 407 Usurierung 250, 300 Uveitis 34, 38, 88 V Vaginitis sicca 42 Valgisierung 323 Valgitåt 286 Valgus 94, 96, 97, 158, 171, 190, 273, 277, 285, 293, 294, 328, 344, 362, 368, 369, 382, 384, 385, 399 Valgusdeformierung 65, 323, 324, 383 Valgusfehlstellung 323, 324, 352 Valgus-Rçckfuû 344 Valgusstellung 189 Valgus-varus 284 Valgus-Winkel 331 Varus 96, 97, 158, 171, 185, 189, 293, 294, 323, 344, 352, 359, 368, 369, 382, 384, 385, 399 ± Gelenkinstabilitåt 182 Varusdeformierung 65, 332, 343 Varusfehlstellung 324, 352 Varus-valgus-Richtung 281 Vaskulitis 26, 31, 42, 43, 44, 45, 50, 52, 87, 88, 102, 103, 113, 115, 117, 144, 189, 190, 212 ± nekrotisierende 44 Verånderungen ± arthritische 177, 183, 211 ± arthrotische 23, 322 ± degenerative 25, 322 ± destruierende 433 ± entzçndliche 25, 26, 89, 90, 95, 131, 132, 133, 334, 340, 344, 381, 430 ± entzçndlich-destruierende 43 ± entzçndlich-ossifizierende 24 ± erosive 26, 30, 131 ± erythematæse 42 ± granulomatæse 43 ± hyperostotische 33, 38 ± makulopapulæse 88 ± osteolytische 408 ± proliferative 131, 137 ± rheumatoide 430 ± syndesmophytåre 432 ± synovialitische 342 ± systemische 369
Sachverzeichnis ± tenosynovialitische 342, 343 Verlauf ± chronischer 38, 47 ± chronisch polyartikulårer 50 ± erosiver 32 ± oligoartikulårer 361 Verlaufsform ± ankylosierende 211, 217 ± desintegrative 254 Verrenkungen 448 Verschlussikterus 104 Verschraubung, antiaxiale 425 Versorgung, endoprothetische 243, 318, 346, 350, 377, 389, 434, 442 ± prothetische 224 ± rheumatologische 15, 16 USG-Versteifung 360 Vertebra prominens 422 Vigorimeter 93, 162 Virusarthritiden 117 Viruserkrankung 82 Virusinfektion 107, 112, 117 Virusmyositis 104 Vorderfuûdeformitåten 191 Vorderseitenstrangsyndrom 420 Vorfuû 322, 323, 324, 327, 328, 329, 333 ± Abduktion 189 ± entzçndlich-rheumatische Krankheiten 321 ± rheumatischer 5, 185, 321, 322, 323, 325, 328, 333 Vorfuûadduktion 321, 343 Vorfuûaffektion 190 Vorfuûamputation 333, 334 Vorfuûbereich 196, 197, 198 Vorfuûdeformierung 30, 86, 98, 194, 323, 334 ± rheumatische 323 Vorfuûkorrektur 336, 340 Vorfuû-Mittelfuû-Varuskontraktur 189 Vorfuûsupination 191, 329 Vorfuûverånderung, rheumatische 188 Vorfuûverband, redressierender 333 Vorschaden 448, 450 W Waaler-Rose-Test 107 Walkleder-Einlage 333, 348 Wattepelotte 333 Wegenersche Granulomatose 44, 48, 50, 88, 109, 112, 113, 212
Weichteilbalance 235, 238, 243, 261 Weichteile, kontrakte 179 Weichteilrheumatismus 89, 453 ± entzçndlicher 453 Wirbelgelenke 63, 135, 205, 433 Wirbelkærperfraktur, osteoporotische 52 Wirbelsåule 23, 25, 26, 30, 35, 47, 49, 61, 77, 78, 79, 80, 81, 90, 91, 94, 95, 127, 130, 134, 135, 144, 145, 146, 147, 157, 159, 160, 171, 313, 423, 426, 427 ± ankylosierte 439 ± degenerativ bedingter Schmerz 25 ± entzçndliche 81 ± entzçndlich-rheumatische 32 ± funktionell bedingter Schmerz 25 ± spastisch-quadriparetische 90 Wundheilung 333 Wundheilungsstærung 383 ± septische 352 Wundinfektionen 335 Wundkomplikationen 351 Wurstfinger 93 Z Zecken 37 Zehendeformierung 197, 334 ± rheumatische 335 Zehengelenke 36, 37, 38, 45, 94, 95, 158, 172, 185 Zehengrundgelenk 5, 29, 46, 94, 95, 98, 185, 187, 189, 191, 190, 194, 199 ± arthroplastische Eingriffe 333 ± synovialitische Schwellung 185 Zehenrollen 199 Zehenverånderung, rheumatische 327 Zerstærung, tumoråhnliche 439 Zervikalarthritis 30, 49 Zervikalkompression 34 Zervikalmark 424 Zervikalmarkkompression ± akute 26 ± chronische 26 Zugang, transoraler 422, 424 Zwei-Punkte-Diskriminationsteste 93 Zysten 206, 259, 302, 303, 306, 307, 308, 374, 396, 398, 399, 400 ± entzçndliche 306 Zytokine 114, 115, 122, 126, 102, 103, 144
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