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315mm 16O
2.8
D
D
steif
elastisch
D
D
I
Gruppe 4 Gruppe 3 Kreiselpumpen P>15 KW Antrieb separat A
integriert A
A
A
B
B C
C
C
D
D
steif Elastisch steif elastisch Stützkonstruktion (Fundamentierung)
D
D
steif
elastisch
Fragen
1. Warum sind in einer „harten6' Wuchtmaschine keinerlei Testläufe notwendig, bei Benutzung einer „weichenG'Wuchtmaschine aber sehr wohl? 2. Wieso ist es beim betrieblichen Wuchten mit 3 Laufen gleichgültig, ob Weg-, Geschwindigkeits-, oder Beschleunigungssignale gemessen werden? Warum ist unter Umständen ein Dehnmeßsignal, gemessen auf der Fensterscheibe des Maschinenhauses, genauso brauchbar? (Bedeutung der Matrix M (Cl) in G1 2.8).
3. Kann man beim Starrkörperwuchten auch mehr als zwei Ebenen einsetzen? Wenn ja, mit welchen Bedingungen verknüpft? 4. Wie filtert der Frequenzganganalysator aus dem verrauschten Meßsignal die 1Cl -Unwuchtantwort heraus?
3
Der dämpfungsfreie Lavalläufer in starren Lagern
3.1 Überblick Bild 3.1 zeigt die Schnittzeichnung einer doppelflutigen Kreiselpumpe, die zweifach gelagert ist. Bei Vernachlässigung der Fluid-Struktur-Interaktionen läßt sich das dynamische Verhalten dieses Systems schon sehr genau mit dem einfachsten Modell eines biegeelastischen Läufers, dem Laval-Läufer beschreiben.
Bild 3.1: (a) Doppelflutige Kreiselpumpe, (b) Laval-Läufer in starren Lagern, Scheibenmasse m, Wellensteifigkeit s
Er besteht aus einer massebehafteten Scheibe auf einer elastischen aber masselos gedachten Welle. Von den Lagern nehmen wir in diesem Kapitel an, daß sie verglichen mit der Welle starr sind. Außerdem werden Dämpfungskräfte vernachlässigt. Beide Annahmen treffen auf wälzgelagerte Rotoren, die in gasförmigen Medien rotieren, recht gut zu, z.B. auf Elektromotoren, Lüfter, Radialverdichter, Luft- und Gasturbinen. Auf die Besonderheit bei Pumpen kommen wir später zurück. Weiter setzen wir voraus, daß die Scheibe sich nicht schräg stellt, wenn die Welle am Scheibensitz durch eine Querkraft belastet wird, Bild 3.2. Das scheint die Allgemeinheit der Betrachtung sehr einzuschränken. Wir werden in Kap. 9 diese Voraussetzung aufgeben und dann feststellen, daß die hier
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3 Der dämpfungsfreie Lavalläufer in starren Lagern
gewonnenen Erkenntnisse weitgehend gültig bleiben, weil der Einfluß der Schrägstellung gewöhnlich gering ist, solange keine Kragwelle vorliegt.
Bild 3.2: Auslenkung der Scheibe ohne Schrägstellung
Der biegeschwingungsfiihige Lavalrotor nach Bild 3.lb kann freie und erzwungene Schwingungen ausführen. Vor allem die durch Unwucht und Schlag erzwungenen Biegeschwingungen spielen praktisch eine große Rolle. Die Analyse dieses einfachen Modells in den Abschn. 3.2 und 3.3 wird zeigen, daß es eine kritische Drehzahl gibt, bei der die geringste Massenexzentrizität der Scheibe oder die kleinste Vorknirnmung der Welle (Schlag) sehr sehr große Auslenkungen verursacht. Denn dann regt die umlaufende Unwucht bzw. der Schlag den Läufer im Takt seiner Eigenfrequenz an. Bild 3.3 zeigt die gemessenen Schwingungsamplituden eines solchen Läufers über der Drehzahl sowie die zugehörigen Zeitschriebe. Bei 1500 Ulmin liegt die kritische Drehzahl. Zur Darstellung bedienen wir uns zunächst raumfester, kartesischer Koordinaten. Die Interpretation dieser Ergebnisse wird aber durchsichtiger, wenn man die beiden lateralen Freiheitsgrade W und V zu einer komplexen Verschiebung r=w+jv, zusarnmenfaßt ( j = f i ) . Das wird in Abschn. 3.4 vorgeführt. Schließlich werden wir die Bewegungsgleichungen des LavalLäufers auch noch in mitrotierenden Koordinaten aufstellen und lösen, Abschn. 3.5. Wir werden sehen, daß jede Darstellungsweise Vor- und Nachteile hat. In den späteren Kapiteln wählen wir jeweils das Koordinatensystem, in dem sich die Bewegungsgleichungen am leichtesten aufstellen und lösen lassen, bzw. in dem die Ergebnisse am anschaulichsten zu interpretieren sind.
3.2 Der unwuchtige Lavalläufer - freie und erzwungene Schwingungen
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Bild 3.3: Gemessene Vertikalschwingungen der Welle in Scheibensitznähe; kritische Drehzahl bei 1500 Ulmin
3.2
Der unwuchtige Lavalläufer - freie und erzwungene Schwingungen
Wir führen ein raumfestes, kartesisches Koordinatensystem (X,y, z) ein, dessen x-Achse in Richtung der Wellenachse zeigt, während die beiden übrigen Achsen in der Mittelebene der Scheibe liegen, Bild 3.4. Der Ursprung 0 dieses Koordinatensystems liegt im Wellendurchstoßpunkt W des nicht ausgelenkten Läufers, d.h. der Verbindungslinie der Lagermitten, weil von einer statischen Durchbiegung durch Eigengewicht zunächst abgesehen wird. Der Wellendurchstoßpunkt W hat die Koordinaten W und V. Bei nicht ausgebogener Welle fällt er mit dem Koordinatenursprung 0 zusammen. Der Scheibenschwerpunkt S mit den Koordinaten W , und V, hat vom Wellendurchstoßpunkt W einen festen Abstand E, der als Exzentrizität bezeichnet wird. Diese Exzentrizität ist auf Inhomogenitäten der Scheibe oder exzentrisches Aufkeilen der Scheibe, oder bei Turbomaschinen auf ungleichmäßige Beschaufelung zurückzuführen. Sowohl die Exzentrizität E als auch die Rotorauslenkungen sind naturgemäß sehr klein im Vergleich zu den Scheibenabmessungen. In Bild 3.4 sind sie, um die Verhältnisse erkennbar zu machen, übertrieben groß dargestellt. Das Produkt aus Exzentrizität E und Scheibenmasse m wird auch als Unwucht U=me bezeichnet.
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3 Der dämpfungsfreie Lavalläufer in starren Lagern
Bild 3.4: Ausgelenkte Welle in einem raumfesten Koordinatensystem
Die sich in der Ebene bewegende Scheibe hat drei Freiheitsgrade, die Verschiebungen in y- und z-Richtung, die durch die Koordinaten des Schwerpunktes S oder die des Wellendurchstoßpunktes W beschrieben werden und die Winkeldrehung p. p ist der Winkel zwischen der z-Achse und einer an sich beliebigen scheibenfesten Referenzrichtung, die wir gerade in Richtung der Exzentrizität der Scheibe legen, Bild 3.5. Er wird gegen den Uhrzeigersinn gerichtet als positiv bezeichnet.
Bild 3.5: Scheibe in der raumfesten y, z-Ebene
An der Scheibe greift im Wellendurchstoßpunkt die auf den Koordinatenursprungspunkt gerichtete elastische Rückstellkraft der Welle mit den Komponenten -sw und -SV an. Dabei ist s die Federkonstante der Welle, die rechnerisch oder durch statische Versuche bestimmt werden kann. Im System muß Gleichgewicht bestehen zwischen den Massenkräften der Scheibe und den elastischen Rückstellkräften der Welle. Mit m als Scheiben-
3.2 Der unwuchtige Lavalläufer - freie und erzwungene Schwingungen
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masse ergeben sich für die z- und y-Richtung die folgenden beiden Differentalgleichungen der Translationsbewegungen:
Zwischen den Koordinaten des Schwerpunktes und des Wellendurchstoßpunktes bestehen die Beziehungen
die sich unmittelbar aus Bild 3.5 ablesen lassen. Da nur die Wellendurchbiegung (w,v) meßbar ist (die Exzentrizität E pflegt im allgemeinen unbekannt zu sein), und auch die Lagerbelastungen von der Wellendurchbiegung abhängen, wollen wir die Bewegungsdifferentialgleichungen für den Wellendurchstoßpunkt aufstellen und in G1. (3.1) W, und V, eliminieren. Durch zweimaliges Differenzieren von G1. (3.2) und Einsetzen in G1. (3.1) ergeben sich die beiden Differentialgleichungen m\i. + sw = m(EQ2cos y> + Eqsin q ~ ) m~ + s v = m ( E ~ ~ s i n ~ - ~ q c o s q J ) . die in den Gliedern auf der rechten Seite den Winkel q~ und dessen Ableitungen enthalten. Das Momentengleichgewicht ergibt sich, indem man den Drallsatz auf die in S senkrecht auf der Scheibe stehende Achse anwendet:
Dabei ist O das Massenträgheitsmoment der Scheibe und T das äußere Drehmoment. Letzteres entspricht dem Antriebsmoment, das an der Scheibe angreift, abzüglich aller Gegenmomente. Bei Turbopumpen, Gebläsen und Ventilatoren beispielsweise stammen diese Gegenmomente aus den Strömungskräften, die an den Laufschaufeln angreifen. Der in G1. (3.4) rechts stehende Ausdruck stellt das Moment der in W angreifenden elastischen Rückstellkraft um die Schwerpunktsachse dar. Es ist proportional der Exzentrizität E. Durch die drei Gln. (3.3) und (3.4) werden die Bewegungen der Scheibe vollständig beschrieben.
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3 Der dämpfungsfreie Lavalläufer in starren Lagern
In diesem Kapitel wollen wir nur den stationären Betrieb betrachten, in dem Antriebs- und Gegenmoment einander die Waage halten, T=O. Führt man in G1. (3.4) anstelle des Massenträgheitsmomentes O das Produkt Masse mal Quadrat des Trägheitsradius k ein, d.h.
dann erkennt man aus der so umgeformten Gleichung
daß stationärer Betrieb praktisch identisch ist mit stationärem Drehzustand, d.h.
@ = const = Q
(3.7)
Denn Exzentrizität E und Wellenauslenkung W bzw. V sind sehr viel kleiner als der Scheibenträgheitsradius k, so daß die rechte Seite in G1. (3.6) praktisch Null ist; ß ist eine belanglose Integrationskonstante, die durch geeignete Wahl der Zeitzählung zu Null gemacht werden kann. Damit entfallt die Momentengleichung; genauer: sie ist gelöst durch G1. (3.7). Setzt man diese Lösung für q in die Gln. (3.3) ein, so lauten die Bewegungsgleichungen der verbliebenen zwei Freiheitsgrade W und V
Dazu wurde G1. (3.3) noch durch m dividiert und die Abkürzung
eingeführt, die die Eigenfrequenz des Systems angibt, wie wir gleich sehen werden. Die Gln. (3.8) sind zwei inhomogene, lineare Differentialgleichungen, die nicht miteinander gekoppelt sind. Die allgemeine Lösung W und V setzt sich
3.2 Der unwuchtige Lavalläufer - freie und erzwungene Schwingungen
zusammen aus den allgemeinen homogenen Lösungen einer partikulären Lösung W, und V,
W,
und
V,
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und je
Der Index E soll darauf hindeuten, daß die inhomogenen Lösungen der Gln. (3.8) auf die Exzentrizität E zurückzuführen sind, die in den auf der rechten Seite stehenden Störgliedern als Faktor enthalten ist.
Die homogene Lösung Bei einer vollständig ausgewuchteten Welle ist E=O. Es bleibt ausschließlich die homogene Lösung zu betrachten, die das Verhalten des Läufers beschreibt, wenn Anfangsbedingungen, z.B. durch Anstoßen vorgegeben werden. Diese homogene Lösung unseres Problems lautet bekanntlich
was man durch Einsetzen in die Differentialgleichungen überprüfen kann. Man erkennt, die Eigenschwingungen der Welle sind zwei harmonische Schwingungen in z- und y-Richtung mit der Eigenkreisfrequenz w. In G1. (3.1 1) sind W„ vo, y„ y, Integrationskonstanten, die sich aus den vier Anfangsbedingungen - Auslenkungen und Geschwindigkeiten in den beiden Koordinatenrichtungen zur Zeit t=O - bestimmen lassen. Die Gln. (3.11) lassen sich deuten als die Parameterdarstellungen einer Ellipse, d.h. der Wellendurchstoßpunkt durchläuft eine Ellipsenbahn. Infolge der bei praktisch betriebsfähigen Systemen stets vorhandenen schwachen Dämpfung, die wir in der Rechnung zunächst unberücksichtigt gelassen haben, klingt die homogene Lösung langsam ab, wie bei einem freien schwach gedämpften Schwinger. Es bleibt auf die Dauer nur die inhomogene Lösung bestehen.
Die inhomogene Lösung - Unwuchtantwort Für sie machen wir einen Ansatz nach „Art der rechten Seite"
V&(t) =
G, sin (
~+ ß) t
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3 Der dämpfungsfreie Lavalläufer in starren Lagern
Dieser Ansatz erfüllt die Differentialgleichungen (3.8) mit Ausnahme des Sonderfalles 51 = w. Dieser Sonderfall wird daher im Kap. 7 noch ausführlich behandelt. Setzt man den Ansatz (3.12) in die Differentialgleichungen ein, dann errechnen sich die Amplituden der erzwungenen Bewegungen des Wellendurchstoßpunktes zu
und nach Einführung der dimensionslosen Drehzahl
erhalten wir die inhomogenen Lösungen
Diese durch die Rotorunwucht erzwungenen Schwingungen überlagern sich den freien Schwingungen. Da letztere aber - wie schon erwahnt - gewöhnlich abklingen, wollen wir die erzwungenen Schwingungen allein weiter diskutieren. Die beiden Gln. (3.15) bedeuten: Der Wellenmittelpunkt führt in z- und yRichtung harmonische Schwingungen mit gleicher Frequenz und Amplitude aus, die gegeneinander um 90" phasenverschoben sind. Die Schwingungsfrequenz stimmt mit der Wellenumlauffrequenz Cl überein. Die Schwingungsamplituden sind proportional der Exzentrizität E und hängen von der Wellendrehgeschwindigkeit Cl ab. Für V+ 1, d.h. wenn die Drehkreisfrequenz R des Rotors mit seiner Eigenkreisfrequenz w übereinstimmt, wachsen die erzwungenen Schwingungsausschläge über alle Grenzen. Dieser Zustand ist für den Rotor recht gefährlich, und man bezeichnet deshalb
als die biegekritische Winkelgeschwindigkeit oder Drehzahl des Rotors.
3.2 Der unwuchtige Lavalläufer - freie und erzwungene Schwingungen
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Die Gln. (3.15) können als die Parameterdarstellung eines Kreises mit dem Radius
aufgefaßt werden. Der Wellendurchstoßpunkt durchläuft also einen Kreis vom Radius r, mit der Winkelgeschwindigkeit Cl. Der Umlaufsinn stimmt mit der Wellendrehrichtung überein, Bild 3.6. In Bild 3.7 ist der Radius r, der Kreisbahn in Abhängigkeit von der Drehzahl Cl dargestellt. Das Diagramm stimmt mit der Vergrößerungsfunktion des Einmassensystems unter Unwuchtanregung überein.
Bild 3.6: Kreisbahn des Wellenmittelpunktes, Vertikal- und Horizontalauslenkung w(t) und v(t) der Welle, Periode TP=3n/i2
Liegt der Betriebsdrehzahlbereich unterhalb der Eigenkreisfrequenz U des Läufers, dann spricht man vom unterkritischen Betrieb, Clwieb< U. Liegt er dagegen jenseits der Resonanzstelle, spricht man vom überkritischen Betrieb. Den Betrieb in Resonanznähe, Q = u , muß man vermeiden, weil dann der Läufer wegen der großen Amplituden am Gehäuse anstreifen kann und weil sehr hohe Biegebeanspruchungen in der Welle auftreten. Wie nahe man sich im Normalbetrieb an die Resonanzstelle traut, hängt nicht zuletzt von der Auswuchtgüte, d.h. der (Rest-) Exzentrizität E ab und auch davon wie sie sich unter Umständen im Laufe der Zeit verändert (Schaufelerosion).
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3 Der dämpfungsfreie Lavalläufer in starren Lagern
n 2 unterkritischer Betrieb
I
1
q = d w überkritischer Betrieb
Bild 3.7: Radius r, der Kreisbahn der Welle in Abhängigkeit von der Drehzahl Q bzw. der bezogenen Drehzahl 77; Kritische Drehzahl (Resonanz) bei n=w
Weil wir in diesem Kapitel stationären Drehzustand, C2 = const. voraussetzten, scheint die Resonanz undurchfahrbar zu sein, die zu passieren für den überkritischen Betrieb notwendig ist. In Kap. 7, in dem wir uns mit dem beschleunigten Hochlauf beschäftigen, werden wir sehen, daß bei hinreichend schneller Fahrt durch die Resonanz die Ausschläge der Welle durchaus endlich sind, ja unter Umständen sogar recht klein bleiben. Auch Dämpfung, Kap. 4, sorgt für Limitierung der Ausschläge in der Resonanz. Wir wollen nun noch die Lage des Schwerpunktes S betrachten, die sich aus den Gln. (3.2) und (3.15) berechnen läßt.
3.2 Der unwuchtige Lavalläufer - freie und erzwungene Schwingungen
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Auch er läuft auf einer Kreisbahn um, die den Bahnradius
hat. Vergleicht man GI. (3.18) mit GI. (3.16), so erkennt man, daß unterhalb der kritischen Drehzahl der Bahnradius r, des Schwerpunktes um E größer ist als der des Wellendurchstoßpunktes r. Durch den Vorzeichenwechsel der Vergrößerungsfunktion in der Resonanz ist aber der Schwerpunktsbahnradius jenseits der kritischen Drehzahl betragsmäßig um E kleiner. Wie man sofort sieht, gilt die Beziehung
Das bedeutet, daß die drei Punkte 0, W und S auf einer Geraden liegen. Die Welle wird statisch durchgebogen und läuft in diesem ausgebogenen Zustand wie ein Hüpfseil um, Bild 3.8. Im unterkritischen Drehzahlbereich ist die Schwerpunktsauslenkung größer als die Auslenkung des Wellendurchstoßpunktes. Dieser Zustand entspricht durchaus unseren Erwartungen. Man kann sich leicht vorstellen, daß der Schwerpunkt durch die Fliehkräfte nach außen gezogen wird. Im überkritischen Drehzahlbereich ( R >CO)kehrt sich die Situation jedoch um, was weniger plausibel ist. Auch dieser weniger anschauliche Gleichgewichtszustand ist stabil. Die Stabilität wird durch die Coriolisbeschleunigung bewirkt. Jenseits der kritischen Drehzahl nähert sich der Schwerpunkt des Rotors um so mehr der Verbindungslinie der Lagerachsen, je schneller der Rotor dreht. Die Wellendurchbiegung wird bei sehr hohen Drehzahlen gleich der Exzentrizität E. Diese Erscheinung wird als Selbstzentrierung der Welle bezeichnet. In diesem Zustand läuft der Rotor wieder sehr viel ruhiger als in der Nähe der kritischen Drehzahl. Die Lagerkräfte verschwinden allerdings nicht, sie betragen SE. In der Resonanz selbst, R =w, ist der Schwerpunkt um 90" nach vom in „FahrtrichtungG'geklappt, wie die Untersuchung von Kap. 7 zeigen wird.
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3 Der dämpfungsfreie Lavalläufer in starren Lagern
Bild 3.8: Relative Lage von W und S für unterkritischen Betrieb ( Q < w ) , überkritischen Betrieb (Cl> w ) und sehr hohe Drehzahlen (Cl>> w )
In den vorangegangenen Betrachtungen haben wir festgestellt, daß die Welle durch die Unwucht zu Kreisbewegungen angeregt wird. Wellendurchstoßpunkt und Schwerpunkt durchlaufen mit der Winkelgeschwindigkeit R Kreisbahnen, wobei die Punkte W und S stets auf einer Geraden durch den Ursprung 0 liegen. Mit diesem Wissen läßt sich die Gleichgewichtsbedingung natürlich sofort direkt hinschreiben. Aus der Sicht eines auf der Scheibe sitzenden Beobachters, Bild 3.9, lautet die Gleichgewichtsbedingung mit der Wellenausbiegung
3.2 Der unwuchtige Lavallänfer - freie und erzwungene Schwingungen
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Bild 3.9: Kräftegleichgewicht bei unwuchterregter Wellenschwingung
Daraus ergibt sich mit d = s / m für den Betrag der Wellenausbiegung
Diese Gleichung stimmt wegen p,=r, mit G1. (3.16) überein. Alle weiteren Folgerungen daraus, insbesondere, daß für 52= w die Rotorausschläge über alle Grenzen wachsen, entsprechen den Ausführungen von oben.
Gewichtseinfiuß bei der horizontalen Welle Die bisherige Betrachtung galt streng genommen nur für die stehende Welle und für die liegende Welle im schwerelosen Raum, g=O. Auf der Erde kommt aber beim horizontalen Rotor noch der Einfluß des Eigengewichtes hinzu. Der ersten Dgl. (3.3) ist dann auf der rechten Seite noch der Gewichtsterm hinzuzufügen,
Die Gesamtlösung setzt sich nun aus der homogenen Lösung w,(t) und der partikulären Lösung für die Unwucht w,(t) zusammen, beide kennen wir schon, und einer weiteren partikulären Lösung W,, die vom Gewicht herrührt,
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3 Der dämpfungsfreie Lavalläufer in starren Lagern
Letztere ist zeitunabhängig, da der Gewichtsterm mg auch nicht von der Zeit abhängt. Die zusätzliche partikuläre Lösung für das Gewicht lautet
was man durch Einsetzen leicht überprüfen kann. Zusätzlich zum dynamischen Geschehen tritt noch der statische Durchhang w„„=mg/s auf, der zu superponieren ist. Da - wie oben schon erwähnt - bei der geringsten Dämpfung die homogene Lösung abklingt, bleibt als Dauerlösung für die Vertikalrichtung
Die Horizontalrichtung bleibt unbeeinflußt vom Gewicht, für sie gilt weiterhin die Lösung G1. (3.15). Die vom Wellendurchstoßpunkt W beschriebene Kreisbahn wird also durch den Gewichtseinfluß nur um wstalabgesenkt, Bild 3.10. Mißt man die Wellenschwingungen, entgeht einem gewöhnlich der statische Durchhang, weil die Meßaufnehmer erst an der schon im Gehäuse liegenden Welle installiert werden. Die Referenzlage ist da nicht der Ursprung 0, sondern W„, .
Die Biegebeanspruchung der Welle Sie setzt sich aus dem Beitrag, der von der Unwucht herrührt zusammen, und dem Beitrag aus dem Gewicht. Die Unwucht verursacht die Kreisbahnbewegung r, Bild 3.10. Die Faser im Punkt A bleibt bei der Drehung zur Welle immer außen liegen, sie wird demzufolge rein statisch nur auf Zug beansprucht (Bild 3.1 1). Die Faser, die diesem Punkt gegenüber innen liegt, entsprechend nur auf Druck. Diese Biegespannung fo,wollen wir jetzt ermitteln. Mit dem Bahnradius r nach G1. (3.16) und der Federsteifigkeit s der elastischen Welle, ergibt sich die Kraft rs, die am Scheibensitz angreift und daraus bei mittigem Scheibensatz das Biegemoment, Bild 3.1 1.
3.2 Der unwuchtige Lavalläufer - freie und erzwungene Schwingungen
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Orbit
Bild 3.10: Zusätzlicher statischer Durchhang Welle ( C2 < w )
W„„
und unwuchtverursachte Kreisbahn der
Die Biegespannung aus Unwucht ist demgemäß
wobei W, das Widerstandsmoment des Querschnittes ist.
Bild 3.11: Biegemomentenverteilung in der Welle aus unwuchtverursachter Verformung
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3 Der dämpfungsfreie Lavalläufer in starren Lagern
Dieser (nicht zeitabhängigen) Biegespannung aus Unwuchterregung überlagert sich die (zeitabhängige) Biegespannung aus dem Gewicht. Das Biegemoment am Scheibensitz infolge des Gewichts beträgt
Jedoch wandert die Faser in Punkt A während der Drehung der Welle von der Zug- in die Druckzone und zurück. Deshalb gilt für die Biegespannung aus Gewicht in der Faser A
wie ein Blick auf Bild 3.12 zeigt.
Bild 3.12: Statischer Durchhang W„„ aus Gewicht, Wandern des Punktes A von der Zugin die Druckzone bei Rotation der Welle, Biegewechselbeanspruchung
Wegen der statischen Bestimmtheit des 2-fach gelagerten Läufers läßt sich die Biegebeanspruchung aus Gewicht explizit angeben
dabei wurde mittiger Scheibensitz und Kreis-Vollquerschnitt ( w , = x D ~ / ~ ~ ) angenommen. Superponieren wir nun die unwucht- und die gewichtsverursachte Biegespannung in der Faser A, so erhalten wir unter Verwendung der Gleichungen (3.25, 3.26 und 3.28) den Ausdruck
3.3 Der Lavalläufer mit Schlag und Unwucht
53
2
Denn wegen w =s/m und sw„„=mg läßt sich der statische Durchhang durch die Eigenkreisfrequenz w ausdrücken. Was gibt G1. (3.30) zu erkennen? Wie zu erwarten, sind in Resonanznähe Q=u) die Biegebeanspruchungen infolge der Unwuchterregung besonders hoch. Neben der Anstreifgefahr ein weiterer Grund im Normalbetrieb die Resonanznähe zu meiden und gut zu wuchten. Weiter macht G1. (3.30) deutlich: je niedriger die Eigenkreisfrequenz o eines Läufers mit horizontaler Achse um so höher werden die Biegewechselbeanspruchungen aus dem Gewicht. Bei Rotoren mit einer kritischen Drehzahl unterhalb von 800 bis 900 Ulmin kann die Biegewechselbeanspruchung der Welle zum Kernproblem von Auslegung und Konstruktion werden.
3.3 Der Lavalläufer mit Schlag und Unwucht Ähnlich wie die Schwerpunktsexzentrizität wirkt sich eine Vorkrümrnung der Welle (Schlag) aus. Bei dünnen Wellen ist oft der Schlag die Hauptursache für die Laufunruhe. Eine Vorknimrnung der Welle kann viele Ursachen haben, z.B. Eigenspannungen im Material der Welle, plastische Verformung bei unsachgemäßem Transport, thermische Vorkrümmung aus ungleichmäßiger Erwärmung Zusätzlich zur Unwucht lassen wir also jetzt noch eine Vorkrümrnung der Welle zu, den Schlag a. Dreht die Welle ganz langsam Q«w, zeigt sie die Schlagbahn auf. Wir können sie durch
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3 Der dämpfungsfreie Lavalläufer in starren Lagern
beschreiben, wenn wir aus Bequemlichkeit mit der Zeitzählung dann beginnen, wenn die Scheibe auf der kreisförmigen Schlagbahn gerade die z-Achse passiert, Bild 3.13.
Bild 3.13: Geometrie des Lavalläufers mit Schlag a und Unwucht. (rechts): Vorkrürnmung (Schlag) der Welle im Ruhezustand
Zwischen Schwerpunktsverschiebungen w„vs und den Wellendurchstoßpunktsverschiebungen W ,V besteht weiterhin die kinematische Beziehung (3.2)
Bei der Bildung des Gleichgewichts mit Hilfe des Schwerpunktsatzes (Newton) ist nun aber zu beachten, daß die elastischen Rückstellkräfte der Welle dem Wellenausschlag W , V abzüglich der Verformungen der Welle durch den Schlag w„v, proportional sind,
Vom Gewichtseinflul3 sehen wir bei dieser Betrachtung ab. Vom vorangegangenen Abschnitt her kennen wir seinen Einfluß, den zusätzlichen statischen Durchhang.
3.3 Der Lavalläufer mit Schlag und Unwucht
55
Eliminiert man nun wieder die Schwerpunktsverschiebung w„v, zugunsten der leichter meßbaren Wellendurchstoßpunktsverschiebung W ,V mit Hilfe von G1. (3.2), so erhält man die Bewegungsgleichung in der Form
Zusätzlich zur schon vertrauten Unwuchterregungskraft taucht nun auf der rechten Seite noch die Erregungskraft aus Schlag auf, die proportional zu sa ist. Die Erregungskraft aus Schlag ist also - im Gegensatz zur Unwuchterregungskraft - nicht von der Drehzahl L2 abhängig. Da wir die Unwuchtantwort G1. (3.15) schon kennen, benötigen wir nur noch die partikuläre Lösung für die Schlagerregung. Wir führen in
den Gleichtaktansatz ein
wobei der Index V an die Vorkrümmung der Welle erinnern soll. Mit diesem Ansatz erhalten wir die Gleichungen für die gesuchten Schwingungsamplituden G,,?,
und somit die Schlagantwort zu w,(t)=a
V,
(t) =a
1 w2 cosRt = acos R t w2 - R 2 1-q2
w2 1 s i n R t =asinRt . w2 - L l 2 1-q2
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3 Der dämpfungsfreie Lavalläufer in starren Lagern
Wie bei der Unwuchtantwort treten umlauffrequente, harmonische Schwingungen mit der gleichen Amplitude für die Vertikal- wie für die Horizontalrichtung auf. Zwischen den beiden Richtungen existiert lediglich eine Phasenverschiebung zu 90". In Resonanznähe, Q=u, werden diese Schwingungen sehr sehr groß. Auch hier beschreibt der Wellendurchstoßpunkt eine Kreisbahn, deren Radius
vom Schlag a und dem Verhältnis von Drehzahl Q zur kritischen Drehzahl U bestimmt ist, Bild 3.14. Anders als bei der Unwuchtantwort, Bild 3.7, tritt hier bei sehr langsamer Drehung (Q«u) schon eine Auslenkung der Welle auf, eben der Schlag a. Bei sehr hohen Drehzahlen zentriert sich die Scheibe selbst, die Auslenkungen werden null. Aber auch hier sind dann Lagerkräfte wirksam. die die Größe sa haben, weil die vorgekrümmte Welle gerade gezogen wird.
2
35
4
$ a I
Drehzahl I
0
q=1
Bild 3.14: Radius r, der Welle infolge des Schlages a
'R 'q=R/o
3.3 Der Lavalläufer mit Schlag und Unwucht
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Die Gesamtantwort aus Unwucht- und Schlagerregung ergibt sich aus der Überlagerung der Antworten (3.15) und (3.37) zu
v ( t ) = E-
"
1-q2
sin(nt+ß)
Unwucht
+
1 1-q2
a-sinnt
Schlag
Sie verursacht über die Lagerkräfte das Vibrieren und Brummen, an dem man auch bei einer völlig gekapselten Maschine erkennt, ob sie läuft oder nicht. SchlagSchlag-
und
Bild 3.15: Kreisbahn der Welle mit Schlag. Selbstzentrierung im hohen Drehzahlbereich. Darstellung in komplexen, raunifesten Koordinaten
58
3.4
3 Der dämpfungsfreie Lavalläufer in starren Lagern
Darstellung in komplexen, raumfesten Koordinaten
Die beiden Freiheitsgrade W und V beschreiben die Bewegung der Welle in einer Ebene. Wir können beide Freiheitsgrade auch in einer komplexen Zahl zusammenfassen, die dann genau das gleiche leistet: sie beschreibt die Position der Welle in einer komplex definierten ~ b e n e . 'Dazu vereinbaren wir, wie in Bild 3.16 gezeigt, daß der Realteil die Vertikalauslenkung und der Imaginärteil die Horizontalauslenkung beschreibt
wobei j = .$-l die imginäre Einheit ist. r ist also ein Vektor (Zeiger) in der komplexen Ebene.
Vn
Schlagbahn
Bild 3.16: Links: komplexe Zusammenfassung der beiden Freiheitsgrade komplexe Darstellung der Schlagbahn aeJRt
W
und V; rechts:
Der Vorteil dieser Darstellung wird offenbar, wenn wir beispielsweise die Schlagbahn der Welle mit Verkrümmung betrachten, die durch G1. (3.31) bzw. Bild 3.13 beschrieben wurde,
1 Die beiden Abschn. 3.4 und 3.5 sind mehr formal orientiert, sie bringen keine wesentlichen neuen physikalischen Aussagen. Lesern, die sich nur einen ersten Einblick verschaffen wollen, wird empfohlen, mit Abschn. 3.6 fortzufahren.
3.4 Darstellung in komplexen, raumfesten Koordinaten
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Multipliziert man die zweite Gleichung mit j und addiert sie zur ersten, erhält man
Der sogenannte Drehfaktor eJntbeschreibt eine Kreisbahn vom Radius 1, die mit zunehmendem Argument Rt immer aufs neue im eingezeichneten Drehsinn durchfahren wird, Bild 3.16, rechts. (Kehrt man das Vorzeichen im Argument der e-Funktion um, dreht sich der Drehsinn um). Diese komplexe Schreibung erleichtert also auch die Deutung der Ergebnisse. Weiter werden wir bald sehen, daß die Transformation der Bewegungsbahnen (und Bewegungsgleichungen) von raumfesten Koordinaten in mitrotierende und umgekehrt durch das komplexe Kalkül besonders einfach wird. Wir fassen nun auch die kinematischen Verknüpfungen G1. (3.2) von Schwerpunkt und Wellendurchstoßpunkt
komplex zusammen zu
Das ist als Zeigerdiagramm in Bild 3.17 grafisch dargestellt, welches zudem noch strichliert eingetragen die Schlagbahn r,=aeJnt enthält. Die Differenz r-r,, stellt die elastische Ausbiegung der Welle dar. An diesem Bild kann man nun unmittelbar die Gleichgewichtsbedingungen ablesen
Mit den kinematischen Zusammenhängen (3.41) und (3.42) liefert (3.43) die Bewegungsgleichungen der Welle mit Unwucht und Schlag in der Form
60
3 Der dämpfungsfreie Lavalläufer in starren Lagern
Bild 3.17: Komplexe Auslenkung r von Wellendurchstoßpunkt und Schwerpunkt r, sowie Schlagbahn r,
Statt wie hier die Bewegungsgleichung direkt zu gewinnen, kann man auch formal vorgehen: in Cl. (3.33) die zweite mit j multiplizieren und dann unter Beachtung von G1. (3.40) addieren. Die allgemeine Lösung setzt sich wieder aus der allgemeinen homogenen Lösung rh (t) und den partikulären Lösungen der Unwuchtantwort r, (t), der Schlagantwort r, (t) sowie der Gewichtslösung r, zusammen.
Zur Lösung der homogenen Differentialgleichung machen wir den Exponentialansatz rh(t) = rheat .
(3.46)
Durch Einsetzen in die verkürzte Differentialgleichung erhalten wir die charakteristische Gleichung
deren Wurzeln die beiden Eigenwerte
sind. Die allgemeine Lösung lautet somit rh(t) = rhle+jwt + rh2e-JWt .
3.4 Darstellung in komplexen, raumfesten Koordinaten
61
I„ und I„ sind komplexe Integrationskonstanten, die aus den Anfangsbedingungen zu berechnen sind. Die homogene Lösung setzt sich demnach aus zwei, in entgegengesetzter Richtung umlaufenden Kreisbewegungen mit der Winkelgeschwindigkeit U zusammen. Durch die Überlagerung der beiden Bewegungsanteile entsteht (in Übereinstimmung mit der früheren Komponentenbetrachtung) eine Ellipse, Bild 3.18. Für die Unwuchtantwort führen wir in
den Ansatz j(~t+ß) r = r s -rEe
ein und erhalten damit die partikuläre Lösung in der Form
Entsprechend finden wir die Schlagantwort aus
mr + sr = aejnt mit dem Ansatz
-
r = rv = r,e jnt
Falls das Gewicht bei horizontalen Rotoren zu berücksichtigen ist, steht in der Dgl. (3.43) auf der rechten Seite der Term mg, was zusätzlich noch das (zeitunabhängige) Partikularintegral des statischen Durchhangs liefert,
62
3 Der dämpfungsfreie Lavalläufer in starren Lagern
Bild 3.18: Ellipse als Überlagerung zweier entgegengesetzt drehender Kreisbewegungen
Da wir - wie schon mehrfach erwähnt - davon ausgehen, daß ein Hauch von Dämpfung für das allmähliche Verschwinden der homogenen Lösung sorgt, bleiben auf Dauer nur die superponierten Partikularintegrale übrig
oder ausführlich geschrieben
oder
Unwuchtantw.
Schlagantw.
Gewichtsantw.
Die grafische Darstellung dieser Gesamtantwort ist in Bild 3.19 zu sehen. Für die Ermittlung der Biegebeanspruchungen unter Berücksichtigung auch des Schlages ist eine kleine Umformung der G1. (3.52) nützlich, die davon Gebrauch macht, daß
3.4 Darstellung in komplexen, raumfesten Koordinaten
63
gilt. Damit läßt sich diese Gleichung umschreiben in
Schlagbahn bei R«w
Dynamik aus Unwucht + Schlag
'&zG durchhang
Faßt man die Klammer ( a + ~ e ~ ~ ) = als & „Gesarntexzentrizität , aus Schlag und Unwucht auf, dann darf man GI. (3.30) weiterhin benutzen, nur muß dort statt E nunmehr I&„ I eingesetzt werden. Auch beim Auswuchten elastischer Läufer, auf das wir im Rahmen dieses Buches nicht weiter eingehen werden, kommt dieser Umschreibung große praktische Bedeutung zu: will man die Resonanz beseitigen, wuchtet man C„, weg und laßt die statische Schlagbahn a e ~ "im ~ Rotor. Dann ist der Rotor resonanzfrei.
Bild 3.19: Kreisbahn der Welle unter dem Einfluß von Unwucht und Schlag, Kreismittelpunkt W„ aus Gewicht
3 Der dämpfungsfreie Lavalläufer in starren Lagern
64
3.5
Darstellung in mitrotierenden Koordinaten
In manchen Fällen, z.B. bei der Erfassung der inneren Reibungskräfte der Welle, oder bei unrunder Welle, ist es zweckmäßig, für die Berechnung von einem mit der Winkelgeschwindigkeit Q mitlaufenden Koordinatensystem auszugehen. Dieses bewegte Koordinatensystem ist dann gegenüber dem raumfesten zu einer bestimmten Zeit t um den Winkel Q t verdreht, Bild 3.20. In der komplexen Schreibweise lassen sich die Transformationsformeln vom festen in das mitrotierende Koordinatensystem und zurück sehr einfach gewinnen. In Bild 3.20 ist ein Punkt P dargestellt, der vom Koordinatenursprung den Abstand 1 hat und dessen Verbindungsgerade mit 0 gegenüber der reellen Achse des mitrotierenden Systems den Winkel y einschließt.
Bild 3.20: Punkt P in raumfesten und rnitrotierenden Koordinaten. Links direkt, rechts über die Komponentendarstellung
Seine Lage im feststehenden und mitrotierenden Koordinatensystem ist festgelegt durch die komplexen Zahlen raumfest
r = w + j v = l e j(Q t+y)
mitrotierend
p=wi-+jv„ =leJy
Daraus ergeben sich durch Dividieren unmittelbar die Transformationsformeln vom rotierenden ins feste Koordinatensystem
3.5 Darstellung in mitrotierenden Koordinaten
65
und umgekehrt
Natürlich kann man über die Komponentenbetrachtung von Bild 3.20, rechts,
nach Multiplikation der zweiten Zeile mit j und Addition zur ersten zum gleichen Resultat kommen - nur viel umständlicher. Jetzt wollen wir G1. (3.44) ins mitrotierende Koordinatensystem transformieren. Dazu müssen wir zunächst den Ausdruck, G1. (3.54), für r zweimal nach der Zeit differenzieren und erhalten
Die Ausdrücke in der Klammer von GI. (3.58) entsprechen von links nach rechts der Relativbeschleunigung, der Coriolisbeschleunigung, der Führungsbeschleunigung. Die Bewegungsgleichungen im mitrotierenden Koordinatensystem erhalten wir, indem wir die Gln. (3.54, 3.57, 3.58) in G1. (3.44) einsetzen und durch eJRtdividieren.
Im Hinblick auf die später zu behandelnde unrunde Welle schreiben wir G1. (3.59) auch in Komponenten hin, die wir durch Zerlegen in Real- und Imaginärteil erhalten:
66
3 Der dämpfungsfreie Lavalläufer in starren Lagern
Wir wollen uns jetzt der Lösung von G1. (3.59) zuwenden. Für die homogene Lösung machen wir wieder den Exponentialansatz
P, (t) = JOh eaVt
(3.61)
und erhalten die charakteristische Gleichung
mit den Wurzeln
Damit ist die allgemeine homogene Lösung gefunden
Die inhomogene Lösung für die drei Erregungsarten in G1. (3.60) findet man nun wieder mit Ansätzen nach Art der rechten Seite
p, = 3, = const.
und Einsetzen - oder noch einfacher: indem man die Lösung in raumfesten Koordinaten, G1. (3.52), mit ei"' multipliziert und sie damit gemäß G1. (3.55) in das rotierende Koordinatensystem transformiert. Das liefert p ( t ) = JO,
oder
+P, + JOGe-jR
3.5 Darstellung in mitrotierenden Koordinaten
67
wobei P,= w„„=mg/s ist. Die homogene Lösung haben wir dabei aus den schon oft genannten Gründen (Hauch von Dämpfung) unterschlagen. Im mitrotierenden Koordinatensystem ist also die Lage des Wellendurchstoßpunktes völlig zeitunabhängig. Er bewegt sich nicht, es sei denn, es kommt der Gewichtseinfluß dazu. Auch die Ermittlung der Biegebeanspruchungen der elastischen Welle wird in mitrotierenden Koordinaten durchsichtiger als in raumfesten. Die Kräfte, die arn Scheibensitz wirken, sind den Auslenkungen der elastischen Welle p, (t), P, und Pa proportional. Allerdings ist von der schlagverursachten Amplitude p, der Schlag a selbst abzuziehen, denn er existiert ja auf Grund der Verkrümmung der Welle, ohne daß schon Biegebeanspruchungen auftreten. Die Biegemomente am mittig bei 112 angenommenen Scheibensitz belaufen sich daher auf
Die Vormultiplikation mit j = f i erfolgte aus formalen Gründen: dann klappen die Momentenpfeile gegenüber den Auslenkungspfeilen um 90" um und zeigen gemaß den Konventionen der Statik an, Bild 3.21.
Bild 3.21: Auslenkungen DG, P, und p, der Welle und die daraus resultierenden Biegemomente M G , M, und M E
68
3 Der dämpfungsfreie Lavalläufer in starren Lagern
Wir betrachten noch den Fall Schlag a=O, nur Exzentrizität E und fragen, wann und wo treten die höchsten Biegebeanspruchungen der Welle auf? Sie treten in dem Augenblick auf, in dem sich der mitrotierende Biegepfeil M, mit dem (raumfesten) Biegepfeil MGüberdeckt, Bild 3.22.
Bild 3.22: Überlagerung der Biegemomente aus Gewicht und Exzentrizität
3.6 Zusammenfassung und Generalisierung Unwucht und Schlag verursachen umlauffrequente Schwingungen im biegeschwingungsfähigen Lavalrotor. Bild 3.23b zeigt das sogenannte CampbellDiagramm, in dem auf der vertikalen Achse die Eigenkreisfrequenz w = Js/m als (drehzahlunabhängige) waagerechte Gerade eingezeichnet ist. Auf der horizontalen Achse ist die Drehzahl (Umlaufkreisfrequenz) L2 dargestellt. Der Fahrstrahl gibt die zur jeweiligen Drehzahl gehörige Erregungskreisfrequenz wieder. Da in unserem Fall die Enegungskreisfrequenz mit der Urnlauffrequenz identisch ist, verläuft der Fahrstrahl unter 45", falls gleiche Skalierung für beide Achsen benutzt wurde. Im Schnittpunkt von Fahrstrahl und Eigenfrequenzgerade liegt die kritische Drehzahl &=U. Hier tritt die Resonanz auf. Bild 3 . 2 3 ~zeigt die Schwingungsamplituden der Welle in horizontaler und vertikaler Richtung, die mit dem Durchmesser der Kreisbahn identisch sind, den der Wellendurchstoßpunkt beschreibt. Auf die Unterschiede im Verlauf der beiden Vergrößerungsfunktionen und deren Ursachen wurde vorne detailliert eingegangen.
3.6 Zusammenfassung und Generalisierung
69
Schlag ro
Unwucht gerade Welle
H Wellen-Amplitude
I
Orbits: Kreisbahnen
R
W
Frequenz
W
Frequenz
Bild 3.23: Über~ichtsdia~ramm: Unwuchtantwort (links) und Schlagantwort (rechts) beim Lavalläufer
70
3 Der dämpfungsfreie Lavalläufer in starren Lagern
Bild 3.23d zeigt in Form der sogenannten Spektralkarte die Schwingungsamplituden über einer allgemeinen Frequenzachse (waagerecht) für verschiedene Drehzahlen (Achse schräg nach hinten). Genauer benannt, handelt es sich bei dieser Darstellung um eine Drehzahl-gestaffelte Fourieranalyse. Im Idealfall taucht in dieser Darstellung, die on-line mit Hilfe eines FFT-Analysators wahrend der Hochfahrt des Rotors aufgezeichnet wird, immer nur der Peak der Umlauffrequenz auf. Eigentlich müßte er sich, wie gezeichnet, als Nadelfunktion darstellen, durch die Zeitdiskretisierung im Fourier-Analysator erscheint er mit endlicher Breite als schmaler steiler Peak. In praxi tauchen in diesem Diagramm noch Störfrequenzen, z.B. aus Kugellagerrauschen, auf. Gerade diese Fremdfrequenzen geben dann Hinweise auf Verschleiß und Störung des Systems. Wir haben den einfachsten aller elastischen Läufer betrachtet, den Lavalrotor mit nur einer Scheibe auf der rotierenden Welle. Nahert sich seine Drehzahl Q der kritischen Drehzahl, wird der Bahnradius immer größer. In der kritischen Drehzahl selbst wächst er über alle Grenzen jenseits der Kritischen, Q> U , wird er schnell kleiner, Bild 3.23~.Sind mehrere Scheiben auf einer biegeelastischen Welle, wie im Beispiel des Radialverdichters von Bild 3.24 mit drei Laufrädern, dann treten entsprechend mehr Eigenfrequenzen auf.
V)
3 .-
U
LK
=
X
.-
1
0
Q,
mn
R
W
Drehzahl
Bild 3.24: Kritische Drehzahlen und Ausbiegungsform der Welle in den kritischen Drehzahlen. (links): Lavalrotor; (rechts): allgemeiner Rotor
3.6 Zusammenfassung und Generalisierung
71
Jede Eigenfrequenz wi stellt eine kritische Drehzahl dar, in der die Bahnradien der Welle über alle Grenzen wachsen. Die umlaufende Ausbiegungsform ist wie beim Lavalläufer - die zugehörige Eigenschwingungsform. Auch hier kann man den Rotor entweder unterkritisch betreiben, d.h. Clkmeb< w „ oder überkritisch, was bedeutet, daß der Rotor zwischen der ersten und der zweiten kritischen Drehzahl läuft, oder auch jenseits der zweiten.
Zur dynamischen Ähnlichkeit bei Baureihenentwicklung Im Strömungsmaschinenbau - ähnlich geht man auch beim Bau von elektrischen Maschinen vor - entwickelt man gerne aus einer erfolgreichen Maschine mit Hilfe der ~hnlichkeitstheorieeine ganze Baureihe von Pumpen, Turbinen, Kompressoren, die einen größeren Leistungsbereich abdecken. Das Vorgehen kann hier nur rezeptartig dargestellt werden, wobei uns insbesondere die Folge der Vergrößerung (oder Verkleinerung) auf die Dynamik interessiert. Etwas mehr findet man z.B. in [3.7]. Da der alles beherrschenden Umfangsgeschwindigkeit im Strömungsmaschinenbau von der Festigkeit der Werkstoffe her Grenzen gesetzt sind, geht man in der Baureihenentwicklung folgendermaßen vor: die Umfangsgeschwindigkeit wird beibehalten (Regel 11, die Materialien, aerodynamische Profile und Schaufelzahlen ebenfalls (Regel 21, alle Längen, Breiten, Tiefen werden um den gleichen Faktor vergrößert (oder verkleinert); d.h. in der Zeichnung wird nur der Maßstab geändert (Regel 3) Wenn man so verfährt, steigt die Leistung mit dem Quadrat der Längenänderung, steigt das Gewicht mit der 3. Potenz der Längenänderung, aber die Beanspruchungen aus Massen- (z.B. Flieh-) kräften und Strömungskräften ändern sich nicht! Die Spannungen im Material sind die gleichen wie in der erfolgreichen Referenzmaschine. Nur die vom Gewicht verursachten Spannungen steigen linear mit dem Wachstum an ( o , l o , ) = ( L , / L , ) . Letzteres setzt dem Größenwahn natürliche werkstoffbedingte Grenzen.
72
3 Der dämpfungsfreie Lavalläufer in starren Lagern
Bild 3.25: Dynamische Ähnlichkeit bei der Baureihenentwicklung: Vergrößerung um den Faktor 2 bedeutet Halbierung der Eigenkreisfrequenz
Wichtig ist nun für uns, was dieses Vergrößern oder Verkleinern bei der Baureihenentwicklung für Konsequenzen für die kritischen Drehzahlen und ihre Resonanzabstände hat. Betrachten wir das simple Beispiel von Bild 3.25. Die Eigenkreisfrequenz beträgt
wobei p V = m , also V das Stahl-Volumen des Laufrades ist. Unter der ersten Wurzel stehen die Werkstoffwerte, die bei der Größenänderung beibehalten werden. Unter der zweiten Wurzel stehen die Größen, in die die Maßstabsänderung folgendermaßen eingeht
d.h. die Eigenkreisfrequenz W ist der Änderung der Längen L umgekehrt proportional, anders ausgedrückt
3.7 Fragen
73
Die doppelt große Kreiselpumpe von Bild 3.25 wird also eine Eigenfrequenz haben, die halb so groß ist wie die der kleineren Pumpe der Baureihe. Da aber gemäß Regel 1 beim Verdoppeln des Laufraddurchmessers die Drehzahl (wegen der Konstanz der Umfangsgeschwindigkeit) zu halbieren ist, ist die bezogene Drehzahl 77
!2 groß = Qklein -
- V~aureihe
@groß
@klein
bei beiden Maschinen die gleiche. War der Resonanzabstand bei der einen Maschine hinreichend groß und vorsichtig gewählt, ist er es auch bei der daraus entwickelten neuen Maschine. Die Baureihe verhält sich also auch dynamisch ähnlich.
3.7 Fragen 1. Wie unterscheidet sich die Unwuchtantwort von der Schlagantwort des Lavalläufers?
2. Wie unterscheidet sich die Unwuchtantwort bei Darstellung in raumfesten Koordinaten von der Vorstellung in rotierenden Koordinaten? Wie sieht das bei der Schlagantwort aus? 3. Wieso erzeugt das Gewicht beim horizontalen Läufer Biegewechselbeanspruchungen in der Welle, die Unwuchtantwort aber nicht?
4. Welchen Vorteil bietet die komplexe Schreibweise gegenüber der Komponentenschreibweise? Vergleiche z.B. G1. (3.39) mit G1. (3.52). 5. Im Abschn. 3.6 wurde behauptet, daß bei Vergrößerung einer Maschine, gemäß den Ähnlichkeitsregeln, die Gewichtsbeanspruchungen linear mit der Maßstabsvergrößerung anwachsen (Regel 3). Zeige anhand von G1. (3.30), daß dies auch für die Lavalwelle zutrifft.
4
Lavalläufer mit innerer und äußerer Dämpfung
4.1
Übersicht
Bisher haben wir alle dämpfenden Einflüsse vernachlässigt. Das hat eine gewisse Berechtigung; bei fast allen wälzgelagerten Läufern spielt die Dämpfung nur eine sehr untergeordnete Rolle. Zwar begrenzt sie die Amplituden im Resonanzdurchgang auf endliche Werte, Bild 4.3, sie sind aber meist trotz Dämpfung so groß, daß ein stationärer Betrieb in der Resonanz oder ihrer engeren Nachbarschaft nicht möglich ist, weil der Läufer den Ständer berühren würde. Man muß also trotz Dämpfung die Resonanz schnell durchfahren. Die Lage der kritischen Drehzahl wird durch geringe Dämpfungen kaum verschoben, so daß sie in der Tat aus der Berechnung des ungedämpften Systems genügend genau ermittelt werden kann. Dennoch spielt die Dämpfung gelegentlich eine fatale Rolle - und zwar da, wo man arn ehesten glaubt, sie vernachlässigen zu können, z.B. bei großen Elektromotorenläufern. Das hängt damit zusammen, daß bei diesen Läufern die Dämpfung aus dem umgebenden Medium sehr gering ist, so daß eine zweite Art von Dämpfung, die aus der Verformung der Welle herrührt, die Werkstoff- und Konstruktionsdämpfung, bedeutsam wird. Diese „innere Dämpfung" wirkt unterhalb der kritischen Drehzahl wirklich dämpfend, oberhalb der kritischen Drehzahl dagegen facht sie die Schwingungen der Welle an. Die ,,äußere Dämpfung" dagegen dämpft bzw. stabilisiert die Rotorschwingungen immer. Ist sie sehr gering, dann kann u.U. oberhalb der kritischen Drehzahl der labilisierende Einfluß der ebenfalls sehr kleinen inneren Dämpfung über den stabilisierenden Einfluß der äußeren Dämpfung dominieren, so daß die Schwingungen des Läufers nicht mehr ab- sondern aufklingen. Das wollen wir im folgenden zeigen.
4.2 Äußere Dämpfung Die äußere Dämpfung entsteht durch die Bewegung der rotierenden Scheibe im umgebenden Medium. Die Zähigkeitskräfte des Mediums sind der Bewe-
76
4 Lavalläufer mit innerer und äußerer Dämpfung
gung in raumfesten Koordinaten entgegen gerichtet. Man setzt sie proportional der (Absolut-) Geschwindigkeit der Welle an. In Bild 4.1 ist ein Modell für die Wirkung der äußeren Dämpfung skizziert.
Bild 4.1: Modell für die Wirkung der äußeren Dämpfung
Mit dem Proportionalitätsfaktor d a für die äußere Dämpfung lauten die Bewegungsgleichungen des Laval-Läufers
rnw +da% + s w = m&Q2C O S ( R ~ + ß), mi; + dav+ s w = m ~ i sin(C2t 2 ~ + ß) . Nach Multiplikation der zweiten Gleichung mit j =Gund Addition unter Berücksichtigung von r=w+jv lassen sich beide Gleichungen wieder zusammenfassen
wobei o2abkürzend für s l m steht. Beim Vergleich mit G1. (3.3) erkennt man, daß, wie zu erwarten, zusätzlich ein geschwindigkeitsproportionaler Term auftaucht. Die allgemeine Lösung setzt sich aus der homogenen Lösung r, und der partikulären Lösung r, zusammen. Die homogene Lösung findet man wieder durch Einsetzen des Ansatzes T,eat in die verkürzte Differentialgleichung (4.2), was auf die charakteristische Gleichung
4.2 Äußere Dämpfung
iZ2 +(d,/m)iZ+w2 = O
77
(4.3)
führt. Deren komplexe Lösungen Au= a, I j wu(V = 1,2) lauten
Der unter dem Wurzelzeichen auftauchende Ausdruck d,/2mw, den wir im folgenden mit D, abkürzen wollen, stellt das dimensionslose Lehr'sche Dämpfungsmaß oder den Dämpfungsgrad
des Schwingers von einem Freiheitsgrad dar. Man erkennt sofort, daß die homogene Lösung
mit der Zeit abklingt. Der von irgendwelchen Anfangsbedingungen rh(t=O) und rh(tZO) ausgehende Bewegungsablauf wird also nicht mehr auf einer Ellipse erfolgen, wie im ungedämpften Falle, sondern auf einer „Ellipse mit allmählich schrumpfenden Halbmessern", weil der Faktor e "lt wegen a,< 0 die Bewegung mit der Zeit auslöscht. Der Wert
U, = w 4 I - D :
ist praktisch
mit w identisch, weil die äußere Dämpfung sehr klein zu sein pflegt. Die partikuläre Lösung, die die stationäre Bewegung der Welle nach Abklingen der homogenen Lösung beschreibt, findet man wieder durch einen Ansatz nach Art der rechten Seite
woraus mit G1. (4.5)
78
4 Lavalläufer mit innerer und äußerer Dämpfung
folgt, wobei 77 wieder abkürzend für Qlw steht, wie in GI. (3.14) des ungedämpften Rotors. Aus der Tatsache, daß T, zwar wie dort komplexen Faktor
ergibt sich, daß die Wellenauslenkung Gegenrichtung von E erfolgt,
E
proportional ist, nun aber über den
T, nicht mehr genau in Richtung oder
Das erkennt man in Bild 4.2, wo der Augenblick skizziert ist, in dem der rotierende Zeiger E ~ J ( " ~ +gerade ~) in die reelle z-Achse fällt. Die komplexe Wellenauslenkung TE enthält einen negativen imaginären Anteil, der dem Realteil um 90" nacheilt. 0 Nacheilwinkel
Bild 4.2: Lage von Wellendurchstoßpunkt W und Schwerpunkt S bei f i t +ß=O
Der Radius der Kreisbahn, auf der sich der Wellendurchstoßpunkt W stationär bewegt, ist der Betrag von TE, der sich mit Hilfe des Satzes von Pythagoras sofort aus Bild 4.2 ablesen lrißt
4.2 Äußere Dämpfung
79
In Bild 4.3 oben ist der auf die Scheibenexzentrizität E bezogene Bahnradius 1?1, in Abhängigkeit von der bezogenen Drehzahl q = Cl /w mit der Dämpfung D, als Parameter dargestellt. Bei schwacher Dämpfung liegen die Kurven von ungedämpfter und gedämpfter Betrachtung praktisch zusammen, nur im Resonanzbereich treten Abweichungen auf; im gedämpften System bleiben die Wellenauslenkungen endlich, die Maximalwerte betragen etwa 1/(2.Da).Die Maxima sind auch bei stärkerer Dämpfung nur wenig nach rechts verschoben. Der Winkel y zwischen dem Zeiger ablesen. Für ihn gilt tan Y=- 2Dar7
1-q2
und E läßt sich ebenfalls aus Bild 4.2
-
In Bild 4.3 unten ist der Phasenwinkel y als Funktion von q mit D, als Parameter dargestellt. Im ungedämpften Fall, der schon in Kap. 2 behandelt wurde, springt der Winkel y bei q=1 um 180". Solange Da#O ändert er sich stetig. Anstelle der Formulierung (4.11) kann für r, auch geschrieben werden
wobei
I?,l
durch G1. (4.12) und y durch G1. (4.13) gegeben sind.
Wie sich die (relative) Lage vom Schwerpunkt S und Wellendurchstoßpunkt W mit der bezogenen Drehgeschwindigkeit q ändert, wollen wir noch etwas genauer verfolgen. Zwischen r, und r,,, besteht der Zusammenhang
Setzt man für r, die partikuläre Lösung nach G1. (4.7) unter Verwendung von G1. (4.9) ein, so ergibt sich für die Schwerpunktlage der Ausdruck
mit
80
4 Lavalläufer mit innerer und äußerer Dämpfung
In Bild 4.4 links ist der Verlauf der Funktionen iE(q)und is,,(q)dargestellt, d.h. es ist dargestellt, wie sich die relative Lage von Schwerpunkt S und Wellendurchstoßpunkt W mit der Drehzahl ändert. Das abrupte Umklappen 1 des Schwerpunktes nach innen, das im dämpfungsfreien Fall bei ~ = auftritt, geht durch die Dämpfung über in ein allmähliches Nach-innen-Wandern mit zunehmender ~rehzahl. L
Bild 4.3: Wellenauslenkung (oben) und Phasenwinkel y zwischen Unwuchtlage und Wellenauslenkung (unten) in Abhängigkeit von der bezogenen Drehzahl = i2 /w und der Dämpfung
Beim ungedämpften System liegen bei V = 0 Ursprung 0 und Wellendurchstoßpunkt W zusammen, bei V = 1 stehen OW und WS senkrecht aufeinander, für 112 1 zentriert sich die Welle selbst, der Schwerpunkt wandert in den Ursprung. In Bild 4.4 rechts sind drei charakteristische Fälle, V< 1, V= 1, V>1 herausgezeichnet. Die Bewegungskreisbahnen von Wellendurchstoßpunkt und
4.2 Äußere Dämpfung
81
Schwerpunkt ergeben sich durch Rotation der Zeiger fE und $ E mit der Winkelgeschwindigkeit !2 um den Ursprung 0.
ild 4.4: Relative Lage von Schwerpunkt S un,d Wellendurchstoßpunkt W und in Abhängigkeit von 17 für D, = 0,05
Das wenig plausible Nacheilen des Wellendurchstoßpunktes W hinter dem Schwerpunkt S nach Bild 4.4 wird physikalisch einsichtig, wenn wir die Kräfte betrachten, die auf die Scheibe einwirken, die sich auf ihrer Kreisbahn bewegt. Diese Kräfte stehen als umlaufende Kraftamplituden in G1. (4.8); das Zeitgesetz, beschrieben durch den Drehfaktor, wurde dort schon herausgekürzt. Für eine grafische Auswertung wollen wir alle Kräfte als äußere Kräfte auffassen, die - wie die Fliehkraft & m f i 2 - auf die Scheibe einwirken. Wir schreiben deshalb die linke Seite nach rechts
ehe wir auswerten. Bild 4.5 zeigt diese Auswertung für den unterkritischen Betrieb, den Betrieb in Resonanz und den überkritischen Betrieb. Die Kräfte l,(rnfi2-s) liegen stets auf der Geraden der Wellenauslenkung I„ auf der die Dämpferkraft -jQdf, - rückwärts weisend - senkrecht steht. Diese Kräfte müssen radial wie in Umfangssichtung mit der Erregungskraft &mCl2 im Gleichgewicht stehen. Das erzwingt der Rotor dadurch, daß er mit zunehmender Annäherung an die Resonanz den Schwerpunkt S immer mehr nach vorne klappt. In der Resonanz selbst wirkt die Fliehkraft der Erregung &mC12 der Dämpfungskraft entgegengesetzt, Bild 4.5, Fall V = 1. Bild 4.6, in dem die
82
4 Lavalläufer mit innerer und äußerer Dämpfung
Kräfte als geschlossener Polygonzug dargestellt sind, macht den gleichen Sachverhalt für den unterkritischen Betrieb klar.
Bild 4.5: Kräfte auf die Scheibe bei verschiedenen Betriebszuständen
Bild 4.6: Phasenwinkel y im Kräftepolygon
4.3 Innere Dämpfung
4.3
83
Innere Dämpfung
Dämpfungsgesetz Die innere Dämpfung rührt aus der Verformung des Läufers beim Schwingen. Die einfachste Beschreibung der Werkstoffdämpfung erhält man, wenn man annimmt, daß die Faser des Werkstoffs außer Federungs- auch Dämpfungseigenschaften hat, Bild 4.7.
CS
Foserverholten
Bild 4.7: Kelvin-Modell für visko-elastisches Faserverhalten (oben), Modell für die Auswirkung der viskosen Werkstoffdämpfung auf den Laval-Läufer (unten)
Auf den Läufer wirkt sich die innere Dämpfung des Werkstoffs aus, wie in Bild 4.7 dargestellt. Bei nichtrotierender Welle haben innere und äußere Dämpfung die gleiche Wirkung: Beide wirken der Bewegung der Läufermasse entgegen. In den Bewegungsgleichungen (4.1) für R=O sind die Dämpfungsglieder durch den Beiwert d i der inneren Dämpfung zu ersetzen
Rotiert die Welle, dann wirken sich die beiden Dämpfungsmechanismen sehr verschieden aus. Da die innere Dämpfung nicht vom Festpunkt aus angreift wie die äußere Dämpfung, sind die von ihr geweckten Dämpfungskräfte nicht den (absoluten) Geschwindigkeiten w,v in festen Koordinaten proportional, sondern den Geschwindigkeiten %,V, in einem im Drehsinn der Welle mit R umlaufenden Koordinatensystem q. Das wollen wir uns im folgenden plausibel machen.
C-
84
4 Lavalläufer mit innerer und äußerer Dämpfung
In Bild 4.8 wird die Welle durch den skizzierten Rahmen aus der Verbindungsgeraden der beiden Lager gedrückt. Der Rahmen läßt zwar eine Drehung C2 zu, aber keine Bewegung in der z-y-Ebene. Die (Absolut)Geschwindigkeit w,v ist null. Dennoch wird von der inneren Dämpfung Energie vernichtet; bei jeder Umdrehung werden die Dämpfungskolben einmal herausgezogen und wieder in den Zylinder hineingedrückt. Auf den Werkstoff übertragen: bei jeder Umdrehung werden die Fasern gedehnt und gestaucht. Es wird Dämpfungsarbeit geleistet, denn die Dehnungsgeschwindigkeit ¿. #O.
Bild 4.8: Arbeit der inneren Dämpfer bei konstant ausgelenkter Welle, W = Y = 0
Nimmt man dagegen an, daß die Welle derart auf einer Kreisbahn um den Ursprung rotiert, daß ein Punkt A der Scheibe stets nach außen zeigt und B stets nach innen, Bild 4.9, so leisten die inneren Dämpfer keine Arbeit, obwohl die Absolutgeschwindigkeit w,v des Wellendurchstoßpunktes ungleich null ist. Auf den Werkstoff übertragen: alle Fasern behalten bei einem derartigen Umlauf ihren Dehnungszustand bei, E =O.
Bild 4.9: Umlauf der konstant ausgebogenen Welle um den Ursprung
4.3 Innere Dämpfung
85
Die innere Dämpfung ist also nicht der Absolutgeschwindigkeit W,$ proportional, wie die beiden Gedankenversuche zeigen. Sie muß der Relativbewegung in einem mit der Winkelgeschwindigkeit L2 umlaufenden Koordinatensystem proportional angesetzt werden, wie man am Bild 4.9 erkennen kann. In dem mit L2 umlaufenden Koordinatensystem wird C - ,-0, wenn die Welle, wie beschrieben, um den Ursprung rotiert. Die Relativgeschwindigkeit WC,v, stellt also die richtige Verknüpfung mit der Dehnungsgeschwindigkeit E her, die bei konstant ausgebogener Welle ebenfalls null wird.
Bewegungsgleichungen Als Ausgangspunkt für die weiteren Betrachtungen ist es also zweckmäßig, von den Bewegungsgleichungen im mit der Winkelgeschwindigkeit L2 umlaufenden Koordinatensystem auszugehen, die schon in Absch. 3.4 formuliert wurden, Gln. (3.59). Sie müssen um die Terme d,wi bzw. div, der inneren Dämpfung ergänzt werden,
+ d i h C+ (s - mQ2) wi = &mn2cos ß + 2Qmwr + d,+, + (s - mQ2) V, = &mQ2sin ß
m G C - 2Qm\., mV,
(4.18)
Faßt man mit p= W C +jw, die beiden Gleichungen wieder zusammen, indem man die zweite mit j multipliziert und zur ersten addiert, finden wir die zu Gleichung (3.58) analoge Form
deren homogene Lösung wir uns genauer ansehen wollen. Mit dem Ansatz
P,, ( t ) = &IAt geht die verkürzte G1. (4.19) über in die charakteristische Gleichung
die auf die Wurzeln
x2= - ( j ~ + d i / 2 m ) f,/(jQ+d,/m)' führt.
-(02 -Q2)
86
4 Lavalläufer mit innerer und äußerer Dämpfung
Vernachlässigt man beim Wurzelziehen den Term, in dem d i quadratisch auftritt, weil d i selbst schon sehr klein ist, dann ergeben sich die beiden Wurzeln näherungsweise zu
wobei D, = d, /2mw den dimensionslosen Dämpfungsgrad für die innere Dämpfung darstellt. Die homogene Lösung
klingt also auf, wenn !2 > w , weil dann der Realteil der Wurzel I,* positiv wird. Oberhalb der kritischen Drehzahl ist also infolge der Werkstoff„Dämpfung6'ein stabiler Lauf nicht möglich. Bild 4.10 zeigt, wie die Eigenwerte il,*(LR)und &*(Cl) mit der Drehzahl !2 wandern. Bei !2=w v e r l s t 11 die stabile linke Halbebene. Die Grenzdrehzahl des stabilen Laufs ist erreicht bei Q „ = w = Js/m .
Bild 4.10: Wandern der Eigenwerte 1;und drehzahl !&,= w
&*in Abhängigkeit von der Drehzahl, Grenz-
4.4 Innere und äußere Dämpfung
4.4
87
Innere und äußere Dämpfung
Die gemeinsame Behandlung von innerer und äußerer Dämpfung beim Lavalläufer können wir nun entweder in rotierenden oder in inertialen Koordinaten durchführen. Wir entscheiden uns für letztere. Durch Multiplikation der Dgl. (4.19) mit e J R t und Berücksichtigung der Transformationsregeln (3.4.2) und (3.4.5) überführen wir die Bewegungsgleichung ins Inertialsystem. Addieren wir dann noch den Term da: der äußeren Dämpfung, der uns von G1. (4.2) her schon bekannt und vertraut ist, so erhalten wir
oder in Komponenten zerlegt
[“'
m]{:]+[da+di
o
d,+di O
]{W}+[ Y
-ndi
f i d l ] { : ] = E m f i 2 { ~ ~sin ~ ((~f ti + t+ ß )P) ] s
Auf diese reelle Darstellung kommen wir gegen Ende des Abschnittes noch einmal zurück. Zunächst verwenden wir weiter die komplexe Zusammenfassung G1. (4.24) und besorgen uns deren homogene Lösung. Mit dem Ansatz I;, (t) = lheAt
liefert die verkürzte Dgl. (4.24) die charakteristische Gleichung
aus der bei schwachen Dämpfungen d i , d a näherungsweise die beiden Wurzeln
88
4 Lavalläufer mit innerer und äußerer Dämpfung
folgen, wobei w = J s / m die Eigenfrequenz des ungedämpften Rotors ist. Die homogene Lösung setzt sich also wieder aus zwei Beiträgen zusammen r,, ( t ) = ?„e
Alt
+ ?,,„e
A2t
Während der Realteil des den Gegenlauf beschreibenden Eigenwertes 1, immer negativ ist, wird der Realteil des ersten Eigenwertes 1,bei hohen Drehzahlen positiv, was ein Aufklingen der gleichläufigen Eigenschwingungen bedeutet. Das ist ab
der Fall, wie die Auswertung des Klammerausdruckes zeigt. Die Grenzdrehzahl des stabilen Laufes ist also
Wie zu erwarten, schiebt die äußere Dämpfung die Stabilitätsgrenze des Rotors über die kritische Drehzahl hinaus. Wie weit, hängt nur vom Verhältnis der beiden Dämpfungen zueinander ab und nicht von ihrer absoluten Größe, Bild 4.12. Zum besseren physikalischen Verständnis des Anfachungsmechanismus der inneren Dämpfung betrachten wir noch die Kräfte, die an der Stabilitätsgrenze auf die Scheibe einwirken. Instabil wird die gleichläufige Eigenlösung
deren Realteil an der Stabilitätsgrenze gerade null ist. Wir setzen sie in den homogenen Teil der Bewegungsgleichung ein und erhalten die Kraftamplituden zu
wenn wir den Drehfaktor e+jwtherauskürzen.
4.4 Innere und äußere Dämpfung
89
Bild 4.11: Wandern der gleich- und gegenläufigen Eigenwerte Al und A2 in der komplexen &Ebene; Grenzdrehzahl i2 Gr
Bild 4.12: Stabilitätsgrenze bei gleichzeitiger Wirkung von innerer und äußerer Dämpfung
Die Kraftkomponente jQdiTh, weist in Bewegungsrichtung, sie führt also Energie zu. Die Komponente -jw(di+d,) ihr weist nach hinten, sie entzieht also Energie, Bild 4.13. An der Stabilitätsgrenze halten sich beide Komponenten die Waage. Sowie aber die Drehzahl Q größer wird als Q„„, dominiert die Energie- bzw. Leistungszufuhr. Das System wird instabil, der Orbit wird mit der Zeit immer größer.
90
4 Lavalläufer mit innerer und äußerer Dämpfung
\
I
z,Re
anfachet
-jw(di +d ,)ihl dämpfend
Bild 4.13: Die auf die Scheibe einwirkenden Kräfte an der Stabilitätsgrenze. Destabilisierend jRd,Th, und stabilisierend -j w(d, + d, )Th, .
Werfen wir noch kurz einen Blick auf die reelle Formulierung der Bewegungsgleichungen in raumfesten Koordinaten G1. (4.25). Die „Steifigkeitsmatrix" S, die dort auftaucht, läßt sich aufspalten in eine symmetrisch und eine antimetrisch besetzte Matrix
Die Neigung des Systems zur Instabilität resultiert offensichtlich aus dem antimetrischen Teil S, der Steifigkeitsmatrix. Ganz generell kann man sagen: sind die Bewegungsgleichungen in raumfesten Koordinaten mit reellen Freiheitsgraden formuliert, und es tritt eine antimetrische Besetzung in der Steifigkeitsmatrix auf (während die Massenmatrix symmetrisch ist), dann ist Vorsicht geboten. Uber S, wird dem System Energie zugeführt. Wenn zu wenig Dämpfung im Spiel ist, kann das System instabil werden. Beim gleitgelagerten Läufer und bei Rotoren mit Dichtspalten wird uns dieser Fall wieder begegnen. Wir wollen nun auch noch die Unwuchtantwort des Läufers mit innerer und äußerer Dämpfung aus G1. (4.24) berechnen. Mit dem Ansatz
finden wir den Bahnradius
?E
zu
4.4 Innere und äußere Dämpfung
91
Der Einfluß der inneren Dämpfung fällt völlig heraus, G1. (4.32) ist identisch mit G1. (4.9), der partikulären Lösung der Lavalwelle mit ausschließlich äußerer Dämpfung. Das verblüfft vielleicht zunächst, ist aber völlig plausibel. Unter dem Unwuchteinfluß bewegt sich die Scheibe auf einer gleichläufigen Kreisbahn: dabei treten die Dämpfungszylinder von Bild 4.7 nicht in Aktion. Deshalb bleibt die innere Dämpfung (bei isotroper Lagerung) ohne Einfluß auf die Kreisbahn r,(t) . Die partikuläre Lösung für den Einfluß des Gewichts G bei horizontaler Welle erhält man, indem man in G1. (4.24) auf der rechten Seite das Unwuchtglied durch das zeitunabhängige Glied mg ersetzt, zu
Während sich der Läufer im dämpfungsfreien Fall und bei rein äußerer Dämpfung durch das Gewicht G nur statisch nach unten um
verlagert, wird durch die innere Dämpfung die Ruhelage von der Drehzahl Q abhängig. Der Wellendurchstoßpunkt befindet sich dabei auf einem Halbkreis mit dem Radius f/2, Bild 4.14. Obwohl die Gewichtskraft nach unten wirkt, tritt hierbei auch eine Komponente in horizontaler Richtung auf.
Bild 4.14: Statischer Durchhang der Welle in Abhängigkeit von der Drehzahl R
4 Lavalläufer mit innerer und äußerer Dämpfung
92
4.5
Mechanismen der inneren Dämpfung
In diesem Abschnitt gehen wir noch etwas genauer auf die Dämpfungsmechanismen in rotierenden Wellen ein. Zuerst leiten wir aus dem Faserverhalten eines visko-elastischen Werkstoffs den Dämpfungskoeffizienten d i der inneren Dämpfung der Welle her. Anschließend gehen wir auf die praktisch wichtigere Konstruktionsdämpfung ein.
Visko-elastisches Verhalten Erweitert man die klassische Balkentheorie auf das visko-elastische Spannungs-Dehnungsgesetz
mit
o
Spannung
E,&
Dehnung, Dehnungsgeschwindigkeit
E, Ki Werkstoffwerte: E-Modul, Dämpfungskennwert
dann läßt sich der globale Beiwert d a der Welle am Sitz der Scheibe, der in den Gln. (4.18ff) auftritt, bestimmen. Aus der Momentendefinition und aus dem Verformungs(Krümmungs)Dehnungszusammenhang der elementaren Balkentheorie, Bild 4.15 rechts,
(Strich bedeutet Ableitung nach dem Ort, Punkt Ableitung nach der Zeit, A ist die Querschnittsfläche) ergibt sich mit dem Werkstoffgesetz
Die Koordinate z zählt vom Schwerpunkt des Balkenquerschnittes aus, der um w(x,t) ausgelenkt ist. Das Integral I z ' d ~ ist das äquatoriale Flächenträgheitsmoment I. Damit folgt
4.5 Mechanismen der inneren Dämpfung
93
Das in der (masselosen) elastischen Welle herrschende Biegemoment ist der Kraft F(t) proportional, deshalb kann man schreiben
Bild 4.15: Reibmechanismus zwischen Welle und Nabe (rechts); Biegetheorie für KelvinModell der Faser (links)
wobei m(x) das Biegemoment unter der Einheitslast F = l darstellt. Führt man für die Wellenverformung ebenfalls einen Produktansatz ein W (X,t) =W(x). z (t) , dann läßt sich die G1. (4.35) zweimal nach X integrieren
wobei
ist. Die offenen Konstanten werden aus den Randbedingungen bestimmt. Zwischen der Kraft F(t) und der Wellenausbiegung am Ort X = a gilt daher F ( t ) = sw (a, t ) +diw (a, t )
(4.36)
mit der Federkonstanten s = -1 /f(a) und dem Dämpfungskoeffizienten
Für den symmetrischen Läufer (Länge I ) mit konstantem Wellenquerschnitt ergibt die Rechnung
94
4 Lavalläufer mit innerer und äußerer Dämpfung
So elegant diese Herleitung des Dämpfungskoeffizienten di der Welle aus dem visko-elastischen Werkstoffgesetz auch ist, so wenig Bedeutung hat sie für die Praxis. Denn bei den metallischen Werkstoffen, die derzeit noch vorzugsweise für den Bau rotierender Wellen benutzt werden, ist die Werkstoffdämpfung derart gering, daß sie von der sogenannten Konstruktions- oder Fügedämpfung völlig überdeckt wird, die eine Zehnerpotenz höher liegt.
Konstruktions- oder Fügedämpfung Diese Dämpfung entsteht dadurch, daß mit zunehmendem Schwingungsausschlag an immer mehr Stellen in Schrumpfsitzen, im Blechpaket des Läufers oder seinen Schraubverbindungen Coulombsche Reibung auftritt (Micro-Slip), Bild 4.16.
4 Kraft
Kraft
I
w=A sin w * t
w=A sin w * t
Bild 4.16: links: Elliptische Hystereseschleife bei viskoelastischem Bauteilverhalten nach Voigt-Kelvin; rechts: Hystereseschleife bei vielen nacheinander losbrechenden Reibstellen
Den qualitativen Unterschied zwischen den beiden Dämpfungsmechanismen erkennt man leicht bei harmonischer Verformung W ( t ) = A sin u * t . Beim visko-elastischen Wellenmodell erhält man aus G1. (4.36) mit diesem Ansatz den Kraftverlauf ~ ( t=)A (s sin w't
+ d i u *cos w't)
.
(4.37)
4.5 Mechanismen der inneren Dämpfung
95
Trägt man diese Kraft über der Verschiebung W auf, erhält man eine Ellipse, die mit zunehmender Frequenz U* immer dicker wird, denn wegen diw* steigt der Dämpfungsanteil an der Kraft, Bild 4.16. Die Fläche der Ellipse ist die Verlustarbeit, die proportional zu A ~ Wist. Untersuchungen an Blechpaketen und gefügten Rotoren unter harmonischer Erregung lieferten ellipsenähnliche Hystereseschleifen, deren Dicke aber nicht mit der Frequenz steigt [13]. Der Flächeninhalt ist die Reibarbeit, die bei vielen allmählich losbrechenden Reibstellen etwa proportional zu den Amplitudenquadraten aber eben frequenzunabhängig ist. Deshalb läßt sich der Kraft-Verschiebungszusarnrnenhang hier durch F(t) =~
( sinsw't +di, cosw't)
(4.38)
beschreiben. Den Koeffizienten diobestimmt man am besten experimentell, beispielsweise aus der Verschiebung der Ruhelage der rotierenden Welle unter Eigengewicht. Ersetzen wir nämlich in der aus den visko-elastischen Uberlegungen gewonnenen Cl. (4.33) di durch d,/Q so stellt sich die Wellendurchbiegung unter Gewicht folgendermaßen
dar. Es stellt sich ein fester Winkel 6 gemäß Bild 4.17 ein, der (mehr oder minder) drehzahlunabhängig ist. Aus
laßt sich diounmittelbar bestimmen.
Stabilitätsgrenze bei Konstruktionsdämpfung Mit der aus den Gln. (4.37) und (4.38) folgenden Entsprechung u * d i 2 d „ kann man nun eine äquivalente viskose Dämpfung angeben
96
4 Lavallaufer mit innerer und äußerer Dämpfung
Bild 4.17: Versuch zur Ermittlung der inneren Dämpfung dio
diejenige Frequenz ist, mit der das Bauteil, hier die rotierende wobei Welle, schwingt. Setzen wir diesen Dämpfungswert in die Stabilitätsgrenzbedingung von G1. (4.28) ein, erhalten wir
hier aus Sicht der rotieBeachtet man nunmehr noch, daß die Frequenz renden Welie zu nehmen ist, deren Blechpaket geknautscht wird, dann wird klar, daß w der Frequenz des instabil werdenden Eigenwerts /S,* (rotierende Koordinaten) nach GI. (4.22) entspricht
Die Stabilitätsgrenzbedingung lautet dann
oder umgeformt
wobei das Vorzeichen plus für den Bereich Q < w und minus für den Bereich Q > w gilt. Die Stabilität verändert sich also sprungartig in der kritischen Drehzahl, Bild 4.18.
4.5 Mechanismen der inneren Dämpfung
97
stabil
instabiler Bereich
1
2
Bild 4.18: Stabilitätskarte bei Konstruktionsdämpfung in der rotierenden Welle
Unterhalb der kritischen Drehzahl herrscht immer Stabilität, oberhalb nur dann, wenn d,w/d, > ist. Bild 4.19 zeigt einen Rotor, dessen Schrumpfsitze nicht hinreichend stramm waren, so daß er beim Auswuchten infolge innerer Dämpfung instabil wurde und sich und die gesamte Wuchteinrichtung zerstörte.
Bild 4.19: Zerstörter Verdichterrotor (bleibende Verformung in Wellenmitte 30 cm), dessen erste Eigenform infolge innerer Dämpfung aufgrund loser Schrumpfsitze instabil wurde.
4 Lavalläufer mit innerer und äußerer Dämpfung
98
4.6
Zusammenfassung, praktische Konsequenzen
Die wichtigsten Ergebnisse dieses Kapitels sind noch einmal in der Grafik 4.20 zusammengestellt. Das Eigenverhalten (homogene Lösung, Stabilität) wurde vorne ausführlich diskutiert; ebenso die Unwuchtantworten. Allenfalls das Spektraldiagramm bedarf noch einer kurzen Erläuterung. Entlang der 1Q-Erregungsfrequenz siedeln die Peaks der Unwuchtantwort. Entlang der Eigenfrequenzgeraden w , die parallel zur Drehzahlachse läuft, finden sich jenseits der Grenzdrehzahl C2 die Peaks der instabil gewordenen Eigenlösung A,(Q). Theoretisch sind die Spitzen unendlich hoch, tatsächlich begrenzen gewöhnlich irgendwelche Nichtlinearitäten bei sehr großen Ausschlägen auch diese Schwingungen (brauchbar wird der Rotor dadurch aber nicht). Wälzgelagerte Läufer in gasförmigen Medien, auf denen keinerlei Dichtlippen oder ähnliches für ein wenig äußere Dämpfung sorgen, werden nach unserer Erfahrung aufgrund der Fügedämpfungen im Drehzahlbereich q = 2 bis 5 schon instabil. Dann taucht die Frage auf, wie läßt sich ein solcher Rotor stabilisieren? Aufgrund von G1. (4.29) bzw. G1. (4.45) bieten sich dreierlei Maßnahmen an.
„
D i klein machen: d.h. z.B. Klemmsitze auf der Welle vermeiden, feste Schrumpfsitze auch im hohen Drehzahlbereich, wo sie unter den Fliehkräften aufweiten; bei Gummikupplungen auf geringe innere Dämpfung des Gummis achten. D, groß machen: das kann man z.B. über ein mittiges Hilfs-Kugellager erreichen, das über weichen Gummi mit hohem Dämpfungsmodul abgestützt wird, Bild 6.1. Die Eigenfrequenz w hochtreiben: im Extremfall auf unterkritischen Betrieb übergehen. Welche der Maßnahmen im konkreten Fall die zweckmäßigste ist, hängt sehr von den Einzelumständen ab. Weitere Maßnahmen, die sich nicht aus den obigen Herleitungen ergeben, sondern weitergehender Analysen bedürfen, sind z.B. die in Bild 6.1 skizzierte Bettung des Wälzlagers in 0-Ringen (Kap. 6). Ebenfalls stabilisierend wirkt sich der Übergang von isotroper Lagersteifigkeit auf orthotrope Lagersteifigkeiten aus (Kap. 5). Bei gleitgelagerten Rotoren sind die Maßnahmen D i , klein zu machen und eventuell die Eigenfrequenz w zu erhöhen,natürlich ebenfalls zur Stabilisierung wirksam. Die Erhöhung der äußeren Dämpfung kann über geeignete Gleitlagerauswahl oder über Quetschöldämpfer erfolgen, siehe Kap. 14.
4.6 Zusammenfassung, praktische Konsequenzen
/
99
,
instabil
W
Unwuchtantwort
W
Frequenz
Bild 4.20: Lavalläufer mit innerer und äußerer Dämpfung (a) Systemskizze, (b) Eigenwerte A,(Q) und Stabilitätsgrenze, (C) Resonanzverhalten und Unwuchtantwort, (d) Spektralkarte - drehzahlgestaffelte Fourieranalyse
100
4.7
4 Lavalläufer mit innerer und äußerer Dämpfung
Fragen
1. Wo liegt die Grenzdrehzahl des stabilen Laufs bei einem Rotor mit einem Dämpfungsverhältnis von D ,/D i=3? 2. Warum ist das Losbrechen von Schrumpfsitzen im überkritischen Drehzahlbereich außerordentlich gefährlich?
3. Wie läßt sich experimentell die Größe der inneren Dämpfung abschätzen?
5
Der Lavalläufer in orthotrop-elastischen Lagern
5.1
Übersicht
Bisher gingen wir davon aus, daß die Welle „starr" gelagert ist. Das ist praktisch dann der Fall, wenn die Wellensteifigkeit s mindestens eine Zehnerpotenz niedriger liegt als die Steifigkeit der Lagerung. Ist die Wellenabstützung weniger steif, dann wird der Einfluß der Lagerelastizität beträchtlich, die kritische Drehzahl sinkt erheblich ab. Bei den üblichen Lagerbockkonstruktionen, Bild 5.1 links, wird zudem die horizontale Steifigkeit s, nicht gleich der vertikalen Steifigkeit s, sein: die Abstützung ist orthotrop. Meist ist die Horizontalsteifigkeit geringer als die Vertikalsteifigkeit. Orthotrope Lagesung tritt selbst bei Schildlagerkonstruktionen auf, die z.B. im Elektromotoren- und Generatorenbau Anwendung finden, Bild 5.1 rechts. Hier wird die Rotationssymmetrie des Lagerschildes durch die Fußkonstruktion gestört.
Bild 5.1: Bock- und Schildlagerung
In Abschn. 5.2 werden wir feststellen, daß sich die kritische Drehzahl des Läufers durch die orthotrope Abstützung in zwei meist eng benachbarte kritische Drehzahlen aufspaltet, die unterhalb der Kritischen des starr gelagerten Rotors liegen. Der Wellenmittelpunkt, der sich unter dem Einfluß der Unwucht bei starrer oder isotrop-elastischer Lagerung auf einer Kreisbahn bewegt, die im Wellendrehsinn durchfahren wird, bewegt sich bei orthotroper
102
5 Der Lavalläufer in orthotrop-elastischen Lagern
Lagerung auf einer Ellipse. Es wird sich zeigen, daß diese Ellipse je nach Drehzahl im Sinne der Wellendrehung oder auch gegensinnig durchlaufen wird. Während wir im zweiten Abschnitt dieses Kapitels auf die Berücksichtigung von äußerer und innerer Dämpfung verzichten, holen wir das in Abschn. 5.3 nach. Dabei wird sich zeigen, daß neben der Begrenzung der Resonanzausschläge ein neuer Effekt auftritt: obwohl die Lagerorthotropie rein elastischer Natur ist, verbessert sie das Stabilitätsverhalten und erhöht die Grenzdrehzahl des stabilen Laufs.
5.2 Der ungedämpfte orthotrop gelagerte Läufer 5.2.1
Die Bewegungsgleichungen und ihre Lösung
Die Lagerfederungen sind mit der Wellenfederung s in Reihe geschaltet, so daß sich bei symmetrischer Anordnung die Steifigkeiten am Scheibensitz zu
ergeben, Bild 5.2.
Bild 5.2: Elastisch gelagerte Welle, ausgelenkter Zustand
5.2 Der ungedämpfte orthotrop gelagerte Läufer
103
Die Gleichgewichtsbedingungen für die ausgelenkten Scheiben lauten analog zu den Gln. (3.1)
Wir setzten wieder stationären Drehzustand voraus, dann gilt für den Winkel ~(t)
Die Integrationskonstante P, die durch geeignete Wahl des Beginnes der Zeitzählung stets zu null gemacht werden kann, wollen wir diesmal - im Gegensatz zu Kap. 3, wo wir sie in der Rechnung mitführten - weglassen. Für den Zusammenhang zwischen den Wellenmittenkoordinaten w,v und den Schwerpunktskoordinaten W, und V, gilt wieder
siehe auch Bild 5.2. Nach zweimaliger Ableitung von G1. (5.4), Verwendung von G1. (5.3) und Einsetzen in die beiden Teile von G1. (5.2) ergeben sich die beiden Differentialgleichungen
die das Verhalten der anisotrop gelagerten Welle beschreiben. Die vollständigen gleichungen lauten
Lösungen
der beiden
Q2 sin Qt v ( t ) = v ~ c o s ( w y t yy)+& + wy - Q2
ungekoppelten
Differential-
5 Der Lavalläufer in orthotrop-elastischen Lagern
104
mit den Eigenkreisfrequenzen
U,
=
und
U,
=
,/s,/ ,die wegen der
unterschiedlichen Lagersteifigkeit in horizontaler und vertikaler Richtung nicht mehr zusammenfallen. Für R = U, und R = U, werden die Wellenauslenkungen unendlich groß; es treten nunmehr zwei kritische Drehzahlen auf. Im Sonderfall isotropelastischer Lagerung s, = s, fallen sie zusammen. Dann herrscht Rotationssyrnmetrie im System wie bei starrer Lagerung, vergl. G1. (3.15). Im folgenden wollen wir uns ausschließlich mit der durch die Unwucht verursachten Rotorbewegung beschäftigen. Wir nehmen daher an, daß aus irgendwelchen Anfangsbedingungen vorhandene, freie Schwingungen mit der Zeit durch eine sehr schwache Dämpfung abklingen werden, obwohl wir vom Ansatz her eine Dämpfung nicht berücksichtigen. Dann bleibt die stationäre erzwungene Bewegung
V,
Ll2
(t)= E U);
-
sinQt = G, sinQt
n2
übrig. Die Amplituden und Y, sind in Abhängigkeit von der Urnlaufgeschwindigkeit R in Bild 5.3 (dem Betrag nach) dargestellt. Die Bahn, auf der sich der Wellenmittelpunkt bewegt, ist eine Ellipse, deren Hauptachsen mit den Koordinatenrichtungen zusammenfallen. Quadriert man beide Gln. (5.7) und addiert diese, so erhält man die Ellipsengleichung
mit den Halbachsen
5.2 Der ungedämpfte orthotrop gelagerte Läufer
105
Kritische"
.
.
Q=uy Q = w Z Bild 5.3: Wellenausschläge
5.2.2
I+E 1, lYE1 in Abhängigkeit von der Drehzahl R
Gleichlauf und Gegenlauf
Einen tieferen Einblick in den zeitlichen Ablauf der Bewegung erhält man, wenn man die Wellenausschläge W und V in einer komplexen Größe r zusammenzieht, indem man die y-Achse als Imaginärachse und die z-Achse als reelle Achse auffaßt:
Dieser Ausdruck läßt sich mit Hilfe der Euler-Formeln
in die leicht interpretierbare Form
5 Der Lavalläufer in orthotrop-elastischen Lagern
106
überführen. Der erste Term beschreibt in der komplexen Ebene einen Kreis vom Radius [?+I, der im Wellendrehsinn durchfahren wird. Der zweite Term beschreibt einen Kreis vom Radius 1?J, der im Gegensinn zur Wellendrehung durchlaufen wird, Bild 5.4. Bahn F-e-jnt
Bahn ? + e i n t
Bild 5.4: Gleich- und gegensinnige Kreisbewegungen (links) überlagern sich zu einer Ellipse (rechts)
Durch die Überlagerung der beiden Kreisbewegungen entsteht eine Ellipse, deren Durchfahrungssinn davon abhängt, welcher der beiden Radien überwiegt:
1 >1 - 1 1 1 <1 1 I?+ 1 =; 1 1
Ellipsenbahn, Gleichlauf
+
+
-
Ellipsenbahn, Gegenlauf oszillierende Gradlinienbewegung, degenerierte Ellipse.
Setzen wir die Ausdrücke (5.9) für vir, und ?E in G1. (5.1 1) ein, so ergibt sich die Amplitude F+ des gleichsinnigen Bewegungsanteils zu
und die des gegensinnigen Bewegungsanteils zu
5.2 Der ungedämpfte orthotrop gelagerte Läufer
107
In Bild 5.5 ist dargestellt, wie sich die Scheibe bei den verschiedenen Drehzahlen auf ihrer elliptischen Bahn bewegt.
+I+
Bahnumlaufsinn
Gleichlaufbereich
O
Wellendrehsinn
wy
Gegenlaufbereich wy < R < w,
Gleichlaufbereich
wz
Bild 5.5: Gleich- und Gegenlaufbereiche, w = Js/ml
CD
= R/w (0, = 0,850; w, = 0,950)
108
5 Der Lavalläufer in orthotrop-elastischen Lagern
Im Bereich O< Q < wy (wir nehmen an, daß die Lagerung in horizontaler Richtung nachgiebiger ist als in vertikaler Richtung, w, < w,) bewegt sich die Scheibe im Wellendrehsinn auf ihrer elliptischen Bahn, denn I?+[ist größer als lfJ. Man spricht wegen der Ubereinstimmung von Wellendrehsinn und Durchlaufrichtung der Bahnkurve von Gleichlauf. Im Bereich wy< R < U,, also bei Drehzahlen zwischen den beiden kritischen Drehzahlen ist I?+l
5.2.3
Biegebeanspruchungen der Welle bei Gleich- und Gegenlauf
Durch den gegenläufigen Anteil in der elliptischen Bahn der Welle wird die Biegebeanspruchung komplizierter als bei isotroper oder starrer Lagerung. Wir betrachten zunächst die Kräfte, die die Welle elastisch verbiegen
und fassen sie komplex zusammen
5.2 Der ungedämpfte orthotrop gelagerte Läufer
109
Für die Betrachtung der Biegebeanspruchungen geht man nun zweckmäßigerweise in ein rotierendes Koordinatensystem über. Dort rotiert der Querschnitt der Welle genauso schnell wie das Koordinatensystem 6-V-X, d.h. die Fasern des Werkstoffes bewegen sich in diesem Koordinatensystem nicht, solange reine Drehung der Welle, ohne laterales Schwingen, vorliegt. Wir multiplizieren also G1. (5.15) mit e-'"' (Transformation) und mit der Hebellänge j114, wobei die imaginäre Einheit j aus formalen Gründen eingeführt wird, wie bereits in Kap. 3 erläutert. Daraus erhalten wir die Biegemomente im rotierenden System am Sitz der Scheibe zu
Es tritt also - von der Welle her gesehen, da im rotierenden Koordinatensystem betrachtet - ein konstantes, zeitlich unveränderliches Biegemoment M, und ein doppelt-umlauffrequentes, gegenläufiges Biegemoment M-, auf, Bild 5.6 b. Beim horizontalen Läufer kommt zusätzlich aus dem Gewicht noch das Biegemoment
hinzu, das in rotierenden Koordinaten umlauffrequent und gegenläufig ist. Insgesamt enthält das Biegemoment also 3 Komponenten
Für die Biegebeanspruchung gilt natürlich wieder
110
5 Der Lavalläufer in orthotrop-elastischen Lagern
Bild 5.6: Biegemomente im mitrotierenden System: konstantes Moment Mo, umlauffrequentes, gegenläufiges Moment ~ _ ~ e - aus ' ~ Gewicht ' und doppelt-umlauffrequentes Moment ~ - ~ e - ~ j ~ ~ .
5.3
Innere Dämpfung, äußere Dämpfung und die Verbesserung der Stabilität durch Lagerorthotropie
Für die Betrachtung des orthotrop gelagerten Lavalläufers mit innerer und äußerer Dämpfung übernehmen wir die Bewegungsgleichungen des isotrop gelagerten Läufers, G1. (4.25) und ändern dort in der Steifigkeitsmatrix s in s, bzw. s, um:
Wie sich nun innere und äußere Dämpfung auf die Unwuchtantwort, insbesondere die Resonanzüberhöhungen, auswirkt, mag der Leser selbst untersuchen. Wir wenden uns sogleich der Stabilitätsbetrachtung, also der homogenen Lösung zu. Vom isotrop gelagerten Läufer wissen wir, daß die innere Dämpfung jenseits der kritischen Drehzahl labilisiert. Das wird hier vermutlich ahnlich sein. Nur: im ungedämpften System, Abschn. 5.2, gab es zwei kritische Drehzahlen C2 =U, und C2 =U,. Es bleibt also einiges zu klären. Um formelmäßig durchzukommen, müssen wir die Zahl der Parameter von zunächst sechs auf das Minimum, nämlich vier drücken, indem wir dimensionslos machen. Dazu führen wir folgende Abkürzungen ein:
5.3 Innere Dämpfung, äußere Dämpfung
s Y - ,;+W; 0, = -2m
111
Bezugsfrequenz, „mittlere" Eigenfrequenz
2 Orthotropieparameter
77
=n/%
bezogene Drehzahl
D, = d, /2mw,
äußerer Dämpfungsgrad
Di =di/2mw,
innerer Dämpfungsgrad
Damit lassen sich die Bewegungsgleichungen (5.20) umschreiben in
Mit dem Ansatz
für die homogene Lösung (r-hte Seite in G1. (5.21) null) erhalten wir mit dem dimensionslosen Eigenwert il= A l 0,die Gleichung
die nur dann eine Lösung hat, wenn ihre Determinante verschwindet. Diese Forderung liefert die charakteristische Gleichung
mit
112
5 Der Lavalläufer in orthotrop-elastischenLagern
JSk
Auf die vollständige Bestimmung der vier Eigenwerte verzichten wir und begnügen uns mit der Ermittlung der Stabilitätsgrenze, an der bekanntlich gilt
ist die Frequenz mit der das weil der Realteil dort gerade null ist. c>„„ System „grenzstabil" schwingt. Setzt man G1. (5.25) in (5.23) ein und sortiert nach Imaginär- bzw. Realteilen, erhält man Realteile:
a,i3&-a2¿u~r+ao=~
Imaginärteile:
-ja,
wir + J a , Z„, = 0
(5.26a) (5.26b)
Das liefert einerseits die Schwingungsfrequenz an der Stabilitätsgrenze zu
und eingesetzt in G1. (5.26a) die Stabilitätsgrenzbedingung
Wertet man sie mit den Koeffizienten des Systems G1. (5.24) aus, erhält man als Grenzdrehzahl des stabilen Laufs
Das bedeutet:
5.3 Innere Dämpfung, äußere Dämpfung
113
Die äußere Dämpfung wirkt sich ganz ähnlich wie beim isotrop gelagerten Läufer aus, vergl. G1. (4.29). Das Verhältnis von D,/Di bestimmt, wie weit oberhalb der „mittleren kritischen Drehzahl" w i = ( wi +wt ) / 2 der Rotor noch stabil läuft. Die Orthotropie aber, die ja rein elastischer Natur ist, hat eine ganz ähnliche Auswirkung wie die äußere Dämpfung. Hier ist entscheidend das Verhältnis p L I D i ,wie die Stabilitätskarte von Bild 5.7 zeigt. Konkret heißt das: Will man bei einer vorgegebenen inneren Dämpfung Di die Grenzdrehzahl des stabilen Laufs auf R„„=2 wo anheben, kann man entweder die äußere Dämpfung D, der inneren Dämpfung Di anpassen (DJD, = 1 ) . Oder aber man führt Orthotropie in den Lagern ein, wobei p L / D i= 4 ungefähr so stark wirkt wie D,/D,= 1 . Da die innere Dämpfung Di sehr gering ist - oft beträgt sie nur Bruchteile eines Prozents - bewirken wenige Prozent pLschon erhebliches. Nicht selten Iäßt sich Lagerorthotropie recht einfach realisieren, Bild 5.8.
0
1
2
3
4
Drehzahl L2 / wo Bild 5.7: Stabilitätsgrenzen beim orthotrop gelagerten Lavalläufer unter Berücksichtigung von äußerer und innerer Dämpfung
114
5 Der Lavalläufer in orthotrop-elastischen Lagern
Bild 5.8.: Links: lateral weiche, orthotrope Lagerung eines Gebläses in einem rohrähnlichen Gehäuse. Rechts: isotrope Lagerung
5.4 Zusammenfassung, Generalisierung Die wichtigsten Ergebnisse des Abschn. 5.2 faßt die Grafik, Bild 5.9, zusammen. Im Eigenfrequenz-Drehzahldiagramm (Campbell-Diagramm) treten nun zwei waagerechte Eigenfrequenzen auf, w, und w,. Der Fahrstrahl der 1Q -Erregungsfrequenz der Unwucht liefert 2 Schnittpunkte und damit 2 Resonanzstellen, die in Bild 5.9 C gezeigt werden. Die elliptischen Orbits zeigen Gleich- und Gegenlauf. Die Spektralkarte ist in Bild 5.9 e skizziert. Bild 5.10 zeigt qualitativ, daß bei einem Rotor mit mehr als einer Scheibe, prinzipiell ein ahnliches Verhalten wie beim Lavalläufer auftritt. (Die Kreiselwirkung, die die Eigenfrequenzen bei einem derartigen Rotor leicht drehzahlabhängig macht, wurde in dieser Darstellung vernachlässigt). Zu jeder w,,,wY2,wy3. gehört eine Eigenfrequenz der Horizontalrichtung Horizontalresonanz; entsprechend zu jeder Vertikaleigenfrequenz mZl, U„, U„ eine vertikale Resonanzstelle. Auch Gleich- und Gegenlauf treten wie beim Lavalrotor auf. Die Stabilitätsaussage von G1. (5.29) läßt sich zwar mit Hilfe der modalen Theorie (Kap. 10) für Rotoren mit vielen Freiheitsgraden verallgemeinert schreiben. In praxi hat eine solche Formel aber nur wenig Aussagekraft, da die vielfältigen Mechanismen der inneren Dämpfung nur schwer zu quantifizieren sind, vgl. Kap. 4.
5.4 Zusammenfassung, Generalisierung
b L
p
115
Fahrstrahl
@Y
V-
,,
C
W
.-0 W
i I I
OY
W Z
I I I
Drehzahl
Frequenz
Bild 5.9: Lavalläufer in elastischen Lagern: (a) System, (b) Campbell-Diagramm, ( C ) Vergrößerungsfunktionen der Wellenamplituden, (d) Orbits mit Gleich- und Gegenlauf, (e) Spektralkarte
116
5 Der Lavalläufer in orthotrop-elastischen Lagern
Die generelle Aussage: „orthotrope Lagerung stabilisiert genauso wie äußere Dämpfung", gilt aber auch für allgemeine Rotoren mit beliebigem Querschnittsverlauf.
i '
n2kr
O4kr
Bild 5.10: Mehrscheibiger Rotor
I I
I
R6kr
Drehzahl
R
Drehzahl
R
Drehzahl
R
5.5 Fragen
5.5
117
Fragen In welchem Drehzahlbereich tritt beim orthotrop gelagerten Rotor der Gegenlauf auf? Der Grad der Aufspaltung der Eigenfrequenzen o,und o, hängt nicht nur von der Differenzsteifigkeit der Lagerung As=(s,-s,) ab, sondern auch von der Elastizität s der Welle selbst. Bei einer hochelastischen Welle ist die Aufspaltung viel geringer als bei einer sehr steifen Welle, wenn die gleiche Differenzsteifigkeit As vorliegt. Warum ist das so? Weshalb entsteht bei der orthotrop gelagerten Welle eine doppeltumlauffrequente Biegebeanspruchung der Welle? Was bestimmt die Größe dieser Biegebeanspruchung? Man ermittle die Unwuchtantwort des orthotrop gelagerten Läufers bei Berücksichtigung der äußeren Dämpfung (Di in G1.(5.20) zu Null setzen). Man berücksichtige bei der Bestimmung der Unwuchtantwort innere und äuflere Dämpfung und vergleiche mit dem Resultat von Frage 4.
6
Der Lavalläufer mit Lagerdämpfung aus Gummi-Elementen
6.1
Einleitung
Eine Bettung der Wälzlager eines Rotors in Gummi oder gummi-ähnlichem Material (Elastomeren) kann bei geschickter Abstimmung des Systems sowohl die Stabilität als auch die Resonanzsituation sehr verbessern. Denn Gummi ist nicht nur elastisch, sondern bringt - richtig ausgewählt - beträchtliche Dämpfung ein. Bild 6.1 zeigt eine solche Anordnung, die handelsübliche 0-Ringe benutzt. Um eindeutige Kontaktverhältnisse zu bekommen, dimensioniert man gewöhnlich die Nut so, daß der Gummiquerschnitt um 10 bis 15 % seines Durchmessers zusammengedrückt wird. Außerdem w< man den Ring im Durchmesser um etwa 5 % zu kurz aus, so daß er sich beim Aufziehen streckt. Auf weitere Details gehen wir zum Ende dieses Kapitels ein.
Bild 6.1: In 0-Ringen gebettetes oberes Lager eines vertikalen Läufers
120
6 Der Laval-Läufer mit Lagerdämpfung aus Gummi-Elementen
6.2 Mechanisches Modell Das mechanische Modell, das wir nun betrachten, ist in Bild 6.2 skizziert. Neben den beiden Freiheitsgraden r, = W, + jv, am Scheibensitz sind nun die Bewegungen der Welle im Lager r, = W, + jv, als eigene Freiheitsgrade einzuführen, da am Lager die Dämpfung angreift. Weil wir isotropes Verhalten der Lagerbettung voraussetzen, lassen sich die Freiheitsgrade W, und V, beziehungsweise W, und V, komplex zusammenfassen. Wegen der Symmetrie der Anordnung (mittiger Scheibensitz) genügt es, eine Lagerbewegung zu betrachten, denn rechts und links geschieht das gleiche.
Bild 6.2: Mechanisches Modell; Scheibenfreiheitsgrade Lager W, und V,.
W,,
V,
und Freiheitsgrade im
Im Falle bedämpfter Lager wird in der Literatur die Lagerdämpfung d, gewöhnlich dimensionslos gemacht, in dem man in Anlehnung an die Definition s m einführt, also auf die Weldes Lehr'schen Dämpfungsmaßes d,
/C
lensteifigkeit s, und auf die Scheibenmasse m bezieht, siehe z.B. [6.5]. Dieser Konvention folgen wir hier nicht. Denn im 0-Ring ist die Dämpfung d, untrennbar mit seiner Steifigkeit s, verknüpft und den Herstellern der Gurnrnielemente sind weder die Wellensteifigkeit noch die Scheibenmasse bekannt. Sie geben deshalb den Verlustfaktor
2 als Diagramm an, siehe Bild 6.10 oben. in Abhängigkeit von der Frequenz L In diesem Kapitel müssen wir daher mit ihm als dimensionslosem Dämpfungsmaß arbeiten.
6.3 Bewegungsgleichungen, Stabilität
6.3
121
Bewegungsgleichungen, Stabilität
Die Bewegungsgleichungen in raumfesten Koordinaten lauten nach der komplexen Zusammenfassung
d, ist die innere Dämpfung der Welle, d, die zusammengefaßte Dämpfung beider Lager, sw und s, sind die zusamrnengefaßten Wellen- bzw. Lagersteifigkeiten. Von einer Masse am Lagersitz sehen wir ab, sie ist gewöhnlich klein gegenüber der Scheibenmasse m. Als Bezugssteifigkeit führen wir die Gesamtsteifigkeit der hintereinandergeschalteten Wellen- und Lagersteifigkeiten ein
Bezugsfrequenz ist einmal
das ist die Eigenkreisfrequenz des konservativen Systems, d i=d, =0. Zum anderen benutzen wir auch die Laval-Eigenfrequenz als Bezugsgröße, d.h. die Eigenfrequenz der dämpfungsfreien starr gelagerten Welle.
Für die Stabilitütsbetrachtung müssen wir die homogene Lösung der Bewegungsgleichungen (6.2) besorgen, deren rechte Seite wir null setzen. Dazu führen wir den Ansatz
122
6 Der Laval-Läufer mit Lagerdämpfung aus Gummi-Elementen
ein und dividieren beide Zeilen von G1. (6.2) durch die Bezugssteifigkeit s, nach G1. (6.3). Das führt auf das homogene, algebraische Gleichungssystem
in dem die Steifigkeiten sw,s, auf die Steifigkeit s, nach G1. (6.3) bezogen sind und weiter folgende Abkürzungen gelten
Das homogene, algebraische Gleichungssystem (6.5) hat dann, und nur dann eine Lösung, wenn seine Determinante verschwindet. Bildet man die Determinante, so erhält man eine charakteristische Gleichung dritter Ordnung vom TYP
mit im allgemeinen komplexen Koeffizienten. Wir werden daraus also letztlich drei Wurzeln (Eigenwerte) il, ,il,, il, erhalten. Sie zu finden ist allerdings aufwendig, zudem wird die Lösung denkbar unübersichtlich. Deshalb beschränken wir uns auf die Ermittlung der Stabilitätsgrenze nach dem Verfahren der Beiwertbedingungen. An der Stabilitätsgrenze schwingt das System quasi konservativ,-die Eigenschwingungen klingen weder auf noch ab. Wir setzen deshalb für il an
der Realteil im Eigenwert muß gerade null sdn. Die Frequenz o„„ ist zunächst unbekannt. Mit diesem Ansatz für il zerfällt die charakteristische Gleichung (6.7) in die Gleichung für den Realteil und die entsprechende Gleichung für den Imaginärteil, die beide null sein müssen, wenn die charakteristische Gleichung (6.7) erfüllt sein soll. Setzt man geringe Dämpfungen voraus, liefert die Gleichung des Realteils die Frequenz CL)Grenz ZU '
6.3 Bewegungsgleichungen, Stabilität
123
d.h. die Frequenz, mit der das System an der Stabilitätsgrenze schwingt, ist unsere Normierungsfrequenz
die Eigenfrequenz des Systems ohne jede Dämpfung. Die Gleichung des Imaginärteils liefert mit der so gewonnenen Stabilitätsgrenzfrequenz WGrenz die Stabilitätsaussage (Grenzdrehzahl)
oder auf die dimensionsbehafteten Systemkonstantenzurückgreifend
Diese Gleichung ähnelt G1. (4.28). Offensichtlich herrscht grundsätzlich Sta! kleiner als die kritische Drehzahl w , ist. Das bilität, solange die Drehzahl 2 zeigt ein Blick auf GI. (6.10), wenn dort der Fall d,=O eingesetzt wird. Im überkritischen Drehzahlbereich laßt sich Stabilität nur über die äußere, hier am Lager wirkende Dämpfung d, erreichen. Über den Grad des Zuwachses von Stabilität entscheidet das Verhältnis dL/d„ das aber noch mit dem Vergewichtet wird. hältnis (~ellensteifi~keitna~ersteifigkeit)~
Bild 6.3: Grenzdrehzahl des stabilen Laufs in Abhängigkeit vom Verhältnis Lagerdämpfung zu innerer Dämpfung der Welle und dem Steifigkeitsverhältnis sL/sw
124
6 Der Laval-Läufer mit Lagerdämpfung aus Gummi-Elementen
Diese Wichtung leuchtet ein: je steifer die Welle ist, umso weniger kommt die innere (labilisierende) Dämpfung der Welle zum Zug, Bild 6.3. Je steifer die Lagerfedern sind, umso weniger kann die stabilisierende Lagerdämpfung bewirken. Will man verschiedene 0-Ringe oder 0-Ringmaterialien auf ihre Eignung zur Stabilisierung vergleichen, ist eine etwas andere Darstellung zweckmäßig. Man bezieht dann - wie oben schon angedeutet - die Dämpfungseigenschaft d, der Elastomerpackung auf ihre Steifigkeit sL und multipliziert das Ganze mit der Eigenfrequenz wg des konservativen Systems, um die dimensionslosen Größen zu erhalten
Dann schreibt sich die Grenzdrehzahl so
Die Größe D, ist der Verlustfaktor, der in der Werkstoff- und Bauteilprüftechnik zur Charakterisierung der Dämpfung benutzt wird. Er gibt das Verhältnis von Därnpfungsarbeit (Inhalt der Ellipsenfläche) zur elastisch gespeicherten Arbeit nach einer Viertelperiode (schraffierte Dreiecksfläche) bei einer harmonischen Bewegung X = 2 sin L2t des Federdämpfungssystems in Bild 6.4 an. Da die Schwingungen an der Stabilitätsgrenze mit der Eigenfrequenz wg ablaufen, ist DL der Verlustfaktor der Gummibettung, den wir bei erzwungenen Schwingungen, G1. (6. I), mit D,*bezeichnet hatten.
Bild 6.4: Zur Definition des Verlustfaktors G1. (6.1)
6.3 Bewegungsgleichungen,Stabilität
125
Bild 6.5 gibt die Grenzdrehzahl nun in Abhängigkeit von Verlustfaktor DL wieder, wobei Di willkürlich auf 0,01 festgesetzt wurde. Diese Darstellung ld3t den Einfluß verschiedener Elastomerarten besser erkennen als das Bild 6.3. Wie benutzt man nun diese Resultate? Gewöhnlich liegt ein Rotorentwurf vor, es sind zumindest die Wellensteifigkeit s, und die Rotormasse m bekannt. Dann wählt man die 0-Ringe aus den Herstellerunterlagen aus, von denen man erhofft, daß sie einen stabilen Lauf garantieren. D.h., man entnimmt den Bildern 6.10 bzw. 6.11 oben die Bettungssteifigkeit sL, die gewöhnlich nur schwach von der Frequenz abhängt. Mit ihr läßt sich an der Hilfsachse der Bilder 6.3 bzw. 6.5 die ,,Eigenfrequenz" w, ablesen, die vom Verhältnis sL/s, bestimmt wird oder man benutzt dazu G1. (6.4) und (6.8). Damit liegt die Frequenz w, vor, mit der der Rotor an der Stabilitätsgrenze schwingt. Aus den Diagrammen 6.10 bzw. 6.11, kann der Verlustfaktor DL(w,) des 0-Rings ermittelt werden. Mit dem so ermittelten Verlustfaktor ist Bild 6.5 benutzbar. Erfreulicherweise entfällt jede Iteration. Eine Abschätzung der inneren Dämpfung D, bzw. d, muß jedoch vorliegen, wenn man nicht nur qualitative, sondern auch quantitative Aussagen machen möchte.
DL von -0-0.1
& Buna-N +0.2
+0.3
+
+Viton 90+ -0.4
t Viton 70 4
J t 0 . 5
+I
Bild 6.5: Stabilitätsgrenzdrehzahl in Abhängigkeit vom Steifigkeitsverhältnis sL/s, und dem Verlustfaktor DL verschiedener Elastomerwerkstoffe (Di=O,Olfest; DL=O,lbis 1,O)
126
6 Der Laval-Läufer mit Lagerdämpfung aus Gummi-Elementen
6.4 Unwuchterzwungene Schwingungen In diesem Abschnitt setzen wir die innere Dämpfung von vornherein auf null, weil sie keinen Einfluß auf die Resonanzvergrößerung hat. Denn auch hier sind die Orbits gleichläufig durchfahrene Kreisbahnen, die „Dämpfungszylinder" nach Bild 6.2 treten nicht in Aktion. Mit dem Ansatz
für die Unwuchtantwort überführen wir die inhomogene Differentialgleichung (6.2) in das algebraische Gleichungssystem für die gesuchten Amplituden und ?,
die wir auf die Exzentrizität Regel liefert mit
E beziehen.
die komplexen Amplituden zu
Die Auflösung nach der Cramerschen
6.4 Unwuchterzwungene Schwingungen
127
D: ist der Verlustfaktor des nun mit der Erregerfrequenz Cl schwingenden Elastomerelements, der aus der zunächst eingeführten dimensionslosen Größe d, folgendermaßen gebildet wird
In den Verlustfaktor D;* geht nun die Erregerfrequenz Cl ein und nicht die Eigenfrequenz U , wie beim Stabilitätsproblem. Wegen der Normierung gilt zudem
so daß die auf E bezogenep Antwortamplituden, wie angedeutet, nur noch von V , dem Verlustfaktor DL und dem Steifigkeitsverhältnis s,/s, abhängen. Bild 6.6 zeigt den Amplitudengang IrW/&lder Wellenschwingungen am Scheibensitz für den Fall sL/sw=1 und verschiedene Verlustfaktoren. Wie zu erwarten, zeigt diese Vergrößerungsfunktion ein ausgeprägtes Maximum bei Cl=@,. In diesem Diagramm wurde der Verlustfaktor D: als Bildparameter zu festen Werten ~ ; * = 0 , 10,25 ; und 1,O eingeführt. Tatsächlich ist er aber durchaus von der Erregungsfrequenz Cl abhängig, wie die Messungen z.B. in Bild 6.9 zeigen. Da aber die Vergrößerungsfunktionen in Bild 6.6 außerhalb der schmalen Resonanzzone recht unempfindlich gegen einen nicht ganz richtig bestimmten Verlustfaktor sind, lohnt eine An~assungnicht. Es genügt i.a. den Verlusteinzusetzen. faktor für die Resonanzfrequenz DL= D;(Q „„„,)
Bild 6.6: Vergrößerungsfunktion der Wellenausschläge bei Unwuchterregung für verschiedene Verlustfaktoren. (SteifigkeitsverhältnissL/sw=1)
128
6 Der Laval-Läufer mit Lagerdämpfung aus Gummi-Elementen
Liegt in der Entwurfsphase die Resonanzstelle von Bild 6.6 noch nicht endgültig fest, muß für jede Variante der Lagersteifigkeit s, der zur Resonanzstelle C2 = w,(s,ls,) gehörige Verlustfaktor eingesetzt werden. Den Resonanzmaxima kommt wegen der Gefahr des Anstreifens und der Überbeanspruchung der Welle große praktische Bedeutung zu. Sie sind in dem Übersichtsdiagramm, Bild 6.7, über dem Steifigkeitsverhältnis sL/s, bzw. s,/sL dargestellt. Kurvenparameter ist der Verlustfaktor D; . Mit zunehmendem Verlustfaktor D: werden die Resonanzausschläge immer stärker unterdrückt; allerdings bringen Verlustfaktoren größer als 0,2 bis 0,3 nur noch wenig Zugewinn. Zu harte Lagerung ist zu vermeiden, denn dann blockiert die hohe Steifigkeit die Beweglichkeit im Lager, die für den Energieentzug über die Dämpfung notwendig ist.
Bild 6.7: Resonanzmaxima der Welle in Abhängigkeit vom Verlustfaktor D: und dem Steifigkeitsverhältnis WelleILager
In Bild 6.8 liest man die zugehörigen Lagerschwingungsamplituden bezogen auf die Wellenschwingungsamplituden ab. Der Verlustfaktor hat hier nur geringen Einfluß. Dieses Verhältnis, das aus
6.5 Verlustfaktor- und Steifigkeitsermittlung von 0-Ringen
129
hervorgeht, gilt nicht nur für die Maximalausschläge, sondern für jede Drehzahl, wie man nachrechnen kann.
Bild 6.8: Verhältnis von Lagerschwingungsamplituden zu Wellenschwingungsamplituden in Abhängigkeit von der Abstimmung sL/s, und dem Verlustfaktor D;
6.5 Verlustfaktor- und Steifigkeitsermittlung von 0-Ringen Bild 6.9 zeigt die Prinzipskizze eines kleinen Prüfstandes zur Ermittlung der 0-Ringsteifigkeiten und des Verlustfaktors D; bzw. des Dämpfungsbeiwertes d,(Q). Auf einem elektrodynamischen Shaker ist ein sehr steifer Aufbau angebracht. Sowohl die Fußpunktsbeschleunigungen ü,(t) als auch die Beschleunigung ü, (t) auf der Ringmasse m, werden gemessen. Bei harmonischer Erregung können aus diesen Messungen und der Wägung der Ringmasse m, die Steifigkeit, der Verlustfaktor D; und falls benötigt, der Dämpfungsbeiwert dL(Q) ermittelt werden. Bild 6.10 zeigt das Resultat einer solchen Untersuchung für ein 0Ringpärchen bei Raumtemperatur 20" C.
130
6 Der Laval-Läufer mit Lagerdämpfung aus Gummi-Elementen
HP-FFT
Analysator1
Schwingungserreger
---.-----.-
Bild 6.9: Versuchsanordnung zur Ermittlung des dynamischen Verhaltens der 0-Ringe (Prinzipskizze)
Verlustfaktor
D5
d ( fl) Dampfungs 2001
beiwert
Bild 6.10: Aus Messungen bei T = 20°C bestimmte Steifigkeit s und Verlustfaktor D: sowie Dämpfungsbeiwert d(Q) eines 0-Ringpärchens. Unten zum Vergleich: entsprechende Verläufe eines idealen Feder-Dämpfer-Systems.
Die Steifigkeit s, ist ziemlich unabhängig von der Frequenz, wird aber (hier nicht gezeigt) von der Vorspannung der 0-Ringe durch die Abplattung sehr stark bestimmt. Zudem ist sie auch leicht abhängig von der Amplitude der
6.6 Fragen
131
Schwingungen. Der Verlustfaktor steigt von 0,13 auf etwa 0,22 im untersuchten Frequenzbereich bis 500 Hz. Das heißt umgekehrt der (fiktive) Dämpfungsbeiwert d,(Q) nimmt mit der Erregungsfrequenz ab. Zum Vergleich sind in der unteren Bildhälfte die qualitativen Verläufe eines idealen linearen Feder-Dämpfungs-Systems dargestellt. Obwohl gewisse Elastomere wie Viton 70 sehr hohe Verlustfaktoren (um 1) bei Raumtemperatur offerieren, Bild 6.1 1, ist zu beachten, daß diese Werte schon bei Temperaturen von 60°C auf 0,2 bis 0,3 absinken.
3 Frequenz [Hz]
50
100
2
4
6
81000
Frequenz [Hz]
Bild 6.11: Materialeinfluß auf die Steifigkeit und den Verlustfaktor D; von 0-Ringen aus [6.3]
Das ist nicht weiter tragisch. Weniger anspruchsvolle Werkstoffe wie Buna-N mit Verlustfaktoren von 0,2 bis 0,4 genügen völlig, um ein laufruhiges rotordynamisches System zu schaffen. Das zeigten die Bilder 6.5 und 6.7. Noch ein Hinweis: die Frequenzabhängigkeit des Dämpfungsbeiwertes d(Q) läßt sich bei viskoelastischen Werkstoffen beseitigen, wenn dem Bauteil innere Freiheitsgrade zugestanden werden. Das führt zwar auf mehr als 2 Parameter, die zur Beschreibung des Bauteils notwendig sind, aber diese Parameter sind dann wieder echte Konstanten ohne Frequenzabhängigkeit. Einige Hinweise dazu finden sich z.B. in [6.6] und [6.7].
6.6 Fragen 1. Lohnt der Einsatz von Werkstoffen mit sehr sehr hohem Verlustfaktor zur Reduktion der Resonanzamplituden? Vergl. Bild 6.7. 2. Traditionell benutzt man 0- Ringe der Hydraulikzulieferanten als Bettungselemente. Spricht irgendwas dagegen, Rechteckquerschnitte zu verwenden?
7
Verhalten des Lavalläufers in der kritischen Drehzahl und die beschleunigte Resonanzdurchfahrt
7.1 Einleitung In den Kap. 3, 4 und 5 hatten wir festgestellt, daß in der kritischen Drehzahl die Wellenausschläge sehr groß, im ungedämpften Fall sogar unendlich groß werden. Gleichzeitig hatten wir herausgefunden, daß jenseits der Resonanzstelle(n) ein ruhiger Betrieb des Läufers möglich ist, ja daß er sich bei sehr hohen Drehzahlen sogar selbst zentriert. Es bleibt also zu klären, wie schnell die Welle in der kritischen Drehzahl auswandert, und wie schnell bei überkritischem Betrieb durch die Resonanz zu fahren ist, damit die Biegebeanspruchung nicht zu groß wird oder der Läufer gar das Gehäuse berührt.
7.2 Auswandern der Welle in der kritischen Drehzahl Eine erste Abschätzung, wie schnell man durch die Resonanz fahren muß, um allzu große Wellenausschläge zu vermeiden, erhält man dadurch, daß man untersucht, wie der Läufer von den Anfangsbedingungen r,(t=O)=O und rw(t=O)=O auf die stationäre Kreisbahn der unwuchterzwungenen Schwingung auswandert - insbesondere bei Betrieb in der Resonanz, d.h. bei q=1. Wir beschränken uns dabei auf die Betrachtung des Läufers mit äußerer Dämpfung. Die allgemeine Lösung der Bewegungsgleichung des Läufers, G1. (4.2) setzt sich aus der homogenen Lösung, G1. (4.6) und der partikulären Lösung für die Unwuchtenegung, G1. (4.7) zusammen1:
I Die in GI. (4.2) auftretende Konstante ß bei Q t setzen wir zur Entlastung der folgenden Gleichungen null; ß=O kann durch geeigneten Beginn der Zeitzählung immer erreicht werden.
134
7 Verhalten des Lavalläufers in der kritischen Drehzahl
dem Abklingfaktor
und der Eigenfrequenz des gedämpften Systems
und iwo2 aus den AnfangsbeUm die noch offenen Integrationskonstanten iwol dingungen bestimmen zu können, benötigen wir noch die Ableitung von rw(t)
Für t = 0 müssen die Gln. (7.1) und (7.2) null werden, wegen der Anfangsbedingungen rw(0) und rw(0). Aus diesen Bedingungen folgen die beiden Gleichungen
aus denen sich die Integrationskonstanten lwol und iWO2 bestimmen lassen, da
iwE bekannt ist:
7.2 Auswandern der Welle in der kritischen Drehzahl
135
Damit ist der Einschwingvorgang aus der Ruhelage, rw(0)=rw(O)=O,auf die stationäre Umlaufkreisbahn bestimmt. Wir wollen nun den Sonderfall betrachten, daß der Läufer mit diesen Anfangsbedingungen bei Betrieb in der kritischen Drehzahl losgelassen wird und setzen dabei sehr schwache Dämpfung voraus, damit das Ergebnis leicht deutbar bleibt. Mit diesen Bedingungen folgt aus G1. (7.1) unter Einsetzen der Gln. (7.4) mit V = 1 das Auswandern der Welle in Resonanz zu
Für schwache Dämpfung (D,<< 1) fallt die Kreisfrequenz des gedämpften Systems U, mit der des ungedämpften Systems Uzusammen. Diese wiederum ist in Resonanz der Winkelgeschwindigkeit L2 der Welle identisch, U,= U =L2 . Folglich ergibt sich
oder
Der Bahnradius wächst also zunächst schnell, dann immer langsamer auf den endgültigen Wert in der Resonanz
136
7 Verhalten des Lavalläufers in der kritischen Drehzahl
an. Für den Grenzfall völliger Dämpfungsfreiheit liefert G1. (7.5) den Ausdruck null durch null, den man durch Anwendung der Regel von Hospital (Zähler und Nenner nach D, ableiten) bestimmen kann
Bild 7.1: Spirale des Auswanderns des Rotors bei Betrieb in der Resonanz, 77 = 1
Der Wellendurchstoßpunkt wandert also beim Betrieb in der kritischen Drehzahl auf einer archimedischen Spirale nach außen, die von der Spitze eines mit konstanter Winkelgeschwindigkeit umlaufenden Pfeiles beschrieben wird, dessen Länge proportional mit der Zeit wächst, Bild 7.1. Dieses radiale Auswandern erfolgt um so schneller, je größer die Exzentrizität E ist und je höher die kritische Drehzahl U liegt. In Bruchteilen von Sekunden können die Rotorauslenkungen unzulässig große Werte annehmen. Um das zu verdeutlichen, betrachten wir einen Läufer mit einer Exzentrizität Drehzahl von von r=O,lmm, der in seiner biegekritischen n=3000 U/min (u=2/zn) betrieben werde. Aus G1. (7.6) folgt, daß sich die Welle nach einer Sekunde schon um den Betrag
ausgebogen hat. Das beim dämpfungsfreien Läufer nach G1. (7.6) erfolgende schnelle Auswandern tritt übrigens beim schwach gedämpften Läufer auch auf, allerdings nur im ersten Augenblick, wie sich der G1. (7.5) durch Entwickeln von e-DaWt in eine Reihe entnehmen läßt. Die Bahnkurve des Scheibenschwerpunktes S ergibt sich im dämpfungsfreien Fall für R=w mit G1. (3.39) zu
7.2 Auswandern der Welle in der kritischen Drehzahl
137
Beim Betrieb in der Resonanz ist auch beim ungedämpften Läufer der Schwerpunkt um 90" nach vorn geklappt, was ja auch auf Grund der Ergebnisse von Abschn. 4.2 zu erwarten war, vergleiche Bilder 4.4 und 4.5. Der ungedämpfte Läufer wandert gemäß G1. (7.6) in der kritischen Drehzahl mit beträchtlicher Geschwindigkeit nach außen. Die zunehmende kinetische Energie des Läufers muß der Antrieb durch ein zusätzliches Moment liefern, das wir berechnen wollen. In Abschn. 3.1 hatten wir stationären Drehzustand vorausgesetzt, so daß die Lösung der Momentengleichung (3.4)
trivial wurde: @ =0, qi =0, q=Qt +ß . Der Winkel ß wird auch hier durch die Wahl des Beginns der Zeitzählung zu null gemacht. Mit @ =O folgte aus der Momentengleichung - wenn im übrigen das Antriebsmoment und das durch die Funktion der Maschine bedingte konstante Gegenmoment einander die Waage halten - daß ein zusätzliches Moment
vom Antrieb aufzubringen ist, das periodisch schwankt, praktisch aber null ist, weil sowohl die Exzentrizität E als auch die Wellenauslenkung W, V sehr kleine Größen sind, so d& ihre Produkte vernachlässigtbar klein werden. Diese Annahme trifft allerdings für den Betrieb des ungedämpften Läufers in der kritischen Drehzahl nicht mehr zu. Wie wir oben feststellten, kann die Wellenausbiegung groß, ja sogar unendlich werden. Das zusätzliche Moment T„ das erforderlich ist, damit @ weiterhin null ist - der Rotor also in der kritischen Drehzahl bleibt - wird mithin nicht unerheblich sein. Setzt man in G1. (7.8) die Komponenten V und W ein, wie sie sich aus der Zerlegung von G1. (7.6) in Real- und Imaginärteil ergeben, so folgt für Q =w das erforderliche Moment T, zur Aufrechterhaltung von @ =O zu
Ein Ergebnis, das man mit Hilfe von G1. (7.6) aus Bild 5.4, durch Bilden des Momentengleichgewichtes um den Schwerpunkt, hätte sofort ablesen können: die elastische Rückstellkraft der Welle greift am Hebel E mit der Größe ~ . J r , I = ~ w t s Ian. 2
138
7 Verhalten des Lavalläufers in der kritischen Drehzahl
Das Moment zur Aufrechterhaltung des stationären Drehzustandes bei 77 = 1 ist also dem Quadrat der Exzentrizität proportional und wächst linear mit der Zeit. Nur wenn der Antrieb über dieses Moment T, hinaus noch Reserven hat, gelingt es, die Resonanz zu durchfahren (P>0), sonst bleibt der Läufer in der Resonanz stecken. Obwohl diese Überlegungen das Geschehen in der Resonanz erhellen, haben sie nur akademischen Charakter. Niemand wird einen Rotor in die Resonanz fahren und abwarten, was passiert, sondern im Gegenteil: mit größt möglichem Tempo den Resonanzbereich durchfahren. Mit der beschleunigten oder auch verzögerten Resonanzdurchfahrt beschäftigen wir uns im Folgenden.
7.3 Zur Phänomenologie der instationären Resonanz-
durchfahrt Durchfahrt man die Resonanz beschleunigt, sind zwei Fälle zu unterscheiden. Der Fall des starken Antriebsmomentes liegt dann vor, wenn eine Maschine ohne Last hochgefahren und erst nach Erreichen der Betriebsdrehzahl belastet wird. Das ist z.B. oft bei Elektromotoren, aber auch bei Kompressoren oder Pumpen der Fall. Dann steht die ganze Antriebsleistung für die Drehbeschleunigung zur Verfügung. Wenn dann noch die Exzentrizität gering ist, hat die Zappelei in der Resonanznähe wenig Rückwirkung auf die Drehbeschleunigung. Im Falle konstanten (normierten) Antriebmomentes T=const. nimmt dann beispielsweise die Drehzahl linear mit der Zeit zu. Diesen Fall des starken Antriebs mit linearem Hochlaufgesetz zeigt Bild 7.2. Bei (unendlich) langsamer Resonanzdurchfahrt würde die Resonanzvergrößerung (als bezogene Auslenkung) V„,= 1/2D =25 betragen. Sie wird durch den beschleunigten Hochlauf bei weitem nicht erreicht: der bezogeneMaximalausschlag beträgt gerade noch 7.Auch treten die Maximalausschläge erst jenseits der kritischen Drehzahl (bezogene Drehzahl 1) auf. Mit dem Fall des starken Antriebs beschäftigen wir uns im Abschn. 7.4, nachdem wir zuvor im Abschn. 7.3 noch kurz den Aufbau der Bewegungsgleichungen und die Lösungswege diskutieren. Der Fall des schwachen Antriebsmomentes oder hoher Unwucht liegt oft bei Zentrifugen, Schleuderständen für Bersttests und ähnlichen Maschinen vor, bei denen das Hauptziel die Erzeugung von Fliehkräften ist, d.h. von hohen Umfangsgeschwindigkeiten oder Drehzahlen. In Bild 7.3 finden sich zwei Falle schwachen Antriebs.
7.3 Zur Phänomenologie der instationären Resonanzdurchfahrt
139
In Bild 7.3,oben wird die Resonanz zwar noch durchfahren, aber der Winkelgeschwindigkeitsverlauf p'=$10 läßt schon erkennen, daß bei Annciherung an die Resonanz eine Verlangsamung der Drehzahlzunahme eintritt: die Antriebsenergie fließt temporär in die biegeelastische Verformung der Welle und die kinetische Energie der Scheibe, die immer weiter aus der Ruhelage herausläuft. Jenseits der Resonanz wird diese Energie aber zurückgewonnen, was an dem kurzzeitig steileren Anstieg der Drehgeschwindigkeit p' zu erkennen ist.
bez. Laufzeit [I] 0
50
100
Umdrehungen [l]
Bild7.2: Der Fall starken Antriebs: stark beschleunigte Fahrt durch die Resonanz. Horizontale Achse: Dimensionslose Zeit z = w t bzw. Anzahl der Umdrehungen des Rotors
Den Fall des Hängenbleibers schließlich zeigt Bild 7.3,unten. Ist Dämpfung im Spiel, stellt sich eine stationäre Kreisbewegung ein - ohne weitere Drehzahlerhöhung. Die Drehzahl bleibt dicht unter der kritischen Drehzahl stehen. Im ungedämpften Fall werden die Schwingungsausschläge immer größer, theoretisch laufen sie nach unendlich. Die Drehzahl führt dann nicht abklingende Schwingungen um einen Mittelwert dicht unterhalb der kritischen Drehzahl p'=1 aus, vgl. Bild 7.3,unten. Mit der rechnerischen Untersuchung dieser Phänomene werden wir uns nun beschäftigen.
140
7 Verhalten des Lavalläufers in der kritischen Drehzahl
bez. Laufzeit
1 2
5
10
20
Umdrehungen
bez. Laufzeit
1
2
5
10
20
Umdrehungen
Bild 7.3: Der Fall schwachen Antriebs: oben: Durchläufer T= 1,2.10-~,mit verlangsamter Zunahme der Drehgeschwindigkeit p' in der Resonanz; unten: Hängenbleiber T= 1,O. 1 0 - ~ , Resonanzdurchfahrt gelingt nicht
7.4 Die Bewegungsgleichungen bei instationärem Betrieb
141
7.4 Die Bewegungsgleichungen bei instationärem Betrieb und ihre Lösung Die in Kap. 3 hergeleiteten Bewegungsgleichungen des Lavalläufers G1. (3.3 und 3.4) gelten auch für den instationären Betrieb. Wir erweitern sie noch um den Term der äußeren Dämpfung, dann lauten sie
wobei m, d, s die Masse, Dämpfung und Steifigkeit der Welle sind, und E die Exzentrizität ist. (Von der Dämpfung d wurde angenommen, daß sie im Wellendurchstoßpunkt angreift. Nimmt man aber an, daß sie am Schwerpunkt angreift, dann tauchen auf der rechten Seite noch kleine Terme & d @sinq respektive & d @c o s q auf, [7.8]. Bei geringer Dämpfung hat aber dieser rechtsseitige Term kaum Einfluß auf die Ergebnisse der Rechnung). Führen wir die schon vertrauten Abkürzungen Eigenfrequenz des ungedämpften Systems w = Js/m Dämpfungsgrad (Lehr)
D = d/2,/sm
Trägheitsradius der Scheibe ein, dann erhalten wir die Bewegungsgleichungen in dimensionsloser Form W"+ 2DWf+ W = qf2cos q + q"sin q V" + 2DVf + V = qf2sin q - q"cos q
(7.1 1a-C)
q" = T + (&/k)l [V cos q - W sin q] , wenn noch die dimensionslose Zeit T = wt benutzt wird, und die Auslenkungen auf die Exzentrizität bezogen werden, W =WIEund V=V/E. Das Antriebsmoment - genauer: das aus der Differenz von An- und Abtriebsmoment für die Beschleunigung zur Verfügung stehende Moment - wird folgendermaßen bezogen und dimensionslos gemacht
142
7 Verhalten des Lavalläufers in der kritischen Drehzahl
Es läßt sich auch als auf das Eigenfrequenzquadrat 0 ' bezogene dimensionslose Drehbeschleunigung der Scheibe ohne Exzentrizität interpretieren, wie ein Blick auf G1. (7.10~)zeigt. Anstelle der Ableitungen nach der Zeit stehen dann die Ableitungen nach der dimensionslosen Zeit
Das gesamte - durch die Kopplung an den Drehfreiheitsgrad - nichtlineare Differentialgleichungssystem (7.1 1) muß nun numerisch (oder analog) integriert werden, um die Zeitverläufe der Schwingungsvorgänge zu ermitteln. Im Falle des starken Antriebs (oder der sehr geringen Exzentrizität) läßt sich das jedoch noch um ehen bzw. vereinfachen. In diesem Fall kann man den Term, der über (&/k)5 die Drehbewegung an die Biegeschwingungen W und V koppelt, weglassen und die Gleichung (7.1 1c) für den Drehwinkel q(t) vorab integrieren. Im Falle konstanten Antriebsmomentes, den man mangels genauerer Momentenvorgabe gewöhnlich betrachtet, gilt dann für die Drehbewegung @ = T, / O = a,
Drehbeschleunigung
@ = a,t
Winkelgeschwindigkeit
p = a , t 2 12
Umdrehungen des Rotors, Drehwinkel
Mit diesen Vorgaben für die rechten Seiten der Gleichungen (7.1 la, b) lassen sich die Biegeschwingungen w(z) und v(z) ermitteln. Das gelingt noch analytisch, [7.9], wird aber so wenig übersichtlich, daß die numerische Lösung mit anschließender graphischer Darstellung vorzuziehen ist. Beim isotrop gelagerten Rotor, den wir hier betrachten, genügt natürlich die Rechnung für einen der Freiheitsgrade w(z) oder v(z), weil in beiden Richtungen bis auf 90" Phasenunterschied das gleiche passiert. D.h. bei starkem Antrieb ist letztlich eine Differentialgleichung - die für w ( z ) oder für v(z) mit dem vorgegebenen Drehwinkelverlauf q ( z ) numerisch zu integrieren. Die Maximalausschläge bei Auf- und Abfahrt sowie ihre Lage gegenüber der Lavalkritischen Drehzahl o werden im folgenden Abschn. 7.5 dargestellt und diskutiert. Ist der Antrieb aber schwach oder die Unwucht sehr groj', müssen die Rückwirkungen der Biegeschwingungsbewegungen in der Resonanznähe auf die Drehbewegung q ( z ) beachtet werden. Die bei starkem Antrieb zulässige „Vorablösung" für den Drehfreiheitsgrad ist nun nicht mehr zulässig. Das
7.5 Starker Antrieb oder geringe Exzentrizität
143
nichtlineare Differentialgleichungssystem mit seinen 3 Freiheitsgraden ist nun numerisch zu lösen. In Abschn. 7.5 berichten wir über Ergebnisse der Arbeit [7.8], in der dieser Fall für nahezu alle denkbaren Parameterkonstellationen systematisch untersucht wurde.
7.5
Starker Antrieb oder geringe Exzentrizität - Volle Kraft voraus
Bild 7.2 zeigt einen Fall starken Antriebs. Die Resonanz wird glatt durchfahren; durch die schnelle Resonanzpassage bleiben die maximalen Schwingungsausschläge weit unter denen, die die Vergrößerungsfunktion für langsame Durchfahrt voraussagt. Der Rotor hat durch die schnelle Resonanzpassage schlicht keine Zeit, sich über die in Abschn. 7.2 beschriebene Spiralbewegung auf die Vergrößerungsfunktion einzuschwingen. Längst ehe er sie erreicht, hat er die Resonanzstelle V'= 1 schon wieder verlassen. Bild 7.4, das in Anlehnung an die Arbeit [7.5] gezeichnet wurde, zeigt die Maximalausschläge W„,= W„, /E in Abhängi3keit von der Dämpfung D und der bezogenen Drehbeschleunigung ä = a / w , die mit dem bezogenen Drehmoment T identisch ist, wie wir oben sahen. Bild 7.5 gibt die zugehörige Drehzahl an, bei der der maximale Ausschlag auftritt. Wie oben schon gesagt, liegt sie bei der beschleunigten Hochfahrt immer jenseits der kritschen Drehzahl V'= 1 und beim verzögerten Auslauf unterhalb der Kritischen, solange die Dämpfungen gering sind. Bei starkem k Rolle, wie ein Blick auf Antrieb spielt die Größe der Exzentrizität ~ / keine die Differentialgleichungen (7.1 1a oder 7.1 1b) zeigt. Von R. Markert [7.10] stammt eine handliche Näherungsfonnel, die den Bereich schwacher Dämpfung bei starkem Antrieb abdeckt. Für die Maximalausschläge gilt mit der dimensionslosen Beschleunigung ä= a/w2
Obwohl für die Abwärtsfahrt genauer als für die Hochfahrt reicht sie für eine Abschätzung im Ingenieursalltag völlig aus - es sei denn, es liegt sehr schwacher Antrieb vor.
7 Verhalten des Lavalläufers in der kritischen Drehzahl
144
0
1
0
I
0.05
'
I " "
0.1 0.15 Dämpfungsgrad D
0.2
0.
Bild 7.4: Starker Antrieb; maximale Wellenauslenkung W„= max { w ( t ) / ~ }in Abhängigkeit von der dimensionslosen Drehbeschleunigung ä = a l w 2 und dem Dämpfungsgrad D. Dicke Linien: beschleunigter Hochlauf; dünne Linien: verzögerter Auslauf
ä.-
=
/a/:
=
/a -a
-
= = =
a=
1
0
0.05
0.1
0.15 Dämpfungsgrad D
0.2
,
)
0.25
Bild 7.5: Zur maximalen Wellenauslenkung gehörige Drehzahl p' (kritische Drehzahl bei pf=1)
7.6 Schwacher Antrieb oder hohe Exzentrizität
145
7.6 Schwacher Antrieb oder hohe Exzentrizität der Hängenbleiber Bei schwachem Antrieb kann - wie oben anhand von Bild 7.3,unten schon erkenntlich - der Rotor in der Resonanz hängen bleiben. Dieses Phänomen findet man aber nur, wenn man die drei gekoppelten nichtlinearen Differentialgleichun en inte riert. Da nur 3 Parameter auftreten ( d k ; D und . . gsich der gesamte technisch interessante Bereich auf GröT=T,lm w5 k2 ), laßt ße und Lage der Schwingungsmaxima absuchen. Das wurde in [7.8] gemacht. Dieser Arbeit ist Bild 7.6 entnommen, in dem für die Unwucht r / k = 1 0 - ~die Maximalausschläge des Rotors über dem dimensionslosen Antriebsmoment T dargestellt sind. Links von der gestrichelten Linie, die die Maxima verbindet, liegen die Hängenbleiber, die mit einer mittleren Drehzahl q' dicht unter 1 (Bild 7.3,unten) in der Resonanz verenden. Rechts der Maximallinie sind die Durchläufer zu finden, deren Maximalausschlag oberhalb der kritischen Drehzahl q'=1 auftritt. In Bild 7.7 ist die Darstellung umgedreht. Hier ist die Exzentrizität r / k der Scharparameter und die Dämpfung D=0,002 der Bildparameter. Auch hier liegen links der Peaks die Hängenbleiber und rechts davon die Durchläufer. Das Mindestantriebsmoment, das notwendig ist, um die Resonanz zu durchfahren, ist beim ungedämpften Rotor am höchsten. Aus den numerischen Rechnungen wurde für diesen Fall die Näherung gefunden T,,,,,, = 1,3 ( ~ / k ) ~ " oder dimensionsbehaftet T = 1 3 ( / k ) 413 k 2 w2m . Die Lage der Peaks im Bild 7.7, die das Mindestmoment darstellen, bestätigt die Richtigkeit dieser Näherung auch für den Fall schwacher Dämpfung, hier D=0,002. Schwache Dämpfung hat also wenig Einfluß auf das Mindestmoment. Auch die Annahme der Anfangsbedingungen, die wir zu null setzen, hat wenig Einfluß auf die Ausschläge in Resonanz [7.8]. Wann starker Antrieb vorliegt und wann schwacher, wurde bislang nicht abgegrenzt. Das läßt sich nun auch anhand von Bild 7.7 nachholen, das wir ja aus der genaueren Theorie, welche die drei nicht-linearen Differentialgleichungen löst, gewonnen haben. Alle Kurven mit dem Parameter Exzentrizität
146
7 Verhalten des Lavalläufers in der kritischen Drehzahl
r l k schmiegen sich jenseits des Peaks - der das Mindestmoment für erfolgreiche Resonanzdurchfahrt markiert - an die Kurve für r l k gegen Null asymptotisch an. Ab T 2 3T,, spielt die Größe der Exzentrizität &/k keine Rolle mehr. Das ist der Bereich, in dem die vereinfachte Betrachtung nach Abschn. 7.4 völlig ausreicht.
Bild 7.6: Unten: Maximaler Wellenausschlag in Abhängigkeit vom Antriebsmoment und der Dämpfung; Oben: Zugehörige Drehzahl p'
7.7 Verallgemeinerung
Bild 7.7: Maximale Wellenausschläge für verschiedene Exzentrizitäten Trägheitsradius k ; Dämpfung D =0,002
E
147
bezogen auf den
7.7 Verallgemeinerung Den Berechnungen in den Abschn. 7.4 und 7.5 wurde ein konstantes Antriebsmoment zugrunde gelegt. Tatsächlich ist das in praxi kaum der Fall. Bild 7.8 zeigt z.B. qualitativ den Momentenverlauf bei einem Drehstromasynchronmotor. Die Annahme konstanten Antriebs rechtfertigt sich aber daraus, daß der zeitliche Verlauf des Antriebsmomentes außerhalb der Resonanz wenig Einfluß auf die Schwingungsausschläge im Resonanzbereich hat. Zudem ist der Resonanzbereich selbst relativ schmal, so daß man das Antriebsmoment in diesem Bereich durch ein mittleres ersetzen darf. Für reale Rotoren - die von der Geometrie des Lavalläufers erheblich abweichen - wurde in [7.12] gezeigt, wie die hier gewonnenen Resultate mit Hilfe der modalen Analyse nutzbar gemacht werden können.
148
7 Verhalten des Lavalläufers in der kritischen Drehzahl
Bild 7.8: Drehmomentenverlauf bei einem Asynchronmotor und Vergrößerungsfunktion
7.8
Fragen Eine 25 kg schwere Turbinenscheibe, Trägheitsradius k = 0,l m, soll im evakuierten Schleuderstand auf 30.000 Ulmin gefahren werden. Die erste Kritische des Rotors im Versuchsstand liegt bei 10.000 Ulmin. Man schätzt die Exzentritzität auf 0,01 mm. Welches Mindestantriebsmoment ist erforderlich, damit kein Hängenbleiber in der Resonanz zu befürchten ist? Überlege nach der Lektüre des Kap. 10, ob und wie durch modale Behandlung die hier vorgestellten Diagramme für die beschleunigte Resonanzdurchfahrt des Lavalläufers auf beliebig gestaltete Rotoren in Wälzlagern übertragen werden können; siehe auch [7.12].
8
Einschwingverhalten des Lavalläufers bei plötzlicher Unwucht Schaufelbruch
8.1
Einleitung
-
Von den Kap. 3, 4 und 5 ist uns das Verhalten einfacher elastischer Rotoren unter Unwucht bekannt. Bei fester Drehzahl treten stationäre kreisförrnige oder elliptische Bahnen auf, deren Größe vor allem durch die Nähe zur Resonanz und die Dämpfung bestimmt werden. Tritt die Unwucht aber plötzlich während des Betriebes auf - bei Turbomaschinen gewöhnlich dadurch, daß eine Schaufelspitze wegfliegt - setzt zunächst ein heftiges Einschwingen ein, ehe der neue stationäre Zustand erreicht wird. Wie der Einschwingvorgang abläuft und welche maximalen Ausschläge dabei auftreten, wird in diesem Kapitel untersucht. Obwohl die Rechnungen einigen Aufwand erfordern, lassen sich die Ergebnisse als Überschwingbeiwerte in übersichtliche Diagramme pressen. Das macht es im konkreten Fall einfach abzuschätzen, ob Spaltüberbrückung oder Überbeanspruchungen in der Welle auftreten.
8.2
Die Bewegungsgleichungen
Das mechanische Modell von dem wir in der folgenden Betrachtung ausgehen, ist wieder der Lavalläufer, d.h. die Scheibe auf dünner elastischer Welle, wobei die Lager auch orthotrop elastisch sein können, Bild 8.1. Die Bewegungsgleichungen hierzu sind uns prinzipiell von Kap. 3 her schon bekannt. In raumfesten Koordinaten lauten sie
150
8 Einschwingverhalten des Lavalläufers bei plötzlicher Unwucht
Bild 8.1: Mechanisches Modell
Dabei sind W und V die Verschiebungsfreiheitsgrade der Wellenmitte. Neben der Scheibenmasse m und dem Dämpfungsbeiwert d treten die Steifigkeitswerte s, und s, auf. Beim symmetrischen Rotor (1, = 1,= 112) und gleichen Horizontal- bzw. Vertikalsteifigkeiten der Lager sh bzw. s, setzen sich die Werte s, und s, folgendermaßen zusammen:
wobei s, die Wellensteifigkeit ist. Ohne Einschränkung der Allgemeinheit nehmen wir an, daß s,< s„ die laterale Steifigkeit also geringer ist als die vertikale. Zur Zeit t < 0 rotiert die Welle noch unwuchtfrei und deshalb ohne Schwingungen. Erst im Augenblick t = 0 , in dem die Schaufelspitze tangential wegfliegt, entsteht die Exzentrizität &=aAm/m, Bild 8.2, und mit ihr die rechte Seite der Bewegungsgleichungen. Daher gehören zu den Gln. (8.1) die Anfangsbedingungen
8.2 Die Bewegungsgleichungen
151
Bild 8.2: Wegfliegende Schaufelspitze im Augenblick t = 0 , Unwuchtlage ß, Exzentrizität ~=aAm/m
Die Lösung der Bewegungsgleichungen zu diesen Anfangsbedingungen läßt sich analytisch finden. Es ist aber zweckmäßig, die Zahl der Parameter (7!) durch geschicktes Dimensionslosmachen zunächst zu reduzieren. Nur dann lassen sich die Ergebnisse noch überschaubar darstellen. Wir führen deshalb ein:
S
=(s,+sy)/2
p = (s,
-s
) / (s, + s )
mittlere Steifigkeit Orthotropieparameter
w =J S I ~
Bezugsfrequenz
D =d/2mo
Lehr'sches Dämpfungsmaß, Dämpfungsgrad
W
=W/&
auf die Exzentrizität bezogene
V
=V/&
Wellenauslenkungen
z
=Cc)t
dimensionslose Zeit T .
Mit dem Orthotropieparameter p schreiben sich die beiden Eigenfrequenzen (kritische Drehzahlen) der ungedämpften Welle folgendermaßen
152
8 Einschwingverhalten des Lavalläufers bei plötzlicher Unwucht
und die Ableitungen der Verschiebungsfreiheitsgrade nach der Zeit lauten
I
wobei
( ) nun Ableitung nach der dimensionslosen Zeit bedeutet.
Führt man all diese Abkürzungen ein, erhält man die dimensionslosen Bewegungsgleichungen
Erfreulicherweise sind von den ursprünglich sieben Parametern nur noch vier verblieben.
8.3
Lösung der Bewegungsgleichungen
Die Lösung der Bewegungsgleichungen setzt sich bekanntlich aus dem homogenen und dem partikulären Anteil zusammen
die sich beide analytisch finden lassen. Diese allgemeinen Lösungen sind noch den Anfangsbedingungen W (0)= V (0)=O und W ' (0)= V ' (0) =O anzupassen, was ebenfalls analytisch gelingt. Nach einiger Rechnung führt das auf
8.4 Diskussion der Lösungen
153
mit den Abkürzungen
und
Der mit e-DTbehaftete Ausdruck in den Lösungen 8.5a und 8.5b stammt aus der homogenen Lösung. Er verschwindet mit der Zeit. Übrig bleibt der Rest, der den stationären Zustand, die Kreis- bzw. Ellipsenbahn beschreibt.
8.4
Diskussion der Lösungen
Wir betrachten zunächst den Fall des isotrop gelagerten Rotors, p =0, der ja in praxi sehr häufig vorliegt. Bild 8.3a zeigt, wie bei unterkritischem Betrieb (V= 0,4) und schwacher Dämpfung (D = 0,025) die Welle aus der Ruhelage in die stationäre Kreisbahn einschwingt. Bild 8.3b zeigt den entsprechenden Verlauf bei resonanznahem Betrieb (77=0,9).
154
8 Einschwingverhalten des Lavalläufers bei plötzlicher Unwucht
Bild 8 . 3 schließlich ~ macht deutlich, wie stark im überkritischen Drehzahlbereich (17=2,0) die Welle auswandert, ehe sie in ihre stationäre Kreisbahn zurückkehrt. Zu letzterem Fall zeigt Bild 8.4 den zeitlichen Verlauf der Kom oneten W (T) und V (T)sowie den Verlauf des Bahnradiusquadrates R'(T) =W (T)+ v 2 ( r ) .
Y
Bilder 8.3: Bahnverläufe beim Einschwingen der Welle in die stationäre Kreisbahn ß=O; D=0,025 ; 17 =0,4; 0,9; 2,O; Skalierung beachten
Wegen der Gefahr des Anstreifens des Rotors am Gehäuse interessiert natürlich vom Einschwingvorgang am meisten der Größtausschlag
den Bild 8.5 für verschieden starke Dämpfungen zeigt.
8.4 Diskussion der Lösungen
155
Bild 8.4: Zeitverlauf der Komponenten W ( z ) und V ( z ) und des Quadrates des Bahnradius R; Fall 7 =2 von Bild 8 . 3 ~
Bild 8.5: Stationäre Unwuchtantwort R, (Resonanzkurve) und größter Wellenausschlag R„, bei plötzlichem Unwuchteinsatz; isotrope Lagerung
156
8 Einschwingverhaltendes Lavalläufers bei plötzlicher Unwucht
In diesem Bild ist auch der stationäre Bahnradius R, eingetragen, auf dem sich der Rotor nach dem Einschwingen bewegt. Im hier betrachteten isotropen Lagerungsfall ist das der von Kap. 4 her bekannte Kseisbahnradius
folgt. Durch das Dider natürlich aus den Gleichungen (8.5a, b) für T+. mensionslosmachen entfällt der Vorfaktor r. Bezieht man nun den Größtenausschlag R„, = R„ (V,D ) auf die sich stationär einstellende Kreisbahn R,, dann hat man den Uberschwingbeiwert R„,/R, definiert, der in kompaktester Weise die Gefahr des Anstreifens beschreibt, Bild 8.6. Die Dämpfung tritt als Parameter auf, die Winkellage ß fällt heraus, sie hat beim isotrop gelagerten Rotor keinen Einfluß auf den Größtausschlag.
0J
0
0,8
7.6
2.4 bezogene Drehzahl
7
3,2
I 40
Bild 8.6: Übers~hwin~beiwerte R„,/R, bei plötzlichem Unwuchteinsatz. Bezugswert R, ist der Radius der stationären Kreisbahn nach dem Einschwingen, G1. (8.6)
Man erkennt, daß jenseits der kritischen Drehzahl ( V > 1) die Uberschwingbeiwerte stark mit der Drehzahl anwachsen. Eine einfache Merkregel für die obere Grenze dieser Übe~schwin~beiwerte liefert der Fall des ungedämpften Läufers, D=O .
8.4 Diskussion der Lösungen
157
Es gilt im unterkritischen Bereich (77 < 1):
im überkritischen Bereich (77 > 1):
Der durch die Knickstellen in den Kurven entstehende Girlandencharakter ist leicht zu erklären. Betrachtet man z.B. die Bahnkurve von Bild 8.3a, dann liegt Rma,im Quadranten rechts oben. Solange R„, bei einer Veränderung von 7 in diesem Quadranten bleibt, verlaufen die Kurven im Diagramm stetig. Löst aber eine andere „Beuleu, z.B. die in z-Richtung gelegene, das bisherige Maximum ab, dann entsteht ein Knick in den Kurven der ~berschwingbeiwerte. Solange die Welle nur schwach orthotrop gelagert ist, bis etwa ,D < 0,2, kann man die Über~chwin~beiwerte nach Bild 8.6 verwenden. Bei stärkerer Orthotropie spielt die Winkellage ß, unter der die plötzliche Unwucht auftritt, eine Rolle. Das zeigt Bild 8.7 für den Fall p=0,4, D=0,0125 und die Winkellagen ß=OO bzw. 90". Auch hier kann man Diagramme mit ~berschwingbeiwertenentwickeln, in denen die Winkellage ß als zusätzlicher Parameter auftritt [8.2]. Sind die Schwingungsausschläge bei plötzlicher Unwucht für einen Rotor abzuschätzen, dessen Geometrie sehr stark von der idealisierten des Lavalrotors abweicht, kann das in eleganter Weise durch eine modale Betrachtung erfolgen [8.3, 8.4, 8.51.
Bild 8.7: Einfluß der Winkellage ß des plötzlichen Unwuchteinsatzes bei orthotroper Lagerung ( p =O,4, 17 =O,4, D=0,0125) auf die Bahnverläufe der Welle
158
8.5
8 Einschwingverhaltendes Lavalläufers bei plötzlicher Unwucht
Fragen Im Kap. 10 wird die modale Behandlung allgemeingestalteter Rotoren dargestellt. Überlege, wie die hier am Lavalläufer gewonnene Abschätzung des Über~chwin~ensbei plötzlicher Unwucht auf allgemein gestaltete Rotoren übertragen werden kann, damit das Diagramm Bild 8.6 auch für sie nutzbar wird. Gehe zunächst intuitiv vor: aus Masse m des Lavalläufers wird generalisierte Masse m„,,i, aus der Verlustmasse Am wird Am„,, , aus D entsprechend DEniusw. Begründe den intuitiv für jede Eigenform gewonnenen Uberschwingbeiwert, über G1. (10.25) auch formal streng. Überlege, wie sich die Teilbeiträge, die die einzelnen Eigenformen liefern, im schlimmsten Fall überlagern.
9
Einfluß der Kreiselwirkung
9.1
Übersicht
Die in den vorangegangenen Kapiteln gefundenen Ergebnisse gelten streng genommen nur für Läufer, bei denen die Masse in einem Punkt konzentriert ist oder bei denen sich die Scheibe auch im ausgelenkten Zustand nicht schrägstellt, Bild 9.1. Neigt sich die Scheibe im ausgelenkten Zustand, Bild 9.2, dann ist die bisherge Vernachlässigung der am Scheibensitz auf die Welle wirkenden Biegemomente nur dann brauchbar, wenn die Massenträgheitsmomente der Scheibe nicht allzu groß sind, so daß die Annahme einer Punktmasse noch ihre Berechtigung behält. Bei den meisten Läuferkonstruktionen ist diese vereinfachende Betrachtung, wie sich zeigen wird, durchaus zulässig und liefert gute Ergebnisse. Dennoch gibt es Fälle, in denen die Momentenwirkung und somit die Drehfreiheitsgrade der Scheibe berücksichtigt werden müssen, weil sie das Verhalten des Läufers deutlich beeinflussen. Das ist z.B. beim Läufer mit einer großen Scheibe auf überkragendem Wellenende der Fall, Bild 9.2 unten.
Bild 9.1: Läufer mit punktförmiger Masse (oben), Läufer mit Scheibe, die sich nicht schrägstellt (unten)
Zur Bestimmung der Quer- und Winkelbewegungen des Rotors führen wir wie im Bild 3.4 ein raumfestes kartesisches Koordinatensystem (x,y, z) ein. Die
160
9 Einfluß der Kreiselwirkung
positiven Zählrichtungen für die Momente und Winkel sind als Rechtsschrauben um die betreffenden Koordinatenachsen festgelegt, Bild 9.3.
Bild 9.2: Schrägstellung der Scheibe bei ausgebogenem Läufer, zweifach gelagerter Läufer (oben) und fliegend gelagerter Läufer (unten)
Schon bei einer nicht rotierenden Welle bewirkt eine außermittig sitzende Scheibe eine Kopplung der Querauslenkung mit dem Winkel der Scheibenschrägstellung, indem sie sich auf Grund ihres axialen Massenträgheitsmomentes 0, gegen eine Schrägstellung wehrt. Rotiert die Welle noch, so treten zusätzliche Effekte auf, an die der aus dem Physikunterricht bekannte Versuch, Bild 9.4, erinnert.
Bild 9.3: Positive Zählrichtungen der Winkel und Momente
Dreht man die Welle, auf der das Rad um seine Achse mit der großen rotiert, an dem Handgriff mit der WinkelWinkelgeschwindigkeit @,=-Cl
9.1 Übersicht
161
geschwindigkeit @, um die vertikale z-Achse, dann reagiert der Rotor mit einem positiven Moment um die y-Achse. Im folgenden werden wir zeigen, daß dieses Moment die Größe 0 , R @, hat, wobei 0, das polare Massenträgheitsmoment des Rades um die x-Achse darstellt. Je höher also die Drehzahl R , je größer das polare Trägheitsmoment 0, und je größer die Geschwindigkeit @, der Drehung um die Hochachse ist, um so spürbarer wird der Einfluß dieses Kreiselmomentes.
Bild 9.4: Versuch zur Demonstration des Kreiselmomentes
Außer diesem gyroskopischen Moment, das sich in der z,x-Ebene auswirkt, tritt natürlich in dieser Ebene auch ein Moment auf, wenn der Rotor um die yAchse mit (5, beschleunigt wird. Das Gesamtmoment M„ das an der Welle in der z,x-Ebene angreift, setzt sich demnach aus den beiden Anteilen
zusammen. Durch den Einfluß des gyroskopischen Momentes werden die Eigenkreisfrequenzen des Läufers drehzahlabhängig U, = u , ( R ) . Die kritische Drehzahl eines Läufers mit dünner Scheibe erhöht sich leicht - verglichen mit der vereinfachten Betrachtung ohne Kreiselwirkung. Ist die Läufermasse dagegen walzenförmig ( 0 , > 0 , ) , dann erniedrigt sich die kritische Drehzahl gegenüber der vereinfachten Betrachtung. Darüber hinaus gibt es durch den Kippfreiheitsgrad noch eine zweite kritische Drehzahl, die wesentlich höher liegt. Gewöhnlich bleibt der Einfluß der Kreiselwirkung auf die Lage der ersten kritischen Drehzahl eines Läufers jedoch unter 5 %. Im Abschn. 9.5 gehen wir auf die sogenannte ,,Gegenlauferregung" ein und die durch sie verursachten kritischen Drehzahlen des Gegenlaufes. Im Abschn. 9.6 schließlich geben wir noch eine knappe Darstellung des Verhaltens des Läufers unter Kreiselwirkung, wenn die Lager nicht isotrop sondern anisotrop sind.
162
9 Einfluß der Kreiselwirkung
9.2 Bewegungsgleichungen Steifigkeitsmatrix S: Zur Formulierung der Bewegungsgleichungen benötigen wir den Zusammenhang zwischen den Verschiebungen und Drehungen am Scheibensitz und den daraus resultierenden Kräften und Momenten. Dieser lineare Zusammenhang läßt sich zweckmäßig als Matrizengleichung schreiben:
Da die Kräfte und Momente jeweils nur Verformungen in ihrer Ebene hervorrufen, sind die Koppelfelder in der Matrix S unbesetzt. Die Federsteifigkeiten s, ergeben sich, indem man nacheinander die vier Einheitsverformungszustände
betrachtet. Die Kräfte und Momente, die bei diesen Verformungszuständen an der Welle angreifen, sind in Bild 9.5 am Beispiel des Kragbalkens dargestellt. Beim Verformungszustand w#O, Bild 9Sa, muß außer der vertikalen Kraft F,= s„w noch ein Moment M, = s„ W angreifen, das die Drehung verhindert. Die Federsteifigkeiten s l , und s„ stehen in der Steifigkeitsmatrix in der ersten Spalte, die die Auswirkungen der Verschiebungen W enthält. Entsprechend enthält die Matrix S in der zweiten Spalte die Federsteifigkeiten, die sich aus dem in Bild 9.5 dargestellten Verformungszustand yly $0 ergeben, der durch die Kraft F,= s„ yl, und das Biegemoment M = s~~yl, erzwungen wird.
9.2 Bewegungsgleichungen
163
Wegen des Vertauschungssatzes von Maxwell und Betti sind die Koeffizienten s„ und s„ gleich groß. Für den Kragbalken konstanten Querschnittes lauten die Federsteifigkeiten
Für die y,x-Ebene liegen die gleichen Verhältnisse vor. Aus der Vorzeichendefinition von Bild 9.3 ergibt sich allerdings ein negatives Vorzeichen für die Nebendiagonalglieder s„ = s der Untermatrix für die y, X-Ebene.
„
Massenmatrix M, Matrix der gyroskopischen Glieder G Zur Ermittlung des Einflusses der Drehtätigkeit und der Kreiselwirkung gehen wir vom Drallsatz aus, der besagt, daß das Moment aller an einem Körper angreifenden äußeren Kräfte gleich der zeitlichen Anderung des Dralls ist.
9-
4 = s22 92
Y
- s12 'Pz
Bild 9.5: Kräfte und Momente am Scheibensitz bei den 4 Einheitsverformungszuständen
164
9 Einfluß der Kreiselwirkung
Der Drall einer rotierenden Scheibe läßt sich leicht angeben, wenn er auf ein Hauptachsensystem bezogen wird. Die Drallkomponente in Richtung einer Hauptachse ist bekanntlich das Produkt aus Drehmasse und Winkelgeschwindigkeit um diese Hauptachse. Für unsere Scheibe, die wir als rotationssymmetsisch annehmen, führen wir ein spezielles kartesisches Koordinatensystem (X',y', z') ein, dessen Ursprung im Scheibenschwerpunkt S liegt. Die X'- Achse stimmt mit der Symmetrieachse der Scheibe überein, und die beiden anderen Achsen liegen in der Mittelebene der Scheibe. Dieses Koordinatensystem führt die Translationsbewegungen W, und V, des Scheibenschwespunktes und die Taumelbewegungen der Scheibe V„, und V„, mit aus, ohne allerdings die Rotation um die X'-Achse mitzumachen, Bild 9.6. Es ist, obwohl es nicht fest mit der Scheibe verbunden ist, für eine rotationssymmetrische Scheibe ein Hauptachsensystem.
Bild 9.6: X', y', 2'-Hauptachsensystem an einer rotationssymmetrischen Scheibe
Somit lauten die Drallkomponenten
wobei V„„ V„ und p„ die Winkel an der Scheibe sind. Ihre Projektionen auf die Achsen des raumfesten Koordinatensystems (X,y, z), in dem die Bewegungsgleichungen formuliert werden, sind gemäß Bild 9.7 unter Annahme kleiner Winkel
9.2 Bewegungsgleichungen
165
Bild 9.7: Drallkomponenten im raumfesten Koordinatensystem
Die Komponente L„ die für kleine Winkel praktisch gleich -@,C2 ist, interessiert uns im folgenden nicht weiter, da wir C2 =const. voraussetzen. Setzt man in den Gln: (9.3) die Ausdrücke (9.2) ein, so folgt daraus mit @ =-C2 XS
Da nach dem Drallsatz die zeitliche ~ n d e r u n gdes Drehimpulses gleich dem Moment ist, folgt aus G1. (9.4) durch Ableiten nach der Zeit
Die Glieder @,@„ bzw. @,@„ stellen die Momente infolge der Drehträgheit der Scheibe dar, die sich gegen eine Schrägstellung wehrt. Sie sind auch bei der nicht rotierenden Welle vorhanden. Die Glieder -Cl@,@„ bzw. -C2@,@ys geben den sogenannten Kreiseleinfluß wieder. Sie verschwinden bei C2 = 0. Der Ausdruck für das Moment um die y-Achse wurde bereits in der Einleitung im Zusammenhang mit dem in Bild 9.4 dargestellten Versuch erwähnt. Da dort jedoch das auf die Welle wirkende Reaktionsmoment angegeben wurde - und nicht das an der Scheibe angreifende Moment - unterscheiden sich die Ausdrücke im Vorzeichen. Neben den Momenten M, und M y wirken auf die Scheibe von der Welle her natürlich noch die äußeren Kräfte F, und F, für die nach Newton F,=mws und F y = r n i s gilt.
166
9 Einfluß der Kreiselwirkung
Faßt man diesen Zusammenhang mit G1. (9.5) in Matrizenschreibweise zusammen, dann ergibt sich
Massenmatrix
Matrix der gyroskopischen Glieder
In dieser Matrizengleichung sind die an der Scheibe angreifenden äußeren Kräfte und Momente in der Spaltenmatrix fs zusamrnengefaßt. Für die auf die Welle wirkenden Reaktionskräfte und -momente gilt dann nach dem Reaktionsprinzip
Damit folgt aus den G1. (9.1) und (9.6) die Beziehung
Für die weiteren Betrachtungen ist es auch hier zweckmäßig, die Verschiebungs- und Verdrehungskomponenten zu komplexen Zahlen zusammenzufassen, weil sich dadurch die Zahl der Unbekannten halbiert
9.2 Bewegungsgleichungen
rs = W ,
+ jv,
bzw.
P, = pZs+ jprs
167
r=w+jv
P = v ~ + J ~ ~
Damit wird aus Gleichung (9.8)
wobei jetzt statt vier- nur noch zweireihige Matrizen auftreten. Wegen der Scheibenexzentrizität E fallen Wellenschwerpunkt S und Wellendurchstoßpunkt W nicht zusammen. Die Schwerpunktauslenkung r, und die Wellenausbiegung r sind für eine gleichförmig rotierende Welle durch die Formel
die uns von G1. (3.39) her bereits bekannt ist, miteinander verknüpft. Steht die Scheibe nicht genau senkrecht auf der Welle, was z.B. durch schräges Aufkeilen oder andere Fertigungstoleranzen in gewissem Maße stets der Fall sein wird, dann muß man auch zwischen den Winkeln der Welle q und der Scheibe p, unterscheiden. Mit a als Winkel für die Schrägstellung der Scheibe auf der Welle gilt dann zwischen der Winkellage der Scheibe und der Welle völlig analog zu G1. (9.11) die Beziehung
Anstelle der Exzentrizität r bei den Auslenkungen tritt bei den Winkeln die Schrägstellung a. Mit den Beziehungen (9.1 1) und (9.12) eliminieren wir in G1. (9.10) die Größen r, und q, und erhalten schließlich die Bewegungsdifferentialgleichungen einer Laval-Welle unter Berücksichtigung der Drehtätigkeit und Kreiselwirkung der Scheibe
168
9 Einfluß der Kreiselwirkung
9.3 Freie Wellenschwingungen Wir wollen jetzt die homogenen Lösungen des Differentialgleichungssystems (9.13) untersuchen. Dazu gehen wir mit dem Exponentialansatz
in das verkürzte Differentialgleichungssystem. Wie die spätere Auflösung zeigen wird, treten hier nur rein imaginäre Eigenwerte il, auf. Wir schreiben deshalb schon jetzt für
und erhalten dann mit dem Ansatz (9.14) das homogene lineare Gleichungssystem
Dieses hat nur dann nichttriviale Lösungen, wenn die Koeffizientendeterminante
verschwindet. Durch Ausrechnen der Determinante ergibt sich die charakteristische Gleichung
Die Auflösung führt auf vier reelle Wurzeln U,,, die Eigenkreisfrequenzen. Die allgemeine homogene Lösung für die Auslenkungen und Neigungen der Welle lautet demnach
9.3 Freie Wellenschwingungen
169
Die Bahnkurve des Wellendurchstoßpunktes W setzt sich aus der Uberlagerung von vier Kreisbewegungen verschiedener Frequenzen W, zusammen. Das gleiche gilt sinngemäß auch für die Winkel P„. Die Eigenkreisfrequenzen U, hängen, wie aus GI. (9.18) hervorgeht, von den Daten des Systems (m, E),, 0„ s,) und außerdem noch von der Wellendrehgeschwindigkeit Q ab. Da die explizite Darstellung der Eigenwerte als Lösungen der charakteristischen Gleichung auf sehr umfangreiche und unübersichtliche Ausdrücke führt, wollen wir uns hier darauf beschränken, rein qualitativ in einem Diagramm die Eigenkreisfrequenzen W, in Abhängigkeit von der Wellendrehzahl Q darzustellen und zu diskutieren. Aus den Kurven in Bild 9.8 erkennt man, daß für jede Drehzahl zwei W,Werte positiv und zwei negativ sind. Die Kurven verlaufen zentralsymmetrisch, d.h. die Kurvenäste in gegenüberliegenden Quadranten stimmen überein. Das ist schon an G1. (9.18) zu erkennen; die Gleichung bleibt unverändert, wenn man W, durch -W, und R durch -R ersetzt. Die Eigenfrequenzen für eine nicht rotierende Welle (Q =0) sind W„, u O 2wo, , und W„. Dabei entfallt wegen (Q =0) der Kreiseleinfluß, jedoch nicht der Einfluß der rotatorischen Trägheit der Drehmasse 0, . Es läßt sich ganz allgemein zeigen, daß w„ kleiner ist als die Eigenfrequenz w = Js/m einer Welle, bei der die Scheibe nur als Punktmasse berücksichtigt wird (0,= 0, = 0). Aus G1. (9.18) ergibt sich für diesen Fall
W", < U ) =
J;- --
p2 -G
s22m Der Wert W„ ist größer als die Eigenfrequenz W , die sich ergeben würde, wenn die Scheibe durch eine Zwangsführung an der Schrägstellung gehindert würde. Es gilt
Zu dem Ausdruck für (9.16) Q0=0 setzt.
d
kommt man, wenn man in der ersten Gleichung von
Weitere Klarheit über den Verlauf der Kurven gewinnt man, wenn man aus GI. (9.18) die Asymptoten für sehr hohe Drehzahlen Q ermittelt.
9 Einfluß der Kreiselwirkung
170
Für
C2 +- W
gilt:
Für
Q++-
U),
3 0
U), +U)*
U),
+ U)*
U),
gilt:
0 +JC2
0,
U), +-U)*
Bild 9.8: Eigenfrequenzen Falle Op> 0,
@,(V=
1 , 2 , 3 , 4 ) in Abhängigkeit von der Wellendrehzahl im
Besonderes Interesse verdient die Asymptote R 0 , / 0 , . Sie ist eine Gerade durch den Koordinatennullpunkt, die mit der R -Achse einen Winkel 6 bildet (tan6=Op/@,), (Bild 9.8).
9.3 Freie Wellenschwingungen
171
Die Neigung dieser Geraden wird durch das Verhältnis der beiden Massenträgheitsmomente 0, und 0, der Scheibe bestimmt. Für einen zylinderförrnigen Scheibenkörper, (Bild 9.9), vom Radius R und der Dicke H gilt
Ist die Scheibe sehr dünn (H«R), dann wird wegen 0, = 2 0, tan S = 2 , d.h. die Steigung der Asymptote beträgt etwa 6 3 , 5 O . Mit dicker werdender Scheibe nimmt die Steigung ab und wird für H = A R , (O,=O,) gerade 45". Für einen noch längeren Zylinder wird schließlich 0 , > 0 , und die Asymptote verläuft dann noch flacher.
Bild 9.9: Zylindrischer Scheibenkörper
Weil bei vielen Rotoren die Scheibe symmetrisch oder fast symmetrisch zwischen den Lagern angeordnet ist, wollen wir diesen Fall, bei dem die Kippbewegungen von den translatorischen Bewegungen W und V entkoppelt sind, s„=s2, =0, noch etwas genauer betrachten. Aus dem homogenen linearen Gleichungssystem (9.16) ergeben sich dann die Eigenfrequenzen für die reinen Querbewegungen der Scheibe o,,3
= *,/s
„/ m
und für die reinen Kippbewegungen
9 Einfluß der Kreiselwirkung
172
Nur die Kippeigenfrequenzen U , , werden durch den Kreiseleinfluß drehstimmen überein mit den zahlabhängig. Die Eigenfrequenzen , Eigenfrequenzen fU des Laval-Läufers ohne Kreiselwirkung von Kap. 3. In diesem entkoppelten Fall, s „=s„ =O , sind U und U* identisch, Gln. (9.2 1) und (9.22). Anstelle des Diagramms von Bild 9.8 ergeben sich die im Bild 9.10 dargestellten Kurvenverläufe. Ob die Kippeigenfrequenz des Stillstands
höher U,
oder
tiefer liegt als die translatorische Laval-Eigenfrequenz nach G1. (9.22), hängt von der (halben) Stützweite des Rotors
=,,/G
ab, Bild 9.1 1, und dem axialen Trägheitsradius k m , für den bei der dicken Scheibe nach Bild 9.9 gilt
Bild 9.10: Eigenfrequenzen von der Wellendrehzahl !J
w, des entkoppelten Systems (s „=s„ =0) in Abhängigkeit
9.3 Freie Wellenschwingungen
starrer Zapfen elastisches Lager
biegsamer Zapfen masselos
173
biegsamer Zapfen U. elast. Lager
Bild 9.11: Symmetrischer Rotor in verschiedenen elast. Aufhängungen; halbe Stützweite (2a + 1 ) l 2 ; Lagersteifigkeit des Kippens s„
Mit dem Zusammenhang zwischen den Stützsteifigkeiten von Bild 9.1 I
liefert G1. (9.24)
oder
Ist die halbe Stützweite größer als der axiale Trägheitsradius, (a+1/2)>kax, liegt die Stillstandseigenfrequenz des Kippens höher als die translatorische Lavaleigenfrequenz w, . Bei geringem Lagerabstand respektive großem Trägheitsradius kax liegt sie niedriger als w, . Betrachten wir nun noch den Einfluß der Winkelgeschwindigkeit R auf die Kippeigenfrequenzen, der nach G1. (9.23) ausschließlich durch das Verhältnis von polarem zu axialem Trägheitsmoment 0 , / 0 „ bestimmt wird. Mit der Stillstandseigenfrequenz des Kippens w2lOals Bezugsfrequenz läßt sich G1. (9.23) umschreiben
174
9 Einfluß der Kreiselwirkung
wobei V* die bezogene Drehzahl abkürzt
Bild 9.12 zeigt den Einfluß der Drehzahl auf die (bezogenen) Kippeigenfrequenzen. Der (gleichläufige) Ast w,(Q) steigt mit der Drehzahl an, der (gegenläufige) Ast w,(Q) fallt ab. Wie stark das geschieht, bestimmt das Verhältnis 0, I@„.
Idünne Scheibe
I
1
1
Kugel, Zylinder ~ = 1 3R ' I1
T*
bez. Drehzahl Bild 9.12: Kippeigenfrequenzen des symmetrischen Rotors in Abhängigkeit von der Dreh= zahl R . Bezugseigenfrequenr: Kippeigenfrequenz des Stillstands u2,,
9.4
Unwuchterzwungene Wellenschwingungen
Die Erregerkraft in der ersten Gleichung von (9.13) ist auf die Scheibenexzentrizität E zuriickzuführen, während das Erregermoment in der zweiten Gleichung im schrägen Sitz der Scheibe auf der Welle seine Ursache hat.
9.4 Unwuchterzwungene Wellenschwingungen
175
Beide Störglieder verändern sich mit der Drehfrequenz Q. Sie sind jedoch i.a. gegeneinander phasenverschoben. Der Einfachheit wegen betrachten wir hier nur den Fall der exzentrischen Scheibe und setzen a=O. In einer völlig gleichlaufenden Rechnung könnte danach auch die schrägsitzende Scheibe a#0, E= 0 berechnet werden. Wegen der Linearität des Gleichungssystems können die beiden inhomogenen Teillösungen superponiert werden. Für beide Fälle stimmen die biegekritischen Drehzahlen überein, da in den Störgliedern des inhomogenen Differentialgleichungssystems (9.13) die gleiche Erregerfrequenz C2 auftritt. Für die inhomogene Lösung des Differentialgleichungssystems (9.13) mit a=0 machen wir nach Art der rechten Seite den Ansatz
Durch Einsetzen finden wir bestätigt, daß dieser Ansatz tatsächlich eine partikuläre Lösung des inhomogenen Differentialgleichungssystems für a = O ist. Dieser Ansatz laßt bereits den Charakter der unwuchterregten Wellenschwingungen erkennen. Der Wellendurchstoßpunkt durchläuft, wie auch im Fall ohne Kreiselwirkung, eine Kreisbahn mit der konstanten Winkelgeschwindigkeit Q. Der Umlaufsinn stimmt mit der Drehrichtung der Welle überein. Man spricht von einer Gleichlaufbewegung. Mit dem Ansatz (9.30) erhalten wir ein inhomogenes lineares Gleichungssystem
Die Lösungen lassen sich z.B. nach der Cramerschen Regel sofort angeben. Sie lauten
wobei
176
9 Einfluß der Kreiselwirkung
ist. Wenn diese Determinante verschwindet, wachsen die Wellenauslenkungen und Winkel über alle Grenzen. Man bezeichnet deshalb diejenigen Drehzahlen Q, für die Ag]= O ist, als die biegekntischen Drehzahlen der Welle. Will man den Gleichlaufcharakter dieser erzwungenen Rotorbewegungen besonders betonen, dann spricht man von biegekritischen Drehzahlen des Gleichlaufs, die wir mit Q bezeichnen.
„
Für A„ = O folgt aus G1. (9.33) das Polynom
dessen Lösungen
die biegekritischen Drehzahlen des Gleichlaufs sind. Das Plus-Minus-Zeichen vor der großen Wurzel bringt lediglich die selbstverständliche Tatsache zum Ausdruck, daß sich für vorwärts- und rückwärtslaufende Welle die gleichen biegekritischen Drehzahlen ergeben. Aus G1. (9.35) ist zu ersehen, daß für dünne Scheiben (0,>0,) der Ausdruck unter der zweiten Wurzel größer ist als die davorstehenden Terme. Das Minuszeichen unter der Wurzel führt zu einer komplexen Lösung für Q, die physikalisch nicht sinnvoll ist. Nur das Pluszeichen führt zu einem reellen Ausdruck. Eine mit einer dünnen Scheibe besetzte Welle hat also nur eine biegekritische Drehzahl des Gleichlaufs Q„. Diese ist, wie sich zeigen läßt, stets größer als die biegekritische Drehzahl w ohne Berücksichtigung des Kreiselmomentes. Man kann sich das so erklären, daß das Kreiselmoment bestrebt ist, die Scheibe aus ihrer schrägen Lage aufzurichten. Das bedeutet für die Welle eine Versteifung, die wiederum eine Erhöhung der biegekritischen Drehzahlen anhand des in Bild 9.8 dargestellten Diagramms bestimmen, in welchem die Eigenfrequenzen w, in Abhängigkeit von der Wellendrehzahl dargestellt sind. Biegekritische Drehzahlen, d.h. resonanzartige Zustände treten dann auf, wenn die Erregerfrequenz Q, mit einer Eigenfrequenz w, der Welle übereinstimmt. Wir zeichnen daher in das Diagramm noch die Erregerfrequenz ein. Da die Erregerfrequenz Q die Wellendrehfrequenz Q selbst ist, muß sie in dem Diagramm, Bild 9.13, auf einer Geraden unter 45" liegen (gleiche Maßstäbe für die Frequenzen auf Ordinate und Abszisse vorausgesetzt). Beim Hochlauf der Welle bewegt sich die Erregerfrequenz entlang dieser Geraden, die man daher auch als Anfahrstrahl bezeichnet. Die Schnittpunkte dieses Anfahrstrahls mit den 0,-Kurven ergeben die
,
9.4 Unwuchterzwungene Wellenschwingungen
177
biegekritischen Drehzahlen. Zu ihrer Ermittlung genügt es, nur den ersten Quadranten des Diagramms zu betrachten. Die aus G1. (9.35) gewonnene Erkenntnis, daß für eine dünne Scheibe ( 0 , > 0 , ) nur eine kritische Drehzahl existiert, erklärt sich unmittelbar aus dem Verlauf der Kurve w „ die in diesem Fall an eine Asymptote läuft, die steiler ist als der Anfahrstrahl. Der Anfahrstrahl schneidet also nur die Kurve w ,. Die geringe Erhöhung der kritischen Drehzahl durch die Kreiselwirkung, sowie die Tatsache, daß es bei einer dünnen Scheibe trotz des zusätzlich in Betracht gezogenen Kippfreiheitsgrades keine weitere kritische Drehzahl gibt, rechtfertigt somit die vereinfachte Betrachtung in den ersten Kapiteln dieses Buches. Eine Welle mit einer zylindrischen Masse, für die ( 0 , < 0 , ) gilt, hat hingegen zwei biegekritische Drehzahlen des Gleichlaufs. Aus G1. (9.35) folgt, daß es dann zwei reelle Lösungen Cl„, und Cl„, gibt. In dem Diagramm, Bild 9.14, verläuft die Asymptote von w, flacher als der Anfahrstrahl, so daß es in diesem Fall einen weiteren Schnittpunkt gibt. Bemerkenswert ist noch, daß in diesem Fall die niedrigste biegekritische Drehzahl des Gleichlaufs Cl„, kleiner ist als die biegekritische Drehzahl w ohne Kreiselwirkung.
Bild 9.13: Biegekritische Drehzahl einer Welle mit dünner Scheibe, (Op- 0,)> 0
178
9 Einfluß der Kreiselwirkung
Bild 9.14: Biegekritische Drehzahlen einer mit einem langen Zylinder besetzten Welle (0,-0,)<0
Für den Sonderfall 0,=0,stimmt, wie aus Gl. (9.34) zu ersehen ist, die untere kritische Drehzahl gerade mit der kritischen Drehzahl ohne Berücksichtigung der Kreiselwirkung überein. Ferner ist aus dem Bild 9.15 zu entnehmen, daß sich für große Drehzahlen die Eigenfrequenz U, asymptotisch dem Anfahrstrahl nähert. Das bedeutet, bei größeren Drehzahlen liegt die Erregerfrequenz dicht bei der Eigenfrequenz U „ wodurch große Resonanzausschläge hervorgerufen werden. Da diese Eigenfrequenz mit wachsender Drehzahl L2 ebenfalls nach oben verschoben wird, liegt bei höheren Drehzahlen stets ein Betrieb in Resonanznähe vor. Die Eigenfrequenz U , schmiegt sich mit wachsender Drehzahl dem Anfahrstrahl an, das System nimmt sozusagen diese kritische Drehzahl mit. Sie kann nicht durchfahren werden, was sonst bei kritschen Drehzahlen möglich ist. Eine solche mitfahrende kritische Drehzahl bereitet i.a. viel Ärger. Den Fall des Kugelkörpers 0, = 0, sollte man deshalb vermeiden. Bei komplizierter Rotorgeometrie - man stelle sich beispielsweise einen konischen Hohlzylinder mit mehreren Reihen von Verdichterschaufeln vor - ist er jedoch nicht immer leicht zu erkennen. Für den beidseitig gelagerten symmetrischen Rotor nach Bild 9.1 1 und die Kragwelle mit dicker Endscheibe wollen wir den Einfluß der Kreiselwirkung auf die kritischen Drehzahlen auch noch quantitativ darstellen.
9.4 Unwuchterzwungene Wellenschwingungen
179
Bild 9.15: Biegekritische Drehzahlen einer Welle mit 0, = 0,
Der lange und der kurze Rotor in beidseitiger Lagerung Wegen der Symmetrie der Anordnung, s„=s„=O, entkoppelt der Kippfreiheitsgrad in G1. (9.13) von den translatorischen Bewegungen. Es bleibt die Kipp-Differentialgleichung
die mit dem Gleichtaktansatz
= @ e J Rdie t Unwuchtantwort
liefert. Eine Resonanzstelle mit unbeschränkter Amplitude liegt also bei
wobei diese Wurzel erst dann (reelle) Werte liefert, wenn O„ > O, . Nur beim walzenartig langgestreckten Körper gibt es eine kippkritische Drehzahl.
180
9 Einfluß der Kreiselwirkung
Wie liegt diese Kippkritische zur translatorischen (Laval-) kritischen Drehzahl Cl„, = q = Js„/m ? Um das zu ermitteln, führen wir den fiktiven Trägheitsradius k für das Differenzträgheitsmoment ein
und beachten den Zusammenhang zwischen der translatorischen und der Kippsteifigkeit nach Bild 9.1 1
Damit erhalten wir aus G1. (9.38)
eine einfache Verknüpfung der beiden kritischen Drehzahlen. Sie ist nur durch die halbe Stützweite und den Trägheitsradius des Differenzmomentes bestimmt. In Bild 9.16 sind die kritischen Drehzahlen des „langenu und des „kurzen" Rotors 0„ > 0, dargestellt. Die Tatsache, daß erst bei hinreichender Rotorlänge eine Kippkritische auftritt, ließ schon Bild 9.12 erkennen. Erst ab 0,10,<1 gibt es einen Schnittpunkt zwischen dem Fahrstrahl Cl, und den GleichlaufeigenfrequenZen co2(Cl).
L L
-W op-aa„= k2m>0
"Scheiben"
\
OP=Oax I
I
I
I
I
a+L/2
Bild 9.16: Kritische Drehzahlen des kurzen und langen Rotors in Abhängigkeit von der halben Stützweite und dem Differenzträgheitsradius k2 = (O, - 0, ) / m
9.4 Unwuchterzwungene Wellenschwingungen
181
Die Kragwelle mit Endscheibe Am Beispiel einer einseitig eingespannten Welle konstanten Querschnittes, die an ihrem freien Ende die Rotormasse trägt, wird der Einfluß der Kreiselwirkung auf die biegekritischen Drehzahlen C l „ , , in zwei Diagrammen quantitativ dargestellt. 2 Mit den Federsteifigkeiten s „ = 1 2 ~ 1 131, s„ = s„= GEI11 und s„ = 4EII1 ergibt sich mit 0, - 0, = mk2 aus GI. (9.35) für die auf w = ds„/m bezogenen biegekritischen Drehzahlen
Bild 9.17: Einfluß der Kreiselwirkung auf die biegekritischen Drehzahlen einer fliegend gelagerten Welle konstanten Querschnittes
Der Verlauf der kritischen Drehzahlen in Abhängigkeit von (k/112= ( 0 , - 0, ) 1m1 ist in Bild 9.17 dargestellt. Bild 9.18 zeigt die prozentuale Erhöhung der biegekritischen Drehzahl infolge der Kreiselwirkung für eine mit einer dünnen Scheibe ( 0 , = 2 0 , ) besetzten, einseitig eingespannten Welle in dem praktisch interessierenden Bereich 0 I kllS 0,25. Für eine dünne zylindrische Scheibe mit dem Radius R ist k = R l 2 , d.h. für kll= 0,25 ist der Scheibendurchmesser D = 2R gleich der Wellenlänge I .
182
9 Einfluß der Kreiselwirkung
Bild 9.18: Prozentuale Erhöhung der kritischen Drehzahl einer mit einer dünnen Scheibe besetzten, fliegend gelagerten Welle konstanten Querschnittes.
9.5 Biegekritische Drehzahlen bei gegenläufiger Erregung Wie wir sahen, kann durch die Exzentrizität oder durch schrägen Sitz der Scheibe die Welle nur zu Gleichlaufbewegungen angeregt werden, d.h. der Wellendurchstoßpunkt durchläuft mit der Winkelgeschwindigkeit C2 eine Kreisbahn, deren Durchlaufrichtung mit der Drehrichtung der Welle übereinstimmt. Dieses Verhalten ist unmittelbar aus dem inhomogenen Differentialgleichungssystem (9.13) zu ersehen, dessen Störglieder den gemeinsamen zeitabhängigen Faktor e J a t enthalten. Da nur gleichläufige Erregerkräfte bzw. -momente vorhanden sind, haben die erzwungenen Lösungen ebenfalls Gleichlaufcharakter. Erzwungene Bewegungen des Gegenlaufs können bei einer runden Welle in starren oder isotrop elastischen Lagern nur dann auftreten, wenn gegenläufige Erregungen, d.h. Störglieder mit dem Faktor e-jat vorhanden sind. Ein praktisches Beispiel für Gegenlauferregung ist eine Welle, auf die eine harmonisch veränderliche Störkraft in einer feststehenden Richtung wirkt, Bild 9.19. Nehmen wir an, die Störkraft wirkt in Richtung der z-Achse unseres y,zKoordinatensystems, so läßt sie sich als Überlagerung zweier in entgegengesetzter Richtung umlaufender Kräfte darstellen
9.5 Biegekritische Drehzahlen bei gegenläufiger Erregung
183
In den Bewegungsdifferentialgleichungen treten dann sowohl gleichläufige als auch gegenläufige Erregerkräfte auf. Die Bewegungsdifferentialgleichungen folgen dann aus (9.13) für E # 0, a=0 ZU
Bild 9.19: Welle mit harmonischer Störkraft konstanter Richtung.
Erregungen dieser Art werden bei Kolbenmaschinen durch die auf die Kurbelwelle wirkenden Pleuelkräfte verursacht. Diese Darstellung berücksichtigt nur Grundharmonische. Da die Pleuelkräfte nicht rein harmonisch sind, treten zusätzlich Erregerkräfte höherer Ordnung auf. Wir wollen jetzt die erzwungenen Schwingungen des Gleichungssystems (9.42) berechnen. Da der gleichläufige Erregungsanteil gegenüber den unwuchterregten Schwingungen nichts Neues bringt und da wegen der Linearität das Superpositionsprinz$ gilt, genügt es, wenn wir jetzt nur noch das gegenläufige Erregerglied e-J ' betrachten. Für diesen Gegenlaufanteil der inhomogenen Lösung machen wir den Ansatz
Das bedeutet, der Wellendurchstoßpunkt durchläuft dabei eine Kreisbahn mit der Winkelgeschwindigkeit Cl, aber entgegengesetzt zur Wellendrehrichtung. Setzt man diesen Ansatz in G1. (9.42) ein, so erhalten wir ein inhomogenes lineares Gleichungssystem
184
9 Einfluß der Kreiselwirkung
mit den Lösungen
wobei A, die Determinante
ist. Die erzwungenen Rotorausschläge wachsen für A,=O über alle Grenzen. Die dazugehörigen Drehzahlen werden als die biegekritischen Drehzahlen des Gegenlaufs Q g g bezeichnet. Sie sind die Wurzeln des Polynoms
und lauten
Dieser Ausdruck unterscheidet sich von dem für die kritischen Drehzahlen des Gleichlaufs, G1. (9.35) lediglich durch das Vorzeichen von 0 , . Die kritischen Drehzahlen des Gegenlaufs stimmen also auch betragsmäßig nicht mit den kritischen Drehzahlen des Gleichlaufs überein, wenn die Kreiselwirkung berücksichtigt wird. Die Beschäftigung mit gegenläufigen Erregungen beim Laval-Läufer ohne Kreiselwirkung (Kap. 3) erübrigt sich deshalb, weil sie dort auf die gleiche kritische Drehzahl Q g l = Q g g = w führt. Aus G1. (9.48) geht hervor, daß es - im Unterschied zum Fall der Gleichlauferregung - stets zwei biegekritische Drehzahlen des Gegenlaufs gibt, gleichgültig ob 0, größer oder kleiner als 0, ist!
9.5 Biegekritische Drehzahlen bei gegenläufiger Erregung
185
Dieser Sachverhalt wird noch klarer, wenn man in die Kurven der Eigenfrequenzen w , ( Q ) von Bild 9.8 einen Anfahrstrahl für die Gegenlauferregung einzeichnet. Für eine in positiver Richtung drehende Welle ist der Anfahrstrahl des Gegenlaufs eine unter 45" geneigte Gerade durch den Koordinatenursprung im vierten Quadranten, Bild 9.20. Diese Gerade schneidet in jedem Fall die Kurve U , und auch die für U , . Die beiden Schnittpunkte ergeben zwei biegekritische Drehzahlen des Gegenlaufs Ra, und Q„, . Ganz allgemein gilt R „,< w und RB,> 6.
\
Anfahrstrahl bei Gegenlauferregung -W,
G',=-9
Bild 9.20: Biegekritische Drehzahlen des Gegenlaufs
Zusammenfassend sei nochmals hervorgehoben: Kritische Drehzahlen des Gegenlaufs treten nur dann auf, wenn eine Gegenlauferregung vorhanden ist. Für starr gelagerte Wellen oder bei isotrop elastischer Lagerung stimmen die kritischen Drehzahlen des Gegenlaufs nicht mit denen des Gleichlaufs überein. Treten - wie z.B. bei Kolbenmaschinen - auch Erregungen höherer Ordnung auf, gibt es weitere kritische Drehzahlen des Gleich- bzw. Gegenlaufs, die sich aus den Schnittpunkten der Kurven w , ( Q ) mit den Anfahrstrahlen der höheren Harmonischen ergeben. In dem skizzierten Beispiel mit Erregungen erster und zweiter Ordnung, Bild 9.21 treten drei kritische Drehzahlen des Gleichlaufs auf, und zwar eine von der Erregung erster Ordnung und zwei von der Erregung zweiter Ordnung. Durch die Gegenlauferregung werden vier kritische Drehzahlen verursacht; je zwei von der Gegenlauferregung erster und zweiter Ordnung.
186
9 Einfluß der Kreiselwirkung
Bild 9.21: Kritische Drehzahlen des Gleich- und Gegenlaufs bei Erregung erster und zweiter Ordnung (0, > 0, )
Ein zweites Beispiel für eine gegenläufige Erregung ist eine Welle, deren Lagerböcke durch eine fremde Störquelle in Schwingungen versetzt werden. Bild 9.22 zeigt die Verhältnisse vereinfacht an einer zum Zwecke der Schwingungsisolation elastisch aufgestellten Maschine, die von außen über das Erdreich zu rein harmonischen Translationsbewegungen in vertikaler Richtung
angeregt wird. Die Erregerfrequenz Q, stimmt im allgemeinen Fall nicht mit der Wellendrehzahl !2 überein, da diese Erregung auf eine andere Störquelle zurückzuführen ist.
9.5 Biegekritische Drehzahlen bei gegenläufiger Erregung
I
Fundament
187
I
Bild 9.22: Lagerbockerregung
Die Differentialgleichungen für die Wellenschwingungen schreibt man zweckrnaßigerweise in einem fest mit dem Maschinenfundament verbundenen Koordinatensystem an, dessen Ursprung im Lagermittelpunkt liegt. Dann muß in den Gln. (9.13) lediglich i: durch die Absolutbeschleunigung
ersetzt werden. Bringt man die Störglieder auf die rechte Seite, so erhält man (für E # 0, a=0) das Differentialgleichungssystem
Die kritischen Drehzahlen bei Lagerbockerregung mit der Erregerfrequenz C l , liegen bei den Schnittpunkten der Kurven der Eigenfrequenzen mit horizontalen Geraden bei *Cl,. Da w,<m* und @,>U* ist, gibt es für eine Erregungsfrequenz Cl, nur eine kritische Drehzahl. Die gegenläufige Erregung mit 42, führt wegen der Zentralsymmetrie der Kurve zu der gleichen kritischen Drehzahl.
9 Einfluß der Kreiselwirkung
188
9.6 Anisotrop elastisch gelagerter Rotor unter Kreiselwirkung Bei unseren bisherigen Betrachtungen sind wir von querstarren Lagern ausgegangen. Die gefundenen Resultate lassen sich unmittelbar auf isotrop elastisch gelagerte Wellen übertragen, wenn die Lagerelastizität in den Einflußzahlen s„ gleich mit enthalten ist. Anisotrop elastisch gelagerte Wellen zeigen, wie wir von Kap. 5 her wissen, ein grundsätzlich anderes Verhalten. Wir wollen deshalb in kurzgefaßter Form das Schwingungsverhalten anisotrop gelagerter Wellen unter Berücksichtigung der Kreiselwirkung zeigen. Die elastischen Hauptrichtungen der Lager seien parallel und stimmen mit der y- bzw. x-Achse unseres raumfesten Koordinatensystems überein. Wegen der Lageranisotropie ergeben sich unterschiedliche Einflußzahlen für die z ,X-und y,x-Ebene, die wir mit s:k und srk bezeichnen. Aus diesem Grunde lassen sich in den Bewegungsgleichungen die Verschiebungen und Winkeldrehungen jetzt nicht mehr zu komplexen Zahlen zusammenfassen. Anstelle von GI. (9.13) erhalten wir jetzt ein System von vier Differentialgleichungen
(0,- 0 , ) a s i n ( ~ t+ y ) m ~ s i (Qt n
Mit dem Ansatz w =\njcosqt V
=Csinq,t
p, = $3„ sin U, t p, = $3, sin q,t
+ ß)
9.6 Anisotrop elastisch gelagerter Rotor unter Kreiselwirkung
189
für die homogene Lösung erhalten wir daraus ein homogenes lineares Gleichungssystem. Dieses hat nur dann nichttriviale Lösungen, wenn seine Koeffizientendeterrninante verschwindet. Daraus berechnen sich die Eigenfrequenzen U, der Welle. Da ein System von vier Gleichungen 2. Ordnung vorliegt, gibt es acht Eigenfrequenzen. Der Verlauf der Eigenfrequenzen 0, in Abhängigkeit von der Wellendrehfrequenz R ist in Bild 9.23 qualitativ dargestellt. Man erkennt, es handelt sich hier um vier Paare von Plus-Minus-Lösungen. Die Kurven verlaufen spiegelbildlich zur Abszissen- und Koordinatenachse. Die Asymptoten der Kurven sind
Letztere verläuft für Rotoren mit einer dünnen Scheibe steiler und für Rotoren mit einem langen Zylinder flacher als 4.5" gegenüber der Abszissenachse. Die biegekritischen Drehzahlen ergeben sich aus den Schnittpunkten der 0,-Kurven mit den Anfahrstrahlen. Man sieht, daß sich bei anisotroper Lagerung wegen der symmetrischen Kurvenverläufe für Gleichlauf- und Gegenlauferregung die gleichen biegekritischen Drehzahlen ergeben. Aus den gleichen Gründen wie früher gibt es mit den Kurven cc>, bzw. U, nur dann einen Schnittpunkt, wenn @,<@, ist. Eine mit einer dünnen Scheibe besetzte anisotrop gelagerte Welle hat drei, und eine Welle mit einer zylinderförmigen Masse hat vier biegekritische Drehzahlen. Die Berechnung der erzwungenen Schwingungen ergibt, daß der Wellendurchstoßpunkt eine Ellipsenbahn durchläuft. Da man aber eine Ellipsenbewegung als Uberlagerung von zwei entgegengesetzt gerichteten Kreisbewegungen deuten kann, ist eine strenge Unterscheidung von Gleich- und Gegenlaufbewegung hier nicht sinnvoll. Sie erscheint auch nicht nötig, da die biegekritischen Drehzahlen für Gleichlauf- und Gegenlauferregung ohnehin übereinstimmen. Für symmetrische Rotoren nach Bild 9.11 in orthotroper Lagerung lassen sich all diese Zusammenhänge noch geschlossen analytisch angeben.
190
9 Eintluß der Kreiselwirkung
Bild 9.23: Eigenfrequenzen der anisotrop gelagerten Welle in Abhängigkeit von der Wellendrehzahl (qualitativ)
9.7
Fragen
1. Hat ein rotierender Körper auf einer elastischen Welle die Trägheitseigenschaften einer Kugel ( 0 , = 0 , ) , dann entsteht eine „mitfahrende kritische Drehzahl", wie in Bild 9.15 skizziert. Sie bereitet gewöhnlich viel Arger. Die mit kurzen Schaufeln versehene Trommel eines Axialverdichters läßt aber auf den ersten Blick kaum erkennen, ob Kugeleigenschaften vorliegen. Manlfrau überlege, bei welchem Längen-Durchmesserverhältnis ein dünnwandiger Zylinder (t< D/ 10) die Bedingung 0, = 0, erfüllt. 2. Warum treten bei isotroper Lagerung nur kritische Drehzahlen des Gleichlaufs in Erscheinung? 3. Warum hat die langgestreckte Walze auf dünner elastischer Welle zwei kritische Drehzahlen des Gleichlaufs, während die schmale Scheibe nur eine Kritische des Gleichlaufs aufweist?
10 Mehrscheiben- und Kontinuumsrotoren Kritische Drehzahlen, Unwuchtantwort
10.1 Einleitung Ziel dieses Kapitels ist aufzuzeigen, wie sich die vom Lavalrotor her bekannten Phänomene der Resonanz, der Unwuchtantwort mit kreisförmigen Orbits usw. auch beim Vielccheibenrotor und dem Kontinuumsrotor wiederfinden. Mit Hilfe der modalen Betrachtung ist es sogar möglich, das dynamische Verhalten dieser allgemeingestalteten Rotoren als Superposition von fiktiven, modalen Lavalrotoren zu verstehen. Es ist nicht Ziel dieses Abschnittes, in die numerischen Methoden der Rotorund Strukturdynamik einzuführen; darüber gibt es hinreichend Lehrbücher die [10.1, 10.2, 10.31, die zeigen, wie das ~bertragun~smatrizenverfahren, Finit-Element-Methode und darauf aufbauend Substrukturtechniken für diese Berechnungen eingesetzt werden können. In Abschn. 10.2 wird die Verallgemeinerung der Lavalwelle für den Mehrscheibenrotor aufgezeigt, in Abschn. 10.3 für kontinuierlich mit Masse und Steifigkeit belegte Rotoren.
10.2 Der Mehrscheibenrotor Bewegungsgleichungen Bild 10.1 zeigt den 3-Massen-Rotor, an dem wir beispielhaft die durch Unwucht erzwungenen Schwingungen erläutern wollen. Wie in Kap. 3 verzichten wir zunächst auf die Mitnahme von Kreiseleffekten und lassen deshalb nur translatorische Freiheitsgrade in der X-z-Ebene zu
Auch mit dem statischen Durchhang unter Eigengewicht wollen wir die Betrachtung nicht belasten, deshalb steht die Welle senkrecht.
192
10 Mehrscheiben- und Kontinuumsrotoren
Für jede einzelne Scheibe k gilt natürlich das Newton'sche Gesetz, Bild 10.1,
Bild 10.1: Drei-Scheibenrotor; Freiheitsgrade wk(t), Schwerpunktslage wkXs(t)und die elastische Rückstellkraft der elastischen Welle f„ Exzentrizität c k für die k-te Scheibe
wobei f k die elastische Rückstellkraft der Welle ist. Anders als beim Lavalläufer hängt sie nicht nur von der Auslenkung W, des Wellendurchstoßpunktes der betrachteten Scheibe ab, sondern auch noch von der aktuellen Position aller anderen Scheiben. Für die Scheibe k = 2 unseres Beispiels gilt daher
wobei s„, s„, s„ die mit Hilfe der Statik zu bestimmenden Steifigkeitszahlen sind. Betrachten wir noch den kinematischen Zusammenhang zwischen Wellendurchstoßpunkt W, und Schwerpunktslage W,,,
so erhalten wir für die Masse m, die Bewegungsgleichung
oder für alle Freiheitsgrade zusammen angeschrieben
10.2 Der Mehrscheibenrotor
193
Aus analoger Überlegung folgt für die X-y-Ebene mit den Freiheitsgraden
ein zweiter Satz von Bewegungsgleichungen, die sich nur auf der rechten Seite unterscheiden: dort steht sin (L2t + ß, ) anstelle von cos (Rt + ß, ) E, sin (Qt
+ ß,)
MV+SV=R~M r,sin(Qt+ß,) E, sin ( R t + ,ß, )
I
Bei orthotroper Lagerung der Well& wären die Matrizen der Steifigkeiten der beiden Ebenen verschiede+, S,#S . Bei der hier vorausgesetzten isotropen Lagerung sind sie gleich S =S = S und wegen des Satzes von Maxwell und Betti symmetrisch. Für die folgende Betrachtung gehen wir von isotroper (starrer) Lagerung der Welle aus, dann können wir die beiden Freiheitsgrade einer jeden Ebene k komplex zusammenfassen
oder allgemein für alle Freiheitsgrade
schreiben. und addiert sie zu Multipliziert man nun formal G1. (10.8) mit j = G1 (10.6), erhalten wir die Kompaktform der Bewegungsgleichungen, die wir so anschreiben können
194
10 Mehrscheiben- und Kontinuumsrotoren
Der Vektor
enthält Größe und Richtung der Exzentrizitäten. Für die weitere Rechnung führen wir als Zahlenbeispiel die glatte Welle nach Bild 10.1 mit, deren drei Scheiben die Massen m , = m , m , = 2 m , m , = m haben. Sie sitzen in den Viertelspunkten der glatten Welle und in ihrer Mitte. Weiterhat die Scheibe drei die Exzentrizität E, unter der Winkellage ß, = 30°, d. h. e''3 = cos ß, +j sinß, = 0,86 + 0,5j. Die übrigen Exzentrizitäten seien null, E, = E, = 0 . Für diesen konkreten Fall sieht G1. (10.1 1) so aus:
Homogene Lösung, Eigenfrequenzen und Eigenformen Zur Gewinnung der homogenen Lösung, die die Eigenfrequenzen (kritische Drehzahlen) und Eigenvektoren enthält, setzen wir die rechte Seite von G1. (10.13) null und führen den Exponentialansatz ein, in dem 4 ein zeitunahängiger Amplitudenvektor ist
r ( t ) = @eat.
(10.14)
Das führt auf das Eigenwertproblem
Seine Lösung liefert die Eigenwerte 2, und die zugehörigen Eigenvektoren 4,. Bei vielen Freiheitsgraden setzt man zu ihrer Gewinnung Eigenwertlöser wie den HQR-Algorithmus, die Vektoriteration 0.ä. ein. Bei wenigen Freiheitsgraden kann man auch die Determinante
10.2 Der Mehrscheibenrotor
195
auswerten, die das charakteristische Polynom des Systems ist. Im vorliegendem Beispiel liefert die Rechnung drei konjugierte Eigenwertpaare, deren Realteil null ist, da wir keine Dämpfung im System berücksichtigen. Zu jedem Eigenwertpaar gehört der gleiche reelle Eigenvektor, Bild 10.2.
Bild 10.2: Eigenwerte (Eigenfrequenzen) und Ei envektoren Bild 10.1. Grundeigenfrequenz o,= 4,025J& [mdiS]
4,
des 3 Massen-Rotors von
Offensichtlich war der eingliedrige Ansatz, G1. (10.14), zu kurz gegriffen. Die Mathematik hat uns drei respektive sechs Lösungen beschert. Sie sind zur vollständigen homogenen Lösung zu superponieren
Matriziell angeschrieben lauten sie
Die Matrix
196
10 Mehrscheiben- und Kontinuumsrotoren
Eigenformen @,. G1. (10.17) stellt eine Verallgemeinerung der GI. (3.47), (Bild 3.18), dar, die die freien Schwingungen des Lavalläufers beschreibt. Da die freien Schwingungen in praxi kaum angestoßen werden, wollen wir uns mit ihnen nicht weiter beschäftigen. Für die modale Ermittlung der Unwuchtantwort benötigen wir allerdings die Orthogonalitätsbeziehungen, das sind Eigenschaften der Eigenvektoren @, bezüglich der Massen- und Steifigkeitsmatrizen M bzw. S
Orthogonalitätseigenschaften Die Eigenvektoren @, , @, usw. haben bezüglich der Massenmatrix die Eigenschaften für k + n für k = n Physikalisch kann man das so deuten: multipliziert man den o. g. Ausdruck mit U : , dann stellt wn M@, den Vektor der Massenkräfte des Systems dar, das mit der Eigenfrequenz q,schwingt. Multipliziert man diese Massenkräfte von links mit dem Verschiebungsvektor der k-ten Eigenform @: entsteht ein skalarer Arbeitsausdruck. Er ist immer null - es sei denn als Verschiebungsfigur wird die n-te Eigenform selbst gewählt. Dann entsteht ein quadratischer Ausdruck der stets positiv ist, die sogenannte generalisierte Masse m„,,, . Für alle Eigenvektoren gleichzeitig angeschrieben lautet G1. (10.19)
Im konkreten Zahlenbeispiel betragen die generalisierten Massen
wie man leicht nachrechnen kann. Ein ganz ähnlicher Ausdruck gilt für die Steifigkeiten des Systems. Er lautet
10.2 Der Mehrscheibenrotor
197
m:s@n={
für k + n sgen," für k = n
oder für alle Eigenformen gleichzeitig angeschrieben
Auch das läßt sich als Arbeitsausdruck interpretieren: S e , sind die elast. Kräfte bei einem Schwingen in der n-ten Eigenform, die mit elastischen Verschiebungen aus der k-ten multipliziert werden. Im konkreten Fall lauten die generalisierten Steifigkeiten
wie man durch ausmultiplizieren mit den Eigenvektoren nach Bild 10.2 überprüfen kann. Die Herleitung sei nur kurz angedeutet. Jeder Eigenvektor mit zugehöriger Eigenfrequenz ist Lösung des Eigenwertproblems GI. (10.15). Deshalb gilt
Multipliziert man die erste Gleichung von links mit so erhält man nach Subtraktion der beiden
@T,
@T,
und die zweite mit
Weil die Massenmatrix stets symmetrisch ist gilt nämlich @k M @, = @: M @., Gleichung (10.24) liefert die Massenorthogonalität G1. (10.20). Setzt man diese wiederum in die von links mit @k multiplizierte G1. (10.23a) ein, fällt die Steifigkeitsorthogonalität GI. (10.21) an und zusätzlich die Aussage für k=n
198
10 Mehrscheiben- und Kontinuumsrotoren
was die Bezeichnungen generalisierte Masse und generalisierte Steifigkeit plausibel macht.
Unwucht-erzwungeneSchwingungen Da sich die freien Schwingungen des Systems durch eine Überlagerung der Eigenvektoren darstellen ließen, G1. (10.17) bzw. (10.18), liegt es nahe, die Eigenvektoren auch als Ansatzvektoren für die unwucht-erzwungenen Schwingungen, die Dgl. (10.1 1) bzw. (10.13) beschreibt,
zu benutzen. In diesem Ansatz
sind q, (t) , q, (t) usw. die neuen modalen Freiheitsgrade, die die physikalischen Freiheitsgrade r,(t),r,(t) usw. ablösen. Ihre Zeitgesetze sind noch offen, werden aber letztlich von den rechten Seiten der Bewegungsgleichungen dirigiert. Setzt man diesen Ansatz
in die Dgl. (10.1 1) des unwuchtigen S stems ein und multipliziert von links mit der transponierten Modalmatrix Q> , erhält man - wegen der Orthogonalitätsbedingungen G1. (10.20) und (10.22) - folgendes völlig entkoppeltes Differentialgleichungssystem.
T
10.2 Der Mehrscheibenrotor
199
Der Vektor der generalisierten Unwuchten ugenenthält die mit den Eigenvektoren gewichteten physikalischen Unwuchten. Im konkreten Fall
Offensichtlich regt die Unwucht in Scheibe drei alle Eigenformen an, weil keine der drei Eigenvektoren einen Knoten in der Ebene dieser Scheibe drei hat. Mit dem Gleichtaktansatz
qn( t ) = G,eJRt
(10.29)
läßt sich nun die Unwuchtantwort für die n-te Zeile des entkoppelten Systems (10.27) schnell ermitteln
Sgen,n
was unter Beachtung der Beziehung -- u)n auf die Antwortamplitude mgen,n
führt.
200
10 Mehrscheiben- und Kontinuumsrotoren
Egenist die generalisierte Exzentrizität (Dimension Länge) der n-ten Eigenform. Da alle Eigenformbeiträge gemäß dem modalen Ansatz Gl. (10.26) zu superponieren sind, folgt mit (10.28) uns (10.30) die Gesamtantwort zu
oder ausführlich für den 3-Massen-Rotor angeschrieben
Drehzahl ~2 Bild 10.3: Unwuchtantwort des Drei-Scheiben-Rotors ; Bahnradius 1111 der Scheibe 1 in Abhängigkeit von der Drehzahl R , qualitativ
G1. (10.32) ist leicht zu deuten (Bild 10.3). Jede Eigenform 9, benimmt sich wie ein eigenständiger Lavalrotor mit seiner kritischen Drehzahl bei C l = w, . Alle diese fiktiven Lavalrotoren überlagern ihr dynamisches Verhalten zu einem recht durchsichtigen Gesamtbild:
10.3 Der Kontinuumsrotor
201
Immer wenn die Drehzahl Q auf eine Eigenfrequenz anfallt, werden die Bahnradien unendlich groß; es liegt Resonanz vor. In der Nähe einer kritischen Drehzahl, R .-U„dominiert in der Schwingungsantwort die angesprochene Eigenform 4,
Der Rotor läuft mit dieser Eigenform eben (!) wie ein Hüpfseil um. 0
Für sehr hohe Drehzahlen, Q >>U,,reduziert sich die Beteiligung der n-ten Eigenform auf E„, . 4,.
10.3 Der Kontinuumsrotor Modellieren wir die elastischen Eigenschaften der rotierenden Welle durch einen Bernoulli-Balken, so lauten die Bewegungsgleichungen
vertikale Richtung
(EI W ") " + ,D W , = 0
horizontale Richtung
(EI V") "+,U V, = 0
w(x,t) bzw. v(x,t) sind die Verschiebungen der Wellenmitte aus der Ruhelage; w,(x,t) ,v,(x,t) sind die Schwerpunktsverschiebungen, die in das Newtonsche Gesetz eingehen, (Bild 10.4).
Bild 10.4: Die kontinuierlich mit Masse p
(X)
und Steifigkeit EI(x) belegte Welle
202
10 Mehrscheiben- und Kontinuumsrotoren
( )* bedeutet Ableitung nach der Zeit; ( )' Ableitung nach dem Ort. Den kinematischen Zusammenhang zwischen diesen beiden Verschiebungen liest man in Bild 10.4 ab.
vertikal:
w,(x.t)=w(x,t)+~(x)cos[~t+ß(x)]
horizontal : vs (X,t ) = V ( X ,t ) + E
(X)
sin [ R t
+ ß( X ) ]
(10.36)
Leiten wir diese Beziehungen zweimal nach der Zeit ab und setzen sie in die Bewegungsgleichung (10.35) ein , erhalten wir
Isotropie in den Lagern vorausgesetzt, lassen sich die beiden Funktionen w(x,t) und v(x,t) wieder zu einer komplexen Auslenkung
zusammenfassen, wobei die horizontale Achse zur imaginären ernannt wird. Multiplizieren wir dann G1. (10.37 b) mit j =Gund addieren sie zu G1. (10.37 a) erhalten wir die kompakte Form der Bewegungsgleichung,
in der die komplexe Exzentrizität
Größe und Richtung der Schwerpunktsablage enthält.
Freie Schwingungen, Orthogonalitätsbeziehungen Wie auch immer die Steifigkeits- und Massebelegungen EI(x) und p ( x ) verlaufen, stets lassen sich die freien Schwingungen aus den Eigenformen q,,(x) mit den zugehörigen Eigenfrequenzen w, darstellen.
10.3 Der Kontinuumsrotor
203
Anstelle der Eigenvektoren q, des Mehrscheibenrotors, GI. (10.11), treten nun die Eigenfunktionen qn(x) auf. Bild 10.5 zeigt sie für den klassischen Rotor auf zwei Lagern, bei dem EI,p=const sind. Bei allgemeinen Querschnittsverlauf müssen sie mit dem Übertragungsmatrizenverfahren oder der Finit-Element-Methode berechnet werden. Die Orthogonalitätsbedingungen für die kontinuierlich mit Masse und Steifigkeit belegte Welle in den klassischen Randbedingungen (gelenkige Lagerung, Einspannung oder freies Ende) lauten für k # n
C
~ P ( x ) P . ( x ) Y > ~ ( x ) ~mgen,, x= für k = n
Bild 10.5: Eigenformen pn(x) und Eigenfrequenzen w , der glatten Welle, EI, ,U =const.
und C
o
EI^,, f l ) v f % =d ~
für k + n
sgen," f ü r k = n '
Auf die Herleitung wollen wir nicht eingehen, dazu z.B. [10.1, 10.3, 10.41. Meist findet man die Steifigkeitsorthogonalität in der Form 1EI q," q„"dx. Hier ist die Form von G1. (10.42) zweckmäßiger.
Unwuchterzwungene Schwingungen In völliger Analogie zur Behandlung des Mehrscheibenrotors benutzen wir nun die Eigenformen als Ansatzfunktion für die Ermittlung der UnwuchtantWort.
204
10 Mehrscheiben- und Kontinuumsrotoren
Dann liefert die Ausgangsgleichung (10.37 C)
Daraus erhalten wir nach Multiplikationen mit q,(x) und Integration über die Lange des Rotors wegen der Orthogonalitätsbedingungen G1. (10.41) und G1. (10.42) die modal entkoppelte Gleichung für die Unwuchtamplitude (in der Eigenform n zu
mit der generalisierten Unwucht
Aufgelöst ergibt sich schließlich die Amplitude (in zu
Die gesamte Unwuchtantwort lautet demnach gemäß Ansatz G1. (10.43)
Die völlige Analogie zwischen den Gleichungen (10.43; 10.45; 10.47 und 10.48) des Kontinuums und den G1. (10.29 bis 10.31) des Mehrscheibenrotors fällt unmittelbar ins Auge. Die Aussagen zum Resonanzverhalten des Mehrscheibenrotors sind direkt auf den Kontinuumsrotor übertragbar. Auch hier gilt: In der Nähe der kritischen Drehzahl C2 =U, werden die Ausschläge der Welle sehr groß. In der Resonanznähe dominiert in der Unwuchtantwort die angesprochene Eigenform
in der der Rotor eben (!) umläuft.
10.4 Dämpfungseinfluß bei wäizgelagerten Rotoren
205
Die früher oft diskutierte Frage: ist ein Kontinuumsmodell nicht doch genauer als ein diskretisiertes Vielscheibenmodel ist akademischer Natur. In praxi interessieren nur die Eigenformen der kritischen Drehzahlen U „ die zu durchfahren sind ehe die Betriebsdrehzahl erreicht wird, Bild 10.6. Allenfalls spielen noch ein oder zwei Eigenformen oberhalb von CJkwi„ in der Unwuchtantwort eine Rolle. Diese niedrigen Eigenformen sind durch diskretisierende Modelle genauso ,,exaktG'bestimmbar wie durch Kontinuumsmodelle. Durch die Finit-Element-Methode ist die Frage noch belangloser geworden, sie modelliert als Kontinuum, diskretisiert aber dann auf formalem Weg mit Hilfe lokaler Ritzansätze und überführt so in ein Vielfreiheitsgradsystem. Durch die Anzahl der gewahlten Balkenelemente läßt sich die Anzahl der Freiheitsgrade beliebig steuern.
Bild 10.6: Die ersten drei kritischen Drehzahlen der glatten Welle und die zugehörigen Auslenkungsfiguren (Eigenformen), Betriebsdrehzahl nBetneb
10.4 Dämpfungseinfluß bei wälzgelagerten Rotoren Während bei Gleitlagern der Dämpfungseinfluß explizit über die Lagerbewegungen in die Bewegungsgleichungen eingeht, Kap. 12-14, ist eine derartige Beschreibung des Dämpfungsverhaltens von Wälzlagern (noch) nicht möglich. Da Wälzlagerdämpfungen sehr gering sind, behilft man sich folgendermaßen: Man fügt in die konservative Beschreibung der Unwuchtantwort nach G1. (10.32) bzw. G1. (10.48) einen modalen Dämpfungsgrad D, (dimensionsloses Lehr'sches Dämpfungsmaß) ein.
206
10 Mehrscheiben- und Kontinuumsrotoren
bzw.
Die Größe des Dämpfungsgrades D, läßt sich aus der Schlankheit der jeweiligen Vergrößerungsfunktion bei R zu), (z. B. durch die sogenannte Halbwertsbreite 0.ä.) experimentell bestimmen. Die so gewonnene Erfahrung kann man dann auf ähnlich gebaute Maschinen übertragen. Generell sollte man aber beachten, daß wälzgelagerte Rotoren fast ungedämpft sind. Vergrößerungswerte in der Resonanz V„, = 1/2D, von 50 bis 100 sind nichts Ungewöhnliches.
10.5 Fragen 1. Obwohl die physikalische Exzentrizität &(X) über die Rotorlänge einen beliebigen Verwindungswinkel ß(x) hat, ergeben sich die Resonanzausschläge als ebene, umlaufende Verformungsfigur des Rotors, Gln. (10.32 und 10.48). Wie kommt das zustande?
2. Im Beispiel des Dreischeibenrotors von Abschn. 10.1 saß die einzige zugelassene Exzentrizität in der dritten Scheibe: &, = &,= 0 ;&, # 0 . Das lieferte die generalisierten Unwuchten von G1. (10.28). Bestimme die geneExzentrizitätsverteilung: ralisierten Unwuchten für folgende &,=&,=O;&,#O. Was fallt dann in der Unwuchtantwort nach Cl. (10.32) auf und aus? 3. In Bild 10.6 tritt zwischen der ersten und zweiten Resonanz eine Drehzahl auf, für die die Schwingungsamplitude am Meßort X = X , verschwindet. Bei wälzgelagerten Rotoren beobachtet man das oft beim Auswuchten. Dieser „Tilgerpunkt", dem keine praktische Bedeutung zukommt, entsteht dadurch, daß der Beitrag der ersten Eigenform in G1. (10.48) oberhalb der ersten Kritischen schon einen Vorzeichenwechsel in der Vergrößerungsfunktion hinter sich hat, die zweite (und alle höheren Eigenformen) aber noch nicht. Man bestimme das Auftreten dieser Drehzahl genauer.
11 Der Einfluß von Schubelastizität und Kreiselwirkung auf die Kritischen Drehzahlen der glatten Welle und des Vielscheibenrotors
11.1 Zur Modellbildung Die Berücksichtigung der Kreiselwirkung wird dann notwendig, wenn hohe Drehzahlen und große Neigungswinkel in der Verformungsfigur auftreten und wenn große Scheiben auf der Welle sitzen. Das zeigte schon die Betrachtung am Lavalrotor, Kap. 9. Von dort wissen wir auch, daß die Eigenfrequenzen durch die Kreiselwirkung drehzahlabhängig werden und sich bei isotroper Lagerung in einen gleichläufigen Ast w„(Q) aufspalten, dem bei Unwuchterregungen kritische Drehzahlen entsprechen, sowie einen gegenläufigen Ast w„(Q). Eigenfrequenzen des Gegenlaufs werden von der Unwucht, die selbst gleichläufig rotiert, nicht angesprochen. Ähnliches werden wir auch beim Kontinuumsrotor feststellen.
Bild 11.1: Kreiseleffekt aus Schrägstellung der Querschnitte des Kontinuums
Bislang haben wir nur die Biegeelastizität in den verschiedenen Rotormodellen berücksichtigt. Der Einfluß der Schubelastizität wurde vernachlässigt. In der Statik gilt die grobe Regel: Die einfache Biegetheorie (Bernoulli) ist
208
11 Der Einfluß von Schubelastizität und Kreiselwirkung
brauchbar bis zu Dicken-Längenverhältnissen von d/1< 1/10, siehe Bild 11.2. Berücksichtigt man aber die Schubelastizität (Timoshenko), so lassen sich auch noch kurze dicke Wellen gut beschreiben bis etwa d/ll1/5.
Dynamik
Statik
Bild 11.2: Das Verhältnis d l l bzw. d l l * in Statik und Dynamik
Übertragen wir diese Regeln sinngern& auf die Dynamik, dann muß in den beiden Gleichungen statt I natürlich der Knotenabstand I stehen, Bild 11.2. Konkret heißt das: Die Schubelastizität ist nicht nur dann mitzunehmen, wenn Wellen kurz und dick sind, sondern auch dann, wenn von schlanken Wellen hohe Eigenfrequenzen und Eigenformen zu bestimmen sind.
Bild 11.3: Biege- und Schubelastizität eines Balkenquerschnitts
Wir werden nun also zwei elastische Größen in den Bewegungsgleichungen berücksichtigen, Bild 11.3, wobei für die runde Welle gilt Biegesteifigkeit
EI = ~ 7 i 7 d164 ~
Schubsteifigkeit
kGA = k ~ 7 i 7 d/ 4~
mit k = 0 , 9
[I].
Obwohl wir diese Querschnittsgrößen über die Länge 1 des Rotors als konstant ansehen - nur dann lassen sich leicht interpretierbare Lösungen finden - haben die folgenden Betrachtungen nicht nur akademischen Charakter.
11.1 Zur Modellbildung
209
Bild 11.4: Links: Uniformer Vielscheibenrotor; Rechts: Durch Verschmieren von Massen und Drehmassen erzeugtes Ersatzkontinuum
Denn die glatte, mit vielen gleichartigen Scheiben besetzte Welle läßt sich zur Ermittlung der ersten Eigenfrequenzen und Eigenformen nciherungsweise auf ein solches Ersatzkontinuum zurückführen, (Bild 11.4). Vielstufige Kreiselpumpen kommen beispielsweise diesem Modell sehr nahe. Die Massebelegung je Längeneinheit ergibt sich bei einer solchen Vielscheibenwelle aus der Massenbelegung der glatten Welle p x d 2 / 4 und den über die Länge 1 verschmierten Massen der k Scheiben.
oder, bei Scheiben mit dem Außendurchmesser D und der Breite b nach Bild 11.4
wobei b* die Belegungslänge kb ist. Der Einfachheit halber wurde gleiche Dichte p für Welle und Scheiben vorausgesetzt. Für das axiale Trägheitsmoment je Längeneinheit ergibt sich analog
210
11 Der Einfluß von Schubelastizität und Kreiselwirkung
Im Grenzfall glatte Welle, D =d , bleiben deren Massen- und Drehmassenbelegungen übrig, wie man an den Formeln sofort erkennt. Natürlich läßt sich aus der Massen- und der Trägheitsbelegung noch ein mittlerer Gesamtträgheitsradiusdefinieren
wobei der Ausdruck in der runden Klammer hinter dem Bruch das Trägheitsradiusquadrat der glatten Welle darstellt, i, =d/4. Mit den konstanten Größen EI, kGA, ,ü, i„ i, sind alle Parameter bestimmt, die in der Bewegungsgleichung vorkommen.
11.2 Bewegungsgleichungen, homogene Lösungen Die Herleitung der Bewegungsgleichung des rotierenden runden Balkens findet sich z.B. bei Dimentberg [11.1]. Wir übernehmen sie von dort.
Bild 11.5: Ortsvektor r(x,t)=w (x,t)+j v(x,t) zur Wellenmitte
11.2 Bewegungsgleichungen,homogene Lösungen
211
Die beiden Terme der ersten Zeile sind die vertrauten Terme der biegeelastischen Welle ohne Kreiselkräfte und Schubelastizität. Die Terme 2j*pi:rn'
bzw. -pi:rn"
,
die zu Beginn der zweiten und dritten Zeile stehen, entsprechen den Termen -j @,Cl yi, bzw. -@„G, in der Bewegungsgleichung des Lavalläufers mit Kreiselkraften (Gl. 9.13). Der erste Term ist der eigentliche drehzahlabhängige Kreiselterm, der zweite Term ist der Trägheitsterm, mit dem sich der Querschnitt auch im Stillstand des Rotors gegen eine Schrägstellung wehrt. Alle weiteren Terme verschwinden im schubstamen Fall, kGA+m, rühren also aus den kleinen zusätzlichen Schubverformungen der Welle. Wir nehmen nun wiederum beiderseits gelenkige Lagerung des Rotors an, dann ist der Ansatz
für die homogene Lösung erfolgreich. Bildet man die notwendigen Ableitungen nach Ort und Zeit und setzt in die Bewegungsgleichung ein, erhält man die charakteristische Gleichung in der Form
212
11 Der Einfluß von Schubelastizität und Kreiselwirkung
Um in die LOsung Vertrauen zu gewinnen, betrachten wir zunächst den Grenzfall des stillstehenden, schubstarren Rotors (Q=0, kGA+m). Für ihn finden wir die Eigenfrequenzen zu
Gegenüber der Betrachtung von Kap. 10 werden durch die Mitnahme der Kippträgheit des Querschnitts die Eigenfrequenzen ein wenig abgesenkt, was der Korrekturterm über die Wurzel im Nenner besorgt. Bei den niedrigen Eigenfrequenzen ist der Einfluß wegen (i,/l) << 1 gering, für hohe Ordnungszahl n aber spürbar. Wie schon im vorangegangenen Kapitel gezeigt, werden durch das f Vorzeichen einmal die gleichläufigen Eigenformen mit den Eigenfrequenzen
11.3 Drehzahlabhängige Eigenfrequenzen und kritische Drehzahlen
213
festgelegt und zum andem die gegenläufigen Eigenformen mit U_,. Das läßt der Ansatz G1. (1 1.6) erkennen. Verfeinern wir die Betrachtung, indem wir die Drehzahl Q frei geben, aber noch immer Schubstarrheit annehmen, kGA+m, dann verkürzt sich die charakteristische Gleichung auf eine quadratische Gleichung, in der wir zudem die Eigenfrequenz w, noch auf die Biegeeigenfrequenz w„ normieren wollen. Mit
und Q / w „ = f i erhalten wir dann die charakteristische Gleichung in der Form
an in der der zweite Term den Kreiseleinfluß deutlich erkennen läßt. Bei schlanken Wellen, (i,/l) « 1, und niedrigen Eigenformen wird der Kreiseleinfluß gering sein.
11.3 Drehzahlabhängige Eigenfrequenzen und kritische Drehzahlen einer schlanken Welle und einer mit vielen Scheiben besetzten Welle Bild 11.6 zeigt die Eigenfrequenzen wn(Q) der glatten schlanken Welle, d / l = 1110, i,=i,. Sie wurden auf die erste Biegeeigenfrequenz w„ des Bernoulli-Balkens bezogen. Die von links unten nach rechts oben laufende Gerade ist der Fahrstrahl der Unwuchterregung. Seine Schnittpunkte mit den gleichläufigen Ästen w+,(Q) stellen die kritischen Drehzahlen dar. Strichliert sind die Eigenfrequenzen ohne SchubeinfluJ dargestellt. Als durchgehende Kurven sind die Eigenfrequenzen unter Berücksichtigung von Schubelastizität und Kreiselwirkung gezeichnet. Betrachten wir zunächst die Stillstandseigenfrequenzen o,(Q=O). Hier fehlt die Aufspaltung in den gleichläufigen U+,, und den gegenläufigen w-, Ast. Beim Bemoullibalken würden die bezogenen Eigenfrequenzen des Stillstands bei wn=1,4,9, ... liegen. Bei den höheren Eigenfrequenzen senkt sie die
214
11 Der Eintluß von Schubelastizität und Kreiselwirkung
Kippträgheit des Querschnitts der Welle etwas (strichlierte Kurven) und die Schubnachgiebigkeit deutlich ab.
1/
Gegenlauf
I
Bez. Drehzahl Bild 11.6: Einfluß von Kreiselwirkung und Schubelastizität auf die Eigenfrequenzen bei einer glatten Welle, d / l = 1110. Aufspaltung der Stillstandseigenfrequenz o,(Q=O) in gleichläufigen (gl.) oberen Ast und gegenläufigen (gg.) unteren Ast w,(Q); ----Kreiseleinfluß schubstarr, -mit Kreiseleinfluß und Schubelastizität
Mit zunehmender Drehzahl und zunehmender Ordnungszahl n wird der Einfluß von Schubnachgiebigkeit und Kreiselkräften stärker. Die Schubnachgiebigkeit senkt die Stillstandseigenfrequenzen ab und die Kreiselkrafte treiben den gleich- und den gegenläufigen Ast mehr und mehr auseinander. Insgesamt ist der Einfluß dieser Effekte auf die erste und zweite Eigenform wegen der Schlankheit der Welle gering. Bei den höheren Eigenformen ist er zwar deutlicher. Spätestens aber bei der vierten Eigenfr%quenzwird die Grenze der Brauchbarkeit der Balkentheorie erreicht, weil 1 in die Größenordnung der Wellendicke d kommt, vergl. Bild 11.2. Viel drastischer sind die Einflüsse von Schubelastizität und Kreiselwirkung, wenn viele Scheiben auf der Welle sitzen, (Bild 11.7).Hier wurde mit*i,/i, =2 gerechnet, das entspricht bei einer relativen Belegungslänge von b /1=0,50 einer Scheibendicke von D/d =2.155. Die Aufspaltung der Eigenfrequenzen in U+, und U_, wird schon in der ersten und zweiten Eigenform sehr deutlich. In der dritten Eigenform wird durch die Schubelastizität auch die zugehörige kritische Drehzahl deutlich verschoben:
11.4 Notwendige Nachschrift
215
Der Schnittpunkt von w„(SZ) mit dem Fahrstrahl w, verschiebt sich kräftig nach links, siehe Bild 11.7.
Bez. Drehzahl Bild 11.7: Verstärkter Kreiseleffekt durch dichte Besetzung der Welle mit Scheiben (d/l=1/10; i,/i,=2). Aufspaltung der Stillstandseigenfrequenz in drehzahlabhängigen gleichläufigen (oberen) Ast, dessen Schnitt mit dem Fahrstrahl kritischen Drehzahlen entspricht. Der untere Ast ist dem Gegenlauf zugeordnet (keine kritische Drehzahl).
11.4 Notwendige Nachschrift Die glatte Welle und die uniforme Vielscheibenwelle erlauben den Einfluß der Kreiselwirkung und der Schubelastizität auf die Eigenfrequenzen w,,(rR) noch weitgehend analytisch aufzuzeigen. Allerdings geht in diesem Sonderfall verloren, daß bei allgemeiner Rotorgestalt, EI=EI(x) und ,U =,U (X), nicht nur die Eigenfrequenzen, sondern auch die Eigenformen q,,(x) drehzahlabhängig werden.
216
11 Der Einfluß von Schubelastizität und Kreiselwirkung
11.5 Fragen Berücksichtigt man nur die Kreiselwirkung aber keine Schubnachgiebigkeit, dann liefert G1. (11.11) die kritischen Drehzahlen des Gleichlaufs, wenn man die Urnlaufkreisfrequenz fi gleich den Eigenfrequenzen w, setzt. (Schnittpunkte im Campbell - Diagramm). Man erhält
Diese Formel läßt erkennen, daß die Zahl der kritischen Drehzahlen beschränkt ist
denn für n>llzi, wird die Wurzel imaginär. Das erstaunt und gilt nicht mehr, sowie die Schubelastizität berücksichtigt wird. Manlfrau erkläre dieses realitätsfremde Ergebnis anhand des Biegemodells nach Bernoulli, Bild 11.3 links.
12 Gleitlagertheorie
12.1 Einleitung Läufer in Gleitlagern zeigen im dynamischen Verhalten gewisse Eigentümlichkeiten, die schon lange bekannt sind, aber erst in den sechziger Jahren hinreichend theoretisch und experimentell geklärt wurden. In Bild 12.1, das von Tondl [12.1] an einem Versuchsläufer gewonnen wurde, sind die vertikalen Amplituden der Läuferscheibe über der Drehzahl dargestellt. Zu den einzelnen Drehzahlen, den Punkten 1-6, sind die Meßschriebe wiedergegeben. In ihnen sind oben die Schwingungen des Wellenzapfens im Lager und unten, in verkleinertem Maßstab, die Scheibenschwingungen aufgezeichnet. Die in diesen Schrieben dominierende Frequenz wurde über der Drehzahl- im Bild 12.1 unten aufgetragen. Bild 12.1 oben zeigt ein Anwachsen des umlauffrequenten Schwingungsausschlages bis zur kritischen Drehzahl bei etwa 1000 Ulmin. Der Resonanzgipfel bleibt endlich durch den Dämpfungseinfluß der Lager.
Bild 12.1: Läuferamplituden und Schwingungsfrequenz in Abhängigkeit von der Drehzahl
218
12 Gleitlagertheorie
Oberhalb von 1000 Ulmin nehmen die Schwingungsausschläge monoton ab. Bei 2000 Ulmin, dem doppelten Wert der kritischen Drehzahl, tritt allerdings noch eine unbedeutende Spitze auf, deren Herkunft etwas unklar ist. Bei 2700 Ulmin setzen abrupt Schwingungen mit sehr großer Amplitude ein. Hierbei handelt es sich um einen typischen Gleitlagereffekt. Dem zu Meßpunkt 6 gehörigen Meßschrieb entnimmt man zweierlei: Die Amplituden sind noch nicht stationär, sie wachsen noch weiter an. Der Versuch wurde abgebrochen, weil die Lauferschwingungen zu groß wurden. Die Frequenz dieser sehr starken Schwingungen ist nicht die Umlauffrequenz, sondern etwa die Frequenz, mit der der Läufer in der Resonanz schwingt (1000 Ulmin). Bild 12.1 unten ist zu entnehmen, daß diese Schwingfrequenz auch bei Drehzahlen oberhalb von 2700 Ulmin nahezu erhalten bleibt. Im ganzen Bereich jenseits der Grenzdrehzahl 2700 Ulmin ist ein Betrieb nicht möglich, weil die Amplituden unzulässig groß werden. Auf Grund dieser genannten Tatsachen können wir vermuten, was später durch die Theorie bestätigt wird: Zunächst treten durch die Lziuferunwucht erzwungene umlauffrequente Schwingungen auf, die in der Resonanzstelle ihr Maximum erreichen und dann wieder abnehmen. Jenseits der Grenzdrehzahl 2700 Ulmin gibt es selbsterregte eigenfrequente Schwingungen mit monoton anwachsender Amplitude. Praktisch werden diese Amplituden natürlich nicht unendlich groß wie nach der im folgenden dargestellten linearisierten Theorie. Sie finden ihre Grenze durch Anschlagen des Läufers am Gehäuse oder durch nichtlineare Einflüsse des Ölfilms. Das soll die gestrichelt weitergeführte (nicht gemessene) Linie in Bild 12.1 oben andeuten. Wie läßt sich das von Tondl beobachtete Verhalten erklären? Welches sind die wesentlichen physikalischen Effekte? Welche Kräfte übt der Ölfilm auf den Zapfen bei Auslenkungen bzw. Bewegungen aus? Das beschriebene Schwingungsverhalten wird wesentlich durch FluidStruktur-Interaktionen bestimmt. Um solche Wechselwirkungen richtig zu erfassen, muß man die zu den Zapfenauslenkungen bzw. -bewegungen gehörenden statischen bzw. dynamischen Ölfilmkrafte kennen, die auf den Wellenzapfen wirken. Solche Kraft-Bewegungsgesetze erhält man aus der Gleitlagertheorie. Erst das Zusammenwirken des Ölfilms mit dem Läufer, der
12.1 Einleitung
219
starr oder elastisch sein kann, bestimmt schließlich das statische und dynamische Verhalten des Gesamtsystems Rotor und Gleitlager. Das Ziel der analytischen oder numerischen Untersuchungen ist es, die Stabilität des Systems zu garantieren und die erzwungenen Schwingungen, z. B. infolge Unwucht, vorauszusagen. Im folgenden wird sowohl für den starren als auch den elastischen Lavalläufer in Gleitlagern das dynamische Verhalten untersucht und diskutiert. Solange im Gleitlager nur Meine Bewegungen um eine statische Ruhelage auftreten, darf die lineare Theorie angewendet werden. Dies ist z.B. bei fast allen horizontalen Maschinen im Turbomaschinenbau gegeben, bei denen die Welle durch ihr Eigengewicht in die statische Ruhelage in den Lagern „gedrückta wird, um die durch dynamische Kräfte kleine Zusatzbewegungen hervorgerufen werden. Dieser Fall wird in Kap. 13 behandelt. Auch die Resonanzdurchfahrt läßt sich i.a. linearisieren, es sei denn, es treten Störfälle (z.B. Schaufelflug) auf oder es setzt eine Instabilität ein. Dann ist zu überprüfen, ob die lineare Theorie weiterhin gültig ist, oder ob man nichtlineare Kraft-Bewegungsgesetzefür das Gleitlager verwenden muß. Im Fall vertikaler Läufer stößt die lineare Theorie gewöhnlich an Grenzen. Bei diesen fehlt i.a. die statische Vorlast, da das Eigengewicht des Läufers in Achsrichtung wirkt. Beim statisch unbelasteten Lager schwimmt der Zapfen dann im relativ weichen (instabilen) Lagerzentrum. Durch die Wirkung dynamischer Kräfte wird er aber aus dem Zentrum herausbewegt und durchläuft in der Regel einen weiten ,,nichtlinearen" Bereich. Das geschilderte Problem tritt u.a. bei vielen vertikalen Wasserkraftmaschinen und Pumpen auf. Wir kommen im Kap. 14 darauf zu sprechen. Die Gleitlagertheorie liefert den Zusammenhang zwischen den i.a. zeitlich veränderlichen Ölfilmkraften und den Zapfenbewegungen. Dabei wird mit Hilfe der Reynolds-Differentialgleichung für das fluiddynamische System „Ölfilm zwischen bewegten Oberflächen" der vom Ort und der Zeit abhängige Druck p(8, X , t) zu vorgegebener Zapfenauslenkung bzw. -geschwindigkeit bestimmt. Durch Integration des Druckes gelangt man zu den resultierenden Zapfenkräften, die sowohl für den Fall der Statik als auch allgemein für den Fall der Dynamik ausgewertet werden können. Die Kraft-Bewegungs-Beziehungen sind streng genommen immer nichtlinear. Aus den oben genannten Gründen dürfen Sie jedoch in vielen Fällen der praktischen Anwendung linearisiert werden. Dies führt zur Einführung von Lagersteifigkeiten und -dämpfungen, die die dynamischen Eigenschaften des Ölfilms für kleine Bewegungen um einen Arbeitspunkt (statische Ruhelage des Zapfens) angeben.
220
12 Gleitlagertheorie
12.2 Die Reynolds-Differentialgleichung und die Randbedingungen Die Reynolds-Differentialgleichung, G1. (12. I), stellt die Grundlage für die hydrodynamische Schmierfilmtheorie dar.
Sie beschreibt den Orts- und zeitabhängigen Druck P($, X, t ) in Abhängigkeit von der momentanen Lage des Zapfens - ausgedrückt durch die Verlagerung e(t) und die Winkellage y(t) - sowie von dessen Geschwindigkeiten e, y (Bild 12.2). In die Differentialgleichung geht die Schmierspaltfunktion
ein (Bild 12.2 und 12.4). Sie tritt als Vorfaktor in der dritten Potenz bei den partiellen Ableitungen des Drucks auf, wobei h,(B) die geometrische Spaltfunktion bei nicht ausgelenktem Zapfen darstellt. Wichtige Parameter in G1. (12.1) sind die Winkelgeschwindigkeit C l , die Ölz*igkeit 770, sowie der Lagerradius R. G1. (12.1) wurde zweckmäßig in Zylinderkoordinaten 8, r, X angegeben, da die im Turbomaschinenbau verwendeten Lager i.a. zylindrische Form haben. Sie ergibt sich in der dargestellten Form aus der Kontinuitätsgleichung und aus den Komponenten der Navier-Stokes Gleichungen in Umfangs- und Axialrichtung. Die Kontinuitätsgleichung sagt aus, daß die Differenz zwischen den ein- und ausfließenden Volumenströmen für ein Kontrollvolumen zwischen der Lagerschale und dem Zapfen gleich sein muß der zeitlichen Änderung des Kontrollvolumens infolge der Zapfenbewegung. Die in ihr auftretenden Geschwindigkeiten werden aus den Navier-Stoke'schen Gleichungen bestimmt. Da die Trägheitsterme gegenüber den Zähigkeitsgliedern vernachlässigt werden können, stellen die Gleichungen das Gleichgewicht zwischen den Druckkräften und den Schubspannungskräften dar, die sich aus der Zähigkeit der Flüssigkeit ergeben. Dabei werden die Wellenrotation und die translatorische Bewegung des Zapfens im Lager als Randbedingungen berücksichtigt.
12.2 Die Reynolds-Differentialgleichung
221
Bild 12.2: Gleitlager mit Kreisgeometrie
Zusammenfassend liegen der Herleitung von G1. (12.1) folgende Annahmen zugrunde: das Fluid ist inkompressibel; die Trägheitskräfte werden gegenüber den Zahigkeitskräften vernachlässigt die Krümmung des Fluidfilms ist vernachlässigbar es gilt das Gesetz für Newton'sche Flüssigkeiten; die von der Temperatur abhängige Viskosität wird im Lager konstant angenommen die Strömung ist laminar der Fiuidfilm ist sehr dünn; die Fluidgeschwindigkeit in radialer Richtung wird vernachlässigt; der Druck in radialer Richtung sei konstant die Oberflächen sind glatt und sehr steif bezüglich der Zapfenbewegung wird angenommen, daß sich die Zapfenachse parallel zur Bohrung bewegt (kein Kippen). Die Störglieder auf der rechten Seite von G1. (12.1) bestehen aus mehreren Anteilen. Ihre Bedeutung für den Druckverlauf wird in Bild 12.3 erläutert. Eine rein „statische6' Druckverteilung kann bei drehender Welle entweder durch Vorgabe einer geometrischen Spaltfunktion h,(8) oder durch eine statische Radialauslenkung e erreicht werden. Beides baut einen „Schmier-
222
12 Gleitlagertheorie
keil" auf. Bei der einfachsten Lagerform des kreiszylindrischen Lagers ist h,(B) konstant. Hier ist die Zapfenauslenkung e erforderlich, um einen tragenden „statischena Druckberg zu erzeugen. Dynamische Druckanteile können auch ohne Rotation Q durch die Geschwindigkeiten y und e erzeugt werden. Bild 12.3 zeigt, welche Faktoren bei den einzelnen Störanteilen eingehen und damit für den Druckaufbau erforderlich sind. Dabei wird die Bedeutung der Viskosität 770, klar, die in allen Termen auftritt.
Druckrandbedingungen Um die Druckfunktion p (6, X, t) aus der Reynoldsgleichung berechnen zu können, müssen noch Randbedingungen und i.a. auch Anfangsbedingungen vorliegen. Nimmt man z.B. für den Fall der Statik (&=O,y=O) an, daß an der Stelle des größten Spiels (B= B,= y+x) Öl mit dem Druck p, zugeführt wird (Bild 12.2) und daß an den beiden Lagerenden X =+BI2 näherungsweise ebenfalls der Druck po herrscht, so gelten die Randbedingungen
Würde man die Reynolds-Differentialgleichung mit diesen Randbedingungen lösen, so erhielte man die statische Druckfunktion, wie sie qualitativ mit der dimensionslosen Exzentrizität r = elh, als Parameter in Bild 12.4 dargestellt ist.
Hinweis: Die Abkürzung E stand bislang fir die Massenexzentrizität des Rotors und wird ab Kap. 13 auch wieder so verwendet. Zn den nun folgenden Gleichungen des Kapitels Gleitlagertheorie wird r - wie in der Gleitlagerliteratur üblich - als auf das Lagerspiel bezogene Exzentrizität des Zapfens E = elh, in der Lagerschale benutzt. Die theoretische Berechnung kann im divergierenden Spalt zu einem negativen Druck führen. Eine Flüssigkeit kann jedoch keine negativen Drücke, also Zug-spannungen, übertragen. Wird der Druck zu klein, tritt Kavitation auf. In diesem Fall müssen die Randbedingungen dem Ölfilm-verhalten angepaßt werden. In der Praxis wird vereinfachend mit der Gümbel-Randbedingung gearbeitet. Diese nimmt an, daß sich das Kavitationsgebiet von der engsten bis zur breitesten Stelle des Ringspaltes erstreckt und setzt den Druck in diesem Bereich zu p,.
12.2 Die Reynolds-Differentialgleichung
Störanteil der Reynoldsgleichung
Für Druckaufbau erforderlich Viskosität 7701
Rotation
Q Geometrie
hd8) Viskosität 77öl
Rotation
Q Auslenkung
e
Viskosität 7701
Auslenkung
e Winkelbew.
8
Y
Viskosität
8
7701
Geschwind.
8
e
Grafische Darstellung
223
Praktische Bedeutung, Anwendung Lager mit Schmierspaltverlauf ho(8), z.B. Dreikeil lager
Auslenkung E, Y,z.B. durch statische Vorlast (Gewicht), z.B. Kreislager
Wirbelbewegung mit Radius e und y, z.B. auf einer Kreisbahn (Unwuchtschwingungen), z.B. vertikaler Läufer,
Quetschöleffekt durch radiale Geschwindigkeit e (Quetschöldämpfer)
Bild 12.3. Bedeutung der Störglieder in der Reynolds-Differentialgleichung
224
12 Gleitlagertheorie
Druckfunktion
I I
Bild 12.4: Statische Druckfunktion über dem Umfang
12.3 Lösung der Reynoldsgleichung Durch Lösen der Reynoldsgleichung läßt sich unter Annahme sinnvoller Anfangs- und Randbedingungen die Druckfunktion infolge der momentanen Zapfenlage (radiale Auslenkung e , Winkellage y) und der Zapfenbewegung (Rotation C2 , radiale Geschwindigkeit e und Winkelgeschwindigkeit y) bestimmen. In der Regel werden dazu numerische Verfahren eingesetzt. Im Sonderfall des kreiszylindrischen Kurzlagers läßt sich eine geschlossene Lösung finden (Kap. 12.5). Für den Ingenieur sind nicht nur die lokalen Druckgrößen p(8,x, t ) wichtig, sondern er muß vor allem die resultierenden Kräfte kennen, die im statischen bzw. dynamischen Fall vom Ölfilm auf den Zapfen wirken. Deshalb wird die Druckfunktion p (8, X, t) über Umfang und Länge des Lagers integriert. Die
12.3 Lösung der Reynoldsgleichung
225
resultierenden Ölfilmkräfte können dann in einem der beiden Koordinatensysteme (X-y-z oder X-r-U)dargestellt werden (Bild 12.2). Zum Beispiel ergeben sich Radialkraft F, und Tangentialkraft F, mit p=8-y wie folgt:
F, ist die Kraft, die in Richtung der radialen Auslenkung e wirkt (Verbindungslinie der Mittelpunkte ML-MD siehe Bild 12.2) und F, die dazu senkrechte Kraftkomponente. Als Ergebnis der Integration zeigt sich, dd3 die Kräfte
i.a. nichtlinear von den zeitveränderlichen Bewegungsgrößen e, y,e, y abhängen. Mit G1. (12.5) wird der Zusammenhang zwischen Kinematik (Zapfenbewegung) und Dynamik (Ölfilmkräften) hergestellt. Im Sonderfall der Statik sind die Geschwindigkeiten e = y =O. Der Zapfen befindet sich dann in Ruhe, d.h. die auf den Zapfen wirkenden äußeren Kräfte (z.B. das Gewicht der Welle) stehen mit den Ölfilmkräften F, (e, y, 0,O) und FJe, y, 0,O) im Gleichgewicht. Bild 12.5 verdeutlicht dies für das Kreislager mit einer in z-Richtung wirkenden Kraft F, die sich z.B. durch das Eigengewicht der Welle ergibt. Infolge dieser Last stellt sich der Zapfen in einer Gleichgewichtslage e, y so ein, daß die resultierende Ölfilmkraft, die sich aus F,, F, ergibt, mit F im Gleichgewicht steht. Wir erkennen, daß der Zapfen nicht nur in Kraftrichtung, sondern auch seitlich dazu ausweicht. Von vielen experimentellen und theoretischen Untersuchungen an Gleitlagern [12.2, 12.3, 12.4, 12.51 weiß man, daß Gleichgewichtslagen des Zapfens nicht nur von der Kraft F, sondern auch von der Lagergeometrie (Breite B, Durchmesser D, relatives Lagerspiel iy=holR), von der Ölz2higkeit 770,und von der Winkelgeschwindigkeit !2 abhängen. Dabei spielt der Lagertyp eine wichtige Rolle.
226
12 Gleitlagertheorie
Bild 12.5: Drehzahl- bzw. Sornmerfeldzahl-abhängige Gleichgewichtslage des Zapfens (Ortskurve)
Eine charakteristische Größe dafür ist die dimensionslose nach Somrnerfeld benannte Lagerkennzahl
In Bild 12.5 ist als Beispiel die Ortskurve aller Gleichgewichtslagen bei vertikaler Kraftrichtung für ein Kreislager gezeigt. Bei sehr kleiner statischer Lagerkraft (kleine So-Zahl) befindet sich der Zapfen nahezu im Zentrum (Punkt A, e=O). Steigert man die Kraft F, weicht der Zapfen senkrecht zur Kraftrichtung aus und folgt bei weiterer Kraftzunahme der Gleichgewichtslinie bis schließlich bei sehr hoher Belastung (So-Zahl groß) der Punkt B (e=h„ y=O) am Spielkreis erreicht wird. Verfolgt man bei sonst konstanten Größen F, V , qö„B,D einen Hochfahrvorgang (zunehmendes Q ) , so bewegt sich der Zapfen auf der Gleichgewichtslinie in entgegengesetzter Richtung von B nach A bzw. von großen zu kleinen So-Zahlen. Eine sehr schnell drehende Welle hat daher eine nahezu zentrische Gleichgewichtslage. In vielen Veröffentlichungen, insbesondere in der angelsächsischen und japanischen Literatur, findet man die charakteristische Lagerkenngröße etwas
12.4 Linearisierung der Ölfilmkräfte, Feder- und Dämpfungszahlen
227
anders definiert. In [12.6] wird z.B. die mit 2 n multiplizierte, „umgekehrte Sornrnerfeld-Zahl" verwendet:
12.4 Linearisierung der Ölfilmkräfte, Feder- und Dämpfungszahlen Die in Bild 12.5 gezeigte statische Ruhelage e, y des Zapfens kann sich nur dann einstellen, wenn die Gleichgewichtslage stabil ist und keine zeitveränderlichen Störungen (z.B. Unwuchtkrafte) wirken. Wir nehmen jetzt an, daß infolge äußerer Störkräfte Bewegungen um die Ruhelage auftreten und fragen nach den Kräften, die dann vom Ölfilm auf den bewegten Zapfen wirken. Sind diese Bewegungen groß, so muß man die nichtlinearen Kräfte F„F, nach G1. (12.5) zur Beschreibung heranziehen. Diese Aufgabe stellt sich fast immer bei vertikalen Maschinen.
Bild 12.6: Dynamische Zusatzkräfte im Gleitlager bei kleinen Bewegungen um die statische Ruhelage
Bei horizontalen Maschinen beobachtet man, daß sich im Betrieb meist kleine Bewegungen um die Ruhelage einstellen (Bild 12.6). In diesen Fällen darf man die nichtlinearen Kraft-Bewegungsgesetzeim Betriebspunkt linearisieren. Bei der Linearisierung entwickelt man die Kräfte in eine Taylorreihe und bricht diese nach den linearen Gliedern ab. So erhält man z.B. für Tangentialund Radialkraft
228
12 Gleitlagertheorie
Mit den Abkürzungen für die partiellen Ableitungen
laßt sich G1. (12.8) in Matrixschreibweise folgendermaßen darstellen:
Die dem Verschiebungsvektor zugeordnete Matrix bezeichnet man auch als Steifigkeitsmatrix S des Gleitlagers und die dem Geschwindigkeitsvektor zugeordnete als Dämpfungsmatrix D. Will man die Ölfilmkräfte nicht in den Au-Ar-Koordinaten haben, sondern in den in der Rotordynamik gebräuchlichen Ay-Az-Koordinaten, dann bedarf es einer Transformation. Für sie gilt
[
cos y -sin y
.;;;.
]{:],
wie ein Blick auf Bild 12.6 zeigt.
12.5 Statische und dynamische Eigenschaften des kurzen Kreislagers
229
In Bild 12.7 ist eine anschauliche Interpretation der G1. (12.10) dargestellt. Sie ist insofern unzulänglich, als durch die verwendeten „passiven" Feder- und Dämpfungselemente symmetrische Matrizen S und D auftreten, was tatsächlich aber nicht der Fall ist.
I
J AU
Bild 12.7: Modell für das Gleitlagerverhalten, Linearisierung um den Betriebspunkt
12.5 Statische und dynamische Eigenschaften des kurzen Kreislagers Am Beispiel des kreiszylindrischen Kurzlagers wollen wir zunächst zeigen, welche statischen und dynamischen Eigenschaften ein Ölfilm besitzt. Dabei sind geschlossene Lösungswege möglich. Im folgenden Abschn. 12.6 betrachten wir dann einige andere Lagertypen, die in der Praxis häufig eingesetzt werden. 12.5.1 Vereinfachungen beim kreiszylindrischen Kurzlager
Bei einer im Verhältnis zum Durchmesser D kleinen Lagerbreite B ist die Druckänderung in Umfangsrichtung klein gegen die Druckänderung in axialer Richtung. Beim kreiszylindrischen Kurzlager darf man deshalb die Differentialgleichung (12.1) derart vereinfachen, daß man den Term d p l d ß gegenüber der zweiten Druckänderung d p l d x vernachlässigt. Da beim Kreislager außerdem das Lagerspiel h,(ß) konstant ist, entfällt auch die Ableitung dh,ldß und so verbleibt die vereinfachte Reynoldsgleichung im X-r-U-Koordinatensystem in der folgenden Form:
230
12 Gleitlagertheorie
die von Dubois and Ocvirk [12.7] geschlossen gelöst wurde. Die Terme auf der rechten Seite sind nicht von der Längskoordinate X abhängig und deshalb gelangt man schnell durch zweimalige Integration zu einer Lösung für p (q, X ,t). Unter Berücksichtigung der folgenden Randbedingungen
ergibt sich die Druckfunktion zu
die sich für den Sonderfall der Statik (e = 0, y = 0) wie folgt vereinfacht
Man sieht im Vergleich zu Bild 12.3, daß nur der zweite Anteil in der Losung auftritt. Falls ein Zulaufdruck p, vorliegt, den wir oben null gesetzt haben, taucht er in G1. (12.14) und G1. (12.15) als ein additives Glied auf. 12.5.2 Kraft-Bewegungsgesetz Wir interessieren uns vor allem dafür, welche Kräfte vom 0lfilm auf den Zapfen wirken. Dazu müssen wir die zuvor bestimmten Druckfunktionen G1. (12.14) bzw. G1. (12.15) über Umfang und Lange integrieren sowie in Komponenten zerlegen. Nimmt man die Integration zuerst entlang der x-Achse (siehe Bild 12.8) bei festgehaltenem q vor, so findet man die auf ein Segment Rdq wirkenden Kraftkomponenten in radialer bzw. tangentialer Richtung
12.5 Statische und dynamische Eigenschaften des kurzen Kreislagers
231
B12
Das Integral
p(q, X,t) dx ergibt sich zu -B12
dF Rd(?
--
mit
E
-
Br
7 7 i i , ~ ~ CEJ( 2y/Q - 1)sin 9 + 2&/Q cos 9
P(Y>,~,t)d~=2-
-BI2
2h0
3
(I - E cos 9)
(12.17)
= e/h, als der relativen Auslenkung (siehe Hinweis in Kap. 12.2)
Bild 12.8: Kraftkomponenten am Segment R d q
Bei der nun folgenden Integration wertet man die beiden Integrale entsprechend der Gümbel-Randbedingung nur im Bereich ~1 q 1 2 z aus, so findet man die beiden Kraftkomponenten F„F, in Abhängigkeit von den Bewegungsgrößen e, y,e, y zu
232
12 Gleitlagertheorie
Oft gibt man die Kräfte auch in dimensionsloser Form an r
Hierin ist ß=BID die relative Lagerbreite. Damit liegt eine geschlossene nichtlineare Lösung der Ölfilmkräfte des Kurzlagers vor. Mit den gewonnenen Gln. (12.18) bzw. (12.19) lassen sich die Krrifte für Sonderfälle behandeln, z.B. für den Fall der Statik oder den Fall einer gleichmäßigen Bewegung auf einer Kreisbahn. Durch Ableitung der Kräfte nach den Verschiebungen und Geschwindigkeiten können darüber hinaus die Feder- und Dämpfungskonstanten des Ölfilms zu vorgegebenen statischen Ruhelagen ermittelt werden.
12.5.3 Die Ortskurve der statischen Ruhelage des Wellenzapfens Aus den allgemeinen Kraft-Bewegungsbeziehungen G1. (12.18) laßt sich der Sonderfall des zwar rotierenden aber sonst unbewegten Zapfens behandeln, indem man i. und y zu Null setzt. Die mit C l rotierende Welle nimmt dann entsprechend der äußeren Belastung eine statische Ruhelage ein, die durch e bzw. ~ = e / h ,und die Winkellage ygegeben ist (Bild 12.5). Die zugehörigen Rückstellkrafte des Ölfilms in radialer und tangentialer Richtung sind für diesen Fall
12.5 Statische und dynamische Eigenschaften des kurzen Kreislagers
233
Wirkt die äußere Kraft F in der positiven z-Richtung, was 2.B. einer Belastung durch das Eigengewicht der Welle entspricht, so gilt nach Bild 12.5 und G1. (12.11) folgende Beziehung zwischen den Kräften:
F, =O=F,cos y + F , s i n y F~= -F = -F, sin y + F, cos y
tany=-- F" . Fr
(12.21)
Die Verknüpfung von G1. (12.20) mit G1. (12.21) durch Elimination von y führt schließlich über
zu folgender Kraft-Exzentrizitäts-Beziehung
Mit G1. (12.23) ergibt sich für die So- Zahl
Bild 12.9 zeigt in logarithmischer Darstellung den Verlauf der bezogenen statischen Lagerkraft so/ß2 in Abhängigkeit von der Exzentrizität E, G1. (12.24).
234
12 Gleitlagertheorie
bezogene Zapfenauslenkung
E
= elh,
Bild 12.9: Kraft-Exzentnzitäts-Beziehung für das Kurzlager
Den Zusammenhang So = So ( E ) kann man in verschiedener Hinsicht interpretieren. Steigert man z.B. die Kraft F bei sonst gleichen Größen V ,B , D , q ~ M, , , so wächst die Exzentrizität E an und der Zapfen nimmt eine Position ein, die sich mehr und mehr der Lagerschale nähert. Den gleichen Effekt würde man z.B. auch bei einer Verringerung der Winkelgeschwindigkeit M beobachten. Man erkennt daran, daß die statische Ruhelage des Zapfens durch jede der Größen F, V ,B , D, qoi,M beeinflußt werden kann. Da im praktischen Betrieb jedoch die geometrischen Größen V ,B, D mehr oder weniger konstant sind, interessieren uns insbesondere die Einflüsse von F, qoi und 0. Weiter oben haben wir festgestellt, daß es für den betrachteten statischen Lastfall zu jeder Exzentrizität eine Winkellage y gibt, G1. (12.22). Damit kann man zu vorgegebener So-Zahl zuerst die Exzentrizität E und daraus auch die zugehörige Winkellage y bestimmen. Man kommt so zur Ortskurve aller Gleichgewichtslagen bzw. zur statischen Verlagerungsbahn. Bild 12.10 stellt eine solche Ortskurve mit den Verlagerungsgrößen E und y und der jeweils zugehörigen bezogenen statischen Lagerkraft so/ß2 dar.
12.5 Statische und dynamische Eigenschaften des kurzen Kreislagers
235
Bild 12.10: Statische Verlagerungsbahn für das kreiszylindrische Kurzlager
12.5.4 Feder- und Dämpfungskonstanten des Ölfilms Die oben angegebenen Gleichungen (12.18) beschreiben das nichtlineare Kraft-Bewegungsgesetz des Kurzlagers für beliebige Positionen E, y und Geschwindigkeiten e , y des Zapfens innerhalb des Lagerspiels 0 1 E < 1. Wie bereits erwähnt, darf man in vielen Fallen der Praxis - insbesondere bei horizontalen Wellen - eine Linearisierung der Lagerkräfte um eine statische Ruhelage vornehmen. Dies wurde in GI. (12.8) für das U-r-Koordinatensystem bereits gezeigt. In der Rotordynamik wird aber meistens das zweckmäßigere y-z-System verwendet, das auch in Bild 12.6 zur Erklärung der Linearisierung dargestellt wurde. Wir verzichten deshalb hier auf die Angabe der Steifigkeiten und Dämpfungen, Gln. (12.8) bis (12.10), im U-r-Systemund schreiben statt dessen die entsprechenden Ausdrücke in y-z-Koordinaten an. Dazu gehen wir von den im U-r-System leicht herleitbaren und bereits bekannten Kräften F„F, , G1. (12.189, aus und führen diese durch Transformation in Kräfte Fy,F, über. Um zu den gesuchten Steifigkeiten und Dämpfungen zu gelangen, bilden wir dann die partiellen Ableitungen dieser Kräfte nach y,z bzw. y und z. Bei bekannten Kräften F„Fr vollzieht sich die weitere Herleitung deshalb in folgenden Schritten Transformation der Lagerkräfte in das y-z-System (s. auch G1. 12.11)
236
12 Gleitlagertheorie
Ermittlung der Steifigkeiten und Dämpfungen im y-z-System
Kraft- Bewegungsgesetz
dFy dF, Dabei erhält man die partiellen Ableitungen -,usw. aus G1. (12.25), dr dy dr dy während sich die Ausdrücke -,- usw. aus einfachen geometrischen dy dy Beziehungen ergeben.
12.5 Statische und dynamische Eigenschaften des kurzen Kreislagers
237
Nach einiger Zwischenrechnung findet man schließlich die dimensionslosen Feder- und Dämpfungskonstanten, die sich durch Vormultiplikation mit ho/Fo (Steifigkeiten) bzw. mit ho.Q/Fo (Dämpfungen) ergeben.
mit
Man erkennt, daß die Feder- und Dämpfungseigenschaften des kreiszylindrischen Kurzlagers nur von der Exzentrizität E abhängen. Diese gibt zusammen mit der Winkellage y die statische Ruhelage des Zapfens im Ö1film an, wenn z.B. eine äußere Belastung F in Richtung der z-Achse
238
12 Gleitlagertheorie
aufgebracht wird. Beim „Durchwandern" der Ortskurve (Bild 12.10) kann man somit jedem Punkt der Ortskurve - charakterisiert durch die Sornmerfeldzahl So-Zahl - genau definierte Federkonstanten yyy,yyz,Y„, y„ und Dämpfungskonstanten ßyy,ßyz,ß„, ß„ zuordnen.
/
0
0.1
Dimensionslose
0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 0.7 Bezogene Zapfenauslenkung
0.8
Dimensionslose Dämpfungskonstanten
ßk
ßyz'
0.9
1
E = eh,
ß„
ßzy
-5 0
0.1
0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 0.7 Bezogene Zapfenauslenkung
0.8
0.9
1
E=eh,
Bild 12.11: Dimensionslose Steifigkeits- und Dämpfungskonstanten des kreiszylindrischen Kurzlagers
Bild 12.11 zeigt den Verlauf der acht Konstanten über der Exzentrizität E. In Tabelle 12.1 findet man für einzelne Punkte der statischen Verlagerungsbahn jeweils die statischen Größen E , y , ~ o l ß 2und zugeordnet die oben definierten dimensionslosen Feder- und Dämpfungskonstanten. Auf diese Darstellung kommen wir nochmals zurück, wenn wir zum Vergleich andere Lagertypen heranziehen.
12.5 Statische und dynamische Eigenschaften des kurzen Kreislagers
239
Tabelle 12.1: Dimensionslose Feder- und Dämpfungskonstanten des kreiszylindrischen Kurzlagers: yik= sik.hO/F, Pik= d i k . h O . n / Fin Abhängigkeit von der statischen Ruhelage ( E , y) bzw. von der bezogenen Sommerfeldzahl so/ß2.
Federkonstanten Yzz
Dämpfungskonstanten
Yy
1.32 10.38 1.49
5.76
1.79
4.48
2.24
4.04
2.92
3.97
3.95
4.13
5.65
4.53
9.04
5.32
19.09
7.26
Bei kleinen &-Werten befindet sich die Zapfenmitte nahe der Lagerrnitte. Dieser Fall entspricht dem schwach belasteten Lager bzw. der schnell drehenden Welle (kleine So-Zahl). Die Hauptsteifigkeiten y„, yyy sind hier klein im Vergleich zu den Koppelsteifigkeiten y„, y„ . Letztere sind dem Betrage nach gleich, besitzen jedoch unterschiedliche Vorzeichen. Ein Federsystem mit diesen Eigenschaften - die Steifigkeitsmatrix besitzt schiefsymmetrischen Aufbau - kann wegen der destabilisierenden Wirkung gefährlich sein. In der Dämpfungsmatrix sind bei kleinen &-Werten die Hauptdämpfungen
ß y y , ß „ dominant. Diese „echtenG' Dämpfungen wirken den anfachenden Kräften durch y„ , yyz entgegen und sind daher stabilisierend. Wenn sich der Zapfen der Lagerschale nähert, also E gegen 1 geht, wachsen y„ und ß„ stark an. Eine Erklärung dafür ist, daß der Schmierspalt in Richtung der z-Achse jetzt am kleinsten und somit in dieser Richtung am steifsten ist (Y„) und außerdem die größte Quetschölwirkung (P„) besitzt. Steifigkeits- und Dämpfungswerte in y-Richtung sind dagegen relativ klein. Im Bereich der größeren &-Werte ist die Gefahr der Instabilität nicht mehr
240
12 Gleitlagertheorie
gegeben, weil starke Orthotropie in den Steifigkeiten vorliegt und die Dämpfung hoch ist. Sind die Feder- und Dämpfungszahlen für einen bestimmten Lagertyp in Abhängigkeit von der Exzentrizität E gegeben, so kann man zu einem vorgegebenen Betriebszustand eines Lagers, ausgedrückt durch Lagerlast F, Winkelgeschwindigkeit R , Ölzähigkeit V„, Betriebsspiel h, usw. angeben, welche Feder- und Dämpfungseigenschaften das Lager besitzt. Damit lassen sich dann rotordynamische Untersuchungen durchführen. 12.5.5 Dynamische Nachgiebigkeit des Ölfilms. Bewegungsbahnen eines Wellenzapfens bei dynamisch umlaufender Kraft Um zu zeigen, welche dynamische Nachgiebigkeit ein Wellenzapfen in einem kreiszylindrischen hydrodynamischen Kurzlager erfährt, betrachten wir den Fall, daß eine dem Betrag nach konstante mit der Winkelgeschwindigkeit R umlaufende Kraft F am Wellenzapfen angreift. Dies kann z.B. eine Unwuchtkraft sein (Bild 12.12). Gleichzeitig soll auch eine statische Kraft F (z.B. durch Eigengewicht) in Richtung der z-Koordinate wirken, die den Zapfen zunächst in eine statische Ruhelage drückt, um die herum dann der eigentlich dynamische Vorgang abläuft. Die Größe der sich dabei einstellenden Bewegungsbahn ist ein Maß für die dynamische Nachgiebigkeit des Ölfilms in der jeweiligen statischen Position. , die WinkelgeWir wollen annehmen, daß die Lagergrößen B ,D, V ,~ 0 und schwindigkeit R konstant sind. Es wird lediglich die statische Lagerkraft F variiert, so daß sich unterschiedliche statische Zapfenpositionen einstellen können. Für jede der angenommenen statischen Lagerkräfte F wird nun die mit R umlaufende konstante Kraft F überlagert und die dynamische Verlagerungsbahn bestimmt.
Bild 12.13 zeigt für die fünf statischen Lagerkräfte F = 0 , F„ 3 F„ 6E'„ 306, jeweils die statische Ruhelage innerhalb des Spielkreises und die sich überlagernde Bewegungsbahn infolge der in allen Fallen mit R umlaufenden konstanten Kraft F. Für F = 0 ergibt sich im Zentrum eine Kreisbahn mit relativ großer Amplitude. Das Lager ist hier also weich und verhält sich nahezu isotrop. Mit wachsender Lagerbelastung F wandert der statische Betriebspunkt entlang der Verlagerungsbahn (Bild 12.10) nach außen. Der Ölfilm wird „dynamisch" steifer und entsprechend fallen die Bewegungsbahnen kleiner aus. Außerdem zeigen sich bestimmte Vorzugsrichtungen der Bewegung. Senkrecht zur Lagerschalenwand ist die Steifigkeit hoch und die Bewegungen sind klein.
12.5 Statische und dynamische Eigenschaften des kurzen Kreislagers
241
Parallel zur Lagerschalenwand ist der Ölfilm dagegen weicher und läßt somit größere Wege zu. Ein Blick auf die Feder- und Dämpfungskonstanten (Bild 12.1 1) des Kurzlagers verdeutlicht dieses Verhalten durch ein Anwachsen von y„ und ß„ mit zunehmender Exzentrizität.
Verlagerungsbahn z
Bild 12J2: Statische und dynamische Kräfte am Wellenzapfen des Kurzlagers: F statische Kraft, F dynamische Kraft
Verlagerungsbahn
Bild 12.13: Statische Verlagerung und dynamische Bewegungsbahnen eines Wellenzapfens bei umlaufender Kraft
242
12 Gleitlagertheorie
12.6 Statische und dynamische Eigenschaften von Gleitlagern mit anderen Geometrien Das zuvor behandelte kreiszylindrische Kurzlager hat die einfachste Lagergeometrie unter den Gleitlagern. Neben dieser Form wurden aber für die verschiedensten technischen Anforderungen (Stabilität, Dämpfung, Tragfahigkeit) viele andere Lagergeometrien entwickelt und erprobt, die sich in der Praxis bewährt haben. Einige typische Beispiele zeigt Bild 12.14, wobei die Lagerflächen entweder in einer festen Geometrie vorgegeben sind (Kreislager, Zitronenlager, Dreikeillager) oder als bewegliche Segmente ausgeführt sein können (Kippsegmentlager).
Bild 12.14: Lagergeometrien: a) Kreislager, b) Zitronenlager, C ) Dreikeillager, d) Kippsegmentlager.
Grundsätzlich zeigen die Lager a bis C ein ahnliches Verhalten. Wenn eine statische Last in z-Richtung aufgebracht wird, so stellt sich eine bestimmte Exzentrizität mit zugehörigem Winkel y ein. Allerdings haben die statischen Verlagerungsbahnen je nach Lagergeometrie unterschiedliches Aussehen (Bild 12.15). Während das Zitronenlager bei vertikaler Last wegen der horizontalen Weichheit viel stärker seitlich ausweicht als das Kreislager, liegt die Verlagerungskurve beim Dreikeillager weiter innen und besitzt eine nahezu konstante Winkellage y. Eine Besonderheit finden wir beim Kippsegmentlager. Dieses Lager ist mit seinen beweglichen Segmenten so gestaltet, daß Kraft- und Auslenkungsrichtung übereinstimmen. Deshalb verschiebt sich der Zapfen entlang der Linie y=O nach unten, wenn eine vertikale Kraft @-Richtung)aufgebracht wird.
12.6 Eigenschaften von Gleitlagern mit anderen Geometrien
0"
\
243
Kreislager
Bild 12.15: Verlagerungsbahnen für unterschiedliche Lagergeometrien
Bild 12.16 stellt entsprechend zu Bild 12.9 die Kraft-Exzentrizitätsbeziehungen für verschiedene Lagertypen dar. Die dynamischen Eigenschaften der Lager werden durch ihre Feder- und Dämpfungskonstanten beschrieben. Bei den ersten drei Lagertypen finden wir ähnliche Kurvenverläufe über der Exzentrizität. Eine Besonderheit bildet auch hier das Kippsegmentlager, bei dem die Koppelgrößen Y„, yyz,P„, P„ fehlen. In den Bildern 12.17, 12.18, 12.19 sind die Feder- und Dämpfungskonstanten der verschiedenen Lager b), C), d) grafisch dargestellt. In den Tabellen 12.2, 12.3 und 12.4 findet man entsprechend alle statischen und dynamischen Zahlenwerte zusammengestellt.
Bild 12.16: Kraft-Exzentrizitätsbeziehungen für verschiedene Lagertypen.
244
12 Gleitlagertheorie
&' ;
I:
Y, k
-
'
10
5
0 -5
-----
7
'
-
YYY
/
-
-
Dimensionslose
-10 -15 -20 0
0.1
02
0.3
0.4
0.5
0.6
0.7
Bezogene Zapfenauslenkung
0.8
0.9
E = elh
,
20 ßik
15
-
10
-
5
-
0
-
-5
-
-10
-
-15
-
0
ßZy,ßyz
0.1
0.2 0.3
Dimensionslose Dämpfungskonstanten pik
0.4 0.5
0.6 0.7
Bezogene Zapfenauslenkung
0.8
0.9
E = elh
1
,
Bild 12.17: Dimensionslose Steifigkeits- und Dämpfungskonstanten des Zitronenlagers mit B/D=0,8
12.6 Eigenschaften von Gleitlagern mit anderen Geometrien
-15 -
I
r
Dimensionslose Steifigkeitskonstanten
Bezogene Zapfenauslenkung
I
y„
E =eh,
Dimensionslose Dämpfungskonstanten
Bezogene Zapfenauslenkung
245
P,~
E = e/h
I
,
Bild 12.18: Dimensionslose Steifigkeits- und Dämpfungskonstanten des Dreikeillagers mit B/D=0,5
246
12 Gleitlagertheorie
Dimensionslose Steifigkeitskonstanten
Bezogene Zapfenauslenkung
~ i k
E = elh
,
E = elh
,
Dimensionslose
5
-
0
-
,ß
Bezogene Zapfenauslenkung
Bild 12.19: Dimensionslose Steifigkeits- und Dämpfungskonstanten des Kippsegmentlagers mit B/D=0,5
12.6 Eigenschaften von Gleitlagern mit anderen Geometrien
247
Tabelle 12.2: Dimensionslose Feder- und Dämpfungskonstanten des Zitronenlagers: yik=sik.hO/F, ß i k = d i k . h O . n / Fin Abhängi keit von der statischen Ruhelage (E, y) bzw. von der bezogenen Sornrnerfeldzahl So/ß ! .i
Federkonstanten
Dämpfungskonstanten
248
12 Gleitlagertheorie
Tabelle 12.3: Dimensionslose Feder- und Dämpfungskonstanten des Dreikeillagers: fik= sik.h,/F , Pik= d i k . h O . W Fin Abhängi keit von der statischen Ruhelage ( E , y) bzw. von der bezogenen Sornmerfeldzahl SoIß .
H
Federkonstanten
Dämpfungskonstanten
12.6 Eigenschaften von Gleitlagern mit anderen Geometrien
249
Tabelle 12.4: Dimensionslose Feder- und Dämpfungskonstanten des Kippsegmentlagers: y i k = s i k . h O I F, ßik=dik.h0.L2/F in Abhängi keit von der statischen Ruhelage ( E , y) bzw. von der bezogenen Sommerfeldzahl So/ß .
8
Federkonstanten
Dämpfungskonstanten
250
12 Gleitlagertheorie
12.7 Fragen Durch welche Lagergrößen bzw. Betriebsgrößen wird die statische Ruhelage eines Wellenzapfens in einem Gleitlager bestimmt? In welcher dimensionslosen Kenngröße sind diese Größen zusammengefaßt? Nennen Sie Beispiele dafür, wie es in einem Gleitlager zum statischen bzw. dynamischen Druckaufbau kommen kann? Von welchen physikalischen Größen sind die Kräfte in einem Gleitlager abhängig? Wie lassen sich diese Kräfte bei kleinen Bewegungen um eine Ruhelage ausdrücken? Welche Lagergeometrien sind Ihnen bekannt? Durch welche Differentialgleichung wird das Kraft-Bewegungsgesetz in einem Gleitlager beschrieben? Welche Vereinfachung ist in dieser Differentialgleichung beim Kurzlager erlaubt? Warum zeigt eine Welle in einem Zitronenlager bessere Stabilitätseigenschaften als in einem Kreislager?
13 Der horizontale Läufer in Gleitlagern
13.1
Einleitung
Bei der überwiegenden Anzahl von rotierenden Maschinen liegt der Läufer horizontal. Dabei wird das Gewicht von den Gleitlagern getragen. Diese statische Gewichts-Vorlast in den Lagern hat großen Einfluß auf das dynamische Verhalten der gesamten Rotor-Gleitlager Anordnung (siehe Kap. 12). Neben dem Gewicht können natürlich auch andere statische Kräfte quer zur Wellenachse wirken, z. B. Zahnkräfte bei Maschinen mit Getriebe oder hydraulische Kräfte an Laufrädern. Gewicht
Bild 13.1: Horizontale Läufer-Gleitlager Anordnung
Beim horizontalen Läufer denken wir aber in erster Linie an die gewichtsbedingte statische Ruhelage, der sich eine Schwingbewegung (Orbit) durch dynamische Zusatzkräfte (z.B. Unwuchtkräfte) überlagert. Oft sind die dynamischen Zusätzkräfte klein gegen die statischen Lagerkräfte, so daß die in Kap. 12 gezeigte Linearisierung der Lagerkräfte um den Betriebspunkt erlaubt ist. Damit ist eine Untersuchung des dynamischen Verhaltens mit Hilfe der Steifigkeits- und Dämpfungszahlen des Gleitlagers möglich, die allerdings drehzahlabhängig sind.
252
13 Der horizontale Läufer in Gleitlagern
Im weiteren behandeln wir nur die symmetrische statisch bestimmte 2-LagerAnordnung. Ist die Welle sehr steif im Vergleich zur Lagerung, so darf mit dem einfachsten Modell des starren Rotors in Gleitlagern gearbeitet werden. Andernfalls müssen wir vom elastischen Läufer ausgehen und als weiteren Parameter die Wellensteifigkeit s mitnehmen (Bild 13.2 a und b). Der Einfachheit wegen konzentrieren wir uns außerdem auf rein translatorische Bewegungen und lassen Winkelbewegungen, die eine Einbeziehung der Trägheitsmomente erfordern würden, außer acht.
starrer Läufer mit Masse m, Massenexzentrizität
elastischer Läufer mit Wellensteifigkeit s,
Scheibe mit Masse m, Massenexzentrizität E
E
Gleitlager mit Feder-
und Dämpfungszahlen sik,dik
Bild 13.2: Horizontale Rotor-Gleitlager-Anordnungen: a) Starrer Läufer, b) Elastischer Läufer
13.2
Der starre Läufer in Gleitlagern
Wie in Bild 13.2 a gezeigt, besteht dieses sehr einfache Modell lediglich aus dem starren Läufer mit der Masse m, der Massenexzentrizität r und den beiden symmetrisch angeordneten Gleitlagern mit ihren Feder- und Dämpfungskonstanten s d,. Es ist geeignet, das dynamische Verhalten Stabilität und unwuchterzwungene Schwingungen - von steifen Läufern zu untersuchen. Es bietet sich auch zur grundsätzlichen Analyse der dynamischen Eigenschaften von Gleitlagern an, da die Eigendynamik des Läufers nicht mit eingeht. Obwohl die starre Welle als Grenzfall in der Betrachtung des elastischen Läufers in Gleitlagern enthalten ist, wollen wir sie als einen Sonderfall vorziehen, zumal die Rechnung relativ einfach ist.
,„
13.2 Der starre Läufer in Gleitlagern
253
13.2.1 Die Bewegungsgleichungen
Bei der Aufstellung der Bewegungsgleichungen des symmetrischen starren Läufers (Bild 13.3) gehen wir von der statischen Ruhelage der Welle im Gleitlager aus, die bei gegebenen Lagerdaten durch das Eigengewicht G = m g des Läufers bestimmt ist. Die statischen Lagerkräfte sind dann jeweils F = mg 12. Die Bewegungskoordinaten des Wellenmittelpunktes W, die wir von der Ruhelage aus zählen, seien wieder mit V (y-Richtung) und W (zRichtung) bezeichnet, wobei wir das A Zeichen von Kap. 12 der einfacheren Schreibweise wegen weglassen.
Bild 13.3: Modell des symmetrischen starren Läufers, Koordinaten, Freiheitsgrade und Kräfte
Die Bewegungsgleichungen lauten:
Sie drücken das „dynamische" Gleichgewicht der Trägheits-, Dämpfungs-, Steifigkeits- und Unwuchtkräfte aus, wobei die Steifigkeits- und Dämpfungsterme hier nur vom Gleitlager kommen. Da wir von der statischen Ruhelage des Läuferzentrums ausgingen, erscheint die Gewichtskraft nicht mehr. Der Faktor 2 steht für die beiden Lager. In Kap. 12 haben wir die dimensionslosen Feder- und Dämpfungskoeffizienten y„ ,Pikeingeführt,
254
13 Der horizontale Läufer in Gleitlagern
die zu vorgegebenem Lagertyp mit ß=BID nur noch von der SommerfeldZahl abhängen. Die Diskussion der Ergebnisse gestaltet sich einfacher, wenn wir die GI. (13.1) dimensionslos anschreiben (Reduktion der Systemparameter). Dazu führen wir zunächst die Bezugsfrequenz wo und eine damit gebildete dimensionslose Zeit z ein:
wobei sich 2F/ho als fiktive Lagersteifigkeit interpretieren läßt. Mit z = o o t werden die Ableitungen nach t ersetzt durch die Ableitungen nach z
Die Auslenkungen W, V werden wieder auf die Massenexzentrizität gen
E
bezo-
Unter Berücksichtigung von G1. (13.2) bis G1. (13.5) gelangt man schließlich zu Bewegungsgleichungen, in denen dimensionslose Größen vorkommen, wobei auch noch die bezogene Winkelgeschwindigkeit q=Rlw, eingeführt wird
{r]
= q2{cOsqz] sin ur
(13.7')
13.2 Der starre Läufer in Gleitlagern
255
13.2.2 Eigenschwingungen, Stabilität des starren Läufers in Gleitlagern Die rechnerische Analyse der Eigenschwingungen bzw. des Stabilitätsverhaltens geht von der homogenen G1. (13.8) aus
die mit dem Ansatz
gelöst wird. Setzt man G1. (13.9) und die entsprechenden Ableitungen in G1. (13.8) ein, so führt dies zu einem Eigenwertproblern
dessen Eigenwerte ~ = / 2 / w man , berechnen kann, wenn man die Determinante der Matrix Null setzt. Dies führt zur charakteristischen Gleichung, ein Polynom 4. Grades in 1:
mit
256
13 Der horizontale Läufer in Gleitlagern
Die Koeffizienten setzen sich aus den dimensionslosen Feder- und Dämpfungszahlen y„ ,Pi, und der bezogenen Winkelgeschwindigkeit q = R I w, zusammen. G1. (13.1 1) hat vier Eigenwertlösungen, die i.a. paarweise konjugiert komplex auftreten (Am An*)
Deren Realteile bestimmen nach dem Ansatz von G1. (13.9), ob die Eigenschwingungen aufklingen (positiver Realteil) oder abklingen (negativer Realteil). Die Imaginärteile sind die zugehörigen Eigenkreisfrequenzen. So wie die Polynomkoeffizienten A, sind auch die Eigenwerte nur von den dimensionslosen Feder- und Dämpfungskonstanten yik,Pikund der bezogenen Drehfrequenz q abhängig. Da die y,„ßi, bei vorgegebenem Lagertyp aber direkt über die Sommerfeldzahl So bestimmt werden können (siehe Kap. 12), ergeben sich die Eigenwerte = f ( ~ a g e rmit t ~ß ~ = B/D,
SO,^)
(13.13)
Die So-Zahl steht für die Lagereigenschaften und enthält definitionsgemäß 2 bzw. q = R l w , (siehe GI. 12.6). Die folgende Diskusauch die Drehzahl C sion der Ergebnisse wird klarer, wenn man statt So eine von der Drehfrequenz befreite Sommerfeldzahl einführt, z. B. So, =
Fv2
n
=So-=Soq BD170, U, U0
Dann enthält So, alle wichtigen konstruktiven Parameter, wie z. B. F, y , B , D , qö,, und q steht für die bezogene Drehzahl. Die Eigenwerte werden deshalb im folgenden in Abhängigkeit von diesen Parametern diskutiert
&, = f ( ~ a ~ e r t mit y p ß = B/D, So„ q) .
(13.15)
In Bild 13.4 sind die bezogenen Eigenwerte (Realteil und Imaginärteil) für ein kreiszylindrisches Kurzlager mit ß =B ID = O,4O in Abhängigkeit von der bezogenen Drehzahl q für die zwei Sommerfeldzahlen So,=O,16 und So, = 1,6 dargestellt.
13.2 Der starre Läufer in Gleitlagern
257
Bei kleinen Drehfrequenzen q gibt es nur eine Eigenfrequenz, dafür aber eine Aufspaltung in zwei negative Realteile ix„, B„. Ab einer bestimmten Drehfrequenz liegen dann wie erwartet zwei konjugiert komplexe Eigenwertpaare vor. Wir erkennen in beiden Fällen a) und b), daß Z1 oberhalb einer bestimmten Grenzdrehfrequenz qGr positiv wird. Diese Grenzfrequenz ist im Fall a) bei qGr=2,7 und im Fall b) bei qc,= 2,9 mit zugehörigen Eigenkreisfrequenzen bei W, = 1,35 (Fall a) bzw. ü,= 1,28 (Fall b). Oberhalb dieser GrenzfrequenZen liegt instabiles Verhalten vor. Diese instabile Schwingungserscheinung wird in der englischsprachigen Literatur oft auch als „Oil Whip" bezeichnet. Während es im Fall a) keinen Schnittpunkt der beiden Eigenfrequenzkurven i3„,3J2 mit dem Fahrstrahl q = C 3 gibt, ist dies im Fall b) 77 = 8 ,= 1,O gegeben. Dieser Schnittpunkt deutet auf eine Resonanzstelle hin. Bei Unwuchterregung mit der Drehfrequenz q = W, ist deshalb eine AmplitudenÜberhöhung zu erwarten, deren Größe u.a. von der Dämpfung Z , ( V =1,O) abhängt. Wir kommen darauf in Abschn. 13.2.3 zurück.
/'
-
/
/
Fahrstrahl q = W',
-
an= a Ion 1
-
instabil
-
I
an= a 10,
I
instabil
1
-
a1
0
-
-1
-1
-2
-2
-3
-3
-4
0
1
2
3
4
~l=n10,
'4
0
-4
U2
0
1
2
4
3 Tl
=n10,
Bild 13.4: Eigenwerte des starren Rotors in kreiszylindrischen Kurzlagern ß =BID = 0,4 in Abhängigkeit von der Drehfrequenz V = Q 1wo für Soo = 0,16 (a) und Soo = 1,6 (b)
258
13 Der horizontale Läufer in Gleitlagern
Bild 13.4 hat deutlich gemacht, daß die Stabilitätsgrenzdrehzahl V , für einen bestimmten Lagertyp mit ß=B/D nur noch von der modifizierten Lagerkennzahl So, abhängt. Man kann nun für ein gegebenes Lager eine Reihe von Soo-Werten vorgeben, jeweils die Eigenwerte und Grenzdrehzahlen berechnen und in ein Diagramm eintragen, das dem Ingenieur bei der Beurteilung der Stabilität von Rotor-Gleitlager-Systemen hilfreich ist. Zweckmäßigerweise stellt man die gefundenen Grenzdrehzahlen V , direkt über So, dar, wie es in der Stabilitätskarte (Bild 13.5) geschehen ist. Neben dem kreiszylindrischen Kurzlager mit ß=0,4 sind zum Vergleich auch die Lagertypen: Kreislager, B /D = 0,8 mit experimentell ermittelten Feder- und Dämpfungskonstanten von Glienicke [13.1] Kreiszylindrisches Kurzlager, B /D =0,8 mit rechnerisch ermittelten Feder- und Dämpfungskonstanten nach der Kurzlagertheorie (s. Kap. 12, Näherungslösung) Zitronenlager, B /D = 0,8 mit experimentell ermittelten Feder- und Dämpfungskonstanten von Glienicke [13.1] eingezeichnet. Unterhalb der Grenzkurven ist das System jeweils stabil, oberhalb instabil. Man erkennt deutlich die ~berlegenheit des Zitronenlagers gegenüber dem einfachen kreiszylindrischen ~ a ~ e r -
Bild 13.5: Stabilitätskarte, Grenzdrehzahlen vGr des starren horizontalen Läufers in Gleitlagern in Abhängigkeit von Soo für verschiedene Lagertypen
13.2 Der starre Läufer in Gleitlagern
259
Die besten Stabilitätseigenschaften hat das Kippsegmentlager. Bei diesem liegen die Grenzdrehzahlen unendlich hoch, da die destabilisierenden Koppelsteifigkeiten gänzlich fehlen. Als nachteilig erweist sich bei diesem Lagertyp allerdings die relativ schwache Dämpfung bei der Resonanzdurchfahrt. Darüber hinaus sind Kippsegmentlager wegen des komplizierten konstruktiven Aufbaus teurer.
Stabilitätsgrenzen Zur Aufstellung einer Stabilitätskarte ist es keineswegs notwendig, jeweils die mitunter aufwendige Eigenwertberechnung durchzuführen, um einen Eigenwert mit verschwindendem Realteil aufzusuchen. Vielmehr lassen sich die Grenzdrehzahlen viel einfacher mit Hilfe von Stabilitätskriterien (z.B. Hurwitz-Kriterium) ermitteln, die das Problem direkt an der Stabilitätsgrenze anpacken. Wir gehen von der Tatsache aus, daß ein Eigenwert an der Stabilitätsgrenze den Realteil null hat, also
ist. Das Polynom G1. (13.11) schreibt sich dann
wobei Realteil und Imaginärteil für sich null werden müssen, also
Aus Gl. (13.17 b) folgt die Schwingfrequenz an der Stabilitätsgrenze - 2 o„ = A l /A3 (die Lösung WGr= O hat keine Bedeutung). Setzt man diesen Ausdruck in G1. (13.17 a) ein, so findet man
bzw. unter Berücksichtigung der Ä - ~ r ö ß e naus G1. (13.11)
$ ,. (A: + AoA:
-
A, A21A,) -Al A22A,= o
260
13 Der horizontale Läufer in Gleitlagern
und damit die Grenzdrehzahl
Sind alle dimensionslosen Feder- und Dämpfungskonstanten y,, ,Pi, für ein Lager bekannt, so laßt sich der Ausdruck Cl. (13.20) auswerten und die Stabilitätskarte bestimmen (Bild 13.5). 13.2.3 Unwuchterzwungene Schwingungen des starren Läufers in Gleitlagern Ist die Laufstabilität dadurch gesichert, daß die Betriebsdrehzahl unterhalb der Grenzdrehzahl der Läufer-Gleitlager-Kombination liegt, klingen die Eigenschwingungen ab, die durch irgendwelche Änderungen des Betriebszustandes oder auch Zufalligkeiten angeregt werden. Es verbleiben nach deren Verschwinden die erzwungenen, unwuchterregten Bewegungen, mit denen wir uns jetzt beschäftigen. Schon bei der Stabilitätsuntersuchung hatten wir in Bild 13.4 b zunächst qualitativ gesehen, daß durch Unwucht erzwungene Schwingungen in Resonanz geraten können, wenn eine der Eigenfrequenzen mit der Drehfrequenz übereinstimmt (Schnittpunkt mit dem Anfahrstrahl). Wenn wir darüber hinaus wissen wollen, welche Schwingungsamplituden in der Resonanz bzw. auch bei anderen Drehfrequenzen tatsächlich auftreten, müssen wir das Gleichungssystem (13.1)
bzw. das zugeordnete dimensionslose System (13.7)
13.2 Der starre Läufer in Gleitlagern
M=[:
Y]
P„ I- > 1[ ßyz
P„
261
1
Yzz Yzzy G = [ Yzyz Yyy
für einzelne Erregerfrequenzen (Drehfrequenzen) lösen. Wir wählen für den weiteren Lösungsweg das System (13.7) mit den dimensionslosen Größen aus. Da wir uns für die Schwingungsantwort des unter harmonischer Erregung stationär schwingenden Systems interessieren, führen wir den GleichtaktAnsatz -
X
,.
A
=Zcc o s q z + k s sinqz
ein (Cbzw. s gelten als Indizes bei den cos- bzw. sin-Amplituden). Zur Uberführung des Differentialgleichungssystems in ein algebraisches Gleichungssystem benötigen wir noch die erste und zweite Ableitung
? " ' - q 2 ~ c ~ ~ ~ q z -sinqz q2~,
(13.21 C)
Setzen wir Ansatz G1. (13.21 a) und die Ableitungen in das Differentialgleichungssystem (13.7) ein, so erhalten wir
-q2 M {$cos q r + i sin q z ]
Sortiert man nun nach den cos q z bzw. s i n qz-Gliedern, so ergeben sich die Gleichungen
13 Der horizontale Läufer in Gleitlagern
262
die wir im folgenden Gleichun_gssystem - zusammenfassen können, das die ursprünglichen Matrizen M, D, S enthält
Die gesuchten Amplitudenvektoren i, und k, mit den Komponenten %s gewinnt man durch Auflösen dieses inhomogenen Gleichungssystems, z.B. mit dem Algorithmus von Gauß. Für jeden Wert von ist eine Inversion der G1. (13.24) erforderlich, die man auch bei dem noch relativ kleinen System am besten - - mit dem Digitalrechner durchführt. Wenn wir noch die drei Matrizen M, D, S nach G1. (13.7) in G1. (13.24) einsetzen, so entsteht das komplette Gleichungssystem (13.25) für die gesuchten Sinusund Cosinus-Amplituden der Läuferbewegung, genau genommen für das Zentrum der Welle W
cc,$„
-
YY
12
Yyy - v2
ßyz
ßYY
-P„
Y„-v2
Yzy
-ßYY
YYZ
Y„
-v2
Die Amplituden der erzwungenen Schwingungen hängen von folgenden Parametern ab
Da die &,Pi, wiederum von der Sommerfeld-Zahl So bzw. von So,/q abhängen, läßt sich die Darstellung der Ergebnisse für einen gegebenen reduzieren. Lagertyp mit ß =B / D auf die Parameter So, und
13.2 Der starre Läufer in Gleitlagern
263
Für die Vertikal- und die Horizontalkomponenten der Bewegung des Rotorrnittelpunktes W ergibt sich nach dem Ansatz (13.21 a)
mit den aus G1. (13.25) berechneten Amplituden
G,, G,, W,, 6,.
Kinematisches Intermezzo Die ~berlagerungvon Sinus- und Cosinusanteilen des Bewegungsverlaufs läßt sich auch durch
darstellen, wobei sich die Amplituden aus
*
G, 6 und die Nullphasenwinkel q„,q,
*
tanq, =C,/C, ergeben. Die in G1. (13.29) dargestellte Bewegung würde man auch erhalten, wenn man die Querbewegungen der Welle mit der Meßanordnung nach Bild 13.6 aufnimmt. G1. (13.29) besagt, daß der Wellenmittelpunkt W im raumfesten z-y-System eine Ellipsenbahn durchläuft, die durch die beiden Hauptachsen G und K, deren Winkellage und den Durchfahrungssinn gekennzeichnet wird. In den üblichen Darstellungen der erzwungenen Schwingungen des gleitgelagerten Läufers wird meist überhaupt nur die Länge der großen Halbachse G angegeben. Sie ist deshalb wichtig, weil sie das Maß für die Ausnutzung der Spiele (zwischen Welle und Lagerschale, Welle und Gehäusedurchführungen, Welle und Dichtspalten sowie Schaufelköpfen und Gehäuse) durch die Querbewegung der Welle darstellt.
264
13 Der horizontale Läufer in Gleitlagern
Welle
Bild 13.6: Meßanordnung zur Aufnahme der Querbewegungen v(t), w(t) der rotierenden Welle
Zur Beschreibung der Ellipsenbewegung wenden wir auch hier die komplexe Schreibweise an, da sie anschaulicher ist als die Darstellung in Komponenten. Dazu fassen wir die y-Achse als Imaginärachse, die z-Achse als Realachse auf (siehe Bild 13.7) und schreiben die „komplexe Verschiebung" wie folgt
(13.31) Mit Hilfe der Eulerschen Beziehungen
erhalten wir aus G1. (13.31)
13.2 Der starre Läufer in Gleitlagern
265
oder mit einer sinnfälligen Abkürzung
Die eckigen Klammern in G1. (13.32) stellen also die komplexen Amplituden des gleich- bzw. gegenläufigen Bewegungsanteils dar. Die in Kap. 5 aufgestellten Regeln über den Durchfahrungssinn der Ellipse Gleichlaufbewegung e+jqT m i t Amplitude T+
Gegenlaufbewegung e-jqT m i t Amplitude T-
Überlagerte Bewegung aus Gleich-und Gegenlauf
Bild 13.7: Gleich- und Gegenlaufanteile der elliptischen Bewegung des starren Rotors in Gleitlagern
behalten auch hier ihre Gültigkeit, was anschaulich aus Bild 13.7 zu entnehmen ist.
I?+( > (T- (
Gleichlauf
(C( = l f (
Geradlinienbewegung
Ihm entnimmt man auch die Bestimmungsgleichung für die große und die kleine Ellipsen-Halbachse
oder ausführlich geschrieben
266
13 Der horizontale Läufer in Gleitlagern
Obwohl Ellipsenhalbmesser von der üblichen Definition her nur positive Werte annehmen können, wurde in G1. (13.34) bzw. (13.36) das an sich notwendige Betragszeichen um die Differenz aus I?+l und I?-1 nicht gesetzt. Das hat den Vorteil, daß man unmittelbar arn Vorzeichen von K erkennt, wie die Ellipse durchlaufen wird.
K > 0 Gleichlauf K < 0 Gegenlauf
(13.37)
K = 0 Geradlinienbewegung . Nach diesem Einschub mit kinematischen ~berlegungenüber die Querbewegungen des Läufers, kehren wir zur Darstellung der Amplituden der unwuchterzwungenen Schwingungen des starren Läufers zurück. In den beiden folgenden Diagrammen (Bild 13.8 a und b) sind für den starren Rotor in kreiszylindrischen Kurzlagesn (P =B ID = 0,4) die großen Ellipsenhauptachsen für die Bewegung des Läuferzentrums W in Abhängigkeit von der bezogenen Drehfrequenz q = Q /wo dargestellt. Die beiden Diagramme a und b unterscheiden sich wie in Bild 13.4 durch die Sornmerfeldzahlen Soo=0,16 und Soo= 1,6. Um den Zusammenhang mit den Systemeigenwerten von Bild 13.4 herzustellen, wurden in Bild 13.8 u.a. auch die maßgebenden drehzahlabhängigen Eigenfrequenzen aufgetragen, deren Verlauf im Zusammenhang mit dem Fahrstrahl q = i3 die Lage von Resonanzstellen aufzeigt. In beiden Resonanzkurven sind die Amplituden G/& bei niedrigen Drehzahlen klein, weil die Unwuchtkräfte gering sind. Bei hohen Drehzahlen wird das Verhalten durch die Q2-abhängigen Massen- und Unwuchtkräfte bestimmt. So erkennt man z.B. in G1. (13.1), daß sowohl C als auch 6 gegen die Massenexzentrizität E konvergieren (Kreisbahn). Im mittleren Drehzahlbereich fallen die beiden Kurven a und b je nach Systemdaten unterschiedlich aus. Bei Kurve a (So, =0,16) gibt es keinen Schnittpunkt mit dem Fahrstrahl, die Resonanz fehlt. Im Fall b (Soo= 1,6) existiert ein Schnittpunkt und wir erkennen eine Amplitudenüberhöhung, deren Größe u.a. von der zugehörigen Systemdämpfung B , abhängt.
13.2 Der starre Läufer in Gleitlagern
-
-
0, = 0" 10,
3 -
I
On=
'
.
Fahrstrahl q
<," .
=
3
/
267
0,/oo
1
,
,
'
, /
~ a h r s k a h ql
=
5.1'
/
0 -
a, = a /oo
1
2
4
1 3
I
-
q
=n/W,
qGr=2.7
-
instabil
an= a /oo
-
qc,= 2.9
I
instabil
Bild 13.8: Amplituden der unwuchterzwungenen Schwingungen des starren Läufers in kreiszylindrischen Kurzlagern (P = B / D = 0,4) in Abhängigkeit von der bezogenen Drehfrequenz V : a) (Soo=0,16), b) (Soo= l,6O) .
Für jede bezogene Somrnerfeldzahl So, ergeben sich Diagramme in der Art von Bild 13.8. Die in diesen Diagrammen steckenden Informationen lassen sich noch weiter verdichten, wenn man sich überhaupt nur noch für die maximalen Rotoramplituden in der Resonanz interessiert. In Abschn. 13.3.3
268
13 Der horizontale Läufer in Gleitlagern
werden wir Diagramme zeigen, in denen die größten auftretenden Resonanzamplituden in Abhängigkeit von den Systemparametern für den elastischen Läufer aufgetragen sind. Dort können wir auch den starren Rotor als Sonderfall wiederfinden.
13.3
Der elastische Läufer in Gleitlagern
Beim elastischen Läufer kommt im Vergleich zum starren Rotor des vorherigen Abschnitts die Wellensteifigkeit s als weiterer Parameter hinzu. Somit wird die Eigendynamik des Läufers mit in die Analyse einbezogen. Der Ablauf der Untersuchung beim elastischen Rotor entspricht dem beim starren Rotor, so daß einige Teilschritte stark verkürzt wiedergegeben werden. 13.3.1 Die Bewegungsgleichungen
tu2a
W
"
S
Verschiebungen V und W der Scheibenmitte W
aw
b Verschiebungen V, und W, des Lagerzapfens
Bild 13.9: Modell des symmetrischen elastischen Läufers; Koordinaten, Freiheitsgrade und Kräfte. Verschiebungen werden jeweils relativ zur statischen Ruhelage gezählt.
Die Gleichgewichtsbedingungen für die Scheibe sind bei symmetrischer Anordnung nach Bild (13.9)
wobei W„ V, die Schwerpunktskoordinaten und W,V die Wellenmittelpunktskoordinaten der Scheibe sind, die über die Beziehungen
13.3 Der elastische Läufer in Gleitlagern
269
verknüpft sind. W, und V, sind die Verschiebungen des Wellenzapfens im Lager, von der statischen Ruhelage aus gezählt. Die Gleichgewichtsbedingungen am Lager lauten
Wir eliminieren unter Verwendung von G1. (13.39) die Schwerpunktskoordinaten aus G1. (13.38) und erhalten für die Koordinaten des Wellendurchstoßpunktes und des Wellenzapfens die folgenden Bewegungsgleichungen in
cos Qt sin Qt
Diese Gleichungen können nun in Analogie zu den Herleitungen G1. (13.2)(13.7) mit der Eigenfrequenz des elastischen Rotors in starren Lagern o = wo=&, die jetzt als Bezugsfrequenz gilt, in die dirnensionslose Form überführt werden. Dazu wird noch die Größe
270
13 Der horizontale Läufer in Gleitlagern
eingeführt. Sie kann im weitesten Sinne als das Verhältnis von Wellennachgiebigkeit zu Lagernachgiebigkeit aufgefaßt werden. Beim starren Läufer ist p = O und bei weicher Welle nimmt p große Werte an. Somit ergeben sich die dimensionslosen Bewegungsgleichungen des elastischen Läufers in Gleitlagern
(13.43)
COS 4'2
sin 772 -
COS 4'z
+
_I
sin q z
(13.44)
13.3.2 Eigenschwingungen, Stabilität des elastischen Läufers in Gleitlagern
Zur Untersuchung der Stabilität und der Eigenschwingungen wird in die homogene Form des Differentialgleichungssystems (13.43) der e L Z - ~ n s a tmit z /S= Alw eingesetzt, welches zum folgenden Eigenwertproblern führt
13.3 Der elastische Läufer in Gleitlagern
271
Durch Ausmultiplikation der Determinante von G1. s3.45) ergibt sich die charakteristische Gleichung als Polynom 6. Grades in il zu
~
~+ A ), ) ~i~ +~A+, Z~~
~+ / i~+A,Z' ~ ~ + Ax, = 0 . ~
(13.46)
mit den Koeffizienten
xk
und Pik, Die Werte Ä sind die Kombinationen aus den acht Lagerzahlen die schon zur Bestimmung der Grenzdrehzahl des starren Läufers benötigt wurden, G1. (13.1 1 a). Die sechs Eigenwertlösungen der G1. (13.45) liegen entsprechend G1. (13.12) in der folgenden Form vor
In Bild 13.10 sind die bezogenen Eigenwerte (Real- und Imaginärteil) für den Lavalläufer in kreiszylindrischen Kurzlagern mit ß=0,4 und ,U =0,30 in
272
13 Der horizontale Läufer in Gleitlagern
Abhängigkeit von der bezogenen Drehzahl V für die von der Drehfrequenz befreite Somrnerfeldzahl So, =
F BDV„
= 0,05 dargestellt.
I instabil
Bild 13.10: Eigenwerte des elastischen Läufers in kreiszylindrischen Kurzla ern für ß =0,4 in Abhängigkeit von der Drehfrequenz 7; So, = 0,05; p =0,30; D = s / m .
F
Die Realteile G, und G, der zweiten und dritten Eigenfrequenz sind über das gesamte Drehzahlband negativ. Dagegen wird der Realteil der ersten Eigenfrequenz ab einer Grenzfrequenz qGr=1,2 ( Eigenkreisfrequenz G,=0,6) positiv, so daß ab dieser Frequenz instabiles Verhalten vorliegt. Zur Aufstellung der Stabilitätskarte setzen wir in Analogie zu G1. (13.16) in die charakteristische G1. (13.46) die Bedingung für die Stabilitätsgrenze ein
13.3 Der elastische Läufer in Gleitlagern
273
und erhalten für Real- und Imaginärteil jeweils eine Gleichung zu
-A,G~,+A,~~,-A,~~,+A,=o
(13.47 a)
Aus G1. (13.47 b) ergibt sich die Kreisfrequenz W„, mit der das System an der Stabilitätsgrenze schwingt
Nach Einführung der durch G1. (13.46 a) festgelegten Koeffizienten folgt
Setzen wir diese Ergebnisse in G1. (13.47 a) ein, so erhalten wir nach etlicher Rechnung zwei Bedingungen für die Stabilitätsgrenzen. Die erste, die aus G1. (13.49 a) folgt, lautet
Da l l p nicht null werden kann, liegt für die Frequenz nach G1. (13.49 a) offensichtlich keine Stabilitätsgrenze vor. Die zweite Frequenz aus G1. (13.49 b) folgend, bestimmt also die Stabilitätsgrenze allein. Sie lautet
274
13 Der horizontale Läufer in Gleitlagern
Eine Stabilitätsgrenze existiert nur dann, wenn in G1. (13.51) der auf der rechten Seite stehende Ausdruck positiv ist. Durch zahlenmäßige Auswertung zeigt sich, daß dies der Fall ist. Da man weiß, daß der Läufer oberhalb einer gewissen Drehzahl RGIinstabil wird, muß für stabilen Lauf in G1. (13.51) das Zeichen I stehen. Die auf die Kreisfrequenz w des starr gelagerten Läufers bezogene Grenzdrehzahl R GI hängt also lediglich von der Sommerfeldzahl So und dem Parameter ,U ab: qGr= f ( So ,,U ) da die Koeffizienten Ä j für einen bestimmten Lagertyp allein durch So bestimmt werden, G1. (13.11 a).
Stabilitätskarten Es liegt nahe, die Ergebnisse der numerischen Auswertung von G1. (13.51) wieder in einer Stabilitätskarte festzuhalten, in der die bezogene Grenzdrehzahl qGI= R „I w über der Sommerfeldzahl So mit ,U als Parameter aufgetragen ist (Bild 13.11 a,b,c). Bei einer gegebenen Läuferkonstruktion liegen die starr-kritische Kreisfrequenz w = Js/m,die Betriebsfrequenz R und bei gegebener Lagerkonstruktion auch So und ,U vor. Aus den Bildern 13.1 1 a,b,c läßt sich dann für die dort gezeigten Fälle des Kreislagers und Zitronenlagers sofort ablesen, ob die Betriebsdrehzahl R unterhalb der Grenzdrehzahl R GI für die betreffende Sommerfeldzahl liegt. Ist das der Fall, ist die Laufstabilität gewährleistet. Stellt man aber die Frage, wo eigentlich die Grenzdrehzahl für eine gegebene Läufer-Lager-Kombination liegt, so beginnt ein lästiges Probieren: Man gibt 1. eine Drehzahl R vor, ermittelt 2. die zugehörige Sommerfeldzahl, prüft 3. im Diagramm, ob R < R G rist und wiederholt diese Prozedur so lange, bis man den Fall R = R „ erreicht hat. Dann erst ist die Grenzdrehzahl für die Läufer-LagerKombination bestimmt. Um dieser Schwierigkeit aus dem Weg zu gehen, hat sich eine andere Darstellung eingebürgert. Man rechnet nach G1. (13.51) für eine gegebene Sommerfeldzahl So und einem gegebenen Wert p die bezogene Grenzdrehzahl R „/U aus, trägt aber diesen Wert nicht über So, sondern über die auf die starr-kritische ,,Drehzahl" w bezogenen Sommerfeldzahl
R
FI,Y~
w
BDq,,w
So, =So-=
auf, Bild 13.12. Für eine gegebene Lager-Läufer-Kombination liegt So, fest. Dieser Darstellung läßt sich ohne Umweg sofort die Grenzdrehzahl entnehmen.
13.3 Der elastische Läufer in Gleitlagern
275
Bild 13.11: Grenzdrehzahl des elastischen Läufers in Abhängigkeit von der Sommerfeldzahl für a) das Kreislager mit ß = B / D = 0 , 4 (---); das kreiszylindrische Kurzlager mit ß=0,40 gerechnet(--); b) das Kreislager mit ß=B/D=O,S (---); das kreiszylindrische Kurzlager mit ß = 0,s gerechnet(--); C) das Zitronenlager mit ß =B / D = 0,8 ; (Lagerdaten nach Bild 12.17 bzw. Tabelle 12.2)
276
13 Der horizontale Läufer in Gleitlagern
Bild 13.12: Grenzdrehzahl des elastischen Läufers in Abhängigkeit von der bezogenen Sommerfeldzahl Sok für a) das Kreislager mit ß =BID=0,4 (---); das kreiszylindrische Kurzlager mit ß =O,4O gerechnet(--); b) das Kreislager mit ß =BID = 0,s (---); das kreiszylindrische Kurzlager mit ß=0,8 gerechnet(--); C) das Zitronenlager mit ß =BID=0,8; (Lagerdaten nach Bild 12.17 bzw. Tabelle 12.2)
Vergleicht man das Stabilitätsverhalten von Kreislager und Zitronenlager beim elastischen Läufer, so bestätigt sich auch hier die schon beim starren Läufer festgestellte Tendenz: Zitronenlager (auch Mehrflächengleitlager) haben erheblich höhere Grenzdrehzahlen als Kreiszylinderlager. Sie sind allerdings gegen Änderungen von So„ beispielsweise durch Ölzähigkeitsabnahme, auch empfindlicher. Der Gradient ( R / w ) / aSo, ist im allgemeinen erheblich größer.
a „
13.3 Der elastische Läufer in Gleitlagern
277
Der Einfluß der Lauferelastizität spielt sich in einem Band ab, das durch die Grenzfalle des starren Läufers ( y + 0 ) und des ganz weichen Läufers ( y + CO) begrenzt wird. Die Stabilitätsgrenzen hängen im Bereich niedriger So, -Werte schwach von der relativen Wellendurchbiegung ab. Sie haben alle ein Minimum, bei dem die Stabilitätsgrenze ihren niedrigsten Wert hat. Links dieses Minimums verbessert man das Stabilitätsverhalten durch Verkleinerung von So,, also durch höhere Ölzähigkeit, geringere Belastung FIBD und vor allem durch Verkleinerung des Lagerspiels. Rechts dieses Minimums muß man zur Stabilitätsverbessening die Sommerfeldzahl So, erhöhen.
13.3.3 Unwuchterzwungene Schwingungen des elastischen Läufers in Gleitlagern Zur Bestimmung der „Amplitudenc' der unwuchterzwungenen Schwingungen wird das Differentialgleichungssystem (13.52)
,.
~T"+~K'+SK=äcos~z+bsin~z mit den Matrizen und Vektoren (siehe auch G1. (13.43))
analog zur früheren Vorgehensweise (Gln. 13.21 bis 13.24) weiter verarbeitet, wobei im Ansatz G1. (13.21 a) die Vektoren %, und %, entsprechend zu erweitern sind. Man erhält schließlich das folgende inhomogene Gleichungssystem, das sich ausgeschrieben wie folgt darstellt
278
13 Der horizontale Läufer in Gleitlagern
P L I
ßZY
ßY
ßYY
-
1 -1
.....................
1 Y z z +-
P
Yyz
Yzy
Y u + -
dessen Auflösung die gesuchten Sinus- und Cosinus-Amplituden von Rotorund Zapfenbewegung liefert. Durch genaue Betrachtung des Gleichungssystems (13.53) erkennen wir, daß die Schwingungsamplituden der einzelnen Freiheitsgrade des Systems bzw. die auf E bezogenen großen Ellipsenhauptachsen G / & für die interessierenden Stellen (Wellendurchstoßpunkt, Scheibenschwerpunkt, Wellenzapfen) von den dimensionslosen Feder- und Dämpfungszahlen Y„,/?, , von der bezogenen Drehfrequenz q und von der relativen Wellennachgiebigkeit y abhängen. Wir konzentrieren uns im weiteren auf die großen Ellipsenhauptachsen des Wellendurchstoßpunktes und stellen diese „Rotoramplitude" bei jeweils vorgegebenem Lagertyp in Abhängigkeit von den Parametern q , So, und p
dar. Jedes Diagramm enthält dann z.B. bei konstantem So, die „Rotoramplitude" G / &auf der Ordinate und q , die bezogene Drehfrequenz, auf der Abszisse. Die Kurven innerhalb eines Diagramms sind den verschiedenen „Wellennachgiebigkeiten" y zugeordnet.
13.3 Der elastische Läufer in Gleitlagern
279
In Bild 13.13 sind in Analogie zur Stabilitätsanalyse die großen Ellipsenhauptachsen für die drei Lagerfälle: Kreiszylindrisches Kurzlager ß=0,4 Kreislager mit ß=B /D = 0,8 , Zitronenlager mit ß=B / D = O,8 - Lagerdaten nach Bild 12.17 bzw. Tabelle 12.2 - dargestellt, wobei der konstruktive Parameter jeweils mit So,=0,5 und die bezogenen Wellennachgiebigkeiten mit ,u = 0,Ol; 0,l; 1 und 10 gewählt wurden. Wir diskutieren beispielhaft das obere Diagramm in Bild 13.13 für das kreiszylindrische Kurzlager mit ß=0,4.
Bild 13.13: Resonanzkurven des elastischen Läufers in Gleitlagern bei der bezogenen Sornmerfeldzahl Sok=0,5 für a) Kurzlager ß =0,4 ; b) Kreislager ß =0,8 und C) Zitronenlager ß = 0,8.
Man erkennt, wie der Resonanzhöcker, der beim Läufer in starren Lagern bei C2 lw = 1 liegt, nach links zu kleineren Drehzahlen verschoben wird. Die kritische Drehzahl sinkt, wie zu erwarten, durch die Gleitlagernachgiebigkeit. Wie man erkennt, können sogar deutliche Doppelhöcker auftreten, so daß man von
280
13 Der horizontale Läufer in Gleitlagern
„„
zwei kritischen Drehzahlen Cl Cl „, sprechen kann. Sie liegen in jedem Fall niedriger als die „Kritisches' der starr gelagerten Welle w . Je elastischer die Welle, je größer also p wird, umso ausgeprägter tritt die Resonanzüberhöhung auf und um so weniger verschiebt sich die gefährliche Drehzahl Cl „ aus der "Starrkrititschen" w nach links. Bei extrem niedrigen p-Werten (sehr steifen, fast starren Rotoren) kann es vorkommen, daß die erste Resonanzstelle von Cl ausgeprägter und größer ist als die zweite von
„
Cl k r 2
Die beiden anderen Diagramme in Bild 13.13 für das Kreislager bzw. das Zitronenlager zeigen ähnliches Verhalten. Sie werden hier im einzelnen nicht diskutiert.
So,
Bild 13.14: Maximale Wellenausschläge in der Resonanz in Abhängigkeit von der bezogenen Sornmerfeldzahl Sok für das a) Kreiszylindrische Kurzlager mit ß=0,4 ; b) Kreislager mit ß = 0,8 ; C) Zitronenlager mit ß = 0,8 -Lagerdaten nach Tab. (12.2) (-----) 1. Resonanz L2 kr (-) 2. Resonanz L2 k 2
13.3 Der elastische Läufer in Gleitlagern
281
Die in allen Diagrammen steckenden Informationen lassen sich noch weiter verdichten, wenn man sich überhaupt nur noch für die maximalen Rotoramplituden bzw. die Resonanzlage interessiert. Im Diagramm Bild 13.14 sind für die drei untersuchten Lagertypen jeweils die größten auftretenden Rotoramund plituden (G/&)„, (gestrichelt für die erste biegekritische Drehzahl Cl ausgezogen für Cl„) über der bezogenen Sommerfeldzahl So, mit p als Parameter aufgetragen. In Bild 13.15 findet man die zugehörigen kritischen Drehzahlen Cl „ und Cl „, . Die Bilder 13.14 und 13.15 geben in gedrängter Form somit die wichtigsten Auskünfte über das Verhalten des gleitgelagerten Läufers beim Resonanzdurchgang.
„
,
Bild 13.15: Kritische Drehzahlen für den elastischen Läufer in Gleitlagern in Abhängigkeit von der bezogenen Sommerfeldzahl für das a) Kreiszylindrische Kurzlager mit ß =0,4 ; b) Kreislager mit ß=0,8 ; C) Zitronenlager mit ß = 0 , 8 -Lagerdaten nach Tab. (12.2) (-----) 1. Resonanz Q „, (-) 2. Resonanz C l h 2
282
13 Der horizontale Läufer in Gleitlagern
13.4 Fragen Wie liegen die kritischen Drehzahlen des elastischen Lavalläufers in Gleitlagern in Relation zum gleichen Läufer, der starr gelagert ist.? Wieviel kritische Drehzahlen gibt es im gleitgelagertenFall? Skizzieren Sie qualitativ die Schwingungsform eines gleitgelagerten Läufers für die zwei Grenzfälle a) große Wellennachgiebigkeit p, b) kleine Wellennachgiebigkeit y. Welchen Einfluß hat der y-Wert auf die Schwingungsamplituden in der Resonanz? Durch welche Größen wird die Stabilitätsgrenze eines starren Rotors in Gleitlagern bestimmt? Wie läßt sich diese Stabilitätsgrenze schnell vorhersagen? Auf welcher Grundüberlegung basiert diese schnelle Vorhersage? Wie läßt sich erklären, daß die Bewegungsbahn (Orbit) eines gleitgelagerten Läufers in horizontaler Lage eine Ellipse ist? Bei welchen Drehzahlen nähert man sich der Kreisbahn?
14 Der vertikale Rotor in Gleitlagern
14.1
Einleitung
Beim vertikalen Rotor wird das Gewicht der Welle nicht von den Radiallagern, sondern vom Axiallager aufgenommen. Solche Wellenanordnungen findet man bei großen Wasserturbinen, Pumpturbinen, Kraftwerkspumpen und neuerdings aus Platzgründen mehr und mehr bei Pumpen und Kompressoren auf Plattformen für die Öl- und Gasgewinnung.
Radiallager
Axiallager Radiallager
Bild 14.1: Pumpenturbine als Beispiel einer Vertikalmaschine
Gegenüber dem horizontalen Rotor ergeben sich bei der Vertikalanordnung vor allem deshalb Unterschiede, weil die statischen Radial-Lagerkräfte durch das Eigengewicht fehlen. Der Lagerzapfen befindet sich somit „statisch" im relativ weichen Lagerzentrum und dies hat Auswirkungen auf das dynamische Verhalten, wenn zeitveränderliche Kräfte den Zapfen „nichtlinear" aus dieser Lage heraus bewegen. Um das dynamische Verhalten des Vertikalläufers aufzuzeigen, behandeln wir wieder zwei einfache Systeme (Bild 14.2)
284
14 Der vertikale Rotor in Gleitlagern
die starre Welle in zwei Gleitlagern (Bild 14.2 a) die elastische Lavalwelle, ebenfalls in zwei Gleitlagern (Bild 14.2 b)
a) starre Welle in zwei Gleitlagern
b) elastische Welle (Lavalläufer) in zwei Gleitlagern
Bild 14.2: Zwei einfache Vertikalläufer mit symmetrischer Anordnung
Dabei wollen wir von einer relativ einfachen Beschreibung des Lagerverhaltens ausgehen, und untersuchen das System mit kreiszylindrischen Kurzlagern (siehe Kap. 12), die analytische Lösungen zulassen. Außerdem werden wir qualitativ den Fall der Lagerung in Kippsegmentlagern beschreiben, denn diese Lagerung spielt in der Praxis der Vertikalmaschinen eine wichtige Rolle. Bei diesen Betrachtungen lassen wir den Einfluß des Axiallagers auf die Biegeschwingungen außer acht. Der Fall des „statischu unbelasteten Radiallagers verlangt eine nichtlineare Betrachtung, weil der Zapfen infolge der immer vorhandenen Unwuchtkräfte in einem relativ großen Spielbereich „schwingtu, so daß das nichtlineare Kraft-Bewegungsgesetz anzuwenden ist [14.1, 14.2, 14.31. Die Erfahrung zeigt, daß sich infolge Unwucht im stationären Fall fast immer Kreise als Bewegungsbahnen einstellen. Wie wir im folgenden sehen werden, kann man solche Kreisbahnen relativ einfach ermitteln. Es ist jedoch zu prüfen, ob diese Bewegungen wirklich stabil sind. Dazu gibt man kleine Störungen um die Kreisbahn herum vor und untersucht das Eigenschwingungsverhalten mit Hilfe der linearen Theorie. Die Eigenwerte der Störungsgleichungen, genauer gesagt die Eigenwert-Realteile, erlauben eine Bewertung der Stabilität.
14.2 Der starre Rotor in Gleitlagern
285
Im stabilen Fall bleiben die Kreisbahnen erhalten. Wird dagegen Instabilität vorhergesagt, so sind genauere nichtlineare Berechnungen durchzuführen, um das Bewegungsverhalten zu analysieren.
14.2
Der starre Rotor in Gleitlagern
Für den Fall des starren Rotors werden zunächst die Bewegungsgleichungen für beliebige Gleitlager in allgemeiner Form aufgestellt. Anschließend werden für den Sonderfall des kreiszylindrischen Kurzlagers kreisförmige Bewegungsbahnen ermittelt und deren Stabilität untersucht. Die gewonnenen Ergebnisse für diesen Fall kann man in einem Diagramm anschaulich darstellen und verschiedene Einflußparameter diskutieren. 14.2.1 Bewegungsgleichungen Wir gehen vom Modell des starren Rotors in zwei gleichen Gleitlagern aus (Bild 14.2 a). Das System ist charakterisiert durch seine Masse m, die Massenexzentrizität E sowie die dynamischen Eigenschaften der Lager. Es wird vorausgesetzt, daß die durch Massenexzentrizität E hervorgerufenen Unwuchtkräfte in der Mitte zwischen den beiden Lagern angreifen. Damit kann es nicht zum Kippen kommen und es stellen sich rein translatorische Bewegungen ein, die man durch die beiden Verschiebungen W, V (Bild 14.2 a) beschreiben kann. Die Welle drehe mit konstanter Winkelgeschwindigkeit L?. Die beiden Bewegungsgleichungen der translatorischen Bewegungen sind dann
Hierin sind F„ F, die bewegungsabhängigen nichtlinearen Lagerkräfte aus dem Ölfilm. Für den weiteren Lösungsweg führen wir nach einem Vorschlag von Merker [l4.l] und Krämer [14.2] die folgenden Bezugsgrößen ein (Bild 14.10)
B%,
U)"
=-
mv3
Bezugsfrequenz
286
14 Der vertikale Rotor in Gleitlagern
bezogene Massenexzentrizität bezogene Zeit bezogene Winkelgeschwindigkeit bezogene Kräfte (s. a. G1. 12.19)
bezogene Verschiebungen
wobei B und D Lagerbreite und -durchmesser, h, das dimensionsbehaftete bzw. iy = h,lR das dimensionslose Lagerspiel und 770, die Ölzahigkeit sind. Mit diesen Größen lassen sich die Bewegungsgleichungen wieder in einer Form angeben, die neben den lagerbestimmenden Kennwerten nur noch E , und 77 als freie Parameter besitzen. Ableitungen nach z werden durch einen Strich gekennzeichnet.
14.2.2 Unwuchterzwungene Schwingungen Mit Hilfe der G1. (14.1) bzw. (14.2) können wir das translatorische Bewegungsverhalten des starren Rotors in Gleitlagern unter Unwuchtbelastung bestimmen, wenn das Kraft-Bewegungsgesetz der Lager bekannt ist. Eine solche Berechnung wird man im allgemeinen mit Hilfe numerischer Integrationsverfahren durchführen. Unter Annahme einer bestimmten Bewegungsbahn ist ein vereinfachter Lösungsweg möglich. Bei Kreislagern, und dies gilt gleichermaßen bei Kippsegmentlagern mit großen Segmentzahlen, kann man wegen der Radialsymmetrie nämlich davon ausgehen, daß sich der Rotor bei Unwuchterregung mit der Drehfrequenz R gleichförmig auf einem Kreis um das Lagerzentrum M, bewegt. Für diesen Fall stellt sich die in Bild 14.3 dargestellte Bewegungs- bzw. Kräftekonstellation ein. Im oberen Bild 14.3 a erkennen wir die Kreisbahn des Wellenzapfens M, (Wellendrehpunkt) mit dem Radius r, entsprechend den momentanen Auslenkungen W und V. Die Eigendrehung der Welle erfolgt ebenfalls mit R , d.h. auch der Schwerpunkt S führt eine
14.2 Der starre Rotor in Gleitlagern
287
Drehbewegung mit C2 um M, aus. Das bedeutet, daß die Verbindungslinie M,-M, - S und damit die Verbindung M, - S (Abstand r,) wie im „eingeund /Z von der frorenen Zustand" mit Ll umläuft, wobei die Größen r, Winkelgeschwindigkeit C2 abhängig sind.
Bild 14.3: Bewegungen a) und Kräfte b) des starren Rotors mit Unwuchterregung
Durch die leichförmige Drehung wirkt am Schwerpunkt die Trägheitskraft F, =m r, C2 8 entlang der Verbindungslinie M, - S nach außen. Zur Erfüllung des dynamischen Gleichgewichts ist eine Gegenkraft 2F erforderlich, die nur aus den Lagern kommen kann. Beide Kräfte können in Komponenten zerlegt werden, deren Richtungen den Radial- bzw. Tangentialkraftkomponenten im Lager entsprechen (Bild 14.3 b). Zerlegung in Komponenten Lagerkraft
2F:
2F„ 2Fu
Trägheitskraft
F, :
F„, F„
14 Der vertikale Rotor in Gleitlagern
288
Die Komponenten der Trägheitskraft drückt man dann durch die geometrischen Größen r und V, aus, da man in der Lösung an der Zapfenauslenkung r interessiert ist (Bild 14.3 a). Mit r5sin iZ = E sin V,
(14.3)
folgen die Kräfte
F„ = mr,n2 sin iZ = mR2&sin p
Nun müssen die Kraftkomponenten für sich im Gleichgewicht sein F*, = 2 F, und F„ = 2 F, , was die beiden folgenden Gleichungen liefert = 2Fu = 2Fsin iZ
m R 2 &sin
(14.6 a)
Führt man auch hier Bezugsgrößen ein, so erhalten wir nach einiger Rechnung E,
4sin p = - F,
77
worin p der bezogene Bahnradius p = r l h, ist und nen Lagerkräfte wie folgt darstellen
F,
und F, die bezoge-
14.2 Der starre Rotor in Gleitlagern
289
14.2.3 UnwuchterzwungeneSchwingungen für den starren Rotor in kreiszylindrischen Kurzlagern Wir wenden jetzt die Gleichungen auf den Sonderfall des Rotors in kreiszylindrischen Kurzlagern an. Für die dimensionslose Zapfenexzentrizität (in Kap. 12 &=e/h, genannt), die ja gleichzeitig die Lage des „Wellendurchstoßpunktes" beschreibt, führen wir den Bahnradius p = r l h , ein. Analog zu Abschn. 12.4.2 wird zur Bestimmung der Kräfte F, und F, durch Integration der Druckfunktion G1. (12.14), welche aus der Reynoldsgleichung G1. (12.1) gewonnen wurde, nur der Bereich positiven Druckes berücksichtigt. Für die Annahme einer stationären Kreisbewegung ( 6= 0, y = R) erstreckt sich dieser Bereich im Gegensatz zu dem kreiszylindrischen Kurzlager in Kap. 12 von 0 I 9 I X.Die dimensionslosen Kräfte lauten dann
Da in den dynamischen Gleichgewichtsbedingungen schon die Wirkrichtungen der Kräfte berücksichtigt sind, darf in die G1. (14.7) nur der Betrag der Kräfte eingesetzt werden. Setzt man G1. (14.9 a) und (14.9 b) in G1. (14.7) ein, so stehen zwei Gleichungen zur Verfügung
aus denen man die gesuchte kreisförmige Zapfenbahn mit der relativen Auslenkung p = r l h , sowie den Winkel q in Abhängigkeit von der bezogenen Drehzahlgröße 71ß2 und der bezogenen Massenexzentrizität &,=r/h, bestimmen kann. Es ist zu beachten, daß in der bezogenen Drehzahlgröße
290
14 Der vertikale Rotor in Gleitlagern
neben der Drehzahl auch die Lagergrößen
$Y, q6,,B ,ß =B /D
enthalten sind.
Die Auswertung der Cl. (14.10) zeigt, daß es drei mögliche Lösungsformen gibt, die in Bild 14.4 dargestellt sind. In den drei Teilbildern ist jeweils der bezogene Radius p der Zapfenbahn über dem Drehzahlpararneter ??/ß2 bei konstanter Massenexzentrizität E, dargestellt. ,Grenze Lagerspiel 4 / / / / / / / / / / / 1,o b ) / / / /
1
/' / , , / / / / /
Y
I ;C P
c0=0,6
Grenze Lagerspiel /'
1,o
&,=I,2
Bild 14.4: Bezogene Radien p der Kreisbahnen des Zapfens in Abhängigkeit von der bezogenen Drehzahl vlß2 für verschiedene bezogene Massenexzentrizitäten E , = d h , a) s0=0,4 ; b) E, =0,6 ; C) E,= 1,2
14.2 Der starre Rotor in Gleitlagern
Lösungsform a:
0 < E,
< 0,4399
291
(Bild 14.4 a)
Dargestellt ist der Fall E, =0,4. Bei kleinen Werten rllß2 gibt es nur eine Lösung. Ab einem bestimmten qlß2 findet man dagegen drei Kurvenäste. Der untere Ast hat einen Extremwert und strebt mit zunehmender Drehzahl q gegen E,. Die beiden oberen Aste laufen dagegen gegen p= 1 (Grenze des Lagerspiels), wenn zunimmt. Lösungsform b:
0,4399 < E, < 1
(Bild 14.4 b)
Auch hier gibt es ab einer bestimmten Winkelgeschwindigkeit drei Lösungen. Im gezeigten Fall r,=0,6 strebt eine Kurve gegen p= 1. Von den beiden anderen folgt eine der beiden ebenfalls mit zunehmendem dem Grenzwert p = 1. Die dritte Kurve konvergiert gegen E, . Lösungsform C :
E, 2 1
(Bild 14.4 C)
In diesem Fall gibt es nur eine Kurve, die mit wachsender Drehzahl q gegen p = 1 (Grenze des Lagerspiels) strebt. Der betrachtete Fall gilt für E, = 1,2. 14.2.4 Stabilität der Kreisbahnen beim kreiszylindrischen Kurzlager Von den in Abschn. 14.2.3 diskutierten Kreisbahnen wissen wir nicht, ob sie stabil oder instabil sind. Dies kann man durch Lösen eines linearen Eigenwertproblems klären, das aus einer Störungsrechnung resultiert. Dazu muß man das Kraftgesetz des Lagers um die aufgezwungene Kreisbahn herum linearisieren, wobei es sinnvoll ist, vom festen in das mit der Drehzahl Q rotierende Koordinatensystem zu wechseln. Das bringt zwar einerseits zusätzliche, aber harmlose Terme in die homogene Gleichung ein (Coriolis- und Führungsbeschleunigung), schafft aber den Vorteil, daß sich die linearisierten Gleitlagerkräfte wegen der Rotationssymmetrie durch Feder- und Dämpfungskonstanten beschreiben lassen, die für die jeweilige Kreisbahn zeitunabhängige Größen sind. Löst man die für das rotierende System aufgestellten linearen, homogenen Gleichungen, so gewinnt man die Eigenwerte. Sind deren Realteile alle negativ, ist das System stabil. Ist dagegen auch nur ein Realteil positiv, liegt Instabilität vor. Die Bewegung auf dieser Kreisbahn ist dann nicht möglich. Faßt man die Ergebnisse einer solchen Untersuchung zusammen und zeichnet in ein p - qlß2 - Diagramm die stabilen und instabilen Bereiche ein, ergibt sich eine Stabilitätskarte gemäß Bild 14.5.
292
14 Der vertikale Rotor in Gleitlagern
Neben einem ausgedehnten unteren Instabilitätsgebiet gibt es einen schmalen instabilen Bereich bei größeren Kreisradien. Bei kleinen Kreisradien ist das System fast über den gesamten Drehzahlbereich r7/ß2instabil. Mit wachsendem Radius nimmt die Stabilitätsgrenzdrehzahl r7/ß2 ZU. Im Diagramm ist z. B. der Fall p = 0,4 mit einer Grenzdrehzahl / ß 2= 30 eingezeichnet. Grenze Lagerspiel
Bild 14.5: Stabilitätskarte für den starren Rotor in kreiszylindrischen Kurzlagem bei kreisförrniger Zapfenbahn
Bei weiter wachsenden Kreisbahnradien kommt schließlich der schmalere instabile Bereich zur Wirkung. Die Bedeutung der diskutierten Instabilitätsgebiete erkennen wir am besten, wenn wir die Diagramme der ,,unwuchterzwungenen" Kreisbahnradien (Bild 14.4) mit der Stabilitätskarte (Bild 14.5) verknüpfen. Dies führt zum Bild 14.6, das die Ergebnisse wie in Bild 14.4 für die drei Werte E, =0,4 ;0,6 und 1.2 darstellt. Die ausgezogenen Linien gehören zu stabilen Gebieten, die entsprechenden Kreisbahnbewegungen sind also stabil. Die gestrichelten Linien befinden sich dagegen in instabilen Gebieten. Die vorhergesagten Kreisbahnbewegungen können sich daher nicht einstellen. Bei Meinen Massenexzentrizitäten (E, =0,4 ) sind kleine Kreisbahnen ( p < 0 , 5 ) nur in einem sehr niedrigen Drehzahlbereich möglich. Mit zunehmender Drehzahl ist der untere Ast nicht mehr stabil und der Zapfen verläßt diesen Bereich, um möglicherweise in eine stabile Kreisbahn mit
14.2 Der starre Rotor in Gleitlagern
293
Drehfrequenz Cl und größerem Radius einzulaufen. Es ist auch denkbar, daß sich eine stabile Bahn „subharmonisch" mit etwa halber Drehfrequenz einstellt. Bei größeren Exzentrizitäten (&,=0,6) gibt es zunächst eine durchgehende stabile Kurve, die mit wachsendem 77/ß2 ZU immer größeren Kreisbahnradien führt. Die beiden anderen Äste sind bis auf einen kleinen Zwischenbereich instabil. Grenze Lagerspiel
Grenze Lagerspiel /
Bild 14.6: Radien f Kreisbahnen des Lagerzapfens in Abhängigkeit von der bezogenen Drehzahl vlß für verschiedene Massenexzentrizitäten E,, unter Berücksichtigung der instabilen Gebiete. Strichlierte Aste sind instabil. a) E , = 0,4 ; b) E , = 0,6 ; C) E , = 1,2
Schließlich gibt es bei E,= 1,2 nur einen möglichen Kurvenzug, der stabile Kreisbahnen vorhersagt. Die beiden anderen Äste existieren bei derartig großen Unwuchten nicht. Mit wachsendem ? / ß 2 steigen die Kreisbahnamplituden an und nähern sich dem Lagerrand, p = 1.
294
14 Der vertikale Rotor in Gleitlagern
Insbesondere bei kleinen Massenexzentrizitäten kann es vorkommen, daß es zu vorgegebenen Drehzahlwerten q/ß2 keine stabile Kreisbahn mit R gibt. Wo der Rotor dann hin wandert, läßt sich i.a. nur noch durch numerische Integration der nichtlinearen Bewegungsgleichungen klären. In diesen Fällen stellt sich gewöhnlich ein Schwingen mit halber Drehfrequenz ein, das in der Literatur auch als Halbfrequenzwirbel (Oil Whirl) bezeichnet wird, Krämer [14.2]. Wenn man zu vorgegebenen Parameterwerten E , und q/ß2 sowie bestimmten Anfangsbedingungen den tatsächlichen Einlauf in die stationäre Bahn verfolgen möchte, so bleibt letztlich nur die ausführliche numerische Integration als Lösungsweg übrig. Ergebnisse dazu findet man U. a. in Merker [14.1].
14.2.5 Unwuchterzwungene Schwingungen des starren Rotors in Kippsegmentlagern
Kippsegmentlager werden wegen ihrer guten Stabilitätseigenschaften bei vertikalen Systemen oft eingesetzt. Wie beim Kreislager kann man auch beim starren Rotor in Kippsegmentlagern näherungsweise von „unwuchterregten" Kreisbahnbewegungen ausgehen, wenn viele Segmente vorliegen und die Exzentrizitäten nicht zu groß werden. Entsprechend wird man qualitativ ganz ähnliche Ergebnisse wie beim kurzen Kreislager erwarten.
Im Gegensatz zum Kreislager kann man die Lagerkräfte nicht mehr geschlossen angeben. Ansonsten gelten die grundlegenden Gleichungen des dynamischen Gleichgewichts, G1. (14.6), aber nach wie vor und können für eine numerische Lösung herangezogen werden. Wegen der Vielfalt möglicher Lagervariationen ist es sehr aufwendig, das dynamische Verhalten allgemein zu diskutieren. Wir geben deshalb hier nur beispielhaft Ergebnisse für ein ausgewcihltes Lager an, das in Merker [14.1] untersucht wurde. Dieses Lager mit einem Breitenverhältnis ß = B / D = 0,2 besitzt 12 Segmente und hat bei mittig angeordneter Kippkantenlage einen Segmentwinkel von 25" (Bilder 14.7 und 14.8). Für das Spielverhältnis nehmen wir der Einfachheit wegen den Wert iy, = 1 an, das heißt das eigentliche Lagerspiel h, = R B- R ist gleich dem Segmentspiel h, =R, - R
Segmentradius R, und Berührungsradius RB haben hier also den gleichen Wert.
14.2 Der starre Rotor in Gleitlagern
295
Bild 14.7: Definition der Größen Segmentradius R, und Berührungsradius RB beim Kippsegmentlager
Bild 14.8: Kippsegmentlager mit 12 Segmenten, ß = BID = 0,2 ; Segmentwinkel a = 25" ; I,!/"= ( R , - R ) / ( R B - R ) = 1
In Bild 14.9 sind die Kreisbahnen p der unwuchterzwungenen Schwingungen für einige ausgewählte bezogene Massenexzentrizitäten r, in Abhängigkeit von dargestellt. Man erkennt einen ähnlichen Verlauf wie beim Kreislager. Im gezeigten Fall gibt es keine Mehrfachlösungen. Grundsätzlich sind diese aber auch beim Kippsegmentlager möglich. Bezüglich der Stabilität verhält sich das Kippsegmentlager wesentlich besser als das Kreislager. Merker [14.1] hat allerdings gezeigt, daß bei Mehrfachlösungen die mittlere Lösung auch instabil werden kann, während die beiden anderen Bahnen immer stabil sind.
296
14 Der vertikale Rotor in Gleitlagern
Grenze Lagerspiel
1
/////////////////
Bild 14.9: Bezogene Radien p der Kreisbahnen des Lagerzapfens in Abhängigkeit von 77 und E,-,. Starrer Rotor läuft in Kippsegmentlagern nach Bild 14.8.
14.3
Der elastische Lavalläufer in Gleitlagern
Wir erweitern nun das in Abschn. 14.2 behandelte Rotorsystem und nehmen als zusätzlichen Parameter die Wellensteifigkeit s mit (Bild 14.2 b). Wie beim starren Rotor stellen wir zuerst die Bewegungsgleichungen allgemein auf. Danach diskutieren wir den Lösungsweg für die unwuchterzwungenen Schwingungen und behandeln als Sonderfall den Rotor in kurzen kreiszylindrischen Lagern.
14.3.1 Bewegungsgleichungen Zur Beschreibung des dynamischen Verhaltens der elastischen Welle in symmetrisch angeordneten Gleitlagern benötigen wir wie in Kap. 13 insgesamt vier Freiheitsgrade, und zwar V und W für den Wellendurchstoßpunkt sowie V, und W, für die Lagerzapfen.
14.3 Der elastische Lavalläufer in Gleitlagern
297
Welle und Scheibe
Steifigkeit
s
Masse
m
,-
Masser exzentrizität
E
Durchmesser
D=2R B
Bezog. Lagerspiel
ho
s=hdR 01
Winkelgeschwind.
n
Bezogene Größen
Bild 14.10: Parameter für den vertikalen elastischen Lavalläufer
Die Parameter dieses Systems sind die Scheibenmasse m, die zugeordnete Massenexzentrizität E und die Wellensteifigkeit s . Hinzu kommen die Lagerparameter B,D,ho, ty,770, und L 2 (siehe Kap. 12), die die nichtlinearen dynamischen Eigenschaften der Gleitlager bestimmen. Neben den dimensionsbehafteten physikalischen Größen sind in Bild 14.10 auch die bezogenen Parameter zusammengestellt. Wie in Kap. 14.2 beschreiben wir das Lagerverhalten zunächst allgemein durch die Lagerkräfte
Mit den vier Bewegungsgleichungen (14.13) drücken wir das ,,dynamische" Gleichgewicht für Scheibe
298
14 Der vertikale Rotor in Gleitlagern
und Welle aus
Ubemehmen wir auch hier die in Abschn. 14.2 definierten Größen U „ E„ T,q,F,V und G und führen zusätzlich die bezogene Eigenfrequenz
der starr gelagerten Welle ein, so gelangen wir zu den Gleichungen in dimensionsloser Form:
in denen neben den dimensionslosen Lagerkräften F„ meter V , V , und E, das Systemverhalten bestimmen.
F,
nur noch die Para-
14.3.2 Unwuchterzwungene Schwingungen Wie beim starren Rotor nehmen wir auch für den elastischen Läufer mit rotationssyrnmetrischen Lagergeometrien (Kreislager, Kippsegmentlager mit vielen Segmenten) an, daß sich infolge umlaufender Unwuchtkräfte Kreisbahnbewegungen einstellen. Für diesen Fall ergibt sich die in Bild 14.11 dargestellte Bewegungs- und Kräftekonstellation. Sowohl M, als auch der Wellenmittelpunkt W drehen mit der Drehfrequenz
R auf Kreisbahnen mit den Radien r bzw. r,. Gleichzeitig dreht sich die Verbindungsgerade W-S im gleichen Drehsinn mit C2 um W (Eigendrehung der Welle), so daß letztlich die Verbindung M,-M,-W-S wie im „eingefrorenen Zustand" mit der Winkelgeschwindigkeit C2 um die Lagermitte M L kreist.
14.3 Der elastische Lavalläufer in Gleitlagern
299
Bild 14.11: Bewegungen a) und Kräfte b) des elastischen Lavalläufers mit Unwuchtanregung
Durch die Drehbewegung wirkt im Schwerpunkt die Fliehkraft mr,SZ2 radial nach außen (Verbindungslinie M,-S). Sie beinhaltet sowohl die Beschleunigungsanteile mi;,mw der Translation des Punktes W als auch die Anteile m & a 2cos SZ t, m & a 2sin SZ t der Rotation von S um W (siehe G1. (14.13 a)). Diese Kraft wird über die Welle zum Lager geleitet (siehe Bild 14.11 b) und vom Ölfilm über die Gegenkraft 2F kompensiert. Um die Radien der Bewegungsbahnen r, r„ r, berechnen zu können, kann man nach Bild 14.11 b das Kräftegleichgewicht für Scheibe und Wellenzapfen formulieren. Dazu wählt man zweckmäßig die Komponenten der Lagerkräfte in Radial- und Umfangsrichtung aus, und erhält die folgenden Gleichungen: s(rs c o s i Z - & c o ~ p - r ) ~ 2 ~ c o s i i s (r, sin
-E
sin p)
= 2Fsin il
300
14 Der vertikale Rotor in Gleitlagern
In diesen Gleichungen sind die Rückstellkräfte der Welle jeweils den Ölfilmkräften bzw. den Trägheitskräften gegenübergestellt. Da die Massenhaft rnrSfi2 und die Federkraft der Welle nicht auf einer Wirkungslinie liegen (Bild 14.11 b), entsteht auch ein Moment, das man jedoch, wie in Kap. 3 gezeigt, im stationären Betrieb außer acht lassen kann. E L2 U) r r Mit den bezogenen Größen p = -, p, = I, E , = -, V = - und Vk = h0 h0 h, U), U 0
sowie den dimensionslosen Lagerkräften folgt:
F , Fu,F
(siehe auch G1. (14.8))
r l -S ~ - ~ = V~ -~ F C O S ~ Z = ~ ~ F , ~ , c o s ~ Z - E ~ C O 77k rlk pssiniZ-r,sinp
rl77 =42Fsinil=42F,
77k
rlk
2
p, sin iZ - E , sin 9
=
~ s i n i ~ .
Diese vier nichtlinearen Gleichungen stellen die Grundlage zur Berechnung der bezogenen Kreisbahnradien p,p, dar. Man kann sie weiter umformen und dabei einige Größen eliminieren. Merker zeigt in [14.1] einen Weg auf, wie man zu den gewünschten Lösungen für
14.3 Der elastische Lavalläufer in Gleitlagern
301
kommt. Letztlich müssen die Gleichungen selbst bei geschlossenen Ausdrükken für die Lagerkräfte (kreiszylindrisches Kurzlager) numerisch gelöst werden. Im folgenden Abschnitt zeigen wir einige Ergebnisse für den Lavalläufer in kurzen Kreislagern. 14.3.3 UnwuchterzwungeneSchwingungen des Lavalläufers in kreiszylindrischen Kurzlagern
Im Sonderfall der Kreisbahnbewegung darf man für das kreiszylindrische Kurzlager die Lagerkräfte wieder durch die einfache Beziehung der G1. (14.9) ausdrücken. Die Amplituden der unwuchterzwungenen Schwingungen - d. h. die bezogenen Kreisbahnradien p = r l h, für den Zapfen bzw. p, = r, I h, für den Scheibenmittelpunkt - lassen sich dann in Abhängigkeit von den bezoE, und ß darstellen. genen Größen q, T,?„ Typische Amplitudengänge für den Wellendurchstoßpunkt und den Zapfen sind in Bild 14.12 dargestellt. Dabei sind die bezogenen Kreisbahnradien p und p, über
also über der Drehfrequenz C2 und den ,,Lagercharakteristischen" Größen aufgetragen. Die Kurvenschar gilt für die verschiedenen Massenexzentrizitäten E, = ~ l h , .Die bezogene Eigenfrequenz des starr gelagerten Läufers q, ist in Bild 14.12 mit q, =6,4 konstant gehalten. Auf den Einfluß dieser Größe kommen wir später zurück. Betrachten wir zunächst die Ausschläge p = r l h , im Lager (unteres Diagramm in Bild 14.12). p kann maximal den Wert 1 annehmen, in diesem Fall ist das Lagerspiel h, überbrückt und der Zapfen steht vor dem Anstreifen. Wir wissen, daß das Lager dann sehr steif wird und der Lavalläufer sich wie bei starrer Lagerung verhält. Verfolgt man eine der Kurven p = p ( q l ß 2 ) , z. B. bei konstanter Massenexzentrizität E, = 0,4, so wächst die Amplitude zunächst mit der „Drehzahlc' an, bis bei qmax lß2= 5 3 < T,?, lß2 ein Maximum erreicht wird prnax (qmax)= 0.5. Danach fällt die Amplitude wieder ab. Bei kleineren Massenexzentrizitäten E, sind die Amplituden allgemein kleiner und die „Drehfrequenzen" des Maximums T,?,,,„ fallen weiter ab. Umgekehrt steigen die Amplituden mit wachsenden &,-Werten an. Insbesondere im Bereich der „Starrkritischen" T,?= werden die Amplituden immer größer und nähern sich der Lagerschale ( p + 1). Die Maximalwerte treten = q, auf. bei der Eigenfrequenz des starr gelagerten Lavalläufers T,?„,
T,?,
302
14 Der vertikale Rotor in Gleitlagern
Scheibenmitte E0
Bild 14.12: Bezogene Amplituden des Lavalläufers für Scheibenmitte p, und Lagerzapfen p in Abhängigkeit von der bezogenen „Drehzahl" bei Unwuchterregung. Bezogene Eigenfrequenz des starr gelagerten Lavalläufers: qk/ß2 = 6,4
Wir wenden uns nun den Amplituden des Scheibenmittelpunktes W zu und beobachten ein ähnliches Verhalten wie beim Za fen. Die Amplituden p, nehmen mit wachsender „Drehfrequenz" qlß zu und fallen nach Durchlaufen eines kritischen Bereichs q=qk wieder ab. Mit zunehmender Massenexzentrizität können sich die Werte von p, beachtlich vergrößern. Die Absolutwerte r, erreichen teilweise ein Vielfaches des Lagerspiels. Insbesondere im kritischen Bereich von qlß2 wird bei großen &,-Werten (große Massenexzentrizität) die Lagersteifigkeit hoch und die Lagerdämpfung gering. Der Lavalläufer verhält sich dann wie der in Kap. 3 diskutierte Läufer in starren Lagern.
4
14.3 Der elastische Lavalläufer in Gleitlagern
303
Erhöht man bei sonst gleichen Systemparametern die Eigenfrequenz des starr gelagesten Läufers 7 , = w l w o= @/wo
, indem man z. B. die Wellenstei-
figkeit s vergrößert, so werden die „Resonanzen6'(Maximalwerte) zu höheren Drehzahlen geschoben. Bild 14.13 zeigt die Unterschiede für die beiden Fälle r7k lß2= 6,4 (Bild 14.12) und 7, /ß2 = 12,8 auf, wobei als Massenexzentrizitäten lediglich die zwei Werte E, = 0,4 und E, = 1,O dargestellt sind.
Scheibenmitte
Bild 14.13: Bezogene Amplituden des Lavalläufers für Scheibenmitte p, und Lagerzapfen p in Abhängigkeit von der bezogenen „Drehzahl" bei Unwuchterregung für unterschiedliche Massenexzentrizitäten (qk/ß2 = 6,4 ; ----- qk/ß2 = 12,8)
Bei genauerer Betrachtung der Lösungen für p und p, in den Bildern 14.12 und 14.13 stellt man abhängig von der bezogenen Massenexzentrizität E,
304
14 Der vertikale Rotor in Gleitlagern
grundsätzlich unterschiedliche Funktionsverläufe fest. Wie beim starren Rotor (Kap. 14.2) gibt es einen Grenzwert für die Exzentrizität - er liegt auch hier bei E ; = 0,4933 - , bei dem sich der Charakter der Kurven ändert. Um diese Unterschiede herauszustellen, sind in Bild 14.14 drei charakteristische Fälle a, b, C aufgezeigt, die bereits in den Diagrammen der Bilder 14.12 und 14.13 enthalten sind, dort aber nicht klar erkennbar sind. Lagerzapfen
Scheibenmitte
Bild 14.14: Unterschiedliche charakteristische Kurvenverläufe für den Lagerzapfen P = f ( q l ß 2 ,E ~ qk, / ß 2 ) und die Scheibenmitte P,= f ( q / ß 2 E, ~ q ,k l ß 2 )
14.3 Der elastische Lavalläufer in Gleitlagern
Lösungsform a:
0 < E, < E; = 0,4399 (Bild 14.14 a)
Beispiel:
E,
305
= 0 , 4 ; q k / ß 2= 6 , 4
Unterhalb von ~ 0 = 0 , 4 9 3 3gibt es zwei Kurvenäste im Diagramm. Beim Hochfahren bewegt man sich zunächst auf dem unteren Ast und durchläuft bei r,=0,4 ein lokales Maximum. Oberhalb dieses Maximums beginnt der zweite Kurvenast. Es kann nun passieren, daß Zapfen wie auch Scheibe vom unteren in dem oberen Kurvenverlauf springen (Sprung-Phänomen), falls eine entsprechend große Störkraft vorhanden ist. Es erfolgt dann bei Drehzahlsteigerung ein weiterer Anstieg der Amplituden auf den oberen linken Ast (der rechte Ast ist instabil), bis es bei V = qk zum Anlauf im Lager kommt ( p = 1 ) . Die Amplituden der Scheibe gehen dann gegen Unendlich (hohe Lagersteifigkeit, geringe Dämpfung). Weitere Steigerung der Drehzahl würde zum Rücksprung auf den unteren Ast führen. Schließlich nahern sich bei nochmaliger Drehzahlerhöhung die Amplituden des Zapfens dem Wert Null, wahrend die Scheibenamplituden gegen den Wert E, gehen (Selbstzentrierung). Falls die zusätzlichen Störkräfte nicht groß genug ausfallen, wird üblicherweise nur der untere Kurvenast durchfahren und die Amplituden bleiben im Fall a) klein. Zu beachten sind allerdings mögliche instabile Gebiete (siehe dazu Abschn. 14.3.4). Lösungsform b:
E;
< E, < 1
Beispiel:
E,
= 0 , 6 ; q,/ß2 =12,8.
(Bild 14.14 b)
Beim langsamen Hochfahren läuft der Zapfen in den Punkt A bei V = V , ein. Da der Zapfen damit am Lagerrand liegt, geht die Dämpfung gegen Null, das Lager ist sehr steif und die Scheibenamplitude nimmt unendlich große Werte an. Bei weiterer Drehzahlerhöhung springt der Zapfen von A nach B und auch die Scheibe springt auf eine Bahn mit kleinerer Amplitude (gestrichelte Linie). Bei hohen Drehzahlen wandert der Zapfen ins Lagerzentrum ( p +0) und die Scheibe nimmt Amplituden an, die der Exzentrizität entsprechen (p, +E,). Beim Rücklauf springt der Zapfen, unter Umgehung des kritischen Punktes A, von C nach D. Falls Störkräfte einer bestimmten Größe vorliegen, kann es auch zum Hin- und Herspringen zwischen den Punkten C und D kommen. Der Bereich zwischen A und C ist instabil. Lösungsform c:
E, 2 1
Beispiel:
E,
=1,2;
(Bild 14.14 c)
q k / ß 2= 6 , 4 .
306
14 Der vertikale Rotor in Gleitlagern
Dieser Fall ist klar und einfach, da es keine mehrdeutigen Lösungen gibt. Zu jeder Winkelgeschwindigkeit q gehört genau eine Zapfen- und eine Scheibenbahn. Bei q= qk liegt der Zapfen am Lagerrand ( p = 1) und die Scheibenamplitude geht gegen Unendlich. Die Grenzwerte bei hohen Drehzahlen stellen sich wie in den vorherigen Fällen ein ( p +O ;p, + E ~ ) . 14.3.4 Die Stabilität der Kreisbahnen
Analog zum starren Rotor muß man auch hier überprüfen, ob sich die Kreisbahnbewegungen überhaupt ausbilden können. Die Stabilitätsuntersuchung wird ähnlich wie in Abschn. 14.2.4 durchgeführt, indem man die Bewegung um die Kreisbahn herum analysiert und deren Stabilität durch Berechnung der Eigenwerte bestimmt. Bei positivem Realteil eines Eigenwertes ist die Bewegung instabil, sind alle Realteile negativ, so ist die Kreisbahnbewegung stabil. Die Ergebnisse der Stabilitätsanalyse für den elastischen Lavalläufer in kreiszylindrischen Kurzlagern zeigt Bild 14.15. Als Parameter enthält das Diagramm die Größe (q,lß2), also die bezogene Eigenfrequenz der starr gelagerten Welle. Instabile Gebiete sind durch Schraffur hervorgehoben. Beispiel: Die Kreisbahnbewegung mit p =0,5 ist bei qlß2 =5 und bezogener Eigenfrequenz q,lß2 = 6,4 stabil (siehe Bild 14.15).
stabil ////.
instabil
Bild 14.15: Stabilitätskarte für den elastischen Lavalläufer in kreiszylindrischen Kurzlagern, Annahme kreisförmiger Zapfenbewegung
14.3 Der elastische Lavalläufer in Gleitlagern
307
Gibt man eine Kreisbahnbewegung des Zapfens mit bezogenem Radius vor, so kann man zu ebenfalls vorgegebenen Werten für ( T , I / ~und ~ ) (qkIß P) feststellen, ob die Bewegung stabil oder instabil ist. Zu beachten ist, daß es jeweils zwei instabile Bereiche gibt. Im unteren Gebiet wächst die Grenzkurve zwischen stabilem und instabilem Gebiet mit (~,~lß') an. Der obere Bereich hat eine Tropfenform, dieser Bereich wird mit wachsendem (V, lß2) größer. Durch Kombination der Diagramme 14.12, 14.13, 14.14 mit der Stabilitätskarte 14.15 kann man zu vorgegebenen Systemdaten herausfinden, welche Bewegungen zu erwarten sind. Wir wollen dies abschließend an einem Beispiel verdeutlichen. Ein Lavalläufer mit einer Eigenfrequenz in starren Lagern von qklß2 =6,4 soll auf eine Drehfrequenz von ~,11ß'= 15 hochgefahren werden. Die Massenexzentrizität sei ~ , = 0 , 4 .Ist die Ausbildung einer Kreisbahn in allen Bereichen möglich? Das Ergebnis ist in Bild 14.16 dargestellt. Man erkennt, daß die Hochlaufkur, =O,4) bis etwa T , I = / ~9,6~ im stabilen Bereich bleibt. Bei ve p = p ( ~ / ß 2 E, größeren rilß2-~ertensind Kreisbahnbewegungen nicht mehr möglich. Was dann wirklich passiert, muß eine nichtlineare numerische Berechnung zeigen.
1
stabil
Bild 14.16: Stabilitätskarte und Kreisbahnradien des Zapfens bei Unwuchterregung mit ~ ~ = 0 ,und 4 z o =1,O
308
14 Der vertikale Rotor in Gleitlagern
Steigert man die Exzentrizität auf Werte E,> 1,0, so stellen sich beim Hochlauf größere Kreisbahnradien ein. Der Zapfen kann am Lagerrand anlaufen und die Scheibenamplituden können sehr groß werden. Hat man den kritischen Bereich durchfahren, so sind jetzt höhere Drehzahlen bis = 12,2 erreichbar, bevor Instabilität einsetzt. Dieses Beispiel zeigt, daß größere Unwuchten im nichtlinearen Fall zu einer Anhebung der Stabilitätsgrenze führen können.
14.4 Fragen Warum muß man die Schwingungserscheinungen beim vertikalen Rotor in Gleitlagern nichtlinear behandeln? Welches sind die wesentlichen Unterschiede zum horizontalen Rotor in Gleitlagern? Warum ist eine große Unwucht beim vertikalen Rotor in Gleitlagern bezüglich des Stabilitätsverhaltens günstiger als eine kleine Unwucht? Erklären Sie dies an Bild 14.6. Welchen Nachteil hat die große Unwucht? Bei vertikal angeordneten Rotoren werden oft Kippsegmentlager statt kreiszylindrischer Lager eingesetzt. Welche Vorteile bieten sie? Welche Nachteile haben Kippsegmentlager? Beschreiben Sie an Hand von Bild 14.3 die Schwingbewegung des starren Rotors in kreiszylindrischen Lagern. Worin unterscheiden sich die Bewegungsbahnen des Lagerzapfens M, und des Wellenschwerpunktes S? Welche Kräftekonstellation ergibt sich aus der Bewegung?
15 Quetschöldämpfer
15.1 Einleitung Quetschöldämpfer (Squeeze Film Damper) sind Dämpfungselemente, die zur zusätzlichen äußeren Lagerdämpfung in rotierenden Hochleistungsmaschinen eingesetzt werden. Sie finden heute insbesondere in Flugtriebwerken eine breite Anwendung, da die dort verwendeten Wälzlager nur einen sehr geringen Beitrag zur Dämpfung des Rotorsystems liefern. Die Funktion des Quetschöldämpfers besteht in der Begrenzung der unwuchterregten Schwingungen der Triebwerksrotoren durch Dämpfung sowie in der Reduzierung der dynamischen Kräfte, die auf das Triebwerksgehäuse wirken. Quetschöldämpfer werden auch in Verbindung mit Gleitlagern eingesetzt. Wie in den Kap. 13 und 14 beschrieben, kann es beim Überschreiten der Grenzdrehzahl eines Rotors in Gleitlagern zu unerwünschten aufklingenden Schwingungen des Rotorsystems kommen. Durch eine zusätzliche äußere Dämpfung der Gleitlager in Form eines Quetschöldämpfers kann das Dämpfungsvermögen der Lagerung wesentlich erhöht und dadurch das Stabilitätsverhalten verbessert werden. Gehäuse
I I
Ölfilm ölfilm Wälzl ager
\
Gehäuse
i
Welle
Bild 15.1: Grundsätzlicher Aufbau eines Quetschöldämpfers
/derkäfig
310
15 Quetschöldämpfer
Bild 15.1 zeigt den grundsätzlichen Aufbau eines Quetschöldämpfers in Verbindung mit einem Wälzlager. Merkmal des Dämpfers ist ein enger ölgefüllter Spalt (h,= 2%0 vom Radius des äußeren Wälzlagerringes) zwischen Gehäuse und dem nicht rotierenden äußeren Wälzlagerring. Somit erfährt der Ölfilm, im Gegensatz zum Gleitlager, nichts von der Rotation i2 der Welle. "Dämpfende" Ölfilmkräfte können durch Druckaufbau deshalb nur dann wirksam werden, wenn der Rotorzapfen bzw. der daran gekoppelte äußere Wälzlagerring eine Schwingbewegung ausführt. Diesen Tatbestand können wir nochmals anhand des Bildes 12.3 deutlich machen, wonach bei fehlender Rotation i2 ein Druckaufbau nur möglich ist, wenn die Bewegungsanteile y (Winkelbewegung) und / oder e (Radialgeschwindigkeit) vorhanden sind. Der nicht rotierende Ölfilm des Quetschöldämpfers stellt den wesentlichen Unterschied zum Gleitlager (Kap. 12) dar. Beim Gleitlager wird der Ölfilm durch die Drehung des Lagerzapfens in Umfangsrichtung bewegt. Dadurch baut sich hydrodynamisch ein Druckberg auf, der die Tragfähigkeit des Lagers ergibt. Die Drehung sorgt damit auch für die Steifigkeit des Ölfilms. Als Nachteil des drehenden Ölfilmes muß die Erscheinung der Lagerinstabilität in Kauf genommen werden, die beim Quetschöldämpfer nicht vorkommt. Quetschöldämpfer besitzen im Gegensatz zum Gleitlager keine statische Tragfähigkeit und haben folglich auch keine statischen Steifigkeitseigenschaften. Man kann ihnen aber dynamische Steifigkeitseigenschaften zuordnen, worauf wir später zurückkommen werden. Die Dämpfungswirkung des Quetschöldämpfers hängt von vielen Parametern ab. Hauptsächlich zu nennen sind die Art der Ölzuführung, die Ausführung der seitlichen Dichtungen sowie der Grad der Zentrierung des nicht rotierenden äußeren Lagerringes innerhalb der Gehäusebohrung. Im Beispiel des Quetschöldämpfers nach Bild 15.1 wird das Öl über eine mittig angeordnete Ringnut dem Spalt zugeführt. Das Öl fließt axial durch den Spalt und tritt zum Umgebungsdruck seitlich aus dem Quetschöldämpfer aus. Der äußere Lagerring wird durch einen Federkäfig zentriert und an einer Rotation behindert. Die Ölzuführung kann grundsätzlich durch eine seitliche Ringnut (axiale Ö1zuführung), durch eine oder mehrere Taschen, durch Bohrungen oder eine mittig angeordnete Ringnut erfolgen. Bei der zuletzt genannten Zuführung spielt die Nuttiefe eine wesentliche Rolle. Ist diese sehr flach, so ist der dynamische Druck in der Ringnut nicht zu vernachlässigen und es ergibt sich ein Druckverlauf nach Bild 15.2 a. Ist die Nuttiefe ausreichend groß, so kann der dynamische Druck in der Ringnut vernachlässigt werden (Bild 15.2 b). Es wirken dann zwei schmale Quetschspalte. Dabei beträgt die Größe der resultierenden Dämpfung ungefähr nur noch ein Viertel der Dämpfung eines Spaltes mit flacher Ringnut. Durch seitliche Dichtungen in Form von Kolbenringen oder 0-Ringen kann der Öldurchsatz vermindert und der dynamische Druck im Ringspalt und somit die Dämpfungswirkung wesentlich erhöht werden (Bild 15.2 C).
15.1 Einleitung
311
Ein weiterer, sehr wichtiger Grund für den Gebrauch von seitlichen Dichtungen ist die Verminderung der Kavitationsgefahr im Quetschspalt. Umgebungsluft kann seitlich in den Spalt eingesaugt werden, im Schmieröl gelöste Luft kann austreten oder der Druck im Quetschspalt kann unter den Dampfdruck fallen und es entstehen Dampfblasen. Die Folge ist ein Abfall der Dämpfung und das eventuelle Auftreten des Sprung-Phänomens. Dabei kommt es beim Durchlaufen des Frequenzbandes zu einem Sprung in der Schwingungsamplitude des Rotors. In Abschn. 15.3.2 wird näher auf dieses
Bild 15.2: Dynamische Druckverteilungen über den Spalt bei unterschiedlichen Ringnutkonfigurationen: a) flache Ringnut, b) tiefe Ringnut, C) seitliche Dichtungen
Der in Bild 15.1 dargestellte Federkäfig wirkt als weiche Zentrierfeder, die den Lagerzapfen im Ruhezustand in der zentrischen Lage des Ringraumes hält und dabei das Gewicht bzw. die statische Last kompensiert. Dabei können durch die Wahl der Steifigkeit des Federkäfigs die ungedämpften Eigenfrequenzen des Rotor-Lager Systems gezielt verändert werden. Dies ist dann von Interesse, wenn sich die Betriebsfrequenz in der Nähe einer Eigenfrequenz des Systems befindet und es zu erhöhten Rotoramplituden kommt. Bei kleinen Schwingungsamplitudenbis 0,3h, und nicht kavitierendem Ölfilm darf lineares Schwingungsverhalten vorausgesetzt werden. Liegt der Rotor 20% oder 30% aus der Mittenlage versetzt im Spalt, ändert sich noch nicht viel an den linearen Dämpfungskoeffizienten verglichen mit der zentrischen Lage. Aber bei stärkerem Versatz nehmen die Dämpfungskoeffizienten sehr schnell zu (vgl. Bild 15.4). Eine nichtlineare Betrachtung wird bei größeren Schwingungen unumgänglich. Auch ohne Federkäfig ist die Funktionsfähigkeit des Quetschöldämpfers nicht beeinträchtigt. Der äußere Wälzlagerkörper liegt dann solange auf dem Boden des Ringspaltes, bis die dynamischen Kräfte zum Anheben des Rotors führen. Vorteil ist die einfachere und kostengünstigere Konstruktion, es liegt aber über den gesamten Amplitudenbereich ein nichtlineares Verhalten vor, Schwer [15.1], Cheny [15.2]. Wenn man mit Quetschöldämpfern die Schwingungen rotierender Systeme optimal dämpfen will, muß man deren dynamische Eigenschaften in Form von Kraft-Bewegungs-Beziehungen kennen. Ein erster Zugang zu deren Ermittlung ist über die Reynoldsgleichung aus Kap. 12 möglich. Bei ihrer Herleitung wurden die Trägheitskräfte gegenüber den Zähigkeitskräften vernachlässigt.
312
15 Quetschöldämpfer
Diese Annahme ist bei hohen Schwingungsfrequenzen bzw. großen Quetschöl- Reynolds- Zahlen
P U)
Dichte des Öls Schwingfrequenz des Zapfens (Orbit)
h,
radiale Spaltweite
70,
Zähigkeit des Öls,
für den Quetschöldämpfer nicht mehr zulässig. Neben geschwindigkeitsproportionalen Anteilen ergeben sich dann auch Kräfte, die von den Beschleunigungen abhängen. Dann tauchen fiktive hydraulische Massen auf. Für die folgende rotordynamische Betrachtung werden wir kleine Reynoldszahlen annehmen, die es zulassen, die "Trägheit des Öls" zu vernachlässigen. Diese Annahme ist in sehr vielen Fallen gerechtfertigt und ermöglicht eine analytische Bestimmung der Dämpferkräfte mittels der Reynolds-Gleichung. Wir werden sehen, daß sich die Kräfte durch "auslenkungsabhängige" rotordynamische Dämpfungskoeffizienten beschreiben lassen. Anschließend wollen wir den Einfluß von Quetschöldämpfern auf das dynamische Verhalten des starren Läufers am Beispiel der für die Praxis bedeutenden unwuchterzwungenen Schwingungen aufzeigen.
15.2 Dynamische Eigenschaften von Quetschöldämpfern, Kraft - Bewegungsgesetze Zur Lösung der Reynoldsgleichung für Quetschöldämpfer haben sich abhängig von der Dämpferbauart - zwei Näherungsverfahren bewährt: die Kurzlagertheorie (KLT) und die Breitlagertheorie (BLT). Quetschöldämpfer bauen in den meisten Fällen kurz, d. h., daß ihr Breitenverhältnis ß = B / D I 0,25 ist. Lassen die beiden Enden des Ölfilmspaltes eine axiale Ausströmung zu, so ist der Strömungszustand in erster Linie axial. Entsprechend ist auch der axiale Druckgradient größer als der in Urnfangsrichtung. Letzterer wird deshalb in der Reynoldsgleichung vernachlässigt, was zur Kurzlagertheorie führt. Bild 15.3 a ist ein Beispiel für diese Bauweise eines Quetschöldämpfers.
15.2 Dynamische Eigenschaften von Quetschöldämpfern
313
Wenn der Dämpfer in axialer Richtung lang baut, bietet sich die Breitlagertheorie an, bei der der Druckgradient in Umfangsrichtung wesentlich größer ist als in axialer Richtung. Diese Relation der Druckgradienten kann jedoch auch bei einem geometrisch kurzen Lager vorliegen, wenn die axiale Strömung durch eine Abdichtung an den beiden Enden des Ölfilmspaltes in axialer Richtung gesperrt ist. Ein Beispiel für diese Bauart mit Dichtringen zeigt schematisch Bild 15.3 b und in detaillierter Ausführung Bild 15.3 C. Ringnut
\ an epres ~n8platte
'Kolbenring
Distanzring
Bild 15.3: Quetschöldämpfer-Bauarten: a) Kurzlager, b) Breitlager mit seitlichen Dichtringen, C)Einzelheit zur seitlichen Abdichtung
Bei den Herleitungen der Kraft- Bewegungs- Beziehungen wollen wir uns auf die erste Bauart des kurzen Quetschöldämpfers konzentrieren. Dieser besteht idealerweise aus einer kreiszylindrischen Gehäusebohrung (Bild 15.3 a). Anschließend werden wir ohne Herleitung auch die Kraft- Bewegungs- Beziehungen darstellen, welche sich mit Hilfe der Breitlagertheorie ergeben.
15.2.1 Dämpfungskonstanten nach der Kurzlagertheorie Wir haben bereits erwähnt, daß die Reynoldsgleichung (12.1) der Ausgangspunkt für die Ermittlung der Kraft- Bewegungsgesetze ist. Berücksichtigt man, daß der äußere Lagerring keine Rotationsbewegung ausführt (G= 0), lautet die Reynoldsgleichung für einen Quetschöldämpfer (wir verwenden die gleichen Bezeichnungen wie in Kap. 12)
mit der SchmierspaltfunktionG1. (12.2)
314
15 Quetschöldämpfer
Da wir uns auf die "kurze" Bauweise nach Bild (15.3 a) konzentrieren, vernachlässigen wir im Rahmen der Kurzlagertheorie den Term mit der Ableitung des Drucks p nach der Umfangskoordinate 9.So gelangt man zur Gleichung
deren Lösung zur Druckfunktion p(q, X, t) nach G1. (12.14) führt 2yesinl+2icosy>
P (9, X , t ) = 3vO1
[j
(h, - e ~ o s y > ) ~
--
x2)
+PO.
Zur Bestimmung einer geschlossenen Form der Kräfte F, und F, durch Integration der Druckfunktion G1. (15.3) müssen Annahmen bezüglich der Ausdehnung des Ölfilms im Ringspalt getroffen werden. Wählt man den in Abschn. 12.4.1 zu null gesetzten Zulaufdruck p, so, daß keine negativen Druckgebiete auftreten, so ist der gesamte Spalt mit Öl gefüllt und die Integration kann über den Umfang von 0 5 p 5 227 erfolgen (2~-Theorie).Da der Zulaufdruck konstant über den Umfang angenommen wird, ist die daraus resultierende Kraft gleich null und hat somit keinen weiteren Einfluß auf den Rotor.
Der kavitationsfreie Fall. 2~-Theorie: Nach der 2~-Theorieergeben sich die Kräfte F, (Umfangsrichtung) und F, (radiale Richtung) über folgende Gleichungen
15.2 Dynamische Eigenschaften von Quetschöldämpfern
315
die man in Matrizenschreibweise übersichtlicher angeben kann:
mit
Die Dämpfungskoeffizienten duu und d, sind nichtlineare Funktionen der relativen Auslenkung E = elh, des Zapfens. Hinweis: Wie in Kap. 12 hat tiven Zapfenexzentrizität.
E
hier zunächst wieder die Bedeutung der rela-
Bild 15.4: Dimensionslose Dämpfungskoeffizienten des kurzen Quetschöldämpfers nach der 2n-Theorie (ohne Kavitation)
316
15 Quetschöldämpfer
In Bild 15.4 sind die dimensionslosen Koeffizienten d„ und d , des kurzen Quetschöldämpfers ohne Kavitation (2~-Theorie)in Abhängigkeit von der Zapfenexzentrizität E dargestellt. Man erkennt, daß die Dämpfung mit der Auslenkung nichtlinear zunimmt. Dies ist eine äußerst positive Eigenschaft des Quetschölfilms, denn mit zunehmender Schwingungsamplitude wird der Bewegung mehr Dämpfungskraft entgegengesetzt. Für den angenommenen Sonderfall, daß sich der Wellenzapfen des Läufers auf einer kreisförmigen Bahn mit dem Radius r befindet, die mit der konstanten Wellendrehfrequenz Cl durchlaufen wird (Bild 15.5), gelten die folgenden Beziehungen:
Kreisbahn : r = e = konst.
i-=e=o y = yt = Q t
y = R = konst. Bild 15.5: Kreisbahnbewegung des Lagerzapfens MZ mit Drehfrequenz L 2
Wegen i- = e = O verschwindet die Kraft in radialer Richtung und es verbleibt nur noch die Komponente in Umfangsrichtung F,.
Kavitation im Ölfilm. w-Theorie: Bei einem kavitierenden Ölfilm wird angenommen, daß sich der Kavitationsbereich über die Hälfte des Spaltes in Umfangsrichtung ausdehnt. Diese Annahme führt zur Z-Film Theorie. Der Beginn des Kavitationsgebietes kann aus der Druckfunktion G1. (15.3) bestimmt werden. Es ergeben sich die folgenden Integrationsgrenzen für den Bereich des positiven Drucks
15.2 Dynamische Eigenschaften von Quetschöldämpfern
und
q2=p,+x.
317
(15.8)
Wertet man die Druckfunktion für diese Integrationsgrenzen aus, so ergeben sich die Kräfte in radialer Richtung und in Umfangsrichtung nach Humes und Holmes [15.3] zu
wobei für e und y zunächst keine Einschränkungen gelten. Es bedeuten
und
x 6 = -+ arctan
E sin
2
Die Kavitation bedingt das Auftreten der Koppeldämpfungen d„ und d„. Diese sowie die Hauptdämpfungen duu und drr hängen nicht nur von der relativen Auslenkung E ab, sondern auch noch über den Winkel p, (Gl. (15.8)) von der Geschwindigkeit ¿. und der Winkelbewegung y. Beschreibt der Wellenzapfen im Sonderfall wieder eine Kreisbahn mit Radius r( y = L2,e =r = O), so ergibt sich als Integrationsgebiet 0 5 p 5 T.Damit folgen aus G1. (15.10) die Kräfte F, und Fr zu
318
15 Quetschöldämpfer
und in Matrizenschreibweise
mit
Der Hauptdämpfungskoeffizient duuist gegenüber dem des nicht kavitierenden Ölfilms nur noch halb so groß, welches den vorher erwähnten Abfall der Dämpfungswirkung zeigt. Der Nebendämpfungskoeffizient d„ bewirkt eine Radialkraft infolge der Umfangsgeschwindigkeit rQ . Bild 15.6 stellt die dimensionslosen Dämpfungskoeffizienten des kurzen Quetschöldämpfers nochmals in Abhängigkeit von der relativen Zapfenauslenkung E zusammen. Beim Vergleich von 2n-Theorie und z-Theorie ist zu beachten, daß die n-Theorie nur die Ergebnisse für den Sonderfall Kreisbahn angibt. Andere Bewegungsformen generieren andere Koeffizienten, die im Einzelfall nach G1. (15.10) zu ermitteln wären. Dagegen dürfen die Koeffizienten der 2n-Theorie unabhängig von der Bewegungsbahn angewendet werden.
15.2 Dynamische Eigenschaften von Quetschöldämpfern
319
Bild 15.6: Dimensionslose DämpfungskoefIizienten des kurzen Quetschöldämpfers a) 2n-Theorie - keine Kavitation, b) E-Theorie - mit Kavitation, Sonderfall: Kreisbahn
15.2.2 Dämpfungskonstanten nach der Breitlagertheorie Für den breiten Quetschöldämpfer bzw. für den geometrisch kurzen Dämpfer, der beidseitig abgedichtet ist, wird zur Berechnung der Kräfte die Breitlagertheorie eingesetzt. Deren Ergebnisse teilen wir im folgenden ohne Herleitung mit, Holmes [15.4].
Der kavitationsfreie Fall. 2z-Theorie: Für den Spalt, der über dem gesamten Umfang mit Öl gefüllt ist, lauten die Kräfte:
320
15 Quetschöldämpfer
und in Matrizenschreibweise
Kavitation im Ölfilm. X-Theorie: Für einen kavitierenden Film beschränken wir uns wieder auf den Fall des zentrierten Rotors im Quetschspalt, der eine Kreisbahn beschreibt. Dann bestimmen sich die Kräfte des Ölfilms entsprechend der Breitlagertheorie zu
und in Matrizenschreibweise
mit
15.2 Dynamische Eigenschaften von Quetschöldämpfern
qO,R~ B dru =
h,'
321
24 s
- r/0,R3B . dIU (1-~~)(2+& - ~ h,,' )
Bild 15.7: Dimensionslose Dämpfungskoeffizienten des breiten Quetschöldämpfers a) 2n-Theorie - keine ~avitation,b) n-Theorie - mit Kavitation, sonderfall: kreisbahn
In Bild 15.7 werden diese Koeffizienten in dimensionsloser Form in Abhängigkeit von der Exzentrizität E gezeigt. Zu Bild 15.6 und 15.7 sei noch angemerkt, daß die Dämpfungskoeffizienten in unterschiedlicher Art und Weise dimensionslos dargestellt sind. Beim Kurzlager wird auf r / i i , ~ 3 ~ / h , 3 bezogen, beim Breitlager auf q „ ~ ~ 3 / h , Einen 3. direkten Vergleich der dimensionsbehafteten Größen di, können wir angeben, wenn wir für Kurz- und Breitlager jeweils die gleiche Geometrie voraussetzen (beide Lager bauen geometrisch kurz, das "echte Kurzlager" ist seitlich offen, das Breitlager in Axialrichtung geschlossen).
322
15 Quetschöldämpfer
Es gilt dann:
Nimmt man z. B. ß=0,25 an, so ergibt sich ein Verhältnis der Dämpfungen dikgL/dikm, das im Bereich von 20 - 40 liegt. Der "breite" Quetschöldämpfer hat also in diesem Fall wesentlich höhere Dämpfungskoeffizienten.
15.3 Der starre Läufer in Quetschöldämpfern Am Beispiel des starren Läufers untersuchen wir die Wirkung des Quetschöldämpfers auf das Schwingungsverhalten bei Anregung durch Unwuchtkräfte. Bild 15.8 zeigt das Modell für diese Untersuchung. Die starre Welle ist in zwei symmetrisch angeordneten Wälzlagern gelagert, die jeweils von einem Quetschöldämpfer umgeben sind. Die Masse der Wälzlager wird dem Rotor zugeschlagen. Außerdem werden die Lager unendlich steif angenommen. Für die folgenden Betrachtungen gehen wir davon aus, daß der Federkäfig den Wellenzapfen in Lagennitte hält und das Gewicht kompensiert. Die durch Unwucht erzwungenen Schwingungen erfolgen dann um die zentrische Nullage herum. Beim Aufstellen der Bewegungsgleichungen werden die Eigenschaften der Quetschöldämpfer entsprechend der hergeleiteten KraftBewegungs-Beziehungen berücksichtigt. Es werden wieder nur translatorische Bewegungen betrachtet, Kippbewegungen bleiben außer acht. Starrer Rotor Masse m Massenexzentrizität \
Wälzla er m i t ~uetsc%öldäm~fer E
Bild 15.8: Starrer Läufer in Wälzlagern und Quetschöldärnpfern
/
15.3 Der starre Läufer in Quetschöldämpfern
323
15.3.1 Bewegungsgleichungen Wie in Kap. 14 beim vertikalen Läufer in Gleitlagern nehmen wir auch hier an, daß sich die Bewegung des starren Läufers infolge Unwuchtanregung auf Kreisbahnen vollzieht. Unter dieser Voraussetzung können die Bewegungsgleichungen unter Zuhilfenahme von Bild 14.3 wie in Abschn. 14.2.2 hergeleitet werden. Die Trägheitskraft des umlaufenden starren Rotors muß mit den Lagerkräften im dynamischen Gleichgewicht stehen, was sich in Kraftkomponenten so darstellt
Dabei wurde in radialer Richtung noch die beim Gleitlager nicht vorhandene Federkraft des Zentrierkäfigs berücksichtigt. Mit den Fliehkraftanteilen F„ = mC12&sinp und F„ =mC12(r + ~ c ops) ergibt sich schließlich (siehe auch Gln. 14.6 a, 14.6 b) mC12rsin p = 2F,
(15.22 a)
Hinweis: Zu Beginn dieses Kapitels hatten wir zunächst in Anlehnung an die Gleitlagertheorie die bezogene Exzentrizität im Lager mit E =e/h, bezeichnet. Jetzt kehren wir, wie in Kap. 14,für die Bezeichnung der Massenexzentrizität des Rotors wieder zu E zurück. Der Radius der „Kreisbahn "Auslenkung des Zapfens sei wieder r bzw. in der bezogenen Form p = r / h,. Die Quetschöldämpferkräfte F, und F, sind damit also von r bzw. p = r / h , abhängig. Führt man noch die Federsteifigkeit s der Zentrierfeder gemäß F, = s .r ein und eliminiert den Winkel q~in G1. (15.22) durch Quadrieren und Addieren, so entsteht die Gleichung
die zur Berechnung des Kreisbahnradius r der Zapfenbahn zur Verfügung steht. Wie man in G1. (15.23) leicht erkennt, ist die Auslenkung r von den Rotorgrößen m und E , von den Lagergrößen F, und F, bzw. B , R , h „ und 770, sowie von der Zentriersteifigkeit s und der Winkelgeschwindigkeit Cl abhängig.
324
15 Quetschöldämpfer
Für den weiteren Lösungsweg führen wir die folgenden Bezugsgrößen ein, die eine dimensionslose Durchrechnung ermöglichen Bezugsfrequenz
O, =
%4
BezogeneWinkelgeschwindigkeit 77 = Q/w, Relative Massenexzentrizität
(15.25)
E , = &/h,
(15.26) 3
Dämpfungsparameter D* = Der letzte Parameter D* stellt ein dimensionsloses Dämpfungsmaß dar, in dem die charakteristischen Größen des Quetschöldämpfers enthalten sind. Im folgenden berechnen wir das Schwingungsverhalten das starren Läufers in Quetschöldämpfern unter den getroffenen Voraussetzungen. Dabei suchen wir u.a. die Grenzen zwischen linearem und nichtlinearem Verhalten und zeigen die Unterschiede auf, die sich beim kavitierenden bzw. nicht kavitierenden Ö1film ergeben. Hinweis: Da wie in Kap. 14 die Wirkrichtung der Quetschöldämpferkräfte in der Gleichung G1. (15.23) schon berücksichtigt ist, wird im folgenden nur der Betrag der Kräfe berücksichtigt. 15.3.2 Unwuchterzwungene Schwingungen des starren Läufers in kurzen Quetschöldämpfern ohne Kavitation
-
Für den kavitationsfreien Fall (2~-Theorie)können im Fall des kurzen Quetschöldämpfers die Kräfte F, und F, durch die Gln. (15.4), (15.5) und (15.6) ausgedrückt werden. Wendet man sie für den Sonderfall der Bewegung auf einer Kreisbahn mit Radius r ( p = r / h , ) an, so folgt nach G1. (15.7) für die beiden Kräfte
Beachte: Wie bereits oben vermerkt, steht nun p für das frühere fenexzentrizität) und r für e.
&
(Zap-
15.3 Der starre Läufer in Quetschöldämpfern
325
Die vom bezogenen Kreisbahnradius p abhängige Dämpfungskonstante ist also
Zunächst untersuchen wir den Fall der „kleinen" Kreisbahnen, der eine lineare Behandlung zulißt. Bei großen Bewegungen müssen wir das Problem nichtlinear lösen.
Lineare Berechnung: Bei kleinen relativen Auslenkungen p = r l h , « 1 folgt nach (15.28) die Dämpfungskonstante d„ für das Lagerzentrum
und die Umfangskraft ergibt sich zu
Setzt man G1. (15.30) in die Bewegungsgleichung (15.23) ein und löst nach dem bezogenen Kreisbahnradius auf, so erhält man die bekannte Lösungsfunktion für den einfachen linearen Schwinger mit Dämpfung
Danach ist der bezogene Kreisbahnradius bekannterweise abhängig von der relativen Massenexzentrizitit r O ,der bezogenen Winkelgeschwindigkeit und dem Dämpfungsmaß D . Die Lösungen dieses linearen Falles diskutieren wir anschließend zusammen mit dem nichtlinearen Fall in Bild 15.9.
Nichtlineare Berechnung: Führt man nun die nichtlineare Umfangskraft G1. (15.7 a) in G1. (15.23) ein, so ergibt sich nach einiger Zwischenrechnung das folgende Polynom*G1. (15.32) in V , aus dem man zu vorgegebenen Größen für q,co und D nach dem Bahnradius p auflösen kann.
326
15 Quetschöldämpfer
Die Ergebnisse der linearen und nichtlinearen Untersuchungen findet man zusammepgefasst in Bild 15.9, wobei jeweils p über 77 aufgetragen ist mit E , und D als Parameter in den Diagrammen. Lineare Berechnung
Nichtlineare Berechnung
Bild 15.9: Vergleich lineare und nichtlineare Berechnung, ohne Kavitation; bezogene Radien p der Kreisbahnen des Zapfens in Abhängigkeit von der bezogenen*Winkelgeschwindigkeit 7, der Massenexzentrizität E , und der bezogenen Dämpfung D ; Unwucht = &/ho= 0,40 = ~ / = 0,04; h ~Unwucht in den Fällen C und d: in den Fällen a und b:
15.3 Der starre Läufer in Quetschöldämpfern
327
Die beiden oberen Bilder 15.9 a und b gelten für eine kleine Massenexzentrizität von &,=0,04. Die Dämpfung D* ist ebenfalls in beiden Bildern gleich. Man sieht, daß die relativen Kreisbahnradien klein bleiben und selbst im Resonanzfall nur 30% des Lagerspiels ausmachen. Weiterhin zeigt die nichtlineare Berechnung kaum Unterschiede gegenüber dem linearen Fall. Ist die Unwucht größer (E, =0,4 in den Bildern C) und d)), so wachsen auch die Amplituden p an und die nichtlinearen Effekte kommen viel stärker zum Tragen. Wie Bild 15.9 c verdeutlicht, ist jetzt die lineare Behandlung nicht mehr zulässig. Mit abnehmender Dämpfung überschreitet der Zapfen die Lagerberandung ( p > I , r > h,) , was praktisch nicht eintreten kann. Dagegen fängt in Bild 15.9 d die „nichtlineare Dämpfung" nach Gl. (15.7 a) den Zapfen wieder ein und setzt ihm absolute Grenzen bei p < 1. Man erkennt in Bild 15.9 d, daß die drehzahlabhängigen Radien den nichtlinearen Frequenzgangcharakter annehmen. 15.3.3 Unwuchterzwungene Schwingungen des starren Rotors in kurzen kavitierenden Quetschöldämpfern; nichtlineare Rechnung Bei eintretender Kavitation sinkt die Dämpfungswirkung ab und das Sprungphänomen kann auftreten. Dies werden wir zeigen, indem der Amplitudengang für den starren Rotor in kavitierenden Quetschöldämpfern bestimmt wird. Dafür setzen wir die Kräfte aus G1. (15.1 1 a) und G1. (15.11 b)
in die Bewegungsgleichung (15.29) ein und erhalten ein Polynom in der dimensionslosen Winkelgeschwindigkeit 77, welches lautet
328
15 Quetschöldämpfer
Durch die Bestimmung der positiven realen Wurzeln in Abhängigkeit der relativen Auslenkung p kann der Amplitudengang des Rotor~~dargestellt werden für einen vorher bestimmten Dämpfungsparameter D und einer bestimmten relativen Massenexzentrizität E,. In Bild 15.10 sind zwei Amplitudengänge für den starren Rotor in kavitierenden Quetschöldämpfern d2rgestellt. Der Dämpfungspararneter D* hat jeweils den gleichen Wert von D = 0,0253. Lediglich die Unwucht in Form der relativen Massenexzentrizität E , ändert sich. Die gestrichelte Kurve zeigt einen zu erwartenden Amplitudengang mit einer Schwingungsüberhöhung in der Nähe von = 1 und dem Einschwingen des Rotors für große V auf die relative Massenexzentrizität E,.
Bild 15.10: Bezogene Radien p der Kreisbahnen des Zapfens in Abhängigkeit von der bezogenen Winkelgeschwindigkeit 7 und der Massenexzentritzität E,,; nichtlineare Berechnung mit Kavitation; Unwucht &" = c / h o = 0,2 und 0,s
Bei einer größeren Unwucht erhält man wegen des nichtlinearen Verhaltens des Quetschöldämpfers ab einem bestimmten drei Kurvenäste für die Zapfenauslenkung p. Von diesen stellen nur der obere und der untere Ast einen stabilen Zustand für den Rotor dar. Beim Hochfahren folgt der Rotor mit großer Unwucht, E, = 0,5, der äußeren oberen Kurve. Auch beim Abwärtsfahren bleibt er auf ihr. Nur wenn heftige extreme Schläge (z.B. Hammerschlag) ihn im oberen Drehzahlbereich irritieren, kann der Rotor auch auf den unteren stabilen Ast springen. Der mittlere strichpunktierte Ast ist instabil; er trennt
15.4 Beispiele industrieller Anwendung
329
die Einflußbereiche der stabilen Aste. Falls der Rotor durch einen extremen Schlag auf den unteren stabilen Ast gerät, muß er beim Abwärtsfahren an der Stelle, 77 = 1,90 auf die äußere stabile Kurve zurückspringen. Da wir bis jetzt dem Quetschöldämpfer nur Dämpfungskräfte zugeordnet haben, stellt sich die Frage, woher die Änderung der Steifigkeit des Systems kommt. Man findet in der Literatur den Ansatz, daß die radiale Kraft F, aus G1. (15.1 1 b) nicht als Dämpfungskraft sondern als eine dynamische Steifigkeitskraft eingeführt wird inder Form
Der Steifigkeitskoeffizient k, ändert sich mit der Drehzahl R und somit die dynamische Steifigkeit des Systems. Betrachtet man nochmals die G1. (15.23)
so entspricht sie der Betragsgleichung des Kräftegleichgewichts. Die Dämpferkraft F, wirkt in die gleiche Richtung wie die Federkraft der Zentrierfeder F, und kann somit als eine Steifigkeitskraft verstanden werden. Eine weitere Begründung gibt Vance [15.5] an: Er sagt, daß es für einen starren Rotor ohne Zentrierfeder eine kritische Drehzahl und somit auch eine Lagersteifigkeit gibt, welche in diesem Fall aus dem Quetschölfilm stammen muß. Physikalisch jedoch spielt es keine Rolle, ob man die Dämpferkraft F, als Dämpfungs- oder Steifigkeitskraft betrachtet, da bei einer rotordynamischen Analyse beide Ansätze auf das gleiche Ergebnis führen. Das Sprungphänomen zeigt sehr deutlich, daß, wenn man die positiven Eigenschaften des Quetschöldämpfers, wie progressive Dämpfung, nutzen möchte, eine präzise Bestimmung der Daten des Quetschöldämpfers unerläßlich ist. Eine kleine Änderung der Unwucht kann durch die Nichtlinearität des Quetschöldämpfers zu einem wesentlich veränderten Dämpfungsverhalten führen.
15.4 Beispiele industrieller Anwendung Wie schon in der Einführung erwähnt, stammen Queschöldämpfer aus dem Flugtriebwerksbau. Dort werden sie schon seit Jahrzehnten eingesetzt.
330
15 Quetschöldämpfer
Bild 15.11: Triebwerkslager mit Quetschöldämpfer; aus Holmes [15.4]
instabile Eigenform
.-. Rotor Lagerölfilm Lagerschale dämpfender Ölfilm Lagergehäuse mit Quetschöldämpfung und Ölringnut
Bild 15.12: Gleitgelagerte Industriedampfturbine (25 MW) mit Quetschöldämpferzur Erhöhung der Laufstabilität in Lager LI; aus Nyqvist und Larsson 115.61
15.4 Beispiele industrieller Anwendung
331
Auch im Turboladerbau haben sie Eingang gefunden. Im Dampfturbinenbau sind sie noch wenig verbreitet, weil dort generell Gleitlager benutzt werden. Eine Industrieturbine von 25 MW, die mit einem optimierten Quetschöldämpfer ausgerüstet wurde zeigt Bild 15.12. Um die instabile Eigenschwingung mit großen Ausschlägen am linken Ende wirksam dämpfen zu können, wurde der Quetschöldämpfer nur am Lager L1 angeordnet. Die Komponenten dieser Lagerung einschließlich Quetschöldämpfer sind in Bild 15.12 unten dargestellt. Die stabilisierende Wirkung des Quetschöldämpfers erkennt man in Bild 15.13. Hier sind Imaginärteil (Eigenfrequenz) und Realteil (Abklingkonstante) des für die Stabilität maßgebenden Eigenwertes aufgetragen, wobei als Parameter die Dämpfungskonstante des Quetschöldämpfers variiert wurde. Ohne Quetschöldämpfer ist das System instabil, der Realteil liegt in der rechten Halbebene. Der Quetschöldämpfer stabilisiert, wobei die optimale Dämpfungskonstante im Bereich von 70-75 kNs/m liegt.
X
nit
ohne Quetschöldämpfer
55
- 1500
-1000
45
-500
0
Eigenwerte Realteil Bild 15.13: Eigenwerte der Industriedampfturbine mit Quetschöldämpfer.
500
332
15 Quetschöldämpfer
15.5 Fragen 1.
Warum hat der Quetschöldämpfer ohne Zentrierring keine Steifigkeitseigenschaften?
2.
Wie unterscheiden sich die Dämpfungseigenschaften des seitlich offenen vom seitlich geschlossenen Quetschöldämpfer?
3.
Wie verändern sich die Dämpfungskräfte des Quetschöldämpfers mit zunehmender Exzentrizität?
16 Permanentmagnetische Lagerung von Rotoren
16.1 Einleitung Wegen der geringen Kräfte je Flächeneinheit, die sich permanentmagnetisch erzeugen lassen, war diese Lagerungsart bislang nur in Meßgeräten üblich. Durch neue Werkstoffe konnten die Magnetkräfte jedoch enorm gesteigert ' werden, so daß heute spezifische Lagerkräfte von 50 bis 60 ~ l c m erreichbar sind. Obgleich das verglichen mit der Tragfähigkeit von Gleit- oder Wälzlagern nicht sehr viel ist (Kap. 1, Tab. 1.1), wird dadurch die magnetische Lagerung auch für größere Rotoren interessant.
Fußlager mechan.
Bild 16.1: Einfache permanentmagnetische Kopflagerung. Pfeilspitzen: Nord; bei seitlicher Auslenkung ziehen die magnetischen Feldlinien wie Gummifäden den Rotor zurück
Das permanentmagnetische Kopflager von Bild 16.1 ist attraktiv ausgelegt. Deshalb fesselt es nicht nur den Rotor, sondern entlastet auch das Fußlager fast völlig vom Gewicht. Dadurch bleibt denkbar wenig Reibung im System. Eine sehr perfektionierte Anwendung dieses Prinzips findet sich in den Ultrazentrifugen (für die Uranhexafluorid-Anreicherung) in Almelo, die von MAN-Neue Technologie Mitte der 70er Jahre gebaut wurden. Bild 16.2 zeigt ein permanentmagnetisches Radiallager, das durch die
16 Permanentmagnetische Lagerung von Rotoren
334
Verwendung von Weicheisenschuhen auf der rotierenden Seite Fliehkraftbeanspruchungen in den Permanentmagnetenumgeht.
fest
I
Magnet
fest
Bild 16.2: Radiales passives Magnetlager, ohne Fliehkraft-beanspruchte Magnete auf der rotierenden Seite
Mit Permanentmagneten lassen sich maximal vier Freiheitsgrade eines Rotors fesseln. Der fünfte, der Rotationsfreiheitsgrad, bedarf keiner Fesselung. Der sechste aber ist dann mit negativer Steifigkeit belegt. Das ist eine Eigenart permanentmagnetischerLagerung. Dieser Freiheitsgrad muß dann mechanisch gefesselt werden (Kugellager 0.ä.) oder - wie im Bild 16.23 - durch ein aktives Magnetlager. Durch das zusätzliche aktive axial arbeitende Magnetlager ist der Rotor völlig berührungsfrei gelagert. Permanentmagnetische Lagerung ist praktisch dämpfungsfrei. Das stört bei starren Rotoren, deren kritische Drehzahlen wegen der weichen Fesselung sehr niedrig liegen, kaum. Bei Rotoren, die durch ein oder mehrere elastische kritische Drehzahlen fahren, muß U. U. künstlich eine zusätzliche Dämpfung eingeführt werden [16.1-16.31.
16.2 Kräfte und Steifigkeiten von PermanentmagnetLagern Das qualitative Verhalten eines permanentmagnetischen Radiallagers zeigt Bild 16.3. Die beiden radial magnetisierten Ringe sind Nord-Nord gepolt, sie stoßen einander ab (repulsive Anordnung). Verschiebt man den Rotor (Innenring) aus seiner mittigen Lage, entstehen Rückstellkräfte, die ihn wieder zentrieren wollen. Die Steigung der Radialkraft - Radialverschiebungskurve in der Mittenlage stellt die Radialsteifigkeit dar. Sie ist positiv.
16.2 Kräfte und Steifigkeiten von Permanentmagnet-Lagern
335
Zwar ist die Axialkraft bei genau mittiger Position „Null", verschiebt man aber den Rotor aus seiner Mittenlage axial um +U, wollen die magnetischen Kräfte ihn weiter in X-Richtungaus der Ruhelage tragen. Die axiale Steifigkeit ist negativ, was man sofort erkennt, wenn man die Tangente an die Kurve in Mittenlage (U= 0) zeichnet.
Radialkrafi
V
1
.I/
I ~r radiale Verschiebung
Bild 16.3: Qualitatives Verhalten eines permanentmagnetischen Radiallagers mit Polung Nord-Nord (Pfeilspitzen). Zur positiven (rückführenden) Steifigkeit in radialer Richtung gehört eine negative austreibende Steifigkeit in Axialrichtung.
Nach diesen qualitativen ~berlegungenwerden wir nun formaler. Zwischen den beiden Magnetringen - seien es die von Bild 16.3 oder die vom Kopflager (Bild 16.1) - wirken im allgemeinsten Fall drei Kräfte und drei Momente, die wir im Vektor f auflisten. Diese Kräfte hängen von den sechs Freiheitsgraden U der Verschiebungen ab.
Nehmen wir nun Meine Verschiebungen Au in allen sechs Freiheitsgraden an, dann lassen sich die Kräfte f(u) in einer Taylorreihe darstellen,
336
16 Permanentmagnetische Lagerung von Rotoren
die um den Betriebspunkt, hier die zentrische Ruhelage, entwickelt wird. f, ist der Kräftevektor in dieser ungestörten Ruhelage. Beim Radiallager von Bild 16.3 ist er in zentrischer Ausgangsposition nur mit Nullen besetzt. Beim Kopflager (axiale Magnetisierung) von Bild 16.4 enthält dieser Vektor einzig die Axialkraft.
Die Ableitungen dieser Kräfte nach den Verschiebungen und den Verschiebungsgeschwindigkeiten sind 6 X 6-Matrizen. Sie stellen die Steifigkeits- bzw. Dämpfungsmatrix der Anordnung dar:
Da die Dämpfungen in permanentmagnetischen Lagern sehr gering sind, kümmern wir uns nur um die Steifigkeitsmatrix und ihre Besetzung; wir brechen die Taylorreihe also schon sehr früh ab.
Bild 16.4: Attraktives permanentmagnetisches Kopflager (links); Freiheitsgrad (rechts)
Über die Besetzung der Steifigkeitsmatrix SM können wir im voraus einige Aussagen machen. Grundsätzlich ist klar, daß die Matrix symmetrisch besetzt sein muß, da die Magnetkräfte aus einem Potential herrühren und somit konservativen Charakter haben:
Betrachtet man das Kopflager in Bild 16.4, so wird weiterhin deutlich, daß aufgrund der geometrischen Symmetrien in der zentrischen Position einige
16.2 Kräfte und Steifigkeiten von Permanentmagnet-Lagern
337
Terme der Matrix zu Null werden müssen. Dazu folgende Überlegungen: 1. Eine Rotation Aqx hat in der dargestellten Anordnung keinen Einfluß auf andere Freiheitsgrade, d.h. die 4. Zeilel4. Spalte ist nur mit Nullen besetzt. 2. Bei einer Verschiebung Ax in Richtung der x-Achse kann sich aufgrund der Rotationssyrnmetrie nur die Axialkraft ändern. Die Radialkräfte und die Kippmomente sind dabei immer null. 3. Bei einer Verschiebung in radialer Richtung (Bild 16.5) entsteht keine Kraft quer zur Bewegungsrichtung und kein Moment in Bewegungsrichtung. Im Bild 16.5 ist eine Verschiebung in Richtung der y-Achse dargestellt. Dabei sind die Kraft F, sowie das Moment M„ gleich null. Analog gilt diese Überlegung für eine Verschiebung aus der zentrischen Position in z-Richtung.
AY
Bild 16.5: Verschiebung des Rotormagneten in radialer Richtung
4. Bei einer Drehung um eine Querachse entsteht kein Moment in Richtung der anderen Querachse, außerdem bleibt die Kraft in Richtung der Drehachse unberührt. In Bild 16.6 ist eine Drehung um die py-Achse dargestellt. Davon werden also M„ und F, nicht beeinflußt.
lid 16.6: Verkippung der Magnete gegeneinander
Aus den genannten Überlegungen können wir ableiten, welche Terme der Matrix zu Null werden. Wir erhalten für die in Bild 16.4 dargestellte
16 Permanentmagnetische Lagerung von Rotoren
338
Anordnung in zentrischer Position folgende Besetzung der Steifigkeitsmatrix:
In dieser Matrix haben wir gleich von der Tatasche Gebrauch gemacht, daß in den radialen Richtungen gleiche Werte auftreten, d.h. s„ = s„ = s,. Es verbleiben somit in der Matrix nur 4 eigenständige Komponenten: s, s„ s„ sVr
Radialsteifigkeit Axialsteifigkeit Kippsteifigkeit Koppelsteifigkeit
Das Earnshaw Theorem Anders als bei Gleitlagern sind bei permanentmagnetischen Lagern radiale und axiale Steifigkeit untrennbar miteinander verknüpft.
Diese Gleichung wird als Earnshaw Theorem bezeichnet. Sie geht auf S. Earnshaw zurück, der als erster in [16.4] zeigte, daß Anordnungen von Partikeln (Punktladungen) nicht stabil sind, wenn die Kräfte dieser Partikel umgekehrt proportional dem Quadrat ihres Abstandes sind. Aus diesem KraftAbstands-Gesetz leitet Earnshaw folgende Kopplung der drei rein translatorischen Steifigkeiten von Punktladungen her:
Mindestens einer der Terme muß negativ sein. Damit hat man immer eine statisch instabile Steifigkeit im System. Uberträgt man diese Gleichung auf rotationsymmetrische Ringmagnete, so erhält man GI. (16.9). Damit kann man aus der Kenntnis der radialen Steifigkeit die axiale Steifigkeit herleiten saxund umgekehrt. Die Steifigkeitsmatrix S„ ist also schon vollständig bestimmt, wenn lediglich drei Steifigkeitszahlen bekannt sind: s„ s„ Spr. Zur Gewinnung der Elemente der Steifigkeitsmatrix des permanentmagnetischen Lagers müssen wir nun in die Physik einsteigen. Wir stüzen uns dazu
16.3 Das magnetische Dipolmodell
339
zunächst auf Arbeiten von Yonnet [16.5, 16.61, die durch gewisse Vereinfachungen auf übersichtliche, analytische Ausdrücke für die Kräfte und Steifigkeiten führen.
16.3 Das magnetische Dipolmodell Sn [16.5] wird ein analytischer Weg zur Berechnung der Kräfte und Steifigkeiten von ringförmigen Magnetanordnungen vorgestellt, dem wir hier folgen. Dazu werden die Magnetringe auf das Modell von einfachen Liniendipole reduziert. Diese Gedankenschritte werden im Bild 16.7 erläutert. Sm ersten Schritt wird die Knimmung der Ringe vernachlässigt und die Anordnung als ein ebenes Problem betrachtet. Die Magnetringe werden zu unendlich langen Stäben, aus denen-wir nur Abschnitte mit der Länge n R, betrachten. Sm zweiten Schritt schrumpfen wir die Querschnittsflächen S der Stäbe zu punktförmigen Liniendipolen zusammen. Dadurch wird das Verhältnis der Magnethöhe zur Ringbreite - ein geometrischer Parameter - vernachlässigt.
Bild 16.7: 1. Schritt: Durch die Vernachlässigung der Krümmung werden die Magnetringe zu Magnetstangen. Wir erhalten ein ebenes Problem. 2. Schritt: Reduktion der Querschnittsflächen zu Punkten
Das Ergebnis dieser Prozedur ist ein Liniendipol, der durch ein zweidimensionales Dipolmoment p* beschrieben wird. Das Dipolmoment ergibt sich aus der Querschnittsfläche S, der Remanenz Br sowie der Permeabilitätskonstante P,.
340
16 Permanentmagnetische Lagerung von Rotoren
Das Magnetfeld in der Umgebung eines Liniendipols läßt sich analytisch angeben:
B, .SI cos(23- ßl) B , (r, ~ 23) = -. 2 2n 112
Br und Be sind die Komponenten der Magnetflußdichte in Polarkoordinaten. Durch den Winkel ß, wird die Richtung des Dipols beschrieben.
Boi +Bri
P1 Bild 16.8: Zur Lage und Bedeutung der Winkel und Vektoren in G1. (16.12)
Die Kräfte und Steifigkeiten zwischen den Dipolen werden über die magnetische Energie bestimmt. Da es sich um eine zweidimensionale Anordnung handelt, sind alle Größen auf die Längeneinheit bezogen. Die Energie pro Längeneinheit zwischen zwei Liniendipolen lautet:
Für das Kopflager in Bild 16.4 erhält die Gleichung eine einfache Gestalt:
16.3 Das magnetische Dipolmodell
341
Die Kraft gewinnen wir aus der Ableitung der magnetischen Energie (Gradient) Wir erhalten Kräfte pro Längeneinheit, aus denen durch Multiplikation mit dem mittleren Umfang 2nRMabsolute Größen gewonnen werden. Für die Axialkraft entsteht dann folgender Ausdruck:
Die Radialkraft fr wird in der zentralen Position zu Null. Die nächsten Ableitungen sind die Steifigkeiten. Für die axiale Steifigkeit erhalten wir:
Die radiale Steifigkeit folgt damit aus dem Earnshaw Theorem zu:
In [16.5] wird dieses Verfahren allgemein für verschiedene Magnetisierungsrichtungen gezeigt. Es werden auch verschiedene Positionen der Magnete zugelassen, so daß zur Beschreibung ein weiterer Winkel (P,) notwendig wird. Das folgende Bild 16.9 soll das näher erläutern.
Bild 16.9: Geometrische Anordnung der beiden Dipole
Die Winkel ß, und ß, geben die Richtung der Dipolmomente an, das entspricht den jeweiligen Magnetisierungsrichtungen der Magnetringe. Der Winkel 6 beschreibt die Lage der Dipole zueinander. Damit werden durch dieses Modell neben den hier betrachteten baugleichen Ringen auch andere
342
16 Permanentmagnetische Lagerung von Rotoren
Bauformen beschreibar, beispielsweise ineinander geschachtelte Ringe mit unterschiedlichen Radien. Den Einfluß der Winkel skizziert Bild 16.10. Dort wird bei konstant gehaltener Magnetisierungsrichtung (ß, = 0; ß, = 180) nur der Winkel 6 variiert. Dies entspricht einer (nur gedanklich möglichen) Bewegung eines Magneten um den anderen herum. Die Anordnung durchläuft dann im sinusförmigen Wechsel Zonen attraktiver und repulsiver Kraftwirkung. Die Steifigkeiten, die für die Frage Axial- oder Radiallager verantwortlich sind, ändern sich cosinusförmig .
ß1+ß2 = 180° Winkel 6 = 4.5"
ß1+ß2 = 180° Winkel 6 = 0
Attraktion
Sektoren A: Axiallager, ,s z0
Sektoren R: Radiallager, s„d >O
Repulsion
Repulsion , ' A
U Attraktion
Axialkraft
1
1
Steifigkeiten
Bild 16.10: Radial- bzw. Axialeigenschaften der Anordnung ß, = 0°, ß, = 180" in Abhängigkeit vom Winkel 29
16.3 Das magnetische Dipolmodell
343
Die Gleichungen für diese allgemeineren Fälle lauten: die magnetische Energie:
W
C
-=-.cos 1 r:,
(ß, +P2-26)
die Axialkraft und die axiale Steifigkeit:
Die Gln. (16.19 - 16.21) stellen sehr einfache analytische Ausdrücke für ringförmige Magnetanordnungen dar. Die starken Vereinfachungen, die zu diesen Gleichungen führen, lassen die Frage entstehen, in welchem Rahmen dieses Modell Gültigkeit hat. Die Untersuchungen mit dem weiter reichenden Strombelagsmodell von Abschn. 16.4 zeigen, das Yonnets Vereinfachungen bei quadratischen Ringquerschnitt gute Ergebnisse liefern.
344
16 Permanentmagnetische Lagerung von Rotoren
16.4 Das Strombelagsmodell Für eine genauere Berechnung muß man dreidimensional vorgehen und die räumliche Ausdehnung der Permanentmagnete berücksichtigen. Das leistet das Strombelagsmodell, das die Mantelfläche des Permanentmagneten mit einem fiktiven Strombelag A, [Amperlm] belegt, der das Magnetfeld im Raum erzeugt: mit
das durch das Gesetz von Bio-Savart beschrieben wird. Bild 16.11 interpretiert,.wie die Induktion B nach G1. (16.22) zu verstehen ist.
Bild 16.11: Lage und Bedeutung der Vektoren im dreidimensionalen Strombelagsmodell
Aus der Remanenz B, des Magneten, die gewöhnlich von den Herstellern angegeben wird, läßt sich bei modernen Werkstoffen, deren relative Permeabilität dicht bei 1 liegt, der fiktive Strombelag sofort angeben:
Liegt nun im Magnetfeld des ersten Magneten ein zweiter, so enstehen auf dessen Mantelfläche mechanische Spannungen. Die mechanischen Spannungen, die auf der Mantelfläche des zweiten Magneten aus dem Feld des ersten Magneten entstehen, lassen sich aus dem Lorentzgesetz ermitteln.
16.5 Steifigkeiten einfacher, ringförmiger, permanentmagnetischer Lager
345
Für die mechanische Spannung o [ ~ l c mgilt: ~]
Bild 16.12: Die mechanische Spannung o auf der Oberfläche des zweiten Magneten mit dem Strombelag A, infolge des Magnetfeldes B des ersten Magneten
Für die Kraft f2und die Momente M, die auf diesen zweiten Magneten einwirken gilt daher:
Der Vektor X, stellt den für das Moment notwendigen Hebelarm dar, den wir hier vom Schwerpunkt des zweiten Magneten zu seiner Mantelfläche orientieren. Die partiellen Ableitungen der Kräfte und Momente nach den 6 Freiheitsgraden des bewegten Ringes liefern dann gemäß dem Formalismus von Abschn. 16.2 die Steifigkeitsmatrix. Die numerische Umsetzung dieser Grundgleichungen wird in [16.7] etwas detailierter beschrieben. Von dort übernehmen wir auch die Resultate, die im folgenden Abschnitt referiert werden.
16.5 Steifigkeiten einfacher, ringförmiger, permanentmagnetischer Lager Mit den oben beschriebenen Verfahren lassen sich für beliebige Magnetlagerbauformen die Kräfte und Steifigkeiten berechnen (vorausgesetzt ist aber immer die Abwesenheit ferromagnetischen Materials). Das Ergebnis (Kraftvektor und Steifigkeitsmatrix) sind eine Funktion der Bauform und des Abstandes der Magnete zueinander. Der Einfluß dieser vielen Parameter läßt sich durch eine dimensionslose Beschreibung relativ kompakt darstellen.
346
16 Permanentmagnetische Lagerung von Rotoren
Dimensionslose Darstellung der Bauform Wir verwenden folgende Bezeichnungsweise für die betrachteten Magnetringe:
a: b:
h:
RM
Höhe des Magneten a Polbreite (Aussenradius - Innenradius) h Spaltabstand mittlerer Radius der Magnete
RM
'
Bild 16.13: Bezeichnungsweise für zwei baugleiche Magnetringe
Die Bauform eines Ringmagneten wird durch drei Parameter beschrieben: a, b, RM. In einer dimensionslosen Darstellung sind durch die Bildung bezogener Parameter nur zwei Parameter notwendig. Wir wählen für die Bauform folgende Verhältnisse: a I b, b/R, und für den Luftspalt h der Magnete wird h/a als bezogener Abstand eingesetzt. Dimensionslose Darstellung der Kraft Für den Anwendungsfall Magnetlager (Bild 16.4) genügt es, den Verlauf der Kräfte entlang der Rotationsachse zu untersuchen. In unserem einfachen Beispiel tritt nur eine axiale Kraftkomponente auf. Die Kraft kann auf ein Produkt von Druck und Fläche bezogen werden. Als Referenzdruck bietet es sich an, den materialabhängige Ausdruck
zu verwenden. Er hat die Einheit eines Druckes, in SI-Einheiten ~ l r n ' . Als Bezugsfläche bietet sich die Polfläche der Magnete an. Die Polfläche A, eines Magneten wird beschrieben durch
Mit dieser Fläche und dem Druck (Gl. 16.26) läßt sich eine Referenzkraft definieren,
Wird die Kraft auf diese Referenzkraft bezogen, so erhält man eine dimensionslose Kraft. Es zeigt sich jedoch, daß eine übersichtlichere Darstellungsmöglichkeit entsteht, wenn sie zusätzlich noch mit dem Geometriefaktor a / b multipliziert wird.
16.5 Steifigkeiten einfacher, ringförmiger, permanentmagnetischerLager
347
Diese bezogene Kraft F* ist in Bild 16.14 über der bezogenen Entfernung h/a dargestellt.
Bild 16.14: Normierte Axialkraft F', jede Kurve repräsentiert ein bestimmtes a/b-Verhältnis Diese Darstellung zeigt eine interessante Tendenz: Alle Kurven der dimensionslosen Kraft ~*(h/a)mit gleichem a 1 b-Verhältnis (Magnethöhe zu Polbreite) liegen - unabhängig vom b&-Verhältnis - so dicht beieinander, daß sie durch eine einzige Kurve repräsentiert werden können. Im Bild 16.14 sind die repräsentativen Kurven für die entsprechenden a / b-Verhältnisse eingezeichnet. Das Verhältnis b/R, (Polbreite zu mittleren Radius) kann in dieser Darstellung als schwacher Parameter bezeichnet werden, er verschwindet praktisch in der Strichstärke.
348
16 Permanentmagnetische Lagerung von Rotoren
Dimensionslose Darstellung der Steifigkeiten Entsprechend der Überlegungen aus Abschn. 16.2 sind drei Steifigkeitszahlen zu betrachten: sax,s„ sqr,die wir aus folgenden Ableitungen erhalten:
Bei der Entwicklung dimensionsloser Steifigkeiten muß beachtet werden, daß die Dimension der Matrizenelemente unterschiedlich ist. Die normierten Steifigkeiten müssen deshalb folgendermaßen gebildet werden:
Die normierte Axialsteifigkeit laßt sich formal aus der dimensionslosen Axialkraft bestimmen:
Es ergibt sich die normierte Axialsteifigkeit
16.5 Steifigkeiten einfacher, ringförmiger, permanentmagnetischer Lager
349
die in Bild 16.15 dargestellt ist. Auch hier zeigt die Rechnung, daß der Parameter b/R, nur sehr wenig Einfluß hat, nur a / b ist ein starker Parameter; b/R, verschwindet auch hier praktisch in der Strichstärke.
Bild 16.15: Normierte Axialsteifigkeit s*ax
Da die Koppelsteifigkeit s q rdie Dimension einer Kraft besitzt, verfahren wir bei der Bildung einer normierten Größe analog zur Axialkraft:
Hier ist ebenfalls der Einfluß des b/R, gering, es taucht deshalb nicht auf. Allerdings ist die Streuung der unterschiedlichen b/R,-Werte etwas stärker als bei der normierten Axialsteifigkeit.
350
16 Permanentmagnetische Lagerung von Rotoren
Bild 16.16: Normierte Koppelsteifigkeit s*,~
Bei der Kippsteifigkeit s„ ergibt sich eine geeignete Darstellung durch einen Bezug auf die axiale Steifigkeit s„:
Das Resultat dieser Normierung findet sich in Bild 16.17. In dieser Darstellung liegen alle Kurven mit gleichem b/R,-Verhältnis dicht beieinander, wah~ a / b Verhältnisses einen geringeren Einfluß zeigt. Da rend die ~ n d e r u ndes hier eine Normierung auf die Axialsteifigkeit vorgenommen wurde, erscheint das auch plausibel. Ganz oben im Diagramm finden sich die Magnete ohne Innenloch, während die kleinen Werte sehr dünnen Ringen entsprechen. Die a / b-Abhängigkeit ist in s„ bzw. s*, bereits enthalten.
16.5 Steifigkeiten einfacher, ringförmiger, permanentmagnetischer Lager
351
hla D
Bild 16.17: Kippsteifigkeit normiert auf die Axialsteifigkeit
Nach dieser Darstellung kann man überschlägig die Kippsteifigkeit aus der axialen Steifigkeit gewinnen, indem die axiale Steifigkeit mit einem Faktor multipliziert wird, der eine Funktion von b/R, ist.
Diesen Faktor kann man aus der Darstellung Bild 16.18 gewinnen.
352
16 Permanentmagnetische Lagerung von Rotoren
Bild 16.18: Faktor zur Berechnung der Kippsteifigkeit aus der Axialsteifigkeit in Abhängigkeit von b/R,
16.6 Starrer Rotor in permanentmagnetischen Lagern
Bild 16.19: Radial mit repulsiven permanentmagnetischen Lagern gefesselter Rotor
Die permanentmagnetischen Ringe im Bild 16.19 sind repulsiv (Nord gegen Nord) angeordnet. Das einzelne Lager hat die positive Radialsteifigkeit s, und gemäß den Betrachtungen des vorangegangenen Abschnittes die doppelt so große aber negative Axialsteifigkeit s„ = -2s,. Der Rotor will also nach rechts oder links ausbüchsen. Versetzt man ihm ein ganz klein wenig seitlich, hat er eine Vorzugsrichtung, in die er drückt.
16.6 Starrer Rotor in permanentmagnetischen Lagern
353
Die Bewegungsgleichungen in den sechs Freiheitsgraden lauten
Die Trägheits- und Kreiselterme der lateralen Bewegungen W, V, qy,qzkönnen wir direkt aus dem Kap. 9, G1. (9.6 ff.) übernehmen. Der axiale Freiheitsgrad U und der Drehfreiheitsgrad wurden ergänzt. Die Steifigkeitsmatrix wird wegen der Symmetrie der Anordnung besonders einfach. Alle Steifigkeitsterme lassen sich über die Radialsteifigkeit s, ausdrücken. Wenn man die Kippsteifigkeit s„ berücksichtigen will, kommt additiv zu den Termen 2a2s,noch s„ hinzu. Da der Lagerabstand 2a aber groß ist gegenüber dem Radius der permanentmagnetischen Lager, ist hier der Einfluß von s„„ gering. Der instabile, axiale Freiheitsgrad bedarf einer zusätzlichen Fesselung, z. B. mechanisch oder durch ein aktives magnetisches Axiallager, wie im Bild 17.1. Der Drehfreiheitsgrad ist, wie es ja auch sein soll, ungefesselt. Die Bewegungsgleichungen und ihre Lösungen werden für die Querbewegungen des Rotors bei komplexer Zusammenfassung der vier Freiheitsgrade
identisch mit denen des symmetrischen Lavallrotors, der in Kap. 9 ausführlich diskutiert wurde. Der einzige Unterschied besteht darin, daß nunmehr die Steifigkeiten s,, und s„ nicht aus der Wellenelastizität kommen, sondern aus den permanentmagnetischen Lagern, s„=2sR a2 und s„=2sR. Auf eine Wiederholung der Diskussion der Lösung können wir daher verzichten. Stattdessen wollen wir noch kurz die Bewegungsgleichungen und ihre Lösungen für die Anordnung nach Bild 16.1 besprechen.
354
16 Permanentmagnetische Lagerung von Rotoren /,","/,","'//"////'
IZI
Draufsicht auf die Scheibe
Bild 16.20: Freiheitsgrade des Wellendurchstoßpunktes r = w(t) + j v(t)
Unter der Annahme, daß der Wellenstiel starr ist, lauten die Bewegungsgleichungen
m, O„, 0, sind die Massendaten der rotierenden Scheibe, s, ist die radiale Rückstellsteifigkeit des Permanentmagneten, der attraktiv geschaltet ist und - m * g / l ist die vom Restgewicht verursachte negative Steifigkeit, die das System umfallen ließe, wenn die magnetische Fesselung durch S, > m * g / l das nicht verhindern würde. Mit der komplexen Zusammenfassung der Freiheitsgrade r = w(t) + j v(t) wird die nun folgende rechnerische Untersuchung der Differentialgleichung besonders einfach:
Homogene Lösung, Stabilität: Mit dem Ansatz
für die homogene Differentialgl. (16.41), erhalten wir die charakteristische Gleichung - w 2 . ( 0 „ * /12)
+ U R . ( 0 , /12) + (s,
- m*g/l) = 0 , wobei
(16.43)
16.6 Starrer Rotor in permanentmagnetischen Lagern
355
Oa,*= m12+ Oax. Die Stillstandseigenfrequenzen bei R = 0 sind
was zeigt, daß eine schwingende Lösung eine Magnetsteifigkeit verlangt, die mindestens
betragen muß, sonst kippt der Rotor wie ein Spielzeugkreisel ohne Spin um. Rotiert die Scheibe, erhalten wir als Eigenfrequenzen
wie beim symmetrischen Lavalrotor für das Kippen, vgl. Bild 9.10. Die Untersuchungen der erzwungenen Schwingungen durch Unterwuchterregung sei dem Leser überlassen.
Bild 16.21: Eigenfrequenzen des radial magnetisch gefesselten Systems nach Bild 16.1
356
16 Permanentmagnetische Lagerung von Rotoren
16.7 Bauformen, Skalierungsregeln Die Tragkraft permanentmagnetischer Lager läßt sich durch eine gestapelte Anordnung der Ringe vervielfachen. Steifigkeiten und Kräfte nehmen - grob gesehen - linear mit der Zahl der Ringe zu. Die Kräfte und Steifigkeiten steigen mit dem Quadrat der Remanenz und ebenfalls mit dem Quadrat des Faktors der Längenskalierung. Die denkbar geringe Dämpfung permanentmagnetischer Lager stört gewöhnlich nicht, solange nur Starrkörperresonanzen zu durchfahren sind, die weit unterhalb der Betriebsdrehzahl zu liegen pflegen. Sind aber Resonanzen von elastischen Eigenformen zu durchfahren, kann wegen mangelnder äußerer Dämpfung schon sehr geringe innere Dämpfung zur Instabilität führen. Hier können auf permanentmagnetischer Basis gebaute Dämpfer Abhilfe bringen [16.3].
Panzerring
7
Permanentmagnet
-
Bild 16.22: Radiales Scherkraftlager mit 5 permanentmagnetischen Ringen (oben); Erhöhung von Lagerkraft und Steifigkeit durch ineinander geschachtelte entgegengesetzt magnetisierte Ringe (unten), nach [16.8]
16.8 Levitron
357
Bild 16.23: Permanentmagnetisch gelagerter Neutronenchopper, 20000 Ulmin, Rotorgewicht 12 kg, aus [16.8]
Der in Bild 16.23 gezeigte 12 kg schwere Rotor ruht in zwei pemanentmagnetischen Lagern R. Die axiale Stabilität wird durch das aktive Magnetlager A erreicht, das die negative Steifigkeit s, der beiden passiven Radiallager kompensiert. D ist der Antriebsmotor des Systems. In absehbarer Zeit werden Rotorgewichte von 100 kg permanentmagnetisch lagerbar sein.
16.8 Levitron - ein Beispiel für die vollständige permanentmagnetische Lagerung eines Rotors Anfang der 90er Jahre erregte ein Spielzeug, das unter dem Namen Levitron vertrieben wird, einiges Aufsehen, weil es das Theorem von Earnshaw scheinbar widerlegt [16.9, 16.101. Der kleine spin-stabilisierte Kreisel von Bild 16.24, der eine axial magnetisierte Scheibe trägt, bleibt minutenlang in etwa 3 cm Höhe über der magnetisierten Grundplatte schweben. Erst wenn sich seine Drehzahl durch die Luftreibung U. a. hinreichend absenkt, stürzt er ab.
358
16 Permanentmagnetische Lagerung von Rotoren
Er wird zunächst auf einer Plastikplatte mit dem Daumen angedreht und dann auf dem starken Magnetfeld der Grundplatte „abgesetzt6'.Das gelingt jedoch meist erst, wenn man die richtige Zuladung (dünne Plastikringe) gefunden hat.
Grundplatte
Bild 16.24: Levitron-Spielzeugkreisel
Die Verfasser des Aufsatzes [16.10] haben den Levitron-Kreisel im Labor noch mit einem berührungsfrei arbeitenden Antrieb versehen, durch den der Drehzahlverlust kompensiert werden konnte, ja, der sogar ein Hochfahren erlaubte. Es zeigte sich, daß - den theoretischen Voraussagen gemäß - nicht nur eine untere Grenzdrehzahl des stabilen Laufes existiert, sondern daß auch sehr hohe Drehzahlen wieder instabil sind. Zwischen diesen beiden Grenzdrehzahlen konnte der Kreisel beliebig lange in der Schwebe gehalten werden. In der Untersuchung [16.11] wird gezeigt, daS3 der schwache Koppelterm s, der Magnetlagersteifigkeitsmatrix zusammen mit dem Kreiselterm diese rein passive Stabilisierung ermöglichen. Durch den großen Abstand der beiden Magnete werden deren Kräfte bei dieser Anordnung jedoch nur in sehr geringem Maße ausgenutzt.
16.9 Fragen 1. Warum überschätzt die linearisierende Behandlung des permanentmagnetischen Lagers nach Bild 16.3 die Anstreifgefahr unter Unwucht in Resonanznähe? 2. Wie läßt sich der Orbitdurchmesser in Resonanznähe unter Berücksichtigung des nicht-linearen Verhaltens des Lagers berechnen?
17 Der starre Rotor in aktiven Magnetlagern
17.1 Einleitung Bild 17.1 zeigt die Spindel für eine Werkzeugmaschine, die an der ETH Zürich entwickelt wurde [17.10]. Sie ist vollständig in aktiven Magnetlagern gebettet. Dieser Rotor läuft mit 40 000 Ulmin um; die Antriebsleistung beträgt 35 kW. Fanglager
Radiallager
--
Motor
Sensor
Filter
Bild 17.1: Werkzeugmaschienenspindelin aktiver magnetischer Lagerung
Beim passiven Magnetlager entfällt der apparative Aufwand, der bei aktiven Magnetlagern durch die Sensorik, die Regler und vor allem die Leistungsverstärker sehr groß wird. Der Vorteil aktiver Lager ist aber, daß sie nahezu beliebig manipulierbare Kräfte auf das rotierende System auszuüben erlauben.
360
17 Der starre Rotor in aktiven Magnetlagern
Sie lassen sich nicht nur zum Tragen einsetzen, sondern auch zum Stabilisieren von Systemen, die durch Selbsterregungsmechanismen wie innere Dämpfung oder Spaltanfachung gefährdet sind. Auch Störkräfte, beispielsweise aus Unwucht oder Schlag, lassen sich durch aktive Magnetlager kompensieren. Ein gewisses Handicap der aktiven Magnetlager ist die Tatsache, daß ein Elektronik-Ausfall zum Absturz des Rotors führt. Dafür sieht man gewöhnlich Fanglager vor, was in praxi aber auf eine Doppelausrüstung hinauskommt: aktive Magnetlager im Normalbetrieb, Walzlager o. ä. für den Notfall.
17.2 Aufbau eines aktiven Magnetlagers Bekanntlich ist die Kraft eines Elektromagneten - von Sättigungseffekten abgesehen - direkt proportional zum Quadrat des Stroms und umgekehrt proportional zum Quadrat des Abstandes.
i,, + is
Bild 17.2: Spulenanordnung in einem Magnetlager
Ordnet man zwei Elektromagnete in einem Magnetlager einander gegenüber an, so ergibt sich die Kraft f, g e m a Bild 17.2 zu
Der Ruheluftspalt beträgt h, die Auslenkung V. Dem konstanten Vormagnetisierungsstrom i, ist der Steuerstrom I i,(t) gegensinnig überlagert. In die Magnetlagerkonstante k gehen als wichtigste Größen das Quadrat der Windungszahl, die Polfläche und die Permeabilität ,uoein, [17.1 - 17.41. Bild 17.3 zeigt den Aufbau eines solchen Magnetlagers. Die eingebauten Sensoren SI bis S4 informieren über die Lage und die Auslenkungsgeschwindigkeit der Welle im Lager, [17.4].
17.2 Aufbau eines aktiven Magnetlagers
361
Die Kraft-Strom-Charakteristik dieses Lagers zeigt Bild 17.4, die Kraft-WegCharakteristik Bild 17.5. I
,------Welle Hallsensor Spule
Spulkern Luftspalt
Bild 17.3: Schnittzeichnung eines Magnetlagers [17.3]
Durch die paarweise einander gegenüberliegende Anordnung der Elektromagnete ergibt sich offensichtlich um die Ruhelage ein nahezu lineares Verhalten. Das lassen die Bilder 17.4 und 17.5 erkennen. Analytisch liefert das auch G1. (17.1), wenn die Steuerströme i,(t) klein gegenüber dem Vormagnetisierungsstrom iVsind und die Auslenkung V klein gegenüber dem Ruhespalt h. Dann nämlich erhält man den linearisierten Zusammenhang zwischen Kraft, Strom und Verschiebung in der Form
ki = 4ki, / h 2 und so = 4 k i t / h 3
(17.3)
Faßt man die Kräfte in beiden Richtungen f und fy in einem Vektor zusammen, so laßt sich das linearisierte Gesamtverhalten eines Magnetlagers so schreiben
Der Index s in den Steuerströmen iZ,iy wurde zur Schreibvereinfachung weggelassen.
362
17 Der starre Rotor in aktiven Magnetlagern
Kraft I N
-1 0
1.o Strom I A
/ / / = ' " J _
= l , 3 mm Vormag. i = 1,s A
Bild 17.4: Gemessene Kraft-Strom-Kennlinie des Magnetlagers nach Bild 17.3, [17.3]
Kraii 1 N
/ / -401
Luftspalt h = l , 3 mm Vormagn. I, = 1,s A
Bild 17.5: Gemessene Kraft-WegKennlinien des Magnetlagers nach Bild 17.3, [17.3]
17.3 Die Systemgleichungen bei PD-Rückführung
363
17.3 Die Systemgleichungen von Magnetlager, Regler und Rotor bei PD-Rückführung Ein einfaches Reglerkonzept für einen starren Rotor zeigt Bild 17.6. W, W Se Ruhelage Steuerspannung
Steuerstrom
Bild 17.6: Einfache dezentrale Regelung für einen starren Rotor
In die Lager eingebaute Sensoren informieren über die Lage der Welle und ihre Auslenkungsgeschwindigkeit. Durch Umpolen der Stecker erhalten wir Auslenkung und Auslenkungsgeschwindigkeit mit negativen Vorzeichen, was im folgenden nützlich ist. Der Regler wichtet die Signale (W„ - W)und W und setzt sie in Steuerspannung für den Stromverstärker um, siehe auch Bild 17.8. Die Signale der Horizontalrichtung (V„ - V) und ir werden analog behandelt. Durch die externen Steuersignale W„ , V, (Sollwerte) wird eine konstante Spannung in den Regelkreis gespeist, durch den später der Zapfen (im Rahmen der Spaltgeometrie) in jede Ruhelage geführt werden kann.
Bild 17.7: Magnetlagerkräfte 2fz,2fy sowie Gewichtskraft mg, die an der rotierenden Scheibe wirken
364
17 Der starre Rotor in aktiven Magnetlagern
Wir gehen davon aus, daß die Anordnung in Bild 17.6 symmetrisch ist, d.h. daß beide Lager gleich sind. Dann kann man die translatorischen Freiheitsgrade W und V von den Kippfreiheitsgraden getrennt behandeln. Auf die Kippfreiheitsgrade gehen wir zu Ende dieses Kapitels kurz ein. An Bild 17.7 liest man die Gleichgewichtsaussagen ab mw, = mg + 2f,
mv, = 2f, sowie den kinematischen Zusammenhang
Die Rückführungsschleife des Reglers zeigt Bild 17.8. Steuerstrom i,
I
verstärker
Bild 17.8: Schaltbild des PD-Reglers mit direkter Geschwindigkeitsrückführung. Regelschleife der horizontalen Richtung analog
Wenn wir davon ausgehen, daß der Leistungsverstärker die Eingangssignale ohne Verzögerung in Ströme umsetzt (was bis etwa 100 Hz realisierbar ist, jenseits davon wird sein Verhalten nichtlinear und verzögerungsbehaftet [17.3, 17.41 ), können wir für die Steuerströme schreiben
a und b sind durch „Knöpfchendrehen" manipulierbare Konstanten des Reglers. Ob die Geschwindigkeiten erst durch Differenzieren im Regler hergestellt oder wie in dem Magnetlager von Bild 17.3 direkt durch Sensoren
17.4 Lösung der Bewegungsgleichungen, Systemverhaltenbei PD-Regelung
365
gemessen werden, hat zwar einige praktische Konsequenzen, ist aber für die folgende Betrachtung unwichtig. Aus den Gln. (17.4 - 17.7) folgen die Systemgleichungen (17.8), die wie folgt aussehen:
Die obere Hälfte des Gleichungssatzes betrifft Mechanik und Elektrik, die untere Elektrik und Elektronik. Beide Hälften sind gekoppelt. Derartige Systeme bezeichnet man auch als mechatronische Systeme. Aus regelungstechnischer Sicht haben wir eine Proportional-Differentialregelung eingeführt (PD-Regler), denn es werden sowohl die Auslenkungen W und V (Proportionalanteile) als auch deren erste Ableitungen (Differentialanteile) zurückgeführt.
17.4 Lösung der Bewegungsgleichungen, Systemverhalten bei PD-Regelung Zum besseren Verständnis des rotordynarnischen Verhaltens des Systems eliminieren wir nun in Cl. (17.8) die Ströme, die sich durch die Auslenkungen und Geschwindigkeiten ausdrücken lassen (untere Hälfte des Gleichungssystems). Das führt auf
366
17 Der starre Rotor in aktiven Magnetlagern
Diese Gleichungen sind leicht zu verstehen: 2bk, stellt einen Dämpfungsbeiwert dar und 2(ak, - so) eine Fesselungssteifigkeit. Dadurch, daß wir die Wegund Geschwindigkeitsrückführungen für beide Richtungen gleich einstellten, liegt eine isotrope Magnetlagerung vor, deren mechanisches Äquivalent in Bild 17.9 skizziert ist.
Bild 17.9: Mechanisches Äquivalent des mechatronischen Systems
Allerdings hat das n~echatronischeSystem Eigenschaften, die durch dieses Modell nur unzureichend wiedergegeben werden.
Statische Ruhelage Wenn keine Unwucht vorliegt, E = 0, sucht sich das System seine Ruhelage, für die alle Ableitungen nach der Zeit verschwinden. Diese Bedingung liefert aus G1. (17.9)
Durch die Referenzwertvorgabe W „ , V„, ist die Wellenrnitte beliebig positionierbar. Eine Eigenschaft, die das mechanische Ersatzmodell von Bild 17.9 nicht hat. Gleichzeitig läßt der Nenner erkennen, daß die Verstärkung a in der Wegrückführung hinreichend groß sein muß (ak, > so), weil sonst das System statisch instabil wird. Die „natürliche" Magnetlagersteifigkeit ist negativ; auf eine Auslenkung hin entsteht eine Kraft in Richtung dieser Auslenkung, vergleiche Bild 17.2 und 17.5.
Freie und unwucht-erzwungene Schwingungen Wegen der Isotropie der Lagerung können wir die Auslenkungen beider Richtungen komplex zusammenfassen r(t) = w(t) + jv(t). Die konstanten Terme auf der rechten Seite aus Gewicht und Referenzvorgabe in G1. (17.9) setzen wir null, weil sie unter „Statik schon abgehandelt wurden. Dann verbleibt die Bewegungsgleichung
17.4 Lösung der Bewegungsgleichungen, Systemverhalten bei PD-Regelung
367
Sie hat die Gesamtlösung
die bekanntlich so aussieht
Der homogene Teil der Lösung klingt ab. Auf Dauer bleibt nur die Unwuchtantwort. Für den Abklingfaktor gilt 6 = bki / m . Für die ,,ungedämpfte" und „gedämpfte" Eigenfrequenz sowie den Dämpfungsgrad nach Lehr gelten
Resonanzlage und Resonanzvergrößerung sind also - im Rahmen der bescheidenen Magnetlagerkrafte - beliebig einstellbar.
Bild 17.10: Einfluß der Reglerkonstanten a und b auf Resonanzlage und Resonanzüberhöhung
368
17 Der starre Rotor in aktiven Magnetlagern
Wie wird man bei diesem einfachen Reglerkonzept die Reglerkonstanten a und b wählen? In jedem Fall wird man über das Dämpfungsglied b die Resonanzspitze drücken; praktische Einstellwerte werden bei D = 0,l bis 0,3 liegen. Dann ist gleichzeitig die homogene Lösung gut gedämpft, so daß eventuell nicht berücksichtigte Anfangsbedingungen oder äußere Erregung kein Unheil anrichten können. Die Steifigkeitseinstellung muß natürlich so erfolgen, daß aki größer als die zur statischen Stabilität erforderliche Mindeststeifigkeit soist,
Aus Vorsicht wird man auf jeden Fall auf etwa das Doppelte dieses Wertes gehen. Nur in Ausnahmefällen aber höher als das 5-fache, weil sonst alle Kraft des Magnetlagers in Steifigkeit investiert wird, die man anders billiger haben kann.
17.5 Systemverhalten bei Integralrückführungen Wie wir gesehen haben, läßt sich die Scheibe über die Referenzsignale W„, stets in der Nullage justieren.
V,
Bild 17.11: Anpreßkraft F, bei einer Schleifmaschine mit Magnetlagerung
Bei einer Schleifscheibe mit wechselnder Anpreßkraft F, wird man das aber nicht von Hand machen wollen. Die Aufgabe löst in eleganter Weise eine Integralrückführung, Bild 17.12.
17.5 Systemverhalten bei Integralrückführungen
369
Wir betrachten der Einfachheit halber nur die horizontale Richtung, sie ist vom Schleifdruck hauptsächlich betroffen. Leistungsverstärker
Regler -C
a
c
b
-V
I
F(@) 1 ML
1
-av -b+ -1Jht
D:
Steuerstrom i,
M
Bild 17.12: PID-Regler in der Rückführung des Magnetlagers
Neben den in Gl. (17.9) schon enthaltenen Termen taucht in der Bewegungsgleichung noch der Integralterm 1Svdt auf. I ist ein einstellbarer Vorfaktor. Da die Handjustierung überflüssig wird, setzen wir V„ = 0. Dann lautet die Bewegungsgleichung
mY + 2bkiY + 2(aki - so)v + 211 vdt = F, (t) .
(17.14)
Der Schleifdruck wird sich aus einem konstanten Anteil und einem umlaufund mehrfachumlauffrequenten Anteil aus Geometriefehlern der Scheibe zusammensetzen. Wir setzen ihn mit einer beliebigen Frequenz Q* an, mit dem Grenzfall Q* = 0 wird auch der statische Fall abgedeckt.
Am schnellsten zur Lösung kommen wir, indem wir F(t) komplex mit Hilfe der Eulerformel darstellen
wobei dann F+ = F. = F, 12 ist. Wir superponieren also die rein horizontale Erregerkraft aus einem gleich- und einem gegenläufigen Anteil.
370
17 Der starre Rotor in aktiven Magnetlagern
Mit dem Ansatz
finden wir die Antwort des Systems zu
Im statischen Grenzfall O * = 0 wird die Auslenkung wegen des I-Terms im Nenner immer Null sein; auch bei niederfrequenten Kräften F(t) ist das ähnlich. Bei hohen Erregungsfrequenzen Cl* allerdings bewirkt die I-Rückfühning nichts mehr, I / j a * + 0.
17.6 Regelungsziele, Schaltungen von Magnetlagern Unwuchtkompensation Wie man ein Magnetlager einsetzt, schaltet und regelt, hängt sehr stark von der jeweiligen Aufgabenstellung ab. Aber auch die gleiche Aufgabenstellung kann auf verschiedenen Wegen bewältigt werden. Betrachten wir zunächst den Fall der Beruhigung eines Rotors gegenüber Unwuchterregung. Hauptziel wird dann die Entschärfung der Resonanz sein. Methode (1) lernten wir bereits kennen. Durch eine Geschwindigkeitsrückführung wird Dämpfung erzeugt, die die Resonanzspitze drastisch abzusenken erlaubt, Bild 17.10. Methode (2) setzt ein „Notch-Filter" in der Rückführung ein, das die Regelung gegenüber der Umlauffrequenz Cl blind macht. Der Rotor verhält sich dann dieser Frequenz gegenüber wie ein ungefesseltes System und dreht sich um seine Hauptachse. Das geht bei fester Drehzahl gut, aber Resonanzdurchfahrten werden problematisch [ 17.71. Methode (3) besteht darin, die Magnetlagerkräfte nicht auf der linken Seite der Differentialgleichung zur Dämpfung des Systems einzusetzen, sondern auf der rechten Seite zur direkten Kompensation der Erregerkraft. Das läßt sich schaltungstechnisch leicht realisieren. -
-
17.6 Regelungsziele, Schaltungen von Magnetlagern
371
Auf der rechten Seite steht dann zusätzlich zur Unwucht die Magnetlagerkraft
wobei die Abstimmung von p und y so erfolgt, daß p=rmQ2
und
y=ß-180'
Auf diese Art wird die Erregerkraft völlig getilgt, so daß auch jede Unwuchtantwort entfällt. Für eine derartige Störgrößenkompensation muß natürlich die Unwuchtamplitude p und ihre Lage ßvor oder während des Laufs identifiziert werden. Das stellt aber kein prinzipielles Problem dar [17.7, 17.81. Aufwendiger ist die Anpassung von p an Q2. Praktisch Iclßt sich dieser Ansatz noch weiter vereinfachen (Methode 4). Kompensiert man mit der festen (ungedämpften) Eigenkreisfrequenz o des Systems durch die Wahl von
so spart man die Q2-Anpassung ein. Die Unwuchtantwort lautet dann in Erweiterung von GI. (l7.12b)
Die Resonanzstelle verschwindet völlig, der Rotor schlägt mit der Amplitude l&l aus, was für den Sonderfall D = 0 sofort zu erkennen ist. Tatsächlich wird man auch bei einer völligen Störgrößenkompensation etwas Dämpfung in das System einführen, um die homogene Lösung gutartig zu halten.
Verbesserung des Stabilitätsverhaltens Werden Magnetlager eingesetzt, um die Stabilität gegenüber den Selbsterregungsmechanismen von Gleitlager, innerer Dämpfung der Welle oder Strömungsanfachung zu wahren, bieten sich ebenfalls verschiedene Wege an. Wir betrachten eine beschaufelte Turbinenscheibe, Bild 17.13, bei der Spaltanfachung auftritt, die über eine rein antimetrisch besetzte „Steifigkeitsmatrix" auf die Scheibe wirkt.
372
17 Der starre Rotor in aktiven Magnetlagern
Bild 17.13: Magnetgelagerte Turbinenscheibe mit Spalterregung
In der Bewegungsgleichung des P-D-geregelten Rotors tauchen dann noch die Spaltkrafte auf; G1. (17.9) erweitert sich auf
wenn wir von Unwucht und Gewicht sowie den Referenzsignalen W„ V„ absehen. Die Stabilitätsuntersuchung - z. B. mit Hilfe der Beiwertbedingungen oder des Hunvitzkriteriums - liefert als Stabilitätsbedingung
was die Wirksamkeit der D-Rückführung (bk,) unmittelbar belegt. So naheliegend dieser Weg zur Stabilisierung ist, es geht auch ganz anders. Mit einer Kreuzschaltung [17.9] lassen sich die Spaltkräfte auch direkt kompensieren. Bild 17.14 zeigt die Verstärkerschaltung und die daraus resultierende „Steifigkeitsmatrix". Mit der Einstellung 2c*ki = C
17.7 Kippfreiheitsgrade
Spalt-
373
Magnetlagerkräfte
Bild 17.14: Kreuzschaltung zur Erzeugung antimetrischer Kompensations-Nebendiagonalglieder
werden die Anfachungsterme völlig gelöscht. So elegant und pfiffig dieser Trick ist, er birgt eine Gefahr in sich. Fällt die Spaltanfachung weg, müssen sofort die C*-Glieder des Magnetlagers null gesetzt werden, sonst wird das System instabil, nun aber gegenläufig und nicht gleichläufig, wie bei unkompensierter Spaltanfachung.
17.7 Kippfreiheitsgrade Wie oben schon erwähnt, sind bei symmetrischem starren Rotor die Kippfreiheitsgrade qz, qyunabhängig von den translatorischen Freiheitsgraden W und V,vergleiche Kap. 17.7. Die Bewegungsgleichungen der Kippvorgänge lauten bei reiner P-D-Rückführung nach Bild 17.8
374
17 Der starre Rotor in aktiven Magnetlagern
Wobei 1 die halbe Stützbreite ist, Op, Oapolares und axiales Trägheitsmoment der Scheibe und a ihre eventuelle Schrägaufkeilung. Die Gutartigkeit der homogenen Lösung ist sofort zu erkennen. Natürlich werden die Eigenwerte 4 jetzt drehzahlabhängig wegen des Einflusses der Kreiselkräfte.
Bild 17.15: Kippfreiheitsgrade P,,,pz
17.8 Fragen 1. Manlfrau vollziehe den Übergang von dem nicht-linearen Ausdruck für die Magnetlagerkrafte nach G1. (17.1) zum linearisierten Ausdruck nach G1. (17.2) nach.
2. Berücksichtigen Sie in einer Reihendarstellung der Kräfte noch weitere Potenzglieder bis zur Ordnung (4).
18 Der elastische Läufer in aktiven Magnetlagern
18.1 Einleitung Beim elastischen Läufer lassen sich Magnetlager in verschiedener Weise einsetzen. Zum einen werden sie als aktives Hilfssystem, das Defizite eines konventionell gelagerten Rotors - fehlende Stabilität, zu hohe Unwuchtantwort - zu kompensieren gestattet, eingesetzt (Bild 18.1 links). Zum anderen lassen sich konventionelle berührende oder fluid-geschmierte Lager auch ganz vermeiden. Dann wird den Magnetlagern auch die Tragfunktion aufgebürdet, Bild 18.1 rechts.
Bild 18.1: Links: Konventionelle Lagerung, Magnetlager als aktives Hilfssystem; Rechts: Magnetlager übernehmen auch die Tragfunktion
18.2 Einsatz als aktives Hilfssystem Im einfachsten Fall sitzt das Magnetlager neben der Rotormasse der Lavalwelle. Dann gilt die Bewegungsgleichungen (18.1), wenn die Sensorik wieder wie in Abschn. 17.3 über einen P-D-Regler den Stromverstärker ansteuert. s, ist die Wellensteifigkeit und c der Koeffizient einer Spaltanfachung, die Instabilität bewirken kann.
376
18 Der elastische Läufer in aktiven Magnetlagern
D-Glied
P-Glied
Wellen- Spaltansteifigk. fachung
cos Rt sin Rt
Unwuchterregung
(18.1)
Alle Aussagen, die für den starren Rotor in Magnetlagern gemacht wurden, lassen sich auf dieses System übertragen, denn durch die elastische Welle tritt einzig die Wellensteifigkeit s, additiv zu den Magnetlagersteifigkeiten. So geschaltet benutzt man das Magnetlager primär als Dämpfer zur Unterdrückung der Spalterregung (Stabilisator) und zur Bedämpfung der Resonanzstelle. Mit einer Kreuzschaltung ließ sich auch die Spalterregung direkt kompensieren, Bild 17.14. Über eine entsprechende Störgrößen-Kompensationsschaltung könnte man auch die Erregungskraft auf der rechten Seite einer Bewegungsgleichung unterdrücken. Wir verzichten auf eine detailierte Darstellung, da sie gegenüber der von Kap. 17 nichts prinzipiell Neues bringt. Ein Beispiel für den derartigen Einsatz eines Magnetlagers in einem recht komplizierten System zeigt Bild 18.2.
Wälzlager Motor Wälzlager Magnetlager Zentrifuge Gleitlager
Bild 18.2: Aktives Magnetlager zur Verbesserung der Laufruhe einer mit Flüssigkeit gefüllten Zentrifuge [18.1]
18.3 Zweifache Magnetlagerung eines elastischen Rotors
377
18.3 Zweifache Magnetlagerung eines elastischen Rotors Die Zapfendurchmesser sind in Magnetlagern sehr viel größer als bei Wälzund Gleitlagern. Wegen der geringen spezifischen Lagerkrafte (Kräfte je cm2) lassen sich nur über entsprechend große Lagerdurchmesser die erforderlichen Kräfte erzeugen. Im Modell wird man deshalb den Zapfenmassen im Magnetlager eigene Freiheitsgrade w,(t) und v,(t) zugestehen. Wir gehen wieder von einem symmetrischen Rotor aus, so daß die symmetrischen Schwingungsformen entkoppelt von den antimetrischen sind. Nur mit den symmetrischen Schwingungsformen wollen wir uns hier beschäftigen, Bild 18.3.
t wL
,%
I W , Symmetrie C
Bild 18.3: Freiheitsgrade der symmetrischen Schwingungsformen
Setzen wir auch hier Rotationssymetrie (Isotropie) in der Magnetlagerung voraus, dann können wir die Freiheitsgrade wieder komplex zusammenfassen:
Für die Anordnung nach Bild 18.3 gelten dann die Bewegungsgleichungen
wenn wir wieder im Regler eines jeden Lagers die wegproportionale Rückführung (P-Glied) über den Koeffizienten a realisieren und die Geschwindigkeitsrückführung (D-Glied) über den Koeffizienten b. Auf die Mitnahme einer
378
18 Der elastische Läufer in aktiven Magnetlagern
Spaltanfachung wollen wir jetzt verzichten, damit nicht zuviel Parameter ins Spiel kommen.
Eigenverhalten, homogene Lösung: Mit dem Ansatz
für die homogene Differentialgleichung (rechte Seite null) erhalten wir ein homogenes Gleichungssystem, dessen Determinante die charakteristische Gleichung liefert.
In G1. (18.5) wurde il durch Beziehen auf die (fiktive) Eigenfrequenz des starr dimensionslos gemacht, X = A l q„„. Des weiteren gelagerten Rotors qavai wurde abkürzend eingeführt: v=m,/m,
b*= 2 bk, / (m,
Massenverhältnis (Masse eines Lagers/Rotormasse)
bezogene Dämpfung q„„)
o„„ = ,/X
Bezugsfrequenz
Für ein Masseverhältnis von V = m, / m, = 0,2 und die Dämpfungseinstellung b*= 0,5 wurden die paarweise konjugiert komplex auftretenden Wurzeln (Eigenwerte) des Systems in Abhängigkeit von der Magnetlagersteifigkeitseinstellung a'* berechnet
;ik=%+j6uk bzw.
Sie sind in den Bildern 18.4 dargestellt. Um den ganzen Frequenzbereich bis zur unendlich starren Fesselung überschaubar zu machen, wurde rechts in den Bildern über 112 dargestellt.
18.3 Zweifache Magnetlagerung eines elastischen Rotors
379
Betrachten wir zunächst die Eigenfrequenzverläufe: Links bei „weicherMFesselung durch das Magnetlager (a* < 0,5) ist die niedrige Eigenfrequenz, die des (fast) starren Körpers und die hohe die der (fast) frei-frei schwingenden Welle.
Bild 18.4: Eigenwerte (Frequenz und bezogene Dämpfung) des magnetgelagerten Rotors über der Magnetlagersteifigkeit a', Dämpfungseinstellung b = 0,5, Massenverhältnis m, / m, = 0,2
Im breiten Bereich um die Bildmitte sind beide Eigenformen „Elastische". Rechts im Bild wird die niedrigere Eigenfrequenz zur Lavaleigenfrequenz (starre Lagerung). Die höhere ist die der von der Wellensteifigkeit nahezu ungehindert schwingenden Masse m, auf der Magnetlagersteifigkeit (aki-so). Interessant ist der zugeordnete Verlauf der Dämpfungsgrade ~ , ( a *und ) D,($). Bei niedriger Steifigkeitseinstellung a* ist die Starrkörpereigenform sehr
380
18 Der elastische Läufer in aktiven Magnetlagern
stark gedämpft. Mit wachsender Magnetlagersteifigkeit a' verliert sie aber immer mehr an Dämpfung. Die höhere der beiden Eigenformen (die bis a = I weitgehend der frei-freien Schwingungsform der Welle entspricht) ist bis a = 2 (bzw. lla*= 0,5) nur wenig beeindruckt von der Andening der MagnetlagerFesselung a*. Erst bei sehr sFarker Fesselung, schwindet auch hier die Dämpfung. Für die Abstimmung a = 0.6 bei der Dämpfungseinstellung bv= 0,5, die eben diskutiert wurde, wollen wir noch kurz die Unwuchtantwort vorstellen.
Unwuchtantwort: Mit dem Gleichtaktansatz
für das inhomogene Differentialgleichungssystem Gl. (18.3) erhalten wir das algebraische Gleichungssystem für die gesuchten Unwuchtantwort-Amplituden
in dem die Amplituden IR und g von Rotormasse und Lagerzapfen auf die Exzentrizität bezogen wurden. Für die oben genannte Parameterkonstellation (a* = 0,6; b' = 0,5 und V = 0,2) wurde dieses Gleichungssystem mit Hilfe der Cramerschen Regel ausgewertet. Die Amplitudengänge über der Drehzahl zeigt Bild 18.5.
1
I
h
Dämpfung b* = 0,5 Abstimmung a* = 0,6
Bild 18.5: Ausschläge von Rotor (iR/ E ) und Lagerzapfen (F, wuchtantwort
/E)
über der Drehzahl, Un-
18.4 Schlußbemerkung
381
Wie aufgrund der modalen Dämpfung D, und D, zu erwarten, sind beide Resonanzstellen (senkrechte, strichlierte Linien aus Rechnung ba = 0) ausgezeichnet gedämpft. Wir wollen die Stromfrequenzgänge nicht explizit vorstellen, aber den Weg zu ihrer Berechnung noch andeuten. Wir gehen von Cl. (17.7) aus und beachten, daß dort wegen des starren Körpers die Freiheitsgrade w(t), v(t) den Lagerfreiheitsgraden wL(t), v,(t) hier entsprechen. Fassen wir die Ströme der vertikalen und der horizontalen Anordnung i,(t) und iy(t)noch komplex zusammen, i(t) = i,+ jiy, so können wir die Stromgleichungen so darstellen:
ZU berücksichtigen, Wir hatten beim elastischen Rotor darauf verzichtet, rL,ret = 0. Mit den komplexen Lagerarnplituden T,, die wir aus der Auflösung von GI. (18.7) kennen, gilt dann bei Unwuchterregung für die Lagerströme
Sie sind deshalb wichtig, weil die Stromverstärker einen begrenzten Ausgang haben, auf den man Rücksicht nehmen muß.
18.4 Schlußbemerkung Auf einige Tücken, die bei aktiver Magnetlagerung auftreten, wollen wir noch hinweisen. Benutzt man die in den Kap. 17 und 18 skizzierte einfache Anordnung der Magnetlager, bei der die Sensorik in die Lager integriert ist, darf das Magnetlager auf keinen Fall im Knoten einer Eigenform sitzen, denn die ist dann weder beobachtbar - die Sensorik sieht nichts - noch steuerbar: die Magnetlagerkräfte bewirken nichts, Bild 18.6.
Bild 18.6: Fehlende Steuerbarkeit und Beobachtbarkeit einer Eigenform, weil die Magnetlager in Knoten sitzen
18 Der elastische Läufer in aktiven Magnetlagern
382
Das ist trivial, führt aber bei Rotoren mit starkem Kreiseleinfluß auf erhebliche Probleme. Denn durch die starke Drehzahlabhängigkeit der Eigenformen können sich die Knoten weit verlagern [18.2] und [18.3]. Vielfach wurden kompliziertere Regelungen wie Zustandsregelungen o. ä. vorgeschlagen und auch gebaut, bei denen die Sensorik nicht in der aktiven Magnetlagerebene sitzt. Dann gibt es unter Umständen Probleme, auf die Schweitzer schon sehr früh hinwies [18.4], Bild 18.7 rechts. Sensorik
Sensorik
Sensorik
Kraft
I Kraft
Kraft
Kraft
I
Bild 18.7: Links: Sensorik in den ML-Ebenen; Geschwindigkeitsrückführung dampft erste und zweite Eigenform. Rechts: Sensorik nicht in der ML-Ebene; erste Eigenform gedämpft, zweite angefacht
Durch den Vorzeichenwechsel in der elastischen Eigenform zwischen Scheiben- und Lagerbewegung, wirken die Magnetlagerkräfte bei naiver direkter W, -Rückführung nicht dampfend sondern anfachend. Sie sind in Richtung der Lagerbewegung W,gerichtet. Über Regelungskonzepte für elastische Rotoren sind seit Mitte der 70-er Jahre viele Aufsätze erschienen. Eine recht umfangreiche Dokumentation findet sich in [18.3]. Selbstverständlich lassen sich aktive Magnetlager auch zur Maschinen- und Schwingungsdiagnose einsetzen. Den betrieblich notwendigen Steuer- und Regelbefehlen können Testsignale überlagert werden, die während des Betriebs zu überprüfen erlauben, ob irgendwelche unerwünschten Strukturveränderungen eingetreten sind.
19 Die unrunde Welle
19.1 Einleitung Bisher sind wir stets von Rotoren mit kreisförmigem Wellenquerschnitt ausgegangen. Auf Turbomaschinen trifft diese Modellvorstellung im Allgemeinen gut zu, allenfalls treten infolge von Nutverbindungen geringfügige Abweichungen vom Kreisquerschnitt auf. Im Gegensatz dazu gibt es bei elektrischen Maschinen auch Querschnittsformen mit stark verschiedenen Biegesteifigkeiten in zwei zueinander senkrechten Richtungen, z. B. bei zweipoligen Läufern von Synchronmaschinen, Bild 19.1.
Kupplungsflansch
r-+
Polkappe
Wicklungsnut
7
Bild 19.1: Zweipoligr Läufer eines Turbogenerators
Die bei solchen Läufern auftretenden Phänomene untersuchen wir an einem Einscheibenrotor, dessen elastische Welle einen zweifach symmetrischen Querschnitt hat. Wenn diese unrunde Welle starr oder isotrop elastisch gelagert ist, lässt sich die Zeitvarianz in den Bewegungsgleichungen, die bei Formulierung in raumfesten Koordinaten auftritt, noch umgehen, indem man in mitrotierende Koordinaten transformiert. Durch ein solches mitfahrendes Koordinatensystem ändert sich die Steifigkeit der Welle SC und s, während der Drehung nicht.
384
19 Die unrunde Welle
Es wird sich zeigen, dass es - entsprechend den beiden Biegesteifigkeiten der Welle - zwei kritische Drehzahlen gibt, bei denen die Unwucht des Rotors unendlich große Wellenauslenkungen verursacht (U. U. auch dann, wenn äußere Dämpfung vorhanden ist). Im Bereich zwischen diesen beiden kritischen Drehzahlen klingt die homogene Lösung auf, der Läufer ist instabil. Bei horizontal gelagertem Läufer tritt zusätzlich zu den beiden unwuchtverursachten kritischen Drehzahlen eine weitere kritische Drehzahl auf, die vom Gewichtseinfluss herrührt. Auf eine Umdrehung liegt der Läufer zweimal flachkant und zweimal hochkant. Schon bei rein statischer Betrachtung wird sich die Biegelinie mit der doppelten Frequenz des Umlaufs anheben und senken, Bild 19.2. Das verursacht eine Resonanz, die (keine allzu großen Unterschiede in beiden Steifigkeiten vorausgesetzt) ziemlich genau beim Erreichen der Hälfte der kritischen Drehzahl infolge Unwuchterregung auftritt. Doppel-T- Anker senkrecht
senkrecht
waagerecht
Doppel -T- Anker waagerecht
Bild 19.2: Doppelt-umlauffrequente Anregung der horizontalen Welle durch das Gewicht
Da sich diese gewichtsverursachte Resonanz auch durch Auswuchten nicht vermindern lässt, muss man entweder mit ihr leben oder man führt ,,künstlich" wieder Symmetrie ein, indem man beispielsweise durch Quereinfräsen die biegebeanspruchten Fasern in den Polen in regelmäßigen Abständen unterbricht, so dass sie nicht versteifend wirken können, Bild 19.3. Durch äußere Dämpfung wird, wie in Abschn. 19.3 gezeigt wird, der instabile Drehzahlbereich verkleinert oder sogar vollständig unterdrückt.
Bild 19.3: Künstliche Symmetrie durch Quernuten in der Polzone
19.2 Bewegungsdifferentialgleichungen und ihre Lösungen
385
Ist die unrunde Welle orthotrop gelagert, lässt sich die Zeitvarianz der Bewegungsgleichung nicht umgehen, siehe Abschn. 19.3. Ohne auf die Stabilitätsuntersuchung nach Hill oder Floquet explizit einzugehen, geben wir die Stabilitätskarten für diesen Fall an und verschaffen uns einen qualitativen ~ b e r b l i c k über die Schwingungsantwort auf Unwucht- und Gewichtserregung. Auch für die unrunde Welle in Gleitlagern wird eine kurze Stabilitätsübersicht präsentiert, Abschn. 19.4.
19.2 Bewegungsdifferentialgleichungenund Lösungen Formuliert man die Bewegungsdifferentialgleichungen in raumfesten Koordinaten, dann erhält man zwar noch lineare Differentialgleichungen, jedoch schwanken die Steifigkeitswerte periodisch (Bild 19.2), d.h. die Koeffizienten hängen periodisch von der Zeit ab. Man erhält Mathieusche Differentialgleichungen, die viel aufwendiger in der mathematischen Behandlung sind als Differentialgleichungen mit konstanten Koeffizienten. Solange nur die Welle anisotrop ist und die Lager starr oder isotrop elastisch sind, haben die in einem mitrotierenden Koordinatensystem formulierten Bewegungsgleichungen konstante Koeffizienten. Deshalb gehen wir in der folgenden Betrachtung von einem mitlaufenden Koordinatensystem aus, dessen Achsenrichtungen parallel zu den Hauptachsen des Wellenquerschnittes liegen, Bild 19.4. Die Scheibenexzentrizität E bildet mit der GAchse einen beliebigen aber konstanten Winkel ,ü. Die Federkonstante der Welle in GRichtung bezeichnen wir mit sy und in q-Richtung mit sq, wobei wir s,> sy festlegen wollen.
Bild 19.4: Unrunde Welle in ausgebogenem Zustand
386
19 Die unrunde Welle
Wie bei der runden Welle führen wir die Abkürzungen
ein. Für die weitere Rechnung und im Hinblick auf die Darstellung der Resultate erweist es sich als zweckmäßig, die neuen Abkürzungen
und
einzuführen. Der erste Parameter w kann als Eigenfrequenz einer Welle mit einer mittleren Biegesteifigkeit aufgefasst werden, während der Parameter ,u den „Grad der Unrundheit" der Welle angibt. Er bewegt sich zwischen ,u = 0 und ,u = 1 . Damit ergibt sich aus G1. (19.1)
Im Kap. 3 wurden die Bewegungsgleichungen eines Läufers mit runder Welle im mitrotierenden Koordinatensystem hergeleitet, Cl. (3.60). Will man diese auf die unrunde Welle übertragen, so braucht man dort lediglich w in der ersten Gleichung durch wc und in der zweiten Gleichung durch wv zu ersetzen. Damit lauten die Gleichungen für die Bewegung des Wellendurchstoßpunktes W
Die beiden Gleichungen sind in den geschwindigkeitsproportionalen Gliedern miteinander gekoppelt, was in der Darstellung als Matrizengleichung noch deutlicher zutage tritt.
cos p sin ß
19.2 Bewegungsdifferentialgleichungen und ihre Lösung
387
Freie Schwingungen - homogene Lösung Wir untersuchen zuerst das homogene Differentialgleichungssystem auf Stabilität seiner Lösung. Der Exponentialansatz
für die verkürzten Differentialgleichungen (19.5) führt auf ein homogenes lineares Gleichungssystem, das nur dann nichttriviale Lösungen hat, wenn die Koeffizientendeterminante verschwindet. Diese Bedingung liefert die charakteristische Gleichung
mit den Wurzeln
Im vorliegenden Falle entnimmt man den G1. (19.7) unmittelbar, dass nur reelle oder rein imaginäre Eigenwerte X auftreten. Die Eigenwerte 4 und 4 sind stets imaginär, wahrend die Eigenwerte 4 und für
4
reell sind. In diesem Falle ist /Zi positiv, d.h. die homogene Lösung klingt auf, der Läufer wird instabil. Aus der Ungleichung (19.8) ergibt sich der Drehzahlbereich, in dem die Welle instabil wird, zu
oder
Die Verhältnisse lassen sich in einer Stabilitätskarte, Bild 19.5, anschaulich darstellen. Die Grenzkurven zwischen den stabilen und instabilen Bereichen
388
19 Die unrunde Welle
in dem Diagramm sind Teile von Parabeln, deren Scheitel auf der Ordinate bei +1 und -1 liegen. Für einen bestimmten Wert ,U liegt der instabile Drehzahlbereich zwischen ur = w f i
und w,
=w f i
. Er schrumpft um so stärker
zusammen, je runder die Welle ist.
Bild 19.5: Zonen stabilen Laufverhaltens in Abhängigkeit von der Läufer-Unsymmetrie y und der Drehzahl
Die allgemeine homogene Lösung ergibt sich aus der Überlagerung der Teillösungen. Durch Zusammenfassen der beiden Komponenten zu einer komplexen Größe p = wc + jv, können wir schreiben
oder ausführlich
Für einen mitrotierenden Beobachter stellt sich im stabilen Fall - alle Eigenwerte imaginär, d.h. 4 = jw,*- die homogene Lösung als Überlagerung von zwei Ellipsenbewegungen mit den Umlauffrequenzen w; und 4 dar. Für diese Eigenfrequenzen gilt nach G1. (19.7)
Diese hängen, wie man sieht, auch von der Wellendrehzahl D ab. Diese Abhängigkeit ist in Bild 19.6 dargestellt.
19.2 Bewegungsdifferentialgleichungenund ihre Lösung
389
Im Drehzahlbereich zwischen U< und c(>?7 ist der Eigenwert Ar positiv. Der dazu gehörende Anteil der homogenen Lösung stellt ein Auswandern vom Wellendurchstoßpunkt W auf einem im rotierenden System feststehenden Strahl nach einem Exponentialgesetz dar. Dieser Anteil ist für die Instabilität der homogenen Lösung verantwortlich. Daneben gibt es wegen 4 = -4 auch einen abklingenden Anteil.
Unwuchterzwungene Schwingungen Im Differentialgleichungssystem (19.5) ist die Rotorunwucht in den beiden auf der rechten Seite stehenden zeitunabhängigen Störgliedern enthalten.
Bild 19.6: Abhängigkeit der Eigenfrequenzen U * (irn mitrotierenden Koordinatensystem) von der Wellendrehzahl L2 bei einer unrunden Welle für p = 0,s
Mit einem Ansatz nach „Art der rechten Seite" wie = const und vVE= const erhalten wir die partikulären Lösungen
390
19 Die unrunde Welle
Betrachten wir jetzt diese unwuchterregten Schwingungen (die sich in Wirklichkeit den freien Schwingungen überlagern, sofern diese nicht durch eine schwache Dämpfung langsam abklingen), dann nimmt der Wellendurchstoßpunkt W, dessen Abstand vom Ursprung natürlich auch wieder von der Drehzahl Q abhängt, im mitrotierenden Koordinatensystem eine feste Lage ein, Bild 19.7. Für C2 = wy wächst die Durchbiegung in <-Richtung und für C2 = U, in 7 -Richtung über alle Grenzen. Die beiden Unendlichkeitsstellen sind die biegekritischen Drehzahlen infolge der Unwucht. Es treten bei der unrunden Welle also zwei biegekritische Drehzahlen auf. Sie liegen bei
Im feststehenden Koordinatensystem bewegt sich der Wellendurchstoßpunkt mit der Winkelgeschwindigkeit Q auf einer Kreisbahn vom Radius
Die Welle läuft wie statisch ausgebogen um; wie bei der runden Welle tritt keine Biegewechselbeanspruchung auf. Die beiden biegekritischen Drehzahlen stimmen gerade mit den Stabilitätsgrenzen von GI. (19.9) überein. Zwischen ihnen liegt der instabile Bereich der homogenen Lösung.
Bild 19.7: Komponenten der Wellenausbiegung infolge der Rotorunwucht
19.2 Bewegungsdifferentialgleichungen und ihre Lösung
391
Gewichtseinfluss: Horizontal liegende Wellen werden durch das Eigengewicht der Scheibe ausgebogen. Bei einer runden Welle bewirkt das Gewicht eine konstante Durchbiegung nach unten, der sich wegen der Linearität des Systems die Biegeschwingungen der Welle überlagern. Wir wollen jetzt untersuchen, welche Wirkungen der Gewichtseinfluss bei der rotierenden unrunden Welle hervorruft. Aufgrund der Überlegungen in der Übersicht zu diesem Kapitel werden wir vermuten, dass der Gewichtseinfluss eine periodische Durchbiegung mit der doppelten Umlauffrequenz verursachen wird. Da wir von den Bewegungsgleichungen im rotierenden Koordinatensystem ausgegangen sind, müssen wir die Komponenten des Gewichtes in und VRichtung angeben. Diese ergeben sich gemäß Bild 19.8 zu
C-
G, = G c o s R t G, = -GsinRt. Die Ausdrücke, die noch durch die Masse m dividiert werden müssen, kommen als Störglieder auf den rechten Seiten unseres Differentialgleichungssystems (19.5) noch hinzu.
Bild 19.8: Gewicht G im rotierenden Koordinatensystem dargestellt
Da man bei linearen Systemen superponieren darf, stellt sich die Aufgabe, eine partikuläre Lösung des inhomogenen Differentialgleichungssystems
19 Die unrunde Welle
392
zu bestimmen. Man sieht, im rotierenden Koordinatensystem treten infolge des Eigengewichts harmonische Störglieder mit der Frequenz !2 auf, während die Unwucht konstante Störglieder in den Differentialgleichungen hervorruft. Zur Bestimmung der inhomogenen Lösung infolge des Gewichtseinflusses setzen wir den Gleichtaktansatz
in das inhomogene Differentialgleichungssystem (19.16) ein. Ein gemischter Ansatz aus Sinus- und Cosinusgliedern ist in diesem speziellen Fall nicht erforderlich, da wegen der Kopplungsglieder W und v q nach Differentation des Ansatzes (19.17) in der ersten Gleichung nur Sinus- und in der zweiten Gleichung nur Cosinus-Glieder auftreten. Die Lösungen des so erhaltenen homogenen linearen Gleichungssystems lauten
mit der Nennerdeterminante
Die inhomogene Lösung infolge des Gewichtseinflusses ergibt sich somit zu
V,
=G,
g sinnt =--[(1-/1)-02
- 4 ~ ~ ] s i n ~ t
AG
Das bedeutet, der Wellendurchstoßpunkt W durchläuft eine Ellipse, deren Hauptachsen mit dem rotierenden Koordinatensystem zusammenfallen. Die Länge der Ellipsenachsen hängt von der Drehzahl l2 ab. Insbesondere wachsen für
19.2 Bewegungsdifferentialgleichungen und ihre Lösung
393
die Auslenkungen über alle Grenzen. Daraus folgt, dass bei
eine kritische Drehzahl liegt. Es tritt also bei der liegenden unrunden Welle eine weitere kritische Drehzahl auf, die durch das Scheibengewicht verursacht wird. Für fast runde Wellen (,U + 0 ) liegt sie etwa beim halben Wert der biegekritischen Drehzahl der runden Welle. Wir wollen nun die im mitrotierenden Koordinatensystem elliptische Bahn der Welle noch in raumfeste komplexe Koordinaten überführen. In ihnen lässt sich - wie wir gleich sehen werden - der drehzahlabhängige Durchhang der Welle leicht verfolgen. Wir fassen dazu die beiden Komponenten von G1. (19.20) zusammen in der komplexen Größe p, = wi,+jvv, und erhalten mit der Transfonnationsregel r, = p,e
jL2t
den Ausdruck
oder abgekürzt
Der Ausdruck stellt den drehzahlabhängigen aber zeitunabhängigen „statischen" Durchhang der Welle dar, um den der Wellenmittelpunkt W mit der doppelten Umlauffrequenz auf einer Kreisbahn im Wellendrehsinn rotiert. Der Kreisbahnradius beträgt T, . Bemerkenswerterweise wird in dem schmalen Band
394
19 Die unrunde Welle
sogar negativ, d.h. die Welle hebt sich über die Lagerhöhe an. Für die Symmetrieabweichung ,U = 0,5 sind in Bild 19.9 statischer Durchhang und Kreisbahnradius fG in Abhängigkeit von der Drehzahl dargestellt.
Bild 19.9: GewichtskritischeDrehzahl der unrunden Welle. Drehzahlabhängiger Durchhang und Bahnradius der doppeldrehfrequenten Kreisbewegung (dimensionslos)
Bild 19.10 gibt noch einmal eine qualitative Übersicht über das dynamische Verhalten des horizontalen Läufers mit unrunder Welle. 1. Unwucht-
Resonanz
2. Unwucht-
Resonanz
Gewichtsresonanz
Bild 19.10: Übersicht über das Verhalten der horizontal gelagerten unrunden Welle (qualitativ)
19.2 Bewegungsdifferentialgleichungenund ihre Lösung
395
Bild 19.11 zeigt in vereinfachter Darstellung die zugehörige Spektralkarte.
.
Y
,
,
W7i
Frequenz o
Bild 19.11: Spektralkarte (qualitativ) des Lavalläufers mit unrunder Welle
Der Einfluss äußerer Dämpfung Wir wollen zum Schluss dieses Abschnitts noch kurz diskutieren, welchen Einfluss eine geschwindigkeitsproportionale äußere Dämpfung auf das Stabilitätsverhalten des Läufers mit unrunder Welle hat. Indem man die äußere Dämpfungskraft d, r in das mitrotierende Koordinatensystem transformiert und in Komponenten darstellt, ergibt sich nach Einführung des Dämpfungsgrades Da = da/2mw das Differentialgleichungs-system
cos ß sin ß Für die Stabilitätsuntersuchunginteressiert uns nur die homogene Lösung. Mit einem Exponentialansatz folgt aus G1. (19.25) ein homogenes lineares Gleichungssystem und daraus das charakteristische Polynom, aus dem sich, z. B. mit dem Hurwitz-Verfahren oder Verfahren der Beiwertbedingungen, die Stabilitätsbedingungberechnen lässt. Sie lautet:
396
19 Die unrunde Welle
Dieses Ergebnis lässt sich in einer Stabilitätskarte darstellen, wobei die Dämpfung D, als Parameter auftritt, Bild 19.12 Die beiden Grenzkurven für Da=O stimmen natürlich mit den Kurven von Bild 19.5 überein. Aus der Stabilitätskarte erkennt man, dass der instabile Drehzahlbereich durch die äußere Dämpfung schmaler wird. Er wird mit wachsender Dämpfung immer kleiner, bis er schließlich ganz verschwindet. Der Läufer bleibt im ganzen Drehzahlbereich stabil.
Bild 19.12: Stabile und instabile Drehzahlbereiche in Abhängigkeit von der Syrnmetrieabweichung p und der dimensionslosen Drehzahl Cl / w mit der äußeren Dämpfung Da als Parameter
Bei den zwei durch die Rotorunwucht hervorgerufenen kritischen Drehzahlen werden die Wellenauslenkungen wie beim ungedämpften System unendlich groß, sofern ein instabiler Drehzahlbereich gern& Bild 19.11 auftritt. Wie beim ungedämpften System fallen dann die beiden Kritischen auf die Stabilitätsgrenzdrehzahlen. Ist das System durch hinreichend große äußere Dämpfung D, und genügend kleine Symmetrieabweichung ,u grundsätzlich stabil, dann bleiben die Wellenauslenkungen in den beiden kritischen Drehzahlen infolge Rotorwucht endlich. Bei der kritischen Drehzahl infolge Gewichtseinfluss gibt es durch die äußere Dämpfung nur endliche Resonanzüberhöhungen. In der Arbeit [19.6] wurde zusätzlich zur äußeren Dämpfung noch der Einfluss der inneren Dämpfung auf das Laufverhalten des Rotors mit unrunder Welle untersucht.
19.3 Die unrunde Welle in orthotroper Lagerung
397
19.3 Die unrunde Welle in orthotroper Lagerung Bild 19.13 zeigt das mechanische Modell der orthotrop gelagerten unrunden Welle; s, bzw. sh sind die Stützsteifigkeiten an den Lagern in vertikaler respektive horizontaler Richtung.
Bild 19.13: Mechanisches Modell der unrunden Welle bei orthotroper Lagerung
Wie schon in der Einleitung zu diesem Kapitel bemerkt, werden nun die Bewegungsgleichungen wegen der Steifigkeitsungleichheit sowohl auf der rotierenden Seite (Welle sk s,) als auch auf der raumfesten Seite (Böcke s„ sh) periodisch zeitvariant - egal ob inertial oder im rotierenden System formuliert wird. Wir geben die Bewegungsgleichung inertial formuliert an und damit sie halbwegs übersichtlich bleiben, lassen wir zudem außer den Freiheitsgraden W und V der Scheibe noch die Freiheitsgrade wL und V, der Lagerböcke zu. Symmetrie in der Anordnung von Bild 19.13 voraussetzend (Scheibe in der ~ellenmitte),lauten sie:
i
cos C l t sin L2 t 0 0
19 Die unrunde Welle
398
Dabei sind m die Scheibenmasse und m, die kleinen Massen des Wellenzapfens in den Lagern, die wir später zu null setzen werden. S,(t) ist die Matrix der im Inertialsystem zeitabhängigen Steifigkeit der Welle,
S,(t> = die mit
umgeschrieben werden kann. Diese Darstellung lässt deutlich die doppeltumlauffrequente Steifigkeitsveränderung aus der Welle (je Umdrehung zweimal flachkant und zweimal hochkant) erkennen. Für die Lagersteifigkeitsmatrix gilt
Um die Zahl der Parameter zu reduzieren, führen wir die Orthotropieparameter der Welle und der Lagerung Sc - S
P, =-
"it
s j >s, und P, =-S v - Sh mit s, > s, ,
Sc + %
Sv
(19.32)
+Sh
die mittleren Steifigkeiten -
s, = (sj
+ s,)/2
-
s, = (s,
+ s,)/2
(19.33)
und deren Verhältnis sL/ s , ein. Alle Eigenfrequenzen und Erregerfrequenzen wurden auf die mittlere Eigenfrequenz der (fiktiven) starr gelagerten Welle
19.3 Die unrunde Welle in orthotroper Lagerung
399
bezogen. Zweckmäßigerweise eliminiert man noch die Lagerfreiheitsgrade, was wegen m, = 0 durch statische Kondensation geschehen kann. Die Stabilitätsuntersuchung nach Floquet oder Hill wird recht aufwendig. Wir übernehmen die Ergebnisse dieser Untersuchung der Arbeit [19.8 ].
bezogene Frequenz R / o
3
p ,= 0.6
bezogene Frequenz R / o
bezogene Frequenz Q / o
3
pL= 0.8
bezogene Frequenz R / o
Bild 19.14: Stabilitätskarte der unrunden Welle in orthotropen Lagern für 0,8 und S,- =F,
= 0,2; 0,3; 0,6;
Stabilität Bei geringer Lagerorthotropie, = 0,2, ähnelt der Trichter der Instabilitäten noch sehr dem Fall des isotrop gelagerten Rotors. Jedoch sind auch hier schon die drei typischen Spitzen zu erkennen, die für p, gegen null auf der Drehzahlachse liegen. Die niedrigste Spitze liegt bei der Eigenfrequenz der runden Welle Cu,= O), die horizontal auf der orthotropen Lagerung schwingt,
1+s, /2s,
mit s, = s i =s,,
(19.35)
die höchstgelegene Spitze bei der vertikalen Eigenfrequenz der runden Welle
400
19 Die unrunde Welle
und die mittlere Spitze genau in der Mitte dazwischen
Mit zunehmender Orthotropie der Welle ,LW werden die drei instabilen Zonen breiter und gehen schließlich in einen einzigen instabilen Bereich über.
Unwucht-erzwungene Schwingungen Bild 19.15 zeigt die Unwuchtantwort in Abhängigkeit von der Drehzahl. Da die Bahnkurven bei orthotroper Lagerung keine reinen Kreisbahnen mehr sind, wurden die Maximalausschläge bezogen auf die Exzentrizität r aufgetragen. krit, u2
krit, u4
R krit, u6
lene Frequenz R/w
z / & 4 W/&
Bild 19.15: Unwuchtantwort und Bahnkurven der Scheibe für die orthotrop gelagerte (,U, = 0,6) und unrunde (,U, = 0,3) Welle
19.3 Die unrunde Welle in orthotroper Lagerung
401
Aus den beiden Resonanzgipfeln der unrunden Welle in isotropen Lagern in der Gegend von fi / W = 1 , Bild 19.7, sind durch die starke Orthotropie der Lagerung nun vier Resonanzspitzen R , , ,„, bis R k r , entstanden. Die sehr schmalen Resonanzpeaks G,,, und Clkr,,,enthalten starke Oberwellenanteile, wobei der 3Q -Anteil dominiert. 3 5.
1.0
a .a 2
2 .E
0.5
Ca C a -
s
- Stabilitätsgrenze 0.0
0
1
bezogene Frequenz R/w
Bild 19.16: Stabilitätsgrenzen und biegekritische Drehzahlen der orthotrop gelagerten Lavalwelle, p, = 0,6; 5, / s, = 1
Bild 19.16 zeigt, dass auch bei orthotroper Lagerung die hauptkritischen Drehzahlen auf den Stabilitätsgrenzen liegen. Will man aufwendige Rechnungen vermeiden, dann lässt sich die Lage der instabilen Zone(n) und die biegekritischen Drehzahlen Cl,,, „ bis Cl„, „ anhand der Angaben von Bild 19.17 schnell eingrenzen.
Bild 19.17: Abschätzung der instabilen Zonen und der Lage der biegekritischen Drehzahlen aus Unwucht beim unrunden Lavalläufer in orthotropen Lagern
402
19 Die unrunde Welle
Gewichtsverursachte Resonanzen Die Hauptresonanzstellen aus dem Gewicht liegen bei
also „bei halber kritischer Drehzahl" ähnlich wie bei der unrunden Welle in isotropen Lagern, nur dass durch die Orthotropie eben zwei Kritische entstehen. Daneben gibt es unterhalb davon noch zwei ganz schmale Peaks, die aber praktisch ohne Bedeutung sein dürften. Eine etwas vereinfachte Gesamtübersicht über das Verhalten der unrunden Welle in orthotropen Lagern gibt Bild 19.18.
&2krit, gi
&2 krit, ui
0
63
INSTABIL
1 bezogene Frequenz Ln 101 Bild 19.18: Gesamtübersicht über das dynamische Verhalten der unrunden Welle (U, = 0,3) in orthotropen Lagern ( p L = 0,6)
19.4 Unrunde Welle in Gleitlagern
19.4
403
Unrunde Welle in Gleitlagern
Anhand einiger Bilder aus der Arbeit [19.8] soll noch kurz das Verhalten der unrunden Welle in Gleitlagern andiskutiert werden. Für einen Lavalläufer in Kreis- bzw. Zitronenlagem (Daten aus [19.9], Auslegung Sok = 1, p = 2 ) wurden die Stabilitätsgrenzen in Abhängigkeit von der Wellenorthotropie mit dem Hill'schen Verfahren ermittelt, Bild 19.19. Kreiszylinder
Zweikeillager
0
1 bezogene Frequenz
2 Cl l o,
Bild 19.19: Stabilitätsgrenzen des Lavalläufers in Kreis- und Zitronenlagern in Abhängigkeit von der Wellenorhtotropie pw
Das aus den Kapiteln 12 und 13 bekannte Verhalten der Kreis- und Mehrgleitflächenlager spiegelt sich hier wieder. Das Kreislager hat bei R / u = 1 noch hohe Stabilitätsreserven, die aber jenseits der Resonanz schnell schwinden. Der Einbruch der Stabilität bei Q = U ist deshalb gering, aber bei R = 1,58. U ist die Stabilitätsgrenze schon erreicht, die praktisch nur aus dem Gleitlagereffekt stammt. Beim Zweikeillager (Zitronen-) bricht die Stabilität bei R l U = 1 stärker ein als beim Kreislager, aber die gleitlagerbestimmte Stabilitätsgrenze liegt höher, daher Re = 1,96. w . Bild 19.20 schließlich zeigt die „Schwingungsamplituden" aus Gewicht und Unwucht über der Drehzahl für den Kreislagerfall. Durch die starke Gleitlagerdämpfung werden die Oberwellen sehr stark unterdrückt, es liegt ein erstaunlich gutartiges Verhalten vor.
404
19 Die unrunde Welle
S o , = 1.0
bezogene Frequenz L2 10
Bild 19.20: Schwingungsamplituden aus Gewicht und Unwucht für den Kreislagerfall in Abhängigkeit von der bezogenen Frequenz C2 l U
19.5 Fragen I. Manlfrau ergänze Bild 19.6, das die Eigenfrequenzen w* = w * ( C l ) wiedergibt um ein zweites Bild, in dem die Realteile der Eigenwerte A*=a* +J w * in der instabilen Zone eingetragen sind. '
2. Ermittle wie schnell die Welle auswandert, wenn die Drehzahl mitten zwischen den Frequenzen wc und U, liegt. Systemdaten: Orthotropieparameter p = 0 , l ; Drehzahl (wc + U, ) / 2 = U = R .
3. Uberdenke das Zustandekommen der Zeitvarianz in der Steifigkeitsmatrix (19.28).
20 Der zweiflüglige Propeller
20.1 Einleitung Ein 2-flügliger Propeller findet sich beispielsweise in Ventilatoren sowie den Rotoren von kleineren Flugzeugen, Hubschraubern und Windturbinen wieder. Er stellt in gewissem Sinne ein Spiegelstück zur unrunden Welle dar, welche im vorangegangenen Kapitel behandelt wurde. Dort liegt die Unrundheit auf der Seite der Steifigkeit, hier auf der Seite der Massen. Wie dort bleiben die Bewegungsgleichungen gerade noch zeitinvariant, wenn sie in rotierenden Koordinaten formuliert werden und die Lagerung isotrop ist. Die Stabilitätsbetrachtung und die Ermittlung der ~nwuchtantworldes 2-Flüglers sind Gegenstand dieses Kapitels.
Bild 20.1: Zweiflügliger Ventilator mit Nick- und Wendefreiheitsgrad infolge elastischer Gummibettung des Antriebsmotors
20.2 Mechanisches Modell, Bewegungsgleichungen Um die Phänomene, aber nicht den Berechnungsaufwand in den Vordergrund zu stellen, modellieren wir sehr einfach, Bild 20.2. Die rotierende Welle sei starr, nur der Propeller hat Masseeigenschaften, die durch seine axialen
406
20 Der zweiflüglige Propeller
Hauptträgheitsmomente 0 „ 0„ das polare Trägheitsmoment 0, und die Masse m beschrieben werden. Obwohl sich die Massen der rotierenden Welle und des Antriebsmotors leicht mitnehmen ließen, lassen wir sie hier weg. Auch aerodynamische Effekte berücksichtigen wir hier nicht.
Bild 20.2: Mechanisches Modell mit elastischer und gedämpfter Lagerung
Mit dem Lagermodell von Bild 20.3, welches die isotrope Drehfesselung Z und die äußere Drehdämpfung d besetzt, bleiben dem System nur noch die Freiheitsgrade pvund pc um die Nick- bzw. Wendeachse. Diese werden allerdings im mitrotierenden Koordinatensystem beschrieben.
Bild 20.3: Hauptachsen 1 , 2 , 3 des Propellers und Beschreibung der Wendeauslenkung im Sinne des Freiheitsgrades V<= v,,ll in mitrotierenden Koordinaten
Die Nick- und Wendewinkel p,und pc ließen sich durch die Translationen wy bzw. V, wie folgt ausdrücken: pv= - w y / l ; pi = V, 1 1 , vgl. Bild 20.3.
20.2 Mechanisches Modell, Bewegungsgleichungen
407
Die dimensionsbehafteten Bewegungsgleichungen lauten:
=
(0; -O~)acosy-1 m ~ s i n ß
a2[
(@T;-Op)asin Y-1 mecosß
Dabei sind die Massenträgheitsmomente:
die z.T. um den Steiner-Anteil m f erweiterten Massenträgheitsmomente um die Hauptachsen und 1 ist der Abstand der Propellerebene zum Drehpunkt der Lagerung. Auf der rechten Seite des Differentialgleichungssystems stehen der Winkel der Schrägaufkeilung a und sein Orientierungswinkel X sowie die Exzentrizität E zwischen Schwerpunkt und Wellendurchstoßpunkt mit dem Orientierungswinkel ß. Auf die recht aufwendige Herleitung der Bewegungsgleichungen muß aus Platzgründen verzichtet werden. Mehr dazu in [20.1-20.71. Schon die Stillstandseigenfrequenzen q,des ungedämpften Systems (!2 = 0, d = 0) lassen die Orthotropie deutlich erkennen:
qo=
,,/Sl(und O,w„ = Jiml')
(20.2)
Im folgenden wird die Zahl der Parameter reduziert und die Differentialgleichung dimensionslos gemacht. Dazu führen wir zunächst die Zwischengrößen O und AO ein: -
O =i ( 0 :
3
+ 02 )
AO = ( 0 ;
-
0;)
mittleres Massenträgheitsmoment; Differenzhalbwert der Massenträgheitsmomente.
20 Der zweiflüglige Propeller
408
Mit Ihrer Hilfe gewinnen wir die dimensionslosen Parameter, Tabelle 20.1, die in der endgültigen Differentialgleichung (20.3) auftauchen werden.
Unrundheit
o* Gyroskopiekopplung Bezugsfrequenz (fiktiv)
J
= A0= p@: + @
S
01; = ==
0
-
D=-
Dämpfungsgrad
20;
2s
20, 0, + 0 , +2m12 -
=
@f+@
2s 01+02+2m12
-
d d 2w00 wo(@,+ 0, + 2m12)
"Drehzahl" Tabelle 20.1: Abkürzungen und dimensionslose Parameter
Für ausgewählte Körper sind in Tabelle 20.2 die Parameter der Unrundheit I und der Gyroskopiekopplung J dargestellt, welche später die Stabilitätsgrenze ganz wesentlich bestimmen werden. Für reale Körper mit 0, 2 0, sind I und J stets positiv und es erreicht I maximal den Wert 1 und J maximal den Wert 2.
Form Scheibe
-0-
Stift Zylinder l/d = J3/2
Fläche (quadratisch)
D
Stab Tabelle 20.2: Charakteristische Werte der Massengeometrie 0,und der zugehörigen dimensionslosen Parameter Unrundheit I und Gyroskopiekopplung J, nach [20.3]
20.3 Homogene Lösung und Stabilität des ungedämpften Systems
409
Wir dividieren nun beide Zeilen des Differentialgleichungssystems (20.1) durch den Term q:0 und erhalten so die dimensionslose Form der Bewegungsgleichungen:
wobei Ci und G, die dimensionslosen, zeitinvarianten Unwuchtanregungen abkürzen, die aus Schrägaufkeilung und Schwerpunktsversatz stammen.
20.3 Homogene Lösung und Stabilität des ungedämpften
Systems Die homogene Lösung für die in mitrotierenden Koordinaten formulierte Bewegungsgleichung (20.3) gewinnen wir mit dem Eigenschwingansatz
Y>,, (t) = y>,,eft; mit
X
= A/u,
.
(20.4)
Er führt auf die Eigenwertaufgabe:
Diese Eigenwertaufgabe hat nur dann eine Lösung, wenn die Determinante von (20.5) verschwindet. Aus dieser Forderung folgt das charakteristische Polynom:
mit den Koeffizienten:
a = 1 - 1 ~ ; a, = 4 D ; a, = [ 2 ( 1 - 1 ~ ) + ~ ( ~ - 2 ) ] 1 ) ~ + 2 + 4 ~ ~ a, = 4 ~ ( 1 + 7~ 1) ; a
=1
Wird der Realteil einer Wurzel
-
1 J
-
1 ) ~ [ 1 -1 J
+ I ) ~ ~ (]2+~ 1 7 ) ~
4' positiv, so liegt Instabilität im System vor.
410
20 Der zweiflüglige Propeller
Für den Sonderfall des ungedämpften Systems mit D = 0 schrumpft das charakteristische Polynom auf eine biquadratische Gleichung die noch analytisch lösbar ist: a4il*4+ a2X2+ a, = 0
(20.7)
Natürlich ist auch in den verbleibenden Koeffizienten a„ a„ a, von G1. (20.6) D = 0 zu setzen. Trotz dieser Erleichterung, wird die analytisch angebbare Lösung der Wurzeln 4' sehr unübersichtlich. Das Ergebnis wird daher anhand Bild 20.4 diskutiert und wir verzichten auf den Formelbarock.
Bild 20.4: Abhängigkeit der Eigenkreisfrequenzen separametern I und J
CO',,
von der Drehzahl 2 ! und den Mas-
Die beiden richtungsbezogenen Stillstands-Eigenfrequenzen sind uns schon von G1. (20.2) her bekannt. Sie schreiben sich mit den Parametern aus Tabelle 20.1 wie folgt: U," =- U0
und
U0 m2, = -
Ji-I
Wie stark sie sich voneinander unterscheiden hängt nur von der Unrundheit I ab. Instabilität herrscht im Bereich:
20.3 Homogene Lösung und Stabilität des ungedämpften Systems
411
Dort wird eines der Eigenwertpaare reell, = +a und die homogene Lösung klingt monoton auf. Dieser Bereich ist im Bild 20.4 schraffiert. Für Parameterkonstellationen mit (1- J -I) < 0 rückt die obere Stabilitätsgrenze nach rechts ins Unendliche, bei einer Drehzahlerhöhung kehrt dann die verlorene Stabilität nicht mehr wieder. Im Bereich sehr hoher Drehzahlen laufen die beiden Eigenkreisfrequenzen asymptotisch an die Geraden:
die in der obigen Darstellung strichliert gezeichnet sind. Eine vollständige Übersicht über das Stabilitätsverhalten des ungedämpften Systems gibt das Bild 20.5 wieder, das schon bei Brosens and Crandall [20.2] zu finden ist.
Bild 20.5: Stabilitätsgrenzen des ungedämpften, unrunden Rotors in Abhängigkeit der massengeometrischen Parameter I und J und der Drehzahl !2 1 U,
Der keilförmige Einschnitt gibt den instabilen Bereich für alle möglichen J-I-Konfigurationen an. Weniger abstrakt, aber dafür eingeschränkter, ist die Darstellung in Bild 20.6, in dem für einen brettförmigen Propeller die instabile Zone dargestellt ist.
412
20 Der zweiflüglige Propeller
Der Parameter AR gibt das Streckungsverhältnis von Durchmesser zu Breite und von Breite zu Dicke wieder:
AR =
Durchmesser d - Breite b Breite b Dicke t
Während die obere Grenzkurve sehr stark von der Streckung AR beeinflußt wird, ist die untere Kurve nur wenig von ARabhängig.
Bezogene Drehzahl Q/q,
-
Bild 20.6: Stabilitätsgrenzen des 2-flügligen Propellers als Funktion der Rotorschlankheit ARund der Unrundheit I respektive dem Verhältnis Ud für den Fall AR=
Der Grenzfall des rotierenden Stiftes nach Tabelle 20.2 entspricht einer unendlichen Streckung AR= W. Für diesen und nur für diesen Fall gilt die Skalierung am rechten, vertikalen Rand, wo die Unrundheit durch das Verhältnis der Länge der Welle 1 zum Durchmesser d des Rotors ausgedrückt wird. Sie läßt die Gemeinheit des Systems deutlich erkennen: bei ganz langer Welle herrscht ebenso wie bei ganz kurzer Welle immer Stabilität. Aber diese Grenzfälle lassen sich technisch nur schwer realisieren. Bei einem endlichen Verhältnis lld gibt es mehr oder minder früh bei höheren Drehzahlen den instabilen Bereich, der nur für große Verhältnisse lld noch eine obere Grenze hat, jenseits derer die Stabilität wiederkehrt.
20.4 Dämpfungseinfluß auf die Stabilität
413
20.4 Dämpfungseinfluß auf die Stabilität Die Stabilitätsgrenzen lassen sich nun, da alle Koeffizienten in der charakteristischen GI. (20.6) vorhanden sind mit den Hurwitz-Kriterien 120.81 oder dem Verfahren der Beiwertbedingungen untersuchen. Da das System aber monoton instabil wird, verschwinden an der Stabilitätsgrenze für einen der Eigenwerte & = j U + a sowohl der Realteil als auch der Imaginärteil, d.h. die Frequenz w in mitrotierenden Koordinaten wird zu null. Dann entscheidet nur noch der Koeffizient a, über die Stabilität, der, entsprechend der Forderung von Hurwitz, daß alle Koeffizienten a, positiv sind, ebenfalls größer null sein muß:
Wenn der Koeffizient gleich null wird, dann ist die Grenze der Stabilität erreicht. Daraus erhalten wir die Grenzdrehzahlen zu:
Diese Stabilitätsgrenzen sind in Bild 20.7 für den „unendlich schlanken Propeller unter ~ e r ü c k s i c h t i ~ uder n ~Dämpfung eingetragen.
Drehzahl
P
Bild 20.7: Stabilitätsgrenzen des unendlich schlanken Propellers in Abhängigkeit von der Dämpfung D und dem Verhältnis lld
414
20 Der zweiflüglige Propeller
Klar zu erkennen ist, daß selbst ein Dämpfungsgrad von D = 0,10 noch nicht viel zu retten vermag. Nur bei Rotoren mit sehr geringer Unrundheit drückt die Dämpfung die schmale, instabile Zone ganz weg.
20.5 Unwuchterzwungene Schwingungen Ein Ansatz nach Art der rechten Seite der Bewegungsgleichung (20.3)
liefert ein lineares Gleichungssystem für die gesuchten Amplituden, welches z.B. mit der Cramerschen Regel gelöst werden kann. Die Lösung lautet:
mit ~ = ~ - ( i - ~ + I ) ~ ~ ] [ 1 - ( 1 - ~ - 1 ) ~ ~ ] + ( 2 ~ ~(20.14) )~ Ungedämpftes System: In diesem Fall sind die beiden Richtungen völlig entkoppelt, es gilt:
Die beiden kritischen Drehzahlen sind offensichtlich:
Sie stimmen mit den Grenzdrehzahlen des stabilen Laufes, G1. (20.9), des ungedämpften Systems überein. Bild 20.8 zeigt die Amplituden des unwuchtigen Rotors über der Drehzahl aufgetragen. Während es die erste kritische Drehzahl G,,!, immer gibt, liegt die zweite bei (J + I) > 1 rechts außen im Unendlichen. Der Einfluß der Kreiselkräfte auf die Lage der kritischen Drehzahlen wird deutlich, wenn man G1. (20.18) mit den Stillstandseigenfrequenzen, z.B. Bild 20.4 vergleicht, in denen der Parameter J der Gyroskopie nicht auftaucht.
20.5 Unwuchterzwungene Schwingungen
415
Bild 20.8: Verlauf der Uriwuchtantwort bei D = 0 und I = 0.2; J = 2 I. Die Zone zwischen den kritischen Drehzahlen ist instabil
Gedämpftes System: Nach G1. (20.15) sind nun die Antworten in den beiden Richtungen nicht mehr getrennt betrachtbar: eine Unwucht u weckt immer zur Antwort qcpauch eine Komponente qw. Ansonsten aber ist das Geschehen sehr ähnlich. Auch hier stimmen die Grenzen der Stabilität mit den unlimitierten Resonanzstellen der Unwuchtantwort überein:
Diese Übereinstimmung kann mit der Identität der Determinante A aus G1. (20.15) mit dem Koeffizienten a, des charakteristischen Polynoms, der über die Stabilität entscheidet, begründet werden. Auch im gedämpften System gibt es U. U. zwei unlimitierte Resonanzstellen, die gleichzeitig Stabilitätsgrenzen sind. Durch den Dämpfungseinfluß wird die Lage aber etwas unübersichtlicher, es kann auch nur eine oder gar keine unlimitierte Resonanz geben. Betrachtet man jedoch Bild 20.9 (oben) in Verbindung mit Bild 20.9 (unten), so wird deutlich, was beim quasi stationären Hochlauf eines schlanken Propellers (J = 2 I) geschieht: der Hochlauf mit I = 0,2 und der Dämpfung D = 0,25 führt durch zwei stark gedämpfte Resonanzstellen, Instabilitäten treten keine auf. Bei I = 0,2 und D = 0,l erfährt der Rotor zwei unlimitierte Resonanzen, inmitten derer er instabil wird.
416
20 Der zweiflüglige Propeller
Bild 20.9: Verlauf der unlimitierten Resonanzen bzw. Stabilitätsgrenzen bei einem schlanken Propeller mit J = 2 I (oben); Amplituden der entsprechenden Schwingungsantwort bei einer Unrundheit I = 0,2 und verschiedenen Werten der Dämpfung D (unten)
Beträgt die Unrundheit I = 0,4 so würde eine unlimitierte Resonanz auftreten, jenseits derer der Rotor immer instabil bleibt. Für Unsundheiten I > 0,33 durchfährt der Rotor genau eine unlimitierte Resonanz, die gleichzeitig Stabilitätsgrenze ist. Mit zunehmender Dämpfung wird diese Grenze zwar in Richtung höherer Drehzahlen verschoben, aber anders als im Fall geringer Unrundheiten I < 0,33 läßt sich auch bei noch so hoher Drehzahl die Stabilität nicht wiedergewinnen.
20.6 Schlußbemerkungen
417
20.6 Schlußbemerkungen Stabilisierungsmaßnahmen: Die einfachste Maßnahme ist natürlich, rund zu bauen. Drei- und Mehrflügler haben die beschriebenen Dynamikprobleme nicht, weil sie massenmäßig rund sind. Kleine Windturbinen (D < 3m) baut man gelegentlich Zflüglig, massenmäßig läßt sich deren Unrundheit durch eine Querstange mit Endgewichten abschwächen bzw. kompensieren (Bild 20.10, links).
Bild 20.10: Stabilisierung einer 2-flügligen Windturbine durch eine „Querhantel" (links); Mitschwingende Masse von Motor und Getriebe als Abminderung der massemäßigen Unrundheit (rechts)
Bei den Zflügligen Propellern, in Flugzeugen und bei großen Windturbinen wird die Instabilitätsproblematik durch die großen mitschwingenden Trägheiten z.B. von Getriebe und Motor bzw. Generator etwas entschärft. Zwar sind die Propeller-Trägheiten 0, und 0, sehr verschieden, in die Rechnung geht und aber der Unrundheitspararneter I ein, welcher sich auf die Trägheiten 0,* GI2* bezüglich des Drehpunktes bezieht. Ähnlich wie der Steher-Anteil mP die Unrundheit in unserem Beispiel reduzierte wirken sich dort die zusätzlichen Trägheiten von Motor und Getriebe aus. Dennoch haben sich im Windturbinenbau zum heutigen Zeitpunkt die dynamisch ruhigeren 3-Flügler völlig gegenüber den ZFlüglern durchgesetzt.
Bild 20.11: Stabilisierung eines 2-Flüglers durch lokale Steifigkeitsorthotropie
Eine weitere Möglichkeit, die Instabilität von massenmäßig unrunden Systemen zu unterdrücken, besteht in der geeigneten Kombination mit einer Steifigkeitsorthotropie und zwar genau derart, daß die beiden richtungsbezogenen Eigenfrequenzen wieder zusammenfallen. Dies kann durch einen
418
20 Der zweiflüglige Propeller
mitrotierenden, orthotrop wirkenden Federmechanismus auf der Welle erreicht werden, dessen größere Nachgiebigkeit im Sinne des größeren Massenträgheitsmomenteswirkt, Bild 20.1 1 120.71.
Zeitvarianzen: Durch die Annahme einer isotropen Lagerung waren wir mit unserem Zweiflügler-Beispiel den Zeitvarianzen in den Bewegungsgleichungen entgangen. Einen Eindruck vom Typus der Bewegungsgleichungen bei allgemeiner anisotroper Lagerung, wie sie 2.B. bei Windturbinen durch die Aufstielung der Gondel oder auch bei Hubschraubern am Boden vorliegt, vermitteln die schematischen Darstellungen in Bild 20.12. 1. Dreiflügler starr
Nabe
2. Zweiflügler starr
Nahe
RI Nabe
-
Nabe
G
3. Dreiflugler mit reinem SchlaggelenkRuhelage identisch Null
Nabe
Nabe
F!ügel
Nabe
Flügel
Nabe
FIQgel
-/
Nabe
Flügel
pJi Nabe
Nabe
ygel
&
Nabe
Flügel
4. Zweiflügler mit Pendelgelenk
doppelumlauffrequent umlauffrequent konstant
Bild 20.12: Zeitvarianzen in den Bewegungsgleichungen von starren Rotoren mit und ohne Schlag- bzw. Pendelgelenken nach [20.5]
20.7 Fragen
419
Die Propellerblätter werden als starr, aber u.U. gelenkig befestigt modelliert (Pendelnabe, Schlagflügler). Die 6 Gondel-Freiheitsgrade werden in inertialen, die Blatt-Freiheitsgrade aus Schlag und Pendelgelenken in mitrotierenden Koordinaten angeschrieben. Diese Zweigleisigkeit in der Zählung der Freiheitsgrade minimiert die Zeitvarianzen. Wiedergegeben sind nur die Massenterme und diejenigen Steifigkeitsterme, die aus den Elastizitäten in den Gelenken und am Gondelanschluß resultieren, nicht jedoch aus aerodynamischen Effekten. Diese finden sich in der Arbeit von Person wieder [20.5], der auch diese Bilder entnommen sind. Der starre 3-Flügler mit 6 Gondel-Freiheitsgraden ist völlig zeitinvariant, was durch schwarze Karos auf den besetzten Elementen gekennzeichnet ist. Der starre 2-Flügler mit 6 Freiheitsgraden hat doppelt-umlauffrequente Terme in der Massenmatrix M und der Gyroskopischen Matrix G, sie sind kreuzweise schraffiert. Der 2-Flügler mit Pendelnabe (6 + 1 Freiheitsgrade) hat neben den doppelt-umlauffrequenten Gliedern auch (schraffierte) einfach-umlauffrequente. Insgesamt sind aber seine zeitvarianten Terme weniger groß als die des starren 2-Flüglers. Genaueres muß man der schon erwähnten Arbeit [20.5] entnehmen.
20.7 Fragen Bei der unrunden Welle, Bild 19.11 steht die „Tüte" der Instabilitäten senkrecht auf dem Punkt Q / w , = 1. Wieso ist dieses Gebiet beim 2-flügligen Propeller nach rechts weggebogen (Bild 20.7)? Wie lautet die dimensionsbehaftete Form der Stabilitätsbedingung (20.9)? Angenommen, in der Welle des rotierenden 2-Flüglers mit isotroper Lagerelastizität liegt in der Lagerebene lokal eine orthotrope Querschnittsschwächung vor, s, < si, (Bild 20.12). Wie sehen die dimensionsbehafteten Bewegungsgleichungen nun aus ? Schreibe mit der Abkürzung pw= (si- s,) / (sC+ s ~ die ) dimensionslosen Gleichungen für den Fall einer mitrotierenden Wellensteifigkeitsorthotropie. Zeige, daß die Instabilität genau dann verschwindet, wenn ,LI, den Wert p, = I / (1-J) annimmt.
21 Der Lavalläufer mit angerissener Welle
21.1 Einleitung Anfang der 70er Jahre traten erstmals gravierende Risse in Wellen von großen Turbosätzen auf, die nur zufällig rechtzeitig erkannt wurden. 1975176 erschienen die ersten Aufsätze, die sich mit der Dynamik einer angerissenen Welle befassten [21.1 bis 21.41. Sie zeigten schon die wesentlichen Phänomene auf. Verglichen mit der nicht angerissenen Welle treten infolge eines Risses zusätzliche Resonanzstellen bei 7 = 1/ 3 und 7 = 112 auf sowie instabile Zonen bei 7 = 2 / 4 , 2 13, 2 1 2 , 2 I 1 , die allerdings bei hinreichender Dämpfung unterdrückt werden. Wellenrisse entstehen vor allem bei den schweren horizontalen Rotoren von Turbosätzen (Niederdruckturbinen, Generatoren) infolge der hohen Biegewechselbeanspruchungen durch das Gewicht - trotz aller Forschungsaktivitäten auch noch in den 90er Jahren [21.5]. Man bemüht sich heute sehr, Risse rechtzeitig durch Maschinenübenvachung zu erkennen [21.6, 21.7, 21.17, 2 1.181. Dazu ist es wichtig, die feinen Unterschiede im dynamischen Verhalten zwischen angerissener und unangerissener Welle genau zu kennen. Sie herauszuarbeiten ist das Ziel dieses Kapitels.
21.2 Ein einfaches Rissmodell Liegt der Riss in der Zugzone einer nicht rotierenden Welle, dann setzt sich die Biegelinie aus zwei Anteilen zusammen. Aus der Biegelinie ohne Riss plus einer zusätzlichen Biegelinie, die sich, aus einer lokalen Nachgiebigkeit resultierend, der Ersteren überlagert. Diese zusätzliche Biegelinie kann die Biegetheorie nicht liefern; für sie ist der Riss eine Schwächung der Biegesteifigkeit EI auf der Länge Null.
422
21 Der Lavalläufer mit angerissener Welle
Sie lässt sich nur durch dreidimensionale oder naherungsweise zweidimensionale Betrachtung der Zone um den Riss ermitteln. [21.9, 21.131.
ohne Riß
Rißbeitrag Bild 21.1: Superposition der Biegelinie aus dem Beitrag der ungerissenen Welle und dem Rissbeitrag
Tatsächlich tritt in einem runden Balken mit Riss auch eine Kopplung von Biege-, Längs- und Torsionsschwingungen auf, denn der Riss zerstört die Symmetrie. Da diese Kopplung aber gering ist, werden wir sie vernachlässigen und nur die den Biegemomenten proportionalen Winkelnachgiebigkeiten des Risses berücksichtigen. In [21.9] finden sich die Rissnachgiebigkeiten für ein allgemeines Balkenelement mit 6 Rand-Freiheitsgraden tabelliert. Wir vereinfachen sehr stark und berücksichtigen nur die Biegenachgiebigkeiten in Haupt- und Querrichtung, die in der dort benutzten Terminologie mit H„ und H„ bezeichnet werden. Sie verknüpfen den lokalen Winkel am Rissort mit dem dort auftretenden Biegemoment. Da H„ und H„ dimensionslos sind, gilt für die dimensionsbehaftete Biegenachgiebigkeit = H„
ER^
und H„ = H„
ER^
Diese Nachgiebigkeiten sind in Bild 21.2 über der bezogenen Risstiefe a / R dargestellt. Da für geringe Risstiefen (a/ R < 0,5) die Quernachgiebigkeit H„ sehr viel kleiner ist als die Hauptnachgiebigkeit H„, gehen wir noch einen Schritt weiter und vernachlässigen diese Quernachgiebigkeit völlig.
21.2 Ein einfaches Rißmodell
423
Das hat den Vorteil, dass die Rissnachgiebigkeit durch einen einzigen Parameter erfasst wird, was die Darstellung der Ergebnisse sehr erleichtert.
03
Rißtiefe
a/ R
Bild 21.2: Haupt- und Quernachgiebigkeit des klaffenden Risses gegenüber Biegung in Abhängigkeit von der Risstiefe; nach [21.9]
So können wir für die Nachgiebigkeiten am Scheibensitz bei klaflendem Riss schreiben
wobei h, die Nachgiebigkeit der ungerissenen Welle ist und
die über die Geometrie auf translatorische Nachgiebigkeit umgerechnete Momentennachgiebigkeit des Risses. E ist der Elastizitätsmodul, und l der Lagerabstand.
424
21 Der Lavalläufer mit angerissener Welle
Wenn Riss und Scheibe, Bild 21.3, nicht in der Mitte liegen, treten andere Längen als Wichtung auf.
Bild 21.3: Klaffender Riss und atmender „Riss" bei Drehung der Welle - Scharniermodell
Liegt der Riss in der Druckzone, schließt er, die in G1. (21.1) enthaltene Zusatznachgiebigkeit nhi entfallt, die Welle bleibt rund. Anschaulich lässt sich das Verhalten nach G1. (21.1) durch das Scharnier, Bild 21.3 darstellen, das öffnet, wenn es in der Zugzone liegt und schließt, wenn es in die Druckzone kommt. Der Rissmechanismus ist also nicht-linear oder - nach den hier getroffenen Vereinfachungen - bilinear. Für die weitere Betrachtung schreiben wir G1. (21.1) noch in folgender Form:
f (t) ist die Steuerfunktion für die im einfachsten Fall gilt
f (t) = 0
Riss in der Druckzone
f (t) = 1
Riss in der Zugzone.
Für die weitere Betrachtung ist es zweckmäßig, in der Nachgiebigkeitsdarstellung (Gl. 21.3) auf die Steifigkeitsdarstellung überzugehen, die wir für die Bewegungsgleichungen benötigen. Das geschieht durch Inversion von G1. (21.3).
21.2 Ein einfaches Rißmodell
425
Definitionsgemäß gilt dabei:
AsT ist also als Steifigkeitsverlust infolge der Rissnachgiebigkeit zu verstehen; s, = 1/ h, ist die Steifigkeit der ungerissenen Welle. Bei einem realen Rotor lässt sich dieser Steifigkeitsverlust Asi leicht direkt experimentell bestimmen, indem man die Eigenfrequenz(en) des Systems durch einen Ausschwingversuch ermittelt, bei dem einmal der Riss oben in der Druckzone liegt und einmal unten in der Zugzone. Aus den beiden gemessenen Frequenzen findet man
Bild 21.4: Versuchsanordnung zur Ermittlung des Steifigkeitsverlustes AsC infolge eines Wellenrisses
Noch ist die Steifigkeitsmatrix (Gl. 21.4) in rotierenden Koordinaten formuliert, wir überführen sie nun ins raumfeste Koordinatensystem, in dem wir die Bewegungsgleichungen aufstellen wollen.
Bild 21.5: Koordinatentransformation
426
21 Der Lavalläufer mit angerissener Welle
Aus Bild 21.5 lesen wir die uns von Kap. 2 her schon bekannte Transformationsmatrix ab, die für die Verschiebungen gilt
und entsprechend für die Kräfte
Setzt man die Transformationsbeziehungen der Verschiebungen aus G1. (21.6) und G1. (21.4) ein und benutzt noch G1. (21.7) zur Transformation der Kräfte ins Inertialsystem, findet man für die gesuchte Steifigkeitsmatrix formal
oder nach Auswertung der Matrizenoperationen
so+ AS(t)=
[.
so] ( t ) A
.
[
cos2R t
sinRt . cosRt
sin R t . cos Qt
sin2Qt
und weiter umgeschrieben
So + A S ( ~ ) =
1+ cos 2Rt sin 2Rt
sin 2521
1- cos 2Qt
1
. (21.9)
Die Steifigkeitsmatrix wird durch den Riss, also zeitabhängig in zweifacher Weise: einmal durch die Transformation ins raumfeste Koordinatensystem, was die zeitabhängige Matrix liefert und zum anderen durch die Steuerfunktion f(t), die je nachdem, ob der Riss in der Zug- oder Druckzone liegt, den Wert 1 bzw. 0 hat. Dieses wiederum hängt von den Verformungen U selbst ab, so dass wir eigentlich schreiben müssen: S = S(U, t ) = So+ AS(U,t ) .
21.3 Die Bewegungsgleichungen und ihre Linearisierung bei horizontaler Welle
427
21.3 Die Bewegungsgleichungen und ihre Linearisierung bei horizontaler Welle - der atmende Riss Wir betrachten nun die Bewegungsgleichungen für den Lavalrotor mit der Scheibenmasse m, den Dämpfungswert d und der Steifigkeitsmatrix S(u, t) gemäß GI. (21.9), die eben hergeleitet wurde.
["
m]'{T}t[d
cos(ß ,j]'{:}+[:::
+n t )
~ : : ] { ~ } = { ~ } + E ~ ~ ' { ~ ~ ( ~ (21.10) + ~ ~ ) }
Bild 21.6: Lavalrotor mit angerissener Welle, Bewegungsgleichungen
Diese Bewegungsgleichung ist uns prinzipiell schon von den Kap. 3 und 4 usw. bekannt. Nur ist nun die Steifigkeitsmatrix komplizierter besetzt und letztlich eben nicht-linear und zeitabhängig. Auf der rechten Seite steht die Unwuchterregung und das Gewicht, das eine wichtige Rolle bei der Linearisierung spielt. Bei den schweren rissgefährdeten Rotoren ist nämlich die statische Durchbiegung U,, unter dem Eigengewicht sehr viel größer als die Schwingungsbewegungen der Welle Au(t). Das bestätigt ein Blick auf das Diagramm, Bild 21.7, das aus der Gleichung für den statischen Durchhang
und der Beziehung für die Eigenfrequenz w: = sdm, hergeleitet wurde.
428
21 Der Lavalläufer mit angerissener Welle
Bild 21.7: Statischer Durchhang und Eigenfrequenz (wstat
wo bei einem Lavalrotor
= g mo2)
Dieses Diagramm zeigt, dass bei den niedrigen kritischen Drehzahlen, die z.B. bei großen Generatoren zwischen 600 und 800 Ulmin liegen, Durchbiegungen von mehr als 1 mm auftreten. Schwingungsausschläge von 0,1 mm sind aber schon erheblich. Wir können daher schreiben:
und wissen, dass
U,
> Au(t).
Man spricht auch von der Gewichtsdominanz in den Auslenkungen des horizontal gelagerten Rotors. Konkret heißt das: das Öffnen und Schließen des Risses wird nur vom Gewichtsdurchhang bestimmt, weil die dynamischen Ausschläge verglichen mit ihm gering sind. Bild 21.8 zeigt dieses Öffnen und Schließen unter Gewicht in Abhängigkeit vom Drehwinkel uy = Qt qualitativ. Bei geringer Risstiefe öffnet und schließt der Riss völlig abrupt. Die KlippKlapp-Funktion beschreibt das sehr gut. Bei tieferen Rissen ist der Vorgang aber stetiger, deshalb hat I. Mays für tiefe Risse (etwa ab a > 0,8R ) als Steuerfunktion f(t) = (l+cosQt)/2 vorgeschlagen, was die Wirklichkeit dann besser trifft. Interessant ist, dass sich bei der Hohlwelle das Öffnen und Schließen des Risses analytisch beschreiben lässt [21.13]. Wir bleiben im Folgenden bei der Klipp-Klapp-Funktion, da wir den frühen Anrisszustand betrachten. Im Übrigen sind die Auswirkungen unterschiedlich angenommener Steuerfunktionen auf die Ergebnisse der Rechnungen erstaunlich gering.
21.3 Die Bewegungsgleichungen und ihre Linearisierung bei horizontaler Welle
429
Bild 21.8: Öffnen und Schließen in Abhängigkeit vom Drehwinkel bei Gewichtsdominanz. Zugehörige Skuerfunktion f (t) sowie statischer, winkelabhängiger Durchhang
Damit sind alle Vorbereitungen für den formalen Linearisierungsprozess, der nun folgendermaßen verläuft, abgeschlossen. Wegen der Gewichtsdominanz in den Ausschlägen dürfen wir in der Ausgangsgleichung (21.10)
für die Steifigkeitsmatrix schreiben
wobei wir G1. (21.9) mit der Rechteckfunktion als Steuerfunktion verwenden. Die Verschiebungen u spalten wir gemäß G1. (21.1 1) in den statischen und den dynamischen Anteil auf
Setzt man beides in die Ausgangsgleichungen ein, erhält man eine lineare allerdings periodisch zeitvariante - Differentialgleichung für die Schwingungsausschläge bu(t), die die Form
430
21 Der Lavalläufer mit angerissener Welle
MAü + DAii + [so+ AS(~)]AU= -AS(~)U,
+ p,
hat. Denn die statische Gleichgewichtsaussage
lässt sich herausnehmen. Die periodische Matrix AS(t) taucht einmal auf der linken Seite auf, dort entscheidet sie über die Stabilität des Systems. Zum anderen steht sie rechts multipliziert mit dem Verformungsvektor aus dem Gewicht, dort erzeugt sie also eine zusätzliche Erregerkraft, die periodisch sein muss, da AS(t) zyklisch ist. Falls die Stabilität garantiert ist, können wir noch weiter vereinfachen, denn dann klingt die homogene Lösung in der Gesamtlösung Au(t) = AU, (t)+ Au, (t) ab, und der Term A S ( ~ Au(t) ) auf der linken Seite ist sehr klein. Für die Berechnung der erzwungenen Schwingungen können wir ihn dann vernachlässigen, so dass nur noch ein zeitinvariantes
Differentialgleichungssystem zu lösen ist. Das ist faktisch das Bewegungsgleichungssystem der runden, ungerissenen Welle mit der zur Unwucht zusätzlich einwirkenden Risserregungskraft -AS(t) U,.
21.4 Stabilität Die Stabilitätsanalyse wurde mit den Verfahren von Floquet durchgeführt. Die Bewegungsgleichungen wurden also in ein doppelt so großes Differentialgleichungssystem erster Ordnung überführt (Zustandsform) und für alle denkbaren Anfangsbedingungen einmal über die Periode T = 2zlR (Zyklus) integriert. Das lieferte die Transitionsmatrix @(T), die kund tut, was nach einem Zyklus aus den Anfangsbedingungen geworden ist.
21.4 Stabilität
431
Hat man die Transitionsmatrix bestimmt, fragt man weiter, von welcher Art die Proportionalität von Anfangsvektor X, und Endzustand X, nach einer Periode T ist
Aus diesen beiden Gleichungen konstituiert sich das Floquet-Eigenwertproblem
das die Werte ,uk liefert, die die Stabilitätsaussage enthalten. Stabilität herrscht solange alle I k I < 1 sind. Anschaulicher hier: 1&1 gibt an, um wieviel pro Umdrehung des Rotors die Schwingungsamplituden aus den Anfangsbedingungen wachsen oder schrumpfen. Bild 21.9 gibt für den Fall D = 0 eine Ubersicht über das Stabilitätsverhalten.
Bild 21.9: Stabilität der angerissenen Lavalwelle in Abhängigkeit von der Drehzahl (D=O). Instabile Bereiche bei >1
lp,l
432
21 Der Lavalläufer mit angerissener Welle
Als Risstiefenparameter wurde /W, = benutzt. Bei geringer Risstiefe liegen die instabilen Zonen bei den Drehzahlen
Drehzahlen größer als 77 = 2 sind immer stabil. Der instabile Bereich 77 = 2 wird mit zunehmender Risstiefe recht breit. Der instabile Bereich bei 77 = 1 ist uns von der Welle mit unrundem Querschnitt her schon bekannt, er tritt auch hier auf. Die weiteren instabilen Bereiche bei 7 = 2 13; 214; usw. werden immer schmaler. Sowie Dämpfung ins Spiel kommt, werden sie völlig unterdrückt. Dass die Instabilität außerordentlich heftig und brutal sein kann, wird klar, wenn man sich vor Augen hält, dass 1p.J= 2 bedeutet: nach 10 Umdrehungen sind die Ausschläge auf das 1024-fache angewachsen. Wie stark schon geringe Dämpfungen die instabilen Bereiche beeinflussen und zurückdrängen, zeigt Bild 2 1.10.
bez. Drehzahl Cl / * , o Bild 21.10: Stabilitätsgrenzen bei einer Dämpfung von D = 0,01
Für den Fall D = 0 wurde ein analytischer Ausdruck für die numerisch berechneten Stabilitätsgrenzen gefunden [21.16]. Die Stabilitätsgrenzen sind durch
21.5 Erzwungene Schwingungen
433
bestimmt, wobei = 1, 2,3... . Uber den Einfluss von Gleitlagern auf die Stabilität findet man Hinweise in [2 1.16, 2 1.191.
21.5 Erzwungene Schwingungen 21.5.1 Risserzwungene Schwingungen Wir gehen nun davon aus, dass das betrachtete System stabil ist. Dann dürfen wir die erzwungenen Schwingungen aus der verkürzten zeitinvarianten Differentialgleichung (21.14), die wir noch einmal explizit hinschreiben, ermitteln.
["'
m]'{z}+i" 1+ C
2
d]{2}+[I0 S2
t
sin2Qt
sin 2Q t 1-cos2Qt
1,
W }(:
(21.20) +
E
mQ
{COS(Q
t + ß)}
s i n ( t~+ ß)
Da linksseitig nun die runde Welle steht, lässt sich die weitere Rechnung durch komplexes Zusammenfassen der Verschiebungen vereinfachen. Ar ist dann der Vektor der Verschiebungen, der beide Komponenten Aw und Av enthält: mit
Rez Bild 21.11: Komplexe Zusammenfassung der Verschiebung Aw und Av
434
21 Der Lavalläufer mit angerissener Welle
Formal heißt das, wir multiplizieren die zweite Gleichung des Systems mit der i addieren sie zur ersten. Das liefert unter Beimaginären Einheit j = &und rücksichtigung der Eulerschen Formel für die e-Funktionen die neue Differentialgleichung
Da uns die Unwuchtantwort aus Kap. 3 schon vertraut ist, wenden wir uns gleich der Risskrafterregung zu, die proportional dem Produkt aus statischem Durchhang W ,tat mal dem Steifigkeitsverlust Asi ist. Für die Risserregungskraft, die rechts in der Differentialgleichung auftritt, stellen wir die Rechtecksteuerfunktion f (t) , Bild 21.8 als Fourier-Reihe dar.
Weiter erinnern wir uns der Euler-Formel
damit wir die Risskraft (R.K.) auf der rechten Seite der Bewegungsgleichung (2 1.22) als Fourier-Reihe darstellen können. k=+-
R.K. = Asiwsiat z b k e j k n t bk sind die Beteiligungsfaktoren der einzelnen Harmonischen. Sie sind in der Tabelle 21.1, auf der nächsten Seite, unter Hinweis auf ihre physikalische Bedeutung zahlenmäßig angegeben.
21.5 Erzwungene Schwingungen
435
Erregungsart vierfach umlauffrequent dreifach umlauffrequent doppelt umlauffrequent umlauffrequent I
Statik, Zusatzdurchhang umlauffrequent
+2
I
gleichläufig
doppelt umlauffrequent dreifach umlauffrequent vierfach umlauffrequent
Tabelle 21.1: Beteiligungsfaktoren der einzelnen Harmonischen der Risserregerkraft
Die Antwort der Welle auf die einzelnen Erregungskraftkomponenten bk ist nun leicht zu bestimmen. Mit dem Ansatz
Ar = skekJnt
(2 1.25)
erhält man aus G1. (2 1.22)
die Gleichung
und daraus die Antwortamplitude zu
Nach Superposition der Teilantworten findet sich die Gesamtantwort zu
436
21 Der Lavalläufer mit angerissener Welle
Da die Komponenten höherer Ordnung sehr klein oder exakt Null sind, brechen wir bei k = f3 ab. Betrachten wir nun die Beiträge detaillierter. Der Beitrag k = 0 , b, = 0,25 liefert eine zusätzliche mittlere statische Durchbiegung der Größe
um die die Schwingungen stattfinden. Der Beitrag k = fl , b-, = 0,106 und b+,= 0,318 liefert eine gleichläufige, einmal pro Umdrehung durchfahrene Kreisbahn für k = +l und einen entsprechend gegenläufig durchfahrenen Kreis für k = -1 .
Beide überlagern sich zu einer elliptischen Bahn, die im gleichläufigen Sinne umlauffrequent durchfahren wird. Die Resonanzstelle liegt bei R = w o .
Bild 21.12: Die aus den beiden Kreisbewegungen (k = 11) zusammengesetzte Ellipsenbahn der IR-Schwingungen
Der Beitrag k = f 2 , b, = 0 und b„ = 0,25 der doppelt-umlauffrequenten Schwingungsantwort beschreibt eine gleichläufig zweimal pro Umdrehung durchfahrene Kreisbahn.
21.5 Erzwungene Schwingungen
437
Die Resonanzstelle liegt hier bei halber kritischer Drehzahl Q = qJ2. Der Beitrag k = +3 schließlich mit b., = 0,021 und b„ = 0,106 liefert eine nur leicht elliptische Bahn, die dreimal pro Umdrehung im gleichläufigen Sinne umfahren wird. Ihre Resonanzstelle liegt bei Q = 0413. Die Amplitudengänge (Vergrößerungsfunktion) für k = -3, +1 , +2, +3 zeigt Bild 21.13.
Gleichlauf
Bild 21.13: Vergrößeningsfunktionen der gleichläufigen I n - , 2Q- und 3Q-Schwingungen und der gegenläufigen In-Schwingung; D = 0 und D = 0,05
Eindrucksvoller ist allerdings Bild 21.14, in dem die kreisförmigen bzw. elliptischen Orbits der 1Q-, 2Q-, und 3Q-Schwingungen über der dimensionslosen Drehzahl 7 dargestellt sind, für den Fall D = 0,05. Die Transparenz dieser Darstellung geht durch die Superposition, die ja tatsächlich stattfindet, verloren, Bild 21.15. Hier sind für eine Reihe von Drehzahlen 7 die Überlagemngsbahnen gezeigt. Der schwarze Punkt auf der Kurve kennzeichnet die Phasenlage.
438
21 Der Lavalläufer mit angerissener Welle
Bild 21.16 schließlich zeigt die Spektralkarte, die für die Rissidentifikation hilfreich ist.
Bild 21.14: Gleichläufig durchfahrene elliptische Orbits (IR, 3 0 ) und kreisförmiger Orbit ( + 2 0 ) ,die einander überlagern; D = 0,05
Bild 21.15: Orbits der Wellenmitte infolge der Risserregung. Drehzahlen 7 = 0 ; 7 = 0,33 ; 77 = 0,40 ;7 = 0,50 etc. D = 0,05
21.5 Erzwungene Schwingungen Atnpiitude
439
f
Frequenz
+w
Bild 21.16: Zweiseitige, drehzahlgestaffelte Fourier-Analyse (Spektralkarte) der Welle mit Riss
21 S.2 Unwucht- und Rissantwort
~berlagernwir die Rissantwort der von Kap. 3 und 4 her bekannte Unwuchtantwort, erhalten wir ~ r ( t=) Ar, = re'ß
+ Arcr„, 77
eJ"' 1-q2 + 2 j ~ q
+ W„„
As
k=+3
So k=-3
bk
,kj~t. (21.31)
1-(kq)'+2jkqD
Die +lQ-Antwort setzt sich nun aus dem Riss- und Unwuchtbeitrag zusammen. Je nach Winkellage zwischen Unwucht und Risskraft können sich diese Beiträge verstärken oder tilgen, wie ein Blick auf G1. (21.22) und G1. (21.29) zeigt. Denn die + 1R-Erregerkräfte betragen
Manipuliert man die Unwucht derart, dass ß = 180" und
440
21 Der Lavalläufer mit angerissener Welle
dann wird die +1Q-Schwingung in der Antwort des Systems völlig gelöscht. Setzt man gar unter 180" derart, dass
dann ist der Rotor bezüglich der +lQ-Schwingung sogar resonanzfrei, wenn auch ein statischer Restausschlag bestehen bleibt. Die -lQ-Schwingung aber ist generell durch die Unwucht nicht zu beeinflussen! Das kann genauso wie die 2Q-Schwingung und der zusätzliche statische Durchhang (k = 0) ein Hinweis darauf sein, dass im Rotor ein Riss vorhanden ist.
21.6 Schlußbemerkung Obwohl in den letzten 20 Jahren das dynamische Verhalten angerissener Wellen gründlich durchleuchtet wurde, ist es noch immer schwierig, einen Wellenriss frühzeitig zu erkennen. Bislang wurde im Normalbetrieb kaum ein Wellenriss entdeckt, der nicht schon eine Tiefe von 25 % des Wellendurchmessers, verbunden mit leichten Eigenfrequenzverschiebungen von zwei oder drei Prozent, erreicht hatte [21.5, 21.61. Nicht zuletzt liegt das daran, dass die schweren, rissgefährdeten Rotoren gewöhnlich in Gleitlagern laufen, deren Dämpfung die frühzeitige Risserkennung sehr erschwert. Die heute mögliche dauernde Aufzeichnung der Maschinenschwingungen macht es allerdings möglich, Trendsignale zu bilden (z.B. Spektrum heute minus Spektrum damals), die sehr hilfreich sind. Auch können geeignet angesetzte Wuchtgewichte, Abschn. 21.5.2, deutliche Hinweise geben.
21.7 Fragen 1. Warum sind vor allem Rotoren mit ersten kritischen Drehzahlen unterhalb von 800 Ulmin besonders rissgefahrdet? Vergleiche Kap. 3, Abschn. Beanspruchungen in der Welle.
2. Erkläre anschaulich, warum die Quernachgiebigkeit bei geringer Risstiefe (a/R<0,3) noch keine Rolle spielt (Biegesteifigkeitsänderungen in Abhängigkeit von a in Haupt- und Querrichtung betrachten).
21.7 Fragen
441
3. Warum ist die Veränderung des mittleren statischen Durchhangs ein gutes Risserkennungskriterium? 4. Warum ist die Risserkennung ansonsten bei stationärem, resonanzfernem Betrieb außerordentlich schwierig?
5. Warum ist die Beobachtung der Abfahrt oder des Anlaufs des Rotors für die Risserkennung hilfreich?
22 Berührungslose Flüssigkeitsdichtungen
22.1 Einleitung Das rotordynamische Verhalten einer Kreiselpumpe wird nicht nur durch ihre mechanische Struktur und die Eigenschaften der Wellenlagerung bestimmt, sondern in hohem Maße auch von Wechselwirkungen zwischen mechanischer Struktur und Fluid. Die bewegungsabhängigen Kräfte treten zwischen rotierenden und stillstehenden Teilen, u.a. an Laufrad- und Zwischenstufendichtungen, im Ausgleichskolben, in den Radseitenräumen und im Übergangsgebiet zwischen Laufrad und Leitrad auf (Bild 22.1).
Radseitenräum
Übergangsber&h
Struktur Bild 22.1: Fluid-Stniktur-Interaktionenin einer Kreiselpumpe
Laufradhalsdichtung
444
22 Berührungslose Flüssigkeitsdichtungen
Zur Erklärung der auftretenden Phänomene behandeln wir hier die am häufigsten untersuchten kreisringförmigen Dichtspalte am Laufradeintritt bzw. zwischen den Stufen oder am Ausgleichskolben. Die Laufradhalsdichtung wird eingesetzt, um die infolge der Druckdifferenz zwischen Laufradsaustritt und -eintritt auftretende Rückströmung zu reduzieren, der Zwischenstufenspalt übernimmt die Aufgabe, die Rückströmung vom Laufradeintritt zur davorliegenden Stufe mit niedrigerem Druck zu minimieren. Betrachtet man nur die Geometrien dieser Pumpenkomponenten, so fallt zunächst ihre Ähnlichkeit mit einem Gleitlager auf. Aufgrund der hohen axialen Fluidgeschwindigkeit und des relativ großen radialen Spaltspiels (h,4R=3.lo4 bis 10.10") liegen aber in Dichtspalten meist turbulente Strömungsbedingungen vor. Diese können mit der Reynolds-Theorie nicht mehr erfasst werden. Dadurch lässt sich eine Berechnung von Dichtspalteffekten leider nicht analog zu Gleitlagern durchführen. Neben dem einfachen glatten Spalt findet man in der Praxis oftmals Dichtungen mit einer Oberflächenprofilierung (Bild 22.2). Das sog. Rillenprofil wird dann eingesetzt, wenn der hydraulische Widerstand durch Verwirbelungen weiter erhöht werden soll. Aufwendigere Profile sollen die Strömungsgeschwindigkeit in Umfangsrichtung reduzieren und damit zusätzlich die Stabilitätseigenschaften verbessern.
n'i glatter Spalt
b) Rillemnuster
C) L o c l ~ m ~ t e r d) Dreiecksmuster e ) Wabenmuster Bild 22.2: Dichtspalte mit unterschiedlicher Oberflächengeometrie
Diese komplexen Dichtspaltgeometrien betrachten wir nicht tiefergehend, es sei auf die Literaturstellen [22.1, 22.2, 22.31 hingewiesen. Exemplarisch behandeln wir im folgenden nur die kreisringförmige Dichtung mit glattem Spalt. Der Konstrukteur von Pumpen möchte die Dichtspalte mit Rücksicht auf den Wirkungsgrad möglichst eng dimensionieren. Gerade dadurch entstehen aber wie auch beim Gleitlager Strömungskräfte zwischen den
22.1 Einleitung
445
feststehenden Teilen und dem Rotor. Für kleine radiale Bewegungen um die statische Ruhelage lassen sie sich wieder linearisiert durch eine Taylor Entwicklung erfassen.
Wegen der turbulenten Strömung in den Spalten müssen dabei neben den Auslenkungen und Geschwindigkeiten allerdings auch die zeitlichen Ableitungen zweiter Ordnung, die „Trägheitskräfte" berücksichtigt werden. Will man die Koeffizienten der Interaktion von Strömung und Struktur rechnerisch bestimmen, benötigt man Dichtspalt-Strömungsmodelle und die entsprechenden Gleichungen der Fluiddynamik: Impulsgleichungen, Kontinuitätsgleichung, Schubspannungsansätze und eventuell Turbulenzmodelle. Die Ermittlung des Druck- und Strömungsfeldes (Leckagestrom) im ungestörten Zustand ist noch relativ einfach, wobei allerdings die passenden Randbedingungen zu berücksichtigen sind (Druckverlust, Eintrittsdrall, etc.). Uberlagern sich dem ungestörten Zustand aber Schwingbewegungen des Rotors, muß man die dadurch bedingten zeitveränderlichen Geschwindigkeits-Strömungsund Druckfelder infolge der radialen Rotorbewegungen bestimmen. Die Integration der dynamischen Druckanteile über Umfang und Länge führt dann zu zeitveränderlichen Fluidkräften FL, Fy und schließlich zu den rotordynamischen Koeffizienten aus G1. (22.1). Eine geschlossene Lösung für den Fall des kurzen Dichtspalts wird später in Abschn. 22.3 aufgezeigt. Sie führt zu einem relativ einfachen Modell und erlaubt die Berechnung von Steifigkeiten, Dämpfungen und Trägheitskoeffizienten. Die Entstehung der Terme der Hauptsteifigkeit s„, syykann man sich bereits nach einer einfachen Überlegung vorstellen. Wird eine (evtl. nicht) rotierende Welle, wie in Bild 22.3 gezeigt, in einem axial durchströmten Dichtspalt radial verschoben, so wird die radiale Spaltweite in Auslenkungsrichtung kleiner (Bild 22.3b). Wegen des stärkeren Druckgefälles auf der engen Spaltseite und der unterschiedlichen Eintrittsverluste, stellt sich ein resultierender statischer Spaltdruckverlauf ein, der die Welle entgegen der Auslenkung zurückdrückt. Die sich dabei einstellende radiale Rückstellkraft des glatten Dichtspalts bei Existenz einer axialen Druckdifferenz Ap wird Lomakin-Kraft [22.4] genannt. Man errechnet die entsprechende Steifigkeit zu
(22. la) Darin sind
A = 0,079. ~ e - l der ' ~ Reibungskoeffizient für die turbulente Strömung,
446
22 Berührungslose Flüssigkeitsdichtungen
R: der Wellenradius, 1: die Länge des Dichtspalts, h,: das radiale Spaltspiel bei zentrischer Wellenposition und
2.1
o = -. h0
Wir ,erkennen in Bild 22.3, daß der Dichtspalt einen Raum mit Druck p, von einem zweiten Raum mit Druck p, abtrennt. Durch die Druckdifferenz Ap = P,-p, kommt es zum Leckagestrom in axialer Richtung.
turbulente LeckageStrömung
zentrische Weiie
exzentrische Weiie
Bild 22.3: Strömungs- und Druckverhältnisse im Dichtspalt bei stationärer axialer Strömung, ohne Berücksichtigung der Wellenrotation
Dessen Berechnung steht arn Anfang der Auslegung einer berührungsfreien Dichtung. Für einen kreiszylindrischen Querschnitt ergibt sich bei laminarer Durchströmung ein lineares Geschwindigkeits- und Druckgefälle. Die Leckage errechnet sich zu:
dm:mittlerer Durchmesser des Dichtspaltes, ?T, dynamische Viskosität Bei Rotation wird die Strömung in Umfangsrichtung mit der durch die Druckdifferenz bewirkten Axialströmung überlagert.
22.2 Modellbildung und Lösungsansätze für fluiddynamische Berechnungen
447
Für den turbulenten Fall, der praktisch weitaus größere Bedeutung hat, kann 2.B. G1. (22.2b) benutzt werden.
Q=14,4.d, . h , r
[ ):[tl, -
1. P
kinematische Viskosität:
V V= -
(22.2b)
P
22.2 Modellbildung und Lösungsansätze für fluiddynamische Berechnungen Zur Ermittlung des Leckagestroms und der rotordynamischen Koeffizienten braucht man Dichtspaltmodelle und zugehörige Modellgleichungen, die die Turbulenz der Strömung berücksichtigen. Im allgemeinsten Fall stehen die Navier-Stokes- Gleichungen (Impulsgleichungen für axiale, tangentiale und radiale Richtung) sowie die Kontinuitätsgleichung zur Beschreibung sowohl für laminare als auch für turbulente Strömungsvorgänge zur Verfügung. Aus diesen lassen sich vereinfachte Gleichungen ableiten, z.B. auch die bekannte Reynoldsgleichung für Gleitlager mit laminarer Strömung. Für den Fall der turbulenten Strömung in Dichtungen sind die vier Gleichungen nicht direkt anwendbar, da die turbulenten Schwankungsbewegungen mit den Berechnungsmöglichkeiten der heutigen Zeit nicht in der erforderlichen Feinheit erfasst werden können. Man hilft sich, indem man Geschwindigkeits- und Druckgrößen in zeitliche Mittelwerte ( - ) und turbulente Fluktuationsanteile ( )' zerlegt. Die turbulente Strömung mit den Geschwindigkeiten Vx, V„ V, und dem Druck p kann also als Überlagerung aus laminarer Grundströmung und hochfrequenten Schwankungsbewegungen beschrieben werden.
Entsprechend dieser Aufteilung erhält man die Differentialgleichungen in einer zeitgemittelten Form, in der nun zusätzliche Terme der Fluktuation auftreten. Diese unbekannten Fluktuationsanteile können mit Hilfe der sogenannten Reynoldsspannungen analog zur Schubspannung als turbulente Zusatzspannungen beschrieben werden.
448
22 Berührungslose Flüssigkeitsdichtungen
Addiert man turbulente und laminare Viskosität, so erhält man die effektive Viskosität pe = &+P„ welche wie schon die turbulente Viskosität keine Stoffgröße, sondern eine von Ort und Strömungszustand abhängige ~ r o ß ist. e Ihre Beschreibung kann mit dem k-E-Turbulenzmodell
durchgeführt werden. Dieser Weg ist in [22.6] und [22.7] ausführlich erklärt. Letztlich erhält man sechs Differentialgleichungen, und zwar die Kontinuitätsgleichung zwei Gleichungen des k-E- Turbulenzmodells und die drei Impulsgleichungen (Navier-Stokes) für axiale, tangentiale und radiale Richtung, Zur numerischen Lösung des Differentialgleichungssystems kann die Methode der Finiten Differenzen z.B. [22.13] herangezogen werden. Dazu wird das Strömungsgebiet rechnerisch mit einem orthogonalen Gitter überzogen, wobei für jeden Gitterknoten alle Strömungsgrößen ermittelt werden. Hier wird deutlich, daß schnell eine sehr große Anzahl von Berechnungsgrößen erreicht wird. Der Berechnungsgang vollzieht sich in zwei Schritten. Im Rahmen einer Störungsrechnung startet man mit den Gleichungen 0-ter Ordnung, um die Strömungsgrößen des Dichtspaltes für die zentrische Lage zu ermitteln. Dies liefert u.a. den Leckagestrom und den Druckverlauf in der Dichtung im stationären Zustand. Anschließend werden zu vorgegebener Störbewegung die dynamischen Strömungsgrößen aus Gleichungen 1. Ordnung bestimmt, die schließlich zu den rotordynamischen Koeffizienten führen. Der hier beschriebene Weg ist sehr gut geeignet, um die gewünschten Informationen auch für geometrisch komplizierte Dichtspaltkonfigurationen zu erhalten, jedoch erfordert er einen relativ großen Aufwand an Rechenleistung und Rechenzeit. Eine genauere Beschreibung erfolgt u.a. in [22.8]. Bei der Behandlung von Gasdichtungen (Labyrinthdichtungen) kommen wir später auf diese Methode zurück. Für einfache geometrische Dichtspaltformen, z.B. für den glatten Spalt, können wir die Modelle und die zugehörigen Gleichungen wesentlich vereinfachen. Dies läßt in Sonderfällen sogar geschlossene Lösungen zu und erlaubt einen schönen Einblick in die oft komplizierten Zusammenhänge. Im folgenden Abschnitt wollen wir dies am Beispiel des kreiszylindrischen glatten Dichtspalts mit Hilfe des sogenannten Bulk-Flow-Modells vorführen.
22.3 Das Bulk-Flow-Modell
449
22.3 Das Bulk-Flow-Modell Eine häufig eingesetzte Methode, Strömungsgleichungen in vereinfachter Form aufzustellen, beruht auf der sogenannten Bulk-Flow-Modellierung des Fluids. Für den zylindrischen glatten Dichtspalt, den wir im folgenden untersuchen wollen, ist sie besonders gut geeignet. Hier lassen sich, im Fall des kurzen Spalts, geschlossene Ausdrücke für den Leckagestrom und die rotordynamischen Koeffizienten angeben, die die wesentlichen Einflußparameter erkennen lassen. Bild 22.4 zeigt den Dichtspalt, reduziert auf die zwei begrenzenden Oberflächen (Stator und Rotor) mit dem trennenden Fluid.
reale V,-Verteilung
gemittelte V,-Verteilung
reale V,-Verteilung
gemittelte V,-Verteilung
Bild 22.4: Zylindrischer glatter Dichtspalt mit Bulk-Flow-Geschwindigkeiten. a) BulkFlow-Modell, b) Geschwindigkeiten in Axialrichtung, C) Geschwindigkeiten in Umfangsrichtung
Bei den folgenden Betrachtungen berücksichtigen wir als Variable nur die Fluidgeschwindigkeiten in Axial- und Umfangsrichtung, V, und V, den Druck p sowie die Spaltweite h. Die Radialgeschwindigkeit wird vernachlässigt. Die
450
22 Berührungslose Flüssigkeitsdichtungen
Besonderheit des Bulk-Flow-Modells ist, daß die realen Geschwindigkeitsverteilungen über der Spaltweite durch gemittelte konstante Größen ersetzt werden (Bild 22.4). Unter dieser Voraussetzung sind bei anliegender Druckdifferenz Ap = P,-p, und relativer Radialbewegung V, W des Rotors zum Gehäuse (ein Kippen des Rotors soll nicht auftreten) die genannten Strömungsgrößen nur noch von X, q und der Zeit t abhängig: Vx (q, X, t), V, (q, X, t), p (q, X, t). Bei der Spaltweite h (q, t) gibt es wegen der angenommenen rein lateralen Bewegung keine X-Abhängigkeit.Für den Sonderfall der zentrischen Rotorlage V = 0, W = 0 ist die radiale Spaltweite h,. Die zugeordneten Strömungsgrößen Vxo(x),V,,, (X), p, (X) hängen dann nur noch von der Längskoordinate X ab, die Abhängigkeit von der Umfangsrichtung entfällt.
22.3.1 Grundgleichungen der Bulk-Flow-Theorie Die Grundgleichungen zur Beschreibung der Strömungsvorgänge im Dichtspalt sind die Navier-Stokes-Gleichungen (Impulsgleichungen in axialer und tangentialer Richtung, die Radialrichtung wird hier vernachlässigt), sowie die Kontinuitätsgleichung.
Die beiden ersten Gln. (22.6a und b) drücken das Gleichgewicht am Fluidelement in axialer und tangentialer Richtung aus und berücksichtigen neben den Druckkraften und Trägheitskräften des Fluids auch die Schubspannungskräfte an den Oberflächen des Stators (Index S) und des Rotors (Index R). Die Kontinuitätsgleichung (22.6~)stellt die Bilanz der ein- und austretenden Volumenströme des inkompressiblen Mediums unter Berücksichtigung der Spaltbewegung ah 1at auf. Einzelheiten zur Herleitung dieser Grundgleichungen findet man u.a. bei Childs [22.1] und Nordmann [22.14]. Bevor man an die Lösung dieser Gleichungen gehen kann, muß man noch die Wandschubspannungen T,,T„, T„ und z„in einer für die turbulente Strömung geeigneten Weise ausdrücken.
22.3 Das Bulk-Flow-Modell
451
Nach einem Vorschlag von Hirs [22.9] verwenden wir einen Ansatz, der die resultierenden Wandschubspannungen in Abhängigkeit von den zur Wand relativen Fluidgeschwindigkeiten V, bzw. V, und experimentell ermittelten Konstanten darstellt (siehe auch Bild 22.5).
Er besitzt die Vereinfachung, daß nur die Schubspannungen an den Wänden betrachtet werden. Alle im Inneren des Dichtspaltes auftretenden Schubspannungen zwischen den Fluidelementen werden dagegen nicht berücksichtigt. f, und f, sind die Wandreibnngskoeffizienten für die Stator- bzw. Rotorwand im ringförmigen Dichtspaltraum. Sie werden von Hirs in Anlehnung an Reibungsansätze für Rohrleitungen nach Blasius in folgender Form eingeführt:
Hierin charakterisieren n„ m, bzw. n,, m, die Widerstandseigenschaften der beiden Wandoberflächen. Diese Koeffizienten sind empirisch und müssen auf experimentellem Weg bestimmt werden. Die in den Klammern stehenden Ausdrücke entsprechen den Reynoldszahlen Re„ Re, für den Stator bzw. den Rotor. Weitergehende Ansätze für f, und f, findet man u.a. bei Childs [22.1] bzw. in der Fachliteratur für Fluiddynamik. Da die Schubspannungen T,, T, in entgegengesetzter Richtung zu V, bzw. V, wirken, lassen sich entsprechend Bild 22.5 die folgenden Komponenten der Wandschubspannungen angeben.
Rotorwand (R)
Statonvand (S)
Bild 22.5: Geschwindigkeiten und Wandschubspannungen für das Bulk-Flow-Modell
452
22 Berührungslose Flüssigkeitsdichtungen
Fuhrt man die Ausdrücke (Gl. 22.9) in die Bulk-Flow-Grundgleichungen (22.6) ein, so erhält man schließlich die drei Gleichungen (22.10 a-C), die zur weiteren Berechnung des statischen und dynamischen Verhaltens der berühsungslosen Dichtung dienen.
(22.1Oa)
av, +L.V av, at
R
39
Vor der numerischen Behandlung werden sie meist noch in eine dimensionslose Form gebracht. Darauf soll hier verzichtet werden. Dagegen wird der weitere Lösungsweg zur Ermittlung der gesuchten Größen kurz beschrieben,
22.3 Das Bulk-Flow-Modell
453
ohne auf Details einzugehen. Im weiteren wollen wir uns dann auf die Diskussion einiger Ergebnisse konzentrieren.
22.3.2 Lösungswege zur Berechnung
Störungsansatz Die Grundgleichungen des Bulk-Flow-Modells (GI. 22.6 bzw. G1. 22.10) können unter bestimmten Annahmen mit Hilfe einer Störungsrechnung gelöst werden. Dazu werden die Lösungsvariablen wie folgt eingeführt:
Dabei gelten die mit „0" indizierten Größen für die zentrische Position des Rotors im Dichtspalt. Die als klein angenommenen Störungen der Variablen erhalten den Index „1". Sie werden verursacht durch Bewegungen des Rotors um die zentrische Ruhelage, wobei der Parameter e als Verhältnis der exzentrischen Auslenkung zum radialen Dichtspaltspiel h, definiert ist. blich erweise wird die Störung in Form einer Kreisbahnbewegung (Radius r,) um die zentrische Lage vorgegeben (Bild 22.6), die mit der Präzessionsfrequenz w durchlaufen wird.
Rotor
,
Stator /
Zentrische Ruhelage ro=0 Radiales Spiel h, Störparameter e= r$a,
Bild 22.6: Störbewegung auf einer Kreisbahn mit Radius r, um die zentrische Ruhelage
454
22 Berührungslose Flüssigkeitsdichtungen
Gleichungen 0-ter Ordnung Startet man zunächst mit dem Störungsparameter e = 0 und setzt den reduzierten Ansatz (Gl. 22.1 1) in die Bulk-Flow-Grundgleichung ein, so ergeben sich für diesen Fall des stationären Zustands für die zentrische Lage einige Vereinfachungen in den Gleichungen. So fallen neben den zeitlichen Ableitungen auch alle Ableitungen nach der Umfangskoordinate q heraus. Aus der Kontinuitätsgleichung ergibt sich die triviale Aussage, daß mit h (q, t) = h, auch die Axialgeschwindigkeit Vx (q, X, t) = Vx, sowohl räumlich als auch zeitlich konstant ist. Nach einiger Umstellung reduzieren sich die beiden Impulsgleichungen (22.10a) und (22. lob) auf folgende Form:
Aus diesen gekoppelten, nichtlinearen Impulsgleichungen lassen sich unter Berücksichtigung der Randbedingungen des Problems die Unbekannten p,(x), Vu,(x) und V, bestimmen. Die Lösung erfolgt iterativ, da die Geschwindigkeit V, in die Ermittlung der Reibkoeffizienten eingeht. Die Randbedingung Vuo(0) entspricht der Umfangsgeschwindigkeit am Dichtspalteintritt (Vordrall). Ihre Größe richtet sich danach, an welcher Stelle die Dichtung in der Maschine sitzt und welche Strömungsbedingungen dort gelten. Bezogen auf die Rotorumfangsgeschwindigkeit RR ist ein üblicher Schätzwert V„(O) = 112 R R (in dimensionsloser Form V, = Vuo(0)/RR= 112). Dieser Randwert ist besonders wichtig, da er die destabilisierende Koppelsteifigkeit s„ stark beeinflußt. Die Randbedingung p,(O) für den Eingangsdruck hängt vom Eintrittsverlust bzw. vom Eintrittsverlustkoeffizient 6 ab. Er wird i.a. mit ( 5 0,5 angenommen. Herrscht vor der Dichtung der Druck p l (Bild 22.3), so wird dieser am Dichtspalteintritt durch zwei Anteile auf
reduziert. Der erste Anteil pI2 vx; entspricht der Umwandlung von Druck- in Geschwindigkeitsenergie, der zweite Anteil 6 p12 vx,2entspricht dem Eintrittsverlust. Nach diesem Anfangsdruckgefälle verringert sich der Druck im weiteren Verlauf der Dichtung durch den Reibungsanteil (Bild 22.3).
22.3 Das Bulk-Flow-Modell
455
Besonders deutlich wird dies, wenn man als Sonderfall die Dichtung ohne Rotation (L2= 0) und ohne Vordrall (V,(O) = 0) betrachtet. Aus G1. (22.12a) wird dann
während G1. (22.12b) entfällt. Die Lösung der letzten Gleichung führt auf den Druckverlauf entlang der Dichtung
der schließlich am Dichtspaltaustritt auf
abfallt (Bild 22.3). In diesem Zusammenhang sei nochmals auf den Einfluß dieses Druckgefalles der stationären Lösung auf die Dichtspaltsteifigkeiten syy=szr hingewiesen.
Gleichungen 1-ter Ordnung Setzt man nun den kompletten Störungsansatz (Gl. 22.11) in die Bulk-FlowGrundgleichung ein, so gelangt man zu den Gleichungen 1. Ordnung, aus denen die Orts- und zeitabhängigen Lösungen V„ (q, X, t), V", (q, X, t) und p, (q, X, t) gewonnen werden können. Aus Platzgründen schreiben wir die Gleichungen 1. Ordnung hier nicht an, es wird auf die Herleitungen bei Childs [22.1] verwiesen. Da die oben beschriebene Störungsbewegung als Kreisbahn angenommen wurde,
w(t) = ro c o s o t v(t)=r,sinot
'
gilt für die Spaltfunktion
456
22 Berührungslose Flüssigkeitsdichtungen
h ( q , t ) = h , + e h , ( q , t ) = h , -w(t)cosq-v(t)sinq bzw .
Entsprechend werden die Lösungen für Vx„V„ und p, auch die Form
annehmen. Man führt nun sowohl GI. (22.17) als auch GI. (22.18) in die Störungsgleichung 1. Ordnung ein (sie wurden hier nicht angegeben, siehe [22.1]). Danach erhält man durch Abgleich der Koeffizienten für die sin q - und cos q - Terme insgesamt sechs reelle bzw. drei komplexe Gleichungen, um die Unbekannten im Ansatz aus G1. (22.18) für den vorgegebenen harmonischen Anregungsfall (GI. 22.17) zu berechnen. Dabei müssen, wie bei den Gleichungen 0-ter Ordnung, auch wieder entsprechende Randbedingungen eingebaut werden. Nach numerischer Lösung des Gleichungssystems erhält man neben den Strömungsgrößen Vxl(q,X, t) und V„(q, X, t) auch den zeitlich und räumlich veränderlichen Druckanteil p, (q, X, t). Die Integration des dynamischen Druckfeldes in Axial- und Umfangsrichtung führt schließlich zu den Reaktionskräften, die das umgebende Medium bei der angenommenen Bewegungsbahn auf den Rotor ausübt:
Bringt man abschließend noch die G1. (22.19) mit den Kraftgleichungen in Übereinstimmung, die die rotordynamischen Koeffizienten enthalten (Gl. 22.1) mit entsprechenden Zeitfunktionen für W und V gemäß G1. (22.16)), so lassen sich die gesuchten Dichtspaltkoeffizienten durch eine Kurvenanpassung für verschiedene Schwingfrequenzen bestimmen. Im allgemeinen Fall wird man für Dichtungen endlicher Länge Lösungen nur auf numerischem Weg erhalten können. Einen Sonderfall stellen, wie in der Gleitlagertheorie, die kurzen Dichtungen dar, die von Black [22.10] und Childs [22.1] untersucht wurden. Dabei vernachlässigt man die durch Druck
22.3 Das Bulk-Flow-Modell
457
induzierte Geschwindigkeit V„. Setzt man außerdem noch die Wandreibungskoeffizienten für Stator und Rotor gleich: F, = f„ so kann man sogar analytische Ausdrücke für die rotordynamischen Koeffizienten finden. Der Vorteil ist, daß man mit diesen Ausdrücken sehr leicht Zusammenhänge mit den maßgebenden Einflußgrößen erkennen kann. Zu beachten ist jedoch, daß die Kurzspalttheorie ihre Grenzen bei 1/ D< 0,25 hat.
Dichtspaltkoeffizienten für den kurzen Spalt Die folgenden Dichtspaltkoeffizienten gelten für den kurzen Spalt, und zwar für den Fall der zentrischen Rotorlage (szL=syy,sly=-syZ,dr7=dyy,dcy=-dycUSW.). Dabei folgen wir der Darstellung von Childs [22.1]; zu ähnlichen Ergebnissen kommen Black [22.10] und Black U. Jenssen [22.11]. Zur Vereinfachung wurde in den Formeln der Vordrall nicht berücksichtigt, da die Ausdrücke sonst sehr umfangreich werden. Alle übrigen Effekte sind aber weitgehend enthalten. Steifigkeiten
Dämpfungen
Trägheiten
Hierin bedeuten
Q: Drehfrequenz des Rotors (Winkelgeschwindigkeit) T= l/V„: mittlere Durchflußzeit eines Flüssigkeitselements
22 Berührungslose Flüssigkeitsdichtungen
458
mittlere Durchflußgeschwindigkeit in axialer Richtung Eintrittsverlustkoeffizient am Spalteintritt, 5 =: 0,5
V„:
6
und weiterhin
ß = l l ( l + 4 b 2 ) mit b=-, Vxo RQ
$1
718
n = 0,079 h 1 1 4 { 1 + Ra =-V„
n1 G=flo (Reibungsverlustkoeffizient)
(Reynoldszahl, axial)
V V
1 h, R
Viskosität des Fluids Dichtspaltlänge Dichtspaltspiel, radial Dichtspaltradius
Wie man sieht, gestaltet sich das Kraft-Bewegungsgesetz selbst für den einfachen Kurzspalt recht kompliziert. Mit
FA ; nRAp
--
- F,
F Y J
-
und -= F, Z R Ap
kann man G1.(22.1) nun in einer speziellen Form angeben
22.3 Das Bulk-Flow-Modell
459
Will sich der Konstrukteur schnell einen Überblick über die Dichtspaltdynamik verschaffen, kann er sich bei erster Kenntnis der Auslegungsdaten R, 1, h„ Ap, Q, V„, T, o die gesuchten Koeffizienten berechnen. Dazu braucht er p, (o), (o), auch die Funktionen P,, (o), die in Bild 22.7 dargestellt sind.
Bild 22.7: Funktionen p0,p„ 4 zur Berechnung der Dichtspaltkoeffizienten
460
22 Berührungslose Flüssigkeitsdichtungen
22.4 Parameterstudie an einem glatten Dichtspalt Der Einfluss von Betriebs- und Geometrieparametern soll nachfolgend anhand einer Parameterstudie erläutert werden. Als Beispiel dient ein kurzer Dichtspalt mit glatter Oberfläche. Kurze und lange Dichtspalte werden anhand des Verhältnisses von Länge zu Durchmesser unterschieden: 1 > 0,25 : langer Dichtspalt, D
-
1 -
D
< 0,25 : kurzer Dichtspalt
Die Geometrie des Dichtspalts wurde wie folgt angenommen:
R: 50; 75; 100; 125; 150; 175 [mm] h,: 0,1; 0,2; 0,3; 0,4; 0,5 [mm]
1: 24: 48: 72: 96: 120 lmml Bild 22.8: Beispiel eines glatten Dichtspalts
Die Viskosität und die Dichte von Wasser werden bei T= 27°C ermittelt. Als Betriebsparameter werden bei p, = 1 bar variiert: Druckdifferenz A p = p , -p,:5.105,10.105,15.1~~20.105,25.105[Pa] Drehzahl
n: 1000, 2000, 3000,4000,5000,6000 [llmin]
Bei der Ermittlung der rotordynamischen Koeffizienten wurde in dieser Studie auch der Einfluss des Vordrallverhältnisses berücksichtigt. Das Vordrallverhältnis
ist der Quotient aus der Eintrittsgeschwindigkeitskomponente des Fluids in Umfangsrichtung und der Umfangsgeschwindigkeit des Rotors. Es wird entscheidend über die durchströmte Geometrie vor dem Dichtspalteintritt beeinflusst (z.B. glatter, parallelwandiger Radseitenraum, Drallbremsen). Dargestellt sind in den Diagrammen jeweils alle Koeffizienten s„= s„, s„= -sy„ dz, dyy,dry=-dyLund m„= myyin Abhängigkeit von den Parametern Druckdifferenz und Drehzahl oder Vordrallverhältnis und Drehzahl oder Spaltlänge und Wellenradius oder Spaltspiel und Druckdifferenz.
22.4 Parameterstudiean einem glatten Dichtspalt
461
V
5
Druckdifferenz [bar]
10
15
20
25
Druckdifferenz [bar] 3000
Z
5
Druckdifferenz [barT
0 5
10
15
20
10
15
20
25
Druckdifferenz [bar]
25
Druckdifferenz [bar]
Druckdifferenz [bar]
I 5
10
15
20
25
Druckdifferenz [bar]
Bild 22.9: Leckagestrom Q und Koeffizienten der Matrizen von G1. (22.1), die die Interaktionen von Spaltströmung und Rotor beschreiben. Variation von Druckdifferenz Ap und usw. R = 100 mm, 1 = 24 mm, h,= 0,2 mm, V,= 0,5 Drehzahl n. Beachte: szz=s",,, szv=-svz,
22 Berührungslose Flüssigkeitsdichtungen
462
- 1
V
24 X
36
48
60 72 84 96 108 120 Spaltlänge [mm]
24
106
X
36
48
105
60 72 84 96 108 120 Spaltlänge [mm]
.
..
...
...
...
A
V
24
24
"
24
36
48
60 72 84 96 108 120 Spaltlänge [mm]
36
48
60 72 84 96 108 120 Spaltlänge [mm]
36
48
60 72 84 96 108 120 Spaltlänge [mm]
Spaltlänge [mm]
-1
24
36
48
60 72 84 96 108 120 Spaltlange [mm]
Bild 22.10: Leckagestrom Q und Koeffizienten der Matrizen von Cl. (22. l), die die Interaktionen von Spaltströmung und Rotor beschreiben. Variation von Spaltlänge 1 und Radius R. Beachte: sLz=syy,sZy=-syr, USW.Ap = 15 10' Pa, h,= 0,2 mm, n = 3000 l/min,v,= 0,5
22.4 Parameterstudiean einem glatten Dichtspalt
"
0.1
463
0.2
0.3 0.4 Spaltspiel [mm]
0.5
Spaltspiel [mm]
12.5 -X 104
01 0.1
"
0.1
0.3 0.4 Spaltspiel [mm]
I
"
02
0.5
0.1
0.2
0.3 0.4 Spaltspiel [mm]
0.5
0.2
0.3 0.4 Spaltspiel [mm]
0.5
-1 I 0.1
0.2
0.3 0.4 Spaltspiel [mm]
0.5
I
---'
0.1
0.2
0.3 0.4 Spaltcpiel [mm]
10bar 15 bar 20 bar 25 bar
0.5
Bild 22.11: Leckagestrom Q und Koeffizienten der Matrizen von Cl. (22. l), die die Interaktionen von Spaltströmung und Rotor beschreiben. Variation von Spaltspiel h, und Druckdifferenz Ap. Beachte: szz=syy,sV=-syn,USW. R = 100 mm, 1 = 24 mm, n = 3000 llmin, V" = 0,s
22 Berührungslose Flüssigkeitsdichtungen
464
X
2.5 1
" 0
01 0
0
104
Vordrallverhältnis [ - ]
Vordrallverhältnis [ - ]
0.2 0.4 0.6 0.8 Vordrallverhältnis [ - ]
1
" 0
0.2 0.4 0.6 0.8 Vordrallverhältnis [ - ]
1
I
-1 I 0
0.2
0.4 0.6 0.8 Vordrallverhältnis [ - ]
0.2 0.4 0.6 0.8 Vordrallverhältnis [ - ]
1
0.2 0.4 0.6 0.8 Vordrallverhältnis [ - ]
1
I
1
Bild 22.12: Leckagestrom Q und Koeffizienten der Matrizen von GI. (22.1), die die Interaktionen von Spaltströmung und Rotor beschreiben. Variation von Vordrallverhältnis und Drehzahl n. Beachte: sL,= byy,sly=-sy,,USW.Ap = 15 105 Pa, R = 100 mm, 1 = 24 mm, h,= 0,2 mm
22.4 Parameterstudie an einem glatten Dichtspalt
465
Zusätzlich wurde der Leckage-Volumenstrom Q [m3/ h] dargestellt. Die nachfolgenden Ergebnisse wurden aus Berechnungen gewonnen, die mit einem Finite-Differenzen-Verfahren [22.15] durchgeführt wurden (Kap. 22.2). Man erkennt anhand dieser Parameterstudie: die Hauptsteifigkeit s„, steigt mit der Druckdifferenz linear an und fällt mit steigender Drehzahl leicht ab. Sie ist kaum abhängig vom Vordrallverhältnis, kann jedoch bei wachsender Spaltlänge negative Werte annehmen die destabilisierende Nebensteifigkeit s„ steigt linear mit der Druckdifferenz, der Drehzahl und dem Vordrallverhältnis. Sie wächst quadratisch mit der Spaltlänge die Hauptdämpfung d„ wächst linear mit der Druckdifferenz. Sie ist unabhängig von Drehzahl und Vordrallverhältnis aber linear steigend mit der Spaltlänge die Nebendämpfung d„ steigt linear mit der Drehzahl und dem Vordrallverhältnis. Sie ist unabhängig von der Druckdifferenz und quadratisch steigend mit der Spaltlänge die Hauptmasse mzzwächst leicht mit der Druckdifferenz und der Drehzahl. Sie ist unabhängig vom Vordrallverhältnis. Sie kann bei langen Spalten sehr hohe Werte erreichen und damit die Rotordynamik entscheidend beeinflussen die Nebenmasse mzybleibt bei allen betrachteten Fällen ungefähr Null, ihr Einfluß kann vernachlässigt werden der Leckage-Volumenstrom wächst mit der Druckdifferenz linear und fällt mit steigendem Vordrallverhältnis tendenziell ab. Mit wachsender Spaltlänge fallt der Leckage-Volumenstrom stark ab. Eine wichtige Erkenntnis solcher Parameterstudien ist der Effekt, daß sich stabilisierende und destabilisierende Kräfte bei der Veränderung von Betriebsparametern unterschiedlich verhalten. Als Kenngröße kann z.B. das Whirl-Frequenzverhältnis
dienen, welches ein Maß für das Verhältnis der anfachenden Kräfte zu den dämpfenden Kräften ist. Der Betrag von W, ist abhängig von der Frequenz w der Rotorbewegung. Ist der Betrag größer eins, so muß mit destabilisierenden Einflüssen gerechnet werden. Zur Beurteilung des stabilen Betriebszustands teiner kompletten Maschine genügt das allerdings nicht. Hierzu ist es
466
22 Berührungslose Flüssigkeitsdichtungen
immer erforderlich, die gesamte Maschine, d.h. mechanische Struktur, Lagerung und Fluid-Struktur-Wechselwirkung zu betrachten. Anhand dieser Parameterstudie wird auch ersichtlich, wie wichtig die parallele Betrachtung von Wirkungsgradaspekten (Leckageverlust) und rotordynamischem Einfluss schon in der Entwurfsphase einer Maschine ist. Ein Vergleich von berechneten koeffizienten mit Messwerten findet sich z.B. bei Childs [22.1] für Bulh-Flow Verfahren, bei Dietzen [22.8] für Finite-Differenzen (FD-) Verfahren und kurze Dichtspalte und bei Sobotzik [22.16.] für FDVerfahren und lange Dichtspalte.
22.5 Einflussstudien an einer Laval-Welle Der Einfluss von Dichtspalten auf das Schwingungsverhalten einer Pumpe kann am besten am einfachen Beispiel studiert werden. Als Studienmodell für eine doppelflutige Speisewasserpumpe bietet sich hierzu wieder die LavalWelle an (Bild 22.13), für die wir starre Lagerung annehmen. Die Masse m entspricht der Laufradmasse und dem Massenzuschlag der Welle. s ist die Wellensteifigkeit und für die beiden am Laufrad symmetrisch angeordneten Dichtspalte werden die Koeffizienten nach G1. (22.1) angenommen.
Bild 22.13: Schnittzeichnung einer starr gelagerten doppelflutigen Speisepumpe mit Dichtspalten und zugehöriges Modell
22.5 Einflussstudie an einer Laval-Welle
ohne Dichtspalte
467
mit Dichtspalten
Bild 22.14: Einflussstudien an einer Laval-Welle mit starrer Lagerung
Ausgangspunkt für die Berechnungen ist die „trockene Welle", wobei die Dichtspalteinflüsse zunächst weggelassen werden. Es handelt sich also um ein vollkommen konservatives System ohne Dämpfungen (Bild 22.14a). Die beiden ersten Biegeeigenfrequenzen (Schwingungen verlaufen auf Kreisbahnen im Gleich- bzw. Gegenlauf) sind drehzahlunabhängig und betragen für das gewählte Beispiel U,,,,=214 llsec. Stark von der Kreiselwirkung beeinflusst sind die 3. und 4. Eiaenfresuenz, bei denen die Scheibe eine Kippbewegung ausführt (Bild 22.15)-
.
100
200
300
.
400
Bild 22.15: Eigenwerte und Eigenformen einer Laval-Welle in starren Lagern, ohne Dichtspalteinfluß
Der Einfluss von Dichtspalten auf das Schwingungsverhalten kann nun arn erweiterten Modell studiert werden (Bild 22.14b). Die gewonnenen Ergebnisse lassen sich qualitativ auf grössere mehrstufige Systeme übertragen. Zu einer Abschätzung der Dichtspalteffekte gelangt man über das vereinfachte Vergleichssystem (Bild 22.16) mit den beiden Freiheitsgraden W und V für die Laufradmitte, wobei die Wellensteifigkeit s und die Laufradmasse m mit den
468
22 Berührungslose Flüssigkeitsdichtungen
rotordynamischen Koeffizienten des Dichtspalts gekoppelt werden. In diesem Fall wird nur die erste Biegeschwingungsform in zwei Ebenen untersucht.
Bild 22.16: Vereinfachte Darstellung der Laval-Welle mit Dichtspalten (Koppelkoeffizienten nicht dargestellt)
Unter Berücksichtigung einer Unwucht an der Scheibe mit Massenexzentrizität E hat die Bewegungsgleichung folgendes Aussehen:
Dabei wurden für die Dichtungen die Nebenträgheiten vernachlässigt, da sie betragsmässig relativ klein sind und somit kaum Auswirkungen auf das Schwingungsverhalten haben. Der Faktor 2 steht für die Parallelschaltung der Dichtspalte. Um die analytische Lösung einfach zu halten, fassen wir noch folgende Größen zusammen (Index D für Laval-Welle mit Dichtung):
M,= m+2 mzZ=m+2 my, Wellenmasse und Hauptträgheiten der Dichtung Hauptdämpfungen Nebendämpfungen Wellensteifigkeit + Hauptsteifigkeiten Nebensteifigkeiten Dabei wurde schon berücksichtigt, daß bei einer angenommenen zentrischen Ausgangslage der Welle im Dichtspalt die jeweiligen Hauptkoeffizienten
22.5 Einflussstudie an einer Laval-Welle
469
gleich (z.B. s„ = syyUSW.)und die Koppelkoeffizienten (z.B. sZy= -syJ schiefsymmetrisch sind. Mit den neuen Bezeichnungen schreibt sich das Gleichungssystem nun so:
Mit dem Ansatz für das homogene Gleichungssystem (rechte Seite =0)
und den Ableitungen W, ir, W, V erhält man nach Einsetzen in G1. (22.25) das Eigenwertproblern
aus dem sich die dazugehörige charakteristische Gleichung bestimmen läßt, die schließlich zu den folgenden Eigenwerten führt.
Betrachtet man den Sonderfall der Stabilitätsgrenze ( a = 0), so ergeben sich nach einiger Zwischenrechnung die beiden Gleichungen
Sd D: -s: M d + sd d d Dd = 0
bzw. nach Zusammenfassung
(22.29)
S,-CU~M + u~. d d = O Wie man sieht, bestimmen s, und D, die Eigenfrequenz bei Eintreten der Instabilität. Um einen Eindruck zu geben, wie die einzelnen Betriebsparameter über die Dichtspaltkoeffizienten Einfluß auf die Eigenwerte nehmen, kann man die Dichtspaltkoeffizienten in die G1. (22.29) einsetzen.
22 Berührungslose Flüssigkeitsdichtungen
470
Für die Eigenfrequenz beim Erreichen der Instabilität ergibt sich
Cl, ist die Winkelgeschwindigkeit, bei der die Instabilität einsetzt. Die Eigenfrequenz w ist dann halb so groß wie Q,.
mit
2 Ap R po
wo=
: Eigenfrequenz der trockenen Welle.
Reibbeiwert Druckdifferenz am Spalt Dichtspaltradius Funktion nach G1. (22.21)
Aus G1. (22.31) erkennt man, daß Instabilität frühestens oberhalb der doppelten ersten Biegekritischen woder trockenen Welle auftritt. Die Ergebnisse aus dieser einfachen Betrachtung stehen in guter ~bereinstimmungmit der Erfahrung. Die Dichtspalte bewirken also einerseits eine Versteifung des Systems (q steigt von 214 auf etwa 300 11s) und verursachen Instabilität 11s (Bild 22.17). Abschließend wollen wir noch den Einfluß von Konstruktions- und BetriebsParametern auf Eigenfrequenzen, Stabilität und Unwuchtschwingungen des Systems untersuchen. Dabei werden nacheinander die Parameter Vordrall (Umfangsgeschwindigkeit des Fluids bei Eintritt in den Dichtspalt), Dichtspaltspiel, Druckdifferenz und Dichtspaltlänge variiert. Die Ergebnisse sind in den Bildern 22.18 bis 22.21 jeweils für die erste biegekritische Gleichlauffrequenz und die Unwuchtauslenkung der Scheibe r dargestellt.
22.5 Einflussstudie an einer Laval-Welle
m
i
471
t Dichtung
'--Eigenkreisfrequenz o
-
an der Stabiiitätsgrenze o = Q,;/2
, ohne
Dichtung
Bild 22.17: Einfluß der Dichtung auf Eigenwerte und Unwuchtschwingungen
472
22 Berührungslose Flüssigkeitsdichtungen
R [lls] v,=0,6 V , Vordrallverhaltnis
R [lls] Bild 22.18: Einfluß des Vordralls V, auf Eigenwerte und Unwuchtauslenkungen
22.5 Einflussstudie an einer Laval-Welle
Bild 22.19: Einfluß des Dichtspaltspiels h, auf Eigenwerte und Unwuchtauslenkungen
473
474
22 Berührungslose Flüssigkeitsdichtungen
Bild 22.20: Einfluß der Druckdifferenz Ap auf Eigenwerte und Unwuchtauslenkungen
22.5 Einflussstudie an einer Laval-Welle
Bild 22.21: Einfluß der Dichtspaltlänge 1 auf Eigenwerte und Unwuchtauslenkungen
475
476
22.6 Schlußbemerkung
Einen starken Einfluß auf die Stabilität des Systems hat der Vordrall des Fluids beim Eintritt in den Spalt (Bild 22.18). Mit steigender Umfangsgeschwindigkeit der Flüssigkeit wachsen die stabilitätsgefkhrdenden Nebensteifigkeiten stark an und führen so zu niedrigeren Stabilitätsgrenzen. Die Eigenfrequenzen bleiben unverändert, während wegen der nachlassenden Dämpfungen die Unwuchtauslenkungen ansteigen. Das Dichtspaltspiel kann während des Betriebs einer Maschine durch Abnutzung erweitert werden und so zu niedrigeren Biegekritischen und gesenkten Stabilitätsgrenzen führen (Bild 22.19). Die Stabilitätsgrenze steigt mit zunehmender Druckdifferenz an. Im realen Betrieb einer Pumpe kann man jedoch kein konstantes Ap über der Drehzahl erwarten. Erfahrungsgemäß ist Ap proportional zum Quadrat der Drehzahl. Berücksichtigt man dies in den Kurven für die Eigenwerte, nehmen die Dämpfungen, verglichen mit dem Fall Ap = const. zu, und die Instabilitätsgrenze wird zu höheren Drehzahlen geschoben (Bild 22.20). Interessant sind auch die Änderungen der Eigenwerte und Unwuchtschwingungen mit der Dichtspaltlänge (Bild 22.21). Die zunächst ansteigende Eigenfrequenz fällt bei größeren Längen wieder ab und sinkt sogar gänzlich unter den Anfahrstrahl. Die Unwuchtauslenkungen weisen dann auch keine Resonanz mehr auf.
22.6 Schlußbemerkung Abschließend sollen noch ein paar Hinweise für den praktischen Umgang mit Dichtspalteinflüsssen gegeben werden. Es hat sich gezeigt, daß berührungslose Flüssigkeitsdichtungen einen deutlichen Einfluß auf das Stabilitätsverhalten von rotierenden Maschinen haben. Ihre Berücksichtigung sollte so früh wie möglich im Entscheidungsprozeß erfolgen. Dabei müssen alle Koeffizienten, insbesondere auch die Trägheiten, ermittelt werden. Bei Dichtungen mit einem LID-Verhältnis größer 0,5 bekommen dann auch Momenten-Koeffizienten eine Bedeutung. Sie entstehen durch die ungleiche Druckverteilung über die Dichtungslänge 1. Für Spalte mit komplexen Statorgeometrien, wie z.B. Honigwaben oder Lochprofile, stehen auch heute noch keine allgemein zuverlässig abwendbaren Berechnungswerkzeuge zur Verfügung.
22.7 Fragen
477
22.7 Fragen Wodurch unterscheiden sich berührungsfreie Dichtungen von Gleitlagern? Welche Betriebs- und Geometrieparameter beeinflussen die rotordynamischen Koeffizienten; welche Maßnahmen können zur Reduktion der (destabilisierenden) Nebensteifigkeit getroffen werden? Welche Veränderungen können sich an einer Spaltdichtung im Laufe ihrer Lebensdauer ergeben und wie werden dadurch die Koeffizienten beeinflußt? Ein Parameter gewinnt mit zunehmendem L/D-Verhältnis an Bedeutung. Welcher Parameter ist das, wie kann davon die Rotordynamik einer Maschine beeinflußt werden und wovon hängt die Stärke dieses Einflusses noch ab? Das Bulk-Flow Modell ist ein weit verbreitetes Werkzeug zur Berechnung von rotordynamischen Koeffizienten. Bestimmte charakteristische Eigenschaften der Dichtung werden durch empirisch ermittelte Parameter definiert. Welche Eigenschaften sind das und worin liegt der Nachteil dieser Methode bei der Auslegungn euer Maschinen?
23 Berührungslose Gasdichtungen
23.1 Einleitung In Maschinen, die von Gasen durchströmt werden, übernehmen berührungslose Dichtungen die gleiche grundsätzliche Funktion wie die Flüssigkeitsdichtungen aus Kap. 22. Sie reduzieren den Leckagestrom zwischen Bereichen unterschiedlichen Drucks, ohne daß es dabei zu einer Berührung zwischen Rotor und Stator kommt. In Bild 23.1 sind z.B. die in der letzten Stufe eines Verdichters vorhandenen Dichtungen dargestellt.
Zwischenstufendichtuug
Laufradhalsdichtung
Bild 23.1: Labyrinthdichtungen in der letzten Stufe eines Verdichters
Wie beim Pumpenlaufrad (Bild 22.1) dient die Laufradhalsdichtung dazu, den Leckagemassenstrom vom Laufradaustritt (Bereich hohen Drucks) zurück zum Laufradeintritt (Bereich niedrigen Drucks) zu minimieren. Die Zwischenstufendichtung soll einen zu großen Leckagestrom von den einzelnen Verdichterstufen zur jeweils vorherigen Stufe verhindern. Eine Reduktion des Axialschubs einer Turbomaschine wird oft mit einem Ausgleichskolben erreicht, dessen Ausgang z.B. mit dem Verdichtereintritt verbunden ist. Im Ausgleichskolben-Labyrinth wird also oft die gesamte in der Maschine erzeugte Druckdifferenz abgebaut.
480
23 Berührungslose Gasdichtungen
Berührungslose Dichtungen sind nicht nur in Arbeitsmaschinen sondern auch in Turbinen im Einsatz. Man findet sie dort an den Wellendurchführungen durch die Zwischenböden von Kammerturbinen, an den Deckbändern der Beschaufelungen und gegebenenfalls auch dort an den Schubausgleichskolben. Das Funktionsprinzip der berührungslosen Dichtungen ist bei allen Maschinen gleich. Kann bei den in Kap. 22 beschriebenen Flüssigkeitsdichtungen von einem inkompressiblen Verhalten ausgegangen werden, so ist diese Annahme bei Gasdichtungen nicht mehr grundsätzlich möglich. Bei der kompressiblen Strömung eines Gases oder Dampfes durch einen engen Spalt kommt es zur Expansion, der statische Druck und die Temparatur nehmen ab, die Fließgeschwindigkeit nimmt entsprechend zu. Nur bei sehr kleinen Druckunterschieden, d.h. wenn (P,-p,) / p, < 0, ist, wie sie u.a. in Niederdruckgebläsen oder Ventilatoren auftreten, kann das Stoffverhalten als inkompressibel angenähert werden. p, ist dabei der Druck vor und p, der Druck hinter der Dichtung. Bei einem inkompressiblen Medium verwendet man noch relativ einfache Gleichungen zur Berechnung der Leckage. Die Druckabsenkung einer kompressiblen Expansionsströmung verläuft jedoch nicht mehr linear, also anders als in Bild 22.3 für Flüssigkeitsdichtungen dargestellt wurde. Sie ist nun am Spaltende wesentlich größer als am Spaltanfang, zusätzlich findet an den Spaltwänden ein Wärmeaustausch statt. In Bild 23.2 sind für eine kompressible Strömung die qualitativen Verläufe von Druck, Temparatur und Geschwindigkeit längs eines glatten Dichtspalts dargestellt.
V2
T2
-Druck p - - - - Geschwindigkeit Temperatur T
V
P2
Bild 23.2: Qualitative Darstellung der Druck-, Temperatur- und Geschwindigkeitsverläufe entlang eines glatten, mit kompressiblem Fluid durchströmten, Dichtspalts
23.2 Kräfte in Gasdichtungen
481
23.2 Kräfte in Gasdichtungen Selbsterregte Biegeschwingungen von Turbomaschinenläufern aufgrund von Gas-Struktur-Interaktionen lassen sich hinsichtlich der anregenden Kräfte in zwei Gruppen unterteilen (Bild 23.3).
Bild 23.3: Einteilung der Selbsterregungsmechanismen in Gasdichtungen
Die Kräfte des Thomas-Effekts sind Gegenstand von Kap. 24, sie führen zu Radialkräften aufgrund einer unsymmetrischen Durchströmung der Beschaufelung einer Maschine. Thema des vorliegenden Kapitels sind Kräfte in Spaltdichtungen, die aufgrund einer ungleichmäßigen Druckverteilung über den Umfang direkt in der Wellendichtung oder an den Deckbändern einer Beschaufelung erzeugt werden. Sie sind etwa eine Größenordnung kleiner als diejenigen in Flüssigkeitsdichtungen. Im Allgemeinen haben sie vernachlässigbare Trägheitsterme, siehe Childs [23.1]. Wenn der Eintrittsdruck des Gases und damit seine Dichte nicht zu hoch ist lassen sie sich, unter der Voraussetzung kleiner radialer Auslenkungen, durch folgende lineare Bewegungsdifferentialgleichung beschreiben:
Geht man, wie in den meisten Fällen üblich, von einer Bewegung um eine zentrische Ruhelage aus, so haben die Matrizen eine schiefsymmetrische
482
23 Berührungslose Gasdichtungen
Gestalt und die Koeffizienten auf der Hauptdiagonalen sind jeweils betragsgleich (d„= d„, s„= s„), siehe GI. (23.2).
23.3 Einteilung berührungsloser Gasdichtungen Berührungslose Gasdichtungen können nach verschiedenen Kriterien eingeteilt werden. In Bild 23.4 geschieht dies zunächst anhand der Geometrie.
Kamm-NutLabyrinth
StufenLabyrinth -
Volllabyrinth (echtes Labyrinth)
Durchblicklabyrinth (Halblabyrinth) mit:
oder
statorseitigen Dichtlippen
rotorseitigen Diehtlippen
Bild 23.4: Einteilung von berührungsfreien Gasdichtungen nach ihrer Geometrie
Weitere Unterscheidungsmöglichkeiten findet man bei den Eigenschaften des Mediums (kompressibel oder inkompressibel) und der Art der Strömung (laminar oder turbulent), wie in Bild 23.5 dargestellt.
23.3 Einteilung berührungsloser Gasdichtungen
483
nach der Art des Mediums
Bild 23.5: Einteilung nach Medium und Strömungsart
Je nach Druckdifferenz, nach der Einbauart in einer Strömungsmaschine und den Fertigungsmöglichkeiten eines Herstellers werden unterschiedliche Bauformen eingesetzt. Bei der Auswahl muß eine Dichtung nach mehreren Kriterien beurteilt werden: Leckagereduktion (Wirkungsgrad der Maschine evtl. aber auch erforderlicher Mindestmassenstrom) Verhalten bei axialer Verschiebung (z.B. durch Wärmedehnung) Montierbarkeit (echte oder Vollabyrinthe lassen sich z.B. aufgrund der Überschneidungen nur mit radial teilbaren Statoren montieren) Erzeugung von Radial- und Umfangskräften im Betrieb (Einfluß auf die Rotordynamik) Bei Durchblicklabyrinthen mit Dichtlippen am Rotor werden statorseitig häufig Honigwabenringe (Bild 23.6) eingesetzt. Diese erlauben eine zusätzliche Reduktion des radialen Spaltspiels und damit des Leckagemassenstroms. Der Grund für die Möglichkeit der Reduktion des Spaltspiels liegt vor allem im verringerten Risiko beim Anstreifen des Rotors am Stator. Dünnwandige Honigwabenstrukturen erzeugen im Falle einer Kollision im Vergleich zu einem massiven Stator, nur geringe Reaktionskrafte. Durch die Reduktion der Umfangsgeschwindigkeit des Fluids führen Honigwabenringe auch zu kleineren Koppelelementen.
484
23 Berührungslose Gasdichtungen
HonigwabenStator
Welle mit Dichtlippen in
Bild 23.6: Honigwabenring
23.4 Funktionsprinzip einer Labyrinthdichtung Will man die Vorgänge in einer Labyrinthströmung mit kompressibler Strömung theoretisch betrachten, so findet man zunächst eine isentrope Expansion im engsten Spaltquerschnitt vor. Dieser Expansion (Reduktion der Druckenergie, Zunahme der Geschwindigkeitsenergie) folgt eine isobare Wärmerückbildung in der Labyrinthkarnmer. Es wird üblicherweise angenommen, daß das Gas aus einem großen Behälter mit dem Druck p, in den ersten Dichtspalt einströmt und daß die Umwandlung von kinetischer Energie in Wärmeenergie in der Labyrinthkammer vollständig ist. Desweiteren wird hier im ersten Schritt der Wärmeaustausch mit der Umgebung vernachlässigt. Die Gasströmung vergrößert ihre Geschwindigkeit infolge des isentropen Druckabfalls beim Eintritt in den ersten Spaltquerschnitt. Ist die nachfolgende Kammer hinreichend groß, so wird die gesamte kinetische Energie in Wärmeenergie umgewandelt und führt zu einer Temperaturerhöhung des Fluids. Diese vollständige Umwandlung führt dazu, daß das Fluid beim Eintritt in den folgenden Dichtspalt wieder die Geschwindigkeit Null besitzt. Dieser Vorgang wiederholt sich dann in jedem Spalt und in jeder Kammer. Im EntropieEnthalpie-Diagramm lassen sich diese Vorgänge deutlich darstellen (Bild 23.7a). Man erkennt darin, daß die Anzahl der Labyrinthkammern proportional zum gesamten realisierbaren Druckabfall über der Dichtung ist (Bild 23.7b).
23.4 Funktionsprinzip einer Labyrinthdichtung
485
Enthalpie h
4
I
fi= const. ( ~ a n n o k u r x ) r
I
Entropie s
Dichtlippe
Bild 23.7: a) h-s-Diagramm einer mit kompressiblem Fluid durchströmten Labyrinthdichtung; b) Druckabfall über der Dichtung
Im Gegensatz zu dieser idealisierten Betrachtung wird bei einer realen Labyrinthströmung eine endliche Eintrittsgeschwindigkeit des Fluids an den Spalten vorhanden sein. An den Oberflächen der Labyrinthgeometrie werden Reibungseffekte zu einer Verminderung der Geschwindigkeitsenergie in axialer Richtung führen. In Umfangsrichtung können sie die entsprechende Fluidgeschwindigkeitskomponente vergrößern oder auch verringern. Die Begrenzung des Kammervolumens führt außer der Wärmewirkung zu einer Druckrückbildung in der Strömung. Untersuchungen zu diesen Vorgängen sind u.a. von Trutnowsky [23.2] beschrieben worden. Für die praktische
23 Berührungslose Gasdichtungen
486
Anwendung bei der Auslegung von Labyrinthdichtungen wäre der theoretisch strenge Weg über die Ermittlung der Fannokurve deutlich zu aufwendig. Im Folgenden werden daher Ansätze beschrieben, die weniger mühsam zum Ziel führen.
23.5 Modellbildung und Lösungsansätze 23.5.1 Berechnung der Leckage Die in einer berührungsfreien Dichtung entstehenden Leckage-Massenströme lassen sich mit im Allg. hinreichender Genauigkeit analytisch berechnen. Der Leckagemassenstromes durch einen mit kompressiblem Medium turbulent durchströmten glatten Dichtspalt kann dabei mit folgender Formel berechnet werden:
m,
Leckage-Massenstrom
E
Durchflußzahl = f (Pz/P, , 1,1, h, , K )
A t
Spaltquerschnittsfläche
PI
Druck vor dem Dichtspalt
p, R,
Dichte des Mediums vor dem Dichtspalt = p, / ( R ~.T,) individuelle Gaskonstante
T,
Temperatur vor dem Spalt
Bei der Berechnung der Leckage wird wie folgt vorgegangen:
1. 2. 3. 4.
Festlegung der Geometriegrößen (h„ a, z) Bestimmung des Druckverhältnisses p,/p, Ablesen der Durchflußzahl E aus dem Diagramm in Bild 23.8 Berechnung des Leckagemassenstroms nach G1. (23.3).
Die Ausflußzahl E für einen glatten Dichtspalt kann einem Diagramm (Bild 23.8), beispielhaft für ein Medium mit dem Isentropenexponenten K = 1,3 in Abhängigkeit vom Druckverhältnis p,/p„ von der Reibungszahl il und von den geometrischen Größen 1, h, entnommen werden. Wie man leicht sieht, kann man bei vorgegebenem Druckverhältnis pJp, den Leckagestrom durch folgende geometrische Maßnahmen reduzieren:
23.5 Modellbildung und Lösungsansätze
487
Vergrößerung der Dichtungslänge L Verringerung des Dichtspaltspiels h, (Reduktion der Spaltquerschnittsfläche). Weitere Verfahren zur Berechnung des Leckagemassenstroms eines glatten Dichtspalts finden sich wieder in Trutnowsky [23.2].
Bild 23.8: Ausflußzahl als Funktion von Druckverhältnis, Reibungszahl und geometrischen Größen für einen glatten, mit kompressiblem Medium durchströmten, Dichtspalt
Bei der Berechnung des Massenstroms durch eine Labyrinthdichtung kann die gleiche Beziehung wie beim glatten Dichtspalt verwendet werden.
Der auch hier enthaltene Durchflußbeiwert E kann für Durchblicklabyrinthe (Bild 23.9) und für echte Labyrinthe (Vollabyrinthe) (Bild 23.10) entnommen werden. E ist eine Funktion des Druckverhältnisses p,/p, und der Dichtlippenanzahl z. Detaillierte Erläuterungen zum Vorgehen werden von Traupel [23.3] angegeben. Für echte Labyrinthe konnten die Kurven berechnet werden, für Durchblicklabyrinthe wurden die &-Funktionenexperimentell ermittelt Jones [23.4]. In Bild 23.9 wird jedem Verhältnis ah, eine Grenzkurve g
488
23 Berührungslose Gasdichtungen
zugeordnet. Der Schnittpunkt der Grenzkurve g mit derjenigen Kurve, die zur gegebenen Dichtlippenzahl z gehört liefert den größtmöglichen Wert für E. Wird das Dsuckverhältnis p,/p, unter diesen kritischen Wert abgesenkt, so steigt der Leckagemassenstrom nicht weiter an.
Bild 23.9: Durchflußbeiwert &fürDurchblicklabyrinthe Jones [23.4]
23.5 Modellbildung und Lösungsansätze
Bild 23.10: Durchflußbeiwert &fürVolllabyrinthe Traupel [23.3]
489
490
23 Berührungslose Gasdichtungen
23.5.2 Berechnungsverfahren für die rotordynamischen Koeffizienten
Übersicht der Berechnungsverfahren Um die rotordynamischen Koeffizienten von Spaltdichtungen ermitteln zu können, benötigt man den zeitvarianten Druck auf der Wellenoberfläche als Funktion der radialen Relativbewegungen zwischen Rotor und Stator. Zur Berechnung von Spaltdichtungen werden in Analogie zu den FlüssigkeitsSpaltdichtungen verschiedene Verfahren angewandt. Die jeweils vorhandenen Einschränkungen werden in Bild 23.1 1 kurz dargestellt.
Bild 23.11: Berechnungsverfahren für rotordynamische Koeffizienten
Bulk-Flow-Verfahren, die wir bereits bei den Flüssigkeitsdichtungen vorgestellt haben, unterliegen einer ganzen Reihe von Vereinfachungen (Bild 23.11). Die damit ermittelten Ergebnisse sind daher, wie alle Berechnungsverfahren, mit gewissen Unsicherheiten behaftet, sie erfordern jedoch zusätzlich experimentell / empirisch ermittelte Werte. Dies gilt besonders für geometrisch komplizierte Dichtungen.
23.5 Modellbildung und Lösungsansätze
491
Demgegenüber stellen die Methoden der Computational Fluid Dynamics (CFD) hervorragende Alternativen dar, die viele Effekte berücksichtigen können und i.a. zu guten Ergebnissen führen. Allerdings ist der Aufwand für die Vorbereitung und die numerische Durchführung recht hoch. Da Bulk-FlowVerfahren bereits früher behandelt wurden, konzentrieren wir uns jetzt auf die CFD-Verfahren.
3D-Finite-Differenzen Verfahren Die Beschreibung der Strömungsvorgänge basiert auf den grundlegenden Bilanzgleichungen. Sie drücken die Erhaltung von Masse, Impuls und Energie aus. In ihrer allgemeinsten Form gelten sie sowohl für kompressible und inkompressible Medien als auch für laminare oder turbulente Strömungen in beliebigen Geometrien. Unter mathematischen Gesichtspunkten stellen die Beziehungen ein System instationärer, nichtlinearer, gekoppelter Differentialgleichungen dar, die im allgemeinen nur noch numerisch gelöst werden können. Zur Untersuchung der turbulenten Strömung innerhalb einer Dichtung liegen somit zunächst die drei Impulsgleichungen, der Kontinuitätssatz und die Energiegleichung vor. Wenn man in der Lage wäre für diese fünf Gleichungen ein beliebig feines Berechnungsnetz zu erstellen, so könnte man damit eine numerische Lösung, einschließlich der turbulenten Feinbewegung, erhalten. Eine solch feine Netzgenerierung ist jedoch mit den heutigen Rechnern praktisch noch nicht möglich. Daher führt man die Berechnung mit „gemittelten" Größen für die Geschwindigkeiten, den Druck, die Dichte und die Temperatur durch. Die dabei vernachlässigten turbulenten Schwankungsbewegungen müssen dabei in einer sinnvollen Form berücksichtigt werden. Sie können z.B. als zusätzliche „turbulente" Schubspannungen in die Bilanzgleichungen eingebaut werden. Die „turbulenten" Schubspannungen werden nach dem Ansatz von Boussinesq [23.5] analog den laminaren Schubspannungen als Funktion der Gradienten der mittleren Strömungsgeschwindigkeiten dargestellt. Mit der turbulenten Viskosität 4, lassen sich laminare und turbulente Schubspannungen zu effektiven Spannungen aufaddieren:
Zur Ermittlung der effektiven Viskosität peu„ wird zur laminaren Viskosität 4 die turbulente Viskosität addiert.
492
23 Berührungslose Gasdichtungen
Beschrieben wird diese turbulente Viskosität mit Hilfe eines sogenannten Turbulenzmodells. Das k- E -Modell wird oftmals eingesetzt Launder [23.6], es beschreibt ,U, als Funktion der kinetischen Energie k der turbulenten Strömung und der Dissipationsrate 2 :
Für die numerische Behandlung der sieben zur Verfügung stehenden Differentialgleichungen Kontinuitätsgleichung, drei Impulsgleichungen, Energiegleichung, zwei Gleichungen für k und E, ist es möglich, diese in einer generalisierten Form darzustellen. Für eine beliebige Variable 4 gilt in Zylinderkoordinaten:
In jeder der sieben Gleichungen sind neben den Variablen 4: U, V, W, k, E , T die jeweiligen Diffusionskoeffizient T$ und die Quellterme S$ einzusetzen. In Tabelle 23.1 sind weitere Angaben über die Terme in den einzelnen Gleichungen zusammengestellt. Die Zusatzterme aus den Zentrifugal- und Coriolis-Kräften sind bei der Radial- und bei der Umfangsgeschwindigkeit eingerahmt. Da eine vertiefte Diskussion aller Terme im Rahmen dieser Einführung kaum möglich ist, verweisen wir auf die Arbeit von Weiser [23.7], in der auch Wege zur numerischen Lösung aufgezeigt sind. Das k- -Modell bringt zwei weitere Differentialgleichungen in die Gesamtbetrachtung ein, auf die wir hier nicht näher eingehen können, Details findet man in der angesprochenen Literatur.
23.5 Modellbildung und Lösungsansätze
493
In den Gln. (23.5, 23.8) und den Tabellen 23.1, 23.2 bedeuten U,V,W Strömungsgeschwindigkeiten in den drei Raumrichtungen. Zur Bestimmung der rotordynamischen Koeffizienten nehmen wir an, daß die Welle sich auf einer kleinen kreisförmigen Verlagerungsbahn um das StatorZentrum befindet. Diese Bewegung mit der Präzessionsfrequenz L 2 führt zu einem zeitabhängigen Problem. Um die dadurch erforderlichen aufwendigen Berechnungsvorgänge zu vereinfachen, kann ein mitrotierendes Koordinatensystem, dessen Ursprung auf der Wellendrehachse liegt, definiert werden. In einem mitrotierenden System sind dann wieder zeitlich konstante Strömungsbedingungen vorhanden, die Berechnung ist auf ein stationäres Problem beschränkt worden. Das mitrotierende Koordinatensystem ist in Bild 23.12 dargestellt. Aufgrund des mitrotierenden Koordinatensystems müssen allerdings auch Zentrifugal- und Coriolis-Kräfte in den Quelltermen berücksichtigt werden.
Bild
Da die Berechnung der Strömungsgrößen nicht an beliebigen Stellen der Dichtung erfolgen kann, wird die Geometrie der Dichtung diskretisiert. Die Größe der Variablen an den Gitterpunkten wird mit Hilfe eines FiniteDifferenzen-Verfahrens ermittelt. Allgemein werden solche Verfahren z.B. von Wendt [23.8] oder Schäfer [23.9] beschrieben. Zur Anwendung bei der Berechnung von Kräften in berührungslosen Dichtungen gibt es verschiedene Veröffentlichungen z.B. Dietzen [23.10], Nordmann [23.11], Weiser [23.12]. Neben den Gleichungen zur Berechnung der Strömungsgrößen (Tabelle 23.1) müssen auch noch Randbedingungen berücksichtigt werden. Zur Berechnung sind der Druck p,, die Temperatur T,, die Dichte p, vor der Dichtung und der Druck p, nach der Dichtung bekannt. Aus den Größen vor
494
23 Berührungslose Gasdichtungen
der Dichtung müssen zunächst die entsprechenden Werte im Eintrittsquerschnitt bestimmt werden
Stator:
U=
0
FO
w=o T= T,
Eintnttsspalt
V=
0
w=R.o T=T,
Bild 23.13: Eintritts- und Haftbedingungen
In den folgenden Bildern ist eine typische Durchblicklabyrinthgeometrie dargestellt. Am Berechnungsgitter bzw. arn Strömungsbild (Bild 23.14) erkennt man, daß die Diskretisierung im Bereich der Labyrinthspitzen wesentlich feiner ist als im Bereich der Kammern. Dies geschieht, um sicherzustellen, daß die zu erwartenden Änderungen der Strömungsgrößen hinreichend genau erfaßt werden können. Für jede Berechnung ist durch Kontrollrechnungen unterschiedlicher Gitterfeinheit sicherzustellen, daß die Diskretisierung hinreichend fein erfolgt ist. vektorielle Geschwindigkeit über der Dichtspaltlänge
axiale Dichtspaitiänge
Bild 23.14: Berechnetes Strömungsfeld für ein Durchblickiabyrinth (4 Kammern) mit Statorspitzen
23.6 Einflussgrößen auf die rotordynamischen Koeffizienten
495
In Bild 23.15 ist der für die Geometrie aus Bild 23.14 berechnete statische Druckverlauf abgebildet. Druckverteilung
axiale Dichtungslänge Bild 23.15: Druckverlauf für ein Durchblicklabyrinth (4 Kammern ) mit Statorspitze
23.6 Einflussgrößen auf die rotordynamischen Koeffizienten Das rotordynamische Verhalten berührungsfreier Gasdichtungen ist, analog zu den Flüssigkeitsdichtungen in Kap. 22, von verschiedenen Betriebs- und Geometrieparametern abhängig. Von Childs [23.1] wurde eine Übersicht der Abhängigkeiten von Hauptsteifigkeit s„ = syy:. Nebensteifigkeit s„ = -sy„Hauptdämpfung d„= dYyund Whirl-Frequenzverhaltnis W, von verschiedenen Größen angegeben. Seine qualitativen Aussagen sind in Tabelle 23.2 grafisch dargestellt. Sie gelten für die zentrische Ruhelage. In den freien Feldern sind bislang keine eindeutigen Tendenzen bekannt.
23 Berührungslose Gasdichtungen
496
Hauptsteifigkeiten
Nebensteifigkeiten hältnis
SZZ
szv
1 Eintrittsdrallverhältnis
minimal bei
t
Druckverhältnis
.
-
Druckdifferenz
Anzahl der Labyrinthkammern NK
t
Tabelle 23.1: Einflußgrößen auf rotordynarnische Koeffizienten und Whirl-Verhalten in Labyrinthdichtungen
Einige der in dieser Tabelle angegebenen qualitativen Abhängigkeiten werden im folgenden anhand der Darstellung von Ergebnissen einer Parametervariation für die Dichtung aus Bild 23.16 verdeutlicht. Kompressibel durchströmte Labyrinthdichtungen unterschiedlicher Geometrie wurden an verschiedenen Instituten experimentell untersucht. Die Messungen wurden mit unterschiedlichen Prüfstandskonzepten durchgeführt. Bis Anfang der 90er Jahre wurden nur mechanische Vorrichtungen zur Erzeugung der Relativbewegung eingesetzt. Es gab beispielsweise Anordnungen mit zwei zueinander exzentrisch gelagerten Wellen, welche eine kreisförmige Wellenbahn erzeugen konnten. Eine andere, oft eingesetzte Anordnung bestand aus einer lateral fest gelagerten Welle und einem lateral beweglichen Gehäuse Childs [23.1]. Dieses Gehäuse
23.6 Einflussgrößen auf die rotordynamischen Koeffizienten
497
konnte mit Hilfe von externen Aktoren wegerregt werden, die resultierenden Kräfte aus der Labyrinthdichtung wurden über Kraftmesszellen erfaßt. Childs [23.1] gibt in seinem Buch eine tabellarische Übersicht über Testeinrichtungen, Dichtungsgeometrien und gemessene Koeffizienten. Erst ab Ende der 80er Jahre wurden aktiv geregelte Magnetlagerungen als Sensor- und Aktorelement zur Untersuchung von mit kompressiblem Fluid durchströmten Dichtungen eingesetzt. Ihre Einsatzfähigkeit ist in verschiedenen Veröffentlichungen nachgewiesen worden Wagner [23.13], Kwanka [23.14]. Ihre Vorteile liegen vor allem in der sehr genauen Kraftmessung und in den relativ geringen zu bewegenden Massen der Rotoren (keine relativbewegten Gehäuse). Die meisten Veröffentlichungen dürften jedoch bisher über Versuche an der Texas A&M University existieren. Nachfolgend sollen daher Berechnungsergebnisse zu einer dort untersuchten Geometrie dargestellt werden. Pelletti [23.1.5] berichtet über Messungen an Durchblicklabyrinthen. Er hat Durchblicklabyrinthe mit Dichtlippen am Stator (TOS) und solche mit Dichtlippen am Rotor (TOR) untersucht. Die Geometrien sind im Bild 23.16 dargestellt. Geometriedaten, Maße in [mm]: 12"
Bild 23.16: Geometrien verschiedener Labyrinthdichtungen
498
23 Berührungslose Gasdichtungen
Die Messungen wurden unter Variation verschiedener Geometrie- und Prozeßparameter durchgeführt. Alle Variationen sind nachfolgend aufgelistet: Parameter Drehzahl [llmin] Eintrittsdruck p i [105 ~ a ] Druckverhältnis p21pi [-I Spaltspiel cr [mm] Wellenradius R [mml Anzahl der Kammern
Variante
I
5000 13,l
7,9
18,3
12000 13,l 18,3
7,9
0,56 0,24
/
0,31
16000 13,l 18,3
7,9
0,45
1
/
0,40
1
/
1
/
1
0,40 0,24 0,31 0,40 0,24 0,31 0,40 75,679
7
Tabelle 23.2: Verschiedene Geometrie- und Prozeßparameter
Die nachfolgenden Diagramme 23.17 bis 23.20 zeigen jeweils die rotordynamischen Koeffizienten s„ s,. d„, dzyund den Massenstrom m für verschiedene Drehzahlen. In jedem Einzeldiagramm ist der jeweilige Koeffizient über dem Vordrall dargestellt. Parameter in jedem Diagramm ist das Druckverhältnis p2/p, (p2/pl= 0,67, p2/pl= 0,40 usw.). Den Meßwerten von Pelletti (strichpunktierte-Linie) sind Berechnungsergebnisse nach dem Bulk-Flow- (punktierte Linie) und dem Finite-Differenzen-Verfahren (durchgezogene Linie) gegenübergestellt.Während beide Berechnungsverfahren bei den Nebensteifigkeiten ähnlich gute Ergebnisse liefern, zeigt das FD-Verfahren seine Uberlegenheit bei der Ermittlung der Hauptsteifigkeiten und -dämpfungen. Leider liegen weder Meß- noch Bulk-Flow-Ergebnisse für die Nebendämpfung vor. Wichtig ist hier auch der Hinweis, daß die FD-Berechnung ohne Anpassung von Parametern überlegene Ergebnisse liefert.
23.6 Einflussgrößen auf die rotordynamischen Koeffizienten
499
Kommentar der Koeffizienten: Hauptsteifigkeit s, Die in mit kompressiblem Medium durchströmten Labyrinthdichtungen erzeugte Hauptsteifigkeit hat absolut betrachtet einen kleinen Betrag. Abhängig von der Einbaulage der Dichtung in einer Maschine kann sie jedoch, gerade bei negativem Vorzeichen trotzdem das Laufverhalten verschlechtern. Dies beruht zum einen auf dem Absinken der Eigenfrequenz des Rotors (und damit auch auf einem sinkenden Dämpfungswert) zum anderen werden bei negativen Hauptsteifigkeiten die Rotorauslenkungen schon bei geringen Störungen stark vergrößert. Wellendrehzahl und Vordrallverhältnis haben nahezu keinen Einfluß auf den Betrag der Hauptsteifigkeit. Betrachtet man das Druckverhältnis pJp, (oder die Druckdifferenz Ap), so erkennt man, daß s„ bei sinkendem Druckverhältnis (mit wachsender Druckdifferenz) ansteigt. Ein ähnliches Verhalten von szz kann bei Variation des Eintrittsdrucks p, (und damit der Dichte des Mediums) beobachtet werden (hier nicht dargestellt).
Nebensteifigkeit sZy Die Nebensteifigkeit s, wird häufig als wichtigster Koeffizient bei der Betrachtung der Stabilitätseinflüsse von Dichtungen beschrieben. Dies liegt an der anfachenden Wirkung von s„ bezogen auf einen wirbelnden Rotor.
s, wächst proportional zum Vordrallverhältnis und zur Drehzahl. Beim Vordrallverhältnis 0 hat s„ stets ein negatives Vorzeichen. Das Druckverhältnis p j p , hat bei niedrigen Drehzahlen nahezu keinen, bei höheren Drehzahlen einen geringen Einfluß auf s„. Mit steigendem Eintrittsdruck p, steigt s„ linear an.
Hauptdämpfung d„ Die Hauptdämpfung wirkt dem negativen Einfluß der Nebensteifigkeit entgegen. Die Rotordrehzahl hat keinen deutlichen Einfluß auf den Betrag von d„. Auch der Einfluß des Vordrallverhältnisses ist nicht eindeutig. Mit der Druckdifferenz Ap steigt dzzan. Bei einer Erhöhung des Eintrittsdrucks p, wächst d„ zunächst auch an. Dieses schwer zu inter- oder extrapolierende Verhalten macht eine möglichst sichere Berechnung der Hauptdämpfung besonders wichtig. Nebendämpfung d, Die Nebendämpfung d„ hat einen sehr kleinen Betrag. Sie verändert sich kaum in Abhängigkeit der Drehzahl Über dem Druckverhältnis p,/p, und dem Eintrittsdruck p, ist kein eindeutiges Verhalten erkennbar. Mit wachsendem Vordrall fällt sie leicht ab.
500
23 Berührungslose Gasdichtungen
067: Druckverhältnisp, / p, = 0,67 040: Druckverhältnisp, / p, = 0,40
Bild 23.17: Rotordynamische Koeffizienten szz,sZy,dlz,d einer Labyrinthdichtung in Abhängigkeit vom Vordrall und der Druckdifferenz. Drehzahl 5000 min-'
23.6 Einflussgrößen auf die rotordynamischen Koeffizienten
501
Druckverhältnis D. 1 D 067: Druckverhältnis p, / p, = 0,67 040: Druckverhältnis p, / p, = 0,40
Bild 23.18: Rotordynamische Koeffizienten szz,sey,d„, dZyeiner Labyrinthdichtung in Abhängigkeit vom Vordrall und der Druckdifferenz. Drehzahl 12000 min-'
502
23 Berührungslose Gasdichtungen
Druckverhältnis p, 1 p, 067: Druckverhältnis p, / p, = 0,67 040: Druckverhältnis p, / p, = 0,40
Bild 23.19: Rotordynamische Koeffizienten szz,sZy,dzz,dcyeiner Labyrinthdichtung in Abhängigkeit vom Vordrall und der Druckdifferenz. Drehzahl 16000 min-'
23.7 Anwendungsbeispiel: Hochdruckkompressor
503
23.7 Anwendungsbeispiel: Hochdruckkompressor Zum Abschluß des Kapitels 23 wollen wir zeigen, wie die rotordynamischen Koeffizienten von Gasdichtungen bei der rotordynamischen Nachrechnung eines Hochdruckkompressors Verwendung finden. Das Beispiel stammt von Schmied [23.16], der das dynamische Verhalten dieser Maschine unter Berücksichtigung aller Effekte: Gleitlager, Gleitringdichtungen, Labyrinthe, berechnet hat.
23.7.1 Vorgegebenes Datenmaterial für den Radialkompressor Zu Beginn der Untersuchung müssen die Geometrie- und Betriebsdaten für die numerische Bearbeitung aufbereitet werden.
Geometrie Der Hochdruckkompressor besitzt acht Stufen in Radialbauweise mit Zwischenkühlung nach der vierten Stufe. Die Maschine wurde für die Reinjektions-Technologie auf dem Off-Shore-Sektor entworfen. Die Eckdaten sind: Ansaugdruck 198 bar Enddruck 700 bar Molekulargewicht des Mediums 20,05 kglkmol Durchsatz 47,5 kgls Rotorgewicht 265 kg Lagerabstand 1565 mm Betriebsdrehzahl 13400 Vmin Die Angaben charakterisieren die zu berechnende Maschine als einen Hochleistungsverdichter, der bei relativ geringen Abmessungen dem Medium eine große Druckänderung aufprägt. Bild 23.19 zeigt außerdem, daß es sich um einen schlanken, langen Rotor handelt, der rotordynamisch sehr genau untersucht werden muß, weil diese Bauart für Biegeschwingungen und Selbstanregung empfindlich ist. Zur Schwingungsuntersuchung wurde das Finite-Elemente-Programm TURBO benutzt, Diewald [23.17]. Es ermöglicht die Berücksichtigung sämtlicher
504
23 Berührungslose Gasdichtungen
rotordynamischer Effekte. Die mit diesem Programm erstellte Diskretisierung ist als System-Plot in Bild 23.20 wiedergegeben.
Gleitlager 1
Ausgleichs koben
Laufräder Gleitlager 2
~leitrin~ dichtung I
Gleitring dichtung 2
Bild 23.20: Konstruktionsskizze des untersuchten Rotors
Gleitlager Der Rotor ist auf zwei Kippsegment-Gleitlagern mit vier gleichen Segmenten aufgelagert. Dieser Lagertyp zeichnet sich dadurch aus, daß die Steifigkeitsund Dämpfungsmatrix nur auf der Diagonalen besetzt sind (siehe Kap. 12); mithin kann diese Lagerung selbst keine anfachenden Krafte entwickeln.
Gleitlager 1
Ausgleichskolben
Labyrinthe an den Stufen (Deckscheiben- und Radrückseiten-Labyrinthe)
Bild 23.21: Diskretisierung des Rotors mit dem FE-Programm TURBO
Gleitlager 2
23.7 Anwendungsbeispiel: Hochdruckkompressor
505
23.7.2 Berechnung der Labyrinthdichtungen Den größten Einfluß auf die Rotordynamik üben bei Hochdruckkompressoren die Labyrinthdichtungen aus. Aus diesem Grund ist die Berechnung der Dichtungen sehr wichtig. In der Praxis versucht man den destabilisierenden Dichtspalteinfluß zu reduzieren, indem man sogenannte "swirl brakes" einsetzt, das sind radial geschlitzte Ringe, die am Eintritt der Labyrinthe montiert werden, um den Vordrall der eintretenden Strömung zu brechen, wodurch die destabilisierenden Kraftkomponenten in erheblichem Ausmaß beeinflußt werden.
Geometrie und Betriebsdaten Beim vorliegenden Kompressor werden Labyrinthe zur Abdichtung der auftretenden Druckunterschiede an folgenden Stellen eingesetzt: an Deckscheibe und Rückseite jedes Laufrades sowie am Ausgleichskolben. Ausgleichskolben (Kamm-Nut-Labyrinth 26 Streifen)
Laufrad-Labyrinthe (5 Streifen)
i
-.
Rotor
I-.
.
Bild 23.22 Geometrie der Dichtungen
Dabei handelt es sich um Durchblicklabyrinthe mit Statorspitzen an den Laufrädern; der Ausgleichskolben weist eine Kamm-Nut-Geometrie auf. Bild 23.22 zeigt die Geometrie der Labyrinthe.
Vergleich von FD-Methode und 3-Volumen-Modell Die Bilder 23.22 bis 23.24 zeigen Hauptsteifigkeit, Nebensteifigkeit und Hauptdämpfung für das Deckscheibenlabyrinth. Die Ergebnisse wurden einmal mit einem Drei-Volumen-Bulk-Flow-Modell (Bild 23.22) und zum anderen mit einer Störungsrechnung (FD) ermittelt.
23 Berührungslose Gasdichtungen
506
6
szz=
,s
-+ 3-VolumenModell x Störungs-
0
rechnung
!
-6
!
I
I
0
I
I
I
I
(FD)
I 100
50
Vordrall wi [m/s]
Bild 23.23: Berechnungen der Hauptsteifigkeit für das Deckscheibenlabyrinth der sechsten Laufradstufe bei verschiedenem Vordrall (mit und ohne Swirl Brakes)
10
SZY= -S,
-+
5
-
O ! 0
!
!
3-VolumenModell Storungarechnung
(FD)
!
I
so
I
J 100
Vordrall wi [m/s1
Bild 23.24: Berechnungen der Nebensteifigkeit für das Deckscheibenlabyrinth der sechsten Laufradstufe bei verschiedenem Vordrall Hauptdümpfung 10
d,= d,
--+
5
X
3-VolumenModell Störungsrechnung
(FD) 0 0
so
100
Vordrall wi Crn/sl
Bild 23.25: Berechnungen der Hauptdämpfungen für das Deckscheibenlabyrinth der sechsten Laufradstufe bei verschiedenem Vordrall
23.7 Anwendungsbeispiel:Hochdruckkompressor
507
23.7.3 Untersuchung der Eigenschwingungen mit der FEMethode Bei den maschinendynamischen Berechnungen fand wie bei Diewald [23.17] das FE-Programm TURBO Verwendung. Für die Gleitlager wurden die von Schmied [23.16] angegebenen Koeffizienten benutzt. Die Labyrinthkoeffizienten wurden mit der FE-Störungsrechnung (Laufradlabyrinthe) und mit dem Bulk-Flow-Modell für den Ausgleichskolben bestimmt. Diskussion der FE-Berechnungen: Bild 23.26 zeigt die ohne Dichtungseinflüsse errechneten Eigenformen bis 335 Hz. Die erste Eigenform, aufgespalten in den "backward whirling mode" und den "forward whirling mode", liegt bei etwa 65-67 Hz. Die Kennzeichnung "forward" beziehungsweise "backward bezieht sich auf die Durchlaufrichtung der sich für jeden Wellenpunkt ergebenden exzentrischen Umlaufbahn im Verhältnis zur Rotordrehrichtung. Eigenvektoren des Gesamtsystems
PHI = i # P . I 1
%*RB
B *.*.I I
"backward"
"forward"
Bild 23.26: Berechnete Eigenformen
508
23 Berührungslose Gasdichtungen
Rotordynamisch interessanter ist der "forward mode", der bei eventuellen Instabilitäten in der Regel leichter angeregt werden kann. Alle Eigenformen besitzen positive modale Dämpfung und sind somit stabil. Dies ist einleuchtend, da die Gleitlager keine Nebendiagonalelemente für Steifigkeit und Dämpfung aufweisen und daher keine destabilisierenden Kräfte in das System einleiten können. Neben dieser idealen Berechnung wurden Untersuchungen mit Labyrintheinfluß ausgeführt. Einmal erfolgten die Rechnungen für Labyrinthe mit Vordrallbremsen, was die destabilisierenden Tangentialkräfte in den Dichtungen erheblich reduziert; das System bleibt stabil und die Dämpfung steigt an. Bei der Berechnung ohne Vordrallbremsen wird das System instabil, die modale Dämpfung ist negativ. Diese Sachverhalte sind in den Bildern 23.27 und 23.28 festgehalten. In Bild 23.27 ist die erste Eigenfrequenz des Verdichterrotors für die drei Fälle: ohne Labyrinth, Rechnung mit Drallbremse und Rechnung ohne Drallbremse dargestellt. Man erkennt, daß durch die Labyrinthe die Eigenfrequenz angehoben wird.
Erete Eigenfrequenz
"ideale Berechnunge'(ohne Labyrintheinfluß)
Rechnung mit Drallbremsen
Rechnung ohne Drall bremsen
Berechnungsfälle
Bild 23.27: Gegenüberstellung der berechneten ersten Eigenfrequenz
23.8 Fragen
509
Die modale Dämpfung (Bild 23.28) zeigt ganz deutlich, daß der Verdichter durch den Labyrintheinfluß instabil wird, wenn keine Drallbremsen verwendet werden. Mit Drallbremsen liegt man dagegen auf der sicheren „stabilen" Seite.
Modale Dämpfung
24.4
"ideale BerechnungW(ohneLabyrintheinfluß)
Rechnung mit Drallbremsen
Rechnung ohne Drallbremsen
Berechnungsfälle
Bild 23.28: Vergleich der modalen Dämpfungen
23.8 Fragen Welche Betriebsparameter einer Turbomaschine beeinflussen Selbsterregungsmechanismen in berührungslosen Gasdichtungen?
die
Zur Berechnung der rotordynamischen koeffizienten existieren verschiedene Verfahren. Welche vereinfachenden Annahmen werden jeweils getroffen? Drallbremsen verbessern i.a. die Stabilitätseigenschaften einer Turbomaschine. Welcher Parameter wird durch sie beeinflußt und wie wirkt sich das auf das Schwingungsverhalten der Maschine aus?
24 Spalterregung in Turbinen - Thomas-Kräfte
24.1 Einleitung Wenn der Läufer einer axial durchströmten Dampf- oder Gasturbine durch irgendwelche Radialkrafte aus seiner gehäusezentrischen Lage bewegt wird, so verursachen die Spaltströmungen eine über den Umfang unterschiedliche Beaufschlagung der Laufschaufeln. Auf der Seite des engen Spaltes erhalten die Schaufeln mehr Dampf bzw. Gas als ohne Auslenkung, die Umfangskraft wird hier größer. Auf der gegenüberliegenden Seite geht ein größerer Teil des Dampfes für die Arbeitsleistung der Stufe verloren, weil der Spalt am Schaufelkopf größer wird, hier nimmt die Umfangskraft gegenüber dem Ausgangszustand ab. Wie Bild 24.1 schematisch zeigt, sind die Kräfte am Umfang ungleichmäßig verteilt und es ergibt sich eine resultierende Radialkraft senkrecht zur Auslenkung. Wie wir im weiteren sehen werden, ist diese Kraft in erster Näherung der Auslenkung proportional. !
großer Spalt, kleinere Umfangskräfte
Y V +-+
kräfte
WC
Bild 24.1: Spalterregungskrafte in Dampf- und Gasturbinen, Sonderfall W # 0, V = 0
24 Spalterregung in Turbinen - Thomas-Kräfte
512
Der in Bild 24.1 gezeigte Sonderfall mit den Auslenkungen W # 0, V = 0 bzw. Kräften Fz = 0, Fyf 0 kann in allgemeiner Form durch das folgende KraftAuslenkungs-Gesetz beschrieben werden.
Die schiefsymmetrische Anordnung läßt erkennen, daß die Kräfte in der Matrix destabilisierenden Charakter haben. Als Proportionalitätsfaktor zwischen Kräften und Auslenkungen steht die Spalterregungskonstante ks. Sie hat die Dimension einer Federkonstanten. Ziel der nachfolgenden Herleitung ist es, die Spalterregungskonstante ks zu bestimmen und zu zeigen durch welche Parameter sie beeinflußt werden kann. Dabei folgen wir den Überlegungen, die Thomas [24.1] bereits 1958 angestellt hat, nachdem an Dampfturbinen Stabilitätsprobleme auftraten. Da Thomas wohl der Erste war, der sich mit dem beschriebenen Phänomen beschäftigte, benannte man die Kräfte auch nach ihm als „Themas -Kräfte". Daneben hat sich für die Erscheinung auch der Begriff der ,,Spalterregung" etabliert. Sieben Jahre nach Thomas hat Alford [24.2] in den Vereinigten Staaten ähnliche Effekte beobachtet. Deshalb werden die entsprechenden Kräfte in USA auch „Alford-Forces" benannt.
24.2 Ansatz für die Spalterregungskräfte - Modellbildung Wir beginnen mit der Darstellung der Umfangskraft für den Idealfall der zentrischen Lage des Rotors ohne jegliche Verluste. Die zugeführte thermische Energie des Dampfmassenstromes wird in mechanische Rotationsenergie umgewandelt, Bild 24.2. mg AH = F,, ,R.R, m
AH F,„
R R,,,
Massenstrom durch die Turbine Druckgefalle, Druckhöhendifferenz, Stufengefälle Umfangskraft für die Stufe im Idealfall Winkelgeschwindigkeit Mittlerer Radius der Beschaufelung
(24.2)
24.2 Ansatz für die Spalterregungskräfte - Modellbildung
513
Bild 24.2: Ideale Umwandlung von thermischer in mechanische Energie in einer Turbinenstufe, zentrische Rotorlage
Damit ist die gesamte ideale Umfangskraft einer Stufe
Der auf den Winkelbereich bezogene Kraftanteil ist entsprechend
Zur Berücksichtigung der Stufenverluste - dabei werden die Spaltverluste zunächst noch ausgenommen - führen wir den Wirkungsgrad q,für die Umfangsrichtung ein, der zu einer Reduktion der idealen Partialkraft von dF,,, auf dFU führt.
Dabei gilt GI. (24.5) noch immer für den Fall der zentrischen Lage des Läufers im Gehäuse. Zusätzliche Verluste stellen sich nun durch die
514
24 Spalterregung in Turbinen - Thomas-Kräfte
Spaltströmung ein, denn der durch die Spalte fließende Dampf- bzw. Gasstrom trägt nichts zur Leistung bzw. zur Umfangskraft bei. Dieser Tatbestand wird durch den folgenden Ansatz berücksichtigt
Die Wirkungsgradreduktion wird durch den lokalen Wirkungsgradverlust G(@) ausgedruckt, wobei die Abhängigkeit vom Umfangswinkel O bereits den Fall der exzentrischen Rotorlage mit einschließt. Auf die Bestimmung des lokalen Wirkungsgradverlusts gspgehen wir im nachfolgenden Abschnitt ein. An dieser Stelle wollen wir zunächst annehmen, daß G,(@) bekannt sei. Dann können wir die Teilkräfte dFu nach G1. (24.6) über den Umfang aufsummieren. Dabei hilft uns Bild 24.3.
Bild 24.3: Zerlegung der partiellen Umfangskraft dFuin y- und z- Komponenten
Bei der Integralbildung fallen jeweils die %-Anteile heraus. Außerdem ist F , , nach G1. (24.3) bekannt. Um die Kräfte F„ Fz auswerten zu können, müssen wir jetzt den lokalen Wirkungsgradverlust G(@) einführen. Dieser ist u.a. von der Spaltfunktion h(O) und diese wiederum von den Rotorauslenkungen V und W abhängig. So erklärt sich der Zusammenhang zwischen den Kräften Fy,F, und den Läuferauslenkungen V und W wie wir ihn zunächst allgemein in G1: (24.1) beschrieben haben.
24.3 Der lokale Wirkungsgradverlust C&(@)
515
24.3 Der lokale Wirkungsgradverlust G&@) Wir nehmen an, daß sich der Wirkungsgradverlust infolge der Spaltströmung durch das Verhältnis zweier Massenströme ausdrücken läßt, siehe G1. (24.8). Dabei liegt es zunächst nahe, den Spaltverluststrom m„ in Relation zum gesamten Massenstrom der Stufe mo anzusetzen. Bild 24.4 und Bild 24.5 verdeutlichen, um welche Massenströme es sich dabei handelt. Die angegebenen Geometrie- und Strömungsdaten werden für die nachfolgende Herleitung benötigt.
Der Ansatz in GI. (24.8) ist sinnvoll, wenn der Rotor eine gehäusezentrische Lage einnimmt. Bei exzentrischer Lage müssen wir jedoch die Umfangsabhängigkeit des Verlustmassestromes einbeziehen, womit sich auch die entsprechende Abhängigkeit für &(@)ergibt. Deshalb bilden wir den Quotienten aus den entsprechenden Partial-Masseströmen, die sich jeweils auf den Winkelbereich d@beziehen
Für den Partialmassestrom dm, durch die Turbine (Bild 24.4) können wir ansetzen dm, = p . c , .sina, R m.dLs
(24.10)
Hierin sind p die Dichte, c,.sina, = Vx die axiale Strömungsgeschwindigkeit, Rmder mittlere Schaufelradius und Ls die Schaufellänge. Der partiale Spaltverluststrom (Bild 24.5) läßt sich dann so formulieren:
Darin ist kc ein Kontraktionskoeffizient für den Spalteintritt, R, der Radius am Schaufelende und Vx die mittlere axiale Geschwindigkeit im Spalt. Sie kann aus dem Stufengefälle und einem Durchflußkoeffizienten C, bestimmt werden.
516
24 Spalterregung in Turbinen - Thomas-Kräfte
Mittlerer Schaufelradiu? R
&--h 1 Schaufellänge L, Partial Massestrom
Durchströmgeschwindigkeit
Strom m, durch die Stufe
,
Bild 24.4: Massestrom m durch das Laufrad
Spaltspiel h(@) = h , - e . c o s @ Partial Verluststrom d h p
Winkelbereich
V, mittlere axiale Strömungsgeschwindigkeit im Spalt Zn
Bild 24.5: Verlustmassestmm
= /dmSpdurch den Spalt SP
24.3 Der lokale Wirkungsgradverlust
517
h(O, t) ist das lokale Spaltspiel bei radial bewegtem Rotor, das sich wie bereits in Kapitel 12 gezeigt durch folgende Beziehnung ausdrücken läßt.
Zur Vereinfachung der weiteren Herleitung nehmen wir an, daß e(t = 0) konstant ist. Da wir am Ende unserer Herleitung Steifigkeiten erhalten (Gl. 24.1), genügt diese statische Vorgehensweise auch für Fälle, für die wir speziell die Auslenkungen
V
= 0 vorgeben.
Wir kehren jetzt zur G1. (24.9) zurück und setzen die gefundenen Ausdrücke ein.
5„ (0)= C,
sina,
Definiert man auch noch die Konstante k, nach Childs [24.4] als
k, =
kC 2c, . sina,
so ergibt sich letztlich für gsp(0)
Der lokale Wirkungsgradverlust G,(@) setzt sich also aus dem konstanten Anteil (2.(k,/Ls).h,) sowie aus dem vom Umfangswinkel O abhängigen Term (-2.(k,/Ls).e,.cosO) zusammen. Der erste Anteil führt zur Reduktion der Umfangskraft durch Spaltverluste für den zentrischen Falle e = e, = 0 . Im exzentrischen Fall kommt es dann in Abhängigkeit von O sowohl zu Vergrößerungen als auch zu Verkleinerungen der Umfangskraft, wie wir es bereits im einleitenden Bild 24.1 gesehen haben.
518
24 Spalterregung in Turbinen - Thomas-Kräfte
24.4 Die Spalterregungskonstante k, Im letztem Schritt der Herleitung setzen wir den gefundenen Ausdruck für G(@) (Gl. 24.17) in die Kraftbeziehungen G1. (24.7) ein.
Für den angenommenen Auslenkungsfall W = e,,, V = 0 wird = 0. Im ersten Kraftanteil Fy entfällt der erste Integrationsterm (zentrische Lage h(O) =h,). Der zweite Term liefert nach durchgeführter Integration
ein Vergleich mit G1. (24.1) läßt erkennen, daß die Spalterregungskonstante ks = sZy= (F,, id/L,).k2ist. Führt man die GI. (24.3) und (24.16) wieder ein, so ist deutlich zu erkennen, wovon die Spalterregungskonstantek, abhängt.
24.5 Die destabilisierende Wirkung der Spalterregung Lassen wir im allgemeinen Fall beide Auslenkungen W und V zu, so können wir die bereits zu Beginn eingeführte Kraft-Auslenkungs-Beziehung nochmals bestätigen. Sie lautet
24.5 Die destabilsierende Wirkung der Spalterregung
519
Bei kleiner Auslenkung des Läufers aus der gehäusezentrischen Lage mit den Verschiebungen W und V (Bild 24.6 a) stellen sich Kräfte FZund Fyein, die aus den Gln. (24.21 und 24.20) berechnet werden können.
a)
$:fachende
.
Y 0'*
Kraft *'
/--
%
k------des
Orbitalbewegung Rotormittebunkts
identisch mit ichh hing der Orbitalbewegung
Bild 24.6: a) Kraft-Auslenkungsgesetz bei Spalterregung; b) Anfachung bei Gleichlaufbewegung
Das Gesetz sagt aus, daß die resultierende Kraft senkrecht zur resultierenden Auslenkung steht und dieser in Wellendrehrichtung um 90" vorauseilt. In Bild 24.6 b ist gezeigt, wie diese Kräfte bei einer angenommenen Gleichlauf-Schwingbewegung dem Läufer Energie zuführen und seine Orbitalbewegung anfachen. Denn die Kraft zeigt immer in Richtung der Bewegung - führt dieser also Energie zu. Das ist nochmal eine anschauliche Interpretation, des
520
24 Spalterregung in Turbinen - Thomas-Kräfte
Sachverhaltes der uns schon oft in diesem Buch begegnete: antimetrische (schiefsymmetrische) Anteil einer „Steifigkeitsmatrix"-Matrix können destabilisieren.
24.6 Fragen Von welchen Parametern wird der Betrag der Thomas-Kraft beeinflußt? Warum spielt die Spalterregung bei Dampfturbinen nur im Hochdruckteil und allenfalls noch im Mitteldruckteil eine Rolle? Schaufellängen beachten! Wie unterscheidet sich der Wirkrnechanismus der Thomas-Kraft von dem der Spalterregungskräfte in Kap. 22 und Kap. 24? Durch welche Einträge der Steifigkeitsmatrix kann eine Instabilität der Rotorbewegung verursacht werden? Warum spielen die Spalterregungskräfte nur im Hochdruckteil von Dampfturbinen eine Rolle, wo die Schaufeln sehr kurz sind? Im Niederdruckteil sind sie praktisch bedeutungslos. Die Thomaskrafte destabilisieren die Gleichlaufeigenformen der Turbine. Ahnliche Spalterregerkräfte treten auch in Kompressoren auf. Dort wird der Gegenlauf destabilisiert, wieso?
25 Luftkraftsteifigkeiten und -dämpfungen von Windturbinen und die Gondelwhirl-Stabilität
25.1 Einleitung Etwa die Hälfte der modernen großen Windkraftanlagen ist dänischen Typs und arbeitet im Normalbetrieb ohne jede Blattverstellung. Der Rotor treibt über ein Getriebe einen Asynchrongenerator an, der mit geringem Schlupf an die Netzfrequenz gefesselt ist (0,5 bis 4 %). Praktisch fahren diese Anlagen auch bei stark variablem Wind mit fester Drehzahl (bei Polumschaltung mit zwei festen Drehzahlen). Die Blattwinkelverstellung dient nur als aerodynamische Bremse beim Stillsetzen der Anlagen. Diese robusten „stall-gesteuerten" Anlagen laufen bei Starkwind stundenlang mit abgerissener Strömung. Der „stall" begrenzt die Leistungsentnahme aus dem Wind und vermeidet so, daß der Generator überfüttert wird. Bild 25.1 zeigt die Leistungskennlinie P(vJ einer solchen Anlage und die zugehörige dimensionslose Darstellung als Leistungsbeiwert (Wirkungsgrad)
wobei die Schnellaufzahl Adas Verhältnis von Umfangsgeschwindigkeit / Windgeschindigkeit ist: A = RR / vw.R ist der Flügelradius, R die Winkelgeschwindigkeit des Rotors und p die Dichte der Luft (etwa 1,2 kg/m3). Der Ausdruck im Nenner von c, stellt die im Wind vorhandene Leistung dar. Windturbinen sind sehr schwingungsfreudige Strukturen. Wesentliche Dämpfungen kommen vor allem aus den Luftkräften, die aber auch Anfachungen liefern. Ein spezielles Problem der stall-gesteuerten Windturbinen ist der Luftkraft-Dämpfungsverlust im Bereich des Strömungsabrisses, der zudem noch mit einer Zunahme der Anfachungsterme verbunden ist.
522
25 Luftkraftsteifigkeiten und -dämpfungen von Windturbinen
Das kann einerseits zu einer Entdämpfung der Lateralbewegungen der Gondel auf dem elastischen Turm führen [25.3] oder aber zur Entdämpfung der Nickund Gierbewegungen des auf Elastomer-Elementen gebetteten Triebstranges. Im entdämpften Fall klingen die Eigenschwingungen auf und münden in einen (nicht-linearen) Grenzzyklus; eine elliptische Bahn, die immer aufs Neue durchfahren wird - den Gondelwhirl. Ehe wir nun mit der Untersuchung der Whirl-Stabilität beginnen, müssen wir uns zunächst mit den Luftkraftsteifigkeiten und -dämpfungen (Luftkraftderivativa) beschäftigen.
Bild 25.1: Leistung aufgetragen über der Windgeschwindigkeit bei einer 600 kW Windkraftanlage und ihre dimensionslose Darstellung c&h)
25.2 Luftkraftsteifigkeit und -dämpfung
523
25.2 Luftkraftsteifigkeit und -dämpfung Bei homogener Anströmung und sauberer Ausrichtung der Rotorachse auf den Wind liefert der in einem gondelfesten X-y-z-Systemskizzierte Rotor an der Nabe drei Kräfte und drei Momente, die aber, bis auf den Schub f und das Drehmoment q,alle null sind
Aerodynamische Steifigkeit S„„ Führt die schwingende Gondel mit dem Rotor eine kleine Drehung qzum die Hochachse aus (Gieren), ändern sich in Bild 25.2 an den senkrecht stehenden Flügeln die Anstellwinkel in den Geschwindigkeitsdreiecken, die aus der axialen Windgeschwindigkeit V, und der Umfangsgeschwindigkeit !2 r die AnströmgeschwindigkeitC des Flügelschnittes bilden.
Bild 25.2: Änderung der Winddreiecke im Flügel oben (Schnitt B-B) und Flügel unten (Schnitt C-C) bei einer Eigenbewegung qzdes Rotors um die Hochachse. Entstehung des Momentes myaus dem Gierwinkel qz
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25 Luftkraftsteifigkeiten und -dämpfungen von Windturbinen
Oben
(Schnitt B-B) wird der Anstellwinkel aAum qzvergropert. Die Auftriebskraft des Flügels A steigt um dA an. Denn die Flügelnase wird aus dem Wind gedreht, was eine Anstellwinkelvergrößerung gleichkommt.
Unten
(Schnitt C-C) geschieht Gegenteiliges. Die Flügelnase wird stärker in den Wind gedreht. Der Anstellwinkel oc, wird um qzverkleinert. Die Auftriebskraft A wird infolgedessen um dA vermindert.
Da diese Veränderungen betragsmäßig gleich sind, ändert sich nichts am Schub fx und am Antriebsdrehmoment mx. Aber es entsteht über die Hebel r ein Drehmoment um die y-Achse
Die ~ n d e r u n gder Anströmgeschwindigkeit C oben bzw. unten hat einen erheblich geringeren Einfluß auf die Auftriebskräfte als die Anströmwinkeländerung. Analoge Uberlegungen für eine kleine Drehung qyum die horizontale Achse führen auf ein Drehmoment m Z = -Saeropyum die Vertikalachse. Beide Komponenten lassen sich in einer antimetrisch besetzten Matrix S„„ zusammenfassen.
Da diese Momente den Drehwinkeln proportional sind, spricht man auch von einer aerodynamischen Steifigkeitsmatrix. Die antimetrische Besetzung von Sm, deutet allerdings auf die Fähigkeit hin, dem System Energie zuzuführen, also es zu destabilisieren.
Aerodynamische Dämpfung d„, Kehren wir noch einmal zu Bild 25.2 zurück und überlegen, was bei einer Drehung qzum die Hochachse mit den beiden waagerecht liegenden Flügeln passiert. Durch die Eigenbewegung qz ändert sich hier vor allem die Anströmgeschwindigkeit: zusätzlich zu vwbläst sich links der Flügel selbst noch mit rqZ an, Bild 25.3. Dies hat zur Folge, daß dort der Schub steigt. Rechts dagegen weicht der Flügel vor dem Wind zurück. Die anströmende Windgeschwindigkeit wird um - rqjz reduziert. Die Schubkraft sinkt.
25.2 Luftkraftsteifigkeitund -dämpfung
U
525
Draufsicht
Bild 25.3: Entstehung der aerodynamischen Dämpungskräfte an den beiden horizontalen Flügeln durch eine Drehung qz, Qz um die Hochachse
Durch die Hebel r entsteht ein Drehmoment um die Hochachse, das der Drehbewegung entgegengesetzt ist und der Drehgeschwindigkeit Qz proportional. Für eine Drehung um die Horizontale mit qy ergibt sich Analoges. Insgesamt können wir daher schreiben
Bei gegebener Flügelgeometrie und gegebenem Einbauwinkel hängen die Koeffizienten gaeround d„„ nur noch von der Schnellaufzahl iZ = Q R h , ab. Einstweilen haben wir nur die ausgezeichneten Positionen, die waagerechten bzw. senkrechten Flügel, betrachtet. Bei Vier- und Dreiflüglern ändert sich nichts an den Größen G„ und d„, wenn Zwischenpositionen betrachtet werden. Erst beim Zwei- und Einflügler werden S„, und periodischzeitvariant. Drei- und Mehrflügler sind scheibenartig rund in ihrem aerodynamischen Verhalten.
526
25 Luftkraftsteifigkeiten und -dämpfungen von Windturbinen
25.3 Systematische Ermittlung der Propeller-Derivativa Bisher haben wir die Entstehung der Luftkraftkoeffizienten aus den Gier- und Nickbewegungen R, qydiskutiert. Läßt man für alle 6 Freiheitsgrade des Rotors Störbewegungen Au zu,
und führt systematisch mit der Blattelementtheorie oder einem CFDVerfahren eine numerische Störungsrechnung durch, so lassen sich die Krafte und Momente an der Nabe als Taylorreihe darstellen
Die Matrizen der partiellen Ableitungen
der nach zwei Gliedern abgebrochenen Reihe sind die Luftkraftmatrizen. Ihre ~rundsätzlicheBesetztheit für zwei- und dreiflügelige starre Rotoren zeigt Eild 25.4, das der Arbeit [25.3]entnommen wurde.
konstant
doppelt-
M umlauffrequent
Bild 25.4: Grundsätzliche Besetztheit der 6x6-Matrizen der Luftkraftsteifigkeiten und -dämpfungen
Die zeitvarianten Koeffizienten des 2-Flüglers lassen sich nach einfachen Regeln aus denen des 3-Flüglers bestimmen.
25.3 Systematische Ermittlung der Propeller - Derivativa
527
Die für die weitere Untersuchung der Whirlstabilität des Triebsstrangs wichtigen Koeffizienten g„„ = s56 = -s„ und daero= d55sind im Bild 25.5 dimensionslos über der Schnellaufzahl dargestellt, und zwar für zwei verschiedene Flügel-Geometriegebungen.
NACA 63-2xx 0,08 0,20
-FX 63-137
-..
0,oo
....... NACA 63-2xx
0,oo
Bild 25.5: Luftkraftsteifigkeit s„'(h) und Luftkraftdämpfung d„'(h) für zwei verschiedene = 8; Rotor 2: Profil FX 63-137, hopi=7 Flügelauslegungen. Rotor 1: Profil NACA 63-2xx, hupt [25.5]
Die kräftigen Veränderungen der Luftkraftderivativa im Starkwindbereich Schnellaufzahl iZ = 5 bis 3 - sind auf den Strömungsabriß an den nicht verstellbaren Flügeln zurückzuführen, Bild 25.6. Auftriebsbeiwert CA
23 1 2.0
4
Auslegung
Stallbereich h=5-3 I
-10
0
10
I
20
30
40
50 60 70 Anstellwinkel a, ["I
Bild 25.6: Strömungabriß an den Rotorblättern im Starkwindbereich h = 5 - 3
Zwischen den dimensionslosen und dimensionsbehafteten Werten besteht folgender Zusammehang:
528
25 Luftkraftsteifigkeiten und -dämpfungen von Windturbinen
Der Vorteil der dimensionslosen Darstellung liegt auf der Hand: solange die Formgebung des Flügels unverändert bleibt und nur geometrisch ähnlich hochskaliert wird, gelten diese Werte für beliebige Flügelgrößen R.
25.4 Mechanisches Modell des elastisch gebetteten Triebstranges Bild 25.7 zeigt die Lagerung des Triebstrangs einer größeren Windturbine. Das Rotorhauptlager, welches Gewicht und Achsschub des Propellers abträgt, ist als Pendelrollenlager ausgeführt. Das Getriebe steht zur Geräusch- und Schwingungsisolierung auf Elastomerelementen.
M
Pendelrollenlager
I: I
I
Kupplung
Getriebe
starrer Maschinenträger
Bild 25.7: Mechanisches Modell; Nick- und Gierfreiheitsgrade cpyund pz
Auch der Generator ist schwingungsisoliert auf Gummiblöcken aufgestellt. Durch die Gelenkwelle zwischen Getriebe und Generator sind seine Schwingungsbewegungen jedoch weitgehend von der Lateraldynarnik der RotorGetriebe-Einheit entkoppelt.
25.4 Mechanisches Modell des elastisch gebetteten Triebstranges
529
Das einfachste Modell zur Beschreibung der elliptischen Bahnen, die die Nabe beim Whirlen ausführt, berücksichtigt nur die Freiheitsgrade Nicken pyund Gieren (Wenden) pz. Die Flügel betrachten wir als starr. Die Bewegungsgleichungen lauten dann in inertialen Koordinaten Trägheit
[OaX
GummiElemente Luft"äfte
"P](";}+
]{"}+Q[ @„
[' ] }:{ [".] {
V,
0,
+
+
Pz
{er}+
[" ] [ sq(;:] $1 s56
=
. (25.8) bzw. p
Sie enthält die Massen- und Kreiselkräfte von Rotor und Getriebe, die Federund Dämpfungskräfte der elastischen Aufstellung auf den Gummifüßen und die zuvor beschriebenen Luftkräfte. Insgesamt treten 9 Parameter in den Matrizen auf:
Op,Oax
-s z , -S y ; -d„ d-y
polares und axiales Trägheitsmoment von Rotor und Getriebe (Gyrostat) Nick- und Giersteifigkeiten und Dämpfungen aus den Elastomerelementen
d55
, '56
C2
Luftkraftkoeffizienten, schnellaufzahlabhängig „Drehzahl".
Mit den Abkürzungen mittlere Stillstandsfrequenz
-4
U„ =
W = U?(:
+ U,:
und der leicht vereinfachenden Annahmen d z = d
)I2 ,
für die
Gummi-Elementdämpfung läßt sich die Bewegungsgleichung (25.8) nach Division beider Zeilen durch O, umschreiben in
530
25 Luftkraftsteifigkeiten und -dämpfungen von Windturbinen
d steht abkürzend für den Gesamtbeitrag von Luftkraft- und Gurnmidämpfung d = dcummi+ d„ . Da wir nun das System auf Stabilität untersuchen wollen, wurde die rechte Seite zu null gesetzt.
25.5 Gondelstabilität einer größeren Windkraftanlage Mit dem Ansatz für die homogene Lösung
geht G1. (25.9) in eine algebraische Matrizengleichung über, deren Determinante die charakteristische Gleichung liefert.
Die Wurzeln (Eigenwerte) sind komplex; es treten 2 konjugierte Eigenwertpärchen auf,
cq sind die Schwingfrequenzen, nenten,
a,die Ab- bzw. Aufklingfaktoren
im Expo-
Da die Bezeichnung /Z in diesem Kapitel der Schnellaufzahl vorbehalten ist, wurde - sonst unüblich in diesem Buch - der Eigenwert hier mit X bezeichnet. Statt q geben wir in den Grafiken den modalen Dämpfungsgrad
an, der dem Lehrschen Dämpfungsgrad entspricht.
25.5 Gondelstabilität einer größeren Windkraftanlage
531
Der numerischen Untersuchung legen wir die Daten des Triebstranges einer größeren 3-flügeligen Windkraftanlage zugrunde: D = 48 m; P=750 kW; n = 20 Ulmin. Das Rotorgewicht einschließlich Nabe (etwa 1,5 t) beträgt 10 t. Die Stillstandsfrequenzen betragen Nicken Gieren
fOy= 1,26 Hz, foz= 1,06 Hz,
so daß sich als mittlere Stillstandsfrequenz und Orthotropiefaktor ergeben
Wahlweise setzen wir Rotor 1 (Profil NACA 63-2xx) und Rotor 2 (Profil FX 63-137) auf die Nabe. Da wir den Einfluß der unterschiedlich konzipierten Flügel auf die Stabilität vergleichen wollen, setzen wir die Elastomerdämpfung zunächst zu null, so daß d = d55(A)gilt.
Bild 25.8: Kreiseleinfluß: Eigenfrequenzen #,(Cl) aufgetragen über der Drehzahl; Still[25.5] standseigenfrequenzen #„uOz
Bild 25.8 zeigt die Eigenfrequenzen y ( Q ) über der Drehzahl für die Windgeschwindigkeit null. Der Kreiseleinfluß wird in diesem Diagramm sehr deutlich.
532
25 Luftkraftsteifigkeiten und -dämpfungen von Windturbinen
Bild 25.9 zeigt nun für die beiden Rotoren (Drehzahl q = R / G = 0,3), die mit fester Drehzahl laufen, den Einfluß der Windgeschwindigkeit bzw. der Schnellaufzahl I = RR / V , auf die Dämpfungsgrade.
Rotor 1
Bild 25.9: Dämpfungsgrade über der Schnellaufzahl bzw. Windgeschwindigkeit. WhirlInstabilität bei Rotor 2 [25.5]
Beide Rotoren verlieren im Starkwindbereich an Dämpfung. Während jedoch der eine stabil bleibt, auch im Bereich I = 2 bis 4, geht der andere hier in den instabilen Gondelwhirl über. Erst im Extremwindbereich kehrt die Stabilität zurück. Mit entsprechender Elastomerdämpfung laßt sich aber die Stabilität erzwingen, wie die Rechnung zeigte. [25.5]
25.6 Stabilitätsgrenze formelmäßig
533
25.6 Stabilitätsgrenze formelmäßig Einen tieferen Einblick in das physikalische Geschehen liefert ein formelmäßiger Ausdruck für die Stabilitätsgrenze. Er läßt sich mit einiger Mühe aus der charakteristischer G1. (25.10)
mit Hilfe der Hurwitz-Bedingung gewinnen
Die ai kürzen die Koeffizienten in den eckigen Klammern von G1. (25.10) ab. Das führt auf die Stabilitätsaussage
Die erste Zeile enthält die drehzahlunabhängigen Beiträge p2
. ,3j4
(d/0„)2~2 - ( ~ 5 6/Oax
Stabilisierung durch „Orthotropie", Stabilisierung durch Dämpfung, Destabilisierung aus Luftkraftsteifigkeit.
Der erste Term der zweiten Zeile ist noch recht plausibel:
[R(O, / O„ )] iD2
kreiselbedingter Orthotropiebeitrag.
Durch den Kreiseleffekt werden die Eigenfrequenzen auseinandergetrieben, vergleiche Bild 25.8, was die Orthotropie erhöht. Die restlichen „Mischterme" lassen sich nicht mit einem Schlagwort interpretieren. Die Eigenfrequenz an der Stabilitätsgrenze ergibt sich nach Hurwitz aus U = a1/a3zu
534
25 Luftkraftsteifigkeiten und -dämpfungen von Windturbinen
Rein luftkraftbedingte Stabilitätsgrenze - Baureihen Setzt man die Gummidämpfung zu null, entscheiden über Stabilität bzw. Instabilität ausschließlich die Luftkrafte. Da beide Luftkraftkoeffizienten in der dimensionslosen Form nur von der Schnellaufzahl abhängen, siehe G1. (25.7),
gelingt so eine weitere Reduktion der Parameterzahl. Mit den Abkürzungen Schnellaufzahl dimensionslose Drehzahl; Abstimmung
A=QR/v,
q~=R/ü
Verhältnis von Trägheitsmomenten läßt sich G1. (25.16) umschreiben in
Es treten jetzt nur noch 5 Parameter auf, da für einen gegebenen Rotortyp die Luftkraftkoeffizienten über die Schnellaufzahl h festgelegt sind. Einige der Parameter variieren in der Praxis nur in einem sehr engen Zahlenbereich oder sind gar festgelegt wenn der Entwurf steht, wie z.B. 17 bei stallgesteuerten Anlagen, deren Drehzahl ja an die Netzfrequenz geknüpft ist. Auch wird sich das Verhältnis von polarem zu axialem Trägheitsmoment höchstens im Bereich O$Oax= 1,8 bis 2,O bewegen. Es wird trotz Getriebemasse bei größeren Anlagen (D>20 m) weitgehend vom „scheibenförmigen" Rotor bestimmt. Wird für eine Baureihe (z.B. D = 30; 45; 60 m) der Flügel geometrisch um den entsprechenden Faktor hochskaliert, gilt diese Formel für die ganze Familie. Eventuelle Leichtbauanstrengungen für die größeren Anlagen schlagen
25.7 Schlußbemerkung
535
sich im Faktor A nieder. Die Stabilitätsgrenzen des Rotors 2 in Bild 25.9 lassen sich mit dieser Formel direkt, d.h. ohne Eigenwertberechnung bestimmen.
25.7 Schlußbemerkung Auftriebs- und Widerstandsmessungen cA(aA),c,(aA) von Tragflügeln (2DMessungen) geben die reale Situation im Flügelschnitt einer Windturbine bei anliegender Strömung, z.B. im Auslegungspunkt, recht gut wieder. Reißt die Strömung jedoch ab, wie im Stall-Betrieb, werden bei einem wirklichen, rotierenden Flügel die Ablöseblasen nach außen zentrifugiert. Die Grundannahme der Blattelement - Impulssatztheorie wird verletzt. Sie besagt, daß jeder Ringschnitt der Strömungsröhre für sich arbeitet und mit dem Nachbarschnitt nichts zu tun hat.
A -.
+d l <
Messungen Freistrahl-Kanal
--A-- d l l Messungen geschlossener Kanal
d l < Theorie
-
-.
-.
Bild 25.10: Dämpfungskoeffizient d;, (L) in Maschinenachsrichtung, iix .Theoretisch ermittelter Verlauf und experimentell am rotierenden Modell gemessener [25.10]
Bild 25.10 bringt den Vergleich von Theorie und Messung an einem Windturbinenmodell im Windkanal für den Koeffizienten d;, (il), der Längsdämpfung des Rotors bei Schwingungen in seiner Achsrichtung. Theorie und Experiment stimmen recht gut überein, nur im stall-Bereich /Z = 5 bis /Z == 3 wird die tatsächliche Entdämpfung des Systems offensichtlich unterschätzt. Der negative Dämpfungsbeitrag ist auf die negative Steigung dc,lda der Profilpolaren zurückzuführen, siehe Bild 25.6. Hier ist zu hoffen, daß weitere
536
25 Luftkraftsteifigkeiten und -dämpfungen von Windturbinen
experimentelle Untersuchungen zusammen mit verfeinerter numerischer Störungsrechnung (CFD) in absehbarer Zeit noch viele weitere Erkenntnisse bringen werden [25.8].
25.8 Fragen 1. Was bedeuten physikalisch die Koeffizienten d„, d, und d4, der Dämpfungsmatrix? Warum muß d„ f d„ sein? Winddreiecke im Flügelschnitt bei und U, -Bewegungen beachten. 2. Wie kommt man am besten zu gesicherten Aussagen für den Dämpfungsbeitrag der Elastomerelemente der Triebstranglagerung?
3. Wann ist es legitim, für eine erste Betrachtung die Flügelelastizität außen vor zu lassen? Schwenk- und Schlageigenfrequenzen und ihre Lage gegenüber Gondelnick- und Giereigenfrequenzen beachten.
26 Der sanft anstreifende Rotor
26.1 Einleitung Newkirk beschrieb schon 1926 ein eigenartiges dynamisches Verhalten elastischer Läufer, das bei sanfter Berührung der Welle an Teilen des Stators auftritt [26.1]. Wird beispielsweise infolge hoher Schwingungsausschläge beim Auswuchten in einem der Labyrinthe der - selten ganz zentrische - Spalt überbrückt, dann entsteht eine lokale heiße Stelle auf der Welle - Hot-Spot. Denn bei jeder Umdrehung wird stets die gleiche nach außen zeigende Stelle A erwärmt, Bilder 26.la bis 2 6 . 1 ~ .
-
I I
Labynnthebene
Bild 26.1: Mechanismus sanfter Statorberührung a) Labyrinthberührung und thermische Verkrümmung der Welle b) Hot-Spot des Zapfens in einem Gleitlager bei Fast-Berührung der Wand C) Schleifring Hot-Spot-Entstehung
Die Welle verkrümmt sich thermisch und infolge dieses Schlags entsteht eine zusätzliche Unwucht. Bei gewissen Drehzahlverhältnissen wandert sie wegen
538
26 Der sanft anstreifende Rotor
der dämpfungsbedingten Ablage zwischen Unwuchtrichtung und Wellenausschlag langsam - meist gegen den Drehsinn der Welle. Auf der Wuchtanzeige, die ja in mitrotierenden Koordinaten erfolgt, siehe Kap. 2, dreht dann der angezeigte Vektor langsam rückwärts. In einem Fall benötigt er 10 Minuten in einem anderen 10 Stunden für eine Umdrehung, Bild 26.2. Wächst er zudem noch langsam an, liegt eine Instabilität vor, die im anglo-amerikanischen Schriftum auch als „spiral vibration" bezeichnet wird. Sie kann auch aus einem Gleitlager kommen, wenn der Orbit im Lager so liegt, daß im engsten Spalt nur noch ein hauchdünner Ölfilm vorliegt mit entsprechend hoher lokaler Temperatur. [26.5, 26.81 Messung horizontal 90
Messung vertikal 90
Bild 26.2: Langsam rückwärtsdrehende Unwuchtanzeige bei einem Turboläufer (Spiralvibration); Spiral-Periode Ca. 20 Minuten; Quelle: Dr.-Ing. J. Drechsler, Berlin
Auch bei Schleifringen von Elektromotoren wurde gelegentlich dieses Phänomen beobachtet, 2 6 . 1 ~Da . der Anpreßdruck der Feder von der Auslenkung der Welle auf ihrem Orbit abhängt, tritt die höchste tangentiale Reibkraft bei Passage des „hohen Punkts" unter der Kohlebürste auf. Denn wir wissen vom Lavalläufer, daß seine Welle unter Unwucht „hüpfseilartig" ausgelenkt umläuft, so daß immer die gleiche Stelle A nach außen zeigt, vergl. Kap. 3. Natürlich kann man hier durch ganz weiche Federn mit entsprechender Vorspannung oder durch hydraulische Anpressung diesem Phänomen entgegen wirken. Eine Übersicht über die vielfältigen Ansätze zur Beschreibung von Anstreifproblemen publizierte A. Muszynska 1989 [26.2]. Das bislang subtilste Modell, mit dem sich das „Spiralenu beschreiben läßt, hat W. Kellenberger um 1980 entwickelt [26.3, 26.41. Kennzeichnend für dieses „Reibermodell" ist eine Differentialgleichung erster Ordnung, die aus einem Wärmegleichgewicht am Anstreifpunkt des Rotors
26.1 Einleitung
539
gewonnen wird. Diese thermo-elastische Differentialgleichung ist mit der herkömmlichen Bewegungsdifferentialgleichung des Laval-Rotors gekoppelt. Sie beschreibt im Wesentlichen das Verhalten der infolge der einseitigen Rotorerwärmung auftretenden thermischen Krümmung. Ehe wir aber in die analytische Beschreibung einsteigen versuchen wir noch anhand der Bilderfolge 26.4 ein tieferes physikalisches Verständnis für die Vorgänge beim "soft-rubbing" zu entwickeln. Bild 26.3 links zeigt die Rotorantwort unter reiner Unwuchterregung in inertialen Koordinaten. Die Auslenkung der Wellenmitte W beträgt r = W +jv. In Bild 26.3 rechts ist dieselbe Rotorantwort in mitrotierenden Koordinaten dargestellt. Diese ist bei konstanter Drehzahl einen einziger Punkt. Zwischen dem Vektor der Exzentrizität r und dem Antwortvektor pun„„,liegt die bekannte dämpfungs- und drehzahlabhängige Phasenlage Y.
Bild 26.3: Rotorantwort unter reiner Unwuchterregung in inertialen (links) und mitrotierenden (rechts) Koordinaten; W: Wellenmittelpunkt
Streift der Rotor wie im darauffolgenden Bild 26.4 a zu sehen an, so wird dies am höchsten Punkt H des Rotors geschehen. Also an dem Punkt, der am weitesten vom Ursprung entfernt ist. Die Folge dieses Anstreifens ist eine thermische Krümmung des Rotors in Richtung dieses Kontaktpunktes. Diese Krümmung p, wirkt wie ein Schlag. Der Rotor reagiert auf diesen Schlag durch eine Richtungsänderung seiner Gesamt-Rotorantwort p, Bild 26.4 b. Zwischen einem Schlag und der Rotorantwort liegt ein Phasenwinkel a. Dieser Phasenwinkel ist gleich der Phasenlage Y des Schwerpunkts. Die Rotorantwort abzüglich der Rotorantwort bei reiner Unwuchterregung eilt der thermischen Knimmung p, um den Winkel a nach. Es gilt: a = L[(P - P""„„, PT . 19
I
540
26 Der sanft anstreifende Rotor
Wir stellen fest, die Rotorantwort hat sich bezüglich des mitdrehenden Koordinatensystems verändert. In Bild 26.4 b ist die Verlagerung infolge der, als Schlag wirkenden, thermischen Krümmung dargestellt. Der Anstreifort H hat bezüglich des Rotors seine Position nicht verändert. Er ist bei der Verlagerung des Wellenmittelpunkts W im gleichen Maße mitbewegt worden. Bild 26.4 C zeigt die Ausgangsposition für den nächsten Reibvorgang der in Bild 26.4 d dargestellt wird. Es entsteht wieder eine thermische Krümmung P„ die als Schlag auf den Rotor wirkt. Letzterer muß durch eine Richtungsänderung wieder den Phasenwinkel a zur thermischen Krümmung p, einhalten. Als Folge verlagert sich der Wellenmittelpunkt weiter.
a) Reibung erfolgt am Kontaktpunkt H und induziert den thermischen Schlag p,
b) Der Rotor reagiert auf die zusätzliche thermische Auslenkung p, mit einer Änderung der Auslenkung von W
C) Ausgangssituation für den nächstfolgenden Reibvorgang, p Gesamtauslenkung
d) Der Rotor streift arn neuen Kontaktpunkt H = H' an und induziert eine neue thermische Auslenkung. Der Rotor reagiert darauf wieder mit Aderung der Gesamtauslenkung p.
-
Bilder 26.4 a d: Entstehung der spiralförmigen Rückwärtsbewegung der Welle (im rotierenden Koordinatensystem)
26.2 Die Bewegungsgleichungen
541
Wenn man diese Betrachtungsweise des thermisch bedingten Wanderns der Rotorantwort weiterspinnt, so erhält man dargestellt in mitrotierenden Koordinaten ein spiralförmiges Herauslaufen der Rotoramplitude in entgegengesetzter Drehrichtung des Rotors. Im letzten Bild 26.5 ist dieses reibbedingte Rotorverhalten aufgezeigt.
Bild 26.5: Spiralförmige Bewegung des Wellendurchstoßpunktes in mitrotierenden Koordinaten entgegengesetzt der Drehrichtung des Rotors als Folge der Richtungsänderung der Rotorantwort
26.2 Die Bewegungsgleichungen In inertialen Koordinaten lauten die Bewegungsgleichungen für den anstreifenden Rotor
Dabei wurden die Auslenkungen W, W„ W, in z-Richtung mit den Auslenkungen V, V„ V, in y-Richtungen schon komplex zusarnmengefaßt, Bild 26.6.
Bild 26.6: Kontaktkräfte F„, F„ und Auslenkungen r bzw. r, von Wellenrnitte und Schwerpunkt.
542
26 Der sanft anstreifende Rotor
In Gleichung (26.1) sind: r Auslenkung der Wellenmitte, r = W + jv r, Schwerpunktsauslenkung, r, = W, + jv, vTthermische Zusatzauslenkung der Wellenmitte. Die Wellensteifigkeit beträgt s, die Kontaktsteifigkeit s„ der Reibwert im Kontaktpunkt p. Die Scheibenmasse wird wie üblich mit m bezeichnet. Die Teilbeiträge zum Gleichgewicht der Kräfte in Gleichung (26.1) sind -mr,
Trägheitskraft
-dr
Dämpfungskraft
-s(r-r,)
Rückstellkraft der elastischen Welle
F, = s,r
Normalkraft am Kontaktpunkt
F, = j p F,
Tangentialkraft am Kontaktpunkt
&mQ2
Fliehkraft aus Unwucht
In der Rückstellkraft der Welle steckt nun die erste Kopplung der rotordynamischen Auslenkung mit der thermischen Krümmung. Die thermische Krümmung wird also wie eine Vorkrümmung durch Schlag berücksichtigt. Alle anderen auftretenden Kräfte, wie Trägheitskraft oder Dämpfungskraft werden wie in Kap. 3 behandelt. Für den Zusammenhang zwischen Normal- und Tangentialkraft wird ein Coulombsches Reibgesetz verwendet. Zwischen Rotor und Stator am Kontaktpunkt wird eine fiktive Steifigkeit angesetzt. Die Tangentialkraft wird entsprechend dem Coulumbschen Gesetz über den Reibkoeffizienten p gewonnen. Nun transformieren wir die Bewegungsgleichungen (26.1) von den inertialen in mitrotierende Koordinaten. Mit der Transformationsgleichung von Kap. 3 r = p e J n t bzw. rT = pTe jnt erhält man
Führt man noch die dimensionlose Zeit z= o,t, s/m = o:, d = 2 D m w„ und Wo,= 77 ein, dann läßt sich die Bewegungsdifferenitialgleichung wie folgt ausschreiben:
26.2 Die Bewegungsgleichungen
543
Die Kontaktsteifigkeit zwischen Rotor und Stator wird als vernachlässigbar klein gegenüber der Wellensteifigkeit angenommen s,/s << L , so daß sie in der Bewegungsdifferentialgleichung entfällt. Meist findet die Berührung beim Spiralen ja in den Labyrinthen, die sehr nachgiebig sind, statt. Wenn man die Kontaktkraft in der Bewegungsdifferentialgleichung nicht vernachlässigt, wird man feststellen, daß sie auf das Spiralverhalten der Rotorantwort kaum Einfluß hat. Zu beachten ist, daß die neuen Unbekannten in der Gleichung (26.3) einer dimensionslosen Zeit z = wot gehorchen. Dementsprechend wurden die zeitlichen Ableitungen nach zmit ( )' bezeichnet. Nun wenden wir uns der schon erwähnten thermo-elastischen Differentialgleichung zu. Hierzu betrachten wir den Kontaktpunkt am Rotor. Bild 26.7 zeigt die entsprechenden Zusammenhänge. Grundlage der nun folgenden Herleitung der thermo-elastischen Differentialgleichung ist eine eindimensionale Wärmeleitungsbetrachtung am Kontaktpunkt.
Bild 26.7: Der Rotor streift am Kontaktpunkt H an und ein Anteil der dort entstehenden Reibungswärme Q, strömt in den Rotor. Gleichzeitig fließt über die restliche Rotoroberfläche eine Wärmemenge Q, ab.
Die im Kontaktpunkt H entstehende Reibungswärme Q, erzeugt eine Temperaturerhöhung gegenüber dem diametral liegenden Punkt H,, daraus entsteht eine Krümmung in Richtung des Verbindungsvektors HH, beider Punkte und damit in Richtung von p. Ein Teil der eindringenden Wärme genannt Q, wird allerdings von der Rotoroberfläche wieder an die Umgebung abgegeben und verringert die Krümmung. Die effektive thermisch bedingte Verkrümmung des Rotors pr ist durch die Differenz der wärmemengen
Q=Qi-Q2.
544
26 Der sanft anstreifende Rotor
Die in den Rotor eindringende Wärmemenge berechnet sich aus der Reibleistung
über den Proportionalitätsfaktor
d ist der Durchmesser der Welle am Anstreifort. Die vom Rotor abgegebene Wärme Q, erhält man aus Q, = ~ , T d t .Diese Wärmemenge ist proportional der Temperaturerhöhung in H gegenüber H, während der Zeitdauer dt. Die die Krümmung verursachende Wärmemenge Q erzeugt eine ihr proportionale Temperaturänderung am Ort H von der Größe
Mit dem thermischen Gleichgewicht Q = Q, - Q2 ergibt sich aus den drei Wärmemengen die Differentialgleichung:
mit der Temperatur als zeitabhängiger Unbekannten. Diese Differentialgleichung ist eine Beziehung skalarer Größen. Es fehlt noch eine Beziehung zu den vektoriellen Größen der Ortsvektoren p, p~.. Die Reibleistung W ist abhängig von der Kontaktkraft F, am Kontaktpunkt. Diese läßt sich durch das Produkt aus Federsteifigkeit und Ortsvektor beschreiben W = ,U C2 h s, Ipl. Das Temperaturfeld verläuft entlang der Wirkungslinie von p. Man kann nun folgende Zuordnung (Skalar + Vektor) vornehmen: K, K,W + K, ,LL C2 h C , P . Die thermische Auslenkung ist proportional des Temperaturzuwachses: lpTl= K ~ TDamit . läßt sich ebenfalls die Temperaturänderung T = IpTl/~, angeben. Mit Hilfe dieser Beziehungen lassen sich weitere Zuordnungen formulieren: % % T + p p , q , ~ / q u n Td + & / K ~ . K„ q , K„ und K, sind Proportionalitätsfaktoren, die thermische Materialdaten und Geometrien des Rotors beinhalten.
26.2 Die Bewegungsgleichungen
545
Die thermo-elastische Differentialgleichung läßt sich nun wie folgt schreiben:
Zeit z= o,t und den Abkürzungen erhälten wir schließlich:
Die einzelnen Terme der thermo-elastische Differentialgleichung lassen sich recht einfach interpretieren. Die zeitliche ~ n d e r u n gder thermischen Auslenkung ergibt sich aus der von der Rotorauslenkung abhängigen Reibungswärme, die in den Rotor fließt. Letztere wird um die Wärmeabstrahlung des Rotors reduziert. Der Koeffizient vor dem ersten Term steuert also die Wärme, die in den Rotor fließt, während der Koeffizient des zweiten Terms die Wärme steuert, die aus dem Rotor fließt. Da alle Terme auf die eine oder andere Weise mit den Unbekannten p und p, verbunden sind, kann man sämtliche Terme auf die linke Seite der Gleichung schreiben und erhält somit eine homogene Differentialgleichung erster Ordnung. Über die Rotorauslenkung im ersten Term der thermo-elastischen Differentialgleichung ist diese wieder mit der Bewegungsdifferentialgleichung 26.1 gekoppelt. Formal müssen die beiden Differentialgleichungen 26.1 und 26.8 noch miteinander zu einem Differentialgleichungssystem verbunden werden. Dies erreicht man durch die Umschreibung der Bewegungsdifferentialgleichung von vormals zweiter Ordnung in zwei Differentialgleichungen erster Ordnung. Damit erhalten wir zwar eine Unbekannte mehr, können das System aber elegant beschreiben und vor allem leicht lösen. Das lineare inhomogene Gleichungssytem auf Zustandsebene lautet
Die mittlere Zeile nur die Trivialaussage p' = p'
546
26 Der sanft anstreifende Rotor
26.3 Lösung der elasto-thermischen Bewegungsgleichung Die Lösung des inhomogenen Differentialgleichungssytems erfolgt modal. Zunächst wird das homogene Differentialgleichungssystem gelöst. Mit Hilfe der so gewonnenen Eigenvektoren kann das inhomogene Differentialgleichungssystem modal zerlegt werden. Die Einführung eines Ansatzes y = p e'" in das homogene Differentialgleichungssystem führt auf das spezielle Eigenwertproblem
mit der charakteristischen Gleichung
Die charakteristische Gleichung liefert drei komplexe Eigenwerte:
Die Abkürzungen sind:
26.3 Lösung der elasto-thermischenBewegungsgleichung
547
Mit den Eigenwerten kann man nun die Eigenvektoren bestimmen. Allgemein lauten diese Eigenvektoren, die wir ab jetzt Rechtseigenvektoren nennen wollen:
P, T = { I , - ,;1 -I,
s+&
~"*n
}
mit n = 1, 2,3.
Das gleiche physikalische Problem kann man auch mit dem Linkseigenwertproblem beschreiben. Danach gilt: lT(/Z1+ C) = oT. Die aus dem Linkseigenwertproblem resultierenden Eigenwerte sind bekanntlich gleich denen des Rechtseigenwertproblems. Die Eigenvektoren unterscheiden sich jedoch voneinander:
Mit Hilfe der bimodalen Entkopplung des inhomogenen Differentialgleichungssystems ist eine analytische Lösung der Kellenberger-Gleichungen herleitbar. Für das inhomogene Differentialgleichungssystem wird als Ansatz eine Linearkombination der Rechtseigenvektoren verwendet: y = R g, wobei R die Rechtsmodalmatrix darstellt. Das Gleichungssytem wird dann von links mit der transponierten Linksmodalmatrix L multipliziert:
Durch die Orthogonalitätsbeziehungen entkoppelt sich das Differentialgleichungssystem. Die gesuchte Lösung ergibt sich aus der Superposition der einzelnen Eigenform-Beiträge unter dem Einfluß der Unwuchterregung und der Anfangsbedingung p = p = 0 . B-(1 V2
Rotorauslenkung: p ( ~=) n=l
@"
-eh')
3
Thermische Auslenkung: b,, ist die Abkürzung für
(T)=
&
pV3 bn'n(q+'n)
(1-eh')
(26.17)
548
26 Der sanft anstreifende Rotor
26.4 Diskussion der Anstreif-Lösung - das Spiralen In Bild 26.8 sind für zwei Parameterkonstellationen die analytischen Lösungen in mitrotierenden (Polar-) Koordinaten aufgezeigt. Die Anfangsbedingungen sind, wie schon gesagt, null. Die Spiralverläufe der Rotorantworten sind deutlich zu sehen. Im ersten Beispiel erkennt man - nach einem schnellen Einschwingvorgang - eine ausdrehende Spirale, im zweiten eine eindrehende Spirale. Das erste Beispiel repräsentiert das instabile Verhalten des hier vorgestellten Reibermodells und das zweite Beispiel das stabile Verhalten. Später wird noch gezeigt werden wie man die zugehörigen Stabilitätskarten für das Reibermodell ermittelt. Zuvor werden jedoch die Spiralverläufe der Rotorantworten genauer diskutiert.
Bild 26.8: Spiralverläufe in mitrotierenden Koordinaten. Parametenvahl: D = 0,05, 7 = 0,9 q = 10". 1. Beispiel (eindrehende Spirale): p = 0,24 103,2. Beispiel (ausdrehende Spirale): p = 0,261 10"
Der Spiralverlauf der Rotorantwort wird im wesentlichen von der homogenen Lösung des Differentialgleichungssystems erzeugt. Der partikuläre Anteil der Lösung aus der konstanten rechten Seite bestimmt einzig den Anfangspunkt der Spirale sowie deren Endpunkt im stabilen, eindrehenden Fall. Die Spiralverläufe werden also von den drei Eigenwerten gesteuert. Man kann die Eigenwerte in zwei „mechanische" (hier /2, und &) und einen thermischen Eigenwert A, aufteilen. Die beiden mechanischen Eigenwerte ähneln denen des Laval-Rotors ohne Reibung. Sie bestimmen den ersten, schnellen, mechanischen Einschwingvorgang des Systems bis der Startpunkt der Spirale erreicht ist. Dieser Startpunkt liegt in unmittelbarer Nähe der Rotorantwort des Laval-Rotors unter Unwuchterregung jedoch ohne Reibung. Das wurde in Bild 26.4 schon diskutiert. Da die beiden mechanischen Eigenwerte gedämpft sind, klingt der mechanische Einschwingvorgang entsprechend schnell ab. Der
26.5 Stabilität der Spirale
549
Lösungsanteil, der vom thermischen Eigenwert dirigiert wird, klingt dagegen nicht so schnell ab. Er ist für die Entstehung der Spirale verantwortlich. Nun hängt es davon ab, ob der Realteil dieses thermischen Eigenwerts positiv, also aufklingend ist oder negativ und damit für eine eindrehende Spirale sorgt. In beiden Fällen dreht die Spirale um einen bestimmten Punkt. Dessen Punkt ist die rein partikuläre Lösung des thermisch-mechanischen GesamtgleichungsSystems. Für eine eindrehende, stabile Spirale ist dieser Punkt natürlich der Endpunkt der Spirale, da dann auch der thermische Eigenwert gedämpft ist und der thermische Einschwingvorgang abklingt. Im Falle des instabilen thermischen Eigenwerts dreht die Spirale immer weiter nach außen. Da wir eine linearisierende Theorie benutzten, formal bis nach unendlich. Praktisch werden die Amplituden sehr, sehr groß. Ohne konstruktive Änderungen ist die Maschine nicht benutzbar. Der Punkt um den die Spirale langsam ausdreht ist auch hier wieder der Punkt der partikulären Lösung des Gesamtsystems.
26.5 Stabilität der Spirale Wie schon mehrfach erwähnt, ist für das Stabilitätsverhaltendes Rotormodells der thermische Eigenwert Al verantwortlich. Die Stabilitätsgrenze ist dann erreicht, wenn der Realteil dieses Eigenwertes zu null wird. Leider läßt die Komplexität des analytischen Ausdrucks keine durchsichtige Zerlegung in Real- und Imaginärteil von Al zu. Die numerische Auswertung von GI. (26.12a) liefert das Diagramm von Bild 26.9,
Bezogene Drehzahl 11 Bild 26.9: Stabilitätskarte aus Auswertung der analytischen Lösung
550
26 Der sanft anstreifende Rotor
indem die Stabilitätsgrenzen in Abhängigkeit von den thermischen Werten plq und dem Dämpfungsgrad D über der dimensionslosen Drehzahl dargestellt sind. Sie decken sich weitgehend mit Kellenbergers Näherungslösung für die Stabilitätsgrenzen, die wir angeben, weil sie sehr transparent sind. Im unterkritischen Bereich - und nur da gilt diese Formel - lautet seine Stabilitätsgrenzbedingung
Warum nur im unterkritischen Bereich ein Spiralen auftreten kann, läßt Bild 26.8 erkennen.
Bild 26.10: Lage des Hot-Spot relativ zur Schwerpunktsexzentrizität bei unterkritischem und überkritischem Lauf
Solange die Drehzahl R kleiner als die kritische ist, wirken der thermische Schlag aus der lokalen Erhitzung der Welle und die Exzentrizität in der gleichen Richtung, die Gesamtunwucht wird größer, der Orbit wächst im Durchmesser an. Ist aber die kritische Drehzahl überschritten, Q >q,„, wirkt sich der thermische Schlag kompensierend gegenüber der Exzentrizität E aus. Die Verkrümmung wirkt ihr entgegengesetzt. Die Welle löst sich von der Wand. Diese nicht-lineare Umgliederung des Bewegungsgleichungssystems kann die lineare Differentialgleichung 26.9 nicht wiedergeben. Bei ihrer Aufstellung wurde Wandberührung vorausgesetzt, die im überkritischen Bereich jedoch allenfalls kurzzeitig existiert (stabiler kleiner Grenzzykel). Bei = 1 ist das Ende der instabilen Zone erreicht.
26.6 Periodendauer der Spirale
551
26.6 Periodendauer der Spirale Da der thermische Eigenwert A,für den Spiralverlauf verantwortlich ist, kann man ihm die Periodendauer einer vollen Spiralumdrehung entnehmen. Hierfür ist der Imaginärteil des Eigenwertes entscheidend. Auch hier geben wir eine Nahemngsformel von Kellenberger an, die aber ebenfalls nur im unterkntischen Bereich angewendet werden darf. Im überkritischen Bereich ist sie ungültig. Die Periodendauer einer vollen Spiralumdrehung TQi„ wird bezogen auf die Periodendauer der Drehbwegung T = 2 X ! C2 dargestellt:
Im Grenzfall 7 = 1 wird die Formel besonders transparent: 2D TSpirale . =Tp. P Nur der thermische Parameter des Wärmeeintrages p und der Dämpfungsgrad spielen noch eine Rolle. Warum die Periodendauer des Spiralens bei verschiedenen Maschinentypen so stark streut, wie eingangs beschrieben - mal 10 Minuten, mal 10 Stunden - wird unmittelbar klar: die Dämpfungsgrade und der Wärmeeintrag bei der Labyrinthspitzenberührung variieren eben sehr stark von Maschine zu Maschine.
Bild 26.11: Dauer der Spiralperiode bezogen auf die Umlaufzeit der Welle für eine Umdrehung
26 Der sanft anstreifende Rotor
552
26.7 Beispiel Turbokompressor Dem folgenden Beispiel liegen die Daten eines sechs-stufigen gleitgelagerten Radialverdichters zugrunde. 0
Gewicht des Rotors
3900 kg
0
Länge des Rotors
4040 mm
Betriebsdrehzahlbereich 41 1 bis 540 Uhec Druckverhältnis P,/ p,
=:
5
In sechs Ebenen liegen sehr enge Dichtspalte, die zum Anstreifen - und damit zum Spiralen - führen können. Bild 26.12 zeigt die ersten Eigenformen, die (dominant) in horizontaler und vertikaler Richtung liegen.
-
z Richtung 1,5
I
-
y Richtung 1,o
2.
03 0,6
I
03 02 0,o -0,2 04 -08
0,5 1 1,5 2 2,5 3 z-tgenfrequenz = 442,6 lls, y-Eigenfrequenz = 640 11s
3,5
4
45
Bild 26.12: Die ersten Eigenformen des gleitgelagerten Radialverdichters; Labyrinthe in den Knoten 11, 18,22 usw. [26.7]
26.8 Schlußbemerkung
553
Zudem sind die sechs Ebenen der Labyrinthsitze markiert, in denen es zum Anstreifen kommen kann. Die Knotennummem des FE-Modells sind angegeben. Für den Fall des Anstreifens in Knoten 18 gibt Bild 26.13 die stabilen und instabilen Zonen des Spiralens über der Drehzahl wieder. Das Verhältnis der thermischen Koeffizienten K,*/$*entspricht etwa dem der bisher benutzten Kellenberger-Parameter plq.
Bild 26.13: Stabilitätskarte des Radialverdichters für den Reibort am FE-Knoten Nr. 18
Man erkennt, daß beim Hochschlauf bzw. Abfahren Anstreifgefahr mit aufklingendem Spiralen in der Nähe von 300 Ulsec. besteht. Der Betriebsbereich, der zwischen den beiden instabilen Zonen liegt (41 1 Ulsec. bis 540 Ulsec.), ist aber durch Spiralen nicht gefährdet.
26.8 Schlußbemerkung Die Zonen der Gefährdung des Rotors durch instabiles Spiralen liegen immer dicht unterhalb der kritischen Drehzahlen, das zeigte die Lösung der thermoelastisch gekoppelten Bewegugnsgleichung und auch das numerische Beispiel des Turboverdichters. Auch die immer wieder bestätigte große Schwankung für einen vollen Umlauf des „spiralenden" Unwuchtder Periodendauer TSpira,, signals von einigen Minuten bis zu vielen Stunden wird durch das Kellenbergersche-Reiber-Model1 plausibel.
554
26 Der sanft anstreifende Rotor
Unbefriedigend bleibt, daß über die Größe des Wärmeeintragskoeffizienten p und des Wärmetransportkoeffizienten q im Rotor - bzw. über deren Relation p/q - nur äußerst rohe Schätzungen vorliegen. Das macht zur Zeit noch die quantitativen Voraussagen schwer. Nicht übersehen werden darf aber, daß auch stabiles Spiralen kein befriedigender Laufzustand ist. Denn das Auswuchten wird durch die wegdrehende Phase der Unwuchtanzeige unmöglich gemacht.
26.9 Fragen 1. Was ist der physikalische Grund für das Spiralen unterhalb der kritischen Drehzahlen? Warum findet es im überkritischen Drehzahlbereich nicht statt?
2. Bild 26.la zeigt die Labyrinthspitzenanordnungen, wie sie bei vielen amerikanischen Torboverdichtern anzutreffen ist. Hier ist die Montage einfacher, als bei der umgekehrten Anordnung, die das folgende Bild zeigt.
Welche der beiden Anordnungen liefert wohl den kleineren Wärmeeintragskoeffiziente p für die rotierende Welle?
27 Die harte Statorberührung - Fanglager
27.1 Einleitung Für den Fall des „Absturzes" eines aktiv magnetgelagerten Rotors, dessen Elektronik versagt, sieht man Hilfslager vor, die dann die Tragfunktion übernehmen sollen. Im Beispiel von Bild 27.1 ist das Wälzlager, das im Normalbetrieb durch das Spaltspiel von 0,2 bis 0,4 mm nicht trägt dargestellt. Stürzt der Rotor aber ab, greifen sie ein. Das metallene Wellband zwischen Außenring und Gehäuse wirkt als Federdämpfersystem. Es soll die Fallenergie vernichten, damit der zunächst springende Kontakt möglichst schnell in ein Ausrollen übergeht, ehe der Rotor dann zum Stillstand kommt.
Bild 27.1: Fanglagerkonstruktion mit Wälzlager - für den Auslauf nach Rotorabsturz
Eine andere Bauform eines Fanglagers eines aktiv magnetgelagerten Rotors zeigt Bild 27.2. Federnd und dämpfend gestützte Gleitschuhe sollen hier die gleiche Aufgabe übernehmen. Zur harten Wandberührung der Welle kommt es aber auch beispielsweise dann, wenn ein Rotor nach einem Schaufelverlust durch die kritischen Drehzahlen abgefahren werden muß. Dann streift die Welle wegen der hohen
556
27 Die harte Statorberührung- Fanglager
Unwucht u.U. in den Gehäusedurchführungen an. Auch hierfür können Fanglagerkonstruktionen hilfreich sein.
I
Bild 27.2: Fanglager mit Gleitschuhen
Während wir das sanfte Anstreifen des Rotors, Kap. 26, noch durch lineare Differenzialgleichungen beschreiben konnten, geht das bei grober, harter Berührung nicht mehr. Die Bewegungsgleichungen werden nicht-linear und damit die Lösungen wesentlich vielfältiger, als bei linearen Differentialgleichungen. Selbst das einfachste bilineare Modell, das nur berührt / berührt nicht unterscheidet, weist schon eine große Mannigfaltigkeit von Lösungen auf. Zu den bekanntesten Lösungsbildern gehören: das Gleiten des Rotors entlang der Statorwand (full annular rub), das partielle Gleiten mit ein oder auch mehreren Unterbrechungen (partial rub), der vielfältig springende Kontakt mit regelmäßigem, rosettenartigem Muster, das langsam gegen den Wellendrehsinn rückwärts läuft, chaotisches Springen zwischen den begrenzenden Statorwänden, der "dry friction whirl" - das kinematische, schlupflose Rückwärtsabrollen der Welle im Lager oder in einer Gehäusedurchführung mit sehr hoher Frequenz, der schlupf-behaftete "dry friction whirl", das Plumpsen in die Wälzlager-Fangkonstruktion von Bild 27.1,
Alle diese Lösungen können auch instabil werden und aufklingen. Tatsächlich ist für die genauere Untersuchung eines Rotors mit hartem Wandkontakt die numerische Lösung (digitale Simulation) der nicht-linearen
27.2 Resonanzpassage mit im Fanglager anliegendem Rotor
557
Bewegungsgleichungen Zeitschritt für Zeitschritt unumgänglich. Es existieren jedoch auch einige periodische Lösungen, die für die Fanglagerauslegung praktische Bedeutung haben. Mit ihnen werden wir uns zunächst beschäftigen.
27.2 Resonanzpassage mit im Fanglager anliegendem Rotor
Bild 27.3: Wälzlager als Fanglager, Spaltspiel C
Bild 27.3 zeigt die spielbegrenzenden Wälzlager im Stator (Masse m,), die das Spaltspiel C haben. Sie sollen bei allzu großen Unwuchtausschlägen der Welle das Anschleifen am Gehäuse verhindern, indem sie mitdrehen. Zwei Betriebsstationär möglich. zustände sind bei fester Drehzahl Zum einen kann der Rotor (Masse mw, Wellensteifigkeit sw, Exzentrizität E) frei umlaufen - ohne Wandberührung. Zum anderen kann sich die Welle an die Fanglager anlegen; dann führen nach einem Einschwingvorgang Rotor und Gehäuse eine gemeinsame stationäre periodische Bewegung mit der Umlauffrequenz aus. Vom Stator nehmen wir der Einfachheit halber eine isotrope Lagerung mit der Steifigkeit s, an. Und - damit die Rechnung kurz wird - verzichten wir zunächst auf die Mitnahme von Rotor- oder Statordämpfungen, dw,d, = 0. Solange der Wellenausschlag pwkleiner ist, als der Spalt C, bewegt sich die
558
27 Die harte Statorberührung- Fanglager
Welle frei. In mitrotierenden Koordinaten gilt die von Kap. 2 her vertraute Lösung
mit der Rotorresonanz bei
R = w,
=
ds,/m,
Fanglager lnnenring
Bild 27.4: Am Fanglagerinnenring anliegende Welle; p, = p, + C mit Spaltbreite C
Schmiegt sich der Rotor an das Fanglager an, wie in Bild 27.4 skizziert, gilt die kinematische Bedingung
für die Rotor- bzw. Statorauslenkung in mitrotierenden Koordinaten. Im Kontaktpunkt K wirkt zwischen Rotor und Stator die Normalkraft N. Die Kräftegleichungen für den stationären Drehzustand lauten dann Rotor:
Ll2rnw( E + p,)
Stator:
C12m, p, - s, p,
- swp,
-
+N =0
N =0
(27.3) (27.4)
Durch Addition unter Berücksichtigung der kinematischen Gleichungen findet man die Rotorauslenkung
27.2 Resonanzpassage mit im Fanglager anliegendem Rotor
559
und weiter die Anpresskraft
Neben der Rotoreigenfrequenz cy, treten noch die Statoreigenfrequenz U; = sL/ m L und die gemeinsame Eigenfrequenz von dem am Stator anliegenden Rotor auf.
In Bild 27.5 sind oben die Vergrößerungsfunktion des unwuchtigen Rotors ohne Fanglagerberührung (Gl. 27.1) aufgetragen und die des Rotors mit Fanglagerberührung (Gl. 27.5). Die Resonanzstellen liegen bei cy, und cy,+,. Darunter ist die Normalkraft ebenfalls über der Drehzahl dargestellt, wobei jedoch nur der Bereich positiver Anpresskraft N physikalische Bedeutung hat. Bei negativem N löst sich der Rotor vom Stator. Bei langsamer Hochfahrt folgt der Rotor zunächst ohne Fanglagerberührung dem unterkritischen Ast bis zum Punkt B. Von da an berührt er und bewegt sich weiter auf dem aufsteigenden Ast der gemeinsamen Resonanzstelle von Rotor und Stator bis zum Punkt D. Ist keinerlei Dämpfung im Spiel, liegt er natürlich im Unendlichen. Mit hinreichender Gehäusedämpfung (Gummifüße 03.) läßt er sich weit nach unten drücken. Jenseits der Resonanzstelle cy,+, löst sich der Rotor vom Stator - nicht ohne kräftigen Einschwingvorgang, und folgt nun dem überkritischen Ast des nicht berührenden Rotors. Die Abfahrt gestaltet sich völlig harmlos. Erst in Punkt F tritt - verbunden mit einem Einschwingvorgang - Fanglagerberührung auf. Bei B löst sich der Rotor vom Fanglager und folgt dem unterkritischen Ast bis zum Stillstand.
560
27 Die harte Statorberührung- Fanglager
Drehzahl Cl [radis]
Drehzahl Cl [radls] Bild 27.5: oben: Hochlauf und Abfahrt eines Lavalrotors mit Fanglager und überkritisch , Anpresskraft bei Fanglagerabgestimmtem Stator (m, = 2mw, s , = 8 sw, w, = 2 ~ ) unten: berührung (positiver Bereich von N)
Den instationären Ablösevorgang des Rotors vom Stator bei der Hochfahrt zeigt Bild 27.6, das der Literatur [27.10] entnommen wurde.
27.2 Resonanzpassage mit im Fanglager anliegendem Rotor
-9 2 a,
c 0 U) 8 .L U
561
Rotor berührt
Rotor frei
8 .-
W
Bild 27.6: Ablösevorgang des Rotors vom Stator bei Q/w„== 1,9; Bild 27.6 b Berührvorgang über der Zeit beim Lösen; Bild 27.6 c zugehöriger ~ifferenzorbitbeim Ablösen, nach [27.10 ]
Da eine Kontaktsteifigkeit zwischen Rotor und Stator modelliert wurde, entsteht eine Eindringtiefe S, deren Zeitverlauf beim Ablösen in Bild 27.6 b - für den durch zwei Kreuze markierten Bereich - zu sehen ist. Die Wandberührungen werden mit zunehmender Zeit immer kürzer. Ein Ausschnitt aus dem Diagrammes 27.6 b ist durch den zugehörigen Differenzorbit r,-r, in inertialen Koordinaten, der mit der völligen Loslösung enden wird, in Bild 27.6 c dargestellt. Im bisherigen Beispiel war der Stator überkritisch ausgelegt cq > U,,,,. Ist er dagegen unterkritisch abgestimmt q < U,,,,, gestaltet sich die Resonanzpassage anders, siehe Bild 27.7. Bei der Hochfahrt berührt der Rotor die Fanglager in Punkt B, bleibt von da an im Fanglager hängen, von dem er sich auch bei sehr hohen Drehzahlen nicht mehr lösen kann. Der Rotor schwenkt in diesem Bereich den Stator wie einen Hoola-Hoop-Reifen um sich herum. Die Abfahrt folgt auf dem gleichen Pfad - falls man nicht vorher zwangsweise Rotor und Stator trennt.
562
27 Die harte Statorberührung - Fanglager
Drehzahl Q [radls]
Bild 27.7: Unterkritisch abgestimmter Stator mit Wälz-Fanglager (m, = 4mw, s, = % sw, W,= 0,353 %)
Wichtig für die Praxis ist: Tritt im hohen Drehzahlbereich unerwartet eine große Unwucht auf, z. B. durch Schaufelflug, erlauben beide Konstruktionen, die tiefabgestimmte wie die hochabgestimmte, den Rotor (halbwegs) sicher abzufahren. Auch wenn die Wälz-Fanglager nicht völlig zentrisch eingebaut sind, bleibt dieses gutartige Verhalten im Prinzip gewahrt [27.4, 27.101. Beispiel für die Anwendung von Fanglagern im Flugtriebwerksbau:
n
-
ND - Turbine
Fan
. I
I
I
I
I
I
'n
LagerI13
Hohlwelle
Bild 27.8: Fanglageranordnung für den Verlust einer Fanschaufel; Niederdruckwelle eines Flugtriebwerks (BR 710)
27.3 Kinematische Rückwertsrolle - dry friction whirl
563
Bild 27.8 zeigt die Fanglageranordnung in einem Flugtriebwerk (BR710), das für den Fall des Verlustes einer Fanschaufel die schadlose Abfahrt der Turbine sichern soll.
A CD
I
A: vor B: nach
U
s
+ .-
E
a
Spaltweite
Bild 27.9: Abfahrt des ND-Rotors nach Fanschaufelverlust; Amplitude im Fanglager L1 (qualitativ)
Im Normalbetrieb läuft die Welle unterkritisch in Punkt A. Fliegt eine Schaufel weg, erhöht sich die Unwucht so stark, daß der Betrieb in Punkt B nicht mehr dauerhaft möglich ist. Infolge der hohen Lagerkräfte reißen die Schernach bolzen, die kritische Drehzahl der nun weicheren Welle springt von q„, U'„. Nach kurzem, heftigem Einschwingvorgang sinkt der Schwingungspegel des nun überkritisch laufenden Rotors auf Punkt C. Beim Abfahren ist die Resonanzstelle bei U'„, zu passieren. In Punkt D berührt die Welle mit dem Lager 1 die nachgiebigen Anschläge. Der Wellenausschlag steigt leicht an auf Punkt E. Von da an fahrt das System abwärts nach F - und wird dabei um seine Resonanz betrogen. In F löst sich die Welle vom Fanglager. Sie kann nun zum Stillstand gebracht werden.
27.3 Kinematisches Rückwärtsrollen - dry f riction whirl Sind keine Fanglager vorgesehen und die Welle berührt dennoch irgendwo den Stator, kann eine andere periodische Lösung auftreten: das kinematische Rückwästsrollen. Dieser "Counterwhirl", wie er in [27.1] heißt, wirkt meist enorm destruktiv, weil er sehr hohe Kräfte weckt. Er wurde auch in trocken gelaufenen Gleitlagern beobachtet. In den experimentellen Untersuchungen [27.6] wurde er systematisch durch geeignete Anfangsbedingungen provoziert. Bild 27.10 zeigt das prinzipielle Geschehen. Die Welle berührt im Spalt der Wellendurchführung das Gehäuse.
564
27 Die harte Statorberührung- Fanglager
Gehäuserand
Bild 27.10: Kinematisches Rückwärtsrollen der Welle im Gehäuse; Cl„ = -Cl Rk
Die ihr vom Antrieb vorgeschriebene Drehung Q führt sie aus, indem sie rückwärts mit Q„ an der Gehäusewand entlang rollt. Dabei gilt aus kinematischen Gründen:
wobei R der Wellenradius und rührung:
C
die Spaltweite ist. Weiter gilt bei Wandbe-
solange keine Dämpfung im Spiel ist. Da der Spalt C gewöhnlich sehr viel größer ist, als die Exzentrizität des gewuchteten Rotors, C >> E, verzichten wir darauf, die Exzentrizität weiter mitzuschleppen. Für die stationäre kinematische Abrollbahn lautet dann die Kräftegleichung von Rotor und Stator in einem rotierenden Koordinatensystem für den Rotor: Stator:
[ R R R 2 mWswI - N = 0
pL[a„2 mL- sL]+ N = 0 .
(27.10) (27.11)
27.3 Kinematische Rückwertsrolle - dry friction whirl
565
Daraus folgt mit der Abrollbedingung die Rotorbahn zu:
wobei %+„wie im vorangegangenen Abschnitt, die gemeinsame Eigenfrequenz von Rotor und Stator ist. Für die Normalkraft zwischen Rotor und Stator - deren Vorhandensein Voraussetzung für das Abrollen ist - erhalten wir:
Gehen wir wieder vom Fall des hochabgestimmten Stators aus, q >q,.,+, > q,.,, dann läßt diese Gleichung erkennen: erst jenseits der Rotorkritischen dominiert die Fliehkraft des Rotors über seine elastische Rückstellkraft und eine Wandberührung mit positiver Normalkraft ist überhaupt möglich. Bild 27.11 gibt die Rotoramplituden und die Normalkraftverhältnisse wieder.
Drehzahl R„ [ radls ]
Bild 27.11: oben: Vergrößerungsfunktion des Rotors mit Statorberührung bei überkritisch abgestimmtem Stator (m, = 2mw, s, = 8sw, U, = 2wW),unten: Zonen, in denen wegen N > 0 kinematisches Abrollen möglich ist
27 Die harte Statorberührung- Fanglager
566
Im Drehzahlbereich cy,< ClRR
Hängenbleiben in der gemeinsamen Resonanz von Rotor und Stator: [Hz]
50
Rotor- Stator- Resonanz
40 30 20 10
0
10
20
30
40 Drehzahl [ Hz ]
Bild 27.12: Hängenbleiben der Whirl-Frequenz (Abrollfrequenz) in der gemeinsamen Rotor-Stator Eigenfrequenz; experimenteller Befund ans [27.6 ]
Was geschieht, wenn die Frequenz Cl„ des "dry friction whirls" die gemeinsame Rotor-Stator-Frequenz erreicht und der Rotor wegen N < 0 ablösen möchte? Lingener [27.6] untersuchte das experimentell, indem er bei fester Drehzahl C2 den Rotor durch Anschlagen in die Wandberührung trieb. Dies gelang nur im Drehzahlbereich cy,< Cl R/c < G+,. Rollte der Rotor in diesem Drehzahlbereich kinematisch rückwärts ab und wurde die Drehzahl und damit Cl„ weiter erhöht, trat ab Cl„> q,+, ein eigenartiges Phänomen auf. Trotz weiterer Drehzahlerhöhung blieb der Rotor sehr heftig schwingend mit seiner gemessenen Abrollfrequenz bei %+,hängen, Bild 27.12.
27.4 Die Bewegungsgleichungen bei Rotor-Stator-Berührung
567
Ein solches Verhalten, ist nur mit Schlupf beim Abrollen möglich. Der Rotor will sich wegen N < 0 ab Q„2 %+,vom Stator lösen, dadurch verliert er an Winkelgeschwindigkeit Q„, berührt also wegen N > 0 wieder, wodurch sich die Winkelgeschwindigkeit wiederum erhöht. So scheint das Spiel beim Hängenbleiben in der gemeinsamen Resonanz von Rotor und Stator %+,abzulaufen. Auch in der Praxis wurde - meist unfreiwillig das Hängenbleiben mit schlupfbehaftetem Rückwärts-Abrollen in einer höheren gemeinsamen kritischen Drehzahl von Rotor und Stator des öfteren beobachtet.
27.4 Die Bewegungsgleichungen bei Rotor-StatorBerührung Bisher haben wir nur spezielle stationäre, periodische Lösungen des Berührproblems betrachtet, die analytisch lösbar waren. Für eine allgemeinere Betrachtung schreiben wir zunächst die nicht-linearen Bewegungsgleichungen in raumfesten Koordianten unter Annahme eines einfachen Kontaktmodells an, Bild 27.13.
Bild 27.13: Berührkmematik und Kontaktsteifigkeitsmodell
r, und r, sind die komplexen Verschiebungen von Stator- resp. Wellenmitte. r, ist die Schwerpunktverschiebung der Scheibe, die mit den Wellenmittenverschiebungen über die Exzentrizität verknüpft ist.
568
27 Die harte Statorberührung - Fanglager
m, und m, sind wie bisher Rotor (Scheiben)- und Gehäusemasse, entsprechend sind die Dämpfungen d,, d, und die Steifigkeiten s,, s, zugeordnet. Die Gleichungen für die Rotor- bzw. Statorbewegungen lauten dann Rotor: m, r,
+ d,
Stator: m L rL + d L
i,
+ s,
r,
< +s, (r,
+ (1 + j p ) N = 0 -r„„)-(l+p
(27.17)
j)N = O
r„„ ist der eventuell vorhandene Gehäuseversatz gegenüber einer zentrischen Position der Welle. N ist die Normalkraft im Kontaktpunkt K. Sie ermitteln wir aus der Durchdringungstiefe von Rotor und Stator unter Annahme einer globalen Berührsteifigkeit s,, die aus den lokalen Nachgiebigkeiten von beiden, Rotor und Stator, zusammenzusetzen ist
Die Spitzen Klammern bedeuten N = 0, solange der Klammerinhalt negativ ist keine Berührung. Erst bei positivem Klammerinhalt (Durchdringung) wird die Kontaktkraft wirksam. a gibt die Richtung der aktuellen Lage des Berührpunktes K an, in dem die Normal- und Tangentialkraft angreifen,
-
a = arctan { Im (r,
- r, ) 1 Re (r, - r,
)}.
ist der Reibwert. Im Fang-Wälzlagerfall beträgt p null, wenn man von der geringen Drehträgheit des Wälzlagerringes, der zu beschleunigen ist, absieht.
,U schließlich
27.5 Plötzlicher Schaufelverlust mit anschließendem Anstreifen der Welle - digitale Simulation Das den nachfolgenden Bildern zugrunde liegende Rechner-Modell ist ein Lavalrotor mit sehr hoch abgestimmtem Stator (m, = 10-~ m,, s, = 15 s,). Das Spaltspiel beträgt das zweifache der (plötzlichen) Schwerpunktsexzentrizität (C= 2 E). Es ist aber durch den nicht-mittigen Sitz schon zur Hälfte aufgezehrt J E = l+j). Die Lavalwelle ist schwach gedämpft (D = 0,05). Für die Statordämpfung gilt d, = 1,4 d,. Weitere Systemdaten sind s, = s, und p = 0,2.
27.5 Plötzlicher Schaufelverlust mit anschließendem Anstreifen der Welle
569
Die Welle läuft mit konstanter Drehzahl 77 = Cl / q„, zunächst ohne Unwucht und damit auch ohne Ausschlag um ( Anfangsbedingung: r, = r, = 0; &, = is = 0 ). Zum Zeitpunkt t = 0 setzt die plötzliche Unwucht ein - z. B. durch Schaufelflug, die den Rotor aus seiner Ruhe reißt. Nach einem kurzen Einschwingvorgang schwingt sich der Rotor auf einen stationären Anstreifzustand ein - oder auch nicht. Bild 27.14 gibt zunächst eine ~ b e r s i c h tzu dem gesamten untersuchten Drehzahlbereich. Dünn gezeichnet ist die Resonanzkurve der Lavalvelle ohne Statorberührung. Die beiden fetten Linien geben den maximalen und minimalen Ausschlag des jeweiligen Anstreiforbits an, wobei auf die Exzentrizität normiert wurde.
Bild 27.14: Übersicht über das Anstreifverhalten eines Lavalrotors an einem steifen Stator. Obere dick gezeichnete Kurve: I r, / E l mix, untere dick gezeichnete Kurve: I r, / r l m,n; dünn gezeichnete Kurve: Lavalwelle ohne Spaltbegrenzung
Ab = 0,7 bis 77 = 1,l stellt sich nach dem Einschwingen ein Orbit endlichen Auschlags ein. Die Zone 1,l < 77 < 1,5 ist instabil. Jenseits dessen werden die Orbits wieder endlich. Den Orbit des Falles 77 = 0,9 zeigt Bild 27.15, eine Art "full annular rub". Die zweiseitige Fourieranalyse läßt aber erkennen, daß neben den +/- 1 ClKomponenten auch eine schwache +/- 2 Cl- und +/- 3 Cl- Beteiligung vorliegt, was auf die nicht-zentrische Nullage der Welle im Ringspalt zurückzuführen ist. Auch die starke statisch 0 Cl-Komponente ist auf den Versatz des Ring-spaltes zurückzuführen.
570
27 Die harte Statorberührung - Fanglager
Bild 27.15: Anstreifen der Welle am Stator im Falle 17 = 0,9; links: Anstreiforbit, rechts: zweiseitiges Spektrum
Der Fall 77 = 1,l liefert - wieder nach kurzem Einschwingvorgang - eine Rosette, deren Blätter (deformierte Ellipsen) gleichläufig durchfahren werden, die aber insgesamt langsam rückwärts dreht.
Bild 27.16: Anstreifen der Welle am Stator im Falle und ihr zweiseitiges Spektrum
T?,
= 1,l; gegenläufige driftende Rosette
Dieses Phänomen ist auf die dicht benachbarten Frequenzen im Spektrum zurückzuführen (vergl. Kap. 32). Im Falle 77 = 1,2 wird das System letztlich nach Ca. 130 Umdrehungen instabil. Bild 27.17 zeigt die Gesamtdarstellung und Details des instabilen Falls 77 = 1,2.
27.5 Plötzlicher Schaufelverlust mit anschließendem Anstreifen der Welle
Gesamtdarstellung: 0 bis 130 Umdrehungen 8.
571
Gleichlauf
Umdrehungen 0 bis 57 Einschwingvorgang und fast stationäre Rosette Gegenlauf
Umdrehungen 57 bis 66 Wechsel von gleichläufig auf gegenläufig durchfahrene..Blätter"
Umdrehungen 66 bis 130 Anwachsender gegenläufiger "Whirl"
Bild 27.17: Anstreifen der Welle im Falle = 1,2; instabiles, gegenläufiges Auswandern nach Ca. 130 Umdrehungen und Detaildarstellunge
Nach Ca. 5 Umdrehungen mündet der Einschwingvorgang in einen kreisähnlichen Orbit, der gleichläufig durchfahren wird. Nach Ca. 12 Umdrehungen fängt die Kreisbahn an elliptisch zu werden. Die Ellipsen werden noch gleichläufig, also im Wellendrehsinn, durchfahren. Aber Ihre „Hauptachse" drifted allmählich stetig rückwärts wie im Rosettenfall. Mit der Zeit wird die „Ellipsea immer schlanker. Nach ca. 62 Umdrehungen schrumpft sie zur Linie zusammen und wird danach wieder dicker und gegenläufig durchfahren, wobei die „Rosette" insgesamt nach wie vor gegenläufig dreht. Nach Ca. 110 Umdrehungen beginnen die Amplituden deutlich zu wachsen, auch wird die nun rückwärts durchfahrene jetzt kreisähnliche Bahn allmählich schneller durchlaufen - als mit SZ. Die Welle wird instabil und
572
27 Die harte Statorberührung - Fanglager
beginnt stetig auszuwandern. Nach 130 Umdrehungen wird die Rechnung abgebrochen.
Bild 27.18: Der Fall des Anstreifens bei 77 = 2,5; links: Orbit, rechts: zweiseitiges Fourierspektrum
Den Fall des Anstreifens nach plötzlichem Schaufelverlust bei 7 = 2,5 zeigt Bild 27.18. Nach dem - nicht gezeigten - Einschwingen bleibt eine stationär durchfahrener Orbit mit bescheidenen Amplituden, der mit +I- (1/2)R, +I- 1Q und +I- (312)Rdurchfahren wird. Setzt man im vorliegenden Beispiel den Reibwert ,L auf null - Wälzlager als Fanglager - verschwindet die instabile Zone, die im Bild 27.14 für den Fall ,L = 0,2 zu sehen ist. Das Diagramm sieht sehr ähnlich aus, aber der Drehzahlbereich 17 = 1,l bis 1,5 bleibt stabil. Hinweis: Generell sind die Einschwingfiguren und Orbits sehr stark von den Anfangsbedingungen - hier plötzliche Unwucht - und den jeweiligen Systemparametern abhängig. Die hier gezeigten Resultate lassen sich nicht auf andere Parameterkonstellationen übertragen. Das System ist eben grob nichtlinear.
27.6 Schlußbemerkung Zur Zeit ist das Bild, wann und unter welchen Parameterkonstellationen diese oder jene Anstreiforbits und Anstreifinstabilitäten entstehen, noch recht unvollständig und erst im Entstehen. In die bisherigen Betrachtungen wurden nur die Biegefreiheitsgrade der Welle einbezogen. Tatsächlich werden aber auch die Torsionsfreiheitsgrade beim
27.7 Fragen
573
Anstreifen am Gehäuse angeregt [27.11], besonders beim Schaufelanstreifen. Auch die Torsionsschwingungen geben deutliche diagnostische Hinweise. Ein vollständiges Bild, dessen was beim harten Anstreifen geschieht dürfte in wenigen Jahren vorliegen.
27.7 Fragen 1. Zur Darstellung des Kontaktvorganges zwischen Rotor und Stator konkurrierten zunächst zwei Modelle:
das Modell, das mit Newtons Stoßhypothese arbeitet und die Änderung der Geschwindigkeit vor und nach dem Stoß, durch eine Stoßzahl zu erfassen sucht, und das Modell, das mit Kontaktfederung, -dämpfung und dahinter liegenden Statorfreiheitsgraden arbeitet. Warum verschwindet das auf Stoßhypothesen beruhende Modell allmählich aus der Diskussion. Wo liegen seine Schwierigkeiten?
28 Verschiebung der kritischen Drehzahlen des Rotors durch Einfluß von Gehäuse- und Fundamentdynamik
28.1 Einleitung Kleinere Maschinen werden mit dem Gehäuse auf gummielastischen Füßen aufgestellt. Flugtriebwerke hängen am schwingungsfähigen Flügel, Bilder 28.1 a bis e. Schwere Turboläufer von stationären Gas- und Dampfturbinen werden in einem Lagerbock auf dem Fundament (Sohlplatte oder Rahmenwerk) aufgebaut. Oft sind schwere Maschinen auch auf einem Blockfundament gegründet, das direkt im Erdreich mht.
Bild 28.1: Verschiedene Lagerungen von Rotoren: Turbomolekularpumpe und E-Motor auf Gurnrnifüßen (a, b); Lagerbock einer Dampfturbine auf biegeelastischem Querträger (C); Blockfundament auf dem Erdreich (d); Flugtriebwerksaufhängung (e)
576
28 Verschiebung der kritischen Drehzahlen des Rotors
Der Baugrund aber ist keinesfalls starr, sondern unter Umständen sehr schwingungsfreudig; er läßt sich durch einen elastischen Halbraum modellieren. Mit der Rückwirkung der Dynamik von Gehäuse, Fundament und Boden werden wir uns in diesem und im folgenden Kapitel auseinandersetzen. Auch hier ist das Ziel, das Grundsätzliche herauszuarbeiten, um abschätzen zu können, ob es notwendig ist, aufwendige Programme für die Interaktion von stützender Struktur und Rotor einzusetzen. Häufig genügt es in praxi, die Tendenzen der Verschiebung der kritischen Drehzahlen zu kennen.
28.2 Verschiebung der Eigenfrequenzen durch Lagerund Bocknachgiebigkeiten Sind Rotoren nicht starr gelagert, sondern elastisch gestützt, sinken die Eigenfrequenzen ab. Das ist uns schon vom Lavalrotor bekannt, Kap. 5 und 6, gilt aber auch für komplizierte Rotoren. Bild 28.2 zeigt für eine glatte Welle, wie mit der zunehmenden Stütznachgiebigkeit die Eigenfrequenzen sinken.
Bild 28.2: Abhängigkeit der Eigenfrequenzen (kritischen Drehzahlen) einer glatten Welle von der Stütz-Nachgiebigkeit an den Lagern, aus [28.1]
28.2 Verschiebung der Eigenfrequenzen durch Lager- und Bocknachgiebigkeiten 577
Wenn in der Entwurfsphase die Stützsteifigkeiten noch nicht bekannt sind, rechnet man vorsichtshalber dieses Diagramm q = q(h„) aus. Weiß man später genaueres, genügt ein senkrechter Strich um die Eigenfrequenzen (kritische Drehzahlen) zu finden. Oft aber erfolgt die Abstützung des Rotors nicht über reine Federelemente sondern über Stützkonstruktionen, die sowohl massebehaftet als auch elastisch sind. Den Lagerbock auf dem elastischen Querriegel von Bild 2 8 . 1 wird ~ man besser durch ein Feder-Masse-System als durch eine reine Feder modellieren. Auch das Gehäuse des Elektromotors, der auf Gummifüßen steht, läßt sich für einen beträchtlichen Frequenzbereich gut durch dieses Modell von Bild 28.3 darstellen.
Lagerbockmasse Querriegel -federung Bild 28.3: Modell eines Lagerbocks mit Querriegelfederung
In diesem Fall läßt sich ebenfalls mit der Grafik q = q (h„) nach Bild 28.2 arbeiten, allerdings muß man bei der Vorabrechnung auch den Bereich negativer Nachgiebigkeiten mit ermitteln. In Bild 28.4 ist das für den Lavalrotor ausgeführt.
Bild 28.4: Eigenfrequenz (kritische Drehzahl) des Lavalrotors in Abhängigkeit von der Stütznachgiebigkeit h„ (positiver und negativer Ast); wo = J-)
578
28 Verschiebung der kritischen Drehzahlen des Rotors
Für die Stützkonstruktion berechnet man nun die dynamische Nachgiebigkeit des Bocks unter harmonischer Anregung P(t) = PcosQt. Aus der Bewegungsgleichung
erhält man mit
U
= ucos Qt die dynamische Nachgiebigkeit hLB(R)
Man sieht: die statische Nachgiebigkeit l/s„ wird durch den Einfluß der Massenkrafte modifiziert. Wegen der Dämpfungsfreiheit bleibt sie nach wie vor reell, kann nun aber oberhalb der Bockeigenfrequenz w„ = JS„/m„ auch negativ werden. Man trägt daher die nun frequenzabhängige Bocknachgiebigkeit h,(R) ein. Wo sich Schnittpunkte mit der Rotorfrequenzkurve q = q (h„) ergeben, liegen die Resonanzstellen des Gesamtsystems: Rotor und Stützkonstruktion schwingen mit einer gemeinsamen (Eigen-) Frequenz auf der zugehörigen dynamischen Nachgiebigkeit h„ .
I
o, Rotoreigenfrequenz bei starrer Stützung, h„=O
0 dynam. Lagerbocknachgiebigkeit--,
"LB
Bild 28.5: Verschiebung und Aufspaltung der Rotoreigenfrequenz w, in w, und w2durch die Bocknachgiebigkeit h„ (Q)
Da die Nachgiebigkeitskurve
28.2 Verschiebung der Eigenfrequenzen durch Lager- und Bocknachgiebigkeiten 579
einen positiven und einen negativen Ast hat, entstehen zwei Schnittpunkte. Beide sind Eigenfrequenzen des Gesamtsystems. Genaueres werden wir im nächsten Abschnitt kennenlernen. Oft wird man die Mühe scheuen, die Nachgiebigkeit h„(R) rechnerisch zu ermitteln, dann genügt ein einfacher Shaker-Versuch, um zu gesicherten Daten zu kommen. Bei komplizierten Stützkonstruktionen können mehrere Resonanzstellen auftreten, was dem Verfahren keinen Abbruch tut. Eine strengere Herleitung findet sich bei Kellenberger [28.2], dessen Buch auch das folgende Bild 28.6 entnommen ist. An ihm erkennt man, (laß dieser Turborotor bei starrer Lagerung im Drehzahlbereich bis 5000 min nur zwei kritische Drehzahlen hätte, die bei 1050 bzw. 3300 min-' liegen. Tatsächlich treten aber infolge der Lagerbockdynamik vier kritische Drehzahlen auf.
Lagerungsnachgiebigkeit KNA [pm/kN] Bild 28.6: Beispiel für die Verschiebung der Eigenfrequenzen eines Rotors durch die Dynamik der Wuchtständer in der Auswuchtgrube, aus [28.2]
580
28 Verschiebung der kritischen Drehzahlen des Rotors
Dieses Vorgehen ist nur an folgende Voraussetzungen geknüpft: ungedämpfte (oder schwach gedämpfte) Teilstrukturen, Rotor und Stützwerk, bei mehreren Lagerstellen gilt für alle die gleiche Nachgiebigkeit h„ = h„(")
3
keine Interaktion zwischen den Stützstellen. Trotz dieser Einschränkungen gibt dieses Vorgehen im Allgemeinen sehr schnell einen ~ b e r b l i c küber tendenzielle Verschiebungen der Resonanzstellen durch Gehäuse, Bock- und Fundamenteinflüsse.
28.3 Genauere Betrachtung der Rotor-FundamentInteraktion Wir betrachten nun das Modell von Bild 28.7, das einen Lavalrotor auf einem gurnmigefederten Blockfundament in den vertikalen Freiheitsgraden W, und W, beschreibt. Auch der Elektromotor auf Gummifüßen nach Bild 28. l b führt auf dieses System, nur ist dort W, der Gehäusefreiheitsgrad.
Bild 28.7: Einfaches Modell von Rotor und Fundament
Die Bewegungsgleichungen dieses Systems lauten
wenn wir von Rotordämpfungen absehen. Selbst die Fundamentdämpfungen aus den Gummiblöcken wollen wir in diesem Kapitel noch außer Acht lassen.
28.3 Genauere Betrachtung der Rotor-Fundament-Interaktion
581
Für die freien Schwingungen liefert der Ansatz
das homogene Gleichungssystem
dessen Determinante die charakteristische Gleichung liefert
Die Abkürzungen im Einzelnen bedeuten:
V = m,
W
/ m,
= W / W,
Massenverhältnis bezogene Eigenfrequenz(en)
Die Anführungszeichen bei q und 4 stehen, weil dieses Eigenfrequenzen der ungekoppelten Teilstrukturen „Rotor auf starren Lagern" und Fundament ohne Rotor" sind, also reine Referenzgrößen, keine Eigenfrequenzen des gekoppelten realen Systems. Die biquadratische Gleichung ist leicht zu lösen, Bild 28.8 gibt die beiden Eigenfrequenzen ü,und 8,des gekoppelten Systems „Rotor und Fundament" in Abhängigkeit von der Abstimmung q l q und dem Massenverhältnis V wieder. Links im Bild 28.8 bei q 1% < 0,8liegt der Bereich des tiefabgestimmten Fundamentes, rechts jenseits von q 1% < 1,2 spricht man vom hochabgestimmten (steifen) Fundament. Der Bereich der Abstimmung w, = UI, wurde früher manchmal als gefahrlich angesehen. Er ist es nicht, hat aber seine Besonderheiten, wie wir im nächsten Kapitel sehen werden.
582
28 Verschiebung der kritischen Drehzahlen des Rotors
o
0,2
tief I,O hoch 1,6 Abstimmungsverhältnis W*= o,l o,
Bild 28.8: Eigenfrequenzen des ungedampften Systems über Abstimmung Massenverhäitnis V = m, /m,, dicker Ast: „Rotorkritische"
2
d
=
U,
/w„
Zur weiteren Interpretation benötigen wir noch die Eigenschwingungsformen. Um sie zu ermitteln, benutzen wir die oberste Zeile des homogenen Gleichungssystems 28.6
normieren auf W, = 1 und setzen für CU' jeweils W,' bzw. ¿i,iein. Das liefert die zugehörigen Fundamentamplituden. In Bild 28.9 sind beide Eigenformen über dem Abstimmungsverhältnis aufgetragen, das Massenverhältnis m,/m, ist Bildparameter. In der (niedrigen) ersten Eigenform schwingen Fundament und Rotor gleichsinnig, in der (höheren) zweiten Eigenform gegensinnig.
Denn die (bezogene) Fundamentamplitude a ist immer positiv, wogegen b stets negativ ist, wie die Grafik zeigt.
28.3 Genauere Betrachtung der Rotor-Fundament-Interaktion
0
O,2
tief I,O hoch 1,6 Abstimmungsverhältnis w*=w,l w,
583
2
Bild 28.9: Die gleichsinnige (a) und die gegensinnige (b) Eigenform von Rotor und Fundament in Abhängigkeit von der Abstimmung w, /U,; dicker Ast: „Rotorkritische"
Die unwuchterzwungenen Schwingungen des Rotor-Fundament-Systems sind am leichtesten in modaler Darstellung zu verstehen. Setzen wir den modalen Ansatz
in das Ausgangsgleichungssystem 28.4 mit d, = 0 ein und multiplizieren von links mit der transponierten Modalmatrix uT,
so erhalten wir (wegen der Orthogonalitätsbedingungen, vergleiche Kap. 10) die Bewegungsgleichungen für die beiden modalen Freiheitsgrade q,(t), q,(t) in entkoppelter (diagonalisierter) Form
584
28 Verschiebung der kritischen Drehzahlen des Rotors
mit
Die modalen Antworten
sind leicht zu berechnen. Fügen wir die Antwort des Systems gemäß dem Ansatz G1. (28.9) zusammen, so erhalten wir letztlich die Unwuchtantwort in der Form
die nicht schwer zu deuten ist. Die Gesamtschwingung setzt sich aus den Teilantworten der beiden Eigenformen zusammen. Bei Q = U, und Q = U, liegen die beiden Resonanzstellen des Systems. Bild 28.10 zeigt die Amplitudengänge für ein tiefabgestimmtes System mit schwerem (V = 10) und leichtem (V = 1) Gehäuse bzw. Fundament. Die Dominanz der Rotoramplituden in der Nähe der zweiten Resonanz ist bei der Tiefabstimrnung auf CO* = 0,2 gut zu erkennen. Beim hochabgestimmten System (d= 1,6) liegen die Verhältnisse genau anders herum; hier ist die erste Resonanz „die Rotorkritische". Gleichzeitig erkennt man an diesem Bild die einfachen Regeln bei tiefabgestimmtem Fundament steigt die „Rotorkritische" durch den Fundamenteinfluß an (gegenüber der Rechnung mit starrer Stützung) bei hochabgestimmtem Fundament sinkt sie infolge des Fundamenteinflusses ab. Auf die Besonderheiten der Abstimmung w, =% gehen wir im nächsten Kapitel genauer ein.
585
28.3 Genauere Betrachtung der Rotor-Fundament-Interaktion schweres Fundament
. s
= 10
V
leichtes Fundament V = 1
W
10-
. W^
1
1
1
8:
10-
= 0,2 j
i
I
1
84
/I
1
6j
i/
1
10,
1
W,
= 0.2
,
,
1
I
1
i
44
I
24
i
1 -,', .L\. .
,
,
.
, .
.
,
2.0
!
,
2.5
0 2 O(F)
. ,
,
0.5
bezogene Drehzahl C2 1 W,
,
. . , 1.0
,
,
,
,
(R)1,5
,
,
,
,
,
<
2.0
bezogene Drehzahl C2 / W ,
Tiefabstimmung
bezogene Drehzahl C2 / W,
bezogene Drehzahl C2 / W,
W
1
10
$
j
G 84
. I
3
54
3 .-
;'1
d.
i
E
24
s
a, n
o
1 0
i
.
:
. 0,5
.
, . . . , . . . . : . . (R)1,0
1.5 (F)
2.0
. 2.5
0
0.5
(R) 1.0
1.5
2.O(F)
:
bezogene Drehzahl C2 / 0,
bezogene Drehzahl C2 / W,
Hochabstimmung
Bild 28.10: Dimensionslose Rotor- bzw. Fundamentamplituden bei schwerem (V = 10; links), sowie leichtem (V = 1; rechts) Fundament und den Abstimmungen W * = 0,2; 1,0; 1,6
586
28 Verschiebung der kritischen Drehzahlen des Rotors
28.4 Fragen 1. Was berechtigt in den Bildern 28.8 und 28.9 den dick gezeichneten Eigenfrequenz- bzw. Amplituden die „Rotorkritische" zuzuordnen? 2. Wie würden die Bilder 28.5 und 28.6 (qualitativ) aussehen, wenn die Stützkonstruktion (Lagerbock, Querträger etc., Bild 28.3) zwei Resonanzstellen im Betsiebsbereich des Rotors hätte? 3. Bei welcher Abstimmung von Rotor und Fundament treten die stärksten Verschiebungen der kritischen Drehzahlen auf?
29 Ausnutzung der Fundamentdämpfung zur
Beruhigung der Rotorschwingungen - die Abstimmung U , = U,
29.1 Einleitung So erwünscht die äußere Dämpfung einer rotierenden Welle zur Verbesserung der Resonanzdurchfahrt oder auch des Betriebes in der Nahe eine kritischen Drehzahl ist, so schwierig ist ihre konstruktive Realisierung. Bringt man sie direkt - 2.B. über Quetschöldämpfer oder aktive Magnetlager - ein, ist der Konstruktionsaufwand groß. Selbst die Bettung der Wälzlager in Elastomer0-Ringen, Kap. 6, ist nicht ganz einfach zu realisieren. Wird aber ein Maschinengehäuse ohnehin zur Schwingungsisolierung Gummielementen aufgestellt, Bild 28.1, oder ein Maschinenfundament Gummipuffem, Bild 29.1, läßt sich deren Dämpfungswirkung durch schickte Abstimmung, nämlich U , = U „ zur Schwingungsberuhigung Rotors heranziehen.
auf auf gedes
Bild 29.1: Maschinenfundament auf Gummipuffern
Den Grundgedanken kann man anhand von Bild 29.2 leicht verstehen, welches das Amplitudenverhältnis von Fundament und Rotor ( G , / G T , )in der ersten und zweiten Eigenform nach Bild 28.9 noch einmal aufgreift. Dort
29 Ausnutzung der Fundamentdämpfung
588
wurde ungedämpft gerechnet, für schwache bis mäßige Dämpfungen d, ändern sich die Eigenformen aber nur unwesentlich.
0
1
Abstimmungsverhältnis
d
Bild 29.2: Beteiligungsverhältnis von Rotor- und Fundamentamplituden in der ersten (gleichsinnigen) Eigenform und der zweiten (gegensinnigen) Eigenform in Abhängigkeit vom Abstimmungsverhältnis w" = U, 10, ; Masseverhältnis V = m,/m, = 10, d,= 0
Betrachten wir das tiefabgestimmte Fundament, qlq = 0,2, so ist ersichtlich, daß die erste Eigenform, die der Fundamentkritischen entspricht, gut gedämpft ist (Bild 29.2). Der Dämpfer ist kräftig am Wirken, denn die Fundamentausschläge w~ sind etwa gleich der Rotorauslenkung WR. Die zweite Eigenform - die der Rotorkritischen entspricht - ist viel geringer gedämpft. Zu den großen Rotoramplituden gehören hier bescheidene Fundamentamplituden; der Dämpfer wird also kaum genutzt. Im hochabgestimmten Fundament (z.B. u,/w, = 1,6) sieht es nicht minder schlecht für den Rotor aus. Dann ist die erste Eigenform, in der die Rotorschwingungen dominieren, schwach gedämpft, nur die zweite, die Fundamentkritische, ist gut gedämpft. Ein Blick auf Bild 29.2 zeigt, daß bei einer Abstimmung auf U, =U, beide Eigenformen etwa gleichermaßen den Dämpfer zur Mitwirkung zwingen. Bei dieser Abstimmung ist die Beteiligung der Fundamentamplitude in beiden Eigenformen (betragsmäßig) etwa gleich groß. Die folgenden Rechnungen bestätigen diese Spekulationen: bei der Abstimmung U, =: U, nutzt der Rotor in optimaler Weise die Fundamentdämpfung aus.
29.2 Freie Schwingungen
589
29.2 Freie Schwingungen - das Durchdringen der Fundamentdämpfung bei U , =: U , Die Bewegungsgleichungen des Systems können wir vom vorangegangenen Kapitel übernehmen
Mit dem Ansatz
geht das homogene Differentialgleichungssystem (rechte Seite null) in das algebraische Gleichungssystem
über. Dessen Determinante liefert die charakteristische Gleichung in der dimensionslosen Form
wenn folgende Abkürzungen benutzt werden: W* = ~ o ~ / ~ o ,
Abstimmungsverhältnis
V =mF/mR
Massenverhältnis
= dF/(2mFWF)
Dämpfungsgrad des Fundaments
590
29 Ausnutzung der Fundamentdämpfung
1= ~ / w ,= ~^/1/=
bezogener Eigenwert
Sie hat vier paarweise konjugiert komplex auftretende Wurzeln mit negativem Realteil
bzw. dem modalen Dämpfungsgrad
solange die Fundamentdämpfung nur mäßig groß ist, was bei Elastomerelementen stets der Fall zu sein pflegt. D, ist der modale - dem Lehr'schen Dämpfungsmaß entsprechende - Dämpfungsgrad der jeweiligen Eigenform. Die Eigenfrequenzen i3,, und die Eigendämpfungsgrade D, hängen von den drei Systemparametern V, U* und D, ab, die in der charakteristischen G1. (29.4) auftreten - aber in sehr unterschiedlicher Weise. Die Eigenfrequenzen ü, sind bei mäßigen Fundamentdämpfungsgraden, D, < 0,15, so gut wie unabhängig von D,. Das zeigt auch Bild 29.3 oben, wo ük= Ü,(v, W =undD,) für D, = 0; 0,05 bis 0,15 dargestellt wurden. Der Parameter D, geht in der Strichstärke unter. Die modalen Dämpfungsgrade D, hängen natürlich stark vom Fundamentdämpfungsgrad D, ab, aber in sehr einfacher Weise: im Bereich schwacher bis mäßiger Fundamentdämpfungen, sind die Modaldämpfungsgrade D, praktisch proprotional zu D,. Bezieht man also D, auf D,, wie in Bild 29.3 geschehen, wird man auch hier die D,-Abhängigkeit weitgehend los. Dünn ausgezogen sind die Kurven für D, = 0,15 und 0,10, dick ausgezogen die für D, = 0,05. Wirklich starken Einfluß haben auch hier nur das Abstimmungsverhältnis w, /U, und das Massenverhältnis m, /m, . Der Parameter D, erscheint nur noch als Grad der Schwärzung der Kurven Wie aufgrund der Überlegungen von Abschn. 29.1 erwartet, verteilt sich die Fundamentdämpfung D, bei Abstimmung auf U, =U, nahezu gleichmäßig auf beide Eigenformen. Sie kommt also immer auch dem Rotor zugute. Man kann das auch so deuten: bei dieser Abstimmung benutzt der Rotor das Fundament mit seinem Dämpfer als Schwingungsabsorber. Verblüffend ist, daß die Aufteilung der Dämpfung bei der Abstimmung U , = U, und den hier betrachteten Massenverhältnissen von V = 1 bis 10 nahezu unabhängig vom Massenverhältnis selbst ist, D, = D, = D ,I2 .
29.2 Freie Schwingungen
591
Beide Eigenformen teilen sich die Fundamentdämpfung brüderlich auf.
Abstimmungsverhältnis CU*
1
Abstimmungsverhältnis W* Bild 29.3: Eigenfrequenzen 8, (krit. Drehzahl) und bezogene Modale Dämpfungen DJD, des Rotor-Fundamentsystems; Masseparameter V = rn,/rn, = 1; 2; 5; 10; Fundamentdampfung D, = 0,05; 0,lO; 015
592
29 Ausnutzung der Fundamentdämpfung
29.3 Unwuchtantwort Die Bewegungsgleichungen lassen sich für die Unwuchtantwort (z.B.) mit dem direkten Ansatz
lösen. Nach dem Ableiten, Einsetzen und Abgleichen nach Sin- bzw. CosTermen erhält man
ein lineares Gleichungssystem für die gesuchten Amplituden. Da vor allem deren Beträge interessieren, bildet man
Sie sind in dem Bild 29.4 für das tiefabgestimmte Fundament, U, / U , = U * = 0,2 und im Bild 29.5 für das Abstimmungsverhältnis U, = U, dargestellt.
0
1
2
bezogene Drehzahl ~
O
R
Bild 29.4: Vergrößerungsfunktion von Rotor und Fundament bei Unwuchtanregung für das tiefabgestimmte Fundament. Massenverhältnis V = m, I m, = 5; D, = 0,l
29.3 Unwuchtantwort
593
In beiden Fällen beträgt das Massenverhältnis m, / m, = 5 und die Fundamentdämpfung D, = 0,l. Deutlich wird sichtbar, wie die „Gleichverteilung" der Fundamentdämpfung D, auf D, und D, (vergl. Bild 29.3) im Fall der Abstimmung u, = u, beiden Resonanzpeaks zugute kommt, die beide gut gedämpft sind.
4
0
1
2
bezogene Drehzahl
SU~R ild 29.5: Vergrößerungsfunktion von Rotor und Fundament bei Unwuchtanregung uni einer Abstimmung 0,= w , ; Massenverhältnis V = m, 1 m, = 5; D, = 0,l
Bild 29.6 verdichtet diese Information über die maximale Rotoramplitude den höheren der beiden Resonanzpeaks - in ein Diagramm: Maximalamplitude über der Abstimmung w, /w, = U * .
0
1
2
Abstimmungsverhältnis m* Bild 29.6: Maximale Amplituden des Rotors über dem Abstimmungsverhältnis des Massenverhältnisses m, 1 m, = V
U * .Einfluß
594
29 Ausnutzung der Fundamentdämpfung
Das Massenverhältnis V = m, / m, ist Bildparameter. Dadurch daß nicht / E I dargestellt wurde, sondern
1%
fällt die Fußpunktsdämpfung des Fundaments im Diagramm praktisch heraus, solange sich das Massenverhältnis V im Bereich von 1 bis 10 bewegt. Der pathologische Fall V = 100 wurde nur gerechnet um die Staffelung der Kurven D, = 0,05; 0,lO; 0,15 sichtbar zu machen. Im Bereich der Tiefabstimmung, wx< 0,8, ist es die höhere, ,,Rotorkritische" zweite Eigenform, die den größeren Resonanzgipfel hat. Im Bereich der Hochabstimmung des Fundamentes, q / q (a 1,2, ist es die niedrige Eigenform, die das Resonanzmaximum liefert - also auch wieder die „Rotorkritische". Das ist nach der Diskusion des Verlaufs der modalen Dämpfungsgrade D, von Bild 29.3 völlig plausibel. Wie aufgrund der dort dargestellten Verläufe von D, und D, zu erwarten, ist das Minimum der Rotoramplituden bei w, = w, nahezu unabhängig vom Massenverhältnis. Das Massenverhältnis V bestimmt aber die Breite der Talsohle.
29.4 Verbesserung der Stabilität des Rotors durch Ausnutzen der Fundamentdämpfung Das Stabilitätsverhalten eines Rotors, der durch Spaltströmungen, innere Dämpfung der rotierenden Wellen o.ä. zur Selbsterregung neigt, kann selbstverständlich auch durch die Fundamentdämpfung D, positiv beeinflußt werden. Das hat schon Tondl [29.1] dargelegt, ohne daß er explizit die modalen Dämpfungen D, und D, von Bild 29.3 bestimmte. Bild 29.7 zeigt das Modell, daß der folgenden Betrachtung zugrunde liegt: ein Elektromotor, dessen Blechpaket als innere Dämpfung auf die rotierende Welle einwirkt. Sein Gehäuse ist über Gummielemente gefedert und gedämpft abgestützt. Damit die Rechnung nicht lange aufhält, nehmen wir isotrope Abstützung an.
29.4 Verbesserung der Stabilität des Rotors
595
Bild 29.7: Modell eines Elektromotors mit auf Gummi gebettetem Gehäuse. Zusammenfassung der Rotor- und Gehäusefreiheitsgrade zu den komplexen Freiheitsgraden rJt) und r,(t)
Die schon in den komplexen Freiheitsgraden
zusammengefaßten Bewegungsgleichungen lauten:
Wobei di der Koeffizient der viskos angesetzten inneren Dämpfung der Welle ist, von der wir in Kap. 5 sahen, daß sie bei Drehzahlen oberhalb der kritischen Drehzahl (was auch immer das hier bedeutet) labilisierend wirkt. Zur Ermittlung der Stabilitätsgrenze setzen wir die rechte Seite null und führen den Ansatz
in die Bewegungsgleichungen ein. Es entsteht ein homogenes GleichungsSystem dessen Determinante die charakteristische Gleichung liefert, welche G1. (29.4) ähnelt, nun aber noch die Terme der inneren Dämpfung Di = di/2m,coR enthält.
596
29 Ausnutzung der Fundamentdämpfung
Sie lautet
Im Stabilitätsgrenzfall ist der Realteil des Eigenwertes gerade null; das System SO oszilliert weder auf noch abklingend mit der Stabilitätsgrenzfrequenz ügr, daß
/ipr = jag, + O gilt (Verfahren der Beiwertbedingungen). Dadurch zerfällt
die charakteristische Gleichung in ein reelles und imaginäres Teilpolynom. Beide müssen für sich null sein. Das ergibt aus dem Realteil
aus dem Imaginärteil
Beschränken wir die Betrachtung auf nicht allzu hohe Fundament- und innere Dämpfungen, D,, D, < 0,15, dann können wir in G1. (29.14a), die aus dem Realteil folgte, die multiplikativen Terme Di D, weglassen. Die verbleibende biquadratische Gleichung liefert als Stabilitätsgrenzfrequenz die Eigenfrequenzen des ungedämpften Systems, vergl. G1. (28.6).
CL>gr = 8, resp.
CL>„ = ü.
Wir kennen sie bereits von Bild 28.8, wo sie in Abhängigkeit vom Masseverhältnis und dem Abstimmungsverhältnis U, /U, dargestellt waren. Die Gleichung, die aus dem Imaginärteil folgt, läßt sich mit den nunmehr bekannten Werten og,nach der Grenzdrehzahl Cl = Cl, auflösen, die maximal stabil zu fahren ist.
29.4 Verbesserung der Stabilität des Rotors
597
Wegen ügr= ül bzw. ügr = üZfallen formal zwei Grenzdrehzahlen an, von denen natürlich die niedrigere die entscheidende ist. Wie weit die Stabilitätsgrenze angehoben wird, hängt vom Verhältnis D,/D, ab und der Klammer hinter dem Dämpfungsverhältnis f, (V, D ) , das nur vom Massenverhältnis V
0
1
2
Abstimmungsverhältnis ~ F / W Bild 29.8: Grenzdrehzahl des stabilen Laufs (D,/D~ = 5 ; = rn,/rn = 1 und 10) über dem Abstirnmungsverhältnis w,/wR von Fundament und Rotor für ein liichtes und ein schweres Fundament
Bild 29.8 zeigt für die Massenverhältnisse V = 1 und 10 sowie das Verhältnis D, 1D, = 5 die Erhöhung der Grenzdrehzahl in Abhängigkeit vom Abstimmungsverhältnis ü = w,/w,. Wie aufgrund des Verlaufs der Eigendämpfungen D, und D, zu erwarten, wird die Stabilitätsgrenze bei mF = m, am stärksten angehoben. Die Spitze im Diagramm wird bei der Abstimmung erreicht, bei der beide Eigenwerte ;2x die gleich hohe Grenzdrehzahl haben. Im linken Ast (Tiefabstimmung des Gehäuses) ist es der schwach gedämpfte höhere Eigenwert ;il,der die Stabilitätsgrenze bestimmt. Von ihm wissen wir aus der Diskussion von Kap. 28, daß hier die Rotorbewegung dominiert. Im
598
29 Ausnutzung der Fundamentdämpfung
rechten Ast (Hochabstimmung des Gehäuses) ist es der niedrigere Eigenwert T , der die Stabilitätsgrenze bestimmt. Auch er ist wieder der „Rotorkritischen" zuzuordnen, siehe Bild 29.2 und die Diskussion in Kap. 28. Stimmt man genau auf die Spitze der beiden Begrenzungskurven der Grenzdrehzahl ab, so laßt sich ganz grob gerechnet die Grenzdrehzahl
erreichen. Denn der Wert der eckigen Klammer in G1. (29.15) hat dann etwa den Wert 1. Wenn sich die Massenverhältnisse im abgesteckten Bereich von V = 1 bis 10 bewegen, fällt ihr Einfluß bezüglich des Maximums praktisch heraus. Diese Formel erinnert stark an die vom Lavalrotor her bekannte G1. (5.29) wenn dort Da durch D, ersetzt wird.
29.5 Schlußbemerkung Obwohl nur für den Selbstersegungsmechanismus der inneren Dämpfung gezeigt, läßt sich die Fundamentd'ampfung natürlich genauso gegen Dichtspaltselbstersegungen oder Dampfanfachung durch Schaufelumströmung im Spalt einsetzen. Auch wenn Nichtlinearitäten im Spiel sind, kann die Gehäuse- oder Fundamentdämpfung hilfreich sein [29.2].
30 Lavalläufer - Blockfundament - elastischer Halbraum
30.1 Einleitung Ein auf dem Erdreich ruhendes Blockfundament kann in ähnlicher Weise beruhigend auf den Rotor wirken wie ein Fundament auf Gummifüßen. Die Dämpfungswirkung des Baugrundes ist allerdings viel größer als die der Gummi-Elemente. Das liegt daran, daß der Boden als elastischer Halbraum die Energie der sich ausbreitenden Wellen abstrahlt. Weil die Ränder des Erdreiches im Unendlichen liegen, gibt es keine Reflektion. Um die Rückwirkung des Halbraumes auf das Fundament kennenzulernen, betrachten wir zunächst einen quadratischen Fundamentblock mit der Grundfläche 2a X 2a und der Masse m,. Unter harmonischer Vertikalerregung schwingt er wie ein Einfreiheitsgradsystem.
a, = a Qlv,
Erregungsfrequenz
Bild 30.1: Vergrößerungsfunktion für die Vertikalbewegung eines harmonisch erregten Blockfundamentes auf dem elastischen Halbraum. Erregungsfrequenz a„ Scherwellengeschwindigkeit V„ halbe Fundamentbreite a
600
30 Lavalläufer - Blockfundament - elastischer Halbraum
Die Schreibung deutet schon an, daß die Halbraumsteifigkeiten und -dämpfungen frequenzabhänging sind.
Dies rührt daher, daß die unendlich vielen inneren Freiheitsgrade des Halbraumes eliminiert wurden, was zufolge hat, daß nun diese Frequenzabhängigkeiten auftreten. Bestimmen wir die Halbraumsteifigkeit s, und Dämpfung d, gemäß den Angaben des folgenden Abschnittes, finden wir
wobei die Scherwellengeschwindigkeit des Bodens
ist und die dimensionslose Erregerfrequenz der Grundbauer
p„ ist die Bodendichte, G der Gleitmodul des Erdreiches. In die dimensionslosen Steifigkeiten und Dämpfungen des Halbraumes geht auch noch die Querkontraktionszahl vein, die nur geringen Einfluß hat. Sie wurde bei der Berechnung der Diagramme zu V = 0,25 angesetzt. Die Scherwellengeschwindigkeit V„ die leicht zu messen ist, charakterisiert das Bodenverhalten am stärksten. Tabelle 30.1 gibt eine grobe Übersicht.
Tabelle 30.1: Anhaltswerte für die Halbraumdaten unterschiedlicher Bodenarten
30.2 Die Halbraumsteifigkeitenund -dämpfungen
601
Zur Ermittlung der Schwingungsamplituden des harmonisch angeregten Fundamentblockes algebraisieren wir die Bewegungsgleichung (30.1) mit dem Ansatz
was auf die komplexe Amplitude
führt, wobei der Betrag des Frequenzganges IF(JR)~ die Vergrößerungsfunktion zu Bild 30.1 ist. Man staunt, wie wenig ausgeprägt die Resonanzstellen sind. Hat das Fundament beispielsweise die halbe Kantenlänge als Höhe, h, = a und die Dichte p„ dann beträgt der Massenparameter B, im Bild
Bei einem Betonklotz auf Kiesboden wird demnach B, in der Größenordnung von 5 liegen. Die zugehörige „Resonanzspitze" ist kaum zu erkennen, so stark wirkt die Halbraumdämpfung.
30.2 Die Halbraumsteifigkeiten und -dämpfungen Zur Ermittlung der Halbraumsteifigkeiten und -dämpfungen ist ein gemischtes Randwertproblem in Spannungen und Verschiebungen für das HalbraumKontinua zu lösen. [3O.1, 30.2, 30.3, 30.4, 30.5, 30.91. Aus diesen Lösungen läßt sich ein äquivalentes lineares Feder-DämpferSystem für die Berührfläche mit dem hier starr angenommenen Fundamentblock gewinnen. Wie oben schon erwähnt, werden diese Steifigkeiten und Dämpfungen durch Elimination der inneren Freiheitsgrade des Halbraumes jedoch frequenzabhängig, wobei diese Abhängigkeit in die dimensionslose Erregerfrequenz der Bauingenieure a,, = R a/vs gepackt wird.
602
30 Lavalläufer - Blockfundament - elastischer Halbraum
Auch die Steifigkeits- und Dämpfungszahlen selbst werden dimensionslos dargestellt, Bild 30.2.
b)
d)
0
1
-a ~ -
-ao-
2
Frequer
Frequenz
Bild 30.2: Halbraumsteifigkeiten und -dämpfungen (dimensionslos) in Abhängigkeit von der Erregerfrequenz a,=Q a/vs für quadratisches und rechteckiges Fundament (b/a=2; b/a=l)
Wir haben sie aus den Arbeiten [30.4 - 30.81 übernommen, in denen unverschweißter Kontakt zwischen Baugrund und Fundamentsohle angenommen wurde. Luco zeigte in [30.2], daß die Resultate für verschweißten und unverschweißten Kontakt nicht sehr differieren.
30.3 Bewegungsgleichungen, Unwuchtlösungen und Reduktion der Parameter
603
Aus dem Rahmen fällt die Kippdämpfung aq(a,), die nur langsam, mit zunehmender Erregerfrequenz wirksam wird. Dies kommt daher, daß beim langsamen Schaukeln der Bodenplatte, das auf der einen Seite in die Erde gedrückte Volumen auf der anderen Seite, wo sich die Platte hebt, Platz findet. Erst bei höheren Frequenzen, wenn die Trägheit zum Zuge kommt, tritt die Abstrahlung der Energie nach außen ein.
30.3 Bewegungsgleichungen, Unwuchtlösungen und Reduktion der Parameter Das Gesamtsystem besteht nun aus drei Komponenten: dem Rotor mit den Freiheitsgraden
W,
und V,
dem Fundamentblock mit den Freiheitsgraden
W„ V„
qFund
dem elastischen Halbraum.
Bild 30.3: Das Gesamtsystem Rotor-Blockfundament elastischer Halbraum und seine fünf Freiheitsgrade
Seine Freiheitsgrade sind durch die frequenzabhängigen Halbraumsteifigkeiten und -dämpfungen wegkondensiert. Es bleibt also bei fünf Freiheitsgraden
604
30 Lavalläufer - Blockfundament - elastischer Halbraum
und 16 Parametern, wie die Bewegungsgleichungen (30.10) erkennen lassen: Drei Massen von Rotor und Fundament Fünf Dämpfungswerte von Welle und Halbraum Vier Steifigkeiten von Rotor und Halbraum Drei geometrische Werte Ein Drehzahlparameter
m , mF, @„ di, da, d„ dy,d, SR,S„ S„ Sy, h„ h„ E
L2
Die innere und äußere Dämpfung der Welle werden in d = d, + davereint.
nt sin nt
?COS
>
=
rn,&fi2. 0 L
-
,
0 0
p(t)
Die Auflösung der Bewegungsgleichung für die Unwuchtantwort ist unproblematisch, denn die Frequenz mit der das System antwortet, ist die Rotorumlauffrequenz Q der Unwuchterregung. Die Besetzung der Halbraumsteifigkeiten und -dämpfungen macht keine Schwierigkeiten, weil der Parameter
von dem sie abhängen, bekannt ist. Zur Bestimmung der Amplituden ist also das lineare Gleichungssytem, das durch den Ansatz U = U, cosRt
+ U, s i n n t
(30.12)
30.3 Bewegungsgleichungen, Unwuchtlösungen und Reduktion der Parameter
605
aus dem Differentialgleichungssystem (30.10) entsteht, zu lösen.
Reduktion der Parameter: Um aber nicht in der Vielzahl der Parameter unterzugehen, macht man zweckmäßigerweise die Bewegungsgleichungen dimensionslos, indem man die Verschiebungen auf die Exzentrizität E bezieht und für den Kippwinkel des Fundamentes q a /E einführt. Des weiteren benutzt man abkürzend: H, = h,/a H,= h,/a H, = hda
Bockhöhe / halbe Fundamentbreite a, Schwerpunktshöhe des Fundamentes / halbe Fundamentbreite a, Fundamentdicke / halbe Fundamentbreite a
und für die innere und äußere Dämpfung der Welle die Dämpfungsgrade
sowie die Massenparameter von Welle zu Fundament und Fundament zu Bodenplatte
Neben dem Drehzahlparameter
der auf die Lavaleigenkreisfrequenz w, =
bezogen ist, taucht dann
noch eine sehr wichtige dimensionslose Größe auf, der Parameter
in den die Lavaleigenfrequenz, die halbe Fundamentbreite und die Scherwellengeschwindigkeit des Halbraumes eingehen. Dieser Parameter wird sich als „Tuning-Parameter" des Systems entpuppen, der ganz wesentlich über sein dynamisches Verhalten entscheidet. Der Drehzahlparameter der Grundbauer a„ von dem die Halbraumsteifigkeiten und -dampfungen abhängen, läßt sich auf S und 77 zurückführen, a, = q S.
606
30 Lavalläufer - Blockfundament - elastischer Halbraum
30.4 Unwuchtantwort - Optimalauslegung Die in den Bildern 30.4 dargestellten Resonanzkurven werden ohne jede innere und äußere Dämpfung der Welle berechnet. Die Resonanzhöhe ist deshalb ein direktes Maß für die Wirkung der Abstrahldämpfung des Halbraumes auf Rotor bzw. Fundament.
Bilder 30.4 a bis d: Resonanzamplituden des Rotors (große Ellipsenhalbachse) über der Drehzahl; M„ Massenverhältnis RotorIFundament; Bodeneinfluß S; S = 0 entspricht völlig starrem Untergrund
30.4 Unwuchtantwort - Optimalauslegung
607
Der Fundamentblock ist rechteckig (BA = bla = 2), seine Höhe beträgt die halbe Fundamentbreit (HF = hF/a = 1). Die Schwerpunkthöhe des Fundaments wurde zu null angenommen (HG = h, Ia = 0). Auch die Bockhöhe wurde zunächst zu null angesetzt (HB = h, /a = 0). Dadurch entkoppelt der Kippfreiheitsgrad des Fudamentes qFvon den translatorischen Freiheitsgraden W„ V, des Rotors und des Fundamentes W„ V,. Das Massenverhältnis Fundament/Halbraum wurde zu B, = mF/(ver abh,) = 5 angesetzt. Das entspricht einem Dichteverhältnis von Beton zu Boden von = 514. (PF/qGr Mit diesen Festlegungen bleiben als Bildparameter in den Resonanzkurven nur noch das Massenverhältnis Rotor zu Fundament M„ = mRlmFund der Parameter S = a q l v „ der - wie wir gleich sehen werden - in trickreicher weise Rotor-, Fundament- und Halbraumdaten verknüpft.
S = 0 entspricht einem völlig verstarrten Halbraum. Für diesen Wert zeigt Bild 30.4a - erwartungsgemäß - die Resonanzkurve des ungedämpften Lavalrotors mit dem Resonanzpeak bei 7 = 1, der unbegrenzt ist. In den nun folgenden Bildern führen wir stufenweise den Halbraum ein, S = 0,5, S = 1,O und S = 2,o. Schon für S = 0,5 sind die Resonanzamplituden begrenzt (Bild 30.4b). Je größer das Massenverhältnis M„ = m, / mF ist umso mehr. Selbst für ein Massenverhältnis von M„ = 0,2 beträgt die Resonanzhöhe nur noch etwa 11 obwohl keinerlei äußere oder innere Dämpfung im Spiel ist, nur die Halbraumabstrahlung ! Bei S = 1,O dringt die Bodendämpfung noch mehr durch. Die Resonanzhöhe für den Fall M„ = 0,2 sinkt auf etwa 6. Für den Bodenwert S = 2,O (Bild 30.4d) steigt die Resonanzhöhe des Falles M„ = 0,2 wieder leicht an, auf den Maxiamlwert von Ca. 10. In den beiden Bildern 30.5a und 30.5b ist diese Information verdichtet. Sie geben nur noch die Maximalwerte der Resonanz eines jeden Falles über den Bodeneinflußparameter S an; links für den Rotor, dessen Resonanzkurven in den Bilder 30.4 zu sehen waren; rechst für das zugehörige Fundament, dessen Resonanzkurven aus Platzgründen nicht gezeigt wurden. Auch beim Fundament ist als (maximale) Amplitude die große Halbachse des elliptischen Orbits von dessen Schwerpunkt zu verstehen. Ganz deutlich wird an diesen Bildern sichtbar, bei S = 0,9 haben Rotor u n d F u n d a m e n t minimale Resonanzausschläge. Woher kommt das? Nun, bei dieser Abstimmung S = 0,9 ist die Eigenfrequenz des Fundamentblockes auf gleich der Lavaleigenfrequenz der Welle dem Halbraum U, = U,
=J=,
wie sich zeigen läßt. Genau wie beim Fundament auf Gum-
mifüßen, dringt bei dieser Abstimmung die Fundamentdämpfung hoch bis zum Rotor. Fundament und elastischer Halbraum wirken gemeinsam als
608
30 Lavalläufer - Blockfundament- elastischer Halbraum
Schwingungsabsorber auf die Lavalwelle ein. Beide, Rotor und Fundament, haben minimale Ausschläge, wie Bild 30.5 zeigt.
Bild 30.5: Resonanzmaxima von Rotor und Fundament in Abhängigkeit vom Halbraumparameter S
Bisher hatten wir die Bockhöhe zu null angenommen und dadurch den Kippfreiheitsgrad qFunterdrückt. Daß die Bockhöhe an den grundsätzlichen Erkenntnissen nichts wesenliches ändert, zeigt Bild 30.6, in dem die Resonanzmaxima des Rotors für den Fall H, = h,/a = 2 wiedergegeben sind. Auch hier liegt bei S = 0,9 bis S = 1,O die Optimalauslegung.
sBild 30.6: Einfluß der Bockhöhe H, = 2 auf die maximale Rotoramplitude
30.5 Stabilitätserhöhung durch den Bodeneinfluß
609
30.5 Stabilitätserhöhung durch den Bodeneinfluß Phänomenologisch ist hier natürlich nichts anderes zu erwarten als im vorangegangenen Kapitel, wo für das Fundament auf Gummifüßen gezeigt wurde, daß die Abstimmung auf U, = U, gleichzeitig das Resonanzverhalten und das Stabilitätsverhalten verbessert. Bild 30.7 bestätigt das.
Bild 30.7: Stabilitätsgrenzdrehzahl bei innerer Dämpfung als Selbsterregungsmechanismus Bodenparameter S = a w,/v,
Auch hier tritt das Maximum der Grenzdrehzahl des stabilen Laufes bei einer Abstimmung des Systems auf s = 0,9 auf, bei der Fundament und Halbraum wieder als „getunter6' Absorber wirken. Die Daten, die dem Bild zugrunde liegen, sind die gleichen wie die, die für die Resonanzberechnung verwendet wurden (BA = b/a = 2; HF = 1; HG = 0; BF = 5 ; HB = 0). Als Selbsterregungsmechanismus wurde die innere Dämpfung D, in der elastischen Welle eingeführt.
610
30 Lavalläufer - Blockfundament - elastischer Halbraum
30.6 Gleitlagerung Das bisher betrachtete Modell entsprach weitgehend einem wälzgelagerten elastischen Rotor. Die Lager selbst bringen hier allenfalls eine gewisse Nachgiebigkeit ein, die der Wellennachgiebigkeit zugeschlagen werden kann. Das geht nicht bei Gleitlagerung, denn hier treten die Zapfenfreiheitsgrade im Lager als zusätzliche Freiheitsgrade W„ V, auf. Bei symmetrischer Anordnung sind dann sieben Freiheitsgrade im Spiel. Als weitere Parameter kommen die dik(SO), die aber letztlich für acht Ölfilmsteifigkeiten und -dämpfungen sik(SO), eine gegebene Lagerkonstruktion nur von der Sommerfeldzahl abhängen dazu, siehe Kap. 12 ff. Deshalb gelingt es auch hier, einen recht vollständigen Überblick über das Unwucht- und Stabilitätsverhalten zu bekommen. Für das einfache Kreislager ist das z.B. in [30.8] nachzulesen. Die grobe Regel: stimme auf 4 = q ab, oder was gleichbedeutend ist, auf S = 1,0, gilt auch für den gleitgelagerten Rotor. Dann erhält man bestens gedämpfte Resonanzpeaks und gleichzeitig hohe Grenzdrehzahlen des stabilen Laufes, wobei der Halbraum das Maximum an Energie entzieht. Für ausgesprochen elastische Rotoren mit p > 1 (,u = f / AR; f elastische Durchbiegung der Welle unter Eigengewicht, AR Lagerspiel) ist sogar jede Drehzahl stabil, wenn S um 1 gewahlt wird.
30.7 Zusammenfassung, Schlußbemerkung Trotz der nicht unbeachtlichen Anzahl von Freiheitsgraden und der hohen Parameterzahl gelingt es, einen völligen Uberblick über das Systemverhalten Lavalwelle-Blockfundament-elastischer Halbraum zu gewinnen. Wesentliche Resultate sind: Der Halbraum hat - richtig ausgenutzt - einen sehr positiven Effekt auf die Unwuchtanwort und das Stabilitätsverhalten der elastischen Welle. Der wichtigste Parameter ist der Rotor-Fundament-Bodenparameter S = a .w, / V , , der für eine gegebene Rotorerregerfrequenz q und eine gegebene Scherwellengeschwindigkeit des Bodens V, durch die Wahl der (halben) Fundamentbreite a in gewissen Bereichen manipulierbar ist. Optimal ist beim Rechteckfundament (b/a = 2) die Wahl S = 0,9, beim quadratischen Fundament (b/a = 1) und S = 1.
30.8 Fragen
611
Bei dieser Abstimmung auf S = 1 wirkt das Fundament zusammen mit dem Halbraum als Schwingungsabsorber. Die Bockhöhe HB = h,/a hat, solange sie kleiner als 2 ist, keinen nennenswerten Einfluß auf die gezeigten Resultate. Auch auf gleitgelagerte Rotoren sind diese einfachen Auslegungsregeln anwendbar. Ein Hinweis noch: oft wird das Erdreich unter dem Fundamentblock verdichtet, ehe der Block gegossen bzw. aufgelegt wird. Dann liegt eine Schichtung vor, die heute aber auch der Berechnung zugänglich ist.
30.8 Fragen 1. Manlfrau rechne mit den Halbraumsteifigkeiten und -dämpfungen von Bild 30.2, die Vergrößerungsfunktion von Bild 30.1 nach. Zunächst vereinfachend mit festen Mittelwerten s„ d,, dann unter Berücksichtigung der Frequenzabhangigkeit a,(Q). Die Vergrößerungsfunktion läßt sich durch geschickte Schreibung als Abhängige von der dimensionslosen Erregerfrequenz der Gsundbauer, der dimensionslosen Halbraumsteifigkeit und -dämpfung und dem Massenparameter darstellen. 2. Madfrau überprüfe die Behauptung, daß die Abstimmung auf S = 1 einer Abstimmung des auf dem Halbraum schwingenden Fundamentes auf die ,wy=: uR) . Rotoreigenfrequenz 4 entspricht (uz
31 Schwingungsüberwachung von Maschinen - Normen und Richtlinien
31.I Einleitung Die einfachste Art der Maschinenüberwachung ist hinzuhören und anzufassen. Dabei „begreiftG'man schon sehr viel vom Laufzustand der Maschine. Ist sie ungewöhnlich laut, vibrieren Lager und Gehäuse stark, ist irgendetwas nicht in Ordnung. Ist der Laufzustand aber halbwegs normal, dann ist die Frage ,,Läuft sie heute noch so gut wie vor 6 Monaten?" auf diese Art schwer zu beantworten. Schleichende Veränderungen nimmt der Mensch nicht sonderlich gut wahr nicht einmal an sich selbst. Sie zu erfassen, bedarf es bei Maschinen der Schwingungsmessung und Aufzeichnung und gegebenenfalls des Vergleiches mit „zulässigen Werten". Eine regelmäßige Schwingungsüberwachung wird vor allem dann nötig und zweckmäßig sein, wenn im Fall eines Maschinenausfalls oder -schadens eine große Gefährdung entsteht, z.B. bei Flugtriebwerken oder Hauptkühlmittelpumpen in Kernkraftwerken, wenn der Maschinenwert selbst sehr hoch ist und daher durch Überwachung ein Maschinenschaden unbedingt zu verhindern ist, wenn der Ausfall einer Maschine hohe Folgekosten nach sich zieht, weil eine ganze Anlage ausfällt und die Produktion still steht. Darüber hinaus kann eine Schwingungsüberwachung auch für die Betriebsführung der Maschine selbst notwendig sein: z.B. als Kavitationsschutz bei Pumpen oder bei drehzahlvariabel fahrenden Maschinen zur Umgehung kritischer Drehzahlbereiche. Vorteil einer regelmäßigen Zustandsüberwachung ist, daß anstelle fester Revisionstermine - früher zweijährig bei Turbosätzen - zustandsorientiert gewartet werden kann. Sind die Prozeßgrößen wie Drücke, Temperaturen, Durchsätze und die Schwingungswerte noch in Ordnung, kann länger gefahren werden als bei festen Intervallen. Zudem lässt sich durch eine Trendanalyse U. U. recht genau prognostizieren, wann Wartung und Revision fällig werden.
614
31 Schwingungsüberwachung von Maschinen
- Normen und Richtlinien
Eine Überwachungseinrichtung kann mobil sein oder am Maschinensatz fest installiert. Das einfachste Beispiel einer mobilen Schwingungsübenvachung zeigt Bild 31.1.
Bild 31.1: Handgerät zur Messung des Effektivwertes der Schwinggeschwindigkeit am Lagergehäuse
Der Sensor wird am Lager befestigt, das Handgerät zeigt den Effektivwert der Schwinggeschwindigkeit (Schnelle) an
den z.B. die Norm DIN ISO 10816 der Beurteilung der Laufruhe zugrunde legt. Dort finden sich auch für alle möglichen Maschinentypen und -größen Angaben in den Stufen Schwingungswerte neuer Maschinen normal für uneingeschränkten Dauerbetrieb kurzzeitiger Betrieb noch möglich Maschine gefährdet, vergleiche Tabelle 2.2, Kap. 2 und Übersichtsschema Kap. 3 1.4. Hier wird also aus dem Meßsignal eine Kenngröße eben der Effektivwert V„ gebildet, der der Beurteilung zugrunde gelegt wird.
31.1 Einleitung
615
Ist die Überwachungseinrichtung fest installiert, kann sie entweder intermittierend arbeiten - z.B. stündlich abfragen - oder permanent. Genügt die intermittierende Überwachung, kann die Auswertung~~Einrichtungdurch eine Multiplexschaltung zwischenzeitlich auch andere Maschinen kontrollieren und auf Grenzwertüberschreitungen überprüfen.
Anzeige der Lagerspielauslastung
Bild 31.2: Festinstalliertes System, das die Wellenschwingungen im Gleitlager überwacht.
Ein fest installiertes Schwingungsüberwachungssystem ist in Bild 31.2 skizziert. Mit Hilfe berührungslos arbeitender Wegaufnehmer (Wirbelstromaufnehmer) mißt es die Schwingungen des Lagerzapfens in zwei Richtungen relativ zum Lagergehäuse. Auf dem Bildschirm ld3t sich aus diesen Signalen die Zapfenbahn im Gleitlager darstellen (Orbit) und überprüfen, ob die Schmierfilmdicke ausreicht oder das Lager neu auszurichten ist oder Wuchtmaßnahmen notwendig werden.
Bild 31.3: Zapfenbahn im Gleitlager - Spielauslastung
31 Schwingungsüberwachung von Maschinen - Normen und Richtlinien
616
Die Fourieranalyse (Frequenzbereichsanalyse) erlaubt Rückschlüsse auf die Ursachen der Schwingungen. Ursachen für die Änderungen des Schwingungsverhaltens einer Maschine können z.B . sein ~ n d e r u n gdes Unwuchtzustandes Änderung der Lagerausrichtung 0
Gleit- oder Wälzlagerschäden Instabilitäten Getriebefehler Wellenriß
Diese Defekte erzeugen signifikante Veränderungen im Fourierspektrum oder der spektralen Darstellung der Gleich- und Gegenlaufkomponenten.
I
I
fl
I I
I I
I
I
I
I
I
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I
5f1
Frequenz
Bild 31.4: Zuordnung der Peaks im Fourier-Spektrum zu den Entstehungsmechanismen nach [31.3]
In Bild 31.4 ist dieser Sachverhalt grob skizziert. Die beiden ersten Gipfel sind umlauffrequent und der Motordrehzahl f, bzw. dem Radialgebläse mit der Drehzahl f, zuzuordnen. Dies sind die Unwuchtantworten.
lof,
31.1 Einleitung
617
Die elastische Kupplung (nichtlinear) erzeugt infolge des Ausrichtungsfehlers ein schwaches doppelumlauffrequentes Signal. Aus der Wälzlagergeometrie (Rollkreisdurchmesser, Kugeldurchmesser, Kugelzahl) laßt sich ermitteln, daß die nächsten beiden Peaks dem hinteren Lager zuzuordnen sind. Der letzte Peak, im Spektrum, gehört zur Zahneingriffsfrequenz des Getriebes (Drehzahl X Zähnezahl). 4
maximale Amplitude
83 .s
-E 4
b
I
2fl
3fl
4f1
5f1 Frequenz
Bild 31.5: Mit der Zeit anwachsender Peak im Fourierspektrum und seine Deutung.
Wiederholt man nun alle 4 Wochen die Fourieranalyse und das Spektrum verändert sich wie in Bild 3 1.5 skizziert, ist klar: Die Unwucht im Radialgebläse wächst und zwar stetig. Dreck setzt sich ab, oder etwas anderes läßt den Peak von f, größer werden. Geht man davon aus, daß dieses Wachstum so bleibt, läßt sich anhand einer Trenddarstellung prognostizieren, wann die Maschine wegen zu heftiger Schwingungen abgestellt und neu ausgewuchtet werden muß. Offensichtlich ist bis Ende der zwanzigsten Kalenderwoche ein Wuchttermin anzusetzen.
Bild 31.6: Prognose der fälligen Wartung anhand des Trends des Amplitudenwachstums
618
31 Schwingungsüberwachungvon Maschinen - Normen und Richtlinien
Eine reine Kenngrößenbetrachtung (z.B. des Effektivwertes) hätte das Anwachsen der Spitze von f, auf den Wert B mit Sicherheit nicht so frühzeitig erkennen lassen. Sie ist zu global; die Effektivwertbetrachtung, V„ integriert ja über alle Spitzen hinweg. Im Effektivwert wäre also das Anwachsen des Peaks von A auf B untergegangen. Einen ersten Hinweis, daß sich was verändert hat, hätte man aus dem Effektivwert vielleicht nach dem Anwachsen des Peaks auf C erhalten. Zu diesem Zeitpunkt läßt die signalanalytische Sicht schon die Extrapolation auf den Abstelltermin, Ende der zwanzigsten Woche zu, Bild 3 1.6. Kurzum: Die Kenngro3enbetrachtung, die Maximalausschläge der Welle oder Effektivwerte der Lagerschwingungen zur Berurteilung heranzieht, ist einfach in der Vorgehensweise, die Meßtechnik ist simpel und leicht zu handhaben. Sie wird immer der erste Schritt zur Quantifizierung des Schwingungszustandes einer Maschine oder Anlage sein. Die signalanalytische Vorgehensweise benötigt aufwendigere Auswertetechniken wie die Fourieranalyse, Ordnungsanalyse, Orbitanalyse, o.ä, sie läßt aber einen sehr viel tieferen Einblick zu, setzt jedoch einige Kenntnisse der Maschinendynamik voraus. Je teurer ein Anlagenstop zustehen kommt, umso mehr lohnt bei der Fehlerjagd der Einsatz von Gerätetechnik und Ingenieurswissen. Mit der Vertiefung der signalanalytischen Betrachtung werden wir uns im nächsten Kapitel weiter beschäftigen.
31.2 Anordnung der Schwingungsaufnehmer und deren Eigenschaften Meßanordnungen Zur Beurteilung des Schwingungszustands von Maschinen mißt man entweder Lagergehäuseschwingungen oder Wellenschwingungen. Lagergehäuseschwingungen mißt man gewöhnlich absolut, d.h. als Bewegungen gegenüber einem Festpunkt (inertial). Wellenschwingungen mißt man meist als relative Bewegungen gegenüber dem Gehäuse oder dem Lagerkopf wie in Bild 31.7 angedeutet. Natürlich läßt sich aus der Kombination beider Messungen auch die absolute Wellenbewegung ermitteln. Traditionell wurde im Maschinenbau für die Lagerschwingungsmessung der elektrodynamisch arbeitende Schwinggeschwindigkeitsaufnehmer (seismischer Typ) verwandt, der den Vorteil hat ohne Stromversorgung auszukommen (aktiver Signalgeber).
31.2 Anordnung der Schwingungsaufnehmer und deren Eigenschaften
619
Heute ist der absolut arbeitende Beschleunigungsaufnehmer auf Piezo-Basis genauso beliebt, weil er sehr viel kleiner gebaut ist, Bild 3 1.7.
Wellenschwingungen (relativ)
Ölfilm
Lagergehäusesch wi nhangen (absolut)
Bild 31.7: Messung der Wellenschwingungen relativ zum Lagerkopf mit berühmngslosen Wegaufnehmern und der Lagergeh'auseschwingungen(absolut) mit Piezosensoren
Eine Übersicht über die gängigen Meßanordnungen gibt die Tabelle 3 1.1. Schwingungsmessung an Lagergehäuse betrachtete Bewegung
Absolutbewegung
Meßsignal
Geschwindigkeit Beschleunigung
Aufnehmertyp
elektrodynamisch, Piezo
angezeigte Größen
Ii
Relativbewegung
berührungslose Wirbelstromaufnehmer globale Beurteilungsgrößen, Ölfilmstärke, Labyrinthspaltspiele, usw. 2.B. Veff
Tabelle 31.1: Gängige Aufnehmer- und Meßanordnungen
620
31 Schwingungsüberwachung von Maschinen - Normen und Richtlinien
Aufnehmertypen Von den auf den verschiedensten physikalischen Prinzipien beruhenden Schwingungsaufnehmern (optische, kapazitive, den Halleffekt nutzende, Laser basierte, usw.) stellen wir hier nur kurz die drei Typen vor, die in der Schwingungsüberwachungderzeit die breiteste Anwendung finden: den berührungslos Relativwege anzeigenden Wirbelstromaufnehmer den die absolute Schwingungsgeschwindigkeit anzeigenden elektrodynamischen Aufnehmer und den die Absolutbeschleunigung anzeigenden piezoelektrischen Aufnehmer. Wirbelstromaufnehmer messen berührungslos die Distanz zwischen ihrer Stirnseite und einem metallischen bewegten Objekt, bei uns: die rotierende Welle.
Bild 31.8: Berührungslos arbeitender Wegaufnehmer auf Wirbelstrombasis. Ladungsverstärker mit eingebaut
In der Aufnehmerstimseite wird von einem Oszillator ein hochfrequentes elektromagnetisches Feld aufgebaut, dessen Größe vom Abstand zum schwingenden Objekt abhängt. Heute ist der Oszillator gewöhnlich direkt in den etwa kugelschreibergroßen Aufnehmer eingebaut. Typischer Einsatzbereich ist Arbeitsfrequenzbereich Ubertragungsfaktor Arbeitsmeßbereich Arbeitstemperatur
0 bis 1000 Hz 2 bis 10 Vlmm 1 bis 10mm -50 bis 125" (400") C.
Anders als Laseraufnehmer muß er sehr dicht am bewegten Objekt sitzen (Abstand 2 bis 8 mm etwa). Er zeigt statische und dynamische Signale an. Praktisch setzt man ihn im Frequenzbereich 0 bis 250 Hz ein. Zwar würde er bei hinreichenden Wegamplituden auch im Kilohertzbereich noch funktionieren, aber im Maschinenbau sind jenseits von 250 Hz nur noch sehr kleine Wege zu erwarten.
31.2 Anordnung der Schwingungsaufnehmerund deren Eigenschaften
621
Zu beachten ist, daß er den Abstand anzeigt und damit auch Ovalitäten der Welle und ihre Oberflächenrauhigkeiten, wenn sie grob sind. Will man sie loswerden, nimmt man sie bei nahezu Stillstand einmal auf und subtrahiert sie. Elektrodynamische Aufnehmer zeigen die Schwinggeschwindigkeit (Schnelle) an. Bild 31.9 zeigt die heute übliche Bauart mit einem an den beiden Membranen seismisch aufgehängten Permanentmagneten und den am Gehäuse festen Spulen.
Membrane Spule
Spulenträger
Permanent-Magnet
d 31.9: Elektrodynamischer Schwinggeschwindigkeitsaufnehmer, seismische Bauart
Werden Schwingungen auf das Gerätegehäuse z.B. von einem Lagerbock übertragen, bleibt der Magnet wegen seiner Trägheit faktisch in Ruhe (Tiefabstimmung). Durch die Relativbewegung des Gehäuses gegenüber dem ruhenden Magneten wird in den beiden Spulen das elektrische geschwindgkeitsproportionale Signal erzeugt. Ihre Spannungen addieren sich, da sie gegeneinander geschaltet sind. Ab Erregungsfrequenzen, die etwas höher als die Spuleneigenfrequenz sind, steht die Spule faktisch still und der Aufnehmer zeigt die Absolutgeschwindigkeit an. Der typische Einsatzbereich für elektrodynamische, seismisch arbeitende Geschwindigkeitsaufnehmer ist Arbeitsfrequenzbereich Ubertragungsfaktor Arbeitstemperaturbereich Eigenfrequenzen Dämpfungsgrad
4 bis 1500 Hz 10 bis 1000 mV/mm/s -50 bis 200°C 4 bis 20 Hz 0,4 bis 0,7.
622
31 Schwingungsüberwachungvon Maschinen - Normen und Richtlinien
Dieser Aufnehmer ist selbst aktiv, benötigt also keine Stromversorgung. Der Ausgang ist niederohmig. Von Nachteil ist, daß er etwas klobiger und schwerer baut als die berührungslosen Wegaufnehmer oder die piezoelektrischen Beschleunigungsaufnehmer, die hochohmige Ausgänge haben. Piezoelektrische Besch1eunigungsau.ehmer zeigen die Absolutbeschleunigung an. Bei diesem Aufnehmertyp wird im einfachsten Fall eine seismische Masse über ein Spannelement gegen eine piezoelektrisch reagierende Scheibe (Spezialquarz) gepreßt. Wird das Gehäuse in Achsrichtung bewegt, entsteht über die Beschleunigung der Masse eine Trägheitskraft, die den Anpreßdruck ändert. Durch die Anpreßdruckänderung entsteht in der piezoelektrischen Scheibe eine elektrische Ladung, die dem Druck, also der Beschleunigung proportional ist. Der Ladungsverstärker setzt sie in eine proportionale Spannung um. Da die Eigenfrequenz von seismischer Masse und „elastischer" Piezoscheibe sehr hoch liegt, läßt sich ein Bereich von wenigen Hertz bis hoch in den Kilohertzbereich mit diesen Aufnehmern messen.
Gehäuse Verspannfeder Masse Piezoelektr. Scheiben Ausgang
ii Basis
Bild 31.10: Beschleunigungsaufnehmer piezoelektrischer Art
Arbeitsfrequenzbereich Übertragungsfaktor Arbeitstemperaturbereich Eigenfrequenzen
2 Hz bis 30 kHz 0,lV bis 10 m ~ / r n m / s ~ -50 bis 125" (600") C 10 bis 100 kHz
Der nutzbare Temperaturbereich geht bis 600°C, wenn der Ladungsverstärker extern angeordnet ist.
31.3 Vergleich von Weg-, Geschwindigkeits- und Beschleunigungsmessungen
623
31.3 Kleiner Vergleich von Weg-, Geschwindigkeits- und Beschleunigungsmessungen Diese drei Signaltypen sind natürlich durch Differentation oder Integration ineinander überführbar. Differenzieren ist jedoch weder numerisch noch elektronisch ausgeführt ein besonders gutartiger Prozeß - anders als die Integration. Also mißt man zweckmäßigerweise von vornherein die Größe die interessiert, allenfalls erzeugt man sie durch Integrieren. Des Weiteren täuscht das Aussehen des Signalverlaufs leicht über den Amplitudenbeitrag einzelner Frequenzen hinweg, wenn verschiedene Größen der selben Bewegung gemessen werden, z.B. der Schwingung w(t) und der Beschleunigung. Das illustriert Bild 3 l. l l, in dem der Verlauf der Signale w(t) = 0,l sin Qt + 0,05 sin 3 Qt [mm] iN-(t) = -0,l
Q2sin Qt - 0,05 ( 3 ~ sin3Qt ) ~ [mm/s2]
aufgezeichnet ist, einschließlich der zugehörigen Spektren. Als Kreisfrequenz wurde Q = 314 radls, also 50 Hz angesetzt.
Amplitude [mJsZ1 30
20
Bild 31.11: Messung von Schwingweg und Schwingbeschleunigung bei ein und derselben Bewegung
Im Wegsignal dominiert die Grundwelle während im Beschleunigungssignal fast nur die Oberwelle, die mit 3Q schwingt, zu erkennen ist. Die Wegmessung betont die niederfrequenten Anteile, die Beschleunigungsmessung die
624
31 Schwingungsüberwachungvon Maschinen - Normen und Richtlinien
hochfrequenten, weil sie die Wegamplituden mit dem Quadrat der jeweiligen Frequenz wichtet. Will man die hochfrequenten Schwingungen von Zahneingriff und Wälzlagern messen, die nur sehr geringe Wegausschläge hervorrufen, ist die Beschleunigungsmessung besonders geeignet; sie hebt diese Signale hervor. Niederfrequente Signale kommen in der Wegmessung besser zur Geltung. Die Schwinggeschwindigkeitsmessung wichtet die Wegamplituden nur mit (no), stellt also eine „mittlere Linie" dar. Früher war sie die Standardmessung im Maschinenbau.
31.4 Beurteilung von Lagergehäuse- und Wellenschwingungen - Zulässige Werte, Normen und Richtlinien Über mehrere Jahrzehnte wurden in Deutschland die VDI-Richtlinie 2056 (Lagergehäuseschwingungen) und die VDI-Richtlinie 2059 (Wellenschwingungen) zur Beurteilung des Maschinenzustandes benutzt. In unzähligen Verträgen zwischen Herstellern und Betreibern wurden die dort angegebenen Zahlenwerte als verbindlich vereinbart. Beide Richtlinien sind inzwischen durch die Normen DIN-ISO 10816 (Lagerschwingungen) und DIN-ISO 7919 (Wellenschwingungen) abgelöst. Anders als die VDI-Richtlinie 2056, die die gemessenen Lagerschwingungen V„ nach gut/ brauchbar1 noch zulässig1 unzulässig einstufte, benutzt DIN-ISO 10816, wie vorne schon erwahnt, die Begriffe Zone A: Zone B: Zone C: Zone D:
Schwingungswerte neuer Maschinen normal für uneingeschränkten Dauerbetrieb kurzzeitiger Betrieb noch möglich Maschine ist gefährdet.
Tabellen 3 1.2 und 31.3 geben eine Übersicht, wo für die verschiedenen Maschinentypen in den beiden Normen Angaben zu finden sind. Erfreulicherweise wurde in beiden Normen die gleiche Typisierung der Maschinen benutzt. DIN-ISO 10816 Lagerschwingungen (absolut; in situ) Teil 1 - Allaemeiner Teil Teil 2 Teil 3 Teil 4 Teil 5
Teil 6
Darnpfturbosätze L > 50 MW
Kolbenrnaschinen L > 100KW
U -
-
-
~
lndustriernaschinen Gasturbinen (stationär) L > 15 KW n bis 15.000 min-'
Wasserturbinen, Purnpturbinen
Tabelle 31.2: Messung und Bewertung von Lagergehäuse- und Wellenschwingungen nach den Normblättern DIN-ISO 10816 (Stand 1999)
31.6 Fragen
625
( DIN-ISO 7919 Wellenschwingungen (relativ, absolut; in situ) Teil 1 - Allgemeiner Teil Teil 2 Teil 3 Große gekuppelte Dampfturbo- Industriemasätze schinen
Teil 4 Gasturbinensätze (stationär)
Teil 5 Wasser- und Pumpturbinen
Tabelle 31.3: Messung und Bewertung von Lagergehäuse- und Wellenschwingungen nach den Normblättern DIN-ISO 7919 (Stand 1999)
Die Kerntabelle von ISO 10816-Teil 3 (Industriemaschinen) ist im Auswuchtkapitel als Tabelle 2.2 abgedruckt. Die Angaben für Dampfturbosätze (Teil 2) sollen in absehbarer Zeit um Grenzwertangaben für die An- und Abfahrt ergänzt werden. Weitere Angaben von Normen und Richtlinen - z.B. auch über Abnahme im Prüffeld des Herstellers - finden sich in der Liste von Normen und Richtlinien am Ende dieses Kapitels, die wir Herrn Dr. Schwirzer, Berlin verdanken.
31.5 Schlußbemerkung In diesem Kapitel haben wir uns nach einer allgemeinen Einführung in die Maschinenüberwachung auf die Lager- und Wellenschwingungsbeurteilung mit Hilfe von Kennwerten wie V„ oder maximalem Wellenausschlag konzentriert. Im nächsten Kapitel wird die signalanalytische Betrachtung im Vordergrund stehen, die dichter an die physikalischen Ursachen der Störschwingungen herankommt und deshalb die Basis für die Maschinendiagnose liefert.
31.6 Fragen 1. Wie unterscheidet sich die Kenngrößenbetrachtung von der signalanalytischen Betrachtung? 2. Wie sieht beim ungedämpften Einfreiheitsgradsystem mw + sw = p cos Qt die Vergrößerungsfunktion aus für den Schwingweg (Wirbelstromaufnehmer), die Schwinggeschwindigkeit (elektrodynamischer Aufnehmer), die Schwingbeschleunigung (Piezo-Aufnehmer)?
32 Maschinendiagnose - Signalanalytische Betrachtungen und Orbitkinematik
32.1 Einleitung In der klassischen Rotordynamik berechnet man mit Hilfe eines Modells durch Lösen der Bewegungsdifferentialgleichungen die Antwort des Systems auf typische Störgrößen wie Unwucht, Schaufelflug, Riß usw. Die Maschienendiagnose dreht diese Fragestellung um. Die Bewegunsabläufe, die Orbits des Systems, sind an einigen wenigen Stellen aus Messungen bekannt. Signalanalytisch gesucht werden deren Ursachen, also die zunächst unbekannten Störgrößen: Unwucht, Riß etc. Im Folgenden beschäftigen wir uns deshalb zunächst in etwas systematischer Weise mit der Orbitkinematik im Zeit- und Frequenzbereich und der Dekomposition der Orbitfiguren mit Hilfe der zweiseitigen Fourieranalyse in gleichund gegenläufig durchfahrene Kreise - eine Darstellung die für die Maschinendiagnose besonders hilfreich ist. Denn sie kommt sehr nahe an die physikalischen Ursachen der Bewegungen heran. Dabei werden auch Dinge wiederholt, die uns aus den Anfangskapiteln dieses Buches bekannt sind. Dem klaren Aufbau zuliebe nehmen wir dies in Kauf. Der routinierte Rotordynamiker wird diagonal lesen bis er auf Neues stößt.
32.2 Elliptische Orbits in ein- und zweiseitiger Fourierdarstellung Bekanntlich läuft ein elastischer runder Rotor bei isotroper Lagerung unter der Einwirkung von Unwucht oder Schlag auf einer Kreisbahn um die statische Ruhelage. In der Nähe der Resonanz wird diese Kreisbahn besonders groß, Kap. 3 und 4. Ist die Lagerung orthotrop oder allgemein anisotrop wie bei Gleitlagerung, Kap. 13, dann bewegt sich die Wellenmitte auf einem elliptischen Orbit um die Ruhelage.
32 Maschinendiagnose - Signalanalytische Betrachtung und Orbitkinematik
628
Bild 32.1 zeigt das Resonanzdiagramm und den elliptischen Orbit für einen gleitgelagerten Lavalläufer. Bis zur Stabilitätsgrenze bestimmt die unwuchterzwungene partikuläre Lösung die zur jeweiligen Drehzahl gehörige Größe des Orbits. Ab i2 > Qgrenz bestimmt die nunmehr aufklingende homogene Lösung im wesentlichen das meßbare Schwingungsbild. Nach der linearen Theorie klingt die Lösung nach unendlich auf. Tatsächlich sorgt der nicht-lineare Ölfilm dafür, daß die instabile (lineare) Lösung in einen stabilen großen (nicht-linearen) Grenzzyklus einläuft, Kap. 14. Es entsteht ein neuer riesiger, nahezu elliptischer Orbit, welcher der Maschine auf Dauer unbekömmlich ist. Typisch für diesen ist: Er wird nicht mehr umlauffrequent (drehzahlfrequent) durchfahren sondern eigenfrequent. Für die Maschienendiagnose interessiert das meßbare kinematische Verhalten der Welle - eben die Orbits - und was sich daraus für den Maschinenzustand aussagen laßt. Amplitude Iwl
--
Instabiler Bereich
Q
W ,'-I
Drehzahl
lOK,~,
Elliptischer Orbit umlauffrequent
eigenfrequent
II
durchfahren
W
Bild 32.1: Drehzahlabhängige elliptische Bahnen der Welle eines gleitgelagerten LavalläuGrenze der Stabilität bei i2 = Clgrenz fers. Resonanz bei C2 = wkr,,;
Bild 32.2 zeigt eine Anordnung zur Messung des Bahnverlaufs der Welle durch zwei berührungslos arbeitende Schwingungsaufnehmer. w(t)=Misin(Rt+p,) Schreiber
@= I
Oszillograph
C
Schreiber 000
rot. Welle
111 E 0
v(t)=Ysin(Qt+q,)
Bild 32.2: Meßanordnung zur Aufnahme der Querbewegungen v(t), w(t) der rotierenden Welle, vergl. Kap. 13.6
32.2 Elliptische Orbits in ein- und zweiseitiger Fourierdarstellung
629
Beide, das vertikale Signal der Auslenkung w(t) und das horizontale v(t) sind drehzahlfrequent mit lQ, solange der Rotor stabil ist. Je nach Größe der Amplituden und Y sowie der Phasenlagen qyund yil~ liegt eine gleichläufige, d.h. im Wellendrehsinn durchfahrene Ellipse vor oder eine gegenläufige. Das ist den Zeitverläufen direkt nicht anzusehen, auch nicht deren Fourierdarstellung in Bild 32.3.
+
I+1
L -IL 0
Frequenz
ln
Frequenz
w(t)= + ~ i n ( Q t + ~ , ) w,cosQt+w,sinQt = , v(t) = ~ s i n ( Q t + ~ , V) ,=c o s ~ t + vsinnt
Bild 32.3: Beschreibung der unwuchtverursachten elliptischen Bahn durch die Komponenten w(t), v(t) (vertikal, horizontal) und deren Fourierkomponenten (einseitige Darstellung)
Besonders durchsichtig wird - wie wir wissen - die Bahnkinematik, wenn man diese Ellipse aus zwei Kreisbahnen zusammensetzt, von denen die eine gleich-, die andere gegenläufig durchfahren wird, Bild 32.4. Zu diesem Zweck ernennen wir formal die horizontale y-Richtung mit der Auslenkung v(t) zur imaginären Richtung, die das Etikett j = f i angeklebt bekommt und schreiben
r(t) ist also ein zeitabhängiger Vektor in der nunmehr komplexen Ebene der Bahnkurven. Aus der ,,Addition" der beiden Auslenkungen w(t) und jv(t) ergibt sich somit
was unter Berücksichtigung der Euler-Formeln auf
führt. Die komplexen Amplituden setzen sich aus den gemessenen Sinus- und Cosinus-Amplituden folgendermaßen zusammen
630
32 Maschinendiagnose - Signalanalytische Betrachtung und Orbitkinematik
Der Drehfaktor eint beschreibt einen immer auf das Neue gleichläufig durchfahrenen Einheitskreis. Die komplexe Amplitude ?+ bläst dessen Durchmesser auf und legt fest wo sich zur Zeit t = 0 der Zeiger befindet (Phasenlage). Entsprechendes gilt für den Gegenlaufteil. gleichläufig
gegenläufig
+ t =O
Bild 32.4: Beschreibung der unwuchtverursachten elliptischen Bahn durch die Zerlegung in gleich- und gegenläufige Kreisbahnen. - Orbitdekomposition, zweiseitige Fourierdarstellung
Im Fourierspektrum dieses (scheinbar) komplexen Vorganges gibt es nun zwei Linien: eine bei +!2 und eine bei - i2. Das Spektrum wird zweiseitig. Genauer als nur die Angabe des Betrages linl ist natürlich die Angabe des komplexen Zeigers in. Denn er enthält noch die Phaseninformation, die durch die Betragsbildung verloren geht. Die große und kleine Halbachse des elliptischen Orbits lassen sich sofort aus den Beträgen der komplexen Amplituden bestimmen.
Gewöhnlich ist die große Halbachse G für die Spielauslastung, z.B. in Labyrinthen entscheidend, Kap. 23. Ob die Ellipse gleich- oder gegenläufig durchfahren wird, läßt sich leicht erkennen.
I i+1 > 1 1 1 i+1 = 1 i-1
Gleichlauf; Gradlinienbewegung
I ?+ 1 1 1
Gegenlauf
(32.6)
32.3 Orbitkinernatik
631
Bild 32.5 zeigt das drehzahlgestaffelte zweiseitige Fourierspektrum eines gleitgelagerten Läufers, in dem die Amplituden über der Frequenz dargestellt sind.
I
qk
@
Gleichlauf
Bild 32.5: Drehzahlgestaffeltes zweiseitiges Spektrum eines gleitgelagerten Läufers. Gleich- und Gegenlauf-Kreisbahn mit Phasenlage (bei t = 0) der rotierenden Zeiger
Typisch sind die Resonanzpeaks über den k 1R Geraden. Die Gegenlaufamplitude I-lrührt aus der Gleitlageranisotropie; bei einem wälzgelagerten Läufer (isotrope Lagerung) würde sie fehlen. Im hohen Drehzahlbereich, (R > Clgren,),überwuchert die instabil werdende Eigenschwingung mit der Frequenz von etwa qn, die Unwuchtantwort völlig.
32.3 Orbitkinematik Geschlossene Bahnkurven der Welle in der w(t) - v(t) - Ebene - seien sie noch so kompliziert - lassen sich stets in gleich- und gegenläufige Kreisbahnen zerlegen, denen Vielfache oder Bruchteile einer Basisfrequenz, meist der Drehzahl Q, zugeordnet sind.
632
32 Maschinendiagnose - Signalanalytische Betrachtung und Orbitkinematik
Bild 32.6 gibt eine Übersicht über die wichtigsten Orbitfiguren im Zeit- und Frequenzbereich (zweiseitiges Spektrum) Orbit
Orbit-Dekomposition in gleich- U. gegenläufigen Kreisen Zweiseitiges Spektrum
Ellipse
; e+iQt +
+ - ,-Pt
T=2n/Q
-1 0 +1 (ohne Phasenangabe)
I Orbit, oberwellenhaltig -N
n=0$1;
Z ! ; f3; usw.
Orbit mit Bruchteilfrequenzen, z.B. 112; 312
-N
m ganzzahlig und klein Orbit mit Bruchteilfrequenzen, 2.B. 11/10; 1111100
I
Rosette; Schließt nach t = mT
-N
m ganzzahlig und groß Irrationales Verhältnis beteiligter Frequenzen
Driftende Rosette; Schließt nicht Atmende und driftende Ellipsen mit taumelnden Ellipsenachsen
Bild 32.6: Orbitkinematik; formelmäßige Darstellung und grafisches Abbild im Zeit- und Freqenzbereicb
32.3 Orbitkinematik
633
Wie diese Orbitzerlegung rechnerisch erfolgt, deutet Bild 32.7 für eine beliebige Komponente ni2 an. Den Fall elliptischer Orbits hatten wir im vorausgegangenen Abschnitt detailliert diskutiert.
Messung
2-seitige Fourierzerlegung
FourierAnalyse
Zeitbereich N - Perioden
-jnnt
L, e
T + e+'&' ~
gegenläufig
gleichläufig
A
I
1
F+"=-(w,+v,)"+~-(v,-w,)" 2
2 r-" = -1( w c - v ~ ) n + ~1- ( v ~ + w s ) o 2 2
Bild 32.7: Zweiseitige Fourieranalyse; Schwingungskomponenten w(t) und v(t) und Zerlegung des Orbits in gleich- und gegenläufige Kreise der Ordnung n. Phasenlage: Position der Drehzeiger bei t = 0
Oberwellenhaltige Orbits Bei der unrunden Welle und der Welle mit Riß (Kap. 19 und 21) begegneten uns geschlossene Bahnkurven, die nicht nur umlauffrequent mit f 1i2, sondem auch mit f 2i2, 3i2 durchfahren wurden.
+
634
32 Maschinendiagnose- SignalanalytischeBetrachtung und Orbitkinematik
Allgemein lassen sich derartige Fälle durch
beschreiben, wobei n = 0; f 1;
+ 2 usw. den Oberwellenindex darstellt.
Bild 32.8 zeigt den schleifenartig durchlaufenden Orbit einer angerissenen Welle und die Zeitverläufe w(t), v(t). 1
0
w(t) 1
0
5
10
15
Zeit t
20
2 -2
-1
O
v(t)
'
2
Bild 32.8: Geschlossener oberwellenhaltiger Orbit einer angerissenen Welle. Komponenten w(t) und v(t) im Zeitbereich
Über den gesamten Drehzahlbereich gestaffelt sind in Bild 32.9, wie auch schon zuvor in Kap. 21, die Beteiligungen r,, ( R ) als zweiseitiges Fourierspektrum dargestellt.
Frequenz
+w
Bild 32.9: Drehzahlgestaffeltes zweiseitiges Spektrum der Kreisbahnamplituden eines Rotors mit tief angerissener Welle
(R)I
32.3 Orbitkinematik
635
Orbits mit Bruchteilfrequenzen (m klein, n Mein) Derartige Orbits treten u.a. bei Anstreifvorgängen auf. Diese mehrfach durchlaufenen Schleifen können wir so beschreiben
wobei der Nenner eine feste ganze Zahl ist, z.B. m = 2; n ist wiederum der Laufindex. Was ändert sich im Orbitverlauf der angerissenen Welle von Bild 32.8, wenn dort anstelle des Nenners m = 1 ein m = 2 stünde? Der Bahnverlauf bliebe völlig gleich, nur wären nunmehr 2 Rotorumdrehungen nötig bis sich die Bahnkurve schließt. Das soll die dritte Zeile der Ubersichtsgrafik, Bild 32.6 andeuten. Die Zeit bis zum Schließen des Orbits beträgt
Rosettenartige Orbits (m groß, n groß) Rossettenartige Gebilde entstehen wenn die Zahl m im Nenner von G1. 32.8 groß ist und auch n nicht sonderlich klein. Beispiele dafür zeigt Bild 32.10, einmal für m = 10 und dann für m = 100, wobei die „Aufnahmena für m = 100 nach 10 bzw. 40 Rotordrehungen gemacht wurden.
Bild 32.10: Geschlossene rosettenartige Orbits; m=10 (oben); m=100 (unten) nach 10 und 40 Rotorumdrehungen
636
32 Maschinendiagnose - Signalanalytische Betrachtung und Orbitkinematik
Driftende Rosetten ( d m irrational) Die Frage, ob eine Rosette nach ein Paar hundert Umdrehungen schließt oder nicht, hat praktisch wenig Bedeutung. Sie läßt sich aber theoretisch leicht beantworten. Gibt es ein ganzzahliges Verhältnis von Zähler n zu Nenner m, schließt sie. Wenn m sehr groß ist, erst nach sehr langer Zeit. Ist dieses Verhältnis aber irrational, z.B. nlz schließt die Rosette nie, sie driftet immer weiter. Schwebungskinematik in der W-V-Ebene Sind zwei beliebige Frequenzen in den Komponenten w(t) und v(t) des Bewegungsablaufs enthalten, gilt allgemein:
Der Bequemlichkeit halber und der größeren Transparenz zuliebe fassen wir r(t) komplex zusammen,
wobei die komplexen Amplituden in der zuvor beschriebenen Weise aus Uj2, P,, 9, USW. ZU berechnen sind.
G,,
Rein formal können wir nun eine mittlere Frequenz einführen und die Abweichung vom Mittel AQ (wobei wir annehmen, daß Q, > Q, ist).
Setzen wir diese Frequenz anstelle von Q, und Q, ein, so erhalten wir die Bahnkurve in folgender Beschreibung
Das Orbitgeschehen wird nun recht kompliziert. Die Formel läßt erkennen, daß nun zwei Ellipsen entstehen, die beide mit der mittleren Frequenz durchfahren werden. Sie werden aber bei kleiner Differenzfrequenz AQ langsam gleich- bzw. gegenläufig wegdriften.
32.4 Die Transformation zwischen inertialen und mitrotierenden Koordinaten
637
In Bild 32.11 findet sich ein illustrierendes Beispiel für diesen Fall. t = 0...0,9
t = 0,9...2,l
t
t
Bild 32.11: Beispiel einer Schwebung, links Orbitentstehung, rechts Zeitgeschichte w(t), v(t). (Daten R+,= 2+2j, R+, = l+lj, R., = 0, R., = 1, Z = 50, An = 1)
32.4 Die Transformation zwischen inertialen und mitrotierenden Koordinaten - Spektralshift Meist wird man die Schwingungsmessungen vom raumfesten System her ausführen. Gelegentlich liegen auch Meßsignale vor, die von Sensoren auf dem rotierenden Rotor stammen und über eine Telemetrie nach außen transferiert werden. Für die Wellenauslenkung r(t) = w(t)+jv(t) gelten die einfachen Transformationsregelnvon Kap. 3.5 r(t) = p(t). e"jQt und umgekehrt p(t) = r(t). e-'jQt wobei p die Verschiebungen im mitrotierenden System beschreibt, Bild 3.20. Will man das inertial gemessene Orbitspektrum
in mitrotierenden Koordinaten anschreiben,
638
32 Maschinendiagnose - Signalanalytische Betrachtung und Orbitkinematik
dann erhält man:
Zur Frequenz (n-1)Q gehört die Linie 1, ; das heißt alle Spektrallinien des inertial gemessenen Orbits rücken auf der Frequenzskala um - l Q nach links, wenn man das Spektrum im mitrotierenden System angeben möchte.
32.5 Differenzdiagnose, Trendanalyse Konserviert man die gemessenen Signale aus der Vergangenheit, dann läßt sich die Tendenz in der Fehlerentwicklung durch Bilden der Differenz „neu minus alt" ablesen und über der Zeitachse darstellen. Bild 32.12 zeigt das für die Entwicklung eines Unwuchtsignals.
Bild 32.12: Trendbetrachtung bei einem Unwuchtsignal f+,
Aus den Zuwachsraten Iäßt sich abschätzen, wann ein Nachwuchten notwendig wird. Gewöhnlich stecken in der gemessenen Schwingungsantwort eines Rotors aber Teilbeiträge, die auf verschiedene Ursachen zurückzuführen sind, z.B. Beiträge aus Unwucht (f1Q) Wellenunrundheit ( f 2Q 0Q) Riß (OQ, f lQ, f 2Q, & 3Q)
+P,@> +P,@) +P#>
32.6 Schlußbemerkung
639
Hier ist die Differenzdiagnose besonders hilfreich. Unwucht pl Mü+Du+Su= r Riß p3 mit u T ={wT,vT}und r = w + j v
Bild 32.13: Übelagerung der Schwingungsantwort aus Unwucht, Wellenunrundheit und Riß zur Gesamtantwort r
In der gemessenen Schwingungsantwort überlagern sich diese Teilbeträge
Hat man nun den Verdacht, daß eine allmähliche Rißentwicklung vorliegt, wird bei der Differenzbildung „neu minus alt" der 2Q-Beitrag aus konstruktiv bedingter Wellenrundheit (Paßfedern etc.) herausfallen,
so daß im Differenzsignal Ar(t) = Ar, (t) + 0 + Ar, (t)
(32.17)
nur noch der Beitrag aus Unwucht und Riß steckt. Eventuell anwachsende 2Q-Beiträge in Kombination mit wachsendem -lQ-Signal sind dann ein deutlicher Hinweis auf eine Rißentwicklung.
32.6 Schlußbemerkung Die von der Rotordrehzahl getriggerte Fourieranalyse (Ordnungsanalyse) liefert Spektralmuster, die für die Maschinendiagnose nützlich sind. Die hier beschriebene zweiseitige Fourieranalyse erlaubt eine Orbitklassifikation. Wird diese Orbitdekomposition zu dem noch drehzahlgestaffelt dargestellt (Kaskadenform, Bild 32.5), wird das dynamische Verhalten eines Rotors besonders durchsichtig. Im nächsten Kapitel werden wir diese Orbitklassifikation zur Beschreibung einiger typischer Fehler verwenden.
640
32 Maschinendiagnose - Signalanalytische Betrachtung und Orbitkinematik
32.7 Fragen 1. Welche Regeln gelten für die Transformation von Signalen (Weg-, Geschwindigkeits- Beschleunigungs-, und Dehnmeßsignalen) vom rotierenden ins raumfeste Koordinatensystem?
2. Wie läßt sich grafisch die Orbitzerlegung in( C l ) drehzahlgestaffelt darstellen, wenn nicht nur die Beträge Ir,(n)l dargestellt werden (Bilder 32.5 und 32.9), sondern auch noch die Phasenlagen?
33 Diagnosehinweise - Störschwingungen und ihre Ursachen
33.1 Einleitung Sucht man nach den Ursachen von störenden Wellen- und Lagerschwingungen ist zu allererst zu klären: Liegt eine Instabilität vor, also ein Fall von Selbsterregung (linke Seite bei linearen Differenzialgleichungen)? Handelt es sich um erzwungene Schwingungen mit Störursachen wie Unwucht, Kupplungsfehler, Schaufelflug usw. (rechte Seite bei linearen Differenzialgleichungen)? Beim flüchtigen Hinsehen führen beide Mechanismen auf das gleiche sichtbare Resultat: große Orbits, die immer wieder durchfahren werden und so den Betrieb stören oder die Maschine selbst gefährden. Doch Instabilitäten zu beseitigen erfordert meist andere Maßnahmen als die Beruhigung eines Rotors gegenüber erzwungenen Schwingungen. Nützlich gegen Instabilitäten sind immer die Erhöhung der äußeren Dämpfung (Kap. 4,6, 15 ...), das Anheben der Biegeeigenfrequenzen (Kap. 4, 13 ...), die Erhöhung der Lagerorthotropie (Kap. 5 ) und natürlich die Reduktion der anfachenden Selbsterregungskrafte. Zur Abwehr von erzwungenen Schwingungen sind die wichtigsten Regeln den Betrieb in der Nähe von Resonanzen vermeiden Resonanzen (kritische Drehzahlen) schnell zu durchfahren (Kap. 7) und natürlich die Erregungskrafte so gering wie möglich zu halten.
642
33 Diagnosehinweise - Störschwingungen und ihre Ursachen
Instabilitäten werden im Abschn. 33.2 behandelt. Die weiteren Abschnitte beschreiben störgrößenverursachte erzwungene Schwingungen und ihre Erscheinungsbilder. Um einigermaßen systematisch vorzugehen, wurde als Gliederungsaspekt die Orbitkinematik nach Tabelle 32.6 verwandt.
33.2 Erkennungskriterien für Rotorinstabilitäten In den Kapiteln 4, 5, 13, 17 usw. dieses Buches haben wir Instabilitäten recht erfolgreich mit der linearisierenden Theorie kleiner Schwingungen behandelt. Im instabilen Fall treten Eigenwerte mit positivem Realteil auf, (X,= jq + q), d. h. die instabil gewordene Eigenform des Systems klingt wegen q > 0 oszillierend auf - theoretisch bis ins Unendliche. Praktisch kommen aber im Bereich größerer Amplituden schon erste Nichtlinearitäten zum Zug - z. B. der steifer werdende Ölfilm bei Gleitlagern. Sie sorgen dafür, dass sich das System auf einen stationären Grenzzykel einschwingt, einen Orbit, der immer wieder durchfahren wird, ähnlich wie der Orbit von erzwungenen Schwingungen. Charakteristisch ist jedoch hier: dieser Orbit wird eigenfrequent durchfahren mit der Frequenz Q, und nicht mit der Umlauffrequenz der Welle R oder Vielfachem davon.
lin.Theorie
nicht-lin.
rechte Seite
-
-b
t
Bild 33.1: Instabilitätsverursachter Orbit. Übergang der aufklingenden Eigenschwingung in einen nichtlinearen, stationären Grenzzykel großer Amplitude
33.3 Ursachen von
+ 1R Orbits - Ellipsenbahnen
643
Die Instabilitäten eines Rotors aus Gleitlageranisotropie (Kap. 13) Füge- und Werkstoffdämpfung auf der rotierenden Welle (Kap. 4) Spalterregung von Dampf- und Gasturbinenlaufrädern (Kap. 24) Spalterregung bei Dichtung von Pumpen (Kap. 22) Spalterregung aus Labyrinthdichtung von Turbinen- und Verdichterwellen (Kap. 23) USW. sind daher leicht zu erkennen:
I
Bei Drehzahlveränderungen ändert sich die Schwingfrequenz nicht, wenn er auf Instabilitäten zurückzuführen ist.
Q, im Orbit
In Tondls Messungen an einem gleitgelagerten Rotor, Bild 12.1, ist das ebenso deutlich zu erkennen, wie in dem drehzahlgestaffelten zweiseitigen Fourierspektrum von Bild 32.5. Dort ist zu sehen, wie bis zur Drehzahl Q/w„„ = 1,5 ausschließlich die Unwuchtantwort (flQ) auftritt, ab Q > n„„ = 1,6. o„,aber abrupt das instabile Eigenschwingen mit qr„ einsetzt. Bei Spaltanfachungen aus Labyrinthen und Dichtungen (Kap. 22, 23,24) liegt die gleiche Drehzahlunabhängigkeit vor. Die Schwingungsarnplitude wird aber stark von der Leistung (Durchsatz, Druck) bestimmt. Beim Gondelwhirl von Windturbinen bestimmt die Schnellaufzahl des Strömungsabrisses die stabilitätsgefährdete Zone, in der die Eigenschwingungen aufklingen können (Kap. 25). Hinweis: Im amerikanischem Schrifttum werden solche selbsterregte Schwingungen oft zu den "subsynchronous vibrations" gezählt. Das macht wenig Sinn, weil sie mit der Drehzahl (synchronous vibration) nichts oder fast nichts zu tun haben.
33.3 Ursachen von
+ 1C2 Orbits - Ellipsenbahnen
In Bild 33.2 sind die wichtigsten Ursachen von elliptischen Orbits aufgelistet. Unwucht und Schlag verursachen bei isotroper Lagerung eine Kreisbahn, die im Wellendrehsinn, also gleichläufig durchfahren wird. Bei orthotroper oder anisotroper Lagerung (Gleitlager) wird die Bahn elliptisch. Im Rezonanzbereich kann sie auch gegenläufig durchfahren werden.
644
33 Diagnosehinweise- Störschwingungenund ihre Ursachen
Schaufeljlug, plötzliche Unwucht verursacht gewöhnlich eine deutliche Veränderung des elliptischen Orbits. Kurzzeitig tritt ein u.U. sehr heftiger Einschwingvorgang auf, vergl. Kap. 8. Thermische Verkrümmungen der Welle durch ein einseitiges Aufheizen entsprechen einem langsam mit der Zeit veränderlichen Schlag. Spiralen entsteht beim sanften Anstreifen der Welle, z.B. an den Labyrinthspitzen, vergl. Kap. 26. Es entsteht eine Unwuchtantwort mit u.U. langsam wegdriftender Winkellage. Auch wenn der Ölfilm an einer Stelle im Gleitlager sehr dünn wird (Fastberührung), kann dieses Phänomen auftreten. Typischerweise tritt es dicht unterhalb einer kritischen Drehzahl auf. Defekt
Allgemein
Weitere Merkmale
Merkmale
Unwucht (Massenexzentrizität)
bei Q = 0 Elliptischer Orbit Resonanzvergrößerung bei Q=%,
Schlag (Krumme Welle)
wird ?+, = 0 beiQ=O wird F+,
+0
(Schlagbahn)
Schaufelflug vorher Thermische Wellenverkrümmung Schaufelerrosion Leichtes Anstreifen der Welle, Spiralen
nachher
Langsame Veränderung im elliptischen Orbit im Bereich von Minuten bis Stunden Langsame Veränderung im elliptischen Orbit im Bereich von Monaten bis ~ a h r e n Dicht unterhalb Langsames driften der Phasenlage der kritischen (Minuten, Stunden) Drehzahl
Starre Kupplungen - Planfehler - Versatz
Wie Schlagerregung Elliptische Orbits Resonanzen bei Q = U,,,
- Teilungsfehler
Lastabhängigkeit der Resonanzvergrößerung
Anstreifart Full Annular F
Gleichläufige +IR Bahn
Bild 33.2: Kreisförmige und elliptische Orbits ( f 1 0 ) und ihre Ursachen
bei elastischer Kupplung auch 2Q-Erregung
33.3 Ursachen von
+ 1 0 Orbits - Ellipsenbahnen
645
Plan- und Zentrier3'ehler von starren Kupplungen regen umlaufperiodische Schwingungen des Wellenstrangs an. Ein Planfehler liegt vor, wenn die Kupplungsflanschfläche nicht normal zur Wellenachse liegt, Bild 33.3.
Bild 33.3: Planfehler; Welle mit Schlag infolge von Planfehler der Kupplung
Beim Zentrierfehler sind Wellenmitte und Zentrierbohrungsmitte gegeneinander versetzt. Beim Ankuppeln von Läufern mit derart fehlerhaften Kupplungen treten Zwängungen auf, die Welle läuft mit ,,Schlaga um. Es entstehen umlaufperiodische Lagerkräfte, infolge des Umlaufs der statischen Verformungen und Schlagresonanzen.
Bild 33.4: Zentrierfehler; Welle mit Schlag infolge von Zentnerfehler der Kupplung
Teilungsfehler bei starren Kupplungen regen ebenfalls umlaufperiodische Schwingungen an. In Bild 33.5 ist zur Verdeutlichung der Verhältnisse der extreme Fall einer Zwei-Bolzen-Kupplung skizziert.
Bild 33.5: Zwei-Bolzen-Kupplung mit und ohne Teilungsfehler
646
33 Diagnosehinweise- Störschwingungenund ihre Ursachen
Bei intakter Kupplung tragen beide Bolzen gleichmäßig. Es wird von der antreibenden Welle nur ein Moment übertragen. Trägt aber nur ein Bolzen, weil die Teilung nicht stimmt, oder ein Bolzendurchmesser zu gering ist, dann wird die antreibende Welle mit einer umlaufenden Querkraft belastet, die dem Drehmoment proportional ist, das die Kupplung überträgt. Dadurch tritt wie beim Plan- oder Zentrierfehler eine Kreisbewegung der Welle auf, die bei Cl = w sehr groß wird. Die Wellenamplituden aber sind dem Drehmoment proportional, also lastabhängig. Das gibt Wuchtprobleme. Bei elastischen Kupplungen sind die Bolzen zusätzlich in Gummi gebettet, oder aus elastischem Material. Bei ihnen tritt, meist jedoch schwächer, der gleiche Anregungsmechanismus auf, wenn die Teilung nicht stimmt oder die Gummielemente ungleiche Steifigkeiten haben. Eventuell treten aber zusätzlich 2Q-Schwingungen auf, weil die ungleich belasteten Gummielemente ungleiche Steifigkeiten haben, was einer lokalen Unrundheit der Welle entspricht. Anstreifen -&ll annular rub: Beim härteren Anstreifen des Rotors am Stator tritt - neben dem springenden Kontakt - der sogenannte full annular rub auf: der Rotor gleitet reibungsbehaftet im Wellendrehsinn an der Statorwand entlang. Der Orbit wird gleichläufig (dominant) mit + l Q durchfahren.
33.4 Ursachen von f n CI Orbits Wichtige Ursachen von oberwellenhaltigen Orbits und ihr Frequenzgehalt sind in Bild 33.6 aufgelistet. Der Vollständigkeit halber wurden die Unwuchtschwingungen mit aufgenommen, die detailliert schon im vorigen Abschnitt behandelt wurden.
1
Defekt
gleichläufig
gegenläufig I
I
I
I
I
Unwucht, Schlag
0 I
I
Unrunde Welle 0
Riß Ausrichtfehler mit Unwucht Resonanz immer bei +nQ = art
I
0 und 0
I
I
I
0
0
0
0
0
0
0
0
0
Horizontaler Rotor, isotrop gelagert (Wälzlager) Horizontaler Rotor, anisotrop gelagert (Gleitlager)
Bild 33.6: Mechanische Ursachen der in der zweiseitigen spektralen Darstellung sichtbare f n !&Komponenten
33.4 Ursachen von
fn C2 Orbits
647
Alle n Q-Erregungen führen auf Resonanzen bei C! n Q = qri„ was beispielsweise Bild 32.9 für den Fall der Welle mit angerissenem Qerschnitt erkennen ließ.
Unrunde Welle: Die unrunde Welle tritt z.B. bei 2-poligen Synchrongeneratoren auf aber auch als Welle mit leichter Unrundheit wenn Paßfedem oder Querbohrungen vorgesehen sind. Die Biegesteifigkeiten unterscheiden sich dann in zwei senkrecht aufeinander stehenden Richtungen lokal (EIr# EI„ Kap. 19). Im Zusammenwirken mit dem Gewicht führt die Unrundheit auf eine +2Q-Erregung und damit auf die sog. Gewichtsresonanz bei 2Q = Diese 2Q-Phänomenologie überlagert sich den 1Q-Schwingungen aus der Unwucht. Auch tritt ein drehzahlabhängiger statischer Durchhang = b(Q) auf, der bei Q = q J 2 besonders groß wird. Das drehzahlabhängige gestaffelte Fourierspektrum der unrunden Lavalwelle zeigte Bild 19.11. Angerissene Welle: von den Orbitkomponenten sind in den Meßschrieben ;I , ;I+ und , F+, zu erkennen und dies auch meist nur die Komponenten Ierst bei hinreichender Rißtiefe (a > 0,2 Durchmesser) und Fahrt durch die Resonanzen. Besonders die Resonanz Q = y,J2 ist typisch. Die Schwierigkeiten beim Auswuchten eines angerissenen Läufers geben deutliche Hinweise: Unwuchtausgleichssetzungen können zwar die gleichläufige Rißerregungskraftkomponente beeinflussen und kompensieren. Nicht aber die gegenläufige -1Q-Erregung, Kap. 21. Da das Verhältnis der Rißkrafterregungskräfte zueinander (nahezu) unabhängig von der Rißtiefe ist, bleibt in der Differenz-Diagnose das Verhidtnis
für eine gegebene Drehzahl konstant. Das zweiseitige Spektrum einer angerissenen Lavalwelle zeigte Bild 32.9.
Ausrichtfehler: Ganz anders als auf Fehler in starren Kupplungen reagiert der Läufer auf Ausrichtfehler. Sie entstehen dadurch, daß die Lager nicht so positioniert sind, daß die (fehlerfreien) Kupplungsflansche der Teilwellen ohne Zwängungen verbunden werden können, Bild 33.7.
Bild 33.7: Ausrichtfehler; konstante (nicht umlaufende) Biegelinie
648
33 Diagnosehinweise- Störschwingungenund ihre Ursachen
Die Welle rotiert um eine feststehende Biegelinie, die sich aus Gewichtseinfluß und Lagerpositionen bestimmt. Dadurch werden im Rotor Umlaufbiegebeanspruchungen geweckt. Die Lagerreaktionskrafte sind raumfest. Resonanzartige Zustände entstehen nicht. Der Rotor führt infolge von Ausrichtfehlem keine f 1Q Schwingungen aus. Wurde der Läufer zunächst zwängungsfrei gekuppelt und senkt sich dann erst ein Lager, liegen natürlich die gleichen Verhältnisse vor; es gibt Umlaufbiegung aber keine Resonanzerscheinungen. In mehrfach gleitgelagerten Rotoren führen grobe Ausrichtfehler in Verbindung mit der Unwuchteinwirkung durch das nicht-lineare Ölfilmverhalten auf Orbits, die 2Q-Komponenten enthalten. Der nach der linearen Theorie elliptische Orbit wird bei Annäherung an die Lagerschale bananenförmig, Bild 33.8. Vergleiche Bild 12.6 und 12.7. Auch in wälzgelagerten Rotoren entsteht ein ähnlicher 2Q-Effekt, wenn grobe Ausrichtfehler vorliegen.
Ellipse
. Banane
Bild 33.8: Deformation des elliptischen Gleitlagerorbits aus Unwucht durch Ausrichtfehler (qualitativ)
33.5 Bruchteilfrequenzen - Rosetten, nlm Orbits Anstreifen: Bei härterer Wandberührung gibt es neben dem Drehzahlbereich, in dem die Welle der Statorwand entlang gleitet (full annular rub, + l Q Orbit), auch den Bereich der nur partiellen Wandberührung (partial rub) beispielsweise über 100 Grad. Die zugehörigen Orbits weisen Bruchteilfrequenzen wie 112 Q oder 113 Q und Vielfache davon auf, Kap. 27. Geht der Rotor in den springenden Kontakt über, entstehen rosettenartige Orbits mit großen n- und m-Werten, vergl. Kap. 32. Typisch für die Wandberührung ist das Rückwärtsdrehen dieser Rosetten.
33.6 Wälzlagerfehler
649
Oilwhirl:Bei horizontalen Rotoren in gering belasteten Gleitlagern und vertikalen Rotoren kann eine nicht-lineare Gleitlagerinstabilität auftreten, die ihren Orbit mit etwa halber Drehfrequenz durchfährt. Sie ist meist weniger gefährlich als die klassische eigenfrequente Gleitlagerinstabilität, die in 33.2 behandelt wurde.
33.6 Wälzlagerfehler Ein neues Wälzlager erzeugt nur ein hochfrequentes, breitbandiges Rauschen von geringem Pegel. Mit einem Beschleunigungsaufnehmer am Lager laßt sich das gut aufzeichnen. Bei fortschreitendem Alter steigt der Rauschpegel an, bleibt aber breitbandig und hochfrequent, Bild 33.1 1. Sowie jedoch lokale Fehler und Macken auf den Wälzlagerbahnen oder an den Wälzkörpern auftreten, entstehen Einzelpeaks im Fourierspektrum, deren Frequenzen geometriebedingt krumme Vielfache der Umlaufdrehzahl der Welle sind. Aus diesen Frequenzpeaks läßt sich also die Fehlerquelle erkennen. Da oft mehrere Lager nahe beieinander liegen, ihre Abmessungen und Kugelzahlen etc. jedoch verschieden sind, läßt sich auch auf diese Art klären, welches der infrage kommenden Lager beschädigt ist. Anzahl der
Bild 33.9: Wälzlagergeometrie; Rollkreisdurchmesser D„ Berührungswinkel durchmesser d, Anzahl der Wälzkörper z
a:
Kugel-
Aus der Lagergeometrie lassen sich die Erregerfrequenzen bestimmen, die beim Überrollen einer Fehlerstelle aus dem Außen-, Innenring oder dessen Wälzkörper entstehen. Diese kinematischen Grundfrequenzen der Erregung sind für
1 Außenringfehler: G, = -G. z 2
33 Diagnosehinweise- Störschwingungenund ihre Ursachen
650
1 Innenringfehler: R,= -R . z
2
Da der
Wälzkörperspin: mWK=
2
beträgt, der Wälzkörper auf eine Eigendrehung aber beide, Innen- und Außenring mit seiner Fehlerstelle, berührt, gilt für die Erregung aus dem
)[
Walzkörperfehler: ClwK = C l . - 1- -cosa
D (:
51
.
Die Rotationsfrequenz des Käfigs, die seltener eine Rolle spielt, beträgt
Dabei ist R die Umlauffrequenz der Welle, d der Wälzkörperdurchmesser, D, der Rollenteilkreisdurchmesser und a der Druckwinkel, der bei einem reinen Radiallager null beträgt. In Bild 33.10 sind für zwei Lagertypen diese Fehlergrundfrequenzen berechnet. Schulterlager
1
Radiallager
Teilkreis-DM[mm] Kugel-d [mm] Zahl der Kugeln Winkel a Drehzahl [Hz] Kreisfrequenz [radls] A
ni ~
W
K
Bild 33.10: Kinematische Grundfrequenzen der Erregung von Außenring-, Innenring- und Wälzkörperfehlern
33.6 Wälzlagerfehler
651
Beim kleineren Radiallager liegen sie zwischen dem 4- bis 7-fachen der Drehzahl, beim größeren Schulterlager zwischen dem 9- bis 14-fachen.
t
-A
Anstieg im Lauf der Zeit
Verschleiß, breitbandig
0 -
1000
5000
10000 Frequenz [H,
1
Bild 33.11: Fourierspektrum eines Wälzlagers mit defektem Außenring. Grund- und Oberwellen n ClA bzw. n fA (links). Anwachsen der breitbandigen Rauscherregung im kHzBereich mit zunehmendem Alter (rechts)
Eine Schadstelle im feststehenden Außenring wird bei jedem Kugeldurchlauf gleich stark angeschlagen. Da aber das Gewicht (horizontaler Rotor) die unterste Kugel am stärksten belastet, ist die Impulsfolge einer Schadstelle am rotierenden Innenring noch durch die Drehzahl moduliert, Bild 33.12.
4
Außenring
-
E
a
I
Frequenz
unten
Bild 33.12: Modulation der Impulsfolge bei Fehlern am Innenring. Entstehung von Seitenbändern im Fourierspektrum
Das gleiche gilt auch für die Impulsfolge aus einem defekten Wälzkörper. Im Fourierspektrum treten daher sowohl bei der n R I als auch bei der n R„-Linie Seitenlinien auf. Auch bei der Wälzlagerbeurteilung scheint das zweiseitige Fourierspektrum einen tieferen Einblick zu gestatten als das einseitige [33.5].
652
33 Diagnosehinweise - Störschwingungenund ihre Ursachen
Hüllkuwenanalyse: Die Fourieranalyse, besonders wenn sie durch einen Drehimpuls auf eine oder mehrere volle Wellenumdrehungen getriggert ist (Ordnungsanalyse), ist ein sehr subtiles Instrument der Maschinendiagnose. Etwas weniger Geräteaufwand, z.B. kein Phasengeber, verlangt die Hüllkurvenanalyse, die in der Wälzlagerbranche sehr beliebt ist. Letztlich benutzt auch sie die Fourieranalyse, aber erst nach dem Bilden der „Hüllkurve" des gleichgerichteten und geglätteten Signals der Beschleunigung, Bild 33.13. Sie arbeitet im Kilohertzbereich, wo das breitbandige Rauschen des intakten Wälzlagers zuhause ist, Bild 33.1 1.
-
E
a
'. C
0 V)
a,
m
Gleichrichten ( Hüllkurve )
1 kHz
5 kHz
Frequenz
Bild 33.13: Hüllkurvenanalyse
Die Kepstrum-Analyse, eine weitere Variante der Fourierananlyse, die im Getriebebau gerne benutzt wird, findet auch bei der Wälzlagerbeurteilung gelegentlich Anwendung [33.9].
33.7 Typische Signale von Getrieben, Elektromaschinen, Gebläsen etc. Die bisherigen Diagnosehinweise ergaben sich - mehr oder minder - aus den analytischen Betrachtungen dieses Buches. Elektrische Maschinen, Kreiselpumpen, verdichter, Getriebe etc. verursachen zusätzliche Wellenschwingungen und Lagerbocksignale, von denen wir die wichtigsten zumindest erwähnen wollen. Zahnradgetriebe: Befindet sich in einem Triebstrang ein Getriebe, so entstehen durch den Austausch der Zähne an der Zahneingriffsstelle schon im Normalbetrieb pulsierende Kräfte.
33.7 Typische Signale von Getrieben, Elektromaschinen, Gebläsen etc.
653
Sie und ihre höheren Harmonischen regen Biege- und Torsionsschwingungen an und natürlich auch die Gehäuseschwingungen, die akustisch lästig werden [33.12].
Bild 33.14: Pulsieren der Zahneingriffskraft; Grundfrequenz der Erregung G„= Z,Q,= Z,Q,
Bild 33.14 zeigt wie bei einem Stirnradgetriebe die pulsierende Erregungskraft mit der Grundfrequenz Drehzahl X Zähnezahl entsteht. Für Planetengetriebe gelten ähnliche einfache Regeln für die Zahneingriffsfrequenzen. Sie regen aber dort wegen der „runden Anordnung" die Biegeschwingungen der Welle kaum an, nur die Torsion. Zahnfehler wie Flankenfehler, Fußanriß usw. verursachen zusätzliche Uberroll-Erregungsfrequenzen, die der Drehzahl der Welle, hier also Q, bzw. Q, entsprechen, Bild 33.15.
W C
4
Zahnfehler Unwucht
s
W
.-C 3 C
Zahneingriff
a
C2
Wälzlager
b
IQ,
IQ,
Frequenz
Bild 33.15: Unwuchtsignal, Wälzlager- und Zahneingriffsfrequenz im Spektrum (ohne Oberwellen qualitativ)
654
33 Diagnosehinweise - Störschwingungen und ihre Ursachen
Im Fourierspektrum ist der Zahnfehler durch seine starke Obenvellenhaltigkeit vom Unwuchtsignal, das ja auch mit der Drehzahl einher geht, gut zu trennen. Verändert sich die Drehzahl, muß man drehzahl-getriggert messen (Ordnungsananlyse). Zur Getriebediagnostik gibt es umfangreiche Literatur [33.8, 33.9, 33.111.
Elektrische Maschinen: Zwischen Stator und Rotor wirken bei elektrischen Maschinen radiale und tangentiale magnetische Kräfte. Verschiebt man den Rotor aus seiner zentrischen Position, entsteht eine magnetische Zugkraft, die ihn weiter zur Statorwand ziehen möchte, Bild 33.16. Sie läßt sich für die Rotordynamik durch eine negative Magnetfedersteifigkeit modellieren.
Bild 33.16: Magnetische Kräfte zwischen Ständer und Rotor eines Elektromotors, links; Magnetischer Zug in Abhängigkeit von der Auslenkung, rechts
Hängt ein zentrisch gebauter Rotor - z.B. durch den Gewichtsdurchhang exzentrisch in der Ständerbohrung, entsteht eine magnetische Zugkraft, aber sie weist immer in die gleiche Richtung und verstärkt nur den statischen Durchhang, Bild 33.17 links.
0 Drehachse Rotorachse
+
FM Bild 33.17: Zentrisch gebauter Rotor infolge Gewichtsdurchhang exzentrisch im Stator angeordnet (links); exzentrisch gebauter Rotor, dessen Drehachse in der Statormitte liegt umlaufende magnetische Zugkraft
33.7 Typische Signale von Getrieben, Elektromaschinen, Gebläsen etc.
655
Ist dagegen der Rotor exzentrisch gebaut, Bild 33.17 rechts, (oder zentrisch gebaut und die Welle ist krumm), dann weist die magnetische Zugkraft F, zwar auch in die Richtung des engsten Spaltes - der aber läuft um. Es entsteht eine 1Q-Erregungskraft wie bei der Unwuchterregung. Sie verursacht kritische Drehzahlen und Resonanzen. Anders als eine echte Unwuchtkraft ist diese Erregungskraft aber drehmomentenabhängig. Ist der Rotor zwar zentrisch gebaut aber elektrisch unrund - z.B. durch einen Windungsschluß oder Kafigunsymmetrien, tritt der gleiche 1Q-Erregungsmechanismus auf, der die Biegeschwingungen der Welle anregt. Anders als bei Synchronmotoren liefert ein Asynchronmotor ein Drehmoment erst, wenn die Rotordrehzahl Q etwas hinter der Drehzahl des Statorfeldes zurückbleibt - z.B. 2850 Ulmin gegenüber 3000 Ulmin. Diese auf die Synchrondrehzahl (Leerlauf) bezogene Differenz nennt man Schlupf
Bei Standard-Asynchronmotoren beträgt der Schlupf 0,5 % bis etwa 6%. Die oben beschriebene 1Q-Erregung aus umlaufendem magnetischem Zug wird bei Asynchronmaschinen noch durch die doppelte Schlupffrequenz 2 s Q„„, moduliert. Es entsteht eine Schwebung im 1Q-Signal, die besonders bei 2-poligen Maschinen recht kräftig ist. Auf die vielfältigen Drehschwingungsanregungen, z.B. aus Pulsumrichtern gehen wir nicht ein. Die Ringschwingungen, die im Stator umlaufen, weil der Läufer durch sein Magnetfeld eine Wanderlast produziert, wollen wir allerdings nicht unerwahnt lassen. In Lagerschwingungsmessungen oder relativen Wellenschwingungsmessungen werden sie sichtbar. Akustisch sind sie als lästiges Brummen zu erkennen. Ihre Grundfrequenz ist die doppelte Netzfrequenz. Turbomaschinen: Bei allen Turbomaschinen erkennt man im Spektrum die Blattpassage-Frequenz mehr oder minder deutlich. Sie ist das Produkt von Blattzahl z mal „Drehzahlc'
Jedesmal, wenn eine Schaufel des Radialgebläses von Bild 33.18 die Zunge des Diffusors passiert, entsteht ein kleiner Impuls, der die biegeelastische Welle schwingen läßt.
33 Diagnosehinweise- Störschwingungenund ihre Ursachen
656
Daneben ist das 1Q-Signal aus Unwucht im Spektrum zu erkennen sowie das niederfrequente breitbandige Strömungsrauschen.
-
a J 3 .-
I
U
E
a
Unwucht
Blattpassage
I
Frequenz
2.n
Bild 33.18: Spektrum eines Radialgebläses
Kavitation in Kreiselpumpen verursacht ein hochfrequentes Rauschen im Kilohertzbereich. Rotating stall, der rotierende Strömungsabriß ist ein eigenartiges Phänomen, das auftritt, wenn Axial- und Radialverdichter mit zu geringem Durchsatz laufen. Dann werden die Anströmwinkel so ungünstig, daß die Strömung abreißt.
L
part - Span
Durchflußzahl
Bild 33.19: Typische Stall-Muster bei 1-stufigen Axialverdichtem, nach [33.6]
Das geschieht bei sinkendem Durchsatz zunächst gleichmäßig an allen Blattspitzen. Dann aber bei weiter gedrosseltem Durchsatz bilden sich lokal „verstopfte Zonen" mit Strömungsablösung, ja sogar Strömungsumkehr.
33.8 Schlußbemerkung
657
Dazwischen liegen Bereiche mit anliegender Strömung, weil hier der Durchsatz erhöht wird. Diese Stall-Zellen - es können 3 , 4 oder mehr solcher Zellen auftreten - rotieren gewöhnlich mit dem Laufrad, jedoch nicht mit der vollen Winkelgeschwindigkeit Q, sondern mit reduzierter
Oft liegt die Umlauffrequenz des rotierenden Strömungsabrisses etwa bei halber Drehzahl. Aber jedes Drehzahlverhältnis Q„„,lQ zwischen null und eins wurde irgendwann schon einmal gemessen. Die Verknüpfung mit der Drehzahl ist nur sehr lose [33.6]. Bei Radialverdichtern sind die Erscheinungen ähnlich. In den Wellenschwingungsmessungen sind diese Phänomene u.U. gut zu erkennen [33.10].
33.8 Schlußbemerkung Ermittelt man rechnerisch oder experimentell die Antwort eines Rotors auf eine gegebene Störgröße - Riß, Unwucht o. A. - ist das Ergebnis immer eindeutig. In der Maschinendiagnostik aber, wird die Fragestellung umgekehrt: Gegeben ist das Antwortsignal - was ist dessen Ursache? Diese Fragestellung ist fast immer mehrdeutig. Erfahrungen und Ingenieurswissen sind nach wie vor zur erfolgreichen Fehlersuche nötig. Die im folgenden Kapitel dargestellte modellgestützte Fehlerdiagnose kann aber nützlich sein, um die Mehrdeutigkeit der Signalanalyse in der Fehlersuche weitere einzuengen.
34 Modellgestützte Maschinenüberwachung und dagnose
34.1 Einleitung Wendet man die Defekt-Kriterien des vorangegangenen Kapitels auf eine Maschine an, die Kummer bereitet, benutzt man stillschweigend ein Modell - den Lavalrotor. Denn fast alle Defekt-Kriterien wurden am Einscheibenrotor mit elastischer Welle entwickelt. Die dort gewonnenen Erkenntnisse überträgt man naiv auf komplexere Systeme. Die Modalanalyse, Kap. 10, gibt eine gewisse Legitimation dafür her. Natürlich kann man auch mehr tun, und komplexere Modelle verwenden - z.B. die Modelle, die der Hersteller der Maschine für ihre Entwicklung verwandte. Sie liegen ohnehin aus der Entwurfsphase vor. Obwohl sie gewöhnlich in der Erprobungsphase noch nachkorrigiert werden, stimmen sie nie zu hundert Prozent mit dem realen System überein. Das wirft ein Problem auf. Bild 34.1 zeigt schematisch einen torsionsschwingungsfähigen Turbosatz. Die Erregermomente p(t) z.B. aus Netzschaltvorgänge seien aus Messungen der Generatorströme (Luftspaltmomente) bekannt.
P (t) U (1)
F
Turbine
Mü
I
+
Generator
Du
+
S u = p(t)
mathematisches Modell
I
Bild 34.1: Drehschwingungsfahiger Turbosatz und sein mathematisches Modell
660
34 Modellgestützte Maschinenüberwachung und -diagnose
Das parallel mitlaufende Modell wird jedoch nie exakt die gleichen Systemdaten wie der reale Turbosatz haben. Deshalb werden mit zunehmender Zeit die simulierten Schwingungsdaten u(t) immer weniger mit denen des realen Systems u(t) zu tun haben. Das Ziel z.B. die Torsionsbeanspruchungen über das Modell zu ermitteln, um nicht an der heißen Dampfturbine messen zu müssen, läßt sich so nicht erreichen. Statt zu versuchen, das Modell durch Anpassen an die Realität irgendwie doch „exakt" hinzubekommen, empfiehlt sich ein anderer Weg. Es ist einfacher, einen Folgeregler einzuschalten, der das Modell führt, indem er die an einigen wenigen Stellen gemessenen Abweichungen zwischen dem realen System und dem Modell ermittelt und zurück auf das Modell speist. Auf diese Weise zwingt der Regler das Modell, dem wirklichen System immer dicht auf den Fersen zu bleiben. Das wollen wir im Abschn. 34.2 etwas genauer aufzeigen. unbekannte Erregung
Bild 34.2: Durch einen Regler geführtes Modell zur (indirekten) Beobachtung des Zustandes des realen Systems
Einen in der Zielsetzung gleichen, aber in der Realisierung recht verschiedenen Weg geht die modellgestützte Überwachung mit Hilfe von Neuro-FuzzyLogiken [34.9, 34.101. Hier wird in einer Lernphase ein nicht-lineares Kennfeldmodell durch Anpassung seiner Parameter so lange trainiert, bis es in der Lage ist, mit wenigen Vorgaben das dynamische Verhalten des realen Systems hinreichend genau nachzuäffen. Dann wird die Lernschleife gekappt, Bild 34.3.
34.1 Einleitung
Eingang
661
I
Reales System
+
Systemdynamik
1-
w - 1
-
Neuro - Fuzzy - Logik Bild 34.3: Neuro-Fuzzy-Modell; Lernschleife offen
Eine kleine Gegenüberstellung bei der Vorgehensweisen findet sich in folgender Tabelle.
Beobachtung durch Differentalgleichungs-Modell Differentialgleichungen als Modell Hohe Durchdringung der Physik notwendig; viel a-priori Wissen.
Permanente Modellkorrektur durch Regler.
Neuro-Fuzzy-Modell Algebraisches nicht-lineares Kennfeldmodell. Weniger gründliche Systemdurchdringung erforderlich; weni! a-priori Wissen. Modellkorrektur durch Anpassen der Gewichtsparameter und funktionen in einer Anlernphase.
Tabelle 34.1: Gegenüberstellung des Neuro-Fuzzy- und Differentialgleichungs-Modells
34 Modellgestützte Maschinenüberwachungund -diagnose
662
34.2 Modellgestützte Beobachtung Bild 34.4 wiederholt die Darstellung von Bild 34.2 - nun aber formal strenger.
0
m
Zustand
+ +
simulliert
4xP Modell
Bild 34.4: Vom realen System (obere Bildhälfte) über die P-Rückführung nachgeführtes Modell (Beobachter, untere Bildhälfte)
Oberhalb der strichlierten Linie befindet sich das als linear angenommene reale System
das aber auf die Zustandsebene überführt wurde. In der Regelungstechnik bevorzugt man diese Darstellung mit Differentialgleichungen 1. Ordnung. Die Matrix A enthält die Systembeschreibung.
[X].{$ +[X].{:}= {e}
34.2 Modellgestützte Beobachtung
663
B ist oft nur eine mit Nullen und Einsen besetzte Boolsche Matrix, die die Erregerkräfte richtig zuordnet. X ist der Zustandsvektor. Unterhalb ist der Beobachter skizziert, der aus dem mehr oder minder guten mathematischen Modell mit der Matrix A besteht und der Rückführmatrix H, in die die Abweichungen zwischen Realität und Modell zur Modellkorrektur eingespeist werden. Die Meßmatrix C nimmt aus den vielen Zustandsgrößen (Freiheitsgraden) diejenigen heraus, die zugänglich und meßbar sind. Da kein Pfeil von unten nach oben führt, ist offensichtlich: der Beobachter unterhalb der strichlierten Linie ist Sklave der Realität von oberhalb. Die Grundgleichungen sind schnell angeschrieben, indem man die Summationspunkte beachtet: Reales System
X = Ax
+ Bp(t)
(34.2)
Differenz Realität-Beobachtung
Ay = C . (X- X)
(34.3)
Simulationsmodell und Beobachter
X = AX + H C . (X- X) + Bp(t)
(34.4)
Der vorletzte Term in der G1. (34.4) stellt die Modellkorrektur durch die Wirklichkeit dar. Die Differenz der beiden Gleichungen (34.2 und 34.4) liefert die Fehlerdifferentialgleichung AX=(A-HC).AX+AAX homogene Differentialgleichung wobei der Fehler Ax = X - X ist und AA = A - A . Natürlich muß die Beobachtermatrix H so besetzt werden, daß die homogene Fehlergleichung gut abklingende Lösungen hat. Aber die Besetzung von H bestimmt auch, wieweit die Ungenauigkeiten des Modells, die als Störgrößen M x in (34.5) einwirken, noch Einfluß haben. Bei guter Auslegung der Beobachtermatrix ist dieser Resteinfluß gering. In der Regelungstheorie existiert eine umfangreiche Literatur, wie die Beobachtermatrix H, z.B. durch Polvorgabe zweckmäßig zu besetzen ist [34.1-34.31. In den Arbeiten [34.4-34.81 finden sich Beispiele des Aufbaus solcher Differentialgleichungs-Beobachter für konkrete Aufgaben des Maschinenbaus (Rißerkennung, Torsionsschwingungsüberwachung von Wellen etc.).
664
34 Modellgestützte Maschinenüberwachung und -diagnose
Bild 34.5 zeigt den modellgestützt ermittelten Torsionsspannungsverlauf eines
Bild 34.5: Torsionsspannungsverlauf über der Zeit und der Rotorlänge aus modellgestützter Beobachtung
34.3 Überwachung mittels angelernter Neuro-Fuzzy-Logik Auch mit Hilfe der Neuro-Fuzzy-Logik wird ein Modell des realen Systems erstellt, das parallel zum realen System mitläuft und aus einigen wenigen Daten des realen Systems die nicht gemessenen, aber interessierenden Größen konstruiert. Der Unterschied zum Differentialgleichungs-Beobachter besteht darin, daß die Neuro-Fuzzy-Logik nicht-linear-algebraisch arbeitet und zunächst ohne jede Vorkenntnisse des Systems beginnt, Bild 34.3. Die Anpassung an das reale System erfolgt durch Erlernen von systembeschreibenden Regeln durch Variation der Parameter und sogenannte Zugehörigkeitsfunktionen. Die Parameter des Modells werden durch Vergleich „prognostizierte Werte - gemessene Werte" in einer Rückführungsschleife solange justiert, bis größtmögliche Ubereinstimmung herrscht. Nach der Lernphase sind die Parameter im Neuro-Fuzzy-Modell festgelegt, die Lernschleife wird gekappt. Der an sich stumpfsinnig arbeitende Anpassungsalgorithmus kann natürlich nur dann gute Korrelationen zwischen realem Verhalten und synthetischem erzielen, wenn die gewählten Eingabegrößen auch mit den gesuchten synthetischen Antworten des Systems viel zu tun haben. Ohne auf Details einzugehen, werden im Folgenden die Ergebnisse einer Forschungsarbeit [34.11] vorgestellt, deren Ziel es u.a. war, die Biegebeanspruchungen an den Flügelwurzeln
34.3 Überwachung mittels angelernter Neuro-Fuzzy-Logik
665
einer 1,5 MW Windkraftanlage ( D = 60m ) aus den normalen Betriebsdaten und einigen wenigen Zusatzinformationen zu bestimmen. Leistung [ KW]
DMSMeßebene 1
kritische Stellen -
-
DMS Meßebene 2
"(q Windturbine
erweiterte Betriebsdaten Neuro - FIJZZY Logik
Biegemomente an der Flügelwurzel, real Biegemomente nach Lernphase " synthetisiert "
Bild 34.6: Bestimmung der Blattwurzelbeanspruchungen einer Windturbine mit Hilfe einer Neuro-Fuzzy-Logik
Praktisch sind die tatsächlich auftretenden Blattwurzelbeanspruchungen ebenso wie die Turmbiegebeanspruchungen von großer Bedeutung. Sie bestimmen die Lebenserwartung der Anlage entscheidend.
666
34 Modellgestützte Maschinenüberwachung und -diagnose
Im vorliegenden Beispiel wurde die Neuro-Fuzzy-Logik mit den ohnehin ständig gemessenen Betriebsdaten Leistung Drehzahl Blattwinkeleinstellung Gondelposition (Azimutwinkel) Gondelwindanzeige
(1) (2) (3) (4) (5)
gespeist. Zusätzlich wurden für die Prognose der Biegebeanspruchungen an der rotierenden Flügelwurzel noch aus Dehnungsmessungen am Turm in den Ebenen 1 und 2 das Nick- und Giermoment am Turmkopf permanent ermittelt (Signale 6 und 7). Außerdem gibt ein Impulsgeber (key phasor) einmal pro Umdrehung die Position von Flügel ,,eins" an (Signal 8). Nur in der Trainingsphase standen der Neuro-Fuzzy-Logik die gemessenen Blattwurzelbiegemomente aus Schlag- und Schwenkschwingungen tatsächlich zur Verfügung. Nach Ablauf der Lehrzeit mußte die Fuzzy-Logik diese Blattwurzelmomente synthetisch darstellen. Daß ihr dieses gut gelingt, zeigen die Bilder 34.7a und b. Aus einem Meßzeitraum, der nicht zum Training der Fuzzy-Logik benutzt worden war, wurden nur die erweiterten Betriebsdaten (Signale 1 bis 8) eingespeist, nicht aber die tatsächlich gemessenen Verläufe von Schlag- und Schwenkbiegemomenten. Der Vergleich von synthetisierten und gemessenen Biegebeanspruchungen in Bild 34.723, b zeigt eine erstaunlich gute ~ b e r e i n stimmung. Der Korrelationsgrad ist sehr hoch, über 90%.
Bild 34.7 a: Schlagbiegemoment an der Blattwurzel einer großen Windkraftanlage (D = 60m) und zugehörige Gondelwindgeschwindigkeit. Gemessene Werte und mit einer Neuro-Fuzzy-Logik simulierte Werte [34.11]
34.3 Überwachung mittels angelernter Neuro-Fuzzy-Logik
3900
3905
3910
3915
3920
667
3925 3930 Zeit t [s]
Bild 34.7 b: Schwenkbiegemoment an der Blattwurzel einer großen Windkraftanlage (D = 60m) und zugehörige Gondelwindgeschwindigkeit. Gemessene Werte und mit einer Neuro-Fuzzy-Logik simulierter Wert [34.11]
Zum Aujbau einer Neuro-Fuzzy-Logik: In einem reinen Fuzzy-Regler werden die Ausgangssignale Vektor y über ein Regelwerk aus den Eingangssignalen X erzeugt.
Fuzzyfizierung
Regelwerk
Defuzzyfizierung
1 -
Bild 34.8: Schematische Darstellung eines Fuzzy-Systems mit p Eingängen und q Ausgängen [34.9]
668
34 Modellgestützte Maschinenüberwachung und -diagnose
Die Fuzzyfizierung am Eingang übersetzt die Augenblickswerte X, in qualitative Ausdrücke wie „klein / mittel / groß", die sog. linguistischen Variablen. Kern des Systems stellt das vom Fachmann bestückte Regelwerk dar, das die Wenn-Dann-Sätze enthält, die z.B. in einer Wahrheitstabelle niedergelegt sein können. Im defuzzyfizierenden Ausgangsteil werden die noch unscharfen Aussagen des Regelwerks wieder in Zahlenwerte diskretisiert. Letzlich liegt ein mit Erfahrungswissen bestückter Kennfeldregler vor. Ob ein solcher Regler gut arbeitet, hängt nur von der Kunst dessen ab, der die Regeln einbringt. Oft fehlt Wissen dazu, Meßdaten können nicht berücksichtigt werden. Lernfahig ist das System so nicht. Deshalb ersetzt man in einem Neuro-Fuzzy-Regler das Mittelstück des FuzzyReglers durch ein lernfähiges künstliches neuronales Netz, das vorwärts orientiert arbeitet. Seine Wichtungsfaktoren und Wichtungsfunktionen werden während der „Lehrzeit6' immer wieder gestört, um herauszufinden, ob die Veränderung dieser Faktoren die Differenz „Meßdaten minus prognostizierte Daten" reduziert. Eingangsdaten
W Lernverfahren
Neurales Netz Bild 34.9: Fuzzy-Training eines neuronalen Netzes, [34.9]
Jedem Knoten in Bild 34.9 entspricht das simple künstliche Neuron (Prozeßeinheit) von Bild 34.10.: Ein Summierer nimmt die gewichteten Eingänge auf, die über eine Kennlinie in ein Ausgangssignal y = f(s) umgesetzt werden.
34.4 Begleitende Ermittlung der Rest-Lebenserwartung
669
Bild 34.10: Aufbau eines künstlichen Neurons
Meist setzt man 3-lagige, rein vorwärts orientierte Netzwerke ein, so auch in [34.11]. Dafür stehen fertige Trainingsalgorithmen zur Verfügung [34.10].
34.4
Begleitende Ermittlung der Rest-Lebenserwartung mit Hilfe von Beobachtern
Wie vorne schon erwähnt: Turbostränge sind sehr empfindlich gegenüber Torsionsschwingungen, die praktisch völlig ungedämpft sind. Im Normalbetrieb werden sie kaum angeregt, aber bei Manövern wie dem Zu- und Abschalten sehr wohl. Auch bei größeren Schaltvorgängen im Netz gerät jedesmal die Welle in Drehschwingungen. Sehr gefürchtet sind Störfälle wie der kraftwerksnahe Netzkurzschluß, der Torsionsbelastungen im Strang mit einem mehrfachen des normalen Nennmomentes weckt. Zwar wird die Welle auf eine angenommene Anzahl solcher Störvorgänge dimensioniert, damit sie 20 Jahre Lebenserwartung hat. Wie oft dann aber derartige Vorgänge tatsächlich auftreten, läßt sich im Voraus nicht sagen. Da hilft nur begleitendes Überwachen, das sich z.B. mit Hilfe von Beobachtern bewerkstelligen läßt. Eine praktische Anwendung der Beobachtertheorie für die Maschinenüberwachung skizziert Bild 34.1 1.
670
34 Modellgestützte Maschinenüberwachung und -diagnose
System
I
C
Folgeregler
b
80 + 60 + S b =
p(t)
F
A
0
u,u
I
Torsionsstrangmodell
RainflowKlassierung
I
Torsionsbeanspruchung
I
Wöhler Kurve
+p+
Aktuelle Restlebensdauer Stelle 1
106
Lastwechselzahl
-n
PalmgrenMiner
Bild 34.11: Modellgestützte Überwachung der (instationären) Torsionsdynamik eines Turbostranges mittels eines Beobachters und Abschätzung der Rest-Lebenserwartung an den heiklen Stellen 1, 2 und 3 über die Schadensakkumulationshypothese von Palmgren-Miner
34.5 Schlußbemerkung
671
Die Netzrückwirkungen lassen sich über die Generatorströme als Erregermomente p(t) (Luftspaltmomente) gut erfassen. Der Torsionsstrang mit den Drehfreiheitsgraden ist leicht zu modellieren. Am Anfang und am Endstummel der Welle und evtl. an den Kupplungen sind die Drehschwingungssignale auch meßbar und werden in den Beobachter (Modell und Rückführungsmatrix H) gespeist. Der stets mitlaufende Beobachter ermittelt die Zustandsgrößen (Torsionswinkel @ i , @,).~ b e die r Differenz der Drehwinkel rechts und links an den dünnen Stellen der Welle (Lager, Kupplungshälse) lassen sich dann die Torsinsbeanspruchungen T i ermitteln. Sie werden nach Amplitudenhöhe und Häufigkeit ihres Auftretens sofort klassiert, z.B. durch das sogenannte „Rainflow-Counting" und dann als Lastkollektiv abgelegt, das Stunde um Stunde für die gefährdeten Stellen fortgeschrieben wird. Aus einer Lebensdauerabschätzung, z.B. nach Palmgren-Miner, laßt sich dann aktuell sagen, welche Rest-Lebenserwartung noch besteht, bzw. wann die Welle wohl auszuwechseln ist. Würde man feststellen, daß dies erst nach 23 Jahren statt nach 20 Jahren nötig ist, hat sich der Meß- und Rechenaufwand für den Beobachter und die Klassierung allemal gelohnt.
34.5 Schlußbemerkung Obwohl die klassischen Beobachtertheorien der Regelungstechnik schon aus den sechziger Jahren stammen, finden sie erst allmählich Anwendung zur modellgestützten Maschinenüberwachung und -diagnose. Ein Grund dafür mag gewesen sein, daß die analoge Verstärkertechnik als Verstärkungsfaktor kaum mehr als 104erreichte. Die Anwendung der Beobachtertheorie auf Probleme des Maschinenbaues [34.4] stieß hier auf harte Grenzen, die heute durch die Digitaltechnik überwunden sind. Die Entwicklung der Neuro-Fuzzy-Systeme der neunziger Jahre hat einen weiteren Weg zur modellgestützten Maschinenüberwachung, -diagnose und Lebensenvartungsabschätzung eröffnet. Im nächsten Jahrzent werden diese Methoden zunehmend Anwendung im Maschinenbau finden.
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1.24 1.25 1.26 1.27 1.28 1.29 1.30
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Tagungsberichte Rotordynamik
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1980 2ndConference, Cambridge, UK (461 Seiten) 1984 3'* Conference, York (500 Seiten) 1988 4thConference, Edingburgh (664 Seiten) 1992 5thConference, Bath, UK (609 Seiten) 1996 61hConference, Oxford, UK (788 Seiten) 2000 7'hConference, Nottingham, UK (758 Seiten) MEP-Publications Limited, London Proceedings of the IFToMM-Conferences (Technical Commitee for Rotordynamics) Conference Rome, 1982 Conference Tokyo, 1986 Conference Lyon, 1990 Conference Chicago, 1994 Conference Darmstadt. 1998 Der letzte Band erschien im Vieweg Verlag, Braunschweig, 1998. Alle anderen Bände im Eigenverlag der Organisatoren. Proceedings of the workshops „Rotordynamic Istability, Problems in HighPerformance Turbomachinery", Texas A&M University, College Station, Texas. Die Berichtsbände erschienen als NASA Publikationen mit der Bezeichnung 1980 Proceedings, NASA CP-2133 1982 Proceedings, NASA CP-2250 1984 Proceedings, NASA CP-2338 1985 Proceedings, NASA CP-2409 1986 Proceedings, NASA CP-2443 1988 Proceedings, NASA CP-3026 1990 Proceedings, NASA CP-3122 1993 Proceedings, NASA CP-3239 1993 Proceedings, NASA CP-3344
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Kapitel 31 3 1.1 31.2
VDI-Richtlinie 3841, 1999; Schwingungsüberwachung von Maschinen mit rotierenden Massen - Erforderliche Messungen VDI-Richtlinien 3833 Hinweise zur Messung und Interpretation der Schwingungen von Maschinen, siehe Literatur [33.1]
694
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31.4 31.5
Normen zur Messung und Beurteilung der Lager- und Wellenschwingungen von Maschinen ISO 13371
Vibration condition monitoring of machines
Part 1, 2000
General procedures
Part 2, bald
Processing, analysis and display of data for vibration condition of machines
Absolute Lagerschwingungen (Nur für Abnahmen in Hersteller- oder Werkstattprüffeldern) DIN EN 60034-14, 1997
ISO 8579-2, 1993 ISODIS 10440- 1
ISODIS 10440-2
API 54 1,1995 API 546,1996
Drehende elektrische Maschinen - Teil 14: Mechanische Schwingungen von bestimmten elektrischen Maschinen mit einer Achshöhe von 56 mm und höher - Messung, Bewertung und Grenzwerte der Schwingungen Acceptance code for gears - Part 2: Determination of mechanical vibration of gear units during acceptance testing Petroleum and natural gas industries - Rotary type positive displacement compressors - Part 1: Process compressors (Basiert auf API Standard 619) Petroleum and natural gas industries - Rotary type positive displacement compressors - Part 2: Standard air compressors (Basiert auf API Standard 6 19) Form-wound squirrel-cage induction motors- 250 horsepower and larger Form-wound brushless synchronous motors
(Nur für Messungen am Aufstellungsort und unter Betriebsbedingungen) DIN ISO 10816-1, 1997
Bewertung der Schwingungen von Maschinen durch Messungen an nicht-rotierenden Teilen Teil 1: Allgemeine Anleitungen
Kapitel 31
DIN ISO 10816-2, 1997
DIN ISO 10816-3,1997
DIN ISO 108l6-4,1997
ISO 10816-5, 2000
DIN ISO 108l6-6,1997
DIN ISO 8528-9, 1999 VDI-RL 3832
695
Bewertung der Schwingungen von Maschinen durch Messungen an nicht-rotierenden Teilen Teil 2: Große stationäre Dampfturbinen - Generatorsätze mit Leistungen über 50 MW Bewertung der Schwingungen von Maschinen durch Messungen an nicht-rotierenden Teilen Teil 3: Industrielle Maschinen mit Nennleistungen über 15 kW und Nenndrehzahlen zwischen 120 min ' und 15000 min ' bei Messungen am Aufstellungsort Bewertung der Schwingungen von Maschinen durch Messungen an nicht-rotierenden Teilen Teil 4: Maschinensätze mit Antrieb durch Gasturbinen mit Ausnahme von Flugtriebwerken Evaluation of machine vibration by measurernents on non-rotating parts - Part 5: Machine sets in hydraulic power generating and pumping plants Bewertung der Schwingungen von Maschinen durch Messungen an nicht-rotierenden Teilen Teil 6: Anleitungen für Hubkolbenmaschinen mit Leistungen über 100 kW Stromerzeugungsaggregate mit Hubkolbenverrennungsmotoren - Teil 9: Messung und Bewertung der mechanischen Schwingungen. Wälzlagerüberwachung - noch in Arbeit (2000)
Relative und absolute Wellenschwingungen (Nur für die Abnahmen in Hersteller- oder Werkstattprüffeldern) VDE 0530, Teil 14, 1996
ISO 8579-2, 1993 ISO 10439,1995 ISO/DIS 10440- 1
Umlaufende elektrische Maschinen - Teil 14: Mechanische Schwingungen von bestimmten elektrischen Maschinen mit einer Achshöhe von 56 mm und höher - Messung, Bewertung und Grenzwerte der Schwingungen Acceptance code for gears - Part 2: Determination of mechanical vibration of gear units during acceptance testing Petroleum and natural gas industries - Centrifugal compressors for general service (Basiert auf API Standard 619). Draft Petroleum and natural gas industries - Rotary type positive displacement compressors- Part 1: Process compressors (Basiert auf API Standard 619)
696
Literaturverzeichnis
ISO/DIS 10440-2
API 54 1,1995 API 546,1996 API 61 1,1988 API 612, 1988 API 672, 1988
Petroleum and natural gas industries - Rotary type positive displacement compressors - Part 2: Standard air compressors (Basiert auf API Standard 6 19) Form-wound squirrel-cage induction motors 250 horsepower and larger Form-wound brushless synchronous motors General-Purpose Steam Turbines für Refinery Service Special-Purpose Steam Turbines für Refinery Service Packaged, Integrally Geared Centrifugal Air Compressors for General Refinery Service
(Nur für Messungen am Aufstellungsort und unter Betriebsbedingungen) DIN ISO 7919-1, 1997
DIN ISO 7919-2,1997
DIN ISO 7919-3,1997
DIN ISO 7919-4, 1997
ISO 7919-5, 1997
VDI Richtlinie 2059,
Mechanische Schwingungen von Maschinen mit Ausnahme von Kolbenmaschinen - Messung und Bewertung von Wellenschwingungen - Teil 1: Allgemeine Anleitungen Mechanische Schwingungen von Maschinen mit Ausnahme von Kolbenmaschinen - Messung und Bewertung von Wellenschwingungen - Teil 2: Große stationäre Dampfturbinen-Generatorsätze Mechanische Schwingungen von Maschinen mit Ausnahme von Kolbenmaschinen - Messung und Bewertung von Wellenschwingungen - Teil 3: Gekuppelte industrielle Maschinen Mechanische Schwingungen von Maschinen mit Ausnahme von Kolbenmaschinen - Messung und Bewertung von Wellenschwingungen - Teil 4: Gasturbinensätze Mechanical vibration of non-reciprocating machines - Measurement on rotating shafts and evaluation criteria m - Part 5: Machine sets in hydraulic power generating and pumping plants Wellenschwingungen von Turbosätzen; Grundlagen für die Messung und Beurteilung. Weiterhin gültig: Blatt 1 (1981), Grundlagen Blatt 3 (1985), Industrieturbosätze Blatt 4 (1981), Gasturbosätze
Kapitel 33
697
Kapitel 32 Gasch, R.; Liebich, R.: Orbitkinematik rotierender Wellen - Stör- und Defektkriterien. VDI Bericht 1466, Schwingungstagung 1999, Schwingungsüberwachungen - Diagnose von Maschinen und Anlage, Berlin: VDI-Verlag 1999. Krämer, E.: Maschinendynamik. Berlin: Springer Verlag 1984. Vance, R.: Rotordynamics of Turbomachinery. New York: J. Wiley & Sons 1988. Gasch, R.: A Survey of the Dynamic Behaviour of a Simple Rotating Shaft with a Transverse Crack. Journal of Sound and Vibration, 160(2),pp. 313-332, 1993. Liao, M. F.; Gasch, R.: Crack Detection in Rotating Shafts - An Experimental Study. IMechE Conf. Trans., C4321106, 1992. Weigel, M.: Werkzeuge zur Schwingungsdiagnose an Turbomaschinen. 3. Symposium: Schwingungsdiagnostische Überwachung von Turbosätzen (Schenk-Allianz), Willingen 1995. Gasch, R.: Neuere Kriterien zur Rißidentifiaktion bei rotierenden Wellen. Symposium Maschinenüberwachung (Schenk-Allianz) Sonthofen 1993.
Kapitel 33 33.1
33.2
33.3
VDI-Richtlinie 3839, Hinweise zur Messung und Interpretation der Schwingungen von Maschinen Blatt 1 Allgemeine Grundlagen Blatt 2 Schwingungsbilder aus Unwucht, Montagefehlern, Lagerströmungen etc. Blatt 3 Typische Schwingungsbilder von Dampf-, Gasturbinen und Turboverdichtern Blatt 4 Typische Schwingungsbilder von Ventilatoren und Gebläsen Blatt 5 Typische Schwingungsbilder bei elektrischen Maschinen Blatt 6 Typische Schwingungsbilder in Wasserkraftwerken Blatt 7 Typische Schwingungsbilder bei Pumpen Blatt 8 Typische Schwingungsbilder bei Kolbenmaschinen. Tondl, A.; Springer, H.: Beitrag zur Klassifizierung von Schwingungen und ihren Ursachen. SIRM-Tagung, Kaiserslautern: „Schwingungen in rotierenden Maschinen", pp. 257-267, Hrsg. Nordmann, Irretier, Springer, Vieweg-Verlag 1992. Schenck-Allianz Symposien zur Maschinendiagnostik (Sonthofen 1993, Willingen 1995 ).
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Sachverzeichnis
aerodynamische Dämpfung 524 aerodynamische Steifigkeit 523 Ahnlichkeit, dyarnische 71 f. aktive Magnetlager 359 ff., 375 ff. aktives Hilfssystem 375 ff. Alfordkräfte 512 angerissene Welle 421 ff. Anstreifen des Rotors -hartes 555 ff. - sanftes 537 ff. Anstreiforbits, harte 570 ff antimetrische Steifigkeitsmatrix 90 a-priori-Wissen 661 atmender Riß 424 f. Ausgleichskolben 480 Ausnutzung der Fundamentdämpfung 587 ff. Auswandern der Welle in Resonanz 133 ff. Auswuchten - in drei Läufen 23 ff. - in harten Lagern 18 ff. - in weichen Lagern 23 ff. - ohne Testgewicht I8 ff. - starrer Körper 17 Backword Whirl 566 Baufonnen von Magnetlagem 356 Baugrunddämpfung 600 Baugrunddaten 600 Baugrundeinfluß 599 ff. Baugrundsteifigkeit 600 Baureihen 534 Beobachter 662 - modellgestützt 660 Beschleunigungsaufnehmer 622 Betriebsauswuchten 23 ff. Biegebeanspruchung 50 ff., 108 Biegewechselbeanspruchung 5 1
Blattpassage 656 Blattwurzelmomente 666 f. Bocknachgiebigkeit 576 Bodeneinfluß 599 ff. Breitlagertheorie 3 19 Bulk-Flow-Modell 449 Bulk-Flow-Verfahren 490 Campbell-Diagramm 68 f. CFD-Verfahren 490 Dämpfung 75 ff. 76 ff. - aus Elastomerbettung 120 - aus Fundamenteinfluß 587 ff. - aus Fügung 94 f. - innere 83 ff. -konstruktive 94 f. - optimale 596 Dämpfungseinfluß - auf die Stabilität des 2-Flüglers 413 ff. -bei Wälzlagerung 205 f. Dämpfungskonstanten - von Quetschöldämpfern 3 18 ff. Destabilisierung durch - Spalterregung 5 1 8 - Spaltverluste 5 16 Diagnosehinweise 641 ff. Dichtspalt 444, 446, 480 f. Dichtspalteinfluß 466 ff. Dichtspaltkoeffizienten 457 ff. Dichtungen, berührungslose für Flüssigkeiten 443 ff. Differenzdiagnose 638 f. doppelumlauffrequente Erregung 384 Dreikeillager 245 driftende Rosetten 636 Druckfunktion 220, 224 - äußere
702
Sachverzeichnis
dry fryction whirl 555, 565 ff. Durchdringen der Fundamentdämpfung 589 ff. Earnshaw's Theorem 338 Effektivwertüberwachung 614 Eigenformen 195,203 Elastischer Rotor - in aktiven Magnetlagern 375 ff. Elastomerdämpfung 120, 127 ff. Elastomere 119 elliptische Bahn 106 Erkennung von Instabilitäten 642 Fanglager 555 ff. Fanschaufelverlust 562, 568 ff. Feder- und Dämpfungszahl des Ö1films 228 ff. Fehlerkriterien 642 Floquet-Verfahren 385 Floquet-Verfahren 430 f. Fluiddichtung 443 Flüssigkeitsdichtungen 443 ff. Folgeregler 660 Fourieranalyse 31, 616 f. Fourierspektrum, gestaffeltes 70 Frequenzganganalysator 30 f. full aunular rub 555 ff. Fundamentabstirnmung 582 ff. Fundamentdämpfung 587 ff. Fundamenteinfluß 575 ff. Fundamenttuning 607, 610 f. Fuzzy-System 667
Gleichlauf 105 ff. Gleitgelagerte Rotoren - horizontal 25 1 ff. - vertikal 283 ff. Gleitlagerkoeffizienten 228 ff. Gleitlagertheorie 217 ff. Gondelwhirl-Stabilität 522, 530 ff. Grenzdrehzahl 218, 597,609 - bei innerer Dämpfung und Elastomerbettung 123 ff. - bei innerer Dämpfung und Orthotropie 113 - bei innerer und äußerer Dämpfung 87 ff. - bei Fügedämpfung 95 ff. - gleitgelagerter Rotoren 258, 274 ff. Grenzdrehzahl, siehe auch Stabilität Grenzzykel, großer 642 Gummielemente 119 gyroskopische Glieder 163 ff. Halbraumdämpfungen 600 Halbraumeinfluß 599 ff. Halbraumsteifigkeiten 600 Hängenbleiber 140, 145 Hill-Verfahren 385 Hochabstimmung - des Fundamentes 582 ff. - des Gehäuses 597 f. Hochdruckkompressor 503 Hot Spot 537 f. instabiler Drehzahlbereich orthotropen Welle 388 f., 394 f., 399 f. - des 2-Flüglers 4 12 Instabilität, siehe Stabilität instationäre Resonanzdurchfahrt 138 ff. Interaktion Rotor-Fundament-Halbraum 599 ff. - der
Gasdichtungen 479 482,497 Gegenlauf 105 ff. gegenläufige Erregung 182 Gehäuseeinfluß 575 ff. Gehäuseschwingungen 618 generalisierte Exzentrizitäten 200, 204 generalisierte Massen 196, 203 generalisierte Steifigkeiten 197, 203 generalisierte Unwuchten 199,204 Getriebefehler 652 f. Gewichtsdominanz 428 Gewichtseinfluß 49 f. Gewichtskritische Drehzahl 384 ff. Gewichtsresonanz 394 - Bauformen
Kavitation 3 16 Kavitation 656 f. Kelvin-Modell 83, 92 kinematisches Rückwärtsrollen 563 ff. Kippsegmentlager 246, 295 klaffender Riß 423 f. Kontakt Rotor-Stator 555 ff. Kontaktkraft 558 ff.
Sachverzeichnis Kontinuumsrotor 201 ff., 209 Kreiselmoment 161 Kreiselpumpe 443 Kreiselwirkung 159 ff., 207 ff. Kreislager 239, 258,275 Kreuzschaltung 373, 376 kritische Drehzahl 44 kritische Drehzahlen - bei Mehrscheibenrotoren 198 - beim Kontinuumsrotor 204 - des Gleichlaufs 212 - des Gegenlaufs 213 - Kreiselwirkung 176 ff. - Verschiebung durch Fundamenteinfluß 575 ff. - Verschiebung durch Lagernachgiebig keit 575 ff. kritische Drehzahlen, siehe auch Unwuchtantwort krumme Welle 53 ff. Kurzlager 289 Kurzlagertheorie 229 ff., 3 13 k-&-Modell 492 Labyrinthberührung. sanfte 537 Labyrinthdichtungen 479 ff. Lagerbockerregung 187 Lagergehäuseschwingungen 624 Lagemachgiebigkeit 576 Lagerorthotropie 101 ff. Lagertragkraft, spezifische 5 Laufraddichtung 443 Lavalläufer, dämpfungsfrei 37 ff. Lavalwelle 7, 11 Lebenserwartung 669 Leckage 446,480,487 Leistungsverstärker 364 Lernalgorithmus 66 1 Levitron 357 Lomakinkraft 445 Luftkraftdämpfungen 521 ff. Luftkraftsteifigkeiten 521 ff.
Maschinendiagnose 627 ff. mechatronisches System 365 Mehrscheibenrotor 191 ff. Mindestantriebsmoment 145 modale Behandlung 191 ff. modellgestützte Beobachtung 660 ff. modellgestützte Überwachung 659 ff. Nachgiebigkeit des Ölfilms 240 Navier-Stokes-Gleichungen 447 Neuro-Fuzzy-Logik 665 Neuro-Fuzzy-Modell 66 1 Neuronales Netz 668 Neutronenchopper 357 Normen 613 ff. Ö~filrndäm~fungen 228 ff. Ölfilmsteifigkeiten 228 ff. Orbit gleitgelagerter Rotoren 265 Orbitkinematik 627 ff. Orbits - obenvellenhaltig 633 f. - rosettenartig 635 - mit Bruchteilfrequenzen 635 Orthogonalitätseigenschaften 196 ff., 202 f. orthotrope Lagerung 101 ff. -bei Mehrscheibenrotoren 193 orthotrope Welle 383 Orthotropieparameter 386 Palmgren-Miner Regel 67 1 partial rub 555 ff. passive Magnetlager, radial 333 f., 356 PD-Regler von Magnetlagern 363 permanent-magnetische Lager 333 ff. Permeabilität 344, 339 PID-Regler für Magnetlager 368 Polvorgabe 663 Propeller-Derivativa 526 Quetschöldämpfer 309 ff. 309 ff.
- Bauformen
magnetische Unwucht 654 f. magnetischer Zug 654 magnetisches Dipolmodell 339 ff. Magnetlager, aktiv 359 ff. Magnetlager, passiv 333 ff. Magnetlagerung 5
703
Rainflow-Klassierung 670 f. Reiber 538 Resonanzdurchfahrt -bei schwachem Antrieb 140, 145 - bei starkem Antrieb 139
704
Sachverzeichnis
Resonanzdurchfahrt, beschleunigte 133 ff. Resonanzpassage mit Fanglagerkontakt 557 Resonanzverhalten, siehe auch Unwuchtantwort Restunwuchten, zulässige 31 ff. Reynolds-Differentialgleichung 220 ff. Reynoldsgleichungen 447 Reynoldszahl 445 Richtlinien 613 ff. Riß 421 ff. Rißerkennung 440 Riß-erzwungene Schwingungen 433 ff. Rißmodell 421 ff. Rotating stall 656 f. Rotor, langer und kurzer 179 ff. Rotordynamische Koeffizienten - bei Flüssigkeitsdichtungen 457 ff. - bei Gasdichtungen 499 ff. Rotor-Fundamentinteraktion 580 Scharniermodell 424 Schaufelbruch 149 ff. Schaufelverlust mit Anstreifen 569 Schlag 53 ff. Schlagantwort 56 Schleifmaschine 368 Schubelastizität 207 ff. Schwinggeschwindigkeitssensor 621 Schwingungsaufnehmer 618 ff. Schwingungskinematik 636 Schwingungsmessung 623 f. Schwingungsüberwachung 613 ff. selbsterregte Schwingungen, siehe Stabilität Selbstzentrierung 47, 57 Sensorik 382 Signalanalyse 627 ff. Skalierungsregeln von Magnetlagern 356 Soft-Rubbing 539 Sommerfeldzahl 226 -bezogene 256,274 - umgekehrte 227 Spalterregung 372 - in Turbinen 5 11 ff. Spalterregungskonstante k, 5 18 Spaltkrafte 445 Spektralkarte 70,99 - der Welle mit Riß 439
Spektralshift 637 Spektrum, zweiseitiges 627 ff. spezifische Lagerkräfte permanentmagnetischer Lager 333 Spiral Vibration 538 ff. Spiralen 538 ff., 548 - instabiles 548 f. Spiralperiode 55 1 Squeeze film damper 309 ff. Stabilisierung durch Fundamentdämpfung 597 Stabilisierungsmaßnahmen 97 Stabilität - bei aktiven Magnetlagern 371 -bei Dichtspalteinfluß 469 ff, - der Welle mit Riß 430 ff. - des Gondelwhirls 530 - des vertikalen Rotors in Gleitlagern 291 ff., 306 ff. - des 2-flügligen Propellers 410 ff. - eines Hochdruckkompressors 507 ff. - gleitgelagerter Rotoren 255 ff., 270 ff. - von magnetgelagerten Rotoren 376 Stabilitätserhöhung 641 - durch Baugrundeinfluß 609 Stabilitätsgrenze - des 2-Flüglers 41 1 ff. - luftkraftbedingt 534 Stabilitätsverbesserung - durch Elastomerbettung 123 - durch Magnetlager 371 ff. - durch Orthotropie 110 ff. - durch Quetschöldämpfer 33 1 Stabilitätsverhalten mit innerer und äußerer Dämpfung 87 ff. stall-gesteuerte Windturbine 521 starrer Rotor in Gleitlagern, horizontal 251 ff. stationärer Betrieb 42 stationärer Drehzustand 42 Statorberührung, harte 555 ff. Steifigkeiten von passiven Magnetlagern 345 ff. Störschwingungsursache 641 ff. Strombelagsmodell 344 ff. Stromfrequenzgang 38 1 Strömungsabriß am Rotorblatt 535 Strömungsmodelle in Dichtspalten 445 ff. Stromverstärker 38 1
Sachverzeichnis Tansitionsmatrix 431 thermische Wellenverkrümmung 537 ff. thermisches Gleichgewicht 544 thermo-elastische Bewegungsgleichung 546 Thomaskräfte 5 11 ff. Tiefabstimmung des Fundamentes 582 ff. Tiefabstirnmung des Gehäuses 597 f. Timoschenko-Balken 208 Trendanalyse 638 f. Trendbetrachtung 617 Triebstrang 3 Tuning des Fundaments 607,610 f. Turbogenerator, 2-polig 383 Turbokompressor 552 Turbosatz, drehschwingungsfähig 659, 664 überkritischer Betrieb 10 ff. Über~chwin~beiwerte bei Schaufelverlust 156 Überwachung 613 ff. Unrunde Welle 383 ff. - in Gleitlagern 403 ff. - in orthotropen Lagern 397 ff. unterkritischer Betrieb 10 ff. Unwucht- und Rißantwort 439 Unwucht, plötzliche 149 ff. Unwuchtantwort -bei Mehrscheibenrotoren 198 ff. - beim Kontinuumsrotor 204 - des gleitgelagerten Rotors 260 ff., 277 ff. - des Rotors mit Quetschöldämpfer 324 ff. - des vertikalen, gleitgelagerten Rotors 286 ff., 298 ff. - des 2-Flüglers 414 ff. - ungedämpfte 43 ff., 61 ff. unwuchterzwungene Schwingungen - bei Kreiseleffekten 174 ff. - von Rotor und Fundament 583 Unwuchtkompensation, aktiv 370 Unwuchtursachen 18 Ursachen von Störschwingungen 643 Ursachen von - Bruchteilfrequenzen 648
- I 1!2 Orbits 643 ff. - nL2 Orbits 646 ff.
+
Verlustfaktor 120 vertikaler, elastischer Rotor 296 Vertikalmaschine 283 Vielscheibenrotor 208 visko-elastisches Verhalten 83 Vorkrümmung der Welle 53 ff. Wälzlagerfehler 649 ff. Wegsensor 620 Welle mit Riß 42 1 ff. Wellenschwingungen 618,624 f. Wellenstrang 3 Werkzeugmaschinenspindel in aktiven Magnetlagern 359 Whirlstabilität 522, 532 f. Windturbine 665 Wirbelstromaufnehmer 620 Wuchtmeßtechnik 29 Zahnfehler 653 zeitabhängige Steifigkeit 426 Zeittafel 15 zeitvariante Systeme 397 Zeitvarianz 383 Zitronenlager 244,258, 276 Zustandsebenendarstellung 662 Zustandsüberwachung 6 13 ff. zweiflügliger Propeller 405 ff. zweiseitige Fourieranalyse 627 ff.
705