K L E I N E B I B L I O T H E K D E S
WISSENS
LUX-LESEBOGEN NATUR -UND K U L T U R K U N D L I C H E HEFTE
FRED DIET...
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K L E I N E B I B L I O T H E K D E S
WISSENS
LUX-LESEBOGEN NATUR -UND K U L T U R K U N D L I C H E HEFTE
FRED DIETRICH
SCHIFFE IM HAFEN TOM F E U E R S C H I F F BIS ZUR W E R F T
VERLAG
SEBASTIAN
MURNAU•MÜNCHEN •
LUX
INNSBRUCK-BASEL
Feuerschiff und läutende See
N ach langer Fahrt auf hoher See ist es wieder so weit. Der schmale Streifen am Horizont wird größer, bald kann man den Leuchtturm erkennen. Die Küste ist nahe. Viele nehmen an, das Fahren im Angesicht oder in der Nähe des „sicheren" Landes sei viel einfacher als eine Reise über den Ozean. Das Gegenteil ist der Fall. Irrt man sich in der Standortbestimmung auf hoher See um zwei Seemeilen, so ist das im allgemeinen nicht schlimm, man kann den Fehler auf der Weiterfahrt korrigieren. In der Nähe der vielfach unregelmäßig gegliederten Küste mit ihren vorgelagerten Untiefen und Felsen, die vielleicht nur bei niedrigem Wasser sichtbar sind, können Fehler um einige Meter schon zum Verhängnis werden. Die Gezeiten — Ebbe und Flut — und die Veränderungen auf dem Meeresgrund durch Wind oder Strömung spielen hier eine große Rolle, und der Schiffer muß mit schlafwandlerischer Sicherheit alle ihm zur Verfügung stehenden Mittel schnell einsetzen und die Ergebnisse richtig verwerten. Je näher das Schiff dem Hafen kommt, desto enger, flacher und gewundener werden die befahrenen Wege und um so stärker wird der allgemeine Verkehr. Deswegen sind in den Küstengewässern wie auf unseren Straßen Verkehrszeichen errichtet worden, die 2
das Fahrwasser genau bezeichnen. Die ersten Markierüngszeichen auf der Anfahrt zum Hafen sind von See her das Feuerschiff oder die Ansteuerungstonne. Weit draußen vor der Küste ist das knallrot gestrichene Feuerschiff verankert. Auf seinem Turmmast brennt ein weithin sichtbares Leuchtfeuer, die wenigen Männer an Bord bedienen -die Nebelsirene, die Funk- und Unterwasserschallgeräte oder setzen Signalkörper an die Masten. Als Ansteuerungstonnen werden Leucht-, Heul-, Glocken- oder große Bakentonnen verwendet. Ihre Farben sind rot, schwarz oder rot-schwarz gestreift. Die Leuchttonnen senden selbständig ein bestimmtes Lichtzeichen aus; sie sind mit Gas gefüllt, das der Lampe als Brennstoff dient. Der Gasvorrat braucht nur alle drei bis vier Monate erneuert zu werden. Das Heulen in den Heultonnen besorgt der Wellengang, der Ton ist weithin zu hören. Auch die Glocken der Glockentonnen werden vom Seegang in Bewegung gesetzt. Die See läutet... Hat das Schiff die Ansteuerungstonne oder das Feuerschiff passiert, so kann es kaum noch vom Wege abkommen, denn das Fahrwasser ist jetzt auf beiden Seiten durch farbige Tonnen, Stahl- oder Holzpfahlgruppen, Stangenseezeichen oder auch Landmarken deutlich gekennzeichnet. In den Seekarten sind die Seezeichen genau eingetragen und nach ihrer Form leicht zu erkennen. Da die Tonnen auf der Karte in einem zu großen Maßstab abgebildet sind, bezeichnet ein kleiner Kreis ihre genaue Lage.
Die Küste, die Strommündung ist erreicht. Am Ufer lockt leuchtend das warme Grün von Büschen und Bäumen. In verträumten Buchten liegen bunte Boote. Vor weißen Häusern werden Netze geflickt, und der Duft von Blumen und Blüten vermischt sich mit dem Geruch des Seetangs, der Fische und unbekannter Speisen. Nach dem langen Seetörn geht die Fahrt jetzt viel zu langsam für den Fahrensmann. Endlich! Kahle, graue Häuser, Schornsteine, hohe Werftgerüste tauchen in der Ferne auf, ein Wald von Kränen und Masten — und über allem schwebt eine Wolke von Dunst und Ruß. Dahinter liegt die Stadt, in der man nicht müßig sein kann, denn ihr Tempo reißt unerbittlich mit. Trotz Dunst und Staub ist die Luft würzig, und der Seewind gibt den Menschen Spannung und Kraft. 3
Träume und Wünsche begleiten den Seemann an Land. Er sieht alles anders als die Menschen, die im Hafen arbeiten und wohnen und an den vielen Wundern achtlos vorbeigehen. Ihnen bringt er einen Hauch aus der Ferne mit, der irgendwo in einem Laden, einer Stube oder in einer rauchigen Kneipe zurückbleibt, wenn nach Tagen das Schiff wieder in See geht. Träume und Begegnungen sind flüchtig. Das ewige Kommen und Gehen, Abenteuer und Arbeit, die große Wirklichkeit geben dem Hafen viele Gesichter. Wir wollen heute nur eines betrachten: das Gesieht der Technik.
Wasser hat keine Balken Früher war der Reeder gleichzeitig Kaufmann. Seine Kapitäne beförderten auf seinen Schiffen seine eigenen Waren, verkauften in seinem Auftrag die Ladung oder handelten irgendwo draußen Elefantenzähne gegen Glaskugeln ein. Nach und nach entwickelte sich ein selbständiger Berufszweig. Der Reeder wurde selber Kapitän und brachte nun die Güter eines anderen Kaufmanns oder auch zahlende Fahrgäste über See. Schließlich weiteten sich Handel, Verkehr und Technisierung derart aus, daß die Kosten für einen einzelnen zu groß wurden. Es entstanden in vielen Fällen Schifffahrts-Gesellschaften, Reedereien. Heute muß man vor allem zwischen Linien- und Trampschifffahrt unterscheiden. Aber es gibt auch Reedereien, die sich mit Fischerei, Walfang oder dem Schleppdienst beschäftigen. Die Linienfahrt setzt ihre Schiffe nach einem festen Plan ein. Diese Schiffe kommen an bestimmten Tagen und zu bestimmten Stunden regelmäßig in den vorgesehenen Häfen an und verlassen sie wieder mit größter Pünktlichkeit. Kaufmann und Fahrgast können sich auf den Fahrplan einrichten; denn gleichgültig ob das Schiff genügend Ladung oder Fahrgäste hat oder nicht — es geht zu dem vorgesehenen Zeitpunkt in See. Das ist das Risiko für den Reeder, aber es werden natürlich nur solche Linien eingerichtet, die genügend Verkehr versprechen. Trotzdem ist das Wagnis im Reedereigeschäft immer ziemlich groß. Das Anlagevermögen schwimmt ja zum größten Teil auf dem Wasser herum, und Wasser hat keine Balken. Anders geht es bei der Trampschiffahrt zu. Sie kennt keinen festen Fahrplan. Sie nimmt Ladung an, wo sie geboten wird. Trampschiffe sind manchmal zwei Jahre unterwegs — von Ham4
Seezeichen — Verkehrszeichen im Wasser Bakentonne Leuchttonne Spierentonne Spitztonne Wracktonne, sie wird nördlich eines Wracks angebracht F Bake, fest im Meeresgrund stehendes Orientierungszeichen
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bürg nach Alexandrien, von dort, immer wieder Ladung aufnehmend oder abliefernd, nach Bombay, nach Japan, Südafrika, Süd- und Nordamerika und schließlich über Norwegen nach Hause zurück. Solche Fahrten sind keine Seltenheit. Für junge, unverheiratete Seeleute ist das reizvoll, die älteren Jahrgänge aber streben mehr zur Linienfahrt, bei der die Fahrzeiten kürzer sind.
Was zu einem Hafen gehört Obgleich alle Häfen nach Bestimmung und Lage ihren eigenen Charakter haben — das macht das Erlebnis der verschiedenen H ä fen so reizvoll —, müssen sie doch einige Vorbedingungen erfüllen, wenn sie ihrem Auftrag, Knotenpunkte von Seefahrt, Handel und Verkehr zu sein, nachkommen wollen. Die Wasserstraßen und Hafenbecken müssen genügend tief und breit sein, und sie müssen Schutz vor Wind und See bieten; es müssen moderne Werften für Reparaturen zur Verfügung stehen und Anlagen für den schnellen Güterumschlag, wenn ein Seehafen aufblühen soll. Ein Hafen ist um so bedeutender, je mehr er Handel und Schiffahrt an sich zieht. Dieses Ziel erreicht er dadurch, daß die Schiffe sicher, schnell und deswegen billig abgefertigt werden können. Jedes einlaufende, dem Erwerb dienende Schiff, hat näm5
lieh ein Hafengeld zu zahlen, dessen Höhe sich nach seinem Nettoregistergehalt richtet. Außerdem werden für die Benutzung der Kais und den Güterumschlag — das Ausladen, Umladen, Lagern und Einladen — Gebühren erhoben. Die Auslagen wachsen, je länger das Schiff den Hafen benutzen muß. Ein Hafen soll jederzeit, unabhängig von der Jahres- oder Tageszeit, möglichst bequem von der offenen See her erreichbar sein. Das ist nicht überall der Fall. Es gibt Gebiete, in denen der Unterschied zwischen dem Hoch- und Niedrigwasser, der sogenannte Tidenunterschied, so groß ist, daß die anliegenden Häfen nur bei Hochwasser angelaufen werden können. Da durch Ebbe und Flut Tidenunterschiede von acht Metern und mehr auftreten können, wird der Umschlag am Kai sehr erschwert. Viele Häfen schalten diese Schwierigkeiten durch Schleusen aus, aber dadurch wird der freie Verkehr gehemmt, jede Schleuse kann ja nur eine bestimmte Anzahl von Schiffen aufnehmen. Die anderen müssen warten. Besonders begünstigt sind die Häfen an den Mündungen der großen Flüsse, wo die Binnen- und Seeschiffahrt zusammenstoßen, z. B. Hamburg im Eibmündungsgebiet, Rotterdam an der Rheinmündung oder Schanghai an der Mündung des Jangtsekiang. Hier können die Waren aus dem Binnenland zum Teil mit Schuten, kleinen Fahrzeugen von geringem Tiefgang, über die Wasserwege herangebracht werden. In wirtschaftlich und industriell aufgeschlossenen Gebieten, die über ein gut ausgebautes Verkehrsnetz verfügen, erfolgt der Zubringerdienst zugleich mit Lastkraftwagen, Eisenbahn oder mit dem Flugzeug, und im idealen Falle vereinigen sich alle Möglichkeiten. Es gibt Häfen für Massengüter, das sind Kohlen, Erze, Düngemittel, Schwefelkies, Steine u. a.; für Stückgüter, das sind einzelne Frachtstücke, wie Kisten, Säcke, Maschinen; es gibt ö l - , Fischerei-, Frucht-, Passagier-, Binnenschiff- und Schlepperhäfen. Sind sie alle an einem Ort zusammengefaßt, wie etwa in Bremen oder Hamburg, so spricht man von Universalhäfen. Sie brauchen heute ein zehn bis zwölf Meter tiefes Fahrwasser, das immer wieder von Saug-, Eimer- öder Greiferbaggern ausgebaggert werden muß und von Seeschiffen auch ohne Schlepperhilfe befahrbar sein sollte. Die Hafenbecken müssen so breit sein, daß große Schiffe auch noch passieren können, wenn schon andere am Kai oder im Strome liegen. Ein Vorhafen zum Wenden der Schiffe und lange Uferstrecken, an denen die Ladung umgeschlagen wird, sind unbedingt notwendig. Der Hamburger Hafen zum Beispiel verfügt 6
über 288 Kilometer Uferstrecken, 66 Kilometer Kaimauern und 50 Kilometer Dalbenreihen — Stahl- oder Holzpfahlgruppen —, an denen Schiffe festgemacht werden können. Sind nicht genügend lange Uferstrecken vorhanden, so muß man zu Behelfslösungen greifen wie in New York. Dort waren die Ufer für den modernen Verkehr nicht vorhanden, und deshalb hat man hier Kaizüngen weit in das Wasser hinaus gebaut und so Platz für etwa dreitausend Anlegeplätze geschaffen. Für den Fahrgastverkehr braucht ein Universalhafen auch Landebrücken und Passagierbahnhöfe. Der größte Fahrgasthafen Europas ist Le Havre an der Seinemündung, von wo die meisten Schiffe nach Amerika ausfahren.
Schnelligkeit ist Trumpf Die Haupttätigkeit in jedem Hafen aber sind Umschlag und Lagerung von Handelsgütern. Deswegen ist es seine Aufgabe, alle Anlagen für Umschlag, Lagerung und Güterverkehr bereitzustellen; das sind Kaianlagen mit Schuppen, Kränen, Gleisen und Straßen, Kühlhäuser, Silos und vielstöckige Speicher am seetiefen Wasser. Im Hafenbild wetteifern mit den Masten und Aufbauten der Schiffe die Hochgerüste der Kräne, die dem schnellen Laden und Entladen dienen. Bis zu fünfundzwanzig Meter greifen die stählernen Arme der beweglichen Kaikräne aus und heben mit Leichtigkeit bis zu fünf Tonnen. Die ortsfesten Schwerlastkräne heben in ihren stärksten Vertretern über zweihundert Tonnen mit einem einzigen Zugriff, das ist das Gewicht von zwei modernen Schnellzuglokomotiven. Nicht minder kräftige Riesen sind die Schwimmkräne, die auf Schiffe montiert sind. Der Schwimmkran nimmt das Schwergut am Kai auf, setzt es auf das eigene Deck und fährt mit eigener Kraft zum Seeschiff, um es schließlich diesem zu übergeben; oder er schafft auf die gleiche Weise Güter vom Schiff an Land. Außerdem spielen für den schnellen Umschlag schwimmende Getreide- und Kohlenheber, Becherwerke und Verladebrücken eine große Rolle. All diese Einrichtungen werden an Land ergänzt durch Elektrokarren, Schuppenkräne, Förderbänder, Rohrleitungen und andere Schnellbeförderungsmittel, um die Abfertigung eines Schiffes zu beschleunigen und dadurch nicht nur Zeit sondern auch teure Gebühren einzusparen. Dank dieser technischen Einrichtungen können heute zehntausend Tonnen Kohlen — das ist die Ladung von fünfhundert Güterwagen — in eineinhalb Tagen umgeschlagen werden. Ein Bananenschiff mit siebzigtausend Büscheln oder ein Schiff mit zehn-
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tausend Tonnen Getreide braucht etwas mehr als einen halben Tag. Zweihundertvierzig Automobile werden in siebeneinhalb Stunden aus- oder eingeladen. Die Verkehrsverbindungen mit dem Hinterland und innerhalb des Hafens sind sehr wichtig, und es gibt in den Seehäfen viele Bahnhöfe und Verschiebeanlagen, die so durchdacht angelegt sind, daß sie viel zu einem schnellen Umschlag beitragen können. Der Schiffsführung wird jede nur erdenkliche Hilfe gewährt. Am Kai wird die Telefonverbindung vom Schiff in das Ortsnetz hergestellt, und viele Häfen, wie Hamburg, Bremen, Bremerhaven, Kiel und Cuxhaven, sind mit festen UKW-Sprechfunkanlagen ausgerüstet, an die sich jedes Schiff anschließen kann. Über den UKW-Hafenfunk kann man mit allen Fahrzeugen in Küstennähe und auf den Binnenwasserstraßen sprechen, sofern sie ein UKW-Sende- und Empfangsgerät an Bord haben. Der Gesprächspartner ist genauso gut zu verstehen wie bei einem Ortsgespräch. Manche Häfen sind auch mit Radarstationen versehen, damit der Schiffsverkehr auch bei schlechter Sicht beobachtet und gesteuert werden kann. Stets sind auch Anlagen vorhanden, die der Überholung, Instandsetzung, dem Umbau oder Neubau der Schiffe dienen. So finden sich in allen großen Häfen Werften mit Hellingen, Trockendocks und Schwimmdocks.
80000 leben vom Hafen Wem gehören nun diese Anlagen, von wem und wie werden sie betrieben? Wir wollen die Frage am Beispiel Hamburgs beantworten, das schon seit dem 9. Jahrhundert Hafenplatz ist und heute als Deutschlands größter Hafen Mitteleuropa und Nordeuropa als Tor zur Welt dient. Der Hafen mit seinen 58 Hafenbecken und Anlagen ist Eigentum des Hamburger Staates. Die staatliche Hafenverwaltung baut die Docks, Kais, Straßen, Brücken und Gleise. Ihr gehört die Hafenbahn; die Bundesbahn ist gleichsam nur ihr Fuhrmann. Der Hamburgische Staat trägt alle Lasten des Aufbaus und der Unterhaltung des Hafens. Er ist Herr im eigenen Hause. Daraus ergibt sich eine einheitliche Hafengebühr, alle notwendigen Arbeiten und Maßnahmen können planvoll von einer Stelle aus geleitet werden. Die Kaianlagen sind an eine Hafen- und Lagerhausgesellschaft verpachtet, einzelne Schuppen und Kais auch an private Lagerhäuser und Reeder. Ähnlich ist es auch in manchen anderen Häfen Europas. 8
Getreide wird mit Hilfe von -beweglichen Saugrohren (A) und-einer Pumpe (C, D) aus dem Schiffsladerau*n in das Verladerohr (E, mit Waage) und dann in einen Transportkahn entladen. Die Seele des ganzen Hafenbetriebes aber ist der Mensch. Von seiner Arbeitskraft hängt letzten Endes alles ab. Wenn die Kaiarbeiter die Arbeit niederlegen, nützen die schönsten und modernsten Maschinen nichts. In den Karteien der Verwaltung sind zahlreiche Berufe eingetragen: Ewerführer, sie betreiben mit Ewern, kleinen Fahrzeugen, das Transportgeschäft im Hafen; Kessel- und Schiffsreiniger; Schauerleute, das sind Hafenarbeiter, die das Laden und Löschen (Entladen) der Schiffe ausführen; Kranführer, Festmacher, Kornausstecher, Wäger und Messer, Kai-, Speicher- und Lagerarbeiter, Ladungskontrolleure und viele unbeständig Beschäftigte. Da der Schiffsmeldedienst stündlich alle Hafenbehörden von den Schiffsbewegungen unterrichtet, weiß man sofort, wer und an welcher Stelle im Augenblick er gebraucht wird. Die Arbeiter kommen mit Barkassen, über Brücken oder durch den Eibtunnel zu den Hafenbecken. In seinen Umschlag- und Lagerbetrieben, den Werften und in der Freihafenindustrie gibt der Hamburger Hafen unmittelbar rund achtzigtausend Menschen Arbeit und Brot. Mittelbar ist die Hälfte der berufstätigen Bevölkerung Hamburgs mit seinem Hafen verbunden.
Ohne Zoll in den Freihafen Freie Häfen, in denen kein Zoll erhoben wird, gibt es heute kaum noch. Da alle Staaten ihre Wirtschaft durch Schutzzölle sichern, 9
sind Ausfuhr und Einfuhr von Gütern ohne Zollgebühren und ohne Formalitäten noch nicht möglich. Es hat sich aber gezeigt, daß der moderne Verkehr Möglichkeiten verlangt, Waren zollfrei in den Hafen zu bringen, sie dort zollfrei zu lagern und unter Umständen auch zu verarbeiten. Deshalb ist, wie in vielen anderen Häfen, auch in Hamburg innerhalb des Hafengebietes eine Freizone eingerichtet worden, der sogenannte Freihafen. Hamburg hat einen der ältesten und größten Freihäfen der Welt. Er ist durch hohe Gitter zollsicher von dem übrigen Hafengebiet abgetrennt, und man kann ihn nur an einer der zahlreichen Zollkontrollstellen betreten oder verlassen. Schiffe, die aus dem Ausland kommen und hier landen, werden von der Zollbehörde nicht kontrolliert, ihre Abfertigung geht deshalb schneller vonstatten; der Kaufmann kann seine Einfuhrgüter hier ausladen und lagern, ohne vorher Zoll zahlen zu müssen. Der Zoll ist ihm jedoch keineswegs erlassen. Die Zollgebühren werden fällig, wenn die Waren umgepackt, veredelt, überprüft oder sortiert nach ihrer Lagerung aus dem Freihafen in das Zollinland weitertransportiert werden. Die Lagerfrist ist nicht begrenzt, und so kann der Kaufmann zum Beispiel seinen Tabak bequem nach Bedarf abrufen und braucht nur für die jeweilige Teilmenge den Zoll zu entrichten, den er über die Freihafengrenze ins Binnenland bringt. Der Vorteil des Freihafens besteht also darin, daß der Einfuhrkaufmann nicht sofort die oft sehr hohe Zollsumme für die ganze Schiffsladung zu bezahlen braucht. Große Bedeutung hat der Freihafen auch für den Seedurchgangsverkehr — den Seetransitverkehr —, also zum Beispiel für eine aus Amerika kommende Fracht, die in Hamburg vom Seeschiff in ein nach Schweden weiterlaufendes Küstenschiff umgeladen wird. Auch dieses Umladen erfolgt im Freihafengelände, die deutschen Zollgrenzen werden dabei nicht überschritten, und deshalb brauchen auch keine Zollgebühren entrichtet zu werden. So verleiht die Freizone dem Seehafen eine zusätzliche Anziehungskraft. Auch im Freihafen gibt es Werften, Kühlhäuser, vielgeschossige Speicher, Silos, Fischhallen und Lagertanks; daneben auch eine vielseitige Freihafenindustrie. Sie verarbeitet die von Übersee kommenden noch unverzollten Rohstoffe zu Halb- und Fertigwaren und führt sie entweder ohne Zoll in andere Länder aus oder mit Zoll auf den deutschen Markt. So wird im Freihafen Rohöl raffiniert, das heißt zu Gasolin, Benzin, Petroleum, Dieselöl, Schmierölen, Asphalt aufbereitet; Fruchtsäfte, Drogen, Spirituosen, Lacke und Farben werden in zum Teil großen Fabrikanlagen hergestellt. 10
Manni Hesse
Digital unterschrieben von Manni Hesse DN: cn=Manni Hesse, c=DE Datum: 2006.12.23 11:11:08 +01'00'
Außerdem werden Handelsgüter bearbeitet, frisch sortiert, gereinigt oder umgepackt. Es ist ein regelrechtes Industriezentrum im Herzen des Hafens.
Der schnelle Hafen In Hamburg beträgt der Tidenunterschied nur etwa zwei Meter. Man braucht keine Schleusen. Die Schiffe können also jederzeit ohne Behinderung einlaufen. Schon weit draußen vor der Küste, beim ersten Feuerschiff, beginnt das Zusammenarbeiten von Schiffsführung und Hafendirektion. Dem Feuerschiff muß der Kapitän durch Flaggensignale oder durch Blinkzeichen des Scheinwerfers Namen und Nationalität mitteilen. Das Feuerschiff spricht die Meldung funktelefonisch zum Schiffsmeldedienst in Cuxhaven an der Eibmündung durch, und sie gibt die Nachricht sofort an die Zentrale in Hamburg weiter. Von hier aus wird die Ankunft des Schiffes allen interessierten Stellen gleichzeitig angekündigt. Hafendirektion, Hafenkapitän, Hafenarzt, Hafenlotsen, Steuerbehörde, Zoll, Wasserschutzpolizei, Paßkontrolle, Reederei, Schiffsmakler, Stauereifirma, Schlepper und die Hafen- und Lagerhausgesellschaft müssen neben vielen anderen genau informiert sein. Damit das Schiff seinen Weg sicher in die Eibmündung findet, geht bereits auf der Höhe des Feuerschiffes der Seelotse an Bord. Auf der Elbe selber wird er durch den sogenannten Böschlotsen, den Eiblotsen, abgelöst. Der Lotse ist aber nicht nur Wegweiser, sondern er achtet auch darauf, daß die Vorschriften zum Schutz gegen die Einschleppung von ansteckenden Krankheiten und die Zollvorschriften eingehalten werden. Seine Anwesenheit an Bord wird dem Zollwachtschiff durch eine weiß-blaue Flagge angezeigt. Ist die Flagge gesetzt, so wird das Schiff vom Zoll nicht mehr aufgehalten und kontrolliert. Bevor das Schiff sich im Hafen befindet, dürfen keine Waren ausgeladen werden, und niemand darf von Bord gehen. Der Kapitän wird durch den Lotsen jedoch nicht von seiner Verantwortung für die Schiffsführung enthoben, aber da der Lotse das Fahrwasser ganz genau kennt — er ist ja auf der Elbe zuhause —, bedient sich jeder Schiffer seiner Hilfe. Er wird nach dem Tiefgang des geloteten Schiffes und nach dessen Nettoraumgehalt bezahlt. Kurz vor dem Hafen wird der Elblotse vom Hafenlotsen abgelöst, der das Schiff je nach seiner Ladung und der ihm erteilten Weisung 11
in ein bestimmtes Hafenbecken führt. Dabei wird es gewendet. Große Schiffe haben einen großen Drehkreis. In verhältnismäßig engen Gewässern brauchen sie daher Schlepperhilfe. Rund neunzehntausend Seeschiffe aller Größen laufen jährlich den Hafen Hamburg an. In jedem Monat finden allein in den Liniendiensten über siebenhundert Abfahrten statt. Es ist also nicht verwunderlich, daß der Hafen über viele Schlepperreedereien verfügt, die mit über dreihundert Schleppern ihren Dienst versehen. Sie liegen Tag und Nacht auf Abruf bereit, um den Seeschiffen Hilfsdienste zu leisten. Sie nehmen von Bord Leinen über und schleppen das Schiff an den vorgesehenen Liegeplatz oder ins offene Fahrwasser, während andere Schlepper mit ihrem gepolsterten Bug schiebend nachhelfen. Für ein Seeschiff von 10 000 BRT werden vier Schlepper gebraucht. Das Seeschiff selber beteiligt sich an den Manövern nicht. Allerdings läßt es seine Schrauben meist langsam mitlaufen, um im Ernstfall selbst steuern zu können. Schiff und Schlepper verständigen sich mit Hilfe der Dampfpfeife. So bedeutet zum Beispiel das Signal „kurz — kurz — kurz", daß der Schlepper rückwärts ausschleppen soll. Die Drehung des Seeschiffes im Vorhafen wird durchgeführt, damit es später gleich mit dem Bug voran wieder aus dem Hafenbecken auslaufen kann. Selbstverständlich ist auf Grund der Ankunftsmeldung für das Schiff ein Platz am Kai freigehalten worden. Das hat inzwischen der Makler und Vertrauensmann des Reeders veranlaßt. Er hat auch bereits" die Festmacher benachrichtigt, die mit einer kleinen Barkasse die Leinen des Schiffes an Land nehmen und deren „Augen", die Schlingen, über die Boller, die Befestigungspfosten, legen. Dann verholt sich das Schiff mit der Kraft seiner eigenen Winden ganz an den Kai und wird fest vertäut. Dazu sind vier, sechs, acht oder mehr Leinen nötig. Rattenteller verhindern, daß Ratten und Mäuse an Bord kommen. Hölzerne „Streichpfähle" schützen Kaianlagen und Schiff vor Beschädigungen, die leicht möglich sind, denn das Schiff hat eine ungeheuere Massenwirkung. Alle Schiffe werden von der Ankunft bis zum Verlassen des Hafens von der Gesundheitsbehörde überwacht. „Quarantäneschiffe", Schiffe mit ansteckenden Krankheiten an Bord, setzen die gelbe Flagge. Bei ihnen findet die ärztliche Untersuchung bereits in Cuxhafen an der Elbemündung statt. Wenn es nötig ist, werden die Kranken in ein Krankenhaus überwiesen. Diese Schiffe dürfen ihre Reise nach Hamburg nur mit Genehmigung des hafenärztlichen Dienstes fortsetzen, sonst erhalten sie Hafensperre. 12
Oben: Luke mit Abdeckung aus Aluminium — Unten: Blick durch die Luke in den Laderaum eines Seeschiffes.
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Die anderen Schiffe werden an ihrem Liegeplatz untersucht und schließlich vom Hafenarzt freigegeben. Aber noch andere Formalitäten sind zu erledigen. Die Beamten von Zoll und Wasserschutzpolizei sind inzwischen an Bord gekommen. Der Kapitän überreicht eine Besatzungsliste; bevor die Abfertigungsbescheinigung sich nicht in seinen Händen befindet, darf niemand an Land gehen. Der Kapitän erhält diese Bescheinigung, wenn das Schiff nach blinden Passagieren durchsucht ist und wenn die üblichen Paß- und Devisenkontrollen erledigt sind. Alles geht jedoch möglichst schnell vor sich. Fahrgastschiffe werden schon auf der Elbefahrt abgefertigt, und die Fahrgäste können sofort von Bord, wenn ihr Schiff an der Uberseebrücke festgemacht hat. Sie haben aber auch Gelegenheit, schon an der Eibmündung in Cuxhaven auszusteigen und dort die Schnellzüge zu benutzen. Die ausländischen Besatzungsmitglieder erhalten, um an Land gehen zu können, gebührenfreie Landgangsausweise als Paßersatz. Soll die Besatzung ergänzt werden, so wendet sich die Schiffsführung an das Arbeitsamt.
Ein Schiff wird gelöscht Unser Frachtschiff liegt am Stückgutkai. Wir sehen den Schiffsausrüster oder Waterclerk des Schiffsmaklers das Gangway, den Laufsteg, heraufkommen, um die wichtigsten Fragen über das Löschen der Ladung zu klären und Bestellungen für den Eigenbedarf des Schiffes: Geräte, Trossen, Anker, Verpflegung usw., aufzunehmen. Dann gehen wir erst einmal an Land, um uns dort etwas umzusehen. Wir stehen vor einem der „Schuppen" auf dem Kai, aber diese Schuppen sind keine Schuppen im landläufigen Sinne, sondern modern gebaute riesige Lagerhallen. Bei unserem Schiff werden die Güter gleich nach zwei Seiten entladen. Ein Teil wird mit Hilfe des schiffseigenen Ladegerätes nach der Wasserseite hin befördert, wo ein Ewer längsseits liegt und die Ladung aufnimmt. Der Ewer wird sie in die großen Speicher fahren, die in der „Speicherstadt" direkt am Wasser stehen. Der größte Teil des Handelsgutes aber wird mit Hilfe der Kaikräne aus den Ladeluken direkt an Land gebracht. Im modernen Frachtverkehr wird die Ware vom Seeschiff fast nie unmittelbar an den Empfänger geliefert. Vielmehr kommt sie zunächst einmal in den Verwahr der Schuppen und Speicher, wo sie vor dem Weitertransport in geschützten Räumen lagert und wo die oft ungeordnet aus dem Seeschiff gelöschte Ladung sortiert werden kann. Man kann deshalb den Schuppen auch als den großen Sor14
tiertisch des Hafens bezeichnen. Dann erst werden die Waren mit Lastkraftwagen oder mit der Eisenbahn weiterbefördert. Drei Tage Lagerung sind gebührenfrei. Auch die aus dem Binnenland eintreffenden Ausfuhrgüter werden in den Kaischuppen sortiert, das heißt, nach den Schiffen aufgeteilt, für die sie bestimmt sind. Die modernen Schuppen sind Stahlbetonbauten und haben eine Länge von etwa vierhundert Metern und eine Breite von fünfzig Metern. In der Mitte des Schuppens erhebt sich das viel höhere Verwaltungsgebäude, in dem sich die Diensträume des Schuppenvorstehers, die Aufenthaltsräume, Waschanlagen, Brausen und Toiletten für Personal und Kaiarbeiter, die Wohnungen für das Schuppenpersonal und die Büros der Schiffsmakler und Landungskontrollfirmen befinden. Der Schuppen wird durch das Verwaltungsgebäude in zwei Teile geteilt, jeder Schuppenteil von etwa zweihundert Meter Länge kann die gesamte Ladung eines Seeschiffes bequem aufnehmen. Da der Boden im Hamburger Hafen nachgiebig ist und sich unter dem Druck der großen Lasten senken kann, besteht der Fußboden der Schuppen aus Holzbohlen, die die Setzung des Untergrundes mitmachen. Wird sie zu groß, so muß die Fußbodenebene durch Aufschüttung mit Sand neu gerichtet werden. Auch die Rampen für die Schuppen sind aus dem gleichen Grund aus Holz hergestellt. Bei den neuen, modernen Schuppen des Hafens ist der Eisenbahn- und Lastwagenverkehr ganz voneinander getrennt worden. Das mußte geschehen, weil nach dem Krieg die Güter in immer stärkerem Maße von Lastkraftwagen transportiert werden. Eisenbahn und Kraftwagen zur gleichen Zeit am Kai würden sich gegenseitig behindern und den Umschlag verlangsamen. Dazu kommt, daß die Schiffe immer größer werden, daß dementsprechend auch die Gütermenge größer wird, die auf einem bestimmten Abschnitt des Kais entladen werden muß. Die Schuppen sind sehr hell, damit die Handelsgüter übersichtlich gestapelt und aufgeteilt werden können. Zur Schuppeneinrichtung gehören Feuerlöscher, Krankenbahren, Rettungsringe, Feuermelder, öffentliche Fernsprecher, voll- und halbautomatische Schnellwaagen und ein richtiges Transformatorenhaus; nicht zuletzt steht auf der Liste auch eine Katze, die Ratten und Mäuse vertilgt. Für die Beförderung der Güter in den Schuppen sind kleinere Elektroschlepper, wie wir sie von den Großstadtbahnhöfen kennen, ebenso unentbehrlich wie der alte Handkarren, mit dem ein einzelner Mann zentnerschwere Lasten befördern kann. Da das Stückgut möglichst wenig in die Hand genommen werden soll, wird immer mehr der 15
Gabelstapler eingesetzt, der an seiner Stirnseite eine gabelartige, hebbare Vorrichtung hat, mit der er eine Ladepritsche anhebt. Auf dieser abnehmbaren Pritsche bleibt das Stückgut — Kisten, Säcke oder Tonnen — während aller Bewegungen im Schuppen und auf der Rampe und selbst bei der Lagerung liegen. Eine ähnliche Aufgabe erfüllt die hydraulische Klammer, die Ballen und Säcke von beiden Seiten anpackt und auf den Stapel hebt. Das Personal des Kaischuppens leitet der Schuppenvorsteher, der einen breiten goldenen Rand an der Mütze trägt und fast wie ein italienischer Marineoffizier aussieht. Ihn unterstützen Lademeister und Vorarbeiter, die als Gangführer eingesetzt werden und eine Arbeitskolonne mit sechs bis acht Mann anführen. Die Kaiarbeiter wissen genau, wie sie die unterschiedlichen Güter anfassen und stapeln müssen und wie man mit den verschiedenen Geräten umgeht.
Früchte aus aller Welt Besonders ausgerüstet sind die Schuppen für Südfrüchte. Mit einem Jahresumschlag von etwa 750 000 Tonnen Früchten ist Hamburg der bedeutendste Südfruchthandelshafen auf dem europäischen Festland. Wegen der verschiedenen Erntezeiten in den einzelnen Ländern kommen das ganze Jahr über Apfelsinen, Mandarinen, Bananen, Zitronen und andere Früchte im Hafen an. Das verpackte Obst wird schon auf dem Schiff mit Klimaanlagen sehr sorgfältig behandelt. Weintrauben, Zitronen, Äpfel usw. müssen frostgeschützt gelagert werden; Bananen machen sogar während der Reise einen Reifeprozeß durch. Die Fruchtschuppen sind durch Spezialanlagen auf diese schwierigen Güter eingestellt. Da ein großer Teil der Früchte im Winter eintrifft, sind die Schuppen heizbar. Im Keller befinden sich Heizkessel, die die Wärme für die oben aufgestellten Lufterhitzer liefern und Wärmeunterschiede zwischen draußen und drinnen bis zu 21 Grad ausgleichen können. Damit beim Betreten der Schuppen keine Kaltluft eindringen kann, sind an den Eingängen Luftschleusen angebracht. Größte Sorgfalt ist nötig, wenn die Bananenstauden mit einer ausgeklügelten Maschine, dem „Bananenelevator", aus dem Schiffsbauch direkt in den Schuppen befördert werden. Der Elevator j ist eine Bandförderanlage, deren Rüssel am Lademast des Schiffes j aufgehängt wird und bis in den Laderaum des Schiffes hinunter- i reicht. Die Anlage ist frost- und regengeschützt. Im Schiff werden die Bananenstauden in die Taschen des Elevators gelegt und automatisch auf das Transportband befördert, das zum Schuppen hin16
Bananen werden gelöscht: A Laderaum und Luke. B Rüssel des Bananenelevators. D unreife Bananen. E Transportband. überführt. Auf dem Band werden die Büschel gezählt und auf ihre Reife geprüft. Die unreifen Büschel werden heruntergenommen und im Schuppen gestapelt. Die reifen Bananen fahren weiter zu einem längs durch den Schuppen laufenden Band. Auf diesem Band werden sie vor die innerhalb des Schuppens stehenden Eisenbahnwaggons gefahren und in sie verladen. Mit fünf Elevatoren wird eine ganze Schiffsladung Bananen in wenigen Stunden gelöscht. In den Fruchtschuppen finden auch die Versteigerungen der Früchte statt, zu denen Aufkäufer aus allen Ländern der Bundesrepublik kommen.
Ein Schiff wird entladen Wir merken uns: Der Schiffsmakler holt für den Reeder die Aufträge herein. Der Spediteur schafft das Gut zum Hafen oder vom Hafen zum Empfänger. Private Lagerhalter und die Hafen- und Lagerhausgesellschaft lagern die Ware, Stauereifirmen laden und löschen das Schiff, und der Reeder befördert die Ladung über See. 17
Mit dem Be- und Entladen hat der Reeder nichts zu tun. Er ist nur der Eigentümer des Handelsschiffes. Auch die Schiffsbesatzung beteiligt sich am Lade- und Löschgeschäft nicht, das jedoch vom Ladungsoffizier, dem I. oder IL Offizier, verantwortlich beaufsichtigt wird. Außer ihm ist ein Mann des Deckpersonals mit der Aufsicht über die Ladeluke beauftragt, die als riesiger Schacht vom Deck senkrecht durch alle Stockwerke des Schiffes hinabführt. Dieser „Lukengast" bezieht seinen Posten bei allen Ladungsarbeiten während der ganzen Reise und paßt auf, daß keine Unregelmäßigkeiten vorkommen. Die Vorbereitungen für das Laden und Löschen des Schiffes hat noch vor der Ankunft des Schiffes der „Selbständige Schiffsmakler" getroffen. Er hat das Schiff mit dem „Meßbrief" bei den Hafenbehörden angemeldet, hat den Liegeplatz bestellt, unterrichtet den Kaibetrieb und setzt sich mit einer Stauereifirma in Verbindung, bei der er die Schauerleute für das Beladen oder Entladen des Schiffes anfordert. Weiter übergibt er dem Schuppenvorsteher ein genaues Ladungsverzeichnis, das „Manifest". Im Auftrag des Maklers kann nun die Stauereifirma mit dem Schuppenvorsteher besprechen, wieviel Kaiarbeiter er einsetzt, welche Kräne von ihr gemietet werden und wieviel Schauerleute die Arbeit an Bord übernehmen. So ergibt sich die Trennung: An Bord arbeitet die Stauereifirma mit ihren Schauerleuten, am Kai sind die Kaiarbeiter und im Schuppen das Schuppenpersonal beschäftigt. Zu Beginn des Löschens werden die schweren Lukendeckel geöffnet, die so groß sind wie ein Saalboden. Auf älteren Schiffen besteht die Lukenabdeckung aus Holzbohlen, die einzeln herausgehoben werden müssen. Heute gibt es immer mehr Lukendeckel aus Leichtmetall oder Eisen, manche sind nach den Seiten oder in der Längsrichtung faltbar, andere sind so eingerichtet, daß die Luken in vierzig Sekunden mechanisch geschlossen werden können. Diese Vorrichtungen arbeiten nicht nur schnell und schließen seetüchtig ab, sie haben auch den Vorteil, daß an Deck keine Deckel oder Deckelteile herumliegen und die Arbeit behindern. Die alten, hölzernen und mit Persenningen (wasserdichten Schutzhüllen) versehenen Lukenabdeckungen hielten außerdem nicht jedem Wetter stand. Die Schauerleute verteilen sich auf die Laderäume und werden von ihrem „Raumviz" angeleitet. An Deck stehen drei Leute der Stauereifirma, ein Lukenmann und zwei Mann an den Winden, wenn mit dem Schiffsladegerät gleichzeitig nach außenbords in einen Ewer gelöscht werden soll. Im Laderaum befindet sich außerdem noch ein „Tallymann" (ein Warenzähler) der beauftragten Kontrollfirma. Er 18
steckt an die Lasten Kontrollmarken, die am Kai von einer anderen Kontrollfirma abgenommen werden. Sie werden gezählt und vermitteln eine genaue Obersicht über die Zahl der gelandeten Lasten, die der Seemann „Hieven" nennt. Mit stählernen Sackgreifern oder Handhaken heben, ziehen und kannten die Schauerleute unten im Laderaum des Schiffes Kisten, Fässer und Ballen unter die Öffnung des Lukenschachts. Um große Kisten werden Schlingen aus Stahldraht oder Manilahanf gelegt. Ballen und andere kleine Güter kommen in ausgebreitete Drahtnetze. Sobald die Schauerleute die Last zum Anheben zurechtgelegt haben, gibt der Lukenmann dem Kranführer ein Zeichen, und die Last wird sicher und unbeschädigt durch den Schacht ins Freie und mit einer Krandrehung zum Kai befördert und dort auf die Schuppenrampe gestellt. Der Kranführer kann durch den Schacht nur einen Teil des Laderaumes übersehen und ist auf die gute Mitarbeit des Lukenmannes angewiesen. Unten im Schiff hat der „Tallymann" auf einer kleinen Schiefertafel einen Kreidestrich gemacht oder die Kontrollmarke angesteckt. Auf der Rampe wird die Marke abgenommen und Karrenschieber oder Elektrokarrenfahrer transportieren die einzelnen Stücke vor bestimmte Plätze im Schuppen, wo sie von den Stapelleuten übersichtlich gelagert werden. Der Vorarbeiter vergleicht in einem Auszug des „Manifestes" die einkommenden Güter, die möglichst bald wieder abtransportiert werden müssen, weil der Raum für neue Schiffe gebraucht wird. Deswegen kommen bald nach der Stapelung die Empfänger der Ladung oder die von ihnen beauftragten „Quartierleute" (sie heißen so, weil früher immer Vier zusammen das Gewerbe ausübten) und stellen den Zustand der Ladung fest. Sie „ziehen Proben", das heißt, sie entnehmen zum Beispiel verschiedenen Ballen eine Warenprobe, nach der die Güte der ganzen Fracht beurteilt wird. Für das Massengut werden Getreide- und Kohlenheber angesetzt. Ein Getreideheber bewältigt in einer Stunde bis zu dreihundertdreißig Tonnen. Mit Hilfe von Luftpumpen, die sich im Maschinenraum befinden, wird in dem Getreideheber ein Unterdruck erzeugt; der dadurch erzeugte Luftstrom reißt das Getreide durch Saugrohre wie in einem Staubsauger hoch. Zuletzt trennt sich das schwerere Getreide von der Saugluft und fällt, nachdem es automatisch gewogen wurde, durch Verladerohre in die neben dem Getreideheber liegenden Schuten. Sie fahren es in die mächtigen Getreidesilos, von denen einer den Bedarf einer ganzen Stadt aufnehmen kann. Die 19
verschiedenen Getreidesorten werden hier in großen Behältern getrennt gehalten. Baumwolle oder Tabak kommen in große Speicher. Dort werden sie sorgfältig und sachgemäß gelagert, gemischt, sortiert und umgepackt. Die Speicher haben jeder seinen eigenen Geruch — nach Kaffee, Wein oder Tabak. Neben diesen Einrichtungen gibt es Hafen-Kühlhäuser, die sowohl für Zwischenlagerung als auch für Vorratshaltung geeignet sind. Dorthinein kommen die leicht verderblichen Lebensmittel, Fleisch, Fische, Eier, Butter, Geflügel, Gefrierkonserven; je nach ihrer Art ist die Temperatur in den einzelnen Räumen verschieden. Schiffe werden im Hafen natürlich nicht nur gelöscht, sondern auch beladen. Von den großen Industriewerken des Binnenlandes, von in- und ausländischen Kaufleuten wird das geeignete Schiff für die jeweilige Ladung gesucht. Je nachdem, ob sie ihre Güter selbst im Industrie- oder Werkverkehr zum Hafen bringen oder sich eines Spediteurs bedienen, bestellen sie oder ihr Beauftragter den nötigen Frachtraum und schließen einen Frachtvertrag mit dem Schiffsmakler, der die günstige Verschiffungsmöglichkeit angeboten hat. Die schriftliche Urkunde über diesen Seefrachtvertrag nennt man „Chartepartie". . Nach Abschluß des Vertrages befördert das Industriewerk oder der Spediteur das Gut zum Hafen in die Speicher oder in die Verteileroder Kaischuppen und beantragt mit einem Schiffszettel seine Übernahme zur Beförderung. Vom Schiffsmakler hat inzwischen die Schiffsführung die Verladeorder erhalten, mit der sie aufgefordert wird, die Güter zu übernehmen. Der Order ist ein Empfangsschein beigeheftet, der mit dem Satz beginnt: „Empfangen in guter Beschaffenheit." Durch seine Unterzeichnung ist das Schiff voll und ganz für die Ladung verantwortlich geworden. Sind Beschädigungen bemerkt worden, werden sie notiert: „Kisten schmutzig", „Ballen haben Hakenlöcher", „Fässer lecken — Schiff nicht verantwortlich . . . " Den Empfangsschein erhält der Ablader. Eines der wichtigsten Dokumente ist das „Konnossement". Es wird vom Verfrachter ausgestellt und ist das Wertpapier für die Ladung. Unter anderem enthält es die Verpflichtung, die Ware an einen bestimmten Ort abzuliefern, Namen des Verfrachters, Schiffers, Abladers und Empfängers, Nationalität und Namen des Schiffes, Abladungshafen, Art und Menge der an Bord genommenen Güter mit Merkzeichen, Verfassung und die Bestimmungen über die Fracht. Die verschiedenen „Konnossemente" werden zum „Manifest" zusammengestellt (vgl. Seite 18), das-für den Zoll angefertigt wird 20
und aus dem der Ladungsoffizier einen Auszug erhält. Er ist ja der Beauftragte des Kapitäns und ihm während der ganzen Reise für die Ladung verantwortlich.
Eine schwierige Sache — das Laden Im Handelsgesetzbuch sind die Pflichten des Kapitäns festgelegt. Zum Beispiel heißt es da, daß er für den guten Zustand der Gerät-
Aus Vieltausend Teilen entsteht ein Schiff. 21
Schäften zum Laden und Löschen und für ordnungsgemäßes Stauen verantwortlich ist. Der Kapitän darf das Schiff vom Beginn des Ladens bis zur Beendigung des Löschens nur in dringenden Fällen verlassen. Er hat zuvor aus den Schiffsoffizieren oder der übrigen Mannschaft einen geeigneten Vertreter zu bestellen. Der Ladungsoffizier hat ein sehr wichtiges Amt. Seine Umsicht entscheidet oft über das Schicksal des Schiffes. Er bestimmt, wie die Güter im Schiff untergebracht werden, denn der Stauer will „Tonnen machen", das heißt aus Verdienstgründen die Ladung an einem ihm günstigen Platz verstauen. Ihre Tätigkeit üben die Stauer daher unter der Aufsicht des Ladungsoffiziers aus. Er ist seinem Kapitän und Reeder dafür verantwortlich, daß die Güter sachgemäß und seefest untergebracht werden. Während des Ladens verfertigt ein „Tallymann" oder der Ladungsoffizier einen Stauplan, aus dem genau hervorgeht, wo sich jedes einzelne Stück befindet. Auszüge dieses Planes schickt der Ladungsoffizier mit Luftpost an den Makler im nächsten Hafen. Es ist selbstverständlich, daß nicht auf Pappkartons schwere Kisten mit Maschinenteilen gelagert werden können. Andererseits ist es aber notwendig, die Güter für den Hafen, der zuletzt angelaufen wird, unten im Schiff zu verstauen. Allein hieraus ist zu ersehen, daß man nicht wahllos mit dem Packen des großen „Koffers" beginnen kann. Zudem ist entscheidend, daß das Schiff seine Stabilität behält. Das Schiff ist rank oder zu steif, wenn der Schwerpunkt der Ladung zu hoch oder zu tief liegt. Sie kann durch unsachgemäße Stauung „übergehen", verrutschen, und das Schiff zum Kentern gebracht werden. Wenn zum Beispiel gegen die Erfahrung schwere Eisenträger quer ins Schiff gelegt würden, könnten sie bei Seegang sehr leicht Löcher in die Schiffswand stoßen und das Schiff würde leck springen. Die Gewichte im Vor- und Achterschiff müssen genau aufeinander abgestimmt sein. Aus allen diesen Gründen läßt sich ein Ladungsoffizier die Leitung der Arbeit nicht aus der Hand nehmen. Die Behandlung der Ladung ist eine der wichtigsten und schwierigsten Tätigkeiten in der Seeschiffahrt. Es gibt tausenderlei verschiedene Güter. Alle müssen anders behandelt werden. Lose Stücke rufen Beschädigungen hervor, geruchsempfindliche Güter können stark riechende nicht vertragen, und die Dünste der einen können die anderen verderben. Schließlich wird trockene durch nasse Ladung beschädigt. Um das zu verhindern, verwendet man „Garniere", Schutzlagen aus Holz oder Matten. Teile der Ladung 22
liegen auf dem Garnier, andere werden mit seiner Hilfe voneinander getrennt. Die Lüftung ist sehr wichtig. Eisen- und Blechdosen würden bei frischer Luftzufuhr rosten, und die Lüftung muß hier solange abgestellt werden, bis Außen- und Innentemperatur gleich sind. Manche Ladungen schwitzen, und es kann vorkommen, daß am Ende der Reise ganze Lagen im Schwitzwasser schwimmen. Von Getreide zum Beispiel werden während einer normalen Reise bei sechshundert Tonnen drei Tonnen Feuchtigkeit ausgeschieden. Bei Übernahme neuer Ladung sind die Laderäume ausgefegt und unangenehme Gerüche beseitigt worden. Zu diesem Zweck kann im Laderaum Rohkaffee abgebrannt werden. Der Ladungsoffizier muß von jeder Ware wissen, wie sie sich auf der Reise, bei Sturm, Hitze, Frost, Regen, Trockenheit „benimmt". Wird Vieh befördert, so muß er für die Tiere Ställe anfertigen lassen. Ein Pferd braucht am Tage dreißig Liter Wasser, sieben Kilogramm Heu, drei Kilogramm Kleie und eineinhalb Kilogramm Hafer. Die Viehställe unter Deck werden elektrisch beleuchtet, und die Tiere dürfen nur auf Holz stehen. Kühe vertragen die Seefahrt nicht gut, deshalb müssen Tierarzneien an Bord sein. Wenn Baumwolle feucht wird, neigt sie zur Selbstentzündung. Ein Brandherd im Inneren eines Ballens kann wochenlang weiterschwelen, ohne daß er bemerkt wird. Deshalb soll ein Schiff nie feuchte oder nasse Ballen übernehmen. Diese Beispiele zeigen, daß Laden und Löschen sehr komplizierte Angelegenheiten sind, die den Ladungsoffizier vor immer neue Aufgaben stellen. Er hat im Hafen kaum eine ruhige Minute.
Auf der Werft Zu den großen Häfen gehört auch die Werft, wo wie in einer Reparaturwerkstatt ein Schiff auf Schäden untersucht und notfalls überholt werden kann. Ihre wichtigste Aufgabe aber ist der Neubau von Schiffen. Wird von einer Reederei der Bau eines Schiffes geplant, so wendet sie sich mit einer Ausschreibung an mehrere Werften. Die Eigenschaften des Schiffes, die Tragfähigkeit, Antriebsart, Geschwindigkeit und die Einrichtungen für Fracht und Passagiere werden vom Auftraggeber genau angegeben. Auch die erforderliche Breite und der Tiefgang sind oft schon von Anfang an festgelegt; denn für 23
bestimmte Fahrtgebiete ergeben sich Grenzwerte, die keinesfalls überschritten werden können. Auf einer Reise von Hamburg nach Chicago zum Beispiel mußten bis vor kurzer Zeit hinter dem St. Lorenzstrom viele enge Schleusen passiert werden, bis die Großen Seen erreicht waren. In diesem Falle waren die Abmessungen der zum Teil kleinen Schleusen maßgebend für die Größe und den Tiefgang des Schiffes. Die Werften arbeiten der Ausschreibung entsprechend Kostenanschläge und Entwürfe aus. Von der Reederei werden die günstigsten Angebote nicht nur hinsichtlich der Preise und Zahlungsbedingungen gegeneinander abgewogen, sondern auch die gegebenen Garantien berücksichtigt, da nicht immer das Billigste auch das Beste ist. Wenn man bedenkt, daß schon ein Fischdampfer rund eine Million DM kostet, kann man sich vorstellen, welche Sorgfalt und Mühe aufgewendet wird, bis es zu einer Auftragserteilung kommt. Die Werft ist eine große Fabrikanlage, in der oft auch Schiffsmasehinen, Schrauben und Kessel gebaut werden. Sie verfügt über Schiffbauhallen, in denen die einzelnen Bauteile bearbeitet werden, und Werkstätten für Elektriker, Schlosser, Schmiede und Tischler. Der Schiffskörper wird auf der Helling zusammengebaut, Schwimmdocks dienen Reparaturarbeiten und am Ausrüstungskai erhalten die von Stapel gelaufenen Schiffe Einrichtungen und Maschinen. Ist an die Werft ein Auftrag gegeben, so ergänzt sie ihr Stahllager bei einem Hüttenwerk und kauft das außerdem erforderliche Material ein. Die Bauzeichnungen gehen zur endgültigen Genehmigung an den Reeder und an eine Gesellschaft, die den Bau des Schiffes bis zur Fertigstellung überwacht. Diese Gesellschaft erläßt Vorschriften über Güte und Eigenschaften des Schiffbaumaterials und die Bauausführung.
Ein Schiff wird gebaut Auf dem „Schnürboden", einem großen, hellen und ebenen Raum, werden nach den Zeichnungen und Berechnungen die einzelnen Teile des Schiffes in-natürlicher Größe aufgezeichnet. Für die Werkstücke entstehen hier genaue Umrisse und Maße. Aus Holz werden Spantenformen angefertigt und ihre Umrisse auf die mit Löchern versehenen Richtplatten in den Bauhallen übertragen. Die Platten liegen vor langen Glühöfen. Sie werden durch Gas beheizt und dienen dazu, das Formeisen anzuwärmen, das rotglühend auf die Richtplatten kommt, auf denen die Spanten24
umrisse mit Eisenkeilen abgesteckt sind. Fahrbare Spantenbieger, deren Kolben und Ramme von Preßluft betätigt werden, geben dem biegsamen Stahl die gewünschte Form. Winkel-Wulststähle, T-, Doppel-T- und U-förmige Stähle werden als Spanten, Decksbalken, Stützen und Stringer verwendet. Die Spanten haben eine ähnliche Aufgabe wie die Rippen des Menschen. Stringer geben dem Schiff die Längsfestigkeit und Decksbalken dienen als Querversteifung. Das Material muß von bestimmter Güte sein. Ein Stab von einem Quadratzentimeter Querschnittfläche soll eine Zugkraft von vier bis fünf Tonnen aushalten, bevor er zerreißt und soll sich um zwanzig Prozent dehnen lassen. Der überwiegende Teil des Baumaterials besteht aus Flußstahl, der in Bleche von drei bis fünfzig Millimeter Dicke ausgewalzt ist, als Platten für Doppelboden, Schotten und Außenhaut. Die verschiedenen Bleche werden gewalzt, gerichtet und geschnitten und vorwiegend in kaltem Zustand unter hydraulischen Pressen nach der Schiffsform gebogen. Holz wird im Schiffbau außer bei Booten und Yachten nur noch als Decksbelag oder für die Inneneinrichtung verwendet. Aber auch hier wird es immer mehr durch Leichtmetall ersetzt, das die Feuergefahr vermindert und dessen Festigkeitswert nicht viel unter dem des Stahls liegt. Immer mehr werden auch nicht brennbare Kunststoffe verwendet. Für den Schiffsrumpf selber kommt Holz nicht mehr in Frage, weil man Holzschiffen moderner Größe niemals die nötige Längsfestigkeit geben könnte. Eisen ist viel dauerhafter als Holz und außerdem wäre bei zwei Schiffen gleicher Größe und gleicher Außenformen das Gewicht des Holzschiffes um dreißig Prozent größer als das des Eisenschiffes. Das heißt: Eisenschiffe besitzen eine größere Tragfähigkeit. Die fertiggeformten Teile des Eisenschiffes werden durch Nietung oder Schweißung miteinander verbunden und mit tragbaren Röntgenapparaten auf Fehler kontrolliert. Nieten werden stark erwärmt mit einem Preßlufthammer in die vorgestanzten oder gebohrten Löcher geschlagen und auf der anderen Seite mit einem Vorhalter abgestützt. Erkalten sie, ziehen sie infolge ihrer Schrumpfung die genieteten Platten fest aufeinander; doch werden heute die Platten meist aneinandergeschweißt, da die Festigkeit zwischen zwei geschweißten Platten etwa ebenso groß ist wie ihre eigene Festigkeit. Die zu verbindenden Teile müssen nicht überlappen, und so ergibt sich beim Schweißen eine einfachere und 25
leichtere Konstruktion. Zudem werden die Platten nicht durch Nietlöcher geschwächt. Die in den Bauhallen übersichtlich ausgebreiteten und gekennzeichneten Teile des Schiffsrumpfes werden entgegen der früher üblichen Bauweise zu „Sektionen" b ls zu vierzig Tonnen Gewicht zusammengeschweißt oder genietet. Auf der Helling werden sie dann zum Schiffskörper zusammengebaut. Dieser Methode ist es zu danken, daß größere Seeschiffe schon nach fünfzig bis hundert Tagen Arbeit von Stapel laufen können. Wenn genügend Aufträge vorliegen, findet in einer leistungsfähigen Werft alle acht Tage ein Stapellauf statt. Die Helling ist eine schiefe Ebene, deren eine Kopfseite in das Wasser mündet. Sie hat eine gut gegründete und feste Sohle, die das Gewicht der größten und schwersten Schiffe tragen muß. Meist ist sie breit genug, um mehrere Schiffe nebeneinander aufzunehmen, von denen eines schon zum Stapellauf bereit sein kann, während bei einem anderen gerade mit dem Bau begonnen wird. Über die Helling spannt sich ein Gerüst mit Laufkränen, und auf der Helling stehen Stapelklötze, auf denen die Bodenplatten zusammengesetzt werden. Die Stapelklötze tragen das Schiff bis kurz vor dem Stapellauf. Dann übernehmen Schlitten, die auf geschmierten Gleitbahnen ruhen, das große Gewicht. Nach Beseitigung der Bremsbalken oder nach einem Anschub der Schlitten mit hydraulischen Pressen läuft das Schiff mit den Schlitten auf den Gleitbahnen, das Heck voraus, in das Wasser ab. Das ist jedesmal sehr aufregend für alle Beteiligten, da das Schiff in seinem Zusammenhalt äußerst beansprucht wird und man es während des Stapellaufes völlig aus der Hand gibt. Ein Schiff, das beim Stapellauf umfällt, muß abgewrackt werden.
Im Trockendock Viel leichter ist der Schiffbau im „Trockendock"; aber die Anlage eines' solchen Docks ist nicht an allen Küsten möglich. Das Trockendock ist nämlich eine tief in das Land eingeschnittene, ausbetonierte Grube, langgestreckt und groß wie ein Stadion. Seine Sohle muß tiefer liegen als der Tiefgang des Schiffes, das darin gebaut wird. Gegen das Wasser hin ist das Trockendock durch das Dock-Tor dicht geschlossen. Das Schiff ruht auf Holzstapeln und ist durch Hölzer gegen Umfallen gesichert. Ist der Schiffskörper fertig, so wird das 26
Tor geöffnet, Wasser flutet in die Dockgrube, der Schiffskörper wird angehoben, schwimmt und kann ins Hafenwasser und zum Ausrüstungskai geschleppt werden, wo die letzten Arbeiten bis zur Ablieferung an den Reeder vorgenommen werden. Den Abschluß bildet die Probefahrt, auf der die Sach verständigen kontrollieren, ob alles in Ordnung ist. Das ist die „Reifeprüfung", der große Augenblick der Bewährung.
Auf den folgenden Seiten findet der Leser ein „kleines ABC für Landratten 27
ABC für Landratten abmustern achtern Aming anheuern Ankerhall Auge außenbords Außenhaut Backbord Bake Bark Barkasse binnenbords Bilge Boje Bord Brigg Bug Bugpriet Bulleyes Bullaugen bunkern Chartepartie chartern Dalben Deck Deckslast deklarieren Deplacement Dock Ebbe Ewer Fallreep
Dienst aufgeben, kündigen hinten (Achterdeck) Tiefgangsmarke beim Schiff Dienst auf einem Schiff nehmen schwarzer Signalball, der tagsüber von ankernden Schiffen gesetzt wird feste Schlinge am Ende des Taus außerhalb des Schiffes äußere Beplankung linke Schiffsseite (in Fahrtrichtung) der Orientierung dienende, feste Landmarke Segelschiff mit drei Masten kleines Fahrzeug, Beiboot innerhalb des Schiffes unterster Innenraum, Kielraum schwimmendes, verankertes Seezeichen Schiffsrand; an Bord = auf dem Schiff Segelschiff mit zwei Masten V'orderteil des Schiffes über den Bug ragender Mastbaum gegen Wasser abgedichtete, runde Schiffsfenster Kohle nehmen Beweisurkunde über den Inhalt des Frachtvertrages zwischen Reeder und Befrachter Schiff mieten Stahl- oder Holzpfahlgruppe zum Festmachen von Schiffen waagerechte Schiffsbedeckung aus eisernen Platten oder hölzernen Planken; auf größeren Schiffen mehrere Decks (Stockwerke) an Deck untergebrachte Ladung (Zoll-) Anmeldung abgeben; Waren auszeichnen Wasserverdrängung Anlage zum Ausbessern oder für den Neubau von Schiffen Periode der Gezeiten, in der der Wasserspiegel fällt (ablaufendes Wasser) Fluß- und Küstenfahrzeug Außenbordtreppe 28
Fender
Schutzkissen am Schiff oder Kai aus Tauwerk, Holz, Autoreifen Feuerschiff verankertes Schiff mit Leuchtfeuer Kanal mit vielen Abzweigungen Fleet Flut Periode der Gezeiten während der das Wasser steigt (auflaufendes Wasser) Freibord Die Höhe zwischen Wasserlinie und Oberdeck bei beladenem Schiff Gangspill Winde zum Ankerhieven Gangway Landgang, Laufsteg Garnier Schutzhölzer und Uatten im Laderaum Gezeiten durch die Anziehungskraft von Uond und Sonne bedingte, periodische Höhenänderung des Ueeresspiegels Havarie Beschädigung eines Schiffes durch Zusammenstoß, Grundberührung usw. Heck hinterer Teil des Schiffes Helgen, Helling Schiffsbauplatz mit geneigten, zum Wasser abfallenHelling den Ablaufbahnen Hieve Last hieven Last hochziehen Kai Hafenmauer, gemauerte Uferstraße Kiel unterster Längsstreifen des Schiffes Kimm Seehorizont Kollo Landungsstück {Uz.: Kolli) Konnossement Seeladeschein — Seefrachtbrief Krähennest Beobachtungsstand im Uast Ladepfosten kurzer Landemast längsseit (s) neben, an der Seite, der Seite entlang Lee die dem Winde abgekehrte Seite Leichter einfaches Wasserfahrzeug zum Laden und Löschen von Seeschiffen Leinen Trossen und Taue Leuchtfeuer dienen der Orientierung in Küstennähe löschen entladen Luke Öffnung im Deck Luv die dem Wind zugekehrte Seite Uole die Hafeneinfahrt schützender Damm, Wellenbrecher Oberdeck oberstes durchlaufendes Deck Persenning geteertes Segeltuch, Schutzhülle 29
Pier Poller Quarantäne Rattenteller
Reede Reeder Schauerleute Schleuse Schute Spanten
Spill stauen Steuerbord tallieren Tallymann verholen verstauen Winde
Anlegestelle für Schiffe, senkrecht zum Ufer ins Wasser gebaut Metall)posten zum Befestigen der Taue Sperrzeit für Schiffe, die aus verseuchten Häfen kommen oder ansteckende Kranke an Bord haben tellerartige Metallplatten. Sie haben in der Mitte ein Loch, durch das die Festmacherleinen des Schiffes laufen, und bilden ein Hindernis für Ratten und Mäuse, die sonst im Hafen über die Trossen leicht an Bord kommen könnten Ankerplatz vor der Küste, in einer Bucht, auf einem
Fluß Schiffseigentümer Hafenarbeiter, die das Laden und Löschen besorgen Ausgleichskammer; sie trennt bzw. verbindet zwei verschieden hohe Wasserspiegel kleines Wasserfahrzeug geringen Tiefgangs, auch Name für Leichter Schiffsrippen — Hauptspant: Spant an der breitesten Stelle des Schiffes. Nach den Konstruktionsspanten wird die Form des Schiffes als Spantenriß festgelegt. Die Bauspanten brauchen mit den Konstruktionsspanten nicht zusammenzufallen und sind auch viel zahlreicher als diese elektrische oder mit Dampf betriebene Winde verpacken rechte Schiffsseite (in Fahrtrichtung) die Warenmenge zählen, die beim Laden und Löschen an bzw. von Bord kommt (Tallymann) Angestellter, der im Laderaum eines Schiffes die auszuladenden Waren zählt Schiff an eine andere Stelle bringen verpacken, wegstecken Vorrichtung zum Heben von Lasten
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