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1 K L E I N E
BIBLIOTIIKK
DES
W I S S E N S
LUX-LESEBOGEN N A H B • U N D K I L T U R K U . N D L I C H E II I. F T fc
VITALIS PANTENBURG
SCHWIMMENDE WÄLDER BEI D E N F L Ö S S J U NK ER N D E R N O R D I S C H E N WILDMARK
YER I M. S E B A S T I A N
LUX
M L II N A l M l N l II L N • I N N S B R U C & • B A S E L
Das große Abenteuer Der Wald ist die sinnfälligste und großartigste Entfaltung allen pflanzlichen Wirkens auf unserer Erde, ungemein ivachstumskräftig, überaus stark in seinem Streben, sich gegenüber den übrigen Pflanzen durchzusetzen und zu behaupten. Wo Bäume leben und gedeihen können, erobert ihre Gemeinschaft, der Wald, früher oder später Grasflächen, Heide und Buschland und nimmt dem Menschen auch seine Acker und Weiden wieder ab, wenn er sie nicht verteidigt. Holz, das Erzeugnis des Waldes, war schon in ferner Vorzeit einer der wichtigsten Rohstoffe für den Erdbewohner — zum Bau seiner Behausungen, ah Werkstoff für vielerlei Dinge, ah Feuerholz für den häuslichen Herd. Seit etwa einem Jahrhundert wurde der Wald auch zu einem der wichtigsten Lieferanten für die holzveredelnde Industrie. Diese Entwicklung ist noch lange nicht abgeschlossen. Doch schwerlich wäre das Naturprodukt Holz zu seiner jetzigen Bedeutung gekommen, hätten nicht mit den Wäldern vertraute, erfinderische Männer das einzig richtige Verfahren zum Abtransport dieses schweren und sperrigen Massengutes aus den oft unerschlossenen Waldgebieten entdeckt und klug genutzt. Ihre Methode ist ebenso genial wie einfadi, ebenso billig wie leistungsfähig: Es ist das Ausnutzen der natürlichen Wasserwege, der Bäche, Flüsse und Seen, für die Beförderung der Stämme. Da Wasser die wichtigsten Nutzhölzer trägt, weil ihr spezifisches Gewicht geringer ist als das ihres Trägers, wird es in gewaltigen Mengen allsommerlich geflößt. Der weitaus größte Teil der meistbegehrten Holzarten — die nordischen Nadelbäume nämlich — wird auf diese Weise transportiert. Und da der nördliche — der ,Jboreale" — Nadelwaldgürtel der Erde bisher der wichtigste Lieferant für Nutzhölzer ist, wurde hier die Technik des Flößens am höchsten entwickelt. Wer, wie der Verfasser, oftmals das Glück hatte, den nordländischen Flößer auf seinen Arbeitswegen zu begleiten, wird dieses größte Abenteuer der Wildmark nie wieder vergessen. 2
Im Blockhaus des Flottningchefs JH,in Freund in Stockholm gab mir eine gute Empfehlung mit in» schwedische Nordland: an Forstmeister Türe Forsberg, den berühmten „Chef för Angerman-Alv flottningsförening". Nun stehe ich im schlichten Dienstraum des Blockhauses, das Forsberg auf dem beherrschenden Rundhügel, hoch über dem rauschenden Fluß, errichtet hat. Von diesem Hauptquartier aus leitet der einflußreiche Mann gleich einem Strategen die jährliche Holzschlacht im zweitgrößten Flößbereich seines Landes. Eine ungeheure Aufgabe ist ihm gestellt: Auf dem Angerman-Alv (Alv = Fluß) müssen in dieser Saison wieder einmal etwa zwanzig Millionen Stämme aus den großen Wäldern bis zum Bosnischen Meerbusen befördert werden, viele hundert Kilometer weit. Das Einzugsgebiet des Flusses ist weitverzweigt und reicht bis hoch hinauf ins Gebirge längs der norwegischen Grenze; die Verluste müssen so gering wie möglich gehalten werden; das heißt, jeder in Bewegung gesetzte, gezählte und gekennzeichnete Stamm soll am Flußendc ankommen. Der Flottningchef ist ein stattlicher Mann, energisch und gewohnt, mit einem einzigen Blick eine schwierige Lage zu übersehen und rasdi die richtigen Entscheidungen zu treffen. Sein sehniger Körper steckt in wetterfester Kleidung, wie sie auch seine Leute tragen, Männer, die sieh seit Jahr und Tag die meiste Zeit in dem immergrünen Meer der großen Wälder aufhalten. Sein gebräuntes, schmales Gesicht mit den graublauen Augen strahlt die Ruhe selbst aus. Türe Forsberg macht keinerlei Aufhebens von seiner überaus wichtigen, hochverantwortlichen Stellung. Die wenigen Zahlen, die er so nebenbei erwähnt, sind freilich imponierend. Über dreieinhalbtausend Kilometer Flößwege gehören zu seinem Bereich, das ist eine Gewässerstrecke, die aneinandergereiht von Finnland bis nach Gi3
br.ilt.ir reichen würde. Es sind nicht nur der H.iuptstrom und die stärkeren Zuflüsse, sondern auch die kleineren Bäche und schließlich die Rinnsale, die zur Zeit der Schneeschmelze zu reißenden Müssen anschwellen und dann viel Holz tragen können. Auf diese Rinnsale kommt es ganz besonders an, um auch die weit oben im Gebirge sitzenden Stapel in Fahrt zu bringen. Rund dreißig Angestellte und fast fünftausend Mann unterstehen dem Chef für die Dauer der Flößsaison. Sie beginnt mit dem rauschhaft schnell einsetzenden Frühling und geht zu Ende, wenn der letzte Stamm noch vor Sommerende die Sortieranlage an der Alvmündung passiert hat. Vor dem langgestreckten flachen Blockhaus, das mit seinen rotgestrichenen Balken, den schneeweißen Fensterrahmen und den teerbraunen Holzschindeln sehr einladend und gemütlich aussieht, fahren geländegängige Wagen vor, über und über mit Schlamm bespritzt. Verwegen aussehende, wetterharte Männer springen ab, stelzen, etwas steifbeinig vom langen Sitzen im rumpelnden Jeep, ins Büro, holen sich Weisungen vom Chef und jagen alsbald wieder davon. Türe Forsberg, seit gut einem halben Menschenalter Chef des Flö^erbandes für diesen riesigen Bezirk, benutzt das schmucke Blc&haus schon seit vielen Jahren als Dienstsitz. Tüchtige Zimmerleute fügten es aus den Stämmen der zähen, harzduftenden Nordlandkicfer. Der Chef übersieht von hier aus wie von einem Feldherrnhügel ein großes Stück des mächtigen Alv, der einige Dutzend Kilometer unterhalb in den Boitnischcn Meerbusen mündet. Ab und zu wirft Türe Forsberg einen prüfenden Blick durch das große Fenster auf den ziemlich schnell strömenden Fluß. Schon treiben die ersten Langhölzer der Mündung zu. Dabei ist es noch gar nicht so lange her, seit der Angerman-Älv die schwere Fessel seiner dicken Eisdecke unter Getöse gesprengt und in zackige Eisschollen zerteilt hat und mit den wirbelnden braunen Wassernüssen hinaustrug ins Meer. Hier im Norden kommt der Frühling sozusagen über Nacht und mit mehr Gewalt als bei uns. Das bringt die Sonne mit ihrem intensiveren Lieht zustande und mit den schnell länger werdenden Tagen; bald wird es viele Wochen hindurch überhaupt keine Nächte mehr geben. 4
Auf den Naturbahnen aus Schnee und Eis «leitet dns Holz an die Oberläufe der Flüsse
Die Schneeschmelze gibt das Signal Frühjahrsschnceschmelzc und Frühjahrshochwasser geben alljährlich das Signal zum Beginn der Flößarbeit. Oben in den hohen Bergen, dort, wo das Nachbarland Norwegen an Schweden grenzt und zahllose Wildwasser sich zum Fluß vereinigen, setzt sie ein. Nur solange die Hochflut aus den vielen Schmclzwasserzuflüssen gespeist wird, helfen auch die kleinen Wasserläufe mit, auf ihren Rücken die Stämme kostenlos zu transportieren. Daß diese kurze Zeit genutzt wird und alles „flüssig" geht — im wahrsten Sinne des Wortes —, dafür sorgen die Flößer. Sie spielen deshalb im Leben der heute von der Waldwirtschaft so stark abhängigen nordischen Völker — Schweden, Finnen, Norweger — eine entscheidende Rolle. Überall sind sie beliebt. Ihre oft gefährliche Arbeit, aber auch ihre Fähigkeiten, ihr Mut und ihr Geschick bringen ihnen bei der ganzen Bevölkerung hohe Achtung ein. Hier entscheiden noch Kraft, entschlossenes Zupacken und Geistesgegenwart über den Wert des einzelnen; hier braucht man ganze Kerle, da ihre Berufserfahrung nicht durch Maschinen ersetzt werden kann. Die Gebirgswasser sind unberechenbar und nehmen die Stämme nicht immer gutwillig mit zu Tal. Ohne die Trupps der bärenstarken ,,flottkarlar", der Flößburschen, würden hunderttausende Stämme unterwegs hängenbleiben und Millionenwerte verlorengehen. Alle Fäden des weithinreichenden Flößgeschäftes laufen beim Distriktchef zusammen. In seinem Büro herrscht jetzt die eigenartig lockende Atmosphäre der Wildmark. Nicht nur hier im AngermanÄlv-Distrikt ist es so, sondern überall in den weiten Nordwäldern der Alten und Neuen Welt, wo Stammholz seine lange Wanderung antreten muß. Aus dem Schweigen der weiten, weglosen Wälder, wo sie über Winter in den rauchgebeizten Holzfällerhütten gelebt und bei klirrender Kälte hart gearbeitet haben, tauchen die markanten Gestalten auf, die „Männer der Flößerstange". In den Wintermonaten schwangen sie die klingende Axt oder stemmten sich gegen die Kraftsäge; jetzt tauschen sie den langen, hakenbewehrten Flößerslaken dagegen ein.
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Flößertricks Die Wirtschaftskarte des Flößdistriktes Angerman-Älv füllt ein« gin/e Wind im Dienstraum des Chefs. Forsberg erklärt sie mir: Da ist der große, blaugezogcne Strom eingezeichnet, mit seinem gesamten waldgrünen Einzugsgebiet und mit allen Verästelungen bis hinauf zu den winzigen Bächen im Gebirge. Hunderte bunte Markierungen geben die Punkte an, die für das Flößen wichtig sind, zum Beispiet die' Einsatzstellen für die Flößertrupps. Andere Zeichen lassen erkennen, wo die Stapel aus tausenden und abertausenden Stämmen lagern. An Hand der Karte und auf Grund der laufend eingehenden telefonischen Meldungen der Beobachterposten dirigiert ForsBerg die Trupps seiner Leute unter sorgsam ausgewählten Vormännern an besonders kritische Punkte. Sie müssen dafür sorgen, daß das Flößgut stets in Fahrt bleibt. „Oft ist das eine verflixte Sache", bemerkt der Distriktchef. „Zum Beispiel, wenn ein Fluß an einer Stelle sehr breit, zugleich aber auch flach und reichlich mit Felsklippen gespickt ist, so daß er nur träge dahinströmt und das Holz sich in Massen anstaut. Um es wieder in Trab zu bringen, hat einer unserer tüchtigsten Flößingenicure, Forstmeister Söderberg, eine großartige Lösung gefunden. Sehen Sie hier auf dem Luftbild die grauen Streifen? Es sind zwei Steinwälle, die Söderberg in einem flußabwärts offenen Winkel von beiden Ufern her zur Mitte hin aufschichten ließ. Uis Wuser wird durch diese Sperre gestaut und zur Mitte hin gezwungen, wie in einen Trichter. Die Langhölzer bleiben frei von Felsberührung und treiben mit der Wasserflut auf die schmale Öffnung zu, die am Treffpunkt der beiden Dämme freigelassen ist. Hier bekommen sie in der künstlich verstärkten Strömung gleich gute Fahrt. Früher mußten wir an solchen Plätzen viele Leute einsetzen, um festgeratenes Flößgut wieder flottzumachen. Söderbergs Sperrdämme ersparen uns die Arbeitskräfte und damit eine Menge Kosten." „Und was geschieht an sehr engen Stellen?" „In engen, stark gewundenen Bachläufen legen wir Wasserrinnen aus Holzplanken an, in denen die Stämme umgeleitet werden", 7
erklärt der Flößchef. „Das machen wir auch, um getrennt voneinander verlautende Flößwege zu verbinden oder wenn Stauwehre oder Kraftwerke zu umgehen sind. Manchmal sprengen wir auch Verbindungftunneli durch Felsen, wenn sie verschieden hochliegende Seen oder Wasserläufe voneinander trennen. Es gibt noch viele andere Tricks, die wir anwenden müssen. Damit das Flößgut unterwegs nicht in Kurven, auf flachen Stränden oder über Untiefen hängen bleibt, legen wir zur Regelung der Strömung auch Buhnen an. Sie kennen gewiß diese Wälle aus Steinen vom Rhein oder von der Donau her. Meist kommen wir aber mit den flottleders aus." ..Wenn ich das Wort richtig übersetze, vo sind das Flößleiter", sage ich. „So könnte man sagen! Flottledert sind Leitanlagen für das Holz, üid oft kilometerlange Ketten aus lose verbundenen, sehr langen Stämmen. Sie können aber erst verlegt werden, wenn der Eisgang des Frühlings vorüber ist. Die Stämme treiben mit der Strömung an ihnen entlang, ohne daß sie sich festsetzen. Anderswo, zum Beispiel in ruhigen Seen, sammeln wir das ankommende Flößgut in ringförmigen Sperren aus Langstämmen ein. Aus den eingefangenen Feldern werden schwimmende .Inseln' abgeteilt und mit Bugsierbooten oder Winden bis zum Seeabfluß geschleppt. Hier übernimmt das natürliche Gefälle dann die Weiterbeförderung." Auf einem Vogelschaufoto zeigt mir Forsberg eine Ansammlung solcher Felder; sie sehen wie tausendfach gerippte Blatter riesiger Wasserpflanzen aus (Bild auf der 2. Umschlagseile).
Letztes Mittel: Dynamit Ein stämmiger Mann in den besten Jahren tritt ein. Er ist von der angenehm verhaltenen Art, wie man sie nicht selten unter den Waldläufern findet. Der Chef hat ihn rufen lassen und gibt ihm einen Auftrag. Das geht ohne viel Worte ab: „Förman Björnfors!"
Einar,
du
nimmst
mit S
deinem
Trupp
heute
den
Rumpa-Flößer bringt Holz In Fahrt 9
„ I M gut!" erwidert der Vormann. Ein fester Händedruck, ein Farväl (Lebewohl!), und Einar stapft federnden Schrittes nach draußen, zum Lastwagen, der ihn und die von ihm ausgewählten Leute zum Björnfors hinausbefördern wird. Einar kennt sich aus mit diesem brausenden Fors, dem mächtigen Wasserfall droben in den Bergen. Er weiß, was der Auftrag des Forstmeisters zu bedeuten hat. Die Stämme haben sich hier über den Klippen wieder einmal zu einer schier unentwirrbaren Barre verknäuelt. Sie wächst stündlich durch immerzu hcrantreibende M issen von Langholz. In kluger Voraussicht vergißt Einar nicht, zwei Motorsägen mit verladen zu lass.n und — als wichtigstes, wirkungsvollstes Hilfsmittel — einen Kasten mit Dynamitpatronen, dazu eine Rolle wasserdichtes Kabel und die elektrische Zündapparatur. Dis Angebot, mit Einars Trupp zum Björnfors zu fahren und die Männer bei ihrer Arbeit zu beobachten, nehme ich gern an. Wenige Stunden später — es ist noch taghell an diesem späten Frühsommernachmittag — steht Vormann Einar mit seinen vier M innern schweigend vor der phantastischen, mit Baumstämmen gespickren Barriere, die sich unterhalb des großen Falles gebildet hat und laufend Zuwachs bekommt. In einem eindrucksvollen Schauspiel zeigt hier die Natur ihre ungestümen Kräfte. Quirlend, schäumend, gischeend zwängen sich die aufprallenden Wasser durch das Gewirr des gestauten Holzes. Dumpfes Grollen wie ferner Donner erfüllt das durch Felswände eingezwängte Tal. Tosend stürmt der Alv zwischen dem Ufer, an dem wir stehen, und der Sperre au> ineinander verkeilten Stämmen dahin. Einar und seine Männer, die gewohnt sind, mit Überlegung, ohne nervo o Mist zu Werk zu gehen, wissen, d i ß hier mit Staken, Sägen und Äxten nichts auszurichten ist. „Hier hilft nur eines", erklärt bedächtig der Vormann, „eine tüchtige Sprengladung, gut angebracht ecniu an dem Stamm, der wie ein Riegel das ganze Knäuel hält. Den Störenfried herauszufinden iit jetzt das Wichtigste." Aber wie soll d.\ einer hinüberkommen? Jedes Boot würde hier einfach ?ermahlen und vom Strudel im Handumdrehen verschlungen.
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Einar wiegt nach seiner etwas tapsigen Art den Kopf mit der strohblonden Mähne hin und her, schiebt seinen abgegriffenen Filzhut mal vom rechten auf das linke, mal vom linken auf das rechte Ohr und schaut einen nach dem anderen prüfend an. -Ich weiß, wie wir's machen", sagt er nach einigem Nachdenken. Nicht das tr^te Mal sind sie in einer solchen Lage. Sie nicken zustimmend, als er ihnen erläutert, was er vorhat. „Wir schieben zwei Stämme als Steg bis zum großen Felsen vor. Ich gehe und mache die Ladung fest." Die Männer schauen ein wenig ungehalten drein. Jeder mochte diese gefährliche Aufgabe auf sich nehmen, aber gegen Einars Entscheidung gibt es keinen Widerspruch. Er ist ihr Förman und besitzt in solchen Dingen die meiste Erfahrung. Viele Worte machen ist nicht Art der Flößburschen. Hart klingen die scharfen Äxte, hell singen die Motorsägen und fahren durch zwei kerzengerade lichten. Ratsch-ratsch-ratsch sind die Zweige heruntergeschlagen, schon wuchten die Männer die Stämme geschickt vom Ufer zur Klippe hinüber. Der Laufsteg ist das Werk von kaum mehr als einer Viertelstunde. Einar steckt die Sprengkapsel in die Tasche, greift nach einem Ende Draht zum Festmachen und hängt sich die Kabelrolle um. Elegant balanciert er auf der schwankenden Brücke hinüber. Er hat längst erfaßt, an welchem Stamm das Riesenknäuel aus Langhölzern hängt und wo die Ladung anzubringen ist. Mit wenigen Handgriffen ist die Arbeit getan. Schon ist er wieder auf dem Rückweg und läßt die dünne Sprengschnur hinter sich abrollen. Wir sehen uns nach einem geeigneten Splitterschutz um. Hinter einem großen Felsblock gut geschützt, stellt Einar die Kontakte mit der Zündmaschine her. Noch ein fürsorglicher, schneller Blick zu den Gefährten hin, dann ruft er die Warnung: „Achtung — volle Deckung!" R u u u u u m m s — mit Donnergewalt geht die Ladung hoch. Heulend sausen Holz und Gesteinstrümmer durch die Luft, fegen krachend durch die Baumkronen. Kaum ist der Lärm vorüber, springen wir auf und eilen zum Ufer. Doch nur ein kleiner Teil der Barre hat sich gelöst und treibt flußabwärts. Bevor die Hochflut neue 11
Langhölzer herantragen und die Bresche ausfüllen kann, muß Einar nochmals hinüber. Da der Steg stehengeblieben ist, geht es nun rascher. Wie auf einem Artistenseil tänzelt Einar über die Balken. Er wird die doppelte Ladung anbringen, tief an einem besonders dicken, testverkeilten Stamm, der wie ein Torbalken die ganze Barriere hält. Schon ist er drüben, schneller als vorhin erledigt er den Auftrag. Jeden Moment kann der Steg durch das Wirbelwasser vom glatten Felslager heruntergestoßen werden. Jetzt kommt es auf Bruchteile von Sekunden an. Kurz vor dem rettenden Ufer schwankt Einar, verliert den Halt; im Abrutschen stößt er sich mit den dicken Gummisohlen ab und landet, sozusagen im Hechtsprung, in hilfsbereit entgegengestreckten Armen. Zu seinem Glück! Auf dem glitschigen Uferfelsen würde er keinen Halt finden! Wieder einmal ist e^ gut gegangen. Ein Dahintreiben zwischen den stoßenden Stämmen wäre lebensgefährlich. Einar läßt sich nichts anmerken. Ohne Hast hantiert er an seinem Zündapparat. Erneut hören wir den Warnruf: „Achtung, Jungens, volle Deckung!" Noch einmal, gewaltiger als vorhin donnert es durch das Tal, sausen zerfetzte Holzteile durch die Luft und fahren krachend ins Gehölz. Dumpfes Grollen und hartes Poltern zeigen an, daß Einar diesmal vollen Erfolg hat. Die riesige Masse gerät in Bewegung, löst sich auf, erst langsam, dann schneller; die gestauten Wassernüssen drücken und schieben mit ungeheurer Gewalt nach. Alles ist so, wie der Förman es vorausgesehen hat. Das Getöse der befreiten Wasser, der bullernden, gegeneinander reibenden Stämme erfüllt die Männer mit Freude und Genugtuung. Bald prasselt ein großes leuer am Wärme gegen die rasch aufkommende gen schlürfen sie glühheißen Kaffee, hartes Knäckebrot und reichlich Speck Flößer und Holzfäller.
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Strand und strahlt wohlige Abendkühle aus. Mit Behaihr Lieblingsgetränk, essen — die beste Nahrung für
Die Rumpa räumt den Fluß Förman Einar hat all erster die Mahlzeit beendet, erhebt sich, schwingt sich in den Wagen und fährt zur nächsten Telefonstelle, um dem Distriktchef die erfolgreiche Durchführung zu melden. Nach einer halben Stunde kommt er mit neuem Auftrag zurück. Seine wettergegerbten Züge strahlen, als er den Gefährten Forsbergs Kommando übermittelt. „Jou!" sagt er und nimmt einen langen Zug aus der selten ausgehenden Tabakpfeife. ,,Wir bekommen Verstärkung und fahren morgen weiter hinauf in die Berge. Wir arbeiten als Rumpa, als Schlußmannschaft. Ihr wißt, Jungens, das bedeutet eine große Anerkennung vom Chef." „Haben wir verdient!" ruft Sven zustimmend aus dem Hintergrund. Er ist der Längste unter den Männern und als Jüngster sonst gewohnt, die Älteren sprechen zu lassen. „Jou — diese Ehre! Das laß ich mir gefallen " Sie sind also zur Rumpa ernannt. Das ist das höchste Lob, das einem Flößertrupp in den Wäldern Nordeuropas zuteil werden kann. Die Rumpa besteht immer aus den bestbewährten, erfahrensten, meist jüngeren Leuten; sie bildet sozusagen die Nachhut in der großen Holzscblacht des Jahres. Die Rumpa räumt hinter den Flößern und Holzfällern auf. Sie hat den Auftrag, an den Winterstapelplätzen auf dem Eis der Gewässer zu bleiben, bis der „Schwanz" des ungeheuren Wanderzuges gefällter Bäume ins fließende Wasser gebracht und auf der langen Reise zu Tal ist. Als Mannschaft zu sorgfältiger Schlußkontrolle verpflichtet, kümmert sich die Rumpa um den wirklich allerletzten, irgendwo aufs Trokkene geratenen, auf einer Klippe gestrandeten oder in einem Wirbelstrom gefangenen Stamm. Selbst den verstecktesten Winkel, in dem etwas hängen geblieben ist, räumen die Männer aus. Jeder gefällte Baum kostet gutes Geld, und keiner der zahlreichen Flößinteressenten des betreffenden Distrikts will unnötige Verluste haben und auch nur einen einzigen Stamm verlieren. Je weniger Stücke, die all' genau in den Listen verzeichnet sind, später an den Sammel- und Sortierstellen fehlen, um so größer ist der Ruhm des Schlußtrupps, um so erfreulicher fällt dann die Prämie aus, die der Mannschaft der Rumpa zusteht. 13
Von Rumpa-Flößern werden außergewöhnliche Leistungen verlangt. Wo'immer die Arbeit am gefährlichsten ist, an gischtenden .rf allen, über Strudelf eben und in tosenden Stromschnellen, da setzt die Arbeit der Rumpa ein. Sie muß im wahrsten Sinne des Wortes „gekonnt" sein. Hier genügt es nicht, nur Schneid zu haben; zum Wagemut müssen jahrelange Erfahrung im Umgang mit sperrigem Flößholz kommen und das Vermögen, schwierige Situationen rasch zu übersehen und wohlüberlegt hart anzupacken. Auf die Männer der Rumpa trifft die ehrenvolle Bezeichnung vor allem zu, die der schwedische Volksmund geprägt hat: „stock junkare". Es bedeutet so viel wie „Junker des Flößerstakens". Viele Wochen im lichten Nordlandsommer ist die Rumpa unter.. Geschickt gesteuert, schießen ihre federleichten, ranken Boote durch die wildesten Stromschnellen oder pflügen die Seen, zu denen sich die Flüsse nicht selten verbreitern. Immer finden die langen handlichen Stangen mit den blitzenden scharfen Stahlhaken Arbeit genug. Ist sie getan, jagen die Boote weiter durch das wirbelnde Spiel der Wildwasser in den Engpässen und canonartigen Schluchten. Hin und wieder heben die Männer Boote und Ausrüstungen auf ihre Schultern, um unpassierbare Wasserfälle zu umgehen. Ist das Tagewerk getan, so errichten sie in der'taghellen Mittsommernacht irgendwo am Ufer ihre leichten Zelte. Manchmal aber nehmen ich nicht die Zeit, ein Zelt aufzuschlagen; das weiche Moos .de» Waldes als Polster und das blanke, sternenlose Himmelszelt als Zudeck genügen ihnen. Die kristallklaren Seen und Flüsse des Nordens liefern den Flößjunkern für ihre Abendmahlzeit hin und wieder gratis das rotgelbe Fleisdi köstlicher Lachse und Rotforellen. Am liebsten I i »lies am Spieß über der Glut des Lagerfeuers schmoren. Hinterher kramen sie aus den geräumigen Taschen ihrer Kluft Tabakpfeifen und Zigaretten hervor, machen es sich auf Baumstämmen bequem, und es bleibt Zeit für ein gemütliches Schwätzchen oder zum Geschichtenerzählen — Geschichten von gefährlichen Zwischenfallen und von Bären- und Wolfsjagden im letzten Winter. Schließlich holt Erik, sonst der Schweigsamste in Einars Rumpa, „dragspei" aus seinem geräumigen Rucksack, der seine ganze be14
scheidcne Habe enthält. Zu den Klängen dieser Ziehharmonika schallen die rauhen, meist etwas wehmütig klingenden Hößerliedcr über den raunenden Älv und durch den schweigsamen Wald. Das ist noch ein herrliches Leben im Freien, finden sie, voll von Abenteuern; keiner von ihnen mochte es missen. Ihre Arbeit wird heute zudem recht gut bezahlt. Daher bleiben viele diesem unbeständigen, nomadenhaften Wildmarkdasein so lange treu, bis ihre Kräfte der verantwortungsvollen Arbeit nicht mehr gewachsen sind.
Gefährlicher Ritt Allzuschnell verstreichen die Stunden qualmenden Balkenfeuer, das auch gegen hilft. Dann sorgt die Ermüdung für einen aber der Schlaf ist nie lang; denn der muß genutzt werden.
wohlverdienter Rast am die beißgierigen Mücken tiefen, traumlosen Schlaf; kurze Nordpolarsommer
Nach der kurzen Nachtruhe packen die Leute der Rumpa ihre paar Habseligkeiten, ihr Werkzeug und die Zeltplanen wieder zusammen, verstauen alles und springen in die Boote. Mit kräftigem Schwung stoßen sie weit hinaus in den Strom, dem nächsten Arbeitsplatz entgegen. Truppführer Einar führt hochaufgerichtet das erste Boot und hantiert mit «.einer langen Stange, um das Gefährt durch kräftiges Abstoßen noch schneller voranzutreiben; Sven steuert im Heck mit dem kurzen Riemen. Schon ist die kleine Flottille hinter der nächsten Krümmung verschwunden. Die schneller werdende Strömung reißt die Boote mit sich, und Einar kann jetzt den Staken beiseite legen. Vergessen sind die wenigen Mußestunden; schon müssen sie sich wieder einmal zum tausendfach geübten Werk bereitmachen. Ein gewaltiger Stau aus festgetriebenen Langhölzern versperrt ihnen und den herantreibenden Stämmen die Weiterfahrt. Die Sperre zieht sich diesmal nicht quer über den Strom von einem Ufer zum anderen. 1 ein „Knoten", wie die Fachleute sagen, aus dem lange Stämme wie aus dem Fell eines stacheligen Igels herausragen. Viele tausend 15
Bäume — Einar schätzt sie auf mindestens fünfzehntausend — haben sich über einer Felsklippe ineinander verhakt. Es sieht so aus, als habe ein Riese in sinnloser Wut diesen sperrigen Holzberg mitten in den Strom geschleudert. Einar bestimmt Sven und Erik, seine fixesten und kräftigsten Leute, ihm zu helfen, den Holzstau in Fahrt zu bringen. Ein Boot setzt sie über; mit den langen Staken klettern die drei wie die Eichhörnchen zwischen den weißblank gescheuerten, aalglatten Stämmen umher und sehen sich die Sache zunächst einmal sachverständig an. Immer ist diese Suche nach dem sperrenden Hauptstamm gefahrdrohend und erfordert höchste Aufmerksamkeit. Hart unterhalb verengt sidi der Angerman-Älv und fällt kurz darauf über eine haushohe Felsschwelle senkrecht ab. Das Tosen der Wassermassen ist so laut, daß die Männer sich nur mit Zeichen und durch gut eingespieltes stilles Einvernehmen miteinander verständigen können. Mit gespannten Mienen und zusammengepreßten Lippen beobachten die Kameraden am Ufer, wie ihre Gefährten sich bemühen, das heillos verklemmte Durcheinander zu entwirren und zum Fluten zu bringen. Die Rundstämme des „Knotens" zittern unter dem ungeheuren Wasserdruck. Nie kann man wissen, ob nicht ganz plötzlich einer der Stämme freikommt und den Mann, der sich daran anklammern will, mitnimmt ins nasse Element. Mehr vorsichtig tastend als sicher stehend, schlagen die Männer jetzt die Stahlhaken in den Stamm, der die Unordnung verschuldet hat. Eisern umspannen ihre starken längte die langen Schäfte. Auf ein Zeichen des Formans Einar zerren und reißen sie an dem klotzigen Ungetüm, das mindestens vier Meter aus dem Wasser ragt. Noch ein scharfer Ruck, und noch einer — der Stamm gibt nach, das verkeilte Ende ist frei und sdiießt plötzlich heraus. Es poltert und rumpelt in der Barre — alles gerät ins Gleiten und wird von der Strömung erfaßt. Unter dem plötzlichen Auftrieb schießen hier und dort Stämme hoch aus dem quirlenden Wasserspiel, so als habe ein unsichtbarer Schütze sie von der Sehne geschnellt. Die erfahrenen Flößer wissen, was jetzt auf dem Spiele steht. Es gilt, aufrecht und oben zu bleiben, um das nackte Leben zu springen und schnellsten 16
Unsere Leser haben mit dieser Liste der bisher erschienenen und lieferbaren Lesebogen die Möglichkeit • ihre Bestände zu ergänzen und verlorengegangene Hefte nachzubestellen • eine verbilligte Schul-Sammelbestellung aufzugeben (für Klassenlcktürc/Arbeitsgemeinschaften u. a.). Vergessen Sie auch nicht, zum Sammeln die praktischen Lux-LesebogenKassetten zu bestellen (siehe Bestellschein). Liste der Lesebogen Länder und Völker 69 114 317 229 282 211 39 275 328 HO 244 206 251 85 305 177 298 345 77 265 83 320 358 363 372 373
Japan Wir ritten n. Lhasa Irland Korsika Malta Die kleinen Vier Wüste oder Paradies Der Nil Der Berg Sinai Die Karawane Saba Negerstaat Liberia Gbana — Staat an der Goldküste Pygmäen Gold in Südafrika Kongo zwischen gestern und morgen Stanley am Kongo Die Donau Windhunde des Ozeans Kapitäne Die großen Kanüe Schiffe im Hafen Der Jangtse Wien Bantu und Buschmänner Bambus und Beton (Mexiko heute)
383 Die Weiße Oase (Gadames) Forscher u n d Erfinder 214 Große Erfinder 230 Berühmte Arzte 125 Martin Behaim, der Seefahrer 201 Paracelsus 369 Kopernikus 343 Johannes Kepler 292 James Cook 296 AI. v. Humboldt 307 Hofapotheker Pettenkofer 310 Forstmeister Drais 266 Livingstone 19 Robert Koch 176 Brot für die Menschheit— Justus Liebig 120 Edison.derZauberer 306 Heinrich Hertz 220 Röntgen ' 204 Madame Curie 326 Marconi 281 Max Planck 303 Albert Einstein 331 Max von Laue 360 Otto Hahn 184 Professor Piccard
Welf der Technik 95 Triumphe d. Technik 42 Vom Tretrad zur Turbine 182 Ratsherr Guericke 159 Siemens 79 Kalter als Eis 217 Straßen der Kraft 264 Titan 212 Glas 190 Salzgitter 332 Das Dampfroß 315 Der eiserne Seehund 48 Luftgaukler 113 Der Schneider v.Ulm 325 Traum u. Tot (Eyth) 295 Schiffe am Himmel 200 Hubschrauber 232 Silbervögel 215 QDM 270* / Flughafen und Piloten 143 Friedliches Atom 63 Weltraum-Raketen 252 Ultraschall 233 Amateurfunker 26 Die gläserne Landkarte (Radar) 362 Stahl 364 SOS 370 .Freundschaft 7" (Erdsatelliten) 376 Ozeanriesen
Sternenwelt und Erde 100 7 237 375
Welteninseln Die Sterne Sternenrätsel Wie hoch ist der Himmel? 76 Die Sonne 46 Sonnenstoff Helium 247 Die neun Planeten 84 Ratsei des Mar« 60 Meteore 134 Die alte Erde 256 Die Entdeckung der Erde 209 Weltuhr 278 Weltumsegler 226 Mit 40 PS rund um die Erde 37 Der gute Mond 20 Multipliziertes Auge 157 Mount Palomar 67 Im Reich der Höhlen 141 Die Höhle von Pierre Saint Martin 259 Bergleute in alter Zeit 41 Der brennende Stein (Steinkohlen) 156 Land der Braunkohle 333 Ätna 82 Rätsel der Osterinsel 337 Gipfelstürmer 379 11 000 Meter tief ins Meer
Amerika - Die Neue Welt 3 Goldland d. Inka 86 Das Reich der Maya 153 Indianer 261 Masken u. DSmonen 238 Schlangenanbeter 213 Unterirdische Götter 14 Columbus 51 Cortez 272 Mexiko 96 Der Amazonas 227 Simon Bolivar 221 Der wilde Westen 287 New York 133 Die Brooklyn-Bracke 293 Vater der Ströme 33 Auf dem Mississippi 16 Wasser, Wüste, Weizen
242 David Crockett 309 Waldläufer 228 Hudson's Bay Company i5o Kanada 191 Der große Strom St. Lorenz 336 Der Arzt von Labrador
Nordpol - Südpol 31 203 73 357 149 291
Arktis Luftkreuz Nordpol Roald Amundsen Nansen Im ewigen Eis Nautilus (Nordpolunterquerung) 356 Am Dach der Welt 313 Eskimos 127 Grönland 300 Spitzbergen 130 Suomi — Finnland 239 Nomaden d. Nordens 92 Herden unter der Mitternachtssonne 172 Alaska 319 Urwild der Arktis 338 Lemming-Züge 324 Eisbären 260 Robben 43 Der sechste Erdteil 155 Pinguine 245 Admiral Byrd 280 Station am Südpol 389 Schwimmende Wälder
Weiigeschichte 198 Stadt am Indus 330 Die Pyramide 289 Hatschepsut, Tochter der Sonne 350 Nofretete 54 Im Tal der Könige 316 Euphral und Tigris 110 Ninive und Babylon 382 Throne auf goldenen Füßen 378 Im Reich der Hethiter 128 Konfuzius 101 Buddha, der 'Erleuchtete 90 Entdeckung Trojas 218 Olympia 354 Athen
66 27a 385 283 147 91 188 29
Der Prozeß Sokrates Etrusker Karthago Rom Das goldene Byzanz Mohammed Die Wikinger Mit den Drachenbooten nach Vinland 311 Die große Mauer 195 Sturm aus der Steppe 117 Dschingis-Chan 361 Eldorado 71 Das Land Sibir 302 Der schwarze Tod 116 Ritter, Bürger, Bauern 284 Salzstraßen 359 Die Fugger 210 Florenz 205 Venedig 346 Paris 340 Wallenstein 40 1648: Und es ward Friede 387 Prinz Eugen 189 Dr. Eisenbart 158 Pestalozzi 352 Kaiser von Haiti 297 Unter schwarzer Flagge 335 Auswandererschiff 323 Goldsucher 243 Freiherr vom Stein 5 Flucht in die Freiheit 25 Das tolle Jahr 1848 112 Henri Dunant 371 Der Armendoktor 258 Albert Ballin 106 Mahatma Gandhi 390 Rebell der Wüste (Mahd!)
Naturgeschichte 276 262 223 246 13 45 108 119 165 288
Werkstatt der Natur Kräfte der Natur Wunder in uns Pflanzenwunder Augen aufl (I) Augen aufl (2) Penicillin Welt der Viren Sieg über die Kälte Das blühende Jahr in Wald und Flur 62 Über Wald u. Heide 241 Der Baum 126 Tiefsee
94 Schätze, die das Meer verschenkt 381 Auf meiner Klippe (Meerestiere) 224 Schildkröleninseln 294 Perlen 75 Urwald ISS Chinchon, der Wunderbaum 186 Zucker 279 Kaffee 267 Kautschuk 163 Fabeltiere 290 Uraltes Tiervolk 52 Tier-Riesen der Urwelt
353 314 59 38
Saurier In Afrika In der Wüste Gobi Jäger der Urzeit Tiere und Tierbilder des Höhlenmenschen 187 Instinkt der Tiere 53 Das verwandelte Tier 47 Das überlistete Tier 98 Merkwürdige Tiere 70 Tierleben 222 Tier-Ritsel 268 Tiere, wie sie keiner kennt 236 Tiergeschichten 192 Tiere i. Winterschlaf 57 Tiervölker wandern 132 Kleines Tiervolk 216 Elche
168 Seltsame Kauze 18 Hagenbedc handelt mit Tieren 22 Der Rattenlanger 154 Im Zoo 194 Tiere hinter Gittern 308 Das Mammut 171 Graue Riesen 339 Pferde 312 Hunde 248 Bernhardiner 263 Affenvolk 197 Die groBen Räuber 78 Grimbadt — der Hamster 366 Meister Lampe 142 Der Dachs 137 Die letzten Biber 93 Mein Freund — der Igel 368 Verachtetes Tier (Kröte) 102 Bergmann d. Ackers 8 Anguis — der Aal 21 Wale 178 Ritter im Teich/ Der Stichllng 341 Wunder d. Insekten 344 Spinnen 322 Bienenvolk 118 Die Wespenkönigin 269 Ameisen 9 Gefiederte Freunde 384 Vögel, die es nicht mehr gibt
64 219 162 181
Ringvogel B 32 521 Vogelvolk Vogelwelt im Zoo Baumeister der Vogelwelt 277 Vögel am Fenster 231 Eulenvolk 253 Der Habicht 299 Der Sperber 199 Mauersegler 123 Der Kuckuck 173 Türili — die Heidelercba 365 Vogelberge 347 Papageien 285 Der Honigvogel 152 Familie Specht 202 Der heilige Käfer / Der Skarabaus 74 Hydra 274 Der Vulkan 105 Erdöl 180 Das Moor 254 Wetterballone 145 Orkane und Taifune 348 Ebbe und Flut 351 Der Golfstrom 386 Das Herz Kultur
und
Bildung
183 Schichten und Scherben (Archäolog.) 235 Das weiße Gold
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Bestellschein Ali Brietdruck siehe (15 Pfg.) im offenen Briefumschlig einsenden An den Verlag Sebastian Lux, 811 Murnau, Postfach 68 durch: Ich bestelle folgende Lux-JLesebogen (nur die Nummer angeben):
104 Schatzsucher (Versunkene Schiffe) 136 Mode und Tracht 189 Gutenberg. 80 Formende Hundt' 286 Matthäus Merian 61 Gemälde (Werkstattgeheimnisse grofier Meister) 167 Falscher Rembrandt 1 Die alte Orgel 111 Klingender Wald (Die Geige) 250 Herz d. Zeit (Uhren) 121 Vorhang auf/ Die Welt des Theaters 27/28 Kasperl (Puppenspiel-Doppelheft) 34/35 Film (Doppelheft) 148 Tönende Leinwand 208 Fernsehen 255 Sehende Hände (Blindenschrift) 234 Olympische Flamme 4 Verhexte Zahlen
Dichter und Denker 240 Cicero 249 Dante Alighieri
15 Polizeiakte Shakespeare 107 Cervantes, der Ritter Don Quidhotc 374 Abraham a Santa Clara 55/56 Beim Herrn Geheimrat (Goethe, Doppelheft) 170 Der junge Schiller 304 Schiller in Weimar 146 Matthias Claudius 164 Johann Peter Hebel 355 Kleist 349 Die Brüder Grimm 131 Eichendorff 144 E. Th. A..Hoffmann 367 Ludwig Uhland 196 Hans Christian Andersen 115 Eduard Mörike 89 Hebbel 207 Bunte Steine / Adalbert Stifter 334 Schopenhauer 138 Walt Whitman 175 Waldheimat / Peter Rosegger 109 Selma Lagerlöf 377 Gerhart Hauptmann
327 Rainer Maria Rilke 193 Hermann Hesse
Kunst und Musik 44 Dome der Gotik 380 Erzene Stimme (Glocken) 318 Botlicelli 124 Leonardo da Vinci 58 Michelangelo 2 Albrecht Dürer 174 Meister Matthls, der Maler 301 El Greco 10 Rembrandt 81 J.S.Bach 166 Meister des Barock 12 Mozart 122 Beethoven 271 Franz Schubert 329 Paganinl 273 Carl Spitzweg 139 Ludwig Richter 342 Verdi 161 van Gogh 72 Wilhelm Lelbl 321 Puccinl 49 Moderne Kunst 257 Der blaue Reiter 129 Barlach
Heftpreis 30 Pfg.— Schul-Sammclpreis 25 Pfg. Verlag Sebastian Lux
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Hölzerne Flößrinne zur Umgehung von natürlichen oder künstlichen Hindernissen im Strom oder als Verbindung zwischen zwei Flößwegen
feste Land zu gewinnen. A u f den nachgebenden rutschigen Stämmen tanzen sie behend von Baum zu Kaum über die Wasserfläche. D i e langen Stangen benutzen sie unglaublich geschickt zum Glcichgcwiduhalten und Abstützen. Einar hat sich als letzter abgesetzt. Im Springen von Stamm zu Stamm läßt er die vorauseilenden Gefährten nicht aus den Augen.
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Im Notfall wird er zur Stelle sein und Hilfe leisten. In ernster Gefahr ist der Vormann immer vornweg. Einar konnte das sichere Ufer, wenn auch knapp genug, noch ebensogut erreichen wie die beiden anderen. Aber er will vorher noch einen besonders imposanten Stamm durch einen wuchtig geführten Stoß von einer Klippe weg und in die Strömung hineinbugsieren. Diefe Verzögerung — es sind nur ein paar Sekunden — trennt Einar von den übrigen, und der Rückstoß bringt ihn immer weiter vom Ufer weg. Schon treibt er auf einem einzelnen Stamm, hochaufgerichtet, mitten in der reißenden Flut. Weißgott — der Vormann hat schon oftmals bewiesen, daß er gleich den besten und berühmtesten Stockjunkern des Nordens auf einem ständig rollenden Rundholz durch Stromschnellen zu „reiten" versteht, ohne abgeworfen zu werden. Die Kameraden halten bewundernd den Atem an. Auf seinen langen sehnigen Beinen wirkt Einar wie ein erstklassiger Startänzer auf festem Parkett. Doch dann stutzen sie: Einar scheint nicht mehr Herr der Lage zu sein. Unaufhaltsam geht es auf den nahen Wasserfall zu. Recht«, und links sind keine Stämme nahe genug, um, wie so viele Male, von einem zum anderen zu springen und Land zu erreichen. Das höllische Tosen und Donnern der stürzenden Wassermassen übertönt die verzweifelten Warnrufe. Die Männer greifen ihr leichtestes Boot und rennen am Ufer entlang hinab zum Auslauf des Fors, da wo er sich trichterartig zum kochenden Strudel weitet. Bestürzt blicken sie in den wild wirbelnden Wauerkeuel. Schwere Stämme jagen mit dem Falhrasser herunter, als wären sie nichts als Flaumfedern, und platschen auf. Haushohe Sprühnebel sendet der Gischt weit in die Umgebung, triefend senkt er sich über die schweißnassen Gesichter. Endlich sehen sie Einar kommen: Auf der Höhe des Wasserfalls taucJit dunkel gegen den Himmel seine Gestalt auf, stürzt, den Baumstamm freigebend, mit dem Wasser herab und taucht in den Hexenki „Förman! Einar!" rufen sie durcheinander, während sie da; Boot unterhalb des Fors hastig ins Wasser schieben. Sie halten auf die Sirommiite zu, dorthin, wo ihr Vormann soeben versdiwunden ist. Sie starren über die Wasserfläche, lauernd und hoffend. 18
Als er aus der brodelnden Tiefe auftaucht und prustend das Haupt schüttelt, wissen sie, daß er den Sturz lebend überstanden hat. Sven und Erik schwimmen ihm entgegen und nehmen ihn zwischen sich. Vorsichtig heben sie ihn über den Bootsrand. Alle strahlen, malilos froh darüber, daß der tückische Fors, der schon mehreren Flößern den Tod gebracht, ihn glücklich wieder herausgegeben hat. Am Ufer reckt sich der Vormann auf, spuckt Wasser und jappt nach Luft. Dann tut er einen langen Zug aus der bereitgehaltenen Flasche Branntwein. Trocken bemerkt er, wahrend er die Kleider wechselt: „Schöne Sache, so ein Ritt, aber ich rate keinem, es nachzumachen!" Mehr wird darüber nicht gesprochen.
Millionen Stämme werden sortiert Flößdief Türe Forsberg weiß von vielen ähnlichen Abenteuern ••einer Leute. Als wir wieder in seinem Blockhaus beisammensitzen, erzählt der Distriktchef, ein in ganz Nordeuropa bekannter Fachmann, noch manches Interessante aus seiner jahrzehntelangen Tätigkeit im Dienst der Flößerei. In seiner überlegenen und geien Art ist er wie der ruhende Pol in dem rastlosen Getriebe der Holzkampagne. Den groben Balkenwänden seines Dien->traums entströmt der würzige Harzduft der Nordlandkiefer — Waldluft drinnen wie draußen. Der verantwortungsvolle Dienst des Flößchefs ist erst beendet, wenn der letzte Baumstamm des Winterschlages an der letzten Station des langen Flößweges dem Eigentümer übergeben ist. Das ist die Sammel- und Sortierstelle an der Mündung jedes Flößw i ;nu eines Distriktes. Türe Forsberg zeigt mir seine Sortieranlage auf einer großen Luftaufnahme. Von oben betrachtet, sieht sie aus wie ein riesiges Fischgrätenmuster, eingezeichnet in den breit dahinströmenden Unterlauf des großen Älv. Kunterbunt sind die Millionen Bäume zu Tal getrieben; er;t hi•_• r an den Ausläufen der Flößstraßen werden die Stämme nach den 19
verschiedenen Besitzern aussortiert. In den größten schwedischen Distrikten, zum Beispiel im Dal-Älv-Bereich mit 3700 Kilometer Flößwegen, im Angerman-Älv-Distrikt mit fast genauso viel, lassen durchweg mehrere Dutzend Firmen gleichzeitig ihr Holz flößen. Zum Aussortieren des ankommenden Flößgutes bestehen große, sinnreich konstruierte Sortiereinrichtungen. Sie ziehen sich meist über mehrere hundert Meter, zuweilen kilometerlang in den Flußmündungen hin und riegeln sie hermetisch ab. Schon oberhalb der Sortieranlagen ist als erste Auffangstation ein weites Sammelbecken angelegt. Miteinander verkettete und an „Duckdalben" — eingerammten starken Holzpfeilern — verankerte lange Stämme umgrenzen das Becken. In diesem „Magazin" wird das Rundholz, das die Strömung immer neu heranführt, zunächst einmal zu Zehntausenden angesammelt. Die eigentliche Sortieranlage aber liegt unterhalb und besteht aus mehreren parallel verlaufenden Flößgassen, von denen eine in der Mitte,-zwei seitlich angeordnet sind. Zahlreiche kleinere, in schrägem Winkel zu den Gassen anstoßende Sammelboxen verbinden die mittlere „Hauptstraße" mit den langen seitlichen Floßführungen. Die gesamte Anlage schwimmt; sie ist aus langen Balken, schweren Planken, Laufbrettern und Siegen zusammengefügt und ebenfalls an Duckdalben festgemacht. Längs der mittleren, breiteren Gasse stehen die Männer, die das Sortieren besorgen. Haben sich im großen „Magazin" flußaufwärts genügend Stämme gesammelt, 10 öffnet man es je nach Bedarf, und die freigegebenen Langhölzer schwimmen mit der sanfteren Strömung in die mittlere Gasse ein. Mit erstaunlicher Geschicklichkeit und mit sehr sicherem Blick verstehen die Sortierflößer mit ihren Staken Stück für Stück in die kleineren seitlichen Sammelboxen hineinzulotsen, je nach den aufgeschlagenen Kennzeichen der ein/einen Firmen, den eingekerbten „Axtmarken". Ist eine der Boxen voll, so öffnet man sie nach der außen verlaufenden schmaleren Gasse hin, in der die Stämme mit der Strömung dem Auslauf der Sortiersielle zutreiben. Hier werden sie zusammengefaßt, maschinell gebündet, umkettet und schließlich durch Bugsierboote zu den Sägewerken und anderen Fabriken der Weiterverarbeitung geschleppt. Die lange Fahrt der 20
1/ M r - A H -*Axtmarken verschiedener Holzeigentümer Stämme ist zu Ende; die Llößsaison hat etwa acht bis zehn Wodien gedauert. Gegen Anfang Juni erwartet man in den Sortierstellen Nurdeuropas die ersten Stämme. Die Menge der in einer modernen Anlage zu sortierenden Langhölzer ist enorm. Durch das „Sandsläns sortcringsvcrk" unseres Distriktes Angerman-Älv, eines der bedeutendsten der Welt, gehen während der Sortierzeit rund zwei Millionen Stämme je Arbeitswoche und gegen dreihunderttausend je Arbeitstag im vierundzwanzigstündigen Dreisdiiditenbetrieb; denn audi „nachts" wird hier gearbeitet, da es im Sommer um diese Zeit taghell ist; je höher im Norden, um so länger bleibt die Sonne über dem Horizont.
Wälder der Alten und Neuen Welt Ganze Wälder wandern aul dicNe Weise allsommerlich über die riesig ausgedehnte F:olge der Flößitraßcn der nordeuropäischen Länder zu Tal und zur Weiterverarbeitung in die zahlreichen Werke der hol/veredelnden Industrie und ins Ausland. Allein Schweden als größter europäischer Holzlieferant, dem Finnland kaum nach2\
steht, muß jedes Jahr mindestens hundertfünfzig bis hundcrtsechzig Millionen Stämme flößen lassen. Die gesamte Armee von Flößern beträgt über vierzigtausend Mann in jedem Sommer. Gegen Ende August passieren die letzten Nachzügler unter den Stämmen die Sortierwerke, jene versprengten Stücke, die von den Leuten der Rumpa aus ihren Verstecken herausgeholt und befreit wurden. Der farbenbunte herrliche Nordsommer neigt sich nun rasch seinem Ende zu. Bald wird der Winter mit beißendem Frost, mit viel Eis und Schnee sein unerbittliches Regiment über die Waldmeere hoch im Norden der Alten und der Neuen Welt antreten. Dann kehren die rauhbauzigen Flößjunker in die Camps zurück und greifen wieder zur Axt und bedienen wieder die hellsingende Motorsäge. Ein Mehrfaches von dem, was in Nordeuropa an Rohholz auf den Wasserwegen befördert wird, müssen die Flößsystcmc Kanadas auf ihren Rücken tragen. Kanada produziert allein mehr als die Hälfte allen Zeitungspapiers, das auf der Erde bedruckt wird; es steht an zweiter Stelle unter den Erzeugern von Papiermasse, Zellulose, und liefert mehr Schnittholz als jedes andere Land. Vor dreißig Jahren begann es Schweden und Finnland, die bis dahin führend en waren, zu überrunden. Ohne die kanadischen Holzfäller, die „lumbcrjacks", die sich während des Sommers in „Flößjunker" verwandeln, wären die grenzenlosen Wälder der Neuen Welt zum größten Teil immer noch nutzlose Wildnis. Genauso ist es in der Sowjetunion. Sie verfügt in ihrem nordrussisch-sibirischen Waldgürtel über das unter allen Ländern der Erde nutzholzreichste Gebiet. Millionen und Abermillionen Stämme werden auch hier im Winter geschlagen, im Sommer geflößt — nach den gleichen Methoden, die von skandinavischen Flößingenieuren entwickelt worden sind. Nur gibt es für Rußland keine zuverlässigen Zahlen. Man kann nur sagen, daß Holzeinschlag und Holzverbrauch in Nordund Mittelamerika wahrscheinlich immer noch größer sind als in der UdSSR.
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Die einzigartige Amur-Lärche Holz, seit ferner Vorzeit unentbehrlidier Werkstoff des Menschen, bietet einen Ausgangsrohstoff, aus dem sich weit mehr gewinnen läßt als lediglich Baumaterial und Heizwärme. Um nur einige Beispiele zu nennen: Zellulose und Isoliermaterial, Papier, Holzzucker, Holzessig und Teer, Terpentinöl, Hefe, Alkohol und Klebstoffe, Vanillearoma, Kunstdünger, die explosible Nitrozellulose und Raketentreibstoff. Der Wald als Holzerzeuger ist daher einer unserer wichtigsten Rohstofflieferanten — und er ist unvergänglich, was ihn um so wertvoller macht. Während die Kohlenlager und die Quellen für Mineralöl und Erdgas alle einmal versiegen, erneuert der Wald sich immer wieder, sofern man ihn schützt und nicht mehr einschlägt, als die Natur in jedem Jahr nachwachsen läßt. Der „boreale" Waldgürtel mit den bedeutendsten Nutzwäldern der Erde schließt sich südwärts an die baumlose Arktis an. Er besteht fast nur aus Koniferen, aus Nadelhölzern, und zieht sich von Alaska durch Kanada bis nach Labrador und Neufundland an den Atlantischen Ozean; von Finnland und Skandinavien schwingt er sidi über Karelien und das Weißmeergebiet über den Ural und Sibirien bis nach Kamtschatka am Stillen Ozean. Diese Zone hat eine Tiefe zwischen vier und vierundzwanzig Breitengraden, d. h. zwischen etwa 450 und 2650 Kilometern; die tiefste Waldzonc bildet Sibirien, nördlich des Baikal-Sees. Sie enthält mehr als ein Drittel aller Wälder der Erde und ist wegen der hier vorkommenden Holzarien, hauptsächlich Fichte, Tanne, Kiefer, Lärche, Birke, die wichtigste Quelle des Rohstoffes Holz. Weder die arktische Waldgrenze im Norden noch die Südgrenze des nordischen Nadelwaldes folgen also auch nur annähernd gleichen Breitengraden um die Erde. Auch setzen nicht etwa die Tieftemperaturen des arktisdien Winr.'rs dem Baumwuchs Grenzen. Wald kann nur da nicht wachsen, wo der erforderliche Wachstumszeitraum von sechzig Tagen mit Tagestemperaturen von + 1 0 Grad Celsius nicht mehr erreicht wird. Daher weist [sland zum Beispiel keinen hochstämmigen Wald auf. Aber selbst in der Gegend des nördlichen Kältepols, um Werchojansk in Nordsibirien, wo im Winter bis —60 Grad Celsius gemessen werden, wachsen über ewig gefrorenem Bo23
den noch ganze Lärchenwälder. Sie sind so ausgedehnt, daß man die Bundesrepublik allein achtmal hineinstecken könnte. Diese Amur-Lärche ist allerdings einzigartig; kein anderer Baum tut es ihr unter ähnlichen Kältebedingungen gleich. Neben Kanada und der nördlichen Sowjetunion sind die „fennoskandischen" Länder — Finnland, Schweden und Norwegen — die Weltlieferanten des Rohstoffes Holz. Die nordeuropäischen Staaten besitzen mehr Wald als das ganze übrige Europa zusammen, Rußland ausgenommen. In Finnland sind fast Dreiviertel seiner Fläche Wald, in Schweden mehr als die Hälfte, in Norwegen rund ein Viertel. Deutschland aber kann seinen Bedarf an Holz schon seit etwa einem Jahrhundert nicht mehr aus eigenen Wäldern dckken; es muß daher viel Holz einführen: ein Drittel bis ein Viertel seines Bedarfs.
Immer tiefer in die Nordwälder Die Flößerei in größerem Umfang und mit allerlei künstlichen Eingriffen und Mitteln ist im Norden noch jung. Vor vier Jahrhunderten begann zwar in Schweden die heute noch bestehende berühmte Bergwerksgesellschaft „Stora Kopparbergslags Aktiebolag" als erste, Grubenholz für ihre Bergbaubetriebe zu flößen. Aber die Gesellschaft fand nur wenig Nachfolger. Als der berühmte schwedische Naturforscher Carl von Linne1 in den dreißiger Jahren des 18. Jahrhunderts die Nordlandwälder durchstreifte, war er aufs tiefste enttäuscht über das Brachliegen der Holzwirtschaft: „Die größten Wälder mit ihren herrlichen Masten und Schiffsplanken sind leider zu gar nichts nütze", schrieb er 1734 in einem Reisebericht. „Wäre es möglich, das Holz auf dem Dal-Älv (Schwedens längstem Strom) ohne große Kosten ans Meer zu schaffen, gäbe es für lange Zeit genug Holz." Nach Linnes Beobachtungen und Überlegungen verging mehr als ein Jahrhundert, ehe die mächtig aufkommenden Eisen- und Stahlindustrien Großbritanniens und anderer europäischer Länder sich genötigt sahen, auf die Holzreserven der Nordländer zurückzugreifen. Damals spielte die Holzkohle noch eine ent24
Am Ende der großen Reise: Berg von geflößtem Holz für die Papierfabrik
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scheidende Rolle bei der Verhüttung von Eisenerz und bei der Stahlgewinhung. Die Engländer senkten als erste-. Land die Zölle für Holz aus Skandinavien. Obwohl man in der europäischen Hüttenindustrie bald ganz auf Koks überging, stieg der Bedarf an Hui/, als Rohstoff' immer mehr an.
Auf dem „Holzweg" zum Papier So gewannen um die Mitte des 19. Jahrhunderts die Wälder J^. Nordens als neue, ungeahnt ergiebige Quellen des Wohlstandes rasch an Bedeutung. Als erste kam, zunächst in der Nähe der Küsten, die Schnittholzindustrie mit Wasserkraft- und Dampfsägen auf. Die Ausfuhr nahm sehr schnell zu, und es floß viel Geld ins Land. Landeinwärts richtete man bald mehr und mehr Wasserwege zum Flutten her. In den bis dahin als nutzlos geltenden nördlicheren Teilen Schwedens und Finnlands wurden jetzt selbst sehr entlegene Reviere mit einem Male sehr wertvoll. Die Äxte und Sägen der Holzfäller begannen zu klingen, und die recht armselig lebende Bevölkerung kam zu gutem Lohn und Verdienst: durch den Verkauf von Holz aus eigenem Wald, durch die Arbeit beim Schlagen, durch Transportieren und Flößen, schließlich in den überall entstehenden Betrieben der Holzindustrie. Nach der Sägeholzindustrie entwickelte sich bald ein ganz neuer Zweig der „Veredelung", als man Holz zu Holzschliff für die Papicrherstellung verarbeiten lernte und sich jetzt auch die beträchtlichen Mengen Abfallholz vorteilhaft verwenden ließen. Das war im Jahr 1840 der Fall, und es w i r ein Ereignis, das Geschichte gemacht hat. Es war gewissermaßen ein Zurückgreifen auf das Verfahren, nach dem die Chinesen zu Beginn des zweiten nachchristlichen Jahrhunderts dai erste Papier der Welt hergestellt hatten. Die>e früheren Papiermacher hatten Maulbeerbast, Bambusfasern, Chinagras und Seidenabfälle unter Zusatz von Wasser zu einer Breimasse zerstampft, um daraus mit dem Sieb dünne Bogen zu schöpfen. Im Abendland, wo die Papierherstellung um etwa 1100 bekannt wurde, nahm man zerstampfte Hadern — Lumpen und 2»
Leinenabfällc — als Rohstoff (ür den Papierbrei. Als in den Jahren 1765 bis 1771 der Regensburger Geistliche Jakob Christian Schaeffcr einen Schritt weiter gehen wollte und versuchte, Tannenzapfen, Sägespäne, Torf, Moos, Hopfenranken, Weinreben, Kartoffelkraut, Brennesseln und sogar Fichtenholz und Dachschindeln durch Zerstampfen und Zerfasern in Papier umzuwandeln, gab es ein großes Gelächter über diesen „hölzernen Papiermacher", und der Virsuch blieb in den Anfängen stecken. Wespen haben dann, siebzig Jahre später, den Anstoß zu der wirklich entscheidenden Neuerung in der Papiermachergeschichte gegeben; dir sächsische Leinweber Friedrich Gottlob Keller beobachtete nämlich, wie Wespen aus zerkleincrttn Holzteilchen eine papierähnliche, dünne Masse für die Wände ihrer Nester herstellten, und das gab ihm den Gedanken ein, das gleiche mit geschliffenem Holzmehl zu versuchen. Das Experiment gelang. Keller gewann durch Zusatz von Wasser einen zarten Holzfaserbrei, der ein wirklich brauchbares Papier ergab, besonders wenn er noch mit Hadernbrei vermengt wurde. Sein Erfolg war eine späte Rechtfertigung des „hölzernen Papiers" von Jakob Christian Schaeffer. Für den Holzschliff wurden zerkleinerte Holzstücke unter hohem Druck und — wegen der starken hitzeerzeugenden Reibung — unter reichlicher Wasserbeigabc zwischen Mühlsteinen zerschliffen und zerfasert. Die Holzschlifferzeugung schoß geradezu in die Höhe, als die Presse ihren schnell gewaltig anwachsenden Bedarf an Zeitungspapier aus dem Rohstoff Holz zu decken begann. Fast alles Gedruckte ließ sich auf dem billigeren Papier aus Holzschliff gut wiedergeben. Alsbald nahm sich auch die Chemie des Holzes an und schuf in der Zellulose einen noch edleren Rohstoff für die Papierhtrstellung: Die zerkleinerten Holzteilchen wurden in Lösungen von Kalziumbisulfit und schwefliger Säure oder von Natriumsulfat und Soda zu einer breiartigen Masse zerkocht; 1853 ließen sich fast gleichzeitig ein Engländer und ein US-Amerikaner Verfahren als Patente bestätigen, in denen Holzsplitter auf chemischem Weg« reine Zellulose umgewandelt wurden. Auf diese Weise hergestellte Zellulose liefert ein viel 1 Papier als das „Schliff-Produkt. C. D. Ekman, ein schwedischer 27
Ingenieur, gilt als der erste, der Sulfit-Zellulose durch Kochen von Holzteilchen in doppelt-schwefligem Kalzium in großem Umfang herstellte. Beim Sulfit-Verfahren wird nur Fichte, deren Holz ja sehr hell i-.t, verwendet. Es ergibt, durch Bleichverfahren auf Blütenweiße gebracht, die feinsten Schreib- und Buchpapiere. Durch das Sulfat-Verfahren läßt sich die Kiefer aufschließen. Doch findet das hierbei gewonnene weniger feine Erzeugnis zumeist als „Kraft"Papier Verwendung, als starke Pappe und festes Packpapier.
Nordeuropas Flößleistung: 400 Millionen Stämme Je größer der Bedarf an Holz wurde, um so wichtiger wurde die billige Flößbeförderung aus den oft weitab von den Küsten und Verarbeitungsstätten liegenden Waldgebieten. Allein in Nordeuropa sind es in jedem Sommer fast vierhundert Millionen Stämme, die geflößt werden müssen. Zum Glück führen alle lür das Flößen wichtigen Gewässer — mit kaum erwähnenswerten Ausnahmen für Finnland — an die Ostsee, an den Bottnischen und Finnischen Meerbusen, ins Kattegat und Skagerrak und in die norwegischen Atlantik-Fjorde. Sie sind überdies in ganz Nordeuropa in geradezu idealer Weise ziemlich gleichmäßig über die Waldgebiete verteilt. Die drei nordischen Länder haben heute den Flößbetrieb durch wohlangepaßte, kluge Bestimmungen vorbildlich geregelt. Für jeden größeren I lußbereich gibt es einen „Flößverband" als gemeinnützige Einrichtung. In Schweden zählt man allein über hundertfünfzig derartige „flottningsföreningar". Sie haben sich neben der Herrichtung und Unterhaltung der Flößwege auch mit der Regelung von Schäden, die durch den Betrieb entstehen, und mit der Überwachung dc< Flößgutes zu befassen, das ja zahlreichen Firmen gehört. Sämtliche am Transport in einem Distrikt beteiligten Firmen tragen anteilmäßig die entstehenden Kosten nach Menge und Weglänge ihres beförderten Holzes. Die Flößerverbände müssen sich auch um den Schutz der Fischbestände kümmern ) die durdi die Gerbsäure de Holzes bedroht sind. Ihre Flößingenieure geben Anregungen für betriebliche Verbesserungen, zum Beispiel tür das Problem, wie man Birkenholz zum Schwimmen bringt. Birkenholz, heute ein be28
sonders kostbarer Rohstoff für Furniere und Sperrholz, sinkt nämlich im Wasser. Sie schlugen deshalb vor, die Birken schon im Hochsommer zu fallen, wenn das Holz am trockensten ist, und vor dem Flößen die Schnittflächen zu verschmieren, damit der Stamm nur wenig Wasser in sich aufsaugen kann. Die Flößverbände unterhalten auch zahlreiche von Pferden oder Traktoren gezogene Schlitten, auf denen das geschlagene Holz zum Wasser gebracht wird. Alle Verbandsinitgliedcr arbeiten Hand in Hand, damit im Ablauf des Flößereibetriebes keine Stockungen eintreten und alles zur Zufriedenheit der Beteiligten rechtzeitig im Spätsommer zum Abschluß kommt.
Holzernte — unerschöpflich „Holz kann man ernten, immer wieder ernten, wenn man die Vernunft walten läßt, so wie man von einem Acker immer wieder guten Ertrag erhält, wenn er gut behandelt wird." So belehrte mich ein kanadischer Forstmann. Am gewissenhaftesten halten es in dieser Hinsicht die skandinavischen Forstleute, aber auch die Deutschen und Franzosen. Daher bringen ihre Wälder auch die bebten Erträge. Russen, Kanadier und Amerikaner versuchen heute, die Raubbausünden der Väter wieder gutzumachen. Nach den Feststellungen der weltumspannenden Organisation für Ernährung und Landwirtschaft (FAO) der Vereinten Nationen braucht die Menschheit keine Besorgnis zu haben, daß die Wälder der Erdfeste einmal keinen Ertrag mehr geben oder gar völlig verschwinden. Zum erstenmal hat die FAO umfassende Erhebungen darüber angestellt, wieviel Wald es auf der Erde gibt und wie groß der I rtr.ig ist. Obwohl man für die Entwicklungsländer zum Teil noch auf ungenaue Angaben angewiesen ist, läßt sich doch schätzen, daß es auf der Erde etwa 3830 Millionen Hektar Wald gibt, das sind 38,5 Millionen Quadratkilometer. Man könnte einen Erdteil von der viereinhalbfachen Größe Europas — gerechnet bis zum Ural — völlig mit Wald bedecken. Nicht einmal die Hälfte der Wälder der' Erde ist bisher erschlossen, knapp ein Drittel erst genutzt; planmäßig überwacht durch Fachleute, „bewirtschaftet", ist erst ein Siebtel. 29
Die Fachleute haben auch zu berechnen versucht, wieviel Holz zur Zeit alljährlich nachwächst, so daß es ohne Schaden für den Waldbestand geschlagen werden könnte. Es sind 12t Milliarden Kubikmeter. Daraus ließe sich ein Würfel aus massivem Holz schichten, der eine Kantenlänge von fast fünf Kilometern hätte. Man bedenke: fünf Kilometer lang, ebenso breit und ebenso hoch, und nichts als Holz! Gegenüber diesem jährlichen ausnutzbaren Zuwachs ist der Holzverbrauch der Erdbevölkerung noch sehr gering, er beträgt nur etwas mehr als zwei Milliarden Kubikmeter, die einen mi.siven Holzwürfel mit Kantenlängen von 1,41 Kilometern ergäben. Es kann also noch ein Vielfaches geerntet werden. Die größten Reserven stecken nicht in den „borealen" Nordwäldern, sondern in dem Waldgürtel zwischen den Wendekreisen, der zweiundvierzig Prozent der Wälder der Erde aufwei>t und bisher nur wenig bewirtschaftet ist. Von dem jährlich anfallenden Holz ist fast die Hälfte „Sägeware", wird also zu Brettern, Furnieren und Balken verarbeitet, neunzehn Prozent wandern in die Zellstoff- und Papierfabriken, acht Prozent werden zu Holzkohle verschwelt, die zur Herstellung von Schwarzpulver, Schwefelkohlenstoff, zur Holzkohlengaserzeugung für Motoren und in manchen Fällen zur Eisengewinnung verwendet wird; sechseinhalb Prozent sind sonstiges Nutzholz und über achtzehn Prozent werden als Brennholz verfeuert. Gegen die Verfeuerung des wertvollen Rohstoffes Holz in so großen Mengen erheben >ich viele Stimmen, und es kommt einmal der Augenblick, wo Holzverbrennen als Holzvergeudung angesehen werden wird. Heute zählt man schon mehr als zweitausend andere Verwendungsarten für Holz. Chemiker und Physiker werden weitere Verfahren zur Umwandlung von Holz in edlere Stoffe erfinden. Die chemische Aufschließung und Umwandlung von Holz hat •»ich in den letzten Jahren geradezu stürmisch entwickelt. Nur ein Beispiel; Von 1930 bis 1961 erhöhte sich die Welterzeugung von Papier von zwanzig auf fast fünfzig Millionen Tonnen im Jahr, die Produktion von Zellstoff von neun auf einundvierzig Millionen Tonnen. Wenn einmal die noch unwegsamen Wälder erschlossen sind, werden diese Zahlen sich weiter gewaltig erhöhen.
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Bei kluger, auf weite Sicht planender und schonender Nutzung sind gesunde Wilder eine Quelle unermeßlichen Reichtums. Der Waldbcsitz gibt vor allem vielen Entwicklungsländern die Hoffnung auf bessere Lebensverhältnisse, und es ist Aufgabe der fortschrittlichen Völker, ihnen ihre Erfahrungen bei der Erschließung der Waldreviere, in der Technik des Abiransports und in der industriellen Nutzung der Holzernte zur Verfügung zu stellen.
Um?ch)aggestaltung: Karlheinz Dobsky Bilder: Vitalis Pantenburg L u x - L e s e b o g e n 3 8 9 (Erdkunde). H e f t p r e i s 3 0 P f g . Natur- und kulturkundliche Hefte —Bestellungen (Vierteljahr!. 6 Hette DM 1.80) durch jede Buchhandlung und Jede Postanstalt — Alle früher lenenen Lux-Lesebogen sind in Jeder guten Buchhandlung vor— Druck: Hieronymus MUhlberger, Augsburg — Verlag: -lian Lux, Murnau vor München — Herausgeber: Antonius Lux.
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