OTTO ZIERER
BILD DER J A H R H U N D E R T E EINE WELTGESCHICHTE IN 19 EINZEL- UND 11 DOPPELBÄNDEN
Erotisches
Jahrhu...
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OTTO ZIERER
BILD DER J A H R H U N D E R T E EINE WELTGESCHICHTE IN 19 EINZEL- UND 11 DOPPELBÄNDEN
Erotisches
Jahrhundert
Unter diesem. Titel ist soeben der zehnte Band der neuartigen Weltgeschichte erschienen. Der Band behandelt das dritte nachchristliche Jahrhundert Alle Mächte des Unheils scheinen entfesselt. Bürgerkriege, Soldaten- und Palastrevolutionen, Inflation, Mißernten, Erdbeben und 'Pest, von Germanen und Parthern überschwemmte Reichsgrenzen, BetUeraufsiände in Gallien und Ägypten, Habgier derBesitzenden, Verzweiflung der Flüchtlingsströme und der Sklavenmassen: Wer vermöchte das Chaos zu bannen? Der große Diokletian bändigt noch einmal die Gewalten der Finsternis, aber er scheitert am Grundproblem der Zeit, die äußerlich heidnisch, doch im Innern bereits weithin vom Geist des Christentums erfaßt ist.
Auch dieser Band ist in sich vollkommen abgeschlossen und enthält wieder ausgezeichnete Kunstdrucktafeln und zuverlässige historische Karten. Er kostet in der herrlichen Ganzleinenausgabe mit Rot- und Goldprägung und farbigem Schutzumschlag DM 3.60. Mit dem Bezug des Gesamtwerkes kann in bequemen Monatslieferungen jederzeit begonnen werden, Auf Wunsch werden auch die bereits erschienenen Bücher geschlossen oder in einzelnen Bänden nachgeliefert. Erschienen ist seit Dezember 1950 monatlich ein Band. Prospekt kostenlos vom
VERLAG SEBASTIAN LUX • MURNAU/MÜNCHEN Beachten Sie bitte die letzte Seite
KLEINE B I B L I O T H E K DES WISSENS
LUX-LESEBOGEN NATUR-
UND
KULTURKUNDLICHE
CHRISTIAN
HEFTE
JENSEN
Die Gutsherrin von Marbacka
VERLAG SEBASTIAN LUX • MURNAU/MÜNCHEN
Marbacka, das Geburtshaus Selma Lagerlöfs
Der Althof von AAarbacka Zwischen dem Väner-See, dem größten See des Nordens, und dem Erzgrubenland, dem hämmernden Herzen Schwedens, liegt, sechs Bahnstunden von der Hauptstadt Stockholm entfernt, das Värmland 1 mit unzähligen Wassern und meilenweiten Wäldern auf den blauen Hügelzügen. Mitten im Lande verbindet ein anmutiges Tal zwei der langgezogenen Frykseen, den „Oberen" und den „Mittleren"; es gibt eine ganze Kette von Gewässern dieses Namens. Allerorts steigt der Fichtenwald die sanften Hänge hinab, schiebt seinen Saum bis nahe an die Kirchspiele, die Herrenhöfe und die roten Holzhäuser der Bauern, die im Grund ihre Wiesen und Äcker haben. An der Tal- j Straße stehen im freundlichen Gegensatz zu dem Dunkel der Hügel- 1 2
Waldungen weißstämmige Birken und flechtenbewachsene Ebereschen und reihen sich hier und da zu schattigen Gruppen dicht hintereinander. Längs einer dieser Alleen lag vor hundert Jahren an einem der schönsten Talplätze der Althof von Marbacka, einst Pfarrhof für die kleine Ansammlung von Katen und Gehöften, dann aber im Eigentum des Regimentsschreibers und Steuereinnehmers Erik Gustav Lagerlöf. Von der Allee her hob sich ein von Spazierwegen umrahmtes Rasenoval leicht zur Anhöhe, auf der das „Herrenhaus" stand — ein Titel, der damals noch kaum gerechtfertigt war; denn Marbacka unterschied sich in jenen Jahren nur dadurch von den anderen Bauernhöfen ringsum, daß der Hausherr hier alle Bäume und Sträucher wachsen ließ, wie es ihnen gefiel. Selbst die hohle und wurmzerfressene Weide, der ein Blitzschlag die Krone genommen hatte, durfte weiterleben, weil in jedem Frühling ein Strauß frischen Grüns aus dem abgebrochenen Stamme schoß. Das „Herrenhaus" bot wie alle schwedischen Bauernhäuser mit dem Rot seiner Holzwände und den weiß abgesetzten Fensterrahmen ein farbenfrohes Bild. Zum Rot und Weiß der Fassade kam im Spätherbst noch das leuchtende Gelb der Blätter, die das Rasendach breit übersäten; denn der Faulbaum am Seitengiebel war mit der Zeit so groß geworden, daß er mit seinem fallenden Laub jedes Jahr das ganze Hausdach aus vollen Händen bestreuen konnte.
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Prophetin an der Wiege Im Hause herrschte am späten Abend des 28. November 1858 die unvermeidliche Aufregung und Verwirrung, welche die Geburt eines Kindes mit sich bringt. Zwei Brüder und eine Schwester des Neugeborenen bestaunten mit der zahlreichen Verwandschaft der Lagerlöfs das kleine Wesen, das in der Wiege lag. Noch am späten Abend kam die alte Tante Wennervik, die Schwester der Lagerlöf-Mutter, aus der Nachbarschaft nach Marbacka. Sie trug wie zufällig die Spielkarten in ihrem „Ridikül", dem Handarbeitsbeutel, mit sich, und die Mutter konnte sich nicht enthalten, sich von ihr die Zukunft des neugeborenen Kindes Selma deuten zu lassen. „Sie wird in ihrem ganzen Leben kein Gewebe aufziehen", sagte Tante Wennervik, die Nase in den Karten und so davon ausgefüllt, 3
die Zukunft zu erforschen, daß sie sich kaum klarmachte, was si prophezeite. „Sie wird viel mit Büchern und Papier zu tun haben". Die alt Frau Lagerlöf beugte sich über die Karten, wie um einen Leitfaden7 in all dieser Wirrnis zu finden: „Sie wird viel mit Büchern zu tun haben? Du meinst vielleicht, Schwester, daß sie einen armen Geistlichen heiraten wird, der von einem Kirchspiel ins andere ziehen muß und nie zur Ruhe kommt", warf sie hin. „Aber wenn es nur ein ordentlicher Mann ist, der sie gut behandelt . . ." Tante Wennervik erhob den Zeigefinger gerade in die Luft und unterbrach sie. „Willst du Schwester, daß ich dir sage, wie es ist?" fragte sie. „Gewiß will ich das", antwortete die alte Frau Lagerlöf. „Sie wird nie heiraten." „So, so, sie wird nie heiraten . . . Aber du kannst mir doch wenigstens sagen, ob sie ein braver guter Mensch wird?" „Gut und freundlich wird sie sein", sagte Tante Wennervik. Die Großtante hatte unter anderem auch eine Krankheit vorhergesagt, an der Selma ihr ganzes Leben lang zu tragen haben würde Und diese merkwürdige Prophezeiung begann sich früh genug zi erfüllen. Als Selma etwa dreieinhalb Jahre alt war, geschah es, da sie nach einem frühen Morgengang mit dem Vater und eine: Quellbad bis zum Mittagessen wieder zu Bett gelegt wurde. Als si aufwachte und aufstehen wollte, spürte sie erschreckt, daß ihr di Beine versagten. Sie selbst tröstete sich bald damit, daß das Kinder mädchen, das vorher ihr und den Schwestern zu nichts nütze sein schien, sie mit ihren starken Armen zu tragen versprach. Abe in der Familie war die Bestürzung begreiflicherweise groß. Doktorei und sogar Quacksalberinnen wurden befragt. Auf den Rat eines Arztes reiste die Familie im darauffolgenden Sommer nach Strömstad an der Westküste Südschwedens. Die Luftveränderung und die Seebäder sollten der Gelähmten helfen. Die Fahrt über den stürmischen Väner-See und der Anblick der Städte Karlstad und Göteborg mit ihren belebten Straßen und märchenbunten Schaufenstern waren unvergeßliche Erlebnisse für das Kind, das auf dieser Reise nicht nur wie durch ein Wunder wieder gehen, sondern vor allem sehen lernte. Freilich hat die alte Tante Wennervik doch insofern recht behalten, als das Hüftleiden Selma Lagerlöf das ganze Leben hindurch, wenn auch später nur geringfügig, zu schaffen machte. Aber das hat für ihre innere Entwicklung durchaus auch sein Gutes gehabt. Dai
viele Sitzenmüssen, besonders zwischen dem fünften und zehnten Lebensjahr, ließ sie ihre Umgebung schon früh mit wacher, eindringlicher Anteilnahme und Einbildungskraft beobachten, Zusammenhänge erfassen und kluge Schlüsse ziehen. Ihr blieb zudem fast keine andere Wahl, als ihre Zuflucht zu den Büchern zu nehmen; so wurde sie ein ungewöhnlich belesenes und besinnliches Kind. Man wird sich vor solchen Erscheinungen immer wieder fragen, ob das Schicksal die Veranlagung ursprünglich geprägt oder gewandelt und auf besondere Weise entfaltet hat, oder ob der Grundstrom des Wesens so mächtig war, daß er gewissermaßen das Schicksal in seine Bahn zwang. Selma Lagerlöf hat diesem Rätsel, mitunter zweifelnd, doch meistens der großen göttlichen Fügung ihres Lebens dankbar inne, oft nachgesonnen. Die Neunjährige schickten dann die Eltern für einige Monate zu Verwandten nach Stockholm, wo ihre Gesundung noch weiter voranschritt. Hier offenbarte das Leben ihr neue Bilder. Indessen war es nicht die große Stadt als solche, die ihre Neugier und Aufmerksamkeit erregte, sondern es war das Theater, das sie bezauberte. Eine alte Dienerin des Onkels nahm sie mit in die Oper, wo sie den „Freischütz", „Die Afrikanerin" und „Die schöne Helena" sah —, und es war die Bücherei des Onkels, die mit den Romanen von Walter Scott eine wahre Fundgrube für ihren kindlichen Erlebnishunger wurde. Es ist vielleicht nicht so ungewöhnlich, daß ein heranwachsendes Mädchen, das den Kopf voll hat vom Ruhm der Kriegshelden in den vielen verschlungenen Büchern, überrascht und entsetzt ist, wenn es von einem wirklichen Soldaten erfährt, dem der Krieg zum Abscheu geworden ist; Selma Lagerlöf war etwa zehn Jahre alt, als ihr früheres Kindermädchen, die treue Back-Kajsa, mit der sie immer noch gut Freund war, sie eines Tages mitnahm zu der kleinen Waldkate, in der ihr Vater wohnte, ein ausgedienter Soldat, der die Völkerschlacht bei Leipzig mitgemacht hatte. Unterwegs schärfte ihr die Back-Kajsa ein, nur ja nicht die Rede auf den Krieg zu bringen. Und als sie ungläubig fragte warum, erhielt sie zur Antwort: „Das darf man niemals mit denen tun, die einen richtigen Krieg mitgemacht haben." Das Verwunderliche ist auch nicht, daß ihr der Mann daraufhin, als sie nun bei ihm saß, unheimlich, gefährlich und furchterregend vorkam. So paradox geht es ja in der von dem alten, mächtigen Dämon des Kampfzaubers geplagten Menschheit zu: „Wenn er wie andere alte Soldaten gewesen wäre und den Krieg als das Herrlichste S
Blick auf Stockholm auf der Welt erklärt und so recht damit geprahlt hätte, wie viele Hunderte von Menschen er erschlagen und wie viele Dörfer und Städte er niedergebrannt hatte, ja, dann hätte das kleine Mädchen nicht die allergeringste Angst vor ihm gehabt." Bemerkenswert ist jedoch, daß dieses kleine Mädchen von nun an über den Krieg nachzudenken begann und daß aus der unscheinbaren Wurzel dieser Begegnung jene große, weitherzige, selbstverständliche Friedensliebe, jene unbeirrbare Abneigung gegen den Krieg erwachsen ist, die das Werk und die öffentliche Wirksamkeit der Dichterin kennzeichnet.
Selige Stunde der Berufung Der Leutnant Lagerlöf sorgte dafür, daß seine Töchter in körperlicher und geistiger Frische und Freiheit aufwuchsen. Er richtete sich nach der weisen Regel großer Erzieher, Kinder so wenig wie 6
möglich und nur das für Leib und Seele wirklich Schädliche zu verbieten. Er muß ein Mann von außerordentlicher Großzügigkeit des Denkens und Handelns und nicht zuletzt auch von echtem Humor gewesen sein. Beides finden wir bei der Tochter in verfeinerter Form wieder. Während die Mutter den Kindern die Märchen von Hans Christian Andersen, die Sage von Frithjof und Ingeborg oder „Fähnrich Stals Erzählungen" von Runeberg vorzulesen pflegte, erzählte er ihnen gern lustige Streiche aus seiner eigenen Jugend, oder er sang mit ihnen laut und kräftig die sinnenfrohen, heiter-melancholischen Vagantenlieder des großen Carl Michael Bellman. Aber er sorgte auch dafür, daß sie etwas lernten. Während die Jungen in die Stadtschule gingen, wurde für die Mädchen ein Hauslehrer oder eine Lehrerin bestellt, auf regelmäßigen und gründlichen Unterricht wurde großer Wert gelegt. So wuchs Selma Lagerlöf in einer für Leib und Seele gedeihlichen ländlichen Umwelt, einer warmherzigen menschlichen Atmosphäre, einem weiten und anregenden Gesichtskreis heran. Schon sehr früh keimte der Wunsch in ihr, Erzählungen und Romane zu schreiben und die durch die Märchen der Großmutter und Tante, durch die Kindheitsgeschichten des Vaters und überaus vieles Lesen geweckte Phantasie in neue, eigene Bahnen zu lenken. Und nachdem sie mit den Geschwistern den eigentümlichen Zauber häuslichen Theaterspiels entdeckt hatte, träumte sie nicht weniger davon, auch Theaterstücke zu verfassen. Aber der schöpferische Funke flammte erst eigentlich auf, als der Fünfzehnjährigen an einem schönen Frühlingsabend zum erstenmal ein paar Verse gelangen. Nun fand sie keine Ruhe mehr, noch in der Nacht knüpfte sie Wort an Wort und Verszeile an Verszeile zu einem vollständigen gereimten Gedicht. Sie fühlte sich unendlich stolz und glücklich, es kam wie ein Rausch über sie, und die ganze Welt schien ihr verzaubert. Man kann dieses erschütternde Erlebnis nicht schöner als mit den Worten ihrer eigenen Lebenserinnerungen wiedergeben: „Ich bin fünfzehn Jahre alt, und ich habe alle Dichter gelesen, die wir zu Hause haben: Tegner, Runeberg, Frau Lengren, Stagnelius, Vitalis, Bellman, Wallin, Dahlgren. Aber nie zuvor ist es mir eingefallen, daß ich Verse schreiben könnte. Verse machen — das ist ja etwas Hohes und Heiliges. Seine Gedanken in Reim und Rhythmus niederschreiben zu können — das ist eine Gabe, die nur den Auserwählten der Menschheit beschieden ist. Aber jetzt habe auch ich ein paar gereimte Verse zusammengestellt. Stelle dir vor, daß du als ein armes Bettelkind aufgewachsen
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bist und ganz plötzlich die Gewißheit erlangst ein Königskind zu ^ „ > " " ' » w i erlangst, ein r._.sein Stelle dir vor, daß du blind warst und plötzlich sehend wirst, daß du bettelarm gewesen und auf einmal reich bist daß du a u s " gestoßen und freudlos warst und ganz unvermutet einer großen, warmen Liebe begegnest! Stelle dir, was du willst, an großem, unerwartetem Glück vor, und du wirst dir doch kein größeres denken können, als das ich in diesem Augenblick empfand. Ich konnte dichten. Ich konnte Verse machen. Ich hatte dieselbe Gabe wie Tegner, Runeberg, Wallin. Ich würde werden wie einer von ihnen!" Das glückliche Bewußtsein, dichten zu können, überwog bei der jungen Selma Lagerlöf in den nächsten Jahren alle anderen Wünsche und Glücksmöglichkeiten, ja, es entschädigte sie ganz und gar für den erstaunlich frühen Verzicht auf die natürlichen Wunschträume junger Mädchen und die Erwartung persönlichen Liebesglücks. Es mag uns kaum glaublich dünken, daß einer Dichterin so vieler ergreifender Liebesballaden in Prosa der eigene überwältigende Herzenssturm versagt blieb. Möglicherweise hat sie für sich selbst und für uns über das, was ihr Herz einmal anging, lückenlos den bunten und undurchdringlichen Schleier der Dichtung gebreitet. Wem wollte es einfallen, ihn zu lüften? Jedenfalls müssen wir ihr glauben, daß sie in den Blütejahren des Lebens mit einer alles andere hintanlassenden Leidenschaft in ihrer inneren Vorstellungswelt lebte, und „jedes Stückchen Papier, dessen sie nur habhaft werden konnte, mit Versen und Prosa, mit Schauspielen und Romanen bedeckte. Sie wartete auf nichts anderes, als daß eines Tages jemand kommen, sie entdecken und das Geschriebene zum Druck bringen würde. Sonst gab es nichts, was sie hätte verlocken können. Gesellschaften und Bälle, von denen ihre Schwestern schwärmten, waren ihr lästig; und wenn niemand mit ihr tanzte, weil sie ein wenig hinkte, war sie keineswegs unglücklich. Sie wartete lange umsonst. Sechs oder sieben Jahre hindurch schlief sie einen ungeduldigen Dornröschenschlaf. Was sie in dieser Zeit zu Papier brachte, war nach ihrem eigenen späteren Urteil „das Unoriginellste und Unreifste, was nur je niedergeschrieben worden ist". Es war nichts als die im Gehalt belanglose Vorübung des kaum halbwachen Genius für die Lockerheit und Geschmeidigkeit des Stils, für die Sammlung und Beseelung des Ausdrucks. Sie ließ die Fülle ursprünglicher und sieh geradezu aufdrängender Motive noch unbeachtet, die dicht vor ihren Augen lag, ja, die 6ich durch 8
Kindheit und Jugend hindurch bereits in ihrem eigenen Innern mit entwickelt hatte. Weit abliegende, angelesene, fremd schillernde Vorwürfe zogen sie zunächst an. Sie spann die Geschichten aus Tausend und einer Nacht weiter aus, erfand neue Schicksale von Walter Scotts ritterlichen Helden und ahmte mit nachempfindender Phantasie die nordischen Sagen Snorri Sturlusons nach. Die ersten Enttäuschungen und Absagen von Zeitschriften ließen allmählich den Entschluß zum beruflichen Umweg in ihr reifen: sie wollte Lehrerin werden, wollte von der Familie unabhängig sein, wollte eine wenn auch nur schmale wirtschaftliche Grundlage gewinnen, von der aus sie ihr Ziel unbehelligt weiter verfolgen konnte. Und auch in dieser Hinsicht bewies sie Festigkeit und Ausdauer. Sie ging nach Stockholm, um sich in einem einjährigen Kursus für die Aufnahmeprüfung im Königlichen höheren Lehrerinnen-Seminar vorzubereiten. Im Herbst 1882 ging sie in die Prüfung. Sie zählte bald 24 Jahre, während die übrigen Anwärterinnen im Alter von 17 oder 18 Jahren standen und eine achtklassige Schule durchgemacht hatten, die ihr fehlte. So fühlte sie sich um so unsicherer, als von den 49 Bewerberinnen nur 25 aufgenommen werden konnten. Aber sie bestand die Prüfung. Die erste Zeit im Seminar nahm sich Selma Lagerlöf in strenge Selbstzucht. Sie schlug sich alle Versuchungen zu Versen und Geschichten aus dem Kopf und war eisern bemüht, eine gute Semina. ristin und Kameradin der jungen Kolleginnen zu werden. Und das gelang ihr vollauf. Sobald sie sich aber in diesem Element sicher genug fühlte, begann es wieder in ihr zu strömen. Das Herz ließ sich vom Kopf nicht länger zurückdrängen, und die verstopften Quellen ihrer Phantasie fingen aufs neue an, wenigstens zu sickern. Es kam hinzu, daß in jenen Jahren das geistige Leben der schwedischen Hauptstadt erfüllt war von dem neuen großen Aufschwung der skandinavischen Literatur, daß die Werke Strindbergs, Björnsons und Ibsens unerhörtes Aufsehen erregten und endlose Erörterungen hervorriefen. Es ist kennzeichnend für Selma Lagerlöf, daß sie ihren neuerwachten Schaffenstrieb auch jetzt noch insoweit in der Gewalt behielt, als sie ihn zunächst nicht über den Rahmen der Schule hinaus schweifen ließ. Sie schrieb Sonette auf Lehrer und Mitschülerinnen, wobei es sie reizte, gerade einen so spröden Gegenstand — die verschiedenen Erscheinungen und Charaktere — in einer vorgeschriebenen Form darzustellen, ihre Gedanken in „diese kleinen niedlichen Zwangsjacken zu pressen". 9
Aber eines Tages kam doch wieder etwas Größeres über sie. Vielleicht war es nach einer der Vorlesungen des Dichters Victor Rydberg. Jedenfalls hatte sie über Bellman, Schwedens volkstümlichsten Dichter, oder Runeberg, den Nationaldichter Finnlands, gehört und dachte nun auf dem Heimweg über diese beiden und die Helden ihrer Dichtungen nach. Und plötzlich geschah es ihr wie eine Erleuchtung: Waren nicht die merkwürdigen Gestalten ihrer Heimat, die Värmland-Hofleute, von denen erzählt wurde, nicht genau so wunderbare Helden für eine Dichtung wie der Fredeman in Bellmans oder der Fähnrich Stal in Runebergs Erzählungen. Und sie, sie selbst müßte es sein, die diese Dichtung schriebe! In ihr waren alle diese Gestalten und deren ganze Welt lebendig. Keinem anderen als ihr war dieser herrliche Auftrag von der Vorsehung zugedacht! Zum erstenmal sah sie die Erzählung wie eine vollkommene Vision vor sich. „Und in demselben Augenblick", so berichtet sie davon, „wo sie sie sah, begann der Boden unter ihr zu schaukeln. Die ganze Tallandschaft der Heimat erhob sich zum Himmel und sank wieder hinab, hob sich und sank. Sie mußte eine gute Weile stille stehen, bis das Tal zur Ruhe gekommen war; und erstaunt sah sie die Vorübergehenden an, die so ruhig einherschritten und gar nicht merkten, welches Wunder geschehen war. — In dieser Stunde beschloß das junge Mädchen, die Geschichte der Värmland-Kavaliere zu schreiben und sie gab diesen Gedanken nie wieder auf. Aber viel lange Jahre währte es, bis der Entschluß zur Ausführung kam.
Gösta Berling Im Jahre 1885 wurde Selma Lagerlöf mit einem Gehalt von 1000 Kronen im Jahr als Lehrerin an der Elementarschule für Mädchen in Landskrona angestellt, einer kleinen südschwedischen Hafenstadt am Sund. Auch wenn ihr dieser Beruf nur ein Umweg zu ihrem eigentlichen Lebensziel dünkte, ging sie mit Lust und Liebe darin auf. Aber die kleine, nicht einmal häßliche Industriestadt Landskrona, in der sie jahraus, jahrein — es wurden schließlich zehn Jahre — „ohne eine andere Aussicht als graue Hausmauern" zu leben gezwungen war, rief mehr und mehr eine seltsame Art Heimweh in ihr wach. Es war nicht eigentlich Heimweh nach der früheren Umwelt und Lebensweise. Es mahnte sie vielmehr unablässig etwas Nebelhaftes und Ungestaltetes, was vergeblich vor der Tür ihres alten 10
Hauses wartete, „alles, was zwischen den blauen Hügelketten von Marbacka lebte und webte, die sie täglich vor Augen gehabt hatte". Dieses Nebelhafte verdichtete sich zu der Phantasiewelt einer Värmland-Saga, von der sie einmal so schön schreibt: „Es dünkt mich, sie müsse das Haus umschwebt haben, so wie eine Wolke einen Bergersgipfel umschwebt; und einmal ums andere ließ sie eines der Abenteuer, aus denen sie bestand, darauf hinunterregnen". Im Laufe der ersten fünf Jahre des Schuldienstes in Landskrona schrieb sie hin und wieder, jedesmal durch ein besonderes Erlebnis angeregt, ein Kapitel, eines jener Roman-Abenteuer nieder, ohne sich im Grunde darüber klar zu werden, was ihr da unter der Feder wuchs und wie sich die einzelnen Begebenheiten einmal zum Ganzen runden sollten. Immerhin stand ihr der eigentliche Held schon deutlich vor der Seele. Der Vater hatte ihr als Jugenderinnerung einmal von einem Magister Kalle Frykstedt erzählt, der etwa in den vierziger Jahren des 19. Jahrhunderts ganz Värmland in Aufregung versetzt habe. „Ich habe nie einen so bezaubernden Menschen kennengelernt", so meinte er. „Wo er hinkam verbreitete er Leben und Munterkeit. Er sang, komponierte, dichtete und war ein Mann von bewunderungswürdigen Einfällen, — und natürlich ein Liebling der Frauen. Beim Weine aber schien er sich selber zu übertreffen". Sein Ende aber sei in Dunkel gehüllt gewesen. Nach dieser Erzählung des Vaters, erklärte die Dichterin, habe sie den Helden ihres künftigen Romans schon deutlich vor sich gesehen. Wie er zu dem Namen Gösta Berling gekommen sei, wüßte sie nicht. Es war, als hätte er ihn sich selbst gegeben. Im Frühling 1890 schrieb die Frauenzeitschrift „Idun" einen Preis von 500 Kronen aus für eine Novelle von etwa 100 Druckseiten. Auf Drängen ihrer Schwester Gerda entschloß sich Selma Lagerlöf, sich mit fünf Kapiteln ihres werdenden Romans, die soweit zusammenhingen, daß sie den Eindruck einer Novelle machten, an diesem Wettbewerb zu beteiligen. Eines Tages im November erhielt sie ein Telegramm von drei Seminar-Kameradinnen mit den zwei Worten: „Jubelnde Glückwünsche". Sie ahnte wohl, was dies bedeuten könnte, aber sie mochte es kaum zu glauben. Erst am nächsten Tag fand sie in einer Stockholmer Zeitung eine kurze Notiz, die besagte, daß einer Selma Lagerlöf aus Landskrona der Preis der Zeitschrift „Idun" zuerkannt sei. Sie war überglücklich: die Saga hatte ihre erste Probe bestanden! In den Weihnachtsferien reiste sie nach Stockholm. Der Herausgeber von „Idun", Frithjof Hellgren, der als erster die Arbeit der Unbekannten als „recht merkwürdig, 11
nicht ohne Originalität und Poesie" bezeichnet halte, erbot sich den ganzen Roman zu drucken, sobald er feriig würde; vorläufig wollte er von der Novelle, die alsbald in „Idun" veröffentlicht werden sollte, einen Sonderdruck fertigstellen und unter dem Titel „Aus Gösta Berling. Erzählung aus dem alten Värmland" herausgeben. Als Selma dann der Baronin Sophie Adlersparre ihr Glück mitteilte und aus der Handschrift vorlas, kam diese ihre Gönnerin auf den Gedanken, ihr durch eine großherzige Geldhilfe ein Jahr Urlaub von der Schule zu verschaffen, damit sie ohne Sorge und Aufenthalt ihr Werk vollenden könne. Als „Gösta Berlings Saga" oder „Gösta Berling", wie der deutsche Titel lautet, im Verlag der Zeitschrift „Idun" als Buch erschien, war Selma Lagerlöf 33 Jahre alt. Sie wird uns geschildert als ein zurückhaltender, in sich gekehrter Mensch. Im Gespräch ungewandt, ließ sie von ihrem inneren Reichtum erst etwas durchblicken, wenn sie erzählte; dann gewann ihre überraschend tiefe Stimme einen warmen und bezwingenden Glanz. In ihr Lehramt kehrte sie nur vorübergehend noch zurück und löste sich 1895 ganz von ihm. Indessen wurde der Buchausgabe von „Gösta Berling" zunächst durchaus nicht der Überraschungserfolg zuteil, den sich die Dichterin und ihre Freunde erhofft hatten. Die Kritik war noch zu sehr auf den Naturalismus eingeschworen, um daneben ein Dichtwerk voll anerkennen zu können, dessen Welt in einer höheren Lebenswahrheit verklärt erscheint. Aber dieser neue Geist machte sich nicht nur in Selma Lagerlöfs urwüchsigem Genius bemerkbar, er brach sich gleichzeitig auch in anderen Werken der jungen schwedischen Literatur Bahn und rief die glänzende Entwicklung der skandinavischen Literatur in den letzten Jahrzehnten hervor. Diese Literatur, die sich durch ursprüngliche lyrische Ausdruckskraft und hinreißenden epischen Vortrag auszeichnet, wandte die aus dem Naturalismus gewonnene feine Lebensbeobachtung auf eigene Weise an, nicht in kühler und absichtsvoller Ergründung, sondern in umfassender, Licht und Schatten harmonisch verteilender Liebe, in ehrfürchtiger, gütiger und humorvoller Darstellung von Natur, Volkstum und Menschentum. Bei stärkerem Aufkommen dieser Strömung konnte es nicht ausbleiben, daß eines Tages auch „Gösta Berling" in seiner zauberhaften Wirkung einem großen Leserkreis offenbar wurde. Selma Lagerlöf hat im Alter einmal gesagt: „Im Grunde wollen die Menschen von jedem Verfasser nur ein einziges Buch. Bei mir war es der »Gösta Berling«. Und vielleicht haben sie Recht; denn 12
Seenlandschaft in Yärmland
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das Buch, in dem man sich zum erstenmal ganz gibt, jung und gläubig, wie man ist, muß wohl das beste sein". Ohne Zweifel geschieht einem Teil ihrer späteren Werke durch den überragenden Ruhm des ersten Unrecbt, und vielleicht liegt in ihrer Erklärung dieses Ruhms eine gewisse Selbstbescheidung, auch wenn sie ihre erste große Schöpfung natürlich besonders liebte. Sicher ist, daß „Gösta Berling" nicht nur um die Jahrhundertwende eine weithin wogende Begeisterung hervorrief, sondern auch zu den bleibenden Werken der Weltliteratur gehören wird. Woher rührt es, daß dieser Roman geradezu zum Abgott der europäischen Jugend wurde? Vor allem daher, daß das Werk der reinen, urwüchsigen, absichte- und grenzenlosen dichterischen Phantasie entsprang, die von der vorangegangenen Literatur so schnöde vernachlässigt worden war. Diese Phantasie quillt ebenso aus der Erinnerungs- und Sagenwelt des Volkes wie aus der eigenen Einbildungskraft der Dichterin. Sie verbindet die locker zusammenhängenden, novellenartigen Teile des Werkes im gemeinsamen Schicksal aller Gestalten. Was die Jugend begeistert, ist ferner die großartige Übereinstimmung elementarer Kräfte in der Natur und im Menschenleben, die in lodernden Farben schwelgende, sinnenstarke und oft genug ins Übersinnliche überhöhte Natur- und Umweltschilderung und nicht zuletzt die innere Unabhängigkeit des Helden von einer beengten Umwelt, die Lobpreisung des an Geist und Seele hervorragenden Mannes, dessen Leidenschaften ohne Hintergedanken sind, der den Notleidenden hilft und für die Wiederherstellung der Würde einer Frau sein Leben einsetzen kann und der deshalb selbst im Elend des Trunkes und der Armut noch geliebt wird.
N e u e r L,et>enskreis Mit ihrem zweiten Buch bewies Selma Lagerlöf, daß das erste nicht ein Zufallstreffer gewesen war und daß die schöpferischen Schwingen sie auch über den heimatlich gegebenen Motivkreis hinwegzuheben vermochten. Es war eine Sammlung von Erzählungen merkwürdig verschiedenartigen Charakters, die 1894 unter dem Titel „Unsichtbare Bande" erschien. Die Dichterin läßt darin die Flügel ihrer Phantasie über Zeiten und Räume hinschweifen und legt ihr keine Zügel an. Sie erweckt mit der gleichen Fabulierfreude die düsteren und starren Gestalten der nordischen Vorzeit wie die 14
Kunde von jenen mittelalterlichen Gottsuchern und Eremiten, die Gottes Stimme in der Strenge und Prüfung erwarten und denen sie sich dann überwältigend in der Freude offenbart, und sie malt ein geschichtliches Kriegsbild in ebenso eindringlicher und abschreckender Farbenpracht aus, wie sie das kleine Schieksalsbild des Alltags oder die ländliche Idylle der Gegenwart in hauchzarten Tönen erklingen läßt. Die unsichtbaren Bande sind jene übernatürlichen Leitmotive, nach denen das Leben sich in Harmonie oder Tragik erfüllt, oft ohne daß die Menschen ihre unscheinbare Bedeutung gewahren. Mit diesem Buch hatte Selma Lagerlöf nun auch bei der Literaturkritik gewonnenes Spiel. Zahlreiche Leser fanden zu ihr, auch solche, die sich mit „Gösta Berling" noch nicht hatten befreunden können. Unter ihnen war die Witwe eines Musikalienhändlers in Göteborg. Sophie Elkan, eine geistig sehr bewegliche und weltgewandte Frau, die auch selber schöngeistige Werke veröffentlichte. Es kam zu einer engen Freundschaft zwischen den beiden gleichstrebenden, alleinstehenden Frauen, und Selma Lagerlöf verdankte der fast sechs Jahre älteren Sophie Elkan vor allem, daß sich gleichzeitig mit ihrem Werk auch ihr persönlich das Tor zur Welt öffnete. Schon im Jahre 1895 reiste sie mit der neuen Freundin nach Italien und Sizilien. Den starken Eindruck, den die Landschaften und die Menschen des Südens auf die für alle Lebenserscheinungen empfängliche Schwedin machten, bezeugt vor allem der Roman „Die Wunder des Antichrist", der schon 1897 erschien. Es ist erstaunlich, in welchem Maße die Nordländerin und Protestantin sich in die so andersartige Welt und das leidenschaftlich bewegte Volkstum des Südens einzuleben vermochte. Daß die Italienreise der Dichterin noch in einer anderen, wesentlichen Richtung das Tor zur Welt öffnete, geht aus dem eigentlichen Motiv und der Problemstellung des Romans „Die Wunder des Antichrist" hervor. Zum ersten Male macht sie das größte Anliegen der Zeit, die soziale Idee, von der immer größere Volksmassen erfaßt werden, die Frage der sozialen Neuordnung, die Wiederherstellung der Menschenwürde und die Schaffung einer wirklichen Menschengemeinschaft, zum Mittelpunkt einer kühn erdachten Handlung. Vermutlich war ihr durch Sophie Elkan der Sinn für geschichtliche Betrachtung geschärft worden. Als Christin lehnte sie gewalttätige Entwicklungen ab, aber als Tochter des Leutnants Lagerlöf, der zwar die Tradition des Landedelmannes wahrte, doch schon auf die 15
Stimmen einer neuen Zeit zu horchen begann, setzte sie sich mit dem Neuen auseinander. Ihre innerste Einstellung ergibt sich aus dem Schlußsatz des Buches. „Niemand kaBn die Menschen vor ihren Leiden befreien; aber dem wird viel vergeben werden, der ihnen wieder neuen Mut macht, ihre Leiden zu tragen." Einige zeitgenössische Kritiker meinten bei aller Anerkennung der dichterischen Fülle des Werkes, mit dem großen Zeitproblem sei Selma Lagerlöf doch nicht fertig geworden. Diese Meinung ist oft wiederholt worden; ob mit Recht, steht dahin. Jedenfalls ging die Dichterin auch dieser Auseinandersetzung wie so mancher anderen mit Zeitfragen nicht aus dem Wege, und vielleicht hatte ihr Ausblick, von heute aus gesehen, doch größere Weite als der ihrer Kritiker. Selma Lagerlöf hatte in den letzten Jahren ihre alte Mutter zu sich nach Landskrona geholt und blieb dort mit ihr noch bis 1897 wohnen. Dann zogen sie nach Falun, der Hauptstadt der Landschaft Dalarne mit dem berühmten Kupferbergwerk, wo die Schwester Gerda sich mit ihrem Gatten nach dem Verlust von Marbacka niedergelassen hatte. Auch Leutnant Lagerlöfs alte Schwester, Tante Lovisa, gesellte sich zu ihnen. So hatte die von Jahr zu Jahr angesehenere Dichterin einige der Vertrauten ihrer Jugend um sich und ließ sie an ihrem Glück teilhaben. Die folgenden zwei Jahre waren, abgesehen von einer mehrwöchigen Reise durch Frankreich, Belgien und Holland ganz der Arbeit an den beiden Werken „Herrenhofsaga" und die „Königinnen von Kungahälla" gewidmet, die beide im Jahre 1899 erschienen. Die „Herrenhofsaga" ist ein einziges Preislied auf die Liebe. Aus dem alten Märchenmotiv vom Tierbräutigam wird eine gleichsam von Strophe zu Strophe stärker erregende und mitreißende Ballade in Prosa entwickelt, in der die Liebe auch die undurchdringlichsten Wirrnisse, ja das verhängnisvolle Irresein eines jungen Mannes überwindet. Diese Schau in die Geschichte des eigenen Volkes, zu der Sophie Elkan sie hingeführt hatte, fand ihren schöpferischen Niederschlag in den sagenhaften und legendären Erzählungen „Die Königinnen von Kungahälla". Indessen gibt sie nicht eine bloß romanhafte Belebung von ergreifenden oder schaurigen Vorgängen aus der Geschichte, sondern sagenhafte und legendäre, hintergründige Bilder von Stolz und Starrsinn und ihrer inneren Überwindung, von äußerlicher Stärke und Schönheit und ihrem fraglichen Wert, von Haß und Krieg, Grausamkeit und Not, über die selbst die Botschaft des Friedens und der Liebe scheinbar nichts vermag und dennoch am Ende sanft triumphiert. Die erste Fassung dieses Buches enthielt auch die später in eine 16
andere Sammlung übernommene Erzählung „Der Gottesfriede". Sie handelt von dem seit alters jm Kirchspiel führenden Bauerngeschlecht der Ingmarsöhne und wurde die Keimzelle des großen Romans „Jerusalem", der wohl mit Recht als das bedeutendste Werk Selma Lagerlöfs neben dem „Gösta Berling" gilt und ihn in mancher Hinsicht überragt, sowohl was die Weite des Stoffkreises wie auch was die Geschlossenheit der Form anbelangt. Eine sinnbildlich umfassende und charakteristisch dichterische Gestaltung des Bauerntums, das die Kultur des schwedischen Volkes von jeher bestimmt hat, ist vielleicht die größte Aufgabe, die sich einem schwedischen Schriftsteller bietet. Daß die Tochter eines alten värmländischen Landgeschlechts sich an diese Aufgabe wagte, ist nicht erstaunlich. Bewundern aber muß man den genialen Instinkt, mit dem sie sich ihr näherte. In Falun erfuhr sie von religiösen Erweckungsbewegungen unter den Bauern der Landschaft Dalarne, die mehrmals zu Auswanderungen nach dem heiligen Lande geführt hatten. Selma Lagerlöf erkannte, daß um den Kern eines solchen Wanderzuges aus religiösen Motiven die Lebenswelt und das Wesen des schwedischen Bauerntums in fesselnder Weise, in seiner reichen Farbenskala und ganzen Spannweite darzustellen sei. Dies um so mehr, als es auf die Weise möglich wurde, die Eigentümlichkeit und den inneren Wert dieser bodenständigen Menschen einmal losgelöst von ihrer gewohnten Umgebung darzustellen, — an und für 6ich; nicht nur durch die Wunder und Überraschungen, die Schrecken und Schwierigkeiten, die eine so fremdartige Umwelt bereit hielt, sondern auch durch sichtbare und unsichtbare Beziehungen zwischen Heimat und Fremde, die charakteristische Spannungen und Verwicklungen ergeben. Um die Jahreswende 1899/1900 reiste sie wiederum in Begleitung von Sophie Elkan für mehrere Monate in den Orient, nach Ägypten, Palästina und die Türkei. Unmittelbar hat sie wenig von dieser Reise berichtet. Alle ihre Erlebnisse sind in überaus anschaulicher Weise in die Dichtung „Jerusalem" um- und eingeschmolzen. Im Jahre 1901 erschien der erste Band von „Jerusalem", 1902 der zweite. „Jerusalem" ist eine epische Dichtung von großer Art, in ruhiger, gelassener Breite erzählt, weit ausholend, aus einem Kern (dem Schicksal der Ingmarsöhne) sich entwickelnd, allgemach einen großen, gerade eben noch zu übersehenden Kreis von Menschen, ja das Volk einer ganzen Landschaft einbeziehend. Die mitfühlende Wärme, mit der sie die glühende Sehnsucht der Bauern nach religiöser Verinnigung darstellt, verleitet sie nicht, dem Ideen- und 17
Lehrgehalt jener Bewegung übermäßige Bedeutung beizulegen. Ihr Gegenstand ist immer nur der Mensch und in diesem Falle die verschiedenartige Erleuchtung und Wandlung, die der religiöse Weckruf in den einzelnen Seelen bewirkt. / Von Sophie Elkan immer wieder angeregt, hatte die Dichterin Freude am Reisen gefunden. Es war, als bemühte sie sich selbst, die Prophezeiung der Tante Wennervik wahr zu machen. Besonders während des nun folgenden Jahrzehnts bis zur Heimkehr nach Marbacka teilte sie ihre Zeit geflissentlich zwischen Arbeit und Reisen. 1902 lernte sie das schöne Nachbarland Norwegen kennen, 1903 hielt sie sich zweimal längere Zeit in Italien auf, 1904 bereiste sie Nordschweden und Lappland, und 1905 fuhr sie nach Dänemark und England. Mancherlei Ehrungen wurden ihr in diesen Jahren zuteil; die Schwedische Akademie verlieh ihr 1904 die goldene Medaille, und im gleichen Jahre wählte die Göteborger Königliche Wissenschaftsgesellschaft sie zu ihrem Mitglied. Ihre rasch zunehmende Volkstümlichkeit beruhte auch darauf, daß die Bücher, die sie in den folgenden Jahren veröffentlichte, in hervorragendem Maße volksnahe Dichtungen waren. Das war zunächst (1904) der fesselnde kleine Roman „Herrn Arnes Schatz". Wieder war es eine heimatliche Überlieferung, die sie zu diesem Werk anregte, dessen Stärke weniger in der düsteren Handlung liegt, dem Motiv einer alten Ballade aus dem 15. Jahrhundert, als vielmehr in der überzeugenden Stimmungsmalerei des Unheimlichen — in der sicheren Zeichnung feiner und grober, guter und verderbter Charaktere und nicht zuletzt in der farbkräftigen Versinnlichung des Übersinnlichen. Es ist nicht verwunderlich, daß dieser spannungsreiche Stoff einen Dramatiker wie Gerhart Hauptmann verlockte, ihn zu einer Tragödie zu gestalten, der „Winterballade". Noch im gleichen Jahre folgten die „Christuslegenden". Diese innigen, sinnbildstarken Erzählungen von Jesu Geburt, Kindheit und Tod kleiden das Wunder der weltverwandelnden Liebe und der göttlichen Überwindung des Allzumenschlichen mit eindringlicher Vorstellungskraft in irdische Wirklichkeiten ein — so wie wir das Wunder des Lichts in der häuslichen Lampe einfangen. Sie verdanken ihre Entstehung teilweise der Einwirkung der vielfältig bildhaft-religiösen Kultur des Südens, der ihr schon die „Wunder des Antichrist" eingab, und teilweise natürlich den Eindrücken der heiligen Stätten in Palästina, die sich in ihrem unermüdlich schöpferischen Geiste mit dem vergangenen Leben erfüllten. Der feste Glaube an die unbedingte, immer vorhandene Möglichkeit der Über18
Windung von Ichsucht, Geltungsdrang, Machtgier, Zerstörungslust und Vorurteil kennzeichnet das starke reine Frauenherz der Dichterin.
Ehrung und Bekenntnis Wir müssen noch erwähnen, daß dieses mütterliche Herz von jeher besonders warm auch für die Kinder im engeren Sinne schlug. Und nun trat die schwedische Schulbehörde an die Dichterin heran mit der Bitte, ein Kinderbuch, ja ein Lehrbuch, ein erdkundliches Lesebuch zu schaffen, ein Buch, das den schwedischen Schulkindern den großen, mannigfaltigen Erdraum ihrer Heimat, wie er von der Natur und von menschlicher Tätigkeit gestaltet ist, vor Augen stellen sollte. Es gibt wohl nur wenige Dichter von dem Rang und Ruhm Selma Lagerlöfs, die einen solchen Auftrag nicht als unmögliches Ansinnen von sich gewiesen hätten. Sie aber besann sich keinen Augenblick. Das Ergebnis war die „Wunderbare Reise des kleinen Nils Holgersson mit den Wildgänsen", ihr umfangreichstes Werk, und eines der schönsten und berühmtesten. Es ist unmöglich, mit wenigen Worten eine Vorstellung von der Fülle der natürlichen Bewegtheit und durchgehenden Spannkraft dieses Kinder- und Landschaftsbuches zu geben. Daß die schwedische Jugend von einem so unterhaltsamen Heimatkundebuch entzückt war und ist, läßt sich leicht denken. Das Wunderbare aber ist, daß es auch die Kinder anderer Länder (es wurde in viele Sprachen übersetzt) und nicht minder die Erwachsenen begeisterte. Es gilt für die Kinder auf der ganzen Erde, was Ina Seidel von den deutschen bekundet: „Jenes Land, über das sie mit Nils und den Wildgänsen dahingebraust sind, wird unseren Kindern, ohne daß sie es wußten, das Wunschbild einer so vollkommenen, in sich selbst ruhenden Heimat, wie die Schwedenkinder sie besitzen, in die Seele gesenkt haben, und das wird einstmals fruchtbar für ihr eigenes Vaterland werden." Und das ist doch wohl das Merkmal einer echten, übernationalen Dichtung. Als im Mai 1907 der zweihundertste Geburtstag des großen Botanikers Carl Linne an der Universität Upsala, seiner langjährigen Wirkungsstätte, gefeiert wurde, lud man auch Selma Lagerlöf dazu ein und ehrte sie bei der Gelegenheit durch Verleihung des Ehrendoktorats. Und als sie im November des folgenden Jahres ihr fünfzigstes Lebensjahr vollendete, hallte das ganze Land vom Ruf ihres Namens wider. Es zeigte sich, daß die Dichterin eine der 19
volkstümlichsten Persönlichkeiten Schwedens geworden war, nicht nur, weil man sie als Schöpferin von Erzählungen verehrte, die dem anspruchsvollsten wie dem schlichtesten Leser zu Herzen gingen, sondern vor allem auch, weil man die große, weise, mütterliche Frau in ihr verehrte, auf deren Stimme man bei allen Fragen, die das Volk anging, zu horchen begann. Zwei Jahre später erreichte Selma Lagerlöf den Gipfel literarischen Weltruhmes. Am 10. Dezember 1909 wurde ihr der Nobelpreis für Literatur zuerkannt. Die Verleihungsurkunde faßte die Begründung wahrhaft zutreffend in drei Merkmale ihres dichterischen Schaffens zusammen: Edle Idealität, Reichtum der Phantasie und seelenvolle Darstellung. Es lag wohl auch ein verborgener kulturgeschichtlicher und zukunftsweisender Sinn darin, daß sie die erste Frau war, der diese hohe Ehrung zuteil wurde. Der Geldbetrag von rund 170 000 Kronen, der mit der Urkunde und Medaille den Nobelpreis darstellt, setzte Selma Lagerlöf in die Lage das Gut Marbacka zurückzuerwerben, wo sie zunächst nur die Sommermonate zubrachte. Als sie viele Jahre später, anläßlich des
Der neuerstandene Hof Marbacka 20
hundertsten Geburtstages von Alfred Nobel im Oktober 1933, gebeten wurde, sich über die Bedeutung zu äußern, die der Nobelpreis für sie persönlich gehabt habe, machte sie sich Gedanken darüber, daß sie den Preis nicht für Werke der Barmherzigkeit, zur Unterstützung wissenschaftlicher Forschungsinstitute oder zur Förderung einer großen Idee verwendet habe. Aber sie meinte schließlich, daß Alfred Nobel es verstanden haben würde, daß sie nie Dichterin und Nobelpreisträgerin geworden wäre, wenn sie nicht auf Marbacka aufgewachsen wäre, „mit seinen uralten Bräuchen, seinem Reichtum an Sagen und Geschichten, seinen guten, sanften Menschen", und daß sie deshalb mit dem Nobelpreis nichts Besseres hätte tun können, als dem Hof das wiederzugeben, was er ihr geschenkt hatte. Es war Selma Lagerlöf bewußt, daß das Wort einer Nobelpreisträgerin nicht nur in ihrem eigenen Volk, sondern auch in der Weltöffentlichkeit eine ganz andere Geltung haben würde als das einer sonst noch so angesehenen Schriftstellerin; und zwar sowohl das dichterische Wort wie besonders das, was sie als Bekenntnis, Rat und Mahnung zu den Forderungen des Tages auszusprechen gebeten wurde. Die Reden, die sie in den folgenden Jahren und Jahrzehnten, bei bedeutenden wie geringfügigen Anlässen hielt, tragen denn auch deutliche Merkmale dieser erhöhten Verantwortung und Gewichtigkeit. So zum Beispiel eine Rede „Heim und Staat", die sie im Juni 1911 vor dem Kongreß für Frauenstimmrecht in Stockholm hielt. Seit der Mitte des 19. Jahrhunderts kämpfte die Frauenbewegung um die Zulassung der Frauen zu den Wahlen, zu den öffentlichen Ämtern, um ihre gesellschaftlichen Rechte und ihre Ausbildung und Erziehung im Sinne der erstrebten Ziele. Selma Lagerlöf war keine Frauenrechtlerin von der vielfach üblichen, einseitigen, etwas verhärteten Art, die im Ringen um Rechte gewisse männliche Züge annahm. Zwar gehörte sie seit langem dem Verein für FrauenBtimmrecht an und hatte in Falun sogar dessen Vorsitz geführt. Allein sie war eine so vollkommen weiblich und mütterlich empfindende Frau, daß sie das Vordringen der Frau ins Berufsleben nicht als Versuch betrachten konnte, die Stellung des Mannes zu schwächen, vielmehr als einen notwendigen Vorgang, um die gefährlichen Übersteigerungen des nur männlichen Einflusses auf die Gestaltung des Volks- und Völkerlebens zu mildern und auszugleichen. So sieht sie den Sinn der Frauenbewegung unter einem großen, ewigen Gesichtspunkt und rückt sie ins rechte Maß. Es ist 21
auch in bezug auf die gegenwärtigen und künftigen Verhältnisse sehr lehrreich, ihrem Gedankengang zu folgen. Selma Lagerlöf fragt sich, worin die eigentliche Leistung der Frau während der Jahrtausende der menschlichen Kulturentwicklung bestanden habe. Und sie erkennt sie darin, daß vornehmlich die Frau es war, die das Heim geschaffen habe, in dem der Mann sich von den Kämpfen draußen erholt und das ihn liebevoll aufnimmt, ganz gleich, ob er Erfolg hatte oder gescheitert ist, ein Heim, in dem wir als hilflose Kinder und gebrechliche Greise unseren Platz haben, in dem es keine Gesetze, nur Gepflogenheiten gibt, die allen zugute kommen, in dem nicht gestraft wird, um zu rächen, sondern um zu erziehen. Dieses Heim der Familie hat seine eigenen Erinnerungen und Feste, seine Gebräuche und Umgangsformen. Jeder kann darin er selbst sein, solange er die Harmonie des Ganzen nicht stört, und wer zu ihm gehört, wird auch in der Fremde nicht vergessen. Jedes Talent kann sich entfalten, aber wer keines hat, wird genau so geliebt wie der Genialste. „Es gibt nichts Geschmeidigeres, nichts Barmherzigeres unter allem, was Menschen zustande gebracht haben." Wahrlich, die Frau hat diese ihre Aufgabe mit größtmöglicher Vollkommenheit gelöst. Müssen wir nun nicht die Frauenbewegung beklagen, fragt die Dichterin, diesen seltsamen Drang der Frau, ihren so wohlbehüteten Bereich zu verlassen und in das Tätigkeitsfeld des Mannes einzubrechen? Und Selma Lagerlöf gibt sich selber die Antwort: „Ein Zwang, stärker als der Zwang der eigenen Natur, ein Hauch des Unerklärlichen in der Welt, hat die Frau in Bewegung gesetzt." Der Sinn dieser Bewegung läßt sich in der Schau der Dichterin folgendermaßen begreifen: Der Mann ist der Schöpfer der Gesellschaft in ihren verschiedensten Formen. Er hat das Gehöft, das Dorf, die Stadt, die Kirche, die Universität und das Industriewesen geschaffen. Wenn man nun das Heim, die Schöpfung der Frau mit der Gesellschaft, der Schöpfung des Mannes, vergleicht, so gebietet die Gerechtigkeit, festzustellen, daß zwar nicht jedes Heim dem Ideal entspricht, daß es aber gute und glückliche Heime immerhin gibt — und zwar sowohl in der Taglöhnershütte wie im Königspalast —• und daß viele von uns in einem solchen aufgewachsen sind. Wie aber steht es um die Schöpfung des Mannes, etwa um die Staaten? „Diese unsere größeren Heime, so schwer zu bauen, mit solcher Anstrengung errichtet, mit so viel Blut und Tränen benetzt, mit Hilfe der größten Charaktere, der kühnsten Genies aufgebaut, gibt es oder hat es solche unter ihnen gegeben, die alle ihre Mitglieder 22
befriedigt haben? Sind sie nicht in einer steten Reformarbeit begriffen? Will man sie nicht noch heute von Grund und Boden aus umformen? Bergen sie nicht den steten Keim zur Unzufriedenheit und Bitterkeit?" Wo wäre der Staat, der die Jugend nur in Freude und Sanftmut erzöge, den Greisen ein geborgenes und geehrtes Alter bereitete und keines seiner Mitglieder elend zugrunde gehen ließe? Wo der Staat, der nicht straft, um zu rächen, sondern nur um zu erziehen und aufzurichten, der die Armen im Geiste und die Unglücklichen mit der gleichen Liehe behandelt wie die Begabten und Erfolgreichen? Wo der Staat, der — wie die Familie die häuslichen Angestellten — fremde Völkerschaften in sich schlösse, ohne sie unglücklich zu machen, und in dem jeder sein eigenes freies Leben leben könnte, solange es nicht die Harmonie des Ganzen stört? Wäre es nun nicht möglich, daß so, wie das glückliche Heim von der Frau mit dem Beistand des Mannes errichtet werden konnte, der erstrebte segensreiche Staat und die friedliche Völkergemeinschaft eher verwirklicht würden, wenn sie mehr als bisher von den zarteren Kräften und der mütterlich segnenden Mitarbeit der Frau durchdrungen wären? Wäre es nicht möglich, daß diese Notwendigkeit die Frauenbewegung überhaupt erst ins Leben gerufen hat? „Ach, wir Frauen", so schließt die Dichterin ihren Vortrag, „sind keine vollkommenen Wesen, und ihr Männer seid nicht vollkommener als wir. Wie sollten wir das, was groß und gut ist, vollbringen, ohne einander zu helfen? — Wir glauben nicht, daß das Werk rasch gelingen wird, aber wir glauben, daß es Sünde und Torheit wäre, unsere Hilfe abzuweisen. Wir glauben, daß Gottes Wind uns führt. Das kleine Meisterwerk, das Heim, war unsere Schöpfung mit Hilfe des Mannes. Das große Meisterwerk, der gute Staat, wird vom Mann geschaffen werden, wenn er die Frau ernstlieh zu seiner Helferin macht." Nach einer ausgedehnten Deutschland- und Italienreise erschien im Jahre 1911 die erste deutsche Ausgabe ihrer gesammelten Werke in zehn Bänden. Im gleichen Jahre erschien in Schweden der Roman „Liljecronas Heimat", zu dem die Dichterin durch das neue Leben auf Marbacka angeregt worden war. Denn der Hof Lövdala, auf dem die schöne, sanftmütige Pfarrerstochter Lisa Maja aufwächst — ein Aschenputtel, das von einer herrschsüchtigen und bis zur Verschlagenheit bösartigen Stiefmutter mißhandelt wird —, ist kein anderer als der, auf dem Selma Lagerlöf aufgewachsen und nun wieder eingekehrt war. Mit ihrer nächsten großen Erzählung, dem 1912 erschienenen 23
„Fuhrmann des Todes", wandte sie sich dagegen einem allgemeinmenschlichen Problem zu: der Bekämpfung der Trunksucht. Aber selbst dieses bewußt erzieherische Werk, das in die schauerlichsten Abgründe menschlicher Schwäche und Unzulänglichkeit hineinführt und sie mit unbeschönigtem, drastischem Realismus darstellt, läßt nichts von jener Absicht spüren, die den Leser so leicht verstimmt. Im Jahre 1914 erschien ein neuer bedeutender Roman: „Jans Heimweh" (oder der Kaiser von Portugallien). Wieder gelang es der Dichterin, an einem värmländischen Vorwurf allgemein menschliche Vorgänge deutlich zu machen. Ein Geistesgestörter, dem sie in ihrer Heimat begegnete — er bildete sich ein, Kaiser zu Rein, schmückte sich mit einem entsprechenden Hut und Papierorden und redete sie und ihre Freundin als „meine werten Hofdamen" an —, hier im Roman ist er noch der gesunde, überglückliche Vater eines spätgeborenen Mädchens, der aus Kummer über die spätere Verkommenheit dieser Tochter wahnsinnig wird. Erst sein und der Mutter Tod bringt die Tochter zur Einkehr. So bekennt sich die Dichterin immer wieder zu dem festen Glauben, daß keine Liebe auf dieser Erde, und sei es eine scheinbar unnütze und unerwiderte, ganz vergeblich sei.
Lehren des Krieges Gegen Ende des Jahres 1914 wurde Selma Lagerlöf eine besonders hohe Ehre zuteil: die weltberühmte schwedische Akademie wählte sie als erste Frau zu ihrem Mitglied. Unterdessen war der erste Weltkrieg über Europa hereingebrochen. Selma Lagerlöf gehörte nicht zu denen, die dem Geschehen auf neutraler Bühne gelassen zuschaute. Hinter der glänzenden Fassade der großen Namen und der gerühmten Heldentaten sah ihr Herz die Schrecken, Leiden und Scbmerzen im einzelnen. Eine kleine Reihe von Skizzen „Stimmungen aus den Kriegsjahren" gibt ihre Empfindungen ergreifend unmittelbar wieder. Wir kennen wenige Zeugnisse eines so tiefen Mit-Erlebens und MitLeidens mit den vom Krieg Betroffenen, Zeugnisse, die weit über den Tag hinaus, dessen Stimmung sie spiegeln, ihren Sinn behalten; es sind kleine Sinnbilder uralten menschlichen Schicksals. Da glaubt sie in der Stille eines Augustmittags 1914 den wilden, angstvollen Schrei eines Todgeweihten des Krieges zu hören — und sie erinnert sich plötzlich, den gleichen Schrei schon einmal in Palästina 24
gehört zu haben, aus Raheis Grab, den Schrei einer Beduinenfrau, die um ihren Sohn klagte. Es war ein Schrei aus der Urzeit, das Weinen all der trauernden Mütter. „Nun, da der Krieg über die Welt losgelassen war, war er aus der Tiefe der Menschennatur auferweckt, und nun würde er nicht so bald vergessen werden." Im Jahre 1915 starb Selma Lagerlöfs Mutter im Alter von achtundachtzig Jahren. Die Dichterin überließ nun das Haus in Falun ihrer Schwester Gerda und lebte fortan auch den Winter über in Marbacka, das sie nach und nach für ihre eigenen Bedürfnisse und die ihrer Hausgenossen umbauen und nach verjüngtem Geschmack neu errichten ließ. Erst 1918 erschien wieder ein größeres Werk, der Roman „Das heilige Leben", in dem sie auf eine ganz eigene Weise das Kriegserlebnis verarbeitete. Der Held des Romans, der Sohn eines armen Schärenbauern, den ein englisches Ehepaar adoptiert hatte, hat an einer Nordpolexpedition teilgenommen. Er und 6eine Kameraden werden nach ihrer Rückkehr nach England großartig gefeiert, aber dann kommt zutage, daß er sich in der höchsten Not und fiebernd gegen eines der uralten Gebote der Menschheit, die den Leib des Toten schützt, vergessen hat. Die Polarfahrer werden geächtet und verfemt. Die Pflegeeltern verstoßen Sven Elversson. Er kehrt zu seinen richtigen Eltern auf die Schäre zurück. Aber auch dort verbreitet sich das Gerücht. Und obwohl er ein Leben niedrigster Arbeit und jedes denkbaren Opfers zu führen entschlossen ist, zerstören ihm die Menschen alles, was er beginnt. Sein Leben und seine einzige Liebe werden zu einem Martyrium. Erst als der Krieg zahllose Tote der Skagerrak-Schlacht an ihre Küsten schwemmt und die Netze der Fischer schauerlich füllt, dämmert ihnen die Erkenntnis ihres Pharisäertums, und der Bann weicht von Sven Elversson, der die Toten brüderlich umsorgt. Das Buch klingt aus mit einer wundervollen Predigt von der Heiligkeit des Lebens und vom Widerwillen gegen den Krieg, deren Kernsätze sich uns unauslöschlich einprägen sollten: „Jetzt sind diese Toten zu uns gekommen, um zu zeigen, wie abscheulich der Krieg ist. Einige von euch haben am Krieg verdient, und einige haben geglaubt, es würden durch ihn große und segensreiche Veränderungen eintreten, und einige glauben, die Leute würden durch den Krieg gestärkt und besser werden. Aber jetzt sind diese Toten gekommen, um uns zu zeigen, was wir bisher in unserem Innern nicht so fühlen konnten, nämlich, daß der Krieg etwas Verabscheuungswürdiges, etwas Ekelhaftes ist. Das, was in unserem Meer umherschwimmt, ist keine Geistererscheinung 25
und keine zusammengedichtete Sage, sondern es ist Wirklichkeit, ist Wahrheit. Und es kann eines Tages zurückkehren und wieder Wirklichkeit und Wahrheit werden. Und ihr sollt mit anderen davon reden, damit auch sie dieses körperliche Grauen nicht mehr überwinden können, wenn sie das Wort Krieg hören; ihr sollt davon reden, damit das Wort Krieg niemand mehr hören kann und es zu einem Wort wird, das jedem menschlichen Ohr so widerwärtig ist, daß man es nicht mehr aussprechen mag. Und es gibt andere unter uns, die haben vielleicht noch schlimmere Dinge gesehen als diese Toten, und sie werden auch vom Krieg reden und schreiben, damit sich eine Gespensterfurcht und ein körperliches Schaudern mit dem Krieg verknüpfen, die niemals überwunden werden können. Denn was wissen wir? In ein paar Jahren kann die Erinnerung an den Kummer, an die Schmerzen und Verwüstungen dieses Krieges schon vergessen sein, und wenn dann neue Menschen kommen, können sie wieder frohen und mutigen Herzens in den Kampf hinausziehen. Auf uns kommt es jetzt an, ob wir den Menschen einen Ekel vor dem Krieg einflößen und ob wir ihnen den Abscheu so fest einprägen, daß ihn keine Reden von Ehre und Heldentaten mehr aus ihrem Herzen verdrängen können. Aber aus diesen seinen Schrecken und seinen Greueln wollen wir uns eine Rüstung und Waffen und ein Gegengift machen und wollen das alles unseren Nachkommen als Erbe hinterlassen, — das wird dann den größten Feind der Menschheit besiegen." Selma Lagerlöf begnügte sich nicht damit, gegen den Krieg zu predigen. Sie setzte sich mit Rat und Tat für die Unterstützung der Notleidenden ein und opferte einen großen Teil ihrer Einkünfte für verwaiste und unterernährte Kinder der kriegführenden Völker. Und als das große Ringen zu Ende war, stand sie in der ersten Reihe derjenigen, die das schwere Andenken wachhielten, um immer aufs neue zu warnen. In den Nachkriegsjahren fand Selma Lagerlöf endlich wieder Befriedigung im alltäglichen Schaffen an ihrem dichterischen Werk und an ihrem Hof. Und gerade in diesen Jahren, da sie die Sechzig schon überschritten hatte, empfand sie das Bedürfnis, sich in ihre Kindheit zu versenken, .um über das, was Marbacka für die Weckung und frühe Entfaltung ihres Genius bedeutet hatte, vor sich selbst und vor ihren Lesern und Freunden Rechenschaft abzulegen. So entstand das Buch „Marbacka" (1922), dem später noch zwei weitere Bände mit Kindheitserinnerungen folgten: „Aus meinen Kinder26
Die Dichterin am Schreibtisch ihres Arbeitszimmers auf Marbacka tagen" (1930) und „Tagebuch" (1932). Es sind die frischen und —• gerade weil sie hier und da ein wenig umzaubert anmuten — verklärten Quellen, aus denen wir die Darstellung der wesentlichen Ereignisse in Selma Lagerlöfs Kindheit geschöpft haben. Eine ihrer schönsten und gewichtigsten Reden hielt Selma Lagerlöf im August 1925 auf der Christlichen Weltkonferenz in Stockholm, die Erzbischof Söderblom, der eifrige Förderer der kirchlichen Einigungsbestrebungen, einberufen hatte. Das Thema dieser Konferenz hieß: Praktisches Christentum (life and work), und es hatte einen einleuchtenden Sinn, daß auf der Tagung auch die große Dichterin des praktischen Christentums zu Wort kam. Diese Rede ist eigentlich eine Erzählung, die Darstellung einer der urkundlichen Keimzellen des Romans „Jerusalem". Wir erfahren in kurzen Zügen die Lebensgeschichte der Amerikanerin Anne Spafford, die wir in dem Roman als Mrs. Gordon kennengelernt haben; ihr Schicksal wird der Dichterin zum Gleichnis der kirchlichen, ja der menschlichen Einigungsbewegung. „Fühlt man nicht, wie Gott seinen Segen verspricht für die Arbeit an der Einigkeit unter den 27
Menschen, unter den Völkern? Will er nicht sagen, daß unter dem Zeichen der Einigkeit die Menschheit eine schönere Entwicklung erreichen wird, in deren Zeichen das Wohlergehen zunehmen, die Macht zu helfen und zu beglücken vervielfältigt werden soll und die Leiden, die das Menschenleben notwendig begleiten, auf mannigfache Art verringert werden sollen? Laßt uns hören! Laßt uns aufhorchen! Er, dessen Stimme uns durch den Donner des Weltkrieges Einigkeit zurief, spricht zu uns. Einigkeit, ruft sie uns zu, Einigkeit zwischen Reformierten und Lutheranern, Einigkeit zwischen Protestanten und Griechen, Griechen und Katholiken, Einigkeit zwischen Christen und Nichtchristen, Einigkeit zwischen allen Völkern der Erde!"
Alterswetsneit u n d VV eltrunm Man könnte die drei Löwensköld-Romane, „Der Ring des Generals", „Charlotte Löwensköld" und „Anna, das Mädchen aus Dalarna", die in den Jahren 1925 bis 1928 erschienen, als Nachträge zu ihrer Rede auf der Christlichen Weltkonferenz betrachten, vornehmlich an jener Stelle, an der sie davon spricht, daß zur Verwirklichung eines wahrhaft christlichen Lebensideals nicht die Demütigung der Menschennatur gefordert werde, sondern nur ein im Wortsinne rechtschaffenes Verhalten den Mitmenschen gegenüber. Diese Dichterin — und das ist das menschlich Große an ihr — hat ihr Leben ganz nach den Forderungen des praktischen Christentums gestaltet, in Übereinstimmung mit der Natur ihres weiblichmütterlichen Herzens und mit den Lebensgesetzen ihrer Heimat, und zugleich in dankbar empfänglicher Weltoffenheit. Und diese Lebensführung spiegelt sich, von Anfang bis Ende einleuchtend, in jeder Weise auch in ihrem Schaffen. So ist dieses letzte große Romanwerk noch einmal ein nachdrückliches, beredtes Selbstbekenntnis, eingerahmt in eine neuartige värmländische Umwelt und in eine ebenso neuartige Fülle von realistischen und märchenhaften Regebenheiten, von seltsam gegensätzlichen, äußerst naiven und äußerst problematischen Charakteren. Der dritte der genannten Romane erschien am 20. November 1928 zum 70. Geburtstag Selma Lagerlöfs. An diesem Tage gingen ihr Zeichen der Liebe und Dankbarkeit aus allen fünf Erdteilen zu. Eine der schönsten Huldigungen brachten ihr die deutschen Dichter dar; ?fl
besonders warm und innig klangen in diesem Chor die Stimmen der Dichterinnen Helene Böhlau, Ricarda Huch, Annette Kolb, Gabriele Reuter und Lulu von Strauß und Torney. „Dir war es gegeben", schrieb Gabriele Reuter, „wie im Märchen das Wort eines reinen, gläubigen Kindes den Zauber lösen darf, mit dem Wort aus reinem, fühlendem Frauenherzen die schöne Sagenwelt deiner Heimat aus tiefem Schlummer zu strahlendem Leben zu wecken. Um deines Herzens willen preisen wir dich und haben dich lieb!" Und Riccarda Huch faßt ihren Wunsch in die Worte: „Möge die gütige Mutter nie ermüden, den lauschenden Kindern Europas ihre unvergänglichen Märchen zu erzählen." Besonders festlich wurde der Tag in Schweden gestaltet. Die Dichterin folgte einer Einladung nach Stockholm, wo sie in der Wohnung einer Freundin die große Reihe der Glückwünschenden empfing. Nach den Feierlichkeiten kehrte sie bald mit stiller Genugtuung nach Marbacka zurück und widmete sich wieder ihrer vielseitigen Arbeit als Schriftstellerin und GutBherrin, als Gastgeberin und Wohltäterin, als Mitglied des Gemeinderats ihrer Heimatgemeinde und nicht zuletzt als Briefschreiberin. Ein größeres dichterisches Werk hat Selma Lagerlöf nach der Löwensköld-Triologie nicht mehr geschaffen. Sie beschäftigte sich weiterhin mit der Aufzeichnung ihrer Jugend- und Lebenserinnerungen, die sie nicht als eigentlich schöpferische Leistung gewertet wissen wollte, die ihr in unseren Augen jedoch zu kostbaren Kunstwerken gediehen sind. Daneben kümmerte sie sich eingehend um die verschiedenen Ausgaben ihrer Werke in Schweden und im Ausland, verhandelte mit den Übersetzern und den ausländischen Verlagen. Die wesentlichen ihrer Bücher wurden nicht nur in alle Kultursprachen übertragen, sondern es gab zum Beispiel auch bengalische, armenische und jiddische Ausgaben. Wohl noch kein schwedischer Dichter, mit Ausnahme vielleicht von August Strindberg, hat die Kenntnis und den Ruhm Schwedens so weit in die Welt getragen wie Selma Lagerlöf. In Deutschland war bis 1933 mehr als eine halbe Million Bücher von Selma Lagerlöf verkauft worden, der „Nils Holgersson" allein in weit über 50 000 Exemplaren; ihm folgten der Anzahl und Beliebtheit nach die „Christuslegenden", „Gösta Berling" und „Charlotte Löwensköld". Es braucht nach allem Vorhergehenden nicht erläutert zu werden, daß die folgende Zeit, die alle abendländischchristlichen Bindungen leugnete, die Geisteshaltung der großen 10
Menschen- und Friedensfreundin als unverkennbaren Widerspruch zu ihrem Wesen und als einen „dm stillen ewigen Vorwurf" empfinden mußte. Als sie zudem nach der Machtergreifung ihre bewährte Hilfsbereitschaft auch denen erwies, die aus Deutschland flüchten mußten, stellten sich die neuen Machthaber trennend zwischen die Dichterin und ihre deutsche Leserschaft. In den letzten Jahren lebte Selma Lagerlöf noch zurückgezogener als früher ihrer stillen, beschaulichen Tätigkeit auf Marbacka. Sie spann sich ganz in die Welt ihres schönen, langgestreckten Arbeitszimmers ein, dessen drei Fenster einen prächtigen Ausblick auf den Garten und die Felder des Gutes boten. Über den Bücherregalen waren Zeichnungen von „Gösta Berling" angebracht. Und an den „Nils Holgersson" erinnerte ein holzgeschnitzter, vergoldeter Gänserich, auf dem der verzauberte Junge ritt. Ihren 80. Geburtstag am 20. November 1938 verlebte sie in voller geistiger Rüstigkeit, wiederum gefeiert von einer Welt, die schon von den Vorwehen eines neuen schweren Unheils niedergedrückt war. Schneeweiß war das Haar der stattlichen Greisin geworden, tiefe Furchen hatten sich in ihr Antlitz gegraben. Aber in ihren Augen leuchtete immer noch ein frischer jugendlicher Glanz, in dem sich weite beseelte Räume des äußeren und des inneren Lebens spiegelten. Wir wissen nicht, wie hart es die Dichterin traf, daß sie den Ausbruch des zweiten Weltkrieges noch erleben mußte. Das, wovor sie im „Heiligen Leben" gewarnt hatte, war eingetroffen: eine neu herangewachsene, mißleitete Jugend hatte nach zwanzig Jahren die Greuel des Krieges schon vergessen und stürzte sich in das größere Verderben. Sorgenvoll mag sie am 16. März 1940 die Augen geschlossen haben. Aber das eine wissen wir: selbst wenn sie die ärgsten Schrecken dieses Krieges, seinen grausigen Ausgang und seine langen, erschütternden Nachwehen noch hätte beobachten und erleiden müssen — sie hätte den Glauben an die endliche Genesung der Menschheit von der unseligen Krankheit, in der sie gegenwärtig noch fiebert, bewahrt, wie sie zeitlebens unentwegt und unenttäuschbar die Überzeugung von dem göttlich vorbestimmten inneren Überwiegen, von der letztlichen Unangreifbarkeit der Kräfte des Guten hegte und verkündete. Uns jedenfalls stärkt sie diesen Glauben mit ihren unsterblichen Werken, in denen sie Sinnbilder eines lebensfrohen, leidüberwindenden, mutig-heiteren und liebemächtigen Menschentums aufrichtete. -
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Die
Hauptwerke
Selma
Lagerlöfs
Erscheinungsjahr . Titel 1891 Gösta Berling 1894 Unsichtbare Bande 1897 Wunder des Antichrist 1899 Königinnen in Kungahälla 1999 Legenden 1899 Herrenhofsaga 1901/1902 Jerusalem, 1. und 2. Teil 1904 Herrn Arnes Schatz 1904 Christuslegenden 1906/1907 Nils Holgersson, 1. und 2. Teil 1908 Die Geschichte einer Geschichte 1911 Liljecronas Heimat 1912 Fuhrmann des Todes 1914 Kaiser von Portugallien 1914 Stimmungen aus den Kriegsjahren 1915 Trolle und Menschen, 1. Teil 1918 Das heilige Leben 1921 Trolle und Menschen, 2. Teil 1922 Marbacka 1925 Der Ring des Generals 1925 Charlotte Löwensköld 1926 Anna, das Mädchen aus Dalarna Die Werke Selma Lagerlöfs wurden übersetzt ins Dänische, Norwegische, Deutsche, Finnische, Holländische, Englische, Französische, Russische, Polnische, Japanische. Einzelwerke wurden übertragen ins Spanische, Portugiesische, Italienische, Ungarische, Estnische, Lettische, Jiddische, Tschechische, Slowakische, Rumänische, Kroatische, Serbische, Bulgarische, Neugriechische, Faröische, Isländische, Grönländische, Bengalische, Armenische, Türkische, Arabische und Esperanto. Umsdilaggestaltung: Karlheinz Dobsky Fotos: C. Rosenberg, O. Halldin, P. Heurlin
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