II. Auflage, unveränderter Nachdruck, 1986 Teut-Verlag Richard Schepmann, 5802 Wetter/Ruhr Postfach 13
KURT SCHRÖTTER...
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II. Auflage, unveränderter Nachdruck, 1986 Teut-Verlag Richard Schepmann, 5802 Wetter/Ruhr Postfach 13
KURT SCHRÖTTER /WALTHER WÜST
TOD und Unsterblichkeit A u s indogermanischem Weistum
AHNENERBE-ST IFTUNG V ERLAG
Alle Rechte vorbehalten Copyright 1942 by Ahnenerbe-Stiltung Verlag Berlin-Dahlem
D AS IN D IE S E R S AM M L U N G G E B R AC H T E
IN D O G E R M A N IS C H E G E D A N KE N GU T
O F F E N B AR T U N S , D A S S W IR D A S GE S C H IC K
V E R G A N GE N E R U N D K O M M E N D E R
G E S C H L E C H T E R A L S L E T Z T L IC H U N S E R
E IGE NE S BE GR E IFE N M ÜSSEN. SO WER DE N
DIE GRUNDSÄTZE, DIE HEUTE UNSERE
LE B E N S H ALT U N G B E S T IM M E N, DUR C H ALT E
WE ISHE IT BESIE GE LT. DIESES ALTE
WE IS TUM WIE DE R UM FIN DE T IN UNSE R E R
Z E I T S E IN E E R F Ü L L U N G .
ERBE/GLAUBE UND TAT
Während unser Volk wieder einmal dem Ruf des Schicksals unter die Waffen folgt und die deutschen Herzen sich bereitmachen, mutig und freudig dem Tod ins Angesicht zu sehen, wird uns bewußt, daß nur seelische Ermüdun gen es gewesen sein können, die fremder Lehre erlaubten, Weltangst und Todesfurcht zu Tu genden zu stempeln. Denn zu allen Zeiten ist es für die Männer und Frauen unserer Rasse
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das höchste verpflichtende Bewußtsein gewesen, Glied in unlöslicher Kette zu sein, zu le ben, weil die Älteren starben, und sterben zu müssen und sterben zu wollen, damit die Söhne leben. Keiner vermag dem Kreis zu entfliehen. Die reinsten Kräfte aus Blut und Wesen stel len uns daher in die Gemeinschaft mit den Be sten unseres Volkes und unserer indogermani schen Art. Wachen Herzens und mit sicherem Empfinden greifen wir in die Geschichte ari schen Menschentums, das heißt gläubigen, tat starken und opferbereiten Kämp fertums zu rück. Hell klingt aus vielen Jahrtausenden, deren gewaltiges Maß keine Zeitrechnung un terbricht, an unser Ohr die gleiche Botschaft, wie wir sie heute tragen und Söhnen und En keln weitergeben wollen. Dieses Büchlein kündet aus unvergänglichem Weistum von »Tod und Unsterblichkeit». Denn immer haben die Lebenden nach dem Tod und die dem Sterben Geweihten nach der Unsterb lichkeit gefragt. Die wahre Antwort aber heißt: Leben! »Leb im Ganzen! Wenn du lange dahin bist, es bleibt !« Das Leben allein ist Wahrheit
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weil es wohl oder übel immer Leben, nie Tod, nie vergänglich, wahrhaft un-sterblich ist. Dem Leben darum gehören wir über das Vergehen des Leibes hinaus. Es kann der Tod nicht das Ende sein, es kann nicht die in ewigem Fluß aller ihrer Kräfte sich erneuernde Natur das Lebewesen Mensch immer wieder auslöschen, um es aus Nichts neu zu schaffen. Sterben und vergehen muß frei lich das Ich in der einzelnen Erscheinungsform. Lebendig bleibt sein Wesen. Es ist ein Teil des großartigen planvollen Haushaltes der Natur, in dem nichts umkommt, sondern dem Ganzen d ient : wachsend und verschwind end, kno s pend, blühend und verwelkend, zeugend, ge bärend und sterbend. Zwischen Geburt und Tod liegt nur das klei nere Sein. Darum leben wir es fröhlich und gewiß , geb or gen im Gr öß eren und Ganzen. Eine »fröhliche Wissenschaft«, um mit Nietzsche zu sprechen, vermitteln uns erleuchtete Gei ster aus dem ewigen Aufbruch nordischer Rassenseele. Immer von neuem haben sie die Frage des Lebens, die Frage nach der Unsterblichkeit
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gestellt. Immer gleich ist die Antwort. »Ja, es muß uns so scheinen, als ob es eine und die selbe Persönlichkeit sei, die da in verschiede nen Jahrhunderten und Jahrtausenden zu der gleichen Wahrheit sich hindurchrang und sich dabei nicht selten der gleichen Worte und Bilder bediente.« Es ist höchstes Vermächtnis des Indogermanentums, daß der Mann in seinen Kindern, der einzelne in seiner Sippe weiterlebt. Jeder hat daran teil, der im Ganzen lebt, jeder ist hier gleich berechtigt und verpflichtet: der Alltagsmensch ebenso wie die großen Genien, denen der Ruhm zu ihren Lebenzeiten schon sprich wörtlich die Unsterblichkeit nachsagt. Freilich schwebt unser Leben, auch in seiner tiefsten und inneren Wesenheit, nicht ungewiß im un endlichen Raum, den man verträumt und ver sunken betrachten möchte, sondern es gründet im stürmischen Strom tätigen Daseins, freudigen Schaffens, ständigen Einsatzes für seinen Bestand und seine Entwicklung selbst. So müssen wir es verstehen, wenn der Rigveda das Leben »ruhen« und zugleich »schnellen
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Ganges« sich regen oder Jahrtausende später Goethe seinen Faust »am sausenden Webstuhl der Zeit« der »Gottheit lebendiges Kleid« wirken läßt. So erkennt indoarisches Weistum »in den Kindern« des Sterblichen Unsterblichkeit ebenso wie der Dichter unserer Tage. Oftmals prägt die geheimste Schaukraft unserer Rasse das Bild von der Kreatur als dem »Fünklein vo m W illen Gottes «. T yr taio s ab er wie die Edda und wie der im Weltkrieg gefallene Student preisen den Ruhm opferbereiter, opfervoller Tat. Die Auswahl dieser Stimmen aus einem un übersehbaren und unzählbaren Chor entstammt dem größeren Werk »Tod und Unsterblichkeit im Weltbild indogermanischer Denker« von Schrötter und Wüst, das im gleichen Verlag bereits in dritter Auflage erschien. Während dort der umfangreichen Fülle von Belegen eine gewichtige philosophische Zusammenschau beigefügt ist, soll hier allein das Zeugnis nordischen Geistes und sein flammend er Aufr uf stehen. Niemand möge glauben, daß dieses B uch u nser er held isch er r egten Zeit ei nen
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»Trost« zu spenden bestimmt sei. Wer Trost sucht, gehe zu and eren Quellen. Hier aber findet er statt besänftigenden Dunkels und betäubenden Weihrauchs das weite Feld der Erkenntnis, über dem die Helle der Sonnen Sehnsucht liegt und die Fahne' der Freiheit flattert. Hier ist das Licht und die Härte und das Gesetz. Hier ist die allbeständige Natur, aus der wir empfangen: Erbe, Glauben und Tat!
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QUELLE UND FLUSS
Alle Dinge, die da sind, sind nicht durch sich
selber,
sondern
in
der
Ewigkeit
entsprungen aus einem Urquell, der aus sich selber quillt... In der Zeit sind sie aus nichts geschaffen, und davon sind sie Kreatur; in dem ewigen Her vorgange aber, in welchem sie ausgeflossen sind, ohne noch ein Selbst zu sein, da sind sie, als an Gott, selber Gott .. .
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So ist es denn ein Fluß, der in sich selber verströmt: Gott, so sagt Dionysius, ist ein Brunnen, der in sich selber verflossen ist, so daß seine Natur allem Erschaffenen verborgen ist. MEISTER ECKEHART
Atmend ruht das Leben und ist doch schnellen Ganges, sich regend und doch fest inmitten der Flüsse. Die Seele des Toten wandert nach eigenem Willen. Die unsterbliche (Seele) ist gleichen Ursprungs mit dem Sterblichen. RGVEDA
Ein Blutquell rieselt nie allein, es laufen andere Bächlein drein; sie wälzen sich von Ort zu Ort, es reißt der Strom die Ströme fort. GOETHE
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EINHEIT UND VIELHEIT
Eine ist die Geschöpfseele, sie weilt in jeglichem Geschöpf, einheitlich und doch vielheitlich erscheint sie wie der Mond im Teich; wie der Raum, den der Krug einschließt, denn wenn der Krug zerbrochen wird, bricht nur der Krug, der Raum bricht nicht das Leben ist dem Kruge gleich. BRAHMABINDU-UPANISAD
NICHT STIRBT DAS LEBEN
»Wenn man, mein Lieber, diesen großen Baum an der Wurzel anhiebe, so würde er bluten, aber leben ; wenn man ihn in der Mitte anhiebe, so würde er bluten, aber leben; wenn man ihn an der Krone anhiebe, so würde er bluten, aber leben. Er ist vom Leben, von der Seele erfüllt und steht mit den Wurzeln sich vollsaugend fröhlich da. Wenn das Leben seiner Zweige einen verläßt, so verdorrt dieser; wenn es den zweiten verläßt, so verdorrt dieser; 19
wenn es den dritten verläßt, so verdorrt dieser. Verläßt es den ganzen Baum, so verdorrt er ganz. Ebenso, mein Lieber, wisse«, so sprach jener: »Vom Leben verlassen, stirbt allerdings dieser Leib, aber nicht stirbt das Leben. Was dieses feine Ding ist, derartig ist die ganze Welt, das ist das Reale, das ist der Ãtman. das bist du, Svetaketu.« CHÃNDOGYA-UPANISAD
Ich weiß, daß ohne mich Gott nicht ein Nu kann leben, werd' ich zu nicht, er muß von Not den Geist aufgeben. Gott ist in mir das Feu'r und ich in ihm der Schein : Sind wir einander nicht ganz inniglich gemein? ANGELUS SILESIUS
Und das ist es, daß wir sagen : Gott dürstete nach unserer Seelen. Er ist unser Stamm worden, wir sind seine Zweige und Äste: Wie ein Stamm immer seinen Saft den Ästen gibt, daß
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sie leben und Frucht tragen, dem ganzen Baum zur Herrlichkeit, also tut auch uns unser Stamm.
JAKOB BÖHME
FUNKLE IN VOM WILLE N GOTTE S
Gleichwie die Spinne durch den Faden aus sich herausgeht, wie aus dem Feuer die winzigen Fünklein entspringen, also auch entspringen aus diesem Ãtman alle Lebensgeister, alle Welten, alle Götter, alle Wesen. Wie eine Raupe, nachdem sie zur Spitze des Blattes gelangt ist, einen anderen Anfang ergreift und sich selbst dazu hinüberzieht, so auch die Seele, nachdem sie den Leib abge schüttelt und das Nichtwissen losgelassen hat, ergreift sie einen andern Anfang und zieht sich selbst dazu hinüber... Je nachdem einer nun besteht aus diesem oder jenem, je nachdem er handelt, je nachdem er wandelt, danach wird er geboren; wer Gutes 21
tat, wird als Guter gebo ren, wer Böses tat, wird als Böser geboren, heilig wird er durch heiliges Werk, böse durch böses. BRHADÃRANYAKA-UPANISAD
Denn was ist das Leben der Kreatur ? Anders nichts als ein Fünklein vom Willen Gottes. JAKOB BÖHME
Ein Fünklein außerm Feu'r, ein Tropfen außerm Meer, was bist du doch, o Mensch, ohn' deine Wiederkehr ? Die Ewigkeit ist uns so innig und gemein, wir woll'n gleich oder nicht, wir müssen ewig sein. Mensch, stirbest du nicht gern, so willst du nicht dein Leben, das Leben wird dir nicht als durch den Tod gegeben. ANGELUS SILESIUS
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Wie aus dem wohlentflammten Feuer die Funken, ihm gleichen Wesens, tausendfach entspringen, so gehn, o Teurer, aus dem Unvergänglichen die mannigfachen Wesen hervor und wieder in dasselbe ein. MUNDAKA-UPANISAD
UNSTERBLICHKEIT IN DEN KINDERN
»Was gewinnt man denn durch den Sohn, den alle wünschen, die Einsichtigen und die Toren? Das erkläre mir, o Nãrada!« »In ihm zahlt er seine Schuld und erlangt die Unsterblichkeit, wenn der Vater seines neu g e b o r n e n le b e n d e n S o h ne s An t l i t z s i e h t . Soviel Genüsse für die Lebenden die Erde hat, soviel das Feuer, soviel das Wasser, noch mehr Genuß hat der Vater an seinem Sohn. Immer sind die Väter durch einen Sohn der dichten Finsternis entgangen, denn als sein Selbst ward er aus seinem Selbst geboren. Er ist das über den Strom hinübertragende Schiff. Was soll der Schmutz, das Tierfell, der strup-
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pige Bart, die Kasteiung ? Erstrebet einen Sohn, ihr Brahmanen, der ist die unbestrittene Welt!«
AITAREYA-BRÃHMANA
Ich habe eine Frage für dich allein, mein Bruder: wie ein Senkblei werfe ich diese Frage in deine Seele, daß ich wisse, wie tief sie sei. Du bist jung und wünschest dir Kind und Ehe. Aber ich frage dich: bist du ein Mensch, der ein Kind sich wünschen darf ? Bist du der Siegreiche, der Selbstbezwinger, der Gebieter der Sinne, der Herr deiner Tugenden ? Also frage ich dich. Oder redet aus deinem Wunsche das Tier und die Notdurft ? Oder Vereinsamung ? Oder Unfriede mit dir ? Ich will, daß dein Sieg und deine Freiheit sich nach einem Kinde sehne. Lebendige Denkmale sollst du bauen deinem Siege und deiner Befreiung. Über dich sollst du hinausbauen. Aber erst mußt du mir selber gebaut sein, rechtwinklig an Leib und Seele.
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Nicht nur fort sollst du dich pflanzen, sondern hinauf! Dazu helfe dir der Garten der Ehe! Einen höheren Leib sollst du schaffen, ei ne erste Bewegung, ein aus sich rollendes Rad – einen Schaffenden sollst du schaffen. Ehe: so heiße ich den Willen zu Zweien, das Eine zu schaffen, das mehr ist, als die es schufen.
N IET ZSC HE
In den Kindern pflanzest du dich fort, das ist, o Sterblicher, deine Unsterblichkeit. TAITTIRÏYA-BRÃHMANA
DAS RAD
Und daher weiß ich, daß mein Selbst und die Welt ewig ist, Neues nicht hervorbringend, unwandelbar wie ein Berg, feststehend ohne Wanken wie ein Pfeiler, daß zwar die Lebewesen sich hin - und herbewegen, im Samsära wandern, abscheiden und wieder erscheinen, daß es sich aber nur um ewig sich gleich Bleibendes handelt.
D IG H AN I K ÃY A
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S o i m K r ei s l a u f d e s S a ms ä r a ,
wie Schöpfeimer am Wasserrad umlaufen, kommt er stets wieder im Mutterschoße zur Geburt. YOGATATTVA -UPANISAD
UNVERGÄNGLICHER RUHM
Wenn dann einer dahinmuß, gefallen in vorderster Reihe, seinen Gefährten, der Stadt, Vater und Sippe zu Ruhm, dicht an dicht seine Brust, der Schild, der bukkelbewehrte, und der Panzer, von vorn alle mit Wunden ge spickt: Solchen Mann beweinen zumal so Alte wie Junge, und die gesamte Stadt klaget um seinen Verlust,
-auf sein Grabmal zeigen die Leute, begegnen mit Ehrfurcht
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Kindern und Kindeskind und noch dem späten Geschlecht; nimmer vergeht sein stolzer Ruhm, nie schwindet sein Name, ruhend im Erdenschoß bleibt er unsterblich und lebt, er, der als Held sich bewährt in der Schlacht, der ohne zu wanken stritt für Kinder und Land, bis ihn denn Ares gefällt. TYRTAIOS
Ich glaube, es ist einer so lange nicht tot, als sein Gedächtnis nicht ausgelöscht ist, als er in unserer Erinnerung lebt – daß wir ihn fragen können: Was würde er dazu sagen ? wie würde er handeln ? – so lange, als uns seine unvergessenen Werke und Gedanken eine Antwort ge ben. Das ist sein ewiges Leben, und es ist an uns, es ihm zu geben. Bei dem inhaltsschweren Wort »für das Vater land gefallen« klingt insofern etwas Unsterb-
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liches mit, als damit gesagt wird, daß in dem Volksbewußtsein bis in die fernsten Zeiten –auch
wenn
das
Gedächtnis
an
den
einzelnen längst entschwunden ist – das Andenken an die Gesamtheit der Helden, an die höchste Tat ihres Lebens, den Heldentod fürs Vaterland, fortleben und wirken wird. Aus DEN KRIEGSBRIEFEN GEFALLENER STUDENTEN
...
was ur teilst d u ab er v o n j ener Sp ar tani-
schen Frau ? welche, als sie vo n ihrem ins Treffen geschickten Sohne die Todesnachricht hörte, sagte: «Dazu hatte ich ihn geboren, daß er ein Mann sei, der kein Bedenken trage, für das Vaterland zu sterben.« CICERO
WACHSEN UND VERGEHEN
Gleichwie Blätter im Walde, so sind die Geschlechte der Menschen; einige streuet der Wind auf die Erd' hin, andere wieder
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treibt der knospende Wald, erzeugt in des Frühlings Wärme; so der Menschen Geschlecht, dies wächst und jenes verschwindet. HOMER
Selbst schon ward ich geboren als Knabe und Mädchen und war schon Pflanze und Vogel und stummer Fisch in den Fluten des Meeres.
EMPEDOKLES
W e n n i m U n e n d l i c h e n D a s s e l b e sich wiederholend ewig fließt, d a s t a u s e n d f ä l t i g e G e wö l b e s i c h k r ä f t i g i n e i n a n d e r s c h l i e ß t : strömt Lebenslust aus allen Dingen, dem kleinsten wie dem größten Stern, und alles Drängen, alles Ringen, ist ewige Ruh in Gott dem Herrn. GOETHE
GELASSENHEIT
Man möge also jene ungereimten, ich möchte sagen, alter Weiber Ansichten verscheuchen,
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vor der Zeit sterben sei ein Unglück. Vor welcher Zeit denn ? Etwa der Natur ? Aber diese hat uns das Leben, wie eine Geldsumme, gleichsam auf Zins gegeben, ohne den Tag der Rückgabe vorher zu bestimmen. CICERO
Das schauerlichste Übel, der Tod, geht uns somit nichts an, weil, solange wir sind, der Tod nicht da ist; ist er aber da, so sind wir nicht mehr. Der Tod geht demnach weder die Leben d en no ch d ie T o ten et wa s an, d a er für d ie ersteren nicht vorhanden ist, die letzteren aber nicht mehr sind. EPIKUR
Si nd nicht alle die Freuden wie durch ein zerlechztes Gefäß dir hingeflossen, und ohne Genuß dir die Tage zerronnen ? Warum stehst du nicht auf wie ein satter Gast von der Mahlzeit, nimmst mit willigem Herzen, o Tor, die sichere Ruh' an ?
LUCRETIUS
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Nichts versinkt in den Schlund, und nichts in des Tartarus Nächte. Neuer Stoff ist vonnöten zur Bildung neuer Geschlechter, die dir alle jedoch einst, abgelebet, noch folgen; denn wie die vorige Welt wirst du und die künftige fallen. Also wird immerfort aus dem einen entstehen das andre: Keiner erhält das Leben zum Eigentum, alle zum Nießbrauch. Schaue zurück, was ist sie für uns die ewige Dauer, jener vergangenen Zeit, noch ehe geboren wir waren ? Diese hält die Natur uns gleichsam vor, als den Spiegel jener künftigen Zeit, die nachfolgt unserem Tode. Siehst du was Schreckliches drin ? erscheinet ein trauriges Bild dir ? Ist's nicht sicherer dort als selbst in dem ruhigsten Schlafe ?
LUCRETIUS
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Geh einmal zu deinen verschiedenen Lebensstufen über, du wurdest Kind, Jüngling, Mann, Greis, und es war ja auch jeder Wechsel von diesen ein Tod. Ist das etwas Schreckliches ? Denke jetzt an die Zeit zurück, welche du noch unter deinem Großvater, nachher unter deiner Mutter und dann unter deinem Vater verlebt hast, und wenn du nun alle Trennungen, Umwandlungen und Auflösungen, die mit dir vorgegangen sind, erwägst, so frage dich selbst, war darin etwas Schreckliches ? Ebensowenig wird es auch das Aufhören, der Stillstand und die Umwandlung deines ganzen Lebens sein. MARC AUREL
Wer geht, um wiederzukehren, darf ruhig sein. Betrachte den in sich zurückgehenden Kreislauf der Dinge, und du wirst finden, daß nichts in dieser Welt zunichte wird, sondern alles in einem steten Wechsel abrinnt und wächst. Der Sommer vergeht, aber ein folgendes Jahr bringt ihn wieder; der Winter ist verschwunden, aber mit seinen Monaten wird er zurückkehren; die Sonne wird verhüllt von der Nacht, aber sie
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se lbst wird bald der Tag vertreiben. Dieser Umlauf der Gestirne wiederholt nur, was vergangen ist, und unablässig hebt sich eine Hälfte des Himmels, die andere sinkt nieder. SENECA
DIE ANDERE GEBURT
Wie neun Monate lang der mütterliche Schoß uns festhält und uns vorbereitet, nicht für sich, sondern für den Raum, in welchen wir gleichsam entlassen werden, sobald wir fähig sind, Atem zu schöpfen und im Freien auszudauern: also reifen wir während des Zeitraums, der sich von der Kindheit bis zum Alter erstreckt, für eine andere Geburt. Ein anderer Ursprung erwartet uns, ein anderer Stand der Dinge. Jener Tag, den du als den letzten fürchtest, ist der Geburtstag der Ewigkeit. Lege die Last ab : was zauderst du, als ob du nicht auch früher mit Zurücklassung des Körpers, in dem du verborgen warst, herausgetreten wärest ? Du zögerst, du widerstrebst: auch damals wurdest du durch große Anstrengung der Mutter aus-
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getrieben. Du seufzest und weinst: auch dieses Weinen ist dem Kinde eigen, das geboren wird. SENECA
DES TOTEN TATENRUHM
Ein Sohn ist besser, ob geboren auch spät nach des Hausherrn Hingang: Nicht steht ein Denkstein an der Straße Rand, wenn ihn ein Gesippe nicht setzt. Besitz stirbt, Sippen sterben, du selbst stirbst wie sie; doch Nachruhm stirbt nimmermehr, den der Wackre gewinnt. Besitz stirbt, Sippen sterben, du selbst stirbst wie sie; eins weiß ich, das ewig lebt: des Toten Tatenruhm.
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EDDA
UNSTERBLICHKEIT IN DER SIPPE
Wenn ein neuer Mensch in die Familie trat, sagten die Nordländer ausdrücklich: Unser Verwandter ist wieder geboren, der und der ist zurückgekommen. Und sie bekräftigen ihre Aussa ge, i nd e m sie d e m J un gen d en alte n Namen gaben. Thorstein weiht seinen Knaben dem Leben mit den Worten: »Dieser Knabe so ll I ngi mu nd heiß en, u nd ich er war te Ha mingja für ihn wegen des Namens.» Die Seele und das Heil des alten Großvaters Ingimund soll jetzt wieder ins Leben treten, zu neuer Wirksamkeit im Lichte.
Unsterblichkeit besteht also darin, im Heil und in der Ehre zu bleiben und sie gesichert zu wissen; mag der Gedanke an die eigene Wohlfahrt sich so mächtig er heben, wie er will, er kann nicht die Form annehmen: was soll aus mir werden ? Solange das Leben unzertrennlich an eine Einheit geknüpft ist, so daß das Individuum überhaupt nicht als Individuum existieren kann, fehlt der Stachel, der
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den Gedanken an die eigene Inkarnation in Bewegung setzen könnte. Der tote sowohl als auch der leb end e Ver wa nd te leb t in seiner Sippe; er denkt ihre Gedanken und ihre Ehre, er will ihren Willen, er fühlt ihre Gefühle, er ist ihr
Körper.
Er
wird
durchwärmt
von
der
herzerfrischenden Ehre, zu der er selbst den Grund gelegt hat, er nährt sich v om Heil, und er handelt, denkt und plant mi t den Ver wa n d t e n . U n d s o i s t d ie F r a g e : S e i n o d er Nichtsein, von Beginn ausgeschlossen. WILHELM GRÖNBECH
. . . IN
VIELEN GESTALTEN
Ich war in vielen Gestalten, bevor ich entstellt wurde. Ich war ein buntfarbiges Schwert, ...... war ein Tropfen im Luftraum, wa r e i n wa c h e n d e r S t e r n , war ein Wort in Lettern, war ein Buch im Beginn. 37
War das Licht eines Leuchters ein Jahr und ein halbes, war eine dauernde Brücke über sechzig Ströme. War Bewegung, ein Aar, war ein Boot auf der See, war Überredung beim Trinkgelage, wa r e i n T r o p f e n i m S c h a u e r . W a r e i n S c h we r t i n d e r F a u s t , wa r e i n Sc h ild i n d er Sc hl ac h t, war die Saite einer Harfe neun Jahre verzaubert. In Wasser, in Schaum war ich ein Schwamm, in Feuer, war ein geschützter Wald. Nicht bin ich unlustig zu singen, wenn auch kurz, zu singen den Kampf im bunten Godeu. ANFANG EINES KYMRISCHEN BARDENGEDICHTS
Die nördlichen Völker fürwahr sind glücklich in ihrem Wahn, da jener größte der Schrecken
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nicht sie bedrängt: die Furcht des Todes. So stürzen die Männer mutig entgegen dem Stahl und sterb en mit williger Seele. Hier heißt feig, wer das Leben schont, das doch wieder zurückkehrt. MARCUS ANNAEUS LUCANUS
WEISS NIT WOHER, WOHIN
Ich komm', weiß nit woher, ich bin und weiß nit wer, ich leb', weiß nit wie lang, ich sterb' und weiß nit wann, ich fahr', weiß nit wohin, mich wundert's, daß ich fröhlich bin. ALTER DEUTSCHER SPRUCH
WARUM LEBST DU?
W enn man d as Leb en fr agte tau send J ahr e lang: »Warum lebst du ?« Wenn es überhaupt antwortete, würde es nur sagen: »Ich lebe, um zu leben!« Das rührt daher, weil das Leben
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aus seinem eigenen Grunde lebt, aus seinem Eignen quillt; daru m lebt es ohne ein Warum: es lebt nur sich selber! Und fragte man einen wahrhaften Menschen, einen, der aus seinem eigene n Gr und e wir kt: »W ar u m wir k st d u deine Werke ? « Wenn er recht antwortete, würde er auch nur sagen: »Ich wirke, um zu wirken!«
MEISTER ECKEHART
MUTIGES STERBEN
Ein Kämpfer war ich, voll Hoffnung zu siegen; doch lähmte oftmals N a t u r u n d Schicksal der Seele B e m ü h ' n und des Geistes Kraft. Doch immerhin ist es kein Geringes, auch nur in die Schranken getreten zu sein.
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Unrühmlichem Leben hab ich bevorzugt mutiges Sterben; dem Beifall der Besten, dem herrlichsten Nachruhm hat meine Tugend sich freudig geopfert! GIORDANO BRUNO
FURCHT TUT NICHTS GUTES
Kein Leiden od er Ged ränge und T od kann überwunden werden mit Ungeduld, Flucht und Trost suchen, sondern allein damit, daß man fest stillsteht und ausharrt, ja, dem Unglück und Tod kühn entgegengeht. Denn wahr ist das Sprichwort: *Wer sich vor der Hölle fürchtet, der fährt hinein!« Ebenso, wer sich vor dem Tod fürchtet, den verschlingt der T od ewiglich; wer sich vor Leiden fürchtet, der wird über wunden. Furcht tut nichts Gutes. Darum muß man frei und mutig in allen Din gen sein und feststehen. MARTIN LUTHER
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VERWANDLUNG
Kein Tod ist in der Schöpfung, sondern Ver wandlung; Verwandlung nach dem weisesten besten Gesetz der Notwendigkeit, nach wel chem jede Kraft im Reich der Verä nderung sich immer neu, immer wirkend erhalten will und also durch Anziehen und Abstoßen, durch Freundschaft und Feindschaft ihr organisches Gewand unaufhörlich ändert.
Keine Ruhe ist in der Schöpfung, denn eine müßige Ruhe wäre Tod. Jede lebendige Kraft wirket und wirkt fort: mit jeder Fortwirkung also schreitet sie weiter und arbeitet sich aus, nach innern ewigen Regeln der Weisheit und Güte, die auf sie dringen, die in ihr liegen. HERDER
DIE UNENDLICHE KETTE
Entschuldige sich nur keiner damit, daß er in der langen Kette zu unterst stehe; er bildet ein Glied, ob das erste oder das letzte, ist
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gleichgültig, und der elektrische Funke könnte nicht hindurchfahren, wenn er nicht da stände. Darum zählen sie alle für einen und einer für alle, und die letzten sind wie die ersten. HEBBEL
Uns hebt die Welle, verschlingt die Welle, und wir versinken. Ein kleiner Ring begrenzt unser Leben, und viele Geschlechter r eihen sich d auer nd an ihres Daseins unendliche Kette. GOETHE
AM WEBSTUHL DER ZEIT
In Lebensfluten, im Tatensturm wall' ich auf und ab, wehe hin und her! Geburt und Grab, ein ewiges Meer,
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ein wechselnd Weben, ein glühend Leben, so schaff' ich am sausenden Webstuhl der Zeit und wirke der Gottheit lebendiges Kleid. GOETHE
DER TÜCHTIGE
Ja, kehre nur der holden Erdensonne entschlossen deinen Rücken zu! Ver messe dich, die Pforten aufzureißen, vo r d e ne n j ed er g er n vo r üb er s c hle ic h t ! Hier ist es Zeit, d urch T aten zu beweisen, daß Manneswürde nicht der Götterhöhe weicht, vor jener dunkeln Höhle nicht zu beben, in der sich Phantasie zu eigner Qual verdammt; nach jenem Durchgang hinzustreben, um dessen engen Mund die ganze Hölle flammt; zu diesem Schritt sich heiter zu entschließen, und wäre es mit Gefahr, in Nichts dahinzufließen.
Nach drüben ist die Aussicht uns verrannt. Tor, wer dorthin die Augen blinzelnd richtet,
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sich über Wolken seinesgleichen dichtet! Er stehe fest und sehe hier sich um, dem Tüchtigen ist diese Welt nicht stumm. GOETHE
DIE GESETZE DES ALLS
Kein Wesen kann zu nichts zerfallen! Das E w'ge r egt sich fo r t in allen, am Sein erhalte dich beglückt! Das Sein ist ewig; denn Gesetze b e wahr en d ie leb end 'ge n Schätze, aus welchen sich das All geschmückt.
Des Menschen Seele gleicht dem Wasser: vom Himmel kommt es, zum Himmel steigt es, und wieder nieder zur Erde muß es, ewig wechselnd. GOETHE
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EIN GROSSES LEBENDIGES
Aber nichts ist verloren und verschwunden, was die geheimnisvoll waltenden Stunden in den dunkel schaffenden Schoß aufnahmen. — Die Zeit ist eine blühende Flur, ein großes Lebendiges ist die Natur, und alles ist Frucht, und alles ist Samen. SCHILLER
MUTTER UND SÖHNE
Schön ist des Mondes mildere Klarheit unter der Sterne blitzendem Glanz. schön ist der Mutter liebliche Hoheit zwischen der Söhne feuriger Kraft; nicht auf der Erden ist ihr Bild und ihr Gleichnis zu sehn. Hoch auf des Lebens Gipfel gestellt, schließt sie blühend den Kreis des Schönen,
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mit der Mutter und ihren Söhnen krönt sich die herrlich vollendete Welt. Freudig sieht sie aus ihrem Schoße einen blühenden Baum sich erheben, d e r s i c h e wi g s p r o s s e n d e r n e u t . Denn sie hat ein Geschlecht geboren, welches wandeln wird mit der Sonne und den Namen geben der rollenden Zeit. SCHILLER
EWIGES, GLÜHENDES LEBEN
0 Seele! Seele! Schönheit der Welt! du unzerstörbare! du entzückende! mit deiner ewigen J ugend ! d u b ist; was ist denn der T od und alles Wehe der Menschen ? Ach! viel der leeren Worte haben die Wunderlichen gemacht. Geschiehet doch alles aus Lust, und endet doch alles mit Frieden. Wie der Zwist der Liebenden sind die Dissonanzen der Welt. Versöhnung ist mitten im Streit und alles Getrennte findet sich wieder.
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Es scheiden und kehren im Herzen die Adern und einiges, ewiges, glühendes Leben ist alles. Wir sangen heilige Gesänge von dem, was be steht, was fortlebt unter tausend veränderten Gestalten, was war und ist und sein wird, von der Unzertre nnlichkeit der Geister, und wie sie Eines seien von Anbeginn und immerdar, so sehr auch Nacht und Wolke sie scheide, und aller Augen gingen über vom Gefühle dieser Verwandtschaft und Unsterblichkeit. Ich war ganz ein andrer geworden. Laßt ver gehen, was ve rgeht, rief ich unter die Begeisterten; es vergeht, um wiederzukehren, es altert, um sich zu verjüngen, es trennt sich, um sich inniger zu vereinigen, es stirbt, um lebendiger zu leben. HÖLDERLIN
Wer für sein Vaterland in den Tod geht, ist von der Täuschung frei geworden, welche das Dasein auf die eigene Person beschränkt: er dehnt sein eigenes Wesen auf seine Landsleute aus, in denen er fortlebt, ja auf die kommen-
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d en Geschlechter der selb en, für welche er wirkt; — wobei er den Tod betrachtet wie das Winken der Augen, welches das Sehen nicht unterbricht.
SCHOPENHAUER
LEBE DROBEN, 0 VATERLAND
Du kommst, o Schlacht! schon wogen die Jünglinge hinab vo n ihren Hügeln, hinab ins T al, wo keck herauf die Würger dringen, sicher der Kunst und des Arms, doch sichrer kommt über sie die Seele der Jünglinge, denn die Gerechten schlagen wie Zauberer, und ihre Vaterlandsgesänge lähmen die Kniee den Ehrelosen. 0, nehmt mich, nehmt mich mit in die Reihen auf, damit ich einst nicht sterbe gemeinen Tods! Umsonst zu sterben, lieb' ich nicht ; doch lieb' ich, zu fallen am Opferhügel
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fürs Vaterland, zu bluten des Herzens Blut fürs Vaterland — und bald ist's geschehn! Zu euch, ihr Teuern! komm' ich, die mich leben lehrten und sterben, zu euch hinunter! Wie oft im Lichte dürstet' ich, euch zu sehn, ihr Helden und ihr Dichter aus alter Zeit! Nun grüßt ihr freundlich den geringen Fremdling, und brüderlich ist's hier unten; und Siegesboten kommen herab: die Schlacht ist unser. Lebe droben, o Vaterland, und zähle nicht die Toten! Dir ist, liebes! nicht einer zuviel gefallen. HOLDERLIN
BESINNUNG
Wir wähnten lange, recht zu leben; doch fingen wir es töricht an! Die Tage ließen wir entschweben und dachten nicht ans End' der Bahn !
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Nun haben wir das Blatt gewendet und frisch dem Tod ins Aug' geschaut; kein ungewisses Ziel mehr blendet, doch grüner scheint uns Busch und Kraut! Und grüner ward's in unsern Herzen, es zeugt's der froh gewordne Mund; doch unsern Liedern, unsern Scherzen liegt fest ein edler Ernst zu Grund'. GOTTFRIED KELLER
UNTER STERNEN
Wende dich, du kleiner Stern, Erde! wo ich lebe, daß mein Aug, der Sonne fern, sternenwärts sich hebe! Heilig ist die Sternenzeit, öffnet alle Grüfte; strahlende Unsterblichkeit wandelt durch die Lüfte.
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Mag die Sonne nun bislang andern Zonen scheinen, hier fühl ich Zusammenhang mit dem All' und Einen! GOTTFRIED KELLER
WAS IST DER TOD?
Eins möcht' ich wissen: Was ist der Tod ? E in Ding, um dessentwillen wir das Leben lieben! Das ist die beste Antwort. Jawohl, nur weil wir es stündlich verlieren können, halten wir's fest, und pressen's aus und saugen's ein, bis zum Zerplatzen. Ging's ewig so fort, wie gestern und heut, so würden wir in seinem Gegenteil seinen Wert und Zweck sehen; wir würden ru hen und schlafen und in unsern Träumen vor nichts zittern, wie vor dem Erwachen. Jetzt suchen wir uns durchs Essen gegen das Gegessenwerden zu schützen und kämpfen mit unsern Zähnen gegen die Zähne der Welt. Darum ist's auch so einzig schön, durchs Leben selbst zu sterben! den Strom anschwellen zu lassen, 54
d aß d ie Ad er , d i e i h n au f n e h me n so ll, zerspringt! die höchste Wollust und die Schauder der Vernichtung ineinander zu mischen! Oft kommt's mir vor, als hätt' ich einmal zu mir selbst gesagt: Nun will ich leben! Da ward ich losgelassen wie aus zärtlichster Umschlingung, es ward hell um mich, mich fröstelte, ein Ruck, und ich war da! So möcht' ich auch einmal zu mir selbst sagen: Nun will ich sterben ! Und wenn ich nicht, so wie ich das Wort ausspreche, aufgelöst in alle Winde verfliege und eingesogen werde von all den durstigen Lippen der Schöpfung, so will ich mich schämen und mir eingestehen, daß ich Wurzeln aus Fesseln ge macht habe. Möglich ist's; es wird sich noch einer töten durch den bloßen Gedanken! IIEBBEL
DER ZUKUNFT BLÜTENKRONE
W er eine Mutter sehen k ann mit d e m üb er ihrem Kinde leuchtenden Himmel ihres Liebesangesichts und noch an einen Tod oder eine kalte Maschinerie in der Natur glauben, von
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dem weiß ich nicht, wo ihm sein Irrenhaus gebaut werden soll.
Wo
ERNST MORITZ ARNDT
trägt die Gegenwart d er Zukunft Blüten krone?
Wo sich ein Vater sieht verjüngt in seinem Sohne. Der Gärtner sei gelobt, der diesen Baum begießt, wo Frucht aus Blüt' und Blüt' aus Frucht unendlich sprießt. FRIEDRICH RÜCKERT
Nicht d ie sind Ritter, welche mit gold enen Sporen einherstolzieren, die von den Kaisern mit Gunst und Torheit zu Rittern geschlagen sind. Die echten Ritter sind vom harten Geschick geschlagen und geprägt, ihr Sporn ist die Treue und ihr Schwert der Glaube an das ewige Bestehen der Geschlechter, daß dieselbe Herrlichkeit aus dem Stamme immerdar wiedergeboren werde.
AC HIM VON ARN IM
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DER FREIHEIT FECHTERSCHAR
Das ist die Kraft, die nimmer stirbt und immer wieder streitet, das gute Blut, das nie verdirbt, geheimnisvoll verbreitet! Solang noch Morgenwinde voran der Sonne wehn, wird nie der Freiheit Fechterschar in Nacht und Schlaf vergehn! GOTTFRIED KELLER
MEINE DREI WÜNSCHE
Leben, solange die Brust sich hebt, genießen, was rundum blüht, hin und wieder etwas Gutes tun, weil das auch ein Genuß ist, arbeiten, da mit man genießen und wirken könne, andern das Leben geben, damit sie es wieder so machen und d ie Gattun g er halte n wer d e, und d ann sterben – dem hat der Himmel ein Geheimnis eröffnet, der das tut und weiter nichts. Frei heit, ein eignes Haus und ein Weib, meine drei Wünsche, die ich mir beim Auf- und Untergan ge der Sonne wiederhole, wie ein Mönch seine drei Gelübde!
HEINRICH VON KLEIST
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GEBORGENHEIT
Betrachtet das Insekt auf eurem Wege: Eine kleine, unbewußte Wendung eures Fußtritts ist über sein Leben oder T od entscheidend. Seht die Waldschnecke, ohne alle Mittel zur Flucht, zur Wehr, zur T äuschung, zum Verbergen, eine bereite Beute für jeden. Seht den Fisch sorglos im noch offenen Netze spielen; den Frosch durch seine Trägheit von der Flucht, die ihn retten könnte, abgehalten; den Vogel, der den über ihm schwebenden Falken nicht gewahr wird ; die Schafe, welche der Wolf aus dem Busch ins Auge faßt und mustert. Diese alle gehen, mit wenig Vorsicht ausgerü stet, arglos unter den Gefahren umher, die je den Augenblick ihr Dasein bedrohen. Indem nun also die Natu r ihre so unaussprechlich künstlichen Organismen nicht nur der Raublust des Stärkeren, sondern auch dem blinde sten Zufall und der Laune jedes Narren und dem Mutwillen jedes Kindes ohne Rückhalt preisgibt, spricht sie aus, daß die Vernichtung dieser Individuen ihr gleichgültig sei, ihr nicht
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schade, gar nichts zu bedeuten habe, und daß, in jenen Fällen, die Wirkung so wenig auf sich habe wie die Ursache. Sie sagt dies sehr deut lich aus, und sie lügt nie: nur ko mmentier t sie ihre Aussprüche nicht; vielmeh r redet sie im lakonischen Stil der Orakel. Wenn nun die Allmutter so sorglos ihre Kinder tausend dro henden Gefahren, ohne Obhut, entgegensendet, so kann es nur sein, weil sie weiß, daß, wenn sie fallen, sie in ihren Schoß zurückfallen, wo sie geborgen sind, daher ihr Fall nur ein Scherz ist. Sie hält es mit dem Menschen nicht anders als mit den Tieren. Ihre Aussage also erstreckt sich auch auf diesen : Leben oder Tod des In dividuums sind ihr gleichgültig. Demzufolge sollten sie es, in gewissem Sinne, auch uns sein: denn wir selbst sind ja die Natur. Gewiß wür den wir, wenn wir nur - tief genug sähen, der Natur beistimmen und Tod oder Leben als so gleichgültig ansehen wie sie. So weilt alles nur einen Augenblick und eilt dem Tode zu. Die Pflanze und das Inse kt sterben am Ende des Sommers, das Tier, der
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Mensch nach wenig Jahren : Der Tod mäht unermüdlich. Desungeachtet aber, ja, als ob dem ganz und gar nicht so wäre, ist jederzeit alles da und an Ort und Stelle, eben als wenn alles unvergänglich wäre. Jederzeit grünt und blüht die Pflanze, sch wirrt das Insekt, steht T ier und Mensch in unver wüstlicher Jugend da, und d ie scho n tau send m al geno sse ne n Kirschen hab en wir j eden So mmer wied er vor uns. Auch die Völker stehen da, als unsterbliche Individuen; wenn sie gleich bisweilen die Namen wechseln; sogar ist ihr Tun, Treiben und Leiden allezeit dasselbe; wenn gleich die Geschichte stets etwas anderes zu erzählen vorgibt. SCHOPENHAUER
0 TÖRICHTES BLATT!
Wo ist der reiche Schoß des weitenschwangeren Nichts, der sie noch birgt, die kommenden Geschlechter ? – Wär e darauf nicht die lä chelnde und wahre Antwort : Wo anders sollen sie sein als dort, wo allein das Reale stets war und sein wird, in der Gegenwart und ihrem
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Inhalt, also bei dir, dem betörten Frager, der, in diesem Verkennen seines eigenen Wesens, dem B l atte
am
B au m
glei cht,
welche s,
im
Herbste welkend und im Begriff abzufallen, jammert über seinen Untergang und sich nicht trösten lassen will durch den Hinblick auf das frische Grün, welches im Frühling den Baum bekleiden wird,sondern klagend spricht: »Das bin ja ich nicht! Das sind ganz andere Blätter! « – 0 törichtes Blatt! Wohin willst du ? Und woher sollen andere kommen ? Wo ist das Nichts, dessen Schlund du fürchtest ? – Erkenne doch dein eigenes Wesen, gerade das, was vom Durst nach Dasein so erfüllt ist, erkenne es wieder in der inneren, geheimen, treibenden Kraft des Baumes, welche, stets eine und dieselbe in allen Generationen von Blättern, unberührt bleibt vom Entstehen und Vergehen. SCHOPENHAUER
DER URGLAUBE DER MENSCHHEIT
Was diesem über das ganze Menschengeschlecht verbreiteten und den Weisen wie dem Volke
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einleuchtenden Glauben entgegensteht, ist das Judentum, nebst den aus diesem entsprosse nen zwei Religionen, sofern sie eine Schöpfung des Menschen aus Nichts lehren, an welche er dann den Glauben an eine endlose Fortdauer a parte post zu knüpfen die harte Aufgabe hat. Ihnen freilich ist es, mit Feuer und Schwert, gelungen, aus Europa und einem Teile Asiens jenen tröstlichen Urglauben der Menschheit zu verdrängen : es steht noch dahin auf wie lange. SCHOPENHAUER
VERKLÄRUNG DES LEBENS
Auch die Natur hat ihren Himmel; und dieser Himmel, in dem d er Körp er aufer steht und verklärt wird, ist das Leben, die Seele. Die Auferstehung und Verklärung des Lebens muß man d aher in der Natur selb er, nicht auß er und hinter ihr suchen. Nach dem Tode noch etwas zu wünschen, nach etwas noch sich zu sehnen, ist grenzenlose Verirrung. Du stirbst gerade nur deswegen,
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weil vor dem Tode alles da ist, was du nach dem Tode erst zu erreichen dir einbildest ; der Tod kommt nicht aus Mangel und Armut, sondern aus Fülle und Sättigung her. Die Last des unendlichen Wesens nur macht den Schrein deines eigenen endlichen Seins, welcher es in sich faßt, zerbersten. LUDWIG FEUERBACH
MEIN AUFERSTANDNES ICH
Nicht will ich zu den Schatten hin, zu Sokrates und Augustin; es zieht mich in das Nichts hinunter als neuen Leb ens Feuer zund er : Zu denen treibt's mich hinzufahren, die nochnicht sind und nöch nicht waren: die jetzt das Nichts noch regungslos verbirgt in seinem dunklen Schoß; zu euch, ihr lieben Kindelein, die ihr statt unser tretet ein und atmet eure Lebensluft aus unsrer kalten Totengruft.
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Ihr lieben, teuern Kindelein, mein Sein wird itzund euer Sein; ihr seid mein auferstandnes Ich, wenn längst mein Sein ins Nichts erblich. Der Tod verkehret Mein in Dein, er schließet eins ins andre ein. LUDWIG FEUERBACH
EWIGE WIEDERKUNFT Siehe, wir wissen, was du lehrst : daß alle Dinge ewig wiederkehren und wir selber mit, und daß wir schon ewige Male dagewesen sind, und alle Dinge mit uns. Du lehrst, daß es ein großes Jahr des Werdens gibt, ein Ungeheuer von großem Jahre: das muß sich, einer Sanduhr gleich, immer wieder v o n n e u e m u md r e h n , d a mi t e s v o n n e u e m ablaufe und auslaufe: — so daß alle diese Jahre sich selber gleich sind, im Größten und auch im Kleinsten, — so daß wir selber in jedem großen Jahr uns selber gleich sind, im Größten und auch im Klein sten.
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Und wenn du jetzt sterben wolltest, o Zara thustra : siehe, wir wissen auch, wie du da zu dir sprechen würdest: – aber deine Tiere bitten dich, daß du noch nicht sterbest! Du würdest sprechen und ohne Zittern, vielmehr aufatmend vor Seligkeit: denn eine große Schwere und Schwüle wäre von dir genommen, du Geduldigster! »N u n ster b e und sch wi n d e ich, wür d est d u sprechen, und im Nu bin ich ein Nichts. Die Seelen sind so sterblich wie die Leiber. Aber der Knoten von Ursachen kehrt wieder, in den ich verschlungen bi n, – der wird mich wieder schaffen! Ich selber gehöre zu den Ur sachen der ewigen Wiederkunft. Ich komme wieder, mit dieser Sonne, mit dieser Erde, mit diesem Adler, mit dieser Schlange – nicht zu ein e m ne uen Leb en o d er b esser en Leben oder ähnlichen Leben: –
ich
komme
ewig
wieder
zu
diesem
gleichen und selbigen Leben, im Größten und auch im Kleinsten, daß ich wieder aller Dinge ewige Wiederkunft lehre . . .« NIETZSCHE 65
BRUNNEN DER EWIGKEIT
I n eur e m Ster b en so ll noch euer Geist und eure Tugend glüh'n, gleich einem Abendrot um die Erde : oder aber das Sterben ist euch schlecht geraten. Also will ich selber sterben, daß ihr Freunde um meinetwillen die Erde mehr liebt; und zur Erde will ich wieder werden, daß ich in der Ruhe habe, die mich gebar. Wann trinkst du diesen Tropfen Tau's, der auf
alle Erden-Dinge niederfiel, –
wann
trinkst du diese wunderliche Seele –
wann,
heiterer
Brunnen
der
schauerlicher
E wigkeit
!
du
Mittags -Abgrund
!
wann trinkst du meine Seele in dich zurück ? NIETZSCHE
RÜCKKEHR INS ALL
E ines zu sei n mit alle m, d as ist Leb en d er Gottheit, das ist der Himmel des Menschen. Eines zu sein mit allem, was lebt, in seliger Selbstvergessenheit wiederzukehren ins All der
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Natur, das ist der Gipfel der Gedanken und Freuden, das ist die heilige Bergeshöhe, der Or t d er ewi gen R uhe, wo d er Mittag seine Sch wüle und der Donner seine Stimme verliert und d as ko chende Meer der Wo ge d es Kornfelds gleicht. Eines zu sein mit allem, was lebt! Mit diesem
W o r te
legt
die
T ugend
d en
zür nend en Har nisch, der Geist des Menschen den
Zepter
weg,
und
alle
Gedanken
schwinden vor dem Bilde der ewig einigen Welt,
wie
die
Regeln
des
ringenden
Künstlers vor seiner Urania, und das eherne Schicksal entsagt der Herrschaft, und aus dem Bunde der Wesen schwindet der Tod, und Unzertrennlichkeit und ewige Jugend beseliget, verschönert die Welt. HÖLDERLIN
TEIL DES GANZEN
Uns alle kann ein geistig Band durchschweben, eine Art uns ganz und gar verkettenden Einheitsstromes . . ., das uns alle, wie in Moment e n h ö c h s t e r G e f a h r d e r N a t io n , zu einem 67
W ald e, z u ei ne m H eer e vo n W äc ht er n d es Heimattales und aller Erden- und Himmelsgüter ste mp elt, z u ei ner Ar t gei stiger Ver schlingung, von der der Inder sagt: Du bist ich, und ich bin du! Läßt mich die Königin P hantasie d ur ch d ie K u nst i n Ge schic hten und Tagesberichten nicht alles mit erleben, was anderen geschieht ? Bin ich nicht, den ich schaue auf der Bühne, war ich beim Lesen der Geschichte Napoleons, als seine Adler sanken bei Waterloo, nicht er selbst, zucke ich nicht auf, wenn eine Verbrechertat enthüllt wird oder man einen Mörder richtet ? Erst wenn wir den Zweck der Menschheit, das Ziel schauen können im überirdischen Lichte, werden wir wissen, ob die Persönlichkeit für sich ewig lebt oder nur als Teil des Ganzen. In beiden Fällen schöpfen wir aus dieser Erkenntnis die Verpflichtung, eben weil wir an Aufstieg und Unsterblichkeit glauben, der Idee des Ganzen im Spiel des Guten und Bösen nach unseren Kräften zu dienen. CARL LUDWIG SCHLEICH
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... DOCH BRENNE!
Wirf dich weg! Sonst bist du nicht meiner Art und meines Blutes. Wehe, wachst du zagen Mutes über deinem Lebenslicht, dessen Flamme gar nichts wert, wenn sie nicht ihr Wachs verzehrt. Brenne durstig himmelan! Brenne stumm hinab! Doch brenne! Daß dein Los von dem dich trenne, der sich nicht verschwenden — kann. Laß ihm seine Angst und Not! Du verstehe nur den — Tod. CHRISTIAN MORGENSTERN
ERHÖHUNG DER EINZELSEELE
Es ist jener Adel, jene Freiheit der mystischen, ehrbewußten
Seele,
die
im
noch
nie
gesehen breiten Stro me über Deutschlands Grenzen sich zum Opfer brachte und keine »Stellver69
tretung« forderte. Die Einzelseele starb für Freiheit und Ehre ihrer eigenen Erhöhung, für ihr Volkstum. ALFRED ROSENBERG
DIE GEFALLENEN
Und manchmal rufen sie mich von dem Mahle und stehen heischend vor den Türen draußen, und stehen heischend mitten in dem Saale; ist eine Stille und zugleich ein Brausen. Sie fragen streng, wie nie ein Mensch noch fragte, erforschen auch den letzten meiner Pfade: „Was keiner damals mehr zu hoffen wagte, du kehrtest heim. Wie trägst du diese Gnade? D u s t a n d e s t mi t u n s J a h r e i n d er R e i h e , bist nicht geopfert und nicht hingegeben! Antworte selbst: Bewahrtest du die Weihe? Ja oder nein?" Sie fragen und entschweben. Ja oder nein ? Es glühen alte Narben. Lebst du so groß und frei, wie jene starben? FLORIAN SEIDL
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ABSCHIED
Ich trat vor ein Soldatengrab und sprach zur Erde tief hinab: „Mein stiller grauer Bruder du, das Danken läßt mir keine Ruh'. Ein Volk in toter Helden Schuld brennt tief in Dankes Ungeduld. Daß ich die Hand noch rühren kann, das dank ich dir, du stiller Mann. Wie rühr' ich sie dir recht zum Preis ? Gib Antwort, Bruder, daß ich's weiß! Willst du ein Bild von Erz und Stein? Willst einen grünen Heldenhain?" Und alsobald aus Grabesgrund ward mir des Bruders Antwort kund: „Wir sanken hin für Deutschlands Glanz. Blüh', Deutschland, uns als Totenkranz! Der Br uder , d er d en Acker p flügt, ist mir ei n De n k ma l, wo h l ge f ü g t. Die Mutter , d ie ihr Kindlein hegt, ein B l ü ml ei n üb er m Gr ab mi r p f le gt . Die Büblein schlank, die Dirnlein rank 71
blühn mir als Totengärtlein Dank. Blüh', Deutschland, überm Grabe mein, jung, stark und schön als Heldenhain!" WALTER FLEX
JA, WIR SIND WIDERHALL
Ja, wir sind Widerhall ewigen Halls. Was man das Nichts nennt, ist Wurzel des Alls. Aber das wollen wir mutig vergessen, wollen die Kreise des Da-Seins durchmessen! Was hier nicht gebunden wird, ist nirgends gebannt. Wie weit eine Liebe sich spannt in die Zeit, in die Tat, in das Glück ihrer Erde, so tief wird sie zeugen im ewigen Werde. HANS CAROSSA
KREISLAUF
Erde aus Erde gezeugt tief über Erde sich beugt: o sieh die Blume, sieh deines Kindes Gesicht.
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Merke das ewige Licht in der dunkelen Krume. Blut steigt und fällt, fällt und steigt, zierlich in Adern verzweigt, in dir, im Stamme. Blüte wirkt es und Frucht und in dem Herzen die Zucht in dem Hirne die Flamme. Erde von Erde genährt wieder zur Erde einst fährt, ins Wesenlose. schläft und verzaubert im Traum sich, Blut, Flamme und Baum, in den Duft einer Rose. WILL VESPER
HEIMKEHR Es sinkt ein Blatt zur Erde von seinem Ast, lautlos in sanfter Fährte, fast ohne Last.
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Es kommt auch dir die Stunde im späten Jahr, da sinkst du sacht zum Grunde, der dich gebar.
JOHANNES LINKE
DEM TOTEN KAMERADEN
Herr, dunkel sind uns deine Bahnen: Dies war ein braver Kamerad. Nun flattert Flor um unsre Fahnen, er aber steht bei seinen Ahnen, ein tapfrer Träger großer Tat. Wir sind dem Toten fest geschworen, mit ihm ein Wille und ein Sinn. Und haben wir ihn auch verloren, dem Vaterland bleibt er geboren und spricht im Grabe noch: ich bin. BALDUR VON SCHIRACH
GLEICHNIS EINES EWIGEN
Sind wir imstande, rassisch-blutvolles Leben und seine Gesetze als Gleichnis eines Ewigen
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zu deuten oder nicht ? Können wir unseren Unsterblichkeitswillen als ein zielstrebiges Mittel erleben ? Erfühlen, daß wie das Leben hier d en Rau m b er e it s a u ss c ha lt et, a uc h sc ho n über der gewöhnlichen Ursächlichkeit liegt, es nach Abstreifen auch der Zeit noch andauert ? ALFRED ROSENBERG
DAS ERBE
Liegt nicht auf meinen Schultern schwer ein Sack voll Erden ? Von meinen Vätern stammt sie her, die wieder mußten werden Erde, daraus sie ihre Zeit gewannen Sättigung und Leid, leidvolles Sehnen. Pulst nicht in meinem Blute loh lodernd ein Lieben ? Von meinen Müttern; bang und froh, ist mir das Feuer blieben, das sie verzehrte ihre Zeit und ihre Herzen machte weit vor heißem Sehnen.
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Was meine Brust aus tiefstem schwellt, war ihr Verlangen ; ein Drang und Traum der Väterwelt saatweis ist aufgegangen in mir und fruchtet meine Zeit, bis all ihr Erbe ist befreit und all ihr Sehnen. ERWIN GUIDO KOLBENHEYER
REINHEIT DES BLUTES
Nein, es gibt nur ein heiligstes Menschenrecht und dieses Recht ist zugleich die heiligste Verpflichtung, nämlich: dafür zu sorgen, daß da Blut rein erhalten bleibt, um durch die Bewah rung des besten Menschentums die Möglich keit einer edleren Entwicklung dieser Wesei zu geben.
ADOLF HITLEI
JAHRAUS - JAHREIN
Dieweil dir Mond um Mond entglitt, ging einer wie ein Schatten mit, jahraus, jahrein und immerzu,
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durch Morg entau und Abendruh. Vom Kind zum Greis, wie ist so bald d ie Zei t d a h i n, d a s W o r t ver ha ll t, und alles fließt, und gar nichts bleibt, die Frucht, die fällt, der Baum, der treibt, das Haus, der Turm, der Schmerz, das Glück, das geht hinab und sinkt zurück, und endlich ist's mit dir so weit, da war es nur ein Stäubchen Zeit, und eh du es noch recht bedacht, so ist es schon für immer Nacht. Für immer Nacht ? Da stockst du schon. D u ko m ms t z ur üc k i n d e in e m So h n, d e r g e h t d e n W e g vo n An f a n g a n , u n d t u t d i e W e r k , d i e d u g e t a n , und freut und fürchtet, hofft und sinnt u nd g ib t es we i ter a n sei n K i nd , u n d h i n t e r i h m m i t l e i s e m S c h u h , j ahr aus, j ahr ein und i mmer zu, die Uhr zur Hand, bereit zum Schnitt, geht einer wie ein Schatten mit. JOSEF WEINHEBER
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DER
ARIER
Dieser Aufopferungswille zum Einsatz der persönlichen Arbeit und, wenn nötig, des eigenen Lebens für andere, ist am stärksten beim Arier ausgebildet. Der Arier ist nicht in seinen gei stigen Eigenschaften an sich am größten, son dern im Ausmaße der Bereitwilligkeit, alle Fähigkeiten in den Dienst der Gemeinschaft zu stellen. Der Selbsterhaltungstrieb hat bei ihm die edelste Form erreicht, indem er das eigene Ich dem Leben der Gesamtheit willig unterordnet und, wenn die Stunde es fordert, auch zum Opfer bringt.
ADOLF HITLER
AUFERSTEHUNG
Unsere Väter, unsere Brüder liegen erschlagen in fremdem Land. Aber sie kehren uns alle wieder, Liebende sind wir, den Toten verwandt, Die sich versammeln am dunkelsten Orte unserer Seele, sie drängen zum Schoß,
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und wir erschließen die heimliche Pforte, nehmen sie auf, und da werden sie groß. Und die Erneuten, die wir gebären, tragen ein hartes und klares Gesicht, wachsen und werden die Väter bewähren, und die Bewährenden beugen sich nicht! Stolz und gesegnet mit führendem Bilde, das sich ins dürstende Auge gesenkt, schreiten, behütet vom leuchtenden Schilde, Väter, in Söhnen uns wiedergeschenkt. GERDA VON BELOW
EIN FELDPOSTBRIEF Immer muß ich an das Leben denken, das in dir dem Licht entgegenreift und mit kleinen, zärtlichen Gelenken schon vielleicht an Gottes Schöpfung streift. Ob ich's spüre, dieses leise Pochen, darin schon ein Herz wie meines schlägt, banges Glück der ersten Frühlingswochen, das dich wie in einer Wolke trägt ? 80
Hier ist Krieg, und alle Stunden eilen, endlos geht des Heeres grauer Zug. Sturm des Schicksals läßt uns nicht verweilen, aber dieses Wissen ist genug: Blumen werden blühen, wenn ich sterbe, wenn ich falle, bin ich nicht allein. Kinderfäuste tragen unser Erbe singend in das hellste Licht hinein. KURT KÖLSCH
WIR GEHN DAHIN ...
Wir gehn dahin und wissen nicht wie bald. Die Wasser werden bleiben und der Wald. Die Erde und die Wolken und der Stein — sie werden sein. Wir gehn dahin und wissen nicht wie bald. Begonnen kaum, ist unser Lied verhallt. Was wir getan, gedacht, geweint, gelacht, versinkt in Nacht. Wir gehn dahin und wissen nicht wie bald. Nur wer wie Wasser strömt, zu Fels sich ballt,
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wie Wälder wächst, die Erde überblüht. nie ganz verglüht. Wir gehn dahin und wissen nicht wie bald. Doch was durch uns hinweg mit Urgewalt aus Ewigem ins Ewige heimwärts treibt — das bleibt. Wir gehn dahin und wissen nicht wie bald - HANS FRANCK
EBNE VON LANGEMARCK
Ist dies die alte Ebne von Langemarck ? Die Straße dröhnt — von welcher Kolonnen Schritt ? Woher, ihr Götter, klingen Stimmen ? Singende Stimmen in dieser Öde ? Hier war des Krieges eigenes Reich und Haus. Das Land ist jetzt mit sorglosem Korn bestellt, E s f ü h l e n n i c h t d i e H a l m e , wa c h s e n d , was für ein Trank ihre Wurzel nährte. Den Bauern, der vom Feld in dieWohnung kehrt,
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hat nie ein Traum aus ruhigem Schlaf geweckt, u n d e s g e s c h a h i m W a l d d e n K i n d e r n keine Begegnung bei ihren Spielen. Woher die Stimmen jetzt in der hellen Luft ? Die Straße glänzt im Licht, aber niemand kommt. Und doch, woher der Schritt der Truppen ? Und eine Trommel, und wieder Stimmen ? Das Auge sieht sie nicht, doch es kennt das Herz sie schauernd wieder — jung, und dem Tod bestimmt sie alle, Zug um Zug, und alle singend und eilig, das Ziel zu finden! 0 alte Ebne, Stätte des edelsten verlornen Kampfes, schlafendes Land, getränkt vom besten Blut! Erweckt dich nicht das Toben der Schlacht und das Lied der Toten ? Auf deinen Straßen klingen die Stimmen fort, nie stummgewordne Stimmen ! DieSatzung gilt :
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Es dürfen, um der Enkel willen, Völker das Opfer der Söhne fordern. BERNT V. HEISELER
DAS LIED VON LANGEMARCK
Und dann kommt eine feuchte, kalte Nacht in Flandern,
durch
die
wir
schweigend
marschieren, und als der Tag sich dann aus den Nebeln zu lösen beginnt, da zischt plötzlich ein eiserner Gruß über unsere Köpfe uns entgegen und schlägt in scharfem Knall die kleinen Kugeln zwischen unsere Reihen, den nassen Boden aufpeitschend ; ehe aber die kleine Wolke sich noch verzogen, dröhnt aus zweihundert Kehlen dem ersten Boten des Todes das erste Hurra entgegen. Dann aber b egann es zu knatter n und zu dröhnen, zu singen und zu heulen, und mit fiebr igen Augen zo g es nun j eden nach vorne, immer schneller, bis plötzlich über Rübenfelder und Hecken hinweg der Kampf einsetzte, der Kampf Mann gegen Mann. Aus der Ferne aber drangen die Klänge eines Liedes an unser Ohr und kamen immer näher und näher, 84
sprangen über von Kompanie zu Kompanie, und da, als der Tod gerade geschäftig hinein griff in unsere Reihen, da erreichte das Lied auch uns, und wir gaben es nun wieder weiter: Deutschland, Deutschland über alles, über alles in der Welt! ADOLF HITLER
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Die genauen Zitatangaben finden sich in dem dieser Ausgabe zugrunde liegenden größeren Werk »Tod und Unsterblichkeit im Weltbild indogermanischer Denker« der gleichen Verfasser im gleichen Verlag. Neu aufgenommen sind die Sprüche lebender Dichter und Denker. Die Führer-Worte sind zitiert nach »Mein Kampf«, Volksausgabe 1934, S. 444 (S. 77), S. 325 1. (S. 79) und S. 180 f. (S. 84 f.).
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Tod und Unsterblichkeit. Aus indogermanischem Weistum. Von Kurt Schrötter und Walther Wüst. Zweiundachtzig Textseiten und sechs Schrifttafeln. Das Vorwort „Erbe, Glaube und Tat" schrieb Dr. Friedhelm Kaiser.
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