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Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
Die Griechischen Christlichen Schriftsteller der ersten Jahrhunderte (GCS) Neue Folge · Band 14
Neutestamentliche Apokryphen II
Transitus Mariae Beiträge zur koptischen Überlieferung Mit einer Edition von P. Vindob. K 7589, Cambridge Add 1876 8 und Paris BN Copte 12917 ff. 28 und 29
Herausgegeben von
Hans Förster
Walter de Gruyter · Berlin · New York
Herausgegeben durch die Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften im Einvernehmen mit der Patristischen Kommission der Akademien der Wissenschaften in Berlin, Düsseldorf, Göttingen, Heidelberg, Leipzig, München und der Akademie der Wissenschaften und der Literatur in Mainz Gutachter dieses Bandes: Christoph Markschies
앝 Gedruckt auf säurefreiem Papier, 앪 das die US-ANSI-Norm über Haltbarkeit erfüllt.
ISSN 0232-2900 ISBN-13: 978-3-11-018227-9 ISBN-10: 3-11-018227-0 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. ” Copyright 2006 by Walter de Gruyter GmbH & Co. KG, 10785 Berlin Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany Einbandgestaltung: Christopher Schneider, Berlin Druck und buchbinderische Verarbeitung: Hubert & Co. GmbH & Co. KG, Göttingen
Vorwort Im Rahmen eines zweijährigen Forschungsprojektes, das in den Jahren 2002/03 durch den Wissenschaftsfonds (FWF) finanziert wurde, entstand die vorliegende Arbeit. Nach Abschluß der Arbeiten ist hier der Ort, vorhandene Dankesschulden abzutragen. Neben einem Text aus Wien wurden auch Pergamentblätter aus Paris und Cambridge bearbeitet. Sowohl der Bibliothèque Nationale de France wie auch Cambridge University Library gilt der Dank für die Möglichkeit, mit den Originalen an den jeweiligen Orten zu arbeiten und diese veröffentlichen zu dürfen, in besonderer Weise gilt dies natürlich für die Österreichische Nationalbibliothek; die Papyrussammlung derselben war für die Dauer des Forschungsprojektes, das von Prof. Dr. Hermann Harrauer, dem damaligen Leiter der Papyrussammlung, beantragt worden war, Gastgeberin. Ein besonderer Dank gilt Herrn Professor Christoph Markschies. Es ist bereits das dritte Buch aus meiner Feder, das er als Herausgeber betreut. Trotz hoher Arbeitsbelastung fand er immer wieder Zeit für Anregungen und Ermutigungen. Frau Dr. Sarah J. Clackson, die leider viel zu früh einer heimtückischen Krankheit erlag, danke ich sowohl für fachliche Gespräche wie auch für ihre Gastfreundschaft in Cambridge. Für fachliche Diskussionen danke ich auch Herrn Professor Stanley Porter (Hamilton, Canada) und Herrn Pfarrer Michael Kohlbacher (OberFlörsheim) stellvertretend für alle anderen, die mit mir Fragen des Themenkreises diskutierten. Ein besonderer Dank gilt meiner Frau, die das Entstehen des Werkes durch eifrige Diskussionen befruchtet hat und viel Verständnis für meine wissenschaftliche Arbeit aufgebracht hat. Die Übersetzung der neutestamentlichen Zitate orientiert sich, wenn es sich um den griechischen Text handelt, an der Lutherbibel in der Revision von 1984, wenn es sich um die koptische Übersetzung handelt – die teilweise in Nuancen und Akzentsetzungen vom griechischen Text abweicht –, wird der Text in der Regel neu übersetzt. Das Manuskript war im Februar 2004 an der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften eingereicht worden. Umstände, die nicht von mir beeinflußt werden konnten, führten zu einer Verzögerung bei der Drucklegung. Wien, im Oktober 2005 HatasHime Mmerit
Inhalt Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Edition von P.Vindob. K. 7.589, Cambridge Add 1876 8 und Paris BN Copte 12917 ff. 28 u. 29 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
V 1
3
1. 1.1. 1.2. 1.3. 1.4. 1.5. 1.6. 1.7. 2. 2.1. 2.2. 2.3. 2.4. 2.5. 3. 3.1. 3.2. 3.3. 3.4. 3.5. 3.6. 4.
Edition von P.Vindob. K. 7.589 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Paläographie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Herkunft des Pergamentblattes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Sprache des Textes und die Frage einer möglichen Vorlage . . . . Formalbeschreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der koptische Text . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Übersetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kommentar zu P.Vindob. K. 7.589 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Edition von Cambridge Add 1876 8 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Paläographie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Formalbeschreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Text . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Übersetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kommentar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Edition Paris BN Copte 12917 ff. 28 u. 29 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Paläographie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Formalbeschreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der koptische Text . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Übersetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kommentar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Das Verhältnis der Texte zueinander . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3 3 4 5 13 13 15 16 42 42 42 42 44 44 47 47 48 48 49 52 54 64
II.
Die Transitus-Mariae-Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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1. 2.
Forschungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Frage nach dem Autor und der Existenz eines heterodoxen Transitus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
67 81
VIII
Inhalt
3.
Das Verhältnis des Wiener Textes zur koptischen TransitusMariae-Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2. Die Anspielung auf den Tod der Maria im Liber Bartholomaei . . . . . . . 3.2.1. Zeitliche Einordnung des Textes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.2. Die Bemerkung zum Tod der Maria . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3. Sahidische und bohairische Fragmente eines Transitus Mariae . . . . . . . . 3.3.1. Sahidische Fragmente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.2. Bohairische Fragmente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4. Die Predigt des (Pseudo-) Kyrill von Jerusalem . . . . . . . . . . . . . . . . 3.5. Eine Predigt des Pseudo-Evodius von Rom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.6. Eine zweite Predigt des Pseudo-Evodius von Rom . . . . . . . . . . . . . . 3.7. Die Predigt des Theodosius von Alexandrien . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.8. Die Predigt des Theophilus von Alexandrien . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.9. Der Wiener Text im Zusammenhang der koptischen Transitustraditionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.9.1. Das Alter der Maria . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.9.2. Das Herannahen der letzten Stunde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.9.3. Die Reise der Apostel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.9.4. Maria, eine Apostolin? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.9.4.1. Die Mutter Jesu als Apostola Apostolorum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.9.4.2. Die Predigt der Maria und die Missionstätigkeit der Apostel . . . . . . 3.9.5. Der 21. Tybi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.9.6. Das Gebet der Maria . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.9.6. Petrus als „Vater“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.9.7. Der Einbruch der himmlischen Welt: Licht und Duft . . . . . . . . . . . . 3.9.8. Wohnort und Grab der Maria . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.10. Der Charakter des Wiener Textes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
97 97 100 100 102 103 103 104 105 108 111 112 115 116 116 123 124 129 131 134 137 139 140 143 146 147
III.
Das Alter des Wiener Textes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151
1. 2. 2.1. 2.2. 2.3. 2.4. 3. 3.1. 3.2. 3.2.1. 3.2.2. 3.3. 4.
Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Mutter Jesu . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die biblischen Berichte über Maria . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die älteste Bezeugung einer Beschäftigung mit dem Tod der Maria . Maria als Grund für das Verbot weiblicher Amtsträger . . . . . . . . . . Maria als Vorbild der christlichen Jungfrau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Frauen in der Alten Kirche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einleitung und Problematik der Fragestellung . . . . . . . . . . . . . . . . . Apostelinnen und apostelgleiche Frauen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Eine Apostolin Junia . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Thekla, die Schülerin des Paulus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Theologie des Wiener Textes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
151 158 158 161 170 183 186 186 194 195 197 208 209
Inhalt
Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Summary . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Index der griechischen und koptischen Wörter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stellenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Bibelstellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Alttestamentliche Apokryphen und Pseudepigraphen . . . . . . . . . . . . . . 3. Apostolische Väter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Neutestamentliche Apokryphen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Papyri, Handschriften etc. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Griechische, lateinische, jüdische und christliche Autoren und Schriften . Moderne Autoren (in Auswahl) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sachregister (in Auswahl) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tafelteil
IX 214 225 230 255 266 266 270 270 270 271 271 275 276
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . i-viii
Einleitung Im vorliegenden Band werden Texte aus Wien, Paris und Cambridge veröffentlicht. Auf den Wiener Text war der Bearbeiter der hier vorgelegten Texte im Rahmen eines Forschungsprojektes des Wissenschaftsfonds (FWF) im Jahr 1998 aufmerksam geworden1. Einige Wendungen dieses Textes weisen Berührungspunkte mit anderen nicht oder nur teilweise edierten Texten der Transitus-Mariae-Literatur auf. Diese Texte, die in Cambridge beziehungsweise in Paris aufbewahrt werden, wurden in das Editionsvorhaben mit einbezogen. In diesem Zusammenhang konnten einige Falschzuschreibungen korrigiert werden. Die koptische Transitus-Mariae-Literatur gilt meist als relativ einheitliche Textgruppe innerhalb der Schriften, die sich mit dem Schicksal der Maria nach dem Tod und der Auferstehung ihres Sohnes beschäftigen. Die koptischen Texte weisen charakteristische Eigenarten auf – es sei nur auf die zeitliche Differenz zwischen dem Tod der Maria und ihrer Aufnahme in den Himmel oder die Tatsache, daß nach diesen Berichten die Apostel Jerusalem für eine längere Zeit nicht verlassen haben, verwiesen –, die sie von den Texten der Transitus-Mariae-Literatur, die in anderen Sprachen überliefert werden, als Gruppe unterscheiden. Innerhalb der Sprachgruppe stellt der Text auf P. Vindob. K. 7589 einen Sonderfall dar. Diese Erzählung läßt sich nicht in die bekannte koptische Transitus-Mariae-Literatur einordnen. Offensichtlich ist dabei, daß es sich weder um ein Exzerpt aus bekannten Texten noch um die direkte Vorlage der koptischen Transitus-Mariae-Literatur handelt. Einige Aspekte des Textes legen es nahe, ihn in eine vergleichsweise frühe Zeit zu datieren. Allerdings würde dies bedeuten, daß dieser Text die bisher in der Wissenschaft geltenden Annahmen über die Entstehung dieser Literaturgruppe in Frage stellt. Die Entstehungszeit des Pergamentblattes läßt sich aufgrund einer paläographischen Datierung relativ gut eingrenzen. Da der Text jedoch nicht in diese Zeit zu passen scheint, müssen die inhaltlichen Kriterien für die Datierung herangezogen werden. Hierfür ist natürlich von Interesse, was über die einzelnen in dem Text erwähnten Personen berichtet wird. Maria, die Mutter Jesu, ist als historische Person nur sehr schwer zugänglich. Man weiß nur sehr wenig über sie. Bereits die kanonischen Evangelien bringen sehr unterschiedliche Berichte über diese Frau; im weiteren Verlauf der Theologiegeschichte wurde die Beschäftigung mit ihr vor allem durch theologische Überlegungen und Spekulationen befruchtet. Insofern
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Die Ergebnisse des Forschungsprojektes „Wörterbuch der griechischen Wörter in den koptischen dokumentarischen Texen“ sind als Band 148 der Reihe „Texte und Untersuchungen zur altchristlichen Literatur“ veröffentlicht worden.
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Einleitung
ist es schwer, zu einem historischen Kern der Überlieferungen vorzudringen. „Die Gestalt Mariens ist von sieben Schleiern umhüllt, gewebt aus Tradition, Dogma, Liturgie, Legende, Kunst, Dichtung und Musik.“2 Dogmatische Überlegungen, die ja auch den Bereich der „Tradition“ betreffen, beeinflussen wohl bereits die ältesten Überlieferungen bezüglich der Mutter Jesu. Interesse an ihrer Person erwächst immer nur in Verbindung mit dogmatischen Entscheidungen und Definitionen über die Person ihres Sohn3. Andererseits ist dadurch eine Möglichkeit gegeben, aus den dogmatischen Vorstellungen, die einen derartigen Text prägen, Rückschlüsse auf die Entstehungszeit zu ziehen. Dies zu tun, ist die Aufgabe des Kommentars, der Teil des Editionsbandes ist. Dies ist um so wichtiger, als gerade der Wiener Text einer sorgfältigen Datierung bedarf. Aufgrund dieser Überlegungen ist der Aufbau des Editionsbandes letztlich von der Materie vorgegeben. Am Anfang steht die Edition der drei Texte, denen ein Kommentar beigefügt ist. Als zweites Kapitel erfolgt ein Überblick über die Transitus-Mariae-Literatur, dem detailliertere Untersuchungen der koptischen Transitus-Mariae-Literatur angefügt sind. Den Schluß bildet die Einordnung der im Wiener Text zu findenden dogmengeschichtlich bedeutsamen Passagen in die Dogmengeschichte, die letztlich den Ausschlag zur Datierung des Textes geben. Den Abschluß bilden die üblichen Register und Verzeichnisse.
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Vgl. S. Ben-Chorin, Die Mutter Jesu in jüdischer Sicht, in: E. Moltmann-Wendel/H. Küng, Was geht uns Maria an, Gütersloh 22001 (GTBS 493), 40−50, hier 47. Vgl. hierzu z. B. E. Neubert, Marie dans le Dogme de l’Église Anténicéenne, Paris 1908, 152: „En même temps que la maternité humaine, la conception virginale devenait un des grands dogmes du christianisme primitif.“ Es handelt sich um die Zeit ab Mitte des zweiten Jahrhunderts.
I. Edition von P.Vindob. K. 7.589, Cambridge Add 1876 8 und Paris BN Copte 12917 ff. 28 u. 29 1. Edition von P.Vindob. K. 7.589 1.1. Paläographie Die regelmäßige Handschrift ist in das 9. Jahrhundert zu datieren. Auffällig ist das Schai1, dessen Ausstrich sich z. B. in Z. 7 mit dem Ausstrich des Kimma in Z. 8 verbindet. Die waagrechte Haste des Eta ist am oberen Rand des Buchstabens angebracht. Das Hori ist auffällig klein und durchbricht den unteren Zeilenrand nicht. Einige wenige Buchstaben werden vergrößert links der Kolumne geschrieben. Als Schmuckbuchstaben lassen sich diese Buchstaben nicht wirklich bezeichnen, unterscheiden sie sich doch außer durch ihre Größe durch nichts von den anderen Buchstaben auf dem Pergamentblatt. Schmuckbuchstaben sind in koptischen Texten oftmals sehr auffällig gestaltet2. Besonders auffällig ist die durchbrochene Haste des Alpha, das auf dem Recto in der zweiten Spalte (Z. 3) links neben der Kolumne zu finden ist. Ein derartiges Alpha wird sonst häufig auf Grabsteinen, Inschriften sowie in magischen Texten verwendet3. Allerdings fehlen in dieser Handschrift die anderen Kennzeichen magischer Texte (Faltung, magische Zeichen, sowie Punkte am Ende der einzelnen Hasten der Buchstaben). Insofern ist dieses eine Alpha zu wenig, um dem Text magischen Charakter zuzuweisen. Möglicherweise war der Schreiber des Textes in der Wahl dieser Form des Alpha von der graphischen Erscheinungsform bei Inschriften, die ihm bekannt waren, beeinflußt und wollte hier durch die Gestaltung dieses Buchstabens eine Art Verzierung anbringen. Insgesamt weist die Handschrift dieses Wiener Pergamentblattes viele Ähnlichkeiten mit der bei Cramer als Nr. 20 geführten Handschrift auf4. Insofern scheint eine Datierung des Fragments aus paläographischen Überlegungen in die Mitte oder vielleicht sogar die erste Hälfte des 9. Jahrhunderts angemessen. Viele der klassischen nomina sacra finden sich in diesem Text (vgl. u. a. Recto Sp. 1,8.9.10 u. ö.). Auch wenn derartige Kürzungen in christlich literarischen Texten sehr häufig zu finden sind, ist ihr Ursprung nicht geklärt. Versuche, die nomina 1
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Die deutsche Schreibung der Namen der koptischen Buchstaben folgt U. K. Plisch, Einführung in die koptische Sprache. Sahidischer Dialekt, Wiesbaden 1999 (Sprache und Kulturen des christlichen Orients 5) 1f. N. S. H. Jansma, Ornements des manuscrits coptes du Monastère Blanc, Diss. Rijksuniversiteit te Groninge, Groningen 1973, 6. Vgl. hierzu: H. Förster, Zur ältesten Überlieferung der marianischen Antiphon „Sub tuum praesidium“, biblos 44 (1995) 183−192, hier 185, Anm. 8. Vgl. M. Cramer, Koptische Paläographie, Wien 1964, Tafel 51 (Es handelt sich um das Manuskript MS 583, fol 117v aus der Pierpont Morgan Library in New York).
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Edition
sacra auf theologische Entscheidungen bzw. Streitigkeiten zurückzuführen5, müssen als gescheitert gelten6. Noch immer gilt, was Kurt Aland zu dieser Frage bemerkte: „Aus welchen Gründen die frühen Christen … den Gebrauch der nomina sacra einführten, ist vielfach erörtert, aber bisher nicht eindeutig geklärt.“7 Am Rande sei bemerkt, daß sich in koptischen Texten sogar in Zusammenhängen, wo „böse Geister“ gemeint sind8, der Begriff pneàma mit nomen sacrum-Kürzung findet. Auch dies ist ein eindeutiges Argument gegen theologische Überlegungen, die zur Einführung dieser Kürzungspraxis führten. 1.2. Herkunft des Pergamentblattes Der Text dürfte, ebenso wie ein Großteil der koptischen literarischen Texte der Wiener Papyrussammlung, im sogenannten Weißen Kloster – es wird auch als Apa Schenute Kloster von Sohag bezeichnet – entstanden sein. Dieses Kloster erhielt seinen Namen von den weißen Steinen, aus denen es erbaut war. Es war in Oberägypten in der Nähe von Sohag, am Westufer des Nils, gelegen. Zur Zeit der Klostergründung existierte der Ort Atripe noch, der rund 3 km vom Kloster entfernt war. Das Kloster entstand in der ersten Hälfte des vierten Jahrhunderts als pachomianische Gründung. Durch Schenute von Atripe, der 371 in dieses Kloster eintrat und nach dem Tod seines Onkels Apa Pgol9, der zu dieser Zeit dem Kloster vorstand, selbst Vorsteher des Klosters wurde, gelangte es zu großer Blüte10 und
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Vgl. hierzu u. a. M. d’Ancona/C. P. Thiede, Der Jesuspapyrus. Die Entdeckung einer Evangelien-Handschrift aus der Zeit der Augenzeugen, München 1996, 210, der zur religiösen Motivation einer Kürzung zentraler christlicher Begriffe bemerkt: „Für die Schreiber war damit der Augenblick gekommen, ein sichtbares Zeichen zu setzen – ein Zeichen ihres Glaubens. Diplomatische oder missionarische Rücksichten auf jüdische Empfindlichkeiten waren nicht länger erforderlich. Die christlichen Dokumente konnten nun unmißverständlich Jesu Göttlichkeit bezeugen.“ K. Jaroš, Ein neues Fragment des Hebräerbriefes, AW 32 (2001) 271−273, stützt sich auf diese Hypothese, um die Datierung eines Papyrusfragments mit Hilfe der verwendeten nomina sacra zu präzisieren. H. Förster, Heilige Namen in Heiligen Texten, AW 33 (2002) 321−324. K. Aland/B. Aland, Der Text des Neuen Testaments. Einführung in die wissenschaftlichen Ausgaben sowie in Theorie und Praxis der modernen Textkritik, Stuttgart 21989, 86. Vgl. z. B. Lk 8,2a (Horner, Luke, 140). Allerdings sind Nachrichten über den Namen dieser Person nur in der Vita des Schenute zu finden; vgl. T. Orlandi, The Library of the Monastery of Saint Shenute at Atripe, in: E. Egberts/ B. P. Muhs/J. van der Vliet (Hgg.), Perspectives on Panopolis, Leiden 2002 (P. L. Bat. 31) 211−231, hier 211. Zu seiner Zeit lebten angeblich 1800 Nonnen und 2200 Mönche in diesem Kloster; vgl. hierzu J. Quasten, Patrology. Vol. 3: The Golden Age of Greek Patristic Literature from the Council of Nicaea to the Council of Chalcedon, Westminster 61992, 185−187; dagegen R. Albrecht, Das Leben der heiligen Makrina auf dem Hintergrund der Thekla-Traditionen. Studien zu den Ursprüngen des weiblichen Mönchtums im 4. Jahrhundert in Kleinasien, Göttingen 1986, 131: „Im Klosterverband des Schenute von Atripe in Ägypten lebten 22000 Männer und 18000 Frauen.“
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wurde nach ihm auch Kloster des Schenute genannt11. „Die unzähligen Handschriften, die im Weißen Kloster gefunden wurden, stammen fast durchweg aus der Zeit zwischen dem 8. und dem 12. Jahrhundert. Das Kloster besaß zu dieser Zeit eine große Bibliothek.“12 Sie war wahrscheinlich eine der größten Bibliotheken ihrer Zeit13. Die Tatsache, daß dieser Text in einem Kloster aufbewahrt wurde, erstaunt nicht weiter: „Das ägyptische Kloster war überdies nicht nur Bollwerk der Orthodoxie, sondern auch Nische für Gruppen heterodoxer Tradition.“14 1.3. Die Sprache des Textes und die Frage einer möglichen Vorlage Der Text ist in annähernd fehlerfreiem, gutem Sahidisch verfaßt15. Es finden sich keine gröberen Fehler oder Verschreibungen. Die Wortwahl ist biblisch beeinflußt, der Verfasser spielt auf verschiedene biblische Begebenheiten an und zitiert einzelne Bibelverse, die er für seinen Zweck abändert. Insgesamt ist es eine sehr nüchterne Sprache ohne auffälligen Satzbau oder die Verwendung seltener Wörter16. Das fast schon auffällige Fehlen jedweder Verzierung – abgesehen von einigen nicht weiter verzierten Initialbuchstaben – auf dem Pergamentblatt, sei es durch Illuminationen, sei es durch farbig hervorgehobene oder künstlerisch gestaltete Buchstaben, findet so in der Sprache des Textes einen Widerhall. Beides, Sprache und Schriftbild, lassen den Text archaisch wirken. Auffällig ist die Verwendung von nte17 (Verso Sp. 2, 28) anstelle des genitivischen Anschlusses durch n-, ist dies doch die Formulierung,
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Vgl. Th. Baumeister, Art. Schenute von Atripe, LACL, 544−545. Vgl. hierzu J. Henner, Fragmenta Liturgica Coptica. Editionen und Kommentar liturgischer Texte der Koptischen Kirche des ersten Jahrtausends, Tübingen 2000 (STAC 5) 88; vgl. dort (88−92) auch für das weitere Schicksal der Handschriften aus dem Weißen Kloster und ihre Verteilung auf die verschiedenen Bibliotheken. Vgl. Orlandi, Library, 225, der zu ihren Zustand im neunten Jahrhundert bemerkt: „I think that, taking into consideration the manuscripts entirely lost, we can speak of a library of at least 1000 codices, an astonishing number compared with the largest western libraries of the same time, which seem to have kept 300 to 500 codices.“ M. Westerhoff, Auferstehung und Jenseits im koptischen „Buch der Auferstehung Jesu Christi, unseres Herrn“, Wiesbaden 1999 (Orientalia Biblica Christiana 11) 223. Die Schreibung des relativisch transponierten Perfekt I (r1,20f) entspricht nicht ganz der vom im klassischen Sahidisch zu erwartenden Schreibung (Nta= anstelle von enta=); vgl. hierzu P. Nagel, Fragmente eines sahidischen Genesiskodex der Nationalbibliothek zu Paris (BN Copte 1291 fol. 8−13), ZÄS 116 (1989) 71−90, hier 77; ob dies als Hinweis für einen Eingriff des Abschreibers beim Kopieren, für den Zeitraum der Übersetzung oder als Eigenart des Übersetzers angesehen werden muß, kann nicht mehr geklärt werden. Vgl. hierzu auch E. Junod, Vie et conduite des saintes femmes Xanthippe, Polyxène et Rébecca (BHG 1877), in: D. Papandreou/W. A. Bienert/K. Schäferdiek (Hgg.), Oecumenica et Patristica. Festschrift für Wilhelm Schneemelcher zum 75. Geburtstag, Stuttgart 1989, 83−106, hier 91, der auf die Bedeutung seltener Wörter für die Datierung eines Textes hinweist. Vgl. für diese Konstruktion B. Layton, A Coptic Grammar. With Chrestomathy and Glossary. Sahidic Dialect, Wiesbaden 2000 (PLO 20) § 148, der sie als „the appurtenance construction“ bezeichnet.
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die an dieser Stelle aufgrund der biblischen Anspielung zu erwarten wäre18. Die Sprache verwendet eine Reihe griechischer Lehnwörter, wie dies bei den koptischen Texten grundsätzlich zu erwarten ist. Es kann nicht mit völliger Sicherheit festgestellt werden, ob die Struktur der einzelnen Formulierungen und Wendungen aufgrund des Versuches entstanden ist, sich an die Formulierungen des sahidischen Neuen Testamentes anzulehnen, oder ob der Text selbst eine Übersetzung aus dem Griechischen ist. Es scheint jedoch eher das Letztere der Fall zu sein19. Grundsätzlich ist zum einen auf die Satzstellung hinzuweisen, die an einigen Stellen auf eine griechische Vorlage hinweisen könnte20: Die Nachstellung des nominalen Subjekts in r1,8.21; 2,28; v1,28 ist auffällig. Zumindest für die Formulierung neulupei nGi napostolos und astwoun nGi maria kann man neutestamentliche Parallelen bieten, bei denen die griechische Wortstellung die Abfolge der Wörter im koptischen Text beeinflußt hat21. Grundsätzlich dient die Partikel nGi dazu, das nominale Subjekt im Verbalsatz dem Verbum nachzustellen. Es ist jedoch in diesem 18
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Lk 22,53 (Horner, Luke, 426): tecousia mpkake. Nach Westendorf, Handwörterbuch, s.v., findet sich der Anschluß durch nte- anstelle von n- für den Genitiv nur sehr selten im klassischen Sahidisch; er verweist auf W. C. Till, Koptische Dialektgrammatik mit Lesestücken und Wörterbuch, München 1961, § 77: „Die Anfügung des Rectum mit Nte ist im BFA2 häufig. Im S ist sie auf bestimmte Fälle beschränkt: wenn das Regens den unbest. oder den demonstr. Art. (124) hat oder durch einen Ausdruck vom Rectum getrennt ist; manchmal wenn das Regens ein Eigenname ist.“ Allerdings führt M. Wilmet, Concordance du Nouveau Testament Sahidique II. Les Mots Autochtones. 1. a-n, Louvain 1957 (CSCO 173 Subsidia 11), s.v., 221 Belege für diese Konstruktion im sahidischen Neuen Testament an; insofern kann auch die Frage gestellt werden, ob es sich hier um ein bewußtes Bemühen handelt, die biblische Sprache nachzuahmen, auch wenn an der konkreten Stelle diese Formulierung nicht zu finden ist. Für die Probleme bei der Feststellung, ob ein koptischer Text aus dem Griechischen übersetzt ist, vgl. auch D. W. Johnson, Anti-Chalcedonian Polemics in Coptic Texts. 451−456, in: B. A. Pearson/J. E. Goehring (Hg.), The Roots of Egyptian Christianity, Philadelphia 1986, 217−234, hier 226−229. Auch für J. Leipoldt, Schenute von Atripe und die Entstehung des national ägyptischen Christentums, Leipzig 1904 (TU 25/1) 72f, ist die Satzstruktur ein wichtiges Argument, ob ein genuin koptischer Text oder eine Übersetzung vorliegt: „Wenn man absieht von dem Einflusse griechischen Schönheitsgefühls, den wir in einigen Predigten zu spüren meinen, so ist die Ausdrucksform und der Satzbau vor allem der Briefe, aber auch der Reden, rein ägyptisch.“ Zur koptischen Satzstruktur vgl. auch G. Mink, Die koptischen Versionen des Neuen Testaments. Die sprachlichen Probleme bei ihrer Bewertung für die griechische Textgeschichte, in: K. Aland (Hg.), Die alten Übersetzungen des Neuen Testaments, die Kirchenväterzitate und Lektionare. Der gegenwärtige Stand ihrer Erforschung und ihre Bedeutung für die griechische Textgeschichte, Berlin 1972 (ANTT 5) 160−299, hier 252−254. Vgl. Joh 21,17b (Horner, John, 330): aFlupei NGipetros; die sahidische Übersetzung folgt hier der Wortstellung des griechischen Neuen Testaments: ™lup»qh Ð Pštroj; der Unterschied zum vorliegenden Text ist jedoch, daß in der Erzählung auf dem Wiener Pergamentblatt die Apostel betrübt sind; siehe auch Mt 1,24a (Horner, Matthew, 8): aFtwoun de NGi iwshf ebol HM pHinhb das den folgenden griechischen Text übersetzt: ™gerqeˆj d{ [Ð] 'Iws¾f ¢pÕ toà Ûpnou. Dort ist allerdings das griechische dš auch im Koptischen vor dem NGi zu finden; die Parallele im Markusevangelium zu dieser Stelle lautet (Mk 5,42): auw Nteunou astwoun NGitSeere Shm asmooSe. „Und in dieser Stunde erhob sich die kleine Tochter und ging umher.“
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Fall die Frage zu stellen, ob eine griechische Vorlage die Satzstellung beeinflußt hat22. Allerdings sind die Hypothesen auch zu dieser Frage nicht unumstritten, wird doch Siegfried Morenz, der sie aufgestellt hat, sogar die Kompetenz abgesprochen, überhaupt zu Fragen der koptischen Linguistik Stellung zu nehmen23. Diese Beurteilung der Hypothese von Morenz hat jedoch nicht verhindert, daß die Frage einer möglichen griechischen Vorlage weiterhin offen ist24. Man kann sogar noch weiter einwenden, daß gerade die Satzstellung keinen schlüssigen Beweis für 22
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Vgl. hierzu W. C. Till, Koptische Grammatik (Saïdischer Dialekt) mit Bibliographie, Lesestücken und Wörterverzeichnis, Leipzig 51978 (= 1961) § 391: „Wenn das nominale Subjekt seinem Verbum (einschließlich dem kausativen Infinitiv) folgt, so ist das Verbum mit dem dem nominalen Subjekt entsprechenden pronominalen Subjekt versehen und vor dem nachgesetzten nominalen Subjekt steht die Partikel NGi … Diese Ausdrucksweise ist außerordentlich häufig.“ Bei den von Till angeführten Belegen handelt es sich mit einer Ausnahme um Belege aus dem Neuen Testament, die alle der griechischen Wortstellung in der Übersetzung folgen. Layton, Grammar, § 87, bemerkt nichts zu der Frage, ob und inwieweit eine derartige Satzstellung möglicherweise durch eine Übersetzung der Texte aus dem Griechischen (mit Beibehaltung der griechischen Wortfolge) bzw. eine Beeinflussung der Sprache durch das sahidische Neue Testament zu verstehen ist, auch wenn diese Partikel grundsätzlich auch in genuin koptischen Texten selbstverständlich nicht selten zu finden ist. Siehe hierzu auch S. Morenz, Die Geschichte von Joseph dem Zimmermann. Übersetzt, erläutert und untersucht, Berlin 1951 (TU 56) 94: „Eine Untersuchung der nGi-Konstruktion ergibt, daß sie in zwei Funktionen steht: einmal, um die Trennung von finitem Hilfsverb (Konjugations-Präfix) und infinitem Hauptverb durch ein langes (komplexes) nominales Subjekt zu vermeiden, also ein innerkoptisches Anliegen; zum anderen, um die Wortstellung Hauptverb – nominales Subjekt zu erzielen, wobei das nominale Subjekt kurz sein kann und das rein auf die Wortfolge abzielende Anliegen auf die Notwendigkeit hinweist, einen vorgefundenen Textwortlaut möglichst treu zu übertragen. Nur das zweite betrifft uns hier. Dabei sei bemerkt, daß es sich bei der Wortfolge Verbum – nominales Subjekt nicht um klassisches Griechisch, sondern um das morgenländische Griechisch hauptsächlich der LXX, des NT und volkstümlicher Urkunden handelt.“ Vgl. auch J. D. C. Ray, How Demotic is Demotic?, Acta Demotica. Acts of the Fifth International Conference for Demotists. Pisa, 4th−8th September 1993, Pisa 1994 (EVO 4) 251−264, hier 261: „The habit of beginning a sentence with a verb and introducing the subject with the particle NGi is common in Coptic, but unknown in the earlier language except in very few late examples.“ Auch Layton, Grammar, § 7, diskutiert diese Frage nicht sehr ausführlich: „Despite the large amount of Greek vocabulary in Coptic, little influence of Greek syntax is evident.“ Vgl. L. Th. Lefort, Apropos de l’histoire de Joseph le Charpentier, Muséon 66 (1953) 201−223, hier 204 Anm. 8 unter Verweis auf Böhlig: „Le recenseur montre que l’inexpérience de l’auteur en philologie copte ne lui permettait pas de résoudre ces problèmes, ni même de les poser correctement.“ Vgl. A. Böhlig, Rezension Morenz, Joseph, ByZ 46 (1953) 142−145, hier 143: „Für den Beweis, daß den koptischen Versionen ein griechischer Urtext zugrunde gelegen hat, glaubt der Verf. eine angemessene Methode gefunden zu haben. Hierbei sind freilich gerade seine wesentlichen Argumente nicht schlagkräftig; der Verf. ist auch vorsichtig genug, gewisse Einwände bereits einzukalkulieren.“ Vgl. W. A. Bienert, Jesu Verwandtschaft, NTApo I (61990) 373−386, hier 384: „Es handelt sich dabei um eine Schrift, die vermutlich um 400 in Ägypten entstand und vielleicht ursprünglich griechisch verfaßt war.“
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eine Übersetzung darstellen kann, finden sich doch auch Texte, die zwar fraglos aus dem Griechischen übersetzt wurden, die deswegen trotzdem nur selten ein nachgestelltes nominales Subjekt haben25. Dagegen wird man jedoch vermuten dürfen, daß ein von dem Koine-Griechisch und seiner Vorliebe für die Nachstellung des Subjekts geprägtes Griechisch die koptische Satzstellung vielleicht doch in einer Weise zu prägen vermag, daß auch dort die Nachstellung des Subjekts in einer entsprechenden Häufung zu finden ist. Damit soll jedoch nicht abgestritten werden, daß auch genuin koptische Texte sich gelegentlich des nachgestellten nominalen Subjekts als Stilmittel bedienen26. Allerdings muß betont werden, daß die Nachstellung des Subjekts mit Hilfe von NGi eine Neuerung in der Satzstellung gegenüber dem Demotischen darstellt. Insofern ist die Frage zu stellen, ob nicht gerade die Texte der Evangelien einen großen Einfluß auf die koptische Sprache und ihren Satzbau ausgeübt haben. Gleichzeitig scheint es – zumindest bei einer derartigen Häufung des nachgestellten nominalen Subjektes wie dem vorliegenden Apokryphenfragment – doch möglich, die Satzstellung als einen Hinweis dafür anzusehen, daß möglicherweise eine griechische Vorlage zu vermuten ist. Falls jedoch die griechische Vorlage eines in das Koptische übersetzten Textes diese Eigenart der Koine nicht teilt, ist offensichtlich, daß sich auch in der koptischen Übersetzung des Textes eine derartige Satzstellung nur selten findet. Dies gilt zum Beispiel für das „Unbekannte Berliner Evangelium“, in dem die nGi-Konstrukion sehr selten ist, für das jedoch ebenfalls eine griechische Vorlage vermutet wird. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, daß es in neuerer Zeit eine Tendenz gibt, sehr oberflächlich und rasch die Frage einer möglichen griechischen Quelle abzuhandeln27. Dies wird der Schwierigkeit des Problems nicht ganz gerecht, ist 25
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Vgl. hierzu z. B. U. K. Plisch, Die Auslegung der Erkenntnis (Nag-Hammadi-Codex XI,1). Herausgegeben, übersetzt und erklärt, Berlin 1996 (TU 142) 2: „Das Koptische ist freilich nicht die Ursprache der ‚Auslegung der Erkenntnis‘, vielmehr handelt es sich bei dem auf uns gekommenen wie bei den meisten Nag-Hammadi-Texten um eine Übersetzung aus dem Griechischen.“ In dem doch vergleichsweise umfangreichen Text finden sich nur sieben Belege für die Nachstellung des nominalen Subjekts mit NGi. Vgl. Böhlig, Rezension Morenz, 144: „Auch die nGi-Konstruktion ist wohl mehr der Diktion des einzelnen Autors zuzuschreiben. Die Wortfolge Verbum – nominales Subjekt dabei als typisch für ein ‚morgenländisches Griechisch‘ zu kennzeichnen (S. 94/95), ist wohl eine etwas zu einseitig orientalistische Betrachtung der Frage. Eine solche Wortfolge ist durchaus im erzählenden Stil auch des klassischen Griechisch üblich, z. B. bei Xenophon, Aristoteles u. a. …, das Griechische hat nun einmal eine verhältnismäßig freie Wortstellung.“ Vgl. Westerhoff, Auferstehung und Jenseits, 19: „Der LB (= Liber Bartholomaei) ist original im Sahidischen verfaßt, das zur Zeit der arabischen Eroberung neben dem Bohairischen der einzige schriftsprachliche Dialekt des Koptischen war. Sprachliche Indizien, die auf eine griechische Vorlage der Gesamtkomposition deuten, sind nicht festzustellen.“ Ähnlich knapp sind Ch. W. Hedrick/P. A. Mirecki, Gospel of the Savior. A New Ancient Gospel, Michigan 1999, 12f: „An unusual use of SorQ# suggests that the Gospel of the Savior is likely a translation of a Greek original. The Coptic SorQ (W. E. Crum, A Coptic Dictionary, Oxford 1939 [= 2000], 586b) usually relates to time and has the temporal significance ‚to be early‘ … Recognizing SorQ to be a literal translation of Ñrqr…zein that misses its metaphorical use
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doch bei vielen anderen Sprachen oftmals das Wortmaterial Zeichen dafür, aus welcher Sprache ein Text ursprünglich übersetzt wurde. Dies gilt jedoch nicht für das Koptische. Insofern muß auch der Versuch als problematisch angesehen werden, aufgrund des verwendeten griechischen Wortmaterials eine griechische Textvorlage anzunehmen. Zum einen sind viele der verwendeten griechischen Wörter oftmals geprägter, das heißt dogmatischer, Sprache entnommen und werden deswegen auch weiterhin im Koptischen so verwendet28 – das trifft auf fast alle im Text auf P.Vindob. K. 7.589 verwendeten Wörter zu –, andererseits gibt es viele griechische Wörter, die weiterhin auch in genuin koptischer Literatur verwendet werden und so das Wesen der koptischen Sprache prägen, selbst wenn die entsprechenden koptischen Äquivalente zur Verfügung stehen29. Auch auf die Verwendung der Partikel dš ist hinzuweisen, die ebenfalls häufig in koptischen Texten zu finden ist und somit auch nicht als Hinweis auf eine griechische Vorlage verwendet werden kann. So kann die Verwendung griechischer Wörter nicht einfach als Beweis für
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permits a translation of the Coptic as ‚I am eager for‘ or ‚I got eagerly to‘ in the Gospel of the Savior, and renders a reasonable sense to the text. This implies that the Gospel of the Savior is based on an earlier Greek original subsequently translated into Coptic.“ Dagegen jedoch P. Nagel, „Gespräche Jesu mit seinen Jüngern vor der Auferstehung“ – zur Herkunft und Datierung des „Unbekannten Berliner Evangeliums“, ZNW 94 (2003) 215−257, hier 228. Vgl. hierzu u. a. Morenz, Joseph, 89: „Die Termini technici des Christentums sind typische Kulturlehnworte und als solche unvermeidlich; sie scheiden für die Beurteilung unserer Frage daher aus.“ Siehe auch H. F. Weiß, Beobachtungen zur Frage der griechischen Komponente in der Sprache des Schenute, in: P. Nagel (Hg.), Probleme der koptischen Literatur. Wiss. Beiträge der Univ. Halle-Wittenberg 1968/1 (K 2), Halle 1968, 173−185, hier 179: „Denn wenn Schenute – um nur einige Beispiele zu nennen – griechische Begriffe wie: eÙaggšlion, ™p…skopoj, met£noia, e„r»nh, p…stij, pneàma, c£rij usw. verwendet, so handelt es sich hierbei um spezifisch christliche „termini technici“, die als solche lediglich anzeigen, daß Schenute seinerseits in der christlichen Tradition steht; d. h.: gerade solche Begriffe sind bereits soweit mit der christlichen Tradition gegeben, daß die ursprünglich griechische Herkunft dieser Wörter kaum noch als solche empfunden worden ist.“ Die griechischen Wörter im Wiener Text gehören ebenfalls diesem christlichen Wortgut an, sie allein können also nicht als Argument dafür genommen werden, daß es sich bei diesem Text um Übersetzungsliteratur handelt. Vgl. u. a. L. Th. Lefort, Gréco-Copte, in: Coptic Studies in honor of W. E. Crum, Boston 1950, 65−71, hier 66: „Compter les mots grecs figurant dans un texte copte, puis, de leur abondance, tirer la conclusion qu’on a affaire à une traduction faite sur un original grec, est un procédé qui fait abstraction et de la psychologie des traducteurs et de réalités parfaitement contrôlables; c’est ainsi que vingt pages de Pachôme qui ignorait le grec fournissent vingt-cinq pour cent de mots grecs de plus que vingt pages de l’Évangile de Mathieu en sahidique. Au reste, le linguiste sait qu’un écrivain copte ignorant le grec n’aura aucune conscience de l’origine étrangère d’une partie de son vocabulaire, tandis que le traducteur connaissant le grec et le copte aura toujours la tendance, plus ou moins marquée selon son degré de purisme, à éliminer le terme grec au profit du correspondant autochtone.“ Siehe auch Weiß, Beobachtungen zur Frage der griechischen Komponente, 181: „Solcher Schlußfolgerung widerspricht freilich andererseits der Tatbestand, daß die große Masse der in den Schriften des Schenute begegnenden griechischen Wörter durchaus nicht als spezifisch christliche Begriffe bezeichnet werden können.“
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eine Übersetzung eines Textes aus dem Griechischen verwendet werden, während ebenfalls die Verwendung anderer griechischer Wörter, als sie in einer vermeintlichen griechischen Vorlage zu finden sind, nicht als Beweis gegen eine Übersetzung des Textes verwendet werden können30. Diese Überlegungen müssen jedoch im Zusammenhang mit zwei griechischen Wörtern gesehen werden, die möglicherweise einen Beitrag in dieser Frage leisten können: Zum einen ist hier die Verwendung des Adverbs e"ta31 zu erwähnen. Dieses Adverb findet sich an sechs Stellen im sahidischen Neuen Testament32. Ein weiterer Beleg dürfte ein Fehler für e‡te sein33. Während sich nun e‡te auch in den koptischen dokumentarischen Texten recht häufig belegen läßt34, finden sich nur zwei fragliche Belege für e"ta in den semiliterarischen Belegen35. Dies ist auffällig, gehören doch Adverbien und Partikel wie e‡te oder dš zu den Wörtern, die sehr häufig und unreflektiert in das Koptische übernommen werden36. Es scheint also, als ob das griechische Wort e"ta – aus welchen Gründen auch immer – durch genuin koptische Wörter wie Ge ersetzt wurde, das ja auch im Text des Wiener Pergamentblatts direkt auf e"ta folgt. Entweder muß man nun annehmen, daß auch die Verwendung dieses Adverbs durch den Gebrauch und die intime Kenntnis des
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In diesem Zusammenhang muß darauf hingewiesen werden, daß im sahidischen Neuen Testament teilweise griechische Wörter verwendet werden, die an den entsprechenden Passagen des griechischen Textes nicht zu finden sind. Die Übersetzer sind hier teilweise mit den griechischen Wörtern eher unbefangen umgegangen und haben diese durch entsprechende, ebenfalls griechische Wörter ersetzt; vgl. hierzu A. Böhlig, Die Fortführung der Arbeit am Lexikon der griechischen Wörter im Koptischen, WZ(H).GS 5 (1956) 655−658, hier 655f: „Wenn man bei der Übersetzung griechischer Texte ins Koptische für griechische Wörter bald koptische, bald andere synonyme griechische Wörter gebrauchte oder eine große Zahl hybrider Bildungen schuf, so beweist das doch ein wirkliches Verwurzeltsein des griechischen Gutes im ägyptischen Volk.“ Vgl. auch A. Böhlig, Die griechischen Lehnwörter im sahidischen und bohairischen Neuen Testament, München 1954 (SECÄ 2) 74: „Ein nicht unwesentliches stilistisches Merkmal in der koptischen Übersetzungsliteratur ist die Wiedergabe griechischer Wörter durch andere griechische Wörter. Sie kann durch stammgleiche oder durch synonyme, die in Stamm und Bildung verschieden sind, erfolgen. Dieser Wechsel ist ein wichtiger Beweis dafür, dass im Koptischen ein fester Bestand an griechischen Wörtern, die in lebendigem Gebrauch und deshalb für eine verständliche Übersetzung geeignet waren, vorliegt.“ Vgl. r1,23. Vgl. Joh 19,27; 20,27; 1 Kor 15,5.7.24 und Jak 1,15. Vgl. 1 Kor 12,26. Vgl. H. Förster, Wörterbuch der griechischen Wörter in den koptischen dokumentarischen Texten, Berlin 2002 (TU 148), s.v.; dort auch einmal in der Verschreibung eita für e‡te. Es handelt sich in beiden Fällen um Grabinschriften, d. h. ein Einfluß der christlich-literarischen Texte ist anzunehmen; vgl. M. R. M. Hasitzka, Koptisches Sammelbuch Bd. I, Wien 1993 (MPER XXIII) Nr. 736,6 u. 787,10. Für eine ähnliche Argumentation vgl. W. C. Till, Das Evangelium nach Philippos, Berlin 1963 (PTS 2) 6: „Auf das Griechische als die Sprache, aus der der Text ins Koptische übersetzt wurde, weisen auch einige übernommene griechische Ausdrücke hin, für die das Koptische gute und auch geläufige Ausdrücke hat.“
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sahidischen Neuen Testaments beeinflußt ist, oder man muß von einer griechischen Vorlage des koptischen Textes ausgehen. Ähnliches gilt zum anderen auch für die Verwendung des Begriffs corÒj37, der in der Version des Textes aus Cambridge durch mhhSe38 ersetzt ist. Die Verwendung des Begriffs mhhSe kann sich auf eine Parallele im sahidischen Neuen Testament stützen39, während corÒj entweder eine eigenständige Formulierung unabhängig vom Text des Neuen Testaments darstellt40 oder eine abweichende griechische Vorlage voraussetzt41. Andererseits muß jedoch betont werden, daß es immer wieder gerade gebildete Verfasser koptischer Texte waren, die seltene griechische Wörter verwendeten42. Allerdings ist darauf hinzuweisen, daß in solchen Fällen oftmals auch die Konstruktion der Sätze den gehobenen Bildungsgrad des Verfassers widerspiegelte. Dies kann jedoch nicht für das vorliegende Fragment gelten, dessen Satzbau zwar als gutes, nicht jedoch als gehobenes Sahidisch bezeichnet werden kann. Läßt sich noch mehr über die griechische Vorlage sagen? Neben der für aus der biblischen Koine übersetzte Texte charakteristischen Verwendung eines nachgestellten nominalen Subjektes ist zu betonen, daß an keiner der vier Stellen, an denen sich die charakteristische Satzstellung belegen läßt, eine griechische Partikel zwischen dem Verb und nGi zu finden ist. Gleichzeitig steht das nominale Subjekt jeweils direkt hinter dem Verbum. Dies ist bemerkenswert, finden sich doch einerseits oft griechische Partikel (vor allem g£r und dš) vor dem nGi, ist doch andererseits das nominale Subjekt in sprachlich schwierigeren Texten des Neuen Testaments bei nachgestelltem Subjekt oftmals vergleichsweise weit vom Verbum entfernt, was in der koptischen Übersetzung des Neuen Testaments häufig beibehalten wird. Die der Übersetzung zugrundeliegende griechische Version muß in einer sprachlich schlichten Koine verfaßt gewesen sein, die wohl am ehesten mit der Sprache des Markusevangeliums verglichen werden kann. Ein Aspekt, der auch für eine Übersetzung aus dem Griechischen angeführt werden kann, trifft jedoch nicht zu: Die Verwendung griechischer Werke, die nicht auf Koptisch überliefert
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Vgl. v2,12. Siehe r2,2f. Vgl. Lk 2,13. Auf ein derartiges Phänomen verweist auch Till, Das Evangelium nach Philippos, 6: „Der Frage, in welcher Sprache das ‚Evangelium nach Philippos‘ ursprünglich verfaßt worden ist, bin ich nicht besonders nachgegangen. Ich neige jedoch zu der Meinung, daß es nicht koptisch verfaßt wurde, weil viele der Zitate aus dem Neuen Testament in einem von der geläufigen koptischen Version ganz verschiedenen Wortlaut, wenn auch ohne Veränderung des Sinnes wiedergegeben sind. In die Richtung eines griechischen Urtextes weist besonders das Zitat Matth. 3,10 = Luk. 3,9 (131,12), wo der griechische Text mit dem ‚Evangelium nach Philippos’ ¢x…nh hat gegen kelebin der koptischen Versionen.“ An der entsprechenden Stelle (Lk 2,13) wird im griechischen Text plÁtoj verwendet. Zu diesem Phänomen vgl. H. Förster, Christlicher Trostbrief, in: B. Palme (Hg.), Wiener Papyri als Festgabe zum 60. Geburtstag von Hermann Harrauer (P. Harrauer), Wien 2001, 207−222, hier 210.
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sind43. Dies kann man jedoch auch als Altersargument anführen. Auch koptische Literatur wird nicht zitiert. Auch das Wahrscheinlichkeitsargument darf hier verwendet werden: Viele ähnliche Texte wurden aus dem Griechischen ins Koptische übertragen. Insofern ist es zumindest wahrscheinlich, daß auch hinter dem Wiener Pergamentblatt eine griechische Vorlage zu vermuten ist44. Die Tatsache, daß die griechische Vorlage nicht existiert, ist nicht weiter bemerkenswert. Eine ganze Reihe koptischer Texte ist als offensichtliche Übersetzungen bezeugt, deren Vorlage nicht erhalten ist45. Zusammenfassend muß also festgehalten werden, daß eine griechische Vorlage, die in typischer biblischer Koine mit den Verben nachgestellten nominalen Subjekten verfaßt war, als sehr wahrscheinlich, wenn nicht sogar fast als sicher zu gelten hat46 und daß, bei aller Nähe zum sahidischen Neuen Testament, der Verfasser auch unabhängige, nicht in dieser Form erwartete Wendungen findet, um seinen Gedanken Ausdruck zu verleihen. Dies dürfte jedoch wahrscheinlich bereits bei der griechischen Vorlage des koptischen Textes der Fall gewesen sein.
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Siehe hierzu H. de Vis, Homélies Coptes de la Vaticane II, Hauniae 1929 (Coptica V) 204: „Le tour de pensée est grec. L’abondance des comparaisons, surtout celles empruntées aux choses de la mer, sont bien dans les manières des homélètes grecs. Les citations d’auteurs grecs, inconnus dans la littérature de traduction copte, plaident encore en faveur d’un original grec.“ Böhlig, Rezension Morenz, 145, der bezüglich der „Geschichte von Joseph dem Zimmermann“ bemerkt: „Die sprachlichen Indizien besagen also nichts für die Annahme eines griechischen Urtextes. Dennoch halte auch ich eine griechische Urform der Geschichte für durchaus wahrscheinlich, da es so viele ähnliche Texte mit ähnlicher Textgeschichte gibt.“ Vgl. hierzu L. Depuydt, Homiletica from the Pierpont Morgan Library. Seven Coptic Homilies. Attributed to Basil the Great, John Chrysostom, and Euodius of Rome (Übersetzung), Louvain 1991 (CSCO 524 = CSCO.C 44) IX: „It is quite common to find Coptic homilies that appear to be translations of Greek originals but that find no parallel in existing Greek manuscripts.“ Vgl. hierzu auch de Vis, Homélies Coptes II, 203−204. Vgl. hierzu auch S. Morenz, Die NGi-Konstruktion als sprachliche und stilistische Erscheinung des Koptischen, ASAE 52 (1952) 1−15, hier 13: „Es hat sich gezeigt, dass NGi in ursprünglichem Koptisch und in der Übersetzungsliteratur unterschiedlich gebraucht wird. Wenden wir diese Einsicht auf koptische Texte an, deren Ursprache erst zu ermitteln ist, so muss sich die Verwendungsart von NGi als Hilfsmittel benutzen lassen. Wird NGi häufig mit kurzem nominalen Subjekt verbunden, so ist Wiedergabe der Wortfolge eines griechischen Originals wahrscheinlich. Natürlich darf man, entsprechend unseren eigenen Vorbehalten, den Einzelfall nicht überlasten. Aber aufs Ganze gesehen dürfte das Mittel zuverlässig sein. Das ist umso wichtiger, als die alten Kategorien zur Prüfung der Ursprache koptischer Texte fraglich geworden sind. Mit dem Wortschatz mag man, nach Leforts auf systematische Sammlungen gegründeten revolutionierenden Einsichten vorläufig überhaupt nicht mehr arbeiten, bis geeignete Hilfsmittel seine kritische Benutzung vielleicht erneut gestatten. So wird man auf die Wortfolge und damit auch auf unseren Sonderfall der NGi-Konstruktion verwiesen.“
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1.4. Formalbeschreibung P.Vindob. K. 7.589
Mitte 9. Jh.47
37,4 × 29,2 cm
Das Pergamentblatt entstammt einem Kodex. Heute ist nur noch das Einzelblatt erhalten, über den Verbleib der weiteren Blätter ist nichts bekannt. Auch die Stellung des Blattes im Kodex muß offen bleiben, da keine Paginierung erhalten ist. Die Ränder sind rundum vollständig erhalten, die Abmessungen dieses Blattes entsprechen den Maßen des ursprünglichen Kodex. Die Haarseite ist leicht gebräunt, auf der rechten Seite ist in der Mitte des Blattes rund ein Drittel des Pergaments ausgebrochen. Am Rand der Fehlstelle finden sich dunkelbraune bis schwärzliche Verfärbungen. Der Text wurde beidseitig von geübter Hand mit Gallustinte geschrieben. Inhaltlich geht der Text auf der Haarseite dem Text auf der Fleischseite voran, insofern wird die Haarseite als Recto bezeichnet. Die Höhe der Kolumnen beträgt ca. 27,5, ihre Breite ca. 9 cm. Das Interkolumnium betrug rund 5 cm. Am Rechten oberen Rand der Haarseite sowie am linken oberen Rand der Fleischseite sind Reste einer Paginierung erhalten. Bei einzelnen Buchstaben ist die Tinte abgeblättert. An zwei Stellen des Recto (1. Spalte Z. 5; 2. Spalte Z. 5) finden sich Spuren einer Rasur. Der Text wurde an diesen Stellen getilgt und durch einen anderen Text ersetzt. In der 1. Spalte läßt sich der ursprüngliche Text lesen, in der 2. Spalte ist es unmöglich, den früheren Text zu rekonstruieren. In Z. 20 der ersten Kolumne des Recto wurde nachträglich der Text ntasaaF eingefügt. Dies könnte möglicherweise für einen Abschreibfehler sprechen, der nachträglich vom Schreiber des Textes korrigiert wurde. Während auf dem Verso in beiden Spalten 31 Zeilen standen, scheinen auf dem Recto in der linken Spalte 30 und in der rechten Spalte 31 Zeilen gestanden zu haben48.
1.5. Der koptische Text Recto (Haarseite) Spalte 1
qenos
Spalte 2
Jpo nemma
nouhl pnoute etonP: auw N
47
48
1
ouaab Ji moeit Hh tÇ eHrÛ[i] ßëÎ l %@ ~@hm ~
apeouoeÎS
Ge Swpß
Daß die Datierung koptischer literarischer Texte sehr problematisch ist, ist bekannt; insofern muß diese Datierung selbstverständlich – wie auch die vorgeschlagenen Datierungen für die anderen in diesem Band veröffentlichten Texte – als Versuch gewertet werden; vgl. zu dieser Problematik u. a. D. W. Young, Coptic Manuscripts from the White Monastery: Works of Shenute, Wien 1993 (MPER.NS XXII) 19: „None of the fragments treated here is dated. It is generally held that copies inscribed in the great biblical uncials come from the eighth and ninth centuries and that the others are from the tenth and eleventh centuries. I have not attempted to date these fragments precisely, because at present insufficient guidelines have been established for this task.“ Vgl. die regelmäßige Anordnung der Zeilen der beiden Spalten auf dem Verso, die durch die vorgezeichneten Zeilenlinien unterstützt wird. Im Gegensatz dazu stehen die Zeilen im unteren Drittel des Recto, deren Zuordnung den Schluß nahelegt, daß in der rechten Spalte eine Zeile mehr geschrieben war als in der linken Spalte.
14
Edition tasJpoF esHNa
5
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5. Text vor der Rasur; späterer Text: mNth Nrompe; 24f. l. analhyis
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1.6. Übersetzung Die Jungfrau (parqšnoj) gebar den Emmanuel, den lebendigen Gott. Und als sie ihn geboren hatte, näherte sie sich in etwa 13 (nach Korr: 15) Lebensjahren. (5) Er verbrachte 33 Jahre, nämlich Jesus der Christus, in denen er nicht gekreuzigt (staurÒw) wurde. (10) Als sie den Herrn Jesus kreuzigten (staurÒw), war die Jungfrau (parqšnoj) im 48. Jahr. Und sie verbrachte elfeinhalb Jahre nach der Auferstehung (¢n£stasij) unseres Herrn Jesus Christus. Diese alle zusammen machen also 60 Jahre. Die ganze (20) Zeit (crÒnoj), die die Jungfrau (parqšnoj) auf der Erde verbracht hat, sind also 60 Jahre. Ferner (e"ta) nun: Nach der Himmelfahrt (¢n£lhyij) (25) unseres Erlösers (swt»r) ging die Jungfrau (parqšnoj) Maria mit den Aposteln (¢pÒstoloj) verkündigen. Danach führte der heilige (Spalte 2) Geist (pneàma) sie den Weg hinauf nach Jerusalem. Es war nämlich die Zeit gekommen, daß die Jungfrau (parqšnoj) sterben (5) sollte, wie es jedem Menschen auferlegt ist. Denn (™peid») sie hatte den Lauf vollendet und den Glauben (p…stij) bewahrt (und den Siegespreis errungen?) … (22) anordnen. Und sie blieben und harrten aus bei ihr und warteten auf jene Stunde, und sie waren sehr betrübt (lupšw), nämlich die Apostel (¢pÒstoloj), denn sie wollten nicht, daß sie geht und sie zurückläßt. (Fleischseite: Spalte 1) Es geschah aber (dš) am Abend des 20. Tages des Monats Tybi zu der Zeit, als die Sonne unterging. (5) Und die Jungfrau (parqšnoj) sprach: „Mein Vater Petrus, stelle dich zu mir … du mit (10) … Apostel (¢pÒstoloj) … (22) Die Apostel (¢pÒstoloj) verharrten aber (dš) die ganze Nacht im Gebet und sangen Psalmen (y£llw). Zur Mitternachtsstunde
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der aber (dš) stand sie auf, nämlich Maria, und sie sprach [wörtl. gab] ein großes Gebet (proseuc») zum Herrn, während die Apostel (¢pÒstoloj) (Spalte 2) hinter ihr blieben. Und nachdem sie das Amen (¢m»n) gegeben hatte, legte sie sich auf das Ruhebett. (5) Und sofort, siehe, ein großer Duft verbreitete sich an dem ganzen Ort, und ein großes Licht (10) erschien in dem Haus, und Christus trat mit einer großen Schar (corÒj) von Engeln (¥ggeloj) zu ihr, und er sprach zu uns: (15) „Friede (e„r»nh) mit euch. Freue (ca…rw) dich, o (ð) Maria, meine Mutter. Friede (e„r»nh) deinem Verlassen dieses Aions (dieser Welt: a„èn), in ein anderes (20) wunderbares Licht. Friede (e„r»nh) sei mit euch, meine gesegneten Apostel (¢pÒstoloj).“ Danach wandte er sich an Maria, seine Mutter, und sprach: „O (ð) Maria, meine Mutter, keine Macht (™xous…a) der Finsternis wird zu dir kommen können. Ich bin das Leben der ganzen Welt (kÒsmoj).“ 1.7. Kommentar zu P.Vindob. K. 7.589 Der Text von P.Vindob. K. 7.589 ist, wie viele andere Transitus-Mariae-Berichte, in der Art einer neutestamentlichen Erzählung geschrieben. Deswegen erscheint es nötig, der Frage nachzugehen, ob und inwieweit für die Formulierungen im koptischen Text Anleihen bei den neutestamentlichen Texten gemacht wurden. In diesem Abschnitt wird jedoch nur der Frage nach den biblischen Wurzeln einzelner Formulierungen oder Inhalte nachgegangen werden. Die Frage nach dem Verhältnis dieses Textes zu anderen Überlieferungen des Transitus Mariae muß auf einen nachfolgenden Abschnitt verschoben werden. Gleiches gilt für das Verhältnis dieses Textes zur altkirchlichen Literatur. Allerdings ist bereits hier der Ort zu erwähnen, daß der Text auf P.Vindob. K. 7.589 von allen bekannten Rezensionen des Transitus Mariae stark abweicht. Zu dem bereits länger bekannten Bruchstück eines sehr ähnlichen, wenn auch späteren Transitus-Mariae-Berichtes, das in Cambridge aufbewahrt wird, bemerkt Robinson: „I have also noticed a short fragment of an Assumption of the Virgin among the Coptic fragments in the Cambridge University Library, Add. 1876 8. It is very imperfect, but, as far as I can read it, presents a different recension to the other accounts.“49 Dies ist einer der wenigen Texte, mit dem der Wiener Text gewisse Berührungspunkte aufweist. Auch wenn in einigen Passagen eine gewisse Nähe zu anderen Texten der koptischen Transitus-Mariae-Überlieferung besteht, so ist der Wiener Text, wenn man ihn als Ganzen liest, sehr weit von diesen Texten entfernt. Bereits die ersten Zeilen spielen auf die Kindheitsgeschichte des Matthäusevangeliums an (Mt 1, 23): „Siehe, die Jungfrau wird empfangen, und sie wird einen Sohn gebären. Sie werden ihn nennen: Emmanuel. Das heißt übersetzt: 49
Vgl. F. Robinson, Coptic Apocryphal Gospels. Translations together with the Texts of some of them, Cambridge 1896 (TaS 4 /2) XXVI. S. C. Mimouni, Dormition et Assomption de Marie. Histoire des Traditions Anciennes, Paris 1995 (TH 98) 175, bemerkt zu diesem und anderen Fragmenten: „D’autres écrits coptes relevant de la tradition sur le sort final de Marie existent. Dans le cadre de cette recherche, il n’a pas été possible de tenir compte de ces textes dont l’aspect fragmentaire rend difficile l’approche, l’attribution et l’interprétation.“
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Gott ist mit uns.“50 Der theologische Inhalt des neutestamentlichen Textes wird jedoch erweitert: Der verheißene Emmanuel wird als „Gott, der lebendig ist“, als „lebendiger Gott“ bezeichnet51. Dies ist im Alten Testament eine typische Bezeichnung für Gott52, die sich in dieser Form auch im Neuen Testament findet53. Im Petrusbekenntnis im Matthäusevangelium wird das Verhältnis Jesu zu seinem Vater definiert: „Du bist Christus, der Sohn des lebendigen Gottes“54. Im Verhör durch den Hohenpriester beschwört dieser Jesus bei „dem lebendigen Gott“, ihm zu sagen, ob er der Christus, der Sohn Gottes, sei55. Auch in der Apostelgeschichte, sowie in den paulinischen (bzw. auch deuteropaulinischen) Briefen findet sich die Bezeichnung „der lebendige Gott“ (pnoute etonH) teilweise als absolute Aussage über Gott, teilweise im Rahmen christologischer Aussagen56. Bei aller Nähe zu
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Vgl. den sahidischen Text von Mt 1,23 (Horner, Matthew, 6−8): Je eis tparqenos naww, NsJpo NouShre. Nsemoute epeFran Je emmanouhl. ete pai pe eSauouaHmeF. Je pnoute nMman. Zur Frage der Entwicklung der Bezeichnung „Sohn Gottes“ vgl. auch M. Hengel, Der Sohn Gottes, Tübingen 21977. Vgl. hierzu z. B. Hos 2,1b: „Und es soll geschehen, anstatt dass man zu ihnen sagt: ‚Ihr seid nicht mein Volk‘, wird man zu ihnen sagen: ‚O ihr Kinder des lebendigen Gottes!‘ (yfx-l") y" neB).“ Vgl. ThWNT s.v. zw» E. Der Lebensbegriff im Neuen Testament (II 863): „Denn die zw» ist Gott eigen als dem zîn, dh nicht nur als dem, der die zw» ursprünglich in sich hat (J 5, 26), der ewig lebt und allein die ¢qanas…a hat (1 Tm 6, 16), sondern vor allem dem, der lebendig machen wie töten kann.“ Mt 16,16 (Horner, Matthew, 170−172): aFouwSÂ NGisimwn petros eFJw Mmos. Je Ntok pe pe!xÇ pShre Mpnoute etonP. „Und es antwortete Simon Petrus und sprach: Du bist Christus, der Sohn des lebendigen Gottes.“ pShre Mpnoute etonP übersetzt das Griechische Ð uƒÕj toà qeoà toà zîntoj. Zu dieser Messias-Bezeichnung vgl. auch H. L. Strack/P. Billerbeck, Kommentar zum Neuen Testament aus Talmud und Midrasch. Bd. 3: Die Briefe des Neuen Testaments und die Offenbarung Johannis, München 1926, 15−22 (zu Röm 1,3: Über seinen Sohn). Mt 26,63 (Horner, Matthew, 316−318): \iÇ de neFkw NrwF pe. peJaF naF NGiparxiereus. Je Ttarko Mmok Mpnoute etonP. Jekas ekeJoos nan. Je Ntok pe pe!xÇ pShre Mpnoute. Vgl. Apg 14,15; 2 Kor 3,3; 6,6, sowie Hebr 3,12; 10,31; 12,22 für neutestamentliche Texte, die Gott als pnoute etonH bezeichnen, ohne dabei eine christologische Aussage zu machen. In 1 Thess 1,9f (Thompson, Acts, 222) hingegen wird mit dem Bekenntnis zum lebendigen Gott, das die Thessalonicher abgegeben haben, eine christologische Aussage verbunden: Ntoou gar seSaJe etbethutN Nqe entanei eHoun SarwtN Mmos: auw Nqe entatetNketthutN epnoute ebol HNNeidwlon: eRHMHal Mpnoute etonP: auw Mme: auw eGwSO ebol Hht¾ MpeFShre ebol HNMphue: paI entaFtounos¾ ebol HNnetmoout \iÇ paI etnanaHmen ebol HNtorgh etnhu. „Denn sie sagen über euch, wie wir zu euch kamen und wie ihr euch zu Gott gewendet habt von den Abgöttern, um Diener des lebendigen und wahren Gottes zu werden und um zu warten auf seinen Sohn aus den Himmeln, auf ihn, den er auferweckt hat von den Toten, auf Jesus, der uns vor jedem kommenden Zorn bewahren wird.“ Ganz offensichtlich ist Jesus auch an dieser Stelle „der Sohn des lebendigen Gottes“. Die Wortwahl ist alttestamentlich geprägt (vgl. u. a. 1 Kön [LXX] 17,26; 4 Kön [LXX] 19,4; Ps 41,3 [LXX] und Ps 83,4 [LXX] als Stellen, an denen vom „lebendigen Gott“ die Rede ist).
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biblischen Formulierungen fällt im Wiener Text ein gravierender Unterschied ins Auge: Dieser Emmanuel wird nicht mehr wie in den neutestamentlichen Texten als „Sohn des lebendigen Gottes“ bezeichnet57, sondern als „lebendiger Gott“58. Auch vom biblischen Bericht der Verkündigungsszene würde eine andere Formulierung dieser Stelle zu erwarten sein, spricht doch der Engel zu Maria: „Darum wird auch das Heilige, das geboren wird, Gottes Sohn genannt werden.“59 Diese Abweichung von den zu erwartenden Formulierungen erinnert an eine Formulierung des ersten Johannesbriefs, wo es heißt: „Dieser ist der wahre Gott und das ewige Leben.“60 Man kann auch vermuten, daß an dieser Stelle in unreflektierter und verkürzter Form auf das Petrusbekenntnis angespielt wird. Man hat bei der konkreten Formulierung – asJpo nemmanouhl pnoute etonP61 – den Eindruck, daß monarchianische Tendenzen diesen Text beeinflußt haben dürften62. Eine Einordnung dieser Formulierung in einen monophysitischen Kontext scheint nicht möglich, wird doch in derartigen Texten die Differenz zwischen dem Vater und dem Sohn sehr sorgfältig gewahrt63. Die Verfasser der anderen Transitusberichte legen ganz offensichtlich großen Wert darauf, die eingestreuten bekenntnishaften Formeln ihrer theologischen Prägung entsprechend zu formulieren64. In der Rezension B der Homilie des Kyrill 57
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Vgl. zum christologischen Titel „Sohn Gottes“ auch O. Cullmann, Die Christologie des Neuen Testaments, Tübingen 51975, 276−313. Diese Identifikation des Sohnes mit dem Vater könnte auf eine wenig ausgereifte und damit sehr alte Trinitätstheologie verweisen. Vgl. Lk 1,35b: diÕ kaˆ tÕ gennèmenon ¤gion klhq»setai, uƒÕj qeoà. 1 Joh 5,20c: oØtÒj ™stin Ð ¢lhqinÕj qeÕj kaˆ zw¾ a„ènioj. Die griechische Urfassung dieses Textes hat wahrscheinlich gelautet: (¹ parq)šnoj œteken tÕn 'Emmanou¾l tÕn qeÕn tÕn zînta. Diese Frage ist bei der zeitlichen Einordnung der griechischen Vorlage dieses Textes genauer zu diskutieren, würde es doch die Vorlage des koptischen Textes in eine zeitliche Nähe zum Ägypterevangelium und ähnlichen Texten rücken; vgl. hierzu die Charakterisierung dieser Vorstellungen durch eine Bemerkung bei Epiphanius, Epiph. haer. 62,2,5 (Holl/Dummer GCS 37,391,9): tÕn aÙtÕn e"nai patšra, tÕn aÙtÕn e"nai uƒÕn, tÕn aÙtÕn e"nai ¤gion pneàma: „Derselbe ist der Vater, derselbe ist der Sohn, derselbe ist der Heilige Geist.“ Epiphanius bringt dieses Zitat im Zusammenhang einer Darstellung der Anhänger des Sabellius. Der Monarchianismus (teilweise auch als Patripassianismus bezeichnet) ist in dem Wiener Text – falls man die dort zu findende Formulierung überhaupt so bezeichnen darf – nur in sehr unreflektierter Form erkennbar; zu Sabellius vgl. auch W. A. Bienert, Sabellius und Sabellianismus als historisches Problem, in: H. C. Brennecke/E. L. Grasmück/Chr. Markschies (Hgg.), Logos. FS Abramowski, Berlin 1993 (BZNW 67) 124−139; vgl. hierzu auch A. Harnack, Art. Monarchianismus, RE3 (1869−1913), Bd. 13, 303−336, sowie S. Gerber, Calixt von Rom und der monarchianische Streit, ZAC 5 (2001) 213−239. Vgl. für die christologischen Titel einer monophysitischen Predigt über die Geburt Jesu K. Modras, Omelia Copta Attribuita a Demetrio di Antiochia sul Natale e Maria Vergine, Rom 1994, 43. Vgl. hierzu z. B. den sahidischen Transitus, den Revillout veröffentlicht hat; E. Revillout, Les Apocryphes Coptes 1. Les Évangiles de Douze Apôtres et de S. Barthélemy, Paris 1907 (PO 2) 117−198, hier Nr. 16 (S. 174−175): Petrus sagt zum Hohenpriester: alla ekSanpisteue
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von Jerusalem wird Jesus theologisch korrekt als „Sohn des lebendigen Gottes“ bezeichnet65. In einer Bekenntnisformel, die sich in der bohairischen Predigt des Theodosius von Alexandrien findet, redet Maria Jesus an mit den Worten: „Mein Herr: Bist du nicht Jesus, mein Sohn und der Sohn des wahren Gottes?“66 Wenn im Zusammenhang mit mariologischen Aussagen von einer „Geburt Gottes“ die Rede ist, so handelt es sich um die wörtliche Übersetzung des Titels qeotÒkoj, der im sahidischen Dialekt mit (t)reFJpe pnoute67 und im bohairischen Dialekt mit (t)reFJfe nouT68 wiedergegeben wird. Die Differenz dieser Bekenntnisformel zu der Formulierung, wie sie sich in dem Text auf dem Wiener Pergamentblatt findet, braucht nicht eigens erläutert zu werden, ist diese Wendung doch sicherlich keine direkte Übertragung des qeotÒkoj-Titels ins Koptische. Die Formulierung über die Geburt Jesu, wie sie sich im Wiener Text findet, kann wohl, wie bereits angedeutet, am ehesten als unreflektierter Monarchianismus in der Ausprägung eines Patripassianismus69 interpretiert werden70. Dies dürfte, falls
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epnoute mnpeFShre mmonogenhs \iÇ pe!xÇ: pentatparqenos JpoF. „Aber wenn du an Gott und seinen eingeborenen Sohn glaubst, den die Jungfrau gebar.“ Hierauf antwortet der Hohepriester: tnsooum [sic!] Hwwn: Je ntoF pe pShre mpnoute. „Wir wissen selbst: Er ist der Sohn Gottes.“ Sah. vita IV, 32 (Robinson, Coptic Apocryphal Gospels, 28): \iÇ pShre «pnoute etonH. Theod. Dorm. 2,9 (S. 131r; Chaîne, Sermon, 285; Robinson, Coptic Apocryphal Gospels, 94): pa!Gs% mhti Nqok pe i~h@~s paShri ouoH peShri M!f\T% Ken oumeqmhi. Diese Bezeichnung findet sich zum Beispiel in einer sahidischen Predigt, die Evodius von Rom zugeschrieben wird; Evodius, In dorm. Mar. I, 1 (Shoemaker, Homily, 252: HM pran Nteqe
okos etouaab maria auw treFJpe pnoute HN oume; dies gilt ebenfalls für die Predigt des Theophilus von Alexandrien, Theoph., In dorm. Mar. (Ms: S. 60 Sp. II 24 − S. 61 Sp. I, 3; Worrell, Manuscripts, 249f): teqeotokos etouaab ma[ria] tR¾Jpe p[nou]te HN oum[e; sowie in demselben Text (Ms: S. 75 Sp. II, 16−19; Worrell, Manuscripts, 279): maria tRrw auw tR¾Jpe pnoute HN oume; dort wird Maria auch als „Mutter unseres wahren Gottes Jesus Christus“ bezeichnet (Ms: S. 86 Sp. II, 4−7; Worrell, Manuscripts, 301): maria tmaau Mpenaluqinos Nnoute \iÇ pe!xÇ; vgl. hierzu auch die Formulierung im Liber Bartholomaei: ¬tasJpe pnoute | auw penouJaI, „die geboren hat Gott und unser Heil“ (C p. 25,12 = fol. 8r,12 = § 10,5 8 Kaestli/Cherix); diese Wendung setzt wohl ebenfalls den qeotÒkoj-Titel voraus und paraphrasiert ihn. Vgl. Boh. Dorm. (Evelyn White, Monasteries, 55): Tqeodokos eqouab maria TreFJfe pnouT. Zur Bedeutung dieses Begriffs vgl. auch M. Slusser, The Scope of Patripassianism, StPatr 17/1 (1993) 169−175. Für den Patripassianismus wird zwar in der modernen Theologie häufig der Begriff Modalismus verwendet (vgl. z. B. H. R. Drobner, Art. Monarchianismus, LThK Bd. 7, 31998, 387). Es scheint jedoch aufgrund der primitiven Formulierung im vorliegenden Text sinnvoller, den Begriff des unreflektierten Patripassianismus für die theologische Aussage des Wiener Textes zu verwenden; vgl. hierzu auch M. Simonetti/E. Prinzivalli, Storia della letteratura cristiana antica, Casale Monferrato 1999, 59: „Teodoto salvaguardava l’unità di Dio considerando Gesù Cristo un mero uomo, addotato a Figlio di Dio per i suoi meriti (‚adozionismo‘), Noeto invece riteneva Cristo un modo di presentarsi dell’unico Dio, il Padre, che si era incarnato e si era risuscitato (donde, per tale dottrina, l’antica definizione latina di ‚patripassianismo‘ e quella moderna di ‚modalismo‘).“
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auch andere für die Datierung heranziehbare Aspekte in diesem Text in dieselbe Richtung weisen sollten, einen wichtigen Hinweis für die zeitliche Einordnung des Stückes darstellen71. Bemerkenswert ist vielleicht auch, daß in diesem Zusammenhang auf den Namen Emmanuel nicht die Deutung „das heißt: Gott mit uns“ folgt, wie dies im Matthäusevangelium der Fall ist72, wird doch in sehr vielen Texten aus den ersten Jahrhunderten, in denen der Name Emmanuel zu finden ist, die Übersetzung dieses Namens geboten73. Man könnte zwar versuchen, in einer Formulierung der sahidischen Predigt des Evodius eine Parallele zu der erstaunlichen Formulierung in dem Wiener Fragment zu finden, doch gibt es gravierende Unterschiede zwischen den Texten. Bei Evodius findet sich die Aufforderung: „Komme und betrachte den Emmanuel, Gott, der auf ihren Knien steht.“74 Als erstes ist zu bemerken, daß nur die Göttlichkeit des Kindes betont wird, die theologische Identifikation mit dem „lebendigen“ Gott jedoch unterbleibt – und die Formulierung „lebendiger Gott“ ist eigentlich in der Trinitätstheologie der ersten Person der Trinität vorbehalten. Außerdem findet sich in diesem Text geprägte theologische Sprache, die zum Beispiel den griechischen Begriff qeotÒkoj u. ä. voraussetzt. Auch wird hier nicht unreflektiert gesprochen, sondern die Zwei-Naturen-Lehre innerhalb der Predigt entfaltet. So wird zum Beispiel weiter unten im Text bei einer Paraphrase der Hochzeit zu Kana75 Jesus von seiner Mutter aufgefordert, durch dieses Wunder zu zeigen, daß er „wahrhaft der Sohn Gottes“ sei76. Die Deutung des Namens Emmanuel als „Gott mit uns“ ist im direkt vorangehenden Text dieser Predigt zu lesen. Auch die etwas später von Pseudo-Evodius gemachte Aussage über Maria, die „Gott geboren hat“, ist eindeutig theologisch geprägte Rede: „Hätte ich dich gesehen, o Maria, in dem Augenblick, an dem du Gott geboren hast ohne
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So findet sich zum Beispiel auch in der Auseinandersetzung des Schenute mit den Origenisten einmal der Name Emmanuel, der jedoch nur – wie auch im Neuen Testament – übersetzt wird; vgl. T. Orlandi, Shenute Contra Origenistas. Testo con introduzione e traduzione, Rom 1985, 481.5; zum Wert dogmatischer Aussagen für die Datierung siehe auch Nagel, „Gespräche Jesu mit seinen Jüngern vor der Auferstehung“, der dies am Beispiel des „Unbekannten Berliner Evangeliums“ diskutiert. Vgl. Mt 1,23b: kaˆ kalšsousin tÕ Ônoma aÙtoà 'Emmanou»l, Ó ™stin meqermhneuÒmenon meq' ¹mîn Ð qeÒj. Vgl. auch Evodius, In dorm. Mar. I, 14 (Shoemaker, Homily, 258); der Beleg findet sich innerhalb des Zitates aus Jes 7,14: Nsemoute epeFran Je emmanouhl ete pai pe pnoute nMman. Die Tatsache, daß an dieser Stelle der Name Emmanuel nicht übersetzt wird, kann wohl am einfachsten damit erklärt werden, daß dies bereits an einer früheren Stelle im Text geschehen war. Eine andere mögliche Erklärung wäre, daß der Verfasser des Textes eine gute Kenntnis des Matthäusevangeliums bei seinen Lesern voraussetzen konnte. Evodius, In dorm. Mar. I, 4 (Shoemaker, Homily, 258): amou tenou Ngnau emmanouhl pnoute eFtalhu eJN nespat. Vgl. Joh 2,1−10. Evodius, In dorm. Mar. I, 9 (Shoemaker, Homily, 264): Je Ntok pe pShre Mpnoute HN oume. „Daß du in Wahrheit der Sohn Gottes bist.“
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Wandlung oder Erscheinung.“77 Das koptische Wort Sibe entspricht wohl einem Begriff wie ¥treptoj bzw. einem negierten ¢llag» oder ¢llo…wsij78. Durch die beiden Begriffe sollen offensichtlich sowohl arianische wie doketische Tendenzen bekämpft werden. Man kann in diesem Zusammenhang auch Irenäus von Lyon anführen, der unter Berufung auf den Emmanuel-Titel bemerkt: „Daraus geht klar hervor, daß die den Vätern gegebene Verheißung erfüllt war, daß aus einer Jungfrau der Sohn Gottes geboren wurde und daß dieser Christus der Erlöser ist, den die Propheten verheißen haben.“79 In diesem Zusammenhang muß auch erwähnt werden, daß Maria im Wiener Apokryphenfragment nur als Jungfrau (parqšnoj) und als Mutter Jesu (teFmaau bzw. von Jesus selbst als tamaau) bezeichnet wird80. Der Titel „Jungfrau“ findet sich insgesamt an sechs Stellen im Text81, an keiner dieser Stellen ist jedoch davon die Rede, daß Maria „heilig“ wäre82. Auch dies erinnert sehr stark an biblischen 77
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Evodius, In dorm. Mar. I, 5 (Shoemaker, Homily, 259): eiouwS enau ero w maria Mpnau Ntarmise Mpnoute xwris Sibe Hi fantasia. Der griechische Begriff fantas…a läßt den Schluß zu, daß diese Argumentation auf die Eutychianer zielt; vgl. hierzu J. Frickel, Hippolyts Schrift Contra Noetum: ein Pseudo-Hippolyt, in: H. C. Brennecke/E. L. Grasmück/Chr. Markschies (Hgg.), Logos. FS Abramowski, Berlin 1993 (BZNW 67) 87−123, hier 117: „Erst im 4. Jahrhundert taucht in der Abwehr arianisch-doketischer Strömungen der Begriff eines Phantasieleibes Christi auf, ein Vorwurf, der dann sowohl gegen die Arianer als auch gegen Apollinaris erhoben wurde. Theodoret informiert gut über diese Frage, die später unter Eutychianern, den sogenannten Phantasianern, erneut virulent werden sollte.“ Für die griechischen Entsprechungen des Wortes Sibe vgl. Crum, Dictionary, s.v.; für den Kontext dieser Begriffe innerhalb der Trinitätstheologie sei auf G. W. H. Lampe, A Patristic Greek Lexicon, Oxford 101991 s.v. verwiesen. Vgl. Irenäus, Adv. haer. III 16,2 (Rousseau/Doutreleau, SC 211, Kap. 16 Z. 58−61): tranîj shma…nwn t¾n prÕj toÝj patšraj ™paggel…an peplhrîsqai, œk te tÁj parqšnou gegennÁsqai tÕn UƒÕn toà qeoà kaˆ toàton aÙtÕn e"nai tÕn SwtÁra CristÕn Ön oƒ profÁtai proek»ruxan. Vgl. hierzu G. Söll, Mariologie, Freiburg 1978 (HDG III/4) 35: „Zur Bestätigung beruft er sich auf Röm 1,3 und Gal 4,4 sowie auf Mk 1,1 und auf Lk 1,32. Irenäus hat ganz eindeutig in seiner christologischen Argumentation die Jungfrauengeburt mit der Gottheit Christi verbunden, und darin sind ihm andere Väter gefolgt.“ Dies ist letztlich die einzige Verhältnisbeschreibung zwischen diesen beiden Personen; grundsätzlich gilt jedoch, daß gerade Marienleben bzw. Transitus-Mariae-Literatur sehr stark von dogmatischen Aussagen geprägt sind; vgl. hierzu auch S. C. Mimouni, Les Vies de la Vierge: état de la question, Apocrypha 5 (1994) 211−248, hier 215: „D’un point de vue doctrinal, les Vies de la Vierge qui mériteraient plutôt le nom de Vies de Marie et de Jésus, imposent un lien solide entre la Mère et le Fils, entre la mariologie et la christologie. Dans ce genre d’écrits, il y a, sans nul doute, une dialectique entre les doctrines christologique et mariologique, en ce sens que la valeur de l’une est établie par l’autre.“ Vgl. r1,1; r1,11; r1,21; r1,26; r2,4; v1,6. Daß Maria nur als Jungfrau bezeichnet wird, könnte für ein vergleichsweise hohes Alter des Textes sprechen; vgl. ThWNT, s.v. parqšnoj C. im Neuen Testament (V 883): „Die Vorstellung von der jungfräulichen Entstehung Jesu will nicht die eheliche Gemeinschaft herabsetzen; ihr geht es nicht um Maria, sondern um Jesus.“ Dies scheint auch auf den vorliegenden Text zuzutreffen.
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Sprachgebrauch83 und ist insofern erwähnenswert, da ja gerade die spätere hagiographische Literatur eine Fülle von Titeln und Bezeichnungen für Maria entwickelt hat, angefangen von „heilig“ (¤gioj bzw. etouaab) bis hin zur „immerwährenden Jungfrau“ (¢eiparqšnoj84), um nur zwei sehr häufige Bezeichnungen zu erwähnen. Auch wird sie in koptischen Texten gerne als „Königin der Himmel“ bezeichnet85. Um so auffälliger ist die Beschränkung auf die neutestamentlich belegten Attribute „Jungfrau“ und „Mutter“ für Maria. Die Angaben über das Lebensalter der Maria haben keinerlei Parallelen in den biblischen Texten. Aus der Bibel ist nur bekannt, daß sie zur Zeit der Geburt Jesu eine „junge Frau“86 beziehungsweise eine „Jungfrau“ war87, daß sie nach der Auferstehung Jesu mit den Aposteln zusammen war und mit ihnen betete88. Alle weiteren Angaben über das Leben der Maria bleiben im Dunkel. Ganz offensichtlich ist jedoch auch die Lebenszeit, die für Maria angegeben wird, nicht historisch, sondern theologisch inspiriert. Sie habe, so berichtet der apokryphe Text,
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Überhaupt nur in Lk 1,27b wird Maria als parqšnoj bezeichnet. Siehe hierzu auch H. v. Campenhausen, Die Jungfrauengeburt in der Theologie der alten Kirche, Heidelberg 1962 (SHAW.PH 1962/3) 49. P. Sellew, An Early Coptic Witness to the Dormitio Mariae at Yale. P.CtYBR inv. 1788 Revisited, BASP 37 (2000) 37−69, hier 55−56: „John apparently addresses the Virgin as ‚Queen,‘ but the letters are not completely clear. In later and better-preserved versions of the story, the narrator (often taken to be an apostle) refers to Mary as ‚Queen of Heaven‘ or ‚Queen of all women,‘ though admittedly not in direct address as would seem the case here.“ Vgl. zu dieser Edition auch S. G. Richter/G. Wurst, Koptische literarische Texte und Urkunden (2000−2002), APF 49 (2003) 127−162, hier 136−137. Im Matthäusevangelium wird ein Wort des Propheten Jesaja (Jes 7,14) auf Maria angewendet (Mt 1,23): 'IdoÝ ¹ parqšnoj ™n gastrˆ ›xei kaˆ tšxetai uƒÒn, kaˆ kalšsousin tÕ Ônoma aÙtoà 'Emmanou»l, Ó ™stin meqermhneuÒmenon meq' ¹mîn Ð qeÒj. Das griechische Wort parqšnoj übersetzt den hebräischen Begriff hfm:la(, der die Bedeutung „Mädchen im heiratsfähigen Alter“, „junge Frau“ (bis zur Geburt des 1. Kindes) hat; vgl. hierzu L. Koehler/W. Baumgartner, Lexicon in veteris testamenti libros, Leiden 1985, s.v. Siehe hierzu auch R. E. Brown/K. P. Donfried/ J. A. Fitzmyer/J. Reumann (Hgg.), Mary in the New Testament, Philadelphia 1978, 268: „At the beginning of the third century, Origen still knows of Gentile Christians, though admittedly few, who did not believe that Jesus was conceived by a virgin; and the Sinaitic Syriac New Testament contains textual corrections in Matt 1:16,21,25; Luke 2:4,5, which some would read to imply Joseph’s natural fatherhood.“ Die dauerhafte Jungfräulichkeit der Mutter Jesu wird zuerst durch das apokryphe Protevangelium Jacobi verteidigt. Ihre letzte namentliche Erwähnung findet sich in Apg 1,14: oátoi p£ntej Ãsan proskarteroàntej ÐmoqumadÕn tÍ proseucÍ sÝn gunaixˆn kaˆ Mari¦m tÍ mhtrˆ toà 'Ihsoà kaˆ to‹j ¢delfo‹j aÙtoà. „Diese alle waren stets beieinander einmütig im Gebet zusammen mit den Frauen und Maria, der Mutter Jesu, und mit seinen Brüdern.“ Vgl. hierzu auch J. Niessen, Panagia-Kapuli, das neuentdeckte Wohn- und Sterbehaus der heil. Jungfrau Maria bei Ephesus, Dülmen 1906, 3, sowie Brown/Donfried, Mary, 284: „Undoubtedly, his placing Mary in that group of believers is consonant with his portrayal of her in his Gospel; yet the task force did not regard Acts 1:14 as a Lucan creation but as a tradition which should be accepted as reliable.“
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insgesamt sechzig Jahre gelebt. Bei der Geburt Jesu war sie etwa 15 Jahre alt89, bei seiner Kreuzigung 48 und bei ihrem Tod 60 Jahre. An dieser Stelle muß auf den Rechenfehler hingewiesen werden: 15 + 33 +11 ½ = 59 ½ und keine sechzig Jahre. Diese Zahlen für die Altersangaben der Maria dürften von dahinterliegenden theologischen Vorstellungen geprägt sein. Die 48 Jahre, die Maria beim Tode Jesu alt war, könnten von der Vorstellung des Erlaßjahres beeinflußt sein, das nach dem Verstreichen von sieben Sabbatjahren (d. h. von 49 Jahren) erreicht wird90. Die 48 Jahre bei der Kreuzigung Jesu könnten somit als durch Zahlen verschlüsselter Hinweis darauf verstanden werden, daß mit dem Tod Jesu etwas Altes abgeschlossen wird und eine neue Gnadenzeit ihren Anfang nimmt. Gleiche symbolische Bedeutung hat der Tod der Maria mit Vollendung ihres sechzigsten Lebensjahres. Sechs gilt als Zahl der Unvollkommenheit, die Sieben als Zahl der Vollkommenheit. Diese Vorstellung hat ihre Wurzeln im biblischen Schöpfungsbericht: In sechs Tagen erschuf Gott die Welt, am siebenten Tage ruhte er91. Es muß nicht eigens erwähnt werden, daß „Ruhen“ ein Euphemismus für „Sterben“ ist, daß also fast schon selbstverständlich sechzig Lebensjahre ein erfülltes Leben darstellen, daß das Ende eines Lebens in typologischer Sicht am Ende von sechzig Jahren steht. Eine ähnliche Vorstellung prägt zum Beispiel den Barnabasbrief, wenn dort 6000 Jahre nach der Erschaffung der Welt das Ende der Welt erwartet wird92. Auf die Parallele zu dem siebenten Tag als Tag der Ruhe – und damit gleichzeitig zum Tag, an dem etwas abgeschlossen oder vollendet wird – verweist auch die Wortwahl des Wiener Textes. Dort wird formuliert: apeouoeÎS Ge Swpß etre
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Hier wird der ursprüngliche Text korrigiert, nach dem Maria bei der Geburt ihres Sohnes 13 Jahre alt gewesen sei. Mit dieser Altersangabe geht jedoch die Gesamtrechnung des Textes nicht auf. Vgl. Lev 25,1−55. Vgl. Gen 1,1−2,4. Vgl. Barn 15,3−4b (Lindemann/Paulsen, Väter, 62,27−64,6): 3. TÕ s£bbaton lšgei ™n ¢rcÍ tÁj kt…sewj: „Kaˆ ™po…hsen Ð qeÕj ™n |x ¹mšraij t¦ œrga tîn ceirîn aÙtoà, kaˆ sunetšlesen ™n tÍ ¹mšrv tÍ ˜bdÒmV kaˆ katšpausen ™n aÙtÍ kaˆ ¹g…asen aÙt»n.“ 4. Prosšcete, tškna, t… lšgei tÕ sunetšlesen ™n |x ¹mšraij. Toàto lšgei, Óti ™n ˜xakiscil…oij œtesin suntelšsei kÚrioj t¦ sÚmpanta: ¹ g¦r ¹mšra par' aÙtù shma…nei c…lia œth. „Vom Sabbat heißt es am Beginn der Schöpfung: ‚Und Gott vollbrachte in sechs Tagen die Werke seiner Hände, und er vollendete (sie) am siebten Tage, und er ruhte an ihm und heiligte ihn.‘ Gebt acht, Kinder, was es heißt: ‚er vollendete in sechs Tagen‘. Es heißt dieses, daß in sechstausend Jahren der Herr das All vollenden wird, denn ein Tag bedeutet bei ihm tausend Jahre.“ Vgl. zu dieser Stelle F. R. Prostmeier, Der Barnabasbrief, Göttingen 1999 (KAV 8) 485−486. Siehe auch P. Prigend/R. A. Kraft, Épitre de Barnabé, Paris 1971 (SC 172) 185 Anm. 3: „Barnabé s’éloigne radicalement de l’interprétation philonienne en cherchant dans le récit de la création la prophétie eschatologique de la durée du monde. La semaine cosmique de 6 000 ans suivie de la fin se trouve assez rarement dans les écrits rabbiniques …, mais est attestée dans l’eschatologie samaritaine …, chez Irénée (Adv. Haer. VI, 28,3), Hippolyte (Commentaire sur Daniel IV, 23) et Bardesane.“ Vgl. zu dieser Frage auch J. Daniélou, Histoire des Doctrines Chrétiennes avant Nicée. Vol. I. Théologie du Judéo-Christianisme, Tournai 1958, 341−366.
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tp[a]rqenos Mton mmos93.
Wörtlich übersetzt heißt das: „Aber die Zeit kam, daß die Jungfrau sich zur Ruhe legen mußte.“ Die Doppeldeutigkeit des Wortes Mton, das zwar grundsätzlich die Bedeutung ruhig sein, ruhen, sich ausruhen hat, jedoch auch die Sonderbedeutung sterben aufweist94, legt es natürlich nahe, daß ein Tag der „Ruhe“, des „sich ausruhens“ gleichzeitig ein Tag des Sterbens ist95. Die Parallele zum Chiliasmus des Barnabasbriefes, der aus der Schöpfung begründet wird, scheint evident. Auch die Verbindung des Status constructus von eire mit einem Zeitbegriff, um das Verbringen einer Zeitspanne auszudrücken, findet sich einmal in einer neutestamentlichen Schrift96. Allerdings ist darauf hinzuweisen, daß das die übliche Art ist, wie im Koptischen das Vergehen von Zeit zum Ausdruck gebracht wird97. Auch die Attribute für Jesus bewegen sich im Rahmen des neutestamentlichen Sprachgebrauchs. Er wird als Christus (ausgedrückt durch !xÇ mit Nomen Sacrum Kürzung), als Erlöser (swt»r) und als Herr (Joeis) bezeichnet. Alle drei Begriffe sind biblischen Ursprungs98. CristÒj ist neben kÚrioj der zentrale Titel für Jesus im Neuen Testament. Swt»r wird im Vergleich dazu im Neuen Testament und im Urchristentum eher zurückhaltend verwendet99. Zwei sehr wichtige Stellen für die Verwendung des Begriffes swt»r finden sich am Anfang des Lukasevangeliums; im Magnifikat bezeichnet Maria Gott als ihren Erlöser100, die Engel verkünden den Hirten, daß der Erlöser geboren ist101.
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Vgl. Recto Sp. 2 Z. 3−5. Vgl. u. a. W. Westendorf, Koptisches Handwörterbuch, Heidelberg 1965/1977, 105; siehe auch W. Vycichl, Dictionnaire étymologique de la langue copte, Leuven 1983, 125. Diese Doppeldeutigkeit von „Ruhe“ und „Tod“ wird auf dem Verso Sp. 2 Z. 4 mit dem ma NNkotÈ, dem „Ort der Ruhe“, wieder aufgenommen, wird doch nach dem Johannesevangelium (Joh 11,12) dieses Wort von Jesus verwendet, um den Tod des Lazarus anzudeuten, während seine Jünger verstehen, daß Lazarus nur schlafe. Vgl. E. W. Horner, The Coptic Version of the New Testament in the Southern Dialect otherwise called Sahidic and Thebaic. Vol. II. The Gospel of S. John, Oxford 1911, 185. Vgl. 2 Petr 4,2b (Horner, Catholic Epistles, 46): alla eRpkeseepe NneHoou MpeFwnP HM pouwS Mpnoute: „sondern um den Rest der Tage seines Lebens im Willen Gottes zu verbringen.“ Für diese Bedeutung vgl. auch Westendorf, Handwörterbuch, 51. Mögliche griechische Äquivalente von Joeis sind despÒthj, qeÒj und kÚrioj (vgl. M. Wilmet, Concordance du Nouveau Testament Sahidique II. Les Mots Autochtones. 3. S-T, Louvain 1959 [CSCO 185 Subsidia 15], s.v.). ThWNT, s.v. swt»r G. Der urchristliche swt»r-Gebrauch (VII 1021): „Statt swt»r erscheint als beherrschender Titel Jesu im Urchristentum kÚrioj.“ Vgl. Lk 1,47 (Horner, Luke, 16): a pa!pn~@a telhl eJM pnoute paswthr „Mein Geist jubelte über Gott, meinen Retter.“ Vgl. Lk 2,11 (Horner, Luke, 30): Je auJpo nhtN Mpoou Mpswthr ete pai pe pe !xÇ pJoeis HN tpolis Ndaueid „Denn euch wurde heute geboren der Erlöser. Dieser ist Christus, der Herr, in der Stadt Davids.“ In diesem Vers findet sich auch die Verwendung des Begriffes Joeis für Christus.
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Über Jesu Lebenszeit wird im vorliegenden Text berichtet, daß er 33 Jahre alt gewesen sei, als er gekreuzigt wurde. Diese Annahme kann sich auf biblische Wurzeln berufen, war er doch „etwa 30 Jahre alt“ als er getauft wurde102. Die Annahme, daß Jesus drei Jahre lang gewirkt habe, kann sich auf den Bericht des Johannesevangeliums stützen, der jedoch selbst wohl eher auf theologischen, denn auf historischen Wurzeln aufruht103. Nichtsdestoweniger sind in diesen Texten die biblischen Wurzeln für die Annahme zu finden, daß Jesus 33 Jahre gewirkt habe. Während man für die Begriffe, mit denen die Zeit nach dem Tod Jesu und die Reise der Maria nach Jerusalem beschrieben werden, ebenfalls auf biblische Wurzeln und enge Anlehnung an die Formulierungen des Neuen Testaments verweisen kann, kann dies vom Textinhalt nicht in allen Punkten behauptet werden. Das Wort ¢n£lhyij104, „Aufnahme“, „Hinwegnahme“, „Entrückung“ für Jesu Weggang aus dieser Welt ist ebenso biblisch belegt105 wie die nüchterne Bezeichnung der Tätigkeit der Maria mit den Worten bwk eptaSeoeiS, das „Verkündigen gehen“. Allerdings findet sich in keinem biblischen Text ein Hinweis darauf, daß Maria diese missionarische Tätigkeit ausgeübt hätte. Zur Klärung der genauen Bedeutung dieses Begriffes mag es nun erlaubt sein, etwas ausführlicher den einzelnen biblischen Belegen für das Wort taSeoeiS und den griechischen Wörtern nachzugehen, die dieser Begriff im sahidischen Neuen 102
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Vgl. Lk 3,23a: Kaˆ aÙtÕj Ãn 'Ihsoàj ¢rcÒmenoj æseˆ ™tîn tri£konta „Und Jesus war, als er auftrat, etwa dreißig Jahre alt.“ Allerdings ist die Frage zu stellen, ob es sich hier nicht eher um eine symbolische Zahl handelt und nicht um ein genaues Alter Jesu. Vgl. hierzu G. Theissen/ A. Merz, Der historische Jesus. Ein Lehrbuch, Göttingen 32001, 151: „Nach Lk 3,23 war Jesus etwa 30 Jahre alt (æseˆ ™tîn tri£konta), als er begann, öffentlich zu wirken. Diese Angabe ist in zweifacher Hinsicht vage: sie enthält die unbestimmte Partikel æse…/ungefähr und spielt wahrscheinlich auf biblische Gestalten wie David (2Sam 5,3), Joseph (Gen 41,46) und Ezechiel (Ez 1,1) an, die im Idealalter von 30 Jahren ihre öffentliche Laufbahn begannen. Man wird also einen weiten Spielraum nach oben und unten einkalkulieren müssen.“ Vgl. H. Conzelmann/A. Lindemann, Arbeitsbuch zum Neuen Testament, Tübingen 111995 (UTB 52) 441: „Wie bei den Synoptikern, so fällt auch nach Joh Jesu Tod in die Passazeit. Diese Erwähnung von drei Passafesten würde – wäre sie historisch zuverlässig – bedeuten, daß Jesus mindestens zwei volle Jahre lang öffentlich tätig gewesen sein müßte. Es ist jedoch nicht möglich, Joh für die innere Chronologie Jesu auszuwerten, denn seine Darstellung beruht nicht auf alter Tradition, sondern gehört der Redaktion des Evangelisten an.“ Siehe auch K. M. Bull, Bibelkunde des Neuen Testaments. Die kanonischen Schriften und die Apostolischen Väter. Überblicke, Themakapitel, Glossar, Neukirchen-Vluyn 1997, 162: „Für die Dauer der Wirksamkeit Jesu machen Joh und die Synoptiker unterschiedliche Angaben (vgl. die Einleitung zu Joh). Man geht in der Forschung im allgemeinen davon aus, daß die Angabe der Synoptiker eher den historischen Tatsachen entspricht. Jesus hat also ca. 1 Jahr öffentlich gewirkt und ist dann anläßlich einer Pilgerreise zum Passafest in Jerusalem angeklagt und hingerichtet worden.“ Vgl. Lk 9,51 (Horner, Luke, 188−190): asSwpe de HM ptre neHoou NteFanalhmyis Jwk ebol „Es geschah aber als die Tage seiner Wegnahme sich erfüllten“. Vgl. auch ThWNT, s.v. lamb£nw (¢nalamb£nw, ¢n£lhmyij): „Für die Entrückung des Auferstandenen nach der (einzigen!) Erscheinung vor den Elfen bei Mk (16,19).“
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Testament übersetzt. Es findet sich als Verbum, als Substantiv und als Substantiv mit dem Präfix reF-106. Das mit Hilfe des Präfixes gebildete Wort reFtaSeoeiS ist die Übersetzung des griechischen Wortes eÙaggelist»j. In Apg 21,8 wird Philippus als „Evangelist“, als „Verkündiger des Evangeliums“ bezeichnet107, im Epheserbrief sind die Evangelisten offensichtlich Teil eines Leitungskreises (Eph 4,11): „Und er hat eingesetzt einige als Apostel, andere aber als Propheten und einige als Prediger, andere als Hirten und als Lehrer.“108 Im zweiten Timotheusbrief findet sich die Mahnung: „Verrichte das Werk eines Predigers des Evangeliums.“109 Das Substantiv steht einmal für das griechische Wort eÙaggšlion und siebenmal für das Wort k»rugma. Während das griechische Wort eÙaggšlion110 nicht weiter erläutert werden muß, darf erwähnt werden, daß es sich bei dem Begriff k»rugma häufig im entsprechenden Kontext um die Verkündigung „gottgesandter Herolde“ handelt111. Dies wird durch die entsprechenden Belege im sahidischen Neuen Testament bestätigt112. Ein Großteil der Belege des Verbums übersetzt das griechische khrÚssw, des weiteren werden auch eÙaggel…zw, kataggšllw (sowie weitere Komposita von ¢ggšllw) und in drei Fällen lalšw durch diesen Begriff übersetzt. Das Bedeutungsspektrum weist einmal mehr auf die Jesus und den Apostel vorbehaltene, autorisierte Verkündigung. Wirklich interessant wird dieser Begriff des „Verkündigens“ jedoch, wenn man die Verbindung von bwk und taSeoeiS berücksichtigt. Im Markusevangelium heißt es über Jesus: „Er ging und verkündigte in ihren Synagogen in ganz Galiläa.“113 Hier ist die Verkündigung Jesu mit Vollmacht gemeint, trieb er doch dabei die bösen Geister aus114. Im Zusammenhang der Aussendung der zwölf Apostel sagt Jesus zu seinen Jüngern (Mt 10,7a): „Geht aber predigen.“115 Auch hier werden genau diese bei106
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Insgesamt verzeichnet die Konkordanz des sahidischen Neuen Testaments 88 Belege des Verbums taSeoeiS, neun Belege für das Substantiv und drei Belege für das mit dem Präfix reF- (von rwme) gebildete Substantiv reFtaSeoeiS. Apg 21,8b (Thompson, Acts, 62): auw anbwk eHoun ephI Mfilippos preFtaSeoeiS. „Und wir gingen hinein in das Haus des Philippus, des Verkünders des Evangeliums.“ Eph 4,11 (Thompson, Acts, 202): auw NtoF pentaFTHoIne men Napostolos: Hnkooue de Mprofhths: auw HoIne NreFtaSeoeiS Henkooue NSws: auw NsaH. 2 Tim 4,5b: aripHwb MpreFtaSeoeiS. Vgl. Phil 4,15. Vgl. W. Bauer, Griechisch-deutsches Wörterbuch zu den Schriften des Neuen Testaments und der frühchristlichen Literatur (völlig neu bearbeitete Auflage hrsg. von K. Aland und B. Aland), Berlin 61988, s.v. Vgl. Mt 12,41 u. Lk 11,32 die Verkündigung des Jona (ptaSeoeiS NIwnas), sowie Röm 16,25 die Verkündigung Jesu (ptaSeoeiS N\iÇ pe !xÇ); vgl. auch 1 Kor 1,21; 1 Kor 2,4; 1 Kor 15,14; 2 Tim 4,17 u. Tit 1,3. Mk 1,39a (Horner, Matthew, 364): auw aFbwk aFtaSeoeiS HN neusunagwgh HN tgalilaia thrÇ. Mk 1,39b (Horner, Matthew, 364): auw Nkedaimonion neFnouJe Mmoou ebol pe. Mt 10,7a (Horner, Matthew, 86): etetnabwk de taSeoeiS.
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den koptischen Wörter bwk und taSeoeiS im sahidischen Neuen Testament verwendet116. Im Lukasevangelium findet sich noch einmal die Verbindung von „gehen“ und „predigen“, und zwar dort im Zusammenhang der Betonung, wie ernst die Konsequenzen der Nachfolge Christi sind, direkt vor dem Bericht von der Aussendung der 72 Jünger im 10. Kapitel des Lukasevangeliums117. Auch an dieser Stelle ist es nicht irgendeine Verkündigung, sondern die apostolische Aufgabe, das Reich Gottes zu verkündigen. Noch eine weitere Stelle aus der Apostelgeschichte weist diese Verbindung der beiden Wörter auf. Der Hohepriester und die Sadduzäer hatten die Apostel Petrus und Johannes ins Gefängnis werfen lassen. In der Nacht erschien den Aposteln ein Engel und führte sie aus dem Gefängnis heraus und sprach zu ihnen: „Geht, stellt euch in den Tempel und predigt dem Volk alle Worte des Lebens.“118 Auch hier ergeht wieder der Verkündigungsbefehl in dieser konkreten Formulierung an die Apostel. Im 1. Petrusbrief (3,19) findet sich noch ein weiteres Mal die parallele Erwähnung der beiden Wörter: „Indem er ging, predigte er den Geistern, die im Gefängnis sind.“119 Auch der sekundäre Markusschluß weist die Verbindung dieser beiden koptischen Wörter auf. Der Auferstandene fordert die Jünger auf: „Geht in die ganze Welt und verkündet das Evangelium der ganzen Schöpfung.“120 Einmal mehr muß jedoch die zurückhaltende Erzählweise des apokryphen Textes auf dem Wiener Pergamentblatt betont werden. Weder die Gebiete, in die Maria mit den Aposteln zieht, noch der Inhalt ihrer Predigten werden erwähnt. Auch die Tatsache, daß in keiner Weise Wunder erwähnt werden, die bei dieser Predigttätigkeit geschehen sind, ist zu erwähnen121. Doch nicht nur die Verbindung von bwk und taSeoeiS weist in eine Richtung, auch die besondere Erwähnung der Apostel, mit denen Maria zum Predigen 116
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Vgl. ThWNT, s.v. D. khrÚssw im NT 7. Sendung und Verkündigung (III 712): „Nicht jeder Christ ist zum Predigen berufen. Nur der engste Jüngerkreis erhält zu Lebzeiten Jesu diesen Auftrag (Mt 10,7 par Lk 9,2; Mk 3,14). Ihr Predigtamt ist zunächst nur von beschränkter Dauer. Der Auftrag wird mit der Auferstehung Jesu erneuert Mk 16,15 … Der Auferstandene, der der Herr der Welt ist, schickt seine Jünger nun nicht mehr nur zum Volke Israel wie das erste Mal – natürlich auch zu ihm Ag 10,42 –, sondern zu allen Nationen. Die Mission soll von Jerusalem ausgehen (Lk 24,47) und alle Welt erfassen.“ Lk 9,60: peJaF naF. Je alok Ha netmoout etwmÇ NneureFmoout. Ntok de bwk taSeoeiS NtmNtero Mpnoute. „Er sprach zu ihm. Überlaß’ es denen, die tot sind, ihre Toten zu begraben. Du aber gehe und verkündige das Königreich Gottes.“ Apg 5,20 (Thompson, Acts, 13): Je bwk NtetNaHeratthutN HMperpe NtetNtaSeoeiS Mplaos NNSaJe throu MpeIwnP. 1 Petr 3,19 (Horner, Catholic Epistles, 42): eaFbwk aFtaSeoeiS NneQ~n~Ä etHM peSteko. Mk 16,15 (Horner, Mark, 626−628): Je bwk eHrai epko[s]mos thr¾ NtetNtaSeoeiS Mpeuaggelion MpswnO thr¾. Vgl. ThWNT, s.v. khrÚssw D. im NT 9. Wunder und Verkündigung (III 713): „Ist die Predigt wahre Verkündigung, in der Gott handelt, so daß die Gottesherrschaft Wirklichkeit wird, so geschehen auch Zeichen und Wunder. Es ist nicht so, daß die Wunder die neue Zeit herbeiführen, sondern die Wunder geschehen, weil das wirkungskräftige Wort die Gottesherrschaft ausgerufen hat, und in ihr ist alles heil und gesund.“
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geht, betont noch einmal, was diese Passage zum Ausdruck bringen möchte: Maria wirkt zusammen mit den Aposteln im apostolischen Dienst, sie geht „mit ihnen das Evangelium verkündigen“. Durch die Betonung der Tatsache, daß Maria mit den Aposteln geht, wird die Anspielung auf den Sendungsbefehl im Matthäusevangelium122 konkretisiert. Sicher erwähnenswert ist, daß die einzige Stelle im Matthäusevangelium, an welcher der Begriff ¢pÒstoloj Verwendung findet, die Sendung der zwölf Apostel ist, auf die der Text des Wiener Pergamentblattes anspielt. Dieser Eindruck wird verstärkt durch die Tatsache, daß der einzige Apostel, der in dem Wiener Text namentlich erwähnt wird, Petrus ist, der in der Tradition zum Apostelfürsten wurde und dem nach dem Matthäusevangelium die Schlüsselgewalt übertragen wurde. Die Aussage, die diese apokryphe Erzählung macht, scheint eindeutig: Maria war gleichberechtigte Apostelin und übte ihr Amt zusammen mit den Aposteln aus. Auch wenn es interessant wäre, auf diese Frage bereits an dieser Stelle näher einzugehen, so kann die Diskussion der von dem Text auf dem Wiener Pergamentfragment behaupteten Teilnahme und Teilhabe der Maria am apostolischen Dienst und Amt nicht an dieser Stelle geführt werden123. Doch, so mag man einwenden, ist dieses Verständnis der Textstelle überhaupt richtig? War Maria überhaupt predigend tätig oder wird hier der Text überinterpretiert? Das Neue Testament berichtet davon, daß Frauen Jesus begleiteten124. Hat, so kann man fragen, Maria nicht in ähnlicher Weise einfach die Apostel begleitet? Das wäre sicher noch ungewöhnlich genug, finden sich doch auch dafür keine Anhaltspunkte im Neuen Testament oder in den Apokryphen. Insofern scheint es nötig, die neutestamentlichen Stellen genauer zu untersuchen, an denen von einer Anwesenheit von Frauen berichtet wird. Im achten Kapitel des Lukasevangeliums wird davon berichtet, daß Jesus in verschiedenen Gebieten unterwegs war und verkündigte und das Reich Gottes predigte. Er wurde dabei von seinen Jüngern und von Frauen begleitet125. Die Predigttätigkeit Jesu wird in der sahi-
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Vgl. Mt 10,7a. Man wird die Frage stellen müssen, ob das, was Robinson, Coptic Apocryphal Gospels, XIII, bemerkt, in gewisser Weise auch für diese Passage zutrifft: „An examination of such passages shews [sic!] us that popular Coptic Christianity, like the Gnostic system preserved to us in Coptic books, borrowed from the ancient religion of the Egyptians. I have in my notes given some illustrations of this point derived from the book of the Dead.“ Dies wird wohl eher in abgewandelter Form zu vermuten sein, daß möglicherweise die Stellung der Frau in der ägyptischen Gesellschaft die Vorstellung einer predigenden Maria begünstigt haben könnte. Vgl. hierzu auch E. Dassmann, Ämter und Dienste in den frühchristlichen Gemeinden, Bonn 1994 (Hereditas 8) 143: „Allerdings gehören sie nicht zu den Aposteln; sie folgen aus eigenem Antrieb, ohne von Jesus eigens berufen worden zu sein.“ Vgl. Lk 8,1−2a (Horner, Luke, 138−140): asSwpe de mNNsws NtoF neFmooSe pe kata polis auw kata Tme eFkhrusse auw eFeuaggelize NtmNtero Mpnoute. ere pmNtsnoous nMmaF. mN HenkeHiome nai entautalGoou NHenQ~n~Ä Mponhron mN neuSwne. „Und es geschah danach, er zog durch verschiedene Städte und Dörfer und predigte und verkündigte das Königreich Gottes, während die Jünger bei ihm <waren> und einige Frauen, die er von bösen Geistern und ihren Krankheiten geheilt hatte.“ In Vers 2b werden die Namen der Frauen
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dischen Übersetzung des Neuen Testamentes durch einen Circumstantialis an die Erzählung seiner Reisetätigkeit angeschlossen. Die beiden Verben sind durch die Konjunktion auw verbunden. Daran schließt sich ein zweiter Circumstantialis an, der jedoch stilistisch eindeutig von dem vorangehenden Teil getrennt ist. Neben der bereits erwähnten Verbindung der beiden Verben durch die Konjunktion findet ein Subjektwechsel statt; während bei den ersten beiden Verben Jesus das Subjekt ist, sind es im nachfolgenden Satz die Jünger. Die Frauen sind, wie auch im griechischen Text, durch die Präposition „mit“126 gleichsam ein Anhängsel der Jünger. Zwischen beiden Gruppen, den Jüngern und den Frauen, wird zusätzlich – ähnlich wie im griechischen Text – der Unterschied gemacht, daß die Jünger „bei ihm“ sind, daß also der Verweis auf ihre Zugehörigkeit zu Jesus vor der Präposition zu finden ist, mit deren Hilfe dann die Frauen auch noch angeführt werden. Der Subjektwechsel in den beiden Sätzen wird auch durch die unterschiedliche Form des Konverters des Umstandssatzes verdeutlicht. Ganz offensichtlich begleiteten sowohl die Jünger als auch die Frauen Jesus, ohne selbst missionarisch tätig zu werden. Allerdings darf man vermuten, daß durch die Form, wie die Frauen angeführt werden, diese letztlich wie eine Art zusätzliche Begleitung in Abstufung zu den Aposteln gesehen werden. Im Bericht des Lukasevangeliums über die Kreuzigung findet sich ebenfalls eine Erwähnung der Frauen. Dort wird erzählt, daß „alle, die ihn kannten, weit entfernt dastanden, zusammen mit den Frauen, die ihm seit Galiläa folgten, während sie alles sahen“127. Die Gemeinschaft, die Jesus mit den Frauen gepflegt hatte, wird im Koptischen mit dem eindeutigen Wort ouwH (hier im Qualitativ: ouhH) charakterisiert. Die Wortbedeutung „jemandem folgen“ ist durch die nachfolgende Präposition nsa- eindeutig128. Das Matthäusevangelium beschreibt die Tätigkeit der Frauen noch eindeutiger. Sie waren ihm gefolgt und hatten ihm gedient129. Neben dem bereits erwähnten Wort für „folgen“ wird in diesem Zusammenhang das aus dem Griechischen entnommene Wort für „dienen“ (diakonšw) verwendet. Diese Beschreibung der Frauen findet sich auch im Markusevangelium130. Auch
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aufgezählt, die Jesus und seine Jünger begleiteten. Vgl. zu dieser Frage auch M. Hengel, Maria Magdalena und die Frauen als Zeugen, in: O. Betz/M. Hengel/P. Schmidt (Hgg.), Abraham unser Vater. Juden und Christen im Gespräch über die Bibel. FS Otto Michel, Leiden 1963, 243−256, hier 245−246: „Jesus hatte demnach eine zweifache Nachfolgerschaft: Die von ihm auserwählten zwölf ‚Apostel‘ (6,13) und eine größere Zahl von Frauen, die von ihrem Vermögen zum Lebensunterhalt der wandernden Gruppe beisteuerten.“ Im Griechischen sÚn, im Koptischen mn. Vgl. Lk 23,49 (Horner, Luke, 434): nere netsoouN de MmoF throu aHeratou Mpoue. mN neHiome eneuouhH NswF Jin tgalilaia eunau enai. Vgl. Westendorf, Handwörterbuch, s.v.; dort die Bedeutung mit der angegebenen Präposition. Siehe Mt 27,55 (Horner, Matthew, 340): neuMmau de NGioumhhSe NsHime euGwSO Mpoue. nai entauouaHou Nsa \iÇ ebol HN tgalilaia eudiakonei naF. „Dort war aber eine Menge von Frauen, die von ferne zusahen. Sie waren Jesus gefolgt seit Galiläa und dienten ihm.“ Mk 15,41 (Horner, Mark, 630): nai NtauouhH NswF Jin tgalilaia eudiakonei naF. „Diese waren ihm seit Galiläa gefolgt, indem sie ihm dienten.“
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an dieser Stelle ist also die Tätigkeit der Frauen einem sehr bestimmten Bereich zugeordnet. Eine Stelle aus der Apostelgeschichte sollte man hier ebenfalls als möglichen Vergleich anführen: Den Bericht, daß die Jünger mit den Frauen im Gebet verharrten. Auch dort werden die Frauen im Nachhinein angeführt: „Diese alle verharrten einmütig im Gebet mit einigen Frauen, mit Maria, der Mutter Jesu, und mit seinen Brüdern.“131 Auch kann man als weiteres Beispiel das PhilippusEvangelium zitieren, in dem berichtet wird: „Es gab drei (Frauen), (die) zogen mit dem Herrn die ganze Zeit: Maria, seine Mutter, und deren Schwester und Magdalena, die man auch seine Gefährtin nennt.“132 Auch hier ist eindeutig, daß die Frauen nur mit Jesus ziehen, auch wenn Magdalena seine „Gefährtin“ ist, also eine besondere Stellung innehat. Ein Rückgriff auf das mooSe dieser Stelle wäre sicher auch für den Text auf dem Wiener Pergamentblatt eine Möglichkeit gewesen, um das Tun der Maria von dem der Apostel abzugrenzen. Dies war aber offensichtlich nicht die Absicht des Verfassers dieses Textes. Zusammenfassend läßt sich sagen: Wenn in den biblischen Berichten von Frauen im Gefolge Jesu die Rede ist, so wird entweder das Wort ouwH mit der nachfolgenden Präposition nsa- verwendet, das zum Beispiel in Lk 23,49 das griechische Wort sunakolouqšw übersetzt, oder durch andere eindeutige Formulierungen das Hintanstehen der Frauen betont. Auch das apokryphe Evangelium des Philippos beschreibt nur ein „mit dem Herrn gehen“. Von diesen Belegen unterscheidet sich die Erzählung über die Tätigkeit der Maria grundlegend. Sie folgt nicht, sie ist nicht einfach mit dabei, sie wird vor den Aposteln bei einer klar definierten Tätigkeit erwähnt. Auffällig ist sicher auch, daß nur Maria in diesem Zusammenhang namentlich erwähnt wird, während die Apostel als Gruppe auftreten. Insofern ist es von der Grammatik und dem Wortlaut der Stelle her unmöglich, Maria nur einfach als stille Begleiterin der Apostel aufzufassen. Insofern stellt sich die Frage, ob an dieser Stelle in irgendeiner Form eine historische Wurzel zu vermuten ist, während gleichzeitig nicht vergessen werden darf, daß eine solche historische Wurzel aufgrund theologischer Tendenzen innerhalb einer solchen Erzählung oft nur sehr schwer auszumachen ist133. Auffällig ist jedenfalls, daß in keiner Weise erwähnt wird, wohin Maria und die Apostel ziehen, daß Maria 131
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Apg 1,14 (Thompson, Acts, 2): naI throu neuproskarteri epeSlhl: mNHensHime: mNmaria tmaau N\iÇ: auw neFsnhu. Vgl. EvPhil 32 (Layton, Codex II,2−7, 59,6−9; Till, Philippos, 20): neouN Somte mooSe mN pJoeis ouoeiS nim maria teFmaau auw tesswne auw magdalhnh îaei etoumoute eros Je teFkoinwnos.
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Vgl. zu Problemen dieser Stelle des Philippos-Evangeliums auch H. J. Klauck, Alte Welt und neuer Glaube. Beiträge zur Forschungsgeschichte und Theologie des Neuen Testaments, Freiburg (Schweiz) 1994 (NTOA 29) 145−162; Siehe hierzu auch A. Marjanen, The Woman Jesus Loved. Mary Magdalene in the Nag Hammadi Library and Related Documents, Leiden 1996 (NHS 40) 149−160. Vgl. Brown/Donfried, Mary, 11−12, die bezüglich der Evangelien bemerken: „Our insistence that the three stages must be kept distinct arises not from a negative spirit or scepticism but from a desire to respect the nature of the Gospels as works of faith, written to bring out the religious meaning of what they narrate, rather than as works designed to answer our historical curiosity.“
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jedoch auch nicht, wie dies die sonstige koptische Überlieferung berichtet, einfach in Jerusalem bleibt. Dies steht im Gegensatz zu den Transitus-Mariae-Berichten, die nicht in koptischer Sprache verfaßt sind. Dort werden die Missionsgebiete der einzelnen Apostel erwähnt. Hierbei handelt es sich ganz offensichtlich um eine spätere Legendenbildung134. Falls man die Angabe über die Lebensdauer der Maria nach der Himmelfahrt ihres Sohnes, wie sie sich im Wiener Text findet, als historische Angabe auffassen möchte, so ist Maria wahrscheinlich noch vor dem Tod des Jakobus verstorben. Dieser fällt jedoch zeitlich mit dem Aufbruch des Petrus aus Jerusalem zusammen. Hier scheinen die historischen Angaben des apokryphen Textes zumindest mit der historischen Überlieferung vereinbar zu sein, daß Petrus in der Zeit vor dem Tod des Jakobus offensichtlich hauptsächlich in Palästina tätig war135. Die Formulierungen der nächsten Zeilen sind ebenfalls auffällig, steht dort doch: „Danach führte der heilige Geist sie den Weg hinauf nach Jerusalem.“136 Der Text dieser Wendung erinnert an den griechischen Text von Mt 4,1: „Darauf wurde Jesus durch den Geist in die Wüste hinaufgeführt, damit er vom Teufel versucht würde.“137 Während beim griechischen Text nicht ganz eindeutig ist, ob es sich um ein „hinaufgeführt werden“ oder um ein „entrückt werden“ handelt138, ist die Wortwahl des koptischen Textes eindeutig: Jesus wird in die Wüste entrückt139. Auch die Parallele zu diesem Text im Markusevangelium muß erwähnt werden (Mk 1,12): „Und sofort trieb ihn der Geist in die Wüste.“140 Das griechische Wort ™kb£llw141 wird an dieser Stelle durch das koptische Wort Ji ersetzt142, das zwar
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Vgl. Vgl. H. Conzelmann, Geschichte des Urchristentums, Göttingen 1989 (GNT 5) 131: „Quellen der Legendenbildung werden Stellen aus dem Neuen Testament: Aus dem Missionsbefehl Jesu entstehen Legenden über die Mission der ‚Apostel‘ ‚in aller Welt‘. Es bildet sich die Vorstellung, daß sie die Missionsgebiete unter sich aufteilten.“ Vgl. M. Hengel, Zur urchristlichen Geschichtsschreibung, Stuttgart 21984, 79−80: „Zunächst war das Wirkungsgebiet des Petrus auf Jerusalem und das jüdische Palästina beschränkt. Das wird etwa dadurch bestätigt, daß er nach den Legenden Apg 9,3−43 – ganz im Gegensatz zu Philippus – nur die rein jüdischen Städte der Küstenebene Lydda und Joppe besucht und nach der überwiegend heidnischen Residenz des Präfekten, Caesarea, gegen seinen Willen erst gerufen werden muß, d. h. er sucht die heidnische Hauptstadt Palästinas nicht freiwillig auf.“ Vgl. r1,29−2,1: mNnsa naI nerepe!pn~@a etouaab Ji moeit HhtÇ eHrÛ[i] ßë!ãl!hm%. Vgl. Mt 4,1: TÒte Ð 'Ihsoàj ¢n»cqh e„j t¾n œrhmon ØpÕ toà pneÚmatoj, peirasqÁnai ØpÕ toà diabÒlou. Vgl. Bauer, Wörterbuch, s.v.: „¢n»cqh e„j t¾n œrhmon er wurde hinaufgeführt in d. Wüste, aus d. Jordanniederung in d. Hochland Mt 41, falls nicht an eine ‚Entrückung‘ gedacht ist.“ Mt 4,1 (Horner, Matthew, 20): tote \iÇ auJit¾ eHrai eterhmos ebol HitM pe!pn~@a. etreupeiraze MmoF HitM pdiabolos. Vgl. Mk 1,12: Kaˆ eÙqÝj tÕ pneàma aÙtÕn ™kb£llei e„j t¾n œrhmon. Das griechische Wort ™kb£llw wird an allen Stellen des sahidischen Neuen Testamentes ins Koptische übertragen. Es wird mit eine ebol, kw ebol, kw epaHou, nouJe, nouJe ebol, nouJe epesht, nouJe pbol, pwrÈ tÇto ebol, taouo ebol und Ji ebol übertragen; vgl. Draguet, Index Copte et Grec-Copte, 83. Mk 1,12 (Horner, Matthew, 358): auw Nteunou pe!pn~@a aFJit¾ ebol eterhmos.
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auch in dem koptischen Text auf dem Wiener Pergamentblatt verwendet wird; es hat jedoch in der Formulierung des koptischen Textes von Mk 1,12 eher die Bedeutung des „Ergreifens“, des „Hinaustragens“. Statt dessen formuliert der Text auf dem Wiener Pergamentblatt unter Anlehnung an die Weissagung Jesu im Johannesevangelium, daß der Geist den Weg weisen wird143. Daß Maria nach diesem Text nur vom heiligen Geist nach Jerusalem geleitet wurde, daß also keinerlei wunderbare Entrückung stattgefunden hat144, sondern daß sie nach Jerusalem gegangen oder jedenfalls auf gewöhnliche Weise gereist ist, muß besonders betont werden145. Diese Interpretation der koptischen Wortfolge wird auch durch die Verwendung einer ähnlichen Formulierung in der Rezension B der Predigt des Kyrill von Jerusalem bestärkt. Dort ist es Maria, die den ihr anvertrauten Jungfrauen „den Weg“ weist, sie in der korrekten Lebensführung unterweist146. Auch hier ist eindeutig eine Lehre, ein Unterweisen gemeint und nicht das wunderbare Wirken einer höheren Macht. Ähnlich beschreibt auch Epiphanius von Salamis die Reise des Johannes nach Asien147. Dieser Eindruck wird auch durch eine Urkunde bestätigt148. Die Art, wie über den Zeitpunkt des nahen Todes der Maria erzählt wird, erinnert an den lukanischen Erzählstil. Fast scheint es, als ob die Verse über den Zeitpunkt der Geburt des Johannes und den der Geburt Jesu für die Formulierungen des Wiener Textes benutzt worden wären149. Das asSwpe (Lk 1,57a) wird durch ouoeiS (Lk 2,6) erläutert und präzisiert und macht so das Jwk ebol des zeitlichen Rahmens, das sich in beiden Bibelstellen findet, überflüssig. Gleichzeitig ist jedoch darauf hinzuweisen, daß ein Geburtstermin viel klarer vorauszusehen
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Joh 16,13a (vgl. Horner, John, 258): Hotan erSan ph ei. pe!pn~@a Ntme. FnaJimoeit „Wenn das kommt, wird der Geist der Wahrheit euch in aller Wahrheit führen.“ 144 Man vgl. auch nur die Entrückung des Philippus nach der Bekehrung des äthiopischen Kämmerers, Apg. 8,39b; der koptische Text lautet (vgl. Thompson, Coptic version, 24): ou!pn~@a NtepJoeis aFtwrQ Mfilippos. 145 Immerhin neigen die Texte der Transitus-Mariae-Literatur eigentlich sehr häufig dazu, die Reisen der Apostel nach Jerusalem durch Wunder zu erklären. 146 Sah. vita IV, 25 (Robinson, Coptic Apocryphal Gospels, 28): auw nesJimoeªt Hhtou Hn teHih etsoutw¬ Santoubwk eHraI Sa pesmerit ¬Shre aJN Jrop. „Und sie führte sie auf dem geraden Weg, bis sie ohne Fehltritt zu ihrem geliebten Sohn hinaufstiegen.“ 147 Epiph., haer. 51,2,4a (Holl/Dummer GCS 31, 250,7−10): ™ke‹ g¦r Ð ¤gioj 'Iw£nnhj meq' ¹lik…an ghralšan ™pitršpetai ØpÕ toà pneÚmatoj toà ¡g…ou khràxai kaˆ ¢nak£myai toÝj ™n tÍ Ðdù peplanhmšnouj „Dorthin [d. i.: Asien] wurde der heilige Johannes im vorgerückten Alter vom Heiligen Geist geführt, um zu verkünden und zurückzuführen die, die auf dem Weg getäuscht worden waren.“ 148 Vgl. CPR IV 17,7−8: Sarepnoute Ji moeit nÛk èá%bñk ebabulwn. „Gott wird dir den Weg weisen, du wirst nach Babylon gehen.“ 149 Vgl. Lk 1,57a (Horner, Luke, 18): a peouoeiS de Jwk ebol Nelisabet etresmise. „Es erfüllte sich aber die Zeit für Elisabeth, daß sie gebären sollte“; u. Lk 2,6: asSwpe de HmptreuSwpe HM pma etMmau auJwk ebol NGineHoou etresmise. „Es geschah aber, während sie sich an diesem Ort aufhielten, und es erfüllten sich die Tage, daß sie gebären sollte.“ HhtthutN HM me nim.
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ist und daß diese Stelle auch als Anspielung auf Formulierungen, wie sie sich zum Beispiel im zweiten Timotheusbrief finden, verstanden werden kann (2 Tim 4,3): „Denn es wird eine Zeit kommen.“150 mton in der Grundbedeutung des „Ruhens“, des „Ruhefindens“ ist im Koptischen als Euphemismus für „Sterben“ gut belegt151. Die direkt daran anschließenden Worte spielen auf den Hebräerbrief an: „Und wie es dem Menschen eben bestimmt ist, einmal zu sterben,“152 wobei der Nachsatz weggelassen wurde, da er sich aus dem Vorangehenden ergibt und für den Verfasser dieser Zeilen des Wiener Textes die Anspielung auch durch das nachfolgende, leicht abgewandelte Zitat aus dem zweiten Timotheusbrief nur zu offensichtlich war. Der Vers aus dem deuteropaulinischen Brief (2 Tim 4,7), der in der ersten Person geschrieben ist, wird vom Verfasser des Wiener Textes in die dritte Person singular femininum transponiert und so auf Maria angewandt, indem der erste Halbvers weggelassen wird: „Ich habe den guten Kampf gekämpft, ich habe den Lauf vollendet, ich habe den Glauben gehalten.“153 Offensichtlich stellt gerade die verkündigende Tätigkeit der Maria den Grund dafür dar, daß hier das Pauluswort auf sie gedeutet wird, wird doch im zweiten Timotheusbrief eben für die unermüdliche Tätigkeit eines Verkünders des Wortes Gottes (2 Tim 4,2−5) die „Krone der Gerechtigkeit“ (2 Tim 4,8) als Siegespreis verheißen. Auch die nächsten Zeilen verwenden offensichtlich biblisches Vokabular; alle Wörter sind biblisch belegt, so findet sich mehrmals GwSO ebol Hht= in der Bedeutung „warten auf“ im Neuen Testament154, die seltene Bedeutung „jene Stunde“ für pHoou etmmau beruht auf einem Vers der Offenbarung des Johannes155, hat doch Hoou eigentlich die Grundbedeutung „Tag“156. Die Tatsache, daß das Subjekt des folgenden Satzes, „die Apostel“, nachgestellt ist, könnte auf eine Anspielung auf das Johannesevangelium hindeuten157. Da auch die nachfolgenden Worte als freie Anspielung auf einen direkt hinter dieser Stelle liegenden Vers des Johannesevangeliums gedeutet werden können158, ist es naheliegend, den ganzen 150 151
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2 Tim 4,3a (Thompson, Acts, 243): ouNouoeiS gar naSwpe. Westendorf, Handwörterbuch, s.v.; auf einer Vielzahl koptischer Grabsteine findet sich das Wort Mton als Euphemismus für „sterben“; vgl. z. B. SB Kopt. I 425,5.7.9.10.14.15. Hebr 9,27 (Thompson, Acts, 178): auw kataqe etkh eHraI NNrwme emou Nousop. 2 Tim 4,7: aImiSe Mpagwn etnanouF: aIJekppwt ebol: aIHareH etpistis. Vgl. u. a. Mk 15,43; Lk 2,25.38; 12,36; 23,51; Röm 8,19.23.25; 1 Kor 1,7; 16,11; Gal 5,5; Phil 3,20; 1 Thess 1,10; Tit 2,13; Hebr 9,28; 11,10; Jak 5,7; Jud 21. Offb 11,13a; der griechische Text lautet: kaˆ ™n ™ke…nV tÍ érv; dieser wird mit HMpHoou etmmau ins Koptische übersetzt; vgl. Horner, The Apocalypse of John, 382. Vgl. Westendorf, Handwörterbuch, s.v. Dort ist es zwar Petrus, der betrübt ist, doch auch dieser ist mit nGi dem Verbum nachgestellt; vgl. Joh 21,17b; siehe Horner, John, 330: aFlupei NGipetros; die sahidische Übersetzung folgt hier der Wortstellung des griechischen Neuen Testaments: ™lup»qh Ð Pštroj. Joh 21,18 spricht Jesus zu Johannes und sagt ihm, daß er, so lange er jung sei, hingehen könne, wohin er wolle, wenn er aber alt sei, von einem anderen gebunden werde und dorthin geführt werde, wohin er nicht wolle. In diesem Zusammenhang bilden die Wörter bwk, „gehen“, und ouwS (hier im Status constructus ouaS=), „wollen“, die Schlüsselbegriffe.
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Abschnitt als eine solche Anspielung aufzufassen. Die Betrübnis der Jünger, die bei Maria versammelt sind, kann auch als Parallele zu der in den synoptischen Evangelien bezeugten Leidens- und Auferstehungsankündigung verstanden werden159. Obwohl Jesus dort seine Auferstehung ankündigt, ist die Reaktion der Jünger geprägt von Trauer. Gleiches scheint auch für den Tod der Maria zu gelten. Für diese Annahme spricht auch, daß dieser Bezug in einem griechischen Transitus ausdrücklich hergestellt wird160. Im Neuen Testament finden sich drei Belege für die Formulierung „Zeitpunkt des Abends“ (nau nrouHe)161. Die Verbindung der beiden Begriffe erinnert an eine Stelle im Markusevangelium: „Am Abend aber, als die Sonne bereits untergegangen war.“162 Am Abend des 20. Tybi versammelt man sich zum Gebet. Der 21. Tybi (16. Januar) war ein vergleichsweise alter ägyptischer Termin, an dem nur des Todes der Maria gedacht wurde163. Die weiteren Formulierungen vor der Fehlstelle sind nicht von großer Bedeutung164. Einzig die Tatsache, daß Maria den Petrus als „mein Vater“ bezeichnet, muß vermerkt werden, könnte dies ja als Hinweis auf eine sich ausbildende hierarchische Struktur interpretiert werden165. Allerdings wird man wohl ebenso die engen Beziehungen zwischen der römischen und der ägyptischen Kirche in Rechnung ziehen müssen, die ebenfalls
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Vgl. Mt 17,22−23; Mk 9,30−32 u. Lk 9,43−45. Vgl. die dem Modestus von Jerusalem zugeschriebene Predigt; Mod. dorm. 11; PG 86/ 2,3277−3312, hier 3305C. Vgl. Mk 11,11; 13,35 u. Lk 24,29. Vgl. Mk 1,32a (Horner, Mark, 362): rouHe de NtereFSwpe HM pnau Mprh eFnaHwtQ. Wörtlich übersetzt: „Am Abend aber, als es geschehen war, zu dem Zeitpunkt, an dem die Sonne untergeht.“ Vgl. S. J. Shoemaker, The Sahidic Coptic Homily on the Dormition of the Virgin Attributed to Evodius of Rome. An Edition from Morgan Manuscripts 596 and 598 with Translation, AnBoll 117 (1999) 241−283, hier 245: „It seems that the earliest Coptic celebration of the end of the Virgin’s life took place on 21 Tobe (16 January), in a feast commemorating only her Dormition (that is, the separation of her body and soul), without any reference to her resurrection [sic!] and Assumption.“ Allerdings ist es nicht zwingend, daß das Fest bereits beim Entstehen der hier edierten Dormitio tatsächlich begangen wurde; so wird z. B. die dem Kyrill von Jerusalem zugeschriebene Predigt angeblich am Tag des Festes im Haus der Maria in Jerusalem gehalten, der liturgische Sitz-im-Leben der pseudepigraphen Predigt ist also eindeutig. Dies gilt jedoch nicht für den Text, der auf dem Wiener Pergamentblatt überliefert wird. Die Verwendung von peJe für „reden“ braucht nicht weiter kommentiert zu werden. Für die Konstruktion von wHe (aHerat=) mit mn (nmma=) in der Bedeutung von „sich zu jemandem stellen“ vgl. Joh 18,18b; dort eine varia lectio (Horner, John, 282−284): petros de HwwF on neFaHerat¾ (nMmau) pe eFqmo MmoF. „Petrus aber stand selbst bei ihnen, indem er sich wärmte.“ Vgl. auch Apg 4,14, Röm 16,8 und 2 Tim 4,16 für diese Konstruktion. In einem anderen Transitus-Mariae-Text, der möglicherweise sehr alt war, redet Maria den Johannes als „meinen Bruder“ an; vgl. hierzu Sellew, Dormitio Mariae, 56: „Mary addresses John as her ‚brother,‘ as in the Gospel of Mary but unlike the bulk of the dormition tradition, where she calls him ‚father.‘“
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als Begründung für eine derartige Ehrenstellung beziehungsweise ehrende Anrede des Petrus herangezogen werden können. Dies würde auch erklären, warum in einer Reihe von pseudepigraphen Transitus-Mariae-Berichten Evodius von Rom als Autor angegeben wird166. Die Nacht, die im Gebet verbracht wird167, bereitet auf große Ereignisse vor. So zieht sich Jesus nach dem Bericht des Lukasevangeliums auf einen Berg zurück und verbringt die Nacht im Gebet, bevor er die zwölf Jünger auswählt168. Gleiches gilt für die Nacht am Ölberg, in der die Jünger schlafen169. Die Zeitbestimmung durch JQ- mit nachfolgender Stundenangabe ist im Neuen Testament häufig belegt170. Die Mitternachtsstunde wird dort aber nicht als JQmhte, sondern als tpaSe ntouSh, „die halbe Nacht“ bezeichnet, wobei dieser Zeitpunkt in beiden Fällen, in denen diese Zeitbestimmung vorkommt, eine Wende der Geschichte zum Guten, zur Rettung aus Gefahr bedeutet171. Dies findet sich auch im Gleichnis von den klugen und den törichten Jungfrauen; der Bräutigam erscheint in diesem Gleichnis 166
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Zum engen Verhältnis zwischen römischer und ägyptischer Tradition bereits im zweiten Jahrhundert vgl. M. Hornschuh, Studien zur Epistula Apostolorum, Berlin 1965 (PTS 5) 109: „Römische Einflüsse auf die Verhältnisse in Ägypten lassen sich schon für das frühe 2. Jahrhundert nachweisen.“ Vgl. auch Hornschuh, Studien, 111: „Seit wir nun am Beginn des dritten Jahrhunderts Alexandrien in die Kirchengeschichte eintreten sehen, finden wir nicht nur die engsten Beziehungen zu Rom, sondern auch eine fortdauernde Unterordnung der Alexandriner unter den römischen Stuhl, die sich ‚nur durch die Annahme eines alten Pietätsverhältnisses des alexandrinischen Stuhles gegenüber dem römischen‘ erklären läßt.“ Hierfür wird der koptische Begriff Slhl verwendet, der das griechische Wort proseuc» übersetzt; Wilmet, Concordance II. Les Mots Autochtones. 3, s.v. Vgl. Lk 6,12: asSwpe de HN neiHoou etreFei ebol eptoou eSlhl. auw neFo NouSh Nroeis pe HM peFSlhl Mpnoute. „Es geschah aber in jenen Tagen, daß er hinausging auf den Berg, um zu beten. Und er verbrachte eine ganze Nacht des Wachens in seinem Gebet zu Gott.“ Für die Nachtwache (ouSh nroeis) vgl. 2 Kor 6,5; 11,27; Eph 6,18; Kol 4,2; Hebr 13,17. Für parallele Verwendung von Slhl und yallei (y£llw) vgl. 1 Kor 14,15 (Thompson, Acts, 140−141): ou Ge pe TnaSlhl HMpe!pn~@a: TnaSlhl on HMpakeHht: Tnayallei HMpe!pn~@a: Tnayallei on HMpakeHht. „Was ist das? Ich werde beten in meinem Geist, ich werde auch in meinem Herzen beten; ich werde Psalmen singen in meinem Geist, ich werde auch singen in meinem Herzen.“ Siehe auch Jak 5,13: petSQHise NHhtthutN mareF Slhl. petroout mareFyallei. „Der unter euch, der leidet, soll beten. Der, welcher voll Freude ist, soll Psalmen singen.“ Vgl. Lk 22,39−45. Vgl. Wilmet, Concordance II. Les Mots Autochtones. 3, s.v. Vgl. Apg 16,25 und Apg 27,27; Apg 16,25−26 (Thompson, Acts, 48): HNtpaSe de NteuSh paulos mN silas neuSlhl pe: auw neusmou epnoute: neuswtM de eroou NGinetmhr. 26. auw HNouSsne aunoG NkMto Swpe: Hwste Nsenoein NGiNsNte MpeSteko. „Um Mitternacht beteten Paulus und Silas. Und sie lobten Gott. Und die Gefangenen hörten sie. Und plötzlich geschah ein großes Erdbeben, so daß die Grundfesten des Gefängnisses wankten.“ Apg 27,27b (Thompson, Acts, 80): nereNneeF Jw Mmos HNtpaSe NteuSh Je anHwn eHoun eouxwra. „Und die Matrosen sagten zur Mitte der Nacht, daß wir ein Land erreicht hätten.“
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zur Mitternachtsstunde172. Ganz offensichtlich beginnt auch in der Erzählung auf dem Wiener Pergamentblatt mit dem Erreichen der Mitternacht eine neue Situation. Maria erhebt sich und spricht ein großes Gebet. Die Formulierungen erinnern an die Apostelgeschichte (Apg 12,5−8): Petrus wird im Gefängnis festgehalten, und die Gemeinde betet für ihn. Darauf erscheint ihm ein Engel und befreit ihn aus dem Gefängnis. Allerdings wird das Gebet nicht mit T und der handelnden Person als Subjekt, sondern mit Swpe in einer passiven Formulierung konstruiert173. Auch in den Johannesakten markiert die Mitte der Nacht den Zeitpunkt, an dem sich eine Situation ändert174. Erstaunlich ist im Zusammenhang des Wiener Fragmentes jedoch nicht nur, daß Maria hier aktiv im Kreis der Apostel betet, sondern auch, daß die Apostel hinter Maria stehen. Von der liturgischen Ordnung her gesehen, steht Maria hier also den Aposteln beim Gebet voran. Was das für die Stellung der Maria im Verhältnis zu den Aposteln bedeutet, braucht nicht weiter ausgeführt werden. Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang, daß das Gebet, das von Maria alleine gesprochen wird, als noG mproseuxh bezeichnet wird. Im Gegensatz zu den Texten aus Paris – dort besteigt Maria ihr Ruhebett und wendet sich dabei nach Osten – wird im Wiener Text nicht angegeben, in welche Richtung sich Maria zum Gebet wendet. Der Begriff proseuc» kommt im griechischen Neuen Testament häufig vor175, die sahidische Übersetzung des Neuen Testaments verwendet anstelle dieses Begriffs das koptische Wort Slhl176, das ja auch vom Verfasser dieses apokryphen Textes an anderer Stelle gebraucht wird177. Weiter muß erwähnt werden, daß auch der Adressat des Gebetes letztlich nicht ganz offensichtlich ist, kann doch das koptische Wort Joeis sowohl für das griechische Wort kÚrioj wie für den Begriff qeÒj stehen178. Insofern ist die Frage zu stellen, welche Christologie hinter dieser Formulierung steht, berührt doch der Begriff Joeis wieder die Problematik, die durch die Formulierung am Anfang der ersten Kolumne auf der Vorderseite des Pergamentblattes deutlich wird: „Die Jungfrau gebar den Emma172
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Vgl. Mt 25,1−13; allerdings liegt in diesem Gleichnis der Schwerpunkt auf dem unerwarteten Auftauchen; vgl. Mt 25,13: grhgore‹te oân, Óti oÙk o‡date t¾n ¹mšran oÙd{ t¾n éran. „Darum wachet, denn ihr wißt weder Tag noch Stunde.“ Apg 12,5b (Thompson, Acts, 34): neuNounoG nSlhl Soop ebol HitNtekklhsia NnaHrMpnoute etbhht¾. „Dort wurde ein großes Gebet durch die Kirche vor Gott gebracht um seinetwegen.“ Vgl. hierfür die Geschichte von den gehorsamen Wanzen; als die „Nacht schon zur Hälfte fortgeschritten war“, befahl Johannes den Wanzen, das Zimmer zu verlassen; vgl. Acta Johannis § 60−61 (Junod/Kaestli, Acta Iohannis, 246−251; dort § 60,9 [S. 249] für die Formulierung ½dh tÁj nuktÕj e„j ‡son drÒmon kaqestèshj). Vgl. ThWNT, s.v. eÙc» (proseuc») (II 807): „proseuc» bezeichnet das Gebet im umfassendsten Sinn.“ Vgl. Wilmet, Concordance II. Les Mots Autochtones. 3, s.v., sowie R. Draguet, Index Copte et Grec-Copte de la Concordance du Nouveau Testament Sahidique (CSCO 124, 173, 183, 185), Louvain 1960 (CSCO 196 Subsidia 16), s.v. Vgl. v1,24. Das Gebet der Gemeinde in Apg 12,5b findet vor Gott (naHrMpnoute) statt.
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nuel, den lebendigen Gott.“179 So bleibt offen, ob sich ihr Gebet vornehmlich an Gott oder an Christus richtet. Doch nicht nur der Adressat, auch der Inhalt dieses letzten Gebetes der Maria bleibt im Dunkel. Außer daß sie ein großes Gebet und danach das Amen spricht, erfährt der Leser nichts. Die apokryphe Erzählung auf dem Wiener Pergamentblatt ist damit zurückhaltender als das Neue Testament selbst: Im Anfang des Lukasevangeliums wird ein Gebet der Maria überliefert180. Auch das Fehlen des Gebetstextes muß besonders betont werden, sind doch oftmals gerade derartige Gebete der Ort, an dem in apokryphen Texten dogmatische Aussagen eingeflochten werden181. Die Wendung, daß sie sich „auf das Ruhebett legte“, darf in dieser Formulierung ebenfalls als Anspielung auf einen Text aus dem Matthäusevangelium verstanden werden. Ein Gelähmter liegt nach dem Bericht dieses Evangeliums auf einem Ruhebett182. Vielleicht deutet diese Anspielung auf den nahe bevorstehenden Tod der Maria hin. Oftmals geht ja dem Tod Krankheit und Siechtum voran. Der Wechsel der Situation könnte nicht plötzlicher sein: Maria wirft sich auf ihr Ruhebett – Bilder von Krankheit und Tod sind damit verbunden –, und in diesem Augenblick wird der „ganze Ort“ von Wohlgeruch und Licht erfüllt. Drei Belege finden sich im Neuen Testament für den Begriff sTnouFe, der das griechische Wort eÙwd…a übersetzt. Paulus bezeichnet im zweiten Korintherbrief „uns, die Geretteten,“ als „Wohlgeruch vor Gott“183. An zwei anderen Stellen in paulinischen bzw. deuteropaulinischen Briefen wird ein Opfer als „lieblicher Geruch“ bezeichnet184. Wenn man sich nicht an dem koptischen Begriff sTnouFe sklavisch festhält, so mag auch noch der Bericht aus dem Johannesevangelium erwähnt werden, der von der Salbung Jesu in Bethanien erzählt. Nach dieser biblischen Erzählung wurde das ganze Haus mit dem Duft des Öls erfüllt185. Die Verbindung von Wohlgeruch und dem Einbruch des Göttlichen in die irdische Sphäre braucht an dieser Stelle nicht eigens erwähnt zu werden186. 179 180 181
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Vgl. r1,1−3. Vgl. Lk 1,46b−55. Das wird weiter unten durch den Vergleich mit den anderen koptischen Versionen des Transitus Mariae deutlich werden. Mt 9,2a (Horner, Matthew, 72): auw eis Hhhte aueine naF Nourwme eFshG. eFnhJ HiJN ouma NNkotÈ. „Und siehe, sie brachten einen gelähmten Mann zu ihm, der auf einem Ruhebett lag.“ Das Verbum nouJe steht in diesem Text im Qualitativ. 2 Kor 2,15 (Thompson, Acts, 150): Je anon ousTouFe Ntepe!xÇ Mpnoute HNnetnaouJaI mNnetnatako. „Denn wir sind ein Wohlgeruch Christi vor Gott unter denen, die gerettet werden, und unter denen, die verloren gehen.“ Vgl. Phil 4,18 und Eph 5,2. Vgl. Joh 12,3b (Horner, John, 202): a phi de mouH ebol HM pestoi MpsoGN. Vgl. ThWNT, s.v. eÙwd…a (II 810): „Ist dabei auch die (unjüdische) Vorstellung, als könnte eÙwd…a unmittelbarer Ausdruck für das Herannahen oder gar die Erscheinung Gottes selbst sein, schon durch das Objekt tù qeù gründlich vermieden, so gehört doch in der religiösen Sprache und Gedankenwelt nicht nur der außer-nt.lichen, sondern auch der christlichen Religion der „Wohlgeruch“ zu den immer wieder begegnenden sinnenfälligen Merkmalen des Hereinragens einer überirdischen in die irdische Welt.“
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Die Bedeutung des koptischen Begriffes ma, „Ort“, ist schillernd. Es kann sowohl einen sehr begrenzten Bereich wie ein Bett (ma Nnkotk) wie auch ein ganzes Haus oder mehrere Häuser meinen. Zum Ausdruck gebracht wird durch diese Formulierung, daß der ganze Bereich, an dem sich Maria und die Apostel aufhielten, von diesem Geruch und dem Licht erfüllt wurde. Das „große Licht“, das alle Beteiligten sehen, spielt auf den Propheten Jesaja und auf neutestamentliche Stellen an. Nach dem Propheten Jesaja hat das Volk, das im Finstern saß, ein großes Licht gesehen187. Den Lobgesang des Zacharias kann man an dieser Stelle erwähnen, ist dort doch die Rede vom Licht, das in die Finsternis kommt188. Im Lukasevangelium wird die Erscheinung der Engel bei den Hirten auf dem Felde von einem Licht begleitet. Die Reaktion auf diese himmlische Erscheinung ist Furcht189. Nach der Apostelgeschichte erschien dem Paulus ein Licht auf dem Weg nach Damaskus190. In dem Bericht des Paulus über seine Bekehrung spricht er von einem „großen Licht“ (noG Nouoein)191. Als der Engel kommt, um Petrus aus dem Gefängnis zu befreien, erscheint ebenfalls ein Licht192.
187
Vgl. Jes 9,1; zitiert in Mt 4,16 (Horner, Matthew, 26):
plaos etHmoos HM pkake aFnau
eunoG Nouoein. netHmoos HN texwra mN qaibes Mpmou pouoein aFSa nau.
188
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191
192
„Das Volk, das in der Dunkelheit saß, hat ein großes Licht gesehen. Denen, die im Gebiet und im Schatten des Todes saßen, ist ein Licht aufgegangen.“ Dort ist wörtlich das „große Licht“ noG Nouoein erwähnt. Lk 1,78−79 (Horner, Luke, 24−26): etbe tmNtSNHthF mN pna Mpennoute HN neteFnaGMpenSine NHhtou NGipouoein ebol HM pJise. eRouoein enetHmoos HM pkake mN netHmoos Hn qaibÇ Mpmou. „Durch die Barmherzigkeit und das Mitleid unseres Gottes wird uns besuchen das Licht aus der Höhe, um zu erleuchten die, die sitzen in der Dunkelheit, und die, die sitzen im Schatten des Todes.“ Lk 2,9 (Horner, Luke, 30): a paggelos MpJoeis ouwnP nau ebol. auw a peoou MpJoeis Rouoein eroou. auRHote HN ounoG NHote. „Der Engel des Herrn erschien ihnen. Und die Herrlichkeit des Herrn erleuchtete sie. Und sie fürchteten sich sehr.“ Das Geschehen wird im Koptischen durch den Status constructus von eire (r-), „werden“, mit dem Substantiv ouoein, „Licht“, beschrieben. Apg 9,3 (Thompson, Acts, 24): asSwpe de eFmooSe NtereFHwn eHoun edamaskos: HNouSÇne auouoein Sa eHraI eJwF ebol HNtpe. „Es geschah, während er reiste, als er sich gerade Damaskus näherte: Plötzlich schien ein Licht auf ihn aus dem Himmel.“ Apg 22,6 (Thompson, Acts, 66): asSwpe de MmoI eImooSe: NtereiHwn eHoun edamaskos Mpnou Mmeere: aunoG Nouoein Sa eHraI eJwI HNouSsne ebol HNtpe. „Es geschah aber, als ich auf Reisen war. Als ich in die Nähe von Damaskus kam zur Zeit des Mittags, da kam ein großes Licht aus dem Himmel auf mich herab.“ Der Text bei E. W. Horner, The Coptic Version of the New Testament in the Southern Dialect otherwise called Sahidic and Thebaic. Vol. VI. The Acts of the Apostles, Oxford 1922, 526, läßt das noG vor ouoein aus. Vgl. für den Bericht von der Bekehrung des Paulus auch Apg 26,13, wo ebenfalls von der Lichterscheinung die Rede ist, die seiner Bekehrung unmittelbar voranging. Apg 12,7 (Thompson, Acts, 34): auw eis ouaggelos NtepJoeis aFaHerat¾ HiJMpetros: auw auouoein Sa HMphI. „Und siehe, ein Engel des Herrn trat zu Petrus. Und ein Licht erstrahlte in dem Haus.“
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Die Verwendung des Begriffs corÒj für Chor (der Sänger) ist zwar nicht biblisch belegt, findet sich aber bereits bei Ignatius von Antiochien193. Mit der Erscheinung Christi und der Engel wechselt für ein einziges Mal die Person des Erzählers: „Er sprach zu uns.“194 Der darauffolgende Gruß Christi erinnert an die biblischen Erscheinungen des Auferstandenen: „Friede sei mit euch.“195 Daraufhin grüßt er seine Mutter zuerst mit dem Gruß, den auch der Engel in der Verkündigungsgeschichte des Lukasevangeliums als Gruß verwendet196 und fügt den Friedensgruß hinzu, der um die Mitteilung erweitert wird, daß der Grund seines Kommens ihr Weggang aus dieser Welt in ein „wunderbares Licht“ sei. Der erste Teil der Formulierung ist dem Johannesevangelium entnommen. Dort geht es darum, daß Jesus wußte, „daß er aus dieser Welt fortgehen würde und zu seinem Vater gehen würde“197. Die apokryphe Erzählung bezeichnet den Ort, wohin Maria gehen wird, jedoch nur als „wunderbares Licht“. Insofern ist auch an dieser Stelle noch weniger enthüllt als im Johannesevangelium. Der zweite Friedensgruß an seine Jünger lehnt sich, wie auch der erste, an neutestamentlichen Sprachgebrauch an. Ebenso sind die „Mächte der Finsternis“198 dem Neuen Testament entlehnt199. Die Verheißung, daß keine Macht der Finsternis über Maria kommen wird, wird mit einem leicht abgewandelten Zitat aus dem Johannesevangelium begründet: „Ich bin das Leben der ganzen Welt.“200 Falls man diese Worte als Anspielung auf Joh 11,25 verstehen möchte, so fällt die Verkürzung gegenüber diesem Jesuswort auf. Dort heißt es: „Ich bin die Auferstehung und das Leben.“201 Auch eine Abwandlung eines Zitates aus dem ersten Johannesbrief (1 Joh 5,20) wäre an dieser Stelle denkbar gewesen: „Dieser ist der wahre Gott und das ewige Leben.“202 Statt dessen möchte man bei der verwendeten Formulierung fast von einer Diesseitsbetonung sprechen: „Ich bin das Leben der Welt.“ Auch wenn die weiteren Seiten des Textes nicht erhalten sind, so ist doch eine der spannendsten Fragen, wie die Erzählung fortgesetzt wurde.
193
194 195 196 197
198 199
200
201 202
Ign. Eph 4,2a (Lindemann/Paulsen, Väter, 180,27−28): kaˆ oƒ kat' ¥ndra d{ corÕj g…nesqe. „Auch sollt ihr Mann für Mann ein Chor werden.“; Ign. Rom. 2,2b (Lindemann/Paulsen, Väter, 210,1−2): †na ™n ¢g£pV corÕj genÒmenoi °shte tù patrˆ ™n Cristù. „Damit ihr, in Liebe ein Chor geworden, dem Vater lobsingt in Christus.“ Die Belege bietet Bauer, Wörterbuch, s.v. Vgl. v2,13f. Vgl. Lk 24,36; Joh 20,19.21.26. Vgl. Lk 1,28. Vgl. Joh 13,1b (Horner, John, 218): Je eFepwwne ebol HMpeikosmos n¾bwk Sa peiwt. Vgl. Lk 22,53. Vgl. ThWNT, s.v. skotÒj E. Neues Testament I Synoptiker 1. Wörtlich (VII 440): „Die Macht der Unterwelt (™xous…a toà skotoà) waltet in der Passion Jesu.“ Joh 14,6a (Horner, John, 236): peJaF naF NGi\iÇ. Je anok pe teHih auw tme auw pwnP. „Es sprach zu ihm Jesus: Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben.“ Das biblische Zitat wird um die Worte Mpkosmos thr¾, „der ganzen Welt“, erweitert, während der erste und der zweite Begriff der Selbstaussage entfallen. Vgl. Joh 11,25b (Horner, John, 186): Je anok pe tanastasis auw pwnP. 1 Joh 5,20: oátÒj ™stin Ð ¢lhqinÕj qeÕj kaˆ zw¾ a„ènioj.
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Die Tatsache, daß das Johanneswort hier verkürzt und abgewandelt zitiert wird, könnte als Argument dafür verwendet werden, daß die apokryphe Erzählung auf dem Wiener Pergamentblatt nur vom Tod der Maria berichtete, daß es sich bei dem vorliegenden Text also nicht um einen Transitus im eigentlichen Sinn des Wortes handelt. In vorsichtiger Weise mag auch noch ein argumentum e silentio angeführt werden. Es ist nur vom „Entschlafen“ (mton) und vom Weggang in ein „wunderbares Licht“ (ouoein nSphre) die Rede. Insofern ist die Frage zu stellen, ob dieser Text nicht nur vom Tod der Maria berichtet und über alles Weitere schweigt. Die Vorstellung eines Weiterlebens der Toten in einer spirituellen Form kann man bereits im 1. Petrusbrief finden203. Eine derartige Vorstellung könnte sich also voll und ganz auf biblische Wurzeln berufen. Abschließend mag es erlaubt sein, bereits an dieser Stelle ein anderes ägyptisches Zeugnis als Vergleich heranzuziehen, auch wenn die eigentliche Diskussion des Verhältnisses dieses Textes zu anderen, ähnlichen Texten noch zu folgen hat. Die „Geschichte von Joseph dem Zimmermann“ erwähnt ebenfalls den Tod der Maria und betont ihre Sterblichkeit. Die Aussage wird als Wort Jesu formuliert (JG 18,4−7): „(Da) sprach ich zu ihr: „O (ð) meine geliebte Mutter, wer im Geschlecht (gšnoj) der Menschen, die das Fleisch (s£rx) getragen haben (fore‹n), wird je ohne Tod bleiben? 5. Denn (g£r) der Tod ist der Herrscher (¥rcwn) der ganzen Welt (kÒsmoj) mit Einschluß (mšcri) deiner, o (ð) meine gesegnete Mutter Maria. 6. Auch du mußt (¢n£gkh) sterben wie alle Menschen. 7. Aber (¢ll£) sei es (e‡te) mein geliebter Vater Joseph oder (e‡te) du, o (ð) meine geliebte Mutter – euer Tod ist kein Tod, sondern (¢ll£) ein Leben bis in Ewigkeit.“204 Siegfried Morenz bemerkt zu dieser Stelle: „Die JG. wird in den Dienst der Polemik gegen den Entrückungsglauben und damit in einen faßbaren historischen Raum hineingestellt. Problem und Streit haben sich offenbar an der Gestalt Mariens entzündet und sind von ihr auf Joseph übertragen. Die Frage wird im vierten Jahrhundert diskutiert, erzeugt aber noch auf längere Zeit Legenden von Mariens Heimgang. Vom Ende des vierten Jahrhunderts ab also ist die Polemik der JG. möglich.“205 203
204
205
Vgl. 1 Petr 4,6: e„j toàto g¦r kaˆ nekro‹j eÙhggel…sqh †na kriqîsi m{n kat¦ ¢nqrèpouj sarkˆ zîsi d{ kat¦ qeÕn pneÚmati. „Denn dazu ist auch den Toten das Evangelium verkündigt, daß sie zwar nach der Art der Menschen im Fleisch gerichtet werden, aber nach der Art Gottes im Geist leben.“ Für die Übersetzung vgl. Morenz, Joseph, 13f.; für den koptischen Text siehe P. de Lagarde, Aegyptiaca, Göttingen 1883, 19f: peJai nas Je w tamerit Mmaau, nim eneH HM pgenos NNrwme Ntauforei NTsarÀ, p’et naGw NoueS mou; pmou gar pe parxwn Mpkosmos thr¾ mexri Nto, w maria tamaau et smamaat: tanaggh te ero Ntemou Hwwte Nqe Nrwme nim. alla eite pamerit Neiwt iwshf eite Nto, w tamerit Mmaau, N oumou an pe ptNmou, alla ouwnÉ Sa eneH pe. Für eine zweite sahidische Rezension mit einer leicht abweichenden Überlieferung dieses Textes vgl. Lefort, Joseph le Charpentier, 210. Inhaltlich bietet diese zweite Rezension an dieser Stelle keine neuen Informationen gegenüber den von Lagarde edierten sahidischen und bohairischen Überlieferungen. Morenz, Joseph, 111; zur „Geschichte von Joseph dem Zimmermann“ vgl. auch Bienert, Jesu Verwandtschaft, 384: „Es handelt sich dabei um eine Schrift, die vermutlich um 400 in
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Insofern muß die Frage gestellt werden, ob in dem Wiener Fragment überhaupt von einer Aufnahme der Maria in den Himmel die Rede war. Neben der Geschichte von Joseph dem Zimmermann gibt es ja noch eine Reihe weiterer Apokryphen, die sich nur mit dem Leben und dem Sterben eines Apostels auseinandersetzen. Aufgrund der Polemik in der Geschichte von Joseph dem Zimmermann könnte man natürlich vermuten, daß dem Verfasser noch Texte bekannt waren, die nur vom Hinscheiden der Maria berichteten und daß er sich bewußt gegen die Transitus-Traditionen wendet und statt dessen die Dormitio favorisiert. Ein Teil der erhaltenen Transitus-Mariae-Literatur hat ja nur den Charakter einer Dormitio. Zusammenfassend muß also festgehalten werden, daß mehrere Aspekte diesen Text interessant machen: Die sehr kurzen Formulierungen und die nüchterne Erzählweise rücken den Text in große Nähe zu neutestamentlichen Erzählungen. In dem vergleichsweise geringen Textbestand – es ist ja nur ein Pergamentblatt erhalten – findet sich eine Vielzahl von Anspielungen auf das Neue Testament. Gleichzeitig ist sowohl bei Wundern wie auch bei anderen Gelegenheiten eine große Zurückhaltung zu beobachten, die in späteren apokryphen Texten nicht mehr geübt wird206: Maria reist nach Jerusalem, obwohl bereits die Erzählung von Jesu „Entrückung in die Wüste“, wie in der sahidischen Übersetzung des Neuen Testaments so interpretierend formuliert ist, es nahelegen würde, auch die Reise der Maria nach Jerusalem in einer solchen Form zu beschreiben. Weder der Inhalt des gemeinsamen Gebetes der Apostel und der Maria noch der Inhalt des „großen Gebetes“, das Maria alleine spricht, werden mitgeteilt. Die predigende Tätigkeit der Maria wirkt auf dem Hintergrund der neutestamentlichen Berichte befremdlich; gerade aufgrund der nüchternen Erzählweise drängt sich jedoch die Frage auf, was dieser Bericht bewirken will, auf welchen Quellen er aufbaut und welcher historische Hintergrund für diese Erzählung vermutet werden darf.
206
Ägypten entstand und vielleicht ursprünglich griechisch verfaßt war. Sie besteht im wesentlichen aus einer Rede Jesu, die dieser kurz vor seinem Tode seinen Jüngern auf dem Ölberg über Leben und Sterben seines Vaters vortrug.“ Vgl. auch P. Bruns, Art. Joseph der Zimmermann, LACL, 359, der ebenfalls für Ägypten als Entstehungsort und eine Abfassungszeit um 400 eintritt. Möglicherweise reichen die Wurzeln dieses Textes bis ins zweite Jahrhundert; vgl. A. di Berardino/B. Studer, Storia della teologia. I. Epoca patristica, Casale Monferrato 1993, 283: „Un altro testimone della verginità di Maria è anche la Storia di Giuseppe il Carpentiere, testo del iv secolo, che potrebbe riprendere tematiche del secondo.“ Dagegen führt jedoch Mimouni an, daß gerade der Versuch, wunderbare Zeichen zu vermeiden als ein Charakteristikum später Texte angesehen werden müsse; vgl. Mimouni, Dormition et Assomption de Marie, 204, der bezüglich des Transitus des Theodosius von Alexandrien, den er selbst als vergleichsweise jung einschätzt, bemerkt: „Ces variantes s’observent tout particulièrement dans le domaine du merveilleux, qui domine généralement ce type de récits: les exagérations, les invraisemblances, les extravagances sont évitées ou atténuées. C’est ainsi que l’épisode du transfert des apôtres sur les nuées est omis et que celui de l’outrage des juifs à l’égard de Marie est modifié.“ Vgl. hierzu auch A. van Lantschoot, L’Assomption de la Sainte Vierge chez les Coptes, Gr. 27 (1946) 493−526, hier 520: „Or, comme les Coptes – on l’a vu – sont très friands de récits merveilleux et, d’autre part, ont envers la Sainte Vierge une dévotion sans bornes, frisant même le culte de latrie.“
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2. Edition von Cambridge Add 1876 8 2.1. Paläographie Das Pergamentblatt dürfte im 9./10. Jahrhundert beschrieben worden sein. Die Form des Kappa findet sich in der bei Cramer mit Nr. 29 (10. Jh.) bezeichneten Handschrift207. Das Epsilon könnte sowohl im 9. wie im 10. Jahrhundert in dieser Form geschrieben worden sein. Gleiches gilt z. B. für My oder Rho. Ein wenig aus dem Rahmen fällt die Form des Lambda, die eigentlich auf eine spätere Zeit verweisen würde. Die Form des Alpha weist eher in das 9. Jahrhundert. Die dicken Punkte am Zeilengrund bei Tau scheinen eher auf die erste Hälfte des 9. Jahrhunderts zu weisen (vgl. dafür Nr. 19 bei Cramer208). Insgesamt scheint eine Datierung in das 9./10. Jahrhundert dem Charakter der Schrift gerecht zu werden. Die Handschrift auf diesem Pergamentblatt aus Cambridge wäre damit etwas jünger als die auf dem Wiener Pergament. Teile des Textes wurden bereits von Robinson ediert209. 2.2. Formalbeschreibung Cambridge Add 1876 8
19,2 × 22,8 cm
9./10. Jh.
Das Pergamentblatt ist rundum abgebrochen. Der in zwei Kolumnen geschriebene Text ist mit einer regelmäßigen Hand geschrieben. Das Interkolumnium beträgt rund 2,5 cm, die Kolumnenbreite etwa 10 cm. Auf der Haarseite ist die Tinte gut erhalten, auf der Fleischseite ist die Tinte so sehr abgeblättert, daß oft nur noch Spuren der Schrift zu sehen sind. Die ursprünglichen Maße des Blattes können nicht mehr rekonstruiert werden. Der obere Rand des Schriftspiegels ist erhalten, auf dem Verso sind oberhalb des Schriftspiegels Reste von Schriftzeichen zu sehen, die möglicherweise auf die Paginierung zurückgehen. Aufgrund des Inhaltes wurde die Fleischseite als Recto identifiziert, scheint doch der Text auf dieser Seite dem Text auf der Haarseite voranzugehen: Auf der Fleischseite ist von einer Erscheinung Christi die Rede, auf der Haarseite redet Christus mit seiner Mutter.
2.3. Text Recto (Fleischseite) Spalte 1 1 2 3 207
208
209
[± [±
7 5
]
. [ . ] . és
]èos çè[nsa]
[asT noup]roseuxh
Spalte 2 1 2 3
HmphI apeÅ~?[~Ç] ei Saros çèou[mh] hSe nag[ge]æ[os
Der Gesamteindruck dieser Handschrift ist jedoch sehr verschieden von dem Schriftbild des Fragments aus Cambridge; es handelt sich bei Nr. 29 (Tafel 61) um MS Claredon Press b 2, fol 35v im Besitz der Bodleian Library in Oxford. Dies ist die auf Tafel 51 abgebildete Handschrift MS 579, fol 15v aus der Pierpont Morgan Library. Vgl. Robinson, Coptic Apocryphal Gospels, XXVIf.
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Cambridge Add 1876 8
4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19
[e]bol Je eina [ei e]pahi SaeneH [au]ñ ßma nmton [n]paShre [au]w ˇnakw n=swI mpeikosmos et Strtwr auw et meH nHise ni« napostolos de aur= teuSh thrs eu Slhl auw euyal [le]i [Hn tJ]êmhte¤ de¤ n= [te]ïS? h [a]ítwoÊ [NGi tparqenos]
4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18
auw pß[JaF nan] Je Trh[nh nhtn]
xaire
w çaria [ta]
maau Trh[nh] ntouGinpww[ne e] bol Hmpeiaiñ[n e] keouoein nS[phre]
Trhnh=
nhtn [w naa]
postolos etsm[ama] at: mNn[sws] aFkotF emaria [teF] maau peJaÚ [nas] Je mprrHoî[e w] maria [tamaau]
. . [± 8]
[etouaab maria]
Verso (Haarseite) Spalte 1
Spalte 2
Spuren einer Paginierung 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17
[s]alpigc nouoein [a]gabrihl pa pran= [nmph]ïe raSe ebol [Je n]îaFkurusse [ne
]nSorp
[m]patr¼¼ mmoi [H]èqh [nto]F on petmooSe [nm]man ntßren [bw]k ekhme
e[r]etestratia
nnag
gelos kwte ero euTeoou ne mpr Stortr w tmaau [m]pwnH oude
± 4 ]SlaH HhtF M [ ± 10 ]ßêíÛS? ß [
4. l. khrusse; 6. für m]paterww
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18
. [ ± 10 ] SoïSé[
± 6]
Swpe m[
eita]
lhu epes[Xos erepon] tios pIla[tos o fh] gemwn [apa] swma tRtwr [Hn] Henei¾t Hnt[mh] te «pahr m pnau mpnoG è kauswn xwris traJoou throu: tesooun mmoou Hwwte w tamaau mn neto nnoG e nai aFJoou naí nGi peÅ~Ç: [
± 12 ]
5
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2.4. Übersetzung (3) Gebet (proseuc») … „Ich werde [gehen in] (5) mein Haus für immer [und] an Ort der Ruhe mein[es] Sohn[es]. Und ich werde diese Welt (kÒsmoj) verlassen, die (10) bedrängt und voll von aller Mühsal ist.“ Die Apostel (¢pÒstoloj) aber (dš) verbrachten die ganze Nacht im Gebet und beim Psalmensingen (y£llw). Zur Stunde der (15) Mitternacht aber erhob sie sich [nämlich die heilige Jungfrau Maria] … (Spalte 2) im Haus. Christus trat zu ihr mit einer Menge der Engel (¥ggeloj) und sprach zu uns: (5) „Friede (e„r»nh) sei mit euch. Sei gegrüßt (ca…rw), o (ð) Maria, meine Mutter, Friede (e„r»nh) mit deinem Ausscheiden aus dieser Zeit (a„èn) in ein (10) anderes wunderbares Licht. Friede (e„r»nh) mit euch, meine gesegneten Apostel.“ Danach wandte er sich zu Maria, seiner (15) Mutter, und sprach zu ihr: „Fürchte dich nicht, o (ð) Maria, meine Mutter“ … (Verso; 1. Spalte) Trompete (s£lpigx) des Lichts … Gabriel, der zu dem Namen der Himmel gehört, freute sich sehr, denn er hat dir verkündet (khrÚssw) (5) zum ersten Mal, als du mich noch nicht im Leibe emfangen hattest, er, der mit uns zog, als wir nach Ägypten zogen, während die Heerschar (strati£) der Engel (¥ggeloj) dich umgab und dir die Ehre erwies. Sei nicht beunruhigt, o (ð) Mutter (15) des Lebens und nicht (oÙdš) … sich fürchten (?) … zum Spottbild (?) … (2. Spalte) ich war erhöht am Kreuz, als Pontius (5) Pilatus Vorsteher (¹gemèn) war. Mein Körper war befestigt mit Nägeln in der Mitte der Luft (10) zur Zeit der großen Hitze (kaÚswn). Ohne (cwr…j) daß ich dir das alles sagen müßte, weißt du es selbst, o (ð) meine Mutter (15), und noch größere Dinge als diese.“ Jesus sagte ihr dieses. 2.5. Kommentar Die ersten Zeilen sind nur fragmentarisch erhalten. Es ist nicht mehr zu eruieren, ob hier Maria in der ersten Person oder ein Erzähler berichtet. Es dürfte sich jedoch wohl ab Zeile 4 um eine wörtliche Rede der Maria handeln. Zeile 8f wiederholt die Formulierungen des Johannesevangeliums, die aus dem Munde Jesu stammen und Maria in den Mund gelegt werden: „Ich werde diese Welt hinter mir lassen.“210 Die nachfolgende Verbindung von Strtwr und Hise erinnert an die Zusammenstellung der Mühsalen im zweiten Korintherbrief, wo allerdings das Substantiv StortR anstelle des Verbums Verwendung findet211. Es muß betont werden, daß nach der Version auf dem Pergamentblatt aus Cambridge Maria den Jüngern ihren bevorstehenden Tod ankündigt. Dies ist eine direkte Weissagung der Maria, die Benutzung des Johanneszitates sowie die Anspielung auf den
210
211
Joh 16,28b (Horner, John, 266): palin on Tnakw nswi Mpkosmos. Das griechische Wort p£lin ist im Text auf dem Pergament aus Cambridge nicht angeführt. Vgl. 2 Kor 6,5 (Thompson, Acts, 154): HNHenshSe: HNHenSteko: HNHenStortR: HNHenHise: HNHenouSh NroIs: HNHennhstia. „In Schlägen, in Gefängnissen, in Verfolgungen, in Nachtwachen, im Fasten.“ Die direkt danach folgende Erwähnung von „Nachtwachen“ macht die Anspielung auf diese Stelle wahrscheinlich.
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Korintherbrief zeigen die gute Bibelkenntnis des Verfassers dieser Zeilen. Man kann natürlich die Frage stellen, ob die Anspielung auf den Korintherbrief als Weltverneinung gesehen werden muß. Allerdings scheint der erhaltene Abschnitt zu kurz, um eine derartige Tendenz als grundsätzliche Haltung des Verfassers für den gesamten Text zu postulieren. In den nachfolgenden Zeilen wird erzählt, daß die Apostel die ganze Nacht im Gebet und beim Singen von Psalmen verbringen. Auffällig ist der Unterschied zum Wiener Text: Nicht mehr Maria und die Apostel verbringen zusammen die Nacht im Gebet und mit dem Singen von Psalmen, sondern nur noch die Apostel, nachdem ihnen Maria mit denselben Worten wie Jesus im Johannesevangelium ihren nahen Tod angekündigt hat. Mit dem Erreichen der Mitternacht beginnt offensichtlich die Erscheinung Christi. Die Wendungen in Zeile 16f sowie in den ersten Zeilen von Spalte 2 stimmen fast wörtlich mit dem Text auf dem Wiener Pergamentblatt überein. Einzig die Bezeichnung für die „Schar“ der Engel ist das koptische Wort, das auch in der sahidischen Übersetzung des Lukasevangeliums für die Erscheinung der Engel bei den Hirten auf dem Feld verwendet wird, die ihnen die Geburt Jesu verkünden: Menge (mhhSe)212. Hier verwendet der Text auf dem Wiener Pergamentblatt das griechische Wort corÒj. Auch der Gruß Jesu an seine Mutter und an die Apostel ist identisch – soweit er erhalten ist. Die Ergänzungen wurden aufgrund der Parallelen im Wiener Text vorgenommen. Erst ab Zeile 16 finden sich wieder Unterschiede. Jesus fordert seine Mutter auf: „Fürchte dich nicht.“213 Wahrscheinlich wurde mit diesen Worten die auf dem Wiener Pergamentblatt erhaltene Zusage an Maria erweitert, daß keine Macht der Finsternis sich Maria nähern könne. Auf dem Verso finden sich offensichtlich Reden Jesu, der auf das Leben der Maria Bezug nimmt, beginnend mit der Verkündigung durch Gabriel; die Empfängnis wird ebenfalls erwähnt und die Flucht nach Ägypten ausgeschmückt; nach der Erzählung auf dem Pergamentblatt aus Cambridge zog Gabriel und eine Heerschar von Engeln mit der fliehenden Familie zusammen nach Ägypten214.
212
Lk 2,13 (Horner, Luke, 30):
auSwpe HN ouSÇne mN paggelos nGi oumhhSe Ntestratia
Ntpe eusmou epnoute euJw Mmos.
213
214
„Und plötzlich war bei dem Engel eine Menge der himmlischen Heerscharen und sie priesen Gott und sprachen.“ Wohl von dort wird es auch in den Liber Bartholomaei übernommen; vgl. MS C p. 32,2 (Westerhoff, Auferstehung und Jenseits, 130). Die Worte erinnern an die Erscheinungen des Engels bei der Verkündigung an Zacharias (Lk 1,13) und an Maria (Lk 1,30), an die Erscheinung bei den Hirten (Lk 2,10), an den Engel am leeren Grab (Mt 28,5), sowie an die Begegnung des Auferstandenen mit den Frauen (Mt 28,10). Allerdings ist das noch immer eine vergleichsweise normale Art der Reise; nach der Predigt des Kyrill von Jerusalem über den Tod der Maria kam Jesus auf einer Wolke des Lichts nach Ägypten; vgl. Fol 9b (E. A. W. Budge, Miscellaneous Coptic Texts in the Dialect of Upper Egypt, London 1915, 57f): HN oume tesasoou NGi tekloole Ntapnoute ei ekhme NHhtÇ. apShre Shm ei ekhme. „Wahrhaftig, es war leicht die Wolke, auf der Gott nach Ägypten kam. Das kleine Kind kam nach Ägypten.“
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Diese haben Maria die Ehre erwiesen. Im Gegensatz zu dieser Offenbarungsrede wird im Matthäusevangelium die Flucht nach Ägypten nur mit wenigen Worten angedeutet215. Ganz offensichtlich war die Stellung der Maria bereits nach diesem zweiten Text eine stärker verehrungswürdige, aber gleichzeitig auch eine eher passive. Dies dürfte ebenso wie die Ankündigung des nahen Todes durch Maria – mit einem paraphrasierenden Zitat aus dem Johannesevangelium –, auf eine im Vergleich zum Wiener Text spätere Version dieser Rezension des Transitus Mariae hinweisen. Falls die Ergänzungen der beiden letzten Zeilen dieser Spalte richtig sind, sind sie bereits eine Überleitung zur folgenden Spalte, ist doch dort möglicherweise vom Spottbild die Rede. Die zweite Spalte berichtet von der Kreuzigung Jesu; der Erzähler ist ebenfalls Jesus selbst. Er berichtet, daß er am Kreuz erhöht wurde216. Die Kreuzigung wird mit der Person des Pontius Pilatus217 verbunden, unter dem Jesus nach den biblischen Berichten gekreuzigt worden war218. Die Formulierung von der „großen Hitze“ wird im Neuen Testament in anderen Zusammenhängen verwendet219; möglicherweise – auch wenn er sich an dieser Stelle nicht finden läßt – ist der Gebrauch dieses Wortes in diesem Zusammenhang durch die letzten Worte Jesu am Kreuz inspiriert: „Mich dürstet.“220 Die Rede Jesu endet mit dem Hinweis, daß Maria ein Geheimwissen besitze. Jesus spricht: „Du weißt das alles selbst und vieles, was noch größer ist.“ Die Annahme eines Geheimwissens der Maria findet sich verschiedentlich und dürfte unter anderem von der Geburtsgeschichte des Lukas inspiriert sein: „Maria aber bewahrte alle diese Worte, indem sie sie in ihrem Herzen trug.“221 Wahrscheinlich sind es derartige Formulierungen, die Maria im Lauf der Zeit zu einer „Geheimnisträgerin“ werden lassen222. 215
216
217
218
219 220 221
222
Vgl. Mt 2,13−14 für die Flucht, sowie Mt 2,19−22 für die Rückkehr aus Ägypten. In keiner Weise ist hier von Engeln die Rede, die das Paar mit dem Kind auf dem Weg begleitet hätten. Die Formulierung eitalhu epstauros erinnert an den Text auf einem anderen Wiener Fragment; vgl. H. Förster, „Ich habe dich dem Johannes gegeben, den ich liebe“. Edition von P.Vindob. K. 2644, ZAC 7 (2003), 3−13. Für die bereits im Neuen Testament vollzogene Verbindung von Tod Jesu und Pontius Pilatus als Datierung der Kreuzigung vgl. 1 Tim 6,13: paraggšllw [soi] ™nèpion toà qeoà toà zJogonoàntoj t¦ p£nta kaˆ Cristoà 'Ihsoà toà martur»santoj ™pˆ Pont…ou Pil£tou t¾n kal¾n Ðmolog…an. „Ich gebiete dir vor Gott, der alle Dinge lebendig macht, und vor Christus Jesus, der unter Pontius Pilatus das gute Bekenntnis bezeugt hat …“ Die Ergänzung dieser Zeile ist nicht ganz sicher. Ganz offensichtlich beginnt in der zweiten Hälfte von Zeile 5 ein neuer Satz, während in Zeile 2f mit großer Wahrscheinlichkeit Jesus das handelnde Subjekt war. Pontius Pilatus dürfte damit Angabe der Zeit sein, gleichzeitig ergibt sich jedoch durch die Zufügung mpnau letztlich eine zu große Anzahl von Zeichen in dieser Zeile. Vgl. Mt 20,12 und Lk 12,55; siehe auch Jak 1,11. Vgl. Joh 19,28b. Lk 2,19 (Horner, Luke, 32−34): maria de nesHareH eneiSaJe throu pe eskw Mmoou Hrai HM pesHht. Allerdings scheinen gerade die älteren Traditionen des Transitus Mariae die Mutter Jesu in
Paris BN Copte 129 ff. 28 u. 29
47 47
Im nächsten Abschnitt werden zwei Pergamentblätter aus Paris ediert, die ebenfalls Berührungspunkte mit dem Wiener Text aufweisen, von denen bisher nur eine unvollständige, paraphrasierende Übersetzung existierte.
3. Edition Paris BN Copte 12917 ff. 28 u. 29 3.1. Einleitung Im Jahr 1903 hat Eugène Revillout eine freie französische Übersetzung dieser beiden Pergamentblätter im Journal Asiatique veröffentlicht223; die Signatur wurde bei dieser Veröffentlichung nicht angegeben224. Nach Lucchesi225 handelt es sich bei diesen Blättern um Ausschnitte aus dem Transitus des Evodius, der von Shoemaker veröffentlicht wurde226. Allerdings sind die Unterschiede zwischen dem von Revillout beschriebenen und dem von Shoemaker edierten Text so groß, daß doch die Frage gestellt werden muß – selbst wenn Lucchesi hiergegen vehement polemisiert –, ob es sich nicht um eine eigenständige Tradition handelt227. Da der Text auf dem Verso von f. 29 große Ähnlichkeit mit den Altersangaben der Maria in der ersten Spalte des Recto des Wiener Textes aufweist, scheint es zweckmäßig, diesen Text hier zu edieren228.
223
224
225
226 227
228
besonderer Weise als Geheimnisträgerin darzustellen; vgl. z. B. das Buch der Mysterien, das Maria nach dem Bericht in P.CtYBR inv. 1788 dem Johannes in ihrem Zimmer zeigt; siehe hierzu Sellew, Dormitio Mariae, 59−60. Vgl. E. Revillout, Lettre à M. le Rédacteur du Journal Asiatique sur de nouveaux Évangiles apocryphes relatifs à la Vierge, JA 10,2 (1903) 162−174; vgl. hierzu Mimouni, Dormition et Assomption de Marie, 183 Anm. 36: „D’ailleurs, R. [sic!] Revillout … signale la découverte d’un nouveau fragment où est relatée la dormition de Marie au 21 du mois de Tobé. L’auteur ne donne qu’une traduction du fragment sans autre précision quant à son origine.“ Shoemaker, Sahidic Coptic Homily, 242 Anm. 6, verweist auf Lucchesi, der diese beiden Fragmente mit Paris BN Copte 12917 ff. 28−29 identifiziert. Vgl. E. Lucchesi, Un évangile apocryphe imaginaire, OLoP 28 (1997) 167−178, hier 174 Anm. 9: „Par ailleurs, le fragment traduit par Revillout sans indication de provenance (in Journal Asiatique, Xe s., t. 2, 1903, p. 162−163), dont fait mention Mimouni à la n. 36 et qui correspond à l’éntendue de deux feuillets parisiens (12917 ff. 28−29), n’a rien non plus d’un Transitus ni d’une Vie de la Vierge, comme le suggère l’A., mais – ô ironie du sort! – n’est autre qu’un témoin sahidique de plus du sermon d’Évode (= sigle C 3), auquel se rattache aussi – si cela peut consoler Mimouni – un fragment (12913, 63), édité par Amélineau.“ Shoemaker, Sahidic Coptic Homily, 252−278. Siehe für diese Schlußfolgerung auch Shoemaker, Sahidic Coptic Homily, 242, Anm. 6: „Comparison of Revillout’s translation with the different homilies attributed to Evodius, along with the other traditions of the Virgin’s Dormition preserved in Coptic, reveals that this is a distinct text having certain elements in common with a number of the Coptic Dormition traditions, but this cannot be identified with any other presently extant text.“ Im handschriftlichen Katalog von E. Amélineau, Catalogue des Manuscrits Coptes de la Bibliothèque Nationale, Paris 1890, 120 findet sich ein nachträglicher Eintrag zu diesen Pergamentblättern; dort wird vermerkt: „Mort de la vierge.“
48
Edition
3.2. Paläographie Auch diese Pergamentblätter sind wohl am ehesten in das 9. / 10. Jahrhundert einzuordnen. Vom Gesamteindruck sehr ähnlich ist die bei Cramer als Nr. 21 geführte Handschrift (872 n.Chr.). Man könnte auch noch Nr. 23. (890 n.Chr.) als weiteres Beispiel für eine ähnliche Handschrift anführen. 3.3. Formalbeschreibung Die zwei Pergamentblätter sind beidseitig mit Karbontinte in je zwei Kolumnen beschrieben. Die Anzahl der Zeilen variiert zwischen 27 und 29. Die Breite der Kolumnen beträgt rund 8 cm, das Interkolumnium ist rund 3 cm breit. Die Schmuckbuchstaben, die jeweils links der Kolumne geschrieben sind, wie auch ein Teil der supralinearen Striche sowie der Punkte innerhalb der Zeilen sind mit roter Farbe verstärkt bzw. ausgeführt. Die etwas eingeschränkte Lesbarkeit des Textes – die Abbildungen machen ja teilweise einen etwas verwaschenen Eindruck – ergibt sich aufgrund konservatorischer Maßnahmen, die im 19. Jahrhundert durchgeführt worden waren. Die Pergamentblätter waren damals in entsprechend ausgeschnittene Papierschablonen eingepaßt worden. Diese wurden dann mit Naturdarm überzogen, um ein Binden der Pergamentblätter in Buchform zu ermöglichen229. Dies führt jedoch dazu, daß die Pergamentblätter wie mit dünnem Pergamentpapier überzogen sind. Hierdurch erklärt sich der etwas verschwommene Eindruck auf den Photos. Ein Teil des Textverlustes – vor allem auf fol. 29v im der rechten oberen Viertel sehr gut zu sehen – könnte auf Reaktionen zwischen der Tinte und dem nachträglich darübergezogenen Darm zurückzuführen sein. Auf anderen Pergamentblättern, die in BN Copte 12917 und BN Copte 12918 aufbewahrt werden, ist teilweise ein offensichtlich durch diese Behandlung ausgelöstes Zerfließen der Tinte oder eine wohl hierdurch hervorgerufene punktuelle Ansammlung von Salzkristallen zwischen dem Pergament und dem Darm zu beobachten. In kodikologischer Hinsicht bilden diese Texte keine Ausnahme, was die Lage der Blätter zu einander anbetrifft: 28v und 29r sind Fleischseiten, es lagen also auch bei diesem Kodex die Pergamentblätter jeweils Haarseite zu Haarseite und Fleischseite zu Fleischseite230. Auf dem Verso des fol. 28 findet sich im linken oberen Bereich eine Paginierung231. Beide Pergamentblätter waren offensichtlich bereits 229
230
231
Aufgrund dieses Deckmaterials war auch die Anwendung von UV-Licht zur Verbesserung der Lesbarkeit nur sehr eingeschränkt möglich. Herrn Michel Garel, dem Leiter der orientalischen Sammlung der Biblothèque Nationale de France, danke ich für die Erklärung des Zustandes der Handschriften. Er berichtete, daß der Versuch, eine Restaurierung der Handschriften durchzusetzen, vor einigen Jahren an den hohen Kosten gescheitert sei. Für dieses Phänomen vgl. u. a. Young, Shenute, 19; B. Layton, Catalogue of Coptic Literary Manuscripts in the British Library. Acquired since the Year 1906, London 1987, LIX; siehe L. Gilissen, Prolégomènes à la codicologie, Gent 1977 (PSc 7) 14−20, für die von Gregory aufgestellte Regel, daß bei einem Kodex jeweils Haar- bzw. Fleischseiten einander zugewendet sind, nie jedoch eine Haarseite gegenüber einer Fleischseite zu finden ist. Die Seitenziffer ist „42“.
Paris BN Copte 129 ff. 28 u. 29
49 49
löchrig, bevor sie beschrieben wurden. Auf fol. 28 (die Beschreibung der Lage dieser Fehlstellen orientiert sich am Verso, da dort die einzelnen Zeilen viel klarer lesbar sind) ist in Spalte 1 am Ende der 10. Zeile ein Loch mit einem Durchmesser von 0,9 cm zu finden. Ein weiteres Loch (Durchmesser 0,6 cm) befindet sich am Ende von Z. 22. In der zweiten Spalte ist ebenfalls ein Loch, dort am Ende der 16. Zeile. In fol. 29 (dort sind die Zeilen auf dem Rekto deutlicher lesbar) findet sich vor der ersten Spalte zwischen Zeile 11 und 12 ein Loch mit rund 1,3 cm Durchmesser. Innerhalb der zweiten Spalte ist zwischen Zeile 9 und 10 ein eher ovales Loch mit 1,2 cm Durchmesser zu sehen. Sehr gut zu sehen ist, wie durch den Wortabstand in Zeile 9 auf diese Beschädigung des Blattes Rücksicht genommen wird. Die Blätter waren also bereits beschädigt, bevor sie beschrieben wurden. Es handelt sich also offensichtlich um ein im Vergleich eher minderwertigeres Pergament. Sowohl auf fol. 28 wie auf fol. 29 sind Wasserflecken zu sehen. Diese könnten möglicherweise erst im Rahmen der konservatorischen Behandlung im 19. Jahrhundert entstanden sein. Wohl auch aus dieser Zeit stammen neuzeitliche Beschriftungen auf den Pergamentblättern. Auf dem Recto von fol. 28 etwas oberhalb der Kolumnen im Bereich des Interkolumniums ist – wohl mit Bleistift oder schwarzer Tinte – 8/99 sowie „vierge“ vermerkt. Unterhalb des beschriebenen Bereichs (ebenfalls in der Mitte des Blattes) findet sich mit roter Tinte die Zahl 26 sowie mit schwarzer Tinte bzw. Bleistift die Zahl 68. Auf dem Recto von fol. 29 ist unterhalb des beschriebenen Bereichs in der Mitte des Blattes die Zahl 27 (rote Tinte) und die Zahl 69 (Bleistift/schwarze Tinte) eingetragen worden. 3.4. Der koptische Text f. 28r (Haarseite)
Spalte 2
Spalte 1
5
23,1 × 28,9 cm
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15
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15
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50
Edition nos mêates
20
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20
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oua katakooH
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25
Ftoou nåæÛÞéí
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25
kotk
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Joeis: aFFi nta
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11f. l. enduma
f. 28v (Fleischseite) mb Spalte 1
Spalte 2
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pro: anok pet
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5
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10
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20
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25
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15
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ekIbe: w tama au Je artaau eHoun etata
25
sooun Mmoou nsabllai mN paeIwt mn peQ~N~Ä etouaab
Tnatre
naagge
51 51
Paris BN Copte 129 ff. 28 u. 29
29r (Fleischseite)
23,1 × 29,8 cm
Spalte 1
Spalte 2
los diakoneI ne
ntepmou na
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5
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5
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25
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4. l. Huphretei 24. l. noera
29v (Haarseite) Spalte 1
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52 10
Edition Jws auprosku
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ma etouaab au skupaze mmos
19. l. enduma; 29. l. skepaze.
3.5. Übersetzung (f. 28r) Während Michael zu seiner Rechten war und Gabriel zu seiner Linken. Er (5) begrüßte [wörtl: umarmte232; ¢sp£zomai] seine jungfräuliche (parqšnoj) Mutter, danach die Apostel (¢pÒstoloj), einen nach dem andern. Danach (10) sprach er zu Petrus: „O (ð) mein Auserwählter233, Petrus. Erhebe dich und bereite den (15) Altar (qusiast»rion) vor [wörtl.: mache die Vorbereitungen für den Altar], damit ich euch dieses andere Mal versammle (sun£gw)234 mit meiner jungfräulichen (parqšnoj) Mutter. Sie ist noch nicht (20) aus diesem Körper von euch geschieden [wörtlich: Sie hat sich noch nicht von euch in diesem Körper abgeschieden235]. Petrus aber (dš), der große Apostel (¢pÒstoloj), er bereitete den Altar (25) (qusiast»rion) vor, und unser Herr brachte die Gabe (¢nafor£) dar. Er (Spalte 2) versammelte (sun£gw) seine jungfräuliche (parqšnoj) Mutter mit den Aposteln (¢pÒstoloj), die sich sehr (5) fürchteten [wörtl.: in einer großen Furcht], während 232 233
234
235
Zu dieser Bedeutung von ¢sp£zomai vgl. Förster, Wörterbuch, s.v. Revillout, Lettre, 165, übersetzt: „Ô mon cher Pierre.“ paswtp scheint jedoch mehr als nur „mein lieber“ zu sein; hier scheint es um eine Vorrangstellung des Apostels Petrus vor den anderen Jüngern zu gehen. Dies wird auch durch die Bezeichnung Petri als noG napostolos (Zeile 22−23 in dieser Spalte) bestätigt. Revillout, Lettre, 165, bietet in Klammern das griechische Wort sÚnaxij; im koptischen Text steht das griechische Verbum sun£gw (sunage). Revillout, Lettre, 165, übersetzt diesen Nebensatz: „Avant qu’elle se sépare de son corps.“ Während man über diese Interpretation des negativen Kompletivs, der hier positiv übersetzt wird, noch diskutieren kann, geht es eindeutig darum, daß sie „euch (= die Jünger) verläßt“ (pwrJ erwtn).
Paris BN Copte 129 ff. 28 u. 29
53 53
die Engel (¥ggeloj) und die Erzengel (¢rc£ggeloj) ihn umringten236. Nach dem Gottesdienst (sÚnaxij) aber (dš) nahm (10) der Erlöser (swt»r) einige himmlische (™pour£nioj) Gewänder (œnduma), er breitete sie aus (15) mit seiner eigenen Hand237 über dem Bett der heiligen Jungfrau (parqšnoj) Maria zusammen mit den vier Zweigen [wörtlich: und die (20) vier Zweige (kl£doj)] vom Baum des Lebens. Er gab jeden in eine Ecke ihres (25) Ruhebettes. Und in dieser Stunde legte sich [wörtl.: stieg] die heilige Jungfrau (parqšnoj) Maria auf ihr (f. 28v) Ruhebett, während ihr Gesicht nach Osten (¢natol») gewendet war, (5) während die heiligen Jungfrauen (parqšnoj) zusammen mit den Aposteln (¢pÒstoloj) sie umgaben238. Der Erlöser (swt»r) aber (dš) (10) setzte sich auf das Bett an ihre rechte Seite und küßte (¢sp£zomai) sie vielmals (15). Danach sprach er: „Gepriesen bist du, o (ð) meine Mutter, denn du hast mich geboren in diese Welt (kÒsmoj). (20) Gepriesen ist dein Leib, o (ð) meine Mutter239, denn du hast den getragen, der Himmel und Erde trägt, (25) das bin ich. Gepriesen sind deine Brüste, o (ð) meine Mutter, denn du hast sie in meinen (Spalte 2) Mund hineingegeben, während ich das All ernähre. Gepriesen sind deine Lippen, (5) o (ð) meine Mutter, denn du hast mich vielmals geküßt (¢sp£zomai) mit deinem Mund. Ich bin Gott, (10) der geschaffen (pl£ssw) hat die ganze Welt (o„koumšnh). Gepriesen sind deine Augen, o (ð) meine Mutter, (15) denn du hast mich angesehen [wörtl.: in mein Gesicht hineingesehen], als ich noch klein war und auf deinen Arm gehoben war. (20) Gepriesen sind deine Ohren, denn du hast verborgene Geheimnisse (must»rion) gehört, solche, die keiner (25) kennt außer mir und meinem Vater und dem heiligen Geist (pneàma). Ich werde meine Engel (¥ggeloj) dich (f. 29r) umsorgen (diakonšw) lassen, o (ð) meine Mutter, ich werde meine Engel (¥ggeloj) dir dienen (Øphretšw) lassen, (5) o (ð) meine Mutter, in meinem Königreich. Ich werde die Cherubim und die Serafim (10) deiner Seele (yuc») aufwarten lassen. Siehe, deinen Thron habe ich aufgestellt für dich zu meiner Rechten, o (ð) meine Mutter, im (15) Himmelreich240 [wörtl.: Königreich der Himmel]. Siehe, die Tür des Himmelreiches ist aufgetan (20) für dich [wörtl.: Siehe, die Tür des Himmelreichs, sie haben sie geöffnet für dich241], o (ð) meine Mutter. Siehe, alle Ordnungen (t£gma) der Himmel und die himmlischen242 (noerÒj) 236
237 238
239
240
241
242
Revillout, Lettre, 165, übersetzt diesen ersten Satz der zweiten Spalte: „Et il fit la sÚnaxij pour sa Mère, la Vierge, avec tous les apôtres, qui étaient dans une grande crainte. Les apôtres l’entouraient.“ Auch hier findet sich anstelle des Substantivs sÚnaxij das entsprechende Verbum, auch umringen nicht die Apostel, sondern die Engel und Erzengel Jesus. Revillout, Lettre, 165, übersetzt die Wörter „mit seiner eigenen Hand“ nicht. Revillout, Lettre, 165, übersetzt: „Les vierges et les apôtres l’entouraient.“ Er läßt etouaab als nähere Bestimmung der Jungfrauen aus. Revillout, Lettre, 165, gibt hier „ô Marie“ wieder. Der Name findet sich jedoch nicht an dieser Stelle des koptischen Textes. Revillout, Lettre, 165, übersetzt: „Dans mon royaume.“ Im Koptischen steht: Hntmntero nmphue. Das Königreich ist also näher bestimmt; gleichzeitig findet sich kein Possessivpräfix (von Plisch, Einführung, 10, als „Possessivartikel“ bezeichnet). Zur Konstruktion des koptischen Passivs durch die dritte Person Plural vgl. Plisch, Einführung, 36−37. Für diese Bedeutung von noerÒj vgl. Lampe, Dictionary, s.v.
54
Edition
Mächte (dÚnamij) haben sich (25) bekränzt (stefanÒw) und sind gekommen, um dir zu begegnen [wörtl.: sie sind für deine Ankunft (¢pant») gekommen]. Fürchte dich nicht o (ð) meine Mutter: Keine Macht (™xous…a) des (Spalte 2) Todes wird zu dir kommen können, denn du bist meine (5) jungfräuliche (parqšnoj) Mutter.“ Ihre Seele (yuc») sprang vor Freude auf. Sie rief aus: „Mein Herr und mein (10) Gott und mein Sohn. Ich liebe die Schönheit deines Hauses und den Ort deiner Ehre.“ (15) Und nachdem sie dies gesagt hatte, öffnete sie ihren Mund und gab ihre Seele in die Hände ihres göttlichen Sohnes (20) am 21. des Monats Tybi in der Art wie einer, der in einem (25) angenehmen Schlaf versinkt [wörtl.: der einschläft in einem Schlaf, der süß ist]. Die Engel (¥ggeloj) und Erzengel (¢rc£ggeloj) und die Cherubim und die Serafim (verso Sp. 1) nahmen ihre Seele (yuc»), während sie Hymnen sangen (ØmneÚw) vor ihr in Anwesenheit unseres Erlösers (swt»r), bis sie (5) aufgenommen [wörtl.: bis man sie in die Himmel aufnahm] wurde in die Himmel. Und die ganze Schar der Engel (¥ggeloj)243 kam heraus zu ihr (10) und begrüßte sie kniefällig (proskunšw): „Du bist die Mutter Gottes.“ Und in dieser Art richteten sie ihren (15) Thron (qrÒnoj) zur Rechten ihres Sohnes her. Sie war Königin mit ihm an dem Ort, von dem die Trauer des Herzens und (20) die Betrübnis (lÚph) und das Seufzen fliehen. Ihre gesamte Lebenszeit (crÒnoj) aber (dš) sind sechzig (25) Jahre. Sie gebar den Sohn Gottes, als sie in ihrem (Sp. 2) fünfzehnten Jahr war, und sie verbrachte dreißig Jahre, indem sie ihm diente (diakonšw), nachdem sie (5) ihn geboren hatte. Und sie lebte weitere fünfzehn Jahre nach der Auferstehung (¢n£stasij) ihres Sohnes. (10) Diese alle zusammen ergeben sechzig Jahre. Sie vollendete ihren Lauf (drÒmoj) am 21. des (15) Monats Tybi. Und ihre Kleidung, die auf ihr lag, und ihr Mantel und die (20) himmlischen (™pour£nioj) Gewänder (œnduma), die unser Herr über ihr ausgebreitet hatte, und die Zweige (kl£doj) vom Baum des (25) Lebens befestigte man (koll£w) an ihrem heiligen Körper (sîma), und man bedeckte (skep£zw) sie. 3.6. Kommentar Wie in der Einleitung zum Text auf diesen beiden Pergamentblättern bereits bemerkt wurde, ist nach Ansicht von Lucchesi der auf ihnen überlieferte Bericht mit der sahidischen Predigt des Evodius, die auf zwei Handschriften in der Pierpont Morgan Library in New York erhalten ist, identisch. Da diese Texte inzwischen veröffentlicht sind, muß ein genauer Vergleich und die Prüfung dieser Behauptung Teil der Kommentierung sein. Auch wenn eine ganze Reihe von – teilweise sogar wörtlichen – Berührungen zwischen diesen beiden Texten gegeben ist, kann wohl von einer Identität nicht gesprochen werden. Der nur fragmentarisch erhaltene Bericht beginnt mit der Erzählung von der Erscheinung Christi beim Tod seiner Mutter. Er liest sich wie der ausführliche Bericht dessen, was im Liber Bartholomaei angekündigt wird. Nach diesem apokryphen
243
Hier ist der Text etwas verdorben; in der wahrscheinlich griechischen Vorlage wird wohl etwas wie ¢ggelikÕj corÒj bzw. ¢ggelik¾ strati£ gestanden haben.
Paris BN Copte 129 ff. 28 u. 29
55 55
Text sagt Christus nach seiner Auferstehung, daß er mit Michael und Gabriel zu seiner Mutter kommen werde244. Gabriel ist der Engel der Verkündigung, sein Name wird zweimal in der Kindheitsgeschichte des Lukasevangeliums erwähnt. Dies ist gleichzeitig die einzige neutestamentliche Schrift, in der dieser Name begegnet. Es geht dabei zum einen um die Verkündigung der Geburt des Johannes an Zacharias245 und zum anderen um die Ankündigung der Geburt Jesu an Maria246. Michael, der ebenfalls zweimal im Neuen Testament Erwähnung findet, spielt als Engel des Gerichtes eine Rolle: Im Judas-Brief wird er als der Engel bezeichnet, der mit dem Teufel gestritten hat247. Die zweite Erwähnung dieses Engels gehört in die Offenbarung des Johannes248. Diese beiden Engel werden in der Predigt des Pseudo-Evodius anläßlich des Todes der Maria nicht besonders erwähnt249. Bereits in der Art, wie die Erscheinung Christi vor sich geht, unterscheiden sich der Text auf den Pariser Pergamentblättern und der Bericht des Pseudo-Evodius. Nach Pseudo-Evodius waren die Jünger aus Angst vor den Juden an einem Ort versammelt und brachen das Brot, als Jesus plötzlich in ihrer Mitte erscheint250. Er ist allein, während ihn nach dem hier edierten Bericht die zwei Engel begleiten. Der Gottesdienst, den sie feiern, wird von Pseudo-Evodius als „das Geheimnis, das der Herr uns gelehrt hat,“251 bezeichnet. Wenig später wird offensichtlich, daß es sich um die gemeinsame Mahlfeier handelt, wird doch vom Brechen des Brotes gesprochen. Nach den Texten aus Paris handelt es ebenfalls sich eindeutig um
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Hierauf verweist bereits Revillout, Lettre, 164 Anm. 2 (ohne Angabe der Stelle). Vgl. Liber Bartholomaei Ms. B p. 112,13−16 (Westerhoff, Auferstehung und Jenseits, 114): erSanei | ebol HNswma | Tnhu anok mN || mixahl mN | gabrIhl Saro. „Und wenn du aus dem Leibe gehst, werde ich zu dir kommen mit || Michael und Gabriel.“ Vgl. Lk 1,19: kaˆ ¢pokriqeˆj Ð ¥ggeloj e"pen aÙtù, 'Egè e„mi Gabri¾l Ð paresthkëj ™nèpion toà qeoà, kaˆ ¢pest£lhn lalÁsai prÕj s{ kaˆ eÙaggel…sasqa… soi taàta. „Der Engel antwortete und sprach zu ihm: Ich bin Gabriel, der vor Gott steht, und bin gesandt, mit dir zu reden und dir dies zu verkündigen.“ Lk 1,26: 'En d{ tù mhnˆ tù ›ktJ ¢pest£lh Ð ¥ggeloj Gabri¾l ¢pÕ toà qeoà e„j pÒlin tÁj Galila…aj Î Ônoma Nazar{q. „Und im sechsten Monat wurde der Engel Gabriel von Gott gesandt in eine Stadt in Galiläa, die heißt Nazareth.“ Vgl. Jud 9: Ð d{ Mica¾l Ð ¢rc£ggeloj, Óte tù diabÒlJ diakrinÒmenoj dielšgeto perˆ toà Mwãsšwj sèmatoj, oÙk ™tÒlmhsen kr…sin ™penegke‹n blasfhm…aj, ¢ll¦ e"pen, 'Epitim»sai soi kÚrioj. „Als aber Michael, der Erzengel, mit dem Teufel stritt und mit ihm rechtete um den Leichnam des Mose, wagte er nicht, über ihn ein Verdammungsurteil zu fällen, sondern sprach: Der Herr strafe dich!“ Vgl. Offb 12,7a: Kaˆ ™gšneto pÒlemoj ™n tù oÙranù, Ð Mica¾l kaˆ oƒ ¥ggeloi aÙtoà toà polemÁsai met¦ toà dr£kontoj. „Und es entbrannte ein Kampf im Himmel: Michael und seine Engel kämpften gegen den Drachen.“ Auch im Buch Daniel ist Michael der Engel, der in den Kampf zieht; vgl. Dan 10,13.21 u. 12,1. In einer Anspielung auf die Verkündigungszene erwähnt der Text den Namen des Verkündigungsengels; Evodius, In dorm. Mar. I, 10 (Shoemaker, Homily, 266). Evodius, In dorm. Mar. I, 15 (Shoemaker, Homily, 270). Evodius, In dorm. Mar. I, 15 (Shoemaker, Homily, 270): pmusthrion NtapenJoeis tsabon eroF.
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eine solche Feier, es wird jedoch der griechische Begriff ¢nafor£ verwendet252, um den Gottesdienst zu bezeichnen, für den der Altar bereitet wird. Der von PseudoEvodius verwendete griechische Begriff ist eindeutig die im Koptischen gebräuchlichere Bezeichnung für die gemeinsame Eucharistiefeier, wird doch dieser Begriff (must»rion)253 im Gegensatz zu dem auf den Pariser Pergamentblättern verwendeten Wort (¢nafor£)254 auch in den koptischen dokumentarischen Texten sehr häufig als terminus technicus verwendet, um diese Gottesdienstform zu bezeichnen255. Als weiterer Begriff wird in dem Text aus Paris auch noch der Begriff Versammlung (sÚnaxij) verwendet, um das Geschehen zu bezeichnen256. Die Art, wie Jesus seine Jünger begrüßt, macht es wahrscheinlich, daß der Bericht des Pseudo-Evodius jünger ist: Die Jünger werden genau unterschieden in Apostel und niedrigere Jünger257. Diese Unterscheidung findet sich in dem Pariser Transitus nicht. Die erste Umarmung Jesu gilt seiner Mutter, nach Pseudo-Evodius begrüßt er zuerst seine Jünger, seine Mutter eilt hervor und küßt ihn auf den Mund258. Die Frauen, die Jesus gefolgt sind, werden in der Erzählung des Pseudo-Evodius erwähnt. Sie finden sich im Pariser Text nur im Zusammenhang des Todes der Maria, indem sie möglicherweise mit den Jungfrauen identifiziert werden können, die das Bett der sterbenden Maria umgeben259. Auffällig ist auch, daß dieser nicht von einem Friedensgruß Jesu berichtet, ist doch dieser meist in Anlehnung an die neutestamentlichen Berichte von den Erscheinungen des Auferstandenen formuliert260. Im Ablauf des Geschehens unterscheiden sich die beiden Berichte. Während die Apostel nach Pseudo-Evodius einen Gottesdienst gefeiert hatten und
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Dieser griechische Begriff wird bereits im vierten Jahrhundert in den Apostolischen Konstitutionen verwendet; vgl. zur Bedeutung dieses Begriffs und seiner Verwendung Lampe, Lexicon, s.v. Auch in den griechischen Texten ist die Verwendung dieses Wortes zur Bezeichnung der gemeinsamen Mahlfeier häufig belegt; vgl. Lampe, Lexicon, s.v. Dieses ist bisher in den koptischen dokumentarischen Texten nicht belegt. Diesen Umstand darf man wohl als ein zusätzliches Argument ansehen, daß der Pariser Text sehr wahrscheinlich aus dem Griechischen übersetzt wurde. Vgl. Förster, Wörterbuch, s.v. Dieses Wort bezeichnet auch in den koptischen dokumentarischen Texten die gottesdienstliche Versammlung mit dem gemeinsamen Brechen des Brotes. Evodius, In dorm. Mar. I, 15 (Shoemaker, Homily, 270): napostolos de mN nekoui Mmaqhths Nterounau epsaH \iÇ, auraSe emate. „Die Apostel aber und die niedrigen Jünger freuten sich sehr, als sie den Lehrer Jesus sahen.“ Evodius, In dorm. Mar. I, 15 (Shoemaker, Homily, 270): maria de Hwws teFmaau asei eHoun HN ouGeph, asT Mpesouoi eroF asaspaze MmoF Ntapro Hi tapro. „Maria selbst aber, seine Muter, eilte hinein, sie begab sich zu ihm (und) küßte ihn von Mund zu Mund.“ Vgl. 28v1,5−8; auffällig ist, daß in diesem Zusammenhang zuerst die „heiligen Jungfrauen“ und dann erst die Apostel genannt werden, wird doch in vielen Texten im Zusammenhang der Transitus Maria-Literatur genau auf die Reihenfolge der Personen geachtet, die gleichzeitig auch eine Wertung dieser Personen nach ihrer Wichtigkeit darstellt – und bei der die Frauen meist an letzter Stelle erwähnt werden. Vgl. Joh 20,19.21.26; vgl. auch die Verheißung des Friedens Christi in Joh 14,27.
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bereits das Brot gebrochen hatten261, fordert Jesus nach dem anderen Bericht den Apostel Petrus auf, den Altar für die Feier des Gottesdienstes vorzubereiten. Jesus selbst feiert nach diesem Text mit seinen Jüngern den Gottesdienst. Die Furcht, die auch die biblischen Erscheinungen des Auferstandenen begleitet262, ist zwar in dem Text aus Paris zu finden263, sie wird jedoch an keiner Stelle des Textes erwähnt, der angeblich von Bischof Evodius verfaßt worden war. In der herausragenden Stellung des Petrus stimmen aber beide Texte überein, auch wenn die Formulierungen hierfür in beiden unterschiedlich sind. Die Erzählung auf den Pergamentblättern aus der französischen Nationalbibliothek bezeichnet Petrus als „großen Apostel“264, während Pseudo-Evodius Petrus als „meinen Lehrer und Vater“ sowie als „Anführer der Apostel“ und als „Erstgeweihten durch die Hände Gottes des Wortes“265 bezeichnet. Auch spielen in beiden Texten himmlische Gewänder eine Rolle. Selbst wenn die Formulierung, welche das Ausbreiten der Gewänder beschreibt, annähernd wörtlich identisch ist266, so sind doch deutliche Unterschiede in der Erzählstruktur der beiden Berichte zu erkennen. Woher Jesus genau die himmlischen Gewänder nimmt, ist nach der in Paris aufbewahrten Erzählung unklar, Pseudo-Evodius berichtet, daß Jesus den Apostel Petrus auffordert, die Gewänder vom Altar zu bringen, die Jesus zuvor dort im Auftrag seines Vaters abgelegt hatte. Auch fordert Jesus nach dieser Erzählung seine Mutter auf, in die Mitte der Gewänder zu steigen. Eine derartige Aufforderung ist nicht in den Texten aus Paris enthalten. Statt dessen spielen dort vier Zweige vom Baum des Lebens267 eine Rolle, die Pseudo-Evodius nicht erwähnt. Auch die Tatsache, daß es sich um das Ruhebett der Maria handelt, auf das sie sich legt, stellt eine Eigenheit des in Paris aufbewahrten Textes dar. Nach Pseudo-Evodius stellt sie sich in die Mitte ihrer Gewänder268. Beiden Texten gemeinsam ist, daß sie sich dabei nach Osten 261
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Man kann natürlich die wörtliche Rede Jesu in Abschnitt 17 so verstehen, daß Jesus nach dieser Erzählung einen zweiten gemeinsamen Gottesdienst in der Nacht vom 20. auf den 21. Tybi feierte; Evodius, In dorm. Mar. I, 17 (Shoemaker, Homily, 273): Tnasunage MmwtN HM paswma mN pasnoF. „Ich werde euch versammeln in meinem Fleisch und meinem Blut.“ Vgl. u. a. Lk 24,37. Vgl. 28r2,4f. 28r1,22−23: petros de pnoG napostolos. Evodius, In dorm. Mar. I, 14 (Shoemaker, Homily, 268−270): eimooSe anok mN paeiwt auw pasaH petros panJwJ Nnapostolos auw pSorQ MpwSN HN NGiJ Mpnoute plogos auw pdmiourgos Mpthr¾.
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„Ich ging und mein Vater und Lehrer Petrus, der Anführer der Apostel und der Erstgeweihte durch die Hände Gottes des Wortes und des Schöpfers der ganzen Welt.“ Der einzige Unterschied ist, daß der Artikel vor GiJ in seinem Numerus unterschieden ist; vgl. 28r2,13−15 bzw. Evodius, In dorm. Mar. I, 19 (Shoemaker, Homily, 274): aFporSou HN peFGiJ (Shoemaker: neFJiG) Mmin MmoF. Vgl. Gen 2,9. Die Gewänder, in deren Mitte er sich legt, spielen auch beim Tod des Apostels Johannes eine Rolle; vgl. ActJoh 115 (Junod/Kaestli, Acta Iohannis, 315; Bonnet, Acta, 215); siehe hierzu auch J.-D. Kaestli, Le rôle des textes bibliques dans la genèse et le développement des légendes apocryphes: le cas du sort final de l’apôtre Jean, Aug. 23 (1983) 319−336, hier 323.
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wendet269. „Die Hinwendung zum Herrn und die Ausrichtung nach Osten sind demnach für das 4./5. Jahrhundert dasselbe.“270 Ebenfalls gemeinsam ist beiden Texten, und hierin unterscheiden sie sich von den anderen koptischen TransitusBerichten, daß Maria in der Nacht vom 20. auf den 21. Tybi kein Gebet spricht. Der Wiener Text berichtet nur die Tatsache, daß Maria gebetet habe, andere Texte überliefern auch den Inhalt des Gebetes. Möglicherweise liegt dies an der Struktur der Erzählung, erscheint doch Jesus bereits am Abend des 20. Tybi, um seiner Mutter den nahen Tod anzukündigen. Nach dem Wiener Text liegt das Gebet der Maria zeitlich vor der Erscheinung ihres Sohnes. Auch die Tatsache, daß sich Jesus auf das Bett seiner Mutter setzt, ist ein eigentümlicher Zug des Textes, wie er auf den Pariser Pergamentblättern überliefert ist. Im Gegensatz zum Bericht des Pseudo-Evodius bleibt Jesus bei seiner Mutter, während sie stirbt. Pseudo-Evodius erzählt von einer Verabschiedung, an der sowohl die Jünger Jesu wie auch er selbst teilnehmen, dann verlassen alle den Raum, „denn der Tod kann nicht an einen Platz kommen, an dem das Leben ist.“271 Der Bericht, der in Paris aufbewahrt wird, enthält sechs Seligpreisungen, deren Formulierung an die Seligpreisungen aus der Bergpredigt erinnert272. Die Lobpreisungen Jesu haben Berührungspunkte mit einigen Passagen im Transitus des Pseudo-Evodius. Diese sind jedoch eher inhaltlicher als formaler Natur. Nach Pseudo-Evodius hätte dieser gerne den kleinen Jesus gesehen, wie er auf den Knien seiner Mutter stand273. Diesem Wunsch des Pseudo-Evodius entspricht eine Seligpreisung der Maria im Munde Jesu in den Texten, die in Paris aufbe-
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Zur Tatsache, daß viele mittelalterliche Kirchen geostet sind, vgl. R. Eckstein, Die Ostung unserer mittelalterlichen Kirchen bis zur Reformation Luthers (Versuch einer Deutung), St. Ottilien 1990. Zur Ostung des Gebetes vgl. K. Gamber, Liturgie und Kirchenbau. Studien zur Geschichte der Meßfeier und des Gotteshauses in der Frühzeit, Regensburg 1976 (SPLi 6) 8; er führt in diesem Zusammenhang eine Vielzahl altkirchlicher Quellen als Belege an; vgl. auch F. J. Dölger, Sol Salutis. Gebet und Gesang im christlichen Altertum. Mit besonderer Rücksicht auf die Ostung in Gebet und Liturgie, Münster 1920 (LF 4/5); (2. Auflage 1925; weil die erste Auflage verbreiteter ist, erfolgt die Zitation nach dieser Auflage) 98: „Um die Mitte des zweiten Jahrhunderts beteten die Christen der römischen Provinzen westlich von Jerusalem mit dem Gesicht nach Osten gewendet.“ Siehe hierzu auch E. Peterson, Das Kreuz und das Gebet nach Osten, in: ders., Frühkirche, Judentum und Gnosis. Studien und Untersuchungen, Rom/Freiburg 1959, 15−35. Evodius, In dorm. Mar. I, 19 (Shoemaker, Homily, 274): epeidh mN Gom etrepmou ei epma eterepwnP NHht¾. Siehe Mt 5,3−10 (Horner, Matthew, 30); die Seligpreisungen werden jeweils durch naiatou eingeleitet. Evodius, In dorm. Mar. I, 5 (Shoemaker, Homily, 258): alla HN nai throu neiouwS pe eaiR peMpSa Nnau eroF Mpnau eFtalhu eJN noupat, eFGwSO eHoun HM pouHo eFswe eHoun eHra [sic!] HM pswbe NteFmNtnoute. „Aber in allen diesen Dingen hätte ich gewünscht, daß ich wert gewesen wäre, ihn zu sehen, als er auf deinen Knien stand und in dein Gesicht hineinblickte und dich anlachte mit seinem göttlichen Lachen.“
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wahrt werden274: Sie hat ihren Sohn als kleines Kind gesehen und wird dafür selig gepriesen. Trotz einer gewissen Berührung im Inhalt, überwiegt die Differenz in der Formulierung. Dies betrifft zum einen den formalen Charakter, ist es doch im einen Fall eine Seligpreisung im Munde Jesu, während im anderen Fall Evodius einen irrealen Wunsch ausspricht. Zum anderen finden sich Unterschiede im Inhalt der Szene, die beschrieben wird: Nach Pseudo-Evodius steht Jesus auf den Knien der Maria, nach den Texten in Paris wird Maria dafür gepriesen, daß sie ihren Sohn auf dem Arm hielt. Der Lobpreisung in den Pariser Texten, daß Maria ihren Sohn genährt hat275, entspricht eine Verheißung bei Pseudo-Evodius276: Maria wird deswegen die Fülle des Lebens im Jenseits kosten dürfen. Dies wird dadurch zum Ausdruck gebracht, daß Gott sie dort mit dem „wahren Brot“ nähren wird. Der Umstand, daß in den Texten aus Paris ausdrücklich erwähnt wird, daß Maria ihrem Sohn die Brust gegeben hat, könnte man als Anspielung auf das Protevangelium Jacobi verstehen277. Doch nicht allen Seligpreisungen in den Texten aus Paris entspricht eine Passage bei Pseudo-Evodius. So findet sich der Hinweis, daß Maria ein geheimes Wissen besitzt, das anderen Menschen verborgen und nur Gott bekannt ist, zwar dort278, nicht jedoch bei Pseudo-Evodius279. Die Erwähnung
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28v2,13−19: naiatou nnoubal w tamaau Je arGwSO eHoun HMpaHo eio ¬koui eitalhu epouHamhr. „Gepriesen sind deine Augen, o meine Mutter, denn du hast mich angesehen, als ich noch klein war und auf deinen Arm gehoben war.“ 28v1,26−28v2,3: naiatou nnouekIbe: w tamaau Je artaau eHoun etatapro: anok petsaanS «pthr¾. „Gepriesen sind deine Brüste, o meine Mutter, denn du hast sie in meinen Mund hineingegeben, während ich die ganze Welt ernähre.“ Evodius, In dorm. Mar. I, 16 (Shoemaker, Homily, 272): auw eSJe araspaze Mmoi HN toutapro asanouSt HN touerwte Mparqenikon, anok Hw Tnaaspaze Mmo Mpmto ebol Mpaeiwt etHN Mphue auw paeiwt natmo ebol HM poeik Mme. „Und fürwahr, du hast mich geküßt mit deinem Mund und mich mit deiner jungfräulichen Milch genährt. Auch ich werde dich küssen vor meinem Vater im Himmel und mein Vater wird dich nähren mit dem wahren Brot.“ Es scheint, daß man an dieser Stelle das eSJe nicht als Partikel übersetzen darf, der einen Konditionalsatz einleitet, sondern die Tatsache, daß diese Partikel einen Ausruf einleiten kann, beachten sollte; Schoemaker, Homily, 273 übersetzt mit „if“. Dies wird jedoch dem Sinn nicht gerecht; zur Bedeutung der Partikel vgl. Westendorf, Handwörterbuch, s.v. Vgl. hierzu Protevangelium Jacobi 19,2b (Strycker, 156/Pag 39,1−5): Kaˆ prÕj Ñl…gon tÕ fîj ™ke‹no Øpestšlleto, ›wj ™f£nh bršfoj: kaˆ Ãlqen kaˆ œlabe masqÕn ™k tÁj mhtrÕj aÙtoà. „Und kurz darauf zog sich jenes Licht zurück, bis das Kind erschien, und es kam und nahm die Brust von seiner Mutter.“ Etwas Ähnliches setzt auch das Papyrusfragment mit einem unbekannten koptischen Transitus voraus, das in der Sammlung Beinecke aufbewahrt wird; für die Edition vgl. L. S. B. MacCoull, More Coptic Papyri from the Beinecke Collection, APF 35 (1989) 25−35, hier Nr. 9 (30−32); Maria spricht dort zu Johannes (I,5−7): HroS nHht pason taJw erok enentainau eroou. „Sei geduldig, mein Bruder, damit ich dir erzähle, was ich gesehen habe.“ Sie unterrichtet ihn über das „Buch der Mysterien“ (I,10−12): ]tamoF epJwwme nnem[us]thrion. Sellew, Dormitio Mariae, 41, bemerkt zu diesem Buch: „The ‚Book of Mysteries‘ entrusted to Mary by Jesus is replaced by a palm branch in one major version of the dormition legend and goes unmentioned in the other.“ Der in Yale aufbewahrte Text ist nicht der einzige Text, der von
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der einzelnen Körperteile der Maria scheint ein charakteristisches Merkmal des koptischen Umgangs mit dem weiblichen Körper zu sein280. Der Dienst der Engel, den Jesus seiner Mutter im Himmel verspricht – dieses Versprechen findet sich in den in Paris aufbewahrten Texten, nach Pseudo-Evodius ergreifen Engel nur den Körper der Maria und entführen ihn in die Höhe281 –, erinnert an die neutestamentliche Versuchungsgeschichte282. Nach Abschluß der Versuchung dienten die Engel Jesus283. Als wichtigstes alttestamentliches Vorbild dafür, daß ein Engel einem Menschen dient, muß Elia am Berg Horeb erwähnt werden284. Man könnte auch auf Daniel in der Löwengrube verweisen, der von einem Engel beschützt wurde285. Die Formulierung, daß Jesus die Cherubim und die Serafim der Seele Mariens – und nicht einfach Maria selbst – dienen lassen wird286, wirft die Frage auf, ob dieser Transitus letztlich nur eine Dormitio ist. Ganz offensichtlich wird eine Trennung von Seele und Leib vorausgesetzt. Der Platz zur Rechten und zur Linken Christi ist begehrt. Es sei nur auf die Mutter der beiden Zebedaiden verwiesen, die Jesus darum bittet, daß ihre Söhne in seinem Reich zu seiner Rechten und zu seiner Linken sitzen dürfen. Die Antwort Jesu ist, daß dies denen zuteil wird, für die es sein Vater bestimmt hat287. Kolos-
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einem der Maria anvertrauten Buch berichtet, auch im griechischen Transitus des PseudoJohannes (Abschnitt 20) wird ein derartiges Buch erwähnt, das Maria dem Apostel Johannes kurz vor ihrem Tod gibt; siehe hierzu auch Sellew, Dormitio Mariae, 49. Vgl. 28v2,20−28: naIatou nnoumaaJe Je arswtm eHenmusthrion euHhp: naI ete mNlaau sooun Mmoou nsabllai mN paeIwt mn pepNa etouaab. „Gepriesen sind deine Ohren, denn du hast verborgene Geheimnisse gehört, solche, die niemand kennt außer mir und meinem Vater und dem heiligen Geist.“ T. Wilfong, Reading the Disjointed Body in Coptic. From Physical Modification to Textual Fragmentation, in: D. Montserrat (Hg.), Changing Bodies, Changing Meanings. Studies on the Human Body in Antiquity, London 1998, 116−136, hier 116: „In general, Coptic texts treat women’s bodies in terms of their parts, rather than as a cohesive whole. This disjoining of the gendered body in Coptic is found in a variety of genres, reaching its culmination in the Coptic martyrdoms, where the usual fragmentations reversed. These Coptic fragmentations and modifications hint at the highly complex constructions of the human body that had developed in the milieu of Late Antique Egypt.“ Evodius, In dorm. Mar. I, 22 (Shoemaker, Homily, 278). Vgl. Mt 4,1−11 u. Mk 1,12−13; vgl. auch Lk 22,43, den Engel, der Jesus am Ölberg stärkt. Auch das in diesem Zusammenhang in den Pariser Texten gebrauchte Verbum diakonšw ist in der sahidischen Version des Neuen Testamentes für diese Stelle des Matthäusevangeliums bezeugt; vgl. Mt 4,11 (Horner, Matthew, 24): tote aFkaaF NGipdiabolos. auw eis Hhhte eis Naggelos auei. audiakonei naF. „Darauf ließ der Teufel von ihm ab. Und siehe, Engel kamen und dienten ihm.“ Vgl. 1 Kg 19,5−8. Vgl. Dan 6,20−23. 29r1,7−10. Vgl. Mt 20,20−23; nach dem Bericht des Markusevangeliums sind es Jakobus und Johannes selbst, die diese Bitte äußern; vgl. Mk 10,35−40.
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ser-288 und Epheserbrief289 berichten davon, daß Christus zur Rechten Gottes sitzt. Die Rechte ist die bevorzugte Seite, dort wird der Thron der Maria aufgestellt. Den Ort, an den Maria kommen wird, bezeichnet Jesus einerseits als „mein Königreich“290 und andererseits als das „Königreich der Himmel“291. Beide Begriffe haben neutestamentliche Wurzeln. Das Königreich der Himmel ist zahlreich im Matthäusevangelium belegt292. Die Rede von „meinem Königreich“ erinnert hingegen an das Verhör durch Pilatus im Johannesevangelium293. Die geöffneten Pforten des Himmelreichs sind eine Anspielung auf die Offenbarung des Johannes, der Seher sieht, wie die Tür im Himmel aufgetan ist. Durch diese gelangt er vor den Thron Gottes294. Nach der Beschreibung dieses Textes wird die Endzeit in Maria vorweggenommen. Während „Mächte“ als Bezeichnung für himmlische Wesen biblisch belegt ist295, handelt es sich bei „Ordnungen“ um einen nur patristisch bezeugten Begriff296. Der Umstand, daß sich die himmlischen Mächte mit Kränzen schmücken, unterstreicht den festlichen Charakter der Situation297. Nach dem Pariser Text fordert Jesus seine Mutter auf, sich nicht zu fürchten, da keine Macht des Todes zu ihr kommen könne298. Dies stellt das Gegenteil von dem dar, was sich in dem Transitus des Pseudo-Evodius abspielt. Dort verläßt Jesus seine Mutter, damit „der Tod“ zu ihr kommen könne, was sonst durch die Anwesenheit ihres Sohnes verhindert würde299. Gerade an diesem Punkt zeigt sich 288 289 290 291 292
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Vgl. Kol 3,1. Vgl. Eph 1,20. 29r6. 29r15−16. Vgl. u. a. Mt 3,2; 4,17; 5,3.10 etc. Vgl. J. Gnilka, Das Matthäusevangelium I. Teil, Kommentar zu Kap. 1,1−13,58, Freiburg 1993 (HThK), 66, der zu Mt 3,2 bemerkt: „Die ‚Herrschaft der Himmel‘, eine Formulierung, die Mt eigen ist und die er vermutlich der judenchristlichen Überlieferung entnimmt, ist Grund und Ziel der Umkehr.“ Siehe hierzu auch U. Luz, Das Matthäusevangelium (1−7), Düsseldorf/Zürich 52002 (EKK I/1), 203. Vgl. Joh 18,36: ¢pekr…qh 'Ihsoàj: ¹ basile…a ¹ ™m¾ oÙk œstin ™k toà kÒsmou toÚtou: e„ ™k toà kÒsmou toÚtou Ãn ¹ basile…a ¹ ™m», oƒ Øphrštai oƒ ™moˆ ºgwn…zonto [¥n], †na m¾ paradoqî to‹j 'Iouda…oij: nàn d{ ¹ basile…a ¹ ™m¾ oÙk œstin ™nteàqen. „Jesus antwortete: Mein Reich ist nicht von dieser Welt. Wäre mein Reich von dieser Welt, meine Diener würden darum kämpfen, daß ich den Juden nicht überantwortet würde; nun aber ist mein Reich nicht von dieser Welt.“ Vgl. Offb 4,1−2. Vgl. Röm 8,38 u. Eph 6,12; bei beiden Belegen handelt es sich allerdings um negative Gewalten. Siehe Lampe, Lexicon, s.v. Man kann es auch noch als Anspielung auf 2 Tim 2,5 verstehen, wo die Bekränzung im Himmel denen zuteil wird, die den guten Kampf gekämpft haben. 29r1,27−29r2,3: mprRHote w tamaau: mnlaau: necousia ntepmou naeSHwn eHoun ero. „Fürchte dich nicht, o meine Mutter: Keine Macht des Todes wird zu dir kommen können.“ Evodius, In dorm. Mar. I, 19 (Shoemaker, Homily, 274): apswthr ei epsa Nbol enmooSe nMmaF thrN, epeidh mN Gom etrepmou ei epma eterepwnP NHht¾. „Der Erlöser ging hinaus und wir alle folgten ihm, denn der Tod kann nicht an einen Ort kommen, an dem das Leben ist.“
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wohl eindeutig der Unterschied zwischen dem auf den Pariser Pergamentblättern überlieferten Bericht und der Erzählung des Pseudo-Evodius, von einer Identität der beiden Überlieferungen kann wohl nicht gesprochen werden. Das „Springen“ vor Freude ist wohl aus der Apostelgeschichte entlehnt, auch wenn es dort der geheilte Gelähmte ist, der herumhüpft, und nicht nur dessen Seele300. Der Ausruf Mariens stellt wohl eine Anspielung auf das erste Gebot dar301, die Anspielung ist jedoch einerseits durch die Anrede „mein Sohn“ und andererseits um ein Zitat aus Psalm 25 (LXX) erweitert302. Auch die Wendung, daß sie „ihren Geist in die Hände ihres Sohnes gibt“ ist eine Anspielung auf einen Psalm, der von Jesus am Kreuz zitiert wird303. Der Tod der Maria wird im Pariser Text als friedliches Einschlafen beschrieben304. Sie öffnet ihren Mund und gibt ihren Geist in die Hände ihres Sohnes – hier wird beschrieben, was sich ikonographisch auf einer Vielzahl von Bildern und Darstellung finden läßt305. Die verstorbene Maria liegt auf einem Bett, die Apostel umringen sie, und über den versammelten Personen schwebt ihr Sohn und hält ihre Seele in Form einer kleinen Frau auf den Armen. Das Datum ist wie auch bei allen anderen koptischen Transitus-Mariae-Berichten der 21. Tybi. Noch einmal wird nach der Angabe dieses Datums betont, wie ruhig Maria einschläft. 300
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Apg 3,8 (Thompson, Acts, 7): auw aFFoGF aFaHerat¾ aFmooSe. auw aFbwk nMmau eHoun eperpe: eFmooSe auw eFJiFoGF eFsmou epnoute. „Er sprang auf, er stand, er ging. Und er ging mit ihnen hinein in den Tempel, und er lief und sprang und pries Gott.“ Vgl. hierzu z. B. die Antwort Jesu an den Pharisäer auf die Frage nach dem größten Gebot, die sich im Matthäusevangelium findet (Mt 22,37−38; Horner, Matthew, 252): NtoF de peJaF naF. Je ekemere pJoeis peknoute HM pekHht thr¾ auw Hrai HN tekyuxh thrÇ. auw Hrai HN nekmeeue throu. tai te tnoG auw tSorpe Nentolh. „Er aber sprach zu ihm: Du sollst lieben den Herrn, deinen Gott, mit deinem ganzen Herzen und mit deiner ganzen Seele und mit allen deinen Gedanken. Das ist das große und erste Gebot.“ Vgl. Ps 25,8 (LXX) (Budge, Psalter, 27): pJoeis aImere psa MpekhI mN pmaNSwpe Mpekeoou. Vgl. Ps 30,6 (LXX), der Lk 23,46 zitiert wird: a \iÇ JiSak ebol HN ounoG Nsmh. peJaF Je paeiwt TT Mpa!pn~@a enekGiJ. NtereFJe pai aFka pthu. „Jesus schrie auf mit lauter Stimme. Er sprach: ‚Mein Vater, ich gebe meinen Geist in deine Hände‘. Nachdem er dies gesagt hatte, atmete er aus.“ In einem Leben der Maria, das zwischen 783 und 813 vom Mönch Epiphanius von Konstantinopel verfaßt wurde, findet sich eine Beschreibung des Todes der Maria, die diesen Tod ebenfalls als ein sanftes Einschlafen beschreibt; vgl. Epiphanius Monachus, De vita sanctissimae Deiparae 25 (PG 120,185−216, hier 213D): kaˆ æj ™pˆ Ûpnon glukÝn ¢no…xasa tÕ stÒma paršdwken tÕ pneàma tù Uƒù kaˆ Qeù, oâsa ™tîn ob/. „Und wie in einem süßen Schlaf öffnete sie den Mund und übergab die Seele dem Sohn und Gott, als sie 72 Jahre alt war;“ vgl. A. A. Longo, Art. Epiphanios, Mönch u. Presbyter des Kallistratos Klr. in Konstantinopel, LThK 3, 31995, 722−723; siehe zu diesem Marienleben auch Mimouni, Les Vies de la Vierge, 223−228. Vgl. hierzu auch C. Staudinger, Tod und Verherrlichung Mariens. Darstellungen in der Malerei der Kirchen Tirols, Univ. Diss. Innsbruck 1995, Kap. 2: Die Entwicklung der Darstellungsformen, 53−110; zur Krönung der Maria vgl. auch G. Schiller, Ikonographie der christlichen Kunst. Bd. 4/2. Maria, Gütersloh 1980, 114−117.
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Die versammelten himmlischen Heerscharen geleiten Maria in den Himmel, sie erweisen ihr dabei die Ehre. Der Ruf der Engel ist eine wörtliche Übersetzung des griechischen „Mutter Gottes“306. Der Thron der Maria wird, wie von Jesus verheißen, zu seiner Rechten aufgestellt. Die Erwähnung, daß sie mit ihm Königin des Ortes wird, „an dem keine Trauer des Herzens und keine Betrübnis sind,“307 darf wohl als ein wichtiges Datierungskriterium dieses Textes angesehen werden. Er wird wohl nicht vor dem achten Jahrhundert entstanden sein, kam doch erst in dieser Zeit diese ehrende Anrede für Jesu Mutter in Gebrauch308. Die Berechnung der Lebenszeit der Maria findet sich bei Pseudo-Evodius überhaupt nicht, im Vergleich zu dem im Wien aufbewahrten Text ist die Berechnung ausführlicher und gleichzeitig tendenziöser. Bei der Geburt des „Sohnes Gottes“ – die trinitätstheologische Abgrenzung ist eindeutig – war Maria nach dem Bericht auf den in Paris aufbewahrten Pergamentblättern fünfzehn Jahre alt. Doch auch die Stellung der Maria wird in diesem Text sehr eindeutig beschrieben: „Sie verbrachte dreißig Jahre, indem sie ihm diente, nachdem sie ihn geboren hatte.“309 Die Stellung der Maria wird in diesem Bericht sehr eindeutig fixiert als die Frau, die Jesus während ihres Lebens diente. Fast hat man den Eindruck, daß mit der Glorifizierung der Maria durch ihre Erhebung zur Himmelskönigin nach ihrem Tod für ihr irdisches Leben noch einmal stärker der dienende Charakter dieses Mädchens aus Nazareth betont werden muß. Im Gegensatz zur Überlieferung des Wiener Textes lebte Jesus nach diesem Bericht nur dreißig Jahre310. Nach der Auferstehung ihres Sohnes lebte Maria dann nach dem Bericht auf den Texten aus Paris noch einmal fünfzehn Jahre. Die Symmetrie der Jahreszahlen (15:30:15) zeigt auch noch einmal, daß hier Zahlensymbolik und nicht historische Überlieferung im Vordergrund steht. Die Formulierung, sie habe „ihren Lauf“ vollendet, erinnert an den zweiten Timotheusbrief311. Noch einmal wird der 21. Tybi erwähnt als Tag, an dem dies alles geschehen sei. Alles, was bei dem Leichnam der Maria liegt – ihre Gewänder und die Decke, die himmlischen Gewänder, die ihr Sohn über ihr ausgebreitet hatte, und die Zweige vom Baum des Lebens –, befestigte man am Körper, den man danach bedeckte312. Hier bricht der Bericht auf den in Paris aufbewahrten Pergamentblättern ab. Zusammenfassend läßt sich festhalten, daß es sich bei den Pariser Texten um einen eigenständigen Bericht handelt, der zwar gewisse Berührungen oder Anspielungen auf Pseudo-Evodius enthält, aber sicher nicht einfach als identisch mit den 306 307 308
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Für Belege des Ehrentitels m»thr qeoà in patristischer Zeit vgl. Lampe, Lexicon, s.v. Vgl. 29v1,17−22. Der Ehrentitel basil…j als Anrede für Maria ist im achten und neunten Jahrhundert belegt; vgl. für Belege Lampe, Lexicon, s.v. 29v2,2−5: asrmaab nrompe ßsdiakoneI naF mnnsatresJpoF. Der Wiener Text berichtet von 33 Lebensjahren Jesu. Siehe 2 Tim 4,7 (Thompson, Acts, 243): aImiSe Mpagwn etnanouF: aIJekppwt ebol: aIHareH etpistis. „Ich habe den guten Kampf gekämpft. Ich habe den Lauf vollendet. Ich habe den Glauben bewahrt.“ pwt übersetzt hier das in den Pariser Texten verwendete griechische Wort drÒmoj, das sich auch im griechischen Text des Briefes findet. 29v2,16−28.
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Texten in der Pierpont Morgan Library angesehen werden darf. Die Beschreibung des himmlischen Thrones der Maria zur Rechten ihres Sohnes sowie die Aussage, daß sie mit ihrem Sohn Königin des Himmels gewesen sei, setzen wohl die Verwendung eines entsprechenden Titels voraus. Insofern dürfte dieser TransitusMariae-Bericht im achten oder neunten Jahrhundert entstanden sein.
4. Das Verhältnis der Texte zueinander Auch wenn eine Reihe textlicher Übereinstimmungen zwischen dem Wiener Text und dem Text aus Cambridge gegeben sind, die es sogar ermöglichen, den Text aus Cambridge an einigen Stellen zu ergänzen, so muß doch zusammenfassend auch noch einmal auf die Unterschiede zwischen den beiden Rezensionen des Transitus Mariae hingewiesen werden. In den Formulierungen scheint der Wiener Text knapper und kürzer313. Dieser Text erzählt auch unpersönlicher314. Die Wendung, daß eine „Menge von Engeln“ gekommen sei, nimmt dabei im Text aus Cambridge wörtlich eine Formulierung auf, wie sie sich in der sahidischen Übersetzung des Neuen Testaments findet, während der Wiener Text an dieser Stelle das griechische Wort corÒj verwendet. Das nicht erwartete griechische Wort spricht ebenfalls für eine größere Unabhängigkeit des Wiener Textes von der Überlieferung des sahidischen Neuen Testaments315. Das alles sind Aspekte, die darauf hinweisen, daß der Text aus Cambridge bereits eine etwas spätere Überarbeitung des Wiener Textes darstellen dürfte. Allerdings dürfte dieser Bericht nichtsdestoweniger älter als die anderen bisher bekannten koptischen Traditionen dieser Überlieferung sein. Wahrscheinlich war es gerade die predigende Maria, die sich noch im Wiener Text findet316, die diesen Text für eine Mehrheit als nicht orthodox erscheinen ließ317. 313
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Vgl. z. B. die Erweiterung der Anrede der Maria durch „Fürchte dich nicht“, die nur im Text aus Cambridge zu finden ist. Nach dem Text aus Cambridge ist es Maria, die ihren Tod vorhersagt, während es im Wiener Text nur heißt, daß die Zeit ihres Todes gekommen sei. Vgl. im Vorigen die Bemerkungen zur Frage der griechischen Vorlage dieses Textes. Eine entsprechende Entwicklung des Frauenbildes läßt sich zum Beispiel anhand der Figur der Thekla belegen, die in den älteren Texten als missionarisch tätige Frau dargestellt wird, während sie in jüngeren Texten zur klassischen Asketin wird; dies wird im Rahmen der zeitlichen Einordnung des Wiener Fragmentes detailliert dargestellt werden. Daß es oftmals das Ziel war, durch orthodoxe Überarbeitungen anstößige Teile apokrypher Texte zu glätten und zu korrigieren, braucht hier nicht eigens erwähnt zu werden; vgl. hierzu W. Speyer, Die literarische Fälschung im heidnischen und christlichen Altertum, München 1971 (HAW 1/2) 24: „Einige Apostelakten, die ursprünglich Fälschungen waren, da sie unter der Maske der Apostel oder ihrer Schüler für häretische Lehren warben, etwa eine doketische Christologie oder eine enkratitische Moral, sind nach vielen Jahrhunderten zu Erbauungsund Unterhaltungsschriften für die Angehörigen der Großkirche geworden. Hierher wird man wohl die Andreasakten Gregors von Tours und das Marienleben sowie die Andreasakten des Mönches Epiphanios zählen dürfen. Aber auch ohne Überarbeitung kann eine gefälschte Passio oder Apostelgeschichte im Laufe der Zeit zu einem Erbauungsbuch werden. “
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Robinson bemerkte bereits zu der sehr geringen Textmenge auf Cambridge Add 1876 8, daß es sich um eine Version des Transitus Mariae handelt, die von den bisher bekannten Transitus-Versionen sehr verschieden sei318. Nach dem Vergleich der beiden Texte muß dies natürlich in einem viel größeren Maß von dem Wiener Text gesagt werden. Eine gewisse Nähe der beiden Texte kann nicht übersehen werden. Insofern darf man vermuten, daß bereits der Text aus Cambridge die störenden Passagen des Wiener Textes zu korrigieren versuchte, ihm aber doch noch bis zu einem gewissen Grad verhaftet blieb319. Aufgrund der größeren Textmenge auf dem Wiener Fragment ist es nun möglich, diese abweichende Rezension des Transitus Mariae in ein Verhältnis zu den anderen Transitus-Mariae-Berichten zu setzen. Eine solche Verhältnisbestimmung läßt dann eine tiefere Analyse zu als die kurze Aussage, daß es sich um eine von den anderen Texten „abweichende“ Textüberlieferung handelt320. Für die zeitliche Einordnung muß betont werden, daß die Datierung der Handschrift auf den Pergamentblättern nur einen Terminus a quo angibt, an dem der Text abgeschrieben wurde, ohne daß damit Aussagen über die tatsächliche Entstehungszeit des Textes gemacht wären. Hier scheint es die wichtigste Aufgabe, diesen Text in die allgemeine Entwicklung der Glaubenslehre in den ersten Jahrhunderten einzuordnen321, wobei es vor allem darum geht, was alles in diesem Text nicht thematisiert wird322. Dogmengeschichtliche Überlegungen dürften dabei helfen, den Text zeitlich und örtlich323 einzuordnen.
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Vgl. Robinson, Coptic Apocryphal Gospels, XXVI. Es braucht an dieser Stelle nicht eigens ausgeführt werden, daß eine predigende Maria, die in den Formulierungen des Textes noch dazu den Aposteln gleichgestellt ist und ihnen gegebenenfalls im Gebet voransteht, nicht unbedingt das ist, was als großkirchliche Version eines Textes angesehen werden kann. Insofern war wohl sehr rasch die Notwendigkeit gegeben, diesen Text „rechtgläubig“ zu überarbeiten. Diese Frage wird an einem späteren Zeitpunkt im Zusammenhang mit der Datierung dieser Texte ausführlich diskutiert werden. Vgl. Robinson, Coptic Apocryphal Gospels, XXVI. Vgl. Speyer, Fälschung, 218: „Während die unechten Apostelakten überwiegend zur Begründung und Verbreitung von Glaubenslehren geschrieben oder bearbeitet wurden, sind die übrigen hagiographischen Fälschungen auch aus anderen Motiven entstanden.“ In vielen Bereichen ist der Text auf dem Wiener Pergamentblatt sehr zurückhaltend. Passagen, die in späteren Transitus-Mariae-Texten mit Wundern ausgeschmückt sind, enthalten keine außergewöhnlichen Ereignisse. Christologische oder mariologische Titel, die sich nicht aus dem Neuen Testament herleiten lassen, sind nicht belegbar. Vgl. zu örtlichen Differenzierungen in den Lehrauffassungen auch E. M. Synek, Heilige Frauen der frühen Christenheit. Zu den Frauenbildern in hagiographischen Texten des christlichen Ostens, Würzburg 1994 (ÖC 43) 207: „Das exemplarische Nachgehen von Rezeptionsgeschichten heiliger Frauen verdeutlicht die – bereits im Blick auf die große Vielfalt der in der hagiographischen Literatur insgesamt dokumentierten Frauenrollen – gewonnene Einsicht, daß die kirchliche Tradition nicht mit einem monolithischen Block verwechselt werden darf. Was zu einer bestimmten Zeit oder in einer bestimmten Region als Lebenszeugnis einer Christin verwirklicht wurde oder zumindest vorstellbar war, mußte zu einer anderen Zeit, bzw. in einer anderen Ortskirche, nicht ohne weiteres möglich sein.“
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Besonders spannend und rätselhaft ist natürlich die Beschreibung der Tätigkeit der Maria nach der Himmelfahrt ihres Sohnes, wie sie sich im Wiener Text findet. Um sie zu verstehen und zeitlich wie örtlich richtig einzuordnen, ist neben der Dogmengeschichte auch die profane Rechtsgeschichte heranzuziehen. Die Stellung der Frau in der Gesellschaft war in den ersten Jahrhunderten unserer Zeitrechnung von regionalen Unterschieden geprägt. Die Frage, in welchem Gebiet, in dem sich das Christentum ausgebreitet hatte, es denkbar gewesen wäre, daß eine Frau so gleichberechtigt mit den Aposteln predigt, kann möglicherweise Licht auf die Entstehungszeit und den Entstehungsort des Textes werfen. Es war bei weitem nicht in allen Gebieten, in denen sich das Christentum ausbreitete, eine derartige apostolische Wirksamkeit einer Frau vorstellbar, wie sie im Wiener Text beschrieben wird. Gleichzeitig scheint in dem Zusammenhang des Wiener Textes nicht der sehr breite Apostelbegriff, wie ihn vor allem Paulus verwendet, zugrundezuliegen, sondern es dürfte der Zwölferkreis der Jünger Jesu gemeint sein, wie er sich vor allem im lukanischen Doppelwerk findet324 – um so merkwürdiger ist, daß Maria zu diesem Kreis gehört.
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Zur Differenzierung im Apostelbegriff vgl. u. a. Bauer, Wörterbuch, s.v., K. Kertelge, Art. Apostel. I. im Neuen Testament, LThK 31993, 851−852, sowie W. A. Bienert, Das Apostelbild in der altchristlichen Überlieferung, NTApo II (61997) 6−28.
II. Die Transitus-Mariae-Literatur 1. Forschungsstand Nur sehr wenig ist über Maria bekannt. Bereits in den ersten nachchristlichen Jahrhunderten verschwindet die Person hinter dem literarischen Schaffen und den theologischen Anliegen der jeweiligen Autoren1. Dies gilt natürlich auch für die Transitus-Mariae-Literatur. In sehr präziser und knapper Weise umreißt Peter Bruns das Wesen der bekannten Transitus-Mariae-Texte: „Mit dem Titel Transitus (trans.) sive Dormitio Mariae wird eine Reihe von Schriften in unterschiedlichen Sprachen … bezeichnet, die den Tod und die leibliche Aufnahme Marias in den Himmel beschreiben … Die beiden ältesten griech[ischen] Redaktionen stammen aus dem 5. Jh. und reflektieren die marianische Frömmigkeit nach dem Konzil von Ephesus. Sie gehen in ihrem Kern wohl auf eine noch ältere Vorlage vom Ende des 4. Jh. zurück2 … Die beiden kopt[ischen] Versionen, die dem Theodosius v[on] Alexandrien zugesprochen werden, entfalten in narrativer Form die Christologie und Mariologie des Severus v[on] Antiochien und polemisieren gleichermaßen gegen Chalzedon auf der einen und die extremen Monophysiten auf der anderen Seite.“3 Wichtig scheint bei dieser Beschreibung der Transitus-Mariae-Literatur, daß in den erwähnten koptischen Versionen wie auch den ältesten griechischen Überlieferungen dogmatische Überzeugungen in narrativer Form entfaltet werden, und zwar Überzeugungen, die sich mit den Konzilien von Ephesus und Chalzedon auseinandersetzen4. Bereits hier ist der Ort, darauf hinzuweisen, daß sich in dem Wiener Text keinerlei dogmatische Anspielungen auf eines der erwähnten – oder
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Vgl. Brown/Donfried, Mary, 281−282: „It is already clear that, while the literature of the second century does not show that there had been handed down significant Marian Traditions independent of the NT accounts, it allows us to trace the origin of many later Marian developments.“ Vgl. hierzu auch S. J. Shoemaker, Ancient Traditions of the Virgin Mary’s Dormition and Assumption, Oxford 2002, 57: „Since these traditions are extant in fifth-century Syriac translations that were made from an earlier Greek version, we can be relatively safe in identifying a terminus ante quem in the early fifth century.“ Vgl. P. Bruns, Art. Marien-Literatur, LACL, 425−427, hier 425. Siehe auch Schiller, Ikonographie 4/2, 13: „Damit bahnt sich eine Entwicklung an, die noch im 5. Jahrhundert zur Entstehung vieler unterschiedlicher Legenden vom Tode und von der Himmelfahrt Marias geführt hat.“ Vgl. M. Jugie, La mort et l’assomption de la sainte vierge. Étude historico-doctrinale, Vaticano 1944 (StT 114) 103: „Généralement dépourvus de valeur pour ce qui regarde les faits, ils ne sont pas sans importance pour l’histoire des doctrines, et reflètent souvent l’opinion commune du milieu où ils ont paru.“
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auch ein anderes – Konzil finden lassen. Gleichzeitig ist das auch schon ein Hinweis, wie groß der Unterschied zwischen dem Wiener Fragment und den bisher bekannten Traditionen des Transitus Mariae ist. Allerdings zeigt diese Beschreibung doch auch die Problematik der gesamten Forschung in diesem Bereich, wird doch der griechische Transitus des Pseudo-Johannes, der ja sehr häufig als der älteste Text angesehen wird, teilweise auch in spätere Zeit datiert, was die Entstehungszeit dieser Gruppe apokrypher Texte entsprechend nach hinten verlegen würde5. Grundsätzlich werden die Texte der Transitus-Mariae-Literatur, die normalerweise noch zu den neutestamentlichen Apokryphen gerechnet werden6, als sehr junge Gruppe innerhalb dieser Texte angesehen7. Das Wesen dieser Texte ist, wie 5
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Vgl. z. B. F. Bovon/P. Geoltrain, Écrits apocryphes chrétiens I, Paris 1997, 166: „La datation de notre apocryphe reste une question très discutée … Ainsi, il apparaît possible de dater la Dormition du Pseudo-Jean entre le début du ve et le début du vie siècle. En outre, étant donné l’absence, en grec, durant tout le ve siècle, de témoignage homilétique concernant le sort final de Marie, il serait préférable de placer ce texte au cours du vie siècle, à la rigueur vers la toute fin du ve ou le tout début du ve.“ Vgl. auch Schiller, Ikonographie 4/2, 85: „Ob dieser ausführliche Text des Ps-Johannes wirklich die verschollene Urfassung des Apokryphons wiedergibt oder eine frühe Zusammenfassung von Traditionen darstellt, wird nicht mehr mit Sicherheit zu ermitteln sein. Auf jeden Fall war dieses Apokryphon im ganzen griechischen Sprachbereich seit dem 6. Jh. verbreitet.“ Vgl. zu dieser Frage auch S. C. Mimouni, La lecture liturgique et les apocryphes du Nouveau Testament. Le cas de la Dormitio grecque du Pseudo-Jean, OCP 59 (1993) 403−425, der auf die Problematik dieser Einordnung hinweist (vgl. 403): „Lorsqu’on regarde dans quels types de manuscrits se trouvent les Transitus Mariae, on se rend compte qu’ils sont bien souvent transmis, mais pas toujours, dans des homéliaires. Ceci peut paraître normal, mais pas tant si on considère ces Transitus comme des apocryphes, c’est-à-dire comme des écrits théoriquement mis à l’index.“ Vgl. Jugie, La mort et l’assomption, 103: „Les récits du Transitus Mariae font partie des apocryphs du Nouveau Testament et comptent parmi les plus tardifs de la série.“ Vgl. hierzu jedoch u. a. A. de Santos Otero, Los Evangelios Apocrifos. Collección de textos griegos y latinos, versión crítica, estudios introductorios, comentarios e ilustraciones, Madrid 1956, 618: „Sin embargo, no es el apócrifo asuncionista más antiguo, ya que el contenido en el fragmento publicado por Wright, que Cecchelli considera como una posible primera parte de los Acta Iohannis atribuídos a Leucio, puede muy bien remontarse al siglo III o II.“ Vgl. auch J. Niessen, Ephesus. Die letzte Wohnstätte der hl. Jungfrau Maria. Zum Fünfzehnhundertjahr-Jubiläum des Konzils von Ephesus, Münster 1931, 35: „Ebensowenig wie geschichtliche Nachrichten sind aus den ersten vierhundert Jahren apokryphe Nachrichten über das Lebensende der hl. Jungfrau nachzuweisen. Höchstwahrscheinlich hat der Transitustext damals noch nicht existiert.“ Mit dieser Einordnung soll jedoch nicht verschwiegen werden, daß bereits die Frage der Definition, was nun ein „neutestamentliches Apokryphon“ ist, umstritten ist; vgl. hierzu z. B. É. Junod, „Apocryphes du Nouveau Testament“: une appellation erronée et une collection artificielle; discussion de la nouvelle définition proposée par W. Schneemelcher, Apocrypha 3 (1992) 17−46, hier 36: „La production d’apocryphes ne s’achève pas au ive siècle. S’il est vrai que dès cette époque, la frontière entre la littérature apocryphe et la littérature hagiographique n’est pas toujours facile à établir, il est arbitraire de décider que, à partir d’une époque donnée, compte tenu d’un ensemble de changements historiques qui surviennent, le temps des apocryphes est clos et que débute celui de l’hagiographie.“
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auch das Wesen der meisten anderen späten Apokryphen, daß die Verfasser in oftmals sehr ausführlicher Form die kanonischen Texte zu ergänzen versuchen8. Ihr tatsächlicher historischer Wert ist meist gering9. Die Überlieferungsgeschichte der Transitus-Mariae-Literatur ist sehr komplex10; teilweise werden aus theologischen beziehungsweise dogmengeschichtlichen Überlegungen sehr alte Wurzeln dieser Traditionen angenommen11. Gemeinsam ist allen Texten, die der Transitus-Mariae-Literatur angehören, daß sie sich mit dem Ableben der Maria beschäftigen, wobei einige von ihnen nur von einem natürlichen Tod der Maria berichten12. Eigentlich müßte man der korrekten Sprache wegen bei diesen Texten von Dormitio-Überlieferungen sprechen, setzt doch der Begriff Transitus etwas voraus, was sich bei Texten, die nur vom Tod der Maria berichten, nicht findet13. Die literarischen Überlieferungsstränge der Transitus-Mariae-Literatur spalten sich in die verschiedensten Sprachgruppen, die teilweise eigenständige Textüberlieferungen aufweisen. Die lateinische Überlieferung ist die Grundlage für eine ganze Reihe weiterer Textübersetzungen, die von ihr abhängig sind14. Insgesamt ist 8
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Jugie, La mort et l’assomption, 103: „Ce sont des écrits pseudépigraphes destinés à compléter les livres canoniques de l’Ancien et du Nouveau Testament, à suppléer à leur silence ou à leurs lacunes sur certains personnages et certains événements. Ce sont en général des légendes, de purs produits de l’imagination, dont le degré de vraisemblance est fort variable.“ Vgl. Niessen, Panagia-Kapuli, 1: „Wenn wir die Quellen der zu unserer Zeit weithin angenommenen Legende vom steten Wohnen der heil. Jungfrau auf Sion in Jerusalem nach der Himmelfahrt des Herrn, von ihrem ‚Heimgang‘ daselbst und ihrem Begräbnis im Tale Josaphat nach den Grundsätzen der historischen Kritik näher untersuchen, so finden wir, daß diese Legende durchaus auf keiner geschichtlichen Basis beruht, sondern daß sie eine in sich widerspruchsvolle spät entstandene Sage ist.“ Vgl. A. Wenger, L’Assomption de la t. s. Vierge dans la tradition Byzantine du vie au xe siècle. Études et documents, Paris 1955 (AOC 5) 17: „L’histoire littéraire des apocryphes de la Dormition est fort complexe. Il existe une grande variété des types originaux, et dans chaque famille, un nombre impressionnant de versions anciennes.“ Shoemaker, Ancient Traditions, 254: „Finally, we may draw some tentative conclusions regarding the date of the earliest Palm narratives based on their theological content. Although it must be admitted that such a method is not always consistently reliable or precise, the peculiar assortment of ideas in these early narratives does seem to suggest their existence sometime during the third or fourth century, if not even earlier, within a milieu somewhere outside proto-orthodox Christianity.“ Jugie, La mort et l’assomption, 103: „Les apocryphes du Transitus Mariae ont cela de commun qu’entre les modes possibles du départ de la Mère de Dieu de cette terre, ils optent pour la mort naturelle, suivie ou non de la résurrection.“ Bei der Dormitio-Tradition handelt es sich um die ältere Überlieferung; vgl. hierzu auch Bovon/Geoltrain, Écrits apocryphes chrétiens, 167: „L’utilisation de l’écrit du Pseudo-Jean à cette fête de Marie ne peut s’expliquer que d’une façon: à l’origine, il était intégré à une célébration qui ne commémorait que la seule Dormition; cette hypothèse est renforcée par le caractère intrinsèquement conservateur de la liturgie.“ Vgl. Mimouni, Dormition et Assomption, 39: „Les textes de l’histoire de la dormition et de l’assomption de Marie appartiennent à diverses traditions littéraires. On examinera
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Die Transitus-Mariae-Literatur
die Überlieferungsgeschichte dieser Texte verworren15, es besteht weder Einigkeit über die zeitlichen Anfänge dieser Tradition noch über die zeitliche Ordnung der einzelnen Texte zueinander. Verschiedene Ordnungskriterien wurden bereits vorgeschlagen, um die Transitus-Mariae-Literatur motivgeschichtlich und historisch zu ordnen. Auch bezüglich der Entstehungszeit des ältesten Transitus Mariae besteht keine Einigkeit. Ein gewisser Zusammenhang zwischen der Blüte dieser Literatur ab dem fünften/sechsten Jahrhundert16 und der Einführung eines Festes der Maria am 15. August im fünften Jahrhundert in Jerusalem17, dessen Festinhalt im Lauf der Jahrhunderte die ko…mhsij wurde18, ist sicher richtig. Oftmals wird jedoch unter Hinweis auf die fehlende „Urfassung“ eines solchen Transitus die Hypothese aufgestellt, daß eine solche bereits im vierten Jahrhundert – oder sogar noch früher – entstanden
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huit traditions qui sont: la syriaque, la grecque, la copte, l’arabe, l’éthiopienne, la latine, la géorgienne et l’arménienne. La répartition choisie est toujours linguistique, elle n’est pas nécessairement géographique. Les traditions littéraires occidentales irlandaise, anglaise et gallicane, procédant directement de la tradition latine, ne seront pas traitées.“ J. Rivière, Rôle du démon au jugement particulier. Contribution à l’histoire des “Transitus Mariae”, BLE 48 (1947) 49−56 und 98−126, hier 98: „Multiples sont, en effet, les variétés auxquelles donne naissance, dans l’ancienne littérature chrétienne, le thème du Transitus Mariae. Bien qu’il soit malaisé d’établir entre elles un classement rigoureux et plus encore d’en risquer la filiation, les spécialistes y discernent au moins deux familles principales, suffisamment caractérisées par leurs traits constitutifs pour que plusieurs en aient voulu référer la souche à deux ouvrages distincts.“ Vgl. hierzu auch L. Kretzenbacher, Sterbekerze und Palmzweig-Ritual beim „Marientod“. Zum Apokryphen in Wort und Bild bei der ko…mhsij, dormitio, assumptio der Gottesmutter zwischen Byzanz und dem mittelalterlichen Westen, Wien 1999 (SÖAW.PH 667) 10: „Die also apokryphe Textgrundlage für die ko…mhsij, met£stasij, den Transitus Mariae bildet ein Liber de transitu Mariae, der zu Ende des 4., vielleicht erst im Laufe des 5. Jahrhunderts entstanden ist.“ Vgl. hierzu auch Söll, Mariologie, 118−119. Zu diesem Fest vgl. Jugie, La mort et l’assomption, 83: „En célébrant la ‚Mémoire de sainte Marie‘, l’Eglise des premiers siècles n’en sait pas plus que saint Epiphane sur la fin terrestre de la Vierge. De là son silence complet sur ce sujet. La littérature apocryphe n’est pas encore venu combler ce silence par des récits imaginaires, ou elle commence à peine.“ Vgl. Schiller, Ikonographie 4/2, 88−89: „In Analogie zu den Märtyrerfesten, an denen der Todestag als Tag der Geburt (dies natalis) für das Himmelreich gefeiert wurde, wurde in dieses Fest des Gedächtnisses an die Theotokos in der 2. Hälfte des 5. Jh. auch die Feier des Heimgangs Marias aufgenommen.“ Wohl unter Kaiser Maurikios wurde im sechsten Jahrhundert das Fest der Aufnahme der Maria in den Himmel im Osten allgemein eingeführt; vgl. hierzu A. Cameron, The Theotokos in Sixth-Century Constantinople. A City Finds its Symbol, JThS NS 29 (1978) 79−108, hier 95: „In the Eastern Empire, it is clear, the sixth century saw a steady development of the liturgical feasts of the Virgin, now increasingly differentiated, and towards the end of the period the adoption of the Assumption as a feast of the Eastern church, to be celebrated on 15 August of each year. We owe this information to Nicephorus Callistus alone, who attributes it to the Emperor Maurice, but sets it in the context of the reign of Justinian.“
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sein könnte19. Falls die zeitliche Einordnung einer armenischen Predigt in das vierte Jahrhundert zutreffen sollte, die aufgrund dogmatischer Überlegungen anhand der in ihr vorkommenden Terminologie vorgenommen wurde und damit als vergleichsweise sicher zu gelten hat, würde dies natürlich einen entscheidenden Hinweis für das Bestehen einer Transitus-Mariae-Tradition in dieser Zeit liefern20. Allerdings sollte der Umstand, daß ganz offensichtlich bereits zum Zeitpunkt der Abfassung dieser Predigt ein Fest der Dormitio gefeiert wurde, bei der Datierung dieses armenischen Textes sowie auch bei der Zuschreibung zu Johannes II von Jerusalem zur Vorsicht mahnen21. In die gleiche Richtung weist, daß Zacharias, der Vater des Täufers Johannes, als Hoherpriester bezeichnet wird22. Die Zuschreibung des hohepriesterlichen Amtes geschah zuerst durch die Weihnachtspredigt des Johannes Chrysostomos, die in den achtziger Jahren des vierten Jahrhunderts in Antiochia anläßlich der Einführung des Weihnachtsfestes gehalten wurde23. Johannes II von Jerusalem starb im Jahr 41724. Es ist fraglich, ob sich die Argumentation des antiochenischen Predigers so rasch verbreitete, daß man bereits so kurze Zeit später Zacharias in Jerusalem als Hohenpriester ansah. Ein sicher datierbarer Text, in
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Vgl. Rivière, Rôle du démon, 50: „Une des sources les plus importantes de l’ancienne eschatologie mariale est, sans conteste, ce petit livre De transitu Virginis Mariae, qui circula sous différents noms à partir du vie siècle et dont le prototype remonte au ive sinon plus haut.“ Siehe auch M. Haibach-Reinisch, Ein neuer „Transitus Mariae“ des Pseudo-Melito. Textkritische Ausgabe und Darlegung der Bedeutung dieser ursprünglicheren Fassung für Apokryphenforschung und lateinische und deutsche Dichtung des Mittelalters, Rom 1962 (BABVM 5) 9: „Die Zeit der Entstehung des Transitus-Apokryphs ist umstritten; die Vermutungen der verschiedenen Forscher erstrecken sich von apostolischer Tradition bis in die Mitte des 5. Jahrhunderts. Wenn auch kein handschriftliches Zeugnis weiter als bis in die 2. Hälfte des 5. Jahrhunderts zurückreicht – die ältesten Hss sind syrische Fragmente, die erstmals Wright veröffentlicht hat –, so kann man nach inneren Indizien doch auf eine frühere Zeit schliessen [sic!].“ Siehe auch F. J. Dölger, Die eigenartige Marienverehrung der Philomarianiten oder Kollyridianer in Arabien, AuC 1, 1929 (21974) 107−142, hier 142: „Es wäre natürlich auch der Gedanke zu erwägen, ob nicht schon damals bei der Bevölkerung Kleinasiens eine Marienlegende vorhanden war, wie sie in der apokryphen Apokalypse über den Heimgang Mariens niedergelegt ist.“ A. Harnack, Die Überlieferung der griechischen Apologeten, Leipzig 1883 (TU 1/1), 271: „Es ist geschrieben worden unter directer und indirecter Benutzung der Apostelgeschichten des Leucius und ist wohl schon im 4. Jahrhundert abgefasst.“ M. van Esbroeck, Une homélie arménienne sur la dormition attribuée à Chrysostome, OrChr 74 (1990) 199−233, hier 207 (= M. van Esbroeck [Hg.], Aux origines de la Dormition de la Vierge. Études historiques sur les traditions orientales, Aldershot 1995, Nr. XII): „Ce fait permet de placer l’homélie au ive siècle et d’entrevoir des apocryphes de la Dormition déjà en ce siècle réputé vierge de toute tradition en la matière.“ Vgl. van Esbroeck, Une homélie arménienne, 208 (Zuschreibung zu Johannes II von Jerusalem), sowie 201 u. 221 (Feier des Festes). M. van Esbroeck, Une homélie arménienne, 229. Vgl. hierzu H. Förster, Die Feier der Geburt Christi in der Alten Kirche. Beiträge zur Erforschung der Anfänge des Epiphanie- und des Weihnachtsfestes, Tübingen, 2000 (STAC 4) 54−77. Für die Lebensdaten vgl. G. Röwekamp, Art. Johannes II. von Jerusalem, LACL, 348−349.
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Die Transitus-Mariae-Literatur
dem sich die Argumentation des Johannes Chrysostomos nachweisen läßt, stammt von Ananias dem Rechner und gehört damit in das siebte Jahrhundert25. Jean Rivière stellte die Hypothese auf, daß die Frage, ob Maria dem Urteil eines Dämons unterworfen wird, zum Maßstab der Einteilung in westliche und östliche Tradition gemacht werden müsse26. Interessant und auffällig ist dabei der Umstand, daß Rivière durch dieses Kriterium die armenische und die koptische Tradition dem „westlichen“ Typus zuordnet. Dies scheint ein Ordnungskriterium zu sein, das nicht wirklich zu überzeugen vermag, ist doch der liturgische Austausch zwischen den genannten Gebieten nicht unbedingt so stark ausgeprägt, vor allem wenn gleichzeitig die syrische und die äthiopische Überlieferung dem „östlichen“ Traditionszweig angehören27. Insofern scheint es überlegenswert, ob die von Rivière entwickelten Kriterien tatsächlich auf die Überlieferungssituation zutreffen. Immerhin scheint es gefährlich, sich auf ein einziges Kriterium zu verlassen28. Nach Édouard Cothenet sind es die zugrundeliegenden dogmatischen Vorstellungen, die in den Erzählungen in narrativer Form zum Vorschein kommen, sowie die im Transitus angegebenen Örtlichkeiten, die das Material zu einer Klassifizierung der einzelnen Transitus-Traditionen zu liefern vermögen29. Inhaltlich ist damit gemeint, daß es sich um die Lokalisierung des Hauses der Maria in Bethlehem bzw. in Jerusalem handelt. Lehrmäßig geht es um die genaue Frage des Todes und des Weiterlebens der Maria nach ihrem Tod. Nach der ältesten Tradition wird ihr Leib in das Paradies versetzt, und nur nach den jüngsten Texten ist der „vollständige Glaube an die Aufnahme der Maria in den Himmel“ Bestandteil der narrativen Theologie der Transitus-Mariae-Berichte. Auch hier ist bereits wieder anzumerken, daß in dem Wiener Text keinerlei Örtlichkeiten genannt werden. Maria lebt nach der Himmelfahrt Jesu nicht in einem Haus – weder in Jerusalem noch in Bethlehem. Über die zweite Frage der lehrmäßigen Inhalte kann nichts gesagt werden, da dieser Teil des Textes nicht erhalten ist. Insofern ist es nicht möglich, den Wiener Text in die hier vorgeschlagene Typologie der Textgruppe einzuordnen. 25 26
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Vgl. hierzu Förster, Feier, 109−114. Rivière, Rôle du démon, 123: „Au terme de son développement, ce vaste cycle légendaire est depuis longtemps ramené à deux types fondamentaux: occidental et oriental, différenciés l’un de l’autre par la nature et l’ordonnance de leurs matériaux narratifs. Or, il se trouve que celui-là étend jusqu’à Marie le ressort judiciaire du démon, dont celui-ci, par contre, l’exonère complètement. Au loin, le premier s’annexe les versions arméniennes et coptes, cependant que le second embrasse les textes syriaques et éthiopiens.“ Siehe hierzu auch Mimouni, Dormition et Assomption de Marie, 46: „Il paraît difficile de faire figurer dans un même groupe les textes latins et les textes coptes, dont les doctrines sont si divergentes, comme de voir séparés en deux groupes les textes coptes et les textes éthiopiens dont les doctrines sont si convergentes.“ Darauf hat bereits Mimouni, Dormition et Assomption de Marie, 45f, hingewiesen: „La typologie proposée par J. Rivière paraît difficilement acceptable car elle repose uniquement sur un critère: le rôle du démon, sa présence ou son absence, dans les textes nous décrivant la mort de Marie. Or cet élément ne semble pas suffisant pour établir une typologie.“ Vgl. É. Cothenet, Marie dans les apocryphes, in: H. du Manoir (Hg.), Maria Bd. 6, Paris 1962, 71−156, hier 117−148 (Marie dans les écrites apocryphes de l’Assomption).
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Einen etwas anders gearteten Versuch der Gruppierung dieser Texte unternimmt Michel van Esbroeck30. Das Motiv des Hauses in Bethlehem bleibt als Unterscheidungskriterium erhalten – es wird erweitert durch die wunderbare Versetzung aller Apostel nach Bethlehem, den Zug der Maria nach Jerusalem, sowie durch den Palmzweig vom Baum des Lebens31. Emmanuele Testa versucht ebenfalls die vorhandene Transitus-Literatur zu gruppieren32. Neben anderen Dingen wie Örtlichkeiten und ähnlichem betont er die Notwendigkeit, die theologischen Vorstellungen über den Tod der Maria für die Datierung der Texte in Rechnung zu ziehen. Er unterscheidet hierfür zwischen ko…mhsij (die ältesten Texte kennen nur ein Entschlafen der Maria), met£stasij (Überführung an einen anderen Ort) und tatsächlicher ¢n£lhyij (leiblicher Aufnahme in den Himmel). Die Zuordnung zu den verschiedenen Autorengruppen, die Testa annimmt, wird mit Recht von Simon Claude Mimouni kritisiert33. Zuletzt hat Simon Claude Mimouni in einer groß angelegten Untersuchung den Versuch unternommen, Ordnung in das Dickicht der Überlieferungsgeschichte der Transitus-Mariae-Literatur zu bringen. Er entwickelt hierfür neue Ordnungskriterien34. Er stellt die Hypothese auf, daß die verschiedenen inhaltlichen Entwicklungsstufen nicht unbedingt verschiedene historische Stufen repräsentieren müssen,
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Vgl. M. van Esbroeck, Les textes littéraires sur l’Assomption avant le Xe siècle, in: F. Bovon (u. a.), Les Actes Apocryphes des Apôtres, Genf 1981, 265−285, hier 268 (= M. van Esbroeck (Hg.), Aux origines de la Dormition de la Vierge. Études historiques sur les traditions orientales, Aldershot 1995, Nr. I): „La première famille se caractérise par la présence de la palme de l’arbre de Vie dès le début de l’apocryphe.“ Mimouni, Dormition et Assomption de Marie, 49, kritisiert diese Typisierung: „Cette classification repose sur des thématiques littéraires. Or, la présence de thèmes littéraires dans un texte ne paraît pas suffisante. Une typologie, en effet, peut difficilement être établie uniquement sur la présence ou l’absence de thèmes littéraires dans des écrites. C’est pourquoi la classification établie par M. van Esbroeck est discutable: elle conduit à des contresens, aussi bien du point de vue topologique, ce qui n’est pas trop grave, que du point de vue doctrinal, ce qui est plus gênant.“ Vgl. E. Testa, Lo sviluppo della Dormitio Mariae nella letteratura, nella teologia e nella archeologia, Mar. 44 (1982) 316−389, sowie: E. Testa, L’origine e lo sviluppo della Dormitio Mariae, Aug. 23 (1983) 249−262. Vgl. Mimouni, Dormition et Assomption de Marie, 53f: „Pour de multiples raisons, il est difficile de considérer que le judéo-christianisme de type ébionite ait été le Sitz im Leben où ont pris naissance et où se sont développés les écrits sur le sort final de Marie. La principale raison est que ces textes sont très liés, en toutes les étapes de leur développement, aux milieux chrétiens de Jérusalem, alors que les ébionites, très tôt, peut-être avant 70, avaient pris leurs distances vis-à-vis de ces mêmes milieux chrétiens hiérosolymitains. On ne voit donc pas comment ils auraient pu être à l’origine de ces traditions sur le sort final de Marie.“ Vgl. Mimouni, Dormition et Assomption de Marie, 43: „Cette nouvelle hypothèse consiste en un essai de classement des textes apocryphes et patristiques sur le sort final de Marie. Ce classement réside en une typologie évolutive reposant sur l’interprétation des critères internes d’ordre littéraire, mais aussi sur l’appréciation des critères externes relevant de la liturgie et de l’archéologie, les seconds venant appuyer les premiers.“
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sondern daß es sich sehr wohl um parallele Entwicklungen handeln könne35. Die grundsätzliche Einteilung bleibt jedoch vom Alterskriterium abhängig. Mimouni unterteilt in drei Gruppen: Alte, mittlere und junge Texte. Die in narrativer Form verpackten theologischen Voraussetzungen der Texte sind hierbei ebenso wie Unterschiede in den angegebenen Örtlichkeiten36 von entscheidender Bedeutung für die Einordnung der Texte. Auch liturgische und archäologische Fragen spielen eine Rolle. Ein wichtiger Argumentationsgrund für Mimouni ist das Fest der Gottesmutter, das seit dem fünften Jahrhundert am 15. August in Jerusalem gefeiert wurde37. Diese älteste Gruppe ist nach Mimouni in der zweiten Hälfte des fünften Jahrhunderts entstanden; er betont dies unter Hinweis auf den Festinhalt, den das Fest vom 15. August in Jerusalem hatte38. Inhaltlich zeichnen sich diese Transitus-Berichte durch das Entschlafen der Maria – ihr Leichnam wird ins Paradies zum Baum des Lebens gebracht – und durch ein Haus der Maria in Bethlehem aus. Mimouni vermutet aufgrund einiger Aspekte für diese Texte ein judenchristliches Milieu39. Die zweite Gruppe, die Mimouni herausarbeitet, bezeichnet er als Übergang von der ältesten zur jüngsten Gruppe dieser Texte40. Diese Gruppe zeichnet sich dadurch aus, daß das Haus der Maria in Jerusalem liegt. Vom dogmatischen Gesichtspunkt wird entweder nur ein Entschlafen der Maria angenommen, wie in den als älter charakterisierten Gruppen, oder ein Entschlafen mit nachfolgender Aufnahme der 35
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Vgl. Mimouni, Dormition et Assomption de Marie, 55: „Notre hypothèse de recherche repose sur le principe d’une évolution non seulement synchronique mais également diachronique des textes relatifs au sort final de Marie. Ces trois groupes de documents sont apparus dans le temps les uns à la suite des autres, puis ils ont coexistée diversement.“ Es geht hier vor allem um die Frage, ob Maria nun in Bethlehem oder in Jerusalem gelebt hat und wo dort ihr Haus stand. Vgl. B. Capelle, La fête de la Vierge à Jérusalem, Muséon 56 (1943) 1−33, hier 32f: „Nous ignorons donc – sans doute ne le saurons-nous jamais – pour quelle raison Juvénal et la noble Ikelia firent choix du 15 août – aux destinées si glorieuses – lorsque, vers 450, ils instituaient la première fête de la Theotokos, dans leur sanctuaire du K£qisma palaiÒn.“ Allerdings muß darauf hingewiesen werden, daß der Inhalt dieses Festes nicht die ko…mhsij war; vgl. B. Capelle, La fête de la Vierge, 22. Mimouni, Dormition et Assomption de Marie, 58f: „Durant toute la première moitié du ve siècle, la fête de la Mémoire de Marie est attestée, l’homilétique en témoigne abondamment. Cette fête commémore la maternité divine de Marie, il n’est jamais question de son sort final. On peut donc raisonnablement postuler, dans l’état actuel de cette recherche, que le groupe ancien apparaît au cours de la seconde moitié au ve siècle.“ Mimouni, Dormition et Assomption de Marie, 61: „Certaines caractéristiques littéraires de ces textes du groupe ancien ont laissé penser qu’ils pourraient relever d’un milieu judéochrétien. Il s’agit notamment de la veillée funèbre de trois jours, de la nécessité du corps pour le voyage outre-tombe, de l’intercession de Michel pour les damnés et des spéculations sur l’arbre de vie.“ Mimouni, Dormition et Assomption de Marie, 63: „Il représente une étape de transition entre le groupe ancien et le groupe récent. Il doit donc être considéré comme le témoin d’une évolution doctrinale entre la croyance exprimée dans le groupe A et celle exprimée dans le groupe C.“
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Maria in den Himmel41. Mimouni stützt sich also bei seiner Argumentation auf eine evolutive Theorie der dogmengeschichtlichen Entwicklung. Diese ist für ihn als Hilfsmittel für die zeitliche Einordnung der einzelnen Transitus-Mariae-Texte von entscheidender Bedeutung42. Falls eine Aufnahme Mariens angenommen wird, so findet diese erst 206 Tage nach ihrem Entschlafen statt. Termin des Entschlafens ist in den koptischen Texten der 21. des Monats Tybi43, Termin der Aufnahme in den Himmel ist der 16. Mesore44. Diese zeitliche Differenz zwischen Tod und Aufnahme in den Himmel, die ein charakteristisches Merkmal der koptischen Transitus-Mariae-Überlieferung ist45, wird durch die Annahme erklärt, daß es in der ägyptischen Liturgie ein altes Fest des Todes der Maria gab, das an diesem Tag gefeiert wurde46. Dieses Fest vom 21. Tybi wird von Michel van Esbroeck in Beziehung zum Epiphaniefest gesetzt. In einer koptischen Legende über Eudoxia und das heilige Grab wird von einem Pascha gesprochen, das vom 5. bis zum 11. Tybi (31. Dezember bis 6. Januar) dauert47. Nicht ganz verständlich ist, warum daraus folgen soll, daß sich das zweite Pascha vom 10. bis zum 16. Januar, also bis zum ägyptischen Datum der Dormitio am 21. Tybi erstrecken soll48. Es scheint 41
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Mimouni, Dormition et Assomption de Marie, 64: „La première étape est le stade ‚dormitioniste‘; la seconde, ‚dormitioniste‘ et ‚assomptioniste‘, mais avec deux célébrations liturgiques à 206 jours d’intervalle.“ Vgl. zur Problematik dieses Ansatzes auch Sellew, Dormitio Mariae, 44 Anm. 17: „Mimouni’s arguments in his otherwise valuable book on the Dormition et assomption de Marie about the relative dating of traditions according to their mention or omission of the Virgin’s bodily assumption seem especially strained at times.“ 16. Januar des julianischen Kalenders. 9. August nach dem julianischen Kalender. Siehe M. van Esbroeck, La Dormition chez les Coptes, M. Rassart-Debergh/J. Ries, Actes du ive Congrès copte, Louvain 1992, 436−445, hier 436 (= M. van Esbroeck [Hg.], Aux origines de la Dormition de la Vierge. Études historiques sur les traditions orientales, Aldershot 1995, Nr. XI): „Parmi les singularités des usages liturgiques coptes, il en est une qui distingue cette tradition de toutes les autres de l’Orient: la division de la fête de l’Assomption en deux moments séparés par 206 jours.“ Vgl. Cothenet, Marie dans les apocryphes, 132: „Le délai de deux cent six jours mis par les Coptes entre la Dormition et l’Assomption, au lieu de trois jours que l’on trouve dans les autres types de transitus, apparaît donc comme des plus artificiels, et n’a d’autre raison d’être que de justifier l’écart entre la fête primitive et la fête supplémentaire. L’intérêt de la littérature copte consiste à manifester en toute clarté l’évolution des croyances.“ Vgl. auch D. Baldi/A. Mosconi, L’assunzione di Maria santissima negli apocrifi, Atti del congresso nazionale mariano dei frati minori d’Italia, Roma 1948 (StMar 1) 73−125, hier 97, nach denen die Einführung des Festes vom 21. Tybi im 5. Jh. stattfand: „Essi, celebrando già nel V sec. la commemorazione della dormizione della Vergine al 21 di Tobi, accolsero nel loro calendario liturgico, circa il VI sec. la festa dell’assunzione, celebrata con solennità il 15 di agosto a Gerusalemme.“ Vgl. T. Orlandi/B. A. Pearson/H. A. Drake, Eudoxia and the Holy Sepulchre. A Constantinian Legend in Coptic, Milan 1980, 60−70. van Esbroeck, La Dormition chez les Coptes, 439: „Nous pensons que la deuxième Pâque de la légende du papyrus copte du viie siècle, n’est autre que la semaine qui va du 10 janvier au 16 janvier, c’est-à-dire la Dormition des Coptes.“
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jedoch auch möglich, als erstes Pascha tatsächlich das Osterfest zu sehen. Das zweite Pascha wäre dann das Epiphaniefest. Ein sehr wichtiges Argument, das für die Richtigkeit dieser Annahme spricht, ist die Liturgie des Epiphaniefestes zu einer Zeit, als Weihnachten im Osten noch nicht gefeiert wurde. Auch wenn für Ägypten keine Belege existieren, so fällt an der Jerusalemer Liturgie, wie sie für den Anfang des fünften Jahrhunderts belegt ist, auf, daß mit großer Wahrscheinlichkeit Lesungen aus der Vigil des Osterfestes in die Vigil des Epiphaniefestes gewandert sind49. Die heilige Woche vor dem Epiphaniefest würde damit der Karwoche entsprechen. Michel van Esbroeck verweist auch auf die Pistis Sophia, nach der ein Zeitraum von 11 Jahren zwischen Auferstehung und Himmelfahrt liegt50. Ein Fest der Dormitio sei auf den 15. Tybi gelegt worden51. Es handelt sich hierbei allerdings um die Himmelfahrt Christi und nicht um das Entschlafen der Maria52. Der Umstand, daß der 15. Tybi als Tag des Vollmondes bezeichnet wird53, wie auch die Tatsache, daß der 15. Tybi auch bei den Basilidianern ein wichtiger Tag war54, scheint es nahezulegen, daß es sich bei der Zahl 15 und dem „vollendeten Mond“ um eine symbolische Zahl handeln dürfte. Inwieweit dieser Termin für die Himmelfahrt Jesu mit dem 21. Tybi als Tag des Entschlafens Mariens in Verbindung gebracht werden kann, scheint fraglich. Nicht alle Forscher ordnen die koptischen Texte in eine mittlere zeitliche Stufe innerhalb der gesamten Transitus-Mariae-Überlieferung ein. Es wurde auch erwogen, daß diese Textfamilie in Ägypten entstanden sein könnte55. Falls dies 49
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Vgl. A. Renoux, L’Épiphanie a Jérusalem au IVe et au Ve siècles, in: Noël – Épiphanie – Retour du Christ. Semaine Liturgique de l’Institut Saint-Serge, Paris 1967 (LO 40) 171−193, hier 182; siehe auch Förster, Feier, 151. Vgl. Pistis Sophia I,1 (Schmidt 1,1−2): asSwpe de mNNsa tre \iÇ twoun ebol HNnetmoout auw aFRMNOoue Nrompe eFSaJe mN neFmaqhths. „Es geschah aber, daß Jesus, nachdem er auferstanden war, elf Jahre verbrachte, in denen er mit seinen Jüngern sprach.“ Van Esbroeck, La Dormition chez les Coptes, 444: „C’est ainsi que nous constatons dans la Pistis Sophia deux données qui doivent être versées au dossier de la Dormition copte. D’abord, dès le début, nous apprenons que l’Assomption a lieu 11 ans après la Résurrection … L’autre donnée est encore plus intéressante: la fête de la Dormition est fixée explicitement au 15 Tobe, c’est-à-dire au 10 janvier.“ Vgl. Pistis Sophia I,1−3 (Schmidt, 1−6). Vgl. Pistis Sophia I,3 (Schmidt, 6,5−6): naI Ge NtauSwpe MpMNOh MpooH: peHoou eSaFJwk NHhO¾ Mpebot Ntwbe. „Dies geschah [wörtl.: Diese geschahen] am fünfzehnten des Mondes, (an dem) Tag, an dem er vollkommen ist im Monat Tybi.“ Sie feierten an diesem Tag die Taufe Christi; vgl. Förster, Feier, 11−38. M. R. James, The Apocryphal New Testament. Being the Apocryphal Gospels, Acts, Epistles, and Apocalypses with other Narratives and Fragments, Oxford 1924, 194: „My own belief is that the legend was first elaborated, if it did not originate, in Egypt.“ Diese Meinung wird auch von A. Wilmart, L’ancien récit latin de l’assomption (Reg. lat. 119; fol. 132−135v), in: A. Wilmart (Hg.), Analecta Reginensia. Extraits des manuscrits latins de la reine Christine conservés au Vatican, Città del Vaticano 1933 (StT) 323−362, hier 323, vertreten: „Il semble que le point de départ de la légende doive être placé en Egypte, peut-être au ve siècle.“ Siehe auch Baldi/Mosconi, L’assunzione di Maria, 75: „Gli studiosi ne riportano generalmente la composizione fra il sec. IV e il V ricercandone l’origine nell’ambiente egiziano o siriano.“
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stimmen sollte, würde das bedeuten, daß die koptischen Texte möglicherweise eine besondere Nähe zur ursprünglichen Tradition aufweisen könnten oder zumindest eine vergleichsweise eigenständige Tradition darstellen56. Neben den koptischen Texten zählt Mimouni auch einige arabische und äthiopische Texte zu dieser Zwischenstufe; gleichzeitig erwägt er die Möglichkeit, den Transitus des Pseudo-Melito57 ebenfalls zu dieser Gruppe zu zählen58. Als Entstehungszeitraum nimmt Mimouni die erste Hälfte des sechsten Jahrhunderts an, wobei er auch dogmatische Gründe hierfür anführt59. Dies würde die Entstehungszeit der Transitus-Mariae-Literatur in relativ späte Zeit verweisen60. Allerdings wird der Transitus des Pseudo-Melito häufig in das fünfte Jahrhundert eingeordnet61. Auch ist an dieser Stelle auf die „Geschichte von Joseph dem Zimmermann“ zu verweisen, deren Verfasser wohl bereits Transitus-Mariae-Texte zu kennen scheint, in denen sich die Vorstellung einer Himmelfahrt der Maria finden läßt. Anders läßt sich die Polemik gegen entsprechende Vorstellungen, die in diesem Text zu finden ist, nicht verstehen. Da die Auseinandersetzung von Morenz mit guten Gründen 56
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Vgl. auch Shoemaker, Ancient Traditions, 57: „It is to some extent debatable whether or not the Coptic Dormition traditions form a narrative type unto themselves.“ Vgl. de Santos Otero, Los Evangelios Apocrifos, 646, bemerkt zur Datierung des Transitus des Pseudo-Melito: „Con relación al primer problema, es evidente que el documento más antiguo de los tres que consideramos es el Ps. Melitón, que se remonta a finales del siglo IV o principios del V, mientras que el Tesalonicense data de principios del siglo VII.“ Mimouni, Dormition et Assomption de Marie, 63: „On est aussi enclin à rattacher à ce groupe intermédiaire le Transitus latin du Pseudo-Meliton de Sardes (L 2), qui semble présenter, sur le plan des croyances, des affinités avec les groupes ancien et récent.“ Falls man der Argumentation von B. Capelle, Vestiges grecs et latins d’un antique ‚Transitus‘ de la Vierge, AnBoll 57 (1949) 21−48, hier 28, folgt, so spräche die Abhängigkeit des Pseudo-Melito vom Transitus des Johannes von Thessalonike gegen eine frühe Datierung dieses Textes: „La loi de dévaluation progressive, descendant de Tess à Wil, puis à Mel, si manifeste dans les trois passages analysés, se vérifie à travers tout le récit. Elle met en évidence l’erreur de Rivière, qui faisait dépendre du Transitus de Wilmart le document utilisé par Jean de Thessalonique, et pareillement celle de Jugie et de Faller, qui voient dans le récit de Méliton l’œuvre première, source des deux autres.“ Allerdings ist die Frage zu stellen, ob wirklich die beiden kürzeren Texte nur Exzerpte aus dem relativ späten Bericht des Johannes von Thessalonike sind, wie Capelle dies annimmt; vgl. Capelle, Vestiges grecs et latins, 28: „La pastorale de l’évêque Jean nous livre donc, en somme, l’apocryphe entier, dont les autres témoins ne sont que des résumés ou des adaptations assez libres; et elle nous le transmet dans la langue originale. C’est un document précieux.“ Mimouni, Dormition et Assomption de Marie, 64: „En effet, de sérieux indices permettent d’établir que le groupe intermédiaire, d’origine spécifiquement égyptienne, a émergé à l’occasion de la crise qui éclata durant la première moitié du vie siècle entre monophysites julianistes et sévériens.“ Vgl. dagegen jedoch Baldi/Mosconi, L’assunzione di Maria, 124: „Il libro dello PseudoMelitone (IV−V secolo) ebbe grande influsso sulla letteratura apocrifa del tipo latino.“ Vgl. Shoemaker, Ancient Traditions, 111: „The Transitus of Ps.-Melito is generally regarded as one of the earliest texts, probably belonging to the late fifth century rather than the late sixth, as Rahmani proposes.“
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in das fünfte Jahrhundert datiert wird, scheint es überlegenswert, zumindest die Wurzeln der koptischen Transitus-Mariae-Texte in dieser Zeit zu verankern62. Die dritte Gruppe ist nach Mimouni nicht vor der zweiten Hälfte des sechsten Jahrhunderts entstanden63. Die Existenz eines Grabes im Garten Gethsemani und das Fest der ko…mhsij der Maria setzen diese Texte voraus. Allen Texten der Transitus-Mariae-Literatur sind nach Mimouni einige Vorstellungen gemeinsam: Maria erhält durch einen himmlischen Boten Nachricht von ihrem bevorstehenden Tod; die Apostel reisen auf wunderbare Weise kurz vor ihrem Tod nach Jerusalem; die Juden äußern Haß und Abneigung gegen den Körper der Maria zu dem Zeitpunkt, als er bestattet werden soll64. Jugie erwähnt als weiteren gemeinsamen Zug die Furcht der Maria im Angesicht des Todes65. Allerdings mag man die Frage stellen, ob das Motiv der „Furcht vor der Unterwelt“ möglicherweise für eine Entstehung der Transitus-Mariae-Überlieferung im ägyptischen Raum sprechen könnte66. 62
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Morenz, Joseph, 111: „Nun ist die Polemik (gegen ein leibliches Weiterleben der Maria), die wohl im fünften Jahrhundert am besten verankert werden kann, gewiß jünger als die Erzählung von Krankheit, Tod und Begräbnis des Nährvaters selbst.“ Mimouni, Dormition et Assomption de Marie, 67: „Deux attestations, l’une archéologique, l’autre liturgique, conduisent à penser que ce groupe de textes n’apparaît qu’au cours de la seconde moitié du vie siècle.“ Mimouni, Dormition et Assomption de Marie, 69: „Ils s’entendent sur un certain nombre d’indices caractéristiques qui sont: l’annonce faite à Marie de sa mort prochaine par un messager céleste, un ange; l’arrivée miraculeuse de tous les apôtres, ou de quelques-uns auprès de Marie, un peu avant sa mort; l’hostilité des juifs à l’égard du corps de Marie au moment de l’ensevelissement.“ Jugie, La mort et l’assomption, 105: „S’ils ont tous pour trait commun de raconter la mort de Marie – et sur ce point la plupart s’entendent sur un petit nombre de détails caractéristiques: arrivée miraculeuse de tous les apôtres ou de quelques-uns autour de la Vierge; annonce faite à celle-ci de sa mort prochaine par un messager céleste; crainte manifestée par Marie à l’égard de la mort; intervention hostile des Juifs au moment de l’ensevelissement.“ Für die Vorstellungen vom Tod und seinem furchtbaren Gefolge im christlichen Ägypten, z. B. die Beschreibung der Vorstellungen, welche die Josefslegende prägen, vgl. Westerhoff, Auferstehung und Jenseits, 243; allerdings weist er zu Recht darauf hin, daß im Liber Bartholomaei „ein relativ freundliches Bild des Todes gezeichnet werden soll.“ Siehe hierzu auch J. Zandee, Death as an Enemy According to Ancient Egyptian Conceptions, Leiden 1960 (SHR 5) 302: „The hellish punishments are described in detail. Here the Coptic texts go into details much more than the bible. In the literature about these Coptic representations of hell it is an ever recurring point of discussion as to how far ancient Egyptian motives have continued to survive in the Coptic texts.“ Siehe auch G. Klameth, Über die Herkunft der apokryphen „Geschichte Josephs des Zimmermanns“, Angelos 3 (1930) 6−31, hier 14, der zu Kap. 21f bemerkt: „Dafür setzt eine weitläufige Schilderung des herannahenden Todes und seiner furchtbaren Begleiterscheinungen, des Amente, des Teufels und seiner Scharen, die Abwehr derselben durch Christus und das Gebet Christi um schützendes Geleite für die Seele Josephs auf der Himmelsreise ein. Offenbar gelangen hier gnostische, namentlich der Eschatologie entnommene Vorstellungen zur Auswirkung, wenn auch dieselben in der vorliegenden Fassung der Legende bereits vielfach verblaßt und verwässert erscheinen, vielfach neben ihnen bereits gnostisch-feindliche Anschauungen unverhüllt zum Ausdruck kommen.“
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Philipp Sellew argumentiert in seiner Korrektur eines koptischen Transitus, der in Yale aufbewahrt wird, daß die ältesten Texte der Transitus-Mariae-Literatur mit einem „Buch der Mysterien“ verbunden seien67. Teilweise habe hierbei eine Fehlübersetzung eine Rolle gespielt, das griechische Wort bibl…on („Buch“) sei später – im Rahmen einer „Reinigung“ der Texte68 – mit dem Wort brabe‹on („Zweig“) verwechselt worden69. Dieses Buch mit geheimen Offenbarungen Jesu an seine Mutter war später anstößig70. Dieser spätere Ausschluß des Buches aus den Texten der Transitus-Mariae-Literatur und die Ersetzung durch den Palmzweig ermöglichen es nach Sellew, die mit einem Buch verbundenen Texte als die älteste Überlieferung dieser Erzählung anzusehen71. An dieser Stelle muß einmal mehr betont werden, daß die Erzählung auf dem Wiener Pergamentblatt in keiner Weise von dieser Klassifizierung erfaßt werden kann, ist doch weder ein Engel erwähnt, der Maria von ihrem nahen Tod Nachricht gibt, noch findet sich irgendein Anhaltspunkt dafür, daß die in Jerusalem versammelten Apostel tatsächlich durch eine Entrückung nach Jerusalem gebracht worden wären. Auch findet sich kein Hinweis auf ein Haus der Maria in Jerusalem72. Statt dessen wird der Weg der Maria nach Jerusalem wie eine ganz normale Reise geschildert. Interessant und bemerkenswert ist bei dieser Situation der Forschung, daß beide – Cothenet und Mimouni – die koptische Transitus-Mariae-Literatur letztlich als eigenständige „Zwischenstufe“ ansehen, wobei zu diesem Typus noch einige arabische und äthiopische Rezensionen dieser Erzählung hinzugezählt werden. Man darf bereits hier die Frage stellen, ob und worin die Eigenständigkeit dieser „ägyptischen“ Tradition besteht und ob es tatsächlich berechtigt ist, die koptischen Texte als „Zwischenstufe“ anzusehen, nur weil sie als Ort, an dem das Haus der Maria gestanden hat, Jerusalem ansehen. Es wäre sogar die umgekehrte Frage 67
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Sellew, Dormitio Mariae, 47; er stützt sich bei seiner Argumentation auf Stephen Shoemaker. Sellew, Dormitio Mariae, 48: „In the revised ‚pre-Palm‘ texts, instead of the book, the Virgin gives John a palm branch entrusted to her by the Christ-Angel, and the palm will play the same role as did the book when the apostles process to her tomb.“ Shoemaker, Ancient Traditions, 220−227. Sellew, Dormitio Mariae, 51: „The scene is suggestive of the process by which the book was replaced by the palm in circles that found the notion of cosmic mysteries entrusted to the Virgin to be disquieting.“ In dieser Frage scheint Sellew etwas zu stark von der modischen Vorliebe für „Häretisches“ beeinflußt; vgl. P. Henry, Why is Contemporary Scholarship so Enamored of Ancient Heretics?, StPatr 17/1 (1993) 123−126. Sellew, Dormitio Mariae, 51: „Thus it is no longer possible to doubt that the Ethiopic Liber requiei represents a very early form of the dormition story: indeed I would argue (with all due reserve when using such terms) that these ‚Book of Mysteries‘ texts have every claim to offering the ‚most original‘ form of the legend known to us.“ Siehe auch Shoemaker, Ancient Traditions, 144: „There are, to be sure, various interesting points of contact among all (or almost all) the diverse narratives, such as the Jewish assault on Mary’s funeral procession and the location of Mary’s house in Jerusalem, but these connections are few and far between.“
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berechtigt, ob und inwieweit die Tatsache, daß im Januar des Todes der Maria gedacht wird, dafür spricht, daß diese Tradition älter ist als ein Fest der Maria am 15. August. Darüber hinaus ist die Frage zu stellen, ob der lateinische Transitus des Pseudo-Melito tatsächlich als Bindeglied gesehen werden kann, das die Entstehung der Zwischenstufe befruchtet hat73. Immerhin scheint es sehr fragwürdig, daß ein lateinischer Text die Grundlage für ägyptische Literatur sein soll. Latein war in Ägypten ungebräuchlich – man wäre also, wenn man dieser Hypothese folgt, gezwungen, eine nicht existente griechische Übersetzung der Vorlage des Pseudo-Melito zu postulieren, die früh nach Ägypten gelangt wäre. Insofern wird man wohl eher die Existenz einer griechischen Vorlage vermuten müssen, die Pseudo-Melito verwendet hat. Eine Vorlage erwähnt er ja selbst in seinem Prolog und schreibt diese dem Leucius zu; PseudoMelito war offensichtlich überzeugt, daß es sich bei den dort erzählten Berichten um historische Tatsachen handelt, die von Leucius nur verfälscht wurden74. Über die Sprache der Vorlage finden sich keine Angaben bei Pseudo-Melito. Gleichzeitig scheint es angebrachter, Ägypten als Entstehungsort dieses verlorenen TransitusTextes anzunehmen, der dann sowohl Pseudo-Melito wie die koptische Literatur befruchtet hätte. Für die Entstehung apokrypher Literatur war Ägypten einer der fruchtbarsten Böden. Damit hätte aber mit größter Wahrscheinlichkeit nicht der Transitus des Pseudo-Melito Anlaß für die Entstehung der Zwischenstufe gegeben, sondern ein nicht mehr erhaltener, wahrscheinlich ursprünglich auf griechisch verfaßter Text. Beda Venerabilis75 kritisiert den Transitus des Pseudo-Melito als „lügnerisch“, da die dort berichteten Ereignisse in ihrer Chronologie der Apostelgeschichte widersprechen76 – dies trifft für den Wiener Text nicht zu. 73
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Mimouni, Dormition et Assomption de Marie, 66: „Au point actuel de la recherche, il semble même possible d’affirmer à titre d’hypothèse, que le Transitus latin du Pseudo-Méliton pourrait être un écrit attestant le lien entre le groupe ancien et le groupe récent, tout en ayant pu donner naissance au groupe intermédiaire: c’est dire les problèmes que pose le classement de cet écrit dans telle ou telle famille.“ Vgl. Th. Zahn, Acta Joannis, Erlangen 1880 (=Hildesheim 1975) lxvii: „Der Prolog des ‚Melito von Sardes‘ zu dem Buch über den Heimgang der Maria ist nicht ohne Kenntnis des leucianischen Werks geschrieben. ‚Melito‘ gesteht aber bei aller Schärfe des Gegensatzes gegen die Lehrmeinungen des Leucius völlig zu, dass Leucius mit den Aposteln verkehrt habe und macht sich selbst zu einem Schüler und Zeitgenossen der Apostel, insbesondre [sic!] aber des Johannes, um dem Apostelschüler Leucius mit ebenbürtiger Auctorität [sic!] gegenüber zu treten.“ Beda, der im 9. Jahrhundert den Beinamen Venerabilis erhielt, starb um das Jahr 735; seine Lebensdaten können aus seiner Autobiographie erschlossen werden. Vgl. H. Vollrath, Art. Beda Venerabilis, LThK Bd. 2, 31994, 116−117. Vgl. Beda Venerabilis, Liber retract. in act. apost. 8 (PL 92,1014C−D): Si dispersa Ecclesia apostoli remanserunt in Jerusalem, ut Lucas ait, constat quia mendacium scripsit ille qui ex persona Melitonis episcopi Asiae librum exponens de obitu beatae Genitricis Dei, dicit quod secundo [Col. 1014D] post ascensionem Domini anno apostoli fuerint omnes toto orbe ad praedicandum in suam quisque provinciam divisi: „Wenn, nachdem die Kirche zerstreut war, die Apostel in Jerusalem geblieben waren, wie Lukas berichtet, so steht fest, daß jener lügnerisch schreibt, der unter dem Namen des Melito, des Bischofs von Asien, ein Buch
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Letztlich muß auch die Frage gestellt werden, ob Mimouni bei seiner Klassifizierung nicht einen sehr kurzen Zeitraum der Evolution der Transitus-MariaeLiteratur ansetzt, sind doch die ältesten Texte seiner Meinung nach nicht vor der zweiten Hälfte des fünften Jahrhunderts entstanden, während die ersten Zeugen der jüngsten Gruppe bereits in der ersten Hälfte des sechsten Jahrhunderts existierten. Es ist bei dieser knappen Evolutionszeit natürlich verständlich, daß er parallele Entwicklungen innerhalb der Gruppen annimmt. Insofern muß mit Stephen Shoemaker die Frage gestellt werden, ob die einlinige Entstehung aus letztlich einer einzigen Quelle als Ursprung eine falsche Vorstellung ist77.
2. Die Frage nach dem Autor und der Existenz eines heterodoxen Transitus Grundsätzlich ist festzuhalten, daß ein großer Teil der Transitusberichte pseudepigraph verfaßt ist. Es ist an dieser Stelle sicher nicht sinnvoll, alle Autoren aufzulisten, denen jemals ein Transitus zugeschrieben wurde. Dies zeigt nur das Bedürfnis, diese Tradition in möglichst früher Zeit zu verankern, war doch der „Altersbeweis“ ein wichtiges Kennzeichen für die richtige Überlieferung. Allerdings soll die Frage gestellt werden, welche Nachrichten es über einen möglicherweise relativ alten Transitus gibt. Vieles scheint darauf hinzudeuten, daß die älteste Überlieferung dieses Textes eine Tradition war, die als „apokryph“ angesehen wurde78. In seinem Transitus79 – es war wohl eine Homilie oder ein Hirtenbrief (anläßlich der Einführung eines entsprechenden Marienfestes80) – berichtet Johannes, der
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herausgibt über den Tod der seligen Gottesgebärerin. Er spricht, daß im zweiten Jahr nach der Himmelfahrt alle Apostel in der ganzen Welt – ein jeder freilich in seiner Provinz – zum Verkündigen aufgeteilt waren.“ Vgl. Shoemaker, Ancient Traditions, 5: „The nature of the earliest traditions themselves strongly suggests the existence of multiple ‚origins‘, which together have given rise to the complex diversity of the traditions as we now find them. The progressive development of each narrative type out of another, which it ultimately displaces, extending back to a single origin, seems comparatively unlikely.“ An dieser Stelle soll jedoch kein Urteil darüber gefällt werden, ob damit diese Tradition in den Bereich dessen gehört, was Lührmann mit seinem Buchtitel „Fragmente apokryph gewordener Evangelien“ so programmatisch ausdrückt, oder ob dieser Text von Anfang an außerhalb der Grenzen der Großkirche entstanden ist. Ein wichtiger Aspekt dieser Frage ist jedenfalls, wann der Text entstanden ist, ist es doch auch heute noch schwer, bei den einzelnen Strömungen der ersten Jahrhunderte eindeutig zwischen „Orthodoxie“ und „Heterodoxie“ zu unterscheiden, ohne dabei Kategorien einer späteren Lehrentwicklung zu verwenden. Die Grenzen waren noch fließend. Man sollte wohl auch hier eher von einer Dormitio sprechen, erwähnt er doch in seiner Predigt nur den Tod der Maria; zu dieser Frage vgl. B. Capelle, Les anciens récits de l’Assomption et Jean de Thessalonique, RThAM 12 (1940) 209−235, hier 234; auch eine gekürzte Fassung dieses Transitus wird überliefert; vgl. F. Halkin, Une légende byzantine de la Dormition: L’Épitome du récit de Jean de Thessalonique, REByz 11 (1953) 156−164. Daß dieses Fest in Thessalonike nicht gefeiert wurde, begründet de Santos Otero, Los Evangelios
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Erzbischof von Thessalonike81, daß er aus verschiedenen Überlieferungssträngen den ältesten Text zu rekonstruieren sucht82, wobei er betont, daß der älteste Text eine rechtgläubige Überlieferung durch Augenzeugen83 gewesen sei, die nachträglich durch Häretiker verfälscht worden sei84. Er hält den Bericht also ganz offensichtlich für eine historische Überlieferung. Gleiches gilt auch für den Bericht über den Tod
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Apocrifos, 651 Anm. 4: „La causa de no celebrarse en Tesalónica esta fiesta, que a finales del siglo VI estaba ya generalizada en toda la Iglesia (recuérdese que hacia el año 580 salió un decreto del emperador Mauricio fijando su celebración en el día 15 de agosto), es atribuída a los errores que ciertos herejes habían mezclado en las narraciones asuncionistas.“ Johannes I. von Thessalonike wurde um 590/600 Erzbischof dieser Stadt; er starb um 620; vgl. B. Windau, Art. Johannes I. von Thessalonike, LACL, 358; Jugie, La mort et l’assomption, 139, weist darauf hin, daß ein zweiter Bischof mit diesem Namen zwischen 610 und 649 in Thessalonike gewirkt hat; nach Kretzenbacher, Sterbekerze und Palmzweig-Ritual, 15, stammt die Predigt von Johannes II: „Zum zweiten geht es um eine Homilie des Erzbischofs Johannes von Thessalonike (als solcher dort von 610 bis 649).“ Die tradierten Daten der Wirksamkeit der beiden Bischöfe gleichen Namens überschneiden sich offensichtlich. Nach Capelle zitiert Johannes von Thessalonike einfach nur einen Bericht, den er für rechtgläubig hält; vgl. Capelle, Vestiges grecs et latins, 41: „Jean copiait simplement un récit apocryphe de la Dormition, rédigé dans le style courant en ce genre de littérature.“ Jugie, La mort et l’assomption, 141: „Il nous apprend enfin que Jean a cru à l’existence d’une tradition écrite sur la mort de Marie remontant jusqu’aux apôtres.“ Hierbei dürfte es sich um eine reine Behauptung gehandelt haben, war doch die Aussage im Transitus des Pseudo-Melito, daß der älteste Text von Leucius stamme und häretisch sei, sicherlich anstößig für Johannes von Thessalonike; auch Cothenet, Marie dans les apocryphes, 136, verweist auf die verschollene Quelle: „Un transitus grec, malheureusement perdu, dont s’est inspiré l’archevêque de Thessalonique Jean dans une célèbre homélie, a connu par des traductions diverses la plus grande diffusion en Occident.“ Jo. Thess., dorm BMV A 1 (PO 19, 375−438, hier 376,18−22): oÙk ºmšlhsan oân À ™rvqÚmhsan, ¢ll' ™peid¾ filal»qwj mšn oƒ thnikaàta parÒntej, æj e‡rhtai, t¦ perˆ tÁj teleièsewj aÙtÁj ¢pegr£yanto, tin{j d{ tîn e„j Ûsteron kakourgîn aƒretikîn t¦ ˜autîn ™mbalÒntej ziz£nia, ™stršblwsan t¦ suggrafšntea „Sie waren nun weder sorglos noch nachlässig, sondern sie, die damals dabei waren, wie gesagt ist, schrieben wahrheitsgemäß das auf, was zu ihrem Ende gehört, einige aber der später übel handelnden Häretiker haben, indem sie Unkraut [wörtl. „Wicke“] darunter warfen, das verdreht, was zusammengeschrieben war.“ Die lateinische Übersetzung der PO bezieht æj e‡rhtai, auf accurate quidem, ut dictum est, descripserint; es scheint jedoch von der griechischen Wortstellung wahrscheinlich, daß sich dieser Einschub auf die Anwesenheit der nicht näher genannten tinšj bei dem Tod der Maria bezieht. Es geht also nicht um die Richtigkeit der Niederschrift, sondern um die Tatsache, daß nach der Auffassung des Bischofs Johannes eine verbürgte mündliche Tradition existierte, daß Augenzeugen beim Tod der Maria dabei waren, die dann das, was sie gesehen hatten, niederschrieben. Vgl. de Santos Otero, Los Evangelios Apocrifos, 647: „En él Juan da testimonio de una tradición asuncionista escrita que arrancaba de los tiempos apostólicos y que, desgraciadamente, fué corrompiéndose por los errores que inocularon muchos apócrifos. Esto último es la causa, según él, de que una fiesta tan generalizada ya en la Iglesia como la de la Dormición de María, no se celebre aún en Tesalónica. Por eso se ha propuesto expurgar los errores de las narraciones apócrifas y ofrecer un relato verídico de lo que acaeció en la muerte de María.“ Vgl. hierzu auch Niessen, Ephesus, 14.
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der Maria, der von Johannes von Damaskus überliefert ist85. Dieser Formulierung wird man wohl nicht mehr entnehmen dürfen als das, was offensichtlich ist, daß nämlich Johannes von Thessalonike bereits ältere Transitus-Überlieferungen kannte und mit ihrem Inhalt nicht einverstanden war. Die von Johannes von Thessalonike aufgestellte Behauptung, daß der älteste Bericht rechtgläubig gewesen sei, muß als reine Behauptung angesehen werden86. Da Johannes von Thessalonike an der Wende vom sechsten zum siebenten Jahrhundert wirkte, darf sein Zeugnis nicht dafür verwendet werden, Texte zu vermuten, die älter als Anfang des sechsten Jahrhunderts sind87. Gegen die Annahme, daß es den angeblich rechtgläubigen Transitus, der erst später verfälscht wurde, tatsächlich gegeben hat, spricht auch die Abhängigkeit des Johannes von Thessalonike von Pseudo-Melito88; er hat auch koptische Texte, vor allem den Transitus des Evodius und des Theodosius, verwendet89. Allerdings wird man die Frage stellen müssen, ob nicht die Tradition eines vergleichsweise alten häretischen Transitus, von der sich auch bei Johannes von Thessalonike Spuren finden, glaubwürdig ist90. Auch Theodosius, auf den sich ja Johannes von Thessalonike beruft, verweist in seiner koptischen Predigt auf ein „altes Manuskript“ der Markus-Bibliothek91 in Alexandrien, das angeblich aus Je85
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Vgl. hierzu Niessen, Panagia-Kapuli, 110: „Um gleich den Standpunkt des Damascenus zu präzisieren, sagen wir, daß er den apokryphen Transitus, wenn auch hier und da mit Einschränkungen, als geschichtlich annimmt.“ Capelle, Vestiges grecs et latins, 28, verweist auf die stilistische Veränderung in der Sprache des Bischofs, die darauf hinweist, daß er einen nicht von ihm verfaßten (apokryphen) Text referiert: „Le style de Jean, très littéraire et très soigné tout le long de son prologue et de son exhortation finale, devient brusquement d’une absolue pauvreté dès que commence le récit proprement dit. Sa forme simplement narrative, populaire, monotone en ses courtes phrases, est exactement celle du commun des apocryphes.“ Vgl. Jugie, La mort et l’assomption, 138f: „Son témoignage est précieux, car, remontant sûrement à la première moitié du viie siècle, il nous certifie que beaucoup de récits du Transitus Mariae avaient été composés au siècle précédent.“ Siehe auch Capelle, Vestiges grecs et latins, 42: „Ce B…bloj tÁj ¢napaÚsewj Mar…aj remonte au moins au vie siècle. Il est à l’origine d’une des plus importantes traditions relatives à l’assomption.“ Vgl. Jugie, La mort et l’assomption, 139: „Nous constaterons, du reste, en parcourant sa narration, qu’il a beaucoup emprunté à ses devanciers, et en particulier au Pseudo-Méliton.“ Jugie, La mort et l’assomption, 141: „On trouve chez lui des réminiscences d’autres apocryphes, notamment des récits coptes mis sous le nom d’Evodius et du patriarche Théodose.“ De Santos Otero, Los Evangelios Apocrifos, 651, Anm. 4, hält die von Johannes von Thessalonike und Pseudo-Melito bezeugte Tradition für glaubwürdig: „El testimonio de ambos viene a confirmar la existencia de una tradición asuncionista, escrita, que arrancaba de los tiempos apostólicos.“ Niessen, Ephesus, 14−15, bemerkt: „Doch Apokryphen bieten keine geschichtlichen und kritischen Sicherheiten.“ Zur altkirchlichen Überlieferung, daß Markus in Alexandrien wirkte, vgl. B. A. Pearson, Earliest Christianity in Egypt: Some Observations, in: B. A. Pearson/J. E. Goehring (Hg.), The Roots of Egyptian Christianity, Philadelphia 1986, 132−159, hier 144: „To sum up: The tradition of the association of St. Mark with earliest Christianity in Egypt is traceable to the second century and may originate even earlier. The historicity of this tradition, though unprovable, should not be ruled out.“
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rusalem stammen soll92. Allerdings macht Theodosius keine Angaben darüber, daß es sich um einen apokryphen Text gehandelt hätte. Nach Theodoros Studites93 war Clemens von Rom Autor eines Transitus94. Daß auch das Decretum Gelasianum95 einen Transitus Mariae als häretisch verurteilt, muß an dieser Stelle ebenfalls erwähnt werden. Epiphanius von Konstantinopel berichtet in einem zwischen Ende des 8. und Anfang des 9. Jahrhunderts geschriebenen Marienleben nur, daß „die Väter“ wenig Richtiges über das Leben der Maria berichtet hätten96. Nach dem unbekannten Verfasser des lateinischen Transitus, der sich hinter dem Namen des bekannten Kirchenmannes Melito von Sardes verborgen hat, hat angeblich ein gewisser Leucius97, dem eine ganze Reihe von heterodoxen Apostel92
Mimouni, Dormition et Assomption de Marie, 203: „Dans l’introduction de l’homélie, Thédose déclare avoir trouvé dans un ancien manuscrit de la bibliothèque Saint-Marc d’Alexandrie, provenant de Jérusalem, le récit qu’il donne de la dormition et de l’assomption de Maria.“ Für den koptischen Text vgl. Theod. Dorm. (S. 128v; Chaîne, Sermon, 282): eanerHhts eToikonomia Nte p!xÇ Sa pJwk ebol Ntaiagia Mparqenos nem tes analumyis eqouab kata frhT etaiJems istorikws Ken Hansuntagma Narxeos Ken !il!hm% nai etaui etot
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Ken Tbiblioqhkh Nte piagios markos Ken rakoT. „Indem wir nachdenken über den Plan Christi bis zur Vollendung der heiligen Jungfrau und ihrer heiligen Aufnahme in der Art, wie ich sie geschichtlich gefunden habe in der alten Zusammenstellung aus Jerusalem, die in meine Hand gefallen ist in der Bibliothek des heiligen Markus in Alexandria.“ Siehe hierzu auch M. Jugie, La littérature apocryphe sur la mort e l’assomption de Marie à partir de la seconde moitié du vie siècle, EOr 29 (1930) 265−295, 286. Zum Phänomen angeblicher oder tatsächlicher Buchfunde in Bibliotheken vgl. W. Speyer, Bücherfunde in der Glaubenswerbung der Antike. Mit einem Ausblick auf Mittelalter und Neuzeit, Göttingen 1970 (Hyp. 24) 136: „Besonders Syrien und Ägypten, Länder, aus denen von jeher Apokryphen des Alten und Neuen Testamentes in die Welt gekommen sind, haben gewetteifert, von Bücherfunden in Bibliotheken oder ihrer dortigen Hinterlegung zu berichten.“ Zu den Funderzählungen von Transitus-Mariae-Überlieferungen vgl. auch Speyer, Bücherfunde, 138; siehe hierzu auch Shoemaker, Ancient Traditions, 62. Theodoros lebte von 759 bis 826; zur Person vgl. A. Berger, Art. Theodoros Studites, LThK Bd. 9, 32000, 1418−1419. Vgl. Thdr. Stud., Catechesis chronica, 11 (PG 99, 1701C); vgl. hierzu Jugie, La littérature apocryphe, 270: „Dans sa Didaskal…a cronik», saint Théodore Studite fait allusion à un récit de la dormition de la Théotocos attribué à Clément de Rome.“ Vgl. hierzu auch Wilmart, L’ancien récit latin, 323: „Derrière ce Transitus, somme toute banal, du pseudo-Méliton, on entrevoit un récit primitif, censé de Leucius, le même récit, sans doute, qui fut condamné par le Decretum Gelasianum.“ Auch R. Willard, The Testament of Mary. The Irish Account of the Death of the Virgin, RThAM 9 (1937) 341−364, hier 364, geht davon aus, daß der vom Gelasianum verurteilte Text verloren ist. Vgl. Epiphanius Monachus, De vita sanctissimae Deiparae I (PG 120, 185): ™gkwmiastaˆ d{ aÙtÁj ™k tîn ¡g…wn Patšrwn gegÒnasin: oÙdeˆj d{ ™x aÙtîn perˆ tîj (sic!) bièsewj aÙt»j kaˆ tîn crÒnwn, À tÁj ¢natrofÁj À toà tšlouj, Ñrqîj kaˆ eÙapodšktwj ™s»manen. „Es gab aber einige unter den heiligen Vätern, die sie priesen. Keiner von ihnen sprach aber über ihr Leben und die Zeiten oder über ihr Heranwachsen oder ihr Ende richtig und gut.“ Vgl. Zahn, Acta Joannis, lxx: „Ob nun der Name des Apostelschülers Leucius, wie ich bisher schon vorausgesetzt habe, eine Maske oder das ehrliche Gesicht des Schriftstellers selbst ist, wird von dem Urtheil [sic!] über den Inhalt seiner Berichte abhängen.“
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geschichten zugeschrieben werden, einen häretischen Transitus verfaßt, der durch das Werk des Pseudo-Melito in orthodoxer Überarbeitung präsentiert wird98. Im Prolog zu seinem Transitus findet sich die entsprechende Erklärung: „Melito, Diener Christi, Bischof der Kirche von Sardes, wünscht den ehrwürdigen Brüdern in Christus, die in Laodicea sind, Heil im Frieden Christi … Ich habe daran gedacht, daß ich nämlich häufig über einen gewissen Leucius geschrieben habe, der mit uns und den Aposteln verkehrte. Er entfernte sich jedoch durch seine abweichende Gesinnung und durch seine vermessene Seele vom Weg der Gerechtigkeit. Mehrere Apostelgeschichten hat er in seine Bücher eingefügt: Und über ihre Tugenden sprach er freilich viel richtiges, über ihre Lehren aber ist das meiste gelogen, indem er versicherte, daß sie anders gelehrt hätten, indem er gleichsam durch ihre Worte seine verruchten Erfindungen absicherte. Doch selbst das schien ihm nicht ausreichend, sondern er entstellte auch den wahren Heimgang der seligen, immerwährenden Jungfrau Maria in einer solchen Art, daß es nicht nur lächerlich ist, diesen in der Kirche Gottes zu lesen, sondern auch, ihn zu hören. Ihr bittet nun uns um das, was wir demnach vom Apostel Johannes gehört haben. Wir haben es eurer Brüderlichkeit unterbreitet, indem wir es als den Anfang des Buches auf einfache Weise schreiben.“99 Der falsche Melito, der sich auch noch dazu fehlerhaft als Zeitgenosse des Johannes bezeichnet100, behauptet – so ein Einschub in einem Teil der handschriftlichen 98
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Vgl. hierzu jedoch auch M. Clayton, The Transitus Mariae: The Tradition and its Origins, Apocrypha 10 (1999) 74−98, hier 92: „The claim in the preface to be revising an heretical text is overstated, like most selling-pitches, as its source was not very different in import: Pseudo-Melito in fact carries the implications of the source-narrative further, rather than modifying them in the interests of caution.“ Warum, so muß man fragen, beruft sich ein Autor auf einen häretischen Text und nicht, wie dies zum Beispiel Johannes von Thessalonike praktiziert, auf einen rechtgläubigen Text, der (angeblich) später verfälscht wurde? Vgl. Haibach-Reinisch, Ein neuer „Transitus Mariae“, 64f: „Melito, servus Christi, episcopus Ecclesiae Sardensis, venerabilibus in Christo fratribus Laodiceae constitutis in pace Christi salutem … Saepe namque scripsisse me memini de quodam Leucio, qui nobiscum et cum apostolis conversatus, alieno sensu et animo temerario discedens a via iustitiae, plurima de apostolorum actibus in libris suis inseruit: et de virtutibus quidem eorum multa vera dixit, de doctrina vero eorum plurima mentitus est asserens eos aliter docuisse, stabiliens quasi ex eorum verbis sua nefanda commenta. Nec hoc solum sibi sufficere arbitratus, verum etiam transitum beatae semper virginis Mariae ita peravavit stilo, ut in Ecclesia Dei non solum legi, sed etiam ridiculum sit audiri. Nos ergo vobis petentibus quae ab apostolo Johanne exinde audivimus, hoc in libri capite simpliciter scribentes vestrae fraternitati direximus.“ Die Textwiedergabe entspricht der Rezension B2 dieses Transitus, der von Haibach-Reinisch, Ein neuer „Transitus Mariae“, 53f als der ursprünglichere angesehen wird: „Im Westen aber finden wir Hss von B2 erst spät. Hier hatte sich Transitus B1 schon in früher Zeit durchgesetzt – es sei nur an den Codex in Montpellier H 55 aus dem 8. Jahrhundert erinnert –, und so konnte sich verständlicherweise auch später die ursprünglichere, aber literarisch bedeutend schwächere Fassung des Transitus B2 nicht mehr recht durchsetzen.“ Vgl. Rivière, Rôle du démon, 50: „La version latine usuelle de beaucoup la plus courante parmi les œuvres de ce genre, l’attribue à Méliton de Sardes, que le maladroit faussaire a transformé pour la circonstance en un contemporain de saint Jean.“
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Überlieferung –, daß er diesen Transitus der Maria an den Anfang des Werkes „Über die Inkarnation“ (perˆ sarkèsewj cristoà) gesetzt hätte. Allerdings ist es unwahrscheinlich, daß der Verfasser dieses Transitus tatsächlich das Werk des Melito von Sardes gekannt hat101. Bisher kann keiner der bekannten Transitus-Mariae-Texte als Prototyp dieser patristischen Literatur angesehen werden102. Der von Pseudo-Melito erwähnte Text, den es mit größter Wahrscheinlichkeit gegeben hat, muß als verschollen angesehen werden103. Cothenet hält es für möglich, daß dieser verschollene Transitus auch den koptischen Texten zugrundegelegen hat104. Allerdings ist die grundsätzliche Frage zu stellen, wie diese Einleitung zu verstehen ist. Worum handelt es sich bei diesem dem Leucius zugeschriebenen Werk? Zu dieser Frage bemerkt Haibach-Reinisch: „Wie man aus den bisherigen Darlegungen ersehen kann, hat der Verfasser von Transitus Mariae B eine von häretischen Lehren durchtränkte und in der Art der Abfassung Anstoss erregende Legende neu verfasst. Er gibt nicht zu, dass er jenes gnostische Apokryph nur im orthodoxen Sinne überarbeitet habe, sondern versichert, die Wunder bei Tod und Aufnahme Mariens vom Augenzeugen Johannes selbst gehört zu haben.“105 Es stellt sich in diesem Zusammenhang ganz offensichtlich die Frage, was eigentlich Anlaß zur Abfassung von apokryphen Texten gegeben hat. War es wirklich so, daß die Häretiker sich weniger Gewissen daraus gemacht haben, derartige Texte zu verfassen, während die Rechtgläubigen von Skrupeln geplagt
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Vgl. Haibach-Reinisch, Ein neuer „Transitus Mariae“, 114: „Man darf kaum annehmen, der Verfasser dieses Einschubes habe das Werk Melitos perˆ sarkèsewj cristoà gekannt. Es ist wahrscheinlicher, dass es sich bei der erwähnten Schrift De incarnatione dominica um ein Werk handelt, das Eusebius anführt.“ Vgl. Jugie, La mort et l’assomption, 103: „Leur nombre n’a fait que s’accroître et l’on peut en compter aujourd’hui au moins une vingtaine. Tous ne sont pas des prototypes.“ Von Arras wurde dieser häretische Transitus des Leucius mit dem äthiopischen Liber requiei identifiziert; vgl. V. Arras, De Transitu Mariae Apocrypha Aethiopice. Bd. 1, Louvain 1973 (CSCO.Ae 66), v: „In prologo ad suum Transitum Mariae, Pseudo-Melito asseruit haereticum, quem Leucum vocavit, narrationem de Assumptione nefandis commentis inquinatam scripsisse. Atqui liber iste haereticus, ab omnibus doctis deperditus habitus, integer ut videtur, nuncupatus Liber Requiei, in versione aethiopica servatus est.“ Siehe hierzu auch M. Starowieyski, Les problèmes de systématisation et d’interprétation des évangiles apocryphes, StPatr 17/2 (1993) 731−737, hier 731f: „Le Transitus Mariae écrit en grec par Leukios et Karinos (ou Leukios Karinos) a été découvert dernièrement en langue éthiopienne.“ Der Text wurde allerdings immer nur dem Leucius zugeschrieben. Vgl. Cothenet, Marie dans les apocryphes, 143: „Il est donc logique de se demander si les Coptes n’ont pas connu l’une des sources du Type C, en l’occurrence le transitus de Leucius.“ Haibach-Reinisch, Ein neuer „Transitus Mariae“, 39. Siehe auch Baldi/Mosconi, L’assunzione di Maria, 123: „Tutti questi indizi assicurano la veridicità storica dell’affermazione dello Pseudo-Melitone circa l’opera dello gnostico Leucio, il quale, professando teorie gnostiche ed un accentuato dualismo, negava la resurrezione del corpo della Vergine. La sua relazione forse già separata dal corpo degli Atti, dovette esser diffusa nell’ambiente cristiano dell’Asia e indurre molti in errore, onde un ignoto scrittore ne intraprese la revisione in senso ortodosso.“
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waren106? Ist nicht bereits die Tatsache, daß Gegenfälschungen wie der Text des Pseudo-Melito belegt sind, Grund genug für die Annahme, daß im Zweifel beide Seiten gefälscht haben? Grundsätzlich ist es ein sehr häufig verwendetes Motiv in der apokryphen Literatur, auf ältere Traditionen in irgendeiner Form zu verweisen. Dies kann zum Beispiel durch die Wahl des Namens – in diesem Falle handelt es sich um den „Apostelschüler“ Melito von Sardes – oder durch das Auffinden eines Buches oder einer verschollenen Schrift107 geschehen. Auffällig ist jedoch, daß in diesem Transitus des Pseudo-Melito auf ein häretisches Werk verwiesen wird. Hier dürfte zumindest ein Kern einer historischen Überlieferung zu vermuten sein, da sich der Verfasser des rechtgläubigen Transitus sonst nicht eigens auf die Existenz dieses Werkes hätte berufen müssen108. Und so bereitet dieses verschollene Werk vielen, die sich mit der Frage nach der ältesten Überlieferung des Transitus Mariae beschäftigen, gewisse Schwierigkeiten. Das Spektrum der Reaktionen reicht von einer eher distanzierten Haltung, die davon ausgeht, daß nichts Genaues gesagt werden kann, solange der Text verschollen ist109, bis hin zu dem Versuch, aufgrund der Irrlehren des Leucius 106
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So zumindest Jugie, La mort et l’assomption, 104: „Les apocryphes ont fleuri dans les milieux orthodoxes comme dans les milieux hérétiques, mais surtout parmi ces derniers. Pour ce qui regarde les récits des pérégrinations des apôtres en particulier, la littérature hérétique paraît avoir eu la priorité, et cela se comprend facilement. Les hérétiques éprouvaient moins de scrupules que les orthodoxes à inventer des légendes et à abriter leurs erreurs sous le nom d’un apôtre ou d’un Père apostolique. Il arriva ainsi que les catholiques, pour détourner les leurs de cette littérature malsaine, firent des éditions expurgées de ces Actes des apôtres, où l’histoire véritable ne trouvait sans doute pas son compte, mais où la saine doctrine était respectée.“ Vgl. Speyer, Fälschung, 67: „Häufiger als der Himmelsbrief begegnet der Hinweis, eine Schrift sei in einem Grabe gefunden worden. Die Fälscher brauchten gegenüber anderen Schriften, die für ihre Echtheit mit Recht ein hohes Alter in ununterbrochener Überlieferung anführen konnten, eine Erklärung dafür, daß die von ihnen unter altem Namen veröffentlichte Schrift nicht schon früher bekannt gewesen war. Darum gab man an, die Schrift sei irgendwo, oft in einem Grab verborgen, durch Zufall oder durch göttliche Eingebung entdeckt worden. Diese Behauptung, die bei der Beglaubigung von künstlerischen Erfindungen und von Fälschungen seit hellenistischer Zeit in der griechischen Literatur mehrmals anzutreffen ist, hat ihren <Sitz im Leben> in den Totenbüchern Ägyptens.“ Dieses Argument verwendet auch Mimouni, Dormition et Assomption de Marie, 63f: „Bien que, en dehors des maigres indications du Pseudo-Méliton, on ne sache rien de cette hypothétique Dormitio de Leucius, au point que de nombreux critiques ont mis en doute son existence même. Il apparaît pourtant préférable d’estimer que la Dormitio de Leucius a certainement existé: sinon pourquoi le Pseudo-Méliton aurait-il gratifié le si ‚terrible Leucius‘ d’un tel écrit.“ Vgl. Mimouni, Dormition et Assomption de Marie, 46: „Dans son article, J. Rivière s’interroge sur le rôle tenu par le ‚mystérieux Leucius‘ dans la genèse des Dormitiones et des Transitus. L’auteur pense même que la clef de ceux-ci dépend de la solution qu’on pourra apporter à l’identification de celui-là. Il est difficile de suivre J. Rivière sur ce point. L’écrit de Leucius, s’il a jamais existé et s’il a été à l’origine des textes sur la mort de Marie, semble apparemment
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seinen Transitus zumindest teilweise zu rekonstruieren. Ein weiteres Problem ist die Frage, ob Leucius tatsächlich der Autor dieses Textes gewesen ist110 oder ob es sich um eine nachträgliche Zuschreibung eines anonymen Textes zu diesem Autor handelt111. Diese beiden Fragen sollten auseinander gehalten werden. Selbst wenn es Leucius als Häretiker in der von den Apologeten behaupteten Gestalt gar nicht gegeben haben sollte, ist deswegen noch lange nicht ausgeschlossen, daß es einen alten griechischen Transitus gab, der später als häretisch verworfen und orthodox korrigiert wurde112. Die Gestalt des Leucius ist schillernd und historisch nur sehr schwer zu greifen113. Die Tradition eines Johannesschülers mit Namen Leukios findet sich im vierten Jahrhundert. Dieser hat nach dem Bericht des Epiphanius gegen Kerinth114
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perdu; toute solution envisageable ne saurait être qu’hypothétique.“ Haibach-Reinisch, Ein neuer „Transitus Mariae“, 10: „Wichtiger, ja notwendig aber ist es, den ältesten überlieferten Text nach kritischer Prüfung in eine bestimmte Zeit einzuordnen. Wir werden es später mit dem Transitus des Pseudo-Melito tun und dabei erkennen, dass man diese älteste, orthodox überarbeitete Legende spätestens Anfang des 5. Jahrhunderts ansetzen muss. Die häretische Vorlage kann daher mit gutem Grund in das 4. Jahrhundert verlegt werden.“ So z. B. Cothenet, Marie dans les apocryphes, 138: „Il n’y a donc pas lieu de suspecter de parti pris l’affirmation du pseudo-Méliton qu’il circulait un ancien transitus sous le nom de Leucius, contaminé par des idées gnostiques.“ So gehen z. B. Baldi/Mosconi, L’assunzione di Maria, 122, davon aus, daß es einen derartigen Transitus des Leucius gegeben hat: „Non dovrebbe perciò fare difficoltà, almeno per l’epoca, che lo gnostico Leucio (II−III sec.), abbia, secondo l’affermazione dello Pseudo-Melitone, redatto una relazione che, sebbene perdute, lasciò sicure tracce della sua esistenza in libri posteriori.“ Theissen/Merz, Der historische Jesus, 39: „Die Vorstellung, die ursprünglich reine apostolische Lehre sei später durch Irrlehren entstellt worden, ist ein dogmatisches Konstrukt. ‚Rechtgläubigkeit und Ketzerei‘ haben sich zeitlich parallel und in engem gegenseitigen Austausch entwickelt. Auch die später als häretisch ausgeschiedenen Gruppen beziehen sich (wenigstens zum Teil) auf urchristliche Traditionen und bilden sie ihren Bedürfnissen entsprechend weiter – darin unterscheiden sie sich prinzipiell nicht von den ‚rechtgläubigen‘ Gemeinden.“ Vgl. auch Shoemaker, Ancient Traditions, 210: „Whether this Leucius actually ever even existed is neither certain nor especially important: in the early church his name became synonymous with the composition of heterodox apocrypha, and as such, Ps.-Melito’s attribution may not reflect the narrative’s historical origin so much as his perception of its doctrinal irregularities.“ Siehe auch E. Junod, Actes apocryphes et hérésie: le jugement de Photius, in: F. Bovon (u. a.), Les actes apocryphes des apôtres. Christianisme et monde païen, Genf 1981 (PFTUG 4) 11−24, hier 17: „Il est du reste inutile de se poser longuement cette question car Leucius n’est pas l’auteur des cinq Actes mentionnés. Ceux-ci furent des compositions anonymes. La mention d’un auteur dénommé Leucius est une donnée secondaire.“ Vgl. Epiphanius, haer. 51,6,9 (Holl GCS II, 255); dort wird Leukios zu denen, die „mit Johannes“ sind, gerechnet: ¢ntelšgonto g¦r poll£kij ØpÕ toà ¡g…ou 'Iw£nnou kaˆ tîn ¢mf' aÙtÒn, Leuk…ou kaˆ ¥llwn pollîn. E. Junod/J. D. Kaestli, L’histoire des actes apocryphes des apôtres du iiie au ixe siècle: Le cas des actes de Jean, Genf 1982 (CRHPhR 7) 138: „Le nom de Leucius est cité en bonne part: c’est un membre éminent de l’entourage de Jean. Il existait donc une tradition, d’un âge indéterminable, associant Leucius au quatrième évangéliste.“
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gekämpft. Er hätte also um die Wende vom ersten zum zweiten Jahrhundert gelebt115. Allerdings dürfte dieser Johannesschüler, der ja gegen verfälschte Lehren gekämpft hat, sicher nicht mit dem Häretiker Leucius identisch sein116. Ganz anders nimmt sich hier der Häretiker Leucius aus, der ab dem fünften Jahrhundert mit häretischen Apostelakten, die vor allem von den Manichäern benutzt wurden, verbunden wird117. Jedenfalls gerieten diese Apostelakten durch die Rezeption in den manichäischen Gemeinden, für die vor allem die in diesen Texten geschilderte aszetische Lebensweise und die Leidensbereitschaft vorbildlich waren, und auch der mit ihnen verbundene Name Leucius in kirchlichen Kreisen in Mißkredit und wurden in Folge als häretisch verurteilt. Leucius wurden zuerst bestimmte apokryphe Werke zugeschrieben118, mit der Zeit wurde er im Rahmen der Auseinandersetzung um Rechtgläubigkeit und Ketzerei zu dem Häretiker
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Diese Tradition ist auch bei Pacianus von Barcelona, Ep. ad Sympronianum (Ep 1,2) faßbar (PL 13,1053B): Ipsi illi Phryges nobiliores, qui se animatos mentiuntur a Leucio, institutos a Proculo gloriantur. „Die Phrygier selbst (sind) viel bekannter, die fälschlicher Weise behaupten, daß sie das Leben von Leucius erhalten hätten; sie rühmen sich, daß sie von Proculus unterwiesen worden wären.“ Auch an dieser Stelle ist die Berufung auf Leucius ein Qualitätsmerkmal für die Rechtgläubigkeit der Traditionsquelle. Vgl. O. Bardenhewer, Geschichte der altkirchlichen Literatur. Bd. I: Vom Ausgang des apostolischen Zeitalters bis zum Ende des zweiten Jahrhunderts, Freiburg 21913, 506: „Es ist unbedenklich, anzunehmen, daß Epiphanius und Pacianus von einem und demselben Leucius reden, und es liegt nahe, zu vermuten, dieser Leucius sei kein anderer als der Verfasser häretischer Apostelgeschichten.“ Es scheint wohl eher so zu sein, daß man den Namen Leucius wählte, um ihm anonyme Schriften als rechtgläubigem Autor unterzuschieben. Pacianus starb vor 392; vgl. E. Reichert, Art. Pacianus, LACL, 472. Eusebius datiert sein Auftreten in Kleinasien in die Zeit Trajans (98−117); vgl. R. Hanig, Art. Cerinth (Evangelium), LACL, 123. Junod/Kaestli, L’histoire des actes apocryphes des apôtres, 139: „Ce qui compte, par contre c’est que les traditions les plus anciennes décrivent un Leucius ‚catholique‘.“ Junod/Kaestli, L’histoire des actes apocryphes des apôtres, 139: „Le nom de Leucius associé à des Actes apocryphes apparaît au début du ve siècle chez les auteurs latins dans le combat contre les manichéens africains. Ceux-ci considéraient Leucius comme l’auteur de leur recueil d’Actes apocryphes.“ Leucius wird von Augustinus mit apokryphen Apostelakten in Verbindung gebracht; vgl. Augustinus, c. Felicem II,6 (Zycha, CSEL 25/2, 833, 12−13): in Actibus conscriptis a Leutio, quos tamquam actus apostolorum scribit; nach dem Brief des Papstes Innozenz I. an Exuperius von Toulouse (Ep 6,13; PL 20,502A) vom 22.2.405 war ein Leucius der Verfasser von Werken die unter den Namen des Matthias, des Jakobus minor, des Petrus und des Johannes zirkulierten: Caetera autem, quae vel sub nomine Matthiae sive Jacobi minoris, vel sub nomine Petri et Joannis, quae a quodam Leucio scripta sunt … non solum repudianda, verum etiam noveris esse damnanda. Siehe auch Bardenhewer, Geschichte der altkirchlichen Literatur. Bd. I, 574: „Turribius weiß zu melden, Leucius sei es gewesen, welcher ‚mit sakrilegischem Munde‘ die Johannesakten verfaßte“; vgl. Turribius von Astorga, Ep. ad Idacium et Ceponium, 5 (PL 54,694C). Nach Evodius von Uzala, De fide contra manichaeos 38 (Zycha, CSEL 25/ 2,968,24−26) gilt er als Verfasser sämtlicher Akten.
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schlechthin, der apokryphe Schriften verfaßt hat119. „Er verliert sich im Westen zuletzt in der verschwommenen Vorstellung von einem Leucius als einem Verfasser gefährlicher Apokryphen überhaupt.“120 Das Decretum Gelasianum bezeichnet ihn pauschal als discipulus diabuli und verurteilt alle seine Schriften121. Nach einem einzigen Zeugnis in der griechischen Tradition ist ein Leukios Charinos122 mit den Akten des Petrus, Johannes, Andreas, Thomas und Paulus verbunden123, die Photios im 9. Jahrhundert als eine Sammlung von fünf apo-
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Junod/Kaestli, L’histoire des actes apocryphes des apôtres, 140: „Dès le ve siècle dans le monde latin, le nom de Leucius devient systématiquement et gratuitement associé à des Actes apocryphes dans le combat contre la littérature apocryphe et ceux qui la lisent.“ K. Schäferdiek, Die Leukios Charinos zugeschriebene manichäische Sammlung apokrypher Apostelgeschichten, NTApo II (61997) 81−93, hier 90. Diese Verbindung des Namens Leucius mit den apokryphen Apostelgeschichten könnte in manichäischen Kreisen entstanden sein, um die von ihnen geschätzten Akten einem angesehenen Autor zuzuweisen; vgl. Junod/Kaestli, L’histoire des actes apocryphes des apôtres, 143: „Tout porte à croire que ces Actes étaient anonymes et que le nom de Leucius est une légende secondaire, née dans des cercles manichéens et destinée à couvrir honorablement le recueil des ces Actes.“ Jugie, La mort et l’assomption, 86 Anm. 1: „Il est bien difficile de dire si Leucius représente une personnalité déterminée, ou s’il n’est qu’un pseudonyme pris pour plusieurs hérétiques ayant vécu à des époques différentes. La seconde hypothèse paraît beaucoup plus probable.“ Es scheint wohl eher so, daß ihm als „Erz-Häretiker“ viele umstrittene Texte zugeschrieben wurden. Als Pseudonym wäre dieser Name nur so lange interessant gewesen, wie er für die Rezeption dieser Schriften sorgte – und damit nur so lange, wie Leucius als rechtgläubig galt. Decretum Gelasianum 5,4,9; (Dobschütz, Gelasianum, 52): Libri omnes quos fecit Leucius discipulus diabuli; auffällig ist, daß pauschal „alle Bucher des Leucius“ verurteilt werden, ohne daß eine Liste der von ihm verfaßten Werke angeführt wurde; im Decretum Gelasianum 5,6,1 wird auch ein Transitus als häretisch verurteilt, ohne daß dort ein Autor des Textes genannt würde: Liber qui appellatur Transitus sanctae Mariae. Vgl. auch Haibach-Reinisch, Ein neuer „Transitus Mariae“, 24, die unter Verweis auf Jugie bemerkt: „Leucius aber seien in jener Zeit viele Schriften häretischen, meist gnostischen Inhalts zugeschrieben worden, so dass sein Name als eine Art ‚Allgemeinbegriff‘, als Qualifizierung gelten könne und keinen Hinweis auf die authentische Quelle darstelle. Dieses verurteilte syrische Apokryph in lateinischer Uebersetzung habe dann Pseudo-Melito Mitte des 6. Jahrhunderts überarbeitet.“ Die beiden Namen finden sich als zwei verschiedene Persönlichkeiten in der lateinischen Version des Descensus ad Inferos; dem Vorschlag von Junod/Kaestli, L’histoire des actes apocryphes des apôtres, 143, ist zu folgen, daß die Verbindung der beiden Namen bei Photios nicht aus polemischen Gründen geschah: „En tout cas, l’introduction du nom de Leucius Charinus (ou des noms de Leucius et de Charinus) ne paraît pas obéir à un motif polémique; elle procède plutôt du souci de mettre ce bibl…on au bénéfice d’une paternité respectable.“ Vgl auch Speyer, Fälschung, 48 Anm. 4: „Fingiert sind auch die beiden Söhne des greisen Simeon, die aus dem Jenseits zurückgekehrten des Descensus Christi ad inferos. In den lateinischen Fassungen werden ihre Namen mitgeteilt: Karinos und Leukios... Diese Namen sind wohl aus Leukios Charinos herausgesponnen.“ Vgl. Zahn, Acta Joannis, lxxii: „Wir haben keinerlei Bürgschaft dafür, dass das Selbstzeugnis des Leucius, welches Photius richtig aus seinem Buch herausgelesen hat, sich auf den gesamten Inhalt jenes Bandes erstreckt, selbst wenn das die Meinung des Photius war.“
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kryphen Apostelakten (tîn ¢postÒlwn per…odoi, „Wanderungen der Apostel“)124 gekannt hat125. Die Tatsache, daß Leucius im Westen als „der“ Verfasser apokrypher Texte galt126, dürfte die Zuschreibung des verlorenen Transitus durch Pseudo-Melito erklären127. Gleichzeitig sollte jedoch die fehlende Kenntnis der ersten Jahrhunderte, die bei Pseudo-Melito spürbar wird, davor warnen, hier zu große Ähnlichkeiten zwischen den fünf von Photios dem Leukios Charinos zugeschriebenen Apostelakten und dem „Transitus des Leucius“ zu vermuten. Immerhin behauptet Pseudo-Melito auch, daß er selbst den Apostel Johannes persönlich gekannt habe, was ausgeschlossen werden muß. Insofern dürfte die Zuschreibung zu diesem Autor zusammen mit der Verurteilung eines Transitus Mariae durch das Decretum Gelasianum128 eher als Versuch einer Verunglimpfung des früheren Textes gesehen werden. Was ein „Schüler des Teufels“ geschrieben hat, kann nicht gut sein. Allerdings muß offen bleiben, ob der vom Gelasianum verurteilte Text mit dem „Text des Leucius“
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Es ist unklar, ob diese fünf Apostelgeschichten im dritten Jahrhundert noch als bloße Einzelschriften umliefen oder bereits als Corpus zusammengefaßt waren. Nach Junod/Kaestli, L’histoire des actes apocryphes des apôtres, 140, war für die Manichäer Leucius nur der Autor der Andreasakten; hierzu bemerkt Zahn, Acta Joannis, lxx: „Die Verbindung der Paulus- oder Theklaacten mit den Büchern des Leucius, welche Photius vorfand, kann nicht sehr alt sein.“ Vgl. die Notiz bei Photios, Bibl. cod. 114, (PG 103,390), die berichtet, daß Leukios Charinos Autor von fünf apokryphen Apostelakten gewesen sei; vgl. Junod/Kaestli, L’histoire des actes apocryphes des apôtres, 134: „La notice de Photius, à côté des indications qu’elle fournit sur le contenu des textes, pose deux gros problèmes: celui de la collection des cinq Actes et celui de l’auteur de ces Actes (Photius déclare en effet que Leucius Charinus est l’auteur de l’ouvrage qu’il a eu sous les yeux).“ Zahn, Acta Joannis, lxxxi: „Aber irgend ein apostelgeschichtliches Werk ausser den Acten des Johannes, des Andreas und des Thomas dem Leucius zuzuschreiben, besteht nicht der mindeste Grund.“ Vgl. von Dobschütz, Decretum Gelasianum, 298: „Leucius gilt als der Apokryphen-Verfasser katexochen; … ebenso wird die Kindheitsgeschichte … und der Transitus Mariae mit ihm in Beziehung gesetzt … Das Prädikat discipulus diabuli (vgl. II Kor. 11,13ff) mag ihn zum Manichäer stempeln sollen.“ Die Behauptung, daß es einen häretisch überarbeiteten Bericht über den Tod der Maria gäbe, findet sich auch bei Johannes von Thessalonike; dort jedoch ohne die namentliche Nennung eines Häretikers: vgl. Mimouni, Dormition et Assomption de Marie, 270: „En effet, le Pseudo-Méliton et Jean de Thessalonique donnent à leur travail une justification similaire: tous deux écrivent contre un écrit qu’ils considèrent comme corrompu, du moins sur le plan de la doctrine. Il faut pourtant préciser que le prologue de Jean de Thessalonique ne contient pas explicitement la mention de Leucius, propre au Pseudo-Méliton.“ Jugie, La mort et l’assomption, 111: „Ignorant le nom de son prédécesseur, il l’identifia avec le gnostique Leucius, que le Décret gélasien avait qualifié de disciple du diable.“ Vgl. hierzu A. Wilmart, L’ancien récit latin, 323: „Derrière ce Transitus, somme toute banal, du pseudo-Méliton, on entrevoit un récit primitif, censé de Leucius, le même récit, sans doute, qui fut condamné par le Decretum Gelasianum.“ Auch Willard, Testament of Mary, 364, geht davon aus, daß der vom Gelasianum verurteilte Text verloren ist.
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identisch war129. Weiter ist zu fragen, ob nicht Pseudo-Melito den älteren Text diesem geradezu sprichwörtlichen Häretiker Leucius zugesprochen hat, um diesen Text in seiner Bedeutung zu entkräften, indem er durch diese Zuschreibung als ganz und gar häretisch abqualifiziert wird130. Etwas Ähnliches hat ja auch mit der Zuschreibung der Autorschaft bei anderen apokryphen Texten stattgefunden. Auch wenn die Zuschreibung zu Leucius als Autor dieses Textes131 fraglich bleiben muß, so bleibt doch die Frage ausgesprochen reizvoll, was wohl in diesem ursprünglichen Transitus gestanden haben dürfte, der von Pseudo-Melito für seine Schrift zugrundegelegt wurde132. Man wird sehr wenig Genaues sagen können; einige grundsätzliche Züge dieses Textes scheinen jedoch offensichtlich zu sein. Ein wichtiges Kennzeichen dieses Textes ist mit relativ großer Sicherheit, daß er nur den Tod der Maria erwähnt haben dürfte133. Dieser Transitus dürfte ursprünglich
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Gegen eine zu frühe Datierung dieser Notiz im Decretum Gelasianum wehrt sich Jugie, La mort et l’assomption, 107: „Pure supposition aussi, l’hypothèse émise par Theodore Zahn, dans son Histoire du canon du Nouveau Testament: que le Liber transitus Mariae signalé dans la cinquième partie du Décret gélasien figurait déjà dans une liste d’apocryphes condamnés par le pape Damase, au concile romain de 382.“ Er nimmt an, daß es sich um eine lateinische Übersetzung der syrischen Fragmente handelt, die durch das Gelasianum verurteilt werden; vgl. Jugie, La mort et l’assomption de la Sainte Vierge, 110: „S’il s’était agi du Pseudo-Méliton, le nom de Méliton eût paru dans le document, qui indique non seulement les titres des ouvrages rejetés, mais aussi les noms de leurs auteurs vrais ou supposés, lorsqu’ils sont connus. Ainsi ce premier apocryphe syriaque serait aussi le premier apocryphe latin, celui-là même qui a été rejeté par le Décret gélasien.“ Dagegen jedoch Haibach-Reinisch, Ein neuer „Transitus Mariae“, 39f: „Pseudo-Melito musste seinen Autoritätsanspruch um so mehr hervorheben, da sich auch Leucius als Apostelschüler ausgab. Von Melito von Sardes jedoch wusste er sicher nur das, was er aus der Kirchengeschichte des Eusebius erfahren konnte.“ Haibach-Reinisch, Ein neuer „Transitus Mariae“, 38: „Wir müssen die Frage nach Leucius offenlassen. Leucius kann wahrscheinlich nie als der Autor des häretischen Ur-Transitus erwiesen werden. Sicher ist auch die Meinung Jugies unrichtig, ihn als Verfasser jenes ältesten syrischen Apokryphs anzusehen … Ueberhaupt erscheint seine Annahme, syrische Mönche hätten das Leucius-Apokryph in Rom ins Lateinische übersetzt, etwas konstruiert.“ Vgl. auch Jugie, La mort et l’assomption, 86 Anm. 1: „Il est bien difficile de dire si Leucius représente une personnalité déterminée, ou s’il n’est qu’un pseudonyme pris pour plusieurs hérétiques ayant vécu à des époques différentes.“ Mimouni, Dormition et Assomption de Marie, 271: „Le Pseudo-Méliton écrit donc contre ‚Leucius‘, parce qu’il enseigne une doctrine corrompue. Une question se pose alors: en quoi cette doctrine était-elle corrompue? Il ne le dit pas.“ Mimouni, Dormition et Assomption de Marie, 63: „Il est admis généralement que le PseudoMéliton a travaillé à partir d’une Dormitio, dite de ‚Leucius‘, qui, probablement, ne véhiculait que la croyance à la dormition que non pas celle à l’assomption. Il est même possible que le texte de Leucius puisse se retrouver dans la partie du Transitus du Pseudo-Méliton n’affirmant que la dormition et présentant des contradictions avec la partie de ce même Transitus du Pseudo-Méliton n’affirmant que l’assomption.“ Vgl. auch Mimouni, Dormition et Assomption de Marie, 276: „Il semble qu’on puisse, en toute probabilité, émettre l’hypothèse que le PseudoLeucius affirmait la dormition; ou bien l’assomption sans résurrection.“ Dafür spricht auch,
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in griechischer Sprache verfaßt gewesen sein134. Die Hypothese, daß Leucius der Verfasser der syrischen Texte gewesen sei, die den Bericht über den Tod der Maria des Gregor von Tours135 beeinflußt hätten136, hat Jugie aufgrund des Fundes einiger syrischer Fragmente von Transitus-Mariae-Überlieferungen aufgestellt137. Grundsätzlich ist jedoch die von Jugie aufgestellte Hypothese bezüglich dieser Beeinflussung fraglich, auch wenn teilweise diese syrischen Texte als die älteste Überlieferung angesehen werden138. Auch inhaltliche Aspekte sprechen gegen die Annahme, daß die syrischen Texte der lateinischen Tradition zugrunde liegen139. Gerade die Betonung, daß die älteste Tradition eine Auferstehung der Maria annehme, läßt diese Hypothese problematisch erscheinen140. Auch läßt sich wohl die
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daß sich in den ersten fünf Jahrhunderten keinerlei Hinweise auf eine mögliche Aufnahme der Maria in den Himmel finden lassen; vgl. Jugie, La mort et l’assomption, 101: „Arrivés au terme de notre enquête sur la tradition des cinq premiers siècles, essayons d’en fixer le résultat. Celui-ci est quelque peu décevant. De témoignage absolument clair et explicite sur l’assomption glorieuse de la Mère de Dieu, telle que l’entend de nos jours la théologie catholique, nous n’en avons rencontré aucun.“ Mimouni, Dormition et Assomption de Marie, 63: „À partir de ces données, on peut se demander si la Dormitio de Leucius ne serait pas l’original grec à partir duquel la tradition copte se serait développée. On est assez tenté de répondre positivement à cette question.“ Gregor von Tours, Mirac. lib. I, De gloria martyrum, cap. IV (PL 71,708B); Gregor von Tours lebte in der zweiten Hälfte des sechsten Jahrhunderts (ca. 538−17.11.594); vgl. R. Schieffer, Art. Gregor von Tours, LACL, 271−272. Vgl. Jugie, La mort et l’assomption de la Sainte Vierge, 111: „Que le Leucius dont parle ici le Pseudo-Méliton soit l’auteur du premier récit syriaque dont s’est inspiré Grégoire de Tours, on peut en découvrir un indice dans cette phrase: De doctrina vero apostolorum plurima mentitus est, asserens eos aliter docuisse. N’est-ce pas une allusion à cette dispute entre les apôtres, près du tombeau de la Vierge, sur l’enseignement qu’il convient de prêcher au monde?“ Vgl. Haibach-Reinisch, Ein neuer „Transitus Mariae“, 34: „(Jugie) vermutet nämlich jenen ‚sog. Leucius‘ als den Verfasser der ersten syrischen Erzählung, von der uns jene bereits erwähnten alten syrischen Fragmente erhalten sind … Hier ist Jugie sicher zu weit gegangen. Diese Worte beziehen sich vielmehr auf die Bücher des Leucius, u. zw. besonders auf die kurz vorher erwähnten Acta apostolorum.“ Vgl. W. Wright, Contributions to the Apocryphal Literature of the New Testament, London 1865. Vgl. z. B. E. Recla, Il silenzio e la dottrina dei Padri sull’assunzione di Maria santissima, Atti del congresso nazionale mariano dei frati minori d’Italia, Roma 1948 (StMar 1) 33−72, hier 55: „Il più antico apocrifo è quello di origine siriaca, pubblicato dal Wright in base a tre manoscritti, di cui uno sembra rimontare alla seconda metà del secolo V e gli altri due almeno al secolo VI.“ Vgl. Baldi/Mosconi, L’assunzione di Maria, 110: „È molto inverosimile che al principio de V secolo circolasse in Roma una traduzione latina dal siriaco; le rassomiglianze fra la narrazione siriaca e quella di Gregorio di Tours non sono così evidenti da far escludere un’altra fonte; la trama dei racconti è differente: nei frammenti pubblicati dal Wright manca la consegna della palma e la visita sul monte degli Olivi.“ Jugie, La mort et l’assomption, 105 Anm. 1: „Déjà dès 1866, G. Bickell, rendant compte, dans la Theologische Quartalschrift, t. XLVIII, pp. 465−479, de la publication des diverses légendes syriaques du Transitus Mariae par W. Wright, faisait bien remarquer que ces morceaux ne
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Erwähnung einer körperlichen Aufnahme der Maria in den Himmel bei Gregor von Tours auch – und vielleicht sogar besser – durch seine vielfältigen Kontakte mit dem Osten begründen141. Diese von Jugie aufgestellte Hypothese erklärt jedoch, warum er die Anfänge dieser Literatur nicht vor der Wende vom fünften zum sechsten Jahrhundert sieht142. Die Situation ändert sich jedoch grundlegend, wenn nur der Tod der Maria in den ältesten Texten erwähnt worden wäre. Dies würde gegen die syrischen Texte sprechen. Insofern wird man wohl eher eine griechische Vorlage annehmen dürfen143. Viel mehr wird man jedoch nicht sagen können. Trotzdem hat vor allem Haibach-Reinisch versucht, noch viel weitergehende Aussagen über diesen verlorenen Transitus zu treffen144. Nach ihr handelt es sich um einen gnostischen Text145. „Wie man aus den bisherigen Darlegungen ersehen
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dérivaient point du même type mais qu’il fallait distinguer au moins deux sources divergentes, l’une syriaque, la plus ancienne, favorable à la résurrection de Marie; l’autre, grecque, ne parlant que du transfert et de l’incorruption de son corps.“ Vgl. Cameron, Theotokos, 93: „But further, our earliest testimony in the West to the story of the bodily assumption of the Virgin comes from Gregory of Tours, the close friend and colleague of Venantius. We have seen that Gregory and Venantius shared a common social and religious milieu, and it seems far more likely that Gregory learned of the doctrine from his Eastern contacts than by reading a translation of Syriac apocrypha.“ Jugie, La mort et l’assomption, 107: „Aussi, nous ne croyons pas nous tromper en affirmant que tous les récits apocryphes sur la mort de la Vierge sont postérieurs au concile d’Ephèse et que les plus anciens ne remontent pas au-delà des dernières années du cinquième siècle ou des premières années du sixième.“ Vgl. Haibach-Reinisch, Ein neuer „Transitus Mariae“, 130: „Dabei ist es gleichgültig, ob das Apokryph von syrischen Mönchen in Rom ins Lateinische übersetzt und danach als häretische Schrift dem Leucius zugeschrieben und oftmals verdammt wurde …, oder ob wir uns ein griechisches Zwischenglied oder Original vorstellen müssen, was mir wahrscheinlicher dünkt.“ Diese Vorlage stammt möglicherweise bereits aus dem 4. Jahrhundert; vgl. Baldi/Mosconi, L’assunzione di Maria, 110: „Se poi esso dipende da un originale greco, comme fanno supporre certi slegamenti ed incoerenze del periodo, questo andrebbe fatto risalire almeno alla metà del IV secolo.“ O. Faller, De priorum saeculorum silentio circa assumptionem B. Mariae Virginis, Rom 1946 (AnGr 36) bietet ebenfalls Hypothesen über den Inhalt dieses Berichts. Haibach-Reinisch, Ein neuer „Transitus Mariae“, 39: „Für die Abfassungszeit des PseudoMelito-Apokryphs aber genügt, dass die gnostische Vorlage spätestens Ende des 4. Jahrhunderts im Umlauf war.“ Haibach-Reinisch, Ein neuer „Transitus Mariae“, 159f: „Besonders verbreitet war Ende des 3. und Anfang des 4. Jahrhunderts der Manichäismus, ein Gemisch von persischen, indischen und christlichen Elementen. Jesus ist der himmlische Aeon, der in einem Scheinleib vom Himmel herabsteigt, um die Lichtelemente von der Materie zu befreien. Man hat allen Grund anzunehmen, dass das häretische Buch von der Dormitio Mariae manche gnostischen Lehrmeinungen widerspiegelte. Bekämpft doch Pseudo-Melito in seiner rechtgläubigen Bearbeitung ganz deutlich den Doketismus und in seinem Prolog die dualistische Lehre der Gnosis vom guten (=Licht) Gott und dem Bösen.“ Vgl. auch Cothenet, Marie dans les apocryphes, 143: „Dans ces conditions, on admettrait volontiers que la source commune du type C ait travaillé sur deux traditions, le récit gnostique de Leucius Charinus qui contenait certainement rien sur l’assomption corporelle, et un transitus dérivé d’une apocalypse dans le genre du fragment Wright.“
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kann, hat der Verfasser von Transitus Mariae B eine von häretischen Lehren durchtränkte und in der Art der Abfassung Anstoss erregende Legende neu verfasst. Er gibt nicht zu, daß er jenes gnostische Apokryph nur im orthodoxen Sinne überarbeitet habe, sondern versichert, die Wunder bei Tod und Aufnahme Mariens vom Augenzeugen Johannes selbst gehört zu haben.“146 „Pseudo-Melito musste demnach von Leucius ein ganz genaues Bild haben. Er wendet sich gegen dessen Schriften, die Acta apostolorum, die damals anscheinend noch gelesen worden sind. Auch die Häresien des Leucius werden durch die Hervorhebung des rechten Glaubens (Prolog p-s) deutlich aufgezeigt.“147 Falls jedoch Leucius später dieser Transitus zugeschrieben wurde, um ihn als häretisch abzuwerten148, erübrigen sich diese Überlegungen ebenso wie der Versuch, aufgrund dieser Angaben Aussagen über die Entstehungszeit des häretischen Textes zu treffen149. Der dem Pseudo-Melito vorliegende Text war nach Meinung von Haibach-Reinisch reich an Wundern, die teilweise von dem rechtgläubigen Bearbeiter getilgt wurden150. Sie scheint davon auszugehen, daß sich die „wunderbare Wolkenfahrt des Johannes“ bereits in der häretischen Vorlage findet151. Gleiches gilt für die Reise der anderen Apostel nach Jerusalem. „Fast wie eine Zauberformel klingt das ‚haec eo dicente‘ in B2, und man könnte beinahe annehmen, die vorangehenden Worte des Johannes hätten den Wolkentransport der Apostel bewirkt.“152 Doch auch gnostische Lichtsymbolik habe sich in dem Transitus des Leucius gefunden153. Diese Vorlage habe auch von einer getrennten Aufnahme von Leib und Seele ge-
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Haibach-Reinisch, Ein neuer „Transitus Mariae“, 39. Haibach-Reinisch, Ein neuer „Transitus Mariae“, 33. Mimouni, Dormition et Assomption de Marie, 269: „En revanche, M. Jugie pourrait avoir raison quand il affirme que le Pseudo-Méliton ignorait certainement le nom de l’auteur de l’écrit qu’il voulait combattre et qu’il identifia avec le ‚gnostique‘ Leucius, qualifié, de ‚disciple du diable‘ dans le Décret de Gélase.“ Haibach-Reinisch, Ein neuer „Transitus Mariae“, 38f: „Aber man muss bedenken, dass der häretische Gehalt von Monarchianismus, Doketismus, Montanismus und der Lehre Marcions bis in das 4. Jahrhundert hinein – wenn auch oft unter anderen Namen – wirksam blieb. So kann der häretische Transitus Mariae ebenso wie die Acta Johannis mit gleich guten Gründen erst Anfang des 4. Jahrhunderts verfasst worden sein.“ Zur Frage der Gestalt des Montanismus und seiner Häresie vgl. auch A. Wypustek, Magic, Montanism, Perpetua, and the Severan Persecution, VigChr 51 (1997) 276−297, der auf die Nähe zwischen montanistischem und magischem Vokabular verweist. Haibach-Reinisch, Ein neuer „Transitus Mariae“, 156: „Pseudo-Melito ist zwar im Vergleich zu anderen Transitus-Schriften sparsam in der Verwendung von Mirakeln, doch sah er andererseits im Interesse seiner Leser wieder keinen Grund, alles Wunderbare seiner häretischen Vorlage zu tilgen. Diesen Anreiz zum Lesen wollte und konnte er der Legende nicht nehmen.“ Ebd., 158. Ebd., 159. Ebd., 160: „In welcher Weise sich die gnostische Lichtlehre in dem häretischen LeuciusWerk niedergeschlagen haben mag, kann man nur aus den Resten schliessen, die unser neuer Archetyp noch enthält.“
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sprochen154. Auch andere Forscher betonen, daß gerade die Vielzahl der Wunder einen apokryphen Text charakterisieren155. Diese pauschale Verurteilung eines apokryphen Textes, den bisher niemand tatsächlich gesehen hat, kann nicht undifferenziert hingenommen werden: „Die Apokryphen galten als zeitlich spät und inhaltlich minderwertig, im besten Falle: phantastisch, im schlimmsten: häretisch. Diese Überzeugung begann in den letzten Jahrzehnten zu wanken, u. a. weil im Lauf der letzten hundert Jahre mehrere frühchristliche Schriften und Fragmente entdeckt und ediert worden sind, deren Abfassung erheblich vor der Konsolidierung des neutestamentlichen Kanons liegt und die teilweise parallel zu den kanonischen Texten stattgefunden haben könnte.“156 Und so finden sich auch manche Hinweise für eine positivere Deutung der apokryphen Texte157. Cothenet hält es für möglich, daß der Text des Leucius bereits im zweiten Jahrhundert verfaßt wurde158. Die Bemerkung des Epiphanius, daß niemand „etwas über ihren Tod wisse“159, entkräftet Cothenet durch den Hinweis, daß Epiphanius hier gegen die Kollyridianer polemisiere, die Maria gleichsam göttliche Ehren erwiesen hätten, insofern würde Epiphanius hier nur die offizielle Lehre der Kirche vertreten, seine Aussage träfe deswegen nicht unbedingt für die gesamte Überlieferung zu160. Man muß also festhalten, daß mit größter Wahrscheinlichkeit ein Text existiert hat, der vom Leben – zumindest wahrscheinlich den letzen Jahren – und Tod der Maria berichtet hat. Dieser Text hat die Transitus-Mariae-Literatur beein-
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Ebd., 163: „Damit soll nicht geleugnet werden, dass die gnostische Vorlage eine getrennte Aufnahme von Leib und Seele vertrat. Das beweist das alte syrische Fragment, wonach erst im Paradies Leib und Seele vereinigt werden.“ Jugie, La mort et l’assomption, 107f: „Ce qui distingue les récits qui méritent cette épithète [d. i.: die Bezeichnung „apokryph“], c’est justement l’usage effréné du merveilleux. Le merveilleux, nous le trouvons en abondance dans les fragments d’un récit syriaque publiés en 1865 par W. Wright d’après trois manuscrits, dont l’un paraît bien dater de la seconde moitié du ve siècle et les deux autres remonter au moins au vie siècle.“ Siehe auch Baldi/Mosconi, L’assunzione di Maria, 110, die bezüglich der Transitus Mariae-Literatur bemerken: „Il tema principale su cui si accentua la leggenda è il fatto della morte e della sepoltura della Vergine, estesamente narrato e abbellito di meravigliosi e fantastici episodi.“ Theissen/Merz, Der historische Jesus, 37. Vgl. Cothenet, Marie dans les apocryphes, 148: „En faisant des Apôtres les témoins et les garants du triomphe de la Mère de Dieu, les apocryphes n’attestaient-ils pas à leur manière que cette croyance appartenait bien au dépôt de la foi apostolique?“ Cothenet, Marie dans les apocryphes, 144: „Malgré bien des obscurités sur l’histoire des transitus, il n’est pas téméraire d’affirmer que dès la fin du iie siècle on a commencé à s’interroger sur les derniers moments de la vie de la Vierge.“ Epiph., haer. 78,11,3 (Holl GCS III, 462,11). Cothenet, Marie dans les apocryphes, 144 Anm. 300: „Saint Épiphane nie l’existence d’une tradition officielle, faisant autorité, mais il ne nie pas nécessairement celle d’une tradition extracanonique, jugée suspecte à cause du caractère peu orthodoxe de certains de ses représentants (persons à Leucius ou aux Collyridiennes).“
Das Verhältnis des Wiener Textes zur koptischen Transitus-Mariae-Literatur
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flußt161. Die Ablehnung dieses Textes durch großkirchliche Kreise führte dazu, daß der Text – oder wenigstens eine von diesem wahrscheinlich abhängige lateinische Version – im lateinischen Westen dem Leucius zugeschrieben wurde. Johannes von Thessalonike erwähnt keine Verfasser der von ihm kritisierten apokryphen Texte. Dies scheint ebenso wie die Tatsache, daß ein Häretiker Leucius historisch nicht greifbar ist, auf eine sekundäre, apologetisch motivierte Zuschreibung hinzudeuten, galt doch Leucius im lateinischen Westen spätestens seit dem Decretum Gelasianum als der „Erz-Häretiker“. Ziel der Zuschreibung war es, diesen Text durch die Zuschreibung zu Leucius in einer Weise zu verunglimpfen, daß er nicht weiter rezipiert werden konnte.
3. Das Verhältnis des Wiener Textes zur koptischen Transitus-Mariae-Literatur 3.1. Einleitung Grundsätzlich muß festgehalten werden, daß es sich bei den koptischen Texten zu großen Teilen um Homilien handelt1, die über Leben und Tod der Maria berichten – wobei allerdings auch die Frage zu stellen ist, ob es sich nicht um Transitusberichte handelt, die nur in Form einer Homilie verfaßt wurden und nie als Predigt gehalten wurden2. Dies gilt natürlich in ganz besonderer Weise für die pseudepigraphen Predigten. Insgesamt ist der Übergang zwischen homiletischer und apokrypher Literatur fließend, viele Predigten verwenden apokryphes Material, zahlreiche Predigten werden pseudepigraph einer herausragenden Persönlichkeit der Kirchengeschichte zugeschrieben, um den Inhalten der Predigt ein größeres Gewicht zu verleihen. Aufgabe dieses Abschnittes ist es, den Text, der auf dem Wiener Pergamentblatt überliefert ist, in die bekannte koptische Transitus-Mariae-Überlieferung einzuord161
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Baldi/Mosconi, L’assunzione di Maria, 124: „Così lo Pseudo-Melitone e lo Pseudo-Giovanni, i due scritti apocrifi più conosciuti e diffusi nell’occidente e oriente cristiano, risultato di tradizioni locali e del primitivo scritto di Leucio, rappresentano i due rami da cui sono sbocciati gli altri scritti apocrifi.“ Vgl. Lantschoot, Assomption, 496: „On verra que les récits de l’Assomption sont présentés presqu’exclusivement sous forme d’homélie, attribués à un personnage vénérable et censés prononcés, soit le 21 de tobé (16 janvier), anniversaire de la Dormition, soit le 16 de mésoré (le 9 août), anniversaire de l’Assomption, et ces récits puisent largement leurs détails tant dans le Transitus Mariae et d’autres apocryphes que dans l’imagination féconde de l’auteur et des copistes subséquents, brodants à qui mieux mieux [sic !], renchérisants l’un sur l’autre.“ Zum grundsätzlichen Problem der Einordnung von Transitus-Mariae-Texten vgl. auch S. C. Mimouni, Les Transitus Mariae sont-ils vraiment des apocryphes?, StPatr 25 (1993) 122−128, hier 128: „Autrement dit, malgré leur mention dans le Décret gélasien, il apparaît préférable de considérer les Transitus Mariae comme des écrits hagiographiques originaires de la Grande Église, plutôt que comme des écrits apocryphes originaires de communautés chrétiennes intersticielles.“
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nen. Es gibt zwei größere Probleme, die den Versuch erschweren, ein Verhältnis zwischen den bekannten Texten der Transitus-Mariae-Literatur und dem hier edierten Text herzustellen. Ein grundsätzliches Problem bei der Klärung dieses Verhältnisses ist die Frage nach dem Alter der erhaltenen Texte, das ja ein sehr wichtiges Kriterium bei jeder Verhältnisbestimmung von literarischen Traditionen ist. Da jedoch in der Forschung keine vollständige Einigkeit darüber besteht, wie diese meist pseudepigraphen Texte zu datieren sind, ist die zeitliche Einordnung dieser Texte und ihr Verhältnis zueinander eine erste nicht ganz leicht und sicher nicht ohne Widerspruch zu beantwortende Frage. Allgemein gilt entweder der griechische Transitus des Pseudo-Johannes (auch als Johannes der Theologe bezeichnet) oder einer der syrischen Texte – beide weisen eine Reihe von Gemeinsamkeiten auf – als der älteste Transitus-Mariae-Bericht3. Auffällig und bemerkenswert ist jedenfalls, daß der Transitus Mariae des Pseudo-Johannes zwar in arabischen Rezensionen vorliegt, daß sich jedoch bis jetzt keine vollständige koptische Version dieses Transitus-Berichtes nachweisen läßt, auch wenn dieser Transitus nachweislich in Ägypten bekannt war4. Dies ist ein erstes Indiz für eine hohe Eigenständigkeit der koptischen Überlieferung. Allerdings wird unter Hinweis auf die theologisch unproblematische Überlieferung der koptischen Transitus-Mariae-Literatur auch die Hypothese aufgestellt, daß diese ganze Textgruppe – im Gegensatz zum Beispiel zu den syrisch überlieferten Texten – keine Wurzeln habe, die vor das fünfte Jahrhundert zurückgehen. Diese Annahme setzt voraus, daß die Transitus-MariaeLiteratur ihren Ursprung im heterodoxen Milieu hat5. Jedenfalls finden sich teilweise heterodoxe Aspekte innerhalb der Transitus-Mariae-Literatur. Ob dies jedoch ein besonders charakteristisches Merkmal der ältesten Überlieferung dieser Texte ist, bedarf wohl noch weiterer Untersuchungen6. 3
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Bovon/Geoltrain, Écrits apocryphes chrétiens, 165−166: „La Dormition de Marie du PseudoJean en grec serait le plus ancien texte appartenant aux Transitus Mariae. En effet, on la considère tantôt comme un original ayant donné naissance à une version syriaque appelée la Dormition du Pseudo-Jacques, tantôt comme une version issue d’un original syriaque. Les Dormitions grecque et syriaque présentent, il est vrai, de nombreux points communs, mais, dans l’état actuel de la recherche, il est difficile de dire laquelle est première.“ Vgl. hierzu van Lantschoot, Assomption, 496: „Comme on ne manquera pas de relever, les mss. n’ont pas livré jusqu’à ce jour une recension copte proprement dite du Transitus Mariae attribué à l’apôtre S. Jean, bien que cet apocryphe, comme le prouvent les diverses recensions arabes circulant en Egypte, ne devait point être inconnu.“ Vgl. Shoemaker, Ancient Traditions, 206−207: „Nevertheless, while the early Palm traditions betray considerable evidence of early contact with theologically marginalized forms of early Christianity, the earliest narratives of the Bethlehem and Coptic traditions, as well as the earliest atypical narratives, afford no evidence of such contact. There is almost nothing in these narratives that would suggest their prior existence outside the bounds of what eventually came to be ‚orthodox‘ Christianity, nor is there much that points towards an origin any earlier than the middle of the fifth century.“ Vgl. hierzu jedoch Sellew, Dormitio Mariae, 41: „Most likely the story of Mary’s passing arose in the Christian Near East, probably in Egypt or Syria-Palestine, apparently in circles sympathetic to esoteric theology. As we will see, the Virgin Mary glimpsed in the oldest
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Ein weiteres Problem stellt die Tatsache dar, daß die bekannten Texte – wenn man einmal von der Stelle im Liber Bartholomaei absieht, die Mimouni für den ältesten Beleg einer Transitus-Mariae-Überlieferung ansieht7 – einander zwar vergleichsweise ähnlich sind, daß die Unterschiede zu dem Wiener Text aber nicht viel größer sein könnten8. Während die Erzählung auf dem Wiener Pergamentblatt sehr knapp und kurz gehalten ist und keinerlei Wunder berichtet werden, während auch in keiner Weise kirchliche Strukturen sichtbar werden, kann dies von den anderen Transitusberichten nicht behauptet werden. Dies darf gleichzeitig als das grundsätzliche Problem angesehen werden: Inwieweit darf überhaupt von einem Verhältnis zwischen diesem Text und der fraglichen Literatur gesprochen werden, wenn Charakteristika, die allen Texten, die in irgendeiner Form Erzählungen über den Tod der Maria bieten, gemeinsam sind, nicht in dem Wiener Fragment gefunden werden können. Heißt das, daß es sich bei dem Wiener Text überhaupt nicht um einen Transitus handelt, oder bedeutet das, daß der Begriff der Transitus-MariaeLiteratur weiter gefaßt werden muß? Insgesamt gehört nach Mimouni eine Hälfte der koptischen Überlieferung der Transitus-Mariae-Literatur dem Stadium der Dormitio9, die andere Hälfte dem Stadium des Transitus an10. Mimouni ist dabei in den Angaben des genauen Verhältnisses der einzelnen Texte zueinander sehr vage. Er rechnet drei Texte zu den Dormitiones, vier weitere zu den eigentlichen Transitus. Alle diese Texte gehören nach Mimouni innerhalb der gesamten Transitus-Mariae-Literatur zu der Zwischenstufe zwischen den ältesten Texten und den jüngsten Texten. Die Mehrzahl der koptischen Texte der Transitus-Mariae-Literatur ist im sahidischen Dialekt überliefert, es finden sich jedoch auch bohairische Versionen. Insgesamt wird man davon ausgehen dürfen, daß in der Mehrzahl der Fälle, in denen ein Text in beiden Dialekten überliefert ist, die sahidische Überlieferung der bohairischen Version zugrundeliegt11.
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versions of the legend functions in part as a mystagogue or revealer of cosmic and salvific mysteries.“ Vgl. Jugie, La littérature apocryphe, 270: „Ce que est dit de la mort de Marie dans l’Évangile copte de Barthélemy rappelle le Liber Johannis grec. Ce document peut donc prétendre à une haute antiquité; mais il est impossible de préciser davantage.“ Die Stelle im Liber Bartholomaei kann bei einem strukturellen Vergleich der Texte nicht herangezogen werden, handelt es sich doch nicht um einen Transitus-Bericht, sondern um eine kurze Verheißung im Rahmen einer wörtlichen Rede Jesu. Das sind Texte, die nur vom Tod der Maria berichten. Das sind Berichte, welche die Vorstellung einer Aufnahme der Maria in den Himmel beinhalten. Für ein vergleichbares Verhältnis von sahidischer und bohairischer Version des Neuen Testaments siehe Böhlig, Die griechischen Lehnwörter, 85: „Über die Entstehung der bohairischen Übersetzung gibt es augenblicklich keine communis opinio. Steindorff will sie zeitlich in die Nähe der sahidischen setzen, Lefort in die Zeit nach der arabischen Invasion. Im Gegensatz zu Steindorff möchte ich die vorliegende bohairische Version auf jeden Fall in die Zeit nach dem Konzil von Chalkedon verlegen.“ Vgl. hierzu auch van Lantschoot, Assomption, 522: „Comme les textes bohaïriques sont plutôt tardifs et ne sont, le plus souvent, que des simples transpositions de textes sahidiques, fréquemment, s’il y a lieu, mis en harmonie avec
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Bereits diese Vorbemerkungen zeigen, daß die Einordnung des Wiener Textes in die vorhandene Transitus-Mariae-Literatur allein nicht ausreicht, um diesem Text seinen Ort in der Geschichte der Textüberlieferung zuzuweisen. Hier ist dann noch nach weiteren Merkmalen innerhalb des Textes zu suchen, die bei einer zeitlichen Einordnung behilflich sein können. 3.2. Die Anspielung auf den Tod der Maria im Liber Bartholomaei12 3.2.1. Zeitliche Einordnung des Textes 13
Nach Mimouni ist eine kurze Bemerkung im sog. Liber Bartholomaei, das im Gegensatz zu den Quaestiones Bartholomaei nur auf Koptisch erhalten ist, als ältester Beleg einer koptischen Transitus-Mariae-Überlieferung anzusehen14. Von diesem Text existieren drei verschiedene Überlieferungen (A, B und C). A und B wurden im Jahr 1904 als Fragmente apokrypher Texte von Lacau ediert15, der in dieser Sammlung eine ganze Reihe von Texten zusammenstellte. Budge veröffentlichte 1911 die Rezension C, die annähernd vollständig ist16. Es gibt eine französische Übersetzung17 dieser Texte. Westerhoff besorgte die Neuedition
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les idées en vogue à l’époque de cette opération, ce sont les documents sahidiques qu’il faut interroger pour avoir des chances de connaître l’opinion primitive des Coptes sur un sujet donné.“ Siehe auch Baldi/Mosconi, L’assunzione di Maria, 88: „Naturalmente risultano di primaria importanza i testi saidici, ritenuti più antichi.“ Dieser Name sollte für diesen koptischen Text verwendet werden; vgl. Westerhoff, Auferstehung und Jenseits, 222: „Festzuhalten bleibt: Der LB ist ‚monographisch‘ am Thema der Auferstehung orientiert. Die Figur des Offenbarungsträgers dient der Hermeneutik des Themas.“ Mimouni, Dormition et Assomption de Marie, 175, bezeichnet diesen Text hingegen als „Évangile de Barthélemy“. So auch Baldi/Mosconi, L’assunzione di Maria, 90, die den Text als „Vangelo dello Pseudo-Bartolomeo“ bezeichnen. Die Verwendung des Begriffs „Evangelium des Bartholomäus“ für diesen Text ist problematisch, erwähnen doch Hieronymus, In Matth. prol. 8 (Bonnard, Jérôme, 60), das Decretum Gelasianum 5,3,6 (vgl. Dobschütz, Decretum, 51: Evangelia nomine Bartholomaei apocrypha) und Ps.-Dionysius Areopagita, myst. 1,3, (Heil/Ritter, Corpus Dionysiacum II, 143,8−9) ein Evangelium des Bartholomäus. Die von Mimouni gewählte Terminologie impliziert eine Identität zwischen dem Liber Bartholomaei und dem altkirchlich erwähnten Text des „Evangeliums des Bartholomäus“. Da diese Identifikation jedoch nicht bewiesen werden kann, scheint es sinnvoll, durch die gewählte Terminologie die entsprechende Differenz zum Ausdruck zu bringen. Von ihm wird dieser Text als C 0 geführt. Mimouni, Dormition et Assomption de Marie, 176: „L’Évangile de Barthélemy n’est pas une Dormitio à proprement parler; de ce fait, on s’intéressera seulement au passage sur la dormition de Marie, qui paraît être un témoin ancien, et peut-être même le témoin le plus ancien de la tradition littéraire copte sur le sort final de Marie.“ Vgl. P. Lacau, Fragments d’Apocryphes coptes de la Bibliothèque Nationale, in: MIFAO IX, Le Caire 1904, 23−77. E. A.W. Budge, Coptic Apocrypha in the Dialect of upper Egypt. Edited with English Translations, London 1913; hier: The Book of the Resurrection of Jesus Christ by Bartholomew the Apostle, 1−49 (koptischer Text der Rezension C) u. 179−215 (englische Übersetzung). Vgl. J.-D. Kaestli/P. Cherix, L’évangile de Barthélemy d’après deux écrits apocryphes, Apocryphes. Collection de poche de l’AELAC, Turnhout 1993, 175−241.
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aller drei Textvarianten mit ausführlichem Kommentar und deutscher Übersetzung18. Über das genaue Verhältnis der drei unterschiedlichen Rezensionen des sog. Liber Bartholomaei zueinander besteht bisher keine Einigkeit in der Forschung. Der Liber Bartholomaei wird von Westerhoff in das 8./9. Jahrhundert eingeordnet19; er wendet sich mit dieser Datierung gegen Kaestli/Cherix20, die eine Einordnung in das 5./6. Jh. vorschlagen. Cothenet hingegen nimmt an, daß dieser Text ein hervorragender Zeuge der dogmatischen Entwicklung des 3. und 4. Jahrhunderts sei21. Darauf, daß er bei seiner Analyse die Quaestiones Bartholomaei und den Liber Bartholomaei zusammen behandelt, obwohl sie zwei verschiedene Werke sind, hat bereits Mimouni hingewiesen22. Die abwegigen Überlegungen von Cothenet müssen eigentlich nicht eigens widerlegt werden. Gerade weil der Liber Bartholomaei an einigen Stellen theologisch geprägte Sprache verwendet, ist diese frühe Datierung abzulehnen – und es ist wohl nicht möglich, diese Belege als spätere Einschübe in einen eigentlich früheren Text zu erweisen23. Ob man deswegen gleich den gesamten Text so spät 18
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Westerhoff, Auferstehung und Jenseits; Chr. Markschies, Rezension Westerhoff, Auferstehung und Jenseits, ZAC 5 (2001) 175−178, hier 176, bemerkt zu Recht, daß es bedauerlich ist, daß die bekannten weiteren Fragmente nicht in dieser Edition enthalten sind. Westerhoff, Auferstehung und Jenseits, 227: „Als Fazit sei notiert: Der LB wurde im 8. oder 9. Jh. im südlichen Oberägypten in einem der dortigen Klöster verfaßt.“ Vgl. Kaestli/Cherix, L’Évangile de Barthélemy, 172: „Il reflète plutôt la piété et la liturgie ordinaires des chrétiens de la langue copte dans l’Égypte du ve ou du vie siècle.“ Siehe auch G. Röwekamp, Art. Bartholomaeus-Literatur, LACL, 96−97, der in das 5./7. Jh. datiert. Vgl. Cothenet, Marie dans les apocryphes, 110: „En définitive, malgré ses obscurités et des bizarreries d’expression, l’Évangile de Barthélemy nous apparaît comme un excellent témoin du développement de la piété mariale au iiie ou au ive siècle. Mieux que tous les textes passés jusqu’ici en revue, il met en valeur le rôle médiateur tenu par Marie, soit dans l’ordre de la révélation, soit dans l’ordre de la rédemption, soit enfin dans la prière de l’Église.“ Bereits die Beschreibung der dogmatischen Aussagen bzw. der Rolle der Maria nach dem Liber Bartholomaei hätte Cothenet vor seiner falschen Frühdatierung warnen müssen, gerade weil er selbst das Nichteingreifen der Maria als einen besonderen Umstand im ältesten syrischen Text beschreibt; Cothenet, Marie dans les apocryphes, 128: „Dans le transitus syriaque le plus ancien, Marie n’intercède pas encore … Les textes postérieurs lui donneront un rôle actif et rendront son intercession efficace.“ Allerdings datiert er dann dieses syrische Fragment auf den Beginn des 3. Jahrhunderts; auch van Lantschoot, Assomption, 522, datiert den Liber Bartholomaei auf das 3. Jahrhundert. Mimouni, Dormition et Assomption de Marie, 176 Anm. 16: „É. Cothenet fait intervenir le chapitre II des Questions de Barthélemy en tant que recension grecque de l’écrit copte. Comme il a déjà précisé, l’Évangile de Barthélemy et les Questions de Barthélemy sont deux écrits distincts.“ Auf die dogmengeschichtlich wichtigen Passagen, die bei einer Altersbestimmung helfen können, verweist Chr. Markschies, Rezension Westerhoff, 176; er betont hierfür besonders die Erwähnung der Ehre, die der heiligen, wesenseinen Trinität gegeben wird, eoueoé[u] ètetria* etouÛÛ[b n=]Homoousion (C p. 57,22 = C, fol. 24r,22 = § 25,6 Kaestli/Cherix) und die Formulierung, daß Maria „Gott (und unser Heil) gebar“, Je ¬tasJpe pnoute
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wie Westerhoff datieren muß, ist jedoch fraglich. Vielleicht sollte man überlegen, zumindest von einem Teil des Liber Bartholomaei anzunehmen, daß er im 5./6. Jahrhundert geschrieben wurde, und eine spätere Gesamtredaktion des Werkes vermuten24. 3.2.2. Die Bemerkung zum Tod der Maria Im eigentlichen Sinn kann man bei dem Liber Bartholomaei nicht von einem Transitus Mariae reden. Es handelt sich lediglich um eine kurze Verheißung im Munde Jesu, die sich auf den Tod seiner Mutter bezieht, nicht jedoch um einen eigentlichen Transitus-Bericht: „[Und] wenn du aus dem Leib gehst, werde ich kommen [m]it meinem Vater und Michael und allen Engel [und] du wirst bei uns sein in meinem Königreich. [Un]d dein Leib: Ich werde veranlassen, daß die Cherubin [mit] dem flammenden Schwert ihn bewachen, während ihn auch die [zw]ölfhundert25 Engel bewachen [bis zum] Tag meiner Wiederkunft und meines Rei[ches]“26. Dieser Text ist in der Rezension B noch etwas erweitert: „Und wenn du aus dem Leibe gehst, werde ich zu dir kommen mit || Michael und Gabriel. Und wir werden nicht zulassen, daß du Furcht hast vor dem Tod, vor welchem || die ganze Welt Furcht hat. Und ich werde dich nehmen zu den Orten der Un||sterblichkeit, und du wirst mit mir sein in meinem Königreich. Und ich werde deinen Leib unter || den Baum des Lebens legen, den der Cherub mit dem flammenden Schwe|||rt bewacht. Bis zum || Tag meines Königreiches wird er es tragen.“27
(C p. 25,12 = fol. 8r,12 = § 10,5 Kaestli/Cherix). Theologisch setzt die Formulierung im Verein mit der Erwähnung der „wesenseinen Dreifaltigkeit“ das Konzil von Ephesos und den qeotÒkoj-Titel voraus. Das 3./4. Jahrhundert als Entstehungszeitraum muß also ausgeschlossen werden. Welche Abschnitte das betrifft, wäre im Rahmen einer quellenkritischen Studie zu untersuchen; vgl. Kaestli/Cherix, L’Évangile de Barthélemy, 162: „Le Livre de la Résurrection, s’il réunit des traditions de provenance diverse, présente cependant une cohérence remarquable.“ Westerhoff, Auferstehung und Jenseits, 117, übersetzt als „zwölftausend“. mNtsnoous NSe sind „zwölfhundert“, mNtsnoous NSo wären „zwölftausend“; vgl. Westendorf, Handwörterbuch, s.v. Siehe hierzu auch § 10,6 Kaestli/Cherix: „Et que douze cents anges veillent sur lui jusqu’au jour de ma parousie et de mon Royaume.“ Für die Übersetzung vgl. Westerhoff, Auferstehung und Jenseits, 115−117; Version des Ms. C p. 25,18−24: [a]uw erSanei = ebol HNswma anok Tnhu [«]N paiwt* mN mixahl mN | auw penouJaI
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aggelos throu || [¬]teSwpe HaHthn HNtamNtero | [au]w pouswma Tnatre nexeroubin | [mN]tshFe ¬kwHO roeis eroF: ere ke|[mN]tsnoous ¬Se ¬¬aggelos roeis eìéÚ | [Sap]ßHoou
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Ntaparousia mN tamNt[ero]. Für die Übersetzung vgl. Westerhoff, Auferstehung und Jenseits, 115; Ms. B p. 112,13−38: erSanei | ebol HNswma | Tnhu anok mN || mixahl mN | gabrIhl Saro: | nt¬tMkaaI* er|Hote Haqh «p|mou paI ¬||Sare Qkosmos | thr¾ ± Hote Ha|teFHh: NtaJi | Mmo enetopos | NOmnOat||mou NteSwpe | nmmaI Hnta|m¬t±ro: | auw Tnakw M|pouswma Ha||pShn Mpw|nH: ere pexaI|roubIn mN¯sh|||Fe NkwHO ro|eIs ºroF Sape||Hoou ¬¯amntR|ro ernaféìßI* | Mmos.
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Grundsätzlich ist in beiden Rezensionen nur vom Tod der Maria, nicht jedoch von einer leiblichen Auferstehung die Rede28. Da dogmatische Überlegungen bei der Datierung von einzelnen Passagen herangezogen werden können29, so sollte man das als Argument dafür ansehen, daß dieser Text eine vergleichsweise alte koptische Passage darstellen dürfte, die sich mit dem Tod der Maria beschäftigt30. Falls man also Westerhoff bei seiner Datierung zustimmen sollte, sollte man zumindest die Möglichkeit in Betracht ziehen, daß sich Spuren weit älterer Traditionen in dem Liber Bartholomaei finden31. Am Rande mag bemerkt werden, daß auch in diesem Text die häufig zu findende Furcht der Maria vor dem Tod eine Rolle spielt32. Dies hat wohl auch damit zu tun, daß der Tod in koptischen Texten sehr oft verstanden wird als ein „Weggerissen-werden“ durch böse Mächte33. 3.3. Sahidische und bohairische Fragmente eines Transitus Mariae 3.3.1. Sahidische Fragmente Revillout hat unter dem Titel „Das Evangelium der zwölf Apostel“ eine Reihe apokrypher Fragmente veröffentlicht34. Das von ihm dort als Nr. 16 bezeichnete Fragment35 gehört zu einem Transitus Mariae. Der Text ist fragmentarisch erhalten. 28
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Darauf weist auch Mimouni, Dormition et Assomption de Marie, 179, hin: „Ce passage de l’Évangile de Barthélemy ne fait référence qu’à la dormition de Marie: la mort est supposée, elle n’est pas explicite; en revanche le corps est préservé, il n’est pas ressuscité.“ Zu einer Diskussion der dogmatischen Fragen, die von den Marienpredigten des Hesychius von Jerusalem aufgeworfen werden, vgl. auch L. Gładyszewski, Die Marienhomilien des Hesychius von Jerusalem, StPatr 17/1 (1993) 93−96. Mimouni, Dormition et Assomption de Marie, 179, nimmt einen derartigen Vergleich vor und kommt zu dem Ergebnis: „De cette comparaison, on peut déduire que le passage de l’Évangile de Barthélemy est plus ancien que le récit sahidique, essentiellement parce que le premier ne mentionne que la croyance à la dormition, alors que le second témoigne de la croyance à l’assomption avec résurrection.“ Vgl. Kaestli/Cherix, L’Évangile de Barthélemy, 168: „Ce passage présuppose l’existence d’un récit développé de la mort de Marie, du même type que celui qui est conservé en grec dans le Vaticanus gr. 1992: le Sauveur, accompagné de Michel et des anges, vient chercher lui-même l’âme de sa mère (§ 32); le corps de celle-ci est ensuite placé au paradis, sous l’arbre de vie (§ 46).“ Allerdings sind die Jenseitsvorstellungen, die sich in koptischen Texten spiegeln, auch dazu angetan, Furcht vor dem Tod zu wecken; vgl. Zandee, Death, 328−332; zur Frage des Weiterlebens älterer ägyptischer Vorstellungen in koptischen Texten vgl. auch F. Zimmermann, Koptisches Christentum und altägyptische Religion, ThQ 94 (1912) 592−604, hier 600: „Für die Bestattungsweise, Namengebung, Vorstellung des jenseitigen Strafortes sind also Elemente der altägyptischen Religion an der Peripherie des christlichen Gedanken- und Vorstellungskreises haften geblieben.“ Vgl. Zandee, Death, 336: „The Coptic as well as the Egyptian texts know death as a being snatched away of man, but it need not be a borrowing here. The metaphor is due to a common human experience. Also the Bible knows death as a being snatched away of the soul.“ Vgl. Revillout, Les Apocryphes Coptes 1, 174−184. Es handelt sich um die Fragmente Paris, BN copte 12917 (67 u. 21−25), die aus dem Weißen Kloster stammen; Revillout datiert diese Handschriften nicht.
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Er beginnt mit dem Leichenzug der Maria. An Vergleichsmaterial zu dem Wiener Text findet sich also letztlich nichts in diesen Passagen. Ein kurzer Hinweis auf die dogmatischen Inhalte ist nötig, kommt doch in einigen Passagen sehr klar und deutlich narrative Theologie zum Ausdruck, zum Beispiel wenn der Hohepriester bekennt, daß Jesus der Sohn Gottes ist36. Sein Bekenntnis gipfelt in der Formulierung: „Ich glaube an dich (fem.) und an den, den du geboren hast, Jungfrau ohne Makel.“37 Die Unterschiede zur Formulierung im Text des Wiener Fragments sind dabei sehr gut zu erkennen. Nach Jugie sind Teile dieses Transitus eine direkte Übersetzung des griechischen Transitus des Pseudo-Johannes38. 3.3.2. Bohairische Fragmente Aufgrund inhaltlicher Berührungen ist zu vermuten, daß es sich bei den bohairischen Fragmenten um denselben Text handelt, den auch die sahidischen Fragmente bieten, die nur die zweite Hälfte der Erzählung überliefern39. Für die Edition waren verschiedene Stücke – ein Blatt einer Handschrift und sechs Fragmente – zusammengeführt worden40. Gewisse Berührungspunkte mit den bohairischen Predigten, die Evodius von Rom und Theodosius von Alexandrien zugeschrieben werden, bestehen41. Was die Identität der sahidischen und der bohairischen Fragmente angeht, formuliert Mimouni vorsichtig, daß auch die inhaltlichen Aspekte nicht dagegen sprächen42. Bereits aufgrund des Titels ist eindeutig, daß es sich um die typische Form eines koptischen Transitus – Tod am 21. Tybi (16. Januar), Auf-
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Revillout, Les Apocryphes Coptes 1, 174f:
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[sic!]
Hwwn Je ntoF pe pShre
mpnoute. 37
Revillout, Les Apocryphes Coptes 1, 175:
Tpisteue ero mn pentarJpoF: tparqenos
nattwlm. 38
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Vgl. Jugie, La mort et l’assomption, 154: „Dans sa première partie, ce récit n’est, en effet, que la traduction du discours de Jean.“ Vgl. H. G. Evelyn White, The Monasteries of the Wadi ’N Natrûn. Part I. New Coptic Texts from the Monastery of Saint Macarius, New York 1926, 54: „More important, perhaps, is frag. 6 and the incident of the Jewish priest there recorded, since this seems to identify the large fragment published by Revillout as a further portion of this work (though in a different dialect). It will be seen that the two slightly overlap, and that in both the punishment inflicted on this priest (loss of his arm, but not blindness) is the same.“ Siehe auch van Esbroeck, Les textes littéraires, 271: „Nous rattachons à la même famille les fragments C 7 et C 1, qui pourraient appartenir au même récit.“ Die Handschriften Tischendorf XXIV,49 und XXV,22,23,30 und 31, sowie Kairo Nr. 48, 1 und 2. Vgl. Mimouni, Dormition et Assomption de Marie, 187. Mimouni, Dormition et Assomption de Marie, 188: „Quant à savoir si ces deux récits fragmentaires sont les témoins – l’un en sahidique, l’autre en bohaïrique – d’un même Transitus, comme le proposait à titre d’hypothèse H. G. Evelyn White, il est difficile de se prononcer sur la base des éléments fournis par les passages encores existants. On doit ajouter que le fait que ces fragments présentent une identité de vue au niveau doctrinal n’est pas un élément défavorable à une telle éventualité.“
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nahme in den Himmel am 16. Mesore (9. August) – handelt43. Der Text verwendet geprägte dogmatische Begriffe wie Gottesgebärerin (qeotÒkoj) und die Übersetzung des Titels ins Koptische (reFJfepnouT). 3.4. Die Predigt des (Pseudo-) Kyrill von Jerusalem Die Predigt, die Kyrill von Jerusalem als ihren Autor bezeichnet44, ist in zwei Rezensionen überliefert45. Es existiert auch noch eine arabische Übersetzung46. Die Rezension A ist vollständig erhalten, die edierte Handschrift47, welche die Rezension B überliefert, ist nur fragmentarisch erhalten. Dieser Text wird von einigen als die älteste koptische Transitus-Mariae-Überlieferung angesehen48. 43
Boh. Dorm. (Evelyn White, Monasteries, 55): pJini ebolKen swma nte ten!Gs% thren Tqeodokos eqouab maria TreFJfe pnouT Ken oumeqmhi Nsou ÈÄ Ntwbi nem tesanalumyis
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eqouab Nsou ½\j Mmesourh. „Der Weggang unserer Herrin, der heiligen Gottesgebärerin, Maria, der wahrhaftigen Gottesgebärerin, aus dem Körper am 21. Tybi und ihre heilige Aufnahme am 16. Mesore.“ Dies ist eine Falschzuschreibung; vgl. Mimouni, Dormition et Assomption de Marie, 188: „Cette homélie est généralement considérée comme faussement attribuée à Cyrille de Jérusalem.“ Siehe auch G. Röwekamp, Art. Cyrill von Jerusalem, LACL, 152−153, hier 153: „Sicher unecht sind drei kopt. erhaltene Homilien über die Passion, das Kreuz und Maria Magdalena.“ Dies dürfte – allein schon wegen des Inhaltes – auch für diese Predigt gelten. Dagegen jedoch V. Burch, The Gospel According to the Hebrews: Some New Matter Chiefly from Coptic Sources, JTS 21 (1920) 310−315, hier 310: „That it is an authentic sermon by the Jerusalem divine there is no reason to question.“ Die zwei Handschriften, in denen die Rezension A überliefert ist, wurden ediert von E. A. W. Budge, Miscellaneous Coptic Texts in the Dialect of Upper Egypt, London 1915, 49−73 (koptischer Text) und 621−651 (englische Übersetzung) und A. Campagnano, Ps. Cirillo di Gerusalemme. Omelie Copte sulla passione, sulla croce e sulla vergine, Milano 1980 (TDSA 65), 151−195; (es handelt sich um die Handschriften BL Or. 6784 [Budge] und Pierpont-Morgan M. 583 [Campagnano]). Die Rezension B, von der ebenfalls zwei Handschriften existieren, wurde von Robinson, Coptic Apocryphal Gospels, 24−41 ediert; es handelt sich um Borgia Copto 109, xxv, 120; vgl. M. Geerard, Clavis Apocryphorum Novi Testamenti, Turnhout 1992, Nr. 132b; Mimouni, Dormition et Assomption de Marie, 189 Anm 60, bemerkt: „Borgia copte 109 (= CXX)“. Die Handschrift trägt die Nummer cxx bei G. Zoega, Catalogus Codicum Copticorum Manuscriptorum qui in museo Borgiano Veletris adservantur, Hildesheim/New York 1972 (= Roma 1810/Leipzig 1903); zu den Signaturen der koptischen Handschriften vgl. auch J.-M. Sauget, Introduction historique et notes bibliographiques au catalogue de Zoega, Muséon 85 (1972) 25−63. Der Abschnitt der Handschrift Pierpont-Morgan M. 597, auf dem die Rezension B dieses Transitus-MariaeBerichtes überliefert ist, ist bisher nicht ediert. Vgl. Mimouni, Dormition et Assomption de Marie, 189. Borgia Copto 109, xxv, 120. Vgl. Baldi/Mosconi, L’assunzione di Maria, 90: „Questo scritto deve certamente essere anteriore agli altri di lingua copta che insegnano la duplice assunzione di Maria, e se, come sembrano indicarlo il nome di Birrus e il racconto della morte di Giovanni, lo PseudoCirillo ha conosciuto gli Acta Ioannis di Leucio o dello Pseudo-Procoro può assegnarsi approssimativamente al V secolo.“
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Die Transitus-Mariae-Literatur
Es handelt sich bei diesem Text, wie bereits sein Titel verrät, nicht im eigentlichen Sinn um einen Transitus Mariae, sondern auch um eine Vita Mariae49. Die Predigt wendet sich unter anderem gegen Anhänger des Harpokrates und gegen Ebioniten, die nach der Vorstellung des Predigers glauben, daß Maria eine „Kraft“ (dÚnamij) gewesen sei50. Der Verfasser behauptet, daß ihm der Inhalt der Predigt in einer Vision geoffenbart worden sei, die er erzählt. Aufschlußreich ist, daß Maria dort von sich sagt, sie sei die Maria aus Magdala51, eine Verwechslung, die sich häufiger in koptischen Texten findet52. 49
Vgl. den Anfang der Handschrift BL 6784; vgl. Budge, Miscellaneous Texts, 49: tmeH Joutoue N echghsis eaFtaouos: NGi ppatriaxhs etouaab: apa kur½llos parxhep½skopos N q!il!hm%: e pb½os Nte qewdogos etouaab mar½Ä: aFSa[Je] de on Je ouHo[ou]t mN ousH½me [ne e]tauJpos N[qe N]ouon n½m: aF[Sa]Je de on etbe [pe]Hoou NtasMton Mmos NHht¾ ete pa½ pe sou Joutoue Ntwbe: HN oue½rhnh Ntepnoute: Hamhn.
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„Die 21. Katechese, die der heilige Patriarch Apa Kyrillos, der Erzbischof von Jerusalem, gehalten hat über das Leben der heiligen Gottesgebärerin Maria. Er sprach aber darüber, daß ein Mann und eine Frau es waren, die sie hervorbrachten in der Art, wie es einem jeden <Menschen> geschieht. Er sprach aber wiederum über den Tag, an dem sie entschlief, es ist dies der 21. Tybi. Im Frieden Gottes. Amen.“ Fol. 3a; vgl. Budge, Miscellaneous Texts, 51: mareFJi Sipe tenou NGi ebiwn: mN arpo-
kraTos: nei HaireTkos Natnoute: nai euJw Mmos Hm peulibe poou: Je oudunamis
51
Nte pnoute te: NtasJi Mpine NousHime: asei eJM pkaH: aumoute eros: Je maria. „Es mögen nun beschämt werden Ebion und Harpokrates, die gottlosen Häretiker, die in ihrem Wahnsinn sagen: Eine Kraft Gottes ist sie, welche die Gestalt einer Frau angenommen hatte. Sie kam auf die Erde, man nannte sie: Maria.“ Gegen diese Vorstellung – allerdings ohne namentliche Nennung der Häretiker – wendet sich auch Theodosius von Alexandria in seiner Predigt; Theod. Dorm. 5,20 (S. 137v; Chaîne, Sermon, 291; Robinson, Coptic Apocryphal Gospels, 108), wo Jesus zu seiner Mutter sagt: areSan fai Swpi Mmo senameui ero NJe Hanrwmi Mponhron Je Nqo oudunamis etasi epesht ebol Ken tfe. „Und wenn dies mit dir geschieht, dann werden einige schlechte Menschen denken, daß du eine Kraft bist, die nach unten kam aus dem Himmel.“ Vgl. Fol 4b; siehe Budge, Miscellaneous Texts, 52f: iwakim pe paeiwt: NSauouaHMeF Je klewpa: anna te tamaau: NtasJpoi: NSaumoute eros Je mariHam: anok te maria tmakdalinh: ebol Je pran MpTime NtauJpoi NHht¾ pe makdalia.
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„Joachim ist mein Vater. Das ist übersetzt: Kleopas. Anna ist meine Mutter, die mich geboren hat. Sie gaben ihr den Namen Maria. Ich bin Maria Magdalena, weil der Name des Ortes, in dem ich geboren wurde, Magdala ist.“ Der Text der Handschrift aus der Pierpont Morgan Library weicht in einzelnen Formulierungen etwas von diesem Text ab (Campagnano, Ps. Cirillo, S. 158 Nr. 10): iwakim pe paeiwt peteSaumoute eroF Je kleopa. anna te tamaau ntasJpoi asmoute eparan Je maria, tetSauouaHmes Je mariHam. anok te maria tmakdalinh, ete pran mpaTme pe makdalia. „Joachim ist mein Vater, den man Kleopas nennt. Anna ist meine Mutter, die mich geboren hat. Sie nannte mich Maria, das heißt übersetzt Mariham. Ich bin Maria Magdalena, es ist der Name meines Ortes Magdalia.“ Am Rande sei bemerkt, daß sich auch im Liber Bartholomaei die eigentlich für den Namen der Maria Magdalena typische Schreibung des Namens Maria (mariHam) für die Mutter Jesu findet; vgl. C 22,17; 41,10; 43,19; 52,19; A 61,51.54. Vgl. Mimouni, Dormition et Assomption de Marie, 190 Anm. 68: „Il arrive parfois que le rédacteur ou copiste confonde Marie avec Marie de Magdala tel que cela est relativement fréquent dans la littérature copte.“
Das Verhältnis des Wiener Textes zur koptischen Transitus-Mariae-Literatur
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Die Ebioniten und Anhänger des Harpokrates, die durch einen Mönch, der diesen Lehren folgt, personifiziert werden, berufen sich nach den Aussagen des Kyrill auf ein „Hebräerevangelium“, um nachzuweisen, daß Maria eine „Kraft Gottes“ gewesen sei. Jesus habe nach der Auffassung dieser Häretiker nur sieben Monate in ihrem Leib zugebracht. Die Szene endet mit der Verbrennung der häretischen Bücher53. Angeblich wird die Predigt im Haus der Maria gehalten54. Maria hat nach der Rezension A dieses Berichts 10 Jahre mit dem Apostel Johannes in Jerusalem gelebt und im Verborgenen Wunder gewirkt55. Auffällig ist, daß nach beiden Rezensionen das Verhältnis von Johannes zu Maria wie das eines Sklaven zu seiner Herrin beschrieben wird56. Die Ankündigung des nahen Todes der Maria geschieht durch eine Erscheinung Christi57. Am Abend ihres Todes spricht Maria ein langes Gebet, bevor Christus erscheint58. Auch hier wird die Furcht vor dem Tod erwähnt. Die Rezension B setzt ein mit dem Bericht über das, was sich nach der Himmelfahrt Jesu ereignet hat. Allerdings finden sich gewisse Abweichungen zur Rezension A, die hier erwähnt werden müssen59. Nach diesem Bericht ist Maria 15 Jahre nach dem Tod Jesu gestorben60. Es wird erzählt, daß Maria den Aposteln 53 54
Vgl. Fol 10b−13b; siehe Budge, Miscellaneous Texts, 59−61. Vgl. Fol 14a−14b; siehe Budge, Miscellaneous Texts, 62:
peJpo kata sarÀ Hn teto
Mparqenos NouoeiS nim qagia maria: tai etenswouH eHoun epeshi etouaab Mpoou: eneire mQmeeue MpeHoou MpesNkotÈ.
55 56
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„Die Geburt dem Fleisch nach aufgrund des Anteils der ewigen Jungfrau, der heiligen Maria, in deren heiligen Haus wir heute sind, um das Gedächtnis des Tages ihres Entschlafens zu begehen.“ Die Formulierung parqenos NouoeiS nim scheint den dogmatischen Begriff ¢eiparqšnoj vorauszusetzen, der auf dem zweiten Konzil von Konstantinopel (553 n.Chr.) für Maria definiert wurde. Dies darf man wohl als ein weiteres Indiz ansehen, daß es sich bei dieser Predigt zumindest um eine fälschliche Zuschreibung zu Kyrill von Jerusalem handelt, lebte dieser doch im 4. Jahrhundert (313−386/87); Röwekamp, Art. Cyrill, 152; allerdings läßt sich eine Verwendung dieses Ehrentitels bereits im 4. Jahrhundert belegen; vgl. Lampe, Lexicon, s.v.; Mimouni, Dormition et Assomption de Marie, 194, Anm. 78 bemerkt zur Datierung dieses Textes: „En effet, on peut raisonnablement dater cette homélie, dans son état primitif, d’une époque située entre le milieu du ve siècle et le milieu du vie siècle.“ Vgl. Fol 16b−17a; siehe Budge, Miscellaneous Texts, 64−65. Vgl. Fol 16b; siehe Budge, Miscellaneous Texts, 64: Jine peHoou etMmau apmaqhths JitÇ eHoun epeFhi: neFdiakonei nas HN diakonia nim Nqe NouHMHal. „Und von jenem Tag an nahm der Jünger sie hinein in sein Haus und diente ihr in jeder Hinsicht [wörtl.: jedem Dienst] in der Art wie ein Sklave.“ Vgl. Fol 18b−20a; siehe Budge, Miscellaneous Texts, 67−68. Vgl. Fol 21a−21b; siehe Budge, Miscellaneous Texts, 69−70. Mimouni, Dormition et Assomption de Marie, 194−195, bemerkt: „La recension B est considérée comme sensiblement voisine de la recension A, en dehors de quelques variantes, qui ne sont pas d’ordre doctrinal, accusant apparemment des traits typiquement égyptiens.“ Siehe Robinson, Coptic Apocryphal Gospels, 28; vgl. hierzu auch Jugie, La littérature apocryphe, 281: „Le récit sahidique analysé par Zoega est curieux à plus d’un titre. Marie resta quinze ans à Jérusalem avec saint Jean, opérant beaucoup des miracles et révélant aux apôtres beaucoup de choses cachées. Elle vivait en compagnie d’un groupe de vierges, dont elle était comme la supérieure.“
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Die Transitus-Mariae-Literatur
ausdrücklich verboten hätte, die Wunder aufzuschreiben, die sie gewirkt hat61. Auch habe sie überhaupt erst den Aposteln das Predigen beigebracht62. Ebenfalls kann nicht unbedingt davon gesprochen werden, daß Maria den Tod fürchte, spricht sie doch in ihrem letzten Gebet: „Möge der Drachen sich vor mir verbergen, wenn er mich sieht, wie ich zuversichtlich zu dir gehe, dem einzig wahrhaften Gott.“63 Trotzdem spricht dann ihr Sohn zu ihr: „Fürchte den Tod nicht.“64 Michel van Esbroeck hält es für wahrscheinlich, daß dieser Text nicht nach dem siebenten Jahrhundert entstanden ist65. 3.5. Eine Predigt des Pseudo-Evodius von Rom Die sahidische Version dieser pseudepigraphen Predigt des Evodius von Rom ist auf zwei Straßburger Fragmenten66 und zwei Handschriften der Pierpont Morgan Library in New York67 überliefert. Diese unterscheidet sich so weit von der bohairischen Predigt des Evodius, daß von zwei unterschiedlichen Predigten gesprochen werden muß68. Die Zuschreibung ist selbstverständlich pseudepigraph.
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Sah. vita IV,20−21 (S. 68f der Hs; Robinson, Coptic Apocryphal Gospels, 26f):
auw
eneseIre pe ¬He¬mhhSe ¬talGo ebol H« pl¨os eutntwn enapesShre mmerit \iÇ pe!xÇ penJoeIs. alla eneskwlu nnapostolos etmsHaisou: ebol Je nespht ebol mpeo¤ou etSoueIt ¬¬rwme.
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„Und sie vollbrachte eine Menge von Heilungswundern unter dem Volk, die denen ihres geliebten Sohnes Jesus Christus, unseres Herren, glichen. Aber sie hinderte die Jünger, damit diese sie nicht aufschreiben würden, denn sie floh vor der leeren Ehre der Menschen.“ Sah. vita IV,22 (S. 69 der Hs; Robinson, Coptic Apocryphal Gospels, 27): neuouhH de ¬sws ¬GI napostolos noueIS nIm euJIsbw eptaSeoeIS «peuaggelIon ebol HItoots. „Es folgten ihr die Apostel die ganze Zeit und wurden von ihr in der Predigt des Evangeliums belehrt.“ Sah. vita IV,115 (S. 77 der Hs; Robinson, Coptic Apocryphal Gospels, 38): mare pedrakw¬ HopF¤ HataHh eFnau eroI eiparrhsiaze «moI eInhu e: ratk pnoute mme mauaaF. Sah. vita IV,122 (S. 79 der Hs; Robinson, Coptic Apocryphal Gospels, 40): «pr±Hote HhtF mpmou ² tamaau. van Esbroeck, Les textes littéraires, 271: „La présence d’allusions à des hérésies ébionites et harpocratiennes dans la région de Gaza – dont l’évêque Synekas est nommé – donne à penser qu’il ne s’agit pas de compositions postérieures au viie siècle.“ Vgl. W. Spiegelberg, Eine sahidische Version der Dormitio Mariae, RTPE 25 (1903) 2−4; siehe auch O. von Lemm, Zu einer sahidischen Version der Dormitio Mariae, in: Koptische Miscellen, Nr. 106 (1911), 1135−1139 (= Leipzig 1972); es handelt sich um die Fragmente Kopt. 413 und Kopt. 414, die in das 12./13. Jh. datiert werden. Es handelt sich um Ms 596 (datiert auf 872 n.Chr.) und Ms 598 (datiert in das 9. Jh.), die aus dem Kloster des Hl. Michael im Faijum stammen; für diese Angaben vgl. Mimouni, Dormition et Assomption de Marie, 195 Anm. 84; für die Edition vgl. Shoemaker, Sahidic Coptic Homily. Shoemaker, Sahidic Coptic Homily, 243: „These differences are sufficient to distinguish two separate homilies, which despite their occasional similarities cannot be identified as simply versions of the same text preserved in two different dialects.“
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Evodius war nach dem Titel dieser Predigt der Nachfolger Petri auf dem römischen Bischofsthron69; er gilt als einer der 72 Jünger70; Evodius war der Gefährte des Onesiphoros71. Einer Tradition nach72 war er der erste Bischof von Antiochien. Einer anderen Überlieferung nach war Petrus der Gründer dieses Bistums73. Die Behauptung, daß Evodius Nachfolger des Petrus gewesen sei, könnte als Versuch der Harmonisierung dieser beiden Traditionen gewertet werden; die Verbindung mit dem römischen Bischofssitz kann wohl nur damit erklärt werden, daß zur Zeit der Entstehung dieser Predigt Petrus und Rom fast schon als Synonyme gegolten haben dürften. Der ältesten Liste nach darf er wohl als erster Bischof von
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Nach den wichtigsten Quellen gilt Linus als Nachfolger Petri; vgl. Eus., h.e. 3,2 (Bardy, SC 31, 98) u. 3,4,8 (Bardy, SC 31, 100); u. Irenaeus, Adv. haer. III 3,3 (Rousseau/Doutreleau, SC 211, Kap. 3, Z. 2); sie identifizieren Linus mit dem in 2 Tim 4,21 genannten Linus; Bardenhewer, Geschichte der Altkirchlichen Literatur. Bd. I, 159, bemerkt hierzu: „Jene beiden Reden nennen als ihren Verfasser übereinstimmend den seligen Abbas Euchodius bzw. Evodius, den Patriarchen und Erzbischof der großen Stadt Rom, den zweiten nach Petrus, dem großen Apostel. Irrtümlich ist Evodius von Antiochien nach Rom versetzt worden.“ Allerdings wird er auch in der Predigt über das Leiden und die Auferstehung als zweiter Bischof von Rom bezeichnet; vgl. P. Chapman, Homily on the Passion and the Resurrection attributed to Euodius of Rome, in: L. Depuydt (Hg.), Homiletica from the Pierpont Morgan Library. Seven Coptic Homilies. Attributed to Basil the Great, John Chrysostom, and Euodius of Rome, Louvain 1991 (CSCO 524 = CSCO.C 43), 79−106, hier 79: ppetouaab apa euHwdios ppatriarxhs auw parxhepiskopos ntnoG mpolis Hrwmh. „Der heilige Vater Euodios, der Patriarch und Erzbischof der großen Stadt Rom.“ Auch in einer anderen Predigt über den Tod der Maria wird Evodius als Nachfolger Petri auf dem römischen Bischofsthron bezeichnet; vgl. den fragmentarisch erhaltenen Text bei Evodius, In dorm. Mar. III, 1,3ff. Lk 10,1; nach einigen Handschriften waren es statt 72 nur 70 Jünger. 2 Tim 1,16. Eus., h.e. 3,22 (Bardy, SC 31, 125) nimmt an dieser Stelle die Kirchengeschichte des Julius Africanus auf; an anderer Stelle nennt er jedoch Ignatius als zweiten Bischof (Eus., h.e. 3,36,2; Bardy, SC 31,147); auch Origenes bezeichnet Ignatius als den zweiten Bischof nach Petrus; vgl. Origenes, hom 6,3 in Luc. (Sieben, FC 4/1, 98,17−19): Ignatium dico, episcopum Antiochiae post Petrum secundum, qui in persecutione Romae pugnavit ad bestias (siehe auch PG 3,938 A: tÕn met¦ tÕn mak£rion Pštron tÁj 'Antioce…aj deÚteron ™p…skopon); Hieronymus, De vir. ill. 16 (Richardson TU 14,1, S. 17 Z. 17−19) bezeichnet Ignatius als dritten Bischof nach Petrus; nach den Apostolischen Konstitutionen 7,46,4 (Funk, Const. Ap., 432,15−16: 'Antioce…aj d{ EÙÒdioj m{n Øp' ™moà Pštrou, 'Ign£tioj d{ ØpÕ Paàlou) wurde Evodius von Petrus ordiniert; vgl. hierzu Bardenhewer, Geschichte der Altkirchlichen Literatur. Bd. I, 155 u. 158f; vgl. auch F. Haase, Altchristliche Kirchengeschichte nach orientalischen Quellen, Leipzig 1925, 64; zu Antiochia vgl. J. Kollwitz, Art. Antiochia am Orontes, RAC 1, 1950, 461−469. Vgl. zu dieser Tradition jedoch: W. Bauer, Rechtgläubigkeit und Ketzerei im ältesten Christentum, 2., durchg. Aufl. mit einem Nachtrag hg. v. G. Strecker, Tübingen 21964 (BHTh 10), 121: „Und so möchte ich, wie ich Petrus und Paulus bei Ignatius als römische Losung ansehen zu sollen meinte, auch in der aller örtlichen Erinnerung Hohn sprechenden Behauptung einer späteren Epoche, Petrus wäre in Antiochien ursprünglich führend gewesen, römische Einwirkung wiederfinden.“
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Antiochien angesehen werden74. Als zweiter Bischof gilt – nach den verschiedenen Überlieferungen – Ignatius von Antiochien. Die Predigt des Pseudo-Evodius ist wahrscheinlich vor der Mitte des 6. Jahrhunderts entstanden75. Es findet sich eine auffällige Menge lateinischer Lehnwörter in diesem Text76. Auch diese Predigt verwendet den Begriff reFJpepnoute, um den griechischen Titel qeotÒkoj zu übersetzen77. Die Predigt ist ausführlich, es finden sich viele theologische Aussagen, teilweise enthalten in angeblicher wörtlicher Rede, die sich zum Beispiel in einer Paraphrase der Geschichte von der Hochzeit zu Kana findet. Der Tod der Maria findet nach diesem Bericht statt, bevor die Apostel überhaupt zum Predigen ausziehen78. Jesus erscheint, während sie sich zum Brechen des Brotes versammeln, um ihnen den nahen Tod seiner Mutter anzukündigen. Maria stirbt tatsächlich und wird von ihrem trauernden Sohn in himmlische Gewänder gehüllt. Die Jünger trauern ebenfalls um sie. Nach ihrem Tod kommt ein himmlischer Wagen, auf dem die Seele der Maria sitzt. Ihr Sohn nimmt bei ihr Platz und fährt mit der Seele seiner Mutter in Begleitung von Engeln Richtung Himmel, während die Jünger den Körper der Maria ins Tal Josaphat tragen79. Im Tal Josaphat erscheinen Engel, die den Körper der Maria mitnehmen, um ihn unter den Baum des Lebens zu legen. Jesus erscheint mit seiner Mutter und befiehlt den Jüngern, den Tod seiner Mutter in der ganzen Welt zu verkünden.
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Vgl. H. R. Seeliger, Art. Evodius v. Antiochien, LThK Bd. 3, 31995, 1069; vgl. Bauer, Rechtgläubigkeit und Ketzerei, 120: „Die chronologische Unmöglichkeit dieser Anordnung liegt auf der Hand. Doch bedarf es überhaupt keines Beweises dafür, daß die Form der Liste, die Euodius an den Anfang stellt, für Antiochien ebenso gewiß die frühere ist, wie für Rom jene, die mit Linus anhebt.“ Shoemaker, Sahidic Coptic Homily, 245f, weist darauf hin, daß diese Predigt das Fest der Aufnahme Mariae in den Himmel am 16 Mesore noch nicht zu kennen scheint und führt dies als Datierungskriterium an. Allerdings ist die Frage, ob diese Lehnwörter nicht Aufschluß auf die Bildung des Schreibers bzw. eine als sehr wahrscheinlich anzunehmende griechische Vorlage dieses Textes zulassen; Shoemaker, Sahidic Coptic Homily, 249, bemerkt hierzu jedoch: „No doubt the Coptic tradition’s association of Evodius with Rome accounts in part for the frequency of Latin loan words, both in this homily and in the homily On the Passion and Resurrection.“ Dies allein reicht wohl als Erklärung nicht aus. Evodius, In dorm. Mar. I, 1 (Shoemaker, Homily, 252): HM pran Nteqeokos etouaab maria auw treFJpe pnoute HN oume. „Im Namen der heiligen Theotokos und Gottesgebärerin Maria.“ Vgl. Evodius, In dorm. Mar. I, 15 (Shoemaker, Homily, 270). Die Tradition eines Grabes der Maria im Tal Josaphat findet sich auch in einer dem Thephilos von Jerusalem zugeschriebenen Predigt; vgl. Théophile, Archevêque d’Alexandrie. Sermon sur les Trois Enfants de Babylone (de Vis, Homélies Coptes II, 121−157, hier 135,15−136,2): aiHwl on eptopos nTÄgiÄ mariÄ etxh Ken fiÄHi N½wsafat aiSlhl NKhtF. „Ich eilte nun zum Heiligtum der heiligen Maria, das im Tal Josaphat liegt. Dort habe ich gebetet.“
Das Verhältnis des Wiener Textes zur koptischen Transitus-Mariae-Literatur
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3.6. Eine zweite Predigt des Pseudo-Evodius von Rom Diese Predigt des Pseudo-Evodius80 wird vollständig in einer bohairischen Version81 überliefert. Daneben ist auch noch eine Reihe von Fragmenten erhalten, die Teile einer sahidischen Fassung dieser Predigt bezeugen82. Gewisse, kleinere Unterschiede bestehen zwischen den beiden Versionen, die wohl als weiterer Beleg für die weitverbreitete Hypothese angeführt werden können, daß im Fall einer parallelen Überlieferung eines Textes auf Sahidisch und Bohairisch im Normalfall der bohairische Text der jüngere Text ist. Dogmengeschichtlich erwähnenswert ist die Tatsache, daß der bohairische Text83 davon berichtet, daß Jesus die Apostel am Tag vor dem Tod der Maria in geistliche Ämter eingesetzt hat84. Das letzte Gebet der Maria spricht sie „in der Sprache des Himmels.“ Dies scheint der Grund dafür zu sein, daß der Inhalt des Gebetes nicht mitgeteilt wird. Auffällig ist, daß nach beiden Versionen die Apostel auf das Amen der Maria mit einem bestätigenden Amen antworten85 Interessant – und eines der Argumente dafür, daß die sahidische Version die ältere Rezension dieses Textes darstellen dürfte – ist der Bericht über die zwölf Jungfrauen. 80 81
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Daß auch diese Predigt pseudepigraph ist, muß nicht weiter diskutiert werden. Vgl. P. de Lagarde, Aegyptiaca, Göttingen 1883, hier: 38−63 (de dormitione Mariae); für eine englische Übersetzung Robinson, Coptic Apocryphal Gospels, 44−66; es handelt sich um Cod. Vat. copt. 62, an. 950, f. 90−119v. Vgl. Robinson, Coptic Apocryphal Gospels, 67−89; koptischer Text und englische Übersetzung; der Edition sind zugrundegelegt: Oxon. Clarendon B.3.15, Neapol. Borg. 258, 259 und 273. Die entsprechende Passage des sahidischen Textes ist nicht erhalten. Vgl. Evodius, Boh. dorm. VI 6 (Lagarde, Aegyptiaca, 46f): pGois de aFT smou nan throu . Ken pieHoou e¤temmau, ouoH aFer xirodonin «paiwt petros ¬arxhe¤piskopos, ¨non de Hwn Ka nikouJi «maqhths, aFªri ¬Hanouon ¬Khten «presbuteros – ¨nok ouai e¤bol ¬Khtou Ka pie¤laxistos euxodios –, menensws Handi¨kwn e¤psobT «pimanerSwouSi nem Hanan¨gnwsths nem Hanyalmwtos nem Han«nout pros psobT ¬Tekklhsi¨: nai throu aFaitou Ken tenmhT ¬souÈ «pi¨bot twbi. „Der Herr aber segnete uns alle an jenem Tag, und er legte meinem Vater die Hände auf [und weihte ihn] zum Erzbischof [wörtl.: und er legte meinem Vater die Hände auf zum Erzbischof; das griech. ceirotonšw ist im Koptischen terminus technicus für „weihen“], wir aber als die niedrigeren [wörtl.: kleineren] Jünger, er machte einen jeden von uns zum Priester – ich, der niedrigste Euchodios, war einer von ihnen. Danach [machte er einige] zu Diakonen für den Dienst des Altars und zu Vorlesern und zu Psalmensängern und zu Türhütern für den Dienst der Kirche: All das tat er am zwanzigsten des Monats Tybi.“ Beiläufig mag bemerkt werden, daß die Form ait= als Status constructus von eire auf möglichen achmimischen Einfluß auf das Bohairisch dieses Textes hinweisen könnte. Sah. dorm. II,X,4f (Robinson, Coptic Apocryphal Gospels, 70): easSlhl astauouo nouproseuxh nte natpe kata qe ntapesShre tsabos eros nteresJwk ebol mpeSlhl asT mpHamhn auw neno−wHm nsos thrn Je Hamhn.
„Und indem sie betete, sprach sie ein großes Gebet in der Sprache der Bewohner des Himmels [wörtl: derer, die zum Himmel gehören] in der Art, wie ihr Sohn es sie gelehrt hatte. Nachdem sie das Gebet vollendet hatte, sprach sie das Amen. Und wir antworteten nach ihr: Amen.“
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Die Transitus-Mariae-Literatur
Nach der sahidischen Version zogen diese „mit uns“ seit dem Tag, an dem Jesus gekreuzigt worden war86. Die bohairische Überlieferung berichtet nur noch von zwölf Jungfrauen, die mit Maria zusammen waren87. Diese Jungfrauen hatten bis zum Tag der Kreuzigung Jesu Dienst im Tempel getan. An diesem Tag schlossen sie sich nach beiden Erzählungen dem Jüngerkreis Jesu an, und zwar nach der bohairischen Version der Maria, nach der sahidischen Überlieferung den Aposteln. In der bohairischen Version des Berichtes findet sich die bereits bei der Diskussion der anderen Texte dieser Gruppe angesprochene Furcht der Maria vor dem Tod88. Der Aufbruch der Apostel zur Mission erfolgt erst nach dem Tod der Maria89. Diese Predigt setzt also von eine sehr kurze Zeit zwischen der Himmelfahrt Jesu und dem Tod seiner Mutter voraus. 3.7. Die Predigt des Theodosius von Alexandrien Die Predigt des Theodosius von Alexandrien90, die er angeblich in seinem letzten Lebensjahr gehalten hat, wird allgemein als authentisch angesehen91. Falls die 86
Sah. dorm. II,X,7b (Robinson, Coptic Apocryphal Gospels, 70): MNtsnoouse de Mparqenos: „Zwölf Jungfrauen aber zogen mit uns seit dem Tag, an dem Christus gekreuzigt worden war.“ Evodius, Boh. dorm. X,7b (Lagarde, Aegyptiaca, 52): aumoSi ¬sws Ken pJinqrouaS penswthr e¤pistauros. „Sie folgten ihr, seit unser Erlöser am Kreuz aufgehängt worden war.“ Evodius, Boh. dorm. XI 11 (Lagarde, Aegyptiaca, 54): ouaHsaHni, ² paShri «menrit, e¤qre niHuphreths ¬te fnoun fwt sabol «moi, ¬touStemT HoT ¬tayuxh. „Befiehl, o mein geliebter Sohn, daß die Diener der Unterwelt von mir weglaufen, damit sie meiner Seele keine Furcht bereiten können.“ Evodius, Boh. dorm. XVIII 15 (Lagarde, Aegyptiaca, 61−62; Jesus spricht nach dem Tod der Maria zu seinen Jüngern): twounou Je Tnou, maSe nwten e¤bol Ken pikosmos thrF, ¬tetenHiwiS «pieuaggelion Ken mai niben, ouoH ¬tetenT wms ¬nieqnos throu Ken fran «fiwt nem pShri nem pipneuma eqouab. „Steht nun auf, geht in die ganze Welt hinaus, predigt das Evangelium an jedem Ort und tauft alle Völker im Namen des Vaters mit dem Sohn und dem Heiligen Geist.“ Vgl. auch Evodius, Boh. dorm. VI 5b (Lagarde, Aegyptiaca, 54f); dort spricht Jesus zu seinen Jüngern am Tag vor dem Tod der Maria, daß er noch einen gemeinsamen Gottesdienst mit ihnen halten wird, bevor jeder zur Verkündigung ausziehen wird. Theodosius, Schüler des Severus von Antiochien, wurde 535 zum Nachfolger des Timotheus III. gewählt, doch bereits am Tag seiner Wahl wurde er durch einen Volksaufstand vertrieben. Auf Betreiben der Kaiserin Theodora wurde er im Mai 536 wieder in sein Amt eingesetzt, im Oktober 536 von Kaiser Justinian aufgrund seiner antichalzedonischen Haltung bis 539 inhaftiert. Danach lebte er als Schützling der Kaiserin Theodora an deren Hof. Er starb am 22.6.566; für seine Lebensdaten vgl. T. Böhm, Art. Theodosius von Alexandrien, LACL, 598, sowie K.-H. Uthemann, Art. Theodosios I. v. Alexandrien, LThK Bd. 9, 32000, 1420−1421. Vgl. Mimouni, Dormition et Assomption de Marie, 202 Anm. 109: „Ce sermon est généralement considéré comme authentiquement attribué à Théodose d’Alexandrie qui fut patriarche monophysite de 536 à 566 ou 567.“ M. Chaîne, Sermon de Théodose, patriarche d’Alexandrie sur la Dormition et l’Assomption de la Vierge, ROC 29 (1933/34) 272−314, hier 18, formuliert die Zuschreibung zu Theodosius etwas vorsichtiger: „Il semble que si mooSe NMman: Jin epeHoou NtausXÃu Mpe!xÇ.
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Zuschreibung richtig sein sollte92, wäre diese Predigt im Jahr 565 gehalten worden. Von dieser Predigt gibt es nur eine bohairische Rezension, die in einer fast vollständigen Handschrift93 (es fehlt lediglich der Schluß, der jedoch in arabischer Übersetzung in einer anderen Handschrift94 erhalten ist) und mehreren Fragmenten überliefert ist95. Die lange Einleitung und der ebenfalls lange Schluß stellen Teile einer Predigt dar, welche die Erzählung einrahmen; bei dem Transitus selbst handelt es sich wohl eher um eine Erzählung als um eine Predigt96. Marius Chaine geht davon aus, daß der koptische Text aus dem Griechischen übersetzt ist, die gleichfalls geäußerte Annahme, daß der Transitus des Pseudo-Melito den Verfasser dieses Textes stark beeinflußt habe97, wird nicht ungeteilt akzeptiert98 und ist
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Théodose, le successeur du patriarche Timothée, n’est pas effectivement l’auteur de notre récit, il eût pu y apposer sa signature. Rien de ce qu’il contient ne s’y oppose et l’on ne saurait invoquer contre lui quoi que ce soit de cet écrit qui lui est attribué.“ Geerard, Clavis Apocryphorum Novi Testamenti, Nr. 136, verweist darauf, daß sich auch in der Pierpont Morgan Library eine Version dieser Predigt findet; Mimouni, Dormition et Assomption de Marie, 206, Anm. 127; zu diesem Text vgl. Campagnano, Ps. Cirillo Di Gerusalemme, 15; das Manuskript ist datiert auf das Jahr 622 der Ära der Märtyrer (=905/ 906 n.Chr.). Es handelt sich um Cod. Vat. Copt. 61, f. 117−142v (= Vat. Borgia Copto 117, f. 46v−69r) aus dem Makarius-Kloster im Wadi Natrun; für die Edition vgl. Robinson, Coptic Apocryphal Gospels, 90−127 (Anfang und Ende des Textes wurden bei der Edition weggelassen), sowie M. Chaine, Sermon de Théodose, 272−314; für eine spanische Übersetzung vgl. P. M. Bellet, Theodosio de Alejandría y su homilía copta sobre la Asunción de la Virgen, EphMar 1 (1951) 243−266; eine italienische Übersetzung bei M. Erbetta, Gli apocrifi del Nuovo Testamento. Bd. 1: Vangeli. Teil 2: Infanzia e passione di Cristo, assunzione di Maria, Torino 1983, 582−592. Cod. Vat. Arab. 698, f. 85−112; zu diesem Text vgl. Mimouni, Dormition et Assomption de Marie, 229. Für die Fragmente vgl. die Aufzählung bei Geerard, Clavis Apocryphorum, Nr. 135; ein Fragment (mit der Seitenangabe -Â; wohl Cairo 9, 9Addi) wurde von H. G. Evelyn White, The Monasteries of the Wadi ’N Natrûn. Bd. 1. New Coptic Texts from the Monastery of Saint Macarius, New York 1926, 60−62, ediert; insofern ist die Bemerkung von Mimouni, Dormition et Assomption de Marie, 202, nicht ganz zutreffend: „Des fragments de ce sermon ont également été retrouvés, ils ont été publiés par H. G. Evelyn White en 1926“; gleiches wird auch in CANT Nr. 135 behauptet. Vgl. Chaine, Sermon de Théodose, 272: „Sa forme est de la meilleure tenue littéraire. Le style toujours châtié est brillant, aisé, abondant, expressif dans la partie proprement sermonaire, comme il est vivant, facile, naturel, plein de mouvement et de pittoresque dans la partie purement narrative.“ Chaine, Sermon de Théodose, 272: „Celui-ci, qui a écrit en grec et dont la rédaction dénote une véritable culture, a utilisé l’ouvrage du Pseudo-Méliton; il a aussi puisé à d’autres sources. Il a mis à contribution les divers écrits qui existaient alors sur la matière, mais il a surtout apporté dans son travail la plus large part personnelle. Bien que le sujet qu’il a traité fût alors fort populaire, il a fait œuvre originale.“ Siehe auch Chaine, Sermon de Théodose, 276: „La langue grecque elle-même, dans laquelle elle a été écrite, bien qu’elle fût destinée à des Coptes, ne saurait être un obstacle.“ Mimouni, Dormition et Assomption de Marie, 203f: „Dans l’état actuel de la recherche, on
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wohl in dieser Formulierung nicht ganz zutreffend. Aufgrund von Satzstruktur und sprachlichen Besonderheiten sollte tatsächlich von einer griechischen Vorlage des koptischen Textes ausgegangen werden. Auf einige Aspekte ist hinzuweisen. Das Verhältnis von Maria zu den Aposteln Petrus und Johannes wird mit interessanten Worten beschrieben: „Wir nun, die Apostel Petrus und Johannes, wir blieben bei ihr, indem wir ihre Befehle und ihre ‚evangelischen‘ Gesetze erfüllten. Sie war für uns alle wie ein Fährmann, wie ein weiser Kapitän.“99 Maria wiederum bezeichnet die Apostel als „meine Söhne“100. Auch hier scheint etwas von einer großen Autorität der Maria nachzuwirken. Nach diesem Transitus war es ebenfalls eine Vision, die Maria von ihrem nahen Tod in Kenntnis setzte; ihr erschien ihr Sohn im Schlaf101. Die Furcht der Maria vor dem Tod wird sehr drastisch geschildert102. Das Erscheinen Christi ist mit Blitz, Donnergrollen und Erdbeben verbunden, die anwesenden Apostel sind voll Furcht und fallen „wie tot“103 zu Boden und werden erst durch die Anrede „seid gegrüßt, meine heiligen Apostel“104 aufgeweckt. Die Aufnahme Mariens in den Himmel wird mit der Himmelfahrt des Henoch105 und des Elias106 gleichgesetzt107. Offensichtlich stirbt Maria auch nach diesem Bericht noch bevor die Apostel in die Welt aufgebrochen sind, wird doch an keiner Stelle von einer Reise der Apostel
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doit relativiser une telle conclusion et la considérer comme une simple hypothèse de travail non dénuée d’intérêt.“ Vgl. Theod. Dorm. 2,2 (S. 130v; Chaîne, Sermon, 284; Robinson, Coptic Apocryphal Gospels, 92): anon Hwon Ka niapostolos petros nem iwannhs nanmhn eros pe enJwk ebol MpesouaHsaHni nem nesnomos Neuaggelikon esSop nan throu NreFerHemi MfrhT
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Nounauklhros Nsabe. Vgl. Theod. Dorm. 3,10 (S. 133v; Chaîne, Sermon, 287; Robinson, Coptic Apocryphal Gospels, 100); siehe auch Theod. Dorm. 5, 4 (S. 136v; Chaîne, Sermon, 290; Robinson, Coptic Apocryphal Gospels, 106). Vgl. Theod. Dorm. 2,5 (S. 131r; Chaîne, Sermon, 285; Robinson, Coptic Apocryphal Gospels, 94). Vgl. Theod. Dorm. 2,18 (S. 132r; Chaîne, Sermon, 285; Robinson, Coptic Apocryphal Gospels, 94): ou oun pe TnaJoF eqbe tJinfwrJ NTyuxh episwma w Tounou eqmeH NHoT etemmau nem sqerter. „Was ist es, das ich sagen soll über die Trennung der Seele vom Leib? Oh diese Stunde voll Furcht und voll Zittern.“ Theod. Dorm. 4,4 (S. 135r; Chaîne, Sermon, 288; Robinson, Coptic Apocryphal Gospels, 102): anHei epesht Ken qmhT aner MfrhT NoureFmwout. „Wir fielen in der Mitte nieder und wurden wie tot [wörtl.: wie ein Toter].“ Theod. Dorm. 4,5 (S. 135r; Chaîne, Sermon, 288; Robinson, Coptic Apocryphal Gospels, 102): xere naapostolos eqouab. Gen 5,24; zur Himmelfahrt des Henoch vgl. K. Berger, Art. Henoch, RAC 14, 1988, 474−545, hier 491−495. Vgl. 2. Kön 2,11. Theod. Dorm. 5,18 (S. 137v; Chaîne, Sermon, 291; Robinson, Coptic Apocryphal Gospels, 108): naiouwS an pe exaT eJemTpi Mfmou alla eouoqbi epSwi enifhoui MfrhT Nenwx nem hlias. „Ich wollte dich nicht den Tod kosten lassen [wörtl.: zum Geschmack des Todes lassen], sondern dich emporheben wie Enoch und Elias.“
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nach Jerusalem berichtet, damit sie beim Tod der Maria anwesend sind. Nach der Aufnahme der Maria in den Himmel, die 206 Tage nach ihrem Tod stattfindet und bei der die Apostel am Grab anwesend sind, das nach diesem Bericht im Tal Josaphat liegt, kehren diese nach Jerusalem zurück108. 3.8. Die Predigt des Theophilus von Alexandrien Eine pseudepigraph unter dem Namen des Theophilus von Alexandrien109 veröffentlichte Predigt, die unter anderem den Tod der Maria behandelt, findet sich ebenfalls unter den koptischen Texten, die zur der Transitus-Mariae-Literatur gerechnet werden. Sie wurde wahrscheinlich im 7. Jahrhundert verfaßt110. Allerdings ist dieser Text nur in sehr begrenztem Maß als Transitus im eigentlichen Sinn zu bezeichnen, handelt es sich doch eher um eine allgemeine Lobpredigt am Festtag der Aufnahme Mariae in den Himmel111. Theophilus berichtet dabei ausführlich von der Bekehrung eines Juden, die aufgrund eines Wunders geschieht, an dem ein Bild der Maria beteiligt ist, gegen das sich der Jude versündigt hatte. Der Festtag der Aufnahme Mariae in den Himmel wird dieser Predigt zufolge jährlich begangen112.
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Theod. Dorm. 9,16 (S. 146r; Chaîne, Sermon, 298; Robinson, Coptic Apocryphal Gospels, 126): ouoH pairhT ankotten e!il!hm% enTwou ouoH enSepHmot Nte p!Gs%. „Und so kehrten wir um nach Jerusalem und lobten und priesen Gott.“ Theophilus, der Onkel des Kyrill von Alexandrien, war Patriarch dieser Stadt von 385 bis 412; zur Person vgl. G. Münch-Labacher, Art. Theophilus von Alexandrien, LACL, 602; zu seinem Werk vgl. M. Richard, Les écrits de Théophile d’Alexandrie, Muséon 52 (1939) 33−50 (dort wird unter Nr. 39 die koptische Predigt über die Aufnahme der Maria in den Himmel für den 16. Mesore geführt), T. Orlandi, Teodosio di Alessandria nella letteratura copta, GIF 23 (1971) 175−185, sowie T. Orlandi, Theophilus of Alexandria in Coptic Literature, in: E. A. Livingstone (ed.), Studia Patristica XVI, Berlin 1985 (TU 129) 100−104, hier 104: „In conclusion we may say that, in the case of Theophilus, like many other Fathers in the coptic tradition, we have in the coptic literature a small number of homilies which deserve attention because they might possibly be authentic ones; on the other side we have one more example of the activity of the late and anonymous school of coptic literates, which produced a great number of interesting texts, attributing them to different Fathers, as the opportunity may warrant.“ Mimouni, Dormition et Assomption de Marie, 207: „Il y a fort peu de chance qu’elle puisse remonter au-delà du début du viie siècle, notamment à cause de certains indices doctrinaux véhiculés, et en particulier la croyance à l’assomption affirmée sans ambiguïté.“ Vgl. auch Mimouni, Dormition et Assomption de Marie, 207: „Cette homélie traite de nombreux thèmes dans l’ensemble relatifs à Marie. L’assomption n’est qu’un sujet parmi d’autres du sermon. De fait cette pièce est un panégyrique consacré à Marie.“ Theoph., In dorm. Mar. (Ms: S. 76, Sp. II, 11−22; Worrell, Manuscripts, 281): epeidh Neire MpÇSa Nousop derompe HM peHoou NtÇanalumyis etouaab ete pai pe soumNtase Mmesourh kata qe Nta neneioote Mmakarios taas etootN.
„Denn wir feiern das Fest einmal jährlich an dem Tag ihrer heiligen Aufnahme. Dies ist der 16. Mesore in der Art, wie es unsere seligen Väter uns überliefert haben.“
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3.9. Der Wiener Text im Zusammenhang der koptischen Transitustraditionen Der systematische Vergleich des Wiener Textes mit der Transitus-Mariae-Literatur in koptischer Sprache muß auf die Aspekte beschränkt werden, die für das Verständnis des Wiener Textes (und teilweise auch der beiden weiteren im Zusammenhang dieser Arbeit edierten Texte) von Interesse sind. Keinesfalls ist ein systematischer Vergleich aller koptischen Transitustexte Ziel dieser Ausführungen, auch wenn dies sicher ein reizvolles Forschungsgebiet wäre. 3.9.1. Das Alter der Maria Nur sehr selten finden sich historische Angaben über das Alter der Maria in den Überlieferungen der Kirche, haben doch bereits die biblischen Schriften nur ein begrenztes Interesse an dieser Frau. Es mag erlaubt sein, aus systematischen Gründen zuerst mit den Angaben der verschiedenen Transitus-Berichte zu beginnen – schließlich beschäftigt sich diese Publikation mit der Transitus-Mariae-Literatur –, bevor die wenigen weiteren Quellen zu diesem Thema angeführt werden, auch wenn manche dieser Quellen möglicherweise älter oder zuverlässiger sein mögen als die Angaben der einzelnen Transitus-Berichte. Nach einem Großteil der Quellen war Maria bei ihrem Tod 60 bzw. 62 Jahre alt113. Bereits wenn man die koptischen Texte für sich allein betrachtet, fällt auf, daß sich dort unterschiedliche Auffassungen über das Alter der Maria an den verschiedenen Wendepunkten ihres Lebens finden lassen114. P.Vindob. G. 7.589 berichtet von 60 Lebensjahren. Maria war 15 Jahre alt115, als ihr Sohn geboren wurde, 48 (½) Jahre, als er starb, und 60 Jahre bei ihrem Tod116. Nach Jesu Auferstehung lebte sie noch 11 ½ Jahre. Nach dem Text aus der Bibliothèque Nationale in Paris war Maria bei der Geburt Jesu 15 Jahre alt, 45 Jahre bei seinem Tod und 60 Jahre am Ende ihres Lebens117. Nach der Rezension A der Predigt des Pseudo-
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Vgl. hierzu auch M. van Esbroeck, Maxime le confesseur. Vie de la Vierge (versio), Lovain 1986 (CSCO.I 22) XV: „La plupart des chronologies donnent à la Vierge soixante ou soixantedeux ans de vie.“ Mimouni, Dormition et Assomption de Marie, 70: „Contradictions sur l’époque de la mort: D’après certains textes, Marie serait morte la deuxième année suivant la mort de Jésus; d’après d’autres, elle serait morte la quinzième ou la vingt-deuxième année après l’ascension de Jésus. Dans la plupart des écrits, Marie serait morte après la dispersion des apôtres; selon d’autres, plus rares, Pierre et Jean n’auraient jamais quitté Marie. On peut constater que sur ce point les textes divergent totalement, ce qui se comprend au regard du genre littéraire de ceux-ci.“ Wenn man den Text nach der Rasur als den richtigen Text akzeptiert, da sich ansonsten die einzelnen Teilbeträge nicht zu einer gesamten Lebensdauer von 60 Jahren addieren lassen; vgl. 1r5. Vgl. 1r19. Vgl. fol. 29v1,23−29v2,11.
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Kyrill von Jerusalem war Maria 15 Jahre alt, als Jesus geboren wurde118. Sie hat zehn Jahre mit Johannes in einem Haus in Jerusalem gewohnt119. Am Ende dieser Predigt wird noch einmal das Lebensalter der Maria festgehalten, wobei die Angaben von den zuvor gemachten Angaben abweichen. Es wird berichtet, daß die gesamte Lebenszeit der Maria 60 Jahre betragen habe, daß sie 15 Jahre alt war, als Jesus geboren wurde120, und daß sie noch 11 ½ Jahre nach seiner Auferstehung lebte; Jesu öffentliches Wirken dauerte 3 ½ Jahre, Maria war also 48 ½ Jahre bei dem Tod Jesu121. Die Parallelität dieser Angaben zu den Angaben auf dem Wiener Pergamentblatt ist auffällig. Nach der Rezension B starb Maria 15 Jahre nach der Himmelfahrt Jesu122. Nach der sahidischen Predigt des Pseudo-Evodius starb Maria noch bevor die Apostel in alle Welt gingen, um das Wort Gottes zu verkünden123. Gleiches gilt für die Predigt des Theodosius von Alexandrien124. Auffällig ist, daß sowohl in der Rezension A der Predigt des Kyrill von Alexandrien125 wie in der ursprünglichen Textfassung des Wiener Textes Altersangaben der Maria überliefert
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Fol. 9a; vgl. Budge, Miscellaneous Texts, 57: HN tmeH mNOh Nrompe MpwnP Mmaria. „Im fünfzehnten Lebensjahr der Maria.“ Vgl auch die Predigt (Rez. a) des Pseudo-Kyrill über die Passion (Campagnano, Ps. Cirillo, S. 26 Nr. 5): auJpo mpe!xÇ plogos mpeiwt ebol Hm maria tparqenos tSeere de Shm mpatesJek mnth nrompe ebol. „Geboren wurde Christus, das Wort des Vaters, aus Maria der Jungfrau, der kleinen Tochter, als sie die fünfzehn Jahre noch nicht vollendet hatte.“ Vgl. Fol 17a; siehe Budge, Miscellaneous Texts, 65. Ein Alter der Maria von knapp 15 Jahren bei der Empfängnis wird auch von (Pseudo-) Evodius, Über die Auferstehung, 15 (Chapman, Euodius, 83,22−24) bezeugt: apnoute plogos ouwH nHhts nouSeere Shm mparqenos Je maria mpatesJhk mnth nrompe teGrompe
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nattwlm. „Gott das Wort wohnte in einem kleinen jungfräulichen Mädchen namens Maria, das noch nicht das fünfzehnte Jahr vollendet hatte, die makellose Taube.“ Vgl. Fol 22b−23a (Budge, Miscellaneous Texts, 72): peuoeiS gar threF MpesaHe pe se Nrompe: asJpo MpenJoeis \iÇ pe !xÇ esHN mNth Nrompe. asmooSe Nsapswthr eFtaSeoeiS NSomte Nrompe: ouGas mNNsa tresJpoF: auw mNNsa trepswthr: twoun aswnP NkemNOoue Nrompe ouGas.
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„Ihre ganze Lebenszeit sind 60 Jahre. Sie gebar unseren Herrn Jesus Christus, als sie in ihrem 15. Jahr war, sie ging drei und ein halbes Jahr hinter ihm her, als der Erlöser predigte, nachdem sie ihn geboren hatte. Und nachdem der Erlöser auferstanden war, lebte sie noch einmal elf und ein halbes Jahr.“ Ganz offensichtlich sind irgendwo die dreißig Jahre verlorengegangen, die Jesus lebte, bevor er sein öffentliches Wirken begann; darauf weist bereits Budge hin; vgl. Budge, Miscellaneous Texts, 649 Anm. 1: „Some words dealing with the other thirty years of Mary’s life must have dropped out of the text.“ Sah. vita IV,26 (S. 69 der Hs; Robinson, Coptic Apocryphal Gospels, 28): asSwpe de «¬nsa «nth ¬rompe «¬¬sa trepJoeIs twoun ebol Hnnetmoout. „Es geschah aber 15 Jahre nach dem (Zeitpunkt), als der Herr von den Toten auferstanden war.“ Vgl. Evodius, In dorm. Mar. I, 14−16 (Shoemaker, Homily, 268−272). Theod. Dorm. 2,1−2 (S. 130v; Chaîne, Sermon de Théodose, 284; Robinson, Coptic Apocryphal Gospels, 92). Wenn man die zehn Jahre berücksichtigt, die Maria angeblich nach der Himmelfahrt Jesu noch gelebt hat.
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werden, deren Teilbeträge bei einer Addition ein anderes Ergebnis liefern als das jeweils angegebene Lebensalter der Maria bei ihrem Tod. Noch unübersichtlicher wird die Situation, wenn man die außerkoptischen Quellen der Transitus-Mariae-Literatur mitberücksichtigt: Ein syrischer Transitus, der angeblich vom Apostel Jakobus verfaßt worden sein soll, berichtet von einer sehr kurzen Lebenszeit der Maria nach dem Tod ihres Sohnes. Maria sei im Jahr 345 [der Ära der Seleukiden, d. i. 33/34 n.Chr.] verstorben126. In einem der syrischen Berichte, die Wright veröffentlicht hat, findet sich der Hinweis, daß Maria 16 Jahre nach dem Zeitpunkt verstarb, an dem die Apostel zum Predigen auszogen127. Eine armenische Predigt, die Johannes Chrysostomos zugeschrieben und in das vierte Jahrhundert datiert wird128, berichtet davon, daß Maria im Tempel war, bis sie vierzehn Jahre alt war, von der Himmelfahrt Jesu im 48. Lebensjahr der Maria und ihrem Lebensende 11 Jahre später129. Nach dem Marienleben des Maximus Confessor130 war sie 12 Jahre131 alt, als sie mit Josef verlobt wurde132. Im griechischen Transitus des Johannes von Thessalonike, der ja mit großer Wahrscheinlichkeit ältere Quellen benutzt hat, wird die Zeit, die Maria mit den Aposteln verweilte, als „nicht kurz“ bezeichnet133. Nach der freien lateinischen 126
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Siehe zum Transitus des Pseudo-Jakobus, der in „sechs Büchern“ verfaßt ist, Jugie, La mort et l’assomption, 121: „Le récit complet en six livres se présente comme une traduction d’un récit grec de la Dormition attribué aux apôtres et spécialement à saint Jacques, évêque de Jérusalem.“ Für diesen Text vgl. W. Wright, The Departure of my Lady Mary from this World, JSL 4.Ser 6 (1865) 417−448; u. 4.Ser 7 (1865) 108−160; für einen Text, der mit diesem apokryphen Werk eng verwandt ist und in fünf Büchern überliefert ist, vgl. A. Smith Lewis, Apocrypha Syriaca. The Protevangelium Jacobi and Transitus Mariae with texts from the Septuagint, the Corân, the Peshiti ta, and from a Syriac Hymn in a Syro-Arabic Palimpsest of the Fifth and other Centuries, London 1902 (StSin 11) 12−69, hier 16f; vgl. hierzu auch Mimouni, Dormition et Assomption de Marie, 91−104, hier 102: „Cette Dormitio syriaque dite des ‚Cinq Livres‘ ne paraît être, comme il a déjà été précisé, qu’une recension de la Dormitio syriaque dite des ‚Six Livres‘, au point que les remarques, faites au cours de l’examen de cette dernière, valent pour l’autre.“ Wright, Apocryphal Literature of the New Testament, 32. Vgl. van Esbroeck, Une homélie arménienne, 208: „De quelque côté que l’on se tourne, il y a donc de très sérieuses présomptions pour attribuer ce pseudo-chrysostome à Jean II de Jérusalem.“ Vgl. van Esbroeck, Une homélie arménienne, 227. 230−231. Maximus Confessor lebte von ca. 580 bis 662 n.Chr.; für sein Leben vgl. B. R. Suchla, Art. Maximus Confessor, LACL, 433−435. Nach einigen Handschriften waren es auch 14 Jahre. van Esbroeck, Maxime, § 15 (S. 11). Vgl. Jo. Thess., dorm BMV A 1 (PO 19, 375, 18f): œmeinen met¦ tîn ¡g…wn ¢postÒlwn di£gousa crÒnon oÙ bracÚn „Sie blieb bei den heiligen Aposteln, indem sie eine nicht (zu) kurze Zeit mit ihnen verbrachte; siehe hierzu auch Jugie, La mort et l’assomption, 142: „Après l’Ascension de Jésus, Marie demeura un temps assez long, crÒnon oÙ bracÚn, avec les Apôtres, à Jérusalem même, dans la maison du disciple bien-aimé. Puis les Apôtres, et saint Jean lui-même, se dispersèrent par le monde entier, sur l’ordre du Saint-esprit, pour prêcher l’Evangile. ce fut un certain temps après cette dispersion que la Vierge sainte quitta cette terre par la voie de la mort naturelle, tù fusikù tšlei.“
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Übersetzung des Transitus des Apostels Johannes, die sich in Codex Ambros. L. 58 findet, wurde Maria 72 Jahre alt, bevor sie starb134; interessant ist, daß in diesem Text noch eine andere Tradition erwähnt wird, nach der Maria nur zwölf Jahre nach der Himmelfahrt gelebt habe. Man mag darauf hinweisen, daß die Zeitangaben in diesem lateinischen Text, wenn man die im Text selbst vorgeschlagene Korrektur akzeptiert, identisch sind mit den Zeitangaben des Wiener Textes135. Bezüglich des lateinischen Transitus des Pseudo-Melito bemerkt Haibach-Reinisch: „Die Überlieferung von B1 fällt hier auseinander: Während der Text bei Migne von 22 Jahren spricht, hält der cod. Venetus an der zweijährigen Tradition fest. Ich vermute, auch in B1 wird die Hinzufügung ‚et vicesimo‘ nur in einzelnen Hss zu finden sein. Das kann jedoch erst die kritische Textausgabe endgültig klären. Der Archetyp B2 hat in allen Hss ‚secundo igitur anno‘.“136 Sie geht mit guten Gründen davon aus, daß es sich bei der zweijährigen Tradition um die ältere Überlieferung handelt137. Ein Zeitraum von zwei Jahren zwischen dem Tod Jesu und dem Tod der Maria wird auch durch den lateinischen Transitus des Josef von Arimathäa bezeugt138. Der lateinische Transitus Colbertinus, der ja dem Transitus 134
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Dies stimmt mit der Nachricht überein, die der Mönch Epiphanius von Konstantinopel in seinem Marienleben übermittelt, daß Maria nämlich bei ihrem Tod 72 Jahre alt gewesen sei; vgl. Epiphanius Monachus, De vita sanctissimae Deiparae 25 (PG 120,185−216, hier 213D); er weiß allerdings von anderen Berichten – er beruft sich auf Hippolyt von Theben –, nach denen Maria im Alter von 59 Jahren gestorben sei; vgl. Epiphanius Monachus, De vita sanctissimae Deiparae 23 (PG 120,214B). Vgl. de Santos Otero, Los Evangelios Apocrifos, 640 Anm. 19, der Kodex Ambros. L 58 zitiert: Et secundum quod ait Epiphanius [monachus], XXIV annis post ascensionem Filii sui supervixit. Refert autem quod beata Virgo quando Christum concepit erat annorum XIV, et in quinto decimo anno ipsum peperit, et mansit cum eo annis XXXIII, et post mortem Christi supervixit annis XXIV, et secundum hoc, quando obiit erat annorum LXXII. Probabilus tamen videtur, quod alibi legitur, ut duodecim annis Filio suo supervixit, et sic sexagenaria sit asssumpta, sicut ecclesiastica tradit historia. „Und gemäß dem, was Epiphanius [der Mönch] berichtet, lebte sie 24 Jahre nach dem Tod ihres Sohnes. Er berichtet aber, daß die selige Jungfrau, als sie Christus empfing, 14 Jahre alt war, in ihrem 15. Jahr gebar sie ihn und blieb mit ihm 33 Jahre, und nach dem Tod Jesu lebte sie 24 Jahre, und nach diesem war sie, als sie starb, 72 Jahre. Wahrscheinlicher jedoch scheint, was sich andernorts liest, daß sie 12 Jahre ihren Sohn überlebte, und so im sechzigsten Jahr aufgenommen wurde, wie es die kirchliche Überlieferung berichtet.“ Haibach-Reinisch, Ein neuer „Transitus Mariae“, 141. Haibach-Reinisch, Ein neuer „Transitus Mariae“, 142: „Später gab der Widerspruch zur Lukanischen Apostelgeschichte Anlass, den Zeitabschnitt zu verlängern. Denn nach der Apg ist es weder möglich, dass Johannes schon zwei Jahre nach dem Tode des Herrn in Ephesus predigte, noch kann Paulus zu dieser Zeit schon in der Heidenmission tätig gewesen sein.“ Hierauf weist auch Jugie, La mort et l’assomption, 156, Anm. 2, hin. Für den Transitus des Josef von Arimathäa vgl. C. Tischendorf, Apocalypses Apocryphae Moisis, Esdrae, Pauli, Iohannis, item Mariae Dormitio, Lipsiae 1866, 113−123, hier 114: secundo igitur anno post ascensionem domini nostri Ihesu christi beatissima virgo Maria diebus ac noctibus semper in oratione assistebat. Siehe auch Jugie, La mort et l’assomption, 156: „La Sainte Vierge quitte ce monde, à Jérusalem, la deuxième année après l’Ascension.“
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des Pseudo-Melito nahe verwandt ist, berichtet zwar ebenfalls, daß Maria im Haus der Eltern des Apostels Johannes zwei Jahre lebte. Die Apostel sind aber, wie auch nach dem Transitus des Pseudo-Melito, bereits während dieser zwei Jahre zum Predigen in der Welt139. Eine Tradition des Hauses des Johannes in Jerusalem muß als relativ spät angesehen werden140. Ein armenischer Transitus berichtet davon, daß Maria im Haus ihrer Eltern in Jerusalem die letzten Jahre ihres Lebens verbracht habe141. Nach dem Marienleben des Maximus Confessor hat Johannes das Anwesen seines Vaters Zebedäus in Galiläa verkauft und ein Haus in Jerusalem am Sion gekauft, in dem Maria ihre letzten Lebensjahre verbrachte142. Sie wurde nach diesem Marienleben 80 Jahre alt143. Doch auch andere apokryphe Texte berichten von Daten aus dem Leben der Maria. Wohl der älteste Text ist das sogenannte Protevangelium Jacobi, dessen Grundbestand in die zweite Hälfte des zweiten Jahrhunderts datiert wird144. Nach seinem Bericht war Maria 16 Jahre alt, als sie ihren Sohn gebar145. Hier folgt der Text der Edition von Strycker der ältesten146 und am besten bezeugten Überlieferung. Einzelne Handschriften bieten andere Altersangaben, nämlich 15, 14, 12 und sogar 10 Jahre147. Der griechische Text der Johannes-Akten des Pseudo-Prochorus148 berichtet indirekt von einer kurzen Lebenszeit der Maria nach dem Tod Jesu. Einige Zeit nach der Himmelfahrt Jesu spricht Petrus zu den Aposteln149: 139
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Capelle, Vestiges grecs et latins, 44: Et dum apostoli mundum suis sortibus sumpsissent in predicatione, ipsa in domo parentum illius iuxta montem oliveti consedit. „Und während die Apostel die Welt durch ihre Lose in der Predigt angenommen hatten, saß sie im Haus seiner Eltern am Ölberg.“ Vgl. Niessen, Ephesus, 16: „Daß Johannes in Jerusalem ein Haus besessen habe, wie man in späteren Jahrhunderten fabulierte, war dem hl. Hieronymus, wie überhaupt den Schriftstellern bis dahin unbekannt.“ Vgl. van Esbroeck, Une homélie arménienne, 231. van Esbroeck, Maxime, § 93 (S. 81). van Esbroeck, Maxime, § 102 (S. 89). Vgl. O. Cullmann, Kindheitsevangelien, NTApo I (61990), 330−372, hier 337. Vgl. hierzu Protevangelium Jacobi 12,3 (Strycker, 120−122/Pag. 26,10−11): ’ Hn d{ ™tîn ij´, Óte taàta t¦ must»ria ™gš[i]neto aÙtÍ. „Sie war aber 16 Jahre alt, als diese Geheimnisse an ihr geschahen.“ Vgl. hierzu auch M. Testuz, Papyrus Bodmer V. Nativité de Marie, Cologny-Genève 1958, 80. Vgl. É. Strycker, La forme la plus ancienne du Protévangile de Jacques. Recherches sur le papyrus Bodmer 5 avec une édition critique du Texte Grec et une traduction annotée, Bruxelles 1961 (SHG 33), 121 Anm. 7 und 121 Zeilenkommentar zu Z. 10. Die Johannes-Akten des Pseudo-Prochorus stellen eine weitgehend unabhängige Schöpfung des 5. Jahrhunderts dar; vgl. hierzu G. Röwekamp, Art. Johannes-Literatur, LACL, 331−332; Jugie, La mort et l’assomption, 86, ordnet sie in die Zeit zwischen 450 und 500 ein; vgl. auch E. Junod/J.-D. Kaestli, Acta Iohannis, Turnhout 1983 (CChrSA 1 u. 2) 749: „La manière dont les AJPr mettent en rapport la mort de la Vierge et la dispersion des apôtres incite donc à en placer la rédaction au ve siècle plutôt qu’au vie.“ Acta Joannis/Pseudo-Prochorus (Zahn 3, 1−3): ™gšneto met¦ crÒnon tin¦ met¦ tÕ ¢nalhfqÁnai tÕn kÚrion ¹mîn 'Ihsoàn CristÕn e„j toÝj oÙranoÚj, sun»cqhsan p£ntej oƒ ¢pÒstoloi e„j
Das Verhältnis des Wiener Textes zur koptischen Transitus-Mariae-Literatur
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„Nachdem nämlich seine Gnade zu uns allen gekommen ist, wollen wir nichts anderes suchen als das, was uns vom Lehrer aufgetragen ist, und besonders, weil auch die Mutter von uns allen aus diesem Leben hinweggegangen ist.“150 Bei dieser Stelle dürfte es sich wohl nicht um eine Interpolation handeln151. Ja, man mag sogar argumentieren, daß es sich bei dieser Passage um eine vergleichsweise alte Überlieferung handelt, berichten doch die meisten Transitus-Mariae-Texte davon, daß die Apostel aus den verschiedenen Ländern auf wunderbare Weise nach Jerusalem gebracht werden, um am Sterbebett der Maria anwesend zu sein. Der Verfasser der Akten des Pseudo-Prochorus dürfte diese Überlieferungen nicht gekannt haben152. In Zusammenhang mit einer Stelle bei Hippolyt von Theben153 wird dieser Beleg jedoch auch dahingehend interpretiert, daß nach den Johannesakten Maria noch 11 Jahre lebte und die Jünger erst nach ihrem Tod Jerusalem verließen154. Vorausgesetzt ist hier offensichtlich ein 12 Jahre dauernder Aufenthalt der Jünger in Jerusalem, bevor sie zur Mission ausziehen155. Insgesamt sind die Angaben
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GeqshmanÁ, kaˆ e"pen Pštroj prÕj aÙtoÚj. „Es geschah einige Zeit nach der Aufnahme [wörtl.: nach dem Aufgenommen werden] unseres Herrn Jesus Christus in den Himmel. Alle Apostel waren in Gethsemane versammelt, und Petrus sprach zu ihnen.“ Acta Joannis/Pseudo-Prochorus (4,1−4): ™pifoiths£shj g¦r tÁj c£ritoj aÙtoà e„j ¹m©j p£ntaj mhd{n ›teron zht»swmen e„ m¾ tÕ keleusq{n ¹m‹n ØpÕ toà didask£lou, kaˆ m£lista Óti kaˆ ¹ m»thr ¹mîn p£ntwn metÁlqen toà b…ou toÚtou. Jugie, La mort et l’assomption, 86f, übersetzt diese Stelle relativ frei (Hervorhebungen durch Jugie): „Maintenant, dit-il, que la grâce du Saint-Esprit [sic!] est descendue sur nous tous, ne cherchons pas autre chose que d’accomplir l’ordre du Maître, attendu surtout que notre Mère à tous a passé de cette vie à une autre [sic!].“ Weder der „Heilige Geist“ noch „une autre“ finden eine Entsprechung im griechischen Text. Vgl. Jugie, La mort et l’assomption, 86: „Le savant éditeur du Pseudo-Prochore, Théodore Zahn, considère comme authentique l’allusion au passage de Marie qui se lit tout au début du récit, dans le discours de saint Pierre aux autres apôtres.“ Vgl. auch Shoemaker, Ancient Traditions, 27. Vgl. hierzu auch Shoemaker, Ancient Traditions, 28: „In all probability then, this passage and the remainder of Ps.-Prochorus’ narrative were composed sometime during the fifth century, before the Dormition traditions in the forms that we know them had gained a firm hold on the imagination of the early Christian mainstream.“ Es handelt sich bei Hippolyt von Theben um den nicht weiter bekannten Verfasser einer byzantinischen Weltchronik, die wahrscheinlich zwischen 650 und 670 entstanden ist; vgl. hierzu F. Tinnefeld, Art. Hippolyt von Theben, LThK Bd. 5, 31996, 149. Vgl. A. Resch, Agrapha. Aussercanonische Evangelienfragmente in möglichster Vollständigkeit zusammengestellt und quellenkritisch untersucht, Leipzig 1889 (TU 5/4) 427: „Damit hängt zusammen die Angabe bei Hippol. Theban. (Basnage, Thesaur. monum. III, 1,27.29.35. vgl. Zahn, Acta Joannis p. LIX), dass Maria nach Jesu Tod noch elf Jahre gelebt habe. Erst nach ihrem Tode, also im zwölften Jahre, gingen die Apostel in die Welt.“ L. Fendt, Die Dauer der öffentlichen Wirksamkeit Jesu, München 1906 (VKHSM 2 R. 9) 30: „Die 12 Jahre leitet man aus einem apokryphen Herrenwort her. Dasselbe findet sich zitiert bei Eusebius. Danach hätte der Herr den Aposteln befohlen, 12 Jahre lang sich nicht von Jerusalem zu trennen.“ Vgl. Eus., h.e. 5,18,14 (Bardy, SC 41,59); siehe hierzu auch Baldi/Mosconi, L’assunzione di Maria, 116, sowie Niessen, Ephesus, 37−38: „Danach
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Die Transitus-Mariae-Literatur
des Hippolyt von Theben sehr aufschlußreich, kommen sie doch in eine relative Nähe zu den zeitlichen Angaben des Wiener Transitus-Berichtes: Maria war bei der Verkündigung 14 Jahre alt, bei der Geburt Jesu 15, bei seinem Tod 48 und bei ihrem eigenen 59156. In einer Interpolation in der lateinischen Übersetzung der Kirchengeschichte des Eusebius von Caesarea findet sich die Eintragung, daß Maria im Jahr 48 n.Chr. in den Himmel aufgenommen wurde157. Das gleiche Jahr wird von Gregor von Tours als Todesjahr der Maria angegeben; nach ihm wurde Jesus am 14. Mai des Jahres 33 n.Chr. in den Himmel aufgenommen, die Apostel verließen Jerusalem im Jahr 36, während Jesu Mutter dort blieb, und im Jahr 48 starb sie. Die Apostel werden hierfür in Jerusalem versammelt. Auch Gregor von Tours berichtet von
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wären die elf bis zwölf Jahre, welche die sonst so energischen Apostel nach der P…stij sof…a, dem Kerygma Petri und den gnostischen Petrusakten in Jerusalem verleben, eigentlich eine Zeitverschwendung gewesen.“ Vgl. auch C. M. Thomas, Word and Deed: The Acts of Peter and Orality, Apocrypha 3 (1992) 125−164, hier 130 Anm. 24: „Attested also in the Kerygmata Petru, cited in Clement of Alexandria, Strom. VI 5,43; Eusebius also cites a certain Apollonius, an anti-Montanist writer from Asia Minor, who says, from tradition, that Jesus ordered the apostles not to leave Jerusalem for twelve years (Hist. eccl. V 18,14). Apollonius must have written some time not long after 207/8, since Tertullian was said by Jerome to have added an additional book to his lost work ‚On Ecstasy‘, refuting Apollonius’ work (De viris illustribus 40).“ Siehe auch M. Cambe, La Prédication de Pierre (ou: le Kérygme de Pierre), Apocrypha 4 (1993) 177−195, hier 191: „‚Après douze ans‘: tradition particulière attestée également au iie siècle chez l’antimontaniste Apollonius (d’après Eusèbe, Histoire ecclésiastique V,18,14) et par Actes de Pierre 5, ce dernier texte limitant la consigne à Pierre seul. L’indication n’a pas valeur documentaire mais symbolique: les Douze sont censés avoir œuvré en Israël pendant douze années.“ Hippolyt von Theben, Chronik III, 4 (Diekamp 4,5−5,2): œzhsen g¦r tÍ ¢nqrwpÒthti ¹ ¡g…a qeotÒkoj œth nq/ oÛtwj: ™n tù naù œth id/: kaˆ ™n tù o‡kJ 'Iws¾f mÁnaj d/ kaˆ eÙqšwj eÙhggel…sqh ™k toà ¢ggšlou Gabri»l, kaˆ sullaboàsa œteken tÕn kÚrion ¹mîn 'Ihsoàn CristÕn tÍ ke/ toà dekembr…ou mhnÒj: Ðmoà œth ie/. Kaˆ œzhsen ™pˆ tÁj ™nanqrwp»sewj toà kur…ou ¹mîn œth lg/. kaˆ met¦ t¾n ¢n£lhyin toà kur…ou œzhsen sÝn to‹j maqhta‹j ™n tù o‡kJ 'Iw£nnou toà eÙaggelistoà œth ia/: Ðmoà g…nontai t¦ œth tÁj zwÁj aÙtÁj nq/. „Es lebte nämlich in ihrem irdischen Leben [wörtl.: ihrer Menschheit nach] die heilige Jungfrau 59 Jahre in dieser Weise: Im Tempel 14 Jahre; und im Haus des Joseph vier Monate; und nachdem ihr vom Engel Gabriel verkündet war und sie empfangen hatte, gebar sie unseren Herrn Jesus Christus am 25. des Monats Dezember: Zusammen: 15 Jahre. Und sie lebte während des irdischen Lebens [wörtl.: während der Menschwerdung] unseres Herrn 33 Jahre. Und nach der Himmelfahrt des Herrn lebte sie mit den Aposteln im Haus des Evangelisten Johannes 11 Jahre. Zusammen ergibt dies 59 Jahre ihres Lebens.“ Vgl. PL 27, 581 (die Interpolation war nur in der ersten Auflage der PL aufgenommen worden): Anno Domini 48, Maria virgo Iesu Christi mater ad Filium in caelum assumitur, ut quidam fuisse sibi revelatum scribunt. Auf diese Stelle weist Jugie, La mort et l’assomption, 102 Anm. 1, hin: „Nous n’avons pas fait état, dans notre enquête, de certains documents apocryphes ou sans valeur, qu’on rencontre dans quelques auteurs ayant écrit sur l’Assomption. Inutile, par exemple, d’invoquer le passage interpolé qui se lit dans la traduction laine de la Chronique d’Eusèbe de Césarée.“
Das Verhältnis des Wiener Textes zur koptischen Transitus-Mariae-Literatur
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einer Nachtwache, die der Erscheinung Jesu vorangeht. Der Körper wird, nachdem er in ein Grab gelegt worden war, entrückt158. Ein englisches Martyrologium aus dem 9. Jahrhundert berichtet davon, daß Maria im Alter von 63 Jahren diese Welt verlassen hat159. 3.9.2. Das Herannahen der letzten Stunde Maria wird nach den unterschiedlichen Transitus-Berichten auf verschiedene Weise davon in Kenntnis gesetzt, daß ihre letzte Stunde nahe ist. Während im Text auf dem Wiener Pergamentblatt nur angedeutet wird, daß Maria weiß – oder ahnt –, daß ihre Todesstunde naht, ist nach einem Großteil der Erzählungen eine Vision Mittel zur Ankündigung. Im Wiener Text wird nur formuliert: „Danach führte der heilige (Spalte 2) Geist sie den Weg hinauf nach Jerusalem. Es war nämlich die Zeit gekommen, daß die Jungfrau sterben (5) sollte, wie es jedem Menschen auferlegt ist.“160 Ob und inwieweit hier Überirdisches im Spiel ist, bleibt bei dieser Schilderung dem Leser überlassen. Die Visionen in den anderen Überlieferungen kündigen jedoch sehr klar den Tod an. Zu Teilen scheinen sie von der Verkündigungsszene aus dem Lukasevangelium inspiriert161, ist es doch nach einigen Berichten ein Engel, der Maria die Botschaft bringt162. Nach anderen Überlieferungen ist es Jesus in Gestalt eines jungen Mannes, der Maria erscheint163. Dieser Engel, 158
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Gregor von Tours, Mirac. lib. I, De gloria martyrum, cap. IV (PL 71,708B−C): Post admirabilem igitur dominicae ascensionis gloriam (An. 33, 14 Maii) … sancti apostoli Domini et Salvatoris nostri cum beata Maria matre ejus, in unam congregati domum, omnia ponebant in medio: nec quisquam suum aliquid esse dicebat; sed unusquisque cuncta possidebat in charitate, sicut sacer apostolicae actionis narrat stylus (Act. IV, 34). Posthaec dispersi sunt per regiones diversas ad praedicandum verbum Dei (An. 36). Denique impleto a beata Maria hujus vitae cursu, cum jam vocaretur a saeculo, congregati sunt omnes apostoli de singulis regionibus ad domum ejus (An. 48). Cumque audiissent quia esset assumenda de mundo, vigilabant cum ea simul: [Col. 0708C] et ecce Dominus Jesus advenit cum angelis suis, et accipiens animam ejus, tradidit Michaeli archangelo, et recessit. Diluculo autem levaverunt apostoli cum lectulo corpus ejus, posueruntque illud in monumento, et custodiebant ipsum, adventum Domini praestolantes. Et ecce iterum adstitit eis Dominus, susceptumque corpus sanctum in nube deferri jussit in paradisum: ubi nunc, resumpta anima, cum electis ejus exsultans, aeternitatis bonis, nullo occasuris fine, perfruitur. Hierauf verweist R. Faerber, La tradition littéraire de la dormition et de l’assomption de Marie en anglais ancien, Apocrypha 10 (1999) 99−138, hier 100, der eine französische Übersetzung des Eintrages für den 15. August bietet; vgl. auch G. Kotzor, Das altenglische Martyrologium. 2 Bände, München, 1981 (ABAW.PH 88/1 u. 2), dort zum 15. August. Vgl. r1,29−r2,7: mNnsa naI nerepe!pn~@a et|ouaab Ji moeit Hh|tÇ eHrÛ[i] ßë!Îl!hm% apeouoeÎS Ge Swpß etre tp[a]rqenos Mton â[Rasur]ê mmos Hwws pros petkh eHraI nrwme. Vgl. Lk 1,26−38. Vgl. z. B. den Transitus des Pseudo-Melito (Kap. 2; Haibach-Reinisch, 66−67). Vgl. die Kyrill zugeschriebene Predigt Fol 18b (Budge, Coptic Texts, 67). Nach anderen Überlieferungen erkennt sie zuerst ihren Sohn nicht, der sie davon in Kenntnis setzt, daß sie bald sterben wird, und hält ihn für einen jungen Mann; vgl. z. B. Theod. Dorm. 2,8f (S. 131r; Chaîne, Sermon, 285; Robinson, Coptic Apocryphal Gospels, 94).
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Die Transitus-Mariae-Literatur
beziehungsweise die Tatsache, daß Maria nach manchen Transitusberichten ihren Sohn zuerst für einen Engel hält, wird teilweise als Argument verwendet, um die Entstehung dieser Literatur im heterodoxen beziehungsweise judenchristlichen Milieu anzusiedeln164. Man wird jedoch die Erzählung, daß Maria ihr nahes Ende nur spürte und deswegen nach Jerusalem zog, wohl für älter ansehen müssen als die Ankündigung ihres Todes durch ihren Sohn oder auch einen Engel, gelten doch meist wunderbare Ereignisse oder Erscheinungen von Engeln bzw. Christi gegebenenfalls als spätere fromme Einschübe. 3.9.3. Die Reise der Apostel In den meisten Transitus-Berichten, die nicht in koptischer Sprache verfaßt sind, wird von einer wunderbaren Reise der Apostel nach Jerusalem berichtet. Diese reisen von allen Enden der Erde herbei, teils auf Wolken, teils auf himmlischen Wagen165. Selbst in Texten, in denen die genaue Art der Reise nicht beschrieben wird, wird oftmals ihr wunderbarer Charakter betont166. Diese Reise erinnert an die wunderbare Fahrt des Habakuk167 und den himmlischen Wagen des Elia168. Teilweise werden auch bereits tote Apostel aus ihren Gräbern auferweckt169. Eine Ausnahme stellt hier die armenische Tradition dar, nach der sich die „anderen Apostel des Herrn an der Pforte des Hauses, gleichsam gerufen vom hl. Geiste,“170 versammelten. Dies trifft selbstverständlich nicht für diejenigen Texte zu, in denen die Apostel Jerusalem noch gar nicht verlassen haben und somit eine Reise der 164
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Shoemaker, Ancient Traditions, 219: „The early Christians, in their effort to clarify Christ’s relationship to Yahweh, were quick to utilize these traditions, to the effect that Angel Christologies of one sort or another are not at all uncommon in earliest Christian literature.“ Ausgenommen natürlich die Texte, in denen eine Anwesenheit der Jünger in Jerusalem vorausgesetzt ist. Vgl. u. a. die syrische Überlieferung bei Smith Lewis, Apocrypha syriaca, 27; siehe auch Wright, Apocryphal Literature of the New Testament, 32. Vgl. z. B. den Transitus, der Modestus von Jerusalem zugeschrieben wird; Mod. dorm. 7 (PG 86/2,3277−3312, hier 3296C): kaˆ ™k per£twn gÁj foitîsi qespšsioi ¢pÒstoloi, æj mÒnoj ™p…statai qeÒj. „Und von den Grenzen der Erde eilen die erhabenen Apostel herbei, wie es allein Gott vermag.“ Die lat. Übersetzung (ut solus novit Deus) wird dem Bedeutungsgehalt von ™p…stamai nicht wirklich gerecht; für diese Interpretation spricht auch eine weiter hinten in dieser Predigt zu findende Beschreibung der Reise der Apostel; vgl. Mod. dorm. 9; PG 86/2,3300A: æsaÚtwj d{ kaˆ oƒ prekpefasmšnoi qespšsioi ¢pÒstoloi œspeudon ™k p£shj tÁj Øfhl…ou, ÐdhgoÚmenoi kaˆ sunergoÚmenoi ØpÕ tÁj ¥nwqen _opÁj. „Ebenso aber eilten auch die bereits erwähnten erhabenen Apostel von jedem Ort herbei, der unter der Sonne ist, geführt und getrieben von einer Kraft von oben.“ Auch diese Formulierung spricht dafür, daß sich die Reise der Apostel nach Jerusalem eines gewissen göttlichen Eingriffs erfreuen durfte. Dan 14,31−39. 2 Kön 2,11−16; darauf weisen Baldi/Mosconi, L’assunzione di Maria, 111, hin: „L’episodio degli apostoli trasportati da nubi richiama il viaggio aereo di Abacuc (Dan. 14,31−39); il carro cherubico quello di Elia (2 Re 2,11−16).“ Vgl. hierzu summarisch bei James, Apocryphal New Testament, 227: „The apostles are summoned from all parts of the world and from their graves, and tell how they came.“ Vgl. P. Vetter, Die armenische dormitio Mariae, ThQ 84 (1902) 321−349, hier 337.
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Apostel an diesen Ort nicht notwendig ist. Die koptischen Berichte kennen eine derartige wunderbare Reise der Apostel nicht, stirbt doch Maria, bevor die Apostel ihre Missionsreisen antreten171. Um so auffälliger ist, daß Maria nach dem Bericht auf dem Wiener Pergamentblatt mit den Aposteln zum Predigen auszieht, um dann „vom Heiligen Geist nach Jerusalem getrieben“ zu werden, daß also eindeutig von einer Reise und nicht von einer übernatürlichen Versetzung in die Heilige Stadt berichtet wird. Wie die Apostel nach Jerusalem gelangen, wird in diesem Bericht ebenfalls nicht erwähnt. Nach der armenischen Predigt, die Johannes Chrysostomos zugeschrieben wird, waren die Apostel in den elf Jahren zwischen Christi Himmelfahrt und ihrem Tod bis an die Enden der Erde gezogen, um das Evangelium zu verkünden. Nach diesem armenischen Text begann also die weltweite Mission bereits direkt nach Jesu Himmelfahrt172. Die elfeinhalb Jahre, die Maria nach dem Bericht des Wiener Textes nach der Himmelfahrt Jesu noch lebte und mit den Aposteln in der Verkündigung verbrachte, müssen in das Gesamt der urchristlichen Geschichtsschreibung eingeordnet werden. Dies ist jedoch ein nicht unproblematisches Unterfangen. „Die Grundaporie einer Geschichte des frühen Christentums liegt in der Bruchstückhaftigkeit und Zufälligkeit der uns erhaltenen Quellen. Diese Situation erschwert jedoch nicht nur die Erforschung der Ursprünge unseres Glaubens, sondern der antiken Geschichte überhaupt, und zwar sowohl im politischen wie im geistig-religiösen Bereich. Im Gegensatz zur modernen Geschichtsschreibung ist hier nicht Überfluß, sondern chronischer Mangel an Quellenmaterial das besondere Ärgernis für den Historiker.“173 Die wichtigste und letztlich auch einzige geschichtliche Quelle für die ersten Jahre der Kirche ist die Apostelgeschichte. „Die Erforschung dieses Buches führt zu dem Ergebnis, daß die Geschichte der Urgemeinde fast unbekannt bleibt. Wohl sind einzelne Ereignisse und – in blassen Umrissen – einige Personen zu erkennen. Aber der Ablauf der Geschichte dieser Gemeinde, ihre Lebensform und Verfassung müssen mühsam und mit nur wenigen sicheren Resultaten rekonstruiert werden.“174 Mit der Nachricht, daß Maria nach der Himmelfahrt mit den Brüdern Jesu, den Aposteln und den Frauen „in dem Obergemach des Hauses, wo sie sich aufzuhalten pflegten“ einmütig im Gebet versammelt war, verlieren sich die Spuren dieser Frau175. Und so scheint es notwendig, einen kurzen Überblick über die weiteren 171
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Vgl. hierzu auch Baldi/Mosconi, L’assunzione di Maria, 95, die bezüglich der koptischen Überlieferung bemerken: „La trama su cui è ordinata la leggenda nei testi completi differisce sensibilmente da quella del tipo greco-siriaco. Il transito avviene in Gerusalemme prima della separazione degli apostoli; manca quindi il viaggio a Betlemme e il fantastico arrivo degli apostoli.“ Vgl. van Esbroeck, Une homélie arménienne, 231. Hengel, Geschichtsschreibung, Stuttgart 1979, 11; Hervorhebung durch Hengel. Vgl. Conzelmann, Geschichte, 21. Apg 1,12−14; vgl. hierzu J. A. Fitzmyer, The Acts of the Apostles, New York 1998 (AncB 31), 212−217, sowie J. Roloff, Die Apostelgeschichte, Göttingen 1988 (NTD 5) 27−29.
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Schicksale des Johannes und der Jerusalemer Gemeinde zu geben. Allerdings sind die Angaben in der Apostelgeschichte teilweise nicht eindeutig, teilweise haben auch spätere Überlieferungen dazu beigetragen, die Sachlage weiter zu verwirren: „Zur Verwirrung der Überlieferung trug Papias, Bischof von Hierapolis, ein tüchtiges Maß bei. Der Historiker Euseb bescheinigt ihm denn auch geistige Schwäche. Papias nennt zwei Johannes, den Jünger und den ‚Alten‘. Was er über sie mitzuteilen hat, ist unklar und ohne historischen Wert.“176 Was läßt sich über die ersten Jahre der Gemeinde in Jerusalem sagen? Nach der Apostelgeschichte waren die Anhänger Jesu in Jerusalem versammelt, ihnen erscheint der Auferstandene und verheißt ihnen, daß der Geist über sie kommen wird und daß die versammelten Jünger seine Zeugen in Jerusalem und in ganz Judäa und Samarien und bis an das Ende der Erde sein werden177. Allerdings hielten sich die Apostel wohl noch eine Zeit in Jerusalem auf. Ihnen wird das öffentliche Auftreten verboten. Obwohl sie sich nicht daran halten, können sie in Jerusalem bleiben, während die ganze übrige Gemeinde – wohl nur die Hellenisten178 – aus der Stadt weichen muß179. Diese übrigen sind es180, welche die Botschaft außerhalb von Jerusalem – allerdings wahrscheinlich in den Grenzen Palästinas – verkündigen181. Diese Verfolgung hat vor der Bekehrung des Paulus stattgefunden, schließt sie sich doch unmittelbar an die Steinigung des Stephanus an. Allerdings ist der Bericht der Apostelgeschichte lückenhaft. Man würde eigentlich aufgrund der Berichterstattung der ersten Kapitel182 keine Gemeinde in Damaskus vermuten, trotzdem brach Paulus nach eigenen Angaben nach dieser Stadt auf, um dort Christen zu bekämpfen183, und traf dort auf eine christliche Gemeinde184. Auch die Strukturen der Jerusalemer Gemeinde sind unklar. An der Spitze stehen die zwölf Apostel – bereits am Anfang der Apostelgeschichte wird von der Nachwahl des Matthias berichtet, der als Ersatzmann für Judas gewählt wird185. Unter ihnen stehen offensichtlich die Ältesten186. Als zusätzliche Hilfskräfte gibt es die Diakone187. Ihnen steht die Gemeindeversammlung gegenüber, die bei Personalentscheidungen durch Mehrheitswahl aus einer Gruppe Personen den entsprechenden 176
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Conzelmann, Geschichte, 139; vgl. hierzu auch U. H. J. Körtner, Papias von Hierapolis. Ein Beitrag zur Geschichte des frühen Christentums, Göttingen 1983 (FRLANT 133) 78−87. Vgl. Apg 1,8. Vgl. hierzu Conzelmann, Geschichte, 47. Vgl. Apg 8,1−4. Vgl. Apg 8,4. Wenn man Apg 8,2 zugrunde legt, handelt es sich um Judäa und Samarien. Vgl. Apg 1−8. Vgl. Gal 1,17 und 2 Kor 11,32. Vgl. Apg 9,10.19. Hananias scheint in dieser Gemeinde eine besondere Rolle gespielt zu haben. Er ist es, der Paulus zu sich aufnimmt; vgl. hierzu M. Hengel/A. M. Schwemer, Paulus zwischen Damaskus und Antiochien. Die unbekannten Jahre des Apostels, Tübingen 1998 (WUNT 108) 139−146. Vgl. Apg 1,15−26. Vgl. Apg 11,30; 15,4.6; 16,4. Vgl. Apg 6.
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Amtsträger bestimmen kann; die Apostel haben ein Vorschlagsrecht188. Die Dreiheit aus Aposteln, Ältesten und Gemeinde als Entscheidungsgremium wird einmal in der Apostelgeschichte erwähnt189. Allerdings berichtet Paulus von den „drei Säulen“ der Jerusalemer Gemeinde: Petrus, Johannes und Jakobus, dem Herrenbruder, denen er in Jerusalem begegnete190. Eine Zwölfergruppe läßt sich allerdings in der Apostelgeschichte nur schwer fassen. Zwar wird verschiedentlich ein Gremium der Apostel191 oder auch ausdrücklich die Zwölfergruppe erwähnt192, allerdings bleibt dieses Gremium sehr schlecht greifbar. Die Tatsache, daß Paulus „die Apostel“ in Jerusalem trifft und nur Petrus und Johannes sowie den Herrenbruder Jakobus, der ja nicht zum Zwölferkreis gehörte, namentlich erwähnt, spricht dafür, daß zumindest Petrus und Johannes, die ja namentlich erwähnt werden, vor dem sogenannten Apostelkonzil, das wahrscheinlich um 48/49 n.Chr. stattfand193, keine größeren Missionsreisen unternommen haben194. Sie waren wahrscheinlich vor allem im Bereich Palästinas tätig. Hierfür spricht auch, daß die anderen Apostel den Petrus und den Johannes kurz nach dem Tod des Stephanus nach Samarien schicken195. „Träger der Mission außerhalb Jerusalems waren vor allem die vertriebenen Hellenisten. Die Mission in der Küstenebene und in Samaria ist mit dem Namen des Philippus verknüpft.“196 Zu einem späteren Zeitpunkt ist nur noch Jakobus in Jerusalem197. In der altkirchlichen Tradition wird oft Johannes, der Zebedaide, mit dem namenlos bleibenden Lieblingsjünger im Johannesevangelium, dem ja unter dem Kreuz die Mutter Jesu anvertraut wird198, identifiziert199. Über Johannes ist bekannt, daß er nach Pfingsten zusammen mit Petrus zum Tempel ging und einen Gelähmten heilte200. Für ihre Predigt werden sie ins Ge188 189 190 191
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So in der Wahl des Matthias und der Diakone; vgl. Apg 1,15−26; 6,1−6. Vgl. Apg. 15,22. Vgl. Gal 2,9. Apg 1,2; 2,37.42.43; 4,33.35.37; 5,2.12.18.29.40; 8,1.14; 9,27; 11,1; 15,2.4.6.22−23; 16,4. Apg 1,25−26; 6,6. Das sogenannte „Apostelkonzil“ fand wahrscheinlich 48/49 n.Chr. statt; vgl. hierzu Conzelmann, Geschichte, 20 u. 47; Hengel, Zur urchristlichen Geschichtsschreibung, 93f; siehe ferner W. Schneemelcher, Das Urchristentum, Stuttgart 1981, 50, sowie J. Gnilka, Die frühen Christen. Ursprünge und Anfang der Kirche, Freiburg 1999 (HThK.S 7) 279f, und R. Pesch, Die Apostelgeschichte, Zürich 1986 (EKK 5/2) 68−90. Vgl. Conzelmann, Geschichte, 135, zu den Auftritten des Petrus in Antiochia, die nach dem Konzil stattfanden. Vgl. Apg 8,14−17. Vgl. Conzelmann, Geschichte, 50. Vgl. 21,17. Vgl. Joh 19,26−27. Zum Verfasser des Johannesevangeliums und der Person des Lieblingsjüngers vgl. M. Hengel, Die johanneische Frage. Ein Lösungsversuch. Mit einem Beitrag von J. Frey, Tübingen 1993 (WUNT 67). Apg 3,1−8; A. d’Alès, Le tombeau de la Sainte Vierge, ROC 28 (1931/1932) 376−389, hier 384.
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fängnis geworfen, sie kommen frei und predigen in Jerusalem das Evangelium201. Während der Verfolgung durch Saulus kommen Petrus und Johannes nach Samarien, um den Diakon Philippus zu unterstützen202. Paulus kommt drei Jahre nach seiner Bekehrung nach Jerusalem und findet dort außer Petrus und Jakobus, dem Herrenbruder, keine weiteren Apostel203. Kurz vor seinem eigenen Tod läßt Herodes Agrippa den Zebedaiden Jakobus töten204, Petrus entkommt durch Hilfe eines Engels dem Gefängnis205 und reist von Jerusalem nach Cäsarea, Herodes stirbt kurze Zeit später im Jahr 44 n.Chr., die Hinrichtung des Zebedaiden Jakobus wird wohl im Jahr 43 oder 44 n.Chr. stattgefunden haben206. 14 Jahre nach seiner ersten Reise nach Jerusalem ist Paulus207 abermals in dieser Stadt208 und begegnet dort Petrus, Jakobus und Johannes209. Johannes war also offensichtlich zwischenzeitlich missionarisch unterwegs und kehrte dann nach Jerusalem zurück. Auch die genauen Umstände seines Todes sind unbekannt. Unter Verweis auf das Markusevangelium wird meist vermutet, daß er das Martyrium erlitten hat210. Nach Polykrates von Ephesus befindet sich das Grab des Johannes in dieser Stadt211. Auch Irenäus von Lyon212 und Clemens von Alexandrien213 bestätigen, daß Johannes das Ende seines Lebens in Ephesus verbrachte. Dies wird auch von Origenes bestätigt214. In diese Chronologie läßt sich der kurze Bericht des Wiener Textes – im Gegensatz zu vielen anderen Berichten aus der Transitus-Mariae-Literatur – einfügen. Die Apostel halten sich direkt nach der Auferstehung Jesu ganz offensichtlich mehrere Jahre im Großraum von Palästina auf und sind dort missionarisch tätig, sie brechen jedoch noch nicht sofort zu einer weltweiten Mission auf, wie dies viele Transitus-Mariae-Erzählungen überliefern. Sie bleiben allerdings auch nicht einfach stationär in Jerusalem, wie dies die meisten koptischen Erzählungen berichten. 201 202 203 204 205 206
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Apg 4,1−5,40. Apg 8,14−17 Gal 1,18−19; d’Alès, Le tombeau, 384 nimmt an, daß es sich um das Jahr 39 handelt. Apg 12,1−2. Nach d’Alès, Le tombeau, 384, entkam Petrus im Jahr 42 dem Gefängnis. Apg. 12,3−23; Herodes Agrippa I starb im Jahr 44 n.Chr.; vgl. J. Sievers, Art. Herodeshaus, LThK Bd. 5, 31996, 15; siehe auch G. Baumbach, Art. Herodes/Herodeshaus, TRE Bd. 15, Berlin 1986, 159−162, hier 160−161, sowie Hengel, Zur urchristlichen Geschichtsschreibung, 81f. Nach d’Alès, Le tombeau, 384, um das Jahr 50. Gal. 2,1. Gal. 2,9. Vgl. Mk 10,39; teilweise wird auch die Hypothese aufgestellt, daß er zusammen mit seinen Bruder unter Agrippa hingerichtet wurde; dagegen spricht jedoch, daß Johannes beim Apostelkonzil noch am Leben war; vgl. Conzelmann, Geschichte, 48. Eus., h.e., 3,31,3 (Bardy, SC 31, 142); Euseb zitiert den Brief des Polykrates von Ephesus an Viktor von Rom zur Frage des Ostertermins. Irenäus, Adv. haer., II,22,5 (Rousseau/Doutreleau, SC 294, 224); III,3,4 (Rousseau/Doutreleau, SC 40). Clem., q.d.s., 42,2 (Stählin/Früchtel, GCS 17/3, 188,3−7). Eus., h.e., 3,1,1 (Bardy, SC 31, 97).
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Dies spricht zumindest für eine gute Kenntnis der urchristlichen Geschichte, die der Verfasser des Wiener Textes besessen haben dürfte. 3.9.4. Maria, eine Apostolin? Nach dem Bericht auf dem Wiener Pergamentblatt „ging die Jungfrau Maria mit den Aposteln zum Predigen“. Wie bereits gezeigt wurde, läßt sich die Wortwahl dieser Stelle nicht anders interpretieren, als daß Maria gleichberechtigt mit den Aposteln in die Welt gezogen ist, wobei die Worte den entsprechenden biblischen Berichten von der Beauftragung der Apostel entnommen sind. Diese Vorstellung muß als singulär angesehen werden215. Bei der Suche nach einer möglichen historischen Wurzel des Berichts muß jedoch sehr vorsichtig vorgegangen werden216. „Die wirkliche oder historische Maria entzieht sich uns, wenn auch zum Teil aus anderen Gründen, wenigstens so sehr wie der wirkliche oder der historische Jesus. Was über sie historisch tatsächlich feststeht, ist so wenig, daß jeder Historiker sich bei jeder anderen Persönlichkeit in ein verlegenes Schweigen hüllen würde.“217 Eine weitere Schwierigkeit für die Interpretation des Berichts von der Predigttätigkeit der Maria ist auch, daß viele apokryphe Texte Vorbilder und Typen religiöser Persönlichkeiten für ihre Leser liefern218. Die Predigttätigkeit der Maria wird im Wiener Text jedoch nur kurz erwähnt, so daß von einer tatsächlichen „Vorbildfunktion“, wie sie für die Frauengestalten anderer apokrypher Texte gilt, eher nicht gesprochen werden kann. Insofern wird man wohl doch den grundsätzlichen Charakter apokrypher Texte in Rechnung ziehen müssen und davon ableiten, daß die beschriebene Tätigkeit der Maria im Hinblick auf die Historizität des Geschehens als eher unwahrscheinlich zu gelten hat219. Allerdings scheint es, als ob 215
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Es findet sich bei einigen Kirchenvätern wie auch in Kirchenordnungen und apokryphen Texten manches Material zur Frage, ob Frauen apostolische Ämter innehatten. An keiner Stelle wird Maria als Apostolin bezeichnet; Epiphanius von Salamis sagt sogar im Rahmen seiner Ablehnung von christlichen Priesterinnen ausdrücklich, daß selbst Maria keine Priesterin gewesen sei. Allerdings war Epiphanius sicherlich nicht ganz unparteiisch. Vgl. H. van der Meer, Priestertum der Frau? Eine theologiegeschichtliche Untersuchung, Freiburg 1969 (QD 42) 83: „Aber sogar der eifrigste Bekämpfer der Frauen im Amte, Epiphanius, läßt die Diakonissinnen zu.“ Die fraglichen Stellen müssen weiter unten im Zusammenhang der zeitlichen Einordnung des Wiener Textes diskutiert werden. Vgl. Brown/Donfried, Mary, 27, die bezüglich der Evangelien bemerken: „When historicity cannot be established with overwhelming probability, the likelihood of historicity or nonhistoricity must be judged on the basis of the evidence pertinent to each event or saying.“ J. McKenzie, Die Mutter Jesu im Neuen Testament, in: E. Moltmann-Wendel/H. Küng (Hgg.), Was geht uns Maria an?, Gütersloh 22001 (GTBS 493) 23−40, hier 35. Vgl. S. L. Davies, The Revolt of the Widows. The Social World of the Apocryphal Acts, London 1980, 51−52: „When edification is attempted through fiction or storytelling, faith is related to circumstances by the creation of figures who embody the ideal of the faith. These ideal figures serve as role models for members of the community.“ Vgl. hierzu M. R. James, Apocrypha Anecdota. A Collection of Thirteen Apocryphal Books and Fragments. Now First Edited from Manuscripts, Cambridge 1893 (TaS 2/3) vii−viii, der
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gerade dieser Satz eine große Bedeutung für die Datierung des Wiener Textes haben dürfte. Johannes von Thessalonike, der ja selbst zugibt, apokryphes Material zu verwenden, läßt den Apostel Johannes von Maria als „unserer Mutter“ sprechen, eine herausragende Stellung dieser Frau ist also auch hier zu spüren220. Während der Text des Wiener Fragmentes von einer durchaus aktiven Maria berichtet, die vollständig gleichberechtigt mit den Aposteln das Predigtamt ausübte, überliefern die meisten koptischen Texte andere Ansichten über die letzten Jahre, die Maria auf der Erde verbracht hat. So lebte sie nach den bohairischen Fragmenten eines Transitus der Apostel Petrus und Johannes zusammen mit zehn Jungfrauen in einem Kloster221. Nach der ebenfalls bohairisch überlieferten Predigt des Theodosius von Alexandrien unterwies sie Jungfrauen „im reinen Leben und der Furcht des Herrn“222. Die Rezension B des (Pseudo-) Kyrill von Jerusalem stellt eine Ausnahme dar. Nach diesem Bericht hat Maria die Apostel für das Predigen ausgebildet223 – man muß die Frage stellen, ob hier möglicherweise der Bericht, der auf dem Wiener Text überliefert wird, nachwirkt und gleichzeitig für die Hörer weniger anstößig gemacht wird. Die Tradition, daß Maria den Rest ihres Lebens in Jerusalem verbracht habe, ist so weit in den Transitus-Mariae-Berichten bezeugt, daß manche dies als die sichere Spur einer gut bezeugten Lokaltradition von Jerusalem ansehen224. Was
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den Charakter dieser Texte mit sehr starken Worten beschreibt: „It is plain to be seen that most of the books are very badly written, some of them very savage and horrible, all of them most obviously unhistorical.“ Vgl. Jo. Thess., dorm BMV A 8 (PO 19,388,8): kaˆ eáron Ôclon perˆ t¾n mhtšra ¹mîn Mar…an. „Und ich fand eine Menge (von Menschen) bei unserer Mutter Maria.“ Eine vl bezeugt statt dessen t¾n mhtšra toà kur…ou. Vgl. Boh. Dorm. (Evelyn White, Monasteries, 55): esSop nJe Tqeodokos maria Ken pesmonasthrion etHhp euxh Katots NJe ½T mparqenos eqouab ouoH nare fÌ Gwrp nwou ebol pe NHanniST Mmusthrion.
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„Es war nämlich die Jungfrau Maria in ihrem Kloster, das verborgen lag, bei ihr waren zehn heilige Jungfrauen, und Gott enthüllte ihnen große Geheimnisse.“ Theod. Dorm. 2,1 (S. 130v; Chaîne, Sermon, 284; Robinson, Coptic Apocryphal Gospels, 92): maria de Tparqenos eqouab nasSop pe Ken ouma eForF Ken !il!hm% euSop Ken tesHupotagh NJe oumhS Mparqenos esTsbo nwou epitoubo nem THoT Nte p!Gs%. „Maria aber, die heilige Jungfrau, lebte zurückgezogen [wörtl.: an einem Ort, an dem sie sich hütete] in Jerusalem; in ihrem Gefolge war eine große Zahl [wörtl. Menge] von Jungfrauen, sie belehrte diese in der Reinigung [d. i.: Heiligkeit] und in der Furcht des Herrn.“ Zur Frage von Jungfrauen unter Leitung bzw. Klosterbildung vgl. auch J. White, The Development and Eclipse of the Deacon Abbess, StPatr 19 (1989) 111−116. Sah. vita IV,22 (S. 69 der Hs; Robinson, Coptic Apocryphal Gospels, 27): neuouhH de ¬sws ¬GI napostolos noueIS nIm euJIsbw eptaSeoeIS «peuaggelIon ebol HItoots. „Es waren bei ihr die Apostel die ganze Zeit und wurden von ihr in der Predigt des Evangeliums belehrt.“ Vgl. Baldi/Mosconi, L’assunzione di Maria, 114: „Ma si può giustamente osservare che la persuasione degli scrittori apocrifi sulla morte della Vergine converge non soltanto sul fatto della morte, ma sulla precisazione della morte della Vergine a Gerusalemme e sulla sua sepoltura al Getsemani. Questo pensiero unitario in tutti i libri apocrifi, scritti in diverse
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die explizite oder implizite Erwähnung einer klösterlichen Lebensweise angeht, sei es durch einfache Beschreibung eines zönobitischen Lebensstiles, sei es durch die tatsächliche Nennung des Begriffs „Kloster“, so spricht dies natürlich dafür, daß derartige Texte erst in einer Zeit entstanden sind, als Frauenklöster bekannte Einrichtungen waren. Für Kleinasien gilt, daß das Kloster der Makrina, das wohl im Jahr 352 gegründet wurde, das älteste Kloster der Region ist225. Erst gegen Ende des vierten Jahrhunderts gibt es in Palästina Frauenklöster: Um 375 wird ein Kloster von Melania der Älteren am Ölberg gegründet, Paula gründet in den Jahren 386 bis 389 in Bethlehem ein Kloster. In Ägypten gab es bereits in der ersten Hälfte des vierten Jahrhunderts Frauenklöster. Überlegenswert ist sicher, ob es in diesen Gegenden Wohngemeinschaften von Jungfrauen bereits in früherer Zeit gab226, wie dies zum Beispiel für Ägypten belegt ist227. 3.9.4.1. Die Mutter Jesu als Apostola Apostolorum Auffällig ist, daß nach dem Liber Bartholomaei Maria, die Mutter Jesu, ihrem auferstandenen Sohn im Garten begegnet. Der johanneische Bericht, in dem ja Maria Magdalena dem Auferstandenen begegnet, wird hier paraphrasierend verändert228. Die Bedeutung der Maria Magdalena im Zusammenhang der Ostererzählungen ist unbestritten229. Diese Vertauschung der beiden Marien findet sich
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lingue e in diversi tempi, non può essere che l’espressione ferma di una tradizione locale gerosolimitana.“ Vgl. Albrecht, Makrina, 119: „Es läßt sich … hier schon festhalten, daß vor 352 kein anderes Frauenkloster bekannt ist. In der Hauptstadt Konstantinopel gab es vor 384 kein einziges Kloster, erst für diesen Zeitpunkt ist das erste Männerkloster belegt.“ Vgl. Albrecht, Makrina, 119−121. Vgl. P. Schmitz, Histoire de l’Ordre de Saint-Benoît. Bd. VII: Les Moniales, Paris 1956, 5: „Les monastères de femmes sont plus anciens que ceux des moines. En Egypte, on en connaît dès le milieu du iiie siècle. Nous voyons saint Antoine, lorsqu’il quitta le monde pour s’enfoncer dans le désert vers 270, confier sa sœur à un monastère, à un parthénon, comme on dira.“ Vgl. Ms C p. 20f u. Ms. A p. 60f; Westerhoff, Auferstehung und Jenseits, 97; vgl. derselbe 202: „In der Gartenszene wird Maria Magdalena durch die Mutter Jesu ersetzt.“ Sellew, Dormitio Mariae, 52, Anm. 43, geht dem Gedanken der Verwechslung zwischen der Mutter Jesu und der Maria aus Magdala in einer anderen Richtung nach: „It is quite possible that the otherwise undefined ‚Mary‘ of other early texts, such as the Gospel of Mary, was understood to be the mother of Jesus and not (as is usually thought) Mary Magdalene.“ Vgl. z. B. H. Ritt, Die Frauen und die Osterbotschaft. Synopse der Grabesgeschichten, in: G. Dautzenberg/H. Merklein/K. Müller (Hgg.), Die Frau im Urchristentum, Freiburg i. Br. 2 1987, 117−133, hier 130: „Die übereinstimmend höchste Bedeutung kommt Maria von Magdala (Hervorhebung durch Ritt) zu, die in der johanneischen Frauenliste (Joh 19,25) ebenfalls als ‚Zeugin des Todes Jesu‘ genannt ist und als einzige Person den Geschehenszusammenhang von Joh 20,1−18 erzählerisch gewährleistet.“ Ein Prediger des zwölften Jahrhunderts, Theophanes Kerameus, mißt ihr den Ehrentitel Evangelistin (eÙaggel…stria) bei; vgl. hierzu Synek, Heilige Frauen, 53−54: „Er stellt sich bewußt in Opposition zu jenen Theologen, die, um einen Widerspruch zwischen der in den Evangelien bezeugten Verkündigung der salbentragenden Frauen und den neutestamentlichen Lehrverboten zu vermeiden, sagen, die Frauen seien nicht ‚Evangelistinnen‘ (eÙaggel…striai) und ‚Predigerinnen‘ (k»rukej) gewesen.“
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auch in Fragment 14 der von Revillout herausgegebenen Texte230. Schon Anton Baumstark weist darauf hin, daß sich dieser Austausch der beiden Frauen in einem Kommentar des Syrers Ephraem zum Diatessaron findet231. Ob sich diese Umdeutung des johanneischen Berichts bereits im Diatessaron selbst findet oder erst durch Ephraem entstanden ist, kann nicht mehr festgestellt werden. Aufgrund der Abweichung vom Evangelientext dürfte es jedoch wahrscheinlicher sein, daß Ephraem hier das Diatessaron nur zitiert232. Auch wenn die Namensgleichheit der beiden Frauen sicher eine nicht zu unterschätzende Rolle bei ihrer Identifikation und Verwechslung gespielt haben dürfte, so scheint es doch so, als ob hier noch weitere Aspekte wichtig wären. So scheint es möglich, daß die Identifikation von Maria Magdalena mit der „Sünderin“ dazu beigetragen haben könnte, daß sie von der „Heiligen“ verdrängt wurde233, war es doch bei der vorhandenen Marienverehrung verständlich, daß gerade dieser Frau vom gläubigen Kirchenvolk bereitwillig die Ehre der ersten Zeugin der Auferstehung zugebilligt wurde234. Diese Identifikation 230 231
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Vgl. Revillout, Les Apocryphes Coptes 1, 169−170. Vgl. A. Baumstark, Alte und neue Spuren eines außerkanonischen Evangeliums, ZNW 14 (1913) 232−247, hier: 240, Anm. 1, verweist auf den Kommentar Ephraems des Syrers zum Diatessaron, „wo gar im Widerspruch zu Joh 20,1 (Mar…a ¹ Magdalhn») die Mar…a von Joh 20,11ff. mit der Mutter Gottes identifiziert wird.“ Für diese Frage vgl. auch Westerhoff, Auferstehung und Jenseits, 202 Anm. 15. Siehe auch Brown/Donfried, Mary, 218, Anm. 484: „The correct Greek text of John 20:1 speaks of ‚Mary Magdalene‘, but the Sinaiticus Old Syriac version omits ‚Magdalene‘ in 20:1 and 18, and speaks simply of ‚Mary‘. From the time of Tatian’s Diatessaron (2d century) some Churchfathers, identified this Mary as the mother of Jesus.“ Dagegen jedoch vgl. Kaestli/Cherix, L’Évangile de Barthélemy, 169 Anm. 18: „Certains auteurs pensent que l’idée peut remonter à Tatien, auteur du Diatessaron (iie siècle).“ Siehe hierzu Ephraem, comm. in. Diat., II,17; V,5; XXI,27 (Leloir, SC 121, 75; 109; 389−390). Dieses Werk Tatians des Syrers existierte bereits gegen Ende des zweiten Jahrhunderts (wahrscheinlich ist es vor 172 entstanden); vgl. P. Bruns, Art. Diatessaron, LACL, 165f. Vgl. zu dieser Frage auch L. Leloir, Éphrem de Nisibe, Commentaire de l’Évangile concordant ou Diatessaron traduit du syriaque et de l’arménien, Paris 1966 (SC 121) 75 Anm. 3: „Selon le P. Murray, l’identification de Marie, mère de Jésus, avec Marie-Madeleine devrait être expliquée: a) soit par une réaction contre la tendance à exalter le rôle de Marie-Madeleine comme épouse du Christ; en disant que la mère de Jésus était celle qui, la première, avait vu Jésus après la résurrection et s’était entendu dire le Noli me tangere, on diminuait l’importance de l’autre Marie; b) soit en admettant qu’en pleine conscience de la distinction entre Marie, mère de Jésus, et Marie-Madeleine, on aurait confondu et additionné leurs interventions en vue de donner plus de force symbolique au nom de Marie, significatif de la seconde Ève et ayant valeur de type de l’Église.“ Auch in byzantinischen Texten, die teilweise eine sehr große Verehrung der Maria Magdalena zum Ausdruck bringen, findet sich diese Identifizierung; vgl. hierzu Synek, Heilige Frauen, 66: „Nicht bei allen Texten ist ganz eindeutig, ob die besungene Maria wirklich Maria Magdalena oder vielleicht die Gottesmutter meint.“ Die syrische Didaskalie scheint einen Sonderfall darzustellen, wird doch dort Maria Magdalena am Grab ausdrücklich erwähnt, während allerdings die Reihenfolge der beiden Marien gegenüber Mt 28,1 umgedreht wird; Vööbus sieht dies sicher zurecht als Versuch, die Mutter Jesu mit dieser Szene in Verbindung zu bringen; vgl. Vööbus, Didascalia (CSCO.S 180) 190 Anm. 106.
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scheint sich im Westen im ersten Jahrtausend nicht zu finden235. Allerdings gibt es auch im Westen Tendenzen, Maria mit einer Erscheinung des Auferstandenen in Verbindung zu bringen236. Der Text auf den von Revillout veröffentlichten Fragmenten interpretiert den Auferstehungsbericht des Matthäusevangeliums dahingehend, daß es sich bei der „anderen Maria“ um die Mutter Jesu handelt; auch wird die Reihenfolge, in der die beiden Frauen erwähnt werden, gegenüber dem Evangelientext umgekehrt237. Nach der Rezension B der Predigt des Kyrill von Jerusalem sagt Maria, die Mutter Jesu, selbst, daß sie am Grab von den Engeln den Auftrag erhielt, den Jüngern die Botschaft von seiner Auferstehung zu verkünden238, auch bezeichnet sich die Mutter Jesu nach diesem Transitus des Pseudo-Kyrill selbst als Maria Magdalena. Wie bereits angedeutet, lassen sich noch weitere koptische Belege für diese Interpretation anführen. Die Predigt des (Pseudo-) Evodius über Tod und Auferstehung Jesu berichtet von der Begegnung zwischen Jesus und seiner Mutter am leeren Grab239. Nach dem entsprechenden biblischen Bericht steht dort jedoch Maria Magdalena240. Diese Identifizierung findet sich auch in der Predigt des (Pseudo-) Kyrill über das Leiden Jesu241. Allerdings wird auch Maria, die Mutter des Jakobus, mit der Mutter Jesu identifiziert242. 235
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Vgl. hierzu I. Maisch, Maria Magdalena – Zwischen Verachtung und Verehrung. Das Bild einer Frau im Spiegel der Jahrhunderte, Freiburg 1996, 44−45. Vgl. C. Gianelli, Témoignages patristiques grecs en faveur d’une apparition du Christ ressuscité à la vierge Marie, REByz 11 (1953) 106−119, hier 106. Vgl. Revillout, Les Apocryphes Coptes 1,182: epeidh mpHoou nta pJoeis twoun ebol Hnnetmoout nHhtF mpennau eroF alla maria teFmaau mn tke maria tmagdalinh „Denn an dem Tag, an dem der Herr von den Toten auferstanden ist, haben wir ihn nicht gesehen, sondern seine Mutter Maria und die andere Maria, die aus Magdala.“ Interessant ist, daß nach diesem Text Maria Magdalena zur „anderen Maria“ des Matthäusevangeliums wird; vgl. Mt 28,1: 'Oy{ d{ sabb£twn, tÍ ™pifwskoÚsV e„j m…an sabb£twn, Ãlqen Mar…a ¹ Magdalhn¾ kaˆ ¹ ¥llh Mar…a qewrÁsai tÕn t£fon. „Als aber der Sabbat vorüber war und der erste Tag der Woche anbrach, kamen Maria von Magdala und die andere Maria, um nach dem Grab zu sehen.“ Sah. vita IV,38 (S. 70 der Hs; Robinson, Coptic Apocryphal Gospels, 30): aFSaJe nmmaI Je bwk tame nasnhu marouei eHraI etgalIlaIa taouonHt eroou Hm pma etmmau. „Er sprach zu mir: Geh und verkünde meinen Brüdern, sie mögen nach Galiläa gehen. Dort werde ich mich ihnen enthüllen.“ Vgl. Mt 28,10. Die Identifizierung ist eindeutig, wird doch die Maria, die weinend am Grab steht, als „seine Mutter“ (teFmaau) bezeichnet; vgl. Evodius von Rom, Predigt über die Auferstehung (Chapman, Euodius, S. 104,19; Nr. 89). Joh 20,11−12. Vgl. die beiden Predigten des (Pseudo-) Kyrill über Tod und Auferstehung (Campagnano, Ps. Cirillo, A: S. 26−31 und 46−51, Nr. 5−8 u. 32−38; B: S. 58−59 u. 64−67 Nr. 4 u. 14). Diese Identifizierung geht auf Johannes Chrysostomos zurück; siehe Gianelli, Témoignages, 107−108: „Dans son homélie 88 (alias 89) sur l’Évangile de Matthieu, l’illustre Docteur identifie, sans le moindre scrupule, la Maria Jacobi de l’évangéliste avec la Mère de Jésus. Dès lors, l’autre Marie, que Matthieu nous montre un peu plus lin assise, avec la Magdaléenne, en face du sépulcre, et qui bénéficie, avec la même, de la première apparition du Christ ressuscité (Matth. xxvii, 61 et xxviii, 1 ss.), ne peut être que la Vierge.“
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3.9.4.2. Die Predigt der Maria und die Missionstätigkeit der Apostel Es muß als sehr aufschlußreich angesehen werden, daß keine Länder oder Gebiete erwähnt werden, in welchen die Apostel zusammen mit Maria missionarisch tätig sind. In dieser Frage nimmt der Wiener Text eine Sonderstellung im Rahmen der sonstigen Transitus-Mariae-Überlieferungen ein. Nach den koptischen Texten liegen die Ereignisse um den Tod der Maria vor einer Missionstätigkeit der Apostel. Nach einem Teil der koptischen Texte werden namentlich nicht erwähnte Gebiete den Aposteln durch das Los am Vorabend des Todes der Maria zugeteilt. Nach dem griechischen Transitus des Pseudo-Johannes werden die einzelnen Gebiete, aus denen die Apostel für den Tod der Maria anreisen, namentlich aufgezählt. Gerade weil die Erwähnung der Missionstätigkeit der Apostel eigentlich Gelegenheit geboten hätte, die einzelnen Gebiete und Regionen zu erwähnen, stellt sich die Frage, was unter dieser sehr vagen Missionstätigkeit zu verstehen ist. Die Missionstätigkeit ohne Zuweisung konkreter Missionsgebiete, wie sie im Wiener Text begegnet, läßt also zwei Fragen offen: Zum einen muß, gerade wenn die Zeitspanne von elfeinhalb Jahren zwischen Himmelfahrt Jesu und Tod der Maria berücksichtigt wird, die Frage gestellt werden, ob hier Spuren einer historischen Überlieferung zu finden sind, brachen doch die Apostel wahrscheinlich erst nach den Verfolgungen in Jerusalem im Jahr 42 zu weiteren Missionsreisen auf – wenn man einmal von Paulus absieht, der jedoch auch bei der Verlosung der Missionsgebiete oftmals nicht erwähnt wird. Insofern scheinen im Wiener Text die Zwölf gemeint – unter Einschluß des nachgewählten Matthias243. Andererseits stellt sich die Frage, ob der Verfasser des Wiener Textes überhaupt Kenntnis dieser Legende einer Aufteilung der Missionsgebiete durch ein Los hatte. Grundsätzlich finden sich ja nicht in allen koptischen Transitus-Mariae-Berichten Hinweise auf diese Überlieferung, da ja nach der Chronologie dieser Texte Maria stirbt, bevor die Apostel zur Mission aufbrechen. In einem Teil der Texte wird jedoch am Vorabend des Todes der Maria eine Zuteilung der Missionsgebiete durch das Los vorgenommen244. Nach dem Wiener Text findet sich zwar eine Missionstätigkeit der Apostel, von einer Aufteilung der Missionsgebiete ist jedoch keine Rede. Falls man dies als Argument dafür nimmt, daß der Verfasser des Textes diese Legende von einer Aufteilung der Missionsgebiete durch das Los nicht kannte, würde dies für ein vergleichsweise hohes Alter des Textes sprechen245. Im Gegensatz hierzu 243
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Vgl. N. Brox, Zur christlichen Mission in der Spätantike, in: F. Dünzl/A. Fürst/F. R. Prostmeier (Hgg.), Norbert Brox: Das Frühchristentum. Schriften zur historischen Theologie, Freiburg 2000, 337−373, hier 340. So findet zum Beispiel in dem Bericht des Pseudo-Evodius die Verlosung der einzelnen Missionsgebiete am Vorabend des Todes der Maria statt; vgl. Evodius, In dorm. Mar. I, 14 (Shoemaker, Homily, 268). Vgl. Brox, Zur christlichen Mission, 341−342: „Von Vorstellungen dieser Art lebte man ab dem 2. Jahrhundert, was die Erinnerung an die Anfänge des Christentums, an die Rolle der Apostel in der Mission und auch das Apostelbild betraf. Für die Rekonstruktion der tatsächlichen Ereignisse ist da folglich nichts zu finden. ‚Die Sage hat das meiste in Nebel gehüllt‘.“
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beginnt zum Beispiel nach dem Marienleben des Maximus Confessor die weltweite Missionstätigkeit schon kurz nach der Himmelfahrt Jesu246. Hier wird, wie auch im Transitus des Pseudo-Melito, die Chronologie der Apostelgeschichte nicht berücksichtigt. Über den Inhalt der Predigttätigkeit, die von den Aposteln und der Mutter Jesu nach seiner Himmelfahrt betrieben wurde, macht der Text auf dem Wiener Fragment keine näheren Angaben. Nur die Tatsache, daß sie zur Predigt ausziehen, wird berichtet. In apokryphen koptischen Texten findet sich in verschiedenen Zusammenhängen eine genauere Bestimmung dessen, was mit dem Begriff des Predigens, zu dem die Apostel geschickt werden, inhaltlich gemeint ist. Es sei hier nur auf die Predigt des Evodius und den Liber Bartholomaei verwiesen. Im Liber Bartholomaei wird die Predigt der Apostel inhaltlich, um nicht zu sagen dogmatisch, bestimmt: „Danach sch[ieden] sie (voneinander) || und predigten im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes, zur Ehr[e] der heili[g]en, wesenseinen Dreiheit, von jetzt an bis in ewig[e E]wigkeit. Amen.“247 Auch eine der apokryphen Predigten, die unter dem Namen des Evodius verbreitet werden, hat diese Verbindung von bwk und taSeoeiS, mit der die Tätigkeit der Apostel zum Ausdruck gebracht wird; dort wird der Inhalt der Predigt ebenfalls genauer bestimmt: „Während ein jeder in sein Land gehen würde, das er erlost248 hatte, damit sie das Evangelium vom Königreich der Himmel predigten.“249. In diesem 246
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van Esbroeck, Maxime, § 94 (S. 83): „Et à partir de là ces dignes apôtres sortirent prêcher l’évangile et répandirent la parole de vie à Jérusalem et dans la Judée entière, et après peu de temps aux extrémités de la terre, où le saint Esprit le leur ordonna, et ils se firent des disciples de tous les païens et ils baptisaient au nom du Père et du Fils et du Saint Esprit, selon l’ordre du Seigneur.“ So die Rezension C p. 57,20−23 (Westerhoff, Auferstehung und Jenseits, 194): MN¬sws auê[wrÆ e]boæ || ÛutaSeoeiS: HMprÛè m=peiwt Mø |êShre MNpe!pn~@a ßtouaab: eueoé[u] ètetria* etouÛÛ[b n=]Homoousion: Jiè|tenou Sa enß[H n=e]neH Hamhn: X
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Möglicherweise ist die Wahl der Länder durch ein Los von der Erzählung über die Nachwahl des Matthias (Apg 1,23−25) beeinflußt, der ebenfalls durch ein Los ausgewählt wird. Euseb verweist auf Jes 34,17, um die Wahl des jeweiligen Landes durch ein Los zu begründen. (vgl. Eus., in Jes. II,8 [34,16−17] [Ziegler, Jesajakommentar, 226,16−21], sowie in Jes. II,9 [35,1] [Ziegler, Jesajakommentar, 227,14−16]). Dieser Gedanke der durch Los zugeteilten Missionsgebiete findet sich auch in der anderen pseudepigraphen Predigt, die ebenfalls unter dem Namen des Evodius verbreitet wird; vgl. Evodius, Boh. dorm. VI 5 (Lagarde, Aegyptiaca, 46): «pate piouai piouai Se naF e¤piklhros et aFtaHoF ¬teFHiwiS ¬KhtF. „Bevor ein jeder geht [wörtl.: noch nicht ist ein jeder gegangen] zu dem Los, das auf ihm ist, und dort verkündigt.“ Vgl. hierzu E. Junod, Origène, Eusèbe et la tradition sur la répartition des champs de mission des apôtres (Eusèbe, Histoire ecclésiastique, III,1,1−3), in: F. Bovon (u. a.), Les Actes Apocryphes des Apôtres. Christianisme et monde païen, Genève 1981 (PFTUG 4) 233−248; sowie J.-D. Kaestli, Les scènes d’attribution des champs des mission et de départ de l’apôtre dans les Actes Apocryphes, in: Bovon (u. a.), Les Actes Apocryphes des Apôtres. Christianisme et monde païen, Genf 1981 (PFTUG 4) 249−264. Vgl. Evodius, In dorm. Mar. I, 14 (Shoemaker, Homily, 268): erepoua poua nabwk etexwra NtaFklhrou eros NsetaSe oeiS Mpeuaggelion NtmNtRro NMphue.
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Zusammenhang ist die Predigt der Kern der apostolischen Tätigkeit, die sich aus dem Sendungsauftrag der Apostel ergibt. Die rein formale Sendung zur Predigt, wie sie sich in den Evangelien findet, wird in den zitierten apokryphen Texten inhaltlich gefüllt. Ziel dieser Erzählung ist die Legitimierung der rechten, übereinstimmenden Lehre, die verkündet wird250. Allerdings erhält zu Lebzeiten Jesu nur der enge Jüngerkreis diesen Auftrag zur Verkündigung des Evangeliums251, der nach seiner Auferstehung erneuert wird252. An der Formulierung des Wiener Textes ist auffällig, daß der Inhalt der Predigt nicht spezifiziert wird, weder das „Königreich der Himmel“ noch „die wesenseine Dreifaltigkeit“ sind Inhalt der Predigt, einzig der Umstand, daß Maria und die Apostel zur Predigt ausziehen, wird erwähnt. Dies ist eine enge Anlehnung der Formulierung an die entsprechenden Stellen in den Evangelien. Dies wiederum spricht dafür, daß das Alter der Vorlage des Wiener Textes höher sein dürfte als das Alter der zitierten Apokryphen. Überhaupt nur nach dem Marienleben des Maximus Confessor begleitet Maria den Apostel Johannes für kurze Zeit auf seinen Reisen253. Er war nach diesem Marienleben als einziger der Apostel noch in Jerusalem zurückgeblieben. Maria überredet ihn, auch missionarisch tätig zu werden und auf sie keine Rücksicht zu nehmen. Es wird ausdrücklich betont, daß Maria den Apostel nur begleitet und nicht an der Missionstätigkeit beteiligt ist. Kurze Zeit später kehrt Maria nach Jerusalem zurück, während Johannes nach Ephesus weiterzieht. Es ist natürlich möglich, daß bei dem Bericht über die Reisetätigkeit der Maria ältere Überlieferungen zum Tragen kommen, die durch diese Klarstellung korrigiert werden254. Der Verfasser 250
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Siehe hierzu Brox, Zur christlichen Mission, hier 340: „Es gibt dazu entsprechende Erzählungen und Vorstellungen damals, wonach z. B. die Apostel nach Auferstehung und Himmelfahrt Jesu (und Nachwahl des Matthias) zusammenkamen, um die Welt in Missionsbezirke aufzuteilen, von denen jeder einem von ihnen durchs Los zufiel (Paulus ist in dieser Legende „vergessen“ und auch alle anderen uns – eben darum – unbekannt gebliebenen Missionsarbeiter), damit überall die eine, übereinstimmende Lehre aller Apostel gepredigt würde.“ Vgl. z. B. Mt 10,7a; Lk 9,2; Mk 3,14. Mk 16,15. Vgl. hierzu auch Sellew, Dormitio Mariae, 38−39: „Despite this wealth of variety across the separate accounts, however, the story consistently follows a basic structure. After the departure of Jesus, Mary has lived in the care of John, Jesus’ most beloved disciple, residing at her house in either Jerusalem or Bethlehem.“ Vgl. van Esbroeck, Maxime, § 97 (S. 85): „Alors la sainte reine lui dit par la grâce du Christ: ‚Il ne me convient pas, mon fils, que tes amis et tes frères s’en aillent et prêchent le nom du Christ, mon fils et mon Dieu, et qu’ils se fassent des disciples parmi les païens, et que toi tu restes sans rien faire à cause de ta sollicitude à mon égard. Et par ailleurs j’hésite à te séparer de moi, si ce n’est pas l’agrément du Seigneur, qui nous a commandé d’être réunis. Maintenant donc va, pars toi aussi dans le pays qui t’a été commandé, et j’irai moi aussi avec toi affin que l’un et l’autre soit accompli, ta prédication d’une part et ma résidence inséparable de toi‘. C’est ainsi que ordonna au bien-aimé, et *elle partit avec lui pour aller et prêcher, et Marie Madeleine et les autres myrophores avec elles.“ Auch wird im folgenden Kapitel des Marienlebens die Umkehr nach Jerusalem befohlen, Maria bleibt mit den Frauen in Jerusalem, während Johannes nach Ephesus aufbricht; vgl. van Esbroeck, Maxime, § 98 (S. 85−86). Es muß als sehr wahrscheinlich angesehen werden, daß an dieser Stelle ein älterer
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des Werkes erwähnt an anderer Stelle explizit als Quelle den apokryphen Brief des Pseudo-Dionysius Areopagita an Timotheus255. Insofern muß die Frage gestellt werden, ob es sich bei einer Predigttätigkeit der Maria nicht um eine völlig unabhängige Überlieferung handelt, läßt sich doch keine Verwurzelung dieses Motivs in anderen Texten aus der Alten Kirche belegen. Diese Tätigkeit der Maria widerspricht auch dem normalen Bild einer orientalischen Frau zu dieser Zeit256. In dieser Hinsicht unterscheidet sich der Wiener Text von vielen anderen, teilweise auch sehr alten apokryphen Texten257. Gerade weil vielen Texten, die sich mit Maria beschäftigen, dogmatische Absichten zugrunde liegen, ist dieser Satz um so auffälliger258. 3.9.5. Der 21. Tybi In der gesamten koptischen Überlieferung ist der 21. Tybi (16. Januar) – mit einer am 20. Tybi beginnenden Nachtwache – der Tag, an dem Maria starb. Am 16. Mesore (9. August) wird der Leib Mariens nach einem Teil der koptischen Traditionen entrückt. Es liegen also 206 Tage zwischen den beiden Ereignissen259. Es scheint jedoch unmöglich, den Termin, der für den Tod der Maria angesetzt wird, in Zusammenhang mit dem Geburtsfest Jesu an Epiphanias zu bringen, auch wenn dies versucht wurde. Zum einen scheint der zeitliche Abstand zwischen dem 6. Januar und dem 16. Januar zu groß, um noch von einer Oktave im eigentlichen Sinn des Wortes sprechen zu können260, zum andern ist es fragwürdig, mit Hilfe
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Bericht korrigiert wird. Das Marienleben des Maximus Confessor stimmt mit Epiphanius von Salamis überein, daß Maria und Johannes sich in späterer Zeit getrennt haben. Zu diesem Text vgl. Mimouni, Les Vies de la Vierge, 221: „La Vie de la Vierge de Maxime le confesseur est le plus ancien représentant de ce genre littéraire. Cette pièce repousse le terminus a quo de ce type de littérature à la première moitié du viie siècle.“ van Esbroeck, Maxime, § 106 (S. 93). Vgl. S. Ben-Chorin, Die Mutter Jesu in jüdischer Sicht, in: E. Moltmann-Wendel/H. Küng/ J. Moltmann (Hgg.), Was geht uns Maria an, Gütersloh 21991 (GTBS 493) 40−50, hier 47, der zu Joh 19,25−27 bemerkt: „Der Text vermerkt nur noch, daß der Jünger, offenbar Johannes, von dieser Stunde an die Mutter seines Meisters zu sich genommen hat. Er sagt nichts über die Haltung der Maria aus, die – wiederum ganz orientalische Frau – völlig passiv bleibt.“ Vgl. Brown/Donfried, Mary, 260: „In summary, one thing seems clear: The author of the Protevangelium betrays no use of significant, independent sources for the life of Mary; seemingly, his principal source was the canonical Gospels.“ Brown/Donfried, Mary, 282: „In the context of a lively, diversified church, the NT texts about Mary, scant as they were, became the starting point of a rich and imaginative unfolding of a new body of doctrine. This doctrine reflected the polemic, devotional, and ethical emphasis of the church of the second century. The history of the mother of Jesus flowed into the history of Marian piety and mariology.“ Vgl. van Esbroeck, Les textes littéraires, 217. Dagegen jedoch van Esbroeck, Les textes littéraires, 284: „On voit aussi que le système de 206 jours … associe virtuellement la fête mariale de l’octave de la Nativité (pour eux le 6 janvier) et le 15 août aux deux phases inéluctables du Transitus: départ de l’âme et assomption du corps.“
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der Jerusalemer Liturgie des Weihnachtsfestes bzw. des Epiphaniefestes die Feier in Ägypten zu interpretieren261. Für Ägypten gilt, daß Weihnachten ohne große Widerstände im Jahr 432 in Alexandrien durch die erste Feier dieses Festes eingeführt wurde und seither in Ägypten gefeiert wird262. Dies würde bedeuten, daß man die Entstehung der koptischen Transitus-Überlieferung vor das Jahr der Einführung des Weihnachtsfestes in Alexandrien zu datieren hätte. Was Jerusalem angeht, so müßte man doch beachten, daß bereits im fünften Jahrhundert das Weihnachtsfest kurzfristig eingeführt wurde, um danach wieder aus der Liturgie entfernt zu werden und erst im Jahr 561 endgültig eingeführt zu werden. Insofern ist auch die Berufung auf Kosmas Indicopleustes für die Tatsache, daß auch um die Mitte des sechsten Jahrhunderts Weihnachten noch nicht gefeiert wurde263, problematisch, scheint doch aufgrund eines Briefes von Kaiser Justinian II eindeutig, wann das Weihnachtsfest endgültig in Jerusalem heimisch wurde. Auch scheint es aufgrund dieses Briefes sicher, daß nicht alle in Palästina der östlichen Tradition gefolgt sind, daß also teilweise Weihnachten und teilweise Epiphanie im sechsten Jahrhundert das Geburtsfest Jesu darstellte264. Nach einer syrischen Tradition hat Maria die Welt an dem Tag verlassen, an dem Jesus das Licht der Welt erblickte265. Man mag die Interpretation der Jerusalemer Liturgie durch die ägyptische Liturgie natürlich aufgrund einer Predigt über Makarius von Tkôw rechtfertigen, die Dioscorus von Alexandrien zugeschrieben wird266. In dieser Predigt wird berichtet, daß sich die Monophysiten bei der Marienkirche im Tal Josaphat am 21. Tybi (16. Januar) versammeln267. Allerdings sollte man hierbei vielleicht doch in Erwägung 261
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Siehe hierzu allerdings van Esbroeck, Les textes littéraires, 284: „Ce transfert a dû se faire à une époque où, à Jérusalem, la fête de Noël ne se célébrait pas le 25 décembre.“ Vgl. hierzu Förster, Feier, 172. Siehe hierzu allerdings van Esbroeck, Les textes littéraires, 284: „On sait que c’est encore le cas pour Cosmas Indicopleustes au milieu du vie siècle.“ Vgl. für die Jerusalemer Feier eines Geburtsfestes Jesu Förster, Feier, 146−165, hier 163: „Dieser Brief des Kaisers Justinian II scheint zur endgültigen Einführung des Weihnachtsfestes in Jerusalem geführt zu haben. Aus dem Itinerarium Anonymi Placentini geht hervor, daß nur kurze Zeit nach diesem Schreiben am 6. Januar einzig der Taufe Jesu gedacht wurde. Die Feier fand am Jordan statt. Die Predigten des Sophronius von Jerusalem zeigen keine Spur mehr von einer Feier der Geburt Jesu am 6. Januar.“ Vgl. M. van Esbroeck, Étude comparée des notices byzantines et caucasiennes pour la fête de la Dormition, 1−18, hier 9 (= M. van Esbroeck [Hg.], Aux origines de la Dormition de la Vierge. Études historiques sur les traditions orientales, Aldershot 1995, Nr. II): „En effet, la tradition syriaque des ‚six livres‘ affirme deux fois que la Vierge quitta ce monde ‚le jour même où elle mit au monde le Christ‘, c’est-à-dire le 6 janvier. C’est pourquoi, dit le même texte, ‚on a dû déplacer la cérémonie deux jours plus tard‘.“ Siehe hierzu auch M. van Esbroeck, Un court traité pseudo-Basilien de mouvance Aaronite conservé en Arménien, Le Muséon 100 (1987) 385−395, hier 391 (= M. van Esbroeck [Hg.], Aux origines de la Dormition de la Vierge. Études historiques sur les traditions orientales, Aldershot 1995, Nr. VIII). Vgl. für die Edition D. W. Johnson, A Panegyric on Macarius Bishop of Tkôw. Attributed to Dioscorus of Alexandria, Louvain 1980 (CSCO 41 u. 42). Vgl. hierzu auch van Esbroeck, La Dormition chez les Coptes, 440: „Dans une homélie copte consacrée à Macaire de Tkow, signataire d’Éphèse et du brigande d’Éphèse en 449, on
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ziehen, daß bereits der Herausgeber der Predigt erwogen hat, den gesamten Bericht über diese Zusammenkünfte im Tal Josaphat für unecht zu halten268. Da außer einer koptischen Quelle keine Berichte über diese Zusammenkünfte bei Jerusalem existieren, ist die Mahnung mehr als gerechtfertigt. Es deutet alles darauf hin, daß der Bericht über diese Zusammenkünfte in Ägypten entstanden ist und sich auf keinerlei außerägyptische Quellen stützen kann. 3.9.6. Das Gebet der Maria Der Wiener Text berichtet nur, daß Maria ein „großes Gebet“ und danach „das Amen“ sprach. Ganz anders sind die Berichte über ein Gebet der Maria in den übrigen Transitus-Mariae-Texten. Es sei hier nur auf die armenische Überlieferung verwiesen. Letztlich kann das dort gebotene lange Gebet der Maria als dogmatischer Traktat verstanden werden269. Allerdings ist dieses Gebet der Maria die Antwort auf die Ankündigung ihres nahen Todes durch den Engel und nicht ein Gebet, das sie vor den Aposteln spricht, wie es das Wiener Fragment berichtet. Die armenische Überlieferung weiß nichts von einem Gebet der Maria direkt vor ihrem Tod; statt dessen beten die Apostel „einen Teil des Tages und die ganze Nacht“270. Nach der Predigt des Theodosius von Alexandrien spricht Maria ein langes Gebet in der Abwesenheit der Apostel, um sich auf ihr nahes Ende vorzubereiten; bevor sie mit dem Gebet beginnt, fordert sie die Apostel auf, sich zu entfernen271.
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apprend que le 21 Tobi, soit le 16 janvier, les monophysites se sont rassemblés à l’église du val de Josaphat, au pied de la montagne des Oliviers.“ Johnson, Panegyric (CSCO 42), 38 Anm. 68: „The inclusion of this addition to the hymn points to the fictitiousness of this whole episode.“ Vgl. Vetter, Die armenische dormitio Mariae, 329−332. Vgl. Vetter, Die armenische dormitio Mariae, 344. Theod. Dorm. 3,9 (S. 133v; Chaîne, Sermon, 287; Robinson, Coptic Apocryphal Gospels, 100): palin on peJas nan Je sekqhnou NoukouJi naShri SataouwnH ebol Mp!Gs% fh eta tayuxh menritF. „Wiederum nun sprach sie zu uns: Zieht euch ein wenig zurück, meine Kinder, bis daß ich mich zeige dem Herrn, den meine Seele liebt.“ Danach beginnt sie mit dem Gebet. In der Übersetzung dieser Stelle sind sich Robinson und Chaîne nicht einig. Robinson, Coptic Apocryphal Gospels, 101, übersetzt: „Again she said to us, Withdraw yourselves for a little while, my sons, that I may give (or: until I give) thanks to the Lord, whom my soul loveth.“ Chaîne, Sermon de Théodose, 287, überträgt diesen Satz: „Elle nous dit ensuite: Retirez-vous un peu, mes enfants, jusqu’à ce que se manifeste le Seigneur, celui que mon âme aime.“ Während man bei dem Wort naShre diskutieren kann, ob es mit „meine Kinder“ oder „meine Söhne“ zu übersetzen ist – immerhin sind auch Jungfrauen vom Ölberg zugegen und nicht nur die Apostel – scheint es bei der Wendung SataouwnH ebol nötig, nicht nur die Interpretation eines Wortes, sondern auch die Bedeutung der grammatischen Konstruktion genauer zu untersuchen, bestehen doch gewisse Unterschiede, wie diese Wendung gedeutet wird. Unbestritten ist, daß es sich um den Limitativ handelt (vgl. Plisch, Einführung, 72, sowie Layton, Grammar, § 349; für die bohairisch bezeugte Form Sate- anstelle von Sante- vgl. Westendorf, Handwörterbuch, s.v.; siehe dort auch für die Bedeutungen „bis [daß]“ und „daß“). Allerdings scheint es unmöglich, p!Gs% als Subjekt des Satzes aufzufassen, wie Chaîne dies tut. Hierfür müßte der Satz lauten: Satep!Gs% ouwnH ebol. Falls man die Satzstellung
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In Anwesenheit Jesu spricht sie dann ein weiteres kurzes Gebet272. Einmal mehr ist auffällig, daß das Gebet in dem Wiener Text nur faktisch erwähnt wird, während über den Inhalt dieses Gebetes nichts mitgeteilt ist273. Auch dieser Teil des Berichtes auf dem Wiener Pergamentblatt unterscheidet sich so von den anderen Erzählungen. Dies gilt auch für das Fehlen eines Gebetes der Apostel. 3.9.6. Petrus als „Vater“ Im Wiener Text redet Maria den Apostel Petrus mit „mein Vater“ an. Dieser Begriff wird im Koptischen sehr gerne zur Anrede höhergestellter Geistlicher verwendet274. In einer Rezension des Liber Bartholomaei findet sich eine regelrechte Einsetzung des Petrus zum „Vater“ über die Apostel durch Jesus275. Diese Einsetzung wird durch die Akklamation der anderen Apostel bei der gemeinsamen Feier des Abendmahles bestätigt276 Es muß darauf hingewiesen werden, daß sich im Liber Bartholomaei im Gegensatz zu dem Wiener Fragment neben der Anrede „Vater“ auch die beibehalten möchte, wäre folgender koptischer Text zu erwarten: Sat¾ouwnH ebol NJe Dies steht jedoch nicht dort. „Der Herr“ – p!Gs% – ist eindeutig Objekt des Satzes und nicht Subjekt. Andererseits umgeht Robinson jedoch das Problem der Bedeutung von ouwnH ebol, indem er einfach das im vorangehenden Satz verwendete Prädikat SepHmot in der Übersetzung wiederholt. Die Grundbedeutung von ouwnH ebol ist „sich offenbaren“; hier wird man wohl nicht davon ausgehen dürfen, daß Maria sich Gott offenbart. Statt dessen wird man mit „sich erklären“ oder „sich zeigen“ übersetzen müssen. Dies bedeutet dann natürlich im übertragenen Sinn „beten“. Theod. Dorm. 5,32 (S. 138v; Chaîne, Sermon, 291; Robinson, Coptic Apocryphal Gospels, 110). Ein magisches Buch enthält ebenfalls ein Gebet der Maria, das sie vor ihrem Tod angeblich gesprochen hat; vgl. M. Meyer, The Magical Book of Mary and the Angels (P. Heid. inv. kopt. 685). Text, Translation, and Commentary, Heidelberg 1996 (Veröffentlichungen aus der Heidelberger Papyrus-Sammlung. NF 9) 10; es unterscheidet sich in seinem Charakter sehr stark von den Gebeten, die in der Transitus-Mariae-Literatur überliefert werden. Das koptische Wort eiwt übersetzt die griechischen Begriffe pat»r und goneÚj; es wird sowohl zur Bezeichnung eines Verwandtschaftsverhältnisses wie auch als Ehrentitel verwendet; als solcher wird es zur Bezeichnung für den Leiter einer monastischen Gemeinschaft wie auch allgemein zur ehrenden Anrede für die Träger kirchlicher Ämter und Funktionen; vgl. Crum, Dictionary, s.v. Der Text ist nur in der Rezension C des Liber Bartholomaei bezeugt (MS C p 43,1−15; besonders 13f; vgl. Westerhoff, Auferstehung und Jenseits, 174): ntok de ‡w petros pamerit: eis Hhhte aIaak n=eiwt eJN neksnhu throu. „Du aber, o Petrus, mein Geliebter, siehe, ich habe dich zum Vater über alle deine Brüder gesetzt.“ In diesem Zusammenhang ist die Bezeichnung des Petrus als „mein Geliebter“ auffällig, ist dies doch eigentlich eine Ehrenbezeichnung, die meist dem Johannes zuerkannt wird; vgl. Förster, Johannes, 3−13. Liber Bartholomaei (MS C p 56,17−20; vgl. Westerhoff, Auferstehung und Jenseits, 194): tote auouwSÂ n=Gi ¬apostolos peJau naF: Je n=tok pe peneiwt auw pen*episkopoí tecousia to nak erpeteHnak HN Hñ[b] nim. „Da antworteten die Apostel (und) sprachen zu ihm: Du bist unser Vater und unser Bischof. Die Vollmacht ist dir gegeben, in alle Dingen zu tun, was dir gefällt.“ p!Gs%.
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Amtsbezeichnungen „Bischof“, „großer Bischof“ und „Erzbischof“ finden. Diese Bezeichnungen im Liber Bartholomaei zeigen, daß sich dort spätere Entwicklungen in der kirchlichen Hierarchie widerspiegeln277. Möglichweise ist in der besonders starken Betonung des petrinischen Amtes im Liber Bartholomaei ein Niederschlag der Auseinandersetzung mit dem meletianischen Schisma zu finden278. Etwas Ähnliches ist auch in einer der Predigten, die unter dem Namen des Pseudo-Evodius überliefert sind, zu bemerken. Dieser Pseudo-Evodius, der als Erzähler auftritt, bezeichnet Petrus an verschiedenen Stellen seines pseudepigraphen Berichtes als „meinen Vater“279. Petrus ist eindeutig der Bevorzugte und besonders Ausgewählte unter den Aposteln280. Dies wird zum Beispiel bei der Erzählung der Berufung des Petrus deutlich. Er trägt auch dort den Ehrentitel „mein Vater“, während der Apostel Andreas nur „sein Bruder“ ist281. Im Rahmen der Erzählung von der Erscheinung Jesu am Abend des 20. Tybi ist eindeutig erkennbar, daß der Text sehr späte Züge trägt: Die Apostel bereiten den Altar vor. Der Friedensgruß macht die Rangunterschiede innerhalb der Apostel deutlich: „Friede sei mit euch allen, meine geehrten Apostel. Friede sei mit euch, meine niedrigeren [wörtl.: kleineren] Jünger. Friede sei mit dir, Maria, meine jungfräuliche Mutter, diejenige, die mich auf die Welt gebracht hat. Friede sei mit den Frauen, die euch folgen.“282 Die Abstufungen sind deutlich: Zuerst werden die Apostel, dann der Jüngerkreis mit dem Friedensgruß bedacht. Nach seiner Mutter begrüßt Jesus dann noch die Frauen. Allerdings ist der Friedensgruß, mit dem sie bedacht werden, befremdlich. Sie werden als die gegrüßt, die den Jüngern folgen. Nach dem Bericht des PseudoEvodius handelt es sich jedoch um die Frauen, die eigentlich einmal Jüngerinnen 277
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Westerhoff, Auferstehung und Jenseits, 220, bemerkt zu dieser Anrede des Petrus: „Diese Charakteristik des Petrusamtes ist nicht denkbar ohne die Erfahrung der Autokratie des Bischofs von Alexandria. Das alexandrinische Bischofsamt, das während der langen Regierungszeit des Demetrius (190−233) gefestigt wurde, erfuhr seinen Höhepunkt unter den sechs Bischöfen von Athanasius (328−373) bis Dioskur (444−454), deren Regierungsweise derart autokratisch war, daß sie innerkirchliche Beschwerden sowie staatliche Zügelung veranlaßte. Der Titel Erzbischof ist im übrigen erst seit Athanasius sinnvoll.“ Vgl. Westerhoff, Auferstehung und Jenseits, 220, der sich auf Ms A 89,31−26 bezieht. paiwt; vgl. Evodius, Boh. dorm. V 2.5.6.8.11 u. ö. (Lagarde, Aegyptiaca, 44−45). Vgl. Evodius, Boh. dorm. V 8 (Lagarde, Aegyptiaca, 45): nh et aFqaHmou nem paiwt petros, nauiri «½Â pe Ken tou³pi, nai et aFmouT e¤rwou Je ¨postolos. „Die, die er ausgewählt hat zusammen mit meinem Vater Petrus, diese waren zwölf an der Zahl, und er nannte sie Apostel.“ Vgl. Evodius, Boh. dorm. V 4 (Lagarde, Aegyptiaca, 45): aFmouT e¤bol e¤paiwt petros nem andreas peFson Je ¨mwini ouaHqhnou ¬swi. „Er rief zu meinem Vater Petrus und Andreas, seinem Bruder: Kommt! Folgt mir!“ Die Erzählung wird im übernächsten Vers fortgesetzt: Evodius, Boh. dorm. V 6 (Lagarde, Aegyptiaca, 45): asSwpi de, et ¨ paiwt petros nem andreas peFson swtem e¤Tsmh et HolJ ¬te pGois. „Es geschah aber, daß mein Vater Petrus und Andreas, sein Bruder, auf die süße Stimme des Herrn hörten.“ Vgl. Evodius, Boh. dorm. VI 3 (Lagarde, Aegyptiaca, 46): tHirhnh nwten throu, na¨postolos et tai³out: tHirhnh ¬nakouJi «maqhths: tHirhnh «mari¨ tamau «parqenos qh et asJfoi HiJen pkaHi: tHirhnh ¬niHio¤mi throu eq oueH ¬sa qhnou.
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Jesu waren283. Der Bericht geht noch weiter; auf den Friedensgruß erfolgt eine persönliche Begrüßung, bei der zuerst Maria, darauf Petrus, der wiederum den bereits erwähnten Ehrentitel trägt, danach die Apostel und dann die Jünger begrüßt werden. Die Frauen werden nicht mit einem persönlichen Gruß Jesu bedacht284. In der Predigt des Theodosius von Alexandrien hat Petrus ebenfalls eine herausgehobene Stellung. Er wird zwar nicht als „Vater“ bezeichnet, Jesus nennt ihn jedoch „Bischof“ und „Haupt der Kirche“285. Die Bezeichnung „Vater“ für verehrungswürdige Personen findet sich bereits in den neutestamentlichen Schriften. Während im Matthäusevangelium diese Anrede untersagt wird286, redet der Verfasser des ersten Johannesbriefes einen Teil der Empfänger des Schreibens mit dieser ehrenden Bezeichnung an287. Die Weisung im Matthäusevangelium dürfte eine ihrer Wurzeln in der ehrenden Anrede der Mitglieder des Hohen Rates haben288. In den apokryphen Johannesakten, die wahrscheinlich in der zweiten Hälfte des zweiten Jahrhunderts entstanden sind289,
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Vgl. Evodius, Boh. dorm. V 10 (Lagarde, Aegyptiaca, 45−46):
mari¨ de qmau «penGois
ihsous pxristos nas xh neman pe ¬Koun Ken pihi nem nikeHio¤mi et moSi ¬sws isJen ierousalhm (naumoSi gar neman pe Satouer staurwnin «penGois ihsous), e¤te salwmh te nem iwanna nem pkesepi ¬niparqenos throu eq moSi nemas.
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„Maria aber, die Mutter unseres Herrn Jesus Christus, war bei uns in dem Haus zusammen mit den Frauen, die ihr seit Jerusalem folgten (sie folgten uns nämlich bis unser Herr Jesus gekreuzigt wurde [wörtl.: bis man unseren Herrn Jesus kreuzigte]). Es waren [wörtl.: war] dies Salome und Johanna und alle übrigen Jungfrauen [wörtl.: und der Rest aller Jungfrauen], die ihr folgten.“ Es handelt sich hier eindeutig um die Jüngerinnen Jesu und nicht nur um Frauen, die später den Aposteln folgten, auch wenn der Friedensgruß Jesu an diese Frauen diesen Eindruck erweckt. Vgl. Evodius, Boh. dorm. VI 4 (Lagarde, Aegyptiaca, 46): penswthr de aFer aspazesqe ¬teFmau «parqenos, menensws aFer aspazesqe «paiwt petros, ªta on ¬ni¨postolos throu nem ¨non Ka nikouJi Mmaqhths. „Und unser Herr begrüßte [wörtl.: küßte] seine jungfräuliche Mutter, danach begrüßte er meinen Vater Petrus, weiter nun alle Apostel mit uns, den niedrigen Jüngern.“ Theod. Dorm. 6,6 (S. 139r; Chaîne, Sermon, 292; Robinson, Coptic Apocryphal Gospels, 110): peJaF nhi Je petros pae¤piskopos Fai ¬tesafe Hi teknaHoubi Je nqok pe tafe ¬Tekklhsia menenswi. „Er sprach zu mir: Trage ihren Kopf auf deiner Schulter, denn du bist das Haupt der Kirche nach mir.“ Vgl. Mt 23,9a: kaˆ patšra m¾ kalšshte Øm‹n ™pˆ tÁj gÁj, eŒj g£r ™stin Ømîn Ð pat¾r Ð oÙr£nioj. „Und ihr sollt niemanden unter euch Vater nennen auf Erden; denn einer ist euer Vater, der im Himmel.“ Vgl. 1 Joh 2,13a: gr£fw Øm‹n patšrej. „Ich schreibe euch Vätern.“ Siehe auch 1 Joh 2,14b. Vgl. Apg 7,2a, die Verteidigungsrede des Stephanus gegenüber dem Hohen Rat: Ð d{ œfh, ”Andrej ¢delfoˆ kaˆ patšrej, ¢koÚsate. „Er sprach aber: Liebe Brüder und Väter, hört zu.“ Siehe auch Apg 22,1, wo Paulus dieselbe Anredeformel verwendet: ”Andrej ¢delfoˆ kaˆ patšrej, ¢koÚsatš mou tÁj prÕj Øm©j nunˆ ¢polog…aj. „Ihr Männer, liebe Brüder und Väter, hört mir zu, wenn ich mich jetzt vor euch verantworte.“ Vgl. K. Schäferdiek/R. ó h Uiginn, Johannesakten, NTApo II (61997) 138−193, hier 155: „Zeitlich werden die Johannesakten zumeist der zweiten Hälfte des zweiten Jahrhunderts zugewiesen.“
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findet sich die Anrede „Vater“ im Mund der Drusiana, die der Apostel Johannes von den Toten auferweckt hat. Auch in diesem frühen Text ist es also eine Frau, die einen Apostel als „Vater“ bezeichnet290. Im Wiener Text findet sich im Gegensatz zum Liber Bartholomaei nur die Anrede „Vater“ für Petrus. Diese Bezeichnung alleine ist, wie der Vergleich mit dem Neuen Testament und den Acta Johannis gezeigt hat, zu wenig, um eine zeitliche Einordnung des Textes zu ermöglichen. 3.9.7. Der Einbruch der himmlischen Welt: Licht und Duft In zwei verschiedenen Zusammenhängen des Textes auf dem Wiener Pergamentblatt begegnet die Symbolik des Lichtes. Zum einen handelt es sich um das Licht und den Wohlgeruch291, die den Ort erfüllen, an dem sich Maria und die Apostel aufhalten. Dieser wird von Licht und Wohlgeruch bei dem Erscheinen Jesu erfüllt292. Zum anderen wird der Ort, an den Maria kommen wird, von Christus als „wunderbares Licht“ bezeichnet293. Dies ist eine sehr zurückhaltende Beschreibung des Bereichs, in den Maria nach ihrem Tod versetzt wird, wird doch in anderen Transitusberichten dieser Ort als Paradies oder himmlische Welt bezeichnet. Insgesamt begleiten Lichterscheinungen fast alle Christophanien in den verschiedenen Transitus-Mariae-Texten294. Nach dem von Revillout veröffentlichten Fragment handelt es sich um Blitze, die von lauten Geräuschen begleitet werden295. Das Grab der Maria ist nach dieser Erzählung von Licht erfüllt, als der Stein fortgewälzt wird296. Doch auch im Liber Bartholomaei sind Licht und Duft Erkennungszeichen der himmlischen Welt297.
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Vgl. Acta Johannis 81,1−2 (Junod/Kaestli 283): `Wj dš ™nedÚsato, ™pistrafe‹sa e"de tÕn Fortoun©ton ke…menon kaˆ e"pe prÕj ton 'Iw£nnhn: P£ter. „Als sie sich angezogen hatte, sah sie den Fortunatus, wie er dalag, und sprach zu Johannes: ‚Vater‘.“ Vgl. hierzu auch J.-P. Albert, Le parfum et le sang, Apocrypha 4 (1993) 225−243, hier 225: „Les parfums mystérieux et suaves qui accompagnent la mort des saints, émanant de leur dépouille mortelle, de leurs reliques ou plus rarement de leur corps vivant, sont parmi les signes de sainteté les plus cités dans les légendes hagiographiques.“ Vgl. v2,5−10: „Und sofort, siehe, ein großer Duft verbreitete sich an dem ganzen Ort, und ein großes Licht erschien in dem Haus“ Vgl. v,2,20. Über den Text aus Paris kann leider in dieser Frage nichts Genaueres gesagt werden, beginnt doch die erhaltene Erzählung damit, daß Christus bereits anwesend ist. Revillout, Les Apocryphes Coptes 1, 180−181: mnnsa nai aHenkenoG nHroou Swpe. mnHnebrhGe nouoein auw nkwHt euswk HiHh mmon. „Danach geschahen einige laute Geräusche und einige Lichtblitze und Feuer, die zwischen uns hindurchgingen.“ Revillout, Les Apocryphes Coptes 1, 181: anGwSt annau epro mptafos eaFouwn. ere ounoG nouoein Soop nHhtF. „Wir blickten auf den Eingang des Grabes, wie es sich öffnete, während ein großes Licht in ihm war.“ Vgl. Westerhoff, Auferstehung und Jenseits, 244−246.
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Nach der armenischen Tradition wird das Haus, in dem Maria stirbt, zum Zeitpunkt ihres Todes mit Licht erfüllt298. Christus kommt jedoch erst nach drei Tagen und holt den Leib seiner Mutter aus dem Grab. Das Licht begleitet die Prozession der Apostel auf dem Weg zum Grab und bleibt dort für die Zeit, in welcher der Leichnam der Maria im Grab liegt. Es muß wohl an dieser Stelle die Frage aufgeworfen werden, ob hier ein älterer Text der Überlieferung zugrundeliegt, nach dem es zu einer Christophanie mit begleitender Lichterscheinung beim Tod der Maria kam. Die Christophanie wurde dann verschoben, die Lichterscheinung blieb erhalten. Auch wenn in den meisten bekannten Transitus-Mariae-Texten nur vom Paradies die Rede ist, so findet sich doch in einer armenischen Version die Vorstellung, die auch im Wiener Text belegt ist. Auch dort wird Maria angekündigt, daß sie an einen „Ort des Lichtes“ gehen wird, allerdings geschieht dies durch den Engel, der ihr von ihrem nahen Tod erzählt299. Dieses Motiv der „Welt des Lichts“ wiederholt sich im Gebet der Maria, sie beschreibt das „himmlische Jerusalem“ als „schattenloses Licht“, das Gott selbst ist300. Diese Beschreibung der jenseitigen Welt findet sich auch in dem nur armenisch überlieferten, apokryphen Schreiben des Dionysius Areopagita an Titus301. Es muß wohl nicht eigens erwähnt werden, daß, wie in vielen Kulturen, auch in Ägypten „Dunkelheit“ ein Symbol für die Unterwelt ist, daß also das Licht Christi hier diese Finsternis durchbricht302. 298
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Vgl. Vetter, Die armenische dormitio Mariae, 344: „Und in der Morgenfrühe, als sie das Amen gesprochen hatten, da gab den Geist auf die allheilige Jungfrau, die Gottesgebärerin, zur Ehre der allerheiligsten Dreifaltigkeit. Und das Haus ward voll des Lichtes, und Furcht ergriff alle.“ Vgl. Vetter, Die armenische dormitio Mariae, 328: „Gekommen ist die Zeit deines Hinganges und deiner Ruhe an dem Orte, der zubereitet worden ist, unzugänglich für Menschen, damit niemand wisse, wo du seiest, beim Innewerden und beim Schauen, beim herrlichen Geschehniß [sic!]: mit erschauernder und wunderbarer Wonne erfüllt, allheilige Jungfrau, schauend das reine Licht; und wie von der Finsternis zum Lichte, vom Irdischen übergehend zum Unvergänglichen, dem unsagbaren Lichte nahetretend und dort erfüllt mit dem Licht, das im Vater ist und im Sohne und im hl. Geiste.“ Vgl. Vetter, Die armenische dormitio Mariae, 331: „Nun, nimm auf Deine Magd in die ewigen Zelte, in das Land der Unsterblichkeit, in die Wohnungen der Leuchtenden, in die Heiligkeit der Heiligen, in das himmlische Jerusalem, in das unvergängliche Leben und in die endlosen Freuden, und zu den unendlichen Gütern, zur dauernden Freude, zum schattenlosen Lichte; dem großen Lichte nahe tretend möge ich erfüllt werden mit dem Lichte der allheiligen Dreifaltigkeit … Nach Fähigkeit das Licht zu schauen (gewähre) Deiner Magd.“ Vgl. P. Vetter, Das apokryphe Schreiben Dionysius des Areopagiten an Titus über die Aufnahme Mariae, ThQ 69 (1887) 133−138, hier 135; dort wird das himmlische Jerusalem als „die Zelte des Lichts“ bezeichnet; Jugie, La littérature apocryphe, 265−295, hier 266, bemerkt zu recht: „Ce petit morceau, originairement composé en grec, reproduit à peu près mot à mot le récit de l’Histoire euthymiaque. Il est visiblement destiné à expliquer le passage par trop obscur du chapitre iii des Noms divins sur la mort de Marie. C’est dire qu’il est postérieur aux écrits du Pseudo-Denys.“ Vgl. Zandee, Death, 324: „Also the Egyptian texts know the realm of the dead as a place of darkness and in the Zweiwegebuch there are paths which lead through the darkness. But also
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Licht und Wohlgeruch charakterisieren nach gemeinantiken Vorstellungen das Jenseits und wurden als solche Vorstellungen auch im Christentum gebraucht303. Grundsätzlich besteht die Möglichkeit, daß in dieser Formulierung altägyptische Vorstellungen weiterleben304. Der Wohlgeruch begegnet auch in anderen Transitus-Mariae-Berichten. In dem von Revillout veröffentlichen Fragment begleitet der Duft ebenfalls die Erscheinung Christi – dort geschieht sie am Grab der Maria305. Der mit dem Einbruch des Göttlichen verbundene Wohlgeruch steht in Kontrast zum Gestank der Unterwelt, der nach ägyptischen Vorstellungen mit dieser verbunden ist306. Auffällig ist in diesem Zusammenhang auch, daß in keiner Weise Engel mit Namen genannt werden, der Wiener Text berichtet nur davon, daß „eine Menge“ von Engeln Jesus begleitete. Grundsätzlich übernimmt in der koptischen Überlieferung zumeist der Erzengel Michael (gegebenenfalls zusammen mit Gabriel) die Funktion eines Seelenführers, so zum Beispiel in Liber Bartholomaei307, aber auch in den meisten Transitus-Mariae-Berichten308. Nach der im Liber Bartholomaei gegebenen Verheißung wird Jesus „mit Michael und Gabriel“ kommen, um seine Mutter für die letzte Reise abzuholen309. Gerade die Beliebtheit dieses Motivs eines Engels, der the Romans imagined the Orcus as being a complex of dark grottos and further everywhere in the East the conception of the realm of the dead as a dark place is known.“ 303 Vgl. A. Angenendt, Heilige und Reliquien. Die Geschichte ihres Kultes vom frühen Christentum bis zur Gegenwart, München 21997, 115−122. 304 Vgl. A. L. Schmitz, Das Totenwesen der Kopten. Kritische Übersicht über die literarischen und monumentalen Quellen, ZÄS 65 (1930) 1−25, hier 23: „Auch auf einem Mumienetikett aus Ägypten wird bestätigt, daß der Tote ‚in das Leuchtende fortgegangen‘ ist.“ 305 Revillout, Les Apocryphes Coptes 1, 180: auw anSwlm eunoG nsTnouFe eFSwS ebol. „Und siehe, wir rochen einen starken Wohlgeruch, der sich verbreitete.“ 306 Zandee, Death, 341; vgl. auch J. Kügler, Die Macht der Nase: Duftdeutungen und ihre psychophysiologischen Grundlagen, in: J. Kügler (Hg.), Die Macht der Nase. Zur religiösen Bedeutung des Duftes. Religionsgeschichte – Bibel – Liturgie, Stuttgart 2000 (SBS 187) 11−23, hier 20: „Wie der spezifische Eigengeruch zur menschlichen Person gehört, so gehört der Duft zur Gottheit, ist Teil ihrer Person und kann so als Repräsentanz des Göttlichen fungieren … Gestank ist etwas Teuflisches, während alles Himmlische einen süßen Duft verströmt.“ 307 C. D. G. Müller, Die Engellehre der koptischen Kirche, Wiesbaden 1959, 23, der auf möglichen altägyptischen Einfluß hinweist. Allerdings ist Michael als Seelenführer auch in der jüdischen Literatur belegt; vgl. hierzu J. B. Frey, La vie de l’au-delà dans les conceptions juives au temps de Jésus-Christ, Bib. 13 (1932) 129−168, hier 135: „Dans le Testament d’Abraham, Michel accompagné d’une armée d’anges, vient envelopper l’âme du patriarche dans un linceul céleste et l’emporte devant le trône de Dieu.“ Unter Verweis auf TestAbr 20; siehe hierzu auch D. D. Hannah, Michael and Christ: Michael Traditions and Angel Christology in Early Christianity, Tübingen 1999 (WUNT 2/109) 46−47. 308 Vgl. Müller, Engellehre, 24: „Auch den Eltern Jesu steht Michael in besonderer Weise bei. Mit Gabriel zusammen begleitet er Christon [sic!], um Maria nach dem Verlassen des Leibes in den Himmel zu holen. Nach dem Tode Josephs schützen Michael und Gabriel seine Seele auf dem Wege in den Himmel. Beiden bleiben dergestalt die Todesqualen erspart.“ 309 Vgl. für diese Verheißung Ms. B p. 112,13−38 (Westerhoff, Auferstehung und Jenseits, 114).
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die Seelen in das Jenseits geleitet, läßt es als merkwürdig erscheinen, daß Michael nicht namentlich genannt wird310. Immerhin ist er bereits neutestamentlich im Streit mit dem Teufel um den Leichnam des Mose belegt311. Wenn er also biblisch auch nicht als Seelenführer für das Jenseits bezeugt ist, so darf der Schutz des Leichnams eines Verstorbenen doch zumindest in gewisse Nähe zur Seelenführerschaft gerückt werden. Im äthiopischen Henoch ist Michael dann himmlischer Reisebegleiter312, im slavischen Henoch313 führt er diesen vor Gott. Auch die Nichterwähnung der Namen der begleitenden Engel weist auf die archaische Struktur des Textes und das damit verbundene vergleichsweise hohe Alter hin. 3.9.8. Wohnort und Grab der Maria Alle Transitus-Mariae-Texte – wenn man vom Wiener Text absieht – berichten davon, daß Maria in Jerusalem oder seiner Umgebung gewohnt hat und auch in der Umgebung von Jerusalem begraben wurde314. Manche altkirchlichen Autoren identifizieren hierfür das Haus der Maria, der Mutter des Johannes Markus315, mit dem Haus des Evangelisten Johannes, in dem die Mutter Jesu nach der Himmelfahrt ihres Sohnes gelebt habe316. Trotzdem wurde der Versuch unternommen, aus einer kurzen Passage eines Briefes vom 23. Juni 431 an die Kirche von Konstantinopel durch das Konzil von Ephesus unter der Leitung des Kyrill von Alexandrien, in der auf das besondere Gedächtnis der Maria und des Johannes in Ephesus verwie-
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Vgl. Klameth, Herkunft, 23: „Michael und Gabriel als Totenengel, Seelenbetreuer, Seelenführer und Leichenbestatter bilden ein beliebtes Legendenmotiv, wie in der apokryphen Adams-, Abrahams-, Moses-, so in der Zacharias-, Josephs- und Marienlegende.“ Vgl. Jud 9: Ð d{ Mica¾l Ð ¢rc£ggeloj, Óte tù diabÒlJ diakrinÒmenoj dielšgeto perˆ toà Mwãsšwj sèmatoj, oÙk ™tÒlmhsen kr…sin ™penegke‹n blasfhm…aj, ¢ll¦ e"pen, 'Epitim»sai soi kÚrioj. „Als aber Michael, der Erzengel, mit dem Teufel stritt und mit ihm rechtete um den Leichnam des Mose, wagte er nicht, über ihn ein Verdammungsurteil zu fällen, sondern sprach: Der Herr strafe dich!“ Vgl. äthHen 24,6 und 71,3. Vgl. slHen 22,6. Mimouni, Dormition et Assomption de Marie, 71: „Il s’agit de la question de la localisation de la maison et du tombeau de Marie. D’après certains textes, Marie a sa maison à Bethléem; d’après d’autres, elle habite à Bethléem, bien qu’elle ait aussi une maison à Jérusalem, mais c’est à Bethléem qu’a lieu le rassemblement des apôtres auprès de sa couche funèbre; enfin pour les derniers, Marie a sa maison, soit en un lieu non situé, soit au Mont des Olivier, soit au Mont Sion. Le lieu de sépulture de Marie est indiqué tantôt dans une caverne du Mont des Oliviers, tantôt dans le champ de Josaphat, tantôt dans la vallée de Josaphat ou au Mont des Oliviers, tantôt à Gethsémani.“ Vgl. Apg 12,12. Vgl. Niessen, Ephesus, 19, Anm. 25; vgl. van Esbroeck, Les textes littéraires, 276; siehe Th. Zahn, Die Dormitio Sanctae Virginis und das Haus des Johannes Markus, NKZ 10 (1899) 377−429, hier 408; hierauf hatte bereits F. Diekamp, Hippolytos von Theben, Münster 1898, 96−113, hier besonders 110−113, hingewiesen,
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sen wird317, ein Begräbnis der Maria in Ephesus abzuleiten318. Im Zusammenhang der Philomarianiten erwähnt Epiphanius in seinem Panariaon, daß Johannes zwar nach Ephesus gezogen sei, daß man jedoch darüber, ob Maria mitgezogen sei oder nicht, keine Überlieferung besitze319. Allerdings wird es für möglich gehalten, daß sie mit Johannes nach Ephesus zog320. Der Niedergang der Stadt Ephesus – aus kirchlicher Sicht – hätte es dann ermöglicht, daß sich in späterer Zeit eine Jerusalemer Tradition herausbilden konnte321. 3.10. Der Charakter des Wiener Textes Grundsätzlich scheint es sich um einen wohl eher als „orthodox“ zu kennzeichnenden Bericht zu handeln, freilich fällt die Predigt der Maria und die eher naiv monarchianische Christologie auf, sollte jedoch nicht überbewertet werden, da sich aufgrund des Textes mit großer Wahrscheinlichkeit vermuten läßt, daß beides 317
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(Mansi, Conciliorum amplissima Collectio, IV, 1241 B): fq£saj ™n tù 'Efes…wn, œnqa Ð qeolÒgoj 'Iw£nnhj kaˆ ¹ qeotÒkoj parqšnoj ¹ ¡g…a Mar…a. „Herausragend in Ephesus, wo (das Andenken) an den Theologen Johannes und die Gottesgebärerin und Jungfrau, die heilige Maria (lebt).“ Der Satz ist unvollständig und muß sinngemäß ergänzt werden. Nach dem Zeilenkommentar der lateinischen Übersetzung (Mansi, 1242B) ergänzen einige Zeugen aedes habent bzw. habitarunt. Die Tatsache, daß diese Ergänzungen nicht für den griechischen Text belegt sind, spricht für das niedrige Alter – und damit die fehlende Vertrauenswürdigkeit – dieser Ergänzungen. Vgl. z. B. d’Alès, Le tombeau, 379: „En ce qui touche la Vierge Marie, l’usage met aisément sur la trace d’une explication semblable: l’église Sainte-Marie se serait élevée au lieu où avait reposé le corps de la Vierge; si la conjecture reste dépourvue d’attestation positive, on se saurait lui dénier une haute convenance.“ Vgl. hierzu auch Niessen, Panagia-Kapuli, 29−30. Siehe hierzu auch G. Miegge, Die Jungfrau Maria. Studie zur Geschichte der Marienlehre, Göttingen 1962 (KiKonf 2) 57: „Nach der allgemein anerkannten Überlieferung war in Ephesus die Jungfrau Maria gestorben.“ Er zitiert hierfür C. J. Hefele/H. Leclerq, Histoire des Conciles. Bd. II/1, Paris 1908, 292. Epiphanius, haer. 78,11,2 (Holl/Dummer GCS 37,462,5−6); siehe hierzu auch d’Alès, Le tombeau, 381: „Épiphane a commencé par écarter l’idée que Marie ait suivi saint Jean sur la route d’Asie. En quoi il exprime un sentiment personnel. Mais il n’y met point d’opiniâtreté. Là où l’Écriture se tait, il ne demande qu’à ignorer. Par ailleurs, chacun est libre d’interroger l’Écriture et d’y soupçonner des miracles, car la puissance de Dieu est sans bornes. On ignore comment mourut la sainte Vierge, et même si elle mourut.“ Vgl. z. B. d’Alès, Le tombeau, 385: „Il apparaît croyable que saint Jean, lui-même étranger à Jérusalem, a cru remplir la mission reçue du Seigneur en conduisant sa Mère dans un abri sûr. Éphèse aurait été cet abri; là Marie aurait vécu jusqu’à sa bienheureuse mort. D’ailleurs, Jean devait revenir plus d’une fois dans cette ville; après l’exil de Patmos, il y revint encore et y mourut.“ Vgl. d’Alès, Le tombeau, 386−386: „Que la tradition de Jérusalem ait pris le pas sur la tradition d’Éphèse, cela s’explique aisément par les titres imprescriptibles de Jérusalem, point d’attache de tous les souvenirs chrétiens. La décadence d’Éphèse, couverte dès le viie siècle par le flot arabe et progressivement déchristianisée, la condamnait à l’oubli, dès lors que les pèlerins n’y allaient plus retremper leur dévotion.“
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unumstritten war – und man darf vermuten, daß ein derartiger naiver Monarchianismus im zweiten Jahrhundert eher großkirchlicher Theologie entsprochen hat. Bereits die Form des Wiener Textes macht es unwahrscheinlich, daß dieser Text in einem gnostischen Milieu entstanden ist, handelt es sich doch um eine eher lange erzählende Passage322. Das, was an Dialogen innerhalb des Textes übermittelt ist, erfüllt nicht die Funktion, welche die Dialoge in gnostischen Texten haben. „Die Gattung ist besonders geeignet zur Übermittlung und Legitimation von Wissen über die jenseitige, göttliche Welt.“323 Im Rahmen dieser Dialoge gelten die engen Jünger Jesu – d. h. seine Apostel – als die Vertrauten, denen die Lehre Jesu zur Weitergabe übergeben wurde. Man muß wohl die Gespräche Jesu mit den Jüngern, die er nach dem kurzen Bericht aus der Apostelgeschichte in der Zeit zwischen Auferstehung und Himmelfahrt geführt habe, als die wichtigste Wurzel der Annahme einer mündlichen Tradition ansehen324, die letztlich den Anstoß zur Abfassung derartiger apokrypher Dialoge gab. Clemens von Alexandrien, den Euseb in seiner Kirchengeschichte zitiert, nimmt den Gedanken einer mündlichen Tradition auf und baut ihn aus. Die dogmengeschichtliche Weiterentwicklung ist deutlich, zeichnet sich doch bei Euseb eine stärkere hierarchische Stufung innerhalb der Jünger bei den Offenbarungen Jesu ab325. Eine ähnliche Auffassung vertreten auch Irenäus und Origenes326. Von einer derartigen hierarchischen Abstufung sind im Wiener Text, wenn man einmal von der Anrede des Apostels Petrus durch die Mutter Jesu als „mein Vater“ absieht, keine Spuren zu finden. Häufig sind es dann gerade diese Lehren Jesu zwischen seiner Auferstehung und seiner Himmelfahrt, die in apokryphen Texten eine Rolle spielen, berichtet doch das Neue Testament über diesen Zeitabschnitt sehr wenig. Wenn nun derartige Lehren in Dialogform aufgeschrieben wurden, so ist das Ziel dieses Vorgehens offensichtlich: Man wollte die Lehren auf die Person Jesu selbst oder auf seine Jünger zurückführen, konnte jedoch die Zeit seines öffentlichen Lebens nicht verwenden, da diese bereits von den kanonischen Evangelien besetzt
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S. Petersen, „Zerstört die Werke der Weiblichkeit!“ Maria Magdalena, Salome und andere Jüngerinnen Jesu in christlich-gnostischen Schriften, Leiden 1999 (NHS 48), 35: „So gut wie alle christlich-gnostischen Schriften, in denen Jüngerinnen Jesu vorkommen, sind Dialoge, oder enthalten doch zumindest Abschnitte, die in dialogischer Form gestaltet sind.“ Petersen, Zerstört die Werke, 39. Vgl. Apg 1,3: oŒj kaˆ paršsthsen ˜autÕn zînta met¦ tÕ paqe‹n aÙtÕn ™n pollo‹j tekmhr…oij, di' ¹merîn tessar£konta ÑptanÒmenoj aÙto‹j kaˆ lšgwn t¦ perˆ tÁj basile…aj toà qeoà. „Ihnen zeigte er sich nach seinem Leiden durch viele Beweise als der Lebendige und ließ sich sehen unter ihnen vierzig Tage lang und redete mit ihnen vom Reich Gottes.“ Vgl. Eus., h.e. 2,1,4 (Bardy, SC 31,49−51): 'IakèbJ tù dika…J kaˆ 'Iw£nnV kaˆ PštrJ met¦ t¾n ¢n£stasin paršdwken t¾n gnîsin Ð kÚrioj, oátoi to‹j loipo‹j ¢postÒloij paršdwkan, oƒ d{ loipoˆ ¢pÒstoloi to‹j ˜bdom»konta. „Dem Jakobus, dem Gerechten, und dem Johannes und dem Petrus übergab der Herr nach der Auferstehung die Erkenntnis (gnîsij). Diese übergaben sie den übrigen Aposteln, die übrigen Apostel aber den Siebzig.“ Vgl. Iren., haer., III,3,1 (Rousseau/Doutreleau, SC 211, Kap. 3, Z. 1−15); Or., Cels. III,21 (Borret, GCS 136,48−50); Or., Cels. VI,6 (Borret, GCS 147,190−192).
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war327. Was die Verortung der Dialoge innerhalb des Lebens Jesu angeht, dürfte dies auch mit der höheren Autorität des Auferstandenen in Zusammenhang stehen328. Um so auffälliger ist, daß die verschiedenen Gelegenheiten, an denen im Wiener Text dogmatische Aussagen handelnden Personen in den Mund gelegt werden könnten – die Predigt der Maria oder der Apostel oder auch ihr Gebet – nicht benützt werden. Auch wenn offenbleiben muß, ob sich an die Erscheinung Jesu ein längerer Erscheinungsdialog anschloß, so dürfte ein solcher Dialog unter Berücksichtigung des Duktus der erhaltenen Erzählung wohl eher kurz gewesen sein. Der spezifische Vergleich des Wiener Textes mit den übrigen Texten der Transitus-Mariae-Literatur zeigt noch einmal, daß dieser Text von den bekannten Transitus-Traditionen sehr weit entfernt ist. Die Wortwahl lehnt sich eng an biblisches Material an, Parallelen zur Transitus-Mariae-Literatur gibt es vor allem in der Altersberechnung der Maria. Vieles, was in den anderen Berichten ausführlich erzählt wird, ist nur angedeutet. Es finden sich Passagen, für die typischerweise eine inhaltliche Erweiterung zu erwarten gewesen wäre. Dies gilt zum Beispiel für die Predigttätigkeit oder für das erwähnte Gebet, das Maria in der Nacht vor ihrem Tod gesprochen hat. Auch die Reise der Maria nach Jerusalem – wie die Apostel, die ja ganz offensichtlich auch unterwegs waren, dorthin gelangen, wird nicht einmal erwähnt – und die Ankündigung des Todes sind im Wiener Text so unspektakulär, wie sie in den anderen Berichten mit Wundern und Visionen gefüllt sind. Im Gegensatz zu allen anderen koptischen Texten verläßt Maria mit den Aposteln Jerusalem. Da nicht von den verschiedenen Gebieten, die den Aposteln zugefallen sind, berichtet wird, scheint eine gemeinsame Verkündigungstätigkeit, die offensichtlich der weltweiten Mission zeitlich vorausging, vom Verfasser des Textes angenommen zu werden. Im Gegensatz dazu wird in den meisten nicht in koptischer Sprache verfaßten Berichten ausführlich erzählt, wie die Apostel durch Wunder nach Jerusalem geführt werden. Diese Verkündigungstätigkeit, die der weltweiten Mission vorangeht, entspricht der zeitlichen Differenz zwischen Auferstehung Jesu und Beginn der Mission, wie sie in den meisten koptischen Transitusberichten vorausgesetzt wird – allerdings bleiben dann die Apostel mit Maria in Jerusalem. Auch die Pistis Sophia setzt, wie bereits gezeigt, voraus, daß die Apostel elf Jahre in Jerusalem blieben. Von Verfolgungen und anderen Geschehnissen, die aus der Apostelgeschichte bekannt sind, berichtet der Wiener Transitus nicht, die urchristliche Geschichte 327
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Vgl. für diesen Gedanken Ph. Vielhauer, Geschichte der urchristlichen Literatur. Einleitung in das Neue Testament, die Apokryphen und die Apostolischen Väter, Berlin 1985, 680. Petersen, Zerstört die Werke, 39; siehe hierzu auch J. Hartenstein, Die zweite Lehre. Erscheinungen des Auferstandenen als Rahmenerzählungen frühchristlicher Dialoge, Berlin 2000 (TU 146) 319: „Durch die Form der Dialogevangelien wird verschiedenes Material in einen christlichen Kontext gestellt und durch ihn interpretiert. Zugleich wird gegenüber anderer christlicher Überlieferung ein besonderer Status beansprucht: Die gegebenen Belehrungen werden als zweite und letztgültige Lehre im Rahmen einer vorgegebenen Chronologie des Wirkens Jesu verankert.“
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wird mit dem einen Satz, Maria sei während dieser elfeinhalb Jahre mit den Aposteln zum Predigen gegangen, zusammengefaßt. Bei gleichzeitiger enger Anlehnung an biblische Berichte kommt hier doch eine gewisse Distanz zum historischen Geschehen zum Ausdruck. Letztlich bleibt als Ergebnis, daß der Wiener Text sehr weit von den bekannten Transitus Traditionen abweicht und eine direkte Abhängigkeit zwischen diesem und den bisher bekannten Berichten nicht festgestellt werden kann329. Als Ergebnis wird man Folgendes festhalten müssen: Aufgrund der zurückhaltenden Erzählweise wird man wohl ein vergleichsweise hohes Alter der Vorlage des Wiener Textes vermuten müssen. Insofern könnte es sich um die koptische Übersetzung der verschollenen griechischen Vorlage handeln, die den Anlaß zur Abfassung der gesamten Transitus-Mariae-Texte gegeben hat. Gleichzeitig wird man jedoch einen gewissen zeitlichen Abstand zwischen diesem Text und den erhaltenen Überlieferungen annehmen müssen, ist doch die inhaltliche Differenz zu den bekannten Traditionen sehr groß. Die ältesten erhaltenen Handschriften, die Transitus-Mariae-Berichte überliefern, sind die bereits erwähnten syrischen Texte, deren eine Handschrift aus der zweiten Hälfte des fünften Jahrhunderts stammt. Das Verhältnis zu den bekannten Texten scheint also dafür zu sprechen, die Abfassung der griechischen Vorlage des Wiener Textes in ausreichendem Abstand zu diesen Texten anzusetzen, um die Weiterentwicklung von dieser Vorlage zum Stadium des syrischen Textes zu ermöglichen. Ob und wie weit sich diese Hypothese bestätigen oder widerlegen läßt, hat die detaillierte Argumentation hinsichtlich der zeitlichen Einordnung des Wiener Fragmentes zu klären. Hierbei ist einerseits auf die bekannten Überlieferungen zu Leben und Tod der Maria zurückzugreifen und der Frage nachzugehen, wann erstmals das Leben der Maria nach der Auferstehung Jesu und ihr Tod thematisiert wurden – wenn man einmal von der kurzen Erwähnung in der Apostelgeschichte330 absieht. Daneben muß die Christologie des Textes wie auch die Rolle, welche Maria von dem Verfasser des Textes zugedacht wird, berücksichtigt werden.
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Hier ist jedoch von dem kleinen Fragment aus Cambridge (MS Add. 1876 [8]) abzusehen, das dem Wiener Text relativ nahe steht, das jedoch, wie bereits der Ersteditor Robinson bemerkte, keine besondere Nähe zu einer der bekannten Überlieferungen aufweist. Apg 1,14.
III. Das Alter des Wiener Textes 1. Einleitung Die Altersbestimmung des Wiener Transitus-Textes muß – wie auch die Altersbestimmung bei anderen apokryphen Texten1 – als schwierig angesehen werden, gibt es doch keine äußeren Bezeugungen, aufgrund derer dieser Text sicher datiert werden kann2. Was am Ende des vorangehenden Kapitels zum Charakter des Textes bemerkt wurde, darf dabei an dieser Stelle vorausgesetzt werden. Die Einfachheit der Erzählung fällt ins Auge3. Aufgrund der fehlenden äußeren Bezeugung des Textes müssen innere Datierungskriterien zur Anwendung gebracht werden. Der Text läßt sich, wie gezeigt wurde, nicht in die bestehende Transitus-Mariae-Literatur einordnen, deren Anfänge häufig im 5. Jahrhundert angesetzt werden4. Ein unsicheres 1
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Auf die Schwierigkeiten, die der Wiener Transitus bezüglich der Datierung und Deutung in sich birgt, trifft grundsätzlich zu, was Petersen, Zerstört die Werke, 16, über die gnostischen Schriften bemerkt: „Die Texte äußern sich nur sehr vereinzelt und eher am Rande über die konkreten Lebensumstände von GnostikerInnen oder historische Ereignisse im Umfeld ihrer Entstehung … Rückschlüsse auf die Entstehungszeit der Texte, ihren Entstehungsort oder das soziale und historische Umfeld der AutorInnen und RezipientInnen erweisen sich immer wieder als schwierig.“ Vgl. hierzu auch: Bauer, Rechtgläubigkeit und Ketzerei, 171, dessen Aussagen zur Streitliteratur wohl auch zu Teilen auf die apokryphe Literatur angewendet werden dürfen: „Ist unsere Betrachtung der alten christlichen Streitliteratur und ihrer Schicksale einigermaßen zutreffend, dann wird man sagen müssen, das Schrifttum habe im Geisteskampf der Frühzeit eine teils größere, teils geringere Bedeutung gehabt, als man meistens annimmt. Eine erheblichere insofern, als es wohl zahlreiche Schriftwerke aller möglicher Art gegeben hat, die, ohne irgendeine Spur zu hinterlassen, wiederum verschwunden sind. Eine kleinere, weil auch das uns bekannte Schrifttum ein mehr zurückgezogenes Dasein geführt hat und nicht lange imstande gewesen ist, sich zu behaupten.“ Vgl. hierzu auch W. Bauer, Der Wortgottesdienst der ältesten Christen, Tübingen 1930 (SGV 148) 47−48. Vgl. hierzu auch E. A. E. Reymond/J. W. B. Barns, Four Martyrdoms for the Pierpont Morgan Coptic Codices, Oxford 1973, 1: „One of the permanent features of the Egyptian mind was its taste and talent for romantic story-telling.“ Siehe hierzu auch J. W. B. Barns, Egypt and the Greek Romance, in: H. Gerstinger (Hg.), Akten des VIII. internationalen Kongresses für Papyrologie (Wien 1955), Wien 1956 (MPER.NF 5) 29−36, hier 35: „It is interesting to find the Egyptian taste for fictional narrative and prophecy surviving into the Christian period.“ Vgl. Mimouni, Dormition et Assomption, 58−59: „Durant toute la première moitié du Ve siècle, la fête de la Mémoire de Marie est attestée, l’homilétique en témoigne abondamment. Cette fête commémore la maternité divine de Marie, il n’est jamais question de son sort final. On peut donc raisonnablement postuler, dans l’état actuel de cette recherche, que le groupe ancien apparaît au cours de la seconde moitié du Ve siècle.“
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Das Alter des Wiener Textes
Argument für eine Vorverlegung der Entstehungszeit dieser Literatur könnte sich aus einem Abhängigkeitsverhältnis zwischen den einzelnen Traditionssträngen der Transitus-Texte ergeben: Falls die syrische Pseudo-Jakobus-Überlieferung tatsächlich von dem Transitus des Pseudo-Johannes abhängig sein sollte, würde dies für eine Existenz des unter dem Namen des Apostels Johannes verfaßten Textes gegen Ende des vierten bzw. Anfang des fünften Jahrhunderts sprechen5. Insgesamt scheint eine ganze Reihe von Aspekten für ein relativ hohes Alter des Wiener Textes zu sprechen6. Oftmals sind derartige Texte das Mittel, um dogmatische, liturgische oder kirchliche Entwicklungen späterer Zeit – wie die Ausdifferenzierung der Ämter – in der Frühzeit der Kirche zu verwurzeln7. Derartige Bestrebungen finden sich jedoch nicht im Wiener Text. Neben den bereits im Ergebnis des vorangehenden Abschnitts erwähnten Eigenheiten des Wiener Textes ist an dieser Stelle als allererstes auf die sehr knappe Erzählung hinzuweisen8. Auch die ganz offensichtlich fehlende Ausdifferenzierung der Ämter ist zu erwähnen9. Im Gegensatz hierzu werden in einer ganzen Reihe von Texten, die der Transitus-Mariae-Literatur angehören, die Apostel mit Amtsbezeichnungen wie 5
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Vgl. für dieses Argument Baldi/Mosconi, L’assunzione di Maria, 124: „Secondo la tradizione diplomatica gli apocrifi siriaci ‚Esequie della SS. Vergine‘ e il ‚Transitus dello Pseudo-Giacomo‘ sono anteriori alla metà del V secolo; ma siccome lo Pseudo-Giacomo ha certamente utilizzato lo Pseudo-Giovanni, bisogna dire che questi è stato redatto fra la fine del IV secolo e il principio del quinto.“ Die in einem derartigen Fall zu beachtenden Datierungshilfen listet Junod, Vie et conduite des saintes femmes, 91, auf: „Ce problème de la datation, avec celui du milieu d’origine, est à reprendre à partir d’un faisceau de données (linguistiques, stylistiques, historiques, théologiques) fournies par le texte lui-même.“ Vgl. hierzu auch Mimouni, Les Vies de la Vierge, 248: „Il est certain qu’il sera toujours difficile de retrouver les raisons premières ayant motivé les auteurs, qui sont d’ailleurs plus de compilateurs que des créateurs. De fait, l’intérêt majeur de ces textes réside essentiellement dans les doctrines qu’ils ont véhiculées.“ Wortreichtum galt bereits im Altertum als ein Zeichen für die apokryphe Abfassung eines Textes; vgl. hierzu z. B. die Überarbeitung der Andreasakten, die Gregor von Tours zugeschrieben wird; siehe J. M. Prieur/W. Schneemelcher, Andreasakten, NTApo II (61997) 93−197, hier 109: „In der Einleitung erklärt Gregor seine Intention: Aus den ihm vorliegenden Andreasakten, die einige wegen ihres Wortreichtums für apokryph halten, will er in einem kleinen Buch die bewundernswerten Wunder des Apostels zusammenfassen.“ Vgl. hierzu auch G. Röwekamp, Art. Andreas-Akten, LACL, 28−29, hier 28: „Die Abfassung wird um 150−200 erfolgt sein; dafür sprechen die unpolemische Weise, in der die A(cta) Andr(eae) auch heterodoxe Vorstellungen der Christologie entfalten und die kaum entwickelte kirchliche Struktur in den A(cta) Andr(eae).“ Siehe auch Prieur/Schneemelcher, Andreasakten, 107: „Aber die AA müssen früher verfaßt sein, nämlich zwischen 150 und 200, wohl eher um 150 als um 200. Die eigenartige Christologie des Textes, das Fehlen von Bezugnahmen auf den historischen und biblischen Jesus, die Distanz zu jeglicher Art Institution und kirchlichen Rituals – all das spricht für eine frühe Datierung. Ebenso zeigt die ruhige und ganz unpolemische Weise, in der die AA auch heterodoxe Vorstellungen, insbesondere auf dem Gebiet der Christologie, entfalten, daß wir uns in einer Zeit befinden, in der die Christologie der Großkirche noch keine festen Umrisse gewonnen hat.“
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„Bischof“ oder „Priester“ in Verbindung gebracht. Romanhafte Ausschmückungen von Erzählungen, wie sie sich ja auch in verschiedenen Transitus-Mariae-Berichten finden, können auf eine Differenz zwischen den apokryphen und den kanonischen Texten hinweisen, die ersteren den Charakter von „Unterhaltungsliteratur“ geben können10. Gleichzeitig sind dies oftmals Anzeichen für ein relativ niedriges Alter des entsprechenden Textes. Dieser eher literarische Charakter der meisten apokryphen Apostelakten sollte in Rechnung gezogen werden, wenn der Versuch unternommen wird, die Gruppen zu beschreiben, die für die Entstehung dieser Akten verantwortlich sein dürften11. Auch das Fehlen von Hinweisen auf liturgische Feiern muß erwähnt werden. Der Wiener Text berichtet weder von einer Eucharistiefeier – wie der Liber Bartholomaei12 oder die Fragmente aus der Bibliothèque Nationale13, um nur zwei Beispiele zu nennen – noch finden sich romanhafte Ausschmückungen innerhalb der erhaltenen Erzählung. Allerdings gilt, und dies ist ein grundsätzliches Problem für die Einordnung dieses Textes, daß gerade altkirchliche Aussagen über Maria sehr oft mit christologischen Fragestellungen verknüpft sind, nur selten wird über Maria als solche berichtet14. Ein möglicherweise eigenes Problemfeld in der Frage der Datierung ist der Umstand, daß „die Apostel“ als Gruppe zusammen mit Maria erwähnt werden. „Es ist daran zu erinnern, daß die Zwölf und die Apostel verschiedene Gruppen 10
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Vgl. hierzu z. B. auch die Charakterisierung einiger Passagen der Acta Andreae, die wohl zwischen 150 und 200 n.Chr. entstanden sind, durch J.-D. Kaestli, Fiction littéraire et réalité sociale: que peut-on savoir de la place des femmes dans le milieu de production des Actes apocryphes des Apôtres, Apocrypha 1 (1990) 279−302, hier 296: „Il montre d’abord que nos textes sont essentiellement des œuvres de fiction et qu’ils n’ont qu’un rapport très lointain avec la réalité sociale de leurs auteurs ou de leurs destinataires. Le monde dépeint ici est un monde romanesque, avec ses personnages et ses lieux communs.“ Dagegen bemerkt jedoch pauschal Davies, Widows, 15: „To investigate the social world of the apocryphal Acts we must make the fundamental assumption, or adopt the methodological principle, that in writing pious fiction people model the imaginative world about which they write on the real world in which they live.“ Zum Unterschied zwischen älteren und jüngeren apokryphen Texten bemerken di Berardino/Studer, Storia della teologia, 289: „Mentre la più antica produzione di Atti degli apostoli ha una certa importanza dottrinale e teologica, quella posteriore invece si preoccupa quasi esclusivamente dei prodigi e delle grandi azioni che gli eroi compiono.“ Davies, Widows, 79: „The striking absence of concern in the Acts for church officialdom argues against any notion that they were composed by men holding high position in a church. It is far more likely that the apocryphal Acts derive from people who were not themselves church officials and who felt no inclination to discuss church officials.“ Vgl. Ms. C p. 56−57 (Westerhoff, Auferstehung und Jenseits, 194−195). Vgl. f. 28r1,10−28r2,8. Vgl. Brown/Donfried, Mary, 257: „If we approach the Marian texts of the second century with the hope that they reflect additional independent sources for our quest of Mary, the result is disappointing. The noncanonical literature, including the apocrypha, furnishes very little information about Mary which is not paralleled in the NT. Furthermore, as was the case in the NT, Jesus’ mother appears almost exclusively in connection with christological discussions and concerns.“
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waren. Erst im Lauf der Zeit wurden sie identifiziert.“15 Im Zusammenhang des Wiener Textes scheint der Zwölferkreis vorausgesetzt zu sein. Auch die Tatsache, daß Maria als den Aposteln gleichberechtigt geschildert wird – ging sie doch mit ihnen zum Predigen –, muß für diese Frage berücksichtigt werden. Dies berührt die Problematik der Stellung der Frau in der Alten Kirche. Wenn man Harnacks Bemerkung zur Rolle der Frau in der Anfangszeit des Christentums folgt16, so scheint die Schilderung der predigenden Maria auf eine frühe Zeit zu verweisen: „Wer das Neue Testament und die nächstfolgenden Schriften aufmerksam liest, muß bemerken, daß die Frauen im apostolischen und nachapostolischen Zeitalter eine bedeutende Rolle in der Propaganda des Christentums und in den Gemeinden gespielt haben. Die Gleichstellung der Frau neben dem Manne vor Gott (Gal. 3,28) hatte eine religiöse Selbständigkeit der Frau zur Folge, die auch der Mission zugute kam.“17 Dies könnte auf ein vergleichsweise hohes Alter des Wiener Textes hinweisen18. Es fällt allerdings auf, daß im Wiener Transitus-Bericht nur mit einem einzigen Satz erwähnt wird, Maria sei zusammen mit dem Aposteln zum Predigen gezogen. Mehr als einfach nur erwähnenswert ist der Umstand, daß ein Streit um die Rolle der Frau in diesem Text nicht feststellbar ist19. Gleichzeitig gilt oftmals bei den 15 16
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Vgl. Conzelmann, Geschichte, 129. Vgl. hierzu auch R. Gryson, Le ministère des femmes dans l’église ancienne, Gembloux 1972, 173: „Dès les origines du christianisme, on voit que des femmes jouent un rôle important et occupent une place de choix dans la communauté chrétienne.“ Vgl. A. v. Harnack, Die Mission und Ausbreitung des Christentums in den ersten drei Jahrhunderten, 41924, 589−590; siehe hierzu auch E. Schüssler-Fiorenza, Die Rolle der Frau in der urchristlichen Bewegung, Conc(D) 12 (1976) 3−9, hier 7: „Die führende Stellung von Frauen in der christlichen Urgemeinde bildete nicht nur in bezug auf die Verhältnisse im Judentum oder in der griechisch-römischen Welt, sondern auch in bezug auf die Zustände in der späteren christlichen Kirche eine Ausnahme.“ Siehe auch R. R. Ruether, Frau und kirchliches Amt in historischer und gesellschaftlicher Sicht, Conc(D) 12 (1976) 17−23, hier 18: „In den frühen Schichten des Neuen Testamentes gibt es bemerkenswerte Anzeichen dafür, daß der eschatologische Durchbruch des Osterglaubens als Überwindung der Herrschaft der Sünde in der Welt verstanden wurde und daß dies die Überwindung jenes Patriarchalismus in sich schloß, der einen Teil der Folgen der ‚Verfluchung Evas‘ darstellte.“ Allerdings soll hier bestritten werden, daß es sich beim frühen Christentum um eine völlig egalitäre Bewegung gehandelt hat; dagegen jedoch E. Schüssler-Fiorenza, Neutestamentlichfrühchristliche Argumente zum Thema Frau und Amt, ThQ 173 (1993) 173−185, hier 175: „Die frühchristliche Missionsbewegung kann als eine Bewegung von Gleichgestellten verstanden werden, wenn ihre Organisationsstrukturen durch den soziologischen Begriff der Rollenaustauschbarkeit erhellt werden.“ Dieser Streit ist jedoch in anderen apokryphen Texten spürbar; vgl. hierzu: Bienert, Apostelbild, 25: „In gnostischen Gemeinden durften Frauen (im Gegensatz zu 1 Tim 2,12) lehren und sogar Sakramente spenden …, was mit dazu beigetragen hat, daß die Ämter in den katholischen Gemeinden nur von Männern besetzt wurden. In den Apokryphen zum Neuen Testament spiegeln sich die damit verbundenen Konflikte noch wider.“ Siehe auch Ruether, Frau und kirchliches Amt, 19: „Die Gnostiker eröffneten, wie wir wissen, Frauen eine neue Chancengleichheit zur Übernahme von Führungsfunktionen in ihren Gruppen, welche sich auf eine asketische Verneinung der Familie und der Fortpflanzung gründete.“
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Kirchenvätern die Betätigung einer Frau in der religiösen Verkündigung bereits als Zeichen dafür, daß eine Gruppe häretisch ist. So handelt es sich nach Tertullian um eine Anmaßung der Frauen, wenn sie „im Lager der Rebellen“ lehren, disputieren oder gar taufen20. Trotzdem sollte man sich vor einer zu schnellen Einordnung des Textes hüten. Es „sollte doch bedacht werden, daß bei den Kirchenvätern mehr männliche als weibliche GnostikerInnen genannt werden und daß es auch in nichtgnostischen Texten derselben Zeit Belege für Frauen als Lehrerinnen oder in anderen herausgehobenen Positionen gibt.“21 Dieses Argument gilt aber auch für andere Gruppierungen, die an der Entstehung apokrypher Texte beteiligt waren. Man wird wohl zumindest einen Teil der Polemik, die sich gegen Frauen in häretischen Gruppen richtet, als gleichsam tautologisches Argument der Kirchenväter werten müssen22. Insofern wird man wohl behaupten dürfen, daß oftmals Gruppen, in denen Frauen sich aktiver am Verkündigungsgeschehen beteiligten, wohl bereits deswegen verdächtig waren. Die Häresiologen gingen dabei nicht immer zurückhaltend mit ihren Gegnern um23. Die aktive Maria, die so ganz dem herkömmlichen Marienbild widerspricht, würde natürlich dazu einladen, sich auch spekulative Gedanken über die Gemeinschaft zu machen, in welcher der Wiener Transitus-Mariae-Bericht entstanden ist. Hier wird es jedoch vorgezogen, bei dem zu bleiben, was historisch als gesichert gelten darf, und alles Weitere der feministischen Interpretation zu überlassen24. 20
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Vgl. Tertullian, De praescriptione haereticorum LXI,5 (Dekkers, CChr.SL 1,221,13−15): Ipsae mulieres haereticae, quam procaces! quae audeant docere, contendere, exorcismos agere, curationes repromittere, fortasse an et tingere. Vgl. K. A. H. Kellner, Tertullians ausgewählte Schriften ins Deutsche übersetzt. Bd. 2: Tertullians apologetische, dogmatische und montanistische Schriften, Kempten 1915 (BKV 1/24) 351: „Und selbst die häretischen Weiber, wie frech und anmaßend sind sie! Sie unterstehen sich, zu lehren, zu disputieren, Exorzismen vorzunehmen, Heilungen zu versprechen, vielleicht auch noch zu taufen.“ Petersen, Zerstört die Werke, 13. Petersen scheint jedoch zu weit zu gehen, wenn sie bemerkt (Petersen, Zerstört die Werke, 15): „Die Verbindung von Frau und Häresie dürfte also nicht auf historischen Tatsachen beruhen, sondern stellt ein Konstrukt der Kirchenväter und auch der modernen ExegetInnen zum Zweck der Ordnung ihrer Welt dar. Die Texte dienen ideologischen Interessen und eignen sich schon deshalb wenig zur Rekonstruktion historischer Tatsachen.“ Auch wenn ihre Formulierungen wohl etwas pauschal sind, so zeigt Petersen, Zerstört die Werke, 16, doch das Problem der wechselseitigen Bedingung von Häresie und Rechtgläubigkeit auf: „Gerade in den Schriften der Kirchenväter ist deutlich, daß in den Texten kein ungebrochenes Abbild der Realität zu finden ist, sondern eine interessegeleitete Polemik gegen religiöse Bewegungen, die erst durch eben diese Texte als Häresien konstruiert wurden.“ Zur Methodik der feministischen Interpretation vgl. Petersen, Zerstört die Werke, 17: „Die antiken Texte sind aus der Perspektive einer androzentrischen Weltsicht verfaßt, so daß bei einer kritiklosen Lektüre dieser Texte ihre Weltsicht reproduziert und fortgeschrieben wird. Eine feministische Interpretation der Texte muß deshalb eine Hermeneutik des Verdachts und nicht eine Hermeneutik des Einverständnisses und der Zustimmung zur Voraussetzung haben.“ Der Interpretation des Wiener Textes scheint wohl ein nüchterner Zugang angemessen; vgl. Brown/Donfried, Mary, 10: „Also, in the process of determining the Gospel meaning of passages, the final court of appeal must be the text as we have it before us, not a reconstruction for which we have no evidence in the ancient texts and versions.“
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Allerdings scheint bereits bei einer Beschränkung auf das Faktische der Text faszinierend genug, war doch Maria von Anfang an der Prototyp der hörenden Frau25. Je nach Datierung des Fragmentes wird man wohl nicht umhinkommen, gegebenenfalls nur sehr vorsichtig die Gemeinschaft zu beschreiben, in der dieser Text entstand, können doch oftmals bei einem hohen Alter die klassischen Termini „orthodox“ und „heterodox“ nur sehr schwer verwendet werden26 – insofern ist es natürlich verständlich, daß für die Beschreibung der grundlegenden Entwicklung einer Mariologie in den ersten zwei nachchristlichen Jahrhunderten auch auf die apokryphen Texte zurückgegriffen wird27. „Ihr Einfluß kann kaum zu hoch eingeschätzt werden, wenn man bedenkt, daß erstens der langwierige Prozeß der Kanonbildung bzw. seiner endgültigen Anerkennung anderen, nicht von ihm erfaßten Überlieferungen weithin Gehör verschaffte und zweitens das erst gegen Ende des 5. Jahrhunderts erlassene und nur in der Westkirche befolgte Verbot ihrer Verwendung im Gottesdienst viel zu spät kam.“28 Man wird festhalten müssen: Es gibt wohl keine unabhängigen historischen Traditionen über Maria, alle Berichte und Überlieferungen über diese Frau und ihr Leben sind in der einen oder anderen Form von dogmatischen bzw. christologischen Überlegungen und Absichten geprägt29. Die Frage, was der historische Kern einer bestimmten, auch biblischen Überlieferung über Maria war, kann man wohl in den meisten Fällen nicht mehr eindeutig beantworten30.
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Dies möglicherweise unter Rückgriff auf den Bericht von der Verkündigung; vgl. Lk 1,38: e"pen d{ Mari£m, 'IdoÝ ¹ doÚlh kur…ou: gšnoitÒ moi kat¦ tÕ _Ám£ sou. „Maria aber sprach: Siehe, ich bin des Herrn Magd; mir geschehe nach deinem Wort.“ Petersen, Zerstört die Werke, 31, bemerkt sehr richtig: „Die Grenzen zwischen Orthodoxie und Häresie waren lange Zeit fließend. Erst seit ungefähr dem Ende des zweiten Jahrhunderts zeichnen sich gewisse Erfolge der Kirchenväter bei ihren Versuchen ab, die Vielfalt der Überlieferungen in richtige und falsche aufzuteilen.“ Siehe auch di Berardino/Studer, Storia della teologia, 274: „Inoltre non sempre si può parlare di origine eretica di tanti scritti apocrifi, perché in quel periodo i confini tra eresia e ortodossia non erano ben definiti, essendo molto fluidi.“ Vgl. Söll, Mariologie, 24: „Wenn der Zeitraum der ‚Grundlegung der Marienlehre‘ bis zum Jahr 200 ausgedehnt wird, kann eine christliche Literaturgattung nicht unberücksichtigt bleiben, die nach allgemeinem Urteil der Dogmenhistoriker das Marienbild der alten Kirche mitgeprägt hat und auf die sich eine Reihe von Vätertheologen, oft mit Vorbehalt, zuweilen unbefangen, beruft: die Apokryphen.“ Söll, Mariologie, 24−25. Vgl. auch H. Graef, Maria. Eine Geschichte der Lehre und Verehrung, Freiburg 1964, 54: „Weil Christus wahrer Gott und wahrer Mensch war, darum ist Maria Gottesgebärerin. Schon in der ersten Hälfte des 4. Jahrhunderts sind Christologie und Mariologie eng miteinander verknüpft.“ Vgl. Brown/Donfried, Mary, 257: „Even if there was an interest in Mary’s person, no substantial, independent memories of her life and of her role in the early church seem to have been available. The few details we learn from sources outside the NT seem to rest on hearsay, oral tradition, or theological speculation and were beyond verification even for the early generations.“
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Viele der angesprochenen Fragen scheinen bereits vor der detaillierten Diskussion auf ein vergleichsweise hohes Alter des Wiener Textes hinzuweisen. Allerdings mag man gegen eine zu frühe Datierung einer Überlieferung über den Tod der Maria anführen, daß wohl bis zum Ende des vierten Jahrhunderts keine Traditionen über ein Grab der Maria in Jerusalem bekannt waren31. Dies könnte jedoch auch für ein Entstehen eines solchen Textes in einer von Jerusalem entfernten Region sprechen. Gleichzeitig scheint es gefährlich – und auch dies geschieht gelegentlich – die Frage der Datierung zu eng mit der Frage der Entstehung eines Festes oder einer Lokaltradition in Verbindung zu bringen32. Was die Jerusalemer Lokaltradition betrifft, so ist darauf hinzuweisen, daß in Ägypten ein Fest des Entschlafens der Maria offensichtlich sehr eigenständig am 21. Tybi (16. Januar) entstanden ist33, während die meisten anderen Traditionen das Fest der ko…mhsij auf den 15. August legen. Dies könnte man auch als Argument anführen, daß die ägyptische Tradition eines Todes der Maria am 21. Tybi zu dem Zeitpunkt, als die außerägyptische Tradition dort bekannt wurde, bereits so tief verwurzelt war, daß man dieses Fest nicht mehr einfach verlegen konnte. Dies könnte die zwei getrennten ägyptischen Marienfeste erklären. Gleichzeitig würde das für ein relativ hohes Alter der ursprünglichen ägyptischen Tradition sprechen, müßte diese doch vor dem Jerusalemer Fest entstanden sein. Man mag einwenden, daß grundsätzlich Texte, die in den Bereich der Transitus-Mariae-Literatur gehören, jüngeren Datums sind34. Allerdings kann dies natürlich ebenfalls als Zirkelschluß bezeichnet werden, der in sich problematisch ist.
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Vgl. Recla, Il silenzio e la dottrina, 38: „S. Girolamo al contrario, dopo lunga permanenza in Palestina, ignora l’esistenza di un sepolcro di Maria.“ Vgl. hierzu jedoch Mimouni, Dormition et Assomption, 58−59. Für eine Darstellung der Entwicklung der einzelnen Marienfeste im fünften und sechsten Jahrhundert vgl. Shoemaker, Ancient Traditions, 115−116. Vgl. Schiller, Ikonographie 4/2, 89: „Die Entwicklung der liturgischen Feier vollzog sich nicht überall in gleicher Weise. So hat es in einzelnen Kirchen (Antiochien, Jakobitische Syrer und Ägypten) im 6. Jh. Mitte Januar ein Gottesmutterfest gegeben, an dem unter dem Einfluß der in diesen Gruppen geltenden Legendentradition nur die Koimesis gefeiert wurde. Daneben scheint jedoch nach dem 6. Jh. durch Übernahme des palästinensischen Festes am 15. August außerdem an diesem Tag die Assumptio corporis gefeiert worden zu sein.“ Das Missale Gothicum, das zwischen 690 und 710 entstanden ist, bezeugt für den Januar eine Missa in adsumptione sanctae Mariae matris Dominis nostri; vgl. L. C. Mohlberg, Missale Gothicum, Rom 1961 (RED.F 5) 28−31; auch das Sacramentar von Toledo bezeugt eine derartige Feier; siehe M. Férotin, Le liber mozarabicus sacramentorum et les manuscrits mozarabes, Roma 1995 (= 1912) (BEL.S 78) 400−407, sowie 592−598; vgl. auch die Legende von ihrem Tod, dort 786−795. Vgl. Brown/Donfried, Mary, 266: „Furthermore, the notion of Mary’ assumption into heaven has left no trace in the literature of the third, much less of the second century … The actual development of this tradition must be linked to the expansion of Marian devotion and piety in later centuries. The historical root of this expansion probably lies in the development of Mary’s role as the virgin mother of Jesus.“
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2. Die Mutter Jesu 2.1. Die biblischen Berichte über Maria Als nächstes muß das Verhältnis der Erzählung auf dem Wiener Pergamentblatt zur biblischen Überlieferung über Jesu Mutter beschrieben werden. Bereits das, was in den neutestamentlichen Schriften über Maria berichtet wird, ist von theologischen Überlegungen geprägt. Die ältesten Aussagen des Neuen Testaments, die sich auf Maria beziehen lassen, finden sich in den paulinischen Briefen. Paulus allerdings erwähnt diese Frau nicht mit Namen. Es handelt sich um Stellen, an denen auf die Geburt Jesu Bezug genommen wird35. Falls man das wenige, was die Evangelien überhaupt über die Mutter Jesu berichten, als Marienbild bezeichnen darf, so muß doch betont werden, daß in diesen Schriften kein einheitliches Bild von dieser Frau gezeichnet wird, daß vielmehr ganz offensichtlich das Marienbild von theologischen Voraussetzungen der Evangelisten geprägt ist. „Im Neuen Testament gibt es nicht nur ein Bild von Maria, sondern mindestens deren vier: jeder Evangelist läßt die Mutter Jesu so auftreten, wie er sie für die Gestaltung seiner christologischen Botschaft braucht.“36 Bereits für das wahrscheinlich älteste Evangelium, das Markusevangelium, darf mit relativ großer Sicherheit vorausgesetzt werden, daß der Verfasser kein Augenzeuge war37. „Markus, der historischen Situation am nächsten, schildert sie als Mutter von sieben38 Kindern, die mindestens zu Anfang der missionarischen Tätigkeit ihres Sohnes kritisch gegenüberstand.“39 Nur einmal wird sie in diesem Evangelium überhaupt mit Namen erwähnt – und dies nur, um die verwandtschaftliche Beziehung zwischen ihr und ihrem Sohn zu beschreiben40. Sie wird offensichtlich den Verwandten zugerechnet, die Jesus und sein Wirken nicht verstehen41. Insofern kann man die Aussage Jesu, daß er die als seine Mutter und seine Brüder ansieht, die den Willen seines Vaters erfüllen42, ohne weiteres dahingehend interpretieren, daß Maria nach
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Vgl. u. a. Gal 4,4: Óte d{ Ãlqen tÕ pl»rwma toà crÒnou, ™xapšsteilen Ð qeÕj tÕn uƒÕn aÙtoà, genÒmenon ™k gunaikÒj, genÒmenon ØpÕ nÒmon. „Als aber die Zeit erfüllt war, sandte Gott seinen Sohn, geboren von einer Frau und unter das Gesetz getan.“ Vgl. R. Mahoney, Die Mutter Jesu im Neuen Testament, in: G. Dautzenberg/H. Merklein/ K. Müller (Hgg.), Die Frau im Urchristentum, Freiburg i. Br. 21987, 92−116, hier 114. Brown/Donfried, Mary, 15: „It has been recognized from antiquity that the author whom we call Mark was himself not an eyewitness of the ministry of Jesus.“ Man wird wohl präzisieren müssen, daß sie als Mutter von mindestens sieben Kindern geschildert wird. Während Jesus und die vier Brüder namentlich erwähnt sind, wird nur berichtet, daß Jesus Schwestern hatte. Aus dem Plural können mindestens zwei, jedoch keinesfalls exakt zwei Schwestern abgeleitet werden. Mahoney, Mutter Jesu, 114. Vgl. Mk 6,3. Vgl. Mk 6,4 u. Mk 3,21. Vgl. Mk 3,33−35: kaˆ ¢pokriqeˆj aÙto‹j lšgei: T…j ™stin ¹ m»thr mou kaˆ oƒ ¢delfo… [mou]; kaˆ peribley£menoj toÝj perˆ aÙtÕn kÚklJ kaqhmšnouj lšgei: ” Ide ¹ m»thr mou kaˆ oƒ ¢delfo… mou. Öj
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dem Markusevangelium nicht zum engen Kreis der Jünger gehörte43. Ob diese Schlußfolgerung auch auf die historische Maria zutrifft, ist umstritten44. Nach dem Lukasevangelium ist Maria die erste, die von dem Geschehen um Jesus Christus betroffen ist, in der Kindheitserzählung wird sie dabei gleichsam als Prototyp der frommen und gottesfürchtigen Frau dargestellt45. Allerdings gilt sowohl für das Lukasevangelium wie auch für das Matthäusevangelium, daß die Kindheitsgeschichten wohl eher als narrative Theologie denn als Augenzeugenberichte zu verstehen sind. Sie haben somit auch nicht primär Interesse an der Person der Maria, sondern an ihrer heilsgeschichtlichen Bedeutung46. Auch die Geschichte über den zwölfjährigen Jesus im Tempel muß erwähnt werden47. Auffällig ist, daß in diesem Zusammenhang Maria und nicht Josef das Wort ergreift. Maria bewahrt sowohl die Ereignisse um die Geburt Jesu – hier vor allem die Anbetung der Hirten und was sie über das Kind sagen – wie auch sein Auftreten vor den Schriftgelehrten „im Herzen“48. Was das Verhältnis Jesu zu seiner Mutter während seines irdischen Wirkens angeht, so scheint sich aufgrund der Markusparallele nahezulegen, auch für das Lukasevangelium die Frage zu stellen, ob die Mutter und die Geschwister Jesu überhaupt zum Kreis der Anhänger Jesu gehörten. Allerdings sind die Formulierungen zurückhaltender als im Markusevangelium. Es fehlt die
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[g¦r] ¨n poi»sV tÕ qšlhma toà qeoà, oátoj ¢delfÒj mou kaˆ ¢delf¾ kaˆ m»thr ™st…n. „Und er antwortete ihnen und sprach: Wer ist meine Mutter und meine Brüder? Und er sah ringsum auf die, die um ihn im Kreise saßen, und sprach: Siehe, das ist meine Mutter und das sind meine Brüder! Denn wer Gottes Willen tut, der ist mein Bruder und meine Schwester und meine Mutter.“ Vgl. Ben-Chorin, Die Mutter Jesu, 45−46: „Jesus aber ist nicht gewillt, etwas von der Offenbarung, die in seinem Auftreten und seiner Person sich dem Volke enthüllt, auf die Mutter zu übertragen. Er hat keine Gemeinschaft mit ihr. Sie hat ihn offenbar nie verstanden, hielt ihn für geistesgestört, bekannte sich zu spät zu ihm.“ Vgl. auch McKenzie, Die Mutter Jesu, 31 (Hervorhebung durch McKenzie): „Wir gehen aber sicher in der Annahme, daß die Evangelien nicht gerade den Eindruck einer herzlichen Beziehung zwischen Jesus und seiner nächsten Familie vermitteln.“ Siehe auch Mahoney, Mutter Jesu, 95: „Aber nach obiger Strukturanalyse muß Maria zumindest von Markus – eventuell auch von der vormarkinischen Tradition – zu denen, die Jesus während seiner Mission kritisch gegenüberstanden, gezählt worden sein.“ Siehe Mahoney, Mutter Jesu, 95. Vgl. Lk 1,38: e"pen d{ Mari£m, 'IdoÝ ¹ doÚlh kur…ou: gšnoitÒ moi kat¦ tÕ _Ám£ sou. kaˆ ¢pÁlqen ¢p' aÙtÁj Ð ¥ggeloj. „Maria aber sprach: Siehe, ich bin des Herrn Magd; mir geschehe, wie du gesagt hat. Und der Engel schied von ihr.“ Brown/Donfried, Mary, 13, weisen darauf hin, daß einerseits sehr wenig Bezüge zwischen den Kindheitserzählungen und den anderen Berichten der Evangelien bestehen und daß andererseits auch innerhalb der Informationen, welche die Kindheitserzählungen bei Matthäus und Lukas bieten, sehr wenig Berührungspunkte zu finden sind. Vgl. auch Brown/Donfried, Mary, 14: „In fact, the peaceful pilgrimage of Mary and Joseph from Bethlehem to Jerusalem (Luke 2: 23−40) and their uneventful return to Nazareth stand in stark contrast, even contradiction, to Matthew’s story of a flight for their lives from Bethlehem to Egypt.“ Vgl. Lk 2,41−51. Vgl. Lk 2,19 u. 2,51.
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rhetorische Frage der Markusparallele, so daß diese Passage des Lukasevangeliums für unterschiedliche Interpretationen offenbleibt49. Es kann aufgrund dieser Stelle nicht ausgeschlossen werden, daß auch nach dem Lukasevangelium Maria und Jesu Geschwister zu Jesu Lebzeiten nicht zum Jüngerkreis gehörten. Allerdings erwähnt die Apostelgeschichte, der zweite Teil des lukanischen Doppelwerkes, daß Maria nach dem Tod und der Auferstehung Jesu Teil des Jüngerkreises war50. Die wichtigsten Berichte, in denen Maria im Matthäusevangelium eine Rolle spielt, finden sich in den Kindheitsgeschichten. Diese stellen Sondergut dieses Evangeliums dar, die Erzählungen zielen jedoch auf die Bedeutung des Kindes und nicht der Mutter ab, die letztlich in den Hintergrund rückt. Die weiteren Erwähnungen dieser Frau sind letztlich vom Markusevangelium übernommen51. Im Johannesevangelium wird Maria zweimal ohne Nennung ihres Namens erwähnt: Im Rahmen der Erzählung von der Hochzeit zu Kana52 und unter dem Kreuz, als ihr Sohn sie dem sogenannten Lieblingsjünger anvertraut53. Insgesamt sind es also nur sehr wenige Berichte in den Evangelien, die Nachrichten über Maria bieten. Einem Teil dieser Erzählungen liegen eindeutig theologische Motive zugrunde, so daß ihr historischer Wert nicht sicher ist. Ihre Spuren verlieren sich in der letzten Erwähnung der Maria bei den versammelten Gläubigen, der sich am Anfang der Apostelgeschichte findet. Vieles, was später über Maria behauptet wurde, mag zwar in diesen Berichten eine Grundlage haben, ist jedoch keineswegs dort explizit gesagt. 49
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Vgl. Lk 8,19−21: Paregšneto d{ prÕj aÙtÕn ¹ m»thr kaˆ oƒ ¢delfoˆ aÙtoà, kaˆ oÙk ¹dÚnanto suntuce‹n aÙtù di¦ tÕn Ôclon. ¢phggšlh d{ aÙtù, `H m»thr sou kaˆ oƒ ¢delfo… sou ˜st»kasin œxw „de‹n qšlontšj se. Ð d{ ¢pokriqeˆj e"pen prÕj aÙtoÚj, M»thr mou kaˆ ¢delfo… mou oáto… e„sin oƒ tÕn lÒgon toà qeoà ¢koÚontej kaˆ poioàntej. „Es kamen aber seine Mutter und seine Brüder zu ihm und konnten wegen der Menge nicht zu ihm gelangen. Da wurde ihm gesagt: Deine Mutter und deine Brüder stehen draußen und wollen dich sehen. Er aber antwortete und sprach zu ihnen: Meine Mutter und meine Brüder sind diese, die Gottes Wort hören und tun.“ Apg 1,13f; vgl. hierzu auch Mahoney, Mutter Jesu, 109: „Der Vers wirkt wie eine Momentaufnahme oder eher wie ein Gemälde. Er ist Teil der ersten der lukanischen Summarien in der Apostelgeschichte, und sein präziser historischer Wert ist zweifelhaft. Daß der Herrenbruder Jakobus zur späteren christlichen Gemeinde gehörte, ist sicher; es ist auch nicht unwahrscheinlich, daß – sollte sie noch gelebt haben – Maria sich spätestens zur selben Zeit der Gemeinde angeschlossen hätte.“ Vgl. Mt 12,46−50 u. 13,53−58. Vgl. Joh 2,1−11. Vgl. Joh 19,25−27; zur Frage nach der Person des Lieblingsjüngers vgl. Hengel, Die johanneische Frage, 205: „Nicht nur die Briefe und die Apokalypse, sondern ebenso auch das Evangelium wurden offenbar von Anfang an, genauer: seit ihrer Verbreitung in der Kirche, mit dem ephesinischen Johannes als einer um die Jahrhundertwende in der Kirche allgemein bekannten Persönlichkeit verbunden. Freilich handelt es sich dabei nicht um den Zebedaiden und Apostel, der nach Papias wie sein Bruder Jakobus von den Juden getötet worden war, sondern um jene rätselhafte Gestalt, die, obwohl sie nicht zum Zwölferkreis gehört hatte, bei Papias und in der späteren kleinasiatischen Tradition stereotyp den Ehrennamen ‚der Jünger des Herrn‘ trug.“
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2.2. Die älteste Bezeugung einer Beschäftigung mit dem Tod der Maria Wie bereits erwähnt, lassen sich keine äußeren Bezeugungen des Wiener Textes finden, die bei der Datierung des Textes helfen könnten. Ein Tod der Maria ist in den biblischen Texten nicht erwähnt, Spuren einer Beschäftigung mit dieser Frage sind nun zu suchen, da diese einen vergleichsweise sicheren Zeitpunkt bieten, an dem auch die Existenz derartiger pseudepigrapher Erzählungen zu erwarten ist. Grundsätzlich ist nicht auszuschließen, daß bereits in der Zeit, in der man sich mit der Geburt der Maria beschäftigte, auch die ersten Traditionen über ihren Tod einen schriftlichen Niederschlag fanden54. Das Protevangelium Jacobi entstand wahrscheinlich in der zweiten Hälfte des zweiten Jahrhunderts in Ägypten55. Aus diesem sind jedoch keine unabhängigen Überlieferungen über die Geburt Jesu zu gewinnen56. Auch finden sich keine Nachrichten über die letzten Lebensjahre der Maria oder ein Hinweis auf eine Existenz eines Transitus Mariae aus den ersten Jahrhunderten57. Die Hinweise auf eine verschollene sogenannte „Genna der Maria“58 zeigen jedoch einmal mehr, daß bereits im zweiten Jahrhundert ein lebhaftes Interesse an Maria und ihrem Leben bestand. In der Geschichte von „Joseph dem Zimmermann“ findet sich eine Polemik, die der Übersetzer des Textes ab der zweite Hälfte des vierten Jahrhunderts für denkbar hält, werde doch in dieser Zeit die Frage des Todes der Maria diskutiert59. Insofern wird man wohl zumindest nicht ganz zustimmen können, wenn behauptet wird, daß erst mit dem Konzil von Ephesus der Tod der Maria in den Blick trat60. 54
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Hierauf verweisen Baldi/Mosconi, L’assunzione di Maria, 122: „È verosimile quindi che nello stesso tempo, per soddisfare la curiosità del popolo di conoscere non solo i primi, ma anche gli ultimi momenti della vita della Vergine, sia comparso non solo il Protoevangelo di Giacomo, ma anche una relazione sul transito di Maria.“ Vgl. O. Cullmann, Kindheitsevangelien, 337. Vgl. Brown/Donfried, Mary, 259−260: „One can detect in the Protevangelium the traces of numerous popular literary motives which are found in other writings of this genre, e. g., the cosmic silence at the moment of the birth of the savior in 18:2, which appears as an ‚I-Report‘ of Joseph. This is reminiscent of the birth of Alexander, the birth of the Bodhisattva, and of Vergil’s Fourth Ecologue.“ Vgl. d’Alès, Le tombeau, 379: „Constatons d’abord le silence des premiers siècles chrétiens, touchant les dernières années de la Vierge. Silence que ne rompt aucune voix de récit ni de légende.“ Die „Genna“ der Maria hat nach Auskunft des Epiphanius in irgendeiner Weise über ihre Abstammung berichtet; sicherlich wurde die Ermordung des Zacharias erwähnt; diese „Genna“ der Maria war nach Epiphanius eine Schrift der Sethianer; vgl. hierzu u. a. Bruns, Art. MarienLiteratur, 426−427; H. Ch. Puech/B. Blatz, Andere gnostische Evangelien und verwandte Literatur. Die „Genna“ der Maria, NTApo I (61990) 316; siehe hierzu auch J.-D. Dubois, Hypothèse sur l’origine de l’apocryphe Genna Marias, Aug. 23 (1983) 263−270. Morenz, Joseph, 111: „Die Frage wird im vierten Jahrhundert diskutiert, erzeugt aber noch auf längere Zeit Legenden von Mariens Heimgang. Vom Ende des vierten Jahrhunderts ab also ist die Polemik der JG. [d. i.: Josefsgeschichte] möglich.“ Siehe hierzu jedoch Söll, Mariologie, 112: „Erst mit dem Konzil von Ephesus und der dadurch geförderten Marienverehrung wurde das Endschicksal der Gottesmutter für das gläubige Denken Gegenstand einer Rückfrage.“
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Grundsätzlich scheint es nicht unmöglich, aus der Angabe, daß Maria dem Johannes anvertraut wurde – vorausgesetzt, daß es sich bei dem Jünger, den Jesus liebte, um Johannes handelte61 – und dieser sie zu sich nahm62, abzuleiten, daß Maria dorthin zog, wohin auch Johannes am Ende seines Lebens gereist sein soll: nach Ephesus63. Darüber finden sich allerdings keine Nachrichten aus den ersten Jahrhunderten. Es scheint sich um eine mittelalterliche Tradition zu handeln64. Am Rande sei bemerkt, daß sich auch in diesem Zusammenhang Maria Magdalena belegen läßt, gibt es doch auch eine Überlieferung aus dem dreizehnten Jahrhundert, nach der diese Maria mit Johannes und der Mutter Jesu nach Ephesus gezogen sei65. Nach dem Marienleben des Maximus Confessor wirkte Maria Magdalena missionarisch und starb als Märtyrerin in Rom66. „Ziehen wir das Fazit aus diesem Rückblick über die Mariologie des dritten Jahrhunderts, so erkennen wir leicht, daß nicht bloß im ersten und zweiten, sondern auch im dritten Jahrhundert die später in den Apokryphen mit so vielem Aplomb und Lärm auftretende Jerusalemer Legende durchaus unbekannt war; es herrscht über sie bisher ein absolutes Stillschweigen.“67 Bemerkenswert ist, daß sich in den Johannesakten kein Hinweis auf den Tod der Maria findet, ist dieser doch der Jünger, dem Maria der Tradition nach anvertraut wurde68. Auch bei Eu-
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Vgl. hierzu u. a. Förster, Johannes, 8−12. Vgl. Joh 19,26−27. Vgl. Conzelmann, Geschichte, 140: „Zu erwähnen ist noch der Zusammenhang mit der Marienlegende. Nach Joh. 19,26f. hatte der sterbende Jesus seine Mutter seinem Lieblingsjünger anvertraut. Wenn man diesen mit Johannes identifizierte, zog die Johanneslegende die Marienlegende mit sich. Zog Johannes nach Ephesus, mußte auch Maria dorthin übersiedeln.“ Für diese Tradition gibt es jedoch keine altkirchlichen Überlieferungen; vgl. hierzu auch Hengel/Schwemer, Paulus zwischen Damaskus und Antiochien, 374: „(Johannes) kann zu einem späteren Zeitpunkt etwa von Hannas II. 62 n.Chr., in den Wirren vor dem jüdischen Krieg oder auch außerhalb Judäas, ja selbst noch in Ephesus, getötet worden sein.“ Vgl. Brown/Donfried, Mary, 266: „The second-century sources are equally silent about Mary’s residence in Ephesus … Even if such a tradition existed later in the fifth century at the time of the Council of Ephesus (a. d. 431), it did not enjoy wide acceptance. Its development belongs in the Middle Ages.“ Siehe auch Shoemaker, Ancient Traditions, 75: „Nevertheless, the earliest evidence of any such belief appears only in the late ninth century, in a Syriac manuscript copied in 874, which reports that Mary accompanied John to Ephesus, where she died and was buried.“ Vgl. Synek, Heilige Frauen, 59: „Was Maria Magdalenas Tod angeht, nimmt Xanthopoulos die bereits bei Modestos bezeugte Ephesostradition auf, bevor er die Überführung ihrer Reliquien nach Konstantinopel erzählt: Nach einer langen Zeit, die sie gemeinsam mit Johannes verbracht habe, sei sie in der Gegend von Ephesos in Folge einer kurzen Krankheit gestorben und von Johannes und der Jungfrau bestattet worden.“ Vgl. van Esbroeck, Maxime, § 71 (S. 61): „Or, elle fut rendue digne de la grâce ultime de l’apostolat, et circula de pays en pays pour le Christ, et alla jusqu’à Rome et reçut la couronne du martyre, et elle endura la bonne épreuve jusqu’à verser le sang.“ Niessen, Panagia-Kapuli, 8; Hervorhebung durch Niessen. Hierauf weist bereits Niessen, Panagia-Kapuli, 5, hin.
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seb finden sich keine eindeutigen Hinweise auf eine bestimmte Tradition über den Tod der Maria. Kyrill von Jerusalem und der Pilgerbericht der Egeria erwähnen ebenfalls in keiner Weise Traditionen über den Tod der Maria. Auch berichten weder Rufin von Aquileia, der sich ja zwei Jahrzehnte in Jerusalem aufhielt, noch Orosius oder Hieronymus von einem Grab der Maria in Jerusalem. Auch die drei Kirchenhistoriker des fünften Jahrhunderts, Theodoret von Cyrus, Sokrates und Sozomenus, schweigen über ein Grab der Maria in der Heiligen Stadt. Allgemein gilt eine Stelle bei Epiphanius von Salamis als der älteste, sicher datierbare Beleg dafür, daß man sich über das Leben der Maria nach der Himmelfahrt Jesu und über ihren Tod Gedanken machte69. Im Rahmen der Abhandlung über die Antidikomarianiten70 äußert er sich zu dem Leben der Maria nach der Himmelfahrt Jesu. Diese berufen sich für ein Syneisaktentum71 auf Maria und Johannes, dem sie durch Jesus unter dem Kreuz anvertraut worden war72. Für ihre Argumentation stützen sie sich offensichtlich auf das Johannesevangelium. Epiphanius weist darauf hin, daß es sich hierbei um eine besondere Anordnung Gottes gehandelt habe, die jedoch nicht für alle Menschen zutreffe. Auch sei Maria nicht bei Johannes
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Vgl. K. A. H. Kellner, Heortologie oder die geschichtliche Entwicklung des Kirchenjahres und der Heiligenfeste, Freiburg i. Br. 31911, 177f: „Was die Erwähnung des Lebensendes der heiligen Jungfrau in der patristischen Literatur betrifft, so gedenkt desselben Epiphanius, aber in einer ganz eigentümlichen Weise, die verrät, daß er nichts Sicheres und Bestimmtes darüber wußte.“ Niessen, Panagia-Kapuli, 9: „In das Chronikon des Eusebius wurde in späterer Zeit a. a. 48 eine Nachricht über den Tod Mariens hineingeschmuggelt; indessen ist dieselbe allgemein als Interpolation wieder aufgegeben worden.“ Siehe auch Söll, Mariologie, 70: „Die Reflexion des Bischofs Epiphanius ist nach dem heutigen Textbefund die erste, die über den Heimgang Mariens angestellt wurde. Über mögliche Gründe, warum das nicht schon früher geschah, wird nichts verlautet. Das Werk wurde immerhin erst 374−377 verfaßt. Der Kirchenvater kann sich offenbar auf keine vorgelagerte Tradition, nicht einmal auf assumptionistische Apokryphen berufen und gesteht, daß auch die Heilige Schrift keinen Anhaltspunkt liefert.“ Vgl. zu dieser Sekte u. a. G. Greshake, Art. Antidikomarianiten, LThK Bd. 1, 31993, 747; siehe auch Q. Quilliet, Art. Antidicomarianites, DThC 1, 1378−1382. Das Syneisaktentum ist bereits am Anfang des dritten Jahrhunderts suspekt; vgl. hierzu G. Schöllgen, Die Anfänge der Professionalisierung des Klerus und das kirchliche Amt in der syrischen Didaskalie, Münster 1998 (JAC.E 26) 48, dort über die syrischen Wanderasketen anhand der pseudoclementinischen Briefe de virginitate; man versuchte auch, Vorbehalte gegen das Syneisaktentum durch Selbstkastration zu zerstreuen; vgl. hierzu D. F. Caner, The Practice and Prohibition of Self-Castration in Early Christianity, VigChr 51 (1997) 396− 415, hier 398: „Moreover, the sources indicate that self-castration was sometimes adopted by male ascetics to allay suspicion which might otherwise arise from their living with female ascetics.“ Vgl. Joh 19,26−27; siehe hierzu Brown/Donfried, Mary, 210: „Paradoxically, if the scene is not historical and the presence of the mother of Jesus and the beloved disciple reflects Johannine theological inventiveness, that may enhance the importance of Mary for the Johannine community – the evangelist would scarcely have created a central crucifixion scene if it did not have significance.“
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geblieben73. Er beruft sich auf die Schrift: Diese schweige über das weitere Leben der Maria, während sie hingegen davon berichte, daß Johannes nach Asien gezogen sei74. Hieraus abzuleiten, daß die älteste Tradition des Grabes der Maria in Ephesus sei75, widerspricht dem Sinn der Ausführungen des Epiphanius76. Allerdings mag man argumentieren, daß diese Bemerkung zeigt, daß Epiphanius keine Tradition über einen Tod der Maria in Jerusalem bekannt ist77. Man mag sogar einwenden, daß 73
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Vgl. Epiph., haer. 78,11,1b (Holl/Dummer GCS 37,461,32−462,2): ™ke‹se g¦r t¦ pr£gmata ™tele‹to kat' o„konom…an, [d{] diVrhmšnwn tîn pragm£twn ¢pÕ tÁj ¥llhj ¡p£shj kat¦ qeÕn ÑfeiloÚshj ful£ttesqai ¢kribe…aj. kaˆ g¦r Óte toàto gegšnhto kaˆ pare…lhfen aÙt¾n prÕj ˜autÒn, oÙkšti paršmeine par' aÙtù. „Denn hier (d. h. bei dem Zusammenleben von Maria und Johannes) wurde diese Angelegenheit gemäß der Heilsordnung vollendet, weil diese Angelegenheit ausgenommen war von allen anderen strikten Rechtsordnungen, die gemäß <dem Willen> Gottes beachtet werden müssen. Denn als dieses geschehen war und er sie zu sich genommen hatte, blieb sie nicht mehr bei ihm.“ Vgl. Epiph., haer. 78,11,2 (Holl/Dummer GCS 37,462,2−462,9): ¢ll¦ kaˆ e„ dokoàs… tinej ¢¹m©j² ™sf£lqai, zht»swsi t¦ ‡cnh tîn grafîn kaˆ eÛrwsin ¨n oÜte q£naton Mar…aj oÜte e„ tšqnhken oÜte e„ m¾ tšqnhken, oÜte e„ tšqaptai oÜte e„ m¾ tšqaptai, ka…toi ge toà 'Iw£nnou perˆ t¾n 'As…an [™n]steilamšnou t¾n pore…an: kaˆ oÙdamoà lšgei Óti ™phg£geto meq' ˜autoà t¾n ¡g…an parqšnon, ¢ll' ¡plîj ™sièphsen ¹ graf¾ di¦ tÕ Øperb£llon toà qaÚmatoj, †na m¾ e„j œkplhxin ¢g£gV t¾n di£noian tîn ¢nqrèpwn. „Wenn aber einige glauben, daß wir uns irren, so mögen sie in den Spuren der Schrift suchen, sie werden wohl weder den Tod der Maria finden noch, ob sie gestorben ist oder ob sie nicht gestorben ist, weder ob sie begraben ist, noch ob sie nicht begraben ist; die Reise des Johannes freilich, wie er nach Asien aufbricht, . Und nirgendwo liest man, daß er mit sich die heilige Jungfrau führte, sondern die Schrift schweigt einfach wegen des übergroßen Wunders, damit sie nicht den Verstand der Menschen in Schrecken versetze.“ Wie wenig zu finden ist, betont er kurz nach diesen Worten noch einmal; vgl. Epiph., haer., 78,11,3b (Holl/Dummer GCS 37,462,10−11): t£ca g£r pou kaˆ ‡cnh eÛromen tÁj ¡g…aj ™ke…nhj kaˆ makar…aj, æj oÜte eØre‹n œsti tÕn q£naton aÙtÁj. „Kaum werden wir auch nur Spuren über diese Heilige und Glückselige [d. i.: Maria] finden, so daß man auch über ihren Tod nichts finden kann.“ Am Rande sei bemerkt, daß für Ephesus die Tradition eines Grabes der Maria Magdalena überliefert ist; vgl. hierzu V. Saxer, Les Saintes Marie Madeleine et Marie de Béthanie dans la tradition liturgique et homilétique, RevSR 32 (1958) 1−37, hier 8 u. 18. Vgl. jedoch J. Niessen, Die Mariologie des heiligen Hieronymus. Ihre Quellen und ihre Kritik, Münster 1913, 206: „Epiphanius weiß aber, daß tinšj ihm darauf einwenden, Maria sei doch Johannes nach Asia gefolgt. Er weist dieselben zurück mit dem Bemerken, daß die Hl. Schrift nichts über den Tod und das Grab Marias melde. In dieser Einwendung der tinšj liegt die älteste Lokalisation für das Lebensende Marias und zwar für Kleinasien vor, während Epiphanius selbst keine einzige Tradition gelten lassen will – also auch keine für Jerusalem.“ Siehe auch Niessen, Panagia-Kapuli, 24: „Da diese kleinasiatische Tradition den Antidikomarianiten ein Anlaß war, den Aufenthalt Mariens bei Johannes zu verdächtigen, will Epiphanius diesen Irrlehrern die geschichtliche Grundlage für den Aufenthalt in Kleinasien entziehen; er weiß sich aber nicht anders zu helfen, als daß er sagt: Die heilige Schrift schweige über diese Reise.“ Siehe auch Niessen, Ephesus, 15. Vgl. Niessen, Panagia-Kapuli, 14: „Das Zeugnis des hl. Epiphanius allein ist hinreichend, um der Jerusalemer Legende den Todesstoß zu versetzen. Bei ihm verwandelt sich das bisherige negative Stillschweigen in eine positive Erklärung, daß vom Lebensende und von einem Grabe Mariens in Jerusalem nichts bekannt ist.“
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Maria nach Ansicht des Epiphanius wohl nicht mehr am Leben war, als Johannes nach Ephesus zog78. Eine andere Möglichkeit ist, daß Maria ebenfalls – unabhängig von Johannes – Jerusalem verließ79. Die Stelle läßt sich aber auch dahingehend deuten, daß bereits dem Epiphanius Überlieferungen bekannt waren, nach denen Maria mit Johannes in Jerusalem zusammenblieb. Indem Epiphanius sich nun darauf beruft, daß Johannes nach Ephesus zog, während man nichts davon weiß, daß Maria mit ihm nach Ephesus gezogen wäre, kann er dieser Tradition einer Lebensgemeinschaft der Mutter Jesu mit dem Lieblingsjünger am besten die Grundlage entziehen. Insofern kann man auch die Vermutung äußern, daß die Traditionen, die Epiphanius bekämpft, von einem Lebensende der Maria in Jerusalem und ihrem Zusammenleben mit dem Johannes erzählen80. Es muß in diesem Zusammenhang auch erwähnt werden, daß Johannes nach Auffassung dieses Kirchenvaters ein alter Mann war, als er vom Geist nach Asien getrieben wurde81. Maria wäre also wohl zu diesem Zeitpunkt nicht mehr unter den Lebenden gewesen. Bei seiner Untersuchung der Schriftzitate zieht Epiphanius auch die Möglichkeit in Erwägung, daß Maria – aufgrund der Verheißung des greisen Simeon – einen gewaltsamen Tod erlitten haben könnte82. Ein aus diesem Text abzuleitendes Mar78
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Jugie, La mort et l’assomption, 87: „Au ve siècle, en effet, dans les milieux catholiques de Palestine et de Syrie, on admettait généralement que l’apôtre saint Jean n’était allé en Asie et à Ephèse qu’à un âge avancé et après la guerre judaïque de 69−70. Mis à part certains récits apocryphes du Transitus Mariae, on pensait aussi que ce départ de saint Jean pour Ephèse n’avait pu se produire qu’après le passage de Marie de cette vie à une vie meilleure.“ Dagegen jedoch Niessen, Panagia-Kapuli, 18: „Hier spricht Epiphanius klar aus, daß Johannes sich zu Lebzeiten Mariens nach Asien begab … Wäre in Jerusalem nur eine Spur von einer Tradition gewesen, wie hätte er sie alsbald ins hellste Licht gestellt und sie der kleinasiatischen Tradition entgegengehalten! Daraus ergibt sich klar das Resultat, daß es zu Zeiten des hl. Epiphanius nur eine Tradition für Kleinasien, nicht aber eine für Jerusalem gab, da von letzterer keine Silbe erwähnt wird.“ Für altkirchliche Belege, daß Johannes in Ephesus starb, vgl. Kaestli, Le rôle des textes bibliques, 324, Anm 18. Vgl. hierfür Niessen, Panagia-Kapuli, 17. Auf eine derartige Tradition spielt Epiphanius möglicherweise an; vgl. Epiph., haer. 78,10,13b (Holl/Dummer GCS 37,461,26−29): lšgei d{ tÕ eÙaggšlion „kaˆ ¢pÕ tÁj ¹mšraj ™ke…nhj œlaben aÙt¾n prÕj ˜autÒn“. e„ d{ e"cen ¥ndra, e„ e"cen o"kon, e„ e"ce tškna, e„j t¦ ‡dia ¢necèrei kaˆ oÙ prÕj tÕn ¢llÒtrion. „Das Evangelium aber berichtet: ‚Und von jenem Tag an nahm er sie zu sich.‘ Wenn sie einen Mann gehabt hätte, wenn sie ein Haus gehabt hätte, wenn sie Kinder gehabt hätte, wäre sie in das Eigene gegangen und nicht zu dem Fremden.“ Diesen Text kann man natürlich auch dahingehend interpretieren, daß er ein Haus des Johannes in Jerusalem und eine dort lebende Maria voraussetzt. Epiph., haer. 51,2,4a (Holl/Dummer GCS 31,250,7−10): ™ke‹ g¦r Ð ¤gioj 'Iw£nnhj meq' ¹lik…an ghralšan ™pitršpetai ØpÕ toà pneÚmatoj toà ¡g…ou khràxai kaˆ ¢nak£myai toÝj ™n tÍ Ðdù peplanhmšnouj „Dorthin [d. i.: Asien] wurde der heilige Johannes im vorgerückten Alter vom Heiligen Geist geführt, um zu verkünden und zurückzuführen die, die auf dem Weg getäuscht worden waren.“ Epiph., haer. 78,11,4a (Holl/Dummer GCS 37,462,11−13): pÁ m{n g¦r Ð Sumeën f£skei perˆ aÙtÁj „kaˆ soà aÙtÁj t¾n yuc¾n dieleÚsetai _omfa…a, Ópwj ¨n ¢pokalufqîsin ™k pollîn kardiîn dialogismo….“ „Einerseits hat nämlich Simeon über sie gesagt: ‚Und ihre Seele wird ein Schwert durchdringen, damit die Gedanken vieler Herzen offenbar werden‘.“ Die Anspielung
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tyrium der Maria wird von Ambrosius abgelehnt83. Als andere Möglichkeit erwähnt Epiphanius, daß die Apokalypse es ermögliche84, auch eine Entrückung der Maria anzunehmen85. Unter Berufung auf diese biblischen Texte hält Epiphanius fest, daß man nicht einmal wisse, ob sie nun gestorben sei oder nicht86. Im selben Kapitel wendet er sich kurz den Kollyridianern zu und erwähnt in diesem Zusammenhang auch die Frage nach dem Lebensende der Maria. Bei der Bezeichnung Kollyridianer scheint es sich um eine polemische Formulierung von Epiphanius zu handeln87. Es scheint, als ob sich die Mitglieder dieser Gruppe selbst als Philomarianiten bezeichnet hätten88.
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bezieht sich auf Lk 2,35, wo es heißt: kaˆ soà [d{] aÙtÁj t¾n yuc¾n dieleÚsetai _omfa…a, Ópwj ¨n ¢pokalufqîsin ™k pollîn kardiîn dialogismo…. „Und auch durch deine Seele wird ein Schwert dringen, damit vieler Herzen Gedanken offenbar werden.“ Hierauf weist Niessen, Ephesus, 15, hin; vgl. Ambrosius, Expos. in Lc lib. 2,61 (Adriaen, Expositio, 57, 800−803): „Et tuam“ inquit „ipsius animam pertransibit gladius“ nec littera nec historia docet ex hac uita Mariam corporalis necis passione migrasse. „Und deine Seele, so sagt er, wird ein Schwert durchdringen. Weder Schrift noch Überlieferung lehren, daß Maria aus diesem Leben durch einen gewaltsamen leiblichen Tod geschieden sei.“ Brown/Donfried, Mary, 280: „Two fourth-century fathers, Epiphanius and Andrew of Caesarea, report that ‚some‘ people identified the woman with Mary the mother of Jesus.“ Vgl. Apk 12. Vgl. Epiph., haer. 78,11,4b (Holl/Dummer GCS 37,462,13−17) unter Verweis auf Apk 12: pÁ d{ tÁj 'ApokalÚyewj 'Iw£nnou faskoÚshj Óti „kaˆ œspeuden Ð dr£kwn ™pˆ t¾n guna‹ka t¾n genn»sasan tÕn ¥rrena, kaˆ ™dÒqhsan aÙtÍ ptšrugej ¢etoà, kaˆ ™l»fqh e„j t¾n œrhmon, Ópwj ¨n m¾ l£bV aÙt¾n Ð dr£kwn“. „Andererseits aber behauptet die Apokalypse des Johannes, daß ‚und als der Drache die Frau verfolgte, die den Knaben geboren hatte, da wurden der Frau die Flügel eines Adlers gegeben, und sie wurde in die Wüste entrückt, damit der Drache sie nicht ergriffe‘.“ Hierbei scheint es sich jedoch um eine Tradition des vierten Jahrhunderts zu handeln; vgl. Brown/Donfried, Mary, 280−281: „Earlier tradition, starting with Hippolytus, saw the woman as a figure of the church without making the connection to Mary. Whether, in fact, an ancient tradition existed in which Mary was symbolically identified with the church either in reference to scriptural passages or independently must remain an open question.“ Epiph., haer. 78,11,4c (Holl/Dummer GCS 37,462,17−19): t£ca d{ dÚnatai ™p' aÙtÍ plhroàsqai: oÙ p£ntwj d{ Ðr…zomai toàto, kaˆ oÙ lšgw Óti ¢q£natoj œmeinen: ¢ll' oÜte diabebaioàmai e„ tšqnhken. „Vielleicht kann sich dies auch an ihr erfüllt haben. Keinesfalls aber behaupte ich dies, und ich sage auch nicht, daß sie unsterblich ist: aber ich habe es auch nicht sicher ausgesagt, daß sie gestorben sei.“ Der Begriff spielt auf das Brot – die kollur…j – an, das diese Marienverehrer bei ihren Gottesdiensten verwendeten. Vgl. Dölger, Marienverehrung der Philomarianiten, 111: „Wenn die Sekte sich selber einen Namen gegeben hat, so kann es wohl nur die Bezeichnung ‚Philomarianiten‘ sein.“ Er verweist hierfür auf Leontius von Byzanz; vgl. Leont. B., Nest. et Eut. III,6 (PG 86,1,1364B). Dagegen jedoch S. Benko, The Virgin Goddess. Studies in the Pagan and Christian Roots of Mariology, Leiden 1993 (SHR 59) 174: „Occasionally the name ‚Philomarianites,‘ as opposed to ‚Antidikomarianites,‘ is also used to describe them, but it is highly unlikely that these people would have used any other name than ‚Christian‘.“ Insofern stellt sich natürlich die Frage, ob nicht auch dies als Marienverehrung zu bezeichnen ist; vgl. jedoch Albrecht, Makrina, 217: „E. Patlagean nennt Belege dafür, daß der Marienkult sich im Orient und besonders in Kleinasien vor dem 6. Jahrhundert kaum sehr stark ausbreitete.“
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Über den Tod der Maria scheint es zu seiner Zeit verschiedene, widersprüchliche Überlieferungen gegeben zu haben, die alle dazu angetan waren, die Menschen zu verwirren89. Er zählt die einzelnen Möglichkeiten auf: Maria kann eines natürlichen Todes gestorben sein, Maria kann das Martyrium erlitten haben, sie kann aber auch einfach weitergelebt haben90. Dies scheinen die verschiedenen ihm bekannten Überlieferungen zu sein, die er mit der Begründung ablehnt, daß man über das Ende der Maria nichts wisse. Allerdings, so fügt er in einem Nachsatz bei, solle man anstelle einer übermäßigen Heiligenverehrung lieber Gott selbst die Ehre geben91. Die Abschnitte bei Epiphanius lassen den Schluß zu, daß er selbst wohl keinen Transitus und keine Dormitio gekannt haben dürfte92. Schließlich zitiert er 89
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Epiph., haer. 78,23,8 (Holl/Dummer GCS 37,474,1−4): kaˆ poll¦ toiaàta Ómoia gšgonen ™n kÒsmJ e„j pl£nhn tîn ºpathmšnwn, oÙ tîn ¡g…wn a„t…wn Ôntwn tisˆn e„j prÒskomma, tÁj ¢d{² diano…aj tîn ¢nqrèpwn m¾ ºremoÚshj, ¢ll' ™pˆ t¦ ponhr¦ ™ktrepomšnhj. „Und vieles Ähnliches ist in der Welt geschehen zur Täuschung der Betrogenen, nicht als ob die Heiligen ihnen der Anstoß für das Ärgernis wären, sondern weil der Verstand der Menschen nicht ruht, sondern sich zum Schlechteren zuneigt.“ Epiph., haer. 78,23,9a (Holl/Dummer GCS 37,474,4−10): ½toi g¦r ¢pšqanen ¹ ¡g…a parqšnoj kaˆ tšqaptai™n timÍ aÙtÁj ¹ ko…mhsij kaˆ ™n ¡gne…v ¹ teleut¾ kaˆ ™n parqen…v Ð stšfanoj: ½toi ¢nVršqh, kaqëj gšgraptai „kaˆ t¾n yuc¾n aÙtÁj dieleÚsetai _omfa…a“™n m£rtusin aÙtÁj tÕ klšoj kaˆ ™n makarismo‹j tÕ ¤gion aÙtÁj sîma, di' Âj fîj ¢nšteile tù kÒsmJ: ½toi d{ œmeine: kaˆ g¦r oÙk ¢dunate‹ tù qeù p£nta poie‹n Ósaper boÚletai. „Denn sei es: Die heilige Jungfrau starb und wurde begraben. In Ehre ist ihr Entschlafen, in Reinheit ihr Ende und ihr Kranz die [wörtl.: in] Jungfräulichkeit. Oder sei es: Sie wurde getötet, wie geschrieben steht: „Und ihre Seele wird durchdringen ein Schwert.“ Unter den Märtyrern ist ihr Los und ihr heiliger Leib in Glückseligkeiten. Durch sie ist das Licht aufgegangen der Welt. Sei es: Sie blieb . Denn Gott ist nicht unmöglich, alles zu tun, was er will.“ Epiph., haer. 78,23,9b (Holl/Dummer GCS 37,474,10−11): tÕ tšloj g¦r aÙtÁj oÙdeˆj œgnwpšra toà dšontoj oÙ cr¾ tim©n toÝj ¡g…ouj, ¢ll¦ tim©n tÕn aÙtîn despÒthn. „Ihr Ende kennt niemand – über das normale Maß hinaus ist es nicht nötig, die Heiligen zu ehren, sondern <man muß> ihren Herren ehren.“ Vgl. hierzu auch Niessen, Panagia-Kapuli, 45: „Spuren über außerbiblische Nachrichten vom Hinscheiden Mariens <sind> gegen Ende des vierten Jahrhunderts (gegen 375) beim hl. Epiphanius († 403) zu entdecken. Dieselben sind, wie aus der Tendenz und den knappen Worten des hl. Kirchenvaters hervorgeht, nur kurze, würdig gehaltene, von Katholiken herrührende Mitteilungen über ein wunderbares Hinscheiden Mariens in Asien.“ Siehe auch Schiller, Ikonographie 4/2, 13: „Noch Epiphanius von Salamis († 403) hatte zwar ausdrücklich betont, daß niemand das Lebensende Marias kenne, aber doch gleichzeitig darauf verwiesen, daß Elias den Tod nicht sah, sondern in den Himmel aufgenommen wurde, und daß auch der Apostel Johannes (apokryphen Legenden zufolge) nach seinem Tode leiblich aus seinem Grabe in den Himmel erhoben wurde.“ Shoemaker, Ancient Traditions, 13−14, hält es unter Berufung auf diese Stelle für möglich, daß Epiphanius derartige Texte kannte: „This does not necessarily mean, however, that when Epiphanius was completing his Panarion (c. 377) there were as of yet no developed traditions about the end of the Virgin’s life in circulation; it merely reveals that there was no authoritative or orthodox tradition (in his view) to which he could turn.“ Dagegen jedoch Mimouni, Les Transitus Mariae, 128 Anm. 29: „Les traditions sur le sort final de Marie (dormition et assomption) sont postérieures au concile de Chalcédoine.“
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keine derartigen Texte, was er wohl getan hätte, wenn sie ihm vorgelegen hätten. Allerdings hat diese Frage nach dem Leben der Maria in der Zeit zwischen Jesu Tod und ihrem Tod offensichtlich verschiedene Gruppen aus unterschiedlichen Motiven bewegt – die Antidikomarianiten, weil sie damit ein Syneisaktentum rechtfertigen konnten, die Kollyridianer, weil sie Maria für eine Göttin hielten. Man kann nun darüber Vermutungen anstellen, ob ihnen entsprechende Texte zur Verfügung standen. Allerdings wird man annehmen müssen, daß die entsprechenden Texte der beiden von Epiphanius angesprochenen Gruppen – falls es sie gegeben haben sollte – wohl einen anderen Charakter gehabt hätten als der Text auf dem Wiener Pergamentblatt. Da dort nicht von einem Zusammenleben der Maria mit Johannes berichtet wird, können die Antidikomarianiten als Verfasser ausgeschlossen werden. Doch auch die Kollyridianer, die Maria ja wie eine Göttin verehrten, scheiden als potentielle Gruppe, in der dieser Text entstanden sein kann, aus. Nicht einmal von Wundern, die Maria getätigt haben soll, wie dies andere Transitus-Mariae-Berichte überliefern, ist im Wiener Text die Rede93. Wenn man von Epiphanius absieht, so dürfte wohl ein Text bei Gregor von Tours94, der in der zweiten Hälfte des sechsten Jahrhunderts wirkte95, das erste exakt datierbare Zeugnis einer Beschäftigung mit dem Tod der Maria sein96. Allerdings griff Gregor von Tours offensichtlich auf bereits existierende Apokryphen zurück. Ab dem sechsten Jahrhundert wird eine Marienbasilika im Tal Josaphat bezeugt – so z. B. durch den Archidiakon Theodosius97, der über verschiedene Bräuche und Heilige Palästinas Einzelinformationen bietet: „Dort ist das Tal Josaphat, wo Judas den Herrn ausgeliefert hat. Dort ist die Kirche der Herrin Maria, der Mutter des Herrn.“98 Ob diese Gedächtniskirche für oder gegen die Tradition eines Grabes der Maria in Jerusalem spricht, ist umstritten99. Der Pilgerbericht des Anonymus von 93
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Vgl. hierzu auch Davies, Widows, 17, der bezüglich der apokryphen Apostelakten allgemein bemerkt: „The Acts exaggerate magical healings, resuscitations from the dead, miracles performed by remarkable men.“ Vgl. Gregor von Tours, Mirac. lib. I, De gloria martyrum, cap. IV (PL 71,708B−C). Gregor wurde an einem 30. November wahrscheinlich im Jahr 538 geboren, war ab dem Jahr 573 Bischof der Stadt Tours und verstarb am 17. November 594; vgl. hierzu Schiefer, Art. Gregor von Tours, 271−272. Niessen, Panagia-Kapuli, 35. Der Archidiakon Theodosius stammt wohl aus Nordafrika und schrieb vor 531; vgl. hierzu G. Röwekamp, Art. Theodosius, Archidiakon, LACL, 598−599. Theodosius, De situ terrae sanctae (Geyer, CSEL 39, S. 142): Ibi est vallis Josaphat, ibi Dominum Judas tradidit. Ibi est ecclesia dominae Mariae, matris Domini. Vgl. jedoch Niessen, Panagia-Kapuli, 37: „Es ist also hier die merkwürdige Tatsache zu konstatieren: eine Marienkirche wird erwähnt; von einem ‚Mariengrab‘, welches doch die Hauptsache gewesen wäre, da um seinetwillen nach der Jerusalemer Legende die Kirche wäre gebaut worden, wird nichts gesagt.“ Hiergegen ist jedoch einzuwenden, daß zum Beispiel der Pilgerbericht des Anonymus von Piacenza davon berichtet, daß ein Haus der Maria der Anlaß für den Bau der Basilika gewesen wäre. Damit wäre zumindest implizit Jerusalem nach dieser Überlieferung wohl auch der Ort, an dem Maria gestorben ist, ist doch nicht damit zu rechnen, daß ihr Leichnam nach ihrem Tod dorthin transferiert wurde.
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Piacenza100 ist das älteste Zeugnis für eine Verbindung dieser Kirche mit dem Tod der Maria: „Und in jenem Tal [d. i.: Josaphat] ist eine Basilika der heiligen Maria, von der man sagt, daß es ihr Haus gewesen sei, in dem sie auch von ihrem Körper weggenommen worden sei.“101 Die Jerusalemer Tradition wird vom Verfasser des Berichts selbst als Gerücht beschrieben. So erwägt Niessen die Möglichkeit, daß dieser Satz interpoliert sei, fehlt er doch in einem Teil der Handschriften102. Der Bericht über ein Wohnhaus der Maria in der Nähe von Jerusalem kann jedoch nicht gänzlich bestritten werden. Der Breviarius de Hierosolyma103 berichtet von einem Grab der Maria in Jerusalem: „Und dort ist die Basilika der heiligen Maria und dort ist ihr Grab.“104 In einer wohl fälschlich dem Modestus von Jerusalem zugeschriebenen Predigt, die wahrscheinlich in das 7./8. Jh. zu datieren ist105, wird auf die fehlende Tradition über den Tod der Maria verwiesen106. Allerdings scheinen die Schlußfolgerungen, die Niessen daraus zieht, etwas zu weit zu gehen107. 100
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Der Bericht stammt aus der Zeit nach Justinian; er wurde zwischen 554 und 614 verfaßt und erzählt von der Palästinawallfahrt mehrerer Bürger aus Piacenza; der Verfasser kannte möglicherweise den Bericht des Archidiakons Theodosius; vgl. hierzu G. Röwekamp, Art. Anonymus von Piacenza, LACL, 31−32; siehe auch B. Altaner/A. Stuiber, Patrologie. Leben, Schriften und Lehre der Kirchenväter, Freiburg 81978, 245, sowie H. R. Drobner, Lehrbuch der Patrologie, Freiburg 1994, 320. Antonini Placentini Itinerarium (Geyer, CSEL 39, S. 170,15−17): Et in ipsa ualle est basilica sanctae Mariae, quam dicunt domum eius fuisse, in qua et de corpore sublatam fuisse. Vgl. auch den Beleg in der zweiten Rezension dieses Pilgerberichts (Geyer, CSEL 39, S. 203,6−7.9−11): Descendentes de monte Oliueti uenimus in uillam Gethsemani in loco, ubi traditus est Dominus … et in ipsa ualle est domus sanctae Mariae, de qua eam dicunt ad caelos fuisse sublatam. Et ipsa uallis Gethsemani ibidem uocatur Iosaphat. „Indem wir den Ölberg hinabsteigen gelangen wir ins Tal Gethsemani an den Ort, wo der Herr verraten worden ist … In jenem Tal ist das Haus der heiligen Maria, von dem man sagt, daß sie dort in die Himmel aufgenommen wurde. Jenes Tal Gethsemani wird dort Josaphat genannt.“ Niessen, Panagia-Kapuli, 39. Es handelt sich hierbei um eine Art Kurzbeschreibung für Pilger, die nach Jerusalem kamen; der Text wurde im 6. Jahrhundert – wohl vor dem Itinerarium anonymi Piacentini — verfaßt; vgl. hierzu G. Röwekamp, Art. Breviarius de Hierosolyma, LACL, 111; dagegen jedoch Niessen, Panagia-Kapuli, 39: „Nachdem Antonius zuerst die Nachricht von einem Wohnhause Mariens gebracht, welcher man später die fragliche Notiz über den Tod Mariens beifügte, erweitert der Breviarius die Mitteilung über die Jerusalemer Legende in der Weise, daß er zuerst von allen ganz kurz von einem Grabe spricht.“ Breuiarius de Hierosolyma (Geyer, CSEL 39, S. 155,12−13): et ibi est basilica sanctae Mariae et ibi est sepulchrum eius. Zur archäologischen Frage nach der genauen Lokation dieser Kirche vgl. Shoemaker, Ancient Traditions, 98−107. Vgl. G. Röwekamp, Art. Modestus von Jerusalem, LACL, 442. Vgl. Mod. dorm. 1; PG 86/2,3277−3312, hier 3280B; siehe auch Niessen, Panagia-Kapuli, 42, sowie Söll, Mariologie, 120, der jedoch Modestus für den Autor hält: „Modestus hatte zu Beginn seiner Predigt vermerkt, daß die in der Kirche Gottes früher tätigen Lehrer ‚über den verehrungswürdigen Heimgang seltsamerweise (oÙk o"d' Ópwj) nichts haben verlauten lassen‘. Er kennt also genauso wie Epiphanius 200 Jahre vorher keine authentische kirchliche Überlieferung über Tod, Begräbnis und Himmelaufnahme Mariens. “ Niessen, Panagia-Kapuli, 42: „Also im Jahre 634 gab es in Jerusalem noch keine Tradition!
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Epiphanius äußert sich zwar sehr kryptisch über das Leben der Maria und ihr Ende, es scheint jedoch zu seiner Zeit sich widersprechende Spekulationen über diese Jahre aus dem Leben der Mutter Jesu gegeben zu haben. Dies ist sicher ein Umfeld, das den Nährboden für die Entstehung eines derartigen Textes bieten kann. Allerdings, und auch das scheint aufgrund seiner eher vagen Äußerungen sicher, dürfte er selbst keinen derartigen Text gekannt haben. 2.3. Maria als Grund für das Verbot weiblicher Amtsträger Ein weiterer, für die Datierung des Wiener Textes wohl sehr wichtiger Aspekt ist die Rolle der Maria als den Aposteln gleichberechtigte Frau. Da diese Maria meist der Prototyp der hörenden Frau ist, da sie meist als Grund dafür angeführt wird, daß keine Frauen in die priesterlichen Ämter aufgenommen werden dürfen108, scheint gerade diese Passage für die Datierung wichtig. Eine weitverbreitete besondere Ablehnung der aktiven Beteiligung der Maria am missionarischen Einsatz hätte wohl die Entstehung des Wiener Textes verhindert. Allerdings scheint diese Frau bereits im vierten Jahrhundert gleichsam das Urbild der asketischen und zurückgezogenen Frau gewesen zu sein109. Die Tatsache, daß Maria nach dem Bericht des Wiener Pergamentblattes offensichtlich den Aposteln in Amt und Funktion gleichberechtigt war110, wirft also eine ganze Reihe von Fragen auf, die um so dringlicher werden, als es für diese Tätigkeit der Maria keine Parallelen gibt: Zum einen geht es grundsätzlich um die Rolle der Frau im kirchlichen Dienst, zum anderen geht es um die Rolle dieser Frau. Es stellt sich also die Frage, wann eine solche Rolle für Maria überhaupt
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Diese Predigt des Patriarchen Modestus ist der offizielle Ausgangspunkt der Legende: sie tritt jetzt, wenn zunächst auch noch schüchtern, ihren Weg durch die Welt an.“ Es muß wohl zwischen der Frage, ob es in Jerusalem eine Tradition über den Tod der Maria gab, und der Frage, wann überhaupt eine derartige Tradition entstanden ist, schärfer getrennt werden. Da jedoch Niessen Ephesus als letzten Lebensort der Mutter Jesu erweisen möchte, scheint er die Quellen teilweise etwas einseitig zu interpretieren. Vgl. hierzu auch Meer, Priestertum, 186: „Wie wir im vorausgehenden schon öfters gesehen haben, ist die Tatsache, daß Maria kein Priester war, schon von altersher als ein Beweis dafür gesehen worden, daß die Frau nicht Priester werden kann. Und auch jetzt noch wird das Nicht-Priester-Sein der Gottesmutter von den Autoren hervorgehoben.“ Vgl. hierzu z. B. Graef, Maria, 54: „Die Zeit der Wüstenväter konnte sie sich nur noch als fastende und betende Einsiedlerin vorstellen, die nicht einmal mit den eigenen Brüdern, sondern nur mit Engeln verkehrte.“ Vielleicht ist es auch bemerkenswert, daß im Wiener Text sehr verallgemeinernd von „den Aposteln“ die Rede ist, hatte doch diese Personengruppe eine sehr herausragende Bedeutung in der Frühzeit der Kirche; vgl. hierzu H. v. Campenhausen, Kirchliches Amt und geistliche Vollmacht in den ersten drei Jahrhunderten, Tübingen 1953 (BHTh 14) 24: „Mit dieser ihrer einmaligen Funktion hängt es nun unmittelbar zusammen, daß Rang und Vollmacht des Apostolats an die erste, ‚apostolische‘ Generation gebunden bleiben und über diese hinaus sich nicht mehr fortsetzen oder erneuern.“
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denkbar gewesen sein könnte111. Die Problematik dieser Fragestellung wird nicht kleiner durch die Tatsache, daß Maria eigentlich bereits in einer frühen Zeit der Traditionsbildung als Prototyp der zurückgezogenen und demütigen Frau gilt, während andere Frauen, so zum Beispiel die namensgleiche Frau aus Magdala, sehr wohl auch aktivere Rollen einnahmen. Silke Petersen bemerkt hinsichtlich der Mutter Jesu zu recht: „Schon in der Zeit der alten Kirche finden sich Tendenzen, unter Bezugnahme auf Maria die Autorität anderer Frauen zu begrenzen.“112 Bevor also ein Blick auf die Rolle der Frau in den ersten Jahrhunderten des Christentums geworfen wird, sollen zuerst die ältesten Wurzeln der bereits altkirchlich bezeugten Argumentation, daß wegen des Vorbilds der Mutter Jesu Frauen eben gerade nicht in amtlichen Funktionen der Kirche handelnd tätig werden dürfen, dargestellt werden. Die erste namentlich bekannte Person, die sich mit der Frage nach einem möglichen Priestertum der Maria, nach ihrer Rolle in der Verkündigung auseinandergesetzt hat, ist Epiphanius von Salamis. Er begründet den Ausschluß der Frau vom Priestertum damit, daß Maria, die Mutter Jesu, nicht Priesterin war und deswegen keine Frau dieses Amt anzustreben habe113. Der Text findet sich in einer Passage des Panarion, in welcher der Bischof gegen die Kollyridianer(innen)114 argumentiert115. Die Argumentation des Epiphanius bezüglich des Priestertums der Frau im Allgemeinen und der Bedeutung Marias in dieser Frage lautet: „Wir werden aber auch zum neuen Bund gehen [d. i.: diese Frage bezüglich des neuen Bundes besprechen]. Wenn Frauen von Gott beauftragt worden wären, als Priester zu dienen oder ein Amt in der Kirche zu versehen, wäre es am ehesten nötig gewesen, daß Maria das Priesteramt im neuen Bund auferlegt wird.“116 Epiphanius weist im Zusammenhang der Argumentation gegen die Kollyridianer auch darauf hin, daß es sich bei 111
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Die apostolische Wirksamkeit ist wohl als Niederschlag einer frauenfreundlichen Haltung anzusehen; vgl. Harnack, Mission, 610: „Hinweise darauf, daß Eva den Adam verführt habe, sollen die (antike) Annahme der sittlichen Minderwertigkeit der Frau stützen. Das Christentum hat sich anfangs dieser Annahme entgegengestemmt, aber ist in dem Kampfe bald erlahmt.“ Vgl. Petersen, Zerstört die Werke, 291. Vgl. auch Graef, Maria, 73: „Epiphanius weist sie zunächst damit zurück, daß keine Frau, selbst nicht Maria, priesterliche Funktionen ausüben könne.“ Es scheint sich um eine Sekte gehandelt zu haben, die vor allem aus Frauen bestand; vgl. zu dieser Gruppe, die Maria übermäßig verehrte und den Titel qeotÒkoj überbewertete, u. a. Dölger, Marienverehrung der Philomarianiten, 107−142; M. Hauke, Art. Philomarianiten, Marienlexikon Bd. 5, St. Ottilien 1993, 206; J. Barbel, Art. Kollyridianer, LThK Bd. 6, 21961, 382−383; V. Hahn, Art. Kollyridianer, LThK Bd. 6, 31997, 185. Das Panarion ist zwischen 374 und 377 entstanden; zu Leben und Werk des Epiphanius vgl. W. A. Löhr, Art. Epiphanius von Salamis, LACL, 196−198, hier 196. Epiphanius, haer. 79,3,1 (GCS Epiphanius III, Holl 477,27−29): 'EleÚsomai d{ kaˆ e„j t¾n kain¾n diaq»khn. e„ ƒerateÚein guna‹kej qeù proset£ssonto À kanonikÒn ti ™rg£zesqai ™n ™kklhs…v, œdei m©llon aÙt¾n t¾n Mar…an ƒerate…an ™pitelšsai ™n kainÍ diaq»kV. Vgl. zu dieser Begründung gegen Priesterinnen auch Dölger, Marienverehrung der Philomarianiten, 124: „Immer wieder betont Epiphanius, daß niemals in der Heilsgeschichte des Alten und des Neuen Testamentes eine Frau das Priestertum bekleidet habe. Solche Äußerungen bekunden klar, daß Epiphanius
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dem Ausschluß der Frau von diesen Ämtern um eine bewußte Entscheidung Jesu gehandelt habe. Schließlich habe er sich von Johannes und nicht von seiner Mutter taufen lassen117. Da sich diese Stelle im Zusammenhang einer Polemik gegen eine Gemeinschaft findet, die Maria zu sehr verehrte, wird man wohl bei diesem Argument die Frage stellen müssen, ob die Kollyridianerinnen Maria das Apostelamt zugesprochen haben. Gleichzeitig bleibt die Möglichkeit, daß sich für Epiphanius das Argument aus dem Zusammenhang ergeben hat, hatten doch die Kollyridianer offensichtlich weibliche Geistliche. Und Epiphanius weist in eben diesem Abschnitt des Panarion nach, daß „niemals eine Frau Gott als Priester diente“118. Daß er hierfür die Frau auswählt, die von den Kollyridianern am meisten verehrt wurde, ist verständlich und im Rahmen seiner Auseinandersetzung mit dieser häretischen Gruppe sicher eine geschickte Beweisführung. Allerdings scheint es, daß er wohl offen gegen eine Bezeichnung der Maria als Apostolin polemisiert hätte, wenn die Kollyridianer dies behauptet hätten. Insofern wird man wohl eher davon ausgehen müssen, daß die Kollyridianer Maria nicht als Apostolin bezeichneten. Sie haben jedoch Maria als Gottheit angesehen, eine theologische Deutung ihrer Person, die Epiphanius gründlich zurückweist119. Erwähnenswert an dieser Gruppe ist, daß es sich bei diesen Frauen um Personen aus „Thrakien und Skythien“ gehandelt hat. Ganz offensichtlich handelt es sich um eine Gruppe im Grenzgebiet der römischen Verwaltung, wurde doch oftmals das gesamte Gebiet nördlich des schwarzen Meeres mit dieser Bezeichnung belegt120. Nach Eutychius von Alexandrien121 findet sich eine ähnliche Überbewertung der Maria bereits in den Lehren der Marianiten zur Zeit des Konzils von Nicaea,
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an die kirchliche Feier der Eucharistie dachte, und daß ihm bei diesem Gedanken das Gebaren der Frauen wie eine Nachäffung der kirchlichen Opferfeier vorkam.“ Siehe auch Söll, Mariologie, 67: „Epiphanius … griff diese Sekte der Philomariten (Marienliebhaber) heftig an, indem er ihren Anspruch auf die Priesterwürde auch für Frauen abwehrt und diese Art der Marienverehrung als Idolatrie brandmarkt.“ Epiphanius, haer. 79,3,2 (GCS Epiphanius III, Holl 477,33−35): ¢ll' oÙk eÙdÒkhsen. ¢ll' oÙd{ b£ptisma didÒnai pep…steutai, ™peˆ ºdÚnato Ð CristÕj m©llon par' aÙtÁj baptisqÁnai ½per par¦ 'Iw£nnou. „Aber er wollte es nicht. Auch war es nicht anvertraut, die Taufe zu spenden; denn Christus hätte sich eher von ihr taufen lassen können als von Johannes.“ Epiphanius, haer. 79,2,6 (GCS Epiphanius III, Holl 477,25): kaˆ oÙdamoà gun¾ ƒer£teusen. Dölger, Marienverehrung der Philomarianiten, 108. Dölger, Marienverehrung der Philomarianiten, 112: „Epiphanius beurteilt die Anhängerinnen der Sekte als aƒ ¢rgaˆ aâtai guna‹kej (Haer. 79,9), ‚diese ungepflegten (unkultivierten) Weiber‘ … Epiphanius hat aber kaum nur an das barbarische Benehmen der Marianiten gedacht, sondern auch an die Herkunft. Für ihn kamen sie ¢pÕ tîn merîn tÁj Qr®khj (Haer. 79,23), oder, wie er an der anderen Stelle sagt ¢pÕ tÁj Qr®khj kaˆ tîn ¥nw merîn tÁj Skuq…aj (Haer. 79,1), also aus Thrakien und Skythien. Skythien grenzte bereits in der Dobrudscha an Thrakien an, schloß aber für die antike Geographie das gesamte Gebiet nördlich des Schwarzen Meeres, ja sogar die Gegenden nördlich von Persien mit ein.“ Er wirkte in der ersten Hälfte des 10. Jahrhunderts als alexandrinischer Patriarch der Melkiten († 940); zur Person vgl. M. Breydy, Art. Eutychios v. Alexandrien, LThK Bd. 3, 31995, 1024.
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diese hätten Maria als Gott angesehen122. Gerade aufgrund der Lehre, die von den Marianiten und den Kollyridianern vertreten wurde, die sich wohl aus einer Fehlinterpretation des qeotÒkoj-Titels ergab, ist es um so erstaunlicher, daß sich im Text auf dem Wiener Pergamentblatt dieser Titel nicht findet, obwohl von der Geburt des Emmanuel gesprochen wird. Seit der Mitte des 3. Jahrhunderts war dieser Titel, der vielleicht von Origenes geprägt wurde, bekannt123. Allerdings darf die marianische Antiphon Sub tuum praesidium, die gerne als ein Zeuge für die Existenz dieses Titels im dritten Jahrhundert angeführt wird124, wohl nicht in das dritte Jahrhundert datiert werden125, da die Datierung einzig auf einer falschen paläographischen Einordnung eines in der British Library aufbewahrten Textes aufruht126. Zum Festtag der Philomarianiten, den Epiphanius erwähnt127, bemerkt Dölger: „Der älteste eigentliche Marienfeiertag in der Kirche ist das Gedächtnis, das sich in der Ko…mhsij, d. i. Mariä Tod oder Mariä Heimgang ausprägt. Sollten die Philo122
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Vgl. Eutychius von Alexandrien, Annales 440 (PG 111,1006): Erant ex illis qui affirmarent Christum et Matrem ipsius duos esse deos praeter Deum (summum): erant hi Barbari, et Marianitae audierunt. „Es waren unter ihnen auch, die behaupteten, Christus und Maria wären zwei Gottheiten neben dem höchsten Gott gewesen: Sie waren Barbaren, und man nannte sie Marianiten.“ Zu dieser Nachricht bemerkt Dölger, Marienverehrung der Philomarianiten, 116−117: „Mit den heute uns zur Verfügung stehenden Hilfsmitteln können wir diese Nachricht auf den Tatsachenbestand hin nicht mehr überprüfen. Sie klingt aber durchaus nicht so unmöglich, wenn wir die Bemerkungen des Epiphanius und des Maruta in Betracht ziehen.“ Vgl. hierzu auch Haase, Altchristliche Kirchengeschichte, 369, siehe auch Benko, Virgin Goddess, 193: „Eutychius was a patriarch between 933−944, so his report is open to some doubt. Nevertheless, it was adopted by the medieval author, Ibn Kibr, who died about 1363 and who included in a list of heresies the sect of Marianites who believed that Christ and Mary are two gods besides God.“. Dölger, Marienverehrung der Philomarianiten, 119: „Als Tatsache darf jedoch angenommen werden, daß der Titel im dritten Jahrhundert aufkommt, und es ist höchst wahrscheinlich, daß Origenes ihn zuerst gebraucht hat.“ Siehe hierzu auch F. J. Dölger, ICQUS. Bd. 2: Der heilige Fisch in den antiken Religionen und im Christentum, Münster 1922, 257. Vgl. hierzu M. Starowieyski, Le titre qeotÒkoj avant le concile d’Ephèse, StPatr 19 (1989) 236−242, hier 236: „De la première moitié du IIIe siècle proviennent deux premieres témoignages de ce terme: celui d’Origène et celui de la prière ‚Sub tuum praesidium‘ – tous les deux d’origine égyptienne.“ Starowieyski, Le titre, 237, verweist auf die unterschiedlichen Meinungen, die es zu dieser Frage gibt: „La datation du ‚Sub tuum praesidium‘ suscite des discussions, qui sont loin d’être résolus. N’entrant pas dans les discussions, j’accepte la datation du papyrologue Lobel, c’est-à-dire vers le milieu du IIIe siècle; cette prière serait donc plus au moins contemporaine d’Origène.“ Vgl. hierzu Förster, „Sub tuum praesidium“, 192: „Nach einer erneuten paläographischen Untersuchung des P.Ryl. III 470 ist die bisher in der theologischen Wissenschaft allgemein vertretene Frühdatierung dieses Fragmentes in das 3. Jh. nicht zu halten. Der historische Zeugniswert, der diesem Fragment häufig zugesprochen wurde, fällt mit der Datierung in das 6. oder sogar 7. Jh.“ Vgl. Epiphanius, haer. 79,1,7 (GCS Epiphanius III, Holl 476,17).
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marianiten hier ein Jahresgedächtnis des Todes zu einer Opferfeier an Maria selber ausgestaltet haben?“128 Allerdings wendet er selbst ein, daß die Vergöttlichung der Maria hier gewisse Probleme bieten könnte129. Auch in einem antimontanistischen Traktat, der wie die Argumentation des Epiphanius von Salamis aus dem vierten Jahrhundert stammt, findet sich die Ablehnung der Lehrtätigkeit von Frauen unter Rückgriff auf Maria130. Der Text wendet sich gegen montanistische Schriften, die offensichtlich zur Entstehungszeit dieses Traktates noch existierten. Aufgrund der durch die Kaisergesetzgebung des Jahres 398 angeordneten Vernichtung der Bücher der Montanisten argumentiert der Herausgeber, daß dieser Traktat sicher vor 398 entstanden sein müsse; wahrscheinlich bildet er die Grundlage für das Werk de trinitate des Didymus von Alexandrien131. Grundsätzlich wird die Lehrtätigkeit von Frauen abgelehnt. Dies bezieht sich vor allem auf die Tätigkeit der Prophetinnen Maximilla und Priscilla. Diese Ablehnung wird mit dem Verhältnis von Mann und Frau begründet, eine Frau soll nicht über einen Mann herrschen. Als ein Beispiel wird dann Maria angeführt, die nicht einmal Bücher in ihrem eigenen Namen geschrieben habe132: „Hätte nicht auch die heilige Gottesgebärerin Maria aus eigenem Namen Bücher schreiben können? Aber sie tat es nicht, damit sie nicht das Haupt entehrte, indem sie über Männer herrschte.“133 „Das Beispiel der Theotokos Maria illustriert, was der Autor meint: er empfiehlt Maria den Frauen als Modell der Unterordnung.“134 Auch für diesen anonymen Autor ist es die Vorbildfunktion der Gottesmutter, die andere Frauen zur Nachfolge auffordert und ihnen den entsprechenden Ort innerhalb der Gesellschaft zuweist. Zusammenfassend wird man festhalten müssen, daß bereits in der zweiten Hälfte des 4. Jahrhunderts die Person der Mutter Jesu und die Rolle, die sie im Urchristentum gespielt hat, ein entscheidendes Argument gegen eine Aufnahme von Frauen in priesterliche Ämter darstellte. Eine wichtige Wurzel dieser Vorbildfunktion der Maria ist in der ersten Hälfte des dritten Jahrhunderts zu suchen. Die syrische Didaskalie spiegelt die pastorale 128 129
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Dölger, Marienverehrung der Philomarianiten, 141. Dölger, Marienverehrung der Philomarianiten, 142: „Eine Schwierigkeit für die Marianitenfeier im Sinne von Totengedächtnis scheint freilich in der angenommenen Vergottung Mariens durch die Sekte vorzuliegen.“ Albrecht, Makrina, 233, unter Verweis auf Ficker. G. Ficker, Widerlegung eines Montanisten, ZKG 26 (1905) 447−463, hier 459: „Darum halte ich es für die einfachste Annahme, daß unser Dialog die Quelle für Hieronymus und Didymus ist. Dann muß er vor 384/85 verfaßt sein. Oben ist darauf hingewiesen worden, daß seine Abfassung erst nach ca. 350 möglich ist.“ Vgl. zu Didymus von Alexandrien, der von 310/313 bis 398 lebte, B. Neuschäfer, Art. Didymus der Blinde, LACL, 168−170. Albrecht, Makrina, 234: „Der Autor des anonymen Dialogs faßt das Schreiben von Büchern als eine Form der Lehre auf und aktualisiert das biblische Verbot für seine Zeit; damit sagt er gleichzeitig aus, daß Frauen im 4. Jahrhundert in der Lage waren, Bücher zu schreiben, und diese Fähigkeit auch ausübten.“ Ficker, Widerlegung, 457,5−8: M¾ g¦r oÙk ºdÚnato ¹ ¡g…a QeotÒkoj Mar…a ™x ÑnÒmatoj ˜autÁj bibl…a gr£yai; 'All' oÙk ™po…hsen, †na m¾ kataiscÚnV t¾n kefal¾n aÙqentoàsa tîn ¢ndrîn. Albrecht, Makrina, 234.
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Situation dieser Zeit in Syrien aus der Sicht eines Bischofs wider135. Die ursprünglich griechische Originalschrift, die wohl in der ersten Hälfte des dritten Jahrhunderts entstand, ist verloren136. Eine syrische Übersetzung aus dem vierten Jahrhundert überliefert den vollständigen Text, eine in dieser Zeit entstandene lateinische Übersetzung ist fragmentarisch erhalten, ebenso existiert eine griechische Bearbeitung dieses Textes in den ersten sechs Büchern der Apostolischen Konstitutionen137. „Die Schrift gibt vor, auf dem Jerusalemer Apostelkonzil entstanden zu sein, und der unbekannte Verfasser bemüht sich, durch eine im Verlauf immer angestrengter wirkende pseudepigraphische Stilisierung, diese Fiktion aufrechtzuerhalten.“138 Ziel dieser Schrift ist es, den tatsächlichen Führungs- und Leitungsanspruch des Bischofs zu untermauern und in der Gemeinde als durchzusetzen. „Nicht zu bestreiten ist, daß die Ausführungen der Didasc(alia) konkrete historische Bezugspunkte aufweisen; ihren Quellenwert wird man jedoch an ihrer restringierten Kommunikationsstruktur und ihrer singulären episkopalen Ausrichtung, derzufolge ein Bischof vor allem personen- und weniger amtsspezifische Partikularinteressen durchzusetzen sucht, bemessen müssen.“139 Sehr deutlich zeigt sich in der syrischen Didaskalie, daß einige Frauen – und hier besonders Witwen – ganz offensichtlich gewisse Dienste in der Kirche ausübten, die von dem hinter der Didaskalie stehenden Bischof so nicht akzeptiert wurden. Besonders deutlich wird dies natürlich im Zusammenhang des Tauf- und Lehrverbotes für Frauen140. „Nimmt man die Abschnitte über die Lehrtätigkeit und die Taufe der Witwen zusammen, dann ergibt sich das Bild einer eigenständigen, vom Bischof unabhängigen Katechumenenseelsorge der
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Vgl. hierzu einführend B. Steimer, Art. Didascalia, LACL, 166−167; siehe auch Schöllgen, Anfänge der Professionalisierung, 1−5. Vgl. hierzu C. Schlarb, Die (un)gebändigte Witwe. Exegetische Überlegungen zur Entwicklung eines Frauenamtes in der Syrischen Didaskalia, in: M. Tamcke/W. Schwaigert/E. Schlarb (Hgg.), Syrisches Christentum weltweit. Studien zur syrischen Kirchengeschichte. Festschrift Prof. Hage, Münster 1995 (Studien zur Orientalischen Kirchengeschichte 1) 36−75, hier 38, sowie P. F. Bradshaw, Art. Kirchenordnungen I. Altkirchliche, in: TRE 18, 1989, 662−670, hier 665: „Die Didascalia ist so gut wie sicher während der ersten Hälfte des 3. Jh., wahrscheinlich um 230, im nördlichen Syrien entstanden.“ Vgl. B. Steimer, Art. Apostolische Konstitutionen, LACL, 46−47. Siehe Steimer, Art. Didascalia, 167; vgl. Apg 15. Steimer, Art. Didascalia, 168. Siehe z. B. F. Cardman, Women, Ministry, and Church Order in Early Christianity, in: R. S. Kraemer/M. R. D’Angelo (Hgg.), Women and Christian Origins, New York/Oxford 1999, 300−329, hier 311−312: „The difficulty of assimilating the widows into the new structures of ministry is evident throughout the Didascalia. Nowhere is it more obvious than in the effort to prevent women from teaching and baptizing. Women disturb the churches’ order and transgress the boundaries of approved ministry when they teach or baptize.“ Siehe auch I. Raming, Der Ausschluss der Frau vom priesterlichen Amt. Gottgewollte Tradition oder Diskriminierung? Eine rechtshistorisch-dogmatische Untersuchung der Grundlagen von Kanon 968 § 1 des Codex Iuris Canonici, Köln/Wien 1973 (= I. Raming, Priesteramt der Frau, Münster 2002) 27f: „Das Taufverbot (ebenso das Lehrverbot) der Didaskalia richtet sich ausdrücklich gegen die kirchliche Witwe.“
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Witwen, von der Werbung über die Unterrichtung bis hin zur Taufe. Dabei treten die Witwen nicht lediglich an die Stelle der männlichen Kleriker, wo diesen aus Schicklichkeitsgründen der Zugang verwehrt wäre.“141 Insgesamt scheint die Witwe in einigen Fragen in direkter Konkurrenz zum monarchischen Episkopat gestanden zu haben – und sie hat den Kampf offensichtlich verloren142. Die Tatsache, daß Tertullian den Frauen untersagt, die Taufe zu vollziehen143, darf einmal mehr als Hinweis aufgefaßt werden, daß es in der Alten Kirche große regionale Unterschiede gab, daß es also gefährlich ist, allgemein von der Stellung der Frau in den ersten Jahrhunderten der Kirchengeschichte zu sprechen. Die syrische Didaskalie ist wohl als der älteste Beleg anzusehen, in dem sich die Argumentation finden läßt, daß Frauen nicht zu den priesterlichen Ämtern zugelassen werden können, weil Jesus dies so entschieden habe144. Allerdings handelt es sich dabei um ein argumentum e silentio145 und nicht um eine tatsächlich bezeugte Entscheidung Jesu: „Es ist also nicht nötig oder gar dringend erforderlich, daß Frauen Lehrerinnen sind, besonders in betreff des Namens Christi und der Erlösung durch sein Leiden. Denn nicht um zu belehren seid ihr Frauen und besonders
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Vgl. Schöllgen, Anfänge der Professionalisierung, 165. Vgl. Schlarb, Witwe, 75: „Daher kann man umgekehrt folgern, daß die Entstehung des monokratischen Episkopats nicht unwesentlich dazu beigetragen hat, das Witwenamt zu verdrängen – nicht, weil die Witwe eine charismatische Missionarin gewesen war, sondern weil sie Gemeindeleitungsfunktionen wahrgenommen hat.“ Siehe auch A. Jensen, Gottes selbstbewußte Töchter. Frauenemanzipation im frühen Christentum?, Freiburg 1992 (Reihe Frauenforum) 79: „Wir sehen uns also in der Apostolischen Tradition wie in der Didaskalia mit dem gleichen Phänomen konfrontiert: Aktivitäten von Frauen in Lehre und Liturgie sollen möglichst unterdrückt werden. Aber durch die Abwehr wird die gegenläufige Praxis zumindest indirekt bezeugt.“ Vgl. hierzu auch J.-U. Krause, Witwen und Waisen im Römischen Reich: Bd. IV. Witwen und Waisen im frühen Christentum, Stuttgart 1995 (Heidelberger althistorische Beiträge und epigraphische Studien 19) 55−56: „Die Witwen hatten unter den Frauen eine herausgehobene Position, genossen besondere Autorität und betreuten die anderen Frauen. Allerdings ist es nach Ansicht Tertullians den Frauen verwehrt, zu lehren, die Taufe oder Kommunion zu vollziehen, überhaupt männliche, geschweige denn klerikale Funktionen zu versehen.“ Vgl. hierzu auch U. E. Eisen, Amtsträgerinnen im frühen Christentum. Epigraphische und literarische Studien, Göttingen 1996 (FKDG 61) 150: „Als Begründung dient der Hinweis auf die Berufung und Aussendung der Zwölf durch Jesus Christus mit der Schlußfolgerung, daß die Jüngerinnen Maria Magdalena, Maria, die Tochter des Jakobus und die andere Maria im Gegensatz dazu nicht ausgesandt worden waren.“ Für eine kritische Rezension vgl. S. Rebenich, Rez. Eisen, Amtsträgerinnen im frühen Christentum, Klio 81 (1999) 279−281. Vgl. Raming, Ausschluß der Frau, 24: „Aus dem nur allzuverständlichen, weil von der Situation gebotenen Schweigen Jesu in dieser Sache konstruieren aber die Didaskalia und ihr folgend die Apostolischen Konstitutionen ein Verbot seinerseits.“ Vgl. grundsätzlich zu dieser Frage auch J. Leipoldt, Die Frau in der antiken Welt und im Urchristentum, Leipzig 1954, 148: „So treten denn die Christinnen schwerlich im Gottesdienste hervor, sondern befleißigen sich der bei Juden üblichen Zurückhaltung. Auch sonst werden ja die christlichen Feiern in Jerusalem jüdisch gestaltet.“
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ihr Witwen angestellt, sondern um zu beten und Gott den Herrn zu bitten. Denn er, Gott, der Herr, Jesus Christus, unser Lehrer, hat uns, die Zwölf, ausgesandt, das Volk und die Heidenvölker zu lehren. Es waren aber mit uns Jüngerinnen: Maria von Magdala, Maria, die Tochter des Jakobus, und die andere Maria; er hat sie jedoch nicht ausgesandt, mit uns das Volk zu lehren. Denn wenn es nötig gewesen wäre, daß die Frauen lehrten, so hätte unser Lehrer ihnen befohlen, mit uns zu unterweisen.“146 Wenig später wird das Verbot, daß Frauen taufen, dann ausdrücklich mit Hilfe des Vorbildes der Mutter Jesu erklärt: „Was nun die Frau betrifft, so raten wir (ihr) nicht, zu taufen, oder sich von einer Frau taufen zu lassen, denn das ist eine Übertretung des Gebotes und sehr gefährlich für die, welche tauft, und den, welcher getauft wird. Denn, wenn es erlaubt wäre, von einer Frau getauft zu werden, so wäre unser Herr und Meister von seiner Mutter Maria getauft worden; nun aber ist er von Johannes getauft worden, wie auch die andern aus dem Volke.“147 Dies ist der älteste Beleg der Argumentation, daß Frauen von geistlichen Ämtern auszuschließen sind, weil auch Maria, die Mutter des Herrn, kein geistliches Amt innehatte. Epiphanius wird wohl die Didaskalie gekannt haben und sein Argument, daß deswegen keine Frauen zu geistlichen Ämtern zugelassen werden dürften, weil Maria ihren Sohn nicht selbst getauft habe, diesem Werk entnommen haben. Interessant ist, wie die Apostolischen Konstitutionen, die ja in ihren ersten sechs Kapiteln eine erweiterte Überarbeitung der syrischen Didaskalie darstellen148, die entsprechenden Passagen ergänzen und teilweise auch in den theologischen Akzentsetzungen verändern (die Erweiterungen der Apostolischen Konstitutionen gegenüber der syrischen Didaskalie werden kursiv dargestellt): „Darüber, daß Frauen taufen, teilen wir euch mit, daß die Gefahr für solche, die so etwas wagen, nicht klein ist: Deswegen raten wir nicht dazu, es ist nämlich gefährlich, darüber hinaus wider das Gesetz und gottlos. Wenn nämlich der Mann das Haupt der Frau ist, er aber zum Priestertum bestimmt ist, so ist es nicht gerecht, die Schöpfung aufzuheben und, indem man den Ursprung zurückläßt, zum letzten Sklaven149 zu schreiten. Die Frau ist nämlich der Leib des Mannes, indem sie aus der Rippe geschaffen
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Vgl. Didascalia XV (Achelis/Flemming, Didaskalia, 77; siehe Vööbus, CSCO.S 180, 145); siehe hierzu auch Cardman, Women, 312: „The Didascalia aims to put the widows in their place by appealing to what Jesus did not do – he did not send women when he sent the men to teach and baptize – and to what he would have done if he had wanted to: he would have been baptized by his mother, Mary, and would have sent Mary Magdalene and the other Marys to teach.“ Vgl. Didascalia XV (Achelis/Flemming, Didaskalia, 81; siehe Vööbus, CSCO.S 180, 151). Die Apostolischen Konstitutionen sind wohl am Ende des vierten Jahrhunderts in Syrien verfaßt worden; vgl. hierzu B. Steimer, Art. Apostolische Konstitutionen, LACL, 46−47. Für diese Bedeutung des Begriffes sîma vgl. LSJ, s.v.; F. Boxler, Die sogenannten Apostolischen Constitutionen und Canonen aus dem Urtext übersetzt, Kempten 1874 (BKV 76) 120, übersetzt: „Wenn nämlich der Mann das Haupt des Weibes ist und er zum Priesterthum [sic!] befördert wird, so widerstreitet es der Gerechtigkeit, die Ordnung des Schöpfers zu zerstören und den dem Manne eingeräumten Vorrang an das unterste Glied abzutreten.“
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und diesem untertan ist. Deswegen ist sie auserwählt zum Gebären der Kinder. Er selbst, so heißt es, soll über dich herrschen. Der Ursprung der Frau ist nämlich der Mann, deswegen (ist er auch ihr) Haupt. 3. Wenn wir aber im Vorhergehenden ihnen das Lehren nicht erlauben, wie soll dann einer ihnen das priesterliche Wirken gegen die Natur gestatten? Dies ist nämlich Unwissenheit der Gottlosigkeit der Heiden, für weibliche Göttinnen Priesterinnen die Hände aufzulegen, aber nicht aufgrund der Anordnung Christi. 4. Wenn es sich aber ziemen würde, von Frauen getauft zu werden, so hätte sich wohl auch der Herr von seiner eigenen Mutter taufen lassen und nicht von Johannes. Auch hätte er, als er uns aussandte zum Taufen, auch zusammen mit uns Frauen dazu mitausgesandt. Nun hat er das aber nirgendwo angeordnet oder schriftlich hinterlassen, indem er eingedenk war der Befolgung der Natur und der Angemessenheit der Sache, ist er doch selbst der Schöpfer der Natur und der Gesetzgeber für die Anordnungen.“150 Im Vergleich mit den Erweiterungen in der Ablehnung von Taufhandlungen unter Berufung auf das Vorbild der Mutter Jesu sind die Erweiterungen im Rahmen des Lehrverbotes eher zurückhaltend: „Wir erlauben es nun den Frauen nicht, in der Kirche zu lehren, sondern nur zu beten und auf die Lehrer zu hören. Auch hat nämlich unser Lehrer und Herr selbst, Jesus Christus, uns zwölf ausgeschickt, daß wir das Volk und die Völker zu Jüngern machen, Frauen hat er niemals zur Verkündigung ausgesandt, obwohl er keinen Mangel (an Frauen) hatte. Es waren nämlich mit uns zusammen die Mutter des Herrn und seine Schwestern, ferner aber Maria von Magdala und Maria (die Tochter) des Jakobus151 und Martha und Maria, die Schwestern des Lazarus, und die übrigen. Wenn es nun nötig wäre, daß die Frau lehrt, so hätte er selbst es diesen befohlen, mit uns das Volk zu belehren.
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Vgl. Apostolische Constitutionen III,9,1−4 (Funk, Const. Ap., 199,21−201,17): Perˆ d{ toà guna‹kaj bapt…zein gnwr…zomen Øm‹n, Óti k…ndunoj oÙ mikrÕj ta‹j toàto ™piceiroÚsaij: diÕ oÙ sumbouleÚomen: ™pisfal{j g£r, m©lon d{ par£nomon kaˆ ¢sebšj. 2. e„ g¦r kefal¾ gunaikÕj Ð an»r, oátoj d{ proceir…zetai e„j ƒerwsÚnhn, oÙ d…kaion ¢qetÁsai t¾n dhmiourg…an kaˆ katalipÒnta t¾n ¢rc¾n ™pˆ tÕ œscaton ™lqe‹n sîma: gun¾ g¦r sîma ¢ndrÕj ™k pleur©j ×n kaˆ Øpoke…menon ™ke…nJ, ™x oáper kaˆ diVršqh e„j pa…dwn gšnesin. AÙtÕj g£r sou, fhs…n, kurieÚsei: ¢rc¾ g¦r gunaikÕj Ð ¢n»r, ™peid¾ kaˆ kefal». 3. e„ d{ ™n to‹j prolaboàsin did£skein aÙta‹j oÙk ™pitršpomen, pîj ƒerateàsai taÚtaij par¦ fÚsin tij sugcwr»sei; toàto g¦r tÁj tîn `Ell»nwn ¢qeÒthtoj tÕ ¢gnÒhma qhle…aij qea‹j ƒere…aj ceirotone‹n, ¢ll' oÙ tÁj toà Cristoà diat£xewj. 4. e„ d{ kaˆ œdei ØpÕ gunaikîn bapt…zesqai, p£ntwj ¨n kaˆ Ð kÚrioj ØpÕ tÁj „d…aj mhtrÕj ™bapt…zeto kaˆ oÙc ØpÕ 'Iw£nnou, À kaˆ ¹m©j ¢postšllwn ™pˆ tÕ bapt…zein sunapšsteilen ¨n ¹m‹n kaˆ guna‹kaj ™pˆ toÚtJ: nàn d{ oÙdamoà oÜte prosštaxen oÜte ™ggr£fwj paršdwken, e„dëj kaˆ t¾n ¢kolouq…an tÁj fÚsewj kaˆ t¾n eÙpršpeian toà pr£gmatoj, æj kaˆ tÁj fÚsewj dhmiourgÕj kaˆ tÁj diat£xewj nomoqšthj. Boxler, Die sogenannten Apostolischen Constitutionen, 116, geht der Frage, ob es sich um die Mutter des Jakobus handelt oder um seine Tochter, aus dem Weg, indem er das Griechische mit „Maria Jakobi“ übersetzt; aufgrund der Tatsache, daß die syrische Didaskalie diesen Passagen der Apostolischen Konstitutionen zugrundeliegt, scheint die Übersetzung mit „Tochter des Jakobus“ richtig, auch wenn vom griechischen Wortlaut her „die Maria des Jakobus“ ebenso als die Mutter des Jakobus übersetzt werden kann.
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Wenn nämlich der Mann das Haupt der Frau ist, ist es nicht recht, daß der übrige Körper über das Haupt herrscht.“152 Bereits nach der syrischen Didaskalie ist das Taufverbot im Evangelium verwurzelt153. „Hier läßt der Verfasser die Apostel ausdrücklich bemerken, daß es sich nicht um eine Empfehlung (oÙ sumbouleÚomen) handelt, sondern um ein Gebot des Evangeliums, dessen Übertretung Täufer wie Täufling in große Gefahr bringt.“154 Sehr schön sichtbar ist allerdings in den Apostolischen Konstitutionen die Weiterentwicklung des grundsätzlichen Gedankens155, der sich bereits in der Didaskalie findet, daß Frauen wegen der Vorbildfunktion der Maria nicht in kirchliche Ämter aufgenommen werden dürfen. Der Text der Apostolischen Konstitutionen, die gegen Ende des vierten Jahrhunderts in Syrien abgefaßt wurden, verbindet dieses Argument mit einem Zitat aus dem ersten Korintherbrief156 und erweitert die Argumentation damit um die ontologische Komponente. Jesus hat frei entschieden, sich nicht von seiner Mutter taufen zu lassen, auch wenn sie unter den Frauen herausragend war, sondern er hat hierfür die Hilfe des Johannes in Anspruch genommen. Auch ist die Frau von der Schöpfungsordnung her dem Mann untergeordnet, es wäre also eine Verkehrung der Schöpfungsordnung, Frauen taufen zu lassen157. Dies hat Jesus, 152
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Vgl. Apostolische Constitutionen III,6,1−2 (Funk, Const. Ap., 191,8−18): oÙk ™pitršpomen oân guna‹kaj did£skein ™n ˜kklhs…v, ¢ll¦ mÒnon proseÚcesqai kaˆ tîn didask£lwn ™pakoÚein. 2. kaˆ g¦r kaˆ aÙtÕj Ð did£skaloj ¹mîn kaˆ kÚrioj 'Ihsoàj Ð CristÕj ¹m©j toÝj dèdeka pšmyaj maqhteàsai tÕn laÕn kaˆ t¦ œqnh, guna‹kaj oÙdamoà ™xapšsteilen e„j tÕ k»rugma, ka…toi oÙk ¢porîn: sunÁn g¦r ¹m‹n ¼ te m»thr toà kur…ou kaˆ aƒ ¢delfaˆ aÙtoà, ›ti d{ Mar…a ¹ Magdalhn¾ kaˆ Mar…a ¹ 'Iakèbou kaˆ M£rqa kaˆ Mar…a aƒ ¢delfaˆ Laz£rou kaˆ Salèmh kaˆ ›tera… tinej. e„ g¦r Ãn ¢nagka‹on gunaixˆn did£skein, aÙtÕj ¨n ™kšleuse prîtoj kaˆ taÚtaij sÝn ¹m‹n kathce‹n tÕn laÒn: e„ g¦r kefal¾ gunaikÕj Ð ¢n¾r, oÙk œstin d…kaion tÕ loipÕn sîma tÁj kefalÁj ™x£rcein. Vgl. E. M. Synek, In der Kirche möge sie schweigen, OrChr 77 (1993) 151−164, hier 153: „Hält die Didascalia Apostolorum also fest, es sei weder angebracht noch notwendig, daß Frauen lehren, so ist das nicht die Wiederholung einer längst gefallenen Entscheidung. Vielmehr wird versucht, ein für die alltägliche Praxis der Gemeinden des 3. Jahrhunderts offensichtlich virulentes Problem zu lösen.“ Vgl. Schöllgen, Anfänge der Professionalisierung, 165. Vgl. zu dem Verhältnis von syrischer Didaskalie und Apostolischen Konstitutionen auch Raming, Ausschluß der Frau, 28: „Die in der syrischen Didaskalia eingeschlagene Entwicklung bezüglich des Witwenstandes und Diakonissenamtes hat in den etwa 100 Jahren später entstandenen Apostolischen Konstitutionen ihren Abschluß erreicht.“ Vgl. 1 Kor 11,3b: „Der Mann aber ist das Haupt der Frau.“ Vgl. Raming, Ausschluß der Frau, 22: „Mit dem Satz der Konstitutionen ‚Denn wenn der Mann das Haupt des Weibes‘ etc. ist die sog. Schöpfungsordnung umschrieben; der Verfasser stützt sich dabei deutlich auf 1 Kor 11,3 und Eph 5,23.28f.“ Siehe hierzu auch Raming, Ausschluß der Frau, 24: „Das Lehrverbot der Didaskalia und der Apostolischen Konstitutionen, das dem der Statuta als Vorlage dient, greift eine Tradition auf, die durch die an rabbinischen Vorschriften und Vorstellungen orientierten Aussagen 1 Kor 14,34f. und 1 Tim 2,11f. grundgelegt wurde.“ Siehe auch Raming, Ausschluß der Frau, 26: „In einer Teilhabe der Frau am Priesteramt sieht der Verfasser der Konstitutionen eine Zerstörung der ‚Ordnung des Schöpfers‘; sie zu erhalten, bietet er allen Eifer auf, wobei allerdings die Fragwürdigkeit seiner Motive deutlich wird: gewährt doch diese ‚Ordnung‘ dem Mann einen Vorrang und eine Machtstellung der Frau gegenüber!“
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so die Argumentation der Apostolischen Konstitutionen, eben durch die Wahl des Täufers bei seiner eigenen Taufe bestätigt. Priesterinnen gibt es nach diesen nur bei den Heiden158, es handelt sich um ein gottloses Verhalten, Frauen in derartige Ämter zu berufen159. Auch in der Frage der Lehrtätigkeit zeigt sich sehr schön die Weiterentwicklung des Verbotes: Während die syrische Didaskalie noch bei der Lehrtätigkeit die besonderen Inhalte des „Namens Christi“ und der „Erlösung durch sein Leiden“ erwähnt, wird das Verbot in den Apostolischen Konstitutionen viel allgemeiner formuliert und um die Aufforderung, daß „die Frauen auf die Lehrer hören“ sollen, erweitert. Insofern wird man zustimmen müssen, daß die syrische Didaskalie vor allem die Lehrtätigkeit von Frauen für den Bereich der dogmatischen Fragen ablehnt160, eine Lehrtätigkeit durch Frauen jedoch in anderen Bereichen zuläßt, während die Apostolischen Konstitutionen aus grundsätzlichen Erwägungen jede Lehrtätigkeit von Frauen ablehnen. So wird die Lehrtätigkeit von Frauen für Frauen in Bezug auf die Diakoninnen161 von der syrischen Didaskalie aus Gründen der Schicklichkeit162 ausdrücklich empfohlen163. „Da Männer oft nicht in die Häuser der Frauen vordringen konnten, wird der Diakonin die Funktion der Katechetin – aber nur für Frauen! – zugebilligt unter ausdrücklicher Berufung auf die Jüngerinnen in der Nachfolge Jesu: genannt werden Maria von
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Vgl. hierzu auch R. Nürnberg, „Non decet neque necessarium est, ut mulieres doceant“ Überlegungen zum altkirchlichen Lehrverbot für Frauen, JAC 31 (1988) 57−73, hier 72−73: „Von solchen häretischen und heidnischen Praktiken will sich die Großkirche gerade absetzen, indem sie die Frau von allen priesterlichen Funktionen ausschließt.“ Vgl. Meer, Priestertum, 67: „In dem Sondergut der Const. Apost. tauchen die griechischen weiblichen Gottheiten auf: also auch hier wird, wie bei Epiphanius, weibliches Priestertum als mit der Verehrung weiblicher Gottheiten verbunden betrachtet.“ Vgl. z. B. Schöllgen, Anfänge der Professionalisierung, 164: „Man wird dem Verfasser der Didaskalie wohl darin folgen dürfen, daß die Witwen in ihrer Mehrheit bei der Vermittlung der hier angesprochenen heiklen Fragen der Christologie, die vieles für antike Ohren schwer Erträgliche zu erklären hatte, eher als der Bischof und mancher Kleriker an die Grenzen ihrer theologischen Kenntnisse stießen.“ Vgl. auch Synek, In der Kirche, 153: „Sinnspitze des ‚Lehrverbots‘ scheint dabei zu sein, daß sich die Witwe nicht auf tiefergehende theologische Debatten einlassen möge, zu denen ihr das nötige Wissen mangelt.“ Wobei mit der Verwendung dieser Bezeichnung keine Aussage über den Charakter der Weihe der Diakoninnen verbunden ist; zu dieser strittigen Frage vgl. A. M. Martimort, Les diaconesses. Essai historique, Rom 1982 (BEL.S 24) 247−251. Vgl. A. Kalsbach, Die altkirchliche Einrichtung der Diakonissen bis zu ihrem Erlöschen, Freiburg i. Br. 1926 (RQ.S 22) 26: „Der Diakonisse werden die Verrichtungen zugewiesen, die man beim weiblichen Geschlecht dem Diakon aus Gründen der Schicklichkeit und pastoralen Klugheit nicht überlassen konnte. Das Amt erweckt den Eindruck, dass es mehr Gelegenheitsdienst ist, dem ein solider Gehalt noch mangelt.“ Die Belehrung von Frauen durch Diakoninnen wird auch durch die kaiserliche Gesetzgebung gegen Ende des vierten Jahrhunderts empfohlen; vgl. hierzu G. Clark, Women in Late Antiquity. Pagan and Christian Life-styles, Oxford 1993, 54: „A law of June 390 (CT 16.2.27) dealt with women who wished to enrol as deaconesses … The deaconess could, without scandal, instruct women in preparation for baptism and escort them during the ceremony.“
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Magdala, Maria, die Tochter des Jakobus, die Mutter des Josef, die Mutter der Zebedäussöhne ‚und andere‘ (unter Berufung auf die gleichen Jüngerinnen ist im vorangehenden Kapitel den Frauen, insbesondere den Witwen, das öffentliche Lehren verboten worden!).“164 Auffällig ist auch die Zusammenstellung der Frauen, die nach den beiden Texten bei den Jüngern waren. Nach der syrischen Didaskalie waren es drei Marien: „Es waren aber mit uns Jüngerinnen: Maria von Magdala, Maria, die Tochter des Jakobus, und die andere Maria; er hat sie jedoch nicht ausgesandt, mit uns das Volk zu lehren.“ Natürlich ist, darauf weist auch Vööbus hin165, bereits die Tatsache bemerkenswert, daß die Frauen in der syrischen Didaskalie als „Jüngerinnen“ bezeichnet werden166. Diese Bezeichnung findet sich nicht in den Apostolischen Konstitutionen. Diese drei Marien sind in dieser Zusammenstellung nicht biblisch bezeugt. Um zu zeigen, worin die Problematik der Aufzählung liegt, scheint es an dieser Stelle nötig, die biblischen Belege für Maria von Magdala und die verschiedenen Frauen, mit denen sie zusammen erwähnt wird, zusammenzustellen. Nach dem Lukasevangelium waren Maria Magdalena, Johanna, die Frau des Chuzas, und Susanna und viele andere Frauen unter den Begleiterinnen Jesu167. Unter dem Kreuz begegnen nach dem Markusevangelium Maria von Magdala, Maria, die Mutter des Jakobus des Kleinen und des Joses, und Salome sowie viele Frauen, die ihm gefolgt waren168. Das Matthäusevangelium berichtet davon, daß dort unter anderen Frauen Maria von Magdala, Maria, die Mutter des Jakobus169, und die Mutter der Zebedaiden170 standen. Nach dem Johannesevangelium waren Jesu Mutter, seiner Mutter Schwester, Maria, die Frau des Klopas, und Maria von Magdala unter dem Kreuz171. Am Ostermorgen sind nach dem Lukasevangelium Maria von Magdala und Johanna und Maria, die Mutter des Jakobus, und die anderen Zeuginnen der Geschehnisse172, nach dem Matthäusevangelium sind Maria von Magdala und die andere Maria bei der Grablegung Jesu anwesend173, beide kommen auch am Ostermorgen zum leeren Grab174. Nach dem Markusevangelium sind Maria von 164
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Jensen, Gottes selbstbewußte Töchter, 229−230; sie verweist auf Kap. 16 der syrischen Didaskalie. Vööbus, CSCO.S 180, 145, Anm. 17, der zu den „women disciples“ bemerkt: „Here the Syriac goes its own way. This term does not appear in CA.“ Siehe auch Petersen, Zerstört die Werke, 184: „Der Text setzt in selbstverständlicher Weise die Anwesenheit von Frauen im JüngerInnenkreis voraus, stellt ihre Rolle aber als eine begrenzte dar.“ Vgl. Lk 8,2−3. Vgl. Mk 15,40. Zur Tatsache, daß syrische Übersetzungen aus der Mutter des Jakobus (Mt 27,56; Mk 15,40 u. Lk 24,10) die Tochter des Jakobus machen, vgl. Vööbus, CSCO.S 176, 53*. Vgl. Mt 27,56. Vgl. Joh 19,25. Vgl. Lk 24,10. Vgl. Mt 27,61. Vgl. Mt 28,1.
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Magdala und Maria, die Mutter des Joses, Zeuginnen der Grablegung; Maria von Magdala, Maria, die Mutter des Jakobus, und Salome kaufen nach diesem Evangelium am Ostermorgen wohlriechende Öle175; der sekundäre Markusschluß berichtet davon, daß allein Maria von Magdala die erste Zeugin des Auferstandenen war176. Nach dem Johannesevangelium kommt Maria von Magdala früh am Morgen zum Grab und sieht, daß der Stein weggewälzt ist, sie allein ist es auch, die dem Auferstandenen begegnet177. Die Aufzählung der drei Marien, die von der syrischen Didaskalie geboten wird, läßt sich nicht biblisch belegen. Die Apostolischen Konstitutionen erweitern die Zahl der im Text erwähnten Frauen, sie fügen die Mutter Jesu samt seinen Schwestern, Martha, die Schwester des Lazarus, und die übrigen Frauen hinzu, die „andere Maria“ wird als Schwester des Lazarus genauer gekennzeichnet. Auffällig ist, daß die syrische Didaskalie in diesem Zusammenhang die Mutter Jesu nicht erwähnt, auch wenn sie – oder vielleicht auch gerade weil sie – im Rahmen des Taufverbotes für Frauen die entscheidende Rolle spielt und somit bereits in dieser Zeit ganz offensichtlich dabei ist, zu dem Typus der christlichen Frau schlechthin zu werden, die in vielen wichtigen Bereichen nur passiv am kirchlichen Leben teilnimmt. Es stellt sich also die grundsätzliche Frage, warum zwar Maria Magdalena und zwei weitere Marien erwähnt werden, warum jedoch die Mutter Jesu, die von den Apostolischen Konstitutionen an der entsprechenden Stelle hinzugefügt wird, mit Stillschweigen übergangen wird. Bereits zu der Zeit, als die syrische Didaskalie entstand, wurden die TheklaAkten von Tertullian abgelehnt, weil eine Frau taufend tätig war. Insofern muß die Frage gestellt werden: Erwähnt der Verfasser der syrischen Didaskalie Maria so ausdrücklich im Rahmen des Taufverbotes, weil er mit ihrem Vorbild andere taufende Frauen wie die Thekla diskreditieren kann, während er fürchtet, daß man Texte, die von einer predigenden Maria erzählen, als Gegenbeweis anführt, falls er die Mutter Jesu im Zusammenhang des Lehrverbotes erwähnt hätte? Eine spannende Frage, die jedoch auf einem argumentum e silentio aufbaut und insofern nicht mit Sicherheit zu beantworten ist. Allerdings ist die Tendenz der syrischen Didaskalie eindeutig: „Daß es sich bei den Witwen um Frauen handelte, denen die frühchristlichen Quellen seit dem zweiten Jahrhundert nahezu einmütig das Recht zu lehren absprachen, versorgte den Verfasser mit einer Reihe zusätzlicher Schriftargumente, die aber wohl nur eine Hilfsfunktion haben.“178 Die Tatsache, daß offensichtlich vor dieser Zeit auch Frauen, teilweise vielleicht sogar relativ gleichberechtigt, lehrend tätig waren, darf aus diesem Verbot gefolgert werden179.
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Vgl. Mk 16,1 Vgl. Mk 16,9. Vgl. Joh 20,1.11. Vgl. Schöllgen, Anfänge der Professionalisierung, 164. Vgl. auch Jensen, Gottes selbstbewußte Töchter, 230: „Der Verfasser der Didaskalia bezeugt also gleichsam gegen seinen Willen, daß die kirchlichen Amtsträgerinnen weit mehr taten, als er ihnen zugestehen wollte.“
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Auch scheinen in Wirklichkeit nicht nur Fragen urchristlicher Überlieferung, sondern auch der Schicklichkeit das Lehrverbot entscheidend zu beeinflussen. „Hier ist – zweifellos unbeabsichtigt – zum Ausdruck gebracht, daß die gesellschaftlichen Vorurteile der Frau gegenüber im frühen 3. Jahrhundert n.Chr. (Entstehungszeit der Didaskalia) so stark ausgeprägt waren, daß sie als Lehrerin im öffentlichen Bereich überhaupt nicht auftreten konnte; um ihres verachteten Geschlechtes willen und auch wegen ihrer mangelnden Bildung wurde ihr Wort von vornherein nicht akzeptiert und ernst genommen. Da die syrische Didaskalia, was die Schilderung der Gemeindeverhältnisse anbetrifft, als wertvolle Geschichtsquelle gilt, so darf angenommen werden, daß die in Did. III 5 beschriebene gesellschaftliche Wertung und Stellung der Frau den damaligen Zuständen entspricht.“180 Allerdings ist grundsätzlich die Argumentation mit einer rein zeitlichen Abfolge einer in den Anfängen der Kirche stärkeren Beteiligung der Frauen am kirchlichen Leben, die später zurückgedrängt werden, nur sehr eingeschränkt möglich181. Vielmehr wird man hierbei auch regionale Unterschiede in der Stellung der Frau berücksichtigen müssen. 2.4. Maria als Vorbild der christlichen Jungfrau Bereits im vierten Jahrhundert läßt sich eine Weiterentwicklung dieser Sicht der Maria und ihres Lebens feststellen. Maria ist nicht mehr nur Grund für das Verbot weiblicher Amtsträger im Christentum, sie wird zum Archetyp der frommen Jungfrau, die ihr Leben an dem Vorbild der jungfräulichen Mutter Jesu ausrichtet. Dies kann man zum Beispiel in den Lehrsätzen182 finden, die den koptisch überlieferten pseudepigraphen Konzilsakten von Nizäa beigefügt sind183. Maria wird
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Vgl. Raming, Ausschluß der Frau, 23. Vgl. Petersen, Zerstört die Werke, 184: „In allen bisher erwähnten Schriften ist die ‚Frauenfrage‘ umstritten. Dabei läßt sich aber schwerlich eine klare zeitliche Abfolge konstruieren, etwa im Sinne: je später die Schrift, desto mehr werden die Frauen benachteiligt. Vielmehr zeigt sich eine Vielfalt der Positionen und Diskussionslinien.“ Siehe hierzu auch Krause, Witwen und Waisen im frühen Christentum, 65: „Die umfänglichsten Kompetenzen werden den Witwen gerade in einem späten, wenn auch apokryphen Text, dem Testamentum Domini, zugewiesen. Die in der Forschung vielfach vertretene Auffassung, die Frauen seien in der Kirche aus einer anfänglich sehr viel prominenteren Position zurückgedrängt worden, findet zumindest durch das Quellenmaterial zu den kirchlichen Witwen keine Bestätigung.“ Sie werden auch aufgrund der koptischen Überschrift dieser Passage als „Gnomen“ bezeichnet. Die Akten des Konzils von Nizäa wurden gelegentlich für Fälschungen benützt; vgl. hierzu u. a. Speyer, Fälschung, 219, 267 u. 298; siehe zur grundsätzlichen Frage, ob es schriftliche Akten dieses Konzils gegeben haben könnte, auch A. Wilkenhauser, Zur Frage nach der Existenz von nizänischen Synodalprotokollen, in: F. J. Dölger (Hg.), Konstantin der Grosse und seine Zeit. Gesammelte Studien. Festgabe zum Konstantins-Jubiläum 1913 und zum goldenen Priesterjubiläum von Mgr. Dr. A. de Waal, Freiburg 1913 (RQ.S 19) 122−142, sowie D. Hefele, Die Akten der ersten allgemeinen Synode zu Nicäa, ThQ 33 (1851) 41−84.
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in diesem Zusammenhang zum Vorbild der christlichen Jungfrau184, zum Prototyp des zurückgezogenen Mädchens, das über Gottes Wort nachsinnt und den Umgang mit allen meidet, ihr Tagewerk ist von Handarbeit erfüllt. Die in dieser Sammlung überlieferten Texte sind wohl unabhängig voneinander entstanden und nachträglich zusammengefügt worden. Die Lehrsätze scheinen um die Mitte des vierten Jahrhunderts entstanden zu sein185. Ihre Abfassung sollte nicht zu spät angesetzt werden, spricht doch vieles dafür, daß Athanasius von Alexandrien diese Texte bereits gekannt hat186. Da dieser im Jahr 373 verstarb, müßten diese Lehrsätze eine gewisse Zeit vor diesem Termin entstanden sein187. Innerhalb dieser Lehrsätze finden sich auch Richtlinien beziehungsweise Ermahnungen für christliche Jungfrauen. Der Verfasser bezeichnet diese Frauen als monac», es sind jedoch wohl eher keine Klosterschwestern gemeint, gelten doch für diese bereits im vierten Jahrhundert die strengen pachomianischen Regeln, die Aufforderungen zum „zurückgezogenen Leben“ treffen also die Klosterschwestern in dieser Zeit nicht mehr188. In Abschnitt 34−36 wird diesen Frauen Maria als Vorbild gegeben. Sie lebte so zurückgezogen189, daß sie niemals das Gesicht eines fremden Mannes ansah, ja sie mied selbst den Umgang mit anderen Frauen190. Diese Zurückgezogenheit der Maria ist ein beliebtes Motiv in den koptischen Texten, eine apokryphe Kindheitserzählung berichtet, daß Josef deswegen über
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Vgl. Gnomen 34 (Lammeyer, Gnomen, 42; die textlichen Korrekturen der Anmerkungen werden übernommen): ouparqenos nsabe marestNtonÇ emaria tmaau MpJoeis. „Eine weise Jungfrau gleicht [wörtl.: möge gleichen] Maria, der Mutter des Herrn.“ Vgl. hierzu auch J. Lammeyer, Die sogenannten Gnomen des Concils von Nicaea, Beirut 1912, 32: „Der Verfasser kommt dann zu sprechen auf den jungfräulichen Stand, für den er alle Ruhmestitel hat und stellt Maria als Muster und Vorbild der Jungfrau auf.“ Vgl. hierzu F. Haase, Die koptischen Quellen zum Konzil von Nicäa, Paderborn 1920 (SGKA 10 / 4) 117: „Die Gnomen enthalten einen moralischen Traktat an die christlichen Laien; die Entstehungszeit ist ungewiß, kann aber noch ins ausgehende 4. Jahrhundert gelegt werden. Verfasser der Gnomen und der œkqesij sind unbekannt.“ Vgl. auch L. Th. Lefort, S. Athanase. Lettres Festales et Pastorales en Copte. Traduites, Louvain 1955 (CSCO 151) 59 Anm. 27: „Cette description de la vie de Marie est singulièrement apparentée, pour le fond et pour la forme, aux Gnômes du concile de Nicée attribuées à S. Athanase.“ Zum Leben des Athanasius vgl. K. Metzler, Art. Athanasius von Alexandrien, LACL, 58−63. Zur grundsätzlichen Frage der Frauenklöster in Ägypten und ihrer Organisation vgl. u. a. E. Wipszycka, L’ascétisme féminin dans l’Égypte de l’Antiquité tardive: topoi littéraires et formes d’ascèse, in: H. Melaerts/L. Mooren (Hgg.), Le rôle et le statut de la femme en Égypte hellénistique, romaine et byzantine. Actes du colloque international, Bruxelles—Leuven 27−29 Novembre 1997, Paris 2002 (StHell) 355−396, sowie R. Krawiec, Shenoute and the Women of the White Monastery. Egyptian Monasticism in Late Antiquity, Oxford 2002. Gnomen 35 (Lammeyer, Gnomen, 43): nes anaxwr[ei] gar pe HM [pes]hI maua[as eu]diakone[i nas] HitN naggelos auw tes maau. „Denn sie zog sich allein zurück in ihr Haus, indem sie bedient wurde durch Engel und durch ihre Mutter.“ Vgl. Haase, Die koptischen Quellen, 50−52.
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die Schwangerschaft der Maria so erstaunt war, weil er sie nicht einmal mehr mit einem Mann reden gesehen hatte191. Athanasius scheint sich auf diese Lehrsätze zu beziehen, wenn er im Rahmen seines Briefes an die Jungfrauen192 bemerkt: „Aber sie harrte aus und blieb Jungfrau, Maria nämlich, die Gott gebar, damit sie zum Vorbild werde einer jeden, die ihr nachfolgt. Wenn es also eine gibt, die beharrlich Jungfrau bleiben möchte und die Braut Christi werden möchte, kann sie [wörtl.: ist es möglich, daß sie] auf dieses Leben blicken und es schätzen, und es wird ihr genügen, indem die Lebensregel dieser Anordnung, die sich darin [d. i. im Leben der Maria] findet, sie in ihrer Jungfräulichkeit erhält193. Nun denn, möge das Leben der Maria, die Gott geboren hat, so, wie es geschrieben steht, euch allen zu einem Bild für eine jede für ihre Jungfräulichkeit werden.“194 Bereits im vierten Jahrhundert ist die Nachfolge der Maria also ein wichtiges und prägendes Bild für die fromme christliche Jungfrau195. Umgekehrt finden sich Gruppierungen die aufgrund ihrer Ablehnung eines jungfräulichen Lebens auch die dauerhafte Jungfräulichkeit der Maria verneinen196. Maria ist gerade in dieser Vorbildfunktion einer zurückgezogen lebenden Jungfrau – ein koptischer Transitus berichtet ja ausdrücklich davon, daß sie in Jerusalem wie in einem Kloster gelebt habe197 – eine Frau, die sich nur 191
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Vgl. hierzu H. Förster, „Josef, Sohn Davids, fürchte dich nicht.“ Edition von P. Vindob. K. 2608, in: Mirabilia Artium librorum Recreant Te tuosque Ebriant. Dona natalicia Ioanni Marte oblata. Festschrift zum 66. Geburtstag für Hans Marte. Generaldirektor der Österreichischen Nationalbibliothek, Wien 2001 (biblos-Schriften 177) 49−59. Athanasius spricht sicherlich richtiger von „Jungfrauen“ und nicht von der „allein lebenden Frau“ (monac»), die ja oft mit der Klosterschwester identifiziert wird; in späterer Zeit ist dieser Begriff ja auch Terminus technicus der in einem Kloster lebenden Schwester; vgl. zu dieser Wortbedeutung in koptischen Texten Förster, Wörterbuch, s.v. An dieser Stelle ist der koptische Text, wie ihn Lefort bietet, verderbt; pkwt MptwS NtetMmau ist eindeutig durch das vorangestellte NGi das nominale Subjekt zu eutaHo; Verb und zugehöriges Subjekt stimmen im Numerus nicht überein; derselbe Fehler ist auch in der Edition von L. Th. Lefort, S. Athanase: sur la virginité, le Muséon 42 (1929) 197−274, hier 214, zu finden, es handelt sich also offensichtlich um einen Fehler in der Handschrift. Vgl. Athanasius, ep.virg. (Lefort, CSCO 150,77,35−78,1): alla esmhn ebol esà Mparqenos NGimaria, taI entasJpepnoute, [Jekas eseSwpe Ntupos N]ouon nim etnhu mNNsws: eSJeouNoueiGe ouwS eGw esà Mparqenos auw esà NSeleet Mpe!xÇ ouNSGom etresGwSO epbios NtaI, nÇtNtwnÇ eroF auw FnarwSe eros eutaHo eratÇ NtesmNtparqenos NGipkwt MptwS NtetMmau. tenouGe marepbios Mmaria tentasJpepnoute Swpe nhtN thrtN Hws eFshH, euHei[kwn mNoueine N]tes[mNt]partenos.
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Vgl. hierzu auch Graef, Maria, 55. Siehe Graef, Maria, 79: „(Ambrosius) änderte seine Ansicht, als er die virginitas post partum gegen Jovinian und auch gegen Bischof Bonosus von Sardika verteidigen mußte, die behaupteten, Maria habe nach der Geburt Jesu noch weitere Kinder gehabt. Der Grund für ihre Leugnung der immerwährenden Jungfräulichkeit Marias war ihre Gegnerschaft gegen das zölibatäre Leben überhaupt, dessen Vorbild und Ideal die Gottesmutter war.“ Vgl. Boh. Dorm. (Evelyn White, Monasteries, 55): esSop nJe Tqeodokos maria Ken pesmonasthrion etHhp euxh Katots NJe ½T mparqenos eqouab ouoH nare fÌ Gwrp nwou ebol pe NHanniST Mmusthrion. „Es war nämlich die Jungfrau Maria in ihrem Kloster, das verborgen lag, bei ihr waren zehn heilige Jungfrauen, und Gott enthüllte ihnen große Geheimnisse.“
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schwer mit einer predigenden und mit den Aposteln durch das Land ziehenden Maria in Einklang bringen läßt.
3. Frauen in der Alten Kirche 3.1. Einleitung und Problematik der Fragestellung Natürlich kann Maria, die Jesu Mutter, und das bereits in altkirchlicher Zeit von ihrem Vorbild abgeleitete Amtsverbot für Frauen nicht isoliert betrachtet werden. Vielmehr gehört diese Frage in den größeren Kontext der Problematik geschlechtsspezifischer Rollenvorstellungen in den ersten Jahrhunderten und der Auswirkung dieser Rollenvorstellungen für die Beteiligung von Frauen an kirchlichen Ämtern. Allerdings kann diese komplizierte und wohl auch nicht eindeutig zu beantwortende Frage an dieser Stelle nur insoweit angerissen werden, als sie für die Datierung des Wiener Textes von Relevanz ist. Eine erschöpfende Diskussion würde den Rahmen der vorliegenden Arbeit bei weitem sprengen. Was Jesu Beziehung zu Frauen angeht, so kann heute wohl nicht mehr bestritten werden, daß er zwar in einer sehr aufgeschlossenen Weise auf Frauen zuging und mit ihnen Umgang pflegte – bis hin zu einer gewissen Mißbilligung durch seine Zeitgenossen. Trotzdem scheint er sich aber grundsätzlich an bestehende gesellschaftliche Konventionen und Tabus gehalten zu haben. So darf wohl als sicher gelten, daß sich unter den jüdischen Priestern, die zur Zeit Jesu am Tempel wirkten, keine Frauen befanden, daß vielmehr Frauen gerade im religiösen Bereich des Judentums zur Zeit Jesu nur eine sehr beschränkte Beteiligungsmöglichkeit hatten198. Man kann berechtigt die Frage stellen, ob nicht ein völliger Bruch mit 198
Vgl. hierzu R. S. Kraemer, Jewish Women and Christian Origins. Some Caveats, in: R. S. Kraemer/M. R. D‘Angelo (Hgg.), Women and Christian Origins, New York/Oxford 1999, 35−79, 63: „Women’s inclusion in the sacrificial system of the temple was fairly limited. Priests were, by definition, men born into priestly families, and no women are known to have served as priests in the temple cult in Jerusalem. As were their male relatives, though, women members of priestly families were entitled to eat certain special offerings.“ Hierzu jedoch B. Brooten, Women Leaders in the Ancient Synagogue. Inscriptional Evidence and Background Issues, Chico 1982 (BJSt 36) 149: „Seen in the larger context of women’s participation in the life of the ancient synagogue, there is no reason not to take the titles as functional, nor to assume that women heads or elders of synagogues had radically different functions than men heads or elders of synagogues … This collection of inscriptions should challenge historians of religion to question the prevailing view of Judaism in the Greco-roman period as a religion all forms of which a priori excluded women from leadership roles.“ Gegen Brootens Interpretation wendet sich u. a. G. Mayer, Die jüdische Frau in der hellenistisch-römischen Antike, Stuttgart 1987, 90−91: „Gegen diese Interpretation sprechen aber folgende Fakten: Erstens hat nach Paulus die Frau in der Gemeindeversammlung zu schweigen (1 Kor 14,34; vgl. 1 Tim 2,12). Zweitens werden derartige Titel auch von Kindern gebraucht, die allein schon aufgrund ihres Alters die dazugehörende Funktion nicht ausüben können. Drittens sind römische Kinder als Dekurionen bezeugt. In der Spätantike jedoch bildeten die Dekurionen, die Angehörigen des Stadtrats, einen geschlossenen Stand. Wenn Kinder als Dekurionen bezeichnet werden, bedeutet das, daß sie einer diesem Stand angehörenden Familie entstammen. Demnach wird
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den gesellschaftlichen Konventionen des zeitgenössischen Judentums – und die Wahl von weiblichen Aposteln hätte wohl als solcher Bruch gegolten – den Missionserfolg Jesu zunichte gemacht hätte199. Insofern ist es verständlich, daß die Frage umstritten ist, ob die Haltung Jesu zu Frauen sich wirklich grundlegend von der Haltung zeitgenössischer Juden unterschieden hat oder ob es sich bei dieser Vorstellung um die Projektion der entsprechenden Forscher handelt200. Gleichzeitig läßt sich eine gewisse geschichtliche Entwicklung in den ersten Jahrhunderten konstatieren, die es nahelegt, die Kirchengeschichte der ersten Jahrhunderte in Bezug auf die Frauenfrage in gewisser Weise als Verfallsgeschichte zu sehen. „Wenn in der späteren Entwicklung des Urchristentums zur ‚Großkirche‘ dann doch das weibliche Element wieder in den Hintergrund gedrängt wurde und das männliche Element dominierte, zumal was die Kirchenordnung angeht, so hängt dies mit dem abendländisch-römischen Patriarchalismus zusammen, der die Frauen an der vollen, unverkürzten Teilnahme und Entfaltung ihrer Möglichkeiten in der Ausgestaltung des Christlichen weitgehend hinderte.“201 Vor Pauschalierungen muß jedoch gewarnt werden, scheint es doch sehr große regionale Unterschiede gegeben zu haben, was die Stellung der Frau angeht202. Meist gilt als sicher, daß
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man sich ein weibliches ‚Synagogenoberhaupt‘ als Angehörige einer Familie zu denken haben, in der sich dieses Amt vererbt.“ Gerade das zweite und dritte Argument scheinen beachtenswert. Dagegen jedoch S. White Crawford, Mothers, Sisters, and Elders: Titles for Women in Second Temple Jewish and Early Christian Communities, in: J. R. Davila (Hg.), The Dead Sea Scrolls as Background to Postbiblical Judaism and Early Christianity, Leiden 2003 (StTDJ 44) 177−191, hier 191: „Thus, although the particular function attached to these titles may vary from community to community, they are indications that women were leaders and participants in community organization and worship in second temple Judaism, roles that continued in the early Christian movement.“ Die grundsätzlichen Einwände von Mayer werden hierdurch jedoch nicht entkräftet. Vgl. Leipoldt, Frau, 126: „Jesus weiß allerdings Maß zu halten: er erwägt anscheinend, daß er den Zeitgenossen nicht zu viel auf einmal zumuten dürfe, sondern die Vollendung am besten der Zukunft überlasse. Er will nicht sozusagen den zweiten Schritt vor dem ersten tun. Einen Zöllner nimmt er in den Kreis der Zwölf auf (schon das erregt Anstoß genug, nicht nur bei den Juden, sondern ebenso bei den Heiden); einen Samariter nimmt er nicht auf; auch keine Frau. Er würde, wenn er so früh letzte Folgerungen zöge, wohl manchem Juden den Weg zum Glauben allzu schwer machen.“ Vgl. Kraemer, Jewish Women, 42: „By now, it should be sufficiently clear that the stereotypic portraits of Jewish women in the first century ce found in many contemporary treatments are seriously distorted by concerns to present Jesus and the earliest movement around him as free from any trace of misogyny. The more Jewish women are presented as subordinate and disadvantaged by virtue of being Jewish, the more Jesus and earliest Christianity can be presented as liberating.“ Vgl. J. Blank, Frauen in den Jesusüberlieferungen, in: G. Dautzenberg/H. Merklein/K. Müller (Hgg.), Die Frau im Urchristentum, Freiburg i. Br. 21987, 9−91, hier 90. Hierfür spricht auch die Tatsache, daß Christen ganz offensichtlich die Möglichkeiten ihres sozialen Umfelds für einen sozialen Aufstieg nutzten; auffällig nonkonformistisches Verhalten – wie eine den örtlichen Sitten völlig widersprechende Stellung von Frauen innerhalb der Gemeinschaft der Christen – hätte dies sicherlich behindert; vgl. T. M. Finn, Social Mobility, Imperial Civil Service and the Spread of Early Christianity, StPatr 17 (1993) 31−37, hier 35:
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es bezüglich der aktiven Einbeziehung von Frauen in christlichen Gemeinden innerhalb der ersten Jahrhunderte eine Verschiebung gab, die einer Zurückdrängung von Frauen gleichkommt203. Die grundsätzliche Frage ist jedoch, ob mit dieser pauschalen Aussage das eigentliche Problem nicht mehr verstellt als beschrieben wird. Es soll im folgenden die Hypothese aufgestellt werden, daß die gesellschaftlichen Umweltfaktoren die Sicht der Frau aus kirchlicher Perspektive stark beeinflußt haben204. Diese Hypothese bedeutet dann einerseits, daß die pauschale Aussage, in den Anfängen der Christenheit sei die Rolle der Frau herausragender gewesen als in späterer Zeit, in dieser Form als in ihrer Pauschalität falsch bzw. zu undifferenziert angesehen wird. Vielmehr scheint zu gelten, daß in gewissen Gegenden der frühen Kirche Frauen herausragende Rollen eingenommen haben. Mit der konstantinischen Wende wäre dann im Rahmen der Bildung einer Reichskirche auch in den Bereichen die Rolle der Frau aufgrund römischen Einflusses beschnitten worden205, in denen vorher ein relativ unabhängiges Wirken der Frau
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„Christianity spread so rapidly in the Empire in part because Christians, in spite of their standing as members of an unlawful religious association, took effective advantage of the avenues of upward social mobility.“ Siehe hierzu auch Chr. Auffahrt, Die frühen Christentümer als Lokale Religion, ZAC 7 (2003) 14−26, hier 25: „Die Lebenswelt der Städte und Regionen in der römischen Welt sind [sic!] so different, daß alle Verallgemeinerungen über die Lage der Frau, der Sklaven oder die griechische Philosophie, erst recht das Heidentum falsch sind, wenn man nicht Anhaltspunkte im lokalen Milieu finden kann.“ Zu regionalen Prägungen des frühen Christentums vgl. auch Chr. Markschies, Stadt und Land. Beobachtungen zu Ausbreitung und Inkulturation des Christentums in Palästina, in: H. Cancik/J. Rüpke (Hgg.), Römische Reichsreligion und Provinzialreligion, Tübingen 1997, 265−297. Vgl. z. B. Cardman, Women, 301: „Despite such debate, scholars generally agree that women played a more publicly prominent role in the earliest Christian communities than they did in later centuries. Accounting for this disparity does not require theories of a fall from an original state of ministerial equality between women and men, but it does demand analysis of the arguments and an unmasking of the issues of power in the process by which women were excluded from public leadership and restricted in their ministries in early Christianity.“ Vgl. hierzu auch Synek, In der Kirche, 157−158: „Karen Torjesen konnte meines Erachtens überzeugend aufzeigen, daß das Oikos/Polis-System – sie spricht in diesem Zusammenhang auch von der ‚public/private gender ideology‘ –, mit dem der Ausschluß von Frauen von Lehrfunktionen im griechisch-römischen Kontext vielfach in Beziehung steht, im Raum der syrischen Kirchen nicht zum Tragen kommt.“ Auf diese die hellenistische Welt prägenden Bereiche (o"koj/pÒlij) weist auch Nürnberg, „Non decet“, 63, hin. Die Situation in Syrien kann jedoch auch anders interpretiert werden; vgl. Dassmann, Ämter und Dienste, 149: „Allerdings konnte der Bischof auf die Hilfe von Frauen nicht verzichten. Denn bei der in Syrien im Vergleich zum Westen noch geringeren Bewegungsfreiheit der Frauen und der von ihnen geforderten Zurückhaltung Männern gegenüber waren bestimmte pastorale Dienste karitativer und liturgischer Art an Frauen nur von Frauen zu leisten.“ Zur Stellung der Frau im römischen Reich in vorchristlicher Zeit vgl. z. B. J. P. V. D. Balsdon, Roman Women. Their History and Habits, London 1962, 45: „She had no legal personality. As a girl she had lived in absolute subjection to her father; as a married woman she lived in absolute subjection to her husband, as inseparably bound to him as his own daughter. Women should have been blissfully contented with their lot: so the elder Cato and his like would have assured you.“
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vorstellbar war. Die grundsätzliche, damit verbundene Hypothese ist, daß Theologie – und die Frage nach der Art und dem Umfang der Beteiligung von Frauen im Rahmen des kirchlichen Lebens ist eine theologische Frage – nicht losgelöst vom gesellschaftlichen Rahmen geschieht, daß vielmehr der gesellschaftliche Rahmen und die entsprechenden theologischen Hypothesen eine enge Wechselwirkung besitzen. Gleichzeitig sind gerade apokryphe Texte oftmals sehr stark von den jeweiligen „örtlichen Eigenheiten“ der Regionen geprägt, in denen sie entstanden sind206. Was den gesellschaftlichen Einfluß auf theologische Argumente betrifft, so ist es nicht erstaunlich, daß in den Apostolischen Konstitutionen das dogmatische Argument, Jesus habe keine Frauen mit den Aposteln ausgesendet, um das ontologische, auf der Schöpfungsgeschichte aufruhende Argument, daß die Frau vom Mann genommen sei und der Mann deswegen über die Frau herrsche, erweitert wird207. In dieses Bild paßt auch, daß der an der Wende vom zweiten zum dritten Jahrhundert wirkende Theologe Hippolyt von Rom in seiner Traditio apostolica die Jungfrauen und Witwen zwar dem Klerus zuordnet, jedoch betont, daß sie nicht durch Handauflegung ordiniert, sondern gewählt werden208. Wohl das größte Problem bei der Beurteilung der Stellung der Frau im Neuen Testament und in der Alten Kirche ist die Tatsache, daß viele Texte, die Frauen betreffen, sehr kurz und knapp gehalten sind, so daß ein gewisser Spielraum für ihre Interpretation gegeben ist, der vom jeweiligen Standpunkt des Betrachters beeinflußt wird. „Auslegung und Beurteilung der neutestamentlichen Texte im einzelnen wie im ganzen, die die Stellung der Frau in Gemeinde und Gesellschaft betreffen, sind in hohem Maße vom eigenen sozialen Standort des Auslegers und seinen vorgängigen Werturteilen abhängig. Das gilt auch für die Sicht der urchristlichen Geschichte.“209 Noch pointierter formuliert dies Elisabeth Schüssler206
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F. Haase, Zur Rekonstruktion des Bartholomäusevangeliums, ZNW 16 (1915) 93−112, hier 109−110: „Da die Apokryphen für die Dogmatik wenig bieten, sind sie vielfach unterschätzt worden. In neuerer Zeit erkennt man, daß die Apokryphen eine Hauptquelle für das Verständnis der Volksfrömmigkeit sind, sie zeigen uns die Auffassung des Christentums in den niederen Volksschichten. Für die religiöse Völkerpsychologie sind sie von unschätzbarem Werte. In keinen andern Schriften tritt so deutlich der nationale Charakter zutage; die völkische Eigenart nimmt bestimmte Gesichtspunkte als Lieblingsobjekt und Zentralisationspunkt für die religiösen Phänomene.“ Zu diesem Ergebnis kommt auch Cardman, Women, 315: „More is at stake here than the control of unruly widows. Ultimately, the argument is about the nature of ministry, of women and men, even of God. This is evident in the almost seamless way in which the argument slips from the practice of women baptizing to the headship of men over women and the maleness of priesthood.“ Vgl. Cardman, Women, 306: „They are considered with the clergy in Part I of the treatise because of their distinction from other members of the church, but their roles are not defined, and the differences between them unremarked.“ Vgl. Traditio apostolica xi.1 (Botte, Traditio, 30): Vidua (c»ra) autem cum instituitur (kaq…stasqai) non ordinatur (ceirotone‹n) sed eligitur ex nomine. Vgl. H. Ringeling, Art. Frau IV. Neues Testament, TRE Bd. 11, Berlin 1983, 431−436, hier 431.
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Fiorenza: „Kein Zweifel: die heutigen Bibelinterpreten stehen immer noch in der langen Tradition der Herrschaft des Mannes, der die Frau zum Opfer fällt. Sie rekonstruieren die Geschichte des Urchristentums diesem Schema der männlichen Herrschaft entsprechend.“210 Dieses Problem der Interpretation der Texte wird noch einmal dadurch erschwert, daß die antiken Autoren ihrerseits oftmals mit sehr konkreten Agenden und Vorstellungen ihre Texte verfaßten211. Eine weitere Schwierigkeit ist sicher, daß die Texte unterschiedlich interpretiert werden und daß dies auch in den vergangenen Jahrzehnten sehr ausführlich geschehen ist212. Insofern wird es sicher unmöglich sein, hier ein vollständiges Bild dieser schwierigen Frage zu zeichnen. Die Frage nach der Stellung der Frau in der Frühzeit des Christentums kann nicht isoliert betrachtet werden: „Die urchristlichen Schriften können … bei aller unbestrittenen Eigenheit, die mit ihrem Anspruch, der damit verbundenen theologischen Absicht, dem Bildungsgrad ihrer Erzähler und dem soziologischen Milieu ihrer Gemeinden und Schulen zusammenhängt, von der zeitgenössischen jüdischen bzw. hellenistisch-römischen Bio- und Historiographie nicht völlig abgetrennt und isoliert für sich betrachtet werden.“213 Das Geschlecht einer Person beeinflußte in den verschiedenen Gesellschaftssystemen des Mittelmehrraumes in sehr einschneidender Weise ihre soziale Stellung214. Diese Stellung konnte nur schwer verlassen werden, wurde doch geschlechtskonformes Verhalten von seiten der Gesellschaft erwartet215. Für das Judentum zur
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Vgl. Schüssler-Fiorenza, Rolle, 4. Vgl. Petersen, Zerstört die Werke, 15f: „Sogar die Texte, die sich selbst als Beschreibung der vergangenen oder der damals gegenwärtigen Realität verstehen, wie etwa antike Kirchengeschichten oder Beschreibungen von Häresien, sind durch und durch von den Prämissen und Zielen derjenigen geprägt, die sie verfaßten. Uns begegnet immer schon eine Deutung von Geschichte, niemals Geschichte an sich.“ Siehe Cardman, Women, 300: „The history of women’s leadership in the early Christian missionary movement and within local church communities, especially those with a strong charismatic element, has been carefully documented and vigorously debated by feminist scholars over the past two decades. Interpretive differences about the sources and significance of women’s leadership remain.“ Hengel, Geschichtsschreibung, 23; vgl. hierzu jedoch Schüssler-Fiorenza, Rolle, 4: „Da sie ohne große Diskussion annehmen, in der frühesten christlichen Bewegung würden sich die Werte und Strukturen der damaligen jüdischen oder griechischen Gesellschaft widerspiegeln, kann die Frau, wenn sie darin überhaupt eine Rolle gespielt hat, in der frühchristlichen Bewegung höchstens eine Randstellung eingenommen haben.“ Vgl. E. W. Stegemann/W. Stegemann, Urchristliche Sozialgeschichte. Die Anfänge im Judentum und die Christusgemeinden in der mediterranen Welt, Stuttgart 1995, 309: „Von hoher sozialer Bedeutung war auch die Zugehörigkeit einer Person zum männlichen bzw. weiblichen Geschlecht.“ Stegemann/Stegemann, Sozialgeschichte, 309: „Dabei ist für die antiken mediterranen Gesellschaften eine ziemlich strikte Unterscheidung der den Geschlechtern zugewiesenen sozialen Rollen und Kompetenzbereiche kennzeichnend. Sie wurden als in der Natur begründet bzw. gottgegeben angesehen. Entsprechend war die Erwartung eines geschlechtskonformen Rol-
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Zeit Jesu dürfte wohl bereits das Verhältnis von Ehegatten zueinander bezeichnend für die Stellung und Bedeutung der Frau sein, ist doch der Ehemann der Herr, der Besitznehmer216, ihm zugeordnet ist die Frau als sein Besitz217 – allerdings soll nicht bestritten werden, daß gerade im Diasporajudentum oftmals erstaunlich selbständige Frauen zu finden sind218. Die Tatsache, daß Eheverträge aus Elephantine den beiden Ehegatten das Recht gewährten, die Scheidung durchzuführen, stimmt in dieser Hinsicht nachdenklich219. Flavius Josephus erwähnt einige Ausnahmen, in denen Frauen die Scheidung einreichen, verweist jedoch darauf, daß dies der geltenden Sitte widerspricht220. „Der Kontakt mit der liberalen Haltung der Nichtjuden bringt also auch hier eine Verbesserung der Situation der Frau, allerdings nur in besonders gelagerten Fällen: Für die Familie des Herodes war das Gesetz auch sonst nicht die absolute Norm, die Militärkolonie Elephantine lag weit ab vom Mutterland und hatte sich auch in anderen Fragen von der jüdischen Tradition entfernt.“221 Dies scheint wohl darauf hinzuweisen, daß es nicht so sehr allein die gesellschaftliche Stellung einer bestimmten jüdischen Frau war, die es ihr ermöglichte oder sie dazu nötigte, in Rechtsstreitigkeiten einzutreten, sondern
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lenverhaltens extrem hoch und die Vertauschung ‚männlicher‘ und ‚weiblicher‘ Rollen bzw. Kompetenzen extrem verpönt.“ Siehe auch A. Arjava, Women in the Christian Empire: Ideological Change and Social Reality, StPatr 24 (1993) 6−9, hier 7: „Both pagans and Christians were convinced that the best place for a woman was her own house where she could take care of her children and exert control over the family slaves so that the husband was free to attend to the public life.“ Vgl. Koehler/Baumgartner, Lexicon, s.v. la(aB. So wird eine Ehefrau im Alten Testament auch als la(aB-talu(:B umschrieben, als „eine, die einem Mann gehört“; vgl. u. a. Gen 20,3 u. Dtn 22,22; auch wird die Frau im Dekalog unter das Eigentum des Mannes gerechnet (vgl. Ex 20,17). Vgl. hierzu auch G. Delling, Paulus’ Stellung zu Frau und Ehe, Stuttgart 1931 (BWAT 56) 56: „Die Stellung der Frau ist offenbar in der Diaspora gehobener.“ Siehe auch K. Thraede, Art. Frau, RAC 8, 1972, 197−269, hier 226: „Überhaupt war die Stellung der jüd(ischen) F(rau) in der Diaspora freier als in Palästina …, zweifellos eine Folge der Assimilation.“ Vgl. auch G. Stemberger, Das klassische Judentum. Kultur und Geschichte der rabbinischen Zeit (70 n.Chr. bis 1040 n.Chr.), München 1979, 100: „Besonders zahlreich sind die Frauen offenbar in der Diaspora in der Synagoge vertreten.“ Hierauf weist R. Geiger, Die Stellung der geschiedenen Frau in der Umwelt des Neuen Testamentes, in: G. Dautzenberg/H. Merklein/K. Müller (Hgg.), Die Frau im Urchristentum, Freiburg i. Br. 21987, 134−157, hier 141, hin; vgl. auch U. Türck, Die Stellung der Frau in Elephantine als Ergebnis persisch-babylonischen Rechtseinflusses, ZAW NF 5 (=46) (1928) 166−169, hier 167: „Das aus den Elephantinetexten gewonnene Bild über die Stellung der Frau ist also nicht einheitlich. Charakteristisch ist einerseits eine weitgehende Gleichberechtigung der Frau neben dem Manne, auch in der Ehe, die vor allem gekennzeichnet ist durch ihre Aktivität in Rechtsangelegenheiten, ihre Freiheit im Besitz von Eigentum und ihr Recht zur Scheidung. Daneben aber stehen – allem Anschein nach nicht in organischem Zusammenhang – Kaufehe und Verstoßungspraxis des Mannes.“ Für die Textedition vgl. A. E. Cowley, Aramaic Papyri of the 5th century B.C., Oxford 1923 (= Osnabrück 1967). Vgl. Flavius Josephus, ant. 15,7,10 u. 18,5. Geiger, Stellung der geschiedenen Frau, 142.
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daß vielmehr das gesellschaftliche Umfeld, in dem sie lebte, einen entscheidenden Einfluß auf die gesellschaftliche Stellung jüdischer Frauen in der Diaspora hatte222. Das ägyptische Recht mit seiner im Vergleich zu anderen Rechtstraditionen privilegierten Stellung der Frau führte zu einer vergleichsweise raschen Assimilierung hellenistischer Immigranten weiblichen Geschlechts223. Immerhin bot es weitgehende Gleichheit von Mann und Frau vor dem Gesetz224. Auch die Rehellenisierung einer griechischstämmigen Immigrantin ist im zweiten vorchristlichen Jahrhundert belegt. Sie führt jedoch bei höherem Sozialprestige für die Frau durch Zugehörigkeit zu einer anderen gesellschaftlichen Schicht zu geringeren persönlichen Rechten225. 222
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Vgl. dagegen jedoch Kraemer, Jewish Women, 61: „A third-century bce papyrus from Egypt details the dispute of a Jewish woman and a Jewish man. Not only does the complaint indicate that the dispute (involving, among other things, perceived insults and torn cloaks) took place in a public venue, but the woman complainant appears personally in court. Here, as elsewhere, factors of social class and status are significant.“ Die Tatsache, daß die entsprechenden Texte aus Ägypten stammen, scheint es wohl nahezulegen, daß die im Vergleich zu jüdischem Umfeld sehr hohe Stellung der Frau entscheidenden Einfluß auf die jüdischen Gemeinschaften in Ägypten ausgeübt hat. Dies gesteht Kraemer an späterer Stelle zu; vgl. Kraemer, Jewish Women, 72: „Yet, we have also seen that in diverse Jewish communities in the Greco-Roman diaspora, Jewish women were active participants in communal life, contributing financial resources and serving as synagogue officers and benefactors.“ Vgl. C. A. La’da, Immigrant Women in Hellenistic Egypt: the Evidence of Ethnic Designations, in: H. Melaerts/L. Mooren (Hgg.), Le rôle et le statut de la femme en Égypte hellénistique, romaine et byzantine. Actes du colloque international, Bruxelles—Leuven 27−29 Novembre 1997, Paris 2002, 167−192, hier 182: „The first reason why it may strongly be argued that foreign women’s assimilation into local Egyptian society was speedier than men’s is the more favourable position of women in Egyptian law than in Greek law. Since Egyptian law offered women a much higher degree of legal independence, the most salient expression of which was their freedom to act without a kyrios required by Greek law, it is not difficult to imagine the attraction for foreign women to win themselves a more favourable legal and economic position by preferring Egyptian law and by having their documents drawn up in demotic rather than Greek.“ Auch in späterer Zeit scheint die Rolle der Frau in Ägypten besser gewesen zu sein als in anderen Gebieten; vgl. T. G. Wilfong, Women of Jeme. Lives in a Coptic Town in Late Antique Egypt, Michigan 2002, 151: „The sources show that many Jemean women took advantage of the relative mobility and independence available to them and acted outside of family and home as well as in it.“ Vgl. hierzu auch A. A. O’Brien, Women in Ptolemaic and Roman Thebes, in: K. Ryholt (Hg.), Acts of the Seventh International Conference of Demotic Studies: Copenhagen, 23−27 August 1999, Copenhagen 2002 (CNI Publications 27) 273−281, hier 273: „The initial assumption in such a study is, of course, the accepted wisdom that Egyptian women were the legal equals of men, who could and did act for themselves in business and law, unlike Greek women who had to conduct such business through a male guardian or kÚrioj.“ Diese Beobachtung wird auch durch die Tatsache, daß gerade wohlhabende Frauen in Rom relative Freiheit genossen haben, nicht eingeschränkt; vgl. S. B. Pomeroy, Frauenleben im Klassischen Altertum, Stuttgart 1985 (KTA 461), dort der Abschnitt VIII (Die römische Matrone der späten Republik und der frühen Kaiserzeit). Vgl. hierzu K. Vandorpe, Apollonia, a Businesswoman in a Multicultural Society (Pathyris, 2nd–1st centuries B.C.), in: H. Melaerts/L. Mooren (Hgg.), Le rôle et le statut de la femme en
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Insgesamt sprechen viele Indizien dafür, daß das gleichzeitige Vorhandensein unterschiedlicher Rechtstraditionen auf die Stellung der Frau entscheidenden Einfluß hatte226. Insofern scheint das ägyptische Recht auch andere in Ägypten lebende Gruppierungen hinsichtlich der Stellung der Frau positiv beeinflußt zu haben. Allerdings muß für den im weitesten Sinne christlichen Kulturkreis die Frage gestellt werden, ob eine derartige Beeinflussung tatsächlich nur auf die Gnostiker einzuschränken ist227. Die grundsätzliche Tatsache, daß Frauen eine große Rolle bei der urchristlichen Mission gespielt haben, ist heute unbestritten. Welche Rolle Frauen jedoch im Konkreten spielten, welche Ämter von ihnen ausgeübt wurden und was genau der Inhalt diverser Amtsbezeichnungen, die Frauen zugesprochen werden, war, dies ist weiterhin heiß umstritten228. Als Beleg für das egalitäre Ideal der frühen Christenheit wird sehr gerne eine Stelle aus dem Galaterbrief angeführt: „Hier ist nicht Jude noch Grieche, hier ist nicht Sklave noch Freier, hier ist nicht Mann noch Frau, denn ihr seid allesamt einer in Christus Jesus.“229
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Égypte hellénistique, romaine et byzantine. Actes du colloque international, Bruxelles–Leuven 27−29 Novembre 1997, Paris 2002, 324−336, hier 335: „In our view, her position had not improved. She had fewer legal rights than if she had married an Egyptian man. When doing business, she had to be assisted by a kÚrioj, contrary to the situation for Egyptian businesswomen, and when she married she could not make such a financially interesting settlement as could her Egyptian colleges.“ Vgl. H. M. Cotton, Women and Law in Documents from the Judaean Desert, in: H. Melaerts/ L. Mooren (Hgg.), Le rôle et le statut de la femme en Égypte hellénistique, romaine et byzantine. Actes du colloque international, Bruxelles–Leuven 27−29 Novembre 1997, Paris 2002, 123−147, hier 132: „As was suggested with great plausibility by the late Hans Julius Wolff the use of a single term (epitropos) for the guardian of a woman as well as for that of a minor in the papyri from the Judaean Desert is due to the influence of Roman law, where at least originally no legal distinction existed between the guardian of a minor and that of a woman, and, consequently, the same term, tutor, was used for both.“ Dagegen jedoch M. Scopello, Femme et société dans les notices des pères contre les Gnostiques, in: N. Bosson (Hg.), Études Coptes III, Paris/Louvain 1989 (CBCo 4) 115−123, hier 122: „L’Égypte, terre des reines, terre des cultes d’Isis, terre où la femme avait une certaine place dans la vie sociale, a pu influencer les mouvements gnostiques qui s’y sont développés, quant au rôle et à la présence des femmes.“ Vgl. A. Weiser, Die Rolle der Frau in der urchristlichen Gesellschaft, in: G. Dautzenberg/ H. Merklein/K. Müller (Hgg.), Die Frau im Urchristentum, Freiburg i. Br. 21987, 158−181, hier 158. Vgl. Gal 3,28: oÙk œni 'Iouda‹oj oÙd{ “ Ellhn, oÙk œni doàloj oÙd{ ™leÚqeroj, oÙk œni ¥rsen kaˆ qÁlu: p£ntej g¦r Øme‹j eŒj ™ste ™n Cristù 'Ihsoà. Siehe hierzu Schüssler-Fiorenza, Rolle, 5: „Da mit ‚Juden und Griechen‘ sowie mit ‚Sklaven und Freien‘ die Aufhebung der gesellschaftlichreligiösen Unterschiede gemeint ist, dürfen wir mit Sicherheit annehmen, daß das gleiche auch beim dritten Wortpaar ‚Mann und Frau‘ der Fall ist. Das neue Selbstverständnis der Christengemeinde hob sämtliche Religions-, Klassen- und Kastenunterschiede auf und ermöglichte damit nicht nur Heidenchristen und Sklaven, sondern auch Frauen, in der frühchristlichen Bewegung wichtige Ämter zu übernehmen.“
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Bemerkenswert und wohl auch nicht ganz selbstverständlich ist die Tatsache, daß Frauen Jesus nach dem Bericht des Lukasevangeliums begleiteten, als er durch das Land zog230. Auch sind es Frauen, die den Jüngern die Botschaft vom leeren Grab bringen. Die von Frauen verkündete Osterbotschaft fiel bei den Jüngern auf taube Ohren, weil sie es für Geschwätz hielten231. Man mag diskutieren, ob diese Formulierung den grundsätzlichen Zeugniswert einer Aussage von Frauen in der jüdischen Gesellschaft zur Zeit Jesu betrifft oder nicht232. Auch wenn die Rolle der Frauen gegenüber den Aposteln grundsätzlich dem entspricht, was Kriterium des weiteren Apostelbegriffs ist, der sich bei Paulus findet233, so wird doch keine dieser Frauen ausdrücklich unter die Apostel gerechnet. Ob dies allein gesellschaftliche Ursachen hat, ist Teil der noch immer anhaltenden wissenschaftlichen Diskussion234. 3.2. Apostolinnen und apostelgleiche Frauen Zwei biblische bzw. frühchristliche Frauengestalten sollen im folgenden kurz dargestellt werden, um den Kontext zu beleuchten, in den der Bericht von einer predigenden Maria gestellt werden muß. Eine Frau namens Junia wird von Paulus im abschließenden Kapitel des Römerbriefes den Aposteln zugerechnet, zwei Frauen, Maria Magdalena und Thekla, werden in der byzantinischen Tradition als „apostelgleich“ bezeichnet235. Thekla erhält nach den apokryphen Apostelakten von Paulus einen Missionsauftrag. Im folgenden soll deswegen kurz auf Thekla und Junia eingegangen werden, auf deren Hintergrund der Wiener Text erhellt werden soll. In diesem Zusammenhang wird auch, soweit sinnvoll, Maria Magdalena berücksichtigt, der jedoch kein eigener Abschnitt gewidmet wird.
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Vgl. Lk 8,1−3. Vgl. Lk 24,1−10. Ritt, Osterbotschaft, 132: „Die Notiz vom ‚Geschwätz‘ der Frauen ist keinesfalls eine Herabsetzung des Zeugniswertes von Frauen, sondern ein Kompositionsmittel, um die kurzen Traditionsstücke der Grabbesuche zu verbinden.“ Eisen, Amtsträgerinnen, 56: „Maria Magdalena und die anderen Frauen am Grab Jesu (Mk 15,40.47; 16,1−8.9; Lk 8,1−3; 24,10; Mt 27,56.61; 28,1; Joh 19,25; 20,1.11.16.18) werden im Neuen Testament zwar an keiner Stelle explizit Apostelinnen genannt, aber ihre Darstellung in den Evangelien weist sie unmißverständlich als Erstverkündigerinnen des Auferstandenen aus. Damit sind sie Apostelinnen im Sinne eines weiteren ApostelInnen-Verständnisses.“ Vgl. z. B. H. V. Borsinger, Rechtsstellung der Frau in der katholischen Kirche, Borna-Leipzig 1930, 12: „Die Nichtnennung von Frauen unter den Aposteln ist logischerweise folgendermaßen zu erklären: Die bürgerlich-rechtliche Stellung der Frau war zur Zeit Christi eine derart mißliche, daß es nicht anging, Frauen mit höheren kirchlichen Ämtern zu betrauen. So wenig Christus gewaltunterworfene Männer (Sklaven) zu Trägern seiner Autorität machte, so wenig die gewaltunterworfene Frau.“ Vgl. hierzu z. B. Eisen, Amtsträgerinnen, 52: „Im Liturgikon, dem Meßbuch der byzantinischen Kirche, wird Junia im Menologion bis zum heutigen Tag als Apostelin verehrt, neben 56 Aposteln und den zwei ‚Apostelgleichen‘, Maria Magdalena und Thekla.“
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3.2.1. Eine Apostolin Junia Für die Frage nach der Rolle der Frau im frühen Christentum muß natürlich die Diskussion um die sogenannte „Apostolin Junia“ erwähnt werden. An einer Stelle des Neuen Testamentes wird einer Frau explizit der Titel „Apostel“ zuerkannt. Es handelt sich um die bekannte und viel diskutierte Stelle im Römerbrief236, an der Paulus Junia und Andronikos Grüße ausrichten läßt237. Der Akkusativ, der an dieser Stelle im griechischen Neuen Testament zu finden ist, kann entweder zum Nominativ des häufigen Frauennamens 'Ioun…a aufgelöst werden oder den Akkusativ des nicht weiter bezeugten Männernamens 'Iouni©j darstellen. Insofern darf es als wahrscheinlich gelten, daß Paulus hier eine Frau namens Junia – eine varia lectio im Chester Beatty II bezeugt sogar Julia – anspricht238. Trotzdem wurde – oft aus dogmatischen Überlegungen in späterer Zeit – diese Apostolin zum Apostel gemacht239. Ein Umstand mag in diesem Zusammenhang vielleicht erwähnt werden: Was der Apostolin Junia geschah, daß man in späterer Zeit aus einer Frau einen Mann machte, ist in der Kirchengeschichte kein Einzelfall, wurden doch auch bei manchen Briefen im Mittelalter Frauen durch Männer ersetzt240. 236
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Röm 16,7: ¢sp£sasqe 'AndrÒnikon kaˆ 'Iouni©n toÝj suggene‹j mou kaˆ sunaicmalètouj mou, o†tinšj e„sin ™p…shmoi ™n to‹j ¢postÒloij, o‰ kaˆ prÕ ™moà gšgonan ™n Cristù. „Grüßt Andronikus und Junia, meine Stammverwandten und Mitgefangenen, die berühmt sind unter den Aposteln und schon vor mir in Christus gewesen sind.“ Vgl. hierzu auch Gnilka, Die frühen Christen, 279; R. J. Hoffmann, Women in the Marcionite Churches of the Second Century: An Enquiry into the Provenance of Romans 16, StPatr 18,3 (1989) 161−172, vermutet, daß das 16. Kapitel des Römerbriefes erst im zweiten Jahrhundert (und zwar in einem markionitischen Umfeld) entstanden ist. Hierfür spricht auch, daß in den koptischen Übersetzungen nur der Frauenname belegt ist; vgl. hierzu U. K. Plisch, Zur Bedeutung der koptischen Übersetzungen für Textkritik und Verständnis des Neuen Testaments, in: W. Weren/D.-A. Koch, Recent Developments in Textual Criticism. New Testament, other Early Christian and Jewish Literature. Papers read at a Noster Conference in Münster, January 4−6, 2001, Assen 2003 (STAR 8) 95−108, hier 105−106. Siehe hierzu W. Pape/G. Benseler, Wörterbuch der griechischen Eigennamen. Nachdruck der dritten Auflage, Graz 1959, s. n. Siehe auch EWNT s. n. 'Iouni©j: „Der sonst nicht bezeugte Namen (Kurzform?) kommt Röm. 16,7 vor: J. war wie der vor ihm genannte Andronikus ein Judenchrist.“ Siehe auch Bauer, Wörterbuch, s.n.: „Die lexikal. Möglichkeit, daß es sich um den Frauennamen 'Ioun…a, aj handele …, ist durch den Zusammenhang wohl ausgeschlossen.“ Nebenbei sei bemerkt, daß einige Handschriften den eindeutig weiblichen Namen 'Ioul…a bezeugen; siehe auch G. Lohfink, Weibliche Diakone im Neuen Testament, in: G. Dautzenberg/ H. Merklein/K. Müller (Hgg.), Die Frau im Urchristentum, Freiburg i. Br. 21987, 320−338, hier 328−329: „Erst der allerjüngsten Zeit blieb es vorbehalten, den weiblichen Apostel Junia ganz zu beseitigen … Junias hat sich durchgesetzt. Die Geschlechtsumwandlung der Junia ist perfekt. Difficile est, satiram non scribere.“ Siehe auch P. Arzt, Iunia oder Iunias? Zum textkritischen Hintergrund von Römer 16,7, in: F. V. Reiterer/P. Eder (Hgg.), Liebe zum Wort. Beiträge zur klassischen und biblischen Philologie, P. Ludger Bernhard OSB zum 80. Geburtstag dargebracht von Kollegen und Schülern, Salzburg 1993, 83−102; vgl. B. Brooten, „Junia … hervorragend unter den Aposteln“ (Röm 16,7), in: E. Moltmann-Wendel (Hg.), Frauenbefreiung. Biblische und theologische Argumente, Mainz/München 21978, 148−151. Vgl. Albrecht, Makrina, 58: „Vielleicht geschah das, was an Hieronymus-Briefen vorgenommen
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Die Entwicklung setzt relativ spät ein. Noch Johannes Chrysostomos bezeichnet Junia als „Apostolin“241. Das wohl wichtigste Problem bei der Wertung dieser Passage im Hinblick auf die Stellung der Frau ist der Apostelbegriff, den Paulus hier verwendet. Dieser war offensichtlich bei Paulus viel weiter gefaßt als im lukanischen Doppelwerk242, dessen Apostelbegriff jedoch in späterer Zeit prägend für die kirchliche Sicht von dem wurde, was ein Apostel ist243. Insofern redet Paulus diese Frau zwar als „Apostolin“ an, die Frage ist jedoch weiterhin, in welcher genauen Funktion sie tatsächlich an der Verkündigung mitwirkte. Wenn man die Stellung der Frau in der römischen Gesellschaft in Betracht zieht, so scheint eine wirklich gleichberechtigte Verkündigungstätigkeit der Junia nicht aus diesem Beleg zu folgern sein. Es ist sicher falsch, wie dies wiederholt vorgenommen wurde, aufgrund der Rückprojektion eines anachronistischen, erst vom lukanischen Doppelwerk geprägten Apostelbegriffs, die Verwendung dieses Ehrentitels für eine Frau aus systematischen Überlegungen in Abrede zu stellen. Allerdings sollte ebenfalls vermieden werden,
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wurde, auch mit anderen der an Frauen gerichteten Schreiben: im Mittelalter wurden in einigen Handschriften die Briefadressen in männliche Ansprechpartner verwandelt.“ Dagegen jedoch M. Hauke, Die Problematik um das Frauenpriesterum vor dem Hintergrund der Schöpfungsund Erlösungsordnung, Paderborn 41995 (KKTS 46) 354: „Eine ‚Apostolin Junia‘ scheint also in den Bereich des modernen Mythos zu fallen, der freilich schon antike Vorläufer kennt.“ Gegen diese Auffassung von Hauke vgl. auch V. Fàbrega, War Junia(s) der hervorragende Apostel (Rom. 16,7) eine Frau?, JAC 27/28 (1984/1985) 47−64, hier 63 u. 64: „Keiner der Kirchenväter sieht die Notwendigkeit, auf Namen oder Geschlecht des umstrittenen Andronikus-Partners von Rom. 16,7 – für die heutige Exegese das Hauptproblem – überhaupt einzugehen … Die eingehendste Auslegung von Rom. 16,7 bietet Chrysostomus. Für ihn ist Junia – eine Frau! – nicht nur Apostel, sondern sogar ein hervorragender Apostel.“ Vgl. Albrecht, Makrina, 227; siehe Joh. Chrys., hom. 31 in Rom. (PG 60, Sp. 669f); vgl. hierzu auch Nürnberg, „Non decet“, 69: „Wenn schon Unterweisung seitens der Frau, dann nicht in der Öffentlichkeit – das ist auch für Johannes Chrysostomus oberster Grundsatz. Er bestreitet nicht, im Gegensatz zu späteren ntl. Handschriften, daß die im 16. Kapitel des Römerbriefes von Paulus als ‚Apostel‘ bezeichnete Junia tatsächlich eine Frau war. Er räumt ein, daß hier eine Frau Apostel- und Evangelistenarbeit geleistet, also gelehrt habe, beeilt sich aber gleich richtigzustellen, daß dabei so gehandelt wurde, wie es sich schickt, denn Junia leistete ihre Verkündigungsarbeit nicht, wie es nur dem männlichen Prediger zukommt, in öffentlicher Versammlung.“ Siehe Lohfink, Weibliche Diakone, 330: „Gerade diese Aussage des Paulus führt uns vor Augen, wie wenig wir im Grunde über die urchristliche Mission und ihre Träger und Trägerinnen wissen. Sie zeigt uns aber auch, daß der Apostelbegriff in der ältesten Kirche viel weiter gefaßt war, als er dann später im lukanischen Doppelwerk und von dort her im landläufigen Bewußtsein erscheint.“ Vgl. hierzu auch Schüssler-Fiorenza, Rolle, 5: „Wie die Auseinandersetzungen des Paulus mit seinen Gegnern zeigen, war der Leitungsdienst der Apostel für die im Entstehen begriffene christliche Bewegung von höchster Bedeutung. Nach Auffassung des Paulus bleibt das Apostelamt nicht auf die Zwölfe beschränkt. Apostel sind alle die Christen, die Augenzeugen der Auferstehung waren und vom auferweckten Herrn mit dem Missionswerk beauftragt wurden (1 Kor 9,4).“
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bei Anerkennung eines weiblichen Apostels im Römerbrief diesem Begriff eine zu hohe Bedeutung beizulegen. Für die tatsächliche Funktion und die Tätigkeit der Junia sagt dieser von Paulus verwendete Begriff leider sehr wenig aus. 3.2.2. Thekla, die Schülerin des Paulus Thekla, die in den apokryphen Akten des Paulus und der Thekla als Frau eine sehr prominente Rolle einnimmt244, ist bisher in der gesamten christlichen Überlieferung die einzige Frau, die einen allgemeinen Verkündigungsauftrag erhält, der zumindest an die biblischen Formulierungen erinnert – von Maria Magdalena muß man in diesem Zusammenhang absehen, auch wenn sie gerne als Apostola apostolorum bezeichnet wird245, erhält sie doch am Ostermorgen den Auftrag, den Aposteln zu berichten, was geschehen war. Es war jedoch keine Beauftragung zur allgemeinen Verkündigung246. Dies mag als Rechtfertigung gelten, sich etwas ausführlicher mit Thekla und ihrem Verkündigungsauftrag zu beschäftigen. Die apokryphen Apostelakten des Paulus und der Thekla verweisen in eine vergleichsweise frühe Zeit der Kirchengeschichte247. Gleichzeitig scheint es wohl berechtigt, zumindest einem Teil der apokryphen Texte zuzugestehen, daß sie alternative christliche Lebensentwürfe in narrativer Form bieten248. Allerdings ist wohl zu bestreiten, daß dies für alle apokryphen Apostelakten unterschiedslos gilt, wird man doch wohl festhalten müssen, daß ein Teil der apokryphen Texte – bei aller Schwierigkeit, Grenzen zwischen Orthodoxie und Heterodoxie in den ersten Jahrhunderten zu ziehen – sich wohl doch außerhalb dessen befand, was man im 244
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Vgl. Albrecht, Makrina, 257: „Frauen spielen zwar in allen apokryphen Apostelakten eine wichtige Rolle als Zuhörerinnen und Nachfolgerinnen der Apostel, aber nirgends tritt eine Frau so stark in den Vordergrund wie Thekla.“ Siehe hierzu auch E. Dassmann, Kirchengeschichte I. Ausbreitung, Leben und Lehre der Kirche in den ersten drei Jahrhunderten, Stuttgart 22000 (KStTh 10) 174. Als erster verwendet Petrus Abaelard diesen Titel in einer Predigt über das Osterfest; vgl. Sermo 13 in die paschae, PL 178,485; Siehe hierzu auch E. M. Synek, „Die andere Maria“. Zum Bild der Maria von Magdala in den östlichen Kirchentraditionen, OrChr 79 (1995) 181−196, hier 189: „Nach der Theklaüberlieferung hat Paulus diese seine Schülerin selbst als Lehrerin und Predigerin entsandt; es hat sich für sie in der byzantinischen Tradition – wie auch für Maria von Magdala – der Ehrentitel einer Apostelgleichen durchgesetzt.“ Vgl. Mt 28,6−7; Mk 16,7; Lk 24,9−10; Joh 20,17−18; zu dieser Frage siehe auch Synek, Heilige Frauen, 40−79. Da Tertullian die Akten kennt, indem er diese verurteilt, dürften sie am Ende des zweiten Jahrhunderts entstanden sein; vgl. G. Röwekamp, Art. Paulus-Literatur, LACL, 484−486, hier 485: „Als Abfassungszeit ist (aufgrund des Tertullianzeugnisses) die Zeit kurz vor 200 anzunehmen; Entstehungsort ist Kleinasien.“ Siehe auch Albrecht, Makrina, 247, die sie in die Zeit zwischen 185 und 195 einordnet. Vgl. auch S. J. Davis, The Cult of Saint Thecla: A Tradition of Women’s Piety in Late Antiquity, Oxford 2001, 7. Vgl. Davies, Widows, 11: „The apocryphal Acts are testimonies to varieties of Christian belief and to a particular way of life. They derive from common people who agreed on the proper way of living for Christians but had differing doctrinal opinions.“
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eigentlichen Sinn als „christlichen Lebensentwurf“ zu bezeichnen berechtigt ist. Die Grenzen waren allerdings nicht fest, sondern fließend249. Die Person der Thekla hat sicherlich gerade im kleinasiatischen Raum sehr viele Christen begeistert250. Thekla gilt als eine der Frauengestalten, die einen Blick in die Frühzeit des Christentums ermöglichen, als Frauen noch sehr stark in den aktiven Dienst der Kirche einbezogen waren251. Walter Bauer hält es für möglich, daß Bischof K. ûnê von Edessa252 die Paulusakten wegen der Rolle der Thekla ablehnte253. Hierfür könnte er sich auch auf Tertullian berufen, der diese apokryphen Akten ablehnte, weil andere Frauen sich offensichtlich auf das Beispiel der Thekla für ihre Lehr-, Tauf- und Predigttätigkeit beriefen254. Diese Berufung auf die Tauftätigkeit der
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Dagegen jedoch Davies, Widows, 12: „If one text is, from our viewpoint, more gnostic or more orthodox than another, this means only that different persons writing for the Christian church had somewhat different opinions.“ Vgl. Cardman, Women, 301: „Thecla’s figure loomed large in the imagination of Christians, particularly in Asia Minor, where the drama occurred, and perhaps especially among women.“ K.-G. Wesseling, Art. Thekla, BBKL Bd. 11 (1996) 806−814, hier 808: „Die Th(ekla)-Figur wird im kleinasiatischen Mönchtum prägend …, findet aber auch Niederschlag im Symposion des Methodius von Olympus … und reflektiert Reminiszenzen an eine Epoche, in der Frauen im älteren Christentum eine wesentliche Rolle in der aktiven Gestaltung des gemeindlichen Lebens gespielt haben.“ Brox weist in diesem Zusammenhang darauf hin, daß gerade die Christenverfolgungen zeigen, daß seitens des Staates die Bedrohung durch Christinnen sehr wohl anerkannt wurde. Vgl. Brox, Zur christlichen Mission, 363: „Man hat die Frauen unter den Christen nicht anders behandelt als die Männer, weil man ihre Bedeutung für Leben und Ausbreitung der Kirche kannte. Frauen fehlen in kaum einer Märtyrerakte. Man hat sie ‚gleichberechtigt‘ verhaftet, verhört, gefoltert und umgebracht und untypischerweise – als Christinnen – auch bei Zirkusspielen zum öffentlichen Vergnügen verwendet.“ Auch Thekla war ja für ein Zirkusspiel vorgesehen gewesen, das jedoch mit ihrer Selbsttaufe einen anderen Ausgang nimmt, als vom Veranstalter erwartet wird. Zu den Lebensdaten vgl. Bauer, Rechtgläubigkeit und Ketzerei, 39: „Was aber die Dauer seiner Amtsführung angeht, so würde ich mich am liebsten auf Leclercq berufen, der K.ûnê von vor 289 bis 313 wirken läßt. Leider aber ist nur das Todesjahr durch die Edessenische Chronik einwandfrei sichergestellt.“ Vgl. Bauer, Rechtgläubigkeit und Ketzerei, 47: „Möglicherweise waren ihm die Paulusakten auch zu umfangreich und als Ganzes doch nicht genügend gesichert. Oder er stieß sich, wie andere Kirchenmänner an der Rolle, welche die Thekla hier spielte. Um so mehr als in den Gemeinden Marcions Frauen das Recht besaßen, die Taufe zu spenden.“ Vgl. Tertullian, De bapt. XVII,5 (Dekkers, CChr.SL 291,23−292,32): Quodsi quae Acta Pauli quae perperam scripta sunt [exemplum Theclae] ad licentiam mulierum docendi tinguendique defenderunt, sciant in Asia presbyterum qui eam scripturam construxit quasi titulo Pauli de suo cumulans coniuctum atque confessum id se amore Pauli fecisse loco decessisse. Quam enim fidei proximum uidetur ut is docendi et tinguendi daret feminae potestatem qui nec discere quidem constanter mulieri permisit? T a c e a n t inquit, e t d o m i u i r o s s u o s c o n s u l a n t . Vgl. K. A. H. Kellner, Tertullians ausgewählte Schriften ins Deutsche übersetzt. Bd. 1: Tertullians private und katechetische Schriften, Kempten 1912 (BKV 1/7): „Wenn sie die Schriften, welche verkehrterweise für die Schriften Pauli gelten, und das Beispiel der
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Thekla – zusammen mit einer Stelle bei Hieronymus255 – bewegt Hilhorst, die Frage aufzuwerfen, ob die Theklaakten ursprünglich möglicherweise länger waren256 und ob sie älter sind, als gemeinhin in der Forschung angenommen wird257. Die apokryphen Akten mögen zwar gewisse enkratische Tendenzen aufweisen, sie sind doch zuerst einmal ein Erbauungsbuch und können deswegen nicht unbedingt als vorwiegend im montanistischen oder gnostischen Milieu verwendeter Text qualifiziert werden258. Immerhin wurde ja auch der Verfasser, wenn man dem Bericht
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Thekla zugunsten der Statthaftigkeit des Lehrens und Taufens durch Weiber vorschützen, so mögen sie wissen, daß jener Priester in Asien, welcher die genannte Schrift gefertigt hat und so den Ruhm des Paulus gleichsam durch seinen eigenen vervollständigte, seiner Stelle entsetzt worden ist, nachdem er überführt war und gestanden hatte, es aus Liebe zu Paulus getan zu haben. Wie wahrscheinlich wäre es wohl, daß der, welcher dem Weibe beharrlich die Erlaubnis zu lernen verweigert hat, ihm die Macht zu lehren und zu taufen, sollte eingeräumt haben? ‚Sie sollen schweigen‘, drückt er sich aus, ‚und zu Hause ihre Ehemänner befragen.‘“ Auf diese Belegstelle verweist Meer, Priestertum, 69; siehe hierzu A. G. Brock, Genre of the Acts of Paul: One Tradition Enhancing Another, Apocrypha 5 (1994) 119−136; vgl. hierzu auch A. D. Baum, Pseudepigraphie und literarische Fälschung im frühen Christentum. Mit ausgewählten Quellentexten samt deutscher Übersetzung, Tübingen 2001 (WUNT 2/138) 26: „Tertullian begründete seine These, die Paulusakten könnten nicht vom Apostel verfaßt sein, mit der Beobachtung, daß sie den Frauen das Recht zu lehren und zu taufen zubilligten, während Paulus es ihnen in seinen echten Briefen nicht zugestanden habe.“ Siehe auch di Berardino/Studer, Storia della teologia, 280: „Tertulliano rifiuta gli Atti di Paolo perché insegnano che le donne possono battezzare, contro la prassi (De bap. 17). In questo caso la prassi liturgica diventa il criterio di valutazione di tutto uno scritto.“ Siehe auch Cardman, Women, 302: „Tertullian’s argument suggests that the continuing memory of Thecla challenged the developing structures of ministry in the churches. It is not difficult to imagine women telling and retelling the story of Thecla to authorize their own ministries.“ Vgl. zu dieser Stelle auch A. Hilhorst, Tertullian on the Acts of Paul, in: J. N. Bremmer (Hg.), The Apocryphal Acts of Paul and Thecla, Kampen 1996, 150−163. Hieronymus, vir. ill. 7 (Richardson TU 14/1, S. 11) Vgl. Hilhorst, Tertullian, 162−163: „At least the final part of the Acts of Paul and Thecla may well have undergone an abridgement. There originally Thecla’s baptizing activities may have been narrated; conceivably they have been eliminated to prevent their being used as an argument for baptizing by women.“ Vgl. Hilhorst, Tertullian, 162: „Therefore, as long as no new clues turn up, it seems to be wise to allow a much larger period of time within which it can be dated than is customarily done.“ Dagegen jedoch Scopello, Femme et société, 119: „Pour étayer sa position, Tertullien n’hésite pas à jeter le discrédit sur les Actes de Thècle, texte qui circulait sous l’autorité de Paul dans les communautés gnostiques et montanistes, et qui mettait en scène une femme, Thècle, qui avait reçu de Paul le pouvoir d’enseigner, d’exorciser et aussi de baptiser.“ Siehe auch J. Anson, The Female Transvestite in Early Monasticism: The Origin and Development of a Motif, Viator 5 (1974) 1−32, hier 9: „Certainly the notice in Tertullian’s De baptismo (17.4) denying the authenticity of the Pauline Acts to those who cited Thecla as a historical precedent for the right of women to baptize seems directed to the Montanists, for among the primary charges laid against the sect appears the extensive role assigned to the women prophets Prisca and Maximilla.“
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Tertullians Beachtung schenkt, für die Abfassung des Textes nicht aus der Kirche ausgeschlossen. Dies wäre jedoch wohl die Konsequenz gewesen, wenn der Verfasser für eine hauptsächlich montanistische oder gnostische Leserschaft geschrieben hätte. Allerdings ermöglicht eine nachträgliche Zuordnung zu gnostischen bzw. montanistischen Gruppen eine Disqualifizierung des Textes. Es muß wohl bezweifelt werden, daß es sich wirklich um ein sehr häufiges Phänomen gehandelt hat, daß Frauen tauften, predigten und missionierten259. Die Tatsache jedoch, daß, wie Tertullian erwähnt, ein Presbyter diese apokryphe Apostelgeschichte verfaßt hat, kann man natürlich auch dahingehend interpretieren, daß es in dieser Zeit Kleriker gab, „welche das Lehren und Missionieren der Frauen und ihr Auftreten als Prophetinnen in den Gemeindeversammlungen nicht mißbilligten.“260 Auch muß man wohl bei der von Tertullian vertretenen Ablehnung dieser apokryphen Apostelakten eine gewisse Frauenfeindlichkeit des Tertullian in Rechnung ziehen261 – er lehnt ja auch an anderer Stelle die Lehrtätigkeit von Frauen strikt ab262 –, der im Umgang mit seinen Quellen wohl in dieser Sache zusätzlich etwas oberflächlich war263. Trotz der Ablehnung Tertullians erfreuten sich diese apokryphen Akten teilweise großer Beliebtheit264. Man wird festhalten müssen: Der Dienst der altkirchlichen Thekla war wahrscheinlich nicht auf den Dienst an Frauen beschränkt265. Auch war dies sicher nicht 259
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Hierzu jedoch Cardman, Women, 302: „It is likely that Thecla represents not one historical woman, but many women of the first and early second centuries who publicly preached and baptized, claiming the authority of Paul for their ministries.“ Vgl. Harnack, Mission, 600. Vgl. R. F. Refoulé/M. Drouzy, Tertullien. Traité du Baptême, Paris 1952 (SC 35) 91 Anm. 2: „Avant son passage au Montanisme, Tertullien se révèle peu bienveillant pour les femmes. Elles représentaient à ses yeux l’ignominie du premier péché et portaient la responsabilité d’avoir perdu le genre humain. Il leur refuse encore le droit d’exorciser et d’exercer un office sacerdotal quelconque.“ Tertullian, De Virg. Vel. 9,1 (Dekkers, CChr.SL 1218,4−1219,1): „Non permittitur mulieri in ecclesia loqui“, sed et docere, nec tinguere, nec offere, nec ullius uirilis muneris, nedum sacerdotalis officii sortem sibi uindicare. „Einer Frau ist es nicht erlaubt, in der Kirche zu reden. Auch darf sie nicht lehren, taufen, Gaben darbringen, noch eines Mannes Aufgaben für sich in Anspruch nehmen, besonders nicht die priesterlichen Aufgaben.“ Vgl. hierzu auch K. J. Torjesen, Tertullian’s “Political Ecclesiology” and Women’s Leadership, StPatr 21 (1989) 277−282, hier 281f. Vgl. auch Davies, Widows, 108: „There is, however, no reason to assume that Tertullian was very well informed about the affairs of individual churches in Asia, especially since the document he happily reports to have been condemned with the resultant humiliation of its author seems to have enjoyed great favour in the eastern churches after this time.“ Vgl. hierzu Synek, Heilige Frauen, 21: „Trotz Tertullianus’ Polemik gegen diese apokryphen Apostelakten im Interesse der neutestamentlichen Lehrverbote für Frauen wurde die Schrift weitgehend rezipiert und erreichte in Syrien sogar quasi kanonisches Ansehen.“ Gleichzeitig wurden die Acta Pauli im Westen durch das Gelasianum als häretisch verurteilt. Siehe hierzu Leipoldt, Frau, 215: „Die Asketin Thekla hat, gerade weil sie zur Ehelosigkeit entschlossen ist, einen Auftrag von Gott, treibt Mission, lehrt, tauft. Und schwerlich arbeitet sie nur am weiblichen Geschlechte.“
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der einzige Grund, aus dem diese Akten abgelehnt wurden266. Wie viel von dem Berichteten auf historischen Ereignissen aufruht, ist umstritten. Es scheint jedoch nicht unmöglich, daß es in Ikonium eine Thekla gab, die sich aufgrund der Predigt des Paulus bekehrte. Allerdings wird doch ein Großteil des Berichteten nur ein Licht auf die Zustände in der zweiten Hälfte des zweiten Jahrhunderts werfen267. Auch wenn Thekla in diesen Akten als missionarisch tätige Frau geschildert wird, bezeichnet sie erst ein Text aus dem fünften Jahrhundert als Apostolin. Dieser Titel wird in den apokryphen Akten vermieden268. Man kann natürlich argumentieren, daß dieser Ehrentitel erst in einer Zeit verliehen werden konnte, in der eine gleichberechtigte Beteiligung von Frauen am Verkündigungsdienst undenkbar war. Tertullian selbst berichtet, daß ursprünglich andere Gründe zu Konsequenzen für den Verfasser des Textes geführt haben. „Nicht die Tatsache, daß der Fälscher in seinem Buch indirekt das Recht der Frauen, zu lehren und zu taufen, unterstützt hat, sondern der Tatbestand der (literarischen) Fälschung hat dem Bericht Tertullians zufolge in Kleinasien sein Amt gekostet.“269 Von Euseb werden diese Akten zu den umstrittenen, jedoch noch eher akzeptablen Pseudepigraphen gerechnet270. Thekla bekehrt sich aufgrund einer Predigt des Paulus und möchte ihm folgen, für diesen ist sie jedoch zuerst einmal Frau, so daß er sich eine Mitarbeit der Thekla bei der Missionstätigkeit nicht vorstellen kann, obwohl sie aufgrund ihrer Entscheidung, ehelos zu leben, in Ikonium auf einen Scheiterhaufen gelegt und angezündet worden war – nur ein Wunder rettet sie vor dem Tod271. Paulus weigert sich, sie zu taufen, nimmt sie jedoch mit nach Antiochia, wo sich ein Syrer mit Namen Alexander in sie verliebt. Da sie dieser hochgestellten Persönlichkeit aufgrund einer ungewollten Umarmung die Gewandung zerriß, wurde sie vom Statthalter zum Tod im Rahmen eines Tierkampfes in der Arena verurteilt. In der Arena tauft sie sich selbst. Nach der Freilassung durch den Statthalter läßt sie Paulus überall suchen und findet ihn in Myra. Sie selbst begibt sich zu ihm und
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Speyer, Fälschung, 211: „Daß die Paulusakten als rechtgläubige Fälschung bereits wenige Zeit nach ihrer Abfassung entlarvt wurden, mag zum Teil daran liegen, daß sie einige Erzählungen enthielten – die lehrende und sich selbst taufende Thekla und der getaufte Löwe –, die für theologisch kritischer denkende Rechtgläubige den jungen Ursprung der Akten eindeutig erwiesen.“ Siehe auch Bienert, Apostelbild, 25: „Tertullian nimmt zwar Anstoß daran, daß mit dem Beispiel der Thekla das Recht der Frauen, zu lehren und zu taufen, begründet wurde (De baptismo 17), aber erst die Rezeption der Paulusakten durch die Manichäer und nicht allein die enkratitische Predigt macht diese für die kirchliche Tradition insgesamt obsolet.“ Vgl. hierzu Albrecht, Makrina, 283, welche die Diskussion um diese Frage folgendermaßen zusammenfaßt: „Wir können heute nicht mehr zweifelsfrei beweisen, ob eine Frau mit Namen Thekla zu der Zeit in Ikonium lebte, als Paulus dort missionierte.“ Zu dem Werk De Vita et Miraculis S. Theclae vgl. Albrecht, Makrina, 294. Baum, Pseudepigraphie, 104. Vgl. Eus., h.e. III 25,4 (Bardy, SC 31,134,2). Davies, Widows, 59: „Thecla, now a confessor, comes to Paul and tells him that she will cut her hair and follow him. Paul does not believe her, seeing her not as a Christian and a confessor but as a beautiful female.“
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trägt männliche Gewandung, die sie selbst genäht hat272. Nach der Erzählung der Akten des Paulus und der Thekla fordert Paulus sie auf: „Gehe und lehre das Wort Gottes“273. Die Zweiteilung in den Auftrag zur Reise und die damit verbundene Lehrtätigkeit erinnert formal an die entsprechenden Texte im Neuen Testament. Diese weisen jedoch, bei aller Ähnlichkeit des Inhalts, durchwegs eine andere Wortwahl als die apokryphen Apostelakten auf274. Dies wird sowohl im griechischen wie auch im lateinischen Text deutlich275. Während Thekla „lehren“276 soll, ist es Aufgabe der Jünger, das Evangelium zu „verkünden“277. Das für die Aussendung verwendete Verbum ist beim Missionsauftrag an die Apostel „hinausziehen“278,
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Vgl. hierzu auch V. R. Hotchkiss, Clothes Make the Man. Female Cross Dressing in Medieval Europe, New York 1996, 9: „In many cases, as I hope to show, it is precisely the inbred notion of a hierarchy of the sexes that gives rise to a positive view of female transvestism.“ So nach dem Text der griechischen Version der Acta Pauli et Theclae 41 (AAAp 1, 267, 5−6): `O d{ Paàloj e"pen “ Upage kaˆ d…daske tÕn lÒgon toà Qeoà. Als varia lectio bieten FGH poreÚou; CELd Ûpage tšknon; im kritischen Apparat wird darauf hingewiesen, daß ein Teil der lateinischen Übersetzungen (cd) den zweiten Halbsatz auslassen: kaˆ d…daske tÕn lÒgon toà Qeoà. Vgl. für den lateinischen Text die Passio S. Theclae 41 (Gebhardt TU Nf 7/2, 118−119); die Formulierungen in den einzelnen Übersetzungen weichen von einander ab; für die Sigla der Handschriften und ihre Überlieferung die Edition; A: Cui Paulus dixit: Vade, filia, doce uerbum dei; Ba: Qui dixit ei: Perge et doce dei sermonem; Bb: Qui dixit ei: Perge et doce omnes dei sermonem; Ca: Et Paulus dixit ei: Vade, filia, et doce uerbum dei; Cb: Et Paulus dixit ei: Vade, filia, et doce uerbum dei cum fiducia nihil haesitans; Cc: Et dixit Paulus: Vade; Cd: At ille dixit: Vade, filia, cum salute et praedica ibi uerbum dei; vgl. zu der interessanten Kürzung des Textes in der Textüberlieferung von Cc O. v. Gebhardt, Passio S. Theclae Virginis. Die lateinischen Übersetzungen der Acta Pauli et Theclae nebst Fragmenten, Auszügen und Beilagen, Leipzig 1902 (TU Nf 7/2), lxxii: „Unter den Kürzungen verdient besondere Erwähnung die Weglassung des der Thekla ertheilten [sic!] Lehrauftrages.“ Vgl. z. B. Mt 10,7a: poreuÒmenoi d{ khrÚssete lšgontej Óti ” Hggiken ¹ basile…a tîn oÙranîn. Euntes autem praedicate dicentes: „Appropinquavit regnum caelorum.“ Mk 3,14: kaˆ ™po…hsen dèdeka, [oÞj kaˆ ¢postÒlouj çnÒmasen,] †na ðsin met' aÙtoà kaˆ †na ¢postšllV aÙtoÝj khrÚssein. Et fecit Duodecim, ut essent cum illo et ut mitteret eos praedicare. Lk 9,2: kaˆ ¢pšsteilen aÙtoÝj khrÚssein t¾n basile…an toà qeoà kaˆ „©sqai [toÝj ¢sqene‹j]. Et misit illos praedicare regnum Dei et sanare infirmos. Vgl. hierzu jedoch Albrecht, Makrina, 270: „Paulus sagt zu ihr: ‚“ Upage kaˆ d…daske tÕn lÒgon toà Qeoà.‘ Das ist die wörtliche Wiederholung des Missionsauftrages, den Jesus nach Mt 28,19 seinen Jüngern gab.“ Mt 28,19 steht: poreuqšntej oân maqhteÚsate p£nta t¦ œqnh, bapt…zontej aÙtoÝj e„j tÕ Ônoma toà patrÕj kaˆ toà uƒoà kaˆ toà ¡g…ou pneÚmatoj. Von „wörtlicher Wiederholung“ kann keine Rede sein. did£skw; die Wortbedeutung ist weiter als die von khrÚssw und kann auch den nicht-religiösen Bereich betreffen; vgl. hierzu ThWNT, s.v. B (Bd. 2, 141). Im Text des griechischen Neuen Testaments wird an der Mehrzahl der Belegstellen, an denen die Apostel mit einer Lehrtätigkeit beauftragt werden, khrÚssw als Kern der Beauftragung der Apostel verwendet (vgl. hierzu z. B. Mk 13,10; 14,9, Mk 16,15 etc.). Unter den verwendeten Wörtern findet sich ¢postšllw (vgl. z. B. Mk 3,14; Lk 9,2) und poreÚomai (vgl. z. B. Mt 10,7a; Mt 28,19; Mk 16,15). Diese Begriffe werden im Lateinischen mit mitto (Mk 3,14; Lk 9,2) und eo (Mt 10,7a; Mt 28,19; Mk 16,15) wiedergegeben.
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Thekla jedoch soll „weggehen“279. Allerdings ist darauf hinzuweisen, daß im Missionsbefehl aus dem letzten Kapitel des Matthäusevangeliums in lateinischer Übersetzung das Wort „Lehren“ (docere) Verwendung findet280. Auch wenn damit tatsächlich in einer lateinischen Übersetzung des Neuen Testamentes ein Lehr- und Verkündigungsauftrag an die Apostel formuliert wird, in dem derselbe lateinische Begriff wie bei der Beauftragung der Thekla verwendet wird, sollte man bei der Interpretation eine gewisse Vorsicht walten lassen. Das „Lehren“ (docere) des lateinischen Textes dieser Passage des Matthäusevangeliums übersetzt das „ZuJüngern-Machen“ (maqhteÚw)281, während Thekla auch im griechischen Text der Akten aufgefordert wird, zu „lehren“ (did£skw). Allderdings muß hinzugefügt werden, daß selbst dieses Lehren nur selten im Zusammenhang mit Frauen als Beschreibung ihrer Tätigkeit verwendet wurde282. Falls man versucht, den Sendungsauftrag an Thekla als mit dem Missionsauftrag im letzten Kapitel des Matthäusevangeliums identisch zu erklären, so scheitert dies jedoch nicht nur daran, wie im Griechischen der „Lehrauftrag“ bezeichnet wird, sondern auch an dem Wort, mit dem Thekla ausgesandt wird. Im biblischen Text wird poreÚomai/eo verwendet, während in den apokryphen Akten Øp£gw/ vado gebraucht wird. Es entbehrt natürlich nicht einer gewissen Pikanterie, daß der erste Beleg im Neuen Testament für das Wort, mit dem Thekla aufgefordert wird, „wegzugehen“, die Aufforderung Jesu an den Teufel im Rahmen der Versuchungsgeschichte ist283. Damit soll selbstverständlich nicht behauptet werden, daß diese Frau für den Paulus der apokryphen Akten der leibhaftige Gottseibeiuns ist, wird ja dieses Wort auch in anderem Zusammenhang verwendet. Allerdings ist die Aufforderung, die mit diesem Wort ausgesprochen wird, natürlich von einer etwas anderen Art als der Missionsbefehl, der sich im Munde Jesu findet. Auffällig ist, daß dieses Verbum bei den Synoptikern überwiegend im Imperativ gebraucht wird, während es im Johannesevangelium gegenüber poreÚomai bevorzugt wird284. Insofern könnte, falls man das Wort von seiner Verwendung bei den Synoptikern her interpretiert, ein Herrschaftszusammenhang sichtbar werden, ein autoritärer Meister – hier verkörpert durch den Apostel Paulus – gibt einer Untergebenen einen Auftrag. Eine varia lectio, die sich sowohl in der griechischen wie in der 279
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Der Begriff Øp£gw, der ja in der lateinischen Übertragung der Akten des Paulus und der Thekla mit vado übersetzt wird, hat auch im lateinischen Neuen Testament dieses Äquivalent (vgl. z. B. Mk 4,10a; Mt 16,23a). Mt 28,19: Euntes ergo docete omnes gentes, baptizantes eos in nomine Patris et Filii et Spiritus Sancti. Mt 28,19: poreuqšntej oân maqhteÚsate p£nta t¦ œqnh, bapt…zontej aÙtoÝj e„j tÕ Ônoma toà patrÕj kaˆ toà uƒoà kaˆ toà ¡g…ou pneÚmatoj. Vgl. hierzu auch Albrecht, Makrina, 224−225. Vgl. Mt 4,10a: tÒte lšgei aÙtù Ð 'Ihsoàj: “ Upage, Satan©. Auch Petrus, der ja an einer Stelle des Matthäusevangeliums von Jesus als „Satan“ angeredet wird, weil er versucht, diesen zu überreden, sich vor den Hohenpriestern zu verstecken, die ihn töten wollen, wird mit diesem Wort aufgefordert, sich Jesus unterzuordnen; vgl. Mt 16,23a: Ð d{ strafeˆj e"pen tù PštrJ: “ Upage Ñp…sw mou, Satan©: sk£ndalon e" ™moà. Vgl. Vgl. ThWNT, s.v. 3.b/c (Bd. 8, 508).
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lateinischen Überlieferung findet, verstärkt den Eindruck, daß das Verhältnis von Paulus und Thekla an dieser Stelle eindeutig beschrieben wird: Paulus fordert nach dieser Überlieferung „sein Kind“ (lat. „seine Tochter“) auf, das „Wort Gottes zu lehren“. Doch nicht genug: Auch wenn Thekla ihren Dienst in Abhängigkeit vom Völkerapostel und auf seine direkte Anweisung versehen soll, auch wenn sie nur „lehren“, nicht jedoch „verkündigen“ oder „zu Jüngern machen“ darf, läßt doch ein Teil der lateinischen Handschriften den zweiten Halbsatz der Aufforderung weg; der Befehl zur „Lehre des Wortes Gottes“ war offensichtlich trotz der Abweichungen von den biblischen Formulierungen zu anstößig. Allerdings wird in einigen lateinischen Handschriften der Passio S. Theclae tatsächlich das Wort „predigen“ (praedico) als Äquivalent des griechischen did£skw verwendet. Dieses Wort findet sich im Neuen Testament als lateinische Entsprechung des griechischen Wortes „verkündigen“ (khrÚssw). Diese Handschriften lassen also den Dienst der Thekla in größere Nähe zum Dienst der Apostel rücken285. Die Gestalt der Thekla und ihre Aktivitäten werden im Verlauf der Jahrhunderte interpretierend überliefert. Möglicherweise war Thekla tatsächlich eine von Paulus bekehrte junge Frau, die danach missionarisch tätig war286. Aus einer aktiven Apostolin, deren Tätigkeit jedoch bereits zur Entstehungszeit der Akten nicht unumstritten war287, wird eine zurückgezogene Asketin288, aus der Lehrerin des Wortes Gottes eine „klassische“ weibliche Heiligenfigur289. „Das Phänomen
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Vgl. hierzu auch Albrecht, Makrina, 225, die diesen Umstand stark betont: „Thekla wird in den Apostelakten ganz deutlich als Apostel stilisiert, jedoch erscheint der Terminus selber nicht, ist aber spätestens seit dem 5. Jahrhundert für sie belegt.“ Vgl. Harnack, Mission, 598, der zu Thekla bemerkt: „Es ist unwahrscheinlich, daß der Romanschreiber diese Figur einfach erfunden hat. Es wird wirklich ein von Paulus in Iconium bekehrtes Mädchen, namens Thecla, gegeben haben, die in der Mission tätig gewesen ist.“ Siehe auch Albrecht, Makrina, 270: „Im gleichen Jahrhundert, in dem die Timotheusbriefe, die ebenfalls in Kleinasien entstanden, Paulus das Lehrverbot für Frauen in den Mund legten, berichten die Theklaakten, daß genau dieser Paulus eine Frau ausdrücklich beauftragt, das Wort Gottes zu lehren.“ So verweist z. B. Epiphanius, haer. 78,16,7 (Holl/Dummer GCS 37,467,9−11) auf Thekla als Muster der Enthaltsamkeit; von der „Lehre des Wortes Gottes“ ist keine Rede: kaˆ Qškla m{n sunant´ PaÚlJ tù ¡g…J kaˆ dialÚetai g£mon, ÐrmastÕn œcousa eÙeidšstaton, prwteÚonta d{ pÒlewj, ploÚsion ¥gan, eÙgenšstaton d{ [™n] tù b…J kaˆ diafanšstaton: kaˆ perifrone‹ tîn ™pige…wn ¹ ¡g…a, †na tîn ™pouran…wn ™gkrat¾j gšnhtai. „Und Thekla traf auf den heiligen Paulus und löste ihre Verlobung [wörtl.: Ehe] auf, auch wenn sie einen sehr schönen Verlobten hatte, der in der Stadt den Vorrang hatte, sehr reich, sehr wohl geboren dem Leben und sehr vornehm. Es verachtet die Heilige das Irdische, damit sie des Himmlischen teilhaftig werde.“ Hörmann, Epiphanius, 251, übersetzt: „So verachteten die Heiligen etc.“ ¹ ¡g…a bezieht sich an dieser Stelle jedoch offensichtlich allein auf Thekla. Siehe auch L. Hayne, Thecla and the Church Fathers, VigChr 48 (1994) 209−218, hier 210: „By the fourth century Thecla had become an exemplar of virginity for those church fathers who were anxious to promote asceticism.“ Vgl. hierzu Jensen, Gottes selbstbewußte Töchter 175: „Bei einer herausragenden Frauenfigur der christlichen Spätantike hat die Umfunktionierung von der aktiven Apostolin zur
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der Theklatradition besteht in deren Wandlung/Verwandlung von der predigenden und taufenden Apostelschülerin zum Vorbild der Asketinnen und Frauenklöster.“290 Damit soll natürlich nicht bestritten werden, daß Thekla von Anfang an asketische Züge besitzt und sich somit sehr wohl in ein christliches Frauenideal einfügt, das auch in anderen apokryphen Texten gefunden werden kann291. Sie wird so zum Vorbild für andere Frauen292, die missionarische Tätigkeit muß jedoch als etwas Besonderes gesehen werden293. Thekla legt weibliche Attribute ab und wird von ihrem Aussehen her ein Mann, indem sie sich die Haare schneidet und die Kleidung ändert. Grundsätzlich gilt, daß in den asketischen Bewegungen teilweise auch das Ablegen weiblicher Zeichen und Symbole und das Anlegen männlicher Kleidung ein Zeichen der Vollkommenheit war294.
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zurückgezogenen Asketin im großen Stil stattgefunden: bei Thekla von Ikonium.“ Siehe für dieses Urteil auch G. Prizing, Art. Thekla von Ikonion, LThK Bd. 9, 32000, 1389−1391: „In der späteren Rezeption ihrer Gestalt findet eine deutl(iche) Verschiebung statt: Zunächst war sie als Apostolin u(nd) Martyrin verehrt, dann wird sie zunehmend als Modell asket(ischer) Jungfrauen wahrgenommen. Doch auch als solche war sie die bedeutendste Frauengestalt im frühen Christentum, deren Verehrung schließlich durch den Marienkult … verdrängt wurde.“ Siehe auch Wesseling, Art. Thekla, hier 807: „Das Th(ekla)-Bild ist, wie Kerstin Aspegren … gezeigt hat, je jünger die Überlieferungsschicht, umso stärker von dem altkirchlich-asketischen Frauenbild geprägt, daß ‚the female must become male‘, ‚without sin and asexual‘ …, um sie dem paradiesischen Zustand Adams anzunähern.“ Albrecht, Makrina, 321. Vgl. hierzu u. a. Davies, Widows, 58: „In the Acts of Paul Thecla of Iconium is presented as a model of continence, resolute against the urgings of her betrothed and her mother, capable of fighting of the advances of a rich man who falls in love with her.“ Davies, Widows, 60: „Thecla’s exemplary piety can be taken to be a model for that of pious women. Her struggles against the advances of lustful men and the disrespect of pious men may well be a reflection of the kind of difficulties pious Christian women encountered from men in their communities.“ Vgl. Davies, Widows, 64: „The women are paragons of continent Christian virtue and, while they have thorough understanding of the faith, they are careful not to usurp the apparent masculine prerogative of preaching.“ Zur Abhängigkeit anderer späterer Akten von den Akten des Paulus und der Thekla siehe Davies, Widows, 68: „This ending may well be another attempt by the author of the Acts of Xanthippe to use the Thecla story while moderating it. Thecla’s ‚rebellious‘ intention to go off on her own and preach is changed here to Polyxena’s resolution to stay with Paul.“ Siehe hierzu auch Junod, Vie et conduite des saintes femmes, 90−92, sowie auch E. Peterson, Die „Acta Xantippae et Polyxenae“ und die Paulusakten, AnBoll 65 (1947) 57−60. Für den Text vgl. James, Apocrypha Anectoda, 58−85. Vgl. hierzu z. B. die Eusthatianer (4. Jh.), von denen H. Lietzmann, Geschichte der Alten Kirche. Bd. IV. Die Zeit der Kirchenväter, Berlin 21953, 163, berichtet: „Seine Anhänger wirkten leidenschaftlich für völlige Weltverneinung und erklärten jeden Verheirateten und jeden Wohlhabenden der ewigen Seligkeit für verlustig. Von der weltlichen Kirche hielten sie sich fern, verachteten ihre Gebräuche und feierten ihre eigenen Gottesdienste mit dem Recht der Pneumatiker. Durch eine besondere Tracht unterschieden sie sich von den Weltleuten und Kirchenmännern, und manche Frauen legten das Männergewand an und schnitten die Haare kurz, weil es im Reich Gottes keinen Unterschied der Geschlechter gibt.“ Siehe hierzu auch Albrecht, Makrina, 175−176; siehe auch E. Patlagean, L’histoire de la femme déguisée
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Dies allerdings widerspricht den Vorschriften des Deuteronomiums295. Auch wenn es letztlich möglicherweise um ein Transzendieren jeder Geschlechtlichkeit geht, so ist doch die Zeichenhaftigkeit eindeutig: Eine Frau wird zum Mann. Insofern sollte man den Begriff des bloßen Geschlechtswechsels in diesem Zusammenhang wohl eher nicht verwenden296. Ganz offensichtlich verliert in dieser Praxis die
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en moine et l’évolution de la sainteté féminine à Byzance, StMed 3/17 (1976) 597−623, hier 609; siehe hierzu jedoch auch A. Jensen, Thekla – Die Apostolin. Ein apokrypher Text neu entdeckt, Gütersloh 1999 (KT 172) 115−116: „Wir können also davon ausgehen, daß die historische Thekla es nicht nötig hatte, ihr Selbstbewußtsein als Frau durch Männerkleidung zu erhöhen. Ihr Geschlecht spielte für ihr Selbstverständnis als Apostolin keine Rolle: Sie war eine überzeugte Christin und eine überzeugende Botin des Evangeliums, eine Glaubenszeugin aus der ersten Generation.“ Allerdings wird man, wenn man diesen Text auf dem Hintergrund von zum Beispiel dem Logion 114 des Thomasevangeliums betrachtet, doch dazu neigen, daß das Anlegen von Männerkleidung eine gleichzeitige Abwertung der Weiblichkeit bedeutet; vgl. Ev. Thom. 114 (Layton, Thomas, 92), wo Petrus bemerkt: NsHiome MpSa an MpwnH (Frauen sind es nicht wert zu leben). Die Antwort Jesu ist, daß er Maria Magdalena männlich machen wird. Insofern scheint man wohl doch die Anlegung von Männerkleidung mit einer Abwertung des Weiblichen in Verbindung bringen zu dürfen; dagegen jedoch S. Arai, ‚To make her male‘: an Interpretation of Logion 114 in the Gospel of Thomas, StPatr 24 (1993) 373−376, hier 373: „What is valued negatively here is not female, but man’s sexist view of women.“ Siehe auch Hotchkiss, Clothes Make the Man, 16, die zu dieser Stelle bemerkt: „It is not an overstatement to assert that, for early believers, to be Christian was to be male or malelike.“ Anson, Transvestite, 3, weist auf das Verbot in Dtn 22,5 hin: „As early as the fifth century, Basil of Seleucia, in his much-expanded life of the local patron, palliates the fault by representing the disguise as a useful protective measure.“ Vgl. dagegen jedoch A. Feldtkeller, Identitätssuche des syrischen Urchristentums. Mission, Inkulturation und Pluralität im ältesten Heidenchristentum, Freiburg (Schweiz) u. Göttingen 1993 (NTOA 25) 52: „Im Thomasevanglium gibt es zwei Ausprägungen für das Motiv der Ent-Sexualisierung: Einerseits eine deutlich anti-sexuelle Auslegung des auch in der markinischen Tradition vorhandenen ‚werden wie die Kinder‘, andererseits die Vorstellung eines Geschlechtswechsels.“ Dieser Geschlechtswechsel im Thomasevangelium (Logion 114) stellt jedoch gleichzeitig eine Abwertung der Weiblichkeit der Maria Magdalena dar; Petersen, Zerstört die Werke, 176: „Das Ärgerliche an diesem Logion bleibt die Formulierung, daß die Frauen erst werden müssen, was die Männer von sich aus schon sind. Das eigentliche Problem dabei ist die Ausdrucksweise, die männlich mit ‚vollkommen‘ gleichsetzt und damit aus den Augen verliert, daß Männer nicht von sich aus vollkommen sind.“ Siehe auch P. W. Dunn, Women’s Liberation, the Acts of Paul and other Apocryphal Acts of the Apostles, Apocrypha 4 (1993) 245−261, hier Anm. 6: „In this motif, one wears the clothing of the opposite sex in order to avoid detection. Thus, Thecla would cut her hair and don male clothing, not so that she could be an acceptable ‚male‘ in the eyes of Paul, but so that she might travel with Paul without arousing the suspicions of onlookers who would frown upon a young virgin travelling with a man not related to her.“ Vgl. hierzu auch R. Söder, Die apokryphen Apostelgeschichten und die romanhafte Literatur der Antike, Stuttgart 1932 (Würzburger Studien zur Altertumswissenschaft 3) 127−128; allerdings stellt sich die Frage, ob auf dem Hintergrund der Polemik eines Tertullian gegen die Akten des Paulus und der Thekla nicht auch die Abwertung der Frau bei diesen Verkleidungsszenen in Rechnung gezogen werden muß.
Frauen in der Alten Kirche
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Frau als Frau ihre subjektive geschlechtliche Eigenständigkeit, sie macht sich durch Veränderung in Haartracht und Kleidung zum Mann, eine Tendenz, die in der Negation der Geschlechtlichkeit im Rahmen christlich motivierter Askese öfter zu belegen ist297. Auch spielt hier sicher die Abwertung des weiblichen Geschlechtes eine wichtige Rolle, die sich in weiten Teilen der christlichen Tradition finden läßt. „In einer androzentrischen Welt war dies die einzig denkbare Möglichkeit der Überwindung des Geschlechtergegensatzes – das ‚schwache Geschlecht‘ wurde zum ‚starken‘ erhoben und erklärt.“298 Auch wenn dieser Aspekt bereits für die Frühzeit der Thekla-Überlieferung zu finden ist299, stimmt die Wandlung der Thekla von der ehelosen Missionarin zur reinen Asketin bedenklich. Im Blick auf das Wirken Jesu scheint diese Sicht der Frau einen Rückschritt darzustellen, bemerkt doch Josef Blank im Bezug auf die Syrophoinikierin300: „Für solch umfassendes Vertrauen steht diese hellenistische Frau als ‚Zeichen‘. Darüberhinaus, das Glauben [sic!] überwindet nicht nur den Unterschied zwischen Juden und Heiden, sondern relativiert auch für Jesus den Unterschied der Geschlechter. Wo Jesus Menschen findet, die glauben, wird für ihn alles andere nebensächlich und sekundär.“301 Allerdings ist Thekla selbst in dieser abgeschwächten Form noch immer eine Herausforderung302. „Mit Thekla als Symbol und Vorbild prägten Frauen in entscheidender Weise das Gesicht der Alten Kirche – mit einer wohl domestizierten, aber immer noch herausfordernden Thekla.“303
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Vgl. P. Nagel, Die Motivierung der Askese in der Alten Kirche und der Ursprung des Mönchtums, Berlin 1966 (TU 95), 48: „Seit Tertullian glaubten die Asketen der alten Kirche in der von ihnen kopierten Lebensweise der Engel, die weder in der Ehe leben noch Speise zu sich nehmen, die zukünftige Welt vorweggenommen.“ Albrecht, Makrina, 177. Thekla sagt selbst zu Paulus, daß sie sich die Haare abschneiden wolle und ihm folgen wolle, wohin er auch gehe. Vgl. Acta Pauli et Theclae 25 (AAAp 1, 253, 3−4): kaˆ e"pen Qškla tù PaÚlJ kaˆ ¢kolouq»sw soi Ópou d¨n poreÚV. „Und Thekla sagte zu Paulus: ‚Ich will mich rundherum scheren und dir folgen, wohin du gehst.“ Auch die Kleidung, in der sie Paulus aufsucht, nachdem sie in Antiochia den wilden Tieren entronnen ist, ist Männerkleidung, die sie sich selbst genäht hat. Vgl. Acta Pauli et Theclae 40 (AAAp 1, 266, 3−4): kaˆ laboàsa nean…skouj kaˆ paid…skaj, ¢nazwsamšnh kaˆ _£yasa tÕn citîna e„j ™pendÚthn sc»mati ¢ndrikù ¢pÁlqen ™n MÚroij „Und indem sie junge Männer und Mädchen [d. i.: Knechte und Mägde] nahm, indem sie ihr Gewand gürtete und nähte zu einem Obergewand in männlicher Art, ging sie nach Myra.“ Mk 7,24−30 par. Mt 15,21−28. Vgl. Blank, Frauen, 18. Dagegen jedoch Cardman, Women, 302: „Thus reduced to more familiar proportions, the transformed image of Thecla furthered the exclusion of women from ministry by erasing the memory of her as a woman who had preached and baptized.“ Albrecht, Makrina, 326.
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Das Alter des Wiener Textes
3.3. Zusammenfassung Frauen waren also ein wichtiger Faktor für die Ausbreitung des Christentums. „Direkter und missionssoziologisch gesehen: Ohne die Frauen hätte das Christentum bei weiten nicht das erreicht.“304 Eine weit verbreitete Hypothese, die sich auf eine Vielzahl von Belegstellen stützen kann, ist die Annahme, daß es die Tätigkeit von Frauen in häretischen Gruppen war, die zur Abschaffung weiblicher Amtsträger geführt hat: „Aber bekanntlich fällt das alles unter die kirchliche damnatio memoriae, was Frauen in frühkirchlichen Funktionen dargestellt haben. Der Grund dafür, daß lehrende, also missionierende Frauen, weibliche Gemeindeleiter im 2. Jahrhundert so schnell und nachhaltig als Symptom von Fehlentwicklung abgelehnt wurden, scheint, eng historisch bedingt, mit der Rolle von Frauen in gnostischen und noch stärker in montanistischen Gemeinden zusammenzuhängen – ein Preis also, der für wirksame Ketzerpolemik bezahlt wurde.“305 Dies geht jedenfalls einher mit einer Stärkung und Entwicklung des kirchlichen Amtes306. Umgekehrt wird jedoch oftmals eingewendet, die Stellung der Frau sei eigentlich keinen großen Änderungen in den ersten Jahrhunderten ausgesetzt gewesen. Vielmehr zeigen die Verbote von weiblichen Amtshandlungen nur, daß ihre Aufgaben genauer definiert werden307. Trotzdem scheint es große regionale Unterschiede gegeben zu haben, die zu einer in manchen Regionen wohl exponierteren Teilhabe von Frauen an kirchlichen Ämtern und Funktionen geführt hatte. Viel spricht dafür, daß mit dem Entstehen der Reichskirche auch eine Vereinheitlichung in dieser Frage stattfand, die zu einer der säkularen römischen Frau entsprechenden Stellung von Frauen in den kirchlichen Funktionen geführt hat – unter Zurückdrängung regionaler „Auswüchse“. Dies scheint für ein hohes Alter des Wiener Textes zu sprechen, findet doch diese Problematik in keiner Weise Niederschlag im Wiener Text.
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Brox, Zur christlichen Mission, 363. Brox, Zur christlichen Mission, 363. Vgl. Campenhausen, Kirchliches Amt, 328: „Die allgemeine Lage der Kirche während des zweiten Jahrhunderts läßt die zunehmende Stärkung des Amtes und seiner Autorität zunächst freilich sehr begreiflich erscheinen.“ Krause, Witwen und Waisen im frühen Christentum, 114: „Seit dem 3. Jh. häufen sich die Verbote für Frauen, klerikale Funktionen zu übernehmen; Thraede sieht hierin einen Reflex früherer Verhältnisse, in denen die Funktionen ausgedehnter gewesen seien … Wir müssen, wenn Thraedes Auffassung das Richtige trifft, mit einem Zeitraum von zumindest 4 Jahrhunderten rechnen, während derer sich die Kirche bemüht hätte, Frauen aus klerikalen Funktionen zurückzudrängen. Dies ist eine wenig plausible Situation. Die wiederholten Lehrund Taufverbote für Frauen erklären sich vielmehr eher aus der Notwendigkeit, die Funktionen der Frauen, die in der Kirche als Diakonissen oder inoffiziell als Helferinnen beim Gottesdienst oder der Taufe tätig waren, sauber zu definieren.“
Die Theologie des Wiener Textes
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4. Die Theologie des Wiener Textes Bereits im Rahmen der Kommentierung von P.Vindob. K. 7589 war die Hypothese aufgestellt worden, daß monarchianische Tendenzen308 in einer Formulierung des Textes zu vermuten sind309. Wie bereits gezeigt wurde, dürfte dem koptischen Text der ersten Zeilen auf dem Wiener Fragment die griechische Wendung (¹ parq)šnoj œteken tÕn 'Emmanouhl tÕn qeÕn tÕn zînta zugrunde gelegen haben. Durch diese Wendung unterscheidet sich der Wiener Text von dem Gros der Transitus-MariaeÜberlieferungen, deren Formulierungen auf einen anderen theologischen Hintergrund hinweisen und meistens sehr stark den Theotokos-Titel betonen310. Die monarchianischen Tendenzen der Formulierung im Wiener Text sind dagegen offenkundig311, geboren wird nicht der „Sohn des lebendigen Gottes“, sondern der „lebendige Gott“ selbst. Dies weist in die Richtung eines patripassianistischen bzw. modalistischen Monarchianismus312. Der früheste namentlich bekannte Vertreter dieser Richtung war Noëtus von Smyrna313, der in der zweiten Hälfte des zweiten Jahrhunderts wirkte314. Die Formulierungen dieses Theologen sind noch von einer gewissen Naivität und fehlenden Reflektion geprägt315. Nach der Predigt des 308 309
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Vgl. hierzu auch Dassmann, Kirchengeschichte I, 154−155. Zum Monarchianismus vgl. auch A. Gilg, Weg und Bedeutung der altkirchlichen Christologie, München 1955, 48−54. Vgl. Shoemaker, Ancient Traditions, 272: „As one might expect, the Christological tone of most narratives is distinctly Ephesian, emphasizing the Virgin’s role as Theotokos in particular.“ Dies gilt auch für ähnliche Tendenzen in anderen apokryphen Texten; vgl. hierzu H. Chadwick, Priscillian of Avila. The Occult and the Charismatic in the Early Church, Oxford 1976, 78: „Moreover, the Acts of John have a militantly Monarchian Christology, according to which Father and Son are just two among a number of names that finite human beings use to describe the one God.“ Er verweist hierfür auf AJ 98. Vgl. hierzu auch R. Cantalamessa, La Cristologia di Tertulliano, Fribourg 1962 (Par. 18) 126−131. Zu seiner Lehre vgl. u. a. A. Grillmeier, Jesus der Christus im Glauben der Kirche. Bd. 1: Von der Apostolischen Zeit bis zum Konzil von Chalcedon (451), Freiburg/Basel/Wien 31990, 135. Noëtus von Smyrna war um 170 Bischof in Kleinasien; zur Person vgl. R. Hanig, Art. Noëtus von Smyrna, LACL, 453, sowie R. Hanig, Art. Noëtos von Smyrna, LThK Bd. 7, 31998, 890−891; zu seiner Theologie vgl. auch R. M. Hübner, Der antivalentinianische Charakter der Theologie des Noët von Smyrna, in: H. C. Brennecke, E. L. Grasmück, Chr. Markschies (Hgg.), Logos. FS Abramowski, Berlin 1993 (BZNW 67) 57−86; A. Adam, Lehrbuch der Dogmengeschichte. Band 1: Die Zeit der Alten Kirche, Gütersloh 1965, 168, ist nicht zuzustimmen, wenn er den Modalismus in die Nähe gnostischer Bewegungen rückt: „Gegen diese Lehre, die aus gnostischen Voraussetzungen stammt, hat Tertullian protestiert.“ Trotz fehlender Reflexion weist die Theologie der Johannesakten in eine etwas andere Richtung; vgl. hierzu P. J. Lalleman, The Acts of John. A Two-Stage Initiation into Johannine Gnosticism, Leuven 1998 (Studies on the Apocryphal Acts of the Apostles 4) 168: „The Christomonism of the AJ resembles the more familiar Modalism of Monarchianism introduced above, in that it recognizes only one divine person; but the two differ essentially in that Monarchians, like Noetus and Praxeas, affirm the Gospel teaching about the birth, suffering and death of Jesus, whereas Christomonism denies its validity.“
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Das Alter des Wiener Textes
Hippolyt, mit der er die Ansichten des Noetus zurückwies316, hat der von diesem vertretene Modalismus große Ähnlichkeit mit der theologischen Auffassung, die hinter der Rede von der „Geburt des lebendigen Gottes“ steht: „Es heißt nun im Gesetz: Ich bin der Gott eurer Väter. Es sollen euch keine anderen Götter sein außer mir. Und wiederum an einer anderen <Stelle>: Ich, heißt es, bin der erste und der letzte und neben mir ist keiner. So behaupten sie nun, einen Gott darzulegen, in dem sie antworten und sprechen: Wenn ich nun Christus als Gott bekenne, so ist dieser also der Vater, wenn er freilich der Gott ist. Christus litt aber, während er (gleichzeitig) Gott war. Also litt der Vater. war nämlich er.“317 Man mag auch an Melito von Sardes’ Osterhomilie denken: „Gott ist gemordet worden. Der König Israels ist umgebracht worden von der Rechten eines Israeliten.“318 Die theologische Problematik dieser Zeit faßt Hübner zusammen: „Trotz eines wesentlichen Unterschiedes gleicht dieses christologische ‚Modell‘ frappierend dem des Kallist und der Praxeaner. Der Unterschied liegt darin, daß sowohl Kallist wie die Praxeaner das menschliche, leidensfähige Fleisch als Sohn bezeichnen, die einwohnende nichtleidende Gottheit als Vater, während bei Melito der Inkarnierte, Jesus Christus, der Sohn ist.“319 Der modalistische Monarchianismus wurde rasch weiterentwickelt320. Die unreflektierte Art, in der diese theologische Frage im Wiener Fragment behandelt wird,
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Die Echtheit dieser Predigt ist umstritten; vgl. hierzu R. M. Hübner, Melito von Sardes und Noët von Smyrna, in: D. Papandreou/W. A. Bienert/K. Schäferdiek (Hgg.), Oecumenica et Patristica. Festschrift für Wilhelm Schneemelcher zum 75. Geburtstag, Stuttgart 1989, 219−240, hier 222f. und S. Hausamann. Alte Kirche. Zur Geschichte und Theologie in den ersten vier Jahrhunderten. Bd. 1: Frühchristliche Schriftsteller. „Apostolische Väter“, Häresien, Apologeten, Neukirchen-Vluyn 2001, 133−134; B. R. Suchla, Art. Hippolyt, LACL, 296−299, führt Contra haeresin Noëti unter den echten Schriften des Hippolyt von Rom. Siehe hierzu auch A. Grillmeier, Die theologische und sprachliche Vorbereitung der christologischen Formel von Chalkedon, in: A. Grillmeier/H. Bacht (Hgg.), Das Konzil von Chalkedon. Geschichte und Gegenwart. Bd. 1: Der Glaube von Chalkedon, Würzburg 1951, 1−242, hier 32. Hippolyt, Noët 2 (Schwartz, Predigten, 5,26−6,6): E"pen ™n nÒmJ, 'Egë e„mˆ Ð QeÕj tîn patšrwn Ømîn: oÙk œsontai Øm‹n qeoˆ ›teroi pl¾n ™moà. kaˆ p£lin ™n ˜tšrJ, 'Egè, fhs…n, prîtoj kaˆ ™gë œscatoj kaˆ met' ™m{ oÜk ™stin oÙde…j. oÛtw f£skousin sunist©n ›na QeÒn. o‰ ¢pokr…nontai lšgontej, E„ oân CristÕn Ðmologî QeÒn, aÙtÕj ¥ra ™stˆn Ð Pat»r, e„ g£r ™stin Ð QeÒj. œpaqen d{ CristÕj aÙtÕj ín QeÒj. «ra oân œpaqen Pat»r; ¢Pat¾r² g¦r aÙtÕj Ãn. Auch wenn die Zuschreibung dieses Werkes zu Hippolyt nicht unumstritten ist, so wird doch theologisch dasselbe ausgesagt wie in Hipp. haer. IX,10,10−11 (Marcovich, Refutatio, 348). Mel. pass. 735−737 (Perler, Meliton, 116−118): `O qeÕj pefÒneutai. `O basileÝj toà 'Isra¾l ¢nVretai ØpÕ dexi©j 'Israhl…tidoj; vgl. zu dieser Stelle auch Hübner, Melito von Sardes, 228. Siehe hierzu auch D. F. Winslow, Melito of Sardis’ Polemical Christology, StPatr 17 /3 (1993) 765−776. Vgl. Hübner, Melito von Sardes, 229. Vgl. auch J. N. D. Kelly, Early Christian Doctrines, New York 1958: „The naïveté of this earlier modalism stands out, but it was very soon to be given a more systematic, philosophical shape.“ Siehe auch R. Cantalamessa, Il Cristo ‚Padre‘ negli scritti del II−III sec., BRSLR 3 (1967) 1−27.
Die Theologie des Wiener Textes
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könnte in das zweite Jahrhundert weisen321. Für eine ähnliche Formulierung sei auch auf die syrische Didaskalie verwiesen. Es scheint nicht ausgeschlossen, daß die Formulierung Dominus Deus Iesus Christus magister noster322 – „Gott der Herr, Jesus Christus unser Lehrer“323 – auf einer ähnlichen, wenn auch theologisch etwas fortgeschritteneren Entwicklungsstufe steht wie die fragliche christologische Formulierung auf dem Wiener Pergamentblatt. Die Formulierung, daß „Maria Gott geboren habe“, findet sich in dem nur in koptischer Übersetzung überlieferten Werk des Athanasius über die Jungfräulichkeit324. Die dort verwendeten Formulierungen scheinen jedoch eher in der Auseinandersetzung des Athanasius mit Arius verwurzelt, die Göttlichkeit des Sohnes wird an dieser Stelle gegen die Subordination des Sohnes in der arianischen Theologie betont, die Identifikation des Sohnes mit dem Vater durch die eigentlich dem Vater zustehende Bezeichnung „lebendiger Gott“ wird jedoch vermieden. Insofern ist nicht überraschend, daß Athanasius an keiner Stelle die Wendung gebraucht, Maria habe den „lebendigen Gott“ geboren, wäre doch durch eine solche Formulierung die Trinitätstheologie des Athanasius aufgehoben und in eine Identität zwischen Vater und Sohn überführt worden. Insgesamt bleibt festzuhalten, daß eine ganze Reihe apokrypher Texte, vor allem solche, die im zweiten Jahrhundert entstanden sind, von einer monarchianischen Theologie beeinflußt sind, die in den entsprechenden Formulierungen der Texte einen Niederschlag findet325. 321
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Simonetti/Prinzivalli, Storia, 58−59; siehe zum Adoptianismus und Monarchianismus auch A. Le Boulluec, La notion d’hérésie dans la littérature grecque. IIe−IIIe siècles. Bd. 1: De Justin à Irénée, Paris 1985, 531; vgl. ferner J. Liébaert, Christologie. Von der Apostolischen Zeit bis zum Konzil von Chalcedon (mit einer biblisch-christologischen Einleitung von P. Lamarche), Freiburg 1965 (HDG III/Ia), 36−41, hier 36: „Das Hauptproblem dieser Lehre war vor allem das trinitarische: die Modalisten glaubten die Einheit in Gott nur retten zu können, indem sie sich weigerten, den Vater und den Sohn voneinander wirklich zu unterscheiden; nach Noet ist der Sohn der menschgewordene Vater.“ Vgl. Didaskalia XV (Funk, Const. Ap., 190,12; Vööbus, CSCO.S 180, 145). Achelis/Flemming, Didaskalia, 77,10. Vgl. Athanasius, ep.virg. (Lefort, CSCO 150,77,23−24): [ouNHoine de eu]Jw [NHenSa]Je Nanomon NsatentasJpepnoute euJw Mmos. „Einige aber sprachen gesetzlose Dinge über die, die Gott geboren hat, indem sie sagten.“ Vgl. auch Athanasius, ep.virg. (Lefort, CSCO 150,77,35−78,1): tenouGe marepbios Mmaria tentasJpepnoute Swpe nhtN thrtN Hws eFshH, euHei[kwn mNoueine N]tes[mNt]partenos. „Nun denn, möge das Leben der Maria, die Gott geboren hat, so, wie es geschrieben steht, euch allen zu einem Bild für eine jede für ihre Jungfräulichkeit werden.“ Vgl. hierzu auch W. Bousset, Kyrios Christos. Geschichte des Christusglaubens von den Anfängen des Christentums bis Irenäus, Göttingen 41935, 256: „Und endlich haben wir noch einen letzten Zeugen für den vulgären Massenglauben der christlichen Gemeinden im zweiten christlichen Jahrhundert. Das sind die apokryphen Apostelakten … Mit ihren Quellen reicht unsere Literatur in noch frühere Zeiten zurück; und der breite Unterstrom des Massenglaubens pflegt seine Richtung wenig zu verändern. Wie er in der zweiten Hälfte des zweiten Jahrhunderts aussah, so mag er auch schon um 100 ausgesehen haben. Und hier ist Christus eben einfach der Gott geworden.“ Siehe auch Junod, Actes apocryphes et hérésie, 20: „Les Actes apocryphes, en premier lieu les Actes de Jean, ont tendance à confondre le Père et le Fils. On a parlé à leur propos de modalisme.“
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Das Alter des Wiener Textes
Natürlich muß in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen werden, daß gerade der Name Emmanuel in der theologischen Diskussion des fünften Jahrhunderts eine herausragende Rolle gespielt hat. Es sei nur auf die Anathematismen des Kyrill von Alexandrien im seinem dritten Brief an Nestorius verwiesen: „Wer nicht bekennt, daß der Emmanuel wahrhaftig Gott und deshalb die heilige Jungfrau Gottesgebärerin ist (denn sie hat das Wort, das aus Gott ist und Fleisch wurde, dem Fleisch nach geboren), der sei mit dem Anathema belegt.“326 Die dogmatischen Unterschiede in den Formulierungen wie auch die Nähe der theologischen Problematik könnten nicht klarer zutage treten. Eindeutig geht es um die beiden Naturen Jesu. Allerdings, und hier ist sicher eine gewisse Nähe der zugrundeliegenden theologischen Schwierigkeiten spürbar, warf Nestorius offensichtlich seinen Gegnern vor, die Gottheit dem Leiden zu unterwerfen327. Insofern ist zwar die grundsätzliche Problematik, die Frage nach dem Verhältnis der Gottheit zur Menschheit in Jesus Christus, mit den Formulierungsschwierigkeiten des Monarchianismus verwandt, der ja überhaupt die Inkarnation Gottes thematisierte, das unterschiedliche Reflexionsniveau wird jedoch bereits in diesem kurzen Anathema deutlich. Während der Wiener Text den geborenen Emmanuel als den „lebendigen Gott“ bezeichnet, wird die Bezeichnung Gottesgebärerin in dem Anathema von der Tatsache abgeleitet, daß sie in Wahrheit Gott geboren hat, daß sie also gerade nicht den „wahren Gott“, sondern das Wort, das aus Gott ist, dem Fleisch nach geboren hat. Der Emmanuel ist somit zwar „in Wahrheit Gott“, jedoch nicht der „lebendige“ bzw. „wahre“ Gott. Insofern kann man den Wiener Text trotz der Verwendung des Namens Emmanuel nicht in die Nähe der theologischen Diskussionen des fünften Jahrhunderts gerückt werden. Auch auf die Verwendung des Titels parqšnoj muß in diesem Zusammenhang noch einmal hingewiesen werden. Auch dieser Titel scheint auf eine vergleichsweise frühe Zeit hinzuweisen328. Gleichzeitig scheint dieser Titel wie auch das Fehlen entsprechender Formulierungen bzw. Andeutungen, einen gnostischen Hintergrund des Textes auszuschließen329 und könnten eher auf die grundsätzlich großkirchliche 326
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Cyr. ep. 17,12 (Schwartz, ACO 1/I/I,40.22−24): E‡ tij oÙc Ðmologe‹ qeÕn e"nai kat¦ ¢l»qeian tÕn 'Emmanou¾l kaˆ di¦ toàto qeotÒkon t¾n ¡g…an parqšnon (gegšnnhken g¦r sarkikîj s£rka gegonÒta tÕn ™k qeoà lÒgon), ¢n£qema œstw. Vgl. auch H. Denzinger, Kompendium der Glaubensbekenntnisse und kirchlichen Lehrentscheidungen. Verbessert, erweitert, ins Deutsche übertragen und unter Mitarbeit von Helmut Hoping herausgegeben von P. Hünermann, Freiburg 381999, Nr. 252. Vgl. U. Hamm, Art. Nestorius, LACL, 450−451, hier 450: „Eine in Dialogform gehaltene Streitschrift mit dem Titel Theopaschites ist die erste der apologetischen Schriften. Aus dem Titel sowie aus den geringen Resten läßt sich der Hauptvorwurf des N(estorius) an seine Gegner (Cyrill?) entnehmen: In ihrer Theologie unterwerfen sie die Gottheit dem Leiden.“ Vgl. Niessen, Ephesus, 11: „Bis zum Nicänum war das Wort ‚Jungfrau‘ die beständige Bezeichnung Marias. Nach dem Nicänum tritt mehr und mehr in den Vordergrund der Ausdruck qeotÒkoj, ‚Gottesmutter‘, den dann schließlich das Ephesinum offiziell gutheißt und für Bekenner des katholischen Christentums als rechtsverbindlich erklärt.“ Vgl. Brown/Donfried, Mary, 268: „Most Gnostic speculations about Jesus’ heavenly descent apparently assume his physical generation from Joseph and Mary.“
Die Theologie des Wiener Textes
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Ausrichtung des Textes hinweisen330. Die Zurückhaltung bei mariologischen Titeln weist ebenfalls in eine frühe Zeit331, wenn man vergleicht, was für eine große Zahl an Ehrentiteln für Maria in der koptischen Kirche bekannt ist332.
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Brown/Donfried, Mary, 270−271: „The vast majority of Christian writers of the later second century seemingly accepted the virginal conception as part of their acknowledgment of the Matthean and Lucan Gospels.“ Vgl. Kaestli/Cherix, L’Évangile de Barthélemy, 170: „La vénération pour la Vierge Marie qui s’exprime dans le Livre de la Résurrection est l’indice d’une date de rédaction assez tardive. Par rapport aux Questions de Barthélemy, les titres honorifiques qu’elle reçoit sont beaucoup plus riches.“ Vgl. A. A. Sade, L’interprétation copte, liturgique et iconographique, des symboles bibliques de la vierge Marie, in: N. Bosson (Hg.), Études Coptes VII, Paris/Louvain 2000 (CBCo 12) 245−264, hier 245: „Nous avons relevé, dans les principaux ouvrages liturgiques utilisés actuellement dans l’Église copte en Égypte, près de deux cents titres différents attribués à Marie, dont la majorité se réflèrent, plus ou moins explicitement, à l’Ancien Testament.“
Ergebnis Die Problematik des Wiener Textes zeigt sich bereits in seinem Verhältnis – oder besser Nichtverhältnis – zu den bekannten Überlieferungen der Transitus-MariaeLiteratur: Er kann letztlich mit keinem bisher bekannten Text aus dieser Literaturgruppe in enge Verbindung gebracht werden. Dies allein stellt eine Herausforderung für die Einordnung des Textes in diesen Bereich der apokryphen Literatur dar. Ein weiteres Problem ist sicher der fragmentarische Charakter des Textes – ein Pergamentblatt enthält nicht viel Text. Auch der derzeitige Stand der Forschung muß in Rechnung gezogen werden: Eine ganze Reihe von durchaus kontrovers diskutierten Hypothesen über die Entstehungsverhältnisse dieser Literatur erschweren die Frage zusätzlich. Während Mimouni eine Datierung aufgrund dogmengeschichtlicher Entwicklungen für die einzelnen Transitus-Mariae-Texte vertritt, betont Shoemaker ihre Entstehung im heterodoxen Milieu. Die Diskussion wird wohl durch den Wiener Text neu angefacht werden, sind doch die aus der Untersuchung des Textes zu ziehenden Schlußfolgerungen bemerkenswert. Verschiedene Aspekte des Wiener Textes legen eine frühe Datierung der griechischen Vorlage nahe, die diesem Text wohl zugrunde liegt. Auf eine griechische Vorlage deutet der Stil des Sahidischen hin, und zwar vor allem die sehr häufige Nachstellung des nominalen Subjekts hinter das Verb. Die sowohl in sprachlicher wie auch in theologischer Hinsicht nüchterne Erzählung – es werden, wie gezeigt wurde, Wunderberichte vermieden – spricht eine deutliche Sprache. So reist Maria wie jeder Sterbliche nach Jerusalem, sie spürt nur, daß ihr Tod naht. Die Ankündigung des nahen Todes wird jedoch nicht durch einen Engel oder ihren Sohn vorgenommen, wie dies in so vielen vergleichbaren Texten geschieht. Die Theologie, die diesen Text prägt, kann wohl am besten als naiver Modalismus beschrieben werden. Selbst in Abschnitten, in denen eigentlich theologische Belehrungen und Traktate zu erwarten wären, wird dies vermieden – es sei nur auf das Gebet der Maria verwiesen, das in verschiedenen jüngeren Transitus-Mariae-Berichten für theologische Erläuterungen genützt wird, während im Wiener Text nur berichtet wird, daß sie vor ihrem Tod betete. Dafür tut sie dies vor den Jüngern und nicht zurückgezogen in ihrem Zimmer. Maria lebte nach dem Wiener Bericht auch weder in Bethlehem noch in Jerusalem, sondern zog durch die Lande. Eine Gruppe von Jungfrauen, die bei ihr waren, oder ein Kloster, dem sie vorstand, werden ebenfalls nicht erwähnt1. Dies sind singuläre Motive des Wiener Textes. Für die
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Zu diesem Motiv vgl. auch M. Kohlbacher, Thekla und Maria als Vorbilder für Asketinnen. Anmerkungen zu Pseudo-Athanasios „An eine Jungfrau“ (CPG.Suppl. 2219) (im Druck).
Ergebnis
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zweite Hälfte des dritten Jahrhunderts sind Frauengemeinschaften bezeugt2. Von einer derartigen Lebensform, die sich ja in den meisten anderen Berichten findet, können im Wiener Text keine Spuren nachgewiesen werden. Die letztlich wohl vorausgesetzte, jedoch nicht kontrovers thematisierte gemeinsame Verkündigung von Männern und Frauen scheint wohl in eine ähnliche Zeit zu passen wie die Berichte der Akten des Paulus und der Thekla. Eine derartige Einbindung einer Frau in die frühchristliche Mission, ohne daß dabei die entsprechenden Kämpfe um die Stellung der Frau in der Erzählung sichtbar oder spürbar werden, ist eigentlich nur für eine relativ frühe Zeit vorstellbar, in der es große lokale Unterschiede zwischen den einzelnen Ortskirchen gab, die mit dem Aufkommen der Großkirche zu Anfang des vierten Jahrhunderts bis zu einem gewissen Grad eingeebnet wurden – die Quartodezimaner und die diesbezüglichen Eingriffe des Kaisers Konstantin auf dem Konzil von Nicaea sind für das staatliche Bestreben, das kirchliche Leben zu vereinheitlichen, ein gutes Beispiel. Schon in relativ früher Zeit – beginnend mit der syrischen Didaskalie und gipfelnd in den Bemerkungen des Epiphanius bezüglich der Kollyridiannerinnen – wurde Maria zum Vorbild der inaktiven und demütigen Frau. Eine Erzählung, wie sie der Wiener Text bietet, ist wohl in dieser Zeit nicht mehr vorstellbar. Insofern wird man annehmen müssen, daß dieser Text in Ägypten entstand und sich nicht weiter verbreitete. Anders kann man nicht erklären, daß er Epiphanius unbekannt war3. Allerdings erhebt sich die gewichtige Frage: Ist ein Transitus-Mariae-Bericht aus der Blütezeit des naiven Modalismus – also in etwa aus der zweiten Hälfte des zweiten Jahrhunderts4 – vorstellbar? Revolutioniert nicht eine derartige Einordnung die gängige Auffassung, daß diese Texte letztlich erst in einem Zusammenspiel aus liturgischer und dogmengeschichtlicher Entwicklung im vierten und vor allem dann ab dem fünften Jahrhundert entstanden sind? Hierfür müßte zuerst geklärt werden, worum es sich bei dieser Erzählung genau handelt. Ist es wirklich das, was man gemeinhin unter einem Transitus-Mariae2
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Vgl. hierzu zum Beispiel den Bericht in der Vita Antonii (Vita Antonii 3 [PG 26.843−846]), daß dieser seine Schwester in eine derartige Lebensgemeinschaft von Frauen gegeben habe, bevor er selbst sich in die Wüste zurückzog. Für diese Frauengemeinschaften vgl. auch J. E. Goehring, Ascetics, Society and the Desert. Studies in Early Egyptian Monasticism, Harrisburg 1999, 19 u. 24−25; V. Burrus, Chastity as Autonomy. Women in the Stories of Apocryphal Acts, Lewiston/New York 1987 (SWR 23) 102−103: „It is often assumed that women before the fourth century lived with their families under the authority of their fathers, but it is possible that women’s communities go back at least as far as the second century.“ Auf die Bedeutung des Epiphanius für die Datierung der Entstehung der Transitus-MariaeLiteratur weist auch Kohlbacher, Thekla und Maria, Anm. 61, warnend hin. Gegen diese Datierung spricht ja auch die Notiz bei Epiphanius; vgl. hierzu auch J. Gribomont, Le plus ancien Transitus Marial et l’encratisme, Aug. 23 (1983) 237−247, hier 239: „En fait, certains ont cru devoir reporter ce récit après 374, parce qu’à cette date Épiphane, bien au courant pourtant des traditions palestiniennes, souligne le silence des traditions sur le décès de la Vierge.“ Falls der älteste Bericht über den Tod der Maria in Ägypten als lokale Überlieferung entstanden sein sollte, ist es nicht notwendig, anzunehmen, daß Epiphanius ihn hätte kennen müssen.
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Text versteht? Die entscheidenden Erzählabschnitte scheinen natürlich darauf zu verweisen; Maria kehrt nach Jerusalem zurück, weil ihre Stunde gekommen ist, die Apostel versammeln sich ebenfalls in Jerusalem, ihr Sohn erscheint vom Himmel. Das nahe Ende wird also ausdrücklich thematisiert. Allerdings soll hier zumindest eine Akzentverschiebung vorgeschlagen werden. Falls es sich bei diesem Text um eine primitive Marien-Apokalypse gehandelt haben sollte, so könnte man für vergleichbare Texte aus dem zweiten Jahrhundert zum Beispiel die Petrusapokalypse5 anführen, auch auf die Ascensio Jesajae6 oder die Apokalypse des Elias7 könnte man verweisen. Eine entsprechende Apokalypse der Maria, die von ihrer Jenseitsreise berichtet, wäre also grundsätzlich um die Mitte des zweiten Jahrhunderts vorstellbar. Als zusätzliches Argument könnte man anführen, daß in dieser Zeit eine verstärkte Beschäftigung mit dieser Frau stattfand, die auch zur Abfassung des Protevangelium Jacobi geführt hat. Insofern soll hier die These vertreten werden, daß es sich bei dem Wiener Text nicht um einen Transitus, sondern um eine Apokalypse handelt, daß also nicht ihr Tod, sondern die Jenseitsreise ursprünglich im Mittelpunkt der Erzählung stand. Wenn die Annahme stimmen sollte – und vieles spricht für ihre Richtigkeit –, daß ein Transitus-Mariae-Bericht existierte, der mit einer Marien-Apokalypse verbunden war und eine ältere Entwicklungsstufe darstellt als die bekannten Transitus-Mariae-Berichte8, so wirft dies die Frage auf, ob die Entstehung der Transitus-Mariae-Literatur nicht überhaupt in der christlich-jüdischen Apokalyptik zu suchen ist. Falls nun diese apokalyptische Literatur den Anlaß zur Entstehung der ältesten Stufe der Textgruppe gegeben haben sollte, aus der sich die Transitus-Mariae-Literatur entwickelte, dann hat das Konzil von Ephesus durch seine 5
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Vgl. u. a. G. Röwekamp, Art. Petrus-Literatur, LACL 495−498; siehe auch A. Jakab, The Reception of the Apocalypse of Peter in Ancient Christianity, in: J. N. Bremmer/I. Czachesz, The Apocalypse of Peter, Leuven 2003, 174−186; für die Edition vgl. auch T. J. Kraus/ T. Nicklas, Das Petrusevangelium und die Petrusapokalypse. Die griechischen Fragmente mit deutscher und englischer Übersetzung, Berlin 2004 (GCS NF 11); eine Petrusapokalypse dürfte um 135 n.Chr. entstanden sein. Sie wurde wohl bereits im dritten Jahrhundert ins Koptische übersetzt; vgl. T. Orlandi, Gli Apocrifi copti, Aug. 23 (1983) 57−71, hier 61: „Dal punto di vista della datazione della redazione finale, siamo di nuovo al III secolo, e dunque di nuovo ad un caso, come quello dell’Apocalypsis Eliae, di traduzione quasi immediata e di buona espansione in copto.“ Diese ist bereits im vierten Jahrhundert nachweislich im Weißen Kloster vorhanden; vgl. Orlandi, Apocrifi copti, 59; sie entstand in Ägypten als jüdische Grundschrift und wurde stark christlich überarbeitet; vgl. P. Bruns, Art. Elias (Apokalypse), LACL, 188. Vgl. hierzu R. Bauckham, The Fate of the Dead. Studies on the Jewish and Christian Apocalypses, Leiden 1998 (NT.S 93) 360: „Since the Obsequies Apocalypse and the Six Books Apocalypse are known only as belonging to versions of the Transitus Mariae, we must assume that they originated as such and never existed as independent works. The earlier of the two – dating from the fourth century at the latest, but perhaps considerably earlier – is the Six Books Apocalypse, which must have belonged to a very early form of the Transitus Mariae, prior to the development of the two types of text which van Esbroeck calls the ‚Palm of the Tree of Life‘ type and the ‚Bethlehem and Censings‘ type.“
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dogmatischen Entscheidungen nur zur Weiterentwicklung dieser Literatur, nicht jedoch zu ihrer Entstehung geführt9. Diese alte Marienapokalypse könnte aufgrund des in Ägypten wohl eher länger dauernden Ablösungsprozesses der christlichen von den jüdischen Gemeinden sehr gut dort entstanden sein10. Den Umstand, daß eine ganze Reihe alter syrischer Überlieferungen dieser Textgruppe existieren, könnte man aufgrund des vergleichsweise engen Austauschs zwischen diesen beiden Gebieten sogar als verstärkendes Argument für diese Hypothese anführen11. Man könnte in diesem Zusammenhang auch auf die Johannesakten verweisen, die ja am Ende explizit den Tod dieses Apostels schildern12. Die äußere Datierung des Wiener Pergamentblattes kann nicht als Beweis dafür ins Feld geführt werden, daß der Text auch tatsächlich erst so spät entstanden ist. Daraus ist dann allerdings zu folgern, daß die gesamte Transitus-Mariae-Literatur ihre Wurzeln in der apokalyptischen Literatur des zweiten nachchristlichen Jahrhunderts hat. Dafür, daß es sich um eine relativ frühe Apokalypse handeln dürfte, spricht auch, daß die Namen der Engel nicht erwähnt werden. Michael hat als Seelenbegleiter ja eine herausragende Funktion, Gabriel als Verkündigungsengel spielt in vielen Transitus-Mariae-Texten eine bedeutende Rolle13. Natürlich, weder eine Apokalypse der Maria noch ein Transitus ist altkirchlich bezeugt, eine äußere Bezeugung dieser Literatur gibt es erst in späterer Zeit. Dies allein ist jedoch wohl nicht ausreichend, um die Existenz eines derartigen Textes in früher Zeit völlig ausschließen zu können. Die Stellung der Maria in dieser Erzählung scheint auf Ägypten als Entstehungsort zu verweisen. Gerade in der genuin ägyptischen Bevölkerung hatten Frauen eine sehr gute rechtliche Stellung, die ja sogar die Stellung von Frauen in der jüdischen Diaspora beeinflußt und ihnen mehr Rechte verschafft hat. Doch wie steht es mit dem ägyptischen Christentum in der Frühzeit der Kirche? Die Thesen von Walter Bauer in seinem grundlegenden Werk über das frühe Christentum prägen noch heute die Diskussion um die 9
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Vgl. dagegen jedoch z. B. Sellew, Dormitio Mariae, 40−41: „Though many aspects of the legend’s origin remain obscure, it seems that tales of Mary’s dormition began to be told in the mid- or late fifth century, ‚in consequence of the stimulus given Marian devotion by the definition of the divine maternity at Ephesus. The period of proliferation is the sixth century.‘“ Vgl. hierzu Pearson, Earliest Christianity, 145: „It was probably not until the early second century that Christians emerged as a group, or groups, distinct from the Jewish community.“ Bauer, Rechtgläubigkeit und Ketzerei, 70: „Ein anderer Menanderschüler, Basilides, ist der erste, von dem wir hören, er habe gnostische Ideen von Antiochien nach Alexandria getragen (Epiphanius, Haer. XXIII,1; vgl. Irenaeus I 24,1) und damit den religiösen Austausch zwischen Syrien und Ägypten, den wir schon bei der Einwanderung der Isis in Antiochien hatten beobachten können, von christlicher Seite aus aufgenommen.“ Kaestli, Le rôle des textes bibliques, 323: „Le récit le plus ancien de la mort de l’apôtre se lit dans la section finale des Actes de Jean (=AJ) et a été rédigé dans la seconde moitié du IIe siècle.“ Vgl. hierzu auch H. Förster, Ein bisher unediertes Fragment des Ms B des Liber Bartholomaei. Edition von P.Vindob. K. 9574, JCoptS 6 (2004) 55−75.
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Erforschung der im Dunkeln der Geschichte verborgenen Anfänge des Christentums in Ägypten14. Seine Annahme, daß das Christentum in Ägypten überhaupt erst mit Demetrius zum großkirchlichen Christentum wurde, daß also die ersten Christen Ketzer waren, wirft natürlich die Frage auf, in welcher Gemeinschaft oder Gruppierung dieser Text entstanden ist. Die Hypothese von Bauer fußt auf zwei Überlegungen: Zum einen gibt es Nachrichten über heterodoxe Gruppen aus der Zeit vor Demetrius – es sei nur auf Basilides, Valentinus und andere Gnostiker verwiesen – zum anderen sind keine Nachrichten über großkirchliche Gemeinschaften aus dieser Zeit bekannt. Allerdings sind argumenta e silentio gefährlich. Man kann die vorhandenen Quellen auch anders interpretieren, Colin H. Roberts ist hierfür ein Beispiel: Aufgrund der erhaltenen frühchristlichen Literatur in Form von Schriftzeugen aus Ägypten stellt er die Frage, ob nicht ein eher großkirchliches Christentum ursprünglich in diesen Gebieten zu finden war15. Alles deutet darauf hin, daß der Wiener Text in einer großkirchlichen Gruppe entstanden ist16. Hierfür spricht auch und gerade die naive monarchianische Theo14
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Vgl. Bauer, Rechtgläubigkeit und Ketzerei, 49−64, hier 53: „Alles, was wir außer dem bisher Mitgeteilten von diesem Christentum erfahren, ist bis tief ins 2. Jahrhundert hinein deutlich abseits von allem Kirchentum gewachsen.“ Siehe hierzu auch Th. Baumeister, Martyr Invictus. Der Martyrer als Sinnbild der Erlösung in der Legende und im Kult der frühen koptischen Kirche. Zur Kontinuität des ägyptischen Denkens, Münster 1972 (FVK 46) 77: „Über die Anfänge des Christentums in Ägypten fehlen uns genaue Nachrichten. Immerhin läßt das Werk des Klemens von Alexandrien und des Origenes und die Herkunft berühmter Gnostiker aus Ägypten auf einen gnostisierenden Charakter des frühen ägyptischen Christentums schließen.“ C. H. Roberts, Manuscript, Society and Belief in Early Christian Egypt. The Schweich Lectures of the British Academy, London 1979, 53: „Of the earliest fourteen texts no less than three are of the Psalter, and the Psalter, more used and read than any book of the Old Testament, perhaps more than any book of the Bible, throughout the Christian centuries in Egypt, was as a rule of no particular interest to Gnostics. Another early papyrus, the Chester Beatty Numbers and Deuteronomy, formed part of a collection in which there are no Gnostic texts. If we accept, as I think we must, that manuscripts such as these were written for and used by ordinary Christian communities, their geographical distribution becomes significant; the Bible (to use a slightly anachronistic term) was read in the second century in or near the Arsinoite nome, in the Heracleopolite, in Oxyrhynchus, in Antinopolis. This points to more than a few scattered individuals holding orthodox beliefs and it is the more surprising that the statement can be made today that ‚in the second century, as far as our knowledge goes, Christianity in Egypt was exclusively heterodox‘.“ Siehe hierzu auch A. F. J. Klijn, Jewish Christianity in Egypt, in: B. A. Pearson/J. E. Goehring (Hgg.), The Roots of Egyptian Christianity, Philadelphia 1986, 161−175, hier 165: „This is sufficient to show that, according to early Christian traditions, Christianity in Egypt was of a Jewish nature. However, other early traditions speak of some notorious gnostic leaders who were either born in Egypt or who taught in this area for some time. This applies to Valentinus, Basilides, Carpocrates, and Apelles.“ Allerdings ist die Frage, was überhaupt als vornizänische Orthodoxie zu bezeichnen wäre, noch nicht abschließend geklärt; vgl. hierzu auch R. Wiliams, Does it Make Sense to speak of pre-Nicene Orthodoxy?, in: R. Wiliams (Hg.), The Making of Orthodoxy. Essays in Honour of Henry Chadwick, Cambridge 1989, 1−23, hier 18: „The notion of a church whose unity
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logie17. Diese, so scheint es, versucht die Göttlichkeit Jesu in einer sehr ursprünglichen Form zum Ausdruck zu bringen18. Auch finden sich keinerlei Hinweise auf gnostische Einflüsse in dem Text. Auch wenn das Christentum sicherlich zuerst über judenchristliche Gemeinden nach Ägypten kam, so dürfte die Gemeinde, in der die Vorlage des Wiener Textes entstand, wohl aus einer Mischung von Judenchristen und Ägyptern bestanden haben19. Die aktive Rolle der Maria scheint in diese Richtung zu weisen. Gegen zu starken judenchristlichen Einfluß könnte man die Theologie des Wiener Textes anführen: Gerade für frühe judenchristliche Gemeinden scheint die Logoschristologie prägend zu sein. Diese findet sich nicht in dem erhaltenen Text des Wiener Fragments20. Gegen ein Entstehen in einer der ägyptischen Metropolen spricht das Schweigen, das diesen Text umgibt, seine fehlende äußere Bezeugung. Eine mögliche, jedoch unbeweisbare Hypothese ist, daß er in Mittelägypten entstand. Dies würde erklä-
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lies primarily, if not absolutely and simply, in a shared attention to the questioning story of a crucified and resurrected Lord, and an attention to how that story is being assimilated in diverse and distant communities, culturally and historically strange, is not without relevance to our own day.“ Es soll hier der von Hübner aufgestellten Hypothese beigepflichtet werden, daß im zweiten und dritten Jahrhundert der Monarchianismus die großkirchliche Theologie prägte; vgl. Hübner, Melito von Sardes, 232: „Mit anderen Worten (dies sei wenigstens als Arbeitshypothese formuliert): Die traditionelle Lehre in Rom und überhaupt im Westen war wie im Osten der Monarchianismus. Er war der allgemeine Glaubensausdruck der Christen. Neu und zunächst nur von einer dünnen Schicht weniger Apologeten vertreten, war die später selbstverständliche und als apostolisch dargebotene Lehre von Vater und Sohn und Geist als drei real unterschiedenen Wirklichkeiten oder Personen.“ Vgl. hierzu auch E. Mühlenberg, The Divinity of Jesus in Early Christian Faith, StPatr 17/1 (1993) 136−146, hier 145f: „Inner-Christian controversies and reflections lead to the formula of the consubstantiality of Christ with God. Nevertheless, I think that this formula is an adequate appropriation of early Christian faith in the divinity of Jesus, though Jesus was first called Son of God in a less reflected way.“ Einem bestimmten Autor wird man diesen Text wohl schon allein deswegen nicht zuweisen können, weil es sich bei dieser Erzählung um Gebrauchsliteratur gehandelt haben dürfte, die vielleicht sogar im liturgischen Rahmen verwendet wurde; vgl. hierzu Chr. Markschies, Wer schrieb die sogenannte Traditio Apostolica?, in: W. Kinzig/Chr. Markschies/M. Vinzent (Hgg.), Studien zur sogenannten „Traditio Apostolica“, zu den „Interrogationes de fide“ und zum „Römischen Glaubensbekenntnis, Berlin 1999 (AKG 74) 1−74, hier 44: „Gebrauchsliteratur ist lebendige Literatur, die einer jeweiligen kirchlichen liturgischen oder disziplinären Praxis angepaßt wird und insofern von Anfang an von mehreren literarischen Persönlichkeiten gestaltet wird. Die Frage nach einem Autor greift hier viel zu kurz oder ist schlechterdings nicht mehr zu beantworten.“ Vgl. K. Rudolph, Gnosis und spätantike Religionsgeschichte. Gesammelte Aufsätze, Leiden 1996 (NHS 42) 285: „Wahrscheinlich haben die ältesten christlichen Zentren, sofern man davon als eigenständige sprechen kann, im jüdischen Viertel Alexandrias gelegen. Man hat auf die Logoschristologie als Eigenart des frühen Christentums verwiesen, die als Erbe der Sapientiatradition zu betrachten ist und die auch bei Philo von Alexandria, der von den Christen bereits früh rezipiert wird, greifbar ist.“
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ren, warum die Übersetzung des Textes in das Weiße Kloster gelangte. Fraglich, jedoch ebenfalls unbeweisbar, ist auch noch, ob der Text möglicherweise sogar innerhalb der ebenfalls von Schenute verwalteten und zum Weißen Kloster gehörigen Frauengemeinschaft übersetzt wurde21, immerhin deutet vieles darauf hin, daß grundsätzlich Buchproduktion in diesen Gemeinschaften stattfand22 und daß noch im 6./7. Jahrhundert die Führungsschicht in den schenutianischen Klöstern des Griechischen mächtig war23. Für diese wäre natürlich ein Text, der ein solches Bild der Maria zeichnet, wohl noch interessanter gewesen als für die Mönche des Weißen Klosters24. Der genannte Todestag der Maria – der 21. Tybi (16. Januar) – wirft die Frage auf, ob mit diesem Text ein wie auch immer geartetes liturgische Gedächtnis der Maria verbunden war. Ein erstes Zeugnis eines derartigen Märtyrerkultes könnte das Martyrium des Polykarp sein – auch wenn diese Stelle vielleicht etwas später interpoliert wurde25 –, das von der jährlichen Feier seines Todestages berichtet26. Gegen Ende des zweiten Jahrhunderts sind solche Feiern sicher Teil des 21
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Zum Unterschied der Verwaltungsstruktur zwischen pachomianischem und schenutianischem Mönchtum vgl. Krawiec, Shenoute and the Women, 17−18. A. Jördens, Reliquien des Schenute im Frauenkonvent, in: J. M. Cowey/B. Kramer, Paramone. Editionen und Aufsätze von Mitgliedern des Heidelberger Instituts für Papyrologie zwischen 1982 und 2004, München 2004 (APF.B 16) 142−156, hier 147: „(…) Die Vorsteherin die Adressatin ihrerseits um verschiedene rote Farbstoffe, Kichererbsen und ‚schöne fertige Pergamente‘ (oder gar ganze Pergamentcodices? Z. 2−4). Daß für letzteres immerhin zwei Solidi ausgegeben werden sollen, läßt auf eine rege Buchproduktion in dem Kloster schließen, was auch gut zu der zweiten Schreiberhand passen würde.“ Auch im Zusammenhang profaner Texte scheinen Frauen als Schreiberinnen in koptischer Zeit belegt; vgl. hierzu Wilfong, Women of Jeme, 128: „A few of the documents that record borrowing by women are written in the first person with no indication of who is writing, and it is possible that these were actually written by the women themselves.“ Jördens, Reliquien, 146−147: „Der vorliegende Brief beitet nun einen expliziten Beleg dafür, daß entgegen allen bisherigen Annahmen nicht nur zu Zeiten Schenutes selbst, sondern auch noch einige Generationen nach ihm die griechische Sprache in seinen Klöstern gepflegt wurde, ja offenbar gerade in der Führungsspitze das gegebene Kommunikationsmittel war.“ Für die Spannungen zwischen Schenute und dem unter seinem Einfluß stehenden Frauenkloster vgl. allgemein Krawiec, Shenoute and the Women. Daß solche Texte im Weißen Kloster tradiert wurden, ist bekannt; vgl. hierzu Orlandi, Apocrifi copti, 57−58: „Gli apocrifi a cui allude Scenute sono quelli di carattere gnostico, mitologici certo, ma lontani dagli apocrifi romanzeschi a cui pensava Leipoldt, perfettamente inseriti nell’ambiente cristiano ‚ortodosso‘. Del resto alcuni di questi ultimi apocrifi, insieme con altri di carattere apocalittico ma non propriamente romanzesco, furono tradotti con ogni probabilità nell’ambiente del monastero di Scenute.“ Gegen die Echtheit dieser Stelle wendet sich H. v. Campenhausen, Bearbeitungen und Interpolationen des Polykarpmartyriums, Heidelberg 1957 (SHAW.PH 1957/3) 31: „Wie dem auch sei – diese weiteren Aussagen des Polykarpmartyriums über den Kult der Reliquien und des Märtyrergrabes wird man künftig jedenfalls nur noch mit größter Vorsicht heranziehen dürfen. Daß sie im ursprünglichen Brief des Smyrnäer schon gestanden hätten, ist sehr unwahrscheinlich.“ Vgl. hierzu M. Polyc. 19,3 (Lindemann/Paulsen, Polykarpmartyrium, 280,7−10): œnqa æj dunatÕn ¹m‹n sunagomšnoij ™n ¢galli£sei kaˆ car´ paršxei Ð kÚrioj ™pitele‹n t¾n toà martur…ou
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liturgischen Lebens der Kirche27. Grundsätzlich stellt die Feier eines Totengedächtnisses keine christliche Neuerung dar28. Allerdings ist der Kult eines Märtyrers sehr häufig durch seine Bedeutung für den entsprechenden Ort und die Anwesenheit seiner Gebeine geprägt29. Der Umstand, daß alle alten Überlieferungen von einem Tod der Maria in Jerusalem berichten, würde aufgrund des Fehlens eines Grabes bzw. von Reliquien gegen einen Gedenktag des Todes der Maria in Ägypten sprechen30. Dafür spricht jedoch der Termin des 21. Tybi als Tag des Todes der Maria, der sich ja auch im Wiener Text findet. Dieser steht im Gegensatz zur Jerusalemer Tradition. Man kann und sollte dies als Argument dafür ansehen, daß bereits im 5. Jahrhundert – d. h. in der Zeit, in der sich ein Marienfest am 15. August in Jerusalem entwickelt – ein Gedächtnis des Todes dieser Frau in Ägypten so fest am 21. Tybi verwurzelt war, daß eine Verschiebung dieses Tages nicht mehr möglich war. Dies erklärt ja auch wohl am besten, warum sich in Ägypten zwei getrennte Feiern für ihren Tod und die Aufnahme in den Himmel entwickelten, die sich auch in den entsprechenden Transitus-Mariae-Texten widerspiegeln. Gleichzeitig kann man natürlich die Erwähnung eines Festtermins des Marientodes als Anlaß nehmen, eine judenchristliche Gemeinde als Entstehungsmilieu des Wiener Textes zu postulieren: Viel spricht für die Richtigkeit der Annahme Theodor Klausers, daß die Märtyrerverehrung jüdischen Wurzeln entspringe31. Maria wäre in dieser Hinsicht eine Sonderform des christlichen Märtyrers, der ebenfalls ein ehrendes
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aÙtoà ¹mšran genšqlion e‡j te t¾n tîn prohqlhkÒtwn mn»mhn kaˆ tîn mellÒntwn ¥skhs…n te kaˆ ˜toimas…an. „Dort wird uns, die wir uns nach Möglichkeit in Jubel und Freude dort versammeln, der Herr die Feier des Tages seines Martyriums ermöglichen, zum Gedächtnis derer, die zuvor gekämpft haben, und zur Übung und Vorbereitung für die, denen dies bevorsteht.“ Siehe hierzu auch Th. Baumeister, Art. Heiligenverehrung I, RAC 14, 1988, 96−150, hier 112−115. Campenhausen, Polykarpmartyrium, 38: „Eine weitere, wahrscheinlich frühe Interpolation (um 200?) stellt die Diskussion um das Recht der Märtyrerverehrung dar. Möglicherweise gehören die Nachrichten über die Reliquien und die Gedächtnisfeier am Grabe Polykarps mit diesem Einschub zusammen. Dem ursprünglichen Text können sie schwerlich angehört haben.“ Vgl. A. Stuiber, Art. Geburtstag, RAC 9 (1976) 218−243. Baumeister, Heiligenverehrung, 125: „Grunddaten der Märtyrerverehrung sind der jährliche Todestag u(nd) der Ort der Beisetzung der Gebeine.“ Siehe auch K. Hausberger, Art. Heilige/Heiligenverehrung III. Anfänge der christlichen Heiligenverehrung, TRE 14 (1985) 646−651. Vgl. hierzu auch Ph. Harnoncourt, Art. Heiligenverehrung IV. Liturgisch, LThK Bd. 4, 31995, 1299−1300, hier 1299: „Ursprünglicher Ort der liturg(ischen) H(eiligenverehrung) ist die Grabstätte, an bzw. über der ein Altar eine Kapelle bzw. Kirche errichtet u(nd) diesem bzw. dieser H(ei)l(igen) geweiht wird.“ Vgl. Th. Klauser, Christlicher Märtyrerkult, heidnischer Heroenkult und jüdische Heiligenverehrung, in: 10 Jahre Arbeitsgemeinschaft für Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen, Köln 1960 (VAFLNW.G 91) 27−38, hier 37: „Abschließend glaube ich sagen zu müssen: Der christliche Märtyrerkult hat seine Wurzel in der schon vom Judentum ererbten Hochschätzung und privaten Verehrung des Gerechten und des Märtyrers. Aber den Übergang zum formellen Gemeindekult müssen innerkirchliche Anlässe verursacht haben.“
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Angedenken gebührt. Für ein Entstehen dieser Literatur in Ägypten spricht auch der unversehrt erhaltene Leib der Maria, von dem ja auch Transitus-Mariae-Berichte erzählen, die nicht von einer direkten Aufnahme der Maria in den Himmel berichten32. Man wird allerdings Theofried Baumeister beipflichten, der zur Übernahme dieser Vorstellung bemerkt: „Der christliche Ägypter ist zuerst einmal Christ, der seine alte Religion zugunsten des neuen Glaubens verlassen und mit diesem Glauben dessen Traditionen übernommen hat. In der Auswahl zeigt sich jedoch der Ägypter; das, was ihn interessiert, begegnet daher in gehäufter Form, was dem Ägyptologen natürlich als Parallele zur alten Religion auffällt.“33 Gerade der primitive Modalismus wie auch die nüchterne Erzählweise sprechen für eine frühe Einordnung des Textes. Die Tatsache, daß die Apostolische Kirchenordnung die Mitwirkung von Frauen bei der Spendung der Taufe nicht thematisiert und ihre Mitwirkung bei der Eucharistiefeier ablehnt34, zeigt, daß offensichtlich Mitwirkung von Frauen in diesen Bereichen nicht wirklich akzeptiert war. Die Ablehnung ihrer Mitwirkung an der Feier der Eucharistie wirft die Frage auf, ob nicht zu dieser Zeit in manchen Gegenden Ägyptens eine derartige Mitwirkung existierte. Die Zurückdrängung einer derartigen aktiven Rolle von Frauen durch die Apostolische Kirchenordnung scheint wohl ebenfalls auf eine sehr frühe Entstehungszeit der Vorlage des Wiener Textes hinzudeuten: Unreflektiert wird davon erzählt, Maria sei mit den Aposteln zum Predigen gezogen. Von dem Streit um die Frage, ob ein derartiges Handeln einer Frau überhaupt zulässig ist, findet man keinen Niederschlag in dieser Erzählung. Liturgische Handlungen und kirchliche Ämter werden ebenfalls nicht erwähnt. Da bereits mit dem Ende des zweiten Jahrhunderts in der Person Tertullians eine aktive Beteiligung von Frauen an der Verkündigung bekämpft wird, da diese Ablehnung eines weiblichen Beitrags zur Verkündigung und Sakramentenspendung durch die syrische Didaskalie und die Apostolischen Konstitutionen verstärkt wird, scheint es naheliegend, diesen Text in eine Zeit zu datieren, in der diese Fragen in Ägypten noch nicht diskutiert wurden, weil die indigene Bevölkerung eine weitgehende Gleichberechtigung von
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Vgl. Baumeister, Martyr Invictus, 79−80: „Weitere Auskunft gibt die dem ägyptischen Volksglauben entstammende Geschichte von Joseph dem Zimmermann (de morte Josephi). In ihr wird erzählt, daß Jesus, von Engeln unterstützt, den Leichnam seines verstorbenen Vaters auf wunderbare Weise mumifiziert … Der christliche Ägypter, der an die Auferstehung der Toten glaubt, hat sich nicht freigemacht von der alten Furcht vor dem Verlust der Intaktheit des Leibes. Die im Tod drohende Auflösung des Leibes behält ihren Schrecken.“ Baumeister, Martyr Invictus, 81. Vgl. Dassmann, Ämter und Dienste, 151: „Liturgische Funktionen von Frauen, wie z. B. Mithilfe bei der Taufspendung, werden nicht erwähnt. Eine Mitwirkung bei der Eucharistiefeier wird in einem fingierten Gespräch zwischen den Aposteln eigens abgelehnt mit der abschließenden Begründung, daß das Schwache durch das Starke erlöst wird.“ Vgl. hierzu die Apostolische Kirchenordnung can. 21 (Schermann, Kirchenordnung, 29,9−30,5); siehe hierzu auch B. Steimer, Art. Apostolische Kirchenordnung, LACL, 46; als wahrscheinlicher Abfassungsort gilt Ägypten, die Entstehungszeit wird mit dem Anfang des vierten Jahrhunderts angesetzt.
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Mann und Frau gewöhnt war, die erst durch ein stärker großkirchlich geprägtes Christentum zurückgedrängt wurde, das auf lokale Unterschiede weniger Rücksicht nahm. Die Einordnung der Entstehung des griechischen Textes, der auf dem Wiener Pergamentblatt in sahidischer Übersetzung vorliegt, in die zweite Hälfte des zweiten oder die erste Hälfte des dritten Jahrhunderts läßt sich nicht mit letzter Sicherheit beweisen. Eine Fülle von Indizien spricht für eine frühe Datierung, einige davon gleichzeitig gegen eine Spätdatierung des Textes. Insofern soll, trotz fehlender äußerer Bezeugung des Textes, eine Frühdatierung gewagt werden. Die Konsequenzen dieser Datierung sind offensichtlich. Die Transitus-MariaeLiteratur scheint damit frühchristlicher apokalyptischer Literatur zu entstammen, die auf jüdischen Wurzeln aufruht und von ägyptischem Gedankengut beeinflußt ist35. Der älteste Text, dessen koptische Übersetzung der Wiener Text sein dürfte, wurde in späterer Zeit als häretisch und unpassend empfunden, weil in ihm ein primitiver Modalismus zum Ausdruck kommt und weil gleichzeitig eine aktive Maria den Aposteln als gleichberechtigt geschildert wird. Das Datum des 21. Tybi weist auf den Todestag der Mutter Jesu hin, es darf als unwahrscheinlich gelten, daß dieser Text auch von einer Aufnahme ihres Leibes in den Himmel berichtete; eine unversehrte Bewahrung des Leibes an einem sicheren Ort als Teil dieser Erzählung wird man jedoch vermuten müssen, wenn man bedenkt, daß die christlichen Ägypter sehr häufig den unversehrten Leib mit einer Auferstehung der Toten in Verbindung brachten. Allerdings stellt diese Hypothese ein grundsätzliches Problem für die dogmengeschichtliche Erklärung einer Entstehung der Transitus-Mariae-Literatur dar. Falls die Bewahrung des Leibes auf ägyptischen Einfluß zurückgehen sollte – und hierfür spricht sehr viel – kann die unterschiedliche Behandlung des Leibes der Maria mehr über regionale Eigenheiten als über das Alter des Textes zum Ausdruck zu bringen. Auch die enge zeitliche Aufeinanderfolge der dogmatisch unterschiedlichen Texte spricht gegen eine lineare Entwicklung. Es ist offensichtlich, daß die Datierung der Vorlage des Wiener Textes in die Zeit zwischen Mitte des zweiten und Anfang des dritten Jahrhunderts eine ganze Reihe von Problemen aufwirft. Ein sehr gewichtiger Einwand ist sicherlich die fehlende äußere Bezeugung des Textes, besonders die fehlende Auseinandersetzung des Epiphanius mit diesem Text, dessen umfassende Kenntnisse der damaligen christlichen Literatur nicht unterschätzt werden dürfen. Allerdings scheint
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Baumeister, Martyr Invictus, 81−82: „Die ebenfalls im Christentum des Nillandes beliebte Vorstellung von der gefährdeten Himmelsreise der Seele dürfte auf den antiken Synkretismus und den Gnostizismus zurückgehen. Die gefährdete Himmelsreise der ägyptischen Pyramidentexte war abgelöst von der Vorstellung des gefährdeten Jenseitsaufenthaltes der späteren Zeit. Es ist nun aufgefallen, daß gerade im christlichen Ägypten das Bild von den der verstorbenen Seele auf ihrer Himmelsreise drohenden Gefahren ein besonders lebhaftes Echo gefunden hat und in veränderter Gestalt sogar bis in die monastische Mystik gelangt ist. Somit läge hier wieder ein Fall von schöpferischer Rezeption vor. Die bereits vorliegende Vorstellung wurde bereitwillig aufgegriffen, weil sie dem ägyptischen Empfinden entsprach.“
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eine spätere Datierung aufgrund der dargelegten Eigenart des Textes nur schwer möglich. Daß mit dem Wiener Text eine möglicherweise sehr alte Überlieferung veröffentlicht wird, die dem gängigen Marienbild widerspricht, gibt Hoffnung, daß dieser Text auch die Diskussion um die Rolle der Frau in den christlichen Kirchen anregen wird.
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The edition of a fragment of a Coptic Transitus Mariae, which is kept in the Austrian National Library, raises interesting questions. The text on a leaf of parchment does not at all fit into the known traditions of this legend. This in itself poses the very interesting problem of how to place it within the context of Christian apocryphal texts. In addition to this question, the current state of research is unable to clarify the problems posed by the Viennese text: Two major hypotheses must be mentioned: Mimouni dates the different Coptic accounts of the death of Mary according to the evolution of the dogma of Mary’s death and assumption; Shoemaker poses the hypothesis that the origin of this group of apocryphal texts can be found in a heterodox milieu probably in the fourth century. Thus, even the context in which to place the Viennese text is open to scholarly discussion. Furthermore, some aspects of the Viennese Text seem to justify an early date. First of all, the text does not seem to have been written originally in Sahidic. Peculiarities of the language can best be explained by accepting this to be a translation of a Greek account. First and foremost of theses peculiarities is the sentence structure, which often places the nominal subject after the verb. In addition to this, apocryphal texts usually tend to mention numerous miracles. Compared to other texts relating to the death of Mary, the Viennese account is very restrictive in this area. Mary travels like every other mortal to Jerusalem when she feels that her death draws near. Many other texts have an apparition of an angel or of her son himself to notify Mary that the end of her life draws near. Concerning the theological position of the author one tends to identify it as something akin to naive modalism. However, the author does not give long theological explanations as is done in other texts of the same tradition during prayers. One could mention, for example, the prayer which Mary says immediately before her death. Most of the later versions tend to use this prayer for long theological declarations. In the Viennese text only the fact that Mary prays is mentioned. The most astonishing part of the text is probably that Mary did not stay in one place after the death of her son – the other accounts have either Jerusalem or Bethlehem as the place where Mary lived until the end of her life. Quite a few accounts suggest that Mary was head of a monastery and taught nuns. According to the Viennese text Mary accompanied the apostles and preached. These topics are unique. As early
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The English summary highlights the most important questions raised by this publication. It is not a literal translation of the German summary.
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Summary
as the second half of the third century communities of women are attested. Such a community, which is in one way or an other characteristic of most of the accounts, cannot be found in the Viennese text. The Viennese text does seem to presuppose that men and women preached together. However, no controversy concerning this fact can be found in the text. This fact places this text in some proximity to texts such as the apocryphal acts of Paul and Thecla. One conclusion seems to follow from this role of Mary after the death of her son: the close cooperation between men and women during the mission without any such controversy seems probable only for a time when there were noticeable differences between the local churches concerning these questions. Thus, it seems that the core of the Viennese account goes back to a time before the fourth century, when many differences between local practices were levelled; it suffices to mention the Quartodecimans, who had been, since the council of Nicea, no longer part of the diversity of the early church. Early on Mary became the role-model of the ideal Christian woman. This starts with the Syriac Didascalia: there Mary is the reason why no woman may baptize. The first culmination can be found in the writings of Epiphanius. In his argument against the Kollyridians, Mary is the role-model of an inactive woman, who stays at home and prays. In addition, there are a few Coptic texts which depict Mary in this way. Thus, it is obvious that the account of Mary’s deeds in this fragment of a Transitus Mariae does not fit this picture. Therefore, it seems plausible, that this text predates the accepted image of Mary as role-model. However, it is obvious that this text did not find its way out of Egypt and was not widespread; otherwise Epiphanius would have known it. However, this poses an interesting question: is it thinkable that an account of Mary’s death could have originated during the height of a naive modalism? This would place the text somewhere around the second half of the second century. Obviously, such a date would contradict to the accepted date of the origin of this tradition, which is usually placed around the fourth century: the hypothesis is that these texts came into being as a result of a dogmatic evolution and liturgical expression of faith. In order to answer the questions raised above, one must first investigate the exact nature of the text. Is it really that which is commonly held to be a Transitus Mariae? Many features of this text seem to point in this direction: Mary returns to Jerusalem, since her hour has come. The apostles also return to Jerusalem, her son appears, her death is mentioned. However, it seems necessary to shift the emphasis of the description. If this is something akin to a primitive apocalypse of Mary, one is tempted to mention the apocalypse of Peter, the ascension of Jesaja or the apocalypse of Elijah as comparable texts. Thus, an apocalypse of Mary which would have included her journey through yonder world does not seem impossible during the second century. An additional argument in this case might be the fact that in the second century interest in Mary increased; it suffices to mention the Protevangelium Jacobi. As a consequence, the Viennese text could very well be an apocalypse of Mary, and it seems probable that her travels through the heavens were the main focus of this account.
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If the assumption proves to be correct that a Transitus Mariae existed which was connected to, or was part of, an apocalypse of Mary and which attests to an earlier state of evolution than any of the known texts, this raises the question as to whether the entire group of texts which are called Transitus Mariae originates from among the Jewish-Christian apocalyptic. However, if this is the context in which the origins of the Transitus Mariae are to be sought, the dogmatic decisions of the council of Ephesus contributed only to the evolution but not to the beginning of these accounts. Given the nature of early Christianity in Egypt, it seems very likely that such an early apocalypse of Mary could have originated in Egypt. The date of the parchment leaf on which this account survives obviously cannot be used as an argument in favour of ruling out the possibility that the account originated earlier. A consequence of this hypothesis is that the entire group of texts which are referred to collectively as Transitus Mariae would have its roots in the apocalyptic literature of the second century. In the Viennese text the names of the angels are not mentioned. This also points in the direction of an early date since in later times the roles of leader of souls for Michael and of angel of annunciation for Gabriel are well established. However, neither an apocalypse of Mary nor a Transitus Mariae is attested for the early church. This in itself does not provide conclusive evidence which rules out the possibility that such a text could have been written in this time. The place of Mary as an active participant in the mission of the apostles points toward an Egyptian origin of the Viennese text. Especially in indigenous Egyptian society women had an comparatively good legal status. However, Walter Bauer’s hypothesis still influences the discussion concerning early Christianity in Egypt. He put forward the proposition that Christianity in Egypt emerged as mainstream Christianity only with bishop Demetrius of Alexandria. His hypothesis is based on an argument consisting of two parts: first, the earliest evidence from Egypt predates bishop Demetrius and concerns heterodox teachings. It suffices to mention Gnostics such as Basilides or Valentinus; second, there is no news from orthodox or mainstream Christianity from this early period of Egyptian Christianity. However, this argumentum e silentio seems dangerous. The existing sources can be interpreted in quite a different way as has been shown by Colin H. Roberts. He uses the existing literature from early Christianity in Egypt and shows that these texts point in the direction that mainstream Christianity seems to have populated southern areas of Egypt right from the beginning. The Viennese text seems to have originated in a group that would be characterized as mainstream Christianity. This is suggested, for example, by the naive monarchianic Christology which is attested in this text. No Gnostic influence can be found in the text. The community in which this text originated seems to have been a mixture of Jewish and Egyptian Christianity, compare for example the role of Mary, which seems rather unlikely for a community without Egyptian influence. The Jewish influence cannot have been too strong: especially Jewish-Christian communities seem to have favoured the so called Logos-Christology of which no traces can be found in the surviving text of the Viennese fragment.
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Summary
No knowledge of this text is attested in the sources for early Christianity; this argues against the hypothesis that this text could have originated in one of the larger cities of Egypt. A possible hypothesis seems to be that it originated in Middle Egypt. This could explain how this text came to the library of the Apa Shenoute monastery. Another hypothesis would be that this text was translated in the community of women which belonged to the Apa Shenoute monastery. There is evidence that these communities were involved in the production of books and that the ruling elite of Shenoutian communities of women was in the sixth or seventh century still able to understand and write Greek. And for these this text depicting a very active Mary would be even more interesting than for the monks of the Apa Shenoute monastery. The fact that the day of the death of Mary is mentioned, that is 21st Tybi (January 16th), raises the question as to whether a liturgical feast was connected with this date. The first evidence for a cult of martyrs could be the maryrium Polycarpi which mentions a feast in order to commemorate his martyrdom – however, there is discussion as to whether this part of the story has been interpolated in later times. Around the end of the second century the commemoration of martyrs was part of the liturgical life of the church. This cult of martyrs is often characterised by its connection to certain places and even to the remains of the martyrs which are kept at those places. The fact that all traditions concerning the death of Mary point to Jerusalem and its surroundings as place of death seems to contradict a different date of the commemoration of the death of Mary in Egypt. However, it is a fact that 21st of Tybi is a peculiarity of the Egyptian tradition as opposed to the date for the commemoration in the Holy Land. This can and should be seen as an argument in favour of the hypothesis that as early as the 5th century (around which time the feast of the 15th August was first celebrated in Jerusalem) the date for the commemoration of the death of Mary was firmly linked to the 21st of Tybi in Egypt and that it was no longer possible to move the date. This hypothesis also seems to be able to explain why two different feasts evolved in Egypt, one for the death of Mary and the other for her assumption into heaven, which is also attested in the Egyptian accounts of the Transitus Mariae. The primitive modalism and the content of the account, which does not mention miracles at the places at which other Transitus Mariae mention miracles, seem to point towards an early date for the Viennese text. The Apostolic Church Order which originated in Egypt probably at the beginning of the fourth century does not mention the cooperation of women at baptism and forbids the cooperation of women at the Eucharist. This raises the question of whether in some areas of Egypt women actually did in some way cooperate with the priests during the Eucharist. However, the tendency to prevent women from an active role within the life of the church points to an early date of origin for the Viennese account: without mentioning any controversy concerning this fact, Mary is depicted as taking part in the missionary work of the apostles. Neither the struggles concerning the role of women in the church nor different offices in the church are mentioned. However, as early as the end of the second century Tertullian argues against what he sees as too active an involvement of women in different areas
Summary
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of the church; this tendency is also attested in the Syriac Didaskalia and in the Apostolic Constitutions. Thus, it seems probable that the Viennese text originated in Egypt during a time when these questions did not play an important role in the Egyptian church and that the Greek text, which was later translated into Coptic, originated some time during the second half of the second century or the first half of the third century. Numerous towards this conclusion and, therefore, this book proposes an early date for this text, even in the absence of any mention of such a text in the writings surviving from these centuries. The consequence of this date for the Viennese text is obvious. The group of texts which are called Transitus Mariae seems to have originated within the context of Jewish-Christian apocalyptic and to have been influenced by Egyptian thought. The oldest version which seems to be attested by the Viennese text seems to have found resistance in later times due to its primitive modalism and Mary’s active role in it. Thus, it seems, the story was changed. The 21st Tybi is the day of Mary’s death and it is questionable whether the assumption was also mentioned in the text. It is very likely that the belief in the uncorrupted body was attested in this early account since in Egypt the uncorrupted body was very often linked to the idea of resurrection of the body. However, this hypothesis calls into question the validity of parallels between dogmatic evolution and the origins of the Transitus Mariae. If the idea of the uncorrupted body of Mary has its roots in Egyptian culture – this seems quite likely – then the differences within this group of texts concerning the body of Mary seem rather to point to different local traditions than to dogmatic evolution. This hypothesis is corroborated by the fact that the different stages of the proposed evolution are to be found within close proximity to each other. It is obvious that this early date of the Viennese text raises numerous puzzling questions; the most important of these is that there is no evidence for such a text existing in this early time of the church. One must also mention Epiphanius, who does not mention a Transitus Mariae, even if though he possessed an almost encyclopaedic knowledge of early Christian literature. However, given the singular characteristics of the text, a later date does not seem possible.
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Index der griechischen und koptischen Wörter W: Wien; C: Cambridge; P: Paris; r: Recto; v: Verso (bei Paris wird zusätzlich die Ziffer des Folio angegeben) 1. Namen a. griechisch Gabri»l (gabrihl) C v1,2; P 28r1,3 'Emmanou»l (emmanouhl) W r1,1f `IerosÒluma (×%~Î ~%L~¹~M) W r2,2 'Ihsoàj (\iÇ) W r1,10.18 Mar…a (maria) W r1,26; v1,28; v2,16.24.26; C r2,6; r2,14.17; P 28r2,19.28 Mica»l (mixahl) P 28r1,1 Pštroj (petros) W v1,7; P 28r1,10.12.22 Pil©toj (pIla[tos) C v2,5 PÒntioj (pon]tios) C v2,4f Seraf…m (serafIn) P 29r1,8f; 29r2,29f Ceroub…m (xeroubIn) P 29r1,7f; 29r2,28f CristÒj (Å~Ç) W r1,8.18; v2,11; C r2,1; v2,17 b. koptisch C v1,10 twbe W v1,3; P 29r2,22; 29v2,15 khme
2. Griechische Wörter: ¢ggelikÒj (aggelikh) Engelheer (+ strati£) P 29v1,7 ¥ggeloj (aggelos) Engel; W v2,12f; C r2,3; v1,11f; P 28r2,5f; 28v2,29f; 29r1,3f; 29r2,26; 29v1,8f ¢»r (ahr) Luft; C v2,9 a„èn (aiwn) Äon; Zeit, Welt; W v2,19; C r2,9 ¢m»n (Hamhn) Amen; W v2,2f ¢n£lhyij (analumyis) Himmelfahrt; W r1,24f ¢n£stasij (anastasis) Auferstehung; W r1,16; P 29v2,8f ¢natol» (anatolh) Osten; P 28v1,4 ¢nafor£ (anafora) Opfer; P 28r1,27f ¢pant» (apanth) Begegnung; P 29r1,26f ¢pÒstoloj (apostolos) Apostel; W r1,27f; r2,28; v1,10.22.31; v2,21f; C r1,12; r2,11f; P 28r1,8.23; 28r2,3; 28v1,6f ¢rc£ggeloj (arxaggelos) Erzengel; P 28r2,6f; 29r2,27 ¢sp£zomai (aípaze) küssen, grüßen; P 28r1,5; 28v1,13; 28v2,6 dš (de) aber; W v1,1.22.26; C r1,12.16; P 28r1,22; 28r2,10; 28v1,9; 29v1,23 diakonšw (diakonei) dienen; P 29r1,1; 29v2,3 drÒmoj (dromos) Lauf; P 29v2,13 dÚnamij (dunamis) Macht; P 29r1,23
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Index der griechischen und koptischen Wörter
e„r»nh (eirhnh) Frieden; W v2,14.17; C r2,5.7.11 e"ta (eita) dann, danach, ferner; W r1,23 œnduma (enÞâma) Gewand; P 28r2,11f; 29v2, 19 ™xous…a (ecousia) Kraft, Macht, Gewalt; W v2,27; P 29r1,29 ™peid» (epeidh) denn, weil; W r2,8 ™pour£nioj (epouranion) himmlisch; P 28r2,12f; 29v2,19f ¹gemèn (Hh]gemwn) Anführer; C v2,6 qrÒnoj (qronos) Thron; P 29r1,11; 29v1,15 qusiast»rion (qusiasthrion) Altar; P 28r1,14f.25f kat£ (kata) gemäß, in; P 28r2,23 kaÚswn (kauswn) Hitze; C v2,11 khrÚssw (kurusse) verkündigen; C v1,4 kl£doj (åæÛÞéí) Zweig; P 28r2,20; 29v2,23 koll£w (kolla) befestigen; P 29v2,25 kÒsmoj (kosmos) Welt; W v2,31; C r1,9; P 28v1,19 lupšw (ulupei) betübt sein; W r2,27 lup» (luph) Trauer; P 29v1,20 must»rion (musthrion) Geheimnis; P 28v2,22f noerÒj (nohra) himmlisch; P 29r1,24 o„koumšnh (oikoumenh) Welt; 28v2,11 oÙdš (oude) und nicht; aber nicht; C v1,15 parqšnoj (parqenos) Jungfrau; W r1,1.11.21.26; r2,4; v1,6; P 28r1,7.18f; 28r2,2.17.27; 28v1,4; 29r2,4f p…stij (pií[tis) Glaube; W r2,10 pl£ssw (plasse) schaffen, machen; P 28v2,10 pneàma (Q~N~Ä) 1. heiliger Geist; W r1,30; P 28v2,28; 2. Seele, Geist; P 29r2,18 prÒj (pros) was anbetrifft; W r2,6 proseuc» (p]roseuxh) Gebet; W v1,29f; C r1,3 proskunšw (proskunei) verehren, niederknien, kniefällig grüßen; P 29v1,10f s£lpigx ([s]alpigc) Trompete; C v1,1 skep£zw (skupaze) schützen, bewahren; P 29v2,28 staurÒj (s[X]os) Kreuz; C v2,4 staurÒw (sXou) kreuzigen; W r1,9; r1,10 stefanÒw (stefanou) bekränzen; P 29r1,24 strati£ (stratia) Heer; C v1,11 sun£gw (sunage) zusammen kommen; die Messe feiern; P 28r1,15.28f sÚnaxij (sunacis) Versammlung, Gottesdienst; P 28r2,9 sîma (swma) Körper; C v2,7; P 28r1,21; 29v2,26f swt»r (swthr) Erlöser; W r1,25; P 28r2,10; 28v1,9; 29v1,4 t£gma (tagma) Ordnung; P 29r1,21 Ømnšw (Humneue) singen; P 29v1,2 Øphretšw (Huperhtei) dienen; P 29r1,4 ca…rw (xaire) sich freuen; W v2,15; C r2,6 corÒj (xoros) Chor; W v2,12 crÒnoj (xronos) Zeit; W r1,20; P 29v1,23 cwr…j (xwris) ohne; C v2,11 y£llw (yallei) lobsingen; W v1,25; C r1,14f yuc» (yuxh) Seele; P 29r1,10; 29r2,6; 29v1,1f ð (w) o! Ausruf im Affekt; W v2,16.26; C r2,6; v1,16; v2,14; P 28r1,11; 28v1,18.21.27; 28v2,5.14; 29r1,2.5.14.21.28
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3. Koptische Wörter a-
ungefähr (bei Zahlen); W r1,4 v. hinaufsteigen; P 28r2,28 an Negation; W r2,29 anok pron. pers. ich; W v2,30; P 28v1,25; 28v2,1.8f auw und; W r1,3.13; r2,12.23.27; v1,24; v2,2.5.8.13; C r1,6.8.10.14; r2,4; P 28r1,26; 28r2,19.26; 29r2,9.10.15; 29v1,7.13: 29v2,6; 29v2,16 aHe subst. m. Lebenszeit; W r1,6; P 29v1,24 aHom subst. m. Seufzer, Klage aSaHom subst. m. Seufzer, Klage; P 29v1,20f bwk v. gehen; W r1,27; r2,30; C v1,10 bal subst. m. Auge; P 28v2,14 bol subst. m. Äußeres, Außenseite ebol hinaus, heraus; W r2,9.25; v2,7.18; C r1,4; r2,8f; v1,3; P 29r2,9; 29v1,9.22; 29v2,12 nsablla= praep. jenseits, außer P 28v2,26 boGs subst. Tanz, Sprung; Ji- boGs tanzen; P 29r2,6f e- praep.; W r1,28; r2,2.4.10.30; v2,19.24; C r2,9; r2,14; v1,10.17; v2,4.2,15; P 28v1,3.19.29; 28v2,18.22; 29r1,26; 29r2,18; 29v1,6; 29v2,26 ero= C v1,12; P 28r1,20; 28r2,8; 28v1,8; 29r2,3 ebot subst. m. Monat; W v1,3; P 29r2,22; 29v2,14f ekIbe subst. f. weibl. Brust, Brustwarze; P 28v1,27 eneH subst. m. Ewigkeit; C r1,5 et- Relativkonverter; W r1,3.30; r2,6.26; v2,22; C r1,9.10; r2,12; v1,8; v2,15; P 28r2,18.27; 28v1,6.23; 28v2,1.29; 29v2,16.27 eteRelativkonverter; P 28v1,24; 28v2,24 eoou subst. m. Ehre, Herrlichkeit; C v1,13; P 29r2,14 eS- siehe S eHoun siehe Houn eHrai siehe Hrai eJn- siehe JwJ hI subst. m. Haus; W v2,10; C r1,5; P 29r2,12 ei v. gehen; W v2,29; C r2,2; P 29r1,36; 29v1,9 eire v. tun, machen; P 28r1,1324 aa= W r1,29 R- W r1,7.14.18; v1,22; C r1,12; r2,16; P 29r1,27; 29v1,16; 29v2,2.11 o qualit. C v2,15; P 28v2,17 eis siehe; W v2,5; P 28v2,17 eiwt subst. m. Vater; W v1,7; P 28v2,27 ei¾t subst. m. Nagel; C v2,8 ke (ein) anderer; W v2,19; C r2,10; P 28r1,17; 29v2,6 kw v. legen; lassen; C r1,8 kaa= W r2,30f kh qual. W r2,7 kake subst. m. Finsternis; W v2,28 kalaHh subst. f. Mutterleib; P 28v1,20f kto v. sich umwenden kthu qual. P 28v1,3 ale
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Index der griechischen und koptischen Wörter
v. refl. sich umwenden; C v1,12; P 28r2,7; 28v1,7f W v2,24; C r2,14 koui adj. klein; P 28v2,17 kaH subst. m. Erde; W r1,22; P 28v1,24 kooH subst. m. Ecke, Spitze, Wipfel; P 28r2,23 laau pron. indef. etwas, jemand; W v2,27; P 28v2,24; 29r1,29 ma subst. m. Ort; W v2,4.8; C r1,6; P 28r2,16.24; 28v1,1.11; 29r2,13; 29v1,18 me v. lieben mere- P 29r2,11 mou subs. m. Tod; P 29r2,1 maab Zahlwort; dreißig; P 29v2,2 mab- W r1,7 moeit subst. m. Weg: W r2,1 mkaH subst. m. Betrübnis (mkaH nHht); P 29v1,18f mmau adv. dort; W r2,26 mmin mmo= eigen, selbst; P 28r2,15 mn es gibt nicht; W v2,27; P 28v2,24; 29r1,28 mn- praep. mit; W r1,27; v1,9; v2,11; C r2,2; v2,15; P 28r1,17; 28r2,3.6; 28v1,6.24; 28v2,26.27; 29r1,8.23; 29r2,13; 29v1,19.20; 29v2,17.18.23 nmma= W v1,8; C v1,9; P 29v1,17 mNtpraef. P 29r1,6.15.17 mise v. gebären; P 29v1,26 kwte
kot=
mht mNt-
Zahlwort; zehn; W r1,5.14; P 29v2,1.7 subst. f. Mitte; W v1,26; C r1,16; v2,8f mton subst. m. Ruhe; C r1,6 Mton v. refl. sich ausruhen = sterben; W r2,5 maau subst. f. Mutter; W v2,16.25.26; C r2,7; r2,15; v1,14; v2,14; P 28r1,6.18; 28r2,1f; 28v1,18.21.27f; 28v2,5.14; 29r1,2.5.14.20.28; 29r2,4; 29v1,12 mhhSe subst. m. Menge; C r2,2f; P 28v1,14f mooSe v. gehen, wandeln; C v1,8 mouH v. füllen meH qual. voll sein; C r1,11 maaJe subst. m. Ohr; P 28v2,21 n- Negation; W r2,29 n- Attribut; W r1,5.6.7.13.15.19.23; v1,1.2.3.26.29; v2,4.6.9.12; P 28r2,16.17.21.24; 28v1,2.4.11; 29r1,15.17.18.22; 29r2,12.13.14.19; 29v1,8.13.19.24.25; 29v2,1.2.7.9.11.14.24bis m- W r1,16.25; v1,2.3.29; v2,31; P 28r1,14.25; 28r2,21; 29v1,3.12.16.27 n- indirektes Objekt; W r2,7; v2,5.17; P 28r1,5.27; 28r2,1.11; 28v1,20.26; 28v2,4.11.13; 29r1,9; 29v2,13 m- W v1,1; P 28r1,10.13.24; 28v2,2 na= W v2,14; P 29v1,11; 29v2,4 ne P 29r1,1.5.12 nh= W v2,15.21 n- direktes Objekt; W r1,1; v2,20.27; P 28r1,3; 28r2,4.12.20; 28v1,14.15; 28v2,8bis.17.26; 29r1,24.28; 29r2,4.16.20.23; 29v2,19 m- W r1,10; r2,25; v1,4.30; v2,2; P 28r1,6.16.18; 28r2,2; 29r2,18; 29v1,14 mmo= W r1,9; r2,5; P 28r1,16; 28r2,15; 28v1,12.13f; 28v2,6.25; 29r1,13.19.25; mhte
Index der griechischen und koptischen Wörter
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29v1,1; 29v1,26; 29v2,28 selig; P 28v1,17.20.26; 28v2,3.13.20 NkotÈ v. schlafen; W v2,4; P 28r2,16f.24f; 28v1,2.11; 29r2,24 nim jeder; C r1,11 Nte- praep. von bei; als Umschreibung des Genetivs bzw. des Possessivums; W v2,28; P 28r2,12.21; 29r2,1 nto pron. pers. fem. sg. du; P 28v1,17; 29r2,3; 29v1,11 Ntok pron. pers. mask. sg. du; W v1,9 noute subst. m. Gott; W r1,2f; P 28v2,9; 29r2,10.20; 29v1,12f.27 noutm v. süß, angenehm sein notM qual. P 29r2,25 nto]F pron. pers. sg. er; C v1,8 nau subst. m. Stunde, Zeitpunkt; W v1,1.4; C v2,10 nouJe v. legen, werfen noJ= W v2,3 nGi indic. subj.; W r1,8.21; r2,28; v1,28; C v2,17 noG adj. groß; W v1,29; v2,6.9.12; C v2,10; v2,15; P 28r1,22; 28r2,4 oeiS subst. Ruf, Geschrei taSeoeiS subst. m. Verkündigung, Predigt; W r1,28f on adv. wiederum; C v1,8 p- art. def.; W r1,2.10.22.28; r2,6.8; v1,1.3.4.30; v2,2.4.7.10.28.30.31; C r2,1; v1,2.8.15; v2,9; v2,10bis; P 28r1,13.22.24; 28r2,10.16.21.22; 28v1,1; 28v1,1.3; 28v1,9.11.19.23.24; 28v2,1.2.9; 29r1,17; 29r2,1.7.12.13.22; 29v1,12.18bis.22.26.27; 29v2,14.24bis pe- W r1,8.19.22.30; r2,3.26; v2,11; C r2,1; v2,4; v2,17; P 28r1,14.21; 28v2,28; 29v1,23 nW r1,27; r2,28; v1,31; C r1,12; v1,11; P 28r1,2f.4.8; 28r2,3.5.6.19; 28v1,6; 29r1,8.21.23; 29r2,18.26.27.28.29; 29v2,19 ne- P 29r1,7; 29v2,23 m- P 28v1,5; 29r1,15.18.22; 29v1,6 t- W r1,11.16.21.24.26; r2.2.4.10; v1,6.26; v2,14.17.21; C r2,5.7.11; v1,7.14.17; v2,8; P 28r1,27; 28r2,9.17.27; 28v1,4.23; 28v2,11; 29r1,15.17; 29r2,23; 29v1,7.12.20; 29v2,8 te- W v1,23.26; v2,5; C r1,13; v1,11; P 28r2,26 ou- W r1,14; v1,29; v2,6.9.11; C r2,2; P 28r2,4; 28v1,14; 29r2,24 HenC v2,8; P 28r2,11; 28v2,22 pe= art. poss. na- W v2,21; P 28v2,29; 29r1,3 nou- P 28v1,26; 28v2,4.13 pa- W v1,6; C r1,5,7;P 28r1,11; 28v2,16.27; 29r2,8.9.10 pou- P 28v2,18; 29r1,11 pek- P 29r2,12.14 pes- P 28r2,24; 28v1,2; 29r2,18.19; 29v1,14.16.24; 29v2,9.13.18.26 peF- P 28r2,14 pen- P 28r1,26; 29v1,4; 29v2,21; W r1,17.25 ta- W v2,16.26; P 28r1,17; 28v1,18.21.27.29; 28v2,5.14; 29r1,2.5.6.14.21.28; 29r2,4 tou- C W v2,17; r2,8; P 28v1,20; 28v2,7; 29r1,10.26 tes- P 29r2,6; 29r2,17; 29v1,1.3; 29v2,16 naIat=
260 teF-
Index der griechischen und koptischen Wörter
W v2,25; P 28r1,5; 28r2,1 praef. poss.; C v1,2 pe subst. m. Himmel ph]ïe C v1,3; P 29r1,16.18.22; 29v1,6 pe Kopula; W r1,18; v2,30; P 28v1,25; 28v2,9; 29v1,24 pai pron. dem. nai W r1,19.30; C v2,15; P 28v2,23; 29r2,16; 29v2,10 pei- art. dem.; W v2,19; C r1,9; r2,9; P 28r1,16 tei- P 29v1,13 pwwne v. intr. sich ändern (mit ebol sich fortbewegen); W v2,18; C r2,8 pwrS v. ausbreiten porS= P 28r2,13f; 29v2,22 pwrJ v. sich trennen; P 28r1,20 pwt subst. m. Lauf; W r2,8 pwt v. laufen; P 29v1,21 peJe v. der Suffixkonjugation sprach; W v1,5 peJa= W v2,13f.25; C r2,4.15; rh subst. m. Sonne; W v1,4 ro subst. m. Mund, Tor; P 29r1,17 rwme subst. m. Mensch; W r2,7 rompe subst f. Jahr; W r1,5f.7.13.15.19.23; P 29v1,25; 29v2,1.2.7.11 ran subst. m. Name; C v1,2 rro subst. m. König; P 29v1,17 ero (mnt-ero) P 29r1,6.15.18 raSe v. sich freuen; C v1,3; P 29r2,7 rSwn subst. m. Mantel, Überwurf; P 29v2,18 rouHe subst. m. Abend; W v1,1 sa subst. m. Seite, Richtung; P 28v1,3 mNnsa nach; W r1,15.24.29; P 28r2,9; 29v2,4.8 mNnsws adv. danach; W v2,1.23; C r2,13; P 28r1,7.9; 28v1,16 nsa- (nsw=) praep. nach, hinter, außer; C r1,8; P 28v2,26 sa subst. m. Schönheit; P 29r2,12 se Zahlwort; sechzig; W r1,19.22; P 29v1,24; 29v2,11 séÜte v. bereiten, vorbereiten, einsetzen; P 28r1,13.24; 29v1,14 sbtwt= P 29r1,12 smou v. segnen smamaat qual.; W v2,22f; C r2,12f saanS v. ernähren, leben (lassen); aufziehen P 28v2,2 sop subst. m. Mal, Zeitpunkt; P 28r1,17; 28v1,15; 28v2,8 spotou subst. m. (Dual); Lippen; P 28v2,4 stoi subst. m. Geruch, Duft sTnouFe Wohlgeruch; W v2,6 swtm v. hören; P 28v2,21f swtQ v. wählen, erwählen; P 28r1,11 shu subst. m. Zeit, Zeitraum, Tag sou- W v1,2; P 29r2,20; 29v2,13 sooun v. wissen; C v2,13; P 28v2,25 saS subst. m. Spottbild; C v1,17 te Kopula; P 29r2,3; 29v1,12 pa-
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v. geben; W v1,28; v2,2; C v1,13 P 28r2,22.17 taa= P 28v1,28 to P 29v2,17 talo v. hinaufsteigen talhu qual.; C v2,3; P 28v2,17f tapro subst. f. Mund; P 28v1,29f; 28v2,7; 29r2,17 thr= ganz, alle; W r1,18.20; v1,23; v2,8.31; C r1,13; v2,12; P 28r2,4; 28v2,2f.12; 29r1,21f; 29v1,8.23f; 29v2,10 tortr v. durchbohren, einschlagen, anheften tRtwr qual.; C v2,7 Tou Zahlwort; fünf -th P 29v2,1.7 twoun v. aufstehen; W v1,27; C r1,17 (twoÊ); P 28r1,12; 28v1,21 tñS v. begrenzen, festsetzen, anordnen; W r2,22 taSo v. vermehren taSeoeiS siehe oeiS oua Zahlwort; eine(r); P 28r1,8.9; 28r2,23; 29r2,23 -oue W r1,14 oueie (fem.) P 29r2,21; 29v2,14 ouaab adj. heilig; W r2,1; P 28r2,18.27f; 28v1,6; 28v2,29; 29v2,27 ouoein subst. m. Licht; W v2,9.19f; C r2,10; v2,1 ouoeÎS subst. m. Zeit; W r2,3 ounou subst. f. Stunde; W v2,5; P 28r2,26 ouwn v. sich öffnen; P 29r1,19; 29r2,16 ounam subst. f. rechte Seite; P 28r1,2; 28v1,12; 29r1,13; 29v1,15 ouSh subst. fem. Nacht; W v1,23.26f; C r1,13.17 ouwS v. wollen; W r2,29 ouwH v. bleiben, sich niederlassen, weilen; W v2,1 ¼¼ v. schwanger werden, empfangen (mmo= mit); C v1,6 wnH v. leben; C v1,15; P 29v2,6 onP qual. W r1,3 wnP subst. m. Leben; W v2,30; P 28r2,22; 29v2,24f wS v. ausrufen; P 29r2,8 wHe v. sich stellen aHer]Ût= W v1,7f S- können; W v2,28 eS- P 29r2,2 Sa- präp.; C r1,5 Saro= W v2,11.29; C r2,2 Slhl v. beten; W v1,24; C r1,14 SlaH v. sich fürchten; ängstlich, bestürzt sein; C v1,16 Smoun Zahlwort; acht; W r1,12 -Smhne Somnt Zahlwort; drei; W r1,5.7 -Séçte Shn subst. f. Baum P 28r2,21; 29v2,24 Swpe v. werden; W r2,3.31; v2,10; C v2,3; P 29r2,13 Soop P 28r1,1f T
îÛ-
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Index der griechischen und koptischen Wörter
subst. f. Wunder; W v2,20; C r2,10 subst. m. Sohn; C r1,7; P 29r2,11.19; 29v1,16.26; 29v2,9 Sorp adj. m. erster nSorp zuerst; C v1,5 Stortr v. verwirrt werden, verwirren; C v1,14 Strtwr qual. aufgeregt, verwirrt sein; C r1,10 SwS v. sich ausbreiten, verbreiten; W v2,7 Fi v. tragen; P 28r1,27; 28v1,23 Ftoou Zahlwort; vier; P 28r2,20 Ha praep. unter, für; P 28v1,23bis; 29r2,7; 29v1,3 Haro= P 29v2,22 He subst. f. Art, Weise; P 29r2,23; 29v1,14 Hh subst. f. Mutterleib, Bauch; C v1,7 Hh subst. f. Vorderseite; P 29v1,3 Hht= W r2,1f.25; C v1,16 HÎqh vorn, vor, vorwärts; P 29v1,3 Hi- praep. auf, aus; P 28r1,2.4; 28v1,12; 29r1,13; 29v1,3.15 Hiww= P 29v2,17 Ho subst. m. Gesicht; P 28v1,3; 28v2,16 Hww= selbst, seinerseits; W r2,6; C v2,14 Hbsw f. Gewand; P 29v2,16 Hloole v. (ein Kind) wiegen, einlullen; P 29r1,9 Hme Zahlwort; vierzig; W r1,12 Hamhr subst. m. Arme; P 28v2,18f Hmoos qual. als Infinitiv; sitzen; W r2,23f; P 28v1,10 Hn- praep.; W r1,12.25; C v1,7; v2,8; P 28r2,4.14; 28v2,7; 29r1,14; 29r2,24; 29v1,27 HmW v2,7.10.18; C r2,9; P 28r1,21; 28r2,24; 28v2,16; 29v1,17 nHht= P 29v1,22 Houn subs. m. Inneres eHoun adv. hinein; W v2,29; P 28v1,29; 28v2,15f 29r2,2; 29v2,26 Hwn v. sich nähern, nahe sein; P 29r2,2 (eHoun) Hn- W r1,4 Hinhb subst. m. Schlaf; P 29r2,25 Hwp verbergen Hhp qual.; P 28v2,23 Hrai subst. m. eHrai adv. herauf, hinauf; W r2,2.7; P 28v1,1; 29v1,5 HareH v. hüten, bewahren; W r2,9f Hise subst. m. Mühe; C r1,11; r2,1 Hht subst. m. Herz; P 29v1,19 HaHth= W r2,24 Hoîe subst. f. Furcht; C r2,16; P 28r2,5; 29r1,27 HwtQ v. sich versöhnen; (von Gestirnen) untergehen; W v1,5 Hoou subst. m. Tag; W r2,26 HaH viel; P 28v2,8 HiJm siehe JwJ Je zur Einführung der direkten Rede; W v1,6; v2,14.26; C r1,4; r2,5.16; P 28r1,11; 28v1,7.18.22.28; 28v2,5.15.21; 29r2,3.8 Ji v. nehmen; W r2,1 (Ji-moeit den Weg weisen); P 28r2,11; 29r2,6; 29v1,1 Sphre Shre
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Jit=
P 29v1,5 v. sagen, sprechen Je- P 29r2,15 Joo= C v2,12; v2,16 Joeis subst. m. Herr; W r1,10.17; v1,30; P 28r1,27; 29r2,9; 29v2,21 Jwk v. vollenden (auch von der Lebenszeit = sterben); P 29v2,12 Jek qual.; W r2,8 Jp- subst. f. Stunde; W v1,26; C r1,16 Jpo v. gebären; W r1,1.4 Jpo= P 28v1,19; 29v2,5 Jouwt Zahlwort; zwanzig; W v1,2 Jout- P 29r2,21; 29v2,14 JwJ (Jw=) subst. m. Kopf eJn- praep. auf eJM- W v2,3; P 28r2,16 HaJw= praep. vor; P 29r1,20; 29v1,9f HiJm- praep; W r1,22; P 28v1,10 Gin- praef. zur Bildung von nom. actionis und concreta; W v2,17; C r2,8 Ge also, nun; W r1,19.20.23; r2,3 Gw v. bleiben, ausharren; W r2,23 Õbour subst. f. Linke, linke Hand; P 28r1,4 Géí subst. m. Hälfte; W r1,14 GwSt v. blicken; W r2,24f; P 28v2,15 ÕiJ subst. m. Hand; P 28r2,14; 29r2,19 Jw
Suffixpronomen -I W v1,8; C r1,8; v1,6; P 28v1,19; 28v2,6.26; 29r1,13 -È W v1,8 -te/-e C v2,14; P 28v1,17 - P 29r1,20; 29r2,3 -F W r1,4.20bis; r2,25; v2,8.14.24.25.31; C r2,14.15; v1,16; P 28r1,3.4.10; 28r2,8.15; 28v1,16; 28v2,3; 29r1,12.19; 29v1,17.22.24; 29v2,4.5; P 28v1,8; 28v1,12.14.20; 28v2,12; 29v1,5.8.10.11; 29v2,17.22.28 -s W r2,2.5.6.24; v1,23; v2,1.3.11; C r1,13. r2,2; v2,16 -n W v2,14; C v1,9 -tn W v2,15.21; C r2,11; P 28r1,16.20 -ou W r1,18; r2,31; C v2,12bis; v2,13; v2,16; P 28r2,4.14; 28v1,26.28; 28v2,3.13.20.25; 29r1,22.20; 29v2,10.22
Konjugationen Adverbialsatz bzw. zweiteiliges Schema (BP) Präsens Grundform (= Präsens I) te- C v2,13 se- W r2,29
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Circumstantialis ere- W r1,11; v1,31; C v1,11; P 28r1,1.3; 28r2,5; 28v1,2.5 ei- P 28v2,17bis eF- P 29r2,25 es- W r1,4; P 29v1,27; 29v2,3 eu- W r2,23.24; v1,23.24; C r1,13.14; v1,13; P 28v2,23; 29v1,2
Imperfekt nere- W r1,30 neu- W r2,27 Instans W v2,28; P 29r2,1 ˇna- C r1,8; P 28v2,29; 29r1,3.7 na-
Futur II eina-
C r1,4
Circumstantialis W v1,4; P 29r2,23
eFna-
Verbalsatz bzw. dreiteiliges Schema (TP) Perfekt I a- W r1,26; r2,3; v2,9.11; C r2,1; P 28r2,10.27; 29r2,6.26; 29v1,7 ai- P 29r1,12; 29r2,11 ar- P 28v1,8.21.28; 28v2,6.15.21 aF- W r1,6; v2,7.24; C r2,14.16; P 28r1,5.24.27; 28r2,13. 22; 28v1,9.13 as- W r1,14; r2,8.31; v1,27.28; v2,3; C r1,17; P 29r2,7.16.17; 29v1,16.26; 29v2,2.6.12 au- W r2,23; v1,22; C r1,12; P 29r1,19.24.26; 29v1,10.14; 29v2,25.28 Perfekt (Relativsatz) nta- P 29v1,18; P 29v2,20f ntaF- P 28v2,10 Ntas- W r1,20 Perfekt Ntasn]îaFNtau-
II W r1,3f C v1,4 W r1,9f
Aorist Sau- W r1,18r
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Aorist II eSau- P 29v2,10 Negativer Kompletiv m]pat(e)C v1,6 mêates- P 28r1,19 Mpatou- W r1,8
Nebensatzkonjugationen Konjunktiv NÁ- P 28r1,13 nÇ- W r2,30 Temporalis nteresntßren-
W v2,2; P 29r2,15 C v1,9
Limitativ SÛtou- P 29v1,4f Kausative Konjugationen Kausativer Konjunktiv ta- C v2,14; P 28r1,15 Kausativer Infinitiv C v2,12 tre- W r2,4; P 28v2,29; 29r1,3.7 tres- W r2,30; P 29v2,4 tra-
negierter Imperativ mpr- C r2,16; v1,13; P 29r1,27
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Stellenregister 1. Bibelstellen 12,1 14,31-39
Altes Testament Genesis 1,1 – 2,4 2,9 5,24 20,3
23* 57* 114* 191*
Levitikus 25,1-55
23*
Deuteronomium 22,5 22,22
206* 191*
17* 60*
2. Könige (= 4. Könige LXX) 2,11 2,11-16 19,4
114* 124* 17*
Jesaja 7,14 9,1 34,17 Daniel 6,20-23 10,13 10,21
Hosea 2,1b
17*
Neues Testament
1. Samuel (= 1. Könige LXX) 17,26 19,5-8
Psalm 25 LXX 30,6 LXX 41,3 LXX 83,4 LXX
55* 124*
62 62* 17* 17*
20*, 22* 38* 135*
60* 55* 55*
Matthäus 1,23 1,24a 2,13f 2,19-22 3,2 4,1 4,1-11 4,10a 4,16 4,17 5,3 5,3-10 5,10 9,2a 10,7a 12,41 12,46-50 13,53-58 15,21-28 16,16 16,23a 17,22f 20,12 20,20-23 22,37f. 23,9a 25,1-13 26,63
16*, 17*, 20*, 22* 6* 46* 46* 61* 31 60* 203* 38* 61* 61* 58* 61* 37* 26, 28*, 136*, 202* 26* 160* 160* 207* 17* 203* 34* 46* 60* 62* 142* 36* 17*
Stellenregister
27,55 27,56 27,61 28,5 28,10 28,6f 28,19
29* 181* 181* 45* 45*, 133*, 181* 197* 202*, 203*
Markus 1,1 1,12 1,12f 1,32a 1,39b 3,14 3,21 3,33-35 4,10a 5,42 6,3 6,4 7,24-30 9,30-32 10,35-40 10,39 11,11 13,10 13,35 14,9 15,30 15,40 15,41 15,43 16,1 16,7 16,9 16,15
21* 31, 32 60* 34* 26* 136*, 202* 158* 158* 203* 6* 158* 158* 207* 34* 60* 128* 34* 202* 34* 202* 181* 181* 29* 33* 182* 197* 182* 27*, 136*, 202*
Lukas 1,13 1,19 1,26 1,26-38 1,27b 1,28 1,30 1,32 1,35b 1,38
45* 55* 55* 123* 22* 39* 45* 21* 18* 156*, 159*
267 267
1,46b-55 1,47 1,57a 1,78f 2,6 2,9 2,10 2,11 2,13 2,19 2,25 2,35 2,38 2,41-51 2,51 3,23a 6,12 8,1-2a 8,1-3 8,2a 8,2f 8,19-21 9,2 9,43-45 9,51 9,60 10,1 11,32 12,36 12,55 22,39-45 22,43 22,53 23,46 23,49 23,51 24,1-10 24,9f 24,10 24,29 24,36 24,37
37* 24* 32 38* 32 38* 45* 24* 11*, 45* 46*, 159* 33* 166* 33* 159* 159* 25* 35* 28* 194* 4* 181* 160* 136*, 202* 34* 25* 27* 109* 26* 33* 46* 35* 60* 6*, 39* 62* 29* 33* 194* 197* 181* 34* 39* 57*
Johannes 1,18b 2,1-10 11,12 11,23b 11,25
34* 20*, 160* 24* 37* 39
268 13,1b 14,6a 14,27 16,13a 16,28b 18,36 19,26f. 19,27 19,28b 20,1 20,11f 20,17f 20,19 20,21 20,26 20,27 21,17b 6*, 33* 21,18 Apostelgeschichte 1,2 1,3 1,8 1,12-14 1,13f 1,14 1,15-26 1,23-25 1,25f. 2,37 2,42f 3,1-8 3,8 4,1 – 5,40 4,14 4,33 4,35 4,37 5,2 5,12 5,18 5,20 5,29 5,40 6 6,1-6 7,2a 8,1 8,1-4
Stellenregister
39* 39* 56* 32* 44* 61* 127*, 160*, 162* 10* 46* 132, 182* 132*, 133*, 182* 197* 39*, 56* 39*, 56* 39*, 56* 10* 33*b
127* 148* 126* 125* 160* 22*, 30*, 150* 126*, 127* 135* 127* 127* 127* 127* 62* 128* 34* 127* 127* 127* 127* 127* 127* 27* 127* 127* 126* 127* 142* 127* 126*
8,2 8,4 8,14 8,14-17 8,39b 9,3 9,3-43 9,10 9,19 9,27 11,1 11,30 12,1f 12,3-23 12,5-8 12,12 14,15 15,2 15,4 15,6 15,22 16,4 16,25 21,8 21,17 22,1 22,6 26,13 27,27
127*,
126*, 126*, 126*,
126* 126* 127* 128* 32* 38* 31* 126* 126* 127* 127* 126* 128* 128* 36 146* 17* 127* 127* 127* 127* 127* 35* 26 127* 142* 38* 38* 35*
Römer 1,3 8,19 8,23 8,25 8,38 16,8 16,7 16,25
21* 33* 33* 33* 61* 34* 195* 26*
1. Korinther 1,7 1,21 2,4 11,3b 12,26 14,15 14,34 15,5
33* 26* 26* 179* 10* 35* 179* 10*
Stellenregister
15,7 15,14 15,24 16,11 2. Korinther 2,15 3,3 6,5 6,6 11,27 11,32 Galater 1,17 1,18f 2,1 2,9 3,28 4,4 5,5
10* 26* 10* 33*
37* 17* 35*, 44* 17* 35* 126*
126* 128* 128* 127*, 128* 193* 21*, 158* 33*
Epheser 1,20 4,11 5,2 5,23 5,28f 6,12 6,18
61* 26 37* 179* 179* 61* 35*
Philipper 3,20 4,15 4,18
33* 26* 37*
Kolosser 3,1 4,2 1. Thessalonicher 1,9f 1.Timotheus 2,11f 6,13 2. Timotheus 1,16
61* 35*
17*, 33*
179* 46*
109*
269 269
2,5 4,2-5 4,3 4,5b 4,7 4,8 4,16 4,17 4,21
61* 33 33 26* 33, 63* 33 34* 26* 109*
Titus 1,3 2,13
26* 33*
1. Petrus 3,19 4,6
27 40*
2. Petrus 4,2b
24*
1. Johannes 2,13a 2,14b 5,20
142* 142* 18*, 39
Hebräer 3,12 9,27 9,28 10,31 11,10 12,22 13,17
17* 33* 33* 17* 33* 17* 35*
Jakobus 1,11 1,15 5,7 5,13
46* 10* 33* 35*
Judas 9 21 Offenbarung 1,13 4,1f 12,7a
55*, 146* 33*
33* 61* 55*
270
Stellenregister
2. Alttestamentliche Apokryphen und Pseudepigraphen Ascensio Jesajae
216
Apokalypse des Elias
216
Testament des Abraham 20
145*
äthiopischer Henoch 24,6 71,3
146* 146*
slawischer Henoch 22,6
146*
3. Apostolische Väter Barnabasbrief 15,3-4b
24 23
Ignatius von Antiochien Eph 4,2a Rom 2,2b
110 39* 39*
4. Neutestamentliche Apokryphen Evangelien Philippusevangelium EvPhil 32 Protevangelium Jacobi 12,3 19,2b
30 22*, 59, 120, 161, 216, 226 120* 59*
Pistis Sophia I,1 I,1-3 I,3 Thomasevangelium Logion 114 Unbekanntes Berliner Evangelium „Gospel of the Savior“
76, 149 76* 76* 76*
206*
8
Johannes-Akten des Pseudo-Prochorus Acta Pauli et Theclae 25 40 41
120, 121* 182, 197-207 207* 207* 202*
Geschichte von Joseph dem Zimmermann JG 18,4-7 Liber Bartholomaei
Ms. Ms. Ms. Ms. Ms. Ms.
A p 89,31-26 B p. 112,13-16 B p. 112,13-38 C p. 43,1-15 C p. 56,17-20 C p. 56-57
41, 77 40 8*, 19*, 54, 78*, 99, 100-103, 131, 135, 140, 143, 145 141* 55* 145* 140* 140* 153*
Apokalypsen und Sonstiges
Apostelgeschichten Andreasakten
152
Acta Johannis 60-61 81,1f 115
162 36* 143* 57*
(Pseudo-)Johannes griech. Transitus 20
68, 134 60*
Johannes von Thessalonike (Transitus) 77*, 81f, 83, 91, 97 dorm BMV
271 271
Stellenregister
A1 A8
82*, 118* 130*
Josef von Arimathäa (lat. Transitus) Marienapokryphen Boh. Dorm.
119
19*, 130*, 185*
Sah.dorm. II, X,4f II, X,7b
111* 112*
Sah. vita IV, 20f IV, 22 IV, 25 IV, 26 IV, 38 IV, 115 IV, 122
108* 108*, 130* 32* 117* 133* 108* 108*
(Pseudo-)Melito (Transitus) 77, 80, 83, 85, 91f, 95, 113 Petrusapokalypse
216
5. Papyri, Handschriften etc. Paris, BN Copte, 1291 fol 8-13 Borgia Copto 109, XXV, 120
105*
British Library Or. 6784
105*
P.CtYBR. inv 1788
22*, 47*, 59*
P. Heid. inv. kopt. 685
140*
P. Ryl. III 470
173*
Paris, BN Copte, 12917 ff. 28 u. 29
47-64, 116, 153
Pierpont Morgan Library MS 583, fol 117v 3*, 105* Pierpont Morgan Library MS 597
P. Vindob. K 2644
46*
P. Vindob. K. 7589
1, 13-41, 116
5*
105*
Cambridge, University Library ADD. 1876 8 16, 150* CPR IV; 17,7f
32*
6. Griechische, lateinische, jüdische und christliche Autoren und Schriften Ambrosius Expos. in lc lib 2,61
166 166*
Ananias der Rechner
72
Anonymus von Piacenza Itinerarium Apostolische Kirchenordnung
III,6,1-2 III,9,1-4 VII,46,4 Athanasius von Alexandrien ep. virg
179* 178* 109* 184f 185*; 211*
168f 222, 228
Apostolische Konstitutionen 177, 180f, 182, 189, 229
Augustinus c. Felicem II, 6
89*
Beda Venerabilis Liber retract. in act. apost. 8
80 80*
272
Stellenregister
Breviarius des Hierosolyma
169
Clemens von Alexandrien q.d.s. 42,2
148 128*
Clemens von Rom Decretum Geleasianum 5,3,6 5,4,9 5,6,1
84 84, 91f, 97 100* 90* 90*
Didymus von Alexandrien
174
Dioscorus von Alexandrien Predigt über Makarius von Tkôw
138
Egeria
163
Ephraem, der Syrer comm. in. Diat. II, 17 V,5 XXI,27
132* 132* 132*
Epiphanius von Salamis 129*, 161*, 163-165, 168, 170, 174, 177, 215, 226, 229 haer. 51,2,4a 32 51,6,9 88* 62,2,5 18* 78,11,2 147* 78,11,3 96* 78,11,4b 166* 78,11,4c 166* 78,16,7 204* 78,23,8 167* 78,23,9a 167* 78,23,9b 167* 78,2,6 172* 79,1,7 173* 79,3,1 171* 79,3,2 172* Epiphanius von Konstantinopel (Monachus) de vita sanctissimae Deiparae 1
84*
25 Euseb von Caesarea h.e. 2,1,4 3,1,1 3,22 3,25,4 3,31,3 3,36,2 5,18,14 in Jes II, 8 II,9 Eutychius von Alexandrien Annales 440
62*, 119* 122, 126 148 128* 109* 201* 128* 109* 121*, 122* 135* 135* 172 173*
(Pseudo-)Evodius von Rom 54, 55, 56, 63, 83, 104, 108-112, 117, 133 In dorm. Mar I, 1 19*, 110* I, 4 20* I, 5 21*, 58* I, 9 20* I, 10 55* I, 14 20*, 57*, 134*, 135* I, 15 55*; 56*, 110* I, 16 59* I, 17 57* I, 19 57*, 58*; 61* I, 22 60* III, 1,3ff 109* Boh. dorm. IV, 6 111* V, 2 141* V, 4 141* V, 5f 141* V, 8 141* V, 10 142* V, 11 141* VI, 3 141* VI, 4 142* VI, 5b 112*, 135* X, 7b 112* XI, 11 112* XVIII, 15 112*
273 273
Stellenregister
Evodius von Uzala De fide contra manichaeos 38 Gregor von Tours Mirac. lib. I, De gloria martyrum, cap. IV
89* 94
Kyrill von Jerusalem 45*, 105, 107*, 117, 133, 163 (Pseudo-)Kyrill Predigt über das Leiden Jesu Leucius
Hesychius von Jerusalem Hieronymus De vir. ill. 7 15 40 In Matth. prol. 8
163 199 109* 122* 100*
23* 210* 210* 189*
Hippolyt von Theben Chronik III,4
121 122*
Irenäus von Lyon Adv. haer. II,22,5 III,3,1 III,3,3 III 16,2 VI, 28,3 Johannes Chrysostomos Johannes von Damaskus
80*, 88, 89, 91f, 95
103*
Hippolyt von Rom Danielkommentar IV, 23 haer. IX; 10,10-11 Noet 2 Traditio aostolica XI, 1
Innozenz I. (Papst): Brief an Exuperius von Toulouse Ep 6,13
133
93*, 168 Martyrium des Polykarp 19,3 Maximus Confessor Marienleben
228 220* 118 120, 136, 162
Melito von Sardes pass. 735-737
210
Missale Gothicum
157*
Modestus von Jerusalem dorm. 1 7 9 11
169 124* 124* 34*
Noëtus von Smyrna
209
89*
128* 148 109* 21* 23* 71f., 196 83
Josephus ant 15,7,10 18,5
191* 191*
Kyrill von Alexandrien ep. 17,12
117 212*
Origenes hom 6,3 in Luc. Cels. III, 21 VI, 6
128, 173 109* 148* 148*
Orosius
163
Pacianus von Barcelona Ep. ad Sympronianum (Ep 1,2)
89*
Petrus Abaelard Sermo 13 in die paschae
197
Photios Bibl. cod. 114
90f 91*
Severus von Alexandrien Pseudo-Dionysius Areopagita myst. 1,3 apokrypher Brief an Timotheus
67
100* 137
274
Stellenregister
Rufin von Aquileia
163
Sakramentar von Toledo
Theodoros Studites Catechesis chronica 11
157* Theodosius von Alexandrien
Sokrates
163
Sozomenus
163
syrische Didaskalie III, 5 XV
84 84*
174-177, 179-182, 215, 222, 226, 229b 183 177*, 211*
182, 198, 200f, 222, 228 de praescriptione haereticorum LXI,5 155* De bapt. XVII,5 198* De Virg. vel. 9,1 200
Dorm 2,1f 2,2 2,5 2,8f. 2,9 6,6 9,16
41, 67, 83f, 104, 117 117*; 130* 114* 114* 123* 19h 142* 115*
Tertullian
Theodoret von Cyrus
163
Thedosius de situ terrae sanctae Theophilus von Alexandrien In dorm. Mar. Turribius von Astorga Ep. ad Idacium et Ceponium 5
168
19*, 115*
89*
Moderne Autoren (in Auswahl) Aland, K. 4 Albrecht, R. 131*, 166*, 174* 195f*, 197*, 201*, 202*, 204* Baumeister, Th. 221*, 222, 223* Brooten, B. 186* Cothenet, É. 72*, 75*, 79, 82*, 86, 88*, 96, 101 Cramer, M. 3 Dassmann, E.
28*
Eisen, U. 176*, 194* Esbroeck, van M. 73, 75, 76*, 104*, 108, 118*, 125*, 135*, 136*, 137*, 138*, 162*
Mimouni, S. 16*, 21*, 41*, 47*, 62*, 68*, 69*, 72*, 73*, 74*, 77, 78, 79, 80*, 81, 84* 87*, 92*, 93*, 95*, 97*, 99, 100*; 101*, 103*, 104* 105*, 106*, 107*, 115*, 116*, 118*, 137*, 146*, 152*, 157*, 167*, 225 Morenz, S. 7, 9*, 12*, 40, 77, 78*, 161* Nagel, P. 5*, 9*, 20*, 207* Niessen, J. 22*, 68*, 83*, 162*, 163*, 164*, 165*, 166*, 167*, 168*, 169*, 170*, 212* Petersen, S. 148*, 149*, 152*, 155*, 156*, 171*, 181*, 183*, 191*, 206*
Jugie, M. 67*, 68*, 69*, 70*, 78*, 82*, 83*, 84*, 86*, 87*, 90*, 91*, 92*, 93*, 94, 96*, 99*, 104*, 121*, 165*
Schüssler-Fiorenza, E. 189f, 193*, 196* Sellew, P. 22*, 47*, 59*, 75*, 79, 98*, 131*, 136*, 217* Shoemaker, S.J. 34*, 47*, 67*, 69*, 77*, 79*, 81, 88*, 98*, 108*, 110*, 121*, 124*, 162*, 167*, 169*, 209*, 214, 225 Speyer, W. 64*, 65*, 84*, 87*, 90*, 183*, 201* Synek, E. 65*, 131*, 132*, 162*, 188*, 197*, 200*
Kohlbacher, M.
Testa, E.
Förster, H. 3, 4*, 10*, 11*, 46*, 71*, 72*, 76*, 138*, 173*, 185*, 217* Haibach-Reinisch, M. 71*, 85*, 86, 88*, 90*, 92*, 93*, 94, 95, 119, 120* Hengel, M. 17*, 29*, 31*, 125*, 126*, 127*, 160*, 191*
214*, 215*
Lantschoot, van A. 41*, 97*, 98*, 99*, Lefort, L. Th. 7*, 9* Marjanen, A. 30* Markschies, Chr. 101*, 188*, 219*
73*
Westerhoff, M. 5*, 8*, 78*, 100f, 102*, 141*, 143* Wilfong, T. 60*, 192*
Sachregister (in Auswahl) Ägypten 157, 193, 217f, 221 Apokryphen 90, 96 Apostel 28, 36, 45, 114, 124, 126, 128f, 134, 149, 153, 170, 194f Apostelkonzil 127 Auferstehung 34, 148 Bekehrung 38 Bethlehem 73f Diakonin 180 Dogmengeschichte 66 Dormitio 34*, 41, 60, 69, 71, 75, 99 Endzeit 61 Engel 45, 60, 145 Entrückung 32 Ephesus 128, 136, 147, 162, 164f Epiphaniefest 76, 138 Erscheinung 54 Eucharistiefeier 153 Frau (Rolle der) 154f, 186ff Frauenklöster 131, 184, 205 Friedensgruß 39, 56, 141 Gabriel 55 Gebet 35f, 37, 58, 139f, 214 Gottesdienst 56f Himmelfahrt – (Jesu) 148 – (der Maria) 77 – (des Henoch) 114 – (des Elia) 114 Homilie 97 Initialbuchstaben Inschriften 3
5
Jakobus 31 Jerusalem 41, 70, 73f, 78f, 124, 126, 130, 136, 138, 146, 149, 165, 168f, 214 Jünger 56 Jungfrau 21 Junia 194, 195-197
Koine-Griechisch 8 Kollyridianer 96, 166, 168, 171f, 173 Konzil – von Nicaea 172, 183 – von Ephesus 67, 146, 161 – von Chalzedon 67 – Kreuzigung 46 Lehnwörter 6, 10 Licht 38, 143f Mahlfeier 55, 140 Manichäer 89 Maria Magdalena 30, 131, 133, 162, 181 Marienfeste 157 Michael 55, 146 Mission 125, 134, 135*, 149, 193, 202f Modalismus 210, 214f, 222f Monarchianismus 18*, 19, 209, 210, 219* Monophysiten 67 Nacht 35*, 36 nomina sacra 3f, 24 Paläographie 42 Palmzweig 79 Patripassianismus 18*, 19, 209 Petrus 31, 57, 142, 148 Pfingsten 127 Pontius Pilatus 46 Predigt 129f, 135f Sabbatjahr 23 Schenute von Atripe 4 Schmuckbuchstaben 3 Seligpreisungen 58 Syneisaktentum 163, 168 Thekla 64*, 182, 194, 197-207 Tod 62 Transitus-Mariae 16, 60, 65, 67, 72, 75f, 87, 91, 93, 98f, 103, 105, 115, 118, 134, 216, 221
277 277
Sachregister
Verkündigung 26 Versuchung 60 Vita Mariae 106 Weihnachtsfest
138
Weißes Kloster 4f, 220 Wohlgeruch 37, 143 Zahlensymbolik
23, 63
P.Vindob. K. 7.589 Recto Photo: Österreichische Nationalbibliothek Photoatelier i
P.Vindob. K. 7.589 Verso Photo: Österreichische Nationalbibliothek Photoatelier ii
Cambridge Add 1876 8 Recto Photo: Cambridge University Library. By permission of the Syndics of Cambridge University Library. iii
Cambridge Add 1876 8 Verso Photo: Cambridge University Library. By permission of the Syndics of Cambridge University Library. iv
Paris BN Copte 12917 f. 28 Recto Photo: Bibliothèque Nationale, Paris v
Paris BN Copte 12917 f. 28 Verso Photo: Bibliothèque Nationale, Paris vi
Paris BN Copte 12917 f. 29 Recto Photo: Bibliothèque Nationale, Paris vii
Paris BN Copte 12917 f. 29 Verso Photo: Bibliothèque Nationale, Paris viii