Springer-Lehrbuch
Klaus Jänich
Vektoranalysis Fünfte Auflage Mit 110 Figuren, 120 Testfragen und 52 Übungsaufgaben
4y Springer
Prof. Dr. Klaus Jänich Universität Regensburg NWFI - Mathematik 93040 Regensburg, Deutschland e-mail:
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Mathematics Subject Classification (2000): 58-01
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ISBN 3-540-23741-0 Springer Berlin Heidelberg New York ISBN 3-540-00392-4 4. Aufl. Springer Berlin Heidelberg New York Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. Springer ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media springer.de © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 1992,1993,2001, 2003, 2005 Printed in Germany Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, daß solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Satz: Reproduktionsfertige Vorlagen des Autors Herstellung: LE-TgX felonek, Schmidt & Vöckler GbR, Leipzig Einbandgestaltung: design & production GmbH, Heidelberg Gedruckt auf säurefreiem Papier
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Vorwort zur fünften Auf lage
Im Sommersemester 2003 habe ich den Inhalt dieses Buches wieder einmal in einer Vorlesung vorgetragen. Die Verbesserungen, die ich mir dabei in mein Korrekturexemplar der vierten Auflage notiert habe, sind jetzt ausgeführt. Langquaid, im September 2004
Klaus Jänich
Vorwort zur dritten Auflage Gleichzeitig mit dieser dritten Auflage meiner Vektoranalysis kommt in New York die englische Ausgabe heraus, wovon auch das deutsche Buch profitiert, weil es jetzt die zahlreichen Verbesserungen und Korrekturen enthält, die im Zuge der Übersetzungsarbeit teils von mir, teils von der Ubersetzerin Dr. Leslie Kay angeregt wurden. Prau Kay sei hier nochmals gedankt, aber auch allen Lesern, die mir geschrieben haben. Langquaid, im Dezember 2000
Klaus Jänich
Vorwort zur ersten Auflage Ein eleganter Autor sagt in zwei Zeilen, wozu ein anderer eine ganze Seite braucht. Wenn aber ein Leser über diese zwei Zeilen eine ganze Stunde grübeln muß, während er die Seite in fünf Minuten gelesen und verstanden haben würde, dann war das - für diesen einen Leser - wohl doch nicht die richtige Art von Eleganz. Es kommt eben ganz darauf an, für wen ein Autor schreibt. Ich schreibe hier für Studenten im zweiten Studienjahr, die von Mannigfaltigkeiten und solchen Sachen noch gar nichts wissen, sondern ganz zufrieden mit sich sein können, wenn sie die Differential-
vi
Vorwort
und Integralrechnung in einer und mehreren Variablen im großen und ganzen verstanden haben. Etwaige andere Leser bitte ich um gelegentliche Geduld. Natürlich möchte auch ich gern beide Arten von Eleganz verbinden, aber wenn es nicht geht, dann werfe ich ohne Bedenken die Zeileneleganz über Bord und halte mich an die Minuteneleganz. Wenigstens ist das meine Absicht! Einführende Lehrbücher sind meist "zum Gebrauch neben Vorlesungen" bestimmt, aber auch diesem Zweck wird ein Buch besser gerecht, wenn es schon von alleine verständlich ist. Ich habe mich deshalb bemüht, das Buch so zu gestalten, daß Sie auch auf einer einsamen Insel damit zurecht kommen, vorausgesetzt Sie nehmen Ihre Vorlesungsskripten aus den ersten beiden Semestern und — falls in diesem Gepäck nicht ohnehin schon enthalten — ein paar Notizen über die Grundbegriffe der Topologie dahin mit. Da man auf einsamen Inseln manchmal keinen Gesprächspartner findet, habe ich die "Tests" eingefügt, über die ich noch ein paar Worte sagen möchte. Manche Leute lehnen Ankreuztests grundsätzlich ab, weil sie Ankreuzen für primitiv und eines Mathematikers unwürdig halten. Dagegen ist kaum zu argumentieren! In der Tat sind einige meiner Testfragen so völlig und offensichtlich simpel, daß es Ihnen — einen heilsamen kleinen Schrecken einjagen wird, sie trotzdem nicht beafitworten zu können. Viele aber sind hart, und sich gegen die Scheinargumente der falschen Antworten zur Wehr zu setzen, erfordert schon einige Standfestigkeit. Als Trainingspartner für den Leser, der mit sich und dem Buch allein ist, sind die Tests schon ernstzunehmen. — Ubrigens ist unter den jeweils drei Antworten immer mindestens eine richtige, es können aber auch mehrere sein. Ich will nun das Buch nicht weiter beschreiben — Sie haben es ja vor sich - sondern mich der angenehmen Pflicht zuwenden, nach getaner Arbeit zurückzuschauen und dankbar von der vielfältigen Hilfe Rechenschaft zu geben, die ich erhalten habe. Frau Hertl hat die Handschrift in TgX verwandelt, und Herr Michael Prechtel war als T^X-Wizard stets mit Rat und Tat zur Stelle. Auch von Herrn Martin Lercher sowie vom Verlag habe ich nützliche "Macros" bekommen, und als einer der ersten konnte ich das von Herrn Bernhard Rauscher entwickelte diagram.tex für die Diagramme benutzen. Meine Mitarbeiter Robert Bieber, Margarita Kraus, Martin Lercher und Robert Mandl haben die vorletzte Fassung des Buches sachverständig korrekturgelesen. Für alle diese Hilfe danke ich herzlich. Regensburg, im Juni 1992
Klaus Jänich
Inhaltsverzeichnis
1. Differenzierbare Mannigfaltigkeiten 1.1 1.2 1.3 1.4 1.5 1.6 1.7 1.8 1.9 1.10
Der Mannigfaltigkeitsbegriff Differenzierbare Abbildungen Der Rang Untermannigfaltigkeiten Beispiele von Mannigfaltigkeiten Summen, Produkte und Quotienten von Mannigfaltigkeiten Genügen uns Untermannigfaltigkeiten euklidischer Räume? Test Übungsaufgaben Hinweise zu den Ubungsaufgaben
1 4 5 7 9 12 17 18 22 23
2. Der Tangentialraum 2.1 Tangentialräume im euklidischen Raum... 26 2.2 Drei Fassungen des Tangentialraumbegriffs 28 2.3 Aquivalenz der drei Fassungen 33 2.4 Definition des Tangentialraums 37 2.5 Das Differential 38 2.6 Die Tangentialräume eines Vektorraums.. .42 2.7 Geschwindigkeitsvektoren von Kurven . . . . 43 2.8 Ein weiterer Blick auf den Ricci-Kalkül... 44 2.9 Test 47 2.10 Übungsaufgaben 49 2.11 Hinweise zu den Übungsaufgaben 50
viii
Inhaltsverzeichnis
3. Differentialformen 3.1 Alternierende A;-Formen 3.2 Die Komponenten einer alternierenden fc-Form 3.3 Alternierende n-Formen und die Determinante 3.4 Differentialformen 3.5 Einsformen 3.6 Test 3.7 Übungsaufgaben 3.8 Hinweise zu den Übungsaufgaben
52 54 56 58 60 62 64 65
4. Der Orientierungsbegriff 4.1 Einführung 4.2 Die beiden Orientierungen eines n-dimensionalen reellen Vektorraums 4.3 Orientierte Mannigfaltigkeiten 4.4 Konstruktion von Orientierungen 4.5 Test 4.6 Übungsaufgaben 4.7 Hinweise zu den Übungsaufgaben
68 70 73 75 77 79 80
5. Integration auf Mannigfaltigkeiten 5.1 Welches sind die richtigen Integranden? ... 82 5.2 Die Anschauung vom Integrationsvorgang 86 5.3 Lebesgue-Vorkenntnisse-Paket 88 5.4 Definition der Integration auf Mannigfaltigkeiten 92 5.5 Einige Eigenschaften des Integrals 96 5.6 Test 99 5.7 Übungsaufgaben 102 5.8 Hinweise zu den Ubungsaufgaben 102
Inhaltsverzeichnis
ix
6. Berandete Mannigfaltigkeiten 6.1 Vorbemerkung 6.2 Differenzierbarkeit im Halbraum 6.3 Das Randverhalten der Diffeomorphismen 6.4 Der Begriff der berandeten Mannigfaltigkeit 6.5 Untermannigfaltigkeiten 6.6 Konstruktion berandeter Mannigfaltigkeiten 6.7 Tangentialräume am Rande 6.8 Die Orientierungskonvention 6.9 Test 6.10 Übungsaufgaben 6.11 Hinweise zu den Übungsaufgaben
104 105 106 108 109 111 112 113 114 118 118
7. Die anschauliche Bedeutung des Satzes von Stokes 7.1 Vergleich der Antworten auf Maschen und Spate 120 7.2 Die Strömungsbilanz einer (n — 1)-Form auf einer n-Masche 121 7.3 Quellstärke und Cartansche Ableitung ... 124 7.4 Der Satz von Stokes 125 7.5 Der de Rham-Komplex 126 7.6 Simpliziale Komplexe 127 7.7 Das de Rham-Theorem 131 8. Das Dachprodukt und die Definition der Cartanschen Ableitung 8.1 Das Dachprodukt alternierender Formen 8.2 Eine Charakterisierung des Dachprodukts 8.3 Der definierende Satz für die Cartansche Ableitung 8.4 Beweis für ein Kartengebiet 8.5 Beweis für die ganze Mannigfaltigkeit....
135 137 139 141 142
Inhaltsverzeichnis 8.6 Die Natürlichkeit der Cartanschen Ableitung 8.7 Der de Rham-Komplex 8.8 Test 8.9 Übungsaufgaben 8.10 Hinweise zu den Übungsaufgaben
145 146 147 150 150
9. Der Satz von Stokes 9.1 9.2 9.3 9.4 9.5 9.6
Der Satz Beweis für den Halbraum Beweis für ein Kartengebiet Allgemeiner Fall Zerlegungen der Eins Integration mittels Zerlegungen der Eins 9.7 Test 9.8 Übungsaufgaben 9.9 Hinweise zu den Übungsaufgaben
152 153 155 156 157 160 161 164 165
10. Klassische Vektoranalysis 10.1 10.2 10.3 10.4 10.5 10.6 10.7 10.8 10.9 10.10 10.11 10.12
Einführung Die Übersetzungsisomorphismen Gradient, Rotation und Divergenz Linien- und Flächenelemente Die klassischen Integralsätze Die Mittelwerteigenschaft der harmonischen Funktionen Das Flächenelement in den Koordinaten der Fläche Das Flächenelement des Graphen einer Funktion von zwei Variablen Der Integralbegriff der klassischen Vektoranalysis Test Übungsaufgaben Hinweise zu den Übungsaufgaben
167 168 171 173 175 179 181 185 186 189 191 192
Inhaltsverzeichnis
xi
11. Die de Rham-Cohomologie 11.1 Definition des de Rham-Funktors 11.2 Einige Eigenschaften 11.3 Homotopieinvarianz: Aufsuchen der Beweisidee 11.4 Durchführung des Beweises 11.5 Das Poincare-Lemma 11.6 Der Satz vom stetig gekämmten Igel 11.7 Test 11.8 Übungsaufgaben 11.9 Hinweise zu den Übungsaufgaben
194 196 198 201 203 206 208 211 211
12. Differentialformen auf Riemannschen Mannigfaltigkeiten 12.1 12.2 12.3 12.4 12.5 12.6 12.7 12.8 12.9
Semi-Riemannsche Mannigfaltigkeiten ... 213 Skalarprodukt alternierender fc-Formen. .216 Der Sternoperator 219 Die Coableitung 223 Harmonische Formen und Hodge-Theorem 226 Die Poincare-Dualität 229 Test 231 Übungsaufgaben 233 Hinweise zu den Übungsaufgaben 235
13. Rechnen in Koordinaten 13.1 Sternoperator und Coableitung im dreidimensionalen euklidischen Raum 13.2 Formen und duale Formen auf Mannigfaltigkeiten ohne Metrik 13.3 Drei Grundsätze des Ricci-Kalküls auf Mannigfaltigkeiten ohne Metrik 13.4 Tensorfelder 13.5 Hinauf- und Herunterziehen der Indices im Ricci-Kalkül 13.6 Invariante Bedeutung des Stellungwechsels der Indices
237 239 240 243 247 249
xii
Inhaltsverzeichnis 13.7 Skalarprodukte für Tensoren im Ricci-Kalkül 13.8 Dachprodukt und Sternoperator im Ricci-Kalkül 13.9 Divergenz und Laplace-Operator im Ricci-Kalkül 13.10 Ein Schlußwort 13.11 Test 13.12 Übungsaufgaben 13.13 Hinweise zu den Übungsaufgaben
251 252 254 257 258 261 264
14. Anhang: Testantworten, Literatur, Register 14.1 Antworten auf die Testfragen 14.2 Literaturverzeichnis 14.3 Register
266 268 269
1 1.1
Differenzierbare Mannigfaltigkeiten
Der Mannigfaltigkeitsbegriff
Als Vorkenntnisse brauchen wir nur ein wenig Topologie — jedenfalls genügt einstweilen Kap. I aus [J:Top] — und die Differentialrechnung in mehreren Veränderlichen. Definition: Sei X ein topologischer Raum. Unter einer n-dimensionalen Karte für X verstehen wir einen Homöomorphismus h : U ~ > U' von einer offenen Teilmenge U C X, dem Kartengebiet, auf eine offene Teilmenge D U' C R n .
u cx off
1~ u1 c mn oflf
Fig. 1. Karte
Gehört jeder Punkt von X einem möglichen Kartengebiet von X an, dann nennt man den Raum X lokal euklidisch: eine schöne Eigenschaft, die natürlich nicht jeder topologische Raum hat. Es ist oftmals praktisch, die Bezeichnung des Kartengebietes in der Notation für die Karte mitzuführen und von der Karte (U, h) zu sprechen, wie wir auch sogleich tun wollen:
Fig. 2. Kartenwechsel
Definition: Sind (U, h) und (V, k) zwei n-dimensionale Karten für X, so heißt der Homöomorphismus k o (h~l\h(U n V)) von h(U n V) auf k(U n V) der Kartenwechsel von h nach k. Ist er sogar ein Diffeomorphismus, so sagen wir, daß die beiden Karten differenzierbar wechseln. D
Kapitel 1. Mannigfaltigkeiten Mit Differenzierbarkeü im Sinne der Analysis im R n ist hier übrigens immer die C°°-Eigenscliaft gemeint: beliebig oft stetig partiell differenzierbar. Insbesondere ist ein Homöomorphismus / zwischen offenen Mengen im K™ genau dann ein Diffeomorphismus, wenn / und /~ x beide C°° sind. Definition: Eine Menge n-dimensionaler Karten für X, deren Kartengebiete ganz X überdecken, heißt ein n-dimensionaler Atlas für X. Der Atlas heißt differenzierbar, wenn alle seine Karten differenzierbar miteinander wechseln, und zwei differenzierbare Atlanten 21 und 55 nennen wir äquivalent, wenn auch D 21U 03 differenzierbar ist. Damit sind wir schon ganz nahe am Begriff der differenzierbaren Mannigfaltigkeit, aber nun müssen wir uns einer von zwei gebräuchlichen Formulierungen anschließen. Eine differenzierbare Struktur für X wird nämlich manchmal als eine Aquivalenzklasse differenzierbarer Atlanten und manchmal als ein maximaler differenzierbarer Atlas aufgefaßt. Wollen wir uns zunächst klar machen, inwiefern beides dasselbe bedeutet. Für einen n-dimensionalen differenzierbaren Atlas 2t bezeichne [21] seine Äquivalenzklasse und D(2l) die Menge aller Karten (U, h) von X, die mit allen Karten in 21 differenzierbar wechseln. Die Elemente 2? (2t) wechseln dann auch untereinander differenzierbar, wie man durch Zuhilfenahme von 2l-Karten überprüft. Dieselbe Uberlegung haben wir ja auch schon anzustellen, wenn wir kontrollieren, ob die "Äquivalenz" wirklich eine Aquivalenzrelation auf der Menge der Atlanten definiert. - Die KartenC° C° menge £>(2t) ist also ein ndimensionaler differenzierbaFig. 3. Diflerenzierbarkeitsnach- rer Atlas und zwar offenbar weis für Kartenwechsel von h nach ein maximaler: jede Karte, k mittels Hilfskarte (W,ip) aus a . die wir ohne Zerstörung der Differenzierbarkeit noch hinzunehmen könnten, ist sowieso schon darin. Dieses X>(21), der ersichtlich einzige 21 enthaltende maximale n-dimensionale differenzierbare Atlas, enthält aber genau
1.1 Der Mannigfaltigkeitsbegriff dieselbe Information wie die Äquivalenzklasse [ 21 ], denn [ 2t ] ist einfach die Menge aller Teilatlanten von X>(21) und T> (2t) die Vereinigung aller Atlanten in [ 2t ]. Es ist deshalb Geschmacksache, welches von beiden man als die durch 2t definierte Struktur heranziehen will, und ich zum Beispiel bevorzuge den maximalen Atlas, denn das ist doch wenigstens noch ein Atlas: Definition: Unter einer n-dimensionalen differenzierbaren Struktur für einen topologischen Raum X verstehen wir einen maximalen n-dimensionalen differenzierbaren Atlas. D Man wird nun als Definition erwarten, eine differenzierbare Mannigfaltigkeit sei ein mit einer differenzierbaren Struktur versehener topologischer Raum, und im wesentlichen ist es auch so, aber es werden an den Raum noch zwei zusätzliche topologische Forderungen gestellt. Zum einen wird von M nämlich die Hausdorffeigenschaft verlangt, zum andern das zweite Abzählbarkeitsaxiom, d.h. das Vorhandensein einer abzählbaren Basis der Topologie (vergl. hierzu z.B. [J:Top], S.13 und später dort auch S.98). Definition: Unter einer n-dimensionalen differenzierbaren Mannigfaltigkeit verstehen wir ein Paar (M, V), bestehend aus einem Hausdorffraum M, der das zweite Abzählbarkeitsaxiom erfüllt und einer n-dimensionalen differenzierbaren Struktur V für M. D Meist unterdrückt man die Struktur in der Notation und spricht einfach von der Mannigfaltigkeit M, wie analog ja auch von einer Gruppe G oder einem Vektorraum V. Eine Konvention sollten wir für den leeren topologischen Raum mit der leeren Struktur trefFen. Wir lassen ihn als Mannigfaltigkeit jeder, auch negativer Dimension gelten. Jede nichtleere Mannigfaltigkeit hat aber eine wohlbestimmte Dimension n — dim M > 0. Da wir andere als differenzierbare Mannigfaltigkeiten nicht definiert haben und auch nicht zu betrachten brauchen, so müssen wir das Beiwort "differenzierbar" nicht jedesmal hinzufügen, und wir wollen auch vereinbaren, unter einer Karte (U, h) für die Mannigfaltigkeit M, wenn nichts Gegenteiliges ausdrücklich gesagt ist, immer eine Karte aus der differenzierbaren Struktur zu verstehen.
Kapitel 1. Mannigfaltigkeiten
1.2
Differenzierbare Abbildungen
Nun wollen wir uns aber gleich den Abbüdungen zuwenden. Auf einer Mannigfaltigkeit M sei eine Abbildung irgendwohin, / : M —> X gegeben, deren Verhalten in der Nähe eines Punktes p e M wir studieren wollen. Dann können wir eine Karte um p wählen, also eine Karte (U, h) für M mit p e U, und die Abbildung / damit "herunterholen", d.h. / o hrx : U' -> X betrachten. Von allen Eigenschaften und Daten, die / o /i" 1 lokal bei h(p) hat, sagt man dann, / habe sie bei p bezüglich der Karte (U,h). Wenn eine solche Eigenscliaft oder ein Datum der herX untergeholten Abbildung aber sogar unabhängig von der Wahl der Karte um p ist, / die Eigenschaft also bezüglich jeder Karte um p u' c : hat, dann sagen wir in abkürzender off Fig. 4. Die heruntergeholte Sprechweise einfach, / habe diese 1 Abbildung foh" Eigenschaft bei p. Zum Beispiel: Deflnition: Eine Funktion / : M -> M heißt bei p e M differenzierbar (= C°°), wenn für eine (dann jede!) Karte (U, h) um p die heruntergeholte Funktion / o h~l in einer Umgebung von h(p) differenzierbar ist. D Daß die lokale C^-Eigenschaft bei p unabhängig von der Wahl der Karte ist, folgt daraus, daß sich die mittels der Karten (U, h) und (V, k) heruntergeholten Funktionen ja lokal nur um einen vorgeschalteten Diffeomorphismus, eben den Kartenwechsel w unterscheiden. Ganz analog verfahren wir, wenn Fig. 5. Auf h(UnV) stimauch der Zielraum eine Mannigmen foh~x und (/ot^'jotc faltigkeit ist. Allerdings setzen wir überein. dann / immer gleich als stetig voraus, weil das eine passende Kartenwahl ermöglicht:
1.3 Der Rang Notiz: Ist f : M —>• N eine stetige Abbildung zwischen Mannigfaltigkeiten, ist p e M und (V, k) eine Karte um f(p), so gibt es stets eine Karte (U, h) um p mit f(U) C V. D Wir sagen dann wieder, / habe eine lokale Eigenschaft bei p bezüglich der Karten (U, h) und (V, k), wenn die "heruntergeholte" Abbildung k o / o h'1
: U' -> V' sie
bei h(p) hat, und da diese eine Abbildung zwischen offenen Mengen in Euklidischen Räumen ist, sind wir mit ihr
^ Fig. 6. Mittels Karten herunterge-
ganz im vertrauten Rahmen der Differentialrechnung in
holte stetige Abbildung zwischen Mannigfaltigkeiten.
mehreren Variablen. Ist die Eigenschaft auch noch unabhängig von der Wahl der Karten, so brauchen wir die Karten nicht anzugeben, sondern können sagen, / habe bei p die Eigenschaft bezüglich einer (dann jeder) Wahl von Karten oder kürzer: bezüglich Karten oder eben ganz kurz: / habe diese Eigenschaft bei p. Insbesondere: Definition: Eine stetige Abbildung / : M —> N zwischen Mannigfaltigkeiten heißt differenzierbar bei p e M , wenn sie es bezüglich Karten ist. Differenzierbar schlechthin heißt / , wenn es überall, also bei jedem p e M differenzierbar ist, und ist / bijektiv und / und f~x beide differenzierbar, so nennt man / einen Diffeomorphismus. D
1.3 Der Rang Die Jacobi-Matrix der heruntergeholten Abbildxmg ist nicht unabhängig yon der Kartenwahl, sie wird ja gemäß der Kettenregel beim Übergang zu anderen Karten durch die Kartenwechsel verändert. Wohl aber bleibt der Rang der Jacobi-Matrix derselbe, denn die Kartenwechsel sind Diffeomorphismen, und daher kann man definieren:
Kapitel 1. Mannigfaltigkeiten Definition: Ist f : M -* N bei p differenzierbar, so heißt der Rang der Jacobi-Matrix bezüglich Karten der Rang von / bei p D und wird mit rg p / bezeichnet. Wie Sie aus der Differentialrechnung in mehreren Veränderlichen wissen, regiert der Rang grundlegende Eigenschaften des lokalen Verhaltens diffeFig. 7. Weshalb / bei p bezüglich (/ii.fcj.) renzierbarer Abbildundenselben Rang wie bezüglich {h2,k%) hat. gen. Die diesbezüglichen Sätze der Differentialrechnung übertragen sich sofort auf Abbildungen zwischen Mannigfaltigkeiten, da wir sie ja auf die heruntergeholten Abbildungen anwenden können. So lautet dann der Umkehrsatz Umkehrsatz: Ist f : M —> N eine differenzierbare Abbildung zwischen zwei Mannigfaltigkeiten der gleichen Dimension n und ist p e M ein Punkt mit rgpf = n, dann ist f bei p ein lokaler Diffeomorphismus. D Den Umkehrsatz kann man als den Mittelpunkt einer Anhäufung grundlegender lokaler Resultate der Differentialrechnung ansehen. Von ihm aus erreicht man die verwandten Sätze als Korollare, so zum Beispiel den scheinbar allgemeineren Satz vom regulären Punkt: Ist f : M —> N eine differenzierbare Abbildung zwischen zwei Mannigfaltigkeiten und p e M ein regulärer Punkt von f (d.h. es gilt vgpf = dim N), so ist f lokal bei p bezüglich geeigneter Karten die kanonische Projektion. D Ganz ausführlich gesagt soll das heißen: Es gibt Karten (U, h) um p und (V,k) um f(p) mit f(U) C V, so daß die heruntergeholte Abbildung k o / o h'1 : U' -^ V' durch (z.B.) V**'l; * • • ; ^Si ^ s + l ; • • • ; ^S-Yn)
gegeben ist, wobei wir hier einmal mit s sionen von M und N bezeichnet haben.
L,--
-,Xs+n)
n und n die Dimen-
1.4 Untermannigfaltigkeiten Ebenfalls als einen Abkömmling des Umkehrsatzes erhält man schließlich den noch allgemeineren Rangsatz, vergl. z.B. [BJ], S.46: Rangsatz: Hat die differenzierbare Abbildung f : M —> N in einer Umgebung von p e M konstanten Rang r, so ist sie bezüglich geeigneter Karten lokal um p von der Form (x,y) .
> (x,0),
wenn r + s und r + n die Dimensionen von M und N sind. D
1.4
Untermannigfaltigkeiten
Der Satz vom regulären Punkt macht eine wichtige Aussage über das Urbild /"^(g) eines Punktes q e N, sofern die Elemente P e f~l(i) a H e regulär sind. Solche Punkte q nennt man übrigens reguläre Werte: Sprechweise: Ist / : M —> N eine differenzierbare Abbildung, so heißen die nicht regulären Punkte p e M kritische oder singuläre Punkte von / , und ihre Bildpunkte unter / heißen kritische oder singuläre Werte von / , während alle übrigen Punkte von N reguläre Werte von / genannt werden. D kritischer Punkt
kritischer Wert
regU läre
, Punkte
?/
regulärer Wert
Fig. 8. Reguläre und kritische Punkte und Werte
Beachte, daß wir hierbei also die Konvention getroffen haben, einen Punkt q e N auch dann regulären Wert zu nennen, wenn
Kapitel 1. Mannigfaltigkeiten / l{q) leer ist, obwohl q dann ja gar keiner der "Werte" von / ist. Sind nun M und iV Mannigfaltigkeiten mit dimM = n+s und dimN = n, und ist q e N regulärer Wert einer differenzierbaren Abbildung / : M —> N, so gibt es um jeden Punkt p des Urbildes Mo :— f~x{q) eine Karte (U, h) von M mit der Eigenschaft h(Uf\M0)=
Rsnh(U),
wobei Rs C Rs+n wie üblich als Ks x 0 C Ms x R n verstanden wird. Wir dürfen nämlich von den beiden Karten (U, h) und (V, k), die uns der Satz vom regulären Punkt liefert ohne weiteres auch k(q) = 0 fordern, und dann leistet (U, h) schon das Gewünschte. Die Teilmenge MQ C M liegt also bezüglich geeigneter Karten js+n , und deshalb nennt man überall so in M darin wie m sie eine s-dimensionale Untermannigfalügkeü von M. Genauer: Definition: Sei M eine n-dimensionale Mannigfaltigkeit. Einen Teilraum MQ C M nennt man eine
k-dimensionale Untermannigfaltigkeit, wenn
Mo
es um jeden Punkt von Mo eine Karte (U, h) von M mit h(UDM0) = RkDh(U) gibt. Eine solche Karte soll
eine Untermannigfaltigh(U) :
nh(u)
keitskarte oder salopp ein Flachmacher für MQ in M heißen. Die Zahl n — k nennt man die KodimenD sion von Mo in M.
Fig. 9. Flachmacher
Natürlich führt Mo nicht umsonst diesen Namen: Die Menge 2l0 der aus den Flachmachern gewonnenen Karten (U n Mo,h\U D MQ) ist offenbar ein /c-dimensionaler differenzierbarer Atlas für Mo, der also eine differenzierbare Struktur
1.5 Beispiele 2?(2to) =: V\M0 erzeugt, und da sich das zweite Abzählbarkeitsund das Hausdorffaxiom auf Teilräume übertragen, ist (Mo, V\M0) eine fc-dimensionale differenzierbare Mannigfaltigkeit, als die wir Mo künftig auch immer betrachten. In den beiden Extremfällen k = 0 und k = n reduziert sich die Untermannigfaltigkeitsbedingung auf eine bloße topologische Forderung: die O-dimensionalen Untermannigfaltigkeiten von M sind genau die diskreten, die O-kodimensionalen genau die offenen Teilmengen von M. Über das Urbild eines regulären Wertes können wir nun kurz und bündig sagen: Satz vom regulären Wert: Ist q e N regulärer Wert einer differenzierbaren Abbildung f : M —> - N, so ist sein Urbild f~l{q) C M eine Untermannigfaltigkeit, deren Kodimension gleich der Dimension von N ist. D
1.5
Beispiele von Mannigfaltigkeiten
Genau genommen habe ich außer der alldimensionalen leeren Mannigfaltigkeit noch kein einziges Beispiel angegeben. Gibt es denn überhaupt Mannigfaltigkeiten? Will man Mannigfaltigkeiten direkt nach dem Wortlaut der Definition angeben, ohne weitere Hilfsmittel heranzuziehen, so muß man einen "zweit-abzählbaren" Hausdorffraum M und eine differenzierbare Struktur T> für M beschreiben. Ganz explizit braucht man für V natürlich nur eiiien (vielleicht eher kleinen) differenzierbaren Atlas 2t anzugeben, um dann T> als den maximalen 21 umfassenden Atlas 2?(2l) zu definieren. Am einfachsten auf diese Weise zu erhalten ist das lokale Modell aller n-dimensionalen Mannigfaltigkeiten, der R n , den wir natürlich als die Mannigfaltigkeit
aufFassen. Und damit höre ich auch schon wieder auf, Mannigfaltigkeiten direkt anzugeben! Im wirklichen Leben begegnen Ihnen nämlich Mannigfaltigkeiten eher selten auf diese Weise. Lassen Sie mich das anhand eines Vergleichs aus der Analysis I erläutern.
10
Kapitel 1. Mannigfaltigkeiten
Eine reelle Funktion einer reellen Variablen heißt stetig an der Stelle xo, wenn es zu jedem e > 0 ein ö > 0 gibt, so daß usw. Man sieht daraus sofort, daß konstante Funktionen stetig sind (5 beliebig) und daß die identische Funktion stetig ist (z.B. 5 := e). Wenn Sie aber begründen sollen, weshalb die durch f(x) := arctan(x+-\/a;4 + e coshx ) oder dergleichen gegebene Funktion stetig ist: fangen Sie dann an, zu jedem e > 0 ein S > 0 zu suchen, so daß etc? Nein, sondern Sie kennen aus der Theorie stetige Funktionen hervorbringende Prozesse, z.B. ergeben Summen, Produkte, Quotienten, gleichmäßig konvergente Reihen, Hintereinanderschaltung, Umkehrung (auf Monotonie-Intervallen) stetiger Funktionen wieder stetige Funktionen, und Sie sehen natürlich sofort, daß die obige Funktion durch Anwenden solcher Prozesse aus den konstanten und der identischen Funktion hervorgeht. Anstatt die definierenden Eigenschaften und Attribute mathematischer Objekte explizit darzulegen, braucht man oft nur auf die Herkunft, den Entstehungsprozess zu verweisen. So gibt es auch Mannigfaltigkeiten hervorbringende Prozesse, und insbesondere ist der Satz vom regulären Wert eine lebhaft sprudelnde Quelle. Die durch f(x) := \\x\\2 gegebene Abbildung / : R n + 1 -> R z.B. hat außer bei x = 0 überall den Rang 1, insbesondere ist 1 € M regulärer Wert und daher sein Urbild /~ 1 (1), die n-Sphäre Sn := {x € K n + 1 | ||a;|| = 1} eine n-dimensionale Untermannigfaltigkeit von M n + 1 . 3 Auch / : R -* K, 2
X^xl+x 2-xl,
ist nur bei x = 0 singulär, deshalb ist iedes c ^ O
^^^^^^^^^^
einschaliges
CS&IZZII2JD
Hyperboloid
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/ /
in M ein regulärer Wert von / und das Hyperboloid f—l(r\ •' ^ '
ojrip
0 di-
r\c), c > 0
\ \ /Y^DoppelkegeirHo) Punkt r — y \ [ f-ir } / / \ Y ',,•
kritischer
x \
zweiscnaliges
A ^ ^ ^ ^ k Hyperboloid ^ Ä ^ — =^^ ^S- 10. Hyperboloide als Untermannigfaltigkeiten nach dem Satz vom regulären Wert.
mensionale Untermannigfaltigkeit von M (eine "Fläche im Raum"). - Noch eine dritte und schon wesentlich interessantere Anwendung des Satzes vom regulären Wert möchte ich nennen. Diesmal sollen die beiden Mannigfaltigkeiten M und N zwei endlich-
1.5 Beispiele
11
dimensionale Vektorräume sein, es sei nämlich n > 1 und M := M(n x n , l ) = R" , der Raum der reellen n x n-Matrizen, und JV := S(n x n, R) ^ ]R5™(™+1), der Unterraum der symmetrischen Matrizen. Ist A e M(n x n, R), so bezeichnen wir mit *A die zu A transponierte Matrix. Ferner sei E die n x nEinheitsmatrix. Eine Matrix ^4 heißt bekanntlich orthogonal, wenn lA- A — E gilt. Lemma: -Für die Abbildung f : M(n x n, M) A i
>• ^(n x n, M) > fA • A
ist die Einheitsmatrix E ein regulärer Wert, die orthogonale Gruppe also eine \n{n — l)-dimensionale Untermannigfaltigkeit von M(n x n , I ) . BEWEIS: Um zu zeigen, daß / bei A e O{n) regulär ist, brauchen wir nicht eine | n ( n +1) x n2-Jacobi-Matrix explizit auszurechnen um ihren Rang zu untersuchen, sondern wir erinnern uns an die Beziehung zwischen Jacobi-Matrix und Richtungsableitung in der Differentialrechnung: Allgemein gilt
Daher genügt es zu zeigen, daß es zu jedem A e O(n) und jedem B e S(n x n, R) eine Matrix X e M(n x n, K) gibt, so daß
d.h. Jf(A)X=B gilt, denn dann ist die Jacobi-Matrix von / bezüglich linearer Karten als surjektive Abbildung M™ —> R2rH™+1) nachgewiesen, / also vom vollen Rang ^n(n + 1) bei A. Wir brauchen also nur zu jeder symmetrischen Matrix B eine Matrix X mit *X • A + fA • X = B
12
Kapitel 1. Mannigfaltigkeiten
zu finden. Wegen der Symmetrie von B genügt es dafür, X mit
zu finden, denn lX • A = *(*/L • X ) , und das ist sogar für alle invertierbaren A möglich, wir setzen einfach X := i ^A^B. D Beachte, daß damit auch die spezielle orthogonale
Gruppe
SO(n) := { A e O{n) | det A = + 1 } als \n(n—l)-dimensionaleUntermannigfaltigkeit von M(nxn, M) nachgewiesen ist, denn SO(n) ist offen in O(n). — Ganz ähnlich wendet man den Satz vom regulären Wert auch an, um andere "Matrizengruppen", wie etwa U{n) oder SU(n), als Untermannigfaltigkeiten von Matrizenvektorräumen zu erkennen. In der linearen Algebra studiert man lineare Gleichungssysteme A • x = b. Die Lösungsmenge eines solchen Systems ist nichts anderes als das Urbild A~l{b) des Wertes b unter der linearen Abbildung A. Nun, die Urbilder f~l{q) differenzierbarer Abbildungen sind eben die Lösungsmengen nichtlinearer Gleichungssysteme. Daß es im regulären Fall Untermannigfaltigkeiten sind und man deshalb Analysis darauf betreiben kann, ist eines der Motive für das Studium der Mannigfaltigkeiten.
1.6 Summen, Produkte und Quotienten von Mannigfaltigkeiten Zum Schluß dieses Paragraphen besprechen wir nun drei weitere Mannigfaltigkeiten hervorbringende Prozesse, nämlich das Bilden von Summen, Produkten und Quotienten. Der primitivste Vorgang ist dabei das Summieren (siehe z.B. [3:Top], S. 12), das bloße Nebeneinanderstellen von Mannigfaltigkeiten durch disjunkte Vereinigung:
1.6 Summen, Produkte und Quotienten
13
Notiz: Die Summe oder disjunkte Vereinigung M + N zweier ndimensionaler Mannigfaltigkeiten ist in kanonischer Weise wieder eine. D Sind 21 und 53 Atlanten für M und N, so deren disM+N junkte Vereinigung 21 Ü 23 —: 21 + 03 in offensichtlicher Weise für M + N, und wenn wir die obige Notiz etwas förmlicher fassen wollten, so hätten wir die differenzierbare Struktur für M + N durch V(Vi + T>2) anzugeben, wenn T>i,V2 die Fig. 11. Karten für die Summanden Strukturen von M und N sind auch Karten für die Summe; sind. Auch r>(r»(2l)+r>(53)) Atlas a+!B bleibt differenzierbar, keine neuen Kartenwechsel hin= 2? (21 + 03) wäre dann viel- da zukommen. leicht des Bemerkens wert. Ebenso kann man natürlich mit mehreren, ja sogar abzählbar vielen Summanden M», i — 1,2,... verfahren und deren Summe oder disjunkte Vereinigung
4= 1
bilden, nicht jedoch mit überabzählbar vielen, weil das zweite Abzählbarkeitsaxiom erfüllt bleiben muß. Sehr häufig hat man das Produkt zweier Mannigfaltigkeiten zu bilden. Topologisch handelt es sich dabei natürlich um das wohlbekannte kartesische Produkt, und die differenzierbare Struktur erhält man aus den Produkten der Karten der Faktoren. Notiz: Das Produkt M x N einer k- mit einer n-dimensionalen Mannigfaltigkeü ist in kanonischer Weise eine (k + n)-dimensionale Mannigfaltigkeü. D Wir dürfen uns die Schreibweise 2t x 03 := { (U x V, h x k) \ ([/, h) e 21, (V, k) e 03 }
14
Kapitel 1. Mannigfaltigkeiten
für den Produktatlas wohl ruhig erlauben, denn das Kartenprodukt
U xV Si
hxk
U' x V' C Kfe x W1 -off
enthält nur dann nicht dieselbe Information wie das Paar (h, k), wenn eine der beiden Karten leer ist, und in dieser Notation ist die in der Notiz gemeinte differenzierbare Struktur von M x N natürlich V := £>(£>i x V2), wenn Vx = X»(2t) und V2 = X>(*B) die Strukturen von M und N sind, und man sieht leicht, daß dann auch V = D(2l x
Idie kanonische Projektion, die jedem x e X seine Äquivalenzklasse zuordnet, so nennt man U C X / ~ offen in der Quotiententopologie, wenn ir~1(U) offen in X ist, und X / ~ , versehen mit
1.6 Summen, Produkte und Quotienten
15
dieser Quotiententopologie, heißt der Quotientenraum von X nach ~ . Soviel zur Erinnerung an einen topologischen Begriff (siehe z.B. Kap. III in [J:Top], insbesondere die Seiten 36-38). Ist nun M eine Mannigfaltigkeit und ~ eine Aquivalenzrelation darauf, so ist M / ~ - noch lange keine Mannigfaltigkeit, oft nicht einmal ein Hausdorffraum. Wir betrachten hier den in gewissem Sinne einfachsten Fall, in dem M/~ doch eine Mannigfaltigkeit ist: Lemma: Es sei M eine n-dimensionale Mannigfaltigkeit und T : M —> M eine fixpunktfreie Involution, d.h. eine differenzierbare Abbildung mit r o r = MM und T(X) ^ x für alle x e M. Dann ist der Quotientenraum von M nach der durch x ~ T{X) beschriebenen Aquivalenzrelation, welcher mit M/T bezeichnet sei, in kanonischer Weise ebenfalls eine n~dimensionale Mannigfaltigkeit: seine differenzierbare Struktur ist die einzige, für die M M/T
überall lokal diffeomorph ist. Natürlich kann es höchstens eine solche Struktur geben, denn die Identität auf M/T bezüglich zweier wäre jedenfalls lokal difFeomorph, also überhaupt difFeomorph:
BEWEIS:
M
(M/T) Id
(vgl. Aufgabe 2). — Um M/r als Hausdorffraum nachzuweisen, betrachten wir zwei Punkte ir(p) ^ ir(q) s M/T. Da M Hausdorffraum ist, können wir offene Umgebungen U und V von p und q so klein wählen, daß U D V — 0 und U D T(V) = 0. Dann sind TT(U) und n(V) trennende Umgebungen von n(p) und ir(q).
16
Kapitel 1. Mannigfaltigkeiten
Ist ferner { C/j }j
eine abzählbare Basis für M, so {ir(Ui) }»e für M/T . Bisher haben wir noch nicht ausgenutzt, daß r fixpunktfrei ist. Das tun (U) wir aber jetzt, indem wir ein U C M klein nennen, wenn U n T(U) = 0 gilt und feststellen, daß M "lokal klein" ist, d.h. daß in jeder Umgebung eines PunkJT(U) C M/r tes eine kleine Umgebung steckt. Ist U C M eine kleine offene Menge, so ist n\U : U - ^ n(U) ein Homöomorphismus, und Fig. 13. Karten für die Quotienten- jede kleine Karte (U, h) mannigfaltigkeit M/T. von M definiert daher eine Karte (n(U),h) für M/T. Die kleinen Karten bilden einen Atlas 21 für M, und %:={(n(U),h)\(U,h)e%}
einen für M/r. Die zugehörige differenzierbare Struktur 2?(2l) hat die gewünschte Eigenschaft. D Beispiel: Die Quotientenmannigfaltigkeit
der n-Sphäre nach der antipodischen Involution x \—> — x heißt (ist) der n-dimensionale reelle projektive Raum. D Das ist der reelle projektive Raum als differentialtopologisches Objekt, sollte ich vielleicht sagen. Vom algebraischen Standpunkt aus ist es nicht sachgemäß, bei der Definition des projektiven Raumes die Sphäre zuhilfe zu nehmen. Für jeden Vektorraum V über einem beliebigen Körper K kann man den zugehörigen projektiven Raum KP (V) als die Menge der 1-dimensionalen Teilräume von V und insbesondere K P n := KP(K n + 1 ) definieren, dazu braucht man keine Norm in V oder K n + 1 . Daß für K = R
1.7 Genügen Untermannigfaltigkeiten?
17
gilt, ist offensichtlich, und aber kanonisch RF(M™ +1 ) = Sn/-Id für die differentialtopologische Betrachtung von RP n ist die Quotientenbildung Sn -> R P n sehr nützlich. Übrigens ist es auch einfach, für MP n einen Atlas direkt anzugeben: beschreibt man die Punkte des projektiven Raumes in "homogenen Koordinaten" als [x0 : • • • : xn] e MP n fiir (x Oj ...,xn) e R n + 1 \ 0, so ist durch Ut := { [x] | xt ^ 0 } und 0 hi[x] := (^ -,..., i, • • •, f0-) für i = 0 , . . . , n ein Atlas aus n + 1 Karten definiert.
1.7 Genügen uns Untermannigfaltigkeiten euklidischer Räume? Auf einen besonderen Aspekt der Quotientenbildung möchte ich Sie zum Schluß noch aufmerksam machen. Wenn wir mit dem Mn und seinen offenen Untermannigfaltigkeiten als den einfachsten Beispielen starten und durch reguläre Urbilder, Summen und Produkte neue Mannigfaltigkeiten erzeugen, so erhalten wir doch immer wieder Untermannigfaltigkeiten Euklidischer Räume. Erst durch Quotientenbildung entsteht etwas ganz Neues, z.B. eine "Fläche" RP 2 = S2/~, die nicht mehr vom Raum M3 umgeben ist und uns deshalb die Notwendigkeit einer mathematischen Fassung des Begriffes "Fläche an sich" (allgemeiner eben des Mannigfaltigkeitsbegriffes) viel deutlicher macht als etwa die Sphäre S2, die wir auch als geometrischen Ort in M3 begreifen können. Das ist soweit eine ganz gute Bemerkung, aber ich will Ihnen nicht verschweigen, daß es in der Differentialtopologie ein klassisches Theorem gibt, welches wieder in die andere Richtung zu weisen scheint, nämlich den Whitneyschen Einbettungssatz. Eine Abbildung / : M —> N heißt eine Einbettung, wenn f(M) C N eine Untermannigfaltigkeit und / : M —> f{M) ein Diffeomorphismus ist. Der Einbettungssatz von Whitney (vergl. z.B. [BJ], S. 73) besagt nun, daß man jede n-dimensionale Mannigfaltigkeit in den M n+ einbetten kann und sogar mit abgeschlossenem Bild. Jede Mannigfaltigkeit ist also diffeomorph zu einer
18
Kapitel 1. Mannigfaltigkeiten
abgeschlossenen Untermannigfaltigkeit eines M / Brauchen wir die "abstrakten" Mannigfaltigkeiten dann aber wirklich noch? Nun, die Einbettbarkeit der Mannigfaltigkeiten in die Räume M ist eine von mehreren interessanten Eigenschaften dieser Objekte und manchmal bei Beweisen und Konstruktionen nützlich. Aber wie Sie wissen, bedeutet die bloße Existenz einer Sache noch nicht, daß diese Sache nun auch gleich zuhanden oder kanonisch gegeben wäre. So, wie uns die Mannigfaltigkeiten - zum Beispiel als Quotientenmannigfaltigkeiten — in der Natur begegnen, führen sie im allgemeinen keineswegs eine Einbettung in einen RN im Reisegepäck mit sich. Würden wir uns, in der trügerischen Hoffnung auf Bequemlichkeit, beim weiteren Ausbau der differentialtopologischen Begriffe auf Untermannigfaltigkeiten von M.N beschränken, so mitßten wir bei jeder Anwendung auf eine "Naturmannigfaltigkeit" diese erst einbetten (was im konkreten Fall sehr lästig sein kann), ferner die Abhängigkeit der Begriffe und Konstruktionen von der Wahl der Einbettung unter Kontrolle halten (denn eine kanonische Einbettung gibt es meist nicht), und schließlich fänden wir uns für alle diese Anstrengungen nicht einmal belohnt, denn Untermannigfaltigkeiten im RN, deren Lage im Raum ja durch Gleichungen und Bedingungen irgendwie beschrieben werden muß, sind gar nicht bequemer zu handhaben, und das Formelwesen - etwa der Integration auf Mannigfaltigkeiten - wird in den Koordinaten des umgebenden Raumes in der Tat nur wüster statt einfacher. Im nächsten Kapitel wollen wir daher den zentralen BegrifF des Tangentialraum.es mit aller Sorgfalt für beliebige, nicht notwendig von einem RN umgebene Mannigfaltigkeiten einführen.
1.8 Test (1) Ist jede n-dimensionale Karte zugleich auch m-dimensionale Karte für alle m > n? D Ja.
1.8 Test
19
D Das ist Auffassungssache und hängt davon ab, ob man zwischen Mn und Mn x 0 C M.m in diesem Zusammenhang unterscheiden will oder nicht. D Nein, denn für U ^ 0 und m > n ist dann jedenfalls U' nicht offen in Rm. (2) Besteht die differenzierbare Struktur V einer n-dimensionalen Mannigfaltigkeit (M, T>) genau aus allen Diffeomorphismen offener Teilmengen U von M mit offenen Teilmengen U' von D Ja. D Nein, denn Karten brauchen keine Diffeomorphismen zu sein (nur Homöomorphismen). D Nein, denn es gibt i.a. viel mehr solcher Diffeomorphismen. (3) Besitzt jede (nichtleere) n-dimensionale Mannigfaltigkeit eine Karte, deren Bildbereich U' der ganze Rn ist? D Ja, denn durch Verkleinern einer beliebigen Karte kann man jedenfalls eine offene Kugel als Bildbereich erzielen, und eine offene Kugel ist bekanntlich zu R™ diffeomorph. D Nein, M := Dn := { x | ||a;|| < 1} C R n ist schon ein Gegenbeispiel, denn eine Teilmenge einer offenen Kugel ist bekanntlich nicht zum ganzen Mn homöomorph, geschweige difFeomorph. D Nein, für kompakte Mannigfaltigkeiten (z.B. Sn) ist das nach dem Satz von Heine-Borel nicht der Fall. (4) Gibt es auf jeder (nichtleeren) n-dimensionalen Mannigfaltigkeit, n > 1, eine nichtkonstante differenzierbare Funktion? D Ja, zum Beispiel die n Komponentenfunktionen einer jeden Karte. D Nein, z.B. gibt es keine nichtkonstante Funktion S1 —>• M (obwohl es nichtkonstante differenzierbare Abbildungen R -* S1 gibt), weil R nicht "geschlossen" ist.
Kapitel 1. Mannigfaltigkeiten
20
D Ja, man wähle eine Karte h : U —» U' und eine nichtkonstante difFerenzierbare Punktion
R™, n > 1 geben, die überall regulär ist? D Nein, denn dann wäre f(Sn) nach dem Umkehrsatz offen in Rn , es ist aber kompakt. D Nein, denn jede differenzierbare Abbildung Sn —> Mn ist an den beiden Polen singulär. D Nein für n = 1, weil dann die Extrema singulär sind, für n > 2 aber hat z.B. die Projektion Sn C Rn+1 -+ Rn auf die ersten n Koordinaten die gewünschte Eigenschaft. (6) Welche der folgenden drei Skizzen könnte, bei gutwilliger Interpretation durch den Beschauer, eine 2-dimensionale Untermannigfaltigkeit des M3 darstellen?
Fig. 14
D ein Kegel
D Vereinigung zweier Koordinatenebe-
D ein Möbiusband
nen
(7) Welche Ränge kommen bei der in der Skizze angedeuteten Abbildung (x, y, z) \—> (x, y) einer 2-dimensionalen Untermannigfaltigkeit M c M3 in die Ebene vor? D Nur der Rang 2. ü Nur die Ränge 1 und 2. D Alle drei Ränge 0, 1 und 2. Fig. 15.
21
1.8 Test
(8) Gibt es eine surjektive Abbildung / : E 2 -> S1 x S1, die überall regulär ist? D Nein, denn da S1 x S1 kompakt ist und M2 nicht, erhielte man mittels des Umkehrsatzes einen Widerspruch. D Ja, hier ist eine: f(x,y) := (eLX,e%v). D Ja, denn für zusammenhängendes 2-dimensionales M gibt es immer eine solche Abbildung / : M2 —> M (anschauliche Vorstellung: ein langer breiter Pinselstrich). (9) Welche der in den folgenden Skizzen angedeuteten Abbildungen eines abgeschlossenen Rechtecks nach R3 könnte für das Innere des Rechtecks eine Einbettung definieren:
D Fig. 16. Berührung der Enden
D
Fig. 17. Berührung des Inneren durch ein Ende
D
Fig. 18. Selbstschnitt
(10) Muß der Quotient M / ~ einer Mannigfaltigkeit hausdorffsch sein, wenn jede Aquivalenzklasse aus genau zwei Punkten besteht? D Ja, das gilt sogar immer, wenn die Äquivalenzklassen endlich sind. D Ja, und es kommt wirklich darauf an, daß keine 1punktigen Klassen zugelassen sind, sonst identifiziere in { 0,1} x R jeweils (0, x) und (1, x) für x ^ 0: dann sind (0,0) und (1,0) nicht trennbar. D Nein, setze z.B. M = S1 C C und 1 ~ •£, - 1 ~ -i und z ~ z sonst.
22
1.9
Kapitel 1. Mannigfaltigkeiten
Übungsaufgaben
AUFGABE 1: Man beweise, daß jede Mannigfaltigkeit einen abzählbaren Atlas besitzt. AUFGABE 2: Es seien T>\ und T>2 differenzierbare Strukturen für denselben das zweite Abzählbarkeitsaxiom erfüllenden Hausdorffraum M. Man zeige: Die Identität auf M ist genau dann ein
Diffeomorphismus zwischen (M, X>i) und (M,T>2), wenn T>\ = X>2
gilt. AuFGABE 3: Man präzisiere und beweise: Jeder n-dimensionale reelle Vektorraum ist in kanonischer Weise eine n-dimensionale differenzierbare Mannigfaltigkeit. AUFGABE 4: Es sei M eine differenzierbare Mannigfaltigkeit, p e M und dimM > 1. Man beweise: M \ p ist nicht kompakt.
5: Man beweise, daß Sn x Sk zu einer Untermannigfaltigkeit von R n+fe+1 diffeomorph ist. (Hinweis: Zeige zuerst, daß Sn x R und R n + 1 \ 0 diffeomorph sind). AUFGABE
AuFGABE 6: Es sei M eine n-dimensionale Mannigfaltigkeit und X und Y zwei disjunkte abgeschlossene A;-dimensionale Untermannigfaltigkeiten von M. Man zeige, daß dann auch XUY eine Untermannigfaltigkeit von M ist. — Weshalb darf man die Voraussetzung, daß X und Y abgeschlossen seien, nicht einfach weglassen? AuFGABE 7: Es sei Q : M.n —> M eine nichtentartete quadratische Form auf Mn. Man zeige, daß die Gruppe O(Q) :={Ae
GL(n, M) | Q o A = Q }
eine Untermannigfaltigkeit (welcher Dimension?) von GL(n, M) ist. AUFGABE 8: Man zeige, daß jede Mannigfaltigkeit die Summe ihrer Wegzusammenhangskomponenten ist.
1.10 Hinweise zu den Übungsaufgaben
1.10
23
Hinweise zu den Übungsaufgaben
Zu AuFGABE 1: Jedenfalls gibt es eine abzählbare Basis (fli)ieN der Topologie von M. Ist jedes Qi in einem Kartengebiet Ui einer Karte (Ui,hi) der differenzierbaren Strukur T> von M enthalten? Und wäre { (Ui, ht) | i e N } dann überhaupt ein Atlas? Darüber muß man nachdenken. Die Antwort auf die erste Frage ist z.B. im allgemeinen Nein, das f2, ist vielleicht zu "groß". Was ist da zu tun? Zu AUFGABE 2: Dies ist eine Formulierungsaufgabe. Eine Idee wird hierzu nicht gebraucht, man muß "nur" die beiden Schlüsse => und <= direkt anhand der Definitionen durchführen. Zu AuFGABE 3: Vielleicht wissen Sie mit "Man präzisiere" nichts anzufangen und muxmeln, ich solle lieber die Aufgabenstellung präzisieren. — Die bequeme Phrase "in kanonischer Weise" ist ztir Verständigung nur tauglich, wenn wirklich klar ist, um welche Weise es sich handelt. Ein n-dimensionaler reeller Vektorraum ist jedenfalls im Wortsinne der Definition keine n-dimensionale Mannigfaltigkeit, soviel steht einmal fest. Es kann sich nur darum handeln, V auf naheliegende Weise mit einer Topologie (wie?) und mit einer differenzierbaren Struktur (wie?) zu versehen, so daß V damit zu einer Mannigfaltigkeit erst wird. Natürlich könnte ich diese Daten präzise angeben und Ihnen nur den Nachweis überlassen, daß die in der Mannigfaltigkeitsdefinition geforderten Eigenschaften erfüllt sind. Dann hätte die Aufgabe aber den besten Teil ihres Sinnes verloren. Sie sollen ja gerade üben, die Wendung "in kanonischer Weise", ohne die es in der Mathematik nun einmal nicht geht, selbständig mit präzisem Sinn zu erfüllen. Zu AUFGABE 4: Sicher wissen Sie Gründe anzugeben, weshalb die Vollkugel ohne Nullpunkt, Dn \ 0, nicht kompakt ist: der Satz von Heine-Borel sagt es uns zum Beispiel, oder wir sehen direkt, daß die offene Überdeckung durch die Uk'•—{x \ \x\ > ^ } keine endliche Teilüberdeckung besitzt, oder Sie berufen sich darauf, daß die Folge (\)k=i,2,... in Dn \ 0 keine konvergente Teilfolge hat. — Sollte man nicht diesen Sachverhalt irgendwie mittels einer Karte um p für die Aufgabe ausnutzen können? Irgendwie schon. Aber
Kapitel 1. Mannigfaltigkeiten
24
Vorsicht: die Behauptung wird falsch, wenn wir die HausdorffForderung an M fallen lassen. Es muß also auch die HausdorfFEigenschaft in den Beweis eingehen! Zu
AUFGABE
5: Von Natur aus ist Sn x Sk C
^ zu Zwischenschritt wird vorgeschlagen, S " x R ^ Rn+1 \ 0 zu zeigen. Das erinnert an Polar- oder Kugelkoordinaten. Aber folgt so nicht eher Sn x K+ ^ R n + 1 \ 0, also mit dem Faktor l + : = { r e M | r > 0 } statt R? Und was würde Sn x R = M n+1 \ 0 uns denn für die Aufgabe selbst helfen?
pn+l
pfe+1 _
19.
Zu AUFGABE 6: Der erste Teil ist eine unproblematische Formulierungsübung. Für die Zusatzfrage muß man sich erst durch anschauliche Vorstellung einen Ansatz verschaffen. Schon für M — K und k = 0 findet man ein Gegenbeispiel. Das soll auch genügen! Noch besser wäre freilich der Nachweis, daß es Gegenbeispiele für jedes n-dimensionale M ^ 0 und 0 < k < n — 1 gibt. Die nebenstehenden Skizzen sollen Ideen für mögliche Vorgehensweisen geben. Das Hauptproblem ist dann freilich der Nachweis, daß eine angegebene Teilmenge von M wirklich keine UntermanFig. 20. Fig. 21 nigfaltigkeit ist. Zu AUFGABE 7: Matrizengruppen wie O(Q) sind wichtige Beispiele von Liegruppen. Für
Q(x)
=xl-x\-x\-x\
auf dem M4 ist O(Q) zum Beispiel die Lorentzgruppe. — Aus der linearen Algebra werden Sie wissen (siehe z.B. Abschnitt 11.5 in [ J:LiA]), daß es zu einer quadratischen Form Q auf dem M.n
1.10 Hinweise zu den Übungsaufgaben
25
eine wohlbestimmte symmetrische n x n-Matrix C gibt, so daß Q(x) —l x-C-x. Daß Q nichtentartet ist bedeutet, daß C den Rang n hat. Wenn C in diesem Sinne die Matrix der quadratischen Form Q ist, welche Matrix hat dann QoA ? Versuchen Sie nun, den Satz vom regulären Wert so anzuwenden, wie wir es in Abschnitt 1.5 für O(n) schon getan haben. Zu AUFGABE 8: Nennt man zwei Punkte a,b e M äquivalent, a ~ b, wenn sie durch einen stetigen Weg a: [ 0,1 ] —> M verbindbar sind, dann sind die Aquivalenzklassen die sogenannten Wegzusammenhangskomponenten von M. Sie sind offen (weshalb?) und es können nur abzählbar viele sein (weshalb?). Sei k e N Uoo ihre Anzahl, und denken wir sie uns als M\,..., Mk bzw. als ( M J ) J € N (falls k = oo) numeriert, "abgezählt". Sie sollen nun zeigen, daß die kanonische Bijektion k
JJ
Af
(nämlich welche?) ein DifFeomorphismus ist. Inhaltlich gesehen ist das eine Routine-Nachprüfung, aber Sie können dabei testen, ob sich Ihre anschaulichen Vorstellungen von der Summe in hieb- und stichfeste Argumente umsetzen lassen.
2
Der Tangentialraum
2.1 Tangentialräume im euklidischen Raum Es ist eine Grundidee der Differentialrechnung, differenzierbare Abbildungen durch lineare zu approximieren, um so nach Möglichkeit analytische Probleme (schwierig) auf linear-algebraische (einfach) zurückzuführen. Die lineare Approximation einer Abbildung / : R n —> K lokal bei x ist bekanntlich das sogenannte Differential dfx : Kn —> Rfe von / bei x, charakterisiert durch f(x + v) = f(x) + dfx • v +
N zwischen Mannigfaltigkeiten lokal bei p e M durch eine lineare Abbildung approximieren? Natürlich können wir jederzeit das Differential d(k o / o hrx)x der mittels Karten heruntergeholten Abbildung betrachten. Dieses Differential hängt aber von der Wahl der Karten wirklich ab, wie es ja eben auch k o f o h"1 und nicht / selbst approximiert. Wollen wir indessen ein kartenunabhängiges Differential für / selbst definieren, so haben wir eine Vorarbeit zu leisten: wir müssen zunächst einmal die Mannigfaltigkeiten M und N lokal bei p und f(p) "linear", d.h. durch Vektorräume, approximieren. Erst danach können wir das Differential als eine lineare Abbildung dfp : TpM -+ Tf{p)N
Fig. 22. Tangentialraum TPM
zwischen diesen sogenannten Tangentialräumen erklären. Der Einführung dieser Tangentialräume ist das gegenwärtige Kapitel 2 gewidmet.
2.1 Tangentialräume im
27
Um uns zu orientieren, betrachten wir zuerst die Untermannigfaltigkeiten der euklidischen Räume R n . Hier bietet sich eine naheliegende Weise an, den Tangentialraum - analog zur klassischen Tangentialebene an eine Fläche im Raume - zu definieren: Lemma und Definition: Ist M C RN eine n-dimensionale Untermannigfaltigkeit und p e M, so ist der durch rpUIit
M := (dh}
h,
fxO)
für eine M ßachmachende Karte (U,h) von RN um p deßnierte Untervektorraum des RN unabhängig von der Wahl der Karte
"Flachmacher" um p
Fig. 23. Tangentialraum einer Untermannigfaltigkeit des RN
und heißt der (Untermannigfaltigkeits-) M am Punkte p .
Tangentialraum
von
Der Kartenwechsel w zweier Flachmacher (U, h) und (V,h) umpmußja h(UnV)n(Rn x 0) auf h{Uf]V)n(Rn x 0), sein Differential bei h(p) also Mn x 0 auf K " x O abbilden, wegen {dhv)~l — (dhp)~l o (dw^p))"1 folgt daraus die Behauptung; T£ntM ist also wohldefiniert. D BEWEIS:
'M
/ =
w//M
W/ä 'W////
Fig. 24. Kartenwechsel zweier Flachmacher
28
Kapitel 2. Der Tangentialraum
Es ist vielleicht nicht ganz überflüssig darauf hinzuweisen, daß TpntM C RW also wirklich ein Untervektorraum von I ^ ist und insbesondere den Nullvektor 0 e l w enthält. Nur beim Zeichnen von Figuren verschieben wir ihn gern durch Translation um p an den Ort, an dem unsere geometrische Intuition ihn sehen will. Wir dürfen aber nicht vergessen, daß seine Vektorraumstruktur dann jene ist, bei der an der Stelle p lg ' ' der Nullvektor sitzt. Das sollte aber ebensowenig zu Mißverständnissen führen, wie das "Anbringen" des Geschwindigkeitsvektors ä{t) einer (etwa) ebenen Kurve an die passende Stelle a{t). Der Spezialfall M C RN soll uns als Modell für den allgemeinen Fall dienen. Allerdings erweckt er zunächst den Eindruck, als ermögliche der umgebende M.N die Konstruktion des Tangentialraums überhaupt erst! Wo sonst sollten die Tangentialräume leben? Die Übertragung der Definition auf beliebige, "abstrakte" Mannigfaltigkeiten ist auch durchaus keine ganz triviale Aufgabe, und es gehört dazu eine gewisse grandiose Art bei der Erschaffung neuer mathematischer Objekte, zu der die ältere Mathematik gleichsam zu zaghaft war.
2.2 Drei Fassungen des Tangentialraumbegriffs Es gibt drei sehr verschieden aussehende, aber im wesentlichen äquivalente Definitionen des BegrifFes Tangentialvektor, ich nenne sie (a) die geometrische, (b) die algebraische und (c) die "physikalische" Definition. Wir brauchen sie alle drei. Die Reihenfolge spielt keine Rolle, beginnen wir mit (a). Wir gehen von der anschaulichen Vorstellung eines Tangentialvektors v an eine Untermannigfaltigkeit des M aus und fragen uns, wie wir ihn ohne Benutzung des umgebenden Raumes charakterisieren können, um eine verallgemeinerungsfähige Version der
2.2 Drei Fassungen
29
Definition zu erhalten. Nun, jedenfalls ist doch jedes solche v der Geschwindigkeitsvektor einer ganz in M verlaufenden Kurve a. So ein a enthält genug Information über v, zuviel sogar. t p Welche Kurven a, ß beschreiN ben dasselbe vl Wie kann man ä(0) = ß(0) ohne Verwendung des umgebenden Raumes R ausdrücken? Zum Beispiel mittels Karten: d(0) = ß(0) e RN ist gleichbedeutend mit (hoa)' (0) = (hoß)'(0) e Mn ffireineKarte (U, h) von M(!) um p. Soviel zur M Motivation der folgenden DefiniFig. 26. Für jeden Tangen- tion: nt tialvektor v€T^ M an eine Untermannigfaltigkeit M(Z RN können wir eine Kurve o i n M mit a(0)=p und &(0)=v finden.
Definition (a): Sei M eine n-
dimensionale Mannigfaltigkeit, p e M. Es bezeichne K.p(M) die Menge der differenzierbaren Kurven in M, die bei t — 0 durch p gehen, genauer und
JCp(M) = {a : ( - £
Zwei solche Kurven a, ß e K,p{M) sollen tangential äquivalent heißen, a ~ /?, wenn für eine (dann jede) Karte (C/, h) um p gilt:
Die Äquivalenzklassen [a] e K.p(M)/ ~ nennen wir dann die
(geometrisch definierten) und
Tangentialvektoren von M in p,
heiße der (geometrisch definierte) p.
Tangentialraum an M in D
Zur Vorbereitung der zweiten Fassung (b) der Definition führen wir zuerst die folgende Sprechweise ein:
30
Kapitel 2. Der Tangentialraum
Definition: Nennt man zwei um p auf M definierte differenzierbare reelle Punktionen äquivalent, wenn sie auf einer Umgebung von p übereinstimmen, so heißen die Äquivalenzklassen die Keime differenzierbarer Funktionen auf M bei p. Die D Menge dieser Keime werde mit £p(M) bezeichnet. Definitionsbereich von g
Defimtionsbereich von /
Ubereinstimmungsbereich Fig. 27. Für f~g brauchen / und g nicht im ganzen Durchschnitt ihrer Definitionsbereiche übereinzustimmen: eine kleine Umgebung von p genügt.
Wir verzichten bequemlichkeitshalber darauf, eine Funktion / : U —*• M um p und den Keim / e £P(M), den sie repräsentiert, durch die Notation zu unterscheiden und hofFen, daß keine Mißverständnisse entstehen. Eine um p definierte Funktion / enthält zwar mehr Information als ihr Keim / bei p, aber für alle die Operationen, für die man eine Funktion nur auf einer Umgebung von p zu kennen braucht, ohne daß es auf die Größe dieser Umgebung ankommt, ist der Keim gut genug. Ersichtlich kann man Keime bei p miteinander multiplizieren und zueinander addieren, genauer: Notiz: Die Menge £P(M) der differenzierbaren Funktionskeime auf M bei p ist in kanonischer Weise nicht nur ein reeller Vektorraum, sondern auch ein mit dieser Vektorraumstruktur verträglicher Ring, also eine reelle Algebra. D Die von uns "algebraisch" genannte Fassung des Tangentialvektorbegriffs geht nun davon aus, daß man bei gegebenem Punkt p e Mn einen Vektor v e RN auch durcli seinen Richtungsableitungsoperator Vv am Punkte p charakterisieren kann, und daß es für v G TpntM zur Bestimmung von V„/ genügt, von / nur
2.2 Drei Fassungen
31
den Verlauf nahe p auf der Untermannigfaltigkeit M zu kennen, denn V„/ := (/ o a)' (0) gilt für jede Kurve a mit a(0) = p und &(0) = v, und wir können a in M verlaufend wählen. So gelangt man zu einer den umgebenden Raum R nicht benutzenden und daher verallgemeinerungsfähigen Charakterisierung von v. Definition (b): Sei M eine n-dimensionale Mannigfaltigkeit, p e M. Unter einem (algebraisch definierten) Tangentialvektor an M in p verstehen wir eine Derivation auf dem Ring £P{M) der Keime, d.h. eine lineare Abbildung v : £P{M)
> R,
welche für alle f , g & £P(M) d i e P r o d u k t r e g e l
«(/ • 9) = v{f) • g(p) + f(p) • v(g) erfüllt. Den Vektorraum dieser Derivationen bezeichnen wir mit TplsM, er heiße der (algebraisch definierte) Tangentialraum von M bei p. D Nun zur dritten Version, der Fassung (c). In der physikalischen Literatur wird gewöhnlich in Koordinaten gerechnet, und dann meist in einem Kalkül, in dem die Stellung der Indices (oben oder unten) von Bedeutung ist, dem in der Differentialgeometrie so genannten Ricci-Kalkül. In diesem Ricci-Kalkül heißt das, was wir einen Tangentialvektor nennen, ein kontravarianter Vektor, und das sei, kurz gesagt, ein n-tupel, notiert als (v1,..., vn) oder ggf. (v°, v1, v2, v3) oder kurz als vß, welches sich nach dem Gesetz
"transformiert". Dabei wird, wie stets im Ricci-Kalkül, über doppelt (und gegenständig, d.h. oben und unten) innerhalb eines Terms vorkommende Indices summiert, hier also über v ("Summenkonvention"). Was soll das alles bedeuten? Übersetzt in unsere Sprache das folgende:
32
Kapitel 2. Der Tangentialraum
Definition (c): Es sei M eine n-dimensionale Mannigfaltigkeit, p e M. Es bezeichne VP(M) := {(U,h) e V | p e U} die Menge der Karten um p. Unter einem ("physikalisch" definierten) Tangentialvektor v an M in p verstehen wir eine Abbildung v : VP(M) -> Mn
mit der Eigenschaft, daß für je zwei Karten die zugeordneten Vektoren in M.n durch das DifFerential des Kartenwechsels auseinander hervorgehen, d.h. daß
für alle (U, h), (V, k) e Vp(M) gilt. Den Vektorraum dieser Abbildungen v bezeichnen wir mit r ^ h y s M , er heiße der (physikalisch definierte) Tangentialraum von M bei p. D
:(z\..,z")/
\*=(21,..,*B)
/
Fig. 28. Zur Interpretation des Transformationsgesetzes für "kontravariante Vektoren": Matrix des Kartenwechsels x^^x^
1
^ ist die Jacobin ,...,x ), p=l,...,n.
Es liegt mir übrigens fern, den Ricci-Kalkül ironisieren zu wollen. Es ist ein sehx eleganter das explizite Rechnen anleitender, gleichsam maschinenlesbarer Kalkül, und er ist in der physikalischen Literatur in ständigem Gebrauch, weil es einen besseren operativen Kalkül für die Vektor- und Tensoranalysis nach wie
2.3 Äquivalenz der drei Fassungen
33
vor nicht gibt. Diese Vorzüge — die Sie bei näherer Bekanntschaft noch mehr zu schätzen lernen werden — sind aber mit gewissen Nachteilen erkauft. Die Eleganz einer Notation beruht meist auf der Unterdrückung "unwichtiger" Daten, und für das effiziente Handhaben von Formeln sind eben andere Dinge wichtig als für die logische Klärung geometrischer Grundbegriffe. Deshalb müssen wir jetzt einmal einen "kontravarianten Vektor", statt mit zierlichem v^, mit der plumpen Ausführlichkeit des v : VP(M) -> Mn,
(U, h) ^ v(U, h)
bezeichnen. Als Verbesserungsvorschlag zum täglichen Gebrauch für Physiker ist das nicht gedacht.
2.3
Äquivalenz der drei Fassungen
Wir wollen uns nun davon überzeugen, daß die drei Versionen des Tangentialraumbegriffs im wesentlichen dasselbe bedeuten. Sehen Sie aber das folgende Lemma nicht als Strafe für mutwilliges Dreifach-Definieren an, sondern als ein ganzes System von unentbehrlichen Hilfssätzen über den Tangentialraum, die in dieser Form am übersichtlichsten zusammengefaßt sind. Lemma: Die im folgenden näher beschriebenen kanonischen Abbildungen (3)
*
\
(1)
(2)
sind miteinander verträgliche Bijektionen, d.h. die Zusammensetzung von je zweien ist invers zur dritten. PRÄZISIERUNG UND BEWEIS:
zuerst einmal an:
Geben wir die drei Abbildungen
34
Kapitel 2. Der Tangentialraum
(1) Geometrisch -——*- algebraisch: Ist [a] ein geometrisch deßnierter Tangentialvektor an M in p, so ist durch £P(M) /
> R i
> (/oa)'(O)
eine Derivation, also ein algebraisch deßnierter Tangentialvektor gegeben. — Natürlich sind hierbei einige kleine Nachweise zu führen: Die Unabhängigkeit von der Wahl der repräsentierenden Funktion innerhalb des Keimes ist evident und wird von unserer Notation zurecht schon vorweggenommen. Die Unabhängigkeit von der Wahl des Repräsentanten a e JCP(M) von [a] e T&eomM prüft man mittels einer Karte (U,h) um p: oBdA repräsentiert / : U —>• M den Keim und oBdA haben a und ß denselben genügend kleinen Definitionsbereich (—e,e):
a,ß
Fig. 29. Tangential äquivalente Kurven definieren nach der Kettenregel dieselbe Derivation / n ( / o a ) ' ( 0 ) .
Dann ist (h o a)' (0) = (h o ß)' (0) nach Voraussetzung und daher (/ o h~x o h o a)' (0) = ( / o h~l o h o ß)' (0) nach der Kettenregel. — Daß schließlich die nun für gegebenes [a] als wohldefiniert erkannte Abbildung £P(M) —> M, />—>(/ o a)'(0), wirklich eine Derivation ist, folgt aus der Produktregel für Funktionen (-£,£)-»• M.
(2) Algebraisch -——>- physikalisch: Ist v : £P(M) —> M eine Derivation, so ist durch Vp(M) (U,h) i
> Mn >
(v(hi),...,v(hn))
2.3 Äquivalenz der drei Fassungen
35
ein physikalisch deßnierter Tangentialvektor gegeben, behaupten wir. Sind (U,h) und (V,k) Karten um p und w := k o hT1 auf h(U fl V) der Kartenwechsel, so haben wir also
zu zeigen. — Hier ist nun die einzige Stelle in unserer Untersuchung des Verhältnisses der drei Tangentialraum-Definitionen untereinander, wo man wirklich einen kleinen Kunstgriff braucht. Von v wissen wir nur, daß es eine Derivation ist. Deshalb sollten wir versuchen, irgendwie zu einer Darstellung der Form n
' J2 9ij zu gelangen, um die Produktregel auch ausnutzen zu können. Das gelingt mit dem folgenden HlLFSSATZ: Sei O C M.n eine bezüglich 0 sternförmige offene Menge, z.B. eine offene Kugel um 0 oder Mn selbst. Ist dann f : ü -> E eine differenzierbare (= C°°) Funktion mit /(0) = 0, so gibt es differenzierbare Funktionen /,• : 0, —> K mit
gilt /(#) = Jg1 -^f(txi,.. .,txn)dt x /o 53?= i j ~dx~ ( ^ i ' • • • > txn)dt und wir brauchen daher nur
BEWEIS DES HILFSSATZES: ES =
i
(tXi, . . . ,tXn)dt o
J
"
zu setzen. — Wir dürfen oBdA h(p) = k{p) = 0 und h(U) als eine so kleine ofFene Kugel um 0 annehmen, daß U in V enthalten ist. Gemäß unserem Hilfssatz sind dann die n
ANWENDUNG DES HILFSSATZES:
Kapitel 2. Der Tangentialraum
36
Komponentenfunktionen w\,...,wn Gestalt U
V
des Kartenwechsels von der W
i
=
und wegen k = w o h folgt daraus
y
v
Q
wie wir gehofft hatten, und wenden Fig. 30. Kartenwechsel auf wir darauf nun die Derivation v an, einer offenen Kugel O um 0. g o e r g i b t g i c h w e g e n ^ = Q.
j=i
5=1
aber u;^- (0) ist gerade ^- (0), und damit haben wir die behauptete Formel verifiziert. >- geo(3) Physikalisch metrisch: Ist v : Vp(M) -> M™ ein physikalisch deünierter Tangentialvektor und (U, h) eine Karte um p, und deßniert man a : (—£,e) —> U, für genügend kleines e > 0, durch
U
a{t) := eom soist [a] e T|| M unabhängig F i g 3 1 Z u r D e f i n i t i o n d e r Ab_ hl der Karte. Ist bildung TP h y s M^T| e o r a M. von der Wahl nämlich ß die analoge Kurve bezüglich (V, k) und u; der Kartenwechsel, und benutzen wir k, um die tangentiale Aquivalenz von a und ß zu prüfen, so ist (fc o a)'(0) — (k o ß)'(0) gerade gleichbedeutend mit dwh(p)(v(U, h)) = v(V, k), also mit dem definitionsgemäß erfüllten Transformationsgesetz des physikalisch definierten Tangentialvektors v.
2.4 Die Definition
37
Damit haben wir nun die drei in dem Lemma als kanonisch angekündigten Abbildungen explizit angegeben, wir wollen sie einmal mit 3 bezeichnen:
Zu zeigen bleibt jetzt noch, daß jeder Umlauf um das Diagramm die Identität ergibt, also daß $3 O f
2
O $ [ = IdTSeomM
$ 2 O $ ! O $ 3 = Id T phys M
und
<]>! o i>3 o $ 2 = Id T aig M
gilt. Ein geometrischer Tangentialvektor [a] zum Beispiel wird zuerst zur Derivation / H ( / O Q ) ' ( 0 ) , diese zum physikalischen Vektor v(U, h) = (h o CÜ)' (0), mit dem wir schließlich die Kurve ß(t) :— h~l(h(p) +t(hoa)'(0)) konstruieren, die $ 3 o $ 2 c $ i [ a ] repräsentiert. Ist [ß] = [o;]? Ja, denn (h o ß)'(0) ergibt sich direkt als (hoa)' (0). — Analog erweisen sich die anderen beiden Formeln als richtig, und mit dieser Beteuerung beschließen wir D den Beweis des Lemmas.
2.4 Definition des Tangentialraums Wie wollen wir nun den Tangentialraum schlechthin definieren, nachdem klargestellt ist, inwiefern TfomM, T^M und T^SM im Grunde dasselbe Objekt sind? Soll ich einfach sagen: Nennen wir es TpM? Ein mysteriöser Inbegriff, von dem die drei realen Versionen nwc irdische Gleichnisse sind? Lieber nicht. Oder wollen wir die drei Fassungen irgendwie durch Aquivalenzklassenbildung zu einem TPM identifizieren? Ginge schon eher an, aber wozu?
38
Kapitel 2. Der Tangentialraum
Haben wir an drei Fassungen noch nicht genug, daß wir unbedingt eine vierte herstellen müssen? Die wirkliche und vernünftige Praxis ist, alle drei Versionen neben- und durcheinander zu verwenden, ihre Kennzeichnung aber mit der unausgesprochenen Begründung wegzulassen, daß es entweder ersichtlich oder gleichgültig sei, welche Fassung man gerade benutzt. Damit Sie aber vor sich und anderen nicht zu ellenlangen Erklärungen genötigt sind, wenn Sie die berechtigte Frage "Was ist ein Tangentialvektor?" beantworten wollen, gehen wir etwas förmlicher vor und entschließen uns wie folgt. Definition: Es sei M eine n-dimensionale Mannigfaltigkeit, p e M. Der Vektorraum TPM := T^M soll der Tangentialraum an M in p heißen, seine Elemente Tangentialvektoren. — Wir vereinbaren jedoch, eine Derivation v e TPM bei Bedarf auch als geometrisch oder physikalisch definierten Tangentialvektor gemäß 2.3 aufzufassen und diesen mit demselben Symbol zu bezeichnen, wenn keine Mißverständnisse zu befürchten sind. D Notiz: Die Tangentialräume einer n-dimensionalen Mannigfaltigkeit sind übrigens wirklich auch n-dimensional, denn die kanoniist linear, und für eine feste sche Bijektion T^M S T^SM Karte deßniert v^v(U,h) einen Isomorphismus TP hys M = M n .
2.5
Das Differential
Ich hatte die Einführung des Tangentialraumes als eine Vorarbeit für die Definition des Differentials, der lokalen linearen Approximation einer differenzierbaren Abbildung zwischen Mannigfaltigkeiten bezeichnet. Die Vorarbeit ist nun geleistet, wenden wir uns dem Differential zu. Obwohl ich nicht vorhabe, alle mit Tangentialvektoren befaßten Definitionen künftig in dreifacher Ausfertigung vorzulegen, soll es doch jetzt noch einmal geschehen. Sei
2.5 Das Differential
39
also / : M —> N eine differenzierbare Abbildung, p e M. Betrachten wir der Reihe nach in geometrischer, algebraischer und physikalischer Fassung, wie / eine lineare Abbildung zwischen den Tangentialräumen bei p und f(p) kanonisch induziert. Auf geometrische Tangentialvektoren wirkt / durch Kurventransport:
Fig. 32. Die Kurve a€K.p(M) wird durch / in die Kurve /oae/C /(p )(iV) "transportiert".
Die Abbildung
a
ist, wie man leicht prüft, wohldefiniert. - Kümmern wir uns nun um die algebraischen Tangentialvektoren. Vorschalten von / ordnet Keimen bei f(p) Keime bei p zu:
Fig. 33. Dem Keim von i^:;7^R bei /(p) wird der Keim von <po/ | /~ 1 (!7) bei p zugeordnet.
und definiert so einen Algebrenhomomorphismus
40
Kapitel 2. Der Tangentialraum
Vorschalten von /* macht dann aus einer Derivation bei p eine bei f(p): jalg f . rpalg yr JP " Mp 1V1
^alg »r f(p)
U
V
1
> VO f*
ist wohldefiniert und offenbar linear. Als Derivation wirkt also dalgfp(v)
auf Keime (p um f(p) durch ip H-> v(cp o / ) .
Um schließlich die von / kanonisch induzierte lineare Abbildung jphys f
. r™hys J\J
ry-iphys AT
zwischen den 'physikalisch' definierten Tangentialräumen zu beschreiben, müssen wir jeweils (dphysfp(v))(V,k)
dimN
angeben, und dafür wählen wir eine Karte (U, h) um p mit f(U) C V und setzen (cPhysfp(v))(V, k) := d(k o / o / i - 1 ) ^ ) ^ , /i), was eben bedeutet, daß d phys /j, bezüglich Karten durch die Jacobi-Matrix der heruntergeholten Abbildung gegeben ist. Mittels der Kettenregel prüft man die Wohldefiniertheit.
j-
9/**
ko f oh' Fig. 34. Das Differential im Ricci-Kalkül: der kontravariante Vektor v" geht über in §^p- -v" .
2.5 Das Differential
41
Lemma und Definition: Sei f : M —*• N eine differenzierbare Abbildung zwischen Mannigfaltigkeiten, p e M. Die drei durch Kurventransport, Keimalgebren-Homomorphismus bzw. JacobiMatrix bezüglich Karten von f bewirkten Abbildungen Jgeom f
u
/P
m g e o m ]\f
. rpgeom yr IV1
Jp-J-p
>
f(p)
y Talg N f(p) T > f(p)N
^
sind mit den kanonischen Bijektionen zwischen geometrischem, algebraischem und physikalischem Tangentialraum verträglich und deünieren daher alle dieselbe lineare Abbildung dfp : TPM
> Tfip)N,
welche wir das Differential von f am Punkt p nennen.
•
Der Beweis besteht aus mittlerweile vertrauten Schlüssen, ich führe ihn deshalb nicht vor, womit ich aber nicht gesagt haben will, die Behauptung sei geradezu evident. Es gehört schon einige Erfahrung dazu, das Lemma aus Überzeugung, und nicht bloß auf Autorität hin zu glauben; und wenn wir die allerersten wären, die sich damit befaßten, so müßten wir ganz schön sorgfältig prüfen, ob nicht noch irgendwo der Teufel im Detail steckt. — Evident ist aber, in jeder der drei Versionen, die Funktoreigenschaft des Differentials, die wir als zunächst wichtigste Eigenschaft des frischdefinierten Begriffes festhalten wollen: Notiz: Das Differential der Identität ist die Identität, dldp = I d T p M ,
und es gilt die Kettenregel, d.h. d(g o f)p = dgf{v) o dfp f
9
für die Zusammensetzung M\ —> M^ —> M$ differenzierbarer Abbildungen. D
42
Kapitel 2. Der Tangentialraum
Damit ist unsere Einführung der differentialtopologischen Grundbegriffe vorläuiig abgeschlossen; im nächsten Kapitel werden wir schon Differentialformen betrachten. In den folgenden drei Abschnitten des gegenwärtigen Kapitels haben wir aber noch ein paar Notationsangelegenheiten zu besprechen.
2.6 Die Tangentialräume eines Vektorraums Jeder n-dimensionale reelle Vektorraum V ist in kanonischer Weise eine n-dimensionale Mannigfaltigkeit; Topologie und difFerenzierbare Struktur sind durch die Forderung charakterisiert, daß die Isomorphismen V = Rn auch Djjffeomorphismen sein müssen. Unser Motiv für den Tangentialraumbegriff ist in diesem Spezialfall allerdings nicht stichhaltig: einen linearen Raum braucht man nicht erst linear zu approximieren. Deshalb kann es uns nicht wundern, daß für jedes p e V ein kanonischer Isomorphismus V -=-> TPV vorliegt. Der einem Vektor v € V dabei zugeordnete Tangentialvektor ist z.B. geometrisch durch die Kurve t H-> p + tv,
also algebraisch durch die Derivation d f],
irvr
rtv)
at o gegeben. Fassen wir auf diese Weise die Elemente v e V als Tangentialvektoren auf, dann wird das Differential bei p einer differenzierbaren Abbildung / : V —> W zwischen endlichdimensionalen rellen Vektorräumen also zu einer linearen Abbildung dfP:V
> W,
und so werden wir es auch meist schreiben, insbesondere für V = R n , W = Rfe. Die Notation Tp Mn wollen wir nur benutzen,
2.7 Geschwindigkeitsvektoren
43
wenn es die begriffliche Klarstellung erfordert. Das als lineare Abaufgefaßte DifFerential ist also gerade bildung dfp durch die Jacobi-Matrix Jf (p) gegeben. — Implizit sprechen wir natürlich sehr oft von TpM.n und TPV, denn wenn von TpM für beliebiges M die Rede ist, sind die Spezialfälle M — Mn und M = V auch dabei. Abschaffen wollen wir die Tangentialräume eines Vektorraums keineswegs.
2.7 Geschwindigkeitsvektoren von Kurven Eine differenzierbare Kurve a : (a,b) —>• M hat für jeden Parawir wollen meterwert t e (a, b) einen Geschwindigkeitsvektor, ihn mit a(t) e Ta^M bezeichnen, und zwar ist ä(t) geometrisch durch A— i > a(t + X) repräsentiert, algebraisch ist's die M Derivation
(hoa)' (t). Die Notation ä(t) kommt eigentlich von den Kurven im R n her, wo sie natürlich
bedeutet. Trotzdem entsteht keine Kollision der Schreibweisen, denn bezüglich Mn = T a(t ) ffin geht dieses übliche &(t) e M.n gerade in unser neudefiniertes ä(t) e Ta(t) R n über. Beachte, daßwir statt [a] e T&eoraM nunauch ä(0) schreiben dürfen, was wir auch. tun wollen, und daß aus der Beschreibung des Differentials mittels Kurventransport die Formel
folgt, wobei also a eine Kurve in M und differenzierbare Abbildung bezeichnen.
M
./V eine D
44
2.8
Kapitel 2. Der Tangentialraum
Ein weiterer Blick auf den Ricci-Kalkül
Durch eine Karte (U, h) werden auf dem Kartengebiet U Koordinaten eingeführt, das sind einfach die Komponentenfunktionen h\,..., hn der Kartenabbildung, h = [h\,..., hn). Die einzelne Koordinate ist also eine reelle Funktion h^ : U —>• M, und ein Punkt p € U hat die Koordinaten (hi(p),..., hn(p)). Durch die Karte wird auch für jedes p e U eine Basis von TPM ausgezeichnet, diejenige nämlich, die unter
v i
•
v(U,h)
der kanonischen Basis (ei,...,e n ) des Rn entspricht. Für diese Basis möchte ich eine Notation einführen und dabei, anknüpfend an den Abschnitt 2.2, wieder etwas vom Ricci-Kalkül erzählen. Für das Rechnen mit geometrischen Objekten in lokalen Koordinaten ist der Ricci-Kalkül, wie schon gerühmt, von unübertroffener Eleganz. Mit einem Minimum an willkürlicher Notation (freilich mit vielen Indices) beschreibt er alle lokalen Gegenstände und Prozeduren der Vektor- und Tensoranalysis so, daß man jederzeit Zahlen einsetzen und losrechnen könnte, und dabei zeigt er automatisch immer das Transformationsverhalten — für den Kenner also die geometrische Natur der Dinge — an, der Kalkül denkt für den Benutzer. Wollen wir solche Vorteile mitgenießen, haben wir allerdings auch einige Kröten zu schlucken. Beginnen wir einmal mit den harmloseren Ritualen beim Eintritt in diesen Tempel. Die Bezeichnung U für das Kartengebiet legen wir am Eingang ab. Daß ein Koordinatensystem einen gewissen Geltungsbereich hat, versteht sich von selbst, sagt der Ricci-Kalkül, dafür verschwenden wir keinen Buchstaben. Danach werden wir aufgefordert, die Indices der Koordinaten oben zu führen, also h = (h1,..., hn) zu schreiben. Das tun wir zwar nicht allzu gern, weil oben gewöhnlich Exponenten stehen, aber so paßt es am besten in
2.8 Ricci-Kalkül
45
die Index-Konventionen des Kalküls, in dem obere Indices ohnehin nicht zu vermeiden sind. Also sei es. Nun wird aber auch noch der Buchstabe h als willkürlich und ausdruckslos verworfen, die Koordinaten sollen heißen, damit man sie sogleich als Koordinaten erkennt. Haben wir einmal mit einem weiteren Koordinatensystem zu tun, so können wir ja dessen Koordinaten zur Unterscheidung irgendwie markieren, etwa als bezeichnen, und kommt gar eine weitere Mannigfaltigkeit ins Spiel, so sollen dort auch Koordinaten
erlaubt sein usw., aber die erste Wahl füx die Benennung der Koordinaten bleibt x1,..., xn. In dieser Auffassung werden also — wenn wir die inzwischen verbotenen Bezeichrumgen U und h heimlich zur Erklärung mit heranziehen — die Koordinaten zu Punktionen x» : U -> M, so daß h — (xl,...,xn)
gilt. Daß die
Koordinaten des Mn selbst eben- U falls x1,...,^71
heißen, ist eine
vom Kalkül nicht ungewollte Kollision, wie wenn in älteren Texten über Infinitesimalrechnung eine reelle Punktion als / \
, ,_ , ^
n.
U'C Fig. 36. Koordinaten xß Ricci-Kalkül.
im
y = y(x)
geschrieben wird, was den ^°^h teil bringt, daß man dann eine individuelle Bezeichnung für die Punktion nicht b r ^ h t • Aber jedenfalls ist das eine Doppelbedeutung von x^ als Funktion auf U C M und als Koordinate des M", und wir müssen sie im Auge behalten, besonders da wir jetzt festsetzen: Notation: Ist (U, h) eine Karte mit Koordinaten x1,..., xn, d.h. also h = (x1,..., xn), und ist p e U, so werde der /x-te Vektor
46
Kapitel 2. Der Tangentialraum
der durch die Koordinaten gegebenen Basis von TPM mit
bezeichnet, abgekürzt auch als d^, e TPM.
dy
D
z"-Linie durch p auf U C M
^ s ^ y 2 - z^-Linie durch p auf U C M
h\\h-
-l
z^-Linie durch h(p) im Rn
Fig. 37. Koordinatenbasis (9i,...,9„) von TPM
Um jedes Mißverständnis auszuschließen: Als physikalischer Tangentialvektor d^ e TPhysM ordnet öM unserer Karte (C/,/i) gerade den /x-ten Einheitsvektor e^ e M" zu; als geometrischer, df, e T^eomM, ist 9M durch die Kurve t i-> ft-^/i^+te^) repräsentiert (9M ist der Geschwindigkeitsvektor der /x-ten Koordinatenlinie); und als Derivation schließlich wirkt d^, ausführlich geschrieben, durch £P(M)
>• R
also als fi-te partielle Ableitung der heruntergeholten Funktion. Und eben das suggeriert ja die Ricci-Notation d^p trotz ihrer unüberbietbaren Gedrängtheit ganz unmißverständlich, denn was kann die Anwendung von -^ auf eine auf der Mannigfaltigkeit definierte Funktion
2.9 Test
47
wir uns gerade befinden, so müßten wir schon zu einer zusätzlichen Kennzeichnung wie d^ | oder dergleichen greifen. Das ist aber selv ten notwendig, und oft haben wir gar kein festes p s U im Auge, sondern die Zuordnung, die jedem p e U sein dß e TPM zuweist, und für dieses Vektorfeld auf U ist dann auch d^ oder -^— eine wie angegossen U c M passende Notation. Dem im Ricci-Kalkül als v^ geschriebenen "kontravarianten Vektor" „. 38. „Das~~\Vekö T, Fig. oo torfeld d^ auf u entspricht dann der Tangentialvektor
und aus dem Zusammenhang muß hervorgehen, ob ein festes p e U betrachtet wird und v^d^ e TpM gemeint ist oder ob, wie zumeist, die v1,... ,vn reelle Punktionen auf U und v^d^ daher ein Vektor/eW auf U bezeichnet.
2.9 Test (1) Für die beiden "Pole" p := (0, 0,1) und q := (0, 0, -1) der 2-Sphäre S2 C M3 ist ofFenbar = T£ntS2 = R2 x 0 C R 3 .
Gilt auch T und "phys"?
= T%eomS2 und entsprechend für "alg"
D Ja, weil kanonisch TpuntM ^ T&°mM usw. D Nein, für die drei Fassungen gilt stets TPMDTgM = 0 für p ^ q. D Ja fiir T p h y s , nein für die beiden anderen Fassungen, weil ffir diese TpM n TqM = { 0 } für p =£ q. (2) Repräsentieren zwei um 0 in R n definierte Funktionen / und g bereits dann denselben Keim in £o(R n ), wenn ihre partiellen Ableitungen jeder Ordnung bei 0 übereinstimmen?
48
Kapitel 2. Der Tangentialraum D Nein (Hinweis: e~x/x ) . D Ja, aufgrund der Taylorschen Formel für Punktionen mehrerer Veränderlichen. D Ja, sonst erhielte man einen Widerspruch zum Mittelwertsatz.
(3) Sei Mo C M eine Untermannigfaltigkeit, p e Mo, und sei v € TPM eine Derivation mit vf — 0 für alle / e £P(M), welche auf MQ verschwinden. Dann ist D v € TPMO C TPM D v = 0
D v e TPM \ TpM0 (4) Für differenzierbare Abbildungen / zwischen Mannigfaltigkeiten gilt D rg dfp = xgpf stets G rg dfp > rgpf, und > kann vorkommen G rg dfp < Tgpf, und < kann vorkommen. (5) Es sei / : M —> N konstant. Dann ist dfp —
• f(p)
•
0
D
IdTpM.
(6) Es seien V und W endlichdimensionale reelle Vektorräume und f :V —* W linear. Dann ist dfp =
• /
• 0
D
f-f(P).
(7) Es sei V ein endlichdimensionaler reeller Vektorraum und / : V —* V eine Translation. Dann ist dfp = D /
D 0
U
Idv
(8) Seien M eine differenzierbare Mannigfaltigkeit und X, Y und Z endlichdimensionale reelle Vektorräume. Ferner sei duxch < ' , ' } : I x F - > Z irgend eine bilineare Verknüpfung bezeichnet. Dann gilt für differenzierbare Abbildungen / : M -*• X und g : M —>Y &n jeder Stelle p e M
2.10 Übungsaufgaben
49
D D d
= - D d = (9) Eine differenzierbare Abbildung / : M —> iV sei in lokalen Koordinaten xv für N und xM für M durch xp =xp(x\...
,xn)
im Sinne des Ricci-Kalküls beschrieben. Dann ist die Matrix des Differentials durch D d^x"
D d^x"
D d9x»
gegeben. (10) Unter welchen zusätzlichen Voraussetzungen bieten die Differentiale dfp einer Abbildung f : M —> N bzw. deren Inversen die Möglichkeit, beliebige Vektorfelder kanonisch von der einen Mannigfaltigkeit auf die andere zu übertragen? D Von M nach N stets, umgekehrt nur, wenn / eine Überlagerung ist. D Auch von M nach N nur dann, wenn / ein Diffeomorphismus ist. D In beide Richtungen, sofern / eine Einbettung ist.
2.10
Übungsaufgaben
AUFGABE 9: Es sei M eine n-dimensionale Mannigfaltigkeit, p e M. Man zeige, daß die Zusammensetzung der kanonischen Abbildungen
die Identität auf T^M
ist.
50
Kapitel 2. Der Tangentialraum
AUFGABE 10: Es sei / : M —> N eine differenzierbare Abbildung, p e M. Man weise nach, daß das Diagramm
kommutativ ist. AUFGABE 11: Sei / : M —> K eine differenzierbare Funktion, p e M. Durch Gradientenbildung bezüglich Karten ist eine Abbildung
> Rn
VP(M) (U,h) i
> gr&dh(p)(f o h^1)
gegeben, nennen wir sie grad p /. Ist das ein Element von T^hysM7 AUFGABE 12: Sei Mo C M eine Untermannigfaltigkeit, p e Mo. Kanonisch, nämlich vermöge des Differentials der Inklusion MQ =—> M, fassen wir TPMQ als Untervektorraum von TpM auf. Man zeige: Ist MQ das Urbild eines regulären Wertes einer Abbildung / : M -> N, soist
TPMO = Kern dfp.
2.11
Hinweise zu den Übungsaufgaben
Zu AUFGABE 9: Obwohl die drei Abbildungen kanonisch, also kartenunabhängig sind, kommt doch bei der Beschreibung von Tf*sM -> T| e o m M eine Karte (U, h) als Hilfsmittel vor. Deshalb sollte der Beweis so anfangen: Sei (U, h) eine Karte um p und v e TpigM eine Derivation. Dann ist die Derivation v' :— <&i($3(2(f))) durch v'ip — ... gegeben — und der erste Teil der Aufgabe wird eben darin bestehen, daß Sie das mittels der Ihnen bekannten Definitionen der $,• ausrechnen.
2.11 Hinweise zu den Übungsaufgaben
51
Für den zweiten Teil, den Nachweis von v'tp — v
3 3.1
Differentialformen
Alternierende Ä;-Formen
Differentialformen leben auf Mannigfaltigkeiten, und zur Vorbereitung der Definition brauchen wir etwas lineare Algebra in einem reellen Vektorraum, der nämlich später TpM sein wird. Definition: Sei V ein reeller Vektorraum. Unter einer alternierenden k-Form u> auf V versteht man eine multilineare Abbildung w : V x ••• x V >R
mit der Eigenschaft: Sind vi,..., v^ e V linear abhängig, so gilt Lü(vi,...,Vk)
= 0 .
Notation: Der Vektorraum der alternierenden fc-Formen auf V D werde mit Altfey bezeichnet. Ersichtlich ist es in kanonischer Weise ein reeller Vektorraum. — Die Formulierung der Definition unterstellt eigentlich k > 1, aber man ergänzt sie zweckmäßig durch die Konvention: Alt°F := K.
D
Die alternierenden O-Formen sind also die rellen Zahlen, und Alt 1 ^ = Hom(V, M) =: V* ist der gewöhnliche Dualraum von V, die Eigenschaft des "Alternierens" kommt für k = 1 nicht zum Zuge, weil sie aus der Linearität schon folgt: w(0) = 0. Für k > 2 bedeutet das Alternieren aber etwas Besonderes, und es ist nützlich, dafür einige Kriterien zu kennen:
3.1 Alternierende fe-Formen
53
Lemma: Für multilineare Abbildungen w : Vx.. die folgenden Bedingungen einander äquivalent:
xV
W sind
(1) ui ist alternierend, d.h. ui(vi,.. ,Vk) = 0 , wenn (vi,..,Vk) Hnear abhängig. (2) to(v\,.. ,Vk) — 0, wenn unter den i>i zwei gleiche sind, d.h. wenn es i ^ j mit Vi = Vj gibt. (3) Bei Vertauschung zweier Variablen kehrt u> das Vorzeichen um: für i < j gilt w(vi, ..,vk) = - w ^ i , . . , Vj,.., vi}.., vk). (4) Ist T : { 1 , . . , k } —> { 1 , . . , k } eine Permutation, so gilt w(ui,.., vk). BEWEIS: Für trivial darf man die Implikationen (1) =>• (2) •<== (3) <=4> (4) halten, ohne weiteres sieht man auch (2) = > (1), denn sind v±,.. ,vk linear abhängig, so ist einer der Vektoren Linearkombination der übrigen, und dadurch wird LJ(VI, .. ,Vk) zu einer Summe, deren k — 1 Summanden alle wegen (2) verschwinden. Um (2) = > (3) einzusehen, bedenkt man, daß (2) nicht nur L Ü ( V I , . . , Vi+Vj,..,
Vi+Vj
,..,vk)=0
bewirkt, sondern auch, daß von den vier Summanden, die sich aus der linken Seite wegen der Linearität in der i-ten und j-ten Variablen ergeben, nur zwei übrigbleiben und wir w(v\, ..,Vi,..,Vj,..,
vk) +
erhalten, also die Aussage (3).
D
Jede lineare Abbildung / : V -» W stiftet eine lineare Abbildung Hier lebt ui Altkf : A\tkW -> Altfey, also in die "GegenrichFig. 39. Zur Definition von Alt f c /. tung", und Altfc wird dadurch zu einem kontravarianten Funktor (siehe z.B. [J:Top], Seiten 80 und 76) von der Kategorie der reellen Vektorräume und linearen Abbildungen in sich, oder ganz ausführlich:
54
Kapitel 3. Differentialformen
Definition und Notiz: Ist f : V —> W linear, so wird die lineare Abbildung > Alt fc F Altkf : AltkW durch ((Altkf)(Lo))(Vl, ...,vk):= w ( / ( « i ) , . . . , f{vk)) bzw. durch die Konvention A l t 0 / = Id.R deßniert, und es gilt dann Id i—• Id und die kontravariante Kettenregel, d.h. und k
Alt (gof)
k
A\t foA\tkg
= f
9
für lineare Abbildungen V —> W —> X.
ü
In der Mathematik sind sehr viele Funktoren im Gebrauch, und im Zweifelsfalle ist es schön und klar, die individuelle Bezeichnung des Funktors, hier also Altfe, auch bei den zugeordneten Morphismen zu verwenden, aber immer ist ja kein Zweifelsfall, und im praktischen Leben kommt man bei Hunderten von Punktoren meist mit zwei Schreibweisen für den einem / zugeordneten Morphismus aus, nämlich mit /* im ko- und / * im kontravarianten Falle. Das ist nicht nur bequem, sondern auch übersichtlich, und deshalb wollen wir, wenn keine Verwechslungen zu befürchten sind, auch hier vereinbaren: Schreib- und Sprechweise: Statt Alt fe / schreiben wir auch einfach / * und sprechen von f*u> als von der durch / aus u> induzierten fc-Form. D
3.2
Die Komponenten einer alternierenden Ä;-Form
Wir müssen auch wissen, wie man bezüglich einer Basis von V mit alternierenden fc-Formen rechnet, weil wir später Differentialformen auf Mannigfaltigkeiten manchmal in lokalen Koordinaten zu betrachten haben. Ist in V eine Basis ausgezeichnet, so kann man eine alternierende A;-Form, wie jede Multilinearform, durch die Zahlen charakterisieren, mit denen sie auf (fe-tupel von) Basisvektoren antwortet:
3.2 Komponenten
55
Sprechweise: Ist ( e i , . . . , e n ) eine Basis von V und ui eine alternierende /c-Form auf V, so heißen die Zahlen a
ßi...ßk
: =
^\epn
für 1 < fii
•••i
e
ßk)
von u> bezüglich der Basis. D
Wegen des Alternierens von u) sind die Komponenten natürlich "schiefsymmetrisch" in ihren Indices, d.h. es gilt a
Mr(i)-Mr(*) ^ s g n f V l a ^ . . . ^ , und deshalb genügt es, a ^ . . , ^ für ß\ < • • • < ß}- zu kennen. Weitere Relationen unter den Komponenten gibt es aber nicht, d.h. man kann die a^x...Mfc für ßi < • • • < fik beliebig vorschreiben, genauer: Lemma: Ist ( e i , . . . , e n ) eine Basis von V, so ist durch
eiü Isomorphismus
gegeben.
B E W E I S : Die Abbildung ist ersichtlich linear. Wegen der Multilinearität von u> gilt stets
also ist die Abbildung Alt fc F —> RU) injektiv, denn wenn w ( e M l , . . . , eMfc) = 0 für ßi < • • • < ßk, dann wegen des Alternierens von u> auch für alle anderen ßi,..., ßk. — Die Abbildung ist aber auch surjektiv. Ist nämlich (aAj1.../Jfc)Atl<...<Mfc 6 R U / beliebig vorgegeben, so definieren wir zunächst für beliebige Indices 0
falls zwei der Indices übereinstimmen
sgn^a^^...^^
sonst,
wobei r : { 1 , . . . ,ft} —> { 1 , . . . ,fc} jeweils die Permutation sei, welche die Indices der Größe nach ordnet: ßT(i) < • • • < ßT(k) • Dann wird durch
w(v1,...,vk):=
E
v (i)
• • • •
56
Kapitel 3. Differentialformen
die gesuchte alternierende fe-Form gegeben, wobei vhy ..., v?--. natürlich die Komponenten von Vj e V bezüglich (ej,...,e n ) bezeichnen. • Korollar: Ist dim V = n, so gilt dim AltfeV = (£). Für k = 0 stimmt das zu der Konvention Alt 0 ^ := R, und für k = 1 ist es die wohlbekannte Tatsache dimV* = dimV\ Aber auch Alt"" 1 ^ hat die Dimension n, und deshalb werden die alternierenden (n — 1)-Formen, die 1-Formen und die Elemente ("Vektoren") von V selbst beim Rechnen in Koordinaten durch n-tupel reeller Zahlen dargestellt. Man sollte sie aber trotzdem nicht miteinander verwechseln, denn beim Übergang zu einer anderen Basis verhalten sich die n-tupel jeweils unterschiedlich. Vektoren, 1-Formen und alternierende (n — 1)-Formen sind eben nicht kanonisch dasselbe, und wenn man Isomorphismen V ^ V* S Alt™-1^ benutzt, was wegen der Gleichheit der Dimensionen natürlich möglich und zuweilen auch nützlich ist, so muß man beachten, daß solche Isomorphismen nicht kanonisch gegeben, sondern gewählt sind. (Ein Isomorphismus (p : V = V* entspricht der Wahl einer nichtentarteten Bilinearform ß auf V x V, nämlich vermöge ip(v)(w) = ß(v,w); ein Isomorphismus V ^ A l t ' 1 " 1 ^ der Wahl eines Basiselements in Alt n V. Vergl. Aufgabe 13.)
3.3 Alternierende n-Formen und die Determinante Von besonderem Interesse für die Integrationstheorie auf Mannigfaltigkeiten sind die alternierenden n-Formen für n = dim V, über die wir jetzt also dim Alt n F = 1 wissen, was wir auch so formulieren können: Korollar: Ist (ei,..., e„) eine Basis von V und a e R, so gibt es genau eine alternierende n-Form u> auf V mit w(ei, ...,en)
= a.
D
3.3 n-Formen
57
Im Falle der Standardbasis (ei,..., e n ) des K" und a = 1 ist das die Determinante det : M(n x n, R) —> M, aufgefaßt als die Multilinearform in den Spaltenvektoren, wie man aus der Linearen Algebra weiß: Die Determinante ist die einzige Abbildung vom Raum der n x n-Matrizen über K nach K, die multilinear und alternierend in den Spalten ist und der Einheitsmatrix den Wert 1 s K zuordnet. — Für beliebige Endomorphismen / : V —> V gilt: Lemma: Ist V ein n-dimensionaler reeller Vektorraum und f : V -> V linear, so ist Alt"/ : Alt"V -> Alt n ^ die Multiplikation mit det / e R. BEWEIS: Wegen dim Alt™V = 1 wäre die Aussage, nebenbei bemerkt, auch als koordinatenfreie Definition von d e t / geeignet. Da ^ wir aber det / nach der üblichen Definition det / := n für ein (dann jedes) ip : M. = V schon kennen: V
—> V
also d e t / = detA, so wird's ein beweisbedürftiges Lemma. Aber nach der Kettenregel für den Funktor Alt" ist Mtny
Altnip\9i
< ^ V
Mtny
Alt"V|e<
Alt"Mn < — Alt"IRn kommutativ, deshalb sind Alt"/ und AltnA durch Multiplikation mit ein und derselben reellen Zahl gegeben, und um diese zu ermitteln, wenden wir Alt nA auf das Element det e AltnM™ an und erhalten für die kanonische Basis (ei,..., e„) von R™: ((Alt n A)(det))(ei,..., e„) = det(A e i ,..., Aen) = det A • det(ei,... ,en), also ist det A = det / der gesuchte Faktor.
D
58
Kapitel 3. Differentialformen
Schließlich sei auch noch ausdrücklich darauf hingewiesen, daß n + 1 Vektoren in einem n-dimensionalen Vektorraum V stets linear abhängig, für k > n also jede alternierende fc-Form auf V verschwinden muß, was uns ja auch die Dimensionsformel dim AltfeF = (f) bestätigt: Notiz: Altfey = 0 für k > dimF.
3.4
D
Differentialformen
Erheben wir uns nun aus dem linear-algebraischen Flachland zu den schönen runden Mannigfaltigkeiten! Definition: Unter einer Differentialform vom Grade k oder kurz einer k-Form auf einer Mannigfaltigkeit M verstehen wir eine Zuordnung w, welche jedem p e M eine alternierende fc-Form ÜJP 6 AltkTpM auf dem Tangentialraum bei p zuweist.D
TPM •. hier lebt LOP Fig. 40. fc-Form u auf M: Zu-
ordnung P ^w p e AltkTpM
Die Komponentenfunktionen einer Ä-Form LÜ auf M bezüglich einer Karte (U, h) bezeichnen wir mit
und natürlich nennen wir eine fc-Form stetig oder differenzierbar usw., wenn ihre Komponentenfunktionen bezüglich der Karten eines (dann eines jeden) Atlanten in der differenzierbaren Struktur von M diese Eigenschaft haben. Beachten Sie wohl, daß, gemäß unserer (in 2.8 ausführlich beschriebenen) AufFassung von den d^ = g^- als den kanonischen Basisvektorfeldern der Karte, die Komponentenfunktionen ^/i1.../ifc wirklich "oben" auf U C M definiert sind. Natürlich kann man sie mittels h auch noch "herunterholen", dann werden sie a b e r zu 0JIJ,1...l_lk o
h^1.
3.4 Differentialformen
59
Zur Sprechweise noch zwei Anmerkungen. Das Wort "alternierend" hat sich im Differentialkalkül irgendwie abgeschliffen, man spricht einfach von Differentialformen oder Ä;-Formen uj auf M. Daß die einzelnen ujp : TpM x • • • x TpM -> E
alternieren, ist aber stets gemeint, wie die obige Definition Fig. 41. Komponentenfunktioja angibt. — Zweitens wollen wir n e n l e b e n " oben " vorerst unsere Aufmerksamkeit noch nicht ausschließlich auf die differenzierbaren /s-Formen einschränken, weil es zunächst nur um das Integrieren von /c-Formen über fc-dimensionale Mannigfaltigkeiten gehen wird, wofür die Differenzierbarkeit eine unnötig scharfe Forderung an u> wäre. Deshalb müssen wir einstweilen das Wort "differenzierbar" liinzufügen, wenn wir es meinen. — Später stehen aber doch die differenzierbaren Differentialformen wieder im Mittelpunkt und wir führen jetzt schon die übliche Notation ein: Notation: Der Vektorraum der differenzierbarenfc-Formenauf D M wird mit ükM bezeichnet. Wegen Alt°TpM = E ist O°M = C°°(M), der Ring der differenzierbaren Funktionen auf M, oder jedenfalls wollen wir Differenzierbarkeit von O-Formen so verstanden wissen. Eine Nullform w : M —> M ist eben ihre eigene, einzige Komponentenfunktion, sie trägt k = 0 Indices, also gar keinen. Eine differenzierbare Abbildung / : M —> N induziert in kanonischer Weise eine lineare Abbildung wie wir, die übliche Universalnotation wieder benutzend, schreiben wollen, und zwar ist f*w für u> e QkN durch für V\,..., Vk € TpM definiert — auf welche andere naheliegende
60
Kapitel 3. Differentialformen
Art könnte w e £lkN mittels / auf Vektoren vi,...,Vk e TPM antworten! Die Zuordnung / * =: ükf : ükN —> ükM ist also 'punktweise' (d.h. für jedes p e M einzeln) durch Altk (dfp) gegeben. Weil aber das Differential und Altfc beide funktoriell sind ("Id H-> Id & Kettenregel"), gilt nun auch
Notiz: Durch Q,k ist in kanonischer Weise ein kontravarianter Funktor von der differenzierbaren in die lineare Kategorie gegeben, d.h. bezeichnet f* : Q,kN —»• ftkM die von einem differenzierbaren f : M —y N induzierte lineare Abbildung, so gilt (Id^f )* = IdnkM und{gofy=f*og*. D
3.5
Einsformen
Die differenzierbaren 1-Formen, also die 10 e Q}M, heißen auch Pfaffsche Formen. Eine besondere Art Pfaffscher Formen ("exakte Pfaffsche Formen") sind die Differentiale difFerenzierbarer Funktionen, genauer: Definition: Sei / : M —> R differenzierbar. Dann heißt die durch p i > dfp e AltlTpM gegebene differenzierbare 1-Form df e Q}M das Differential von / . D Das Differential dfp an der einzelnen Stelle p e M wäre ja eigentlich eine lineare Abbildung dfp : TPM —> T/(p) M, aber wir berufen uns natürlich auf den kanonischen Isomorphismus M = Ty M (vergl. 2.6) und fassen dfp als Element im Dualraum T*M von TpM auf. In diesem Sinne gilt auch dfp(v) = v(f) für v e TpM, z.B. weil d/p(d(0)) = (/oa)'(O) e M, vergl. 2.7. In lokalen Koordinaten, d.h. bezüglich einer Karte (U, h), sind also die n Komponentenfunktionen von df gerade
Die Übungsaufgabe 11 handelte schon von der Tatsache, daß keinen Tangentialvektor VPM —> Rn das n-tupel (dif,...,dnf)
3.5 Einsformen
61
definiert. Hier sehen wir nun die von unserem gegenwärtigen Standpunkt aus "wahre" Bedeutung der partiellen Ableitungen nach Koordinaten: Es sind die Komponenten des Differentials df, welches deshalb auf Mannigfaltigkeiten die Rolle des Gradienten übernimmt. — Insbesondere können wir für eine Karte h — (x1,... ,xn) auf U die Differentiale dx^ e Ü1U der Koordinatenfunktionen xß selbst bilden. Deren Komponenten dx^(du), v = 1,..., n sind dann also dx»{dv) =
» = 5» :=
1 für 11 = 1/ 0 für fj, ^ u,
und das bedeutet: Lemma: Die Differentiale dx1,..., dxn e OXC/ der Koordinatenfunktionen x^ : U —> M einer Karte bilden an jeder Stelle p e U duale Basis (dx^,..., dx™) von T*M. D die zu (di,...,dn) Korollar: Ist u> eine 1-Form auf M und (U, h), h = (x1,..., xn), eine Karte, so gilt
=E 11=1
die Komponenwobei die ui^ : U d^) bezeichnen. tenfunktionen w^ Insbesondere gilt also auch für differen-
F g
°
i -^ 2 'i Ube , ra il a j f Ui
ist (dx ,...,dx ) dual
zierbare Funktionen n df df —
h dx»
zu (9i,...,a„). auf dem Kartengebiet U.
BEWEIS: Wir prüfen die Gleichheit an jeder Stelle p e U durch Einsetzen der Basisvektoren dv, v = 1,..., n auf beiden Seiten: <^p(dv) = cou(p) nach Definition von u>u, und
also sind die beiden 1-Formen auf U gleich.
D
62
Kapitel 3. Differentialformen
Diese lokale Beschxeibung der 1-Formen als u> = ^ i ^ insbesondere der Differentiale als df = X^=i &ßf ' dxß, ist der Schlüssel zum Koordinatenrechnen mit diesen Formen, und sehr oft beruft man sich bei lokalen Begriffsbildungen und Beweisen darauf. Eine solche Beschreibung ist aber nicht nur für 1-Formen möglich. Sobald wir das äußere Produkt oder Dachprodukt werden eingefübxt haben, können wir eine fc-Form bezüglich einer Karte als Lü =
J2
UJ
/J,1...tJ,kdx'Jl1
A • ••
mittels Komponentenfunktionen und Koordinatendifferentialen ausdrücken und so das lokale Rechnen mit fc-Formen auf den Umgang mit den wohlvertrauten Funktionen zurückführen.
3.6 Test (1) Es seien j%,g% : V —> R lineare Abbildungen. Dann ist die durch (vi,...
,Vk) >->
•
fi{vi)
• •
/i(«i) + • • • + /*(«*) + 9i (ui) + • • .+9k(vk) (fi(vi) + gi(vi)) • . . . • (/fe(ufc) + gk{vk))
• . . . • fk(vk)
+ gi(vi)
•
••••gk(vk)
gegebene Abbildung V x. • • • x V ^> R multilinear. (2) Welche der folgenden Bedingungen an eine multilineare Abbildung / : V x . . . x V —*• E ist hinreichend dafür, daß / alternierend ist? D f(vi,... , Vk) = 0 sobald v^ = Vi+i für ein i D Es gibt ein e : Sn —>• {—1,4-1}, nicht konstant + 1 , ()
D f(v,...
()
)
, v) = 0 für alle v e V.
(3) Sei Altfe(V, W) der Vektorraum der alternierenden fc-linearen Abbildungen V x . . xV —> W und d i m y = n, dimW = m. Dann ist dim Altfe(V, W) =
3.6 Test
63
(4) Definiert das Kreuzprodukt von Vektoren im M3 ein Element von Alt 2 (K 3 , M3) ? D Ja, weil es bilinear und schiefsymmetrisch ist. D Nein, weil es zwar schiefsymmetrisch ist, aber nicht alterniert. D Nein, weil es nicht bilinear, sondern linear ist. (5) Es sei V ein n-dimensionaler Vektorraum, k > 0,w eine alternierende fc-Form auf V und vi = 2Dj=i aijvj • Gilt dann ü nur für k = n D nur für k = 1 und k — n D fiir alle k. (6) Für eine nichtleere Mannigfaltigkeit M mit dimM = n > 0 und 0 < k < n gilt dim^ fe M — D oo
D
(^)
D fc(fc - l ) / 2
(7) Für eine differenzierbare Abbildung / : M —> 5 1 C C , geschrieben als f — eie, ist zwar nicht 6> e fi°M, aber immerhin sinö,cosö und d6 e Q}M wohldefiniert, weil 0 lokal als differenzierbare reellwertige Funktion bis auf Addition eines ganzzahligen Vielfachen von 2TT wohlbestimmt ist. Ferner hat / als komplexwertige Funktion auch ein komplexwertiges Differential df e n 2 ( M , C ) . Es gilt U df = -sm0d6 + icos0d6 D df = ifd0. (8) Sei 1 < k < n = dim M,M ^ 0 . Kann es eine Abbildung / : M —> M mit der Eigenschaft /*o; = — u> für alle LÜ € Q,kM geben?
D Ja, z.B. gilt das für M = M.n, k ungerade und f(x) := -x D Ja, z.B. für M := Sn und / die antipodische Abbildung, k beliebig. D Nie und nimmer.
64
Kapitel 3. Differentialformen
(9) Es sei 7T : R2 \ 0 —> 5 1 die radiale Projektion und r\ eine 1-Form auf S1. Am Punkte p e R2 \ 0 betrachten wir den [Tp2 r^j rj-i /Trj)2 Tangentialvektor v :— (l) IK = lp\ JK \ 0) und ebenso ! ^NJ rp I TT 2 I \O) am Punkte rp für ein r > 0. w := (°) € W Dann gilt e
D it*r](w) == is*r\{y) D •n*r)(w) - VK*r\{y) D rn*rj(w) = TT*T](v) (10) Jetzt bezeichne -K die radiale Projektion von R 3 \ 0 auf S2 und b : S2 ^ R3 \ 0 die Inklusion. Seien 77 e O 3 (K 3 \ 0) und ÜJ e D,2S2. Dann gilt •
3.7
TTV?? = 77
D 7r*i*77 = 0
D t*7r*a; = w
Übungsaufgaben
AUFGABE 13: Es sei V ein n-dimensionaler Vektorraum und u> s A l t n F von Null verschieden. Man zeige, daß die Abbildung > Altn-JF
V V
I
5- V—l U) ,
wobei (v-i ui)(vi,..., v n -i) '•= w(^i ^ i , . . . , v„_i), ein Isomorphismus ist. A U F G A B E 14: Es sei ( e i , . . . , e n ) eine Orthonormalbasis in dem euklidischen Vektorraum (F,<•,•>) und u; die alternierende nForm auf V mit w ( e i , . . . , e n ) = 1. Man berechne die "Dichte" UJ(VI, . . . , vn)\ aus der "ersten Grundform" (gßV)n,v=i,...,n > wobei
AUFGABE 15: Man bestimme die Transformationsformel für kFormen im Ricci-Kalkül. Genauer: Für Karten (U, h) und (U, h)
3.8 Hinweise zu den Übungsaufgaben
65
notiere man die Koordinaten als h = (x1,..
.,xn)
und
und bezeichne dementsprechend auch die Komponentenfunktionen von u> e QkM bezüglich der Koordinaten. Wie berechnet man Uß1...ßk aus den wMl...Mi. ? 16: Ist V+ C K2 der von 0 ausgehende abgeschlossene Halbstrahl mit dem Winkel a zur positiven x-Achse, so ist die Winkelfunktion AUFGABE
ipa : R2 \ V+
> (a - 2TT, a)
der Polarkoordinaten als differenzierbare Funktion wohldefiniert. Bezeichnet u>a :— d<pa ihr DifFerential, so stimmen jeweils u>a und ojß auf M2 x (V+ U Vg~) überein (weshalb?) und deshalb ist durch die uia eine Pfaffsche Form w e fi^^M2 \ 0) wohldefiniert. Diese ist ein beliebtes Musterbeispiel für gewisse Phänomene. Man beweise: Es gibt keine differenzierbare Punktion / : R2 \ 0 —• R mit u> =
df.
3.8 Hinweise zu den Übungsaufgaben Zu AUFGABE 13: Ich schlage vor, den Ausdruck v-i UJ als "v in u>" zu lesen und zu sprechen, weil wir so an die Bedeutung Da V und des Symbols _i erinnert werden: D J U = LJ(V,...). Alt"^ 1 ^ oft identifiziert — um nicht zu sagen: verwechselt — werden, ist es nützlich, sich klarzumachen, welche Rolle die Wahl einer n-Form to dabei spielt. Übrigens kann man auch bei gegebenem w die Abbildung nicht ganz kanonisch nennen, denn ebensogut könnte man v auch als letzte Variable in u> einsetzen, was die Abbildung um das Vorzeichen (—l)""1 änderte. Wir wollen aber auch künftig bei der durch diese Aufgabe gegebenen Definition bleiben. — Technisch betrachtet ist die Aufgabe unproblematisch, und ich wüßte nicht, welchen Hinweis ich noch geben dürfte.
66
Kapitel 3. Differentialformen
Zu AuFGABE 14: Die Formel, die Sie hier finden und beweisen sollen, spielt eine wichtige Rolle beim Integrieren in lokalen Koordinaten auf "Riemannschen" Mannigfaltigkeiten, insbesondere auf Untermannigfaltigkeiten des M . Anstatt mit einem festen Vektorraum V hat man es dann mit den Tangentialräumen auf einer Karte zu tun, und die v\,... ,vn sind die d\,...,dn. Diese Funktionen g^v : U —> M sind im Prinzip leicht zu berechnen. Für 9flv das Integrieren aber braucht man K * in dieser Situation die Funktion ,„ „. |w(öi,..,9 n )| : U -y R+. (Daß \ui\ • ( ( j ( J )
\
•*• '
'
'
b
/ I
I
\
II
Fig. 43. "Komponenten
von der Wahl der ON-Basis (e%,.., en) unabhängig ist, kommt bei der Lösung
der ersten Grundform"
d e r
A u f g a b e
u
j a
m i t
h e r a u g
u n d
könnte auch leicht direkt gezeigt werden: ON-Basen gehen durch isometrische Transformationen auseinander hervor und diese haben stets Determinante ± 1 . . . ). Das ist der tiefere Sinn der Aufgabe! Vordergründig ist es eine nützliche Übung im Umgang mit n-Formen, Matrizen, Skalarprodukten, Transformationen von n-Formen usw. Praktischer Hinweis: Rechne zuerst aus, wie die Matrix G := {g^) mit der Matrix A — {a.p.v) zusammenhängt, welche die Entwickhmg der v^ nach der CW-Basis e\,...,en beschreibt, d.h. vß =: YlZ=i ai>.vev erfüllt. Zu AUFGABE 15: Wie Sie sehen, ist hier der Durchschnitt zweier Kartengebiete schon oBdA mit U bezeichnet, sonst hätte man eben U D V zu betrachten gehabt. — Daß die Frage nach der Transformationsformel für die Komponenten einer fc-Form sinnvoll und berechtigt ist, brauche ich wohl nicht zu verteidigen. Außer dieser nützlichen Information bietet Ihnen die Aufgabe aber auch Bekanntschaft mit einer ganz eleganten Notation aus der Trick-Kiste des Ricci-Kalküls. Man muß sie nur lesen können! Sie sehen ja, daß die Notation UJ^,...^ := uj^d^,... ,dßk) für die Komponenten einer A:-Form u eigentlich keine Information über die benutzten Koordinaten enthält — ganz im Einklang mit der Ricci-Philosophie, daß die Koordinaten selbst keine individuellen Namen erhalten. Wie lästig wäre auch ein anderes Vorgehen! Was aber, wenn nun ein zweites Koordinatensystem betrach-
3.8 Hinweise zu den Übungsaufgaben
67
tet werden muß? Antwort: Querstriche auf — den Indices! Das schafft nicht nur neue Index-Bezeichmingen (wie es ohne nähere Erklärung natürlich von uns gelesen würde) sondern soll auch bedeuten, daß die Größen mit quergestrichenen Indices sich auf das zweite Koordinatensystem beziehen. Versuchen Sie einmal, damit umzugehen. Klappt tadellos! Zu AUFGABE 16: Sie kennen die "Argument"-Funktion (pa : M2 \ Va -» (a - 2ir, a)
auch aus der Funktionentheorie, z.B. für a = ir als den Imaginärteil des Hauptzweiges des Logarithmus. Nicht direkt, aber dem Sinne nach, hängt unsere Aufgabe auch mit der Tatsache zusammen, daß j ^ Inz = ^ zwar auf ganz C \ 0 wohldefiniert ist, aber doch dort keine Stammfunktion besitzt.— Die Aufgabe ist nicht schwierig zu lösen: Was wäre über / — ip^ (zum Beispiel) zu sagen, wenn es so ein / gäbe? Und wäre das denn möglich? Eine Pfaffsche Form kann also überall lokal ein Differential sein, ohne daß das auch global der Fall sein muß. Dies ist ein mathematisch wichtiges Phänomen ("de Rham-Cohomologie"), und das Beispiel, das die Aufgabe dafiir bietet, ist vielleicht das einfachste, das es gibt: kein Wunder, daß es oft herangezogen wird, man sollte es kennen. In der Physik spielt es bei der Interpretation des Aharonov-Bohm-Effekts eine Rolle.
4 4.1
Der Orientierungsbegriff
Einführung
Wie Sie wissen, kommt es beim Integrieren einer Funktion einer reellen Variablen auf die Integrationsn'c/iiwrig an: o
a
J f(x)dx = - J f{x)da Das dx spürt sozusagen die Umkehr der Integrationsrichtung: die Differenzen Ax^ — Xk+i — Xk in den Riemannsummen Y^f{xk)A%k sind positiv oder negativ, je nachdem ob die Teilungspunkte auf- oder absteigen. Analog bei Kurvenintegralen J f(x,y, z)dx + g(x,y, z)dy + h(x,y, z)dz, wobei 7 eine Kurve im M3 ist, oder bei den Kontur-Integralen J f(z)dz der Funktionentheorie. Sie sind invariant gegenüber allen Umparametrisierungen der Kurve, welche die Durchlaufungsrichtung nicht ändern. Durchläuft man aber die Kurve rückwärts, so kehrt das Integral sein Vorzeichen um. Ich will nicht sagen, daß dieses Reagieren auf die Integrationsrichtung eine Eigenschaft jedweder sinnvollen Fassung des Integralbegriffes sein muß. Zum Beispiel sollte die Bogenlänge J ds einer Kurve von der Durchlaufungsrichtung unabhängig sein, und in der Tat spürt das sogenannte "Linienelement" ds= ^dx2 + dy2 + dz2 (keine 1-Form!) die Richtungsumkehr nicht. Meist haben wir es aber mit richtungssensitiven Integralen zu tun, und für den Aufbau der Vektoranalysis ist es aus diesem und anderen Gründen
4.1 Einführung
69
notwendig, den Begriff des gerichteten Intervalls zu dem der orientierten Mannigfaltigkeit zu verallgemeinern. Als Vorstufe brauchen wir die linear-algebraische Version davon, nämlich den BegrifF des orientierten n-dimensionalen reellen Vektorraums. Um eine erste intuitive Vorstellung von der Orientierung zu erhalten, wollen wir einmal die unserer Anschauung direkt zugänglichen Dimensionen n = 1, 2 und 3 betrachten. Einen eindimensionalen reellen Vektorraum zu "orientieren" soll bedeuten, eine Richtung darin auszuzeichnen, und es ist anschaulich klar, daß dies auf genau zwei verschiedene Weisen möglich ist. Um einen 2-dimensionalen reellen Vektorraum V zu orientieren, muß man einen der beiden Drehsinne in V als positiv festlegen. Solange nicht gerade eine mathematische Definition gefordert ist, weiß natürlich jeder Mensch intuitiv ganz gut, was ein Fig. 44. Die beiden Orien"Drehsinn" ist, und immerhin ziem- tierungen eines 2-dimensionalen reellen Vektorlich viele werden gehört haben, daß raums. der "mathematisch positive" Drehsinn derjenige entgegen dem Uhxzeigersinn sei. Es ist deshalb vielleicht nicht ganz überflüssig, darauf hinzuweisen, daß es in einem zweidimensionalen Vektorraum V keinen wohldefinierten "Uhrzeigersinn" gibt. Auf denmathematisch positiven Drehsinn kann man sich erst berufen, wenn V schon orientiert ist. — In einem 3-dimensionalen reellen Vektorraum schließlich hat eine Orientierung den Zweck, eiFig. 45. Ist es auf der nen "Schraubensinn" auszuzeichnen, "durchsichtigen" 2-dimenoder festzulegen, was "Rechtshändigsionalen Uhr um Neun oder um Drei? keit" bedeuten soll. Dieser Ausdruck bezieht sich auf die bekannte RechteHand-Regel, wonach eine Basis (vi,v2,v3) "rechtshändig" genannt wird, wenn die drei Vektoren in dieser Reihenfolge die Richtungen von Daumen, Zeigefinger und Mittelfinger einer rechten Hand angeben können. Es kostet eine gewisse Anstrengung, sich der IIlusion zu entziehen, die Rechte-Hand-Regel orientiere in der Tat
70
Kapitel 4. Der Orientierungsbegriff
alle dreidimensionalen Vektorräume. Fangen wir aber an, darüber nachzudenken, so bemerken wir bald, daß wir die Stellung dreier Vektoren in einem dreidimensionalen Vektorraum V erst dann mit unserer rechten Hand anschaulich vergleichen können, wenn wir V auf den realen, physikalischen, uns umgebenden Raum abgebildet haben, und je nachdem, wie wir das machen, wird (v\, v^, V3) dabei rechtshändig oder linkshändig ausfallen: eine rechte Hand sieht im Spiegel wie eine linke aus.
4.2 Die beiden Orientierungen eines n-dimensionalen reellen Vektorraums Wie wäre nun aber Orientierung als mathematischer Begriff genau zu fassen? Dafür gibt es mehrere äquivalente Möglichkeiten. Wir legen eine nicht sogleich anschauliche, dafür aber bequem handhabbare Version als Definition zugrunde. Zunächst setzen wir dim V > 0 voraus. Definition: Zwei Basen (v\,..., vn) und (wi,..., wn) eines reellen Vektorraumes V heißen gleichorientiert, geschrieben
wenn die eine durch eine Transformation mit positiver Determinante aus der anderen hervorgeht, d.h. also wenn det / > 0 für den Automorphismus / : V —> V mit f(vi) = w^ gilt. Notiz und Definition: Gleichorientiertheit ist offensichtlich eine Aquivalenzrelation mit gen.au zwei Aquivalenzklassen auf der Menge 55(V") der Basen von V. Diese beiden Aquivalenzklassen
heißen die beiden Orientierungen
von V: Ein
orientierter
Vektorraum ist ein Paar (V, or), bestehend aus einem endlichdimensionalen reellen Vektorraum V und einer seiner beiden Orientierungen. D Wir haben bisher V als positiv-dimensional angenommen. Würden wir die Definition wörtlich so auch für nulldimensionale
4.2 Orientierte Vektorräume
71
Räume lesen, so wären diese kanonisch orientiert, denn { 0 } hat nur die leere Basis und daher auch nur eine Aquivalenzklasse gleichorientierter Basen. Es erweist sich aber als zweckmäßige Konvention, für die O-dimensionalen Räume auch noch eine dieser kanonischen "Orientierung" entgegengesetzte einzuführen: Konvention: Die beiden Zahlen ±1 seien die beiden Orientierungen eines O-dimensionalen reellen Vektorraums. D Im Zusammenhang mit dem Orientierungsbegriff stehen einige Sprech- und Schreibweisen, die sich beinahe von selbst verstehen. Ist z.B. (V, or) ein (positiv-dimensionaler) orientierter Vektorraum, so heißen die Basen (vi,...
,vn) e or positiv
orientiert,
die anderen negativ orientiert. Unter der üblichen Orientierung des R" versteht man natürlich diejenige, in der die kano nische Basis (ei,..., en) positiv orientiert ist. — In der Notation wird die Orientierung, wie andere Zusatzstrukturen, gewöhnlich unterdrückt. Ein Isomorphismus / : V —^ W zwischen positivdimensionalen orientierten Vektorräumen heißt orientierungserhaltend, wenn er eine (dann jede) positiv orientierte Basis von V in eine positiv orientierte Basis von W überführt. Im nulldimensionalen Fall nennen wir die (einzige) Abbildung natürlich nur dann orientierungserhaltend, wenn die beiden Orientierungen gleich (also beide +1 oder beide —1) sind. Bemerkenswert und oftmals nützlich ist die folgende topologische Charakterisierung der Orientierungen eines reellen Vektorraums: Lemma: Ist V ein n-dimensionaler reeller Vektorraum, n > 1, so sind die beiden Orientierungen von V die beiden Wegzusammenhangskomponenten des Raumes 23 (F) C V x • • • x V der Basen von V. Angenommen, zwei verschieden orientierte Basen Bo = und Bi = (wi,..., wn) ließen sich durch einen ste(vi,...,vn) tigen Weg t — i >• Bt in 25(V) verbinden. Wir bezeichnen mit ft'V-^V den Isomorphismus, der Bo in Bt überführt. Dann ist die stetige Punktion 11-> det ft am linken Intervall-Ende t — 0 BEWEIS:
72
Kapitel 4. Der Orientierungsbegriff
positiv (nämlich 1) und am rechten nach Voraussetzung negativ, müßte nach dem Zwischenwertsatz also eine Nullstelle haben, im Widerspruch dazu, daß alle /( Isomorphismen sind. Unterschiedlich orientierte Basen gehören also jedenfalls verschiedenen Wegzusammenhangskomponenten von 33 (V) an. Zu zeigen bleibt, daß gleichorientierte Basen B$ und B\ stets durch einen Weg in 03 (V) verbindbar sind. Wir dürfen oBdA annehmen, daß V = Rn und B\ die Standardbasis (ei,...,e n ) ist. Nun wenden wir auf BQ das Erhard Schmidtsche Orthonormalisierungsverfahren an. Dieses führt uns BQ in 2n — 1 Schritten in eine Orthonormalbasis über: Vektor normieren/ nächsten Vektor senkrecht (zu den schon bearbeiteten Vektoren) stellen/ normieren/ nächsten senkrecht stellen/ normieren/ usw. Dies ist zunächst nur ein Hüpfen von Basis zu Basis, wir brauchen aber bloß die Zwischenstationen jeweils gradlinig verbinden, um einen stetigen Zickzackweg in 23(V) von BQ ZU einer orthonormalen Basis zu erhalten, und es bleibt die Aufgabe, von dieser aus auf einem Weg in 03 (V) die Standardbasis zu erreichen. Das gelingt uns aber sogar auf A e GL+(n, M)
einem
me der Orthonormalbasen. Durch eine Drehbewegung SO{n) erreichen wir zuerst eine OrthoDrehung normalbasis, deren SO{n-l) erster Vektor e± Fig. 46. Zum Beweis des Wegzusammenhangs ist, von da aus geeiner Orientierungsklasse. langen wir mittels einer Drehbewegung in e^ zu einer Orthonormalbasis, deren erste beiden Vektoren e\ und e2 sind usw. Nach n — 1 Etappen haben wir auf unserem stetigen Weg eine Orthonormalbasis (ei,..., en-i, wn) erreicht, und wenn es überhaupt Schwierigkeiten gibt, dann jetzt, denn in dem eindimensionalen Raum { e i , . . . , e n _i }^ ist kein Platz mehr zum Drehen. Aber nun brauchen wir auch nicht mehr zu drehen, denn alle drei Basen sind gleichorientiert: E. Schmidt'sches Orthonormalisierungsverfahren
4.3 Orientierte Mannigfaltigkeiten
73
die ersten beiden nach Voraussetzung, die letzten aufgrund der Wegverbindung. Also kommt von den beiden verbliebenen Möglichkeiten wn = ± e n nur wn = en infrage, und wir sind schon angekommen. D
4.3 Orientierte Mannigfaltigkeiten Eine Mannigfaltigkeit wird dadurch orientiert, daß man jeden ihrer Tangentialräume orientiert — aber nicht irgendwie, sondern so, daß sich diese Orientierungen nachbarlich gut vertragen und nicht plötzlich "umschlagen". Was soll das heißen? Um es genau ausdrücken zu können, führen wir folgende Sprechweise ein: Definition: Sei M eine n-dimensionale Mannigfaltigkeit. Eine Familie { orp } p e M von Orientierungen orp ihrer Tangentialräume TpM heiße lokal verträglich, wenn sich um jeden Punkt von
M eine orientierungserhaltende
Karte finden läßt, also eine
Karte (U, h) mit der Eigenschaft, daß für jedes u e U das Differential dhu : TUM - ^ Rn die Orientierung oru in die übliche Orientierung des K" überführt.
D Auch mit den kurzen Worten "bezüglich Karten lokal konstant" wäre diese lokale Verträglichkeit nicht übel beschrieben gewesen. Aber wie dem auch sei, jetzt können wir formulieren: Definition: Unter einer Orientierung einer Mannigfaltigkeit M verstehen wir eine lokal verträgliche Familie { orp } p e M von Orientierungen ihrer Tangentialräume. Eine orientierte Mannigfaltigkeit ist ein Paar (M, or), bestehend aus einer Mannigfaltigkeit M und einer Orientierung or von M. D Natürlich wird man eine orientierte Mannigfaltigkeit nur zu besonderen Anlässen wirklich mit (M, or) statt einfach mit M bezeichnen.
74
Kapitel 4. Der Orientierungsbegriff
Definition: Ein Diffeomorphismus / : M —> M zwischen orientierten Mannigfaltigkeiten heißt orientierungserhaltend (bzw. -umkehrend), wenn für alle p e M das Differential dfp : TpM - ^ Tf(p-)M orientierungserhaltend (bzw. -umkehrend) ist. Der Mn ist wegen des kanonischen K" ^ Tp M.71 durch seine übliche Orientierung als Vektorraum auch als Mannigfaltigkeit orientiert, ferner ist klar, daß alle offenen, also volldimensionalen Untermannigfaltigkeiten einer orientierten Mannigfaltigkeit automatisch auch orientiert sind, und in diesem Sinne sind die eingangs "orientierungserhaltend" genannten Karten wirklich die orientierungserhaltenden Karten h : U - ^ - U' im Sinne der zuletzt getroffenen Definiton. Es sei übrigens auch angemerkt Notiz: Eine Karte ist genau dann orientierungserhaltend, wenn die Basis (di,..., dn) an jedem Kartenpunkte positiv orientiert ist. D Den besten Anschauungsunterricht über den Orientierungsbegriff für Mannigfaltigkeiten geben die zweidimensionalen Mannigfaltigkeiten, die sogenannten Flächen. Anschaulich gesprochen, versieht eine Orientierung die Fläche überall mit einem Drehsinn, der eben angibt, welche tangentialen Basen positiv orientiert sind. Die Anschauung der Flächen zeigt uns aber auch sofort ein Phänomen, das sich im technischen Sinne nicht sogleich von selbst versteht, nämlich die Existenz nichtorientierbarer Mannigfaltigkeiten: Gerade die lokale Verträglich_ . . . IT ,, -., f keit, die das plötzliche UmFortsetzung ohne Umklappen funrt zu ...
'
r
klappen der Orientierung verbietet, führte "ersichtlich" bei einmaligem Umlauf entlang der Seele des Möbiusbandes ... unvermeidlicher Kollision Fig. 47. Das Möbiusband, eine
nichtorientierbare
2-dimensionale
ZU widersprüchlichen Orieilt i e r u n g s a n g a b e n a m Ausgangs„
i^
-r-v-
• i T v, T>
T.
P u n k t - ~ D l e Wirkliche Durchführung dieses Arguments verlangte natürlich erst einmal, daß wir das Möbiusband definieren und nicht nur hinzeichnen, sodann aber das Lemma aus Mannigfaltigkeit.
4.4 Konstruktion von Orientierungen
75
der Aufgabe 20 anwenden, wonach ein stetiges n-Bein längs einer Kurve in einer orientierten Mannigfaltigkeit seine Orientierung beibehält.
4.4 Konstruktion von Orientierungen Es ist klar, sowohl anschaulich als auch technisch, daß es zu jeder Orientierung eines Vektorraums oder einer Mannigfaltigkeit auch die entgegengesetzte Orientierung gibt. Wir führen hierfür eine Schreibweise ein. Notiz und Notation: Ist or eine Orientierung eines Vektorraums, so bezeichne —or die andere der beiden Orientierungen. Ist or = { orp }p€M eine Orientierung einer Mannigfaltigkeit M, so ist auch -or := {-or p } p e M eine (die entgegengesetzte) Orientierung von M. Wird die Orientierung in der Notation unterdrückt, bezeichnet also M eine orientierte Mannigfaltigkeit, so schreiben wir auch —M für die entgegengesetzt orientierte Mannigfaltigkeit. D Klar ist auch, daß die Summe M\ + M^ zweier orientierter n-dimensionaler Mannigfaltigkeiten ebenfalls kanonisch orientiert ist, eben durch { orp }PeM!+M2 • So eine Summe besitzt also, wenn beide Summanden nicht leer sind, mindestens vier verschiedene Orientierungen, die in der soeben eingeführten Schreibweise zu den vier orientierten Mannigfaltigkeiten ±M\ ± M2 Anlaß geben. Wie die Summe ist auch das Produkt M\ x M^ zweier orientierter Mannigfaltigkeiten kanonisch orientiert, doch Vorsicht ist bei der Quotientenbildung geboten, vergl. dazu die Aufgabe 32. Untermannigfaltigkeiten orientierter Mannigfaltigkeiten brauchen nicht orientierbar zu sein, wie das Möbiusband im K uns vor Augen führt, aber Lemma: Ist c regulärer Wert einer differenzierbaren Abbildung f :M > N und ist M orientierbar, so auch die Untermannigfaltigkeit Mo := / ^ ( c ) C M.
76
Kapitel 4. Der Orientierungsbegriff
BEWEIS: ES seien also Orientierungen für die Mannigfaltigkeit M und für den Vektorraum TCN gewählt. Wie wir wissen (vergl. Aufgabe 12) ist TPMO der Kern von dfp : TPM
>• TCN.
Wir betrachten deshalb die folgende linear-algebraische Situation: es sei eine "kurze exakte Sequenz" linearer Abbildungen endlichdimensionaler reeller Vektorräume, d.h. t ist injektiv, n ist surjektiv und Kern ir = Bild i, wie es nämlich für 0 - • TPMO ^ TpM —^ TCN -> 0
der Fall ist. Orientierungen für VQ, V\, V^ mögen zueinander passend heißen, wenn folgendes gilt: Ist vi,... ,Vk eine positiv orientierte Basis von Vo und ergänzt man i(v\),..., i(vk) durch wi,... ,wn-k zu einer positiv orientierten Basis von V\, so ist TT(U>I), . . . , ir(wn~k) eine positiv orientierte Basis von V2 • In diesem Sinne gibt es dann zu Orientierungen je zweier der Räume Vb, Vi, V2 genau eine dazu passende des dritten. Von diesem linearalgebraischen Faktum überzeugt man sich leicht, wenn man bedenkt, daß für quadratische Matrizen A und B jede Block-Matrix der Form 'A B die Determinante det A • detB hat. — Orientiert man nun jedes TPMO passend zu den Orientierungen von TPM und TCN, so erhält man eine lokal verträgliche Familie von Orientierungen, also eine Orientierung von Mo. D Man kann Mannigfaltigkeiten auch mit Hilfe von Atlanten orientieren. Dazu defimeren wir: Definition: Ein Atlas 21 einer differenzierbaren Mannigfaltigkeit heiße ein orientierender Atlas, wenn alle seine Kartenwechsel
4.5 Test
77
w orientierungserhaltend sind, d.h. also überall positive JacobiDeterminante det Jw (x) > 0 haben. D Ist M schon orientiert, so bilden die orientierungserhaltenden Karten offenbar einen maximalen orientierenden Atlas, und umgekehrt gilt Notiz: Ist 21 ein orientierender Atlas einer differenzierbaren Mannigfaltigkeit M, so gibt es genau eine Orientierung von M, bezüglich derer alle Karten in 21 orientierungserhaltend sind. • Wir könnten deshalb eine Orientierung ebensogut als einen maximalen orientierenden Atlas auffassen, und diese Version der Definition wird auch oft bevorzugt, weil sie vom Begriff des Tangentialraumes keinen Gebrauch macht.
4.5 Test (1) Wann sind (v\,..., vn) und (—vi,..., —vn) gleichorientiert ( n > 1)? D Immer. D Für gerades n. • Nie. (2) Wieviele Wegzusammenhangskomponenten hat die orthogonale Gruppe O(n) für n > 3? D Eine, das kann man mittels Drehungen wie beim Beweis des Lemmas in 4.2 zeigen. D Zwei, nämlich SO(n) und 0(n) \ SO(n). D Eine für n ungerade, zwei für n gerade. (3) Sei dimF = n und 0 < k < n. Die von -Idy : V -> V induzierte Abbildung Alt fc (-Id,/) : Altfey -> AltfcF ist genau dann orientierungsumkehrend, wenn folgende Zahl ungerade ist:
n *
• (l)
D
k(D
78
Kapitel 4. Der Orientierungsbegriff
(4) Für Diffeomorphismen / : M —> N zwischen orientierten Mannigfaltigkeiten ist die Menge der x in M, für die dfx orientierungserhaltend ist, in M D offen, aber i.a. nicht abgeschlossen. D abgeschlossen, aber i.a. nicht offen. D offen und abgeschlossen. (5) Sei M eine orientierte Mannigfaltigkeit. Muß ein Diffeomorphismus / : M —> M, der nicht orientierungserhaltend ist, orientierungsumkehxend sein? D Ja, weil das bereits für Isomorphismen zwischen orientierten Vektorräumen so ist. D Ja, wenn M zusammenhängend ist, sonst aber im allgemeinen nicht. D Auch für zusammenhängendes M im allgemeinen nicht, weil dfp die Orientierung für einige p umkehren, für andere erhalten kann. (6) Es seien M und N orientierte Mannigfaltigkeiten mit Dimensionen n und k. Dann definiert die Variablenvertauschung einen orientierungserhaltenden Diffeomorphismus zwischen N x M und D •
tfxJV (-i)n-kMxN
• \-iy+kM x N
(7) Kann ein Produkt M x N von zwei zusammenhängenden nichtleeren nichtorientierbaren Mannigfaltigkeiten orientierbar sein? D Ja, z.B. ist M x M stets orientierbar. D Ein Produkt M x N nichtleerer Mannigfaltigkeiten ist genau dann orientierbar, wenn einer der Faktoren orientierbar ist. D Ein Produkt M x N nichtleerer Mannigfaltigkeiten ist genau dann orientierbar, wenn beide Faktoren orientierbar sind.
4.6 Übungsaufgaben
79
(8) Sei M —> M eine Überlagerung n-dimensionaler Mannigfaltigkeiten. D Ist M orientierbar, dann auch M, umgekehrt kann man jedoch nicht schließen. D Ist M orientierbar, dann auch M, umgekehrt kann man jedoch nicht schließen. ^ ü Die überlagernde Mannigfaltigkeit M ist genau dann orientierbar, wenn die überlagerte Mannigfaltigkeit M orientierbar ist. (9) Ist jede 1-kodimensionale Untermannigfaltigkeit MQ einer orientierbaren Mannigfaltigkeit M orientierbar? D Ja, weil MQ dann Urbild eines regulären Wertes einer Funktion / : M ->• E ist. D Ja, weil Untermannigfaltigkeiten orientierbarer Mannigfaltigkeiten stets orientierbar sind. D Nein, die reelle projektive Ebene RP 2 als Untermannigfaltigkeit des projektiven Raumes R P 3 ist ein Gegenbeispiel. (10) Sei MQ C M eine Untermannigfaltigkeit einer Kodimension > 2 und sei M \ MQ orientiert. Ist dann auch M orientierbar? D Ja, die Karten (U, h) von M, die auf U \ MQ orientierungserhaltend sind, bilden einen orientierenden Atlas für M. U Nein, Gegenbeispiel {p} C R P 2 . D Nein, Gegenbeispiel MP2 C
4.6
Übungsaufgaben
AUFGABE 17: Sei V ein reeller Vektorraum, dimF — n > 1 und (vi,...,vn-i,vn) und ( « i , . . . , vn-i,v'n) zwei Basen, die sich nur durch den jeweils letzten Vektor unterscheiden. Für 0 < t < 1 setzen wir jetzt v^ :— (1 — t)vn + tv'n, betrachten
80
Kapitel 4. Der Orientierungsbegriff
also die gradlinige Verbindung zwischen vn und v'n. Man zeige, daß (vi,... ,vn-i,Vn) genau dann für alle t e [0,1] eine Basis ist, wenn (vi,..., vn-i,vn) und (v\,..., vn-i,v'n) gleichorientiert sind. AUFGABE 18: Man zeige, daß eine zusammenhängende Mannigfaltigkeit höchstens zwei Orientierungen besitzt.
AUFGABE 19: Es sei M eine nichtorientierbare n-dimensionale Mannigfaltigkeit und ui e flnM. Man zeige, daß es ein p e M mit ujp = 0 gibt. AUFGABE 20: Sei 7 : [0,1] —> M eine stetige Kurve in einer orientierten n-dimensionalen Mannigfaltigkeit und
ein stetiges n-Bein längs 7, d.h. eine bezüglich Karten stetige Zuordnung, die jedem t e [0,1 ] eine Basis i>(£) = (ui(i), • - •, un(*)) von Tj(t}M zuweist. Man zeige: Ist v(0) positiv orientiert, so auch jedes v(t) für t > 0. Als Anwendung dieses Lemmas beweise man, daß die projektive Ebene K.P2 nicht orientierbar ist.
4.7
Hinweise zu den Übungsaufgaben
Zu AUFGABE 17: Es ist ratsam, über die Determinante des Endomorphismus nachzudenken, der (vi,... ,vn) in (v\,..., un-i,i>^) überführt. Man kann sich diesen Endomorphismus ja zum Beispiel als Matrix bezüglich (v\,..., vn) hinschreiben. Zu AuFGABE 18: Hier ist das typische Zusammenhangsargument anzuwenden. Sollte es jemand noch nicht kennen, so darf ich ihm [J:Top.] S. 17, Zeilen 14-21 empfehlen. Man beachte außerdem, daß ein Kartenwechsel genau dann orientierungserhaltend ist, wenn seine Jacobi-Matrix positive Determinante hat. Zu AuFGABE 19: Wie wir wissen (vergl. 3.3), wirkt ein Automorphismus fp : TpM -^^ TpM auf wp durch Multiplikation mit der
4.7 Hinweise zu den Übungsaufgaben
81
Determinante, also antwortet uip auf zwei Basen von TpM genau dann mit Werten gleichen Vorzeichens, wenn diese Basen gleichorientiert sind. Wie könnte man also ein LJ e Q,nM mit u>v ^ 0 für alle p e M (Annahme des indirekten Beweises) zu benutzen versuchen, um M im Widerspruch zur Voraussetzung zu orientieren? Darauf kommt man ziemlich leicht, die Formulierungsarbeit der Aufgabe besteht in dem Nachweis, die so definierte Familie von Orientierungen der Tangentialräume als lokal verträglich nachzuweisen. Zu AUFGABE 20: Der Beweis des Lemmas über das stetige n-Bein längs 7 ist nach Aufgaben 18 und 19 die dritte Variation des Themas "Die Orientierung darf nicht plötzlich umklappen". Das eigentliche Problem ist die ^~vn(0) ~* Anwendung auf die Frage F; 4g der Orientierbarkeit der projektiven Ebene. Probleme werden oft durchsichtiger, ja nicht selten einfacher zu lösen, wenn man sie etwas verallgemeinert. Hier ist es zum Beispiel nützlich darüber nachzudenken, unter welchen Umständen ein Quotient M/T einer (wegzusammenhängenden) Mannigfaltigkeit nach einer fixpunktfreien Involution r wohl orientierbar sein mag und wann nicht. (Vgl. 1.6). Am konkreten Beispiel muß man dann nur noch nachweisen, daß die antipodische Involution auf S2 orientierungsumkehrend ist. Wie ist das eigentlich für andere Dimensionen?
5
Integration auf Mannigfaltigkeiten
5.1 Welches sind die richtigen Integranden? Das Integrieren über n-dimensionale Mannigfaltigkeiten führt man mittels Karten auf das Integrieren im M.n zurück. Integriert werden n-Formen über orientierte Mannigfaltigkeiten, denn für gewöhnliche Funktionen / : M -> M. würde der Beitrag eines Kartengebietes U zum Integral ersichtlich von der Wahl der Karte h abhängen, während die Transformationsformel für das Mehrfachintegral l fok~ im Rn zeigt, daß das Integral foh über die mit einer orientierungserhaltenden Karte herh(U) untergeholte Komponentenfunktion einer n-Form koordiFig. 49. Integral der heruntergenatenunabhängig ist. — Das holten Funktion über das Bild des Kartengebiets ist offenbar ist der wesentliche Inhalt des abhängig von der Wahl der Karte. Kapitels 5. In Abschnitt 5.4 stehen die technischen Einzelheiten, in 5.3 werden die gebrauchten Vorkenntnisse referiert. In den ersten beiden Abschnitten aber wollen wir die Integration auf Mannigfaltigkeiten einmal von der anschaulichen Seite betrachten. — Als natürlicher Kandidat für die Rolle des Integranden bietet sich der Begriff der Dichte an. Denken wir uns in der Mannigfaltigkeit eine Substanz fein verteilt. Integration über die Dichte der Verteilung sollte die Gesamtmenge der Substanz ergeben. Durch was für ein mathematisch.es Objekt wird die Dichte beschrieben?
5.1 Die Integranden
83
Um uns hierüber klar zu werden, betrachten wir die infinitesimale oder linear-algebraische Version dieser Prage. Sei V ein n-dimensionaler Vektorraum (später TpM), eine Substanz darin gleichmäßig fein verteilt. Handelte es sich um den Mn, so könnten wir die Dichte durch die Zahl beschreiben, welche die Menge der Substanz im Einheitswürfel [0, l ] n mißt. In TpM oder V haben wir statt eines ausgezeichneten Einheitswürfels aber nur gleichberechtigte n-Spate: Definition: Sei V ein n-dimensionaler reeller Vektorraum und vi,...,Vk e V. Dann heißt Spat(t/i,..., vk) := {
0 < A» < 1}
das von den v±,.. ,Vk aufgespannte Parallelepiped oder k-Spat. Fig . 50 . sPat. Ohne eine Basis auszuzeichnen, können wir die Dichte z.B. durch die Abbildung p: F x . . . x F - > R beschreiben, welche für je n Vektoren die in deren Spat enthaltene Menge an Substanz mißt. Welche Abbildungen können äuf diese Weise vorkommen? Sicherlich verlangen wir nicht zu viel, wenn wir beim Versuch, den Dichtebegriff mathematisch zu fassen, positive Homogenität und Scherungsinvarianz fordern: Definition: Sei V ein n-dimensionaler reeller Vektorraum. Eine —> K heiße eine Dichte in Abbildung p : Vn = Vx..xV V, wenn sie positiv homogen und scherungsinvariant ist, d.h. wenn (1) p(vx,... , Xvi,... ,vn) = |A| p(vi,...,vn) und (2) p(v!,... ,Vi-i,Vi+Vj,vi+1,... ,vn) = p ( u i , . . . ,vn) für alle vi,... ,vn e V, A e R und i ^ j gilt. D
Fig. 51a. Zur positiven Homogenität
Fig. 51b. Zur Scherungsinvarianz.
84
Kapitel 5. Integration auf Mannigfaltigkeiten
Es zeigt sich nun, daß eine solche Dichte in V fast dasselbe wie eine alternierende n-Form auf V ist. Der Unterschied besteht nur darin, daß eine Dichte auf Vertauschung zweier Vektoren nicht reagiert, weil sie nur auf das Spat antwortet, während eine n-Form dabei das Vorzeichen ändert. Genauer: Lemma: Es sei V ein n-dimensionaler Vektorraum. Wählt man eine Orientierung or von V und modißziert jede Abbildung p:Vx...xV -> R durch [ —p(vi,-->vn) Poi{vi,..,vn) := < { p(vi,..,vn)
falls (vi,..,vn) negativ orientiert sonst,
zu por, so ist p genau dann eine Dichte, wenn por eine alternierende n-Form ist. BEWEIS: " ^ = " ist trivial; zu " = > " : Sei also p eine Dichte. Aus (1) und (2) folgt (3) p(vi,.. ,Vi+w,.. ,vn) = p(vi,..,vn), wenn w eine Linearkombination aus den Variablen vi,.., Wj_i, fi+i, • •, vn ist und (4) p ist invariant unter Vertauschung zweier, also überhaupt unter Permutationen der Variablen. Aus (3) und (1) folgt weiter, daß p verschwindet, wenn v\,..., vn linear abhängig sind. Es sei nun ( e i , . . . , e n ) eine positiv orientierte Basis von V und LÜ e Alt n V die wohlbestimmte alternierende n-Form, welche
erfüllt. Wir zeigen ,- • - , e n ) = pOT(vi,..
-,
für k — 0 , . . . , n durch Induktion nach k. Induktionsschluß von k auf k + 1: oBdA sei (vi,..., Vk+i,ek+2, • • •, e n ) linear unabhängig. Wegen (3) dürfen wir annehmen, daß vi,..., v^+i aus der linearen Hülle Vk+i von e\,... ,ek+i sind, wegen (4) daß v^+i i Vk gilt, und abermals wegen (3), daß v\,...,Vk Elemente von Vk
5.1 Die Integranden
85
sind, diesen Raum aus Dimensionsgründen also aufspannen. Nochmalige Anwendung von (3) erlaubt uns deshalb, v^+i — Aefe+i oBdA anzunehmen, womit wegen (1) der Induktionsschluß geführt ist. D Der Raum der Dichten in V, nennen wir ihn einmal Dens(F), ist also wie Alt n V ein eindimensionaler Vektorraum, aber erst die Entscheidung für eine der beiden Orientierungen von V stellt einen kanonischen Isomorphismus Dens(V) = Alt n V her. Analog zu den n-Formen auf Mannigfaltigkeiten definieren wir nun Definition: Unter einer Dichte auf einer n-dimensionalen Mannigfaltigkeit M verstehen wir eine Zuordnung p, welche jedem p e M eine Dichte pp € Dens (TpM)
in dem Tangentialraum bei p zuweist.
D
Eine Dichte p auf M nennen wir natürlich stetig oder differenzierbar usw., wenn sie es bezüglich Karten ist, d.h. wenn p{d\,.. • ,dn) jeweils die Eigenschaft hat. Den Raum der differenzierbaren Dichten auf M könnten wir, wegen seiner nahen Verwandtschaft zu flnM, mit ttdensM bezeichnen. Auf orientierten Mannigfaltigkeiten besteht nur ein formaler Unterschied zwischen Dichten und n-Formen, und das obige Lemma gibt uns eine kanonische Bijektion zwischen f2densAf und QnM. Ubergang zur entgegengesetzten Orientierung ändert aber das Vorzeichen dieser Bijektion, und auf nichtorientierbaren Mannigfaltigkeiten scheint doch ein wesentlicher Unterschied zwischen Dichten und n-Formen zu bestehen, und so ist es auch. Als die naheliegenden Integranden empfehlen sich also die Dichten. Auf orientierten Mannigfaltigkeiten leisten die n-Formen zwar dasselbe — und insofern verstehen wir jetzt, was sie überhaupt mit der Integration zu tun haben — aber die Dichten führen auch auf nichtorientierbaren Mannigfaltigkeiten noch zu einem wohldefinierten Integralbegriff. Daß dennoch die Formen bevorzugt werden hängt damit zusammen, daß sie auch als kFormen für k < n zur Verfügung stehen, zum Beispiel ist ja
86
Kapitel 5. Integration auf Mannigfaltigkeiten
der Satz von Stokes ein Satz über (n — 1)-Formen. Zwar ließen sich auch fc-Dichten in einer für Integralsätze auf nichtorientierbaren Mannigfaltigkeiten zweckmäßigen Weise definieren, aber dazu brauchte man doch wieder den Formenbegriff. (In einer anderen Sprache gesagt: Bezeichnet L —> M das zur Orientierungsüberlagerung assoziierte Geradenbündel, dessen Schnitte die von den Physikern so genannten Pseudoskalare sind, dann sind die Dichten die L-wertigen n-Formen, und allgemeiner hätte man die fc-Dichten als L-wertige &-Formen aufzufassen.)
5.2 Die Anschauung vom Integrationsvorgang Obwohl wir die folgende Betrachtung ebensogut für eine Dichte auf einer beliebigen nichtorientierten Mannigfaltigkeit anstellen könnten, wollen wir uns, im Hinblick auf den weiteren Fortgang, an die Formen halten. Sei also M eine orientierte ndimensionale Mannigfaltigkeit und u> eine n-Form darauf. Jedes einzelne wp e AltnTpM antwortet auf orientierte Spate in TPM, und wir wollen nun intuitiv zu verstehen suchen, ob und inwiefern uns u) eine "Antwort" JM LÜ auf die ganze Mannigfaltigkeit gibt. Dazu betrachten wir eine orientierungserhaltende Karte Ct/CAf
"Masche"
Teilquader des Rasters
Q' c u' c mn Fig. 52. "Maschen"
h : U -=-> U' C Kn von M und im Kartenbild U' einen Quader Q' = [a 1 ,6 1 ]x---x[a n ,6 n ] C U', den wir uns durch Unterteilungen der Kanten-Intervalle [a*,6J] fein gerastert denken. Der große Quader Q' ist dann die Vereinigung vieler kleiner Teilquader, deren Urbilder unter der Karte h wir die Maschen des Rasters nennen wollen. Um eine Bezeichnung zu haben, wollen wir ap für die Masche mit dem "linken unteren
Eckpunkt" p schreiben, das ist also das Urbild des Teilquaders 4=1
5.2 Integrationsvorgang
87
der Rasterung von Q', wobei xp,... ,xp die Koordinaten des Gitterpunktes p e Q bedeuten. Natürlich soll
peGitter^o-p
gelten, und wir versuchen daher zu verstehen, ob und wie LO auf die einzelnen Maschen antwortet. — Es entspricht nur dem üblichen Vorgehen der Infinitesimalrechnung, wenn wir zu diesem Zweck die kleinen Maschen erst einmal linear approximieren, d.h. ap jeweils mit dem tangentialen Spat sp in TpM vergleichen, CM welches wir als Urbild unter der linearen Approximation dhp der Karte aus Fig. 53. Approximation dem zu ap gehörigen Teilquader erhalten: Da die Einheitsvektoren des K™ unter dem Kartendifferential gerade den Koordinatenbasisvektoren d\,..., dn des Tangentialraumes entsprechen, sind die die Kantenvektoren des Spates, also
Nun gibt uns die alternierende n-Form uip auf TPM eine wohldefinierte Antwort LÜP(AXI
• d 1 , . . . , A x % - d n ) - Lüp(du
.. . , d n ) A x l •...•
Ax^,
und natüxlich liegt es nahe,
E
wp{d1,...,dn)Axlp-...-Ax;
p € Gitter
als eine Näherungssumme für J„ u> aufzufassen und das Integral als Limes solcher Summen bei immer feinerer Rasterung von Q zu verstehen. Die eingangs schon angekündigte Formel
fu= Q
f{tü1...noh~1)dx1...dxn
Kapitel 5. Integration auf Mannigfaltigkeiten wird uns auf diese Weise geometrisch und nicht nur formal verständlich.
Kleine Maschen werden also dnrch orientierte tangentiale Spate approximiert, auf die u) ja eine Antwort schon bereit hält — in erster Näherung antwortet u> auf die orientierten Maschen selbst. Denkt man sich die ganze Mannigfaltigkeit in kleine Maschen aufgeteilt, so ist das Integral die Summe der Antworten auf die Maschen, und Zuversicht, daß das Ergebnis nicht von der Wahl der dabei verwendeten Karten abhängen wird, gibt uns die Interpretation der n-Form als Dichte. Diese Vorstellung von den n-Formen und dem Integral JM u> wird sich als nützlich erweisen, insbesondere für das intuitive Verständnis der Cartanschen oder äußeren Ableitung und des Satzes von Stokes, JMdui = jdMoj. Das bedeutet aber nicht, daß die Approximation von Maschen durch Spate auch technisch der beste Weg sein müßte, das Integral wirklich einzuführen. In der Tat setzen wir ja die Integrationstheorie im Rn als bekannt voraus und wollen sie für die Integration auf Mannigfaltigkeiten ausnutzen und nicht parallel noch einmal von vorn entwickeln. Was wir aus der Integrationstheorie dabei brauchen, wird im nächsten Abschnitt aufgezählt.
5.3
Lebesgue-Vorkenntnisse-Paket
Nach längerer Zeit stelle ich nun wieder einmal zusätzliche Anforderungen an Ihre Vorkenntnisse, indem ich annehme, Sie seien mit dem Lebesgue-Integral im R™ bekannt. Um aber etwas genauer zu sagen, was ich damit meine, schnüre ich Ihnen das folgende Vorkenntnis-Paket. Die Lebesgue-meßbaren Teilmengen des Kn bilden eine u Algebra SDT, auf der das Lebesgue-Maß ß : 2JI —>• [0, oo] definiert ist, wodurch dann der M" erst einmal als ein Maßraum
5.3 Lebesgue-Paket
89
(Rn,07l, ß) etabliert ist. Die bezüglich fi integrierbaren Funktionen R n —»• K bilden dann, wie analog für jeden Maßraum, einen Vektorraum JC,1 C$Ln, ß), auf dem das Integral als lineare Abbildung
f wie wir es ganz schlicht notieren wollen, gegeben ist. Die Abbildung
j \f{x)\dx =: ist eine Halbnorm auf iZ1, es gilt |/|i = 0 genau dann, wenn / fast überall, d.h. außerhalb einer Menge vom Maß Null, verschwindet. Dividiert man £1(Mn,/x) nach dem Untervektorraum der fast überall verschwindenden Funktionen, so erhält man also einen normierten Vektorraum, wir bezeichnen ihn mit L1 (K n , fi), dessen Elemente nun die Äquivalenzklassen integrierbarer Funktionen nach der Relation fast völligen Ubereinstimmens sind. Über die Eigenschaften dieses Lebesgue-Integrals wäre natürlich viel zu sagen, kleine Lemmas und große Sätze. Erinnern will ich jedenfalls an drei fabelhafte Konvergenzsätze, die übrigens für das Lebesgue-Integral über beliebigen Maßräumen gelten, nämlich den Normkonvergenzsatz, den Satz von der monotonen Konvergenz und drittens den Satz von der dominierten Konvergenz, auch Lebesguescher Konvergenzsatz genannt. Pauschal gesagt handeln alle drei Konvergenzsätze davon, wann eine Folge integrierbarer Funktionen wieder gegen eine integrierbare Funktion konvergiert und Limes und Integral vertauscht werden dürfen. Als Normkonvergenzsatz bezeichne ich dabei die Aussage, daß L1^ R n , /i) vollständig, also ein Banachraum ist. Der zweite Satz besagt, daß es bei punktweise monotoner Konvergenz fk / f für die gewünschte Konvergenzaussage genügt, daß die
90
Kapitel 5. Integration auf Mannigfaltigkeiten
Folge der Integrale J R n fkdx beschränkt bleibt, und der dritte schließlich versichert, daß bei beliebiger punktweiser Konvergenz fk —*• / die Existenz einer "dominierenden" Punktion g e £}, d.h. einer mit \fk{x)\ < d(x) für alle k und x, hinreichend für / e £} und J fdx = lim / ff.dx ist. Außer an diese drei allgemeinen Konvergenzsätze will ich an zwei wichtige speziell den Mn betreffende Theoreme erinnern,
nämlich an den Satz von Fubini und die
Transformationsfor-
mel. Der Satz von Pubini führt bekanntlich die Integration über den R n induktiv auf den eindimensionalen Fall, also auf die Integration über M zurück ("Mehrfachintegral"). Ich will die genaue Formulierung des Satzes jetzt nicht hinschreiben. Ganz ausführlich soll aber die Transformationsformel zitiert werden, denn sie ist ein Dreh- und Angelpunkt der Integration auf Mannigfaltigkeiten. Doch zuvor noch eine Sprech- und Schreibweise. Wir haben bisher immer von Integralen über ganz R n gesprochen. Der Fall einer Teilmenge 0, C R™ als Integrationsbereich ist dabei aber in folgender Weise mit eingeschlossen: Ist f2 im Definitionsbereich von / enthalten, so definieren wir /o : Mn —> M diirch f f \
/
f ü r
-^)
x
6
Q
{ 0 sonst, ganz gleich, ob und wie / außerhalb von f2 vorher erklärt war, und wir nennen / integrierbar über 0, (bezüglich des LebesgueMaßes fin des M.n, wohlgemerkt), wenn /n e ^ ( R " , ^ ) ist und schreiben dann
f
f
/ f{x)dx :— I fa(x)dx. J
J
ü
R"
Satz (Transformationsformel): Es sei fl C M" offen und f : fl —> M über O integrierbar. Ferner sei nun Q C R n eine weitere offene Teilmenge und ip : Q -^* fl ein^ C1Diffeomorphismus. Dann ist auch f o ip • | det Jv | iiber Ö integrierbar und es gilt
f
f
/ fdx=l(foip)-\ det Jv\dx, Jn Ja wobei Jv : £1 —> M{n x n, R) die Jacobimatrix von ip bezeichnet. D
5.3 Lebesgue-Paket
91
Der ^Diffeomorphismus
Soweit unser Lebesgue-Paket. Wenn Ihnen sein ganzer Inhalt wohlbekannt vorkommt, dann sind Sie jedenfalls für das Folgende gut vorbereitet. Ich will aber gar nicht verschweigen, daß man für die Hauptziele dieser Vorlesung, den Satz von Stokes und seine Konsequenzen, auch mit weniger Integrationstheorie auskommen könnte, im Grunde mit Integral, Pubini und Transformationsformel für C°°-Punktionen mit kompaktem Träger auf dem K™ und auf dem Halbraum. Wollen Sie diesen Weg beschreiten, so brauchen Sie nur jetzt anstelle 5.4 die Abschnitte 9.5 und 9.6 durchzuarbeiten — keine Sorge, diese Abschnitte sind darauf eingerichtet und erwarten Besuch aus dem Abschnitt 5.3 — und sind dann auch hinlänglich. über den Integralbegriff auf Mannigfaltigkeiten unterrichtet.
92
Kapitel 5. Integration auf Mannigfaltigkeiten
5.4 Definition der Integration auf Mannigfaltigkeiten Definition: Eine Teilmenge A einer n-dimensionalen Mannigfaltigkeit M heiße meßbar bzw. Nullmenge, wenn sie es lokal bezüglich Karten ist, d.h. wenn für eine (dann jede) Überdeckung von A durch Karten (U, h) von M jeweils h(U D A) LebesgueD meßbar bzw. Nullmenge im Kn ist. Die (T-Algebra der Lebesgue-meßbaren Mengen ist also auch auf einer Mannigfaltigkeit wohldefiniert, und auch die Nullmengen darin sind kanonisch kenntlich. Beachte aber, daß wir natürlich kein kanonisches Maß auf dieser a-Algebra haben. Es sei nun ui eine n-Form auf einer orientierten n-dimensionalen Mannigfaltigkeit M. Um JM w zu definieren, wollen wir M in abzählbar viele kleine Stücke zerlegen, über die wir einzeln mit Hilfe einer Karte integrieren können. Diese Stückchen brauchen keine Koordinatenmaschen zu sein, was beim Aneinanderfügen benachbarter Karten auch große technische Schwierigkeiten machen würde, vielmehr erlauben uns die guten Eigenschaften des Lebesgue-Integrals eine weitgehende Beliebigkeit beim Zerlegen von M. Sprechweise: Für die folgende Diskussion möge eine Teilmenge A C M klein heißen, wenn sie in einem Kartengebiet enthalten ist. D Notiz: Man kann jede Mannigfaltigkeit in abzählbar viele paarweise disjunkte kleine meßbare Teilmengen zerlegen. Ist z.B. %l = { (Ui, hi) \ i e N } ein abzählbarer Atlas von M, so ist durch Ai :=Ui
und i
Ai+1 := Ui+1 \ U Ak
für i > 1
fc=i
eine solche Zerlegung M = (Ji^i M gegeben.
D
Unsere Absicht ist natürlich, JMLU := J2ili IA ^ z u Wie wir über kleine Stücke mittels Karten zu integrieren haben, ist
5.4 Die Definition
93
uns intuitiv schon klar geworden, die Transformationsformel fiir das Lebesgue-Integral gibt uns die technische Möglichkeit dazu.
Satz und Deflnition (Integration auf Mannigfaltigkeiten): Eine n-Form UJ auf einer orientierten n-dimensionalen Mannigfaltigkeit M heißt integrierbar, wenn für eine (dann jede) Zerlegung (Ai)ieN von M in abzählbar viele kleine meßbare Teilmengen und eine (dann jede) Folge (Ui,hi)ie® von orientierungserhaltenden Karten mit A^ c Ui gilt: Für jedes i e N ist die heruntergeholte Komponentenfunktion
von UJ bezüglich (C/j,/ij) iiber hi(Ai) Lebesgue-integrierbar, und es ist oo r
Yl
/ \ai(x)\dx
i=l
J
Der von der Wahl der Zerlegung und der Karten dann unabhängige Wert / ai(x)dx =: L
]T
M
heißt das Integral von w über M. seien also (Ai)i>i und (Bj)j>\ Zerlegungen von M in meßbare Mengen und (Ui,hi) und (Vj,kj) orientierungserhaltende Karten mit A^ c Ui und Bj C Vj. Die n-Form u>, mit heruntergeholten Komponentenfunktionen a» bezüglich (JJi,hi) und bj bezüglich (Vj,kj), erfülle die Bedingungen bezüglich der A^ und hi, d.h. a» ist über hi(Ai) integrierbar und X)i=i Ih(A ) \ai\dx < oo. Zu zeigen ist, daß dann auch die bj über kj(Bj) integrierbar sind und \bj\dx BEWEIS DER DABEI GEMACHTEN BEHAUPTUNGEN: ES
oo
Y,
i=l
/"
oo
/"
/ aidx = Yl /
J
hi(Ai)
1=1 J
kj(Bj)
94
Kapitel 5. Integration auf Mannigfaltigkeiten
gilt. — Bekanntlich ist eine Lebesgue-integrierbare Funktion auf dem R" auch über jede meßbare Teilmenge des Mn integrierbar, also insbesondere a» über hi(AidBj), und aus dem Lebesgueschen Konvergenzssatz folgt /
ciidx = JC
/
atdx,
und ebenso fiir |OJ| statt a». Nun wenden wir die in 5.3 so ausführlich zitierte Transformationsformel an, um von a^ auf hi(Ai n Bj) zu bj auf kj(Ai n Bj) überzugehen, d.h. wir setzen i n Bj
fürx ehi(AiC\Bj) 0 sonst, fi := kj(Ui n Vj) und schließlich (p-.^hiokr^kjiUinVj),
f(x) :=
der Kartenwechsel von fcj nach hi. Betrachte nun für jedes p e U~i n Vj die drei Differentiale
Aus der alternierenden n-Form ÜJP auf T p M werden durch die (Inversen der) beiden Kartendifferentiale zwei alternierende nFormen auf dem IRn induziert, die auf der kanonischen Basis die beiden Werte bj(kj(p)) bzw. (ii(hi(p)) annehmen. Der Endomorphismus Jv(kj{p)) wirkt aber auf Altn K" durch Multiplikation mit der Determinante, wie wir aus dem Lemma in 3.3 wissen, also gilt b k j( j{p)) = at(hi(p)) • det J^
5.4 Die Definition
95
oder bj =
(OJ
o ip) • | d e t J ¥
auf ganz kj(Ui n Vj), wobei wir die Betragsstriche setzen dürfen, weil ip orientierungserhaltend, die Jacobideterminante also positiv ist. Daraus folgt trivialerweise auch (b^k^AiOBj)
= {{ai)hi(AinBj) °
und ebenso für \a^\ und \bj\ statt a« und bj, und deshalb erhalten wir aus der Transformationsformel: Die Funktion bj ist über kj(Ai n Bj) Lebesgue-integrierbar und es gilt /
bjdx =
/
und ebenso für \ai\ und |6j| statt a» und 6j. Daraus folgt jedenfalls oo
r
J2
/
\bj\dx < oo,
k i A ß )
und nach den Konvergenzsätzen sind insbesondere \bj\ und selbst über kj(Bj) integrierbar und /
bjdx = J2
/
bjdx,
ebenso für \bj\. Deshalb aber folgt mit der direkt aus der Transformationsformel abgeleiteten Gleichung, welche bj und a^ in Beziehung setzte, daß Y^jLi Ik (B ) I^MX < ° oo
r
oo
r
YJ
I
bjdx = J2
/
4= 1
J
j=\
was zu beweisen war.
J
D
96
Kapitel 5. Integration auf Mannigfaltigkeiten
5.5 Einige Eigenschaften des Integrals Wie sieht man einer n-Form ihre Integrierbarkeit an? Meist werden wir es mit n-Formen w zu tun haben, deren sogenannter Träger, das ist die abgeschlossene Hülle Truo :={p
e M \u)p^0}
CM,
kompakt ist. Wenn zum Beispiel M selbst kompakt ist, dann haben natürlich alle n-Formen kompakten Träger. Lemma: Eine n-Form u> mit kompaktem Träger auf einer ndimensionalen orientierten Mannigfaltigkeit M ist genau dann integrierbar, wenn sie lokal integrierbar ist, d.h. wenn es um jeden Punkt eine Karte (U, h) gibt, so daß die heruntergeholte Komponentenfunktion w(d1,...,dn)oh'~1
: h{U)
>K
über h(U) C M.n Lebesgue-integrierbar ist. BEWEIS: Ist ({/j,/ij)j€N ein abzählbarer Atlas aus solchen Karten, so überdecken schon endlich viele, sagen wir die ersten r, den Träger von LÜ. Setzen wir A\ := U\ und Ai+\ = Ui+i \ Ufe=i ^-k, so ist u>\Ai = 0 für alle i > r, und daher
a,i\dx
4= 1
J
D
Stetige n-Formen sind natürlich lokal integrierbar, und ist LÜ lokal integrierbar und A c M meßbar, so ist auch die durch f iüp , p e A V
'
>•
\
y0
sonst
definierte Form U>A lokal integrierbar. Das Lemma gibt uns also schon viele Beispiele integrierbarer Formen, und insbesondere sind
5.5 Eigenschaften des Integrals
97
auf einer kompakten orientierten n-dimensionalen Mannigfaltigkeit alle stetigen, erst recht alle differenzierbaren n-Formen, also alle ÜJ € flnM, integrierbar. Wie wir nach der Diskussion in 5.1 schon erwarteten und wie nun aus der Definition leicht abzulesen ist, ändert Orientierungsumkehr das Vorzeichen des Integrals: Notiz: f ÜJ — - f to. ~M
D
M
Wie lautet die Ttansformationsformel für das Integral auf Mannigfaltigkeiten? Statt eines Diffeomorphismus ip : Ö —* il zweier offenen Teilmengen des Kn betrachten wir jetzt natürlich einen orientierungserhaltenden Diffeomorphismus ip : M —^ M. Benutzen wir für die Integration auf M eine Zerlegung M ==_ UA^ und Karten (Ui,hi) um die A^, so können wir für M die unter cp entsprechenden Daten gebrauchen, also die Zerlegung M^Uip^tAi) und die Karten (tp~1(Ui),hioip\ip-1(Ui)).'Daiini haben die n-Formen u> auf M und (p*oj natürlich ganz dieselben heruntergeholten Komponentenfunktionen und es ergibt sich die schöne und wichtige Natürlichkeitseigenschaft des Integrals: Notiz ("Transformationsformel" für die Integration auf Mannigfaltigkeiten): Ist
M
J M
D
Auch nach der intuitiven Diskussion des Integrals im Abschnitt 5.2 hatten wir das natürlich zu erwarten, denn nach Definition der induzierten Form antwortet ip*uj auf eine Masche (Spat) dasselbe wie LÜ auf die Bildmasche. Was schließlich Integrierbarkeit und Integral über Teilmengen A C M betrifft, so folgen wir sinngemäß der Vereinbarung, die
Kapitel 5. Integration auf Mannigfaltigkeiten wir für das Lebesgue-Integral getroffen hatten, als wir in 5.3 an die Transformationsformel erinnern wollten, also fAu>:= JMU>A, wobei U>A auf A mit u> übereinstimmt und außerhalb A null gesetzt ist. Die Transformationsformel nimmt dann die Form an Korollar: Ist (p : M —^M ein orientierungserhaltender Diffeomorphismus und A c M eine Teilmenge, so ist co genau dann über
/
Lü.
D Noch ein letzter allgemeiner Hinweis. Wir haben hier die Integration auf Mannigfaltigkeiten mittels Karten auf die Integration im M.n zurückgeführt und deshalb auch nur letztere als bekannt voraussetzen müssen. Wer aber das Lebesgue-Integral für beliebige Maßräume kennt, hat damit auch. einen Generalschlüssel für den direkten Zugang zu den allgemeinen Eigenschaften des Integrals auf Mannigfaltigkeiten — etwa den Konvergenzsätzen — in der Hand. Auf jeder orientierten Mannigfaltigkeit M kann man nämlich eine sogenannte Volumenform konstruieren, das heißt eine n-Form ÜÜM e ClnM, die nirgends verschwindet und auf positiv orientierte Basen positiv antwortet. Mit einer Zerlegung der Eins, die wir bei Gelegenheit des Stokesschen Satzes als Hilfsmittel kennenlernen werden, ist das ganz einfach. Eine solche Volumenform nun definiert durch
ß(X)
:= fJx
X
ein Maß /J auf der a -Algebra 971 der Lebesgue-meßbaren Teilmengen der Mannigfaltigkeit M, diese so zu einem Maßraum machend. Eine Funktion / : M —> K ist nun über diesen Maßraum genau dann integrierbar, wenn die n-Form fu>M integrierbar ist, und es gilt
r fdß= M
r / JM
99
5.6 Test
Wegen dim Alt™ TP M = 1 ist aber jede n-Form auf M von der Gestalt fu>M, und so kann man die Integration von n-Formen auf orientierten Mannigfaltigkeiten auch als Integration von Ftuiktionen auf einem Maßraum auffassen. — Kanonisch gegeben ist eine Volumenform freilich nicht.
5.6 Test (1) Das von den drei Einheitsvektoren im M3 auf gespannte Spat ist ein D Tetraeder
D Dreieck
D Würfel
(2) Ist A : Rn —>• Mn eine lineare Abbildung, so ist das ndimensionale Volumen von J4([0, l] n )
• Pll D D
detA
(3) Ist p eine Dichte und io eine alternierende n-Form auf einem n-dimensionalen Vektorraum V, so ist D —\p\ eine alternierende n-Form eine Dichte D ÜJ eine Dichte. D (4) Eine Teilmenge X C Rn ist genau dann eine Nullmenge, wenn es zu jedem s eine Folge von Würfeln Wi mit einem Gesamtvolumen Yl'iLi Vol(Wj) < e gibt, so daß G ICU^j D xcn^Wi D X c Wi für beliebig große i. (5) In der Ebene R2 bezeichne Q das Rechteck (1,2) x (0,TT/2) und K das Kreisringviertel im ersten Quadranten mit den Radien 1 und 2. Der Wechsel von Polar- zu kartesischen Koi > (x, y) durch x = rcostp und y = rsimp ordinaten, (r, ip) — definiert dann einen Diffeomorphismus $ von
100
Kapitel 5. Integration auf Mannigfaltigkeiten D K auf sich
D K nach Q
D Q nach K.
(6) Die Jacobideterminante det J$ (r, ip) ist dann ü r
D rsin2(p
D — r.
(7) Zuweilen trifft man die Notationsgewohnheit an, eine bestimmte Punktion in den verschiedensten Koordinatensystemen immer wieder mit dem Buchstaben / zu bezeichnen, gleichsam als wäre die Schreibweise J\xl>
• • • > xn)
~
J \
x
l \
x
l i
• • • i xn)>
• • • jx
n
\
x
l t
•••>
x
n)j
vereinbart. Sehr verwirrend! Aber nachvollziehbar, wenn man sich vorstellt, daß / eigentlich koordinatenunabhängig auf U lebt (z.B. auf einem Bereich U des realen physikalischen Raumes) und f{x'i,... ,x'n) den Punktionswert an jenem Punkt bedeuten soll, der bezüglich des gestrichenen Koordinatensystems die Koordinaten (x'x,..., x'n) hat, usw. Man schreibt dann also statt / o h ~ x , / o / i " 1 usw. stets / , in konsequenter Unterdrückung der Bezeichnungen h,h',... der Karten. — Wir wollen uns diese Notation nicht gerade zu eigen machen, aber sie im Notfall doch lesen können, und in diesem Sinne heißt nun die Prage: Wie lautet bei Anwendung obiger Konvention die Integraltransformationsformel zwischen kartesischen und Polarkoordinaten? D
II f(x,y)dxdy
= ff f(r,ip)rdrdcp
G II f(x, y) sjx2 + y2dxdy —fff(r, (p)drdip
= II f(r, (8) In den lokalen Koordinaten einer Karte (U,h) ist das Integral einer n-Form UJ über das Kartengebiet
/ w JU
= /
f(x) dx,
Jh(U)
wobei / : h(U) —> M so angegeben werden kann:
5.6
T
e
s
t
1
0
1
D f{x)=io{h-\x)) x D f(x , ...,xn)= LüX...n (Ricci-Kalkül) D f°h = u){di,...,dn)
(9) Unterscheiden sich zwei Karten (U, h) und (U,h') nur durch das Vorzeichen der ersten Koordinate, und sind a und a' die heruntergeholten Komponentenfunktionen einer auf U gegebenen n-Form u>, so ist
f
f
/h{U) adx Jh{U)
=
— Jh'{U) / Jh'
a' dx
Weshalb? D Weil in den Koordinaten des Mn aix1,... ,xn) = a'{-x\x2,...
,xn)
und die Determinate der Jacobimatrix des Kartenwechsels —1 ist. D Weil a(x1,...,xn) = -a'i-x1,^2,... ,xn) und der Betrag der Determinate der Jacobimatrix des Kartenwechsels 1 ist. D Weil a(xx,...,
xn) = -a'^x1,
...,xn)
u n d der K a r t e n -
wechsel orthogonal ist. (10) Für orientierungsumkehrende Diffeomorphismen (p : M —> N gilt
102
5.7
Kapitel 5. Integration auf Mannigfaltigkeiten
Übungsaufgaben
21: Man gebe eine n-Form w auf dem M.n so an, daß füx jedes 4 C K" mit einem Lebesgue-Maß fJ,(A) < oo gilt: AUFGABE
AUFGABE 22: Es sei cu eine integrierbare n-Form auf der orientierten n-dimensionalen Mannigfaltigkeit M. Man zeige, daß wie bei der Integration im Rn gilt: Stimmt eine n-Form 77 außerhalb einer Nullmenge in M mit ui überein, so ist auch 77 integrierbar undesgilt JMu) = JMVAUFGABE 23: Es sei M eine orientierte n-dimensionale Mannigfaltigkeit. Wie hätte man analog zu |..|i auf ^1(Mn,ju) eine Halbnorm |..|i auf dem Vektorraum £}(M) der integrierbaren nFormen auf M zu definieren? Erkläre zu jedem uo e Cl(M) in geeigneter Weise eine n-Form |u;|, so daß durch |u>|i := fM \ui eine Halbnorm definiert ist, die genau für die fast überall verschwindenden Formen Null ist.
24: Es sei TT : M —> M eine m-blättrige Überlagerung der zusammenhängenden n-dimensionalen orientierten Mannigfaltigkeit M. Die überlagernde Mannigfaltigkeit M sei so orientiert, daß n überall orientierungserhaltend ist. Man zeige: Ist cü auf M integrierbar, so auch ir*ui auf M und es gilt AUFGABE
5.8 Hinweise zu den Übungsaufgaben Zu AUFGABE 21: Uber das Lebesgue-Maß braucht man zur Lösung dieser Aufgabe nur zu wissen, daß für Lebesgue-meßbare Ac Rn mit endlichem Maß ß(A) = / 1 dx gilt. Das soll hier natürlich nicht bewiesen werden, sondern wird als bekannt vorausgesetzt. Die Aufgabe ist nicht schwer und soll
5.8 Hinweise zu den Übungsaufgaben
103
Sie nur veranlassen, die Definition des Integrals über eine n-Form nochmals durchzulesen. Zu AUFGABE 22: Denselben Zweck hat auch diese Aufgabe, nur kommt man hier nicht wie in Aufgabe 21 mit einer einzigen Karte für M aus. Zu AUFGABE 23: Achtung: Mit \ÜJ\P ist hier nicht der Betrag \LÜP von uip : TpM x • • • x TPM —> M gemeint, das wäre ja auch gar keine alternierende n-Form auf TpM. Für jedes p e M wird man aber zweckmäßigerweise \LO\P :— ±top setzen, es fragt sich nur, wie das Vorzeichen von p abhängen soll. Daß \LU\ für ui e £x(M) wirklich integrierbar und | • |i := JM | • | eine Halbnorm auf CX{M) mit der genannten Eigenschaft ist, soll natürlich bewiesen, das heißt hier: auf entsprechende Eigenschaften des Lebesgue-Integrals im R.n zurückgeführt werden. Zu AuFGABE 24: Über den Überlagerungsbegriff ist man für diese Aufgabe hinlänglich unterrichtet, wenn man die Seiten 144-148 in [J: Top] durchliest und zusätzlich zur Kenntnis nimmt, daß im Falle einer Überlagerung TT : M —> M einer Mannigfaltigkeit M der überlagernde Raum M in kanonischer Weise auch eine Mannigfaltigkeit ist, und zwar mit der einzigen differenzierbaren Struktur, fiir die n überall lokal diffeomorph ist. Wie wird man die Zerlegung „
oo m
Karte
Fig. 56. Zur differenzierbaren Struktur von M
„
M = U U Azj von M in meßbare Teilmengen wohl zu wählen haben, damit die Integrierbarkeit von 7r*w und die Formel J~ TV*UI = mfMu) ohne Mühe folgt? Anschaulich ist's klar!
6
Berandete Mannigfaltigkeiten
6.1 Vorbemerkung Der klassische Satz von Stokes handelt von dem Zusammenhang zwischen "Flächenintegralen" und "Linienintegralen", eine dreidimensionale Version davon, der sogenannte Gaußsche Integralsatz, sagt etwas über die Beziehung zwischen "Volumenintegralen" und Flächenintegralen aus. Af,hier D3
or. Randlinie dM Fig. 57. Beim ursprünglichen Satz JM f rot v-dF= JBM f v-ds von Stokes wird über eine Fläche und deren Randlinie integriert.
Randfläche dM = S 2 Fig. 58. Beim Gaußschen Integralsatz f v-dP= f divvdV wird "über eine geschlossene Fläche und über das von ihr umschlossene Volumen" integriert.
Wir wollen hier natürlich beide Fälle zugleich behandeln, und schon dafür lohnte sich eine n-dimensionale Fassung des Satzes. Auch wollen wir uns nicht auf Untermannigfaltigkeiten des K3 oder des R beschränken. Um aber den Satz von Stokes in voller Allgemeinheit formulieren zu können, brauchen wir den Begriff der berandeten Mannigfaltigkeit, dem der gegenwärtige Paragraph gewidmet ist.
6.2 Der Halbraum
105
6.2 Differenzierbarkeit im Halbraum Das lokale Modell für die berandeten Mannigfaltigkeiten ist der abgeschlossene Halbraum, so wie Rn das lokale Modell der Mannigfaltigkeiten ist. Um diese Vorstellung in eine genaue Definition zu fassen, müssen wir zuerst erklären, was Differenzierbarkeit im Falle des Halbraumes bedeuten soll. Welchen Halbraum wir benutzen, ist natürlich gleichgültig, aber im Hinblick auf eine gewisse Orientierungskonvention, die wir zu treffen haben werden, entscheiden wir uns für den linken Halbraum: Notation und Sprechweise: Für n > 1 bezeichnen wir mit R™ den Halbraum {x e Rn | xl < 0} und mit ÖR™ := 0 x R™"1 seinen sogenannten Rand. Ist U C R™ offen in der Teilraumtopologie des R™ C R n (kurz: offen in R™ ), so heißt dU := UndWL der Rand von U, die Elemente p e dU dementsprechend Randpunkte von U. D Der Rand dU von U kann natürlich auch leer sein, offensichtlich ist das genau dann der Fall, wenn U C R™ nicht nur in R" , sondern sogar in der Topologie des R n offen ist. In der Topologie versteht ujn-i 9M" man unter einem Randpunkt einer Teilmenge A eixi nes topologischen Raumes X ein Element x e X, das weder innerer noch äußerer Punkt von A ist. FDieser Sprechweise sollten wir aber jetzt für einige Zeit aus dem Wege gehen, denn sie kollidiert mit dem oben eingeführten Randbegriff für in R™ offene U. Beachte, daß dU im allgemeinen nicht mit dem topologischen Rand von U übereinstimmt, ganz gleich ob man U dafür als Teilmenge von R" oder von R n ansieht. Definition: Sei U oflfen in R™ . Eine Abbildung / : U -+ Rk heißt differenzierbar an der Stelle p e U, wenn sie zu einer in
106
Kapitel 6. Berandete Mannigfaltigkeiten
einer Umgebung von p in M" difFerenzierbaren Abbildung fortgesetzt werden kann, d.h. wenn es eine offene Umgebung Up von p in M" und eine differenzierbare Abbildung g : Üp —> M gibt, so daß f\U nÜp = g\Un Üp gilt. D Für die p e U \ dU ist das nichts Neues, und / ist schlechthin, also überall differenzierbar, wenn es auf U \ dll im üblichen Sinne und für alle p e dU im obigen Sinne differenzierbar ist. Unter einem Diffeomorphismus zwischen in M" offenen Teilmengen verstehen wir natürlich eine Fig. 60. Zur Differenzier- in beiden Richtungen differenzierbare barkeit an Randpunkten. Bijektion. Solche DifFeomorphismen werden die Kartenwechsel der noch zu definierenden berandeten Mannigfaltigkeiten sein. Die folgenden beiden Lemmas beleuchten ihr Verhalten am Rande. u •
6.3 Das Randverhalten der Diffeomorphismen Lemma 1: Ist f : U -^^ V ein Diffeomorphismus zwischen in Mü offenen Teilmengen, so ist f(dU) = dV und folglich f\dU : dU
dV
ein Diffeomorphismus der offenen Teilmengen des
Fig. 61. Annahme
BEWEIS: Sei p e dll und g : Up —> R n eine lokale differenzierbare Fortsetzung von / . Angenommen, der Punkt f(p) wäre kein Randpunkt von V. Wegen der Stetigkeit von f^1 hätte er dann eine in Rn offene Umgebung Vp in V mit f-^Vp) C Up. Aber g°{f~l\Vp) ist dieldentität
6.3 Randverhalten der Diffeomorphismen
107
auf Vp, und g und / 1|V^) sind difFerenzierbar im üblichen Sinne, also hat / - 1 bei f(p) jedenfalls den vollen Rang n, ist nach dem Umkehrsatz also ein lokaler Diffeomorphismus im üblichen Sinne, insbesondere ist also /~1(^/p) C U Umgebung von p in R n , im Widerspruch z n p e dU. — Damit haben wir f(dU) C dV gezeigt, ebenso aber f~l{dV) C dU, also f(dU) = dV. D Die lokale difFerenzierbare Fortsetzung einer Abbildung / : U —>• K um einen Randpunkt p ist natürlich nicht eindeutig bestimmt, wohl aber alle partiellen Ableitungen daf von / an der Stelle p, insbesondere die Jacobi-Matrix Jf (p). Lemma 2: Ist f : U -^ V ein Diffeomorphismus zwischen in R™ offenen Teilmengen und p e dU, so bildet das wohldeßnierte Differential
unu.
Fig. 62. Lokale Fortsetzung nicht eindeutig bestimmt, wohl aber die daf\p.
™~ den Untervektorraum 0 x M™ ~ und die Halhräume M" jeweils in sich ab, d.h. die Jacobi-Matrix ist von der Form
0
Jfip) =
öl/2
mit dtf1 > 0 . BEWEIS: Wegen f(dU) = dV ist jedenfalls f\dU = 0, also dkfx = 0 für k = 2 , . . . ,n, und weil V in R™ liegt gilt f1 < 0 auf C/, also für t < 0, also ö i / 1 > 0 und daher sogar d\fx > 0, weil Jf{p) D vollen Rang hat.
108
Kapitel 6. Berandete Mannigfaltigkeiten
6.4 Der Begriff der berandeten Mannigfaltigkeit Soviel über die zukünftigen Kartenwechsel, und nun zum Begriff der berandeten Mannigfaltigkeit selbst. Der einzige formale Unterschied zu den gewöhnlichen ("unberandeten") Mannigfaltigkeiten besteht darin, daß wir nun als Kartenbilder auch in M™ offene Teilmengen zulassen. Sei zunächst X ein topologischer Raum. Ein Homöomorphismus h einer offenen Teilmenge U C X auf eine in M™ oder in I " offene Teilmenge U' von M™ bzw. Rn heiße eine berandete n-dimensionale Karte für X. Dementsprechend sind die Begriffe berandeter n-dimensionaler Atlas, differenzierbarer berandeter n-dimensionaler Atlas und berandete ndimensionale differenzierbare Struktur (maximaler Atlas) zu verstehen. Definition: Sei n > 1. Eine berandete n-dimensionale Mannigfaltigkeit ist ein Paar (M, T>), meist kurz als M geschrieben, bestehend aus einem zweit-abzählbaren Hausdorffraum M und einer berandeten n-dimensionalen differenzierbaren Struktur V für M. Abbildungen zwischen berandeten Mannigfaltigkeiten nennen ü wir differenzierbar, wenn sie es bezüglich Karten sind. Bei einem Kartenwechsel müssen Randpunkte in Randpunkte übergehen, wie wir in Lemma 1 gesehen hatten. Daher dürfen wir definieren
Fig. 63. Ist P Randpunkt bezÜKÜch
h,
dann
auch
Definition: Sei M eine berandete Mannigfaltigkeit. Ein Punkt p e M heißt ein Randpunkt von M, wenn er durch eine (dann jede) Karte (JJ, h) um p auf einen Randpunkt 7
/ \
7
/rT\
_
mn
i
i Mi •
bezüglichfc:der Rand von HP) VOn h(U) C M™ abgeblldet M ist wohldefiniert. wird. Die Menge dM der Randpunkte heißt der Rand der berandeten Mannigfaltigkeit M. • Notiz: Der Rand dM einer n-dimensionalen berandeten Mannigfaltigkeit M erhält durch die Einschränkungen h\UndM:UndM
- ^ d(h(U)) C 0 x W1'1 ^ R™"1
6.5 Untermannigfaltigkeiten
109
der Karten von M einen (n — l)-dimensionalen gewöhnlichen differenzierbaren Atlas und wird so zu einer gewöhnlichen (unberan• deten) (n — l)-dimensionalen Mannigfaltigkeit. Diese Mannigfaltigkeit ist künftig stets gemeint, wenn vom Rand dM einer berandeten Mannigfaltigkeit die Rede ist. Man sagt auch, M werde von dM berandet oder dM berandet M. Ist / : M —> N eine differenzierbare Abbildung zwischen berandeten Mannigfaltigkeiten, so ist natürlich auch f\dM : dM —> N difFerenzierbar, und aus dem Lemma 1 folgt Notiz: Ist / : M -^^ N ein Diffeomorphismus zwischen berandeten Mannigfaltigkeiten, dann ist f{dM) — dN, und f\dM : dM ^^> dN ist ein Diffeomorphismus. D Für n > 1 betrachten wir jede gewöhnliche n-dimensionale Mannigfaltigkeit M in der naheliegenden Weise auch als berandete Mannigfaltigkeit mit leerem Rand. Unter einer nulldimensionalen berandeten Mannigfaltigkeit verstehen wir einfach eine nulldimensionale Mannigfaltigkeit. Der Rand einer nulldimensionalen berandeten Mannigfaltigkeit ist also, wie es sich für eine (—l)-dimensionale Mannigfaltigkeit gehört, stets leer.
6.5
Untermannigfaltigkeiten
Wir wollen nicht alles, was sich von den gewöhnlichen Mannigfaltigkeiten unmittelbar auf die berandeten Mannigfaltigkeiten verallgemeinert, ausführlich niederschreiben. Wäre das gefordert, so hätten wir besser von Anfang an den allgemeineren Begriff zugrunde gelegt! Indessen gibt es doch Angelegenheiten, bei deren Übertragung auf berandete Mannigfaltigkeiten gewisse Entscheidungen oder Verabredungen getrofFen werden müssen oder die sich sonstwie nicht ganz von selbst verstehen, und einiges dieser Art soll in diesem und den folgenden Abschnitten noch besprochen werden. Definition: Es sei M eine n-dimensionale berandete Mannigfaltigkeit und 1 < k < n. Eine Teilmenge Mo C M heißt eine
110
Kapitel 6. Berandete Mannigfaltigkeiten
fc-dimensionale berandete Untermannigfaltigkeit, wenn es um jedes p e Mo eine berandete Karte (U, h) von M gibt, so daß h(U n Mo) = (M_ x 0) n h(U) gilt. D Das ist nicht die einzige plausible Möglichkeit, den Untermannigfaltigkeitsbegriff für berandete Mannigfaltigkeiten zu fassen. Indem wir für uns diese Version wählen, treffen wir zwei Entscheidungen: erstens verlangen wir nicht, daß dM$ C dM sein muß. Wenn aber, zweitens, ein Punkt p e MQ im Rand von M liegt, dann ist er auch Randpunkt von MQ und MQ ist dort "transversal" zu dM in dem Sinne, daß eben MQ und dM bei p bezüglich der Karte wie R_ und 0 x l™" 1 aneinanderstoßen müssen:
Fig. 64. Die beiden zugelassenen Möglichkeiten für die Lage von dM0 bezüglich dM
Insbesondere ist dM selbst, außer wenn es leer ist, keine Untermannigfaltigkeit von M, und auch die nichtleeren Untermannigfaltigkeiten von dM lassen wir nicht als Untermannigfaltigkeiten von M gelten. Unter einer nulldimensionalen Untermannigfaltigkeit MQ C M verstehen wir sinngemäß eine gewöhnliche nulldimensionale Untermannigfaltigkeit von M \ dM, den Rand soll sie nicht treffen dürfen, weil sie selbst keinen hat. Wie bei den gewöhnlichen Mannigfaltigkeiten sind die k-dimensionalen berandeten Untermannigfaltigkeiten wirklich in kanonischer Weise fc-dimensionale berandete Mannigfaltigkeiten, die Einschränkungen der Flachmacher (U, h) jeweils auf U n MQ bilden einen fc-dimensionalen berandeten differenzierbaren Atlas für M o .
6.6 Konstruktion
111
6.6 Konstruktion berandeter Mannigfaltigkeiten Als Beispiele für Konstruktionen gewöhnlicher Mannigfaltigkeiten hatten wir die Bildung von Summen, Produkten, gewissen Quotienten und die Urbilder regulärer Werte angeführt. Die disjunkte Summe M\ + M^ zweier berandeter n-dimensionaler Mannigfaltigkeiten ist in kanonischer Weise wieder eine. Bei der Produktbildung gibt es eine kleine technische Schwierigkeit: zwar ist kanonisch Rk x R n = R fe+n , aber Rfe x M™ ist kein Halb- sondern eher ein Viertelraum in Rk+n. Bildet man zum Beispiel das Produkt [ a, b ] x D2 aus einem abgeschlossenen Intervall und einer abgeschlossenen Kreisscheibe, so erhält man einen 3-dimensionalen Vollzylinder, in dessen Rand sich zwei Fig. 65. Entste"Kanten" befinden, nämlich a x S1 und hung von Kanten am Produkt. b x S1. Allgemeiner ist M x N, intuitiv gesprochen, so etwas wie eine berandete Mannigfaltigkeit mit Rand d(M xN) = dM x NUM xdN und einer "Kante" längs dM x dN. Je nachdem, weshalb man überhaupt solche Produkte betrachten möchte, wird man sie ent1 weder zu richtigen berandeten MannigfaltigaxS keiten machen, indem man die Kanten mit Fig. 66. [a,b]xD2 Hilfe eines nur bei 0 nicht lokal diffeomormit seinen "Kanten". phen Homöomorphismus R i x M.1 -> R2_ "glättet", oder aber man wird sie unverändert lassen und eine Theorie der "Mannigfaltigkeiten mit Kanten" entwickeln. Wir wollen hier keinen dieser Wege beschreiten, sondern nur darauf hinweisen, daß wenigstens dann, wenn einer der beiden Faktoren unberan- Fi s- 67- Glättungsabbildung det ist, das Produkt in kanonischer Weise wieder eine berandete Mannigfaltigkeit ist.
112
Kapitel 6. Berandete Mannigfaltigkeiten
Der Quotient M/T einer berandeten n-dimensionalen Mannigfaltigkeit M nach einer fixpuiLktfreien Involution r ist in kanonischer Weise wieder eine n-dimensionale berandete Mannigfaltigkeit, ganz wie in 1.6 für gewöhnliche Mannigfaltigkeiten geschildert, und d(M/r) = (8M)/T. Eine wichtige Quelle E konkreter Beispiele berandeter Mannigfaltigkeiten ist, wie bei den unberandec ten Mannigfaltigkeif ten, der Satz vom regulären Wert: Lemma: Ist M eine n-dimensionale unberandete MannigfalFig. 68. Urbild /^((-oo.c])—M o bei regulärem c. Es ist dann /~ 1 (c)=9Mo. tigkeit und c e K regulärer Wert einer C°°-Funktion f : M -> R, so ist Mo := {p e M\ f(p) < c} eine ü n-dimensionale berandete Untermannigfaltigkeit von M.
6.7 Tangentialräume am Rande Wie steht es mit den Tangentialräumen TpM für Randpunkte p e dMI Sind sie überhaupt wohldefiniert? Und wenn ja, sollen wir vielleicht besser tangentiale Halbräume benutzen? Hinweis und Vereinbarung: Auch für berandete Mannigfaltigkeiten M und auch an Randpunkten p e dM ist der Tangentialraum als TpM:=T°;isM ^ rP h y s M kanon
wieder wohldefiniert, und bezüglich einer Karte (U, h) ist für jedes p e U wie bei gewöhnlichen Mannigfaltigkeiten die Koordinatenbasis (9i,... dn) von TPM erklärt. — Wir benutzen also auch für
6.8 Die Orientierungskonvention
113
Randpunkte den ganzen Vektorraum TPM als Tangentialraum, jedoch sind für p e dM die beiden Halbräume p
M :=
(K±)
unabhängig von der Karte wohldefiniert.
D
Notiz und Sprechweise: Es sei p ein Randpunkt von M. Dann ist offenbar kanonisch TpdM C TpM und T+MnTpM
= TpdM. T+M
Die Elemente von T~M \ TpdM heißen nach innen weisende, die Halbräume p von T+M \ TpdM nach außen p weisende Tangentialvektoren. Ein v e TpM weist genau dann nach innen bzw. atißen, wenn bezüglich einer (dann jeder) Karte die erste Komponente vl von v negativ bzw. positiv ist. D
6.8 Die Orientierungskonvention Die Begriffe Orientierung und orientierender Atlas werden für berandete Mannigfaltigkeiten genau so definiert wie für gewöhnliche. Man sieht leicht, daß der Rand einer orienüerten Mannigfaltigkeit M jedenfalls orientierbar ist, was aber nicht bedeutet, daß dM auch schon kanonisch orientiert sei. Dazu brauchen wir vielmehr eine Orientierungskonvention: Ist M eine orientierte n-dimensionale berandete Mannigfaltigkeit und p e dM, von so soll eine Basis w±,...,wn-i TpdM genau dann positiv orientiert heißen, bzw. TpdM im Falle n = 1 die
Fig. 70. Zur Orientie-
k mngskonvention
114
Kapitel 6. Berandete Mannigfaltigkeiten
Orientierung +1 tragen, wenn für einen (dann jeden) nach außen von TpM posiweisenden Vektor v die Basis (v,w\,...,wn-i) tiv orientiert ist. Mit der dadurch festgelegten Orientierung sei der Rand dM einer orientierten Mannigfaltigkeit künftig immer versehen. D Orientieren wir also dreidimensionale berandete Untermannigfaltigkeiten, etwa eine Vollkugel oder einen Volltorus, des uns umgebenden realen physikalischen Raumes durch die Rechte-HandRegel, so ist die Oberfläche in der Daraufsicht entgegen dem Uhrzeigersinn orientiert.
Fig. 71. Orientierungskonvention und Rechte-Hand-Regel für Körper im physikalischen Raum.
Da wir Tangentialräume und auf Kartengebieten auch die Koordinatenvektorfelder di,...,dn für berandete Mannigfaltigkeiten zur Verfügung haben, ist natüxlich auch klar, was unter kFormen LO auf einer berandeten Mannigfaltigkeit zu verstehen ist, wann eine solche Form stetig bzw. differenzierbar heißt, was der Vektorraum QkM der differenzierbaren fc-Formen auf M und schließlich, wann eine n-Form LO auf einer n-dimensionalen orientierten berandeten Mannigfaltigkeit integrierbar ist und was dann unter dem Integral JMto zu verstehen ist. Damit sind wir dem Satz von Stokes wieder ein Stück nähergerückt.
6.9
Test
(1) Offen in der Topologie des Halbraums 1 " = { I 6 Wn | X1 < 0 ist
6.9 Test
115
D X := { x e Rn | || x || < 1 und xl < 0 } D X := { x € Rn j || x || < 1 und x1 < 0 } D X := { x e Mn | || a; || < 1 und z 1 < 0 }. (2) Sei U der in der linken Halbebene IR'L gelegene Teil des offenen Quadrats (—1,1) x (—1,1), also U = { (x, y)
G
M2 | - 1 < x < 0 und - 1 < y < 1}.
Es bezeichne A die rechte und B die Vereinigung der anderen drei Seiten von U, genauer jedoch: A := 0 x ( — 1,1) und ß : = - l x [ - l , l ] U [-l,0]x{±l}. Als Teilmenge des toplogischen Raumes M.2^ hat U auch einen topologischen Rand, das ist die Menge t/R2 der Punkte des R_ , die weder innere noch äußere Punkte von U sind, und analog können wir auch C/R2 betrachten. Die Frage zielt auf die Unterschiede, soweit vorhanden, zwischen dU, f/R2 und t/ R 2. Es gilt: D dU = AUB,
D dU = A U dU = A
ÜR2_ =AUB,
, ,
ÜR2_ =AöB, ÜR2_= B,
f7 R2 = A U B
ÜM2 = A U B ÜM2=AUB.
(3) Es bezeichne M eine berandete Mannigfaltigkeit. Kann M \ dM kompakt sein, wenn dM ^ 0 ? D Nein, denn dann wäre M \ dM auch abgeschlossen, also dM offen in M. D Ja, das ist genau dann der Fall, wenn M kompakt ist. D Ja, nach dem Satz von Heine-Borel gilt das zum Beispiel für alle abgeschlossenen beschränkten berandeten Untermannigfaltigkeiten des M.n. (4) Kann eine nulldimensionale Untermannigfaltigkeit MQ einer berandeten Mannigfaltigkeit M deren Rand "berühren", d.h. kann M o n dM ^ 0 sein? D Nein, da MQ aus isolierten Punkten in M^dM
besteht.
116
Kapitel 6. Berandete Mannigfaltigkeiten D Ja, Mo := { l/n \ n = 1, 2 , . . . } in R\ ist ein Beispiel dafür. D Nein, denn nulldimensionale Untermannigfaltigkeiten sind automatisch abgeschlossen, und daher gilt Mo n dM = MQ n dM — 0 .
(5) Sei M eine berandete Mannigfaltigkeit und p e dM. Ist dann M \ p eine berandete Untermannigfaltigkeit von M mit d{M \ p) = dM \ p ? D Ja, j'ede offene Teilmenge X c M ist berandete Untermannigfaltigkeit mit dX = X D dM. D Nein, M \ p ist dann zwar berandete Untermannigfaltigkeit, aber für dimM > 0 gilt d(M \ p ) = dM, weil M \p dicht in M liegt. D Ja, die Karten (U, h) von M mit p ^ U bilden einen Atlas für M \ p. (6) Welche der folgenden den Zusammenhang betrefFenden Implikationen sind für berandete Mannigfaltigkeiten M richtig: D M zush. 4=> M \ ÖM zush. D M zush. =^> dM zush. D dM zush. =^- M zush. (7) Diese Erage handelt vom Zerschneiden einer Mannigfaltigkeit längs einer 1-kodimensionalen Untermannigfaltigkeit. Sei M eine unberandete n-dimensionale Mannigfaltigkeit und MQ := / - 1 ( c ) j^ 0 das Urbild eines regulären Wertes c einer differenzierbaren Funktion / . Dann ist M die Vereinigung der beiden n-dimensionalen berandeten Untermannigfaltigkeiten A := /~ x ([c, c»)) und B :— f~l((—oo, c]), deren Durchschnitt ihr gemeinsamer Rand MQ ist. Anschaulich darf man sich dabei etwa vorstellen, daß M beim Zerschneiden längs MQ in die disjunkte Vereinigung von A und B zerfallen würde. Jetzt sei keine Funktion / , sondern nur eine 1-kodimensionale abgeschlossene unberandete nichtleere Untermannigfaltigkeit MQ C M gegeben. Was geschieht, wenn man M längs MQ "zerschneidet", oder genauer gefragt: Ist M die
6.9 Test
117
Vereinigung zweier berandeter Untermannigfaltigkeiten A und B mit dA = dB = A n B = Mo ? Wir würden dann sagen, M zerfalle beim Zerschneiden längs MQ . Wann geschieht das? D Nicht immer, man zerschneide etwa eine Kreislinie "längs" eines Punktes oder einen Torus längs eines Meridians. D Es gibt aber stets eine offene Umgebung X von MQ in M, die beim Zerschneiden längs MQ zerfällt, man muß X nur eng genug um Mo wählen. D Auch das trifft nicht zu, man zerschneide etwa ein Möbiusband längs der "Seele" (Mittellinie) oder WP2 längs RP *: dabei zerfällt kein X. (8) Sei M unberandet und X c M offen. Ist dann die abgeschlossene Hülle X C M eine berandete Untermannigfaltigkeit? D Nein, Gegenbeispiel: M = K3 und X durch die Ungleichung x2 + y2 + z2 > 0 definiert. D Nein, Gegenbeispiel: M = M3 und X durch die Ungleichung x2 + y2 — z2 > 1 definiert. D Nein, Gegenbeispiel: M — R3 und X durch die Ungleichung x2 + y2 > z2 definiert. (9) Ist dM immer eine Nullmenge in M? D Ja, weil 0 x R'1^1 eine Nullmenge für das Lebesguemaß im M" ist. D Nein, z.B. hat die Kugeloberfläche das Maß 4?rr2 ^ 0. D Nein, nur wenn dM = 0 ist. (10) Sei M eine orientierte unberandete Mannigfaltigkeit. Man spricht dann von M\ := 1 x M und MQ : = 0 X M als von DeckelundBodendes Zylinders [ 0 , l ] x M über M. Sieseien beide als Kopien von M orientiert, d.h. so, daß die kanonischen Abbildungen M\ = M = MQ orientierungserhaltend sind. Sei nun das Intervall [0,1] wie üblich orientiert. Dann bewirkt unsere Orientierungskonvention für die Randorientierung:
118
Kapitel 6. Berandete Mannigfaltigkeiten
D ö([O,l] x M ) =Mo D D
6.10
Übungsaufgaben
AUFGABE 25: Es sei M eine berandete Mannigfaltigkeit. Man zeige, daß dM abgeschlossen in M ist. AUFGABE 26: Es sei / : M —> E eine überall reguläre difFerenzierbare Funktion auf der kompakten berandeten Mannigfaltigkeit M. Man zeige, daß / seine Extrema am Rande annimmt.
AuFGABE 27: Kompakte unberandete Mannigfaltigkeiten heißen geschlossen, zwei geschlossene Mannigfaltigkeiten Mo und M\ heißen bordant, wenn MQ + M\ (difFeomorph zum) Rand einer kompakten berandeten Mannigfaltigkeit ist. Man beweise: Ist M geschlossen und a, b reguläre Werte von / : M —> M, dann sind f^(a) und f~l(b) bordant. 28: Man beweise: Jede geschlossene Mannigfaltigkeit M, auf der eine fixpunktfreie differenzierbare Involution r existiert, ist "nullbordant", d.h. berandet eine kompakte Mannigfaltigkeit. AUFGABE
6.11 Hinweise zu den Übungsaufgaben
S- 72-
m
Zu A U F G A B E 25: Anschaulich klar: um jeden Punkt von M\dM gibt es eine Umgebung, die den Rand nicht trifft. Beim Beweis muß man nur korrekt mit der Relativtopologie des Halbraumes R 1 umgehen.
6.11 Hinweise zu den Übungsaufgaben
119
Zu AUFGABE 26: Auch auf einer nichtkompakten Mannigfaltigkeit kann eine reguläre Funktion übrigens kein Extremum auf M \ dM annehmen, nur braucht sie dann ja überhaupt keine Extrema zu haben, während eine stetige Funktion auf einem kompakten topologischen Raum bekanntlich immer ein Maximum und ein Minimum annimmt. — Die Aufgabe ist so einfach, daß mir kein sinnvoller Lösungshinweis einfällt. Vielleicht soll ich daran erinnern, daß / : M —> R genau dann regulär ist, wenn überall dfp ± 0 gilt. Zu AUFGABE 27: Die Aufgabe ist so gemeint, daß Sie das am Ende von 6.6 mit bloßem Hinweis auf den Satz vom regulären Wert angegebene Lemma über /~1((—oo, c]) benutzen sollen. Zu AuFGABE 28: Diese Aufgabe ist etwas schwieriger als die vorangehenden drei. Die nicht so fern liegende Idee ist, jeweils x und T(X) gleichsam durch eine Strecke zu verbinden, um so eine kompakte Mannigfaltigkeit W mit dW = M zu konstruieren. Wie aber führt man das technisch aus? Man kann z.B. mit der unberandeten Mannigfaltigkeit M x R beginnen und zunächst einen ebenfalls unberandeten Quotienten (M x R ) / ~ nach einer geeigneten freien Involution bilden, wie in 1.6 beschrieben, und zwar so, daß man das gesuchte W als berandete Untermannigfaltigkeit /~1((—oo,c]) in diesem Quotienten vorfindet.
7
Die anschauliche Bedeutung des Satzes von Stokes
7.1 Vergleich der Antworten auf Maschen und Spate Erst im nächsten Kapitel werden wir die Cartansche oder äußere Ableitung d : QkM —> Ük+1M wirklich definieren, im übernächsten den Satz JM du> = JdM ui von Stokes beweisen. Im gegenwärtigen Kapitel will ich (in freilich fiktiver Weise) zu schildern versuchen, wie man intuitiv auf den Begriff der äußeren Ableitung verfallen und den Satz von Stokes vermuten könnte. Wir hatten uns das Integral j v ui über ein in kleine Maschen zerlegtes Stück U einer orientierten Mannigfaltigkeit anschaulich als Summe der Antworten der n-Form ui auf die Maschen vorgestellt: Dabei wird u die Masche tjp duxch das tangentiale Spat Fig. 74. ^ d i , . . . , Axndn) approxiSp = miert. Wenn wir jetzt, nachdem wir in Kapitel 5 das Integral förmlich eingeführt haben, noch einmal auf die Approximation durch Y,puip(sp) zurücksehen, können wir auch beurteivon len, wie gut sie ist. Ist nämlich a — ^i...n ° h-1 die heruntergeholte Komponentenfunktion, so ist der wahre Beitrag der Masche zum Integral h\a,
f
f
/ u! = / Quader Qp mit Kantenlängen Ax1, ..., Axn Fig. 75. Unter h entspricht der Quader der Masche, unter dhp dem Spat.
J <Jr>
a(x)dx,
J QT>
während die Approximation davon, a{/l{p))ax,
7.2 Strömungsbilanz
121
das Integral über den konstanten Wert a(h(p)) = cop(di,..., dn), also uip(di.. .dn^Ax1 • ... • Axn ist. Wenn also zum Beispiel u> eine stetige n-Form ist, so kann der Fehler dem Betrage nach nicht größer als ep • Vol(Qp) sein, wobei ep die Schwankung von a auf dem Quader Qp bezeichnet, genauer: ep := sup \a{x) — a(h(p))\. xeQp
Der Betrag des Gesamtfehlers über den ganzen Bereich U ist dann also kleiner oder gleich maxpep • Vol(/i([/)), und maxpep wird für stetiges LO bei genügend feiner Rasterung beliebig klein. Diese Überlegung zeigt nun auch, wie wir für stetiges UJ die alternierende n-Form u>p e AltnTpM aus der Integralwirkung von tu auf Maschen an p zurückgewinnen. Betrachten wir für feste orientierungserhaltende Karten h die Kantenlängen Ax1,..., Axn der Masche an p als Variable, dann ist ujp(di,.
.,dn)=
lim —
—— / LÜ.
Ax^o Axl-..-Axn J
Diese Formel präzisiert die Aussage, u>p sei die infinitesimale Version bei p der Integra- Fig. 76. Maschen .•
"i
tion uber UJ .
^ werdenden tenlängen Ax^
Kan.
7.2 Die Strömungsbilanz einer (n - 1)-Form auf einer n-Masche Der Satz von Stokes macht eine Aussage über (n — 1)-Formen u) e f2 n - 1 M auf einer orientierten n-dimensionalen Mannigfaltigkeit. So eine Form antwortet von Natur aus auf orientierte tangentiale (n — 1)-Spate, aber auch auf orientierte (n — 1)Maschen: näherungsweise durch Vermittlung eines approximierenden Spates, genau durch Integration über die Masche als (n — l)-dimensionale Mannigfaltigkeit.
122
Kapitel 7. Anschauung
Eine anschauliche Vorstellung von (n — 1)Formen auf orientierten n-dimensionalen Mannigfaltigkeiten bieten "Strömungsdichten", die nämlich durch 2-Formen im 3dimensionalen Raum beschrieben werden. Die Antwort von UJ auf eine orientierte 277 Masche gibt dann an, wieviel pro Zeiteinheit durch die Masche "hindurchfließt". Die Orientierung gestattet, die beiden möglichen Richtungen des Durchtritts duxch die Masche im Vorzeichen zu unterscheiden. Es ist eine nützliche Übung, Eine Kante als Summe: Entartete Masche: sich anschaulich klar zu machen, weshalb so eine Strömungsdichte für infinitesimale Maschen multiliDurchfluß summiert sich. Durchfluß Null. near und alternierend ist. — Diese anschau- Fig. 78. Strömungsdichten sind multilinear liche Vorstellung legt und alternierend nun eine interessante Möglichkeit nahe, eine (n — 1)-Form auf n-Maschen und iniinitesimal dann auf n-Spate wirken zu lassen. Der "Rand" dap einer n-Masche av wird ja von 2n Randmaschen der Dimension (n — 1) gebildet, für jede Koordinate eine i-te Rückseite i-te Vorderseite "Vorderseite" und eine "Rückseite". Wir orientieren diese 2n Seix'-Linie ten nach derselben Fig. 79. Die 2n orientierten Randmaschen Konvention wie den einer n-Masche in einer orientierten nRand einer Mannigdimensionalen Mannigfaltigkeit faltigkeit: Die Außennormale, gefolgt von der Randorientierung, ergibt die Orientierung von a. Nun können wir die 2n Antworten addieren, die u! auf die orientierten Seitenmaschen gibt und haben damit definiert, wie u> auf orientierte n-Maschen wirken soll,
7.2 Strömungsbilanz
123
nämlich durch LJ. Ida
Damit die Schreibweise nicht mißverstanden wird, wollen wir ausdrücklich vereinbaren, was wir hier sinngemäß schon verwendet haben: Notation: Sei ui eine fc-Form auf einer n-dimensionalen Mannigfaltigkeit M und MQ C M eine orientierte &-dimensionale Untermannigfaltigkeit oder auch, im Falle k = n — 1, der mit einer Orientierung versehene Rand dM von M. Ist dann L : MQ =—» M die Inklusion und I*UJ die induzierte fc-Form auf MQ , so schreibt man Ul.
JM0 D Die Unterdrückung von u* ist erstens deshalb berechtigt, weil natürlich (i*co)\p (f i , . . . , ffe) = wP(vi,..., v^) ist, und zweitens ist auch keine Verwechslung mit der Notation JM LO := fM % 0 aus 5.3 zu fürchten, denn für k < n kann man eine fc-Form sowieso nicht über M integrieren und JM CÜM0 hätte keinen Sinn, und für k = n ist es ja wirklich dasselbe. — Soviel zur Notation. In der anschaulichen Deutung aber ist nun Jda LÜ die Strömungsbüanzder n-Masche al Mit Ja ist also gewissermaßen die Quellstärke von a. Auf dieser Strömungsbilanz beruht schließlich der Satz von Stokes, und wenn wir unsere Diskussion aus 5.1 über die Vorzüge von Dichten und Formen noch einmal aufnehmen, so müssen wir bemerken, daß eine Behandlung der Strömungsbilanz mittels Dichten jedenfalls einen BegrifF von "(n — 1)-Dichte" erforderte, der auf die Orientierung der Maschen von da Rücksicht nimmt, denn ohne Unterscheidung von Heraus- und Hineinfluß ist keine Bilanz möglich. Die Ä:-Formen sind hierfür schon eingerichtet.
124
Kapitel 7. Anschauung
7.3 Quellstärke und Cartansche Ableitung Ist nun diese Quellstärke einer (n — 1)-Form ui, aufgefaßt als Zuordnung a —> JQa. to, tatsächlich die Wirkung einer Differentialform vom Grade n, d.h. gehört zu jeder (n — 1)-Form u> eine n-Form 77, so daß für orientierte n-Maschen Jar] — Jdr7oj gilt? Wenn ja, so müßte diese "Quelldichte" 77 jedenfalls, wie wir gesehen haben, n(di, . . .,dn) A
= '
lim -—z A1-.0 Ax1 • . . . • Axn
LÜ
J dcr
erfüllen, und das eröfFnet auch. schon einen Weg, wie man versuchen könnte, die Frage zu beantworten: Prüfe, ob dieser Grenzwert existiert und 77 dann unabhängig von der Wahl der Karte ist und beweise Ja 77 = fda u) für das so definierte 77. Zwar haben wir nicht vor, diesen Weg zu beschreiten, weil wir auf elegantere, wenn auch formalere Weise zum Ziel kommen werden. Versetzen wir uns aber in eine fiktive Pionierzeit des Cartan-Kalküls, so ist der Weg ganz der richtige, und er führt zu der Einsicht, daß es in der Tat zu jedem u e f!""'M genau eine n-Form gibt, welche auf orientierte n-Maschen so antwortet, wie w selbst auf deren Rand. Diese n-Form heißt die Cartansche Ableitung von u> und wird mit du) bezeichnet. Beobachtet man übrigens, welchen Beitrag das i-te Seitenpaar zu dem Grenzwert du(d!, ..,dn)=
lim —— - — / LÜ A1-+0 Ax1-.. -Axn J da
leistet, so erhält man nicht nur die Koordinatenformel n
u--,dn)
•
0
^
= E(-1)J~1^-7w(öi,--,i,
..,dn)
für die Cartansche Ableitung, sondern man versteht auch die anschauliche Bedeutung ihrer einzelnen Summanden.
7.4 Der Satz von Stokes
125
7.4 Der Satz von Stokes Die Eigenschaft von du, auf eine einzelne Masche so zu antworten wie LJ auf deren Rand, überträgt sich auch auf Aggregate von Maschen. Betrachten wir zwei benachbarte Maschen o\ und o?,, so heben sich in der Integralsumme /
duj — /
J CT\ U
iü + I
J d(7\
ui
J 0CJ-2
die Beiträge der gemeinsamen Seite auf, da Fig. 80. diese durch die beiden Maschen entgegengesetzte Orientierungen erhält. Auch intuitiv ist klar, daß die Innenwand für die Strömungsbilanz von u> in a\ U cr2 keine Rolle spielt. — Denkt man sich nun eine berandete kompakte orientierte n-dimensionale Mannigfaltigkeit als ein einziges Aggregat von Maschen, so sieht man, wie sich in der Summe
/ dw = 2 JM
P •) da
p
die Beiträge der inneren Maschenseiten alle aufheben und überhaupt nur die Integrale über die den Rand dM bildenden Seiten übrigbleiben, daß also Fig. 81. I
JM
f dw= f Ja
CILÜ —
J'dM
gilt, und das ist der Satz von Stokes.
ÜJ
J Qa
für Maschen (Definition von d), daher / JM
dui= f J8M
UJ
(Satz v
von Stokes).
Wie schon gesagt, wollen wir den Satz von Stokes nicht wirklich auf diesem Wege beweisen, denn ein Maschennetz über die ganze Mannigfaltigkeit zu werfen, wäre beweistechnisch eine aufwendige Sache, ganz abgesehen davon, daß es im allgemeinen gar nicht möglich ist, wenn man nicht auch gewisse "singuläre Maschen" in Kauf nimmt, wie sie z.B. in Winkelkoordinaten auf S2 an den Polen entstehen.
126
Kapitel 7. Anschauung
Aber wenn auch die Vorstellung vom Maschennetz nicht zu einem eleganten Beweis anleitet, so gibt sie doch den geometrischen Inhalt des Satzes sehr gut wieder, ja sie reduziert ihn auf der intuitiven Ebene zu einer Selbstverständlichkeit.
7.5 Der de Rham-Komplex Die Definition der Cartanschen Ableitung dui durch die Randwirkung von UJ ist nicht auf (n — 1)-Formen beschränkt, auch zu jeder differenzierbaren fc-Form u> e QkM, fiir beliebiges k, gibt es genau eine (& + l)-Form dio e Qk+1M, die auf orientierte (ft + 1)Maschen so antwortet, wie ui auf deren orientierten Rand. Auf diese Weise erhält man eine ganze Sequenz
linearer Abbildungen. Die Cartansche Ableitung d : fl°M —>• Q,lM der Nullformen, also der C°°-Funktionen auf M, ist einfach das Differential: Für eine orientierte 1-Masche a wie in Fig. + 82 wird durch die Orientierungskonvention q positiv und p negativ orientiert, also fadw = tü(q) — LÜ{P) für LJ e Q°M. Desp halb gibt es keine Kollision zwischen unserer Fig 82 ' ' bisherigen Notation df e Q}M für das Differential einer Funktion und der Bezeichnung der Cartanschen Ableitung durch d. Die Sequenz der Cartanschen Ableitungen ist, was man in der homologischen Algebra einen Komplex nennt, d.h. es gilt dod = 0. Ist nämlich u> e Q^^M und a eine orientierte (k + 1)-Masche, so haben wir ja
f
f
f
/ ddio = I du> = I Ja
JdcF
Jddrr
ui,
7.6 Simpliziale Komplexe
127
wobei das Integral über dda eben die Summe der Integrale über die Seiten der Seiten von a bezeichnen soll. In dieser Summe wird aber über jede Kante zweimal, mit entgegengesetzten Orientierungen integriert, und deshalb ist fgg^u = 0. Oder: Wagen wir es, die (k + 1)Masche a trotz ihrer Kan-^.
ten und hcken als berandete Mannigfaltigkeit aufzufassen, was zum Zwecke des darüber Integrierens schon angeht, dann hat do ,
,
, , , ,
• r i
-r
j
• Seite r 2 von
Seite T\ "Kante" von a F i g 83 D i e A n t w o r t
'
'
L
ddM v o n
ddw
auf eine (/s+l)-Masche ist null.
als unberandete Manmgtaltigkeit leeren Rand dda = 0 , und zweimalige Anwendung des Stokeschen Satzes führt zu JCT ddui = Jda dw = J0 ui = 0, da ein Integral über die leere Mannigfaltigkeit natürlich Null ist. — Jedenfalls verstehen wir die Komplexeigenschaft dd = 0 als Konsequenz der geometrischen Tatsache " dd = 0 ". Den Komplex 0 -> n°M -^ Q}M - ^
U S ] " " 1 ! -U ünM -^ 0
nennt man den de Rham-Komplex
7.6
von M.
Simpliziale Komplexe
Der de Rham-Komplex definiert in kanonischer Weise einen kontravarianten Funktor von der differenzierbaren Kategorie in die Kategorie der (Coketten-) Komplexe und stellt eine wichtige Schnittstelle zwischen Analysis und algebraischer Topologie dar. Dies im technisch genauen Sinne zu erläutern würde natürlich zuvor eine Einführung in die algebraische Topologie erfordern und deshalb über den Rahmen des vorliegenden Buches hinausgehen. Aber eine intuitive Vorstellung davon zu geben, will ich einmal versuchen. Zu diesem Zweck muß ich zunächst etwas über eine ganz andere Art von Komplexen erzählen.
128
Kapitel 7. Anschauung
"Komplex" ist ja ein Allerweltswort füx etwas aus Einzelbausteinen Zusammengesetztes. Diesen naiven Sinn hat es in der Bezeichnung de Rham-Komplex nicht mehr, aber in dem Ausdruck simplizialer Komplex ist es noch so gemeint. Stellen Sie sich vor, Sie dürften aus (abgeschlossenen) Tetraedern, Dreiecken, Strecken und Punkten im R als 3-, 2-, 1- und nulldimensionalen Bausteinen (" Simplices") beliebige Gebilde zusammensetzen, wobei Sie nur zwei Spielregeln zu beachten haben: (1) Sie dürfen jeweils nur endlich viele Bausteine verwenden und (2) benachbarte Bausteine müssen aneinanderpassen, genauer: der Durchschnitt zweier Bausteine muß leer oder ein gemeinsames Teilsimplex sein. Die Teilsimplices eines Tetraeders z.B. sind seine Ecken, Kanten und Seitenflächen. Analog im Mn, wo entsprechende Bausteine bis zur Dimension n möglich und zugelassen sind. Die Gebilde, die Sie nach dieser Baukastenmethode zusammensetzen können, heißen endliche simpliziale Komplexe. Mit etwas Vorsicht ("lokal endlich" statt "endlich" in der ersten Spielregel) kann man auch unendlich viele Bausteine in sinnvoller Weise zulassen. Sucht man nicht gerade absichtlich nach Gegenbeispielen, so wird man sich von jedem geometrischen Objekt im Mn, dem man begegnet, ein simpliziales Baukastenmodell vorstellen können: von Kugel, Kegel, Torus; von Mannigfaltigkeiten und Nichtmannigfaltigkeiten aller Art - meist zwar nicht ganz echt, weil eckig und kantig, aber doch homöomorph zum Vorbild und deshalb dessen topologische Eigenschaften treu wiedergebend. Um solcher topologischer Eigenschaften des Originals habhaft zu werden, betrachtet man nun simpliziale Ketten im Modell. Jeder kann sich eine "Kette" aus endlich vielen orientierten Bausteinkanten vorstellen, die von einer Ecke des simplizialen Komplexes zu einer anderen läuft, deren "Rand" daher von dem (positiv orientierten) Endpunkt und dem (negativ orientierten) Anfangspunkt gebildet wird. Ist der Anfangspunkt gleich dem Endpunkt, so ist die Kette ein "Zykel". Einleuchtende Benennungen!
7.6 Simpliziale Komplexe
129
Will man aber die Vereinigung von Ketten zu einer abelschen Gruppenverknüpfung machen und auch beim eindimensionalen Fall nicht stehen bleiben, so wird man automatisch auf folgende Verallgemeinerung des Kettenbegriffs geführt: Definition: Die Ä-dimensionalen simplizialen Ketten eines simplizialen Komplexes X werden durch ganzzahlige formale Linearkombinationen • • • + Xrar von orientierten ft-dimensionalen (Teil-)Bausteinen des simplizialen Komplexes beschrieben und dementsprechend addiert, aber mit der Maßgabe, daß ein fc-Simplex a durch Umorientierung in —a übergeht. D Die /c-dimensionalen Ketten von X bilden so eine abelsche Gruppe Sk(X), jedes einzelne orientierte Ä-Simplex a hat (mit derselben Orientierungskonvention wie bei den berandeten Mannigfaltigkeiten) eine (k — 1)-Kette da als Rand, wodurch auch für jede k-Kette c e Sk(X) eine Randkette dc e Sk-i(X) definiert ist. Eine Kette c mit dc = 0 nennt man einen Zykel, und die Sequenz 0 -> Sn(X) M Sn-X{X)
-*+...-*+S^X)-±+
S0(X) - . 0
der Randoperatoren heißt der simpliziale Kettenkomplex X.
von
Die Randkette der Randkette eines fc-Simplex ist ersichtlich Null, weil sich, wie bei einer Masche, der Beitrag jeder Seite mit den gegenorientierten Beiträgen der Nachbarseiten aufhebt. Deshalb gilt auch für Ketten d o d = 0 oder in Worten: Alle Ränder sind Zykeln. Aber nicht alle Zykeln brauchen Ränder zu sein, ein MeridianZykel auf einem simplizialen Torus zum Beispiel sieht nicht so aus, als ob er der Rand einer 2-Kette sein könnte. Und gerade diese nichtberandenden Zykeln scheinen etwas über die topologische Gestalt des simplizialen Komplexes auszusagen und damit auch über
130
Kapitel 7. Anschauung
die Gestalt des uns eigentlich interessierenden geometrischen Objekts, dessen Baukastenmodell der simpliziale Komplex nur ist. Aber wie können wir an diese Information rechnerisch herankommen? Will man die uninteressanten Ränder im Kalkül unterdrücken, so muß man mit Zykeln "modulo Rändern" rechnen, d.h. zwei Zykeln für äquivalent oder homolog erklären, wenn sie sich nur um einen Rand unterscheiden. Die Äquivalenz- oder Homologieklassen von Ä-Zykeln sind dann die Elemente der A;-ten Homologiegruppe von X, des Quotienten der Zykelgruppe durch die Rändergmppe: Deflnition: Ist X ein simplizialer Komplex, so heißt die abelsche Gruppe
die k -te simpliziale Homologiegruppe von X.
D
Ist zum Beispiel X ein endlicher simplizialer Komplex, so ist Hh(X, Z) nach Konstruktion eine endlich erzeugte abelsche Gruppe, die man im Prinzip zu Fuß ausrechnen kann. Sagt sie uns aber wirklich etwas über das ursprüngliche geometrische Objekt oder wird sie von den uninteressanten Details der Anfertigung des Baukastenmodells beeinflußt? Nun, in letzterem Falle würden wir heute über diese etwa hundert Jahre alte Erfindung wohl nicht mehr reden. Mittels einer simpliziale Approximation genannten Methode ließ sich nicht nur zeigen, daß homöomorphe simpliziale Komplexe isomorphe Homologiegruppen haben, sondern daß die simpliziale Homologie sogar in kanonischer Weise einen Funktor von der Kategorie der "triangulierbaren" (d.h. zu einem simplizialen Komplex homöomorphen) topologischen Räume und stetigen Abbildungen in die Kategorie (der durch den Index k graduierten) abelschen Gruppen definiert. Die Homologietheorie war damit etabliert.
7.7 Das de Rham-Theorem
131
7.7 Das de Rham-Theorem Der Erfolg der Homologietheorie war durchschlagend. Berühmte alte Theoreme sanken zu kleinen Lemmas herab, ungeahnte neue Resultate ergaben sich in Massen. Man konnte nun durch Anwendung des Homologiefunktors gleichsam einen Röntgenblick ins Innere unangreifbar scheinender geometrischer Probleme tun. Sie können sich denken, daß dies mit einer Weiterentwicklung der Methoden einherging. Als das eigentliche Erfolgsrezept kristallisierte sich heraus, geometrischen Objekten X auf möglichst natürliche, funktorielle Weise Kettenkomplexe • • • -*+ Ck+1(X)
-±> Ck(X) -^ <7 fc _ip0 -± • • •
zuzuordnen, also jedenfalls Sequenzen von Homomorphismen zwischen algebraischen Objekten, etwa zwischen abelschen Gruppen oder Vektorräumen oder Moduln über Ringen, welche die Komplex-Bedingung d o d — 0 erfüllen und deren k -te Homologie )
-
BM(d:Ck+1(X)-,Ck(X))
man deshalb studieren kann. Beispielsweise war ja nun klar, daß die simpliziale Homologie nicht von der Triangulierung abhängt, sollte es also nicht auch möglich sein, sie direkt, ohne Zuhilfenahme eines Baukastenmodells und dann gleich allgemein, für beliebige topologische Räume zu definieren? Als Lösung dieses Problems fand man die sehr wichtige singuläre Homologie. Unter einem singulären k-Simplex in einem topologischen Raum X versteht man einfach eine stetige Abbildung a : Ak —> X des /c-dimensionalen Standard-Simplex nach X, im Falle k = 1 also einen stetigen Weg in X, und die Ä-Ketten dieser Theorie sind die formalen ganzzahligen Linearkombinationen von singulären fc-Simplices. Die resultierenden singulären Homologiegruppen Hk(X, Z) lassen sich zwar nicht mehr "zu Fuß" ausrechnen, aber die naiven Berechnungsmethoden hatte die sich entwickelnde Homologietheorie sowieso schon hinter sich gelassen und durch elegantere axiomatische ersetzt.
132
Kapitel 7. Anschauung
Von besonderer Bedeutung bei der Erfindung neuer Homologietheorien war die Anwendung algebraischer Punktoren auf die Kettenkomplexe schon vorhandener, bewährter Theorien. In einem Kettenkomplex schlummert mehr Information als die Homologie herausholt, man darf daher schon hoffen, etwas Neues zu finden, wenn man vor Bildung der Homologiequotienten Kernd/Bildd den Kettenkomplex einer algebraischen Manipulation unterwirft, wenn diese nur die Komplex-Eigenschaft d o d = 0 erhält. Zum Beispiel kann man eine abelsche Gruppe G nehmen und alle "Kettengruppen" Ck (X) damit tensorieren. Im Falle der singulären Homologie führt das zur sogenannten singulären Homologie mit Koeffizienten in G, deren Gruppen mit Hk(X,G) bezeichnet werden. Eine ausgefeilte algebraische Theorie der Kettenkomplexe wurde für die zur Industrie anwachsende Homologietheorie schließlich zu einer so zwingenden technischen Notwendigkeit, daß ihr Sog eine eigenständige neue Teildisziplin hervorbrachte, die homologische Algebra.
Unter den algebraischen Funktoren, die sich zur versuchsweisen Anwendung auf vorhandene Kettenkomplexe anbieten und auch frühzeitig angewandt wurden, ist natürlich der Hom-Funktor Hom(—, G). Da er kontravariant ist, macht er aus einem Kettenkomplex einen, wie man dann lieber sagt, Coketten-Komplex, dessen Graduierung nun mit dem Randoperator aufsteigt, aus dem singulären Kettenkomplex zum Beispiel macht er den sogenannten singulären Coketten-Komplex mit Koeffizienten in G: •••J- Rom(Ck+1(X),G)
J- Bom(Ck(X),G)
J- • • • ,
dessen Homologiegruppen dann folgerichtig singuläre Cohomologiegruppen mit Koeffizienten in G genannt und Hk (X, G) geschrieben werden. Es war nicht sogleich zu sehen gewesen, auf welche bedeutende Erweiterung der Homologietheorie man damit gestoßen war. Erst nach und nach fand man heraus, daß für die singuläre Cohomologie - im Gegensatz zur Homologie! - mit Koeffizienten in einem
7.7 Das de Rham-Theorem
133
kommutativen Ring R in natürlicher Weise ein Produkt - : Hr(X,R)xHs(X,R)
• Hr+S(X,R),
das sogenannte Cup-Produkt erklärt ist, das die Cohomologie zum Cohomologiering macht, was weitreichende Konsequenzen hat. Wie Sie nun sehen, ist auch der de Rham-Komplex ein Cokettenkomplex und definiert eine Cohomologietheorie für die Kategorie der Mannigfaltigkeiten. Die Cohomologiegmppen H§KM dieser sogenannten de Rham-Cohomologie sind reelle Vektorräume, und mit dem Dachprodukt bilden sie einen Cohomologiering. Viel äußere Ahnlichkeit mit der singulären Cohomologie mit Koeffizienten in M! Aber die Herkunft der de Rham-Cohomologie wirkt unter den anderen Homologietheorien, die ihre Abstammung von der simplizialen Homologie nicht verleugnen können, geradezu exotisch. Ihr Randhomomorphismus, die Cartansche Ableitung, ist ein Differentialoperator! Georges de Rham hat als erster herausgefunden, was diese exotische Cohomologietheorie ist, deshalb ist sie nach ihm benannt, er hat sie identifiziert. Es ist die reelle singuläre Cohomologie der Mannigfaltigkeiten, und Dach ist Cup. Die Verbindung wird durch den Satz von Stokes hergestellt. Man kann nämlich eine fc-Form w auf M über ein (differenzierbares) singuläres fc-Simplex a in M integrieren, indem man a u> setzt. Deshalb ist auch fcu> für (differenzierbare) singuläre kKetten erklärt, und der Satz von Stokes, angewandt auf A^ (die Ecken und Kanten machen keine wirklichen Schwierigkeiten) liefert Jc dr\ — fdc r\. Deshalb haben wir lineare Abbildungen H^M
—> Rom(H%im(M,
Z ) , M) <— Hk(M, R),
die erste eben durch Integration über singuläre Zykeln, die rechte sowieso, direkt aus der Definition der singulären Cohomologie.
134
Kapitel 7. Anschauung
Beide sind Isomorphismen: Für die zweite der beiden Abbildungen folgt das mit Methoden der üblichen Homologietheorie, für die Integrationsabbildung ist es der Kern der Aussage des de RhamTheorems und nicht einfach zu beweisen. Der Satz von de Rham hat sich als eine Entdeckung von großer Tragweite erwiesen. Zum ersten Mal wurden hier die tiefen unterirdischen Verbindungen sichtbar, die zwischen der mächtigen alten Analysis und der jungen so erfolgreichen algebraischen Topologie bestehen und die in der Mathematik der Gegenwart eine so große Rolle spielen, ich denke zum Beispiel an den Indexsatz von Atiyah und Singer und dessen weitverzweigte, bis in die theoretische Physik hinüberreichenden Folgewirkungen.
Auf eine elementarere Weise ist der de Rham-Komplex in der klassischen Vektoranalysis täglich gegenwärtig, wenn im dreidimensionalen physikalischen Raum M von den drei bekannten Differentialoperatoren Gradient, Rotation und Divergenz die Rede ist. Wir wir im Kapitel 10 im einzelnen noch sehen werden, entsprechen sie nämlich gerade den drei Cartanschen Ableitungen: 0 - • Ü°M grad
rot
div
Deshalb sind zum Beispiel die Divergenz einer Rotation und die Rotation eines Gradienten immer Null, und Aussagen über den de Rham-Komplex haben nebenbei immer auch eine direkte Interpretation in der klassischen Vektoranalysis.
Das gegenwärtige Kapitel genau in der Mitte des Buches sollte Ilmen etwas anderes geben, als was durch Tests und Übungen abfragbar ist. Nun wollen wir uns wieder den technischen Details unseres, in einem höheren Sinn jetzt vielleicht etwas besser verstandenen Gegenstandes zuwenden.
8
Das Dachprodukt und die Definition der Cartanschen Ableitung
8.1 Das Dachprodukt alternierender Formen Zur Definition der Cartanschen Ableitung werden wir ein Hilfsmittel aus der multilinearen Algebra heranziehen, nämlich das äußere oder "Dachprodukt" von alternierenden Multilinearformen. Definition: Sei V ein reeller Vektorraum, sei LU e Alt r V und •q G Alt s F. Dann heißt die durch Lü AT](vi,..,Vr+s)
— r
-S-
J2
:=
s£nT-u{vT{1),..,vT(r))-r](vT{r+1),..,vT(r+s))
T€Sr+3
definierte alternierende (r + s)-Form WA?) e Alt r + s V das äußere D Produkt oder Dachprodukt von LO und r\. Jeder einzelne Summand ist schon multilinear in den Variablen v\,.., vr+s. Die große Wechselsumme — wie ich wegen des Vorzeichens sgnr sagen will — bildet man, um das Alternieren sicherzustellen. Dabei kommen aber viele Summanden mehrfach vor: die jeweils r\sl Permutationen, die dieselbe Zerlegung { 1,.., r+s } = { r ( l ) , . . , r(r) } U { r ( r + l ) , . . , r(r+s) } in eine erste Teilmenge aus r und eine zweite aus s Elementen hervorbringen, liefern auch denselben Summanden, weil eben ÜJ und f] schon als alternierend vorausgesetzt sind. Daher ist (LÜ A r/)(t>i,.., vr+s) auch durch die wohldefinierte Summe
136
Kapitel 8. Dachprodukt und Cartanableitung
über die ( r + s )-elementige Menge ZTtS dieser Zerlegungen gegeben. Lemma: Das Dachprodukt schaften (1) und (2):
A hat die folgenden beiden Eigen-
(1) Für jeden reellen Vektorraum V wird die direkte Summe ©^=o Alt f c F durch das Dachprodukt zu einer graduierten antikommutativen Algebra mit Einselement, genauer: Für alle r,s,t>0 gilt: (i) Das Dachprodukt A : A l f V x A l t s F -*• A l t r + S V ist bilinear. (ii) Das Dachprodukt A ist assoziativ, d.h. für co e A l t r F , 77 e A l t s F und C e Alt*V gilt (LO A r?) A C = u; A (ry A 0 (iii) Das Dachprodukt A ist antiicommutativ, d.i. für w e A l t r F , 77 G A l t s F giit 77 A w = ( - l ) r - s w A 77. (iv) Die O-Form 1 e Alt°V = M erfüllt 1 A W = LÜ für alle UJ G Alt/V. (2) Das Dachprodukt ist "natürlich", d.h. mit linearen Abbildungen verträglich: f*co A f*rj = f*(u> A 77) für jede lineare Abbildung f :W -^V und alle w € AltfV, 77 e A l t s F . ZUM B E W E I S : Die Eigenschaften (i), (iv) und (2) folgen trivial aus der definierenden Formel, auch die Antikommutativität (iii) ist direkt zu sehen. Um die Assoziativität zu verifizieren, denke man sich u> A 77(^1,.., iv+ s ), wie oben erläutert, als Summe über die Zerlegungen von {l,.. ,r+s} in eine erste und eine zweite Teilmenge aus r bzw. s Elementen. Dann erkennt man nämlich auch (LÜ A 77) A C und u> A (77 A C), angewandt auf (vi,.., vr+s+t), als ein und dieselbe Summe über die Menge ZrtSjt der Zerlegungen von {1,.. ,r + s + t} in eine erste, zweite und dritte Teilmenge aus r, s und t Elementen, oder als
(LÜ A 77 A C)(wi, • •, vr+s+t) ——
£
' •»•!<• T € e
V(VT(r+l)
:-
sgnT-w(t; T { 1 ) l ..,i; T ( r ) ).
r + s + t
,••>
V
T(r+s))
• C(vr(r+s+l)
j •• , ^r(r+s+t))
D
8.2 Charakterisierung des Dachprodukts
137
Als nachträgliche Kurzfassung des Lemmas können wir also formulieren: Das Dachprodukt macht ©^LQ Altfe zu einem kontravarianten Funktor von der Kategorie der reellen Vektorräume und linearen Abbildungen in die Kategorie der reellen graduierten antikommutativen Algebren mit Einselement und deren Homomorphismen.
8.2 Eine Charakterisierung des Dachprodukts Dadurch ist das Dachprodukt noch nicht charakterisiert, für beliebiges / : N o ->• M \ 0 mit /(0) = 1 hätte z. B. das zu ^V : = f(r+s) ^ A ^ abgeänderte Dachprodukt A immer noch die Eigenschaften (1) und (2). Nach unserer Defmition erfüllt das Dachprodukt aber auch die folgende Normierungsbedingung: Notiz: Bezeichnet e±,..,ek die kanonische Basis des Rfe und S1,..,Sk die dazu duale Basis von Rk* = Alt 1 Rfc, so gilt (3)
ö1A..AÖk(e1,..,ek)
= 1 füralle
k>\.
D
Satz: Nur A erfüllt (1), (2) und (3). BEWEIS: Genauer will der Satz natürlich besagen: erfüllt eine für alle V,r,s erklärte Verknüpfung A : A l f F x Alt s F -^ A l t r + S F die oben genannten Bedingungen (1) - (3), so stimmt sie mit dem in 8.1 explizit angegebenem Dachprodukt überein. Sei also A eine beliebige solche Verknüpfung. Dann gilt auch
(4) Sei e\,.., en Basis eines reellen Vektorraumes V, sei ferner S1,.. ,5n die duale Basis und 1 < v\ < .. < v^ < n. Dann ist
wobei T die Permutation bezeichnet, durch die ß\,.., nenfalls aus fi,.., vk hervorgeht (ßi = vT(i))-
fj,k gegebe-
138
Kapitel 8. Dachprodukt und Cartanableitung
Es bezeichne nämlich Vo den von eVl,.., eVk aufgespannten kdimensionalen Unterraum von V und i :VQ ^> V die Inklusion. Wegen der Natürlichkeit (2) ist dann Ä " 1 A .. A ö " k (eVl , . . , e V k ) = L * ö i * 1 A . . A L*ö»k (eVl , . . , e V k ) .
Ist (fii,.., ßk) keine Permutation der v\ < .. < vj., so gibt es entweder i ^ j mit /Xj = ßj , und dann ist schon S^ A 5^ = 0 wegen der Antikommutativität (1) (iii), oder es gibt ein i mit /Zj ^ I/J für alle j . Dann aber ist z,*<5Mi = 0. Wenn jedoch (ßi,.., ^ ) durch eine Permutation r aus (^i,..,^fe) hervorgeht, also /ii = z/T(j) gilt, dann ist wegen der Antikommutativität = s g n r • I * Ö U I A . .Ab*5Vk(eUl,.
-,eVk),
und die Behauptung in (4) folgt aus der Normierungsbedingung (3) und der auf VQ = R angewandten Natürlichkeit. — Damit ist zunächst "(1) - (3) =>• (4)" gezeigt. Im Hinblick auf unser Ziel, den Satz zu beweisen, haben wir damit insbesondere das Teilergebnis, daß 5p'1A..AÖ^k nicht von der Wahl der (1) - (3) erfüllenden Verknüpfung A abhängt. Um das aber für beliebige Produkte LO A rj zu zeigen, werden wir u und r\ als Linearkombinationen solcher Produkte von 1-Formen darstellen, genauer behaupten wir: Aus (1) - (3) folgt auch (5) Sind UJ^../^. :— co^e^,.. ,eßk) die Komponenten der Form LÜ e Altfey bezüglich einer Basis e±,.. ,en von V und bezeichnet 51,.. ,5n wieder die duale Basis, so gilt
Zum Beweis von (5) brauchen wir nur nachzuprüfen, daß für i>i < .. < Vk beide Seiten dieselbe Antwort auf (eVl,.., eVk) geben, und das folgt unmittelbar aus (4), und damit ist (5) schon verifiziert. Wegen (5) und (4) wissen wir also nun, daß für jedes endlichdimensionale V die Produkte WAJ) e A l t r + s y durch die in 8.1
8.3 Cartanableitung
139
explizit definierte Verknüpfung gegeben sind. Das genügt aber für den Beweis des Satzes, denn wegen der Natürlichkeit (2) gilt für beliebiges V, daß (U>AT))(VI,..,
vr+s)
= (L*U> A L*rj){vx,..,
vr+s)
ist, wobei i: VQ '—> V die Inklusion des von fi, • •, tv+« erzeugten endlichdimensionalen Vektorraums VQ in V bezeichnet. Der Satz ist also bewiesen. D Ausdrücklich sei als Folgerung aus (5) auch angemerkt: K o r o l l a r : Ist ( e i , . . , e „ ) eine Basis von V die duale Basis, so ist (S^A. . A(5 Mfc ) Ml< ..
und (S1,..,ön) eine Basis von D
8.3 Der definierende Satz für die Cartansche Ableitung Soviel zunächst über das Dachprodukt als ein BegrifF aus der multilinearen Algebra. Nun wollen wir es für die Analysis auf Mannigfaltigkeiten nutzbar machen. Wenn nicht anders gesagt, dürfen Mannigfaltigkeiten im folgenden immer auch berandet sein. Definition: Sei M eine differenzierbare Mannigfaltigkeit. Wir definieren das Dachprodukt A : ürM x ÜSM (CJ,T))
• Qr+SM I
>• LÜAT]
von Differentialformen auf M natürlich punktweise, d.h. D durch (ui A r))p := u>p A r)p, für jedes p e M. Beachte, daß das Dachprodukt mit einer Nullform, also einer Funktion, einfach das gewöhnliche Produkt ist: / A 77 = frj für / e Ü°(M) wegen (l)(i),(iv) S. 136. Notiz (vergl. 8.1): Durch das Dachprodukt wird ü* := ® ^ 0 Qk zu einem kontravarianten Funktor von der Kategorie der Mannigfaltigkeiten und differenzierbaren Abbildungen in die Kategorie der reellen graduierten antikommutativen Algebren mit Einselement. D
140
Kapitel 8. Dachprodukt und Cartanableitung
Sei jetzt (U,h) eine Karte. /^*^\ ^' Hier leben die VekWir prirmprn imq (vpre-1 / /•
E
wfll..ndxlil *..*<&>"•,
Mi<--<Mfc
wobei wMl...M& := ui^d^,..., 9^,.) : U —•> R die Komponentenfunktionen von LJ bezüglich (U, h) sind. D Definierender Satz (Cartansche Ableitung): Ist M eine Mannigfaltigkeit, so gibt es genau eine Möglichkeit, eine Sequenz linearer Abbildungen 0 -> Q°M - ^ OXM -A, j ^ 2 M ^
...
so einzuführen, daß folgende drei Bedingungen erfüllt sind: (a) Differentialbedingung: Für f e D,°M hat df e £11M die übliche Bedeutung als das Differential von f. (b) Komplexeigenschaft: d o d = 0 (c) Produktregel: rf(uA»j) = dwA7y + (—l)rcjAdr] für u> e ürM. Man nennt dw die äußere oder Cartansche Ableitung der Differentialform a;, die ganze Sequenz heißt der de Rham-Komplex von M. Der Beweis des Satzes erfolgt in zwei Schritten, denen die folgenden beiden Abschnitte gewidmet sind.
8.4 Beweis lokal
141
8.4 Beweis für ein Kartengebiet Wir wollen fiir die Dauer des Beweises die Notation C?M für die zu konstruierenden Cartan-Ableitungen benutzen und das d fiir das übliche Differential von Funktionen reservieren. — Zunächst beweisen wir den Satz statt fiir M nur für ein Kartengebiet. Dafiir haben wir einen naheliegenden Ansatzpunkt: Ist (U, h) eine Karte, so läßt sich jedes u> e flkU, wie wir vorhin gesehen haben als u) =
Lüßl,..ßkdxfJjlA../\dxßk
J2
Hi<--
schreiben, also mit Hilfe des Dachproduktes durch Funktionen und Differentiale ausdrücken, und gerade auf diese Begriffe nehmen die Forderungen (a) - (c) Bezug. So erhalten wir für den Eindeutigkeitsbeweis als Faktum und für den Existenzbeweis folglich als Definition die Formel
oder genauer: Haben die du die Eigenschaften (a), (b) und (c) für M := U, so folgt daraus ersichtlich die Formel (*) für alle CÜ e flkU, und damit ist die Eindeutigkeitsaussage für den Fall M — JJ schon gezeigt. Für den Existenzbeweis benutzen wir jetzt (*) als Definition. Die so definierten Abbildungen 0 -> Ü°U —> ÜXU —> • • • usw. sind offenbar linear und die DifFerentialbedingung (a) ist erfüllt. Zu verifizieren bleiben die Komplexeigenschaft und die Produktregel. Wir beginnen mit der Produktregel. OBdA sei ÜJ = / dxßl A .. A dxßr r\ = g dx
Vl
und
v
A .. A dx ".
Nach der Definition (*) ist dann du{oJ A TJ) = d(fg) A dxßl A .. A dxßr A dxUl A .. A dxv
142
Kapitel 8. Dachprodukt und Cartanableitung
Wegen der gewöhnlichen Produktregel d(fg) — df • g + / • dg für Funktionen und der Antikommutativität des Dachprodukts folgt daraus weiter = (df {-lf(fdx^A. .Adx^) A (dg A dxVlA. 77 + (-l) r w A was zu zeigen war. — Nun zur Komplex-Eigenschaft. Zu zeigen ist dudjjid — 0 für alle u> e QkU. Da djjto nach der definierenden Formel (*) eine Summe von Dachprodukten von Differentialen ist, genügt es, wegen der schon bewiesenen Produktregel, den Fall k = 0 zu betrachten. Für eine Funktion f e Q°U aber ist n
duduf = dudf — du J2 9ßf
= fj,=i E n
=E denn d^d^f ist symmetrisch in p und v, aber dxv A dx^ schiefsymmetrisch. Damit haben wir auch die Komplexeigenschaft füx die djj gezeigt, und für den Spezialfall M = U ist der Satz jetzt bewiesen.
8.5
Beweis für die ganze Mannigfaltigkeit
Wenden wir uns nun dem allgemeinen Fall zu. Für den Existenzbeweis werden wir natürlich versuchen, dM lokal mittels Karten zu definieren. Für UJ e QkM setzen wir also
für eine Karte (U,h) von p, wobei mit dyw natürlich djj(to\U) gemeint ist. Die Unabhängigkeit von der Kartenwahl ist klar, denn U n V = dunvu = dyoj \ U n V
8.5 Beweis global
143
ergibt sich sofort aus der definierenden Formel (*) für die Cartansche Ableitung in Kartengebieten. — Da das so definierte fl°M
USW.,
welche Differentialbedingung, Komplexeigenschaft und Produktregel erfüllen, und der Existenzbeweis ist schon fertig. Zum Beweis der Eindeutigkeitsaussage müssen wir nun umgekehrt zeigen: Ist ÜM eine Cartansche Ableitung für ganz M, d.h. erfüllt es die Bedingungen (a) - (c), so gilt auch (rf^w)p = {duuj)p. Nun ist zwar
u>\u=
Lün
aber davon können wir für die Anwendung von du nicht unmittelbar Gebrauch machen, denn ^M wirkt nach Voraussetzung nur auf Differentialformen, die auf ganz M definiert sind, und das trifft auf die Funktionen ^ßi.-.fik u n d die Einsformen dx^ gerade nicht zu. Deshalb wenden wir nun einen Kunstgriff an. Wir wählen in h(U) drei konzentrische offene Kugeln um h(p) mit Radien 0 < £i < e2 < e3, ihre Urbilder unter h nennen wir U\ C U2 C U3 • Jetzt wählen wir Fig. 85. Vor> [0,1] mit bereitung zum eme C°°-Funktion r : U3 r | C/i = 1 und T | U3 \ U2 = 0, eine "Tafel- Tafelberg. bergfunktion" sozusagen, mit Plateau über U\ und dem Hang in U2 \ U\. Dazu braucht man ja nur eine C°°Hilfsfunktion A : M+ -> [ 0,1 ] wie in Fig. 86, mit der man dann r(q) :— A(|| h(q)—h(p) ||) für q € U3 C U definiert. - Der Zweck die£l £2 £3 ses Werkzeugs r ist es, die Funktionen u ^ . . . ^ Fig. 86. Hilfs- und x1,..., xn von U\ differenzierbar auf ganz funktion für M fortzusetzen, und zwar einfach indem wir den Tafelberg. definieren:
144
Kapitel 8. Dachprodukt und Cartanableitung
0 0
für q e M \ C/3 für q e M \ C/3.
Für die durch
gegebene fc-Form o; e OfcM folgt nun wirklich aus den Axiomen (a) - (c), daß
gilt, denri die a und £ sind jetzt auf ganz M differenzierbar. Insbesondere ist, wie die definierende Formel (*) für U zeigt:
und letzteres ist gleich (duui)p, weil ja ui und UJ auf der Umgebung XJ\ C U von p übereinstimmen. Also brauchen wir nur noch zu zeigen, daß auch gilt. Ahnlich wie vorhin die Tafelbergfunktion r wählen wir jetzt eine "Hochebenenfunktion" a : M —> [0,1], nämlich eine C°°Funktion mit a\M \ U\ = 1 und cr(p) = 0 . Dann ist Lü — Lü — U • (üJ —
üj),
daher folgt aus (a) - (c) für d M : — iü)
=
d(T A (üJ — CO) + G(IM((JJ
—
io).
Beide Summanden verschwinden bei p, weil a; — ui und a dort null sind, und daher ist du{u — w)p = 0, was zu zeigen war. D
8.6 Natürlichkeit
145
8.6 Die Natürlichkeit der Cartanschen Ableitung Damit haben wir nun die Cartansche Ableitung zur Verfügung. Wir konnten sie durch allgemeine Eigenschaften (a) - (c) charakterisieren, und durch die unterwegs gewonnene lokale Formel
haben wir auch eine konkrete Anleitung für das Berechnen von duj in den Koordinaten einer Karte (U, h). — Die Natürlichkeit der Cartanschen Ableitung hatten wir nicht unter die charakterisierenden Forderungen aufgenommen, sie folgt nun von selbst: Lemma: Die Cartansche Ableitung ist mit differenzierbaren Abbildungen verträglich, d.h. ist f : M —> N eine differenzierbare Abbildung, so gilt für alle Differentialformen
u> auf N.
BEWEIS: Für O-Formen w e fl°N, also differenzierbare Funktionen u> : N —> R., ist f*du> = d(f*u>) nur eine andere Schreibweise der Kettenregel, denn f*u> := w o f und (f*duj)p := dw/(p) ° dfp. Für Differentialformen höheren Grades wissen wir aus der obigen Rechenformel für doj\U immerhin schon im voraus, daß die Cartanableitung mit der Inklusion ofFener Teilmengen verträglich ist, und deshalb dürfen wir oBdA annehmen, es gäbe eine Karte (U,h) für N, deren Kartenbereich ganz N ist. Dann hätten wir also w —
und daher nach Anwendung von / * :
f*uj = Efw w ... w "
.. /\dx^k
und
146
Kapitel 8. Dachprodukt und Cartanableitung
Bevor wir nun d auf die erste dieser beiden Gleichungen anwenden, um df*u> mit f*duo vergleichen zu können, wollen wir uns überzeugen, daß d(f*dxßl A - A / W ) = 0 ist. Das folgt mittels Induktion und Produktregel daraus, daß für die Nullform xßi auf N, wie wir schon wissen,
gilt, also d(/*dx'J<) = 0 wegen dd = 0. — Die Anwendung von d auf f*tü ergibt nach der Produktregel also nur
und da wir d und /* vor der Nullform wMl...Mfc vertauschen D dürfen, folgt df*oj = f*dw.
8.7 Der de Rham-Komplex Die Natürlichkeit von d bedeutet auch, daß jede differenzierbare KettenhomomorAbbildung / : M —> N einen sogenannten phismus zwischen den de Rham-Komplexen von N und M induziert, d.h. daß das Diagramm 0
•
r\
r\
r
o —> kommutativ ist. Durch den de Rham-Komplex ist daher, wie in 7.5 angekündigt, kanonisch ein kontravarianter Punktor von der differenzierbaren Kategorie in die Kategorie der Komplexe und ihrer Kettenhomomorphismen definiert. — Der de Rham-Komplex einer n-dimensionalen Mannigfaltigkeit M ist natürlich nur bis
8.8 Test
147
zum Grade n interessant, weil QkM = 0 für k > n ist. Deshalb wird oft auch die endliche Sequenz
0 -> 0°M -t ÜlM -t • • • -i Sl^'M -i Ü"M -» 0 de Rham-Komplex von M genannt. Die Natürlichkeit von d bezieht sich aber nicht nur auf Abbildungen zwischen gleichdimensionalen Mannigfaltigkeiten, und es ist deshalb formal bequemer, den endlichen de Rham-Komplex nach rechts durch seine Nullen zu ergänzen. Ist dim JV =: k < n, so macht die Natürlichkeit von d noch eine nichttriviale Aussage über die fc-Formen auf M: Alle von N kommenden fc-Formen haben die Cartansche Ableitung Null, sind "Cozykel", wie man auch sagt: 0
Korollar: Ist M eine n-dimensionale berandete Mannigfaltigkeit und f : M —> dM irgendeine differenzierbare Abbüdung, so gilt df*u) = 0 für alle ÜJ e ün-1dM.
D
8.8 Test (1) Sei (ei,..., en) eine Basis von V und (ö1,..., 5n) die duale Basis. Dann ist die folgende Familie von Dachprodukten eine Basis von Alt 2 F: • D
(«"AJ"),I1/=I (^A<5") M <„
B
148
Kapitel 8. Dachprodukt und Cartanableitung
(2) Sei V ein n-dimensionaler Vektorraum. Welche der folgenden Bedingungen an k mit 0 < k < n ist gleichbedeutend mit LÜ ALÜ — 0 für alle LO e AltfeF ? D 0< k D 2k > n D k ungerade oder 2k > n (3) Sei V wie oben und 0 < r < n. Ist ohne weitere Bedingungen an r durch rj H^ .. A r] wohl ein Isomorphismus
Hom(AltrF, gegeben? n Ja, die Räume sind dimensionsgleich und der Homomorphismus ersichtlich injektiv. D Nein, z.B. ist die Abbildung für ungerades r und n — 2r wegen r\ ATJ = 0 nicht injektiv. D Nur wenn r und n — r beide gerade sind. (4) In lokalen Koordinaten (x,y) einer 2-dimensionalen Mannigfaltigkeit gilt D dx A dy (dy, dx) = 1 D dx A dy (dy, dx) = 0 D dxAdy(dy,dx) = - 1 . (5) In lokalen Koordinaten (t,x,y,z) Mannigfaltigkeit gilt
einer 4-dimensionalen
ü dt A dx (dy, dz) = 1 D dt A dx (dy,dz) = 0 D dtAdx(dy,dz) = -l (6) Es seien w e O r M, 77 e ÜSM und ( e Ü1M. Dann sind die Vorzeichen in der Formel d(oj A r\ A Q =
der Reihe nach
8.8 Test
D +1,
149
+1, +1
(7) Für die Koordinatenfunktionen x und y des M2 gilt: D d(xdy + ydx) — 0 D dixdx + ydy) = 0 D d(xydx + yxdy) — 0. (8) Es sei / : M —• N eine differenzierbare Abbildung zwischen Mannigfaltigkeiten. Ist dann die Zusammensetzung der drei Homomorphismen QT-^N -±-* ÜrN -£-> JTM - ^
Ür+1M
notwendig Null? D Ja, wegen der Natürlichkeit der Cartanableitung. D Nein, Gegenbeispiel M = N — M2, f(x,y) := (y,x) und u> — xy s Q,°N, dann ist nämlich da; = (dx)y—xdy = ydx — xdy, also f*dio = xdy — ydx und daher df*du> = dx /\dy — dy /\dx = 2dx A dy ^ 0. D Nein, für N = M = R können wir zum Beispiel u) = f setzen und erhalten df*df — \\df \\2, was im allgemeinen nicht verschwindet. (9) Es bezeichnen r und ip die üblichen Polarkoordinaten in der Ebene. Dann ist r dr /\d
150
Kapitel 8. Dachprodukt und Cartanableitung
O dz A dz — dx f\dy D dz A dz = 2 dx A dy D dz f\dz = — 2i dx A dy
8.9
Übungsaufgaben
AUFGABE 29: Es sei V ein n-dimensionaler reeller Vektorraum. Man zeige, daß die alternierende fc-lineare Abbildung V* x • • • x V* -^- Alt f e F, (y? 1 ,..., ipk) H-> ( ^ A . . A ipk in folgendem Sinne universell ist: Zu jeder alternierenden fc-linearen Abbildung a: V* x • • • x V* —> W gibt es genau eine lineare Abbildung
/ : AltfcF ^W
mit a = fou.
AUFGABE 30: Auf dem R 3 betrachte man die üblichen drei Koordinatenfunktionen x,y und z. Man gebe eine 2-Form u> e Q2M.3 so an, daß dw ~ dx A dy A dz. Gilt ui = dr\ für ein rj e O 1 K 3 ? A U F G A B E 31: Es sei M eine n-dimensionale Mannigfaltigkeit und LÜ e O"" 1 ]!^. Man zeige, daß in lokalen Koordinaten
, • • •, dn) = gilt. AUFGABE 32: Es sei u> := dx1 A .. A dxn e nnMn und v = M ein Vektorfeld auf Rn. Man bestimme JJ := Ü J w e O™"1 Mn und dr\ e Qn K n . Auch gebe man ein Vektorfeld v explizit so an, daß r\ auf S1'1"1 die kanonische Volumenform von S 1 "" 1 induziert.
8.10 Hinweise zu den Übungsaufgaben Zu A U F G A B E 29: Bei dieser rein linear-algebraischen Aufgabe muß man an das linear-algebraische Faktum denken, daß es zu einer Basis a i , . . . , a m eines Vektorraums A und zu Elementen
8.10 Hinweise zu den Übungsaufgaben
151
eines Vektorraums B genau eine lineare Abbildung b\,...,bm f : A—* B mit /(ÖJ) = bt für i = 1,..., m gibt. Zu AUFGABE 30: Da die Koordinaten x, y, z hier eine Karte (U, h) mit U = M = K3 definieren, gilt die zu Beginn von 8.6 noch einmal hervorgehobene lokal definierende Formel gleich für ui\U = ÜJ selbst. Es sind nur xl,x2,x3 in x,y,z umbenannt. Zu AuFGABE 31: Noch ein direkter Anwendungsfall jener lokalen Formel (siehe 8.6) für die Cartansche Ableitung. Zu AuFGABE 32: Die Notation v-\ w für "v in w" hatten wir in Aufgabe 13 kennengelernt — dort für die linear-algebraische Situation v G V, u> e Alt n F, jetzt sinngemäß auf ein Vektorfeld v auf M und u> e QPM zu übertragen. Unter der "kanonischen Volumenform" w s »-i e VlP^S71'1 verstehen wir die (n — 1)-Form, die auf jede positiv orientierte ( S " " 1 = dDn, Randorientierung) Orthonormalbasis (v\,.. ,vn-i) von TpS™^1 mit +1 antwortet. (Beachte: Ist (V,<•,•>) ein orien. v tierter n-dimensionaler euklidischer Vektorraum ~ und (vi,.. ,vn), (v'1,..,v'n) positiv orientierte Orthonormalbasen, dann hat der Automorphisi > v\ die Determinante mus / : V —> V mit vt — +1, daher ist wj«-i wohldefiniert, vergl. Aufg. Fl 14). - Der eigentliche Hinweis zu der Aufgabe 32 S- 87ist nun: Auch M" hat eine kanonische Volumenform, und zwar ist das natürlich LÜ — dx1^..
Adx11.
Wie antwortet also dx1 A .. A dxn auf (v0,..., u n - i ) , und was hat das mit u_i w zu tun?
9
Der Satz von Stokes
9.1 Der Satz Endlich kommen wir nun zu dem Satz, von dem schon so viel die Rede war: Satz von Stokes: Sei M eine orientierte n-dimensionale berandete Mannigfaltigkeit und u> e Q,n~lM eine (n — 1)-Form mit kompaktem Träger. Dann gilt
M
=h8M
Bevor wir mit dem Beweis beginnen, sei an zwei Konventionen erinnert, die in der Formulierung stillschweigend benutzt wurden. Erstens ist dM gemäß der in (6.8) vereinbarten Orientierungskonvention orientiert: die Außennormale gefolgt von der Randorientierung ergibt die Orientierung von M, und zweitens bedeutet j a M LJ := JgM i*üo, wobei i: dM <—> M die Inklusion ist (Notation in 7.2). — Wir führen den Beweis in drei Schritten zunehmender Allgemeinheit: 1. Fall: M = Rü 2. Fall: Es gibt eine Karte (U, h) mit Trw C U 3. Allgemeiner Fall. Einige Rechenarbeit ist nur im ersten Schritt zu leisten, wobei aber keine Ideen gebraucht werden, sondern ein ganz geradliniges Anwenden der Definitionen zum Ziel führt. Die beiden anderen Schritte sind eher begrifflicher Natur. Im dritten und letzten werden wir ein Hilfsmittel kennenlernen, das auch sonst beim
9.2 Beweis für den Halbraum
153
Übergang von lokalen zu globalen Situationen oft nützlich ist, nämlich die sogenannten Zerlegungen der Eins.
9.2 Beweis für den Halbraum Sei also M — M" . In den kanonischen Koordinaten ist us = Y] u>. ~
dx A . . . . . . . A dxn
11=1
oder, wenn wir kurz f^ := UJX -~ n für die Komponentenfunktionen schreiben, LO = J2 fßdx1 A . . . / 2 . . . A dxn, H=l
wobei die Notation /2 wieder bedeutet, daß der Index /x bzw. der zum Index ß gehörige Faktor dx^ ausgelassen werden soll. Daraus berechnen sich die beiden Integranden dco s Qn M™ und i*ui e Q71^1 M™"1 definitionsgemäß wie folgt: n
du> = ^2 dfß
A
dx1 A ... p,...
11
A dx
f l = l
n
n
vfßdx") A dx1 A ... /2... A dx"
und wenn wir die kanonischen Koordinaten des 0 x M.n l C auch mit x2,... ,xn bezeichnen, so gilt n
L*Lü — Y2 i* fn • L^dx1 A . . . ß . . . A dxn = i*/i -dx2
A...A
dxn s fi™"1 R " " 1 ,
154
Kapitel 9. Der Satz von Stokes
denn die Inklusion t : 0 x M.n * <-> M™ induziert aus den Koordinatenfunktionen xl,...,xn auf M" offenbar die Funktionen 0, x2,..., xn auf 0 x M"" 1 und daher ist fdx1
= 0
und
für
ß>2.
Soviel über die Integranden duj auf M" und L*LO auf und nun zur Integration selbst. Die kanonischen Koordinaten auf M" definieren natürlich eine orientierungserhaltende Karte, und nach der Orientierungskonvention gilt das auch für die Koordinaten x2,... ,xn von 9M™ . Daher gilt nach Definition der Integrale (Integration über die "heruntergeholte Komponentenfunktion"): 1
...dxn
und
M=l.
f1{O,x2,...,xn)dx2...dxri
f ÜJ= f
als gewöhnliche Mebxfachintegrale über difFerenzierbare Integranden mit kompaktem Träger. Da es bei der Integration über die einzelnen Variablen nach dem Satz von Pubini auf die Reihenfolge nicht ankommt, dürfen wir auch im /x-ten Summanden von JM diü mit der Integration über die //-te Variable beginnen und erhalten dabei, weil der Träger {x e M™ | tox ^ 0} von w und daher auch der von
Fig. 88. Zum Stokesschen Satz im Falle
schränkt sind, für /x = 1 xl=0 r
für die anderen \x jedoch oo
f
i d f j
M
ß
= 0
T
)
U be"
9.3 Beweis für ein Kartengebiet
155
und daher
=f
f dw = M
dM
]
für unseren 1. Fall M := M™.
9.3 Beweis für ein Kartengebiet Sei also (U, h) eine Karte von M mit Tru C U. Unsere Definition des Begriffes berandete Mannigfaltigkeit läßt die beiden Möglichkeiten zu, daß h(U) ofFen in R" oder in R n ist. Hier dürfen wir dM aber oBdA das erstere annehmen, denn da Tra; kompakt ist, wäre das erforderlichenfalls durch Translation und Verkleih(U) nerung des Kartengebietes zu erreichen. Außerdem dürfen wir h : U —> U' und damit nach der Orientierungskonvention auch h\dU : dU -^> dU' als orientierungserhaltend voraussetzen. Dann gilt Fig. 89. Zum StokesSatz im Falle aber nach der "Transformationsformel" schen Trwcl/. (vergl. 5.5) für die Integration auf Mannigfaltigkeiten und weil die Cartansche Ableitung natürlich ist:
f dco= f du>= f JM
h-^duj = f
-1*
lh(U) Jh
Jh{U)
JU
d(h
Setzen wir nun h u) durch Null außerhalb h(U) zu einer Form ui' e O " " 1 1 " fort, was wegen der Kompaktheit des Trägers Tr/i" 1 *^ = h(Trui) möglich ist, dann ist also
/ Jh{U)
d{h-uu) = [ ir
dJ
= !•
Fal1
f J9R«
ÜJ' = [ Jh(dU)
h~l*uj,
Kapitel 9. Der Satz von Stokes
156
wegen der Transformationsformel für h\dU : dU —> dU' gilt aber /
h~ULÜ
Jh(dU)
=
U =
JdU
U),
JdM
womit also der 2. Schritt abgeschlossen ist.
9.4
Allgemeiner Fall
Konnten wir bisher ganz routinemäßig vorgehen, so brauchen wir nun einen Trick, denn der Träger paßt jetzt vielleicht nicht mehr in eine Karte, und die gewaltsame Zerlegung von M oder Tr'u> in kleine meßbare Stücke führte zu unstetigen Integranden in Trw K™ , auf die die Cartansche Ableitung gar nicht anwendbar wäre. Ja, wenn wir ui als eine Summe LO = u>i+- • -+u)r differenzierbarer (n — 1)-Formen u>i e £ln~lM schreiben könnten, deren jede einen kompakten, in ein dM Kartengebiet passenden Träger Trwj c Ui Fig. 90. Zum Stohätte! Dann wären wir nach (9.3) freilich kesschen Satz im mit dem Beweis fertig. allgemeinen Fall. Und eben das werden wir jetzt bewerkstelligen. Zuerst wählen wir um jedes p e Trw eine orientierungserhaltende Karte (Up, hp) und eine C°°-Funktion Ap : M >• [0,1] so, daß \p(p) > 0 ist und der Träger von \p kompakt und in Up enthalten ist. Das ist kein Problem: wir brauchen nur eine geeignete "Buckelfunktion" ßp mit kompaktem Träger in h(Up) nach Up hp(U, hochzuheben, das heißt Ap(g) := ßp(h(q)) fiir q e Up und 0 sonst zu setzen. Dann ist { Ap^O, 1] }PeTru> eine Familie offener Menh(P) gen, in deren Vereinigung TXLÜ enthalten ist, und da Trw kompakt ist, gibt es endlich viele Fig. 91. ßp für Pi, • •. ,pr s o daß schon pedM.
TILÜC
9.5 Zerlegungen der Eins
157
gilt. Auf der offenen Menge X c M definieren wir jetzt r differenzierbare Funktionen T\ , . . . , r r durch n:X
> [0,1] XPl(x)
+ • • • + XPr(x)
'
Dann ist offenbar
£
Tj(a;) = 1 für alle
x e X,
weshalb man { Tj }*=].,...>r auch eine "Zerlegung der Eins" auf X nennt. Durch Multiplikation mit LO erhalten wir nun dementsprechend die "Zerlegung von w", die wir suchen, genauer: Wir definieren uii e Qn~1M durch Ti(p)ujp
fur p e X
0
sonst.
Mit TILÜ ist auch Trfri • u\X) C Trw kompakt, deshalb ist tüi nicht nur auf X, sondern auf ganz M differenzierbar, aus Tr LO C X und ]T>j = 1 auf X folgt
und die Träger der einzelnen Summanden passen schließlich wie gewünscht in ein Kartengebiet, da ja aus u^p ^ 0 jedenfalls n(p) ^ 0 und daher \Pi(p) ^ 0, also Trw, C TrAPi C UPi folgt. D
9.5 Zerlegungen der Eins Der Satz von Stokes ist nun bewiesen. So wie hierbei, sind Zerlegungen der Eins auch anderweitig ein sehr nützliches Werkzeug (siehe z.B. [ J: Top], Kap. VIII, § 4.), und insbesondere ermöglichen sie den am Schluß des Abschnitts 5.3 schon versprochenen Zugang
158
Kapitel 9. Der Satz von Stokes
zur Integration auf Mannigfaltigkeiten, bei dem die Mannigfaltigkeit zur Definition des Integrals nicht gewaltsam in kleine Stücke zerlegt zu werden braucht. Definition: Sei M eine Mannigfaltigkeit und il eine offene Überdeckung von M (z.B. durch die Kartengebiete eines Atlas). Unter einer differenzierbaren, der Überdeckung il untergeordneten Zerlegung der Eins verstehen wir eine Familie { ra } a e A von C°°-Funktionen ra : M —> [0,1] mit den folgenden drei Eigenschaften: ist lokal endlich in dem Sinne, daß (1) Die Familie {ra}a€A es zu jedem p e M eine offene Umgebung Vp gibt, so daß ra|V^ = 0 für alle bis auf endlich viele a e A, (2) Es ist Y.aeATa(p) — l f ü r a l l e P € M und (3) Für jedes a ist der Träger Tr ra in einer der Überdeckungsmengen von il enthalten. D Lemma: Zu jeder offenen Überdeckung einer Mannigfaltigkeit M gibt es eine untergeordnete Zerlegung der Eins. BEWEIS: Wäre M kompakt, so könnten wir wie beim Beweis des Satzes von Stokes vorgehen: Wir wählten zunächst zu jedem p e M eine "Buckelfunktion" Xp : M —> [0,1 ] mit Träger in einer p\,...,pr der Überdeckungsmengen und Xp(p) > 0, könnten dann mit U[=i Vi 1 ^ 0 ' ~L} = M finden und rk := XpJ YH=I \i setzen. Probleme mit der lokalen Endlichkeit oder dem Aufsummieren der Buckelfunktionen kann es dabei nicht geben, da es sich ja jeweils nur um endlich viele Funktionen handelt. Ist nun M nicht kompakt, so nehmen wir eine sogenannte kompakte Ausschöpfung von M zu Hilfe. Darunter versteht man eine Folge K1cK2C---cM o
kompakter Teilmengen mit Ki C Ki+i und U ^ i Ki — M. Im konkreten Fall sind kompakte Ausschöpfungen meist ganz leicht anzugeben, einen allgemeinen Existenzbeweis kann man zum Beispiel so führen: Sei { öi }J<=N eine abzählbare Basis der Topologie
9.5 Zerlegungen der Eins
159
von M, und oBdA seien die abgeschlossenen Hüllen Oj alle kompakt (sind sie das nämlich nicht schon freiwillig, so lasse man alle Oi mit nichtkompakter Hülle aus der Basis einfach weg: die restlichen bilden immer noch eine Basis). Nun bestimmen wir induktiv eine Folge 1 = n\ < n2 < . • • so, daß jeweils
C Ü ök fc=i
fe=i
und haben damit unsere kompakte Ausschöpfung schon gefunden. Um nun die Zerlegung der Eins zu erhalten, wählen wir in der nun schon geläufigen Manier zu jedem i endlich viele differenzierbare ("Buckel-")Funktionen Ai,...,A*. : M -> [0,1], so daß zwar \\+.. +Xlri > 0 für alle x e Ki \ Ki-i (kompakt!) gilt, aber die einzelnen Träger klein genug sind, um jeweils in eine Fig. 92. Der Streifen "verdurch A^,...,A Überdeckungsmenge aus il und wird sorgt". in ifj+i \ Ki-2 (offen!) zu passen. Dann ist die Gesamtfamilie {Xlj}i€nti<j
Ti
A := E E Aj eine überall positive C°°-Funktion auf M, und wir erhalten durch Tj := Aj/A die gewünschte Zerlegung { rlj }ieN,i<j
160
Kapitel 9. Der Satz von Stokes
9.6 Integration mittels Zerlegungen der Eins Sei M eine orientierte n-dimensionale Mannigfaltigkeit und {7"i}ieN eine Zerlegung der Eins und der Träger Trr, jeweils im Kartengebiet Ui einer orientierungserhaltenden Karte (Ui,hi) enthalten. Jede n-Form u) ist dann durch Lüi : = Ti • U)
in die lokal endliche Summe u> = Yli=i w* zerlegt, und bezeichnet üi : hi{U{) —> M. die heruntergeholte Komponentenfunktion des i-ten Summanden bezüglich (Ui,hi), so gilt Notiz: Unter diesen Umständen ist LO genau dann integrierbar, wenn alle a^ über /ij(C/j) integrierbar sind und |<2j| dx < oo i=l Jhi(Ui)
gilt, und es ist dann
°° /f w = J2 i=l
J
M
Eine "Notiz" ist das natürlich nur, wenn die Integration auf Mannigfaltigkeiten schon anderweitig eingeführt ist. Geht man aber davon nicht aus, so benutze man diese Formel als die Definition von JM u>, wobei man nur die Unabhängigkeit von der Wahl der Karten und der Zerlegung der Eins als ein Lemma zu beweisen hat. Wie weit dieser Integralbegriff auf Mannigfaltigkeiten dann reicht, hängt davon ab, welchen Integralbegriff im R" man hierfür investieren will. Ist es das Lebesgue-Integral, so erhält man wieder den von uns in 5.4 definierten Begriff. Für viele Zwecke kommt man aber auch mit wesentlich weniger aus: die Träger Trrj der
9.7 Test
161
Zerlegung der Eins kann man stets oBdA als kompakt voraussetzen, und dann ist z.B. für stetige UJ , also erst recht für die ÜÜ € QnM, die wir beim Umgang mit dem Cartanschen Kalkül und dem Satz von Stokes ohnehin immer betrachten, jeder Summand / ^ N a» dx einfach ein ganz gewöhnliches Mehrfachintegral ßn
ßl
[•••
f
f(x\...,xn)dx1...dxr'
eines stetigen, ffir w e QnM hi(Ui) C M" sogar differenzierbaren Inteoff granden über einen Quader im R™ (auch wenn h(Ui) selbst Tra,unbeschränkt sein sollte), eine Situation, die auch der elementarste Integralbegriff meistert. Ist zudem, wie meist, der Träger von w als kompakt vorausgesetzt, so hat man es at dx ist ein Innur mit endlich vielen solcher Fig. 93. J Summanden zu tun, und die tegral eines stetigen Integranden über einen Quader Q in Kn . Integration auf Mannigfaltigkeiten ist — darf man sagen: ganz einfach? Man darf.
9.7 Test (1) Die Komponentenfunktion der n-Form A
dx1
A
. . . /2...
A
dxn
auf d e m M™ bezüglich der K o o r d i n a t e n xl,...,xn konstante Funktion
D1
D
(-1)"
D
ist die
(-l
(2) Sei m < ... < fir und w := dx^ A . . . A dx^ e 0 r ( M^). Unter welchen Voraussetzungen gilt dann L*LÜ = 0 für die Inklusion c O x r M l 1 1 ?
162
Kapitel 9. Der Satz von Stokes
D Wenn eines der /ij = 1 ist. ü Wenn keines der ßi ~ 1 ist. D In keinem Falle. (3) Für den Spezialfall M — M.l_ reduziert sich der Satz von Stokes auf die Aussage: Ist / : K_ —s- R eine C°°-Punktion mit kompaktem Träger, so ist J_ f'(x) dx =
• 0
D /(0)
D -/(0)
(4) Die Voraussetzung beim Satz von Stokes, u> solle kompakten Träger haben, darf man auch im Falle M = R™ offensichtlich nicht einfach weglassen, weil sonst die Integrale nicht mehr zu existieren brauchen. Bleibt der Satz aber richtig, wenn man statt der Kompaktheit des Trägers die Existenz der Integrale auf beiden Seiten fordert? D Ja, weil dann das harmlose Verhalten von LÜ und du> im Unendlichen ein ausreichender Ersatz für die Kompaktheit des Trägers ist. D Ja, weil diese Voraussetzung mit der Kompaktheit des Trägers in der Tat gleichbedeutend ist. D Nein, wie schon ein Blick auf den Fall n = 1 zeigt. (5) Zur Frage der Einschließbarkeit kompakter Teilmengen in Kartengebiete: Betrachte X := S^xl U lxS1 C S1 x 5 1 . Ist X in einer Karte des Torus enthalten? ü Nein, weil schon S1 x 1 nicht in ein Kartengebiet paßt. D Nein, obwohl S1 x 1 und 1 x S1 einzeln in Kartengebiete passen. Bedenke das Schnittverhalten ihrer Bilder in M2 unter einer einzigen ganz X enthaltenden Karte! D Ja, weil bereits der punktierte Torus S1 x S1 \ p diffeomorph zu einer offenen Teilmenge im R2 ist. (6) Ausgehend von der durch f(x) := e - 1 / xx für x > 0 und f(x) := 0 für x < 0 gegebenen C°°-Funktion / : R - • R soll eine kleine "Buckelfunktion" um den Nullpunkt im Rn angegeben werden, nämlich eine C°° -Funktion ß: R n —> R + , deren Träger die abgeschlossene Kugel um 0 vom Radius
9.7 Test
163
e > 0 sein soll. Welche der folgenden Deftnitionen leistet das Gewünschte?
D ß(x):=f(e-\\x\\) D ß(x) := f(e2 - \\x\\2) D ß(x):=f(\\x\\2-e2) (7) Es sei U C M eine offene Teilmenge einer Mannigfaltigkeit, z.B. ein Kartengebiet. Die Funktionen r : M —> R und / : U —> R seien differenzierbar (d.h. C°°), und r verschwinde außerhalb von U. Ist dann die durch r(x)f(x) )
für x e U für x € M \ U
definierte Funktion F difFerenzierbar auf ganz M ? D Ja, in jedem Falle. D Ja, wenn / beschränkt ist. Sonst im allgemeinen nicht. D Die Beschränktheit genügt zwar für die Stetigkeit von F, aber nicht für die Differenzierbarkeit. der Eins auf (8) Weshalb gibt es für eine Zerlegung {ra}aeA einer kompakten Mannigfaltigkeit M stets nur endlich viele a mit Ta ^ 0 ? D Weil bereits endlich viele der offenen Teilmengen genügen, um M zu überdecken. D Weil bereits endlich viele der nach der Forderung der lokalen Endlichkeit vorhandenen Mengen Vp genügen, um M zu überdecken. D Weil — es gar nicht wahr ist: Auch. auf kompakten Mannigfaltigkeiten können die Träger TrrQ "immer kleiner werden"und daher unendlich viele in lokal endlicher Weise Platz finden. (9) Auf einer unberandeten n-dimensionalen Mannigfaltigkeit M sei CÜ eine (n — 1)-Form mit kompaktem Träger und / eine beliebige differenzierbare Funktion. Dann gilt nach dem Satz von Stokes:
164
Kapitel 9. Der Satz von Stokes
D
(10) Es seien { ra }a€A und { a\ }\€\ zwei Zerlegungen der Eins auf M. Ist dann auch {raa\ }(a,\)<=AxA e i n e Zerlegung der Eins? D Ja, stets. • Nur wenn eine der beiden endlich ist (d.h. ihre Punktionen nur für endlich viele der Indices nicht identisch verschwinden). D Nur wenn beide endlich sind.
9.8
Übungsaufgaben
AuFGABE 33: Es sei M eine orientierte kompakte n-dimensionale Mannigfaltigkeit und (U, h) eine "quaderförmige" Karte, d.h. eine mit und schließlich sei w e QnM eine n-Form, deren kompakter Träger in U enthalten ist. Man zeige direkt, ohne Benutzung des Satzes von Stokes, daß fM du = 0 gilt. 34: Es sei M eine orientierte kompakte n-dimensionale Mannigfaltigkeit und / : M —> N eine differenzierbare Abbildung in eine (n — l)-dimensionale Mannigfaltigkeit N. Sei ferner r? e H™" 1 ^ und uj := f*r]. Man zeige: fdMu = 0. AUFGABE
AUFGABE 35: Man beweise: Auf jeder n-dimensionalen orientierbaren Mannigfaltigkeit M gibt es eine n-Form LO e VlnM mit OJP ^ 0 für alle p e M. AUFGABE 36: Es sei M eine berandete n-dimensionale Mannigfaltigkeit und 77 e ^ln~1dM. Man zeige, daß es eine (n — 1)Form uj e O " " ^ mit t*cu — r\ gibt, wobei 1 : dM ^-> M die Inklusion bezeichnet.
9.9 Hinweise zu den Übungsaufgaben
9.9
165
Hinweise zu den Übungsaufgaben
Zu AUFGABE 33: Diese Aufgabe ist ganz nahe am ersten Beweisschritt für den Satz von Stokes und hat auch nur den Zweck, Ihnen diesen Beweisschritt näherzubringen. Zu AUFGABE 34: Manche Aufgaben sind so fragil, die darf man nur anrühren, und schon zerfallen sie zu Staub. Ich lasse also die Finger davon und erzähle Ihnen stattdessen eine schöne Anwendung dieser Aufgabe. Kann man eine orientierte Mannigfaltigkeit M differenzierbar auf ihren Rand retrahieren, d.h. eine differenzierbare Abbildung p : M —> dM finden, so daß die Zusammensetzung
dM ^ M A dM Fig. 94.
die Identität ist? Immer? Manchmal? Nie? Sicher nicht immer: eine Retraktion p : [0,1 ] —> {0,1} wäre eine stetige Funktion mit p(0) — 0 und p(l) = 1, die keinen Zwischenwert annimmt. Aber in höheren Dimensionen? Sieht nicht so aus: die Mannigfaltigkeit wird wohl zerreißen, wenn man sie mit Gewalt auf den Rand retrahiert. Oder gibt es doch einen Twist, mit dem das gelingen kann? Vielleicht in noch höheren Dimensionen? Es geht gar nie, wie aus Aufgabe 34 folgt. Wählen Sie dazu irgend ein r\ e Q71"1 (dM) mit JaM r\ ^ 0. Das ist stets möglich, wir brauchen ja nur eine kleine Buckelfunktion A > 0 mit nichtleerem Träger in einem Kartengebiet U von dM zu wählen und J \(p)dxl Vp
'~ 1 0
A • • • A dxn~l
in
sonst
U
Kapitel 9. Der Satz von Stokes
166
zu setzen. Wäre nun p : M —»• dM eine differenzierbare Retraktion, also po i = Id^M > so wäre nach Aufgabe 34 / p*T] : = / t,*p*r) = rj = ' JdM JdM JdM
Ein Widerspruch. Wir haben also gezeigt: Satz: Man kann keine kompakte orientierbare Mannigfaltigkeit ü differenzierbar auf ihren Rand retrahieren. Korollar: Jede differenzierbare Abbildung f : Dn —> Dn hat einen Fixpunkt, denn sonst könnte man eine differenzierbare Retraktion p : Dn —>• dDn konstruieren. H In der Tat kann man Satz und Korollar durch ein Zusatzargument (Approximation stetiger Abbildungen durch differenzierbare) auf stetige Abbildungen verallgemeinern, und dann heißt das Korollar Brouwerscher Fixpunktsatz. Fig. 95.
Zu AUFGABE 35: Wir haben bisher die Zerlegungen der Eins nur dazu benutzt, eine Differentialform zu "zerlegen". Noch öfter aber gebraucht man sie, um lokal gegebene, aber nicht zusammenpassende Einzelteile zu einem glatten globalen Objekt zu vervorher nachher schweißen. Der Vorgang g 96 istin§4in[J:Top]Kap. ' ' VIII ausführlich beschrieben, und auch ohne dort die Einzelheiten studieren zu müssen, werden Sie bei flüchtigem Durchgehen die Idee für das Vorgehen in unserer Aufgabe 35 finden. Zu AUFGABE 36: Die Zerlegungen der Eins sind doch ein überaus bequemes Konstruktionsmittel. Auch hier brauchen Sie die Aufgabe nur lokal zu lösen und sich dann in ein, zwei geschickt formulierten Zeilen auf die Zerlegungen der Eins zu berufen.
10 10.1
Klassische Vektoranalysis
Einführung
Die klassische Vektoranalysis des 19. Jahrhunderts handelt, wie man im Nachhinein leicht sagen kann, von der Cartanschen Ableitung und dem Satz von Stokes, allerdings in einer Notation, in der diese Gegenstände nicht auf den ersten Blick gleich wiederzuerkennen sind. Wenn wir, von der Analysis auf Mannigfaltigkeiten kommend, auf die klassische Vektoranalysis zugehen, so sehen wir schon von weitem, daß wir es dort nur mit Untermannigfaltigkeiten des R3 oder allenfalls des Mn zu tun haben werden. Nun, unsere Begriffe lassen sich ja sogar auf beliebige Mannigfaltigkeiten anwenden. Beim Näherkommen sehen wir außerdem, daß die Integranden meist nicht nur auf M, sondern auf einer ganzen in M3 ofFenen Umgebung X von M definiert sind, zum Beispiel auf X = R3 oder X = R3 \ 0 oder dergleichen. Wenn schon! Jedes r\ e Q,kX wird ja durch i : M <^-> X als die Einschränkung i*rj e QkM unserer Analysis auf M zugänglich. Das ist zwar im Prinzip richtig, aber trotzdem sollten wir uns nicht auf diese Weise von den Formen auf offenen Mengen I c l 3 gleich wieder verabschieden. Zum einen müssen wir, wenn wir nun in die klassische Vektoranalysis eintreten, die Formen r\ auf X als die eigentlichen Gegenstände des Interesses anerkennen. Sie beschreiben physikalische "Felder" verschiedener Art, während die Untermannigfaltigkeiten M c X nur hilfsweise herangezogen werden, gleichsam um ein r/ e flkX zu "testen", zu untersuchen. Denken sie etwa an eine Strömungsdichte r\ e Q?X auf einem räumlichen Bereich X, deren Strömungsbilanz JM rj über diese und jene Fläche M c X man zu betrachten wünscht.
168
Kapitel 10. Klassische Vektoranalysis
Zum anderen hat es aber auch technische Vorteile, mit den Formen 77 auf X zu rechnen, wenn sie nun schon einmal dort gegeben sind, auch wenn man eigentlich mit der Teilinformation i*r\ auskommen würde. Auf X haben wir die kanonischen Koordinades M3 und können die Differentialformen global ten x1,^2,^3 mit Hilfe der dxß darstellen, und da Dachprodukt und Cartansche Ableitung mit Abbildungen, insbesondere mit der Inklusion verträglich sind, (L*LÜ A L*r] — L*(UJ A 77) und di*rj = i*drj), so ist es einerlei, ob wir vor oder nach der Anwendung von i* rechnen, und vorher ist's oft bequemer. Der Grund, weshalb man die klassische Vektoranalysis beim ersten Anblick durchaus nicht als Anwendungsbereich des Cartanschen Kalküls erkennt, ist die völlige Abwesenheit der Differentialformen. Der BegrifF wird gar nicht erwähnt! Stattdessen handelt die Theorie von Vektorfeldern — wie der Name sagt — auf X und von den Operatoren Gradient, Rotation und Divergenz, und nur daß über Volumina, Flächen und Linien integriert wird zeigt uns an, daß doch eine Verbindung zur Analysis auf Mannigfaltigkeiten besteht. Diese Verbindung wird durch die Basisfelder und -formen der Koordinaten x 1 ,^ 2 ,^ 3 hergestellt. Bezüglich der Basen werden nämlich 1- und 2-Formen, wie Vektorfelder, durch drei Komponentenfunktionen beschrieben, 3-Formen durch eine. Von den Einzelheiten dieser Übersetzung der Formen in die Sprache der klassischen Vektoranalysis handelt der nächste Abschnitt.
10.2 Die Übersetzungsisomorphismen Für eine offene Teilmenge X c R3 bezeichne V(X) den Vektorraum der differenzierbaren Vektorfelder und C°°(X) den der difFerenzierbaren Funktionen auf X. Die Komponentenfunktionen eines Vektorfeldes a e V(X) bezeichnen wir mit ai, a2, a 3 , bewußt entgegen dem Ricci-Kalkül mit unteren Indices. Andernfalls würde eine Kollision mit den Konventionen des Ricci-Kalküls eben an anderer Stelle entstehen! Darin drückt sich der Umstand aus, daß die Beschreibung von 1- und
10.2 Die Übersetzungsisomorphismen
169
2-Formen durch Vektorfelder in der Tat nicht mit allen Koordinatentransformationen verträglich ist. Wir halten hier aber an den kanonischen Koordinaten des M fest, und solange wir das tun, ist es auch erlaubt, ein Vektorfeld a einfach als ein Tripel a = (ai, ci2, 03) von Punktionen anzusehen. Um die Formeln für die Übersetzungsisomorphismen übersichtlich schreiben zu können, führen wir folgende Notation ein. Definition: Sei X C K3 offen. Die K3-wertigen ("vektorwertigen") 1- bzw. 2-Formen (dxx\ ds:= dx2 \dx3)
und dF :=
sollen das vektorielle Linienelement ds e fi1(.X', M3) und das vektorielle Flächenelement dF € f22(X, K3) , und die gewöhnliche reellwertige 3-Form dV := dxlA dx2A dx3 e Q3X soll das Volumenelement von X heißen.
D
Konvention: Die üblichen Übersetzungsisomorphismen sind durch
gegeben.
V(X) - ^
Q}X,
V(X) - ^
2
Ü X,
a^a-ds, b^b-dF
und
D
Dabei bedeutet der Punkt das Standard-Skalarprodukt des K 3 . Wenn wir aber a, b als Zeilen und ds, dF als Spalten schreiben, kann man ihn auch als das Zeichen für das Matrizenprodukt lesen. Diese Konvention ist der Anfang des Wörterbuchs für die Übersetzung von klassischer Vektoranalysis in den Cartanschen Kalkül
170
Kapitel 10. Klassische Vektoranalysis
und umgekehrt. Wie Sie sehen, ist die Übersetzung zwar von rechts nach links eindeutig, aber ob ein Vektorfeld als 1- oder als 2-Form interpretiert werden muß, kann man nicht aus dem Wörterbuch allein entnehmen, sondern da kommt es, wie auch sonst bei fremden Sprachen, auf den Kontext an. Die Benennungen Linien-, Flächen- und Volumenelement werden übrigens plausibel, wenn man sich die geometrische Bedeutung dieser Formen klar macht: Notiz: An jeder Stelle x e X ist
dFx: dVT: R3 x
dsx 1D)3 X X
die Identität, das Kreuzprodukt und die Determinante. D
Beweisen braucht man diese Behauptungen, wegen der jeweiligen Linearitätseigenschaften, nur für die kanonischen Basisvektoren, für die sie aber evident sind (beachte dFx(e\,e2) = e*3, und entsprechend nach zyklischen Permutationen, wie beim Kreuzprodukt). Wenden wir uns deshalb gleich der Interpretation zu: Die Determi(v , w) — v x w nante gibt das elementargeometrische Volumen eines positiv orientierten 3Spates an, das Kreuzprodukt antwortet auf ein orientiertes 2-Spat bekanntlich mit demjenigen der beiden Normalenvektoren von der Länge des elementargeometrischen Flächeninhalts, 97. Erinnerung an der gefolgt von der Spatorientierung das Kreuzprodukt die Raumorientierung beschreibt, und die Identität schließlich braucht keine Erläuterung. Denkt man sich nun, daß die Formen auf kleine ("infinitesimale") Maschen antworten, so werden die Namen verständlich.
10.3 Gradient, Rotation und Divergenz
171
10.3 Gradient, Rotation und Divergenz Benutzen wir nun dieses Wörterbuch, um die Cartansche Ableitung in die Sprache der Vektoranalysis zu übersetzen. Nach wie vor bezeichnet X C K3 eine offene Teilmenge. Für / € C°°(X) haben wir «
d
f
aj — „
, l , M
= (dl_ {
d
df , 2
f
, s
-
df_ df_
dxiy dx2' dxaJ
'
und für Vektorfelder a,b e V(X) ergeben sich die Cartanschen Ableitungen der 1-Form a • ds und der 2-Form b • dF als d(a • ds) = d ^2 a^ = (820-3 — Ö3a2)dx2A dx3 + zykl. Perm. = (Ö2Ö3 — 030,2, O3Ü1 — Ö\(l3, d\Ü2 — Ö2alj
' dF
und d(b • dF) = dbi A dx2/\ dx3 + zykl. Perm. l = —-rdx A dx2A dxs + zykl. Perm. öx1 <%i db2 dl
Hier begegnen uns also die drei klassischen Operatoren der Vektoranalysis, für die wir unsere Notation festlegen wollen. Definition: Für X c M offen erklären wir den die Rotation und die Divergenz, grad : C°°(X) rot: V(X) div: V(X) diurch
> > >
V(X)
Gradienten,
172
Kapitel 10. Klassische Vektoranalysis
divb-=
df
df
dü3 dx2
dai da\ 3 dx ' dx3
9bl
dt>2
dx
1
dx
df
2
da3 dü2 dx1 ' 9a:1
dai. 9a;2
dbs
dx3 D
Die obige Rechnung zur Übersetzung der Cartan-Ableitung hat also ergeben: Notiz: Es gilt df = grad/ • ds und d(a • ds) = rota • dF und d(b • dF) = div b • dV, also ist für offenes X C K das Diagramm
o 0
• n°x —d-^ nlx —d-^ n2x —d-^ n3x > C°°(X)
> V(X) grad
> V{X) rot
> C°°(X)
• o > 0
div
kommutativ.
D
Korollar: Für alle Funktionen f und alle Vektorfelder a gilt rot grad / — 0 und div rot a — 0. D Wir halten auf dieser Stufe der Übersetzung einmal inne, um zu notieren, wie sich der Satz von Stokes inzwischen als ein Satz über Vektorfelder bzw. Funktionen auf X ausnimmt. Das sich für dimM = 3 ergebende Korollar aus dem Satz von Stokes nennt man den Gaußschen Integralsatz oder Divergenzsatz: Gaußscher Integralsatz: Sei X c R3 offen und b ein differenzierbares Vektorfeld auf X. Dann gilt
f divb dV = I b-dF M3
8M3
für alle kompakten berandeten 3-dimensionalen Untermannigfaltigkeiten M3 C X. D
10.4 Linien- und Flächenelemente
173
Beachte, daß 3-dimensionale Untermannigfaltigkeiten kanonisch durch den M3 orientiert sind. — Im 2-dimensionalen Falle ergibt sich der klassische Satz von Stokes, von dem der allgemeinere den Namen erhalten hat: Stokes'scher Integralsatz: Sei X C K3 offen und a ein differenzierbares Vektorfeld auf X. Dann gilt rot a • dF = M
2
/ a • ds dM2
für alle orientierten kompakten berandeten 2-dimensionalen UnD termannigfaltigkeiten ("Flächen") M2 C X. Der Vollständigkeit halber wollen wir auch den 1-dimensionalen Fall erwähnen, wenn er auch keinen eigenen Namen führt: Ist X C R3 offen und f : X -> R eine differenzierbare Funktion, so gilt / grad/ • ds = f(q) - f(p) 1
M
für jede orientierte kompakte 1-dimensionale UntermannigfaltigD keit M1 c X von p nach q.
10.4 Linien- und Flächenelemente In der Integralnotation der klassischen Vektoranalysis spielen das nichtvektorielle Linienelement ds und das nichtvektorielle Flächenelement dF eine zentrale Rolle. Diese beiden "Elemente" sollen deshalb als nächstes eingeführt werden, und zwar — unserer begrifflichen Bequemlichkeit halber — zunächst in einer nicht ganz authentischen, nämlich dem Differentialkalkül zu nahe stehenden Interpretation.
174
Kapitel 10. Klassische Vektoranalysis
Deflnition: Ist M C Mn eine fc-dimensionale orientierte Untermannigfaltigkeit, so heißt die fc-Form welche auf jede positiv orientierte Orthonormalbasis eines Tangentialraumes TPM C Mn mit +1 antwortet, die kanonische Volumenform von M. Im Falle k = 1 nennen wir die kanonische Volumenform das Linienelement, im Falle k = 2 das Flächenelement von M und bezeichnen sie mit ds bzw.rf-F.D Es ist anschaulich klar, was die kanonische Volumenform, der wir auch in den Übungen schon begegnet sind (vergl. Aufgaben 14 und 32), bedeutet: sie antwortet auf ein positiv orientiertes tangentiales &-Spat mit dessen elementargeometrischem fc-dimensionalen Volumen, und bezeichnen wir mit Volfc(A) das fc-dimensionale Volumen einer Teilmenge 4 c M , s o gilt Volfe(A) = [ LÜM, JA
sofern das Integral existiert — betrachten Sie diese Gleichung als Definition, falls Sie keine andere Erklärung des fc-dimensionalen Volumens in Mn vorrätig haben, sonst aber als ein Lemma. Insbesondere ist für k = 1 also JA ds die Bogenlänge und für k — 2 ist JA dF der Flächeninhalt von A. — Im Falle k = 3 kann man auch dV für das kanonische Volumenelement schreiben, für M3 C K3 stimmt das mit unserer früheren Definition dV = dx1^ dx2A dx3 überein. Wie aber hängen die in unserem Wörterbuch (10.2) und in den Integralsätzen figurierenden vektoriellen Linien- und Flächenelemente ds e ^(X, M3) und dF e O2(X, M3) mit ds und dF zusammen? Aus der geometrischen Bedeutung von ds und dF (vergl. Notiz in 10.2) ist ersichtlich, daß im 2-dimensionalen Falle die Antworten von L*dF und dF auf ein orientiertes tangentiales 2-Spat denselben Betrag haben, analog für t*ds und ds im 1dimensionalen Fall. Aber während ds und dF mit reellen Zahlen antworten, geben ds und dF Vektoren zurück, und zwar, als Identität bzw. Kreuzprodukt einen tangentialen bzw. normalen Vektor. Um das genau und vorzeichenrichtig ausdrücken zu können, führen wir folgende Schreibweise ein:
10.5 Die klassischen Integralsätze
175
Notation: Sei M C M.n eine orientierte &-dimensionale Untermannigfaltigkeit, k = 1 oder k = n — 1. (a) Im Falle k = 1 bezeichne T : M —> R n das positiv orientierte Einheitstangentialfeld. (b) Im Falle k — n - 1 bezeichne N : M —*• M" das Orientiemngs-Einheitsnormalenfeld, d.h. JV(x) _L TXM, ||iV(x)|| — 1, und iV(x), gefolgt von einer positiv orientierten Basis von TXM, ergibt eine positiv orientierte Basis des Mn. D N(x)
M
Fig. 99. Tangenteneinheitsvektor und Normaleneinheitsvektor im 1-dimensionalen bzw. 1-kodimensionalen Fall.
Lemma: Sei X C K3 oSen und i: Mk ^ R3 für k = 1,2 die Inklusion einer orientierten k-dimensionalen Untermannigfaltigkeit. Dann gilt 1 3 L*ds = fds e fi^M , K ) bzw. 4*dF = NdF e f22(M2, M3). BEWEIS: Für k = 1 ist an jeder Stelle ds(f) = f und ds(f) - 1, also gilt die erste Gleichung. Ist für k — 2 eine positiv orientierte Orthonormalbasis (v, w) von TXM2 gegeben, so ergänzt N(x) diese Basis zu einer positiv orientierten Orthonormalbasis (N,v,w) von R 3 . Ferner ist dF(v,w) = 1, also NdF(v,w) = JV = v x w = dF(v, w). D
10.5 Die klassischen Integralsätze Mit den nichtvektoriellen Linien- und Flächenelementen ist uns nun auch die klassische Notation der Integralsätze zugänglich. Das Integral einer 1-Form a • ds über eine orientierte 1-dimensionale
176
Kapitel 10. Klassische Vektoranalysis
Untermannigfaltigkeit können wir nun als /
JM1
a • ds=
JM1
a -T ds
schreiben, wobei mit a • T : M1 —• R natürlich die durch x — i > d(x) • T{x) gegebene Funktion auf Ml gemeint ist, also eigentlich (a^M1) • T. Diese Schreibweise gibt anschaulicher wieder, was mit dem Vektorfeld bei der Integration geschieht, denn a(x) • T(x) =: atlm(x) ist ja die tangentiale Komponente des Vektors a(x) an der Stelle x e M1, und der Beitrag eines kleinen Stückchens von M1 bei x zum Integral ist also näherungsweise das Produkt ata,n(x)As aus dieser Tangentialkomponente und der _ Bogenlänge As des Stückchens. - Analog im 2-dimensionalen Falle: /
JM2
b-dF=
JM2
,b-N dF,
wobeijetzt b(x)-N(x) =: bnoi(x) dieNorFig. 100. Anteil der malkomponente von b am Punkte x der Strömung durch die Fläche M 2 ist. Wenn z.B. b Stärke und Masche a Richtung einer Strömung angibt, so antwortet bnordF auf eine Masche in M2 mit der Durchtrittsrate. - Insbesondere erhalten wir die beiden Integralsätze von Gauß und Stokes (vergl. 10.3) jetzt in der vielleicht gebräuchlichsten Fassung: Gaußscher Integralsatz: Ist X c
offen und b ein differen-
zierbares Vektorfeld auf X, so gilt divb dV = 3
M
/ b-N dM
dF
3
für alle kompakten berandeten 3-dimensionalen UntermannigfalD tigkeiten M3 C X. Da M 3 hier als durch den M kanonisch orientiert gedacht ist, bedeutet N nach der Orientierungskonvention das nach außen gerichtete Einheitsnormalenfeld auf dM.
10.5 Die klassischen Integralsätze
177
Stokes'scher Integralsatz: Ist X c M3 offen und a ein diffe_^ renzierbares Vektorfeld auf X, so N
r
r
I r o t a • N dF = / a-T JdM2 JM2
ds
für alle orientierten kompakten berandeten Flächen M2 C X. •
btokesschen batz
Als Beispiel für die Anwendung des Gaußschen Integralsatzes betrachten wir einmal den Fall b = grad / . Dann haben wir das Volumenintegral über div grad / zu bilden, geschrieben in den Koordinaten x,y,z des R3 ist divgrad der wohlbekannte LaplaceOperator A, d2f d2f d2f A , 1 ' dx2 + dy2 8z2' und in diesem Zusammenhang wird für den Gradienten auch gern die Notation V ("ATabZa") verwendet: v
_,d_l d£ d_l dx dy dz
Im folgenden seien / und g immer differenzierbare Punktionen auf einer offenen Teilmenge X c R 3 , und M3 C X sei eine kompakte berandete 3-dimensionale Untermannigfaltigkeit, wie im Gaußschen Integralsatz. Setzen wir b = V / , so erhalten wir also zunächst Korollar 1:
[/ AfdV AfdV== I
JM3
IdM33 JdM
Vf-NdF. D
Weil übrigens Vf-N die Richtungsableitung von / in Richtung der Außen-Normalen ist (d.h. Nf in der AufFassung von Vektoren als Derivationen), so wird auch
178
Kapitel 10. Klassische Vektoranalysis
("Normalableitung von / " ) geschrieben, und der Gaußsche Satz für grad / nimmt die Gestalt an Korollar 2:
/ AfdV = / JM3
^fdF
JdM3
On
D
Etwas allgemeiner setzen wir nun b = g • V / . Nach. der gewöhnlichen Produktregel ergibt sich = Vg • V / + gAf, und daher Korollar 3 (Greensche Formel):
/(V<7 • Wf + gAf) dV= M
3
f gVf-N dF. 3
dM
D Da das Skalarprodukt Wg- V / symmetrisch in / und g ist, ergibt sich daraus die ebenfalls Greensche Formel genannte Gleichung Korollar 4:
j (fAg - gAf) dV = J (fVg - gVf) • N dF M3
8M3
8M3
D
10.6 Die Mittelwerteigenschaft
179
10.6 Die Mittelwerteigenschaft der harmonischen Funktionen Eine solche Aufzählung von Spezialfällen bleibt natürlich eine etwas trockene Sache, solange weiter nichts damit unternommen wird. In der Physik erfüllen sich diese Formeln mit Leben! Darauf können wir nicht eingehen, aber wir wollen jetzt noch aus dem Gaußschen Satz (bzw. aus dessen Korollar 1 in 10.5) ein schönes mathematisches Resultat herleiten. Definition: Sei X C R3 offen. Eine differenzierbare Funktion D / : X —> R heißt harmonisch, wenn A / = 0 ist. Satz (Mittelwerteigenschaft der harmonischen Funktionen): Sei f : X —> M. harmonisch. Dann gilt für jede ganz in X gelegene abgeschlossene Vollkugel K mit Radius r, Mittelpunkt p und Rand S:
d.h. der Funktionswert am Mittelpunkt ist der Mittelwert der Funktion auf der Oberßäche der Kugel. BEWEIS: OBdA sei p = 0. Wir schreiben x := (x1, x2, x3), um uns den vektoranalytischen Formeln anzupassen, wenn (x1, x2, x3) als Tangentialvektor vorkommt. Eigentlich sollten wir x = (x1, x2, x3) als Vektor in als Punkt in M — M3 und x = (xl,x2,x3) Tq R3 = M3 unterscheiden. Aber den Unterschied zwischen dem Mn und seinen Tangentialräumen haben wir ja auch sonst nicht in die Notation einfließen lassen. Für jedes t e [0,1] ist die durch ft(x) := f(tx) definierte Funktion ft ebenfalls auf einem K umfassenden Gebiet harmonisch und hat bei p denselben Wert wie / . Da die konstante Funktion /o offenbar die Eigenschaft Airr2f(p) = Js fodF hat, so genügte es zu zeigen, daß das Integral
It := [ ft dF Js
180
Kapitel 10. Klassische Vektoranalysis
von t nicht abhängt, daß also ^ / t = 0 gilt. Wegen -^ Vf(tx) • x und Wft{x) = Wf(tx) ist für t > 0:
*'> = !
]„"*•***•
Auf dem Rand S der Kugel vom Radius r ist aber N = ^x die Außennormale, und daher ist nach der Gaußschen oder Greenschen Formel (Korollar 1 in 10.5): d
-It at
T
i
=VffN t js
—*
dF=-
T*
/
tj
K
Aft dV,
also Null, weil ft eine harmonische Funktion ist.
ü
Korollar (Maximumprinzip für harmonische Funktionen): Ist X C M3 offen und zusammenhängend und hat die harmonische Funktion / : X —> R ein Extremum, so ist sie konstant. BEWEIS: OBdA sei f(x) < f(x0) =: y0 für alle x e X. Wegen der Stetigkeit von / ist f~l{yo) abgeschlossen in X, nach der Mittelwerteigenschaft aber auch offen, denn auf dem Rand S einer jeden ganz in X liegenden Kugel um ein p e /~1(j/o) muß / konstant gleich y0 sein, sonst wäre aus Stetigkeitsgründen JsfdF < f(p)JsdF. Also ist die nichtleere Menge /~ 1 (yo) offen und abgeschlossen in dem zusammenhängenden Teilraum X c M3, also f'^iyo) = X. D
Korollar (Eindeutigkeitsaussage für das Dirichletsche Randwertproblem): Es sei M c R 3 eine kompakte berandete 3-dimensionale Untermannigfaltigkeit und f,g : M —> R zwei stetige, auf M \ dM harmonische Funktionen. Stimmen dann f und g am Rande überein, d.h. ist f\dM — g\dM, so gilt f = g auf ganz M. BEWEIS: OBdA sei M ^ 0 und zusammenhängend. Als stetige Funktion auf einem Kompaktum muß / — g Extrema annehmen, d.h. es gibt XQ und x\ e M mit
f{xo) ~ g(x0) < f(x) - g(x) <
10.7 Flächenelement in Koordinaten
181
füx alle x e M. Aber entweder ist f — g schon freiwillig konstant (und zwar Null wegen f\dM = g\dM und dM ^ 0 ) oder x0 und x\ müssen nach dem Maximumprinzip, angewandt auf die harmonische Punktion / — g, im Rande dM liegen, so daß aus f\dM = g\dM wiederum 0 < f(x) - g{x) < 0 für alle x e M folgt. G
10.7 Das Flächenelement in den Koordinaten der Fläche Nach diesen Anwendungsbeispielen wenden wir uns noch einmal dem praktischen Umgang mit der Vektoranalysis zu: Wie rechnet man mit Linien- und Flächenelementen in lokalen Koordinaten der Fläche oder Linie? Das Integral einer fc-Form über das Gebiet einer orientierungserhaltenden Karte einer fc-diM2 mensionalen orientierten Mannigfaltigkeit ist einfach das gewöhnliche Mehrfachintegral über die heruntergeholte Komponentenfunktion, wie wir aus Kapitel 5 wissen. Wie sieht das für die Formen a • ds und b • dF der Vektoranalysis konkret aus? t))-Ebene — Zunächst ist als eine Besonderheit der vektoranalytischen Situation zu beachten, daß die Bezeichnungen x1 ,x2,x3 für die 102. Koordinatenbenennun S Koordinaten des M3 verbraucht sind und wir deshalb für die lokalen Koordinaten einer Fläche M2 C M andere wählen müssen, etwa (ul,u2) oder (u,v). Ferner ist es in der Vektoranalysis günstiger, die Koordinaten auf der Fläche durch eine Abbildung "von unten nach oben" einzuführen, das heißt ip := h~x statt h zu betrachten. Wegen M2 C K3
182
Kapitel 10. Klassische Vektoranalysis
ist
v
dx
N = ar
V du ' dv I ~
Wdu
A
Fig. 104. Die Orientierungsnormale der Fläche
dv
D
Die Zweideutigkeit der Notation u, v kommt uns hier wieder bestens zustatten. Einerseits können wir u, v als die Koordinatenfunktionen auf U C M2 auffassen, •%- und •§- als Vektorfelder c>u
auf U und du, dv e £1LU. In diesem Sinne ist dann also dF\U= \ou bzw. dF\U =
(^x^ ov dx du
dx du /\dv 6 dv
10.7 Flächenelement in Koordinaten
183
das Flächenelement als 2-Form auf U. Andererseits aber können wir u, v als die Koordinaten in G lesen, dann ist dx du
dx dv
auf G bereits die fix und fertig heruntergeholte Komponentenfunktion von dF, woraus insbesondere folgt Korollar 2: Ist ferner tp : M2
eine Funktion, so gilt dx du
J\pdF = JJiP(x(u,v)) U
dx dudv, dv
G
sofern dieses Doppelintegral existiert.
D
Diese Koordinatenformel für das "Oberflächenintegral" wird in der Vektoranalysis meist der Definition zugrunde gelegt, und es ist deshalb wichtig zu bemerken, daß dieselbe Formel auch für eine orientierungsumkehrende Karte richtig ist bzw. auch bei Neuorientierung von U richtig bleibt. Zwar ändert ein Orientierungswechsel bei gleichbleibendem Integranden das Vorzeichen des Integrals, aber unser Integrand bleibt ja gar nicht gleich, sondern das Volumenelement dF ändert bei Orientierungswechsel ebenfalls das Vorzeichen. Wenden wir uns nun den Linienelementen ds und ds zu, so finden wir analog: Notiz: Sei M1 C R3 eine orientierte Linie (eindimensionale Untermannigfaltigkeit) im Raum, und auf einem Intervall / c R sei durch t — i > x(t) das Inverse einer orientierungserhaltenden Karte (U,h) gegeben. Dann gilt an jeder Stelle p = x(t) e U: D ds(ft)=x(t), T =-x(t)/\\x \t)\\ und ds{ft) Wiederum ist also ds\U= | ds\U = xdt
\t e T211/" (TT
bzw. in)3\
184
Kapitel 10. Klassische Vektoranalysis
insbesondere ist an jeder Stelle x(t): ds = V ' i 1 ( i ) 2 + i 2 ( t ) 2 + i 3 ( t ) 2 dt, und für das Linienintegral gilt
Korollar 3: Für jede Orientierung von U bleibt ipds=
(ip{x{t))\\x'{t)\\ dt J
u
i
richtig, da bei einem Orientierungswechsel von U auch die Volumenform ds das Vorzeichen wechselt. ü
Lassen Sie es sich nicht verdrießen, vom klassischen Stokes'schen Satz nach den Erwähnungen in 10.3 und 10.5 nun eine dritte Fassung zu vernehmen, es hat eine besondere Bewandtnis damit. Es bezeichne dafür jetzt G einen glatt berandeten beschränkten Bereich der (w,i;)-Ebene, in unserer Sprache also eine kompakte berandete 2-dimensionale Untermannigfaltigkeit des R 2 . Der Rand von G besteht aus einer oder mehreren, sagen wir r geschlossenen Linien, die gemäß der Orientierungskonvention orientiert sind, sie mögen durch einfach geschlossene Kurven ^H:[ai,ßi]
— > dG, t ^
(in(t),Vi(t)),
i —
l,...,r
orientierungsgerecht parametrisiert sein. Korollar 4: Ist X c M3 offen und a ein differenzierbares Vektorfeld auf X, so gilt für jede differenzierbare Abbildung x — x(u, v) von G in X:
jj (rota(x(u, v)))- ( ^ x -£} dudv G ßi
r i=\
r
/
d
— x(ui(t),Vi(t))dt.
10.8 Das Flächenelement des Graphen
185
Die versprochene besondere Bewandtnis mit dieser Fassung des Satzes besteht aber darin, daß die Abbildung G —>• X keineswegs eine Einbettung, also ein Diffeomorphismus auf eine Untermannigfaltigkeit M C X sein muß, sondern irgend eine differenzierbare Abbildung X sein darf, auch eine solche, bei der G ganz zerknittert, singulär und selbstdurchdrungen in X ankommt! Ein neuer, beweisbedürftiger Satz steckt aber nicht dahinter, sondern nur die Anwendung des allgemeinen Satzes von Stokes auf G statt auf ein M C X. Setzen wir nämlich w :— a- ds e fl^X, so besagt die Formel des Korollars 4 einfach JG d(cp*üj) = faG (p*uj.
10.8 Das Flächenelement des Graphen einer Funktion von zwei Variablen Von besonderem Interesse ist der Spezialfall, daß U der Graph einer differenzierbaren Funktion z = z(x, y) ist. Dann sind u := x\U und v :~ y\U die Koordinaten der kanonischen Karte h. Die inverse Karte oder "Parameterdarstellung" G -^- U ist dann durch x — x,y
= y und z = z(x,y)
gege-
ben, und deshalb sind die tangentialen Basisvektoren
Fig. 105. Tangentialbasis am Graphen
und
der Betrag ihres Kreuzproduktes daher X
C
Korollar: Unabhängig von der Orientierung gilt für eine Funktion if; : U —> M auf einem Graphen U:={(x,y,z(x,y))\(x,y)eG} einer differenzierbaren Funktion z = z(x,y) aufeiner in M2 oder
186
Kapitel 10. Klassische Vektoranalysis
.2__ offenen Menge G:
^ + (§l:)2 + (§l)2 dxdy, U
G
sofern dieses Doppelintegral existiert. Insbesondere ist der Flächen.inh.alt von U
G
D
10.9 Der Integralbegriff der klassischen Vektoranalysis Ganz zum Schluß dieses Kapitels kommen wir jetzt noch einmal auf die Erage zurück, wie denn nun eigentlich die klassische Vektoranalysis ihrerseits die Integration auf Mannigfaltigkeiten — in der Hauptsache also das Flächenintegral — auffaßt, wenn sie von DifFerentialformen keinen Gebrauch macht? Ich hatte schon eingeräumt, daß unsere Interpretation der Linien- und Flächenelemente ds und dF als die kanonischen Volumenformen orientierter Linien und Flächen nicht ganz authentisch ist. Was wäre denn die authentische Auslegung? Das echte, unverfälschte Flächenelement dF der klassischen Vektoranalysis ist für jede Fläche im Raum (analog für jede kdimensionale Untermannigfaltigkeit Mk c M.n) erklärt, mit Orientierung oder Orientierbarkeit hat es gar nichts zu tun. Es ordnet aber jedem p e M nicht eine alternierende 2-Form, sondern eine Dichte dFp : TPM x TpM > M+ zu (vergl. 5.1), dFp antwortet auf ein Paar (v,w) von Tangentialvektoren am Punkte p nämlich einfach mit dem elementargeometrischen Flächeninhalt des Parallelogramms, für M2 C M.3 also dFp(v,w) = \\v x w\\.
10.9 Der Integralbegriff
187
Ist M tatsächlich orientiert, so hängt die Volumenform U>M mit dem Flächenelement dF durch dF(v,w) = \wM(v,w)\ zusammen. Stellen wir uns wieder wie in 5.2 vor, daß dF näherungsweise so auch auf kleine Maschen antwortet, so ist intuitiv klar, was das Integral
jfäF M
einer Punktion / : M —> M über eine beliebige, nicht notwendig orientierte oder auch nur orientierbare Fläche bedeutet. Einer formalen Definition legt man die lokale Formel dx
dx
dudv
zugrunde (vergl. Korollar 2 in 10.7). Steht das Lebesgue-Integral für M2 zur Verfügung, so ist die allgemeine Definition von Integrierbarkeit und Integral fM fdF wie in 5.4 mittels Zerlegung von M in kleine meßbare Mengen anwendbar, mit der zusätzlichen Bequemlichkeit, daß man sich um das Orientierungsverhalten der verwendeten Karten nicht zu kümmern braucht. Durch A i
> / dF e [0,oo] JA
ist dann übrigens ein Maß \iu auf der
188
Kapitel 10. Klassische Vektoranalysis
nichtorientierbaren Fall ohne zusätzliche Betrachtungen direkt anwendbar zu sein. Sie hat aber den Nachteil der Dichten, daß die Integranden fdF eben keine Differentialformen sind und sich deshalb nicht ohne weiteres in den Cartanschen Kalkül einfügen. Die in den Integralsätzen unentbehrliche Orientierung erscheint dann in Gestalt des Orientierungsnormalenfelds N, was natürlich im Hinblick auf die Verallgemeinerung auf beliebige Mannigfaltigkeiten, ja schon auf Flächen M 2 C R zum Beispiel, nicht gerade eine zukunftsweisende Codierung der Orientierung ist. Aber wie immer Sie die Unterschiede zwischen dem alten Flächenelement dF und der Volumenform % e fl2M beurteilen, ich hoffe diese Abweichungen jedenfalls ganz durchsichtig gemacht zu haben. Allerdings ist auch diese Beschreibung des FlächenintegralBegriffes der klassischen Vektoranalysis geschönt. Die zum Teil heute noch verwendeten Lehrbücher, welche die klassische Vektoranalysis klassisch darbieten, benutzen weder das LebesgueIntegral noch Zerlegungen der Eins. Zur Definition des Oberflächenintegrals erhält der Leser zweierlei: erstens eine Plausibilitätsbetrachtung, welche zeigt, daß lokal
J fdF = JJ f(x(u,v))
dx dx dudv x du dv
G
die richtige Formel sei und zweitens die Anweisung, er möge seine Fläche geeignet in "Flächenstücke" zerschneiden, auf welche die Formel jeweils anwendbar ist, was mit Rücksiclit auf den ZUJ Verfügung stehenden Doppelintegral-Begriff gewisse ad hoc-Bedingungen über stückweise Glattheit der Ränder dieser Flächenstücke mit einschließt. Nach sauberen Definitionen und Beweisen darf man nicht fragen. Schon was überhaupt eine Fläche sei, wird gewöhnlich nicht ordentlich beantwortet. Das Flächenelement wird in der jeweiligen Notation als dF =
dx du
dx dv
dudv
angegeben, und über dessen Status als mathematisches Objekt erfährt der Leser, das sei ein "Ausdruck", ein "Symbol". Diese allenfalls noch akzeptable, wenn auch etwas kahle Auskunft erweist
10.10 Test
189
sich aber gleich darauf als überholt, denn nun wird dieses Symbol in andere Koordinaten umgerechnet, in eine andere Form gebracht — ein Gleichheitszeichen zwischen ganz verschieden aussehenden "Symbolen"? Die angeblichen Beweise für die Zerschneidbarkeit der Fläche und die Wohldefiniertheit des Integrals sind bloße Beweisskizzen, und zwar Skizzen, deren wirkliche Ausführung Monster hervorbringen würde. Begrifflich und beweistechnisch ist die klassische Vektoranalysis eben nicht nur viel enger, sondern auch in diesem engeren Bereich viel unbeholfener als die Analysis auf Mannigfaltigkeiten. Ein Anwender, der sowieso nur über eine Kugeloberfläche oder einen Zylindermantel integrieren will und dessen wissenschaftliches Interesse auf etwas ganz anderes, nämlich auf den physikalischen Inhalt der Gleichungen gerichtet ist, kann natürlich mit einer plausiblen, rechenbaren Formel ganz gut bedient sein. Wenn Sie aber als Mathematiker die Struktur der Vektoranalysis durchschauen möchten, dann haben Sie von jenen im 19. Jahrhundert beheimateten, noch heute gravitätisch einherschreitenden Lehrbüchern wenig zu erwarten.
10.10
Test
(1) Welchem Vektorfeld v — (v\,V2,vs) im R3 entspricht die 2-Form xdz A dy ? D tf = (-z,0,0)
G u = (0,x,-x)
D tT=(0,-a;,a;)
(2) Es bezeichne wie üblich r : R \ 0 —> R den Abstand vom Nullpunkt. Welcher 1-Form u> e Q^R^xO) entspricht das radial nach außen gerichtete Einheitsvektorfeld ? r
r2
(3) Es gilt stets D grad rot = 0
D rot grad = 0
D div grad = 0.
190
Kapitel 10. Klassische Vektoranalysis
(4) Als Integrand beim Stokes'schen Integralsatz für ein Vektorfeld v ist anstelle der Punkte in JM2 ... dF — JdM2 v • Tds UrotvxN
D mtv-N
D ||rotu||
einzusetzen. (5) Die Notation V x v der klassischen Vektoranalysis kann, gutwillig gelesen, wohl nur D rotdivw
D graddiviT
D rotv
bedeuten. (6) Nach dem Gaußschen Integralsatz gilt für jede differenzierbare Punktion / : D3 -> R:
° II a SL D
k
(7) Sei / : X —> M auf dem Rande dM der dreidimensionalen Untermannigfaltigkeit M C X konstant. Was bedeutet das für die Normalableitung?
(8) Sei X C E 3 offen und / : X ->• K differenzierbar. Daß für jede Kurve 7 : [tojii] —* X von p nach g die Formel ft x f' (l(t))Af(t) dt = f(q) — f(p) gilt, ist ja sowieso klar. Inwiefern ist sie aber ein Spezialfall des Satzes fM duj = JQM UJ von Stokes? Setze DM:=Iund ui := f
D M:=[to,ii] und OJ :— 7 * /
(9) Das Linienelement ds des Graphen { (x, ausgedrückt durch die Koordinate x, heißt
•
M :=[tQ,ti] und ui := /
10.11 Übungsaufgaben
191
(10) Wie heißt das Flächenelement dF e Q,2S2 der wie üblich orientierten 2-Sphäre, ausgedrückt in den geographischen Winkelkoordinaten (östliche) Länge A und (nördliche) Breite ß ? D sinßdßAdX
10.11
D cosßdXAdß
D
sinßdXAdß
Übungsaufgaben
37: Sei X C R3 offen. Es seien V(X) ^ tfX S Q2X und Ü°X = £13X die durch die Basisfelder bzw. -formen AUFGABE
dud2, d3 für dx1, dx2, dx3 für O a X dx2Adx3, dx^Adx1, dxlAdx2 und (ia;1^
für Q,2X
hergestellten Isomorphismen. Wenn man 1- und 2-Formen auf diese Weise durch Vektorfelder und 3-Formen durch Funktionen beschreibt, was wird dann aus dem äußeren Produkt? AuFGABE 38: Sei X C M3 offen. Für differenzierbare Funktionen / und Vektorfelder v and w auf X finde man vektoranalytische Produktformeln (a) (b) (c) div(i7 x w) =? durch Übersetzung in den Differentialformenkalkül. 39: Es sei M c M2 eine kompakte berandete 2-dimensionale Untermannigfaltigkeit. AUFGABE
(a) Man beweise die Greensche Formel gdy=
/ (—)dxdy dy' JM dx (b) Was ist die geometrische Bedeutung der Integrale JdM x dy JQM'
u n d
!dMydxl
192
Kapitel 10. Klassische Vektoranalysis
AUFGABE 40: Bekanntlich gilt JDS dV = | fg2 dF. Man finde und beweise eine Verallgemeinerung dieser Formel für Dn und Sn~l, n> 1.
41: Es sei M c R 3 eine 3-dimensionale kompakte berandete Untermannigfaltigkeit und pi,...,pn e M \ 9 M . Man bestimme AUFGABE
n
10.12
Hinweise zu den Übungsaufgaben
Zu AUFGABE 37: In 10.3 haben wir die Cartansche Ableitung in die klassische Vektoranalysis "übersetzt", hier sollen Sie es mit dem Dachprodukt machen, also die drei durch das Dachprodukt gegebenen Abbildungen Ü1X x Ü1X Q}X x Ü2X ÜXX x Q}X x VtlX
> Q2X >• O 3 X > Q3X
in entsprechende Verknüpfungen der Vektorfelder umrechnen, z.B. für die erste Zeile das Diagramm
I" V(X) x V(X)
> V{X)
kommutativ ergänzen. — Man kann das natürlich ganz formal ausrechnen, soll aber möglichst auch erkennen, was dabei herausgekommen ist. Zu AUFGABE 38: Dies ist eine Fortsetzung von Aufgabe 37, deren Ergebnisse man benutzt. In (a) haben wir zum Beispiel das
10.12 Hinweise zu den Übungsaufgaben
193
Diagramm
n°x x nxx —-—• nxx —-—• n2x
1 v(x) ——»• v(x)
rot
> v(x)
mit den üblichen Übersetzungsisomorphismen nach oben zu betrachten. Oben kennen wir uns aus, denn im Differentialformenkalkül genügt eine Produktformel, sie heißt für u> e QrX stets d(u> AT?) = dui AT] + (—l)ru) A dr\.
Zu AUFGABE 39: Hier sind / und g etwa auf einer offenen Umgebung X C R2 von M als differenzierbar gegeben zu denken. Natürlich ist die Aufgabe irgendwie eine Anwendung des Satzes von Stokes, und links in (a) steht ja auch ein Integral der Form fdMu>. Beachte aber, daß rechts nicht JM dui steht: dxdy ist kein Druckfehler für dx A dy\ Die Aufgabe verlangt gleichzeitig, daß man auf die Definition des Integrals über eine 2-Form in dieser speziellen Situation Bezug nimmt. In beiden Teilaufgaben muß man auch auf das Vorzeichen achten! Zu AuFGABE 40: Welches Vektorfeld b auf einer Umgebung von D3 soll man wohl wählen, damit die Formel in der Aufgabe_gerade die Aussage des Gaußschen Integralsatzes JD3 div b — J9D3 b-NdF wird? Hat man dieses b erst einmal gefunden, dann ist auch die Verallgemeinerung ganz naheliegend. Zu AUFGABE 41: Die Physiker unter Ihnen werden den Integranden kennen: ^- ist der negative Gradient der harmonischen Funktion i . Wer das hier zum ersten Mal erfährt, sollte es einmal nachxechnen. — So wird die Aufgabe also zu einer Anwendung der Gauß- oder Greenschen Formel
f AfdV= f JM3
Vf-dF
JdM3
(Korollar 1 in 10.5). Aber nicht so direkt, denn unser Integrand hat isolierte Singularitäten! Am besten legt man kleine Kugeln darum, ähnlich dem Vorgehen beim Residuensatz in der Funktionentheorie.
11
Die de Rham-Cohomologie
11.1 Definition des de Rham-Funktors Von der klassischen Vektoranalysis wenden wir uns jetzt einem ganz anderen Aspekt des Differentialformenkalküls zu. Betrachten wir den de Rham-Komplex 0-> fi°AT-^ fi^AT-i • • • einer Mannigfaltigkeit M. Die Komplexeigenschaft d o d = 0 bedeutet, daß für jedes k Bild (d : ük~lM
-> ükM) c Kern (d : ÜkM -> O*+1M)
gilt, und wir können deshalb den Quotienten dieser beiden Vektorräume bilden. Definition: Ist M eine Mannigfaltigkeit, so heiße der Quotientenvektorraum k
=
die k-te de Rham- Cohomologiegruppe von M. Die Cartansche Ableitung d wird auch der Corand- Operator genannt, die Differentialformen im Bild eines d heißen Coränder, die im Kern Cozykeln. Ist r\ e Q,kM ein fc-dimensionaler Cozykel, so heißt seine Nebenklasse [rj] :=r] + dnk-lM die Cohomologieklasse von r/.
e HkM D
11.1 Der de Rham-Funktor
195
Die Ausdrücke Ränder, Zykeln und Homologieklasse, auf die hier angespielt wird, stammen aus der Homologietheorie. Dort sind es gewisse "Ketten" c, welche einen "Rand" dc haben und "Zykeln" genannt werden, wenn dieser Rand verschwindet. Zwei Zykeln heißen homolog, wenn sie sich nur um einen Rand unterscheiden. Wir können hier nicht näher darauf eingehen, aber dem geometrischen Inhalte nach entspricht die Randbildung in der Homologietheorie der Randbildung bei den kompakten berandeten Mannigfaltigkeiten, was auch die vom eindimensionalen Fall übernommene Bezeichmmg "Zykel" für die unberandeten Ketten erklärt. Da nun die Cartansche Ableitung in dem Sinne dual zur Randbildung ist, daß die Wirkung von da gerade die Randwirkung von a ist, wie in Kapitel 7 ausführlich beschrieben, wird die Bezeichnung "Co-Rand-Operator" für d verständlich. Lemma und Definition: Das Dachprodukt und die funktoriellen Eigenschaften des de Rham-Komplexes machen oo
H* := 0 Hk fe=o
in kanonischer Weise zu einera kontravarianten Funktor von der differenzierbaren Kategorie in die Kategorie der antikommutativen graduierten Algebren und ihrer Homomorphismen. Dieser Funktor H* heiße die de Rham-Cohomologie schlechthin. BEWEIS: Wir zeigen zuerst, daß durch [LÜ] A [ T ) ] :•= [ W A J J ]
das Dachprodukt HrM x HSM A Hr+SM wohldefiniert ist. Ersichtlich ist mit ui und r\ auch u) A r] ein Cozykel, denn aus dto = 0 und dr] = 0 folgt d(oj A rj) — dui A 77 + (—l)ro; A dr) — 0. Bleibt oBdA zu prüfen, daß stets [(LÜ + da) f\rj]~[uj
A 77],
also da ATJ ein Corand ist. Wegen drj = 0 ist aber d{a ATJ) = da A r\ + (—l)r~la A drj = da ATJ,
196
Kapitel 11. Die de Rham-Cohomologie
das Dachprodukt eines Corandes mit einem Cozykel ist daher stets ein Corand, also ist das Dachprodukt auch für die Cohomologieklassen wohldefiniert. — Ist ferner / : M —> N eine differenzierbare Abbildung, so ist /* : HkN
M>
> HkM
durch
>[f*v]
wohldefiniert, wie aus der Natürlichkeit von d (vergl. 8.6) sofort folgt. — Die algebraischen und Funktoreigenschaften übertragen sich nun von O* (vgl. 8.7) auf H*. •
11.2 Einige Eigenschaften Was können wir aus dem Stegreif zur Berechnung der de RhamCohomologie beisteuern? Zunächst die ganz triviale Bemerkung Notiz: Ist M eine n-dimensionale Mannigfaltigkeit und k > n, D so ist HkM = 0, denn dann ist ja sogar £lkM — Q. Außerdem kennen wir natürlich die O-Cozykeln, also die Punktionen / e Q°M mit df — 0: das sind die lokal konstanten reellen Punktionen, Corand ist nux die Null, also: Notiz: H°M ist der Vektorraum der lokal konstanten Funktionen, insbesondere ist für zusammenhängendes M kanonisch H°M = R. D Ferner erhalten wir aus dem Satz von Stokes noch eine Aussage über das andere Ende der de Rham-Sequenz, nämlich Korollar aus dem Satz von Stokes: Ist M eine orientierbare, geschlossene (d.h. kompakte und unberandete) n-dimensionale Mannigfaltigkeit, so ist HnM ^ 0. BEWEIS: Orientiere M und wähle r\ e ünM mit JMri ^ 0, etwa mittels Karte und Buckelfunktion. Wie jede n-Form ist rj wegen
11.2 Einige Eigenschaften
197
Ün+1M = 0 ein Cozykel, aber r\ ist kein Corand du, denn sonst wäre nach dem Satz von Stokes j M r\ — JM dio = JdM ui = 0, da D nach Voraussetzung dM = 0 ist. Also gilt [77] ^ 0 e HnM. Sehen wir schließlich nach den Morphismen, so können wir außer den Funktoreigenschaften über /* = Hkf : HkN —> HkM noch notieren Notiz: Für konstantes f : M -> N ist Hkf = 0 für alle k > 0, und fär zusammenhängendes M und N ist H°f : M —> K die Identität für jedes f. • Soweit die karge Ausbeute direkter Inspektion. In den folgenden beiden Abschnitten werden wir aber einen wichtigen nichttrivialen Sachverhalt beweisen: die Homotopie-Invarianz der de Rham- Cohomologie. Definition: Es seien M und N differenzierbare Mannigfaltigkeiten. Zwei differenzierbare Abbildungen f,g : M ^- N heißen differenzierbar homotop, wenn es eine differenzierbare Homotopie h zwischen ihnen gibt, d.h. eine differenzierbare Abbildung h: [0,1] xM > N mit h(0,x) — f(x) und h(l,x) — g(x) für alle x e M.
D
Da M und N wie immer auch berandet sein dürfen, sei ausdrücklich angemerkt, daß wir eine auf einer in [ 0,1 ] x M" offenen Teilmenge U definierte Abbildung
• Mn differenzierbar nennen wollen, wenn es um jedes u e U eine in M™+1 ofFene Umgebung Vu gibt, auf die sich tp\U n Vu differenzierbar ausdehnen läßt. Satz (Homotopie-Invarianz der de Rham-Cohomologie): Sind M,N Mannigfaltigkeiten und f,g : M —> N zwei differenzierbar homotope Abbildungen, so gilt f* =g* : HkN für alle k.
> HkM
198
Kapitel 11. Die de Rham-Cohomologie
Was ich zum Homotopiebegriff im allgemeinen und der Bedeutung der Homotopie-Invarianz für Funktoren aus geometrischen in algebraische Kategorien im besonderen eigentlich jetzt noch sagen möchte, steht in [J:Top], Kap. V.
11.3
Homotopieinvarianz: Aufsuchen der Beweisidee
Ich möchte Ihnen nicht nur zeigen, wie der Beweis aussieht, sondern auch, wie man ihn finden kann. Sei also u> ein kdimensionaler Cozykel auf N. Wir sollen beweisen, daß [f*u] = [g*cü} € HkM gilt, d.h. daß sich die beiden Cozykeln f*co und g*oj nur um einen Corand da unterscheiden. Gesucht ist daher ein a e £lk~xM mit g*u; — f*u) = da.
Soweit die Aufgabe. Nun mustern wir unsere Mittel. Die einzige Vbraussetzung ist die Existenz einer differenzierbaren Homotopie zwischen / und g, d.h. einer differenzierbaren Abbildung h von dem Zylinder [ 0,1 ] x M über M nach N, die auf dem Boden 0 x M mit / und auf dem Deckel 1 x M mit g übereinstimmt, oder etwas förmlicher gesagt: hoi0 = f hot1=g, wenn tt : M ^-> [0,1 ] x M die durch tt(x) := (t, x) definierte Inklusion in die Höhe t des Zylinders bezeichnet.Dementsprechend stimmt dann auch der [0, ljxM induzierte Cozykel h*oj j\f auf dem Boden mit f*u> und auf dem Deckel mit g*uj überein, oder genauer:
Ö
hier lebt w
Fig. 106. Die Homotopie h zwischen hoi0=f und hoLt=g.
^ t\h
=• f*u> ^ Lü = g Lü.
11.3 Homotopieinvarianz
199
Nachdem wir nun alles aufgeführt haben, was sich von selbst versteht, müssen wir unser zuversichtlich.es Niederschreiben des Beweises vorerst unterbrechen, um nach einer Idee für die Konstruktion von a zu suchen.
Der Cozykel h*u> auf [0,1 ] x M stellt ja doch wenigstens eine Art von Verbindung zwischen f*uj und g*u> her. Die vage Vorstellung, h*u> irgendwie zur DefLnition des gesuchten a e f2fc~1M benutzen zu wollen, ist wohl naheliegend genug. Wovon sonst könnten wir ausgehen? Also müssen wir die Beziehung von h*co zu f*u und g*ui genauer ansehen. Sei r eine orientierte fc-Masche in M, also [ 0,1 ] x r c [ 0,1 ] x M der Zylin1xr der oder das Prisma über r. Wie jeder Cozykel muß h*u> auf den orientierten Rand von [0,1 ] x T mit Null antworten:
/ "'"= I h*w =
9([0,1]XT)
I
dh*uj = 0, 0xr
[0,1]XT
Fig. •i
77 *
rx • ,
i-N
i-.
i i
, i ,
i
107.
Prisma über
Das der
weü dn ÜJ = ü lst. Der Kand besteht aber fc-Masche r aus Deckel, Boden und Seitenteilen. Dabei sind Deckel und Boden entgeSeitenteile, gengesetzt orientiert. Weil nun h auf Deckel dem Deckel durch g, auf dem Boden durch / gegeben ist, gilt also
f
Boden
h*LÜ.
/
[0,1]
XÖT
Fig. 108. 9([0,l]xr) =
[0,l]x9r
Auch das Vorzeichen könnten wir bei genauerem Betrachten der Orientierungen natürlich herausfinden (es ist das positive), aber das wäre jetzt pedantisch. Es kommt doch nur darauf an, eine (k — 1)-Form a e £lk~lM zu finden, deren Corand da auf r so antwortet, wie lXr U Oxr U [ 0 , 1 ] X 8 T .
200
Kapitel 11. Die de Rham-Cohomologie
h*Lü auf [0,1] x dr. Da aber da auf r jedenfalls so antwortet wie a auf dr, wünschen wir uns a = V
/
h*cü
[O,l]xcr
füx jede orientierte (k — 1)-Masche a in M. In Worten: a so/Z an/ <j so antworten, wie h*co auf das Prisma über a. Wir brauchen also nur diese Forderung an a zur Definition von a zu erheben und sind mit dem Beweis intuitiv fertig.
Wie aber verwirklicht man die intuitive Vorstellung eines "Prismenoperators" P:flk([0,1}
y Ük~lM,
xM)
wobei Pr\ durch die Prismenwirkung von r\ gegeben gedacht ist, als präzise Definition? Nun, das Integral J,Q 1 i Xcr '7 ist ja als gewöhnliches Mehrfachintegral über die heruntergeholte Komponentenfunktion erklärt, und durch Ausführung der Integration über die Variable t ergibt sich nach Fubini:
[0,l]X<7
0
wir brauchen also nur l
...,vk-i)
•= /
•n(dt,v1,...,vk-i)dt
J
zu setzen und dürfen aufgrund unserer Herleitung überzeugt sein, daß eine der beiden (k — 1)-Formen a := ±Ph*Lü
unser Problem löst.
11.4 Durchführung des Beweises
201
11.4 Durchführung des Beweises Nachdem wir so die Beweisidee gefunden haben, ist es für die Durchführung des Beweises natürlich am bequemsten, die gewünschte Eigenschaft da = g*u> — f*u>, also dPh*u> = ilh*Lü - t*oh*üj,
einfach nachzurechnen. Betrachten wir statt des speziellen h*w ein beliebiges rj, so wissen wir ja aus der geometrischen Bedeutung der Operatoren d und P, daß Pd-q auf eine orientierte fc-Masche r in M wie r\ auf den Rand des Prismas über r antworten wird, da dieser Rand aus Boden und Deckel und den Seitenteilen besteht, haben wir also (vielleicht bis auf's Vorzeichen) Pdr\ = (i\ri - LQT]) -
dPrj
zu erwarten. Schreibweise: Die durch Einsetzen eines Vektors v auf den ersten Variablenplatz einer fc-Form r/ entstehende (k — 1)-Form D r](v,...) bezeichnen wir mit i>_i r\. Behauptung: Für den sogenannten
Prismenoperator
P:ük([0,1] xM) —>nk-lM, l
r) i—>• J(dt-i o
r])dt
gilt Pdrj = u\ri — IQT) — dPrj. BEWEIS DIESER BEHAUPTUNG: Die Behauptung ist linear in rj und lokal bezüglich M, also genügt es, in lokalen Koordinaten x1,..., xn für M die beiden Fälle
(1)
r] = a dx^1 A .. .A dxßk und
(2)
?7 = bdt
zu betrachten.
202
Kapitel 11. Die de Rham-Cohomologie
FALL (1): Hier ist Pr\ = 0, weil dt _i r\ = 0, erst recht also dPrj = 0. Ferner gilt A
. . .A
und daher l
Pdrj = (/adi) da^A .. .A o = (a(l, •) - a(0, •)
(2): Jetzt ist IQ7? = ^i*7 = 0, weil i^dt = 0 für jedes feste to • Also haben wir Pcfo? = —dPrj zu zeigen. Es ist FALL
drj= V •7--dxl/\dtAdxtllA...Adxflk-1, i=i 9x* also dt) dxlA j=l 0
Andererseits gilt l
P?7 = (/fedt) da^A .. . o und daher n
1 ßh
dPv = J2(J—dt) dxlA (2)D
Damit ist die Behauptung bewiesen, und ist nun ui ein fe-Cozykel auf A^ und r\ :— h*ui der induzierte Cozykel auf [ 0,1 ] x M, so ist d?? = 0, also auch Pdr) = 0 und wir erhalten g*Lo — f*uj — ilh*u) — /,Q/I*W
11.5 Das Poincare-Lemma
203
und haben also gezeigt: Lemma: Ist u> ein Cozykel und h eine Homotopie zwischen f und g, so unterscheiden sich die Cozykeln g*ui und f*w nur um den Corand d(Ph*u>). Der Satz von der Homotopieinvarianz der de Rham-Cohomologie ist damit bewiesen. D
11.5 Das Poincare-Lemma Nun wollen wir eine Serie von Korollaren der Homotopieinvarianz einernten. Die Homotopien sind immer differenzierbar gemeint. In der Tat sind stetig homotope differenzierbare Abbildungen immer auch differenzierbar homotop, wie ein geeigneter Approximationssatz zeigt, und in der Homotopieklasse einer stetigen Abbildung / : M —> N sind stets auch differenzierbare Repräsentanten zu finden. Deshalb ist die de Rham-Cohomologie sogar auf der Kategorie der differenzierbaren Mannigfaltigkeiten und stetigen Abbildungen wohldefiniert und homotopieinvariant, worauf wir aber hier nicht näher eingehen wollen. Weil eine von einer konstanten Abbildung induzierte fc-Form für k > 0 nur Null sein kann (vergl. 8.3) folgt zunächst Korollar 1: Ist f : M —> N nullhomotop, d.h. homotop zu einer konstanten Ahbildung, so ist f* : HkN —> HkM für alle k>l die Nullabbildung. D Korollar 2: Ist M zusammenziehbar, d.h. ist Idjf : M —> M nullhomotop, so ist HkM — 0 für alle k > 1. BEWEIS: Id^ : HkM —>• HkM ist wegen der Funktoreigenschaft die Identität, nach Korollar 1 aber auch Null. ü Korollar 3: Auf einer zusammenziehbaren Mannigfaltigkeit ist jeder positivdimensionale Cozykel ein Corand, d.h. aus UJ e Q,kM, k > 0 und du> = 0 folgt, daß es ein a e fifc-1M mit da ~ u> gibt. D
204
Kapitel 11. Die de Rham-Cohomologie
Korollar 4 (Poincare-Lemma): Für beliebige Mannigfaltigkeiten M gilt: Lokal ist jeder positiv-dimensionale Cozykel ein Corand, d.h. umjeden Punkt gibt es eine offene Umgebung U, in der zu jedem ui e QkM mit k > 0 und du> = 0 ein a e Vfi^U ü mit da = co\U existiert. Jede zusammenziehbare offene Umgebung U von p, z.B. jede offene "Kartenkugel" leistet ersichtlich das Gewünschte. — Auch ein anderer Spezialfall von Korollar 3 wird oft PoincareLemma genannt und soll deshalb eigens mit aufgeführt werden: Korollar 5: Ist X C M™ offen und sternförmig, so ist jeder positiv-dimensionale Cozykel auf X ein Corand. D Dieser Fall verdient auch ein besonderes Interesse, und zwar aus folgendem Grund. Wenn eine "Zusammenziehung" einer Mannigfaltigkeit M, also eine differenzierbare Abbildung h:[0,l]xM ho — const
>M
mit
und
explizit gegeben ist, dann haben wir aus dem am Schluß des Beweises der Homotopieinvarianz formulierten Lemma auch eine explizite Integralformel dafür, wie man zu jedem Cozykel LJ auf M eine Form a mit da = ui finden kann, eine "Stamm-Form" a, wie man in Anlehung an den Ausdruck "Stammfunktion" sagen könnte: duj = 0 =*> d(Ph*to)
= LÜ,
also ist a = Ph*u> eine Stammform von u). Ein bezüglich XQ e X sternförmiges Gebiet X C M.n besitzt nun die allereinfachste Zusammenziehung, nämlich das gradlinige h(t, x) := x0 + t(x - x0).
11.5 Das Poincare-Lemma
205
Deshalb kann man die Stammform eines Cozykels ui e QkX auch ganz explizit hinschreiben. Sei oBdA XQ = 0, also h(t,x) = tx, und
An jeder Stelle (£, x) e [0,1 ] x X ist dann
h*dx^ = dhTx» = afdt + Da außerdem dt(dt) = 1 und dx^(dt) = 0 auf [0,1] x X gilt, erhalten wir daraus
1
und da Ph*u als f(dt—ih*üj)dt definiert war (vergl. 11.4), so o ergibt sich: Korollar 6 ("Stammformformel"): Sei X C R n eine bezüglich XQ = 0 sternförmige offene Teilmenge und u> e flkX ein Cozykel, d.h. dtü = 0. Setzt man dann a:=
E
E(-l)'~ 1 (/* fe ~ 1 ^ 1 .. w (te)d*)x" i da^ 1 A..T..Ada;'' fc ,
ßi<--<ßk i=l
so giJt da = w.
0
D
Man könnte da = ut natürlich direkt und mechanisch nachrechnen und erhielte so einen einfachen, eleganten und völlig unverständlichen Beweis des Poincare-Lemmas für sternförmige Gebiete. — Im Abschnitt 10.3 hatten wir gesehen, wie die drei CartanAbleitungen des de Rham-Komplexes einer offenen Teilmenge des R3 der Reihe nach den Operatoren Gradient, Rotation und Divergenz entsprechen. Ubersetzen wir daher das Poincare-Lemma in die klassische Vektoranalysis, so erhalten wir
206
Kapitel 11. Die de Rham-Cohomologie
Korollar 7: Ist die offene Teilmenge X c K3 zusammenziehbar (zum Beispiel sternförmig) so gibt es auf X (1) zu jedem Vektorfeld a mit rota = 0 eine Funktion f mit grad/ = a, (2) zu jedem Vektorfeld b mit div b — 0 ein Vektorfeld a mit rot a = b und (3) zu jeder Funktion c ein Vektorfeld b mit divb = c. D
11.6 Der Satz vom stetig gekämmten Igel "Ein stetig gekämmter Igel hat mindestens einen Glatzpunkt". Diese bildhafte Merkfassung hat sich für den Satz eingebürgert, daß es auf einer geradedimensionalen Sphäre kein nullstellenfreies Vektorfeld geben kann. Es ist zunächst nicht zu sehen, was die Fragestellung mit dem Differentialformenkalkül zu tun haben soll. Muß man vielleicht das Vektorfeld als (n — 1)-Form interpretieren oder so etwas? Keineswegs, auf die Differentialformen kommt es eigentlich dabei gar nicht an: der Beweis ist eine Kostprobe für homologisches Schließen und kann ähnlich auch mit anderen Homologie- oder Cohomologietheorien durchgeführt werden. Sei M eine orientierte geschlossene n-dimensionale Mannigfaltigkeit. Nach dem Satz von Stokes ist HnM
> M,
[aj]»fMw
eine wohldefinierte lineare Abbildung, da ja JM da = J0 a = 0 gilt. Wegen der Homotopie-Invarianz von / * : HnN —> HnM ist natürlich erst recht die Zusammensetzung von / * mit JM homotopie-invariant: Korollar: Ist M eine n-dimensionale geschlossene orientierte Mannigfaltigkeit, so ist die für alle f : M —> N erklärte Zusammensetzung HnN homotopie-invariant.
- ^
HnM
- ^
R D
11.6 Satz vomlgel
207
Aus diesem Korollar, angewandt auf M = N = S2k, werden wir den Igelsatz gleich ableiten, wir wollen deshalb bemerken, daß es leicht direkt aus dem Stokesschen Satz zu bekommen ist: Für eine Homotopie h zwischen / und g haben wir fto - / f*iü = M
M
/
h*tü =
9([0,l]xM)
/
dh*uj = 0,
[0,l]xM
da dh*üo = h*dui = 0 wegen dui = 0 gilt. Trotzdem ist die Aussage als Korollar der Homotopie-Invarianz der de Rham-Cohomologie schon am systematisch richtigen Platz. — Doch nun zur Anwendung: Satz: Jedes differenzierbare Vektorfeld auf einer gerade-dimensionalen Sphäre hat mindestens eine Nullstelle. BEWEIS: Sei v ein nirgends verschwindendes Vektorfeld auf Sn, zunächst für beliebiges n. Für jedes x e Sn können wir v(x) als einen Wegweiser zum antipodischen Punkt — x e Sn ansehen und erkennen anschaulich sofort, daß die Identität und die antipodische Involution r : Sn —-> Sn, x — i >• — x, homotop sind. Zur förmlichen Bestätigung setze 1) I
h(t,x) :— cos nt x + sinnt
v(x)W
Wegen der Homotopie-Invarianz des Integrals (aus dem Satz von Stokes, s.o.) folgt daraus f T*üJ = S"
Fig. 109. Vekn
Lü
tor v(x) Wegweiser
JS
als
für alle LÜ e QnSn (die Homotopieinvarianz der de RhamCohomologie liefert sogar r*[tv} — [u>])- Andererseits wissen wir, daß für jeden Diffeomorphismus / : Sn = Sn
f JS
U) S"
gilt, wobei das Vorzeichen vom Orientierungsverhalten von / abhängt (vergl. 5.5), so einfach lautete die Transformationsformel
208
Kapitel 11. Die de Rham-Cohomologie
für das Integral von Differentialformen. Die antipodische Abbildung r : Sn —* Sn kehxt die Orientierung aber genau dann um, wenn n gerade ist. Das sieht man z.B. so: Der Diffeomorphismus —Id : Dn+1 —*• Dn+1 führt (durch sein Differential, das überall —IdRn+i ist) für jedes x e Sn die Außennormale N(x) in N(—x) bei —x über, er kehrt die Randorientierung also genau zugleich mit der Gesamtorientierung in Dn+1 um, und letzteres tut er ersichtlich genau dann, wenn n gerade ist. Für gerades n gilt also U!
für alle u>, und da es n-Formen w mit Js„ w / 0 gibt, wäre das ein Widerspruch zur Homotopie-Invarianz, also kann es für gerades n kein solches Vektorfeld v geben. D Dieser schöne, auf mancherlei Arten beweisbare geometrische Satz ist nicht nur für sich genommen interessant, sondern auch Ausgangspunkt und gemeinsamer Spezialfall für verschiedene weitere Entwicklungen (globale Eigenschaften von Vektorfeldern auf Mannigfaltigkeiten, allgemeiner von Schnitten in Vektorraumbündeln, Eulerzahl, charakteristische Klassen, ... ).
11.7 Test (1) Die Cohomologieklasse [rj] C QkM eines Cozykels r/ vom Grade k ist D D D
k
+ Cü Lü G n M, + dtü U) u + UJ dto = drj}
du.; = M }
(2) Mit der Antikommutativität der graduierten Algebra H*M ist die Eigenschaft des Dachproduktes gemeint, daß für alle [u] e HrM und [r/] e HSM gilt: D
MA[J7] = -[77]AM
D [ W ]A[7,] = (-ir+»[7 ? ]A[o;] D
[W]A[I,] =
(-1)"[I/]A[W]
11.7 Test
209
(3) Genau dann ist HkM — 0, wenn D für jedes LO e flkM ein rj e fi^^M existiert, so daß dr\ — LÜ ist.
D für jedes u) e QkM mit dui — 0 ein rj e £lk~xM existiert, so daß dr] = LO ist. D für jedes u> s HkM von der Form ui = drj gilt: dw = 0. (4) Durch die Polarkoordinaten (r, cp) ist auf M :— M2 \ 0 eine 1-Form d3 wohldefiniert. Diese 1-Form ist D Ein Cozykel, weil rfd = 0 ein lokaler Sachverhalt ist. D Ein Corand, weil ip e £l°M ü Kein Cozykel und erst recht kein Corand, weil ip nicht ohne "Sprung" auf ganz R2 \ 0 definiert werden kann. (5) Im Zusammenhang mit dem Prismenoperator hatten wir dt—ioj zu betrachten gehabt. Jetzt sollen x, y und z die Koordinaten in R bezeichnen. Dann ist D dx _i (
210
Kapitel 11. Die de Rham-Cohomologie
D Nein, denn aus f*uj = g*uj für alle Cozykeln folgt schon f = 9D Nein, auf einer zusammenziehbaren Mannigfaltigkeit ist zum Beispiel die Identität homotop zu einer konstanten Abbildung. (8) Es bezeichnen p und q den Nord- und den Südpol der nSphäre Sn, n > 1. Dann gilt: D Sn \ p ist zusammenziehbar, da diffeomorph zu M n . D Sn ist nicht zusammenziehbar, da Hn(Sn) ^ 0. D Sn \ { p, q } ist nicht zusammenziehbar, da die Identität auf S"™"1 über Sn \ {p, q} faktorisiert:
also Hn-1(Sn \{p,q})j^0
sein muß.
(9) Daß jedes divergenzfreie Vektorfeld auf der offenen Teilmenge X c M3 die Rotation eines Vektorfeldes auf X ist, ist gleichbedeutend mit D X zusammenhängend (Poincare-Lemma). D HJX — 0 (Cozykeln sind Coränder). D H2X = 0 (Cozykeln sind Coränder). (10) Gilt der "Satz vom Igel" analog auch für die geradedimensionalen reellen projektiven Räume MP2 ? D Ja, denn S2k —> ~KF ist eine Überlagerung, und jedes Vektorfeld auf MF2k läßt sich zu S2k hochheben. D Nein, z.B. ist in homogenen Koordinaten [x± : x2 : x3] der projektiven Ebene KP 2 durch [xi:x2:a;3] i
>
(xi,x2,x3)/\\x\\
ein nirgends verschwindendes Vektorfeld wohldefiniert. D Nein, denn es gibt Vektorfelder auf S2k, die zwar Nullstellen haben, aber für kein antipodisches Punktepaar { ±x } an beiden Punkten zugleich verschwinden.
11.9 Hinweise zu den Übungsaufgaben
11.8
211
Übungsaufgaben
AUFGABE
42: Man beweise Hl(S2) = 0.
AuFGABE 43: Man beweise direkt aus den Definitionen, daß durch [LÜ] —> fsi<^> ein Isomorphismus H^^S1) = K erklärt ist und schließe daraus weiter, daß dimH^^S1 x S1) > 2 sein muß. 44: Eine Abbildung / : M —>• N heißt eine Homotopieäquivalenz, wenn sie ein Homotopie-Inverses hat, d.h. eine Abbildung g : N —> M so daß / o g und go f homotop zur jeweiligen Identität sind. Die Mannigfaltigkeiten oder Räume M und N heißen dann homotopieäquivalent. Man zeige, daß K3 \ 0 und S"2 homotopieäquivalent sind, S2 und S1 x S1 aber nicht. AUFGABE
11.9 Hinweise zu den Übungsaufgaben Zu AuFGABE 42: Sie müssen zu jeder geschlossenen 1-Form, also zu jedem ui e r21(S'2) mit dui — 0 eine Funktion / mit df = u> finden. Zu diesem Zweck wählt man sich einen Punkt q e S2 , z.B. den Südpol, und definiert
•J *y
J q
wobei 7 einen Weg von q nach x bezeichnet. Glauben Sie nicht, ich hätte damit die Lösung der Aufgabe schon angegeben: jetzt geht die Arbeit ja erst richtig los! Wieso ist / dadurch überhaupt wohldefiniert, weshalb gilt df = u> ? Die lokalen Lösungen der Gleichung df — u>, die man aus dem Poincare-Lemma hat, sind bei diesen Überlegungen eine gute Hilfe. Genauso läßt sicli für jede einfach zusammenhängende Mannigfaltigkeit H^i^M) = 0 beweisen. Für M — S2 kann man sich das Leben aber etwas leichter machen, indem man zum Beispiel das Poincare-Lemma auf die zusammenziehbaren Teilgebiete S2 \ q und S2 \ p von S2 anwendet und die beiden Funktionen miteinander vergleicht.
212
Kapitel 11. Die de Rham-Cohomologie
Zu AUFGABE 43: Für den zweiten Teil der Aufgabe braucht man nur die funktoriellen Eigenschaften von H1 auszunutzen, man betrachte zum Beispiel die durch die Projektionen auf und Inklusionen von den Faktoren gegebenen vier Abbildungen S1
+±
S1 xS1
+±
S1
und wende auf sie den Funktor H1 an. Zu AUFGABE 44: Anfangs, wenn man nur erst die Definitionen kennt, sind solche topologischen Existenzfragen leichter mit Ja als mit Nein zu beantworten, denn wenn die fragliche Sache existiert, dann hat man doch eine Chance, sie zu finden und anzugeben, aber wenn das nicht gelingt: wie kann man sicher sein, daß es gar nicht gehti Später wendet sich das Blatt, weil man Funktoren kennenlernt, die Nichtexistenzaussagen oft kostenlos liefern, während mit expliziten Konstruktionen meist ein gewisser Arbeitsaufwand verbunden bleibt. Beim ersten Teil der vorliegenden Aufgabe hält sich dieser Arbeitsaufwand aber in Grenzen, und ein Funktor, den Sie für den zweiten Teil gebrauchen können, liegt von den anderen beiden Aufgaben her gleichsam noch auf dem Tisch.
12
Differentialformen auf Riemannschen Mannigfaltigkeiten
12.1 Semi-Riemannsche Mannigfaltigkeiten Zur weiteren Entfaltung des Differentialformenkalküls begeben wir uns jetzt auf Riemannsche Mannigfaltigkeiten, wo uns Stern-Operator, Laplace-de Rham-Operator, Hodge-Zerlegung und Poincare-Dualität begegnen werden. Anfangs betrachten wir, etwas allgemeiner, auch semi-Riemannsche Mannigfaltigkeiten. Vor Einführung der Riemannschen und semi-Riemannschen Mannigfaltigkeiten sei an einige linear-algebraische Begriffe und Fakten erinnert: Eine symmetrische Bilinearform <•, •> auf einem nichtentartet, n-dimensionalen reellen Vektorraum V heißt wenn • V* V v
i
>
ein Isomorphismus ist, und das ist genau dann der Fall, wenn die durch 9ßv
'•=
gegebene n x n-Matrix G für eine (dann jede) Basis (vi,..., vn) von V vollen Rang hat. Man kann eine Basis so wählen, daß G die Gestalt \ +1
- i /
214
Kapitel 12. Riemannsche Mannigfaltigkeiten
annimmt, die Anzahl s der Einträge — 1 in der Diagonalen ist unabhängig von der Wahl einer solchen Basis (Sylvesterscher Trägheitssatz) und heißt der Index der symmetrischen Bilinearform. Durch , , q(v) :— ist die zu <•, •> gehörige quadratische Form q : V —> M definiert, aus ihr kann man < •, • > rekonstruieren, da = - (q(v + w)-
q(v) - q(w))
gilt. Das Paar (V,q) oder (V,<•,•>) nennt man auch einen nichtentarteten quadratischen Raum vom Index s, und für s — 0, also im positiv definiten Falle, einen euklidischen Raum.
Deflnition: Eine semi-Riemannsche
Mannigfaltigkeit
vom
Index s ist ein Paar (M, <•, •>), bestehend aus einer Mannigfaltigkeit M und einer Familie < • , • > = { < • , ->p }peM von symmetrischen Bilinearformen < •, • >p auf TpM vom Index s, welche in dem naheliegenden Sinne differenzierbar ist, daß für die Karten (U, h) eines (dann eines jeden) Atlas für M die Funktionen g^ : U —> M, definiert durch p I-H- 0^,8^, differenzierbar sind. Im positiv definiten Falle s = 0 nennt man (M, <•, •>) eine
Riemannsche
Mannigfaltigkeit.
D
Man nennt <•, •> auch die Riemannsche oder semi-Riemannsche Metrik von (M,<-,->). Das "p" i n der Notation <-,-> p wollen wir nur führen, wenn diese Klarstellung gefordert zu sein scheint, sonst schreiben wir <w,w>p =: , w> für v,w e TpM. Untermannigfaltigkeiten im Mn sind in kanonischer Weise Riemannsche Mannigfaltigkeiten. Aber auch jede beliebige Mannigfaltigkeit kann man mit einer Riemannschen Metrik <•, •> versehen: Man wähle eine Zerlegung { T A } A € A der Eins mit Trägern C U\ für Karten (U\,h\) und setze <.v,w>p:= J2 AeA
T\(p)x,
12.1 Semi-Riemannsche Mannigfaltigkeiten
215
wobei < •, • >A die duxch dh\ von U'x C M" auf U\ übertragene Riemannsche Metrik bezeichnet. Beachte jedoch, daß dasselbe Verfahren i.a. versagt, wenn wir es zur Konstruktion einer semiRiemannschen Metrik von einem Index 0 < s < n anzuwenden versuchen. Zwar könnten wir von der semi-Riemannschen Metrik
<x, y>n-s,s := E XV ~
E
*V V
auf Mn ausgehen und die obige Formel für < •, • > auf M analog hinschreiben, aber im Gegensatz zur positiven Definitheit ist die Eigenschaft, nichtentartet und vom Index s zu sein, nicht konvex (vergl. z.B. [J:Top], S. 136) und überträgt sich deshalb im allgemeinen nicht von den < •, • >A auf die konvexe Kombination n E A T A ( P X ' > ~\ • I der Tat gibt es zum Beispiel auf den geradedimensionalen Sphären Sn keine semi-Riemannsche Metrik vom Index 1 (oder n — 1), wie man mit Hilfe des "Satzes vom Igel" und eines Überlagerungsarguments ([ J:Top] S. 171/172) zeigen kann. Semi-Riemannsche n-dimensionale Mannigfaltigkeiten (n > 2) Lorentz-Mannigfaltigkeiten. vom Index 1 oder n — 1 heißen Vorzeichenänderung der Metrik vertauscht diese Indices, wir wollen uns der Konvention anschließen, Lorentz-Mannigfaltigkeiten als vom Index n — 1 anzunehmen. Die reale Raum-Zeit ist durch eine physikalisch gegebene Metrik < •, • > eine 4-dimensionale Lorentz-Mannigfaltigkeit. Dieser Umstand war historisch und bleibt auch heute noch ein Hauptmotiv dafür, die Riemannsche Geometrie auf die semi-Riemannschen Mannigfaltigkeiten auszudehnen. In der Allgemeinen Relativitätstheorie spielt die Differentialgeometrie der Lorentzmannigfaltigkeiten begrifflich und technisch eine wichtige Rolle, und in der Teilchenphysik ist die LorentzMetrik durch die spezielle Relativitätstheorie allgegenwärtig. Unser erstes Ziel wird es sein, für eine orientierte n-dimensionale semi-Riemannsche Mannigfaltigkeit M den sogenannten Sternoperator * zu definieren. Das geschieht für jedes p e M einzeln durch einen Sternoperator Altn~kTpM, * : AltkTpM - ^
216
Kapitel 12. Riemannsche Mannigfaltigkeiten
und deshalb setzen wir die Mannigfaltigkeiten vorerst beiseite und kehren nochmals zur linearen Algebra zurück.
12.2 Skalarprodukt alternierender k-Formen Wir beginnen mit einer linear-algebraischen Bemerkung über endlichdimensionale reelle Vektorräume, in die noch keine Zusatzstrukturen wie Orientierung oder Metrik eingehen: (Altfey)* und Altfe(V*) sind kanonisch dasselbe, genauer: Lemma: Interpretiert man jede Linearform
auf AltfcF auch als eine (mit W zwischen endlichdimensionalen reellen Vektorräumen erhalten wir ein kommutatives Diagramm (AltfeV)*
(AltkW)*
—^-»-
Altk(W*).
Die Räume (AltfeF)* und AltfeF* sind dimensionsgleich und die kanonische Abbildung injektiv, denn ip{ax A ... A ak) = 0 e V* impliziert tp — 0 € (Altfey)*, also ist für alle al,...,ak die Abbildung ein Isomorphismus, und die Verträglichkeit mit / folgt aus der Natürlichkeit des Dachprodukts. D BEWEIS:
12.2 Skalarprodukt von k-Formen
217
Nun sei auf V eine nichtentartete symmetrische Bilinearform < •, • > gegeben, ein nicht notwendig positiv definites Skalarprodukt, wie wir auch sagen. Aus [ AM ] übernehmen wir die folgende suggestive Notation Notation: Ist <•,•> eine nichtentartete Bilinearform auf einem endlichdimensionalen reellen Vektorraum V, so bezeichnen wir den durch » ^ { o , - ) gegebenen Isomorphismus von V nach V* und seinen Inversen durch
und schreiben statt \>(v) je nach Bequemlichkeit auch \ oder v0, analog fiir J|. D Den Sinn der Notation erkennt man aus den englischen Bezeichnungen für jj und b in der Musik, die bekanntlich "sharp" und "flat" heißen. Durch jj wird die Linearform a zum Vektor "a "angespitzt". Ein Isomorphismus V = V* bewirkt nach obigem Lemma aber auch einen Isomorphismus Alt fe y = (Altfey)* und mithin eine Bilinearform auf Alt fe F, genauer
Definierendes Lemma (Skalarprodukt im Formenraum): Ist (V, <•,•>) ein n-dimensionaler nichtentarteter quadratischer Raum, so ist auf kanonische Weise, nämlich durch )
AltV kanon
AltF Alt*b
eine ebenfalls symmetrische nichtentartete Bilinearform < •, • > auch auf Alt fe F gegeben. seien u , t j e Alt^V" und tp,tp e (AltfcV)* ihre Urbilder unter obiger Abbildung. Zu zeigen bleibt nux die Symmetriebedingung BEWEIS: ES
<w, rp : = ip(rf) = tp{uj) —: >.
218
Kapitel 12. Riemannsche Mannigfaltigkeiten
Verfolgen wir, wie sich ui über > (f I
(fi I
> U)
ergibt, so finden wir w(ui,...,u f e ) = ^ ( b u i , . . . , W ) — vK^i A ••• A W ) , eine orthonormale analog für 77 und ^ . Es sei nun (e\,...,en) Basis oder kurz ON-Basis des quadratischen Raumes V, d.h. ^e^e^,) = ±5ßU. Wir schreiben ^e^e^y = : eM = ± 1 . Sei ferner ( 5 1 , . . . , 5n) die dazu duale Basis von V* . Beachte, daß b
=
eß
e ^
für jedes /x (keine Summation), denn b
e M (e y ) := <eM, e^) = £M5MJ/ =
e^^e^)
für jedes i^. — Wir setzen nun oBdA iü = 5^
•q = 5
A...A
Vl
A...A
ößk
5"*.
Dann gilt <cu,r)>=
A...A 5^)
= eVl •... • e V k i p ( b ' e V l A . . . A ^ J
Wenn also die fi\,..., ßj~ paarweise verschieden sind und durch eine Permutation r der Indices 1 , . . . , k aus v\,..., v^ hervorgehen, so ist <w, rp = eVl •... • e ^ s g n r , sonst Null. Insbesondere ist <w,?7> = <77,a>>. D Damit haben wir aber auch gleichzeitig eine Rechenformel für das Skalarprodukt in Alt^F gewonnen, die wir festhalten wollen. L e m m a ( O N - B a s i s i m F o r m e n r a u m ) : Ist ( e i , . . . , e n ) elne ON-Basis des quadratischen Raumes V, mit s^ := <eM,eM> und bezeichnet (ö1,... ,5n) die duale Basis, so ist auch eine ON-Basis von Alt fe F und A . . . A
«S"*,^
1
A.
12.3 Der Sternoperator
219
12.3 Der Sternoperator Nun fügen wir unseren Daten auch noch eine Orientierung hinzu. Dann haben wir zunächst eine kanonische "Volumenform" u)V e Alt n F: Definierendes Lemma (Volumenform): Es sei V ein ndimensionaler orientierter nichtentarteter quadratischer Raum. Die alternierende n-Form wy e Alt n V, welche einer (dann jeder) positiv orientierten ON-Basis den Wert +1 zuordnet, heiße die Volumenform von V. der dabei gemachten Behauptung ("dann jeder"): Sei (e' 1; .., e'n) eine zweite positiv orientierte ON-Basis und / : V —> V die Transformation mit /(e^) — e^. Dann ist BEWEIS
w e
( i>--> e n) = /*w(ei,..,e n ) = d e t /
(Lemma in 3.3). Wir haben also d e t / = +1 zu zeigen. Ist A die Matrix von / bezüglich (ei,.., e n ), so gilt e^ = Ylajiej un<^ ^ es " halb <e^, e'k> = YU2 ajiaik<£j,ei> oder in Matrizenschxeibweise G' = fA • G • A,
woraus wegen | det G\ — \ det G'\ = 1 (ON-Eigenschaft der Basen) zunächst | det A\ = 1 folgt, und daraus weiter, weil / orientierungserhaltend ist, det / = det A = + 1 . D Ist übrigens die zweite Basis nicht notwendig orthonormal, sondern nur positiv orientiert, so zeigt dieselbe Rechnung
det/ = vldetG'' oder in einer häufig gebrauchten Notation: Lemma (Volumenformformel): Sei V ein orientierter ndimensionaler nichtentarteter quadratischer Raum und (vx,.., vn) eine positiv orientierte Basis, ö1,.. ,ön die duale Basis. Dann ist die Volumenform
220
Kapitel 12. Riemannsche Mannigfaltigkeiten
wobei g die Determinante der durch
gegebenen n x n-Matrix bezeichnet.
D
Nun aber zur Definition des Sternoperators.
Definierendes Lemma (Sternoperator): Ist V ein orientierter, n-dimensionaler nichtentarteter quadratischer Raum und ÜJV 6 Alt ra y seine kanonische Volumenform, so gibt es zu jedem k genau eine lineare Abbildung * :
(den Sternoperator),
so daß
für alle rj,( e AltfcF güt. Zuerst zur Eindeutigkeit. Nach dem Lemma über ONBasen im Formenraum (12.2) impliziert die Forderung auch, daß für die duale (ö1,.., 5n) einer positiv orientierten ON-Basis und geordnete Indices Ai < .. < Afe und ßi < .. < \iy. gelten muß: BEWEIS:
£ßi • • • • £/j,k^v,
0
falls ßi = Aj für i — 1 , . . , k
sonst.
Das bedeutet aber, daß
nur eine einzige von Null verschiedene Komponente in dieser Summe haben kann, zum komplementären Multiindex
12.3 Der Sternoperator
221
gehörig, und genauer daß gilt 1
A .. A ö»k) = eMl •.. • eMfcsgnr • ö"1 A .. A
8v^k,
wobei v\ < .. < vn-k komplementär zu ßi < .. < \i\. ist und r die Permutation bedeutet, die ( 1 , . . , n) in (ßi,.., ßk, v\,.., vn_k) überführt. Insbesondere ist >K durch diese notwendige Bedingung eindeutig festgelegt. Umgekehrt benutzen wir diese Formel für eine feste positiv orientierte ON-Basis zur Definition von H<, welches die bilineare Forderung der Definition dann auf den Basiselementen von AltkV, also auch allgemein erfüllt. Damit ist auch die Existenz des Sternoperators gezeigt. D Die obige Formel gilt auch ohne die Anordnungsbedingungen ßi < .. < ßk und v\ < .. < un-k, weil die Vorzeichenänderungen bei Vertauschungen von sgnr aufgefangen werden. Wir haben deshalb Notiz 1: Für jede positiv orientierte Orthonormalbasis und jede Permutation r gilt
D
Daraus folgt weiter, daß *rj bis auf's Vorzeichen auf Vektoren einer Orthonormalbasis so antwortet, wie r\ auf die komplementären oder restlichen Vektoren: Notiz 2: Ist (e\,.., en) einepositivorientierte Orthonormalbasis, so gilt * ? 7 ( e T ( f e + i ) , . . , e T ( n ) ) = e T ( 1 ) - . . • e T ( fc) sgiiT • 7?(e T (i),.., e T(fe) )
für jedes rj e AltfeF und jede Permutation r. Insbesondere ist *1 = LÜV und idy Die Zusammensetzung
222
Kapitel 12. Riemannsche Mannigfaltigkeiten
ist also bis auf's Vorzeichen die Identität, und weil der Index von V die Faktoren —1 in e\-.. • en zählt, ergibt sich dieses Vorzeichen wie folgt: Notiz 3: Es gilt * * = (-l) fe ("- fc ) +IndexV Id Alt * v .
D
Wir hatten ursprünglich 77 A * £ = <,rj, 0>u>v als die charakterisierende Eigenschaft des Sternoperators festgesetzt. Nachdem wir das Vorzeichen von * * kennen, lesen wir daraus ab: Notiz 4: Esgilt r]/\( = (_ Altfey und C e Alt n " f e F.
D
Aus dieser Notiz 4 und der Definition von * folgt auch Notiz 5: Es gilt <*?/, *C> = (-l) Indexy <7?, C> -ffir alie 77 und C in Alt fe F. D Schließlich sei noch erwähnt, daß der Sternoperator, wie direkt aus seiner Definition hervorgeht, bei einem Orientierungswechsel das Vorzeichen ändert, weil das nämlich auch die kanonische Volumenform tut, das Skalarprodukt aber dasselbe bleibt. Soviel über den Sternoperator für einen einzelnen Vektorraum. Nun wenden wir uns wieder den Mannigfaltigkeiten und ihren Tangentialräumen zu. Ist M eine n-dimensionale orientierte semiRiemannsche Mannigfaltigkeit, so haben wir gemäß den drei definierenden Lemmas (in 12.2 und 12.3) für jeden einzelnen Tangentialraum TpM und jedes k ein Skalarprodukt <•, ->p für AltkTpM, eine kanonische Volumenform U>TPM S AltnTpM und einen Sternoperator > Altn~kTpM, * : AltkTpM alles differenzierbar von p abhängig. Definition: Sei M eine n-dimensionale orientierte semi-Riemannsche Mannigfaltigkeit. Dann sind die kanonische Volumenform LÜM e 0 n M , das Skalarprodukt
12.4 Die Coableitung
von fc-Formen sowie der
223
Sternoperator
* : QkM
>
nn~kM
in der naheliegenden Weise durch die entsprechenden Objekte für die Tangentialräume definiert. D
12.4 Die Coableitung Der Sternoperator übersetzt den im Grad der Differentialformen "aufsteigenden" de Rham-Komplex in einen dazu äquivalenten absteigenden Komplex: o - • n°M
-*U fl'M -A+ ...
40 ->• VLnM -^
4fi"-'M
A ün~lM
-4 nnM
-+ o
4 - 4 -^ ••• —>• fi^M —>• O°M -^- 0
Die Cartansche Ableitung d geht dabei also in ^rf*" 1 über, und das ist bis auf's Vorzeichen die sogenannte Coableitung 5. Das Vorzeichen ist aber uneinheitlichen Konventionen unterworfen; wir entscheiden uns so: Definition: Die Coableitung
auf einer n-dimensionalen semi-Riemannschen Mannigfaltigkeit M werde durch S:= ( - l ) ^ * ^ * - 1 festgesetzt.
D
Die Coableitung ist offenbar unabhängig von der Orientierung von M. — Die Bedeutung des Vorzeichens ergibt sich, wenn man nach dem bezüglich des Skalarprodukts formal adjungierten oder dualen Operator d' von d fragt. Damit ist folgendes gemeint. Punktweise Bildung des Skalarprodukts von fc-Formen r), ( auf
224
Kapitel 12. Riemannsche Mannigfaltigkeiten
M defmiert eine Punktion e M bezeichnen wollen, genauer: Notation: Für &-Formen ry, £ e flkM, deren Träger kompakten Duxchschnitt haben, setzen wir
[
[
M
JM
D Der zu d : Q,kM —> f2 fe+1 M duale Differentialoperator d' soll 7, C» =
Die für 8 getroffene Vorzeichenwahl bewirkt also gerade die folgende Produktregel: Lemma: Es gilt d{rj
A *C)
= drj
A *<^ +
für aüe ry e 0 f e M und C e O f e + 1 M.
r\
A
*5^ D
12.4 Die Coableitung
225
Ist nun außerdem der Duxchschnitt der Träger von 77 und £ kompakt in M \ dM, so ist JM d(rj A *£) = 0 nach dem Satz von Stokes und wir erhalten Korollar (Dualitätsformel für die Coableitung): Es gilt
für 77 e ükM, £ s Q,k+1M mit kompakten Trägerdurchschnitt in
M\dM.
•
Bei unserer Vorzeichenregelung für die Coableitung ist also jeweils —8 dual zu d. Es ist auch die entgegengesetzte Konvention in Gebrauch, bei der dann ö und d dual zueinander sind (vergl. z.B. [W]). Wir haben bisher die Operatoren im de Rham-Komplex einheitlich mit d bezeichnet. Jetzt wollen wir einmal den Index k in die Notation aufnehmen und schreiben: Notation: Cartanableitung und Coableitung sollen bei Bedarf die genaueren Bezeichnungen d^ bzw. 5^ wie folgt führen: ükM
dk
*•
flk+1M
D
Es ist also (—l)kök vermöge * zu d^ konjugiert, während nach der obigen Dualitätsformel — S^ zu dn_k-i dual oder formal adjungiert ist. Die doppelte Bedeutung der Coableitung als (bis auf's Vorzeichen) konjugiert und adjungiert zur Cartanableitung stellt also eine Beziehung zwischen dk und dn_k-i her, die wir nun näher betrachten wollen.
226
Kapitel 12. Riemannsche Mannigfaltigkeiten
12.5 Harmonische Formen und Hodge-Theorem Im folgenden sei M eine n-dimensionale orientierte kompakte unberandete Riemannsche Mannigfaltigkeit. Wegen der Kompaktheit ist dann das Skalarprodukt <•, •> auf ganz QkM definiert, und wegen dM — 0 gilt die Dualitätsformel für die Coableitung
für alle rj e ükM und C e Ük+1M. Da schließlich das Skalarprodukt auf M jetzt als positiv definit vorausgesetzt ist, sind auch die Skalarprodukte <•, •> auf den einzelnen AltkTpM und <•, •> auf Ü,kM positiv definit, und die flkM werden dadurch zu euklidischen Vektorräumen. Betrachten wir nun einen Ausschnitt aus den Sequenzen der Cartanschen Ableitungen und der Coableitungen: ük~lM
d
i
d
» nkM
<5
> Ük+1M
5
oder genauer Ük-XM
(
'
ük M
<
"
'
Ük+1M.
Trivialerweise gilt dann in dem euklidischen Raum (Q,kM, <-,->) wegen der Adjungiertheit der jeweiligen Operatoren:
und denn dr/ = 0 <^=> €drj, C» = 0 für alle C <=^ «??, ^C» = 0 für alle C <^=^> r\ 6 (BildiJ)-1-, analog für Kern^. Für Untervektorräume Vb C V endlichdimensionaler euklidischer Räume V gilt stets V = Vo © V^-. Dürften wir uns daher flkM als endlichdimensional denken, so könnten wir ükM = Kern d © Bild ö = Kern 5 © Bild d
12.5 Hodge-Theorem
227
schließen. In der Tat ist das auch wahr, aber obwohl uns diese Zerlegung von £lkM zum Greifen nahe zu sein scheint, überschreitet doch der Beweis den Rahmen dieser Vorlesung, weil er Hilfsmittel aus der Theorie der elliptischen DifFerentialoperatoren erfordert. Siehe z.B. Kapitel 6 in [W]. Satz (hier ohne Beweis): Ist M eine orientierte n-dimensionale geschlossene Riemannsche Mannigfaltigkeit, so gilt ükM = Kerndfe © BildSn-k-i = Kern 5n^k © Büddk-i als orthogonale direkte Summen bezüglich des durch M k
deßnierten Skalarprodukts in fl M.
ü
Dieser zunächst noch etwas technisch aussehende Satz ist das Kernstück der Hodge-Theorie für den de Rham-Komplex. Als ein erstes Korollar bemerken wir Korollar: Für M wie oben gilt Kerndk —Bilddk-\ ffi (Kerndfe n Kern <$„_&) Kern5n-k =Bildön-k-i © (Kerndfe nKern<5n_fe) D Die hier ins Blickfeld tretenden &-Formen -q e Q,kM, für welche drj = 0 und <5r/ = 0 gilt, bilden für orientierte geschlossene Riemannsche Mannigfaltigkeiten, mit denen wir uns ja beschäftigen, gerade den Kern des Laplace-de Rham- (oder Laplace-Beltrami-) Operators A:=dö + Sd: flkM
> flkM,
denn ofFensichtlich folgt Ar] = 0, wenn sowohl dr\ als auch örj verschwinden, und da nach der Dualitätsformel für die Coableitung (12.4) = —€07], 5rß> —
228
Kapitel 12. Riemannsche Mannigfaltigkeiten
für alle r) e £lkM gilt, so folgt aus A77 = 0 auch umgekehrt Srj — 0 und drj — 0 wegen der positiven Definitheit der Skalarprodukte «•, •» in flk~1M und Slk+lM. Die Formen rj mit A77 = 0 heißen harmonisch: Notation: Für M wie oben bezeichne HkM :={rj e nkM\Ar] = 0} den Vektorraum der harmonischen /c-Formen auf M.
D
Die erste der beiden Formeln in unserem letzten Korollar heißt dann also Kerndfe = Bilddfc_i (BTikM, und da die &-te de RhamCohomologie von M als HkM := Kerdfe/Bildrffe_i definiert war, erhalten wir als Korollar: Hodge-Theorem: Jede de Rham-Cohomologieklasse einer orientierten geschlossenen Riemannschen Mannigfaltigkeit wird durch eine wohlbestimmte harmonische Form repräsentiert, genauer: die kanonische Abbildung Hk M •q
-
y
HkM
H-
>
[v]
ist ein Isomorphismus für jedes k.
D
Aus
Kern dk = Bild dfc-i © WfcM und folgt aber auch ÜKM = Bilddfe-i 8 Bild £„_*;_! © WfeM oder: Hodge-Zerlegungssatz: Für eine orientierte geschlossene Riemannsche Mannigfaltigkeit M gilt ükM = dük~1M © 5Vtk+1M © HkM
12.6 Die Poincare-Dualität
229
als orthogonale direkte Summe bezüglich des durch
IM
gegebenen Skalarproduktes.
•
12.6 Die Poincare-Dualität Aus der Definition der Coableitung als bis auf's Vorzeichen "sternkonjugiert" zur Cartanableitung folgt d *rj = 0 <^=> ör/ = 0 und ö *rj = 0 •<=>• dr] = 0, und deshalb ist durch den Sternoperator ein Isomorphismus * : HkM ^ +
Hn~kM
gegeben, nach dem Hodge-Theorem also auch ein Isomorphismus HkM = Hn~kM, die sogenannte Poincare-Dualität:
Satz (Poincare-Dualität für die de Rham-Cohomologie): Ist M eine orientierte geschlossene n-dimensionale Riemannsche Mannigfaltigkeit, so ist durch den Sternoperator auf den harmonischen Formen ein Isomorphismus HkM = Hn~kM deüniert: HkM * Ui Hn~kM
=
• HkM ^ Poinc.
~ > Hn~kM.
D Die Poincare-Dualität macht übrigens auch für k — 0 eine interessante Aussage. Für zusammenhängende Mannigfaltigkeiten gilt, wie wir uns erinnern (11.2), kanonisch H°M = M, also gilt für orientierbare geschlossene zusammenhängende n-dimensionale Mannigfaltigkeiten auch HnM = M, und Wahl einer Orientierung legt sogar einen Isomorphismus fest:
230
Kapitel 12. Riemannsche Mannigfaltigkeiten
Korollar (aus der Poincare-Dualität): Ist M eine orientierte, ndimensionale geschlossene zusammenhängende Mannigfaltigkeit, so ist der durch Integration gegebene kanonische Homomorphismus ti
lvi
y K.
JM
sogar ein Isomorphismus.
D
Man könnte nun daraufhin meinen, die n-te de Rham-Cohomologie sei für diese Mannigfaltigkeiten ebenso uninteressant wie die nullte. Das ist aber nicht so, weil Hn, im Gegensatz zu H°, in nichttrivialer Weise auf Abbüdungen reagiert. Definition: Ist / : M —>• N eine differenzierbare Abbildung zwischen orientierten n-dimensionalen geschlossenen zusammenhängenden Mannigfaltigkeiten, so heißt die durch / /*o; = deg(/) JM
d.h. durch die Kommutativität von HnM
JM
wohlbestimmte Zahl deg(/) der Abbüdungsgrad von / .
D
Der Grad einer konstanten Abbildung (falls n > 0) ist natürlich Null, und dasselbe gilt sogar für jede nicht surjektive Abbildung, denn wir finden dann ein w mit J ^ w / O und TTLÜ C N \ f(M), also f*w = 0. Der Grad eines orientierungserhaltenden (-umkehrenden) DifFeomorphismus ist +1 (—1), vergl. (5.5), und stets ist der Abbildungsgrad eino ganze Zahl
12.7 Test
231
(Übungsaufgabe 24 in Kapitel 5), woraus wir auch erführen, daß er homotopieinvariant ist, wenn wir das wegen der Homotopieinvarianz der de Rham-Cohomologie (11.2) nicht sowieso schon wüßten. — Auch als "Umkehrung des Satzes von Stokes" für orientierte geschlossene zusammenhängende Mannigfaltigkeiten können wir das obige Korollar auffassen: Aus JM LÜ — 0 folgt [ÜJ] = 0 e HnM,
also LÜ — da.
12.7 Test (1) Sei V ein endlichdimensionaler reeller Vektorraum, und es bezeichne < •, • > eine auf V gegebene und auch kanonisch auf V* übertragene nichtentartete symmetrische Bilinearform. Dann ist für
D < = v(v) (2) Sei V ein 4-dimensionaler nichtentarteter quadratischer Raum vom Index 3. Dann ist Alt 2 F ein 6-dimensionaler nichtentarteter quadratischer Raum vom Index D auch 3
D 0
D 6
(3) Es sei (M,<•,•>) eine orientierte semi-Riemannsche Mannigfaltigkeit und UJM e SlnM ihre Volumenform. Wie wirkt die Multiplikation der Metrik mit einer positiven Funktion A : M -> R + auf die Volumenform?
(4) Es sei V ein 2A:-dimensionaler nichtentarteter quadratischer Raum, und es werde A;+IndexM als gerade vorausgesetzt, so daß der Sternoperator für die Formen mittleren Grades eine Involution AltfeF —> Alt^F definiert, d.h. * * = Id erfüllt.
232
Kapitel 12. Riemannsche Mannigfaltigkeiten Der Vektorraum AltfcV ist dann also die direkte Summe der Unterräume der "selbstdualen" (*w = ui) und der "antiselbstdualen" (H<w — — LO) alternierenden fc-Formen. Mögen s und a deren Dimensionen bezeichnen. Sind diese Dimensionen unabhängig vom Index des Raumes V ? D Ja, es ist stets a — s — | ( f e ) • D Ja, denn es ist einfach a = 0 oder s = 0, je nachdem ob k gerade oder ungerade ist. ü Nein, denn im negativ definiten Fall (IndexT^ — 2k) ist s — 0, im positiv definiten Fall ist a = 0.
(5) Was tut der Sternoperator auf einer orientierten semiRiemannschen Mannigfaltigkeit mit der kanonischen Volumenform % e ÜnM und der konstanten O-Form 1 e Ü°M ? = 1 und >Kl = D *w M = ( - l ) I n d e x M l und *1 = D *o; M = 1 und *1 = (-l) I n d e x M w M (6) Mit der Aussage, —8 sei formaladjungiert zur Cartanableitung d, ist gemeint:
D fM dV A *C + JM 5v A * C
= 0
für Formen passenden Grades und kompakten Trägerdurchschnitts. (7) Eine A;-Form r\ auf einer orientierten geschlossenen Riemannschen Mannigfaltigkeit ist genau dann harmonisch, wenn D rj und *r/ beide Cozykeln sind. D es u> e ük^xM
und C, e Qk+1M
mit dco = -q = 5C,
gibt. D dr] — 0 und ör] = 0 gilt. (8) Sei M eine orientierte geschlossene Riemannsche Mannigfaltigkeit. Aus dem Hodge-Theorem folgt:
12.8 Ubungsaufgaben
233
D Jeder Corand ist harmonisch. D In jeder Cohomologieklasse gibt es eine harmonische Form. D Jeder harmonische Corand ist Null. -=-> Hn~kM wird (9) Der Poincare-Isomorphismus HkM durch den Sternoperator bewirkt, der Sternoperator hängt von der Metrik ab. Hängt der Poincare-Isomorphismus von der Metrik ab? ü Ja, das zeigt sich doch schon bei * 1 = D Nein, nach der cohomologischen Klassenbildung bleibt von der Metrikabhängigkeit nichts übrig. D Nein, denn auf Cozykeln wirkt der Sternoperator unabhängig von der Metrik. (10) Gibt es eine Abbildung f : S2 ^ S1 x S1 vom Grade 1 ? D Nein, denn jedes / : S2 —> S1 X S1 faktorisiert über M2 und ist deshalb nullhomotop: deg(/) = 0. D Ja, man bilde die abgeschlossene obere Halbsphäre S2^ bezüglich einer Karte (U, h) von S1 x S1 diffeomorph auf ft~1(.D2) ab und setze diese Abbildung beliebig auf ganz S2 fort. D Ja, man mache sich bei der Konstruktion einer solchen Abbildung zunutze, daß sowohl 2-Sphäre als auch Torus aus dem Quadrat durch Identifizieren von Randpunkten hervorgehen: Die Identität auf dem Quadrat bewirkt dann eine Abbildung vom Abbildungsgrad 1.
12.8
Übungsaufgaben
AuFGABE 45: Es sei M eine orientierte Riemannsche Mannigfaltigkeit von einer durch vier teilbaren Dimension, so daß also der Sternoperator in der mittleren Dimension eine Involution * : ü2kM -> Q2kM ist, d.h. * * = Id erfüllt. Eine 2/c-Form LÜ heißt dann selbstdual, wenn *w = io und antiselbstdual, wenn *LÜ = — to gilt. Man zeige: Jede harmonische 2
234
Kapitel 12. Riemannsche Mannigfaltigkeiten
ist in eindeutiger Weise die Summe einer selbstdualen und einer antiselbstdualen harmonischen Form. AUFGABE 46: Wieder sei M eine orientierte Riemannsche Mannigfaltigkeit und zwar diesmal kompakt und unberandet. Wir betrachten den Laplace-de Rham-Operator A : f2feM —> Q,kM für die fc-Formen. Abweichend von der Vorzeichenkonvention der linearen Algebra nennen wir A einen Eigenwert von A, wenn es eine von Null verschiedene Form LÜ e VLkM mit Aw + XLÜ — 0 gibt. Diese Definition hat zunächst nur für reelle A einen Sinn, aber da man auch komplexwertige fc-Formen u> + ir\ betrachten und A auf Real- und Imaginärteil anwenden kann, so läßt sich auch nach komplexen Eigenwerten A fragen. Man zeige: Die Eigenwerte sind alle reell und größer oder gleich Null.
AuFGABE 47: Es sei / : M —> N eine difFerenzierbare Abbildung zwischen zusammenhängenden orientierten unberandeten kompakten n-dimensionalen Mannigfaltigkeiten, und q € N sei ein regulärer Wert von / . Man beweise deg(/) =
E
e(p),
wobei e(p) = ±1 ist, je nachdem ob dfp : TpM —> Tf^N tierungserhaltend oder -umkehrend ist.
orien-
AuFGABE 48: Es sei TT : M —> M eine r-blättrige Überlagemng (vergl. z.B. [ J:Top], S.148) einer n-dimensionalen zusammenhängenden Mannigfaltigkeit M. Dann ist durch
ein Homomorphismus TT* : J>}kM —> Q,kM erklärt, der einen Homomorphismus TT* : HkM —> HkM induziert. Man zeige, daß 7T* o 7T* : HkM —> HkM das r-fache der Identität ist und schließe daraus, daß für nichtorientierbare unberandete kompakte zusammenhängende ra-dimensionale Mannigfaltigkeiten die n-te de Rham-Cohomologiegruppe verschwindet.
12.9 Hinweise zu den Übungsaufgaben
12.9
235
Hinweise zu den Übungsaufgaben
Zu AuFGABE 45: Jede 2fc-Form ist in eindeutiger Weise Summe einer selbstdualen und einer antiselbstdualen Form, das folgt ganz einfach aus * * = Id und der Linearität des Sternoperators ohne weiteres Eingehen auf die näheren Umstände. Um zu zeigen, daß für eine harmonische Form diese beiden Anteile auch harmonisch sind, muß man allerdings die Definition der Coableitung 5 wieder anschauen, was neben dem Kennenlernen des Sachverhalts der Zweck dieser einfachen Übungsaufgabe ist. Zu AuFGABE 46: Wie wir in 12.5 schon festgestellt hatten, wird QkM unter den gegebenen Voraussetzungen durch <•, •> zu einem ganz richtigen euklidischen Raum, und Sie werden sich beim Lösen auch dieser Aufgabe in die elementare Lineare Algebra zurückversetzt vorkommen. Zu AUFGABE 47: Nach der Definition des Abbildungsgrades in 12.6 genügte es ja, eine maßgeschneiderte n-Form u) e ClnN zu finden, deren Integral nicht verschwindet und für die
f
JM
gilt. Den Träger eines solchen w wird man in einer genügend kleinen Umgebung von q ansiedeln. Jede Abbildung besitzt übrigens reguläre Werte, das folgt aus dem Satz von Sard, vergl. z.B. [BJ], §6. Deshalb beweisen Sie mit der Behauptung der Aufgabe zugleich auch die Ganzzahligkeit des durch Hnf definierten Abbildungsgrades. Zu AUFGABE 48: Der erste Teil der Aufgabe, TT« O TT* betreffend, ist direkt aus den Definitionen zu bestreiten und würde auch zu Kapitel 11 gut gepaßt haben. Für den zweiten Teil kommt aber die Aufgabe 47 mit ins Spiel. Man soll nämlich jetzt^die zweiblättrige sogenannte Orientierungsüberlagerung n : M —> M betrachten, bei der also, wie der Name sagt, TT^ 1 ^) jeweils aus den beiden Orientierungen von TXM besteht. Dieses M ist kanonisch
236
Kapitel 12. Riemannsche Mannigfaltigkeiten
orientiert, wie M kompakt, und da M als nichtorientierbar vorausgesetzt ist, auch zusammenhängend. Welchen Abbildungsgrad hat die kanonische blättervertauschende Involution / : M —> M, und was hat sie mit TT* und TT* ZU tun?
13
Rechnen in Koordinaten
13.1 Sternoperator und Coableitung im dreidimensionalen euklidischen Raum In diesem letzten Kapitel wollen wir uns anschauen, wie man mit Sternoperator und Coableitung auf semi-Riemannschen Mannigfaltigkeiten in lokalen Koordinaten rechnet. Zuerst aber knüpfen wir an das Kapitel 10 an und betrachten das einfache aber wichtige Beispiel M = M3 mit den üblichen Koordinaten x1, x2, x3, der üblichen Orientierung und dem üblichen, durch einen Multiplikationspunkt • bezeichneten Skalarprodukt. Der Index ist also Null, und k(3 — k) ist stets gerade, der Sternoperator nach der Notiz 3 in 12.3 also eine Involution: * * = Id. Aus Notiz 1 in 12.3 lesen wir ab: Notiz: Für M = M3 wie üblich gilt * 1 = dx1* dx2A dx3 e fl3M sowie * dx1 = dx2 A dx3 und dieses zyklisch permutiert, also H< dx2 = dxs/\ dx1 und * dx3 = dx1 A dx2, oder in der Notation der Linien-, Flächen- und Volumenelemente, wie in 10.2 definiert: * 1 = dV (und daher auch * dV = 1) * ds = dF (und daher auch * dF = ds). Das Vorzeichen der Coableitung ^ ^ i * ^ * ^ Definition in 12.4 so beschaffen, daß gerade 0 _». n°M Ü3M
- i * Ü^M -^ —• Ü2M 5
-^ -S
1
ist nach deren
Q2M -^* Ü3M —> 0 Ü1M
d
238
Kapitel 13. Rechnen in Koordinaten
kommutativ ist, wir haben daher gemäß der Übersetzung der Cartanableitung in grad, div und rot (vergl. 10.3) Notiz: ö(a • ds) = >H d(a • dF) = * diva dV — diva 6(b- dF)=-*d(b • ds) = - *rotb • dF = -mtb • ds ö{cdV) = * dc = * gradc • ds — gradc • dF
D
In Bezug auf die Übersetzungsisomorphismen aus 10.2 als Diagramm geschrieben heißt das also Notiz: Für X C E 3 offen ist
0 —> C°°(X) -^
V(X) -^
grad
—rot
V(X) —»• C°°(X) —> 0 div
kommutativ.
D
In der klassischen Notation und in eine Zeile geschrieben lauten die Sequenzen der Cartan-Ableitung (oben) und Coableitung also 0 <=± C°°{X)
grad
rot
div
div
—rot
grad
<=t V(X) <=> V{X) <=± C°°(X)
<=± 0
und daraus ergibt sich für A ^ := dö + 5d: Korollar: Für X c R3 oSen ist der Laplace- de Rham- Operator in der klassischen Notation wie folgt gegeben: (i) Für 0- und 3-Formen ist Ax
= div grad : C°°(X)
> C°°{X)
und
(ii) für 1- und 2-Formen ist Ax
= grad div - rot rot: V{X)
> V(X). D
13.2 Formen und duale Formen
239
Beachte, daß 3
div grad =
=i dxl
der klassische Laplace-Operator ist, unsere durch die Definition in 12.4 getroffene Vorzeichenkonvention für die Coableitung, die 5 formal adjungiert zu — d machte, ist also jedenfalls insoweit mit der üblichen Notation verträglich.
13.2 Formen und duale Formen auf Mannigfaltigkeiten ohne Metrik Die Sprache des Koordinatenrechnens ist der Ricci-Kalkül, und im gegenwärtigen Kapitel wird ausführlich davon die Rede sein. Zuletzt haben wir uns im Abschnitt 2.8 mit dem Ricci-Kalkül beschäftigt und einige seiner Grundsätze am Beispiel der Tangentialvektoren und Vektorfelder kennengelernt. Vektorfelder und Einsformen sind in gewisser Weise dual zueinander, die Einsformen oder Pfaffschen Formen haben wir mittlerweile zu &-Formen verallgemeinert, und fiir eine systematische Beschreibung des Ricci-Kalküls im Cartan-Kalkül ist es zweckmäßig, analog auch die Vektorfelder zu "dualen Ä-Formen" zu verallgemeinern. Mit Orientierung und Metrik hat das noch nichts zu tun, und so betrachten wir einfach eine n-dimensionale Mannigfaltigkeit M und eine Karte (U, h) dafür. Vektorfelder, 1-Formen und fc-Formen auf U lassen sich dann eindeutig als
v=£
v^
11=1
n
LÜ = ^2 ui^dx^
bzw.
I
schreiben, wobei die Komponenten v11, ui^ bzw. wMl.,Mfc reelle Funktionen auf U sind.
240
Kapitel 13. Rechnen in Koordinaten
Eine ft-Form u> auf M ordnet jedem p e M eine alternierende fc-Form LOP e AltkTpM zu. Für die Definition der dualen k-Formen wird nun einfach TpM durch den Dualraum T*M ersetzt: Definition: Unter einer dualen k-Form auf einer Mannigfaltigkeit M wollen wir hier eine Zuordnung w verstehen, welche jedem p e M eine alternieren.de fc-Form wp e AltkT*M auf dem Dualraum T*M = Hom(TpM, K) des Tangentialraumes zuweist. Der Vektorraum der (bezüglich Karten) differenzierbaren dualen Ä-Formen auf M möge mit flkM bezeichnet werden. D Für endlichdimensionale Vektorräume V ist kanonisch V** = V, also auch Alt^T^M = TPM, die dualen 1-Formen sind daher dasselbe wie Vektorfelder, und analog zut) = YTa=o uM#M schreiben wir die dualen A;-Formen in lokalen Koordinaten: Notiz und Schreibweise: Ist (U, h) eine Karte, so läßt sich jede duale k-Form w auf U eindeutig als w=
J2
™ M l - w ö W A..Aa w
lll<--<ßk
schreiben.
ü
13.3 Drei Grundsätze des Ricci-Kalküls auf Mannigfaltigkeiten ohne Metrik Anhand dieser Objekte — A;-Formen und duale A;-Formen, insbesondere 1-Formen und Vektorfelder — sollen nun drei allgemeine Grundsätze des Ricci-Kalküls nochmals darlegt werden, nämlich (1) Bezeichnung der Objekte durch ihre Komponenten, (2) Stellung der Indices gemäß dem Transformationsverhalten, (3) Summenkonvention. Zu (1): Ist im Ricci-Kalkül von einem kontravarianten Vektor v^ die Rede, so ist bekanntlich das Vektorfeld v = Y^^^IJ, Se" meint, und ebenso ist ein kovarianter Vektor a^ als die 1-Form
13.3 Drei Grundsätze des Ricci-Kalküls
241
J2 o,fj,dxfJj und ein schiefsymmetrischer oder alternierender kovarianter Tensor wMl../xfc fc-ter Stufe als die ft-Form
zu verstehen, und analog ein alternierender kontravarianter Tensor w^1"^ fc-ter Stufe als die duale /c-Form
Begegnet man zum Beispiel in der physikalischen Literatur einem zweifach kovarianten schiefsymmetrischen Feldtensor F^v, so muß man als mathematischer Leser schon wissen, daß damit die 2-Form X^
und seine Jacobi-Matrix als
242
Kapitel 13. Rechnen in Koordinaten
immer bedenkend, daß ein x mit einem quergestrichenen Index (neue Koordinaten) etwas ganz anderes bedeutet als ein x mit einem unmarkierten Index, so folgt aus der Kettenregel Notiz: Bei Koordinatenwechsel gilt n
drfJ
und D Korollar: Bei Koordinatenwechsel gilt für die Komponentenfunktionen von k-Formen bzw. dualen k-Formen:
ßxnk
''"'
k
ü
Dabei wird wirklich über alle Multi-Indices (ß\, ..., ßk) summiert, nicht nur über geordnete, deshalb sei daran erinnert, daß die Komponentenfunktionen w^,.^ und w^1"^ für alle MultiIndices definiert sind, wenn auch wegen des Alternierens die Komponenten mit geordneten Indices ß\ < • • • < ßk schon die volle Information enthalten. Die Indices werden also so notiert, daß bei der jeweiligen Koordinatentransformationsformel die Summationsindices auf der rechten Seite gegenständig und die freien Indices auf beiden Seiten gleich angebracht sind. Zu (3): Im Ricci-Kalkül kommen so oft Summen vor, bei denen der Summationsindex im Summanden doppelt erscheint, einmal oben und einmal unten, daß sich die sogenannte Einsteinsche Summenkonvention eingebürgert hat, das Summenzeichen dabei noch zu denken, aber nicht mehr zu notieren. Terme wie oder
dxv
13.4 Tensorfelder
243
sind bei Anwendung der Summenkonvention automatisch als n
n
n
aßax
E
n
f)rpß
DZW. 2^ Z^ x
rtTv A
u a
v
v,v
zu lesen, wenn nicht ausdrücklich etwas anderes angegeben ist. Ausdrücklich anders ist zum Beispiel bei
zu verfahren. Wir können aber, wenn wir wollen, auch diese Darstellung einer fc-Form in lokalen Koordinaten ohne Summenzeichen mittels der Summenkonvention niederschreiben, nämlich als = Tf
u)fJ,1..ßkdxtllA..Adxtik/
A*i<--<Mfc
Summenkonvention
13.4
Tensorfelder
Dies gilt auch für die noch allgemeineren r-fach ko- und sfach kontravarianten Tensoren des Ricci-Kalküls, die wir bisher nicht eingeführt haben. Die Komponentenfunktionen dieser Tensoren tragen r untere und s obere Indices, und auf die Reihenfolge dieser r + s Indices kommt es, wenn keine Symmetrieforderungen gestellt sind, auch an. Betrachten wir als Beispiel einmal den Tensortyp, bei dem die r unteren Indices zuerst kommen. Die Komponentenfunktionen — und im Ricci-Kalkül auch der ganze Tensor — werden dann z.B. als
notiert. Aus dieser Stellung der Indices entnimmt der Kenner des Ricci-Kalküls, daß das Transformationsgesetz bei einem Koordinatenwechsel A _
_
alle v alle fj,
244
Kapitel 13. Rechnen in Koordinaten
lauten muß, und damit ist für den Ricci-Kalkül auch gleichzeitig geklärt, was so ein r-fach ko- und s-fach kontravarianter Tensor 'sei', falls jemand danach fragen sollte. In der Tat können wir uns diese Definition auch ruhig gefallen lassen, schon im Kapitel 1 haben wir ja gesehen, wie man sie für r = 0 und s = 1 präzisiert ('physikalisch definierte' Tangentialvektoren bzw. Vektorfelder). Wer damit aber noch nicht zufrieden ist, kann von der multilinearen Algebra auch eine begrifflich bessere Antwort auf die Frage bekommen, was ein Tensor sei. Das koordinatenunabhängige Obnur sind, jekt A, dessen Komponentenfunktionen die A^l4lrVl'Ms ist nämlich alle v alle /i
das ist eine Zuordnung, die jedem p ein Element A(p) e T*M ® • • • ® T*M ® TPM ® • • • TPM
zuweist. Ist die Abfolge der oberen r und unteren s Indices eine andere, so ändert sich dementsprechend auch die Reihenfolge der Faktoren im Tensorprodukt. Was bedeutet aber das geheimnisvolle Zeichen (g>? Es wäre gut, wenn jeder Mathematikstudent das im zweiten Semester erführe, nämlich in der Linearen Algebra II. Nun, Sie werden es schon einmal erfahren und dann auch die Tensoren des Ricci-Kalküls mit anderen Augen sehen ... Aber ganz so leicht will ich es mir doch nicht machen, einen ganz kleinen Minikurs, einen Mikrokursus über das Tensorprodukt gebe ich Ihnen. Achtung, es geht los: Das Erste, was Sie über das Tensorprodukt von zwei (analog von mehreren) Vektorräumen V und W wissen müssen ist, daß es sich dabei eigentlich um ein Paar (V ®W,t) handelt, bestehend aus einem Vektorraum V ®W und i > v <8> w einer Verknüpfung t : V x W —> V ®W, die als (v, w) — notiert wird. Man bildet also auch Tensorprodukte von einzelnen Vektoren, und diese sind dann Elemente im Tensorprodukt der Räume. Aber Vorsicht: das Tensorprodukt der Räume ist im allgemeinen nicht die Menge der Tensorprodukte ihrer Elemente, die Verknüpfung ist nicht surjektiv. Also nicht, daß Sie etwa meinen,
13.4 Tensorfelder
245
Sie brauchten nur die v <S> w zu verstehen, um dann automatisch auch V <8> W zu kennen. Überhaupt kann man weder v ®w noch V" 0 VF einzeln begreifen, man muß wirklich das Paar (V <S> W, t) anschauen. Eh nun, kann man das t : V x W —> V ®W nicht endlich einmal hinschreiben? — Das könnte man, die Frage ist nur, ob Sie viel Preude daran hätten. Ich teile Ihnen zunächst lieber etwas Wichtigeres mit: Die Verknüpfung t ist universell büinear in dem Sinne, daß sie erstens natürlich selbst bilinear ist, wie sich das für eine Produktbildung auch gehört, und daß aber zweitens jede bilineare Abbildung auf V x W auf genau eine Weise aus t durch Nachschalten einer linearen Abbildung auf V®W entsteht, genauer: zu jeder bilinearen Abbildung / : V x W —> X gibt es genau eine lineare Abbildung W —>• X mit f — ipot. Ob es wirklich ein Paar (V ® W,t) mit dieser wunderbaren universellen Eigenschaft gibt, habe ich Ihnen freilich noch nicht nachgewiesen, aber Sie können jetzt schon sehen, daß es im wesentlichen höchstens eines geben kann, denn ist (V" W, t) konstruiert, wenn es nur überhaupt möglich ist. Und möglich ist es, das sieht man so: jede beliebige Menge A erzeugt den reellen Vektorraum F(Ä) der formalen Linearkombinationen c\a\ + • • • + Cfeßfe, dessen Elemente eigentlich die Abbildungen c : A —*• E sind, die alle bis auf endlich viele a e A auf Null abbilden, die man aber zweckmäßigerweise als Summen ^2c(a)a wie oben schreibt. Durch a — i >• la hat man dazu eine kanonische Abbildung A —> F(A). Für den Spezialfall A:=V xW betrachtet man jetzt eben diese Abbildung V x W —> F(V x W). Sie hat auch eine universelle Eigenschaft, aber noch nicht die richtige, ist auch gar nicht bilinear. Deshalb wird sie nun in einer ganz routinemäßigen Weise nachgebessert. Man betrachtet nämlich alle Elemente in F(V x W), die von einer der beiden Gestalten (a) (ci«i + c2v2,w) - cxfa^w) - c2(v2,w) (b) (v, ciwi + c2w2) - ci(v, wi) - c2(v, w2)
246
Kapitel 13. Rechnen in Koordinaten
sind, deren Nichtverschwinden also die Bilinearität stört, und dividiert F(V x W) durch den von diesen Elementen erzeugten Untervektorraum Fo C F(V x W). Dann bilden der Quotient V <8> W := F(V x W)/Fo und die kanonische Abbildung t : V xW —> F(V x W) —> F(V x W)/Fo zusammen ein universell bilineares Paar für V und W, wie wir es suchten. Diese Konstruktion brauchen Sie aber mxr, wenn Sie von einer Polizeistreife angehalten werden und Ihren Gebrauch des Tensorprodukts legitimieren sollen. Was Sie zum täglichen Arbeiten über das Tensorprodukt wissen wollen, holen Sie besser direkt aus der universellen Eigenschaft heraus. Ende des Mikrokurses! Sie werden einräumen, daß er rasch genug zu durchlesen war. Preilich sitzen Sie damit noch nicht fest im Tensorsattel, dazu brauchts erst noch einen ganzen Schwarm trivialer, aber eben nicht überflüssiger Lemmas, für die in meinem Buch leider kein Platz ist. Da die alternierenden Formen multilinear sind, haben sie natürlich auch mit dem Tensorprodukt zu tun, und ich will nur erwähnen, daß kanonisch A\tkTpM
gilt, jede fc-Form ui also auch ein fc-fach kovarianter Tensor in diesem allgemeinen Sinne ist, wobei die Komponentenfunktionen beruhigenderweise in beiden Auffassungen dieselben sind: aus der Schiefsymmetrie in den Indices folgt wirklich
alle
nach unserer Normierung des Dachprodukts (vergl. den Satz in 8.2). Man braucht also beim Ubergang zu dem allgemeineren Tensorbegriff des Ricci-Kalküls keine neuen Konventionen für die altbekannten A;-Formen zu lernen.
13.5 Hinauf- und Herunterziehen der Indices
247
13.5 Hinauf- und Herunterziehen der Indices im Ricci-Kalkül Diese drei Notationskonventionen des Ricci-Kalküls — also (1) Bezeichnung durch Komponenten, (2) Stellung der Indices und (3) Summenkonvention — betreffen das Koordinatenrechnen auf einer n-dimensionalen Mannigfaltigkeit M ohne zusätzliche Struktur. Ist aber auf M eine semi-Riemannsche Metrik < •, • > gegeben, so kommt noch eine vierte Konvention hinzu, nämlich über das berühmte "Hinauf- und Herunterziehen" von Indices. Betrachten wir den Vorgang zunächst ganz formal und fragen erst dann nach seinem mathematischen Inhalt. Notation (Hinauf- und Herunterziehen von Indices im Ricci-Kalkül): Es sei (M,<•,•>) eine semi-Riemannsche Mannigfaltigkeit. In lokalen Koordinaten schreiben wir wie üblich 9iiv '•— ^d^yd^y, und (gliU) bedeute die zu (<7^„) inverse Matrix. Es sei nun A ein r-fach ko- und s-fach kontravarianter Tensor, im Ricci-Kalkül mit r + s Indices geschrieben, von denen oBdA einer v und keiner ß heiße. Dann schreibt man, je nachdem v ein unterer oder ein oberer Index ist: A - ^
••:=g^A--v--
b z w . A - - „ • • : = g V b V A - - v •-,
wobei die Summenkonvention anzuwenden ist. Die übrigen Indices, an deren Vorhandensein die Punkte erinnern sollen, verändern dabei weder ihre Stellung noch ihre Bezeichnung. D Ist also zum Beispiel ein kontravarianter Vektor v^ gegeben, dann ist die Notation v^ nicht mehr frei, sie bedeutet nach dieser Konvention ja jetzt g^v". Weitere Beispiele, nur zum Gewöhnen an den formalen Vorgang:
usw.
248
Kapitel 13. Rechnen in Koordinaten
Natürlich kann man sich schon denken, daß durch das Hinaufoder Herunterziehen wieder ein Tensor entsteht, sich die neugeschaffene indizierte Größe bei einem Koordinatenwechsel also gemäß der (neuen) Stellung der Indices richtig transformiert, sonst würde der Ricci-Kalkül schwerlich diese Konvention getroffen haben. Um das nachzurechnen, beachte zuerst, daß g^ = ^d^^d^y sich nach der Notiz in 13.3 richtig als 2-fach kovarianter Tensor transformiert: Für jedes p e M ist <-,->p als Bilinearform auf TpM ein Element von (TpM®TpM)* =T*M®T*M, die g^v sind die Komponentenfunktionen dieses im Ricci-Kalkül sogenannten "Pundamentaltensors" der semi-Riemannschen Mannigfaltigkeit. Daher transformiert sich auch g^v als kontravarianter Tensor, und die Behauptung ergibt sich beim direkten Einsetzen und Nachrechnen daraus, daß die Jacobi-Matrizen der beiden Kartenwechsel von den alten zu den neuen Koordinaten und zurück natürlich invers zueinander sind. Invers zueinander sind auch die Vorgänge des Hinauf- und Herunterziehens eines bestimmten Index selber, weil definitionsgemäß u r
.= 0 sonst
v
n
gilt. Wegen der Symmetrie der Matrizen folgt daraus übrigens auch
also ist auch die Notation {g^) für die zu {g^,v) inverse Matrix mit der Konvention verträglich: durch Hinaufziehen der beiden Indices wird aus g^ wirklich g^v. Im allgemeinen sollten Indices nicht übereinanderstehen, damit die Gesamtreihenfolge aller Indices erkennbar bleibt. Solange jedoch keine Indices hinauf- oder heruntergezogen werden, entstehen innerhalb des Ricci-Kalküls auch keine Mißverständnisse, wenn nur die separaten Reihenfolgen der oberen und unteren Indices bekannt sind, und wenn zum Beispiel A^ symmetrisch in (x und v ist, dann gilt natürlich für die Komponentenfunktionen Afj" — A"n und man wird daher beim Rechnen damit einfach A"^ schreiben.
13.6 Invariante Bedeutung
249
13.6 Invariante Bedeutung des Stellungwechsels der Indices Wie ist das Hinauf- und Herunterziehen von Indices nun begrifflich und koordinateimnabhängig zu verstehen? Dazu betrachten wir den für jedes p e M von der semi-Riemannschen Metrik bewirkten Isomorphismus T PM ^ + v
T;M >
i
zwischen dem Tangential- und dem Cotangentialraum, für den wir in 12.2 die Notation TPM *± T;M tt
eingeführt hatten. Wie sieht das in lokalen Koordinaten aus? Für jede 1-Form cv = ui^dx^ ist die z/-te KomponentenfurLktion durch LÜV = cü(dv) gegeben, wie wir wissen, insbesondere für CÜ = b9M := <<9M, •>, also: Notiz: Es gilt b
<9^ = <9^, dv>dxv = gß„dx1'
und daher auch
Korollar: Das Verwandeln von kontra- in kovariante Vektoren und umgekehrt durch das Herunter- bzw. Hinaufziehen des Index im Ricci-Kalkül entspricht den durch die semi-Riemannsche Metrik gegebenen Isomorphismen b : TpM —> T*M und seinem Inversen j), genauer:
D Analog gilt allgemeiner: Das Anwenden von t> bzw. j) auf den i-ten Faktor eines (r + s)-fachen Tensorprodukts aus r Faktoren
250
Kapitel 13. Rechnen in Koordinaten
T*M und s Faktoren TPM (in einer bestimmten Reihenfolge) wird im Ricci-Kalkül durch das Herunter- bzw. Hinaufziehen des i-ten der r + s Tensorindices beschrieben. Zum Beispiel geht unter
> T;M > )TpM
T;M der einfach ko- und 2-fach kontravariante Tensor A^^ in den 2-fach ko- und einfach kontravarianten Tensor A\^f über (im Sinne der Konvention (1) des Ricci-Kalküls natürlich — es wäre nicht sinnvoll, der einzelnen Komponente, etwa A^i2, die Kompozuzuordnen!), denn aus wird unter nente > dv, und nach obigem Korollar b (g) Id < Id ja ist das
Das Hinaufziehen sämtlicher Indices einer ft-Form erzeugt eine duale fc-Form und umgekehrt. Koordinateninvariant sind diese Vorgänge auch durch (1 und b als AltkTpM
AltkT*M •en:
AltkTpM
—+ T*M®- •®T*M
1 k
Alt T*M kommutiert wirklich.
—> TpM(g>- •®TPM
13.7 Skalarprodukte für Tensoren
251
13.7 Skalarprodukte für Tensoren im Ricci-Kalkül Die Notation des Hinauf- und Herunterziehens von Indices ist sehr bequem für das Rechnen mit den verschiedenen Skalarprodukten, die wir zu betrachten haben. Für Tangentialvektoren v und w selber gilt wegen <9/u, du> =: gßI/ natürlich Notiz: Für Vektorfelder v und w gilt in lokalen Koordinaten Definitionsgemäß wird das Skalarprodukt von TpM auf T*M durch den Isomorphismus b übertragen (Spezialfall des definierenden Lemmas für das Skalarprodukt im Formenraum, vergl. 12.2), deshalb gilt: Notiz: Für 1-Formen a, ß ist in lokalen Koordinaten =allß»=gIM'altßu. Insbesondere ist (dxß, dxv> — g^u.
D
Das Skalarprodukt in AltkTpM hatten wir in der Definition zwar kanonisch genannt, aber wir wollen doch nicht vergessen, daß dabei das Dachprodukt einging, welches in der Literatur ja nicht ganz einheitlich normiert ist. Deshalb müssen wir auch plausible Skalarproduktformeln für fc-Formen immer hübsch ordentlich nachprüfen, insbesondere Lemma: Für k-Formen r], £ e £lkM auf einer semi-Riemannschen Mannigfaltigkeit gilt in lokalen Koordinaten
BEWEIS: AUS der Definition des Skalarprodukts in 12.2 entnehmen wir zunächst, daß ••Mfc
252
Kapitel 13. Rechnen in Koordinaten
gilt. Weil nun aber das Herunterziehen der Indices, wie vorhin erläutert, dasselbe bewirkt wie die Anwendung von b, so können wir £ als
schreiben, und die Behauptung folgt.
D
Mit gutem Gewissen als kanonisch gegeben darf man das Skalarprodukt auf dem Tensorprodukt V W zweier quadratischer Räume (V,<-,-V) u n d (W,<- ,->w) bezeichnen: es ist dies die Bilinearform < •, • > auf V W, welche
erfüllt, analog für Tensorprodukte aus mehreren Faktoren. Insbesondere ist für r-fach ko- und s-fach kontravariante Tensoren auf einer semi-Riemannschen Mannigfaltigkeit an jedem Punkte p e M ein Skalarprodukt gegeben, und zum Beispiel für den Tensortyp, bei dem alle r kovarianten Faktoren zuerst kommen, gilt in lokalen Koordinaten
Faßt man daher vermöge AltkTpM C T*M T*M die kFormen als /c-fach kovariante Tensoren auf, so erhält man ein anderes Skalarprodukt: \Vi S^fe-Formen-Skalarprodukt
=
77x^7) C/Tensor-Skalarprodukt-
Man kann eben nicht alles haben! Wir fahren trotzdem fort, das Ä:-Formen-Skalarprodukt zu benutzen.
13.8 Dachprodukt und Sternoperator im Ricci-Kalkül Es sei nun M eine orientierte n-dimensionale semi-Riemannsche Mannigfaltigkeit. Wie sehen Sternoperator und Coableitung im Ricci-Kalkül aus? Wegen r\ A *<^ = <^M schauen wir uns
13.8 Dachprodukt und Sternoperator
253
zuerst Dachprodukt und Volumenform an. Für cj e flrM und r\ € flsM ist in lokalen Koordinaten A
V—
2
w/il,.jUr.r?Iy1..(/sdx/ilA .. hdx^ A dxUl A ..
Daraus liest man eine Formel für die Komponenten + ßi < • • • < Hr+s des Dachproduktes ab, um sie aber niederschreiben zu können, wollen wir die Zerlegungen der Menge { 1,..., r + s } in eine r- und eine s-elementige Teilmenge wie folgt als Permutation von { 1,..., r + s } auffassen: Notation: Es sei Zr^s := { r e &r+s | r(l) < •• < r(r) und r{r + 1) < •• < T(T + S) }. D Das hat fiir uns den Vorteil, daß wir das Vorzeichen sgn r , das auf diese Weise einer Auswahl r(l) < • • • < r(r) von r Elementen aus { 1,..., r + s } zugeordnet wird, nicht umständlich beschreiben müssen, sondern gleich schreiben können Notiz: (w A v)ßv.ßr+s = E
sgar • uj^^.^^ri^^^^y
T€Zr,s
Die Summe hat also (r~^s) Summanden, für r = s = 1 zum Beispiel zwei: (a A ß)^ = a^ßv - avßß heißt die Formel für die Komponenten des Dachprodukts zweier 1-Formen a und ß. Als nächstes erinnern wir uns an die Volumenform U>M • Wie wir früher schon ausgerechnet haben (nämlich in 12.3) gilt: Notiz: In orientierungserhaltenden lokalen Koordinaten ist die Volumenform durch ^M — \/\ §\ dx1 A .. /\dxn, ihre Komponentenfunktion also durch wi...n = -\/\~g\ gegeben, woD bei g := det^g^) bedeutet.
D
254
Aus 77
Kapitel 13. Rechnen in Koordinaten
A *C
= °JM ergibt sich deshalb zunächst £
sgnr-r? Tl .. Tfc (*C) Tk+1 ..T„ =
für alle 77, C e ükM und daher Korollar (Sternoperator im Ricci-Kalkül): Für ( e Q,kM gilt in orientierungserhaltenden lokalen Koordinaten.
D
Zunächst folgert man das natürlich durch geeignete Wahl von •q für r e Zhtn-k > e s ist aber ersichtlich dann auch für beliebiges r e &n richtig.
13.9 Divergenz und Laplace-Operator im Ricci-Kalkül Wie wir die Cartansche Ableitung in lokalen Koordinaten auszurechnen haben, wissen wir aus der Definition (vergl. die in 8.6 festgehaltene lokale Formel). Für die Komponenten bedeutet das Notiz (Cartan-Ableitung im Ricci-Kalkül): k+i
D Setzt man diese Formel mit denen aus 13.8 zu einem allgemeinen Ausdruck für die Coableitung in beliebigen Koordinaten zusammen, so entsteht schon ein ziemliches Ungetüm, das wir denn doch ohne besonderen Anlaß nicht niederschreiben wollen. Stattdessen sehen wir uns den Spezialfall k — 1 einmal genauer an.
13.9 Divergenz und Laplace-Operator
255
Die Coableitung ist dann definiert als
Wegen * * = (-l) fe ( n - fe ) +IndexM Id n ;= M , wie wir in Notiz 3 in 12.3 festgestellt hatten, ist in diesem Falle auch
Für eine 1-Form a e Q,XM ist aber
(d*a)t.n = nach obigen Formeln für * und d. Die nochmalige Anwendung der *-Formel (Korollar am Ende des vorigen Abschnitts), die nun an der Reihe wäre, ist etwas unbequem, und wir bedenken lieber, daß wir jetzt ja
d*a=
J2 dl
ausgerechnet haben und fejf = (—iynde*Mi schon aus Notiz 2 in 12.3 wissen. Also schließen wir (-l)
__
E = i dß
oder mit der Summenkonvention Korollar: Die Coableitung ö : fi'M -^- f2°M wird in lokalen Koordinaten durch
beschrieben.
D
256
Kapitel 13. Rechnen in Koordinaten
Die Funktion 5a wird auch die Divergenz des Vektorfeldes v = a^dfj, genannt. — Für Funktionen oder Nullformen ist der Laplace-Operator A : O°M ->• fl°M durch A = öd definiert, also in lokalen Koordinaten durch
Wenn wir die Konventionen des Ricci-Kalküls in dieser Formel wieder auflösen bis auf g = det(<7M„) und (g^) invers zu so erhalten wir: Korollar: Der Laplace-Operator A :— 5d : fl°M —> Q°M für Funktionen auf einer semi-Riemannschen Mannigfaltigkeit M ist in lokalen Koordinaten durch 8
D
V-Linie
t?-Linie Fig. 110. Kugelkoordina2 ten
Wenden wir die Formel zur Illustration Sphäre M := S2 C R3 und die Kugelkoordinaten ip und # auf S2 an. Die Koordinaten sind offenbar orthogonal, d.h. es ist gi2 = 0 und folglich auch g21 = 0. Die Terme gn und (722 sind die Quadrate der Geschwindigkeiten der ip- bzw. i?Koordinatenlinien, also = sin 2 o9 und 522 = 1 und infolgedessen g = 3 2 2 = 1 . und g11 = sin
einmal auf die
Korollar: Der Laplace-Operator A5 für Funktionen auf S2 lautet in den Kugelkoordinaten ip und 1
ö2
d
D
13.10 Ein Schlußwort
257
13.10 Ein Schlußwort Jedes Buch oder wenigstens jeder Band muß ein Ende haben, und aus seinem vorliegenden Werk verabschiedet sich der Autor, indem er eine Prage beantwortet, die sich mancher Leser schon gestellt haben mag. Warum nämlich, fragt vielleicht ein Leser, warum räumt ein Autor, der — wie er doch selbst immer sagt — so viel Wert auf Begriffe und Anschauung legt, einem bloßen System von Schreibweisen wie dem Ricci-Kalkül so viel Platz ein? Nun, dazu veranlaßte mich der Umstand, daß die Konventionen des Ricci-Kalküls in der physikalischen Literatur verwendet werden. Es sollte mich freuen, wenn eventuelle physikalische Leser meine Erläuterungen nützlich finden. Eigentlich geschrieben sind sie aber für Mathematiker. Ein Physikstudent, stelle ich mir vor, wächst durch praktischen Umgang in den Kalkül hinein und richtet sowieso seine Gedanken mehr auf den physikalischen als auf den mathematischen Inhalt seiner Formeln. In einer ganz anderen Situation ist aber ein Mathematiker, der sich gerade für die geometrisch-begrifflichen Aspekte einer physikalischen Theorie interessiert und nun als Fremder, gleichsam von außen, in die physikalische Literatur hineinschaut. Ob die Benutzung des Kalküls durch die Physiker ein mathematischer Anachronismus oder die beste Lösung ihrer Notationsprobleme ist, halte ich nicht für ausgemacht, aber jedenfalls könnten wir ohne Kenntnis der Konventionen viele der Formeln gar nicht lesen, und oft erhalten wir auch nur vom Kalkül, dessen geometrischen Hintergrund wir ja kennen, einen Hinweis darauf, von was für mathematischen Objekten eigentlich die Rede ist. Ohne hier das ganze Panorama der Schwierigkeiten entrollen zu wollen, die ein Mathematiker bei der Lektüre physikalischer Texte zu erwarten hat, muß ich doch noch etwas erklären, damit Sie mich nicht ungerechterweise verwünschen, wenn Sie nun trotzdem nicht jede indexgespickte Formel gleich vom Blatt lesen können. Man muß nämlich darauf gefaßt sein, neben den auf die Raum-Zeit-Koordinaten bezüglichen eigentlichen Ricci-Indices noch zahlreiche andere Arten von Indices anzutreflFen. Das kommt von der Tendenz der Physiker, in allen Vektorräumen Basen zu
258
Kapitel 13. Rechnen in Koordinaten
wählen und damit Indices einzuschleppen, auf die dann auch, mehr oder weniger konsequent, Ricci-ähnliche Konventionen angewendet werden. Eine Hauptquelle solcher Indices sind die in der Elementarteilchenphysik vorkommenden Liegruppen bzw. deren Liealgebren und ihre Darstellungen. Die Liegruppen treten meist von vornherein als Matrizengruppen, ihre Liealgebren also als Matrizenalgebren in Erscheinung (Indices). In der Liealgebra wird eine Basis gewählt (Index) und die Lieklammer dementsprechend duxch Strukturkonstanten (mit drei Indices) beschrieben. Eine Darstellung ordnet den Basiselementen Matrizen mit auf die Basis des Darstellungsraumes bezüglichen Indices zu. Daneben Indices, welche verschiedene Darstellungen und Indices, welche Teilchenarten unterscheiden. Vielleicht wird diese barocke Indexpracht eines fernen Tages von einer Notations-Klassik abgelöst, wenn wir aber heute den Physikern zuhören wollen — und sie haben faszinierende Dinge zu sagen — dann müssen wir uns auch auf ihre heutige Sprache einlassen, und ein bißchen Ricci-Kalkül gehört da jedenfalls dazu.
13.11 Test (1) Der Sternoperator * : flkX -> fl3~kX für offenes X C R3 mit der üblichen Metrik und Orientierung, aufgefaßt bezüglich der "Übersetzungsisomorphismen" als eine Abbildung C°°(X) -> C°°(X) für k = 0,3 bzw. V(X) -> V(X) für k = 1,2 ist D die Identität auf C°°(X) bzw. V(X) für fc = 0,1,2,3. D Id auf C°°(X) bzw. V(X) für k = 0 und k = 2, aber —Id für k = 1 und k = 3. D Id auf C°°(X) für k = 0 und k = 3, aber -Id auf V(X) für k = 1 und fc = 2.
13.11 Test
259
(2) Sei M ein Mannigfaltigkeit, ohne Metrik. Eine lineare Abbildung TPM —>• TPM werde im Ricci-Kalkül durch die Matrix a£, also genauer durch v" H-> a£vv beschrieben, die duale Abbildung T*M -> T*M durch &£, also UJ^, i->- b^uj^ im Sinne der Ricci-Konventionen. Dann gilt
(3) Sei M wie oben. Drei im Ricci-Kalkül zu lesende Matrizen a%, b^ und c£J sollen drei Endomorphismen y?, ip und ^oy) von TpM bzw., in einem zweiten Falle, von T*M beschreiben. Dann gilt D im l.Fall c^ = b^, im 2.Fall c^ = D im l.Fall c£ = b*a%, im 2.Fall c^ = D in beiden Fällen c£ = 6^a^ (4) Beschreibt das Kroneckersymbol 5ßll einen Tensor im RicciKalkül auf M ? D Ja, die Identität auf TPM. D Nein; um die Identität zu beschreiben, müßte es als 5" notiert werden. D Nein, 5ßv hat nicht das richtige Transformationsverhalten. (5) Nach der Formel TEZV
aus 13.8 ist also das Dachprodukt einer 2-Form u mit einer 1-Form -q im Ricci-Kalkül: (ui A 77)^/41/ =
• (6) Jetzt sei M eine semi-Riemannsche Mannigfaltigkeit. Die durch die Metrik kanonisch gegebenen Isomorphismen b : TpM
^
T*M
und
(J : Tp*M - ^ - T P M
Kapitel 13. Rechnen in Koordinaten
260
werden im Ricci-Kalkül D durch g»v und g^ D durch g^v und gßu D beide durch guß beschrieben. (7) Was ist g^ ? •
Ql =
| | Q
•
— ö
1 0
—
für ß = v sonst.
QY,. —
(8) Sei M = M , als orientierte Lorentzmannigfaltigkeit mit der durch
bezüglich der Koordinaten a;0,^;1,^2,^;3 gegebenen Lorentzmetrik. Dann gilt nach der allgemeinen Formel
speziell für die Wirkung des Sternoperators auf 2-Formen F € Ü2M D (* F)Oi = F23 = F23, insb. *(dx2 A dx3) = dx° A dx1. D (* F)oi = F 2 3 = F23, insb. *(dx° A dx1) = da;2 A dx3. D (* F) 2 3 = F01 = -F01, insb. ^(dx^Adx1) = -dx2Adx3. (9) In denselben Koordinaten des Minkowskiraumes ist die Dil • — vlJl vergenz —j= dß(\A~9\ ) eines Vektorfeldes v^ gleich a dov° + D dov° D -dov° +
1 1 1
+ d2v2 + d3v3 - d2v2 - d3v3 + d2v2 + d3v3
13.12 Übungsaufgaben
261
(10) Nochmals der Minkowskiraum! Bezeichnen wir die obigen Koordinaten mit t, x, y und z, so ergibt der Laplaceoperator 1
a
'\g\
angewandt auf eine Funktion / : M n s2 J+
n
LJ
8L 8t2
dt2-1
13.12
J +
' dx2 J
' dy2 •> '
dz2
Übungsaufgaben
AUFGABE 49: Wir betrachten eine offene Teilmenge X C K3 und setzen M := R x X C M4. Anschaulich stellen wir uns X als ein Gebiet im Raum und die Koordinate t des Faktors K. als die Zeit vor. In dieser und der folgenden Übungsaufgabe wollen wir uns den Cartanschen Kalkül für die Raumzeit M in unsere Raum und Zeit trennende Anschauung übersetzen. Bevor Sie anfangen können zu rechnen, müssen wir aber einige Verabredungen treffen. Den Raum der zeitabhängigen &-Formen auf X wollen wir mit Qkeitabh.X °der etwas kürzer ^lkzaX C ükM bezeichnen, genauer: ttk
a
X := { u> e £lkM
| dt _j u> = 0 }.
Schreibt man die &-Formen auf M in den Koordinaten x° := t und xl,x2,x3 des M4 als
und sortiert die Summanden danach, ob ß± = 0 ist oder nicht, so sehen wir, daß sich jede fc-Form auf der Raumzeit M in eindeutiger Weise als ui = dt A rj + ( mit 7] e Qk~a1X und £ e flk
darstellen läßt, und auf diesen Isomorphismus O
y ^d o
v
v o i\/f
> dt A r\ + C
a
X
262
Kapitel 13. Rechnen in Koordinaten
wollen wir im folgenden immer Bezug nehmen, um die Raumzeitformen unserer Anschammg näher zu bringen. Auf die zeitabhängigen A;-Formen im Raumgebiet X wirken die räumliche Cartanableitung
der räumliche Sternoperator (bezüglich der üblichen Metrik im R3)
** : nk.ax -> ni:kx und die partielle Ableitung nach der Zeit:
Die Aufgabe 49 besteht darin, die vierdimensionale Cartanableitung d,M '• QkM —>• £lk+1M und den auf die übliche Orientierung und die Lorentzmetrik des M4 bezüglichen Sternoperator
durch die dx, die *x und dt auszudrücken.
50: Nun können wir einen Schritt weiter gehen und auch noch die zeitabhängigen Formen auf X mit den üblichen Übersetzungsisomorphismen als zeitabhängige Funktionen bzw. Vektorfelder auf X interpretieren. Dann erhält man aus dem AUFGABE
13.12 Übungsaufgaben
263
de Rham-Komplex von M ein Diagramm 0 1
^
0 4
n°M
=
> c~
-1 Cz°°a X
»• Cz°°aX za. 40
| 0
Was wird dabei aus der Cartanableitung und dem Sternoperator von M ? AUFGABE
5 1 : Man beweise die naheliegende Verallgemeinerung
der Formel ,y, z(x, Z
aus 10.8 vom dort betrachteten Fall einer differenzierbaren Funktion z = z{x,y) von zwei Variablen auf den Fall einer Funktion / = / ( x 1 , . . . , xn) von n Variablen. AUFGABE
52: Man beweise die Formel d(X—i LÜM) = (divX)
für die in 13.9 definierte Divergenz eines Vektorfeldes auf einer orientierten semi-Riemannschen Mannigfaltigkeit.
264
13.13
Kapitel 13. Rechnen in Koordinaten
Hinweise zu den Übungsaufgaben
Zu AUFGABE 49: Es sollte herauskommen, daß die Diagramme QkM
>
Ük+1M
-dx
dx und
kommutativ sind. Zu ÄUFGABE 50: In der klassischen Elektrodynamik des Vakuums kann man die Maßeinheiten so wählen, daß man nur noch drei zeitabhängige Vektorfelder und eine zeitabhängige Funktion auf X C M3 zu betrachten hat, nämlich die elektrische Feldstärke E, die magnetische Induktion B, die Stromdichte J und die Ladungsdichte p, und so, daß die Maxwellschen Gleichungen
13.13 Hinweise zu den Übungsaufgaben
265
rot E = -B
div E — p lauten. Übersetzt man (~g) in eine 2-Form F e !1 2 (1 x X ) , den sogenannten Faradaytensor, und (~ ) in eine 3-Form j e f23(M x X), die Viererstromdichte, so sollen die Maxwellschen Gleichungen zu dF = 0 und werden und die aus d*F = j folgende Gleichung dj = 0 zur sogenannten Kontinuitätsgleichung div J + p = 0. Nicht von ungefähr werden die Maxwellschen Gleichungen im Cartankalkül des Minkowskiraumes K. so einfach, um aber näher darauf einzugehen, müßte ich doch weiter ausholen als die Gelegenheit erlaubt. Zu AUFGABE 51: Gemäß der Volumenformformel in 13.8 handelt es sich beim Lösen dieser Aufgabe vor allem darum, die Determinante der symmetrischen Matrix mit den Komponenten g^v = S^ + d^f • d„f
zu bestimmen, das ist also das Produkt der Eigenwerte unter Berücksichtigung der Vielfachheiten. Als selbstadjungierter Operator im Mra ist die Matrix aber ganz leicht zu durchschauen: sie ist die Summe aus der Identität und eines Operators vom Range eins, und man sieht die Eigenwerte mit bloßem Auge. Zu AUFGABE 52: Schon die Koordinatenformel in 13.9 zeigte, daß die Metrik auf die Bildung der Divergenz eines Vektorfeldes nur durch die Volumenform Einfluß nimmt. Die Behauptung der Aufgabe 52 bietet eine koordinatenfreie Interpretation dieses Sachverhalts.
14
Anhang: Testantworten, Literatur, Register
14.1 Antworten auf die Testfragen
1 2 3 4 5 6 8 9 1U 11 12 13 X
Frage 1
X
X X
X
X
X
X X
X X
X
X X
X
1 2 3 4 5 6 8 9 10 11 12 13 X
X
Frage 2
X X
X X
X
X
1 2 3 4 5 6 8 X
X
X
Frage 3
1 2 X
X
9 10 11 12 13 X
X
X
X
X
9 10 11 12 13 X
X X
X
X
Frage 4
X
X
X
3 4 5 6 8 X
X
X
X X
X
X
X X
X
X X X
14.1 Antworten
1 2 3 4
5 ö 8 9 10 11 12 13
X
Frage 5
X
X
X X
1 2 3 4
X
X
X X
X
X
X
X
X X
X
X
X X
X
X
1 2 3 4
X
X
X
X
X X
X
X
X
X X
X
5 6 8 9 10 11 12 13
X X
X
X
X X
X
X
5 6 8 9 10 11 12 13
X X
X
X X
X X
1 2 3 4
X
5 6 8 9 10 11 12 13 X
X
X
X
X X
X X
X
X X
X
X X
1 2 3 4
X X
5 6 8 9 10 11 12 13 X
Frage 10
X
X
1 2 3 4
X X
X X
Frage 9
X
5 6 8 9 10 11 12 13
X
Frage 6
Frage 8
X
X X X
Frage 7
267
X
X
X
X X
X
X
X
268
14.2
Kapitel 14. Anhang
Literaturverzeichnis
[AM]
ABRAHAM,
R. UND MARSDEN, J.E.: Foundations of Mechanics. New York, Amsterdam: Benjamin 1967.
[BJ]
T H . UND JÄNICH, K.: Einführung in die Differentialtopologie. Berlin-Heidelberg-New York: Springer-Verlag, Korrigierter Nachdruck 1990.
[C]
H.: Les travaux de Georges de Rham sur les varietes differentiables. Essays on Topology and Related Topics. Memoires dedies ä Georges de Rham. Haefliger, A., Narasimhan, R. (eds.), Berlin-HeidelbergNewYork: Springer-Verlag 1970, S. 1-11.
[HR]
HOLMANN, H. UND RuMMLER, H.: Alternierende Differentialformen. Mannheim, Wien, Zürich: B.I. Wissenschaftsverlag 1972.
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JÄNICH, K.: Lineare Algebra. Berlin-Heidelberg-New York: Springer-Verlag, 8. Auflage 2000.
[W]
WARNER, F.W.: Foundations of differentiable manifolds and Lie Groups. Glenview, Ulinois - London: Scott, Foresman and Company 1971.
BRÖCKER,
CARTAN,
14.3 Register
269
14.3 Register
[21] 2 ä(0) 43 Abbildungsgrad 230 abzählbare Basis 3 Abzählbarkeitsaxiom 3 adjungiert 223 alternierende &-Form 52 alternierender Tensor 241 AltkV 52 Altfe/ 53 antikommutativ 136 antiselbstdual 233 Atlas 2 äquivalente Atlanten 2 Ausschöpfung 158 äußeres Produkt 135 äußere Ableitung 140
Cartansche Ableitung 140 — , in Koordinaten 145 — im Ricci-Kalkül 254 — im Minkowskiraum 264 Coableitung 223 Cohomologieklasse 194 Corand 194 — -Operator 194 Cozykel 194
b ("b", "flat") 217 beranden 109 berandete — Mannigfaltigkeit 108 — Untermannigfaltigkeit 109 bordant 118 Brouwerscher Fixpunktsatz
dffz 40
166
Buckelfunktion 156 C°° 2 C°°(X) 168
V\M0 9 £>(2t) 2
d 140 dk 225 5 223 5k 225 dfgeom 3g
df p^y* 40
f£ 177, 178 dF 169 dF 174, 182, 186 d» 46 dM 108 ds 174, 184 ds 169 dV 169 dx» 61
270
Kapitel 14. Anhang
Dachprodukt — von alternierenden Multilinearformen 135 — von Differentialformen 139 — im Ricci-Kalkül 253 Dens(F) 85 de Rham-Komplex 140 Derivation 31 Dichte 83, 85 Diffeomorphismus 5 Differential dfp — für / : Rn -> Rfe 26 — für / : M -> N 41 — für / : V -> W 42 Differential einer Punktion als 1-Form 60 Differentialform 58 differenzierbarer Atlas 2 differenzierbare — Abbildung 5 — Punktion 4 — k-Foxm. 58 — Mannigfaltigkeit 3 — Struktur 3 Differenzierbarkeit — im Rn 2 — im Halbraum K" 105 Dimension 3 Dirichletsches Randwertproblem 180 div, Divergenz 171 — im Ricci-Kalkül 256 Divergenzsatz 172 Drehsinn 69 duale k-Form 240 dualer Operator 223 Dualitätsformel 225 Dualraum 52
£P(M) 30 Eigenwert von A 234 Einbettung 17 Einbettungssatz von Whitney 17 Einheitsnormalenfeld N 175 Einheitstangentialfeld f 175 euklidischer Raum LI,Zl
— , (allgemein) 214 / • und / , 54 Faradaytensor 265 fast überall 89 fixpunktfreie Involution 15 Fixpunktsatz 166 Flachmacher 8 Fläche 74 — im Raum 10 Flächenelement 174, 186 — , vektorielles 169 — , zeitabhängige 261 formal adjungiert 223 Formenraum 217, 218 Funktor 53 g := det(gßV)
220
Gaußscher Integralsatz 172, 176 geschlossene Mannigfaltigkeit 196 Geschwindigkeitsvektor 43 gleichorientiert 70 Grad einer Differentialform 58 grad, gradient 171 Greensche Formel 178
14.3 Register Hk, H* 195 HkM 228 harmonische — Funktion 179 — Differentialform 227 herunterholen 4, 5 Hinauf- und Herunterziehen von Indices 247, 249 Hodge-Theorem 228 Hodge-Zerlegungssatz 228 homogene Koordinaten 17 homotop, Homotopie 197 Homotopieäquivalenz 211 Homotopie-Invarianz — der de Rham-Cohomologie 197 — des Integrals 206 Hyperboloid 10 _i ("in") 64, 65, 201 Index 214 induzierte fc-Form 54 Integral einer n-Form 93 integrierbare n-Form 93 Involution 15 Jacobimatrix Jf(p) 11
271
Kartengebiet 1 Kartenwechsel 1 Keim 30 Kettenregel 41 Kettenhomomorphismus 146 kleine Teilmenge 92 Kodimension 8 kompakte Ausschöpfung 158 Komponenten — einer alternierenden &-Form 55 — 9ßu der ersten Grundform 66 — eines Tensors im RicciKalkül 243 Kontinuitätsgleichung 265 kontravarianter Vektor 31 — Funktor 53 Koordinaten 44 Koordinatenbasis (di,... ,dn) des Tangentialraums 46 Kreuzprodukt 170 kritischer — Punkt 7 — Wert 7 Kugelkoordinaten 256 Kurventransport 39, 43
ft ("kreuz", "sharp") 217 KP n 16
89
TKP(V) 16
kanonische Volumenform 174 Kante 111 Karte 1 — , berandete 108 — , Eigenschaft bezüglich 4, 5 — für eine Mannigfaltigkeit 3 — um einen Punkt 4
Laplace-Operator A 177 — im Ricci-Kalkül 256 — in Kugelkoordinaten 256 Laplace-de Rham- oder Laplace-BeltramiOperator 227 lm
238
272
Kapitel 14. Anhang
Lebesgue— Maß 88, 102 — meßbar im R n 88 — meßbar in M 92 — integrierbar 89, 90 Lebesguescher Konvergenzsatz 89, 90 Linienelement 174 — , vektorielles 169 lokal — euklidisch 1 — integrierbar 96 — verträglich 73 Lorentzgruppe 24 M x N 13 M/T 15 M(n x n, R) 11 M + N 13 Mannigfaltigkeit 3 — , berandete 108 — , geschlossene 196 — , leere 3 — , Lorentz- 215 — , Riemannsche, semi-Riemannsche 214 — , Vektorraum als 22 Masche 86 Maßraum 88 Maximumprinzip 180 Maxwellsche Gleichungen 265 Metrik 214 Mittelwerteigenschaft 179 Möbiusband 20, 74 N 175 Nabla, V 177
Natürlichkeit — des Dachprodukts 136 — der Cartanschen Ableitung 145 negativ orientierte Basis 71 nichtentartete quadratische Form 25, 213 Normalableitung -g^ 177, 178 Normkonvergenzsatz 89 n-Sphäre Sn 10 nullbordant 118 nullhomotop 203 Nullmenge (Menge vom Maß Null) — im Rn 89, 91 — in einer Mannigfaltigkeit 92 O(n) 10 O(Q) 22 ükM 59 O,kaM 261 fi* 139 orientierender Atlas 76 orientierter Vektorraum 70 orientierte Mannigfaltigkeit 73 Orientierung — eines Vektorraums 70, 71 — einer Mannigfaltigkeit 73 — , entgegengesetzte — , übliche des R n 71 orientierungserhaltende (r) — Karte 73 — Isomorphismus 71 — Diffeomorphismus 74 Orientierungskonvention 113
14.3 Register
Orientierungsnormale N 175 — einer Fläche im Raum 182 Orientierungsüberlagerung 236 orientierungsumkehrend 74 orthogonale Gruppe 11 Orthonormalisierungsverfahren 72 Pfaffsche Formen 60 Poincare— Lemma 204 — Dualität 229 — Isomorphismus
HkM S Hn~kM
229
positiv orientierte Basis 71 positiv homogen 83 Prisma 199 Prismenoperator 200, 201 Produkt (von Mannigfaltigkeiten) 13, 75 Produktatlas 14 Pseudoskalare 86 quadratische Form 24, 214 quadratischer Raum 214 Quellstärke 123 Quotienten— topologie 14 — raum 14 — mannigfaltigkeit 16 re 6 K™ 105 K P n 16 Rand, Randpunkte ^ v o n R™ 105 — von M 108
273
Rang einer differenzierbaren Abbildung 6 Rangsatz 7 Rechte-Hand-Regel 69 reelle Algebra 30 reeller projektiver Raum 16 regulärer — Punkt 6 — Wert 7 retrahieren 165 de Rham— Cohomologie 195 — Gruppe 194 — Komplex 140 Ricci-Kalkül 31, 44, 2 3 9 ^ Richtungsableitungsoperator V„ 30, 31 Riemannsche Mannigfaltigkeit 214 rot, Rotation 171 sp 87 ap 86 cr-Algebra 88
S(n x n R) 11 SO(n) 12 SU(n) 12 Q,f7
— vom Igel 207 — vom regulären Punkt 6 — vom regulären Wert 9 Satz — von Heine-Borel 19 — von Fubini 90 — von Hodge 228 — von Stokes 152 (anschaulich) 125
Kapitel 14. Anhang
274
Satz — von der dominierten Konvergenz 89, 90 — von der monotonen Konvergenz 89 scherungsinvariant 83 selbstdual 233 semi-Riemannsche Mannigfaltigkeit 214 Skalarprodukt 217 — in AltfeF 217 — von k-Formen 222 — von Tensoren 251 — «•, •» in ükM 227 Spat 83 spezielle orthogonale Gruppe 12 Sphäre 10 singulärer Pnnkt 7 — Wert 7 Stammform 204 Stammformformel 205 sternförmig 204 Sternoperator * 220, 223 — im Ricci-Kalkül 254 — im R3 237 — im Minkowskiraum 264-^ Stokesscher Integralsatz "1 7O
"I
'77
173, 177 Strömungsbilanz 121 Strömungsdichte 122 Summe (von Mannigfaltigkeiten) 13, 75 Summenkonvention 242
f 175 l A 11 r ua
v ^]if
27
rpgeomj^ 29 P
Ta^M 31 'yphys n fi oo
T±M 113 Tafelbergfunktion 143 tangential äquivalent 29 Tangentialraum — an eine Untermannigfaltigkeit des RN 27 — an eine Mannigfaltigkeit 38
— , geometrisch definiert 29 — , algebraisch definiert 31 — , "physikalisch" definiert 32 Tangentialvektor 38 — , nach innen (außen) weisender 113 Tensor 241, 243 Tensorfeld 243 Tensorprodukt 244 Torus 14 Träger 96 Transformationsformel 90 — auf Mannigfaltigkeiten 97 Überlagerung 103 Übersetzungsisomorphismen 169 Umkehrsatz 6 U(n) 12 unberandet 108 universell bilinear 245 Untermannigfaltigkeit 8
14.3 Register Untermannigfaltigkeitskarte 8 V
W 168 Yi, — , kontravarianter 31 — , kovarianter 240 Vektorfeld 47 vektorielles Flächenelement 169 — Linienelement 169 Viererstromdichte 265 Volumenelement 169 Volumenform 174 — eines quadratischen Raumes 219 — einer semi-Riemannschen Mannigfaltigkeit 222
275
Volumenformformel 219, 253 w >, i Wegzusammennangskomponenten 25 Whitney 17 XI ~ 14 ^r,a 136, 253 zeitabhängige k-Formen auf der Raumzeit 261 Zerlegung der Eins 158 zusammenziehbar 203 zweites Abzählbarkeits^[om 3