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]] LCS': [ [ run(mary) ] [at(mary,the-store] ] LCS. cause(act(mary), become(at(mary,the-store)) BY run) T
d. the door closed
ES: [ [ P ] [S]] LCS': [ [ -,closed(the-door) ] [closed(the-door) ] ] LCS: become[closed(the-door)] T
(9)
e. John closed the door
ES: [ [ P ] [S]] LCS': [ [ act(john,the-door) & -idosed(the-door) ] [ closed(the-door) ] ] LCS: cause(act(john,the-door), become[closed(the-door)]) Transitionen kommen demnach entweder zustande durch die Kombination eines Prozesses wie Mary ran mit einer Präpositionalphrase to the store, die als Funktion von Prozessen in Transitionen definiert ist ( 6 c ) , oder durch Verben wie dose, die lexikalisch als Verben repräsentiert sind, die einen Prozeß mit nachfolgendem Zustand bezeichnen (6d, 6e). Die Ereignisstruktur soll dabei vor allem die Beschränkungen aspektueller Adverbiale wie in-PPs und /or-PPs formulieren helfen, die auf der ES-Ebene operieren (Pustejovsky T
24
Ereignisstruktur haben auch Resultate wie Mary hammered the metal flat
(Pustejovsky 1991:65).
a. act(john,the-door) b. act(Pjohn,the-door)
• Es wird keine bestimmte Ereignisauftassung von Pustejovsky vertreten, die uns unab hängige Kriterien an die Hand gäbe, wann wir es mit einem und wann mit zwei Teil ereignissen zu tun haben. So wird z.B. (9a) als ein Prozeß beschrieben, der - wie alle Prozesse - aus einer Sequenz von Teilereignissen besteht, und zwar solchen wie in der LCS'-Repräsentation in (9b) beschrieben (Pustejovsky 1991.59). Die beiden koordi nierten Prädikate 'act' und 'move' darin konstituieren aber nicht jedes für sich ein Teil ereignis, wie ich es in Kap. 2.1.1 angenommen habe, was von Pustejovsky aber nicht diskutiert wird.
c. Mary ran to the store
ü ~ ^ ~ h e
a. Mary built a chair in an hour
b. 3P,S[build((P,S)) & agent(mary,(P,S)) & theme(chair,(P,S)) & in-an-hour(P,S)]
a. Mary pushed the cart
b. ES: [ P ] LCS': [ act(mary,the-cart) & move(the cart) ] LCS: cause([act(mary,the-cart)], [move(the cart)]) • Schließlich stellt sich auch die Frage, wie unabhängig voneinander die auf den drei Ebenen spezifizierten Informationen eigentlich sind. Transitionen korrespondieren of fenbar eins-zu-eins mit BECOME-Prädikaten auf der LCS-Ebene. Prozesse oder Zu stände treten entsprechend immer dann auf, wenn kein BECOME-Prädikat in der LCS
Vgl. dazu im einzelnen Kapitel 2.2; außerdem werden von Pustejovsky (1991:74ff) Überlegungen zum Argument-Linking präsentiert. Vgl. zu solchen Repräsentationen Kapitel 4.1.3.
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42 vorhanden ist. Damit bleibt lediglich die ohnehin nicht sehr zentrale Unterscheidung zwischen Prozessen und Zuständen als unabhängige, nicht aus den anderen Repräsen tationen ableitbare ES-Information. • Die Annahme einer eigenen Ereignisstrukturebene wäre besser gerechtfertigt, wenn sie mehr von den Dekompositionen unabhängige Informationen enthalten würde. Das ist auch aus empirischen Gründen erforderlich; Pustejovskys Ereignisstruktur ist insofern zu mager, als sie nur die Unterscheidung von zwei Teilereignissen vorsieht, und auch, da sie die Unterscheidung von andauernden und punktuellen Ereignissen aufgibt. Vorkommensbeschränkungen und Teilereignisbezug verschiedener Adverbiale können dadurch in Pustejovskys Ereignisstrukturen nicht erklärt werden. Dies wird an ver schiedenen Stellen in Kapitel 2.2 noch deutlich werden. 27
28
Weitere Ereignisstrukturansätze: Pustejovskys Ideen sind in verschiedenen anderen An sätzen aufgegriffen worden, so von Grimshaw (1990), Abraham (1990, 1993), Wunderlich (1992, 1996, 1997) und, wie im letzten Kapitel dargestellt, in Engelberg (1994, 1995a, 1995b). Grimshaw (1990) formuliert Linking-Prinzipien auf der Basis von Pustejovskys Ereignisstrukturen und einem Begriff der aspektuellen Prominenz (s. im Detail weiter unten). Abrahams (1990, 1993) Vorschläge unterscheiden sich in der Form der Repräsen tation der Ereignisstrukturen von Pustejovskys ES-Ebene, nicht aber bezüglich der Anzahl der verschiedenen Ereignistypen. Abraham verwendet in zeitlogischen Begriffen formu lierte Ereignisstrukturen, wobei biphasische Ereignisse Pustejovskys Transitionen entspre chen, und aus einem "event of the approach phase", gefolgt von einem "event [...] of the resulting State", bestehen. Zwei Typen monophasischer Ereignisse korrespondieren des weiteren mit Pustejovskys Prozessen und Zuständen (Abraham 1990:lf, 1993;163f). Wun derlich (1996) behält demgegenüber Pustejovskys Notationen bei, modifiziert aber dessen Annahmen über die interne Struktur von Ereignissen und weist darüber hinaus der ESEbene einen anderen theoretischen Status innerhalb semantischer Repräsentationen zu. Darum soll es im nächsten Abschnitt gehen. Verwandte Ideen finden sich weiterhin auch in solchen semantischen Arbeiten, die bei der Repräsentation kausativer Verben davon ausgehen, daß diese auf zwei Ereignisse referieren, ein verursachendes und ein verursachtes, wie z.B. in Parsons (1990:138ff) und Kamp / Roßdeutscher (1992:19ff). Ereignisstrukturen in der Lexikalischen Dekompositionsgrammatik:
Die von Wunderlich
(1992, 1996, 1997) und anderen im Rahmen der Zwei-Ebenen-Semantik entworfene Lexi kalische Dekompositionsgrammatik geht davon aus, daß eine restriktive, auf CAUSEBECOME-Dekompositionen basierende semantische Form (SF) das Bindeglied zwischen Syntax und Morphologie einerseits und einer reichhaltigen konzeptuellen Struktur (CS) andererseits darstellt. In der SF wird repräsentiert, was syntaktisch relevant ist. Dabei bestimmt die Einbettungstiefe der Argumentvariablen in der Dekomposition die Argu mentstruktur und damit die Abbildung der Argumente in die Syntax (Wunderlich 1996:173f£ 1997:310). In Anlehnung an Pustejovsky (1991) wird die SF um eine Ereig-
27 Eine ES-Ebene rechtfertigt sich neben der Möglichkeit, lexikalische Unterscheidungen auf ihr zu spezifizieren, natürlich auch durch ihre Konsequenzen für die logische Form, mdem sie Er eignisse und Teilereignisse als Gegenstände adverbialer Prädikationen bereitstellt. 28 Vgl. dazu im Besonderen Kapitel 2.2.3.
nisstruktur ergänzt, die als sortale Beschränkung über dem Ereignisargument verstanden wird (Wunderlich 1992:14f 1996:174). Restriktionen aspektueller Adverbiale, aspektuelle Operatoren und die Erklärung adverbialer Skopusambiguitäten können auf die EreignisStruktur Bezug nehmen (Wunderlich 1992:16ff, 1996:175ff). Wunderlich nimmt aller dings andere Ereignisstrukturen an als Pustejovsky und bewertet auch deren theoretischen Status anders. Im Gegensatz zu Pustejovsky unterscheidet er Achievements und Accomplishments auch auf der Ebene der Ereignisstruktur. Dabei werden Achievements als Transitionen mit der Ereigmsstruktur in (10a) verstanden, Accomplishments als Transitionen, die einen Prozeß plus eine eingebettete Transition beinhalten (10b), wobei S den Resultatszustand bezeichnet und -iS den diesem vorausgehenden Zustand, der dadurch gekennzeichnet ist, daß S nicht besteht (Wunderlich 1996:176). (10) a. Achievements: [-iS S]x b. Accomplishments: [P [-,S S]j]j (im Folgenden kurz als [P T)x) In Wunderlich (1992:12) wird davon ausgegangen, daß die Ereignisstruktur auf der Verb ebene aus der semantischen Form ableitbar ist, aber nicht umgekehrt. So haben Inchoativa wie to ripen, Kausativa wie to empty und Resultativa wie to eat clean verschiedene Dekompositionsstrukturen, aber, wie die Modifizierbarkeit durch w-Adverbiale zeigt, alle die gleiche Ereignisstruktur, und zwar [P T ] T - Dabei wird die Transitionskomponente durch das BECOME-Prädikat in die Ereignisstruktur projiziert. 29
(11) a. the tomatoes ripened in three days
Xxkd? T] [BECOME(RIPE(x))] (e) b. he emptied the bottle in ten seconds
XyXxXelPT] [CAUSE(x,BECOME(CLEAN(y)))] (e) c. she ate the plate clean infiveminutes
XzXyXxkeP T] [EAT(x,y) & BECOME(CLEAN(y))] (e) Mit Hinweis auf die manchmal iterative Interpretation bestimmter punktueller Verben heißt es in Wunderlich (1996:174) dagegen, daß auch die konzeptuelle Struktur die Ereig nisstruktur mitbestimmt. Kritik an Wunderlichs Ereignisstrukturauffassung: Das Zusammenspiel der Ereignis
struktur mit SF und CS in der Lexikalischen Dekompositionsgrammatik ist noch nicht sehr weit ausgearbeitet. Die folgenden kritischen Bemerkungen sind daher zum Teil eher allgemeiner Natur: • Die Frage, ob oder in welchem Maße die Ereignisstruktur aus der semantischen Form abgeleitet werden kann, scheint noch nicht entschieden. Nehmen wir an, die Ereignis struktur kann vollständig aus SF abgeleitet werden, dann stellt sich erstens die Frage, wozu ES überhaupt benötigt wird. Die Selektionsrestriktionen von Adverbialen wie in fünf Minuten könnten dann auch direkt auf die Dekomposition Bezug nehmen. Da die Dekomposition ein Ereignisargument enthält, wäre es dabei trotzdem möglich, solche
Beispiel (11) entstammt einer 1994 entstandenen unpublizierten Überarbeitung von Wunder lich (1992). Wunderlichs Notation ist dabei leicht an die hier verwendeten Konventionen ange paßt. *
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Adverbiale im davidsonischen Sinne als Ereignisprädikate zu verstehen. Zweitens stellt sich die Frage, wieso die Ereignisstruktur ausgerechnet als sortaler Index repräsentiert wird. Da die Dekompositionen selbst im Grunde nichts anderes darstellen als sortale Beschränkungen über den Ereignissen, auf die ein bestimmtes Verb referieren kann, konstituieren sie eigentlich genau die gleiche Art von Informationen. Es ist somit nicht einzusehen, warum sie in verschiedenen Strukturen repräsentiert werden. • Nehmen wir dagegen an, daß die Ereignisstruktur teils von SF und teils von CS deter miniert ist, so stellt sich ein anderes Problem: In Wunderlichs Ereignisstruktur wird der Unterschied zwischen Durativität und Punktualität nicht repräsentiert, was aus einer Reihe von empirischen Gründen, auf die ich in Kapitel 2.2.3 zu sprechen kommen werde, aber erforderlich ist. Nun könnte man natürlich annehmen, daß konzeptuelle Informationen aus CS entsprechende Ereigniszeitinformationen beisteuern (vgl. Kauf mann 1995a:225ff), wodurch die Ereignisstruktur um eine solche Unterscheidung er gänzt wird. Da es nun aber auch syntaktische Phänomene gibt, die auf den PunktuellDurativ-Unterschied rekurrieren, würde dies bedeuten, daß die Abbildung von Argu menten in die Syntax auch von CS-Informationen abhängt, was der Grundannahme der lexikalischen Dekompositionsgrammatik widerspricht, derzufolge diese Abbildung aus schließlich SF-abhängig ist. • Der Ereignistyp Transition konstituiert sich sowohl in der Form [->S S ] als auch in der rekursiven Form [P T ] T - E S ist nicht klar, aus welchen semantischen Gründen beide Er eignisstrukturen den gleichen Ereignistyp T konstituieren, zumal anscheinend keine semantischen Prozesse auf T allein zugreifen. Überhaupt stellt sich die Frage, ob Ereig nisstrukturen hierarchisiert werden müssen; Wunderlichs Bemerkungen zur EreignisStruktur lassen jedenfalls nicht erkennen, daß irgendwelche Prozesse auf Knoten der mittleren Hierarchieebene, also dem eingebetteten T bei Accomplishments, basieren. 30
T
• Wunderlichs ereignisstrukturelle Ausgliederung von Achievements hat gegenüber Pustejovskys (1991) Auffassung den Vorteil, daß nun Adverbiale mit Ereignisbezug be züglich ihrer Verträglichkeit mit Accomplishments oder Achievements restringiert werden können. Nun werden unter Achievements im Allgemeinen entweder punktuelle Verben verstanden, wie in der Definition von Vendler (1957:149), oder Inchoativa bzw. Unakkusativa, wie etwa bei Dowty (1979:180ff) (vgl. auch Kap. 2.2.3). Wunderlich (1996:176ff) nimmt aber einerseits bei der Einfuhrung der Ereigmsstrukturen keinen Bezug auf eine Punktuell-Durativ-Unterscheidung, während er andererseits Inchoativa als Verben auffaßt, die auf Ereignisse vom Typ [P T ] referieren (z.B IIa). Damit ist aber unklar, welche Verben überhaupt eine Ereigmsstruktur wie [-.S Sfr haben. T
Da das BECOME-Prädikat, das für die T-Komponente in [P T] -Ereignissen verant wortlich zeichnet, als punktuelles Prädikat aufgefaßt wird (Wunderlich 1996:181), liegt es eigentlich nahe, punktuelle Nachzustandsverben wie in (12b) als Achievements mit der Ereigmsstruktur [-.S S ] aufzufassen. Dazu ist zunächst zu bemerken, daß in-Ad verbiale, so Wunderlich (1996:177), Ausdrücke mit einer Ereigmsstruktur \P T ] ver langen. Wunderlich bemerkt auch, daß intransitives zerbrechen (12b) ein solches Ad verbial nicht erlaubt, im Gegensatz etwa zu verfaulen (12a), was natürlich für die An nahme unterschiedlicher Ereignisstrukturen für die beiden Verben spricht. T
T
T
3 0
Vgl. den Abschnitt zur an-Konstruktion in Kapitel 2.2.3.
(12)
a. die Äpfel verfaulten (in drei Tagen) b. die Vase zerbrach ( /w zehn Minuten) c. er zerbrach die Vase ( wi zehn Minuten) ??
?7
Da in Ereigmsstrukturen des Typs [P T ] der Prozeß P als kausaler Faktor von T ver standen wird, wird für verfaulen angenommen, daß konzeptuell entsprechende Eigen schaften von P rekonstruiert werden können (z.B. hohe Luftfeuchtigkeit oder ein ver gammelter Apfel im Haufen). Wenn nun aber intransitives zerbrechen als Achievement vom Typ [-,S S]x aufgefaßt wird, so stellt sich natürlich die Frage, warum hier nicht ebenfalls ein kausales P-Ereignis (starker Wind, Steinschlag, oder was immer) mitverstanden werden kann. • Noch problematischer wird die Situation bei der kausativen Variante des punktuellen zerbrechen, wie in (12c). Hat dieses die Ereignisstruktur [P f-,S S ] ] , so ist zwar das verursachende Ereignis durch P in der Ereignisstruktur repräsentiert, aber es folgt nun fälschlicherweise, daß zerbrechen mit /«-Adverbialen verknüpft werden kann. Nimmt man dagegen die Ereignisstruktur [-,S S ] für kausatives zerbrechen an, so sind zwar korrekterweise /«-Adverbiale nicht mehr lizenziert, aber das Verursachungsereignis fehlt in der Ereignisstruktur. Zudem würde die intuitiv nicht sehr plausible Annahme, daß ein Satz mit durativ-inchoativem Verb wie die Äpfel verfaulten auf einen Prozeß und zwei Zustände referiert, das kausativ-punktuelle er zerbrach die Vase aber lediglich auf zwei - naturgemäß ausgedehnte - Zustände, die Frage aufwerfen, nach welchen un abhängigen Kriterien eigentlich Teilereignisse bestimmt werden können. Insgesamt entsteht jedenfalls der Verdacht, daß durch Wunderlichs Teilereigniskonstruktionen le diglich temporale Informationen ausgedrückt werden sollen, was einfacher durch eine Sortierung von Teilereignissen in durative vs. punktuelle erreicht werden könnte. Bei Wunderlich muß dagegen die P-Komponente in Transitionen entweder für das verursa chende Ereignis stehen, was semantisch plausibel ist, aber keine Erklärung des Ver haltens von /«-Adverbialen ermöglicht, oder es steht für die Durativität des Gesamt ereignisses, was zu einer unplausiblen Auffassung von Teilereignissen führt. T
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T
T
T
Ereignisstrukturen und aspektuelles Linking: Aufgegriffen worden sind Ereignisstruktur ideen auch in Ansätzen, die in der Folge von Tenny (1987, 1988) davon ausgehen, daß aspektuell-aktionsartliche Eigenschaften von Verben zur Erklärung von Linking-Phänomenen herangezogen werden müssen. Tenny selbst hat dazu allerdings nicht auf Ereignis strukturen zurückgegriffen, sondern lediglich festgehalten, daß jeder Ereignispartizipant als Verbargument dafür markiert werden muß "whether it undergoes change or not, and if so, if it undergoes change in such a way that it can measure out the event" (Tenny 1987:307); dieses Argument wird dann als höchste Objekt-NP in der VP realisiert (Tenny 1987:244). Einen Bezug auf Ereignisstrukturen stellt dagegen van Voorst (1988) in seiner Linking-Theorie her, wobei er allerdings keine temporal oder kausal verknüpfte Ereignis struktur annimmt, sondern eine lokalistische Theorie vertritt, in der der Ereignispartizi pant, der das "object of origin (Dutch) or actualization (English)" konstituiert, als Subjekt
Wenn ich Wunderlich (1996:177) richtig verstehe, zieht er in Erwägung, zwar den [-.S Sfr-Teil von Transitionen aus dem Vorliegen von BECOME in SF abzuleiten, das Vorliegen einer PKomponente in Transitionen aber über CS zu regeln. Ich bin mir nicht sicher, inwieweit Wunderlich genau das vorschwebt.
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46 realisiert wird und der Partizipant, der das "object of termination" darstellt, als direktes Objekt (van Voorst 1988.10,27). Interessanter im Zusammenhang mit der hier vorgeschlagenen Ereignisstrukturtheorie ist allerdings ein Vorschlag Grimshaws (1990), die explizit auf Pustejovskys Theorie Be zug nimmt. Grimshaw (1990:7ff) konzipiert die Argumentstruktur eines Verbs als Schnittstelle zwischen einer dekompositionellen semantischen Repräsentation des Verbs und der D-Struktur des Satzes. Den Argumentvariablen kann aufgrund ihrer Position in der Dekomposition eine Thetarolle zugeordnet werden, so daß über die Thetahierarchie in (13a) die Argumente auf der Argumentstrukturebene (AS) hierarchisch geordnet werden können (13b, 13c): 33
(13) a. (Agent(Experiencer(Goal/Source/Location(Theme)))) b. waschen AS: (x(y)) « (Agens(Theme)) c. fürchten AS. (x(y)) « (Exp(Theme)) Nun läßt sich allein über die Argumentstruktur die unterschiedliche Realisierung der Argumente von Psych-Verben wie to fear und solchen wie tofrighten nicht erklären, denn beide haben die gleiche Argumentstruktur (Exp(Theme)): (14)
a. he (Exp) feared the darkness (Th) b. the darkness (Th) frightened him (Exp)
Grimshaw (1990:22ff) führt dies auf aspektuelle Unterschiede der beiden Verben zurück und nimmt daher eine zweite Beschreibungsebene an, die auf den in Pustejovsky (1991) entworfenen Ereignisstrukturen basiert. Danach ist bei Verben, die sich auf komplexe Ereignisse beziehen, der ereignisverursachende Partizipant stärker in das erste Subereignis involviert als andere Partizipanten. Generell gilt, daß Argumente, die ins erste Subereignis involviert sind, aspektuell prominenter sind als solche, die am zweiten (oder am ersten und zweiten) Subereignis beteiligt sind. Folgende thematische und aspektuelle Analyse wird für verschiedene Verbklassen angenommen (1 = Argument ins erste Subereignis involviert, 2 = Argument ins zweite Subereignis involviert, x = keine Evidenz) (Grimshaw 1990:28f): (15) a. Transitive agentive: b. c. d. e. f.
3 3
3 4
(Agent 1 Ditransitive: (Agent 1 Unergative: (Agent) 1 Psychological State (fear). (Exp 1 Psychological causative (frighten): (Exp 2 Agentive psychological causative. (Agent 1 34
(Theme)) 2 (Goal (Theme))) x x
(Theme)) 2 (Theme)) 1 (Exp)) 2
Die Darstellung von Grimshaws Theorie folgt Engelberg (1994a: 14ff). Z.B. frighten mit agentivem Subjekt.
Bei frighten ist im Gegensatz zu fear das Thema die verursachende Instanz und daher aspektuell prominenter. Linkingprinzipien operieren nun auf dieser aspektuellen Struktur: Das aspektuell prominenteste Argument wird als Subjekt realisiert (Grimshaw 1990:27). Die thematische Hierarchie regelt dabei möglicherweise nur noch die Präpositionswahl in bestimmten Fällen. 35
Kritik an Grimshaws Ereignisstrukturauffassung: Die semantische Fundierung der thema tischen ebenso wie der aspektuellen Begrifflichkeiten in Grimshaws Ansatz ist insgesamt äußerst dünn. Es bleibt unklar, welchen Status die ad hoc eingeführten Begriffe "event" oder "state" in den angenommenen Verbrepräsentationen eigentlich haben. Die Unab hängigkeit der thematischen und der aspektuellen Hierarchie ließe außerdem erwarten, daß es auch Agent-Theme-Verben mit aspektuell prominentem Theme gäbe; so etwas kommt aber nicht vor (vgl. Beckmann 1994a: 127). Grimshaws Theorie hat darüber hinaus auch Probleme mit dem Argumenüinking von Verben, bei denen die Anzahl der Teilereignisse nicht mit der Anzahl der thematischen Argumente übereinstimmt. So fällt die Lösung zur Behandlung von Unakkusativa ad hoc aus: damit das einzige Argument, das zwangsläufig thematisch und aspektuell am promi nentesten ist, in die Objektposition gelinkt werden kann, wird gesondert stipuliert, daß Themes niemals prominent sind. Zusätzliche Linking-Probleme ergeben sich zudem, da eine Reihe von mehrstelligen Verben wie helfen, streicheln, quälen als Prozeßverben im pustejovskyschen Sinne nicht komplex sind und deren Argumente dementsprechend nicht aspektuell hierarchisiert werden können, in Bezug auf to fear weist Grimshaw (1990:26) selbst auf dieses Problem hin. Trotzdem besteht das Interessante an Grimshaws (1990) Vorschlag gerade darin, daß sie bei der Repräsentation von Verben eine Zuordnung von Ereignispartizipanten zu Teil ereignissen vornimmt und bestimmte syntaktische Konsequenzen aus dieser Zuordnung ableitet. Bei Pustejovsky wird dagegen eine solche Idee nicht thematisiert. Seine LCS'Repräsentationen legen es zwar nahe, Ereignispartizipanten als in bestimmte Teilereig nisse involviert zu betrachten, aber die logische Form von Sätzen wie in (7b) drückt eine solche Idee nicht aus. In Kapitel 2.2.4 werde ich weitere Daten anführen, die dafür spre chen, Ereignispartizipanten über semantische Relationen an Teilereignisse zu binden. Zusammenfassung: Klassische CAUSE-BECOME-Dekompositionen haben sich als zu schwerfällig erwiesen, um aspektuell-aktionsartliche Eigenschaften von Verben zu erfas sen, während die aspektuell-klassifikatorischen Arbeiten zu solchen Phänomenen keine prinzipiellen Überlegungen zur Verbrepräsentation hervorgebracht haben. Als Folge die ses Mißstands sind Ereignisstrukturen als lexikalisch-semantische Repräsentationen vor geschlagen worden, um aspektuell-aktionsartliche Eigenschaften und adverbiale Modifkationsprozesse besser erfassen zu können. Der von Pustejovsky (1988, 1991) entwickelte und u.a. von Grimshaw (1990) und Wunderlich (1992, 1996, 1997) aufgegriffene Ansatz ergänzt Dekompositionen um eine Ereignisstruktur, in der Ereignisse aufgefaßt werden als aus Teilereignissen verschiedener Sorten bestehend. Grimshaw (1990) erweitert diese Idee dahingehend, daß sie die den thematischen Argumenten entsprechenden Partizipanten einzelnen Teilereignissen zuordnet. Vgl. auch Pustejovsky (1991:74ff) zu einigen auf Grimshaw (1990) aufbauenden Bemerkungen zum Linking.
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Insgesamt bieten die Ereignisstrukturen dieser Ansätze zwar prinzipiell einen guten Aus gangspunkt für die Erklärung der anvisierten Phänomene, weisen aber doch verschiedene Schwächen auf: • Die Beziehung zwischen Ereignisstrukturen und den anderen Repräsentationsebenen bleibt weitgehend ungeklärt, ebenso wie ihre Einbindung in die logische Form von Sät zen. • In welchem Maße die Ereignisstruktur eine unabhängige Repräsentationsebene dar stellt, konnte bisher nicht zufriedenstellend gezeigt werden. • Die angenommen Strukturen und Sorten von Ereignissen sind zu beschränkt, um die anstehenden Phänomene erklären zu können. • Eine ontologische Fundierung des Ereignisbegriffs fehlt, ebenso wie unabhängige Kri terien für die Ermittlung von Teilereignissen.
Für ein Verb wie fahren mit zwei Teilereignissen (Lex. 2, Kap. 2.1.1) heißt das, daß sich Ereigrusmodifikatoren auf das erste oder auf das zweite Teilereignis beziehen können sollten (Engelberg 1995b). Die Interpretation der beiden Adverbiale in (17a) und (18a) involviert auch tatsächlich eine solche Bezugnahme auf einzelne Teilereignisse. Diese äußert sich in bestimmten Implikationen, wobei der Konsequent in (17b, 18b) das erste Teilereignis von fahren paraphrasieren soll, der in (17c, 18c) das zweite Teilereignis. Wenn Otto also seinen Wagen mit großer Vorsicht fährt, so sind es seine Handlungen hinsichtlich des Wagens, die mit großer Vorsicht ausgeführt werden. (17)
a. Otto fuhr den Wagen mit großer Vorsicht b. [Otto fuhr den Wagen mit großer Vorsicht —> Otto bediente I steuerte den Wagen —> der Wagen
2.2
(18)
Adverbiale Modifikation von Teilereignissen: Eine der Grundannahmen der Ereignissemantik ist es, daß Adverbiale über Ereignisse prädizieren, und zwar als restriktive Modiffkatoren. In einem Satz wie die Bombe explodiert um fünf Uhr prädiziert das Adverbial um fünf Uhr über das Ereignis, das von die Bombe explodierte beschrieben wird (vgl. Kap. 3 1.3). Ein gutes Argument für die Annahme von komplexen Ereignissen, die aus mehre ren Teilereignissen bestehen, wäre die Beobachtung, daß Ereignismodifikatoren auch auf einzelne Teilereignisse Bezug nehmen können. Solche Fälle sind dann auch in Engelberg (1995b) beschrieben worden. Bereits Morgan (1969:61) und Fillmore (1972:5) hatten darauf hingewiesen, daß temporale Tor-Adverbiale sich entweder auf ein andauerndes Ereignis beziehen wie in (16a) oder auf den Nachzustand eines Ereignisses wie in (16b). Einige Überlegungen zum adverbialen Bezug auf Teilereignisse finden sich auch in Parsons (1990:1101), der zeigt, daß bei kausativen Verben verursachtes und verursachendes Ereignis modifiziert werden können. a. he dancedfor
a. Otto fuhr den Wagen
mit
Höchstgeschwindigkeit
b. -i[Otto fuhr den Wagen mit
Einleitung: In diesem und den drei folgenden Kapiteln soll gezeigt werden, zur Erklärung welcher semantischen und syntaktischen Phänomene auf die einzelnen Komponenten der Ereignisstruktur zugegriffen werden muß. In diesem Kapitel wird es um Phänomene ge hen, die auf die Strukturierung eines Ereignisses in Teilereignisse Bezug nehmen. In Ka pitel 2.2.2 wird die Relevanz der Repräsentation von Zuständen und Nachzuständen auf gezeigt und in Kapitel 2.2.3 die der Unterscheidung zwischen durativen und punktuellen Ereignissen. Kapitel 2.2.4 schließlich ist den Phänomenen gewidmet, die mit den tempo ralen Relationen zwischen Teilereignissen und den Relationen zwischen Teilereignissen und thematischen Argumenten zu tun haben.
b.
bewegte sich mit großer Vorsicht]
In dem Satz (18a) gilt genau das Gegenteil; hier kann sich das Adverbial mit Höchstgeschwindigkeit nur auf die verursachte Bewegung des Wagens beziehen, nicht aber auf das Agieren von Otto bezüglich des Wagens.
Ereignisstrukturen - die Daten
2.2.1 Zugriff auf Teilereignisse
(16)
mit großer Vorsicht]
c. -,[Otto fuhr den Wagen mit großer Vorsicht
Höchstgeschwindigkeit
-» Otto bediente I steuerte den Wagen c.
[Otto fuhr den Wagen -> der Wagen
mit Höchstgeschwindigkeit]
mit großer Vorsicht
bewegte sich mit Höchstgeschwindigkeit]
Offenbar ist das Adverbial mit größter Vorsicht hier ein Modifikator von e , während mit Höchstgeschwindigkeit e modifiziert. Den gleichen Zugriff auf bestimmte Teilereignisse zeigen auch die adverbialen Partizi pien in (19) und (20): lachend bezieht sich auf das erste Teilereignis, nämlich die von Ludmilla ausgeführte Handlung, krachend auf das zweite Teilereignis, das Sich-Schließen der Tür: 1
2
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(19)
a. Ludmilla schloß die Tür lachend b. [Ludmilla schloß die Tür lachend —> Ludmilla tat etwas lachend, so daß die Tür sich schloß] c. -[Ludmilla schloß die Tür lachend -» Ludmilla tat etwas, so daß die Tür sich lachend schloß]
(20)
a. Ludmilla schloß die Tür krachend b. -{Ludmilla schloß die Tür
krachend
—» Ludmilla tat etwas krachend, so daß die Tür sich schloß] c.
[Ludmilla schloß die Tür krachend —> Ludmilla tat etwas, so daß die Tür sich krachend schloß]
Natürlich kann nicht jedes Adverbial auf jedes Teilereignis Bezug nehmen, was v.a. an den sortalen Beschränkungen liegt, die die Adverbiale den Ereignissen auferlegen, die sie
three hours
Peter put the beer in the icebox for three hours
(Beispiel aus Fillmore 1972:5)
1
Genauer: Das Lachen findet zeitlich parallel zur Zeit von e statt, das Krachen zeitlich parallel zur Zeit von e . 2
50
51
modifizieren. Das Adverbial mit großer Vorsicht etwa fordert ein Ereignis mit einem Agens und kann deshalb in (17) nur das erste Teilereignis modifizieren. Daß im Übrigen bei diesen Modifikationsphänomenen die unterschiedliche Bezug nahme auf eines der beiden Teilereignisse tatsächlich zu deutlich distinkten Lesarten des verbalen Ausdrucks führt, zeigen auch Tests wie der folgende, die Zwicky / Saddock (1975:17ff) anführen, um Ambiguitäten von bloßen Vagheiten zu unterscheiden: (21)
a. ^Rebecca fuhr den Wagen mit großem Vergnügen und Jamaal (tat es) mit Höchstgeschwindigkeit b. Rebecca fuhr den Wagen mit großem Vergnügen und Jamaal (tat es) mit großer Leidenschaft
(22)
a. ^Rebecca schloß die Tür lachend und Jamaal (tat es) krachend b. Rebecca schloß die Tür lachend und Jamaal (tat es) feixend
ten, die von wieder ausgelöst werden, auf der Ereignisstrukturebene seiner lexikalischen Dekompositionsgrammatik: 38
(24)
a. er genas wieder
b. 'zum zweiten Mal: er genas' c. 'zum zweiten Mal: er war gesund' Nach Wunderlich (1992:17) führt wieder, unabhängig von der Komplexität der Dekomposition, bei genau solchen Verben, die einen Prozeß mit Zustandswechsel beschreiben, zu Ambiguitäten wie in (24). Dabei bezieht sich wieder im ersten Fall auf das Gesamtereig nis, im zweiten Fall auf den Nachzustand. Pustejovsky (1988:31ff, 1991:70) analysiert in seiner Ereigmsstrukturtheorie zweifach ambige Beispiele wie (25a) so, daß in der Lesart (25b) das Adverb relativ zum Gesamt ereignis interpretiert wird und in Lesart (25c) relativ zum ersten Teilereignis (dem Prozeß der Verlassens), das dem zweiten Teilereignis (dem Nachzustand des Wegseins) voraus geht.
Da das elidierte Verb im zweiten Teil der Sätze hinsichtlich seines Teilereignisbezugs nur genauso wie sein Antezedens verstanden werden kann, sind Adverbiale, die das andere Teilereignis modifizieren, wie in (21b) und (22b), deutlich weniger akzeptabel. Ich werde in dieser Arbeit noch an verschiedenen anderen Stellen auf die Modifikation von Teilereignissen eingehen, u.a. in den Kapiteln 3.1.2, 6.3.2 und 7.2.1.
(25)
Skopusambiguitäten und Teilereignisse: Verwandt mit den gerade vorgestellten Modifika tionsphänomenen ist das Auftreten von Skopusambiguitäten bei verschiedenen Adverbien, das seit der generativen Semantik in verschiedenen semantischen und syntaktischen An sätzen behandelt wurde. So zeigt nach Morgan (1969:63) der Satz (23a) eine dreifache Ambiguität, die sich für unsere Zwecke so wie in (23b) bis (23d) paraphrasieren läßt:
Im Rahmen der hier vertretenen Theorie könnte das einleitende Beispiel (23a) unter der Annahme der folgenden Ereignisstruktur für töten so analysiert werden, daß die Ambi guität dadurch zustandekommt, daß fast jeweils auf eines der drei Teilereignisse - die verursachende Agenshandlung, den Prozeß des Sterbens oder den Zustand des Totseins Bezug nimmt.
37
(23)
a. Lisa rudely departed
b. 'it was rude of Lisa to depart' c. Lisa departed in a rude manner'
a. John almost killedHenry
b. 'John tat fast etwas, daß einen Prozeß ausgelöst hätte, der zum Tod von Henry geführt hätte (z.B. wollte auf Harry schießen, tat es dann aber nicht)' c. 'John tat etwas, daß fast einen Prozeß ausgelöst hätte, der zum Tod von Henry geführt hätte (z.B. schoß auf Harry, traf ihn aber nicht)' d. 'John tat etwas, daß einen Prozeß auslöste, der fast zum Tod von Henry geführt hätte (z.B. schoß auf Harry, traf ihn, aber Harry überlebte)' Bei anderen, intern weniger komplexen Verben wie schlafen, streicheln oder wehen lösen Adverbien wie fast I almost dagegen keine derartigen Ambiguitäten aus. Ich möchte hier keine ausführliche Erklärung dieser Phänomene versuchen, die Mög lichkeit einer ereigrusstxukturbasierten Analyse aber zumindest andeuten. Versuche, sol che und ähnliche Skopusambiguitäten im Rahmen anderer Theorien mit Ereignisstrukturen zu behandeln, hat es bereits gegeben: Wunderlich (1992:16ff) analysiert Ambiguitä-
yakk
töten:
x™™,
E-STR:
(->T e^+DURl: x
A G E N S
, yPATIENS) <
e
2 yPATIENS) < :
z :
yPATIENS)
Lex. 9: Ereignisstruktur von töten. Es soll aber nicht verschwiegen werden, daß diese wie auch die anderen ereignisstrukturbasierten Analysen noch einige Schwierigkeiten in sich bergen: Zum einen ist umstritten, ob und in welchem Maße in Beispielen wie (23a) wirklich Ambiguitäten und nicht etwa Vagheit vorliegt. Dowty (1979:342) etwa geht hier von einer höchstens zweifachen Ambi guität aus. Zum anderen fällt auf, daß bei einigen Verben, die einen Prozeß mit anschlie ßendem Nachzustand bezeichnen, wie genesen, das Adverb fast die zu erwartende Ambi guität nicht auslöst: (26) a. er genas fast (aus Wunderlich 1992:17) b. beinahe hätte ein Genesungsprozeß eingesetzt' c. 'er wäre beinahe gesund geworden' ??,
McCawley (1973:332) setzt in einer generativ-semantischen Analyse für die drei Lesarten des Satzes syntaktische Strukturen an, die unter Auslassung der syntaktischen Kategoriensymbole denen in (i) bis (iii) entsprechen, wobei das Adverb durch "Adverb Raising" von der tiefsten in die höchste Position bewegt wird: (i) ALMOST(D(XJohn,[CAUSE(John,[BECOME(NOT(ALiVE,Harry))])])) (ii) DC<Jolm,[ALMOST(CAUSE(John,[BECOME(NOT(ALiVE,Harry))]))]) (iii) D(XJohn[CAUSE(John,[BECOME(ALMOST(NOT(ALiVE,Harry)))])])
Andere Verben dieses Ereignisstrukturtyps tun dies aber durchaus, z.B. sterben:
Durch again ausgelöste Ambiguitäten wurden meines Wissens zuerst von Morgan (1969:6 lf) behandelt, und zwar in einem dekompositionellen Rahmen.
52
53
(27)
a. er -wäre fast gestorben bei den letzten Auseinandersetzungen ...
b. ... aber c. ... aber Hyponymie
die Kugel verfehlte ihn knapp er überlebte die schwere Verletzung
(Bezug von fast auf el) (Bezug von fast auf z)
Die Ereignisstruktur von dye bzw. blocken drückt demgegenüber aus, daß die Handlung e des Agens bezüglich des zu färbenden Gegenstands ein Prozeß e begleitet (oder folgt) der in dem Sich-Verfärben des Gegenstands besteht, so daß am Ende der Nachzustand z eintritt, nämlich das Gefärbt- bzw. Schwarzsein des Gegenstands: 1
2
und andere interlexematische Relationen: Interlexematische Relationen wie
Hyponymie, Hyperonymie, Antonymie, etc. werden v.a. in Arbeiten zur Nominalsemantik behandelt. Theorien zur Verbsemantik beschäftigen sich wenig mit solchen Relationen was - wie in Kapitel 1.2.4 besprochen wurde - auch daran liegen dürfte, daß die im Be reich der Verbsemantik vorherrschenden lexikalischen Dekompositionen interlexemati sche Relationen nicht ausdrücken können. Ich möchte hier zumindest kurz anreißen, in wiefern eine Ereignistrukturtheorie diese Phänomene nicht nur behandeln, sondern auch zu einer präziseren Erklärung solcher Phänomene führen kann. Eine Hyponymierelation zwischen zwei Prädikaten P und Q besteht dann, wenn die von P ausgehende offene Proposition die von Q ausgehende offene Proposition impliziert. Dies stellt den typischen Fall einer in Bedeutungspostulaten festgehaltenen Implikation dar, wobei die beiden durch die Implikation verbundenen Propositionen beide assertiv sind, jede genau ein Prädikat enthält und die beiden Prädikate Lexeme der gleichen Wortart repräsentieren, wie im folgenden Fall mit den beiden Verbpaaren jog und run in ihren Varianten mit Direktionalangaben, sowie blocken und dye:
dye I blocken:
x
E-STR:
(-> el I+DUR]: xAGENS, yPATIENS) < / <>
nom
1
, y" *
T
2[+DUR] yPATIENS)
e
:
< (->! z: yPATIENS) Lex. 11: Ereignisstruktur von dye und blocken.
Die Hyponymierelationen zwischen den Verben der beiden Paare unterscheiden sich aber in einer wichtigen Hinsicht. Bei dem ersten Paar ist, wie z.B. in (29), die Agenshandlung e von jog ein Spezialfall der Agenshandlung von run. Es ist auch ein Laufen, aber noch dazu eines mit einer sportlichen Dimension. Für die Nachzustände der beiden Verben, das Irgendwo-Hingelangtsein also, gilt eine solche Relation nicht. 1
(29)
a. Ramona
jogged to the lake
b. Ramona
ran to the lake
39
40
(30)
(28) a. •VxVPVe[JOG(x,P(x),e)^RUN(x,P(x),e)] b. •VxVyVe[BLACKEN(x,y,e) -> DYE(x,y,e)] Jedes Joggen ist gemäß (28a) ein Laufen, aber nicht jedes Laufen ist ein Joggen. Ein Opti mist, der versucht, laufend eine noch wartende Straßenbahn zu erreichen, joggt nicht, ebensowenig wie ein Kamel, das in flottem Trab durch eine Sandwüste läuft. Nach (28b) ist jedes Schwärzen von etwas auch ein Färben, aber nicht jedes Färben ein Schwärzen. Eine interessante lexemabhängige Verfeinerung hyponymer Relationen ergibt sich nun, wenn Teilereignisse ins Blickfeld geraten. Für jog und run, jeweils in ihrer Variante mit Direktionalangabe (Dir), können wir folgende Ereignisstruktur annehmen, wobei die Lücke in der Ereignisstruktur hier nicht weiter stören soll; sie wird in einem späteren Kapitel über Bewegungsverben noch gefüllt (Kap. 6.3.2). run 1 jog: E-STR:
x , Dir (_>, i[+DURl: xAGENS) . . < (->T z: xAGENS) nom
e
a. Roman
blackened his shoes
b. Roman
dyed his shoes
Bei dem Paar dye vs. blocken, wie z.B. in (30), liegt der Fall genau umgekehrt: Hier ist der Nachzustand von blocken, das Schwarz-Sein, ein Spezialfall des Nachzustands von dye, des Eine-andere-Farbe-Habens, während im Gegensatz zu den beiden Bewegungs verben aber die Agenshandlungen in keinem ähnlichen Verhältnis zueinander stehen. Insofern als es möglich ist zu sagen he blackened his face, nicht aber *he dyed his face, scheint die Agenshandlung von dye, die in einem Durcliführen bestimmter chemischer Prozesse mit Farbstoffen besteht, sogar spezifischer zu sein als die von blocken, die sich schon in dem Einschmieren des Gesichts mit nasser Erde konstituieren kann. Das heißt aber auch, daß die in (28b) postulierte einfache Hyponymierelation zwischen dye und blacken gar nicht besteht. Hyponymie läßt sich hier nur unter Rekurs auf die Teilereig nisse feststellen. Dieser Rekurs besteht darin, daß Hyponymie bei Verben hinsichtlich eines Teilereignisses formuliert wird: • Das Verb run (in seiner direktionalen Variante) ist Hyponym von jog hinsichtlich der Agenshandlung, weil alle Eigenschaften der Agenshandlung e , die aus run gefolgert werden können, auch hinsichtlich der Agenshandlung e ' von jog gefolgert werden können. So folgt bezüglich der Agenshandlung von run, daß der Agens seine Beine be wegt. Das gilt auch für die Agenshandlung von jog, für die außerdem gilt, daß sie eine sportliche Betätigung ist und relativ langsam durchgeführt wird. • Das Verb dye ist ein Hyponym von blacken hinsichtlich des Nachzustands, weil alle Eigenschaften des Nachzustands z von dye, die aus der Bedeutung von dye gefolgert werden können, auch hinsichtlich des Nachzustands z' von blacken gefolgert werden können. So folgt bezüglich des Nachzustands von dye, daß der gefärbte Gegenstand eine andere Farbe hat als vorher. Genau das folgt auch hinsichtlich des Nachzustands von blacken, für den außerdem gilt, daß die neue Farbe des Gegenstands Schwarz ist. 1
Lex. 10: Ereignisstruktur von run und jog. Die Verben run und jog bezeichnen also in dieser Variante ein bestimmtes duratives, agentivisches Bewegungsereignis e , das zu einem Nachzustand z führt, der darin besteht, daß der Agens sich an einem (durch die Direktionalangabe) bezeichneten Ort befindet. 1
3 9
4 0
Unter welchen Bedingungen Implikationen zwischen Propositionen Hyponomierelationen zwi schen den darin enthaltenen Lexemen widerspiegeln, diskutiert Cruse (1986:89f). P(x) ist in (28a) Repräsentant der mit den Verben verbundenen Direktionalangabe; diese Re präsentation wird in Kapitel 3.2 noch besprochen, dort wird auch diskutiert, inwiefern dies eine eigene Variante konstituiert.
1
54
55
Auch andere interlexematische Relationen wie Antonymie, Kohyponymie oder Komple mentarität können auf Teilereignisse bezogen werden. So besteht bei dem Paar rennen vs. schleichen der Gegensatz hinsichtlich der Agenshandlung, bei dem Paar vergrößern vs. verkleinern hinsichtlich des Nachzustands. Zusammenfassung: Die Annahme, daß Verben auf strukturierte, sich aus Teilereignissen zusammensetzende Ereignisse referieren, ermöglicht feinere Analysen im Bereich von adverbialer Modifikation und interlexematischen Relationen: • Adverbiale können, abhängig von ihren Selektionsrestriktionen, als Modifikatoren einzelner Teilereignisse aufgefaßt werden. • Durch Adverbiale ausgelöste Ambiguitäten in Sätzen mit bestimmten Verben lassen sich dadurch erklären, daß diese Verben Ereignisse mit komplexer Struktur bezeichnen. • Bestimmte verbabhängige Unterschiede im Bereich von interlexematischen Relationen können durch die Annahme erfaßt werden, daß solche Relationen zwischen Verben re lativ zu bestimmten Teilereignissen bestehen.
[...] sie heben den moment der Vollendung hervor, setzen ihn aber in ausdrücklichen gegensatz zu der voraufgehenden d a u e r der handlung. Die bedeutung des verbums ist also kombiniert aus einem durativen und einem perfectiven dement. (Streitberg 1891:72) Auch in neueren Ansätzen wird die grammatische Relevanz lexikalisch spezifizierter Nachzustände betont. In dekompositionellen Ansätzen wird dies dadurch ausgedrückt, daß die Dekomposition ein BECOME-Prädikat enthält (31a), in ereignisstrukturellen Reprä sentationen wird eine Zustandsvariable (temporal) mit einer Prozeßvariablen verknüoft (31b): (31) a. to dry (intransitiv): b. to dry (intransitiv):
BECOME(DRY(x)) (e) ES: [ [ P ] [S]]
(nach Wunderlich 1996:177f) T
LCS': [ [ -dry(x) ] [dry(x)] ]
(nach Pustejovsky 1991:58)
Im Folgenden sollen eine Reihe von Phänomenen betrachtet werden, zu deren Erklärung auf Nachzustände in Verbrepräsentationen Bezug genommen werden muß. Perfektauxiliar: Die Perfektformen im Deutschen werden bei einigen intransitiven Verben mit dem Auxiliar sein, bei anderen mit haben konstruiert:
2.2.2
Nachzustände
(32)
Nachzustände in lexikalisch-semantischen Theorien: Viele Verben bezeichnen Ereignisse, die mit einem bestimmten Zustand enden. Die Ereignisstruktur solcher Verben enthält eine Nachzustandsimplikation "... < (-»¡ z: x)"; abtrocknen (Lex. 1), niederbrennen (Lex. 3) und schmelzen (Lex. 7) sind Beispiele dafür, die in Kap. 2.1.1 schon besprochen wurden. Ein solcher in der Verbbedeutung angelegter Nachzustand hat Konsequenzen für eine Reihe von grammatischen und semantischen Prozessen, die in diesem Kapitel diskutiert werden. Daß die lexikalisch-semantische Repräsentation von Verben ausdrücken muß, ob das vom Verb bezeichnete Ereignis dazu führt, daß sich einer der Partizipanten am Ende des Ereignisses in einem bestimmten Zustand befindet, ist eine weit verbreitete Annahme, die schon in der älteren Aktionsartforschung immer wieder formuliert wurde und zur Unter scheidung telischer von nicht-telischen Verben herangezogen worden ist (z.B. Blatz 789671970:561, Romberg 1899:7, Sütterlin 1900:217). Bei Streitberg (1891) wird zwar der Begriff des Nachzustands nicht verwendet, ähnlich wie ereignisstrukturelle Theorien hebt er aber hervor, daß die Bedeutung bestimmter Verben sich aus einem durativen Teil und einem abschließenden "perfectiven élément" zusammensetzt. So schreibt er hinsicht lich "durativ-perfectiver" Verben: 41
42
a. sie ist gefallen I gestorben I zerbrochen I verblüht b. sie hat getanzt I gearbeitet I gegessen I geblüht
Bei Bewegungsverben wird sein verwendet, wenn der durch die Bewegung erreichte Ort angegeben wird (33a), sonst tritt haben auf (33b), wobei bei vielen Bewegungsverben ohne Zielortangabe sein ebenfalls möglich ist (33c). 43
(33)
a. wir sind ans Ufer getanzt I geschwommen I gejoggt I geritten b. wir haben den ganzen Tag getanzt c. wir haben I sind den ganzen Tag geschwommen I gejoggt I geritten
Die Beispiele in (32) und (33) zeigen, daß - von wenigen Ausnahmen bei Bewegungs verben abgesehen - die Wahl von sein als Perfektauxiliar an das Vorliegen eines verblexi kalisch implizierten oder durch eine Direktionalphrase eingeführten Nachzustands gebun den ist. Diese Lizenzierungsbedingung wird in ähnlicher Form schon in älteren Arbeiten zur deutschen Grammatik angeführt: Di mittlem Zeitwörter, welche eine wirkliche bewegung der sache, wofon di rede ist, fon einem orte in den andern, oder einen wirklichen Übergang der selben aus einem zustande in den andern anzeigen, werden mit sein, di übrigen mit haben abgewandelt [...] Manche mittlere Zeitwörter zeigen bisweilen eine solche bewegung oder solchen Übergang an, bisweilen nicht; und im ersten falle haben sie richtig sein, im zweiten haben. (Hemmer 1780:57) 44
4 1
4 2
Romberg (1899:7): "Dès qu'une action change ou modifie son objet à quelque égard que ce soit, nous appelons état la nouvelle situation où elle le place. Ainsi, dans l'expression 'on le porta chez lui' l'action du verbe aboutit, pour l'objet, à l'état d'être chez lui., etc." Rombergs (1899) so gut wie nicht rezipiertes Buch ist meines Erachtens die mit Abstand interessanteste ältere Ar beit zu Phänomenen im Umkreis aspektueller Klassifikationen. Sie enthält eine Reihe von Be obachtungen, die z.T. auch über die Phänomene hinausgehen, die später im Zusammenhang mit Vendlerklassen und Mechanismen der Aspektkomposition diskutiert wurden. Streitberg (1891) unterscheidet allerdings noch nicht zwischen lexikalisch-aktionsartlichen und grammatisch-aspektuellen Kategorien.
Blatz (1896/1970) und Sütterlin (1900) haben sich später dann an ähnlichen Formulierun gen versucht. So werde sein gebraucht, "wenn ein w e c h s e l n d e s Verhalten hinsichtlich des O r t e s oder eines Z u s t a n d e s ausgedrückt werden soll" (Blatz Einige Deadjektiva zeigen nach Paul (1902:179) ebenfalls schwankenden Gebrauch (altern, trocknen). Bei gehen und einigen verwandten Verben kann nur sein gebraucht werden, wobei gehen ohne Direktionalergänzung in nicht-kontrastiver Verwendung als 'losgehen' verstanden wird. Zitiert nach Jellinek (1914:304f), der eine ausführliche Darstellung der älteren Forschungs geschichte zum deutschen Perfektauxiliar enthält.
56 57 7896/1970:561), bzw. mit "Wörtern, die eine Bewegung von einem oder nach einem Orte bezeichnen, sowie denen, die den Übergang von einem Zustand in einen anderen bezeich nen" (Sütterlin 1900:217). Behagel (1900:68) stellt zum erstenmal einen Bezug zu ge bräuchlichen Aktionsartunterscheidungen her: Telische ("perfektive") Verben bilden ihr Perfekt mit sein, atelische ("imperfektive") mit haben. Diese Auffassung wurde von Paul (1902) in einer umfänglichen, materialreichen Untersuchung bestätigt. In neuerer Zeit ist das Auxiliarproblem im Zusammenhang mit der Unterscheidung von intransitiven Verben in Unergativa und Unakkusativa wieder diskutiert worden: Die Be obachtung, daß sich Intransitiva hinsichtlich ihres Verhaltens bezüglich bestimmter grammatischer Prozesse in zwei Klassen einteilen lassen, geht auf Perlmutters (1978:160) "Unaccusative Hypothesis" zurück. Für das Deutsche werden gewöhnlich die folgenden vier für die Unterscheidung charakteristischen Phänomene angeführt: Unergativa bilden ihr Perfekt mit haben, Unakkusativa mit sein (34a); Unergativa erlauben im Gegensatz zu Unakkusativa kein attributives Partizip II (34b); Unergativa gestatten im Gegensatz zu Unakkusativa gewöhnlich eine er-Nominalisierung (34c); Unergativa haben im Gegensatz zu Unakkusativa ein unpersönliches Passiv (34d): 45
(34)
a. b. c. d.
der Mann hat getanzt vs. das Schiff ist gesunken * der getanzte Mann vs. das gesunkene Schiff Tänzer vs. *Sinker es wird getanzt vs. * es wird gesunken
Verschiedene Versuche, die Unakkusativ-Unergativ-Unterscheidung syntaktisch zu be gründen, indem man das einzige Argument der Unakkusativa als zugrundeliegendes Ob jekt auffaßt, haben sich als äußerst problematisch erwiesen. Lexikalische Analysen zeigen, daß die vier zugrundeliegenden Kriterien keine scharfe Zweiteilung der Intransitiva zulas sen, da den vier Phänomenen z.T. unterschiedliche semantische Lizenzierungsbedingun gen zugrunde liegen (Kaufmann 1995aT63ff, 1995b:396ff). Hinsichtlich der Bedingungen für die Auxiliarwahl beim Perfekt haben auch verschiedene neuere Analysen das Vorlie gen eines Nachzustands als entscheidendes Kriterium für die Wahl von sein ermittelt (Abraham 1990.H, 1993.163f, Zaenen 1993:142, Kaufmann 1995a:167, 1995b:407). Kaufmann (1995b:407f) zeigt auch, daß nicht einfach 'Telizität' oder 'Veränderung' die auxiliarrelevanten semantischen Bedingungen sind. Das atelische bleiben bildet das Per fekt mit sein, weil in der Verbbedeutung der Nachzustand spezifiziert ist, und zwar als identisch mit dem Vorzustand. Die Verben anfangen und aufliören wiederum nehmen haben als Perfektauxiliar, obwohl sie eine Veränderung ausdrücken; sie involvieren aber keinen verbspezifischen Nachzustand. Auch Verben, die keinen absoluten Nachzustand spezifizieren, sondern einen Nachzustand relativ zum Vorzustand, nehmen sein als Per fektauxiliar, wie z.B. steigen in die Temperatur steigt, das nicht ausdrückt, daß die Tem peratur hinterher hoch war, sondern lediglich, daß sie höher war als vorher (s. dazu auch Kap. 6.3.4).
Attributives Partizip II: Eng mit den Überlegungen zur Wahl des Perfektauxiliars bei intransitiven Verben hängt die Frage zusammen, welche Intransitiva den attributiven Gebrauch des Partizips II erlauben: (35)
a. die geschmolzene Butter, der eingetroffene Zug, der verstorbene Künstler b. *der getanzte Mann, * die gelaufene Frau, *der gebluiete Hund
Auch hier ist das Vorliegen eines Nachzustands die entscheidende Bedingung für die Akzeptabilität der Konstruktion. Das ist bereits von Blatz (7896/1970:609) erkannt wor den, der schreibt, daß das Partizip II nur dann attributiv gebraucht werden kann, "wenn ein durch die Handlung herbeigeführter Z u s t a n d bezeichnet wird"; ähnlich auch Wilmanns (1906:106) und Curme (7904/1915):
A perfect participle cannot be formed from all intransitive verbs that are conjugated with sein, but only from those in which a condition resulting from the action of the verb is expressed. Thus we can say ein entlaufener Sklave an escaped slave, because the slave has changed his condition by escaping from bondage, but we cannot say ein gelaufener Sklave [...] because there is no change of state resulting from the action. (Curme 1904/1915:270f) Daß die Zulässigkeit eines attributiv verwendeten Partzips II bei Intransitiva an die glei chen semantischen Restriktionen geknüpft ist, wie die Wahl von sein als Perfektauxiliar, ist verschiedentlich beobachtet worden (z.B. Becker 1870:244, Wustmann 1891:189, Paul 1902:165). Neuere lexikalisch-semantische Arbeiten wie etwa Kaufmann (1995a: 166f) oder Zaenen (1993:141f) bestätigen diese Auffassung. 46
Interpretation des attributiven Partizips II: Bei Verben, die einen Nachzustand implizie ren, wird das Partizip II in attributiver Position so interpretiert, daß der bezeichnete Nach zustand zu der Zeit vorliegt, die das übergeordnete Verb ausdrückt; das eigentliche Ereig nis liegt damit vor dieser Zeit (36). Bei Verben ohne Nachzustand wie in (37) wird das durch das Partizip ausgedrückte Ereignis als gleichzeitig zur Haupthandlung verstanden: (36) a. er besuchte die zerstörte Stadt
(Zerstörung < Besuch < Gegenwart)
b. er hält sich in der zerstörten Stadt auf (Zerstörung < Aufenthalt o Gegenwart)
(37) a. er besuchte die bedrohte Stadt
(Bedrohung o Besuch < Gegenwart)
b. er hält sich in der bedrohten Stadt auf (Bedrohung o Besuch o Gegenwart)
Ein solcher Zusammenhang zwischen Verbsemantik und temporaler Interpretation des Partizips hat bereits Meigret (1550) in seiner französischen Grammatik beobachtet. Dem nach wird das Passivpartizip bei nicht telischen Verben ("acçion a continuité") präsen tisch-gleichzeitig interpretiert (38a), das von telischen Verben ("sinificaçion est teile q'elle denote perfección e fin d'acçion") dagegen als Zustandsausdruck in Bezug auf eine ver gangene Handlung ( 3 8 b ) . 47
(38) a. l'hom'eymé du monde
'der von der Welt geliebte Mann'
Die Lizenzierungsbedingungen für die attributive Verwendung des Partizips II werden im näch sten Abschnitt besprochen, die für das unpersönliche Passiv in Kapitel 4.2.3. Auf die er-Nominalisierungen gehe ich nicht ein; sie werden etwa bei Kaufmann (1995b:397ff) behandelt.
Es ist aber auch bemerkt worden, daß einige wenige Bewegungsverben, die sein als Perfekt en^
£ 0 ^ 9 " 5^ 70*"
l
a
u
^'
Zitiert nach Engwer (1931:57).
k
e
m
a t t r i b u t i v e s
Partizip JJ zulassen (Blatz 7ÄP5/1970:609,
58
59 b. un home blesse
51
'ein verwundeter Mann' Daß ähnliche Zusammenhänge auch in den germanischen Sprachen bestehen, ist meines Wissens zuerst Wustmann (1891) in seiner "Kleinen deutschen Grammatik des Zweifel haften, des Falschen und des Häßlichen" aufgefallen. So würden Partizipien II zwar im Allgemeinen eine relative Vergangenheit ausdrücken, bei manchen Verben allerdings wäre eine Gegenwartsinterpretation obligatorisch. So wird uns mit Wustmann (1891:189) "ganz gruselig" beim Lesen der Zeitungsannonce in (39a); hier sei natürlich (39b) ad äquater: (39)
eine Zustandsveränderung ausdrücken ( 4 0 ) . Ausgeschlossen sind dagegen Verben, die durative oder punktuelle Ereignisse ohne Zustandsveränderung ausdrücken (41) oder Ereignisse, die keinen Nachzustand, sondern einen nachfolgenden Prozeß imDlizieren (42): F
(40)
52
(41)
vermieten b. die von dem verstorbenen Rentier Sch. bewohnt gewesene Wohnung ist zu Ostern anderweit (42)
Generalisiert wurde diese Beobachtung, die dann auch zum Standardrepertoire der in der Aktionsartforschung diskutierten Phänomene gehörte, von Beckman (1899). Demnach hat nur das Passivpartizip der transitiven Durativa (ohne Nachzustand) Präsensbedeutung (das von vier Säulen getragene Dach), das der anderen (telischen) Verben dagegen nicht
a. ttdie Katze ist gestreichelt b. *der Mann ist getroffen (im Sinne von begegnen) c. der Professor ist geduzt d. ^der Fisch ist gequält e. ^der Schlüssel ist gesucht
a. die von dem verstorbenen Rentier Sek bewohnte Wohnung ist zu Ostern anderweit zu
zu vermieten
a. das Hemd ist gebügelt b. die Brücke ist gesprengt c. das Haus ist solide gebaut
a. * der Ball ist geworfen b.
der Mann ist geschubst
48
(die gesäuberte Stube, die gefundene Lösung).
Nach Beckman (1899) allerdings erlauben nicht nur telische Verben ein Zustandspassiv. Bei atelischen Verben wird das Zustandspassiv ähnlich wie die entsprechenden attributiven Partizipien (s.o.) temporal anders interpretiert, was sich in den folgende Äquivalenzen für Zustandspassiva von atelischen (43a) vs. telischen Verben (43b) niederschlägt: 53
Zustandspassiv: Neben dem Vorgangspassiv (werden-Passiv) kennt das Deutsche mit dem Zustandspassiv (se/w-Passiv) eine zweite Passivform. Es erlauben allerdings nicht alle transitiven Verben ein Zustandspassiv, und auch die Klasse der Verben mit Vorgangs passiv ist nicht identisch mit der Klasse der Verben, die ein Zustandspassiv bilden kön n e n . Im Zustandspassiv sind meines Erachtens vor allem solche Verben akzeptabel, die 49
50
(43)
4 9 5 0
Zitiert nach Andersson (1972:100). Dieser Abschnitt basiert auf Engelberg ( 1994a: 3 8ff). Im Französischen und Englischen werden sowohl Vorgangs- als auch Zustandspassiv mit den entsprechenden Formen von 'sein' gebildet. Als Zustandspassiv werden die Formen dort inter pretiert, wo sie von intransitiven Verben gebildet werden, die ja kein Vorgangspassiv erlauben, oder von transitiven (durativen oder punktuellen) Nachzustandsverben, bei denen der Agens nicht als PP realisiert wird. Ein Zusammenhang zwischen zustandspassivischen Interpretatio nen und Nachzustandsverben ist schon früh erkannt worden. Lowth (1762:63) etwa bemerkt, daß nur bestimmte intransitive Verben im Englischen ein Zustandspassiv ("a State or condition of Being") erlauben und sondert dabei Verben aus, die Orts- und Zustandsveränderungen ausdrücken. Ein Passiv mit to be (I am corne, I was gone, I am grown, I was fallen)findetsich demnach "chiefly in such Verbs as signify some sort of motion, or change of place or condition". Hinsichtlich der Passivinterpretation im Französischen stellt Diez (1844:185f) in seiner romanischen Grammatik fest, daß das Passivpartizip mit 'sein' in den romanischen Sprachen Vergangenheit ausdrückt bei "Transitiva, deren Thätigkeit entweder auf einen Moment eingeschränkt ist wie in Ergreifen, Überraschen, Wecken, Überwinden, Verlassen, Endigen, Tödten, oder doch ein Endziel voraussetzt wie in Machen, Herstellen, Schmücken, Bauen, Schlagen, Beladen", z.B. l'ennemi est battu 'der Feind ist geschlagen'; Gegenwart bedeutet es dagegen bei Verben, die eine Tätigkeit bezeichnen, "welche nicht begonnen wird um vollendet zu werden, wie in Lieben, Hassen, Loben, Tadeln, Bewundern, Verlangen, Sehen, Hören", z.B. il est aimé de tout le monde 'er wird von aller Welt geliebt'.
jemand liebt mich] etwas hat mich zerstört]
Während mir das von Beckman (1899) gewählte Beispiel lieben im Zustandspassiv eher unakzeptabel erscheint, gibt es tatsächlich durchaus eine Reihe von Verben, die keinen Nachzustand beinhalten und völlig unproblematisch im Zustandspassiv sind: 54
(44) 4 8
a. [ich bin geliebt b. [ich bin zerstört <->
a. die Kaserne ist bewacht b. die Hütte ist bewohnt c. das Kind ist vernachlässigt
Das Verb bewachen etwa wird hier so verstanden, daß sich die Kaserne, solange sie von jemandem bewacht wird, in einem bestimmten Zustand des 'Bewachtseins' befindet. Ein Zustandspassiv ist demnach bei solchen Verben möglich, die das Erreichen eines Nachzustands implizieren wie in (45a) und bei Verben, die ausdrücken, daß ein bestimmter Zu stand eines Partizipanten y aufrechterhalten wird (45b), und zwar gleichzeitig zu einem
Die Grammatikalitätsurteile bezüglich der Zulässigkeit eines Zustandspassivs schwanken erheblich. Viele dieser Grammatikalitätsurteile in der Forschungsliteratur sind nur schwer nachzuvollziehen und weichen auch oft voneinander ab. Daß der Satz ohne ein zusätzliches Prädikat seltsam ist (?das Haus ist gebaut), liegt wohl daran, daß es eine inhärente Eigenschaft von Häusern ist, gebaut zu sein. Das Bikonditional gilt tatsächlich allerdings nur in (43a); bei Nachzustandsverben wie in (43b) kann dagegen zwar vom Zustandspassiv auf den entsprechenden perfektischen Aktivsatz ge schlossen werden, nicht aber umgekehrt, denn das Vorliegen des entsprechenden Zustands kann inzwischen durchaus aufgehoben sein. Ich habe Beckman (1899) nach Andersson (1972:100) zitiert. Beckmans ursprüngliches Bei spiel betrifft das Schwedische; es wurde von Andersson ins Deutsche Ubertragen.
60
61
durch das Verb beschriebenen Teilereignis, das gewöhnlich in dem Agieren eines zweiten Partizipanten x bezüglich y besteht. (Die Pünktchen in den Ereignisstrukturen sollen hier wie im Folgenden andeuten, daß es sich nicht um vollständige Ereignisstrukturen handelt.) 55
P A T I E N S
(45) a. E-STR: ... < (->j z: x b. E-STR: ... o (->\ z: x
)
P A T I E N S
)
z.B. trocknen, reparieren, sprengen z.B. bewachen, bewohnen, vernachlässigen
In der Literatur werden die beiden Fälle in (45) gewöhnlich so dargestellt, daß entweder der (45a) entsprechende Typ als resultativ in Opposition zum Vorgangspassiv beschrieben wird und der (45b) entsprechende Typ als mcht-resultativ (z.B. Brandt 1982:28ff, Brinker 1990:122ff), oder der erste Typ wird als elliptisches Vorgangspassiv wie in (46) und damit als verbale Form aufgefaßt und der zweite Typ als adjektivische Form (z.B. Lenz 1993a:52). 56
(46) a. der Wagen ist repariert = b. der Wagen ist repariert worden
Die beiden Beispiele in (46) unterscheiden sich allerdings hinsichtlich der Modifizierbar keit durch verschiedene Typen von Adverbialen: (47) a. der Wagen ist (*in drei Stunden I *unter großer Anstrengung) repariert b. der Wagen ist (in drei Stunden I unter großer Anstrengung) repariert worden
Diese Unterschiede scheinen mir gegen die von Lenz (1993a) favorisierte Ellipsenlösung zu sprechen. Wenn man annimmt, daß Ellipsen durch syntaktische Bedingungen lizen ziert sind und keine semantischen Veränderungen herbeiführen, sollte man solche seman tisch motivierten Unterschiede in der Modifizierbarkeit des Prädikats nicht erwarten. Auch die Tatsache, daß manche Verben ein Vorgangspassiv, aber kein Zustandspassiv erlauben, spricht nicht gerade für eine Ellipsenlösung: (48) a. der Lehrer ist geduzt worden b. *der Lehrer ist geduzt
Unter der Repräsentation in (45) muß dagegen nicht auf das Vorgangspassiv rekurriert werden. Ebenso ist es nicht nötig, einen resultativen und einen nicht-resultativen Typ des Zustandspassivs zu unterscheiden. Im Zustandspassiv wird einfach das Vorliegen eines in der Verbbedeutung angelegten Zustands ausgedrückt. Dabei sind die unterschiedlichen Interpretationen der temporalen Relation dieses Zustands zum Ereignis ebenfalls lexika lisch gesteuert. Einbettung unter aspektuelle Verben: Die Einbettung von Verben unter aspektuelle Pha senverben wie finish und stop zeigt bestimmte Zusammenhänge mit Nachzustands5 5
5 6
Eine vergleichbare Auffassung vertritt Abraham (1990:6), der das Vorkommen einer "state phase" in den von ihm vorgeschlagenen Ereignisstrukturen als Bedingung für das Auftreten des Zustandspassivs nennt. Vgl. die Diskussion und weitere Literaturangaben in Lenz (1993a:49ff). Für den adjektivischen Charakter der Zustandspassiva vom Typ (45b) spricht nach Lenz (1993a:51f) ihre Präfigierbarkeit mit u n - ( u n b e w o h n t , u n b e w a c h t ) . Wie v e r n a c h l ä s s i g e n z e i g t , ist diese Präfigierung aller dings nicht bei allen Formen dieses Typs möglich ( W u n v e r n a c h l ä s s i g i ) .
implikationen auf. So unterscheiden sich die beiden Verben dahingehend, daß nur stop nicht aberfinish,auch Verben im Komplementsatz erlaubt, die keinen Nachzustand invol vieren (Vendler 1957:145, Kenny 1963:177, Dowty 1979:57): (49) a. John stopped painting the house b. John stopped walking c. Johnfinishedpainting the house d. *Johnfinishedwalking
Einen vergleichbaren Zusammenhang mit Nachzuständen eingebetteter Verben zeigen die Verben schaffen und gelingen. Unter Negation verhalten sich schaffen und gelingen un terschiedlich, wenn sie ein Verb mit impliziertem Nachzustand einbetten. Bei schaffen entsteht eine Ambiguität dahingehend, ob der vorangehende Prozeß negiert wird oder der Nachzustand, während bei gelingen immer der Nachzustand negiert wird (Engelberg 1994a:44): (50) a. ich habe es nicht geschafft, den Wagen zu reparieren
'ich habe an dem Wagen repariert, ihn aber nicht wieder fertigbekommen' 'ich habe nicht angefangen, den Wagen zu reparieren' b. es ist mir nicht gelungen, den Wagen zu reparieren
'ich habe an dem Wagen repariert, ihn aber nicht wieder fertigbekommen' *'ich habe nicht angefangen, den Wagen zu reparieren' Imperfektiv-Paradox: Wenn das Verb einen Nachzustand involviert (z.B. dry in 51a), kann von einem Satz A, der dieses Verb im Progressiv enthält, nicht auf einen Satz B geschlossen werden, der genauso ist wie A, nur daß das Verb im Perfekt (oder in der ein fachen Vergangenheitsform) steht, denn nur aus dem perfektischen Satz folgt das Errei chen des Nachzustands (in diesem Fall the hair was dry), während der progressive Satz offen läßt, ob der in der Verbbedeutung angelegte Nachzustand auch tatsächlich erreicht wird. Eine Schlußfolgerung vom progressiven auf den perfektischen Satz ist dagegen möglich, wenn kein solcher Nachzustand impliziert ist (z.B. drive in 51b): (51) a. - i [she was drying her hair -> she has dried her hair] b. [she was driving her new car —> she has driven her new car]
Diese Zusammenhänge werden zum erstenmal bei Ryle (1949:1491) formuliert, nach dem Nachzustandsverben (bei ihm "achievement verbs") im Progressiv keine Schlußfolgerung auf das Erreichen des Nachzustands zulassen: [...] we very often borrow achievement verbs to signify the performance of the corresponding task activities, where the hopes of success are good. A runner may be described as winning his race from the start, despite the fact that he may not win it in the end; and a doctor may boast that he is curing his patient's pneumonia, when his treatment does not in fact result in the anticipated re covery. Garey (1957:105) formuliert das Imperfektiv-Paradox als Testverfahren für Telizität, wobei telische, also im Wesentlichen Nachzustandsverben, die beschriebene Implikation im Gegensatz zu atelischen Verben nicht zulassen.
63
62 [...] if one was verging, but was interrupted while verging, has one verbedl (Si on verbait, mais a été interrompu tout en verbanX, est-ce qu'on a verbé?) Substitute the test verb where the formula has verb: Si on se n o y a i t S i on jouait au bridge and so o n . 57
Das als Imperfektiv-Paradox bezeichnete Phänomen des Fehlens der in (51a) dargestellten Implikation betrifft Verben mit einer Ereignisstruktur wie in (52a), also durative Verben mit Nachzustand, während die Implikation möglich ist bei durativen Verben wie (52b): 58
n
(52) a. E-STR: ... (->i e [
+ D U R
l ) . . . < (->i z)
b. E-STR: ... (->i e»[+DUR])...
z.B. trocknen(x), trocknen(x,y), essen(x,y)
z.B. joggen(x), quälen(x,y),fahren(x,y)
Das Imperfektiv-Paradox geht zurück auf die sogenannte Subintervall-Eigenschaft von Prädikaten, die kurz gesagt darin besteht, daß ich mit einem Ausdruck, der ein Verb des Typs (52b) enthält (z.B. sie hat ihren Hund gequält), nicht aber mit einem Ausdruck der auf ein Verb vom Typ (52a) zurückgeht (z.B. sie hat ihren Hund erwürgt), sowohl auf ein bestimmtes Ereignis als auch auf einen echten Teil dieses Ereignisses referieren kann. Dies ist in verschiedenen Formulierungen und Präzisierungen seit der indogermanischen Aktionsartforschung festgehalten worden. So ist nach Wustmann (1894:4f), [...] jedes transitive Verbum perfektiv zu nennen, bei dem ein Aufhören, ein Unterbrechen der Thätigkeit zugleich den ganzen Begriff der Handlung negirt. Ich baue ein Haus kann ich nur im Hinblick auf den Abschluß meiner Thätigkeit, auf die Vollendung des Hauses sagen; wenn ich eher aufhörte, hätte ich eben kein Haus gebaut, sondern nur an einem Hause gebaut. Die Subintervall-Eigenschaft ist später in verschiedenen semantischen Arbeiten formali siert worden und liegt etwa Krifkas (1989b:228) Unterscheidung von gequantelten und divisiven Prädikaten zugrunde. Zusammenfassung: Die Bedeutung mancher Verben beinhaltet das Erreichen eines be stimmten Zustands eines der Ereignispartizipanten. In diesem Kapitel wurde gezeigt, daß das Vorliegen eines solchen Nachzustands für die Lizenzierung und Interpretation einer Reihe von Konstruktionen relevant ist: • Intransitive Verben, in deren Bedeutung ein Nachzustand angelegt ist, nehmen sein als Perfektauxiliar. • Das Partizip II kann bei solchen intransitiven Verben attributiv verwendet werden, die einen Nachzustand implizieren. • Bei (transitiven) Verben, die einen Nachzustand implizieren, wird das attributive Parti zip II relativ zum durch das finite Verb ausgedrückten Ereignis temporal anders inter pretiert. • Verben, die einen Parallel- oder Nachzustand in der Verbbedeutung angelegt haben, können im Zustandspassiv auftreten, wobei Verben mit Nachzustand temporal anders als solche mit Parallelzustand interpretiert werden. Ähnlich auch Kenny (1963:172f), der die folgenden Implikationsunterschiede zwischen den beiden Verbklassen festhält: (i) John is deciding whether to join the army —> John has not yet decided to join the army (ii) I am living in Rome —> I have lived in Rome
Genauer betrifft das Imperfektiv-Paradox bei zweistelligen Verben nur bestimmte Varianten, nämlich diejenigen, die ein Akkusativobjekt realisieren, wie sie bastelt einen Papierdrachen, im Gegensatz etwa zu sie bastelt oder sie bastelt an einem Papierdrachen. Ich gehe im nächsten Kapitel auf solche Phänomene ein.
• Die Einbettbarkeit eines Verbs unter aspektuelle Verben und seine Interpretation in solchen Kontexten hängen vom Vorliegen eines Nachzustands ab. • Die Erklärung des Imperfektiv-Paradoxes muß auf das Vorliegen von in der Verb bedeutung angelegten Nachzuständen rekurrieren. Nachzustände stehen auch im Zusammenhang mit verschiedenen im nächsten Kapitel zu besprechenden Phänomenen, wie der Zulässigkeit einer aw-Konstruktion, der Modifizier barkeit durch Zeitspannen- und Zeitdaueradverbiale und anderen Vorkommensbeschrankungen.
2.2.3
Durativität und Punktualität
Punktualität und Achievements in der Aktionsartforschung: Die Unterscheidung von Ver
ben, die punktuelle Ereignisse bezeichnen, von solchen, die auf Ereignisse von Dauer referieren, geht bereits auf die ältere Aktionsartforschung zurück. Streitberg (1891:71f) differenziert innerhalb der "Perfektiva" zwischen momentanen Verben und durativ-per fektiven. Erstere legen "den Schwerpunkt einzig und allein auf den moment der Vollen dung, den augenblick des résultâtes", letztere "heben den moment der Vollendung hervor, setzten ihn aber in ausdrücklichen gegensatz zu der voraufgehenden d a u e r der handlung". Eine vergleichbare Unterscheidung zwischen durativen Nachzustandsverben, bei denen lediglich der Schwerpunkt auf die Handlungsgrenze gelegt wird ("momentanéité relative"), und punktuellen, die tatsächlich auf einen Moment beschränkt sind ("mo mentanéité absolue"), trifft auch Romberg (1899:4f), der bereits einige der mit diesen Eigenschaften verknüpften Phänomene anführt (s.u.). Die Unterscheidung zwischen Punktualität und Dauer ist in der Folgezeit immer wieder aufgegriffen worden; angeführt wird in dem Zusammenhang meist Vendler (1957), dessen allerdings nicht rein lexikalische Vierteilung verbenthaltender Ausdrücke zum gebräuch lichen Paradigma für aspektuell-aktionsartliche Klassifizierungen geworden ist. Wie in Kapitel 2.1.2 dargestellt wurde, unterscheidet Vendler (1957) "Accomplishments" (Durativa mit Nachzustand), "Activities" (Durativa ohne Nachzustand), "States" (Zustände) und "Achievements" (punktuelle Verben), wobei die in Klammern gesetzten Erklärungen die annähernden Korrespondenzen der vendlerschen Termini mit den in der vorliegenden Arbeit verwendeten ereignisstrukturellen Begriffen angeben, in dem Sinne, daß den vend lerschen Klassen im Regelfall Verben dieser Typen zugrundeliegen. Vendler klassifiziert allerdings verbenthaltende Prädikate, während es mir um verblexikalische, ereignissortale Beschränkungen geht, die allerdings u.a. die lexikalische Basis für aspektuelle Klassen im Stile Vendlers darstellen. Die von Vendler (1957) als "Achievements" eingeführte Klasse hat allerdings verschie dene Interpretationen erfahren, die den Zusammenhang zwischen den Begriffen 'Achievemenf und 'Punktualität' oft unklar erscheinen lassen. Vendler (1957) selbst hat 59
Grob vereinfachend kann man sagen, daß Streitbergs Perfektiva den Durativa mit Nachzustand in dieser Arbeit entsprechen. Streitberg unterschied allerdings noch nicht zwischen grammati schem Aspekt und Aktionsart. So ist in der älteren Indogermanistik der Begriff der Punktualität dann häufig auch zur Beschreibung des perfektiven Aspekts in echten Aspektsprachen herange zogen worden.
64 solche Ausdrücke als Achievements aufgefaßt, die auf Zeitpunkte bezogen sind: Achieve ments "can be predicated only for single moments of time" (Vendler 1957:146). Für ein Achievement wie win a race gilt demnach: " 'A won a race between ti and t{ means that the time instant at which A won that race is between t\ and r ." (Vendler 1957:149) Möglicherweise haben die von Vendler (1957) angeführten Beispiele wie win the race, die, recognize somebody, reach the hilltop dazu geführt, daß in der Folgezeit andere Aspekte bei der Bestimmung von Achievements in den Vordergrund traten. Mourelatos (1978:417) wies auf die vermeintliche Ähnlichkeit von Accomplishments und Achieve ments hin, die darin bestünde, "that both accomplishments and achievements are actions that involve a product, upshot, or outcome." Ohne die Unterscheidung zwischen beiden Klassen ganz aufzugeben, faßt er sie daraufhin in einer übergeordneten Klasse "events (performances)" zusammen, die dann der Klasse der "processes (activities)" gegenüberge stellt wird. Dowty (1979:180ff) wiederum sah hinter der vendlerschen AccomplishmentAchievement-Unterscheidung vier verschiedene Distinktionen verborgen, von denen ihm die zwischen Prädikaten, welche ein Verursachungsereignis implizieren, und solchen, die das nicht tun, am zentralsten erscheint, zentraler als etwa eine auf der Zeitdauer basie rende Unterscheidung. Damit werden Accomplishment-Verben zu solchen, die in CAUSE-BECOME-Strukturen dekomponiert werden, und Achievements zu solchen, die als BECOME-Verben auftreten. Dowtys Auffassung liegt mehr oder weniger explizit vielen Deutungen des Achievement-Begriffs zugrunde, u.a. der von Pustejovsky (1991:57ff), der Accomplishments und Achievements die gleiche Ereignisstruktur zu grundelegt und diese in beiden Fällen mit einer Dekomposition verknüpft, die ein BECOME-Prädikat enthält . 2
zucken: E-STR:
platzen: E-STR:
n o m
x (->i ei I + P K T ]
:
X
PATIENS)
Diese Unterscheidung ist im Übrigen unabhängig von der Steifigkeit der Verben und fin det sich entsprechend auch bei zweistelligen Verben. So ist zerbrechen(x,y) ein punktuel les Verb mit Nachzustand, während kneifen(x,y) keinen Nachzustand impliziert. Insofern als auch Durativa als ein- und zweistellige Verben jeweils mit und ohne Nachzustand auftreten, ergeben sich folgende Unterscheidungen, auf die die nachfolgende Besprechung verschiedener Phänomene rekurrieren wird: 62
VERBKLASSEN Ohne Nachzusland Einstellig
PKT.
zucken (x) knallen (x)
rülpsen(x) blitzen(x)
Mit Nachzustand
platzen (x) bersten(x)
zerbrechen (x) explodieren (x)
Zweistellig
kneifen(x,y) pieksen(x,y) schlagen (x,y) treffen(x,y)
knicken (x,y) zerbrechen (x,y) sprengen (x,y) erstechen (x,y)
Einstellig
joggen (x) schnarchen (x) brummen (x) lachen (x)
gelieren (x) erröten (x) trocknen (x) schmelzen(x)
DUB
Punktuelle vs. durative Verben: Auf der Zeitpunkt-Zeitdauer-Unterscheidung basiert da
6
ei[+PKT]
Lex. 13: Ereignisstruktur von zucken.
60
gegen die Klassifikation von Moens (1987:42), die zudem innerhalb der punktuellen Aus drücke zwischen "points" (hiccup, tap, wink) und "culminations" (recognize, spot, win the race) unterscheidet. Letztere sind telisch und entsprechen in der vorliegenden Arbeit punktuellen Verben mit Nachzustand wie etwa platzen in Lex. 12, erstere sind atelisch und korrespondieren mit punktuellen Verben ohne Nachzustand wie z.B. zucken in Lex. 13: i
n o m
x (->!
Zweistellig
quälen (x,y) verwöhnen (x,y) basteln (x,y) schieben (x,y) streicheln(x,y) glätten (x,y)
reparieren (x,y) zerdrücken (x,y)
Abb. 3: Matrix einer Verbklassifikation nach Punktualität, Auftreten eines Nachzustands und Stelligkeit. Die Matrix entspricht damit in etwa der Kreuzklassifikation zwischen "events that are extended and those that are not" und "events that have consequences and those that do not" bei Moens (1987.43), erweitert um die Dimension der Stelligkeit. Die kreuzklassi fizierten Eigenschaften 'punktuell / durativ' vs. 'mit / ohne Nachzustand' spiegeln natürlich nur einen Ausschnitt aus den in der vorliegenden Arbeit verwendeten Verbrepräsentatio nen wieder. Die Vierteilung entspricht dabei den vier Ereigrusstrukturtypen in (53): 63
:
X
PATIENS)
<
( _ > ,
Z
X
PATIENS)
Lex. 12: Ereignisstruktur von platzen.
Einer späteren Arbeit von Pustejovsky (1995:14) zufolge sind dagegen Achievements Aus drücke, die ebenso wie Accomplishments einen "change of State" beinhalten, "but where the change is thought of as occurring instantaneously"; in den Ereignisstrukturrepräsentationen drückt sich diese Punktualität aber nicht aus. Wenn ich im Folgenden von punktuellen Verben rede, so sind solche Verben gemeint, bei denen das oder die Teilereignisse punktuell sind, deren Stattfinden impliziert ist. Das heißt, ich bezeichne auch solche Verben wie gewinnen als punktuell, bei denen auch ein duratives Teil ereignis repräsentiert ist, dessen Stattfinden aber präsupponiert ist.
(53) a. b. c. d.
E-STR E-STR: E-STR: E-STR
...(-»jenl+PKT])...«^
...(_>!
e
Z )
n[+PKT])...
...(-•jent+DUR])
. < ( _ > [
Z
)
... ( _ > n [ + D U R ] ) . . . i e
Natürlich lassen sich auch nullstellige Verben wie regnen und dreistellige Verben wie geben entsprechend klassifizieren. Ähnliche Klassifikationen finden sich auch in Moens / Steedman (1988:16f), Ehrich (1991:452) und Engelberg (1994b:56).
66
67
Vermeintliche Gegenargumente gegen die PunktualitätsunterScheidung: Die Relevanz einer Klassifizierung von Ausdrücken als punktuell oder "achievements" ist verschiedent lich bestritten worden. Kenny (1963:177) geht in seiner Klassifikation auf ein Punktualitätskriterium gar nicht ein; so enthält die Klasse der "performances" sowohl durative als auch punktuelle Nachzustandsverben. Auch Mourelatos (1978:417) und Dowty (1979:181fr) halten eine auf der Dauer-Punktualitäts-Unterscheidung basierende Klassifi kation für höchstens zweitrangig. Später ist von Tenny (1987:25ff), Klein (1994:88) und insbesondere von Verkuyl (1989:55ff) und daran anschließend von Egg (1994:50ff) gegen die Notwendigkeit der Ausgrenzung einer Achievement-Klasse argumentiert worden. Verkuyl (1989:55fl) fuhrt die folgenden Beispiele für Ausdrücke an, die sowohl als Achievement als auch als Accomplishment verstanden werden können, um die Irrelevanz dieser Unterscheidung zu begründen. (54) a. type I write a business letter b. type I write the letter p
So müsse (54a) in einer auf Schreibmaschinen basierenden Kultur als Accomplishment aufgefaßt werden, während es heutzutage möglich sei, durch das Betätigen einer einzigen Computer-Taste einen Geschäftsbrief zu produzieren. Darauf würde man dann ebenfalls mit (54a) referieren, das sich in diesem Fall als Achievement erweise. Genau andersherum könne (54b) im Schreibmaschinenzeitalter als Achievement aufgefaßt werden, während es in modernen Zeiten als Accomplishment auftrete, wenn der Vorgang aufgrund einer Please-waitf-AvffoTuerong auf dem Bildschirm unerfreulich in die Länge gezogen wird. Verkuyls (1989:57) Fazit: Wolle man die Accomplishment-Achievement-Unterscheidung aufrecht erhalten, müsse man sowohl für (54a) als auch für (54b) eine wenig motivierte Ambiguität annehmen. Die Unterscheidung von Punktualität und Dauer sei hier wie auch sonst eine rein ontologische ohne linguistische Relevanz. Mittwoch (1991:75) hat u.a die folgenden drei Argumente gegen Verkuyls Auffassung vorgebracht: • Erstens ist sie skeptisch, daß (54a), sowie das ebenfalls von Verkuyl angeführte Beispiel draw a circle, dazu verwendet werden können, um auf die (punktuelle) Betätigung ei ner Taste auf der Computer-Tastatur zu referieren. Sollte das doch möglich sein, so ist dies als eine Bedeutungserweiterung des Verbs anzusehen. (Die unterschiedliche Auf fassung von Mittwoch und Verkuyl will ich hier nicht weiter diskutieren.) • Zweitens stellt sie fest, daß es unproblematisch ist, davon auszugehen, daß bestimmte Verben für die Punktuell-Durativ-Unterscheidung nicht markiert sind. Es gibt auch Verben wie meet und drop, die bezüglich der Unterscheidung agentiv vs. nicht-agentiv unmarkiert sind, ohne daß dies ein Argument gegen die Existenz oder Relevanz se mantischer Rollen darstellt. • Drittens schließlich weist sie darauf hin, daß es genügend punktuelle Verben gibt (z.B. notice), für die eine Accomplishment-Lesart nicht zu erhalten ist. 64
Mittwoch (1991:77ff) zeigt darüber hinaus auch, welche Probleme die Aufgabe der Achievement-Accomplishment-Unterscheidung für Verkuyls (1989) Aspektkompositionstheorie auf wirft. Auf die Kritik von Mittwoch (1991) wird im Übrigen allerdings weder in Verkuyl (1993:46ff), wo die Argumentation aus Verkuyl (1989) noch einmal wiederholt wird, noch in Egg (1994) eingegangen.
Ich schließe mich dieser Argumentation an und will im Folgenden vor allem versuchen eine Reihe empirischer Argumente für die Unterscheidung von Punktualität und Durativität sowie ihre lexikalische Relevanz zu präsentieren. Dabei werde ich Punktualität und Durativität als die Eigenschaften von Ereignissen auffassen, extrem kurz bzw. von länge rer Dauer zu s e i n . Sie sind damit nicht wie bei Verkuyl (1989), Egg (1994) und wohl auch Vendler (1957) als Eigenschaften von verbalen Prädikaten zu verstehen, sondern als sortale Beschränkungen über den Ereignissen, auf die Verben referieren. Wenn ich der Kürze halber oft von punktuellen oder durativen Verben spreche, so ist das zu berücksich tigen. 65
Zeitpunktadverbiale: Eine naheliegende Eigenschaft punktueller Verben ist es, durch Zeitpunktadverbiale modifiziert werden zu können; dies gilt sowohl für punktuelle Verben mit als auch für solche ohne Nachzustand: (55) a. die Bombe explodierte genau in dem Augenblick E-STR: ... (—>j e I PKT]) b. genau in dem Augenblick kniff sie ihn E-STR: ... (—>¡ e l PKT]) n
+
n
+
<
z
)
Diese Modifizierbarkeit ist entsprechend dort, wo Punktualität als relevante Verbeigen schaft angenommen wird, ins Feld geführt worden, z.B. bei Romberg (1899:4f) oder bei Vendler (1957:146) als Kriterium für Achievements. Nun können allerdings auch Verben anderer Klassen mit Zeitpunktadverbialen verbunden werden (Engelberg 1994a:21f): (56) a. um fünf Uhr backte ich einen Kuchen b. um fünf Uhr quälte ich den Hund
E-STR:
e"[+DUR]) ...<(_>, ) 2
E-STR: ... (-»j n[+DUR])... e
Während das Verhältnis zwischen dem Zeitpunkt, den das Adverbial denotiert, und der Ereigniszeit bei Verben wie explodieren eindeutig ist - sie sind identisch - wird das Zeit punktadverbial bei durativen Verben (mit oder ohne Nachzustand) abhängig vom Tempus interpretiert. Bei einen Kuchen backen bezieht sich das Zeitpunktadverbial im Futur (präferiert) auf den Beginn des Ereignisses, im Präteritum (präferiert) auf den Verlauf und im Plusquamperfekt auf den Nachzustand. (57) a. um fünf Uhr werde ich einen Kuchen backen
b. 'um fünf Uhr werde ich anfangen, einen Kuchen zu backen' c. 'um fünf Uhr werde ich dabei sein, einen Kuchen zu backen' d. * 'um fünf Uhr werde ich das Kuchenbacken beendet haben' ?
(58) a. um fünf Uhr backte ich einen Kuchen ?
b. 'um fünf Uhr fing ich an, einen Kuchen zu backen' c. 'um fünf Uhr war ich dabei, einen Kuchen zu backen' d. * 'um fünf Uhr hatte ich das Kuchenbacken beendet' (59) a. um fünf Uhr hatte ich einen Kuchen gebacken
b. * 'um fünf Uhr fing ich an, einen Kuchen zu backen' c. * 'um fünf Uhr war ich dabei, einen Kuchen zu backen' d. 'um fünf Uhr hatte ich das Kuchenbacken beendet'
Was "extrem kurz" genau zu bedeuten hat, wird in Kapitel 6.3.3 erläutert.
68
69
Einen interessanten Unterschied hinsichtlich dieser temporalen Interpretation zeigen dabei Verben, bei denen ein duratives Ereignis impliziert ist (z.B. backen), gegenüber punktu ellen Verben, bei denen ein vorausgehendes duratives Ereignis präsupponiert ist (z.B. verlieren in der Lesart ein Spiel I Rennen verlieren). Beide verhalten sich bezüglich be stimmter Eigenschaften gleich; so erlauben etwa beide den Progressiv (er war am Backen I am Verlieren). Dazu bemerkt Krifka (1989a: 118), daß bei einem Verb wie verlieren die Progressivform offenbar die Vorbereitungphase für ein momentanes Ereignis ausdrückt und diese Verben deshalb sowohl eine Achievement- als auch eine Accomplishment-Ver wendungsweise haben. Das läßt erwarten, daß sie sich auch bezüglich Zeitpunktadverbia len wie Accomplishments, also durative Nachzustandsverben, verhalten können. Das ist aber nicht so, wie der Vergleich zwischen (58) und (60) zeigt: (60) a. um fünf Uhr verlor er das Schachspiel ??
b. 'um fünf Uhr fing er an, ein Schachspiel zu verlieren' c. 'um fünf Uhr war er dabei, ein Schachspiel zu verlieren' d. 'um fünf Uhr und nicht früher hatte er ein Schachspiel verloren' ?
Punktuelle Verben mit präsupponierter Vorbereitungsphase bilden also offenbar temporalaspektuell eine Klasse für sich (nach Engelberg 1994a:22f).
Im Laufe der Forschung wurde deutlich, daß die Zulässigkeit von Zeitspannenadver bialen nicht allein durch die Bedeutung oder Klassenzugehörigkeit des Verbs bestimmt ist sondern von mehreren Faktoren abhängt: i) der Verbvalenz, ii) den NP-Bedeutungen und iii) der Verbbedeutung. i) Verbvalenz: Wustmann (1894:4) stellt fest, daß eine Direktionalphrase oder ein direktes Objekt zu perfektiven Lesarten fuhrt, also - in Vendlers Termini - aus Activities Accomp lishments macht: 68
(63) a. ich gehe (in die Kirche) b. ich baue (ein Haus)
Ähnlich bemerkt Romberg (1899:7), daß es bei Ausdrücken wie il écrivit une lettre ('er schrieb einen Brief) das durch das Ereignis geschaffene Objekt ist, an dem sich die Be grenztheit der Handlung ausdrückt. Auch Pedersen (1901:220f) stellt fest, daß die von ihm als "terminativ" bezeichnete Bedeutung eines Verbs von den Verbindungen abhängt, in denen es vorkommt: Die Verbindung des verbums mit einem das ziel bezeichnenden adverbium ("präposition") hat naturgemäss diese Wirkung, ebenso aber auch oft die hinzufügung eines bestimmten Objektes. Ich trinke ist cursiv, ich trinke aus oder ich trinke das wasser ist terminativ.
69
Zeitspannenadverbiale bei durativen Nachzustandsverben: Durch in eingeleitete Zeit spannenadverbiale treten typischerweise mit Verben auf, die ein duratives Ereignis und einen Nachzustand implizieren:
Eine Accomplishment-Lesart erfordert also eine bestimmte Art von Ergänzung, und zwar bei zweistelligen Verben, wie Pedersen (1901.221) bemerkt, ein direktes Objekt wie in (64a) und nicht eine das gleiche Argument realisierende PP (64b):
(61) a. sie reparierte ihr Motorrad (in zwei Stunden)
(64) a. jeg skriver brevet (dän.) 'ich schreibe den Brief b. jeg skriverpü brevet 'ich schreibe an dem Brief
66
b. sie joggte (
JH zwei Stunden) c. sie knickte den Umschlag ( i'#i zwei Stunden) d. sie klopfte ( m zwei Stunden) ??
??
??
...(-^j en[+DUR])...<(_> ) E-STR: T Z
E-STR:. . . ( „ • j e n l + D U R ] ) . . . E-STR:. . . ( - > n [ + P K T ] ) . . . < ( _ > ! ) E-STR:. . . ( - » j e n t + P K T ] ) . . . i e
z
Daß bestimmte durative Nachzustandsverben im Gegensatz zu anderen Verbtypen Zeit spannenadverbiale erlauben, ist zuerst von Romberg (1899:4) bezüglich des Französischen (e«-PPs) angeführt worden. Sütterlin (1909:92) und Wellander (1911:72) bemerken, daß sogenannte perfektive Verben im Deutschen ein in-, aber kein /a«g-Adverbial zulassen: (62) a. wir erstiegen den Berg in vier Stunden b. *wir erstiegen den Berg vier Stunden lang
Später wurden die /«-Adverbiale durch Vendler (1957:146f), Kenny (1963:176) und Verkuyl (1972:6) als Kennzeichen von Accomplishment-Ausdrücken (bzw. "Performance verbs" bei Kenny und "terminative aspect" bei Verkuyl) erneut in die aspektuelle Diskus sion gebracht. 67
6 6
Wird über eine bestimmte Anzahl von Ereignissen gesprochen, so können auch punktuelle Nachzustandsverben mit Zeitspannenadverbialen auftreten (Romberg 1899:4f): (i)
*Maestricht se rendit en huit jours
Maastricht ergab sich in acht Stunden' (ii) en un jour, trois villes se rendirent ä Vennemi 6 7
'in einem Tag ergaben sich drei Städte dem Feind' Vendler (1957:146) diskutiert die /'«-Adverbiale im Zusammenhang mit der Möglichkeit der Frage How long did it take to ... ? als Kennzeichen für Accomplishments.
Neben Verben mit Direktionalphrase und zweistelligen Verben, die eine Akkusativ-NP regieren, erlauben aber auch bestimmte intransitive Verben ein /«-Adverbial, wenn sie den anderen beiden Bedingungen genügen, z.B. (65a) vs. (65b): (65) a. das Schiff sank in fünfMinuten b. *der Mann tanzte in fünfMinuten
ii) NP-Bedeutungen: Nun führen direkte Objekte nur dann zu einer AccomplishmentLesart, wenn die Objekt-NP einer bestimmten semantischen Bedingung genügt. So hat Jacobsohn (1933:300) beobachtet, daß ein artikelloser Plural oder ein Massennomen in Objektposition Activity-Lesarten ("durativ") hervorruft, andere NPs AccomplishmentLesarten ("perfektiv"): (69) a. er schrieb Briefe (zwei Stunden lang I *in zwei Stunden) b. er schrieb einen Brief (*zwei Stunden lang I in zwei Stunden)
Satz (63a) scheint dafür allerdings ein eher schlechtes Beispiel, da er mit /'«-Adverbialen nicht gut verträglich ist: ^erging in zwanzig Minuten in die Kirche. Außerdem ist zu bemerken, daß
nicht alle Präpositionalphrasen Activities in Accomplishments überführen (vgl. Engelberg 1994a:8ffj: (i) sie lief (in zwei Stunden) um den See (ii) sie lief ("in zwei Stunden) entlang des Sees
Zu intransitiven Unergativa, die wie austrinken Zeitspannenadverbiale erlauben, vgl. auch Engelberg (1997:140).
70
71
Diese Eigenschaftsopposition ist in späteren Theorien zur Aspektkomposition zunächst als ein semantisches Merkmal beschrieben worden, etwa bei Verkuyl (1972:51) als [UNSPECIFIED QUANTITY OF X] versus [SPECJPIED QUANTITY OF X] oder bei Platzack (1979:79) als [±DIVID], wobei die nicht-divisiven [-DIVID]-Ausdrücke wie ein Brief die Eigenschaft haben, nicht auch auf echte Teile des Objekts zuzutreffen, das sie be zeichnen. Später hat Krifka (1989b:228) die aspektuell relevante Opposition so beschrie ben, daß in Accomplishment-Ausdrücken die Objekt-NPs gequantelt prädizieren müssen und nicht kumulativ. Für kumulative Referenz gilt: Wenn auf zwei Entitäten ein be stimmtes Prädikat angewendet werden kann, dann kann es auch auf die Zusammenfassung dieser Entitäten angewendet werden (Äpfel und Äpfel ergibt wieder Äpfel, drei Äpfel und drei Äpfel ergibt dagegen nicht drei Äpfel). Demgegenüber gilt für gequantelte Referenz: Wenn auf eine Entität ein Prädikat angewendet werden kann, so kann es nicht auf einen echten Teil dieser Entität angewendet werden (ein Teil von drei Äpfel ist nie drei Äpfel, auf einen Teil von Äpfel kann dagegen wiederum mit Äpfel referiert werden), iii) Verbbedeutungen: Daß nur bestimmte Verben mit einem /«-Adverbial verknüpft wer den, ist, wie oben bereits erwähnt, zuerst von Romberg (1899.4) und Sütterlin (1909:92) beobachtet worden. Jacobsohn (1933:297f) nahm später an, daß transitive Verben mit effizierten Objekten (67a) und Objekten der vollständigen Aneignung (67b) im Gegensatz zu Verben mit affizierten Objekten (67c) /«-Adverbiale zulassen. (67) a. ich schrieb einen Brief (in fünfMinuten) b. er aß einen Apfel (in fünfMinuten) c. der Mann schlug den Hund ( / H fünfMinuten) ??
Diese Bedingung erfaßt allerdings manche mit /«-PPs verträgliche Verben wie mähen, streichen oder reparieren noch nicht. Krifka (1989b:241) geht davon aus, daß Verben, die ein inkrementelles Thema selegieren, mit /«-Adverbialen auftreten. Ein inkrementelles Thema liegt etwa bei essen vor, das impliziert, daß sein Objektreferent, z.B. ein Apfel, Stück für Stück von dem Essen-Ereignis betroffen ist, so daß jedem Teil des Ereignisses ein Teil des Apfels entspricht und mit dem Abschluß des Ereignisses der Apfel vollständig gegessen i s t . Allerdings können auch eine Reihe von Ausdrücken, die nicht inkrementell 70
sind (z.B. das Fahrrad reparieren, ein Haus bauen, ein Hemd
waschen), mit /«-Adver 71
bialen auftreten und werden demnach von Krifkas Bedingung nicht erfaßt. Die eingangs angeführte Bedingung, daß durative Nachzustandsverben mit Zeitspannenadverbialen auftreten, berücksichtigt dagegen auch die von der Inkrementalitätsbedingung nicht abgedeckten Fälle (reparieren, trocknen, bauen).™ Dabei gilt diese Bedingung sowohl für 72
7 0 7 1 7 2
7 3
Zur formalen Ausarbeitung dieser Idee vgl. Krifka (1989a:207). Vgl. dazu etwa Engelberg (1995a, 1997:7f), Eckardt (1996b). Auch Pustejovsky (1991:62) knüpft die Zulässigkeit von /«-Adverbialen an das Vorliegen eines Nachzustands in der Ereigmsstruktur. Es sind bei den Zeitspannenadverbialen zwei Lesarten zu unterscheiden. (i) in zehn Minuten wird er den Flur putzen (ii) er wird den Flur in zehn Minuten putzen
Bei der einen fallt das Ende der angegebenen Zeitspanne mit dem Beginn des Ereignisses zusammen (i), bei der anderen mit dem Ende des Ereignisses (ii) (Engelberg 1994a: 19, vgl. auch Wellander 1911:72). In diesem Kapitel geht es immer nur um die zweite Lesart. Die beiden Lesarten unterscheiden sich dadurch, a) daß die Adverbiale verschiedene Positionen im
transitive wie auch für die in der Aspektkompositionstheorie meist nicht behandelten unakkusativen Intransitiva, wobei es bei letzteren mangels direkten Objekts natürlich der Subjektreferent ist, an dem sich die Zustandsveränderung vollzieht: 74
(68) &. sie trocknete ihr Haar in fünfMinuten b. ihr Haar trocknete in fünfMinuten
E-STR: ... (-»j enf+DUR]) ... < E-STR: ... (-»j e«[+DUR]) <
Zeitspannenadverbiale bei punktuellen Nachzustandsverben:
z
z
)
)
Es ist bemerkt worden daß
auch punktuelle Verben mit Nachzustand /«-Adverbiale erlauben (Vendler 1957:147) wobei im Gegensatz zu durativen Nachzustandsverben das in dann eher als öfter bzw! nach verstanden werde (Mourelatos 1978.417, Pinon 1996). 75
(69) a. Ines hat den Gipfel in fünf Stunden erreicht = b. Ines hat den Gipfel nach fünfStunden erreicht
(Beispiel aus Pinon 1996)
Tatsächlich sind aber nicht alle punktuellen Nachzustandsverben mit /«-Adverbialen voll akzeptabel (auch dort nicht, wo nach-Adverbiale möglich sind): (70) a. der Stock zerbrach in drei Minuten b. Ider Ballon platzte in vier Minuten c. erstach ihn in zwanzig Minuten d. 11sie knickte den Umschlag in zwei Stunden n
Bereits Romberg (1899:15) vermutete, daß unter den punktuellen Nachzustandsverben vor allem solche das Zeitspannenadverbial erlauben, die das Vorausgehen eines anderen Er eignisses präsupponieren, wie etwa achever Vollenden, austrinken', terminer "beendigen', atteindre 'erreichen' . Diese Vermutung scheint plausibel angesichts der folgenden Bei spiele, in denen entweder die Sätze aufgrund der Eigenbedeutung der Verben (71a, 71b) oder aufgrund des Kontextes (71c) ein vorausgehendes Ereignis präsupponieren: 76
77
Satz bevorzugen, b) daß in Sprachen wie dem Französischen unterschiedliche Präpositionen für die beiden Lesarten zur Verfügung stehen (dans für die erste, .en für die zweite) (Romberg 1899:26), c) daß die erste Lesart auch mit nicht gequantelten Objekten (iii) und mit Zeitdaueradverbialen (iv) auftreten kann: (iii) in zehn Minuten wird er Rosinen essen (iv) in zehn Minuten wird er eine Zeitlang Rosinen essen
Darüber hinaus gibt es allerdings auch unergative Intransitiva, die /«-Adverbiale erlauben, wie austrinken, frühstücken, duschen; zu deren Behandlung vgl. Engelberg (1997). Auch werden Ausdrücke wie eine Sonate spielen, die ebenfalls Zeitspannenadverbiale erlauben, von den hier beschriebenen Restriktionen nicht erfaßt; zur Lösung dieses Problems vgl. etwa Eckardt (1996b) oder Egg (1994:27ff). Mourelatos (1978) und Pinon (1996) sprechen von "Achievements"; dieser Terminus wurde wie im einleitenden Abschnitt dieses Kapitels angemerkt - von Vendler (1957:148) zur Be zeichnung punktueller Ausdrücke eingeführt, ohne daß er zwischen solchen mit und ohne Nachzustand unterschied, während in der Literatur es üblich geworden ist, v.a. punktuelle Ver ben mit Nachzustand als Vertreter dieser Klasse anzuführen, so daß gewöhnlich nicht ganz klar ist, welche Verbklasse genau in den jeweiligen Arbeiten mit dem Begriff 'Achievements' be zeichnet wird. Vgl. etwas ausführlicher zu einer ähnlichen Auffassung auch Platzack (1979:93f)Daß das Verbfindenselbst kein vorhergehendes Suchen präsupponiert, sieht man an Beispielen wie zufällig fand sie den alten Ring in der Sofaritze.
72
73
(71) a. sie gewann das Spiel in vierzig Minuten
(74) a. der Ballon platzte (Hzwei Minuten lang) b. Karla klopfte (fünf Minuten lang)
(Teilnahme präsupponiert)
b. sie trank das Glas in zwei Minuten aus
(Trinken präsupponiert)
c. sie fand den alten Ring in fünf Minuten
(Suchen präsupponiert)
Fazit: Erstens erlauben durative Verben mit Nachzustand (72a) Zeitspannenadverbiale und zweitens punktuelle Verben mit Nachzustand, wenn das Stattfinden eines vorausge henden durativen Ereignisses (lexikalisch oder kontextuell) präsupponiert ist (72b). Im zweiten Fall schließt die vom Zeitspannenadverbial angegebene Zeit das präsupponierte Ereignis mit ein. e
... ( - » P em[+DUR])...
e
n[+PKT])... <
Z
)
Zeitdaueradverbiale: Zeitdaueradverbiale wie for two minutes im Englischen und zwei
Minuten lang im Deutschen bilden das Gegenstück zu den Zeitspannenadverbialen; sie treten im Gegensatz zu diesen typischerweise mit durativen Verben ohne Nachzustand auf: 78
(73) a. sie quälte den Hund (fünfMinuten lang/Hin fünf Minuten)
Das Zeitdaueradverbial wurde bereits von Navratil (1856) als Kennzeichen aspektueller Unterscheidungen entdeckt; demnach kann man auf die Frage Wie lange ...? nur mit im perfektiven Verben antworten. Romberg (1899:4f) unterscheidet determinierte Ausdrücke (Durativa mit Nachzustand) von indeterminierten (Durativa ohne Nachzustand) dadurch, daß erstere eine PP mit en 'in' erlauben, letztere eine PP mit pendant 'lang, während'. Später wurden Zeitdaueradverbiale auch von Streitberg (1900:61) als aspektuell-aktionsartliche Diagnostika eingesetzt, bevor sie von Vendler (1957:145) und Kenny (1963:172f) zur Abgrenzung von "activities" und Nachzustandsverben (bei Vendler "accomplishments, bei Kenny "Performances") benutzt wurden. Darüber hinaus erlauben allerdings auch punktuelle Verben Zeitdaueradverbiale, wenn sie keinen Nachzustand implizieren: 79
80
V.a. im Deutschen, weniger im Englischen, zeigen viele Verben eine Ambiguität dahingehend, daß sie als Nachzustandsverben oder als reine Duratiwerben verstanden werden können. In letzterer Lesart können sie dann auch mit Zeitdaueradverbialen wie in (i) auftreten. Die Bedin gungen, unter denen Verben beide Lesarten haben, sind allerdings nicht ganz klar; v.a. Nachzu standsverben, die eine resultative Partikel oder ein Präfix nutführen, scheinen ein lang-Aäsexbial nicht zu dulden (ii): (i) sie reparierte das Fahrrad (eine halbe Stunde lang I in einer halben Stunde) (ii) sie verschlang die Torte (11 zwei Minuten lang I in zwei Minuten)
7 9 8 0
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Progressiv: Sowohl die englische "progressive form" als auch die als "Emscher-Durativ" oder "Rheinische Verlaufsform" bekannte progressive ow-Konstruktion unterliegen be stimmten verblexikalischen Beschränkungen hinsichtlich ihres Vorkommens. Die Frage, warum bestimmte Verben unter welchen Bedingungen im Progressiv auftreten können, hat allerdings schon mehr Antworten hervorgebracht, als an dieser Stelle referiert werden können. Es seien darum, bevor ich auf den Zusammenhang zwischen Punktualität und Progressivität eingehe, nur zwei Ansätze erwähnt, die allerdings insofern konträr sind, als nur der erste auf aktionsartliche Begriffe Bezug nimmt. Dieser erste Ansatz basiert auf Vendler (1957:1441), der annimmt, Zustände ("states") und punktuelle Ausdrücke ("achievements") seien von durativen Ausdrücken mit und ohne Nachzustand ("accomp lishments", "activities") dadurch unterschieden, daß nur letztere den Progressiv erlauben: 81
82
b. sie tanzte (fünfMinuten lang I Hin fünfMinuten)
7 8
... (->j
Die entsprechenden Verben erhalten dann eine iterative Interpretation: Wir verstehen (74b) so, daß Karla mehrmals klopfte, bzw. (74d) so, daß sie Karl mehrmals in dem Hotel traf. Fazit. Mit Zeitdauerangaben verträglich sind durative Verben ohne Nachzustand wie in (75a) und punktuelle Verben ohne Nachzustand wie in (75b) in iterativer Lesart: (75) a. E-STR: ... b. E-STR: ... (->
(72) a. E-STR: ... (->i m [ + D U R ] ) . . . < (->i z) b. E - S T R :
c. Dieter zerbrach die Vase (Hzwei Minuten lang) d. Karla trafKarl in einem Hotel (zwei Jahre lang)
E-STR: E-STR: E-STR: E-STR:
Vgl. dazu auch die Studie von Eckardt (1996b) und die Bemerkungen in Engelberg (1994a:26f) und Mori / Löbner / Micha (1992:258). Im Übrigen gilt, daß natürlich auch durative Nachzustandsverben mit /awg-Adverbial auftreten können, wenn ihre Objekt-NP kumulativ ist; vgl. das im vorletzten Abschnitt zur Aspektkomposition Gesagte. Vgl. dazu auch die Anmerkungen zum Französischen bei Romberg (1899:13f). Dies gilt v.a. für irreversible Nachzustände; punktuelle Verben mit reversiblen Nachzuständen sind etwas verträglicher mit Zeitdaueradverbialen: hiefieleine halbe Stunde lang.
Anzumerken ist außerdem, daß nicht-gequantelte Objekte bei transitiven (bzw. Subjekte bei unakkusativen), punktuellen Verben mit Nachzustand unbegrenzte Wiederholungen punktueller
(76) a. *she is knowing something b. * she is recognizing somebody
("state") ("achievement")
c. she is running
("activity")
d. she is drawing a circle
("accomplishment")
Es ist allerdings immer wieder beobachtet worden, daß auch bestimmte Zustandsverben und punktuelle Verben im Progressiv auftreten können (Beispiele aus Dowty 1979:137,173): (77) a. the socks are lying under the bed
b.
John was falling asleep
("state")
("achievement")
Ereignisse ausdrücken und damit ebenfalls Zeitdauerangaben erlauben: sie zerbrach eine halbe Stunde lang Geschirr. (Vgl. z.B. Mori / Löbner / Micha 1992:253). Die am-Konstruktion wird bereits bei Curme (7P04/1915:4O8) als Progressivkonstruktion des Deutschen erwähnt (du bist am Ausgehen; sie war am Kartoffelschälen) und hat in jüngerer Zeit durch Andersson (1989) zur Ruhrgebietsvariante und Bhatt / Schmidt (1993) zur rheini schen Variante zwei ausführlichere Untersuchungen erfahren. Der am-Progressiv unterliegt ne ben den in diesem Abschnitt noch zu besprechenden aktionsartlichen auch argumentstrukturel len Restriktionen. So sind im Standarddeutschen lediglich intransitive Konstruktionen verbrei tet (sie ist am Arbeiten), während der Progressiv in den regionalen Varianten auch transitiv verwendet wird (Hörbeleg: sie sind ihre Mongoleireise am planen); Konstruktionen mit Direktionalphrasen sind allerdings auch hier etwas markierter Qer ist in die Stadt am Laufen). Vgl. etwa Binnick (1991:2810) zu verschiedenen Theorien oder die Zusammenstellung von Daten in Quirk et al. (1972:94ffj.
74
75
Der zweite, nicht-aktionsartliche Ansatz geht auf Carlson (1977:168) zurück, der behaup tet, daß Progressivfähigkeit durch die Unterscheidung von Verben in "individual-level" und "stage-level" Prädikate erfaßt werden könne, insofern als nur letztere den Progressiv erlauben. Daher kann das Stage-Level-Zustandsverb in (77a) im Progressiv stehen, im Gegensatz zu dem Individual-Level-Zustandsverb in (76a). Aber auch Carlsons Annahme ist nicht korrekt. So hat etwa Mittwoch (1991:83) bemerkt, daß auch manche Stage-LevelPrädikate nicht im Progressiv auftreten, wie see, hear oder want. Auch wird die man gelnde Progressivfähigkeit von Vendlers Standardbeispiel für punktuelle Verben, recognize, nicht erklärt, denn auch dabei handelt es sich um ein Stage-Level-Prädikat. Insofern als dieses Kapitel die Relevanz des Punktualitätsbegriffs aufzeigen will, stellt sich hier vor allem die Frage, welcher Zusammenhang zwischen Punktualität und der Zulässigkeit und Interpretation der Progressivform besteht. Die Antwort muß meines Er achtens drei Fälle unterscheiden und zeigt dabei, daß die Punlrtualitatsbeschränkung so wohl für die Zulässigkeit als auch für die Interpretation des Progressivs eine Rolle spielt: i) Punktuelle Verben ohne Nachzustand können im Progressiv auftreten und werden dann iterativ interpretiert; die folgenden deutschen Beispiele folgen der Ruhrgebietsvariante des a/n-Progressivs:
vorausgehendes Ereignis lexikalisch präsupponiert ist oder kontextuell erschlossen werden kann, erlauben keinen Progressiv: 87
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(78) a. Rebecca was knocking b. Rebecca was hopping c. Rebecca was pinching Jamaal d. her eyelid was twitching
Rebecca war am Klopfen Rebecca war am Hüpfen Rebecca war Jamaal am Kneifen ihr Lid war am Zucken
ii) Solche punktuellen Verben mit Nachzustand erlauben den Progressiv, bei denen ent weder a) lexikalisch präsupponiert ist oder b) kontextuell erschlossen werden kann, daß der Ereignispartizipant in Subjektposition auch in ein unmittelbar vorausgehendes Ereig nis involviert ist, das in enger kausaler oder konsekutiver Relation zu dem punktuellen Ereignis steht. So ist durch gewinnen in (79a) präsupponiert, daß Rebecca an dem Spiel teilnimmt, und durch ankommen in (79b), daß sie vor dem Ankommen unterwegs war. Dem Sterben, wie in (79c), wiederum geht ein Krank- oder Verletztsein voraus, das dieses verursacht, und (79d) kann etwa in einem Kontext auftreten, in dem von der Schneelast die Rede ist, die den Zweig nach unten drückt:
(80) a. ^Rebecca was recognizing him
^Rebecca war ihn am Erkennen
b. ^Rebecca was spotting the eagle ^Rebecca war den Adler am Erblicken c. "^Rebecca was noticing that d. H-that was astonishing Rebecca
^Rebecca war das am Bemerken ^das war Rebecca am Erstaunen
Die beiden schon angeführten Arbeiten zum deutschen a/w-Progressiv gehen ebenfalls auf die Frage der lexikalischen Beschränkungen ein. Nach Andersson (1989:101) können alle telischen und nicht-telischen Verben mit Ausnahme von Zustandsverben den a/w-Progressiv bilden. Damit kann Andersson den in den Beispielen (78) bis (80) aufgeführten Unter schieden im Bereich punktueller Verben aber offensichtlich nicht gerecht werden. Bhatt / Schmidt (1993:721) nehmen ebenfalls keinen Bezug auf eine Punktuell-Durativ-Unterscheidung: Sie gehen davon aus, daß nur Individual-Level-Prädikate und nicht-dynami sche, nicht von einem Agens kontrollierte Stage-Level-Prädikate (z.B. sehen, hören, riechen) nicht im Progressiv auftreten können. Das verwendete Klassifikationsschema geht auf Hoekstra (1992:160) zurück, dem zufolge für ein nicht-dynamisches Ereignis gilt: "[...] an event is denoted, but there is no progress in the event, i.e. every point in the timespan within which the predicate holds is identical to every other." Insofern seien flow und rain dynamisch gegenüber see und hear. Da punktuelle Verben wie die in (78) bis (80) nicht diskutiert werden und auch unklar ist, in welcher Weise der Dynamizitätsbegriff auf sie anzuwenden wäre, scheint auch dieser Ansatz nur eingeschränkt zur Bestimmung der Progressivfähigkeit von Verben geeignet zu sein. Fazit: Nur wenn auf den Punktualitätsbegriff rekurriert wird, können die Vorkommens und Interpretationsbeschränkungen für Verben in der "progressive form" und im am-Progressiv erfaßt werden. Demnach erlauben punktuelle Verben ohne Nachzustand den Pro gressiv in iterativer Interpretation (81a) und Verben mit Nachzustand können im Progres siv auftreten, wenn das Stattfinden eines dem punktuellen Ereignis vorausgehenden dura tiven Ereignisses mit gleichem Partizipanten wie das punktuelle Ereignis entweder lexi kalisch präsupponiert ist (81b) oder kontextuell erschlossen werden kann: 88
(81) a. E-STR: ... ( - ^ n[+PKT]) b. E-STR: ... (-> em[+DUR]: x) ... < ( - > n[+PKT] ) . < e
(79) a. b. c. d.
Rebecca was winning (the game) Rebecca war (das Spiel) am Gewinnen Rebecca was arriving tRebecca war am Ankommen Jamaal was dying 'Jamaal war am Sterben (gebräuchlicher lag im Sterben) the twig was breaking der Zweig war am Abbrechen
iii) Verben wie erkennen, erblicken, bemerken oder erstaunen, die punktuelle Ereignisse mit Nachzustand bezeichnen, für die kein den Agens (oder Experiencer) involvierendes, 8 3 8 4
8 5
8 6
S. dazu Kapitel 3.1.3. Ryle (1949:116) hatte ähnlich bemerkt, daß Dispositionsausdrücke, also solche, mit denen man von jemandem sagt, "that he is able to do certain things, when the need arises, or that he is prone to do and feel certain things in situations of certain sorts", nicht im Progressiv auftreten. Zumindest sind ganz bestimmte, stark eingeschränkte Kontexte nötig, damit diese Verben auch im Progressiv akzeptabel sind; vgl. dazu Binnick (1991:288). Vgl. zum Englischen Quirk et al. (1972:96), zum Japanischen Mori / Löbner / Micha (1992:226ft).
P
r e
: x
z )
"an"-Konstruktion: Bei manchen Verben im Deutschen alterniert das Akkusativ-Objekt mit einer Präpositionalphrase, eingeleitet durch anP Diese Alternation findet sich bei Der Nachzustand ist bei diesen Verben jeweils ein mentaler Zustand. So ist etwa die Folge davon, daß man etwas bemerkt, daß man es daraufhin weiß, die Folge davon, daß man etwas erblickt, daß man es daraufhin sieht. Es ist überhaupt rätselhaft, was es heißen soll, daß alle Zeitpunkte innerhalb des Intervalls, in dem ein Prädikat gilt, identisch sind. Der Begriff 'identisch' kann entweder absolut oder relativ verstanden werden. Im ersten Fall wären natürlich nur bei Intervallen, die aus lediglich einem Zeitpunkt bestehen, alle Zeitpunkte t] bis tn in dem Intervall identisch. Im zweiten Fall müßte 'identisch' als 'identisch hinsichtlich einer Eigenschaft' aufgefaßt werden; Hoekstra versteht aber Verben offenbar als Prädikate über Ereignisse und nicht über Zeiten, so daß nicht klar ist, um welche Eigenschaften es hier gehen könnte. Dieser Abschnitt basiert auf Engelberg (1994b).
76
1 1
Verben wie schreiben, reparieren, lesen, kochen, bauen, malen, stricken, essen, manipulieren, nähen, etc.: (82) a. sie schrieb einen neuen Roman I an einem neuen Roman b. sie reparierte ihr Motorrad I an ihrem Motorrad
Ausgeschlossen von dieser Alternation sind solche transitiven Verben, die Zustände oder punktuelle Ereignisse bezeichnen (83a, 83b, 83c). Unter den Verben, die auf Ereignisse von Dauer referieren, sind wiederum nur die mit der aw-Konstxuktion akzeptabel, die eine Zustandsveränderung beinhalten (83d vs. 8 3 e ) . 90
(83) a. sie kannte einen guten Arzt I *an einem guten Arzt E-STR: •(-»1«) b. sie kniff ihren Freund I *an ihrem Freund E-STR .(^jenf+PKT])... c. sie sprengte eine Brücke I *an einer Brücke E-STR:. (-• en[+PKT])... < ( _ ) d. sie quälte ihren Dackel I *an ihrem Dackel E-STR.(_> n[+DUR])... e. sie nähte ein Abendkleid I an einem Abendkleid E-STR . n[+DUR]) ... < (_>! ) I
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Die Beschränkungen für die aw-Konstruktion wurden von Filip (1989:276ff) dahingehend bestimmt, daß nur nicht-punktuelle, inhärent telische Verben mit inkrementellem Objekt die Konstruktion erlauben. Daß Inkrementalität eine zu strenge Restriktion ist, sieht man - wie schon oben bei der Diskussion um die Lizenzierung von Zeitspannenadverbialen an Verben wie reparieren oder kochen, die keine inkrementelle Abarbeitung involvieren, trotzdem aber mit der a«-PP konstruiert werden können. Eine weitere Beschränkung für die an-Konstruktion besteht darin, daß das Subjekt ein (belebter) Agens sein muß (Filip 1989:283f): 91
(84) a. er bügelte an seinem Chorhemd b. 11die Maschine bügelte an dem Chorhemd (aus Engelberg 1994a:37)
Fazit: Die aw-Konstruktion kann bei solchen zweistelligen Verben anstatt des Akkusativ objektes auftreten, die ein duratives, agentivisches Ereignis mit Nachzustand bezeichnen: (85)
E-STR: ... (->
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e"»[ DUR] A G E N S yPATIENS) ... < :X
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sie malt ein Bild (in einer halben Stunde) sie malt ihren Opa (in einer halben Stunde) sie malt an einem Bild 11sie malt an ihrem Opa
Darüber hinaus gibt es zwei weitere Beschränkungen: zum einen ist die aw-Konstruktion auf nicht-präfigierte Verben beschränkt (zu den Gründen dafür finden sich Überlegungen in Engel berg (1994a:37), zum anderen tritt die aw-Konstruktion aus mir nicht bekannten Gründen nicht mit abgeleiteten Kausativa auf: (i) Her trocknete an seinen Socken (ii) Her schmolz an dem Eis (iii) Her leerte an der Flasche
(86) a. er begann das Brett durchzubohren b. *er begann den Feind zu durchbohren
Ähnlich führt Dowty (1979.59) die Unverträglichkeit von "achievements" im Kontext sowohl vonfinishals auch von stop an: (87) a. *Johnfinished noticing the painting b. *John stopped noticing the painting
Entsprechend sind punktuelle Verben mit Nachzustand auch nicht mit fertig und zum Teil modifizierbar (Pinon 1996): (88) a. Hlnes hat den Gipfel fertig I zum Teil erreicht b. HPeter hat Katja fertig I zum Teil erkannt
ii) Punktuelle Verben ohne implizierten Nachzustand erhalten im Kontext aspektueller Verben eine iterative Interpretation: (89) a. sie fing an zu hüpfen b. sie hörte aufzu hüpfen
Sie erlauben in dieser Interpretation im Gegensatz zu punktuellen Verben mit Nachzu stand auch A/s-PPs: (90) a. sie klopfte auf den Tisch bis alle zuhörten b. 11sie zerbrach die Scheibe bis alle zuhörten
yPATIENS)
Genauer muß es hier heißen, daß nicht nur eine Zustandsveränderung stattfindet, sondern auch, daß sie sich an dem Individuum vollzieht, das in der PP ausgedrückt wird. Das zeigt sich bei dem Verb malen, das zwei Accomplishment-Varianten hat (i ind ii), von denen nur diejenige die Altemation mit der aw-PP zuläßt, die den sich verändernden Partizipanten in der PP reali siert (iii). Beispiel (iv) ist bestenfalls in metonymischer Lesart akzeptabel, in dem Sinne von 'sie malt an einem Bild von ihrem Opa': (i) (ii) (iii) (iv)
Einige andere Vorkommensbeschränkungen: Einige andere von der Punktuell-DurativUnterscheidung abhängigen Phänomene seien hier zum Abschluß noch kurz angeführt: i) Streitberg (1900:611) bemerkt, daß punktuelle Verben mit Nachzustand (bei ihm "mo mentan-perfektive" Verben) im Gegensatz zu durativen Verben mit Nachzustand ("dura tiv-perfektive") nicht in einem Komplementsatz von beginnen auftreten können. Sein Beispiel kontrastiert die beiden Verben durchbohren und durchbohren:
iii) Adverbien wie schnell oder langsam beziehen sich bei punktuellen Verben mit Nach zustand immer auf die Zeit zwischen einem kontextuell gegebenen Zeitpunkt und dem Beginn des punktuellen Ereignisses: (91) a. der Stahlträger zerbrach schnell b. sie erkannte ihn schnell c. sie fand die Lösung nur langsam
iv) Die Bedingungen, unter denen im Deutschen inchoative Verben mit oder ohne Reflexivum verwendet werden (z.B. der Zweig biegt sich vs. der Zweig bricht), hat Oya (1996)
untersucht Unter anderem gilt demnach, daß Verben, die punktuelle Ereignisse bezeich nen, als Inchoativa nie mit Reflexivum auftreten (Oya 1996:10), z.B. zerbrechen, knicken, erschrecken, umstürzen, abreißen, losbrechen, etc., nicht aber *sich zerbrechen, *sich
knicken u s w .
9 2
Die anderen beiden Bedingungen besagen, daß die nicht-reflexive Konstruktion gebraucht wird, wenn der Sachverhalt von Natur aus entsteht (schmelzen, verderben, gären) oder eine Bewe gung eines Objekts ausdrückt (fahren, rollen, segeln) (Oya 1996:10).
79
78 Zusammenfassung: In diesem Kapitel wurde für die Unterscheidung von Verben plädiert in solche, die durative Ereignisse, und solche, die punktuelle Ereignisse bezeichnen, wobei in beiden Fällen wiederum zu differenzieren ist zwischen solchen, bei denen ein Nach zustand in der Verbbedeutung angelegt ist, und solchen, bei denen das nicht der Fall ist. Eine Reihe von Phänomenen motiviert diese Unterscheidungen: • Zeitpunktadverbiale bestimmen bei punktuellen Verben die Ereigniszeit; bei durativen Verben und punktuellen Verben mit präsupponiertem Vorbereitungsereignis werden Zeitpunktadverbiale in jeweils unterschiedlicher Weise abhängig vom Tempus inter pretiert. • Zeitspannenadverbiale treten bei (transitiven und intransitiven) durativen Nachzustandsverben auf; bei punktuellen Nachzustandsverben sind sie zulässig, wenn ein vorausgehendes Ereignis präsupponiert ist. • Zeitdaueradverbiale kommen mit durativen Verben vor, ebenso wie mit punktuellen Verben, die dann iterativ interpretiert werden. • Im Progressiv werden punktuelle Verben ohne Nachzustand iterativ interpretiert. Darüber hinaus können auch solche punktuellen Verben mit Nachzustand im Progres siv verwendet werden, für die lexikalisch präsupponiert ist oder kontextuell erschlossen werden kann, daß der Subjektreferent an einem unmittelbar vorausgehenden Ereignis beteiligt ist, das in enger kausaler oder konsekutiver Relation zu dem punktuellen Er eignis steht. • Zweistellige, agentivische Verben zeigen einen Valenzwechsel zwischen der AkkusativNP und einer o«-PP, wenn sie ein duratives Ereignis mit einem in der Verbbedeutung angelegten Nachzustand bezeichnen. • Außerdem hängen weitere Phänomene von der Dmativ-Punktuell-Unterscheidung ab, wie die Zulässigkeit und Interpretation von Verben im Kontext von anfangen, aufhören, fertig, zum Teil und bis-PPs und die Wahl eines Reflexivums durch inchoative Verben.
(92)
a. [she has melted the butter -> b. [she has dried her hair —> c. [she has felled the tree —•
the butter has melted] her hair has dried] the tree has fallen]
Die gleichen Verben im Progressiv zeigen aber nur zum Teil das gleiche Inferenzverhalten: (93)
a. [she was melting the butter -> b. [she was drying her hair —> c. —\she was felling the tree —>
the butter was melting] her hair was drying] the tree was falling]
Der Grund für die fehlende Implikation in (93c) ist offensichtlich: Die Aktivitäten, die das Fällen eines Baumes ausmachen, finden statt, bevor der Baum fällt. Bezogen auf die Zeit, von der in (93c) die Rede ist, folgt aus dem Am-Fällen-Sein kein Am-Fallen-Sein. Das gilt nicht für die anderen beiden Beispiele: Wenn jemand dabei ist, sein Haar zu trocknen, so trocknet sein Haar dabei. Bezogen auf die Zeit, von der die Rede ist, folgt in (93b) der intransitive aus dem transitiven Satz. Die temporalen Relationen zwischen Teilereignissen bestimmen also das Inferenzverhalten der Verben im Progressiv. Nur solche Kausativa mit einer Ereignisstruktur wie in (94a), nicht aber solche mit der Ereignisstruktur in (94b), implizieren im Progressiv den entsprechenden nicht-kausativen Satz im Progressiv (d.h., einen Satz, der lediglich e beschreibt). n
(94) a. E-STR: (->j e»>: x, y) o (->i e": y) ... b. E-STR: (-»! e™ x, y) < (->! e": y) ... Zeitspannenadverbiale und temporale Relationen: Typisch für durative Nachzustands verben ist die Möglichkeit, durch ein Zeitspannenadverbial modifiziert zu werden, wie etwa anstreichen in (95a). Einige solcher Nachzustandsverben, und zwar auch solche, die in ihrer nicht-kausativen Variante /«-Adverbiale erlauben (95b, 95c), sind mit solchen Adverbialen kaum akzeptabel (95d, 9 5 e ) : 93
2.2.4 Temporale und semantische Relationen Einleitung: Die einzelnen Teilereignisse, so die Idee in Kapitel 2.1.1, sind untereinander durch temporale Relationen verknüpft, d.h., sie folgen aufeinander oder finden gleich zeitig statt. Die Teilereignisse wiederum sind durch semantische Relationen mit den den thematischen Argumenten entsprechenden Partizipanten verbunden. In diesem Kapitel sollen verschiedene Phänomene betrachtet werden, die sensibel sind für solche Unter scheidungen. Ich werde mich auch hier zur Bezeichnung der semantischen Relationen auf die groben Rollen Agens und Patiens beschränken, insofern es hier vor allem um die In volvierung von Partizipanten in einzelne Teilereignisse geht und nicht um die genauen semantischen Relationen, die sie dabei eingehen. Auf solche Relationen komme ich im Einzelnen noch in Kapitel 4.2 zu sprechen. Progressivinterpretation und temporale Relationen: Zwischen unakkusaüven Verben und ihren kausativen Gegenstücken besteht eine Implikationsrelation, wie sie sich in den fol genden Beispielen im Perfekt ausdrückt:
(95)
a. sie strich das Haus in zehn Minuten an b. das Haus brannte in drei Stunden nieder c. der Tanker versank in drei Stunden d. s/e brannten das Haus in drei Stunden nieder e. -die Rakete versenkte den Tanker in drei Stunden f. sie fällte den Baum in fünfMinuten ??
n
Mit niederbrennen liegt ein Verb vor, das eine ähnliche temporale Struktur wie das im letzten Abschnitt besprochene fällen hat. Das Verursachungsereignis, in diesem Fall das Anzünden des Hauses, geht dem verursachten Ereignis, hier dem Herunterbrennen des Hauses, voraus. Daß aber die Vorzeitigkeitsrelation zwischen den Teilereignissen allein die Modifikation durch Zeitspannenadverbiale nicht ausschließt, zeigt fällen in (95f), das eine solche Modifikation zuläßt. Nun kennzeichnet fällen, daß das verursachende Ereignis durativ ist und das verursachte punktuell (Lex. 15), während die Verhältnisse bei niederbrennen genau andersherum liegen (Lex. 16). Offenbar gilt also, daß ein /«-Adverbial nur Kaufmann (1995a:241ff) diskutiert solche Beispiele.
80
81
dann voll akzeptabel ist, wenn der Agens, soweit vorhanden, bis zum Ende der Zustandsänderung, also dem Beginn des Nachzustands, ins Ereignis involviert ist. Genau das ist bei anstreichen (Lex. 14) und fällen (Lex. 1 5 ) , nicht aber bei niederbrennen (Lex. 16) der Fall: 94
2
95
(96) a. die Straße bleibt gesperrt
die Straße ist gesperrt
b. die Kaserne bleibt bewacht
die Kaserne ist bewacht
c. H-der Professor bleibt geduzt
H-der Professor ist geduzt
d. H-die Freundin bleibt gequält
H-die Freundin ist gequält
e. H-die Brücke bleibt gesprengt
anstreichen: E-STR
x , y^ (-»I e [ l: x 1
+ D U R
A G E N S
,y
P A T I E N S
) < > (->T e [ 2
l : yPATiENS) < (_> ; yPATIENS)
+DUR
Tz
Lex. 14: Ereignisstruktur von anstreichen.
E-STR:
e
Auf das für dieses Kapitel relevante Phänomen im Zusammenhang mit dem bleiben-Passiv machen Höhle (1978:40f) und Lenz (1993b: 10) aufmerksam: Während einige Verben in A/e/Aen-Konstruktionen eine Agensphrase erlauben, ist diese bei anderen Verben, die ein einfaches bleiben-Passiy erlauben, ausgeschlossen: (97) a. die Fabrik blieb (von den Arbeitern) besetzt
xnom, yakk
fällen:
die Brücke ist gesprengt
f. H-die Akten bleiben vernichtet die Akten sind vernichtet
3
n o m
l[+DUR] AGENS yPATIENS) < (_). 2[+PKT] yPATIENS) < (_).T z: yPATIENS) :x
;
:
T e
b. das Haus blieb (vom Sicherheitsdienst) bewacht c. die Straße blieb (von der Polizei) gesperrt d. der Strom blieb ( vom E-Werk) abgeschaltet ?
e. die beiden blieben ( vow Standesbeamten) verheiratet
Lex. 15: Ereignisstruktur von fällen.
??
f. die Tür blieb ( von Kurf) geschlossen ??
niederbrennen^. y E-STR: (->I eM+DUR] yPATIENS) < (_> ; yPATIENS) niederbrennen^. x , y ^ E-STR: (->i e i [ l: x ,y ) < (-*i e [
g. der Tänzer blieb ( vo/n Garderobier) angezogen ??
n o m
n o m
h. die Akten blieben ( von Müller) alphabetisch sortiert ??
TZ
:
3
+ P K T
A G E N S
P A T I E N S
2
+ D U R
l : yPATIENS) < (_> ; yPATIENS) TZ
Lex. 16: Ereignisstruktur von niederbrennen. Agens beim "bleiben"-Passiv: Neben dem in Kapitel 2.2.2 schon besprochenen mit sein gebildeten Zustandspassiv kennt das Deutsche eine weitere Passivkonstruktion, und zwar die mit bleiben?*" Das bleiben-Passiv kann wie auch das se/n-Passiv von Verben gebildet werden, bei denen ein resultierender Zustand in der Verbbedeutung angelegt ist, wie in (96a, 96b) vs. (96c, 96d). Ausgeschlossen ist es allerdings bei irreversiblen Zuständen wie in (96e, 96f): 97
9 4
9 5
Insofern punktuelle Ereignisse als Ereignisse von sehr kurzer Dauer charakterisiert sind (s. Kap. 6.3.3), ist der Agens bei fällen genaugenommen nur bis kurz vor dem Einsetzen des Nach zustands, also dem Liegen des Baums, beteiligt; dieser kurze Moment ist aber offenbar nicht relevant. In welchem Maße diese Eigenschaften durch die Verbbedeutung festgelegt sind und in wel chem Maße durch den Kontext, ist dabei von Fall zu Fall verschieden. In begrenztem Maße las sen sich etwa für niederbrennen auch Beispiele konstruieren, die eine nicht-punktuelle Agens handlung beinhalten: durch ständiges Anfachen des Feuers brannten sie das Haus in drei Stunden nieder.
9 6 9 7
Dieser Abschnitt basiert auf Engelberg (1994a:40ff). Diese Restriktion muß sicherlich noch strenger formuliert werden, bzw. müßte erklärt werden, in welchem Sinn in (i) und (ii) reversible und in (iii) und (iv) irreversible Zustände vorliegen: (i) die Tür blieb geschlossen (ii) die Seile blieben verknotet (iii) H-der Wagen blieb repariert (iv) H d a s Geschirr blieb gespült
Während Höhle (1978:41) sich über die Gründe für diese Beschränkungen im Unklaren ist, vermutet Lenz (1993b), daß es durative Verben sind, die im Gegensatz zu nicht-dura tiven im bleiben-Pd&si\ eine Agensphrase erlauben. Das scheint insofern nicht richtig, als sich auch unter den Verben, die keine von-PP zulassen, solche wie in (97g) und (97h) finden, die im Aktivsatz Ereignisse von Dauer bezeichnen. Vielmehr gilt, daß der resultie rende Zustand vom Handlungsagens kontrolliert werden muß. Während in (97e) der Stan desbeamte zwar den Nachzustand des Verheiratetseins herbeiführt, hat er auf dessen Auf rechterhaltung keinen Einfluß, im Gegensatz zu (97c), wo die Polizei nicht nur die Stra ßensperrung herbeigeführt hat, sondern auch die Dauer der Sperrung kontrolliert. Es gilt also, daß Verben wie sperren, bei denen der Nachzustand vom Agens kontrolliert ist (98a), eine Agens-Phrase im Wez'Aew-Passiv erlauben, ebenso wie Verben, die wie bewachen die Aufrechterhaltung eines Zustandes parallel zur Agenshandlung ausdrücken (98b). (98) a. E-STR: ... < (->i z: x N S yPATIENS) b. E-STR: ... o (->i z: xÄGENS, yPATIENS) A G E
;
(z.B. sperren, besetzen) ( .B. bewachen, bedrohen) Z
Dabei ist auch hier anzumerken, daß die Zustandskontrolle, wie bei bewachen, lexikalisch impliziert sein kann oder, wie bei abschalten in (97d), kontextuell erschlossen wird. Prospektivadverbial: Durch für eingeleitete temporale Präpositionalphrasen geben typi scherweise die Dauer eines Nachzustands a n . Solche 'Prospektivadverbiale' können jedoch nicht mit allen Nachzustandsverben auftreten: 98
99
Die Darstellung in Engelberg (1994a:27), an die sich dieser Abschnitt zum Prospektivadverbial anlehnt, basiert auf umfangreichen Textkorpusanalysen zur filr-PP. Der Name Prospektivadverbial' soll festhalten, daß es sich auf den Nachzustand, also auf eine nach der eigentlichen Ereigniszeit liegende Phase bezieht.
82
83
(99) a. die Arbeiter besetzten die Fabrik für eine Stunde b. die Polizei sperrte die Straße für eine Stunde c. Bernard verließ Botswana für einige Wochen d. Hsie aß den Apfel für eine Stunde e. Hsie putzte den Flur für eine Stunde t Hsie verlor den Schlüssel für einige Stunden
Von den Fällen in (99) zu unterscheiden ist eine andere temporale Lesart der für-PP. An ders als in (99) gibt die für-PP in (100) nicht die Dauer des Nachzustandes an, sondern die Länge der Zeit, in der das Bestehen des Nachzustands der Erfüllung eines bestimmten Zwecks dient. So beinhaltet (99b), daß die Sperrung nach einer Stunde aufgehoben wurde, aber weder meint (100a), daß das Haus nach fünf Jahren zusammenbricht, noch (100b), daß das Motorrad am Abend wieder schmutzig ist. Die finale für-PP in (100) und die prospektive in (99) sind also auseinanderzuhalten.
Ähnlich wie bei der Diskussion des Zeitspannenadverbials im vorletzten Abschnitt gelten die angeführten Bedingungen nur für den Fall, daß ein Agens vorhanden ist. Dabei war das Auftreten eines Zeitspannenadverbials dahingehend beschränkt, daß der Agens über die gesamte Ereignisdauer bis zum Eintreten des Nachzustands in das Ereignis involviert sein muß, während für das Prospektivadverbial gilt, daß er bis zum Ende des Nach zustands am Ereignis kontrollierend beteiligt sein muß. Die zweite Bemerkung betrifft die Art des Einflusses, die der Agens auf den Nachzu stand haben muß. Die Identität der Restriktionen für das Prospektivadverbial und der für den Agens beim bleiben-Passiv sagt voraus, daß sich jedes Verb gleich bezüglich der bei den Phänomene verhalten sollte. Das ist meistens (103), aber nicht immer (104) der Fall: (103) a. sie besetzten die Fabrikfür zwei Stunden b. die Fabrik blieb von ihnen besetzt
100
(100) a. sie bauten ein Haus für die fünfJahre, die sie in Duisburg bleiben wollten b. sie putzte das Motorrad für den heutigen Nachmittag
Hinsichtlich der Restriktionen für das Auftreten des Prospektivadverbials wurde ange nommen, daß die durch che für-PP modifizierten Nachzustände reversibel sein m ü s s e n . Das erklärt allerdings nur die Unakzeptabilität von (99d), nicht aber die von (99e) und (99f). Tatsächlich haben wir es hier mit ähnlichen Restriktionen zu tun wie denen für das Auftreten der Agens-Phrase beim bleiben-Pass\\. Ein Prospektivadverbial kann nur dann auftreten, wenn der Agens den Nachzustand kontrolliert. Genau das ist in (99a) der Fall, wo die Fabrik solange besetzt ist, wie die Arbeiter sie besetzt halten, in (99b), wo die Poli zei die Dauer der Sperrung unter Kontrolle hat, und in (99c), wo davon auszugehen ist, daß Bernard seinen Aufenthaltsort, in oder außerhalb Botswanas, selbst bestimmen kann. Zweistellige, agentische Verben mit einer Ereignisstruktur wie in (101a) erlauben also im Gegensatz zu solchen vom Typ (101b) ein Prospektivadverbial: 101
102
(101) a. E-STR: ... < (—»j z: xAGENS, yPATIENS) (z.B. sperren(x,y\ besetzen(x,y), verlassen(x,y))
b. E-STR:
..^(-^yPATIENS)
Die Bedingungen für die Agens-Phrase beim bleiben-Passiv scheinen insofern strenger, als der Agens den Resultatszustand über die ganze Zeit hinweg aktiv kontrollieren muß, während es für das Prospektivadverbial genügt, wenn die Dauer des Nachzustands inten diert ist und bei Beginn des Nachzustands davon auszugehen ist, daß der Nachzustand vom Agens revidiert werden kann oder er dessen Revision zumindest miteinkalkuliert hat. So impliziert Satz (104a), daß entweder i) im Fall, daß das Schließen-Ereignis schon län ger als fünf Minuten vor der Sprechzeit liegt, Kurt die Tür tatsächlich nach fünf Minuten wieder geöffnet hat, oder ii) im Fall daß das Schließen-Ereignis erst kurz vor der Sprech zeit liegt, Kurt selbst die Tür nach Ablauf der fünf Minuten wieder öffnen wird, oder er davon ausgeht, daß jemand anders die Tür nach fünf Minuten wieder öffnen w i r d . 103
Implikationen beim Zustandspassiv: Das schon in Kapitel 2.2.2 besprochene Zustandspassiv bezeichnet einen in der Verbbedeutung angelegten Zustand, der Ergebnis des verbalen Ereignisses ist. Das Verhältnis zwischen dem Zustand und diesem Ereignis ist abhängig von der Verbbedeutung, und die entsprechenden lexikalischen Unterschiede schlagen sich in dem Inferenzverhalten der passivischen Sätze nieder: 104
(z.B. essen(x,y\ verlieren(x,y), töten(x,y))
Zwei Anmerkungen sind zu dieser Analyse zu machen. Die erste betrifft die Möglichkeit agensloser, intransitiver Nachzustandsverben, durch die für-PP modifiziert zu werden: (102) a. der See fror für einen Monat zu
(104) a. Kurt schloß die Tür fürfünfMinuten b. H-die Tür blieb von Kurt geschlossen
(aus Kaufmann 1995a:246)
(105) a. [der Wagen ist repariert (vonjmdm.) —> b. -t[der Wagen ist repariert (von jmdm.) —> (106) a. -i[die Bank ist bewacht (von jmdm.) "b. [die Bank ist bewacht (von jmdm.)
jemand hat den Wagen repariert] jemand repariert (gerade) den Wagen]
—> jemand hat die Bank bewacht] —> jemand bewacht (gerade) die Bank]
b. der Schatz verschwand für Jahrhunderte unter einem Trümmerhaufen
1 0 0
1 0 1
Unter bestimmten Bedingungen tritt die für-PP außerdem auch mit einfachen durativen oder Zustandsverben auf; auch Substantive vom Stage-Level-Typ erlauben für-PPs (Kaiser für drei Wochen); vgl. dazu Engelberg (1994a:28f). Das nimmt etwa Pustejovsky (1991:74) fürs Englische an, wo das Prospektivadverbial (he left the house for twenty minutes) und das Zeitdaueradverbial (he jogged for twenty minutes) die
1 0 2
beiden Lesarten der for-PP konstituieren; auf diese Ambiguität der/or-PP im Englischen hatte bereits Morgan (1969:61) hingewiesen. Auch hier gilt, daß die Nachzustandskontrolle auch kontextuell erschlossen sein kann, wie in sie schob die Arbeit für eine halbe Stunde beiseite.
Es sei nicht verschwiegen, daß eine Gruppe von Verben sich nach wie vor dieser Analyse ent zieht; so gibt es bei Ortswechselverben fast bedeutungsgleiche Paare, bei denen das eine Verb mit einem Prospektivadverbial deutlich unakzeptabler ist als das andere: (i) er ging ins Museum für eine Stunde vs. Her betrat das Museum für eine Stunde (ii) er verließ Berlin für zwei Wochen vs. e rfuhr aus Berlin für zwei Wochen ab ??
Man mag annehmen, daß abfahren im Gegensatz zu verlassen eher eine nachfolgende Aktivität (das Fahren) als einen Nachzustand beinhaltet, aber das Beispiel (i) läßt sich so nicht erklären. Uber die Akzeptabilität der von-Phrase in den Beispielen (105) bis (107) besteht Uneinigkeit; sie soll hier auch lediglich andeuten, daß es sich um agentivische Verben / Verbvarianten han delt, genauer, um solche, die einen Agens und einen Patiens valenzfordern.
84 (107) a. [die Straße ist blockiert (von jmdm.) b. [die Straße ist blockiert (von jmdm.)
-> ->
jemand hat die Straße blockiert] jemand blockiert (gerade) die Straße]
Während aus dem Zustandspassiv von reparieren also der perfektische, nicht aber der präsentische Aktivsatz folgt, läßt das Zustandspassiv von bewachen die Folgerung auf den präsentischen, nicht aber den perfektischen Aktivsatz zu, und aus dem Zustandspassiv des agentivischen blockieren folgen beide Aktivsätze. Diese Folgerungen spiegeln unter schiedliche Relationen in den Ereignisstrukturen der jeweiligen Verben wieder. So kon stituiert reparieren ein typisches duratives Nachzustandsverb (108a), bewachen referiert dagegen auf eine Handlung, die dazu dient, etwas in einem bestimmten Zustand des Ge schütztseins, Gesichertseins zu halten (108b), und blockieren schließlich bezeichnet eine Handlung, die zu dem Nachzustand des Blockiertseins führt, welcher aber, im Gegensatz zu reparieren, von dem Handlungsagens kontrolliert wird (108c): Wird eine Straße von Demonstranten blockiert, so bleibt sie solange blockiert, wie die Demonstranten den Blockadezustand aufrechterhalten. 105
(108) a. E-STR: ... < (->\ z: yPATIENS) (zB. reparieren) b. E-STR: ... o (->i z: xAGENS, yPATIENS) (z.B. bewachen) c. E-STR: ...<(->i z: AGENS yPATIENS) ( .B. blockieren) X
;
Z
Zusammenfassung: In diesem Kapitel wurde gezeigt, daß das Auftreten einer Reihe von Phänomenen abhängt von temporalen Relationen zwischen Teilereignissen und der Invol vierung von Ereignispartizipanten in einzelne Teilereignisse: • Die temporalen Relationen zwischen verursachendem und verursachtem Teilereignis bestimmen, welche Implikationen von kausalen Sätzen im Progressiv auf die entspre chenden nicht-kausalen Sätze im Progressiv gelten. • Die kontinuierliche Einbindung des Agens in das Ereignis bis zum Eintreten des Nachzustands bestimmt die Zulässigkeit von /«-Adverbialen bei Nachzustandsverben, wäh rend die kontrollierende Beteiligung des Agens am Nachzustand selbst das Auftreten von Prospektivadverbialen und von präpositionalen Agens-Phrasen beim bleiben-Passi\ lizenziert. • Die zeitliche Einordnung eines verbspezifischen Zustands, entweder als parallel zur Agenshandlung oder als der Agenshandlung nachfolgend, erklärt, warum bestimmte Folgerungen von Sätzen im Zustandspassiv auf entsprechende aktivische Sätze möglich sind.
3
Argumentstruktur
3.1 Prädikat-Argument-Strukturen 3.1.1
Thematische Argumente
Prädikate und Argumente: Nach der verbreitetsten Grundannahme verbsemantischer Theorien sind Verben als Prädikate zu repräsentieren, die über eine Liste von Argument stellen verfügen, welche durch Argumentvariablen ( x x , ...) einer Prädikatskonstante (KAUF, ESS, GEH, ...) repräsentiert werden. Die intuitive Idee hinter Prädikat-ArgumentStrukturen ist, daß Argumente bestimmten Entitäten entsprechen und Prädikate Eigen schaften dieser Entitäten oder Relationen zwischen Entitäten beschreiben. Prädikate unter scheiden sich dabei in ihrer Stelligkeit, d.h., sie können unterschiedlich viele Argumente fordern: P(x), Q ( x x ) , R(x ...,x¡¿. Die Anzahl der Argumentstellen eines bestimmten Prädikats ist allerdings fest und somit charakteristisch für dieses Prädikat. Gemeinhin wird davon ausgegangen, daß die den Argumenten entsprechenden Entitäten in verschie dener Weise in das durch das Verb bezeichnete Ereignis involviert sind. Solche Argu mente sollen hier thematische Argumente genannt werden, in Gegenüberstellung zu den später zu besprechenden Ereignisargumenten (Kap. 3.1.3). 1;
1;
2
2
h
Die Anzahl der Argumente: Insofern als Prädikate hier zur Repräsentation von natürlich sprachlichen Ausdrücken herangezogen werden, stellt sich natürlich die Frage, wie eine den sprachlichen Daten gerecht werdende Entscheidung über die Anzahl der Argumente eines verbalen Prädikats getroffen werden kann. Das Problem der Stelligkeit von Prädika ten ist innerhalb der Linguistik vor allem in der Valenztheorie diskutiert worden, hier aber vor allem als Frage nach der Anzahl und Art der vom Verb geforderten syntaktischen Ergänzungen. Die Arbeit von Jacobs (7987/1994.33ff) hat allerdings gezeigt, daß der Begriff 'Argument' zwar in regelhaften Zusammenhängen steht mit solchen Einheiten wie der syntaktisch spezifizierten Valenzstelle, der inhaltlich spezifizierten Valenzstelle, der notwendigen Ergänzung oder der des Ereignisbeteiligten, aber keinesfalls mit einer davon gleichgesetzt werden kann, auch nicht in dem Sinne, daß jedem Argument ein Element auf einer der anderen Ebenen zugeordnet werden kann und umgekehrt (s. Kap. 3.2.2). 1
Eine Präzisierung dessen, was als Argument eines Prädikats aufzufassen ist, sollte zum einen unsere Intuition spezifizieren, warum ein Verb wie warten genau zwei eng mit ihm verbundene semantische Stellen hat, und zwar die, die in (la) realisiert sind, im Gegen satz zu der temporalen und lokalen Phrase in (lb).
1 0 5
Auf ähnliche Fälle macht Rodenbusch (1907:125) aufmerksam: so sei der Schnee deckte die Erde dreifach ambig zwischen der Lesart (i) 'der Schnee deckte sie vollständig zu' (in Vendlers Termini ein Accomplishment), (ii) 'der Schnee deckte sie immer mehr zu' (in Vendlers Termini eine Activity) und (iii) 'die Erde war von einer Schneedecke bedeckt', also einer Nachzustandslesart, wie sie auch bei blockieren vorliegt. Auch hier bezeichnet ein Verb also sowohl den Pro zeß des Herbeiführens eines bestimmten Resultats als auch das Resultat selbst.
Eine Bemerkung zur Terminologie: Komplemente' oder 'Ergänzungen' (der in der deutschen Valenztheorie übliche Terminus) sind Ausdrücke, die syntaktischen Valenzforderungen eines Verbs (oder eines anderen Lexems) genügen. Ein Komplement' sättigt eine syntaktische Va lenzstelle des Verbs; ein 'Adjunkt' oder - wie es in der Valenztheorie genannt wird - eine '(freie) Angabe' tut dies nicht. Den "Komplementen' entsprechen auf semantischer Ebene 'Argumente', die den semantischen Valenzforderungen eines Verbs genügen. Ein 'Argument' sättigt eine Argumentstelle, also eine semantische Valenzstelle des Verbs. Ein 'Modifikator' als semantische Entsprechung des 'Adjunkts' tut dies nicht.
86 (1)
87 a. Rebecca wartet auf Jamaal b. Rebecca wartet seit vier Uhr an der Haltestelle
Zum anderen sollte eine solche Präzisierung uns Kriterien an die Hand geben, nach denen wir problematische Fälle entscheiden können, wie etwa die Frage, ob die unterstrichenen Konstituenten in (2) auf Argumente z^clczuführen sind oder nicht. (2)
a. Dirk trägt das Fahrrad mdenKeller b. sie stellt den Honig in den Schrank c. er wohnt in Ottmarsbocholt d. sie trägt ihm das Fahrrad e. er spielt mit seinen Freunden
Der Akkumulierbarkeitstest: Operationale Verfahren, die zur Ermittlung von Argumenten geeignet sein könnten, indem sie auf - so Jacobs (7987/1994:17) - "natürlichsprachliche Korrelate der Argumenthaftigkeit" verweisen, sind vor allem in der Valenztheorie im Zusammenhang mit der Abgrenzung von Ergänzungen und freien Angaben diskutiert worden. Diese Diskussion über die Adäquatheit und Probleme der verschiedenen Ausgliederungs- und Substitutionsverfahren soll hier nicht in aller Vollständigkeit wiederholt werden. Ich möchte lediglich einige der interessanteren Verfahren diskutieren. So erscheint das in der traditionellen Valenztheorie angeführte Kriterium der Nichtakkumulierbarkeit von Ergänzungen als vermeintliches syntaktisches Korrelat der Argu menthaftigkeit. Demnach erhöhen Ergänzungen, nicht aber Angaben die syntaktische Komplexität des Ausdrucks und erlauben somit keine Rekursivität (Fourquet / Grunig 1971:15). Die Akkumulation von Lokativangaben wie in (5a) ist damit grammatisch, nicht aber die des Themaarguments in (5b): 2
3
Um diese Fragen zu entscheiden, können Überlegungen zum Argumentstatus auf ver schiedenen Ebenen angestellt werden: • Es wird nach systematischen Korrelationen zwischen vermeintlichen Argumenten und Form und Verhalten der den Argumenten entsprechenden Konstituenten auf der syn taktischen Ebene gesucht. • Es wird gezeigt, in welcher Hinsicht die Entscheidung über den Argumentstatus von den Bedingungen der kompositionellen semantischen Verarbeitung von Verbbedeutun gen abhängt. • Es werden Überlegungen angestellt zum semantischen Status von Argumenten und ihren Beziehungen zum Prädikat. Ich werde in den folgenden Abschnitten auf verschiedene solcher Versuche eingehen, den Status von Argumenten und damit die verbspezifische Argumentanzahl zu bestimmen Argumente und Phrasen: Zunächst muß festgestellt werden, daß alle Versuche scheitern, den Argumentstatus an die Obligatheit seines syntaktischen Ausdrucks zu knüpfen. So können Einheiten, denen intuitiv Argumentstatus zukommt, syntaktisch unausgedrückt bleiben (3a,b). Wir müssen sogar syntaktisch unrealisierbare Argumente konzedieren, wollen wir dem Gegenstand einer Handlung wie zuschlagen (3c) oder zufassen Argument status zubilligen. Darüber hinaus können syntaktische Phrasen, die Argumente aus drücken, unter Diathesen ihren Obligatheitsstatus verlieren. So realisiert die Subjekt-NP in einem Aktivsatz unzweifelhaft ein Argument des Verbs. Dieses Argument ist im entspre chenden Passivsatz, ausgedrückt als VOH-PP, dagegen fakultativ (3d). (3)
a. sie wartet (auf Jamaal) b. sie ißt (ein Honigbrötchen)
(5)
a. sie ißt am Tisch in der Küche in ihrer neuen Wohnung ißt die Pizza das große Stück die Spezialität
b.
Beschränkt wird die Akkumulierbarkeit von Konstituenten dadurch, daß diese in einem inhaltlichen Verhältnis zunehmender Spezifität, wie in (5a) im Gegensatz zu (6a), stehen müssen (Jacobs 7987/1994:61). Spezifizierbarkeit allein lizenziert Akkumulation von Konstituenten allerdings nicht. So ist (6b) trotz des Srjezifikationsverhältnisses ungram matisch. (6)
a.
??
jj'e ißt in einer Kneipe in einem Restaurant
b. Her wurde vom Aufsichtsrat vom stellvertretenden Vorsitzenden eingeladen
(aus Jacobs 1987/1994:62) Was ist also die zusätzliche Bedingung für Nichtakkumulierbarkeit? Wie Jacobs (7987/1994:62) gezeigt hat, ist es nicht die Argumenthaftigkeit der Konstituente. Viel mehr sind solche Konstituenten nicht akkumulierbar, die in einer Relation der Beteiligt heit zum Verb stehen, d.h., wenn sie Mitwirkende oder Betroffene des Verbereignisses bezeichnen und nicht Entitäten, die dieses Ereignis in lokale, kausale, temporale, finale oder ähnliche Zusammenhänge einordnen. Argumentstatus können aber, wie wir noch sehen werden, auch nicht-beteiligte Einheiten haben. Beteiligtheit und Argumenthaftigkeit sind also unabhängig voneinander. Damit erklärt sich im Übrigen auch die Beobachtung Beckmanns (1994a: 121), daß Instrumentalphrasen im Gegensatz zu lokalen Adjunkten nicht akkumulierbar sind, z.B.: *er schneidet den Käse mit dem Küchengerät mit der 4
c. *weil sie Jamaal zuschlägt d. der Antrag wurde (von der Behörde) abgelehnt
Weiterhin sind Argumente bekanntlich bei ihrer syntaktischen Realisierung nicht verb unabhängig auf Ausdrücke bestimmter Kategorien festgelegt. So sind Argumente weder auf NPs beschränkt (4a,b), noch realisieren NPs notwendigerweise Argumente (4c,d): (4)
a. sie wartet auf Jamaal b. sie hofft, daß er kommt c. sie wartet den ganzen Tas d. schlaf mir nicht ein!
Einen guten Überblick über diese Diskussion geben etwa Biere (1976), Heibig (1982:24ff), Jacobs (1987/1994) und v.a. Starrer (1992:54ff). Diese Behauptung entspricht in etwa der Annahme in der Prinzipien- und Parameter-Theorie, daß Adjunkte das Bar-Level der Konstruktion unverändert lassen (vgl. Radfords 1988:232 "Adjunct Rule"). Auch Grammatiktheorien wie die LFG (Bresnan 1982b: 1640 und HPSG (Pollard / Sag 1987:134) basieren ihre Unterscheidung von Komplementen und Adjunkten auf dem Akkumulierbarkeitskriterium, wobei in Pollard / Sag (1987:135) der syntaktische Kom plementbegriff mit dem semantischen Begriff des Arguments l:l-korrespondiert. In der Nachschrift in Jacobs (1987/1994:72) wird allerdings ein gewisser Einfluß von Argu menthaftigkeit auf die Akkumulierbarkeit eingeräumt.
88
89
Brotmaschine. Während instrumentale Phrasen keine Argumente des Verbs sind, so sind Instrumente doch am Ereignis unmittelbar beteiligt und somit nicht akkumulierbar. Andere syntaktische Kriterien, wie etwa die von Pollard / Sag (1987:132ff) angeführte Beschränkung, daß argumentrealisierende Komplemente näher am Verb stehen als freie Angaben, oder die Annahme, daß die relative Ordnung von Adjunkten zueinander, nicht aber die von Komplementen semantisch relevant ist, werden schon von den Autoren selbst als brauchbares Abgrenzungskriterium in Frage gestellt. Das Problem einer syntaktisch basierten Argumentbestimmung:
Es scheint also schwierig,
eindeutige syntaktische Korrelate der semantischen Argument-Modifikator-Unterscheidung zu finden. Aber selbst wenn sich syntaktische Phänomene finden ließen, die eine Zweiteilung der zwischen Verben und ihren Dependenzien bestehenden syntaktischen Relationen in Komplemente und Adjunkte erforderten, so ließe dies immer noch nicht den Schluß auf ein semantisches Korrelat dieser Zweiteilung zu. Nicht alle syntaktischen Dif ferenzierungen spiegeln auch semantische Unterscheidungen wider. So korrespondiert mit der syntaktischen Unterscheidung zwischen NPs und PPs keine prinzipielle semantische Unterscheidung. Ein Verb kann einen Ereignisbeteiligten wie denjenigen, auf den man wartet in (7), in der einen Sprache als NP und in der anderen als PP realisieren; gleiches gilt etwa für eine Zeitdauerangabe wie in (8). Einen Bedeutungsunterschied zwischen (7a) und (7b) bzw. (8a) und (8b) ergibt sich aus der PP-NP-Unterscheidung nicht. 5
(7)
6
a. she is waiting pp[/ör the postman]
b. periménei >jp[fon tachidromo] (Neugriechisch) •warten'-3SG-PRES [DET-AKK-SG Briefträger'-AKK-SG] (8)
a. she was waiting pp[/br two hours] b. sie wartete f^p[zwei Stunden]
Genuin semantische Begriffe wie der des Arguments müssen also zunächst eine semanti sche Begründung über semantische Phänomene finden. Erst die Qualität dieser Begrün dung bestimmt das Erklärungspotential für mögliche syntaktische Echos. Ich werde im Folgenden also versuchen, semantische Eigenschaften zu finden, die eine Unterscheidung von Argumenten und Modifikatoren ermöglichen. Der "geschehen"/"tun"-Test'.: Ein semantisch interessantes operationales Verfahren, das geeignet erscheint, zur Ermittlung des Argumentstatus beizutragen, ist der geschehen! tunTest. Demnach sind genau die Konstituenten, die ein Argument realisieren, nicht in einen geschehen/tun-Satz ausgliederbar:
(9)
a. Rebecca wartet an der Haltestelle auf Jamaal b. *Rebecca wartet an der Haltestelle, und das tut sie I geschieht auf Jamaal c. Rebecca wartet aufJamaal, und das tut sie I geschieht an der Haltestelle
Demnach realisiert die fakultative PP auf Jamaal, nicht aber die fakultative lokale PP an der Haltestelle ein Argument von warten. Auf gleiche Weise zeigt der Test auch die Nichtargumenthaftigkeit von fakultativen Modal- und Temporalbestimmungen auf. Wen den wir diesen Test auf die problematischen Fälle in (2) an, so erweisen sich zunächst sowohl die fakultative Direktionalangabe in (10a) als auch die obligatorische Direktio nalangabe in (10b), die obligatorische Lokalangabe in (10c) und der benefaktive Dativ in (lOd) als Argumente, während die Komitativ-Phrase in (lOe) zumindest gemäß des tunTests ein Modifikator i s t . 9
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(10) a. b. c. d.
*Dirk trägt das Fahrrad, und das tut er I geschieht in den Keller *sie stellt den Honig, und das tut sie I geschieht in den Schrank *er wohnt, und das tut er I geschieht in Ottmarsbocholt *sie trägt das Fahrrad, und das tut sie I geschieht ihm
e. er spielt, und das tut er mit seinen Freunden I Hgeschieht mit seinen Freunden
Der Wert operationaler Verfahren liegt nun bekanntlich nicht darin, daß sie uns eine Theorie über die in Frage stehenden Phänomene liefern könnten. Vielmehr lassen solche Verfahren, die zu interessanten oder intuitiv plausiblen Unterscheidungen fuhren, die Vermutung zu, daß sich über die Betrachtung der sprachlichen Operation, die das Verfah ren konstituiert - in diesem Fall die Adjunktion an das Verb geschehen - interessante theoretische Lösungswege für die untersuchten Phänomene auftun. An der Subjektposition nimmt geschehen einen ereignisbezeichnenden Ausdruck, auf den sich die in den Ad junktpositionen von geschehen befindlichen Phrasen beziehen. In dieser Hinsicht ist der geschehen-Test für den Verarbeitungsaspekt von Argumenten und Modifikatoren interes sant, da er mit Annahmen über die Bedeutung solcher PPs wie an der Haltestelle (9) in der Hinsicht korrespondiert, daß solche Adverbiale Prädikationen über Ereignisse sind. Das wird in Kapitel 3.1.3 noch ausgeführt. Direktionalphrasen wie in den Keller in (2a) können dagegen nicht als ausgegliederte Ereignisprädikationen verstanden werden und müssen - auch aus Gründen, die im nächsten Abschnitt noch angesprochen werden - als verbale Argumente aufgefaßt werden.
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Argumente. Die Frage selbst kann demnach nur von freien Adverbialbestimmungen begleitet sein: 5
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Angesichts der Tatsache, daß eine solche Korrelation den meisten gängigen Syntaxtheorien zugrundeliegt, stellen sich Prinzipien und Generalisierungen, die darauf basieren, in Frage; vgl. etwa Beckmann (1994a:119£f) zur Prinzipien-und-Parameter-Theorie (Adjunct-IslandConstraint, Bindungstheorie), Jacobs (1987/1994:63) zur LFG (Biuniqueness Condition). Daß es keine eindeutigen syntaktischen Korrelate gibt, soll nicht heißen, daß es keine Zusam menhänge zwischen syntaktischen Phänomenen und Argumenthaftigkeit gibt. So stellt Jacobs (J5>#7/1994:64) fest, daß ein Verb nur dann Forderungen an die Form eines seiner Begleiter stellt (z.B. Kasusforderungen), wenn dieses ein semantisches Argument des Verbs ist. Vgl. z.B. Eroms (1981:33ff), Heibig (1982:29); ein ähnliches Verfahren stellt Conrad (1978:100f) vor: Demnach fragt Was tut/macht...? nach einem Prädikat einschließlich seiner
(i) Hans hielt gestern abend einen Vortrag. Was machte I tat Hans gestern? (ii) Hans fährt nach Moskau? *Was machte I tat Hans nach Moskau?
Es gibt neben dem geschehen!tun-Test noch andere Ausgliederungsverfahren, wie z.B. den undzwar-Test, der allerdings nicht als Kriterium für Argumenthaftigkeit zu verwenden ist (vgl. dazu Jacobs 7P«7/1994:18). Auch agentive vo«-Phrasen in passivischen Sätzen ermittelt der Test als Argumente gegenüber den fast bedeutungsgleichen aurc/i-Phrasen, die demnach Modifikatoren sind (Eroms 198i:49): (i) Karl wurde bei der Arbeit gestört'das geschah von den Kindern (ii) Karl wurde bei der Arbeit gestört; das geschah durch die Kinder
Auf das davon abweichende Ergebnis des geschehen-Tests gehe ich weiter unten noch ein.
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Das Implikationskriterium: Ein häufig angeführtes semantisches Kriterium der Argumenthaftigkeit besagt, daß für diejenigen Entitäten Argumentvariablen angesetzt werden müssen, die durch die Verbbedeutung impliziert sind. So folgt etwa aus Dieter ißt der Satz Dieter ißt etwas, weshalb gemäß dem Implikationskriterium die durch die AkkusativNP realisierte Stelle Argumentstatus hat. Ein Problem dieses Kriteriums liegt darin, daß gewöhnlich bei Verben (warten, essen, schlafen, etc.) auch ein Situationsort und eine Situationszeit notwendigerweise mitverstanden werden, wir aber lokale und temporale Konstituenten intuitiv nicht als Argumente ansehen möchten (Jacobs 7987/1994:18). Nun wird in der klassischen Valenztheorie davon ausgegangen, daß solche "freien Angaben" ohnehin jedem Verb hinzugefügt werden können (z.B. Ballweg-Schramm et al. 1976:19, Schumacher et al. 1981:145). Demnach könnte man ihnen den Argumentstatus mit der Begründung absprechen, daß sie nicht verbspezifisch sind. Daß dem nicht so ist, ist aller dings verschiedentlich beobachtet worden (z.B. Stepanowa / Heibig 1978 150): 11
(11) a. *er beherrscht mehrere Fremdsprachen im Garten b. *er kennt auf dem Flughafen seinen Freund
Wollen wir also nicht alle lokalen, temporalen und modalen Bestimmungen als Argu mente auffassen, scheidet dieses Kriterium zur Ermittlung der Argumenthaftigkeit a u s . Wir werden darüber hinaus noch sehen, daß man aus anderen Gründen auch nicht-implizierten Stellen, wie etwa benefaktiven Dativen, Argumentstatus zubilligen möchte. 12
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Das Rollen-Kriterium: Ein weiteres Kriterium besagt, daß die semantische Rolle, die ein Argument spielt, durch das Verb bestimmt sein m u ß . So sind etwa die beiden Argu mente von essen durch das Verb als Agens und Patiens spezifiziert. Anders sieht die Lage bei wohnen aus: Jacobs (7987/1994:18f) bemerkt, daß die notwendige Ergänzung bezüg lich ihrer semantischen Rolle nicht festgelegt ist und neben lokalen auch verschiedene andere Arten modifizierender Ausdrücke zuläßt: 14
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Davidson (79S5/1986:232f) vertritt diese Auffassung im Zusammenhang mit der Diskussion von Adverbialen als Ereignisprädikaten. Ähnliche Argumentationen lassen sich auch für andere Typen von Verbbegleitern führen. So ist für die Lesart von schlagen in (i) sicherlich ein Instrument impliziert, aber auch für (ii) läßt sich nicht bestreiten, daß Augen als Instrumente zum Sehen mitverstanden sind, worauf man sich schließlich auch in (iii) darauf einigen könnte, daß ohne Beteiligung eines Gedächtnisses kein Erinnern möglich sei. Unseren Intuitionen über den Argumentbegriff kommt man über sol che Implikationen aber wohl nicht näher.
Luise wohnt schön Luise wohnt zur Miete Luise wohnt ganz anders als Gerda Luise wohnt in Oberhausen
Das Rollen-Kriterium widerspricht damit allerdings dem geschehen-Test, wie Beispiel (13) zeigt. Die Verbbegleiter können nicht ausgegliedert werden und sollten demnach Argumente sein: (13) a. HLuise wohnt, und das tut sie in Oberhausen b. Hi i -wohnt, und das tut sie mit allem Komfort u
se
Nach Jacobs (7987/1994:19) kann der geschehen-Test allerdings ohnehin nur bei nicht notwendigen Konstituenten als brauchbares Indiz für Argumenthaftigkeit angewendet werden, da die Ausgliederbarkeit die syntaktische Weglaßbarkeit voraussetzt. Über den Argumentstatus obligatorischer Konstituenten wie der Ortsangabe in (12d) sagt uns der geschehen-Test also zunächst nichts. Möglicherweise zeigen aber Beispiele wie (14), daß in Oberhausen und mit allem Komfort kein Argument von wohnen realisieren. Hier wird das Notwendigkeitsproblem durch Füllung der Stelle mit einer anderen Konstituente um gangen; die lokale Angabe kann in diesem Fall durchaus in einen geschehen-Satz ausge gliedert werden: 15
(14) a. ^Luise wohnt mit allem Komfort, und das tut sie in Oberhausen b. ^Luise wohnt in Oberhausen, und das tut sie mit allem Komfort
Die Beispiele lassen jedenfalls nicht den Schluß zu, daß in Oberhausen in (14a) als Ad junkt semantisch eine grundsätzlich andere Rolle spielt als in (14b). Ich nehme daher an, daß diese notwendige Ergänzung von wohnen kein Argument realisiert. Direktionale und lokale Konstituenten zeigen generell einen deutlichen Unterschied hinsichtlich möglicher semantischer Rollen, die sie ausfüllen. Lokale Phrasen können dort, wo sie eine syntaktisch obligatorische Stelle des Verbs ausfüllen, in den meisten Fällen mit Phrasen ganz anderer semantischer Kategorien alternieren. Das sieht man nicht 16
nur bei wohnen (15), sondern auch bei sich befinden (16), sich außalten (17), liegen (18)
oder verbringen (19): (15) a. *Jana wohnt b. Jana wohnt in Dortmund I luxuriös I zur Miete (16) a. *Peter befindet sich b. Peter befindet sich in Dortmund I wohl
(i) er schlug den Nagel in die Wand (mit einem Hammer) (ii) er betrachtete den Nagel in der Wand (mit seinen wachen Augen) (iii) er erinnerte sich an den Nagel in der Wand (mit seinem guten Gedächtnis)
(17) a. ""Toni hält sich auf
Dazu kommt, daß in vielen Fällen nicht leicht zu entscheiden ist, ob bestimmte Entitäten durch die Verbbedeutung impliziert sind (vgl. die Beispiele in Kamp / Roßdeutscher 1992:44ff). Bei schreiben etwa hängt es von der Besetzung der Objektstelle ab, ob ein Rezipient impliziert ist. In (i) ist der Rezipient auch bei Nichtrealisierung des Dativs mitverstanden, in (ii) wohl nicht:
(18) a. *der Urlaubsort liegt
(i) sie schrieb (jemandem) einen Brief (ii) sie schrieb (jemandem) ein Gedicht 1 4
(12) a. b. c. d.
Vgl. etwa Jacobs (79*7/1994:19); auch Pollard / Sag (1987:134) und Dowty (1991:577) führen an, daß der semantische Beitrag von Adjunkten unabhängig vom Verb ist, während der von Ar gumenten vom Verb abhängt.
(aus Jacobs 7957/1994:19)
b. Toni hält sich in Dortmund I mit unwichtigen Arbeiten auf
b. der Urlaubsort liegt sehr schön I an einem See
(aus Blume 1993:54)
15 Die leichte Unakzeptabilität in den beiden Beispielen ist meines Erachtens nicht auf die Aus gliederung der Konstituenten zuriickzuführen, sondern auf die leichte Unverträglichkeit von tun mit dem Verb wohnen, welches es in dem Nebensatz substituiert. 16 Das wird in Kapitel 3.2.3 noch genauer ausgeführt.
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(19) a. *Karl verbrachte I *Karl verbrachte den Krieg b. Karl verbrachte den Krieg in angenehmer Gesellschaft I den Sommer mit Heinz I die Zeit
unter Fischern
(aus Höhle 1978:19f)
Eine ähnliche Varianz zeigt sich bei obligatorischen Konstituenten, die durch Direktionalphrasen gefüllt werden, dagegen nicht: (20) a. "Sebastian stellt den Honig b. Sebastian stellt den Honig in den Schrank I "schön I "mit Mühe I "mit einem Gabelstapler
Wo die Direktionalphrase keine obligatorische Valenzstelle füllt, zeigt sich allerdings oft eine mögliche Alternation mit Resultativkonstruktionen: (21) a. die Mechanikerin joggte b. die Mechanikerin joggte ins Grävingholz c. die Mechanikerin joggte sich die Füße wund
Die Annahme, daß hier aufgrund der Variation zwischen (21b) und (21c) keine Rollen spezifik vorläge, beruht allerdings auf dem Irrtum, Direktionalphrasen würden - im Ge gensatz zu der nicht-direktionalen Konstruktion in (21c) - so etwas wie eine semantische Rolle PJCHTUNG ausfüllen. Semantische Rollen, das sei hier im Vorgriff auf Kapitel 4 gesagt, sind relationale Größen, die verbspezifisch die Rolle eines (thematischen) Argu ments relativ zum Ereignis festlegen. In (21) ist die Mechanikerin Agens relativ zum Joggen-Ereignis, aber Agenshaftigkeit ist natürlich keine intrinsische Eigenschaft von Mechanikerinnen, wie man in Sätzen wie die Mechanikerin ist einem Herzinfarkt erlegen
unschwer erkennt. Die Eigenschaft, eine Richtung anzugeben, ist dagegen sehr wohl eine intrinsische Eigenschaft von Direktionalphrasen wie ins Grävingholz und keineswegs eine durch das Verb joggen festgelegte semantische Rolle. Die semantische Relation, in der ins Grävingholz zum Verb joggen steht, besteht vielmehr darin, daß es den Resultatszustand bzw. die ereignisspezifische Veränderung des Joggen-Ereignisses angibt. Das wiederum ist keine intrinsische Eigenschaft von Direktionalphrasen, wie man an Beispielen wie sie blickte ins Grävingholz erkennt. In der semantischen Relation des Ereignisresultats bzw. der ereignisinternen Veränderung steht aber natürlich auch die Phrase in (21c). Im Ge gensatz zu den verschiedenen Phrasen, die die zweite Valenzstelle von wohnen füllen können, bei denen keine gemeinsame zugrundeliegende semantische Rolle erkennbar ist, genügt die Direktionalphrase bei joggen also durchaus der zweiten Bedingung für Argu mentstatus, daß sie nämlich eine durchs Verb festgelegte semantische Rolle ausfüllt, näm lich die, das Resultat zu spezifizieren.
i) Komitative mit-PPs sind nach Blume (1997) z.T. Modifikatoren, wie etwa bei Bewe gungsverben (22a), z.T. Argumente, wie bei Interaktionsverben (22b); der geschehen-Test weist aber beide als Argumente aus (22c, 22d): (22) a. sie geht mit ihm in die Küche b. sie diskutiert mit ihm c. sie geht in die Küche; Hund das geschieht mit ihm d. sie diskutiert; H nd das geschieht mit ihm U
ii) Mit dem Verb geschehen können deshalb keine Direktional-PPs verbunden werden weil geschehen kein Bewegungsverb ist ("sie joggte und das geschah in den Park), und
nicht etwa weil die Direktionalphrase möglicherweise ein Argument des substituierten Verbs (hier joggen) ist. iii) Die Ausgliederung von Konstituenten in geschehen-Sätze ist deshalb nicht möglich, weil die Konstituenten den Valenzforderungen von geschehen nicht genügen, und nicht etwa, weil sie Argumente des substituierten Verbs sind. 18
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Eine Verteidigung des "geschehen"/"tun"-Tests: Folgende Bemerkungen sind zu den drei Kritikpunkten zu machen. Zu i): Dieses Argument basiert auf der starken Version des geschehen-Tests, nach der der Test in jedem möglichen Fall Argumente von Modifikatoren trennt. Es gibt allerdings durchaus Gründe, warum bestimmte Modifikatoren nicht ausgegliedert werden können: an Subjektposition des geschehen-Satzes wird das Ereignis aus dem Vorsatz aufgegriffen und die ausgegliederten Modifikatoren - so Krause (1977:61) in seiner Untersuchung über das Verb geschehen - müssen Prädikationen über dieses Ereignis sein. Eine KomitativPhrase prädiziert aber nicht lediglich über ein Ereignis; sie fordert vielmehr neben ihrem internen Argument ein Ereignis- und ein Individuen-Argument: 20
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(23) a. Klaus kocht mit Otto die Erbsensuppe b. "die Erbsensuppe kocht mit Otto
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Kritik am "geschehen"/"tun"-Test: In jüngster Zeit ist von Blume (1997) vehement gegen den geschehen/tun-Test argumentiert worden. Ich will daher zum Abschluß dieses Kapi tels auf die wichtigsten ihrer Argumente eingehen. Das erste betrifft ein offenbar kon traintuitives Ergebnis des Tests, die beiden folgenden stellen die Angemessenheit des Tests zur Ermittlung von Argumenten generell in Frage:
Andere Satzbeispiele mit Direktionalphrasen, die keinen resultierenden Ortswechsel aus drücken, sind etwa: sie horchte nach draußen; sieflüsterteihm ins Ohr, sie schrieb in ihr Ta-
gebuch (aus Steinitz 1997:340f).
Da der geschehen-Satz aber kein weiteres Argument für ein belebtes Individuum enthält, können die semantischen Forderungen der mit-PP nicht erfüllt werden. In einen Satz mit tun, der ein solches Argument enthält, kann die mit-PP dagegen durchaus ausgelagert werden: (24) a. sie joggt;
das geschieht mit Klaus
b. sie joggt; und das tut sie mit Klaus
Eingeräumt werden muß allerdings, daß die Beispiele in (22) uns lediglich erlauben, die schwache Version des geschehen-Tests aufrecht zu erhalten, die uns sagt, daß Argumente
Blume (1997) führt hier das Beispiel "sie hustet und das geschah in den Aschenbecher an, wohl davon ausgehend, daß die Direktionalphrase bei husten kein Argument ist und daher aus lagerbar sein sollte; ich gehe dagegen davon aus, daß Direktionalphrasen immer Argumente sind, so daß hier kein Widerspruch entsteht. Dieses Argument wird auch von Storrer (1992:80f,220f) angeführt. Ähnlich auch Eroms (1981:44). Die Komitativphrase mit Otto wäre also als XxXe[MtTKOM( o,x,e)] zu übersetzen; zu Ereig nisargumenten siehe Kapitel 3.1.3, zur Verarbeitung komitativer Modifikatoren Kapitel 3.3.2. ott
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nicht in geschehen-Sätze ausgliederbar sind und Modifikatoren dann ausgliederbar sind, wenn sie Prädikate über das Ereignis in Subjekt-Position des geschehen-Satzes sind. Zu ii): Dieses Argument scheint mir nicht überzeugend. Die Verbengeschehen oder tun sind nicht nur keine speziellen Verben zur Bezeichnung von Bewegungen, es sind auch keine Verben speziell zur Bezeichnung instrumentgestützter Handlungen. Trotzdem er lauben sie Instrumentalphrasen: 22
(25) a. sie ißt Curryhuhn; und das tut sie mit Stäbchen b. sie ißt Curryhuhn; "?und das geschieht mit Stäbchen
Mit tun und geschehen können z.B. mit-PPs auftreten, die weder als Komitative noch als Instrumentale interpretiert werden, sondern deren Bedeutung verbspezifisch ist. Diese «i/i-Phrasen sind also valenzabhängig, wobei die Beispiele in (27) und (28) zeigen, daß sie offenbar eine nicht weiter spezifizierte Patiens-Rolle innehaben. Überall dort, wo tun und geschehen ein im vorhergehenden Satz eingeführtes Ereignis wiederholen, kann die mit-PP einen Ereignispartizipanten aufgreifen - aber nur dann, wenn dieser wie in (27a, 28a) im Gegensatz zu (27b, 28b) in Relation eines (affizierten) Patiens zum Ereignis steht: 23
(27) a. er schlägt I operiert I tätschelt Klaus - tut er das wirklich (mit ihm)? b. er verteidigt I beobachtet I liebt Klaus - tut er das wirklich (m// ihm)? ??
Es ist ja gerade der Mangel an konkretem Gehalt, der die Geschehensverben als Test grundlage so interessant macht. Die Verben greifen lediglich ein Ereignis auf, über das zuvor mit einem deutlich spezifischeren Verb prädiziert wird; eigene sortale Beschrän kungen legen sie diesem Ereignis aber nicht auf. Daß Direktionalphrasen im Gegensatz zu Instrumentalphrasen nicht ausgegliedert werden können, liegt daran, daß erstere Argu mente sind, das heißt, daß sie keine Prädikate über Ereignisse sind, und daß ihre Bedeu tung - wie im letzten Abschnitt gezeigt - nicht unabhängig von der Bedeutung des Verbs ist, mit dem sie auftreten. Ausgegliedert in einen geschehen-Satz und damit außerhalb des Bereichs des Verbs, dessen Argument sie sind, können sie demnach auch nicht korrekt interpretiert werden. Zu iii): Das dritte Argument ist zweifellos das Zentralste und nicht leicht zu widerle gen. Tatsächlich stellt sich bei den Beispielen in (26) die Frage, ob deren Unakzeptabilität auf die Nichtausgliederbarkeit der Argumente des substituierten Verbs zurückgeht oder auf die Verletzung der Valenzforderungen von geschehen, das keine Akkusativ-NP oder nicht-lokale auf-PP erlaubt: (26) a. er las; *und das geschah das Buch b. er wartete; *und das geschah auf den Bus Um zu zeigen, daß die Nichtausgliederbarkeit von Argumenten tatsächlich eine Rolle spielt, müssen wir die beiden Phänomene isolieren. Wir müssen Beispiele finden, in denen die Valenzforderungen von geschehen oder tun nicht verletzt werden, Argumente aber trotzdem nicht ausgegliedert werden können.
Man könnte in Bezug auf (23) und (24) einwenden, daß auch Instrumentalphrasen in dem Sin ne dreistellig sind, daß sie neben ihrem internen Argument ein Ereignis- und ein Agens argument fordern. Trotzdem sind sie besser in einen geschehen-Satz auslagerbar als Komitativphrasen: (i) Klaus öffnete das Geschenk mit einer Schere (ii) Klaus öffnete das Geschenk; ^und das geschah mit einer Schere Komitativ- und Instrumentalphrasen verhalten sich aber auch in manch anderer Hinsicht unter schiedlich. So wird die Komitativ-PP auch in einem Passivsatz ohne Agensphrase unakzepta bel, während die Instrumental-PP hier ohne weiteres möglich ist: (iii) Klaus öffnete das Geschenk mit seiner Schwester (iv) *das Geschenk wurde mit seiner Schwester geöffnet (v) Klaus öffnete das Geschenk mit seiner Schere (vi) das Geschenk wurde mit seiner Schere geöffnet Möglicherweise fordert die Komitativphrase nicht nur ein weiteres Individuenargument, son dern sogar die overte Realisierung dieses Arguments (s. dazu Kap. 3.3).
(28) a. er ist verunglückt I geschmolzen I gefallen - ist das wirklich (mit ihm) geschehen? b. er hat gegessen I gearbeitet I rumgenörgelt - ist das wirklich (i»if ihm) geschehen? ??
Nun hatten wir bisher den geschehen/tun-Test so angewendet, daß das Argument des substituierten Verbs in seiner für dieses Verb spezifischen Form ausgegliedert wurde. Dies setzt - wie zu recht bemängelt wurde - voraus, daß auch Formvalenzen übertragen werden können. Nun bestand die ursprüngliche Idee des Tests aber darin zu zeigen, daß (semanti sche) Argumente nicht ausgliederbar sind; daß syntaktische Komplemente von einem anderen Vollverb aufgegriffen werden können, ist dagegen tatsächlich ausgeschlossen. Nun bietet uns die «i/r-Konstruktion bei tun und geschehen die Möglichkeit zu überprüfen, ob ein nicht-realisiertes Patiensargument in einem geschehen!tun-Satz so wieder aufge griffen werden kann, daß es den Valenzforderungen des Geschehensverbs genügt. Wenn die Ergebnisse des geschehen/tun-Tests völlig auf die Valenzforderungen von tun bzw. geschehen zurückgeführt werden könnten, sollten akkusativische Patiensargumente des substituierten Verbs in eine mit-PP des /««-Satzes ausgegliedert werden können, da in diesem Fall die syntaktischen Valenzforderungen von tun (mit-PP) ebenso wie die seman tischen (Patiens) erfüllt sind. Eine solche Ausgliederung ist, wie (29b) und (30b) zeigen, aber nicht möglich. (29) a. sie operieren den Mittelstürmer - tun sie das wirklich mit ihm? I geschieht das wirklich mit ihm? b. sie operieren heute; und das tun sie mit dem Mittelstürmer I Hund das geschieht mit dem Mittelstürmer nn
(30) a. sie tritt den Mittelstürmer - tut sie das wirklich mit ihm? I geschieht das wirklich mit ihm? b. sie tritt; H d das tut sie mit dem Mittelstürmer I wwc/ das geschieht mit dem Mittelstürmer ??
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Es liegt also nicht an den Valenzforderungen von iw« oder geschehen, daß der Patiens nicht ausgegliedert werden kann, sondern daran, daß er als Argument von operieren nur über die spezifischen Interpretationsbeschränkungen von operieren interpretiert werden kann, wozu eben all das gehört, was wir über jemanden wissen, der diese Argumentstelle von operieren ausfüllt, etwa daß er aufgeschnitten wird, an seinen Organen manipuliert wird und ihm ähnliche unangenehme Dinge widerfahren. 24
Auf solche Beispiele hat mich Lothar Lemnitzer (pers. Mitt.) hingewiesen. Eingedenk der Tatsache, daß geschehen einen Dativ erlaubt wie etwa in (i), könnte man ange sichts von (ii) schließen, daß tatsächlich die Nichtausgliederbarkeit des Dativarguments für die
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Ich denke, dies sind plausible Argumente gegen die Einwände gegen den geschehenltun-lest. Es sei auch nochmal darauf hingewiesen, daß solche operationalen Verfah ren lediglich zweierlei leisten: In erster Linie sollen sie uns Hinweise auf bestimmte se mantische Unterscheidungen geben, aber sie sollen natürlich keine semantische Theorie ersetzen. In dem Sinne kann man den geschehen-Test nach wie vor als eingeschränkt nützlich betrachten. In zweiter Linie sollen sie Licht auf das semantische Phänomen wer fen, das den Test selbst konstituiert. Hier haben sich einige interessante Eigenschaften der Geschehensverben tun und geschehen herauskristallisiert. 25
Zusammenfassung: Prädikat-Argument-Strukturen bilden die Basis fast aller verbsemanti scher Repräsentationen. Als äußerst problematisch erweist sich dabei die Frage, über wie viele Argumente ein bestimmtes verbales Prädikat verfugt. Es wurde in diesem Kapitel gezeigt, daß die Anzahl, die Kategorie oder die Notwendigkeit der mit dem Verb auftre tenden syntaktischen Konstituenten keinen Hinweis auf die Anzahl der semantischen Argumente des Verbs gibt. Auch die syntaktische Akkumulierbarkeit von Konstituenten oder die semantische Impliziertheit von Ereignisbeteiligten sind keine sicheren Kriterien für Argumenthaftigkeit. Es zeigte sich dagegen, daß zwei semantische Kriterien, die auch auf relevante Aspekte der semantischen Verarbeitung von Argumenten hindeuten, recht zuverlässig Argumente von Modifikatoren unterscheiden. Zum einen sind Argumente, die fakultativ realisiert werden, im Gegensatz zu Modifikatoren nicht in einen geschehen/tunSatz ausgliederbar. Zum anderen zeichnen sich Konstituenten, die Argumentpositionen besetzen, dadurch aus, daß sie eine vom Verb zugewiesene semantische Rolle ausfüllen. Das nächste Kapitel wird zeigen, daß diese Argumentauffassung zusätzlich durch die unterschiedliche Einbindung von Argumenten und Modifikatoren in Ereignisstrukturen begründet ist.
Unakzeptabilität des Satzes verantwortlich ist, denn den Valenzforderungen von geschehen wird hier ja offenbar genüge getan: (i) ihm geschieht nichts Böses (ii) sie half; *und das geschah ihrem Freund
Blume (1997) weist aber zurecht darauf hin, daß geschehen nicht nur formale, sondern auch inhaltliche Forderungen an seine Ergänzungen hat, und geschehen erlaube keine benefaktiven oder ähnliche Dative. Der Dativ, der mit geschehen in (i) und auch in solchen Ausdrücken wie (iii) auftritt, wird von Blume als Experiencer bezeichnet. Die Bedeutung solcher Dative ist al lerdings völlig ungeklärt. Angesichts von Beispielen wie (iv) scheint mir eine Verwandtschaft mit Experiencem aber eher unwahrscheinlich. Interessanterweise sind solche Dative wie in (iii) in geschehen-Sätze ausgliederbar wie in (v), wenn auch unter leichten Akzeptabilitätseinbußen; demnach sollten solche Dative keine Argumente sein. Aufgrund der unklaren Bedeutung dieser Dative ist dies aber auch nicht von vornherein auszuschließen. (iii) dem Peter ist die Suppe angebrannt (iv) ohne es zu merken ist ihm die Suppe angebrannt (v) die Suppe ist angebrannt; ^das ist dem Peter geschehen (Beispiel aus Blume 1997)
Eine ereignissemantische Behandlung von Geschehensverben würde allerdings darüber hinaus eine Auseinandersetzung mit verschiedenen Problemen im Umkreis von defimten vs. indefini ten Ereignisbeschreibungen, von Ereignispräsuppositionen und von ereignisontologischen Fra gen erfordern, wie sie z.T. bei Krause (1977) schon angesprochen werden.
3.1.2 Argumente, Modifikatoren und Teilereignisse Teilereignisse und Argumentstatus: In den bisherigen Überlegungen zu Ereignissen und ihren Teilen wurde davon ausgegangen, daß die thematischen Argumente über semanti sche Relationen an bestimmte Teilereignisse geknüpft sind (s. Kap. 2.1.1). Ich möchte in diesem Abschnitt dafür argumentieren, daß dies eine Eigenschaft ist, die Argumente gene rell von Modifikatoren unterscheidet. Während thematische Argumente immer an be stimmte Teilereigrusse semantisch gebunden sind, beziehen sich Modifikatoren auf belie bige Teilereignisse, die ihren Selektionsrestriktionen genügen. Beobachtungen von Unter schieden in der Interpretation von benefaktiven Dativen vs. benefaktivenfiir-PPssowie das Verhalten von Komitativ- und Direktionalphrasen bestätigen dies. Benefaktive Dative und benefaktive "für"-PPs: Wenn wir die Benefizienten-Rolle wie die
anderen semantischen Rollen als Relation zwischen dem Ereignis und einem Ereignis partizipanten auffassen, so können wir unter der Annahme von Teilereignissen überle gen, inwieweit eine solche Benefizienten-Relation zu einem bestimmten Teilereignis be steht. Hier zeigt sich nun ein Unterschied zwischen einer benefaktiven für-PP wie in (3 la) und einem benefaktiven Dativ wie (3 l b ) : 26
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(31) a. Karla öffnete die Tür für ihn b. Karla öffnete ihm die Tür
Ähnlich wie andere in Kapitel 2 besprochene Verben verstehen wir das von öffnen deno tierte Ereignis wie in (31) als aus drei Teilereignissen bestehend: dem Agieren Karlas bezüglich der Tür (e ), dem Prozeß des Sich-Öffnens der Tür ( e ) und dem Nachzustand, daß die Tür offen ist (z). Eine benefaktive /«/--Phrase kann nun Bezug auf jedes einzelne der drei Teilereignisse nehmen, in dem Sinne, daß jeweils das einzelne Teilereignis zu gunsten des in die PP eingebetteten Partizipanten stattfindet (32). Ich versuche in (32), über einentfVwwzr-Nebensatzdeutlich zu machen, in welcher Weise es gerade ein be stimmtes Teilereigrus ist, das in die Benefizienten-Relation eingeht. 1
2
(32) a. Bezug auf e : soll ich die Türfür ihn öffnen 1
(... damit er sieht, daß ich das schon allein kann)? b. Bezug auf e : soll ich die Tür für ihn öffnen (... damit er hört, daß sie nicht mehr quietscht)? c. Bezug auf e : soll ich die Türfür ihn öffnen 2
3
(... damit er hereinkommen kann)?
Für benefaktive Dative scheinen die Interpretationsmöglichkeiten dagegen erheblich ein geschränkter zu sein. So ist in (33) im Gegensatz zu (32) vorausgesetzt, daß der Dativpartizipant tatsächlich herein- oder hinausgehen oder -schauen will oder in anderer Weise von dem Zustand 'die Tür ist offen profitiert (33c). Interpretationen, nach denen der Benefizient aus der Agenshandlung (33a) oder dem Prozeß des Sich-Öffnens der Tür einen Vorteil zieht (33b), sind deutlich schlechter zu erhalten. Offenbar muß bei einer Dativ-NP - anders als in (32) - der Benefizient in Bezug auf den Nachzustand interpretiert werden. 1
Siehe genauer dazu Kapitel 3.2.3. Nicht gemeint ist in (31 a) die awjfaß-Lesart: ich öffnete anstatt seiner die Tür.
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99 (36) a. Bezug auf el: soll ich dich mit Klaus nach München fahren?
(33) a. Bezug auf e : soll ich ihm die Tür öffnen ( ... damit er sieht, daß ich das schon allein kann)? 1
??
'ich und Klaus verursachen (durch abwechselndes Chauffieren), daß der Wagen mit dir nach München fahrt'
b. Bezug auf e : soll ich ihm die Tür öffnen (? ... damit er hört, daß sie nicht mehr quietscht)? c. Bezug auf e : soll ich ihm die Tür öffnen (... damit er hereinkommen kann)? 2
b. Bezug auf e : soll ich dich mit Klaus nach München fahren?
?
2
'ich verursache, daß der Wagen mit dir und Klaus nach München fährt'
3
Der benefaktive Dativ ist also fest an ein bestimmtes Teilereignis gebunden, während die benefaktive für-PP sich frei mit einem verfugbaren Teilereignis verbindet. Die daraus resultierende Annahme, daß die Dativ-NP im Gegensatz zur für-PP ein Argument des Verbs realisiert, korrespondiert auch mit der schon oben aufgestellten Behauptung, daß Argumente sich nicht in einen iww-Satz ausgliedern lassen (34). Da tun prinzipiell Benefizienten / Malefizienten im Dativ erlaubt (er tat ihm viel Gutes I Böses), ist die Nichtausgliederbarkeit des benefaktiven Dativs aus dem backen-Satz tatsächlich ein Kennzeichen für Argumentstatus: 28
29
(34) a. er backte einen Kuchen, und das tat erfür seinen Onkel b. *er backte einen Kuchen, und das tat er seinem Onkel
Das Verb öffnen verfügt demnach über eine zweite Variante, in der der benefaktive Dativ eine zusätzliche Argumentstelle füllt:
Direktionalphrasen: Direktionale PPs sind im Gegensatz zu benefaktiven, instrumentalen und komitativen PPs nicht in einen geschehen/tun-Satz ausgliederbar (s. Kap. 3.1.1). Demnach sollten sie wie andere Argumente auch hinsichtlich ihres Bezugs auf Teilereig nisse festgelegt sein. Dies läßt sich an Verben wie stellen, schubsen und werfen zeigen, von denen ich annehmen möchte, daß sie zumindest zwei Teilereignisse involvieren. In e tut der Agens etwas, wodurch e , eine Bewegung des Patiens, verursacht wird. Bei man chen kausalen Bewegungsverben wird der Bezug des Direktionais auf ein Teilereignis nicht ohne weiteres deutlich. (37a) verstehen wir so, daß sowohl der am Verursachungs ereignis beteiligte Agens als auch der am verursachten Ereignis beteiligte Patiens letztlich im Keller landen. Das entspricht natürlich trotzdem noch nicht den Kriterien für die Be stimmung einer Phrase als Modifikator, denn Modifikatoren sollen ja eine Ambiguität er zeugen, indem sie in Bezug auf das eine oder das andere Teilereignis interpretiert werden. Das Direktional in (37a) scheint sich aber auf beide Teilereignisse zu beziehen. Erst bei geeigneter Besetzung des Patiens wie in (37b) wird deutlich, daß es die Bewegung des Patiens in e ist, deren Richtung die Direktionalphrse angibt. Noch deutlicher wird dies bei Verben wie in (38), bei denen e und e zeitlich getrennt sind. In (38a) bezieht sich das Direktional auf die unfreiwillige Bewegung von Jacques (e ) und nicht auf den Stoß von Jacqueline (e ), der diese Bewegung verursacht, und in (38b) geht es um die Richtung der Flugbewegung der Kugel (e ) und nicht um die Wurfbewegung Jacquelines (e ): 1
2
2
(35) a. tyXx[ÖFFN (x,y)] b. XyA.zX.x[ÖFFN (x,y,z)] 1
1
2
2
2
Komitativ-Phrasen: Ein ähnliches Modifikationsverhalten läßt sich auch bei KomitativPhrasen feststellen. Dem geschehen/tun-Test zufolge sind komitative mit-PPs keine Ar gumente, sondern Modifikatoren (lOe, Kap. 3.1.1). Betrachten wir nun die Bezugnahme von mit-PPs auf Teilereignisse, so läßt sich eine ähnliche Flexibilität wie bei den benefak tiven PP-Adjunkten feststellen. In (36) kann das in der mit-PP ausgedrückte Individuum als in das Verursachungsereignis (36a) oder das verursachte Ereignis (36b) von fahren involviert verstanden werden: 30
31
Andere kausativ-resultative Verben wie die transitiven backen, spülen, basteln, bauen, etc. bestätigen diese Überlegungen. Beide Benefaktiv-Typen haben allerdings im oben (Kap. 3.1.1) beschriebenen Sinn als Situa tionsbeteiligte zu gelten und sind insofern nicht akkumulierbar: (i) * sie backt dem Studierenden dem Doktoranden einen Kuchen (ii) *sie backt für den Studierenden für den Doktoranden einen Kuchen.
Komitative m;f-PPs sind nicht einfach als Koordination von zwei Individuen-NPs zu interpretie ren, sondern haben immer auch einen Ereignisbezug; bei Zustandsverben sind sie gewöhnlich nicht möglich (vgl. Kap. 3.3.2): (i) ich und Klaus wissen Bescheid (ii) *ich weiß mit Klaus Bescheid.
Instrumentale sollten aufgrund des geic/ienew-Tests ebenfalls keine Argumente sein. Daß sich diese Annahme durch eine flexible Bezugnahme von Instrumentalen auf Teilereignisse bestä tigt, ist leider nur schlecht zu zeigen. Instrumentale sind aufgrund ihrer sortalen Restriktionen beschränkt auf bestimmte Ereignisse, die einen Agens involvieren. Man müßte demnach Ver ben finden, die Ereignisse mit zwei agentivischen Teilereignissen bezeichnen, für deren jedes instrumentale Begleiter denkbar sind, um zu testen, ob sie wie Argumente an eines der
1
2
1
(37) a. Jacqueline stellte ihr Motorrad in den Keller b. Jacqueline stellte die Milch in den Kühlschrank (38) a. Jacqueline schubste Jacques ins Gebüsch b. Jacqueline warf die goldene Kugel in den Brunnen
Zusammenfassung: Es wurde gezeigt, daß die Bindung von Argumenten an ein bestimmtes Teilereignis vom Verb festgelegt ist, während Modifikatoren demgegenüber variabel sind, also ein beliebiges von der Verbbedeutung bereitgestelltes Teilereignis modifizieren kön nen. Diese Unterschiede zwischen Argumenten und Modifikatoren korrelieren mit den Ergebnissen, die der geschehen/tun-Test liefert. Teilereignisbindung und geschehen-Test führen zu dem Schluß, daß benefaktive für-PPs, Komitativ- und vermutlich auch Instru mentalphrasen Modifikatoren sind, während benefaktive Dative und Direktionalphra s e n generell als Argumente des Verbs angesehen werden müssen. 32
33
Teilereignisse fest gebunden sind, oder sich wie Adjunkte an beide Teilereignisse binden können. Solche Verben sind aber schwer zu finden. Es wird im Laufe dieser Arbeit noch deutlich, daß auch die ohnehin bezüglich ihres Status weniger umstrittenen Phrasen des Orts, der Zeit und der Art und Weise als Modifikatoren fun gieren. Conrad (1978:100) begründet den Argumentstatus von Direktionalphrasen wie gesehen mit ihrer Nichtausgliederbarkeit in einen machen/'«««-Fragesatz; auch Fourquet / Grunig (1971:151)
101
100 3.1.3
Ereignisargumente
"The Logical Form ofAction Sentences": Im Frühjahr 1966 hielt Donald Davidson einen Vortrag an der Universität Pittsburgh mit dem Titel "The Logical Form of Action Sentences", in dem er behauptete, daß Handlungsverben eine zusätzliche Stelle für einen singulären Term enthalten, der existenziell gebunden werde. Diese Stelle stehe für das Ereignis, auf das sich der Satz beziehe. Nur so könne der anaphorische Bezug auf Ereig nisse wie in (39a) und das Inferenzverhalten von Sätzen mit lokalen und temporalen Modifikatoren wie in (39b) angemessen erklärt werden (Davidson 1967:81ff): (39) a. Jones buttered the toast; he did it at midnight in the bathroom b. Jones buttered the toast at midnight in the bathroom i. -» Jones buttered the toast at midnight ii. -> Jones buttered the toast in the bathroom iü. —» Jones buttered the toast
Ich werde im Folgenden einen kursorischen Überblick über zumindest einige der sprachlichen Phänomene geben, zu deren Erklärung die Einführung von Ereignisargu menten in die semantische Repräsentation für notwendig oder wünschenswert erachtet wurde. 36
• Adverbiale Modifikation: Adverbiale des Ortes, der Zeit, der Art und Weise, des In struments, etc. sind Prädikate über Ereignisse; s.o. (39b); • Anaphorische Wiederaufnahme: Ereignisse können über Pronomen anaphorisch wie deraufgenommen werden; s.o. (39a); • Quantifikation: über Ereignisse wird existenziell und mit Adverbien quantifiziert (es gab eine Explosion I vier Explosionen; er ist viermal I immer nach pommern gefahren);
Mecklenburg-Vor-
• Eigennamen: mit Eigennamen werden nicht nur Dinge, sondern auch Ereignisse be nannt (Renaissance, Zweiter Weltkrieg, Superbowl VII, Watergate);
37
• Ereignisnomen: bestimmte Substantive (z.T. Deverbativa) bezeichnen Ereignisse (Unfall, Heirat, Explosion, Veranstaltung);
Die angemessene Repräsentation für (39b) ist demnach (40a) und nicht (40b). Wenn (40a) zutrifft, so trifft auch jedes seiner Konjunkte zu, so daß die Folgerungen in (39b) gewähr leistet sind. Repräsentationen wie die in (40a) werden im Folgenden als Davidsonische Repräsentationen bezeichnet.
• Determination, adjektivische Modifikation, Relativsatzbezug: Ereignisnomen und Ge rundien können wie gegenstandsbezeichnende Substantive mit Artikeln auftreten (die
(40) a. 3e[BUTTER(jones,THE-TOAST,e) & AT-ME)NIGHT(e) & IN-THE-BATHROOM(e)] b. BUTTER(jones,THE-TOAST^T-MIDMGHT,IN-THE-BATHROOM)
• Deadjektivische Adverbien: der Bedeutungsbeitrag von deadjektivischen Adverbien scheint der gleiche wie der des zugrundeliegenden Adjektivs, nämlich Prädikation über
Die Darstellung (40b) erlaubt die Folgerungen in (39b) dagegen nicht und würde zudem aufgrund der Iterierbarkeit von Adverbialen eine unbegrenzte Erhöhung der Steifigkeit von Verben wie to butter erfordern, die in eine unendliche Anzahl neuer Prädikate BUTTER! (v,w), BUTTER (v,w,x), BUTTER (v,w,x,y) etc. mündet, denen aber eigentlich immer das gleiche syntaktische Element zugrundeliegt (Davidson 1967:84). 2
3
34
Das linguistische Erklärungspotential von Ereignisargumenten: Davidsons Vorschlag ist
zwar erst mit einiger Verzögerung von der formalen Semantik aufgenommen worden, hat dann aber eine nicht mehr zu übersehende Fülle von Arbeiten inspiriert, die Ereignis argumente zur Erklärung verschiedenster semantischer Probleme nutzen. Dabei war er natürlich nicht der erste, der einen Zusammenhang zwischen Ereignissen und der Verb bedeutung herstellte. Insbesondere die traditionelle Linguistik hat in informeller Weise versucht, über Vorstellungen von Ereignissen, ihren Sorten und Strukturen den Zusam menhang von Aspekt, Aktionsart und Verbbedeutung zu erhellen. Auch hat Davidson (1967) in Reichenbach (7947/1966) einen Vorgänger, der bereits Ereignisargumente in die Repräsentation von Satzbedeutungen einführte. Dazu im nächsten Abschnitt mehr. 35
Explosion; the singing), Adjektive zu sich nehmen (die laute Explosion; the loud singing) und Bezugsnomen für Relativsätze (die Explosion, die...; the singing, that... )
sein;
38
ein Individuum, und zwar ein Ereignisindividuum (they sang the Marseillaise qüietly; the quiet singing of the Marseillaise)? 9
• Aspekt: die Erklärung aspektueller Phänomene, sowohl im Bereich von Vendlerklassen und Aspektkomposition als auch im Bereich des grammatischen Aspekts (v.a. Pro gressiv) erfordert die Bezugnahme auf Ereignisse; • Tempus: temporale Phänomene werden seit Reichenbachs (1947/1966:28711) Einfüh rung der Trichotomie 'Ereigniszeit - Referenzzeit - Sprechzeit' unter Einbeziehung von Ereignissen und ihrer Zeit erklärt; • Kausalität: oft verstanden als Relation zwischen Ereignissen ist die Auffassung und Repräsentation von Kausalität zentral für ereignisontologische und lexikalisch-seman tisch Fragestellungen; • Phasen- und Ereignisverben, bestimmte einstellige Verben fordern ereignisbezeichnen40
de Ausdrücke als Subjekt (geschehen, passieren, to occur, to happen, to take place);
•
"Perceptual reports": Perzeptionsverben im Englischen haben tempuslose Infinitivsätze ohne to oder that-Komplementsätze an Objektposition (Anna saw Bernard run; Anna saw that Bernard was running); während letztere Propositionen darstellen, nimmt man für erstere an, daß sie Ereignisse bezeichnen. 41
3 4
3 5
betrachten direktionale, im Gegensatz zu lokalen, temporalen und modalen Phrasen als Ergän zungen des Verbs, allerdings aufgrund ihrer Nichtakkumulierbarkeit; s. dazu Kap. 3.1.1. Man könnte die Folgerungen natürlich durch Bedeutungspostulate gewährleisten. Die Reprä sentation in (40b) entspricht aber auch nicht den in den vorherigen Kapiteln dargestellten Auf fassungen von Argumenthaftigkeit. Parsons (1990:4) verfolgt die Idee des Ereignisbezugs von Verben bis auf Panini, Plato und die Grammatiker von Port-Royal.
Ich verzichte hier weitgehend auf Literaturangaben; vgl. aber die Verweise in Parsons (1990), der viele der hier angeführten Phänomene in einem ereignissemantischen Ansatz diskutiert. Vgl. Reichenbach (1947/1966:273) und Brand (1976:134). Vgl. Parsons (1990:1270). Vgl. Parsons (1990:18). Vgl. z.B. den Forschungsüberblick in Krifka (1989a:95flj. Vgl. dazu Parsons (1985:150) und Bennett (1988:4f).
102
103
Ereignisargumente transformationeil oder lexikalisch projiziert: Ereignisargumente - so
die allgemeine Annahme - werden als zusätzliches Argument verbaler Prädikate aus dem Lexikon projiziert. Das Verb to butter wie in Davidsons Beispiel in (39) hat demnach drei Argumentstellen wie in (41a). Das Ereignisargument wird wie die thematischen Argu mente A.-abstrahiert (41b): (41) a. BUTTER(x,y,e) b. taXy)x[BUTTER(x,y,e)] Das Ereignisargument wird auch als referentielles, nicht-thematisches Argument des Verbs betrachtet. Es steht damit für die Entität, die das Verb bezeichnet und die zu einer der grundlegenden ontologischen Kategorien gehört, die unsere Semantik annimmt, eben zu der der Ereignisse. Als referentielles Argument muß es ebenso wie die (ebenfalls refe rentiellen) Argumente von Substantiven nicht durch die Bedeutungen lexikalisch gefüllter Konstituenten gesättigt werden. Stattdessen wird es nach gängigen Annahmen, die wir in Kapitel 7.1.2 noch kennenlernen werden, durch einen funktionalen Kopf gebunden. Die Annahme, daß Ereignisargumente über verbale Prädikate eingeführt werden, ist allerdings nicht selbstverständlich. Reichenbachs (7947/1966:269) Vorschlag zur Einfüh rung eines Ereignisarguments ging etwa davon aus, daß ein Prädikat über ein Ding P(x) äquivalent ist mit einem Ausdruck, in dem P(x) als Funktion mit einem Ereignisargument auftritt, also [P(x)](e). Dabei wird P(x) durch eine Transformation in [P(x)](e) überführt. Unter der Annahme existenzieller Bindung von e ist (42a) äquivalent mit (42b): 42
43
(42) a. P(x) b. 3e[P(x)](e)
RUN(mary) 3e[RUN(mary)](e)
Reichenbachs Ansatz sei hier erwähnt, da er ein Beispiel dafür bietet, wie Ereignisse in die logische Repräsentation eingeführt werden, ohne sie lexikalisch zu projizieren. 44
Lexeme und Ereignisargumente: Unter den Theorien, die Ereignisargumente als Bestand teil der Argumentliste lexikalischer Prädikate annehmen, besteht allerdings keineswegs Einigkeit darüber, welche lexikalischen Einheiten über Ereignisargumente verfügen. Hier eine kurze Übersicht über verschiedene Auffassungen: 45
4 2
4 3
4 4
4 5
Die in Kap. 3.1.1 und 3.1.2 diskutierten Tests zur Ermittlung von Argumenten gelten offen sichtlich nicht für Ereignisargumente. Der grundlegende Unterschied zwischen referentiellen Argumenten und den thematischen Argumenten, die über semantische Relationen an das refe rentielle Argument gebunden sind, wird durch die übliche und auch hier verwendete Darstel lung von Prädikat-Argument-Strukturen allerdings nicht widergespiegelt. Es ist vorgeschlagen worden, auch für die semantische Repräsentation von Präpositionen und Adjektiven referentielle Argumente anzusetzen, Ort-, Zeit- und Skalenargumente für Präposi tionen (Rauh 1997, Haumann 1993:8ff, Zwarts 1992:193ff) und Gradargumente für Adjektive (s. Zwarts 1992:137ff und die Angaben darin). Die linguistische Argumentation orientiert sich dabei im Wesentlichen an ähnlichen Phänomenen wie sie für Ereignisargumente herangezogen wurden: Modifizierbarkeit, Anaphorisierbarkeit, etc. Vgl. die Kritik an Reichenbachs Vorschlag in Davidson (1967:115ff) und Parsons (1990:60f,136f). Bierwischs (1988:23f) im Rahmen der Zwei-Ebenen-Semantik entworfene Idee, daß Ereignisse Propositionen instantiieren, basiert im Übrigen auf Reichenbachs Vor schlag. Dabei nehmen die meisten Theorien - soweit sie explizit darauf eingehen - zudem auch für Ereignisnomen ein Ereignisargument an.
46
• • • •
alle N, V, A, P: Higginbotham (1994:31), Jacobs (1995); manche N, V, A, P: Kratzer (1990) (nur Stage-Level-Prädikate); nur deverbale N: Kratzer (1989); manche V: Davidson (1967) (Handlungs- und Ereignisverben), Zwarts (1992) (StageLevel-Verben); • alle V (und evtl. deverbale N und ereignismodifizierende A und P): Parsons (1990) u.a.• alle V (mit z.T. mehreren e-Argumenten): Pustejovsky (1988, 1995), Parsons (1990) (Kausatiwerben), Engelberg (1994a, 1995b). Die verschiedenen Ansätze lassen sich in Bezug auf ihre Behandlung von verbalen Prädi katen in drei Gruppen einteilen: Erstens solche Theorien, die für alle Verben genau ein Ereignisargument annehmen. Das ist der Normalfall, zumindest in satzsemantisch orien tierten Arbeiten. Diesem Typ sind wohl auch die meisten ereignissemantischen Arbeiten zuzuordnen, die sich diesbezüglich nicht äußern. Zweitens ereignisstrukturbasierte An sätze, die mehrere Ereignisargumente pro Verb zulassen. Diese Arbeiten sind schon in Kapitel 2.1.2 besprochen worden. Drittens schließlich Theorien, die davon ausgehen, daß bestimmte Verben über ein Ereignisargument verfügen, andere dagegen nicht. Diese Verb unterscheidung wird dabei meist an die Unterscheidung von "individual-level predicates" und "stage-level predicates" geknüpft. Darum wird es im folgenden Abschnitt gehen. 47
"Stage-level" vs. "Individual-level": Die Annahme, daß sich Wörter dahingehend unter scheiden, ob sie permanente Eigenschaften von Dingen oder vorübergehende Eigenschaf ten und Geschehnisse ausdrücken, basiert auf Beobachtungen, die sich bis in die traditio nelle Linguistik des letzten Jahrhunderts zurückverfolgen lassen. So stellt Paul (7880/1920:361) fest, daß Adjektive "nicht bloss zur Bezeichnung einer zum Wesen eines Dinges gehörigen Eigenschaft, sondern auch zur Bezeichnung einer vorübergehenden Eigenschaft gebraucht werden", ebenso wie Verben sich nicht nur auf Vorgänge beziehen, sondern auch "zur Bezeichnung von Zuständen, auch von bleibenden Zuständen" ge braucht werden können. Ähnlich bemerkt Sütterlin (1900:77) eine durch die Wortklassen gehende Zweiteilung von Lexemen, die sich auf dauernde Eigenschaften beziehen (blau, schwer, Schwere, Farbe) und solche die vorübergehende Eigenschaften, Geschehnisse und Vorgänge bezeichnen (ärgerlich, schläfrig, springen, schlagen, Gedanke, Schlag).
Eine ganz ähnliche Zweiteilung liegt Carlsons (1977:168) Unterscheidung der Verben in "individual-level" und "stage-level" Prädikate zugrunde. Letztere (z.B. run, eaf) zeigen im Gegensatz zu ersteren (z.B. resemble, weigh, believe) im Futur und Präteritum eine Ambiguität zwischen einer genetischen und einer aktuellen Lesart (43). Außerdem erlau ben nur Stage-Level-, nicht aber Individual-Level-Prädikate den Progressiv (44): (43) a. he ate bananas
(ambig zwischen "he ate bananas on a certain occasion' und lie used to eat bananas') b. she resembled Queen Mary
(nicht ambig) Die Ereignisargumente (bei Jacobs verallgemeinert "Situationsargumente") der im Satz vor kommenden Substantive, Verben, Adjektive und Präpositionen werden im Normalfall im Laufe der semantischen Verarbeitung miteinander identifiziert, es sei denn, es werden durch N, A oder P zusätzliche Ereignisse eingeführt (Jacobs 1995). Bei "stage-level predicates" (s.u.) wird eine Variable für "spatiotemporal locations" angenom men (Kratzer 1989:252).
104 (44)
105 a. he is eating bananas b. *she is resembling Queen Mary
Kratzer (1989, 1990) führt eine Reihe weiterer Phänomene an, in denen sich der Unter schied zwischen stage- und individual-level widerspiegelt, von denen hier zumindest zwei genannt seien. So erlauben nur Stage-Level-Prädikate wie available eine fnere-Einfügung (45): (45)
a. there are firemen available b. *there arefiremenaltruistic
Außerdem können lokale Adjunkte zwar Stage-Level-Verben (umkommen) modifizieren, nicht aber Individual-Level-Prädikate (schwarz sein); entsprechend ergibt sich folgende Ambiguität: (46)
Zusammenfassung: Der Ereignisbezug bestimmter, v.a. verbaler Prädikate wird nach Da vidson (1967) in der Argumentliste der Prädikatskonstante durch eine Individuenvariable für Ereignisse ausgedrückt. Über diese Variable wird z.B mit temporalen und lokalen Adverbien prädiziert. Die meisten Ansätze gehen davon aus, daß Ereignisargumente lexikalisch projiziert werden. Es gibt aber sehr unterschiedliche Vorstellungen darüber, welche lexikalischen Einheiten Ereignisargumente haben. Unter den Ansätzen, die verbale Ereignisargumente voraussetzen, finden sich erstens solche, die für jedes Verb genau ein Ereignisargument annehmen, zweitens solche, die nur für manche Verben ein Ereignisargument annehmen und drittens schließlich solche, die davon ausgehen, daß Verben auch mehrere Ereignis argumente haben können.
a. weil fast alle Flüchtlinge in dieser Stadt umgekommen sind
'weil [fast alle Flüchtlinge in dieser Stadt] umgekommen sind' 'weil fast alle Flüchtlinge [in dieser Stadt umgekommen sind]'
3.2
Syntaktische und semantische Valenz
3.2.1
Semantische Grundlagen und Notationen
b. weil fast alle Schwäne in Australien schwarz sind
•weil [fast alle Schwäne in Australien] schwarz sind' * 'weil fast alle Schwäne [in Australien schwarz sind]' Zwarts (1992:128ff) benutzt die Wahrnehmungsverben im Englischen (see, hear, feel) als einen Indikator für die Unterscheidung von Ereignis- und Zustandsverben. Wahrneh mungsverben können ein r«a/-Komplement oder einen Infinitivsatz ohne to zu sich neh men. Während es keine Beschränkungen für die eingebetteten Verben im that-Satz gibt, dürfen in den Infinitivsätzen keine Zustands-, sondern nur Ereignisverben auftreten: (47)
a. H-the witness saw the accused hate his wife b. the witness saw that the accused hated his wife
(48)
a. the witness saw the accused strangle his wife b. the witness saw that the accused strangled his wife
Solche "perceptual reports" wie in (48a) stellen eine Relation zwischen einem Wahrneh menden und einem Ereignis dar, wobei Ereignisse als" 'concrete' eventualities, located in time and space" verstanden werden, und Zustände als " 'abstract' eventualities, not located in time and space" (Zwarts 1992:129). In Anlehnung an Kratzers (1989) Unterscheidung von Stage- und Individual-Level-Verben nimmt Zwarts nun an, daß nur Ereignisverben wie to strangle, nicht aber Zustandsverben wie to hate über ein Ereignisargument verfü g e n . Die Frage, welche Verben Ereignisse bezeichnen, wird uns im Laufe dieser Arbeit noch häufiger beschäftigen (s. abschließend Kap. 7.1.1). 48
Einleitung: Ich werde mich in dieser Arbeit sehr ausführlich mit lexikalischen Repräsen tationen von Verben befassen. Um die semantische Adäquatheit dieser Repräsentationen unter Verarbeitungsaspekten zu überprüfen, werde ich darüber hinaus auch auf komposi tioneile satzsemantische Operationen eingehen. Syntaktische Ausdrücke, also auch Wörter als terminale Konstituenten, werden dazu in eine semantische Repräsentationssprache übersetzt. Dies geschieht im Rahmen einer ty penbasierten Prädikatenlogik mit Lambda-Operator. Die semantischen Analysen in dieser Arbeit setzen lediglich aussagen- und prädikatenlogische Grundkenntnisse voraus. Andere semantische Notation und Operationen werden eingeführt. Variablen, Konstanten, Operatoren: In den semantischen Repräsentationen dieser Arbeit kommen Konstanten und Variablen verschiedener Typen vor. Ich werde dabei die folgen den Notationskonventionen einhalten. • Individuenvariablen Variablen für Gegenstände: v, w, x, y, z, x', x", x'",... Variablen für Ereignisse. e, e', e", e'",... Variablen für Teilereignisse. e , e , e , e , ... Variablen für Zeiten: t, f, t", f , ... Variablen für Propositionen: p, q, cp, <j>, p', p", p'" ... Sortenneutrale Individuenvariablen: k, 1, m k', k", k'",... • Individuenkonstanten: rebecca, jamaal, frankfurt,... • Prädikatsvariablen P, Q, R, P', P", P", ... • Prädikatskonstanten: QUÄL, HAUS, AUF, ... • Typenneutrale Variablen: oc, a', a", a'",... 49
1
2
m
n
50
4 8
Daneben gibt es noch zwei andere Arten von VPs, die Zwarts (1992:132f) als Stativ ansieht und die daher nicht über ein Ereignisargument verfügen. Erstens Individual-Level-APs und -NPs wie be intelligent und be an architect. Dabei wird eine Ambiguität in der Kopula vorausgesetzt, die einmal Individual-Level- und einmal Stage-Level-Prädikate einführt. Zweitens werden ha bituelle VPs wie Jill works in a library als Stativ aufgefaßt, wobei eine Operation angenommen wird, die das Ereignisargument des Verbs tilgt.
49 50
'Gegenstände / Dinge' im weiten Sinne, also auch Personen und ähnliche 'belebte Gegenstände'. An einigen Stellen der Arbeit verwende ich auch E als Variable für Ereignisprädikate.
106
107 henfolge der Sättigung der korrespondierenden Argumentstellen entspricht. Bei quälen wird also zuerst das Objektargument gesättigt, dann das Subjektargument und schließlich das Ereignisargument.
Darüber hinaus werde ich die üblichen Quantoren, Operatoren und Relatoren verwen d e n , den Existenzquantor (3), den Allquantor (V), den Lambda-Operator (X), aussagen logische Konnektoren (&, v, *•»), Negation (-.), den Notwendigkeits- ( • ) und den Möglichkeitsoperator (0). Später werden außerdem noch temporale Relatoren und mereologische Relationen eingeführt.
55
51
A-Konversion: Repräsentationen wie in (50) stellen die Übersetzung eines Wortes als syn taktischen Ausdruck (z.B. quälen' ) in einen semantischen Ausdruck dar. 56
v
A-Abstraktion: Prädikat-Argumentstrukturen enthalten Individuenvariablen für Gegen stände und Ereignisse. Nun entsteht eine sinnvolle und wahrheitswertfähige Aussage erst dann, wenn alle Argumentvariablen eines Prädikats durch Individuenbedeutungen spezifi ziert, durch Quantoren gebunden oder im Kontext identifiziert sind. Dabei müssen im Regelfall die Argumentvariablen mit lexikalischem Material verbunden werden, das in den vom Verb dependenten Satzkonstituenten enthalten ist. Die Forderung nach Sättigung einer Argumentstelle wird durch Voranstellung und X-Präfigierung der entsprechenden, noch ungebundenen Argumentvariable des Prädikats ausgedrückt, wie bei quälen in (49a). Die Voranstellung der X-präfigierten Argumentvariable wird ^-Abstraktion genannt. 52
(50) a. 4"ä/e« v-transinV >-y).x[QUÄL(x,y)] b. e.MCTj' -intransitiv: Xx3y[ESS(x,y)] V
Dieser semantische Ausdruck bezeichnet eine n-stellige Funktion, wobei n der Anzahl der A.-Präfixe entspricht. Diese Funktion ordnet n-Tupeln von Individuen einen Wahrheitswert zu: Wenn Klaus Ute quält, so ergibt die von A,yA.x[QUÄL(x,y)] bezeichnete Funktion, appliziert auf ihren Argumentbereich, für das 2-Tupel
(49) a. quälen'(transitiv): XyXxXe[QUÄL(x,y,e)] b. essen'(intransitiv): XxXe3y[ESS(x,y,e)] Thematische Argumente können allerdings auch schon lexikalisch gebunden sein, z.B. durch einen Existenzquantor, und bedürfen dann keiner weiteren Sättigung. Das ist etwa bei intransitivem essen der Fall (49b). Auf solche Fälle komme ich noch genauer in Kapi tel 3.2.2 zu sprechen. Formal stellt sich ^-Abstraktion wie folgt dar, wobei das Prinzip auf logische Typen zu rückgreift, die im Laufe dieses Kapitels noch eingeführt werden: 53
54
•
A.-Abstraktion Wenn x eine Variable vom Typ a und T ein Ausdruck vom Typ b ist, in dem x als freie Variable vorkommt, dann ist Xx[ZT ein Ausdruck vom Typ .
Die thematischen Argumente bei einer Prädikatskonstante wie QUÄL werden, wie wir später noch sehen, gewöhnlich über ihre semantischen Rollen identifiziert. Um momenta nen Mißverständnissen vorzubeugen, werde ich die Variablen per Konvention immer so verwenden, daß x für das der Nominativstelle entsprechende Argument steht, y für das der Akkusativstelle entsprechende Argument oder ein anderes zweites Argument und z für das der Dativstelle entsprechende Argument oder ein anderes drittes Argument. Die Reihen folge der ^-gebundenen Variablen bei Lexemen ist so gewählt, daß sie der normalen Rei-
Vgl. dazu eine der gängigen Einführungen in die formale Semantik, z.B. Chierchia / McConnell-Ginet ( 1990). Das Verb mit Apostroph, wie z.B. quälen', ist die abgekürzte Form der Ubersetzung des Verbs quälen, steht also für Xy)ixXe[QUÄL(x,y,e)]. Die Bindung des impliziten Arguments durch einen Existenzquantor ist sicher empirisch nicht adäquat; ich werde in Kapitel 3.2.2 auf eine angemessenere Repräsentation impliziter Argu mente eingehen. So ist - wie im Laufe des Kapitels noch deutlich werden wird - z.B. Xe3y[ESS(x,y,e)] ein Aus druck vom Typ <eE,f>, in dem die freie (nicht gebundene oder spezifizierte) Variable x vom Typ eo vorkommt. Gemäß der Regel für X-Abstraktion ist demnach XxXe3y[ESS(x,y,e)] ein Ausdruck vom Typ <eo,<eE,t».
(51) a. b. c. d. e. f.
Klaus quält Ute quälen': Xy[Xx[QUÄL(x,y)]] Klaus': klaus Ute': ute 58
Applikation: ^-Konversion: g- X-Konversion:
Xy[Xx[QUÄL(x,y)]](uteXklaus) Xx[QUÄL(x,ute)](klaus) QUÄL(klaus,ute)
Die ^.-Konversion dient also dazu, die Variablen in der Funktion durch die Bedeutung der Konstituente zu belegen, die das Argument dieser Funktion darstellt. In (51f) ist die erste ^.-gebundene Variable, also y, durch die NP-Bedeutung Ute' (d.i. ute) ersetzt worden. •
X.-Konversion Für einen propositionalen Ausdruck eine Variable ot in <j> und einen semantischen Ausdruck a' vom gleichen Typ wie a gilt: A.a[(|>]a' <-» <(>', wobei sich <J>' von $ genau da durch unterscheidet, daß in jedes freie Vorkommen von a in <j> durch a' ersetzt wird.
Ich werde im Folgenden die Repräsentation von Ausdrücken mit ^.-Operatoren verwenden, die die (implizit mitverstandene) Verschachtelung nicht durch zusätzliche Klammerungen ausdrückt, wie in (50a). Man beachte dabei, daß die Reihenfolge der X-präfigierten Varia-
Wie man die Argumentstellenabfolge in Sprachen mit freier Wortstellung variabel halten kann, zeigt Jacobs (1995:60). Ich verzichte in diesem und dem folgenden Abschnitt auf die Repräsentation des Ereignisargu ments. Insofern kann man jeden X-präfigierten Ausdruck auch als einstelliges Prädikat auffassen, ebenso wie jedes Prädikat als Funktion aufgefaßt werden kann. S. dazu den übernächsten Abschnitt.
108
109
bien mit der Reihenfolge der entsprechenden Funktionsargumente korrespondiert (s. auch Abb. 4 ) :
Bei einem Verb wie quälen entsprechen die Argumente der Prädikatskonstante denen der Lexernfünktion. Wenn ich im Folgenden undifferenziert von Argumenten spreche, so sei angenommen, daß diese Korrespondenz weitestgehend besteht. Daß das aber nicht so sein muß, veranschaulicht das intransitive essen in (50b), hier nochmal dargestellt in Abb. 5. Während die Prädikatskonstante ESS zwei Argumentstellen hat, verlangt die Lexemfünktion ess' nur nach einer Individuenbedeutung zur Sättigung, hat also nur ein Argument: 60
59
Prädikatskonstante und Lexemfunktion: Funktionen haben also, wie in (5le) gesehen, ebenso wie Prädikate Argumente. Die Unterscheidung zwischen den Argumenten des Prädikats QUÄL und denen der Funktion A.xA.y[QUÄL(x,y)] in (50a) ist wichtig für die folgenden Argumentationen. Ich werde erstere als Argumente der Prädikatskonstante (Argumente von QUÄL) bezeichnen und letztere als Argumente der Lexernfünktion (Ar gumente von quälen'). Jedes der Argumente der Lexernfünktion korrespondiert dabei, wie im vorherigen Abschnitt dargestellt, mit einer ^-gebundenen Argumentvariablen, jedes der Argumente der Prädikatskonstante mit einer Argumentstellen der Konstante (Abb. 4).
Argumente
/ fíxñmfunktion Prädikatskonstante
XyXx
Argumente
(ute)(klaus)
(x,y)]
[QUÄL
Abb. 4: Prädikatskonstante und Lexemfunktion von transitivem quälen.
Argument
I fíxamfunklion Präriikatsknnstante
Xx 3y
[ESS
C
.
Argumente
(x.y)l
\
(52)
a. Klaus ißt
b. c. d. e.
e-s-sen'v-intransitiv: Klaus': Applikation: X-Konversion:
Xx3y[ESS(x,y)] klaus Xx3y[ESS(x,y)](klaus) 3y[ESS(klaus,y)]
Wir werden später noch sehen, daß weder jedem Argument der Prädikatskonstante ein Argument der Lexernfünktion entsprechen muß, noch jedem Argument der Lexernfünk tion ein Argument der Prädikatskonstante. Semantische Kompositionsmodi: Die Bedeutung komplexer Ausdrücke wie Klaus ißt er gibt sich, wie wir in (52) gesehen haben, aus den Bedeutungen seiner Teile, also den Be deutungen von Klaus und ißt, und der Art und Weise, wie sie miteinander verbunden werden. Wie die Bedeutungen von Lexemen als terminalen Konstituenten aussehen, zei gen beispielsweise (52b) und (52c). In diesem Abschnitt soll es nun darum gehen, auf welche verschiedenen Weisen - von denen eine in (52d) schon dargestellt wurde Konstituentenbedeutungen miteinander verknüpft werden können. Ich gehe dabei im Wesentlichen von der in Jacobs (1995) vorgestellten semantischen Theorie aus, die sich von anderen an Montague (1973) orientierten Ansätzen v.a. dadurch unterscheidet, daß sie nur ein Minimum an syntaktischer Information in den Komposi tionsregeln heranzieht. Für die Anwendung der vier von Jacobs (1995:9) verwendeten Kompositionsmodi, durch die Konstituentenbedeutungen miteinander verknüpft werden, ist nur die grobe syntaktische Kategorie der Konstituenten relevant, während die Konstitu entenabfolge und die syntaktischen Relationen zwischen den Konstituenten bei der An wendung der Kompositionsmodi überhaupt keine Rolle spielen. Insofern als es im Bereich satzsemantischer Fragestellungen in dieser Arbeit nur darum geht, wie Verben und ihre Projektionen semantisch mit ihren Argumenten und Modifikatoren verknüpft werden, lege ich hier eine etwas vereinfachte und reduzierte Form der von Jacobs (1995:9) verwendeten Kompositionsmodi zugrunde. Ich gehe davon aus, daß in 61
,
(klaus)
62
Abb. 5: Prädikatskonstante und Lexemfunktion von intransitivem essen.
5 9
Es kann allerdings innerhalb von Ableitungen zu Repräsentationen kommen, in denen die Verschachtelung durchaus ein Rolle spielt und wo sie dann durch entsprechende Klammerung ausgedrückt wird. Während in (i) bzw. (ii) 'ute' das durch Xy gebundene Argument ist, sättigt in (iii), ausgedrückt durch die eckige Klammerung, 'ute' Xx und klaus' Xy: (i) XyXx[QUÄL(x,y)](uteXklaus) (ii) Xy[Xx[QUÄL(x,y)]](uteXklaus) (iii) Xy[Xx[QUÄL(x,y)](ute)](klaus)
Tatsächlich können natürlich sowohl die Prädikatskonstante QUÄL als auch die I^xemfünktion XyXx[QUÄL(x,y)] als zweistelliges Prädikat oder als zweistellige Funktion betrachtet werden. Im Fall von quälen sind außerdem Prädikatskonstante und Lexemfunktion semantisch äquiva lent und benötigen beide zwei Argumente, um einen wahrheitswertfähigen Ausdruck zu bilden. Zu einem Vergleich mit Montagues (1973) Auffassungen s. Jacobs (1995:36ff). Ich verzichte auf intensionale Funktionsauswertung (i) und verwende eine etwas vereinfachte Form der mdividueneinführung. Die von Jacobs (1995:9) entworfene Fassung (ii) berücksich tigt darüber hinaus, daß auch solche Ausdrücke durch mdividueneinführung Argumentstellen sättigen können, die selber noch offene Stellen haben. (i) A (Z',y) = Xa ..Aa [Z'( [r(ai)...(a )])] (ii) AlN(Z;y) = Xai...Xa [Zra Xa )...(a )&r(amXai)...(a„)] ( f ü r 0 < n u n d 0 < i < j £n) FI
A
1
n
n
n
m
i
j
110
111
einer syntaktischen Konfiguration [ Z Y] oder [ Y Z] die Bedeutungen der beiden Schwesterkonstituenten, Z' und Y', komponiert werden durch die Anwendung eines der drei Kompositionsmodi extensionale Funktionsauswertung, Individueneinführung und Konjunktion: X
X
63
n
l
G
n
G
1
h
ri
m
m
1
E
Ein komplexer Typ ist der Typ von Ausdrücken, die Funktionen von a-Entitäten in /3-Entitäten denotieren. Der Typ <e ,<eG,<eE,t>», der etwa transitiven Verben wie quälen zukommt, ist damit der Typ von Funktionen von e in <e ,<e ,t»-Funktionen, die wiederum Funktionen von e in <eE,t>-Funktionen sind, welche wiederum Funktionen von e£ in t sind. Für Klaus quält Ute sieht das so aus, wobei der letzte Schritt, die Bindung des Ereignisarguments erst in Kapitel 7.1.2 besprochen wird:
F
• Funktionsauswertung (A ) AF(Z',n = la ...Xa [ZXY'(a )...(a ))] (für 0 < n) • Individueneinführung (A ) Al(Z',I") = Xa ..Xa [Z'(a ) & F(a )(a )...(a )] (für 0 < n) • Konjunktion (A ) AK(Z',y) = Xa ..Xa [Z\a )...(ai) & 7'(ai)-(On)] (für 1 < i < j
• Mögliche Typen i) t, e o und e sind Typen; ii) wenn a und b Typen sind, ist ein Typ; iii) nichts sonst ist ein Typ.
G
E
G
n
K
h
n
(53)
i
Logische Typen: Welcher der drei Kompositionsmodi in einem bestimmten Ableitungs schritt zu wählen ist, wird dadurch bestimmt, daß der logische Typ des durch Komposition von Z' und Y' entstehenden semantischen Ausdrucks X' mit der syntaktischen Kategorie dieses Ausdrucks korrespondieren muß. Dabei legt folgendes Prinzip fest, daß jeder se mantische Ausdruck einem zu seiner syntaktischen Kategorie passenden logischen Typ entspricht (nach Jacobs 1995:8): •
Semantische Repräsentationen Für die syntaktischen Konstituenten X, Y, Z und für einen beliebigen Kompositions modus A: i) Wenn X in eine lexikalische Bedeutungsrepräsentation X übersetzt, so ist X' eine semantische Repräsentation von X, wenn der logische Typ von X' der syntakti schen Kategorie von X entspricht; ii) wenn X eine komplexe syntaktische Konstituente [ Y] oder [ Y Z] ist, und Y' und Z' semantische Repräsentationen von Y bzw. Z sind, so ist A(7',Z') eine se mantische Repräsentation von X, wenn der logische Typ von A(7',Z') der syntakti schen Kategorie von X entspricht; iii) nichts sonst ist eine semantische Repräsentation von X. z
x
X
Die grundlegenden logischen Typen sind t ("truth values") für wahrheitswertdenotierende Ausdrücke und e ("entities") für individuendenotierende Ausdrücke, wobei Ausdrücke, die Gegenstandsindividuen e und solche, die Ereignisindividuen e denotieren, unterschie den werden können. Daraus werden komplexe Typen gebildet. Es gilt. G
E
64
Für die Indizierung der Variablen in der Beschreibung der Kompositionsmodi gilt a) bei "für 0 < n", daß eine beliebige Anzahl von X-abstrahierten Argumentvariablen (für Argumente von Í") hinzugefügt werden kann (der Modus der Funktionsauswertung steht also für ZXY ) oder Xa[Z'(Y'(a))] oder XaX.a'[Z'(7'(a)(a'))], etc.), b) bei "für 1 < i < j < n", daß mindestens eine Xabstrahierte Argumentvariable eingefügt werden muß, und daß die Liste von Variablen ai,...,oc„ die Liste von Variablen ai,...,ot¡ enthält. Es sollte, um Verwirrung vorzubeugen, beachtet werden, daß es einerseits den gängigen Kon ventionen der Ereignissemantik entspricht, "e" als Ereignisvariable zu verwenden, und anderer seits denen der Typenlogik, "e" zur Kennzeichnung des logischen Typs "entity" zu verwenden. 1
FUNKTION a. Xyfo&e[QUÄL(x,y,e)] TYP: < e , < e , < e , t » > b. XxXe[QUÄL(x,ute,e)] TYP: < e , < e , t » c. Xe[QUÄL(klaus,ute,e)] TYP: <e ,t> G
G
G
E
(ARGUMENT) (ute) TYP: e (klaus) TYP: e (e') TYP: e
E
G
G
E
E
= WERT (nach X-Konversion) = bAe[QUÄL(x,ute,e)] TYP: < e , < e , t » = ?ie[QUÄL(klaus,ute,e)] TYP: <e ,t> = QUÄL(klaus,ute,e') TYP: t G
E
E
Für die Zuordnung von Typen zu syntaktischen Kategorien müssen nun zwei Fälle unter schieden werden: syntaktische Kategorien, die keine ungesättigten Valenzstellen haben, und solche mit noch offenen syntaktischen Valenzforderungen. • Der Typ syntaktisch gesättigter Ausdrücke Wenn die syntaktische Kategorie A keine ungesättigten Valenzstellen enthält, ist der Typ a € f(A), wobei gilt: f(V,+c) = {t} f(V,-c) = { < e , t > } f(N,+d) = { e , e , <e ,t>, <e ,t>} f(P) = {<e ,t>, < e , < e , t » } f(A) = {<e ,t>, < e , < e , t » } 65
E
G
E
G
E
E
G
E
E
G
E
Das Merkmal "+c" kennzeichnet komplettierte Sätze, also solche, deren Verb nach vorn bewegt wurde oder die durch eine Konjunktion komplettiert sind; "N,+d" steht für deter minierte Nominalphrasen; die Typen für Präpositionen ("P") berücksichtigen hier nur die in dieser Arbeit besprochenen ereignismodifizierenden PPs, und lassen zusätzlich zu den von Jacobs (1995) angenommenen Typen auch Ausdrücke vom Typ < e , < e , t » zu (vgl. dazu Kap. 3 . 3 ) ; "A" schließlich steht für Adjektivadverbien wie sorgfältig, schüchtern oder vorsichtig, die mit N- und mit V-Ausdrücken kombinieren. G
E
66
Es wird später in Kap. 7.1.2 argumentiert, daß Zustandsverben keine Ereignisargumente haben. Ihnen muß daher ein anderer Typ zugewiesen werden. Für das Folgende ist das jedoch noch nicht relevant. Es wird dabei davon ausgegangen, daß Präpositionen genau eine syntaktische Valenzstelle haben, die in Beispiel (54e) durch Dortmund gefüllt ist; die PP in Dortmund ist also syntak tisch gesättigt. Diese Annahme hängt mit den Prinzipien zusammen, nach denen komplexe Ausdrücke die Valenz ihrer Töchterkonstituenten übernehmen; vgl. dazu Jacobs (1992a:104ff).
112
113
Man sieht, daß einer syntaktischen Kategorie meist mehrere möglich Typen zugeordnet sind, also keine strikte Eins-zu-Eins-Zuordnung von syntaktischen Kategorien zu logi schen Typen besteht. Im Folgenden einige Beispiele: (54) a. daß er den Fisch füttert' SYN: {V,+c} ==> b. er den Fisch füttert' SYN: {V,-c} ==> c. Frankfurt' SYN: {N,+d} ==> d. die Explosion' SYN: {N,+d} ==> ==> e. in Dortmund' SYN: {P}
TYP: t TYP: <eE,t> TYP: e TYP: <e ,t> TYP: <e ,t> E
E
67
• Der Typ syntaktisch ungesättigter Ausdrücke Wenn die syntaktische Kategorie A ungesättigte Valenzstellen /VAL .../VAL enthält (für 1 < n), ist der Typ a Element der Menge der Typen der Form ...>, wobei a e f(A) und a e g(VALj) (für 1 < i < n), wobei gilt: g(kas) = { e , e } kas = nom v akk v dat v gen g(adp) = { e , e } adp = pp
n
n
1
m
t
G
E
G
E
G
E
G
E
Die Typzuordnung für syntaktisch ungesättigte Ausdrücke geht davon aus, daß jeder Aus druck durch eine Menge von syntaktischen Merkmalen spezifiziert ist, die u.a. seine noch nicht gesättigten Valenzstellen in der Notation /VAL^./VALn enthält. Der logische Typ eines Ausdrucks wie warten (55a) baut sich nun sukzessive durch die Typzuweisung an "V,-c" (55b) und an die Valenzstellen /nom (55c) und /PP"«/(55d) auf: (55) a. warten
b. f(V,-c) = <e ,t> c. g(nom)= {e ,... d. g(PP«"/) = { e , . } E
G
G
SYN: {V,-c,...,/nom/PP<™/} SEM: )iy>.xXe[WART(x,y,e)] .. .Xe[WART(x,y,e)] TYP:.. .<e ,t> ...}.xXe[WART(x,y,e)] TYP: ...<e ,<e ,t» XyXxXe[WART(x,y,e)] TYP: < e , < e , < e , t » > G
E
G
E
Ich gebe nachfolgend noch einige Beispiele für die Typzuweisung, wobei 10 bei wohnen (56f) für die bezüglich ihrer Form nicht spezifizierte Ergänzung des Ortes oder der Art und Weise steht, die etwa durch eine lokale PP wie in Dortmund oder ein Adjektivadverb wie luxuriös realisiert werden kann (s. Kap. 3.2.2): (56) a. joggen' b. quälen' c. den Hund quälen' d. geben' e. in' f. wohnen'
SYN SYN SYN SYN SYN SYN
{V,-c,...,/nom} {V,-c,...,/nom/akk} {V,-c,...,/nom} {V,-c,...,/nom/dat/akk} {P,...,/dat} {V,-c,...,/nom/0}
==> ==> ==> ==> ==> ==>
TYP: TYP: TYP: TYP: TYP: TYP:
<e ,<e ,t» <e ,<e ,<e ,t>» <e ,<e ,t» <eo,<e ,<e ,<e ,t»» <e ,<e ,t» «e ,t>,<e ,<e ,t»> G
E
G
G
G
E
E
(58) a. [Anna [quält Klaus]]
b. c. d. e. f. g. h. i.
quält': Klaus': Anna': A*'(quält'JClausJ. X.-Konversion: ^(^{quält'JClaus^Annay. X-Konversion: (nach Bindung von e):
Xy>.xXe[QUÄL(x,y,e)] klaus anna XyXxXe[QUÄL(x,y,e)](klaus) XxXe[QUÄL(x,klaus,e)] XxXe[QUÄL(x,klaus,e)](anna) Xe[QUÄL(anna,klaus,e)] QUÄL(anna,klaus,e)
Individueneinführung: Die semantische Übersetzung von Verben wie in (58b) resultiert in einer Verschachtelung einstelliger Funktionen, die nur auf solche Ausdrücke appliziert werden können, die dem Typ der X-präfigierten Variable entsprechen. Insofern als hier Individuenvariablen präfigiert sind, kann zwar auf Individuenbedeutungen wie in (58c) funktional appliziert werden, nicht aber auf normale NP-Bedeutungen, die einstellige Prädikate darstellen wie in (59b). Hier können Verb- und Objektbedeutung aber durch den Mechanismus der Individueneinführung kombiniert werden:
E
G
G
Funktionsauswertung: Der Modus der Funktionsauswertung beinhaltet zwei Fälle: die Funktionsapplikation Z'(J") und die Funktionskomposition, bei der die noch unspezifizierten Variablen in Y' an den resultierenden Ausdruck weitergegeben werden. Auf Funk tionskomposition komme ich erst in Kapitel 3.3.3 zurück. Funktionsapplikation wird z.B. angewendet bei der Verbindung von verbalen Prädikaten mit Individuenkonstanten, also Namen wie Klaus und Anna. Durch die Applikation wird eine offene Stelle des Verbs gesättigt.
Auf die Art und Weise, wie das Ereignisargument gesättigt wird, gehe ich später ein (Kap. 7.1.2). Seine Bindung stellt jedenfalls den letzten Schritt in der semantischen Ableitung dar.
E
G
68
(57) a. Klaus': klaus b. die-Fliege': XxpiE-FLIEGE(x)] c. eine-Biene': X.x[EINE-BIENE(x)]
G
Die Typzuweisung für Ausdrücke mit Valenzforderungen sieht nach Jacobs (1995:10) so aus, wobei ich nur die für die vorliegende Arbeit relevanten Zuweisungen berücksich tige:
m
Die Anwendung der drei Kompositionsmodi soll nun in den folgenden Abschnitten an einigen Beispielen erläutert werden. Den Beitrag temporaler und anderer an die Verbflexion geknüpften Bedeutungskomponenten ignoriere ich dabei. Eigennamen werden als Individuenkonstanten repräsentiert, alle anderen NPs als einstellige Funktionen, die nicht weiter analysiert werden:
G
E
E
G
E
Siehe Jacobs (1995:10) u.a. zum Typ von Ausdrücken, die infinite und finite Nebensätze (mit und ohne Komplementierer) verlangen.
(59) a. [der Teufel [frißt [eine Fliege]]]
b. der-Teufel': c. eine-Fliege': d. frißt':
XvpER-TEUFEL(v)] X.w[EINE-FLIEGE(w)] XyXxXe[FRESS(x,y,e)]
Im Gegensatz zu Jacobs (1995) gehe ich hier nicht davon aus, daß Prädikate aller Wortarten Stellen für Situationsargumente haben. Die Kompositionsmodi sind von dieser Annahme ohne hin unabhängig.
114
115 e. A\eine-Fliege'frißty.
Xx'Xe'[XwpINE-FLIEGE(w)](y') & XyXxXe[FRESS(x,y,e)](yXx')(e')] Xx%e'[EINE-FLIEGE(y') & X.xXe[FRESS(x,y',e)](xXe')] Xx'Xe'[EINE-FLiEGE(y') & X.e[FRESS(x,y',e)](e')] Xx%e'[ErNE-FLrEGE(y') & FRESS(x',y',e')] ,
,
i. A\der-Teufel\A\eine-Fliege'frißt')): ,
,
,
Xe"[X.vpER-TEUFEL(v)](x") & Xx'Xe'[EINE-FLIEGE(y') & FRESS(x,y,e)](x"Xe")] j. X-Konversion: Xe"[DER-TETJFEL(x") & Xe'[EINE-FLIEGE(y') & FRESS(x",y',e')](e" k. X-Konversion: Xe"PER-TEUFEL(x") & EINE-FLIEGE(y) & FRESS(x",y',e")] 1. (nach Bindung von e): DER-TEUFEL(x") & EINE-FLIEGE(y') & FRESS(x",y',e") Ich will die Vorgehensweise bei der Individueneinführung noch etwas näher erläutern: Die Variable y' in (59e), hier wiederholt als (60a), dient dazu, das Argument von DIE-FLIEGE mit dem Objektargument von FRESS zu identifizieren und damit die Objektargumentstelle von fressen zu sättigen. Die beiden anderen Variablen x' und e' in (59e), hier wiederholt als (60b), die durch A eingeführt werden, stellen die übrigen noch zu sättigenden Varia blen des verbalen Prädikats für die weiteren Verarbeitungsschritte bereit. Das gleiche wiederholt sich in (59i) mit der Variable x" (60c) und der X-präfigierten Variable e" (60d). 1
Xx'teTXwfEINE-FLIEGE(w)](y) & XyX.xXe[FRESS(x,y,e)](y')(x')(e')] Xx'Xe'[Xw[EINE-FLIEGE(w)](y') & XyXxXerFRESStx.y^Ky'Xx'Xe')] Xe"[5ivpER-TEUFEL(v)](x") & Xx'Xe'pINE-FLIEGE(y') & FRESS(x',y',e')](x")(e")] Xe"[XvpER-TEUFEL(v)](x") & Xx'Xe'pINE-FLIEGE(y') & FRESS(x',y',e')](x")(e")]
Konjunktion: Weder Funktionsauswertung noch Individueneinführung liegen im Fall klassischer intersektiver Modifikation vor. Hier greift der Mechanismus der Konjunk tion. 69
(61)
a. [Klaus [joggt [im Grävingholz]]]
b. joggt': X.xXe[JOGG(x,e)] c. im-Grävirtgholz': Xe'PN(grävingholz,e')] d. Klaus': klaus e. AK(im-Grävingholz'jöggty. X.x'X.e"[Xe'[IN(grävingholz,e')](e")
& XxX.e[JOGG(x,e)](x)(e")] ,
f. Ji-Konversion:
X.x'Xe"[IN(grävingholz,e") & JOGG(x',e")]
g. A^(A^(im-Grävingholz'joggt") JClausJ.
h. X-Konversion: i. (nach Bindung von e):
Xx'Xe"[IN(grävingholz,e") & JOGG(x',e")](klaus) Xe"[IN(gTävingholz,e") & JOGG(klaus,e")] IN(grävingholz,e") & JOGG(klaus,e")
Wie bei der Individueneinführung garantiert auch bei der Konjunktion die Einführung der X.-präfigierten Variablen in (öle), hier wiederholt als (62a), die Verfügbarkeit der noch nicht gesättigten Argumentvariablen. Eine dieser Variablen dient dabei auch als Argu ment der Modifikatorfünktion wie in (62b), wodurch die Variablenidentifizierung von Modifikator und Modifikant erfolgt: 6 9
,
,
f. X-Konversion: g. X-Konversion: h. ^-Konversion:
(60) a. b. c. d.
,,
(62) a. Xx'Xe"[Xe'[IN(grävingholz,e')](e )&Xx>.e[JOGG(x,e)](x')(e")] b. Xx'Xe"[Xe'[IN(grävingholz,e')](e") & XxXe[JOGG(x,e)](x Xe")]
Vgl. ein ähnliches Beispiel in Jacobs (1995:22).
Zusammenfassung: Die semantischen Repräsentationen in dieser Arbeit basieren auf einer typenlogischen Sprache mit Lambdaoperator. Verben übersetzen in mehrstellige (ver schachtelte) Lexemfiinktionen, die eine verbspezifische Prädikatskonstante enthalten. Für die kompositioneile semantische Verarbeitung werden drei Kompositionsmodi angenom men: Funktionsauswertung, Individueneinführung und Konjunktion.
3.2.2
Argumente und Valenz
Valenzdimensionen: Zwischen den Argumenten eines verbalen Prädikats und der Subkate gorisierung oder syntaktischen Valenz des Verbs besteht offenbar ein enger Zusammen hang. In Jacobs (7987/1994) wurde allerdings gezeigt, daß die die Valenztheorie lange Zeit dominierende Diskussion über die Unterscheidung von Ergänzungen und Angaben von der falschen Annahme ausging, es gäbe einen einheitlichen semantisch-syntaktischen Begriff der Valenz. Stattdessen weist Jacobs (7987/1994) eine Reihe von Valenzbindungs beziehungen nach, die voneinander unabhängig sind in dem Sinne, daß sich keine zwei von ihnen gegenseitig bedingen. Eine Konstituente X ist demnach dann von einer Kon stituente Y in einem Satz S valenzabhängig, wenn sie in mindestens einer der folgenden Beziehungen zu Y steht: 70
•
Valenzbindungsbeziehungen i) Notwendigkeit (Obligatheit): X ist für Y obligatorisch, d.h., es unterliegt einer Realisierungsforderung von Y. ii) Formspezifik: X ist für Y formspezifisch, d.h., es unterliegt einer von Y ausge henden Forderung nach einem Formmerkmal (z.B. nach einem bestimmten Ka sus). iii) Inhaltsspezifik: X ist für Y inhaltsspezifisch, d.h., es unterliegt einer von Y aus gehenden Forderung nach einem Inhaltsmerkmal (z.B. nach dem Merkmal [+BELEBT]). iv) Argumenthaftigkeit: X ist ein Argument von Y, d.h., es füllt eine offene Stelle in der Bedeutung von Y.
Die Valenzbindungsbeziehungen sind unabhängig voneinander in dem Sinne, daß nicht zwei Valenzbindungsbeziehungen notwendigerweise immer zusammen auftreten. Es be stehen allerdings bestimmte Implikationsbeziehungen, und zwar die folgenden (nach Jacobs 1992a:96): 71
Zu einer detaillierteren Formulierung der Beziehungen vgl. Jacobs (70£7/1994:14ff). Außerdem wird in Jacobs (70S7/1994:16f) noch eine Relation der Beteiligtheit angenommen, die bereits in Kapitel 3.1.1 erläutert wurde, für die weiteren Überlegungen in dieser Arbeit aber keine Rolle spielt. Die Relevanz zweier anderer Beziehungen (Assoziiertheit und Exozentrizität) hat sich nicht bestätigt. Ich diskutiere hier nur die in Jacobs (1994:284f) übernommenen Beziehungen. Ausführlich dazu Jacobs (7P#7/1994:33ff); expletive Ergänzungen werden im Übrigen von diesen Implikationen nicht erfaßt.
116
117
• Implikationen zwischen Valenzbindungsbeziehvuigen i) OBLIGATORISCH(X,Y) -> INHALTSSPEZIFISCH(X,Y) ii) FORMSPEZIFISCH(X,Y) INHALTSSPEZIFISCH(X,Y) iii) INHALTSSPEZIFISCH(X,Y) -> ARGUMENT(X,Y)
• definite vs. definitheitsneutrale Argumentinterpretation; • spezielle vs. unspezielle Argumentinterpretation; • reflexive vs. nicht-reflexive Argumentinterpretation. Erstens wird also lexikalisch festgehalten, ob das implizite Argument definit interpretiert werden muß oder nicht. So ist intransitives einwilligen wie in Beispiel (63a) nur so zu verstehen, daß es etwas über den Kontext Identifizierbares gibt, in das jemand einwilligt. Das heißt, (63a) meint nicht, daß Dietmar in irgendetwas einwilligt. Demgegenüber er laubt lesen sowohl eine definite Interpretation wie in (63b) als auch eine indefinite wie in (63c): lesen ist defimtheitsneutral. 76
SYN-VAL und SEM-VAL: Die beiden oben eingeführten Beziehungen der Notwendigkeit und der Formspezifik bestimmen die syntaktische Valenz (SYN-VAL) eines Ausdrucks, die Beziehungen der Inhaltsspezifik und der Argumenthaftigkeit die semantische Valenz (SEM-VAL) des Ausdrucks. Die die Formspezifik eines Ausdrucks konstituierenden Forderungen werden dabei durch eine als /ai.../a notierte Folge von Merkmalen ai, a ausgedrückt, wie bei dem Verb aufwecken in Lex. 17; aufwecken fordert demnach eine Konstituente im Nominativ und eine im Akkusativ. Die semantische Valenz beinhaltet die ^.-Abstraktion derjenigen Argumentvariablen, die im Laufe der semantischen Verarbei tung durch Individuenbedeutungen gesättigt werden müssen. Inhaltspezifische Forde rungen, wie die nach einem bewußten Individuum als logischem Objekt von aufwecken werden als Merkmalsmengen in Form von Superskripten an den Variablen notiert wie in Lex. 17. Ich verzichte auf eine Koindizierung der semantischen Valenzstellen mit den syntaktischen; stattdessen führe ich als Konvention ein, daß die Reihenfolge der Stellen der syntaktischen Valenz mit der Reihenfolge der Stellen der semantischen Valenz kor respondiert. 72
n
n
73
74
aufwecken
SYN-VAL: SEM-VAL
/akk/nom Xy[+BEWUSST]^ [AUFWECKEN(x,y)]
Definite Weglassung setzt also die Instantiierung der Argumentvariablen im Kontext voraus; einwilligen ist demnach wie folgt repräsentiert: einwilligen\
SYN-VAL: SEM-VAL:
/PP'"/nom XyXxle[EINWILLIGi(x,y,e)]
einwilligen^
SYN-VAL: SEM-VAL:
/nom A.xXe[EINWILLIG2(x,y+d,e)]
Lex. 18: Lexikalischer Eintrag von einwilligen.
x
Lex. 17: Lexikoneintrag von aufwecken. Fakultativität und die Bindung
(63) a. schließlich willigte Dietmar ein b. er hatte den neuen Roman von Grass in der Hand und las c. als ich ins Zimmer kam, saß sie im Schaukelstuhl und las
impliziter Argumente:
Definite Weglassung wird also durch eine Markierung "+d" an der entsprechenden Argu mentvariable ausgedrückt, definitheitsneutrale Weglassung durch die Markierung "±d , die besagen soll, daß das Denotat der Variable in den Diskurs eingeführt sein kann, aber nicht muß. Lexikalisch ist lesen damit so repräsentiert: M
Bisher wurde die Repräsentation
von Formspezifik, Inhaltsspezifik und Argumenten dargestellt. Die Frage nach der Reprä sentation von Notwendigkeit ist aber noch unbeantwortet. Sie beantwortet sich auch nicht dadurch, daß man - wie in den meisten Repräsentationen üblich - die entsprechende Er gänzung in Klammern setzt, denn syntaktische Valenzstellen drücken eine Realisierungs forderung aus und beinhalten insofern Notwendigkeit. Nach Jacobs (1994:296) muß Fa kultativität daher in der Annahme einer alternativen syntaktischen Valenz resultieren. Das Verb essen hat somit eine erste syntaktische Valenz /akk/nom für die transitive und eine zweite syntaktische Valenz /nom für die intransitive Variante. Die Annahme von zwei getrennt spezifizierten Verbvarianten findet darüber hinaus auch eine semantische Begründung, denn die impliziten Argumente in den valenzreduzierten Varianten haben nicht-prädiktable verbspezifische semantische Eigenschaften. Jacobs (1993: lOff, 1994:299ff) unterscheidet implizite Argumente bezüglich dreier Parameter:
lesen\
SYN-VAL: SEM-VAL:
/akk/nom XyXxlefLES J (x,y,e)]
leseni
SYN-VAL: SEM-VAL:
/nom Xxle[LES2(x,y±d,e)]
Lex. 19: Lexikalischer Eintrag von lesen. 77
Zweitens werden implizite Argumente oft sortal spezifisch interpretiert. So beinhaltet das syntaktisch einstellige geben (Wer gibt?), daß Spielkarten an Kartenspieler gegeben
75
Vgl. zum Folgenden Jacobs (1994:287ff). Ein ähnlicher Vorschlag zur Repräsentation des semantischen Aspekts von Valenz ist auch von Schuhmacher et al. (1981:74ff) gemacht worden. Auf Einzelheiten zur Interpretation der unter SYN-VAL und SEM-VAL notierten Angaben komme ich in Kapitel 3.3.5 noch zu sprechen. Folgendes nach der Darstellung in Engelberg (1997:1Off).
Auf die Notwendigkeit einer solchen lexikalisch basierten Unterscheidung haben auch Allerton (1975:214,224) (als "contextual delition" vs. "indefinite deletion"), Höhle (1978:15f) (als defi nite vs. indefinite Weglassung) und Fillmore (1986:96) (als "definite null complements" vs. "definite null complements") hingewiesen, wobei im Allgemeinen nicht beachtet wird, daß die sogenannten indefiniten Weglassungen je nach Kontext auch definit interpretiert werden kön nen (aber nicht umgekehrt). Vgl. auch Allerton ( 1975:217) und Fillmore ( 1986:96f, 101 f) mit einer Fülle von Beispielen.
118
119
werden. Solche Beschränkungen werden wie in Lex. 20 als Interpretationsbeschränkungen notiert:
geben\
geben2
SYN-VAL: SEM-VAL:
/akk/dat/nom XykzXxXe[GEB
SYN-VAL: SEM-VAL:
/nom X.xle[GEB2(x,y±d[+SPIELKARTEN] ±d[+KARTENSPIELER] e)]
i (x,y,z,e)]
80
>z
;
Lex. 20: Lexikalischer Eintrag von geben. Drittens gibt es Verben, die bei Weglassung der Akkusativ-NP wie in (64b) eine reflexive Interpretation erhalten: (64)
a. er badet den Hund b. er badet (= er badet sich)
badeni
SYN-VAL: SEM-VAL:
/akk/nom Xy[+BELEBT]^ [+MENSCH]Xe[BAD i (x,y,e)]
SYN-VAL: SEM-VAL:
/nom Xx[+BELEBTU rBAD2(x,x,e)]
x
e
Lex. 21 : Lexikalischer Eintrag von baden. Schließlich ist hier noch ein vierter Fall arizuführen, der bei Höhle (1978:22f) erwähnt wird, und der nicht Verben mit fakultativen Komplementen betrifft, sondern strikt intran sitive Verben, die wie zuschlagen einen Partizipanten beinhalten, der Gegenstand des Zuschlagens ist, aber nicht realisiert werden kann. Dieser Partizipant kann nur über den Kontext identifiziert werden: (65)
a. * sie schlägt den Typ zu b. *sie faßt den Arm zu
zuschlagen
SYN-VAL: SEM-VAL:
/nom Xxte[ZUSCHLAG(x,y+d,e)]
Lex. 22: Lexikalischer Eintrag von zuschlagen.
7 8
Syntaktische und semantische Fakultativität: Von diesen vier Fällen (Definitheitsneutralität, sortale Spezifität, implizite Reflexivität, obligatorische Implizitheit) sind solche Verben zu unterscheiden, die in einer durch Valenzerweiterung entstandenen Verbvari ante ein zusätzliches Argument erhalten: (66)
a. er spült das Geschirr b. er spült ihr das Geschirr
Solche Argumente, wie etwa der benefaktive Dativ bei spülen (66b), sind wie andere nicht-implizite Argumente X-gebunden:
Für diesen Fall kann referentielle Identität der beiden thematischen Argumente der Prädi katskonstante des Verbs angenommen werden: baden\
Die Annahme solcher strikt impliziten Argumente sollte natürlich beschränkt werden, will man nicht für beliebige Ereignisbeteiligte ein Argument ansetzen. Zumindest dort kön nen solche nicht-realisierbaren Argumente allerdings angenommen werden, wo sie mit verstanden sind, eine semantische Rolle innehaben und ein morphologisch verwandter Ausdruck (in diesem Fall schlagen) die Realisierung des entsprechenden Arguments er laubt (Engelberg 1997:12). 79
78
Vgl. auch die ausführlichere Repräsentation von geben in Jacobs (1994:301). Im Übrigen wer den Merkmale wie [+BELEBT], wenn sie als Selektionsrestriktionen verstanden werden, an den X-präfigierten Variablen notiert, und an den Argumenten der Prädikatskonstante, wenn sie als Interpretationsbeschränkungen aufgefaßt werden. Die semantische Interpretation ist in bei den Fällen aber dieselbe (vgl. Kap. 3.3.5).
spülen^
SYN-VAL: SEM-VAL:
/akk/nom tyXxXe[SPÜLi(x,y,e)]
spülen
SYN-VAL: SEM-VAL:
/akk/dat/nom A.yXzÄ,xXe[SPÜL2(x,y,z,e)]
2
Lex. 23: Lexikalischer Eintrag von spülen. Insofern als syntaktische Valenzstellen immer realisiert werden müssen, resultiert syntak tische Fakultativität in zwei syntaktischen Valenzen eines Verbs, die sich in der Anzahl der syntaktischen Stellen unterscheiden. Das gleiche Phänomen liegt, wie in Lex. 23 zu sehen, auch im Bereich der semantischen Valenz vor. Zwei semantische Valenzen eines Verbs können sich dadurch unterscheiden, daß eine der beiden nicht nur in der Lexem funktion, sondern auch in der Argumentliste der Prädikatskonstante eine zusätzliche se mantische Stelle fordert. Insofern es sich bei dieser zusätzlichen Stelle natürlich um ein Argument handelt, kann man dieses Phänomen analog zur syntaktischen Fakultativität als semantische Fakultativität bezeichnen. Argumente von Lexemfunktionen und Prädikatskonstanten: Die Unterscheidung zwischen Argumenten der Lexemfünktion und Argumenten der Prädikatskonstante, die im letzten Chierchia / McConnell-Ginet (1990:383) nehmen dagegen auch für ein obligatorisch intransiti ves Verb wie to dine an, daß es über ein implizites Thema-Argument verfügt. Das mag zwar unmittelbar einleuchtend erscheinen, läßt aber die Frage aufkommen, mit welcher Begründung man dann z.B. einem Verb wie joggen ein implizites Argument für die dabei zwangsläufig be teiligten Füße verweigern könnte. Sinnvoller erscheint es, solche Zusammenhänge über Bedeutungspostulate wie (i) zu formulieren: (i) • VxVepJMER(x,e) -> 3y[ESS(x,y,e)]] Blume (1998) weist außerdem daraufhin, daß solche Sätze wie in (65) zwar nicht wohlgeformt sind, aber durchaus zu interpretieren. Dabei wird den Typ bzw. den Arm eben genau als Realisation des eigentlich impliziten Arguments des Verbs in seiner spezifischen Rolle ver standen.
120
121
Kapitel getroffen wurde, erlaubt es uns nun, zwei wichtige Präzisierungen zu treffen. Die erste Präzisierung betrifft die Argumenttests aus Kapitel 3.1.1. Es wurde dort festgehalten, daß Argumente nicht in geschehen-Säxze ausgegliedert werden können, daß ihnen vom Verb eine semantische Rolle zugewiesen wird und daß sie fest in Teilereignisse eingebun den sind. Wenn in diesem Zusammenhang von Argumenten geredet wurde, so betraf das die Argumente der Prädikatskonstante, denn zum einen werden auch nicht ^-gebundene, implizite Argumente über semantische Rollen eingebunden und Teilereignissen zuge ordnet, und zum anderen werden wir im nächsten Kapitel noch Verben kennenlernen, bei denen Argumente der Lexemfunktion keinem Argument der Prädikatskonstante entspre chen. Die zweite Präzisierung betrifft die am Anfang dieses Kapitels besprochenen Implika tionen, die beinhalten, daß jeder syntaktischen (formspezifischen) Valenzstelle eine Ar gumentvariable zugeordnet werden muß (Jacobs 1994:295). Wenn hier von Argumenten die Rede ist, so betrifft das die >.-präfigierten Argumente der Lexernfunktion, denn wir werden im nächsten Kapitel sehen, daß jeder Formvalenzstelle immer ein Argument der Lexemfunktion entspricht, aber nicht notwendigerweise auch eines der Prädikats konstante. Wenn ich von semantischer Valenz im engeren Sinne spreche, so beziehe ich mich damit immer auf die Sättigungsforderungen der ^.-präfigierten Variablen. 81
82
83
84
Zusammenfassung: Es lassen sich mindestens vier extensional verschiedene Valenz relationen zwischen Konstituenten feststellen: Notwendigkeit, Formspezifik, Inhaltsspezi fik und Argumenthaftigkeit. Die ersten beiden konstituieren die syntaktische Valenz des Verbs und die letzten beiden die semantische. Die Nicht-Notwendigkeit (Fakultativität) einer Valenzstelle beruht auf verschiedenen Varianten des Verbs, die durch unterschied liche syntaktische und semantische Valenzen gekennzeichnet sind. In diesen Varianten werden mit Hilfe der vier Parameter Defimtheitsneutralität, sortale Spezifität, implizite Reflexivität und obligatorische Implizitheit auch die verbspezifischen Bedingungen für die Interpretation impliziter Argumente festgehalten. Es wurde weiterhin festgestellt, daß die in Kapitel 3.1.1 diskutierten Verfahren zur Er mittlung des Argumentstatus sich auf die Argumente der Prädikatskonstante beziehen, während die Feststellung, daß jeder syntaktischen Valenzstelle eine Argumentstelle ent sprechen muß, die Argumente der Lexernfunktion betrifft.
3.2.3
Argumentstruktur und Valenz: Einige problematische Fälle
Lokale Adverbiale als Ergänzungen: In Kapitel 3.1.1 habe ich dafür argumentiert, daß das Verb wohnen keine Argumentstelle für seine obligatorische lokale oder modale Ergänzung hat. Das widerspricht zunächst scheinbar der Annahme, daß jeder syntaktischen auch eine semantische Valenzstelle, also eine X-präfigierte Variable, entsprechen muß. Wenn wir dagegen zulassen, daß semantische Valenzstellen nicht unbedingt mit Argumenten der Prädikatskonstante korrespondieren müssen, können wir die Forderung nach einem loka len oder modalen Adverbial bei wohnen auch so ausdrücken: 85
wohnen
SYN-VAL: / 0 / n o m SEM-VAL: A.P[+WOHNORTAVOHNART]A. [+MENSCH]J [WOHN(x,e) & P(e)] x
Le
Lex. 24: Lexikalischer Eintrag von wohnen.
86
Jedem Element der syntaktischen Valenz entspricht damit ein Element der semantischen Valenz. In den wenigen notorisch schwierigen Fällen wie wohnen bindet eine der X.-präfigierten Variablen aber kein Argument der entsprechenden Prädikatskonstante WOHN. In diesen Fällen ist das Verb semantisch dekomponiert in zwei Prädikate, repräsentiert durch eine Konstante und eine Variable. Eine solche Dekomposition findet nur dann statt, wenn einer syntaktisch notwendigen Stelle keine nach den Kriterien in Kapitel 3.1.1 zu ermit telnde Argumentstelle der korrespondierenden Prädikatskonstante entspricht. Die hier gewählte semantische Repräsentation von wohnen (67b) widerspricht im Übrigen sowohl der Annahme von Jacobs (1994:291), das Lokaladverbial bei wohnen (67a) realisiere ein Argument wie in (67c), als auch Zifonun (1995:180f), die in einer Kritik an Jacobs behauptet, in (67a) würde eine Relation zwischen Hans und dem Haus ausgedrückt, die zu einer Dekomposition des Prädikats Anlaß gäbe. Diese Dekomposition soll man sich — übersetzt in die hier verwendete Repräsentationssprache — wie in (67d) vorstellen: 87
88
(67) a. Hans wohnt in dem Haus
b. XPXxXe[WOHN(x,e) & P(e)] c. XPX.xrWOHN(P,x)] d. Xx[WOHN(x) & IN(DEM-HAUS,x)] e. Hans wohnt in der Badewanne
Diese Annahme widerspricht solchen an Chomskys (1981:36) Theta-Kriterium orientierten lexikalisch-semantischen Ansätzen, die, wie Bierwisch (1982:14), davon ausgehen, daß thema tische Rollen nur X-gebundenen Argumentvariablen zugeordnet werden. Für verbale Prädikate gilt dies auch umgekehrt. Jeder semantischen Valenzstelle entspricht auch eine syntaktische. Bei anderen Wortarten ist die semantische Valenz dagegen um eine Stelle höher als die syntaktische (Jacobs 1994:295), z.B. bei der Präposition auf. SYN-VAL: /dat SEM-VAL: Xx >K]>-y[AUF(x,y)] (aus Jacobs 1994:291) Diese Annahme bringt einige vermeintliche Probleme mit sich, die ich in Kap. 3.2.3 diskutie ren werde. So wird der Begriff'semantische Valenz' auch von Jacobs (1994) verstanden. [IX
Zur Erinnerung: 10 steht für eine syntaktische Valenzstelle, die keinen formspezifischen Forde rungen genügen muß. Diese Repräsentation basiert auf der Annahme, daß wohnen ein Ereignisargument hat. Geht man davon aus, daß nicht alle Verben über Ereignisargumente verfügen, so wäre für diese An nahme allerdings noch unabhängige Evidenz zu erbringen. Vgl. auch die Argumentation in Kapitel 3.1.1, die zeigt, daß das obligatorische Adverbial bei wohnen nicht als Argument der Prädikatskonstante zu verstehen ist. Eine ähnliche Dekomposition von wohnen nimmt Steinitz (1997:340,346) an. Auch bei ihr bezieht sich die in die Dekomposition des Verbs integrierte Prädikatsvariable auf das Subjektund nicht das Ereignisargument von wohnen.
122
123
Zifonuris Annahme läßt allerdings erwarten, daß (67e) als 'Hans wohnt und Hans befindet sich in der Badewanne' verstanden werden kann, wohingegen wir tatsächlich aber die merkwürdige Interpretation erhalten, daß Hans sein Domizil in der Badewanne aufge schlagen hat. Das Lokaladverbial bei wohnen muß also, wenn man es nicht als Argument des Prädikats WOHN verstehen will, nicht auf das Subjektargument, sondern unmittelbar auf das Ereignisargument bezogen werden wie in (67b). Die semantische Anbindung der lokalen Phrase erfolgt im Falle von wohnen durch Funktionsapplikation (68), im Falle eines Verbs wie schlafen, das über keine syntaktische Stelle für ein solches Lokaladverbial verfugt, durch Konjunktion (69). (Die Ableitung in (69) entspricht der in (61) in Kapitel 3.2.1 und wird daher hier nur angedeutet.) 89
(68) a. Konrad wohnt in Dortmund
b. c. d. e. f. g. h. i. j:
wohnt': XPXxXe[WOHN(x,e) & P(e)] Konrad'. konrad in-Dortmund': Xe'[lN(dortmund,e')] A?{wohnt',in-Dortmundy. XPXxXe[WOHN(x,e) & P(e)](Xe'[IN(dortmund,e')]) X-Konversion: XPXxXe[WOHN(x,e) & Xe'[IN(dortmund,e')](e)] X-Konversion: XxXe[WOHN(x,e) & IN(dortmund,e)] ^(A^wohnt'jn-Dortmund^JConrady XxXe[WOHN(x,e) & IN(dortmund,e)](konrad) X-Konversion: Xe[WOHN(konrad,e) & IN(dortmund,e)] (nach Bindung von e): WOHN(konrad,e) & IN(dortmund,e)
(69) a. Konrad schläft in Dortmund
b. c. d. e. f.
schläft': XxXe[SCHLAF(x,e)] ... t$iin-Dortmund',schläfty. Xx'Xe"[Xe'[IN(dortmund,e')](e'') & XxXe[SCHLAF(x,e)](x'Xe")] ... (nach Bindung von e): SCfILAF(konrad,e") & IN(dortmund,e")
Die Modi der Funktionsapplikation und der Konjunktion fuhren dabei letztlich zur glei chen semantischen Repräsentation (68j, 69f), nämlich einer Konjunktion von verbalem und lokalem Prädikat. Damit ist der Ähnlichkeit des lokalen Bezugs bei Verben mit obligatorischem Adverbial und solchen, bei denen es als freie Angabe fungiert, Rechnung getragen. 90
Witterungsverben: Neben den Verben vom Typ wohnen bieten auch Witterungsverben wie regnen, schneien, dämmern,
tauen, pieseln, gießen, frieren ein Problem für die Annahme,
daß jeder syntaktischen eine semantische Valenzstelle entspricht. Witterungsverben wer den im Allgemeinen als nullstellig betrachtet. Sie haben außer ihrem Ereignisargument keine weiteren Argumente. Da das expletive es an Subjektposition (70a) aber über eine syntaktische Valenzstelle gefordert ist, stellt sich die Frage, welche Entsprechung es in der semantischen Valenz findet. Manchmal wird allerdings ohnehin angenommen, daß das es nicht einer verbspezifischen Forderung genüge tut, sondern eingefügt wird, weil das Deut-
8 9 9 0
Diese Übersetzung von wohnen nimmt auch Kaufmann (1995a:l 19) an. Bierwisch (1989:520 argumentiert ähnlich und kommt, allerdings unter der Annahme anderer Kompositionsmechanismen, ebenfalls zu parallelen Repräsentationen von Verben mit lokalen Argumenten und solchen mit lokalen Modifikatoren.
sehe aus syntaktischen Gründen eine Füllung der Subjektstelle verlangt. Das ist angesichts solcher Beispiele wie (70b, 70c, 70d) aber offenbar nicht richtig (Jacobs 1994:309): (70) a. es regnet b. mich friert c. uns graut d. mir ist übel
Wenn das Deutsche aber leere Subjekte erlaubt, so ist nicht klar, warum der Satz in (70a) ein expletives es enthält, es sei denn, man nimmt an, das es ist lexikalisch vom Verb ge fordert. Witterungsverben haben also eine syntaktische Valenz wie in (71a). Als semanti sche Entsprechung der syntaktischen Valenzstelle schlägt Jacobs (1994:309) eine leer Xgebundene semantische Stelle wie in der Repräsentation in (71b) vor. Abgesehen davon, daß - wie Jacobs bemerkt - eine solche leere Bindung nicht in allen Theorien erlaubt ist, stellt sich selbst dann, wenn (71b) der Syntax unserer Repräsentationssprache genügt, die Frage nach der Bedeutung eines solchen Ausdrucks. Das Prädikat XxfREGN] bezeichnet die Menge der Individuen, für die gilt, daß es regnet. Das scheint zu keinen Wider sprüchen zu führen, aber vermutlich auch nicht zu einem besseren Verständnis der Be deutung von regnen. 91
(71) a. SYN-VAL: /es b. SEM-VAL: Xx[REGN] Ich möchte dagegen davon ausgehen, daß es nicht völlig ohne Bedeutung ist, sondern eine Art leeres Ereignisprädikat darstellt. Dieses leere Ereignisprädikat sättigt eine Argument stelle der Lexemfunktion regnen'. Das führt zu folgendem Lexikoneintrag, wobei E eine Variable für Ereignisprädikate ist: regnen
SYN-VAL: les SEM-VAL: XEXe[REGN(e) & E(e)]
Lex. 25: Lexikoneintrag von regnen. Die Idee, daß die Subjekt-NP (es) bei Witterungsverben ein leeres Ereignisprädikat bereit stellt, ist nicht ganz unmotiviert. In manchen Sprachen wie dem Arabischen wird nämlich an der Subjektposition von Witterungsverben ein Ereignisnomen realisiert, das genau auf das ohnehin schon vom Verb bezeichnete Ereignis referiert: 92
(72) a. matera 1-mataru regnet der-Regen 'es regnet'
(aus Msellek 1988:60)
Auch Bierwisch (1989:51), der allerdings davon ausgeht, daß das Argument von regnen seinen Kasus strukturell zugewiesen bekommt, nimmt eine leere Bindung des x-Arguments an. Dazu kommt, daß es auch unabhängig von seiner Funktion bei Witterungsverben als Ereignis(pro)nomen auftritt. Bei dem Verb geschehen etwa, das, wie in (i) zu sehen, ein Ereignis nomen an Subjektposition fordert, greift es in (ii) ein im Nachsatz geschildertes Ereignis auf: (i) ein Unfall geschieht (ii) es geschah kurz vor zwölf: Klaus raste mitten in die Litfaßsäule.
124
125 b. talaga t-talagu schneit der-Schnee 'es schneit'
(aus Msellek 1988:61)
wie Moltmann (1991:300f) bemerkt, das Ereignisnomen offenbar auf das gleiche Ereignis wie das Verb selbst. (75)
Damit gilt fürs Arabische offensichtlich, daß die Subjektstelle durch das Ereignisprädikat A.e[REGN(e)] gefüllt wird, das aber keine nicht ohnehin schon im Verb enthaltene In formation bereitstellt. Es macht insofern auch wenig Sinn, anzunehmen, die semantische Übersetzung von Witterungsverben im Arabischen würde Prädikatskonstanten wie REGN(e,e') enthalten. Witterungsverben drücken sicherlich keine zweistelligen Relatio nen zwischen identischen (!) Ereignissen aus. Stattdessen nehme ich für das Arabische das Folgende an: 93
(73) a. m a t a r i : XEXe[REGN(e) & E(e)] b. 1-mataru': X.e'[REGN(e')] c. tf(matara',l-matanf): XEXe[REGN(e) & E(e)](Xe'[REGN(e')]) d. X-Konversion: Xe[REGN(e) & Xe'[REGN(e')](e)] e. X-Konversion: Xe[REGN(e) & REGN(e)] f. (nach Bindung von e): REGN(e) & REGN(e) = g. REGN(e)
(74) a. b. c. d. e. f. g.
regnet': es': AF(regnet',esy. X-Konversion: X-Konversion: (nach Bindung von e):
Daß sowohl das substantivische als auch das verbale REGN Ereignisprädikate sind, sieht man auch daran, daß sie beide Zeitdauerangaben erlauben, im Deutschen etwa: es regnet drei StunGenauer ist 3P[P(e)] eine Tautologie und daher immer wahr.
ei'n tiefer Schlaf wurde von ihm geschlafen sie ist I H-hat einen schweren Tod gestorben Her hat eine schwere Blutung geblutet risie hat einen lauten Rülpser gerülpst
??
Dem Auftreten von inneren Objekten liegen also bestimmte valenzsemantische Idiosyn krasien zugrunde. Dies kann in dem hier zugrundeliegenden Rahmen durch die Annahme einer Valenzerweiterung ausgedrückt werden, wobei der adverbiale, wenig objekthafte Charakter der inneren "Objekte" sich in der Dekomposition des Verbs in Prädikats konstante und Prädikativ widerspiegelt. Die Repräsentation von schlafen und die Ablei tung des Satzes in (77a) erfolgen nun analog zu den arabischen Witterungsverben: 96
SYN-VAL: SEM-VAL:
/nom Xx[+BELEBT]Xe[SCHLAF (x,e)]
SYN-VAL: SEM-VAL:
akk/nom A.E[+scHLAF]x [+BELEBT]Xe[SCHLAF (x,e) & E(e)]
1
x
2
Lex. 26: Lexikoneintrag von schlafen.
Innere Objekte: Innere Objekte wie bei den Verben in (75) stellen ein ähnliches Phänomen dar wie die Subjektphrase bei Witterungsverben im Arabischen. Auch hier bezieht sich,
den; der dreistündige Regen.
a. b. c. d.
schlafen^.
94
9 4
95
schlafen\.
X£X.e[REGN(e) & E(e)] Xe'3P[P(e')] XEXe[REGN(e) & E(e)](Xe'3P[P(e')]) Xe[REGN(e) & Xe'3P[P(e')](e)] X.e[REGN(e) & 3P[P(e)]] REGN(e) & 3P[P(e)] = REGN(e)
Die Identifizierung von (74f) und (74g) ist insofern gerechtfertigt als das zweite Konjunkt in (74f) eine Bedingung darstellt, die durch das erste ja schon erfüllt i s t . Die gewählte Repräsentation von Witterungsverben erlaubt es uns nun, erstens das Prinzip der Kor respondenz syntaktischer und semantischer Valenzstellen aufrecht zu erhalten, zweitens leere X-Abstraktion zu vermeiden, drittens für regnen im Deutschen und Arabischen die gleiche Bedeutung anzunehmen, und viertens bietet sie wohl auch einen Ansatzpunkt für die Behandlung innerer Objekte, wie wir im Folgenden sehen werden.
9 3
Moltmann (1991:301) behandelt innere Objekte als Adjunkte, da sie nicht passivierbar seien ( 7 6 a ) und bei Verben wie sterben nicht zu einem Wechsel des Perfektauxiliars von sein zu dem für Transitiva sonst obligatorischen haben führen (76b). Gegen die Annahme von inneren Objekten als Adjunkten ist allerdings anzuführen, daß ihre Distribution nicht allein von ihrer semantischen Verträglichkeit mit bestimmten Verben abhängt (76c, 76d). (76)
Geht man davon aus, daß das Expletivum es im Deutschen ebenfalls ein Ereignisprädikat ist - allerdings ein leeres, was durch die existenzielle Bindung der Prädikatsvariable in (74b) ausgedrückt wird - so erhalten wir folgende Ableitung fürs Deutsche, wobei die Valenzinformation in Lex. 25 garantiert, daß XE nur durch die semantische Übersetzung von es gesättigt werden kann:
a. er hat einen schweren Kampf gekämpft b. Uwe schlief einen tiefen Schlaf c. sie starb einen schweren Tod
(77)
a. Uwe schlief einen tiefen Schlaf
b. schlafen^: XEXxXe[SCHLAF (x,e) & E(e)] c. einen-tiefen-Schlaf: X.e'[SCHLAF (e') & TIEF(e')] d. Uwe': uwe 2
3
. e.
(schlafen^,einen-tiefen-Schlaf):
XEXxXe[SCHLAF (x,e) & E(e)](Xe'[SCHLAF (e') & TIEF(e')]) 2
3
Das ist so nicht ganzrichtig;zumindest einige Beispiele mit inneren Objekten sind passivierbar (Beispiele aus Höhle 1978:178): (i) wenn der letzte Kampf gekämpft ist (ii) wenn wieder ein Rekordsprung gesprungen wird
Die unten in Lex. 27 gewählte Repräsentation ist denn auch prinzipiell mit der in Kapitel 3.3.3 angeführten Passivierungsregel verträglich. Eine alternative Analyse könnte abweichend von dieser und Moltmanns (1991:300) annehmen, daß auch das substantivische Schlaf zweistellig ist, also SCHLAF3(x,e) ausdrückt. Das hängt von der Auffassung von Ereignisnominalen ab, mit denen ich mich in dieser Arbeit nicht einge hender beschäftige.
127
126 f. X-Konversion: g. X-Konversion:
XxXe[SCHLAF (x,e) & Xe'[SCHLAF (e') & TTEF(e')](e)] XxXe[SCHLAF (x,e) & SCHLAF (e) & TT£F(e)] 2
3
2
3
h. A^(t$(schlafeni,einen-tiefen-Schlaf),Uwe'):
XxXe[SCHLAF (x,e) & SCHLAF (e) & TTEF(e)](uwe) Xe[SCHLAF (uwe,e) & SCHLAF (e) & TTEF(e)] SCHLAF (uwe,e) SCHLAF (e) & TIEF(e) 2
i. X-Konversion: j. (nach Bindung von e):
3
2
3
&
2
3
Im Gegensatz zu dem arabischen Witterungsverb im letzten Abschnitt gilt für innere Ob jekte im Deutschen aber offenbar eine Spezifitätsbedingung. Die Bedeutung des inneren Objekts muß durch ein zusätzliches intersektives Adjektiv spezifiziert werden. Mögli cherweise ist das eine pragmatische Bedingung, ansonsten muß sie über ein Bedeutungs postulat am Verb spezifiziert werden.
e. f. g. h.
X-Konversion: X-Konversion: ... (nach Sättigung von x, y, e):
XyXxXe[TRAG (x,y,Xz[NACH(düsseldorf,z)](y),e)] XyXxXe[TRAG (x,y,NACH(düsseldorf,y),e)] 2
2
TRAG(ute,klaus,NACH(düsseldorf,klaus),e)
Über die semantische Rolle, die das Richtungsprädikat sättigt (s. Kap. 3.1.1), wird dabei die Interpretation der Stelle für das Direktional gesteuert. Benefaktive Argumente
und Modißkatoren:
Ahnlich wie durch das Direktional bei tragen
resultiert die Hinzufügung eines benefaktiven Dativs, z.B. bei spülen, in einer Erweiterung der Verbvalenz um eine syntaktische und eine semantische Stelle. Dabei ist auch die Ar gumentliste der Prädikatskonstante um ein Element erweitert (spülen ): 2
97
Direktionale als Argumente: Gegenüber dem Lokaladverbial bei wohnen entsprechen Direktionalangaben nicht nur X-gebundene Prädikatsvariablen, sondern, wie in Kapitel 3.1.1 gezeigt wurde, auch Argumentstellen der Prädikatskonstante. Das Verb tragen, das fakultativ eine Direktionalphrase zu sich nimmt, hat demnach eine Stelle für ein Richtungsprädikat, wobei das interne Argument, das den Richtungsendpunkt angibt, be reits gesättigt sein muß:
spülen\
SYN-VAL: SEM-VAL:
/akk/nom XyXxXe[SPÜL (x,y,e)]
SYN-VAL: SEM-VAL:
/akk/dat/nom XyXz[ BELEBT]X [+BELEBT]Xe[SPÜL (x,y,Z,e)]
2
98
99
tragen i
SYN-VAL: SEM-VAL:
/akk/nom XyXxXe[TRAGi(x,y,e)]
tragen^
SYN-VAL: SEM-VAL:
/0/akk/nom XP[+RiCHTUNG]XyXxle[TRAG (x,y,P(y),e)] 2
Lex. 27: Lexikoneintrag für tragen. Gefüllt wird die Prädikatsvariable durch Funktionsapplikation. Die beiden thematischen Argumente werden dann durch Eigennamen, also ebenfalls durch Funktionsapplikation gesättigt: (78) a. Ute trägt Klaus nach Düsseldorf
b. tragen^. c. nach-Düsseldorf:
XPXyXxXe[TRAG (x,y,P(y),e)] Xz[NACH(düsseldorf,z)] 2
d. [tragen^,nach-Düsseldorf):
XPXyXxXe[TRAG (x,y,P(y),e)](Xz[NACH(düsseldorf,z)]) 2
Möglicherweise finden sich auch im Bereich anderer Verbgruppen Verben, die die Identifika tion ihres Ereignisarguments mit dem referentiellen Argument eines Ereignisnomens nahe legen, wie z.B. mit Nomen in Subjektposition in ein Geräusch ertönte. Die Auffassung von Direktionalphrasen als Argumente der Lexemfünktion von Bewegungs und Nichtbewegungsverben ist verbreitet (Egg 1994:83, Kaufmann 1995a:235, Maienborn 1996:155, Steinitz 1997:347 ). In den meisten Ansätzen wird die Direktionalphrase aber dekompositionell in die Verbbedeutung eingebunden, ähnlich wie das Adverbial bei dem oben diskutierten Verb wohnen. Die Sättigimg der formspezifizierten Stelle von Präpositionen erfolgt dabei ebenso wie bei Verben entweder durch Funktionsapplikation (Eigennamen) oder mdividueneinführung (Appellativa).
spülen
2
+
X
3
Lex. 28: Lexikoneintrag für spülen. Das Dativargument wird dabei wie andere Individuenargumente durch Funktionsapplika tion (Eigennamen) oder Individueneinführung (Appellativa) gesättigt. Die benefaktiven für-PPs werden dagegen als Modifikatoren behandelt. Ich gehe davon aus, daß die bene faktive Präposition dreistellig ist: FÜR(y,x,e). Dabei ist y derjenige, der von e profitiert, wobei e durch x initiiert oder gewollt wird. Welchen genauen Beitrag x, also das Satz subjekt, in dem benefaktiven Zusammenhang liefert, will ich hier nicht diskutieren. Es ist aber offensichtlich, daß agenslose Verben keinefiir-PPerlauben, der Agens also in be stimmter Weise in die Benefaktiv-Relation involviert ist: (79) a. -es regnete für Peter b. H-die Kamellen fielen für Peter auf die Straße c. Hdas Eis schmolz für Peter
Anhand von Beispiel (80a) will ich die Einbindung einer benefaktiven PP in die Satz bedeutung erläutern. Die benefaktive PP sättigt ihr internes Argument durch Indivi dueneinführung (80f) und wird über Komposition mit der VP-Bedeutung verknüpft (80i). Dabei werden sowohl das verbleibende thematische Argument der PP als auch ihr Ereig nisargument mit den entsprechenden beiden Argumenten des Verbs identifiziert (80j). Das thematische Argument des Verbs wird schließlich durch Individueneinführung gesättigt (80k): 100
Das Subskript an der Präposition / " ^ E N E F ' ° U lediglich in informeller Weise die Lesart an deuten, um die es hier geht. Die genaue Spezifikation der Rollen, die die Partizipanten in der Benefaktiv-Lesart innehaben, daß nämlich y durch das Verhalten von x in e begünstigt wird, er folgt im lexikalischen Eintrag der Präposition. Das geschieht auf die gleiche Weise wie für die entsprechenden semantischen Relationen bei benefaktiven Dativ-Verben. Semantische Relatio nen dieser Art werden in Kap. 4.2 noch im Detail besprochen. S
128
129
(80) a. die Mannschaft spielt für den Trainer b. die-Mannschaft': Xv[DIE-MANNSCHAFT(v)] c. den-Trainer': XwpER-TRAINER(w)] d. spielt': XxXe[SPIEL(x,e)] e- / w ^ B E N E F
zogen. Bei den ursprünglichen, von Davidson (1967:81ff) angeführten Adverbialen at midnight und in the bathroom handelt es sich um Adverbiale, die das Ereignis lokal und temporal einordnen. Nicht alle ereignismodifizierenden Adverbiale verhalten sich jedoch so wie Orts- und Zeitadverbiale. Wenn ich darüber rede, an welchem Ort ich etwas tue mit welchem Instrument und mit welcher Person, so ist das Verhältnis zwischen der Ad verbialbedeutung und dem Ereignis jedesmal ein anderes, was zu unterschiedlichen Re striktionen hinsichtlich des Auftretens der Adverbiale in bestimmten syntaktischen Kon struktionen führt:
:
XyXxXe[FÜR(x,y,e')] f.
/^(den-Trainer '/«^ENEF') 1
:
l
g. h.
Xx'Xe"[XwpER-TRArNER(w)](y ) & XyXxXe[FÜR(x,y,e')](y'Xx'Xe")] X-KonVersion: Xx'Xe"PER-TRAINER(y') & XxXe[FÜR(x,y',e')](x'Xe")] X-Konversion: Xx'Xe"pER-TRAINER(y ) & FÜR(x',y',e")] A^iA\den-Trainer'fürQ£^^'),spieIty. Äx"Xe"[Xx'Xe"pER-TRArNER(y') & FÜR(x',y,e")](x"Xe"') & XxXe[SPIEL(x,e)](x"Xe"')] X.-Konversion: Xx"Xe"'pER-TRAINER(y') & FÜR(x"y',e"') & SPrEL(x\e'")] /^(die-Mannschaft',(^J^l^(den-Trainer'für^^f')^pielt')): Xe""[XvpiE-MANNSCHAFT(v)](x'") & Xx"Xe pER-TRAINER(y') & FÜR(x",y',e"') & SPiEL(x",e"')] (x^e™)] X-Konversion: Xe''''piE-MANNSCHAFT(x'") & DER-TRAINER(y') & FÜR(x",y,e™') & SPIEL(x",e"")] (nach Bindung von e): DIE-MANNSCHAFT(x ) & DER-TRAINER(y') & FÜR(x'",y',e"") & SPIEL(x'",e"") l
i.
,
j.
,
)
k.
m
1.
,
k.
,
,
m
Zusammenfassung: In diesem Kapitel wurde gezeigt, daß die Annahme über die notwen dige Korrespondenz syntaktischer und semantischer Valenzstellen aufrecht erhalten wer den kann, ohne daß die in Kapitel 3.1.1 entwickelten Kriterien für den Argumentstatus revidiert werden müssen. Dabei sind allerdings minimale Dekompositionen der Verb bedeutung, wie bei wohnen und den Witterungsverben, erforderlich, und zwar genau dann, wenn die Anzahl der Argumente der Lexemfünktion nicht mit der der Prädikatskonstante übereinstimmt. Außerdem hat sich erwiesen, daß die Auffassung von Direktionalphrasen als Argumente bzw. die von benefaktiven für-PPs als Adjunkte sich auch unter dem Gesichtspunkt der semantischen Verarbeitung halten läßt.
3.3
Argumente und adverbiale Modifikation
3.3.1
Lokal- und Temporaladverbiale
Einleitung: Das Verhältnis zwischen Adverbialen und verbenthaltenden Ausdrücken wird gewöhnlich als wichtiges Argument für die Annahme von Ereignisargumenten herange-
(81) a. b. c. d. e.
Carlotta spülte das Geschirr in der Küche I während der Feiertage Carlotta spülte in der Küche I während der Feiertage das Geschirr wurde in der Küche I während der Feiertage gespült es wurde in der Küche I während der Feiertage gespült das Geschirr trocknete in der Küche I während der Feiertage
(82) a. b. c. d. e.
Carlotta spülte das Geschirr mit einem Lappen Carlotta spülte mit einem Lappen das Geschirr wurde mit einem Lappen gespült es wurde mit einem Lappen gespült V<xs Geschirr trocknete mit einem Lappen
(83) a.. b. c. d. e.
?
Carlotta spülte das Geschirr mit Hugo Carlotta spülte mit Hugo Hdas Geschirr wurde mit Hugo gespült Hes wurde mit Hugo gespült Hdas Geschirr trocknete mit Hugo
Ereignismodifizierende Lokal- und Temporaladverbiale treten in aktiven, transitiven Sät zen auf (81a), in aktiven, intransitiven Sätzen mit und ohne Agens (81b, 81e), sowie in persönlichen und unpersönlichen Passivsätzen ohne Agens (81c, 81d). Instrumental adverbiale können in den gleichen Kontexten auftreten, mit Ausnahme solcher, in denen ein Agens weder realisiert noch implizit mitverstanden wird (82e). Instrumentaladverbiale haben also Ereignis- und Agensbezug. Gleiches gilt für Komitativadverbiale, nur daß diese einen overten Agens verlangen. Ist der Agens lediglich impliziert, wie in (83c) und (83d), sind Komitativadverbiale nicht möglich. In diesem Kapitel werde ich am Beispiel von Lokal- und Temporaladverbialen noch einmal auf die in Kapitel 3.2.1 vorgestellten Kompositionsmodi eingehen. In den beiden folgenden Kapiteln 3.3.2 und 3.3.3 zu Komitativ- und Instrumentaladverbialen soll darge stellt werden, wie der gleichzeitige Bezug von Modifikatoren auf Ereignis- und themati sche Argumente erklärt werden kann. Abschließend wird in Kapitel 3.3.4 ein Vorschlag für die Behandlung der Modifikation impliziter Argumente gemacht. Ableitung von Orts- und Zeitadverbialen: Gewöhnliche lokale und temporale Ereignis adverbiale vom Typ <e£,t> werden mit verbalen Ausdrücken, wie in Kapitel 3.2.1 (Bei spiel 61) schon dargestellt, durch den Kompositionsmodus der Konjunktion verbunden. In (84) ist dies nochmal an einem einfachen Beispiel, dem Adverb heute, vorgeführt: 101
1 0 1
Den Beitrag grammatischer Kategorien wie Tempus oder Aspekt ignoriere ich im Folgenden.
130
131
(84) a. Sieglinde arbeitet heute
b. arbeitet': c. heute': d. Sieglinde': e. AHheute'jarbeitety. f. ^-Konversion:
XxXe[ARBEiT(x,e)] Xe'[HEUTE(e')] sieglinde X.x'Xe"[Xe'[HEUTE,e')](e") & XxXe[ARBEIT(x,e)](x')(e")] Xx'Xe"[HEUTE(e") & ARBEiT(x',e")]
g. A?(A*iheute',arbeitet')JSieglindey
h. X-Konversion: i. (nach Bindung von e):
Xx%e"[HEUTE(e") & ARBErT(x',e")](sieglinde) X.e"[HEUTE(e") & ARBEiT(sieglinde e")] HEUTE(e") & ARBEIT(sieglinde,e") ;
Donnerstag, drei Tage lang, und Ortsadverbiale wie hier, in Dortmund,
in der Küche.
Ortsadverbiale können darüber hinaus auch Gegenstandsindividuen modifizieren, sind also bezüglich ihres Typs ambig zwischen <e ,t> und <e ,t>. G
Die Wahl eines Kompositionsmodus: Man kann im Übrigen leicht zeigen, daß kein ande rer der drei hier nochmal in (85) wiederholten Kompositionsmodi Funktionsauswertung, Individueneinführung und Konjunktion bei der Verbindung von arbeitet' und heute' in Frage kommt. (85) a. AF(Z'J') = Xa ...Xa [Z'(Y'(a )...(a ))] (für0
l
n
a
l
c. AHZ'J') = Xa ...Xa^[Z'(a )...(a0&Y'(a )...(a )] ( f ü r l < i < j < n ) i
l
n
Funktionsauswertung wie in (86a) oder (86b) ist nicht möglich, da gemäß X-Konversion das Argument vom selben Typ sein muß wie die X-gebundene Variable. In (86a) ist die Xgebundene Variable x vom Typ e und das Argument (Xe'[HEUTE(e')]) der Funktion vom Typ <e ,t>, in (86b) ist ist die X-gebundene Variable e' vom Typ e und das Funktions argument (XxXe[ARBEIT(x,e)]) vom Typ < e , < e , t » . G
E
E
G
E
(86) a. Abarbeitet',heutey. * XxXe[ARBEiT(x,e)](Xe'[HEUTE(e')]) b. A\heute',arbeitety * Xe'[HEUTE(e')](X.xXe[ARBEIT(x,e)]) Individueneinführung wie in (87a) oder (87b) ist ebenfalls ausgeschlossen, denn die bei den konjugierten Funktionen können nicht auf die gleiche Argumentvariable appliziert werden, da die eine der beiden konjugierten Funktionen eine Gegenstandsvariable, die andere eine Ereignisvariable verlangt. Außerdem würde in (87a) fälschlicherweise die Subjektargumentstelle von arbeiten gesättigt, so daß der resultierende Ausdruck nicht mehr dem logischen Typ seiner Kategorie {V,-c,...,/nom}, also < e , < e , t » , entspräche. Wenn wir weiterhin annehmen, daß Ereignisadverbiale auch mit Verben kombinieren, deren syntaktische Valenzstellen alle bereits gesättigt sind, wie in (87c), so fuhrt Indivi dueneinführung zwar nicht zu Konflikten bei der X-Konversion, aber der durch die Sätti gung der Ereignisargumentstelle resultierende Ausdruck ist vom Typ t, was mit seiner syntaktischen Kategorie {V,-c} konfligiert, die semantische Repräsentationen vom Typ <e ,t> verlangt: G
E
E
(87) a. A\arbeitet\heutey. b. A\heute',arbeitety.
Zusammenfassung: Orts- und Zeitadverbiale verlangen im Gegensatz zu Komitativ- und Instrumentaladverbialen keine Agensbeteiligung in dem Ereignis, das sie modifizieren. Sie übersetzen demnach in semantische Ausdrücke vom Typ <e ,t> und verbinden sich mit dem verbenthaltenden Ausdruck durch den Kompositionsmodus der Konjunktion. Es hat sich gezeigt, daß die typengesteuerte Verarbeitung automatisch zur Wahl des geeigne ten Kompositionsmodus führt.
3.3.2
Komitativadverbiale
Typen von "mit"-PPs: Durch mit eingeleitete Präpositionalphrasen treten in Verbindung mit Verben v.a. in vier Lesarten a u f , als Adverbial der Art und Weise (88a), als Instru mentaladverbial (88b), als Komitativadverbial (88c) und als Präpositionalobjekt ( 8 8 d ) ; im vorletzten Fall sind sie manchmal, im letzten immer vom Verb valenzgefordert. 102
103
n
m
l
Die einzige Verknüpfungsmöglichkeit bleibt demnach die Konjunktion, und zwar wie in (84e) oben dargestellt.
E
Entsprechend verhalten sich andere Zeitadverbiale mit Ereignisbezug wie gestern, am
E
c. A\heute'JSieglinde-arbeitety * Xe'[HEUTE(e')](e") & Xe[ARBEIT(sieglinde,e)](e") X-Konversion: * HEUTE(e") & ARBEIT(sieglinde,e") (SYN: {V,-c,...}, aber TYP: t)
* XxXe[ARBEIT(x,e)](y) & Xe'(HEUTE(e')](y?) * Xy[Xe'[HEUTE(e')](e") & XxXe[ARBElT(x,e)](e"?)(y)]
(88) a. b. c. d.
er bemalte die Truhe mit Begeisterung er bemalte die Truhe mit einem Pinsel er bemalte die Truhe mit seiner Freundin er bemalte die Truhe mit Fischen
Die verschiedenen Rollen, die die mit-PP übernehmen kann, sind in den meisten Fällen gut zu unterscheiden. Dies wird zum einen in der semantischen Abweichung deutlich, die entsteht, wenn zwei mit-PPs unterschiedlichen Typs miteinander koordiniert werden (Lakoff 1968:8, Nilsen 1973:29ff), wie in (89a) zum Englischen und (89b) zum Deut schen; zum anderen zeigt sich in Sätzen wie (89c) eine deutliche Ambiguität: (89) a. Seymour sliced the salami with a ^(/«INSTRUMENT
(
a u s
Lakoff 1968:8)
(and a •sca//>e/ STRUMENT) IN
(Wand Sheila i ) (Hand enthusiasmAjcT-UND- WEISE) b. Seymour schnitt die Salami mit einem A^eMerrNSTRUMENT KOMlTAT
(und einem
V
SkalpeHI^STRUMENT)
(Hund Sflei7a OMITATIv) (Hund BegeisterungART-UND-vVElSE) K
Vgl. z.B. Pusch (1972) und Beckmann (1994b). Weitere Lesarten der with-PP im Englischen diskutiert Nilsen (1973:32ff). Seltener werden m//-PPs im Deutschen auch zur Richtungsangabe (sie schwamm mit der Strömung) oder zur Angabe von Zeiten (er heiratete mit siebzehn) ver wendet; vgl. den Eintrag zu mit in Götz / Haensch / Wellmann (1993). Diese Präpositionalobjekte alternieren mit dem direkten Objekt des nicht präfigierten Verbs: (i) er bemalte die Truhe mit Fischen <==> (ii) er bemalte die Truhe mit Begeisterung <==>
er malte Fische aufdie Truhe *er malte Begeisterung aufdie Truhe
133
132 (91) a. Hanna baut ein Haus mit Jean-Pierre Wein Haus wird mit Jean-Pierre gebaut b. Hanna spielt die Sonate mit Jean-Pierre die Sonate wird mit Jean-Pierre gespielt
c. the men loaded the ship with robots (aus Pusch 1972:125) (i) OBJEKT: 'sie luden Roboter auf das Schiff (ii) INSTRUMENT: 'sie beluden das Schiff mit Hilfe von Robotern' (iii) KOMITATrV: 'sie beluden das Schiff zusammen mit Robotern'
nn
c. Hanna backt einen Kuchen mit Jean-Pierre Wein Kuchen wird mit Jean-Pierre gebacken
Selektionsrestriktionen des komitativen "mit": Die komitative mit-PP (von hier an auch
d. Hanna streichelt den Goldfisch mit Jean-Pierre
' ; f - P P ' ) gibt einen Handlungsbegleiter an und tritt typischerweise mit Verben auf, die Ereignisse mit einem weiteren expliziten Agens bezeichnen (90a, 9 0 b ) . Ausgeschlossen ist die /n/r oM-PP als Begleiter von Individual-Level-Zustandsverben (90c, 9 0 d ) . Nur pp schwach akzeptabel ist die /mfKOM- auch bei einigen Verben, die Ereignisse - v.a. punktuelle Ereignisse - bezeichnen, in denen eine Interaktion zwischen dem Verb-Agens und dem durch die mit-PP eingeführten Agens nur schwer möglich ist, wie in (90e) bis (90h). Schließlich ist anzumerken, daß die m/r M-PP nur einen "schwachen" Agens beim Verb fordert. Selbst Verben, die eine Stelle für ein belebtes Individuum mit nur weni gen Agenseigenschaften haben, genügen den Selektionsrestriktionen der /mr oM-PP (90i, 90j). Ich werde im Folgenden davon ausgehen, daß die wifKOM-PP erstens einen (schwa chen) Agens einfuhrt, der als Dativ-NP realisiert wird, und zweitens ein Stage-Level-Verb fordert, das selbst wiederum einen (schwachen) Agens valenzfordert. W
KOM
W-der Goldfisch wird mit Jean-Pierre gestreichelt
104
105
K
Interpretationsbeschränkungen des komitativen "mit": Auf den ersten Blick scheinen Sätze mit komitativer mit-PP wie in (92b) dasselbe zu bedeuten wie entsprechende Sätze ohne PP aber mit koordinierter Subjekt-NP wie in (92a). Die beiden Sätze sind aber nicht äquivalent. Um (92a) wahr zu machen, genügt es, wenn Jenny im Grävingholz joggt und Bonnie im Kurler Busch. Für (92b) ist das nicht ausreichend; hier müssen beide zusam men joggen - in räumlicher Nähe oder sonstwie interagierend. Damit gilt also die Impli kation in (92c) n i c h t .
KO
106
K
(90) a. b. c. d. e. f. g. h.
108
Aber gemäß (92d) ist auch die umgekehrte Implikation falsch, denn (92a) setzt voraus, daß sowohl Jenny joggt als auch Bonnie (92e); (92b) wäre aber auch dann wahr, wenn Bonnie nicht die Schwester, sondern der Hund von Jenny wäre, und Hunde joggen be kanntlich nicht, sie laufen einfach. Vermutlich wäre (92b) auch wahr, wenn Bonnie (die Schwester, nicht der Hund) mit dem Rad neben Jenny herführe. Die komitative mit-PP erlaubt also keine Implikation dahingehend, daß der Referent der internen NP von mit in der genau gleichen Weise (nämlich joggend) in das gemeinsame Ereignis involviert ist wie der vom Verb geforderte Agens (92f).
Claudia joggt mit Klaus Rebecca backt einen Kuchen mitJamaal Wtfanna weiß die Lösung mit Jean-Pierre ^Sabine braucht eine Bohrmaschine mit Otto Ißello beißt die Katze mit Fifi ^Sabine rülpst mit Otto ^Claudia sah mit Klaus den Fleck ^Claudia schwieg mit Klaus
(92) a. Jenny und Bonnie joggen b. Jenny joggt mit Bonnie
(vs. Claudia sah mit Klaus den Film)
c. d. e. f.
i. Hanna überlegte mit Jean-Pierre, wie es weitergehen soll j. Rebecca stand mit Jamaal am Ohio River
Darüber hinaus ist im vorigen Kapitel schon angesprochen worden, daß die Komitativphrase nicht in Passiv-Sätzen auftritt, in denen der Agens implizit ist. Dies sei nochmal an folgenden Beispielen illustriert: 107
1 0 4
Daneben sind verwandte Lesarten der miY-PP zu unterscheiden, bei denen ebenfalls eine be stimmte Art der Zusammengehörigkeit zwischen dem Referenten der externen und dem der in ternen NP der mi'f-PP ausgedrückt wird, bei dem die mit-PP aber keinen Agens einführt: (i) Linsen schmecken am besten mit Curry (ii) der Mann liegt mit einem Buch im Bett
In solchen Lesarten treten mit-PPs auch als Attribute in NPs auf, und zwar ohne Ereignisbezug: die Vase mit den Blumen, der Brief mit den Beleidigungen, der Mann mit dem Buch, etc. 1 0 5
1 0 6
1 0 7
Wenn man annimmt, daß Individual-Level-Prädikate kein Ereignisargument haben, so ergibt sich diese Beschränkung einfach dadurch, daß das Ereignisargument der mit-PP keinen Anker in der Verbbedeutung findet. Zu einem Prototypen-Konzept thematischer Rollen, das es erlaubt, unterschiedliche Grade von Agenshaftigkeit auszudrücken, s. Kapitel 4.2.1. Unter welchen Bedingungen eine Komitativphrase in solchen Kontexten doch auftreten kann, wird in Kapitel 3.3.4 noch angesprochen.
-i [Jenny und Bonnie joggen —> Jenny joggt mit Bonnie] -¡[Jenny joggt mit Bonnie —» Jenny und Bonnie joggen] [Jenny und Bonnie joggen —> Jenny joggt & Bonnie joggt] - i [Jenny joggt mit Bonnie -> Bonnie joggt]
Die W / Í K O M - P P bringt also eine Implikation dahingehend mit, daß der PP-interne Agens in das Ereignis involviert ist, am dem der verbale Agens in der durch das Verb bezeich neten Weise beteiligt ist, wobei die beiden Agenzien in dem Ereignis in bestimmter Weise verbunden sind oder interagieren. Es gelten demnach die folgenden beiden Implikationen: (93) a. Mrr OM(x,y,e) -» AGENS(x,e) & AGENS(y,e) b. MTr oM(x,y,e) - * INTERAKTION(x,y,e) K
K
Das erste Argument der m / 7 O M - P in (93) steht hier wie im Folgenden für den vom Verb valenzgeforderten Agens, das zweite für den durch die PP-interne Dativ-NP bezeichneten Agens. Für die weitere Diskussion sind allerdings weniger die exakten Selektionsrestrik tionen noch die genaue Art der semantischen Relation zwischen den drei Argumenten von ' K O M von Belang, als vielmehr die Tatsache, daß es eine solche Relation und solche Selektionsrestriktionen überhaupt gibt. P
K
W
F
Vgl. auch Walmsley (1971:495), Nilsen (1973:47) und die Literaturangaben darin.
134
135
Zusammenfassend ist festzuhalten, daß sich für die Behandlung von Komitativadverbialen gegenüber der von Orts- und Zeitadverbialen zwei weitere Anforderungen stellen: • Es muß die Selektionsrestriktion ausgedrückt werden, daß Komitativadverbiale nur Ereignisse modifizieren, an denen ein Agens beteiligt ist. • Es muß die Interpretationsbeschränkung ausgedrückt werden, daß in einem Satz wie Hubert spült das Geschirr mit Sabine nicht impliziert ist, daß Hubert und daß Sabine spülen, sondern daß beide in einem Ereignis, in dem Hubert spült, in irgendeiner Weise interagieren. Symmetrische Verben und "mit"-PPs: Auffällig ist, daß bei einigen Verben im unpersön lichen Passiv eine mit-PP deutlich akzeptabler ist als bei anderen: (94)
a. es wird mit Otto diskutiert
jemand diskutiert mit Otto
b. 0)es wird mit Otto geschmust
jemand schmust mit Otto
c. es wird mit Otto getanzt
jemand tanzt mit Otto
d. Hes wird mit Otto gespült
jemand spült mit Otto
e. Hes wird mit Otto gerudert
jemand rudert mit Otto
f.
jemand tapeziert mit Otto
? ?
e j wird mit Otto tapeziert
Es scheint sich dabei vor allem um solche symmetrischen Verben wie diskutieren zu han deln, die implizieren oder, wie bei tanzen, zumindest nahelegen, daß zwei Agenzien in symmetrischer Weise am Ereignis beteiligt sind. Die mit-PP drückt also hier nicht nur aus, daß ihr interner Agens in irgendeiner Weise mit dem verbalen Agens interagiert, wie etwa bei joggen, sondern darüber hinaus, daß er in gleicher Weise wie der verbale Agens am Geschehen beteiligt ist. Deshalb ist (95a) völlig unproblematisch, obwohl Hunde nicht joggen, während (95b) tatsächlich die merkwürdige (oder ironische) Interpretation hervor ruft, daß der Hund in gleicher Weise wie Claudia in die Diskussion involviert ist.
109
e", "x setzt sich auseinander in e", etc. auch für das zweite Argument y g e l t e n . Das läßt sich in Bedeutungspostulaten wie BPdjskutier-I und -H in Lex. 29 formulieren. Es ist übrigens nicht so, daß bei der valenzreduzierten Variante von symmetrischen Verben wie diskutieren, sich unterhalten oder schmusen durch eine pluralische SubjektN P beide Argumente in einer N P realisiert werden. Ausdrücke wie (96a) und (96b) sind auch bei symmetrischen Verben nicht äquivalent. Satz (96a) impliziert Satz (96b) nicht: Wenn Karl von einer Fete nach Hause fahren will und Karola fragt, wo seine beiden Mit fahrer Otto und Sabine sind, und Karola sagt "Sabine und Otto unterhalten sich noch", so bleibt offen, ob sie sich miteinander unterhalten oder jeweils mit jemand anderem. Es gilt zwar die Implikation (96d), nicht aber (96c); (96a) ist also logisch schwächer als (96b). (96)
a. Sabine und Otto unterhalten sich b. Sabine unterhält sich mit Otto c. —\Sabine und Otto unterhalten sich —» Sabine unterhält sich mit Otto] d. [Sabine unterhält sich mit Otto —> Sabine und Otto unterhalten sich]
Die naheliegende Interpretation, daß sich in (96a) Sabine mit Otto unterhält, entsteht einfach daraus, daß Otto hier der kontextuell salienteste Kandidat für das zweite, implizite Argument von diskutieren ist. Ableitung von Komitativadverbialen (1. Versuch): Die obigen Beispiele haben zwar ge zeigt, daß Komitativadverbiale sich nur mit verbalen Ausdrücken verbinden, die einen weiteren Agens einführen. Trotzdem scheint es naheliegend, das komitative mit als nur zweistellig aufzufassen (97a) und die zusätzliche Agensforderung in ein Bedeutungs postulat auszulagern (97c); mit-PPs, wären damit reine Ereignisprädikate (97d): (97) a. mit M'b. B P , ^ - I : c BP^OM-II: KO
M
(95)
a. Claudia joggt mit ihrem Hund
O
M
XxXe[Mn" oM(x,e)] S Y N : {P,...,/dat} • V x V e [ M I T K O M ( x , e ) -> A G E N S ( x , e ) ] • VxVe[MrT OM(x,e) -> 3 y [ A G E N S ( y , e ) & x * y K
K
b. Claudia diskutiert mit ihrem Hund
&
Solche mit-PPs sind bei symmetrischen Verben - auch in Übereinstimmung mit Blume (1997) - als fakultative Argumente des Verbs zu betrachten (Lex. 29). diskutier^ diskutier
2
BPdUkutier-L BPdiskutier-H: BPdiskutier-ni:
SYN-VAL: SEM-VAL: SYN-VAL: SEM-VAL:
/PP""f/nom A.yXxXepiSKUTIERi(x,y,e)] /nom X.xXepiSKUTIER2(x,y d ) ] ±
d. mit-Klaus':
Xe[MIT oM(klaus,e)] K
INTERAKTION(x,y,e)]]
S Y N : {P,...}
Sätze mit Komitativadverbial können nun nämlich genau so wie solche mit Lokaladverbial abgeleitet werden, wobei die Ereignisvariablen des Verbs und der Komitativphrase identi fiziert werden ( 9 8 e ) : 110
(98)
a. Sieglinde arbeitet mit einem Kollegen b. arbeiten': KP arbeiten*-
e
XxXe[ARBEIT(x,e)] • V x V e [ A R B E I T ( x , e ) -> A G E N S ( x , e ) ]
c. ...
• VyVxVepiSKUTIERi (x,y,e) «-» DISKUTIER! (y,x,e)] •VyVxVepiSKUTIERi(x,y,e) -> AGENS(x,e) & KOMMUNIZIER(x,e) & INTERAKTION(x,y,e) & ...] • VyVxVe piSKUTIER2(x,y±d,e) DISKUTIER!(x,y,e)]
Lex. 29: Lexikoneintrag von diskutieren. Für diese Annahme spricht auch, daß die Interpretation der mit-PP hier verbabhängig ist, insofern als z.B. bei diskutieren die verbspezifischen Relationen "x kommuniziert/redet in
Daneben tritt diskutieren noch in der Lesart 'etwas kontrovers zur Diskussion stellen' auf, wie in sie diskutierten die Möglichkeit einer Steuersenkung.
Einen vergleichbaren Vorschlag macht Eckardt (1996a:12f) bezüglich Adverbien der Art und Weise wie carefully, reluctantly, shyly, die als Relationen zwischen Individuen und Ereignisse aufgefaßt werden. Über folgende Äquivalenz werden diese relationalen Adverbien der Art und Weise (ähnlich wie die Komitativphrase in 97d) auf Ereignisprädikate reduziert: (i) XxXefCAREFUL(x,e) & AGENS(x,e)] <==> Xe[CAREFUL (e)] Dies setzt allerdings die Unikalität des Agens voraus, eine Annahme, von der Eckardt ausgeht, die ich aber für problematisch halte (s. Kap. 4.1). #
136
137 d. AHA\mit' einem-Kollegen "),arbeitet").
Xx'Xe"[Xe'[Mn OM(y,e') & EIN-KOLLEGE(y)](e") & XxXe[ARBEIT(x,e)](x'Xe")] e. X-Konversion: Xx'Xe"[MiTKOM(y>") & EIN-KOLLEGE(y) & ARBEIT(x',e")] f. ... g. nach Bindung von e: MrT oM(y>e) & EIN-KOLLEGE(y) & ARBEIT(sieglinde,e) K
e
K
Diese Auffassung des Komitativadverbials hat allerdings verschiedene Schwächen: • Daß der in dem Bedeutungspostulat in (97c) geforderte zweite Agens mit dem durch das Subjekt des Satzes (98a) denotierten Individuum identisch ist, folgt aus der obigen semantischen Behandlung nicht. Tatsächlich können wir Satz (98a) aber natürlich nur so verstehen, daß der Kollege der Komitativ von Sieglinde ist und nicht von irgend jemand anderem. Damit läuft auch das INTERAKTIONs-Prädikat ins Leere. • Argumentstellen der Prädikatskonstante sollen für all die Entitäten vorgesehen sein, die in bestimmten, durch das Lexem implizierten Relationen zueinander und zum Ereignis stehen (s. Kap. 3.3.5). Eine solche Relation stellt die aus M I T K O M folgende Implikation INTERAKTION(x,y,e) dar. Entsprechend sollten diese drei Individuenvariablen (x,y,e) auch Argumentstellen von M I T K O M belegen. • Der Unterschied zwischen Komitativadverbialen und Instrumentaladverbialen, der darin besteht, daß nur letztere auch implizite Argumente modifizieren können, kann unter der Annahme, daß Instrumentaladverbiale ebenso wie in (98) behandelt werden nicht ausgedrückt werden, wie wir noch sehen werden. Ableitung von Komitativadverbialen (2. Versuch): Die obigen Probleme legen es also nahe, das komitative mit als dreistellige Präposition wie in (99a) aufzufassen. Ein entspre chendes Bedeutungspostulat formuliert die Interprelaüonsbescliränkungen für die beiden thematischen Argumente und die Relation, in der sie zueinander und zum Ereignis stehen: (99) a. m/lKOM': h BP ^ -I: m/
OM
XyXxXe[MITKOM(x,y,e)] SYN: {P,...,/dat} •VxVyVe[MJT OM(x,y,e) -> AGENS(x,e) & AGENS(y,e) & INTERAKTION(x,y,e)] K
Da der Modus der Konjunktion auch die Identifikation zweier Variablenpaare gleichzeitig ermöglicht (fett in lOOe), führt diese Repräsentation zu keinen Problemen:
Diese Auffassung von Komitativphrasen umgeht die Probleme der ersten Lösung: • Sie erlaubt die Formulierung der prädikatsspezifischen Relationen (INTERAKTION). • Sie genügt dem Prinzip für Argumenthaftigkeit. • Sie erlaubt es, wie wir später noch sehen werden, auszudrücken, daß mit^ keine Verben mit implizitem Agens modifiziert. Es läßt sich im Übrigen auch hier zeigen, daß die Konjunktion der einzige anwendbare Kompositionsmodus bei der Verbindung von Verb und PP in (lOOe) ist. Funktionsauswer tung wie in (lOle) oder (101e') ist nicht möglich. Diese Ausdrücke sind nicht X-konvertierbar, da das Funktionsargument nicht dem Typ der X-gebundenen Variablen entspricht: ou
F
(101) e. A (A^emem-KollegerijnütKOM'Xarbeitet'): *XvXe'[EIN-KOLLEGE(z) & MIT oM(v,z,e')](XxXe[ARBEIT(x,e)]) e'. Af'(arbeitet',A\einem-Kollegen ',»"fKOM 0) *XxXe[ARBEir(x,e)](XvXe'[EIN-KOLLEGE(z) & MJT oM(v,z,e')]) K
:
K
Ebenso ausgeschlossen ist Individueneinführung wie in (102e). Hier ist zwar X-Konver sion möglich (102f), aber der Typ des Ausdrucks (<e£,t>) entspricht nicht dem zu seiner syntaktischen Kategorie {V,-c,...,/nom} passenden Typ (<eo,<eE,t»): (102) e. Al(Al(einem-Kollegen',mit M')>arbeitet'): Xe"[XvXe'[EIN-KOLLEGE(z) & Mn"KOM(v,z,e')](y)(e") & XxXe[ARBEiT(x,e)](yXe")] f. X-Konversion: *Xe"[EIN-KOLLEGE(z) & MJT M(y,z,e") & ARBEIT(y,e")] KO
KO
Zusammenfassung: Komitativ-PPs treten bei symmetrischen Verben wie diskutieren als Argumente auf, sonst als freie Modifikatoren. Die Komitativadverbiale führen ein Indivi duum mit schwachen Agenseigenschaften ein, und sie adjungieren nur an verbale Aus drücke, die Ereignisse bezeichnen, in denen ebenfalls ein (eventuell schwacher) Agens auftritt. Die Präposition mit^ou impliziert dabei, daß diese beiden Agenzien in dem Er eignis in einer räumlichen oder interaktiven Relation stehen. Die semantische Verarbeitung von Komitativadverbialen erfolgt durch den Komposi tionsmodus der Konjunktion, wobei gemäß der Kriterien für Argumenthaftigkeit, und um die gewünschten semantischen Folgerungen zu erhalten, die Präposition als dreistellige Funktion XyXxXe[MIT oM( ,y> )] repräsentiert werden muß. x
e
K
(100) a. Sieglinde arbeitet mit einem Kollegen
b. ... c. A\einem-Kollegen'jnitKOMy-
3.3.3
XvXe'[Xz[EIN-KOLLEGE(x)](z) & XyXxXe[MJT oM(x,y,e)](zXvXe')] XvXe'[EIN-KOLLEGE(z) & M U K O M C V ^ , ^ ) ]
Instrumentaladverbiale und Passiv
K
d. X-Konversion:
e. A^(A\einem-Kollegen
'/nit^oM\
t')-
arDeite
XyXe"[XvXe'[EIN-KOLLEGE(z) & MJTKOM(v,z,e')](y)(e") & XxXe[ARBEJT(x,e)](y)(e")] f. X-Konversion: XyXe"[EIN-KOLLEGE(z) & Mrr OM(y,z.e") & ARBEJT(y,e")] K
g. A^(A^iA\einem-Kollegen',mit^oM% ' ')ySieglinde'): aroe
tet
XyXe"[EIN-KOLLEGE(z) & MIT oM(y,z,e") & ARBEIT(y,e")](sieglinde) h. X-Konversion: Xe"[EIN-KOLLEGE(z) & MIT oM(sieglinde,z,e") & ARBEIT(sieglinde,e")] i. nach Bindung von e: EIN-KOLLEGE(z) & Mn OM(sieglinde,z,e) & ARBEIT(sieglinde,e)
Selektionsrestriktionen des instrumentalen "mit": Ähnlich wie die komitative mit-PP ver bindet sich auch die instrumentale mit-PP (von hier an auch '/w/frNSTR-PP') mit Verben, die einen Agens valenzfordern (103 a, 103b), während Verben ausgeschlossen sind, die Ereignisse bezeichnen, an denen zwar prinzipiell Instrumente beteiligt sein können, die aber keinen Agens implizieren (103c, 103d) (vgl. Nilsen 1973:90fr): 111
K
K
K
Ein Patiens, der von dem Ereignis mit Hilfe des Instruments affiziert wird, muß vom Verb nicht selegiert werden. Instrumentalphrasen treten sowohl mit Verben auf, die nicht-affizierte Patiens selegieren (i), als auch mit intransitiven Verben (ii) (vgl. auch Beckmann 1994b:123): (i) die Agentin beobachtete ihn mit einem Femglas (ii) die Stabhochspringerin sprang mit einem neuen Glasfiberstab
138
139
(103) a. b. c. d.
Roswitha tötete ihn mit einem Säbel Roswitha schmolz das Vanilleeis mit einem Fön Her starb mit einem Säbel Hdas Vanilleeis schmolz mit einem Fön
auf die Behandlung des Passivs eingehen. Wie viele andere A n s ä t z e dem Passiv eine lexikalische Regel zugrundeliegt. SYN: {V,-c,...,/akk/nom} SEM: XyXxXe[P(x,y,e)]
Darüber hinaus gibt es weitere Restriktionen, die die Verknüpfung des Instrumentaladverbials mit solchen Verben ausschließen, die auf Ereignisse referieren, welche schwer lich mit einem Instrument ausgeführt werden können (104b, 104d): (104) a. sie vernichtete die Kakerlake mifrNSTR einem Pantoffel
b. H ie versteckte die Vogelspinne » « ' I N S T R
E
s
H
,
E
M
•••
(?)
c. sie sah den Stern mi'frNSTR einem Fernrohr d. H j fühlte die Kälte mi'frNSTR einem ...(?) s
e
Im Gegensatz zu den Komitativphrasen können instrumentale mit-PPs, wie in Kapitel 3.3.1 schon gezeigt, auch implizite Agenzien in persönlichen und unpersönlichen Passiv sätzen modifizieren: (105) a. Kurt spülte das Geschirr mit dem Schwamm b. das Geschirr wurde mit dem Schwamm gespült c. es wurde mit dem Schwamm gespült
Interpretationsbeschränkungen des instrumentalen "mit": Ähnlich wie beim komitativem mit gibt es beim instrumentalen mit Implikationen bezüglich der Relationen, in denen die Argumentreferenten zum Ereignis stehen. So genügt es nicht zu sagen, daß das durch die " H ' I N S T R - P P modifizierte Ereignis einen Agens hat und das eingeführte Instrument in dem Ereignis eine Rolle spielt. Es muß zudem festgehalten werden, daß das Instrument in dem Ereignis von einem Agens benutzt wird, und zwar nicht von irgendeinem Agens, sondern von dem durch das Verb eingeführten. Das instrumentale mit impliziert also, daß sein als Dativ-NP realisiertes Argument als Instrument in ein Ereignis involviert ist, in dem ein Agens vorkommt (106a), und daß dieser Agens das Instrument in dem Ereignis verwendet (106b). Die Ableitung muß dann sicherstellen, daß dieser Agens der vom Verb ausge zeichnete Agens ist:
====
Passiv —=-
>
112
SYN: { V t . , . . . , / P / n o m } SEM: XxkyXe[P(x,y,e)] par
pas
von
Lex. 30: Passivregel. Diese Regel führt die Grundform des Verbs mit ihren syntaktischen und semantischen Eigenschaften SYN und SEM in ein Passivpartizip Vpart- s mit aus SYN und SEM abge leiteten syntaktischen und semantischen Eigenschaften über. Die Passivregel ändert die syntaktische Valenz in bekannter Weise: aus /akk/nom wird /P „/nom. Die semantische Repräsentation des Passivpartizips resultiert in einer Änderung der Reihenfolge der Xpräfigierten Variablen, da die Argumentstelle für den Agens im Passiv zuerst gesättigt werden muß. Außerdem nehme ich an, daß die Passivierung keine lexikalische Bedeu tungsänderung mit sich bringt, also die aktive und die passive Variante des Verbs durch die gleiche Prädikatskonstante repräsentiert sind. Man kann sich das Passiv semantisch als eine Funktion wie (107a) vorstellen, die die semantische Übersetzung des Aktiwerbs als Argument nimmt und die semantische Über setzung des Passiwerbs als Wert gibt. In (107b) bis (107e) ist das am Beispiel quälen gezeigt: pa
113
vo
(107) a. b. c. d. e.
/Passiv; XP[XxXyXe[P(yXxXe)]] quälen': XyXx'Xe'[QUÄL(x',y',e')] &*{j?u*">,quälen"): XP[XxXyXerP(yXxXe)]](Xy'X.x'Xe[QUÄL(x',y,e')]) X-Konversion: XxXyte[XyXx%e'[QUÄL(x',y',e')](yXxXe)] X-Konversion: XxXyXe[QUÄL(x,y,e)] ,
Die präpositionale Agensphrase ist im Passiv fakultativ. Da Fakultativität zu einer neuen Verbvariante führt (s. Kap. 3.2.2), können wir eine Valenzreduktionsregel formulieren, die den um die vow-PP-Valenzforderung reduzierten Verbeintrag beschreibt:
(106) a. MiTrNSTR(x,y,e) -* AGENS(x,e) & INSTRUMENT(y,e) b. MrrrNSTR(x,y,e) -» GEBRAUCH(x,y,e)
SYN: SEM:
Die Behandlung von Instrumentaladverbialen stellt also ähnlich wie die der Komitativadverbiale gegenüber der von Orts- und Zeitadverbialen zwei weitere Anforderungen: • Es muß ausgedrückt werden, daß Instrumentaladverbiale nur Ereignisse modifizieren, an denen ein Agens beteiligt ist. • Es muß ausgedrückt werden, daß in einem Satz wie Hubert wäscht Olga mit einem Schwamm es Hubert ist, der in dem Wasch-Ereignis den Schwamm benutzt.
Lex. 31: Reduktion der syntaktischen Valenzstelle für den Agens im Passiv.
Passiv im Lexikon: Instrumentaladverbiale können auch mit Verben kombinieren, deren Agens implizit ist. Das heißt, sie können auch in Passivkonstruktionen auftreten, in denen der Agens nicht als von-PP realisiert ist. Bevor ich mich mit den semantischen Problemen beschäftige, die mit der Modifikation impliziter Argumente verbunden sind, will ich kurz
nehme ich an, daß
{ V . , . . . , / P / n o m } === von-Reduktion ===> XxXyA.e[P(x,y,e)] part
pas
von
SYN: {V . ,...,/nom} SEM: XyX.e[P(x*< ,y,e)] part
pas
1
Ich gehe davon aus, daß der implizite Agens dabei immer definitheitsneutral zu interpre tieren ist, also im Kontext identifiziert werden kann, aber nicht muß. Auch hier kann der semantische Teil der Regel als Funktion verstanden werden, die die Variablenbindung manipuliert:
1 1 2
1 1 3
Das wird z.B. in der LFG angenommen (Bresnan 1982a:29), in der HPSG (Pollard / Sag 1987:21 Iff) und auch von Dowry (1982:92f). Lexikalische Restriktionen, etwa dahingehend, daß bestimmte Zustandsverben kein Passiv bilden, sind hier nicht formuliert.
141
140 (108) a. b. c. d.
/von-Reduktion; AF(/ "-R ,AF(/P X-Konversion: X-Konversion: vo
eduktion
assiv
XP[XyXe\P(x^)(yXe)]] ,9M<äi/c» 0): XP[XyXe[P(x d)(yXe)]](Xx'Xy'>.e'[QUÄL(x,y',e')]) X.yX.e[XxX.y'Xe'[QUÄL(x,y',e)](x d)(yXe)] XyMQUÄLCx^.y.e)] ±
,
,
l
l
±
Die drei durch Passivierung und Valenzreduktion entstehenden Verbvarianten sind hier nochmal am Beispiel quälen zusammengefaßt. quälen ¡
gequält = Passi\(quälen ¡) 2
seauälti =
von-Reaaküon(gequält ) 2
SYN: SEM: TYP.
{V,-c,...,/akk/nom} A.yX.xXe[QUÄL(x,y,e)] <e ,<e ,<e ,t>»
SYN: SEM: TYP:
{V art-pas,-,/PPv >0m} XxXyXe[QUÄL(x,y,e)] <e ,<e ,<e ,t>»
SYN: SEM: TYP:
{V art-pas,-c,..,/nom} XyXe[QUÄL(x±d,y, )] <e <e ,t»
G
G
E
p
O
G
G
e
E
Lex. 32: Lexikoneintrag für quälen. Wie bei lexikalischen Regeln zu erwarten ist, hat sowohl die Passivregel Ausnahmen (109), wie auch die vow-PP-Reduktionsregel (110).
(110) a. die Stadt wird von einer hohen Mauer umgeben b. *die Stadt wird umgeben Das Passivpartizip wird vom Passivauxiliar valenzgefordert. Semantisch stellt sich werden als Ereignisprädikat dar, das die semantischen Valenzstellen des subkategorisierten Parti zips übernimmt. Damit die syntaktische Kategorie von werden seinem logischen Typ entspricht, müssen die Typzuweisungsregeln um den bisher nicht berücksichtigten Fall ergänzt werden, daß Partizipien valenzgefordert sind. Es gilt daher: g ( V . ) = <e ,t>. 114
part
SYN: SEM: TYP:
pas
E
{V,-C,paS,...,/V art-pas} XPXe'\P(e')] «e ,t>,<e ,t» p
E
(daß) Klaus gequält wird ... A^(wirdp 'gequält J. X-Konversion: X-Konversion: X-Konversion: A^(AP(wird ssivgequält ')JClausy. X-Konversion: nach Bindung von e: ASSJV
3
PA
3
t
Xz[XPX.e'[P(e')](X.yXe[QUÄL(x= d y e)]( ))] XztXPXe'Pie'JKXetQUÄLixid.z.e)])] Xi[Xs\Xt[Q\5A^(x ^é)](t')]] X.zX.e'[QUÄL(x± ,z,e')] XzXe'[QUÄL(x±d,z,e')](klaus) Xe'tQUÄLCx^klaus^')] QUÄL(x ,klaus,e) )
;
z
±d
d
±d
Implizite Argumente im Passiv: Ein Problem stellt sich für Instrumentalphrasen und viele ähnliche dreistellige Ereignismodifikatoren im Passiv, wenn die Modifikation des impli ziten Agens des passivischen Verbs erklärt werden soll. Solange der Agens durch eine voM-Phrase realisiert wird, kann das Verb wie üblich durch Konjunktion mit dem Adver bial verknüpft werden, wie in (112f). Die beiden in (112g) noch nicht gesättigten Stellen Xx und Xy können in schon bekannter Weise durch die Individuenbedeutungen von-Carmen' und Klaus' gesättigt werden: (daß) Klaus von Carmen mit einer Peitsche gequält wird ... A?(wird 'gequält '): XvXwfXPXe'tPCeOKXxXyXetQUÄLCxj^KvXw))] ... X-Konversion: XvXwXe[QUÄL(v,w,e)] A^iA\einer-Peitsche ',mit¡^sTR %^(wirdp ssiv'^ 3' ))'• Xx'XyXe'^xXefMTTrNSTRÍx^e) & EINE-PEnSCHE(y)](x'Xe') & XvXwXe[QUÄL(v,w,e)](x'XyXe')] g. X-Konversion: >ix'Xy%e'[Mnj sTR(x',y,e') & EINE-PEITSCHE(y) & QUÄL(x',y,e')] h. ...
(112) a. b. c. d. e. f.
(109) a. sie weiß einen guten Witz b. Hein guter Witz wird von ihr gewußt
werden-pASSiv
(111) a. b. c. d. e. f. g. h. i:
E
P
G
zwar genauer die Funktionskomposition. Sie erlaubt es, die noch ungesättigten Argument stellen des Partizips (fett in 111c) an den resultierenden Ausdruck zu vererben (fett in l l l d - U l f ) . Die Subjektstelle wird schließlich durch Funktionsapplikation gesättigt (111g):
E
Lex. 33: Lexikoneintrag für das Passivauxiliar werden. Die Ableitung passivischer Sätze: Für die semantische Verbindung von Passivauxiliar und Passivpartizip wird der Kompositionsmodus der Funktionsauswertung angewendet, und
Die semantischen Besonderheiten, die werden als Auxiliar des Vorgangspassivs von sein als Auxiliar des Zustandspassivs unterscheidet, bleiben hier unberücksichtigt.
PASSIV
3
eauäu
A
N
Eine Modifikation impliziter Argumente wie die des impliziten Agens in (113a) ist auf diese Weise nicht abzuleiten. Die Konjunktion von Adverbial und Verb (113f) würde Klaus als denjenigen ermitteln, der die Peitsche bedient, was offensichtlich falsch ist, da quälen die Entität an der Argumentstelle, die Klaus füllt (fett in 1131), als den Patiens des Ereignisses spezifiziert: (113) a. b. c. d. e. f.
(daß) Klaus mit einer Peitsche gequält wird ... AF(wird ssrv'gequält '): Xz[XPXe'\P(e')](XyXe[QUÄL(x ,y,e)](z))] ... X-Konversion: XzX.e'fQUÄLix*« ^^')] A^(A (einer-Peitsche ',mitj^¡STR ')A (wirdp ssiv'£ ') 3' ))•' Xx'Xe'[>ixXe[MIT sTR(x,y,e) & EINE-PEiTSCHE(y)](x'Xe') & XzXe'[QUÄL(x±dz,e')](x'Xe')] ±d
PA
3
1
l
Y
e
uän
A
IN
j
142
143 e
&
g. X-Konversion: Xx'Xe'[MrTrNSTR(x',y. ') ErNE-PEITSCHE(y) & QUÄL(x±d, ',e')] x
Daß diese Äquivalenz tatsächlich besteht, läßt sich durch ^.-Konvertierung des zweiten Ausdrucks leicht zeigen, wobei (|>[x/y ] in (114c), abgesehen von der Variablenbenennung genauso ist wie <j>[* J in (114a). ±d
h. ...
i. FALSCH: MTT^sxRCklausj.e) & EINE-PErTSCHE(y) & QUÄL(x±d,klaus,e')] Das Problem der Modifikation impliziter Argumente besteht darin, daß auf nicht X-gebundene Argumente in Kompositionsprozessen nicht zugegriffen werden kann. Die sprach lichen Daten zeigen aber deutlich, daß ein solcher Zugriff stattfindet. Ich werde daher im nächsten Kapitel überlegen, wie innerhalb des gewählten theoretischen Rahmens die Mo difikation impliziter Argumente erklärt werden kann. Zusammenfassung: Instrumentaladverbiale lassen sich mit verbalen Ausdrücken kombinie ren, die einen Agens selegieren. Die Instrumental-PP führt dabei ein Instrument ein, wo bei die Präposition m/% TR impliziert, daß der verbale Agens das Instrument in dem vom Verb bezeichneten Ereignis gebraucht. Instrumentalphrasen treten im Gegensatz zu komitativen PPs auch in Passivsätzen mit implizitem Agens auf. Passivische Verbvarianten können durch eine lexikalische Regel auf aktivische bezogen werden. Eine weitere Regel führt die valenzreduzierte Passiwariante mit implizitem, definitheitsneutral interpretiertem Agens ein. Bei der Kombination von Instrumental adverbialen mit Passivsätzen mit implizitem Agens stellt sich das Problem, daß in einer Typenlogik mit X-Operator die Modifikation impliziter Argumente nicht ohne weiteres dargestellt werden kann. S
±d
±d
(114)a. (j.[x ] <-> XP[P(y±d)](Xx[(j,]) b. ).P[P(y±d)](Xx[if.]) Xx[i).](y±d) c. Xx[<|)](y±d) <-> (fi[x/y ]]
(wegen P-2) (^-Konversion) (X-Konversion)
±d
Ein lexikalischer Lösungsversuch: Das Problem in Beispiel (113) im letzten Kapitel be stand darin, daß die Bedeutungskomposition von mit einer Peitsche und gequält wird nicht zu dem erwünschten Resultat führte. Wenn wir nun in Anlehnung an P-2 die Defi nitheitsmarkierung in ein höherstufiges Prädikat auslagern wollen, so wäre eine dekom ponierte w/7-Phrase wie in (115a) ein guter Kandidat für dieses Prädikat. Lexikalisch müßte man dazu neben der Variante von m/rrNSTR, die explizite Agenzien modifiziert (115b), eine zweite Variante für die Modifikation impliziter Agenzien ansetzen (115c). Dieser Ausdruck kann nun auf das Verb applizieren, wobei, wiederum in Anlehnung an P-2, die ursprünglich als definitheitsneutral repräsentierte Variable des Verbs (115d) Xpräfigiert wird (115e). Es muß also ad hoc eine eigene lexikalische Variante für das agenslose Passivpartizip im Kontext eines Modifikators angenommen werden. Diese Vari ante muß zudem ein Adverbial syntaktisch valenzfordern (/0/nom), damit sein semanti scher Typ <e ,<eG,<eE,t>» seiner syntaktischen Kategorie entspricht. Damit selegiert das Passivpartizip gequält in (115e) syntaktisch eine Phrase, die sein eigentlich definitheitsneutrales Argument y mit der entsprechenden ±d-Markierung versieht, eine Aufgabe, die in diesem Fall eine Variante der Instrumentalphrase übernimmt. G
3.3.4 Die Modifikation impliziter Argumente Anhebung von Propositionen mit impliziten Argumenten: Das im letzten Kapitel aufgetre tene Problem bestand darin, daß defmitheitsneutrale Argumentvariablen weiteren Verar beitungsschritten wie Modifikation nicht mehr zur Verfügung stehen. Insofern als bei passivischen Verben die Definitheitsmarkierung dieser Variablen schon im Lexikon er folgte, nämlich durch eine Passiv- mit anschließender Valenzreduktionsregel, sind die entsprechenden impliziten Argumente nicht X-gebunden und damit schon zu Beginn der Ableitung für keinen Modifikationsprozeß mehr offen. Man möchte also das zu modifizie rende Argument in solchen Fällen noch einmal öffnen, ohne die Definitheitsmarkierung dabei zu verlieren. Für eine solche Öffnung wäre es nützlich, wenn man das entspre chende Argument kurzzeitig X-binden und die Definitheitsspezifizierung in einen höher stufigen Ausdruck verschieben könnte. Dabei wird sich die folgende Äquivalenz für die weiteren Überlegungen als nützlich erweisen, wobei
115
(P-2)
Anhebung von Propositionen mit impliziten Argumenten Theorem:
<-> XP[P(y±d)]
<<e>t> t >
(115) a. b. c. d. e.
XPXetMITiNsT^xidj^) & EINE-PEJTSCHE(y) & P(x±dXe)] XyXxXe[MIT sTR(x,y,e)] SYN: {P,...,/dat} ).yX.PXe[Mrr (x±d,y,e) & P(x dXe)] SYN: {P,...,/dat} XxMQUÄL(x,y±d,e)] SYN: {V . ,-c,...,/nom} XyXxA.e[QUÄL(x,y,e)] SYN: {V . ,-c,...,/0/nom} IN
±
INSTR
part pas
part
pas
Die korrekte Ableitung des Ausdrucks (116a) kann nun mithilfe von Funktionsauswertung vorgenommen werden: (116) a. mit einer Peitsche gequält wird
b. mit-einer-Peitsche': XYXs\hm , (^,yfi) & EINE-PEITSCHE(y) & P(x±dXe)] c. gequält-wird': XwXvXe'[QUÄL(v,w,e')] d. A*(mit-einer-Peitsche'gequält-wird'): Xz[XPXe[MfTrNSTR( d,y,e) & EINE-PEITSCHFXy &P(x dXe)](X.wX.vX.e[QUÄL(v,w,e)](z)) e. X.-Konversion. Xz[XPX.e[MrrrNSTR(x ,y,e) & EINE-PEITSCHE(y) & P ^ X e ^ v t e T Q U Ä ^ Ä e ' ) ] ) f. X-Konversion: Xz[X.e[MiTrNSTR(x ,y,e) & EINE-PEJTSCHE(y) & XvX.e'[QUÄL(v,z,e')](x dXe)] g. X-Konversion: XzX.e[MIT sTR(x d,y,e) & EINE-PEITSCHE(y) & QUÄL(x±d z,e)] ms TVi
x±
±
,
,
±d
(A.x[
±d
±
±
1 1 5
Ich gehe hier wie im Folgenden davon aus, daß 3x[<(i], Vx[<j>] oder Xx[<j>] nur dann wohlgeformte Ausdrücke sind, wenn in <>| mindestens ein freies x vorkommt. Dabei soll <|>[ 1 heißen, daß x in <> j (iefinitheitsneutral ist; tyWy] entspricht <j>, nur daß jedes freie x in <>| durch ein y ersetzt wird. x±
IN
Obwohl wir auf diese Weise die korrekte Repräsentation von mit einer Peitsche gequält werden erhalten, birgt diese Lösung einige schwerwiegende Probleme:
144
145
• Es müssen sowohl für die Präposition als auch für das Verb lexikalische Varianten angesetzt werden, die lediglich im Fall der Modifikation impliziter Argumente zum Tragen kommen. • Das Verb muß dabei einen Ausdruck als syntaktische Ergänzung fordern, den man eigentlich als Adjunkt betrachten möchte. • Die Präposition muß dekomponiert werden. • V.a. aber erlaubt diese Lösung keine Rekursion von Adverbialen, die auf implizite Argumente Bezug nehmen. Solche Rekursionen kommen aber vor, wie in sorgfältig mit einem Schwamm
gespult wird, wo sorgfältig ebenso wie die Instrumentalphrase ein 116
Agens-Ereignis-Paar modifiziert. Die Bindung des definitheitsneutralen Arguments wird durch die PP aber endgültig und kann durch ein zweites Adverbial nicht mehr aufgebrochen werden. Noch ein lexikalischer Lösungsversuch: Ein zweiter lexikalischer Lösungsversuch geht das Problem von der anderen Seite an, indem es das Verb selbst zu einem höhertypigen Prädikat macht (117a), während die Präpositionalphrase (117b) bzw. die Präposition selbst (117c) ihre ursprüngliche Übersetzung behalten: d
d
(117) a. XPXyXe[QUÄL(x± ,y,e)&P(x± )(e)]
SYN: {V . ,-c,...,/0/nom} part
pas
b. X3Ae[MITi sTR(x,y,e) & EINE-PEITSCHE(y)] N
c. XyXxXe[MITrNSTR(x,y,e)]
SYN: {P,...,/dat}
Auch hier ist eine Ableitung durch Funktionsauswertung möglich: (118) a. mit einer Peitsche gequält wird
b. ... c. $
d
l
XPXyXe[QUÄL(x± ,y,e) & P(x±dXe)](Xx'X.e'[MiT sTR(x',z,e ) & EINE-PEITSCHE(z)]) d. X-Konversion: XyXe[QUÄL(x± ,y,e) & Xx'Xe'[Mrr R(x',z,e') & EINE-PEHSCHE(z)](x± Xe)] e. X-Konversion: XyXe[QUÄL(x ,y,e) & MITrNSTR( = > ) & EINE-PEITSCHE(z)] rN
d
d
INST
±d
x±d
z
e
Auch bei dieser Lösung ist keine rekursive Ableitung von Adverbialen des gleichen Typs möglich. Dem könnte man allerdings abhelfen durch eine Regel, die eine generelle, nicht ans Lexikon gekoppelte semantische Höherstufung von passivischen Verbalphrasen be wirkt: Ein Ausdruck, der in eine Repräsentation mit den syntaktischen und semantischen Eigenschaften in (119a) übersetzt, kann auch in eine Repräsentation mit den syntaktischen und semantischen Eigenschaften in (119b) übersetzen (für n > 0): (119) a. SYN: {V,-c,pas,...,/VAL .../VAL } SEM:Xai...Xa Xe[<|>[x ]] b. SYN: {V,-c,pas,...,/0/VAL!.../VAL } SEM: XPXa ...Xo Xe[<j>[x ] & P(x± Xe)] 1
n
±d
n
n
±d
1
1 1 6
d
n
Nicht nur im Bereich der Präpositionen, sondern auch unter den Adverbien gibt es solche, die implizite Agenzien modifizieren können, wie sorgfältig, während andere, wie glücklich, dabei eher unakzeptabel sind: (i) Klaus spülte sorgfältig das Geschirr Klaus spülte glücklich das Geschirr (ii) das Geschirr wurde sorgfältig gespült H-das Geschirr wurde glücklich gespült
Demnach könnte der aus der obigen Ableitung (118) resultierende Ausdruck (120a) auf grund dieser Regel hochgestuft werden (120b) und mit einem weiteren Adverbial des Typs <eG,<eE,t» verbunden werden. (120) a. SYN: {V,-c,pas,...,/nom} SEM: XyXe[QUÄL(x± ,y,e) & MnJNsTRtx^^e) & EINE-PEITSCHE(z)] b. SYN: {V,-c,pas,...,/0/nom} d
d
x±d
z
e
d
SEM: XPXyXe[QUÄL(x± ,y,e) & MITiNSTR( > > ) & EINE-PEJTSCHE(z) & P(x± Xe)] Trotz dieser Erweiterung hat auch diese Lösung einige schwerwiegende Schwächen: • Die eigentlich als Adjunkte aufgefaßten Adverbiale werden jetzt vom Verb und seinen Projektionen sowohl syntaktisch als auch semantisch valenzgefordert. • Es muß eine eigene Verbvariante angenommen werden, die außerhalb des Kontextes der Modifikation impliziter Argumente nicht auftritt und somit auch nicht unabhängig motiviert ist. • Das Verb muß dekomponiert werden. • V.a. aber läßt sich das verbale Partizip mit implizitem Agens nun auch mit solchen Adverbialen verbinden wie etwa der Komitativphrase, die in diesem Kontext nicht auf treten können. Komitatives mit müßte daher eine idiosynkratische, außerhalb des For malismus stehende Markierung erhalten, daß es in einem Passivsatz mit implizitem Agens nicht zulässig ist. Eine Lösung mit Implizitenanhebung: Die Schwierigkeiten der gerade diskutierten Vor schläge lassen sich aber durch eine andere Vorgehensweise beheben. Diese Vorgehens weise möchte ich zunächst an dem schon bekannten Beispiel in (121a) erläutern. Sie ba siert wie die anderen Vorschläge auf der Idee der Anhebung von Propositionen mit impli ziten Argumenten in P-2, wodurch die Definitheitsmarkierung in ein höhertypiges Prädi kat verschoben wird. Das Verb quälen hat im agenslosen Passiv, also z.B. in (121a) ein implizites, definitheitsneutrales Argument für den Quäler (x' ) wie in (121b). Versuchen wir nun, die Prä positionalphrase mit einer Peitsche ( 1 2 1 c ) per Funktionskomposition mit dem Verb komplex zu verbinden, so wird zunächst das noch nicht gesättigte Patiens-Argument des Verbs (fett in 12 ld) für die weitere Verarbeitung extrahiert. Dieser Ausdruck, nach XKonversion (12le), ist aber offenbar keine zulässige semantische Repräsentation, denn die präpositionale Funktion fordert ein Argument vom Typ e£, während das Argument tat sächlich aber vom Typ <e£,t> ist. Beachten wir den Effekt der Patiensextraktion (ab 12 l e kursiv) nicht weiter und konzentrieren uns auf den Rest des Ausdrucks. Was eigentlich erreicht werden soll, ist eine Identifizierung des Agens- und des Ereignisargumentes der PP (x bzw. e) mit den entsprechenden Argumenten des Verbs ( x ' bzw. e'), sowie eine Konjunktion der PP-Prädikate mit der verbalen Prädikatskonstante. Das gewünschte Er gebnis ist also (121h). Um die Funktionsauswertung in (121d) durchführen zu können, muß der Ausdruck in einer regulären Weise umgeformt werden, basierend auf der in P-2 formulierten Äquivalenz. Dazu wird entsprechend P-2 ein höherstufiges Prädikat gebildet, das auf den Ausdruck mit der definitheitsneutralen Variable appliziert, wobei die Definit±d
117
±d
Die beiden offenen Stellen der PP treten hier in umgekehrter Reihenfolge auf, XeXx statt XxXe; daraufgehe ich weiter unten noch ein.
146
147
heitsmarkierung in den Funktor verschoben und die Variable X-präfigiert wird (121f). Das heißt, i) die beiden typgleichen Variablen x und x' (fett in 12 le) tauschen X-Operator und Definitheitsmarkierung (fett in 121f), wobei x in (121e) die am tiefsten eingebettete Xgebundene Variable der Funktion ist; ii) die präpositionale Funktion wird durch die Prädi katsvariable P um den Typ < e , < e G , t » höhergestuft, wobei in dem Prädikat die Variablen mit dem Agens- und Ereignisprädikat der PP identifiziert werden (fett in 12lf). Wenn wir diesen Ausdruck der X-Konversion unterziehen, was nun möglich ist, da das Argument vom erforderlichen Typ < e E , < e G , t » ist, erhalten wir die korrekte Repräsentation (121h). Dieser Ausdruck kann nun in gewohnter Weise weiterverarbeitet werden, so daß am Ende (121j) steht: E
(121) a. der Mann wird mit einer Peitsche gequält
b. wird-gequält': Xz'Xe'tQUÄL^dz'.e')] c. mit-einer-Peitsche': XeXx[VQT(x,y,e) & EINE-PEITSCHE(y)] d. $ (mit-einer-Peitsche',wird-gequält"): ,
Xz[XeXxfMIT(x,y,e) & EINE-PEITSCHE(y)](X.z >.e'[QUÄL(x'±d, ',e )](z))] X-Konversion: te[ XeXxr>irr(x,y,e)&EINE-PErTSCHE(y)](Xe'[QUÄL(x=«l,z,e')]) ] Implizitenanhebung: Xz[ XPX.e[(MrT(x±d,y,e) & EINE-PEITSCHE(y)) & P(x^Xe)](Xx'Xe [QUÄL(x',z,e')]) ] (Wiederholung von 121f): Xz[ XPXe[(MIT(x±
z
e.
,
f.
l
,
f g.
e
h. X-Konversion: te[ Xe[MIT(x= 'l y e) & EINE-PEiTSCHE(y) & QUÄL(x±
;
;
±
(122) a. XxXe[MJT(x,y,e) & DER-SCHWAMM(y)] b. XeXx[MIT(x,y,e) & DER-SCHWAMM(y)] Wir können diese doppelte Möglichkeit der X-Abstraktion nun auf eine lexikalische Ei genschaft des instrumentalen mit zurückführen, indem wir für OT/% zwei Übersetzun gen annehmen (123a). Das komitative mit, das keine Modifikation des impliziten Agens erlaubt, hat dagegen nur die Übersetzung (123b). Damit erlaubt uns P-3 also auch, die lexikalischen Unterschiede der einzelnen Modifikatoren zu erfassen: str
x
e
(123) a. XyXxXe[MITrNSTR( >y> )] b. XyXxXe[MITKOM( >y> )] x
x
und
e
XyXeXx[MITrNSTR( >y> )]
e
Dabei sieht es zunächst so aus, als führe diese Lösung zur Annahme einer Ambiguität des instrumentalen mit. Tatsächlich ist die instrumentale Präposition aber nicht ambig im Gegensatz zur komitativen, sondern vielmehr unterspezifiziert. Die Reihe von X-präfigierten Variablen vor einer offenen Proposition § konstituiert eine Liste, also eine Menge von geordneten Elementen. Für diese geordnete Menge gilt bezüglich des komitativen mit die Spezifikation (124a), bezüglich des instrumentalen mit dagegen (124b), d.h., bei instrumentalem mit bleibt die Reihenfolge ("<") bezüglich Xx und Xe unspezifiziert: (124) a. X-Abstraktion bei mit :
{Xe, Xx, Xy} & (Xy < Xx) & (Xy < Xe) & (Xx < Xe)
KOU
:
b. X-Abstraktion bei /wrrNSTR
e
x
{^ > ^-> ^y}
(ty ^ ) & (Xy ^ )
&
<
x
K
e
Für solche Fälle wie W J ; % soll im Folgenden die Listendarstellung der X-präfigierten Variablen aufgegeben werden. Für die in Mengenklammern angegebenen X-präfigierten Variablen in Ausdrücken wie (125a) gilt, daß die Reihenfolge ihrer Abstraktion beliebig ist. Instrumentales mit übersetzt also in (125b), so daß für mit ein Lexikoneintrag wie in Lex. 34 angenommen werden k a n n . s t r
118
119
(125) a. Xa{Xa',Xa"}[(j)] = (XaXa'Xa"[(|>] v XaXcc"Xa'[(|>]) b. Xy{Xe,Xx}[MrTrNSTR( .y,e)] x
)
Wir können nun ein Prinzip formulieren, das die Typanhebung, die Verschiebung der Definitheitsmarkierung und die X-Präfigierung, wie in Beispiel (121) illustriert, regelt: (P-3)
»"'INSTR
BPm/flNSTR-f
Implizitenanhebung Wenn tf(Z',T) = Xa ...Xa [Z'(T'(a )...(a ))], so daß Z'(F(a )...(a )) = *XeXx[u/](Xe [6[y l]), so wird Z ' ( Y ' ( a ) . . . ( o Q ) als XPXe[i|/[x/x ] & P(x d)(e)](XyXe'[<|)]) repräsentiert. 1
n
1
n
,
1
SYN:
SEM:
BPraflNSTR-fL
±d
{P,...,/dat} Xy{Xe,Xx} [MIT sTR(x,y,e)] •VxVyVe[MIT ( x , y , e ) -> A G E N S ( x , e ) & INSTRUMENT(y,e)] •VxVyVe[Mn'i sTR(x,y,e) -> G E B R A U C H ( x , y , e ) ] IN
r N S T R
N
n
±d
±
x
Die Bedingungen für die Anhebung des impliziten Arguments sind in P-3 auf den spezifi schen Fall beschränkt, daß eine Funktion vom Typ < e E , < e G , t » versucht, auf ein Argu ment zu applizieren, das vom Typ <eE,t> ist und eine definhheitsneutrale Variable enthält. Ich werde später (Kap. 7.1.2) dieses Prinzip verallgemeinern, so daß auch andere Fälle davon erfaßt werden. Implizitenanhebung und Lexikon: Die Ableitung in (121) geht davon aus, daß die Präpositionalphrase nicht, wie bei der Modifikation von Sätzen mit explizitem Agens, in (122a) übersetzt, sondern in (122b). Die beiden Argumente werden also in unterschiedlicher Reihenfolge X-abstrahiert:
»"'KOM
SYN:
{P,...,/dat}
SEM:
XyXxXe[MITKOM( ,y,e)]
BP ,/KOM-f
• V x V y V e [ M r r o M ( x , y , e ) -»• A G E N S ( x , e ) & AGENS(y,e)] •VxVyVe[MITKOM( ,y,e) -> r N T E R A K T I O N ( x , y , e ) ]
M
BP ,rKOM-If m
x
K
x
Lex. 34: Lexikoneintrag für mit. Die Reihenfolge von Argumentstellen variabel zu halten, ist anderem Zusammenhang von Jacobs (1995:60) vorgeschlagen worden, der dadurch freier Wortstellung Rechnung tragen will. Die beiden Bedeutungspostulate für m i t r s s T R bzw. m/'fKOM können natürlich jeweils in einem Konjunkt zusammengefaßt werden; ihre Trennung ist rein darstellungstechmsch.
148
149
Noch ein Blick auf die Daten: Die bisherige Darstellung des Komitativadverbials ist am Beispiel von Sätzen wie (126) davon ausgegangen, daß es nur in Sätzen mit explizitem Agens auftreten kann: (126) a. t^das Geschirr wurde mit Kurt gespült b. Hdas Haus wird mit Susanne gebaut
Tatsächlich können unter bestimmten Bedingungen Komitativadverbiale durchaus auch ohne expliziten Agens verwendet werden und zwar v.a. in generisch zu interpretierenden Mittelkonstruktionen wie in (127). Aber auch in nicht-generischen Ausdrücken werden, wenn die PP-interne NP indefinit ist wie in (128), die Beispiele schon deutlich akzepta bler. Auch im Imperativ (129a) bzw. der imperativisch zu interpretierenden Variante des unpersönlichen Passivs (129b) können Komitative auftreten: (127) a. mit einer gelernten Küchenhilfe spült es sich leicht b. mit einerfleißigenHandwerkerin arbeitet es sich am besten (128) a. Idas Geschirr wurde mit einer Küchenhilfe gespült b. Idas Vogelhäuschen wurde mit einem Freund von Kurt gebastelt (129) a. mach jetzt mit deinem Bruder die Hausaufgaben!
rung der Agensargumente von mit und quälen in der Syntax im Rahmen der Bindung stheorie erzielt wird. Demnach haben sowohl eine zweite Variante des instrumentalen mit als auch das passivische, valenzreduzierte quälen ein definitheitsneutrales implizites Agens-Argument. Diese Argumente projizieren Indizes in die syntaktische Repräsenta tion, d.h., in die PP und die VP, wo sie gemäß bestimmter Koindizierungsregeln identifi ziert werden. Diese Lösung würde keine strukturverändernden Operationen wie in P-3 erfordern, wo bei die Strukturveränderung in P-3 auf der in P-2 formulierten Äquivalenz beruht und insofern nicht völlig willkürlich ist. Für P-3 spricht, daß es erlaubt auszudrücken, daß die Unterschiede bei verschiedenen Modifikatoren hinsichtlich ihrer Fähigkeit, auf implizite Argumente zuzugreifen, teilweise lexikalisch bedingt sind. Auch müssen die lexikalischen Einträge für Verben und Präpositionen nicht vervielfältigt werden; einfache Unterspezifi kation genügt. Zum Abschluß der vier letzten Kapitel sei an einem Beispiel mit zwei Adverbialen, die implizite Argumente modifizieren, noch einmal eine vollständige Ableitung illustriert: (131) a. (daß) das Geschirr sorgfältig mit dem Schwamm
b. das-Geschirr': c. sorgfältig':
b. 0)es werden jetzt mit deinem Bruder die Hausaufgaben gemacht!
Ich will die Gründe dafür hier nicht weiter diskutieren, es ist aber offensichtlich, daß wir uns bei der Frage, wann Adverbiale implizite Argumente modifizieren können, nicht auf das Lexikon allein verlassen können. Ich will daher davon ausgehen, daß bestimmte Pro zesse die für die Implizitenanhebung erforderliche Umstellung der Argumentstellen von komitativen /nzf-Adverbialen auslösen können. Diese Umstellung erfolgt in ähnlicher Weise wie bei der Passivierung (Kap. 3.3.3), also durch eine Funktion, die die Reihenfolge der Argumentstellen manipuliert (130a). Das Beispiel in (130b) bis (130d) illustriert dies am Beispiel der PP mit einem guten Freund:
(130) a. fArgumentstellenwechsel; XP[XeXy[P(y)(e)]] b. fArgumentstellenwechsel( it-einem-guten-Freundy. m
,
XP[XeXy[P(yXe)]](XzX.e[MIT(z,x,e') & EIN-GUTER-FREUND(x)]) c. X-Konversion: XeXy[XzXe'[MIT(z,x,e') & EIN-GUTER-FREUND(x)](y)(e)] d. X-Konversion: XeXy[MJT(y,x,e) & EIN-GUTER-FREUND(x)] Diese Überlegungen lassen die Formulierung des Prinzips der Implizitenanhebung unbe rührt, ebenso wie die Annahmen einer lexikalischen Grundlage des unterschiedlichen Modifikationsverhaltens von Adverbialen. Instrumentales mit erlaubt tatsächlich immer die Modifikation eines impliziten Agens, während sie bei komitativem mit durch die lexi kalische Übersetzung allein nicht lizenziert ist.
d.
m i t m s T R ' :
m
e. dem-Schwamm': f. spülen/: g. gespültf = A (f ¥
gespült wird
XypAS-GESCHTRR(y')] Xe'Xx[SORGFÄLTIG(x,e')] SYN: {A,...} EPsorgfältig* • VxVe[SORGFÄLTIG(x,e) -> AGENS(x,e)] XyXe'Xx'[MnrNSTR(x',y',e')] SYN: {P,...,/dat} BP , I: •VxVyVe[MJT (x,y,e) -> AGENS(x,e) & JNSTRUMENT(y,e) & GEBRAUCH(x,y,e)] Xy"[DER-SCHWAMM(y"')] XyXxXe[SPÜL(x,y,e)] BP^fir-I: •VxVyVe[SPÜL(x,y,e) -> AGENS(x,e) & PATTENS(y,e)] r
INSTR
,spülen
j J.
Passiv
XxXyXe[SPÜL(x,y,e)] SYN: {V .n,-c,...,/P „/nom} h. gespültf = A (/ ",A (/ « ,5p«/eMj ")): XyXe[SPÜL(x ,y,e)] SYN: {V _n,-c,...,/nom} i. w i r d p A s s r v ' : XPXe'[P(e')] SYN: {V,-c,pas,...,/V _n} part
F
vo
Reduktion
F
Pa
vo
siv
±d
part
part
j
A?(wirdp siv',gespült '): AS
3
,
k. X-Konversion: 1. X-Konversion:
d
Xz[XPXe'[P(e )](XyXe[SPÜL(x± ,y,e)](z))] Xz[Xe'[Xe[SPÜL(x ,z,e)](e')]] XzXe'[SPÜL(x ,z,e')] ±d
±d
m. A^dem-Schwamm'jnitmsiR)',
,
Xe"Xx"[XypER-SCHWAMM(y")](z) & XyXe'Xx [MIT (x ,y,e')](zXe"Xx")] n. X-Konversion: Xe"Xx"pER-SCHWAMM(z) & MiT (x",z,e")]] INSTR
INSTR
o.
A^(A (dem-Schwamm',mit^sTR')A (wirdp ssn '£ Pült3'))'• l
F
r
es
A
,
±d
Xy[Xe"Xx"PER-SCHWAMM(z) & MIT (x",z,e")](XzXe [SPOL(x ,z,e')](y))] p. X-Konversion: Xy[Xe"Xx"pER-SCHWAMM(z) & MlT STR(x^z,e")](Xe'[SPÜL(x± ,y,e )])] q. Implizitenanhebung: Xy[XPXe"pER-SCHWAMM(z) & MnrNSTR(x" ,z,e") & Ptx^Xe'JKXxXe'ßPÜLIx.y.e')])] r. X-Konversion: Xy[Xe"PER-SCHWAMM(z) & Mn (x' = ,z,e'') & XxXe'[SPÜL(x,y,e')](x'=Xe")] INSTR
Abschließende Bemerkungen
und Beispielableitung: Das Prinzip zur Implizitenanhebung
P-3 ermöglicht es also, bei einer bestimmten Konstellation von X-Präfixen bei einem Modifikator auf implizite, defimtheitsneutrale Argumentvariablen eines Verbs zuzugreifen. Neben rein semantischen sind allerdings auch andere Lösungen denkbar: Jacobs (pers. Mitt. u. 1995:47ff) deutet eine - allerdings noch nicht ausgearbeitete - Alternative an, nach der in einem Beispiel wie mit einer Peitsche gequält wird die Variablenidentifizie-
d
,
IN
±d
y
d
rNSTR
y
d
150
151 s. X-Konversion:
XyXe"PER-SCHWAMM(z) &
3.3.5 Das Verb im Lexikon (Teil I)
MUINSTRCX'^Z^")
& SPÜL(x"±d y,e")] t. ^(sorgfältig ',A?(A (dem-Schwamm ',mifrN TR ^^(wirdpASSIV^espült} ')): l
S
XvtXe^xfSORGFÄLTIGtx^KXyXe'pER-SCHWAMMtz) & MITrNSTRCx^^z.e") & SPÜL(x"±d,y, »)](v))] X-Konversion: Xv[Xe'Xx[SORGFALnG(x,e')](Xe"pER-SCHWAMM(z) & MIT (x"± ,z,e") & SPÜL(x"± , v,e")])] Implizitenanhebung: Xv[XPXe'[SORGFÀLTIG(x ,e') & P(x±Xe')] (Xx"Xe°pER-SCHWAMM(z) & MTTrNSTR(x",z,e") & SPÜL(x",v,e")])] X-Konversion: Xv[Xe'[SORGFÄLTIG(x± ,e') & Xx"Xe"pER-SCHWAMM(z) & MTTiNsxR( "' = ") & SPÜL(x",v,e")](x± Xe')] X-Konversion: XvXe'[SORGFÄLTIG(x± ,e') & DER-SCHWAMM(z) & MTTiNsTR(x ,z,e') & SPÜL(x± ,v,e')] A (das-Geschirr',A (sorgfäItig',A (A (dem-Sch\varnm',rnitj^sTR% A?(yvird siv'gespült ' ))): XeïXy'pAS-GESCHIRRCjOKw) & XvXe'[SORGFÄLTIG(x ,e') & DER-SCHWAMM(z) & M n j R ( x , z , e ' ) & SPÜLtx^v^KwXe")] X-Konversion: Xe pAS-GESCHIRR(w) & SORGFÄLTIG(x ,e") & DER-SCHWAMM(z) & MrT R(x ,z,e") & SPÜL(x± ,w,e")] nach Bindung von e: DAS-GESCHTRR(w) & SORGFÄLTIG(x ,e) & DER-SCHWAMM(z) & MTIJNSTRCx^Äe) & SPÜL(x± ,w,e) Gemäß der Bedeutungspostulate BP' rgßlUg* B P , I und B P ^ - I : SPÜLCx*^w,e) & DAS-GESCHTRR(w) & SORGFÄLTIGtx^e) & MTT STR(x ,z,e) & DER-SCHWAMM(z) & AGENS(x ,e) & PATJENS(w,e) & INSTRUMENT(z,e) & GEBRAUCH(x ,z,e) e
u.
d
d
INSTR
v. w.
d
±d
d
x
x.
z
d
e
d
±d
y.
l
F
F
d
l
PAS
3
±d
± d
N S T
z.
H
±d
±d
d
INST
ä.
±d
Syntaktische Angaben (SYN): Zum Abschluß des Kapitels 3 sollen hier die bisher ge machten Annahmen zu Form und Inhalt von Lexikoneinträgen für Verben noch einmal ausgeführt werden. Die syntaktische Valenzangabe spezifiziert die syntaktisch-kategorialen Forderungen an die zu realisierenden, das Verb begleitenden Konstituenten. Die An gabe erfolgte bisher in der in (132a) dargestellten Form. Die syntaktische Valenzangabe ist eingegliedert in die Repräsentation lexikalisch-syntaktischer Informationen (SYN), deren Format hier im Wesentlichen Jacobs' (1992a.97ff 1992b:88f, 1993:3f) modularer Valenzgrammatik folgt. Unter SYN wird dabei eine Menge syntaktischer Merkmale ange geben, die die syntaktische Kategorie des Wortes oder der Phrase konstituieren. Bei Verben enthält diese Menge die Valenzangabe, die Wortartangabe und die Angaben zu grammatischen Kategorien wie Person, Numerus, Modus, Tempus und gegebenenfalls anderen (132b). Die Valenzangabe erfolgt für jeden vom Verb geforderten Verbbegleiter in der Form /{...}, wobei die geschweiften Klammern die morphosyntaktischen Merkmale des gefor derten Ausdrucks oder im Falle präpositionaler Ergänzungen auch die spezifische Präpo sition enthalten. Wird keine besondere Form des verbbegleitenden Ausdrucks gefordert, wie etwa bei direktionalen Ergänzungen (auf den Tisch, in den Schrank, dorthin), so wird dies durch das Zeichen für die leere Menge ausgedrückt: / 0 . 120
1 2 1
d
ö.
SO
m
±d
r
±d
IN
±d
Zusammenfassung. Auf der Basis eines Theorems zur Anhebung von Propositionen mit impliziten Argumenten P-2, das die Verschiebung von Defimtheitsmarkierungen in ein höherstufiges Prädikat erlaubt, wurden verschiedene Möglichkeiten geprüft, die Modifika tion implizter Argumente zu erklären. Als geeignet erweist sich ein Prinzip der Implizi tenanhebung (P-3), das zu einer regulären Umformung semantischer Repräsentationen führt, die es erlaubt, durch Funktionsauswertung auf das implizite Agensargument passi vischer Verben zuzugreifen. Diese Vorgehensweise bedingt zwar eine strukturverändernde Operation, wird ansonsten aber den Daten gerecht und hat folgende Vorteile: • Die partielle Abhängigkeit der Modifizierbarkeit impliziter Argumente von der Art des adverbialen Lexems kann ausgedrückt werden. • Die für Verben aufgestellten Argumentkriterien gelten nun auch für die Argumente präpositionaler Prädikatskonstanten. Es füllen diejenigen Entitäten Argumentstellen der Prädikatskonstante, die in bestimmten, durch die Präposition implizierten Relatio nen zueinander und zum Ereignis stehen. • Es sind keine lexikalischen Dekompositionen nötig. • Es sind keine Stipulationen in Form einer Multiplikation lexikalischer Varianten erfor derlich, sondern lediglich eine Unterspezifikation der lexikalischen Einträge mancher Präpositionen und Adverbien.
(132) a. quälen SYN-VAL: /akk/nom b. quälen SYN: {V, 3pers, pl, präs, ind,/{N,akk}/{N,nom}} c. quälen SYN: {<WORTART,V>,
Zur syntaktischen Verarbeitung solcher Valenzen vgl. Jacobs (1992a, 1992b). Mögliche und unmögliche Valenzrepräsentationen werden durch spezielle Wohlgeformtheitsbedingungen erfaßt (vgl. Jacobs 1992b:112ff, 1993:18ff).
152
153
NP gefordert. Die Interpretation des Arguments von schlafen ist dabei auf den Adres saten der Äußerung beschränkt (Jacobs 1994:311): 122
Die in P-5 angesprochene Koindizierung ist implizit: Die Reihenfolge der syntaktischen Valenzstellen korrespondiert immer mit der Reihenfolge der X-präfigierten Variablen der semantischen V a l e n z . 124
(133) a. schlaft
b. SYN-VAL: /
SEM-VAL: SCHLAF(adr i) p
Die in den Einträgen enthaltenen Bedeutungspostulate unterscheiden sich dagegen zwar bezüglich verschiedener Verblesarten, nicht aber bezüglich verschiedener Wortformen ei nes Lexems. Was im Laufe dieser Arbeit über Ereignisstrukturen gesagt werden wird, ist daher auch unabhängig davon, ob man Lexeme oder Wortformen lexikalisch repräsentiert. Ich werde davon ausgehen, daß sich die lexikalischen Einträge auf gewöhnliche flektierte, indikativische Formen beziehen, z.B. die dritte Person Plural Präsens wie in (132b). Semantische Übersetzung (SEM): Jede Verbvariante übersetzt in eine n-stellige Funktion, verstanden als Verschachtelungen von n einstelligen Funktionen. Diese Lexemfunktion nimmt n Argumente zu sich und enthält zudem eine m-stellige Prädikatskonstante, wobei m größer (134a), kleiner (134b) oder gleich n (134c) sein kann: +d
(134) a. XxXe[ZUSCHLAG(x,y ,e)] b. XPXxXe[WOHN(x,e) & P(e)] c. XyXxXe[QUÄL(x,y,e)] Die thematischen Argumente der Lexemfunktion und die Argumente der Prädikats konstante werden wie folgt bestimmt: (P-4)
Argumente der Prädikatskonstante Durch Argumentvariablen der Prädikatskonstante in der semantischen Überset zung des Verbs werden die und nur die Entitäten repräsentiert, die in einer durch das Prädikat festgelegten semantischen Relation zum verbalen Ereignis stehen (= denen eine semantische Rolle zugeordnet wird), die einen durch das Prädikat festgelegten, stabilen Bezug zu einzelnen Teilereignissen haben und die durch Ausdrücke syntaktisch realisiert werden, die nicht in Sätze des geschehenltunTyps ausgegliedert werden k ö n n e n . 123
(P-5)
Argumente der Lexemfunktion Die semantische Übersetzung Ü eines das Verb begleitenden syntaktischen Aus drucks A ist dann und nur dann ein Argument der verbalen Lexemfunktion (= ist durch eine semantische Valenzstelle repräsentiert), wenn die X-präfigierte Argu mentvariable des Verbs, die durch Ü spezifiziert wird, mit einer syntaktischen Valenzstelle koindiziert ist und A deren syntaktisch-kategorialen Forderungen genügt.
Selektionsrestriktionen: Inhaltspezifische Valenzforderungen des Verbs an seine Begleiter wie etwa die Beschränkung des Objekts von trinken auf Flüssigkeiten, wurden in den lexikalischen Einträgen bisher als Selektionsrestriktionen in Form von Merkmalen an den Argumenten in SEM-VAL aufgeführt (135a); diese Merkmale sind zu interpretieren als Bedeutungspostulate wie in (135b): (135) a. SEM-VAL: X,y[+FLÜSSIG]x > e[TRINK(x,y,e)] x
b.
BP trink-!:
>
• VxVy Ve[TRINK(x,y,e) -> FLÜSSIG(y)]
Fakultativität: Syntaktische Fakultativität wird, wie schon ausführlich in Kapitel 3.2.2 dargelegt, durch die Annahme zweier Verbvarianten ausgedrückt, deren syntaktische Valenzen sich genau dadurch unterscheiden, daß die eine syntaktische Valenz eine Stelle enthält, über die die andere nicht verfügt. Die aus syntaktischer Fakultativität resultieren den Verbvarianten unterscheiden sich gemäß P-5 auch in ihrer semantischen Valenz, z.B. bei spülen in (136): (136) a. SYN-VAL: SEM-VAL: b. SYN-VAL: SEM-VAL: c. SYN-VAL: SEM-VAL:
/akk/dat/nom XyXzXxXe[SPÜL2(x,y,z,e)] /akk/nom XyXxXe[SPÜLi(x,y,e)] /nom X.xXe[SPÜL3(x,y ,e)] ±d
Hinsichtlich der Argumente der Prädikatskonstante kann syntaktische Fakultativität zwei erlei Auswirkungen haben. Ein Argument der Prädikatskonstante in der syntaktisch niedrigstelligeren Variante ist ein implizites Argument und muß in lexikalisch festzule gender Weise interpretiert werden (definit, definitheitsneutral, reflexiv), z.B. (136c) vs. (136b), oder die Prädikatskonstante der syntaktisch niedrigstelligeren Variante hat ein Argument weniger (semantische Fakultativität), z.B. (136b) vs. (136a). Polysemie und Homonymie: Der Ausdruck von syntaktischer Fakultativität verlangt also die Annahme verschiedener Verbvarianten. Dabei können sich, wie gesehen, die Prädi katskonstanten verschiedener syntaktischer Varianten eines Verbs in ihrer Steifigkeit unterscheiden, wie spülen\ und spülen in Lex. 35, ebenso wie die Lexemfunktionen in ihrer semantischen Valenz (spülen^ vs. spülen vs. spülen-^), oder die Argumente können in verschiedenen Verbvarianten unterschiedlich starken Selektionsrestriktionen unterlie gen wie spülen\ vs. spülen-^. Darüber hinaus lassen sich natürlich aus rein semantischen Gründen noch weitere Verbvarianten unterscheiden (wie in 137), z.B. aufgrund unter schiedlicher Selektionsrestriktionen (spülen^, spülen^)} 2
2
25
1 2 2
Ansätze, die morphologische und syntaktische Valenz unterscheiden, wie z.B. Vater (1995:152), nehmen in diesem Fall an, daß der Valenzforderung von schlafen morphologisch durch das Flexiv -t genüge getan wird, im Gegensatz zu der syntaktischen Realisierung in Schlafen Siel.
123 Ygj zum Rollenkriterium und zum geschehen!Tun-Kriterium Kapitel 3.1.1 und zum Bezug auf Teilereignisse Kapitel 3.1.2.
Durch Indizierung ausgedrückt sieht dieser Zusammenhang so aus: (i) SYN: {...,/{N,akk}V{N,nom} } (ii) SEM: XylXx2Xe[QUÄL(x,y,e)]) Vgl. dazu den Eintrag für spülen in Götz / Haensch / Wellmann (1993). 2
154
155
spülen \
SEM(spüle )
SYN-VAL: SEM-VAL:
/akk/nom Xy[+GESCHIRR v +MUND v ...]XxA.e[SPÜLi(x,y,e)]
SYN-VAL: SEM-VAL:
/akk/dat/nom XyXz[ BELEBT]Xx(+BELEBT]Xe[SPÜL2(x,y,Z,e)]
spülen^
SYN-VAL: SEM-VAL:
/nom A.xXetSPÜLsCx.yidl+GESCHiRR]^)]
spülen^
SYN-VAL: SEM-VAL:
/nom ^ [+MENSCH]A, [SPÜL4(x,y[+MUND] )]
SYN-VAL: SEM-VAL:
/nom X.x[+WASCHMASCHmE]^ [SPÜL5(x,y±d[ WÄSCHE] )]
spüleni
spülen^
EP alen*EPspülen*!. EP spülen*^' EP ülen*V sp
sp
e
-l,
EP „-n}>.
n6
spülen
Ein Lexikoneintrag für das
spüle
PHON/GRAPH: <Jpy:l3n, spülen>
;e
MORPH: ...
+
e
>e
•VyVzVxVe[SPÜL2(x,y,z,e) -»• SPÜLi(x,y,e)] •VyVxVe[SPÜL3(x,y d,e) - » SPÜLi(x,y,e)] •VyVxVe[SPÜL4(x,y,e) -> SPÜLi(x,y,e)] • VyVxVe[SPÜL5(x,y «i,e) -> SPÜLi(x,y,e)]
SYN(spülen ) = {V, 3pers, pl, präs, ind, /{N,akk}/{N,nom}} SYN(spülen ) = {V, 3pers, pl, präs, ind, /{N,akk}/{N,dat}/{N,nom}} SYN(spülen ) = {V, 3pers, pl, präs, ind, /{N,nom}}
SYN:
{
2
±
±
3
SEM:
SEM(SYN(^M/e«!) = < XyXxle[SPÜLi(x,y,e)] { EP „-\: • VxVyVe[SPÜLi (x,y,e) -> GESCHTRR(y) v MUND(y)] }>'
Lex. 35: Lexikalischer Eintrag von spülen. (137) a. b. c. d. e.
x
Verb spülen (hier nur die ersten drei Varianten aus Lex. 35) sieht demnach so aus wie in Lex. 36, wobei außerdem zu den einzelnen Varianten, gemäß dem in Kapitel 3.3.3 Ge sagten passivische Varianten und davon wiederum valenzreduzierte passivische Varianten gebildet werden können. Diesem ausführlichen Eintrag (Lex. 36) entspricht die Kurznota tion in Lex. 37, wie ich sie auch im Folgenden häufiger verwenden werde.
+
x
= <spülen \{BP
ni
spüle
SEM(SYN(spülen )
spülen Sie doch mal die Gläser I Ihren Mund! (spüleni) ich hab ihr die ganzen Teller gespült (spülen ) du hast schon wieder nicht gespült (spülen^) (beim Zahnarzt:) spülen Sie jetzt bitte! (spülen^ die Waschmaschine spült schon (spülen^)
=
2
< { EP -ll: BPspüien*U
2
spiUen
XyXzXxXe[SPÜL2(x,y,z,e)] D VxVyVzVe[SPÜL (x,y,z,e) -> BELEBT(x) & BELEBT(z)][ •VxVyVzVe[SPÜL (x,y,z,e) -> SPÜLi(x,y,e)] }> 2
2
SEM(SYN(j/>ü/e/j ) = < XxA.e[SPÜL3(x,y±d,e)] { EP -W: •VxVyVe[SPÜL3(x,y±d,e) -> GESCfflRR(y)] BP i -V: •VxVyVe[SPÜL3(x,y±d ) -> SPÜLi(x,y,e)] 3
Daß die fünf Varianten von spülen nicht unverbunden nebeneinander stehen, wie es die fünf unterschiedlichen Prädikatskonstanten zunächst vermuten lassen, kann durch ent sprechende Bedeutungspostulate (BP i „-l, u s w . ) ausgedrückt werden (Lex. 35). Solche Bedeutungspostulate erlauben dabei auch eine Unterscheidung von Polysemie und Hom onymie: Bei gleicher Lautgestalt sind bei polysemen Verben die Prädikatskonstanten der einzelnen Varianten des Verbs durch Bedeutungspostulate miteinander verbunden, wäh rend homonyme Verben diesbezüglich unverbunden nebeneinander stehen. spü
en
e
}>
Lex. 36: Lexikalischer Eintrag für spülen (ausführliche Fassung). spüleni
SYN-VAL: SEM-VAL:
/akk/nom Xy[+GESCHIRR v +MUND]Xxta[SPÜLl(x,y,e)]
spülen
SYN-VAL: SEM-VAL:
/akk/dat/nom XyXzt+BELEBT]Xx[+BELEBT]Xe[SPÜL2(x,y,Z,e)]
Ein Verb im Lexikon - "spülen" (Zusammenfassung): Der vollständige lexikalische Eintrag
für ein Verb besteht aus einer Angabe für die phonemische und graphemische Form (PHON/GRAPH) des Verbs und einer Angabe MORPH für morphologische Idiosynkrasien von Lexemen (Flexionsklasse, irreguläre Formen), die uns hier nicht weiter interessieren sollen. Weiterhin enthält der Eintrag syntaktische Angaben (SYN) zu Wortart, grammati schen Kategorien und syntaktischen Valenzen, sowie die semantische Übersetzung (SEM), welche durch Bedeutungspostulate (BP) ergänzt wird, die Selektionsbeschränkungen, Beziehungen zwischen Verbvarianten und, wie später noch gezeigt wird, auch die Ereig nisstruktur festhalten. Die semantische Angabe einer Verbvariante ist dabei ein 2-Tupel aus der semantischen Übersetzung und einer Menge von Bedeutungspostulaten, die als Antezedent die Prädikatskonstante aus der semantischen Übersetzung haben:
'
spiUen
spü
e
2
(spülen
2
spülen^
SYN-VAL: SEM-VAL:
-» spüleni)
/nom XxA.e[SPÜL3(x,y*d[+GESCHiRR] e)] ;
( spülen^ -> spüleni)
Lex. 37: Lexikalischer Eintrag für spülen (Kurznotation).
Insofern als jedes dieser Bedeutungspostulate einer Verbvariante den gleichen Antezedent hat, können sie auch als ein einziges Postulat mit konjugierten Konsequenten dargestellt werden.
157 4
4.1
Semantische Relationen
Thematische Rollen
4.1.1 Das semantische Problem mit thematischen Rollen Individuelle Rollen und Rollentypen: Die auf Gruber (7965/1976) und Fillmore (1968a) zurückgehenden Theorien zu thematischen Rollen basieren auf der Beobachtung, daß die einzelnen Argumente eines Verbs im Satz offenbar verbabhängig verschiedene Rollen innehaben. Bei einem Verb wie schlagen ist in einem Aktivsatz wie Hanna schlägt Hans der Subjektreferent ein vermutlich willentlich agierender, sich bewegender Handelnder (Agens), während der Objektreferent passiv und möglicherweise unbewegt von der Hand lung betroffen ist (Patiens). Diese Unterscheidung von Argumentrollen kann auf zweierlei Weise aufgefaßt und für die Erklärung der Beziehungen zwischen Verbsyntax und -Se mantik nutzbar gemacht werden. Gemäß der ersten Auffassung von thematischen Rollen werden Rollen verwendet, um die Argumente des Verbs zu identifizieren und voneinander zu unterscheiden. Damit können argumentbasierte (thetamarkierte) NPs von Expletiva wie it und there unterschie den werden, und es können Prinzipien wie das Theta-Kriterium in der Prinzipien- und Parameter-Theorie formuliert werden (Chomsky 1981:36), das garantieren soll, daß jedem semantischen Argument genau ein syntaktisches Komplement entspricht und jedem syn taktischen Komplement genau ein semantisches Argument. Um dies zu leisten, müssen die einzelnen Argumente des Verbs lediglich mit einem Etikett versehen werden, das sie unterscheidbar macht. Das kann geschehen unter Verwendung von solchen Bezeichnun gen für Rollentypen wie 'Agens' oder 'Patiens' (la) oder einfach durch verbspezifische individuelle Rollenbezeichnungen wie in (lb): 1
2
3
(1)
a. b. c. d.
Prädikat, schlagen, Agens: x, Patiens: y Prädikat: schlagen, Schläger: x, Geschlagener: y SCHLAG(x,y) Prädikat: schlagen, Erstes Argument: x, Zweites Argument: y
Entscheidend ist, daß die thematischen Rollen hier nicht mehr leisten als es die Ordnung der Argumente in der Argumentliste des Prädikats SCHLAG in (lc) tut, was wir parallel zu (la) und (lb) auch wie in (ld) notieren könnten. Das heißt, die thematischen Rollen, 1
2
3
Ich unterscheide hier begrifflich nicht zwischen thematischen Rollen, Thetarollen, thematischen Relationen, semantischen Rollen, Tiefenkasus und was noch an Bezeichnungen für verwandte Konzeptionen in Gebrauch ist. Diese weitgehend "entsemantisierte" Auffassung von Thetarollen legen jedenfalls Riemsdijk / Williams (1986:241) dem Theta-Kriterium zugrunde; auch in der HPSG (Pollard / Sag 1987:85ff) haben Rollen von verbalen Prädikaten vergleichbare Aufgaben. Eine individuelle thematische Rolle kann nach Dowty (1986:343f) als Menge aller aus dem ver balen Prädikat folgenden Eigenschaften eines verbalen Arguments aufgefaßt werden. Vgl. auch die Unterscheidung zwischen "specific roles" und "general classes of roles" bei Andrews (1985:67).
sei es nun als semantisch nicht weiter begründete Rollentypnamen wie in (la) oder als individuelle Rollen wie in (lb), haben lediglich indizierende Funktion Eine solche Theo rie mit thematischen Rollen ist nach Dowty (1986:345) mit einer Argumentlistentheorie ("Ordered-Argument Theory") identisch, wie sie (lc) zugrundeliegt. Gemäß der zweiten Auffassung von Thetarollen wird den Rollen die Aufgabe zugewie sen, Argumente des Verbs bestimmten Typen zuzuordnen, wie z.B. Agens, Patiens, Instru ment, Ziel, u s w . Mit Hilfe dieser Typen werden dann Regeln, Generalisierungen oder Be schränkungen bezüglich der syntaktischen Realisierung von Argumenten formuliert. Zu den klassischen Beispielen gehören Filimores (1968a:33) als Transformationen von Tiefen- zu Oberflächenkasus aufgefaßte Generalisierungen, daß ein Agensargument im Aktivsatz immer Subjekt wird und ein Instrument dann Subjekt wird, wenn kein Agens vorhanden ist, bzw. ein Objektiv (eine Art semantisch neutrale Rolle) Subjekt wird, wenn es weder Agens noch Instrument gibt. Wenn ich im Folgenden von Thetarollen spreche, so sind immer Rollentypen gemeint und nicht die oben besprochenen individuellen Rollen. Probleme mit thematischen Rollen als Primitiva: Die Theorie der thematischen Rollen war
innerhalb der formalen Syntax einer der ersten Versuche, die syntaktischen Konsequenzen semantischer Besonderheiten von Verben darzustellen. Daß thematische Rollen dazu geeignet sind, ist allerdings vielfach bezweifelt worden, u.a. aus folgenden Gründen: • Es ist unklar, welche und wieviele Thetarollen angenommen werden sollen, und es ist vor allem unklar, nach welchen Prinzipien diese Frage zu beantworten wäre. • Die Fälle, in denen es zweifelhaft ist, welche Rollen den Argumenten eines bestimmten Verbs zuzuweisen sind, übersteigen die unzweideutigen Fälle bei weitem. • Der semantische Gehalt von Rollenprädikaten wie Agens, Patiens u.s.w ist vage und selten konsensfähig. • Solange Thetarollen semantisch vage bleiben, neigen die zu erklärenden syntaktischen Phänomene dazu, in zirkulärer Weise auf die Rollenzuweisung zurückzuwirken. • Solange Thetarollen in semantisch uninterpretierbarer Weise einfach als Listen mit einem Prädikat assoziiert werden, können keine Inferenzregeln über ihnen formuliert werden. Sobald man aber versucht, sie in prädikatenlogischer Form zu notieren, stellt sich die schwierige Frage, was für Eigenschaften oder Relationen sie eigentlich sind. • Bestimmte syntaktische Phänomene hängen von semantischen Eigenschaften ab, die anscheinend weniger thematische Rollen darstellen als vielmehr gemeinsame Eigen schaften von zwei oder mehr traditionellen thematischen Rollen. 4
5
6
Wege aus der Krise: Die meisten Probleme einer Theorie thematischer Rollen schienen aus ihrer semantischen Unbestimmtheit zu erwachsen. Die inhaltliche Präzisierung der
Wie das grammatische Modell, das etwa Fillmore (1968a) zugrundegelegt hat, im Einzelnen aussah, muß uns hier nicht interessieren; vgl. dazu etwa Rauh (1988:77ff). Zur Kritik an thematischen Rollen vgl. etwa Levin (1985:49ff), Dowty (1986:340f, 1989:70,104ff, 1991:5530), Jackendoff (1987a:377ff), Rauh (1988:23ff), Ravin (1990:13ff). Über die hier angeführten semantischen Probleme mit Thetarollen hinaus gibt es auch eine Reihe von Gründen, die Adäquatheit solcher Rollen für die Formulierung von Linking-Regeln zu bezweifeln; darauf gehe ich hier aber nicht ein. Davon kann man sich leicht selbst überzeugen, indem man versucht, den Verben auf zehn zufallig ausgewählten Seiten eines beliebigen Wörterbuchs semantische Kasusrahmen aus ei nem der üblichen Rolleninventare zuzuweisen.
158 Rollen ging selten über die schon bei Fillmore (1968a) zu findenden Beschreibungen hi naus, also z.B.: Agentive (A), the case of the typically aiümate perceived instigator of the action identified by the verb. [...] Instrumental (I), the case of the inanimate force or object causally involved in the action or state identified by the verb. (Fillmore 1968a:24) Es ist daher schon von Jackendoff (1972:37ff) gefordert worden, daß thematische Rollen aus grundlegenderen und besser motivierten semantischen Eigenschaften von Verben abgeleitet werden sollten. Versuche dieser Art sind in größerem Umfang erst in den 80er Jahren unternommen worden, wobei sich die Ansätze in ihren semantischen Grund annahmen deutlich unterscheiden. So kann man thematische Rollen verstehen als: • Positionen in Dekompositionsstrukturen: Die Positionen von Argumenten in semanti schen oder konzeptuellen Dekompositionsstrukturen lassen sich mit bestimmten Rollentypen in Verbindung bringen, z.B. das erste Argument in der CAUSE-Relation mit der Agensrolle (in Jackendoffs 1987a:378 "conceptual semantics"), das zweite Ar gument in BE-, HAVE- und ähnlichen Relationen mit der Themarolle (in Foley / Van Valins 1984 und Van Valins 1990:226 "Role- and Reference Grammar") oder auch das Argument in eingebetteten LOCATION- und STATE-Prädikaten mit der Themarolle (in Rappaport / Levins 1988:24ff "Lexical Conceptual Structures"). Dabei korrespon dieren allerdings nicht alle denkbaren Argumentpositionen in solchen Strukturen mit gängigen Thetarollentypen. In Jackendoffs (1987a:377ff) konzeptueller Semantik etwa konstituieren Thetarollen damit auch keine eigene Repräsentationsebene mehr:"[...] the terms Theme, Agent, and so on, are not primitives of semantic theory. Rather, they are relational notions defined structurally over conceptual structure". (Jackendoff 1987a:378f) • Aspektuelle Größen: Eine ThetaroUentheorie kann auf eine Theorie reduziert werden, die lediglich die aspektuelle Rolle der Argumente bei der Konstituierung der Verb bedeutung berücksichtigt. Im Rahmen von Tennys (1987:244ff, 1988:30) "Aspectual Interface Hypothesis" gelten dann etwa Linking-Regeln wie: "[...] the argument that is capable of measuring out and delimiting the event, is the highest NP object under the VP node." (Tenny 1987:244) • Metaphorisch interpretierte Relationen: Im Rahmen einer Metapherntheorie wird der Vermehrung thematischer Rollen durch die Annahme entgegengewirkt, daß themati sche Rollen metaphorisch zu verstehen seien; damit weist das Verb to come in Sätzen mit konkreter und abstrakter Verbbedeutung wie he came to me und that idea came to
me in beiden Fällen die gleichen Rollen zu (Lakoff 1993:27ff). • Bündel semantischer Merkmale: Thematische Rollen können als Bündel semantischer Merkmale aufgefaßt werden, wie etwa [±Sentient], [±Cause] und [±Change] bei Rozwadowska (1988:158f), so daß Ähnlichkeiten zwischen Rollen wie Agens, Experiencer und Instrument als partielle Merkmalsübereinstimmungen ausgedrückt wer den, oder eine ThetaroUentheorie kann auf eine Theorie von Kombinationen schema bildender relationaler Merkmale wie [±Action], [±Affection], etc. und ihren Vorkom mensbeschränkungen reduziert werden (Rauh 1988:320ff). • Mengen von verbspezifischen Folgerungen: Thematische Rollen können als bestimmte Mengen von Implikationen und Präsuppositionen verstanden werden, die an die Verb bedeutung geknüpft sind (vgl. Dowty 1986:343 und die Literatur darin, Chierchia
159 1989.140). Ein Argument eines Verbs ist in solchen Theorien dann ein Agensargu ment, wenn die agenstypischen Folgerungen (z.B. Aktivität, Intentionalität oder ähnli che) eine Teilmenge der von der verbalen Prädikation ausgehenden Folgerungen be züglich dieses Arguments darstellen. • Rollenprototypen: Thematische Rollen sind nicht durch eine Menge hinreichender und notwendiger Eigenschaften definiert, sondern werden als Prototypenkonzepte aufgefaßt. In Dowty (1991) werden für Protoagens und Protopatiens jeweils eine Menge charakte ristischer Eigenschaften bestimmt. Je mehr typische Agens- oder Patiens-Eigenschaften ein Argument hat, um so eher qualifiziert es als Protoagens oder Protopatiens. Die meisten der gerade vorgestellten Ansätze fuhren thematische Rollen auf reichhaltigere semantische Repräsentationen mit Merkmalen, Dekompositionen oder Folgerungen zu rück. Zum einen sind damit thematische Rollen durch möglicherweise besser verstandene, grundlegendere semantische Eigenschaften charakterisiert. Thematische Rollen sind dann die Eigenschaftsbündel, denen man linguistische Relevanz zubilligt. Zum anderen - und das ist der häufigere Fall - kann auf die reichhaltigeren zugrundeliegenden Repräsentatio nen direkt zugegriffen werden, also auf Strukturen in Dekompositionen, auf einzelne Merkmale oder Folgerungen. Thematische Rollen als strukturelle Größen oder Eigen schaftsbündel bilden dann nur noch eine Teilmenge der linguistisch relevanten semanti schen Strukturen und Eigenschaften. Damit sind thematische Rollen obsolet. Relationale und funktionale Auffassungen von Thetarollen: Thematische Rollen beschrei
ben im Gegensatz zu Selektionsrestriktionen keine kategorialen Eigenschaften von Argu mentreferenten, sondern sie stellen Relationen dar. So ist der Subjektreferent von heiraten ein menschlicher Agens. Die Eigenschaft, menschlich zu sein, kommt ihm dabei un abhängig von der Heirat zu (Selektionsrestriktion), die Eigenschaft, ein Agens zu sein, hat er nur in Relation zum Heiraten (thematische Relation). Wenn thematische Rollen nun Relationen sind, so stellt sich die Frage, von welchem Typ und von welcher Sorte die beiden Relata sind und von welcher Art die Relation selber ist. Als Relata kommen dabei am ehesten Prädikate und Dingindividuen (bzw. Indivi duenargumente von Prädikaten) in Frage wie in (2a), Ereignisse und die an ihnen partizi pierenden Dingindividuen (2b) oder auch eine Relation zwischen Prädikaten, Dingindivi duen und Ereignissen wie in (2c). Wir können eine thematische Relation r also wie folgt 7
8
9
6
Das ist auch schon die ursprüngliche Auffassung bei Gruber (19651X916) und Fillmore (1968a, 1968b); vgl. dazu Rauh (1988:52ff,221ff). Es ist, abhängig von der lexikalischen Repräsentation von Verben, allerdings nicht völlig ab wegig, thematische Rollen als Selektionsrestriktionen zu repräsentieren, und solche Auffassun gen sind auch vertreten worden (vgl. die Angaben in Rauh 1988:55). Der Agens von heiraten müßte dann in einem Ansatz ohne Ereignisargumente z.B. so repräsentiert werden: (i) • VxVy[HEIRAT(x,y) -> AGENS(x)] Die Agensrolle ist hier aiso keine Relation. Es ist aber offensichtlich, daß der zeitliche Zusam menhang und der gemeinsame Ereignisbezug von HEIRAT und AGENS so nicht ausgedrückt werden. Ich werde mich daher im Folgenden auf relationale Rollenauffassungen beschränken. Um auszudrücken, daß die Dingindividuen Argumentpositionen einnehmen müssen, können wir in (2) auch von den von P ausgehenden offenen Propositionen sprechen. (2a) und (2c) sahen dann so aus: (2a') ^(P(...,x,...),x) (2c') ,#(