T. R. P. Mielke
Band 32
Vorstoß zu den Zeitlosen Im Jahre 1992 gerät die Erde in die jahrtausendealte Auseinandersetz...
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T. R. P. Mielke
Band 32
Vorstoß zu den Zeitlosen Im Jahre 1992 gerät die Erde in die jahrtausendealte Auseinandersetzung zwischen Orathonen und Laktonen. Unser Planet wäre vernichtet worden, wenn nicht der damalige Präsident der Vereinigten Staaten, Rex Corda, eingegriffen hätte. Corda verbündet sich mit den Laktonen und vertreibt mit ihrer Hilfe die Orathonen. Eigentlich ist Terra innerhalb dieser galaktischen Auseinandersetzung nur ein unwichtiger Planet am Rande der Milchstraße. Aber Rex Corda, zum Präsidenten von Terra gewählt, ahnt bereits, daß die Erde gegen einen dieser galaktischen Riesen die endgültige Entscheidung herbeiführen muß oder untergehen wird. Da erhält Rex Corda die entscheidende Hilfe: Der geniale terranische Wissenschaftler Walter Beckett erfindet einen Kunststoff mit überragenden Eigenschaften. Rex Corda nennt diesen Stoff Becon. Der unzerstörbare Stoff saugt alle Energien wie ein Schwamm in sich auf. Beängstigend ist, daß sich mit Becon auch das Hirn eines Menschen beeinflussen läßt. Ein Mensch, in den dieser
Kunststoff hineinoperiert wird, ist unverwundbar. Zu den Becon-„Veränderten" der Erde gehört auch der Freund Rex Cordas - Ralf Griffith. Sehr schnell haben die Orathonen und Laktonen die Bedeutung dieses Stoffes erkannt. Die Jagd auf Becon beginnt. Dem Flottenkommandeur der Orathonen, Sigam Agelon, gelingt es sogar, sich ein Stück Becon ins Hirn einsetzen zu lassen. Sigam Agelon will mit Hilfe seiner neuen Fähigkeiten die Herrschaft über die ganze Galaxis an sich reißen. Er versucht, das Reich der „Zeitlosen", der Wächter über die gesamte galaktische Ordnung, zu zerstören. Rex Corda eilt den „Zeitlosen" mit dem Raumschiff „Walter Beckett" zur Hilfe. Es kommt zu einem Zweikampf der beiden Becon-„Veränderten" Sigam Agelon und Ralf Griffith, der unentschieden endet. Welche Trümpfe hat der Orathone jetzt noch in der Hand? Wird es ihm wirklich gelingen, das Reich der „Zeitlosen" zu zerstören? Die Antwort finden Sie in dem vorliegenden Roman!
Die wichtigsten Personen: Rex Corda . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Präsident der Erde John Haick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Atomwissenschaftler, der taub wird Percip . . . . laktonischer Agent, bekommt Sonderauftrag von Rex Corda Fred Matson . . . . . . . . . . terranischer Mutant, hat die Form eines Steins Sigam Agelon . . . . . . . . . . . Orathonenführer, hält sich für unbesiegbar Tsati Mutara . . . . . . . . . . . . terranischer Mutant in der Gefangenschaft der Orathonen
Sein Arm zuckte zurück. Hart knallte sein rechter Ellenbogen gegen die Lehne des Pneumosessels. John Haick brach zusammen, sein Gesicht verzerrte sich. Der grauenhafte Schwirrton zerfetzte wie ein plötzlicher Schuß die Stille in der Funk- und Ortungszentrale. John Haick kauerte wie gelähmt in seinem Pneumosessel. Das Schwirren machte ihn taub. Mit mehr als hundertvierzig Phon jaulte das unerwartete Getöse aus den Lautsprechern. Die durchsichtigen Kontrollscheiben über den Meßgeräten verwandelten sich in Staub. Das Schwirren verstärkte sich zu einem orkanartigen Donnern. Eine Vibrationswelle erfaßte den riesigen Hantelrauner. Überall in der „Walter Beckett" zuckten Terraner und Laktonen zusammen. Erschrocken sahen sie sich an und unterbrachen die Reparaturarbeiten. Wehrlos und ungeschützt stand die „Walter Beckett" auf dem Riesenplaneten „Fatty". Die Flotte des Orathonen Sigam Agelon bewachte das terranische Flaggschiff, dessen beide Hantelkugeln erzitterten. Jeder an Bord der „Walter Beckett" dachte sofort an einen Vernichtungsschlag durch die Gefiederten. Sie irrten sich... John Haick kam nicht mehr dazu, die Besatzung der „Walter Beckett" zu warnen. Besinnungslos rutschte er aus seinem Pneumosessel. Der Schwirrton verstummte. Genau drei Sekunden später gellte ein Echo aus den Lautsprechern. Härter, schmerzhafter und noch grauenvoller als zuvor. * Rex Corda kehrte zur „Walter Bekkett" zurück. Aus zusammengekniffenen Augen beobachtete der Präsident
der Erde die geschlagene „Walter Beckett". Äußerlich war der Hantelraumer nicht beschädigt. Und doch hatte das terranische Flaggschiff den Kampf gegen die Raumschiffe Sigam Agelons verloren. Nichts konnte den unbesiegbaren Orathonen jetzt noch aufhalten. Wieder war er seinem großen Ziel einen Schritt näher gekommen: Er wollte das „Pentagramm der Dunkelsterne" erobern, um von dort aus die Herrschaft über die gesamte Galaxis anzutreten. Sigam Agelon war ein „Veränderter". Er trug eine Becon-Platte unter seiner Schädeldecke. Diese Platte machte ihn unbesiegbar... Ärgerlich richtete Rex Corda sich auf. Die Schwerkraftneutralisatoren innerhalb seines Raumanzuges ermöglichten es ihm, die gewaltigen Gravitationskräfte des Riesenplaneten „Fatty" zu überstehen. Die „Walter Beckett" war auf „Fatty" zum Landen gezwungen worden. In einem gnadenlosen Duell hatten Sigam Agelon und der „veränderte" Terraner Ralf Griffith versucht, sich gegenseitig zu vernichten. Doch dann war der „Wächter unter dem Pentagramm" aufgetaucht. Der von den „Zeitlosen" eingesetzte humanoide Methanatmer unterbrach das Duell. Seine einzige Aufgabe war es, die Stabilität jenes Sonnensystems zu erhalten, das vor dem „Pentagramm der Dunkelsterne" lag. Rex Corda blickte nach oben. Sigam Agelon war verschwunden. Er hatte die Zwangspause ausgenutzt und war mit einem Diskus zu seiner Flotte zurückgekehrt. Eine falsche, trügerische Ruhe lag über dem Riesenplaneten. Der Präsident der Erde ahnte, daß Sigam Agelon zurückkehren würde ... Rex Corda, Oberbefehlshaber der „Walter Beckett", wartete auf seinen Waffenleitoffizier. Ralf Griffith näherte
sich ziemlich schnell. Da er der einzige vollkommen gelungene „Veränderte" war, hatte das Duell mit Sigam Agelon keine großen Nachwirkungen bei ihm hinterlassen. Griffith war ein Todfeind des Orathonen geworden, nachdem er erfahren hatte, daß Sigam Agelon seine beiden Söhne zu Versuchszwecken entführt hatte. Sie lebten auf einer orathonischen Experimentalstation irgendwo im All. Gemeinsam erreichten Rex Corda und Ralf Griffith den Haupteinstieg an der linken, zweihundert Meter großen Kugel des Hantelraumers. Die fünf Zentimeter starke Becon-Haut des Flaggschiffes schimmerte in schmutzigem Grau. Noch während Rex Corda in der Schleuse stand, erhielt er den ersten Bericht vom stellvertretenden Kommandanten der „Walter Beckett". Der ehemalige laktonische Agent und jetzige Freund der Terraner, Percip, meldete sich über Funk: „Mister President — Hyperfunkspruch von Noki IV: Das Heiligtum der umgesiedelten Nokis hat plötzlich harte Impulse ausgestrahlt. Wir haben diese Impulse ebenfalls empfangen, konnten sie aber nicht verstehen. Drei Sekunden nach der Sendung antwortete einer von ,Fattys' Monden — eine Methanwelt." Rex Corda ahnte, was geschehen war. „Ich komme!" antwortete er knapp. Zusammen mit Griffith verließ er die Schleuse und sprang in einen Antigravschacht. Noch während er sich zur Zentrale bringen ließ, meldete sich Percip erneut: „Fünf orathonische Hantelraumer im Anflug!" „Verdammt!" knurrte Rex Corda. Sigam Agelon gab nicht auf. In ohnmächtigem Zorn ballte Rex Corda die Fäuste. Er konnte die „Walter Beckett" nicht starten lassen! Die Repa-
raturen waren noch nicht beendet. „Alle Mann auf Station!" befahl Rex Corda. „Gefechtsbereitschaft!" * Das „Pentagramm der Dunkelsterne" war ein von den „Zeitlosen" errichtetes künstliches Gebilde im Raum. Ein hochkomplizierter Automatismus sorgte dafür, daß die fünf Sterne in regelmäßigen Abständen um einen zentralen Punkt kreisten. Ein glühendes Flimmern bildete den Eingang zur Raumvakuole, in der die „Zeitlosen" lebten. Es gab nur diesen einen Weg in den anderen Raum. Verzweifelt versuchten die sieben „Zeitlosen" in der Wächterstation „Schalmirane" den Torsionstrichter zu durchstoßen. Sie mußten das „Loch" zwischen den Sternen passieren, um heimkehren zu können. Mehr als hunderttausend Jahre hatte sich „Schalmirane" im Terra-Sonnensystem befunden. Der künstliche Planetoid war unter der Bezeichnung „944 Hidalgo" beobachtet worden. Unter seiner staubbedeckten Oberfläche befanden sich ungeheure Kraftanlagen und Waffensysteme von gigantischen Ausmaßen. All das nützte den heimkehrenden „Zeitlosen" nichts. Es gab einen Faktor, der sie daran hinderte, mit der Raumfestung „Schalmirane" das Zentrum des „Pentagramms'' zu durchstoßen: der grauweiße, knapp fünfzig Zentimeter große „Stein" sperrte sich gegen den Eintritt in das „Pentagramm". Der „Stein" war einmal ein Mensch gewesen, ein kranker, schwacher Mann namens Fred Matson. In seiner neuen Existenz war er ein unendlich großes Kraftpotential geworden, aber er brauchte Energie, große Mengen Energie, die er sich von der roten Riesensonne holte, die in gerader
Linie zwischen dem Zentrum des Pentagramms und dem System der Nokis im All hing. Wieder stürzte sich „Schalmirane" auf das „Loch". Matson reagierte sofort. Glühende Energieschirme hüllten den künstlichen Planetoiden in ein waberndes Feuer. Die sieben „Zeitlosen" an Bord der gigantischen Raumfestung aktivierten die letzten Energiereserven. Wie ein brennender Stern stürzte „Schalmirane" auf das Auge im Zentrum des Pentagramms zu. Diesmal mußte der Durchbruchsversuch gelingen! Die „Zeitlosen" brauchten Energie. Sie zapften Noki-Som an. Gewaltige Energiemengen rasten durch das All. Unsichtbar — tödlich! Die Kraftströme trafen den roten Riesen. Er glühte auf, wurde angezapft, flackerte. Das „Pentagramm der Dunkelsterne" drohte zusammenzubrechen. Der „Stein" wehrte sich. Matson setzte alle Kraft ein, um sich und damit die Raumstation „Schalmirane" im normalen Universum zurückzuhalten. Er wehrte sich gegen den Strom der gigantischen Gravitationsfelder im „Pentagramm". Sein versteinerter Kröper glühte auf. Da bekam er Hilfe aus dem Nichts. Die „Nadel" unterstützte ihn. Sie befand sich in einem Hantelraumer Sigam Agelons. Sie kannte seine Aufgabe, auch wenn sie jetzt in ihrer neuen Existenzform vollkommen anders empfand. Sie — Virginia Ramoni-Matson — war die Parallel-Mutantin des „Steins". Im gleichen Augenblick krachte die Raumfestung in den Torsionstrichter. Fast augenblicklich saß sie fest. Berstend zersprangen Sicherheitsschalter im positronischen Zentralgehirn der Wächterstation. Energieschirme brachen zusammen. Speicherbänke
glühten auf. Ein böses Knistern fegte durch die unterirdischen Hallen. „Schalmirane" steckte im Trichter! Matson stieß einen unhörbaren Schrei aus, den nur die „Nadel" vernahm. Der „Stein" konnte nicht mehr! Er war dieser Belastung nicht gewachsen. Er mußte die Raumfestung verlassen — koste es, was es wolle! * Als der Medo-Robot sich über die Scherben am Boden vorarbeitete, lag John Haick mit verkrampften Gliedern vor seinem Pneumosessel. Der Medo-Robot hob ihn auf. John Haick hatte die Knie an die Brust gezogen und die Arme fest über dem Kopf zusammengepreßt. In dieser starren Haltung war er ohnmächtig geworden. Der Medo-Robot arbeitete schnell und gründlich. In Sekundenschnelle stellte er eine Diagnose. Kreislaufstärkende Medikamente zischten aus Hochdruckspritzen neben den gespannten Halssehnen des schwarzhaarigen Atomwissenschaftlers in dessen Schlagadern. Knapp dreißig Sekunden nach der ersten Spritze bewegte sich John Haick. Seine Augenlider zuckten. Er öffnete den Mund und wollte schreien. Doch kein Laut kam über seine Lippen. In diesem Augenblick betrat der massige laktonische Biochemiker Hent Marat die Funk- und Ortungsstation. Der weißhaarige Laktone ging schnell auf den Medo-Robot zu. Er beugte sich über John Haick. Mit den Fingerkuppen zog er die Augenlider des Terraners nach oben. „Können Sie mich hören?" fragte er ungewöhnlich laut. John Haick reagierte nicht. Er war taub. Der Lärm aus den Lautsprechern war zu stark gewesen! Keuchend versuchte John Haick sich
aufzurichten. Der Medo-Robot drückte ihn sanft, aber unnachgiebig zurück. Kraftlos sackte John Haick in sich zusammen. Er hockte in seinem Pneumosessel, während seine Arme über die Lehnen nach unten hingen. Mit schnellen, unregelmäßigen Atemzügen hob und senkte sich seine Brust. Seine Mundwinkel zuckten. Der grauenhafte Schmerz in seinem Kopf machte ihn wahnsinnig. Hent Marat preßte die Lippen zusammen. Er brauchte sich nicht mehr umzusehen, um zu wissen, was geschehen war. Sie hatten es gehört. Selbst in den anderen Räumen der „Walter Beckett" waren die Schwirrtöne fast unerträglich gewesen. Hier mußte der Lärm infernalisch auf John Haick gewirkt haben . .. Hent Marat wandte sich ab. Er versuchte, mit der Zentrale der „Walter Beckett" Kontakt aufzunehmen. Das breite, kantige Gesicht des Kommandanten erschien auf einem Holografen. „Er ist taub!" sagte Hent Marat. Bekoval hob die Brauen. „Lebt, er?" „Ja. Aber er ist nicht ansprechbar." „Kümmern Sie sich um ihn, Marat, Ich informiere Rex Corda." Hent Marat nickte. Er wollte sich gerade zu John Haick umdrehen, als auf den mit der Zentrale parallel geschalteten Holografen das Gesicht eines Orathonen auftauchte. Hent Marat zuckte zusammen. Mit weit aufgerissenen Augen starrte er in das grüne Gesicht von Sigam Agelon. „Hören Sie zu, Corda!" sagte der Orathone kalt, während ein böses Lächeln über sein grobes Gesicht huschte. „Ich stelle Ihnen ein Ultimatum. Wenn Sie sich und Ihre Mannschaft retten wollen, haben Sie Ihren Hantelraumer sofort zu verlassen! Ich gebe Ihnen fünf Minuten Zeit. Nach Ablauf dieser Frist greife ich mit fünf Hantelraumern an.
Sie haben keine Chance, Corda!" Hent Marat wurde blaß. Welche Entscheidung würde der Oberbefehlshaber fällen? Gab es überhaupt eine Möglichkeit, dem Ultimatum des Orathonen zu begegnen? Hent Marat schüttelte sich. Ebenso wie er mußte Rex Corda jetzt das sadistisch grinsende Gesicht des größenwahnsinnigen Orathonen sehen. Für Marat war vollkommen klar, warum Sigam Agelon die „Walter Beckett" haben wollte: Mit einem Becon gepanzerten Hantelraumer konnte er gegen die Raumfestung „Schalmirane" kämpfen! Ein Sieg über die sieben versprengten „Zeitlosen" war die entscheidende Etappe zu den übrigen „Zeitlosen". Sigam Agelon war als „Veränderter" unbesiegbar. Jetzt wollte er auch noch die Unsterblichkeit erlangen! Eine grauenhafte Vision zuckte durch das Hirn des laktonischen Biochemikers. Hent Marat wagte nicht, sich vorzustellen, was geschah, wenn Sigam Agelon sein Ziel erreichte. * Rex Corda biß die Zähne zusammen. Er dachte nicht daran, Sigam Agelon den Triumph zu gönnen! Der Präsident der Erde gab nicht auf, aber im Augenblick mußte er zurückstecken. Sigam Agelon war stärker. Er konnte mit seinen Geschützen und Strahlern die Becon-Schicht um die „Walter Beckett" nicht durchschlagen. Trotzdem mußten die Erschütterungen bei einem Angriff verheerend sein, da die Antigravitationsautomaten noch nicht wieder voll funktionierten. Sekundenlang dachte Rex Corda daran, welche Chancen sie hatten, wenn sie in der „Walter Beckett" blieben und das Ultimatum des Agelon ignorierten. Er dachte an die Glutseen, die der orathonische Flottenkommandant auf „Fatty"
hervorrufen konnte. Wenn die angeschlagene „Walter Beckett" unter konzentriertes Feuer genommen wurde, mußten allein die Erschütterungen das Leben der Besatzung zerstören — selbst wenn die Außenhülle heil blieb ... „Wir verlassen die ,Walter Beckett'!" sagte Rex Corda ruhig. Hochaufgerichtet stand er in der kreisrunden Zentrale. Die ringförmig angeordneten Computerwände bildeten das Nervenzentrum des terranischen Flaggschiffs. Rex Corda ließ seinen Blick über die Laktonen und Terra-Offiziere wandern, die sich in der Zentrale aufhielten. Nacheinander sah er sie an. Ihre Reaktion war unterschiedlich. Bekoval, der ehemalige laktonische Offizier und jetzige Kommandant der „Walter Beckett", massierte sich mit seinen fleischigen Fingern die ungewöhnlich breite Nase. Sein Stellvertreter, Percip, leckte kurz über die glühendrote Kerbe auf seiner Oberlippe. Diese Kerbe war das äußerliche Kennzeichen aller LithalonGeborenen. Der kleine zwergenhafte Kynother Ga-Venga, der Chefdolmetscher, stimmte einen melodischen Singsang an. Seine bis zum Kinn reichenden Augenbrauen zuckten. Trotzdem lächelte er. Außer den Männern der Schiffsführung befanden sich noch zwei laktonische Wissenschaftler innerhalb der Zentrale: Bir Osgo und Fan Kar Kont, der Chef Wissenschaftler der „Walter Beckett". Rex Corda blickte auf das unverwechselbare, braun und weiß gestreifte Gesicht des Far-Geborenen. Kein Muskel zuckte im Gesicht von Fan Kar Kont. Aber seine dunklen Augen glühten. Langsam senkte er den Kopf zu einem Nicken. Erleichtert atmete Rex Corda auf.
Jetzt wußte er, daß die Männer der Besatzung mit seinem Entschluß einverstanden waren... Die Evakuierung ging schnell und reibungslos. Mit militärischer Präzision verließen zweihundertvierzig terranische Offiziere sowie der aus Laktonen und Terranern bestehende Führungsstab den Hantelraumer. Zwei Funkerinnen, die beiden Krankenschwestern, die Köche, der Journalist und der Unterhaltungsmanager — nacheinander verließen sie die großen Schleusen. Sie hatten Raumanzüge angelegt, um die gewaltige Gravitation des Riesenplaneten ertragen zu können. Rex Corda, Fan Kar Kont und Percip blieben bis zum Schluß in der „Walter Beckett". Erst als auch der aus Schweißern, Elektrikern und Metallurgen bestehende Reparaturtrupp das terranische Flaggschiff verlassen hatte, nickte Rex Corda dem Chefwissenschaftler zu. „Ich gehe jetzt", sagte er leise. Zusammen mit Percip und Fan Kar Kont hatte er einen geheimen Plan entwickelt. Er überließ Sigam Agelon die „Walter Beckett" — aber nicht vollkommen evakuiert. Fan Kar Kont und Percip sollten zurückbleiben. „Achten Sie darauf, daß Kim nichts passiert!" meinte Rex Corda und legte seine Hand auf die Schulter des Chefwissenschaftlers. „Sie können sich auf uns verlassen", sagte Fan Kar Kont, während ein Lächeln über sein gestreiftes Gesicht huschte. Es war äußerst selten, daß der Far-Geborene zu erkennen gab, was er dachte. Normalerweise bewegten sich die Streifen auf seinem Gesicht nicht. Rex Corda holte tief Luft. Er wußte, in was er sich einließ. Er vertraute Fan Kar Kont und Percip mehr als allen anderen Laktonen, die er seit der Invasion der Erde kennengelernt hatte.
Aus dem laktonischen Agenten Percip war fast ein Terraner geworden. Rex Corda hatte Fan Kar Kont und seinen Wissenschaftlern von Teckan auf der Erde Asyl gewährt. Eine von ihm unterschriebene Urkunde garantierte den Wissenschaftlern völlige Freiheit in Forschung und Lehre. Rex Corda konnte sich auf Fan Kar Kont verlassen. Rex Corda drehte sich abrupt um. Er lief über die Rolltreppe aus der Schleuse. Jetzt kam es darauf an, ob Percip und Fan Kar Kont aus dem ehemaligen Versteck des Zeitagenten Ko-Mont die geplanten Sabotageakte durchführen konnten. Auf jeden Fall würde Sigam Agelon keine große Freude an der „Walter Beckett" haben! * Die Hilfsvölker der Orathonen fielen über den Hantelraumer her. Ätzer spritzten auf Befehl von Sigam Agelon ihre Körpersäure gegen die Becon-Verkleidung des Hantelraumers. Sie sollten testen, ob es nicht doch eine Möglichkeit gab, das Becon zu zerstören. Bronzeroboter stampften durch die Gänge des großen Raumschiffes. Ihre bewegliche Metallhaut reflektierte die Lichtbogen an den Decken der großen Hallen. Amphibische Staras setzten augenblicklich die unterbrochenen Reparaturarbeiten fort. Da das Flaggschiff der Erde vor dem Umbau den Orathonen gehört hatte, fanden sich die Grünhäutigen sehr schnell zurecht. Viele Geräte waren neu installiert worden. Ganze Hallen hatten sich verändert. In gemeinsamer Arbeit war von Laktonen und Terranern ein Kampfschiff gebaut worden, bei dem nur die orathonische Grundkonstruktion unverändert geblieben war.
Nach wie vor befanden sich die gigantischen Antriebsanlagen im Verbindungsarm zwischen den beiden Hantelkugeln. Aber auch das getarnte Versteck des Zeitagenten war hier im Verbindungsarm errichtet worden. Fan Kar Kont und Percip erreichten das Versteck kurz vor dem Eintreffen der orathonischen Kapermannschaft. Keuchend drangen sie in den getarnten Raum ein. Er war nicht leer. Kim Corda, der vierzehnjährige Bruder des Präsidenten, fuhr erschrocken zusammen, als die beiden Männer vor ihm auftauchten. „Mein Kopf tut so weh!" sagte er, als er sie erkannte. „Keine Angst, Kim!" antwortete Fan Kar Kont. „Das wird sich schnell ändern." „Können wir denn jetzt starten?" „Wir nicht, Kim. Weißt du, Sigam Agelon hat uns gezwungen, die »Walter Beckett' aufzugeben." „Das würde Rex nie zulassen!" sagte Kim kopfschüttelnd. Sein sommersprossiges Gesicht drückte ungläubiges Erstaunen aus. Mit einem Plätschern tauchte der weiße Delphin Wabash direkt neben Kim im Wasserbecken auf. Er stieß eine Serie heller Pfeiflaute aus und verschwand wieder unter der Wasseroberfläche. Die beiden Männer schüttelten sich. Dann antwortete Fan Kar Kont auf den Einwurf Kims. „Wir haben nicht gesagt, daß dein Bruder die ,Walter Beckett' ganz aufgegeben hat. Er mußte es aber tun, weil wir mit den Reparaturarbeiten noch nicht ganz fertig waren, als Sigam Agelon uns ein Ultimatum stellte." „Und warum hat Rex nicht gekämpft? Wir haben doch genug Waffen an Bord." „Hör mal zu, Kim", sagte Fan Kar Kont ruhig. „Manchmal muß man einen
Schritt zurückgehen, um sein Ziel zu erreichen. Oder wärst du mit dem Kopf durch die Wand gegangen?" „Na klar!" rief Kim überzeugt. „Ich hätte es den Grünen gezeigt! Was will Sigam Agelon denn? Schließlich haben wir eine Becon-Panzerung!" „... und schlecht arbeitende Antigravitationsautomaten. Weißt du, was das heißt?" „Pah!" antwortete Kirn schnippisch. „Ich hätte die ,Walter Beckett' jedenfalls nicht verlassen!" „Das brauchst du auch nicht, Kim", warf jetzt Percip ein. Belustigt hatte er zugehört, wie Fan Kar Kont den Entschluß des Oberbefehlshabers verteidigte. „Wir drei und Wabash werden in der ,Walter Beckett' bleiben! Was hältst du davon, wenn wir nach dem Start ein paar Sabotageaktionen durchführen?" „Prima!" strahlte Kim begeistert. Er hatte seine Kopfschmerzen vergessen. Er und Wabash hatten sich in das abgeschirmte Zeitversteck von KoMont zurückgezogen, weil sie hier die schmerzhaften telepathischen Impulse der „Singenden Fäden" von „Fatty" nicht spürten. Fan Kar Kont setzte sich in den Pneumosessel des Zeitagenten. Das Versteck war bereits vor dem ersten Start der „Walter Beckett" unter Cordas Kommando auf Befehl von Jakto Javan angelegt worden. Damals hatte er Rex Corda nicht vertraut. Er wollte ihn beobachten lassen. Jetzt konnten Fan Kar Kont und Percip das gut getarnte Versteck für ihre Zwecke ausnutzen. Nacheinander schaltete Fan Kar Kont die Beobachtungsschirme ein. Mit den Holografen konnte er sämtliche Räume der „Walter Beckett" beobachten. Das Zeitversteck war eine Art Miniaturzentrale. Jede Bewegung, jedes gesprochene Wort konnte von Percip und Fan Kar
Kont belauscht werden. Hundertzwanzig Gefiederte und eine große Anzahl von Staras, Ätzern und Whims und Jumpern bevölkerten das gekaperte Raumschiff. Sigam Agelon wollte die Becon-Panzerung des Raumschiffes testen. Er ließ seine fünf Hantelraumer von „Fatty" aufsteigen. Zwei Kilometer über der „Walter Beckett" verharrten sie in der dichten Atmosphäre des Riesenplaneten. Obwohl sich Orathonen im Innern der „Walter Beckett" befanden, gab Sigam Agelon den Befehl für ein konzentriertes Feuer! Aus allen verfügbaren Waffen warfen die Orathonen gewaltige Energiemengen gegen die rechte der beiden Hantelkugeln. Ein urweltliches Dröhnen donnerte durch die „Walter Beckett". Zukkende Lichtreflexe jagten durch die Holografen. Berstend zerschmolzen die Außenmikrofone, Temperatursensoren und Holografenkameras. Alle Beobachtungsgeräte, die außerhalb der BeconPanzerung lagen, wurden atomisiert. Mit ohnmächtigem Grimm mußten Percip und Fan Kar Kont zusehen, wie Sigarn Agelon seinen unsinnigen Test durchführte. Immer wieder schickte er gewaltige Energiemengen zur Oberfläche von „Fatty". Es kümmerte Sigam Agelon nicht, daß die ehemalige Besatzung der „Walter Beckett" in höchster Eile versuchte, einen Sicherheitsabstand zwischen sich und die von glühender Lohe eingeschlossene „Walter Beckett" zu bringen. Fan Kar Kont kauerte mit geballten Fäusten vor den Holografen. Er konnte die Umgebung des Hantelelraurners nicht mehr beobachten. Die Angriffe der Orathonen auf die „Walter Beckett" hatten zu viele Außengeräte zerstört, die über die schützende Becon-Schicht hinausragten.
Fan Kar Kont spürte die Erschütterungen, die immer stärker wurden, weil die angeschlagenen Antigravitationsautomaten mehr und mehr in ihrer Leistung abfielen. Das gewaltige Raumschiff schüttelte sich unter jedem Treffer wie ein waidwundes Tier. Ein zorniger Fluch über die unsinnigen Befehle des geistesgestörten Agelon schlüpfte über die Lippen Fan Kar Konts. Der ehemalige Chefwissenschaftler des Forschungsplaneten Teckan wußte sehr genau, was notwendig war, um ein Raumschiff wie die „Walter Beckett" zu testen. In den zurückliegenden Gefechten mit den Orathonen hatte sich deutlich gezeigt, was das terranische Raumschiff leistete. Jetzt tobte sich nur der irrsinnige Geist Sigam Agelons aus. Hilflos mußt Fan Kar Kont mit ansehen, wie die gewaltigen Erschütterungen die Antigravitationsautomaten mehr und mehr zerstörten, wie die Kampfkraft der „Walter Beckett" gerade dadurch immer weiter herabgesetzt wurde. * Die Warnung von Noki gab den Ausschlag. Der drängende Impuls aus dem „Heiligtum" im Noki-System zwang die „Zeitlosen" im „Pentagramm" zum Handeln. Das „Heiligtum" erwies sich als eine der zahlreichen Sicherungen, die die „Zeitlosen" in der unmittelbaren Umgebung des „Pentagramms der Dunkelsterne" eingebaut hatten. Jetzt zeigte sich, daß die „Zeitlosen" die Säule aus dem Becon ähnlichen Material nicht umsonst im Noki-System zurückgelassen hatten. Das Warnsystem bewährte sich. Zu dem Sicherungssystem der „Zeitlosen" gehörte eine riesenhafte Ma-
schine, die auf einem der sechsundzwanzig Monde des Riesenplaneten „Fatty" errichtet worden war. Mit diesem Aggregat konnte ein Traktorstrahl von unerhörter Stärke und verblüffender Reichweite erzeugt werden. Der Traktorstrahl war genau auf das Zentrum des „Pentagramms" der erloschenen Sonnen justiert. Die „Zeitlosen" hatten lange mit dem Einsatz dieser Waffe gezögert. Der plötzlich erhöhte Energieumsatz im Durchbruch zur Raumvakuole der „Zeitlosen" konnte das empfindliche System des „Pentagramms der Dunkelsterne" nur zu leicht gefährden. Aber es gab keinen Ausweg mehr! Das phantastische Gebilde der „Zeitlosen" wankte! Der künstlich errichtete Raum war in höchster Gefahr! Die ständigen Versuche der Raumfestung „Schalmirane", das Zentrum des „Pentagramms" zu durchstoßen, bedrohten die Existenz des „Pentagramms". Wenn die Dunkelsterne sich jedoch verschoben, dann mußte sich auch die Raumtorsion schließen. Das bedeutete, daß die Raumvakuole der „Zeitlosen" in unbekannte Bereiche verschwinden mußte. Es konnte nie mehr gelingen, die Vakuole erneut zu öffnen, da es kaum möglich war, ein zweites Mal ein so phantastisches Gebilde wie das „Pentagramm der Dunkelsterne" mit absolut gleichen Bedingungen zu schaffen! Keiner der „Zeitlosen" im „Pentagramm der Dunkelsterne" ahnte, aus welchem Grund die Raumfestung den Torsionstrichter zur Raumvakuole nicht passieren konnte. Sie wußten, daß sich sieben „Zeitlose" innerhalb des künstlichen Planetoiden befinden mußten. Aus den Angaben ihrer hochentwickelten Computer erfuhren sie auch, daß diese Festung ursprünglich am Rande der Galaxis auf der Wache vor dem „Eisigen Feind" stationiert gewesen war. Zahllose Raum-
festungen waren in den vergangenen Jahrzehntausenden im Nichts verschwunden. „Schalmirane" war eine von ihnen. Wenn sie jetzt zurückkehrte, dann konnten die „Zeitlosen" in ihr nicht über die aktuellen Sicherungen des „Pentagramms" informiert sein. Sie mußten zwangsläufig in eine Falle laufen. Doch „Schalmirane" lief in keine Falle. „Schalmirane" versuchte vergeblich, das „Pentagramm" zu zerbrechen. Es gab eine Kraft, die die Raumfestung immer wieder zurückschleuderte. Die Kraft war größer als die der Antriebsaggregate der Station. Die Kraft wohnte in einem unbegreiflichen Wesen, das verborgen im Innern von „Schalmirane" lebte. Das Wesen sah aus wie ein „Stein". Es hatte diese Form angenommen, als der Terraner Fred Matson einen unerhört starken Energieschirm sprengte. Unter dem Druck der gewaltigen Kraftfelder, die auf ihn wirkten, flüchtete sich der Mutant Fred Matson in diese Daseinsform. Und dieser „Stein" paßte einfach nicht durch das „Pentagramm". Sein Energiemuster stand in scharfem Widerspruch zu dem des „Pentagramms". Beide stießen einander ab. Es gelang dem „Stein" nicht, „Schalmirane" zu verlassen. So wurde die Station immer wieder zurückgeschleudert, sobald sie sich dem „Pentagramm der Dunkelsterne" näherte. Die heimkehrenden „Zeitlosen" kannten die Sicherheitseinrichtungen nicht. Sie bedrohten durch ihr Verhalten das eigene System. Sie waren blind vor Eifer und Sehnsucht. „Schalmirane" saß wie ein Korken in einem zu engen Flaschenhals. Die Raumfestung konnte den Torsionstrichter nicht passieren. Auf einem der Monde des Riesenplaneten „Fatty" aktivierte eine Hilfsrasse der „Zeitlosen" den gigantischen Trak-
torstrahl! Er war genau auf den Torsionstrichter justiert — also befand sich die Raumfestung „Schalmirane" in seinem Zielgebiet. Gewaltige Energiemengen wurden freigesetzt. Die Titanenkraft des Traktorstrahlers packte die Raumfestung, die sich immer und immer wieder auf den Trichter stürzte. Es war, als wäre „Schalmirane" gegen eine unsichtbare Wand geflogen. Plötzlich waberten rote und blaue Energiefelder um die Station. Für einige Augenblicke sah es so aus, als werde sie in einer gewaltigen Explosion vergehen. Dann verfärbten sich die Felder zu einem matten Gelb. Erstmals seit ihrem Anflug auf den Trichter versuchten die heimkehrenden „Zeitlosen" sich über Funk zu melden. Doch die Wellen verfingen sich in dem tobenden Energieorkan. Niemand, der versuchte, die Sendung der „Zeitlosen" abzuhören, verstand etwas. Dann bewegte sich die Station. Wie ein welkes Blatt im Wind taumelte der künstliche Planetoid auf einen der Dunkelsterne zu. Die Wesen, die den Traktorstrah1 steuerten, schalteten das Gerät für einen Augenblick ab. „Schalmirane" wirbelte taumelnd durch den Raum. Immer wieder überschlug sich die Station. Dann packte der Strahl wieder zu. Über eine Distanz von sechstausend Millionen Kilometer packte der Traktorstrahl die Raumfestung und wirbelte, sie durch de Torsionstrichter. Die „Zeitlosen" waren bereit, „Schalmirane" zu opfern, um das künstliche Gebilde des „Pentagramms" zu retten. * Rex Corda taumelte auf einen Felsblock zu. Vor seinen Augen tanzten farblose Schleier. Ein seltsam dumpfer Druck lag auf seinem Kopf. Bohrende
Kopfschmerzen quälten ihn. Langsam sank er in die Knie. Vergeblich stemmte er sich gegen die Kraft an,, die ihn zu Boden zwingen wollte. Es schleuderte ihn nieder. Für einen Augenblick fühlte er sich wohl. Die unerträgliche Last verteilte sich gleichmäßig auf seinen Körper. Irgend etwas am Antigravitationsautomaten seines Raumanzuges funktionierte nicht! Rex Corda spürte die gewaltige Anziehungskraft von „Fatty". Die überstarke Gravitation schmiedete Corda an den harten Boden. Keuchend (versuchte er, seine Lungen mit Luft zu füllen. Er hatte das Gefühl, unter einem zusammengebrochenen Mammut zu liegen. Sein Atem ging flach und hastig. Aber er durfte nicht aufgeben! Er fühlte, wie er mit medianischen Bewegungen aufgehoben wurde. Er versuchte, seinen Kopf zur Seite zu drehen. Es gelang ihm unter unsagbaren Anstrengungen. Mit verzerrtem Gesicht starrte er auf einen seelenlosen Medo-Robot. Hart drückten sich die Metallarme des Roboters in seinen Körper. Er glaubte, an zwei Stellen gleichzeitig zerschnitten zu werden. Gequält stöhnte er auf. Ein ersticktes Husten kam aus seiner Brust. Jede Bewegung schmerzte ihn. Er wußte nicht, was 'mit seinem Antigravitationsautomaten geschehen war. Er hatte einfach nicht die Kraft, die Kontrollen zu überprüfen. Er schaffte es nicht, seine Arme auch nur einen Zentimeter zu bewegen. Die Gravitation des Riesenplaneten war zu stark ... Die Hilfe kam vollkommen unerwartet! Plötzlich spürte Rex Corda die starke Gravitation nicht mehr. Jemand hatte die Feineinstellung seiner Kontrollen reguliert. Aus den Augenwinkeln sah Corda die neben ihm stehende
Gestalt. Langsam drehte er seinen Kopf zur Seite. „Ierra Kretan!" murmelte er verwundert. Die hübsche schwarzhaarige Mathematikerin lächelte ihm zu. Schnell und ohne lange zu fragen, hatte sie die Situation erkannt und war gekommen, um die fehlerhafte Einstellung an Cordas Raumanzug zu regulieren. „Danke", murmelte Rex Corda. Für eine Sekunde preßte er die Augen zusammen. Dann merkte er, daß der Medo-Robot ihn absetzte. Corda schüttelte sich. Er hatte das Gefühl, sämtliche, Rippen gebrochen zu haben. Eine Art fataler Muskelkater lähmte ihn in seinen Bewegungen. Ierra Kretan stützte ihn. Sie wußte, welche Schmerzen Rex Corda hieben mußte. Der Präsident preßte die Lippen zusammen. Eine Sekunde lang wunderte er sich darüber, daß es ausgerechnet eine laktonische Frau gewesen war, die ihm geholfen hatte. Er blickte sie an. Sie gehörte zur Forschungsabteilung der „Walter Beckett". Lange Zeit hatte sie als Doppelagentin gegolten. Mehr als einmal war sie in äußerst merkwürdigen Situationen überrascht worden. Aber selbst wenn sie tatsächlich eine Agentin Laktons war — bisher hatte sie sich ausgezeichnet verhalten. Eine tiefe Sympathie verband die Laktonin mit dem jüngeren Bruder des Präsidenten. Rex Corda hatte längst bemerkt, daß auch er der Laktonin sympathisch war. Vielleicht sogar etwas mehr als das... Ohne es zu wollen, nahm Rex Corda die empathische Ausstrahlung von Ierra Kretan in sich auf. Sie zeigte sich glücklich, daß ihm nichts passiert war. Rex Corda lächelte. Im gleichen Augenblick erreichte ihn
ein warnender Ruf. Er schwang herum. Mit schmerzenden Augen starrte er ins Tal zurück. Sie hatten versucht, die flachen Berghänge zu erreichen. Knapp drei Kilometer hinter ihnen lag die in lodernde Flammen eingehüllte „Walter Beckett". Sigam Agelon setzte seinen unsinnigen Test fort. Unwillkürlich ballte der Präsident die Fäuste. Hatten sie dafür die „Walter Beckett" aufgegeben? Corda dachte an Kim, Wabash und die beiden Laktonen im Zeitversteck von Ko-Mont. Er hoffte, daß die Barrieren der kleinen Gruppe genügend Schutz boten. Er konnte nicht eingreifen! Wenn er jetzt zur „Walter Beckett" zurückkehrte, mußte er von den flammenden Energiestrahlen erfaßt und vernichtet werden. Entsetzt starrten die übrigen Besatzungsmitglieder auf das grausige Schauspiel. Jenes Raumschiff, das sie über viele Lichtjahre hinweg zum „Pentagramm der Dunkelsterne" gebracht hatte, schien zu verglühen. Rex Corda stand jetzt auf einem kleinen Felsplateau. Neben ihn eobachtete Ierra Kretan den mörderischen Test. Jeder andere Hantelraumer wäre längst zerfetzt und vernichtet worden. Aber die Becon-Panzerung schützte die „Walter Beckett". Sie konnte nicht auseinanderfallen. Mit jedem Quentchen Energie, das auf die BeconSchicht traf, verstärkte sich die Panzerung. Diese einmalige Eigenschaft des von Walter Beckett entwickelten Materials machte die kleine Erde für Laktonen und Orathonen interessant. In diesem Moment ließ Sigam Agelon den Test abbrechen. Die „Walter Beckett" stand in einem See aus glutflüssiger Magma und brodelndem Feuer. Zerschmolzenes Gestein bildete einen unüberwindlichen Ring um den Hantelraumer. Rex Corda wollte nicht daran denken,
welche Zerstörungen die wahnsinnigen Versuche im Innern der „Walter Bekkett" hervorgerufen haben mußten. Und dann geschah das Unfaßbare: Sigam Agelon ließ die „Walter Beckett" starten .. . Entsetzt blickte die terranische Besatzung ins Tal. Die beiden zweihundert Meter großen Hantelkugeln erzitterten. Flammende Energiestöße kamen aus den großen Ringwülsten um die Hantelkugeln. Langsam hob sich die „Walter Bekkett" aus dem glühenden See. Langsam, dann immer schneller beschleunigte sie. „Das ist doch Wahnsinn!" keuchte Rex Corda. „Sie starten ohne funktionierende Andruckneutralisatoren! Das wird sie zermalmen!" „Auf ein paar Tote kommt es Sigam Agelon doch nicht an!" sagte Ierra Kretan leise. Rex Cordas Kopf ruckte herum. Erstarrte die hübsche Laktonin an. „Ein paar Tote, sagen Sie? Vergessen Sie nicht, daß wir ..." Er stockte. Fast hätte er ihr gesagt, daß sich noch Besatzungsmitglieder in der „Walter Beckett" befanden. Er zögerte nur eine Sekunde. Dann entschied er sich, Ierra Kretan nicht einzuweihen. Sie brauchte nicht zu wissen, welchen Auftrag Fan Kar Kont und Percip erhalten hatten. Vielleicht war es besser, wenn die Mathematikerin nichts davon wußte. „Was wollten Sie sagen?" „Nichts", antwortete Rex Corda kopfschüttelnd. Für eine lange Sekunde blickten sie sich an. Ierra Kretans Gesicht wirkte nachdenklich. Ahnte sie etwas? * Sigam Agelon stand mit verschränkten Armen in der Zentrale der „Lyn-
thos". Seine auf vierzehn Hantelraumer zusammengeschmolzene Flotte stieß auf das glühende Auge im Zentrum des „Pentagramms" zu. Sigam Agelon war nur hundertfünfundsechzig Zentimeter groß. Sein konisch zulaufender Oberkörper gab ihm ein starkes, kräftiges Aussehen. Farbige Muster erschienen auf seinen Augenlidern. Sein olivgrünes Gesicht wirkte noch kälter und arroganter als sonst. Mit einer herrischen Bewegung wies der Agelon einen Bronzeroboter an, ihm die Untersuchungsberichte über den Test zu bringen. Sigam Agelon mochte keine Bronzeroboter. Er verabscheute sie, weil sie nach seiner Meinung zuviel Persönlichkeit erhalten hatten. Das Ein-Planeten-Systerm der roten Riesensonne blieb hinter den Hantelraumern zurück. „Fatty" mit seinen sechsundzwanzig Monden leuchtete auf den Holografen. Neunzehn Monde waren Sauerstoffwelten. Die anderen sieben besaßen eine Methanatmosphäre. Sigam Agelon hatte längst erkannt, daß die „Zeitlosen" ihr „Pentagramm" hervorragend zu schützen wußten. Überall vor dem „Loch" in die Raumvakuole waren Sicherungsanlagen und Warnstationen errichtet worden. Selbst im Noki-System jenseits der roten Riesensonne gab es noch automatisch arbeitende Warnpeiler. Sigam Agelon konzentrierte sich auf das Zentrum des „Pentagramms". Mit leuchtenden Augen betrachtete er jenen Punkt im Raum zwischen den fünf erloschenen Sonnen, der für ihn das Tor zu den „Zeitlosen" war. Die „Zeitlosen" saßen jenseits des Torsionstrichters und verteidigten ihr künstlich geschaffenes System. Sigam Agelon war entschlossen, durch das „Loch" zu stoßen ... In diesem Augenblick erkannte er die
Raumstation „Schalmirane". Der künstliche Planetoid schoß mit hoher Geschwindigkeit aus dem Torsionstrichter! Er raste direkt auf die kleine orathonische Flotte zu. Sigam Agelon handelte sofort. Er hob die linke Hand. Dann sagte er mit harter, schneidender Stimme: „Vernichtet die Station!" Mit donnernden Antrieben warf sich der Schwarm der Hantelraumer der Raumfestung entgegen. Sigam Agelon griff die „Zeitlosen" an! * Es gab noch eine Möglichkeit, die Umgebung der „Walter Beckett" auf die Holografen zu bekommen — die Benutzung der kleinen Robot-Kameras. Fan Kar Kont öffnete aus dem Zeitversteck heraus ein Magazin unterhalb der schützenden Becon-Panzerung. Ein halbes Dutzend kleiner Kugeln glitt in die Dunkelheit des Alls. Sofort begannen die positronisch gesteuerten „Augen" mit der Übertragung. Auf diese Weise wurden Percip und Fan Kar Kont zu den bestinformierten Männern an Bord der „Walter Beckett". Sie sahen sofort, daß sie zum Zentrum des „Pentagramms" stürzten. „Fatty" und die rote Riesensonne blieben weit hinter ihnen zurück. Vierzehn Hantelraumer und die „Walter Beckett" stießen zum „Pentagramm" vor. „Fan Kar Kont!" keuchte Percip plötzlich. „,Schalmirane' greift an!" Der Far-Geborene starrte auf die Holografen. „Die Raumfestung fliegt einen Bogen!" meldete sich Kim. Er hatte recht. „Schalmirane" kam tatsächlich nicht geradlinig auf den Konvoi der Hantelraumer zu. „Ein Traktorstrahl!" flüsterte Fan Kar
Kont erregt. „Sehen Sie sich das an, Percip. Haben Sie jemals von einem derartig starken Strahl gehört?" „Unfaßbar!" keuchte der Lithalonier. Die rote Kerbe auf seiner Oberlippe glühte. „Percip!" sagte Fan Kar Kont plötzlich. „Wissen Sie, was das heißt?" „Die ,Zeitlosen'!" antwortete Percip sofort. Fan Kar Kont nickte. „Sie haben die Raumfestung aus dem Torsionstrichter gezogen!" „Corkscrewer", grinste Kim. „Was?" „Ich meine, daß dieser Traktorstrahl wie ein Korkenzieher wirkt", erklärte der Bruder des Präsidenten. Fan Kar Kont und Percip blickten sich kurz an. Dann huschte ein breites Lächeln über das Gesicht des Lithaloniers. Der Junge hatte eine treffende Bezeichnung für den gigantischen Traktorstrahl gefunden... Sie wußten jetzt, daß die „Zeitlosen" im „Pentagramm" die Initiative ergriffen hatten. Die „Zeitlosen" ließen nicht zu, daß „Schalmirane" das künstliche System vernichtete. Sie hatten sich entschlossen, die heimkehrende Raumfestung aufzugeben. Welche unermeßlichen Kräfte nötig waren, um den künstlichen Planetoiden aus dem Torsionstrichter zu ziehen, konnten auch Fan Kar Kont und Percip nur ahnen. Sie erschauderten bei dem Gedanken an die Supertechnik der „Zeitlosen". Kim konnte nicht annähernd begreifen, mit welchen gigantischen Kräften in diesem Raumabschnitt gespielt wurde. Selbst den beiden Männern verschlug es die Sprache. Sie waren einiges gewöhnt, und doch mußten sie jetzt in ehrfürchtigem Staunen erkennen, daß die „Zeitlosen" eine Technik anwenden konnten, von der Orathonen und Laktonen nur träumten. Der Konvoi der orathonischen Han-
telraumer näherte sich „Schalmirane". Sie rasten auf den künstlichen Planetoiden zu. „Sigam Agelon muß wahnsinnig sein!" keuchte Fan Kar Kont. Die braunen und weißen Streifen auf seinem Gesicht veränderten sich. Wenn Sigam Agelon nicht augenblicklich eine Kursänderung befahl, mußten sie mit tödlicher Sicherheit den gigantischen Traktorstrahl kreuzen ... „Er stürzt uns alle ins Verderben!" keuchte Percip. Verzweifelt versuchte er, die Kontrollen über die „Walter Beckett" zu übernehmen. Verzweifelt versuchte er, den Antrieb zu blockieren. Jetzt hatten auch die Orathonen in der Zentrale etwas gemerkt. Funksprüche rasten zur „Lynthos". Die Orathonen in der „Walter Beckett" übermittelten Sigam Agelon eine Warnung. Der „Veränderte" achtete nicht darauf. Er hatte sich entschieden, die Raumfestung anzugreifen. Nichts und niemand konnte ihn von diesem Entschluß abbringen. Schutzschirme flammten auf. Die Gefechtszentralen in den vierzehn Hantelraumern wurden besetzt. Sigam Agelon bereitete sich auf den Kampf mit der Raumfestung „Schalmirane" vor. Er war entschlossen, sie zu vernichten! Wenn ihm das gelang, war der Weg in die Vakuole der „Zeitlosen" frei! Die „Walter Beckett" wurde als erster Hantelraumer von dem gigantischen Traktorstrahl erfaßt. Krachend wurde das ehemalige terranische Flaggschiff aus der Bahn geworfen. Mit einem gewaltigen Satz warf sich Fan Kar Kont über Kim. Der Junge raste wie ein Geschoß auf die Wand der kleinen Kabine zu. In allerletzter Sekunde konnte Fan Kar Kont ihn aufhalten. Zusammen mit Kim stürzte er gegen das Bassin von Wabash. Wasser schwabbte über.
Der Delphin stieg auf und stieß gellende Pfeiflaute aus. Auch er hatte die tödliche Gefahr erkannt. Der Traktorstrahl riß die „Walter Beckett" zur Seite. Im gleichen Augenblick brachen die Antigravitationsautomaten endgültig zusammen. * Sigam Agelon fluchte. Er beobachtete das plötzliche Ausscheren der „Walter Beckett". Der mächtige Hantelraumer folgte nicht mehr dem Kurs der vierzehn anderen orathonischen Kampfraumer. „Sofort Verbindung mit dem TerraSchiff herstellen!" befahl Sigam Agelon hart. Seit er sich mit seinem Vater, Moga Agelon, entzweit hatte, stand ihm nur noch eine geringe Anzahl von Offizieren zur Verfügung. Moga Agelon hatte seinen Sohn Sigam verstoßen. Der kleine Rest orathonischer Offiziere und Mannschaften hatte sich nur deshalb Sigam Agelon angeschlossen, weil diese Männer wußten, daß der Agelon unbesiegbar war... Sie konnten sich ihre Chancen ausrechnen. Wenn es Sigam Agelon gelang, seine Ziele durchzusetzen, würde er eines Tages Herr über das Reich der Orathonen sein. Vielleicht war es gut, wenn man dann sagen konnte, von Anfang an dem Abtrünnigen der FAMILIE geholfen zu haben! Sigam Agelon, der dritte Sohn des Moga Agelon, war einmal Flottenkommandeur der im Terra-System versammelten orathonischen Flotte gewesen. Er mußte eine vernichtende Niederlage hinnehmen. Doch das hatte seinen Stolz nicht gebrochen. Seit er eine Becon-Platte unter seiner Schädeldecke trug, die ihn zu einem Unbesiegbaren machte, war er noch
stolzer und arroganter geworden. Mit seiner stämmigen Figur stand er wie ein Felsblock vor den Holografen. Nur wenige Minuten später meldete ihm einer seiner Offiziere den Grund für das Ausscheren der „Walter Beckett": „Einer der sechsundzwanzig Monde hat einen Traktorstrahl ausgeschickt und den Hantelraumer eingefangen." „Unsinn!" keuchte der Agelon. „Derartig starke Traktorstrahlen gibt es nicht!" „Wir haben Feldmessungen durchgeführt!" „Und? Wie ist das Ergebnis?" „Es handelt sich tatsächlich um einen Traktorstrahl. Er ist genau auf das flimmernde ,Loch' im ,Zentrum des Pentagramms' gerichtet." In diesem Moment begriff Sigam Agelon. Er wußte, daß der Offizier die Wahrheit gesprochen hatte. Immer wieder hatte die Raumfestung „Schalmirane" versucht, durch den Torsionstrichter in die Raumvakuole der „Zeitlosen" zu gelangen. Vergeblich! Die „Zeitlosen" durften nicht zulassen, daß die Station das komplizierte System ausgewogener Magnetkräfte zum Zusammenbruch brachte. Sie wehrten sich. Sie setzten alles ein, was ihnen zur Verfügung stand. Sigam Agelon erkannte mit aller Klarheit, daß er hier einer Macht gegenüberstand, die ihm fremd war. Die „Zeitlosen" wehrten sich gegen jeden Eindringling von außen. Sie setzten in Jahrtausenden von Jahren raffiniert errichtete Sicherungssysteme in Betrieb. Ganze Völker und Rassen auf den Monden von „Fatty" hatten keine andere Aufgabe, als das „Pentagramm der Dunkelsterne" zu schützen. „Jetzt erst recht!" knurrte der Agelon bissig. In seinem fanatischen Ehrgeiz durfte er keine Schlappe hinnehmen. Er war fest entschlossen, bis zu den
„Zeitlosen" vorzudringen. Es war ihm vollkommen gleichgültig, wieviel Hantelraumer dabei zugrunde gingen. Er selbst war ja unverletzbar. „Greift die Maschinen an, mit denen der Traktorstrahl erzeugt wird!" „Zu Befehl!" Die Anordnungen des „Veränderten" wurden blitzschnell weitergegeben. Riesige Elektronengehirne berechneten die neuen Kurse. Andruckneutralisatoren kreischten auf. Energiekanonen und Raketenwerfer wurden feuerbereit gemacht. Die Hauptumwälzanlagen für die Luft- und Wasserversorgung sowie die Notantriebsaggregate wurden auf Gefechtsbedingungen umgeschaltet. In Sekundenschnelle verwandelten sich die Hantelraumer in waffenstarrende Festungen. Dreifachschleusen teilten die großen Hantelkugeln in einzelne Abteilungen auf. In den Nothangars für Diskusraumer wurden armdicke Kabelschlangen an Energiespeicher angeschlossen. Sämtliche Antriebselemente in den Verbindungsarmen zwischen den Hantelkugeln wurden mit den zentralen Computern synchron geschaltet. Die Flotte aus vierzehn Hantelraumern griff an. Sie hetzte hinter der „Walter Beckett" her. Gleichzeitig zog der Traktorstrahl die Raumfestung „Schalmirane" immer weiter aus dem Torsionstrichter. Sigam Agelon starrte auf die Holografen. Sie rasten auf den Traktorstrahl zu. Die „Walter Beckett" war nur noch einige hunderttausend Kilometer entfernt. Noch bestand eine Chance, den Hantelraumer zu erreichen, ehe er auf den Mond abstürzte. Sigam Agelon versuchte, Herr der Lage zu bleiben. Aus seiner Blickrichtung bildeten die „Walter Beckett", der Mond von „Fatty", der Riesenplanet und die rote Rie-
sensonne eine fast gerade Linie. In Verlängerung dieser Linie stand in einigen Millionen Kilometern Entfernung das Sonnensystem der Nokis. Dort hatte Sigam Agelon durch die intelligenten Mandra-Pflanzen einige hundert Hantelraumer verloren. Der Weg zu den „Zeitlosen" war eine einzige Serie von Verlusten gewesen. Er war mit einer gigantischen Flotte aufgebrochen und besaß jetzt noch ganze vierzehn Hantelraumer ... Sigam Agelon wandte sich um. An der gegenüberliegenden Wand der kreisrunden Zentrale war auf mannshohen Holografen das immer näher kommende Bild der Raumfestung „Schalmirane" deutlich zu erkennen. Sigam Agelon überlegte kühl und präzise. Die Situation vor dem „Pentagramm der Dunkelsterne" spitzte sich zu. Durch einen speziellen Filter konnten die Orathonen innerhalb der „Lynthos" die fünf geometrisch angeordneten Dunkelsterne deutlich erkennen. Es waren erloschene Sonnen, deren gewaltige Gravitation die Raumtorsion hervorrief. Die Raumvakuole der „Zeitlosen" war nicht nur durch die magnetischen Kräfte der fünf erloschenen Sonnen geschützt. Auch auf den Monden von „Fatty" hatten sie überall Warn- und Sicherungsstationen errichtet. Jene Aggregate, die jetzt die „Walter Beckett" und die Raumfestung „Schalrnirane" mit ihrem gigantischen Traktorstrahl eingefangen hatten, gehörten dazu. Sigam Agelon hatte sich verrechnet. Sein Ziel war es gewesen, mit der mit Becon gepanzerten „Walter Beckett" den Durchbruch in die Vakuole der „Zeitlosen" durchzuführen. Er mußte den unzerstörbaren Hantelraumer zurückbekommen. Kein Preis war ihm dafür zu hoch. Er ließ alle verfügbaren Waffen einsetzen und deckte den Hantelraumer mit
reiner Energie ein. Es war sinnlos! Die Becon-Panzerung nahm die Energie auf und wurde dadurch nur noch stärker. Dann versuchte Sigam Agelon, die „Walter Beckett" aus dem Traktorstrahl zu drängen. Mit Höchstgeschwindigkeit raste er auf den kleinen Mond von „Fatty" zu. Es war sein Ziel, den Traktorstrahl so abzulenken, daß die „Walter Beckett" frei kam. Wie eine Horde lichtschneller Abfangjäger stürzten sich die vierzehn Hantelraumer des Agelon auf das Sonnensystem vor dem „Pentagramm der Dunkelsterne". Sigam Agelon war entschlossen, den Mond so lange unter Beschuß zu setzen, bis er sich in einen glühenden Atomball verwandelte. Gelang ihm das, war die „Walter Beckett" frei, und er konnte erneut das schimmernde „Loch" im Zentrum des „Pentagramms" anfliegen ... * Der grau schimmernde „Stein" kämpfte gegen die verzweifelten Versuche der „Zeitlosen", „Schalmirane" dem Traktorstrahl zu entreißen. Matson wollte nicht zum Zentrum des „Pentagramms" zurück. Die ständigen Versuche hatten ihm schon zuviel Kraft gekostet. Er besaß einfach nicht mehr die Widerstandsfähigkeit, um sich weiterhin gegen die ununterbrochene Belastung zu wehren. Er wollte nicht in die Raumvakuole. Wenn er erst einmal in der Heimat der „Zeitlosen" war, gab es für ihn keine Rückkehr mehr. Nur deshalb sperrte er sich gegen den Versuch der sieben „Zeitlosen", „Schalmirane" durch den Torsionstrichter zu bringen. Plötzlich empfing Fred Matson einen Impuls von der „Nadel". Der grauweiße, fünfzig Zentimeter
hohe „Stein" erzitterte. Die ParallelMutantin befand sich in unmittelbarer Nähe. „Virginia!" rief der „Stein" in das All. Fred Matson und Virginia RamoniMatson konnten auf telepathischem Wege miteinander in Verbindung treten. Niemand war in der Lage, ihre Gespräche und fragenden Rufe abzuhören. Sie suchten sich. Sie hatten eine Existenzform gefunden, die nicht humanoid war. Beide stammten sie von der Erde. Und doch waren sie Mutanten — Veränderte ohne einen organischen Körper. Virginia war zur „Nadel" geworden, während Matson sich in einen „Stein" verwandelt hatte. Sie wollten nicht mehr daran denken, wie es geschehen war. In ihrer davorliegenden Existenzform gab es zuviel Leid und zu viele Tränen. Auch ihre jetzige Existenzform bestand aus Kampf und Verzweiflung. Während die „Nadel" im Flaggschiff von Sigam Agelon gefangengehalten wurde, befand sich der „Stein" in der Raumfestung „Schalmirane". Sie waren sich nahe, und doch trennten sie Welten voneinander. Fred Matson entschloß sich, die Station der „Zeitlosen" zu verlassen. Er wollte zu Virginia! Er sehnte sich nach der Nähe der „Nadel". Er brauchte sie! Sie gehörte zu ihm. In gewisser Weise war er für Virginia verantwortlich. Ohne seine eigene Umwandlung wäre sie niemals zur „Nadel" geworden... Wenn sie wieder einmal fortging, würde er weinen — innerlich zerbrechen. Die „Nadel" war das einzige, was der einsame „Stein" im gesamten Universum unter Millionen und Milliarden von Sternen noch hatte. Matson hatte sich damit abgefunden, daß er ein unsterblicher „Stein" geworden war. Er war mit dieser Existenzform einverstanden. Er liebte sie sogar
— aber er brauchte die „Nadel". Der „Stein" war bereit. Fest entschlossen, die Raumfestung „Schalmirane" zu verlassen und den „Zeitlosen" damit die Rückkehr in ihre Heimat zu ermöglichen, bewegte er sich durch die schwach erleuchteten unterirdischen Korridore und Hallen. Er suchte nach einem Ort, an dem er zur felsigen, zerklüfteten Oberfläche der getarnten, jahrhunderttausendalten Wächterstation gelangen konnte. „Ich komme, Virginia!" rief er auf telepathischem Wege. „Ich warte auf dich", antwortete die „Nadel". Der „Stein" war glücklich über die reine, vollkommene Harmonie, die ihn mit der „Nadel" verband. Erregt erreichte der „Stein" die Oberfläche des künstlichen Planetoiden. Er war bereit. Er ahnte nicht, wie schnell seine Hoffnung zerfetzt werden sollte. * Kim Corda klammerte sich mit beiden Händen am Bassin von Wabash fest. Die Andruckneutralisatoren der „Walter Beckett" waren fast völlig ausgefallen. Mit verzerrten Gesichtern hockten Fan Kar Kont und Percip vor den Doppelkontrollen in der abgeschirmten Kabine des Zeitagenten. Ko-Mont hatte von hier aus die gesamte „Walter Beckett" überwachen können. Nur dadurch war es Fan Kar Kont und Percip möglich, jetzt ebenfalls die Vorgänge in der Zentrale des terranischen Flaggschiffes zu verfolgen. Sie machten sich keine Illusionen. Sie wußten, daß es nichts gab, um der unheimlichen Kraft des Traktorstrahls zu entrinnen. „Dieser verflixte Korkenzieher hat uns aber sehr schnell erwischt!" meuterte Kim. Percip warf ihm einen kurzen Blick
zu. Der sommersprossige Junge verhielt sich ausgesprochen tapfer. Viele andere hätten an seiner Stelle mehr Furcht gezeigt. Kim gehörte zur regulären Besatzung der „Walter Beckett". Er war als Dolmetscher und Betreuer für den weißen Delphin Wabash eingesetzt. Er konnte mit Wabash in telepathische Verbindung treten. Leider gelang Kim nur mit Wabash ein solcher Kontakt. Während Fan Kar Kont und Percip pausenlos versuchten, die „Walter Bekkett" unter Kontrolle zu bekommen, berichtete Kim seinem Delphin, was geschehen war. Wabash galt als mathematisches Genie. In wochenlangen Trainingskursen hatte man ihm so viel Wissen eingetrichtert, daß er jetzt in der Lage war, die Mentalität eines Menschen zu verstehen. Er wußte, daß sich seine Beschützer und Freunde in höchster Gefahr befanden. Wabash war nicht nur Telepath. Er besaß auch so etwas wie einen sechsten Sinn. Er spürte instinktiv, wann eine Gefahr wirklich bedrohlich wurde. „Er sagt, daß uns eigentlich nichts passieren kann", übersetzte Kim, während Wabash immer wieder schrille, zwitschernde Laute ausstieß. „Dann ist unser Freund ein ziemlich großer Optimist", bemerkte Percip sarkastisch. Eine steile Falte hatte sich in seine hohe Stirn gegraben. Er glaubte nicht mehr daran, daß sie dieses Abenteuer heil überstehen würden. Die „Walter Beckett" raste innerhalb des Traktorstrahls auf einen der Sauerstoffmonde von „Fatty" zu. In diesem Augenblick blickte Fan Kar Kont auf. Schweigend hatte er in den letzten Minuten versucht, die zentralen Synopsicomputer der „Walter Beckett" zu benutzen. Er kannte das
Risiko eines derartigen Versuches. Aber die Orathonen in der Zentrale waren drauf und dran, die Nerven zu verlieren. Pausenlos trafen neue Befehle von Sigam Agelon ein. Er versuchte mit aller Macht die Disziplin einer Kapertruppe aufrechtzuerhalten. Im Angesicht der drohenden Vernichtung klangen die Befehle Sigam Agelons in den Ohren der orathonischen Offiziere wie blanker Hohn. Sigam Agelon befand sich nicht in einem Traktorstrahl. Sein Hantelraumer war voll funktionsfähig, während die „Walter Beckett" ein hilfloses Opfer des gigantischen saugenden Strahls geworden war. „Die Herren Piraten werden nervös!" grinste Percip. Er bemühte sich, humorvoll zu sein. Aber es klang eher wie Galgenhumor. „Nur gut, daß wir innerhalb unseres Verstecks einen eigenen Antigravitationsautomaten haben!" seufzte Kim. „Der macht es auch nicht mehr lange", meinte Percip ahnungsvoll. Sie stürzten immer schneller auf das System des Riesenplaneten zu. Die rote Riesensonne von „Fatty" war sechsunddreißigmal größer als Sol. Die sechsundzwanzig Monde des gigantischen Planeten waren jetzt teilweise zu erkennen. Einige von ihnen befanden sich im Schatten von „Fatty". In diesem Augenblick begann die Abbremsung! Kim fiel zu Boden. Auch Fan Kar Kont verlor den Halt. Merkwürdige Muster bildeten sich auf seinem braun und weiß gestreiften Gesicht. Der ehemalige Chefwissenschaftler von Teckan klammerte sich an Percip fest. Jetzt mußte der Lithalonier zeigen, welche Kraft in seinem über zwei Meter großen Körper steckte. Mit einer kurzen Handbewegung umklammerte er Fan Kar Kont. Er stemmte sich mit den
Füßen an den Kontrollpulten ab. Knisternd und krachend gab eine Abdeckplatte nach. Gleißende Lichtblitze flammten auf. Kurzschlüsse und Rückkoppelungen zerstörten einen Teil der Beobachtungsanlagen. Der Antigravitationsautomat innerhalb des Zeitverstecks heulte in höchsten Tönen. Die Belastung war zu groß. Jeden Augenblick konnte das Aggregat in die Luft fliegen. Sie hatten keine Zeit mehr, um auf die Holografen zu blicken. Verzweifelt kämpften sie gegen die immer stärker werdende Gravitation. Der Andruck preßte sie in die vorderen Winkel der kleinen Kabine. Das Wasser im Bassin des weißen Delphins hing wie eine starre Masse an der Seitenwand. Wabash, der telepathisch begabte Delphin, wurde von dem Andruck jedoch kaum beeinträchtigt. Das Wasser schützte ihn. Immer wieder stieß der Delphin helle Pfeiflaute aus, um Kim und Fan Kar Kont anzuzeigen, daß sie sich um ihn nicht zu sorgen brauchten. Am meisten litt Kim, der Bruder Rex Cordas. Der vierzehnjährige Junge war es nicht gewohnt, derartigen Gravitationskräften ausgesetzt zu sein. Der Andruck wurde so stark, daß sie nicht einmal mehr ihre Finger bewegen konnten. Krachend zerbarsten die Beobachtungsschirme und die transparenten Schutzplatten vor den Holografen. Gas strömte in die Kabine. Kim keuchte. Er bekam keine Luft mehr. Stechende Schmerzen tobten in seinen Lungen. Eine Zentnerlast preßte seinen Brustkorb zusammen. Das Blut hämmerte hart in seinen Schläfen. Alles um ihn herum drehte sich. In diesem Augenblick wurde die „Walter Beckett" vom konzentrierten
Feuer aus vierzehn orathonischen Hantelraumern getroffen. Keiner der Antigravitationsautomaten war der Wucht dieses verheerenden Angriffs gewachsen. Die „Walter Beckett" stürzte ab! Taumelnd raste sie auf die Oberfläche des zwölften „Fatty"-Mondes zu. * Der „Wächter unter dem Pentagramm" erreichte im allerletzten Moment den Mond der Techniker. Sein kleiner torpedoförmiger Raumgleiter setzte hart neben den gigantischen Maschinenanlagen auf dem zwölften Mond auf. Sofort sprang der humanoide Methanatmer von seinem Raumgleiter und rannte mit weiten Sprüngen zum Eingang der Corkscrewer-Anlage. In seinem grünen Raumanzug wrar er mindestens zwei Meter fünfzig groß. Methangasschleier verhüllten seine faustgroßen Augen und den gelblichen Mund hinter schwarzen Lippen. Er mußte die Techniker warnen! Seine Lebensaufgabe bestand einzig und allein darin, für die Sicherheit des „Pentagramms" zu sorgen. Drei unterschiedliche Kräfte bedrohten das künstlich erschaffene System. Der Methanatmer hatte sich inzwischen über die Eindringlinge informiert. Er war es gewesen, der das Duell zwischen Sigam Agelon und Ralf Griffith unterbrach. Bei den langen Besprechungen mit Rex Corda hatte er sehr viel erfahren. Er wußte jetzt, wie kompliziert die Machtverhältnisse der erbittert gegeneinander kämpfenden Gruppen waren: Die drei Hauptgruppen bestanden aus den heimkehrenden „Zeitlosen", dem Orathonen Sigam Agelon und dem Terraner Rex Corda. Daneben gab es noch die Existenzformen des „Steins" und
der „Nadel". Zusätzlich befand sich auf dem Flaggschiff von Sigam Agelon Tsati Mutara. Während zur Mannschaft von Rex Corda der „Veränderte" Ralf Griffith gehörte. Der „Wächter unter dem Pentagramm" hatte längst begriffen, daß zwischen Sigam Agelon, Ralf Griffith, Fred Matson und der „Nadel" eine gewisse Verwandtschaft bestand. Alle vier hatten sie eine Daseinsform erreicht, in der sie theoretisch unzerstörbar waren. Diese Tatsache bildete die größte Gefahr für das „Pentagramm der Dunkelsterne" und damit auch für die „Zeitlosen", die er, der „Wächter unter dem Pentagramm", zu schützen hatte. Mit einem raschen Sprung erreichte der Methanatmer das Nervensystem der Anlage. Die Rosa Techniker saßen in langen Reihen vor pilzförmigen Kontrollpulten. Sie glichen rosafarbenen quallenähnlichen Moluskelwesen. Die Techniker waren im Grunde nichts anderes als winzige Elektronengehirne mit daran angeschlossenen Nervenfasern. Jeder Impuls aus den positronischen Gehirnen konnte von den tentakelartigen Fasern sofort umgewandelt werden. Die Rosa Techniker waren mit ihren hochempfindlichen Nervententakeln in der Lage, die kompliziertesten Anlagen zusammenzusetzen. Sie besaßen keine Glieder im eigentlichen Sinne. Der Methanatmer baute sich in seinem grünen Raumanzug vor der ersten Reihe der Techniker auf. Sofort erhob sich von einem Kontrollpilz ein Rosa Techniker und wickelte seine Nervenstränge zusammen. Sie bildeten einen breiten, säulenähnlichen Fuß, der nur im unteren Drittel beweglich war. Auf Tausenden von Nervenspitzen lief der Rosa Techniker zum „Wächter unter dem Pentagramm". Er bewegte sich wie ein Tausendfüßler.
„Ihr seht wohl auch nur das, was vor euren Nasen ist!" wütete die metallisch klingende Stimme aus dem Übersetzungsgerät des Methanatmers. „Wir konnten den Strahl nicht eher einsetzen", entschuldigte sich der Techniker. „Und warum nicht?" erkundigte sich der „Wächter unter dem Pentagramm". „Fremde Kräfte und Strahlungen überlagerten die Impulse der Warnstationen." Der Methanatmer wußte sofort, was der Techniker meinte. Der Mond der Corkscrewer war nicht die einzige Welt, auf der die Warn- und Sicherheitssysteme durch die Impulse der „Nadel" und des „Steins" gestört worden waren. Ein leiser Pfeifton erfüllte den großen Raum. Vier Dutzend Techniker hockten leise wispernd über den Kontrollpilzen. Der Boden unter dem Methanatmer erzitterte. Tief im Innern des Mondes befanden sich die Kraftanlagen für die Energieversorgung des Traktorstrahls. Plötzlich leuchtete an der Stirnseite der langgestreckten Halle ein dreifaches Lichtsignal auf. „Verzeihung", sagte der Techniker neben dem Methanatmer. „Ich werde gerufen." „Bist du 3?" „Ja", antwortete der Techniker. Um miteinander reden zu können, hatten sie sich Namen gegeben — Namen, die dem Zahlenbereich entstammten. 3 war ein ziemlich hoher Techniker. Über ihm stand nur noch 3,14, der sich hin und wieder auch Pi nannte. Der Rosa Techniker 3 raste auf seinen beweglichen Nervenspitzen durch die Halle. Der Methanatmer blickte ihm nach. Gleichzeitig verstärkte sich der Pfeifton. Ein tiefes Brummen schwoll zu einem orkanartigen Sturm an. Nervös bewegten sich die Rosa Tech-
niker über ihren Kontrollpilzen. Irgend etwas beunruhigte sie. Da stürzte krachend die Decke des langgestreckten Kontrollraumes ein. Fast ein Dutzend Rosa Techniker wurde unter den Trümmern begraben. Eine Druckwelle raste über sie hinweg. Sekundenlang brach der gigantische Traktorstrahl zusammen. Er wurde umgepolt. Der „Wächter unter dem Pentagramm" sprang nach vorn. Er kannte die Sicherheitsanlagen aus dem Corkscrewer-Mond ebenso gut wie die Rosa Techniker. Mit einem einzigen Faustschlag zertrümmerte er den violett schimmernden Glasbehälter des Katastrophenschalters. Augenblicklich setzte der Traktorstrahl wieder ein. Von grauenhaften Ahnungen verfolgt, hastete der „Wächter unter dem Pentagramm" mit seinem Raumgleiter wieder zurück. Noch ehe er den Mond verließ, sah er die „Walter Beckett". Während der Landung war sie angegriffen worden. Die Becon-Panzerung schimmerte in hellem Grün. Sekundenlang flackerte die Außenhülle des Hantelraumers auf. Dann wurde die Panzerung wieder grau. Ein Teil der Corkscrewer-Anlage bestand nur noch aus Trümmern. Vierzehn gleißende Lichtpunkte zogen durch die oberen Schichten der Lufthülle. Sie verschwanden so schnell, wie sie gekommen waren. Sofort kontrollierte der „Wächter unter dem Pentagramm" die Meßinstrumente seines Raumgleiters. Seine Ahnungen bestätigten sich: Die Raumfestung „Schalmirane" raste erneut auf das „Pentagramm" zu. Die kurze Umpolung des Traktorstrahls hatte genügt, um sie freizugeben. *
Fred Matson brach innerlich zusammen. Er hatte die Raumfestung verlassen wollen. Unwillkürlich hatte er sich gegen den ziehenden Strahl gewehrt. Und dann war plötzlich jener harte Schock gekommen, der die Anstrengungen des „Steins" unterstützte. Dadurch wurde „Schalmirane" durch eine doppelte Kraft beschleunigt. Der umgepolte Corkscrewer-Strahl und die Anstrengung des „Steins" schleuderten die Raumfestung der „Zeitlosen" zur Seite. Fred Matson konnte nicht mehr zu Virginia! Wieder einmal war das Schicksal gegen sie. In diesem Augenblick erkannten die sieben „Zeitlosen" in ihrem künstlichen Planetoiden „Schalmirane" die Gefahr. Die kombinierte Kraft Fred Matsons und des umgepolten Traktorstrahls ließ die „Schalmirane" in direkter Linie auf einen „Dunkelstern" fliegen. Der Absturz war nicht mehr zu verhindern. Die gewaltige Anfangsbeschleunigung schleuderte „Schalmirane" mit titanischer Kraft auf eine der fünf erloschenen Sonnen zu. Nichts und niemand konnte die „Zeitlosen" jetzt noch retten. Und doch setzten sie alles ein, um zu überleben. Über hunderttausend Jahre waren sie Gestrandete in einem fremden Sonnensystem gewesen. Sollten sie jetzt — direkt vor dem Eingang zu ihrer Heimatwelt — vernichtet werden? Es gab keinen Zweifel mehr. „Schalmirane" stürzte auf einen „Dunkelstern". Dort befanden sich die komplizierten Anlagen, die den gigantischen Energiehaushalt des „Pentagramms" kontrollierten. Wenn „Schalmirane" auf den „Dunkelstern" stürzte, mußte das „Pentagramm" zusammenbrechen. Verzweifelt versuchten sie immer wieder, den Kurs des künstlichen Planeten zu ändern. Jetzt fehlte ihnen die
dringend benötigte Energie. Zu oft hatten sie versucht, durch den Torsionstrichter zu stoßen. Die Speicherbänke waren ausgelaugt und leer. Hilflos und mit ohnmächtiger Verzweiflung mußten die sieben „Zeitlosen" erkennen, daß sie selbst es waren, die jetzt die größte Gefahr für ihr Heimatsystem darstellten. Sie waren zu lange weg gewesen. Die meisten der Sicherungsanlagen waren nach ihrem Abflug errichtet worden. Die sieben „Zeitlosen" kannten sie nicht. Immer schneller raste „Schalmirane" auf einen der fünf Dunkelsterne zu. Der „Stein" erkannte die ungeheure Gefahr. Das mußte das Ende der „Zeitlosen" sein! * Aufruhr herrschte in der Stadt der Simlars. Die kraftvollen, athletischen Männer mit den dunkelbraunen Gesichtern fanden sich bei den Spinnen ein. Immer wieder strichen sie sich durch ihr strähniges violettes Haar. Sie alle kannten die Anordnung der „Zeitlosen". Jetzt mußten sie eingreifen! Sie waren verpflichtet, den Schutz des „Pentagramms" zu übernehmen! Die Simlars lebten mit gigantischen, spinnenähnlichen Tieren zusammen. Sie versorgten die Nestanlagen der Spinnen mit Pflanzen, die große Mengen Sauerstoff freigaben. Als Gegenleistung halfen die Spinnen den Simlars bei der Versetzungstechnik. Mit dieser Teleportationsmethode hatten sie bereits Ralf Griffith geholfen, als er Sigam Agelon zu unterliegen drohte. Jetzt stand eine ungleich größere Aufgabe vor ihnen: Sie hatten den Auftrag erhalten, die gesamte auf „Fatty" befindliche Mannschaft der „Walter Beckett" mit Hilfe ihrer
Similarisations-technik auf einen anderen Sauerstoffmond zu versetzen . . . Die Aufgabe war gewaltig — der Erfolg ungewiß. Die Simlars hatten keine Wahl. Wenn sie den „Zeitlosen" jetzt nicht halfen, brach nicht nur das „Pentagramm", sondern auch die Stabilität des „Fatty"Systems zusammen. Ihr Sauerstoffmond würde mit in den Strudel der Vernichtung gezogen werden. Sie handelten aus Selbsterhaltungstrieb. Sie mußten der Anordnung der „Zeitlosen" Folge leisten. Es gab keine andere Möglichkeit. Pausenlos schleppten die Männer Pflanzen zu den Nestern der Spinnen. Die Spinnen waren zu groß, um sich selbst mit ausreichenden Mengen von Sauerstoff zu versorgen. Jetzt kam es darauf an, daß die Spinnen begriffen, was auf dem Spiel stand. Die Simlars setzten alles ein, um die Spinnen für die große Aktion vorzubereiten. Ununterbrochen schleppten sie neue Pflanzenmengen herbei. Sie schonten sich nicht. Ihre einzige Chance waren jene Männer, die unter dem Befehl von Rex Corda standen. Die Simlars baten die gigantischen Spinnen um Hilfe. Sie erklärten ihnen, was zu tun war. Für lange angstvolle Sekunden reagierten die Spinnen nicht. Dann erklärten sie sich einverstanden. * Es gab keine größeren Berge auf „Fatty". Durch die ungeheure Schwerkraft des Riesenplaneten konnte es nur flache Hügel und seichte Mulden geben. Rex Corda stand vor seinen Männern. Er hatte ihnen erklärt, warum er die „Walter Beckett" aufgegeben hatte. Nur eines verschwieg er ihnen — die Tatsache, daß es noch immer Laktonen
und Terraner an Bord des mit Becon gepanzerten Hantelraumers gab. Ierra Kretan vermißte Wabash zuerst, Sie hatte Kim und den weißen Delphin ins Herz geschlossen. Dann entdeckte sie, daß auch Fan Kar Kont und Percip fehlten. Sie sagte nichts, aber sie begann, eigene Überlegungen anzustellen. Wie zufällig schlenderte sie zu Hent Marat hinüber. Sie alle trugen Raumanzüge, in denen sich eigene Antigravitationsautomaten befanden. Ohne die Hilfe dieser Geräte wäre es ihnen nie möglich gewesen, auf der Oberfläche von „Fatty" zu existieren. Die gewaltige Gravitation hätte ihre Körper am Boden zerquetscht . . . „Sagen Sie mal. Hent Marat", meinte Ierra Kretan und schob sich neben den laktonischen Biochemiker. Sie hoffte, daß Rex Corda nicht mithörte. Sie dämpfte die Ausgangsleistung ihres Senders, während Hent Marat sich langsam zu ihr umdrehte. Der Weißhaarige blickte sie mit hochgezogenen Brauen an. „Was kann ich für Sie tun?" „Haben Sie Percip irgendwo gesehen?" Hent Marat hob die Schultern. Er deutete zu Bekoval hinüber. „Vielleicht steht er dort drüben beim Kommandanten." „Dort habe ich schon nachgesehen." „Dann kann ich Ihnen auch nicht helfen." „Und was ist mit Fan Kar Kont?" In diesem Augenblick merkte Hent Marat, was die Mathematikerin von ihm wollte. Er schürzte die Lippen und schickte ihr einen mißtrauischen Blick zu. Sekundenlang erinnerte er sich wieder daran, daß Ierra Kretan eine laktonische Doppelagentin gewesen war. Unendlich langsam fuhr er sich mit der Zungenspitze über seine rötlichen
Zähne. „Fan Kar Kont und Percip", murmelte er dann. „Sie meinen, daß ..." „Ich habe nur gefragt", wehrte Ierra Kretan ab. „Schon gut. Ich weiß, was Sie meinen." „Glauben Sie denn auch, daß die beiden sich noch in der ,Walter Beckett' befinden?" „Es steht hier nicht zur Debatte, was ich glaube!" konterte der Biochemiker. „Trotzdem halte ich die Angelegenheit für interessant. Für sehr interessant sogar. Man sollte tatsächlich einmal nachfragen." Ierra Kretan lächelte. Sie hatte einen Verbündeten gewonnen. Gemeinsam schoben sie sich an wartenden Männern vorbei. Zweihundertvierzig Terra-Offiziere wußten nicht so recht, was sie mit sich anfangen sollten. Rex Corda hatte ihnen erklärt, daß sie für einige Zeit auf „Fatty" bleiben würden. Es hatte keinen Zweck, hier irgendwelche Behausungen zu bauen. Sobald die Energie ihrer Raumanzüge erschöpft war, mußten auch die Antigravitationsautomaten versagen. Kein menschliches Lebewesen war in der Lage, für längere Zeit ohne technische Unterstützung auf dem Riesenplaneten zu leben. Sehnsuchtsvoll blickten die Männer zu den Monden des Riesenplaneten hinauf. Die Sauerstoffmonde — „Fattys Töchter" — und die Methanwelten, die sie „Fattys Stiefsöhne" genannt hatten, kreisten zwischen ihnen und der roten Riesensonne. Dort war die Schwerkraft auch ohne Antigravitationsautomaten auszuhalten. Die Monde waren ausnahmslos kleiner als die Erde. Aber nicht wesentlich... Rex Corda sprach mit Ralf Griffith. Die beiden Männer überlegten, wie sie „Fatty" verlassen konnten.
„Wir brauchen ein paar anständige Raumschiffe", meinte der Waffenleitoffizier der „Walter Beckett". „Ich bin im Augenblick nicht einmal scharf auf eine Hantel. Ein paar anständige Diskusraumer würden uns schon weiterhelfen." „Tut mir leid, Ralf!" meinte Rex Corda kopfschüttelnd. „Damit kann ich leider nicht dienen. Auf diesem Planeten gibt es höchstens ein paar total zerstörte Diskuswracks." „Könnten wir die nicht wieder zusammenbauen?" fragte Ralf Griffith. „Nein", antwortete Rex Corda. „Ich habe mir angesehen, wie sehr die Diskusraumer zerstört waren. Die größten Wrackteile sind vielleicht zehn Zentimeter lang. Damit können wir uns nicht einmal ein Fahrrad zusammenbauen!" Ralf Griffith lachte. Belustigt stellte er sich vor, was für ein Mordsspaß es wäre, wenn Rex Corda auf einem Fahrrad über die Oberfläche des Riesenplaneten strampeln würde! Unwillkürlich mußte auch der Präsident Terras lachen. „Wirklich keine schöne Situation", schmunzelte er. Er vergaß nicht eine Sekunde, wie ernst ihre Lage war. Trotzdem konnte eine gewisse Prise Humor manchmal Wunder wirken. Die einzigen Trümpfe des Präsidenten von Terra waren jetzt Percip und Fan Kar Kont. Corda hatte lange überlegt, ob er Wabash und Kim in der „Walter Beckett" lassen sollte. Er mußte es tun, weil die „Singenden Fäden" von „Fatty" seinen Bruder und den weißen Delphin immer wieder mit Schmerzen überschüttet hatten. Ein zweites Mal würde Kim den grauenhaften telepathischen Sturm nicht überstehen. Schweren Herzens hatte Rex Corda sich deshalb entschlossen, Kim und Wabash in der „Walter Beckett" zu lassen. Dort waren sie relativ sicher und standen außerdem unter dem Schutz
von Percip und Fan Kar Kont. Liebend gern hätte der Präsident in diesem Augenblick mit seinen beiden Sonderbeauftragten Kontakt aufgenommen. Er durfte es nicht, weil er unter allen Umständen verhindern mußte, daß Sigam Agelon etwas von den beiden Saboteuren erfuhr. Er mußte damit rechnen, daß auch ihr Funkverkehr abgehört wurde. Sie besaßen nicht einmal die primitivsten Geräte, um das, was draußen im All geschah, zu beobachten. Sie waren allein auf Vermutungen angewiesen. In gewisser Weise baute Rex Corda auf die Supertechnik der „Zeitlosen". Er glaubte nicht, daß es Sigam Agelon ohne Schwierigkeiten gelingen würde, das Zentrum des „Pentagramms" zu erreichen. Rex Corda wurde immer unruhiger. Jetzt mußte allmählich eine Nachricht von Fan Kar Kont und Percip kommen. Wie lange waren sie schon weg? Wo befand sich der Hantelraumer jetzt? Die quälende Ungewißheit war das Grausamste des ganzen Planes. Immer wieder blickte Rex Corda nach oben. Dichte Wolken zogen über „Fatty" auf. Ohne Vorwarnung prasselten taubeneigroße Hagelkörner auf die ungeschützte Besatzung der „Walter Beckett" nieder. Nur die Raumanzüge schützten sie. Die Hagelkörner erreichten fast die Geschwindigkeit von Geschossen. „Schutzschirme einschalten!" brüllte Rex Corda sofort. Kostbare Energie floß in die Schutzschirme ab. Dadurch wurde die Lebensdauer der Antigravitationsautomaten in den Raumanzügen noch weiter herabgesetzt. Sie konnten jetzt an den Fingern einer Hand abzählen, für wie viele Stunden ihre Energie noch reichte. Rex Corda drehte sich um, um mit
Ralf Griffith zu sprechen. Ralf Griffith war verschwunden! Corda wirbelte herum. Vor einigen Sekunden hatte er noch gesehen, wie Hent Marat und Ierra Kretan auf ihn zukamen. Die beiden Laktonen waren ebenfalls nicht mehr da! „Verdammt!" keuchte Rex Corda und bemühte sich, durch den prasselnden Hagel hindurch die übrige Besatzung der „Walter Beckett" zu erkennen. Es war ausgeschlossen. Im gleichen Augenblick fühlte er den scharfen Schmerz, der im Rückenmark begann und sich blitzartig bis in sein Kleinhirn fortpflanzte. Welten stürzten in ihm zusammen. Die Schmerzwellen schienen seinen Körper zu zerfetzen. Sekundenbruchteile glaubte er, über der Oberfläche von „Fatty" zu schweben. Er kam nicht mehr dazu, auch nur einen einzigen klaren Gedanken zu fassen. Eine schwarze, fast körperliche Dunkelheit brach über ihn herein. Ein empathischer Sturm raste durch seinen Geist. Rex Corda löste sich auf. Von einer Sekunde auf die andere verschwand er im Nichts. * Das Vorpostenkommando der „Zeitlosen" befand sich im Zustand höchster Erregung. Die „Zeitlosen" hatten auf einem der Dunkelsterne eine Station errichtet, mit der sie die Kontrolle über alle „Wächter des Pentagramms" ausüben konnten. Es waren Dutzende verschiedener Rassen und Individuen, die für die Sicherheit des „Pentagramms" verantwortlich waren. Die beiden besonders ausgebildeten „Zeitlosen" Argul und Eppeteis waren am Ende ihrer Kraft. Das ständige Kreischen der Kontrollarmaturen machte sie
verrückt. Sie näherten sich immer mehr jenem Punkt, an dem ihre letzten Reserven verbraucht waren. Argul und Eppeteis waren schlanke, hochgewachsene Gestalten mit ebenmäßigen Gesichtszügen und langem weißem Haar. Sie trugen eng anliegende Kombinationen, die aus Hunderten winziger Mikroelemente bestanden. Jedes einzelne Element innerhalb des Raumanzuges hatte eine besondere Aufgabe: Temperaturkontrolle, Feuchtigkeitshaushalt und die Menge des Magnetstroms wurden automatisch gemessen und reguliert. Die beiden „Zeitlosen" wußten genau, daß das „Pentagramm der Dunkelsterne" sich in allerhöchster Gefahr befand. Argul blickte Eppeteis besorgt an. Als verantwortliche Techniker kontrollierten sie eine unübersehbare Anzahl von Wächtern. Rassen und Völker unterstanden ihnen, ohne daß sie es wußten. Die Existenz vieler Lebewesen auf den sechsundzwanzig Monden von „Fatty" hing nur vom Willen der beiden „Zeitlosen" ab. Sie lebten für ein einziges Ziel: Die Erhaltung des „Pentagramms". „Wie lauten die letzten Nachrichten der Simlars?" fragte Eppeteis. Argul zog einen stecknadelkopfgroßen Speicher von einer rotglänzenden Leiste. Er warf ihn Eppeteis zu. Der „Zeitlose" erfaßte die winzige Kugel und empfing die gespeicherten Impulse. Ihm war längst klar, daß das „Pentagramm der Dunkelsterne" seit Hunderttausenden von Jahren nicht mehr in einer derartig großen Gefahr geschwebt hatte. Wichtig war jetzt einzig und allein die Tatsache, welche der drohenden Gefahren am größten war: Die Oratho-
nen, die Terraner oder die Raumfestung der heimkehrenden sieben „Zeitlosen". Bisher hatten sie mit ihren Artgenossen noch keinen Kontakt aufnehmen können. Ständig überlagerten Störimpulse der „Nadel" und des „Steins" die Versuche von Argul und Eppeteis, Kontakt mit den „Zeitlosen" der Raumfestung zu bekommen. Sie versuchten es immer wieder. Es war sinnlos. Fünf voneinander unabhängige Gruppen waren gleichzeitig zum „Pentagramm der Dunkelsterne" gekommen. Ihre Absichten waren teilweise so gegensätzlich, daß die beiden Techniker in der Station der „Zeitlosen" immer wieder mit höchster Konzentration versuchen mußten, die gegeneinanderkämpfenden Kräfte unter Beobachtung zu halten. Es war eine Aufgabe, auf die niemand sie vorbereitet hatte. Der Feind schien von allen Seiten gleichzeitig zu kommen. Jetzt konnte es nur noch ein einziges Ziel geben: Die Erhaltung der „Pentagramm-Stabilität ... Während die beiden Techniker Argul und Eppeteis immer wieder versuchten, die „Wächter des Pentagramms" zu mobilisieren, mußten sie gleichzeitig auf die Simlars und die „Singenden Fäden" von „Fatty" achten. Um die Verwirrung nicht noch größer zu machen, verzichteten sie in diesem Augenblick darauf, weitere Rassen einzusetzen. In diesem Augenblick kam ein Notruf von der Corkscrewer-Station. Die Rosa Techniker standen als einzige Wächterrasse in Verbindung mit den beiden „Zeitlosen". „Ein Hantelraumer ist auf die Station der Rosa Techniker gestürzt!" keuchte Eppeteis tonlos. Das Gesicht von Argul verzerrte sich. „Das ist unmöglich!" hauchte er mit bebenden Lippen.
Eppeteis rieb sich mit Daumen und Zeigefinger seine Nasenwurzel. Sie waren vollkommen übermüdet. Auch unter den „Zeitlosen" gab es verschiedene Existenzformen. Argul und Eppeteis gehörten zur einfachen Klasse. Sie hatten einen normalen Stoffwechsel und brauchten innerhalb von vierundzwanzig Stunden sechs Stunden Schlaf. Ältere und besser ausgebildete „Zeitlose" konnten auf diese Grundforderung verzichten. „Wir haben keine Möglichkeit, die übrigen ,Zeitlosen' zu warnen", meinte Eppeteis besorgt. „Wenn hier draußen alles drunter und drüber geht, kann das ,Pentagramm' vernichtet werden, ohne daß wir eine Warnung abschicken können." „Vielleicht war es ein Fehler, unsere Koordinationsstation unabhängig von der Raumvakuole zu errichten", meinte Argul. Eppeteis nickte. Es war jetzt zu spät, um nachträglich Fehler und Versäumnisse aufzudecken. Sie mußten sich wehren, so gut sie konnten. In ihren Händen lag es, welche „Wächter des Pentagramms" in das Geschehen eingriffen. Bisher hatten sie nur vier unterschiedliche Lebensformen eingesetzt: Die Methanatmer, die Simlars, die „Singenden Fäden" von „Fatty" und die Rosa Techniker mit dem Corkscrewer. „Wie steht es mit der Warnboje auf Noki IV?" fragte Eppeteis. Argul hatte sich kurz vorher über das Noki-System informiert. „Ohne den Warnruf von Noki IV hätten wir die neuen Eindringlinge viel zu spät bemerkt", erklärte er überzeugt. Er meinte das plötzliche Auftauchen des terranischen Flaggschiffs „Walter Beckett". Die „Zeitlosen" waren in der Lage. mit Hilfe ihrer Translatoren die Funksprüche der verschiedenen Eindringlin-
ge abzuhören. Zunächst hatte es ihnen nicht viel genützt, daß sie die Sprache und die Sinnbedeutung der verwendeten Worte verstanden. Besonders die Mentalität von drei Männern hatte sie verwirrt. „Wir müssen uns auf Sigam Agelon, Rex Corda und Ralf Griffith konzentrieren!" sagte Eppeteis hart. Das waren die drei humanoiden Lebensformen, deren Reaktionen sie nicht immer sofort verstanden. Einen Teil der Wahrheit kannten sie bereits. Sie wußten, daß Sigam Agelon und Ralf Griffith unbesiegbar waren. Trotzdem war ihnen nicht ganz klargeworden, warum nicht Ralf Griffith, sondern Rex Corda Oberbefehlshaber über die „Walter Beckett" war. Nach logischen Gesichtspunkten hätte der unbesiegbare „Veränderte" Ralf Griffith Befehlsgewalt über die Mannschaft der „Walter Beckett" haben müssen ... Die „Zeitlosen" wußten nicht, daß es Begriffe wie Loyalität und Autorität gab. Rex Corda war gewählter Präsident der Erde. Ralf Griffith galt zwar als unbesiegbar, unterstand aber dennoch dem Kommando des Präsidenten. Eigentlich war es nicht sonderlich verwunderlich, daß diese Tatsache die „Zeitlosen" verwirrte. „Welche Aktionen werden wir jetzt durchführen?" fragte Argul. Eppeteis überlegte. Er bewegte seinen hohen eiförmigen Kopf. Dann sagte er: „Vergessen wir im Augenblick die ,Singenden Fäden' von ,Fatty'. Der Planet ist uninteressant geworden, seit die Mannschaft der ,Walter Beckett' auf einen der Monde durch Teleportation transportiert wurde. Die Simlars haben dadurch ihre Aufgabe erfüllt. Wir können ihnen etwas Ruhe gönnen." „Und die Methanatmer?" „Schicken wir einen von ihnen zur
Traktorstrahlstation. Dort ist der Hantelraumer abgestürzt. Ich verstehe nur nicht, warum er nicht zerstört wurde. Die Meßergebnisse zeigen ganz deutlich, daß die Außenhülle des Hantelraumschiffes vollkommen intakt ist." „Becon!" antwortete Argul. Eppeteis blickte ihn kurz an. Er hatte vergessen, daß es dieses unzerstörbare Material gab. „Eine interessante Rasse!" murmelte Eppeteis nachdenklich. Argul wußte, daß er die Terraner meinte. Sie hatten inzwischen herausgefunden, daß die Erfindung des Becons der bisher kaum bekannten Rasse eine besondere Stellung verschaffte. Die Terraner stammten aus einem System am Rande der Milchstraße. Sie waren noch bis vor kurzer Zeit völlig unbekannt gewesen. Erst durch das Schlachtgetümmel zwischen Orathonen und Laktonen im terranischen Raum war der Planet mehrmals in Hyperfunksprüchen aufgetaucht. Automatische Wachstationen der „Zeitlosen" hatten diese Sprüche aufgefangen und ausgewertet. Die „Zeitlosen" wußten über viele Dinge in der Galaxis Bescheid. Sie kannten zwar nicht alle Einzelheiten, aber die großen Zusammenhänge waren ihnen bekannt. „Befehl an die Rosa Techniker", sagte Eppeteis. „Eine sofortige Untersuchung des abgestürzten Hantelraumers ist dringend erforderlich! Wir müssen herausfinden, welche Zusammensetzung der fremde Stoff besitzt! Becon könnte auch unser System eines Tages unangreifbar machen." „Hoffentlich leben wir noch so lange", sagte Argul ironisch. * Fan Kar Kont riß sich zusammen.
Der Mann mit den braunen und weißen Streifen auf dem Gesicht wirkte erschöpft und ausgelaugt. Stolpernd richtete er sich auf. Mit tapsigen Bewegungen griff er nach dem Rand des Bassins. Gut ein Drittel des Wassers war übergeschwappt und stand jetzt knöcheltief in der Kabine. 31 Der Delphin bewegte sich nur schwach. Er atmete ruhig. Der ehemalige Chefwissenschaftler von Teckan wußte, was zu tun war. Er ahnte, warum die „Walter Beckett" auf den Mond der Corkscrewer abgestürzt war. Kurz vor der Landung war der gigantische Traktorstrahl für Sekunden umgepolt worden. Nur dadurch hatten sie überlebt... Fan Kar Kont schüttelte sich. Als Kolonial-Laktone hatte er eine Ausbildung für das Leben in havarierten Raumschiffen erhalten. Erste und wichtigste Aufgabe war jetzt die Sicherstellung der Sauerstoffversorgung. Wenn sie überleben wollten, mußten sie dafür sorgen, daß sie Luft zum Atmen hatten. Als nächstes kam die Überprüfung der Umgebung an die Reihe. Fan Kar Kont arbeitete mit verbissener Genauigkeit. Mit einem schnellen Blick hatte er sich überzeugt, daß sowohl Percip als auch Kim Corda noch lebten. Wenn er etwas für sie tun wollte, mußte er zunächst die Voraussetzungen für ein Überleben innerhalb des Zeitverstecks schaffen. Ihm war klar, daß er erst dann die Medo-Robots einsetzen konnte, wenn er die grundsätzlichen Voraussetzungen für ein Überleben sichergestellt hatte. Hastig überprüfte er die Kontrollen. Drei Holografen arbeiteten noch. Fan Kar Kont wunderte sich darüber, war aber gleichzeitig froh, daß er so die Möglichkeit hatte, einen Teil der „Walter Beckett" zu überblicken. Einer
der Holografen zeigte ihm das Innere der Zentrale. Beim Absturz des Hantelraumers hatte es eine ziemlich starke Zerstörung gegeben. Fast alle Hilfsrassen der Orathonen waren vernichtet worden. Nur drei oder vier orathonische Offiziere schienen noch zu leben. Aus dem Zeitversteck konnte Fan Kar Kont keine genaue Diagnose anstellen. Da entdeckte er eine kaum wahrnehmbare Bewegung. Einer der orathonischen Offiziere hatte seinen Arm bewegt. Das war Beweis genug. Fan Kar Kont mußte vorsichtig sein. Wenn sie ihr Zeitversteck jetzt verließen, bestand die Gefahr, daß sie entdeckt wurden. Er durfte es nicht riskieren. Trotzdem brauchte er einen MedoRobot! Dringender als alles andere! Fan Kar Kont mußte das Risiko der Entdeckung auf sich nehmen. Er wollte bereits die getarnte Kabine verlassen, als er zufällig einen Blick auf den zweiten Holografen warf. Er war mit einer automatisch arbeitenden Kugelkamera verbunden. Sofort entdeckte Fan Kar Kont die merkwürdigen Wesen. Sie hatten eine äußerst ungewöhnliche Form. Fan Kar Kont hatte keine Zeit mehr, sich darüber zu wundern. Die Wesen näherten sich der „Walter Beckett". Hastig verließ Fan Kar Kont die Schleuse des Zeitverstecks. Er brauchte einen Medo-Robot! Erst jetzt wurde ihm klar, daß er selbst innerliche Verletzungen davongetragen haben konnte. Fan Kar Kont schüttelte sich. Er preßte die Zähne zusammen und schwankte an den gigantischen Antriebsaggregaten vorbei. Nur die Notbeleuchtung brannte noch. Schimmernde bläuliche Schatten wiesen Fan Kar Kont den Weg. Langsam kehrte die normale braune
Färbung auf den Streifen seines Gesichts zurück. Fan Kar Kont machte sich keine falschen Hoffnungen. Er wußte, daß sie verloren waren, wenn er nicht innerhalb kürzester Zeit einen Medo-Robot aufstöberte. Er mußte seine Suche unterbrechen. Mit beiden Armen stützte er sich von einer gewaltigen Kühlschlange ab. Sie führte in großen Biegungen zu einer tiefblau schimmernden Wasseraufbereitungsanlage. Ein Schwindelgefühl überkam den Kolonial-Laktonen. Farbige Lichtfetzen tanzten vor seinen Augen. Gequält stöhnte er auf. Er durfte nicht schlappmachen! Wenn er jetzt zusammenbrach, konnte er von überlebenden Orathonen entdeckt werden. In diesem Augenblick sah er den bewegungslosen Medo-Robot! Noch einmal riß er sich zusammen. Er taumelte auf den Roboter zu. Mit ausgestreckten Armen fiel er ihm entgegen. Noch ehe er das kühle Metall des Roboters berührte, verlor er die Besinnung. Er merkt nicht mehr, wie er zu Boden fiel. Das raunende Wispern innerhalb des Verbindungsarms nahm zu. Überall tauchten zwischen den gigantischen Maschinenanlagen hüpfende Schatten auf. Sie näherten sich, während der Körper von Fan Kar Kont sich noch einmal aufbäumte. Fast gleichzeitig flammten überall im Verbindungsarm die strahlenden Lichtbogen der Hauptlampen auf. Die Rosa Techniker strömten in den Hantelraumer. Sie begriffen sofort, wo die empfindlichsten Punkte des abgestürzten Raumschiffes lagen. Auf Befehl der beiden „Zeitlosen" Argul und Eppeteis begannen sie augenblicklich mit der Reparatur des zerstörten Raumschiffes. Ihre besondere technische Begabung
ermöglichte es ihnen, Fehlerquellen sofort zu entdecken. Sie hatten keine Schwierigkeiten, sich mit der Technik der Orathonen, Laktonen und Terraner vertraut zu machen. Sie waren als Techniker geboren und erzogen worden. Ihre Welt waren auf physikalischen und chemischen Grundgesetzen basierende Maschinenanlagen und Aggregate. Der Medo-Robot vor dem zusammengebrochenen Laktonen Fan Kar Kont rührte sich nicht. Er konnte es nicht, weil die Hälfte seines Rückens zerstört worden war. * Das milchig blaue Leuchten blendete Rex Corda. Er öffnete seine schmerzenden Augen und sah sich von strahlenden Wänden umschlossen. Verblüfft kniff Rex Corda noch einmal die Augen zusammen und öffnete sie erneut. Das Leuchten blieb. Merkwürdigerweise fühlte er außer an seinen Augen keine weiteren Schmerzen. Er erinnerte sich. Er wußte genau, was geschehen war. Schon einmal hatte er etwas Derartiges miterlebt. Damals war er selbst nicht daran beteiligt gewesen, sondern der „Veränderte" Ralf Griffith ... Ein Lächeln spielte um Cordas Mundwinkel. Er reckte sich und warf einen Blick auf die kreisrunde Kontrolluhr, mit der die Luftzusammensetzung gemessen werden konnte. Er wußte sofort, wo er war. Der typische Sauerstoffanteil der Luft deutete auf den zwölften Mond von „Fatty" hin. Während des Anflugs auf „Fatty" hatten sie alle Sauerstoff- und Methanmonde auf dem Fernweg untersucht. Corda richtete sich auf. Vorsichtig öffnete er seinen Raumhelm. Er genoß die klare, ozonhaltige Luft in der strahlenden Felsspalte.
„Wenn wir so weitermachen, werden wir eines Tages noch galaktische Fremdenführer", sagte eine Stimme in Rex Cordas Helmlautsprecher. Er drehte den Kopf zur Seite und sah in das grinsende Gesicht des weißhaarigen laktonischen Biochemikers. Hent Marat hatte sich ebenfalls aufgerichtet und klopfte mit dem Handschuh gegen die strahlenden Felswände. „Der wievielte Mond ist das eigentlich?" fragte er. „Nummer zwölf", antwortete Rex Corda. „Ich meine, der wievielte Mond ist es, den wir bereits kennengelernt haben." Rex Corda schmunzelte. Diese Frage konnte er nicht so ohne weiteres beantworten. Er selbst hatte mehr Monde von „Fatty" gesehen, als Hent Marat oder andere Besatzungsmitglieder. Die meisten Welten kannte Ralf Griffith. Bei seinem Duell mit Sigam Agelon war er quer durch das Ein-PlanetenSystem gerast. Rex Corda stand auf. Er blickte sich um. Hoch über ihm schimmerte ein klarer heller Himmel. Er fühlte sich seltsam leicht. Das lag daran, daß die Antigravitationsautomaten noch auf eine Schwere von 4 g auf „Fatty" eingestellt waren. Rex Corda regulierte die Automaten und begann, sich einen Überblick zu verschaffen. Soviel er sehen konnte, war etwa die Hälfte der Besatzung zusammen. „Das waren die Simlars, nicht wahr?" fragte Hent Marat. Rex Corda nickte. Die gigantischen Spinnen auf dem Mond der Simlars hatten ihnen offensichtlich das Leben gerettet. Aber wer konnte den Befehl dafür gegeben haben? Rex Corda dachte an den „Wächter unter dem Pentagramm". Der Methanatmer lebte, um das „Pentagramm" zu
schützen. Die Simlars hatten ähnliche Aufgaben. Selbst die „Singenden Fäden" auf „Fatty" erfüllten den gleichen Zweck. Immer deutlicher stellte Rex Corda fest, daß die „Zeitlosen" ihr kompliziertes System ausgezeichnet abgesichert hatten. Aber dadurch wurde es gleichzeitig anfälliger gegen unerwünschte Zwischenfälle. Es war der gleiche Kreislauf, den Rex Corda bei hochkomplizierten elektronischen Geräten beobachten konnte: Je feiner und ausgeklügelter ein System war, um so verheerendere Folgen mußte eine winzige Panne haben. Ierra Kretan und Mt. Pater Bostik näherten sich den beiden Männern. Hinter ihnen stampfte der Kommandant der „Walter Beckett" auf Rex Corda zu. Er konnte den Verlust des Hantelraumers nicht verwinden. Er war sogar wütend auf den Präsidenten — ärgerlich, weil Rex Corda die „Walter Beckett" kampflos aufgegeben hatte. Natürlich wußte auch Fatlo Bekoval, daß Rex Corda versucht hatte, ein sinnloses Blutvergießen zu vermeiden. Wenn er ehrlich war, mußte er zugeben, daß Rex Corda niemals das Ultimatum des Agelon angenommen hätte, wenn die „Walter Beckett" flugklar gewesen wäre. Rex Corda blickte die Näherkommenden an. „Haben Sie irgendwelche Beschwerden?" Ierra Kretan und die Männer schüttelten den Kopf. „Dann müssen wir sofort feststellen, ob alle Mitglieder der Besatzung hier emgetroffen sind. Bekoval — Sie erklären den Leuten, daß die Simlars uns mit Hilfe ihrer Spinnen auf dem Teleportationsweg hierhergebracht haben." „Klingt das nicht ein bißchen zu einfach?" protestierte Bekoval. Rex Corda hob die Schultern.
„Nehmen Sie es als Tatsache." „Und warum sollten die Simlars fast dreihundert humanoide Lebewesen von ,Fatty' auf diesen Mond verfrachten?" „Darüber bin ich mir selbst noch nicht ganz klar", gab Rex Corda zu. „Sie können sich aber darauf verlassen, daß wir es herausfinden werden." Bekoval murmelte ein paar unverständliche Sätze vor sich hin. Dann drehte er sich um und ging zu den wartenden Männern zurück. Rex Corda nahm Pater Bostik, Ierra Kretan und Hent Marat zur Seite. „Was halten Sie von der Situation?" fragte er den Leiter der Astronomischen Abteilung. Mt. Pater Bostik hob die Schultern. Sein Gesicht war ernst und nachdenklich. „Es dreht sich alles nur um einen Punkt", erklärte er nach kurzer Pause. „Die ,Zeitlosen' wollen mit allen Mitteln verhindern, daß ihr System zusammenbricht." „Und wie erklären Sie dann, daß die ,Zeitlosen' sich um uns kümmern, obwohl wir nicht einmal ein funktionstüchtiges Raumschiff besitzen?" „Nehmen wir einmal an, daß sie von ans Hilfe erwarten", sagte Pater Bostik. Rex Corda nickte. Das war die einzige Möglichkeit. Er selbst hatte bereits daran gedacht, wollte aber sicherheitshalber noch einmal die Meinung seiner engsten Mitarbeiter hören. Nachdenklich kaute er auf seiner Unterlippe. Sein Blick schweifte über die hellblau strahlenden Wände der Schlucht. Er warf Hent Marat einen fragenden Blick zu. Der Biochemiker hob die Schultern. „Keine Ahnung, woraus dieses Zeug besteht!" meinte er und klopfte mit der flachen Hand gegen die milchig blaue Felswand. „Ich vermute, daß es sich um kobalthaltige Kalkablagerungen handelt."
„Sieht aus wie in einer Tropfsteinhöhle", ergänzte Mt. Pater Bostik. „Okay!" sagte Rex Corda kurz. „Wir können uns jetzt nicht darum kümmern. Wo ist eigentlich John Haick?" Schweigend blickten sie sich um. Der engste Vertraute des Präsidenten war nirgends zu sehen. Während der hektischen Evakuierung der „Walter Beckett" hatte auch Rex Corda nicht auf John Haick geachtet. „Eigentlich müßten die Krankenschwestern es wissen", meinte Hent Marat schließlich. „Kümmern Sie sich um die Sache!" wies Rex Corda den Biochemiker an. Hent Marat nickte zustimmend. Er marschierte über den konkav gewölbten Boden der fast dreißig Meter breiten Schlucht. Die Felsspalte war gut hundert Meter tief und mündete in fünfhundert Metern Entfernung in einen weiten blaustrahlenden Talkessel. Da tauchte mit donnernden Triebwerken der „Wächter unter dem Pentagramm" mit seinem winzigen Raumfahrzeug auf. Sein Raumanzug reflektierte das Licht der roten Riesensonne so lange, bis er in den Schatten der Schlucht eintauchte. „Unser Freund in seinem fliegenden Methanarium kommt zurück", meinte Mt. Pater Bostik. Der Leiter der Astronomischen Abteilung der „Walter Beckett" war ein Mutant. Mit seinen hochempfindlichen Augen war er in der Lage, eine besondere Art von Spektralanalyse durchzuführen. Er hatte über dieses Thema bereits zwei Bücher veröffentlicht. Der Methanatmer landete sein torpedoartiges Raumfahrzeug nur wenige Meter von Rex Corda entfernt auf dem Boden der Schlucht. Dann verließ der „Wächter unter dem Pentagramm" seinen Raumtorpedo. Er schaltete seine in den Raumanzug eingebauten Translatoren ein. Langsam
näherte er sich Rex Corda. „Die ,Walter Beckett' ist abgestürzt", sagte er zur Begrüßung. Seine Stimme klang in der Übersetzung hart und wesenslos. Rex Corda zuckte zusammen. Sekundenlang lahmte ihn der eisige Schreck. Alles in ihm verkrampfte sich. Er dachte an Fan Kar Kont, Percip und Kim. Er wagte nicht, den „Wächter unter dem Pentagramm" nach ihnen zu fragen. „Wo?" keuchte er heiser. „Auf einem der äußeren Monde. Die ,Zeitlosen' haben dort von den Rosa Technikern eine Station errichten lassen. Sie ist in der Lage, einen superstarken Traktorstrahl zu erzeugen." „Und weiter?" schluckte Rex Corda. Der Methanatmer berichtete kühl und sachlich: „Mit dem Traktorstrahl haben die Rosa Techniker die Raumfestung ,Schalmirane' aus dem Torsionstrichter gezogen." Warum sagte er nichts von Kim? Warum sprach er nicht davon, was aus Fan Kar Kont und Percip geworden war? Wußte er nichts davon? Rex Corda ahnte, daß der „Wächter unter dem Pentagramm" etwas verschwieg. Blitzschnell überlegte er, ob er den Methanatmer nach dem Schicksal von Kim, Percip und Fan Kar Kont fragen durfte. Wenn Sigam Agelon über den Methanatmer vom Aufenthalt der drei erfuhr, waren sie verloren. „Wo ist eigentlich Ihr Delphin?" fragte in diesem Augenblick der „Wächter unter dem Pentagramm". Eine steile Falte bildete sich auf Rex Cordas hoher Stirn. Sein Kinn schob sich vor. Ein harter, entschlossener Ausdruck trat auf sein Gesicht. „Was wissen Sie?" fragte er mit rauher Stimme. „Sigam Agelon greift in diesem Augenblick die Station der Rosa Techniker
und damit auch die abgestürzte ,Walter Beckett' an!" „Nein!" keuchte Rex Corda. Sofort fing er sich wieder. „Helfen Sie uns!" sagte er hastig. „Geben Sie uns einen Hantelraumer! Wir werden Sigam Agelon angreifen!" „Genau das ist der Grund, aus dem ich zu Ihnen gekommen bin", antwortete der Methanatmer. „Die Simlars haben Sie hierhergebracht. Jetzt brauchen wir Ihre Hilfe." „Sie bitten uns, Ihnen zu helfen?" „So ist es." „Aber womit?" „Dort drüben in der Mulde liegen abgestürzte Hantelraumer. An Bord der Wracks befinden sich funktionierende Diskusraumer der Orathonen. Können Sie damit umgehen?" „Natürlich!" antwortete Ierra Kretan an Rex Cordas Stelle. „Sie werden uns also helfen?" „Mit dem größten Vergnügen!" sagte Rex Corda. Entschlossen ging er los. Sie waren nicht mehr hilflos. Die „Zeitlosen" hatten Rex Corda geholfen! Nun forderten sie die Gegenleistung. Sie baten darum, daß er Sigam Agelon zurückschlug. Es gab nichts, was Rex Corda lieber getan hätte ... * Die „Lynthos" stürzte sich an der Spitze der kleinen Streitmacht aus kampfstarken Hantelraumern auf den Mond der Corkscrewers. Der Traktorstrahl war abgelenkt worden. Er schleuderte die Raumfestung „Schalmirane" auf einen der fünf Dunkelsterne vor der Raumvakuole der „Zeitlosen" zu. Sigam Agelon hatte Tsati Mutara zu sich kommen lassen. Er wollte dem Energie-Mutanten zeigen, mit welchen Mitteln er jene bestrafte, die es wagten,
sich ihm zu widersetzen. Er hatte nicht vergessen, daß der Traktorstrahl ihn daran gehindert hatte, die Raumfestung „Schalmirane" zu vernichten. Er brauchte die „Walter Beckett" für seine weiteren Pläne. Er mußte sie zurückhaben. Um dieses Ziel zu erreichen, war es unumgänglich, die Aggregate für den gigantischen Traktorstrahl auszuschalten. Tsati Mutara stand hochaufgerichtet in der Nähe von Sigam Agelon. Er war von Terra. Sein ebenmäßiges dunkelbraunes Gesicht ließ seine Abstammung erkennen. Der riesige Neger war wesentlich größer als der stämmige, untersetzte Orathone Sigam Agelon. Es war gerade die Tatsache, daß sie beide nahezu unbesiegbar waren, die sie zu Todfeinden machte. „Ich werde diese kleinen Teufel zermalmen!" keuchte Sigam Agelon mit haßerfüllter Stimme. „Sie haben es gewagt, mich an meinen Plänen zu hindern! Mich — einen Agelon!" „Einen aus der FAMILIE ausgestoßenen Agelon!" korrigierte Tsati Mutara. Rote Farbmuster bildeten sich auf den Augenlidern des Orathonen. Die Federn auf seinem Kopf sträubten sich, während sein olivgrünes Gesicht nur noch aus Haß bestand. „Eines Tages werde ich Sie alles büßen lassen!" keuchte der Orathone. Hart stampfte er über den Boden der Zentrale. Er warf sich mit einem krachenden Geräusch in einen Pneumosessel und starrte auf den Holografen. Der Pulk aus vierzehn Hantelraumern stürzte sich auf den kleinen weißblauen Mond. Deutlich war auf dem Holografen jene Anlage zu erkennen, von der der Traktorstrahl ausging. Dann erkannten sie auch die Silhouette der „Walter Beckett". Sie lag in unmittelbarer Nähe der Station. „Sofortstart für die ,Walter Beckett'!"
befahl Sigam Agelon. Seine Offiziere wagten nicht, ihm zu widersprechen. Mehrmals hatten sie versucht, mit dem Hantelraumer Kontakt aufzunehmen. Keiner der Offiziere des Kaperkommandos antwortete. Die klar und nüchtern denkenden Offiziere Sigam Agelons erkannten sofort, was geschehen war. Durch die Erschütterung mußten die Antigravitationsautomaten beschädigt worden sein. Nur so war es zu erklären, daß nicht ein einziges Lebenszeichen von der „Walter Beckett" kam. „Geben Sie zu, daß Sie verloren haben!" sagte Tsati Mutara ironisch. Sigam Agelon stieß ein verächtliches Knurren aus. Er gab niemals eine Niederlage zu. Noch während die Flotte aus vierzehn Hantelraumern durch den leeren Raum vor dem „Pentagramm der Dunkelsterne" raste, merkte der Energie-Mutant Tsati Mutara, daß die „Nadel" wieder sprach. Er spürte die unsichtbaren Ausstrahlungen in seinem Körper. Die „Nadel" rief den „Stein" — Virginia suchte Fred Matson. „Feuer!" befahl Sigam Agelon völlig unvorbereitet. Flammende Energiebalken schossen auf den Mond herunter. Alle vierzehn Hantelraumer saugten von der roten Riesensonne des „Fatty"-Systems immer neue Energiemengen ab, formten sie um und schleuderten sie dem kleinen Mond entgegen. Ein orangefarbenes Glühen hüllte die Station auf der Oberfläche des Mondes ein. Für Sekundenbruchteile wurde der Traktorstrahl unterbrochen. Gleißende Lichtbalken stachen durch die Dunkelheit. Die Rosa Techniker wehrten sich verzweifelt gegen die angreifende Flotte. Sie durften ihren Haupttraktorstrahl nicht von der Raumfestung „Schalmira-
ne" nehmen. Mit dem Rest der ihnen zur Verfügung stehenden Energie versuchten sie, riesige Prallfelder um ihre Station zu legen. Gleichzeitig schickten sie der angreifenden Flotte einen fächerartigen Traktorstrahl entgegen. Er war umgepolt und sollte die immer dichter kommenden Hantelraumer zurückwerfen. Die Energie reichte nicht aus. In seinem Wahn erkannte Sigam Agelon nicht, daß sein Angriff auf die Station der Rosa Techniker für das „Pentagramm der Dunkelsterne" ungeheuer gefährlich war. Das gesamte System der „Zeitlosen" basierte auf komplizierten Magnetfeldern, die die einzelnen Himmelskörper untereinander stabil hielten. Die pausenlosen Störversuche durch die Raumfestung „Schalmirane" und die Flotte von Sigam Agelon erschütterten immer wieder die Stabilität des Systems. Bereits jetzt gab es kaum noch eine Chance, den drohenden Zusammenbruch des „Pentagramms" aufzuhalten. „Ausschwärmen!" befahl Sigam Agelon kalt. Seine vierzehn Hantelraumer bildeten eine tiefgestaffelte Phalanx. In Keilformation rasten die orathonischen Kampfschiffe zum Mond der Rosa Techniker. Sigam Agelon brauchte die „Walter Beckett". Er wollte das mit Becon gepanzerte Raumschiff nicht aufgeben. Er war unbesiegbar. Was ihm fehlte, war ein Schiff, dessen Außenhülle nicht zerstört werden konnte. Nur deshalb wollte er auf die einmal gekaperte „Walter Beckett" nicht verzichten. Ein böses Lachen kam aus seiner Kehle. Wieder einmal genoß Sigam Agelon das Vorgefühl des nahen Sieges. *
Die beiden Techniker der „Zeitlosen" verfolgten hilflos, wie die Katastrophe immer größer wurde. Sigam Agelon stürzte sich mit seinen vierzehn Hantelraumern auf den Mond der Corkscrew-Station. Die Rosa Techniker waren einem derartigen Ansturm nicht gewachsen. Es konnte nicht mehr lange dauern, bis sie vor der zehnfachen Übermacht kapitulieren mußten. Eppeteis warf sein weißes Haar zurück und versuchte, die anderen „Wächter des Pentagramms" zu erreichen. Einer von ihnen befand sich auf dem Mond der blauen Schluchten, um dort in höchster Eile Rex Corda und seine Männer um Hilfe zu bitten. Argul und Eppeteis hatten sich zu diesem Schritt entschlossen, da nach ihrer Meinung Rex Corda und seine Leute die einzigen waren, die jetzt noch etwas tun konnten. Viele der Hilfsrassen hatten versagt. Die Warnungen des „Heiligtums" im Noki-System waren zu spät gekommen. Die verbleibende Zeit war nicht ausreichend gewesen, um ein funktionierendes Abwehrsystem aufzubauen, auch die „Singenden Fäden" und die Simlars hatten etwas zu langsam gehandelt. Nur der Methanatmer, der zu den „Wächtern unter dem Pentagramm" gehörte, zeigte sich jetzt als überlegener Kurier. Während die Rosa Techniker auf dem Corkscrewer-Mond immer weiter in die Verteidigung getrieben wurden, raste Sigam Agelon mit seinen vierzehn Raumern um den Corkscrewer-Mond herum und griff von der anderen Seite an. In diesem Augenblick entdeckte Eppeteis die schwachen Impulse, die er schon mehrmals beobachtet hatte. Er wußte inzwischen, daß es sich um Sendungen der „Nadel" handelte, die dem „Stein" in der Raumfestung „Schalmirane" galten.
Weder Argul noch Eppeteis konnten im Grunde genommen verstehen, wie es dazu gekommen war, daß Virginia Ramoni-Matson und Fred Matson die Daseinsform unbeweglicher Materie angenommen hatten. Die Existenz der „Nadel" und des „Steins" bildete eines der großen Rätsel, das weder Argul noch Eppeteis zu lösen in der Lage waren. Die beiden „Zeitlosen" kontrollierten die Wächter. Sie hatten Hunderte verschiedener Kontrollgeräte zur Verfügung. In gewisser Weise glich die Station der beiden „Zeitlosen" der Raumfestung „Schalmirane". Trotzdem hätte keiner der sieben „Zeitlosen" auf dem künstlichen Planetoiden die Technik von Argul und Eppeteis verstanden. Hunderttausend Jahre Entwicklung lagen zwischen den beiden „Zeitlosen" Argul und Eppeteis und den sieben „Zeitlosen" von Schalmirane. Nicht einmal die Rosa Techniker auf dem Corkscrewer-Mond ahnten, daß nicht sie, sondern die beiden „Zeitlosen" den Oberbefehl über die verschiedenartigen Schutz- und Sicherungsanlagen besaßen. Die Rosa Techniker nahmen an, daß Argul und Eppeteis aus der Raumvakuole mit ihnen sprachen. Sie wußten nicht, daß die „Zeitlosen" vor der Raumtorsion auf den Dunkelsternen unterirdische Anlagen errichtet hatten, mit denen sie die Torsion kontrollieren konnten. Haupt- und Zentralstation des gesamten „Pentagramms" war die erloschene Sonne, auf der sich Argul und Eppeteis befanden. Von hier aus wurden alle anderen Wächterrassen überwacht. Wie zufällig blickte Eppeteis auf einen Bildschirm, der etwas am Rand lag. Er umfaßte ein Gebiet, in das normalerweise weder die „Wächter des Pentagramms" noch die Hilfsrassen kamen: Die Zone zwischen zwei benachbarten
Dunkelsternen in unmittelbarer Nähe des „Lochs" . .. Eppeteis stieß einen gellenden Schrei aus. Mit schreckgeweiteten Augen sah er auf den winzigen Bildschirm. Er sah die Raumfestung „Schalmirane"! Der künstliche Planetoid raste direkt auf ihren Dunkelstern zu, „Alarm!" brüllte Eppeteis. Fassungslos vor Entsetzen starrte Argul auf das unheimliche Bild. Wenn „Schalmirane" in die komplizierte Anlage stürzte, die den energetischen Haushalt des „Pentagramms" aufrechterhielt, mußte das künstliche System zusammenstürzen... „Und keiner kann sie aufhalten!" stöhnte Eppeteis. Der Dunkelstern war nur mit Überwachungsgeräten ausgerüstet. Es gab nicht einmal einen einfachen Handstrahler in der Kontrollzentrale der beiden „Zeitlosen". Zwei Diskusraumer vom Typ Kapp und Rasta hatten sie bereits geborgen. Die beiden dreißig und vierzig Meter großen Verbindungsboote der Orathonen waren nur beschränkt kampffähig. Mit ihrer geringen Bewaffnung konnte Rex Corda nichts anfangen. Er brauchte die größeren Scheiben vom Typ A-Vaut-T. Nur diese gut dreiundfünfzig Meter großen „fliegenden Untertassen" besaßen eine Bewaffnung, mit der Rex Corda den Kampf gegen Sigam Agelon aufnehmen konnte. Rex Corda gab Anweisungen. Die Arbeiten wurden fortgesetzt. Sie hatten keine Zeit mehr zu verlieren. Das Schicksal von Fan Kar Kont, Percip, Kim und Wabash konnte von einer einzigen Minute abhängen. Bekoval tobte durch die Trümmer der Wracks. Unwillkürlich mußte Rex Corda lächeln. Der ehemalige laktonische Offizier Fatlo Bekoval hatte sich als ausgezeichneter Kommandant der „Walter Beckett" erwiesen. Er gehörte
zu den Laktonen, mit denen Rex Corda von Anfang an zusammengearbeitet hatte. Für einen Augenblick dachte Rex Corda daran, wie sehr sich alles verändert hatte. In dem halben Jahr, das seit der Invasion der Erde vergangen war, hatte sich Bekoval vom arroganten, überheblichen laktonischen Agenten zu einem der besten Mitarbeiter Rex Cordas entwickelt. Es gab eine Zeit, in der Bekoval die Terraner nur mit verächtlichen Blicken bedacht hatte. Er hatte geglaubt, Primitive vor sich zu haben, die man nicht ernst zu nehmen brauchte. Jetzt war er Mitarbeiter eines Terraners ... Bald wurde der erste Diskusraumer vom Typ A-Vaut-T freigelegt. Sofort untersuchten laktonische Wissenschaftler das Raumboot. Gleichzeitig kam Hent Marat mit einer Nachricht zu Rex Corda. „Kann ich Sie einen Moment sprechen?" „Was gibt's?" „John Haick lebt." „Wo?" „Sie können nicht mit ihm sprechen", sagte Hent Marat ernst. „Er ist vollkommen taub." „Taub?" echote Rex Corda erschreckt. Der laktonische Biochemiker nickte. „Die Impulse des Noki-Heiligtums' haben seine Trommelfelle zerfetzt." „Verdammt!" knurrte Rex Corda. Noch während Rex Corda und Hent Marat zu John Haick gingen, wurden zwei weitere Diskusraumer vom Typ AVaut-T freigelegt. Insgesamt hatten sie acht der kampfstarken Diskusraumer in den Hangars der abgestürzten Hantelraumer entdeckt. Mit dieser Streitmacht konnten sie Sigam Agelon entgegentreten. „Wie lange brauchen wir noch?" fragte Rex Corda Ralf Griffith.
Der Mutant blickte zu den Trümmern hinüber. „Zehn Minuten, schätze ich." „Gut. Übernehmen Sie die Organisation und melden Sie mir dann Einsatzbereitschaft." „Okay, Sir." Sie trafen John Haick an der Seitenwand des flachen Talkessels. Der junge Atomwissenschaftler lag auf dem Rükken. Durch das hellblaue Strahlen des Bodens sah sein Gesicht ungewöhnlich blaß aus. Rex Corda öffnete den Raumhelm von John Haick und berührte seine Stirn mit den Handschuhen seines eigenen Anzugs. John Haick schlug die Augen auf. Er lächelte. Mit einem aufmunternden Grinsen kniff der Präsident das linke Auge zusammen. John Haick lächelte stärker. „Schon gut, Rex!" meinte er zuversichtlich. „Ihr werdet mich schon wieder zusammenflicken, auch wenn ich jetzt für euch nur eine Belastung bin." „Unsinn!" grollte Rex Corda. „Du hast Unsinn gesagt, nicht wahr? Ich habe es an deinen Lippen gesehen." Eine plötzliche Schmerzwelle verzerrte das Gesicht John Haicks. Er ballte die Fäuste und versuchte, seine Schmerzen nicht zu zeigen. Rex Corda richtete sich auf. „Kümmern Sie sich gut um ihn", sagte er zu Hent Marat. Der laktonische Biochemiker nickte. Er wollte tun, was er konnte. Rex Corda lief zurück. Auf halbem Weg erhielt er einen Funkspruch von Ralf Griffith. „Wir sind soweit." „Wieviel haben wir?" „Alle acht sind funktionsfähig," „Na, also!" sagte Rex Corda mit einem erleichterten Aufseufzen. „Dann gibt es noch eine Chance für Kim und
die anderen." Er blickte über die Trümmer innerhalb des blauen Talkessels hinweg. Dieser Mond war ihm ausgesprochen sympathisch. Sie hatten ihn Mond der blauen Schluchten genannt. Rex Corda erreichte einen der dreiundfünfzig Meter großen Diskusraumer und kletterte durch die Einstiegsluke. Im Innern war es etwas unordentlich, aber das ließ sich leicht beseitigen. Die laktonischen Spezialisten hatten festgestellt, daß alle acht A-Vaut-T-Diskusraumer flugklar waren. Geringfügige Reparaturen konnten während des Fluges erledigt werden. „Fertigmachen zum Start!" sagte Rex Corda über Funk. Er benutzte die Frequenz, die alle Besatzungsmitglieder der „Walter Beckett" mithören konnten. „Pater Bostik — melden Sie sich bitte bei mir." „Bin schon da!" erklärte der Chef der Astronomischen Abteilung. Rex Corda blickte zur Seite. Der Pater stand knapp zehn Meter von ihm entfernt. „Okay!" lächelte Rex Corda. „Pater, Sie übernehmen den achten Diskus! An Bord dieses Schiffes werden sich alle Besatzungsmitglieder der ,Walter Bekkett' befinden, die ich nicht beim Kampf gegen Sigam Agelon dabeihaben will. Sie wissen, wer alles dazugehört: Krankenschwestern, Funkerinnen, Reparaturtrupp und Köche. Und noch etwas: Auch der Unterhaltungsmanager und unser fliegender Reporter werden bei Ihnen sein." Rex Corda würgte den Protest des Journalisten ab, indem er auf eine andere Frequenz schaltete. Pater Bostik blickte Rex Corda fragend an. „Ist noch etwas?" fragte Corda. „Wo werden wir uns aufhalten, während Sie gegen Sigam Agelon kämpfen?"
„Möglichst weit außerhalb der Schußlinie", gab Rex Corda lächelnd zurück. Pater Bostik verstand. Auch Rex Corda konnte nicht damit rechnen, daß er immer auf der Seite der Überlebenden stand. Wenn Sigam Agelon tatsächlich stärker war als die kleine Flotte der Diskusraumer, mußte es Menschen geben, die der Erde die Nachricht vom Tod des Präsidenten übermittelten... * Kim Corda erwachte durch die schrillen Pfeiflaute des Delphins. Wabash planschte mit matten Bewegungen durch das flache Wasser seines Bassins. Mühsam richtete Kim sich auf und blickte sich um. Percip bewegte sich stöhnend. Der kräftige Lithalonier mit der roten Kerbe auf der Oberlippe schüttelte sich und kam mit einem leisen Fluchen auf die Beine. Er schaute sich um und holte tief Luft. „Bist du okay?" fragte er Kim. Seine Stimme klang rauh und heiser. Kim nickte. „Wir müssen Wasser für Wabash beschaffen!" meinte der Bruder des Präsidenten. „Wo ist Fan Kar Kont?" Kim wußte es nicht. Er sah sich in der winzigen Kabine um und stellte fest, daß Fan Kar Kont verschwunden war. Im gleichen Augenblick hörten sie ein Kratzen an der Schleuse. Sie blickten sich an. Kim mußte zu Percip hinaufblicken. Der zwei Meter vier große Lithalonier legte seine Hand auf die Schulter von Kim und zog ihn zu sich heran. „Keine Angst, mein Junge. Das kriegen wir schon!" „Was ist das?" fragte Kim. „Keine Ahnung. Hier, nimm den
Strahler. Ich sehe mal nach." Percip schob sich zur Schleuse. Er beugte sich vor und lauschte. Das Kratzen verstärkte sich. „Klingt so, als würde ein Whim seine Krallen an der Außenschleuse schleifen." Im gleichen Augenblick lief ein Zittern durch den großen Hantelraumer. Die „Walter Beckett" bebte. Percip preßte die Lippen zusammen. „Sie wollen wieder starten!" preßte er zwischen seinen Lippen hervor. „Und ich dachte, daß die Antigravitationsautomaten so zerstört sind, daß wir eine Zeitlang auf diesem Mond bleiben." „Vielleicht sind wir länger ohnmächtig gewesen", gab Kim zu bedenken. Percip schürzte die Lippen. Der ehemalige laktonische Agent überlegte. „Paß auf, Kim", sagte er, „du bleibst hier und paßt auf Wabash auf! Ganz gleich, was auch geschieht: Du darfst das Zeitversteck nicht verlassen! Vielleicht kommt dein Bruder rechtzeitig genug, um dich herauszuhauen, falls mir etwas passiert. Ich muß nach Fan Kar Kont suchen. Außerdem müssen wir wissen, wie die Situation außerhalb unseres Verstecks ist." „Ich soll allein hierbleiben?" „Ja, Kim — es geht nicht anders. Du weißt doch, daß ich eine Agentenausbildung erhalten habe." „Natürlich." „Und deshalb kann ich dich nicht mitnehmen. Allein erfahre ich mehr, als wenn wir zusammen gehen. Außerdem darf ich dich nicht unnötig in Gefahr bringen." „Schon gut!" nickte Kim und lächelte den Lithalonier an. Percip gab das Lachen zurück. „Du bist ein feiner Kerl, Kim! Wenn wir diese Sache überstanden haben, werde ich dir ein paar tolle Tricks beibringen." „O prima!" strahlte Kim. Er verehrte
den Lithalonier fast so sehr wie seinen Bruder. Percip schob sich vorsichtig zur Schleuse. Unendlich langsam öffnete er sie. Er lauschte. Er versuchte, die merkwürdigen Geräusche zu identifizieren. Es gelang ihm aber nicht. Das konnten keine Whims sein! Zu oft hatte er bereits mit der grillenähnlichen Hilfsrasse der Orathonen zu tun gehabt. Percip verschloß das Innenschott. Dann wartete er. Einige Sekunden später verstummte das Kratzen. Percip packte seinen Strahler und schob sich gegen die Außenschleuse des Zeitverstecks. Er schaltete die Mechanik auf Handbetrieb um und bewegte langsam das große Schwungrad. Lautlos öffnete sich das Schott. Percip drückte seinen Kopf an den entstehenden Spalt. Mit einem Auge sah er hindurch. Gleichzeitig entdeckte er die merkwürdigen Wesen. Sie sahen rosa aus und bewegten sich auf einem massigen Stummelfuß. Eine neue Hilfsrasse der Orathonen? Percip entschied sich für die andere Möglichkeit. Die rosafarbenen Gebilde konnten ebensogut die Bewohner des Mondes sein . .. Langsam öffnete er das Schott. Er wußte nicht, ob sie ihm feindlich gesinnt waren. Er mußte es darauf ankommen lassen. Da sah er den Körper von Fan Kar Kont! Er lag nur fünfzehn Meter von der Schleuse entfernt auf dem Boden des Verbindungsarms. Percip duckte sich und glitt zur Seite. Er versteckte sich hinter einem riesigen, metallisch schimmernden Aggregat. Direkt vor Fan Kar Kont stand regungslos ein Medo-Robot. Percip sah, daß dem Medo-Robot der halbe Rücken fehlte. Jetzt wußte er auch, warum Fan Kar Kont in diese Richtung gegangen war. Der ehemalige
Chefwissenschaftler von Teckan hatte den Robot zu Hilfe holen wollen. Dabei war ihm entgangen, daß der Robot nicht mehr arbeitsfähig war. Percip zuckte zusammen, als in unmittelbarer Nähe ein platschendes Geräusch laut wurde. Er preßte sich in eine Nische zwischen den Röhrensystemen des Aggregats. Ein Orathone! Der Grünhäutige marschierte hastig an Percips Versteck vorbei. Überall brüllten die gewaltigen Aggregate auf. Das Zittern des Hantelraumers verstärkte sich. Sekunden später lief eine typische Bewegung durch die „Walter Beckett": Die Orathonen versuchten zu starten . . . Percip mußte einen erneuten Start des Hantelraumers unter allen Umständen verhindern. Das war seine eigentliche Aufgabe. Rex Corda hatte ihn und Fan Kar Kont hauptsächlich deshalb zu Kim und Wabash geschickt, damit sie die Antriebsaggregate der „Walter Beckett" blockierten. Durch das plötzliche Eingreifen des gigantischen Traktorstrahls war das vorübergehend unmöglich geworden. Aber jetzt entsann sich Percip wieder seiner Hauptaufgabe. Er kletterte durch ein verzweigtes Röhrensystem, das die einzelnen Aggregate untereinander verband. Armdicke Kabelschlangen und meterdicke Hohlleiter konnten ihn nicht abschrecken. Percip kannte das Gewirr der Antriebsanlagen wie seine eigene Tasche. Als ehemaliger laktonischer Agent wußte er genau, wo die empfindlichen Punkte innerhalb des Verbindungsarms lagen. Hastig öffnete er einen Bajonettverschluß an einer tonnenförmigen Konsole. Er nahm seinen Strahler, stellte ihn auf Breitfächer und drückte ab. Der gleißende Lichtbogen zerstörte einen der Hauptsicherungsschalter.
Sofort veränderte sich das Geräusch des Antriebs. Automatisch knallten Sicherungen durch, während Rückkoppelungen den gesamten Antrieb der „Walter Beckett" blockierten. Zufrieden grinsend richtete Percip sich auf. Er drehte sich um. Da zuckte er zusammen. Keine zwei Meter von ihm entfernt hockte eines der merkwürdigen rosafarbenen Wesen. * Fred Matson, der „Stein", raste durch die Raumfestung „Schalmirane". Er hatte begriffen, worum es ging. Die sieben „Zeitlosen" stürzten mit ihrem künstlichen Planetoiden auf einen Dunkelstern. Fred Matson konnte nicht an der Vernichtung der heimkehrenden „Zeitlosen" interessiert sein. Alles, was gewesen war, wurde plötzlich unwichtig, der „Stein" war bereit, den „Zeitlosen" zu helfen. Fred Matson erkannte die Umrisse einer gigantischen Fünffach-Kugel auf der Oberfläche des Dunkelsterns. Enlo, einer der „Zeitlosen" von „Schalmirane", wandte sich an den „Stein". „Wir wußten nicht, daß neue Sicherungssysteme innerhalb des „Pentagramms" errichtet worden sind. Wir waren eine Endlosigkeit fern von unserem Volk." Der „Stein" schwieg. Fred Matson konzentrierte sich mit aller Kraft auf die Anlagen für die Energieversorgung der Raumfestung. Die Energievorräte waren so gut wie erschöpft. Er selbst hatte dazu beigetragen. Jetzt lag es an ihm, einen Teil dieser Energie zurückzugeben. Aber auch Matson war ebenso ausgelaugt wie die Energiespeicher der Raumfestung „Schalmirane". Er hatte sich aufgerieben im Kampf gegen die sieben „Zeitlosen". Immer und immer
wieder waren gewaltige Energiemengen nötig gewesen, um zu verhindern, daß „Schalmirane" den Torsionstrichter durchstieß. Aus seiner Sicht hatte der „Stein" richtig gehandelt — so lange wie die Gefahr bestand, daß das „Pentagramm der Dunkelsterne" hinter der Raumfestung „Schalmirane" zusammenbrach. Jetzt ergab sich eine völlig neue Situation. „Schalmirane" raste auf einen Dunkelstern zu, auf dem sich die komplizierten Anlagen befanden, mit denen der energetische Haushalt des „Pentagramms" überwacht wurde. Fred Matson wagte nicht, an die Folgen der unvermeidbaren Katastrophe zu denken. Wenn „Schalmirane" auf den Dunkelstern stürzte, mußte das „Pentagramm" ebenso zusammenbrechen wie bei einem Durchbruch der Raumfestung in die Vakuole der „Zeitlosen". Der „Stein" veränderte seine Farbe. Entschlossen ließ Fred Matson seine gesamte Körperenergie in die Speicherbänke des künstlichen Planetoiden fließen. Damit beraubte er sich selbst der letzten Fluchtmöglichkeit. In höchster Konzentration beobachtete der „Stein" die Bahnkurve der abstürzenden Raumfestung. Sein Einsatz war umsonst! Grelle Lichtsignale flackerten auf. Der titanenhafte magnetische Sog packte die Raumfestung und wirbelte sie auf den Dunkelstern. Der künstliche Planetoid knallte mit hoher Geschwindigkeit gegen die erloschene Sonne. In allerletzter Sekunde hatten die sieben „Zeitlosen" die gesamte noch verfügbare Energie aufgewendet, um Schutzschirme zu errichten. Nur so gelang es ihnen, die Raumfestung vor dem Zerbersten zu bewahren. Dann war es soweit. Ein orkanartiger Donner raste brüllend durch den künstlichen Planetoiden. Meterdicke Verbindungswände brachen
aus ihren Verankerungen. Schotts wirbelten wie dünne Papierblätter durch die Korridore. Ein infernalisches Kreischen erfüllte die Raumfestung „Schalmirane". Während die „Zeitlosen" mit schreckgeweiteten Gesichtern in ihren Andruckliegen hingen, versuchte Fred Matson verzweifelt, in letzter Sekunde das drohende Inferno abzuwenden. Doch seine Kraft reichte nicht aus. Die Körper der sieben „Zeitlosen" waren dem ungeheuer starken Aufprall nicht gewachsen. Die magnetischen Kräfte des Dunkelsterns zerfetzten sie. Nur der „Stein" überlebte. In seiner Existenzform konnte keine noch so starke Erschütterung ihm etwas anhaben. Die kurzen, grauenhaften Todesschreie der sieben „Zeitlosen" klangen in ihm nach. Aber Matson hatte noch andere Schreie gehört — von zwei „Zeitlosen" innerhalb der Überwachungsstation ... Ein Teil der Überwachungsanlage war zerstört. Mit grauenhafter Klarheit erkannte der „Stein", daß das „Pentagramm" seine Stabilität verloren hatte. Damit schien der Untergang des Systems besiegelt zu sein. * Der Mond der blauen Schluchten war eine hervorragende Ausgangsbasis für den blitzartigen Angriff Rex Cordas. Sieben Diskusraumer vom Typ AVaut-T stürzten sich auf die Hantelraumerflotte Sigam Agelons. Gleichzeitig verstärkte sich der Corkscrewer-Traktorstrahl. Aus einer dritten Richtung griffen mehr als dreißig „Wächter unter dem Pentagramm" die Hantelraumer der Orathonen an. Sigam Agelon saß in der Falle! Die kombinierten Kräfte der Wächter und der Sicherungsrassen des „Pentagramms" vereinigten sich mit der Schlagkraft der sieben ehemals oratho-
nischen Diskusraumer. Die Staffel der Diskusraumer unter Rex Cordas Führung stürzte sich auf das Geschwader Sigam Agelons. Allein und ohne die Hilfe der „Wächter des Pentagramms" hätte Rex Corda nicht die geringste Chance gehabt. So aber besaßen sie eine leichte Kampfkraftüberlegenheit. Sigam Agelon war kein Anfänger. Er hatte sein strategisches und taktisches Geschick mehr als einmal unter Beweis gestellt. Sofort wog er die Chancen dieses Raumkampfes ab. Sie waren ungünstig für ihn ... Rex Corda hatte seinen Angriff mit den „Wächtern des Pentagramms" abgestimmt. Er befand sich in der zentralen Kabine eines Diskusraumers. Die dreiundfünfzig Meter große Scheibe schoß mit einer Geschwindigkeit von 1,2 Millionen Kilometern pro Stunde durch den Raum. Gleißende Energiemassen bildeten farbige Wirbel hinter dem Diskus. In einer Hyperbelbahn stieß Rex Corda bis zur Restflotte des Orathonen vor. Nur so konnte er ihre momentane Überlegenheit ausnutzen. Der gesamte Angriffsplan enthielt nur einen einzigen Unsicherheitsfaktor: Den Stolz Sigam Agelons. Rex Corda ließ seinen Diskusraumer beschleunigen. Eine ausgesuchte Mannschaft hervorragender Offiziere bildete die Besatzung. Ralf Griffith hing vor den Waffenleitanlagen, während Corda mit Hilfe von Beobachtungsergebnissen, Überlegungen und Computerdaten den Einsatz koordinierte. Das Winseln des Antriebs steigerte sich zu einem schrillen Kreischen. Andruckneutralisatoren machten eine ungehinderte Arbeit innerhalb des Diskusraumers möglich. In einem weiten Bogen zog der Diskus durch das All. Obwohl Sigam Agelon an Bord der „Lynthos" alle Bewegungen um sich herum beobachten
konnte, wußte er nicht, welchen Schachzug Rex Corda geplant hatte. Seine Flotte stand vier Millionen Kilometer außerhalb von „Fatty" und achthunderttausend Kilometer schräg ab vom Mond der Corkscrewer. Einige Millionen Kilometer weiter bahnte sich eine Katastrophe an. Aber noch wußten weder Rex Corda noch Sigam Agelon, daß das „Pentagramm der Dunkelsterne" drauf und dran war, in sich zusammenzubrechen. Beim Absturz der Raumfestung „Schalmirane" hatte es nicht einmal einen Lichtblitz gegeben. Nur die elektromagnetischen Störungen warnten Rex Corda. Die „Lynthos" stellte sich zum Kampf. Rex Corda war nicht sehr begeistert darüber, denn der Hantelraumer besaß wesentlich stärkere Waffen als die kleinen Diskusraumer. In diesem Augenblick griffen die Methanatmer an. Mit ihren kleinen grünen Raumtorpedos jagten sie mitten in den Pulk der Hantelraumer hinein. Flammende Lichtblitze zuckten von allen Seiten auf. Mit harten Energieschocks versuchten sie, die Schutzschirme der Hantelraumer zu durchschlagen. Rex Corda schüttelte ärgerlich den Kopf. „Wie sollen wir jetzt eingreifen?" knurrte er. „Ich kann doch nicht schießen, wenn die ,Wächter unter dem Pentagramm' überall herumschwirren!" „Glück für Sigam Agelon!" erwiderte Ralf Griffith. Rex Corda warf ihm einen ärgerlichen Blick zu. Der Chef der Feuerleitzentrale auf der „Walter Beckett" hockte mit ausgestreckten Beinen vor den Kontrollen. Er wartete auf den Feuerbefehl von Rex Corda. Doch der Befehl kam nicht. Rex Corda wollte die Methanatmer nicht gefährden.
Er konnte einfach nicht auf jene Wesen schießen, denen sie zu einem gewissen Teil ihre Rettung verdankten. Niemand wußte, was mit ihnen ohne den Methanatmer auf „Fatty" passiert wäre. Rex Corda hatte im Augenblick keine Zeit, daran zu denken. Er beugte sich vor und starrte auf die Holografen. In diesem Augenblick setzte der Traktorstrahl vom Corkscrewer-Mond mit voller Leistung ein. Die großen Massen der Hantelraumer wurden zur Seite geschleudert. Die kleineren Körper der „Wächter unter dem Pentagramm" folgten Sekundenbruchteile später. Trotzdem genügte die Verzögerung, um den Pulk der Hantelraumer von Methanatmern zu säubern. „Feuer!" sagte Rex Corda hart. Bis zur Ausführung seines Befehls vergingen nur Bruchteile von Sekunden. Ralf Griffith war auf diesen Befehl vorbereitet gewesen. Flammende Energiebahnen zogen farbige Spuren durch die Dunkelheit des Alls. Auch die Methanatmer hatten begriffen, worauf es jetzt ankam. Die Hantelraumer mußten einen Teil ihrer Energie abzweigen, um dem Traktorstrahl zu entkommen. Diese Energie konnten sie nur dadurch gewinnen, daß sie die Stärke ihrer Schutzschirme verringerten. Alle orathonischen und laktonischen Raumschiffe arbeiteten nach dem gleichen Grundprinzip: Für die verheerenden Schlachten im Raum wurden gewaltige Mengen von Energie benötigt — mehr als ein ganzes Raumschiff transportieren konnte, selbst wenn es nur aus Speicherbänken bestanden hätte. Deshalb zapften die Raumschiffe die nötige Energie wrährend des Fluges durch den Raum von in der Nähe gelegenen Sonnen ab. „Verdammt!" sagte Rex Corda plötzlich. „Damit habe ich nicht gerechnet!"
Die „Lynthos" stieß zum Corkscrewer-Mond hinab. Das Flaggschiff der kleinen orathonischen Restflotte hatte sich aus dem Verband gelöst und jagte mit hoher Geschwindigkeit auf den erdähnlichen Mond zu. Ein Schreck durchzuckte Rex Corda. Auf diesem Mond befand sich die „Walter Beckett" mit Kim, Percip, Fan Kar Kont und Wabash ... Hatte der Orathone etwas gemerkt? Warum wollte er unbedingt die „Walter Beckett" haben? Rex Corda biß die Lippen zusammen. „Hinterher!" keuchte er heiser. Der Diskusraumer legte sich auf die Seite. Der große Planet „Fatty" und die sichtbaren Monde wanderten über die Holografen. Die Andruckneutralisatoren sorgten dafür, daß die Besatzung nichts von den gewaltigen Fliehkräften während der Kursänderung merkte. In diesem Augenblick schlug Sigam Agelon zurück. Es sah fast so aus, als hätte er darauf gewartet, daß sich aus dem Verband der Diskusraumer mit Rex Corda an Bord löste. Der Präsident überlegte kurz. Dann entschied er sich, mit Sigam Agelon Kontakt aufzunehmen. „Geben Sie mir eine Holografenverbindung mit dem Orathonen", wies er Ralf Griffith an. Der „Veränderte" blickte erstaunt. „Sie wollen ..." „Schnell!" unterbrach Rex Corda. „Wenn Sigam Agelon richtig zuschlägt, haben wir keine Chance." Rex Corda achtete nicht auf das lodernde Glühen in den Augen des „Veränderten". Das Duell zwischen Ralf Griffith und Sigam Agelon war durch den „Wächter unter dem Pentagramm" unterbrochen worden — aber es war noch nicht beendet. Das olivgrüne Gesicht des Orathonen erschien auf dem Holografen. „Ich warne Sie, Sigam Agelon!"
sagte Rex Corda sofort. „Ich weiß, was Sie vorhaben. Sie wollen mit der ,Walter Beckett' in die Raumvakuole der ,Zeitlosen' eindringen." Sigam Agelon zeigte sich nur eine Sekunde lang verblüfft. Dann stieß er ein höhnisches Lachen aus. Über automatische Übersetzer konnte er mit Rex Corda sprechen. „Sie sind ein Narr, Corda! Oder glauben Sie tatsächlich, daß Sie mich aufhalten können?" „Noch einmal: Ich warne Sie, Sigam Agelon! Wenn Sie versuchen, mit der »Walter Beckett' durch die Raumtorsion zu kommen, bricht das System zusammen. Das ,Pentagramm der Dunkelsterne' ist bereits so schwer erschüttert, daß es einen Hantelraumerdurchbruch nicht überstehen würde." „Ein Terraner versucht, einem Agelon Vorschriften zu machen!" knurrte Sigam Agelon verächtlich. „Woher nehmen Sie die Unverschämtheit, so mit mir zu reden, Corda?" „Ich habe Sie gewarnt", sagte Rex Corda kalt. „Auch wenn Sie sich für unbesiegbar halten — einen Zusammenbruch des ,Pentagramms' können Sie nicht überleben!" „Geschwätz eines Primitiven!" meinte Sigam Agelon überheblich. Mit einer affektierten Geste unterbrach erdieHolografenverbindung. Nur zwei Sekunden hockte Rex Corda bewegungslos vor den Kontrollen. „Die übrigen sechs Diskusraumer zu mir. Wir konzentrieren uns auf die ,Lynthos'. Griffith — nehmen Sie Verbindung mit den Methanatmern auf! Die ,Wächter unter dem Pentagramm' sollen versuchen, die Flotte Sigam Agelons zurückzuhalten, damit wir uns auf die ,Lynthos' konzentrieren können." „Okay!" antwortete Ralf Griffith. Innerhalb weniger Minuten formierte
sich das Feld der Diskusraumer neu. Die Verbindung mit den „Wächtern unter dem Pentagramm" kam sehr schnell zustande. „Versuchen Sie, den Traktorstrahl für einige Sekunden umzupolen!" erläuterte Rex Corda seinen Plan. „Aber erst, wenn wir nahe genug an der ,Lynthos' sind." Die Methanatmer gaben diese Anordnung an die Rosa Techniker weiter. Damit war die entscheidende Phase der Begegnung eingeleitet. * „Wie rosa Pudding in Plastiktüten!" sagte Kim respektlos. Der Rosa Techniker wußte nicht, was Pudding war. Deshalb zeigte er sich nicht beleidigt. Der oberste der Rosa Techniker hatte seine Nervenfäden um seinen Körper geschlungen. Jedesmal, wenn sie eine größere Strecke liefen, begannen die Spitzen der Nerven zu schmerzen. Sie konnten die Empfindlichkeit ihrer Nerven regulieren. Aber das galt nur in beschränktem Maße. Fan Kar Kont überprüfte den MedoRobot. Er war von den Rosa Technikern in seinen Hauptfunktionen wieder hergestellt worden. Der ehemalige Chefwissenschaftler von Teckan war vorsichtig. Zu leicht konnte eine falsche Medikamentenzusammenstellung genau das Gegenteil von dem bewirken, das eigentlich beabsichtigt war. Es gab nichts Gefährlicheres als einen schlecht funktionierenden MedoRobot. Eine harmlose Beruhigungsspritze konnte auf Grund einer fehlerhaften Diagnose oder einer falschen Medikamentenzusammensetzung zu einer tödlichen Dosis Gift werden . . . „Alles klar?" fragte Percip endlich. Fan Kar Kont nickte. „Ich glaube, jetzt ist er soweit." „Wird auch höchste Zeit!" meinte
Kim. Er blickte zu Wabash hinüber. Der Delphin lag schräg auf dem Boden seines Bassins. Die harte Landung in der Welt der Rosa Techniker hatte ihn sehr stark mitgenommen. 11 und 7 halfen 3,14 bei den letzten Reparaturen. Sie hatten sich sehr schnell mit Kim und seinem Delphin angefreundet. Hinzu kam noch, daß die Rosa Techniker inzwischen mehrere aufklärende Nachrichten von den „Wächtern unter dem Pentagramm" erhalten hatten. Sie wußten jetzt, daß Rex Corda und seine Mannschaft auf der Seite der Wächter kämpften. Während in den Hantelkugeln Hilfsrassen der Orathonen versuchten, die „Walter Beckett" wieder startklar zu machen, saß Percip grinsend vor dem Holografen und beobachtete die sinnlosen Anstrengungen. Er hatte sich den Ort für seine Sabotageaktion sehr gut ausgewählt. Nach der Bergung des ehemaligen orathonischen Hantelraumers waren viele Aggregate erneuert und verbessert worden. Das jetzige Flaggschiff der Erde mußte für die Reparaturmannschaften der Orathonen fremd und ungewöhnlich sein. Alle Orathonen und Staras waren nur für die Reparatur orathonischer Anlagen ausgebildet. Diese Tatsache führte dazu, daß jetzt nur Fan Kar Kont und Percip wußten, wie die „Walter Beckett" gestartet werden konnte. Belustigt verfolgte der ehemalige laktonische Agent Percip die verzweifelten Versuche der Orathonen, den mit Becon gepanzerten Hantelraumer wieder flugklar zu machen. „Gebt auf!" murmelte er. „Ihr schafft es doch nicht." Ein armdicker Wasserstrahl schoß in das Bassin von Wabash. Der weiße Delphin wurde hochgespült. Mit seiner Schwanzflosse versuchte er, das Gleich-
gewicht zu halten. Er war noch zu schwach. Taumelnd sackte er auf den Grund des Bassins zurück. „Allerhöchste Zeit!" meinte Fan Kar Kont besorgt. Er beendete die Analyse einer Droge, die der Medo-Robot in seinem Auftrag hergestellt hatte. „Willst du es machen, Kim?" „Okay!" sagte der Junge. Er stellte sich vor dem Bassin auf und schickte Wabash einen konzentrierten Gedanken. Der Delphin reagierte nur schwach. „Hm", meinte Kim, „sonst kommt er gleich, wenn ich ihn telepathisch rufe." „Vergiß nicht, daß er krank ist. Wir hatten unsere Raumanzüge, aber Wabash war die ganze Zeit ungeschützt." „Ich weiß", nickte Kim. Wieder versuchte er, Wabash auf telepathischem Wege zu erreichen. Diesmal gelang es. Wabash versuchte, zur Wasseroberfläche zu schwimmen. Schnell kletterte Kim auf den Rand des Bassins. Er hielt die Spritze in seiner Hand und wartete, bis die Rückenfinne des weißen Delphins auftauchte. Schnell jagte er die Spritze durch die dicke Haut des Delphins. Er ließ sich auf den Boden fallen und preßte seine Nase gegen die Scheibe des Wasserbehälters. Wabash sank auf den Boden des Beckens zurück. „Wie lange dauert es?" fragte Kim. „Höchstens drei Minuten." Nervös leckte sich Kim über die Lippen. Seine Hände wurden feucht. Er litt mit Wabash. In diesem Augenblick stieß Percip einen scharfen Pfiff aus. „Die Orathonen verlassen die »Walter Beckett'!" Schnell schaltete er die wenigen noch funktionierenden Außenkameras ein. Auf dem sonnigen, hellen Plateau neben der Station, die den Traktorstrahl
erzeugte, stand ein zweiter Hantelraumer — ein orathonisches Raumschiff! Percip vergaß vor Schreck, den Mund zu schließen. In langen Reihen gingen orathonische Offiziere auf den gelandeten Hantelraumer zu. Ätzer, Jumper, Whims und Trops folgten ihnen. Ein Leuchten huschte über Fan Kar Konts Gesicht. „Die ,Walter Beckett' gehört wieder uns!" jubelte Kim. „Stop mal!" sagte Percip plötzlich. Er drehte sich um. „Fan Kar Kont, was würden Sie tun, wenn Sie den Befehl erhalten, ein gekapertes Raumschiff zu verlassen?" „Ich würde es natürlich zerstören!" „Genau!" nickte Percip. Als ehemaliger laktonischer Agent kannte er die Spielregeln des Krieges. Ein Objekt, wie es die „Walter Beckett" darstellte, konnte dem Feind niemals kampflos überlassen werden. „Ich fürchte, daß sie irgendeine hinterhältige Spielerei zurückgelassen haben." Er drehte sich zu 3,14, dem Rosa Techniker, um. „Könnten Sie ein paar Leute auftreiben, mit denen wir dieses Raumschiff untersuchen?" „Selbstverständlich", antwortete 3,14 über die Translatoren. Die automatischen Übersetzungsgeräte waren so unauffällig und klein, daß sie Irgend etwas behinderten. in der rosafarbenen niemanden Masse des Technikers veränderte sich. Er nahm mit den übrigen Vertretern seiner Rasse Kontakt auf. Innerhalb weniger Minuten strömten Hunderte von Rosa Technikern in die „Walter Bekkett". Sie brachten automatisch arbeitende Suchgeräte und Detektoren mit. Kim blieb bei Wabash zurück. Fan Kar Kont und Percip eilten zu den Antigravschächten. Sie ließen sich in die Zentrale bringen. Sekunden später nah-
men sie mit Rex Corda Verbindung auf. Es dauerte nur knapp dreißig Minuten, bis die kleine Flotte aus acht Diskusraumern auf der Welt der Rosa Techniker landete. Als Rex Corda in der Zentrale der „Walter Beckett" erschien, hatten Percip und Fan Kar Kont eine Direktverbindung mit der Zentralstation der Rosa Techniker hergestellt. Der Corkscrewer-Strahl war abgeschaltet worden. „Wie geht es Kim?" fragte Rex Corda sofort. „Soviel ich weiß gut", gab Percip zurück. „Nur Wabash hat noch etwas Schwierigkeiten." „Ich würde gern einmal mit diesen Rosa Technikern sprechen. Schließlich haben sie mitgeholfen, Sigam Agelon in die Flucht zu schlagen." „Er fliegt zum ,Pentagramm', nicht wahr?" „Ja", antwortete Rex Corda. „Und das müssen wir unter allen Umständen verhindern!" „Wann ist die ,Walter Beckett' wieder startklar?" fragte Percip. „Sobald wir das Bassin von Wabash aus dem Zeitversteck gebracht haben", gab Rex Corda zurück. Percip hob die Brauen. Während überall in der „Walter Bekkett" die Männer der Besatzung ihre Position einnahmen und ein Reparaturtrupp damit beschäftigt war, die von Percip zerstörte Sicherungskonsole zu erneuern, versuchten die Rosa Techniker, die tatsächlich gefundene Zeitbombe zu entschärfen. Bisher war es ihnen noch nicht gelungen. „Wenn wir nicht bald starten, holen wir Sigam Agelon nicht mehr ein", sagte Rex Corda ernst. „Deshalb habe ich auch angeordnet, daß die Bombe der Orathonen in das abgeschirmte Zeitversteck gebracht wird. Wenn sie dort in
die Luft geht, kann sie uns nicht schaden." „Wir könnten sie natürlich auch hierlassen", warf Fan Kar Kont ein. Rex Corda schüttelte den Kopf. „Kommt nicht in Frage! Wir wissen nicht, welche Teufelei die Orathonen sich wieder ausgedacht haben. Wenn wir die Bombe hierlassen, gefährden wir die Rosa Techniker. Im Zeitversteck von Ko-Mont ist sie bestens aufgehoben!" lächelte Rex Corda. „Hoffentlich reißt sie uns nicht vorher in Stücke", warf Percip ein. „Immerhin müssen wir das Bassin von Wabash erst ausbauen..." Über einen Bordholografen meldete der Mikroingenieur Olaf Harrison die Reparatur der Sicherungskonsole. Ein Lächeln huschte über das Gesicht von Rex Corda. Sie hatten ihre „Walter Beckett" wieder und konnten starten. „Kümmern Sie sich jetzt um die Geräte für John Haick", wies Rex Corda den Mikroingenieur Harrison an. Der Mutant mit dem Kindergesicht verbeugte sich leicht. Er trug einen Kittel, Kordhosen und hatte an den Füßen Sandalen ohne Strümpfe. Aber er war einer der besten Mikroingenieure, die es auf der Erde jemals gegeben hatte ... „Fertigmachen zum Start!" befahl Rex Corda. * Der „Stein" war kein Mensch. Er war ein fünfzig Zentimeter großes graues Gebilde, das nach ästhetischen Gesichtspunkten nicht einmal schön genannt werden konnte. Und doch empfand der „Stein" wie ein menschliches Lebewesen: Er war traurig. Die „Zeitlosen", mit denen er so lange Zeit zu tun gehabt hatte, waren durch den Absturz der Raumfestung „Schalmirane" getötet worden. Auch die beiden anderen Lebewesen, deren
Todesschreie Fred Matson mit grausamer Deutlichkeit gehört hatte, lebten nicht mehr. Er war allein auf dem Dunkelstern, dessen Kontrollstation nicht mehr richtig arbeitete. Wehmütig dachte Fred Matson an die „Nadel". Er spürte plötzlich, wie sie sich näherte. Erregung ergriff ihn. Er vibrierte innerlich. Sekunden später hatte er die Situation erfaßt. Er wußte, daß die Orathonen sich dem „Loch" im „Pentagramm" näherten. Wenn Sigam Agelon mit seinen Raumschiffen durch den Torsionstrichter stieß, mußte das „Pentagramm" zusammenbrechen. Das „Loch" würde sich für immer schließen. Fred Matson wußte, daß er dann die „Nadel" niemals wiedersehen würde. Er fühlte sich einsam. Er brauchte ein Wesen, das ihn verstand und mit dem er reden konnte. Alles im Kosmos ließ sich ertragen — nur die Einsamkeit nicht. Der „Stein" sehnte sich nach der „Nadel". Fred Matson rief Virginia RamoniMatson. Die „Nadel" kam näher. Unruhig konzentrierte sich der „Stein" auf die Impulse der „Nadel". Die ParallelMutantin war über alles informiert, was sich an Bord der „Lynthos" abspielte. Sie berichtete. Auf diese Weise erfuhr der „Stein" vom Entschluß Sigam Agelons, das „Loch" im Zentrum des „Pentagramms" zu durchstoßen. Er wußte ebenfalls, daß Sigam Agelon Tsati Mutara mitnahm. Die „Nadel" erklärte dem „Stein" den Plan des Orathonen. Sigam Agelon hoffte, daß Rex Corda ihm folgen würde. Er glaubte, daß er den TerraPräsidenten eher vernichten konnte, wenn dieser keinerlei Unterstützung durch fremde Rassen mehr hatte. So gesehen war die Aufgabe des Kampfes durch Sigam Agelon keine Flucht, sondern ein wohlüberlegter
Schachzug... Fred Matson entschloß sich zu einem gewagten Schritt. Er konzentrierte sich auf die ihm noch verbliebene Energie. Er fühlte sich durstig. Er brauchte neue Energie, um existieren zu können. Er überlegte. Es gab nur einen einzigen Weg, neue Energie zu bekommen. Fred Matson entschloß sich, einen Teil seines eigenen Körpers aufzugeben. Mit einem gewaltigen Lichtblitz sprengte er einen Teil seines Steinkörpers auseinander. Die Raumfestung „Schalmirane" erbebte. Entfesselte Urkräfte atomisierten die abgestürzte Raumfestung. Neue Energie entstand. Gierig saugte der „Stein" sie auf. Wie ein Verdurstender fraß er die Energie in sich hinein. Er komprimierte sie, wandelte sie um und speicherte sie. Als er glaubte, genug zu haben, schleuderte er einen Teil der neu gewonnenen Energie gegen die Gravitationskräfte der erloschenen Sonne. Er befreite sich aus dem gigantischen Magnetfeld des Dunkelsterns. Wie ein flammender Komet raste er durchs All. Mit annähernder Lichtgeschwindigkeit schoß er auf das Zentrum des „Pentagramms" zu. Sechshundert Millionen Kilometer waren zu überwinden. Der „Stein" wußte, was er wollte. Er mußte verhindern, daß das „Pentagramm der Dunkelsterne" und damit auch das komplizierte System der „Zeitlosen" endgültig zusammenbrach. * Die Nachricht war nur kurz. Sie bestand aus einem einzigen Satz. Die Assistentinnen der Funk- und Ortungszentrale hatten ihn aufgefangen: „Tsati Mutara begleitet mich zu den ,Zeitlosen'. Sigam Agelon." Nachdenklich lehnte sich Rex Corda in seinem Pneumosessel zurück. Der
normale Dienstbetrieb an Bord der „Walter Beckett" verlief reibungslos. Die letzten Reparaturen waren ausgeführt worden. Bekoval hatte das Kommando über den Hantelraumer zurückerhalten. Ihm zur Seite stand sein Stellvertreter Percip. Riesige ringförmige Elektronengehirne kontrollierten Kurs- und Geschwindigkeit der „Walter Beckett". Aber noch immer befand sich die orathonische Zeitbombe an Bord des Hantelraumers. Rex Corda hatte darauf verzichtet, sie in den ohnehin gefährdeten Raumabschnitten ins All gleiten zu lassen. Niemand wußte, was dann geschah. Er glaubte, daß das Zeitversteck von KoMont stark genug war, um die Wirkungen der Bombe entsprechend abzuschwächen. Zwölf Offiziere der Besatzung bewachten die getarnte Anlage. Dutzende von Geräten und Schutzschirmaggregaten waren aufgebaut worden. Prallfeldgeneratoren schirmten das Zeitversteck zusätzlich ab. Noch wußte Rex Corda nicht, ob die Vorsichtsmaßnahmen genügten. Niemand konnte Rex Corda die Entscheidung abnehmen, welcher Weg einzuschlagen war. Er selbst mußte sich darüber klarwerden, ob er Sigam Agelon folgen sollte oder nicht. Die aufgefangene und entschlüsselte Meldung konnte eine Falle sein. Aber was bezweckte Sigam Agelon mit diesem Funkspruch? Es war zu offensichtlich, daß er absichtlich abgegeben worden war. Rex Corda hatte nicht den geringsten Zweifel daran, daß der Funkspruch für ihn bestimmt war. Nachdenklich steckte sich Rex Corda eine Zigarette an. Er stellte fest, daß es die Sorte war, die John Haick sonst rauchte. Er beugte sich vor und ließ sich mit der Medizinischen Abteilung der
„Walter Beckett" verbinden. Hent Marat tauchte in einem der mannshohen Holografen auf. „Wie weit sind Sie mit der Operation an John Haick?" „Er befindet sich noch unter Narkose. Wir haben ihm die Mikroelemente eingepflanzt." „Gut", sagte Rex Corda. „Dann können wir nur hoffen, daß die Operation gelingt!" Hent Marat lächelte. „Wundern Sie sich nicht, wenn John Haick in Zukunft aus einer Entfernung von mehreren Lichtjahren das Gras auf der Erde wachsen hört!" Rex Corda lachte. Die Laktonen von Teckan hatten sich inzwischen den Gebräuchen Terras ausgezeichnet angepaßt. Der beste Beweis dafür war die von Hent Marat benutzte Übertreibung. „Welche guten Eigenschaften besitzt denn die Wundererfindung unseres sonst so naiven Mikroingenieurs?" fragte Rex Corda. „Olaf Harrison ist ein Genie!" sagte Hent Marat anerkennend. Rex Corda nickte. Er wußte, daß Mt. Olaf Harrison tatsächlich eine einmalige Begabung in der Herstellung winziger elektronischer Bauteile besaß. „John Haick wird nach der Operation seinen Hörbereich um zehn Oktaven steigern können." „Das bedeutet Ultraschall", sagte Rex Corda. Hent Marat nickte. „Die neuen Zusatzgeräte, die wir ihm einbauen, ermöglichen es ihm gleichzeitig, Wellenlängen und Frequenzen zu unterscheiden. Er kann außerdem die Intensität seines Gehörs nach Belieben regulieren." „Wenn er also Ruhe haben will, schaltet er einfach seine Ohren ab?" fragte Rex Corda lächelnd. „So ungefähr", sagte Hent Marat zustimmend.
„Viel Glück bei der Operation!" sagte Rex Corda und nickte dem laktonischen Biochemiker zu. Er schaltete den Holografen aus. Die „Walter Beckett" jagte hinter der „Lynthos" her. Das Flaggschiff des Orathonen hatte einen ziemlich großen Vorsprung. Rex Corda entschloß sich deshalb, noch einmal eine Warnung an Sigam Agelon abzugeben. „Schalten Sie mich auf OrathonenFrequenz", sagte er zu Percip. Innerhalb weniger Sekunden richteten sich die Aufnahmekameras der Holografen auf Rex Corda. Sein Bild wurde zur „Lynthos" übertragen. Auch die Gegenverbindung kam zustande. Direkt hinter Sigam Agelon sah Rex Corda den Neger Tsati Mutara. Auf seiner Schulter hockte ein possierlicher Trop. Das war Thali-Fenberth-FenBerthnyen. „Sie müssen schon etwas mehr beschleunigen, wenn Sie mich noch einholen wollen!" höhnte Sigam Agelon, als er Rex Corda sah. Der Präsident der Erde dachte nicht daran, mit gleicher Münze zurückzuzahlen. Er bemühte sich, seine Warnung so eindringlich wie möglich zu formulieren: „Sie wissen, daß wir uns nicht mögen, Sigam Agelon. Ich kann Sie nicht daran hindern, sich selbst zu vernichten. Ich bitte Sie nur, Rücksicht auf das Volk der »Zeitlosen' und die verschiedenen Rassen außerhalb dieses Systems zu nehmen. Sie alle werden vernichtet, wenn Sie weiterhin darauf bestehen, durch das ,Loch' im ,Pentagramm' zu brechen." „Ich bin unbesiegbar." Gegen dieses Argument war Rex Corda machtlos. Das Leben anderer galt nichts in den Augen des wahnsinnigen Sigam Agelon. „Ich warte auf Ihre Antwort, Sigam Agelon."
Der Orathone lachte. Scheckige Muster bildeten sich auf seinen Augenlidern. Er schnippte mit den Fingern. Dann sagte er: „Sie sollen eine Antwort bekommen — nicht wie Sie sie gern hätten, sondern wie ich sie mir vorstelle ..." Das Holografenbild flackerte und erlosch. Drei Sekunden später gellten die Sirenen der Masseorter durch die „Walter Beckett". „Zwei Hantelraumer brechen aus dem Verband Sigam Agelons aus! Die Kursbestimmung deutet darauf hin, daß sie uns angreifen werden." „Sollen sie!" knurrte Rex Corda grimmig. „Ich werde dem Agelon in der einzigen Sprache antworten, die er versteht." * John Haick bäumte sich auf. Sein Gesicht verzerrte sich. Kräftige Hände drückten ihn auf die Liege zurück. Seine Arme zuckten hoch. Dann preßten sich seine Handflächen gegen die Ohren. „Was habt ihr mit mir gemacht?" keuchte John Haick. „Schnell!" sagte Hent Marat hastig. „Konzentrieren Sie sich darauf, die Töne leiser zu hören!" „So ein Quatsch!" fluchte John Haick ärgerlich. Er versuchte es trotzdem. Es klappte! Verblüfft starrte der junge Atomwissenschaftler den laktonischen Biochemiker an. „Was — was soll das heißen?" stotterte er verwundert. „Sie haben neue Ohren bekommen." Ungläubig zupfte John Haick an seinen Ohrläppchen. „Nicht dort", lächelte Hent Marat. „Innen! Ihre Trommelfelle waren geplatzt, und da haben wir die Gelegenheit
gleich ausgenutzt, um ein paar Kleinigkeiten zu verändern." „So!" nickte John Haick. „Und warum hat man mich nicht nach meiner Meinung gefragt? Meine frühere Hörfähigkeit hielt ich für vollkommen ausreichend." „Sie müssen sich erst an den Gedanken gewöhnen", sagte Hent Marat beruhigend. „Dann erklären Sie mir mal, was Sie gemacht haben." Hent Marat sagte es ihm. Langsam wich das Mißtrauen von John Haicks Gesicht. Er fand Gefallen an seiner neuen Fähigkeit. Vorsichtig probierte er sie aus. Er hörte Töne, die er vorher nie für möglich gehalten hätte. Sie waren fremd, aber nicht unangenehm. Plötzlich bildete sich eine Falte auf seiner Stirn. Er beugte sich vor. Langsam richtete er sich auf. Seine Augen starrten ins Nichts. Er schluckte. „Was ist?" fragte Hent Marat. „Haben Sie Schwierigkeiten?" John Haick machte eine abwehrende Handbewegung. Er legte einen Zeigefinger auf seine Lippen, während sein Gesicht weiterhin konzentriert wirkte. Unruhig umstanden die Ärzte und Wissenschaftler John Haick. Sie wußten nicht, was John Haick hörte. Der junge Atomwissenschaftler preßte die Lippen zusammen. Plötzlich sprang er von der Operationsliege auf und rannte mit zwei kurzen Sprüngen zum nächsten Holografen. Blitzschnell stellte er eine Verbindung mit Rex Corda her. „Hallo!" rief der Oberbefehlshaber der „Walter Beckett" und strahlte seinen besten Freund an. „Wieder okay?" „Matson, der ,Stein' ist hier!" keuchte John Haick. „Er sagt, daß er das ,Pentagramm' retten will . . ." „Matson? Wo?" Rex Corda wurde blaß. Diese Nach-
richt traf ihn wie ein Faustschlag. Nicht im Traum hatte er damit gerechnet, daß sich der verschollene „Stein" ausgerechnet in diesem Raumsektor aufhielt. „Es stimmt!" bestätigte John Haick. „Der ,Stein' und die ,Nadel' befinden sich in der Nähe des ,Pentagramms'." „Dann ist doch noch nicht alles verloren", sagte Rex Corda, während ein Leuchten über sein Gesicht huschte. * Die beiden Hantelraumer versuchten, die „Walter Beckett" in die Zange zu nehmen. Corda war gewarnt. Er hatte bereits alles vorbereitet. Sigam Agelon mußte völlig verrückt geworden sein! Er wußte genau, daß die „Walter Beckett" eine Becon-Panzerung hatte. Damit war sie normalen Hantelraumern weit überlegen. Als sich die beiden orathonischen Raumschiffe auf die „Walter Beckett" stürzten, schlug Rex Corda zu. Hart, konsequent und unerbittlich. Die Fächer der Vernichtungsstrahlen kreuzten sich. Während um die „Walter Beckett" nicht einmal Schutzschirme errichtet wurden, fraßen sich die vernichtenden Strahlen in die beiden angreifenden Hantelraumer. Sie durchschlugen mit grellweißen Lichtblitzen die Schutzschirme und Panzerung. Innerhalb von Sekunden war alles vorbei. „Da!" brüllte Percip plötzlich. „Ein Raumschiff — es kommt aus dem ,Loch'!" Corda schwang herum. Er starrte auf die Holografen. Deutlich sah er das fremdartige Raumschiff, das direkt aus dem Torsionstrichter im Zentrum des „Pentagramms" kam. Wie Geier stürzten sich die Orathonen auf das fremde Schiff. Wütend schüttelte Corda den Kopf.
„Eines Tages wird ihm alles zurückgezahlt werden! Percip, stellen Sie eine Verbindung mit der ,Lynthos; her." „Noch einmal?" „Sie hören doch, was ich sage!" Percip zuckte die Schultern. Er konnte verstehen, warum der Oberbefehlshaber der „Walter Beckett" derartig wütend war. Trotzdem glaubte er nicht, daß Rex Corda mit seinen Warnungen bei Sigam Agelon Erfolg hatte. Die Verbindung kam zustande. Rex Corda sah, daß Tsati Mutara noch immer hinter Sigam Agelon stand. „Tsati!" brüllte Rex Corda. „Raumanzug schließen!" Der Mutant handelte vollkommen automatisch. Er war zusammengezuckt, als er den scharfen Befehl des TerraPräsidenten erhielt. Der Trop auf der Schulter von Tsati Mutara flüchtete sich in den für ihn bestimmten Raumanzug. Keine Sekunde zu früh. Mit einem gleißenden Lichtblitz brach die „Lynthos" auseinander. Eine der beiden Hantelkugeln verwandelte sich in einen feurig wabernden Glutbai]. Ein grauenhafter Schrei gellte durch die Zentrale der „Walter Beckett". Er kam von der explodierenden „Lynthos". Mit brennenden Augen starrte Rex Corda auf die Holografen. Die Verbindung zur „Lynthos" war unterbrochen. Und doch sah Rex Corda genug. Zwei gleißende Lichtstreifen rasten in weiten Kurven durch die Dunkelheit vor dem „Pentagramm". Sie zogen einen riesigen Kreis um den Torsionstrichter. In diesem Augenblick begriff Rex Corda, daß der „Stein" und die „Nadel" gehandelt hatten. Fred Matson und Virginia Ramoni-Matson hatten ihr Versprechen wahr gemacht. Mit hoher Geschwindigkeit kreisten die beiden flammenden Lichtstreifen um das Zentrum des „Pentagramms".
Sie hielten das künstliche Gebilde stabil und übernahmen die Aufgabe der zerstörten Kontrollstation auf dem Dunkelstern ... Eine heiße Welle raste über Cordas Rücken, als er sah, wie einer der beiden Lichtstreifen auf das fremde Raumschiff zuschoß. Es konnte nicht mehr ausweichen. Die „Zeitlosen" reagierten zu spät! Der Lichtstreifen zischte durch das fremdartige Raumschiff und atomisierte es. Eine neue Sonne flammte für Sekundenbruchteile auf, fiel aber sofort wieder in sich zusammen. Dunkelheit blieb zurück. „Kurs auf das Wrack der ,Lynthos'!" befahl Rex Corda heiser. „Wir müssen versuchen, Überlebende zu bergen." * Verwundert stellte John Haick fest, daß er in der Lage war, den Sinn der Botschaften von Fred Matson zu verstehen. Er eilte aus der Medizinischen Station zu einem Gravoschacht und ließ sich in die Zentrale bringen. Rex Corda und John Haick schüttelten sich kurz die Hände. Sie blickten sich an. Aber Rex Corda hatte nicht einmal ein Lächeln übrig. Die Ereignisse im Raum waren zu grauenhaft, um mit langen Worten die Heilung von John Haicks Taubheit zu besprechen. „Sieh dir das an!" sagte Rex Corda und deutete auf die Holografen. „Dort draußen bricht alles zusammen." „Wo ist Sigam Agelon?" „Keine Ahnung. Die ,Lynthos' wurde von der ,Nadel' zerstört." „Ich weiß", sagte John Haick. „Sie hat einen Teil ihres Körpers abgesprengt." Rex Corda trat einen Schritt zur Seite. Verblüfft blickte er seinen engsten Freund an.
„Du weißt es? Woher?" „Sie hat es mir gesagt." „Stop!" sagte Rex Corda entschlossen. „Woher willst du wissen, daß die ,Nadel' einen Teil ihres Körpers abgesprengt hat? Du warst ohnmächtig, als Matson uns mitteilte, daß er etwas Ähnliches vorhatte." „Stimmt alles, Rex. Du hast nur vergessen, daß mir unser guter Olaf Harrison ein paar kleine ,Transistorradios' in die Ohren eingebaut hat." „Soll das heißen, daß du die Impulse der ,Nadel' und des ,Steins' verstehen kannst?" „Ich bin mir noch nicht ganz klar darüber, wie es funktioniert", antwortete John Haick. „Auf jeden Fall glaube ich jetzt, daß telepathische Impulse und Gedanken mit elektronischen Geräten erfaßbar sind." „Weißt du, was das bedeutet?" keuchte Rex Corda erregt. „Natürlich." „Es muß nicht stimmen. Vergiß nicht, daß wir uns hier in einem System befinden, in dem ohnehin andere Vorzeichen gelten. Außerdem waren die Impulse der ,Nadel' und des ,Steins' derartig stark, daß es sich neben der Telepathie um weitere zusätzliche elektromagnetische Ausstrahlungen gehandelt haben kann. Nimm einmal an, ich hätte diese Ausstrahlungen empfangen. Dann ist es mit der Idee von einem mechanisch arbeitenden Empfänger für telepathische Impulse wieder einmal Essig." Schweigend blickte Rex Corda auf die Holografen. Diese Geräte waren die einzige Verbindung zur Außenwelt — zu jenem Raum, in dem bereits eine große Anzahl von Lebewesen den Tod gefunden hatte. „Was machen eigentlich Wabash und Kim?" fragte John Haick. Der Präsident sah zur Seite. „Gut, daß du mich daran erinnerst,
John. Oder weißt du etwa auch, daß wir eine Zeitbombe an Bord haben?" „Eine Zeitbombe?" „Ja. Sigam Agelon hat uns ein Kukkucksei zurückgelassen. Es befindet sich im Augenblick im Versteck von Ko-Mont. Wir wissen bisher noch nicht, worum es sich handelt. Aber du kannst dir vorstellen, daß uns Sigam Agelon keine Bonbons zum Abschied zurückläßt." John Haick kaute auf seiner Unterlippe. Es gab viele Dinge, die er nicht mitbekommen hatte und an die er sich erst wieder gewöhnen mußte. Das letzte, was er bewußt aufgenommen hatte, war das Duell zwischen Sigam Agelon und Ralf Griffith gewesen. Plötzlich entdeckte er, daß er nicht einmal nach der Ursache seiner Trommelfellverletzung gefragt hatte. „Wie ist es eigentlich gekommen?" wandte er sich an Rex Corda. „Weißt du, woher diese seltsamen Impulse kamen?" „Vom ,Heiligtum' der Nokis. In diesem System dreht sich alles um das gleiche Problem: die Erhaltung des ,Pentagramms'." Es würde noch einige Zeit dauern, bis sie den Raum der „Lynthos"-Havarie erreichten — Zeit und Gelegenheit zum Luftholen für Rex Corda und seine Mannschaft. Sie wußten, daß diese Sache noch nicht überstanden war. Sigam Agelon war ein „Veränderter". Wenn es ihm gelungen war, rechtzeitig seinen Raumanzug zu schließen, mußten sie mit dem Schlimmsten rechnen. Ahnungsvoll blickte Rex Corda auf die Holografen. Rex Corda wagte nicht, sich vorzustellen, was geschah, wenn Sigam Agelon überlebt hatte und von einem orathonischen Hantelraumer aufgenommen wurde. Er war sicher, daß auch dieser Rück-
schlag kein Hinderungsgrund für Sigam Agelon war, den Torsionstrichter zur Raumvakuole der „Zeitlosen" zu durchstoßen. Der größenwahnsinnige Orathone war zu allem fähig. Er schreckte vor nichts mehr zurück. Er wollte die Macht der „Zeitlosen" zerschlagen, um seinen größenwahnsinnigen Anspruch auf die Macht innerhalb der Galaxis durchsetzen zu können. Das krankhafte Hirn des „Veränderten" konnte nicht mit normalen Maßstäben gemessen werden. Rex Cordas Überlegungen wurden durch einen erregten Ausruf Percips unterbrochen. „Tsati Mutara geortet!" rief der Lithalonier, während die Kerbe auf seiner Oberlippe dunkelrot aufglühte. „Kurs ändern!" befahl Rex Corda sofort. Gleichzeitig erkannte er, daß es zu spät war. Ein orathonischer Hantelraumer befand sich wesentlich näher an der Unglücksstelle als die „Walter Beckett". Selbst wenn sie jetzt mit Höchstgeschwindigkeit beschleunigten, war es ihnen unmöglich, Tsati Mutara früher als der Orathone zu erreichen. * Der kleine affenähnliche Trop mit seinem roten Pelz trieb einsam durch die Leere des Alls. Er hatte einen besonders konstruierten Raumanzug an, aber das half ihm im Augenblick nicht weiter. Wenn ihn sein Gefühl nicht trog, war er einer der wenigen Überlebenden jener gigantischen Katastrophe, die das Flaggschiff des Orathonen Sigam Agelon zerfetzt hatte. Trop Thali-Fenberth-Fen-Berthnyen dachte wehmütig an seines Vaters Bruders Kind. Es war ebenfalls bei einer Raumschiffexplosion ums Leben gekommen ... Thali-Fenberth-Fen-Berthnyen ge-
hörte zu den orathonischen Hilfsrassen. Aber nicht den Orathonen, sondern einem schwarzhäutigen Terraner galt seine ganze Sympathie. Immer wieder blickte er sich in der Dunkelheit um. Er suchte Tsati Mutara. Er dachte an die Erzählungen seiner Väter und Vorväter, die vom Leid ihrer Rasse berichteten. So lange wie der gigantische Krieg zwischen den Laktonen und Orathonen tobte — so lange waren die Fenberths bereits Sklaven der Grünhäutigen. Als einfache, geschichtsverbundene Rasse besaßen sie nicht die Möglichkeit, gegen das Joch der Gefiederten anzukämpfen. Sie fügten sich, um ihre völlige Ausrottung zu vermeiden. Thali-Fenberth-Fen-Berthnyen war ein Trop mit der besonderen Begabung, aussichtslos erscheinende Situationen äußerlich gleichgültig zu ertragen. Kein Orathone hatte jemals gemerkt, daß in dem kleinen rötlichen Affenwesen mehr steckte als ein stoischer Gleichmut. Er trieb durch den Raum vor dem „Pentagramm der Dunkelsterne" und suchte ein Schiff, das ihn aufnehmen konnte. Mit seinen Knopfaugen sah er blinzelnd auf das feurige „Loch", um das der „Stein" und die „Nadel" in flammenden Bahnen kreisten. Nur durch den Einsatz des Mutanten Fred Matson und der Parallel-Mutantin Virginia Ramoni-Matson war die Stabilität des „Pentagramms" im Augenblick gesichert. Wie lange noch? Thali verfolgte die Flammenspuren der durch das All rasenden Raumschiffe. Es handelte sich ausnahmslos um Hantelraumer. Die meisten von ihnen gehörten zur Restflotte von Sigam Agelon. Den Kommandeur selbst konnte er nirgends entdecken. Wenn er ehrlich war, mußte er zugeben, daß er darauf auch nicht den geringsten Wert legte.
Plötzlich hörte Thali eine flüsternde Stimme. Leise und kaum wahrnehmbar kam sie aus den Lautsprechern seines Raumhelms. Ein erregtes Beben lief durch den Körper des Trop. Er rief ihn. Er suchte ihn in der dunklen Unendlichkeit des Raumes. „Ich schwebe", antwortete Thali so laut er konnte. Er versuchte, die Intensität seines kleinen Senders noch weiter zu erhöhen. Aber die Stimme wurde nicht lauter. Tsati Mutara mußte sich sehr weit weg irgendwo im All befinden. „Kannst du mich verstehen, Thali?" „So gut wie die geflüsterten Ermahnungen meines Vaters Vater mütterlicherseits." Ein kurzes Lachen war die Antwort. Tsati Mutara kannte die Eigenheiten des Trop. Der liebte es, ständig seine Ahnen zu Vergleichen heranzuziehen. „Kennst du ungefähr deine Position?" fragte der Neger. Thali überlegte. Vor sich hatte er das schillernde „Loch" in der Mitte des „Pentagramms". Es mochte gut 4 000 Millionen Kilometer entfernt sein. Weit hinter ihm befand sich das „Fatty"Sonnensystem. Er konnte nicht genau sagen, wie er seine Position angeben sollte. Die fünf Dunkelsterne waren ohne Spezialfilter nicht zu erkennen. Im Augenblick näherte sich mit hoher Geschwindigkeit eine Gruppe von drei Hantelraumern seiner Position. „Siehst du die drei Schiffe, die keilförmig durch den Raum jagen?" fragte Thali. Es dauerte eine Weile. Dann kam die Bestätigung von Tsati Mutara. „Dort bist du also!" Die Orathonen hatten ihn geortet. Sie bogen ab und verringerten die Geschwindigkeit. Sie teilten sich, während vom „Fatty"-System her ein weiterer Hantelraumer auf ihn zukam. Jetzt erst stellte er fest, daß er sich
ziemlich nah am Katastrophenort befand. Er entdeckte eine unbeleuchtete, schwach schimmernde Hantelkugel in einer Entfernung von nur fünfzigtausend Kilometern. Die Orathonen schleusten Diskusraumer aus. Es dauerte nicht lange, und sie hatten Thali-Fenberth-Fen-Berthnyen an Bord genommen. Auch Tsati Mutara gehörte zu den Geretteten. Als der Trop auf die Schulter des Negers sprang und eine Art Grinsen zeigte, zuckte Tsati Mutara plötzlich zusammen. Direkt vor ihm stand — Sigam Agelon! Sigam Agelon hatte auf die Warnung von Rex Corda hin ebenso seinen Raumanzug geschlossen wie Tsati Mutara und der Trop Thali. Die Zerstörung der „Lynthos" konnte Sigam Agelon nicht aufhalten. * Der Rosa Techniker 3,14 schoß nach vorn. Auf seinen winzigen Nervenspitzen raste er über die Stege zwischen den gigantischen Aggregaten innerhalb des Verbindungsarms der „Walter Bekkett". Das terranische Flaggschiff war um wenige Minuten zu spät zum Ort der Katastrophe gekommen. Obwohl Rex Corda alles absuchen ließ, fanden sie keinen einzigen überlebenden Orathonen mehr. Auch Tsati Mutara und der Trop Thali waren verschwunden. Corda wußte, daß sie sich inzwischen an Bord eines orathonischen Hantelraumers befanden. 3,14 stockte. Auf der Stelle fiel er zu Boden. Seine Nervenstränge breiteten sich nach allen Seiten hin gleichmäßig aus. Wie eine rosafarbene, am Boden liegende Qualle mit langen Nesselfäden hockte 3,14 bewegungslos auf den oberen Abdeckplatten des Zeitver-
stecks. Seine empfindlichen Nerven registrierten jeden Laut und jede Bewegung aus der abgeschirmten Zentrale. Elektrische Sensoren und feinste Ortungsgeräte hätten nicht die Empfindlichkeit gehabt wie die Nerven von 3,14. Er war der einzige der Rosa Techniker, der an Bord der „Walter Beckett" geblieben war. Er hatte noch eine Aufgabe zu erfüllen. Er mußte herausfinden, welche Beschaffenheit die von den Orathonen zurückgelassene Bombe besaß. Nach langem Lauschen nahm er merkwürdige zirpende Geräusche auf. Er fragte sich, wo er sie schon einmal gehört hatte. Als Rosa Techniker war er mitverantwortlich für die Stabilität des „Pentagramms" gewesen. Ihre Aufgabe war es gewesen, mit Hilfe des CorkscrewerStrahls alles aus der Raumtorsion zu ziehen, was zufällig oder absichtlich in sie hineingeriet. Die Station des gigantischen Traktorstrahls arbeitete nicht mehr. Die Oberinstanzen auf dem Dunkelstern waren ausgefallen. Ohne die Koordination waren die Wächterrassen des „Pentagramms" hilflos und wußten nicht, wie sie sich zu verhalten hatten. Der Rosa Techniker lauschte noch intensiver. Er fühlte das Fremde innerhalb des Zeitverstecks. Er konnte nicht sagen, was es war. Trotzdem erkannte er die drohende Gefahr. Er warnte die Männer, die schweigend rund um das getarnte Zeitversteck standen. Prallfeldgeneratoren begannen zu brummen. Speziell installierte Antigravitationsautomaten schickten ihr klagendes Winseln durch die großen Maschinenhallen. Der Ausdruck gespannter Erwartung auf den Gesichtern der Männer verstärkte sich. 3,14 riß seine Nervententakel zu ei-
nem Block zusammen und sprang auf. Schnell raste er auf den Spitzen seiner Nervenenden über einen Laufsteg. Er floh. * Percip spuckte einen halbzerkauten Kenny-Stengel auf den Boden. Der scharfe Saft der Kenny-Pflanze brannte in seiner Kehle. Hastig beugte er sich nach vorn. Die Gruppe der Methanatmer schoß quer vor ihrer Flugbahn direkt auf die orathonischen Hantelraumer zu. Noch einmal wollten die „Wächter unter dem Pentagramm" das Unheil verhindern. Sie hatten inzwischen mitbekommen, daß Sigam Agelon gerettet worden war. Abermals befand sich das „Pentagramm" in höchster Gefahr. Sigam Agelon hatte deutlich genug zu erkennen gegeben, daß es nichts innerhalb dieses Raumabschnittes gab, das ihn hindern konnte, das flimmernde „Loch" zwischen den Dunkelsternen zu durchstoßen. Sigam Agelon hatte die „Lynthos" verloren. Aber er besaß bereits einen neuen Hantelraumer. Es war gleichgültig, mit welchem Schiff er in den Torsionstrichter einbrach, daß er es überhaupt vorhatte, war gefährlich genug. Die „Wächter unter dem Pentagramm" beschlossen, sich zu opfern. Auf ihren kleinen torpedoförmigen Raumbooten sitzend, schossen sie auf die Hantelraumer zu. Flammende Energiebalken zerteilten die Schwärze des Alls. Die „Wächter unter dem Pentagramm" setzten alle ihnen zur Verfügung stehenden Waffen ein. Percip und Fan Kar Kont beobachteten den verzweifelten, aufopferungsvollen Einsatz der „Wächter unter dem Pentagramm".
Kim Corda erschien in der Zentrale. Schnell hatte er begriffen, was die Methanatmer beabsichtigten. „Kamikaze-Flieger!" sagte er erregt. „Das ist doch sinnlos!" meinte Rex Corda. „Die Methanatmer können doch gegen die Hantelraumer von Sigam Agelon nichts ausrichten! Die Orathonen brauchen nur Schutzschirme zu errichten, um den Angriff abzuwehren." „Hoffentlich tun sie es nicht", meinte Kim. Rex Corda sah seinen Bruder an. Er legte einen Arm auf dessen Schulter. Dann sagte er: „Eigentlich bist du für alles noch viel zu jung." „Ich bin ein vollwertiges Besatzungsmitglied der 'Walter Beckett'!" protestierte der sommersprossige Junge. Rex Corda nickte. Oft hatte er sich gefragt, ob es richtig war, Kim auf derartig gefährliche Flüge mitzunehmen. Nur die Tatsache, daß Kim der einzige war, der gut mit Wabash umgehen konnte, hatte ihn bewegen, das Risiko in Kauf zu nehmen. „Was macht unser Delphin jetzt?" fragte Rex Corda. Kim hob die Schultern. „Er fühlt sich nicht wohl, seit er aus dem Versteck 'raus ist." „Das kann ich mir vorstellen. Aber du weißt doch, warum wir ihn umquartieren mußten." „Natürlich", gab Kim zurück. „Habt ihr inzwischen herausgefunden, ob die Orathonen uns tatsächlich eine Bombe in der ,Walter Beckett' zurückgelassen haben?" „Wahrscheinlich ja", sagte Rex Corda ernst. „Du erinnerst dich doch noch an 3,14?" „Du meinst den rosafarbenen Pudding." „Kim! Sie heißen Rosa Techniker und nicht Rosa Pudding. Merk dir das! Du mußt noch lernen, daß jede Lebens-
form das Recht hat, ernst genommen zu werden. Wir dürfen nicht abfällig über eine Rasse reden, nur weil sie etwas anders aussieht als wir. Das Leben ist so vielfältig und bunt, daß wir es in jeder Form anerkennen müssen. Hast du das kapiert?" „Ich meine ja bloß!" entschuldigte sich Kim verlegen. In diesem Augenblick meldete sich Fred Matson. Der „Stein" übermittelte Rex Corda eine Botschaft: „Wir werden das System erhalten, solange kein störender Einfluß von außen uns daran hindert." Rex Corda zuckte zusammen. Er mußte darauf bauen, daß der „Stein" verstand, was er jetzt sagte. Klar und deutlich formulierte er seine Mitteilung: „Sigam Agelon wird versuchen, das ,Loch' im Zentrum des ,Pentagramms' zu durchstoßen." „Dann können wir nicht für die Stabilität des Systems garantieren." Fred Matson schwieg. Corda versuchte noch einmal, ihn zu bekommen, aber der „Stein" benötigte alle Energie, die er zur Verfügung hatte, für die Stabilisierung des bedrohten „Pentagramms". * Es brach durch die Schotts des getarnten Zeitverstecks. In Sekundenschnelle verwandelte sich der Verbindungsarm zwischen den beiden Hantelkugeln der „Walter Beckett" in einen tobenden Kampfplatz. Sofort gellten Alarmsignale durch das gesamte Raumschiff. TerraOffiziere und laktonische Wissenschaftler stürzten herbei. Blitzartig hatte sich 3,14 zurückgezogen. Er hatte als erster erkannt, was es mit dem Kuckucksei der Orathonen auf sich hatte. Er flüchtete und versteckte sich hinter einem gigantischen
angewachsen. Maschinenaggregat. Mit schreckensbleichen Gesichtern Ralf Griffith zögerte nicht. Die Haut starrten die Offiziere der „Walter Beküber seinen Jochbeinen spannte sich. Er kett" das Ungeheuer an. riß den Abzugshebel einer Reeling-Gun bis zum Anschlag durch. Taumel* geschosse fuhren fauchend aus dem kurzen Lauf der Waffe. Ein gigantischer Sigam Agelon brach in den TorsionsSemibiot ließ seine schwarzen Stacheltrichter ein. Sekundenbruchteile später arme durch die Schotts des getarnten war er verschwunden. Verstecks knallen. Das „Pentagramm der Dunkelsterne" Damit hatten sie nicht gerechnet! erbebte. Mit ohnmächtigem Grimm Sie hatten geglaubt, eine Bombe zu mußte Rex Corda zusehen, wie der gefinden. Diese neue Art von Semibioten haßte Orathone in die Raumvakuole der war ihnen nicht bekannt. „Zeitlosen" eintauchte. Sofort erinnerte sich Ralf Griffith an „Beschleunigen!" befahl Rex Corda. die semibiotischen Kolonien, die die Das terranische Flaggschiff wurde Orathonen in den warmen Gewässern immer schneller. Gewaltige Energieder Erde gezüchtet hatten. Er wußte, mengen schossen aus den Ringwülsten welch drohende Gefahr von den halb rund um die beiden Hantelkugeln. lebenden, halb mechanischen Wesen Gleichzeitig traf aus dem Verbinausging. dungsarm des Hantelraumers eine Diese neue Art fraß Metall... Siegesnachricht ein. Nur Ralf Griffith erfaßte, was tat„Ich habe dem Semibioten seine aus sächlich geschehen war. Die Orathonen Becon bestehende Elektronik aus dem hatten Semibioten gebaut, deren semiLeib gerissen!" erklärte Ralf Griffith biotischer Conductor aus dem Becon keuchend. Schweißperlen glänzten auf ähnlichem Material bestand! seinem Gesicht. Das grauenhafte Monstrum zerEr streckte die Hand aus und zeigte sprengte die getarnte Kabine des ZeitRex Corda den faustgroßen, grau agenten. Pulverisierter Metallstaub beschimmernden Conductor. deckte den Boden. Schaltkreise brachen „Das Herz des Semibioten!" erklärte zusammen. Rückkoppelungen verurer stolz. sachten einen höllischen Lärm in den „Danke, Ralf!" lächelte Rex Corda. Maschinenhallen der „Walter Beckett". Die beiden Männer blickten sich über In diesem Augenblick stürzte Ralf die Holografen in die Augen. Sie hatten Griffith nach vorn. Er hatte begriffen, sich verstanden. daß ihre Waffen gegen dieses MonRex Corda drehte sich wieder um. strum wertlos waren. Fan Kar Kont, Percip und Kim starrten Er selbst war unbesiegbar. Er war der auf die Holografen. Selbst das brauneinzige geglückte „Veränderte" in der weiß gestreifte Gesicht von Fan Kar Galaxis. Das mußte er jetzt ausnutzen. Kont wirkte blaß. Die schwarzen Stachelarme des Mit donnernden Triebwerken raste Semibioten konzentrierten sich auf die „Walter Beckett" auf das flimmerneinen Punkt. Ralf Griffith hechtete mit de „Loch" im „Pentagramm der Duneinem gewaltigen Satz gegen die kelsterne" zu. Stacheln des Semibioten. Das MonstJetzt gab es kein Zurück mehr! rum war bereits vier Meter groß ENDE