CHERYL MILDENHALL
VOYEURE Roman Aus dem Amerikanischen von Christine Roth-Drabusenigg
PAVILLON VERLAG MÜNCHEN
PAVIL...
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CHERYL MILDENHALL
VOYEURE Roman Aus dem Amerikanischen von Christine Roth-Drabusenigg
PAVILLON VERLAG MÜNCHEN
PAVILLON TASCHENBUCH NR. 02/0174 Titel der Originalausgabe THE VOYEURS Umwelthinweis: Dieses Buch wurde auf chlor- und säurefreiem Papier gedruckt. Taschenbuchausgabe 09/2001 Copyright © 1998 by Cheryl Mildenhall Copyright © der deutschsprachigen Ausgabe 1999 by Wilhelm Heyne Verlag GmbH & Co. KG, München Der Pavillon Verlag ist ein Unternehmen der Heyne Verlagsgruppe, München http://www.heyne.de Printed in Germany 2001 Umschlagillustration: IFA Bilderteam/Photex Umschlaggestaltung: Nele Schütz Design, München Gesamtherstellung: Elsnerdruck, Berlin ISBN: 3-453-18551-X
Inhalt: Vom Fenster ihrer neuen Wohnung aus kann Meredith genau in das Fenster des Tänzers Alex hineinsehen. Alex liebt phantasievollen Sex – ebenso wie Meredith. Aber auch Alex beobachtet, was sich hinter dem Fenster seiner neuen sexy Nachbarin so alles tut. Obwohl sie sich eigentlich nicht kennen, verbindet sie bald eine gemeinsame erotische Obsession.
1 Jeder, der Meredith Cooper näher kannte, wußte auch von ihrer Neigung zu erotischen und höchst bizarren Tagträumereien. Sie besaß die Gabe, sich ihren Fantasien zu jeder Tageszeit und an jedem Ort zu überlassen. Deshalb vermochte auch der Umstand, daß sie gerade auf dem Beifahrersitz eines Möbelwagens durch die Landschaft rumpelte und ihre nackten Waden an den heißen Kunststoffpolstern festklebten, ihre Gedanken nicht daran zu hindern, sich ungehemmt zu entfalten. Ohne es eigentlich zu wollen, hatte sie den beiden Möbelpackern die männlichen Hauptrollen in dieser speziellen Fantasie zugedacht. Dabei gehörten sie mit Sicherheit nicht zu der Sorte Männer, auf die sie normalerweise angesprungen wäre, wenn es darum ging, ihre sexuellen Bedürfnisse zu befriedigen. Jedenfalls nicht im wirklichen Leben. Der ältere, Bradley, war ein grobschlächtiger, muskelbepackter Schrank mit widerspenstigem, schon leicht gelichtetem Haar und dunklen Schweißrändern unter den Achseln seines blauen Overalls. Der andere war ein schlaksiger Jüngling namens Steve, dem es offenbar Schwierigkeiten bereitete, einen zusammenhängenden Satz zu formulieren, und der ihr sofort aus dem Weg ging, sobald es den Anschein hatte, sie käme ihm zu nahe. Dennoch war es beiden Männern gelungen, in ihrer momentanen Fantasievorstellung eine wunderbare Wandlung zu vollführen und plötzlich eine unwiderstehliche sexuelle Anziehungskraft auszustrahlen. Um sich ganz auf ihre Fantasie zu konzentrieren, hielt Meredith die Augen fest geschlossen: Sie hoffte, daß Bradley und Steve glaubten, sie sei eingenickt. Das war von der Wahrheit nicht weit entfernt, denn die Fahrt auf der M1 von ihrer alten Wohnung in Nottingham zu ihrer neuen in London langweilte sie bereits schrecklich, seit sie die Ausfahrt 22 passiert hatten. Um sich die Zeit besser zu vertreiben, hatte sie daher beschlossen, für eine Weile in ihre ›andere Welt‹ abzutauchen. Meredith wünschte sich nichts sehnlicher als einen Orgasmus. Sie lechzte förmlich danach, aber dazu würde sie sich anfassen müssen. Noch hatte sie nicht die hohe Stufe der Sinnlichkeit erreicht, wo sie sich allein kraft ihrer Fantasie einen Orgasmus bescheren konnte.
Obwohl sie sich willig von ihren Gedanken entführen ließ, war sie nicht fähig, sich ganz aus ihrer wirklichen Situation auszublenden. Frustriert biß sie sich auf die Unterlippe und zwang sich dazu, ihre Fantasie zu Ende zu führen. »Wie wär’s mit einer Tasse Tee und einem Hörnchen, Schätzchen?« Eine männliche Stimme riß Meredith aus ihren Träumen. »Da vorn kommt eine Raststätte.« Meredith machte die Augen auf und mußte erst ein paarmal blinzeln. Die Sonne war inzwischen herausgekommen, und die grellen Strahlen, die sich an den Heckscheiben der vor ihnen fahrenden Autos brachen, blendeten sie. Seufzend rieb sie sich die Stirn; sie war auf einmal müde und verspürte die ersten Anzeichen von Kopfschmerzen. Eine kleine Stärkung in Form von Koffein und Zucker würde ihr bestimmt guttun. Sie drehte den Kopf und schenkte Bradley, dem Besitzer der Stimme, ein mattes Lächeln. Beim Anblick seiner breiten, kräftigen Hände, die das Lenkgrad fest im Griff hatten, war sie kurzzeitig versucht, die Fäden ihrer Fantasie wieder weiterzuspinnen. »Ja, gern«, sagte sie, bemüht, diese Idee zu verscheuchen und einigermaßen begeistert auf seinen Vorschlag einzugehen. »Ich müßte ohnehin dringend mal für kleine Mädchen.« Nach zwei weiteren Meilen bogen sie zu der Autobahnraststätte ein. Der Parkplatz für die Lastwagen war fast ganz besetzt, und Meredith entdeckte einige Fahrer, die ihr – ausgehungert, wie sie war – auf Anhieb gefielen. Für einen Augenblick überlegte sie, ob sie einfach auf einen von ihnen zugehen und ihm ein entsprechendes Angebot machen sollte. Gut möglich, daß sie ihn für einen Quicky im Stehen in eine abgelegene Ecke locken konnte. In Wirklichkeit jedoch ignorierte sie die zahlreichen Pfiffe und anzüglichen Blicke, die ihr Aussteigen aus dem Führerhaus des Möbelwagens begleiteten. So wie sie angezogen war – superkurze weiße Shorts und knappes T-Shirt ohne BH –, überraschte es sie nicht, daß sie die Aufmerksamkeit aller anwesenden Männer auf sich zog. Mit gesenktem Kopf, damit ihr langes Haar die glühenden Wangen verbarg, rannte sie beinahe auf die Raststätte zu. Der Gang, der zu den Toiletten führte, war voller Rentner, die ziellos umherschlenderten und sich über das Wetter und ihre Enkelkinder
unterhielten. In der Damentoilette tummelten sich noch mehr: eine Gruppe durcheinanderschnatternder Matronen, die einen intensiven Lavendelduft verströmten und sich für ihre diversen Geschäfte so viel Zeit ließen, daß Meredith eine Ewigkeit warten mußte. Als sie dann endlich eine freie Kabine ergattert und die Tür hinter sich verriegelt hatte, war sie so entnervt, daß sie sich die Shorts und den Slip herunterriß und wie wild ihre geschwollene Klitoris rieb. Der Orgasmus, der kurz darauf mit der Gewalt und der Geschwindigkeit eines Tornados durch ihren Körper jagte, ließ sie schwindlig, atemlos und ein wenig beschämt über ihr Tun zurück. Danach ging Meredith mit zitternden Knien in die Hocke, setzte sich auf die Toilette und lehnte den Kopf an die dünne Trennwand. Erleichtert ließ sie dem Inhalt ihrer Blase freien Lauf. Als die warme Flüssigkeit wie ein plätschernder Strom ihren Körper verließ, spürte sie, wie damit auch die letzten Überreste der sexuellen Spannung aus ihr herausflossen. Es dauerte ziemlich lange, bis sie den Eindruck hatte, sich völlig entleert zu haben. Ohne sich von dem vorwurfsvollen, absichtlich lauten Flüstern draußen vor ihrer Kabinentür stören zu lassen, blieb sie noch eine Weile sitzen und atmete ein paarmal tief durch, bis sie genügend Kräfte gesammelt hatte, um aufzustehen. Der Rest der Fahrt verlief mehr oder minder ereignislos. Meredith saß diesmal neben Bradley, da Steve das Steuer übernommen hatte. Nachdem die mühsam von ihr in Gang gebrachte Plauderei bald verstummte, blieb Meredith nichts anderes übrig, als aus dem Fenster zu starren und die monotone Szenerie an sich vorbeiziehen zu lassen. Nach einer Weile machten die Felder und Büsche einer urbaneren Landschaft Platz, und dann erreichten sie schließlich das Ende der Autobahn. Es verging jedoch noch eine weitere Stunde, bis sie sich durch den zähen Londoner Verkehr gekämpft hatten und endlich vor ihrem neuen Heim parkten. Kaum war das Brummen des Motors verstummt, fingen Bradley und Steve an zu nörgeln. »Wo ist denn hier die Haustür?« wollte Bradley wissen. »Gleich dort vorn am Treidelweg«, sagte Meredith. Sie warf einen Blick auf das umgebaute Lagerhaus, in dem sich ihre neue Wohnung befand. Jahre schienen vergangen zu sein, seit sie das letzte Mal hier gewesen war, um die Wohnung zu besichtigen und die
Kaution zu bezahlen. Der Anblick des Hauses war ihr zwar einerseits vertraut, andererseits empfand sie seine Fremdheit als außerordentlich spannend. Das ehemalige Lagerhaus stand direkt an einem Kanal. Auf der gegenüberliegenden Seite des glitzernden Flusses, auf dem ein Schwanenpaar majestätisch dahinglitt, befand sich ein weiteres Lagerhaus, das in genau demselben Stil umgebaut worden war. »Wollen Sie damit sagen, daß wir den ganzen Krempel eine halbe Meile weit schleppen müssen?« »Es ist keine halbe Meile«, unterbrach ihn Meredith. »Übertreiben Sie nicht so.« Herausfordernd sprang Meredith aus dem Führerhaus und ging nach hinten zur Ladeklappe. Steve und Bradley zögerten kurz, kamen aber dann murrend hinter ihr her. Ohne seinen Groll zu verhehlen, machte Bradley sich umständlich daran, die große Rolltür zu entriegeln und nach oben zu schieben. »Den Karton da nehme ich«, sagte Meredith und schnappte sich die Kiste mit dem Wasserkessel und dem Teegeschirr. »Dann kann ich gleich eine Kanne Tee kochen, während Sie anfangen, den Rest hinaufzutragen.« Eine Tasse Tee war das höchste der Gefühle, das die beiden von ihr erwarten durften, beschloß sie. Von wegen, ihnen beim Schleppen zu helfen! Schließlich war sie diejenige, die dafür bezahlte. Mit einem innerlichen Grinsen hievte sie die Kiste in eine angenehmere Trageposition und stapfte auf den Treidelpfad zu. Vom dritten Stockwerk des Lagerhauses auf der anderen Seite des Kanals beobachtete Alex McGovern interessiert die kleine Auseinandersetzung unten auf dem Treidelpfad. Er wohnte noch nicht lange in dem Haus; das war die erste unterhaltsame Szene, die sich in dieser Gegend abspielte. Nach seinem Einzug hatte er rasch entdeckt, welche Freude es bereitete, einfach dazusitzen und durch die hohen Glastüren, die auf einen kleinen Balkon hinausführten, nach draußen zu schauen. Das half ihm, die langen Stunden zwischen den Proben zu überbrücken. Doch gewöhnlich war ihm nur der Anblick der Enten beschieden, die auf dem Kanal ihre Kreise zogen, oder dieser merkwürdigen Person, die
immer so eilig in dem Gebäude gegenüber verschwand, als wäre der Teufel hinter ihr her. Alex vermutete, daß die junge Frau, die sich mit dem Smiths-CrispsKarton abplagte, eine neue Mieterin war. Ein Gefühl der Begeisterung durchströmte ihn, gefolgt von der Hoffnung, daß er mit seiner Vermutung richtiglag. Nach dem, was er bisher von ihr gesehen hatte, war sie nämlich reizend und mit Sicherheit ein lohnenswerter Anblick. Jetzt, im Alter von achtundzwanzig Jahren, hatte es Alex endlich geschafft, sein früheres wildes, hormongesteuertes Verhalten zu so etwas wie einem sexuellen Auswahlvermögen zu zähmen. Inzwischen verspürte er nicht mehr den pubertären Drang, alles zu vögeln, was einen Rock trug, sondern befleißigte sich eines gewissen Maßes an Selbstkontrolle. Qualität, nicht Quantität, lautete jetzt seine Devise – obgleich er sich an die nicht immer hielt. Mitunter, besonders auf Premierenpartys, wenn er aufgeputscht war vom Applaus, den er als Tänzer erhielt, ging des öfteren wieder der Gaul mit ihm durch. Bei solchen Gelegenheiten vergaß er sein neues Image als ein Mensch mit Sensibilität und Zurückhaltung; er benahm sich dann wie ein kleiner Junge, der einen Süßwarenladen ausräubert. Morgen früh wirst dich dafür hassen, ermahnte er sich. Aber diese Ermahnung verhallte meist ungehört. Im Adrenalinrausch schwebend und beflügelt von einer oder zwei Flaschen Champagner, fand er sich immer wieder in sexuelle Situationen, die orgiastische Ausmaße hatten, verwickelt. Sehr gute Freundinnen – die er allerdings an den Fingern seiner beiden Hände abzählen konnte – sowie seine Tänzerkollegen und ExGeliebten versicherten ihm, daß er ein unverbesserlicher, aber nichtsdestoweniger charmanter Schuft sei; sie behandelten ihn mit der Nachsicht, die ältere Schwestern ihren jüngeren Brüdern angedeihen lassen. Wenn sie ihn doch einmal maßregelten, dann sahen sie zu, daß sie gleichzeitig sein Ego streichelten. Liebevoll kraulten sie ihn mit ihren krallenbewehrten Fingern und gestatteten ihren schmalen, vogelähnlichen Gesichtern ausnahmsweise, sich zu einem schmallippigen, dennoch aber von Herzen kommenden Lächeln zu verziehen. In diesem Momenten fühlte Alex sich sehr privilegiert. Diese Frauen riskierten nicht für jeden Mann eine Lachfalte. Er nahm an, daß es stimmte, was sie über ihn sagten, und er gelobte immer wieder, seinen sexuellen Appetit zu zügeln. Zudem hatte er
inzwischen festgestellt, daß es gar nicht so sehr der Sex war, der ihm die größte Lust verschaffte, sondern vielmehr dessen Vorbereitung. Als begnadeter Charmeur liebte er den ersten Blickkontakt, die Schmeicheleien, die kleinen sinnlichen Gesten, den aufregenden Kitzel der Jagd. Was darauf unweigerlich folgte, empfand er, verglichen damit, meist als eher schale Angelegenheit. Als Alex seine Aufmerksamkeit wieder dem Blick durch das Fenster zuwandte, spürte er den scharfen Stich der Enttäuschung. Die junge Frau war bereits im Haus verschwunden. Er verfluchte sich dafür, daß er seine Gedanken hatte abschweifen lassen. Nun hatte er die Augenweide dieses süßen kleinen Hinterns in den hautengen Shorts und der langen, schlanken, sonnengebräunten Beine verpaßt, die wie goldfarbene Strahlenbündel vor dem öden Hintergrund des Lagerhauses aufgeblitzt waren, als sie daran vorüberschritt. Während sein Blick an der Hausmauer gegenüber emporwanderte, vollführte sein Herz einen überraschten Sprung. Wie eine Vision unbeschreiblicher Lieblichkeit stand sie am Fenster, ihm direkt gegenüber. Das Haar fiel ihr – ein blonder Vorhang – über das Gesicht, als sie sich vorbeugte und hinunter auf die Straße spähte. Alex, der ihrer Blickrichtung folgte, sah unten auf der Straße die zwei Männer in den blauen Overalls, die sich jetzt mit einem rotsamtenen Chesterfieldsofa abmühten, das auch schon bessere Tage gesehen hatte. Sofort beschworen seine aktivierten Gehirnzellen das Bild seiner neuen Nachbarin herauf, wie sie ausgestreckt auf eben diesem Sofa lag – nicht nackt, sondern eingehüllt in ein fließendes Gewand aus pistaziengrüner Seide. Im fiel auf, daß diese Vision einem Gemälde ähnelte, das er kürzlich in einer Privatgalerie in Chelsea gesehen hatte. Den Namen des Bildes hatte er vergessen, doch die Erinnerung an die zartblonde Schönheit war geblieben. Ihre Pose war die einer ergebenen Lüsternheit gewesen – Arme und Beine ungeniert ausgestreckt, den Kopf zurückgebogen und von seidigen Haarsträhnen umkränzt, die sich fächerartig auf dem dunkelroten Samtbezug des Sofas ausbreiteten. Der zarte Stoff des Gewandes hatte die Kurven und Konturen ihres sinnlichen Körpers eher ins Licht gerückt, als sie zu verhüllen. Als die junge Frau sich plötzlich aufrichtete und vom Fenster entfernte, war das für Alex wie ein Schlag vor den Kopf. Er sah gerade noch ihren schmalen, zierlichen Körper in den verborgenen Tiefen des
leeren Raumes dahinter verschwinden. Er wartete noch eine Weile, aber sie kam nicht wieder ans Fenster zurück. Sobald ihm klar wurde, daß sie wahrscheinlich damit beschäftigt war, die vielen Kisten auszupacken, die die Männer in das Haus schleppten, begab er sich widerwillig an den harre, den er an der hinteren Wand des spärlich möblierten Wohnzimmers, in dem er auch auf einen Teppich verzichtet hatte, angebracht hatte. Dort begann er mit seinen täglichen Übungen in Form von pliés und battements, bis seine Beine und die Gesäßmuskeln sozusagen vor Schmerz aufheulten und er alle Gedanken an seine neue Nachbarin fast völlig aus seinem Kopf verbannt hatte. Der Anbruch der Nacht kam doppelt überraschend, weil die plötzlich einsetzende Dunkelheit Meredith klarmachte, daß die Vormieter beim Auszug sämtliche Glühbirnen mitgenommen hatten. »Verfluchte Geizkragen«, knurrte sie wütend, während sie im Dunkeln ihre diversen Kisten nach Kerzen und Streichhölzern durchwühlte. »Wo sind denn bloß die verflixten Dinger? Ah, Gott sei Dank!« Zwischen dicken Packen zusammengeknüllten Zeitungspapiers stießen ihre Finger endlich auf einen runden, länglichen Gegenstand, der sich wie eine Kerze anfühlte. Ganz unten in derselben Kiste entdeckte sie dann auch noch das Päckchen Streichhölzer, das sie vorsorglich eingepackt hatte, und zündete damit die Kerze an. »Laß es Licht werden«, murmelte sie zufrieden und beobachtete, wie die Kerze flackernd zum Leben erwachte. Die wachsende Flamme beleuchtete die kahlen Wände um sie herum und verlieh dem großen Raum eine geisterhafte Atmosphäre. Meredith fröstelte und fühlte sich erstmals an diesem Tag einsam. Erst jetzt wurde ihr so richtig bewußt, was sie alles hinter sich gelassen hatte: Alle ihre Freunde und ein Leben, das, obwohl nicht rundherum befriedigend, dennoch gemütlich und vertraut gewesen war. Jetzt war sie zum erstenmal seit acht Jahren ganz allein auf sich gestellt – die Herrin ihres Schicksals. Meredith setzte sich hin, und während sie in die dunklen Zimmerekken starrte, spürte sie, wie sich ein Gefühl des Friedens um sie legte, das ihre frühere Unruhe vertrieb. Hier in London hatte sie eine echte
Chance, voranzukommen. Sie konnte alles werden, alles darstellen – ein Gedanke, der ebenso aufregend wie beängstigend war. Drei Jahre hatte sie an der Universität von Nottingham Design und Kunst studiert, mit Schwerpunkt Mode- und Textildesign. Nach ihrem Abschluß war sie in Nottingham geblieben und hatte verschiedene Jobs in der Modeindustrie angenommen; sie hatte als Assistentin einer Schnitt-Direktrice, als Näherin und Praktikantin in einer Seidensiebdruckfabrik gearbeitet. Mit all diesen Jobs verfolgte sie ein wichtiges Ziel: soviel wie möglich über ihr Spezialgebiet zu lernen. Der letzte Job, den sie gewählt hatte, war nahezu unumgänglich gewesen – zumindest sah sie das heute so. Nottingham hatte sich als Zentrum der englischen Textilindustrie einen Namen gemacht, besonders bei der Herstellung von Dessous. Während ihrer Arbeit in einer dortigen Fabrik hatte Meredith gelernt, aus kleinen Streifen Seide, Satin und Nottinghamspitze wunderbar sinnliche Wäscheteile herzustellen. Das war, wie sie schon bald erkannte, ihre Stärke, ihr Metier. Unterwäsche sollte ihre Zukunft werden. Ein vom Wettbewerb beherrschter Markt bot immer eine Nische für exquisite, aber erschwingliche Dessous. Nachdem sie beschlossen hatte, sich selbständig zu machen, mußte sie feststellen, daß Nottingham zwar ein guter Platz für den Einkauf von Stoffen war, aber noch keinen richtigen Absatzmarkt für die fertigen Produkte entwickelt hatte. Sich in Nottingham erfolgreich zu vermarkten war etwa so, wie Eskimos Kühlschränke zu verkaufen. Daher kam sie zu dem Schluß, das London ihre Stadt war. In der Metropole gab es unendlich viele Boutiquen und Kaufhäuser, an die sie ihre Erzeugnisse verhökern konnte. In London hatten die Leute auch genügend Geld für derartige Spielereien. Als Meredith ihre Entscheidung gefällt hatte, mußte sie zu ihrem Leidwesen erkennen, daß sie sich in eine typische Zwickmühle hineinmanövriert hatte. Nur dank eines großzügigen Darlehens ihrer Eltern war sie in der Lage gewesen, die Kaution für ihre neue Wohnung zu bezahlen und das notwendige Material und die Ausrüstung zu kaufen, um mit ihrer Produktion starten zu können. Es war zwar nicht gerade jener Grad an Unabhängigkeit, den sie sich vorgestellt hatte, aber sie hoffte, bald so erfolgreich zu sein, daß sie das Geld zurückzahlen konnte. Dann erst würde sie wirklich auf eigenen Beinen stehen.
Und richtig erwachsen sein. Meredith setzte sich aufrecht hin, erstaunt, daß ihr diese Worte in den Sinn gekommen waren. Wie kam es, fragte sie sich seufzend, daß sie sich mit ihren sechsundzwanzig Jahren, einem Universitätsdiplom in der Tasche, einer eigenen Wohnung und jeder Menge Talent immer noch das Gefühl hatte, jemanden zu brauchen, der ihr sagte, was sie tun solle? »Brauche ich nicht«, erklärte sie mit einer lauten Stimme, die in die erdrückende Stille des düsteren Raums hineindröhnte. »Ich bin jung, ich bin nicht häßlich, und ich habe was auf dem Kasten. Ich brauche nichts und niemanden.« Von dem Wunsch erfüllt, an dieses Selbsttäuschungsmanöver auch wirklich glauben zu können, nahm Meredith die Kerze und trug sie ins Schlafzimmer. Wenn sie morgen früh ernsthaft loslegen wollte, mußte sie gut ausgeschlafen sein. Aus den Tiefen seines Polstersessels heraus, der vor der hohen Balkontür stand, beobachtete Alex das flackernde Licht, das die Schwärze des gegenüberliegenden Fensters durchbrach. Er stellte sich vor, daß seine neue Nachbarin sich irgendwo in diesem dunklen Raum aufhielt. War sie allein, oder hatte sie einen Liebhaber bei sich? Das Kerzenlicht konnte sehr wohl als Hinweis auf Romantik und Lustbarkeiten gedeutet werden. Er spürte das vertraute Kribbeln in der Lendengegend, zog spontan den Reißverschluß seiner Hose auf, holte seinen Schwanz heraus und begann, ihn geistesabwesend zu streicheln, so, als habe er eine Katze auf dem Schoß. Er empfand es immer als äußerst angenehm, sich zu streicheln. Es hatte auf ihn die gleiche beruhigende Wirkung wie der Schnuller oder das Schmusetuch auf ein Kleinkind. Manchmal streichelte er sich, wenn er gerade dabei war, eine neue Tanzsequenz zu choreographieren und ihm die Inspirationen ausgingen. Natürlich nur, wenn er allein war – nicht vor anderen. Er hatte unerklärliche Angst davor, für etwas verhaftet zu werden, was er nicht getan hatte – oder zumindest nicht hatte tun wollen. So etwas hätte nur unbeabsichtigt passieren können, denn er hatte keinerlei kriminelle Neigungen. Mein Gott, dachte er, wie unendlich peinlich es wäre, wenn man ihn dabei erwischte, wie er sich entblößte. Würden seine Freundinnen dann immer noch so nachsichtig und mitfühlend mit ihm umgehen, oder
würden sie mit wissender Miene einander zunicken und sich flüsternd eingestehen, daß sie ihn schon seit geraumer Zeit perverser Machenschaften verdächtigt hätten? Konnte das, was er gerade machte, als pervers eingestuft werden, fragte er sich. Vielleicht betrachteten etliche Leute die Vorstellung, daß jemand sich selbst befummelte und dabei die neue Nachbarin beobachtete, als abartig. Er hatte bereits die Schlagzeile vor Augen: SCHAMLOSER VOYEUR IM MASTURBATIONS-RAUSCH… TÄNZERINNEN PACKEN AUS! Unwillkürlich mußte Alex über seine abwegigen Gedanken lächeln. Als er den Blick nach unten richtete, konnte er nicht anders, als mit einer gewissen Portion Stolz festzustellen, daß sein Schwanz trotz seiner Ängste stand wie eine Eins. »Ich wußte immer schon, daß du deinen eigenen Kopf hast«, meinte er nachsichtig zu seinem erigierten Organ. Seine Handbewegungen wurden schneller, und als er die ersten wirklichen Anzeichen von Erregung verspürte, schaute er zufällig hoch und bemerkte, daß es in dem Zimmer gegenüber jetzt völlig dunkel war. Sein Blick schwenkte weiter zum nächsten Fenster, hinter dessen heruntergelassenen Jalousien er eine beleuchtete Silhouette ausmachen konnte. Ohne jeden Zweifel gehörte die dunkle, geschmeidige Figur einer Frau – der Frau. Da sie mit dem Rücken zum Fenster stand, war es ein leichtes für Alex, die straffen Schultern, den schmalen Brustkorb und die noch schmälere Taille zu bewundern, die in vergleichsweise üppige Hüften überging. Während er diese erregende Vision studierte, fuhr er fort, seinen Schwanz mit rhythmischen, routinierten Bewegungen zu massieren. Warum drehte sich das Mädchen nicht zur Seite? Da er nur ihre Umrisse sehen konnte, drängte es ihn, die genaue Größe und Form ihrer Brüste auszumachen. Jetzt – ja – toll! Sie verschwand für einen Augenblick, um gleich darauf wieder zu erscheinen, und genau in der Position, die er sich gewünscht hatte. Mit wachsender Erregung betrachtete er die üppigen Hügel ihrer Brüste. Ihre Bewegungen verrieten ihn, daß sie sich gerade die Haare bürstete. Hingerissen beobachtete er, wie sich das Profil ihrer Brust mit jedem Bürstenstrich hob und senkte.
Ganz automatisch ahmte er ihren Rhythmus nach, paßte sich ihr Strich für Strich an. Dabei verblaßte allmählich die Realität seiner eigenen Hand und machte dem Fantasiebild dieses Mädchens Platz. Vor seinem Stuhl kniend war sie es jetzt, die ihn berührte. Es waren ihre Nippel, die seine Oberschenkel kitzelten, während ihre Hände wunderbare Dinge mit seinem zum Bersten angeschwollenen Glied vollführten. Vor seinem inneren Auge sah er, wie ihr das hellblonde Haar ins Gesicht fiel. Er stellte sich die kindliche Unschuld in ihrem Blick vor, sah sich als Dirigent ihrer Bewegungen, der ihren Rhythmus zu einem gloriosen Crescendo des Finales orchestrierte. Nein, nein, geh nicht weg! Seine Hände arbeiteten schneller, als sie sich vom Fenster fortzubewegen begann. Jetzt stand hinter seinem Tun echter Druck. Er mußte kommen. Mußte unbedingt… Sie beugte sich vornüber, und der kurze Anblick ihrer lasziv baumelnden Brüste und des in die Höhe gereckten Hinterteils verschaffte ihm den ersehnten Kick. Dann trat sie plötzlich zur Seite. Mit dem Licht verschwand auch die Silhouette, und hinter dem Fenster blieb nur noch eine schwarze Leere. Enttäuscht sah Alex auf seine Hand. Sie war klebrig, er hatte seinen Orgasmus kaum wahrgenommen. Jetzt mußte er erst eine Weile warten, bis er es noch einmal tun konnte – ordentlich. Zumindest aber, so überlegte er, hatte er jetzt ein genaues Bild dieser unbekannten Frau. Wenn er die Augen schloß, würde er in der Lage sein, alle Eindrücke von ihr zusammenzusetzen – wie ein lebendiges Puzzle. Dann würde sie zu einer realen Frau werden; um sie herum konnte er eine Fantasie spinnen, die seinen nächsten Orgasmus zu einem gewaltigen, unvergeßlichen Erlebnis machen würde.
2 Nach neun Tagen stellte Meredith überrascht fest, daß sie noch keine einzige der Attraktionen, die das Londoner Nachtleben zu bieten hatte, in Anspruch genommen hatte. Neun Tage in einer der aufregendsten Städte der Welt, und sie hatte jede wache Minute mit Arbeit und der Einrichtung ihrer Wohnung zugebracht. Während sie eine Bahn hellblauer Seide auf ihrem Zuschneidetisch glattstrich, warf sie einen Blick aus dem hohen Fenster vor ihr. Ihre Augen glitten über die Reihe der Häusergiebel, die zinnenartig aus der sich nur zögernd auflösenden Dunstschicht herausragten, und ihre Ohren nahmen die gedämpften Geräusche des Straßenverkehrs war; ihr wurde bewußt, daß dort draußen vor ihrer Wohnung eine ganze Welt existierte, die vor Leben und Möglichkeiten nur so strotzte. Sie wandte sich vom Fenster ab, lehnte sich an ihren Arbeitstisch und begutachtete die Einrichtung ihrer Wohnung. In der kurzen Zeit, seitdem sie eingezogen war, hatte sich das Wohnzimmer mit der hohen Decke und den unvertäfelten Wänden von einer leeren Hülle in eine gemütliche Sitzecke und einen praktischen Arbeitsbereich verwandelt; er nahm den größten Teil des geräumigen Zimmers ein. Sie hatte den Zuschneidetisch vor die hohen Balkontüren gestellt, weil sie dort das beste Licht zum Arbeiten hatte und außerdem die Aussicht genießen konnte, wenn sie sich eine Weile ausruhte, um ihren verspannten Rücken zu strecken. Rechts und links neben dem Arbeitstisch standen hohe Regale mit Metallkörben, in denen sie alles fand, was sie beim Nähen zur Hand haben mußte: Scheren, Nadeln, Stoff- und Spitzenmuster, alles wohl sortiert und organisiert. In der rechten Ecke stand ein Aktenschrank aus Metall, den sie gebraucht gekauft und purpurrot angestrichen hatte. In der obersten Schublade hatte sie ihre Papiere verstaut, in der zweiten die Entwürfe, in der dritten die Schnittmuster. Die linke Seite des Zimmers war als Wohnbereich gedacht. Dort hatte sie das rote Chesterfieldsofa und zwei alte Sessel aufgestellt. Da die Bezüge schon recht schäbig waren, hatte sie die beiden Umhängetücher darüber drapiert, die sie bei ihrem letzten Urlaub in Spanien
gekauft hatte – sie waren aus schwarzer Seide und mit riesigen knallroten Rosen und grünen Blättern bedruckt. Sie liebte diese Tücher. Sie befriedigten ihren Sinn für Ästhetik, und gleichzeitig entsprach die Kombination von Samt und Seide als Möbelbezug genau ihrem sinnlichen Naturell. Als krönenden Abschluß ihres kreativen Gestaltungsakts hatte sie die nackten Fußbodendielen in einem majestätischen Purpurrot gestrichen. Ihr war klar, daß die Beschreibung der gewählten Farbkombination jedem Fremden, der die Wohnung nicht gesehen hatte, das Gefühl vermittelte, das alles müsse sich fürchterlich beißen; tief in ihrem Inneren war sie jedoch überzeugt gewesen, daß es genau paßte. Und ich habe recht behalten, dachte sie, als sie sich kritisch umschaute. Ihre neue Umgebung hatte etwas herrlich Bohèmehaftes; die kräftigen Farben verliehen dem ursprünglich so gesichtslosen Raum eine gewisse Dekadenz, die sie an ein Pariser Bordell der zwanziger Jahre erinnerte. Zufrieden mit ihrem Werk stieß sie sich von der Tischkante ab und schlenderte durch das Zimmer. »Na, Rhett, wie geht’s uns denn heute?« fragte sie und kraulte die bewegungslos dastehende Gestalt unterm Kinn. Groß und respektgebietend thronte Rhett vor dem Hintergrund einer purpurrot gestrichenen Wand. Die Antwort auf Meredith’ Frage war tiefstes Schweigen, worauf sie einen Schritt zurücktrat, den Kopf zur Seite legte und ihren verschlossenen Gefährten mit einem nachdenklichen Blick musterte. »Warum, ach, warum antwortest du mir nie, du Schuft?« murmelte sie. Dann lachte sie über ihre dumme Frage. Rhett war eine Schaufensterpuppe, die sie in einem Müllcontainer gefunden hatte, in Nottingham, gleich hinter den Flying-Horse-Arkaden. Noch jetzt erinnerte sie sich an die Begeisterung, die sie empfunden hatte, als sie feststellte, daß die ausrangierte Puppe aus dem Container eine verblüffende Ähnlichkeit mit ihrem bevorzugten Hollywoodhelden Clark Gable aufwies, nachdem sie sie notdürftig vom Schmutz befreit und das perfekt ausgearbeitete Gesicht betrachtet hatte. Ohne sich um die amüsierten Blicke der Passanten zu kümmern, hatte sie Rhett seelenruhig durch Nottinghams Straßen geschleppt – steif wie eine Leiche auf ihren ausgestreckten Armen. Zu Hause hatte sie ihn dann gründlich geschrubbt; dann stöberte sie wochenlang in Altkleiderläden herum, bis sie für Rhett einen schlichten, aber gutge-
schnittenen schwarzen Anzug, ein weißes Hemd mit Stehkragen und steifen Manschetten und, als Tüpfelchen auf dem i, eine schwarze Seidenfliege gefunden hatte. Inzwischen war Rhett eine Art Resonanzkörper für sie geworden. Ihr stummer Partner. In vieler Hinsicht, überlegte sie, war er der ideale Mitbewohner. Sauber, unaufdringlich und dabei ausgesprochen attraktiv. Er hörte ihr immer zu, ohne sie zu unterbrechen, kritisierte sie nie, wenn sie sich ausgeflippt anzog oder erst in den frühen Morgenstunden heimkam, sturzbetrunken und mit einem anderen Mann im Schlepptau. Meredith stellte sich auf die Zehenspitzen und strich ihm das dunkle Haar aus der hohen Stirn. »Ach, mein Schatz, du bist einfach wunderbar«, murmelte sie, während sie ihm tief in die türkisblauen Augen blickte. Dabei spürte sie das vertraute Prickeln im Unterleib und wünschte sich zum x-ten Mal, daß ein Wunder geschah und Rhett plötzlich zum Leben erwachte. Sie stellte sich vor, daß er sich dann zu ihr herunterbeugen, sie in seine starken Arme nehmen und sie lieben würde, unendlich lange und unendlich zärtlich. Doch schon im nächsten Moment kam sie wieder zu Sinnen. Sie spürte das Aufflackern einer Fantasie und besaß gerade noch so viel Selbstbeherrschung, um sich zu ermahnen, daß ihr die Zeit davonlief und sie noch eine Menge Arbeit zu erledigen hatte. Sie wandte sich vom Fenster ab, und als sie sich wieder über den Zuschneidetisch beugte, beschloß sie, am Abend auszugehen und ihre Suche nach den Mann ihrer Träume fortzusetzen – einem richtigen Mann aus Fleisch und Blut. Rhett machte das nichts aus. Er blieb gern allein zu Hause und paßte auf die Wohnung auf, während sie ausging und die ganze Nacht tanzte und flirtete. Selbst wenn sie ihrem Traumprinzen nicht begegnen sollte, so hoffte sie doch zumindest, jemanden kennenzulernen, den sie aufregend genug fand, um mit ihm die Nacht zu verbringen. Ihr erzwungenes Zölibat tat ihr nämlich überhaupt nicht gut. Falls sie keine Liebe fand, würde sie sich eben mit dem Zweitbesten zufriedengeben müssen – Sex. Vorzugsweise der hemmungslosen, liederlichen Art. Ein heimliches Lächeln spielte um ihre Lippen, als ihr Blick zum Fenster wanderte. Und da bemerkte sie Alex zum ersten Mal.
Alex erschrak heftig, als das Mädchen von gegenüber unvermittelt hochsah und ihn direkt anstarrte. Trotz der zwei Fensterscheiben, die sie voneinander trennten, konnte er die Kraft ihres Blickes spüren. Hatte er sich bisher damit zufriedengegeben, sie aus sicherer Entfernung zu bewundern, war ihm jetzt, als befände sie sich im selben Raum mit ihm. So nahe war sie, daß er die Wärme ihres Körpers wahrnehmen, ihr Parfüm riechen und die unterdrückte Begierde zu spüren vermeinte, die in ihren Adern wallte. Ihre Augen und der Ausdruck ihres kleinen, herzförmigen Gesichts verrieten sie. Seine erste spontane Reaktion war, daß er sich tiefer in den Sessel verkroch. Ihr Blick war wie eine Ohrfeige gewesen. Er schämte sich entsetzlich. Es war in Ordnung, sie aus der Ferne zu beobachten und ihre Schönheit zu bewundern, auch wenn sie davon nichts ahnte. Hingegen festzustellen, daß man dabei ertappt wurde, war etwas ganz anderes, zumal mit heruntergelassenen Hosen – bildlich gesprochen. Trotz des momentanen Schocks mußte er innerlich grinsen. Nach dem Anblick, den er ihr so unfreiwillig geboten hatte, fühlte er sich in seine Schulzeit zurückversetzt. Ihm war, als sei sie die Lehrerin und er der Zwölfjährige, der damals verschämt hinter dem Fahrradständer gekauert hatte, mit zerzausten Haaren und dem offenen Hosenschlitz, aus dem sein Penis herausragte wie ein tiefgefrorenes Würstchen. Ohne sich dessen bewußt zu sein, faltete er schützend seine Hände über dem Schoß. Er war zwar sicher, daß sie ihn jetzt nicht sehen konnte, doch das tat seiner Verlegenheit keinen Abbruch. Du bist ein Perversling, warf er sich vor, und deshalb geschieht es dir ganz recht, daß du dich deiner heimlichen Spannerei schämst. Ganz plötzlich überkam ihn der überwältigende Drang, sich zu stellen. Aber wem und für welches Vergehen? Dafür, daß er Schönheit bewunderte, wenn sie sich seinem Blick darbot? Dafür, daß er ein Leben führte, das ihm so viel unregelmäßige Freizeit ließ, daß ihm nichts anderes übrigblieb, als dazusitzen und aus dem Fenster zu starren? Er wagte kaum, nochmals einen Blick aus dem Fenster zu werfen. Doch als er schließlich den Mut dazu fand und vorsichtig um die hohe Lehne seines weichen Ledersessels herumspähte, fühlte er sich betrogen. Sie schaute nicht mehr aus dem Fenster, sondern hatte den Kopf wieder über ihre Arbeit gebeugt. Er fragte sich, was sie da eigentlich tat. Genau hatte er das noch nicht herausgefunden, obwohl er wußte, daß
es ein Tisch war, an dem sie arbeitete, und er gelegentlich so etwas wie Metallklingen in ihrer rechten Hand hatte aufblitzen sehen. Vielleicht war sie Pathologin und nahm ihre Arbeit mit nach Hause… Bei diesem absurden Gedanken mußte Alex laut auflachen. Sein Lachen hallte von den Wänden des weiträumigen Zimmers wider, das ihm plötzlich nicht mehr wie sein Heim vorkam, sondern wie eine leere Gruft. Augenblicklich beschloß er, aufzustehen und auszugehen. Egal wohin. Irgendwohin. Der Zustand, in seiner Wohnung eingesperrt zu sein, machte ihn verrückt. Er würde seine Agentin aufsuchen, entschied er, oder vielleicht eine Freundin anrufen und sie zum Lunch ausführen. Vorsorglich warf er einen Blick in seine Brieftasche. Sie enthielt einen Packen Quittungen, drei Kondome, verschiedene Kreditkarten und eine Zwanzig-Pfund-Note. Nun, das müßte reichen, überlegte er. Damit war er für alle Eventualitäten gerüstet. Meredith’ sechster Sinn ließ sie genau in dem Moment hochblicken, als Alex aus den gegenüberliegenden Gebäude auf die Straße trat. Obwohl sie sein Gesicht nur für den Bruchteil einer Sekunde gesehen hatte, schien es sich ihr für alle Zeiten eingeprägt zu haben – die fein gemeißelten Züge, die dichten, buschigen Augenbrauen, der volle, verdrossen wirkende Mund, das dunkle, über der hohen Stirn nach hinten gekämmte Haar. Das ist er! hatte sie vorhin gedacht. Als sie jetzt wieder aus dem Fenster schaute und beobachtete, wie die schlanke Gestalt mit lässigem Gang über den Treidelpfad in Richtung High Street schlenderte, wurde sie von dem gleichen Gedanken gefesselt. Es schien, als sei ihr Traum tatsächlich in Erfüllung gegangen, und Rhett Butler hinter ihr schließlich doch noch zum Leben erwacht. Sie kam sich zwar dumm vor, warf aber trotzdem rasch einen Blick über die Schulter, um sich zu vergewissern, daß dem nicht so war. Blödsinn, wie sollte er auch! schalt sie sich für ihre fantastische Vorstellung. Die Schaufensterpuppe stand noch immer an ihrem Platz, so schweigsam und unbeweglich wie eh und je. Als sie wieder zum Treidelpfad hinunterschaute, erlebte sie das einzigartige Vergnügen, die lebendige Verkörperung ihrer leidenschaftlichen Fantasie zu beobachten. Sie registrierte die breiten Schultern unter den nicht der Jahreszeit entsprechenden hellen Regenmantel, der ihm fast bis an die Knöchel reichte und beim Gehen dramatisch hinter ihm herflatterte. Sie bemerkte, daß sein welliges dunkles Haar gerade den
Mantelkragen berührte. Er schaute zum Himmel hoch und lächelte. Dann bog er um eine Hausecke und war verschwunden. Meredith brauchte ein paar Sekunden, bis sie merkte, daß sie erstarrt dastand und eine Hand an die Brust preßte. Darunter spürte sie ihren jagenden Herzschlag. Sie rang nach Luft, obwohl sie sich kein bißchen angestrengt hatte. Ihr war, als hätten ihre erotischen Antennen den Betrieb völlig eingestellt. Ihre freie Hand griff suchend in den leeren Raum. Sie hatte das Gefühl, sich sofort hinsetzen zu müssen. Ihre Knie waren so weich, daß sie fürchtete, sie würden sie nicht mehr lange tragen. Hinter ihr stand ein grauer, mit Tweed bezogener Bürodrehstuhl, den sie als Zeichenbrett benutzte, wenn sie Entwürfe machte. Dankbar für seine Existenz, zog sie ihn zu sich heran und sank darauf nieder. Wie kam es, daß sie ihn nicht schon früher bemerkt hatte? Dieser Frage folgte sogleich die nächste: Wie lange beobachtete er sie schon? Sie wußte jetzt, daß ihr Schwächeanfall seine Ursache teilweise in der Erkenntnis hatte, daß sie beobachtet worden war, und das wahrscheinlich nicht zum ersten Mal – eine Vorstellung, die sie zutiefst verunsicherte. Was genau hatte er gesehen? Vergeblich versuchte sie sich daran zu erinnern, wie oft sie in diesen neun Tagen nackt an den hohen Fenstern vorbeigelaufen war. In Nottingham war es ihr zur Gewohnheit geworden, nur spärlich bekleidet oder überhaupt völlig nackt in der Wohnung herumzulaufen. Doch in ihrer alten Wohnung hatte es nur kleine Fenster gegeben, die meist von einer Rußschicht bedeckt waren und durch die nicht einmal die neugierigen Tauben hereinspechten konnten, geschweige denn ein fremder Mann. Sie verfluchte sich für ihre Achtlosigkeit. London war schließlich nicht Nottingham. Heiliger Himmel, ihre neuen Nachbarn konnten Massenmörder oder Frauenschänder sein, was wußte sie schon! Gut, daß sie es wenigsten jetzt gemerkt hatte, dachte sie, besser spät als gar nicht. Bei nächster Gelegenheit würde sie Jalousien für die Fenster und eine Sicherheitskette für die Wohnungstür kaufen. Man konnte nicht vorsichtig genug sein.
Es war kurz nach elf, als Alex vor den Chelsea Mews anlangte, in denen sich die Büroräume von Alberta Naci, seiner Agentin, befanden. Wie üblich flötete er ausgelassen in die Gegensprechanlage neben der himmelschlüsselgelben Eingangspforte und wurde sofort eingelassen. Er betrat Albertas Büro und sah sich kurz um, ehe er sich auf einem der gelben, blütenförmigen Designerstühle niederließ, die vor ihrem alten, verschrammten Schreibtisch aus Walnußholz standen. Daß Albertas Lieblingsfarbe gelb war, ließ sich unschwer erraten. Ihr winziges Büro war in allen erdenklichen Gelbschattierungen eingerichtet, was den Eindruck erweckte, als lebte hier die Sonne selbst. Alberta war im Gegensatz dazu eine recht herbe, nachlässig gekleidete Frau mit kurzgeschorenen Haaren. Ihre Eltern hatten sie nach der kanadischen Provinz benannt, in der sie geboren worden war, und ihr dunkler Teint konnte die Abstammung von italienischen Einwanderern nicht verleugnen. Alex bemerkte, daß sie wie immer, der Tradition folgend, ganz in Schwarz gekleidet war. Heute trug sie über einer etwas zu kurzen Palazzo-Hose eine lange Schlabberbluse ohne Ärmel. Alex vermutete, daß die grauen Nylons, die ihre Spatzenwaden und die knochigen Fesseln verbargen, nur Söckchen waren. Alberta war jetzt Ende Fünfzig, doch früher war sie eine renommierte Tänzerin gewesen, was die zahlreichen Fotos, die sie auf der Bühne und in Gesellschaft prominenter Persönlichkeiten zeigten, an den Wänden ihres Büros bezeugten. Der Fotografie, die sie bei einem Dinner zwischen Wayne Sleep und Prinzessin Diana zeigte und die ihr am meisten bedeutete, hatte sie den Ehrenplatz auf ihrem Schreibtisch eingeräumt. Alex nahm das Foto in dem vergoldeten Rahmen kurz hoch und betrachtete es mit einem wehmütigen Blick, ehe er es wieder an seinen Platz stellte und Alberta ein strahlendes Lächeln schenkte. »Ich bin immer wieder verblüfft, wie wenig du dich verändert hast, seit dieses Foto aufgenommen wurde«, schmeichelte er ihr. »Das muß inzwischen doch – na, bestimmt zehn Jahre her – « »Spar dir das Gesülze, Alex«, unterbrach ihn Alberta schroff und warf einen vielsagenden Blick auf die goldene Armbanduhr, die um ihr dünnes Handgelenk schlackerte. »Ich habe dich heute eigentlich nicht erwartet, und außerdem muß ich in fünf Minuten zu einer Besprechung.«
Alex reagierte entsprechend verstimmt. Er mußte sich immer wieder vergegenwärtigen, daß Alberta eigentlich für ihn arbeitete – und nicht umgekehrt. Heute war wieder so eine Gelegenheit. Dennoch kam er direkt auf den Punkt. »Wie ich hörte, war Lisa Blair bei dir wegen eines Choreographen für ihr neues Video.« Alberta betrachtete ihn über ihre aneinandergelegten, spitzen Finger hinweg. »Das stimmt«, sagte sie, »aber du bist Tänzer, Alex. Ein guter Tänzer, das gebe ich zu, aber ein Choreograph bist du nicht.« Alex, der sich durch ihr abwertendes Urteil nicht aus der Fassung bringen lassen wollte, fixierte sie aus zusammengekniffenen Augen. »Ich brauche Arbeit, Alberta. Ich werde verrückt, wenn ich noch länger tatenlos in meiner Wohnung herumlungern muß.« »Aber du hast doch deine Gymnastik und die Tanzübungen, die dich tagsüber beschäftigen, mein lieber Junge«, entgegnete sie und versetzte ihm damit den zweiten Dämpfer. »Du weißt doch, wie wichtig es ist, immer in Form zu bleiben.« Mit einem tiefen Seufzen lehnte sich Alex auf dem unbequemen Stuhl zurück. Er legte lässig ein Bein über das andere und gab sich den Anschein, als habe er es überhaupt nicht eilig. »Hast du deinen Sommerurlaub schon geplant?« erkundigte er sich im Plauderton. »Fährst du wieder heim nach Kanada?« Alberta wirkte angemessen irritiert, wie er bemerkte, und überging seine Frage. »Ich sagte dir doch bereits, daß ich in fünf – nein, in drei Minuten eine Besprechung habe«, meinte sie gereizt. »Du brauchst es dir hier gar nicht erst gemütlich zu machen, Alex.« Auf dem unbequemen Stuhl vielleicht, wollte er zurückgeben, sagte aber statt dessen: »Schlag mich für dieses Video vor, Alberta. Ich verspreche, daß ich dich nicht enttäuschen werde.« Trotz seines Vorsatzes, cool zu bleiben und sich von Alberta nicht unterbuttern zu lassen, merkte er, daß seine Stimme einen bettelnden Tonfall angenommen hatte. Das ärgerte ihn, und er mußte sich zwingen, sein lockeres Lächeln beizubehalten. Alberta schien seinen Vorschlag für einen Moment zu überdenken. Doch dieser Moment dehnte sich derart in die Länge, daß Alex schon seine Felle davonschwimmen sah und glaubte, Albertas Uhr in dieser angespannten Stille ticken zu hören.
»Also schön«, sagte sie schließlich. »Ich werde Miss Blairs Agenten anrufen und zusehen, daß ich ihn dazu bringe, sich bei dir zu melden.« – »Wann?« Alex wurde allmählich ungeduldig. Aber Alberta ließ sich nicht drängen. »Wenn ich Zeit dazu habe. Du bist nicht der einzige Tänzer in meiner Kartei, Alex. Du magst ja recht charmant und wahrscheinlich auch außergewöhnlich talentiert sein, aber du solltest trotzdem wissen, daß ich ein paar Dutzend Leute wie dich unter Vertrag habe.« Alex fühlte sich von Albertas Worten bezüglich seines Talents geschmeichelt. Es war schon lange her, seit sie sich zu der Andeutung eines Kompliments hatte hinreißen lassen. »Okay«, meinte er leichthin und stand auf. Die Erleichterung angesichts seiner bevorstehenden Verabschiedung stand Alberta so deutlich in Gesicht geschrieben, daß er sich am liebsten wieder hingesetzt hätte, nur um sie zu ärgern. »Ich gehe jetzt zum Mittagessen, bin aber spätestens um drei wieder in meiner Wohnung und auch abends zu erreichen.« Flüchtig überlegte er, wen er dazu überreden könnte, den Abend mit ihm zu verbringen. »Laß dich nicht von irgendwelchen Vergnügungen abhalten, Alex«, erwiderte Alberta ruhig. »Ich sagte dir ja, ich werde anrufen, wenn ich Zeit dazu finde. Ich bin eine sehr beschäftigte Frau.« »Ja, Alberta, das weiß ich doch«, meinte Alex besänftigend. »Ich weiß auch, daß du dich für mein Wohlergehen einsetzen wirst. Das hast du bisher immer getan.« Er verabschiedete sich mit einem letzten, gewinnenden Lächeln und überlegte dabei fieberhaft, wen er zum Lunch einladen konnte. Er hatte die schmale, kopfsteingepflasterte Straße, die von Albertas Büro wegführte, zur Hälfte hinter sich gelassen, als seine Entscheidung feststand. Schon viel heiterer gestimmt, steuerte er auf die nächstgelegene Telefonzelle zu. Die Kellerbar, die Meredith auf ihrem Weg entlang The Strand entdeckte, war zwar groß, doch die gemütliche Einrichtung vermochte ein Gefühl der Intimität zu vermitteln. Sie ignorierte die entlang den Wänden angeordneten Sitzgruppen und beschloß, an der hufeisenförmigen Bar Platz zu nehmen. Der hohe Barhocker machte es ihr nicht gerade
leicht, ihn elegant zu erklimmen, dafür aber bot er ihr eine ausgezeichnete Aussicht über die Theke und die anwesenden Gäste. Mit einem Blick stellte sie fest, daß die meisten Leute, die dort vor einem Glas saßen, so aussahen, als kämen sie direkt aus dem Büro. Junge Karrierefrauen in gedeckten Farbkombinationen plauderten unverfänglich mit ihren männlichen Pendants in Schlips und Anzug. Auf dem auf Hochglanz gebohnerten Holzboden reihte sich ein abgestellter Aktenkoffer an den anderen. Meredith fühlte sich in ihrem knallroten Overall und der kleinen schwarzen Umhängetasche schrecklich deplaziert. Die einzige weibliche Bedienung hinter der Bar – eine kleine, stämmige Blondine mit verkniffenem Gesicht -ließ sich reichlich Zeit, bis sie sich zu Meredith bequemte, um deren Bestellung aufzunehmen. »Einen gespritzten Weißwein, bitte.« Meredith spürte, wie ihr Lächeln gefror, als die junge Frau sie mit eisiger Miene anstarrte. »Mit Eis?« »Ja, bitte, wenn es keine Umstände macht.« »Lassen Sie sich nur nicht von ihr einschüchtern. So gefährlich, wie sie aussieht, ist sie nicht«, ließ sich eine tiefe männliche Stimme neben Meredith’ Schulter vernehmen. Meredith erschrak so, daß sie beinahe vom Barhocker gesprungen wäre, und dabei ihre Handtasche fallen ließ. »Oh, verdammt, sehen Sie sich das an«, stammelte sie, während sie hilflos zuschauen mußte, wie der Verschluß ihrer Tasche aufschnappte und ein Sammelsurium von Münzen und Schminkutensilien herauskullerte. Als wäre es an Peinlichkeiten nicht genug, rollte auch noch ein einsamer Tampon über den Fußboden. »Erlauben Sie?« sagte der Fremde galant. Bevor Meredith ihn daran hindern konnte, bückte er sich, sammelte ihre Habseligkeiten ein – einschließlich des Tampons – und verstaute alles wieder in der Handtasche, die er ihr dann reichte. Meredith spürte, wie ihr die Röte in die Wangen schoß. Sie meinte, ein wissendes Lächeln auf seinem Gesicht wahrgenommen zu haben, und hatte den Eindruck, als habe er einen Moment zu lange gezögert, ehe er den Tampon in die Tasche fallen ließ. »Vielen Dank«, gelang es ihr keuchend zu erwidern, als sie ihre Tasche entgegennahm. »Gewöhnlich bin ich nicht so ungeschickt.«
»Kein Grund, sich zu entschuldigen«, sagte er. Dabei wedelte er die Fünf-Pfund-Note, die Meredith der Barfrau entgegenstreckte, zur Seite und bezahlte ihre beiden Getränke. Er hatte eine Flasche Designer-Bier vor sich stehen, aus der er einen kräftigen Schluck nahm, und steckte ihr dann die Hand hin. »Übrigens, mein Name ist Fergal.« Während Meredith seine Hand ergriff, wanderte ihr Blick von dem rotweiß gemusterten Seidenschal hoch zu einem hageren Gesicht. Aus den in tiefen, dunklen Höhlen liegenden Augen blitzte es sie wie zwei Smaragde an. Sein Lächeln war nicht weniger anziehend als die burschikose Art, wie ihm die hellbraunen Haarsträhnen in die Stirn fielen. Er gab ihre Hand frei und strich sich das Haar zurück. Es war gar nicht hellbraun, wie Meredith jetzt feststellte, sondern einen ganzen Ton dunkler und mit goldenen Strähnen aufgepeppt. Außerdem stellte sie fest, daß er nicht mehr der Jüngste war. Aber der Mann hatte etwas, das mußte sie zugeben. Da sie in London keine Menschenseele kannte, mochte es vielleicht ganz unterhaltsam sein, den Abend mit ihm zu verplaudern. Falls er das wollte, korrigierte sie sich. Vielleicht hatte er andere Pläne. »Ich bin Meredith«, sagte sie. »Sind Sie in Begleitung hier?« Sie sah sich kurz um und war erleichtert, als er den Kopf schüttelte. »Nein«, erwiderte er. »Ich bin mutterseelenallein hier, meine Liebe. Stört es Sie, wenn ich noch ein Weilchen bleibe? Vielleicht kann ich Sie ein bißchen von Ihrem Leiden ablenken.« »Leiden?« wiederholte Meredith verwirrt. Doch dann begriff sie, daß er auf den Tampon anspielte und zwei und zwei zusammengezählt hatte. Ihre Wangen glühten vor Verlegenheit. »Ich habe… Äh, ich meine, ich habe meine Tasche in letzter Zeit nicht ausgeräumt«, stammelte sie. Um ihre Unsicherheit zu überspielen, griff sie nach ihrem Drink und nahm einen hastigen Schluck. »Sie leeren sie lieber auf den Fußboden aus, wie?« Sein Grinsen wirkte ansteckend und ließ ihrer Verlegenheit keine Chance. »Bitte vergeben Sie mir meine Ungehörigkeit. Können wir noch einmal von vorn anfangen?« Meredith nickte. Es war ihr unmöglich, sein Lächeln nicht zu erwidern. Sie nahm noch einem Schluck von dem angenehm kalten, prikkelnden Getränk und spürte, wie ihre Anspannung auf wundersame Weise nachließ.
Sie rutschte auf ihrem Barhocker herum und sah ihn direkt an. Es war höchste Zeit, die Situation in die Hand zu nehmen. »Fergal, das ist ein ungewöhnlicher Name«, sagte sie, wobei sie absichtlich einen schmeichelnden Tonfall annahm. »Erzählen Sie mir von sich.« Alex verwarf sogleich wieder die spontane Idee, Chloe zum Abendessen in seine Wohnung einzuladen. Er hatte gerade ein ausgedehntes, alkoholreiches Mittagessen mit ihr genossen, während dem Chloe keine Gelegenheit ausgelassen hatte, sich mit ihrem jüngsten Engagement als Pease Blossom in einer modernen Tanzversion von Ein Mittsommernachtstraum zu brüsten. Nicht, daß Alex daran gezweifelt hätte, daß sie für die Rolle geeignet war. Das war sie ohne Frage. Sie war eine verdammt gute Tänzerin, dazu noch sehr attraktiv. Nein, das Problem war ihre Art, ihm das Gefühl der Unzulänglichkeit zu geben, ohne dabei tatsächlich etwas Abwertendes zu sagen. Sie besaß die Gabe, ihre ungesagten Worte lauter sprechen zu lassen als ihre Prahlereien. Selbst die Erinnerung an ihre frechen Brüste und die Vaginalmuskeln, die wie Kneifzangen arbeiteten, hielt ihn nicht davon ab, sie nach dem Lunch in ein Taxi zu verfrachten. Den restlichen Nachmittag und den Abend verbrachte er also allein. Anfangs hatte ihm das nichts ausgemacht. Die leere Kassette seines Anrufbeantworters sagte ihm, daß er den ersehnten Anruf von Lisa Blairs Agenten nicht verpaßt hatte, obwohl es schon auf vier Uhr zuging. Das bedeutete, daß er noch hoffen durfte. Um die Zeit totzuschlagen und die zahlreichen Kalorien des Mittagessens abzuarbeiten, stürzte er sich in eine besonders schweißtreibende Gymnastikübung. Doch gegen sechs spürte er, daß sowohl seine Energie als auch seine gute Stimmung allmählich verpufften. Er ließ sich in seinen Lieblingssessel an der Balkontür fallen und warf dabei automatisch einen Blick hinüber zum gegenüberliegenden Fenster. Zutiefst enttäuscht mußte er feststellen, daß ›Julia‹, wie er seine Nachbarin inzwischen nannte, nicht mehr arbeitete, sondern sich in die hinteren Räumlichkeiten der Wohnung zurückgezogen hatte. Auf den Namen Julia war er gekommen, weil Chloe ihn in einer Shakespeare-Stimmung zurückgelassen hatte. Für einen kurzen Mo-
ment hatte er sogar überlegt, welche Wirkung er mit einem Ständchen unter dem Balkon auf seine neue Nachbarin erzielen könnte. Zu schade, daß er weder Gitarre spielen noch singen konnte, dachte er wehmütig. Ein paar Tanzschritte und elegante Sprünge auf dem Treidelpfad hinzulegen hatte wohl kaum den erwünschten Effekt. Anstatt eines entzückten Lächelns und einer Einladung in ihr stilles Kämmerlein mußte er vielmehr damit rechnen, von den Männern in den weißen Mänteln abtransportiert zu werden. Er hatte sich mit der festen Absicht in seinem Sessel niedergelassen, sie irgendwie dazu zu bringen, wieder zu ihm herüberzuschauen. Jetzt fühlte er sich betrogen. Nachdem er eine geschlagene halbe Stunde vergeblich auf ihr Erscheinen gewartet hatte, stand er frustriert auf und ließ sich ein Schaumbad ein. Er hatte nach dem anstrengenden Training auf seine Abkühlübungen verzichtet und spürte jetzt, wie seine Muskeln sich verspannten. Gerade als der herrlich rot und orange gefärbte Himmel den grauen Mantel der Abenddämmerung umlegte, sah er sie zurückkommen – in Begleitung eines Mannes, wie er zu seiner Bestürzung feststellte. »Komm herein und mach’s dir bequem«, sagte Meredith beim Aufschließen der Wohnungstür. Als sie nach dem Lichtschalter tastete, kam ihr wieder zu Bewußtsein, daß es ihr ganz normal erschienen war, Fergal noch auf einen Kaffee zu sich einzuladen. Nach dem turbulenten Start war der Abend überraschend angenehm verlaufen. Fergal hatte sich eifrig bemüht, sie mit seinem schlagfertigen Witz und Geschichten vom ›Auld Country‹ zu unterhalten – womit er Südirland meinte, wo er aufgewachsen war. Postwendend hatte Meredith angemerkt, daß er sich überhaupt nicht wie ein Ire anhöre. »Nun, ich habe Sprechunterricht genommen, als ich hierher zum Studieren kam«, erklärte er. »Und was?« Meredith hatte vor Heiterkeit förmlich geglüht, was zum Teil auch an den diversen Gläsern Scotch gelegen haben mochte, zu denen Fergal sie überredet hatte. Sein zerknittertes Lächeln begeisterte sie immer wieder aufs neue. »Schauspielerei«, meinte er schlicht. Dann machte er einen Schritt
zurück, breitete die Arme aus und fuhr mit tiefer Stimme, die sie spontan an Burt Lancaster erinnerte, fort: »Du kennst mich vielleicht aus solchen Monumentalschinken wie Der letzte Mohikaner, Mona Lisa und Highlander, um nur einige zu nennen.« Meredith schüttelte bedauernd den Kopf. Zu ihrer Schande mußte sie gestehen, daß sie sich nicht erinnern konnte, ihn in einem dieser Filme gesehen zu haben. »Kein Wunder«, meinte er lachend und klopfte ihr dabei leicht auf die Schulter. »Das waren nur kleine Nebenrollen. Zweiter Indianer von links, trinkender Mann an Bar, so in der Art.« Mit einem Lächeln zwinkerte er gewinnend. In sein Lachen einstimmend, gab Meredith ihrer Erleichterung Ausdruck. »Ich bin cineastisch nicht sonderlich bewandert«, sagte sie. »Ich besitze nicht mal einen Fernseher.« Fergal setzte eine schockierte Miene auf. »Oh, ich könnte dir günstig einen gebrauchten organisieren«, erbot er sich. »Es würde mir auch nichts ausmachen, in deine Wohnung mitzukommen und dir bei der Entscheidung behilflich zu sein, wo man ihn am besten aufstellt.« Das Blitzen in seinen Augen verriet Meredith, daß er noch weitaus interessantere Dinge im Hinterkopf hatte. Sein Lächeln hatte etwas Wölfisches und zugleich umwerfend Anziehendes. Kein Wunder, daß Meredith spürte, wie sich ihre wiedererweckte Sexualität zu neuen, schwindelnden Höhen aufmachte. »Ja, warum eigentlich nicht«, stimmte sie mit einem frechen Lächeln zu. »Ich könnte dich für deine Bemühungen mit einer Tasse Kaffee entschädigen.« Sie nahmen sich gerade noch die Zeit, ihre Gläser leer zu trinken, bevor sie Hand in Hand die Treppe hochstürmten. Draußen auf der Straße winkte Fergal ein Taxi heran, und im Handumdrehen setzte sie der Fahrer vor dem ehemaligen Lagerhaus ab. Fergal sah sich um und nickte mit seinem verwitterten Charakterkopf anerkennend. »Eine tolle Wohnung«, sagte er. »Du hast wirklich ein begnadetes Händchen für Inneneinrichtung.« Meredith fühlte sich von seinem Kompliment höchst geschmeichelt. Sie war sich bisher nie sicher gewesen, ob ihr Geschmack nicht ein
bißchen zu ausgeflippt war für normale Menschen. Aber andererseits, überlegte sie, während sie ihren Mantel auszog und über den Bürostuhl warf, gehörte Fergal weiß Gott nicht zur Kategorie ›normal‹. Sie sah Fergal an, der mitten im Zimmer stand, und stellte dabei fest, daß er ziemlich viel Raum beanspruchte. Dabei war es keineswegs so, daß er ein außergewöhnlich großer Mann gewesen wäre – aber er wirkte groß. Fraglos besaß er etwas Extravagantes. Auch wenn er ihr nicht erzählt hätte, daß er Schauspieler war, hätte Meredith dergleichen vermutet – vielleicht auf Maler oder Bildhauer getippt. Auf alle Fälle hätte sie ihn zu den Kreativen gezählt. Er schüttelte sich den langen Tweedmantel von den Schultern, unter dem er einen lässig geschnittenen braunen Kordsamtanzug trug. Das Sakko war nur teilweise zugeknöpft, und die braunen Slipper, die er zu roten Socken trug, sahen aus, als stammten sie aus einem Secondhandshop. Ja, dachte Meredith, Fergal war eindeutig exzentrisch. Mit einer Entschuldigung flüchtete Meredith sich in die Küche. Während sie darauf wartete, daß das Wasser kochte, stellte sie sich die ernsthafte Frage, ob sie das Richtige tat. Fergal schien nett und unkompliziert zu sein, konnte aber dennoch ein verkappter Sadist oder Ähnliches sein. Einen kurzen, verrückten Moment lang stellte sie sich vor, daß er sich von hinten an sie heranschlich und ihr ein paar schmuddelige Lederfesseln um die Handgelenke schlang. Dabei machte sie beschämt die Feststellung, daß ihr Körper trotzdem positiv reagierte. Was ist denn nur in dich gefahren, Mädchen? fragte sie sich streng. Du bist ja sexbesessen – krieg dich wieder ein! Bemüht, sich nicht anmerken zu lassen, wie sehr sie zitterte, balancierte sie die zwei Kaffeetassen ins Wohnzimmer. Doch allen Anstrengungen zum Trotz hätte sie die Tassen um ein Haar doch fallen lassen, als sie Fergal sah. In seiner ganzen Länge ausgestreckt, den Kopf zurückgebeugt, die Augen geschlossen und mit einem Gesichtsausdruck, der höchstes Wohlbehagen verhieß, lag er splitterfasernackt auf ihrer Samtcouch.
3 Meredith wich unwillkürlich einen Schritt zurück. Aber als Fergal seine Augen nicht aufmachte und sie ihre Fassung wieder halbwegs zurückgewonnen hatte, trippelte sie auf Zehenspitzen zu ihm hin. Vor dem Sofa stand eine hölzerne Transportkiste, ein Flohmarktschnäppchen, das sie erst am Tag zuvor erstanden hatte und das ihr jetzt als Couchtisch diente. Dort stellte sie die beiden Kaffeetassen ab, warf dabei einen Blick über die Schulter und registrierte mit Schrecken, daß Fergals anscheinend passiver Körper auf einmal eine riesige Erektion sehen ließ. Mit hochroten Wangen blickte sie in sein Gesicht und sah, daß er ein Auge aufgemacht hatte und sie damit fixierte. »Ich meinte damit nicht…«, stammelte sie, unfähig, die richtigen Worte zu finden. Als Fergal das andere Auge aufmachte, zerfloß sein Gesicht in ein breites Grinsen. Er schielte auf seine Lenden und zog Meredith’ Blick unwillkürlich an dieselbe Stelle. »Das ist, äh, sehr…«, murmelte sie. Im stillen verfluchte sie sich, daß sie ihm gegenüber dermaßen die Fassung verlor. Sie schwankte, hin- und hergerissen zwischen Verlegenheit und Lust. Der dicke Schwanz, der sich aus einem Nest schwarzer, buschiger Haare erhob, schien Sehnsucht nach ihr zu haben. Oben aus der Eichel quoll eine kleine Träne, und ohne nachzudenken beugte Meredith sich vor und wischte sie mit dem Zeigefinger ab. Anschließend rieb sie den Tropfen zwischen Zeigefinger und Daumen und beobachtete, wie die klebrige Flüssigkeit ihre zerstochenen Fingerkuppen mit schlierigen Fäden überzog. Als sie den Blick wieder auf Fergal richtete, bemerkte sie, daß seine Augen dunkler geworden waren. Die Augäpfel schimmerten nicht mehr smaragden, sondern in einem tiefen Flaschengrün. Die Lust hatte definitiv dem Humor das Zepter aus der Hand genommen, erkannte sie – ein Gedanke, der wie ein Blitzschlag wirkte und sie mit einer sirrenden knisternden Erregung erfüllte. Sie fühlte sich benommen und
atmete schwer. Das Herz schlug ihr bis zum Hals, und zwischen ihren Beinen spürte sie eine verräterische Nässe. »Jetzt!« sagte Fergal. Meredith verstand nicht recht und hob fragend eine Augenbraue. »Jetzt?« Statt einer Antwort sprang Fergal unvermittelt vom Sofa, nahm sie bei den Hüften, trug sie ohne jede Anstrengung, als sei sie leicht wie eine Feder, zur gegenüberliegenden Wand und drückte sie mit dem Rücken dagegen, so daß ihre Füße ein paar Zentimeter über dem Boden baumelten. Schwach und hilflos, wie sie war, konnte sie sich nicht gegen die Lüsternheit wehren, die wie mit Lichtgeschwindigkeit durch ihren Körper jagte, als Fergal sie küßte. Sein harter Schwanz drängte stoßend gegen ihren Schamhügel. »Wie zieht man dieses Ding aus?« fragte Fergal mit rauher Stimme, als er ihren Mund freigab und an ihr herunterblickte. Als ihr aufging, daß er damit ihren Overall meinte, krächzte Meredith heiser, daß am Rücken ein Reißverschluß sei. Widerwillig stellte er sie auf die Füße. Er legte seine linke Hand an ihre rechte Brust und langte mit der anderen um ihre Schulter, um den Reißverschluß aufzuziehen. Meredith ließ sich an seine Brust fallen, was ihm mehr Handlungsfreiheit verschaffte und ihr Gelegenheit gab, ihren Busen fester gegen seine Hand zu pressen. Ihr harter Nippel rieb sich an dem Satinmieder, das sie unter dem Overall trug. Sie konnte die Wärme seiner Hand an ihrem Busen spüren. Fergals kräftige Finger drückten an ihm herum, als handelte es sich um eine Frucht, deren Reife er prüfen wollte. Als er ihr plötzlich mit geschickten Bewegungen den Overall herunterzog, löste sich ein überraschtes Stöhnen von ihren Lippen. Für einen ganz kurzen Augenblick gab Fergal ihren Busen frei, doch dann griff er wieder zu. Immer gieriger massierten seine Finger das weiche Fleisch unter dem dünnen Satinstoff. »Hübsch«, raunte er und musterte sie mit einem raschen Blick. Meredith war sich nicht sicher, ob er ihren Körper meinte, der jetzt nur noch in einer Hülle aus zartem Satin und einem Paar hellbeigen, hochhackigen Lederstiefeletten steckte. »Das ist eines meiner eigenen Modelle«, schnatterte sie nervös. »Damit verdiene ich mein Geld.«
Sie warf einen Blick auf den Zuschneidetisch in der anderen Ecke des Zimmers. Dabei fiel ihr auf, daß die hohen Balkontüren bei der hellen Beleuchtung einen exzellenten Blick auf Fergal und sie boten. Erleichtert stellte sie fest, daß die Fenster auf der anderen Seite des Kanals dunkel waren. Hoffentlich war der Typ, der sie am Vormittag beobachtet hatte, ausgegangen. »Ich habe nicht von deiner Unterwäsche gesprochen«, brummte Fergal. »Ich meinte dich. Deinen Körper.« Innerlich wie Espenlaub zitternd, beobachtete sie, wie sein Gesichtsausdruck sich noch weiter verdunkelte, als er ein paar Schritte zurücktrat, sie auf Armlänge von sich entfernt hielt und einer intensiveren Taxierung unterzog. Ihr Mund fühlte sich an wie Stroh. Das Herz hämmerte in ihrer Brust, und der Zwickel ihres Höschens klebte verräterisch an ihrem feuchten Geschlecht. »Du siehst nackter aus, als wenn du gar keinen Faden am Leib hättest«, meinte Fergal unvermittelt. Meredith nahm seine Bemerkung geschmeichelt zur Kenntnis. Das war genau der Effekt, den sie mit ihren Entwürfen zu erzielen versuchte. Als sie an sich heruntersah, wußte sie genau, was er damit meinte. Ihre aufgerichteten Brustwarzen zeichneten sich gut sichtbar unter dem zarten Stoff ab, das übrige Mieder schmiegte sich sinnlich an ihren Oberkörper. Die schlanken, zart gebräunten Oberschenkel verschwanden unter den mit feiner Spitze gesäumten Satinhöschen, die ihre Hüftknochen und den leicht gerundeten Bauch bedeckten. Am peinlichsten war ihr die Art und Weise, wie das hauchdünne Gewebe ihre Möse umhüllte und dabei die beiden Schamlippen und die Spalte dazwischen deutlich hervorhob. Fergals anerkennendes Brummen löste in Meredith’ Körper ein erregendes Prickeln aus. Seine Hände glitten langsam über ihre Schultern und an den Armen herab. Als seine Finger die ihren streichelten und weiter zu den Oberschenkeln wanderten, blies er ihr einen Schwall seines warmen Atems in das Tal zwischen ihren Brüsten. Wie ein Stein, den man in einen stillen Teich wirft, kräuselte sein Atem den seidigen Stoff auf ihrer sensiblen Haut. Meredith schloß die Augen und stieß einen tiefen Seufzer aus. Die Art, wie der zarte Satinstoff ihren fiebernden Körper liebkoste, hatte
etwas schmerzhaft Verführerisches. Mit geschlossenen Augen spürte sie den federleichten Berührungen seiner Fingerspitzen nach und merkte, daß sie leicht taumelte. Seine Finger strichen über die seidige Haut ihrer Oberschenkel, folgten den geschwungenen Kurven ihrer Hüften, der Taille, der Brüste. An ihren Schultern schienen sie am Ziel angekommen zu sein, streichelten immer wieder über die harten Konturen ihrer Schlüsselbeinknochen. Dann streifte er ihr, so vorsichtig, daß sie es kaum wahrnahm, die dünnen Träger des Mieders von den Schultern. Langsam, unendlich langsam rutschte das hauchdünne Spitzenmaterial über ihre Brüste und den Bauch, um sich dann um ihre Taille zu bauschen. Die kühle Abendluft strich mit kalten Fingern über ihre glühende Haut. Meredith erschauderte, an ihrem Hals bildeten sich winzige Schweißperlen. Ihre nackten Brüste spannten, als ob sie sich etwas Unsichtbarem entgegenreckten. Sie verzehrte sich nach der Berührung seiner Hände. Dabei war es ihr völlig gleichgültig, ob diese Hände zärtlich oder brutal nach ihr griffen. Sie wollte nur berührt werden. »Du bist eine Schönheit, Süße«, flüsterte Fergal, als seine Hände als Antwort auf ihr stummes Flehen über ihre Brüste streichelten. Meredith seufzte abermals. Sie drückte den Rücken durch und reckte ihm die Brüste entgegen. Im nächsten Augenblick stöhnte sie laut auf – er hatte ihre Brustwarzen gekniffen und drückte sie jetzt noch fester. Sie brannten zwischen seinen Fingerspitzen, zwei pulsierende, nach Berührung lechzende Blütenknospen, so empfindlich und gleichzeitig so empfänglich für seine zärtliche Grausamkeit. Er stieß ein dunkles, honigweiches Lachen aus, das Meredith beinahe um den Verstand brachte. »Sieh an, die Lady liebt die härtere Gangart?« Sie schüttelte den Kopf. Was hier passierte, war ihr völlig neu. Die Erfahrung, mit welcher Vehemenz ihr Körper reagierte, schockierte sie zutiefst. Einen flüchtigen Augenblick lang fragte sie sich, ob es nicht ein Fehler gewesen war, ihn zu ermutigen. Wußte sie denn, ob sich hinter seiner charmanten, lockeren Art nicht das Herz eines Sadisten verbarg? Als Fergal wieder sprach, klang seine Stimme so beschwichtigend, daß Meredith verwundert überlegte, ob er ihre Gedanken lesen konnte.
»Keine Angst, Liebling«, sagte er, wobei er seinen Griff lockerte und nun ganz sanft über ihre harten Nippel strich. »Ich fahre nicht auf die Brutalo-Tour ab – weder im aktiven noch im passiven Sinn. Ich fürchte, mich hat für einen Moment der Teufel geritten.« Meredith ließ ein dünnes Lachen hören, das Erleichterung verriet. Als sie die Augen öffnete, traf ihr Blick geradewegs den seinen. »Tut mir leid, ich bin ein bißchen nervös«, gab sie zu. »Es ist schon lange her, seit – « Er legte den Daumen auf ihre Lippen, um sie zum Schweigen zu bringen. »Keine Entschuldigungen, bitte. Ich habe schon verstanden. Ich werde sofort gehen, wenn du das möchtest. Ein Wort von dir, und ich bin weg. Ganz einfach.« Meredith lächelte und schüttelte den Kopf. »Man wird dich auf der Stelle verhaften, wenn du das tust«, sagte sie und schielte vielsagend auf seine Erektion. Dann trafen sich ihre Blicke wieder. »Aber abgesehen davon«, fuhr sie fort, »möchte ich gar nicht, daß du gehst.« Um die Wahrheit ihrer Worte zu bekräftigen, legte sie ihre Hände auf die seinen und ermunterte ihn, ihre Brüste fester zu umfassen. Dann ließ sie den Kopf in den Nacken fallen, stieß einen tiefen Lustseufzer aus und rieb ihren Bauch an seinem steifen Schwanz. Die Wärme und Härte, die sie spürte, als sein Glied an den seidigen Lagen Stoff entlangglitt, die nacktes Fleisch von nacktem Fleisch trennten, empfand sie als wunderbar erregend. Spontan griff sie nach dem Vorderteil ihres Mieders und wickelte es um seinen Schwanz. Dann begann sie ihn zu reiben, ließ sein begehrliches Fleisch durch die Seide hindurch die Wärme ihrer Hand spüren. Es erregte sie ungeheuer, sein lustvolles Stöhnen zu hören und zu beobachten, wie seine besorgte Miene einem Ausdruck glückseliger Erregung wich. »Mach weiter«, keuchte er, ihre Hand ergreifend und den Rhythmus steigernd. Dann, einen Augenblick später, schob er ihre Hand weg. »Nein, nein, noch nicht. Ich möchte noch nicht kommen. Nicht so. Ich möchte auf dir sein, in dir, ganz dicht bei dir…« Während er das sagte, ließ er seine Hände unter den Bund ihres Höschen gleiten und zog es ihr über die Hüften und den Po. Angeheizt
von seinen Worten und gierig danach, ihn in sich zu spüren, half ihm Meredith dabei, sie aus dem Rest ihrer dürftigen Bekleidung zu schälen. Als sie nackt vor ihm stand, überraschte er sie abermals, indem er sie an den Hinterbacken packte und hochhob. Er drückte sie mit dem Rücken an die Wand, und sie schlang die Beine um seine Hüften. Sie schnurrte vor Lust, als sie spürte, wie die Spitze seines Schwanzes sich zwischen ihre Schamlippen drängte und ganz behutsam in ihren feuchten Tunnel glitt. Dann stieß er kräftiger zu. Seine Hände hatten ihre Taille umfaßt und bewegten sie auf und ab, als wäre sie eine Puppe. Sie sah seine Schulter- und Armmuskeln unter der Haut arbeiten und verstand auf einmal, wieviel Kraft er haben mußte, wenn er sie so mühelos durch die Luft wirbeln konnte. Angezogen hatte er überhaupt nicht so stark ausgesehen, und auch nicht, als er nackt auf dem Sofa lag. Aber da, ging ihr jetzt auf, hatte sie Fergal, den Schauspieler gesehen, den harmlosen Exzentriker. Jetzt lernte sie Fergal, den Mann, kennen. Ihre Vaginalmuskeln schienen vor Freude zu vibrieren, endlich wieder etwas Steifes, Hartes umklammern zu können. Sein drahtiger Haarbusch kitzelte das sensible Fleisch zwischen ihren inneren Lippen. Sein Beckenknochen rieb sich an ihrer geschwollenen Klitoris, während sein Schwanz rhythmisch in sie hineinstieß. Meredith, die noch mehr von ihm spüren wollte, schlang die Arme um seinen Nacken und preßte ihre Brüste an seine nackte Brust. Seine Haut war unbehaart, weich wie Samt und mit einem dünnen Schweißfilm bedeckt. Sie verstärkte den Klammergriff ihrer Beine und drückte ihr Becken an seinen Körper, um jedem seiner Stöße ganz auszukosten. Ihr war heiß, sie rang nach Atem und war so durchdrungen von Wollust, daß sie an nichts anderes denken konnte als an die pulsierende Leidenschaft, die wie ein Sturzbach durch ihren Körper floß. Ihr Höhepunkt ging einher mit einem lauten Aufschrei, Ausdruck der Erfüllung und des Triumphes. Ihre Muskeln schlossen sich saugend um seinen geschwollenen Schwanz und melkten ihn so lange, bis sie den letzten Tropfen aus ihm herausgepreßt hatten. Sie lösten sich langsam voneinander, ließen sich auf den nackten Holzboden sinken und gaben sich zunächst nur dem angenehmen Gefühl der Erschöpfung und Leere hin.
Als Meredith Fergals Kopf in ihren Schoß bettete, wanderte ihr Blick automatisch zum Fenster. Im selben Moment erstarb das Lächeln auf ihren Lippen. Er war da und beobachtete sie. Sie konnte nicht sagen, weshalb sie es wußte, aber sie war sich sicher. Obwohl das gegenüberliegende Fenster dunkel war, konnte sie die schattenhafte Präsenz ihres mysteriösen Nachbarn genau spüren. Ihre Wangen glühten, als sie die schwarzen Scheiben anstarrte. Sie hoffte, daß er sie sah, hoffte, daß er erkannte, daß sie genau wußte, wie er sie beobachtete. Ihre Augen brannten, so verbissen fixierte sie das Fenster. Ihre Wangen hörten auf zu glühen. Scham war jetzt nicht mehr angebracht. Das einzige, wonach sie jetzt trachtete, war, ihm eine Lektion zu erteilen. Alex saß in seinem Sessel, erschöpft und von Eifersucht zerfressen. Er hatte sämtliche Akte des Schauspiels, das in der Wohnung gegenüber stattgefunden hatte, genauestens verfolgt. Anfangs war er sehr erregt gewesen, besonders als ihm klar wurde, was er da zu sehen bekommen sollte. Als aber der nackte Mann begann, die junge Frau langsam zu entkleiden, hatte sich sein wachsendes Interesse rasch in Frustration verwandelt. Er konnte kaum etwas sehen. Der Mann war so groß und breit, daß sein Körper das Objekt seiner heimlichen Begierde beinahe ganz verdeckte. Der Anblick dieses nackten Männerrückens wurde für Alex zu einem echten Ärgernis. Er konnte sehen, wie sich die Arme des Mannes bewegten, wie seine Hände offensichtlich das süße, weibliche Fleisch streichelten, das sich seinem Blick entzog. Mit zusammengebissenen Zähnen versuchte Alex durch seine Gedanken, den Mann dazu zu bringen, sich zur Seite zu bewegen. Ein kleiner Schritt würde schon genügen, dachte er. War das denn zuviel verlangt, verflucht noch mal? Dann begann er, Gott für seine Grausamkeit zu verfluchen. Begriff Er in Seiner unendlichen Weisheit denn nicht, wie falsch es war, einem seiner sterblichen Geschöpfe die Gelegenheit zu verwehren, die Schönheit eines anderen wunderbaren Geschöpfs zu bewundern? »Verdammt, ich bin doch nicht schwul!« brüllte er lauthals in die drückende Stille, die ihn umfing. »Der Arsch von diesem Kerl interessiert mich nicht die Bohne. Ich will sie sehen. Und zwar nackt!« Angesichts der Sinnlosigkeit seines Flehens hämmerte er wütend mit den Fäusten auf die gepolsterten Armlehnen ein.
Um seine Qualen vollkommen zu machen, mußte er den stürmischen Kuß, das Herabgleiten von Wäsche an nackten Gliedmaßen mit ansehen. Der Blick auf ein schlankes Bein hier und eine nackte Hüfte dort vermochte ihn kaum zu versöhnen. Beweg dich. Dreh dich um. Geh weg von ihr, du verdammter Idiot! Der Typ gegenüber begann ihn wirklich gewaltig zu nerven. Alex’ Gedanken kreisten nur noch darum, seine Julia in Händen zu halten, nackt, ergeben und vor Lust glühend. Er konnte die starke Erregung der jungen Frau förmlich spüren. Ihr Verhalten verriet ihm, daß sie jede Sekunde ihres Tuns genoß. Wie Dias, die man schnell durch den Projektor laufen läßt, sah er, wie ihre Hände sich bewegten, um den nackten Kerl zu liebkosen. Dann ein kurzes Zurückwerfen ihres blonden Kopfes, ein schlankes Bein, das sich um eine Männerhüfte schlingt… Zeitlupe, dachte Alex. Ich will es in Zeitlupe. Er wünschte, es würde sich um ein Video handeln, das er anschaute. Dann könnte er auf Zeitlupe schalten oder das Bild einfrieren… Sag mal, bist du etwa ein Unterwerfungsfreak? Die Frage kam direkt aus den dunklen Abgründen seiner Enttäuschung, getränkt mit bissigem Spott. Eine Geliebte – jung, klug, Amerikanerin mit Titten so groß wie Melonen – hatte ihm einst diese Frage gestellt. Damals, als er ihr im Eifer des Gefechts befohlen hatte, sich hinzuknien und auf allen Vieren durchs Zimmer zu kriechen, hatte sie sich vor ihm aufgebaut, nackt und stolz, die Hände in die Hüften gestemmt, und ihn mit eben dieser Frage in Grund und Boden gestampft. »Bin ich nicht«, hatte er damals sagen wollen. »Ich hab’s in einem Film gesehen. Bei dem Typ hat es funktioniert, und warum bei mir nicht?« Vielleicht war es ein Fehler gewesen, hatte er hinterher überlegt, sie nicht mit ›Schlampe‹ oder ›Hure‹ angeredet zu haben wie dieser Typ im Film. Jahre später, nachdem ihm verschiedene andere Gespielinnen dieselbe Frage gestellt hatten, begann er sich dann zu fragen, ob sie nicht doch recht hatten. Er glaubte, nicht allein zu sein mit der Fantasie, eine Frau zu haben, die alles – absolut alles – tat, worum man sie bat, gleichgültig, wie erniedrigend es auch sein mochte. Absolute Unterwerfung. Das war es, was er sich von seiner nächsten Geliebten wünschte. Sobald sich eine entsprechende Gelegenheit bot, würde er es ausprobieren; er würde herausfinden, ob es ihn wirklich erregte, die absolute Kontrolle über
eine Frau zu besitzen. Freilich mußte er zunächst einmal die richtige Frau für so etwas finden. Verdammt! Wieder hieb er mit den Fäusten auf die Armlehnen ein. Jetzt taten sie es, stehend an der Wand. Er konnte immer noch nichts sehen außer ihren Armen und Beinen, die sie wie Tentakeln um den Kerl schlang, der sie gerade bumste. »Du Glücklicher«, stöhnte Alex und fühlte sich dabei wie ein kleiner Junge vor einem Süßwarenladen, der keinen Penny in der Tasche hat. Sein Atem beschlug die Scheibe, und er rieb rasch mit der Hand darüber. Ja nicht den entscheidenden Moment verpassen! Den Moment. Er sah, wie die Hinterbacken des Kerls zitterten. Sah, wie ihre Beine vibrierten. Und dann, wie sich die klammernden Gliedmaßen entspannten. Du Glückspilz, du verdammter Glückspilz! Meredith erwachte, verstrickt in Laken und wirre Gedanken. Im ersten Moment wußte sie nicht, wo sie sich befand oder wer bei ihr gewesen war. Ihr dröhnender Kopf rief die Erinnerung an diverse Gläser Scotch wach – ein Quantum, das ihre sonstigen Trinkgewohnheiten bei weitem überstieg. Dann fiel ihr Fergal ein. Er war natürlich nicht mehr da. Er hatte sich in den frühen Morgenstunden davongeschlichen wie ein Dieb. Sie besaß nicht einmal seine Telefonnummer oder er die ihre. Und sie hatten auch keine weitere Verabredung getroffen. Wahrscheinlich würden sie sich nie wiedersehen. Sie starrte die Zimmerdecke an und fühlte sich irgendwie verraten. Doch nach einer Weile kuschelte sie sich tiefer in die angenehme Wärme ihres Kopfkissens und freute sich, daß sie an diesem Vormittag keinen Termin hatte. Wer hatte denn eigentlich wen benutzt, überlegte sie mit einem schiefen Lächeln. Einige Stunden später, als sie unter der heißen Dusche stand und sich einseifte, erinnerte sie sich an den Voyeur – den Kerl aus der Wohnung gegenüber. Im nächsten Augenblick schoß ihr eine verwegener Gedanke durch den Kopf, der ihr einen Schauder über den Rücken jagte. Würde sie den Mut aufbringen, fragte sie sich. War sie eine dieser
jungen, draufgängerischen Verführerinnen, oder war sie nur eine Idiotin, die sich Ärger aufhalsen wollte? Ach was, ob Idiotin oder nicht! Sie würde es einfach wagen. Nackt, wie sie war, stieg sie aus der Dusche und schritt selbstbewußt ins Wohnzimmer. Dabei tat sie so, als geschehe das aus purem Versehen. Als habe sie einfach für einen Moment vergessen, wo sie sich befand. Vergessen, sich ein Tuch umzubinden, weil ihr neues Wohnzimmer hohe Fenster hatte, durch die sie deutlich gesehen werden konnte. »Dum, dum, dideldum«, summte sie leise vor sich hin und tänzelte dabei unbekümmert durchs Zimmer. Sie spürte, wie ihre Beine zitterten, als sie die Mitte des Zimmers erreicht hatte, ging aber trotzdem mutig weiter, ein prickelndes Gefühl auf der Haut, als die Wassertropfen allmählich trockneten. Mit gespielter Lässigkeit warf sie das nasse Haar zurück und blieb genau vor dem Fenster stehen, als sei ihr gerade etwas Wichtiges eingefallen. Dabei riskierte sie einen schnellen Blick hinüber. War er zu Hause? Beobachtete er sie? Mit pochendem Herzen drehte sie sich um und ging zu ihrem Arbeitstisch. Dort schob sie unnötigerweise die Stoffreste hin und her, nahm die Schneiderschere hoch und legte sie wieder hin. Als sie kurz aufblickte, meinte sie, eine Bewegung in der Wohnung gegenüber wahrgenommen zu haben. Das könnte er gewesen sein, überlegte sie, oder jemand anderer, seine Putzfrau vielleicht. Dieser Gedanke genügte, um sie von dem nächsten Schritt abzuhalten, den sie sich vorgenommen hatte. Statt dessen flüchtete sie sich in die Schutzzone ihres Schlafzimmers, wo sie, heftig nach Atem ringend, vor den bodenlangen Jalousien stehenblieb. Als sie sich ein wenig beruhigt hatte, bückte sie sich nach den Leggings und dem Pullover, die noch vom Tag zuvor auf dem Fußboden lagen. Beim Anziehen wurde ihr dann so richtig bewußt, daß sie soeben den Eröffnungszug in einem gefährlichen Spiel gemacht hatte. Was sie jetzt brennend interessierte, war die Antwort auf die Frage, ob sie sich trauen würde, dieses Spiel bis zum bitteren Ende durchzuhalten. Wenn es je einen atemberaubenden Moment in seinem Leben gegeben hatte, so war es dieser gewesen, dachte Alex. Er war nur ins Wohnzimmer gegangen, um sich die gestrige Zeitung zu holen, und da
war sie – spazierte frech wie Oskar vor dem Fenster herum, und das splitterfasernackt. Angesichts ihrer Schönheit und der natürlichen Grazie, mit der sie ihren göttlichen Körper bewegte, erstarrte Alex in ehrfürchtigem Respekt. »Endlich!« seufzte seine innere Stimme, während er den kecken Aufwärtsschwung ihrer Brüste, die schmale Taille, die langen, schlanken Oberschenkel bewunderte, ihr Haar, das in dicken, feuchten Strähnen über ihren Rücken fiel, die aufregende Form ihrer Hinterbacken und die erstaunlich kräftigen Schultern. »Ich muß sie haben«, sagte er leise vor sich hin. Er war in einer dunklen Ecke des Zimmers stehengeblieben, von wo aus er sie beobachten konnte, ohne gesehen zu werden. Zerstreut griff er unter seinen Bademantel und streichelte seinen steif werdenden Schwanz. »Ich muß eine Möglichkeit finden, sie kennenzulernen.« Das sollte nicht allzu schwierig sein, überlegte er, während er sich streichelte. Er könnte einfach hinübergehen und bei ihr klingeln. Herauszufinden, welche Klingel die ihre war, war kein großes Kunststück. Himmel noch mal, wenn er sich wirklich dazu entschließen sollte, würde er einfach alle Klingeln durchprobieren, bis er die richtige gefunden hatte. Ihre Stimme würde er sofort erkennen, dessen war er sich sicher. Aber war das nicht ein bißchen zu einfach – zu offensichtlich? Würde ein derart direkter Annäherungsversuch sie nicht abschrecken? Er hatte den Eindruck, obwohl er nicht wußte, warum, daß sie eine Frau war, der es Spaß machte, Spielchen zu spielen. Den nächsten Schritt mußte er tun, aber wie sollte der aussehen? Es mußte auf alle Fälle etwas Unauffälliges sein, entschied er. Ihre Begegnung mußte ganz zufällig wirken. Als ob das Schicksal sie zusammengeführt hätte, und nicht sein geplantes Vorgehen. Ausnahmsweise mangelte es Alex, der sonst für seine Kreativität bekannt war, gerade in diesem Augenblick an Ideen. Dann klingelte das Telefon, und seine gedanklichen Planspiele zerstoben in alle vier Himmelsrichtungen. Enttäuscht wanderte sein Blick zu der Ausbuchtung unter seinem Bademantel. Es war verlockend, einfach stehenzubleiben und zu Ende zu führen, was er begonnen hatte; das Klingeln des Telefons ließ sich aber nicht einfach ignorieren, zumal er schon seit Stunden darauf wartete.
Er stürzte ins Schlafzimmer, hechtete übers Bett und riß den Hörer von der Gabel. Wehe, wenn die ganze Aktion jetzt umsonst war, dachte er noch, ehe er zu seiner Erleichterung feststellte, daß sich der Aufwand doch gelohnt hatte. Er hatte nämlich nicht Lisa Blairs Agenten an der Strippe, sondern die berühmte Sängerin höchstpersönlich, die sich mit ihm über die Choreographie ihres neuen Videos unterhalten wollte. »Diese Modelle sind wirklich toll«, sagte die schicke Brünette zu Meredith. »Ich bin sicher, wir können ein halbes Dutzend von jedem in Kommission nehmen.« Meredith anfängliche Begeisterung verblaßte ein wenig. Kommissionsgeschäfte waren ein Alptraum. Häufig bekam man die unverkaufte Ware verschmutzt oder beschädigt zurück, was das bißchen Profit auffraß, das man mit den verkauften Teilen machte. »Das geht in Ordnung«, hörte sie sich sagen. »Bis wann möchten Sie die Teile haben?« Die Brünette hob die zu perfekten Bögen gezupften Brauen. »In einer Woche. Ist das zu früh?« Meredith seufzte unhörbar. Eine Woche, das bedeutete, daß sie Tag und Nacht schuften mußte, um die Order fertigzustellen. »Kein Problem«, erwiderte sie mit einem gezwungenen Lächeln. »Haben Sie spezielle Farbwünsche?« Als sie wieder zu Hause in ihrer Wohnung war und sich umschaute, stellte sie fest, daß diese gemütliche Umgebung zu ihrem Gefängnis geworden war. Die ganze nächste Woche würde sie hier festsitzen und sich die Finger wund sticheln. Zum Ausgehen, Essen oder Schlafen würde ihr kaum Zeit bleiben. Jede freie Minute würde sie mit Zuschneiden und Nähen verbringen. Das ist doch genau das, was du wolltest, ermahnte sie sich. Darauf hast du seit Jahren hingearbeitet. Die Boutique, die ihre Wäsche verkaufen wollte, war eine exklusive und lag dazu noch an der Bond Street. Eigentlich sollte sie jubeln vor Freude. »Verrückte Marie«, so hatte ihre Mutter sie früher oft genannt; jetzt wußte Meredith auch, warum. Sie ging an ihren Arbeitstisch, um erst einmal aufzuräumen, bevor sie mit dem neuen Auftrag begann. Als sie dabei zufällig aus dem Fenster schaute, erblickte sie zu ihrer Überra-
schung eine Gruppe von fünf jungen Frauen, die auf der anderen Seite des Kanals den Treidelpfad entlanggingen. Alle langbeinig, attraktiv und mit Gesichtern wie Engel. Sie blieben vor der Haustür des Lagerhauses gegenüber stehen und drückten den Türöffner. Einen Augenblick später drängten sie sich kichernd durch die Tür. »Da kann sich aber jemand glücklich preisen«, murmelte Meredith vor sich hin, während sie Stecknadeln aufsammelte. Ganz automatisch wanderte ihr Blick dabei zu dem gegenüberliegenden Fenster. Soweit sie sehen konnte, schien niemand in der Wohnung zu sein. Doch dann sah sie ihn, wie er in seiner anmutigen Art durch den Raum schwebte, angetan mit einer engen schwarzen Hose und einer Weste. Mit einem beklemmenden Gefühl in der Brust, das sie sogleich als Eifersucht erkannte, beobachtete Meredith, wie sich das Zimmer gegenüber mit Menschen füllte. Genauer gesagt mit Frauen. Den Frauen vom Treidelpfad. »Soviel also zu deiner vorwitzigen Annahme, daß er einen Kieker auf dich haben könnte, du dumme Gans«, meldete sich ihre innere Stimme spöttisch. Wie sollte er auch, wenn er schon einen so ansehnlichen Harem besaß? »Hereinspaziert, meine Damen, nur hereinspaziert«, begrüßte Alex seine Besucherinnen fröhlich. Er hielt die Tür weit auf und spürte sein Interesse aufflammen, als er die fünf jungen Frauen beim Eintreten kurz musterte. Es war eine bunte Mischung aus Schwarz, Weiß, Blond und Brünett, Tänzerinnen der bestgewachsenen Sorte. Das mußten sie ja auch sein, überlegte er, als er die Gesichter studierte. Musikvideos wurden immer mit jungen Schönheiten besetzt. »Stellt eure Taschen dort drüben ab«, sagte er. »Im Schlafzimmer könnt ihr euch umziehen.« Alberta hatte das Casting übernommen. Er bewunderte ihre Professionalität. Sie hatte keine drei Stunden dafür gebraucht. »Die Tänzerinnen, die ich dir schicke, sind allererste Sahne«, hatte sie ihm am Telefon versichert. »Sie sind zwar noch jung, aber absolute Profis.« Während sich die Girls umzogen, ging Alex zu seiner Musikanlage und legte das Vorführband ein, das ihm per Kurier zugeschickt worden war. Er hatte es sich bestimmt schon zwanzigmal angehört, und ihm
schwebten bereits einige Schrittkombinationen vor. Jetzt ging es nur noch darum, zu sehen, ob sie umzusetzen waren. Mit einem Gefühl prickelnder Erregung beobachtete Alex, wie die jungen Tänzerinnen nacheinander aus dem Schlafzimmer zurückkamen. Nicht wegen ihrer perfekten Figuren und den durchtrainierten, geschmeidigen Körpern, sondern weil er es war, der ihre Bewegungen dirigieren würde. Unwillkürlich ließ dieses Wort seine Fantasie wieder aufleben. Er ertappte sich plötzlich bei dem Wunsch, daß er viel lieber Pornovideos herstellen würde, als Tanzschritte zu choreographieren. Wahrscheinlich war das auch der Grund für seinen Erregungszustand. Während die jungen Frauen ihre Aufwärmgymnastik absolvierten, auf der er bestanden hatte, und sich vor ihm dehnten und streckten, fuhr seine Fantasie mit ihm Schlitten. Wo bleibt deine Professionalität? fragte er sich ärgerlich und versuchte dabei angestrengt, die Bewegungen dieser Körper als perfekte pliés und jêtes wahrzunehmen und nicht als wilde, zügellose Sexpositionen. Eine der jungen Frauen, ein farbiges Girl mit einer lustigen Zöpfchenfrisur, erregte seine besondere Aufmerksamkeit. Das erstaunte ihn, da er nie eine spezielle Vorliebe für schwarze Schönheiten gehabt hatte. Trotzdem- mußte er sie immer wieder ansehen. Als sie sich, die Nase an die Knie gepreßt, in der Taille vornüberbeugte, so daß ihre Zöpfe über dem Boden baumelten, konnte er nicht umhin, die Rundungen ihrer Hinterbacken zu bewundern. Einen kurzen Augenblick überließ er sich der tolldreisten Vorstellung, sie von hinten zu packen und in ihre intimsten Regionen einzudringen. Das kam nur davon, beschwichtigte er sich, weil er heute morgen nicht hatte zu Ende masturbieren können. Lisa Blairs Anruf hatte ihn in einen derartigen Erregungs- und Aktivitätsrausch versetzt, daß er darüber sogar das nackte Mädchen von gegenüber vergaß. Als er sich wieder an sie erinnerte, war es zu spät. Sie war verschwunden – und seine Erektion ebenfalls. Er rekapitulierte noch einmal rasch die Schrittkombinationen für die Eröffnungstakte, die er sich überlegt hatte. Das Video sollte, wie man ihm gesagt hatte, in einer stillgelegten Tankstelle spielen. Lisa Blair würde in einem alten rosa Cadillac vorgefahren kommen, und ein paar schwarze Tänzer – die man bis jetzt noch nicht ausgesucht hatte – sollten die Tankwarte spielen. Lisa hoffte die ganze Chose binnen sechs
Wochen im Kasten zu haben. Zwar hatte sie Alex und Alberta zugestimmt, als diese meinten, daß ihr da sämtliche Götter gnädig sein müßten, doch als Alex ihr versicherte, sein Bestes zu geben, schien sie ganz zuversichtlich. So zuversichtlich, daß sie Alex für Ende nächster Woche zum Abendessen einlud – Zeit und Ort sollten noch verabredet werden. Er wandte seine Aufmerksamkeit wieder den Tänzerinnen zu und mußte Alberta recht geben, daß sie wirklich alle Profis waren. Nur die Bewegungen der schwärzen Tänzerin waren, wie er sich ein wenig enttäuscht eingestehen mußte, im Vergleich zu den anderen etwas unkoordiniert. Was das alte Sprichwort, daß die Schwarzen den Rhythmus im Blut haben, offenbar widerlegt, dachte er mit einem schiefen Lächeln. »Was gibt’s denn so Lustiges, Süßer?« überraschte ihn die Schwarze mit ihrer Frage. »Erzähl’s uns, wir möchten auch mitlachen.« »Nichts, wirklich, gar nichts«, erklärte er und schüttelte zur Bekräftigung den Kopf. Einen Moment lang ließ er seinen Blick auf dem hübschen runden Gesicht ruhen, aus dem ihm zwei dunkle Augen entgegenblitzten. Als er das vertraute Ziehen im Unterbauch spürte, wußte er plötzlich, daß sie anschließend noch für eine kleine ›ExtraÜbungsstunde‹ dableiben würde. Er riß sich von ihr los und schloß die ganze Gruppe in seinen Blick ein. »Mir ist gerade eingefallen, daß wir die Vorstellungsprozedur noch gar nicht absolviert haben«, sagte er. »Aber ich würde vorschlagen, die Geschichte ganz gemütlich anzugehen. Ich mache uns erst eine Kanne Kaffee.« Sie saßen in seinem spartanisch eingerichteten Wohnzimmer; drei Mädchen auf dem Sofa, zwei auf dem Boden davor und er selbst in seinem Ledersessel. Während sie vorsichtig an den Tassen mit dem heißen Kaffee nippten, stellten sie sich vor. Die drei Damen auf dem Sofa, zwei mit kurzen blonden Haaren und eine Brünette mit schulterlangem Bob waren Karen, Philippa und Kerry. Die beiden, die auf dem Boden saßen, noch eine Brünette und Alex’ Favoritin, stellten sich als Pamela und Regina vor. Regina? Regina, fiel Alex unwillkürlich ein, reimt sich auf… Doch sofort verscheuchte er den pubertären Gedanken mit einem Lächeln. Von ihrem Platz am Fußboden aus sah Regina zu Alex hoch und grinste breit. Dem Himmel sei Dank, Regina kann offenbar meine idioti-
schen Gedanken lesen und findet mich trotzdem interessant, dachte er und erwärmte sich gleich noch ein bißchen mehr für sie. Jede Frau, die mit so einem Namen leben und dennoch so fröhlich sein konnte, mußte es wert sein, daß man sie näher kennenlernte. Die folgenden zehn Minuten unterhielten sie sich über das Video und über Lisa Blairs Musik im allgemeinen. Die meisten Girls waren glühende Fans von Lisa, nur Philippa, die Alex als die coolste von allen einschätzte, erklärte, nicht viel mit zeitgenössischer Musik am Hut zu haben – sei sie nun populär oder nicht. »Ich bin ein klassischer Typ«, ließ sie die anderen wissen und strich sich dabei mit einer affektierten Geste die blonden Haare zurück. »Tschaikowsky oder Verdi, die lasse ich mir jeden Tag gefallen.« Sie mußte es nicht aussprechen, um klarzustellen, daß sie viel lieber in einer Ballettproduktion tanzen würde als in einem Popvideo. Alex wußte im gleichen Augenblick, daß Philippa und er irgendwann zusammenrumpeln würden. »Ach, ich bin nicht so wählerisch, solange es ums Tanzen geht«, warf Regina ein, wofür Alex sie am liebsten an die Brust gedrückt hätte. »Mann, ihr überkandidelten Weiber geht mir echt auf die Nerven.« Sie ließ ein Lachen hören, das wie tröpfelndes Wasser klang, und blickte sich zustimmungsheischend um. Nur Kerry wagte es, sich auf ihre Seite zu stellen. »Ist es nicht besser, zu tanzen und gesehen zu werden, Philippa?« fragte sie mit ihrer dunklen Stimme. »Ich meine, ist es nicht genau das, wonach wir alle streben?« Statt einer Antwort warf Philippa geziert den Kopf in den Nacken. Sie stellte die unberührte Kaffeetasse ab und stand auf. »Wenn ihr nichts dagegen habt, werde ich ein bißchen trainieren, anstatt die Zeit mit albernem Geplauder zu vergeuden«, sagte sie in einem so anklagenden Tonfall, daß sie anderen zusammenfuhren und schuldbewußt zu Boden starrten. Ein paar Mädchen schickten sich an, ebenfalls aufzustehen und Philippa an den barre zu folgen, doch Alex winkte sie mit einer Handbewegung auf ihre Plätze zurück. »Nein, ihr nicht«, sagte er. »Setzt euch wieder hin.« Er warf einen verstohlenen Blick in Richtung barre, an dem Philippa stand und das rechte Bein kerzengerade über den Kopf streckte. »Wißt ihr, ich glaube,
Philippa ist deshalb so zickig, weil sie nur an die Arbeit denkt und sich keinen Spaß gönnt.« Philippa ließ das rechte Bein fallen und starrte ihn wütend über die Schulter hinweg an. Die anderen kicherten nervös. Na, prima, dachte Alex und hätte sich am liebsten für sein loses Mundwerk geohrfeigt. Eine blöde Bemerkung, und schon habe ich die Weichen für den Umgangston der nächsten sechs Wochen gestellt.
4 Genau wie Alex es vorhergesehen hatte, fand Regina eine Entschuldigung, um zurückzubleiben, als die anderen Tänzerinnen sich zum Gehen anschickten. »Moment mal«, sagte sie, während sie vorgab, in ihrer großen Tasche herumzukramen. »Anscheinend habe ich meine Leggings im Schlafzimmer liegenlassen.« »Na, dann geh sie schnell holen«, erwiderte Alex grinsend. Er beobachtete, wie sie ins Schlafzimmer flitzte, sich dann in der Tür umdrehte und den vier anderen Mädchen zum Abschied zuwinkte. Alex’ Herz legte vor Vorfreude gleich ein paar Takte zu. So eine schnuckelige Biene im Schlafzimmer, fand Alex, war als krönender Abschluß für einen beinahe perfekten Tag genau das richtige. Wie der Zufall es wollte, sah Meredith gerade in dem Augenblick von ihrer Arbeit hoch, als die Tanztruppe das Haus gegenüber verließ. Doch fix und fertig, wie sie momentan war, registrierte ihr Gehirn nicht, daß eines der Mädchen zurückgeblieben war. Nachdem sie im Lauf des Nachmittags mehrere Male einen Blick in die gegenüberliegende Wohnung geworfen hatte, war sie rasch zu dem Schluß gelangt, daß diese jungen Schönheiten nicht die Haremsdamen ihres geheimnisvollen Gegenübers waren, sondern vielmehr Tänzerinnen. Weiter sagte ihr ihre hervorragende Kombinationsgabe, daß er ebenfalls dieser Gilde angehören mußte. Angenehm überrascht von dieser neuen Entdeckung, fragte sie sich, ob er wohl ein berühmter Tänzer war, wenngleich er ihr nicht bekannt vorkam. Immerhin erklärte das seine außergewöhnlich graziösen Bewegungen, und die Erkenntnis, daß er, wie sie auch, keine geregelten Arbeitszeiten hatte, machte ihn nur noch interessanter. Als Tänzer mußte er – wie sie auch – über ein gewisses Maß an Kreativität verfügen und über eine Menge Elan und Entschlossenheit – wie sie auch. All dies ließ ihre Sympathien für ihren unbekannten Nachbarn ansteigen, als habe sie in ihm eine verwandte Seele erkannt. Jetzt war ihr
auch klar, weshalb sie sich so stark zu ihm hingezogen fühlte, und das neugewonnene Wissen über ihn verstärkte nur den Wunsch, ihn näher kennenzulernen. Ohne sich bewußt zu sein, daß sie immer noch dastand und zu seinem Fenster hinüberstarrte, sah sie ihn durchs Zimmer gehen. Einen Augenblick später beobachtete sie, daß sich eine junge, dunkelhaarige Frau zu ihm gesellte. Sie trug hautenge weiße Leggings, die ihren knakkigen Hintern und die muskulösen Beine aufs vorteilhafteste in Szene setzten. Das Oberteil, ein knallpinkes T-Shirt, ließ eine Handbreit braunen Bauch und ein paar große Brüste erkennen, die offenbar ohne die Stütze eines BHs auskamen. Solche Möpse müssen beim Tanzen ganz schön hinderlich sein, überlegte Meredith, und bei der Vorstellung, daß sich das arme Ding damit bestimmt regelmäßig ein paar blaue Augen schlug, begann sie unwillkürlich zu kichern. Doch kurz darauf riß sie die eigenen Augen auf, als sie sah, wie die junge Frau sich an die Brust ihres Nachbarn warf und sich an ihm rieb wie ein Kätzchen. Den immer näher rückenden Liefertermin vor Augen, wußte Meredith, daß sie es sich nicht leisten konnte, die Arbeit zu unterbrechen und diese beiden Turteltauben zu beobachten, doch sie konnte sich nicht beherrschen. Sie sah seine Hände auf ihren drallen Hinterbacken, sah, wie seine Finger ihr Fleisch kneteten, und spürte plötzlich ein unfreiwilliges Prickeln zwischen den Beinen. Sie preßte die Pobacken fest zusammen und stellte sich vor, es sei ihr Hintern, den seine Hände erforschten. Tatsächlich konnte sie die Berührung seiner Hände beinahe spüren. Auch das Kribbeln in ihren Brustwarzen, als dieselben Hände die schwellenden Brüste des Mädchens unter dem pinkfarbenen Elastikmaterial umfaßten, war in seiner Intensität nicht zu leugnen. Meredith überliefen heiße und kalte Schauer, und ihr wurde plötzlich so schwindlig, daß sie sich unwillkürlich an der Kante des Arbeitstischs festhielt. Sie mußte unbedingt von diesem Fenster weg, hatte aber das Gefühl, als sei sie am Boden festgewachsen. Da war dieses starke, sinnliche Verlangen, das sie ja hätte verstehen können, wenn sie sich nicht erst am Abend zuvor mit diesem Fergal ausgetobt hätte. Bin ich eine dieser nymphomanen Hyänen, fragte sie sich, wenn es mich derart antörnt, andere Leute heimlich bei ihren Liebesspielen zu beobachten? Es war, als schaute sie sich ein Video an, während sie den
Stuhl zu sich heranzog, um das weitere Treiben gegenüber in aller Bequemlichkeit zu verfolgen. Die Gedanken an ihre Arbeit hatten sich schon lange verflüchtigt. Mit wachsender Erregung schaute sie zu, wie das Mädchen sich das TShirt über den Kopf zog, wie ihre kleinen Zöpfe hüpften, als sie den Kopf schüttelte. Achtlos warf sie das Hemd über die Schulter und drückte gleichzeitig ihre Brüste in die wartenden Hände des Mannes. Meredith schlang die Arme um ihren Körper und beobachtete fasziniert, wie seine Finger mit den aufgerichteten dunklen Nippeln des Mädchens spielten. Verstohlen ließ Meredith eine Hand an sich hochwandern, tastete nach ihren eigenen Nippeln, um damit zu spielen. Die können mich nicht sehen, beruhigte sie sich. Und wenn, dann interessiert sie das bestimmt einen alten Hut, so beschäftigt wie die miteinander sind. Meredith hatte nur teilweise recht. Regina hatte nicht bemerkt, daß sie gegenüber am Fenster saß, wohl aber Alex. Er hatte sie bei einem flüchtigen Blick nach draußen entdeckt, und das Bild ihres Gesichts mit dem erstarrten Ausdruck stand an erster Stelle, als er sich überlegte, wie er diese Szene spielen sollte. Das ist wie eine Choreographie, stellte er mit einem freudigen Gefühl fest. Es war an ihm, den nächsten Schritt zu tun, und nun bot sich ihm die Chance, ihr zu zeigen, was er draufhatte. Er flüsterte Regina etwas Unanständiges ins Ohr und wartete darauf, daß sie kicherte. Regina tat ihm den Gefallen und kicherte zu seinem Entzücken so heftig, daß ihre vollen Brüste wie Wackelpudding in seinen Händen waberten. Er griff fester zu, drückte sie zusammen und hob die Nippel an seine Lippen. Den Kopf vornübergebeugt und die Haare vorm Gesicht, konnte er ›Julia‹ nicht mehr sehen, auch nicht, wenn er verstohlen zur Seite schielte. Aber im Augenblick genügte es ihm völlig, mit der Zunge die köstlich duftenden Beeren zu lecken. Daß die steifen Nippel sich weiter aufrichteten, als er mit den Lippen daran zupfte, steigerte sein Lustgefühl noch erheblich. Angespornt von Reginas entzücktem Stöhnen, begann er zärtlich an den süßen Früchten zu knabbern. Sein Schwanz in der engen schwarzen Gymnastikhose reckte sich zu voller Größe, als Regina ihr Becken dagegen
drückte und den Rücken durchbog. Er spürte, wie ihre festen Oberschenkel sich zwischen seine Beine schoben und an seinen Lenden rieben. Ihre Hände waren überall auf seinem Rücken, zerrten das TShirt hoch und kneteten sein nacktes Fleisch. Ihre Fingernägel gruben sich wie scharfe Klingen in seine Haut. Alex wich ein wenig zurück, aus Sorge, sie würde ihm den Rücken zerkratzen. Das konnte sich äußerst negativ auf seine Casting-Chancen auswirken. Das Publikum hatte nämlich kein Interesse daran, auf dem Körper eines Tänzers die Spuren seiner nächtlichen Ausschweifungen zu entdecken. Ihren Nippel zärtlich zwischen den Zähnen eingeklemmt, langte er nach hinten und bedeutete ihren Händen, sich mit etwas Nützlicherem zu beschäftigen. Er legte sie an seinen Schwanz und drückte sie gegen die mächtige Schwellung, für den Fall, daß sie diese noch nicht bemerkt haben sollte. Diese Sorge war jedoch unbegründet. In null Komma nichts hatte Regina die Hände an seiner Hose, und ihre Finger betätigten sich eifrig an seinem steifen Schaft. Sie zog ihm die enge Hose über die Hüften, weit genug, daß seine jetzt voll erigierte Männlichkeit sich ungehindert in die Höhe recken konnte. Alex hob den Kopf und spähte zur Seite. Er mußte es tun, es war wie ein Zwang. Und da war sie: Seine ›Julia‹, die geschockt und gleichzeitig hingerissen zu sein schien. In diesem Augenblick hätte er sich beinahe dazu hinreißen lassen, ihr zuzuzwinkern, wußte aber, daß das ein grober Fehler gewesen wäre. Zudem wollte er sie nicht wissen lassen, daß er gemerkt hatte, daß sie ihn beobachtete, für den Fall, daß es ihm gelingen sollte, ihr die gebührende Ehrfurcht beizubringen. Er streifte die Hose und die dicken Socken ab und zog das T-Shirt aus. Nackt stand er vor Regina und musterte ihr Gesicht, in dem sich die Freude über den Anblick spiegelte, den er ihr bot. Ja, sie enttäuschte ihn nicht. Ihr Gesichtsausdruck war der einer halbverhungerten Frau, die sich plötzlich einem saftigen Leckerbissen gegenübersieht. »Oh, Baby«, stöhnte sie und verschlang ihn dabei förmlich mit ihren Blicken. »Mommy wird’s dir gut besorgen.« Mit diesen Worten sank sie vor ihm auf die Knie, nahm seinen Schwanz in die Hand und dirigierte ihn zwischen ihre vollen Lippen. Sie lutschte so kräftig, als wollte sie den letzten Tropfen aus ihm heraussaugen. Dann änderte sie ihre Taktik unversehens, tippte mit der
Zungenspitze nur leicht gegen den Schaft und die Eichel, ehe sie ihn mit federleichten Berührungen ihrer Fingerspitzen verwöhnte. Halb von Sinnen vor Lust, klammerte Alex sich stöhnend an den kleinen Zöpfchen fest, was ein eher enttäuschendes Unterfangen war, wie er in einem lichteren Moment feststellte. Eigentlich hätte er jetzt am liebsten in einen dicken Haarschopf gegriffen. Doch schon wenige Augenblicke später zogen ihn Reginas wundersame orale Fertigkeiten dermaßen in den Bann, daß er nicht weiter über ihre Haartracht nachgrübelte. »Ja, oh, ja, das ist gut«, feuerte er sie an, angestrengt der Versuchung widerstehend, ihr seinen Schwanz tief in den Rachen zu rammen. Er schielte wieder zu Julia hinüber, und es wäre ihm um ein Haar gekommen, als er sah, daß sie ganz offensichtlich masturbierte. Zugegeben, sie tat es durch ihre Kleidung hindurch, doch die Erinnerung an ihren nackten Körper, den er am Morgen gesehen hatte, war noch ganz frisch. Alex besaß genug Fantasie, die beiden Bilder vor seinem inneren Augen zu einem verschmelzen zu lassen. Mit dem letzten Quentchen Selbstbeherrschung machte er sich von Regina frei und zerrte hastig an ihren Leggings. Die ließen sich mühelos abstreifen, und der schwarze Haarbusch im Dreieck zwischen ihren Schenkeln verriet ihm, daß sie keine Unterwäsche trug. Als Regina mit den Beinen strampelte, um sich endgültig der engen Hose zu entledigen, konnte Alex an den Härchen ihrer Schamlippen die feuchten Perlen ihrer Lust schimmern sehen. Dazwischen lugten die delikat geformten inneren Lippen hervor, die den gleichen pflaumenartigen Farbton und die üppige Fülle hatten wie ihr Mund. Alex, der sein eigenes dringendes Bedürfnis zunächst außer acht ließ, tauchte zwischen ihre wild strampelnden Beine und preßte seinen Mund gierig auf ihr saftiges Geschlecht. Geschickt teilte er mit der Zunge ihre äußeren Schamlippen und labte sich an ihrem weichen Kern. Das kleine Köpfchen ihrer Klitoris war angeschwollen, und er leckte es so lange mit der flachen Zunge, bis sie vor Wollust aufschrie. Nun ließ Alex seinen animalischen Instinkten freien Lauf. Er packte ihre starken Oberschenkel, spreizte sie weit auseinander und drückte sie ihr auf die Brust, so daß sich ihre Möse ihm in aller Verletzbarkeit präsentierte. Er empfand ein dämonisches Vergnügen dabei, mit Hilfe seiner Zunge und den Lippen ihr inneres Feuer anzufachen, sie bis kurz
vor den Höhepunkt zu treiben, um dann wieder von ihr abzulassen, was Regina schier um den Verstand brachte. »Fick mich. Um Himmels willen, fick mich, Alex!« verlangte sie. Alex überhörte ihr Flehen. Er spürte, wie sich ihre Fingernägel in seine Schultern bohrten, aber selbst das tangierte ihn jetzt nicht mehr. Das hier war die Vorstellung seines Lebens, nicht nur für ihn und Regina, sondern in erster Linie für ›Julia‹. Doch als er ein drittes Mal zu ihr hinüberspähte, stellte er mit einem Gefühl grenzenloser Enttäuschung fest, daß sie ihn nicht mehr beobachtete. In der stillen Abgeschiedenheit ihres Schlafzimmers lag Meredith auf dem Bett, Arme und Beine weit von sich gestreckt, und bemühte sich verzweifelt, sich wieder in einen halbwegs normalen Zustand zu versetzen. Sie war so wahnsinnig geil gewesen, daß der schnelle Orgasmus, zu dem sie sich eben verholfen hatte, nicht die beabsichtigte Wirkung zeigte. Sie war krank vor Verlangen und litt fürchterliche Qualen. Mit wilder Entschlossenheit schob sie zum zweiten Mal ihre Hände zwischen die Schenkel. Sie war von vorhin noch ganz naß, als ihre Finger in vertrautem Rhythmus wieder mit ihrem intimsten Körperteil zu spielen begannen. Das kurze Vergnügen, das sie sich gegönnt hatte, hatte bei weitem nicht ausgereicht, ihre grenzenlose Lust zu befriedigen. Sie stieß zwei Finger tief in ihren feuchten Tunnel, während die Finger der anderen Hand routiniert ihre geschwollene Klitoris rieben. Was die Sache noch schlimmer machte, war die Tatsache, daß sich die Szene, deren Zeugin sie vorhin geworden war, tief in ihre Erinnerung eingebrannt hatte. Als ob es nicht schon grausam genug gewesen wäre, ihren Nachbarn in all seiner nackten Erhabenheit von fern betrachten zu müssen, war sie auch noch gezwungen gewesen, mitanzusehen, wie der prachtvolle Schwanz immer wieder zwischen die Lippen dieser schwarzen Schönheit glitt. Dann… Oh, Gott, und dann – das Bild, das ihr so klar und deutlich vor Augen stand, ließ ihre Finger wie wild um ihr heißes Fleisch gleiten – hatte er sich wie ein Tier über sie hergemacht. Hatte sie mit einer solchen Gier genommen, daß Meredith sich gerade noch beherrschen konnte, sich nicht die Kleider vom Leib zu zerren, die Balkontüren aufzureißen und hinüberzubrüllen: »Mich als nächste!«
»Bitte, mich auch«, stöhnte sie lautlos, halb von Sinnen vor Verlangen. Wenn sie etwas bei ihrem Liebesspiel mit Fergal vermißt hatte, dann war das seine Zunge zwischen ihren Beinen gewesen. Verdammt, warum habe ich gestern nicht darauf bestanden? War sie zu feige, Forderungen zu stellen? Mußte sie dankbar sein für das, was er ihr gegeben hatte? Der Typ von gegenüber, der wußte offenbar, was guter Sex war. Geben und nehmen, dachte sie bei sich und rieb noch heftiger. Nicht nur nehmen. Fünf Sekunden später kam sie, und das mit einer Heftigkeit, die sie selbst überraschte. Sie war mit den Gedanken nicht einmal richtig bei der Sache gewesen. In diesem Augenblick wurde ihr bewußt, daß ihr Verlangen nach diesem Mann – ihrem Traumprinzen, den sie nicht einmal kennengelernt hatte – viel stärker war, als sie es je für möglich gehalten hätte. Ansonsten wäre es wohl kaum zu dieser Reaktion gekommen. »Noch nicht, Meredith«, tröstete sie sich, während sie sich auf die Seite drehte und wie ein Fötus im Mutterleib auf dem antiken Spitzenbettüberwurf kauerte. »Du hast ihn noch nicht kennengelernt…« Alex hätte lügen müssen, wenn er behauptet hätte, die Nacht mit Regina nicht in vollen Zügen genossen zu haben. Er hatte sie in allen möglichen Stellungen gefickt – auf ihr, unter ihr, an der Wand stehend, unter der Dusche und gleich anschließend noch einmal auf dem Badezimmerboden. Regina war offenbar unersättlich und besaß so viel Kraft und Ausdauer, daß sie ihn beinahe fertiggemacht hätte. Beinahe. Das unerwartete Verschwinden von ›Julia‹ hatte auf ihn nämlich die gleiche Wirkung gehabt wie eine eiskalte Dusche. Plötzlich war seine Leidenschaft fast völlig erloschen und hatte in ihm das Gefühl zurückgelassen, etwas begonnen zu haben, das er im Grunde gar nicht mehr zu Ende führen wollte. Doch da er erstens von Natur aus ein Gentleman war und zweitens den Anblick ihres nackten, kurvenreichen Körpers, der sich vor ihm so lasziv auf dem harten Holzboden aalte, nur schwer ignorieren konnte, gab er sich einen Ruck. Indem er sich auf ihr Vergnügen und den süßen, honigartigen Geschmack ihrer Möse konzentrierte, gelang es ihm, seine erschlaffende Männlichkeit wieder aufzurichten. Alles Weitere ergab sich von selbst.
Für Alex war es purer Sex gewesen, wie er sich eingestand, nachdem Regina gegangen war. Er war nicht sonderlich erpicht darauf gewesen, daß sie die ganze Nacht bei ihm blieb, und hatte ihr deshalb ein Taxi nach Hause bezahlt – mit der Ausrede, daß sie den anderen nicht auf die Nase binden sollten, daß zwischen ihnen etwas lief. »Stell dir nur vor, wie Philippa die Sache aufbauschen würde«, meinte er besorgt, obgleich es ihm herzlich egal war, was diese verrückte Kuh von ihm dachte. »Sie wird dir vorwerfen, meine Lieblingsschülerin zu sein, und dir und uns allen das Leben zur Hölle machen.« Zu seiner Erleichterung zeigte sich Regina verständnisvoll, obgleich ihr Gesichtsausdruck eine derartige Enttäuschung verriet, daß Alex es sich beinahe noch anders überlegt hätte. Glücklicherweise hielt ihn ein später Anruf von Alberta so lange auf, daß Regina in der Zwischenzeit ihre Sachen packen konnte. Als er den Hörer auflegte, war sie bereits angezogen und stand mit ihrer Tasche in der Hand im Schlafzimmer. »Danke, Alex«, sagte sie und lächelte dabei gezwungen. »Das war toll. Wirklich ganz toll.« Alex, der sich vorkam wie das größte Schwein und sich gleichzeitig über dieses Gefühl ärgerte, nickte nur. War das nicht der Stil der liberalen Neunziger, fragte er sich. Waren sie nicht beide erwachsene Menschen? Wer sagt denn, daß Sex irgendwelche Verpflichtungen mit sich bringt? Trotzdem, als er Regina vom Fenster aus hinterhersah, wie sie den Treidelpfad entlang zu dem wartenden Taxi ging, wurde er das Gefühl nicht los, daß er sich mit diesem spontanen Abenteuer selbst eine Rute geflochten hatte. Was ihn jedoch nicht davon abhielt, sofort dem nächsten Impuls zu folgen und einen Blick zur gegenüberliegenden Wohnung zu werfen. Von einer kleinen Lichtquelle abgesehen, die ›Julias‹ hinreißende, am Fenster sitzende Gestalt beleuchtete, war dort alles dunkel. Das Licht kam von einem Spot und schien ihre wunderschönen Züge mit einem geheimen Zauber zu erfüllen. Sie trug etwas Weißes mit langen Ärmeln, das sie ganz und gar einhüllte. In diesem Gewand ähnelte sie noch mehr der schönen Heldin aus einer längst vergangenen Zeit. Zu seiner Freude sah sie hoch. Dabei fing sich das Licht in ihrem blonden offenen Haar und umrahmte ihr Haupt wie mit einem Heiligenschein. Sie sah ihn direkt an. Eine Weile verharrten sie beide bewegungslos, hielten sich mit ihren Blicken fest, eine kurze Zeitspanne dem
Hier und Jetzt entrückt, die eine Ewigkeit zu dauern schien. Doch dann streckte sie mit einer, wie es Alex schien, widerstrebenden Gebärde die Hand aus und löschte das Licht. Alex starrte weiterhin über den Treidelpfad hinweg in das Fenster gegenüber, in der Hoffnung, sie würde das Licht wieder anknipsen. Aber ihm blieb nur der Anblick ihrer fahlen, geisterhaften Silhouette, die sich noch einen Moment in der Nähe des Fensters aufhielt, ehe sie verschwand. Als sie nach etlichen Minuten nicht wieder aufgetaucht war, stieß Alex einen tiefen Seufzer aus und verließ seinen Platz am Fenster. Wenn er sie schon nicht im wirklichen Leben haben konnte, so blieben ihm wenigstens die Träume von ihr, auf die er sich freuen konnte. Die Notwendigkeit zu arbeiten hatte die Oberhand gewonnen und Meredith an den Zuschneidetisch zurückgetrieben. Dort kämpfte sie tapfer gegen die Versuchung, den Blick zu heben und zu schauen, was sich in der anderen Wohnung tat. Allem Anschein nach ein SexMarathon, entschied sie, als sie ihren voyeuristischen Neigungen doch wieder nachgegeben hatte. Nachdem sie sich selbst etliche Orgasmen beschert, eine heiße Dusche genommen – zu einer kalten hatte sie sich nicht überwinden können – und das biedere viktorianische Nachthemd angezogen hatte, das sie ihren Lustkiller nannte, verspürte sie nicht mehr jenes brodelnde, jeden vernünftigen Gedanken ausschaltende Verlangen. Jetzt war sie in der Verfassung, das rege Treiben gegenüber mit einer Art von unbeteiligter Faszination zu verfolgen. Faszination war allerdings fraglos mit im Spiel. Sie betrachtete die beiden nackten, sich vereinenden Körper wie mit den Augen eines Malers. Ihre kreative Seite registrierte erfreut den Anblick glänzender Haut, die sich über fein modellierte Muskeln spannte. Sie konnte sich deren Textur genau vorstellen, konnte die seidige Geschmeidigkeit dieser Haut beinahe fühlen, die schweißbedeckte Hülle, die sie, in ihrer Vorstellung, mit Babyöl eingeschmierten Gummilaken vorzog. Nicht, daß sie diese Erfahrung schon selbst gemacht hätte, erinnerte sie sich und mußte bei dem Gedanken unwillkürlich lächeln. Aber warum eigentlich nicht? Irgendwann einmal? In nicht allzu ferner Zukunft, wie sie hoffte.
Während sie an ihrem Arbeitstisch saß, zuschnitt, nähte und hin und wieder hochblickte, sann sie über die Fülle der Fantasien nach, die sich in ihre Vorstellung schlichen. Gefesselt zu werden war eine ihrer Lieblingsfantasien, oder auch auf einer tropischen Insel in der Brandung herumzutollen, einem völlig unsympathischen Typ einen unsittlichen Antrag zu machen, sich von einem halben Dutzend Männern den nackten Körper mit Schlagsahne einreiben und diese dann ablecken zu lassen… Hör auf damit! ermahnte sie sich, als sie merkte, daß es ihr schon wieder merkwürdig heiß wurde. Sie stützte die Ellbogen auf den Tisch, ließ ihre Näharbeit fallen und das Kinn in die Hände sinken. Das Paar gegenüber war noch immer hart am Arbeiten – Meredith kicherte über das unbeabsichtigte Wortspiel –, wobei das schwarze Girl momentan den Hauptteil erledigte. Die winzige Flamme ihres wiedererwachten Interesses züngelte bereits an dem weichen Fleisch zwischen ihren Schenkeln, als Meredith die junge Frau mit gegrätschten Beinen auf dem Mann – ihrem Mann, wie sie ihn inzwischen bezeichnete – auf und ab federn sah. Es war nicht zu übersehen, daß das Mädchen genau wußte, wie sie zu ihrem Spaß kam, und ihre Sexualität in vollen Zügen genoß. Eine ihrer Fantasien, für die Meredith sich fast schämte, war Sex mit einer anderen Frau. Der eine Teil von ihr fand das pervers, während der andere fasziniert war von den sinnlichen Erlebnissen, die eine solche Begegnung bieten konnte. In Nottingham hatte sie die Bekanntschaft einiger bisexueller junger Frauen gemacht und deren unbeschwerte Angebote, doch einmal ›richtig guten Sex‹, wie sie es nannten, auszuprobieren, mit einem Lachen abgelehnt. Im Inneren hatte sich jedoch schon damals eine verborgene Neugierde geregt, wie eine erotische Verbindung mit einem Partner des eigenen Geschlechts wohl sein mochte. Als sie jetzt versuchte, die junge Schwarze mit einem leidenschaftslosen Blick zu betrachten, konnte sie sich dem Reiz ihrer vollen Brüste, die schwungvoll auf und ab wogten, als sie auf dem Mann ritt, und ihres runden, festen Hinterns nur schwer entziehen. Die Hände flach auf seine Brust gestützt, bog sie den Rücken durch, warf den Kopf in den Nacken und stöhnte mit weit geöffnetem Mund.
Ohne es bewußt zu forcieren, begann Meredith zu überlegen, wie es sich wohl anfühlen mochte, ihre Hände über diese samtige, dunkle Haut gleiten zu lassen, den herrlichen Kurven und Konturen zu folgen. Sie erschauderte bei dieser Vorstellung und dem gleichzeitigen Gedanken an fremde Frauenhände, die ihren Körper auf die gleiche Weise erforschten. Wie das wohl sein mochte, fragte sie sich und schaute sich suchend auf dem Arbeitstisch nach dem Glas mit Mineralwasser um; ihr Mund war plötzlich staubtrocken geworden. Doch zunächst einmal stellte sich die entscheidende Frage, ob sie jemals die Gelegenheit haben würde, solch eine Erfahrung zu machen. Es war am nächsten Tag. Die Sonne war früh aufgegangen, und eine segensreiche kühle Brise, die über das verlassene Gelände wehte, milderte die sengende Mittagshitze ein wenig. Die Balletttruppe stand mit zwei schwarzen Tänzern, die Alberta noch geschickt hatte, lachend und plaudernd um eine der ausrangierten Benzinpumpen aus den fünfziger Jahren herum. Ein paar Meter entfernt von ihnen war Alex mit Lisa Blair und dem Regisseur, Sam McNeill, in ein vertrauliches Gespräch vertieft. Sam war, wie Alex wußte, eine anerkannte Größe unter den Videoregisseuren, der schon etliche Auszeichnungen für Musik- und Werbevideos eingeheimst hatte. Er war ein dünner, drahtiger Mann mit rotem Haarschopf und Ziegenbart, der, wie man das als Regisseur eben tat, nur in Schwarz herumlief. Obwohl er sie schon im Fernsehen gesehen hatte, war Alex von der echten Lisa Blair doch überrascht. Sie war viel kleiner als im Film, stellte er fest, maß höchstens eins sechzig und trug offenbar Kindergröße. Ihre Beine haben den gleichen Umfang wie meine Unterarme, dachte Alex bei sich. Mit den schulterlangen, walnußbraunen Haaren, die sich um ihr feingeschnittenes, ovales Gesicht wellten, sah sie jedenfalls so zugänglich aus, wie er sie sich vorgestellt hatte. Am Telefon hatte ihr Tonfall nett geklungen, doch kaum hatte er fünf Minuten mit ihr gesprochen, mußte er feststellen, daß sie, was Zusammenarbeit betraf, keineswegs zu den unkomplizierten Personen zählte. Gleich zu Anfang des Gesprächs hatte sie mit einer Liste von Geund Verboten aufgewartet, gefolgt von einem Katalog von Forderun-
gen, die Alex’ virtueller Kreativität von vornherein die Zwangsjacke anlegten. »Ich will nichts von diesem pseudo-künstlerischen Firlefanz«, stellte Lisa unmißverständlich klar und schnippte eine lange Aschesäule von ihrer Zigarette. »Keine Ballettschritte. Kein graziöses Armgewedel. Das Ganze muß zackig und beherzt wirken. Ich will, daß die Mädchen stark und selbstbewußt herauskommen. Ein paar Kung-Fu-Bewegungen wären nicht schlecht«, fügte sie hinzu, als sei ihr das gerade erst eingefallen. »Ein paar Fußkicks in Kopfhöhe, so was in der Art. Ja, ich denke, das würde sich gut machen.« Als ihr Gesicht einen träumerischen Ausdruck annahm, stieß Alex einen lautlosen Seufzer aus. Er hörte ihr zu und wunderte sich, wie sie sich bei ihrem Zigarettenkonsum eine derart gute Stimme hatte bewahren können. Die Tanzsequenzen, die er sich ausgedacht hatte, basierten alle auf Ballettschritten, und das bedeutete, daß er alles noch einmal neu choreographieren mußte. Er hätte heulen können bei dem Gedanken an all die Arbeit, die er und seine Tänzerinnen bereits investiert hatten und die nun völlig für die Katz war. Er wußte auch, daß die Girls darüber ebenso wenig begeistert waren wie er. Philippa – die wahre Primadonna – war denn auch, wie sollte es anders sein, die erste, die ihrem Unmut laut Ausdruck verlieh. »Ist ihr denn nicht klar, daß ich eine Künstlerin bin«, jammerte sie und rang dabei theatralisch die Hände, »und nicht ein Bruce-Lee-Verschnitt? Gütiger Himmel!« Sie erschauderte, als sei der Gedanke allein schon eine Horrorvision. »Alles klar, Kinder?« rief Sam und steuerte auf die kleine Gruppe zu, die sich verschwörerisch um die Tanksäule scharte. Er rieb sich heuchlerisch die Hände und hatte ein strahlendes, kollegiales Lächeln aufgesetzt. »Nicht ganz«, murmelte Alex, den das schlechte Gefühl des Mannes für Timing wunderte. »Aber das kriegen wir schon hin.« Mit einem leichten Stirnrunzeln nahm Sam Alex beiseite. »Ich weiß, Alex«, begann er mit leiser Stimme, als wolle er die anderen nicht mithören lassen, »Lisa kann manchmal ein bißchen – nun ja, ich habe schon öfters mit ihr gearbeitet, und sie war immer ein wenig schwierig. Aber – « Er hob die Hand, um Alex zum Schweigen zu bringen, der bereits den Mund zu einem Kommentar geöffnet hatte. »Aber am
Ende des Tages hat sie ihr Resultat. Ob es uns paßt oder nicht – sie ist eine Frau, die genau weiß, was sie will. Sie ist eine Perfektionistin. Die Ergebnisse sind immer hervorragend. Außerdem dürfen wir das Wichtigste nicht vergessen«, fügte er mit einem schiefen Lächeln, das seine Stirn wieder glättete, hinzu. »Und das wäre?« fragte Alex. Sams Lächeln floß in die Breite, als er Alex einen freundschaftlichen Klaps auf den Rücken gab. »Sie ist diejenige, die unsere Brötchen bezahlt, alter Junge. Soviel dazu.« Wie sich dann herausstellte, verliefen die Proben wider Erwarten ganz positiv. Alex war erleichtert, daß Lisa sich – wahrscheinlich weil sie zufrieden war, daß jeder ihre Grundregeln verstanden hatte – zurückhielt und nur gelegentlich versuchte, sich in Alex’ Arbeit einzumischen. Philippa war die einzige, die ihnen ihr Tagwerk unnötig erschwerte. »Ich kann das nicht, das bin ich einfach nicht«, nörgelte sie aus der gebückten Kauerstellung heraus, die Alex sie hatte einnehmen lassen – sie sollten drei Schritte seitwärts tun wie Krabben, und dann drei zurück, ehe sie aufsprangen und dabei eine 180-Grad-Drehung vollführten. »Diese Position ist nicht im mindesten ladylike.« »Wer sagt denn, daß du eine Lady bist?« zischte Regina. Die anderen kicherten, bis Alex ihnen einen warnenden Blick zuwarf, worauf sie nur noch lauter kicherten. »Das reicht!« verkündete Philippa, streckte sich und schickte sich an, wutschnaubend den Set zu verlassen. Alex eilte auf sie zu und legte ihr beschwichtigend den Arm um die Schultern. Die Starrheit ihres Körpers ließ ihn beinahe zurückschrekken. Sie war so kalt und hart wie eine Marmorstatue. »Philippa, Darling!« Innerlich mußte er über seine Worte und den süßlichen Tonfall seiner Stimme grinsen. »Nun sei doch nicht so. Die Show ist es, worauf es ankommt, oder nicht?« Er wollte noch hinzufügen: »Du hast dich doch als Profi hingestellt, also benimm dich auch wie einer.« Statt dessen drückte er ihren unwilligen Körper an sich. »Bitte, Philippa, diese Temperamentsausbrüche helfen uns auch nicht weiter.« Einen Moment lang schien es, als wollte sie tatsächlich auf ihrem Status als klassische Ballerina beharren und sich querlegen, doch dann
spürte Alex plötzlich, wie sich ihr Körper ein wenig entspannte; dennoch schüttelte sie ihn im nächsten Augenblick wie einen sabbernden Hund. »Also gut, Alex«, sagte sie mit einem verkniffenen Lächeln. »Dir zuliebe mache ich weiter. Nicht, weil ich mit dieser Art von Choreographie einverstanden bin, sondern einzig und allein aus dem Grund, weil ich deine Professionalität bewundere.« Zu Alex’ Erstaunen und gleichzeitigem Erschrecken ging ihrem nächsten Satz ein Blick voraus, den man in ihrem Fall nur als kokett deuten konnte. »Vielleicht hast du Lust, mich heute abend zum Essen auszuführen?« Das war keine Frage, hinter der ein Fragezeichen stand, sondern eine handfeste Forderung, die von einem beunruhigendem Blitzen ihrer grünen Augen begleitet wurde. Ein so verlockendes Angebot kann man doch nicht ausschlagen, dachte Alex mit einem Anflug von Sarkasmus. Im Grunde war er heilfroh, daß Philippa nicht das Handtuch geschmissen hatte. Sie zum Essen einzuladen und den Abend in ihrer Gesellschaft zu verbringen schien angesichts der anderen Konsequenzen ein verhältnismäßig geringes Übel zu sein. Als die Sonne am Horizont versank, legte Meredith die Nadel aus der Hand und betrachtete zufrieden ihr Werk. Sie hatte zwar nur drei Sets, bestehend aus BH, Höschen und Strapsen, genäht, alles aus hauchdünnem Material, aber das war zumindest ein Anfang. Sie stützte sich mit den Händen an der Tischkante ab und schob den Stuhl zurück. Dann streckte sie sich und reckte die Arme so weit wie möglich über den Kopf. Sofort spürte sie, wie sich ihr Rücken entspannte, und sie schalt sich dafür, daß sie so lange über ihrer Arbeit gesessen hatte. Die regelmäßigen Pausen, die sie sich eigentlich verordnet hatte, schienen nie stattzufinden. Sobald sie sich einmal in ihre Arbeit vertieft hatte, verlor sie jegliches Zeitgefühl. Dann kam ihr plötzlich in den Sinn, daß sie den ganzen Tag noch keinen Bissen gegessen hatte. Steif erhob sie sich von ihrem Stuhl und ging ins Schlafzimmer, um sich auszuziehen. Jetzt gehe ich erst unter die Dusche, überlegte sie, und dann gönne ich mir irgendwo ein schikkes Abendessen.
Als sie unter dem heißen Wasserstrahl stand und sich einseifte, schweiften ihre Gedanken wieder zu dem mysteriösen Unbekannten von gegenüber; sie fragte sich, wo der Typ wohl abgeblieben sein mochte. Wie es aussah, war er den ganzen Tag über nicht zu Hause gewesen; er hatte die Wohnung anscheinend schon früh am Morgen verlassen. Meredith hatte sich irgendwie sehr einsam gefühlt, als sie an ihrem Arbeitstisch gesessen hatte, und wußte, daß es keine Möglichkeit gab, hochzusehen und Blickkontakt mit ihm aufzunehmen. Um sich ein bißchen zu verwöhnen, zog sich Meredith etwas Hübsches an. Es war Hochsommer, die Abende waren mild, deshalb entschied sie sich für ein wadenlanges, rückenfreies Kleid mit Blumenmuster. Sie ließ ihr Haar an der Luft trocknen und nutzte die Zeit, um sich sorgfältig zu schminken. Danach bürstete sie die Haare kräftig durch, so daß sie ihr wie ein glänzender Vorhang über die bloßen Schultern fielen. Auf dem Weg den Treidelpfad entlang überlegte sie, welches Restaurant sie wählen sollte. In ihrer momentanen Stimmung hatte sie, obwohl sie völlig ausgehungert war, keinen speziellen Appetit. Ich probiere einfach das erstbeste Restaurant, das mir zusagt, beschloß sie, auch wenn es teuer ist. Damit feiere ich nachträglich meinen großen Auftrag und die Aussicht auf einen Folgeauftrag. Am Nachmittag hatte sie nämlich eine Frau angerufen, die ihre Modelle in einer Boutique gesehen hatte und daran interessiert war, einige Einzelstücke in Auftrag zu geben. Wie sie sagte, würde sie in ein paar Monaten heiraten und wollte die Wäsche für ihre Aussteuer. Meredith hatte bei der Erwähnung dieser altmodischen Tradition grinsen müssen. Aussteuer klang irgendwie nach High-Society, und tatsächlich hatte die Stimme am Telefon sich ganz danach angehört. Ihr Name war Camilla Soundso, und sie hatte Meredith einen Termin für übermorgen vorgeschlagen, an dem sie selbst in ihre Wohnung kommen konnte. Da Meredith scharf auf einen neuen Auftrag war und die Möglichkeit einer anschließenden Mundpropaganda ins Kalkül zog, wagte sie nicht, Ausflüchte zu suchen. Die autoritäre Art der neuen Kundin ärgerte sie zwar, doch der Gedanke an Camillas Bankkonto und die vage Aussicht, sich durch sie Zutritt in den Kreis der reichen Ehefrauen zu verschaffen, bewogen sie, den Mund zu halten und sich mit allem einverstanden zu erklären.
Das Restaurant, das sie dann zufällig entdeckte, lag in einer kleinen Seitenstraße hinter dem Piccadilly. Es bot italienische Küche an, und die Speisekarte, die vor der Tür angeschlagen war, las sich so appetitanregend, daß ihr die Entscheidung nicht schwerfiel. Sie holte einmal tief Luft, um sich Mut zu machen, und betrat das kleine Bistro. Zu ihrer Überraschung schien das Lokal gesteckt voll zu sein, doch der freundliche Oberkellner führte sie die Treppe hinunter in einen größeren Speiseraum, der nur zur Hälfte besetzt war. Nachdem sie Platz genommen hatte, warf sie einen Blick auf die anderen Gäste. Es waren überwiegend Paare oder kleine, bunt gemischte Grüppchen – eine Feststellung, die ihr ihren Status als Single unangenehm bewußt machte. Ihr Tisch stand in einer Ecke – rosa Leinentischtuch, zwei Gedecke, in der Mitte eine kleine Vase mit einer einzelnen blaßrosa Nelke. Anfangs konnte sie sich für keines der angebotenen Menüs entscheiden, doch dann bestellte sie Fettucini mit Huhn und Brokkoli in Rahmsauce, dazu einen halben Liter Valpolicella. In dem Augenblick, als der Kellner den Wein eingeschenkt hatte und sich von ihrem Tisch entfernte, sah sie zufällig hoch. Direkt vor ihr befand sich die Treppe, die hinauf in den anderen Gastraum des Restaurants führte. Einen Moment lang war sie wie erstarrt, als sie das Paar erblickte, das gerade die Treppe herunterkam. Ihr Herz setzte einen Schlag lang aus. Es war er. Dessen war sie sich hundertprozentig sicher.
5 Zwar hatte sie ihn nur aus der Entfernung gesehen, doch hatte sie genug von ihrem geheimnisvollen Traumprinzen gesehen, um das dunkle wellige Haar, das ebenmäßig geschnittene Gesicht und die lässige Art seiner Bewegungen wiederzuerkennen. Meredith, die plötzlich verlegen war, ohne zu wissen, warum, griff nach ihrem Weinglas und nahm einen hastigen Schluck. Absurderweise war sie heilfroh, daß weder ihr heimlicher Schwarm noch dessen Begleiterin auf sie aufmerksam wurden. Wundert dich das, fragte sie sich. Die kühle, elegante Blondine an seiner Seite war so attraktiv, daß sie die Aufmerksamkeit jedes anwesenden Mannes auf sich zog. Als die beiden an ihrem Tisch vorbeigingen, drückte sich Meredith unwillkürlich tiefer in die Ecke. Dabei hörte sie die Frau sagen: »Das ist eines meiner Lieblingsrestaurants, Alex. Deshalb kann ich dir versprechen, daß das Essen absolut göttlich ist.« Alex! dachte Meredith aufgeregt. In ihrem Kopf drehte sich alles, das Herz schlug ihr bis zum Hals. Alex heißt er also. Sie setzte sich auf und starrte ihm hinterher. Mit einem Blick, der sich wie ein Laserstrahl in seinen kerzengeraden Rücken bohrte, versuchte sie ihn dazu zu bringen, sich umzudrehen, und in dem Augenblick, als die beiden ihren Tisch erreichten, tat er es tatsächlich. Er warf einen Blick über die Schulter, und zwar lange genug, daß sie einen Ausdruck des Wiedererkennens über sein Gesicht huschen sehen konnte. Obwohl sie das Gefühl hatte, ihre Gesichtszüge seien eingefroren, gelang es ihr doch, die Lippen zu einer Art Lächeln zu kräuseln und zu nicken. Es dauerte eine Ewigkeit, ehe er sich ganz zu ihr umdrehte und ihr Nicken erwiderte. Aber das Lächeln, das diesem Nicken folgte, war absolut umwerfend. Selbst aus der Entfernung spürte Meredith ganz deutlich die Wärme seiner blauen Augen. Er besaß eine Ausstrahlung, die so überwältigend war, daß Meredith sich nur unter Aufbietung all
ihrer Willenskraft beherrschen konnte, nicht aufzuspringen und sich ihm in die Arme zu werfen. Gottlob dauerte dieser Augenblick nur Bruchteile von Sekunden. Alex und seine Begleiterin nahmen an ihrem Tisch Platz, und vor Meredith erschien ein dampfender Teller. Da sie jegliches Interesse an Essen verloren hatte, stocherte sie nur mechanisch auf ihrem Teller herum und schmeckte nicht das geringste von den wenigen Bissen, die sie aß. Jede Faser ihres Körpers befand sich in höchster Alarmbereitschaft, ihre sexuellen Antennen glühten. Meredith konnte es kaum fassen, daß ihr heimlicher Schwarm – Alex, ja, von nun an mußte sie sich angewöhnen, ihn Alex zu nennen – sich tatsächlich mit ihr in ein und demselben Raum befand. Obwohl er etliche Meter von ihr entfernt saß, konnte sie seine körperliche Anwesenheit ganz deutlich spüren. Ihre Wangen brannten wie Feuer, und ihre Hände zitterten, als sie sich an die Szenen erinnerte, die sie in seiner Wohnung beobachtet hatte – und schlimmer noch, an ihr eigenes provokantes Benehmen. »Ist alles zu Ihrer Zufriedenheit, Signora?« Meredith schreckte zusammen. Der Kellner neben ihr setzte eine besorgte Miene auf. Sie warf einen Blick auf ihren Teller und stellte fest, daß sie kaum einen Bissen angerührt hatte. »Ja. Ja, gewiß doch«, sagte sie und zwang sich zu einem Lächeln. »Es ist nur so, daß ich weniger Hunger hatte, als ich zunächst dachte.« »Möchten Sie, daß ich den Teller mitnehme und noch einmal für Sie warm machen lasse, Signora?« erbot sich der Kellner. »Das macht überhaupt keine Umstände.« Meredith schüttelte den Kopf. Sie hatte nicht den geringsten Appetit mehr. Das nagende Gefühl in der Magengegend, das sich jetzt noch bemerkbar machte, war ein Hunger gänzlich anderer Art, den die Gewißheit, daß ihr verzweifeltes Verlangen nach dem Mann, der am anderen Ende dieses Raumes saß, völlig aussichtslos war, nur noch unerträglicher machte. »Nein, vielen Dank«, erwiderte Meredith, die zwar entmutigt, doch entschlossen war, die Hoffnung nicht ganz aufzugeben. »Aber ich hätte gern eine Tasse Cappuccino.« Als der Kellner nickend ihren Teller mitnahm, lehnte sich Meredith zurück. Sie faltete ihre Serviette zusammen und wünschte sich zum
erstenmal, daß sie rauchen würde. Wenn es je eine passende Gelegenheit gegeben hatte, sich eine Zigarette anzuzünden, dann jetzt. Meredith verspürte wieder das seltsame Verlangen, sich unnötig zu quälen. Das passierte ihr zuweilen, und jetzt hatte dieser Drang sie fest im Griff. Als sie die dritte Tasse Kaffee schlürfte, wunderte sie sich nur, warum sie so wild entschlossen war, sich dieser Tortur noch länger auszusetzen. Es bestand nicht die geringste Aussicht, daß er – Alex – seine Begleiterin allein am Tisch sitzenlassen und zu ihr herüberkommen würde, um sich mit ihr zu unterhalten. Allein der Gedanke daran war absurd. Vielleicht spielte sich diese unglaubliche erotische Anziehung zwischen ihnen nur in ihrem eigenen Kopf ab. Gut möglich, daß er nichts dergleichen empfand. Du spinnst dir wie üblich etwas zurecht, schalt sie sich. Typisch, sie romantisierte wieder einmal eine Situation, die nichts anderes war als das Produkt ihrer überschäumenden Fantasie. Geh jetzt, drängte sie sich, du benimmst dich wie eine dumme Gans und wirst mit all dem Koffein im Leib die ganze Nacht kein Auge zumachen. Reumütig warf sie einen Blick auf ihre halb leergetrunkene Kaffeetasse. Doch als sie dem Ober signalisierte, ihr die Rechnung zu bringen, entschied sie, daß diese Koffeinspritze nicht unbedingt nachteilig sein mußte. Sie hatte noch eine Menge Arbeit zu erledigen, und ein paar Stunden am Nähtisch zu verbringen war jetzt genau die richtige Therapie für sie. Sie brauchte etwas, das sie beruhigte und ihre Gedanken von einer Situation ablenkte, die ohnehin nur in ihrer Einbildung existierte. Als sie ihren Tisch verließ, konnte Meredith der Versuchung nicht widerstehen, noch einen letzten Blick über die Schulter zu werfen. Dabei mußte sie zu ihrer maßlosen Enttäuschung feststellen, daß Alex’ Aufmerksamkeit sich ganz auf sein attraktives Gegenüber konzentrierte. Er sah nicht hoch. Es gab keinen Austausch eines konspirativen Lächelns. Keinen elektrisierenden Funken zwischen ihnen, der sie auf ihrem Heimweg begleitet hätte. Frustriert und in niedergeschlagener Stimmung verließ Meredith das Lokal. Selbst der bewundernde Pfiff eines jungen Mannes, den sie beinahe umgerannt hätte, als sie wie ein blindes Huhn aus dem Lokal auf den Gehsteig stolperte, konnte sie nicht aus ihrer trübseligen Laune reißen.
Nachdem sie zu Hause angekommen war, merkte sie, daß sich ihre Stimmung allmählich wieder besserte. Dieser Abend hatte sie zumindest einen entscheidenden Schritt weitergebracht. Sie kannte jetzt den Namen ihres Angebeteten und wußte, daß die Gefühle, die sie für ihn empfand, zu stark waren, um sie zu verleugnen. Sie hoffte, daß Alex sie weiterhin beobachten würde. Mehr noch, daß er ihr irgendwie signalisierte, daß ihr zügelloses Verlangen nach ihm auf Gegenseitigkeit beruhte. Das konnte nur die Zeit erweisen, aber davon besaß sie zum Glück reichlich. Ein Regenschauer aus heiterem Himmel hatte die Londoner Straßen in ein Pfützenmeer verwandelt. Auf dem Heimweg machte Alex sich einen Spaß daraus, über jede einzelne hinwegzusteigen, um sich die Zeit zu verkürzen. Daß er zu Fuß nach Hause ging, lag daran, daß er nicht die geringste Lust verspürt hatte, sich mit Philippa ein Taxi zu teilen. Ihr den ganzen Abend im Restaurant gegenüberzusitzen und ihrem endlosen Geschnatter zuzuhören, das sich vorwiegend auf Selbstbeweihräucherung ob ihres herausragenden tänzerischen Talents und mißgünstige Bemerkungen über Kollegen beschränkte, war eine Tortur gewesen, die er keine Sekunde länger hätte ertragen können. Er war sicher, daß Philippa über die Art und Weise seiner Verabschiedung reichlich konsterniert war. Diese war blitzschnell vor sich gegangen: ein angedeuteter Kuß auf beide Wangen, ein flüchtiges Winken, nachdem er sie in ein Taxi verfrachtet hatte – das war’s. Als der Wagen um die nächste Ecke bog, hörte Alex förmlich, wie ihm die sprichwörtlichen Steine vom Herzen fielen. Er verwarf die Idee, auf ein anderes Taxi zu warten, sondern machte kehrt und beschloß, zu Fuß nach Hause zu gehen. Es war nicht gerade der kürzeste Weg, doch er hoffte, daß ihm der abendliche Spaziergang dabei half, Ordnung in seine Gedanken zu bringen. Was nämlich ständig wie ein riesiges Plakat vor seinen Augen stand, war das Bild von ihr – seiner Julia, wie er sie ja nannte – in eben dem Restaurant, das Philippa ausgewählt hatte. Sie dort zu sehen hatte ihn total überrascht und aus der Fassung gebracht. Dafür, daß er sie so dümmlich angegrinst hatte, konnte er sich noch nachträglich ohrfeigen. Er war sich wie ein Idiot vorgekommen und hatte sich die größte Mühe gegeben, den restlichen Abend jeglichen Blickkontakt mit ihr zu vermeiden.
Sogleich drängte sich ihm die Frage auf, was sie jetzt im Moment wohl tat. Sie war aus dem Restaurant geschlüpft, ohne daß er es bemerkt hatte. Da Philippa es bestens verstand, die Aufmerksamkeit ihres Begleiters rundum in Anspruch zu nehmen, war er auch nicht überrascht gewesen, Julias Tisch verlassen vorzufinden, als er irgendwann einmal doch einen Blick in ihre Richtung riskierte. Das Verlustgefühl, daß er angesichts ihres leeren Stuhls empfunden hatte, war verheerend gewesen. So verheerend, daß er Philippa unauffällig zur Eile antrieb, ihr Menü zu beenden, in der freilich vergeblichen Hoffnung, seine Traumfrau noch irgendwo auf der Straße einzuholen. Gedankenverloren betrachtete er die Schaufenster, an denen er vorüberkam, und stellte unversehens fest, daß er gleich zu Hause war. Freudige Erregung wallte in ihm auf. Er konnte es kaum erwarten, die Wohnungstür aufzuschließen und ans Fenster zu gehen, um nachzusehen, ob sie zu Hause war. Meredith fädelte gerade einen dünnen Drahtbügel in das Körbchen eines blauen Satin-BHs, als sie in der Wohnung gegenüber das Licht angehen sah. Im selben Augenblick durchzuckte sie ein elektrischer Schlag, so, als sei ihr Körper mit dem Lichtschalter in Alex’ Wohnung verbunden. Sie ließ den BH fallen. Ihr Herz setzte einen Takt aus, und da wurde ihr bewußt, daß sie die ganze letzte Stunde nur auf diesen Moment gewartet hatte. Den Blick starr auf das erleuchtete Fenster gegenüber geheftet, sah sie Alex auf sich zukommen. Zumindest erschien es ihr so. Selbst aus dieser Entfernung spürte sie, wie sich ihre Blicke ineinander verhakten, und in diesem Augenblick realisierte sie, daß ihre Hoffnungen doch nicht ganz aus der Luft gegriffen waren. Sie ließ Alex, der jetzt ans Fenster trat, keine Sekunde aus den Augen. Sie beobachtete, wie er die Hände aufs Fensterbrett stützte und sich vorbeugte, bis seine Stirn die Scheibe berührte. Wie in Trance erhob sich Meredith und lehnte sich über den Arbeitstisch. Sie legte die Hände flach an die Fensterscheibe und starrte über den dunklen Kanal hinweg. Im Gegensatz zu dem trüben Gewässer erstrahlten Alex’ Augen in einem leuchtenden Blau. Nicht, daß sie die Farbe aus dieser Entfernung hätte erkennen können, aber das brauchte sie auch nicht,
denn dieser Saphirglanz hatte sich bereits unauslöschbar in ihr Gedächtnis eingebrannt. Meredith spürte, wie ihr Körper unter dem dicken Bademantel, in den sie sich eingewickelt hatte, allmählich zum Leben erwachte. Sie spürte ein Prickeln auf der Haut, ihr Herz schlug immer schneller. Die Finger, die sich gegen das kühle Glas preßten, begannen zu jucken; sie hatte das Bedürfnis, sich zu streicheln. Langsam richtete sie sich auf und ging um den Tisch herum. Dabei hielt sie den Blick stets auf Alex gerichtet. Sie schob den Tisch zur Seite und stellte sich mitten vors Fenster. Ihre rechte Hand war an ihrem Hals, hielt den Kragen ihres Bademantels umklammert. Den anderen Arm hatte sie um die Hüfte gelegt, die Fingerspitzen gruben sich in die Vertiefung ihrer Taille. Allmählich lockerte sie den Griff um den Kragen und erlaubte ihrer Hand, langsam nach unten zu gleiten. Sie umfaßte ihre rechte Brust und begann sie leicht unter dem dicken Stoff zu kneten. Trotz der Distanz, die sie voneinander trennte, spürte sie Alex’ Interesse. Es war, als ob er in demselben Netz von Verlangen verstrickt war, das auch sie gefangenhielt. Selbst durch den dicken Frotteestoff spürte sie, wie sich ihr Nippel aufrichtete. Schamloses Ding, dachte sie schmunzelnd und drückte ihn leicht. Doch dann verstärkte sie den Druck, knetete und rollte die sensible Knospe zwischen den Fingerspitzen. Ihr Atem kam jetzt in kurzen, heftigen Stößen. Die Fensterscheibe vor ihr beschlug, ließ Alex’ Bild verschwommen und noch unwirklicher erscheinen. Der Raum hinter Meredith war von einer solchen Stille erfüllt, daß sie das Gefühl hatte, allein inmitten einer endlosen Wüste zu stehen. In dieser Wüste litt ihr Körper unsäglichen Durst. Ihr leidenschaftliches Verlangen lechzte danach, gestillt zu werden. Diese Begierde war so übermächtig, daß Meredith keinen Funken Zurückhaltung mehr aufbrachte. Sie lehnte sich mit dem Hintern an den Tisch, rieb sich daran, bewegte die Hüften an der harten Tischkante hin und her. Bewußt nahm sie die Striemen in Kauf, die das harte Holz trotz des Bademantels auf ihrem Allerwertesten hinterlassen würde. Ja, die Vorstellung von einem roten Streifen quer über ihrem Hintern gefiel ihr sogar gut. Es war, als brandmarkte sie sich selbst – für ihn.
Die Erregung ließ ihre Schamlippen anschwellen, ließ ihre Vagina feucht werden, bereit für ein Liebesspiel, das nur in ihrer Vorstellung stattfinden konnte. Dieser Gedanke frustrierte sie dermaßen, daß Meredith mit den Handflächen wütend an die Fensterscheibe schlug. »Mistkerl!« Unhörbar bewegten sich ihre Lippen hinter der Glasscheibe. »Du bringst mich dazu. Du und dein strammer Körper und deine blauen Augen. Warum hörst du nicht auf, mich anzustarren? Warum gehst du nicht vom Fenster weg? Laß mich in Ruhe!« Während sie Alex’ bewegungslose, sie aufmerksam beobachtende Gestalt beschimpfte, wandte sie den Blick nicht von ihm ab. Halb verrückt vor unbefriedigtem Verlangen, zerrte sie am Gürtel ihres Bademantels, um den Knoten zu lösen. Der Gürtel machte sie wahnsinnig. Er erstickte sie wie eine Würgeschlange, gab ihr das Gefühl, in diesem geschlechtslosen Bademantel gefangen zu sein. »Komm schon, geh schon auf«, murmelte sie ungehalten, bis sich schließlich die beiden Gürtelenden lockerten und der Bademantel vorn aufklaffte. Mit einem erleichterten Seufzer warf sie den Kopf in den Nacken und gab sich einen Moment dem Genuß der kühlen Nachtluft hin, die sanft über ihren glühenden Körper strich. Dabei fühlte sie sich quicklebendig und herrlich verrucht. Sie bekam am ganzen Körper eine Gänsehaut, selbst an den Stellen, die bedeckt waren. Ihre entblößte Vorderseite fühlte sich hingegen um so nackter an, ein Gefühl, das durch die exhibitionistische Art ihrer Zurschaustellung noch verstärkt wurde – lässig an die Tischkante gelehnt, die Schenkel leicht geöffnet. Sie senkte den Blick, folgte dem schmalen Dreieck Haut, das sie gerade entblößte. Die Spalte zwischen ihren Brüsten war sichtbar, nicht aber die Brustwarzen. Der. Magen wölbte sich mit sanftem Schwung über den leicht gerundeten Bauch. Das umgekehrte Dreieck darunter wurde eingerahmt vom samtweichen Fleisch ihrer Oberschenkel. Ein Anflug von Scham ließ ihre Wangen erröten, als sie hochsah und Alex’ Blick begegnete, der unverwandt auf ihr ruhte. Er starrte sie über den Kanal hinweg an, hielt ihren Blick noch einen Moment fest, ehe seine Augen an ihrem Körper herabwanderten und demselben Weg folgten, den die ihren kurz zuvor genommen hatten. Meredith’ Wangen glühten wie Feuer, als sie bemerkte, daß Alex’ Blick sich ganz unverfroren an ihrem entblößten, intimsten Körperteil
festgesaugt hatte. Sie spürte, wie ihre Vulva sich ihm schamlos entgegenwölbte. Ihre Klitoris pulsierte frech, als sich zwischen den feuchten Hautfalten kleine Tröpfchen bildeten und kitzelnd über die sensible Dammgegend rannen. Nur schiere Willenskraft ließ sie vor dem Fenster stehenbleiben, denn ihr natürlicher Instinkt gebot ihr, ihre Blößen zu bedecken und sich irgendwohin zu verkriechen. War es tatsächlich Willenskraft, fragte sie sich, oder war es eher ein Anfall von Kühnheit, das Bedürfnis, einmal etwas ganz und gar Außergewöhnliches zu tun? »Okay, Alex, mach daraus, was du willst«, keuchte sie leidenschaftlich. Ihre begierigen Finger begannen zu zucken. Sie packte die beiden Vorderteile des Bademantels und riß sie mit einem Ruck auseinander, um sich vor seinen stierenden Blicken vollständig zu entblößen. Ihr Magen machte dabei einen doppelten Salto rückwärts. Meredith tat einen tiefen Atemzug, als die Nachtluft über ihre Brüste wehte, eine Berührung, die sie an die kalten Hände eines Arztes erinnerte. Ihre Brustwarzen reckten sich zu voller Größe, thronten wie erblühte Knospen auf Brüsten, die immer mehr anzuschwellen und sich nach irgend etwas Unsichtbarem zu verzehren schienen. Unwillkürlich hob sie den Brustkorb an und bog den Rücken durch, eine Haltung, bei der die Schultern des Bademantels an ihren Oberarmen herabrutschten. Ihr Atem kam jetzt in kurzen, heftigen Stößen. Sie war so geil, daß ihre Hände wie von selbst an ihrem Oberkörper herabglitten. Jedes Schamgefühl war wie weggeblasen, als ihre Finger nach der feuchten Wärme ihrer Vulva griffen. Trotz der halbherzigen Versuche, sich zu beherrschen, streichelte Meredith den weichen, sorgfältig nachgeschnittenen Haarbusch, der ihren Schamhügel bedeckte. Die angeschwollenen äußeren Schamlippen unter dem seidigen Pelz hatten sich geteilt, als wollten sie ihre Finger ermutigen, durch die feuchtwarme Spalte zu schlüpfen. Sie spürte die sensiblen Hautfalten dazwischen und zuckte unwillkürlich zusammen, als die Fingerspitzen die pralle Knospe ihrer Klitoris berührten. Diese erhob sich keck aus ihrer zarten, fleischigen Umhüllung, und obgleich Meredith das köstliche Prickeln kaum zu ertragen glaubte, konnte sie es nicht lassen, diese winzige Perle zu liebkosen. Meredith war völlig in ihrer Lust gefangen. Eine Weile war sie so mit sich selbst beschäftigt, daß sie Alex völlig vergaß. Erst als sie zufällig hochblickte und unter halbgeschlossenen und vor Leidenschaft
trägen Lidern aus dem Fenster starrte, erinnerte sie sich, daß sie nicht ganz allein in dem privaten Garten ihrer Begierde lustwandelte. Er beobachtete sie immer noch, was sie nicht verwunderte. Doch jetzt rieb er sich vorn am Schritt seiner Hose. Ohne von sich abzulassen, starrte Meredith ihn an. Wie in Trance schob sie einen Finger tief in sich hinein und sah dabei zu, wie Alex seinen Reißverschluß aufzog. Versonnen befeuchtete sie mit ihren üppig strömenden Säften die empfindliche Hautpartie um die Klitoris, und sie stieß unvermittelt einen leisen Schrei aus, als sie seinen Schwanz aus der Hose schnellen sah. Sein Ständer war so steif, daß er beinahe gegen die Scheibe prallte. Die Lippen zu einem lasziven Lächeln gekräuselt, beobachtete sie, wie er nach seinem Schwanz griff und ihn mit beiden Händen hielt. Sei vorsichtig, schien ihr Gesichtsausdruck ihm sagen zu wollen, damit das gute Stück keinen Schaden nimmt. Während sie den Mittelfinger in ihrem Lusttunnel auf und ab bewegte und zwischendurch die gereizten Hautfalten anfeuchtete, rieb sie mit dem Daumen ihre Klitoris. Die andere Hand spielte mit ihren Brüsten, die sie abwechselnd knetete und kniff. Obwohl ihre Brüste nicht übermäßig groß waren, genoß sie doch das aufregende Gefühl, wie dieses weiche Fleisch sich in ihre Hände schmiegte. Das könnte alles dir gehören, dachte sie mit schamlosem Vergnügen. Sie übermittelte Alex diese Botschaft auf gedanklichem Weg und glaubte schon im nächsten Augenblick, als Antwort ein leidenschaftliches Glitzern in seinen Augen wahrzunehmen. Wahrscheinlich war es nur ein Lichtreflex gewesen war, wie sie sich sogleich belehrte. Es war unmöglich, ihn so deutlich zu sehen, obwohl die Distanz zwischen ihnen nicht mehr als zwanzig Meter betrug. Meredith’ Stöhnen wurde immer lauter, je näher sie sich dem Höhepunkt näherte. Auf der anderen Seite des Kanals preßten und kneteten Alex’ Hände rhythmisch seinen prächtigen Schwanz. Wird er zuerst kommen oder ich, fragte sie sich. Absichtlich verlangsamte sie die Bewegung ihrer Finger, bis ihr Mittelfinger reglos im feuchten Tunnel ihrer Vagina verharrte und der Daumen auf der pulsierenden Knospe ihrer Klitoris ruhte. Anstatt sich weiter selbst zu stimulieren, richtete sie ihre ganze Aufmerksamkeit auf Alex, starrte gespannt auf seine Hände und seinen eindrucksvollen Ständer. Dabei vermeinte sie zu spüren, wie seine
Energie, seine männliche Potenz durch ihre Adern strömte, immer schneller, immer intensiver. »Komm schon«, stöhnte Meredith gegen die Fensterscheibe. »Tu’s für mich, Alex. Gib’s mir. Gib mir alles. Ja. So ist’s gut.« Ohne ihr Zutun erwachten ihre Finger wieder zum Leben, bearbeiteten mit kreisenden und stoßenden Bewegungen ihr heißes Fleisch, jagten glühende Hitzewellen durch ihre Lenden. In genau dem Augenblick, als ihr ganzes Becken in glühenden Flammen stand, spritzte ein dünner Samenstrahl aus der Spitze von Alex’ Schwanz. Dieser Anblick war für Meredith zuviel. Ein Zittern durchfuhr sie, sie taumelte rückwärts an den Arbeitstisch, von einem heftigen Orgasmus geschüttelt, der ihren Körper und damit auch den Tisch so zum Vibrieren brachte, daß ein Teil ihrer Nähutensilien von der Tischplatte rutschte. Schere, Maßband und eine offene Dose mit Stecknadeln fielen auf den nackten Holzboden, und das leise, metallische Geräusch, das die Stecknadeln dabei machten, erschütterte die geheimnisvolle Stille in ihrer Wohnung. Während Meredith die Finger noch einmal kräftig spielen ließ, um ihrem zuckenden Geschlecht den letzten Rest an Lust zu entlocken, hörte sie das unregelmäßige Zischen ihres eigenen Atems und das leise Poltern der Blechdose, die über den Holzboden kullerte. Hurra! jubelte sie innerlich, wobei sie den Finger aus der Vagina zog und Alex’ Blick suchte. Ein simultaner Orgasmus! Als sich ihre Blicke abermals begegneten, streckte sie den nassen Finger hoch und hielt ihn an die geschürzten Lippen. Dann schob sie ihn ganz langsam in den Mund, leckte ihn mit der Zunge ab und genoß dabei den süßen Geschmack ihres eigenen Saftes. In Alex’ Gesicht spiegelten sich Erstaunen und unverhohlenes Verlangen; das konnte sie ganz deutlich erkennen. Auch seine Körpersprache ließ daran keinen Zweifel. Er stand vor dem Fenster, ihr genau gegenüber; sein immer noch halb erigierter Schwanz ragte jetzt leicht gekrümmt aus dem Hosenschlitz. Meredith zog den Finger zwischen den Lippen hervor und schenkte ihm ein Lächeln. Dann drehte sie die Hand zu ihm hin und winkte ihm zu. Er winkte zurück, ein wenig zaghafter als sie, wie ihr vorkam. Dem folgte ein Lächeln, das sich über sein ganzes Gesicht ausbreitete. Dieses Lächeln, gepaart mit dem unschuldigen Anblick seines erschlaffenden Glieds, löste bei Meredith ein wehmütiges Sehnen aus. Er war so wun-
derschön. Und dieser Höhepunkt, den sie gemeinsam erlebt hatten, war auf seine Art ebenfalls wunderschön gewesen. Langsam und nicht ohne Bedauern, aber in dem Wissen, daß es nichts anderes zu tun gab, raffte Meredith ihren Bademantel zusammen und bedeckte wieder ihre Blößen. Sie lächelte dabei, obgleich diesem Augenblick ein schmerzlich bitterer Beigeschmack anhaftete. Meredith begehrte Alex. Und er sie. Gab es eine Zukunft für sie, oder würden sie irgendwann ihrer Spiele überdrüssig werden und getrennte Wege gehen? Meredith wußte die Antwort nicht und war auch plötzlich viel zu erschöpft, um sich darüber den Kopf zu zerbrechen. Sie hatten beide noch viel Zeit, entschied sie, während sie vom Fenster wegtrat, um ihren Arbeitstisch herumging und sich in die Tiefen des geräumigen Zimmers zurückzog. Die auf dem Boden verstreuten Stecknadeln piekten sie in die nackten Fußsohlen, weshalb sie beim Gehen kurz nach unten blickte; als sie wieder aus dem Fenster sah, war er verschwunden. So einfach. Ganz gegen ihre Gewohnheit verzichtete Meredith darauf, sich zu überzeugen, daß alles ordentlich aufgeräumt war, bevor sie zu Bett ging. Das konnte bis morgen früh warten, entschied sie. Im Augenblick war ihr nur eine einzige Sache wichtig – ihre Träume. Die große Brünette, die am nächsten Morgen Meredith’ Wohnung betrat, war ebenso respekteinflößend wie schön. Mit dem glänzenden, zu einem straffen Nackenknoten frisierten Haar und dem schwarzweißen Chanel-Kostüm, das ihre gertenschlanke Figur aufs vorteilhafteste betonte, war Camilla Braxton-James die Eleganz in Person. Sie reichte Meredith eine schmale Hand mit langen Fingern und perfekt lackierten Nägeln. »Freut mich, Sie kennenzulernen, Meredith«, sagte sie mit einer leisen, wohlmodulierten Stimme, die viel mehr Gewicht hatte als ihr Körper. Ihr Blick huschte flink durch den Raum, registrierte alles um sie herum mit einem Ausdruck, der – zu Meredith’ Erleichterung – eher interessiert als geringschätzig wirkte. »Ich muß sagen, ich bin sehr gespannt«, fuhr sie fort. »Ich liebe Wäsche und kann es kaum erwarten, zu sehen, was Sie mir anzubieten haben.«
Meredith spürte, wie sie unwillkürlich kleiner wurde, als Camillas scharfer Blick schließlich an ihr hängenblieb. Hinter den Worten dieser jungen Frau schlummerte etwas, das Meredith nicht richtig einordnen konnte. Jedenfalls spürte sie, daß sie eine Art gespannte Erregung erfaßt hatte. Da hatte sie auch allen Grund, überlegte Meredith, während sie Camilla mit einer Handbewegung aufforderte, auf dem roten Chesterfieldsofa Platz zu nehmen. Ihre neue Kundin besaß das entsprechende Bankkonto, die gesellschaftliche Stellung und die richtigen Kontakte, die ihr zu einem schnellen und erfolgreichen Durchbruch verhelfen konnten. Doch als sie in der Küche stand, um schnell eine Kanne Kaffee zu kochen, und ihre besten zwei Tassen und Untertassen auf einem Tablett arrangierte, wurde sie das Gefühl nicht los, daß hinter ihrer Erregung mehr steckte als nur die Aussicht, sich in London einen Namen zu machen. »So, hier kommt der Kaffee«, rief sie mit gespielter Lässigkeit, als sie mit dem Tablett in der Hand zurück ins Wohnzimmer kam und es vor Camilla abstellte. »Trinken Sie ihn schwarz oder mit Sahne?« »Danke, schwarz«, erwiderte Camilla. Sie beugte sich vor und schenkte sich eine halbe Tasse ein. Daß Camilla ihren Kaffee schwarz trank, überraschte Meredith nicht im geringsten. Als Camilla dann ein langes, schlankes, in hauchdünne Nylonstrümpfe gehülltes Bein elegant über das andere schlug, war Meredith so überwältigt, daß sie sich zuviel Sahne in ihren Kaffee goß. Die nächsten paar Minuten plauderten sie über das schöne Wetter und Camillas bevorstehende Hochzeit. »Sie müssen unbedingt zu unserem Fest kommen«, sagte Camilla generös. »Halb London wird dasein. Da lassen sich gewiß einige nützliche Kontakte knüpfen.« Von tiefer Dankbarkeit erfüllt, stammelte Meredith: »D-danke vielmals, das wäre wirklich reizend.« Sie beeilte sich hinzuzufügen: »Aber Sie haben meine Kollektion noch gar nicht gesehen. Ich meine – « Sie schaute hoch und stellte fest, daß Camillas Blick starr auf ihr ruhte. Ihre Augen waren so schön wie der Rest von ihr; mandelförmig und etwas schräg gestellt, lagen sie zwischen anmutig geschwungenen Brauen und dezent ausgeprägten Wangenknochen. Dichte schwarze Wim-
pern umkränzten die haselnußbraunen Augen, in deren Iris goldene und grüne Sprenkel schimmerten. Verunsichert, wie sie war, stellte Meredith ihre Tasse mit lautem Geklapper auf dem Tisch ab. »Ich werde Ihnen rasch ein paar Muster holen«, sagte sie und war bereits aufgesprungen. »Dann nehme ich Ihre Maße.« Meredith merkte plötzlich, daß es ihr nicht leichtfallen würde, Camillas Körper mit der distanzierten Nüchternheit zu betrachten, die sie normalerweise ihren Kundinnen entgegenbrachte. Die Vorstellung, diese Frau zu bitten, sich zu entkleiden, und dann das Metermaß um ihre wohlproportionierten Brüste zu legen, erregte und ängstigte sie gleichermaßen. Camilla, die Meredith’ Nervosität offenbar nicht bemerkte, lächelte freundlich. Ihre dunkelviolett geschminkten Lippen teilten sich, um die elfenbeinernen Spitzen ihrer gleichmäßigen Zähne zu zeigen. Sie lehnte sich zurück und schlug wieder die Beine übereinander. »Ganz wie Sie meinen, meine Liebe«, sagte Camilla. »Sie sind die Expertin. Ich werde mich allen Ihren Wünschen beugen.« Die leichte Verneigung, die sie dabei andeutete, das amüsierte Schmunzeln, das um ihre Lippen spielte und das Blitzen in ihren Augen sagten Meredith – und zwar ohne jeden Zweifel –, daß diese Frau gegenüber einer anderen Person nur dann Zugeständnisse machte, wenn es ihr gefiel. Reichlich aus der Fassung gebracht, entschwand Meredith hastig in ihr Schlafzimmer, wo sie eine kleine Auswahl für Camilla zurechtgelegt hatte, ordentlich auf Kleiderbügeln drapiert. Sie schnappte sich alles, eilte damit ins Wohnzimmer zurück und legte es vor Camilla auf einer Stuhllehne ab. Dann hielt sie nacheinander die verschiedenen WäscheSets zur Ansicht hoch. Zum Zeichen, daß sie das jeweilige Muster zur Genüge betrachtet hatte, nickte Camilla jedesmal. Manchmal machten ihre Brauen dabei einen kleinen Satz nach oben, oder sie schürzte die Lippen, was Meredith zu der bangen Frage verleitete, ob ihre Arbeit überhaupt den Ansprüchen dieser Frau genügen konnte. Das letzte Stück ihrer Kollektion war ein bodenlanges Neglige aus edelster schwarzer Moireseide. Es war diagonal geschnitten, so daß es am Oberkörper eng anlag und die Hüften und Oberschenkel wie flüssiges Öl umschmeichelte.
Meredith, die ihre Nervosität für einen Moment vergaß, hielt sich spontan das elegante Nachtgewand vor den Körper und wurde im selben Augenblick das Opfer ihrer stets aktiven Fantasie: Sie befand sich in einem luxuriösen Boudoir, wo sie in eben diesem nachtschwarzem Seidentraum auf einer Chaiselongue ruhte und auf das Erscheinen ihres gutaussehenden, dunkelhaarigen und blauäugigen Liebhabers wartete. Camilla, die in die Hände klatschte, riß Meredith aus ihren Träumereien. »Todschick!« rief sie zu Meredith’ großer Verwunderung. »Ihre Modelle sind einfach hinreißend. Jedes einzelne Stück ist ein Traum für sich.« Camilla hatte sich interessiert nach vorn gebeugt. Verschwunden war der kühle, distanzierte Ausdruck auf ihrem Gesicht, an dessen Stelle jetzt aufrichtige Begeisterung getreten war. Das ließ Meredith’ Unsicherheit sofort dahinschmelzen. »Das war nur eine kleine Musterauswahl«, sagte sie. »Für Sie würde ich selbstverständlich noch ein paar exklusive Einzelstücke anfertigen.« Camilla stand auf und nahm Meredith den Kleiderbügel aus der Hand. Sie hielt das Neglige jetzt selbst an sich und strich mit einer an tiefe Bewunderung grenzenden Zärtlichkeit über den seidigen Stoff. Oder war es ihr eigener Anblick, eingehüllt in diesen Traum aus Seide, der Camilla so verzückte, fragte sich Meredith. Warum auch nicht? Sie hatte allen Grund, sich mit einem gewissen Maß an Narzißmus zu betrachten. Meredith konnte sich gut vorstellen, wie ungeheuer sinnlich und begehrenswert sie in exklusiver Wäsche wirken mußte. »Kommen Sie, wir veranstalten eine kleine private Modenschau«, schlug Camilla vor und verblüffte Meredith damit aufs neue. »Auf dem Bügel kann ich Ihre hübschen Modelle nicht hinreichend bewundern.« Sie suchte ein Hemdhöschen aus blaßrosa Satin heraus und reichte es Meredith. »Ziehen Sie das an«, wies sie sie mit lebhafter Stimme an. »Und ich werde dieses entzückende Nachthemd anprobieren.« Meredith, die nun vollends baff war, zögerte im ersten Moment. Doch dann erinnerte sie sich an das alte Sprichwort, daß der Kunde König ist. »Sie können sich in meinem Schlafzimmer umkleiden«, sagte Meredith mit einer Stimme, die kaum mehr als ein Flüstern war.
»Danke.« Camilla schenkte ihr ein Lächeln und schwebte graziös aus dem Raum, das schwarze Nachthemd über dem Arm. In der Tür hielt sie kurz inne und warf Meredith einen Blick über die Schulter zu. »Das ist richtig aufregend, finden Sie nicht, meine Liebe?« sagte sie. »Ich bin ja schon so gespannt auf unsere Verwandlung.« Da Camilla in Richtung Schlafzimmer abgerauscht war, blieb Meredith nichts anderes übrig, als sich im Wohnzimmer umzuziehen. Als ihr Blick an ihrem T-Shirt und den Jeans herunterwanderte – ihre übliche Arbeitsuniform – mußte Meredith unwillkürlich über Camillas Gebrauch des Ausdrucks ›Verwandlung‹ nachdenken. Ihre Kleidung war zwar sauber und praktisch, aber als schick konnte man sie beim besten Willen nicht bezeichnen. Ein Blick zum Fenster erinnerte Meredith, daß sie schon längst Vorhänge oder Jalousien hatte kaufen wollen. Bist du heute zu Hause, Alex, fragte sie sich, während sie sich hastig auszog. Morgens hatte sie ihn nicht gesehen. Aber da war sie auch ziemlich beschäftigt gewesen, überlegte sie und mußte im nächsten Augenblick über sich selbst schmunzeln. Absolut lächerlich, sich nach ihrer gestrigen schamlosen Zurschaustellung Gedanken darüber zu machen, ob Alex wohl einen Blick auf sie erhaschen könnte, wenn sie sich jetzt umzog. Sobald sie fertig war, setzte sie sich auf einen der Sessel, ganz vorn an die Kante und wartete nervös auf Camillas Rückkehr. Dabei wanderte ihr Blick wieder zum Fenster, und sie begann ganz automatisch, ihre eine Brust durch den seidigen Stoff zu streicheln, dessen Nippel augenblicklich hart wurde. Als sie dann Camilla ins Zimmer kommen hörte, riß sie die Hand weg und sprang schuldbewußt auf. Meredith war so verblüfft, daß ihr ein »Mein Gott, Sie sehen hinreißend aus« entschlüpfte, als Camilla auf sie zugeschwebt kam. Genau wie sie es beabsichtigt hatte, paßte sich die schwarze Moireseide jeder Kurve von Camillas schlankem Körper an. Meredith, die das Neglige auf ihre Figur zugeschnitten hatte, stellte beruhigt fest, daß es an Camilla saß, als hätte sie es eigens für sie maßgeschneidert. Beim zweiten Hinsehen bemerkte sie allerdings, daß der Saum zwei Fingerbreit zu kurz und das Oberteil eine Idee zu weit war, was aber das Gesamtbild kaum beeinträchtigte. Der Gedanke, daß das hier ihr Werk war, erfüllte Meredith mit einem heimlichen Stolz. Es war das erstemal, daß sie es an einer anderen Frau sah. Schon dachte sie weiter, spielte
mit dem Gedanken, ihre Kreationen auf einer echten Modenschau zu präsentieren. Mit richtigen Models, einem Laufsteg und blitzenden Scheinwerfern. »Nun, was halten Sie davon?« wollte Camilla wissen. Sie vollführte eine Drehung, daß der Saum des Gewandes sich duftig um ihre Knie bauschte. »Ist das nicht umwerfend?« Durch Camillas Frage ins Hier und Jetzt zurückbeordert, blieb Meredith’ Blick neidvoll an Camillas ungewöhnlich schlanken Waden hängen, die sehr wohl eine ausgeprägte Form hatten, die jedoch nicht wie bei ihr durch Muskeln zustande kam. Meredith nickte. »Absolut«, stimmte sie mit einem unsicheren Lächeln zu. Dann schlug sie kurz die Augen nieder, ehe sie Camilla wieder ansah. »Verzeihen Sie. Ich glaube, es verwirrt mich ein bißchen, dieses Modell an jemand anderem zu sehen. Sie sehen zauberhaft darin aus. Viel besser als ich.« Ihr Lächeln erstarb, als ihr bewußt wurde, wie töricht ihre Reaktion war. Du bist mir vielleicht eine Verkäuferin, schalt sie sich. Zu ihrer Überraschung warf Camilla den Kopf zurück und lachte. Es war ein ehrliches Lachen und nicht dieses künstliche Trällern, das so viele Frauen in Camillas Position für angebracht hielten. »Ach, meine Liebe, sie sind wirklich goldig«, meinte sie und steckte dabei rasch ein paar Haarnadeln fest, die sich aus ihrem Nackenknoten gelöst hatten. »Ich glaube, Sie wissen gar nicht, was für eine wunderbare Frau Sie sind.« Dabei schüttelte sie den Kopf, als amüsiere sie sich über Meredith’ Naivität. »So weit würde ich nicht gehen«, widersprach Meredith und errötete. »Aber vielen Dank für das Kompliment.« Camilla schüttelte wieder den Kopf und schnalzte dabei mißbilligend mit der Zunge. »Kommen Sie schon, Sie Dummerchen. Stehen Sie auf. Ich möchte sehen, wie Sie darin aussehen.« Verlegen bis in die Knochen, obwohl sie ja unter sich waren, erhob sich Meredith von ihrem Sessel. Ihre Beine zitterten, als sie dem Weg folgte, den Camillas gebieterisch ausgestreckter Zeigefinger beschrieb. Als diese schließlich die Hand hob, um ihr zu signalisieren, daß sie stehenbleiben sollte, war Meredith der Schweiß ausgebrochen, sie fühlte sich benommen, und die Nervosität schnürte ihr so die Kehle zu, daß sie nur mit Mühe atmen konnte.
6 Meredith hatte wacklige Knie. Ihr war so schwindlig, daß sie sich mit der Hand an der Stuhllehne festhalten mußte. Um sich zu beruhigen und ihren Puls dazu zu bringen, wieder eine normale Frequenz anzunehmen, zwang Meredith sich dazu, ein paarmal tief durch die Nase einzuatmen und die Luft langsam durch den Mund entweichen zu lassen. Daß ihr Zustand einzig und allein auf hochgradige sexuelle Erregung zurückzuführen war, konnte Meredith nicht leugnen. Ebensowenig konnte sie leugnen, daß sich das seidene Hemdhöschen wunderbar auf ihrer Haut anfühlte; kühl schmiegte sich das kostbare Material an ihren fiebernden Körper. Sie war auch nicht imstande, die Flammen der Begierde zu unterdrücken, die jedesmal in ihr aufloderten, wenn sie Camilla anschaute, die in dem schwarzen Seidenneglige aussah, als sei sie soeben dem Titelblatt der Vogue entstiegen. Nur eines konnte Meredith nicht abschätzen – ob Camilla die gleiche erotische Spannung fühlte wie sie. Die andere Frau wirkte so gelassen und kühl wie eine Alabasterstatue; der Ausdruck ihrer Augen war derjenige distanzierten Bewertens, als sie Meredith in dem rosefarbenen Seidenmodell betrachtete. Unwillkürlich schaute Meredith an sich herab. Das Hemdhöschen hatte zwei schmale Spaghettiträger, die genau über dem Busen mit einer kleinen Schleife zusammengefaßt waren. In der Mitte dieser Schleife glitzerte eine winzige Perle. Dieselben Perlen zierten die Knöpfe, die vom Dekollete bis zur Taille verliefen und von rosa Satinschlaufen gehalten wurden. Im Schritt ließ sich das Höschen mit drei der gleichen Knöpfe öffnen. »Drehen Sie sich um, meine Liebe«, meinte Camilla mit leicht angerauhter Stimme. »Ich möchte Sie von allen Seiten betrachten.« Meredith, die fand, daß Camilla eigentlich das Wäschemodell hätte ansprechen müssen und nicht sie selbst, spürte, wie sie von einem neuen Schwindelanfall gepackt wurde. Nur ungern ließ sie die Stuhllehne los, hatte jedoch keine andere Wahl. Ganz langsam drehte sie sich um. Als sie mit dem Rücken zu Camilla stand, wurde sie von ihr gebe-
ten, stehenzubleiben. Einen Augenblick später spürte Meredith, wie zwei fremde Hände über ihre Hüftknochen strichen. Es war eine leichte, aber dennoch beherrschende Berührung, die Meredith zu verstehen gab, daß die Besitzerin dieser Hände darin geübt war, weibliche Formen zu beurteilen, und die Situation absolut unter Kontrolle hatte. »Wunderschön«, sagte Camilla, und der warme Atem, den sie ihr dabei zwischen die Schulterblätter blies, kam einer zärtlichen Liebkosung gleich. Meredith erschauderte und spürte, wie sich ihr die feinen Haare im Nacken aufstellten. Ihre Brustwarzen reckten sich unter dem hauchzarten Stoff, und sie wurde so feucht zwischen den Beinen, daß ihr Saft auf den losen Zwickel des Höschens tropfte. Oh, mein Gott, das darf doch nicht wahr sein, stöhnte sie lautlos und schwankte dermaßen, daß sie sich wieder an der Stuhllehne festhalten mußte. Meredith spürte nicht nur ihr Herz klopfen, sondern auch Camillas Hände, die ihr gerade über den Hintern strichen. Diese Hände wanderten weiter über ihre Hüften, folgten dem Schwung ihrer Taille, tasteten sich nach vorn, umfaßten ihre Brüste. »Aber, aber!« ließ sich Camilla in gespielt tadelndem Tonfall vernehmen, als ihre Fingerspitzen Meredith’ aufrechte Nippel berührten. Sie rieb sie ein wenig, bis Meredith einen leisen Lustseufzer hören ließ. »Ja, Schätzchen, so ist’s recht«, säuselte sie Meredith ins Ohr und knetete dabei zärtlich deren Brüste, »laß dich ruhig ein bißchen gehen. Ich hatte darauf gehofft. Eine verwandte sinnliche Seele erkenne ich nämlich immer sofort, wenn ich ihr begegne.« Sie klang dabei höchst zufrieden, wie Meredith aus ihrer Stimme heraushören konnte. Aber nicht nur das, es gefiel ihr auch ganz offensichtlich, daß Meredith’ Körper so spontan auf ihre Zärtlichkeiten reagierte. Als Meredith anfing, sich leise seufzend zu winden, wurden Camillas Berührungen zielstrebiger. Sie nahm Meredith’ Brustwarzen zwischen die Fingerspitzen, zupfte und kniff sie, bis sie sich stolz unter der hauchdünnen Seide emporreckten. »Sehr schön«, lobte sie, als sie einen Blick über Meredith’ Schulter warf und ihr Werk begutachtete. »Du hast wirklich wunderschöne Brüste, Schätzchen. So herrlich rund und voll.« Meredith spürte, wie diese süße Schwächegefühl immer mehr Besitz von ihr ergriff, während Camillas Hände über ihren seidenumhüllten
Oberkörper strichen und ihn auf höchst sinnliche Weise erforschten. Sie berührten den spitzenbesetzten Saum des Höschen, schlüpften dann unter die locker fallende Seide und streichelten Meredith’ Oberschenkel. Als Meredith merkte, daß ihre Säfte unaufhaltsam in den seidenen Zwickel flossen, stöhnte sie leise. Wenn Camilla sich noch weiter vorwagte, würde sie unweigerlich auf den beschämenden Beweis ihrer Erregung treffen. »Du scheinst das zu genießen, Schätzchen«, flüsterte Camilla. »Sag mir, was du sonst noch magst.« Meredith, die kein Wort herausbrachte, wimmerte nur wieder leise, als Camillas Hände ihren Hintern zu streicheln begannen. »Nun«, fuhr Camilla fort, die sich offenbar an Meredith’ Sprachlosigkeit nicht störte, »wenn du es mir nicht sagst, muß ich es eben selbst herausfinden.« Dabei ließ sie ein neckisches Lachen hören. Meredith fragte sich, was Camilla wohl als nächstes tun würde, und errötete bis unter die Haarwurzeln, als diese mit den Fingern vorsichtig ihre Hinterbacken teilte. Als sie dann mit dem Fingernagel lockend an der gefältelten Rosette ihres Anus kratzte, versuchte Meredith instinktiv, die Muskeln zusammenzupressen. Doch wieder mußte sie feststellen, daß sie sich gegen Camillas verlockende Zärtlichkeiten nicht wehren konnte. »Nein, o Gott, bitte lassen – «, keuchte Meredith und griff blind nach Camillas Handgelenken. Sie schlang die Finger um diese zierlichen Gebilde aus weichem Fleisch und Knochen, um Camilla daran zu hindern, noch weiter in ihre intimsten Regionen vorzudringen. Erstaunt darüber, wie zerbrechlich sich diese Handgelenke anfühlten, drückte Meredith versuchsweise ein bißchen fester zu. Aber auch das half ihr nichts. Sie war gezwungen, die Waffen zu strecken. Es war offensichtlich, daß sich hinter dem eleganten Äußeren dieser Frau eine eiserne Entschlossenheit verbarg. Nichts und niemand konnte Camilla von einem Ziel abbringen, das sie sich gesteckt hatte. Heute bin ich dieses Ziel, überlegte Meredith, von einem Gefühl spannender Erwartung erfüllt. Nachdem sie zu dieser Erkenntnis vorgedrungen war, ergab sich Meredith willig ihrem Schicksal. Ihr Körper entspannte sich, ihr Fleisch
schien in Camillas Händen zu schmelzen. Ihre Säfte flossen jetzt ungehindert, ihre Haut wurde warm und begann vor Lust zu prickeln. Plötzlich fiel ihr ein, daß sie genau im Blickfeld des Fensters stand. Ihr Magen machte einen nervösen Satz, als sie hochschaute und sich jenem bekannten, eindeutigen Blick ausgesetzt sah. Ihre schlimmsten Befürchtungen hatten sich bewahrheitet. Dort stand Alex und beobachtete sie ganz ungeniert. »O nein, schnell, aufhören«, stammelte sie und grapschte dabei wie wild nach jedem Körperteil, den sie von Camilla zu fassen kriegte. »Ganz ruhig, meine Liebe«, besänftigte sie Camilla. »Du mußt nicht verlegen sein. Das hier muß niemand erfahren. Das kann unser kleines Geheimnis bleiben.« Meredith konnte kaum den Blick von Alex losreißen. Sie hatte das Gefühl, jeden Augenblick hysterisch zu werden. Das muß niemand erfahren, hatte Camilla gesagt, und gleichzeitig stand dort Alex und wurde Zeuge ihrer zärtlichen Spiele. Wenn sie doch nur ein bißchen mehr Erfahrung hätte, überlegte sie verzweifelt. Dann könnte sie diese Situation vielleicht mit lässiger Selbstsicherheit meistern und müßte sich nicht fühlen wie ein linkischer Teenager. »Mein Nachbar«, brachte Meredith schließlich keuchend hervor. »Er beobachtet uns. Dort drüben. Sehen Sie nur.« Zu ihrer Verblüffung ließ Camilla nur ein dunkles Lachen hören, nachdem sie einen Blick aus dem Fenster geworfen hatte. »Na, so was«, sagte sie und klang richtig erfreut, »wir haben also Publikum. Wie schön.« Dabei glitten ihre Hände über Meredith’ Hüften, um ihr Schambein zu liebkosen. Meredith wand sich in der Gefangenschaft von Camillas Armen. Die Berührungen der anderen Frau waren gleichermaßen aufregend und beschämend, und trotz ihrer Panik spürte Meredith, daß ihr Geschlecht auf die Berührungen ansprach. Es dauerte ein Weilchen, bis Meredith es wagte, wieder einen Blick in Alex’ Richtung zu riskieren. Zu ihrem Entsetzen mußte sie feststellen, daß er es sich inzwischen in seinem Sessel gemütlich gemacht hatte und sie mit einer so unmißverständlichen Dreistigkeit beobachtete, daß es Meredith heiß und kalt über den Rücken lief. Just in diesem Augenblick wurde ihr klar, daß sie sich nicht mehr wie ein Mensch fühlte, sondern wie ein Sexspielzeug. Ein lebendiges Spielzeug, geschaffen einzig und allein zum Vergnügen
anderer – von Camilla und Alex. Sie beide verschafften sich mittels ihrer Person körperliche Lustgefühle, wenn auch jeder auf seine Weise. Seltsamerweise wirkte diese Erkenntnis auf Meredith wie eine Art Freibrief. War es denn nicht genug, fragte sie sich, von anderen begehrt zu werden? Und war es nicht höchste Zeit, daß sie endlich aufhörte, sich den Kopf darüber zu zerbrechen, welchen Eindruck sie machte oder wie sie sein sollte, und anfing, einfach ihren Spaß zu haben? Ja, die Gunst der Stunde nutzen und sich ganz unbeschwert auf so unerwartete Freuden wie diese einzulassen, das war gewiß ein Schritt in die richtige Richtung. »So was Unverschämtes!« empörte sich Camilla und unterbrach damit Meredith’ Gedankengänge, die sich plötzlich wieder in die aufregende Gegenwart zurückversetzt sah. »Scheint ihm zu gefallen, uns so frech und dreist anzustarren. Meinst du, wir sollten die Polizei rufen?« Der belustigte Unterton in Camillas Stimme sagte Meredith, daß dies nur eine rhetorische Frage gewesen war. Vielmehr schien es Meredith, daß Camilla diese Situation als ebenso prickelnd empfand wie sie selbst. »Es ist nicht das erstemal, daß er mich beobachtet«, gab Meredith zu. Ihre Stimme war nur ein leises Flüstern. Errötend setzte sie hinzu: »Ich habe ihn auch schon beobachtet. Erst neulich abends. Mit einem schwarzen Mädchen. Es ist ein Spiel geworden. Eine Herausforderung.« Camillas Finger furchten unaufhörlich durch den zarten blonden Haarpelz auf Meredith’ Schamhügel. »Wirklich?« sagte sie. »Wie aufregend.« Sie zog die Hände aus Meredith’ Seidenhöschen, legte sie ihr auf die Schultern und drehte sie zu sich herum. »Ich fürchte, nun werden wir den Guten leider enttäuschen müssen.« Meredith verfolgte zwar jede Bewegung von Camillas Lippen, war aber so verwirrt, daß sie keinen klaren Gedanken fassen konnte. Die pflaumenfarbenen Lippen formten ein mokantes Lächeln, und die goldenen und grünen Sprenkel in Camillas Iris glitzerten wie Edelsteine. »Warum?« fragte Meredith schlicht. Sie war ein bißchen verstimmt.
»Ganz einfach deshalb, Darling«, sagte Camilla, nahm sie bei der Hand und führte sie zum Sofa, »weil ich möchte, daß du dich hinsetzt. Komm, setzt dich hier aufs Sofa«, ermutigte sie Meredith. Verwirrt und verunsichert tastete Meredith mit der Hand nach der Sitzfläche, ehe sie sich vorsichtig darauf niederließ. Gerade wollte sie die Beine übereinanderschlagen, da hob Camilla die Hand. »Nein, nicht so«, sagte sie. »Ich möchte, daß du für mich die Beine spreizt, Schätzchen. Komm schon, weiter, weiter – « Sie wedelte beim Sprechen mit den Händen und wartete geduldig, doch mit einer gewissen Befehlshaltung, bis Meredith ihren Wünschen nachgekommen war. Als Meredith mit weit gespreizten Beinen dasaß, schob Camilla den Couchtisch-Ersatz zur Seite, holte einen der Sessel heran und rückte ihn ans Sofa, und zwar genau zwei Fußbreit vor Meredith. »So, Darling«, sagte sie, indem sie sich auf den Sessel setzte und das fließende Gewand zurechtzupfte, ehe sie Meredith direkt ansah. »Jetzt möchte ich, daß du die Knöpfe aufmachst. Nein, nicht diese«, fügte sie schnell hinzu, als Meredith’ Hände sich automatisch auf die Knöpfe am Ausschnitt zubewegten. »Die Knöpfe am Zwickel.« »Oh, nein, ich könnte – «, protestierte Meredith, die zum x-ten Mal an diesem Vormittag spürte, wie ihr die Röte in die Wangen schoß. »Doch, doch, das kannst du«, sagte Camilla bestimmt. Sie beugte sich vor und sah Meredith unter hochgezogenen Brauen an. »Oder soll ich es lieber für dich tun?« Daraufhin schüttelte Meredith schnell den Kopf. »Nein, nein. Ich mach das schon selbst.« Sie ließ einen willfährigen Seufzer hören und wiederholte noch einmal leise: »Ich mach das schon.« Es hatte wirklich keinen Sinn, Camilla zu widersprechen – oder ihre eigenen Gefühle zu leugnen. Sie war erregt bis ins Mark und brannte darauf, sich Camillas Führung anzuvertrauen. Mit zitternden Fingern öffnete sie den Zwickel, indem sie die winzigen Knöpfe durch die dünnen Satinschlaufen fädelte. Als sie damit fertig war und sich wieder aufrichtete, bedeckte das vordere Zwickelteil immer noch ihre Möse. »Weg damit, Darling«, sagte Camilla, die direkt zwischen Meredith’ Oberschenkel spähte. »Schlag den Zwickel zurück. Ich will alles von dir sehen.«
Ein ungeheuer starkes, leidenschaftliches Verlangen wallte in Meredith auf und überflutete ihr instinktives Bedürfnis, sich Camillas Befehlen zu widersetzen. Als sie sich wieder an dem seidenen Höschen zu schaffen machte, wuchs ihre Erregung derart, daß ihre Säfte nur so strömten, während ihr Mund staubtrocken wurde. Sie schluckte hart und leckte sich mit der Zungenspitze über die Lippen, um sie anzufeuchten. »Schau mich an, Liebste«, befahl Camilla freundlich, aber bestimmt. »Laß mich die Begierde in deinen Augen sehen.« Mit schamgeröteten Wangen sah Meredith zu Camilla hoch. Diese hielt gelassen ihren Blick, doch ihre Augen strahlten dabei eine Erotik aus, die Meredith förmlich den Atem stocken ließ. Dann senkte Camilla den Blick. Sie tat es ganz langsam und bedächtig und ließ ihre Augen schließlich auf dem prallen Fleisch ruhen, das so unanständig zwischen Meredith’ Schenkeln hervorquoll. Camilla stieß einen langen, zufriedenen Seufzer aus. Sie nickte anerkennend, legte den Kopf ein wenig schräg, kippte ihn dann zur anderen Seite, wie ein Kunstkenner, der ein neues Gemälde betrachtet. »Perfekt«, befand sie nach einet endlosen Weile, indem sie leicht in die Hände klatschte. »Einfach perfekt.« Sie ließ ein Lächeln folgen, das gleich wieder verschwand. Dann wurden ihre Augen plötzlich ganz dunkel. »Merkst du eigentlich, wie naß du bist?« »Nein, ich – ja, ich denke schon«, stieß Meredith keuchend hervor. Sie spürte das rote Samtkissen unter ihren Händen und klammerte sich daran fest, als könnte sie daraus Kraft schöpfen. »Und jetzt, meine Liebe«, fuhr Camilla fort, indem sie sich gemütlich zurücklehnte und die Beine übereinanderschlug, »könntest du mir eigentlich eine kleine Show bieten – was meinst du?« »Eine Show?« wiederholte Meredith fassungslos. Das Lächeln kehrte auf Camillas Lippen zurück. »Ja, Darling. Ich möchte, daß du dich streichelst. Stell dir vor, du bist ganz allein. Du streichelst dich doch, wenn du allein bist, oder etwa nicht?« »Ja, natürlich.« Meredith empfand diese Frage als Affront und ließ Camilla das auch spüren. »Aber das ist etwas ganz Privates. Ich würde nie – «
Camilla beugte sich vor und nahm Meredith ins Visier. »Du hast doch bestimmt schon in Gegenwart eines anderen masturbiert. Vor einem Lieb…« »Ja, schon«, fiel ihr Meredith ins Wort. »Aber das war etwas anderes.« »Ach, wirklich?« lachte Camilla. »Und was war daran so anders, Liebste? Daß du männliches Publikum hattest? Glaubst du nicht, daß es mir wahnsinnig Spaß machen könnte, dir dabei zuzusehen, wie deine Finger deine süße Pussi streicheln? Oder denkst du vielleicht, daß es einer Frau nicht ansteht, die gleichen Dinge zu genießen wie ein Mann?« »Natürlich nicht«, erwiderte Meredith, der bewußt wurde, daß sie sich gerade in eine Ecke manövriert hatte. »Also, was hält dich dann davon ab?« Camilla lächelte wieder, und in ihrer Stimme schwang jetzt ein suggestiver Unterton mit, dem etwas Hypnotisches anhaftete. »Na, komm schon, meine Süße. Zeig mir deine geheimsten Stellen. Laß mich ein eintreten in deinen privaten Lustpalast. Laß mich an deinem Höhepunkt teilhaben.« Zu Meredith’ Überraschung hielt Camilla inne und begann liebevoll über ihre Brüste zu streichen. Die Nippel wurden sogleich hart und richteten sich keck unter dem schwarzen Seidenmoire auf. »Gönn mir doch dieses Vergnügen, Schätzchen«, fuhr sie schmeichelnd fort. »Du weißt anscheinend wirklich nicht, wie schön und begehrenswert zu bist, wie?« Wie betäubt schüttelte Meredith den Kopf, obwohl das nicht ganz stimmte. Verschiedene Männer hatten ihr bereits etwas Ähnliches gesagt. Sie war an solche Komplimente durchaus gewöhnt. Doch eine innere Stimme sagte ihr, daß das hier etwas anderes war. Etwas ganz anderes. Von einer Frau verführt zu werden war so befremdlich, daß sie sich wunderte, warum sie das nicht abstieß. Weil du dich von ihr verführen lassen willst, kam es aus ihrem Inneren. Du wolltest es von dem Augenblick an, als Camilla anfing, dich anzumachen. Und du begehrst sie ebenfalls. Gib’s zu. Du willst sie. Dir macht die ganze Geschichte einen Riesenspaß. »Doch, das weiß ich«, flüsterte Meredith heiser, die wußte, wann sie verloren hatte. Sie räusperte sich, als wollte sie zu einer Rede ansetzen, doch statt dessen machte sie die Hände von dem Kissen los und legte sie auf ihre Oberschenkel. In diesem Moment – als sie Camilla ansah und beobach-
tete, wie deren Blick an ihrem Körper herabglitt und sich an der sündhaften Stelle festmachte, die sie so wunderschön fand – wußte Meredith, daß sie erst die Augen schließen und so tun mußte, als sei sie allein, ehe sie fortfahren konnte. Während Meredith zögernd begann, sich zu streicheln, warf Alex einen Blick auf seine Armbanduhr und erhob sich dann widerwillig aus seinem Sessel. Um halb eins hatte er eine Verabredung mit Lisa Blair. Sie hatten abgesprochen, sich in Albertas Büro zu treffen, und er wußte, daß keine der beiden Frauen es ihm nachsehen würde, wenn er sich mehr als fünf Sekunden verspätete. Bei der Vorstellung, seine Wohnung oder vielmehr seinen Stuhl vor dem Fenster verlassen zu müssen, sträubte sich alles in ihm. Der Anblick von Julia, die sich von einer anderen Frau liebkosen ließ, war insofern eine willkommene Überraschung gewesen, als er angenommen hatte, daß seine neue Nachbarin sich nach den Ereignissen des gestrigen Abends erst einmal für eine Weile verkriechen würde. Immerhin war diese erotische Vorstellung doch recht bizarr und frivol gewesen. Sie würde, hatte er gedacht, sich gewiß schämen, wenn sie ihr exhibitionistisches Treiben im nüchternen Tageslicht betrachtete. Aber mitnichten. Von Scham konnte, wie man sah, nicht die Rede sein. Auf dem Weg über den Treidelpfad konnte Alex dem Drang nicht widerstehen, immer wieder einen Blick hinauf zu ihrem Fenster zu werfen. Es war enttäuschend gewesen, daß die heutige Vorstellung – die so verheißungsvoll begonnen hatte – gerade dann ein Ende hatte finden müssen, als er so richtig heiß geworden war. Im nächsten Augenblick mußte er innerlich über sich lächeln. Das war ein typischer Fall von Selbstbetrug. Es war nämlich so, daß er schon in Fahrt gekommen war, als er sie in den Armen jener anderen Frau sah; als sie dann anfing, Julias liebreizenden Körper in dem sexy Seidenfummel zu streicheln, hatte er sich vor Geilheit kaum mehr zu lassen gewußt. Vielleicht war es ganz gut so, daß sie nicht vor seinen Augen weitergemacht hatten. Denn das hätte ihn vor die schwierige Entscheidung gestellt, entweder sitzen zu bleiben und seinen Job zu
riskieren oder beflissen zu seinem Termin zu eilen – ein Entschluß, den er sein Leben lang bereut hätte. Er sah noch einmal zu ihrem Fenster hinauf und deutete eine Verbeugung an. Vielen Dank, Ladys, daß ihr mir diese Entscheidung abgenommen habt, schmunzelte er. Dann mußte er laut lachen. Das Leben ging schon recht hart mit ihm ins Gericht, überlegte er spöttisch, wenn die einzigen Entscheidungen, die es ihm abverlangte, derart trivial waren: Geld oder Vergnügen. Das waren seine Alternativen. Und sie kamen oft in dieser Kombination – in Gestalt von Regina und zahlreicher anderer Damen. Nein, das Leben meint es gut mit dir, alter Knabe, dachte er und schaute ein letztes Mal nach oben, ehe er um die Ecke bog. Wirklich sehr gut. Meredith’ Atem kam in kurzen, heftigen Stößen, als sie die sensible Perle ihrer Klitoris streichelte. Diese pulsierte wie wild, und jedesmal, wenn sie mit den Fingerspitzen durch die Spalte strich und die ebenfalls hochsensiblen Hautfalten um die Vagina stimulierte, merkte sie, daß sie förmlich in den eigenen Säften schwamm. Sie hatte sich inzwischen an die Vorstellung, daß Camilla sie beobachtete, gewöhnt. Am Anfang war es ihr nicht leichtgefallen, Camillas Gegenwart auszuschalten, doch sobald sie die äußeren Schamlippen teilte und anfing, sich auf die gewohnte Art zu streicheln, gelang es ihr bald, sich in jene andere Welt der puren Wollust versinken zu lassen. Nach einer Weile spürte sie, wie sie immer tiefer in die geheimen Gefilde ihrer sexuellen Begierde hinabglitt und Camillas Bild wieder in ihre Welt einbeziehen konnte. Zuerst geschah das, indem sie sich ab und zu einen kurzen Blick auf sie gestattete. Der nächste Schritt war, daß sie die recht erregende Tatsache akzeptieren konnte, daß ihr gegenüber eine Frau saß, die beim Beobachten ihrer selbstvergessenen Streicheleien ebenso viel Vergnügen empfand wie sie selbst. Außerdem waren die gelegentlichen ermunternden Seufzer, die Camilla hören ließ, nicht dazu angetan, Meredith vergessen zu lassen, daß sie bei ihren erotischen Spielereien nicht allein war. »Ja, Baby. Genau. Das ist es. Wunderbar. Tu’s für mich. Ja, Liebste, mach deine süße Pussi schön heiß und feucht.«
Meredith erschauderte jedesmal vor Lust, wenn Camilla sprach, ließ sich aber davon nicht beirren. Dazu war sie schon zu weit gegangen und war viel zu tief verstrickt in ihr Streben nach sinnlichem Genuß, um sich von irgend etwas oder irgend jemand dabei stören zu lassen. Kurz darauf vernahm sie ein leises, raschelndes Geräusch, und als sie die Augen wieder öffnete, sah sie Camilla vor sich knien. Das Neglige umfloß sie wie ein See von schwarzer Tinte, und der Ausdruck ihres Gesichts verhieß schieres Entzücken, als ihr Blick an der fleischigen Knospe zwischen Meredith’ Schenkeln haftenblieb. »Nicht aufhören«, drängte sie Meredith mit heiserer Stimme. »Ich werde dich nicht anfassen. Ich möchte dich nur aus nächster Nähe betrachten.« »Woran denkst du?« erkundigte sich Meredith, überrascht von ihrer Frage. Einen Augenblick lang blieben ihre Finger still, dann liebkosten sie wieder die zarten Blütenblätter ihrer inneren Lippen. Camilla hob kurz den Blick. »Ich denke darüber nach, wie schön du bist. Auf eine so schamlose und lüsterne Weise schön. Wie gern würde ich dich kosten! Meine Zunge über dein saftiges Fleisch streichen lassen und in deinen süßen Honigtopf eintauchen!« Meredith erbebte vor Begeisterung. Noch nie zuvor hatte sie sich so sehr danach verzehrt, einen fremden Mund auf ihrem intimsten Fleisch zu spüren. Wenn sie aber dieser Versuchung erläge, fragte sie sich, wo würde das hinführen? Wäre sie in der Lage, die empfangenen Wohltaten zurückzugeben? Konnte sie sich wirklich vorstellen, eine andere Frau intim zu berühren? Obwohl sie diese andere Frau begehrte, war sie sich nicht sicher, ob sie es tatsächlich genießen könnte, die weichen Falten von Camillas Geschlecht zu kosen. Das Ganze war ihr so fremd und ungeheuer, daß sie es mit der Angst bekam. »Ich traue mich nicht, das zuzulassen«, gestand Meredith und überraschte sich damit wieder einmal selbst. »Ich habe so etwas noch nie getan.« Camilla richtete den Blick wieder auf Meredith’ Gesicht und lächelte. »Verstehe«, sagte sie freundlich. Meredith reagierte auf dieses Lächeln mit einer Welle von Zärtlichkeit und Verlangen. Verschwunden war die Camilla, die vor einer Ewigkeit, wie es ihr schien, ihre Wohnung betreten hatte. Es war, als habe ein Radiergummi all ihre scharfen Konturen geglättet. War sie
anfangs spröde und hart gewesen, so hatte Meredith jetzt ein so sanftes, so ungeheuer weibliches Wesen vor sich, daß ihr das Herz vor Bewunderung schwer wurde. Dies hier war eine Frau, die ihr so vieles geben konnte. Mit Camillas Hilfe konnte sie eine weitere Tür auf dem Weg zu ihrem wahren Selbst öffnen und ihre verborgensten Triebe erforschen. »Hilf mir«, bat Meredith. »Ich weiß nicht, was ich tun soll.« Ganz langsam streckte Camilla ihre Hände aus und ließ sie an der Innenseite von Meredith’ Schenkeln entlangwandern. »Du brauchst überhaupt nichts zu tun«, sagte sie leise. »Laß dich von mir führen. Du mußt mir nur vertrauen.« »Ich vertraue dir«, keuchte Meredith, die eine wilde Lüsternheit in sich aufflammen spürte, als Camillas Fingerspitzen an ihren aufgeworfenen äußeren Schamlippen vorbeistrichen. Ihre eigenen Finger gaben bebend den Weg frei, als Camilla sich vorbeugte und den Mund auf den fleischigen Hügel ihres Schambeins preßte. »Oh, ja. Ja!« Alex erreichte Albertas Büro ein paar Minuten vor halb eins. Beim Hereinkommen winkte er Suzie, Albertas Empfangssekretärin, freundlich zu und drehte sich nochmals mit einem fragenden Blick zu ihr um, als er merkte, daß außer ihm noch jemand im vorderen Büro wartete. »Ein Schauspieler«, gab sie ihm nur mit den Lippen zu verstehen, ehe sie laut hinzufügte: »Ich fürchte, bei Alberta dauert es noch ein bißchen.« »Typisch«, bemerkte Alex mit einem säuerlichen Lächeln. Dann ließ er sich auf einem der weichen Sessel nieder und griff nach der neuesten Variety-Ausgabe. »Und ich bin schon in Panik geraten, ich könnte zu spät kommen. Ist Lisa Blair eigentlich schon da?« Suzie nickte. »Ja, sie hat gerade mit Alberta eine Besprechung.« Auf diese Information hin machte Alex Anstalten, sich zu erheben. »Soll ich gleich hineingehen?« »Nein, noch nicht«, beschied ihm Suzie. »Alberta bat mich, dir zu sagen, du möchtest bitte warten, bis sie dich ruft.« Alex lehnte sich wieder in seinem Sessel zurück und gab vor, die Zeitschrift zu studieren; in Wirklichkeit nahm er jedoch die andere Person eingehend unter die Lupe. Es handelte sich offenbar um einen Mann, groß, schlaksig, mit hellbraunen Haaren, die ihm bis zum Kra-
gen reichten. Da er mit dem Rücken zu ihm am Fenster stand, konnte Alex sein Gesicht nicht sehen. Aber dennoch wurde er das Gefühl nicht los, diesen Mann schon irgendwo gesehen zu haben. Nach einer Weile siegte Alex’ Neugier. Er stand auf und gesellte sich zu dem Mann ans Fenster. »Hallo, sind wir uns nicht schon einmal begegnet?« fragte er ihn. Der andere drehte sich um, lächelte, und in diesem Moment wußte Alex, daß er sich getäuscht hatte. Dieses zerfurchte Gesicht mit dem saphirgrünen Augenpaar, das ihn mit argloser Freundlichkeit anblitzte, kam ihm in keiner Weise bekannt vor. »Ich glaube nicht«, sagte der andere und streckte Alex eine Hand hin, die dieser kurz schüttelte. »Aber machen Sie sich nichts draus. Leute glauben oft, mich zu kennen, weil sie mich auf der Bühne oder im Film gesehen haben. Übrigens, mein Name ist Fergal.« »Alex. Freut mich«, sagte Alex und erwiderte Fergals unbeschwertes Lächeln. »Das wird es wohl sein. Sind Sie sehr bekannt?« Fergal lachte. »Nein, nicht wirklich. Ich habe es bisher nur zu Statistenrollen gebracht, aber Alberta setzt große Hoffnungen in mich.« »Ja, Alberta kann einen schon weiterbringen«, meinte Alex und verzog dabei das Gesicht, »aber nur, wenn man in ihrem goldenen Buch steht. Wenn nicht, kann sie ein echter Tyrann sein.« »Na, lästerst du schon wieder über mich, Alex?« Der unerwartete Klang von Albertas Stimme ließ Alex zusammenfahren. Er hatte nicht bemerkt, daß sie unter der Tür stand. Ehe er sich zu ihr umdrehte, war er so anständig, eine betroffene Miene aufzusetzen. Doch zu seiner Überraschung lachte Alberta. Alex beantwortete Albertas Heiterkeitsausbruch, den er an ihr überhaupt nicht gewöhnt war, mit einem wachsamen Lächeln und kam sich dabei vor wie ein Kaninchen, das sich unverhofft einem Fuchs gegenübersieht. »Ich wollte nur verhindern, daß sich dein neuer Protege irgendwelchen Illusionen hingibt«, entgegnete er leichthin, obwohl er innerlich zitterte. Er schaffte es einfach nicht, sich klarzumachen, daß nicht er für sie arbeitete, sondern sie für ihn. »Solange du hier bist, ist diese Gefahr ja wohl kaum gegeben?« parierte Alberta mit einem Lächeln, das nicht bis zu ihren Augen gelangte. Sie nagelte Alex für einen Moment mit ihrem Blick fest, ehe sie von ihm abließ. »Also, komm schon«, fügte sie mit einem Nicken in Rich-
tung ihrer Bürotür hinzu. »Lisa Blair möchte ein paar Dinge mit dir besprechen.« Dann wandte sie sich mit einem flüchtigen, aber ehrlichen Lächeln an Suzie. »Wärst du so nett, uns eine Tasse Kaffee zu bringen?« »Na klar, Chef«, antwortete Suzie mit ihrer üblichen Respektlosigkeit. »Sobald ich diese zusätzlichen Vertragsklauseln abgetippt habe.« Mit einem Achselzucken, das soviel wie ›Einverstanden‹ bedeutete, drehte Alberta sich um und führte Alex in ihr Büro, wo Lisa Blair auf sie wartete. Sie stand auf, als sie eintraten und schüttelte Alex’ Hand, als hätten sie sich gerade erst kennengelernt. »Nett, dich wiederzusehen, Alex«, sagte sie mit einem warmen Lächeln. »Ich wollte dich nur auf den neuesten Stand bringen, was meine jüngsten Ideen für das Video betrifft.« Alex seufzte unhörbar. Keine Änderungen mehr. Davon hatte es inzwischen so viele gegeben, daß er sich allmählich fragte, ob die Arbeit mit der berühmten Lisa Blair überhaupt die ganze Anstrengung wert war. Eine Frage, die sich schon im nächsten Augenblick von selbst beantwortete, als er beobachtete, wie Lisa ihren perfekt geformten Hintern wieder auf den Stuhl plazierte und die ebenso perfekten Beine – nackt und in ihrer ganzen Länge unter einem kurzen weißen Rock sichtbar – elegant übereinanderschlug. Ja, sie war es wert, entschied er, als Lisa den Rocksaum über ihren Schenkeln glattstrich, und stellte sich kurz vor, wie es wäre, wenn er Lisa hier auf Albertas Schreibtisch vögeln würde. »Alex, weilst du noch unter uns?« Albertas Stimme überraschte ihn zum zweitenmal an diesem Tag und holte ihn unsanft in die graue Wirklichkeit zurück. »Wir haben eine ganze Menge zu besprechen, und ich muß dich wohl kaum daran erinnern, daß Zeit Geld ist«, fügte sie mit einem vorwurfsvollen Blick auf ihre Armbanduhr hinzu. »Verzeihung, ich war gerade mit meinen Gedanken woanders«, beeilte sich Alex zu sagen und nahm auf dem Stuhl neben Lisa Platz. Er schenkte den beiden Frauen ein, wie er hoffte, entwaffnendes Lächeln. »Bitte, meine Damen, fangen wir an.« Als Alex eine gute Stunde später Albertas Büro verließ, saß Fergal zu seiner Überraschung immer noch im Empfangsraum. Er hatte sich hinter der Variety verschanzt, die Alex vorhin weggelegt hatte, doch als Alex an ihm vorbeiging, schaute er hoch.
»Einen Augenblick, Kollege«, sagte Fergal. Alex musterte ihn mit einem fragenden Blick. »Ja?« sagte er und fügte dann mit einem verblüfften Unterton hinzu: »Haben Sie auf mich gewartet?« Fergal senkte die Stimme zu einem verschwörerischen Flüstern. »Das kann ich nicht abstreiten. Ich suche jemand, der mich über Alberta aufklärt, und glaube, daß Sie mein Mann dafür sind. Hoffentlich stört es Sie nicht, daß ich Ihnen aufgelauert habe. Hätten Sie Lust, etwas trinken zu gehen?« Alex lächelte. Obwohl er schon vielen Schauspielern begegnet war, fühlte er sich zu diesem aus einem unerfindlichen Grund hingezogen. Vielleicht lag das an seiner merkwürdig theatralischen Ausdrucksweise. Vielleicht aber fand er es auch hilfreich, in diesem ewigen Kampf, der seine Beziehung zu Alberta kennzeichnete, einen Verbündeten an seiner Seite zu wissen. Andererseits war es auch möglich, daß es ihn einfach nur nach männlicher Gesellschaft verlangte. Er hatte nicht viele Freunde unter seinen Geschlechtsgenossen. Die Männer, die seine Freundschaft suchten, waren ausnahmslos schwul. Inzwischen hatte er sich damit abgefunden, daß das der Preis war, den er für seinen Beruf als Tänzer zahlen mußte – zweifellos sandten sein manieriertes Auftreten und sein graziöse Äußeres die falschen Signale aus. »Ja, warum nicht?« entgegnete er mit einem lässigen Schulterzucken. »Ich muß zugeben, daß ich einen Drink gebrauchen könnte. Wo sollen wir hingehen?« »Ich wüßte da einen guten Laden«, sagte Fergal, indem er sich langsam aus dem weichen Sessel erhob und zu seiner ganzen Größe entfaltete. »Ein Tummelplatz der heißesten Girls der Stadt. Hab’ dort vor kurzem die absolute Wahnsinnsfrau kennengelernt. Bevor Sie mir den Arm auskugeln, erzähle ich Ihnen die ganze Geschichte.« Sein gewinnendes Lächeln nahm Alex nur noch mehr für ihn ein. Es stand außer Zweifel, daß dieser Typ hetero war, und wenn es etwas gab, das Alex’ Säfte zum Fließen brachte, so war es die Aussicht auf ein paar zotige Geschichten. »Okay, gekauft«, sagte Alex munter. »Gehen wir.« Kurz vor der Tür drehte sich Alex noch einmal um und winkte Suzie zu, die sich im Gegenzug die glänzenden roten Lippen leckte – und
da fiel ihm plötzlich wieder die Szene ein, die er am Morgen in der Wohnung gegenüber beobachtet hatte. Angenehm erregt von dieser Erinnerung eilte er hinter Fergal her, der bereits die Straße entlangging. »Ach, übrigens«, sagte er, als er seinen neuen Freund eingeholt hatte, »wenn Sie auf Skandale stehen, hätte ich auch eine Geschichte für Sie, eine affenscharfe…«
7 Meredith konnte sich nicht erinnern, wann sie das letztemal so geil gewesen war. Camilla hatte bisher mit ihr gespielt wie auf einer Violine, mit erfahrenen Händen die Schönheit ihres lüsternen Körpers geweckt und ihm die unterschiedlichsten ekstatischen Empfindungen entlockt. Jetzt lag sie auf dem Bauch, und ihre Wirbelsäule prickelte unter Camillas Fingerspitzen, die sich mit flatternden Bewegungen vom obersten Nackenwirbel bis hinunter zum Steißbein arbeiteten. »Nein, was für niedliche Grübchen«, gurrte Camilla und zeichnete mit den Fingern zärtliche Kreise um die zwei kleinen Vertiefungen am Ende von Meredith’ Rücken. »So einem Anblick kann ich nicht widerstehen.« Meredith erschauderte vor Lust, als Camilla ihre Lippen erst auf das eine Grübchen preßte, dann auf das andere. Als Camillas Zungenspitze noch einmal den Weg nahm, den ihre Fingerspitzen gerade genommen hatten, stieß Meredith einen tiefen Lustseufzer aus. Flüchtig überlegte sie, wie lange Camilla und sie sich schon liebten. Eine Stunde? Einen Tag? Obwohl sie durchs Fenster sehen konnte, daß die Sonne immer noch mitten am tiefblauen Himmel stand, kam es ihr so vor, als hätte sie mit Camilla schon ein ganzes Leben verbracht. Sie hatte so viel gelernt. So viel Neues erfahren. Und es ging noch weiter, stellte sie, abermals erschaudernd, fest, als Camillas Finger zwischen ihren Pobacken hindurchstrichen und die heiße Feuchtigkeit zwischen ihren Schenkeln berührten. Träge wie eine Katze rollte sie sich auf den Rücken, Camillas Hand zwischen den Schenkeln eingeklemmt. Sie lächelte, und dieses Lächeln verriet genau, wie sie sich gerade fühlte. Entspannt und satt. »Jetzt bin ich dran«, wagte sie den Vorstoß, nachdem ein paar genußvolle Momente verstrichen waren. Ohne Eile öffnete Meredith die Beine, damit Camilla ihre Hand herausziehen konnte. Dann ergriff sie blitzschnell diese Hand, führte sie an ihren Mund und leckte gierig über die klebrigen Fingerspitzen und die rosafarbene Handfläche, auf der noch Schlieren ihres eigenen Liebessaftes schimmerten.
Camilla erwiderte ihr Lächeln und betrachtete sie mit einem tiefen, verständnisinnigen Blick. Nach wenigen Sekunden veränderte sich der Ausdruck in ihren Gesichtern. Im Gegensatz zu Meredith, die sich mit einem frechen Grinsen die Lippen ableckte, lag in Camillas jetzt gespannte Erwartung. Obwohl Camilla bis zu diesem Moment ganz klar das Zepter geschwungen hatte, schien es plötzlich, als sei sie bereit und nur allzu willig, von nun an Meredith die Führung zu überlassen. »Leg dich hier hin«, raunte Meredith mit belegter Stimme und rückte zur Seite, um Camilla auf dem Sofa Platz zu machen. »Ich möchte mich bei dir revanchieren.« Camilla nickte anmutig. »Wie du wünschst«, sagte sie mit einem sinnlichen Augenaufschlag, dem etwas Verstohlen-Amüsiertes anhaftete. Meredith verfluchte im stillen ihre unelegante Art, mit der sie sich vor das Sofa kniete, während Camilla sich graziös auf dem Platz niederlegte, den sie gerade freigemacht hatte. Neidvoll sah Meredith zu, wie es sich die andere Frau bequem machte, wie sie keineswegs geziert, sondern mit vollendeter Grazie ein Bein anwinkelte, dabei wie zufällig das zarte Fleisch ihres Geschlechts entblößte und die Arme lässig hinter den Kopf legte. Einen Augenblick später, als sei sie mit dem Anblick, den sie bot, nicht zufrieden, veränderte sie die Stellung ihrer Arme. Sie legte den einen quer über die Stirn, die Handfläche offen nach oben, die Finger leicht gekrümmt, doch ganz entspannt. Den anderen schob sie als Stütze unter den Kopf. Auch der Ausdruck ihrer Augen veränderte sich. Sie waren jetzt ganz dunkel. Der Blick wachsam. Erwartungsvoll. Leidenschaftlich. Um ihre Nervosität zu unterdrücken, nagte Meredith an ihrer Unterlippe, während sie den Blick über Camillas hingegossenen Körper wandern ließ und dabei besonderes Augenmerk auf den schmalen Brustkasten und die perfekt gerundeten Brüste legte. Die Nippel ragten herrlich prall in die Höhe. Harte, rote Knospen, die von großen, dunkel pigmentierten Höfen umgeben waren. Ihr Blick wanderte weiter abwärts, folgte den schlanken, äußerst sinnlichen Kurven und verweilte ein wenig neidvoll auf dem flachen Bauch, der sich zwischen den hochragenden Hüftknochen abwechselnd hob und senkte.
So vorsichtig, als überquerte sie eine gefährliche Hängebrücke, ließ Meredith ihre Fingerspitzen von Camillas einem Hüftknochen über die Bauchdecke zu dem anderen wandern. Camillas Haut fühlte sich weich und kühl an. Sie war makellos, dabei aber – zu Meredith großer Erleichterung – mit einer ganz feinen Haarschicht bedeckt. Die Härchen begannen als flaumige Spur unterhalb ihres Nabels, die bis zu dem um einige Nuancen dunkleren Dreieck führte, das ihren Schamhügel bedeckte und den geheimen Ort zwischen ihren Beinen überschattete. Meredith starrte wie gebannt auf Camillas Geschlecht, das sich ihr auf so blasierte Weise darbot. Das Hämmern ihres Herzens begleitete einen erneuten Ansturm purer Begierde. Trotzdem spürte sie eine unerklärliche Angst davor, die intimsten Stellen dieser Frau schon jetzt zu berühren. Sie erlaubte ihren Händen zunächst nur, an Camillas ausgestrecktem Bein entlangzustreichen. Erstaunt folgten ihre Finger den fließenden Kurven des schlanken Schenkels und der Wade. Als sie Camillas Fessel erreichten, zuckte ihr Fuß leicht, dann reckte sie die Zehen in die Höhe, als wollte sie Meredith ihren Fuß im besten Licht präsentieren. Meredith war entsprechend beeindruckt. Da gab es nicht die kleinste Kleinigkeit an Camilla, die nicht vollkommen gewesen wäre. Ihr Fuß bildete dabei keine Ausnahme, so schmal und zierlich, wie er war. Der letzte, perfekte Schliff eines Körpers, der von begnadeter Meisterhand geschaffen zu sein schien. Meredith holte tief Luft, ehe ihre Hand wieder an diesem wunderbaren Körper hinaufwanderte. Während ihre Handflächen und die Finger über das Terrain hinwegstrichen, das ihr immer vertrauter zu werden schien, genoß Meredith die zarte Beschaffenheit von Camillas Haut, die an der Innenseite ihres Schenkels so weich wie Seide wurde. An der Stelle angekommen, wo sich die beiden Schenkel trafen, verharrte sie. »Ja. O ja, bitte«, seufzte Camilla. Sie spannte die Schenkel, öffnete sie weiter und hob das Becken um ein paar Millimeter an. Meredith verstand die stumme Bitte und zögerte nun nicht länger. Sie strich mit den Fingerrücken über die Haarlocken, die die weinroten Lippen von Camillas Vulva bedeckten, und registrierte erstaunt deren Spannkraft. Camillas Schamhaare, die so zart und weich erschienen wie ihre Haut, fühlten sich angenehm prickelnd an. Behutsam teilte
Meredith die dunklen, äußeren Lippen, um die blutroten Falten dazwischen zu enthüllen. So vorsichtig, als entferne sie Lage um Lage die Verpackung eines kostbaren Geschenks, öffnete sie die Blüte von Camillas Geschlecht. Ein süßer Lustschauder durchfuhr sie, als sich schließlich Camillas Klitoris ihrem Blick darbot, rosa und leicht angeschwollen, die schimmernde Perle von einem schützenden Häutchen umhüllt. Wissend, wie sehr sie die Berührung ihrer eigenen Klitoris liebte, strich sie mit der weichen Kuppe ihres Daumens über die pralle Knospe. Von Camillas dankbarem Seufzen ermutigt, wiederholte sie die Zärtlichkeiten. Dann senkte sie den Kopf und machte mit der Zungenspitze weiter. Camillas Hüften begannen im Einklang mit den kreisenden Bewegungen ihrer Zunge zu zucken, doch bald hob Meredith wieder den Kopf und ließ ihre Fingerspitzen um Camillas Klitoris flattern, damit sie das sich rasch verändernde Mienenspiel in Camillas Gesicht beobachten konnte. Diese hatte den Kopf zurückgeworfen, und das Zucken in ihrem Gesicht verhieß, daß sie sich völlig auf ihre Lust konzentrierte. Die straffen Muskeln ihres Bauchs riffelten sich, als Meredith ihre Finger immer schneller um ihre Klitoris kreisen ließ. Gleich unterhalb dieser rosaroten Lustperle klaffte die um Aufmerksamkeit bettelnde hungrige Spalte ihres Geschlechts auf. Meredith lächelte zufrieden und lockerte die Finger ihrer anderen Hand. Jetzt war der Augenblick gekommen, um in Camillas verborgene Tiefen vorzudringen. Mit Zeige- und Mittelfinger verschaffte sich Meredith behutsam Einlaß in die Pforte der Lust, darauf achtend, die zarte Haut nicht mit den Nägeln zu verletzen. Ein herrlich elektrisierender Schauder erfaßte sie. Die Finger tief in der feuchten Wärme einer Vagina zu spüren war kein unbekanntes Gefühl für sie – sie hatte es oft genug bei sich selbst erlebt. Und doch war es diesmal völlig anders. Zum einen konnte sie die Erregung nicht spüren, die diesen anderen Körper dazu brachte, sich vor Lust zu krümmen und zu winden, obwohl sie diese leicht erahnen konnte. Dafür bot sich ihr zum anderen Gelegenheit, den so unglaublich erregenden Anblick ihrer Finger zu genießen, versenkt in dem gierigen Tunnel einer anderen Frau. Ganz plötzlich, als die erregenden Laute von Camillas leidenschaftlichem Stöhnen an ihr Ohr drangen und als sie spürte, wie dieser heiße,
feuchte Körper unter seinem lodernden Verlangen dahinschmolz, wurde Meredith von einer seltsamen und bezwingenden Erkenntnis überrascht: Sie war nicht länger Camillas Dienerin -eine einfache Näherin, die sich den Wünschen ihrer Kundin beugt –, sondern eine Puppenspielerin oder sogar die Herrin? Mit einem Lächeln, das nur ihr selbst galt, beschleunigte sie das Tempo ihrer Zärtlichkeiten und wurde schon einen Augenblick später dafür belohnt, als Camillas innere Muskeln sich gierig um ihre Finger krampften. Sie sah hoch und bemerkte, wie Camillas weicher Bauch sich unter dem Spiel ihrer intimen Muskeln spannte und wölbte. Ein zitternder Lustschrei schmeichelte ihrem Ohr, und nach einer kurzen Weile entspannte sich Camillas Körper und wurde plötzlich ganz schlaff. Meredith’ Selbstvertrauen schwang sich in unbekannte Höhen empor, und ihr nach innen gerichtetes Lächeln wurde immer strahlender. Wenn Camilla glaubte, dies sei bereits das Ende, so hatte sie sich getäuscht. Sie, Meredith Baxter, hatte nämlich etwas ganz anderes im Sinn. Als momentane Herrin über Camillas Lust würde sie ihre Zärtlichkeiten erst ruhen lassen, wenn sie der anderen Frau noch mindestens einen weiteren Höhepunkt beschert hatte. Alex hatte eigentlich nicht vorgehabt, Fergal noch auf einen Kaffee in seine Wohnung einzuladen. Es gab tausend Dinge zu erledigen, nicht zuletzt eine weitere Änderung seiner bereits sorgfältig ausgearbeiteten Choreographie für Lisa Blairs Video. Sein Plan war gewesen, einen oder vielleicht zwei Drinks mit dem Schauspieler zu nehmen und sich dann mit Bedauern zu entschuldigen. Aber er hatte nicht mit Fergals quicklebendiger Persönlichkeit gerechnet, seinem unerschöpflichen Vorrat an amüsanten und bisweilen skandalösen Anekdoten und seiner bemerkenswerten Überredungskunst, mit der er Alex zu diversen letzten Drinks animierte. Die Folge davon war, daß Alex, nachdem der Barmann sich gezwungen sah, die beiden vom Tresen weg direkt auf die Straße zu befördern, seinen ursprünglichen Plan total vergessen hatte. In seinem Kopf drehte sich alles, und er schwankte bedenklich, als er an die frische Luft trat und den Arm hob, um seine Augen vor der grellen Sonne zu schützen.
»Jetzt weiß ich, wie sich ein Vampir untertags fühlt«, meinte er und zwinkerte Fergal zu. Der andere grinste zurück. »Ich weiß, was du meinst, alter Freund. Die Sonne gibt einem den Rest. Am liebsten würde ich mich jetzt irgendwo im Dunkeln verkriechen und alle viere von mir strecken.« Fergals Wunsch deckte sich hundertprozentig mit dem von Alex. »Ja, ich auch«, sagte er. »Wie war’s mit einem Kaffee? Ich wohne gleich hier in der Nähe«, setzte er spontan hinzu und bemerkte sehr wohl den argwöhnischen Blick, den Fergal ihm daraufhin zuwarf. »Sag mal, du bist doch nicht schwul, oder?« fragte ihn Fergal unverblümt. »Ich meine, als Tänzer und so… Ich denke, es ist nur fair, wenn ich dir offen ins Gesicht sage, daß mir nur einer steht, wenn ich einen Rock sehe. Und den bitte an einer Frau – mit Transvestiten habe ich nämlich auch nichts am Hut.« Alex’ whiskyseliges Grinsen floß in die Breite. Seine blauen Augen funkelten. »Kein Grund zur Besorgnis, mein lieber Freund«, beruhigte er Fergal. Noch während er das sagte, ließ er sich vom Teufel reiten, legte Fergal eine sanfte Hand auf die Schulter und drückte sie zärtlich. »Ich mache nur Spaß«, sagte er, als Fergal unter seiner Berührung zusammenzuckte. »Nicht alle Tänzer sind schwul. Und ich ganz bestimmt nicht, obwohl ich nichts dagegen habe, mit Tunten zu verkehren.« Er kicherte. »Was sich in meinem Job auch kaum vermeiden läßt.« »Ja, das ist bei mir genauso«, entgegnete Fergal und straffte die Schultern, als wollte er an seiner Männlichkeit keinen Zweifel lassen. »Dennoch glaube ich nicht, daß der Anblick eines Ständers je eine ähnliche Wirkung auf mich haben könnte wie der einer saftigen Möse.« Dabei leckte er sich lasziv die Lippen und verdrehte so bedeutungsschwanger die Augen, daß Alex lachen mußte. »Also, führ mich in deine Hütte. Aber sei bitte nicht beleidigt, wenn ich in der nächsten halben Stunde auf irgendeinem Sitzmöbel einschlafe. Offenbar hat es sich mein Körper in letzter Zeit zur Gewohnheit gemacht, sein Recht auf eine nachmittägliche Siesta einzufordern.« Das wäre gar nicht so übel, überlegte Alex, während er Fergal in Richtung Treidelpfad dirigierte. Er hatte im Augenblick einiges am Hals, und das schien auch weiterhin so zu bleiben. Alberta hatte an diesem Vormittag angedeutet, daß sie im Anschluß an dieses Video noch ein weiteres Projekt für ihn parat habe.
Einen kurzen Augenblick lang bemitleidete er sich. Er war ein Genußmensch aus Überzeugung und schien doch keine fünf Minuten für sich selbst erübrigen zu können. Wonach er sich sehnte, war genug Freizeit, um sich einmal so richtig zu entspannen und gehenzulassen, vorzugsweise in Gesellschaft einer schönen Frau. Während er Seite an Seite mit Fergal durch die Londoner Straßen schlenderte, überließ er sich kurzzeitig seiner Fantasie, die sich hauptsächlich darum drehte, sich stundenlang im Bett mit einer Frau zu aalen, die sein Bedürfnis nach Sinnlichkeit und genußvollen Liebesspielen zu schätzen wußte. Diese Frau sollte auch nicht vor gelegentlichen bizarren Spielarten zurückschrecken, fügte er im stillen hinzu und spürte bei diesem Gedanken sogleich ein verräterisches Ziehen in der Lendengegend. Seine Idealfrau mußte Göttin und Hure zugleich sein – ein Engel, in dessen Augen dieser ›Bitte, fick mich‹-Ausdruck nie erlosch. »Ob du es glaubst oder nicht, ich kenne diese Gegend«, rief Fergal aus und durchbrach damit Alex’ erotische Fantasien. Sie bogen gerade in den Treidelpfad ein, der an Alex’ Haus vorbeiführte. Alex, der bis dahin ganz mechanisch seinem Nachhauseweg gefolgt war, drehte sich überrascht zu Fergal um. »Ach, wirklich?« erwiderte er erstaunt. »Nur die wenigsten kennen diese Ecke, und die wohnen hier. Ich war immer der Meinung, daß dies hier noch eine der unbekanntesten Gegenden Londons sei.« »Dieses Mädchen, von dem ich dir erzählt habe«, begann Fergal und nickte in Richtung des gegenüberliegenden Gebäudes. »Die Blonde, die ich neulich aufgelesen habe. Die wohnt gleich da drüben.« Alex wurde von einer heftigen Erregung erfaßt. Sein Herz begann wie wild zu hämmern, und sein Mund wurde staubtrocken. »Ach ja«, meinte er leichthin und schluckte dabei hart. »In welchem Stock denn?« Fergal starrte ihn durch zusammengekniffene Lider an. »Im dritten, wenn ich mich recht erinnere«, erwiderte er. »Aber ich muß gestehen, daß ich meine Aufmerksamkeit an jenem Abend weniger auf die Umgebung konzentriert habe.« Er drehte sich um und ließ den Blick an den Fensterreihen des gegenüberliegenden Gebäudes emporwandern. »Ja, es muß der dritte Stock gewesen sein«, meinte er dann. »Ich kann mich erinnern, daß die Treppe dort aufhörte.« Dann deutete er mit dem Finger auf die oberste Fensterreihe, die den Kanal überblickte. »Das
muß ihre Wohnung sein. Ich entsinne mich an die großen Fenster und den Blick auf dieses Haus hier auf der anderen Seite des Kanals. Sie hatte keine Vorhänge. Die hat sie auch jetzt noch nicht, wie es aussieht.« »Wie hieß sie, hast du gesagt?« fragte Alex und gab sich dabei alle Mühe, es beiläufig klingen zu lassen. Seine innere Stimme sagte ihm, daß sich der alte Satz ›Wie klein doch die Welt ist‹ wieder einmal bewahrheitet hatte. Es schien eine unbestreitbare Tatsache zu sein, daß sein neuer Freund und der Besitzer dieses breiten Rückens und der kernigen Hinterbacken, die ihm in jener besagten Nacht den Blick auf das Objekt seiner voyeuristischen Begierde verwehrt hatten, ein und dieselbe Person waren. Eine Erkenntnis, die ihn mit einer gefährlichen Mischung aus Neid und Wut erfüllte. Er hätte im Moment nichts lieber getan, als Fergal in das glitzernde Wasser des Kanals zu stoßen. Vielleicht würde der Schock diesem Kerl dann endlich dieses hochmütige Grinsen aus dem Gesicht wischen, überlegte er wutentbrannt. Es irritierte ihn, daß sein zum Gegner gewordener Freund Mühe hatte, sich an Julias Namen zu erinnern. »Meredith«, fiel es Fergal schließlich ein, der damit Alex’ letzte Illusionen über seine geheimnisvolle Angebetete zerstörte. »Ob ich überhaupt nach ihrem Nachnamen gefragt habe, weiß ich gar nicht. Wenn ja, so habe ich ihn wieder vergessen.« In meine Erinnerung hat sich ihr Name bereits für alle Ewigkeit eingebrannt, dachte Alex. Rasende Eifersucht und quälende Begierde kochten in seinem Inneren wie in einem Hexenkessel. Alex, der solche überwältigenden Gefühle hinsichtlich einer Frau nicht gewöhnt war, fühlte sich zutiefst verwirrt. Sie waren sich nicht einmal begegnet, verdammt noch mal, versuchte er sich zur Räson zu bringen. Er kannte sie nicht, und sie kannte ihn nicht. In einem Anfall von Reue wegen seiner mörderischen Gefühle, die er Fergal entgegenbrachte, hielt Alex seinem neuen Bekannten zuvorkommend die Haustür auf und brachte dabei sogar ein Lächeln zustande. »Wir werden uns leider bei diesem Kaffeekränzchen nicht allzulange aufhalten können«, bemerkte er in bedauerndem Tonfall, als er Fergal die Treppe hinauf folgte. »Diesem Gespräch mit Lisa Blair habe ich es
nämlich zu verdanken, daß ich jetzt gleich eine neue Schrittfolge ausarbeiten muß.« Fergal zuckte ungerührt die Achseln. »Ach, um mich brauchst du dich nicht zu kümmern, alter Freund«, meinte er, offenbar taub für Alex’ Versuch, ihn abzuwimmeln. »Ich werde mit ziemlicher Sicherheit bald aufs Sofa sinken und deinem Tatendrang nicht im Weg stehen.« Eine Ewigkeit schien vergangen zu sein, ehe Alex endlich mit seinem geplanten Tagwerk fortfahren konnte. All seinen Beteuerungen zum Trotz, schon längst hinüber zu sein, ehe sein Kaffee überhaupt Trinktemperatur erreicht habe, war Fergal putzmunter geblieben. Schlimmer noch: nachdem er einmal entdeckt hatte, daß Meredith’ Wohnung genau gegenüberlag, schien er sich entschlossen zu haben, die ganze Geschichte, die er Alex bereits in der Kneipe erzählt hatte, noch einmal von Anbeginn aufleben zu lassen und noch einige Ausschmückungen hinzuzufügen. »Sie war super«, schwärmte er. »Eine Wahnsinnsfrau. Geile Titten. Fabelhafte Beine. Und erst ihr Arsch, der war – « »Ja, ich weiß. Das hast du mir schon erzählt«, fiel ihm Alex ins Wort und sah auf seine Armbanduhr. »Ich muß mich jetzt wirklich an die Arbeit machen.« Auch diesmal hatte Fergal zu Alex’ Mißfallen nur mit den Schultern gezuckt. Irgendwann war Alex dann einfach aufgestanden und in sein Schlafzimmer gegangen, um seine Gymnastikklamotten anzuziehen, ehe er an den harre ging und mit seinen Aufwärmübungen begann. Da endlich schien Fergal den Wink mit dem Zaunpfahl verstanden zu haben und streckte sich zu Alex’ großer Erleichterung auf dem Sofa aus. Einen Moment später schnarchte er auch schon, laut und störend. Alex merkte bald, daß er heute überhaupt nicht bei der Sache war. Aber erst als er zufällig in der Wohnung gegenüber Anzeichen von Leben wahrnahm, hielt er in seinen Übungen inne, den einen Knöchel am harre, das Bein kerzengerade im rechten Winkel vom Körper abgestreckt. Er drehte sich um und riß die Augen auf. Julia – nein, Meredith, korrigierte er sich hastig – stand mitten vor ihrem Fenster. Obgleich es hellichter Nachmittag war, trug sie keinen Faden an ihrem
herrlichen Leib. Es dauerte eine Weile, bis Alex, dessen Augen gierig den sinnlichen Kurven ihrer Brüste und ihres Hinterns folgten, die andere Person bemerkte, die sich im schattigen Hintergrund des Zimmers aufhielt. Und als diese Person sich als Frau zu erkennen gab -groß, schlank, knabenhafte Figur und so dunkel wie Meredith blond –, spürte er, wie eine unbeschreibliche Erregung in ihm aufwallte. Auch diese andere Frau war nackt, wie Gott sie schuf, und die Art und Weise, wie die beiden Frauen aufeinander zugingen und sich umarmten, ließ keinen Zweifel daran, daß sie ein Paar waren. »Nein, das darf doch nicht wahr sein!« keuchte Alex heiser, dessen verblüffter Ausruf sofort vom lauten Schnarchen des schlafenden Fergal übertönt wurde. Er warf einen Blick auf die entspannte Gestalt seines neuen Gefährten und dankte seinem Glücksstern, daß dieser tief und fest schlief. Ein Großmaul wie er verdiente es nicht, zu sehen, was er gerade sah. Ohne das leiseste Geräusch zu verursachen, nahm Alex sein Bein von der Stange und schlich auf Zehenspitzen zum Fenster. Dort ließ er sich in seinem Lieblingsstuhl nieder. Doch diesmal lehnte er sich nicht wie sonst bequem nach hinten, sondern blieb aufrecht sitzen, bereit für die Szene, die sich ihm auf der anderen Seite des Kanals präsentierte. Die Brünette kam auf Meredith zu und blieb hinter ihr stehen, um dann die Hände um die herrlichen Halbkugeln von Meredith’ Brüsten zu legen. Mit einem wehmütigen Ziehen in der Brust ebenso wie zwischen den Beinen beobachtete Alex, wie diese Hände zärtlich das straffe Fleisch liebkosten, die mit scharlachroten Nägeln bewehrten Finger an den harten kleinen Nippeln zupften. Meredith warf den Kopf nach hinten an die Schulter der anderen Frau, öffnete und schloß den Mund in einer – wie es schien – stummen Ekstase. Staunend genoß Alex den Anblick dieser nackten, aneinandergepreßten Frauenkörper. Die Haut der Brünetten war blaß im Vergleich zu Meredith’, ihre Figur schmal im Gegensatz zu Meredith’ weiblichen Formen, aber nichtsdestoweniger wunderbar anzusehen. Nach einem besorgten Blick über die Schulter stellte Alex zu seiner Beruhigung fest, daß Fergal sich offenbar in seinem angekündigten Tiefschlaf befand. Er hatte sich auf die Seite gedreht und das Gesicht an der Rückenlehne des Sofas vergraben.
Mit einem leisen, erwartungsvollen Seufzen sank Alex tiefer in seinen Sessel und legte die Hand in den Schritt. Er konnte und wollte sich nicht das Vergnügen verwehren, diese spektakuläre Szene zu genießen, die hier vor seinen Augen stattfand. Irgend etwas, vielleicht ein Geräusch von draußen, vielleicht auch nur ihr sechster Sinn, ließ Camilla den Kopf zum Fenster wenden. Sie erschrak im ersten Augenblick heftig, als sie den jungen Mann am Fenster der Wohnung gegenüber sitzen sah. Selbst als ihr die Situation richtig zu Bewußtsein kam, konnte sie nicht anders, als sein umwerfend attraktives Äußeres und den unverschämt bewundernden Ausdruck in seinem fein geschnittenen Gesicht zu bemerken. Erstaunt stellte sie fest, daß sich eine heiße Röte über ihren Körper stahl, und wandte ihre Aufmerksamkeit rasch wieder Meredith zu, oder genauer gesagt dem köstlichen Anblick ihrer vollen Brüste, die sich in ihren Händen wölbten. »Schau nicht hin, er ist wieder da – dein Voyeur«, flüsterte Camilla leise, als glaubte sie, er könnte sie nicht nur sehen, sondern auch hören. Natürlich warf Meredith einen Blick zum Fenster. »Ja, du hast recht«, entgegnete sie leichthin, als sei es für sie das Normalste auf der Welt, von einem Nachbarn beim Liebesspiel mit einer anderen Frau beobachtet zu werden. Das Wissen, daß Alex sie beobachtete, jagte einen jähen Lustschauder durch ihre Adern. Sie drehte sich in Camillas Armen um und sah lächelnd an ihr hoch. »Sollen wir ihm eine kleine Gratisshow gönnen oder uns lieber ins Schlafzimmer zurückziehen? Dort habe ich Jalousien vorm Fenster.« Ehe Camilla antwortete, warf sie einen Blick hinüber auf die andere Seite des Kanals. Dann zuckte ein Lächeln um ihre Mundwinkel. »Prüderie ist zum Glück etwas, das mir schon immer fernlag. Erst recht in diesem Lebensabschnitt.« Als wollte sie ihren Worten Nachdruck verleihen, nahm sie Meredith’ Gesicht in beide Hände und hauchte ihr einen Kuß auf die Lippen. »Ein kurzes, aber erotisches Display wäre der krönende Abschluß für diesen wundervollen Tag, denke ich«, fügte sie hinzu. Darauf folgte ein Seufzer. »Ich sage es nur ungern, aber ich muß bald gehen, Liebling. Doch ich nehme an, daß unser Arrangement noch ein oder zwei Anproben vor der Hochzeit erfordert.« Sie ließ den Satz wie eine Frage klingen.
Meredith nickte stumm. Sie erwiderte Camillas Lächeln und spürte ein erneutes Anschwellen von hitziger Leidenschaft. »Gewiß«, sagte sie, ehe sie mutig hinzusetzte: »Und auch nach der Hochzeitsreise wirst du vielleicht noch das eine oder andere benötigen – Sonderanfertigungen, ganz speziell für dich. Ich könnte so vieles tun, wenn ich nur die Zeit hätte – « Ihre Stimme verlor sich. Es war eine unausgesprochene Einladung, die, wie sie zu ihrer Freude feststellte, von Camilla begeistert angenommen wurde. »Aber natürlich, Liebling«, stimmte Camilla zu. »Ich war immer der Ansicht, daß man, wenn man die schöneren Dinge des Lebens einmal schätzengelernt hat, nicht davon ablassen sollte.« Die Zeit verging für Alex wie im Flug. Schon lange hatte er aufgehört, seine Orgasmen zu zählen, und bemerkte kaum, wie die spermagetränkte Gymnastikhose an seinem Körper klebte. Wie gewöhnlich trug er keinen Slip, und obwohl er es nur gewagt hatte, sich durch den Stoff seiner Hose zu befriedigen, hatte ihn der Anblick der beiden sich küssenden und liebkosenden Frauen ein paarmal so angetörnt, daß er auch ohne einen einzigen Handgriff zum Orgasmus gekommen war. Er fühlte sich wie ein kleiner Junge, dem man sein Spielzeug weggenommen hatte, als die beiden Frauen schließlich voneinander ließen und sich in die weiter hinten gelegenen Teile der Wohnung zurückzogen. Eine halbe Stunde später sah er die große Brünette, die jetzt elegant gekleidet war, dabei aber nicht weniger anziehend wirkte als nackt, das Gebäude verlassen. Überraschenderweise war Meredith bei ihr, doch am Ende des Treidelpfades trennten sich die beiden Frauen. Einen Lidschlag später erwachte Fergal, was Alex zu einem heimlichen Schmunzeln veranlaßte. Das Zeitgefühl dieses Kerls war unschlagbar. Das heimliche Wissen, daß er inzwischen mehr von Meredith genossen hatte, als sein neuer Freund je würde genießen können, versetzte Alex in eine gutmütige Stimmung, so daß er Fergal einlud, zum Abendessen zu bleiben. »Das geht leider nicht, alter Freund«, wies Fergal das Angebot mit einem bedauernden Kopfschütteln zurück. Falls er es merkwürdig fand, daß Alex nicht aus seinem Sessel aufstand, so ließ er sich das nicht anmerken. »Ich bin mit ein paar Leuten auf einen Drink verabredet.
Der eine ist Regisseur, und der andere hat angeblich ein brandheißes Drehbuch vorliegen, für das ich genau der Mann bin.« Er grinste gewinnend. »Halt mir die Daumen, ja?« »Klar«, sagte Alex und grinste zurück. »Dann vielleicht ein andermal.« Als Fergal sich zum Aufbruch anschickte, fiel Alex ein, daß er seinen neuen Freund etwas hatte fragen wollen. Da er aber vermeiden wollte, beim Aufstehen die klebrigen Flecken auf seiner Hose zu zeigen, drehte er sich nur in seinem Sessel um. »Ach, übrigens, Fergal«, rief er ihm zu. »Du hast nicht zufällig Meredith’ Telefonnummer?« Er stellte die Frage so lässig in den Raum, daß er richtig stolz auf seine schauspielerischen Fähigkeiten war. Doch seine Freude wurde rasch getrübt. »Fehlanzeige, altes Haus«, gab Fergal zurück. »Hab’ nicht daran gedacht, sie danach zu fragen. Aber ich denke, daß sie bestimmt im Telefonbuch steht.« »Ja, natürlich«, sagte Alex. »Kein Problem. Ist mir nur gerade eingefallen.« »Viel Glück«, rief Fergal, als er die Wohnungstür öffnete. »Ich muß mich jetzt auf den Weg machen.« Als die Tür hinter Fergal ins Schloß fiel und Alex einen Blick in Meredith’ leere Wohnung warf, überfiel ihn ein Gefühl der Mutlosigkeit. Trotz des glücklichen Zufalls, Fergal kennengelernt, Meredith’ Vornamen erfahren und bestätigt bekommen zu haben, daß sie super im Bett sei, war er noch keinen Schritt weitergekommen. Das letzte, was er deshalb erwartete, nachdem er sich rasch umgezogen hatte und die Treppen hinunterstürzte, in der Hoffnung, daß der Laden an der Ecke noch offen hatte, war, der Frau seiner heimlichen Träume in die Arme zu laufen.
8 Die laue Abendbrise wehte den verlockenden Duft von fish and chips vor sich her, als Meredith in bester Stimmung durch die belebte Straße schlenderte. Gutgelaunt blickte sie sich beim Gehen um, warf einen Blick in die Schaufenster, bewunderte die bunten Gemüse- und Obststände, die oftmals den halben Gehsteig verstellten, und genoß die freie und unbeschwerte Atmosphäre der Stadt. Sie begegnete jungen Sekretärinnen, die schnatternd in kleinen Grüppchen nach Hause trippelten, die adretten Sakkos über dem Arm, die Hüften unter den kurzen Röcken lässig schwingend. Dabei fiel ihr auf, wie blaß diese jungen Dinger im Vergleich zu ihr waren, obgleich sie nur wenig Zeit im Freien verbracht hatte, und wie gierig sie ihre Gesichter in die Sonne hielten. Einige von ihnen, denen es offenbar gelungen war, während der Mittagspause ein kurzes Sonnenbad im Park zu nehmen, trugen häßliche Sonnenbrände auf den Schultern und den Dekolletes spazieren. Nicht zum erstenmal wurde Meredith der markante Unterschied zwischen ihrem Arbeitstag und dem ihrer Altersgenossinnen deutlich bewußt. Ihr war inzwischen klar, wie glücklich sie sich schätzen durfte, ihr eigener Boß zu sein. Ihr blieb ein festgesetzter Achtstundentag und das meist unvermeidliche Pendeln mit Bus oder Bahn erspart. Sie konnte es sich aussuchen, wann sie arbeitete oder ihre Freizeit genoß. Und heute, dachte sie im Rückblick auf die wundervollen Stunden, die sie mit Camilla verbracht hatte, hatte sie sich für letzteres entschieden und sich ein paar Stunden puren Vergnügens gegönnt. Die süße Erinnerung an diese heimlichen Freuden zauberte ein Lächeln auf ihre Lippen, obwohl sie wußte, daß Camilla und sie nicht die einzigen waren, die dieses Geheimnis miteinander teilten. Da war noch Alex, der ihr Treiben von der anderen Seite des Kanals aus mitverfolgt hatte. Ein knisternder Schauder erfaßte sie, als sie sich die Verblüffung auf seinem Gesicht in Erinnerung rief und die unverfrorene Art und Weise, wie sie und Camilla sich vor seinen Augen befingert hatten. Anstatt sie beide zur Räson zu bringen, hatte sein Voyeurismus nur dazu beigetragen, ihre Leidenschaft noch mehr anzuheizen.
Mit der Erinnerung tauchte unwillkürlich eine Frage auf, die sich Meredith schon etliche Male gestellt hatte: War sie irgendwie unnormal? War es in Ordnung, daß es ihr so viel Spaß und Lust bereitete, sich zur Schau zu stellen und auf eine so aufreizende, lüsterne Art zu produzieren? Sie konnte diese Frage auch jetzt nicht beantworten. Der Duft von Salz und Essig stieg ihr wieder in die Nase und lenkte sie von ihren unangenehmen Gedanken ab. Diesmal wehte er von einer Papiertüte mit Pommes frites herüber, die der Mann, der gerade an ihr vorbeieilte, im Gehen verzehrte. Sehnsüchtig starrte sie der Tüte hinterher und überlegte, ob sie der Versuchung nachgeben und umkehren sollte; die fish-and-chips-Bude lag schon ziemlich weit hinter ihr. Nein, vergiß es, ermahnte sie sich. Denk an deine Figur! Meinst du, Alex würde entzückt sein beim Anblick von ausufernden Hüften und wabbelnden Rettungsringen um deine Taille? Diese Vorstellung allein genügte, daß Meredith entschlossen ihren Weg fortsetzte und jeden Gedanken an Chips weit von sich wies. Sie wollte zum Zeitungsladen, um sich die neueste Vogue zu kaufen, und dann schleunigst nach Hause, wo ein leckerer Makrelensalat im Kühlschrank auf sie wartete. Wenn schon keine Chips, dann wollte sie sich wenigstens den Fisch gönnen, überlegte sie. »Guten Tag, Mr. Malik«, rief sie fröhlich, als die den Laden betrat. Das Bimmeln der Ladenglocke lockte den dunkelhäutigen Asiaten aus dem rückwärtigen Lagerraum. Heftig atmend blieb er hinter seiner Theke stehen, als sei er an die Hitze nicht gewöhnt, und rieb sich erwartungsvoll die plumpen Hände. Die Ärmel seines beigegestreiften Baumwollhemds waren bis zu den Ellbogen hochgerollt und entblößten dichtbehaarte Unterarme; über dem Bund seiner braunen Hose wölbte sich als Zeichen seines Wohlstands ein kugelrunder Bauch. Sein breites Lächeln entblößte zwei gleichmäßige, schneeweiße Zahnreihen. »Guten Tag. Ach herrje, war das heute nicht ein schrecklich heißer Tag?« Meredith wurde unversehens rot, als sie ihm zunickte. Es war in der Tat ein heißer Tag gewesen, wenn auch nicht so, wie Mr. Malik das gemeint hatte. »Ist die neue Vogue schon da?« fragte sie, drehte sich um und richtete den Blick angelegentlich auf das Regal mit den Zeitschriften.
Als sei sie nicht schon verlegen genug gewesen, blieb ihr Blick auch noch ausgerechnet an einer Reihe von Pornomagazinen hängen. Die blonden Haarfluten, die sich über fußballgroße, nackte Brüste ergossen, und die glänzenden, knallroten Lippen schienen sie zu verspotten. Wieder mußte sie rasch den Blick abwenden und war erleichtert, als sie die gesuchte Zeitschrift entdeckte. Das Titelblatt zeigte eine Frau in einem roten Abendkleid, das dunkle Haar im Nacken zu einem Knoten gefaßt. Es überraschte Meredith nicht, daß diese Frau sie an Camilla erinnerte und daß sie ein plötzliches Verlangen verspürte, als sie im Geiste das Gesicht des Titelblattmodels mit dem von Camilla vertauschte, das ihr so viel vertrauter war. »Ach, da ist sie ja«, sagte sie mit bebender Stimme und zog die Zeitschrift mit zitternden Fingern zwischen den anderen Magazinen heraus. Die Vogue an die Brust gepreßt, blieb sie noch so lange vor dem Regal stehen, bis sich ihr Puls wieder normalisiert hatte. Die Türglocke ging, aber sie drehte sich nicht um. Jemand drängelte sich an ihr vorbei, doch das registrierte sie kaum. Selbst das Räuspern eines Mannes konnte ihre Aufmerksamkeit nicht von den vor ihr aufgereihten Hochglanzmagazinen ablenken. Sie waren für sie wie himmlisches Manna, und sie wünschte nur, sie könnte es sich leisten, sie alle zu kaufen. »He, Sam. Wie geht’s, wie steht’s?« ertönte eine männliche Stimme. Meredith hörte den Asiaten kichern, bevor er die Begrüßung erwiderte. »So lala, Mr. Alex. Sie wissen ja, wie es uns armen, überarbeiteten Ladenbesitzern geht.« »Ja, ja«, gab der andere Kunde jovial zurück. »Ersparen Sie mir Ihre rührseligen Geschichten. Haben Sie zufällig noch einen Evening Standard da? Ich wollte schon früher kommen, hatte aber noch andere Dinge zu… äh, zu tun.« Die Stimme verklang unsicher. Alex? Der Name brachte bei Meredith sofort alle Glocken zum Klingeln. Konnte es sein, daß er das war? Sie wirbelte herum. Viel zu schnell. In ihrer Eile übersah sie den freistehenden Ständer mit Strumpfhosen, der im nächsten Augenblick krachend umfiel. Der Ladenbesitzer kam wie ein Pfeil angeschossen. »Ach, du liebe Güte! Sehen Sie sich das an.«
Er fuhr sich mit dem Handrücken über die Stirn, auf der dicke Schweißperlen standen. Dann ging er ächzend und stöhnend in die Hocke und fing an, die verstreuten Päckchen aufzusammeln. Glutrot im Gesicht machte Meredith sich daran, ihm zu helfen. »Tut mir schrecklich leid«, murmelte sie verlegen. »Ich habe den Ständer einfach nicht gesehen.« »Kein Problem. Halb so schlimm«, beeilte sich der Ladenbesitzer zu versichern. »Ich wollte ihn schon längst woanders hinstellen. Ich glaube, dort vorn neben der Theke steht er besser. Also, machen Sie sich keine Gedanken.« Der freundliche Asiate lächelte ihr aufmunternd zu und warf dann einen Blick über die Schulter. Als Meredith ganz automatisch in dieselbe Richtung blickte, sah sie sich mit einem Beinpaar konfrontiert, das ihr bekannt vorkam. Langsam wanderten ihre Augen höher und höher, bis sie glaubte, in zwei tiefblauen Seen zu versinken. Er war es tatsächlich. Alex. Dieser schlanke, drahtige Körper war unverwechselbar. Das dunkle, gewellte Haar. Die lässige Überheblichkeit seines Blicks. Meredith hatte das Gefühl, ihr Körper stehe in Flammen, um sich dann im nächsten Moment in Wasser aufzulösen. O Gott, ich schmelze! dachte sie hilflos und kam sich vor wie in den Fängen einer fremden Macht, auf die sie keinen Einfluß hatte. Noch nie zuvor hatte sie ein so starkes sexuelles Verlangen in sich gespürt. Gerade als sie glaubte, sich beruhigt zu haben, begannen ihre Wangen von neuem zu glühen. Sie schaffte es, sich aufzurichten, blieb dann aber wie angewurzelt stehen. All ihre Sinne schienen sich plötzlich entschlossen zu haben, sie mit rasender Geschwindigkeit in eine vierdimensionale Fantasiewelt zu katapultieren. Darin verschwand der Ladenbesitzer in einer Rauchwolke, und Alex warf sie auf die Ladentheke und fickte ihr die Seele aus dem Leib. »Warten Sie, Sam. Ich helfe Ihnen«, erbot sich Alex, der sah, wie sich der kleine Asiate mit dem unhandlichen Ständer abmühte. »Nein, vielen Dank, Mr. Alex«, gab der Ladeninhaber zurück. »Das schaffe ich schon.« Mit dem Gefühl, noch nie in ihren Leben in einer so peinlichen Situation gewesen zu sein, kehrte Meredith aus ihrer Fantasiewelt zurück. Mein Gott, damals, als sie bei den Versuch, möglichst lässig an einer
Baustelle vorbeizuschlendern, von der ihr sämtliche Arbeiter zupfiffen, über einen Stein gestolpert war, oder – schlimmer noch – als sie auf dem Bahnsteig stand und auf den Zug wartete und ihr plötzlich der Slip bis zu den Knöcheln hinunterrutschte – das waren im Vergleich hierzu lächerliche Lappalien gewesen. Sie war, wie ihre Mutter oft gesagt hatte, eine wandelnde Katastrophe. Dieses jüngste Desaster war der schlagende Beweis für die Einsicht, zu der sie im Lauf ihrer Kindheit gelangt war – daß ihre Mutter immer recht hatte. »Ich komme selbstverständlich für den Schaden auf«, erbot sie sich mit unsicherer Stimme; das Bild ihrer Mutter hatte sie an ihre guten Manieren erinnert. Sie schaffte auch die wenigen Schritte zur Ladentheke. Der Ladenbesitzer drehte sich zu ihr um und brachte sie in den Genuß seines Zahnpasta-Lächelns. »Aber ich bitte Sie, Miss Baxter. Ich sagte Ihnen doch schon, daß nichts passiert ist. Kein Problem.« Er streckte ihr die Hand hin, die Meredith sekundenlang anstarrte und dabei die tief eingegrabenen Linien betrachtete, ehe ihr klar wurde, daß er darauf wartete, daß sie ihm die Zeitschrift reichte. »Ist das alles?« fragte er. Meredith nickte stumm. Sie war nicht imstande, Alex noch einmal anzusehen, der nur zwanzig Zentimeter links neben ihr stand. Sie konnte sogar sein After-shave riechen, das sie mühelos als Gaultier identifizierte. Geistesabwesend kramte sie in ihrer Handtasche nach der Geldbörse und hätte dabei beinahe die Packung mit den Makrelen herausgezogen, Gott sei dank, dachte sie, als sie dem Asiaten eine Fünf-Pfund-Note reichte, um ein Haar hätte ich mich wieder zum Idioten gemacht. Mit zitternden Finger nahm sie das Wechselgeld entgegen und ließ es der Einfachheit halber direkt in die Tasche fallen. Mit dem Verschluß der kleinen Seitentasche ihrer Geldbörse herumzufummeln, dazu war sie im Augenblick nicht imstande. Ihre Finger fühlten sich genauso taub und gefühllos an wie ihr übriger Körper, und sie wunderte sich ernsthaft, daß ihre Beine sie überhaupt noch trugen. Erst als sie sich zum Gehen umwandte, gelang es ihr, Alex ein unsicheres Lächeln zuzuwerfen. Das Lächeln, das sie dafür zurückbekam, war ebenso entwaffnend wie umwerfend. Dazu zauberte es noch tausend Lachfalten um seine blauen Augen, ein Effekt, der Meredith den
Rest gab. Mit einem Gefühl, als laufe sie auf tönernen Beinen, stolperte Meredith aus dem Laden. Zu Hause, in der Sicherheit ihrer eigenen vier Wände, als sie die Tür hinter sich zugeworfen hatte – so erleichtert, als wäre ein Rudel Wölfe hinter ihr her –, stellte sie fest, daß sie in der Aufregung ihre Zeitschrift auf der Ladentheke hatte liegenlassen. »Verdammter Mist, verdammter«, fluchte sie lauthals. Sie schlug sich mit der Hand an die Stirn und ließ sich in ihrer Verzweiflung auf den nackten Fußboden sinken. Wie konnte man nur so blöd sein! Daß sie noch einmal zurückging, war völlig ausgeschlossen. Zumindest vorerst. Alex könnte immer noch im Laden sein, und ein erneutes Zusammentreffen mit ihm ging entschieden über ihre Kräfte. Außerdem, wer sagte denn, daß sie an der nächsten Ecke nicht schon wieder in ein Fettnäpfchen trat? Was hatte es mit diesem Mann nur auf sich, fragte sie sich später, nach dem Genuß von zwei Gläsern Wein, die sie ein wenig beruhigt hatten. Sie saß an ihrem Zuschneidetisch, drehte zerstreut das leere Weinglas in den Händen und starrte über den schwarzen Kanal hinweg auf das dunkle Fenster von Alex’ Wohnung. Und was, zum Teufel, ist mit mir los? Warum habe ich mich von ihm so einschüchtern lassen? In Alex’ Wohnung ging plötzlich das Licht an und riß Meredith aus ihren trübseligen Gedanken. Aus Angst, er könnte ans Fenster treten und sie an ihrem Tisch sitzen sehen, sprang sie auf und flitzte in ihr Schlafzimmer. Es bedurfte einiger Stunden ernsthafter Konzentration auf die Arbeit, die für Camillas Brautausstattung noch nötig war, und der restlichen Flasche Wein, bis Meredith endlich den verdienten Schlaf fand. Im Gegensatz zu Meredith, die sich ins Reich der Träume geflüchtet hatte, vibrierte Alex vor Nervosität. Seitdem er dem Objekt seiner voyeuristischen Aktivitäten von Angesicht zu Angesicht gegenübergestanden hatte, war er nicht mehr in der Lage, sich aus diesem verrückten Gefühlschaos zu befreien, das ihn fest im Griff hatte. Daß er Meredith noch leidenschaftlicher begehrte, seit er ihr in Fleisch und Blut begegnet war, machten ihm die körperlichen Symptome, die er seither verspürte, auf besorgniserregende Weise bewußt – allein der Gedanke
an den seidigen Glanz ihres Haars und den süßen Duft ihrer Haut jagte ihm einen Schauer über den Rücken und sorgte dafür, daß sein Schwanz sich gierig reckte. Das kann ich jetzt brauchen wie einen Kropf, fluchte er im stillen. Die Arbeit steht mir bis zum Hals, und ich habe genug Frauen, die hinter mir her sind, um mir einen eigenen Harem zuzulegen. Warum also gerade die – was ist so besonders an ihr? Verdammt, ich kann überhaupt keinen vernünftigen Gedanken mehr fassen, geschweige denn mich auf meine Arbeit konzentrieren! Er starrte auf den Telefonapparat, spielte mit dem Gedanken, jemand – irgend jemand – anzurufen und zu sich einzuladen, damit er Gesellschaft hatte. Ablenkung war in seiner Situation das einzig Richtige. Ein paar Stunden horizontale Gymnastik mit einer jungen, sinnlichen Schönheit war das beste Heilmittel für seinen momentanen Gemütszustand. Wild entschlossen, etwas zu unternehmen, was seine Gedanken von Meredith abzulenken vermochte, blätterte er sein Filofax durch und stieß dabei immer wieder auf Namen, die pikante Erinnerungen in ihm wachriefen. Als er den Zeigefinger bereits auf der Tastatur hatte, um eine bestimmte Nummer zu wählen, ertappte er sich unversehens dabei, wie er die Nummer der Auskunft eintippte. »Wie ist der Name des gewünschten Teilnehmers?« wollte eine unpersönliche Stimme wissen. »Baxter«, krächzte Alex. »Heron House, Princes Wharf.« Er fügte noch den Postbezirk hinzu und wartete dann, wie ihn die Stimme angewiesen hatte. Erst als er die Nummer notiert hatte, wurde ihm klar, daß er genau das die ganze Zeit über hatte tun wollen. Meredith erwachte sofort, als das Telefon klingelte. Benommen angelte sie nach dem Hörer der schnurlosen Anlage auf ihrem Nachttisch und brachte ein heiseres »Ja?« heraus, das von einem Schweigen am anderen Ende der Leitung beantwortet wurde. Aber es war jemand dran, sie hörte Atmen – ein ganz ruhiges Atmen, kein schweres Keuchen.
»Camilla?« fragte sie. Spontan dachte sie zuerst an ihre neue Freundin als möglichen Kandidaten für so merkwürdige Spielchen. »Bist du es?« Immer noch keine Antwort. »Hallo, wer ist denn dran?« Meredith hörte, wie ihre Stimme schriller wurde. Beruhige dich, dachte sie, werde nicht gleich hysterisch. Wenn es nicht Camilla ist, dann kann es nur so ein blöder Perversling sein. Plötzlich packte sie die Wut. »Hör zu, du perverses Schwein, wenn du nicht sofort auflegst, hole ich meinen Mann an den Apparat. Er ist bei der Polizei und wird – « Ein unterdrücktes Kichern unterbrach ihre Tirade. »Meredith?« Meredith hielt unwillkürlich die Luft an. Die Stimme gehörte einem Mann. Sie kam ihr bekannt vor, aber sie konnte sie niemandem zuordnen. »Mit wem spreche ich?« erkundigte sie sich noch einmal, viel freundlicher diesmal. Eine kurze Pause, dann: »Alex.« »Alex?« Ihr Puls legte sofort einige Schläge zu. »Ja. Wir kennen uns. Wir sind uns vorhin begegnet. Im Zeitungsladen.« Meredith kam sich vor, als hänge sie an einem Stromkabel fest. Ihr ganzer Körper vibrierte wie unter elektrischen Stromschlägen. Dennoch gelang es ihr wie durch ein Wunder, ihre Stimme ruhig klingen zu lassen. »Ja, ich erinnere mich.« Ihre Hand klammerte sich fester um den Hörer. Da gab es so viel, was sie noch gern hinzugefügt hätte. So viele Fragen, die ihr auf der Zunge brannten. »Ich wollte Ihnen eigentlich nur sagen, daß Sie die schönste Frau sind, die mir je begegnet ist.« Gegen ihren Willen wurde Meredith rot. Diese heiße Röte bemächtigte sich rasch ihres ganzen Körpers. Das feuchte Prickeln zwischen ihren Beinen sagte ihr, daß sie schon wieder dabei war, sich völlig aufzulösen. Verdammter Kerl! »Vielen Dank«, brachte sie keuchend heraus. »Aber ich bin nicht – ich meine, ich – «
»Pst. Ganz ruhig. Überlassen Sie mir das Reden.« Alex’ Stimme war sanft. Hypnotisierend. Meredith ließ sich zurück in die Kissen sinken, preßte den Hörer an ihr Ohr und schloß die Augen, als seine Stimme begann, sie in eine andere Welt zu entführen. Eine Welt, in der nichts anderes existierte als Sinnlichkeit und Erotik. Als Meredith am anderen Morgen erwachte, schwang sie sich gutgelaunt und voller Elan aus dem Bett. Sie hatte sich schon lange nicht mehr so lebendig gefühlt und trällerte beim Duschen lauthals die Songs im Radio mit. Anschließend, in einen flauschigen weißen Bademantel gehüllt und das frisch gewaschene Haar in einen ebenfalls weißen Handtuchturban gewickelt, machte sie sich ein großes Frühstück. In ihrer Aufregung hatte sie am Abend zuvor an alles, nur nicht an ihren Makrelensalat gedacht und war jetzt richtig ausgehungert. Vergiß nicht, daß du später deine Kräfte dringend brauchst, ermahnte sie sich, als sie eine Portion Müsliflocken in eine blauweiße Porzellanschale füllte. Dabei dachte sie über das Angebot nach, das Alex ihr am Abend zuvor gemacht hatte, und genoß das süße Ziehen, das die Erinnerung daran in ihrem Bauch hervorrief. Zugegeben, es war eine merkwürdige Situation, in die sie sich da begab, aber andererseits auch eine höchst aufregende. Trotz aller bösen Vorahnungen wußte sie, daß sie nicht kneifen würde. War das nicht der logische nächste Schritt in diesem Spiel, überlegte sie, während sie sich zum Frühstücken niedersetzte. Auch Alex strotzte vor Kraft und Lebensfreude. Das Telefonat mit Meredith war für ihn eine Art Exorzismus gewesen – obwohl er Meredith’ Geist nicht hatte austreiben können. Bei weitem nicht. Doch nachdem er den nächsten entscheidenden Schritt gewagt hatte, nahm das Spiel, das sie begonnen hatten, nun unweigerlich seinen Lauf. Vorausgesetzt, Meredith machte keinen Rückzieher, räumte er im stillen ein.
Nein, das wird sie nicht, meinte er zu seinem Abbild im Rasierspiegel. Dieser Typ Frau ist sie nicht. Schon beim allerersten Mal, als sie ihm Gelegenheit gegeben hatte, sie zu beobachten, hatte er ihre geheimen Wünsche erahnt. Es war die Wahrheit, was er ihr am Abend zuvor gesagt hatte – daß sie wunderschön sei. Und es hatte ihn um so mehr begeistert, daß sie ihm weiterhin zugehört hatte, als er begann, ihr seine Ideen für das Spiel dieses Abends darzulegen. Aber jetzt mußte er sich erst einmal zu der alten Tankstelle begeben und auf dem Weg dorthin eine neue Schrittfolge einfallen lassen. Die Zeit und Lisa Blair warteten auf niemanden – zuallerletzt auf ihn. Die Tänzer waren schon alle vollzählig versammelt, als er an Set eintraf. »Hi, Alex.« Regina strahlte wie ein Christkind, als sie sich aus der Gruppe löste und auf ihn zukam, um ihn zu begrüßen. »Ich hab’ dich vermißt. Wo hast du denn die ganze Zeit gesteckt?« »Arbeit, Arbeit«, gab Alex kurz zurück. Dann bemühte er sich um einen freundlicheren Tonfall. Es war nicht Reginas Schuld, daß sie glaubte, nun ein gewisses Recht auf ihn zu haben. Wenn, dann hatte er das seinem eigenen Verhalten zuzuschreiben. Er hätte daran denken müssen, daß die meisten jungen Frauen ihres Alters einem simplen Fick viel mehr Bedeutung beimessen. »Weißt du, ich hatte wahnsinnig viel zu tun«, erklärte er. »Lisa hat verlangt, daß ich mir eine völlig neue Schrittfolge ausdenke.« »Ach, du Ärmster. Was war denn mit der alten nicht in Ordnung?« erkundigte sie sich mitfühlend. Alex zuckte die Achseln. »Keine Ahnung. Aber wer zahlt, schafft an, so ist das nun mal.« Damit klatschte er in die Hände – das Zeichen für Regina, daß sie entlassen war, und für die anderen, ihr Geplauder abzubrechen und die Plätze einzunehmen. Mit einem Besenstiel, an dem er ein Stück Kreide befestigt hatte, malte er eine Reihe von Schrittmarkierungen auf den betonierten Boden der ehemaligen Tankstelle und spürte plötzlich die Nähe eines anderen weiblichen Wesens. Doch im Gegensatz zu Regina strahlte dieses die Wärme einer Boa constrictor aus. »Philippa«, rief er und setzte im Umdrehen ein strahlendes Lächeln auf. »Wie geht es dir an diesem wunderschönen Morgen?« Er bemühte sich redlich um einen herzlichen Tonfall.
Philippas Miene hingegen blieb eisig. Wie ein Racheengel stand sie vor ihm, die Arme vor der Brust verschränkt, und musterte ihn unter halb gesenkten Lidern. Als Alex ganz unschuldig ihren Blick erwiderte, fiel ihm plötzlich auf, daß Philippa in keinster Weise schön war, sondern ausgesprochen häßlich. Häßlich und abstoßend. »Ich habe auf deinen Anruf gewartet, Alex. Warum bist du mir aus dem Weg gegangen?« verlangte sie zu wissen und tippte dabei ungeduldig mit den Spitzen ihrer dünnen Ziegeniederschuhe auf den dreckigen Betonboden. »Ich bin dir doch nicht aus dem Weg gegangen, Philippa«, entgegnete er ruhig. »Ich sagte dir doch, ich war sehr beschäftigt.« »Zu beschäftigt, um wenigstens ein Minimum an Anstand zu wahren?« Ihre hochgezogenen Brauen und der ungläubige Blick zeigten Alex, daß seine Antwort ihr Fassungsvermögen überstieg. »Ja, richtig«, sagte Alex. Er beachtete Philippa nicht weiter und fuhr fort, seine hastig ausgearbeitete Schrittfolge auf dem Beton zu skizzieren. Nach einigen Sekunden gespannten Schweigens hörte er von Philippa ein frustriertes Seufzen. Obwohl er nicht hochschaute, sah er sie im Augenwinkel über den Vorplatz stolzieren und sich wieder zu den anderen gesellen. Trotz ihrer frostigen Miene riß sich Philippa zusammen und folgte professionell, wenn auch zähneknirschend, Alex’ Anweisungen, wohingegen die anderen – die Lisa Blairs anspruchsvolle Einstellung kannten und wußten, daß Alex keinen leichten Job versah – sich mit begeistertem Elan der neuen Schrittfolge widmeten. Alex war erstaunt, wie schnell und reibungslos die Probe über die Bühne ging, und beim Mittagessen strahlte er wie ein Honigkuchenpferd. Er bedankte sich überschwenglich bei allen Tänzern für ihre routinierte Mitarbeit und verschwand dann in einer ruhigen Ecke, um von seinem Handy aus ein Telefonat zu führen. Meredith ließ ihre Näharbeit fallen und schnappte sich den Hörer schon beim ersten Klingeln. Um ein bißchen Sonne zu tanken, saß sie auf ihrem winzigen Balkon und nicht an ihrem Arbeitstisch und trug statt Shorts und T-Shirt einen kanariengelben Bikini. »Alex?«
»Ja, der unvergleichliche Alex in Person«, scherzte er und sah sich rasch um, um sicherzugehen, daß niemand in der Nähe war, der sein Gespräch belauschte. Dann senkte er seine Stimme um eine Oktave. »Und wie sieht’s aus – bleibt es bei heute abend?« Meredith’ Finger schlossen sich fester um den Telefonhörer. »Ja«, sagte sie und machte eine Pause, um sich zu räuspern; ihre Kehle war plötzlich staubtrocken geworden. »Ich dachte, ich hätte mich gestern abend verständlich ausgedrückt. Ich werde nicht als erste aus diesem Spiel aussteigen.« Alex durchfuhr ein erregter Schauder. Sie war wirklich eine Wahnsinnsfrau. »Ich dachte nur«, begann er, »daß im kalten, nüchternen Tageslicht – « Meredith’ Kichern unterbrach ihn. »Hast du nicht bemerkt«, fragte sie kokett, »daß die Sonne so heiß vom Himmel herunterbrennt, wie es in diesen Breiten nur möglich ist? Und ich bin nicht weniger heiß«, setzte sie mit einem leicht verruchten Unterton hinzu. Das unerwartete Ziehen in seiner Lendengegend entlockte Alex ein leises Stöhnen. Er mußte seine ganze Willenskraft mobilisieren, um der Versuchung zu widerstehen, die Nachmittagsprobe kurzerhand abzusagen und auf der Stelle in Meredith’ Wohnung zu eilen. Statt dessen erkundigte er sich, was sie gerade tat. Meredith lächelte. Sie war versucht, ihm weiszumachen, daß sie gerade masturbiere. Und wirklich war das Bild, das sie bot – bequem auf dem altmodischen Liegestuhl ausgestreckt und mit den Händen zärtlich ihren nackten Körper streichelnd –, so erregend, daß sie seufzte und sich dabei genüßlich räkelte wie eine Katze. Sie strich sich das Haar von den Schultern und warf einen wohlwollenden Blick auf die angebräunten Halbkugeln, die aus den winzigen Körbchen des Bikini-Oberteils quollen. »Ich bin gerade beim Arbeiten«, sagte sie leise und ergötzte sich dabei an dem verführerischen Anblick ihres Körpers. »Ich sitze auf dem Balkon, damit ich meine Arbeit mit einem Sonnenbad verbinden kann. Doch seit ich deine Stimme höre, verspüre ich den unwiderstehlichen Drang, mich zu streicheln.«
Alex krümmte sich innerlich vor Verlangen. Verflucht, warum saß er nur an dieser Tankstelle fest, anstatt zu Hause in seinem Sessel zu lümmeln und sie zu beobachten? »Dann mach es doch«, drängte er und umklammerte sein Handy. »Streichle deine Brüste. Willst du das tun – für mich?« »Nein«, beschied sie ihn mit einem kehligen Kichern. »Aber ich tue es für mich.« Damit schob sie die Finger ihrer freien Hand unter das Bikini-Oberteil und begann träge mit einen Nippel zu spielen. Er wurde augenblicklich hart. Dann wechselte sie zur anderen Brust. »Jetzt bin ich dabei«, fuhr sie nach einer kurzen Pause fort. »Ich spiele gerade mit meinen Nippeln. Mein Gott, sind die hart und geschwollen. Wie Klingelknöpfe. Schade, daß du sie nicht sehen kannst. Aber vielleicht kannst du sie dir vorstellen, Alex. Was meinst du – kannst du es? Siehst du, wie rot und dick sie sind, wie meine Finger daran zupfen?« »Ja.« Alex hatte alle Mühe, dieses eine Wort seiner wie zugeschnürten Kehle zu entreißen. Er konnte ihren Atem hören. Leise, aber schnell und gelegentlich von einem kleinen Seufzen unterbrochen. Die Vorstellung, daß sie mit ihren harten, aufgerichteten Nippeln spielte, ließ seinen Schwanz anschwellen. Nach einer Weile wagte er die Frage: »Und was tust du jetzt?« Meredith keuchte leise in den Hörer. Den klemmte sie sich nun zwischen Ohr und Schulter und spreizte die Beine. Dann ließ sie ihre Hände aufreizend langsam an ihrem Oberkörper herunterwandern. Das Sonnenöl hatte ihre Haut angenehm glitschig gemacht. Als ihre Fingerspitzen über die sanfte Erhebung ihres Bauches glitten, zögerte sie kurz, holte dann tief Luft und schob sie unter das straffe Elastikmaterial ihres Bikinihöschens. »Ich habe meine Hand jetzt zwischen den Schenkeln, Alex«, berichtete sie, nachdem sie sich kurz gestreichelt hatte. »Jetzt ziehe ich die Schamlippen auseinander. Und, o Gott… meine Klitoris, sie ist schon ganz prall. Ich kann dir gar nicht beschreiben, wie geil ich bin, Alex. Und klitschnaß. Ich will etwas in mir spüren. Meinen Finger. Ah, ja, das tut gut, Alex.« Ihr Atem ging jetzt viel schneller. Alex wurde schwindlig. »Steck zwei Finger rein«, verlangte Alex, als er seine Sprache wiederfand. Ein kleiner Lustseufzer tat ihm kund, daß sie seiner Aufforderung nachgekommen war.
»Und jetzt reib auch deine süße kleine Klitoris. Spiel mit dir. Reib dich, vögle dich mit deinen Fingern…« »Oh, ja, das tue ich!« keuchte Meredith, die wie verrückt ihre Klitoris rieb und zwei Finger ganz tief in ihrem Lusttunnel vergraben hatte, in den Hörer. Ihre Erregung trieb dem Siedepunkt entgegen, und Meredith wünschte sich in diesem Moment, daß Alex hier bei ihr wäre und sie mit seinen Fingern berührte, überzeugt, daß diese ihr Werk verstehen würden. Ja, daran zweifelte sie nicht, kannte er sie doch schon so gut. »Kommst du?« fragte Alex, der seine Lust ebenfalls mit fliegenden Fingern befriedigte. Er hatte sich zur Wand gedreht und die Hand in die Hose geschoben. Sein Schwanz war so hart wie ein Schlagstock. Meredith’ atemloses Keuchen und Stöhnen bedeuteten ihm, daß sie ganz knapp vor dem Höhepunkt stand. Plötzlich hörte er eine Stimme hinter sich. »Alex, kann ich dich einen Augenblick sprechen?« Es war Lisa Blair. »Entschuldige«, flüsterte er hastig ins Telefon. »Ich muß weg.« Er unterbrach das Gespräch, indem er die Sprechmuschel des Handys hochklappte, und wirbelte herum. Da stand Lisa, die Hände in die Hüften gestützt, und lächelte ihn an. Doch als ihr Blick über Alex hinwegglitt, geriet dieses Lächeln zur Maske. Erst da fiel Alex ein, daß er einen beachtlichen Ständer vor sich hertrug, der sich als unmißverständliche Ausbuchtung vorn an seiner Hose abzeichnete. »Ach, du grüne Neune«, ergriff Lisa nach einer Pause das Wort, »sieht aus, als wäre ich da in etwas hineingeplatzt. Muß ja ein scharfes Telefonat gewesen sein, das du da eben geführt hast.« Sie zuckte die Achseln und meinte mit einem wehmütigen Lächeln: »Tut mir leid.« »Ach, ist schon, äh… kein Problem«, murmelte Alex, der wie vor den Kopf geschlagen war. Er umfaßte seine Erektion mit beiden Händen, in der Hoffnung, sie dadurch zum Abklingen zu bringen. Doch zu seiner Überraschung und maßlosen Verlegenheit stand sein Schwanz weiterhin wie eine Eins. Bald wurde ihm klar, daß sein Körper jetzt auf Lisa reagierte, die in dem weißen hautengen Oberteil und den violetten Lycra-Shorts – ein Aufzug, der mehr enthüllte als verbarg – einen verführerischen Anblick
bot. Abgesehen davon, ob er die Frau nun mochte oder nicht, mußte er zugeben, daß sie einen absolut präsentablen Körper besaß. Zu seinem Entsetzen machte Lisa noch einen Schritt auf ihn zu, worauf Alex instinktiv zurückwich, bis er mit dem Rücken an der rückwärtigen Mauer des Tankstellenbüros anstieß. »Komm, sei kein Frosch, Alex«, gurrte Lisa, die vor ihm stehenblieb, seine Hände zur Seite schob und statt dessen mit den ihren seine Erektion bedeckte. Aber nur für einen kurzen Augenblick. Ehe Alex sich versah, waren Lisas flinke Hände oben in seinen Hosenbund geschlüpft und hatten seinen Ständer gepackt. »Ich glaube, ich könnte dir ein bißchen behilflich sein. Natürlich nur, wenn du mich willst«, fügte sie hinzu und hob dabei fragend die Brauen. Ihre olivgrünen Augen, die vor Leidenschaft glühten, blitzten ihn kokett an. Alex starrte perplex zurück. Begehrte er sie denn, fragte er sich. Nun, sein Schwanz offensichtlich schon, denn der schwoll unter ihren überaus kundigen Fingern immer mehr an. Obgleich sie ihm bis jetzt so übel mitgespielt hatte, war er nicht imstande, sich dem Reiz dieser feuchten, rosa schimmernden Lippen zu entziehen, die sich nur eine Handbreit vor seinen eigenen so lüstern öffneten. Ebensowenig konnte er der Versuchung widerstehen, die Hände nach ihr auszustrecken und ihr über den Rücken und die straffen Hinterbacken zu streichen. Mit ihrem zierlichen Körper und dem duftigen braunen Haar, das sie zu einem Pferdeschwanz gebunden hatte, sah sie nicht wie eine erwachsene Frau aus, sondern eher wie ein frühreifer Teenager. »Ja, ich will dich«, keuchte er. Er packte mit einer ungestümen Bewegung ihren Pferdeschwanz, zog ihr den Kopf nach hinten und bedeckte ihren Hals mit einer Flut von heißen Küssen.
9 Mit einem tiefen Seufzen bog Lisa den Rücken durch und warf sich Alex an die Brust. Er konnte ihre kleinen Brüste und die einzelnen Rippen spüren, und als sie begann, sich an ihm wie eine Katze zu reiben, durchlief ihn ein siedender Schauer. Ihre Bewegungen waren geschmeidig und sinnlich, ihre flinken Finger massierten erbarmungslos seinen pochenden Schwanz, während in ihren Augen das wilde Feuer der Lust tanzte. Mit einem tiefen, kehligen Seufzen ließ Alex ihren Pferdeschwanz los, und als hätte sie nur darauf gewartet, ging Lisa im nächsten Moment in die Hocke und zog ihm dabei die Hose herunter. Mit einem Freudensprung schnellte sein Schwanz heraus. Zu seiner ganzen Länge aufgerichtet, stand er stolz im rechten Winkel von seinen Lenden ab. Die Adern entlang des Schaftes waren angeschwollen, und an der dunkelroten Eichel schimmerte eine glänzende Samenperle. Obwohl Lisa mehr als präsent war, konnte Alex nur an Meredith denken. Als er den Blick senkte, sah er einen seidigen blonden Haarschopf, nicht Lisas haselnußbraune Locken. Die Finger, die sich gierig um seinen Schwanz schlängelten, waren Meredith’ Finger, und es war Meredith’ Zunge, die immer wieder wie ein Pfeil zwischen ihren Lippen hervorschoß und aufreizend um seine Eichel leckte. Als er sich dann willig den Diensten von Lisas Mund überließ, stellte er sich vor, es seien Meredith’ Lippen, die ihn gefangenhielten. »Ja«, keuchte er heiser. Seine Knie begannen unter der Welle der Begierde, die über ihm hinwegschwappte, zu zittern. »Oh, ja!« Unvermittelt tauchte das Bild von Meredith’ Brüsten vor ihm auf. Er sah sie mit gespreizten Schenkeln auf dem Liegestuhl, die Finger tief in ihrem feuchten Geschlecht vergraben, das Gesicht in höchster Ekstase erglüht. In Wirklichkeit war es Lisa, die seinen Schwanz umklammert hielt und dabei züngelnd um die Eichel und den Schaft leckte. Alex war unheimlich geil, spürte die Lust wie Blitze durch seine Adern jagen, und doch hatte dieser Augenblick etwas Unwirkliches, Traumhaftes. Ihm war, als stehe er einen Meter hinter sich. Sein Körper reagierte zwar auf die ihm erwiesenen Wohltaten, dennoch konnte er
einzig und allein an die feuchte Weiblichkeit zwischen Meredith’ Schenkeln denken und die Zärtlichkeiten, die sie sich selbst angedeihen ließ. Quälender noch war der Ausdruck purer Wonne, der auf Meredith’ Gesicht lag. Er sah ihre lustschweren, halbgeschlossenen Lider mit den langen Wimpern, die auf den geröteten Wangen Schatten warfen. Dieselbe hitzige Röte bedeckte ihren Hals und breitete sich über den großzügigen Konturen ihrer Brüste aus. Und wieder sah er ihre Nippel vor sich, harte, rosige Knospen, die sich von den bezaubernden Halbkugeln ihrer Brüste erhoben. Hart und rosig war auch ihre angeschwollene Klitoris, die unter ihren fliegenden Fingerspitzen pulsierte und zuckte. Alex umklammerte Lisas Kopf und hielt ihn an sich gepreßt, ohne sie als Person überhaupt wahrzunehmen. Ihm ging es allein darum, ihr seinen Schwanz so tief wie möglich in den Mund zu rammen, während seine Fantasie bei Meredith auf dem Balkon weilte. Als ein schier unendlicher Strahl heißen Samens aus seiner Eichel schoß, verschwendete er kaum einen Gedanken an die Besitzerin des Mundes, in den er sich ergoß. Hinterher überfiel ihn dann doch ein gewisses Gefühl der Beschämung, und er machte Lisa das halbherzige, wenn auch überzeugend vorgebrachte Angebot, sich bei ihr zu revanchieren. »Keine Zeit«, meinte sie nach einem Blick auf ihre Armbanduhr und erhob sich aus der Hocke. Mit einem triumphierenden Blitzen in den Augen wischte sie sich mit dem Handrücken über den Mund, an dessen Rändern noch die feuchten Spuren seines Samens schimmerten. »Wir haben noch eine Menge Arbeit vor uns. Aber vielleicht kann ich ein andermal darauf zurückkommen?« fügte sie hoffnungsvoll hinzu. Alex zwang sich zu einem Lächeln. Obwohl er sich keinen Tag vorstellen konnte, an dem er nicht jede arbeitsfreie Minute mit Meredith beschäftigt war, nickte er. »Aber sicher. Sag mir nur Bescheid, wann und wo.« Mit einem breiten Grinsen machte sich Lisa daran, ihren zerzausten Pferdeschwanz wieder in eine passable Form zu bringen. »Keine Angst, das werde ich«, sagte sie. »Und ich kann dir versprechen, daß ich unser nächstes Zusammensein an einen zuträglicheren Ort verlegen werde.«
Ihr Blick wanderte an dem schäbigen Bürogebäude entlang, von dem der Putz abbröckelte. Plötzlich kam auch Alex die Unmöglichkeit dieser Situation voll zu Bewußtsein. Er hatte sich gerade von der derzeit erfolgreichsten Sängerin des Landes einen blasen lassen – und das hinter einer verlassenen, heruntergekommenen Tankstelle. »Ja, jeder Ort wäre besser als dieser hier«, pflichtete er ihr, diesmal mit einem aufrichtigen Lächeln, bei. »Aber trotzdem, danke für – du weißt schon –, für alles.« Lisa schlenkerte keck ihren Pferdeschwanz herum. »Keine Ursache«, erwiderte sie. »Ich hoffe nur, daß ich dir nicht sämtliche Energie aus dem Leib gesaugt habe. Wir haben nämlich noch einen anstrengenden Tag vor uns.« Alex konnte nicht umhin, die Art und Weise zu bewundern, wie Lisa ihn freundlich, aber bestimmt auf ihre unterschiedlichen Rollen hingewiesen hatte – er, der Untergebene, und sie diejenige, die das Sagen hatte. Als er der jungen Frau in den nachmittäglichen Sonnenschein folgte, hoffte er inständig, sie würde später eine kurze Pause anberaumen. Er mußte unbedingt Meredith anrufen, zum einen, um sich zu entschuldigen, weil er sie am Telefon so abrupt abgehängt hatte, und zum anderen, um sicherzugehen, daß sie ihre Instruktionen verstanden hatte. Das Lokal, in dem sie sich verabredet hatten, war eine typische EastEnd-Kneipe, laut und schmuddelig. Die schlierigen Fensterscheiben hatten schon lange keinen Putzlappen mehr gesehen, von den Fensterrahmen blätterte die Farbe ab, und in den Blumenkästen welkten traurig ein paar armselige Geranien vor sich hin. Die schmale Straße war an beiden Seiten mit Autos zugeparkt, die zum Teil halb auf der Fahrbahn standen. Die hindernisreiche Zickzackfahrt war offensichtlich nicht nach dem Geschmack des Taxifahrers, der unablässig vor sich hin meckerte. Meredith versuchte verzweifelt, ihn kraft ihrer Gedanken zum Schweigen zu bringen. Als Taxifahrer in London war er sicherlich nicht zum erstenmal mit engen Straßen und falsch geparkten Autos konfrontiert, dachte sie mißmutig. Von seiner permanenten Nörgelei hatte sie
Kopfschmerzen bekommen und war drauf und dran, ihm zu sagen, er solle umkehren und sie wieder nach Hause fahren. Nur die Vorstellung, daß sie dann genötigt war, noch mehr Zeit in seiner nervtötenden Gegenwart zu verbringen, hielt sie davon ab. Und Alex natürlich. Wie könnte sie Alex vergessen und das, was sie erwartete? Sie lächelte entschlossen gegen ihren Ärger an. »Lassen Sie mich hier heraus«, unterbrach sie in barschem Tonfall die Tirade des Fahrers, der seinen Wagen gerade fluchend um das in die Straße ragende Heck eines weißen Hondas herummanövrierte. »Möchte bloß wissen, was sich diese verdammten Idioten überhaupt einbilden, so zu parken«, schimpfte der Fahrer munter weiter, während er von Meredith das Fahrgeld entgegennahm. »Mir graust förmlich bei dem Gedanken, wie sie dann später mit ein paar Bieren im Bauch auf der Straße herumgondeln.« »Ja, es ist schrecklich«, meinte Meredith seufzend. »Der Rest ist für Sie.« Bevor sie das Lokal betrat, versuchte sie den Saum ihres Minikleids ein bißchen in die Länge zu ziehen. Es war viel zu kurz. Und zu eng. Aber so hatten Alex’ Instruktionen gelautet. Was er wohl denken würde, wenn er sie sah, überlegte sie, und ob es ihm etwas ausmachte, daß das Kleid pink war und nicht schwarz, wie ausgemacht? Ein Schwall heißer, rauchiger Luft schlug ihr entgegen, als sie die Tür der Saloon-Bar öffnete. Sie blieb auf der Schwelle stehen und holte tief Luft. Dabei hatte sie den Eindruck, als drehe sich jedermann im Lokal nach ihr um. Bildete sie sich das nur ein, oder verstummte die Kakophonie der lauten Stimmen wirklich für einen Augenblick, als sie das Lokal betrat? Drinnen war es gesteckt voll. Die Gäste, die sich um die kleinen Tische drängten, sahen überwiegend so aus, als kämen sie geradewegs von der nächsten Baustelle. Meredith sah sich kurz in dem merkwürdigen Etablissement um, während sie an die Bar ging: Sie ignorierte dabei das Starren der anwesenden Männer und vermied jeglichen Blickkontakt mit ihnen. Alex hatte sie nirgends entdeckt, aber ein rascher Blick auf ihre Uhr sagte ihr, daß sie gut zehn Minuten zu früh gekommen war.
Das einzige andere weibliche Wesen – eine üppige, rotgesichtige Frau mit blondierten Haaren und einem aufgemalten Schönheitsfleck an der rechten Wange -drehte sich lächelnd zu ihr um. »Hallo, Kleine«, rief sie ihr zu. »In dieser Kaschemme mußt du auf der Hut sein.« Sie unterzog Meredith einer raschen Musterung und deutete dann auf den unbesetzten Barhocker neben sich. »Setz dich lieber zu mir. Ich nehm dich unter meine Fittiche.« »Das ist sehr freundlich«, murmelte Meredith. Sie schob sich auf den Barhocker und zerrte dabei an ihrem Rocksaum. »Ich bin hier verabredet, aber ein bißchen zu früh dran.« Die Frau und der Barkeeper tauschten ein verschwörerisches Lächeln, das Meredith nicht entging. Doch trotz ihrer Nervosität beschloß sie, sich davon nicht beeindrucken zu lassen. Ihr habt ja recht, wollte sie sagen, ich bin hier fehl am Platz. Sie warf noch einen Blick durchs Lokal, in der Hoffnung, Alex irgendwo zu erspähen, und fügte sich dann seufzend in ihr Schicksal, indem sie sich einen Gin Tonic bestellte. Die Frau neben ihr starrte vielsagend in ihr leeres Glas. »Darf ich Sie zu einem Drink einladen?« erbot sich Meredith. Sie hatte das Gefühl, der Frau in die Falle gegangen zu sein, sah aber keinen Weg, sich elegant aus der Situation herauszumogeln. Die Alternative, sich allein in eine andere Ecke zu setzen, erschien ihr auch nicht sonderlich verlockend. Zu zweit ist man hier bestimmt sicherer, dachte sie bei sich, als sie ihrer neuen Freundin einen Pernod mit Limonade bestellte. Während sie an ihrem Drink nippte, merkte sie, daß jeder der hier anwesenden Männer sie anstarrte – oder vielmehr ihre Beine, die Alex’ Instruktionen zufolge in dünnen schwarzen Nylons steckten. Die schwarzen Strümpfe und das bonbonrosa Kleid waren eine gräßliche Kombination, in der Meredith aussah wie ein billiges Flittchen. Aber war das nicht der Sinn der Übung gewesen, rief sie sich in Erinnerung. Die einzige Bedingung, die sie gemacht hatte, war, daß sie Strumpfhosen angezogen hatte statt Strümpfe. Sie hätte auch keine Zeit gehabt, ein Paar Nylons zu kaufen; darüber war sie jetzt erst recht froh, denn wie sehr sie auch an ihrem Rock zupfte, enthüllte er doch eine erhebliche Spanne ihres Oberschenkels. »Warten Sie auf einen Mann?« fragte die Frau unvermittelt.
»Ja«, antwortete Meredith, bemüht, ganz unverfänglich zu klingen. Sie hielt den Blick abgewendet, während sie wieder einen Schluck von ihrem Drink nahm. Nach einer Weile merkte sie jedoch, daß sie sich unhöflich benahm und erkundigte sich wieder besseres Wissen: »Kommen Sie aus dem Norden?« Die riesigen Brüste der Frau wabbelten, als sie den Kopf in den Nacken warf und laut loslachte. »Was, das haben Sie gehört?« »Ja, am Dialekt«, sagte Meredith errötend. »Ich habe bis vor kurzem in Nottingham gelebt.« »Donnerwetter, seit zwanzig Jahren lebe ich nun schon in dieser Stadt, und kein Mensch hat je was über meinen Dialekt gesagt. Höre ich mich nicht wie eine waschechte Londonerin an?« Meredith setzte ein Lächeln auf und schüttelte den Kopf. »Nein, nicht wirklich«, meinte sie und fügte dann rasch hinzu: »Offenbar habe ich ein besonderes Ohr für Dialekte.« »Na, Schätzchen, du hörst dich aber auch nicht an wie eine aus Nottingham«, meinte die Frau daraufhin. »Bin ich auch nicht«, sagte Meredith. »Hab’ dort nur ein paar Jahre gelebt. Eigentlich komme ich aus Surrey.« »Ach so. Deshalb also.« Die Frau nickte wissend und tauschte mit dem Barkeeper wieder ein vertrauliches Lächeln. Meredith wünschte sich sehnlichst, daß Alex bald auftauchte. Sie wußte genau, daß die Frau und ihr Freund, der Barkeeper, sie auf die Schippe nehmen wollten, konnte sich aber nicht dagegen wehren. Es schien, als ob sie jedesmal, wenn sie den Mund aufmachte, das Verbrechen beging, sich als Mittelschichts-Tussi zu entlarven. Inmitten dieser schlampig gekleideten Männer mit den strähnigen Haaren, nikotingelben Fingern und dröhnenden Stimmen hatte sie zweifellos keinen leichten Stand. Plötzlich fragte sie sich ernsthaft, wie, zum Teufel, sie Alex’ Instruktionen ausführen sollte. In diesem dämmrigen Schuppen gab es nicht einen einzigen Mann, der ihr nur im entferntesten sympathisch war. Allein die Vorstellung, daß einer dieser Kerle sie mit seinen schmuddeligen, schwieligen Händen anfassen würde, oder schlimmer noch… Mit einem Schaudern verscheuchte Meredith diesen unangenehmen Gedankengang und wünschte, Alex würde überhaupt nicht auftauchen.
Wenn sie Glück hatte, war er derjenige, der sich nicht an ihre Abmachung hielt. Doch dieses Glück war ihr nicht beschieden. Er betrat wenig später das Lokal, obwohl Meredith wegen Liz, ihrer Barbekanntschaft, die sie mit einer langwierigen Geschichte über ihren Vermieter zu unterhalten suchte, seine Ankunft verpaßte. »Er ist ein richtig mieser Typ«, echauffierte sich Liz. »Sagt doch tatsächlich, wenn ich meine Miete nicht in bar zahlen kann, muß ich ihn eben anderweitig entschädigen. Als ob ich so eine wäre!« Sie hob empört die Brauen und blinzelte Meredith zu. Just in diesem Augenblick spürte Meredith einen warmen Atemhauch an ihrem rechten Ohr. »Darf ich dir einen ausgeben?« Darauf gefaßt, einen dieser schmuddeligen Kerle vor sich zu haben, fuhr Meredith herum. »Nein, danke«, fauchte sie schnippisch. »Ich – oh – du bist es.« Alex grinste sie an. »Ja, ich bin’s«, bestätigte er. »Tut mir leid, daß ich mich verspätet habe.« »Hallo, freut mich sehr«, mischte sich Liz in ihre Begrüßung. Sie streckte an Meredith vorbei den Arm aus und ließ ein kehliges Glucksen hören, als Alex ihr die Hand küßte, anstatt sie zu schütteln. O Gott, jetzt muß ich die beiden wohl miteinander bekannt machen, dachte Meredith mit einem stummen Seufzer. »Alex, das ist Liz«, sagte sie, den Blick von Alex zu Liz wendend. »Liz, das ist Alex.« Meredith schnappte nach Luft, als Liz ihr den Ellbogen in die Seite rammte. »Da hast du dir aber was Hübsches angelacht, Schätzchen. Dein Bekannter ist ja wirklich ein Bild von einem Mann.« Erfreut registrierte Meredith das warme, vertraute Lächeln, das Alex ihr zuteil werden ließ. »Ja«, brachte sie lahm hervor. »Das stimmt. Was meinst du«, fuhr sie fort, drehte Liz den Rücken zu und erwiderte Alex’ Lächeln, »sollen wir uns eine stille Ecke suchen?« Mit einem Nicken reichte Alex ihr die Hand, um ihr vom Barhocker zu helfen. Als sie von dem hohen Sitz herunterglitt, rutschte ihr das Kleid bis zum Schenkelansatz hoch. Hastig versuchte sie, ihre Blöße zu
bedecken, bemerkte jedoch den kritischen Blick, mit dem Alex sie bedachte. »Strumpfhosen!« brummte er vorwurfsvoll und zog sie unsanft von der Bar weg. »Ich dachte, ich hätte Strümpfe gesagt?« »Ich hatte keine mehr. Und zum Einkaufen…« Meredith merkte, daß sie anfing, dummes Zeug zu quasseln. Als sie Alex’ Hand abschüttelte, spiegelten sich Ärger und Verwirrung in ihrem Gesicht. »Tut mir leid«, entschuldigte Alex sich hastig und begann, an den roten Druckmalen zu reiben, die sein fester Griff an Meredith’ Arm hinterlassen hatte. »Ich wollte nicht so grob sein.« Mit einem kläglichen Lächeln betrachtete Meredith das zarte Fleisch an der Innenseite ihres Oberarms, wo sein Daumen sie immer noch streichelte. Dann schaute sie hoch in sein Gesicht. Als sie seinen zerknirschten Ausdruck gewahrte, glättete sich ihre Miene augenblicklich. »Ist schon gut«, sagte sie. »Ich lebe ja noch. Ich sollte mich wohl auch für das rosa Kleid entschuldigen?« Sie war enttäuscht, als Alex aufhörte, sie zu streicheln, und seine Hände in die Taschen steckte. Auf den Fersen wippend, nahm er sie zum erstenmal richtig in Augenschein. Stimmt, dachte er, als seinen Blick über ihren sinnlichen Körper schweifte, sie war überhaupt nicht nach seinen Anweisungen gekleidet. Trotzdem mußte er zugeben, daß ihr die Farbe gut stand. Das Kleid war sehr knapp und offenherzig. Der tiefe Ausschnitt ließ die oberen Rundungen ihrer Brüste und die tiefe Spalte dazwischen sehen, während das enganliegende Material die übrigen Kurven ihres Körpers zur Geltung brachte. Er schluckte hart gegen die Spannung in seiner Brust an. Lieber Himmel, wie er sie begehrte! Welcher Mann, der alle sieben Sinne beieinanderhatte, würde das nicht? Zum erstenmal fragte er sich, wie lange er dieses Spiel wohl aufrechterhalten konnte. Er war der festen Überzeugung gewesen, daß Meredith diejenige sein würde, die dem Ganzen als erste ein Ende setzte. Aber inzwischen war er sich dessen nicht mehr so sicher. »Geh und zieh diese Strumpfhosen aus«, sagte er barsch und setzte mit einem Blick auf ihre Schenkel hinzu: »Und den Slip auch. Bring beides mit und gib es mir dann.«
Meredith, von einer heißen Welle der Erregung erfaßt, zögerte kurz. Dann warf sie ihm ein schnelles, selbstbewußt wirkendes Lächeln zu und wandte sich in Richtung Damentoilette um. »Einverstanden«, sagte sie. »Bin gleich zurück.« Als sie aus dem Waschraum kam, fand sie Alex lässig an die Wand gelehnt, die Hände noch immer in den Jackentaschen vergraben. Er trug ein locker geschnittenes graugrünes Sakko mit passender Hose, darunter ein schwarzes T-Shirt. Wortlos streckte er ihr die Hand hin, in die Meredith – unter Erröten – die Strumpfhose und den Slip legte. Die Strumpfhose stopfte er sofort in die Hosentasche, doch den rosa Spitzenslip drehte er erst einmal, als wollte er sie noch mehr in Verlegenheit bringen, in seiner Hand herum, bevor er ihn ebenfalls in seiner Hosentasche verschwinden ließ. »Sehr hübsch«, kommentierte er. Meredith kämpfte mit einem halben Lächeln gegen den Hitzeschwall in ihren Wangen an. »Danke. Den habe ich selbst genäht.« Alex musterte sie mit einem intensiven Blick. Daß manche Frauen ihre Garderobe selbst entwarfen, das wußte er, aber welche Frau nähte eigenhändig ihre Unterwäsche? »Das ist mein Beruf«, erklärte sie auf seinen verwirrten Gesichtsausdruck hin. »Ich entwerfe und nähe Unterwäsche.« »Aha, das ist es also, was du den ganzen Tag und die halbe Nacht an diesem Tisch treibst«, sagte er. Er nahm ihre Hand und führte sie durch das Lokal. »Ja, ich habe gerade eine Menge Aufträge zu erledigen«, bemerkte sie nicht ohne Stolz. Als sie an den vollbesetzten Tischen vorbeigingen, kniff jemand Meredith in die rechte Hinterbacke, worauf sie mit einem wütenden Fauchen herumfuhr, in der Hoffnung, den Täter ausfindig zu machen. Alex sah zu ihr um. »Was ist denn?« »Einer dieser Kerle hat mich in den Hintern gekniffen.« Ganz automatisch blieb Alex’ Blick an Meredith’ drallen Hinterbakken hängen, die sich so aufreizend unter dem hautengen rosa Kleid abzeichneten. »Das überrascht mich nicht«, murmelte er.
Als er den Kopf wieder hob, trafen sich ihre Blicke, und für eine, wie es schien, endlose Weile starrten sie sich einfach nur wortlos an. Dann erhoben sich neben ihnen zwei Männer von ihren Plätzen und gingen zur Tür. Ihr Aufbruch zerstörte die spannungsgeladene Atmosphäre, die Meredith und Alex umfangen hatte. Alex reagierte schnell. »Ah, da sind zwei Plätze frei geworden«, sagte er und drückte Meredith auf einen der beiden leeren Stühle. Er zog es vor, neben ihr statt ihr gegenüber zu sitzen. Die beiden Plätze an der Wand boten ihnen einen guten Überblick über das Lokal und die Gäste. Alex’ Nähe machte Meredith verlegen. Er hatte das gleiche Rasierwasser aufgelegt wie neulich, und sie konnte die Wärme spüren, die sein Körper abstrahlte. Seine Hosenbeine strichen an ihren nackten Schenkeln entlang, was ihr einen erwartungsvollen Schauder über den Rücken jagte. »Das ist ein recht durchschnittlicher Haufen«, meinte Alex nach einer Pause. Meredith schürzte die Lippen. »Kommt drauf an, was man unter durchschnittlich versteht«, gab sie zurück. »In Anbetracht der Umstände werde ich mich großzügig zeigen und dir die Wahl überlassen«, sagte Alex leise. Zu Meredith’ Verblüffung hob Alex die Hand, und kurz darauf erschien ein junges Mädchen, das offenbar nur zu glücklich war, seine Bestellung entgegennehmen zu dürfen. »Hab’ gar nicht gewußt, daß es in Kneipen wie diesen Bedienungen gibt«, bemerkte Meredith trocken. »Kann ich davon ausgehen, daß du ein recht verwöhntes Leben führst?« Alex lachte. »Aber bestimmt. Die Frauen liegen mir nur so zu Füßen.« Meredith gab einen abfälligen Laut von sich und tat so, als ignoriere sie ihn. Sie schaute sich um, offensichtlich auf der Suche nach einem lohnenden Opfer. In Wirklichkeit durchflutete sie eine leidenschaftliche Hitze. Alex war sehr selbstsicher und charmant, ohne daß es aufgesetzt wirkte. Der Anschein von Arroganz, mit dem er sich umgab, enthielt eine gute Portion Selbstironie. Meredith entschied ganz spontan, daß sie ihn mochte. Wirklich mochte. Sein Äußeres war keine Fassade. Er besaß echtes Flair. Sie zweifelte nicht daran, daß sie, wenn sie ihn erst
einmal näher kannte, entdecken würde, daß sich hinter seinem attraktiven Erscheinungsbild auch ein humorvoller Mensch verbarg. Was sie am meisten an Alex faszinierte, war seine Sinnlichkeit. Der Vorschlag, den er ihr am Abend zuvor gemacht hatte, war ebenso unerhört wie erotisch gewesen. Warum sie überhaupt darauf eingegangen war, wußte sie bis jetzt nicht. Und ob sie ihren Part in dem Spiel zu Ende spielen konnte, war etwas, das sie zu bezweifeln begann. Wenn sie die Männer hier in diesem Lokal betrachtete und ins Kalkül zog, wie sie sich normalerweise einen Mann fürs Bett angelte, konnte sie sich des Gefühls nicht erwehren, daß sie bereits an der ersten Hürde scheitern würde. »Hast du deine Entscheidung schon getroffen?« erkundigte sich Alex freundlich. Meredith schüttelte schweigend den Kopf und griff mit zitternden Händen nach dem Glas mit Gin und Tonic, das man ihr gebracht hatte. »Nein, die sind ja alle furchtbar.« Alex deutete mit dem Kopf auf eine Gruppe junger Männer, die eben das Lokal betreten hatte. »Und was ist mit denen?« fragte er. Meredith warf einen Blick zur Tür. Tatsächlich, diese Männer sahen nicht annähernd so grobschlächtig aus wie die übrige Kundschaft hier und waren auch um einiges besser gekleidet. Einer von ihnen stellte sogar eine ernsthafte Möglichkeit dar. Er war Mitte der Zwanzig, recht groß und hatte langes, hellbraunes Haar mit goldenen Strähnen, das ihm weit über die Schultern fiel. Soweit Meredith erkennen konnte, waren seine Haare gut geschnitten, und was noch wichtiger war, frisch gewaschen. Was ihm einen weiteren Pluspunkt einbrachte, war sein offensichtlich muskulöser Körperbau. Brust und Schultern wirkten ziemlich breit unter dem cremefarbenen Baumwollpullover, den er zu schwarzen Lederhosen trug. Als er an die Bar schlenderte, blieb Meredith’ Blick an seinem knakkigen Hintern mit den ausgeprägten Muskeln hängen, die beim Gehen neckisch unter dem schwarzen Leder spielten. Sie spürte, wie sich ihr Magen zusammenzog und ihre Brüste in Erwartung sinnlicher Freuden anschwollen. Die Nippel drängten sich begehrlich gegen das enge Futter ihres Kleids. Sie schluckte ein paarmal, um das beklemmende Gefühl in ihrer Kehle loszuwerden, schlug dann zielstrebig die Beine
übereinander und warf dem jungen Mann ein strahlendes Lächeln zu, als dieser sich in ihre Richtung umwandte. »Das ist er«, sagte sie leise und wunderte sich, daß es ihr gelang, nach außen hin so cool zu erscheinen. In ihrem Inneren tobte nämlich ein Wirbelsturm. Sie schwitzte Blut und Wasser bei dem Gedanken, einem wildfremden Mann eindeutige sexuelle Avancen zu machen. Gleichzeitig aber mußte sie bemerken, daß ihr Körper sie verriet, indem er ihre geheimen Sehnsüchte zur Schau stellte. Alex spürte fraglos, was in ihr vorging. Der wissende Blick, mit dem er sie betrachtete, sagte alles. Seine blauen Augen waren wie ein tiefer, unergründlicher Ozean, in dem Meredith zu ertrinken glaubte. Was als nicht ganz harmloses Spiel begonnen hatte, entwickelte sich mit Riesenschritten zu einer ernsten Geschichte. Meredith griff hastig nach ihrem Glas und stürzte den restlichen Inhalt hinunter. Sie brauchte jetzt all ihren Mut, begriff sie, und je schneller sie dieses Spiel hinter sich brachte, um so besser. Ihre Knie zitterten, als sie aufstand, sich zu Alex beugte und ihm zuflüsterte, daß sie sich noch einen Drink holen werde. Er lächelte ihr verständnisinnig zu und nickte. Herrgott noch mal, dachte er bei sich, sie tut es wirklich. Was für ein Weib! Obwohl sie sich alle Mühe gab, unbekümmert zu erscheinen, hatte sie das Gefühl, jeden Augenblick in Ohnmacht zu fallen. Erst jetzt wurde ihr so richtig bewußt, daß das rosa Minikleid ihren Busen und den Hintern auf schon fast ordinäre Weise zur Schau stellte. Die kühle Luft, die sich beim Gehen unter den Rocksaum und zwischen ihre Beine stahl, ließ sie deutlich ihr nacktes Geschlecht spüren. Es war ein so seltsames Gefühl, daß sie am liebsten zu Alex zurückgegangen wäre und ihn gebeten hätte, ihr den Slip zurückzugeben. Das Kleid, das wie eine zweite Haut an ihr klebte, drohte sie zu ersticken. Ihr Körper kam ihr vor wie eine Knospe, die kurz davor war, aufzuplatzen. Ihre überreizte Fantasie malte bereits das Bild, wie sich der dünne Stoff ihres Kleids unter den drängenden Kräften spannte, zerriß und ihren schamlosen Körper den lüsternen Blicken der gesamten Gästeschar preisgab. Sie war beinahe erleichtert, als sie endlich neben ihrem ›Opfer‹ stand. Sie tat so, als wolle sie sich an der Bar ein wenig Platz verschaffen, und stieß ihn dabei absichtlich am Arm an.
»Verzeihung«, murmelte sie und blinzelte dabei unter ihren langen Wimpern zu ihm hoch, »es ist so voll hier.« Er lächelte zurück, eine Reihe weißer, ein wenig schiefer Zähne entblößend. Seine Augen waren graugrün, wie sie feststellte, und er war anscheinend doch eine Spur älter, als sie angenommen hatte; wahrscheinlich Ende Zwanzig, Anfang Dreißig. »Keine Ursache«, sagte er und fügte, als der Barkeeper einen weiteren Gin Tonic vor Meredith auf den Tresen stellte, hinzu: »Der geht auf meine Rechnung.« Sie akzeptierte sein Angebot mit einem, wie sie hoffte, dankbaren Nicken und beobachtete, wie er eine Zehn-Pfund-Note aus seiner Brieftasche angelte. Dabei bemerkte sie, während sich ihre Finger um das kalte Glas schlossen, angenehm überrascht, daß seine Fingernägel sauber und kurz geschnitten waren. Manchmal hat der liebe Gott doch Erbarmen mit einem, dachte sie erleichtert. Sie wappnete sich mit einem tiefen Atemzug, ehe sie sich wieder zu dem jungen Mann umdrehte und das Glas an die Lippen führte. Die Nase kraus gezogen und mit einem provokanten Augenaufschlag in seine Richtung, so nahm sie einen Schluck von ihrem Drink. Sie war eine solche Anmache nicht gewohnt und hoffte, daß diese kleinen Tricks, über die sie in einer Zeitschrift gelesen hatte, auch in der Praxis funktionierten. Wie sich bald herausstellte, funktionierten sie tatsächlich. Der Mann stellte sich als Wizz vor und buchstabierte ihr sogar den Namen. »Ein recht ungewöhnlicher Name«, kommentierte sie. Etwas Geistreicheres viel ihr nicht ein. »Ich spiele in einer Rock-Band.« Meredith nickte wissend. »Ach so. Deshalb der Name.« Wizz verzog sein Gesicht zu einer gespielt beleidigten Miene. »Willst du mich etwa des Klischees bezichtigen?« Meredith lachte laut auf und schüttelte dabei so heftig den Kopf, daß eine Haarsträhne in ihrem Drink landete. Sie fischte die Strähne aus dem Glas, steckte sie in den Mund und saugte sie trocken, während sie unter gesenkten Lidern zu ihm hochblinzelte. Wirklich ein ganz netter Typ, dachte sie bei sich. Sie mochte diese bubenhafte MachoArt.
»Die Leute nennen mich Wizz«, begann er geduldig, »weil sie finden, daß ich ein Hexenmeister auf der Gitarre bin. Und nicht«, fügte er hinzu, »weil ich so viel Speed nehme.« »Nur ein bißchen«, meinte Meredith scherzhaft. »Nein«, versicherte er ihr, »auch kein bißchen. Das kann ich mir nicht leisten. Hab’ schon zu viele von meinen Freunden durch das Zeug den Bach runtergehen sehen. Aber Gras rauche ich hin und wieder, das gebe ich zu.« »Na ja, das ist doch keine Sünde«, entgegnete Meredith locker und spürte, wie ihr der Atem stockte, als er ihr behutsam die Haarsträhne aus dem Mund zog. »Aber du«, sagte er, während seine Finger an ihrer Wange entlangstrichen. »Ich meine, du hast was.« Meredith lächelte. »Danke. Du aber auch. Das ist mir gleich aufgefallen, als du reingekommen bist.« Jetzt war die Reihe an ihm, geschmeichelt dreinzuschauen. Er nahm die Hand von ihrer Wange und warf sich in Positur. Dabei schaute er sich um. »Keine Ahnung, wo Chris, mein Kumpel, abgeblieben ist«, sagte er. Meredith zuckte die Schultern. »Ist das so wichtig?« Mit dieser unbewußten Geste zog sie automatisch Wizz’ Blicke auf ihre Brüste. Sie holte tief Luft, wobei sie zusah, daß sie die Schultern nicht wieder hob, um sich seinem taxierenden Blick zu entziehen. »Für mich nicht«, erklärte Wizz, der sich schließlich doch vom Anblick ihrer Brüste losreißen konnte und ihr wieder ins Gesicht sah. »Jetzt, wo ich dich getroffen habe, kann er bleiben, wo der Pfeffer wächst. Willst du noch einen?« Er nickte in Richtung ihres halbleeren Glases. »Einen Drink will ich nicht, aber dich«, parierte sie mit einer Unverfrorenheit, die sie selbst verblüffte. »Holla, scheint mein Glückstag zu sein, heute«, gab Wizz grinsend zurück. Plötzlich schien es, als habe sich die Atmosphäre zwischen ihnen deutlich verändert. Was als harmloses Geplauder begonnen und sich zu einem unverfänglichen Flirt entwickelt hatte, steuerte nun in eine ganz andere Richtung. Sein dunkel gewordener Blick verriet Meredith, daß er ihren kühnen Vorstoß nicht abblocken würde.
»Komm, laß uns woanders hingehen«, sagte er, indem er ihr das Glas aus der Hand nahm und auf den Tresen stellte. Meredith’ Herz machte einen nervösen Satz. Sie schnappte sich das Glas und stürzte den Rest mit ein paar hastigen Schlucken hinunter. Diesmal zeigte der Alkohol prompt Wirkung; er fuhr ihr direkt in die Beine und ließ sie unsicher auf ihren hochhackigen schwarzen Stilettos schwanken. Das war es dann also, sinnierte sie. Wenn sie es wirklich tat, wenn sie wirklich ihren Part in dem Spiel spielen würde, dann war das hier der Punkt, von dem ab es kein Zurück mehr gab. »Einverstanden. Was schlägst du vor?« fragte sie. Wizz sah aus, als denke er ernsthaft über ihre Frage nach, und fuhr sich geistesabwesend mit den Fingern durchs Haar. »Wie wär’s mit dem Garten?« meinte er dann. Meredith wußte, daß sie verdutzt dreinschaute. »Was, diese Kneipe hat einen Garten? Wo soll der denn sein?« Sie hatte keinen gesehen. »Nach hinten raus, natürlich«, erklärte Wizz. Er faßte sie leicht am Ellbogen und steuerte eine Tür im hinteren Teil des Lokals an. »Wir müssen durch den Gastraum gehen.« Meredith geriet in Panik und sah sich suchend um. Doch dann erspähte sie Alex und stellte beruhigt fest, daß er bereits aufgestanden war. »Okay«, meinte sie und zuckte abermals die Schultern. Der Garten, wenn man ihn als solchen bezeichnen konnte, bestand aus ein paar Holzbänken und Tischen, die auf unebenen Pflastersteinen standen, und zahlreichen, meist zerbrochenen Tontöpfen, in denen kümmerliche Pflanzen dahinwelkten. Offenbar wurde dieser Hinterhof nicht oft als Garten genutzt, dachte Meredith, als sie die Aluminiumbierfässer sah, die hier lagerten. »Sie haben nur einen kleinen Keller«, erklärte Wizz, der auf die Fässer deutete. »Komm, setzen wir uns da drüben hin.« Er führte sie zu einer der Bänke und setzte sich neben sie. Meredith schaute in den Himmel hinauf, um sich von dem unangenehmen Pochen ihres Herzens abzulenken. Aus dem Augenwinkel heraus sah sie Alex den Garten durchqueren und sich in der hintersten Ecke niederlassen. Wizz schien ihn nicht bemerkt zu haben, dachte sie erleichtert. Sonst wäre er mit ihr bestimmt woanders hingegangen, wo Alex ihnen
nicht hätte folgen können. So was wäre gefährlich gewesen, überlegte sie, und hätte auch das ganze Unternehmen unsinnig gemacht. »Ist das nicht eine herrlich klare Nacht heute?« bemerkte Wizz im Plauderton, indem er ein Stück näher rückte und Meredith den Arm um die Schultern legte. »Hm, ja«, murmelte sie. Seine Finger drückten ihren Oberarm leicht, und als Meredith ihn von der Seite musterte, stellte sie fest, daß er ein gutes Profil besaß. Er hatte ein markant geschnittenes Gesicht mit ausgeprägten Wangenknochen und einem kräftigen Kinn, die ein exakt getrimmter Dreitagebart überschattete. Wie von selbst strich sie mit dem Handrücken über seine Wange. Das Gefühl der Bartstoppeln sandte ihr einen wohligen Schauder über den Rücken. Mit einer leichten Seitwärtsbewegung ergriff er ihre Hand und hielt sie fest. »Kalt?« fragte er. Sie schüttelte den Kopf. »Nein, im Gegenteil. Mir ist heiß«, sagte sie und warf ihm einen bedeutungsvollen Blick zu. Er führte ihre Finger an seine Lippen, küßte die Fingerspitzen und sah sie dabei unentwegt an. Einen Moment später senkte er den Blick auf ihre Brüste, die unter ihren Atemzügen auf und nieder wogten, und stöhnte leise. »Jesus Christus«, flüsterte er heiser, ließ ihre Hand fallen und riß sie an sich. Sein Mund suchte den ihren, er küßte sie stürmisch und tief, wobei seine Zunge ihre ganze Mundhöhle erforschte und seine Hände über ihren Rücken wanderten. Mit einer ungestümen Bewegung zog er sie auf seinen Schoß. Seine linke Hand umfaßte ihren Hinterkopf, die rechte bemächtigte sich unverzüglich ihres Hinterns. Während er die eine Hinterbacke knetete, gab er ihren Mund frei und suchte sich küssend den Weg an ihrem Hals und den Schultern entlang. Als seine Lippen den schmalen Träger ihres Kleides berührten, schob er ihn hastig zur Seite, fing ihre entblößte Brust mit einer Hand auf und hob sie an seinen gierig geöffneten Mund. »O Gott!« entfuhr es Meredith. Seine Leidenschaft wirkte anstekkend.
Sie warf den Kopf zurück und drückte, sich an ihn pressend, den Rücken durch. Beim Kneten ihrer Hinterbacken rutschte zwangsläufig der Saum ihres Kleids nach oben und entblößte ihr nacktes Fleisch. Als Wizz bemerkte, daß sie keinen Slip trug, hielt er unvermittelt in seinem Tun inne und musterte sie mit einem harten Blick. »Du bist mir vielleicht ein kleines Luder«, sagte er. »Treibt sich mit nacktem Hintern in den Kneipen rum.« Die Art und Weise, wie er diese Worte ausstieß, verbunden mit dem wölfischen Ausdruck auf seinem Gesicht, gaben Meredith das Gefühl, die liederlichste Schlampe auf Gottes Erdboden zu sein. Doch sie hatte inzwischen jede Beherrschung verloren und rieb ihre nackte Möse schamlos an der harten Ausbuchtung unter seiner schwarzen Lederhose. Das Leder fühlte sich warm und unheimlich erregend an. Das Gefühl von Haut auf Haut wirkte wie ein elektrischer Stromschlag. Sie spürte die Säfte aus sich herausfließen, umklammerte seine Hüften mit ihren Schenkeln und rieb sich wie eine Besessene an seinem lederumhüllten Ständer.
10 Während Meredith auf Wizz ritt wie auf einem galoppierenden Pferd, fiel ihr Blick zufällig in Alex’ Richtung. Der saß mit aufgestützten Ellbogen an einem Tisch, hatte das Kinn auf die Fäuste gelegt und beobachtete sie. Obwohl es zu dunkel war, um seinen Gesichtsausdruck zu erkennen, konnte sie sich vorstellen, daß er ihre Vorstellung in vollen Zügen genoß. Und er war nicht der einzige, dachte sie und ließ ein tiefes Stöhnen hören, als ihre neueste Eroberung zwei Finger in ihre heiße Feuchtigkeit schob und sie stimulierte. Es wäre gelogen gewesen, wenn sie behauptet hätte, daß diese Begegnung nicht genauso erotisch verlief, wie sie es sich vorgestellt hatte. Ihr Körper war der unumstößliche Beweis dafür. Alle ihre Pforten standen weit offen. Ihr Liebestunnel nahm Wizz’ Finger ohne Schwierigkeiten auf. Ihre Säfte flossen in Strömen, sie konnte den süßlichen, moschusartigen Duft deutlich riechen. Entschlossen machte sie sich daran, den Reißverschluß an Wizz’ Lederhose aufzuziehen, und als ihr die Öffnung groß genug schien, schob sie eine Hand in den Schlitz. Sofort ertastete sie seine stattliche Erektion; sein Schwanz war zwar nicht außergewöhnlich groß, aber doch groß genug, um ihr die erwünschten Liebesfreuden zu bescheren. »Ich sitze nicht bequem«, gestand sie ihm ein paar Augenblicke später. »Stört es dich, wenn ich mich anders hinsetze?« Mit offenkundigem Widerstreben zog Wizz seine Finger aus ihrer Vagina und nickte. Sie kletterte umständlich von seinem Schoß und spürte sofort dieses Prickeln wie tausend Nadelstiche in ihren verkrampften Beinmuskeln. Mit dem über die Hüften hochgezogenen Kleid machte sie ein paar Schritte hin und her, bis das Gefühl in ihre Beine zurückkehrte. Wizz beobachtete sie dabei, und als sie über seine Schulter hinweg in Alex’ Richtung spähte, sah sie, daß der sie ebenfalls mit seinen Blicken verfolgte. Das Wissen, daß sie sich nicht nur vor einem, sondern gleich vor zwei Männern zur Schau stellte und jederzeit jemand in den Garten
kommen und sie dabei überraschen konnte, heizte die erotische Spannung, die sie durchströmte, noch um einige Grade an. Angenehm kühl strich die Nachtluft über ihren nackten Bauch und den entblößten Hintern. Sie war Balsam für das heiße geschwollene Fleisch ihrer Möse und trocknete die Tränen ihrer Lust, die wie Honig an den Innenseiten ihrer Schenkel klebten. Hemmungslos zerrte sie am Ausschnitt ihres Kleids, bis auch die zweite Brust entblößt war. Dann stellte sie sich mit gespreizten Beinen vor Wizz hin und begann, sich ungeniert zu streicheln. »Heiliger Joseph!« rief er aus und sprang hoch. Er packte sie, drehte sie um und drängte sie gegen eines der Bierfässer. Das Aluminium fühlte sich kalt an unter ihren Handflächen, und Meredith überlief ein erwartungsfroher Schauder, als sie merkte, daß Wizz sich anschickte, sie nach seinen Vorstellungen vor dem Faß hinzustellen. Keuchend wies er sie an, die Beine zu spreizen, und faßte dabei kurz unter sie, um ihre baumelnden Brüste zu streicheln. Doch sein Hauptinteresse galt offensichtlich ihrem in die Höhe gereckten Hintern und ihrem schamlos exponierten Geschlecht. Er schob eine Hand zwischen ihre Beine und suchte etwas ungeschickt ihre Klitoris. Meredith kam ihm zu Hilfe. Sie legte die Finger auf die seinen und bewegte sie in einem stetigen Rhythmus, bis sie das gewohnte Prickeln spürte und vor Lust keuchte und stöhnte. Nur wenige Meter entfernt saß Alex im Schatten und beobachtete Meredith und ihre Eroberung mit maßlosem Erstaunen. Nicht im Traum hatte er damit gerechnet, daß sie so weit gehen würde. War es schon aufregend genug gewesen, mitzuverfolgen, wie sich die Dinge entwickelten, so war der Anblick ihres über das Alufaß gebeugten Körpers mit den herrlich gerundeten, vom Mondlicht beschienenen Hinterbacken beinahe unerträglich für einen so heißblütigen Mann wie ihn. Er konnte ganz deutlich ihre dicken, geröteten Schamlippen erkennen, die aufgebrochen waren wie eine überreife Frucht und dabei ihr feuchtes, dunkelrosa Fleisch und die einladende Öffnung ihrer Vagina enthüllten. Alex konnte diesem langhaarigen Typ keinen Vorwurf machen, daß er nicht imstande war, seine Hände von diesen köstlich
prallen Brüsten und die Finger von dem saftigen Fleisch zu lassen. Ihr Körper war wie ein exquisites Festmahl, dachte er, bei dem eine Köstlichkeit nach der anderen aufs appetitlichste angerichtet und auf eine Art serviert wurde, die einem das Wasser im Mund zusammenlaufen ließ. Als der Mann dann den Reißverschluß seiner Lederhose ganz aufzog und seinen prallen Ständer in die Hand nahm, um in ihren wartenden Körper einzudringen, hätte Alex ihn am liebsten zur Seite geschubst und sich selbst in dieses verlangende Fleisch gebohrt. Es muß sich anfühlen, als ob man eine reife Feige fickt, überlegte er und leckte sich angesichts dieses sinnträchtigen Vergleichs genießerisch die Lippen. Im nächsten Augenblick verfluchte er sich, daß er diese Spielvariante vorgeschlagen und sie nicht einfach selbst genommen hatte. Das war es doch, was er wollte, wonach es ihn gelüstete; aber warum war er dann so sehr darauf aus, sich auf diese Weise zu quälen? Weil das eigentliche Vergnügen um so köstlicher sein wird, sagte er sich, je mehr ich mich nach ihr verzehre und je begehrenswerter sie dadurch wird. Das war sein Modus operandi. Vom ersten Augenblick war ihm klar gewesen, daß ein normaler Fick der Sache nicht gerecht wurde. Dazu war Meredith eine viel zu außergewöhnliche Frau. Er wollte sie testen und auf die gleiche Weise herausfordern, wie er das mit sich selbst tat. Vergleichbar mit einem unbarmherzigen Vorspiel, schien es ihm zwingend erforderlich, sie beide bis an die Grenze des Erträglichen zu treiben. Ein tiefer Seufzer steckte ihm in der Kehle, als er sich innerlich für das bevorstehende Finale wappnete, mit dem Meredith’ Eroberung ihre kurze Liasion zu einem Abschluß brachte. Beim ersten Stoß stöhnte Meredith laut auf. Sie war froh gewesen, als Wizz sich angeschickt hatte, ein Kondom überzuziehen – ansonsten hätte sie nämlich zu dem Päckchen greifen müssen, das sie vorher in weiser Voraussicht aus dem Automaten in der Toilette der Kneipe gezogen hatte. Obwohl sie wußte, daß er sie jetzt gleich nehmen würde, wurde sie doch von der Ungestümheit seines Stoßes überrascht.
Wizz war hitzig bis ins Mark. Seine Finger umklammerten ihre Hüften wie ein Schraubstock, als er in sie eindrang. Seiner Liebestechnik fehlte jegliche Finesse, was aber Meredith’ Erregung nur noch anheizte. Das hier war Sex in Reinkultur. Wild, grob und explosiv. Dieser Akt wurde von der puren Fleischeslust regiert, und als sie spürte, wie seine Hüften gegen die ihren prallten und sein Schwanz sich tief in ihr gieriges Geschlecht bohrte, überließ sie sich willig dem pulsierenden Verlangen, das wie eine riesige Flutwelle über sie hereinbrach. Diese erste Explosion reichte nicht aus, um ihre übermächtige Lust zu befriedigen. Es war eher so, als habe sie ihren Körper nur auf den Geschmack gebracht. Wie ein Appetithäppchen vor dem eigentlichen Entree. »Hör noch nicht auf«, keuchte sie, als Wizz Anstalten traf, sich aus ihr zurückzuziehen. Sie griff hinter sich, wollte ihn festhalten, bekam aber nur Luft zu fassen. Sie wollte ihn noch weiter spüren -tief in ihrer heißen Feuchtigkeit. Dankbar nahm sie wahr, daß er wieder anfing, sich in ihr zu bewegen. Sie spürte, wie sein Becken sich an dem ihren rieb, und bewegte sich nun ihrerseits, um seinem Rhythmus zu folgen. Nach ein paar köstlich quälenden Momenten bat sie ihn flüsternd, jetzt aufzuhören. Sie richtete sich auf und suchte seinen Blick. Er sah aus wie hypnotisiert, als ob sein erlösender Orgasmus wie eine Droge auf ihn gewirkt hätte. Mit einem Lächeln drehte sich Meredith um und setzte sich auf das Bierfaß. Sie ignorierte das kalte Metall unter ihrem nackten Hintern, spreizte die Beine und bedeutete Wizz näher zu kommen. »Steck ihn so hinein«, raunte sie ihm mit heiserer Stimme zu. Wizz ließ ein ersticktes Seufzen hören. Ob er sich nur in sein Schicksal fügte oder aufs neue erregt war, konnte Meredith nicht sagen. Seine Männlichkeit begann jedenfalls ein wenig zu erschlaffen. Von Mitleid gerührt, streckte sie beide Hände nach seinem Schwanz aus, befreite ihn von dem benutzten Kondom und fing an, ihn zu streicheln. Nach einer Weile nahm sie eine Hand fort, um sich selbst zu streicheln. »Schau, ich bin noch nicht mit dir fertig«, sagte sie und lächelte verschmitzt ins Mondlicht.
Zum Beweis schob sie ein paar Finger in ihre klaffende Vagina und strich dann mit den nassen Fingern aufreizend über die entblößten rosa Fleischfalten ihrer Möse und die pochende Knospe ihrer Klitoris. Sie warf den Kopf in den Nacken und stöhnte. Den Effekt ihrer Bemühungen spürte sie, wie sie zufrieden feststellte, als anschwellende Steifheit zwischen ihren massierenden Fingern. »Ja, das ist gut«, schnurrte sie, als seine Finger sich zu den ihren und ihrem geschwollenen Geschlecht gesellten. »Ja, genau dort. Ah, gut.« Ihrer beider Finger streichelten sie, gleichzeitig rieb Meredith seinen Schwanz, bis sie soweit war, die Beine auszustrecken und um seine Hüften zu schlingen. Als Wizz sich niederkniete und ein weiteres Kondom aus seiner Hosentasche angelte, spürte sie, wie ein heißer Blutschwall durch ihre Adern jagte. Mit einem schiefen Lächeln reichte er ihr das kleine Päckchen. Meredith riß es auf. Die Art, wie sie ihm das Kondom überstülpte, war wie eine Liebkosung. Mit kundigen Fingern strich sie den dünnen Gummi über seinem steifen Schaft glatt, zärtlich und aufreizend zugleich. Dann packte sie ihn mit den Beinen und zog ihn so weit zu sich heran, bis die Spitze seines Schwanzes den Eingang zu ihrem feuchten Tunnel berührte. »Ja, ja!« schrie sie. »Fick mich. Bitte!« Wizz kam ihrer Aufforderung mit einem Stöhnen und einem kräftigen Stoß nach. Nachdem er sich tief in sie hineingebohrt hatte, umfaßte er ihre lustgeschwollenen Brüste und vergrub das Gesicht in der süß duftenden Spalte. Meredith, die sich vor Geilheit kaum zu fassen wußte, packte Wizz an den Haaren und drängte sich mit ihrem ganzen Körper an ihn. Jetzt stand sie restlos in Flammen und aalte sich in der Glut ihrer Leidenschaft. Wie von Sinnen knetete sie seinen Haarschopf zwischen den Fingern, stieß ihm die Brüste ins Gesicht und ermutigte ihn mit geflüsterten Worten, ihre Nippel zu saugen, die Brüste zu massieren, härter, schneller zuzustoßen… Ihr amouröses Intermezzo fand mit dem Ruf nach Wizz, den offenbar jemand suchte, schließlich ein Ende. Zu diesem Zeitpunkt waren Meredith und er vollauf gesättigt. Sie saßen nebeneinander auf der Bank und teilten sich eine Zigarette. Meredith sah beinahe sittsam aus
in dem Kleidchen, das ihren abkühlenden Körper wieder ganz verhüllte. »Das hört sich nach Chris an, meinem Freund«, sagte Wizz. Meredith lächelte ihn träge an und nahm ihm die Zigarette aus dem Mund, um selbst daran zu ziehen. Normalerweise rauchte sie nicht, doch hin und wieder stibitzte sie sich ein paar Züge. Wahrscheinlich verhielt sie sich nur nach einem Klischee, aber eine Zigarette nach dem Sex erschien ihr immer als die angenehmste Art der Entspannung. Wie in den alten Filmen aus den sechziger und siebziger Jahren, sinnierte sie, als sie langsam den Rauch einsog. »Du gehst wohl besser und schaust, was dein Freund will«, sagte sie und reichte ihm die Zigarette. »Nein, ist schon okay. Behalt sie ruhig«, sagte er. »Macht es dir wirklich nichts aus?« Sie schüttelte den Kopf und grinste ihn an. Er war bereits aufgestanden, und sie konnte sehen, daß er nicht genau wußte, was er jetzt mit ihr machen sollte. »Nein«, antwortete sie wahrheitsgemäß. »Ich bleibe noch eine Minute hier sitzen und rauche zu Ende.« Sie wedelte mit der Zigarette in der Luft herum. »Dann gehe ich nach Hause. Hab’ morgen eine Menge zu tun.« »Warte, gib mir noch schnell deine Telefonnummer.« Wizz klopfte auf seinen Hosentaschen herum, als suche er nach Papier und Bleistift. »Laß nur«, entgegnete sie lächelnd. »Ich denke, wir werden uns irgendwann wieder über den Weg laufen.« Wizz runzelte zweifelnd die Stirn, aber Meredith versicherte ihm, daß sie nichts weiter von ihm erwarte. Daraufhin beugte er sich zu ihr hinunter, gab ihr einen flüchtigen Kuß und war auch schon verschwunden. Meredith blieb eine Weile sitzen und starrte hinauf in den Sternenhimmel. Sie rauchte die Zigarette zu Ende und trat sie dann aus. »Na, wieder allein?« Meredith fuhr zusammen. Während sie die Ereignisse der letzten halben Stunde noch einmal hatte Revue passieren lassen, war sie so versunken gewesen in die Betrachtung des nächtlichen Himmels, daß sie an Alex gar nicht mehr gedacht hatte.
»Sieht so aus«, murmelte sie. Dann straffte sie die Schultern und lächelte ihn an. Sie wollte Alex nicht den Eindruck vermitteln, daß sie unglücklich über Wizz’ Abgang sei. Eine ganze Weile schwieg Alex. Er hatte sich vorgebeugt, die Hände zwischen die Knie geklemmt und starrte auf den Boden. »Das war vielleicht eine Vorstellung«, sagte er schließlich, ohne dabei aufzublicken. Meredith, die nur seinen Hinterkopf sah, war versucht, ihm über das dunkle Haar zu streichen, das sich über seinen Kragen ringelte. »Das war doch, was du wolltest«, gab sie zurück. »Was wir beide wollten – oder nicht?« Überraschenderweise klang ihre Stimme unsicher, als ob sie ihm und auch sich selbst nicht so recht glaubte. Fröstelnd schlang sie die Arme um sich. Alex nickte langsam, den Kopf immer noch gesenkt und den Blick abgewandt. »O ja«, sagte er dann mit einer Stimme, die eher ein Flüstern war, »es war genau das, was ich wollte.« Später, als sie sich ein Taxi nach Hause teilten, mußte Alex feststellen, daß ihm, ganz anders als sonst, die Worte fehlten. Da gab es so vieles, was ihn an dieser jungen Frau interessierte. Er hatte sie in den intimsten Situationen beobachtet und wußte doch kaum etwas über sie. Tausend Fragen brannten ihm auf der Zungenspitze, aber er war nicht in der Lage, diese in Worte zu kleiden. Als das Taxi schließlich am Straßenrand anhielt, traf er eine spontane Entscheidung. Er legte seine Hand über die Meredith’, die auf ihrem Knie ruhte. Ihre Haut war kühl, und für den Bruchteil einer Sekunde stellte er sich vor, wie es sich anfühlen würde, wenn diese Hände über seinen Körper strichen. »Ich möchte dir danken«, sagte er mit belegter Stimme, bemüht, das Bild ihrer Hände aus seiner Vorstellung zu bannen. Er machte eine Pause, um sich zu räuspern. »Wir müssen dieses Spiel nicht weiter verfolgen, wenn du das nicht möchtest.« Die Leidenschaftlichkeit, die in Meredith’ Augen aufblitzte, überraschte ihn fast noch mehr als die Intensität seiner eigenen Gefühle. »Ich möchte es aber«, erklärte sie in einem Ton, der keine Widerrede duldete. »Das war einer der tollsten Abende, die ich je erlebt habe. Ganz im Ernst«, setzte sie hinzu, als sie Alex’ zweifelnden Blick bemerkte. »Was du vielleicht nicht verstehst, Alex, ist, daß mir das wirk-
lich Spaß macht. Was als harmlose Neckerei begonnen hat, ist zu einem – ach, ich weiß auch nicht – « Sie brach ab und verfiel in nachdenkliches Schweigen; an seiner Schulter vorbei starrte sie in die Dunkelheit. »Der gestrige Abend, als du mich anriefst«, fuhr sie bedächtig fort, als wähle sie ihre Worte mit großer Sorgfalt, »war der absolut aufregendste meines Lebens. Einen wildfremden Mann zu treffen und zu wissen, daß dieser mich bei Dingen beobachtet hat, die eigentlich nur im verborgenen geschehen, war eine unbeschreibliche Erfahrung. Dann ruft mich dieser Mann auch noch an und verführt mich mit süßen Worten und erotischen Anspielungen. Nun, ich kann dir gar nicht sagen, was ich dabei empfunden habe.« »Nein, sag nichts«, setzte sie rasch hinzu, als sie sah, daß Alex den Mund zu einer Erklärung öffnete. »Du hast mir geholfen zu erkennen, daß in mir eine Menge mehr steckt als in den meisten anderen Frauen. Oder auch nicht – wer weiß, vielleicht gibt es viele Frauen, die so sind wie ich. Aber darum geht es nicht. Der springende Punkt ist der, daß mir die Sache unheimlichen Spaß macht. Es hat zwar erst begonnen, aber ich habe bereits das Gefühl, daß ich für so was geboren bin. Als ob das mein wirkliches Ich ist und ich bis jetzt nur einen Teil von mir gelebt habe. Kannst du das verstehen?« Diesmal hob Alex den Kopf und nickte. Er schaute ihr tief in die Augen und wünschte, er könnte ihr begreiflich machen, daß die ganze Sache für ihn sehr viel mehr als nur ein Spiel oder ein vergnüglicher Zeitvertreib war. »Jetzt aber Schluß mit diesen tiefsinnigen Betrachtungen«, meinte Meredith scherzhaft und nickte in Richtung des Taxifahrers. »Unser Chauffeur brennt wahrscheinlich schon darauf, uns loszuwerden, und ich brauche meinen Schönheitsschlaf. Das war ein harter Tag heute.« Ihr aufreizendes Lachen wurde von einem heftigen Gähnanfall erstickt. »Siehst du?« meinte sie. »Um es kurz zu machen, ich bin fix und fertig. Also, ich danke dir schön, Alex. Es war ein äußerst unterhaltsamer Abend, den wir, so hoffe ich, demnächst einmal wiederholen können.« Damit nahm sie seine Hand und schüttelte sie förmlich. Dann erhob sie sich und stieg aus dem Taxi. Alex folgte ihr verwirrt. Nachdem er den Fahrer bezahlt hatte, wandte er sich zu ihr um.
»Bist du sicher, daß du nicht noch einen Kaffee oder etwas anderes möchtest?« erkundigte er sich und gab sich keine Mühe, den offensichtlichen Hintergedanken zu bemänteln. Sehr zu seiner Enttäuschung schüttelte sie energisch den Kopf. »Nein«, wehrte sie ab. »Ich sagte dir doch, daß ich sterbensmüde bin. Aber du sollst wissen, daß ich unserem nächsten Treffen schon gespannt entgegensehe. Ruf mich an. Wann immer du willst.« Alex erkannte, daß sich im Moment jeder weitere Vorschlag erübrigte. Sie hatte ihre Haltung ganz deutlich gemacht. Sie hatte eine Demarkationslinie gezogen, und wenn er das Spiel fortsetzen wollte, so war es an ihm, den nächsten Schritt zu tun. »Okay, das werde ich«, erwiderte er mit mehr Zuversicht in der Stimme, als er tatsächlich verspürte. »Ich hab’ auch noch etwas für dich auf Lager. Etwas, das sowohl deiner Karriere förderlich sein könnte als auch – « »Das ist prima!« unterbrach sie ihn. »Laß mich nur Zeit und Ort wissen, und ich eile.« Damit schenkte sie ihm ein süßes Lächeln, hauchte ihm einen Kuß auf die Wange und stapfte über den Treidelpfad davon. Die Sache mit Alex habe ich, alles in allem, verdammt gut hingekriegt, befand Meredith später. Sie hatte ihre Rolle, und nur als solche konnte sie ihr Tun betrachten, so perfekt gespielt, daß sie damit sogar einen Steven Spielberg überzeugt hätte – und Alex ganz bestimmt. Wenn sie ehrlich war, mußte sie zugeben, daß sie gern aufrichtiger zu ihm gewesen wäre. Andererseits, überlegte sie, hätte sie ihm ihre wahren Gefühle offenbart, wäre sie das Risiko eingegangen, ihn unter Umständen zu verlieren. Ich will für ihn mehr sein als nur ein schneller Fick, dachte sie entschlossen, während sie sich fürs Bett zurechtmachte. Irgendwann wird er mich verzweifelt begehren… Und wenn er mich dann schließlich haben kann, wird er mich auch halten wollen. Dafür werde ich schon sorgen. Außerdem, sinnierte sie weiter, als sie unter ihre Bettdecke kroch, macht mir dieses Spiel viel zuviel Spaß, um jetzt schon damit aufzuhören. Das war ihr letzter Gedanke, ehe sich der Schlaf ihres erschöpften Körpers bemächtigte.
Eine Weile glaubte Meredith, es sich mit Alex verscherzt zu haben. Drei Tage waren inzwischen vergangen, ohne daß er den Versuch unternommen hätte, sich mit ihr in Verbindung zu setzen; sie begann allmählich in Panik zu geraten. Was die Sache noch schlimmer machte: Sie sah ihn in seiner Wohnung herumgehen, obwohl er nur selten ans Fenster trat. Wenn das geschah, schien es, als vermeide er absichtlich jeden Blick in ihre Richtung. Um sich abzulenken, stürzte sie sich in ihre Arbeit. Sie hatte Camilla einen kurzen Besuch abgestattet. Es war nur für eine Stunde gewesen, und die meiste Zeit hatten sie damit zugebracht, über ihre bevorstehende Hochzeit zu reden. Sie hatten aber auch Zeit für ein schnelles Liebesspiel gefunden, das Meredith ein wenig über ihre deprimierte Stimmung hinweghalf. Natürlich hatte es sie auch aufgebaut, daß Camilla begeistert von den Modellen gewesen war, die sie für sie entworfen hatte, und versprochen hatte, sie all ihren Freundinnen weiterzuempfehlen. Nach ihrer Rückkehr in ihre Wohnung warteten noch andere Bestellungen auf sie. Widerwillig nahm sie ihre Näharbeit zur Hand und war gerade mit einigen komplizierten Stichen beschäftigt, wobei sie ausnahmsweise einmal nicht an Alex dachte, als das Telefon klingelte. Mit einem genervten Seufzen legte sie vorsichtig die Arbeit aus der Hand und griff zu dem schnurlosen Telefon. »Ja, bitte, was kann ich für Sie tun?« sagte sie schroff. »Meredith, ich bin’s, Alex.« Meredith verschlug es einen Moment lang die Sprache. Doch sie faßte sich rasch und sagte: »Hallo, Alex, wie geht’s?« »Danke, gut. Und dir?« Sie spürte sein warmes, ganz intimes Lächeln, das ihr bis in die Zehenspitzen fuhr. »Viel Arbeit«, meinte sie leichthin. »Zu viel, um morgen abend mit mir auszugehen?« erkundigte sich Alex. Meredith spürte, wie ihr Herz einen Freudensprung tat. »Wann? Wohin?«
»Erinnerst du dich? Ich habe dir doch erzählt, daß ich eventuell einen guten Kontakt für dich an der Hand hättet.« Meredith nickte, bis ihr einfiel, daß Alex sie ja nicht sehen konnte. Er rief nicht aus seiner Wohnung an. Sie hatte ihn heute morgen das Haus verlassen sehen. »Ja, ich erinnere mich«, sagte sie. »Du hast demnach schon etwas in die Wege geleitet?« »Aber gewiß doch.« Alex’ Stimme klang vielversprechend. »Ich bin sicher, du wirst dich über den Ausgang dieses Abends nicht beklagen können.« »Nun sag schon«, drängte Meredith, die schier platzte vor Neugier, »mit wem bringst du mich denn zusammen? Kenne ich ihn?« Sie nahm automatisch an, daß Alex von einem Mann sprach. »Weiß ich nicht«, erwiderte er. »Sein Name ist Cosimo Guiardini. Er ist der Herausgeber einer Modezeitschrift für Männer.« Meredith’ Herzschlag vervielfältigte sich, als er ihr den Namen der Zeitschrift nannte. Es war eines der erfolgreichsten Modemagazine. »Er möchte ein paar von deinen Entwürfen sehen«, fuhr Alex fort. »Ich habe ihm dargelegt, daß eine Doppelseite mit sexy Geschenkideen für die Frau Gemahlin oder die Geliebte in diesem Männermagazin bestimmt gut ankommen würde. Cosimo war auch ganz angetan von dieser Idee. Er weiß nämlich so gut wie ich, daß der Durchschnittsmann nicht den geringsten Schimmer hat, wenn es um Unterwäsche für Frauen geht.« »Dessous«, korrigierte Meredith ihn automatisch. »Ja, da magst du wohl recht haben. Die Vorstellung der meisten Männer geht leider nicht über schwarze Nahtstrümpfe, Slips mit offenem Zwickel, Strapse und durchsichtige BHs hinaus.« »Absolut«, pflichtete Alex ihr bei. »Darf ich also annehmen, daß dich mein Vorschlag interessiert?« »O ja«, sagte sie. Dann zögerte sie kurz. »Also, das wäre dann quasi nur ein Geschäftstermin – nichts weiter?« Alex’ kehliges Lachen kitzelte ihr Trommelfell. »Sei nicht albern«, sagte er. »Ich glaube, daß du angenehm überrascht sein wirst, wenn du erst siehst, was Cosimo und ich für dich in petto haben.«
Die Stunden bis zum nächsten Abend waren die reinste Tortur für Meredith. Trotz ehrlichen Bemühens fiel es ihr schwer, sich auf ihre Arbeit zu konzentrieren, wenngleich die Notwendigkeit, eine optimale Auswahl ihrer Entwürfe zu präsentieren, sie bis zu einem gewissen Grad motivierte. Außerdem mußte sie noch einige Einkäufe tätigen. Alex hatte sehr deutlich gemacht, daß er diesmal nichts anderes als die Erfüllung seiner präzisen Bekleidungsanweisungen akzeptieren würde. Das elegante Kostüm, das sie seinem Wunsch gemäß tragen sollte, war kein Problem; davon hatte sie einige im Schrank hängen. Aber sie mußte Schuhe kaufen -höhere und spitzere als die, die sie beim letzten Treffen angehabt hatte – und schwarze Strümpfe. Die Erkenntnis, daß selbst so kreative Männer wie Alex immer noch an klischeehaften Vorstellungen von einem sexy Outfit festhielten, entlockte ihr einen frustrierten Seufzer. Erst als sie die dünnen Nylons an ihrem Bein hochrollte und feststellte, wie angenehm sinnlich sich dieses Material auf ihrer Haut anfühlte, lernte sie deren ästhetischen Wert zu schätzen. Als sie dann aufstand und sich im Spiegel betrachtete – angetan nur mit Strümpfen und Strapsgürtel –, erlebte sie das einzigartige Gefühl, sich selbst zu begehren. Dabei stellte sie sich Camilla vor, ebenfalls in Straps und Strümpfen, und erschrak beinahe über das wollüstige Prickeln, das sie bei diesem Gedanken überlief. Sogleich beschloß sie, Camilla eine solche Garnitur zu schenken, falls sie sie noch einmal sehen sollte. Sie hatten keine Verabredung getroffen. Das Kostüm, das sie ausgewählt hatte, war ebenfalls schwarz und ganz figurbetont. Die Dessous stammten selbstredend aus ihrer eigenen Kollektion – ein schwarzer Push-up aus Satin und ein dazu passender G-String mit einer neckischen Schleife, die genau am oberen Ende der Pospalte saß. Das war es auch schon, dachte sie, während sie die Füße in die schwarzen Leder-Stilettos zwängte und die Luft einzog, als sie aufstand. Die Absätze waren extrem hoch, viel höher, als sie es gewöhnt war, und vorn lief der Schuh nadelspitz zu. Diese Dinger müssen der Traum eines jeden Schuhfetischisten sein, überlegte sie, als sie ihre Beine im Spiegel betrachtete. Sie hatte von
Natur aus einen hohen Rist, den der Schnitt dieser Schuhe noch vorteilhafter zur Geltung brachte, und die hohen Absätze zwangen sie zu einer auffallend provokanten Körperhaltung -Schultern zurückgezogen, das Becken nach vorn gekippt, Brust und Po keck herausgestreckt. Um sich Mut zu machen, atmete Meredith einmal tief ein und aus, ehe sie sich nach dem schwarzen Musterkoffer bückte, noch einen letzten prüfenden Blick in den Spiegel warf, sich Handtasche und Schlüssel schnappte und die Wohnung verließ. »Hier ist es«, verkündete Alex, als der Taxifahrer vor einem großen, glasverkleideten Gebäude hielt. Er musterte Meredith von der Seite und notierte entzückt den sanften Schwung ihrer Wange, die langen, fedrigen Wimpern, die gerade, an der Spitze leicht nach oben zeigende Nase und die vollen Lippen. Unbewußt wanderte sein Blick abwärts zu dem etwas aufklaffenden Revers ihrer Kostümjacke. Dort erspähte er, eingebettet zwischen den beiden Kragenhälften, die goldenen Halbkugeln ihrer Brüste, die ahnen ließen, daß sie unter der Jacke nur sehr wenig trug. Er erinnerte sich wieder, wie sie ihm vorhin entgegengekommen war, und mußte dabei tief Atem holen. Ihr Anblick hatte ihn beinahe umgehauen. Er hatte sie noch nie im Kostüm gesehen, und der Kontrast zwischen dem korrekten Business-Outfit und dem sinnlichen Körper darunter hatte ihn aus der Fassung gebracht. Sie trug das Haar wie immer offen; es fiel ihr wie ein seidener Vorhang über die Schultern. Was Cosimo wohl von ihr halten wird, dachte er bei sich und kam rasch zu dem Schluß, daß er als Italiener mit der typischen Vorliebe für blonde Frauen gewiß auf sie fliegen würde. Im nächsten Augenblick wurde ihm bewußt, daß er Cosimo damit unrecht tat. Die Wahrheit war, daß er alle weiblichen Wesen liebte – von kleinen Mädchen bis zu Großmüttern und alles dazwischen. Und alle Frauen liebten ihn. Manche Männer sind wirklich geborene Glückspilze, dachte Alex grimmig, um sich gleich darauf zur Ordnung zu rufen. Er schlug sich eigentlich recht wacker im Vergleich zu vielen anderen Geschlechtsgenossen. Und wenn er Meredith nicht haben konnte, nun, dann konnte er auch nichts machen.
Sie blieben kurz auf dem Gehsteig stehen, ehe sie das Gebäude betraten. Alex nutzte die Gelegenheit, um Meredith mit einer besitzanzeigenden Geste ein paar Haarsträhnen von der Schulter zu streichen. Dann zupfte er den Saum ihrer Jacke zurecht und zog die beiden Revers gerade, ohne es sich nehmen zu lassen, dabei mit den Fingerrükken wie zufällig über die Wölbung ihrer Brüste zu streichen. Er spürte, wie sie erschauderte, und fragte sich, ob es Widerwille war oder etwas anderes. Möglich, daß er sich das nur einbildete, aber vielleicht begehrte sie ihn am Ende doch. »Ist jetzt alles in Ordnung?« fragte Meredith spitz und schüttelte ihn ab. In Wirklichkeit glaubte sie, seine Finger keine Sekunde länger auf sich ertragen zu können. Die unbeabsichtigte Berührung hatte die Wirkung eines Stromschlags gehabt, und sie fürchtete, ihre wahren Gefühle für ihn zu offenbaren. An der gegenüberliegenden Straßenecke befand sich ein Hotel, und Meredith verspürte den übermächtigen Drang, dieses geschäftliche Meeting sausen zu lassen und sich mit Alex in dieses Hotel einzuquartieren. »Du siehst bezaubernd aus!« sagte Alex wahrheitsgemäß. »Ich wünschte beinahe – « Er unterbrach sich hastig. Um ein Haar hätte er sich verraten. »Ja?« sagte Meredith und sah ihn mit einem unschuldigen Blick an, während ihr Herz Purzelbäume schlug. Ihre Beine zitterten so heftig, daß sie glaubte, ihre Knie aneinanderschlagen zu hören, und zwischen ihren Schenkeln prickelte plötzlich eine Feuchtigkeit, die vor wenigen Minuten noch nicht dagewesen war. Zu ihrer Enttäuschung schüttelte Alex nur stumm den Kopf. »Nichts«, entgegnete er schroff. »Ich denke, wir sollten langsam hineingehen. Wir wollen Cosimo doch nicht warten lassen.« Die Enttäuschung war so groß, daß sie sich als dicker Klumpen in Meredith’ Kehle festsetzte. Sie mußte ein paarmal kräftig schlucken, um ihn loszuwerden. »Nein, natürlich nicht.« Sie zwang sich zu einem heiteren Lächeln. »Ihnen nach, McDuff.«
11 Das vielstöckige Gebäude beherbergte zahlreiche Firmen, die jeweils eine ganze Etage für sich in Anspruch nahmen. Da Cosimos Büroräume oben im Penthouse lagen, führte Alex sie zu den Fahrstühlen. Geräuschlos schloß sich die Aufzugtür hinter ihnen und sperrte sie zusammen in dem beengten Raum ein. Obwohl Alex nur einen Schritt von ihr entfernt stand, spürte Meredith seine Nähe und die gleichzeitige Distanz zwischen ihnen so stark, daß sie am liebsten geweint hätte. Das machte die Leidenschaft. Daß sie ihn begehrte und sich sehnlichst wünschte, daß er ihre Gefühle erwiderte, war inzwischen zu einer unumstößlichen Tatsache geworden. Ein lautloses Seufzen begleitete ihre Überlegung, wie sie ihm ihre Gefühle offenbaren könnte. Eigentlich war das keine große Geschichte – sie hatte das schon mit etlichen Männern vor ihm praktiziert. In einer ähnlichen Situation, allein mit einem Mann im Lift – nur nicht Alex –, hätte sie sehr wohl gewußt, wie sie die Gelegenheit zu einem erotischen Abenteuer hätte nutzen können. Bei anderen Männern fürchtete sie sich aber auch nicht davor, abgewiesen zu werden. Wenn sie nicht wollten, dann ließen sie es eben bleiben, kein Problem. Aber bei Alex war das anders. Er war ihr wichtig. Und das, was sie miteinander teilten – mochte es auch noch so grotesk sein –, durfte sie nicht einer kapriziösen Laune wegen aufs Spiel setzen. Trotz aller vernünftigen Argumente war ein Teil von ihr durchaus geneigt, für Alex jedes Risiko einzugehen – ein Gedanke, den sie sofort entschlossen verwarf. Was ihr Spiel betraf, mit dem sie sich beide einverstanden erklärt hatten, da vertraute sie Alex blind; ansonsten war er ein wildfremder Mann für sie. Sie wußte weder etwas über sein Berufsleben – seine Ziele, seine Motivationen –, noch besaß sie ein Hintergrundwissen über Alex als Person. Du meine Güte, ich weiß ja nicht einmal, wie er mit Nachnamen heißt, fiel ihr plötzlich ein. Was tue ich hier mit ihm? Doch um jetzt noch einen Rückzieher zu machen, dazu war es zu spät. Die digitale Leuchtanzeige über der Aufzugtür sagte ihr, daß sie nur noch ein Stockwerk vor sich hatten. In einem Anfall von Wagemut
warf sie Alex’ Profil einen verzweifelt fragenden Blick zu. Als er sich zu ihr umdrehte, spürte sie, wie all ihre Ängste binnen Sekundenbruchteilen von ihr abfielen. Sein Blick, der den ihren festhielt, war voller Wärme und Zutrauen. »Du brauchst dir keine Gedanken zu machen«, versicherte er ihr. »Cosimo ist ein netter Typ. Einer der nettesten überhaupt.« »Ich mache mir keine Gedanken über Cosimo oder das Treffen«, gab sie zurück. Seine Augenbrauen machten einen winzigen Satz. »Worüber dann?« Er streckte den Arm aus und überbrückte damit die kurze Distanz zwischen ihnen. Dann nahm er ihre Hand, drückte sie zuversichtlich und nun seinerseits mit einer besorgten Miene. »Du bist es, über den ich mir Gedanken mache«, gestand sie, seinem prüfenden Blick ausweichend. »Oder eher über mich. Ach, ich weiß es auch nicht. Frag mich nicht. Vergiß einfach, was ich gesagt habe.« Überrascht registrierte Meredith, daß Alex einen der Knöpfe auf dem Bedienungsbord an der Wand des Aufzugs drückte, worauf der Lift zum Stehen kam. »Was machst du denn da?« rief sie aus. »Jetzt sitzen wir hier fest. O Gott, das ist für mich ein wahrer Alptraum!« Sie schüttelte seine Hand ab und begann, nervös hin- und herzulaufen. Alex packte sie bei den Schultern und hielt sie fest. »Hör auf damit, Meredith!« fuhr er sie schroff an. »Was ist denn los? Schau mich an, verdammt noch mal!« Als sie nach einer Weile immer noch auf den Boden starrte, versuchte es Alex mit einem freundlicheren Tonfall und hob ihr Kinn an, um sie sanft zu zwingen, hochzusehen. »Bitte, sieh mich an. Ich mag es nicht, wenn du so bist.« Meredith spürte, wie seine warme Stimme und die Art, wie seine Finger ihr Kinn hielten, sie besänftigten. Gleichzeitig löste sein intensiv forschender Blick ein Feuerwerk in Meredith’ Adern aus, das ihr bis in die Zehenspitzen fuhr. »Entschuldige«, murmelte sie und kam sich ziemlich dumm vor. »Ich glaube, ich hatte gerade einen Panikanfall. Aber es ist schon wieder in Ordnung«, fügte sie hinzu, um ihn zu beruhigen. Wenn er weiterhin so in sie drang, mußte sie befürchten, daß sie sich ihm schließlich doch noch offenbarte.
Alex sah ihr unentwegt in die Augen. Es war, als wolle er durch sie hindurch in ihre Seele schauen. »Wirklich?« fragte er zweifelnd. »Ja.« Meredith nickte zur Bekräftigung. »Wirklich. Bitte, vergiß das eben. Komm, laß uns jetzt zu deinem Freund gehen.« Alex machte nicht den Eindruck, als sei er völlig überzeugt von ihren Beteuerungen, drückte aber auf den entsprechenden Knopf, und der Lift setzte sich wieder in Bewegung. Sekunden später stoppte er, diesmal an der Penthouse-Suite. Die Türen schoben sich leise auseinander und entließen sie in ein quadratisches Foyer. Der Boden war mit einem weichen nachtblauen Teppich ausgelegt, und bis auf eine mannshohe, blauweiße chinesische Bodenvase, die in einer Ecke stand, gab es kein Möbelstück in diesem Raum. An den cremeweißen Wänden hingen zahlreiche gerahmte Titelblätter der Zeitschrift. Einige davon erkannte Meredith wieder, die übrigen nahm sie näher in Augenschein, indem sie langsam an den Wänden entlangwanderte. Inzwischen kündigte Alex ihre Ankunft über die interne Gegensprechanlage an, die an einer der Wände angebracht war. »Cosimos Sekretärin wird uns gleich in Empfang nehmen«, erklärte er ihr. »Bist du sicher, daß du in Ordnung bist?« Meredith wandte ihm den Kopf zu und lächelte ihn an. »Ja, das sagte ich doch schon. Komm, denk nicht mehr darüber nach. Ich tu’s auch nicht.« Alex schüttelte skeptisch den Kopf. »Wenn du meinst. Aber glaub mir, Meredith, was immer du auch von mir halten magst, ich bin alles andere als ein Frauenfeind. Wenn ich nicht glauben würde, daß es in deinem Sinn ist, würde ich niemals so weit gehen.« »Ja, das ist es«, versicherte sie ihm. Und das war die Wahrheit. Seit sie den Aufzug verlassen hatten, spürte sie ein unterschwelliges Gefühl der Vorfreude, das mit jeder Sekunde stärker wurde. In diesem Augenblick wurden sie vom Öffnen einer Tür unterbrochen. Eine junge Frau in einem knallroten Kostüm – das eigentlich mit ihrem zu einer Hochfrisur aufgetürmtem kastanienbraunen Haar überhaupt nicht hätte harmonieren dürfen – kam auf sie zu. »Mr. Guiardini läßt bitten«, verkündete sie. »Wenn Sie mir bitte folgen möchten.« »Mit dem größten Vergnügen«, erwiderte Alex.
Er war der Charme in Person, bis die junge Frau sich zur Tür umdrehte. Dann tat er so, als kratze er sich an der Augenbraue, ehe er Meredith einen ironischen Blick zuwarf und ihr vielsagend zublinzelte. Obwohl sie vor lauter Nervosität Schmetterlinge im Bauch hatte, mußte Meredith ein Kichern unterdrücken. So wenig sie auch von Alex wußte, eines wußte sie gewiß – er war unverbesserlich. Die junge Frau tänzelte ihnen durch ein geräumiges Büro voran, von dem Meredith wegen der Aktenschränke, des Schreibtischs und der Computeranlage annahm, daß es das ihre war. Vor einer schwarzen Edelholztür blieb sie stehen und pochte geziert mit den Knöcheln dagegen. »Herein«, ließ sich eine tiefe Stimme dahinter vernehmen. Wieder hatte Meredith das Gefühl, jeden Moment loskichern zu müssen. Jetzt reiß dich aber am Riemen, Mädchen! ermahnte sie sich im stillen. Vergiß nicht, hier geht es nicht nur ums Vergnügen, sondern auch um Arbeit. Während die schwarze Tür langsam aufschwang, überlegte sie, auf welche der beiden Perspektiven sie mehr gespannt war. Ihr erster Eindruck von Cosimo war der eines gutaussehenden, kultivierten Mannes unbestimmbaren Alters. Er saß hinter einem überlangen Schreibtisch und drehte einen goldenen Kugelschreiber zwischen den Fingern, während er Meredith und Alex beim Eintreten beobachtete. Im Näherkommen bemerkte Meredith, daß das pechschwarze Haar des Mannes an den Schläfen von silbernen Strähnen durchzogen war, und die tiefen Lachfalten um seine dunklen Augen und den vollippigen Mund verrieten ihr, daß er den ersten Frühling längst hinter sich hatte. Dennoch konnte sie nicht leugnen, daß er für sein Alter außergewöhnlich attraktiv war. Sein dunkler Anzug war ganz offensichtlich maßgeschneidert, seine Fingernägel frisch manikürt. Unter dem Schreibtisch konnte sie seine Füße erkennen. An den Knöcheln gekreuzt, steckten sie in schwarzen Leder-Slippern, die sündteuer und handgenäht aussahen. Meredith rief sich ins Gedächtnis, daß Cosimo Italiener und Moderedakteur war und sein perfektes Outfit somit nicht verwundern durfte. Dennoch vermittelte seine Ausstrahlung, seine lässige Eleganz in Verbindung mit der Aura des Wohlstandes und der Sicherheit, die ihn
umgab, Meredith den Eindruck, daß er wohl von Natur aus Wert auf elegante Kleidung legte. Er machte sich nicht die Mühe, sich zu erheben, als Alex und Meredith vor seinem Schreibtisch stehenblieben, sondern bedeutete ihnen nur mit einem Nicken, auf den beiden Sesseln neben dem Schreibtisch Platz zu nehmen. Er bedachte Alex mit einem breiten Lächeln und hielt Meredith die Hand hin. »Hallo, Alex«, sagte er, »schön, dich wiederzusehen.« Dann wandte er Meredith seine Aufmerksamkeit zu. »Und das muß die junge Frau sein, von der du mir erzählt hast.« Während er ihr die Hand schüttelte, unterzog er Meredith einer eingehenden Musterung. Der Ausdruck seiner Augen war liebenswürdig und verriet mehr als nur höfliches Interesse. Meredith fühlte sich augenblicklich von ihm angezogen. Sie errötete und mußte sich zusammennehmen, daß sie nicht schamhaft den Blick senkte. Reiß dich am Riemen, ermahnte sie sich zum zweiten Mal. Er ist doch nur ein Mann, verdammt noch mal, und du weiß Gott keine zimperliche Jungfer. »Nett, Sie kennenzulernen, Mr. Guiardini«, sagte sie förmlich und war heilfroh, daß ihre Stimme kaum zitterte. »Alex sagte mir, Sie seien möglicherweise an einigen Modellen meiner Wäschekollektion interessiert.« Cosimo nickte und gab ihre Hand frei. »Das ist richtig«, sagte er und ließ seine Fingerspitzen für den Bruchteil einer Sekunde zärtlich über ihren Handrücken streichen, ehe er sie losließ. »Wir, das sind Alex und ich, sind der Ansicht, daß die Männer nicht wissen, wie man richtig mit einer Frau umgeht. Das schließt auch die Geschenke ein, die sie für sie kaufen.« Meredith lachte, ihre Nervosität schien vergessen. »Ja, all diese roten, durchsichtigen Nylongeschichten und Netzhemdchen. Ich – « Cosimo hob die Hand, um ihr Schweigen zu bedeuten. »Vielen Dank. Ich weiß, was Sie meinen.« Meredith wäre am liebsten vor Scham im Erdboden versunken. Was ist nur los mit dir? fragte sie sich. Plapperst daher wie ein alberner Teenager…
»Oh, verzeihen Sie mir«, sagte Cosimo. Seine tiefe, nuancenreiche Stimme erinnerte Meredith an große Wellen, die tosend an den Strand rollten. »Ich wollte nicht unhöflich sein. Das war unverzeihlich. Es ist nur so, daß mich Ihre Schönheit völlig überwältigt hat und ich mich deshalb nur schwer auf das konzentrieren konnte, was Sie gesagt haben.« Meredith’ Lippen zuckten. »Sehr charmant ausgedrückt, Mr. Guiardini«, konterte sie gelassen. Zu ihrer Überraschung lehnte er sich vor und nahm diesmal ihre beiden Hände. »Ich versuche nicht, Ihnen zu schmeicheln, Miss Baxter. Ich führe nur Tatsachen an. Und bitte, nennen Sie mich Cosimo.« Meredith bekundete ihr Einverständnis mit einem leichten Nicken. »Sehr gern, Cosimo«, sagte sie. »Aber warum lassen wir nicht einfach den ganzen – « Sie unterbrach sich, das Wort ›Firlefanz‹ auf der Zungenspitze. »… die höflichen Vorreden«, setzte sie hastig hinzu. Sie beugte sich zur Seite, um ihren Musterkoffer aufzuheben und auf den Schreibtisch zu stellen. Dann ließ sie die Schlösser aufschnappen und klappte den Deckel hoch. »Hier sind einige Muster meiner Kollektion. Ich denke, Sie stimmen mir zu, daß sie für jeden Geschmack etwas bieten.« Cosimo tauschte einen raschen Blick mit Alex, zog dann den Koffer näher zu sich heran und begann, die einzelnen Teile näher in Augenschein zu nehmen. »Das gefällt mir alles recht gut«, meinte er, nachdem er den Inhalt des Koffers betrachtet hatte. Er hielt einen cremefarbenen Satin-BH hoch, der mit winzigen rosa Seidenröschen bestickt war. Dann wandte er sich an Alex. »Das ist genau das, wonach ich gesucht habe. Die Modelle lehnen sich an die französischen und italienischen Designs an, was man in England leider kaum findet.« Den Blick auf Meredith richtend, nickte er. »Ich nehme an, dazu gibt es auch das passende Höschen.« »Ja«, entgegnete sie und kramte eilfertig in dem Koffer. »Drei verschiedene Modelle.« Sie suchte ein Paar Frenchknickers, einen Tanga und einen G-String raus und drapierte die drei Teile vor Cosimo auf der Schreibunterlage, die mit Leder eingefaßt war und das Gucci-Logo trug. »Nicht alle Frauen schätzen die gleiche Art.«
Cosimo nickte beifällig. »Sehr raffiniert«, meinte er mit einem Lächeln. »Und welchen Stil bevorzugen Sie, Miss – äh – Meredith?« Meredith’ Wangen wurden so rot wie die Seidenröschen auf dem BH. »Nun, das kommt darauf an«, erwiderte sie zögernd. Solche persönlichen Fragen war sie von Kunden nicht gewöhnt. Außerdem machte sie die Art und Weise, wie Cosimo sie unentwegt musterte, ziemlich nervös. »Worauf?« wollte er wissen. Meredith räusperte sich und dachte dabei über seine Frage nach. Die spontane Antwort wäre gewesen: »Nun, auf denjenigen, der sie zu Gesicht bekommt.« »Ich nehme an, ich richte mich danach, was ich darüber tragen will«, erklärte sie lahm. »Wenn es etwas Enganliegendes ist, würde ich entweder die Frenchknickers oder den G-String wählen, um das Problem von eventuell sichtbaren Nähten zu vermeiden.« Sie merkte, daß ihre Antwort steif und förmlich klang und bestimmt das genaue Gegenteil dessen war, was er hören wollte. »Und für ein Rendezvous mit einem Liebhaber?« bohrte Cosimo unnachgiebig weiter. »Welchem Modell würden Sie da den Vorzug geben?« »Dem G-String selbstverständlich«, versetzte Meredith mutig. Jeder Muskel ihres Körpers verspannte sich bei dem Versuch, Cosimos Blick gleichmütig standzuhalten. Wenn das hier ein Machtspielchen werden sollte, wollte sie verdammt sein, wenn sie den Eindruck erweckte, er behielte die Oberhand. Doch als sie merkte, daß er sich noch weiter vorbeugte, verlor sie beinahe die Nerven. Er war ihr inzwischen so nahe, daß sie den Minzeduft seines Atems und die herbmännliche Note seines After-shaves riechen konnte. Sie spürte auch, wie die Wärme seines Körpers sie umfing und ihr Körper auf seine animalische Anziehungskraft reagierte. Sie veränderte unauffällig ihre Sitzposition und zwang sich, den Blick geradeaus zu richten. Selbst als er eine Fingerspitze an ihrem Bein emporwandern ließ, zuckte sie nicht mit der Wimper. Der Finger stoppte knapp unter ihrem Rocksaum, der auf halber Schenkelhöhe endete. »Welche Variante tragen Sie denn heute?« erkundigte er sich leise.
Sie überlegte kurz, ob sie ihn anschwindeln sollte. »Einen G-String«, gab sie dann wahrheitsgemäß Auskunft. Sein Finger nahm die Wanderung wieder auf. »Ah, Strümpfe«, meinte er, als er einen Strumpfhalter berührte. Sie bewegten sich weiter nach oben und zeichneten dabei kleine Kreise auf den nackten Schenkelstreifen oberhalb des Strumpfes. Seine Zärtlichkeit war hypnotisierend und verführerisch. Meredith rutschte ein wenig auf ihrem Stuhl zurück. Um Cosimos Lippen spielte ein Lächeln. »Sind Sie nervös, Meredith?« Sie nickte. »Ein bißchen.« Er hob erstaunt die Brauen. »Wegen mir? Dafür besteht doch kein Anlaß.« »Ich kenne Sie kaum fünf Minuten, und schon examinieren Sie meine Unterwäsche«, gab sie mit heiserer Stimme zurück. »Wie sollte ich mich denn Ihrer Meinung nach dabei fühlen?« »Dessous«, korrigierte sie Alex in mokantem Tonfall. Meredith, die befürchtete, demnächst die Haltung zu verlieren, sah Alex an und bereitete sich auf einen Gegenangriff vor. Sein liebenswürdiges Lächeln nahm ihr jedoch allen Wind aus den Segeln. Vergiß nicht, weshalb du hier bist, ermahnte sie sich. Es geht um Arbeit und Vergnügen. Hör auf, das Blümchen Rührmichnichtan zu spielen! Anstatt Alex mit Blicken zu erdolchen, lächelte sie ihn an und wandte sich dann, weiterhin lächelnd, wieder Cosimo zu. »Verzeihen Sie«, sagte sie. »Ich habe einen harten Tag hinter mir.« Auf diese Bemerkung hin schlug sich Cosimo mit der Hand an die Stirn. »Santo delo! Wo bleiben meine Manieren? Ich habe Ihnen noch nicht einmal einen Drink angeboten.« Er erhob sich unverzüglich und steuerte auf einen Schrank am anderen Ende seines geräumigen Büros zu. Dem entnahm er einen Eiskübel mit einer Flasche Champagner darin und schickte sich an, eine schlanke Sektflöte mit der perlenden Flüssigkeit zu füllen. Vorher jedoch warf er Meredith, die Flasche Dom Perignon hochhaltend, einen fragenden Blick zu. »Champagner, ist das okay?« Meredith nickte begeistert. »Und für dich, Alex – auch Champagner? Ansonsten hätte ich noch einen vorzüglichen Malt Whisky.«
»Whisky, bitte«, sagte Alex und lehnte sich bequem in seinem Stuhl zurück. Cosimo reichte ihnen die Getränke und nahm dann wieder in dem hochlehnigen Ledersessel hinter seinem Schreibtisch Platz. Eine Weile nippten alle drei schweigend an ihren Drinks. Dann stand Cosimo noch einmal auf und holte den Eiskübel und die Whiskyflasche und stellte beides auf den Schreibtisch. »Bitte, bedient euch«, forderte er Alex und Meredith auf und machte dabei eine einladende Handbewegung. Er schenkte Meredith noch einmal nach, die erst das Glas mit der wohltemperierten, perlenden Flüssigkeit betrachtete und dann Cosimo. »Herrlich«, sagte sie und seufzte vor Wohlbehagen. »Ich liebe Champagner.« »Eine Frau wie Sie sollte sich nur die edelsten Dinge des Lebens gönnen«, bemerkte Cosimo. »Ich habe schon vor vielen Jahren gelernt, mich nur mit dem Besten zufriedenzugeben.« Meredith machte eine Pause, nippte an ihrem Champagner und dachte über Cosimos arrogante Bemerkung nach. Wie angenehm doch die andere Hälfte der Menschheit lebt, sinnierte sie und zog dabei in Gedanken ein schiefes Gesicht. »Wie lange arbeiten Sie schon als Herausgeber in dieser Branche?« fragte sie Cosimo. Er lächelte verbindlich. »Mein ganzes Leben, wie mir scheint«, sagte er. »Aber Spaß beiseite, ich bin schon eine ganze Weile im Zeitungsgeschäft tätig. Ich habe als kleiner Journalist in Mailand angefangen und mich langsam zu meiner jetzigen Position hochgearbeitet.« Mit einer ausholenden Armbewegung wies er auf sein in verschiedenen Blautönen gehaltenes Büro und den Blick über ganz London hin, den ihm die großen Panoramafenster boten. Typisch Italiener, wedelt beim Reden ständig mit den Händen herum, dachte Meredith und merkte, daß sie Schwierigkeiten hatte, Cosimo mit dem Wort ›klein‹ in Verbindung zu bringen. »Das muß aufregend sein«, murmelte sie und hob das Glas wieder an die Lippen Cosimo nickte. »Ja, das stimmt«, meinte er, »aber längst nicht so aufregend wie Sie.« Insgeheim bewunderte Meredith Cosimos Art, jede sich bietende Gelegenheit zu ergreifen, um ihr zu schmeicheln. Er besaß die Gabe,
ihre Worte so umzudrehen, daß sie als Kompliment verkleidet wieder an sie gerichtet waren – was sie irgendwie an seiner Ernsthaftigkeit zweifeln ließ. Da du den Kerl nicht heiraten willst, rief sich Meredith zur Räson, sollte dich das nicht tangieren. Am besten war es wohl, wenn sie freundlich nickte und seine Aufmerksamkeit genoß, solange er sie ihr gewährte. Sie lehnte sich bequem zurück und schlug die Beine übereinander. Das Sektglas zwischen den Fingerspitzen drehend, bedachte sie ihn mit einem provozierenden Blick und wartete darauf, daß er den nächsten Schritt tat. Cosimo füllte zunächst alle Gläser noch einmal nach und konzentrierte dann seine Aufmerksamkeit auf Meredith. »Würde es Ihnen etwas ausmachen, sich auszuziehen?« fragte er in die Stille hinein. Meredith verschluckte sich beinahe an ihrem Champagner. »Wie bitte?« Sie spürte ein Kribbeln in den Zehenspitzen, das sich wellenartig ihres ganzen Körpers bemächtigte. In seinen dunklen Augen, die wie Glasmurmeln schimmerten, konnte sie ihr Spiegelbild erkennen. »Ich habe Sie gefragt, ob Sie sich ausziehen würden«, wiederholte er freundlich, was sie aber keineswegs beruhigte. »Es würde mich interessieren, welche Art von Dessous Sie persönlich bevorzugen.« Er ignorierte Meredith’ verblüfften Blick und wandte sich an Alex. »Ich finde es immer sehr spannend«, fuhr er in beiläufigem Plauderton fort, »wie Designer sich selbst anziehen. Oft nämlich steht ihr Geschmack in krassem Widerspruch zu dem Stil, den sie für ihre Kunden entwerfen.« Obwohl sie seine Bitte sehr ungewöhnlich fand, mußte sie ihm beipflichten. Soweit sie beobachtet hatte, sahen die meisten Modedesigner aus wie Vogelscheuchen. In der Gewißheit, daß sie sich als Designerin von exklusiven Dessous mit ihrer eigenen Unterwäsche nicht blamierte, und erpicht darauf, ihn Farbe bekennen zu lassen, stand Meredith wortlos auf und begann ihre Jacke aufzuknöpfen. Ohne sich um die interessierten Blicke der beiden Männer zu kümmern, ließ sie die Jacke von den Schultern gleiten, hängte sie ordentlich über die Lehne ihres Stuhls und machte sich daran, den Reißverschluß des Rocks aufzuziehen. Als dieser sich um ihre Hüften bauschte, hielt sie inne. Was, zum Teufel, tat sie hier eigentlich?
»Bitte«, sagte Cosimo drängend. Er drehte sich um und zupfte ein paarmal an einer Kordel hinter ihm an der Wand, bis sich die Lamellenjalousien ganz geschlossen hatten. »Ist das besser so?« erkundigte er sich. »Jetzt kann Sie außer Alex und mir niemand sonst sehen.« Meredith zuckte mit den Schultern, eine Bewegung, die sie spüren ließ, wie ihre Brüste in den schwarzen Satinkörbchen ihres BHs auf und ab hüpften. Sie ließ den Rock bis zu den Knöcheln herabrutschen und bückte sich dann, um ihn aufzuheben. Dabei hörte sie die beiden Männer laut Luft holen. Sie hängte den Rock über die Kostümjacke und drehte sich dann, um äußere Gelassenheit bemüht, zu ihnen um. Sie schämte sich ihres Körpers nicht und stellte überrascht fest, daß sie die bewundernden Blicke der beiden Männer sogar genoß. »Wie Sie selbst sehen können«, begann sie in geschäftsmäßigem Ton, »ist dieses Modell sowohl ansprechend als auch bequem. Als Wäsche für jeden Tag unbedingt zu empfehlen.« »Wenn du das jeden Tag tragen würdest, kämen wir mit Sicherheit keine Sekunde zum Arbeiten«, bemerkte Alex und biß sich sogleich auf die Lippen, sichtlich betroffen über dieses Eingeständnis. Meredith war ebenfalls betroffen, aber positiv. Na, endlich, dachte sie. Jetzt habe ich die Gewißheit, daß Alex mich als reale Frau sieht und nicht nur als Figur in unserem Spiel. »Dessous trägt man unter der Kleidung«, warf sie ihm trocken hin. Doch ihr Lächeln verriet sie, wie sie merkte. Für einen Moment schien die Zeit stillzustehen, als Alex und Meredith einen intensiven Blick tauschten. Stumme Fragen, Antworten und Bestätigungen flogen, nur von ihren Augen übertragen, zwischen ihnen hin und her. Ehe Cosimo sich zu langweilen begann, unterbrach er ihre stillschweigende Verführungsszene. »Drehen Sie sich bitte um«, forderte er Meredith auf, die Zügel wieder in die Hand nehmend. Da sie wußte, daß jede ihrer folgenden Bewegungen Alex antörnen würde, kam sie seiner Aufforderung sogleich nach. Folgsam nahm sie diese oder jene Pose ein, ganz nach Cosimos Anweisungen. »Kommen Sie her«, sagte er unvermittelt und streckte die Hände nach ihr aus.
Meredith rückte einen Stuhl beiseite und ging zu ihm hin. Cosimo schob seinen Ledersessel zurück und bedeutete ihr, sich vor ihn hinzustellen, mit dem Rücken zum Schreibtisch. »Näher«, keuchte er verführerisch. »Kommen Sie näher.« Trotz ihres Vorsatzes, sich nicht den Schneid abkaufen zu lassen, merkte sie, daß sie innerlich zitterte, als sie sich an dem Schreibtisch vorbei in die Lücke zwischen seinen geöffneten Schenkeln schob. Als ihre Knie das kalte Leder seines Sessels streiften, blieb sie stehen. »Ist das nahe genug?« erkundigte sie sich forsch und blickte zu ihm herab. Von ihrem Standort aus erkannte sie die drahtige Struktur seines Haars, die den Anschein erweckte, als wollte es sich locken. Es war kohlrabenschwarz und nur mit wenigen Silberfäden durchzogen. Und dicht, so dicht, daß es keinen Millimeter Kopfhaut sehen ließ. Nicht einmal oben an der Schädeldecke, wo sich das Haar normalerweise als erstes zu lichten beginnt. »Sie haben tolles Haar«, sagte sie, indem sie die Hand ausstreckte und mit den Fingern hindurchstrich. Zu ihrer Überraschung fühlte es sich keineswegs drahtig an, sondern weich und elastisch. Cosimo schmunzelte. »Danke sehr«, sagte er, offensichtlich amüsiert über ihre Beobachtung. »Keine Frau hat mir je ein Kompliment über meine Haare gemacht. Gewöhnlich bewundern sie meine Augen oder meinen Mund oder – « Er hielt inne und schmunzelte abermals. Diesmal, bemerkte Meredith, wirkte sein Schmunzeln etwas befangen. Sie ließ ihre Brauen einen kleinen Satz nach oben machen. »Oder?« beharrte sie und schenkte ihm ein tückisches Lächeln. »Oder meinen Schwanz«, erklärte er, ohne ihrem herausfordernden Blick auszuweichen. »Man sagt, ich sei recht gut gebaut.« Meredith versuchte, ein Lachen zu unterdrücken, was ihr aber mißlang. War das nicht typisch, dachte sie bei sich. Wenn man ein bißchen nachbohrte, fand man bei jedem Mann einen wunden Punkt, und der saß gewöhnlich unterhalb des Nabels. »Hat man Ihnen nicht gesagt, daß es auf die Größe allein nicht ankommt?« fragte sie mit einem honigsüßen Lächeln. Um Cosimos Augen breiteten sich betörende Fältchen aus, als er ihr Lächeln erwiderte.
»Touché«, sagte er, »doch ich habe mich nicht gebrüstet, sondern nur eine Tatsache angeführt.« Meredith schürzte die Lippen, wußte aber, daß sich in ihren Augen Amüsiertheit ebenso wie erotisches Interesse spiegelten. »Wenn Sie nichts dagegen haben, würde ich gern das Material befühlen.« Ohne eine Antwort abzuwarten, streckte er die Hand aus und strich mit den Fingerspitzen leicht über die Körbchen ihres BHs. Meredith durchfuhr ein Schaudern. Seine Berührung hatte fraglos etwas Verführerisches, und der Champagner, den sie getrunken hatte, verfehlte keineswegs seine enthemmende Wirkung. Zum Teufel mit deiner guten Erziehung, dachte sie, als Cosimos Finger unverdrossen ihre Brüste streichelten. Nach einer Weile bewegten sich seinen Finger in Richtung ihres Strapsgürtels und weiter zum Vorderteil des G-Strings. Scheinbar voll Bewunderung für die feine Qualität des Satins, die sie für dieses Modell gewählt hatte, fuhr er mit den Fingern unter den seidigen Stoff und rieb ihn prüfend zwischen Daumen und Zeigefinger. Meredith’ Magen verkrampfte sich. Dieser G-String war ein Hauch von Nichts, bestehend aus einem winzigen Satindreieck, das ihren Schamhügel gerade eben bedeckte, und einem dünnen Elastikband, das in der Pofalte verschwand. Flammen der Erregung züngelten in ihr hoch, als seine Fingerrücken über ihre Schamhaare hinwegstrichen. Nur mit Mühe gelang es ihr, seinem Blick zu begegnen, als er zu ihr hochsah. Seine Finger inspizierten immer noch den Satin, doch jetzt bewegten sie sich seitlich hin und her und streichelten dabei unter dem Stoff ihren Schamhügel. Als sie dann Zentimeter für Zentimeter tiefer wanderten, seine Knöchel ihre äußeren Schamlippen berührten und teilten, entrang sich ihrer Kehle ein leises Stöhnen. Es war, als habe Cosimo einen magischen Knopf gedrückt. Ihr Körper reagierte bereitwillig auf die Berührung seiner Finger, indem er ihre Säfte strömen, die Schamlippen und die Klitoris anschwellen ließ und sie hochempfindlich machte. Meredith war enttäuscht, als er seine Hand zurückzog und an ihre Hüfte legte. Indem er nun auch die andere zu Hilfe nahm, folgte er den sinnlichen Kurven ihres Körpers, zeichnete sie mit federleichtem Druck nach, von den Achselhöhlen bis zu den Kniekehlen. Nach ein paar köstlichen Momenten fühlte Meredith sich total in seinen Bann gezogen.
»Drehen Sie sich um«, kommandierte er leise, »und beugen Sie sich vornüber.« Wie in Trance drehte Meredith sich um, beugte sich vor und stützte die Ellbogen auf die Schreibunterlage, die Hände wie zum Gebet gefaltet. Cosimos warmer Atem strich sanft an ihrem exponierten Hintern vorbei. Als er dann unverhofft an dem schmalen Elastikband zupfte, das längs durch ihre Pofalte lief, zuckte sie instinktiv zusammen. Das Band scheuerte an der empfindlichen Haut, und das schmale Satindreieck zwängte sich zwischen die Schamlippen. Sie wußte, daß ihre Feuchtigkeit den beiden Männern ins Auge springen mußte, da sich der cremefarbene Saft deutlich vor dem schwarzen Satin abzeichnete. Das dunkle Rosa ihres Geschlechts würde einen weiteren Kontrast bieten, dachte sie und stöhnte abermals, als Cosimo das seidige Material so arrangierte, daß es noch tiefer zwischen ihren Schamlippen klemmte. Dann begann er wieder behutsam an dem schmalen Stoff streifen zu zupfen, bewegte ihn vor und zurück, so daß er unbarmherzig an ihrer geschwollenen Klitoris und der empfindlichen Rosette ihres Anus rieb. Ihr intimstes Fleisch wurde auf sinnlichste Weise von dem seidigen Stoff liebkost, und Meredith errötete vor Scham, als sie gewahr wurde, daß Cosimo ihre Leidenschaft zum Glühen bringen konnte, ohne sie dabei direkt zu berühren. Kurzzeitig lenkte sie der Schmerz ab, den sie sich bereitete, indem sie die Fingernägel der einen Hand in die Handfläche der anderen bohrte. Sie versuchte sich zu beherrschen, sich ihm zu widersetzen. Gleichzeitig hörte sie sich heftig atmen und ergab sich schließlich, das Unvermeidliche akzeptierend, der süß-quälenden Lust, die sie wellenartig überschwemmte. Als ihr Orgasmus langsam ausklang, ließ sie sich erschöpft auf den Schreibtisch sinken, die glühende Stirn an das kühle Holz gepreßt. Sie fühlte sich so schlapp, daß sie keine Einwände erhob, als Cosimo ihr den G-String herunterzog. Er hob ihr eines Bein an, damit sie aus dem seidigen Nichts steigen konnte, und plazierte es dann so, daß ihre Beine weit gespreizt waren. Den Kopf immer noch über dem Schreibtisch gesenkt, nahm sie nur am Rande wahr, daß Alex irgendwo hinter ihr saß und ihren nackten Körper betrachtete. So nahe hatte er sie noch nie beobachtet, realisierte sie, und der Gedanke allein sandte erneut elektrische Blitze durch ihre
Adern. Und was war mit Cosimo, fragte sie sich. Waren seine Pläne, was ihren gehorsamen Körper betraf, rein sinnlicher oder eher erniedrigender Natur? Vielleicht war er ein Sadist. Sie schauderte und erglühte bei der Vorstellung, von ihm gefickt zu werden. Obgleich sie danach lechzte, von einem harten, zustoßenden Schwanz ausgefüllt zu werden, spürte sie, daß Cosimo ihr Verlangen nicht teilte. Seine Berührungen waren federleicht und sanft forschend. Als seine Finger ihr zitterndes Geschlecht betasteten, staunte sie anfangs über seine Selbstbeherrschung, doch schon bald verkehrte sich dieses Staunen in herbe Enttäuschung, da er nichts weiter tat, als sie zu liebkosen. Als ihr klar wurde, daß es an ihr lag, daran etwas zu ändern, begann sie aufreizend mit den Hüften zu kreisen. Die Hände flach auf den Tisch gestützt, richtete sie sich auf und warf Cosimo einen provozierenden Blick über die Schulter zu. Das lange blonde Haar, das ihr dabei ins Gesicht fiel, schüttelte sie mit einer Kopfbewegung zur Seite, bemüht, ihre Ungeduld nicht zu zeigen. »Würde es Ihnen nicht gefallen, mich von hinten zu nehmen?« fragte sie und wackelte dabei aufreizend mit den Hintern. Cosimo sah hoch und lächelte hintergründig. »Gewiß«, meinte er etwas rätselhaft. Von ihrem Erfolg ermutigt, drückte Meredith den Rücken durch und reckte ihm das Hinterteil entgegen. Zu ihrer Bestürzung wandte er brüsk das Gesicht von ihrem dargebotenen Körperteil ab und drehte sich zu Alex um. »Accidento, diese junge Dame scheint es nicht erwarten zu können, Alex!« rief er aus und wandte sich mit einem wölfischen Grinsen wieder Meredith zu. Sie zog entnervt die Stirn in Falten, worauf er ihr, wie zur Strafe, zwei Finger tief in die Möse schob. »Mistkerl!« zischte sie und genoß das Spielchen. Provokation wirkte auf sie immer wie ein Aufputschmittel. Sie rieb sich lüstern an seiner Hand, indes seine forschenden Finger ihr innerstes Fleisch liebkosten. Mühelos fand er ihre empfindsamste Stelle und massierte sie so lange, bis sie nach Luft zu japsen begann. Sie merkte, wie die Säfte aus ihr heraustropften und stöhnte laut auf, als eine Zunge an ihrem verlangenden Fleisch zu lecken begann.
»Oh. Oh, ja«, gurrte sie, spreizte die Beine weiter und nahm ihre Brüste in die Hand. Wie von Sinnen massierte sie ihre Brüste, ließ die Hüften kreisen und rieb ihr heißes Fleisch schamlos an Cosimos Mund und Lippen. Eine erneute Glutwelle jagte durch ihre Adern, als Cosimo mit den anderen Fingern ihre Schamlippen weit auseinanderzog. Die Finesse, mit der sie dabei ihre Klitoris berührten, ließ sie erschaudern. Einen Augenblick später ließ Cosimo seine Zunge über der empfindlichen Knospe ihrer Klitoris flattern und trieb sie damit immer höher auf den Gipfel der Ekstase. Meredith riß sich den BH herunter, packte ihre brennenden Nippel und rollte sie zwischen den Fingern. Sie waren so hart und geschwollen, als ob sie platzen wollten. Dann tauchte wie aus dem Nichts ein zweites Paar Hände auf und erbarmte sich ihrer verlangenden Brüste. Nahezu blind vor Begierde hob Meredith den Blick. Durch die feuchten Haarsträhnen hindurch, die ihr im Gesicht klebten, gewahrte sie Cosimos Sekretärin. Ihre Blicke trafen sich, doch der Ausdruck in den Augen der jungen Frau war unergründlich. Sie erweckte den Anschein, als sei sie nur ins Büro gekommen, um ein Diktat aufzunehmen. Meredith beobachtete, ihrem Blick ausweichend, wie die schlanken, weißen Hände ihre Brüste umfaßten. Sie veränderte ihre Haltung, stützte sich auf die Ellbogen, um der Frau leichteren Zugang zu ihren flammendheißen Brüsten zu gewähren. Die Frage, ob sie sie abwehren sollte, stellte sich Meredith gar nicht. Sie hatte sich dem fatalistischen Gefühl anheimgegeben, als ob alles, was in diesem Büro geschah, sich völlig ihrer Kontrolle entzöge. Alex hatte diese Szene zu ihrem beiderseitigen Vergnügen arrangiert, und sie war mehr als bereit, ihre Rolle in dieser Inszenierung zu Ende zu spielen.
12 Mit Cosimos Fingern in ihrem Innersten, seiner Zunge, die unermüdlich um ihre Klitoris kreiste, und den Händen der rothaarigen Sekretärin, die fieberhaft an ihren Nippeln zupften, wunderte es Meredith nicht, daß sie innerhalb von Sekunden zum Orgasmus kam. Es war auch kein normaler Orgasmus, den sie erlebte, sondern eine Explosion, die ihren Körper erschütterte wie ein Erdbeben. Als die Beben verebbt waren, hob Cosimo sie behutsam hoch und setzte sie in seinen Stuhl. Das warme Leder schmiegte sich angenehm an ihren Hintern und die nackten Schenkel. Mit einem Seufzer ließ Meredith sich tiefer in den gepolsterten Sessel sinken. Das einzige, was sie im Augenblick wahrnahm, war der Schweiß, der auf ihrer Haut trocknete, und das erhitzte Fleisch, das immer noch zwischen ihren geöffneten Schenkeln pulsierte. Auf einen Wink von Cosimo hin füllte die Rothaarige Meredith’ Champagnerglas nach und reichte es ihr. Sie sprach kein Wort, weder zu den beiden Männern noch zu Meredith, aber ihre Augen übermittelten eine Botschaft, die Meredith wegen ihrer Erschöpfung nicht entziffern konnte. Cosimo ging neben Meredith in die Hocke, umfaßte zärtlich ihr Kinn und drehte ihr Gesicht zu sich herum, so daß sie ihm genau in die Augen blickte. »Alex wird uns jetzt verlassen, Meredith«, erklärte er ihr. Er sprach langsam und betonte jedes einzelne Wort, als spräche er zu einem Kind. »Er wird in ein anderes Zimmer gehen, von wo aus er uns auf einem Monitor beobachten kann.« Er deutete auf die kleinen, röhrenförmigen Kameras, die ringsum an den Wänden unterhalb der Zimmerdecke angebracht waren. Meredith’ Augen folgten seinem Zeigefinger, als sei sie mit diesem durch einen unsichtbaren Faden verbunden. »Meredith, Sie haben mich doch verstanden?« fragte er nachdrücklich. Langsam, als bewegte sie sich unter Wasser, nickte Meredith. Sie versuchte ein Lächeln, doch ihre Lippen versagten ihr den Dienst.
Nachdem sie sich mit einem Schluck Champagner die Kehle befeuchtet hatte, erwiderte sie leise: »Ja, ich habe Sie verstanden.« Obwohl sie so erledigt war, beschleunigte sich ihr Puls, als Alex sich über sie beugte und ihr einen Kuß auf die Stirn hauchte. »Hab’ keine Angst«, flüsterte er ihr zu. »Du kannst Cosimo vertrauen. Genieße einfach, was als nächstes passiert, ja? Versprochen?« Sie schenkte ihm ein flüchtiges Lächeln. »Versprochen.« Alex verließ das Büro durch eine andere Tür als die, durch die sie hereingekommen waren, und allmählich spürte Meredith, daß ihre Lebensgeister wieder erwachten. Sie nippte an ihrem Champagner und fragte sich, wie wohl der nächste Programmpunkt aussehen mochte. Lange mußte sie nicht auf die Antwort warten. Sobald Alex den Raum verlassen hatte, zog Cosimo die rechte Schublade seines Schreibtischs auf, worin sich ein Switchboard befand. Als er auf einen der Knöpfe drückte, glitt das große Bücherregal an der gegenüberliegenden Wand lautlos zur Seite und enthüllte einen dahinterliegenden Raum. Meredith reckte neugierig den Kopf, mußte aber feststellen, daß das Zimmer größtenteils im Dunkeln lag. Alles, was sie ausmachen konnte, war ein großes, mit mitternachtsblauer Satinwäsche bezogenes Bett. »Mein zweites Zuhause«, erläuterte Cosimo. »Ich arbeite oft sehr lange – zu lange, wenn Sie Nadine hier fragen.« Er unterbrach sich und warf seiner Sekretärin ein einfältiges Grinsen zu. »Und dann schlafe ich dort drüben.« Ich wette, das ist nicht alles, was du auf diesen Satinlaken treibst, dachte Meredith. Das Blut in ihren Adern begann schon wieder zu prickeln. Als sie sich klarmachte, daß Cosimo auch jetzt nicht beabsichtigte, dieses Bett zum Schlafen zu nutzen, begannen die Flammen der Leidenschaft sich züngelnd in ihrem ganzen Körper auszubreiten. »Ich nehme an, Sie und ich – «, begann sie mit einem Blick auf das Bett und dann auf Cosimo. Doch Cosimo enttäuschte sie, indem er den Kopf schüttelte. Um seine Lippen spielte dabei ein geheimnisvolles Lächeln. »Dann ich und Nadine?« versuchte sie es weiter. Sie ließ den Blick zu Cosimos Sekretärin wandern und ertappte sich bei der Überlegung, wie sich ihre weiße Alabasterhaut wohl anfühlen mochte. Verbarg sich hinter dieser professionellen Fassade das Herz einer Sirene?
Wieder ein Fehlschlag. Cosimo schüttelte abermals den Kopf. Meredith verlor allmählich die Geduld. »Dann kann ich mich ja wieder anziehen«, meinte sie pikiert und schickte sich an aufzustehen. »Du meine Güte, sind Sie ungeduldig, Meredith!« versetzte Cosimo tadelnd und legte ihr zärtlich, aber bestimmt eine Hand auf die Schulter. »Aber ich schätze Ihren Enthusiasmus. Der macht das Spiel um so interessanter.« Meredith betrachtete, in den butterweichen Ledersessel zurücksinkend, Cosimo mit einem nachdenklichen Blick. »Hat Alex Ihnen etwas über unser Spiel erzählt?« fragte sie. »Gewiß«, entgegnete Cosimo. Er lehnte sich an den Schreibtisch und griff nach seinem Whiskyglas. Eine Weile nippten beide schweigend an ihren Getränken. Dann stellte Cosimo ohne Vorwarnung sein Glas ab und griff in die offene Schublade. Diesmal brachte er einen langen Seidenschal zum Vorschein. Mit diesem spielte er ein bißchen herum, ließ ihn ein paarmal durch die Hand gleiten und drehte die himmelblaue Seide dabei zu einem schmalen Stoffstreifen zusammen. Mit einemmal wußte Meredith, was er damit vorhatte: Sie fesseln – möglicherweise die Handgelenke? »Mit Fesseln habe ich nichts am Hut«, platzte sie heraus, als er näher rückte. Um keinen Zweifel an ihrer Aussage aufkommen zu lassen, setzte sie sich auf ihre Hände. Aber Cosimo und Nadine lachten sie nur aus. »Ich habe vor, Ihnen die Augen zu verbinden, Meredith, nicht, Sie zu fesseln«, erklärte Cosimo und sprach dabei wieder wie zu einem kleinen Kind. Meredith wollte klarstellen, daß sie nicht blöd sei und genau wisse, was er vorhabe, merkte aber, daß ein Gegenangriff aussichtslos war. Sie hatte seine Absichten falsch verstanden. Doch die Vorstellung, die Augen verbunden zu bekommen, anstatt gefesselt zu werden, war nicht dazu angetan, ihre Bedenken zu zerstreuen. Sie schüttelte langsam den Kopf. »Ich bin mir nicht sicher, ob – « Cosimo legte einen Finger an ihre Lippen, um sie zum Schweigen zu bringen. »Bitte, hören Sie auf, sich gegen mich zu wehren«, sagte er
liebenswürdig. »Erinnern Sie sich lieber, wie Sie sich gerade eben gefühlt haben, als Sie sich schließlich meinem Willen beugten.« Meredith lief es heiß und kalt über den Rücken, als sie daran dachte. Ihr Schweigen als Einverständnis deutend, legte Cosimo ihr den Schal über die Augen. Nadine hob ihr das Haar im Nacken hoch, damit Cosimo die Augenbinde mit einem Knoten fixieren konnte. »Alles klar, cara mia«, schmeichelte er und streichelte ihr dabei über Gesicht und Schultern. »Es wird dir gefallen, das verspreche ich dir.« »Ich nehme dich beim Wort«, versetzte Meredith ungnädig. Sie stand bereits wieder unter Hochspannung, doch Cosimos Zärtlichkeiten übten einen beruhigenden Effekt auf ihre sensiblen Nerven aus. Cosimo und Nadine halfen ihr aus dem Stuhl und geleiteten sie quer durch den Raum. Da kam Meredith plötzlich ein ganz neuer Gedanke. »Wenn weder du mir all diese versprochenen Freuden bereiten wirst noch Nadine – wer – « »Pst«, machte Cosimo. »So viele Fragen, Meredith. Warum entspannst du dich nicht einfach und vertraust uns? Alex weiß, was ich mit dir vorhabe – und wer dabeisein wird. Er hat sie persönlich ausgesucht. Du weißt doch, daß er niemandem gestatten würde, deinen königlichen Körper zu genießen, der nicht – wie soll ich sagen? – von ansprechender Gestalt wäre.« Meredith verfiel in Schweigen. Der Plural, den Cosimo verwendet hatte, als er von ihren unbekannten Liebhabern sprach, spukte ihr unaufhörlich durch den Sinn. Sie hatte geglaubt, daß es sich nur um eine Person handeln würde. Noch konnte sie es kaum fassen, daß Alex sich solche Mühe gemacht hatte, dieses kleine Szenario für sie zu arrangieren. Kein Wunder, daß er einige Tage gebraucht hatte, bis er sich wieder mit ihr in Verbindung setzte. »Okay«, fügte sie sich achselzuckend. »Ich vertraue dir und Alex.« Meredith kam es so vor, als liege sie schon seit Stunden in dem stillen, dunklen Raum. Ab und zu kam Nadine herein, half ihr, sich aufzusetzen und einen Schluck Champagner zu trinken. Nur einmal kam Cosimo zu ihr, setzte sich neben sie aufs Bett und entschuldigte sich für die Verzögerung.
»So war das nicht geplant«, sagte er, sichtlich befremdet. »Wahrscheinlich ist auf den Straßen die Hölle los.« Unerklärlicherweise fing Meredith an zu kichern. Sie hatte viel zuviel Champagner getrunken und sah plötzlich nur noch gesichtslose Männer vor sich, die sich verzweifelt durch den Londoner Verkehr zu ihr vorkämpften. »Ich hoffe nur, daß sie der Ansicht sind, daß ich die Strapazen auch wert bin«, überlegte sie laut. Zu ihrer Verblüffung spürte sie Cosimos Mund auf dem ihren. Seine Zunge zwängte sich durch ihre Lippen und erkundete kitzelnd ihren Gaumen. Meredith bebte noch immer unter seinem Kuß, als er ihr seinen Mund schon längst wieder entzogen hatte. »Natürlich sind sie das – wer wäre das nicht?« gab er schroff zurück. »Ah, per amove di Dio! Solch verlockende Brüste, diese exquisite Pussy, so weich, so wohlduftend, sie werden sich als die glücklichsten Männer und Frauen auf Erden preisen.« Während er sprach, berührte er die besagten Körperteile, streichelte ihre Brüste und entzündete mit vibrierenden Fingerspitzen das Verlangen zwischen ihren Schenkeln. »Männer und Frauen?« wiederholte Meredith heiser, die sich, hell entbrannt vor Lust, unter seinen Berührungen krümmte. »Siehst du«, meinte Cosimo hörbar zufrieden, »das ist schon viel besser, nicht wahr?« Er teilte behutsam ihre Schamlippen und begann ihre Klitoris zu stimulieren. »O ja«, keuchte Meredith. Sie fühlte sich wie in einer Rakete himmlischen Wonnen entgegenrasen. »Das ist viel besser.« Ihr rasanter Höhenflug wurde durch das Eintreffen von Cosimos Gästen jäh unterbrochen. Aus dem Vorzimmer drangen vier verschiedene Stimmen an ihr Ohr – zwei weibliche und zwei männliche. Die Ankömmlinge sprachen alle Italienisch, und als Nadine sie in ihrer Muttersprache begrüßte, klang das melodische Stimmengewirr wie eine Operette. Einen Augenblick später verließ Cosimo sie, und kurz darauf hörte sie ihn in den Singsang einstimmen. Meredith lag auf dem Bett, allein gelassen und glühend vor Verlangen. Dank Cosimos kunstgerechter Einstimmung ihres Körpers fieberte sie dem Erscheinen ihrer ›Liebhaber‹ nun ungeduldig entgegen. Kurz darauf spürte sie auch deren Anwesenheit. Die gedämpften Stimmen in ihrer Nähe verrieten ihr, daß sie ihren Körper begutachte-
ten, den nur noch der schwarze BH, die Nylons und der Strapsgürtel verhüllten; den G-String trug sie schon lange nicht mehr. Ihrer Sicht beraubt, spürte Meredith ganz deutlich, daß ihre übrigen Sinne jetzt um so präziser arbeiteten. Das Nachgeben der Matratze, die vielfältigen Berührungen von Kleidungsstücken, langen Haaren und warmen Atembrisen, die sie auf ihrer Haut spürte, sagten ihr, daß alle vier Personen sich um sie herum gruppiert hatten. Die Kombination der Parfüms und herben Aftershaves war intensiv, aber nicht unangenehm, und Meredith hörte sich leise aufstöhnen, als unsichtbare Hände die Körbchen ihres BHs herabzogen. »Bella«, lautete die einstimme Resonanz auf die Enthüllung ihrer Brüste. »Bellissima!« Gierige Hände bemächtigten sich nun ihres Körpers, die weiblichen darunter leicht zu unterscheiden an den langen Nägeln und den sanfteren Berührungen. Diese Hände waren überall, strichen über ihr Haar, das Gesicht, die Schultern, den Oberkörper… sie schlossen sich um ihre Brüste und zeichneten die Konturen ihrer Beine nach. Enttäuscht registrierte Meredith, daß keine dieser Hände ihr Geschlecht berührte. Noch nicht. Als dann ein Fingerpaar zum erstenmal ganz sacht über ihre Schamlippen strich, reckte sie diesen schmetterlingsgleichen Fingern verlangend die Hüften entgegen. Cosimo hatte ihren Körper bestens präpariert, dachte sie bei sich, und die vielen unsichtbaren Hände und Augen, die sich an ihr ergötzten, taten ein übriges, um ihre Begierde noch mehr anzustacheln. »Ja«, schrie sie ermutigend. »Ja, streichelt mich. Leckt mich. Ja, laßt mich kommen.« In dem Augenblick, als Finger sich in den feuchten, verlangenden Tunnel ihrer Vagina schoben, spürte sie weiche, weibliche Lippen auf ihrem Gesicht. Ein süßer Moschusduft drang in ihre Nase, und als sie diesem blindlings die Zunge entgegenstreckte, berührte sie die köstlichen Blütenblätter einer Möse. Gierig leckte sie daran, indes ihre Hüften mit dem Rhythmus der lockenden, stoßenden Finger in ihrem Innersten auf und nieder schnellten. Eine Zunge an ihrer Klitoris entlockte ihr einen spitzen Schrei, an dem sie sich beinahe verschluckte. Ihr Mund war voll von duftendem, lüsternem Fleisch, und ihre blind um sich greifenden Hän-
de bekamen weiche Hinterbacken und – als Kontrast dazu – einen harten Schwanz zu fassen. Der Besitzer dieser Männlichkeit versuchte sich ihr zu entziehen. »Hier geht es nur um Ihr Vergnügen, Gnädigste, nicht um das unsrige«, sagte eine tiefe Stimme. Es entstand eine Pause, dann fuhr dieselbe Stimme fort: »Maria, du bist mir vielleicht ein schamloses Luder, deine Pussi derart aufreizend feilzubieten.« »Aber nicht doch«, verwahrte sich Meredith keuchend. »Mir gefällt das. Mit euch beiden. Das macht mich unheimlich scharf.« Sie packte den Schwanz fester und hörte mit Befriedigung den Mann aufstöhnen. »Nun, wenn Sie das so möchten«, gab er mit dunkler Stimme zurück. Meredith hoffte, daß die Art, wie sie diese harte Rute massierte, Beweis genug war für ihre Absichten. Über ihrem Gesicht zuckte Maria unter den Vorboten ihres Orgasmus. Ein Schauder erschütterte ihren Körper, und ihre Klitoris stupste vehement an Meredith’ Zunge, benutzte ihren Mund, um sich zum Höhepunkt zu verhelfen. Einen Moment später wurde Meredith mit einem warmen, klebrigen Schwall belohnt, der ihre Hand umfloß, und einem süßen Saft, der ihren Mund füllte. Zwei auf einen Streich, dachte sie entzückt und leckte sich die honigartigen Tropfen von den Lippen. Nachdem sie zwei Leuten gleichzeitig zu ihrem Glück verholfen hatte, nahm sich Meredith nun die Freiheit, in den Sinnenrausch ihres eigenen Höhepunktes einzutauchen. Willig überließ sie sich den lokkend-marternden Zärtlichkeiten, die keinen Teil ihres Körpers vernachlässigten, bis ein überwältigender Orgasmus das Feuer zwischen ihren Schenkeln löschte und ihr einen dankbaren Lustschrei entriß. Dieser Abend war einzigartig. Verloren in der dunklen Welt ihrer Sinnlichkeit, erlebte Meredith das bisher unbekannte Vergnügen, vier Liebhaber gleichzeitig zu haben. Zartfühlende, weibliche Finger und Hände streichelten sie dort, wo eben noch starke Männerhände am Werk gewesen waren, nur die Zungen, die den Weg in ihren feuchten Tunnel fanden, die vermochte sie nicht als männliche oder weibliche zu identifizieren. Die erwiesenen Zärtlichkeiten schienen kein Ende zu nehmen, und das wollte sie auch gar nicht. Irgendwann schrie sie laut heraus, daß sie gefickt werden wolle. Ein Fick war das einzige, was ihr bisher noch nicht beschert worden war,
und jetzt war der Zeitpunkt gekommen, da es sie verzweifelt danach verlangte. »Mit Vergnügen, wenn du erlaubst, Meredith«, hörte sie eine vertraute Stimme schließlich an ihrem Ohr. »Oh, ja, Cosimo. Von dir lasse ich mich gern vögeln«, keuchte sie. Nach und nach zogen sich alle Hände von ihrem Körper zurück, und sie wurde auf den Bauch gedreht. Kräftige Hände strichen über ihre Schultern, und eine Zunge folgte mit flatternden Bewegungen den kleinen Erhebungen entlang ihrer Wirbelsäule. Auf der Kuppe ihrer Hinterbacken hielt sie inne, worauf Meredith automatisch das Becken hob und ihrem unsichtbaren Liebhaber lüstern entgegenreckte. »Jetzt, jetzt!« drängte sie und bog den Rücken so weit durch, daß ihr Hinterteil senkrecht in die Höhe wies. Sie begann, die Hüften kreisen zu lassen, und spürte mit einem dankbaren Seufzer, daß diese starken Hände ihre Hinterbacken umfaßten. Die gespreizten Finger massierten ihr Fleisch, und einen Augenblick später drängte sich Cosimos Eichel zwischen ihre Schamlippen. Er packte sie an den Hüften, drückte sie auf die Knie und rammte seinen Schwanz bis zur Wurzel in ihre gierige Feuchtigkeit. Die Satinlaken, in denen Meredith das Gesicht vergraben hatte, dämpften ihre Lustschreie. Kurz darauf, als Cosimo bewegungslos in ihr verharrte, gelang es ihr, den Oberkörper aufzurichten und ihr Gewicht auf die Unterarme zu stützen. Dann begann er sich mit langsamen, kalkulierten Stößen in ihr zu bewegen und bereitete ihr alle nur erdenklichen Genüsse. Nach und nach paßte sie sich seinem Rhythmus an und rieb ihr Becken an seinem. Sie spürte, wie seine Hoden gegen ihre Oberschenkel klatschten und sein Schwanz ihr heißes Fleisch dehnte und massierte. Je schneller seine Stöße wurden, desto tiefer bohrten sich seine Finger in ihre Hüften. Meredith’ Atem kam keuchend und unregelmäßig. Perlende Schweißtropfen rannen durch die Furche zwischen ihren Brüsten, und sie senkte den Oberkörper ein wenig, so daß die steifen Nippel sich an den Satinlaken reiben konnten. Meredith aalte sich wollüstig in der Glut ihrer Begierde, und obwohl sie merkte, daß Cosimo sich ihr zuliebe zurückhielt, konnte und wollte sie nichts dagegen unternehmen, daß ein Orgasmus nach dem anderen über sie hereinbrach.
Als schließlich ihre innersten Muskeln sich zum x-ten Mal um seinen harten Schaft spannten, hörte sie ihn laut aufstöhnen. Er warf sich gegen sie, und nach einigen weiteren langsamen, tiefen Stößen zog er sich aus ihr zurück. Sekunden später spürte sie seine Hand auf ihrer Schulter und seine Lippen an ihrer Wange. »Genug?« raunte er ihr ins Ohr. Meredith ließ sich, Gesicht voraus, auf die Laken fallen und lächelte wie ein sattes Baby. »Genug«, bestätigte sie. Meredith, die jeden Sinn für Zeit und Raum verloren hatte, stellte überrascht fest, daß der violette Lichtstreif am Horizont bereits die Morgendämmerung ankündigte. Sie hing wie eine Klette an Alex’ Arm und hatte den Eindruck, jede Unterstützung von seiner Seite aus dringend zu benötigen. Sie fühlte sich wie gerädert, ihre Beine waren bleischwer und trugen sie gerade noch bis zu dem wartenden Taxi, in das Alex sie hineinmanövrierte. Alex richtete erst das Wort an sie, als der Fahrer vom Gehsteig wieder in die Straße eingebogen war. »Bist du in Ordnung?« Meredith nickte, dankbar für sein Mitgefühl. Sie konnte sich bis jetzt des Eindrucks nicht erwehren, daß sie ihm gegenüber einen Schritt zu weit gegangen war. Konnte er sie überhaupt noch akzeptieren, nach allem, was in Cosimos Büro passiert war? Ihre Gefühle befanden sich in hellem Aufruhr. Einerseits fühlte sie sich mißbraucht, andererseits befand sie sich in einer Hochstimmung. Nur Alex’ Urteil über ihre Exzesse würde ihr die ersehnte Absolution bringen. Gleichgültig, wie oft sie sich ins Gedächtnis rief, daß alles Geschehene von Alex arrangiert worden war, konnte sie sich doch nicht des Gefühls erwehren, Alex betrogen zu haben – und vielleicht auch sich selbst. Sie mußte ihren ganzen Mut zusammennehmen, um ihn anzuschauen. Obwohl sie nur sein Profil sah, erkannte sie, daß sein Gesicht völlig ausdruckslos war. »Alex?« begann sie ängstlich.
Als er sich zu ihr umdrehte, stellte sie erleichtert fest, daß sein Blick warm und freundlich auf ihrem Gesicht ruhte. »Bitte, sprich es gar nicht erst aus«, flüsterte er und berührte mit der Hand zärtlich ihr Gesicht. Seine Finger zeichneten die Konturen ihrer Wange nach, und als er die Hand flach an die Seite ihres Gesichts legte, wagte es Meredith, sich entspannt dagegen zu lehnen. Wie eine Katze rieb sie sich an seiner Hand, was sich so angenehm anfühlte, daß sie am liebsten zu schnurren begonnen hätte. Alex beugte sich zu ihr und strich ihr mit den Lippen eine feine Haarsträhne aus der Stirn. Seine Lippen auf ihrer fiebernden Haut fühlten sich angenehm kühl und trocken an. Dann lehnte er sich wieder zurück, ließ seine Hand aber an ihrem Gesicht. Seine Fingerspitzen gruben sich in ihr Haar, tasteten sich zu den Haarwurzeln vor und begannen, ihre Kopfhaut zu massieren. So legten sie die Rückfahrt zu ihren Wohnungen zurück. Keiner von ihnen sprach ein Wort – dem einen genügte es, Zärtlichkeiten zu geben, die andere nahm sie zufrieden an. Unter schweren Lidern starrten sie durch die Wagenfenster und beobachteten, wie die Morgendämmerung über Londons Straßen anbrach, die sich bereits zu beleben begannen. Als sie sich voneinander verabschiedeten, spürte Meredith einen scharfen Stich im Magen. Es war der Stich der Enttäuschung. Sicherlich, sie waren beide hundemüde, aber war das ein Grund, den Zauber zu brechen, der sie beide umfing? Oder entsprang das starke Gefühl von Nähe, das sie umfing, nur ihrer Fantasie, fragte sie sich ernsthaft. Begehrte sie ihn so heftig, daß sie seine Worte und Gesten falsch interpretierte? »Also, Meredith«, sagte er leichthin. »Wieder einmal ist es soweit, daß sich unsere Wege trennen.« Er kniff sie freundschaftlich ins Kinn und sprach mit einem amerikanischen Akzent, als er hinzufügte: »Du bist mir vielleicht ein Früchtchen.« »Ja, nicht wahr?« gab sie keck zurück. Im stillen hoffte sie, daß ihre selbstsichere Lässigkeit über die wahren Gefühle hinwegtäuschte, die sich, da war sie ganz sicher, in jedem ihrer Gesichtszüge spiegelten. Bring mich ins Bett, hatte sie eigentlich sagen wollen. Laß uns den ganzen Tag nichts anderes tun als uns lieben.
Alex’ Blick auf die Armbanduhr beraubte sie jeglicher Hoffnung. »Ich habe gerade noch Zeit für eine Dusche und eine Tasse Kaffee, dann muß ich ans Set«, sagte er. »Ach, du Ärmster«, meinte Meredith mitleidig und merkte erst jetzt, wie egoistisch ihre Gedanken gewesen waren. Sie mußte sich ins Gedächtnis rufen, daß Alex ein Leben führte, das sie nicht mit einschloß. »Ist das weit weg von hier?« Er nannte ihr eine Adresse im Süden der Stadt, von der sie noch nie gehört hatte. »Eine stillgelegte Tankstelle«, fügte er hinzu und erklärte ihr kurz, womit er sein Geld verdiente. Meredith saugte diese Informationen gierig auf. Es war das erstemal, daß er sich ihr gegenüber geöffnet und ihr etwas über sich erzählt hatte. Ein kleiner Schritt, überlegte sie, aber ein riesiger Erfolg für sie. Sie lächelte. »Dann will ich dich nicht länger aufhalten.« Ein paar Augenblicke lang standen sie verlegen auf dem Gehsteig, so als ob keiner der erste sein wollte, der den Abschied vollzog. Schließlich jedoch beugte sich Alex vor und küßte sie flüchtig auf die Wange. »Bis bald, Meredith«, sagte er. »Ja«, erwiderte sie, unfähig, das Verlangen in ihrer Stimme zu verbergen. »Bis bald, Alex.« Oben in seiner Wohnung verschloß Alex seine Tür vor der Außenwelt und ließ sich erschöpft dagegen sinken. Ihm war, als habe er keinen einzigen Funken Energie mehr im Leib. Es hatte ihn seine letzten Kraftreserven gekostet, sich Meredith gegenüber so kühl zu geben. Sie dort unten auf dem Treidelpfad zu verabschieden war ihn so hart angekommen, als hätte er sich ein Bein ausgerissen – und das war für einen Tänzer wohl das Ärgste. Trotz seiner Erschöpfung mußte Alex beim Gedanken an dieses Bild schmunzeln. Du wirst ganz schön bescheuert auf deine alten Tage, schalt er sich. Er holte tief Luft und ging ins Badezimmer. Glaubst du denn wirklich, daß so ein fantastisches Mädchen wie Meredith ein tieferes Interesse an dir hegt? Warum nicht, hielt seine innere Stimme dagegen. Aber er wußte bereits, warum nicht. Aus dem einfachen
Grund, weil Meredith so völlig anders war als die Frauen, die er bisher kennengelernt hatte. Sie war ein wunderschönes, sexuell höchst anspruchsvolles Rätsel. Sie gestattete ihm nur deshalb, die Formen und das Tempo ihres Spiels zu bestimmen, weil es ihr gefiel. Weil es ihre Bedürfnisse befriedigte. Hätten sie sich unter anderen Umständen kennengelernt, hätte sie ihn keines zweiten Blickes gewürdigt. Davon war Alex überzeugt. Unter der Dusche nahm er sich die Freiheit, im Geist noch einmal die Szenen des vergangenen Abends durchzuspielen. Alles hatte vorzüglich geklappt. Viel besser, als er zu hoffen gewagt hatte. Das war zum größten Teil Meredith’ Verdienst gewesen. Wie viele Frauen waren in der Lage, ihre Sexualität so offen und freimütig zu leben – sich mit so unverhohlenem Stolz an ihrem eigenen Körper zu ergötzen? Alex wunderte sich auch nicht, daß er gleich wieder einen Ständer bekam, als er noch einmal rekapitulierte, wie Meredith’ Körper unter Cosimos sachkundigen Berührungen erblüht war. Das war ein Anblick gewesen, den er so schnell nicht vergessen würde, und er hatte sich schwer am Riemen reißen müssen, seine Finger von ihr zu lassen. Immer wieder hatte er sich ins Gedächtnis rufen müssen, daß seine Rolle in diesem Spiel die des Voyeurs war, nicht des Beteiligten. Was ihn aber nicht davon abgehalten hatte, sich im stillen in Cosimos Rolle zu versetzen und sich vorzustellen, daß es seine Finger und sein Schwanz waren, die in ihre einladende Pforte eindrangen. Unter den Kaskaden heißen Wassers, die ihm über die Schultern flossen, erging er sich in seinen Fantasien. Die warmen Wassertropfen, die von seinem steifen Schwanz abperlten, steigerten seine Erregung. In seiner Vorstellung kam die warme Feuchtigkeit, die ihn umhüllte, direkt aus den Tiefen von Meredith’ Körper. Er drehte am Duschkopf, um die Stärke des Wasserstrahls zu verändern, und stellte sich dann so in Position, daß der pulsierende Massagestrahl genau auf seinen Schwanz traf. Er nahm ihn in die Hand und begann ihn unter den pulsierenden Wasserstrahlen zu reiben… »Um Himmels willen, Alex, du siehst ja aus, als wenn du unter eine Straßenwalze geraten wärst!« rief ihm Regina zur Begrüßung entgegen, als er eine Stunde später am Set erschien. »Die Frage, was du letzte Nacht getrieben hast, erübrigt sich da wohl.« »Du hättest es ohnehin nie erraten«, konterte Alex.
Regina musterte ihn mit einem sichtlich ungläubigen Blick. »Und wann treffen wir uns wieder, Alex?« »Jetzt jedenfalls nicht, Regina«, murmelte er. »Wir haben eine Menge Arbeit.« »Okay«, knurrte sie und drehte ihm abrupt den Rücken zu. »Dann eben nicht.« Als Alex der jungen Schwarzen hinterhersah, wie sie, die vollen Hüften wütend unter dem giftgrünen Lycra-Anzug schwenkend, davonstolzierte, stieß er einen entnervten Seufzer aus. Das hat mir gerade noch gefehlt! dachte er und ärgerte sich, daß es ihr gelungen war, bei ihm eine Art von Schuldbewußtsein auszulösen. Es war ja keineswegs so gewesen, daß er ihr die Ehe versprochen hätte. Er hatte schließlich nur einmal mit ihr geschlafen. Gleich darauf erschien Lisa Blair am Drehort, was ihn einen weiteren Seufzer kostete. Er hatte sie heute nicht am Set erwartet, und allein ihr forscher Schritt sagte ihm, daß sie in Kampflaune war und keine Gefangenen machen würde. Auch das noch! Er spürte, wie seine Laune endgültig in den Keller rutschte. Gleich zwei Frauen auf einmal am Hals! Erst die erstickende Mittagshitze schaffte es, Meredith aus dem Schlaf zu locken. Obwohl ihre Gedanken unaufhörlich um die Geschehnisse des vergangenen Abends und ihre Verwirrung, was Alex betraf, gekreist waren, war es ihr gelungen, sofort in einen tiefen und erholsamen Schlaf zu fallen. Jetzt, sieben Stunden später, erwachte sie unter feuchten Laken, die wie eine zweite Haut an ihrem verschwitzten Körper klebten. »Verflucht noch mal«, keuchte sie, kaum daß sie die Augen aufgeschlagen hatte. »Was ist denn das für eine Affenhitze?« Mit einem Satz war sie aus dem Bett, riß das Fenster auf, um frische Luft hereinzulassen, und taumelte dann ins Badezimmer und direkt unter die Dusche. Auf dem anschließenden Weg in die Küche, splitternackt, wie sie war, erinnerte sie sich, daß sie im Traum Alex verführt hatte. Den Kopf an den Hängeschrank über der Anrichte gelehnt, wartete sie darauf, daß der Wasserkessel kochte, und versuchte dabei, sich den Traum noch einmal zu vergegenwärtigen. Einige Szenen blieben zwar verschwommen, doch der Kernpunkt war ganz klar: ihr entschlossenes Vorgehen.
Du bist bis jetzt viel zu unterwürfig gewesen, dachte sie bei sich. Vielleicht mochte das Alex nicht bei einer Frau. Das anfänglich nach allen Seiten hin offene Spiel hatte seinen Charakter rasch verändert. Meredith, hör endlich auf, dich wie eine Schachfigur bewegen zu lassen, ermahnte sie sich eindringlich. Wenn du jetzt nicht die Führung übernimmst, wirst du deine Chancen bei ihm bald verspielt haben. Als Alex wieder in seine Wohnung zurückgekehrt war, ging er als erstes zum Fenster und spähte hinüber zu Meredith’ Wohnung. Da sie nicht an ihrem Arbeitstisch saß, konnte er nicht erkennen, ob sie zu Hause war oder nicht. Enttäuscht entschloß er sich, ein Nickerchen zu machen. Er hatte einen grauenvollen Tag hinter sich, und zu allem Überfluß war es ihm nicht gelungen, Regina abzuwimmeln, als sie sich für den späteren Abend zu ihm in die Wohnung eingeladen hatte. Ein schneller Drink, und dann ist sie wieder draußen, entschied er und streckte sich in voller Kleidung auf seinem Bett aus. Keine Späßchen und mit Sicherheit keine Vögelei. Ein Drink, und das war’s denn auch. Meredith kam sich vor wie Mata Hari, die Spionin. Als Alex ans Fenster getreten war, hatte sie sich ganz flach an die Wand gedrückt, damit er sie nicht sehen konnte. In dem Glauben, daß er genauso fertig sein mußte wie sie und früher mit der Arbeit Schluß machen würde, hatte sie seit drei Uhr nachmittags auf ihn gewartet. Natürlich war er genau in dem Augenblick nach Hause gekommen, als sie für eine Sekunde nicht aufgepaßt hatte. Als sie dann wieder ans Fenster eilte, ging sie sofort in Deckung, als sie sah, daß er zu ihr herüberschaute. Ihr Plan, den sie ausgeheckt hatte, war immer noch etwas diffus, und als sie sich vom Fenster abwandte, überkam sie beinahe augenblicklich das Gefühl, daß ihr jemand einen Strich durch die Rechnung machen würde. Sie wartete noch zwanzig Minuten, immer noch an die Wand gelehnt, und spähte nur gelegentlich um die Fensterecke, bis sie davon überzeugt war, daß er anderweitig beschäftigt war und nicht gleich wieder ans Fenster kommen würde.
Ganz vorsichtig – falls er doch einen Blick herüberwerfen sollte – schlich sie ins Schlafzimmer. Dort setzte sie sich aufs Bett und nahm den Zettel neben dem Telefon zur Hand. Das war sie – ihre geheime Waffe. Die Frage war nur, ob sie sich traute, sie auch zu benutzen. Es hatte nicht allzu großer Findigkeit bedurft, Alex’ Telefonnummer herauszufinden. Eine kurze Plauderei mit dem gemeinsamen Hausmeister, und schon hatte sie, was sie wollte. Als sie den Zettel, auf den sie die Nummer gekritzelt hatte, nachdenklich zwischen den Fingern hin und her faltete, fiel ihr ein Satz ein, den einer ihrer Lehrer mit Vorliebe zitiert hatte: Wissen ist Macht. Nun denn, dachte sie und griff entschlossen zum Hörer. Ich habe das Wissen und die Macht, und die werde ich jetzt nutzen. Alex schlief tief und fest, als das Telefon läutete. Ganz langsam drang das unablässige Klingeln zu seinem Unterbewußtsein durch, wenn auch wie als Traum. »Alex, bist du es?« »Meredith?« Selbst im Halbschlaf erkannte Alex ihre Stimme sofort. Es überraschte ihn, daß sein Herz wie wild schlug. »Ich komme heute abend zu dir hinüber, Alex«, sagte sie. »Du bist doch zu Hause, oder?« »Für dich immer.« »Fein, das freut mich zu hören.« Es folgte eine kurze Pause, während der Alex träumte, daß er sich umdrehte und den Hörer fester ans Ohr preßte. »Bist du noch dran?« flüsterte er. »Ja«, kam die Antwort. »Ich bin noch dran. Ich mußte mich einfach streicheln, als ich deine Stimme hörte. Ich tue es immer noch. Streichle all die Stellen, die du gestern abend so deutlich gesehen hast. Erinnerst du dich, Alex?« »Erinnern?« Er räusperte sich, als er merkte, daß sich sein Schwanz zu regen begann. »Wie könnte ich das vergessen?« »Gut«, flüsterte Meredith zurück. »Behalt das Bild im Gedächtnis, Alex. Heute abend werden wir das Spiel auf einer höheren Stufe weiterspielen.«
Alex wartete ungeduldig, daß Meredith noch etwas sagen würde, aber das einzige, was er vernahm, war das leise ›Klick‹, als sie den Hörer auflegte. Als Alex schließlich erwachte, stellte er fest, daß er einen feuchten Traum gehabt hatte. Das Laken hatte sich um seine Hüften gewickelt, und als er es von seinem verklebten Körper zupfte, stöhnte er laut auf. Das war ihm seit der Pubertät nicht mehr passiert. Im nächsten Moment erinnerte er sich an den Traum von Meredith’ Anruf. Kein Wunder, daß ich dabei abgespritzt habe, überlegte er, während er aufstand und das Bett abzuziehen begann. Schade, daß es nur ein Traum war. Ein Blick auf den Wecker neben dem Bett sagte ihm, daß er noch genug Zeit hatte, sich zu duschen und einen Happen zu essen, bevor Regina kam. Im selben Augenblick revidierte er seine Vorsätze, was den Besuch Reginas betraf. Trotz des offenkundigen Beweises für einen kürzlichen Orgasmus war er doch merkwürdig unbefriedigt aus seinem Traum erwacht. Vielleicht würde er Regina doch ein bißchen mehr Zeit gewähren als ursprünglich geplant, überlegte er, als er sich den sexuellen Appetit des Mädchens ins Gedächtnis rief. Wenn er schon nicht das wahre Objekt seiner Begierde bei sich haben konnte – nun, in einem Sturm war jeder Hafen…
13 Meredith kleidete sich mit großer Sorgfalt an. Sie wollte lässig, aber gleichzeitig verführerisch aussehen. Kein leichtes Unterfangen für eine Frau, überlegte sie, die sich im Augenblick vorkam wie eine läufige Hündin. Sie schmunzelte bei der Vorstellung, wie sie in Alex Wohnung marschierte und dort herumschnüffelte wie ein Hund. Ob ihn wohl schon einmal eine Frau beschnüffelt hat, fragte sie sich, während sie den Eyeliner herauskramte, um den immerwährenden Kampf mit ihren zu kleinen Augen aufzunehmen. Möglicherweise könnte das dem üblichen Ritual des Vorspiels eine aufregende Note verleihen. Nach reiflicher Überlegung entschloß sie sich für ein Minikleid aus aquamarinblauer Seide. Es kontrastierte vortrefflich mit ihrem goldenen Teint und den blonden Haaren, die sie offen zu tragen gedachte. Ihrer frivolen Stimmung folgend, verwarf sie jeglichen Gedanken an Unterwäsche und streifte sich die kühle Seide direkt über den nackten Körper. Das Kleid saß wie eine zweite Haut, schmiegte sich eng um ihren Busen, die Hüften und den Hintern und umschmeichelte locker die bloßen Oberschenkel. Als sie sich im Spiegel betrachtete, stellte sie fest, daß ihre Brustwarzen deutlich zu sehen waren. Beim Anblick dieser harten, runden Nippel, die sich so keck unter dem dünnen Seidenstoff reckten, gab es ihr einen Stich im Magen. Was wohl Alex denken würde, wenn er sie sah? Würde sein Blick sich sofort an diesen so offen zur Schau gestellten Knospen festsaugen oder sich in seiner so wunderbar hypnotisierenden Weise auf den ihren konzentrieren? Als sie in die schwarzen Riemensandaletten schlüpfte und sie an den Fesseln zuhakte, blickte sie kurz hoch. Durch das Schlafzimmerfenster konnte sie sehen, wie sich Alex’ Schatten hinter den zugezogenen Jalousien seines eigenen Schlafzimmers bewegte. Wie lange wird es dauern, bis sich mein Schatten mit dem seinen vereinigt, fragte sie sich – wie lange werden er und ich dieses Spiel überhaupt durchhalten?
Als Alex nach dem dritten Klingeln die Tür öffnete, glaubte er sich einer Vision gegenüber, die ihm schier den Atem raubte. Er hatte Regina erwartet, die auf ihre Weise ebenfalls eine Schönheit war, mit Meredith jedoch in keinster Weise verglichen werden konnte. »Du siehst aus wie eine Meerjungfrau«, entfuhr es ihm. Er trat einen Schritt zurück und war leicht verblüfft, als Meredith selbstsicher an ihm vorbei in die Wohnung marschierte. Das sanfte Vorbeistreichen der blauen Seide an seinem nackten Arm versetzte ihm einen elektrischen Schlag. »Komm herein«, murmelte er unnötigerweise. In stummem Erstaunen beobachtete er, wie sie durch das Zimmer tänzelte und ihre Hüften dabei unter der dünnen Seidenhülle hin und her warf. War es Einbildung, oder sah sie in diesem Kleid so aus, als ob sie keinen Faden am Leib trüge? Vor dem Fenster im Wohnzimmer blieb sie stehen, warf einen Blick auf seinen Lieblingsstuhl und schaute ihn dann direkt an. »So, hier hat also alles angefangen«, stellte sie mit einem Lächeln fest. Alex nickte nur stumm, ohne den Blick von ihr zu wenden. Er war sicher, daß ihm der Mund vor Überraschung offenstand, und er versuchte sich zusammenzunehmen, ehe sie seine Verwirrung bemerkte. Er war nicht imstande, sich von ihrem Anblick loszureißen: Ihre sinnliche Gestalt wirkte wie das Aquarell einer Meerjungfrau, die Meredith’ Züge trug, und das von dem großen Fenster, vor dem sie stand, eingerahmt wurde. Der türkisgrüne Farbton ihres Kleides harmonierte großartig mit ihrem Teint, und der schlichte Schnitt hob einen makellosen Körper hervor. Allmählich begann ihm zu dämmern, daß dieses Telefonat mit Meredith kein Traum gewesen war. Es hatte wirklich stattgefunden. Sie hatte sich zu ihm eingeladen, er hatte zugestimmt – und jetzt war sie hier. »Wenn ich verdutzt dreinschauen sollte, dann nur, weil du in diesem Kleid einfach umwerfend aussiehst«, sagte er. Insgeheim staunte er über die plausible und zugleich charmante Erklärung, mit der er sein seltsames Benehmen entschuldigt hatte. »Danke für das Kompliment«, sagte sie lächelnd, ließ sich, ohne auf seine Aufforderung zu warten, in dem Sessel nieder und schlug die Beine übereinander. Dabei rutschte ihr der Rocksaum weit über die
Oberschenkel. Beim Anblick von so viel sonnengebräunter Haut leckte Alex sich unbewußt die Lippen. Meredith warf sich die Haare über die Schulter nach hinten und sah sich um. »Hast du zufällig etwas Trinkbares im Haus?« Als er so an seine Pflichten als Gastgeber erinnert worden war, nahm Alex unwillkürlich Haltung an. »Oh, ja. Selbstverständlich. Verzeihung, ich hätte dir schon längst…« Meredith brachte ihn mit einer Handbewegung zum Schweigen. »Du scheinst mir ziemlich nervös zu sein, Alex«, stellte sie fest. »Weshalb denn?« Nachdem er schlecht behaupten konnte, sie nicht erwartet zu haben, sagte er: »Ich habe gerade ein Nickerchen gemacht. Um die Wahrheit zu sagen, stehe ich immer noch ein bißchen neben mir. Na ja, der Schlafmangel und all das andere.« Ihre Blicke trafen sich und tauschten die Erinnerungen an den vergangenen Abend. Meredith’ Wangen röteten sich dabei, was Alex wiederum half, sich wieder in den Griff zu kriegen. »Möchtest du ein Glas Wein«, fragte er sie, »oder lieber etwas Alkoholfreies?« »Nein, ein Glas Wein«, sagte Meredith. »Weißwein, wenn du hast.« In dem Augenblick, als Alex mit einer Flasche gekühltem Chardonnay und zwei Gläsern aus der Küche zurückkam, schellte es an der Haustür. Siedendheiß fiel ihm Regina ein. »Erwartest du noch jemanden?« erkundigte sich Meredith und hob überrascht eine Braue. »Eine frühere Verabredung«, erklärte Alex und stellte Flasche und Gläser ab. Reginas Klingeln wurde nachdrücklicher, und Alex ging zur Tür. »Sie ist nur eine der Tänzerinnen, mit denen ich gerade arbeite«, rief er Meredith über die Schulter zu. In der momentanen Verwirrung vergaß er ganz, daß Meredith ihn dabei beobachtet hatte, wie er Regina auf dem Studioboden die Seele aus dem Leib gevögelt hatte. In dem Moment, als er die Tür öffnete, erkannte er seinen Fauxpas. Meredith starrte Regina an, als hätte sie einen Geist vor sich. Regina ihrerseits starrte Alex an, als sie Meredith am Fenster sitzen sah. Der Ausdruck in den Blicken der beiden Frauen schien ihm dieselbe Frage entgegenzuschreien: Was macht sie denn da?
»Nur eine von den Tänzerinnen, wie?« zischte Meredith leise, als Alex in Hörweite war. Alex zwang ein Lächeln auf seine Lippen, das seine gespielte Lässigkeit unterstützen sollte. »Regina, das ist Meredith. Meredith, Regina. Sie –« »Ich weiß, sie ist eine befreundete Tänzerin«, fiel ihm Meredith ins Wort. »Eine Kollegin sozusagen.« Der verächtliche Ton ihrer Stimme ließ Alex das Herz in die Hose rutschen. »Und wer sind Sie?« erkundigte sich Regina, indem sie sich mit ihrem ausladenden Hintern an den Fenstersims lehnte und Meredith argwöhnisch musterte. Meredith überlegte kurz, als was sie sich bezeichnen sollte. »Eine Bekannte«, erklärte sie dann. »Genauer gesagt eine Nachbarin. Ich wohne in dem Haus gegenüber.« Sie deutete mit dem Kopf zum Fenster. »Wie nett«, murmelte Regina und warf Alex einen Schau-daß-du-sielos-wirst-Blick zu, den dieser geflissentlich ignorierte. »Ich hole rasch noch ein Glas«, sagte er. Froh, daß er sich mit dieser Entschuldigung aus der Gefechtszone flüchten konnte, lehnte sich Alex gegen den Küchenschrank. Er kam sich vor wie ein Delinquent, dem der Henker die Schlinge um den Hals legte. Er hatte noch nie derart in der Falle gesessen, noch nie war ihm eine Situation derart entglitten. Die Atmosphäre zwischen Meredith und Regina war sichtlich zum Zerreißen gespannt. Beide Frauen rüsteten sich zum Kampf. Obgleich die Vorstellung von einen Duell um Mitternacht seinem Ego ohne Zweifel schmeichelte, sah er sich doch nicht in der Lage, ein solches Szenario durchzustehen. Beide Frauen drehten gleichzeitig den Kopf, als er aus der Küche zurückkam. Verstohlen blickte er von einer zur anderen. Reginas Miene war vorwurfsvoll, wohingegen Meredith völlig nichtssagend aussah. Was von beiden schlimmer war, wußte er nicht. »So, jetzt kann’s losgehen«, rief er mit einer übertriebenen Fröhlichkeit, die das eisige Schweigen erschütterte. Geschäftig machte er sich daran, Gläser einzuschenken und herumzureichen. Nachdem die einzigen anderen Sitzgelegenheiten weit entfernt vom Fenster standen, blieb Alex nichts anderes übrig, als neben Regina Platz
zu nehmen. Aus dieser Distanz kam er sich vor wie bei einer Gerichtsverhandlung, bei der Meredith den Vorsitz führte. Er hatte zwar ein schlechtes Gewissen, ließ es aber zu, daß Regina ihn von Meredith ablenkte, indem sie über das Video sprach. Zu seiner Erleichterung stand Meredith bald auf und gesellte sich zu ihnen. Als sie sich neben Regina aufs Sofa setzte – der einzige noch freie Platz –, begann Alex ganz automatisch, Vergleiche zwischen den beiden Frauen anzustellen. Sie waren so verschieden voneinander, wie zwei Frauen nur sein konnten. »Ist Alex ein guter Choreograph?« hörte sich Meredith Regina fragen. Regina stutzte kurz, warf Alex einen Blick zu und erklärte dann schmunzelnd: »Der beste. Auf allen Ebenen.« »Ja, ich erinnere mich«, gab Meredith trocken zurück. Alex hätte sich am liebsten in ein Mauseloch verkrochen. Meredith muß mich für den miesesten Kerl auf Gottes Erdboden halten, dachte er verzweifelt. Es scheint ganz so, als hätte ich sie absichtlich über Regina belogen. Er nahm seinen ganzen Mut zusammen und suchte Meredith’ Blick. »Ich habe da einiges vergessen«, sagte er schlicht. »Was vergessen – worauf willst du hinaus, Alex?« hakte Regina sofort nach. »Ich glaube, Meredith weiß, was ich meine«, bemühte sich Alex auszuweichen, selbst auf die Gefahr hin, Reginas Zorn heraufzubeschwören. Meredith nickte kaum merklich mit dem Kopf. Die Härte war aus ihrem Blick verschwunden, und sie zwinkerte ihm unauffällig zu. Alex war so erleichtert, daß er dabei übersah, wie teuflisch dieses Zwinkern war. Meredith hatte eine Entscheidung getroffen. Wenn sie den Mut aufbrachte, ihren eben ausgeheckten Plan durchzuziehen, würde dieser Abend anders verlaufen, als sie ursprünglich gedacht hatte. Doch die Versuchung war einfach unwiderstehlich. »Ich glaube, Alex spielt mit uns beiden ein Spiel«, sagte sie zu Regina. Regina musterte sie mit einen argwöhnischen Blick. »Was meinen Sie damit?«
»Ich meine damit«, fuhr Meredith fort, um eine überlegene Miene bemüht, »daß dieser Kerl hier zweigleisig fährt. Ich glaube, er hat uns absichtlich beide zu sich eingeladen, um uns gegeneinander auszuspielen.« Sie riskierte einen kurzen Seitenblick, um zu sehen, wie Alex ihre kühne Behauptung aufnahm. Seinem Gesichtsausdruck nach zu urteilen, war er völlig baff. Meredith hatte Glück, daß ihre Nebenbuhlerin anscheinend vergaß, daß sie sich selbst bei Alex eingeladen hatte und nicht umgekehrt. Regina drehte sich zu Alex um und durchbohrte ihn förmlich mit ihrem Blick. »Das ist doch – «, sprudelte sie ohne jede Beherrschung los, sprang auf und schüttete Alex den Inhalt ihres Weinglases ins Gesicht. »Du miese Kröte! So hast du dir also dein kleines Spielchen vorgestellt? Weißt du was, du kannst mich mal!« Bevor Alex noch etwas sagen konnte, war Regina schon fast an der Tür. Er wollte aufspringen und Regina hinterherlaufen, doch Meredith kam ihm zuvor. »Ich gehe ebenfalls«, verkündete sie. »Diesmal bist du zu weit gegangen. Regina hat recht, du bist eine miese Kröte!« Damit sprang sie auf und fegte hinter Regina durch die Tür, bevor sie der Mut verließ. »Warte, Regina!« rief sie ihr im Treppenhaus hinterher. Regina sah sich nicht einmal um, und bald übertönte Alex’ Stimme die von Meredith. Über das Treppengeländer gebeugt, brüllte er vom dritten Stock aus: »Bitte, das war ein Mißverständnis!« Meredith und Regina setzten entschlossen ihren Weg fort, und erst als sie beide draußen auf dem Treidelpfad waren, blieb Regina stehen und drehte sich zu Meredith um. Ihre schokoladenfarbenen Augen glühten vor Wut. »Hau ab – mit dir rede ich nicht, du Flittchen!« »Regina, bitte, hör mir doch einen Augenblick zu«, sagte Meredith eindringlich. Sie legte eine Hand auf Reginas Arm, die diese wütend abschüttelte. »Bitte«, wiederholte Meredith. »Ich habe Alex doch nur einen Streich gespielt. Komm auf einen Drink zu mir hoch, dann erkläre ich dir alles.« Regina starrte sie mißtrauisch an. »Einen Streich?«
»Ja«, sagte Meredith, noch ganz außer Atem vom Laufen. »Bitte, nur auf einen Drink. Ich verspreche dir, wenn ich dir alles erklärt habe, wirst du dich über die Geschichte amüsieren. Dann kannst du ja noch mal zu Alex raufgehen und ihm alles erzählen, wenn du möchtest.« Regina schnaubte ungläubig, folgte aber Meredith über die schmale Brücke, die die beiden Seiten des Kanals verband, und hinauf in deren Wohnung. »Ich hoffe, die Geschichte, die du auf Lager hast, ist gut«, meinte Regina noch immer befremdet, nachdem Meredith ihr einen Platz angeboten und eine Flasche Wein auf gemacht hatte. »Oh, ja, das ist sie«, versicherte Meredith und prostete Regina zu. »Aber ich erzähle am besten von Anfang an…« Regina liefen vor Lachen die Tränen übers Gesicht. »Ich hatte recht, Meredith«, keuchte sie zwischen zwei Lachsalven. »Du bist wirklich ein Flittchen.« Meredith lächelte. »Ich weiß. Aber manchmal kann ich mich einfach nicht beherrschen. Hast du Alex’ Gesicht gesehen?« Die beiden Frauen prusteten wieder los. »O Gott«, stöhnte Regina auf und hielt sich den Bauch. »Ich habe Seitenstechen vom Lachen.« Sie stand auf und beugte sich tief nach vorn. Unwillkürlich wanderte Meredith’ Blick über das eindrucksvolle Hinterteil des Mädchens, das in einer pinkfarbenen Jeans steckte. Darüber trug sie ein schlauchartiges Stretch-Top, das sich über ihren üppigen Brüsten spannte und nur von einem schmalen Nackenband gehalten wurde. Meredith schoß die Röte in die Wangen, als Regina sie über die Schulter hinweg musterte. »Na, gefällt dir mein Arsch?« wollte die junge Frau wissen. Meredith nickte verlegen. »Es tut mir – «, begann sie. »Ach, Unsinn«, meinte Regina, die sich wieder aufrichtete und mit den Händen klatschend auf ihren Hintern schlug. »Auf den stehen sie alle. Männer und Frauen. Kein Grund, sich zu entschuldigen. Das ist meine Zuckeransicht.«
»Das würde ich so nicht sagen«, dachte Meredith laut, während ihr bewundernder Blick sich an den prallen Halbkugeln ihrer Brüste, die keinen BH benötigten, ergötzte. Obgleich die junge Schwarze keineswegs übergewichtig war, staunte Meredith doch über ihren üppigen Körper. All dieses knackige braune Fleisch, das unter ihrer Kleidung hervorschimmerte und an den Nähten zerrte… »Du bist bi, oder?« bemerkte Regina unvermittelt und riß Meredith aus ihrer konzentrierten Taxierung. Als Meredith darauf nicht sofort antwortete, setzte sie hinzu: »Keine Sorge, es stört mich nicht, wenn du mich so anschaust.« Sie machte eine Pause und sah sich betulich in Meredith’ Zimmer um, als wäre sie gerade erst eingetreten. »He, wir könnten echt Spaß miteinander haben. Du und ich.« Meredith’ Herz schlug schneller. Sie hatte Regina den gewagten Vorschlag gemacht, ein bißchen Lesben zu spielen, um Alex auf die Palme zu bringen. Statt darüber schockiert zu sein, hatte Regina begeistert zugestimmt. Es schien sogar so, als sei sie gewillt, das Spiel noch ein Stück weiter zu treiben, als Meredith geplant hatte. »Richtig Spaß?« fragte Meredith. Regina nickte heftig. »Na klar. Richtigen Sex, nicht nur so tun, als ob. Wie gut, daß ich meine Tasche mit den speziellen Accessoires mitgebracht habe. Ich dachte mir, Alex könnte vielleicht – ach, den hatte ich im Moment ganz vergessen.« Sie machte ein betretenes Gesicht. Bei der Erwähnung von Alex’ Namen warf Meredith automatisch einen Blick hinüber zu seinem Fenster. Es überraschte sie nicht, ihn in seinem Lieblingsstuhl sitzen zu sehen. »Mach dir keine Sorgen um Alex«, sagte Meredith zuversichtlich. »Ich bin sicher, er wird diesen Abend genauso genießen wie wir.« Alex, der in einer düsteren Wolke von Niedergeschlagenheit vor sich hin brütete, bemerkte nur am Rande, daß Meredith und Regina den Arbeitstisch zur Seite schoben. Erst als gegenüber die hohen Türen, die auf einen kleinen Balkon führten, aufgestoßen wurden, dämmerte ihm, daß sich dort etwas Interessantes anbahnte. Ein oranges Licht – grell und blendend – leuchtete ihm direkt in die Augen und machte ihn
kurzzeitig blind. Es war die Reflexion der untergehenden Sonne, die sich in den metallen Türrahmen spiegelte. Sein erster Gedanke, als er sah, wie Meredith und Regina sich auf dem Balkon auf zwei gegenüberstehenden Liegestühlen niederließen, war: Gott sei Dank, wenigsten haben sie sich nicht gegenseitig umgebracht! In gewisser Weise verwunderte es ihn nicht, die beiden Frauen plaudern und Wein trinken zu sehen, da er bei keiner von beiden ausgesprochen feindselige Züge festgestellt hatte. »Ein Prosit auf die Schwesternschaft, Honigschnäuzchen«, säuselte Regina in einem breiten Südstaatenakzent, während sie mit Meredith anstieß. »Und auf das Vergnügen«, ergänzte Meredith. Als die beiden Gläser klirrend aneinanderstießen, durchfuhr Meredith ein hitziger Schauder. Die Atmosphäre zwischen ihnen war locker und ungezwungen, dabei jedoch von einer untergründigen Spannung beseelt, die für Meredith deutlich sexuelle Züge trug. Im stillen beneidete sie Regina um ihre Erfahrung mit Alex. Sie mußte diese Stufe der Intimität mit ihm noch erklimmen. Andererseits, hielt ihre innere Stimme dagegen, hast du nicht bereits mit Alex etwas sehr viel Tieferes und Intimeres geteilt? Eine erotisch-sinnliche Erfahrung, die euch intensiver verbindet als ein One-night-stand? »Seid ihr beide schon lange ein Paar?« erkundigte sich Meredith. Regina lachte, daß ihre Brüste unter dem T-Shirt auf und ab hüpften. »Nein, ich kenne ihn erst seit kurzem. Genauer gesagt seit den Aufnahmen für dieses Video. Und was uns als Paar betrifft, so haben wir nur ein einziges Mal miteinander gevögelt.« »Was du sehr genossen hast«, entgegnete Meredith. Die prompte Bemerkung klang wie eine Feststellung. Regina warf Meredith einen verdutzten Blick zu. »Ja, das stimmt. Aber es hört sich an, als wärst du dabeigewesen.« Kurzzeitig überlegte Meredith, ob sie Regina die Wahrheit sagen sollte, entschied sich dann aber dagegen. Dazu bestand kein Anlaß. Sie tat, als ob sie den farbenprächtigen Sonnenuntergang bewunderte, schielte dabei jedoch hinüber zu Alex’ Fenster und verspürte dabei kurzzeitig etwas wie ein schlechtes Gewissen. Sie wollte gar nicht daran denken, wie sich der arme Alex gefühlt haben mußte, als sie beide wie die Furien über ihn hergefallen waren. Sie hoffte nur, daß Alex, wenn
er diesen Abend im Rückblick betrachtete, zu der Ansicht gelangte, daß das Ende ihre recht grausamen und krummen Wege rechtfertigte… Meredith stellte ihr Glas ab. Der Wein hatte sie in eine locker beschwingte Stimmung versetzt. Sie beugte sich vor und strich mit einem Finger träge an Reginas jeansbedecktem Schenkel entlang. Kurz vor dem scharfen V im Zwickel wechselte sie zum anderen Schenkel und ließ den Finger langsam bis zum Knie wandern. Unter dem Jeansstoff spürte sie das feste Gewebe ihrer muskulösen Beine und die überwältigende Hitze, die von ihrem Körper ausging. »Dir muß ganz schön warm sein«, murmelte Meredith und deutete auf die Jeans. Dann sah sie zu Regina hoch und fixierte sie mit einem Blick, der unschuldig und bedeutungsvoll zugleich war. »Bei so einer Hitze könnte ich es in Jeans nicht aushalten.« Es stimmte, die Nacht war drückend und schwül. »Du hast recht, ich schwitze tatsächlich ziemlich in den engen Dingern«, sagte Regina und stand auf. »Ich ziehe sie aus, wenn du nichts dagegen hast.« Reginas Blick hatte etwas lüstern Verschwommenes, als sie den Knopf am Bund öffnete und begann, den Reißverschluß aufzuziehen. Der pinkfarbene Stoff klaffte auseinander und enthüllte einen leicht gewölbten kaffeebraunen Bauch. Eine zarte Linie schwarzer Härchen zog sich vom Nabel bis zum Bund eines blütenweißen Spitzenslips. Meredith beobachtete gebannt, wie sie die Jeans über die runden Hüften streifte. Ihr Mund war so trocken geworden, daß sie nach ihrem Glas griff und einen tiefen, ganz undamenhaften Schluck von ihrem Wein nahm. Als sie diesmal das Glas abstellte, zitterte ihre Hand. »Warte, ich helfe dir«, erbot sie sich, als sie Regina mit den engen Hosenbeinen kämpfen sah. Sie bedeutete Regina, sich wieder hinzusetzen, zog ihr als erstes die brauen Lederstiefeletten aus und streifte die Jeans dann an ihren Beinen herunter. Als sie das eine Bein aus der engen Röhre befreit hatte, legte Regina ihr den Fuß auf die Schulter. Sie grinste sie dabei frech an, und als Meredith hochsah, erkannte sie sofort den Grund für ihr provokantes Grinsen. Das erhobene Bein ermöglichte Meredith einen deutlichen Blick auf ihren Zwickel. Von Reginas freizügigem Verhalten ermutigt, ließ Meredith die Augen betont langsam an Reginas Bein nach oben wandern. Die Haut an
der Innenseite ihrer Oberschenkel schimmerte wie matter Satin, der weiße Slip bedeckte ihr dunkles, geheimnisvolles Geschlecht. Ein Anblick, der Meredith schier den Atem raubte. Die weichen Lippen ihrer Vulva drängten sich lüstern gegen die zarte Spitze, deren Pracht der winzige Slip nicht ganz zu verbergen vermochte. Entlang des spitzenbesetzten Zwickels kräuselten sich ein paar dunkle Schamhaare. Diese winzigen Locken sahen so verführerisch aus, daß Meredith eine Hand ausstreckte und mit den Fingerspitzen vorsichtig über die weichen, elastischen Härchen strich. Ihre Fingerknöchel berührten dabei Reginas feuchtes Geschlecht. Regina seufzte leise und schlüpfte aus dem zweiten Hosenbein. Sie spreizte die Schenkel weiter, um Meredith zu ermutigen, die Entdeckungsreise ihrer Finger fortzusetzen. Zu Anfang quälte Meredith die junge Schwarze absichtlich mit nekkischen Zärtlichkeiten. Sie vermied es, das heiße, feuchte Fleisch ihres Geschlechts zu berühren; sie konzentrierte sich statt dessen auf die schwarzen Härchen, die aus der weißen Spitze herauslugten, und kitzelte das sensible Fleisch in der Leistengegend. Mit einem lauten Stöhnen, das aus tiefster Kehle kam, drückte Regina den Rücken durch und stieß Meredith das Becken entgegen. »Herrgott noch mal, faß mich endlich richtig an«, keuchte sie. Meredith, die bisher noch keine so hemmungslose Frau wie Regina kennengelernt hatte, war einen Moment lang verunsichert. Ihre lesbischen Erfahrungen waren so reichhaltig nicht, und Regina war so ganz anders als die elegante Camilla. Wohl wissend, daß sie Reginas Qualen hinauszögerte, griff Meredith nach ihrem Weinglas und stürzte den restlichen Inhalt in einem großen Schluck hinunter. Als sie sich wieder zu Regina umdrehte, hatte diese die Hand zwischen den Beinen und streichelte sich ganz selbstvergessen durch die dünne Spitze ihres Slips. Sie hatte ihr Oberteil heruntergezogen und ihre Brüste entblößt, die wie zwei Berge Schokoladenpudding auf ihrem Brustkasten thronten. Schokoladenpudding mit zwei Maraschinokirschen, dachte Meredith, als sie die beiden dunkelroten Knospen ihrer Nippel gewahrte. Hingerissen von diesen Brüsten, ließ Meredith sich auf die Knie nieder, umfaßte diese göttlichen Halbkugeln und drückte sie aneinander. Gierig machte sie sich über die beiden Nippel her, ließ ihre Zunge abwechselnd um die süßen Knospen flattern. Regina begann sich leise
stöhnend auf dem Liegestuhl zu winden, indes ihre Finger immer noch fieberhaft an ihrer Möse rieben. Meredith, die schließlich Mitleid mit ihrer neuen * Freundin hatte, gab etwas widerwillig deren Brüste frei und bewegte das Gesicht weiter nach unten zu ihrem Magen, der sich als brauner Streifen unter dem leuchtendweißen, zusammengeschobenen Top wölbte. Sie leckte zärtlich mit der Zungenspitze an der samtweichen Haut, die so wunderbar roch. Der zarte Schweißfilm, der sich mit dem fruchtigen Geruch einer Bodylotion mischte, verlieh Reginas Haut eine süß-säuerliche Duftnote. Mit kreisenden Bewegungen bahnte sich ihre Zunge den Weg über Reginas Magen hin zum Bund des weißen Spitzenslips. Dort verharrte sie einen Augenblick, ehe sie zwei Finger unter das schmale Gummiband schob und daran zu zupfen begann. Regina kam ihr zu Hilfe, indem sie das Becken anhob, damit ihr Meredith das Spitzenhöschen über den Po ziehen und ganz abstreifen konnte. Anschließend legte sie die Hände an die Innenseite von Reginas Oberschenkeln und zwang behutsam ihre Beine auseinander. Regina beherrscht natürlich den Spagat, dämmerte es Meredith, als Regina die Beine so weit auseinanderspreizte, daß sie schon fürchtete, sie täte sich dabei weh. Je weiter sie die Beine spreizte, desto weiter öffneten sich die violetten Lippen ihres Geschlechts und enthüllten die dunklen Blütenblätter dazwischen. Unbewußt leckte Meredith sich die Lippen. Das Geschlecht dieser Frau sah aus wie eine reife Frucht – wie eine aufgeschnittene Pflaume, außen dunkelviolett und das Fruchtfleisch selbst herrlich saftig und appetitlich. Meredith konnte ganz deutlich die Klitoris erkennen. Wie diese sich zwischen den feucht schimmernden Hautfalten erhob, dunkelrot und stark angeschwollen, erinnerte sie Meredith an Reginas Nippel. Ganz spontan und ohne nachzudenken leckte Meredith mit der flachen Zunge über die perlenartige Knospe und beobachtete zufrieden, wie sich die Bauchmuskeln der jungen Frau vor Lust kräuselten. Während sie ihre Zunge um Reginas Klitoris spielen ließ, erforschten ihre Finger die übrigen Teile ihrer fiebernden Spalte. Das Fleisch, das ihre emsigen Fingerspitzen berührten, war so feucht und saftig, daß Meredith es sich nicht versagen konnte, einen Finger an die Lippen zu heben und das köstliche Naß abzulecken.
Die andere Hand fuhr indessen in gleichbleibendem Rhythmus fort, das heiße Fleisch rings um die pralle Klitoris zu stimulieren. Meredith sah kurz zu Regina hoch, die ihr Tun unter schweren Lidern beobachtete. Der Ausdruck in ihrem Gesicht verriet gieriges Verlangen nach mehr. »Bitte«, keuchte sie mit dunkler Stimme, »laß mich kommen.« Mit einem wissenden Lächeln schob Meredith ihre beiden Hände zwischen Reginas Schenkel und zog die Schamlippen, so weit es möglich war, auseinander. Nachdem sie die Finger um den Eingang ihrer Vagina hatte kreisen lassen und Reginas üppig strömenden Säfte auf ihrem heißen Fleisch verteilt hatte, schob sie ein paar Finger in ihren gierig geöffneten Tunnel. Sie bewegte sie langsam auf und ab und krümmte sie dabei so, daß sie gleichzeitig auch den ganz sensiblen Punkt knapp über Reginas Schamhügel reiben konnte. Regina ließ die Hüften in ständigen Wellenbewegungen auf und nieder schwingen, und ohne noch eine Sekunde zu zögern, senkte Meredith den Kopf und begann mit Hilfe ihrer Zungenspitze die glühendheiße Perle ihrer Klitoris zum Pulsieren zu bringen. Es dauerte keine Minute, da spürte sie schon die ersten Anzeichen, die ihren Höhepunkt ankündigten. Reginas innere Muskeln krampften sich mit saugenden Bewegungen um ihre Finger und folgten dem Takt der Zärtlichkeiten, die Meredith ihrem Körper angedeihen ließ, bis hin zum erlösenden Crescendo. Als der Körper des Mädchens unter unkontrollierbaren Zuckungen erbebte, befand Meredith, daß sie vorerst genug für sie getan hatte. Den Kopf erhebend, Lippen und Kinn mit Reginas süßen Säften beschmiert, suchte sie deren träge-entrückten Blick und lächelte. »Reicht das?« erkundigte sie sich liebenswürdig. Es schien, als koste es Regina ungeheure Anstrengung, mit dem Kopf zu nicken. »Im Moment ja«, brachte sie dann keuchend heraus. Ein zuversichtliches, wenn auch etwas verschwommenes Grinsen breitete sich auf ihrem Gesicht aus. »Aber warte nur, du freches Früchtchen. Ich werde es dir gleich besorgen, daß du um Gnade wimmerst.«
14 Die Sonne schien es mit dem Untergehen an diesem Abend nicht eilig zu haben. Der Himmel glühte noch immer in allen Rotschattierungen, und die Sonne stand als riesiger Feuerball über dem Horizont. Kaum wahrnehmbar sank sie tiefer, wobei sie weder an Farbenpracht verlor noch ihren Vorsitz am Himmel aufgab. Alex, ganz verzaubert von dieser herrlichen Naturschauspiel, stieß einen tiefen Seufzer aus. Als hätte sie ihn gehört, drehte Meredith den Kopf zu ihm um. Über die dunkle Distanz des Kanals hinweg spürte Alex die Intensität ihres Blicks. Meredith lehnte am Balkongeländer, den Rücken ihm zugewandt, die seidenverhüllten Hinterbacken gegen die Eisenstäbe gedrückt. Im nächsten Augenblick stand Regina auf und zog sich das weiße Top über den Kopf. Das war das einzige Stück Stoff, das sie noch am Leib hatte, und jetzt stand sie da in ihrer ganzen stolzen Nacktheit, wie die aus Ebenholz geschnitzte Statue einer Fruchtbarkeitsgöttin, die er kürzlich in einem Ethno-Laden gesehen hatte. Eingehüllt in den Widerschein der untergehenden Sonne glühte ihre samtene Haut in einem dunklen Ockerton, besonders an den gerundeten Teilen ihres Körpers: den Schultern, den Hüften… Alex leckte sich unbewußt die Lippen. Der ästhetische Anblick von so viel Grazie und Schönheit besänftigte den Schmerz und die Enttäuschung, die bis eben noch wie wilde Bestien in seinem Inneren gewütet hatten. Doch das war noch nicht alles. Er wußte, erwartete, lechzte danach, daß sich ihm in wenigen Augenblicken wieder Meredith’ Körper enthüllte. Und seine Erwartung wurde nicht enttäuscht. Regina stellte sich vor Meredith hin und stützte die Hände zu beiden Seiten ihres Körpers aufs Balkongeländer. Dann preßte sie ihren Körper so dicht an den Meredith’, daß Alex von Regina bis auf die Schultern und die Hüften kaum noch etwas erkennen konnte. Die beiden Frauen küßten sich. Meredith’ Körper bog sich unter dem drängenden Gewicht von Regina über das Geländer. Alex beobachtete in gespannter Erwartung, wie Regina sich von Meredith löste und den Saum ihres Minikleids ergriff. Er konnte sich gut vorstellen, wie das hauchdünne Material zwischen diesen kräftigen,
dunkelbraunen Fingern knitterte. Sie hob den Saum an, höher und höher, enthüllte nach und nach die beiden perfekten Pfirsichhälften von Meredith’ Hinterteil. Meredith streckte die Arme über den Kopf und schlängelte sich aus ihrer seidenen Hülle. Jetzt war auch sie nackt. Eine wahre Augenweide. Die Verkörperung aller Weiblichkeit. Alex’ Blick hangelte sich bewundernd vom Scheitel ihres goldenen Hauptes über den sanft geschwungenen Rücken hinunter bis zu den Rundungen ihrer Hinterbacken. Voll Eifersucht auf Regina verzehrte er sich nach Meredith. Nach ihrer Nacktheit. Ihrer Willfährigkeit. Es überraschte ihn, daß er bisher in dieser Kategorie noch nie gedacht hatte. Nicht im Biergarten und auch nicht in Cosimos Büro. Bei beiden Gelegenheiten war er damit zufrieden gewesen, als stiller Beobachter an den Geschehnissen teilzuhaben, sie aus der Entfernung zu bewundern. Doch jetzt wollte er sie. Jetzt begehrte er sie mit jeder Faser seines Ichs. Jetzt hatte er, mehr als zu jedem anderen Zeitpunkt der vergangenen Woche, das Gefühl, sie niemals besitzen zu können. Ehe er noch wußte, was er tat, riß er die beiden Türflügel auf, die zu seinem Balkon hinausführten, und schrie hinaus in den Sonnenuntergang: »Meredith, warum quälst du mich so?« Der Schrei klang, getragen von der schwülen Abendluft, wie der klägliche Ruf einer Möwe. Trotz des Schmerzes, der in diesem Schrei mitschwang, weigerte sich Meredith, sich umzudrehen. Alex anzusehen. Ihn wahrzunehmen. »Nicht«, flüsterte sie Regina zu, als diese zu ihr hochsah. »Das gehört alles mit zu meinem Spiel. Für mich zumindest.« »Okay, mach, was du willst«, erwiderte Regina und zuckte die Schultern. »Willst du noch weitermachen, oder soll ich lieber heimgehen?« Meredith lächelte und legte Regina eine Hand auf den Kopf. Wie eine Kaiserin, die jemandem eine große Ehre erweist. Oder einfach wie eine Frau, der körperliches Vergnügen über alles ging. Regina zog es vor, Meredith mit letzterer zu vergleichen. »Bleib«, sagte Meredith schlicht.
Das laszive Lächeln, das um Reginas Mundwinkel spielte, hatte etwas Raubkatzenartiges. »Okay. Aber wenn ich bleibe, dann werde ich dich ficken.« Meredith zuckte gleichgültig die Achseln. »Gut, dann fick mich.« Innerlich amüsierte sie sich über diesen verbalen Zweikampf und glaubte nicht eine Sekunde daran, daß es Regina ernst damit war. Zu ihrer Überraschung stand Regina auf. »Einen kleinen Moment, bitte. Ich will nur rasch etwas von drinnen holen«, murmelte sie. Meredith nickte und sah Regina hinterher, wie sie in der Dunkelheit der Wohnung verschwand. Dann drehte sie sich um und blickte über den Kanal. Alex war immer noch da. Er stand in der Balkontür. »Na, genießt du die Aussicht?« rief sie zu ihm hinüber. Er hob die Hand wie zum Gruß. Meredith lächelte ihm zu, obwohl sie nicht sicher war, ob er die Kühnheit ihrer Körpersprache erkannte. Sie kam sich niederträchtig vor. Doch diese Niedertracht war verbunden mit einem ihr bislang unbekannten Vergnügen. Eine Perversion der Lust. Sie hörte, wie Reginas nackte Fußsohlen leise über den Dielenboden und hinaus auf den winzigen Balkon tappten. Dann spürte sie harte Nippel an ihren Schulterblättern vorbeistreifen. Sie drehte sich nicht um. »Beug dich vor«, wies Regina sie mit leiser, aber entschlossener Stimme an. »Und rutsch ein bißchen vor. Ja, genau so. Und noch weiter vorbeugen. Gut, bleib so.« Ein Gefühl der Erregung stieg wie Luftbläschen in Meredith’ Kehle auf. Sie stützte sich mit den Ellbogen aufs Balkongeländer und betrachtete ihre frei schwingenden Brüste. Sie hatte den Rücken durchgebogen, den Hintern rausgestreckt und die Beine weit gespreizt. Endlich bemächtigten sich Reginas Hände ihres Körpers, streichelten über ihre Seiten, den Rücken, die Hüften, den Hintern, die Oberschenkel. Dann stahl sich eine Hand zwischen ihre geöffneten Beine und legte sich um ihr Geschlecht. Die andere strich über ihre Hinterbacken, ein paar Finger schoben sich mühelos in die Spalte dazwischen und glitten darin nach unten. Sie versanken in Feuchtigkeit. Ihrer eigenen Feuchtigkeit. »Du bist ja schon ganz naß, Baby«, hörte sie Regina hinter sich raunen. »Ich glaube, jetzt können wir es angehen.«
Die Finger zogen sich zurück, und einen Augenblick später spürte Meredith etwas Hartes gegen ihre Schamlippen drängen. Es fühlte sich vertraut an, und gleichzeitig irgendwie sonderbar. »Was ist das?« fragte Meredith, den Kopf zu Regina gewandt. Mit einer schnellen Bewegung faßte Regina Meredith’ Kopf und drehte ihn wieder nach vorn. »Ich sagte doch, daß ich dich ficken werde. Was, glaubst du, ist das wohl?« gab sie zurück. Meredith begann zu raten: »Eine Flasche?« Sie schaute hinunter auf den Boden. Die Weinflasche stand noch da. Ein tiefes, sattes Glucksen streifte ihr Ohr. »Falsch. Noch mal.« Meredith hatte im Augenblick keinen Nerv für Ratespielchen. Sie drehte sich blitzschnell um – und starrte fassungslos auf das Bild, das sich ihr so unerwartet bot. Um Reginas Hüften schlang sich eine merkwürdige Riemenkonstruktion aus schwarzem, glänzendem Leder. »Ein Dildo«, erklärte Regina mit einem tückischen Blitzen in den Augen. »Schon mal ausprobiert, so ein Ding?« »Ja, aber nicht, wenn es sich jemand umgeschnallt hat«, murmelte Meredith. Im ersten Augenblick war sie ehrlich schockiert. Doch schon Sekunden später spürte sie das bekannte Prickeln in den Adern, gefolgt von einem heftigen Aufwallen sengender Begierde. »Gütiger Himmel!« rief Regina aus. »Was ist denn mit dir passiert?« Sie strich mit den Fingerspitzen prüfend über Meredith’ angeschwollene Schamlippen und fügte hinzu: »Du ersäufst ja meinen schönen Schwanz!« Meredith wurde feuerrot im Gesicht. Sie schämte sich in Grund und Boden und war gleichzeitig ungeheuer scharf. Messerscharf. »Wenn du dieses Ding benutzen willst«, keuchte sie heiser, »dann beeil dich bitte.« Ein spitzer Überraschungsschrei war alles, was sie von sich geben konnte, als Regina den Dildo ohne Vorwarnung in sie hineinstieß. Er fühlte sich so echt an, genau wie ein richtiger Schwanz, daß Meredith im ersten Augenblick vergaß, daß er aus Plastik war. Sie glaubte, den Schwanz eines Riesen in sich zu haben, der das geschwollene Fleisch ihres Geschlechts bis zum Zerreißen dehnte.
»In mir geht alles kaputt«, keuchte sie in ihrer Panik. »Keine Angst, da geht nichts kaputt«, meinte Regina besänftigend. »Den packst du locker. Entspann dich nur.« Die junge Frau begann jetzt, den Dildo langsam vor und zurück zu bewegen, während ihre gewandten Finger Meredith’ Klitoris suchten und die harte Perle ihrer Lust umflatterten. »Gut, Baby«, raunte sie Meredith ins Ohr, »laß dich einfach gehen.« Augenblicke später hatte Meredith das Gefühl, als verflüssigte sich ihr ganzer Körper. Wie ein Buschfeuer züngelten die Flammen der Wollust in ihr hoch und ließen jeden Widerstand dahinschmelzen. Sie wimmerte unter den Stößen des Dildos und dem süßen Ziehen an ihrem innersten Fleisch, wenn dieser wieder die umgekehrte Richtung nahm. Ihr Körper schien nur noch aus hochsensiblen Nervenenden zu bestehen, die jede Berührung bis ins Unerträgliche verstärkten. Ihre Klitoris schwoll unter Reginas zärtlichen Fingerspitzen immer mehr an. Instinktiv begann sie die Hüften zu bewegen, kam Reginas Rhythmus Stoß für Stoß entgegen. »Ich hab’s dir doch gesagt«, rief Regina triumphierend aus, als Meredith sich plötzlich verspannte, nicht mehr bewegte und dann von einem heftigen Orgasmus geschüttelt wurde. »Das war nur ein kleiner Vorgeschmack, meine Liebe. Jetzt werd’ ich dich ficken, daß dir Hören und Sehen vergeht.« Ohne daß Meredith es bemerkte, ging der Sonnenuntergang in die Morgendämmerung über. Die dunklen Stunden dazwischen hatte sie in einem nicht enden wollenden Strudel der Ekstase verbracht. Jetzt war sie allein. Sie lag auf ihrem Bett. Wohlig erschöpft, satt und zerschunden. Sie lächelte, als sie an Regina dachte. Doch sofort strebten ihre Gedanken zu Alex, und sie runzelte die Stirn. War sie dieses Mal zu weit gegangen? Hatte sie ihre Chancen, indem sie den Spieß umgedreht hatte, bei ihm verspielt? Das Telefon neben dem Bett schien mit unsichtbaren Fingern zu winken. Meredith seufzte gottergeben und griff zum Hörer. Jetzt oder nie. Sie mußte wissen, was Sache war. »Alex?« »Meredith?« »Du sprichst also noch mit mir.« »Ich habe ja wohl keine Wahl. Du hast mich ja angerufen.«
Meredith schluckte geräuschvoll. Sie konnte nicht ahnen, daß in Alex’ Kopf ein Freudenfest begonnen hatte – komplett mit Musik, prachtvollen Roben und Feuerwerk. »Ich wollte mich entschuldigen.« »Wofür?« »Du weiß schon, wofür. Was ich mir heute nacht -gestern abend – geleistet habe, war unverzeihlich.« »War es das?« »Das weißt du genau.« »Warum?« Meredith machte eine Pause. Das war eine gute Frage. »Weil – «, begann sie zögernd. »Weil du dachtest, du würdest mir meine eigene Medizin verabreichen?« »Du bist also nicht sauer auf mich?« Meredith hielt den Atem an, während sie auf seine Antwort wartete. Die Antwort kam auf einer Welle glucksenden Lachens. »Nein. Oh, anfangs schon. Aber sauer ist nicht der richtige Ausdruck dafür. Ich war hochgradig suizidgefährdet.« »Oh, mein Gott!« hauchte Meredith, von tiefer Reue gepackt. »War nur Spaß«, sagte er warmherzig. Er hatte ihr bereits alles verziehen. Es war eine Erleichterung gewesen, ihre Stimme zu hören. »So, dann habt ihr beide euch wohl gut amüsiert, wie?« »Ach, weißt du das so genau?« Ihr Tonfall war locker und ein bißchen spöttisch. Sie hatte das Gefühl, ihr sei ein Gewicht von den Ausmaßen der Freiheitsstatue von den Schultern genommen. Alex’ Tonfall hingegen war so trocken wie der beste Champagner und ebenso belebend. »Ich mag ja dumm sein, aber blind bin ich nicht.« »Aber Alex, wie kannst du dich als dumm bezeichnen!« empörte sich Meredith hastig. »Das bist du nicht. Weit davon entfernt. Wenn, dann bin ich hier die Idiotin.« »Weshalb denn?« Seine stimme war wieder freundlich und klang ein wenig forschend. Meredith kam sich vor wie eine Dreijährige. »Weil ich alles, was zwischen uns ist, aufs Spiel gesetzt habe. Und das nur um einer Teufelei willen.«
»Weißt du denn nicht, daß du mir am besten gefällst, wenn du den Teufel rausläßt? Speziell die Hörner.« Meredith kicherte. »Meine Hörner hast du noch gar nicht gesehen.« »Nein, das ist richtig, das habe ich nicht.« Alex ließ ein langgezogenes Murmeln hören, als denke er über etwas nach. »Nun, das müssen wir nachholen, meinst du nicht auch?« Das Blut in Meredith’ Adern begann zu galoppieren. »Werden wir – wann?« »Mach einen Vorschlag.« Sie überlegte schnell. »Morgen. Sechs Uhr. Auf dem Treidelpfad.« Alex gluckste in sich hinein. »Okay. Aber verrate mir, woran ich dich erkenne? Was wirst du tragen?« Er hoffte, daß sie so spontan und erfinderisch war, wie er sich das vorstellte. »Schuluniform«, antwortete sie prompt. Es war das erstbeste, das ihr in den Sinn kam. »Ich brauche ein bißchen Nachhilfe bei meinen Aufgaben«, fuhr sie, sich für die Idee erwärmend, fort. »Biologie. Meinst du, du kannst mir dabei helfen?« »In Biologie bin ich absolute Spitze«, gab Alex lachend zurück. »Ich vermute, es handelt sich in erster Linie um praktische Übungen?« »Oh, ja. Überwiegend.« »Gut«, murmelte Alex und lockerte seinen verkrampften Griff um den Telefonhörer. »Dann sieh lieber zu, daß du ausreichend Schlaf kriegst. Du mußt morgen abend topfit sein.« Es schien Alex, als verbrächte er den ganzen Tag in einer luftigen Nebelwolke. Am Morgen mußte er zum Drehort, und zum erstenmal lief alles wie am Schnürchen. Der einzige Knackpunkt war das unerwartete Auftauchen von Lisa Blair am Nachmittag. »Tut so, als sei ich gar nicht da«, rief sie ausgelassen der versammelten Truppe zu. »Ich setze mich einfach hin und schaue euch zu.« Einer der Aufnahmeleiter zauberte einen Regiestuhl herbei und stellte ihn für Lisa unter einen Sonnenschirm. Es war brütend heiß, das Thermometer hatte die 30 Grad weit überschritten, und jeder trug so wenig wie möglich am Leib, Lisa eingeschlossen, die das winzigste Kleidchen trug, das Alex je an einer erwachsenen Frau gesehen hatte. Die dünnen Spaghetti-Träger und der kurze Saum, der am höchsten
Ansatz der Oberschenkel endete, enthüllte ihren schlanken, sonnengebräunten Körper in seiner ganzen Pracht. Soweit es Alex betraf, hätte sie ebensogut einen alten Mehlsack tragen können. Das galt in gleichem Maß auch für die anderen leichtgeschürzten Tänzerinnen, einschließlich Regina, die unerschüttert – aber freundlich – mit den Schultern gezuckt hatte, nachdem Alex sich gekonnt ihrem Versuch widersetzte, ihm einen Kommentar zu ihrem sinnenfrohen Abenteuer mit Meredith zu entlocken. »Recht unterhaltsam«, war die einzige Bemerkung, zu der er sich hinreißen ließ. »Komm, laß uns jetzt diese Sprung-DrehungKombination auf die Reihe kriegen.« Er vermied bewußt jeden Gedanken an den vergangenen Abend und besonders an den vor ihm liegenden. Allein die Vorstellung von Meredith in einer Schuluniform genügte, um seinen Körper in Gelatine zu verwandeln. Was seiner Aufgabe, sein Können als herausragender Tänzer unter Beweis zu stellen, nicht gerade dienlich war. »War das ein grand jête, Alex, oder bist du nur über deinen großen Zeh gestolpert?« foppte ihn eine der Tänzerinnen, als er zum x-tenmal einen wirklich kinderleichten Sprung verpatzte. »Es ist die verdammte Hitze«, entgegnete er lahm. »Oder ich brüte irgendwas aus.« Zu seinem Ärger winkte ihn Lisa zu sich. »Mir ist auch schon aufgefallen, daß du heute überhaupt nicht in Form bist, Alex«, kommentierte sie mit einem überlegenen Lächeln. Alex unterdrückte eine Antwort und zuckte nur mit den Schultern. »Es ist die Hitze«, wiederholte er und sah sich auf dem Tankstellengelände um. Über den betonierten Fahrwegen flimmerte die Luft, und in der unbarmherzigen Sonnenglut wirkte das ganze Ambiente noch schäbiger als sonst. »Ich glaube, mehr holen wir aus dem Haufen heute nicht mehr raus«, setzte er hinzu, denn es zog ihn verzweifelt nach Hause. Er wollte duschen und sich vor seinem Treffen mit Meredith noch etwas ausruhen. Wenn Lisa nicht aufgekreuzt wäre, hätte er die Truppe heute früher heimgeschickt. »Sie haben sich wacker geschlagen, aber ich glaube, wir haben für heute alle genug.« Lisa musterte ihn aus zusammengekniffenen Augen. »Die Dreharbeiten für dieses verdammte Video beginnen in weniger als einer Woche«, entgegnete sie mit scharfer Stimme. »Und nach den Resultaten,
die ich bisher gesehen habe, glaube ich nicht, daß sich einer von euch erlauben kann, sich einen lockeren Tag zu machen.« Wie ein Schuljunge, der von der Direktorin getadelt wird, verschränkte Alex die Hände hinter dem Rücken, starrte betreten zu Boden und vergrub die Zehen im Staub. Lisa seufzte. »Also gut«, lenkte sie nach einem Blick auf ihre Armbanduhr ein. »Vielleicht war ich ein bißchen zu streng mit euch. Was hältst du davon, wenn wir noch eine Stunde konzentriert arbeiten und dann für heute Schluß machen?« Lisas Meinungsumschwung brachte Alex dazu, den Blick zu heben und ihr ein dankbares Lächeln zuzuwerfen. »Danke, Lisa«, sagte er. »Ich glaube, die anderen werden das ebenfalls zu schätzen wissen.« Lisa nickte und lächelte zurück. »Aber glaub bloß nicht, ich tue das aus purer Menschenfreundlichkeit«, setzte sie warnend hinzu und ließ ihr Lächeln in die Breite fließen. »Da steckt ein ganz persönliches Motiv dahinter.« »Ach ja?« Alex’ Stimmung, die gerade dabei war, sich aufzuhellen, verdunkelte sich wieder. Lisa griff nach seinem Handgelenk, zog ihn zu sich heran und drückte seine flache Hand an ihre Brust. »Wenn ich mich recht entsinne«, flüsterte sie mit heiserlasziver Stimme, »haben wir beide noch ein Geschäft abzuwickeln, Alex. Ich dachte mir, heute abend wäre vielleicht ein guter Zeitpunkt dafür.« Sie klapperte mit den Augenlidern und sah Alex herausfordernd an. Widerwillig spürte er, wie sich ihr Nippel unter seiner Handfläche aufzurichten begann. »Wir könnten erst was trinken gehen«, fuhr sie fort, indem sie seine Hand freigab. »Und anschließend sehen wir weiter…« Alex kam sich vor, als stehe er mit verbundenen Augen an der Wand und warte auf das Kommando des Exekutors, das Feuer auf ihn zu eröffnen. Trotzdem brachte er die Andeutung eines Lächelns zustande. »Ja, wir gehen auf einen Drink«, versprach er. »Sobald wir hier fertig sind.« Was ihre weiteren Pläne für diesen Abend betrifft, dachte Alex, als er sich umdrehte, um sich wieder zu seiner Truppe zu gesellen, da muß ich mir was Schlaues einfallen lassen. Noch im Gehen sandte er ein Stoßgebet gen Himmel mit der Bitte um eine göttliche Eingebung.
Wenn es zum Schlimmsten kam und er sich zwischen seiner Arbeit und Meredith entscheiden mußte, hätte er nicht gewußt, was er tun würde. Ohne eine Ahnung, daß sie Gefahr lief, versetzt zu werden, summte Meredith fröhlich vor sich hin, als sie die Accessoires betrachtete, die sie auf ihrem Bett ausgebreitet hatte. Sie hatte fast den ganzen Tag gebraucht, um die einzelnen Kleidungsstücke in ihrer Größe zu finden. Mehr als einmal sah sie sich den neugierig-fragenden Blicken der Verkäufer ausgesetzt, als sie erklärte, die Sachen für ihre Nichte zu kaufen, die zufällig dieselbe Größe habe wie sie. Ob die wohl viele solche Kunden haben wie mich, fragte sie sich und strich lächelnd über die Falten des kurzen schwarzen Röckchens, das sie erstanden hatte. Was diese Art von Fantasie betraf, waren Schuluniformen wohl nicht so unüblich, dachte sie und überlegte, daß es bestimmt spezielle Läden gab, die Erwachsenengrößen führten. Sie hatte Glück, daß es viele Schulmädchen gab, die ungefähr so groß waren wie sie – manche, hatte sie bemerkt, waren sogar noch größer. Nachdem ihr nur noch eine Stunde bis zu ihrem Rendezvous mit Alex blieb, entschloß sie sich, mit dem Umziehen zu beginnen. Die halterlose Nylons kamen zuerst – schwarz mit einer breiten Spitzenbordüre –, dann ein weißer Baumwoll-BH und weiße Schlüpfer. Sie wollte so authentisch wie möglich aussehen, trotz der frivolen Nylons, die Alex jedoch erst dann als solche erkennen würde, wenn sie sie ihm enthüllte. Dann kam eine adrette weiße Baumwollbluse mit kurzen Ärmeln und der schwarze Rock. Meredith strich den Rock glatt und musterte sich kritisch im Spiegel, beugte sich vor und zur Seite, um sicherzugehen, daß der Spitzenrand der Strümpfe beim Bücken nicht zu sehen war. Der Rock, der zwei Handbreit über dem Knie endete, war kurz, aber nicht zu kurz. Später, überlegte sie, konnte sie den Bund immer noch ein paarmal umschlagen. Jetzt kam noch die Krawatte, ein schwarz-gelb-beige gestreiftes Modell. Sie band sie locker und ließ die obersten Knöpfe der Bluse offen. Das wirkte ganz echt, zumal, wenn man die Hitze ins Kalkül zog und bedachte, daß die Schule um diese Tageszeit schon vorbei war. Und trotzdem ein bißchen liederlich. Ein schwarzer, gelb paspelierter Filz-
hut mit breiter Krempe vervollständigte ihr Schulmädchenkostüm. Sie warf abermals einen Blick in den Spiegel, schob den Hut in den Nakken, so daß er keck auf ihrem Hinterkopf saß, und streckte ihrem Spiegelbild die Zunge raus. »Gut gemacht, Meredith«, gratulierte sie sich zu ihrem Werk. »In diesem Aufzug wird Alex dir wohl kaum widerstehen können.« Sie saßen draußen vor einen italienischen Restaurant, gleich um die Ecke von der Tankstelle. Alex schaute zum hundertstenmal auf seine Armbanduhr und stöhnte innerlich. Es war bereits zehn vor sechs, und bis jetzt war ihm immer noch keine gute Ausrede eingefallen, mit der er sich von Lisa hätte absetzen können. Jetzt oder nie, dachte er und stand abrupt auf. »Entschuldige mich eine Sekunde, Lisa«, unterbrach er sie mitten in ihrem Satz. »Ich muß ganz dringend telefonieren, und der Empfang meines Handys ist hier nicht gut.« Sie lächelte zu ihm hoch. »Mach schnell«, sagte sie. »Ich bestelle uns inzwischen noch eine Flasche Wein.« Alex nickte, glücklich, ihr endlich entfliehen zu können. Er ging ein paar Schritte die Straße hinunter und tat so, als prüfe er den Empfang seines Handys. Als er glaubte, sich weit genug von Lisas neugierigem Blick und aus ihrer Hörweite entfernt zu haben, wählte er Meredith’ Nummer. Zu seiner Enttäuschung klingelte es nur, niemand hob ab. Sie wartete wahrscheinlich schon unten auf ihn, überlegte er niedergeschlagen. Er stellte sich vor, wie sie auf dem Treidelpfad stand und in Richtung High Street spähte und nach ihm Ausschau hielt. Vielleicht glaubte sie auch, er sei schon zu Hause, sinnierte er. Jetzt sah er sie an die Mauer des umgebauten Lagerhauses gelehnt und zu seiner Wohnung hinaufblicken. Dieses Bild gefiel ihm besser, entschied er, von einer leichten Erregung erfaßt. Vor seinem inneren Auge nahm das Bild, wie sie lässig an der Mauer lehnte, eine ganz deutliche Gestalt an. Das eine Bein angewinkelt, den Fuß flach an die Hausmauer gestützt, die Hände in die Hüften gestemmt. Vielleicht kaute sie träge und mit halb geöffneten Lippen auf einem Kaugummi herum. Das würde das Bild definitiv abrunden. Trotz des fortwährenden Klingelzeichens tat Alex so, als spräche er mit jemandem, für den Fall, daß Lisa ihn beobachtete. Er brauchte ein paar Minuten zum Nachdenken. Er mußte sich eine Ausrede einfallen
lassen, die so plausibel klang, daß Lisa ihn in aller Freundschaft ziehen ließ. Die Arbeit an diesem Video wollte er sich nämlich keinesfalls vermasseln. Dabei ging es ihm nicht nur um seine Karriere oder Glaubwürdigkeit, sondern auch um die anderen Tänzer, für die er sich verantwortlich fühlte. Schließlich beendete er sein fiktives Telefongespräch, indem er das Handy wieder zusammenklappte. In seinen Ohren klang das unentwegte Klingeln fort und verebbte langsam zu einem dumpfen Hämmern. Verdammt! Sein Hirn war wie leergefegt. Ausgerechnet jetzt ließ ihn sein Improvisationstalent völlig im Stich. Wie ein geprügelter Hund schlich er an den Tisch zurück und ließ sich in seinen Stuhl fallen. »Alles okay?« erkundigte sich Lisa gutgelaunt. Alex brachte ein stummes Nicken zuwege und griff nach der Weinflasche. Wenn er Meredith nicht haben konnte, dann wollte er sich wenigstens besaufen. Meredith hatte den Punkt der Verzweiflung bereits überschritten. Anfangs war sie nur leicht beunruhigt gewesen. Nach einer Weile jedoch geriet sie immer mehr in Panik, die sich zur Verzweiflung gesteigert hatte – und jetzt kochte sie vor Wut. Wie konnte dieser Kerl es wagen, sie zu versetzen! War das seine Vorstellung von einem Scherz, mit dem er sich bei ihr revanchieren wollte? In ihrer Wut wünschte sie ihm die Pest an den Hals, hätte ihn mit Genuß unter die Räder eines Omnibusses gewünscht. Doch im selben Moment verwarf sie diese rachsüchtigen Gedanken, bei denen sich sofort ihr schlechtes Gewissen meldete und die sie traurig stimmte. Eigentlich wünschte sie ihm gar nichts Schlechtes. Sie wünschte sich nur, daß er demnächst um die Ecke bog. Doch so sehr sie sein Erscheinen herbeiwünschte, er kam nicht. Sie hatte keine Ahnung, wie spät es war. Sie wußte nur, daß sie um Viertel vor sechs die Wohnungstür hinter sich zugemacht hatte. Wenn sie für den Weg durchs Treppenhaus und hinaus auf den Treidelpfad zwei Minuten veranschlagte, war Alex bestimmt schon eine ganze Stunde zu spät dran. Also schön, Mister, dachte sie wutentbrannt. Wenn Mohammed nicht zum Berg kommt, dann kommt dieser verdammte Berg eben zu Mohammed. Und du kannst Gift darauf nehmen, daß er dann Feuer spuckt wie ein Vulkan.
Vielleicht ist er noch oben in seiner Wohnung, überlegte Meredith und stapfte entschlossen über die schmale Brücke, die den Kanal überspannte. Doch diesen Weg hätte sie sich sparen können. Nachdem sie geschlagene fünf Minuten mit der Faust an seine Wohnungstür gehämmert hatte, mußte sie einsehen, daß er wirklich nicht zu Hause war. Und was mache ich jetzt? fragte sie sich. Plötzlich kam ihr der Gedanke, daß er womöglich bei der Arbeit aufgehalten worden sein könnte. Na gut, wenn das der Fall war, würde sie seine verlegenen Entschuldigungen huldvoll entgegennehmen. Schon erheblich besser gestimmt, versuchte sie, sich an die Adresse der Tankstelle zu erinnern, wo Alex dieses Video vorbereitete. Dann lief sie den Treidelpfad entlang und schlug die Richtung zur High Street ein. Ohne sich um die neugierigen Blicke der Passanten zu kümmern, die ganz ungeniert dem jungen Schulmädchen mit den langen Beinen, dem wogenden Busen und dem entschlossenen Gesichtsausdruck hinterhergafften, winkte sie das erste freie Taxi heran.
15 »Alex, ich habe den Eindruck, daß du mir gar nicht zuhörst. Alex!« »Was?« Alex fuhr zusammen. Der scharfe Klang von Lisas Stimme hatte ihn aus seinen Tagträumen gerissen. Er griff nach seinem Glas und kippte den Inhalt auf einen Sitz hinunter. Mit einem schiefen Grinsen richtete er den Blick auf Lisa, die ihm gegenübersaß. »Verzeihung«, entschuldigte er sich höflich. »Ich hab’ nicht ganz mitgekriegt, was du eben gesagt hast.« Lisas Blick war kalt wie Stein. »Das wundert mich gar nicht«, schnappte sie. »Der wievielte war das schon?« Alex starrte in das leere Glas, das er in der Hand hielt. In seiner Verzweiflung war er von Wein auf Scotch umgestiegen. Er zuckte die Achseln. »Weiß nicht«, schlurrte er, »ein paar.« Lisa stieß ein verächtliches Zischen aus, das Alex an den Nerven zerrte. Er haßte Frauen, die ihn überwachten: Was er aß, wieviel er trank, wie lange er sich mit dieser oder jener Frau unterhielt… »Komm, sei doch kein Spielverderber, Lisa«, meinte er mutig. »Schließlich war es doch deine Idee gewesen, noch auf einen Drink zu gehen.« »Einen Drink, Alex«, verbesserte sie ihn. »Von zwei Flaschen Wein war nicht die Rede gewesen. Verdammt!« Sie lehnte sich zurück und seufzte. »Was, zum Teufel, ist nur in dich gefahren? Ich dachte, dieser Abend war auch in deinem Sinn. Jeder andere Mann würde Fliegen fressen – wie meine Großmutter immer sagte –, um mit Lisa Blair ein Glas Wein trinken zu dürfen.« Sie musterte ihn mit einem nachdenklichen Blick. Doch dann schlich sich ein heiteres Lächeln auf ihr Gesicht. Alex starrte sie wortlos an. Er war froh, daß Lisa nicht mehr sauer auf ihn war. Wenn sie so lächelte wie jetzt, war sie sogar sehr attraktiv. Mehr als das. So, wie sie ihn jetzt gerade ansah, könnte er sich sogar zu gewissen Dingen hinreißen lassen… »Alex, du bist schon wieder ganz woanders«, tadelte ihn Lisa freundlich.
»Entschuldige.« Er setzte ein reumütiges Grinsen auf und fuhr sich verlegen durchs Haar. Wenn er nur ein bißchen klarer im Kopf wäre, könnte er den Abend mit Lisa wirklich genießen. Vorausgesetzt, er könnte sich des nagenden Gefühls entledigen, daß er eigentlich woanders erwartet wurde… In dem Augenblick wurden Alex und Lisa von dem Motorengeräusch eines Taxis abgelenkt, das vor ihnen am Gehsteig anhielt und dem ein junges Mädchen entstieg – rückwärts. Alex’ Blick verwandelte sich ein fassungsloses Glotzen, als er sah, wie der kurze schwarze Faltenrock über ihren Hintern hochrutschte und einen schmalen Streifen Oberschenkel über dem spitzenbesetzten Bund von halterlosen Nylons enthüllte. »Heiliger Bimbam!« entfuhr es ihm. Lisa, fiel ihm auf, als er seinen Blick von diesem atemberaubenden Hinterteil losriß und ihn wieder seinem Gegenüber zuwandte, schien keineswegs so beeindruckt zu sein wie er. »Was sich ihre Eltern wohl dabei denken, sie so auf der Straße herumrennen zu lassen«, bemerkte sie spitz. »Die sieht ja aus wie ein schamloses Flittchen.« »Ja, das tut sie tatsächlich«, sinnierte Alex laut. Genau die Sorte von Flittchen, das er mit Freuden angebaggert hätte. Er gönnte sich noch einen schnellen Blick auf das Mädchen, das anscheinend gerade den Fahrer bezahlte. Ihre lange blonde Mähne war zu einem hohen Pferdeschwanz zusammengerafft. Die Haarspitzen reichten bis hinunter zum Rückenteil ihres BHs, der unter der dünnen Baumwollbluse deutlich zu sehen war. »Alex, hör um Himmels willen auf, so zu glotzen!« zischte ihm Lisa zu. »Sie ist minderjährig – also spar dir deine unzüchtigen Gedanken.« Alex schürzte die Lippen. Er dachte über den Ausdruck ›minderjährig‹ nach, dessen Klang so angenehm in seinen Ohren summte. Im Schutz der Tischplatte begann sich sein Schwanz lüstern aufzurichten. Für den Bruchteil einer Sekunde erlaubte er seiner Fantasie, sich vorzustellen, daß das Mädchen auf ihn zugeschlendert käme, sich rittlings auf seinen Schoß setzte und sich mit seinem harten Schwanz pfählte. Oh, la, la, das würde Lisa das Grinsen vom Gesicht wischen, dachte er bei sich.
Erregt, wie er war, beobachtete er, wie das Mädchen sich umdrehte und ihn direkt anschaute. Im selben Moment spürte er, wie sein wollüstiges Grinsen zerbröckelte und sein Ständer in sich zusammenschrumpfte. »Meredith«, keuchte er. Plötzlich fiel ihm wieder siedendheiß ein, wo er eigentlich hätte sein sollen. Sie lächelte ihn an und schwenkte dabei ihren Pferdeschwanz auf eine Art herum, die keck und unheilverkündend zugleich war. Sie kam geradewegs auf ihn zu. »Onkel Alex«, rief sie mit einem zuckersüßen Lächeln. »Ich hatte gehofft, daß ich dich hier treffe.« Alex glaubte, im Erdboden zu versinken. Wie wunderbar wäre es, überlegte er, wenn sich jetzt unter ihm eine Treibsandwehe bilden und ihn verschlucken würde. »Kennst du das Mädchen, Alex?« hörte er Lisa fragen. Ihre Stimme schien aus weiter Ferne zu kommen und drang kaum durch das Dröhnen in seinem Kopf. Meredith nahm ihm die Antwort ab. Sie setzte sich unaufgefordert auf den freien Stuhl an ihrem Tisch und rückte ihn dann so nahe an Alex heran, daß er nicht umhin konnte, ihren Oberschenkel an seinem vorbeistreifen zu spüren. »Aber sicher kennt er mich«, erklärte sie mit einem raschen Seitenblick auf Alex. »Er ist doch der jüngste Bruder meines Vaters. Aber für einen Onkel ist er ziemlich affengeil, finden Sie nicht auch?« »Oh, doch, absolut«, murmelte Lisa, beinahe ebenso geplättet wie Alex. »Er ist wirklich, äh, affengeil.« Der Kellner, der zu ihnen an den Tisch kam, unterbrach ihre merkwürdige Unterhaltung. »Noch etwas zu trinken, Sir, Madam?« fragte er, den Kugelschreiber über seinem Bestellungsblock gezückt. Meredith beugte sich über den Tisch, wobei sie mit ihrem Busen absichtlich Alex’ Oberarm streifte. »Sie sehen super aus«, schnurrte sie lasziv. Der Kellner, ein junger Italiener Anfang Zwanzig, verlor ob dieser unverblümten Anmache sichtlich die Nerven. »Soll ich noch eine Flasche Chianti bringen?« fragte er, den Blick starr auf Lisa geheftet.
Meredith zuckte gleichgültig die Achseln, lehnte sich in ihrem Stuhl zurück und begann, das Gummiband ihres Pferdeschwanzes abzuziehen und wieder drumzuwickeln. Dazu hob sie beide Arme hinter den Kopf, bog den Rücken durch und reckte die Brüste so übertrieben nach vorn, daß sich die Blicke aller Anwesenden, einschließlich Lisas, auf sie richteten. »Ja, wir nehmen noch eine Flasche Chianti«, sagte Lisa und wandte ihre Aufmerksamkeit dem völlig verdutzten Kellner zu. »Und bringen Sie bitte noch ein Glas und eine Flasche Mineralwasser für die junge Dame hier.« Ihre letzten Worte troffen förmlich vor Sarkasmus. Der Kellner machte sich sichtlich erleichtert aus dem Staub, wohl aber mit dem Wissen, daß die Blicke dieses jungen Mädchens ihm gnadenlos folgten. Kurz darauf drehte sich Meredith zu Alex um und blinzelte ihm schelmisch zu. »Komisch«, piepste sie, »irgendwie habe ich plötzlich unheimlich Appetit auf ein saftiges Stück Salami.« Alex, der sich noch immer in einem Stadium akuter Panik befand, nahm – verzweifelt nach dem betäubenden Effekt des Alkohols gierend – einen großen Schluck Wein aus seinem Glas und verschluckte sich dabei. Lisa musterte Alex und Meredith mit einem frostigen Blick. »Solltest du um diese Zeit nicht über deinen Hausarbeiten sitzen?« meinte sie spitz und konsultierte dabei ihre Armbanduhr. Meredith nickte nur. Dann nahm sie Alex das Weinglas aus der Hand und trank, sehr zu Lisas Mißfallen, gelangweilt einen großen Schluck. »Ach, wissen Sie«, meinte sie nach einer Weile, »deshalb habe ich Onkel Alex ja gesucht. Er hat mir versprochen, mir bei meinem Biologiereferat zu helfen.« Der Blick, mit dem Lisa daraufhin Alex festnagelte, schien ihm tausend Fragen an den Kopf zu werfen. Er stöhnte innerlich. So sehr er sich auch anstrengte, es wollte ihm nicht gelingen, sich so tief in seinen Stuhl zu verkriechen, daß er unsichtbar wurde. Der Kellner kehrte an den Tisch zurück und stellte jedem ein frisches Glas hin. Meredith, offenbar immer noch in übermütiger Laune, packte den armen Kerl am Handgelenk, als dieser die Weinflasche auf den Tisch stellen wollte.
»Mein Gott, was Sie für starke Hände haben«, säuselte sie verführerisch und blinzelte ihn unter ihren langen Wimpern an. »Kommen Sie doch mal rüber an meine Seite, damit ich sehen kann, ob Ihr Hintern genauso verkniffen ist wie Lisas Lächeln.« Mit einem entschuldigenden Blick zu Lisa und Alex stellte der junge Kellner rasch die Flasche ab und trat die Flucht an. Meredith, entspannt in ihrem Stuhl zurückgelehnt, kicherte. »Was für eine Laus ist denn dem über die Leber gelaufen?« sagte sie und fügte nach einer kurzen Pause hinzu: »Ich hoffe, er ist wegen meiner Wenigkeit so aus dem Häuschen.« Ohne sich um die gespannte Atmosphäre rings um den Tisch zu kümmern, griff Meredith nach der Weinflasche. Sie schenkte sich ihr Glas voll und schlug dabei so die Beine übereinander, daß ihr Rock bis über den Spitzenbund ihrer Strümpfe hochrutschte. Ein gutes Dutzend Männer an den Nachbartischen verdrehten die Hälse, um einen Blick auf ihre Schenkel zu erhaschen. Mit einem frechen Grinsen hob Meredith das Glas und prostete ihnen zu. »Okay, ex und hopp, meine Herrschaften!« Die nächste halbe Stunde erschien Alex wie eine Ewigkeit. Meredith plapperte ohne Punkt und Komma, unterhielt Lisa mit albernen Schulmädchengeschichten, eine Vorstellung, zu der ihr Alex unter anderen Umständen applaudiert hätte. Ihre Show war absolut überzeugend. Sie gab sich unschuldig-naiv und im nächsten Moment wie das ausgekochteste Flittchen. Eine Kombination, die Alex trotz seines Unbehagens unheimlich aufregend fand. Wenn sich Lisa doch bloß in Luft auflösen würde, betete er schweigend. Selbst ein blinder Bombenalarm wäre ihm als Ablenkungsmanöver recht gewesen. Als hätte irgendeine höhere Macht sein verzweifeltes Flehen erhört, klingelte Sekunden später Lisas Handy. Sie meldete sich sofort und warf Alex dann einen entschuldigenden Blick zu. »Es ist privat«, flüsterte sie ihm zu. »Hast du etwas dagegen, wenn ich mich kurz an einen anderen Tisch setze?« Alex nickte eifrig, überglücklich vor Erleichterung. »Aber nicht doch. Ich muß ohnehin kurz dahin verschwinden, wo der Kaiser zu Fuß hingeht, und Meredith hat sicher nichts dage…«
»Nein, überhaupt nicht«, zirpte Meredith und hüpfte aus ihrem Stuhl. »Ich muß auch mal Pipi. Geh voraus und zeig mir den Weg, Onkel Alex.« Die Herren- und Damentoiletten befanden sich im Untergeschoß des Restaurants, am Ende einer langen Treppe. Alex schaute sich kurz um, um sicherzugehen, daß niemand sie beobachtete, und zerrte Meredith in die Damentoilette. Dort vergewisserte er sich nochmals, daß sie allein waren, stellte einen Stuhl unter die Türklinke und drehte sich dann, dunkelrot vor Wut, zu ihr um. Meredith starrte ihn mit offenem Mund an. Angst stieg ihr in der Kehle hoch. Seine Augen funkelten gefährlich, sein Gesichtsausdruck war der eines Irren. Meredith öffnete ihre zu Fäusten geballten Hände und hob eine vor sich in die Höhe, als wollte sie sich vor ihm schützen. »Bitte, sei nicht böse auf mich, Alex – «, begann sie. Doch Alex ließ sie gar nicht erst ausreden. Er packte sie und stieß sie rückwärts an die Wand. Dann baute er sich vor ihr auf und starrte auf ihre ängstlich geweiteten Augen herab. »Nicht böse«, knurrte er. »Was, zum Teufel, soll denn das Theater?« Obwohl ihr Herz vor Angst raste, zuckte Meredith nicht mit der Wimper. »Was, zum Teufel, das Theater soll? Was, zum Teufel, ziehst du hier für eine Show ab? Ich habe über eine Stunde auf dich gewartet, hab’ schon befürchtet, du seist unter einen Bus gekommen oder so was, während du dir hier die ganze Zeit lustig einen hinter die Binde kippst und mit Miß Kneifarsch flirtest!« Alex spürte, wie bei Meredith’ Bezeichnung für Lisa trotz seiner Wut ein Lächeln an seinen Mundwinkeln zu zupfen begann. »Miss Kneifarsch, wie du sie nennst«, erklärte er, immer noch um einen wütenden Ton bemüht, »ist Lisa Blair. Du weißt doch – die Sängerin. Sie ist diejenige, die mir momentan meine Brötchen bezahlt.« Meredith’ Augen wurden groß wie Untertassen. »Die ist – für die – «, stammelte sie. Alex nickte bedeutungsvoll. »Ich habe versucht, dich anzurufen«, sagte er. »Ungefähr zehn vor sechs war das. Aber niemand hat abgehoben.«
»Da war ich schon weg«, entgegnete Meredith kleinlaut und schlug die Augen nieder. »Ich konnte es nicht erwarten, dich zu sehen. Ich – « Sie blickte zu ihm hoch und bemerkte, daß Alex sie ganz merkwürdig ansah. Unversehens begann ihr Herz schneller zu schlagen. »Weshalb konntest du nicht erwarten, mich zu sehen?« fragte er sie mit leiser Stimme. Sie zuckte die Schultern. Der Griff seiner Hände, die immer noch ihre Schultern festhielten, wurde lockerer. »Sag’s mir«, verlangte er schon freundlicher. Meredith hielt seinem Blick unverdrossen stand, die blauen Augen strahlend und voller Leben. »Weil ich dich wahnsinnig begehre, deshalb«, sagte sie, erschrocken über ihr Geständnis. »All die Male, wo du mich beobachtet hast, habe ich mir gewünscht, daß du mich berührst, nur ein einziges – « Der Rest des Satzes verklang unhörbar. »Dich berühren?« Alex gab sich verwirrt. »Wieso?« Sein Tonfall klang ein bißchen spöttisch, als er langsam eine Hand hob und mit den Fingern seitlich an ihrem Gesicht entlangstrich. Meredith hielt ganz still, wagte kaum zu atmen. Seine Liebkosung war sanft wie der Atem eines Engels. Seine Finger streichelten ihr Gesicht und wanderten dann seitlich an ihrem Hals herab. Sie hüpften über den Kragen ihrer Bluse und steuerten ihre Brüste an. Dort verharrten sie und spreizten sich, um das weiche Fleisch zu umfassen. »Ah!« schrie sie leise auf und drückte ihre vor Erregung schmerzende Brust stärker in seine gewölbte Hand. »Oh, das ist gut. Ja.« Er ließ seine Handfläche auf ihrem geschmeidigen Fleisch kreisen. Mit der anderen Hand umfaßte er ihr Kinn und preßte seine Lippen stürmisch auf ihren Mund. Von einer seltsamen Leichtigkeit erfaßt, schien es Meredith; als verliere sie den Boden unter den Füßen, als hielten nur der harte Druck seines Körpers, seiner Hand, seiner Lippen sie noch aufrecht. Ihre Arme machten sich selbständig, fuchtelten wie wild herum. Dann warf sie sich gegen ihn, hielt sich an seinem Hemd fest. Unter ihren Fingerknöcheln konnte sie die einzelnen Muskeln spüren, als sie seinen Rükken knetete. Sein Mund auf ihren Lippen war heiß und feucht. Seine Lippen preßten sich härter auf die ihren, seine Zunge drängte sich dazwischen
und drang tief in ihre Mundhöhle vor. Ihr Herz schlug wie wild, der Atem blieb ihr in der Kehle stecken. Hilf mir, schrie sie lautlos. Ich ertrinke! Sie war am Ertrinken. Das sagte ihr der Druck auf ihrer Brust, der sie zu ersticken drohte, und das feuchte Prickeln zwischen ihren Beinen. Eine riesige Welle der Lust hatte sie erfaßt, von deren übermächtigen Strömung sie wehrlos mitgerissen wurde. Völlig hilflos trieb sie dahin, wurde in die Tiefe gesogen, immer tiefer, bis eine samtene Dunkelheit ihren Verstand umfing und außer Gefecht setzte. »Fick mich!« schrie sie. »Fick mich, Alex, oder ich bring dich um, so wahr mir Gott helfe!« Zu ihrer maßlosen Überraschung wich Alex zurück und lachte lauthals los. Es war das Gelächter eines Wahnsinnigen. »Dich ficken?« stieß er hervor. »Was ist mit unserem Spiel, Meredith? Den Regeln?« Meredith warf ihren Kopf hektisch von einer Seite zur anderen. »Scheiß doch auf die Regeln – scheiß doch auf dieses verdammte Spiel! Ich will dich, du Blödmann, das weißt du ganz genau!« Sie begann so hektisch an seinem Hemd zu zerren, daß die Knöpfe in alle Richtungen absprangen. Einer prallte mit einem leisen ›Pling‹ von den Bodenfliesen ab. Das Geräusch reizte Meredith irgendwie zum Lachen. Sie wollte nur noch lachen und lachen, bis sie keine Luft mehr bekam. Alex betrachtete sie mit einer rätselhaften Miene. In seinem Inneren fochten die unterschiedlichsten Gefühle einen erbitterten Kampf aus. Dann hörte er Stimmen draußen auf dem Flur. Wenn er etwas unternehmen wollte, dann jetzt oder nie. Viel länger konnten sie wohl kaum unentdeckt bleiben. Lisa würde ihnen bestimmt demnächst einen Suchtrupp hinterherschicken – oder schlimmer noch, sich selbst auf die Suche nach ihnen begeben. Alex unterbrach seine Gedanken und sah Meredith genauer an. Ihr Haar war völlig zerzaust, die Augen funkelten wie die einer Wildkatze. Ihre Lippen waren von seinen Küssen geschwollen, und die Brüste unter ihrer dünnen Bluse hoben und senkten sich heftig unter jedem ihrer Atemzüge. »Wenn ich dich jetzt ficke, ist unser Spiel damit zu Ende«, sagte er langsam.
»Nein, das muß nicht sein.« Meredith schüttelte den Kopf. Ihr Gesichtsausdruck war auf einmal ganz ernst und hoffnungsvoll. In ihren Augen blitzte es leidenschaftlich, als sie die Vorderteile seines Hemds auseinanderschob und seine Brust zu streicheln begann. »Sag jetzt nichts mehr dazu, Alex«, drängte sie atemlos. »Sag überhaupt nichts mehr. Fick mich einfach.« Beinahe gegen seinen Willen spürte Alex, wie sein Schwanz in der Hose steif wurde und seine Finger den Weg zu den Knöpfen ihrer Bluse fanden. Im Nu hatte er sie aufgeknöpft, und sein Atem kam in immer kürzeren Stößen, als die heftig auf und ab wogenden Halbkugeln ihrer Brüste in Sicht kamen. Eingebettet in die Körbchen eines schlichten weißen BHs hoben sie sich ihm unschuldig und appetitlich entgegen. Während er den Kopf senkte, um an dem entblößten Fleisch zu knabbern, wanderten seine Hände an ihren Schenkeln aufwärts. Sie ertasteten den spitzendurchwirkten Bund der Strümpfe und das seidige Fleisch darüber. Am Bündchen der weißen Schlüpfer verharrten sie, bis Meredith sich lüstern an ihn zu drängen begann. Mit einem einzigen Ruck riß er ihr den weißen Baumwollslip vom Leib. »Oh«, keuchte sie, als sie die kalte Luft an ihren nackten Hinterbakken und zwischen den Beinen vorbeistreichen spürte. »Alex!« Als seine Finger tief in ihre verlangende Feuchtigkeit eintauchten, rieb sie sich an ihnen und schlang ein Bein um seine Hüfte. Alex hob sie hoch und setzte sie auf den Rand des Waschbeckens. Meredith quiekte leise auf, als sie das kalte Porzellan an ihrem Hintern spürte, und beobachtete dann wie in Trance, wie Alex einen Stuhl unter ihr eines Bein und den Mülleimer unter das andere stellte. Sie beugte sich vor und stellte mit einem lustvollen Kick fest, in welchem Abstand er diese Fußstützen aufgestellt hatte. Die Lippen ihres Geschlechts wölbten sich ihm unter dem Rock, der ihr bis an die Hüften hochgerutscht war, verlockend entgegen. Meredith, die es nicht erwarten konnte, ihre Brüste zu befreien, hakte den BH auf und schob ihn über das herausdrängende Fleisch. Sie fühlte sich frei. Hemmungslos. Wie eine Besessene, Sie umfaßte ihre Brüste und rieb mit den Daumen über die steifen, angeschwollenen Nippel. Eine neue Lustwelle überflutete sie, als sie merkte, wie Alex sie anstarrte, wie er sie förmlich mit seinen Blicken verschlang, als sie den
Reißverschluß seiner Hose aufzog. Unbehindert von irgendeiner Art von Unterhose schnellte ihr sein steifer Schwanz entgegen. Meredith starrte ihn aus glänzenden Augen an. Ungeduldig wirkte er und zu allen Schandtaten bereit. Gierig darauf, sich in ihren lechzenden Körper zu bohren. »Ja, oh, ja«, wimmerte sie, als Alex einen Schritt auf sie zu machte, mit einer Hand eine ihrer Pobacken packte und mit der anderen eine Brust. Sie warf den Kopf zurück, ihre Lider, schwer vor Wollust, senkten sich über ihre Augen, als sie spürte, wie der samtene Kopf seiner Eichel suchend an ihre feuchte Pforte stieß. Langsam glitt er in sie hinein. Oh, ja, dachte sie, kaum noch Herrin ihrer Sinne. Endlich… Mit dem nächsten tiefen Stoß raubte er ihr beinahe den Atem. Die Beine um seine Hüften geschlungen, zog sie ihn näher an sich heran. Ihre Vagina schien sich nach ihm zu verzehren, ihre inneren Muskeln hielten ihn umfangen, als wollten sie diese herrliche Männlichkeit mit Stumpf und Stiel in die Tiefe ziehen. Sie rutschte auf dem unangenehm kalten Porzellan hin und her, der schmale Rand drückte sich in das weiche Fleisch ihrer Hinterbacken, und als ob Alex ihre Qualen ahnte, schob er die Hände unter sie und nahm ihr ein wenig von ihrem Gewicht ab. Meredith fuhr mit den Händen unter sein Hemd, packte seine Schultern und vergrub die Nägel in seinem Fleisch. Alex stöhnte, ob vor Schmerz oder Lust, konnte sie nicht genau sagen. Vielleicht war es eine Mischung aus beidem. Wie eine Klette an ihn geklammert, drängte sie sich immer wilder an ihn, preßte ihre Brüste an seinen harten Brustkorb und rieb ihr hungriges Geschlecht an seinen Lenden. Alex nahm sie stürmisch und ohne jede Zärtlichkeit. Ganz anders, als er sich ihren ersten Liebesakt vorgestellt hatte. In seiner Fantasie hatte er sie ganz langsam und zärtlich erobern wollen, in einer lauschigen, intimen Umgebung. Diese Restauranttoilette war alles andere als intim, mit den Stimmen und Schritten draußen auf dem Flur und dem gelegentlichen metallenen Klicken, wenn jemand die Tür zur Herrentoilette öffnete. Trotz aller Widrigkeiten konnte er den Augenblick so genießen, wie er sich ihm bot. Seine ungehemmte Erotik und Intensität war überwältigend. Das Gefühl ihrer herrlichen Brüste und der harten Nippel, die sich an seiner nackten Haut rieben, und die weiche Fülle ihrer Hinter-
backen in seinen Händen hatten etwas ungeheuer Aufregendes. Aber was ihn am meisten überwältigte, war das köstliche Gefühl, in ihr zu sein. Mit seinem harten, gierig zuckenden Schwanz diesen feuchten und sich ihm verlangend öffnenden Körper zu erobern. Obwohl ihn die Lust schier um den Verstand brachte, war er imstande, seinen eigenen Orgasmus hinauszuzögern, bis er spürte, wie sich Meredith’ Körper verkrampfte. Er sah in ihr Gesicht, registrierte zufrieden den losgelösten, völlig verzauberten Ausdruck in ihren Augen, als schwebe sie auf einer unsichtbaren Wolke den höchsten Gipfeln der Ekstase entgegen. Dann begannen sich ihre inneren Muskeln mit saugenden Bewegungen um seinen Schwanz zu schließen, als wollten sie ihn auspressen. Er antwortete mit einem lauten Stöhnen, aus dem ein Schreckensschrei wurde, als plötzlich die Tür aufgerissen wurde. Mit großen Augen starrte er die Frau an, die auf der Schwelle stehengeblieben war, den Mund vor Schreck weit offen. »Lisa!« keuchte er, als das Beben seines Orgasmus etwas nachgelassen hatte. »Es ist nicht so, wie du denkst.« Obwohl er wußte, daß er gut daran täte, sich zurückzuziehen, ließ Alex seinen Schwanz in Meredith’ warmem Körper eingebettet. Ihr Gesichtsausdruck war seinem sehr ähnlich, stellte er fest, als er sein Abbild im Spiegel hinter ihr gewahrte. Meredith’ Beine lockerten ihren Griff um seine Hüften, und er zog langsam die Hände unter ihrem Hintern hervor. Dann drehte er den Kopf zu Lisa um, die immer noch auf der Türschwelle stand, die Hände in die Hüften gestemmt, völlig perplex und zum erstenmal sprachlos. Mit einem vernichtenden Blick, dessen Ziel Alex war, machte sie auf dem Absatz kehrt und knallte die Tür hinter sich zu. Als sie sicher sein konnte, daß Lisa weg war, starrte Meredith Alex mit schreckgeweiteten Augen an. »Verdammte Scheiße«, flüsterte sie. Sie fühlte sich, als hätte man sie mit einem kräftigen Tritt von Wolke sieben direkt auf den harten Boden der Tatsachen befördert. »Da hab’ ich dir ja was Schönes eingebrockt.« Jetzt erst zog Alex sich behutsam aus ihr zurück und probierte ein Lächeln, das ihm nicht recht gelingen wollte. Dann hob er sie vom Waschbecken herunter.
»Ich glaube, ich habe da auch ein bißchen mitgemacht«, meinte er. Er räusperte sich, schluckte und wünschte, er könnte seinen Kopf ebenso problemlos freimachen wie seine Kehle. Zerknirscht strich Meredith die Falten ihres Rocks glatt und knöpfte sich die Bluse wieder zu. Sie fühlte sich hundsmiserabel. Was ihr anfangs als gute Idee erschienen war und zu einem wunderbaren Resultat geführt hatte, schien jetzt für Alex schreckliche Konsequenzen nach sich zu ziehen. Er zog den Reißverschluß seiner Hose zu, steckte das Hemd in den Hosenbund, und versuchte es so zurechtzuziehen, daß es aussah, als wären noch alle Knöpfe dran. Dann hielt er die Hände unter den Wasserhahn und fuhr sich mit den nassen Fingern durchs Haar, um diesem den Anschein einer Frisur zu geben. Als er sich dann wieder halbwegs wie ein Mensch fühlte, wandte er sich wieder Meredith zu. »Was immer auch aus dieser Situation entstehen mag«, begann er mit ernster Miene, »du sollst wissen, daß ich nichts bereue, was zwischen uns passiert ist. Es war wunderschön. Wunderschön und fantastisch.« Er nahm Meredith’ Gesicht zwischen beide Hände und küßte sie. Meredith klammerte sich an ihn, als drohe sie wieder in einem Strudel zu versinken. Obwohl ihre Leidenschaft momentan abgekühlt war, verlangte es sie nach mehr, und gleichzeitig empfand sie ein Gefühl der Reue und Zärtlichkeit, das sie in der Form an sich nicht kannte. Ihre ganze Sorge galt Alex, an sich dachte sie überhaupt nicht. Was würde nun mit ihm geschehen? Würde Lisa ihn feuern – ihm erklären, daß sie auf seine weitere Mitwirkung an dem verdammten Video verzichten könne? »Blöde Ziegel«, murmelte Meredith vor sich hin. Endlich brachte Alex ein Lächeln zustande. »Nein, das ist sie nicht«, entgegnete er leise. »Wie sollte sie denn wissen, was zwischen uns abläuft? Für sie bin ich doch dein Onkel Alex, erinnerst du dich? Der schamlose Onkel Alex, der gerade auf dem Damenklo seine schulpflichtige Nichte gevögelt hat.« Damit warf er den Kopf in den Nacken und lachte los. Nach einer Schrecksekunde stimmte Meredith in sein Gelächter ein. Zum Glück konnte er auch die lustige Seite der Geschichte sehen. Die gab es tatsächlich. Das ließ sich nicht leugnen. Vielleicht, dachte sie
hoffnungsvoll, erinnern wir uns mit neunzig wieder an diese Geschichte und können noch einmal darüber lachen. »Ich glaube, ich verschwinde jetzt besser.« Sie drehte sich um und musterte sich kurz im Spiegel über dem Waschbecken. Da sich ihr Pferdeschwanz völlig aufgelöst hatte, zog sie das Gummiband herunter und ließ die Haare offen über die Schulter fallen. Alex griff in seine rechte Hosentasche und brachte einen Schlüsselbund zum Vorschein. Aus der anderen holte er seine Brieftasche, der er eine Zehn-Pfund-Note entnahm. »Ja, das wäre wohl am besten«, stimmte er ihr zu und gab ihr die Schlüssel und den Geldschein. »Hier, nimm das. Das Geld ist fürs Taxi. Fahr nach Hause und warte in meiner Wohnung auf mich. Bitte«, fügte er hinzu, als er ihre zweifelnde Miene bemerkte. »Ich muß mich noch eine Weile allein mit Lisa unterhalten, um ihr alles zu erklären. Mach es dir gemütlich, nimm ein Bad oder was immer du willst. Ich bring uns etwas zu essen mit.« Er machte eine kleine Pause und setzte ein durchtriebenes Grinsen auf. »Und danach«, fuhr er fort, »werde ich dich nach allen Regeln der Kunst verführen. So, wie ich das eigentlich immer vorgehabt hatte.« Meredith, die vor hingebungsvollem Verlangen schier dahinschmolz, beantwortete Alex’ Vorschlag mit einem entrückten Lächeln. »Nun«, hauchte sie leise, »wie könnte ich so einem Angebot widerstehen?« Dann gab sie ihm einen kleinen Stups gegen die Schulter. »Also los, geh schon. Geh zu Lisa und erklär ihr alles. Ich versuche inzwischen, mich unauffällig aus dem Staub zu machen.« Alex gönnte sich noch einen letzten Blick. Sie sah zum Anbeißen aus in dieser Schuluniform und strahlte einen Sex-Appeal aus, daß Alex ernste Zweifel kamen, ob es ihr je gelingen würde, unauffällig zu wirken. Dennoch war er dankbar für ihr Verständnis und daß sie ihm den Freiraum ließ, den er brauchte. Jetzt mußte er nur noch Lisa davon überzeugen, dachte er, als er Meredith einen letzten Kuß auf die Lippen hauchte, daß er nicht der perverse Nichtenverführer war, für den sie ihn wahrscheinlich hielt. Oben auf der letzten Treppenstufe angekommen, stellte Alex zu seiner Erleichterung fest, daß Lisa noch immer an ihrem Tisch saß. Es
hätte ihn nicht gewundert, wenn sie einfach weggegangen wäre. Als er dann ihre finstere Miene und die auf den Tisch trommelnden Fingerspitzen sah, wünschte er, sie hätte es getan. Die Sache schien nicht einfach zu werden. Er ließ sich auf den freien Stuhl ihr gegenüber fallen und überlegte fieberhaft, wie und wo er anfangen sollte. Lisa sah ihn an und sprach genau die Worte aus, die er sich gerade mühsam in seinem Kopf zurechtgelegt hatte. »Ich glaube, wir beide müssen gewisse Dinge zwischen uns klarstellen, Alex«, sagte sie. Er nickte stumm. Seine Hände flatterten unkoordiniert über die Tischplatte, bis seine Fingerspitzen ein Weinglas ertasteten. Er wußte nicht, ob es das seine war oder das von Meredith, aber es war noch halb voll. Er setzte es an die Lippen und stürzte den Inhalt gierig hinunter. »Glaubst du wirklich, daß dir das hilft, Alex?« fragte Lisa streng. »Anscheinend kannst du mit Alkohol nicht richtig umgehen. Ich habe mir darüber so meine Gedanken gemacht. Ein Talent wie du sollte sich nicht mit Alkohol zugrunde richten. Vielleicht solltest du mal einen Therapeuten – « »Ich brauche keinen Therapeuten«, fiel er ihr ins Wort. »Alles, was ich brauche, ist ein bißchen Zeit, um dir zu erklären, was sich dort unten abgespielt hat.« Im Augenwinkel sah er Meredith vorbeihuschen und ließ sich vom Anblick ihrer wallenden blonden Mähne und der schwarzen Nylons für einen Moment ablenken. Dann zwang er sich, sich wieder auf Lisa zu konzentrieren. Sie ließ ein unschönes, dünnes Lachen hören. »Dann erklär mal«, sagte sie spitz. Sie lehnte sich in ihrem Stuhl zurück und verschränkte die Arme. »Bin wirklich gespannt, welche Entschuldigung jemand auf Lager hat, der gerade seine eigene Nichte auf dem Damenklo gevögelt hat.« »Sie ist nicht meine Nichte«, murmelte Alex. »Das ist es ja gerade, was ich dir erklären wollte.« Lisa hielt ihre Arme weiterhin vor der Brust verschränkt, doch ihr Gesichtsausdruck wurde ein wenig weicher, wie Alex zu seiner Erleichterung feststellte. »Dann schieß mal los mit deinen Erklärungen«, meinte sie herausfordernd. »Ich bin ganz Ohr.«
16 Meredith konnte nicht begreifen, warum er so lange brauchte. Der merkwürdige Kitzel, den sie dabei empfand, sich allein in seiner Wohnung aufzuhalten, war inzwischen abgeflaut, und allmählich wurde es ihr langweilig. Was jedoch nicht abgeflaut war, war die Erregung, die sie jedesmal wieder aufs neue durchströmte, sobald sie an das Zusammensein mit Alex dachte. Obwohl der Liebesakt kurz gewesen war und ein dramatisches Ende gefunden hatte, hatte sie ihn als wunderschön empfunden. »Ich wette, die Alte gibt ihm ganz schön Zunder«, murmelte sie vor sich hin, als sie in seiner Wohnung herumwanderte. Gelangweilt betrachtete sie die Bücher und Fotos auf den Regalen und nahm seine CD-Sammlung in Augenschein – überwiegend Klassik und südamerikanische Musik. Auf einem der grob zusammengezimmerten Holzregale, die aussahen, als stammten sie von einer Baustelle, entdeckte sie einige Auszeichnungen für seine tänzerischen Leistungen. Er muß wirklich gut sein, überlegte sie und verspürte dabei ein gewisses Gefühl von Stolz, als sie die kleinen Statuetten genauer betrachtete. Dann fragte sie sich zum erstenmal, ob er nicht vielleicht berühmt war. Ballett und Tanz war ein Gebiet, auf dem sie nicht sonderlich bewandert war, aber um Preise zu gewinnen und für jemanden wie Lisa Blair an einem Video mitzuarbeiten, mußte man schon einen gewissen Namen haben. Die ungewollte Erinnerung an Alex’ Rachegöttin entlockte Meredith einen tiefen Seufzer. Dabei kam ihr beinahe unvermeidlich die Frage in den Sinn, ob er sie schon einmal gevögelt hatte. Einer Frau wie Lisa traute sie es ohne weiteres zu, ihn anzumachen. Vielleicht tat sie genau das im Augenblick. Nützte Alex’ Schuldbewußtsein schamlos aus, um sich ihren Teil bei ihm zu holen. Dieses Miststück! In ihrer Wut hieb Meredith mit der Faust auf die Sofalehne ein. Nur so konnte sie Lisa Blair sehen – als arrogantes, mannstolles Miststück. Meredith merkte, daß sie sich irgendwie beruhigen mußte, und schlenderte hinüber in Alex’ Badezimmer. Die große weiße Badewanne auf dem Podest sah sehr einladend aus. Im Vorbeigehen steckte sie den
Stöpsel in den Abfluß, drehte die goldenen Hähne auf und beobachtete, wie das heiße Wasser in die Wanne plätscherte und dabei dicke Dampfwolken produzierte. Sie ging hinüber in sein Schlafzimmer, wo sie sich ohne Eile auszog und dabei in der Erinnerung an seine Zärtlichkeiten schwelgte, als er ihren Körper Stück für Stück erobert hatte. Dann legte sie die Kleider ordentlich auf einen kleinen Hocker. Nachdem sie einen Blick ins Badezimmer geworfen und gesehen hatte, daß die Wanne noch nicht ganz vollgelaufen war, ging sie zurück in das spärlich möblierte Wohnzimmer, das Alex gleichzeitig als Studio diente. Dort nahm sie die Weinflasche, die sie vorher im Kühlschrank entdeckt hatte, und ihr leeres Glas und ging damit zurück ins Bad. Sie schenkte sich das Glas voll und stellte es nebst der Flasche auf dem niedrigen, wackeligen Wäschekorb neben der Wanne ab. Nachdem sie sich versichert hatte, daß das Wasser genau die richtige Temperatur hatte, drehte sie die beiden Hähne zu. Bevor sie in die Wanne stieg, blickte sie sich noch einmal kurz um. Dabei fielen ihr die vielen Kerzen auf, die auf dem Badezimmerregal standen. Sie hatten unterschiedliche Größen, aber alle die gleiche beige Farbe. In dem Glasschränkchen über dem Spiegel fand sie ein Päckchen Streichhölzer. Sie kam sich herrlich dekadent vor, als sie die Kerzen in dem winzigen Badezimmer verteilte, anzündete und dann das große Licht ausschaltete. Ganz plötzlich hatte sich das nüchterne Badezimmer in ein intimes Boudoir verwandelt. Um die romantische Stimmung zu vervollkommnen, ging Meredith noch einmal rasch ins Wohnzimmer zurück und suchte eine CD aus. Die schob sie in den CD-Player und stellte die Lautstärke so ein, daß die sanften Töne der Barockmelodie, die sie ausgewählt hatte, ihr bis ins Badezimmer folgten. Das, dachte sie, als sie sich in das dampfende Wasser gleiten ließ, ist absolutes Wohlbehagen. Sie wickelte ihr langes Haar zu einem festen Knoten zusammen, den sie mit dem Gummiband, das zuvor ihren Pferdeschwanz gehalten hatte, oben auf ihrem Kopf befestigte. Dann rollte sie ein Handtuch zusammen, legte es sich in den Nacken und ließ entspannt den Kopf zurücksinken. Gelegentlich griff sie zu ihrem Weinglas und trank einen kleinen Schluck. Der Alkohol und das heiße Badewasser taten ihrem Körper
und ihrer Seele gleichermaßen gut, glätteten die Falten, die ihre unglückliche Eskapade hinterlassen hatte. Sie war jetzt innerlich und äußerlich völlig entspannt und sah der Ankunft ihres Geliebten mit dem sicheren Gefühl erotischer Erfüllung entgegen. Sie war nicht aufgeregt. Sie war nicht nervös. Sie war… Nicht einmal mehr… Richtig wach… Alex glaubte schon, nie mehr von Lisa wegzukommen. Als er sich dann schließlich doch von ihr verabschiedete, geschah dies mit einem Gefühl tiefster Erleichterung. Zum Glück war sie wirklich gewillt, ihn anzuhören, und gab ihm sogar zu verstehen, daß sie ihm seine Geschichte glaubte. Noch wichtiger war: Sie glaubte immer noch an ihn. Sie wollte, daß er weiterhin an ihrem Video mitarbeitete, verlangte aber, daß er sich wirklich in die Arbeit kniete. Daß er nachmittags um drei das Handtuch warf, würde sie nicht mehr dulden, egal, wie heiß es draußen oder wie müde er war. Alex stimmte ihr von Herzen zu. Er war so froh, daß er bereit war, sich mit beinahe allem einverstanden zu erklären. Während der Taxifahrt dachte er an Meredith, die in seiner Wohnung auf ihn wartete. Es war ein schönes Gefühl, zu wissen, daß sie da war, wenn er heimkam. Dann dachte er wieder an ihr Stelldichein in der Toilette. An ihren Körper. Ihre Leidenschaft. Die entschlossene, begierige Art, wie sie ihn sich einverleibt hatte. Die Erinnerungen waren so intensiv, daß er von Sekunde zu Sekunde heißer auf sie wurde. Das erste, was er bemerkte, als er die Wohnungstür mit dem Ersatzschlüssel aufgesperrte, den er sich beim Hausmeister geholt hatte, waren die tiefen, wohltönenden Klänge von Vivaldis Konzert für Fagott in E-Dur. Er ging rasch zum CD-Player, um die Lautstärke etwas leiser zu stellen, und sah sich dann nach Meredith um. Wo steckte sie nur? Lange brauchte er nicht zu suchen. Selig schnarchend lag sie in der randvollen Badewanne. Er blieb in der Tür stehen und ließ die ganze Szenerie auf sich wirken. Die lustig flackernden Kerzen, die offene Flasche Wein und Meredith – die wunderschöne schlafende Meredith mit dem hochgesteckten Haar, das ihren langen Schwanenhals so verwundbar aussehen ließ, und den festen, runden Brüsten, die sanft an der Wasseroberfläche auf und nieder tanzten.
Er betrachtete ihre Nippel, diese weichen, rosigen Knospen, die sich im Schlaf fältelten, und ließ seinen Blick an den geschmeidigen Kurven ihres Nackens und der Schultern entlanggleiten. Er rückte den Wäschekorb ein wenig zur Seite, kniete sich neben sie vor die Badewanne und hauchte ihr einen zarten Kuß auf die Schulter. Sie bewegte sich kaum. Seine Lippen wanderten weiter, huschten zärtlich über ihre Schulter und seitlich an ihrem Hals aufwärts. Als sie die sensible Stelle unterhalb ihres Ohrs erreichten, schlug sie die Augen auf und lächelte ihn verschlafen an. »Hi«, murmelte sie leise. »Ich dachte schon, du kommst gar nicht mehr heim.« Sie wollte sich aufsetzen, doch Alex drückte sie sanft zurück. »Langsam, langsam«, sagte er. »Wir haben noch die ganze Nacht.« Er reichte ihr das Weinglas und sah zu, wie sie einen Schluck davon trank. »Wie ist es gelaufen?« fragte sie. In ihrem Inneren verkrampfte sich alles, als die Schatten der Erinnerung über Alex’ Gesicht huschten. Doch zu ihrer Erleichterung löste sich seine verspannte Miene sogleich in einem Grinsen auf. »Alles vergessen und vergeben«, sagte er. »Aber ich mußte einiges an Erklärungen vom Stapel lassen, das kann ich dir flüstern.« »Hat sie dich arg niedergemacht?« Meredith brachte es nicht über sich, Lisas Namen auszusprechen. »Nein, Lisa hat es eigentlich ganz gut aufgenommen«, log er höflich. »Alles in allem betrachtet.« »Dann mußt du morgen also nicht vor dem Arbeitsamt Schlange stehen?« Meredith bemühte sich um einen unbekümmerten Tonfall, doch Alex merkte sofort, daß sie sich mehr Sorgen gemacht hatte, als sie zugeben wollte. »Nein, Gott sei dank nicht«, sagte er. »Lisa hat mir nur eine Gardinenpredigt gehalten. Ich soll mich zukünftig am Riemen reißen und all das.« Meredith kicherte, daß ihre Brüste im Wasser auf und nieder hopsten. Mit einem Gefühl gespannter Erwartung folgte sie Alex’ gierigem Blick. »Hier drin ist genug Platz für zwei«, bot sie ihm an.
Alex, der gerade eine Tube Badegel mit Zitronenduft aus dem Regal nahm, schüttelte den Kopf. »Nein, danke«, meinte er. Er schnippte die Verschlußkappe auf und drückte einen großen Klecks Gel auf seine Handfläche. »Ich habe schon vor vielen Jahren herausgefunden, daß die Badewanne sich nicht gut als Liebesnest eignet. Aber wenn du nichts dagegen hast, möchte ich dich statt dessen gern waschen.« Meredith schaute ihn mit großen Augen an. Dagegen haben? Sie konnte sich nichts Erotischeres vorstellen, als sich von ihm jede Stelle ihres nackten Körpers einseifen zu lassen. Sie streckte sich genüßlich in der Wanne aus. »Mein Körper gehört dir«, schnurrte sie und warf ihm einen verführerischen Blick zu. »Ich bin noch nie von jemandem gebadet worden. Jedenfalls nicht seit meiner Kindheit.« »Es gibt für alles ein erstes Mal«, dozierte Alex lächelnd. Er rieb die Handflächen aneinander, bis sich die Seife zu einer schaumigen Masse gelöst hatte. »Setz dich ein bißchen auf, ich fange mit dem Rücken an.« Meredith kam seiner Aufforderung nur zu gern nach und seufzte vor Wohlbehagen, als seine seifigen Hände mit kreisenden Bewegungen über ihre Schultern glitten. Dann nahm er sich jeden Arm einzeln vor und seifte ihn ein. Er drückte noch mehr Gel in seine Hand und begann dann, ihren Rücken mit kräftigen, dabei aber sehr sinnlichen Bewegungen zu massieren, die auch die letzten Verspannungen zum Verschwinden brachten. Ihr Körper wurde immer leichter. Flüssiger. Eine einschläfernde Schwere überkam sie, und als Alex sie bat, sich zurückzulegen, damit er ihr die Seife abspülen konnte, wäre sie beinahe untergegangen. »Ich bin gerade gestorben und in den Himmel gekommen«, murmelte sie. »Das ist Ekstase pur.« Alex freute sich zwar über ihr Entzücken, erklärte ihr aber mit einer bedauernden Geste, daß sie wohl oder übel aufstehen müsse, damit er den Rest von ihr auch noch einseifen könne. Meredith zog eine Schnute, stand aber gehorsam auf und drehte sich hin und her, damit Alex den duftenden Schaum auf ihren Beinen, den Hüften und dem Hintern verteilen konnte. Sie merkte, daß Alex bewußt die Berührung ihrer intimen Zonen vermied, obgleich seine zärtlichen Hände gleichzeitig hundert neue erogene Punkte zu entdekken schienen.
»So, und jetzt die Vorderseite«, sagte Alex, nachdem Meredith ein zweites Mal untergetaucht war. Seine Stimme klang rauh und belegt, und er stockte unwillkürlich, als er sich vorstellte, wie er gleich den samtenen Schaum auf ihren Brüsten und dem Bauch verreiben würde. In ihm hatte sich ein solches Verlangen angestaut, daß er zu zittern begann. Um seine Erregung ein bißchen zu dämpfen, trank er einen großen Schluck Wein. »Kann ich auch noch ein Schlückchen haben?« fragte Meredith und streckte die nasse Hand nach den Glas aus. Als Alex wieder einen Klecks Seife auf seine Hand drückte, versuchte er gar nicht darüber nachzudenken, was er mit Meredith vorhatte. Sein Schwanz war schon kurz vor dem Explodieren, und es war noch ein weiter Weg, bis er sich einen weiteren Höhepunkt erlauben würde. Diesmal war er fest entschlossen, erst dann an sein eigenes Vergnügen zu denken, wenn er sicher war, daß Meredith voll und ganz auf ihre Kosten gekommen war. Irgendwie kam es ihm so vor, als sei das, was dort im Restaurant zwischen ihnen passiert war, mit jemand anderem passiert. Einer anderen Meredith. Diese hier, dachte er, als er den tropfnassen Körper betrachtete, der sich gerade wie eine wunderschöne Nymphe vor ihm aus dem dampfenden Wasser erhob, war eine völlig andere Person. Plötzlich wußte er, was ihn an Meredith so faszinierte. Sie hatte so viele Gesichter, vereinigte so viele Charakterzüge in sich. Sie war lustig. Wollüstig. Hemmungslos. Unterwürfig. Selbstbewußt. Eifersüchtig. Enthusiastisch. Intelligent. Sie war eine Chimäre. Ein fantastisches Geschöpf, das sich immerfort veränderte und in jede Rolle schlüpfen konnte, die ein Mensch nur spielen konnte. »Oh, das fühlt sich gut an«, seufzte Meredith leise, als Alex seinen Gedanken Einhalt gebot und den Schaum auf ihrem Bauch verteilte. Langsam arbeiteten seine Hände sich nach oben, seitlich an ihrem Brustkorb entlang bis zu den Brüsten, umkreisten sie und preßten sie sanft aneinander. Sein Puls raste. Ihre Haut fühlte sich an wie der feinste Satin: weich und geschmeidig. Er gab mehr Seife auf seine Hände und wiederholte die kreisenden Bewegungen, konzentrierte sie diesmal ganz auf ihre Brüste, bis die Nippel anschwollen und sich ganz aufrichteten.
Sie lugten durch den Seifenschaum wie zwei winzige Rüssel auf der Suche nach Trüffeln. Alex lächelte, spülte die Seife von ihren Brüsten und beschloß, ihren Nippeln das zu geben, wonach sie so offensichtlich verlangten. Er legte die Hände unter ihre Brüste, hob sie an seinen Mund und schloß die Lippen erst um den einen Nippel, dann um den anderen. Er saugte zärtlich daran und genoß es, daß Meredith sich jedesmal leise wimmernd wand, wenn er die Zunge um diese aufregenden kleinen Knospen flattern ließ. Er sah zu ihr hoch. Sie hatte den Kopf zurückgeworfen, die Augen geschlossen, und stützte sich mit den Händen hinten an der gekachelten Wand ab. Ihr ganzer Körper bebte vor Verlangen. Ihre Knie knickten von Zeit zu Zeit ein, und als es das nächstemal passierte, konnte er der Verlockung dieser kleinen rosa Spalte nicht widerstehen, die so betörend aus ihrem Nest aus blonden Locken hervorlugte. Meredith’ Schamhaare waren so fein, daß er jeden Millimeter ihres intimen Fleisches sehen konnte. Er gab ihre Brüste frei, um den Kopf zu senken und sich knabbernd und küssend näher und näher an sein eigentliches Ziel heranzupirschen. Meredith wimmerte inzwischen vor Lust, machte ein Hohlkreuz und hob ihm das Becken verlangend entgegen. Bitte, schien ihr Körper ihn anzuflehen, bitte, leg deinen Mund auf mein heißes Fleisch. So behutsam wie möglich teilte er ihre Schamlippen und staunte über deren Prallheit und die Elastizität ihrer zarten Schamhaare. Ihre Klitoris ragte stolz aus ihrer zarten Umhüllung hervor, die kleine Lustperle schimmerte feucht. Neckend stieß er mit der Zungenspitze ein paarmal dagegen und leckte dann mit der ganzen Länge seiner Zunge über den Blütenstengel ihrer Lust. Ihre Beine zitterten jetzt so heftig, daß er mit den Händen ihre Hüften umfaßte, um sie zu stützen. Dann preßte er seinen Mund auf ihre feuchten Lippen und leckte züngelnd über ihr ganzes Geschlecht. »Oh, oh!« Meredith packte Alex am Kopf und preßte ihr zuckendes Fleisch an seinen Mund. Sie spürte, wie seine Zunge sich in ihre nasse Pforte bohrte und seine Nasenspitze dabei ihre Klitoris beglückte. Ihre Lust steigerte sich ins Unerträgliche. Sie stand kurz vor dem Höhepunkt. Und dann explodierte sie. Alex zog seine Zunge aus ihr zurück und ließ sie um ihre Klitoris flattern, wieder und immer wieder. Der Höhepunkt erfaßte sie
wie eine riesige Welle, und alles, was sie tun konnte, war, sich an Alex zu klammern wie eine Ertrinkende, während sie sich auf den siedenden Schaumkronen ihrer Leidenschaft davontragen ließ. Anschließend hob Alex sie aus der Wanne und trug sie hinüber ins Wohnzimmer. Dort setzte er sie auf dem Sofa ab, ging noch einmal hinaus und kehrte gleich darauf mit einem Arm voller Handtücher zurück, mit denen er sie liebevoll abtrocknete. »Na, war das besser als zuvor?« erkundigte er sich, als sie die Augen aufschlug und ihn satt und träge anlächelte. Sie nickte. »Beinahe«, sagte sie und beobachtete, wie sich Verwirrung auf seinem Gesicht breitmachte. »Aber eine Kleinigkeit hat gefehlt.« »Und die wäre?« sagte Alex. »Das da.« Meredith streckte die Hand aus und strich zärtlich über die unübersehbare Ausbuchtung in seiner Hose. »Ich möchte dich noch einmal in mir spüren, Alex«, murmelte sie leise. »Spüren, wie du dich in mir bewegst und ein Teil von mir wirst.« Alex fiel ein Stein vom Herzen, und schon im nächsten Augenblick erwachte seine Begierde. Er stand auf und zog sich die Hose aus. »Oh, wie nachlässig von mir«, meinte sie mit einem schelmischen Grinsen. »Ich glaube, am besten bringe ich die Sache gleich in Ordnung.« Er setzte sich zu ihr aufs Sofa – sein erigiertes Glied reckte sich kerzengerade in die Höhe – und zog sie rittlings auf seinen Schoß. Als er kurz darauf spürte, wie ihn ihre warme Feuchtigkeit umschloß, fiel ihm seine frühere Fantasie wieder ein. »Ich habe mir heute schon einmal vorgestellt, als du vor dem Restaurant aus dem Taxi gestiegen bist, daß du mich so wie jetzt fickst«, gestand er ihr. »Ach ja?« sagte Meredith, die sich über seiner harten Rute auf und ab bewegte. »War das bevor oder nachdem du gemerkt hast, daß ich dieses sexy Schulmädchen war?« »Nachher«, sagte Alex schnell. Er gewahrte ein Blitzen in ihren Augen und stieß sein Becken so ruckartig in die Höhe, daß Meredith vor Überraschung und Lust laut aufstöhnte. »Warte nur«, knurrte er, »ich werde dich schon lehren, so pedantisch zu sein. Ich werde – «
Die folgenden Worte verklangen ungehört, als Meredith begann, auf seinem Schwanz Galopp zu reiten und ihn mit ihren inneren Muskeln auszupressen. Stunden später, nachdem sie beide in den Armen des anderen eingeschlafen waren, erwachten sie mit einer Gänsehaut. Alex sah Meredith an. »Meinen Hunger habe ich gestillt, aber deinen nicht«, meinte er und klang so, als sei er enttäuscht von sich. Meredith lächelte. »Oh, doch, das hast du«, entgegnete sie mit einem frechen Grinsen. »Du hast mir einen cock au sofa serviert, den ich einem coq au van bei weitem vorziehe, weil man dabei nicht mit dem Ganghebel in Konflikt kommt.« »Ach, dann hast du es also schon in einem Van gemacht, wie?« »Im Auto hat es doch jeder mal getrieben.« »Nicht jeder«, konterte er. »Aber wie ich schon sagte: Es gibt für alles ein erstes Mal. Vielleicht sollten wir uns einmal ein Auto mieten, und du zeigst mir dann, wie man es in so einem Gefährt macht.« Seitlich von ihrem Mund formten sich kleine Grübchen, als ihr die Bedeutung hinter seinen Worten klar wurde. »Dann ist das hier also nicht das Ende unseres Spiels?« fragte sie. Alex legte ihr den Arm um die Schultern und zog sie an sich. »Das Spiel«, sinnierte er laut. »Nun, was das Spiel betrifft, bin ich mir nicht sicher. Aber ich habe nicht die Absicht, unsere Affäre als einmalig zu betrachten – oder auch zweimalig.« Er ließ ein unbeschwertes Lachen hören. Meredith betrachtete ihn mit ernstem Gesicht. »Ich möchte das Spiel nicht beenden«, sagte sie. »Außer dir liegt sehr viel daran.« Sie unterbrach sich und betrachtete kurz ihre Hände, ehe sie ihn wieder ansah. »Unsere Beziehung hat auf eine merkwürdige Art begonnen, aber uns scheint sie etwas gebracht zu haben. Ich bin eine Abenteurerin, Alex. Ich liebe es, neue Dinge auszuprobieren, mit verschiedenen Menschen. Was ich in den letzten Wochen erlebt habe, war eine lang gehegte Fantasie, die endlich Wirklichkeit geworden ist. Und das habe ich alles dir zu verdanken.« Alex brachte sie mit einem langen Kuß zum Schweigen. Er küßte sie gern, tat es jetzt aber auch, weil er Zeit zum Nachdenken brauchte. Ob
Meredith es nun zugeben mochte oder nicht – zwischen ihnen hatte sich etwas verändert. Er war sich überhaupt nicht klar darüber, ob er dieses Spiel fortsetzen wollte. Um sie von weiteren Argumentationen abzuhalten, griff er nach seinem Glas, hielt es über ihre Brust und kippte es, bis der kalte Wein über ihre nackten Brüste tropfte. Ihre Nippel richteten sich sofort auf, ihr ganzer Körper schien sich augenblicklich für weitere Sinnesfreuden bereit zu machen. Es war, als sei der Liebesakt, den sie vorhin vollzogen hatten, nur ein Vorspiel gewesen – der Auftakt zu dem eigentlichen Konzert. »So wirst du den morgigen Tag niemals durchstehen«, protestierte Meredith, als Alex ihre Brüste umfaßte und begann, den Wein abzulekken. Seine Zunge liebkoste ihre nackte Haut so zielbewußt, daß Meredith vor Lust aufseufzte. »Vergiß nicht, was Lisa gesagt hat«, keuchte sie. »Keine Ausreden mehr.« Alex schaute sie mit einem hinterhältigen Grinsen an. »Morgen ist morgen«, murmelte er. »Laß das nur meine Sorge sein. Deine Aufgabe ist es, dich hinzulegen und zu genießen, was ich mit dir vorhabe.« Meredith lächelte träge. »Ist das dein Ernst?« sagte sie. »Ich glaube, ich werde jeden Moment aufwachen und mich in Nottingham wiederfinden, über meine Examensarbeit gebeugt.« »Ach, du kommst aus Nottingham?« erkundigte sich Alex interessiert. Dabei streichelten seine Hände ihren Oberkörper, die Fingerspitzen flatterten wie Schmetterlingsflügel über ihre Seiten, die Brüste, die Wölbung ihres Bauchs. Er konnte nicht genug von ihr kriegen. Sie war die sinnlichste und sexuell anziehendste Frau, der er je begegnet war. In einem Augenblick verwegen und wollüstig, im nächsten weich und fügsam. »Nein«, sagte sie, und ihre blonden Haarsträhnen verteilten sich wie ein Fächer über dem Kopfkissen, als sie den Kopf schüttelte. »Ich komme eigentlich aus dem Süden, habe aber oben studiert. Es ist einfach so, daß sich in London alles abspielt, was mit Mode zu tun hat, trotz der gegenteiligen Behauptungen vieler Provinzdesigner.« Alex verstand, was sie meinte. »Ja, das trifft für Tanz und Choreographie ebenfalls zu«, sagte er.
»Ich glaube, wir sind beide Künstler, jeder auf seine Art«, fuhr Meredith fort. »Und wir beide beschäftigen uns mit der Ästhetik des menschlichen Körpers.« »Richtig«, stimmte Alex zu. Ihm gefiel die Vorstellung, daß Meredith und ihn mehr verband als reine sexuelle Anziehungskraft. »Die meisten Leute glauben, bei der Choreographie ginge es nur darum, eine Sequenz von Tanzschritten festzulegen, aber das stimmt nicht. Es geht vielmehr darum, den Körper in einem vorgegebenen Raum agieren zu lassen. Ein guter Choreograph kann nicht nur einfach dastehen und den Tänzern Anordnungen zubrüllen; er muß sich in jeden Tänzer oder jede Tänzerin hineinversetzen.« Meredith warf ihm einen provozierenden Blick zu. »Das gefällt mir«, flüsterte sie lasziv. »Ich bin zwar keine Tänzerin, aber wie wäre es, wenn du dich in mich hineinversetzen würdest?« »Schamloses Frauenzimmer«, brummte Alex, der sich bereits auf sie schob. Er lag zwischen ihren geöffneten Schenkeln, die Spitze seines erigierten Schwanzes stupste an ihr nasses Fleisch. »Was muß ich tun, daß du endlich satt bist?« Ihre Lippen kräuselten sich zu einem verführerischen Lächeln. »Fick mich«, sagte sie. »Du brauchst mich nur zu ficken und ficken und…« Alex wäre sich schlecht vorgekommen, wenn er sich ihr widersetzt hätte. Mit einem tiefen Stöhnen nahm sie seinen harten Schwanz auf, der sich tief in ihr Geschlecht bohrte. Die samtene Zartheit ihrer verlangenden Pforte regte ihn unglaublich an. Ihre Säfte umhüllten ihn, befeuchteten die Wände ihrer Vagina, in der er sich mit pumpenden Bewegungen auf und ab bewegte, um sie auf den Gipfel der Lust zu treiben. Auf die Hände gestützt, beugte Alex den Kopf nach unten und zupfte mit den Lippen an ihren weichen, runden Brüsten. Er wußte sich vor Verlangen kaum noch zu lassen. Alles an ihr war so köstlich und appetitlich, er hätte sie bis in alle Ewigkeit vögeln können. Wenn nur sein Körper mitspielen würde… Nachdem sie sich bis zur Erschöpfung geliebt hatten, gingen sie in sein Schlafzimmer, wo sie endlich in einen tiefen Schlaf sanken; es schien Alex, als habe er eben erst die Augen zugemacht, als der Wecker seiner Armbanduhr zu piepsen begann. Er drehte sich um und brachte das unangenehme Geräusch zum Verstummen, ehe er sich wieder zu
Meredith hinrollte. Als er einen zarten Kuß auf ihre Schulter hauchte, wurde sie wach. »Was – wie spät ist es?« murmelte sie schlaftrunken. »Mach dir darüber keine Gedanken«, flüsterte Alex. »Schlaf ruhig weiter. Ich rufe dich später an, und wenn du nicht mehr hier bist, versuche ich es in deiner Wohnung.« Als hätte sie ihn nicht gehört, setzte sie sich auf. Die Daunendecke rutschte ihr dabei bis zur Hüfte, und Alex konnte nicht anders, als seinen Blick über ihre Brüste schweifen zu lassen. »Ach, wie verführerisch«, murmelte er und streckte die Hände danach aus. Lachend wehrte Meredith seine gierigen Hände ab. »Denk an Lisa. Du kommst in Teufels Küche, wenn du dich nicht auf die Socken machst.« Am liebsten hätte Alex Lisa zur Hölle gewünscht, aber das konnte er sich nicht leisten. Nicht, wenn er weiter an seiner Karriere interessiert war. Er schenkte Meredith ein reumütiges Lächeln. »Diese Frau geht mir allmählich wirklich auf den Keks«, sagte er. »Es ist nicht ihre Schuld«, gab Meredith zu bedenken. »Vielleicht haben wir uns einfach nur zum falschen Zeitpunkt kennengelernt.« »Nein, ganz und gar nicht«, wehrte Alex entschieden ab. Für den Fall, daß Meredith noch irgendwelche falschen Vorstellungen hegen sollte, packte er sie bei den Schultern und küßte sie leidenschaftlich. Als sie sich voneinander lösten, sagte er zu ihr: »Hör bitte auf, dir in dieser Richtung Gedanken zu machen. Meine Probleme mit Lisa gehen nur mich etwas an.« Er unterbrach sich, als ihm etwas einfiel. »Ich hoffe, sie besteht nicht darauf, daß ich mich bei ihr für ihre erwiesenen Liebesdienste revanchiere.« In Meredith’ Augen erschienen zwei Fragezeichen. »Warum?« sagte sie. »Im Augenblick magst du sie vielleicht nicht besonders, aber du stehst doch auf sie, oder nicht?« Alex nickte und fragte sich, worauf sie mit dieser Bemerkung wohl abzielte. »Wo liegt dann das Problem?« fuhr Meredith fort. Alex war sicher, daß ihm die Verwirrung im Gesicht geschrieben stand. »Ich wußte nicht, ob – na ja, seit du und ich – was ich damit sagen will, ist – «
Meredith’ Lachen machte seine Verwirrung nur noch größer. »Hör um Himmels willen auf, dich zu zerfleischen, Alex«, sagte sie. »Zwischen uns mag sich ja etwas ganz Besonderes angebahnt haben, aber wir sind schließlich nicht miteinander verheiratet. Sieh das alles lockerer.« Alex war unendlich erleichtert. Obwohl er für Meredith viel mehr empfand als für jede andere Frau zuvor, standen sie noch ganz am Anfang. Wieder einmal mußte er einsehen, wie zwecklos es war, bei Meredith gewisse Dinge vorauszusetzen. »Wenn das so ist, zerbreche ich mir darüber nicht weiter den Kopf«, sagte er. »Wenn sie irgendwann auf mich zukommen sollte, entscheide ich spontan, wie und was.« Meredith überraschte ihn, indem sie sich hinkniete und ihn umarmte. Ihr nackter Körper preßte sich an den seinen. Die Haut war weich und noch ganz warm vom Schlaf. »Versprich mir nur eines, Alex«, flüsterte sie, während sie vielsagend über seine Lenden strich. Alex spürte, wie sein Körper unter ihren verführerischen Zärtlichkeiten sogleich wieder zum Leben erwachte. »Hm«, murmelte er. »Wenn sie tatsächlich eine Gegenleistung von dir erwartet, dann ruf mich vorher bitte an.« Alex begriff nicht recht. »Warum denn?« fragte er verdutzt. »Weil ich«, erklärte Meredith mit einem lasziven Zwinkern, »falls sich das einrichten ließe, euch gern dabei zuschauen würde.«