Wissenschaftstheorie und gestaltungsorientierte Wirtschaftsinformatik
Jörg Becker • Helmut Krcmar • Björn Niehaves (Hrsg.)
Wissenschaftstheorie und gestaltungsorientierte Wirtschaftsinformatik
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Herausgeber Prof. Dr. Jörg Becker Universität Münster European Research Center for Information Systems (ERCIS) Leonardo-Campus 3 48149 Münster Deutschland
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Dr. Dr. Björn Niehaves Universität Münster European Research Center for Information Systems (ERCIS) Leonardo-Campus 3 48149 Münster Deutschland
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Prof. Dr. Helmut Krcmar TU München Fak. Informatik LS Wirtschaftsinformatik Boltzmannstr. 3 85748 Garching Deutschland
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ISBN 978-3-7908-2335-6 e-ISBN 978-3-7908-2336-3 DOI 10.1007/978-3-7908-2336-3 Springer Dordrecht Heidelberg London New York Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © Physica-Verlag Heidelberg 2009 Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Einbandentwurf: WMXDesign GmbH, Heidelberg Gedruckt auf säurefreiem Papier Physica-Verlag ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media (www.springer.com)
Vorwort
Die deutschsprachige Wirtschaftsinformatik kann auf eine reiche Tradition gestaltungsorientierter Arbeiten zurückblicken. Im Zuge der zunehmenden Forschungsinternationalisierung bietet sich hier die Chance, zum internationalen Diskurs im Information Systems und vor allem im Design Science Research beizutragen. Die Herausforderungen und Entwicklungspotenziale liegen für die gestaltungsorientierte Forschung jedoch vor allem in ihrer wissenschaftstheoretischen und methodischen Fundierung. Genau diesem Thema widmete sich der Track „Wissenschaftstheorie und gestaltungsorientierte Wirtschaftsinformatik“ im Rahmen Multikonferenz Wirtschaftsinformatik (MKWI) 2008 vom 26.2.2008 bis 28.2.2008 in München und ihm entstammen die ersten sieben Beiträge des vorliegenden Sammelbands. So führen Jörg Becker, Björn Niehaves, Sebastian Olbrich und Daniel Pfeiffer in Ihrem Artikel Lutz Heinrichs „Beitrag zur Geschichte der Wirtschaftsinformatik“ aus insbesondere gestaltungsorientierter Perspektive fort, indem sie wissenschaftstheoretische und forschungsmethodische Aspekte in den Beiträgen der Zeitschrift WIRTSCHAFTSINFORMATIK empirisch untersuchen. Fahri Yetim präsentiert drei Systemprototypen und stellt dar, wie hier Habermas Theorie des kommunikativen Handelns als Grundlagentheorie für diese Art gestaltungsorientierter Wirtschaftsinformatikforschung zur Anwendung kommen kann. Bernhard Nett und Gunnar Stevens leisten in Ihrer Arbeit die konzeptionelle Darstellung der Business Ethnography als Aktionsforschung und einen Beitrag zu einer reflexiven Technikgestaltung. Die Systematisierung von Evaluationsmethoden in der gestaltungsorientierten Wirtschaftsinformatik ist Gegenstand der Arbeit von Christian Riege, Jan Saat und Tobias Bucher. Katrin Bergener und Björn Niehaves leisten in ihrem Beitrag eine systematische Analyse sprachorientierter Theorien und bringen diese einzelnen Fragmente in einen ordnenden, konzeptionellen Zusammenhang. Metaanalytisch arbeitet Bernd Carsten Stahl, indem er den Diskurs im Design Science und in der Wirtschaftsinformatik kritisch rekonstruiert, sowie Eitel von Maur, indem er auf mögliche begriffliche Problematiken rund um den Wortstamm Konstrukt* hinweist. Zusätzlich zu den Arbeiten des MKWI2008-Tracks freuen wir uns, weitere fünf, eingeladene Beiträge vorstellen zu können. Ulrich Frank disku-
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Vorwort
tiert die Konstruktion möglicher Welten als Chance und auch Herausforderung der Wirtschaftsinformatik. Michael Scheermann, Tilo Böhmann und Helmut Krcmar widmen sich der Ausformulierung theoretischer Grundlagen der Referenzmodellierung aus einer Design Science-Theorieperspektive. Einen Bezugsrahmen für die Konstruktionsforschung und Artefaktentwicklung stellen Anke Gericke und Robert Winter vor. Die Möglichkeiten zur Fundierung der Wirtschaftsinformatik mittels Theorien sozialer Praktiken diskutiert Volker Wulf. Themen der Konformität und des Anpassungsdrucks im real existierenden Wissenschaftsbetrieb greift Stephan Zelewski in seinem Beitrag „Wirtschaftsinformatik und Wissenschaftstheorie – Zwischen Konformität und organisiertem Wildwuchs“ auf. In Zusammenschau zeigen die zwölf Beiträge sehr gut mögliche Perspektiven auf, wie die wissenschaftstheoretischen und methodischen Grundlagen der gestaltungsorientierten Wirtschaftsinformatik derzeit ausgestaltet sind, aber auch hinterfragt und entwickelt werden können. Es wird aufbauend auf diesen Grundlagen noch weiterer Diskussionsbedarf zur Wissenschaftstheorie in der gestaltungsorientierten Forschung bestehen, so dass die sich bietenden Chancen der Forschungsinternationalisierung weiter genutzt werden können. Mit dem vorliegenden Band verbinden wir Herausgeber auch die Hoffnung, den forschungsmethodischen und erkenntnistheoretischen Pluralismus in der Wirtschaftsinformatik stärken zu können. Unser besonderer Dank gilt neben den Autoren auch Robin Trenkner (Universität Münster) für seine unermüdliche Unterstützung der editoriellen Arbeit sowie den Gutachtern des MKWI2008-Tracks, Daniel Veit (Universität Mannheim), Stephan Zelewski (Universität Duisburg-Essen), Andreas Oberweis (Universität Karlsruhe), Norbert Gronau (Universität Potsdam), Peter Loos (Universität Saarbrücken), Jörg Desel (Katholische Universität Eichstätt), Ulrich Frank (Universität Duisburg-Essen) und Elmar Sinz (Universität Bamberg). Münster, München, Cambridge im Februar 2009 Jörg Becker Helmut Krcmar Björn Niehaves
Inhaltsverzeichnis
Vorwort ...................................................................................................... V Inhaltsverzeichnis .................................................................................. VII Autorenverzeichnis .............................................................................. XIII Forschungsmethodik einer Integrationsdisziplin – Eine Fortführung und Ergänzung zu Lutz Heinrichs „Beitrag zur Geschichte der Wirtschaftsinformatik“ aus gestaltungsorientierter Perspektive.......... 1 Jörg Becker, Björn Niehaves, Sebastian Olbrich, Daniel Pfeiffer 1 Einleitung ......................................................................................... 1 2 Forschungsmethodische Unterschiede zwischen WI und IS ........... 4 3 Vorgehen der Untersuchung ............................................................ 6 4 Ergebnisse der Literaturanalyse ....................................................... 9 4.1 Entwicklungstendenzen forschungsmethodischer Reflexivität ........................................................ 9 4.2 Forschungsmethodische Reflexivität gestaltungsorientierter Forschung ............................................................ 11 5 Analyse und Interpretationen der Ergebnisse ................................ 14 6 Zusammenfassung und Ausblick ................................................... 17 Literatur ................................................................................................ 19 From Communicative Action Theory to Socio-Technical Artifacts: Presentation of Three System Prototypes .............................................. 23 Fahri Yetim 1 Introduction.................................................................................... 23 2 Background .................................................................................... 25 2.1 Design Science Research in Information Systems ................. 25 2.2 Language-Action Perspective on Design ............................... 26 2.3 Concepts used from Habermas’ Theory ................................ 27 3 DISCOURSIUM: A Tool for Supporting Structured Deliberation .................................................................. 29 3.1 Purpose, Scope, and Contribution .......................................... 29
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Inhaltsverzeichnis
3.2 The functionality of DISCOURSIUM ................................... 29 3.3 Current State, Evaluation, and Future Research .................... 33 4 GuideMan: A Tool for Managing Usability Guidelines ................ 33 4.1 Purpose, Scope, and Contribution.......................................... 33 4.2 The Functionality of GuideMan ............................................ 34 4.3 Current State, Evaluation, and Future Research .................... 36 5 JustPro: A Prototype for Justified Product Recommendations ..... 36 5.1 Purpose, Scope, and Contribution.......................................... 36 5.2 The Functionality of JustPro .................................................. 37 5.3 Current State, Evaluation, and Future Research .................... 39 6 Conclusions.................................................................................... 39 Acknowledgements .............................................................................. 40 References ............................................................................................ 40 Business Ethnography – Aktionsforschung als Beitrag zu einer reflexiven Technikgestaltung .................................................................. 43 Bernhard Nett, Gunnar Stevens Zusammenfassung ................................................................................ 43 1 Einleitung ....................................................................................... 44 2 Ursprünge und Entwicklungen der Aktionsforschung ................... 47 3 Kanonische Aktionsforschung: Königsweg oder Variante? .......... 49 4 Die Business Ethnography ............................................................. 53 5 Erkenntnisgewinn am Fall des eigenen Projekts ........................... 57 6 Illustration der Business Ethnography ........................................... 58 7 Resumee ......................................................................................... 59 8 Nachwort........................................................................................ 61 Literatur ................................................................................................ 64 Systematisierung von Evaluationsmethoden in der gestaltungsorientierten Wirtschaftsinformatik ..................................... 69 Christian Riege, Jan Saat, Tobias Bucher 1 Einführung und Motivation ........................................................... 69 2 Evaluation in der gestaltungsorientierten Wirtschaftsinformatik .. 72 3 Unterscheidung der Evaluationsansätze ........................................ 74 4 Systematisierung von Evaluationsmethoden ................................. 76 4.1 Zielstellung und Vorgehensweise .......................................... 76 4.2 Fallbeispiele zur Nutzung von Evaluationsmethoden............ 77 4.3 Systematisierung .................................................................... 79 5 Zusammenfassung und Ausblick ................................................... 82 Literatur ................................................................................................ 83
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Theories of Language in IS Research – A Review ................................ 87 Katrin Bergener (geb. Fielenbach), Björn Niehaves 1 Introduction.................................................................................... 87 2 Substantial Linguistic Theories...................................................... 88 2.1 Speech Act Theory................................................................. 89 2.2 Theory of Communicative Action ......................................... 91 2.3 Structural Linguistics ............................................................. 93 2.4 Linguistic Turn ...................................................................... 94 3 IS Research Adoption of Linguistic Theories ................................ 96 3.1 Speech Act Theory and Theory of Communicative Action ... 97 3.2 Structural Linguistics ............................................................. 98 3.3 Linguistic Turn ...................................................................... 99 4 Analysis and Discussion .............................................................. 101 5 Conclusions and Further Research............................................... 105 References .......................................................................................... 106 The Ideology of Design: A Critical Appreciation of the Design Science Discourse in Information Systems and Wirtschaftsinformatik ......... 111 Bernd Carsten Stahl 1 Introduction.................................................................................. 111 2 Information Systems and the Critical Approach .......................... 112 2.1 The Field of Information Systems ....................................... 112 2.2 Wirtschaftsinformatik and Information Systems ................. 114 2.3 Critical Theory and Critical Research in Information Systems ............................................................ 115 3 Design as Ideology....................................................................... 117 3.1 Behavioural and Design Science Research .......................... 117 3.2 Questions of DSR ................................................................ 119 3.3 Justification of the Choice of DSR ...................................... 119 4 Critical Views of the DSR Discourse .......................................... 120 4.1 The Concept of the Technological Artefact ......................... 121 4.2 Assumptions of Mainstream IS Research ............................ 121 4.3 Ethics and Design ................................................................ 123 4.4 Design in Research and Practice .......................................... 125 5 Critical Concepts and Design ...................................................... 126 6 Conclusion ................................................................................... 127 References .......................................................................................... 128
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Inhaltsverzeichnis
Konstruktivismus und Wirtschaftsinformatik – Begriffsver(w)irrungen.......................................................................... 133 Eitel von Maur 1 Begriffsver(w)irrung Konstruktiv(ismus) .................................... 133 2 Methodischer Konstruktivismus der Erlanger Schule ................. 135 3 Radikaler Konstruktivismus ........................................................ 140 4 Methodischer versus Radikaler Konstruktivismus ...................... 145 5 Konstruktionsorientierte Wirtschaftsinformatik .......................... 151 6 Erkenntnistheoretischer Diskurs in der Wirtschaftsinformatik .... 155 Literatur .............................................................................................. 157 Die Konstruktion möglicher Welten als Chance und Herausforderung der Wirtschaftsinformatik .................................................................... 161 Ulrich Frank 1 Einleitung ..................................................................................... 161 2 Besonderheiten der Wirtschaftsinformatik .................................. 162 2.1 Kontingenz oder die Tücke des Objekts .............................. 162 2.2 Mögliche Welten oder die Ausweitung von Handlungsoptionen ......................................................................... 165 3 Chancen: Aufklärung und Orientierung....................................... 166 3.1 Überwindung tradierter Sichtweisen.................................... 166 3.2 Perspektiven auf bessere Welten ......................................... 167 4 Herausforderungen: Begründung und Umsetzung....................... 168 4.1 Komplexität und Machbarkeit ............................................. 169 4.2 Verdeckte Werturteile .......................................................... 170 4.3 Wissenschaftliche Begründung............................................ 171 5 Abschließende Bemerkungen ...................................................... 172 Literatur .............................................................................................. 173 Explicating Design Theories with Conceptual Models: Towards a Theoretical Role of Reference Models ................................................. 175 Michael Schermann, Tilo Böhmann, Helmut Krcmar Abstract............................................................................................... 175 1 Introduction.................................................................................. 175 2 Design Theories in Information Systems Research ..................... 178 2.1 Design Theories in Information Systems Research ............. 178 2.2 Structure of Design Theories in IS Research ....................... 179 3 Framework for Developing Design Theories Using Conceptual Models ...................................................................... 181 3.1 Conceptual Reference Models as the Theoretical Artifact in Design Research .............................. 181
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Patterns as a Useful Way to Structure Design Theories Based on Conceptual Models............................................... 183 3.3 Framework ........................................................................... 184 4 Towards a Design Theory for IT Service Data Management Systems ........................................................................................ 185 4.1 Introduction to the IT Service Management ........................ 186 4.2 Aspects of a Design Theory for IT Service Data Management ................................................................ 186 5 Conclusion ................................................................................... 189 References .......................................................................................... 191 Entwicklung eines Bezugsrahmens für Konstruktionsforschung und Artefaktkonstruktion in der gestaltungsorientierten Wirtschaftsinformatik ........................................................................... 195 Anke Gericke, Robert Winter 1 Einleitung ..................................................................................... 195 2 Forschungsgebiete der gestaltungsorientierten Wirtschaftsinformatik .................................................................. 196 2.1 Differenzierung von Konstruktionsforschung und Artefaktkonstruktion ............................................................ 196 2.2 Verhältnis der Design Science Research-Forschung zur gestaltungsorientierten Wirtschaftsinformatik ..................... 197 3 Artefakttypen der gestaltungsorientierten Wirtschaftsinformatik .................................................................. 198 4 Bezugsrahmen für die gestaltungsorientierte Wirtschaftsinformatik .................................................................. 200 4.1 Aufstellung eines Bezugsrahmens ....................................... 200 4.2 Aktueller Forschungsstand der Konstruktionsforschung ..... 201 4.3 Aktueller Forschungsstand der Artefaktkonstruktion .......... 203 5 Zusammenfassung und Ausblick ................................................. 204 Literatur .............................................................................................. 205
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Inhaltsverzeichnis
Theorien sozialer Praktiken zur Fundierung der Wirtschaftsinformatik ........................................................................... 211 Volker Wulf 1 Einleitung ..................................................................................... 211 2 Theoretische Konzeption sozialer Praktiken ............................... 212 3 Designfallstudien als Elemente einer praxis-orientierten Forschungsprogrammatik ............................................................ 215 4 Designfallstudien: Das Beispiel der Expertise Recommender Systeme ........................................................................................ 217 5 Diskussion.................................................................................... 219 6 Danksagungen.............................................................................. 221 Literatur .............................................................................................. 221 Wirtschaftsinformatik und Wissenschaftstheorie – Zwischen Konformität und organisiertem Wildwuchs – ................ 225 Stephan Zelewski Abstract............................................................................................... 225 1 Wissenschaftstheoretische Fundierung der Wirtschaftsinformatik: Anlass für essayistische Reflexionen ........................ 225 2 Perspektiven zur wissenschaftstheoretischen Fundierung der Wirtschaftsinformatik .................................................................. 227 2.1 Deskriptive Perspektive ....................................................... 227 2.2 Explanative Perspektive ....................................................... 228 2.3 Konstruktive Perspektive ..................................................... 230 3 Konformität im real existierenden Wissenschaftsbetrieb ............ 232 3.1 Der konformitätsstiftende Einfluss von Parametrisierung und Karriereorientierung ......................... 232 3.2 Potenzielle Auswirkungen des konformitätsstiftenden Anpassungsdrucks ............................................................... 235 4 Ein vager Ausblick auf organisierten Wildwuchs ....................... 239 Literatur .............................................................................................. 241
Autorenverzeichnis
Becker, Jörg, Prof. Dr. European Research Center for Information Systems University of Muenster Leonardo-Campus 3, 48149 Muenster Germany Bergener (geb. Fielenbach), Katrin European Research Center for Information Systems University of Muenster Leonardo-Campus 3, 48149 Muenster Germany Böhmann, Tilo, Prof. Dr. Institute of Service Management ISS International Business School of Service Management Hans-Henny-Jahnn-Weg 9, 22085 Hamburg Germany Bucher, Tobias Institute of Information Management University of St. Gallen Mueller-Friedberg-Strasse 8, 9000 St. Gallen Switzerland Frank, Ulrich, Prof. Dr. Information Systems and Enterprise Modelling Institute for Computer Science and Business Information Systems University Duisburg-Essen Universitätsstr. 9, 45141 Essen Germany
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Autorenverzeichnis
Gericke, Anke Institute of Information Management University of St. Gallen Mueller-Friedberg-Strasse 8, 9000 St. Gallen Switzerland Krcmar, Helmut, Prof. Dr. Chair for Information Systems Technische Universität München Boltzmannstr. 3, 85748 Garching Germany Nett, Bernhard, Dr. Information Systems University of Siegen Hölderlinstraße 3, 57076 Siegen Germany Niehaves, Björn, Dr. Dr. European Research Center for Information Systems University of Muenster Leonardo-Campus 3, 48149 Muenster Germany Olbrich, Sebastian, Dr. Augustaanlage 34, 68165 Mannheim Germany Pfeiffer, Daniel, Dr. European Research Center for Information Systems University of Muenster Leonardo-Campus 3, 48149 Münster Germany Riege, Christian Institute of Information Management University of St. Gallen Mueller-Friedberg-Strasse 8, 9000 St. Gallen Switzerland
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Saat, Jan Institute of Information Management University of St. Gallen Mueller-Friedberg-Strasse 8, 9000 St. Gallen Switzerland Schermann, Michael Chair for Information Systems Technische Universität München Boltzmannstr. 3, 85748 Garching Germany Stahl, Bernd Carsten, Dr. Centre for Computing and Social Responsibility Department of Informatics The Gateway, Leicester LE1 9BH UK Stevens, Gunnar Benutzerorientierte Softwaretechnik Fraunhofer FIT Schloss Birlinghoven, 53754 Sankt Augustin Germany von Maur, Eitel, Dr. University of St. Gallen Lohstr. 33, 49074 Osnabrück Germany Winter, Robert, Prof. Dr. Institute of Information Management University of St. Gallen Mueller-Friedberg-Strasse 8, 9000 St. Gallen Switzerland Wulf, Volker, Prof. Dr. Information Systems University of Siegen Hölderlinstraße 3, 57076 Siegen Germany
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Autorenverzeichnis
Yetim, Fahri, Dr. Information Systems University of Siegen Hölderlinstraße 3, 57076 Siegen Germany Zelewski, Stephan, Univ.-Prof. Dr. Institute for Production and Industrial Information Management University of Duisburg-Essen Universitätsstraße 9, 45141 Essen Germany
Forschungsmethodik einer Integrationsdisziplin – Eine Fortführung und Ergänzung zu Lutz Heinrichs „Beitrag zur Geschichte der Wirtschaftsinformatik“ aus gestaltungsorientierter Perspektive
Jörg Becker, Björn Niehaves, Sebastian Olbrich, Daniel Pfeiffer
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Einleitung
Die gestaltungsorientierte Wirtschaftsinformatikforschung sieht sich der Aufgabe einer Profilierung im internationalen Wissenschaftskontext gegenüber. Analysen belegen, dass sich die deutsche Wirtschaftsinformatik (WI) durch eine starke Tradition gestaltungsorientierter Forschung auszeichnet. Dies äußert sich insbesondere in Form einer deutlich ausgeprägten Forschung zur Modellierung (konzeptionelle Modellierung, Unternehmensmodellierung, Referenzmodellierung etc.) sowie dadurch, die Validität der Forschungsergebnisse durch eine prototypische Umsetzung zu prüfen (Frank 2006; Goeken 2003; Heinrich 2005; Lange 2006). So lassen sich im empirischen Vergleich zum internationalen Information System (IS) Research Prototyping und argumentativ-deduktive Arbeiten als methodisches Spezifikum der WI-Forschung identifizieren (Wilde u. Hess 2007). Auch vor diesem Hintergrund hat sich ein Verständnis der WIForschung als explizit relevanz- und anwendungsorientiert herausgebildet. Dieser Vorteil wird gerade auch im Zuge einer zunehmenden Forschungsinternationalisierung immer wieder betont (Niehaves 2006). Hierzu heißt es im Editorial der WIRTSCHAFTSINFORMATIK 2007 (4): „Wir müssen unsere Alleinstellungsmerkmale – wie den hohen Stellenwert der Praxisrelevanz unserer Forschung – gezielt weiterentwickeln, damit sie auch im Vergleich zur amerikanischen – oft auf empirischem Rigor mit nachrangiger Relevance basierenden – IS-Forschung künftig weit erfolgreicher ist, besser die kommenden Herausforderungen annimmt und unsere Absol-
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Jörg Becker, Björn Niehaves, Sebastian Olbrich, Daniel Pfeiffer
venten besser vorbereitet.“ (Buhl u. König 2007). Doch ein Blick in einschlägige internationale Journale (wie bspw. MIS Quarterly, IS Research, European Journal of IS, IS Journal) legt die Einschätzung nahe, dass der internationale Beitrag der deutschen WI – bezüglich des Publikationsgeschehens – eher gering ausfällt. Das wiederum wirft die Frage auf, wie die internationale Wahrnehmung der deutschen WI-Forschung verbessert werden kann. Wissenschaftstheoretische und forschungsmethodische Reflexionen haben nur unzureichenden Einzug in die Publikationspraxis der Wirtschaftsinformatik (1990-2003) gefunden. Zwar zeichnet sich die deutsche WI durch ein starkes Profil konstruktivistischer gestaltungsorientierter Forschung aus, jedoch finden forschungsmethodische und wissenschaftstheoretische Stellungnahmen im Großteil der Forschungsbeiträge keine explizite Berücksichtigung (Heinrich 2005). Erkenntnistheoretische Debatten werden zumeist nur in spezifischen Workshops (bspw. Zelewski u. Lehner 2006) und Konferenzen (bspw. Becker et al. 1999) geführt bzw. in fokussiert wissenschaftstheoretischen Zeitschriftenbeiträgen (bspw. Becker u. Niehaves 2007; Frank 2003) vorangebracht. In den meisten regulären Forschungsarbeiten deutscher Wirtschaftsinformatik hingegen findet die Debatte allenfalls implizit statt. Hierzu untersucht Heinrich (2005) den Stellenwert von Forschungsmethoden in der deutschen WI. Dazu wurden die vierzehn Jahrgänge 1990 bis 2003 der Zeitschrift WIRTSCHAFTSINFORMATIK in Bezug auf ihre forschungsmethodische Positionierung analysiert. Im Ergebnis stellt die Analyse einen erheblichen Nachholbedarf fest, die forschungsmethodische und wissenschaftstheoretische Diskussion in den Arbeiten deutscher Wirtschaftsinformatik zu etablieren. Nur ca. 11% der untersuchten 538 Beiträge legen ihre Forschungsmethode offen und lediglich ein untersuchter Beitrag (0,2%) thematisiert forschungsmethodische Fragestellungen. So lässt sich feststellen, dass nur ein geringer Teil der Autoren der WI sich im Zeitraum von 1990 bis 2003 explizit mit wissenschaftstheoretischen und forschungsmethodischen Standpunkten auseinander gesetzt hat. Dies ist insbesondere dann problematisch, wenn Forschungsergebnisse kommuniziert werden (sollen), deren zugrunde liegende implizite Basispositionen dagegen von den Adressaten und den Gutachtern nicht nachvollzogen oder geteilt werden, wie dies im internationalen IS ResearchKontext aufgrund einer evidenten forschungsmethodischen und wissenschaftstheoretischen Friktion angenommen werden kann (Chen u. Hirschheim 2004; Niehaves 2006). Vor dem Hintergrund des Internationalisierungs- und Profilierungsanspruchs deutscher gestaltungsorientierter WI-Forschung ergibt sich unmittelbar ein forschungsmethodischer Untersuchungsbedarf. Daher werden im
Forschungsmethodik einer Integrationsdisziplin
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Rahmen der vorliegenden Analyse als Beitrag zum MKWI-Track „Wissenschaftstheorie und gestaltungsorientierte Wirtschaftsinformatik“ folgende Forschungsfragen aufgeworfen: 1. Wie hat sich die WI-Forschung seit der Analyse von Heinrich (d.h. seit Ende 2003) in Bezug auf ihre forschungsmethodische und wissenschaftstheoretische Fundierung entwickelt? Hier wird die Vermutung zugrunde gelegt, dass ein zunehmender Internationalisierungstrend, insbesondere im Publikationsgeschäft, auch zu einer Anpassung internationaler Rigor-Kategorien geführt und zu einer Steigerung methodisch reflektierter WIRTSCHAFTSINFORMATIK-Artikel (2004-2007) beigetragen hat. 2. Welche Rolle spielen forschungsmethodische und wissenschaftstheoretische Reflexionen speziell in der gestaltungsorientierten WIForschung? Hier wird die Vermutung zugrunde gelegt, dass insbesondere die gestaltungsorientierte WI-Forschung ihren Aufmerksamkeitsfokus bislang nicht an forschungsmethodischen und wissenschaftstheoretischen Fragstellungen orientiert hat. Zur Beantwortung dieser Forschungsfragen beleuchtet Kapitel 2 zunächst die methodischen Unterschiede von WI und IS näher. Eine detaillierte Erläuterung der angewendeten Forschungsmethode zur Beantwortung der Forschungsfragen findet sich in Kapitel 3. Die Ergebnisse der Literaturanalyse werden in Kapitel 4 präsentiert sowie in Kapitel 5 analysiert und interpretiert. Die Untersuchung schließt mit einer Zusammenfassung und einem Ausblick auf zukünftige Forschungs- und Handlungsbedarfe forschungsmethodisch und wissenschafts-theoretisch reflektierter Gestaltungsforschung in WI und IS.
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Jörg Becker, Björn Niehaves, Sebastian Olbrich, Daniel Pfeiffer
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Forschungsmethodische Unterschiede zwischen WI und IS
Eine zunehmende Forschungsinternationalisierung stellt die WI-Forschung vor wissenschafts-theoretische und forschungsmethodische Herausforderungen. Wissenschaftstheoretische1 Debatten dienen dazu, die Grundlagen einer gemeinschaftlich organisierten Wissensgewinnung zu legen, um auf diese Weise den Austausch von Forschungsergebnissen zwischen Wissenschaftlern sowie zwischen Wissenschaft und Praxis voranzutreiben (Frank 2003, Heinrich 2005). Gegenwärtig ist ein Kernbereich der Wissenschaftstheorie, die Epistemologie2 (synonym: Erkenntnistheorie), vermehrt ins Zentrum der internationalen wie auch deutschen Diskussion gerückt (Becker et al. 2003a; Chen u. Hirschheim 1985, 2004; Hirschheim et al. 1995; Iivari 1991; Iivari et al. 1998; Lyytinen 1999; Lyytinen u. Klein 1985, Monod 2002; Niehaves u. Stahl 2006, Probert 2001; Ribbert et al. 2004; Schmitt 1994). Dabei sind Gründe für elementare wissenschaftstheoretische und epistemologische Diskussionen zumeist fundamentale Veränderungen im Wissenschaftsbetrieb selbst (Kuhn 1962).
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Wissenschaftstheorie: Forschungsgegenstand der Wissenschaftstheorie ist die Wissenschaft selbst, hier die Wirtschaftsinformatik. Dabei ist es das Ziel der Wissenschaftstheorie, ein theoretisches Fundament für den gemeinschaftlichen Forschungsprozess zu schaffen und dieses fortlaufend kritisch zu reflektieren. Beispielsweise werden Fragen nach den Methoden, Theorien, Voraussetzungen, Zielen, Ergebnissen oder Entwicklungen der Wirtschaftsinformatikdisziplin zu beantworten versucht (Frank 2003; Hars 2002; Heinrich 2005; Schütte 1999; Wolf 2001). Die Wissenschaftstheorie entwickelt folglich auch Vorschläge, wie Wissenschaftler zur Erreichung dieses Ziels vorgehen sollten (Methodologie). Epistemologie (synonym: Erkenntnistheorie): Die Epistemologie ist ein Teilbereich der Wissenschaftstheorie. Sie beschäftigt sich im Speziellen mit der Frage nach den Möglichkeiten der menschlicher Erkenntnis (Becker et al. 2003b). So wird beispielsweise untersucht, inwieweit wahre Erkenntnis möglich ist, wie der zugrunde liegende Wahrheitsbegriff festgelegt werden kann, welchen Einfluss das Subjekt auf den Erkenntnisprozess hat und ob sich menschliche Erkenntnis auf eine reale oder imaginäre Welt bezieht.
Forschungsmethodik einer Integrationsdisziplin
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Aus Sicht der deutschen Wirtschaftsinformatik besteht diese Strukturveränderung der Forschungslandschaft vor allem in einer zunehmenden Internationalisierung, bspw. der Wirtschaftsinformatikforschung3 oder der Publikationskultur4 in der WI. Es lassen sich prinzipielle forschungsmethodische Unterschiede zwischen der deutschen WI-Forschung und der angloamerikanischen ISForschung (als „Schwesterdisziplin“ der WI) ausmachen (Frank 2006). Im Kern ist die IS-Forschung durch einen stark verhaltenswissenschaftlichen Untersuchungsfokus gekennzeichnet. Verstanden als internationaler – im Grunde angloamerikanischer – Ansatz der Wirtschaftsinformatikforschung, unterscheidet sich IS maßgeblich von deutschen Forschungsarbeiten. Im internationalen Raum findet sich eine stark quantitativ-empirisch ausgerichtete Forschung, die vor allem verhaltenswissenschaftliche (behavioristische) Forschungsfragestellungen zu beantworten sucht. So wurden verschiedene Hypothesen zur IS-Forschung untersucht. Bspw. konnten die Hypothesen bestätigt werden, 1. dass das Erklärungsziel den höchsten Stellenwert einnimmt, 2. dass gestaltungsorientierte Forschung eine eher untergeordnete Rolle spielt und 3. dass die IS-Forschung durch quantitativempirische Ansätze verhaltenswissenschaftlicher Forschung mit positivistischer Prägung dominiert wird (Frank 2006; Hirschheim 1985; Lange 2005). Der verhaltenswissenschaftliche Ansatz ist jedoch nicht unumstritten und entsprechend sieht sich die IS-Forschung zunehmend fundamentaler Kritik ausgesetzt (Benbasat u. Zmud 2003; Kaiser et al. 2004; Kock et al. 2002; Lee 2000, Orlikowski u. Iacono 2001). Gleichzeitig beginnen sich erste gestaltungswissenschaftliche Foren unter dem Begriff Design 3
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Dies wird bspw. durch die zunehmende (ökonomische) Bedeutung der EUFörderprogramme im Vergleich zu nationalen Forschungsinitiativen deutlich (vgl. Fördermittel des EU Framework Research Programme (FRP): 1998-2002, 5th EU FRP: 13,7 Mrd. €, 2002-2006, 6th EU FRP: ca. 17 Mrd. €, 1998-2002, 7th EU FRP: 30 Mrd. €; Quelle: http://www.cordis.lu). Auch lassen sich signifikante Veränderungen der Karrierewege deutscher Wirtschaftsinformatiker im Zuge kumulativer Promotionen und Habilitationen feststellen. Die für den Nachwuchs ausschlaggebende VHB-Liste zum Journalranking (Stand März 2006) weist eine starke Dominanz englischsprachiger Zeitschriften auf. So ist die WIRTSCHAFTSINFORMATIK lediglich auf dem 126. Platz der ‚bedeutenden Journale’ zu finden und ist damit das einzige deutschsprachige wirtschaftsinformatische Journal, das zumindest als ‚BJournal’ klassifiziert wurde. Deutsche oder deutschsprachige Wirtschaftsinformatik-relevante ‚A-Journale’ oder gar ‚A+-Journale’ existieren in dieser VHBLeitlinie nicht. In der Konsequenz lässt sich auch hieran feststellen, dass internationale Veröffentlichungen auch für den deutschen Nachwuchs an Bedeutung gewinnen.
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Jörg Becker, Björn Niehaves, Sebastian Olbrich, Daniel Pfeiffer
Science (Hevner et al. 2004; March u. Smith 1995) zu etablieren (Bichler 2006; Cross 2001; McKay u. Marshall 2005). Aufgrund des wissenschaftssoziologischen Kontextes des Design Science in der IS nehmen Forschungsmethodendiskussion und Forschungsevaluation einen zentralen Stellenwert in den internationalen gestaltungswissenschaftlichen Foren ein. Die deutsche WI zeichnet sich im Gegensatz zur angloamerikanischen IS durch ein stark konstruktivistisches und gestaltungsorientiertes Profil aus, das auf eine hohe Bedeutung (Relevance) für die betriebliche Praxis abzielt (Buhl u. König 2007). Andererseits sieht sich die WI mit einer geringen forschungsmethodischen und wissenschaftstheoretischen Reflexivität konfrontiert, welche insbesondere im Zuge des sich internationalisierenden Forschungs- und Publikationsmarktes zu Vorwürfen mangelnder methodischer Strenge (Rigor) führt/führen kann (Heinrich 2005). Diese Friktion der Grundannahmen wird vornehmlich im sich strukturverändernden Wissenschaftsbetrieb zu finden sein, wie dies bspw. durch die zunehmende Internationalisierung der Fall ist. Im Zuge der Internationalisierung tritt insbesondere das Problem auf, die Angemessenheit der in der WI eingesetzten Forschungs- und Evaluationsmethoden anhand geeigneter Kriterien zu beurteilen und die Forschungsergebnisse zu bewerten. Vor dem Hintergrund bestehender wissenschaftstheoretischer und forschungsmethodischer Unterschiede zwischen der WI und der IS und den bestehenden forschungsmethodischen Defiziten deutscher WIPublikationen von 1990 bis 2003 (Heinrich 2005) ergibt sich unmittelbarer Forschungsbedarf, der von den oben genannten Forschungsfragen aufgegriffen wird. Zu-nächst besteht das Analyseziel darin, die zeitliche Lücke der Untersuchung von 2004 bis heute zu schließen. Die vorliegende Arbeit will ebenfalls untersuchen, ob sich in den letzten Jahren ein veränderter Trend feststellen lässt. Angesichts der lebhaften Diskussion über die Positionierung der deutschen WI zwischen ihrer gestaltungsorientierten Kompetenz und internationalen Profilierungsmerkmalen, gilt es ferner zu untersuchen, wie sich in der gestaltungsorientierten WI-Forschung wissenschaftstheoretische und forschungsmethodische Fragestellungen seit 2003 entwickelt haben.
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Vorgehen der Untersuchung
Die erste Forschungsfrage hat zum Ziel, eine Anschlussbetrachtung an die Ergebnisse von Heinrich (2005) zu liefern. Das methodische Vorgehen orientiert sich daher sehr eng an den Vorschlägen der Studie von Heinrich (2005). Zur Untersuchung des Stellenwerts von Forschungsmethoden in
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der deutschen WI teilt Heinrich (2005) sämtliche Beiträge der vierzehn Jahrgänge 1990 bis 2003 aus der Zeitschrift WIRTSCHAFTSINFORMATIK in fünf Kategorien ein: Mit M1 werden Beiträge bezeichnet, die Forschungsmethoden thematisieren, d. h. bestehende Methoden diskutieren oder neue Methoden entwerfen. M2 bezeichnet Beiträge, die ihre verwendete Forschungsmethode offen legen. In die Kategorie M3 fallen sämtliche Beiträge, die andere wissenschaftstheoretisch wesentliche Objekte zum Inhalt haben. In einer vierten Kategorie werden unter dem Punkt „Sonstige“ Beiträge zusammengefasst, die Wissenschaftstheorie thematisieren. Darunter fallen auch Beiträge, die nicht zu den Hauptbeiträgen der Zeitschrift WIRTSCHAFTSINFORMATIK gehören. Zusätzlich ordnet Heinrich (2005) in einer fünften Gruppe „Bücher“ sämtliche Buchbesprechungen ein, die Wissenschaftstheorie behandeln. Folglich sind die Sichtung und Kategorisierung der Beiträge aus den Jahren 2004 bis 2007 der Zeitschrift WIRTSCHAFTSINFORMATIK Hauptgegenstand der vorliegenden Untersuchung. Bezüglich der Einteilung in die Kategorien M1 und M2 folgen wir dabei der Unterscheidung von Heinrich (2005). Für die Behandlung von wissenschaftstheoretisch relevanten Objekten führen wir eine zusätzliche Unterteilung ein. Im Folgenden wird zwischen Aufsätzen differenziert, die Wissenschaftstheorie als Meta-Theorie thematisieren (M3) und Beiträgen, die ihren Bezug auf wissenschaftstheoretisch relevante Artefakte offen legen (M4). Der Vorteil dieser zusätzlichen Untergliederung besteht in einer höheren Trennschärfe der verwendeten Untersuchungsdimensionen. Einerseits wird nun zwischen forschungsmethodischen (M1 und M2) und wissenschaftstheoretischen Beiträgen unterschieden (M3 und M4). Andererseits wird jeweils zwischen der Gestaltung neuer Erkenntnisse und der Nutzung bestehenden Wissens getrennt.5 Die Einführung von M4 ermöglicht zudem, eine explizite theoretische Fundierung der Beiträge in einer eigenen Kategorie messbar zu machen. Dies ist hilfreich, da der Verweis auf und die Nutzung von Theorien sowohl in der verhaltenswissenschaftlichen als auch der gestaltungsorientierten Forschung von großer Bedeutung ist (Hevner et al. 5
Zur Vermeidung von Doppelzählungen und um eine Vergleichbarkeit der Ergebnisse mit Heinrich zu ermöglichen ist die Einteilung der Beiträge eindeutig, d.h. jeder Beitrag kann nur einer Kategorie zugeordnet werden. Legt ein Beitrag seinen Bezug auf wissenschaftstheoretische Artefakte offen (M4) und gleichzeitig seine Forschungsmethode (M2), so findet sich der Beitrag ausschließlich in der Kategorie M2 wieder. Folglich wurde die Offenlegung der der Forschungsmethode der Wirtschaftsinformatik ein stärkeres Gewicht verliehen als der Offenlegung wissenschaftstheoretischer Artefakte, die sich auf andere Disziplinen beziehen.
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2004). Die Beiträge werden in unserer Untersuchung entsprechend wie folgt unterteilt: x M1: Beiträge, die eine Forschungsmethode thematisieren6 x M2: Beiträge, die ihre Forschungsmethode offen legen7 x M3: Beiträge, die Wissenschaftstheorie thematisieren8 x M4: Beiträge, die ihren Bezug auf wissenschaftstheoretische Artefakte offen legen9
Insbesondere verstehen wir darunter Beiträge, die bestehende Forschungsmethoden der Wirtschaftsinformatik diskutieren oder neue Forschungsmethoden entwickeln. 7 In Anlehnung an die Literatur (Heinrich 2005; Iivari et al. 1998; Wilde u. Hess 2007) haben wir im Rahmen unserer Analyse der Zeitschrift WIRTSCHAFTSINFORMATIK auf die Erwähnung der folgenden Forschungsmethoden der WI geprüft: argumentativ-deduktive Analyse, Simulation, Fallstudie, Umfrage, Dokumentenanalyse, Experiment, Aktionsforschung, Ethnographie und Grounded Theory. Zusätzlich haben wir Design Science (Hevner et al. 2004) in unserer Untersuchung berücksichtigt. Die (formale) Modellierung und der Bau von Prototypen unterliegen in Anlehnung an Hevner et al. (2004) dem Kriterium, dass zur Anerkennung als Forschungsmethode zusätzlich eine Überprüfung des konstruierten Artefakts stattfinden muss. Leichte Abweichungen in der Bezeichnung (bspw. Befragung statt Umfrage) der Forschungsmethode im Text haben wir toleriert. Im Falle der argumentativ-deduktiven Analyse war jedoch eine präzise Nennung erforderlich, um als Erwähnung einer Forschungsmethode berücksichtigt zu werden. Argumentative Abschnitte sind ein Kernbestandteil von allen wissenschaftlichen Arbeiten. Daher war es erforderlich, dass diese Bereiche auch explizit benannt wurden, um als Offenlegung einer Forschungsmethode gezählt zu werden. 8 Zur Gruppe M3 gehören in Anlehnung an Heinrich (2005) alle Beiträge, (1) die diskutieren, was der Forschungsgegenstand der WI ist oder diesen versuchen zu benennen, (2) die Theorien bzw. den Theoriekern der WI thematisieren oder (3) die versuchen, die Forschungsergebnisse der WI zu systematisieren oder relevante Forscher und Themen auf einem bestimmten Gebiet benennen (Forschungslandkarte). 9 Unter wissenschaftstheoretisch relevanten Artefakten verstehen wir insbesondere Theorien, die meist aus den Querschnittsdisziplinen der Betriebswirtschaftslehre und der Informatik stammen. Da die Wirtschaftsinformatik selbst noch über keinen eigenen gefestigten Theoriekern verfügt (Becker u. Pfeiffer 2006; Frank 1999; Greiffenberg 2003; Lehner 1999; Patig 2001; Schütte 1999), ist sie auf die theoretischen Resultate aus angrenzenden Wissenschaftsdisziplinen angewiesen. Ein expliziter Verweis auf solche Theorien erhöht die Nachvollziehbarkeit des jeweiligen Forschungsresultats. 6
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Für die Einteilung der Beiträge in die Kategorien M1-M4 wurden jeweils der Titel, die Überschriften, die Kurzzusammenfassungen10 und die einleitenden Kapitel auf Angabe einer Forschungsmethode bzw. eines wissenschaftstheoretischen Artefakts durchsucht.11 Wurden in diesen Bereichen Hinweise auf derartige Angaben gefunden, so wurde der Beitrag vollständig gelesen, um das Ergebnis zu überprüfen. Kam es lediglich außerhalb der untersuchten Bereiche zu einer Erwähnung der Forschungsmethode, bspw. nur in der Schlussbetrachtung, so wurde dies durch unser Untersuchungsdesign nicht erfasst. Diese Beschränkung in der Untersuchungstiefe wurde von Heinrich übernommen, um eine spätere Vergleichbarkeit mit seinen Ergebnissen zu gewährleisten. Um den Charakter der Einteilung etwas zu objektivieren, wurden die Analysen von zwei Personen unabhängig voneinander durchgeführt. Falls es zu abweichenden Resultaten kam, so diese anschließend diskutiert und konsolidiert.12
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Ergebnisse der Literaturanalyse
4.1 Entwicklungstendenzen forschungsmethodischer Reflexivität Die nachfolgende tabellarische Übersicht (vgl. Tabelle 1) gibt die Ergebnisse unserer Literaturanalyse der Zeitschrift WIRTSCHAFTSINFORMATIK aus den Jahren 2004-2007 wieder und stellt diese den Ergebnissen von Heinrich (2005) gegenüber.
Ebenfalls berücksichtigt haben wir die mit „abstract“ oder „Kernpunkte“ bezeichneten Zusammenfassungen. 11 Das Ergebnis unserer Analyse ist folglich keine Übersicht über die Beiträge, die wissenschaftliche Methoden anwenden. Vielmehr liefern wir eine Aufstellung der Arbeiten, die explizit angeben, welche Forschungsmethode sie verwenden. 12 Es sei angemerkt, dass lediglich zwei Abweichungen auftraten. Bei der Einteilung dieser Beiträge haben wir uns strikt an die oben beschriebene Kriterien für die Einteilung gehalten. Ein gewisser Grad an Subjektivität kann jedoch nicht gänzlich ausgeschlossen werden. 10
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Tabelle 1. Forschungsmethodische Reflexivität in WI-Aufsätzen nach Jahrgängen 90-03 2004 2005 2006 2007 04-07 Gesamt a 538 23 23 24 27 97 635 Aufsätze 0 0 0 1 1 2 M1-Aufsätze 1 0% 0% 3,7% 1% 0,3% M1 rel. Anteil 0,2% 0% 5 9 6 4 24 83 M2-Aufsätze 59 M2 rel. Anteil 11% 21,7% 39,1% 25% 14,8% 24,7% 13,1% 0 0 0 0 0 3 M3-Aufsätze 3 0% 0% 0% 0% 0,5% M3 rel. Anteil 0,6% 0% 5 4 5 4 18 M4-Aufsätze 21,7% 17,4% 20,8% 14,8% 18,6% M4 rel. Anteil a Bei den M4-Aufsätzen kann kein Gesamtwert angegeben werden, da dieses Kriterium bei Heinrich (2005) nicht untersucht wurde.
Die Anzahl der M1-Aufsätze hat sich in unserem Untersuchungszeitraum prozentual deutlich erhöht. Im Bereich der M2-Kategorie zeigt Tabelle 1 ebenfalls eine deutliche Zunahme an Aufsätzen in den Jahren 20042007 an, während gleichzeitig die Anzahl der Aufsätze aus der Kategorie M3 auf 0 absank. Im Bereich der Kategorie M4 ist – aufgrund unserer in Kapitel 3 erläuterten erweiterten Untersuchungsmethode – kein systematischer Vergleich mit Heinrich (2005) möglich. Mit 18,6% bezieht sich dessen ungeachtet ein relativ hoher Anteil der untersuchten Aufsätze auf wissenschaftstheoretische Artefakte, die durch die WI unterstützt werden. Häufig genannte Theorien sind beispielsweise die Transaktionskostentheorie, die Portfoliotheorie oder die Systemtheorie. Der aufgezeigte Trend verstärkt sich weiter, werden zusätzlich zu den Beiträgen der WIRTSCHAFSINFORMATIK aus dem Bereich Aufsätze noch die insgesamt 24 Beiträge aus dem Bereich „State-of-the-art“ (SOTA) einbezogen. Tabelle 2 zeigt eine Auswertung nach M1-M4 im Bereich der „State-of-the-art“-Artikel. Es zeigt sich ein vergleichbares Bild wie bei den Aufsätzen aus Tabelle 1. Im Bereich M2 ist eine ähnlich große Steigerung zu beobachten wie schon bei den Aufsätzen. Der Anteil der M2-Beiträge liegt hier ebenfalls bei über 20% in den Jahren 2004-2007. Bemerkenswert ist der M1-Beitrag von Fettke (2006), die Forschungsmethode Review diskutiert.
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Tabelle 2. Forschungsmethodische Reflexivität der „State-of-the-art“-Beiträge 2004 SOTA-Beiträge 5 0 M1-SOTA M1 rel. Anteil 0% 1 M2-SOTA M2 rel. Anteil 20% 0 M3-SOTA M3 rel. Anteil 0% 0 M4-SOTA M4 rel. Anteil 0%
2005 6 0 0% 1 16,7% 0 0% 1 16,7%
2006 4 1 0% 2 50% 0 0% 0 0%
2007 9 0 11,1% 1 11,1% 0 0% 2 22,2%
Gesamt 24 1 4,2% 5 20,8% 0 0% 3 12,5%
Tabelle3 listet alle Forschungsmethoden auf, die bei der Analyse der Jahrgänge 2004-2007 in den jeweiligen Beiträgen genannt wurden. Zunächst einmal wird deutlich, dass Forschungsmethoden wie Aktionsforschung oder Experiment vollständig fehlen. Die Dokumentenanalyse oder Grounded Theory sind nur sehr gering vertreten. Die innerhalb der 24 M2Beiträge von 2004-2007 am häufigsten genannten Forschungsmethoden sind Umfrage, Simulation und Fallstudie. Tabelle 3. Angegebene Forschungsmethoden 2004 2005 2006 2007 Summe Rel. Anteil an Gesamt 5 9 6 4 24 M2-Aufsätze 1 4 3 1 9 9,3% Umfrage 2 2 2 0 6 6,2% Simulation 2 2 0 1 5 5,2% Fallstudie 0 1 0 1 2 2,1% Design Science 0 1 0 1 1% Dokumentenanalyse 0 0 0 1 1 1% Grounded Theory 0
4.2 Forschungsmethodische Reflexivität gestaltungsorientierter Forschung Ziel dieser Untersuchung ist es zu analysieren, welche Rolle die forschungsmethodische und wissenschaftstheoretische Diskussion speziell in der gestaltungsorientierten WI-Forschung spielt. Gegenstand der genaueren Untersuchung sind ausgewählte gestaltungsorientierte Beiträge der WIRTSCHAFTSINFORMATIK der Jahrgänge 2004 bis 2007, die grundlegende forschungsmethodische und/oder wissenschaftstheoretische Aspekte adressieren (Klassifikation als M1, M2, M3 oder M4). Da diese Beiträge vor dem Hintergrund des identifizierten tendenziellen
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forschungsmethodischen und wissenschaftstheoretischen Defizits (Heinrich 2005) als sehr positive Beispiele der WI-Forschung verstanden werden sollen, erlaubt sich an dieser Stelle ihre kritische Würdigung, um auf diesen positiven Beispielen aufbauend auch konstruktive Hinweise für eine sich weiterentwickelnde forschungsmethodisch und wissenschaftstheoretisch reflektierte gestaltungsorientierte WI-Forschung geben zu können (eine Kurzübersicht ausgewählter Beispiele methodisch und/oder theoretisch reflektierter Beiträge gestaltungsorientierter WI-Forschung findet sich in Tabelle 4). Im Beitrag von vom Brocke und Buddendick (2004) werden Referenzmodelle als Elemente wiederverwendungs- und effizienzorientierter Informationssystemgestaltung thematisiert. Die Autoren leiten aus der Transaktionskostentheorie Forschungsbedarfe und Gestaltungsempfehlungen für die Referenzmodellierung ab. Dabei wird die Transaktionskostentheorie (als wissenschaftstheoretischer Bestandteil) im Beitrag ausdrücklich referenziert, weshalb der Beitrag in die Kategorie M4 fällt. Die selbst verwendete Forschungsmethode bleibt jedoch implizit und kann nach Lektüre des Aufsatzes als theoriegeleitet-konzeptioneller Ansatz oder argumentativ-theoretische Methode interpretiert werden. Für eine Einteilung in die Kategorie M2 fehlt entsprechend die explizite Offenlegung und Referenz der argumentativ-theoretischen Methode. Im Beitrag von Buhl et al. (2004) wird die individuelle Finanzdienstleistungsberatung konzipiert und prototypisch umgesetzt. Obgleich der Beitrag eine in sich schlüssige und auf umfangreichem Erfahrungswissen basierende Argumentation liefert, bleiben hinsichtlich der angewandten Forschungsmethode noch offene Fragen. So legt der Artikel die Interpretation nahe, dass zur Erarbeitung der konzeptionellen Anforderungen an die individualisierte Finanzdienstleistungsberatung ein litertaturanalytisches und argumentatives Verfahren zugrunde gelegt wurde. Eine explizite Nennung dieses Vorgehens und ggf. auch eine Diskussion möglicher alternativer Methoden unterbleiben jedoch an dieser Stelle. Ähnliches gilt für die Implementierung des Prototypen. Im Text heißt es „Zur Illustration wurde der im Rahmen von FORSIP umgesetzte Prototyp zur Altersvorsorge herangezogen.“ Die Umsetzung des Prototypen lässt auf eine umfangreiche Einbettung in empirische Arbeiten vermuten, wie Requirement Workshops, Interviews etc., so wie dies häufig in komplexen prototypischen Umsetzungen der Fall ist. Auf eine kurze explizite Darstellung dieser empirischen Einbettung der Prototypenentwicklung verzichten die Autoren im Rahmen ihres Beitrags, jedoch können Anschlussarbeiten weiter Aufschluss geben (Buhl et al. 2007; Meier et al. 2007) Der Beitrag von Fettke und Loos (2005) nimmt eine besondere Stellung ein. Fettke und Loos (2005) verweisen erstmals auf die Diskussion des De-
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sign Science im internationalen Raum, wie bspw. auf das zentrale Paper von Hevner et al. (2004) im MIS Quarterly. Dieser Verweis kann als ein konstruktiver Beitrag zur integrierten Diskussion wirtschaftsinformatisch gestaltungsorientierter Forschung und des internationalen Design Science Research verstanden werden. Konstruktiv kann angemerkt werden, dass eine insbesondere an forschungsmethodischer Reflexivität und „Research Rigor“ ausgerichtete Forschung auch die „Leitlinien zur gestaltungsorientierten Forschung“, so wie diese bei Hevner et al. (2004) vorgeschlagen werden, anwenden könnte (siehe dazu die kritische Diskussion in Zelewski 2007). Tabelle 4. Forschungsmethode und Wissenschaftstheorie in ausgewählten Beiträgen Forschungsmethodisch & Beispiele möglicher wissenschaftstheoretisch reoffener Fragen a levante Aspekte Vom Brocke & Buddendick Transaktionskostentheorie Welche Forschungs(2004): Organisationsformen wird als grundlegende Theo- methode wird verin der Referenzmodellierung rie herangezogen. wendet, bspw. argu– Forschungsbedarf und Gementativ-theoretische staltungsempfehlungen auf Methode? Basis der Transaktionskostentheorie Buhl et al. (2004): Individua- „ […] fachliche Komponen- Welche Forschungslisierte Finanzdienstleistungs- ten und die IT-Realisierung methode wird verberatung für Privatkunden – eines Beratungssystems […] wendet? b Konzept und prototypische Zur Illustration wurde der im Wie wurden die konUmsetzung Rahmen von FORSIP umge- zeptionellen Anfordesetzte Prototyp zur Altersvor- rungen an eine individualisierte Beratung sorge herangezogen.“ erarbeitet, bspw. argumentativ oder literaturanalytisch? Gab es zu dem gewählten Vorgehen alternative Methoden und wie sind diese vergleichend zu bewerten?
Autoren (Jahr) & Titel
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Tabelle 4. (Fortsetzung) Fettke & Loos (2005): „Die Untersuchung basiert auf Aufbauend auf der expliZur Identifikation von einem ingenieurwissenschaft- ziten Referenz des Design Strukturanalogien in Da-lichen Forschungsansatz Science Ansatzes: Auf tenmodellen - Ein Ver- (2004): Ausgehend von einem welche Weise wurden fahren und seine Anpraktisch wie theoretisch rele- auch die von den referenwendung am Beispiel vanten Problem, für das noch zierten Autoren (2004) des Y-CIMkeine befriedigende Lösung vorgeschlagenen LeitliReferenzmodells von vorliegt, wird ein neues Ver- nien zur Evaluation geScheer fahren zur Problemlösung staltungsorientierter Forentwickelt und beschrieben. schung im Rahmen des Die Anwendbarkeit und Nütz- Beitrags umgesetzt? lichkeit des neuen Verfahrens werden anhand eines konkreten Beispiels belegt. Um eine gedankliche Strenge und Intersubjektivität in der Problemlösung zu erreichen, werden formale Mittel eingesetzt.“ (S. 89) a Die möglichen offenen Fragen adressieren ausschließlich forschungsmethodische und/oder wissenschaftstheoretische Aspekte des Beitrags und wurden nach einer Stichwortvolltextanalyse (bspw. „Methode“, „Theorie“ etc.) sowie einer intensiven Lektüre einschlägiger Passagen des Aufsatzes erstellt. Da sich hierbei jedoch Fehler ergeben können, möchten wir uns bei allen Autoren im Vorhinein entschuldigen, die diese offenen Fragen bereits in ihrem Beitrag beantwortet sehen, und freuen uns auf Hinweise hierzu, die wir gerne in der weiteren Entwicklung dieser Untersuchung berücksichtigen. b An anderer Stelle (zum Ablauf einer idealtypischen Beratung) heißt es hier deutlicher: „Welches Verhalten mit welchen Kundeninformationen korreliert und welche Kundeneinstellungen aus dem Verhalten abgeleitet werden können, kann bspw. empirischen Studien oder der Finanzdienstleistungsliteratur entnommen werden“ (Buhl et al. 2004, S. 429).
In der WIRTSCHAFTSINFORMATIK veröffentlichte gestaltungsorientierte Forschung weist somit Ansätze zur forschungsmethodischen Reflexion auf. Die Kurzdarstellung ausgewählter Beiträge zeigt Referenzen auf argumentativ-deduktive Methoden, Prototypenentwicklung oder Design Science.
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Analyse und Interpretationen der Ergebnisse
Die Daten der Anschlussuntersuchung zu Heinrich (2005) in Abschnitt 4.1 liefern einige aufschlussreiche Erkenntnisse: Zunächst hat die Anzahl der
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Aufsätze, die Forschungsmethoden thematisieren (M1), zugenommen. Auch wenn die absoluten Zahlen der M1 Beiträge für eine statistisch signifikante Aussage zu gering sind (null Beiträge im Zeitraum von 1990-2003 stehen zwei Beiträgen im Zeitraum von 2004-2007 gegenüber), so ist es doch bemerkenswert, dass die absolute Anzahl im Vergleich zu Heinrich (2005) in nur einem Drittel des Beobachtungszeitraums deutlich gestiegen ist. Der umgekehrte Trend ist bei denjenigen Aufsätzen zu erkennen, die sich mit Wissenschaftstheorie (M3) beschäftigen. Während Heinrich (2005) von 1990 bis 2003 noch drei diesbezügliche Schriften ausmachen konnte, brachten unsere Recherchen keinen einzigen M3-Aufsatz für die Zeit von 2004-2007 hervor. Aufgrund der geringen absoluten Anzahl von drei Beiträgen innerhalb von 17 Jahren ist es aber auch hier sehr schwierig eine statistisch signifikante Aussage zu treffen. Bezüglich der angewandten Arbeiten und ihrer Offenlegung des forschungsmethodischen Vorgehens (M2) wie auch der Referenz auf wissenschaftstheoretische Artefakte (M4) ist bei den Publikationen eine Trendwende zu beobachten. Während Heinrich (2005) für den Zeitraum von 1990 bis 2003 lediglich 11% Prozent der Beiträge als solche identifiziert, die ihre Forschungsmethode explizit offen legen (M2), hat sich diese Zahl im Zeitraum von 2004-2007 mehr als verdoppelt. Hinzu kommen weitere 18,6% an Beiträgen, die auf wissenschafts-theoretische Artefakte verweisen (M4). Dieses Kriterium ist insbesondere hilfreich um das Rigor der gestaltungsorientierten Forschung zu betonen. Schließlich helfen die WI und IS als Querschnittsdisziplinen dabei, Probleme verwandter Forschungsgebiete zu lösen. Die Zahlen zeigen auch, dass es rund 50% aller Beiträge in der WIRTSCHAFTSINFORMATIK von 2004-2007 geschafft haben, das Spannungsfeld zwischen Rigor und Relevance zu adressieren, indem die Autoren sowohl die Anforderungen der Zeitschrift WIRTSCHAFTSINFORMATIK nach Relevance (Buhl u. König 2007) als auch – durch die explizite Angabe einer Forschungsmethode (M2) bzw. Offenlegung der wissenschaftstheoretischen Artefakte (M4) – die Herausforderungen des Rigor zu erfüllen versucht haben. Insgesamt lässt sich eine durchaus positive Tendenz ablesen: Die Zahl der Beiträge, die angibt, sich mit forschungsmethodischen oder wissenschaftstheoretischen Artefakten zu beschäftigen, hat zugenommen. Dies ist insofern bemerkenswert, da wir in unserer Analyse zahlreiche Randbeiträge (aus Rubriken: Meinung/Dialog, Stellungsnahmen aus MKWI, Interview, Buchbesprechungen etc.) explizit nicht in unsere Erhebung aufgenommen haben. Mit insgesamt 11 Auflistungen machten gerade die Randbeiträge in der Analyse von Heinrich (2005) noch einen beträchtlichen Anteil aus. Umgekehrt formuliert beträgt der Anteil der in M1-M4 eingeteilten Beiträge lediglich nur rund 50%. Auch wenn diese Zahl das
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Ergebnis eines positiven Trends ist, erscheint sie im Vergleich mit dem methodischen Rigor der IS als nach wie vor zu gering. Die Wirtschaftsinformatik, aber auch die IS, müssen sich als Querschnittsdisziplinen darüber klar werden, was als Forschungsmethode gelten soll. Als Beispiele für Diskussionsfelder innerhalb der WI seien der Bau von Prototypen und die Erstellung von (Referenz-)Modellen genannt. Die Menschen haben seit jeher in Denkmodellen Pläne gemacht, durchdacht, mitgeteilt, diskutiert, verändert, in die Tat umgesetzt oder auch verworfen. In den Ingenieursdisziplinen wurden Bauwerke, Boote, Maschinen bereits vor Tausenden von Jahren zunächst als kleine Modelle gebaut und geprüft, bevor sie im großen Maßstab erstellt wurden. Als moderne Ingenieurswissenschaft wendet die Informatik zur Erkenntnisgewinnung häufig den Prototypenbau und die Überprüfung in Modellen als Forschungsmethoden an. In den Sozialwissenschaften sind derartige Vorgehen hingegen kaum bekannt und werden, aufgrund ihrer fehlenden empirischen Fundierung, kaum akzeptiert. Allerdings erhalten derartige Methoden durch den technischen Fortschritt – insbesondere durch die Möglichkeit komplexer Simulationen an Großrechnern – auch allmählich Einzug in die Sozialwissenschaften. Insgesamt wird deutlich, dass das Verständnis von Forschungsmethoden sehr stark vom jeweiligen wissenschaftshistorischen Kontext beeinflusst ist. Die Empfehlung zu einer forschungsmethodisch und wissenschaftstheoretisch reflektierten Entwicklung in der gestaltungsorientierten WI beinhaltet demnach den Ruf nach einer grundlegenden Diskussion der Begriffe „Forschungsmethode“ und „Wissenschaftstheorie“. Viele WI-Autoren verstehen den Prototyp und dessen erfolgreiche Implementierung in einer Organisation als Hauptergebnis ihres Forschungsansatzes. Dieses Faktum kann möglicherweise als tradiertes Wissenschaftscharakteristikum einer informatiknahen Wirtschaftsinformatikforschung interpretiert werden (Wilde u. Hess 2007). Wenn sich aber methodische Positionen unterscheiden oder Anforderungen wandeln, kann dies zu einer Verschiebung oder Ergänzung eines rein systemtechnischen Erkenntnisinteresses führen. In vielen Fällen sind die prototypischen Entwicklungen eingebettet in ein komplexes System multimethodischer Analysen, die bspw. Dokumentenanalysen, Systemanalysen, RequirementWorkshops, Entwicklungs- und Abstimmungstreffen oder zahlreiche Interviews mit möglichen Nutzern, dem Management oder den ITVerantwortlichen umfassen. Nicht selten übersteigen diese „empirischen Anteile“ protoptypenentwicklungorientierter Arbeiten sowohl in qualitativer (rich data) als auch in quantitativer Hinsicht den Datenumfang originär quantitativ-empirisch ausgerichteter Arbeiten. Eine simple aber (nachzuweisend) praktikable Empfehlung kann lauten, diese „empirischen Antei-
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le“ systematischer zu erarbeiten, zu dokumentieren und darzustellen. Falls diese „empirische Einbettung“ der Prototypenentwicklung forschungsmethodisch stringent erfolgt, können auf diese Weise ggf. zentrale Bedenken klassischer empirischer Forscher ausgeräumt werden. Die Empfehlung zu einer forschungsmethodisch reflektierten Entwicklung umfasst demnach nur in geringem Maße ein verändertes/ergänztes Forschungsdesign und in größerem Maße die methodisch und theoretisch reflektierte Aufbereitung und Darstellung der gestaltungsorientierten Forschung.
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Zusammenfassung und Ausblick
Aufgrund einer zunehmenden Internationalisierung der Forschungslandschaft steht die deutsche WI der Aufgabe gegenüber, sich im globalen Wissenschaftswettbewerb zu behaupten und gegenüber benachbarten Disziplinen abzugrenzen (Heinzl et al. 2001). Um das Profil der WI – mit ihren wissenschaftstheoretischen und forschungsmethodischen Spezifika – in diesem Kontext zu stärken, ist ein hohes Maß an wissenschaftstheoretischer und forschungsmethodischer Reflexivität erforderlich. Um den aktuellen Stand der Reflexion wissenschaftstheoretischer Aspekte innerhalb der Wirtschaftsinformatik zu bestimmen, hat Lutz Heinrich (2005) eine umfassende und erkenntnisreiche Literaturanalyse der vorwiegend deutschsprachigen Zeitschrift WIRTSCHAFTSINFORMATIK vorgenommen. Die Analyse der Ausgaben 1990-2003 machte Schwächen in der Explikation der Forschungsmethode deutlich. Ausgehend von dem Beitrag von Heinrich wurde in diesem Artikel die Analyse der Zeitschrift WIRTSCHAFTSINFORMATIK für die Jahre 2004-2007 fortgesetzt und in punkto gestaltungsorientierter WI-Forschung konkretisiert. Anhand dieser Analyse lassen sich die zu Beginn dieses Beitrags aufgeworfenen Forschungsfragen beantworten. 1. Wie hat sich die WI-Forschung seit Ende der Analyse von Heinrich (d.h. seit 2003) in Bezug auf ihre forschungsmethodische und wissenschaftstheoretische Fundierung entwickelt? Die vorliegenden Untersuchungsergebnisse deuten auf ein höheres forschungsmethodisches und wissenschaftstheoretisches Bewusstsein innerhalb der WI in den Jahren 2004 bis 2007 hin. Die deutliche Zunahme der forschungsmethodischen Positionierungen dokumentiert eine gestiegene Bedeutung dieses Aspekts für die Publikationspraxis innerhalb der WI. Gründe hierfür können neben einer zunehmenden Forschungs- und Publikationsinternationalisierung auch in kritischen und konstruktiven wissenschaftshistorischen Beiträgen, bspw. dem von Heinrich (2005), oder ande-
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ren wissenschaftstheoretisch anwendungsorientierten Arbeiten, bspw. von Becker et al. (2003b), zu finden sein. Literaturanalysen sind jedoch niemals vollständig objektivierbar. Daher muss gleichzeitig betont werden, dass ein gewisser Anteil der höheren Explikation von Forschungsmethoden innerhalb der Beiträge der WIRTSCHAFTSINFORMATIK auch auf eine abweichende Beurteilung bei der Literaturanalyse zurückführbar sein könnte. Wir haben uns in unserem Vorgehen maßgeblich an Heinrich (2005) orientiert und dabei das Ziel verfolgt, die Analyse durch möglichst klare Bewertungskriterien (in Anlehnung an und Abgrenzung von Heinrich (2005)) sowie die Beteiligung mehrerer Autoren nachvollziehbar zu gestalten. Ein gewisser subjektiver Einfluss bei der Bewertung lässt sich freilich nicht völlig ausschließen und kann einen Teil der Veränderungen gegenüber den Resultaten von Heinrich (2005) bedingt haben. 2. Welche Rolle spielen forschungsmethodische und wissenschaftstheoretische Reflektionen speziell in der gestaltungsorientierten WIForschung? Auch hier bestätigen unsere Ergebnisse die Einschätzung, dass gerade im gestaltungsorientierten Teil der Wirtschaftsinformatik noch erheblicher Nachholbedarf, insbesondere im Vergleich zur angloamerikanischen ISDisziplin, bezüglich der Behandlung forschungsmethodischer und wissenschaftstheoretischer Fragen besteht. Allerdings ist auch hier ein positiver Trend zu verzeichnen, der in Richtung einer zunehmenden Bedeutung der Nachvollziehbarkeit von Forschungsergebnissen weist. Die konstruktive Kritik ausgewählter positiver Beispiele gestaltungsorientierter WIForschung soll dafür einen Beitrag leisten. Der ausgewählte Forschungsansatz unterliegt jedoch einigen Limitationen. Die vorliegende Untersuchung deckt lediglich einen engen Zeitraum von vier Jahren ab und ist auf ein einziges Publikationsmedium begrenzt. Demzufolge ist nur ein begrenztes Urteil über den forschungsmethodischen und wissenschaftstheoretischen Stand der WI möglich. Die in diesem Artikel getroffenen Aussagen können daher lediglich als Tendenzaussage verstanden werden. Von besonderem Interesse für die zukünftige Forschung ist eine Analyse dieser Fragestellung aber gerade über die Grenzen der WI hinaus. Eine Ermittlung des diesbezüglichen Status quo der europäischen und internationalen IS-Forschung ließe neben einer absoluten auch eine relative Positionsbestimmung der Wirtschaftsinformatik zu.
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From Communicative Action Theory to SocioTechnical Artifacts: Presentation of Three System Prototypes
Fahri Yetim
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Introduction
Social issues have become as critical as technical ones for the designers of modern socio-technical systems that enable social interaction of any type such as group discussions, group writing or others. Design science research in the Information Systems (IS) discipline deals with the construction and evaluation of IT artifacts (Simon 1996; Hevner et al. 2004), which have impacts on people and organizations. Hence, design research encompasses socio-technical design, within which design issues are not merely concerned with how to make technology more efficient or how technology affects society, but also with issues such as how social concepts can be integrated in technology design, use and evaluation or how social ideals can enlighten technical design and evaluation. The combination of social and technical knowledge is necessary in order to reduce the socio-technical gap (Ackerman 2002), and for this purpose, social theories can be of practical value. In line with the view that ‘nothing is as practical as a good theory’ (Lewin 1945), we think that theories are practical as they allow knowledge to be accumulated in a systematic manner and this accumulated knowledge illuminates professional practice. The objective of this paper is to present the application of concepts from Habermas’ (1984) critical social theory. Klein and Huynh (2004) discuss the implications of Habermas’ critical theory for IS discipline, and note – with reference to the citation analysis of Jones (2000) - that Habermas is probably second only to Giddens in the frequency with which IS researchers choose his writings over other social theories on which to found their studies. Habermas’ theory of communicative action (i.e., an action which is striving to achieve mutual understanding) is one of the theoretical foun-
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dations of the language-action perspective on system design (Goldkuhl a. Lyytinen 1982; Winograd a. Flores 1986). It is therefore highly appropriate to consider Habermas’ ideas in the realm of design science research and demonstrate how they can be integrated into the design of technological artifacts. As Klein and Huynh (2004) point out, demonstration of the applicability of Habermas’ theory is still lacking in IS research. An exception is the work of Heng and de Moor (2003), which applies Habermas’ theory of communicative action as the guiding principles for developing an internet-based tool for collaborative authoring. However, although the system design follows - at a general level - the spirit of a Habermasian discourse to enable and support electronic communication, it does not consider the broad spectrum of discursive concepts and details of his theory. This paper moves beyond a high-level theoretical discussion of the value of Habermas’ critical social theory for IS to its implementation in prototype systems. In my earlier works, I have already proposed theoretical constructs and models based on Habermas’ ideas (Yetim 2005, 2006, 2007, 2008a/b). Here, I present three prototypes that represent the implementation of these constructs and models in different application areas. The applications are concerned with supporting group discourses, managing usability guidelines, and providing justified product recommendations. This paper claims to make a practical contribution to the design of sociotechnical systems by demonstrating the applicability of Habermas’ ideas, by illustrating both how theory informs the technical design and how practical challenges affect the realization of the theory. The organization of this paper is as follows: Section 2 provides the theoretical background by briefly introducing the design-science research perspective and the relevant concepts from Habermas’ theory. Then the subsequent sections describe the purpose and functionality of three system prototypes, and also give a tentative view of how to continue in the future. Section 3 presents the first prototype DISCOURSIUM, which allows critical discussion on many aspects of information communications. Section 4 describes the second prototype GuideMan, which deals with the management of usability guidelines. Section 5 is concerned with the third prototype JustPro, which employs Habermas’ concepts to organize justificatory knowledge for product recommendations. Finally, section 6 presents some conclusions.
From Communicative Action Theory to Socio-Technical Artifacts
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Background
2.1 Design Science Research in Information Systems Two paradigms characterize much of the research in IS: behavioral science and design science. The behavior-science paradigm seeks to develop and verify theories that explain or predict human or organizational behavior. The design-science paradigm, with its roots in engineering and the sciences of the artificial (Simon 1996), seeks to extend the boundaries of human and organizational capabilities by creating new, innovative artifacts (Hevner et al. 2004). The term artifact is broadly defined in design science research. Artifacts can be constructs (vocabulary and symbols), models (abstractions and representations), methods (algorithms and practices), and instantiations (i.e., implemented software systems) (Hevner et al. 2004); they can also be organizations, policies, and work practices (Simon 1996). Constructs, models, and methods permit the representation, analysis, understanding, and development of successful information systems within organizations. Instantiations show that constructs, models, or methods can be implemented in a working system. Thus, the prototypes to be presented in this paper fall solidly within the realm of design science research. In design science research, there are different views on the roles and constituents of a design theory (see, Carroll and Kellogg 1989; Walls et al. 1992; Markus et al. 2002; Goldkuhl 2004; Venable 2006; Gregor a. Jones 2007). Yet it seems to be widely accepted that design theories differ from theories in other natural and social sciences because design theories tend to be prescriptive rather than descriptive. Gregor (2006) argues for a theory for design and action as a special type of theory that says ‘how to do something’ as opposed to other types of theory where the primary purposes are analysis, explanation or prediction. It has also been argued that design theories provide the rational foundations for design characteristics and explain why artifacts should possess certain features or characteristics in a functional or teleological way (Pries-Heje a. Baskerville 2006). They are the prescriptive basis for explaining means by which artifacts will achieve the intended ends (Simon 1996). Design theories can be anchored in reference theories usually taken from the natural or social sciences. For the purpose of this paper, the relevant issue is: What a role can language-action theories such as Habermas’ theory play in design?
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2.2 Language-Action Perspective on Design The so-called Language-Action Perspective (LAP) is one research stream in IS, for which both Habermas’ (1984) theory of communicative action and the speech-act theory (Searle 1969) serve as the theoretical basis. Regarding epistemological aspects, Habermas’ theory does not assume that the truth of a scientific theory is its correspondence with some objective reality. Instead, it recognizes that truth has to be defined through a discourse, and emphasizes “the logic of justification.” It recognizes the uncertainty and fallibility of human knowledge. Therefore, different theories and methods need to be constantly debated (Klein a. Lyytinen 1985). In the traditional approaches information systems are seen as repositories storing representations of facts about the real world. The important goal from this perspective is to achieve a correspondence between the representations in the system and the facts in the world. In contrast, LAP does not conceive information systems as technostructures that store hard facts about the objective reality. Instead, it sees them as influenced by knowledge-based rules which are always socially and technically conditioned (Goldkuhl a. Lyytinen 1982; Winograd a. Flores 1986). From this perspective, an IS is regarded as a vehicle for social action and communication within an application context. Systems development is conceived as a social process. Communication comes to the fore in this approach. It sees the need for sense-making or mutual understanding through the use of rational discourse, and hence vehicles are developed to overcome obstacles to free and undistorted communication (Klein a. Huynh 2004). The goal of systems development is a system which would not only support rational discourse but also mutual understanding for all its users (Klein a. Lyytinen 1985). In other words, LAP emphasizes the communicative and discursive orientations related to the system itself and its development process. It assumes: if social and pragmatic aspects are not sufficiently taken into account during analysis and design, one might end up with an application system that may fail to be considered as legitimate and socially acceptable. Klein and Lyytinen (1985) argue that critical social theory is not a research methodology in the sense that it tells us how to do research. It emphasizes the role of interpretive and hermeneutic method in research which has a social content. Winograd (2006) states that LAP does not allow the designer to predict system behavior and resource demands and to design effectively for these factors. Rather: “Its value is as an orienting theory, not applied as a set of calculations, but shaping the background of interpretation a designer brings to understanding and envisioning the human situation” (ebd., p.72). Like any perspective, LAP provides a standpoint for raising questions, for anticipating breakdowns, and for inventing opportun-
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ities. In the field of interaction design, there are opportunities of multi-user shared participation in education, entertainment, and commerce, and some of the central concerns in these applications are those addressed by LAP: trust, commitment, and bridging differences of background and interpretation. Winograd (2006) concludes that: “By shining its spotlight on essential qualities of language and information, LAP can introduce simplicity to a design – not by reducing the human phenomena to simplicity, but by providing a uniform and understandable structure that can support human activity in all of its richness.”(p.73). Goldkuhl (2004) points to some design approaches (e.g., Action Workflow, DEMO or BAT) which have, more or less, theoretical roots in language action theories. He argues that the external language action theories function as kernel theories (Walls et al. 1992) for the design approaches. The theoretical constructs in these theories (as e.g. in speech act theory (Searle 1969) function as conceptual and explanatory grounding for parts of the mentioned design approaches. Habermas’ (1984) work treats issues of normative rationality, which then function as a general value grounding. Human and social concerns were raised in many other socio-technical approaches (e.g., Hirschheim et al. 1996; Friedman 1997; Yetim 1998). They encourage IS professionals to consider different, often conflicting, interests and to ensure that democratic values are incorporated in design processes. In such approaches, the utility of the designed artifact is not merely stated in terms of its efficiency or effectiveness but also in terms of other criteria such as its elegance (aesthetics), ethicality, legitimacy, etc. Habermas’ Theory is often referred as the theoretical foundation for introducing democratic values into design processes as well as concepts and structures for supporting deliberation and transparency in design. In what follows, we briefly outline how Habermas’ theory is used in this paper. 2.3 Concepts used from Habermas’ Theory In his theory of communicative action, Habermas (1984) regards communication as a way to reach a shared understanding and specifies the mechanism that makes rationally motivated agreement possible. His theory deals with universal aspects of human action, communication and reflection. Habermas argues that communicative (and also non-communicative) actions of actors inherently involve validity claims (e.g., comprehensibility, truth, rightness, sincerity, efficiency or ethical goodness) that are open to both criticism and justification. In order to arrive at a shared understanding the speaker and hearer must agree on validity claims. When validity claims are challenged, actors switch from communication action to dis-
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course, i.e. to a reflective mode of communication, in order to 'solve' the dissensus by means of argumentation. Habermas provides a set of discourse types for specific validity claims. He aligns different types of validity claims with different types of justificatory discourse. Cogent arguments must employ somewhat different sorts of reasons to justify different types of claims. Toulmin’s (1958) model of argument is used as the basis for argumentation in discourses. As mentioned before, Habermas’ theory can be applied to the development process of a system (e.g., it can be used during analysis and design) to promote mutual understanding about the desired features of the system. In line with the prototyping approach to information systems development, the prototypes presented in this paper have been developed thorough an iterative rather than a systematic process. The design processes involved communicative activities such as presentation of proposals, feedbacks, critical discussions or consensus formations. Yet, this is not the way this paper uses Habermas’ theory. Rather: Habermas’ theory plays a role in the designed prototypes themselves by providing procedures and/or theoretical constructs to be implemented. They thus function as conceptual, explanatory or value grounding for parts of the prototypes. Many of Habermas’ concepts have been used in the architecture of a meta-communication model (Yetim 2005, 2006). Three prototypes presented in this paper implement the following concepts from Habermas’ theory: 1. In DISCOURSIUM, Habermas’ theory provides orientation to structure human communication and reflection. In particular, the validity claims (including rationality standards) serve as a set of clarification issues for critically evaluating information and communication actions. In addition, types of discourses provide orientations for sorting and mapping controversial positions according to the logic of the issue at hand. 2. In GuideMan, many validity claims are regarded as usability issues in the context of Human-Computer Interaction (HCI) and are used as categories to organize usability guidelines. In this way, guidelines can inform the designers/evaluators about how to satisfy expectations associated with different validity claims, e.g., to achieve comprehensibility or truthfulness when designing communication. 3. In JustPro, the set of diverse discourse types is used to categorize justificatory knowledge for product recommendations. The remainder of this paper presents the three prototypes and describes the usage of the theoretical concepts in each of them. Instead of providing the details, presentation of each system will be limited to a brief description of its purpose, scope, and contribution, followed by a discussion of the
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basic functionality of the system as well as information about the current state, evaluation aspects, and future issues. It should be noted in advance that all three prototypes have been developed by using open source technologies (Apache Server, PHP, and MySQL).
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DISCOURSIUM: A Tool for Supporting Structured Deliberation
3.1 Purpose, Scope, and Contribution DISCOURSIUM can be conceived as both a tool and a methodology for facilitating structured deliberation on and critical examination of information. The relevance of discourse-oriented approaches and tools for supporting sensemaking activities (i.e., capturing, comprehending, and managing competing interpretations and arguments) has already been articulated (e.g., Uren et al. 2006; Yetim 2006). Previous research has also shown that adding structures to online discussion environments improves the group’s ability to reach consensus and make higher-quality decisions (Farnham et al. 2000). The amount of information communicable via internet and the possibility to communicate across global contexts pose challenges, ranging from how to communicate comprehensible, relevant and valid information to how to accommodate diverse ethical values. DISCOURSIUM aims to enable discursive and structured examination dialogues on information and communication objects (e.g., texts, information design, etc.). It supports the reflective treatment of a set of possible communication breakdowns and enables participants to achieve agreement on the forms, contents and norms of information and communication. DISCOURSIUM differs from other discourse-oriented technologies in that it provides a set of theorybased examination issues and related discourses (consult Yetim (2007) for a review of some related works). 3.2 The functionality of DISCOURSIUM DISCOURSIUM implements the meta-communication architecture (Yetim 2005, 2006), which is mainly based on Habermas’ theory of communicative action. The architecture distinguishes two levels: the conversation for clarification level, which provides a structure for systematic conversations about basic issues, and the discourse level, which provides a structure and orientation for disputing controversial positions. Distinguishing between
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clarification and discourse levels allows users to separate “just talking” from argumentative disputes. However, as argued in (Yetim 2007), although theoretically reasonable, from a practical point of view the full implementation of the two levels with dialogical discussion at each level may add further complexity. For example, practicing threaded discussions at each level may lead to inefficiency. In addition, as each discourse type is responsible for examining specific types of controversial claims, switching between discourses may in practice become challenging for the participants, and the management of the complex relationship between the discourses also requires additional cognitive and technical efforts. Moreover, the implementation of two levels may have a negative effect on the usability of such a system, as it would require participants to possess communication knowledge, i.e. to know which discourses are for which types of controversies in order to place their positions/arguments in the appropriate discourses.
Fig. 1. Screenshot for examining a text
These challenges motivate the exploration of alternative design. Without giving up the theoretical idea of separating discourses for different validity claims, for practical reasons the following compromise solution has been implemented in DISCOURSIUM: Only the clarification level from the
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model is implemented to enable participants to participate in critical examination dialogues for examination of both information objects and argument maps. The main activities involve: (1) Users examine an information object; (2) A moderator creates argument maps for each discourse type; (3) Users examine the maps. As shown in Fig. 1, participants can upload a text or other object to examine and provide their contributions. At this level, the system provides participants with clarification issues, which participants can select to make the semantics of their contributions explicit. This functionality of the system is similar to that of a discussion forum, with an option that participants categorize their contributions by selecting one issue from the set of issues.
Fig. 2. Screenshot for submitting a map
While examining a text or other objects, the contributions of participants on an issue may be controversial. In DISCOURSIUM, a moderator is responsible for analyzing/summarizing contributions. He or she also identifies controversial positions and creates “argument maps” (or “discourse maps”) containing the controversial positions with associated pro or contra arguments. Currently, DICOURSIUM does not offer an editor for argument diagramming. Instead, facilitators can use external tools and techniques for analysis and diagrammatic representation/visualization of argu-
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ments (e.g., Kirschner et al. 2003). As shown in Fig. 2, facilitators have to specify each discourse map when submitting it into the system for further examination. This means that participants do not enter the discourse level (as suggested in the theory) to directly contribute to the arguments of others. Rather, they open a discourse map and use the forum with the repertoire of critical issues to articulate their views/critiques on the map, as shown in Fig. 3. In this way, they indirectly interact with the discourse-level arguments of other participants. In other words, using the same forum to examine both texts and discourse maps relieves participants of having to know what issues/claims to be discussed in which discourses. They just need to learn how to use critical issues in examination dialogs.
Fig. 3. Screenshot for examining a map
The example map in Fig. 3 is constructed with the Rationale1 system for illustration purposes (see also Yetim (2007)). Visualized arguments for each discourse can be critically examined or evaluated in different ways. One approach suggests using argumentation schemes from argumentation theory (Walton 2006), such as argument from expert opinion, argument from example, and using the critical questions associated with each 1
Available at: www.austhink.org
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scheme to evaluate arguments. In DISCOURSIUM, the examination issues are used to examine arguments (e.g., expert opinions) without the need to possess knowledge of the argument schemes as discussed and illustrated in (Yetim 2007). In addition, it has been shown that the maps (their form and design) can also be critically examined by using the same categories of issues. In this case, the respondent of the critical questions is/are the moderator(s), who analyzed the discussions and created the maps. In this case moderators are seen in a collaborative examination dialogue with other participants. 3.3 Current State, Evaluation, and Future Research DISCOURSIUM is a comprehensive socio-technical system, consisting of a mix of people, tools and procedures. We have described the rationale and functionality of the system, which offers a broad spectrum of concepts for reflecting on many issues. The network of different types of discourses allows actors to introduce different types of reasons and to argumentatively examine and justify controversial claims. The development of the system is still proceeding. Hence, the usage of the system has not yet been evaluated and remains a future research issue.
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GuideMan: A Tool for Managing Usability Guidelines
4.1 Purpose, Scope, and Contribution GuideMan is a web-based tool for managing usability guidelines. Guidelines present design experiences and support design practice with useful sets of recommendations or prescriptions, and play a significant role in designing (universally) usable systems (Shneiderman 1998; Nielsen 2000). Many guidelines can be used for both design and evaluation of interactive systems. As GuideMan manages design wisdom in terms of guidelines, it can be useful for designers and usability engineers during design and evaluation of interfaces as well as for students interested to learn about and have access to the design experiences. Usually, guidelines are organized either around the media (e.g., text, graphics, video) or around the activities in the context of HCI or processes of information systems development such as planning, design, production, and maintenance. There is a lack of a theoretically well-founded approach to dealing with guidelines. GuideMan contributes to HCI literature by demonstrating the practicality of a theoretically grounded approach to the management of guidelines.
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As an IT artifact, it instantiates the categorization framework proposed in (Yetim 2006, 2008b), which uses many concepts from Habermas’ works (Habermas 1984, 1996), and additionally considers Toulmin’s (1958) model of argumentation. Both theories provide concepts and guidance for the organization and representation of guidelines, particularly in building structures to enable reflections and critiques on guidelines in a systematic way compatible with rational practice. However, the current version of GuideMan focuses on the organization and retrieval of guidelines and does not consider issues of reflections on guidelines. For organizing guidelines, many validity claims from Habermas’ works are regarded as usability categories because they deal with aspects of communication and action and cover many usability aspects of user interfaces. They relate to many usability principles ranging from the principle of appropriate presentation of content to its validity and adequacy in relation to users’ actions. Hence, the categories represent purposes and specify what requirements system designers need to satisfy, and also make explicit what the guidelines are expected to communicate, namely, recommendations on what should be done to provide readable/perceivable, syntactically and semantically clear signs, to communicate relevant and valid (trustworthy, reliable, appropriate) information, and to act in an efficient and effective way. In addition, the approach uses Toulmin’s argument schema to represent further information related to guidelines. For example, it distinguishes between purposes (i.e., the categories), recommendations and justifications as well as other contextual information in a representation schema. 4.2 The Functionality of GuideMan GuideMan’s components support the capturing of and access to a broad range of usability guidelines (Bock and Yetim 2008). Fig. 4 illustrates one of the components, which allows the user to submit new guidelines into the system database. The user is provided with a template for describing the guideline. As mentioned above, the template is based on Toulmin’s argument schema and represents knowledge of guidelines in relation to the categories. The knowledge on guidelines includes their justification or rationale (warrant) and supporting evidence (backing) such as empirical research or consensus among experts. In addition, optional information on the degree of strength/importance of the guidelines can indicate whether a content developer must, should or can satisfy the guideline. Finally, optional information about contextual conditions or exceptions (if any) can be presented to inform the application of guidelines (e.g. specific tasks, systems, groups or cultures).
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Fig. 4. Screenshots for searching guidelines
Fig. 4 shows the component for searching guidelines, which provides the user with two options: either selecting a category to see associated guidelines, or requesting the complete list. From the list of guidelines presented, the user can request the details for a selected guideline as well as examples related to it.
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4.3 Current State, Evaluation, and Future Research The implemented version of GuideMan focuses on the organization and retrieval of guidelines. So far, we have conducted several studies to evaluate both the categorization model applied in the system and the usability of the implemented system. For the evaluation of the categorization model, two explorative studies were conducted to understand the representational fit of the proposed categories to the domain of guidelines, as described in (Yetim 2009). For these studies, a set of research-based Web design and usability guidelines from (Koyani et al. 2003) is employed. They helped us to understand and enabled us to reflect on the consequences of the proposed model for writing guidelines. The evaluation of the usability of the implemented system has been conducted by using IBM usability satisfaction questionnaires. A group of students were involved at evaluation tasks. Its aim was to understand usability problems with the system while solving tasks such as submitting, searching, updating and deleting guidelines. The overall results indicate an acceptable level of satisfaction with the usage of the system. Details of the system and its evaluation are provided in (Bock and Yetim 2008). Future research will explore the application of the discourses from Habermas’ theory to allow deliberation on guidelines organized in the system. In other words, it is intended to combine the functionality of GuideMan with that of DISCOURSIUM, in order to allow organization of guidelines as well as to provide categories of issues that can be used to systematically reflect on guidelines while collaboratively assessing them or discussing their applicability in a given context.
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JustPro: A Prototype for Justified Product Recommendations
5.1 Purpose, Scope, and Contribution JustPro aims to provide product recommendations with justifications. Justification of the system decisions has already been investigated in the context of expert (or intelligent) systems, with the aim of informing users of the underlying reasons why and how the system reaches a particular conclusion or makes a particular recommendation (Yetim 1994). Among the various types of explanations such as trace explanations, justifications, terminological explanations, the justification-type explanations give rise to more positive user perceptions of a system than other explanations (Ye a. Johnson 1995). User characteristics, and user’s level of expertise in partic-
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ular, have been investigated as influencing explanation use and the type of explanations preferred (Mao a. Benbasat 2000). Justification of product recommendation can also be delivered with a strategic intention, i.e. for persuading costumers to buy a product. For this purpose, depending on the characteristics (values, attitudes, beliefs) of the customers different type of justificatory knowledge (e.g., economic, ethical or aesthetic ones) can be provided. This is based on the assumption that acceptance of the justification of the recommendation by the customers would have a positive effect on customers’ perceptions of the products and that the acceptance of justification itself may also depend on the values and beliefs of the customers. In JustPro, we follow particularly one of the communication design principles, which states that “design should support adaptive behavior, including the contingent use of alternative communication strategies, alternative message forms, and alternative media” (Te’eni 2006, p.67) From Habermas’ works (Habermas 1984, 1996), the set of discourse types are used as orientation to categorize justificatory knowledge for recommendations. As mentioned before, Habermas regards discourse as a reflective form of communication, and differentiates between types of discourses for the argumentative validation and legitimizing of different kinds of knowledge. Thus the discourses provide orientation for the structured management of justifications as proposed earlier in (Yetim 2008). JustPro demonstrates the application of this theory-based categorization of justification knowledge in the context of product recommendations. The system uses the types of justification knowledge for strategic purposes, i.e., it communicates the appropriate justification by considering costumer’s values. 5.2 The Functionality of JustPro JustPro, aiming at providing customer-oriented and justified product recommendations, has two main components to achieve its objectives: (1) the product shopping and (2) the administration components (Fig. 5). The product shopping component allows customers to specify the type of products. The system then presents the products using the media preferences of the costumer (e.g. text or audio) and also provides a recommendation statement (e.g., “This is the best car for you.”). In addition, the system delivers justifications for the recommendation. Currently, the system presents customer-specific justifications only if customer values and rules exist that legitimize such a choice. Otherwise, all available justifications are presented.
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The administration component allows administrators to enter separately (a) product descriptions in different medial form and (b) recommendation statements as well as (c) justifications to be used for many products. In a next step, the administrator can have access to the text base and assign to each product an appropriate recommendation statement and many justifications for the selected recommendation statement. This provides the basis for the system to select the appropriate one in a product presentation time, by considering customer’s values. In our prototype, we use a simple model and enter the values manually. More intelligent systems may use other facilities to infer such values from customer’s behavior with the system.
Fig. 5. Screenshots from JustPro
As this paper aims to illustrate the usage of concepts form Habermas’ theory, we briefly describe how discourses are used for categorizing justi-
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fication texts. As shown in Fig. 5, the discourses are renamed as knowledge types for categorizing justifications. A justification statement is categorized as Personal Knowledge if it is based on private preferences, beliefs or assumptions of a single person, as Communication Knowledge if it deals with knowledge of linguistic or communication rules or signs. Pragmatic Knowledge deals with rules expressing purposive-rational choice of means (techniques, strategies), and Theoretical Knowledge with scientific theories, laws of nature, mechanistic principles or the like. Aesthetic Knowledge is used to categorize those justifications that refer to aesthetic values or interpretations. Legal Knowledge deals with justifications that refer to administrative regulations, laws, statutes, and so on. Ethical Knowledge refers to justifications that deal with community-specific values (“good” and “bad”), whereas Moral Knowledge is concerned with norms that stipulate reciprocal rights and duties (in the form of moral ideals or maxims). Due to limited space, we cannot illustrate them here; a detailed description with illustrative examples can be found in (Yetim 2008). 5.3 Current State, Evaluation, and Future Research So far, we have described how the different types of discourses from Habermas’ theory provided orientation for the segmentation of justification knowledge. The system is still under development, and no evaluation has yet been carried out. It should be mentioned that we have not investigated the relationship between specific values and types of justifications. We assumed their relationships hypothetically and have used simple rules in the current version to simulate the relationships. Future research will address the development of adaptive features of the system and justification of the empirical basis for the relationship between customer’s values and the persuasiveness of different types of justification.
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Conclusions
In this paper, we have shown how several concepts from Habermas’ theory of communicative action were translated into practice in three different application domains. From Habermas’ works, the concepts of validity claims and discourses have provided orientation in structuring conversations, usability guidelines or justification knowledge in the artifacts designed.
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In the domain of discourse support systems, the concepts are employed for structuring critical examination dialogs. We have also made some compromise design solutions, acknowledging that realistic systems design must take into account some practical challenges. In the domain of usability guidelines, many validity claims are used to organize guidelines and to allow users category-based searching of guidelines. Finally, in the context of product recommendations, the discourse concepts are applied for supporting a theory-driven classification of justifications. In all these applications, there are many open issues remained for further investigation in the future research.
Acknowledgements I acknowledge the support of many students of multimedia courses during my employment as Deputy Professor at the Institute of Information Science, Cologne University of Applied Science, especially for the implementation of some components of the GuideMan and JustPro. Robert Bock has made contributions to the GuideMan in his undergraduate thesis. The extensions made, and any errors are entirely the responsibility of the author.
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Business Ethnography – Aktionsforschung als Beitrag zu einer reflexiven Technikgestaltung
Bernhard Nett, Gunnar Stevens
Zusammenfassung Business Ethnography ist eine Konzeption reflexiver Technikgestaltung, die sich bereits in einer Reihe von soziotechnisch orientierten Technikgestaltungsprojekten bewährt hat. Sie stellt einen eigenständigen Beitrag technikorientierter Aktionsforschung innerhalb des internationalen Diskurses der Information Systems dar. Nach einem Aufriss verschiedener Konzepte der Aktionsforschung setzt sich der Beitrag mit der aktuell geführten Diskussion um eine „kanonische“ Aktionsforschung in den Information Systems kritisch auseinander, die die Aktionsforschung allein auf die Prüfung von Hypothesen verengen möchte. Demgegenüber wird mit der Business Ethnography eine alternative Konzeption vorgeschlagen: ihr Fokus liegt nicht auf der Prüfung vorab festzulegender Hypothesen, sondern auf der Rekonstruktion von Lernprozessen, die in Technikgestaltungsprojekten anfallen. So zielt die Business Ethnography auf eine auch den pragmatischen Projektkontext adressierende Reflexivität der Forschung, in der die diskursive Verfolgung einer transparenten Expertenrolle selbst zum wichtigen Dokumentations- und Reflektionsgegenstand wird. Dieser kann sowohl von den Projektpartnern wie von der Wissenschaftsgemeinde diskutiert und überprüft werden. Praxisrelevanz gewinnt die Business Ethnography somit als Konzeption zur Identifikation und systematischen Entwicklung von im Projektverlauf sich auftuenden Innovationspotentialen.
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Einleitung
Die Aktionsforschung wurde von Kurt Lewin in der Psychologie entwickelt (Lewin 1946), danach in ganz verschiedenen Disziplinen adaptiert, etwa in der Sozialwissenschaft (Moser 1980), der Organisationsentwicklung (Argyris et al. 1985; Trist et al. 1997), der Pädagogik (Altrichter u. Posch 1990; Kemmis u. Mctaggart 1988; Moser 1978) und anderen Formen der Sozialforschung (Bortz u. Döring 2002). Dabei nahm das Konzept der Aktionsforschung jedoch ganz unterschiedliche methodische Formen an. In der Wirtschaftsinformatik wie auch in der Information Systems1 wurde verschiedentlich auf die Aktionsforschung Bezug genommen (u.a.: Baskerville u. Wood-Harper 1996; Checkland u. Holwell 1998; Frank et al. 1999). Insbesondere vor dem Hintergrund der ‚rigor versus relevance’Debatte (Wilde u. Hess 2007) nimmt die Aktionsforschung in der Information Systems eine prominentere Rolle ein (Mårtensson u. Lee 2004). Jedoch treten der Aktionsforschung dabei immer wieder Zweifel an der Wissenschaftlichkeit des interventionistischen Forschungsansatzes (vgl. etwa Becker 1998) entgegen. In letzter Zeit hat in der Information System das Konzept der Canonical Action Research eine gewisse Prominenz (vgl.: Davison et al. 2004) erlangt. Ausgehend von dem Forschungskonzept nach Susman und Evered (1978) werden fünf Prinzipien guter Aktionsforschung abgeleitet: das Prinzip expliziter Forscher-Klienten Vereinbarung, das Prinzip des zyklischen Vorgehens, das Prinzip formaler Theorie, das Prinzip des sich aus der Theorie abgeleiteten Handelns und das Prinzip des Lernens durch anschließende Reflektion (vgl.: Davison et al. 2004, S. 69). Die benannten 5 Prinzipien werden jedoch nicht als eine Forschungskonzeption verstanden, deren Sinnhaftigkeit im Konkreten jeweils neu ausgewiesen werden muss. Stattdessen wird ein Satz von 31 universell gültigen 1
Die Disziplin der Information Systems im angloamerikanischen Raum kann als das Gegenstück zur Wirtschaftsinformatik im deutschsprachigen Raum verstanden werden, die sich vor einer ähnlichen Problemlage entwickelt haben. Frank (2006) weist jedoch auf das unterschiedliche Selbstverständnis beider Disziplinen hin, sowohl was die. methodische und erkenntnistheoretische Ausrichtung anbelangt. Er spitzt dabei die Unterschiede zu dem Gegensatz „natural science as model“ vs „research through development“ zu. Um diesen Umstand Rechnung zu tragen, soll im Folgenden von der Wirtschaftsinformatik gesprochen werden, wenn es sich um Arbeiten aus dem deutschsprachigen handelt und von der Information Systems, wenn es sich um Arbeiten aus den angloamerikanischen Raum handelt.
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Kriterien abgeleitet, mittels dessen die Güte jeglicher Aktionsforschung bewertet werden soll. Die Kriterien beziehen sich primär auf formale, nicht auf die inhaltlichen Aspekte und haben dabei meist eine ähnliche Form wie z.B. das Kriterium 3c, welches das Prinzip formaler Theorien genauer spezifiziert: “3c. Was a theoretically based model used to derive the causes of the observed problem?” (Davison et al. 2004, S. 74) Im Gegensatz zu einer ethnographisch orientierten Forschung (vgl.: Randall et al. 2007) werden hier sensibilisierende Konzepte, die zur ersten tentativen Erschließung des Gegenstandsbereichs herangezogen werden, nicht als Theorie gewertet. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit einer formalisierten ex-ante-Theoriebildung. Theorien werden in der Canonical Action Research ganz im Sinne einer (auch die Naturwissenschaften verkürzenden) „natural science as a model“-Tradition der Information Systems (Frank 2006) als ungeschichtlich-allgemeine Kausalbeziehungen von Naturobjekten verstanden: „CAR [canonical action research] theory commonly takes the following form: in situation S that has salient features F, G and H, the outcomes X, Y and Z are expected from actions A, B and C.” (Davison et al. 2004, S. 74) Hieran zeigt sich, dass sich das Konzept der Canonical Action Research sich am ‚Behavioral Science’-Ansatz (Hevner et al. 2004) der Information Systems orientiert. Sie versucht dabei Zweifeln an der Wissenschaftlichkeit aktionsforscherischer Methodik durch ein formalisiertes Vorgehen zu begegnen, dessen Güte anhand von außen herangetragener Kriterien gemessen werden kann. Des weiteren findet eine einseitige Ausrichtung am wissenschaftstheoretischen Modell der Hypothesenprüfung (vgl. etwa Ned 2004) statt. Für die Wirtschaftsinformatik ist jedoch eine solche Verengung weder wünschenswert, noch stellt sie eine ausreichend methodisch gesicherte Basis für eine am Einzelfall orientierte Forschung dar. Gerade in der konstruktionsorientierten Forschung, die in der Wirtschaftsinformatik sowohl hohe Praxisrelevanz als auch zentrale wissenschaftliche Bedeutung hat (Hevner et al. 2004), besteht bei einer solchen methodischen Verengung die Gefahr, dass gerade spezifisch Neues nicht hinreichend erfasst wird. Gleiches gilt auch dort, wo die Beachtung der Kontextspezifität bei Projekten zentral ist, wie z.B. bei der Produktion von Individualsoftware, der Anpassung von Standardsoftware oder abstrakten Referenzmodellen. Eine am Einzelfall orientierte Forschung spielt ebenso in Fällen eine wichtige Rolle, bei denen es um das sondierende, iterative Identifizieren von Innovationsmöglichkeiten in einem Feld geht, die es - zum Zwecke der nachträglichen Prüfung ihrer Verallgemeinerbarkeit - zunächst einmal in ihrer eignen Besonderheit zu erfassen gilt (vgl. etwa Schwabe u. Krcmar 1996).
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In diesen Fällen kann nicht auf Abstraktion vom Status quo vertraut werden2, vielmehr ist hier wegen des Bezugs auf riskante Innovationen die Entwicklung von Innovationsallianzen notwendig. Während eine methodische Standardisierung bzw. Formalisierung in Einzelfällen unter forschungsökonomischen Gesichtspunkten Sinn machen können, sollte sie aber nicht als einzig mögliche methodologische Basis generalisiert werden, da es – wie oben gezeigt – wichtige Teile in der Wirtschaftsinformatik gibt, die zu allgemeinen Ergebnissen kommen, indem sie Spezifisches im Einfall adressieren und reflektieren. Im Rahmen dieses Beitrags soll die Kritik an einer Canonical Action Research (Davison et al. 2004) genauer dargelegt und mit der Business Ethnography exemplarisch eine am Einzelfall orientierte Forschungsmethodik der Technikentwicklung vorgestellt werden. Dem Paradigma der Formalisierung wird hier die Systematisierung der Forschung im Feld auf der Basis fallbasierter Reflektion entgegengestellt. Als Fall gilt hier das einzelne Forschungs- und Entwicklungsprojekt, das sich konzeptionell meist als System der Erarbeitung der Lösung eines vorgegebenen Problems organisiert. In der Praxis wird jedoch oft nicht nur die Lösung gestaltet, vielmehr entwickelt sich das Problem bzw. dessen Wahrnehmung im Zuge der Forschung selbst weiter – mitunter ohne das dies ausgewiesen wird und ohne entsprechende Prozesse systematisch zu reflektieren. Im Falle der Business Ethnography wird eine solche Entwicklung des Problems im Lösungsprozess nicht geleugnet. Vielmehr wird die systematische Erfassung dieser Effekte durch eine reflexive Forschungslogik angestrebt, die zugleich auf eine für die Anwendungspartner kontextgerechtere Technikgestaltung abzielt. Im Rahmen dieses Aufsatzes kann und soll der prinzipielle Streit zwischen erkenntnistheoretischen Schulen über die Aktionsforschung nicht entschieden werden. Es sollen jedoch die forschungspragmatischen Voraussetzungen und theoretischen Implikationen verschiedener Forschungsdesigns rekonstruiert werden. Dabei soll hinterfragt werden, wie „angesichts weit divergierender Anforderungen an die Forschung […] in der Wirtschaftsinformatik ein reflektierter Methodenpluralismus“ (Frank et al. 1999, S. 152) sinnvoll weiterentwickelt werden kann. Dazu soll die Aktionsforschung als Teil einer interventionsreflexiven Technikgestaltung nachgezeichnet werden.
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Anders z.B. als in methodisch konstruierbaren Referenzmodellen.
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Ursprünge und Entwicklungen der Aktionsforschung
Die Ursprünge der Aktionsforschung liegen in den Arbeiten Kurt Lewins begründet (Lewin 1946), der eine als Beschreibung des Gegenstandsfeldes verstandene Modellbildung, die „Diagnose“, von einer darauf zu entwickelnden Strategie, der „Therapie“, unterschied (vgl. Nett u. Stevens 2004). Der damit verbundene empirisch basierte Reflektionsprozess, der wiederholt durchlaufen werden könne, wurde von Lewin der elektrischen Steuerungstechnik nachempfunden. Dieser entnahm er auch den Begriff des „Feedback“ für steuerungsrelevante Informationsrückflüsse. Nach Lewin kann durch initiale Intervention ein Zyklus von Planung, Aktion und Evaluation angestoßen und dann selbstorganisiert iterativ durchlaufen und konkretisiert werden. Lewin interessierte sich dafür, weil er mögliche Beiträge sozialwissenschaftlicher Gruppenforschung zur Demokratisierung suchte (ibid). Eine starke Motivationslinie für die weitere Verbreitung der Aktionsforschung war Unzufriedenheit mit dem (häufig als unzureichend erfahrenen) Verhältnis von Theorie und Praxis (Kromrey 2006), insbesondere im Hinblick auf die Forschung, die (nach Definition bestimmter Rahmenbedingungen) häufig auf ein von der Forschungspraxis völlig unabhängiges Registrieren von Eigenschaften einer objektiven Realität verkürzt wurde. Zur Überwindung einer Naivität im Hinblick auf Wirkungen situierter Forschung auf soziohistorisch geprägte Forschungsgegenstände wurde deshalb eine Allgemeinheit sichernde Reflexivität der Forschung - und damit Aktionsforschung - gefordert. Auf Organisationsentwicklung abzielende Fassungen der Aktionsforschung wurden in der Folge an verschiedenen Orten entwickelt, u.a. von (Trist et al. 1997) am Tavistock-Institut in London sowie von (Argyris et al. 1985). Daneben ist die Aktionsforschung im Bereich der Schulpädagogik (Altrichter u. Posch 1990; Moser 1978) bekannt, hier besonders stark in der US-amerikanischen Raum (vgl. Kemmis u. Mctaggart 1988). Angesichts dieser Vielfalt kann heutzutage nicht mehr von der Aktionsforschung gesprochen werden, sondern es ergibt sich eher das Bild einer „Familie“ im Sinne Wittgensteins. Unterschiede der Konzepte können entsprechend ihrer Kritik an etablierten Forschungskonzepten und den dagegengestellten Entwürfen nachgezeichnet werden, sowohl hinsichtlich der wissenschaftstheoretischen oder -ethischen Gegenpositionen, als auch der forschungspraktischen Implikationen. Die Zugehörigkeit zur Familie ergibt sich dann schlicht durch den positiven Bezug auf den Begriff Aktionsforschung bzw. Action Research, den Verweis auf die Arbeiten Lewins und
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kritische Einwände gegenüber traditionellen Forschungsmethoden und – zielen (Frank et al. 1999). Bei allen Unterschieden herrscht in der Aktionsforschung weitgehende Übereinstimmung darin, dass der Wissenschaftler die Subjektivität der Akteure, mit denen er in einem Lern- und Gestaltungsprozess verbunden ist, respektieren und an deren konstruktiver Reflektion mitwirken, sie gegebenenfalls sogar fördern (Lewin) sollte. Partizipation ist von daher für die Aktionsforschung nicht alleine ein theoretischer Gegenstand, sondern eine Ebene der Praxis und der möglichen Reflektion für den Forscher. Ein frühes Beispiel für die Anwendung der Aktionsforschung ist der aus den Erfahrungen am Tavistock entwickelte ETHICS-Ansatz (Mumford u. Weir 1979). Er versteht sich als eine Action-Research-orientierte Technik zur Softwareentwicklung. Eine andere bekannte Spielart ist die SoftSystem-Methodology, die einen allgemeinen interventionistischen Ansatz organisatorischen Wandels darstellt (Checkland 1981). In der Tradition des Tavistock Institutes steht der Ansatz der Integrierten Organisations- und Technikentwicklung (OTE) (Wulf et al. 1999; Wulf u. Rohde 1995). Auf der Basis dort gesammelter Erfahrungen wurde die Business Ethnography entwickelt, die in einer Reihe von Projekten zum Einsatz kam (vgl. z.B. Nett et al. 2002; Nett u. Stevens 2004). Es handelt sich dabei um eine Konzeption, bei der verschiedene Methoden ethnographischer und partizipativer Feldforschung (Zukunftsworkshops, Interviews, Artefaktanalysen, teilnehmende Beobachtung und ähnliche) projektbezogen kombiniert und mit den beteiligten Projektpartnern umgesetzt werden sollen. Baskerville und andere haben sich in verschiedenen Artikeln mit der Aktionsforschung als Methode für die Information Systems auseinandergesetzt (u.a. Baskerville u. Pries-Heje 1999; Baskerville u. Wood-Harper 1996; Lee et al. 1995). Sie kommen dabei zu dem Schluss: “We suggest that action research, as a research method in the study of human methods, is the most scientifically legitimate approach available. Indeed, where a specific new methodology or an improvement to a methodology is being studied, the action research method may be the only relevant research method presently available” (Baskerville u. Wood-Harper 1996) Auch in Deutschland hat im Zuge der Bestimmung der wissenschaftstheoretischen Grundlagen der Wirtschaftsinformatik ebenfalls eine Auseinandersetzung mit der Aktionsforschung stattgefunden (vgl. etwa Frank 1999). Sie stand dabei vor dem Hintergrund, dass ein verbreiteter Ansatz der Wirtschaftsinformatik die Referenzmodellierung vorhandener Organisationen anstrebt. Diese soll den betrieblichen Akteuren durch Abstraktion allgemeiner Funktionsbeziehungen ihrer Organisation Möglichkeiten betrieblicher Entwicklung aufzeigen. Demgegenüber wurde auf die Komplexität sozialer Systeme hingewiesen, die durch mathematische Modellie-
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rung und Laborexperimente oft nur unzureichend zu fassen sind (Galliers u. Land 1987). Positivistischen Ansätzen wurden hermeneutische gegenübergestellt, die sich u.a. auf das Verständnis von Einzelfällen konzentrieren sollen (vgl. etwa Budde u. Züllinghoven 1990).
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Kanonische Aktionsforschung: Königsweg oder Variante?
In einem einführenden Tutorial legt Baskerville allgemeine methodologische Grundpositionen der Aktionsforschung dar, die seiner Ansicht nach aus dem interventionistischen Vorgehen folgen: „Three unavoidable effects are the adoption of an interpretivist viewpoint of research enquiry, the adoption of an idiographic viewpoint of research enquiry, and the acceptance of qualitative data and analyses.” (Baskerville 1999). Im Hinblick auf organisationale Kontexte betonen (Baskerville u. Wood-Harper 1996) unter Bezug auf (Gummesson 1988), dass sich Aktionsforschung gerade durch diese Anerkennung der Einzigartigkeit sozialer Praktiken vom kommerziellen Beraterwesen unterscheidet. Daraus wird abgeleitet, dass die Beschreibung der bedeutungsvollen Handlungen am besten in der Sprache der Akteure geschehen soll. Hierdurch wird den Besonderheiten der Kontexte am Besten Genüge getan, obwohl dies eine Standardisierungen der Begriffe erschwert. Deshalb ist die Aktionsforschung auf qualitative analytische Verfahren wie Hermeneutik, Dekonstruktion oder theoretisches Vergleichen angewiesen. Gleichzeitig haben (Baskerville u. Wood-Harper 1996) auf den Umstand aufmerksam gemacht, dass die Aktionsforschung trotz ihrer Nähe zur Technikentwicklung eher selten in der Angewandten Informatik genutzt wird. Dies führen sie auf Mängel der Aktionsforschung selbst zurück. In ihrer Analyse machen sie verschiedene Gründe aus, die unter anderen eine ablehnende Haltung innerhalb der Wissenschaftsgemeinde erklären könnten: x Borniertheit gegenüber neuen Forschungsansätzen: „Philosophical supremacy refers to the refusal of scientists to accept any knowledge founded in any alternative philosophy of science other than their own” (Baskerville u. Wood-Harper 1996). x Fehlen wissenschaftlicher Strenge, insbesondere im Hinblick auf die Befolgung wissenschaftlicher Standards. Dieser Vorbehalt drückt sich in dem Vorwurf aus, Aktionsforschung sei „consulting masquerading as research“ (Baskerville u. Wood-Harper 1996).
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x Mangelnde Generalisierbarkeit der kontextgebundenen Aktionsforschung x Dilemmatische Doppelbelastung der Aktionsforscher: „the practical pressures that interfere with the conduct of ‚a disinterested pursuit of knowledge’“ (Baskerville u. Wood-Harper 1996). Auch wenn ganz verschiedene Gründe für die noch geringe Verbreitung der Aktionsforschung angeführt werden, dominiert am Ende eine fundamentale Kritik an der bestehenden Aktionsforschung: „Unfortunately the lack of scientific discipline may be due – to a lack of scientific discipline“ (Baskerville u. Wood-Harper 1996). Obwohl die Anerkennung der Einzigartigkeit sozialer Praktiken als eine der Kernelemente der Aktionsforschung betrachtet wird, ist es erstaunlich, dass Baskerville et al. wissenschaftliche Strenge vollständig in einer fallunabhängigen Formalisierung und Standardisierung der Aktionsforschung sehen. Aktionsforscherische Prozessmodelle sollen als kanonisch orientierter Action-Research Prozess (Davison et al. 2004) wissenschaftliche Strenge garantieren (Lee et al. 1995). Besonders bei (Ned 2004), der die Aktionsforschung von den drei Gefahren uncontrollability, contingency und subjectivity bedroht sieht, zeigt sich, dass die Aktionsforschung dabei am Leitbild experimenteller Laborforschung und gemäß deren Gütekriterien von Kontrollierbarkeit, Wiederholbarkeit und Objektivität ausgerichtet werden soll. Damit wird die Forderung nach einem vorab zu explizierenden theoretical problem statement (Baskerville u. Wood-Harper 1996) und die Reduktion wissenschaftlichen Lernens auf theoretisches Hypothesentesten begründet: “One of the most important differences between the diagnosis stage of an action research project and the advice stage of a consulting project is the careful theoretical foundation of diagnoses. The theoretical foundation must be presented as a premise if the experiment (the intervention action) is to remain valid as research.”(Baskerville u. Wood-Harper 1996 Hervorhebung vom Autor). Interpretativen Methoden wird damit zwar eine wichtige Bedeutung in technikgestaltender Aktionsforschung eingeräumt. Ihrer Solidität für wissenschaftliche Erkenntnis wird dennoch ganz über den Weg getraut. Reflexive Verfahren scheinen nur im Vorhof der Erkenntnis- und Urteilsbildung geduldet zu werden, als wissenschaftlicher Forschung im strengen Sinne wird jedoch Aktionsforschung erst dann, wenn sie im Modus experimentelle Hypothesenprüfung verfährt. Unter der Hand wird damit eine Transformation der Aktionsforschung in ein hypothesenprüfendes Feldexperiment im konventionellen Sinn vorgenommen. Die (implizit bleibende) Begründung für eine solche „Kanonisierung“ überzeugt jedoch nicht: Erst wird von geringer Verbreitung auf
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geringe Qualität geschlossen, diese dann – noch spekulativer – auf fehlende Formalisierung zurückgeführt, und schließlich – wiederum unausgewiesen – als natürliche Lösung des behaupteten Formalisierungsbedarfes Prüfung vorab festzulegender Hypothesen unterstellt. Die Forderung nach einer prinzipiellen Reproduzierbarkeit von Forschung ist jedoch im Hinblick auf fallbasierte Forschung zumindest problematisch: auch etwa in der Geschichtswissenschaft sind Forschungsgegenstände nicht beliebig reproduzierbar ohne dass der Geschichtswissenschaft Wissenschaftlichkeit abgesprochen werden müsste. Die dichotomische Entgegensetzung zwischen idiographischen und nomologischen Wissenschaften hilft dabei wenig, weil sie unterschlägt, dass zum einen einzelfallbezogene, historische Erklärungsansätze nicht ohne Referenzen auf Allgemeinheit auskommen, und zum anderen auch naturwissenschaftliche Forschungen empirische Gesetzesaussagen nur auf der Basis letztlich kontingenter Praxiserfahrungen konstruieren können. Von daher bedarf die Prüfung der wissenschaftlichen Allgemeinheit empirisch basierter Aussagen insbesondere der Rekonstruktion der theoretischen wie praktischen Situiertheit der Empirie, ohne deren Kenntnis die Rationalität der damit verbundenen Geltungsansprüche nicht geprüft werden kann. Zur Rekonstruktion empiriegestützter Lernprozesse in Technikentwicklungsprojekten können diese als (möglicherweise iterativ angelegte) Sequenzen von Planung, Aktion und Evaluation interpretiert und so die Quellen von Lernprozessen und deren gedeutete Fassung in Bezug gesetzt und nachvollzogen werden. Eine Voraussetzung dafür ist, dass die entsprechenden Prozesse der Planung, Aktion und Evaluation diskursiv, dokumentiert und transparent ablaufen: dies zu garantieren ist daher Kernaufgabe aktionsforscherischer Reflexivität, die methodisches, aber als solches eben nicht vollständig situationsunabhängiges Vorgehen erfordert. Wenn stattdessen die Canonical Action Research auf ein hypothesenprüfendes Feldexperiment hinausläuft, werden mögliche Lernprozesse auf antizipierte Fragestellungen begrenzt und damit die Möglichkeit der Prüfung der Situiertheit der Forschung ohne Not beschränkt - und dies, obwohl wissenschaftstheoretische Arbeiten zeigen, dass wichtige Bereiche der Erkenntnisentwicklung gerade auf unerwarteten Erfahrungen beruhen (Hoffmann 2005). „Planung“ bei der Aktionsforschung bedeutet inhaltlich die Planung der Intervention, nicht eine der Analyseergebnisse: Letztere werden nur insofern „geplant“, als für sie Diskursivität, Dokumentation und Transparenz des Vorgehens gesichert werden müssen. Bei der Canonical Action Research wird Professionalisierung allein in der Kanonisierung der Methoden und deren standardisierter, fallunabhängigen „Anwendung“ gesehen. Demgegenüber werden Ausbildung und Prüfung eines aktionsforscherischen Habitus vollständig ignoriert. Dieser ist jedoch
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von immenser Wichtigkeit, weil Reflexivität fortwährender Überprüfung dessen bedarf, was die Orientierung an Diskursivität, Dokumentation und Transparenz im gegebenen Kontext jeweils bedeutet. Vom professionellen Aktionsforscher als Mitwirkenden an einer sozialen Praxis im Feld einerseits und Teil einer wissenschaftlichen Community andererseits wird deshalb als spezifische Kompetenz ein doppelter Habitus3 verlangt, „dessen beide Seiten sich gegenseitig relativieren und somit nur als antinomische Einheit fungieren können“ (Helsper 2001). Zur Vermittlung beider Habitusformen bedarf der Aktionsforscher zudem eines Handlungsrahmens, der ihm eine methodische Reflektion seines Handelns erlaubt4. Dabei gilt es, die Reflektionen und ihre Ergebnisse nach zwei Seiten abzusichern: zum einen nach Innen, indem sie den Partnern im Feld kommuniziert und damit einer kritischen Prüfung im Feld unterzogen werden können; zudem nach Außen, indem der Feldforscher die Ergebnisse der Reflektionen im wissenschaftlichen Diskurs zur Prüfung durch die Wissenschaftsgemeinde einbringt. Statt wissenschaftliche Strenge und Praxisrelevanz apriorisch entgegen zu setzen (rigor vs. relevance), sollte nach Möglichkeiten wissenschaftlicher Strenge für eine einzelfallorientierte Forschung gesucht werden, die auch gegenüber ihren impliziten, forschungspragmatischen Voraussetzungen lernfähig bleiben muss.5 Während es deshalb prinzipiell erfreulich ist, wenn die Aktionsforschung zunehmend auch methodologisch thematisiert wird (und es auch durchaus möglich ist, dass das Konzept der Canonical Action Research für bestimmte Fragestellungen und bestimmte Praxiskonstellationen gute Forschung und für die Praxis relevante Ergebnisse lie-
Ein „wissenschaftlich-reflexiver Habitus“ und ein „Habitus des routinisierten, praktischen Könnens“. 4 Eine solche Prüfung hat auch zum Ziel, den spezifischen Fall nicht einen vorgegebenen Schema bzw. den eigenen Vorurteilen zu opfern. Die Besonderheiten und das damit verbundene Erfahrungspotential des Falls sollen einzelfallorientiert aufgeschlossen werden können. Durch eine Prüfung von Seiten der Projektpartner und der Wissenschaftsgemeinde kann unseres Erachtens der Consulting-Verdacht viel stärker entkräftet werden als durch einen Prozessstandard, der u.U. in vielen Fällen gar nicht eingehalten werden kann bzw. werden sollte. Durch methodisch angeleitete Reflektion authentischen Datenmaterials und gemeinsame Forschungspraxis mit erfahrenen Forschungsmitgliedern können Novizen die Kernkompetenzen aktionsforscherischen Handelns praxisnah erlernen, die die Voraussetzung für eine Ausbildung des „doppelten Habitus“ darstellen. 5 Einhaltung standardisierter Arbeitsschritte sollte nicht mit wissenschaftlicher Strenge verwechselt werden. Insbesondere für die Entwicklung des doppelten Habitus hilft experimentelle Hypothesenprüfung wenig. 3
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fert6), muss sie jedoch in Technikgestaltungsprojekten nicht notwendigerweise als hypothesenprüfendes Feldexperiment konzipiert werden. Der alternative Ansatz der Business Ethnography soll dies im Folgenden verdeutlichen.
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Die Business Ethnography
Business Ethnography versteht sich als Beitrag zu einer Technikgestaltung, die ihre Produkte in einer soziotechnischen Perspektive als auch organisational bedeutsam reflektiert und als solche den Anwendungspartnern präsentiert. Da sie dabei den praxisreflexiven, kritischen Umgang mit dem Einzelfall (dem gemeinsamen eigenen Projekt) in den Vordergrund stellt, unterscheidet sie sich von der Canonical Action Research. Wo bei letzterer eine bestimmte (hypothesengestützte) Form der Prüfung von a priori als allgemein verstandenen (sozio-) technischen Lösungsvorschlägen im Vordergrund steht, geht Business Ethnography umgekehrt vor: Hier werden die projektspezifischen Erfahrungen mit dem Feld und der darin situierten eigenen Aufgabe als fortschreitende Rekonstruktions-, Dokumentationsund Analyseaufgabe betrachtet, und das Allgemeine so im Besonderen entwickelt. Basal für die Business Ethnography ist dabei die Unterscheidung zwischen explizit formalisierten Konzeptualisierungen der relevanten Arbeitsteilung (die formale Organisation, wie sie sich etwa in Rollendefinitionen, Organigrammen, Verantwortlichkeiten u.ä. niederschlägt und von den Akteuren i.d.R. auch als Erstes kommuniziert wird) und empirisch feststellbaren Arbeitspraktiken und –routinen der Akteure. Auf der Basis dieser Entgegensetzung kann die multiperspektivisch wahrgenommene formale Organisation rekonstruiert, durch ethnographische Beobachtung ergänzt und ihre Selbstorganisation durch systematische Verfremdung ggf. so irritiert werden, dass sich durch diskursive Problematisierung Möglichkeiten innovativer Antizipationen ergeben. Business Ethnography unterscheidet sich damit sowohl von Konzeptionen, die sich auf die Prüfung vordefinierter Variablensets in geschlossenen Experimentalanordnungen (Feldexperiment) beschränken, als auch von solchen, die die Aktivität des Forschers im Feld als bloße Deskription beschreiben. Business Ethnography versteht ihre Feldforschung vielmehr als reflexive praktische Intervention in sozioökonomischen Kontexten und Die entsprechenden Bedingungen zu klären wäre jedoch Aufgabe der Proponenten der kanonischen Aktionsforschung. 6
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sieht sich deshalb als interventionistische Forschung im Sinne von (Argyris et al. 1985). Das bedeutet für die Business Ethnography, dass die eigene Intervention im Feld projektspezifisch kommuniziert und mit den vorfindlichen Akteuren diskutiert wird. Die Dokumentation der damit zusammenhängenden Projektinteraktionen ist integraler Bestandteil der Business Ethnography. In den entsprechenden Dokumentationen und Interpretationen sieht Business Ethnography ihren Forschungsbeitrag, den sie transparent der Kritik unterwirft: sowohl bzgl. der projektspezifischen Rationalität durch diskursive Validierung von Seiten der Anwendungspartner, wie auch bzgl. der allgemein - wissenschaftlichen Rationalität durch Diskursivierung in der Wissenschaftsgemeinde. Dadurch werden zwar nicht die Projekte selbst reproduzierbar, doch ihre Lern- und Entscheidungsgrundlagen, die späteren Forschern nachvollziehbar und kritisierbar gemacht werden. Als Schnittstelle zwischen der Wissenschaftsgemeinde und den Projektpartnern wirkend, kann Business Ethnography Konflikte begleiten und dokumentieren und ihre entsprechende Aufgabe als Mediation (Alexander et al. 2006) im Feld anlegen. Das gilt insbesondere auch für solche Konflikte, wie sie in der Regel im Prozess der Technikentwicklung verbunden sind. Zu diesen beansprucht Business Ethnography eine relationale Positionierung im Feld, verpflichtet sich mithin darauf, Partialinteressen transparent im Sinne des doppelten Habitus auf das gemeinsame Projekt hin auszurichten, ein Anspruch, dessen Realisierung selbst Teil diskursiver Prüfund Aushandlungsprozesse ist - und damit der Dokumentation und Reflektion. In diesem Sinne stellt jedes Projekt der Business Ethnography in dem Sinne ein „qualitatives Experiment“ dar, als versucht wird, Technikentwicklung als reflexiven partizipativen Prozess zu organisieren und dabei zu analysieren, welche Erfordernisse und Wirkungen dies zu einer bestimmten Zeit in einem bestimmten Anwendungsfelder hat. Die Dokumentation der eigenen Aushandlungsprozesse, mit denen der doppelte Habitus (beteiligter Anwendungspartner und Vertreter der Wissenschaft) in der eigenen Rolle des Aktionsforschers kommuniziert und gesichert wird, stellt also den Verlauf des i.d.R. konfliktären Verständigungsprozesses dar und liefert so wissenschaftliche Daten, die zur Weiterentwicklung der Business Ethnography, aber auch im Hinblick auf das zu entwickelnde Projekt analysiert werden können. Diese Analysen mit einzelfallorientierten Verfahren stehen dabei auch der Reinterpretation anderer Forscher offen. Damit wird das Verfahren soweit nachvollziehbar, wie das unter den gegebenen Umständen nötig und möglich ist. Ausgangspunkt der Business Ethnography ist dabei die Unterscheidung zwischen formalen Organisationsmodellen und situierten Handlungspraktiken, die nicht als mechanische „Ausführung“ der formalen Vorgaben, sondern als
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kreative, praktische Intelligenz in situierten Handlungskontexten gesehen werden. Wie oben bereits angemerkt, gilt das potentiell auch für die eigene Praxis, die folglich auch dokumentiert werden muss. Da Praxis, z.B. Technikentwicklung, auch praktische Expertise im Sinne eines knowing-how erfordert (Ryle 1949), verkürzt die Darstellung der Ingenieursarbeit als „bloße Anwendung“ naturwissenschaftlicher Gesetze nicht nur ein angemessenes Verständnis von entsprechender professioneller Arbeit, sondern erschwert auch deren sinnvolle Weiterentwicklung. Dieses Defizit bemüht sich die Business Ethnography durch Aufdeckung der praktischen Expertise von Experten zu füllen, und diese in ihrem Verhältnis zu kanonischem Wissen deutlich zu machen. Inter-organisationale, über die Wissenschaftsgemeinde umgesetzte Kommunikation und Analyse erfolgreicher praktischer Wissensaustauschprozesse kann nicht nur im Einzelfall, sondern auch allgemein innovationsförderlich sein und das allgemeine Bewusstsein von Veränderungspotentialen und –notwendigkeiten unterstützen. Business Ethnography versteht sich deshalb zum einen als Akteur im Feld, der - wie die andern Akteure auch - aus den Erfahrungen zum Verhältnis von Organisationsformen und Arbeitspraktiken lernt und sie mit den Beteiligten gemeinsam auswertet und mit umsetzen muss. Zugleich hat die Business Ethnography jedoch im Rahmen ihrer dokumentierten Mediationsrolle die Aufgabe, Verallgemeinerungsfähigkeit gewonnener Ergebnisse zu prüfen. Wissenschaftler wie Kurt Lewin und Pierre Bourdieu verstanden unter Feldern intersubjektive soziale Felder. Business Ethnography pointiert dies als Projektkontext der Technikentwicklung, der als konkrete Forschung a priori riskant und kontextgebunden ist und insbesondere nicht forschungsunabhängig sein kann. Abgeschlossenheit und strukturelle Integration, Existenzbedingungen von Systemen, können in Projekten angestrebt werden, dürfen aber nicht als per se gegeben unterstellt, sondern müssen anhand empirischer Daten des Feldes untersucht werden. Es kann sein, dass ganz andere Faktoren als erwartet wirksam sind und dass deshalb das Projekt nicht als System, sondern als Funktion äußerer Kräfte abläuft. So etwas kann bei in-situ-Forschungen nicht ausgeschlossen werden, kann jedoch durch wissenschaftliche Reflektion analysiert und zur Basis von Lernprozessen gemacht werden, wie sie die Business Ethnography anstrebt. Vielfach werden Organisationen als „soziotechnische Systeme“ (Ropohl 1999) beschrieben, um den situierten Charakter ihrer Selbstorganisation zu charakterisieren. Das ist gegenüber isolierten technischen Betrachtungsweisen zwar ein Fortschritt, aber doch insofern eine problematische Perspektive, als hier das Gleiche wie bei Projekten gilt: sie wollen und können
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systemisch integriert sein – das kann jedoch auch ein bloßer, kontrafaktischer Anspruch sein. Für die Business Ethnography sind Konzeptionen oder Modelle auf der einen und Praxis auf der anderen Seite nicht dasselbe. Deshalb fokussiert Business Ethnography auf die empirische Erhebung der Praktiken unterhalb der Ebene der formalen Konzeption – auch beim eigenen Projekt. Ein zu erforschendes Praxisfeld ist daher die eigene Sinngebung des Projekts, die sich im Lauf von Projekten in der Regel erfahrungsbasiert verändern kann. Der entsprechende Lernprozess wird in Forschungs- und Entwicklungsprojekten oft beiseite geschoben, oft aus Angst, praxisgestütztes Lernen würde weniger als Ausweis solider Forschung denn als Naivität früherer Vorannahmen gewertet. Demgegenüber ist die explizite nachträgliche Rekonstruktion solcher Lernprozesse ein zentrales Anliegen der Business Ethnography. Ein „soziotechnisches System“ ist für sie dabei nur ein Modell auf der Basis einer blitzlichtartigen Momentaufnahme des Gegenstands, das Verhältnisse in einem soziotechnischen Feld, dem projektrelationalen Ausschnitt der Wirklichkeit - aus dem Kontext der sich ändernden Projektpraxis gerissen - repräsentieren kann. Systeme (ob in Organisation oder Technik) gehören für die Business Ethnography zur Welt der Modellierung; in der Welt der Praxis hat man es demgegenüber mit Feldern zu tun, deren systemische Integration theoretisch nur beansprucht, aber nur praktisch geprüft werden kann. Durch diese Differenzierung zwischen Feld und System macht die Business Ethnography die Tatsache fruchtbar, dass das Verhältnis zwischen Technikentwicklung und ihrem Kontext oft erst im Verlauf des Projekts durch die Arbeiten am Fall erkennbar wird (vgl. Fischer 1999). Dessen Rekonstruktion macht dabei zum einen sichtbar, was im Projekt gelernt wurde. Zugleich erlaubt die Rekonstruktion, sich in der Praxis entwickelnde innovative Potentiale auszuweisen, die auf Grund der Rekonstruktion hinsichtlich ihres Geltungsbereichs hin geprüft werden kann. Dabei stellen Projekte mit industriellen Anwendungspartnern eine unverzichtbare Möglichkeit für solch situierte Forschung dar. Im Forschungsdesign wird jedoch vielfach gerade den situierten Charakter von Projekten und den damit verbundenen Lernprozessen nicht genügend Beachtung geschenkt. Und das, obwohl gerade diese Erfahrungen für praxisorientierte Ingenieurwissenschaften besonders wichtig sein können und in der Regel keiner Geheimhaltung unterliegen müssten, wenn entsprechende Forschungsinteressen mit den Anwendungspartnern abgesprochen wurden. Will man Erfahrungen zum situierten Charakter des eigenen Projekts wissenschaftlich ausweisen, so bedarf es im Nachgang deren sys-
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tematischer Rekonstruktion, bei der es jedoch ratsam ist, sie von vorneherein zu organisieren und zu vereinbaren. Dafür kann die Business Ethnography eine zentrale Rolle spielen.
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Erkenntnisgewinn am Fall des eigenen Projekts
Nutzungsantizipationen können nützliche und unvermeidbare Vorgriffe sein, ohne die vollständige, klare, eindeutige, dokumentierte und widerspruchsfreie Anforderungen gar nicht entwickelt werden können. Sie basieren auf soziotechnischen Produktantizipation – als Repräsentationen zukünftiger Wirklichkeit bleiben sie jedoch immer nur vorläufige Modelle. Die empirische Forschung der Business Ethnography fokussiert deswegen auf das soziotechnische Feld, das durch das Projekt aufgespannt wird, und sucht in diesem Rahmen Lernprozesse und deren sich im Zeitverlauf entfaltenden Implikationen; sie sucht mithin das, was sich nicht aus der Theorie herleiten lässt, sondern Teil der praktischen Erfahrung im Feld ist und die Dynamik von Modellierungsiterationsnotwendigkeiten bestimmt. Die Rekonstruktion dessen, was schließlich als Produkt entwickelt wurde oder was eine solche Realisierung gerade verhindert hat, erlaubt der Business Ethnography analytische, über das Projekt hinausweisende Typisierungen konkreter Einflussfaktoren. Deren Allgemeinheit kann dann zum Gegenstand entsprechender Diskurse einer, die präsentierte Analyse kritisch reflektierenden und mit Ergebnissen anderer Projekte vergleichenden Wissenschaftsgemeinde werden. Von daher generiert Business Ethnography auch einen Beitrag zur Grundlagenforschung, der analytisch zu trennen ist von ihrem „angewandten“ Forschungs- und EntwicklungsBeitrag zum einzelnen Technikentwicklungsprozess selbst. Als Projektpartner dokumentiert der Business Ethnograph die Verhältnisse und Entwicklungen von Projekten, damit die Projektpartner darauf aufbauend erfolgreich die weitere Entwicklung vorantreiben können. Als Forschung analysiert die Business Ethnography derartige Erfahrungen gerade auch im Falle von Problemen. Der Input der Business Ethnography in Projekte besteht von daher zum einen in der Analyse und Validierung der multiperspektivisch wahrgenommenen Arbeitsteilung gemäß ihrer formalen Ebene (Arbeitsorganisation) wie ihrer situativen Ebene (Arbeits- bzw. Kooperationspraktiken), sowie in einer gewünschten Stärkung der Selbsthandlungsfähigkeit der Beteiligten; zugleich können die entsprechenden Ergebnisse zu einer kritischen Diskussion in der Wissenschaftsgemeinde genutzt werden.
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Illustration der Business Ethnography
Im Folgenden soll anhand des gut dokumentierten Forschungsprojekts OrgTech die Business Ethnography als eine Konzeption reflexiver Technikgestaltung illustriert werden. OrgTech war ein von EU-Kommission und vom Land NRW gefördertes Projekt (Laufzeit: 1.01.1998 bis zum 31.12.2000), welches die Telekooperation zwischen Unternehmen erforschte (vgl.: Iacucci et al. 1998). Auf Seiten der Wissenschaft beteiligten sich die Universität Bonn, das Fraunhofer IGD, das Zentrum für Graphische Datenverarbeitung (ZGDV), Technologie-Zentrum Informatik der Universität Bremen (TZI), sowie die beteiligungsorientierte Unternehmensberatung MA&T Aachen GmbH. Anwendungspartner in diesem Projekt waren ein Hüttenwerk im Ruhrgebiet, sowie zwei externe Ingenieurbüros, die zusammen eine Planungsgemeinschaft bildeten. In Vorgesprächen wurde mit Projekt- und Anwendungspartnern sowie dem Projektträger eine Aktionsforschung auf der Basis einer Anwendung des Konzepts der Integrierten Organisations- und Technikentwicklung (OTE) konzipiert. Dabei sollten synchrone Kooperationswerkzeuge für eine inter-organisationale Kooperation zwischen der Instandhaltungskonstruktion eines großen Industrieunternehmens und externen Ingenieurbüros auf der Basis einer ethnografischen Untersuchung der existierenden Kooperationsformen entwickelt werden. Auf der Basis des so etablierten Arbeitsbündnisses und des Forschungsauftrags wurden Interviews mit Mitarbeiten der verschiedenen Anwendungspartner durchgeführt, wobei in jedem der beteiligten Büros mindestens ein Interview geführt wurde (in den meisten mehrere). Diese folgten einem halbstandardisierten Interviewleitfaden, der Fragen zur Arbeitspraxis, der technischen Infrastruktur und typischen Kooperationsproblemen enthielt. Zudem wurden Verbesserungswünsche und Ideen erfragt. Die Interviews dauerten zwischen 45 und 90 Minuten und fanden an den Arbeitsplätzen der Beschäftigten statt. Sie wurden mit stenographiert, zusätzlich auf genommen und anschließend inhaltsanalytisch aufgearbeitet. Zusätzlich wurden Möglichkeiten begleitender informeller Gespräche genutzt, Projekttreffen (Jours Fixes) der Planungsgemeinschaft beobachtet und kooperationsrelevante Materialien ausgewertet (vgl.: Nett et al. 2000) Die Untersuchungen zeigten jedoch, dass die antizipierte Techniknutzung die Unterstützung asynchroner Kooperationsformen voraussetzte. Aus diesem Grunde wurde technische Kompetenz für asynchrone Kooperation im Projekt organisiert und der Forschungsfokus unter Rücksprache mit den Anwendungspartnern und dem Projektträger entsprechend erweitert. Auf Grund des so geänderten Arbeitsauftrags wurde sich intensiv mit den exis-
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tieren Praktiken, den Zugang zu materiellen Ressourcen zu kontrollieren auseinandergesetzt. Des weitern wurden die im Feld vorherrschenden Vorstellung hinsichtlich einer Zugriffskontrolle auf elektronische Ressourcen in der Telekooperation näher analysiert. Dabei wurde zunächst versucht die Vorstellung in die Sprache gängiger Zugriffskontroll-Modelle zu übersetzen. Zwar war dies bis zu einen gewissen Grad möglich, jedoch wurde die eigentliche Intention so nicht vollständig erfasst. Aus diesem Grunde wurde die Vorstellung im Feld weder vorschnell unter in der Wissenschaft bekannten Kategorien subsumiert, noch einfach als ‚Critical Case’ (Yin 2003) für die Falsifikation eines Hypothesentest herangezogen. Vielmehr wurde versucht, die sich im Fall offenbarende Eigenständigkeit mit Hilfe rekonstruktionslogischer Analysemethoden sichtbar zu machen und auf Grundlage dessen ein erweitertes Modell der Zugriffskontrolle zu entwickeln (vgl.: Nett et al. 2005; Stevens u. Wulf 2002). Durch die Anwendung der Business Ethnography wurde also vermieden, dass an den praktischen Bedarfen der Anwendungspartner vorbei entwickelt wurde. Vielmehr konnte erst auf diese Weise aufgedeckt werden, dass vorherige Produktantizipationen unvollständig gewesen waren. Wäre streng entlang eines formalen Prozessmodells vorgegangen worden, hätte die Gefahr bestanden, dass ein nicht kontextgerechtes synchrones Werkzeug entwickelt worden wäre, dessen Praxisuntauglichkeit erst im Rahmen einer Evaluation am Projektende entdeckt worden wäre. Fast noch schlimmer als die so vergeudeten Ressourcen, wäre dabei aber die Tatsache gewesen, dass das Projekt nicht genutzt worden wäre, über das Besondere des Falls zu reflektieren und die erworbene Erfahrung anderen Projekten zugänglich zu machen.
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Resumee
Wenn (Baskerville u. Wood-Harper 1996) auf Probleme der Aktionsforschung in Technikentwicklungsprojekten verweisen, sollte diese Kritik ernst genommen werden. Die insbesondere in der Information Systems neuerdings propagierte Canonical Action Research scheint dabei der, von Frank (2006) konstatierten, methodischen und erkenntnistheoretischen Ausrichtung der (auch die Naturwissenschaften verkürzenden) „natural science as a model“ Tradition verhaftet zu sein. Folgt man demgegenüber dem Paradigma des „research through development“, scheint der im Wort ‚kanonisch’ steckende exklusive Anspruch auf wissenschaftliche Gültigkeit jedoch fraglich. Insbesondere für den Bereich, der an offenen Erkenn-
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tnis- und Entwicklungsprozessen orientierten Aktionsforschung stellt die vorgeschlagene Formalisierung des Forschungsprozesses und die Reduzierung auf Hypothesenprüfung keine geeignete methodische Verbesserung dar. Die Business Ethnography bemüht sich bereits vom Projektbeginn an um die Sicherung der Voraussetzungen zur Reflektierbarkeit des authentischen, situierten Einzelfalls, anhand dessen neue Erfahrungen gesammelt und mit den Projektpartnern auf das Verallgemeinerbare hin analysiert werden sollen. Sie hält es dafür für unnötig, die Forschungsfragen ex ante festzulegen und damit die Aktionsforschung statt als qualitatives Experiment als hypothesenprüfendes Feldexperiment anzulegen: statt auf einmalige ex-ante-Organisation der Forschung vertraut Business Ethnography auf die Möglichkeit, F&E-Prozesse prozessbegleitend reflexiv zu organisieren und entsprechende Erfahrungen durch Dokumentation des gemeinschaftlichen Reflektionsprozesses auch Außenstehenden nachvollziehbar werden zu lassen. Die Business Ethnography, für die die fortwährende Interpretation und Kommunikation der eigenen Rolle ein zentraler Teil ihrer Dokumentations- und Analysearbeit ist und die im Sinne reflexiver Professionalität auf ein praktisches Respektieren der Selbstorganisationsfähigkeit möglichst aller Akteure im Projekt abzielt, sieht in einer stärkeren Verankerung der von Baskerville selbst angegebenen Basismethoden (Hermeneutik, Dekonstruktion oder theoretisches Vergleichen) in die Aktionsforschung eine sinnvolle Alternative zu einer Verkürzung der Aktionsforschung auf ein hypothesenprüfendes Feldexperiment.
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Tabelle 1. Vergleich zwischen der Canonical Action Research und der Business Ethnography Canonical Action Research
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Rolle des Wissenschaft- ex-ante fixiert, formal dynamisch, Ergebnis von Aushandgeregelt lungsprozessen lers im Feld Forschungslogik Qualitätssicherende Strategien
induktiv, subsumtionslogisch Prozesss-orientiert, formale Standardisierung
hermeneutisch bzw. abduktiv, rekonstruktionslogisch7 Subjekt-orientiert, diskursive Validierung
Aus den unterschiedlichen Verständnis von Praxis und sich dort vollziehenden Entwicklungsprozessen ergeben sich gewichtige Differenzen, sowohl in der methodischen als auch praktischen Ausrichtung zwischen der Kanonischen Aktionsforschung und der Business Ethnography. Einige dieser Differenzen sind in Tabelle 1 zusammengefasst. Insbesondere für eine an Innovation ausgerichtete Wirtschaftsinformatik scheint uns eine reflexive Aktionsforschung ein hohes Potential zu bieten. Diese für eine praxisnahe Organisations- und Technikentwicklung fruchtbar zu machen und methodisch weiterzuentwickeln, sehen wir als eine spannende Herausforderung für die Forschung und Lehre der Wirtschaftsinformatik an.
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Nachwort
Dieser Artikel („Business Ethnography – Aktionsforschung als Beitrag zu einer reflexiven Technikgestaltung)“ wurde auf der MKWI 2008 in Garching vorgestellt und diskutiert. Dabei stieß der Beitrag zum einen auf Interesse am praktischen Einsatz von Business Ethnography, zum andern auf Fragen danach, warum Business Ethnography auf zwei Ergebnisse abzielt (ein Produkt und eine Dokumentation): sollten beide in einem guten Design nicht in eins fallen?
Hinsichtlich des Vergleichs subsumtionslogischer versus rekonstruktionslogischer Forschung siehe (Oevermann 2000,2002). Bzw. zum wissenschaftstheoretischen Abduktion als einer Logik der Entdeckung siehe (Kelle 2007; Paavola 2004) 7
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Wir möchten diese Anmerkungen zum Anlass nehmen, im Hinblick auf beide Punkte einige Ergänzungen vorzustellen, beginnend beim praktischen Einsatz von Business Ethnography. Am einfachsten kann man Business Ethnography verstehen als ein projektbegleitendes partizipatives Verfahren, bei dem eine Planungsübereinkunft von Akteuren in einem Forschungs- und Entwicklungsprojekt dadurch angereichert wird, dass diese in einem ersten Schritt in einzelne Sichten dekonstruiert, in einem zweiten analysiert, und in einem dritten Schritt von den Akteuren gemeinsam diskutiert und operationalisiert wird. Die Dekonstruktion als erster Schritt wird dabei in der Form von Interviews mit den Akteuren umgesetzt, in denen deren Sicht der Projektübereinkunft, aber auch Erwartungen, Wünsche und Befürchtungen in teilstrukturierten Interviews erhoben werden. Damit eine derartige „Enteignung des Wissens“ überhaupt möglich ist, müssen die Interviewten die Rolle der Interviewer (aner-) kennen, akzeptieren bzw. hinterfragen und mit ausgestalten. Dafür ist notwendig, dass diese Rolle in ihrer Bedeutung für das Projekt von Anfang an deutlich dargestellt wird – und dafür wiederum, dass es eine solche Bedeutung für das Projekt überhaupt gibt, dass die Rolle des Business Ethnographen also mit dem Projektziel verknüpft (also nicht bloß deskriptiv) angelegt ist. Die Interviews mit den Akteuren der Planungsübereinkunft können dabei durch ethnographische Beobachtungen angereichert werden. In der zweiten Phase werden die einzelnen Sichten zusammengefügt. Dazu wird auf der einen Seite die relevante formale Organisation nachmodelliert, zum anderen werden die Praktiken und Singularitäten unterhalb der expliziten formalen Organisation aufgenommen, die gemäß der Erfahrung der Interviewten als potentiell wichtig bei der Durchführung des Projekts gesehen werden. Dadurch basiert das entsprechende Gesamtbild auf der Summe der Einzelsichten, die aber als Multiperspektivität des Feldes zusammengestellt i.d.R. sowohl die Problemtiefe der Einzelsichten wie auch die der gemeinsamen Diskussionen übersteigen und daher den Beteiligten als Überraschendes, als verfremdetes Eigenes, gegenübertreten kann. Dazu müssen die Ergebnisse der Analysephase den Beteiligten jedoch zunächst auf einem Workshop oder einer vergleichbaren Veranstaltung präsentiert werden. Durch die sich daraus ergebende Diskussion kann zum einen die Business Ethnography validiert, zum andern aber von den Akteuren operationalisiert werden. Die kollektive Entscheidungsfindung erlaubt dabei die Wiederaneignung der durch die Analyse entfremdeten Projektwahrnehmung. Die Akteure selbst können aus der Summe der Teile (den Interviewergebnissen) so ein „Mehr“ machen, eine Konkretisierung bzw. Anpassung ihrer ursprünglichen Planungsübereinkunft.
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Elemente der Business Ethnography finden sich in gutem Projektmanagement vor allem im Forschungs- und Entwicklungsbereich. In der Business Ethnography werden diese Elemente jedoch systematisch und reflexiv organisiert. Aufgrund des situierten und diachronen Charakters der Business Ethnography kann sie Lernprozesse in F&E-Projekten anstoßen, dokumentieren und analysieren. Vergleicht man dies mit der Cartesischen Beschreibung wissenschaftlicher Analyse als Zerlegen von Problemen in atomare Teile, Lösung und Neusynthese, so besteht die Ähnlichkeit in der Abfolge der De- und Rekonstruktion. Doch auch der Unterschied ist aufschlussreich: bei Descartes kennt der Analytiker das Problem und damit dessen atomare Elemente, sucht nur nach einer Lösung, bei der Business Ethnography hingegen reflektiert er die gemeinsame Problemstellung. Damit trägt die Business Ethnography der Tatsache Rechnung, dass F&E-Prozesse insofern „Wissensarbeit“ darstellen, als darin oft interdisziplinäre Teams ihre jeweilige Expertise synthetisieren müssen. Deren Verständnis-, Aushandlungs- und Entscheidungsprozesse können durch die Business Ethnography organisiert und dokumentiert werden. Entsprechende Expertenkooperation kann in der Praxis i.d.R. durchaus mit Phänomenen wie Entscheidungshierarchien, Zeitproblemen und Unvollständigkeit der Informationen umgehen, nicht jedoch mit einer prinzipiellen Überflüssigkeit der Expertise. Daher ist die „atomare Ebene“ für die Business Ethnography die individuelle Sicht der Beteiligten und deren darin wirksame Erfahrung, und zwischen De- und Rekonstruktion geht es entsprechend nicht allein um Lösungen für bereits bekannte Probleme, sondern um umfassende Analyse. Aus dem Vorgesagten ergeben sich auch Rückschlüsse für die Frage nach der Dualität der Ergebnisse (Produkt und Bericht) der Business Ethnography. Technikentwicklung als industrielle Massenproduktion zielt auf vollständig wiederholbare Fertigung von bekannten, normierbaren Produkten. Demgegenüber kann Auftragsproduktion auf die Erstellung einzigartiger, innovativer Produkte gerichtet sein. In beiden Fällen (wenn auch unterschiedlich) ist die Spezifikation eines bisher nicht bekannten und erprobten Produkts mit dem Problem konfrontiert, dass der Wirkzusammenhang über die Produktnutzung nur in Teilen vom Planer antizipiert werden kann (etwa in Rollenkonzepten o.ä.). Von daher wird der Wirkzusammenhang des Produkts auf den antizipierten Funktionszusammenhang der Produktantizipation verkürzt. Doch unerwartete Designimplikationen können sich im Nachgang – und außerhalb antizipierter Forschungsmethodik - herausstellen. Aus diesem Grunde spielen bei innovativen Produkten bekanntermaßen iterative Prozesse eine wichtige Rolle: mit ihrer Hilfe kann aus Fehlern gelernt und das eigene F&E-Projekt ggf. sinnvoll umorientiert werden. Busi-
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ness Ethnography unterstützt einen solchen Iterationsprozess (und könnte ad infinitum wiederholt und in evolutionäre Prozesse eingebracht werden), der dabei so organisiert wird, dass entsprechende Lernprozesse schnell und effektiv umgesetzt werden können. Damit kann Business Ethnography die Möglichkeit unerwarteter Handlungsfolgen nicht ausschalten, aber eine wissenschaftlich seriöse und produktive Umgangsweise dafür entwickeln und einen indirekten, aber zentralen Beitrag zum Produkt liefern. Business Ethnography versteht sich dabei als wissenschaftliche Methode. Von daher bescheidet sie sich nicht damit, einen produktrelevanten Lernprozess in einem F&E-Projekt mitorganisiert zu haben, sondern sieht ihre Aufgabe auch darin, diesen Lernprozess wissenschaftlich fruchtbar zu machen. Daher stellt sie ihre Dokumentation entsprechender Lernprozesse der scientific community zur Diskussion. Einerseits wird so praktisches Designwissen wissenschaftlich vermittel- und analysierbar, was der Praxisnähe der wissenschaftlichen Ausbildung zugute kommen kann. Umgekehrt kann dabei auch das initiale Projekt, dessen Lernprozesse wissenschaftlich rekonstruiert und analysiert wurden, durch die wissenschaftliche Diskussion angeregt und weiter entwickelt werden. Als Entwicklungsbeitrag hilft Business Ethnography also den Projektpartnern bei der Produktfindung und –Entwicklung, als Forschungsbeitrag rekonstruiert sie die dabei auftretenden Lernprozesse für die wissenschaftliche Öffentlichkeit. Damit ergibt sich die Dualität ihrer Ergebnisse (technisches Produkt und Bericht) aus dem Zusammenhang singulärer F&E-Projekte und der angestrebten Allgemeinheit wissenschaftlicher Erkenntnis. Business Ethnography versteht sich daher als eine mögliche Vermittlungsform zwischen der Mikroebene von F&E-Projekten und der Makroebene wissenschaftlicher Öffentlichkeit. Als solche beansprucht sie im Methodenpluralismus der Wissenschaft nicht, die Patentlösung für Technikentwicklung schlechthin, wohl aber, eine systematische beteiligungsbasierte wissenschaftliche Forschungskonzeption für innovative F&E-Projekte besonders im Bereich der Softwareentwicklung zu sein.
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Systematisierung von Evaluationsmethoden in der gestaltungsorientierten Wirtschaftsinformatik
Christian Riege, Jan Saat, Tobias Bucher
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Einführung und Motivation
Unter dem Oberbegriff der gestaltungsorientierten Wirtschaftsinformatik1 wird gegenwärtig ein konsensfähiges Forschungsparadigma der Wirtschaftsinformatik diskutiert. Forschungsarbeiten, welche diesem Paradigma folgen, befassen sich vornehmlich mit der Konstruktion generischer Artefakte. Der hierfür notwendige Rahmen wird durch einen bestimmten Realweltausschnitt gebildet. Als eine notwendige Bedingung für die Auswahl dieses Realweltausschnitts gilt dessen Problemcharakter. Die Orientierung hin zu einer Problemlösung stellt ein konstituierendes Merkmal der gestaltungsorientierten Wirtschaftsinformatik dar. Im Gegensatz dazu befasst sich die behavioristische Forschung hauptsächlich mit der Erklärung von beobachtbaren Phänomenen der Realwelt (March u. Smith 1995; Hevner et al. 2004; Cao et al. 2006). Im Lichte wissenschaftstheoretischer Überlegungen verfolgt die Wirtschaftsinformatik sowohl ein Erkenntnisziel als auch ein Gestaltungsziel (vgl. bspw. Frank 1997; Heinrich 2000; Heinzl et al. 2001; Becker et al. 1
Die angloamerikanisch geprägte Disziplin „Information Systems“ und die deutschsprachige „Wirtschaftsinformatik“ unterscheiden sich in diversen Belangen. So weisen auch die Teilbereiche „Design Research in Information Systems“ und das deutschsprachige Pendant der „gestaltungsorientierten Wirtschaftsinformatik“ aufgrund unterschiedlicher Forschungskulturen signifikante Differenzen auf. Diese Unterscheidung ist für die Betrachtung von Evaluationsmethoden jedoch weitestgehend unerheblich. Im Folgenden wird deshalb ausschließlich der Begriff der „gestaltungsorientierten Wirtschaftsinformatik“ verwendet, auch wenn auf Arbeiten Bezug genommen wird, die der angloamerikanischen Schwesterdisziplin entstammen.
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2003). Erkenntnisziele heben auf das „Verständnis gegebener Sachverhalte“ ab, während Gestaltungsziele die „Gestaltung bzw. Veränderung bestehender und damit die Schaffung neuer Sachverhalte“ betreffen (Becker et al. 2003). Der Zusammenhang wird insofern deutlich, als dass die Erkenntnisgewinnung häufig den Ausgangspunkt für die Gestaltung, d. h. im Kontext der Wirtschaftsinformatik für die Konstruktion eines Artefakts, darstellt (vgl. vom Brocke 2003). Das konstruierte Artefakt selbst dient in der gestaltungsorientierten Wirtschaftsinformatik dazu, ein bislang unzureichend geklärtes Realweltproblem zu lösen (Hevner et al. 2004). Ausgehend von diesem Verständnis besteht ein Erkenntnisziel bspw. in einer möglichst objektiven Interpretation des zugrunde liegenden Realweltausschnitts und der darauf aufbauenden Identifikation einer Forschungslücke. Weitere Beispiele sind die Identifikation von Kontext- und Projekttypen (vgl. bspw. Bucher et al. 2007) sowie empirische Untersuchungen wie die Identifikation von Erfolgsfaktoren (vgl. bspw. Klesse et al. 2005). Eine Übersicht vorrangiger Erkenntnisziele der Wirtschaftsinformatik findet sich in (Heinzl et al. 2001). Im Gegensatz dazu bestehen Gestaltungsziele in der adäquaten Konstruktion von Artefakten für die Problemlösung und den Einsatz in „Work Systems“ (Alter 2006). In der deutschsprachigen Wirtschaftsinformatik hat sich der Begriff „Informationssystem“ (IS) zur Bezeichnung derartiger Systeme „aus Menschen und Maschinen, die Informationen erzeugen und/oder benutzen und die durch Kommunikationsbeziehungen miteinander verbunden sind“ (Balzert 2000) etabliert (vgl. auch WKWI 2007). Artefakte, welche als Problemlösungskomponenten entwickelt werden, lassen sich u. a. einteilen in Modelle, Methoden, Konstrukte und Instanziierungen (March u. Smith 1995). Darüber hinaus verstehen einige Autoren (vgl. bspw. Greiffenberg 2003; Zelewski 2007) auch Theorien im Sinne eines Artefakts. Hier wird dem Charakter einer reifen Wissenschaft Rechnung getragen, die es vermag, Theorien zu schaffen. Gleichzeitig wird der Wunsch nach Generalisierbarkeit der Forschungsergebnisse dadurch unterstrichen. Auch die Betonung des generischen Charakters von Artefakten in der gestaltungsorientierten Wirtschaftsinformatik spiegelt den Wunsch nach verallgemeinerbaren Erkenntnissen wider. In der gestaltungsorientierten Wirtschaftsinformatik werden die Erkenntnisgewinnung sowie die Konstruktion des Artefakts in einem Forschungsprozess zusammengeführt. Dieser verlangt u. a. nach einer Evaluation des konstruierten Artefakts (Frank 2000; Schütte 2000; Hevner et al. 2004). Die somit geforderte Überprüfung von Forschungs- und Projektergebnissen ist auch über die gestaltungsorientierte Wirtschaftsinformatik hinaus Gegenstand zahlreicher Diskussionen (vgl. bspw. Heinrich u. Häntschel 2000).
Systematisierung von Evaluationsmethoden in der Wirtschaftsinformatik
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In der Literatur finden sich dazu verschiedene Forschungsprozesse, die jeweils stark aufeinander aufbauen. So schlagen (March u. Smith 1995) vor, zwischen den vier Forschungsaktivitäten „Build“, „Evaluate“, „Theorize“ und „Justify“ zu differenzieren. Die „Build“-Phase bezieht sich auf die Konstruktion von Artefakten, während sich die „Evaluate“-Phase mit der Formulierung von Evaluationskriterien und dem Abgleich des Artefakts gegen diese Kriterien befasst. In den Phasen „Theorize“ und „Justify“ werden Erklärungsansätze entwickelt und überprüft, warum ein entwickeltes Artefakt für den Einsatz unter bestimmten Bedingungen geeignet oder ungeeignet ist und wie es sich unter diesen Bedingungen verhält (March u. Smith 1995). Analog dazu unterscheiden (Rossi u. Sein 2003) die Forschungsaktivitäten „Identify a need“, „Build“, „Evaluate“, „Learn“ und „Theorize“. Die Inhalte der vier letztgenannten Aktivitäten entsprechen in weiten Teilen dem von (March u. Smith 1995) vorgeschlagenen Vorgehen. Zusätzlich betonen (Rossi u. Sein 2003) jedoch explizit die Erfordernis der Identifikation einer geeigneten Forschungslücke, was in unserer Terminologie einem Erkenntnisziel entspricht. (vom Brocke u. Buddendick 2006) stellen im Rahmen der „Identify“-Phase ebenfalls auf diesen Sachverhalt ab und unterscheiden weiterhin die fünf Phasen „Build“, „Document“, „Select“, „Evaluate“ und „Communicate“. (Hevner et al. 2004) betonen insbesondere den Dualismus der beiden Phasen „Develop/Bulild“ und „Justify/Evaluate“. Neben der Ableitung der Forschungslücke und der Konstruktion der Artefakte ist deren Evaluation folglich ein zentraler Schritt in allen vorgenannten Forschungsprozessen. Vielfach wird derzeit das schwache forschungsmethodische Bewusstsein innerhalb der gestaltungsorientierten Wirtschaftsinformatik diskutiert (vgl. bspw. Schauer u. Frank 2007). Hierbei werden auch Überlegungen einbezogen, welche das Vorgehen und die Annahmen bezüglich der Evaluation der konstruierten Artefakte thematisieren. Insbesondere in der angloamerikanischen IS-Forschung wird die explizite Offenlegung der Forschungsmethodik gefordert, um transparente und nachvollziehbare Forschungsergebnisse zu generieren (Travis u. Venable 1996; Schauer u. Frank 2007). Im Umfeld der gestaltungsorientierten Wirtschaftsinformatik fokussiert dieses Bestreben insbesondere auf den Nachweis der Relevanz durch eine geeignete Evaluation der Forschungsergebnisse. Dem vorliegenden Beitrag liegt folgende Forschungsfrage zugrunde: „Wie wird in der gestaltungsorientierten Wirtschaftsinformatik der Forderung nach Evaluation der Forschungsergebnisse vor dem Hintergrund des Dualismus von Erkenntnisziel und Gestaltungsziel entsprochen?“. Demzufolge liegt das Ziel des vorliegenden Beitrags zum einen in der Unterscheidung zweier Ansätze zur Evaluation in der gestaltungsorientierten Wirtschaftsinformatik – der „Evaluation gegenüber der identifizierten For-
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Christian Riege, Jan Saat, Tobias Bucher
schungslücke“ und der „Evaluation gegenüber der Realwelt“. Zum anderen werden bekannte und vielfach eingesetzte Evaluationsmethoden nach ihrer Verwendung systematisiert, indem sie den beiden Ansätzen zugeordnet werden. Dieser Beitrag gliedert sich wie folgt: Zunächst wird in Kapitel 2 die Bedeutung der Evaluation im Forschungsprozess der gestaltungsorientierten Wirtschaftsinformatik behandelt. In Kapitel 3 wird die Unterscheidung der beiden Evaluationsansätze „Evaluation gegenüber der identifizierten Forschungslücke“ und „Evaluation gegenüber der Realwelt“ vorgenommen. Darauf aufbauend wird in Kapitel 4 die gegenwärtige Evaluationspraxis anhand von vier beispielhaft ausgewählten Publikationen untersucht und die verwendeten Methoden anhand der zwei Evaluationsansätze systematisiert. In Kapitel 5 werden die Ergebnisse zusammengefasst und weiterer Forschungsbedarf aufgezeigt.
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Evaluation in der gestaltungsorientierten Wirtschaftsinformatik
Evaluation kann allgemein charakterisiert werden als systematische Tätigkeit, welche in zweck- und zielgerichteter Form die Bewertung einer Sache vornimmt (Wottawa u. Thierau 1990; Sanders 2000). Es werden somit Aussagen zum Wert bzw. Nutzen eines Evaluationsgegenstandes getroffen (Wottawa u. Thierau 1990; Sanders 2000). Hierzu bedient sich die Evaluation wissenschaftlich-empirischen Methoden und Verfahren anhand offen gelegter Kriterien (Stockmann 2006). Auch stellt die Evaluation keinen Selbstzweck dar. Sie ist nicht ausschließlich dem Erkenntnisinteresse gewidmet, sondern soll einen praktischen Nutzen stiften, indem sie Wirkungen dokumentiert und somit Entscheidungsvorlagen bietet (Stockmann 2006). Ferner sind im Rahmen der Evaluation notwendige Daten und Informationen mit angemessenem Aufwand zu erheben (Wottawa u. Thierau 1990). Für die anwendungsorientierte Forschung werden in diesem Zusammenhang zentrale Fehlerquellen identifiziert. So wird die Bedeutung von Methoden für die Durchführung der Evaluation u. a. betont durch denkbare Fehler bei der Informationssammlung, -aufbereitung und bei Schlussfolgerungen (Kromrey 2006). In der gestaltungsorientierten Wirtschaftsinformatik spiegelt sich diese Bedeutung in den vorgeschlagenen Forschungsprozessen wider. Unter dem Begriff der Evaluation wird hier die Bewertung von materiellen oder immateriellen Objekten unter Berücksichtigung der jeweiligen Zielstellung verstanden (vgl. House 1993; Frank 2000; Heinrich 2000). Als Evaluati-
Systematisierung von Evaluationsmethoden in der Wirtschaftsinformatik
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onsgegenstand wird das konstruierte Artefakt erachtet. Das Evaluationsziel besteht darin, eine fundierte Entscheidung dahingehend zu ermöglichen, inwiefern das Artefakt geeignet ist, die zugrunde gelegte Problemklasse zu adressieren. Die Evaluation ist damit insofern Bestandteil der o. g. Forschungsprozesse, als dass ein konstruiertes, nicht evaluiertes Artefakt noch kein valides Forschungsergebnis repräsentiert. Weiterhin soll die Evaluation in der gestaltungsorientierten Wirtschaftsinformatik durch das Bemühen nach Objektivität gekennzeichnet sein (vgl. Frank 2000; Heinrich 2000). Objektivität kann hier als Gradmesser verstanden werden, der die intersubjektive Nachprüfbarkeit des Evaluationsergebnisses durch die Offenlegung von Evaluationsmethode und Evaluationsmerkmalen angibt (Stockmann 2006). Hierbei sollen Evaluationsmerkmale und Evaluationsmethoden verwendet werden, deren Angemessenheit im Rahmen des Forschungsprozesses begründet werden kann (vgl. House 1993; Frank 2000). Bereits die Wahl der Evaluationsmerkmale hat einen Einfluss auf das Evaluationsergebnis und damit auf die geforderte Objektivität (vgl. Siau u. Rossi 1998; Frank 2000). Es wird deutlich, dass auch die Nutzenbewertung abhängig ist von den gewählten Evaluationsmerkmalen (Stockmann 2006). Eine mögliche Synthese verschiedener Strukturierungsansätze für Evaluationsmerkmale liefert (Venable u. Travis 1996) am Beispiel der Evaluation von Sprachen zur Modellierung von Informationssystemen. Vor dem Hintergrund der Interdependenzen von Erkenntnisziel und Gestaltungsziel der gestaltungsorientierten Wirtschaftsinformatik ergibt sich auch für die Evaluation die Notwendigkeit, Evaluationsmerkmale zu explizieren, welche sowohl den Erkenntnisprozess als auch den Gestaltungsprozess abdecken. Die Ausprägungen von Evaluationsmerkmalen werden mithilfe von Evaluationsmethoden ermittelt. In der Literatur wird eine breite Auswahl an Evaluationsmethoden beschrieben (vgl. u.a. Siau u. Rossi 1998; Hevner et al. 2004; Baskerville et al. 2007; Hevner 2007). Hierzu gehören beispielsweise Fallstudien, Feldstudien, Laborexperimente, Feldexperimente, Umfragen, Simulationen, Action Research, merkmals- und/oder modellbasierte Vergleiche sowie die Erstellung von Prototypen und deren praktischer Einsatz. Eine detaillierte Darstellung der einzelnen Evaluationsmethoden erfolgt in Kapitel 4. Die Vorgaben zur Evaluation von Forschungsergebnissen in der gestaltungsorientierten Wirtschaftsinformatik sind nicht frei von Kritik. So wird etwa konstatiert, dass unterschiedliche Forschungszielstellungen eine unterschiedliche Gewichtung der Evaluation nach sich ziehen (Zelewski 2007). Der geforderten Evaluation (Hevner et al. 2004) wird somit der Wunsch nach allgemeingültigen Evaluationsstandards im Sinne rationaler wissenschaftlicher Praxis vorangestellt. Dies unterstützt nicht zuletzt eine
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Christian Riege, Jan Saat, Tobias Bucher
„faire“ Verteilung von Publikationsmöglichkeiten und Drittmitteln (Zelewski 2007). Die Evaluationsforschung in der gestaltungsorientierten Wirtschaftsinformatik schlägt verschiedene Strukturrahmen zur Einordnung von Evaluationsmethoden vor. So bedienen sich (Travis u. Venable 1996) eines Rahmens, welcher die Dimensionen „empirische Evaluation“, „experimentelle Evaluation“ und „theoriebasierte Evaluation“ unterscheidet. Der Bezugsrahmen nach (Fettke u. Loos 2004) systematisiert Evaluationsmethoden anhand der gewählten Forschungsmethode und der Herleitung der Qualitätskriterien. Hierbei werden die Forschungsmethoden nach „empirisch“ und „analytisch“ differenziert, während bei der Herleitung der Qualitätskriterien zwischen „ad hoc“ und „theoriegeleitet“ unterschieden wird. Eine Matrix mit der Gegenüberstellung von Artefakttypen und entsprechenden Qualitätsaspekten findet sich bei (Niehaves 2006). Hierbei werden die Evaluationsdimensionen „Structure of the artifact“, „Evaluation criteria“ und „Evaluation approach“ eingeführt. (Siau u. Rossi 1998) unterscheiden in einer Untersuchung von Evaluationsmethoden für Modelle zwischen empirischen und nicht-empirischen Verfahren und geben Hinweise, wann welche Methoden geeignet sind. Die für die Evaluation existierenden Ordnungsrahmen und Methoden differenzieren derzeit jedoch nicht hinsichtlich des Bezugspunkts der Evaluation. Diese Unterscheidung wird im Folgenden eingeführt.
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Unterscheidung der Evaluationsansätze
Als Teilprozess findet sich die Evaluation in allen hierzu vorgeschlagenen Forschungsprozessen wieder. Die Auswahl der Evaluationsmerkmale sowie der Evaluationsmethode wiederum wird als entscheidend für das Evaluationsergebnis charakterisiert. Die Unterscheidung nach Erkenntnisziel und Gestaltungsziel muss sich sinngemäß auch im Ansatz zur Evaluation von Forschungsergebnissen widerspiegeln. Es gilt, sowohl die Korrektheit der identifizierten Forschungslücke als auch die Gültigkeit der Artefaktkonstruktion an sich zu bewerten. Hier wird auf den Anspruch Bezug genommen, Evaluation solle den Nutzen des Forschungsergebnisses nachweisen (Stockmann 2006). Da sich die Artefaktkonstruktion auf ein erkanntes Realweltproblem beruft, kann der Nutzennachweis – also die Lösung – in erster Linie im Realwelteinsatz erbracht werden. Für die Evaluation lassen sich demzufolge grundsätzlich drei Ansätze unterscheiden, die in Abb. 1 dargestellt sind.
Systematisierung von Evaluationsmethoden in der Wirtschaftsinformatik
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Evaluationsansatz 2
Nützliche Lösung
Problemlösung
Evaluationsansatz 3
Realwelt (ausschnitt)
Lösungskandidat Evaluationsansatz 1
Forschungslücke
Abstraktionsebene Evaluation
Artefakt Abstraktionsebene Gestaltung
Erkenntnisziel
Gestaltungsziel Abstraktionsebene Wissenschaftstheorie (Ziel)
Abb. 1. Bezugspunkte für die Evaluation in der gestaltungsorientierten Wirtschaftsinformatik
Die Darstellung orientiert sich hierbei an der Sequenz, welche aussagt, dass das Erkenntnisziel dem Gestaltungsziel logisch vorausgeht (vom Brocke 2003). Die Evaluation des Artefakts als Problemlösung, also des erreichten Gestaltungsziels, kann einerseits gegenüber dem Erkenntnisziel, d. h. gegenüber der identifizierten Forschungslücke, und andererseits gegenüber dem Realweltausschnitt erfolgen. 1. Das Artefakt wird gegen die identifizierte Forschungslücke evaluiert: Das Artefakt wird hinsichtlich seiner korrekten Konstruktion auf Basis feststehender bzw. zuvor aufgestellter Anforderungen geprüft. Es erfolgt kein Einsatz unter Realweltbedingungen. Die Korrektheit der abgeleiteten Forschungslücke bleibt bei diesem Vorgehen unreflektiert. 2. Das Artefakt wird gegen die Realwelt (bzw. gegen einen Ausschnitt aus der Realwelt) evaluiert: Dies erfolgt durch den Einsatz der konstruierten Problemlösung unter Realweltbedingungen. Dabei wird offenbar, ob die Problemlösung tatsächlich den ihr zugedachten Nutzen zu stiften vermag. Die Adäquatheit der Forschungslücke wird impliziert reflektiert. 3. Die Forschungslücke wird gegen die Realwelt evaluiert. Dieser Ansatz ist im Kontext der gestaltungsorientierten Wirtschaftsinformatik von untergeordneter Bedeutung und wird vor allem im Behaviorismus adressiert. Beispielhaft seien hier statistische Gütemasse für die Repräsentativität von Forschungsergebnissen genannt (vgl. dazu Kromrey 2006). Die getroffene Unterscheidung von Erkenntnisziel und Gestaltungsziel findet in der Diskussion von Evaluationsmethoden bis dato keinen Eingang. Forschungsbedarf ergibt sich weiterhin aufgrund der Tatsache, dass
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Christian Riege, Jan Saat, Tobias Bucher
existierende Strukturrahmen derzeit nicht im Sinne der genannten Merkmale unterscheiden. Dies ist umso auffälliger, da stets die Unterscheidung von Erkenntnisziel und Gestaltungsziel sowie die Bedeutung adäquater Evaluationsmerkmale für die Aussagekraft des Evaluationsergebnisses betont werden. Gemäß einer Umfrage (Heinzl et al. 2001) ist die Verprobung der Forschungsergebnisse in der Praxis der wichtigste Indikator für die Güte des Erkenntniszieles/Forschungslücke. Aktualität erfährt diese Auseinandersetzung zudem durch die Diskussion um die Rolle der Evaluation in der gestaltungsorientierten Wirtschaftsinformatik. Um die Bedeutung der Thematik für die Forschungspraxis zu erfassen, muss untersucht werden, ob sich die theoriegeleitete Unterscheidung der Evaluationsansätze in aktuellen anwendungsorientierten Publikationen wiederfinden lässt. Die erwähnte fehlende Explikation durch bestehende Strukturrahmen der Evaluationsforschung legt den Schluss nahe, dass diese Unterscheidung in anwendungsorientierten Publikationen allenfalls implizit getroffen wird. Im Ergebnis soll eine Systematisierung von Evaluationsmethoden erstellt werden, anhand derer die Verwendung von Evaluationsmethoden für die beiden Ansätze („Evaluation gegen Forschungslücke“ und/oder „Evaluation gegen Realwelt“) ersichtlich wird. Nicht zuletzt soll ein Beitrag zur Diskussion der Evaluation bzw. ihrer Gewichtung und Ausgestaltung in der gestaltungsorientierten Wirtschaftsinformatik geleistet werden.
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Systematisierung von Evaluationsmethoden
Im folgenden Abschnitt wird die Verwendung von Evaluationsmethoden in aktuellen Publikationsprojekten anhand von Fallbeispielen untersucht. Hierbei wird insbesondere auf die in Kapitel 3 eingeführte Unterscheidung der Evaluationsansätze „Evaluation gegen Forschungslücke“ und „Evaluation gegen Realwelt“ fokussiert. Nach kurzer Darstellung von Zielstellung und Vorgehensweise in Kapitel 4.1 erfolgt in Kapitel 4.2 die Untersuchung der Publikationen in Hinblick auf Evaluationsmethode und Evaluationsansatz. In Kapitel 4.3 werden die Untersuchungsergebnisse systematisiert. 4.1
Zielstellung und Vorgehensweise
Die Darstellung der Fallbeispiele soll über folgende Fragen Aufschluss geben: 1. Welche Evaluationsmethoden werden im Zusammenhang mit welchem der unterschiedenen Ansätze zur Evaluation verwendet?
Systematisierung von Evaluationsmethoden in der Wirtschaftsinformatik
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2. Lassen sich Muster im Sinne einer Systematisierung erkennen? Hierbei soll explizit nicht das Evaluationsverhalten der untersuchten Autoren bewertet werden. Vielmehr hat dieser Beitrag zum Ziel, Erkenntnisse zur unterschiedlichen Nutzung der genannten Ansätze zu gewinnen, ohne dabei eine Wertung vorzunehmen. Die untersuchten Arbeiten wurden nach folgenden Gesichtspunkten ausgewählt: Zum einen wurden Arbeiten identifiziert, die dem gestaltungsorientierten Paradigma der deutschsprachigen Wirtschaftsinformatik folgen, um eine möglichst homogene Forschungskultur der Autoren sicherzustellen. Da die Evaluation eines Forschungsprojekts per se eine gewisse Grundausstattung an Ressourcen, insbesondere Zeit, erfordert, wurden ausschließlich umfangreiche Publikationsprojekte in Gestalt von Dissertationen und Habilitationsschriften betrachtet. Um neueren Entwicklungen des gestaltungsorientierten Paradigmas Rechnung zu tragen, wurden Arbeiten ausgewählt, die im Zeitraum von 2005 bis 2007 entstanden sind. 4.2
Fallbeispiele zur Nutzung von Evaluationsmethoden
In diesem Abschnitt wird ein kurzer Überblick über die Nutzung von Evaluationsmethoden in den Publikationen (vom Brocke 2006), (Gehlert 2006), (Braun 2007) und (Klesse 2007) gegeben. Die Dissertation von (Gehlert 2006) befasst sich mit der Migration fachkonzeptueller Modelle. Die Evaluation erfolgt in drei Schritten. Die Funktionsfähigkeit der Methode wird anhand eines Beispiels demonstriert. Eine Fallstudie, die die Umsetzung der Methode zeigt, wird nicht durchgeführt. Die Machbarkeit („Proof of Concept“) wird durch die Implementierungen der Algorithmen in einem Prototyp gezeigt. Als dritte Stufe der Evaluation wird überprüft, ob das Entwurfsartefakt über Eigenschaften verfügt, welche dieses in Gegenüberstellung zu einer Menge von Vergleichsobjekten als nützlicher charakterisieren. Hierzu wird die Evaluationsmethode des merkmalbasierten Vergleichs benutzt. Die Evaluation erfolgt ausschließlich gegen die Forschungslücke. In der Habilitationsschrift von (vom Brocke 2006) wird eine Methode für das serviceorientierte Prozesscontrolling entwickelt. Die Konstruktion dieses Artefakts fußt auf dem Erkenntnisziel der Konzeption eines serviceorientierten Prozessmanagements, welches im ersten Teil der Arbeit entwickelt wird. Die Evaluation der Methode erfolgt in zwei Teilen. Zunächst wird ein Demonstrationsbeispiel aufgezeigt, indem die Methode in einer fiktiven Unternehmung in verschiedenen Anwendungsfällen (Wirtschaftlichkeitsrechung in den Entscheidungssituationen „Outsourcing“, „Networking“ und „Integration“) dargestellt wird. Weiterhin wird die Entwick-
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lung eines Prototyps dargestellt, wodurch die technische Umsetzbarkeit demonstriert werden konnte. Sowohl das Demonstrationsbeispiel als auch der Prototyp werden im Internet zur Diskussion gestellt und unterliegen geplanter Weiterentwicklung. Auch in dieser Arbeit wird das konstruierte Artefakt ausschließlich auf Basis der Forschungslücke evaluiert. Die Dissertation von (Braun 2007) befasst sich mit der Weiterentwicklung einer bestehenden Methode zu einem Ansatz für die Modellierung der Unternehmensarchitektur. Dieser Ansatz wird mithilfe eines Metamodellierungswerkzeuges implementiert. Dieser Prototyp ist in der Arbeit nicht expliziter Bestandteil der Evaluation, sondern Gegenstand der Gestaltungsaufgabe. Da die prototypische Implementierung des Ansatzes bereits die Machbarkeit widerspiegelt, wird der Prototyp vorliegend implizit als Teil der Evaluation gewertet. Die explizite Evaluation erfolgt in dieser Arbeit in drei Teilschritten. Im Rahmen einer Fallstudie wird der konstruierte Prototyp in einem Unternehmen zur Anwendung gebracht. Ein metamodellbasierter Vergleich mit bestehenden Ansätzen stellt den zweiten Teil der Evaluation dar. Drittens erfolgt eine natürlichsprachliche und merkmalbasierte Evaluation, die ebenfalls aus Gegenüberstellung und Vergleich mit bisherigen Arbeiten besteht. In dieser Arbeit erfolgt die Evaluation sowohl gegen die Realwelt als auch gegen die Forschungslücke. In der Dissertation von (Klesse 2007) werden ein Modell und eine Methode für die Leistungsverrechnung im Data Warehousing entwickelt. Die Evaluation der Methode erfolgt als Beurteilung des Konstruktionsergebnisses hinsichtlich der Erfüllung von zuvor abgeleiteten sachbezogenen Methodenanforderungen und entspricht damit in weiten Teilen einer merkmalbasierten Evaluation. Weiterhin wird das fiktive Konstruktionsbeispiel, anhand dessen die Methodenentwicklung illustriert wurde, hinsichtlich der Erreichung von zuvor definierten Zielen für Verrechnungssysteme beurteilt. Die Validität des Methodenvorschlags wird durch drei Eigenschaften (die Methode erzeugt ein den Anforderungen genügendes Ergebnis, ist in weiten Teilen praxiserprobt und auf ein in der Praxis weit verbreitetes Szenario zugeschnitten) begründet. (Klesse 2007) evaluiert ausschließlich gegenüber der Forschungslücke. Keine der untersuchten Publikationen thematisiert in ihrer Auswahl der Evaluationsmethoden die in Kapitel 3 getroffene Unterscheidung von Evaluationsansätzen.
Systematisierung von Evaluationsmethoden in der Wirtschaftsinformatik 4.3
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Systematisierung
In diesem Abschnitt werden die genannten Evaluationsmethoden erklärt und den vorgestellten Evaluationsansätzen zugeordnet. Weiterhin werden Beispielanwendungen aufgezeigt. Die Evaluation eines Artefakts kann durch ein Demonstrationsbeispiel erfolgen. Hierbei kann beispielsweise ein fiktives Unternehmens kreiert werden, welches das konstruierte Artefakt für bestimmte Anwendungsszenarien nutzt. Daraus lassen sich im Rahmen dessen, welchen fiktiven Einflussfaktoren das Unternehmen ausgesetzt ist und inwiefern diese Bedingungen realitätsnah sind, Aussagen zum Einsatz des Artefakts machen. Bei einer derartigen Vorgehensweise können in der Regel nicht alle Einflussfaktoren der Realwelt berücksichtigt werden – die Evaluation gegen Forschungslücke kann jedoch mit dieser Methode erfolgen. Die Konstruktion eines Prototyps als Vorabversion eines Anwendungssystems demonstriert die generelle Umsetzbarkeit von Anforderungen. Da diese Anforderungen theoretisch frei von Praxiseinfluss sein können, ist die reine Konstruktion eines Prototyps als Evaluationsmethode im Sinne des Ansatzes gegen die Forschungslücke einzustufen. Beim Einsatz eines Prototyps in einer Zielumgebung – etwa in einem Anwenderunternehmen – wird darüber hinaus eine Evaluation gegen die Realwelt ermöglicht. Der merkmalbasierte Vergleich als Evaluationsmethode sieht vor, dass vor Erstellung des Artefakts eine Checkliste mit bestimmten Eigenschaften erstellt wird, die nach dem Konstruktionsprozess mit den Eigenschaften des Artefakts verglichen wird (Siau u. Rossi 1998). Diese Methode eignet sich, um die Evaluation gegen die Forschungslücke durchzuführen. Der metamodellbasierte Vergleich stellt das Metamodell des konstruierten Artefakts einem so genannten Master-Metamodell gegenüber. Hierdurch können beispielsweise Vollständigkeit und Redundanzfreiheit (Fettke u. Loos 2004) sowie Verständlichkeit, Effizienz und Effektivität (Brinkkemper 1996) des Ansatzes überprüft werden. Als MasterMetamodell kann hierbei eine Komposition von verschiedenen relevanten Modellen dienen (Rosemann 1995). Ebenso wie der merkmalbasierte Vergleich kann der metamodellbasierte Vergleich zur Evaluation gegen die Forschungslücke verwendet werden. Da keine Aussage darüber getroffen werden kann, inwieweit die einbezogenen Metamodelle bzw. die Checkliste mit Eigenschaften, die zum Vergleich mit dem konstruierten Artefakt herangezogen werden, Realweltbestimmungen widerspiegeln, sind beide Methoden nicht für die Evaluation gegen die Realwelt geeignet. Bei der Evaluation durch Simulation wird das Verhalten des Artefakts formal in einem Modell abgebildet, während Umweltzustände durch bestimmte Modellparameter nachgestellt werden. Hierbei lassen sich die Er-
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Christian Riege, Jan Saat, Tobias Bucher
kenntnisse sowohl durch die Modellkonstruktion selbst als auch durch Beobachtungen der endogenen und exogenen Modellgrößen gewinnen (Wilde u. Hess 2007). Werden die Modellparameter in einer Art Laborumgebung definiert, können die gewonnenen Erkenntnisse dazu dienen, ein Artefakt gegen die definierte Forschungslücke zu evaluieren. Unter bestimmten Vorraussetzungen können die Simulationsbedingungen der realen Einsatzumwelt des Artefakts und damit dem Ansatz Evaluation gegen die Realwelt entsprechen. Mittels Umfragen werden Menschen per Fragebogen nach Meinungen, Erfahrungen und Empfindungen gefragt (Kromrey 2006). Die Ergebnisse können mit statistischen Mitteln ausgewertet werden, um somit Hypothesen iterativ aufzubauen, zu bestätigen oder zu widerlegen (Siau u. Rossi 1998). Die Tauglichkeit der Umfrage als Evaluationsmethode hängt maßgeblich von Qualität und Quantität der Befragten ab. Unter bestimmten Vorrausetzungen können auch Umfragen für die Evaluation eines Artefakts gegenüber der Realwelt zum Einsatz kommen. Beispielsweise bedeutet dies, dass die zum Zwecke der Identifikation der Forschungslücke befragten Personen nicht nochmals für die Evaluation des Konstruktionsergebnisses herangezogen werden. Bei dem Laborexperiment werden Kausalzusammenhänge in kontrollierter Umgebung untersucht. Hierzu werden beispielsweise Variablen bei wiederholten Tests geändert, um so die Wirkung der Änderungen zu messen (Siau u. Rossi 1998). Die Laborumgebung verhindert den Einsatz und die Evaluation eines Artefakts in Realweltbedingungen, kann jedoch die Umgebung für eine Evaluation gegen die Forschungslücke darstellen. Das Laborexperiment dient häufig als Vorstufe zum Feldexperiment, da das gewünschte Verhalten eines Artefakts nur extern (im „Feld“) bestehen kann, wenn es intern (im „Labor“) besteht (Jarvenpaa 1988). Im Gegensatz zum Laborexperiment findet ein Feldexperiment unter „natürlichen“ Bedingungen statt. Hierdurch sind die Umgebungsvariablen wesentlich schwieriger zu beeinflussen (Wilde u. Hess 2007). Ein Feldexperiment ist somit für beide genannten Evaluationsansätze geeignet. Bei der Aktionsforschung arbeiten Wissenschaftler und Praktiker gemeinsam an einem Praxisproblem (Siau u. Rossi 1998). Hierbei werden mehrere Zyklen aus Analyse, Aktions- und Evaluationsschritten durchlaufen (Wilde u. Hess 2007). Die Evaluation kann also nicht nur auf Basis der identifizierten Forschungslücke, sondern auch im betrieblichen Umfeld unter Realweltbedingungen erfolgen. fasst die Ausführungen zusammen. Hierzu werden die genannten Evaluationsmethoden systematisiert, indem sie den Evaluationsansätzen „Evaluation gegen Forschungslücke“ und/oder „Evaluation gegen Realwelt“ zugeordnet werden. Die untersuch-
Systematisierung von Evaluationsmethoden in der Wirtschaftsinformatik
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ten Fallbeispiele werden hierbei den Methoden und Ansätzen zugeordnet. Zusätzlich sind weitere Beispielanwendungen angegeben. Tabelle 1. Systematisierung der in ausgewählten Publikationen zur Anwendung kommenden Evaluationsmethoden und Zuordnung zu den identifizierten Evaluationsansätzen
Evaluationsmethoden
Evaluationsansatz Evaluation gegen Evaluation geForschungslücke gen Realwelt
Beispielanwendung
Demonstrationsbeispiel
z
{
(vom Brocke 2006), (Gehlert 2006), (Klesse 2007)
Konstruktion eines Prototyps
z
{
(vom Brocke 2006), (Gehlert 2006), (Braun 2007)*
Anwendung eines Prototyps
z
z
(Braun 2007)
Merkmalbasierter Vergleich
z
{
Metamodellbasierter Vergleich
z
{
(Braun 2007)
Simulation
z
(König u. Weitzel 2003)**
Umfrage
z
(Gemino u. Wand 2003)**, (Klesse et al. 2005)**
z z
{ z
(Batra et al. 1990)**
z
z
(Grütter et al. 1998)**, (Schwinn 2006)**
Laborexperiment a Feldexperiment
b
Aktionsforschung Legende: z { * **
(Gehlert 2006), (Braun 2007), (Klesse 2007)
(Braun 2007)
Evaluationsmethode für Ansatz geeignet Evaluationsmethode für Ansatz unter bestimmten Annahmen geeignet Evaluationsmethode für Ansatz nicht geeignet nicht explizit Teil der Evaluation Arbeit nicht explizit der gestaltungsorientierten WI zugeordnet
a durchgeführt unter kontrollierten Bedingungen, etwa der Test des Prototyps durch den Entwickler b durchgeführt unter realitätsnahen Bedingungen, etwa der Softwaretest in einem real existierenden Unternehmen
Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass sich alle hier untersuchten Evaluationsmethoden für die Evaluation eines Artefakts gegen die zugrunde gelegte Forschungslücke eignen. Hingegen lässt sich das Artefakt hinsichtlich seiner korrekten Konstruktion auf Basis erhobener Anforderungen nur durch die Durchführung von Feldexperimenten, bspw. durch
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Christian Riege, Jan Saat, Tobias Bucher
die Anwendung eines Prototyps in einem betrieblichen Umfeld, evaluieren. Dies gilt analog für weitere Ausprägungen der Aktionsforschung. Hingegen sind Simulation und Umfragen nur bedingt für die Evaluation gegen die Realwelt geeignet.
5
Zusammenfassung und Ausblick
Die vorgestellte Systematisierung offenbart, dass die Evaluation von Artefakten bislang weitestgehend auf den Abgleich mit der identifizierten Forschungslücke abzielt. Der Evaluation gegen die Realwelt, genauer dem Nachweis der Gültigkeit des Konstruktionsprozesses, wird von der Mehrzahl der Autoren augenscheinlich weniger Bedeutung beigemessen. Als mögliche Begründungen für dieses Vorgehen lassen sich folgende Erklärungsansätze aufzeigen: 1. Die Evaluation als integraler Bestandteil der gestaltungsorientierten Wirtschaftsinformatik ist eine vergleichsweise junge Herausforderung. Nicht zuletzt haben (Hevner et al. 2004) dieser Entwicklung den Weg bereitet. Aufgrund fehlender „Best Practices“ im Umgang mit Evaluationsmethoden wurde die Unterscheidung zwischen den beiden Evaluationsansätzen bisher nicht explizit getroffen. 2. Für den Forschungsprozess stehen dem Forschenden nur Ressourcen in beschränktem Umfang zur Verfügung. Dem Faktor Zeit kommt insofern besondere Bedeutung zu, als dass die Evaluation gegenüber der Realwelt mehr Zeit beansprucht als die Evaluation gegenüber der Forschungslücke. Dies führt dazu, dass Forschende kaum motiviert werden, die Evaluation auch gegen die Realwelt zu führen, da in diesem Fall potenzielle Publikationsmöglichkeiten nur einschränkt wahrgenommen werden können. 3. Die Evaluation von Artefakten gegen die Realwelt setzt voraus, dass ein betriebliches Umfeld für die Anwendung der Konstruktionsergebnisse zugänglich ist und dass sich Organisationen als Evaluationspartner während des gesamten Forschungsprozesses beteiligen. Trotz der gegenwärtig geringen Verbreitung von Evaluationsmethoden, die auf den Abgleich mit der Realwelt abzielen, erscheint die Berücksichtigung beider Evaluationsansätze erstrebenswert. Sie ermöglicht es, sowohl das Erkenntnisziel als auch das Gestaltungsziel in der gestaltungsorientierten Wirtschaftsinformatik im Rahmen der Evaluation differenziert zu berücksichtigen. Darüber hinaus wird die Identifikation von potenziellen Fehlern im Gestaltungsprozess, welche bei der Evaluation zutage treten können (Baskerville et al. 2007), erleichtert. Ein Artefakt besitzt im besten
Systematisierung von Evaluationsmethoden in der Wirtschaftsinformatik
83
Fall sowohl gegenüber der Forschungslücke als auch gegenüber der Realwelt Gültigkeit. Ein Artefakt kann jedoch auch im Einsatz gegenüber der Forschungslücke und/oder im Realwelteinsatz scheitern. In einem solchen Fall bietet die vorgenommene Systematisierung erste Hinweise darauf, ob bei der Identifikation der Forschungslücke oder bei der Konstruktion des Artefakts Fehler unterlaufen sind. Ebenso unterstützt die vorgeschlagene Unterscheidung die Transparenz bei der Evaluation von Forschungsergebnissen. Die vorgeschlagene Systematisierung von Evaluationsmethoden und Evaluationsansätzen versteht sich als Beitrag zur Diskussion der Evaluationspraxis in der gestaltungsorientierten Wirtschaftsinformatik, wie sie u. a. in den Beiträgen von (Zelewski 2007) und (Frank 2000) geführt wird. (Frank 2000) schlägt vor, dass die Forschungsarbeiten neben der Evaluation durch die praktische Anwendung des Artefakts auch in Bezug auf ihre wissenschaftliche Aussagekraft bewertet werden mögen. Die Grundlage hierfür muss ein einheitliches Verständnis zu Ansätzen und Methoden der Evaluation sein, um gemäß (Zelewski 2007) einem divergierenden Evaluationsverständnis und fehlenden Standardmethoden zur objektiven Beurteilung entgegen wirken zu können. Weiterer Forschungsbedarf besteht in der Untersuchung zusätzlicher Arbeiten hinsichtlich der Verwendung von Evaluationsmethoden, um die getroffene Unterscheidung auf eine breitere Basis zu stellen. Zusätzlich wäre eine Zuordnung von Evaluationsmethoden zu Evaluationsansätzen wünschenswert, welche für die Forschungsgemeinschaft Empfehlungscharakter aufweist.
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Systematisierung von Evaluationsmethoden in der Wirtschaftsinformatik
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Theories of Language in IS Research – A Review
Katrin Bergener (geb. Fielenbach), Björn Niehaves
1
Introduction
Language and design-oriented information systems (IS) research are indelibly intertwined. Analyzing the history of IS research it becomes evident that linguistics as a reference discipline became increasingly important over the last decades. Especially from the perspective of German design-oriented IS research/Wirtschaftsinformatik, language has been of great importance (Ortner, 2004; Wedekind et al., 2004; Holten, 2003; Becker et al., 2004; Heinemann, 2006; Ortner, 2002; Wyssusek et al., 2002; Becker a. Niehaves, 2007) and can be regarded as a key means for building up a profile of the Wirtschaftsinformatik in an international IS research context (Niehaves, 2006). However, language and its impact on IS research can be seen from different angles. In contrast to the prevailing positivism (Popper, 1972 p 10f.), re-searchers of the post-modern era regard IS as social or socio-technical systems or “technical systems with social implications” (Goldkuhl a. Lyytinen, 1982). Such post-modern theories have linguistic roots, especially language philosophy had significant impact on IS research. Moreover, a particular interest in IS research has been the development of approaches to overcome failings of the lack of communicative modelling. Out of these shortcomings, language oriented approaches such as the Language-Action-Perspective (LAP) arose. There is a growing awareness that linguistic theories are relevant for the design of information systems, especially for communication support systems (CSS). Regarding this research topic, theories on communication functions, among other theories of language, exert greatest impact on and importance in IS research An integrated review of language-oriented IS research is of great importance for research practice. A broad variety of research has been conducted in recent years drawing upon theories of language in IS research.
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Katrin Bergener (geb. Fielenbach), Björn Niehaves
However, the diversity of language-oriented approaches in IS necessitates a conscious reflection on what are major concern, terms, or goals of these plural-it approaches. Still, literature is lacking such integrated overview, bearing as consequence that the full potential of language-oriented theories for IS research, in terms of a comprehensive and constructive discussion, is not exploited yet. Against the background, it is necessary to give an overview of the different language-oriented schools of thoughts/research streams which are relevant to the field. Therefore, the main research question in this paper is: What are the most relevant developments of language-oriented theories in IS research and how can an integrated analysis be utilized in order to increase relevance and applicability of language in IS research? In order to answer this research question, the following sub-questions will guide the section-specific analysis: x What are (original) substantial linguistic theories having an impact on IS research and what are their major characteristics? (Section 2). x How has IS research adopted and applied such linguistic theories? (Section 3) x What major language-oriented streams of thoughts can be identified and what are their bearings for IS research practice? (Section 4) The paper concludes with a result summary and a discussion of potentially fruitful avenues for future research. As research methods, empirical research was conducted. It comprised a comprehensive literature review in journals (including, for instance, Information Systems Journal, Wirtschaftsinformatik, MIS Quarterly, Information Research, The Computer Journal, ACM Transactions on Office Information Systems, The Journal of Applied Behavioural Science), conference proceedings (for instance, Proceedings of the International Working Conferences on the Language-Action Perspective on Communication Modelling, European Conferences on Computer-Supported Cooperative Work, Communication and Coordination in Business Processes, International Conference on Knowledge Management or the Americas Conferences of Information Systems), and published books covering theories of language in IS research.
2
Substantial Linguistic Theories
It is important to understand and analyse the original linguistic theories to recognize their adoption in IS research. According to Lyytinen (1985) “the very idea of an information sys-tem […] is to provide a means and an en-
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vironment for communication” and “development processes, methods, and research programs, explicitly or implicitly, are based on a theory of linguistic phenomena.” Therefore, the following subsections give short introductions into the most influential language theories in IS research: Speech Act Theory (Subsection 2.1), Theory of Communicative Action (2.2), Structural Linguistics (2.3), and Linguistic Turn (2.4). Although there are a lot more linguistic theories, which could possibly be adopted into IS research (like e.g. argumentation theory, Baroni, Giacomin a. Guida, 2005) those are only treated by a small IS research community and are therefore not further considered in this paper. Only those theories were selected, which, from our point of view, are regarded as fruitful in the IS research community, i.e. which are discussed in detailed for a longer period of time and/or which have a tangible result like a modelling approach or a computer-based coordination tool. 2.1 Speech Act Theory Background: Pragmatics start from the observation that people use language to accomplish many kinds of acts, known as speech acts. The development of the Speech Act Theory (SAT) started with Austin’s (1962) highly influential book How to do things with words? in which he stated his basic belief that language is used to perform actions. Based on this collection of seminal essays by Austin, Searle (1969, 1979) developed a theory of speech acts. Both were influenced by the late Wittgenstein (Wittgenstein 1953) and his Philosophical Investigations in which he states that “the meaning of a word is its use in speech”. Basic Assumptions and Theoretical Elements: Speech Act Theory today is mainly concerned with the illocutionary acts.1 An illocution consists of an illocutionary force and a propositional content. The linguistic resources, which determine the illocutionary force, are called illocutionary indicators (sentence stress, word order, intonation). According to Searle, an illocutionary act has different varieties: 1
AUSTIN first suggested a dichotomy between performatives and constatives. By uttering a performative one performs an action, e.g. “I do take this woman to be my lawful wedded wife.” Performatives are either felicitous or infelicitous, e.g. the utterance “I sentence you to six months in prison” is only felicitous when spoken by a judge in a courtroom. On the other hand, constatives like “she declared the meeting closed” only describe a state. AUSTIN had great difficulty in sepa-rating performatives and constatives clearly and came to the conclusion, to replace this distinction by the distinction be-tween different speech acts: The locutionary act, the illocutionary act and the perlocutionary act.
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Katrin Bergener (geb. Fielenbach), Björn Niehaves
x Assertives: state what the speaker believes to be the case or not (statements, assertions, conclusions, descriptions, etc.) E.g.: “The earth is flat!” x Declaratives: speech acts which change the world via their utterance. E.g. Referee: saying “You are out!” x Expressives: state what the speaker feels, e.g. “I am really sorry that I forgot your birthday!” x Directives: are used to get someone else do something (commands, orders, etc.), e.g. “Don’t touch that!” x Commissives: are used by speakers to commit themselves to some future action, e.g. “I’ll be back soon!” Goals and Achievements: The title of Austin’s first publication How to do things with words? is a very catchy one regarding the goals of SAT. The theory was developed to explain how speakers use language to accomplish the goals of speech acts. As mentioned before, the basic belief is that language is used to perform actions (e.g. orders, promises, threats etc.). General Criticism: Even though SAT was and still is a highlyinfluential theory in linguistics, there has been criticism. Austin himself realized that his first classification into performatives and constatives was problematic and already adapted it. SAT, as it is known today, is mainly criticized because of its speaker-orientation (little attention is paid to the hearer). Furthermore, the interplay between speaker and hearer is not taken into account and speech acts are only regarded as detached units (in contrast to e.g. discourse analysis). For an overview of SAT key characteristics see Table 1.
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Table 1. Speech Act Theories – An overview Major Publication Years Name Major Authors Basic Assumptions
Goals Major Constructs Achievements
General Criticism
1953, 1962, 1969, 1979 Speech Act Theory Wittgenstein, Austin, Searle Speakers do not only describe circumstances or state facts with an assertion but also perform communicative actions to exert influence on their environment. An assertion is no longer not only judged as true or false but as an action as a whole. Speech Act Theory was developed to explain how we use language to accomplish the goals of speech acts. Speech acts, illocutionary act Raising the awareness that language is used to perform actions Utterance = Act Speaker-oriented, little attention to the hearer No descriptions of the interplay between speaker and hearer
2.2 Theory of Communicative Action Background: The theory of communicative action can be regarded as the main work of the German philosopher Habermas. First published in 1981, it consists of two volumes: 1. Reason and the Rationalization of Society, 2. Lifeword and System: A Critique of Functionalist Reason. Basic Assumptions and Theoretical Elements: The basic units of the theory are communicative actions. Communicative actions make communication possible by negotiating common definitions of situations. According to Habermas, an ideal speech situation is one in which communicative actions bring about mutual understanding (non-distorted communication). Therefore two general rules have to apply: 1. there is no manipulation involved in the communication and 2. everything communicated is open to question about its validity. These rules enable the communicative actions to be controlled by speech acts that are evaluated on the basis of better arguments related to four validity claims: that the statement is true with respect to the objective world; that the statement is right with respect to the normative, social world; that the statement is honest in respect to the speaker's subjective world; and that the statement is comprehensible (Habermas 1984).
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This stipulation of non-manipulative communication raises two fundamental questions about any communicative situation. The first is the need to distinguish between validity and power. Is a speech act effective because of its validity or is a speech act effective because of the power relationship between speaker and hearer? If the latter is the case then the speech act is no longer authentically oriented to reaching mutual understanding. The second question is whether or not the speech act is strategic, i.e. aimed at achieving a particular interest of the speaker rather than mutual understanding. This distinction between strategic and communicative action is related to the distinction between perlocutionary and illocutionary acts in SAT. Goals and Achievements: Habermas developed a framework for an ideal speech situation. According to him, language is the normative basic of a society, which enables interpersonal social interaction. He took the ideas of Austin and Searle one step further. Habermas and the Frankfurt School may also be associated with grounding a “critical research“ perspective as being highly influential in IS research (Niehaves & Stahl, 2006a). General Criticism: Habermas' extremely restricted rules for authentic communicative action has led some authors to describe Habermas' theory as utopian and difficult to realize in practice (cf. e.g. Turner, 1991). For an overview of key characteristics of the Theory of Communicative action see Table 2. Table 2. Theory of Communicative Action – An overview Major Publication Years Name Major Authors Basic Assumptions
Goals Major Constructs
Achievements General Criticism
1981 Theory of Communicative Action Habermas A speaker makes four implicit validity claims in an utterance. If speakers ignore one of these validity claims then communication can break down. Framework for an ideal speech situation Introduction of the concept of validity claim. Four basic validity claims are raised in communication: Truth Normative rightness Sincerity Comprehensibility Further development based on SAT extremely restricted rules, utopian difficult to realize in practice
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2.3 Structural Linguistics Background: Structural linguistics can be traced back to Ferdinand de Saussure and his posthumously published Cours de linguistique générale (1916). Following Saussure, other researchers like Trubetzkoy, Jakobson, Bloomfield or Chomsky adopted this school of thought and developed it in different directions (research streams include e.g. Universal Grammar, Generative Grammar, Deep Structures etc.). One of the major improvements for linguistics was the supplementation of the, up to then, prevailing diachronic linguistics. Basic Assumptions and Theoretical Elements: Structuralism in general is a method, which tries to describe humanistic phenomena (e.g. of linguistics) accurately with principles of natural-sciences. Structural linguistics is mainly concerned with language as abstract structures or relations governing speech, i.e. language is regarded as a set of rules. Concerning these principles, there is an ongoing debate among linguists, whether language is an internal property (Chomsky 1965) or whether language is a social event which depends heavily on context, social knowledge and interaction. According to Chomsky, all languages have a common structural grammar (Universal Grammar), which explains why the language acquisition of children happens so fast. Goals and Achievements: There are several linguistic concepts and terms, which were introduced by Saussure, e.g. the distinction between the use of language, i.e. speech (parole) and the underlying system of language (langage) or the distinction of a linguistic sign in two parts, the signifier (actual sound of the word) and the signified (the concept or meaning of the word). The reception and further development of structural linguistics marked a decisive shift in linguistics towards a structural and sociological approach. General Criticism: Structural linguistics often ends up in abstractness and absurdity. It is not always fruitful to copy scientific research methods for humanistic research. Furthermore, only the structure is of interest and not the segmented parts in connection. Table 3 gives an overview of the key characteristics of structural linguistics.
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Table 3. Structural Linguistics – An overview Major Publication 1916, since 1960s ongoing Years Name
Structural Linguistics (hypernym), Generative Grammar, Universal Grammar (UG), Deep Structures
Chomsky (Generative Grammar) Saussure Trubetzkoy Jakobson Bloomfield (American Structuralism) Basic Assumptions Language and speech are separate entities All languages have a common structural basis (UG) and a basic linguistic competence is inherited biologically by all humans Especially Chomsky: explanation of language acquisition Goals (children learn language fast because they have an internal common set of structures they can rely on) Major Constructs Saussure: Distinction between the use of language, i.e. speech (parole) and the underlying system of language (langue) Linguistic signs consists of two parts: signifier (actual sound of the word) and signified (the concept or meaning of the word) Chomsky: Underlying “Deep Structures” The reception and further development of structural linguisAchievements tics marked a decisive shift in linguistics towards a structural and sociological approach. General Criticism Only structure is of interest Often ends up in abstractness and absurdity Major Authors
2.4 Linguistic Turn Background: Logical propedeutic (original title of publication: Logische Propädeutik – Vorschule des vernünftigen Redens) was first introduced in 1967 by Kamlah and Lorenzen, who can be regarded as the “grounding fathers” of the Erlangen Constructivism. The logical propedeutic considers itself as piece within the stream of the so-called ‘linguistic turn’. The term linguistic turn was coined by (Rorty 1967), when he published a collection
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of essays with the title The linguistic turn – Essays in philosophical method. Basic Assumptions and Theoretical Elements: The central point of Kamlah and Lorenzen is the logical construction of scientific language. By means of language one develops ones world as one distinguishes, draws connections, recognizes well-know and assigns unknown to well-known. Language is not a neutral instrument of thought or perception but it is also not restricted by thought. A conceptually acknowledged world is also always a linguistically acknowledged one. The strong connection between language and thought and the question if language influences thought or the other way around had its peak with Sapir and his student Whorf (Whorf 1956) and the so-called Sapir-Whorf-Hypothesis, which states, in line with Humboldt’s works, in short, that the nature of a particular language shapes the habitual thoughts of its speakers. This claim has since then engaged a lot of researchers in various fields. Basic theoretical elements of Kamlah and Lorenzen are predication and language communities. Predication means the assignment of a word to an object. This does only work, if 1. the meaning and 2. the sign is agreed upon in a certain language community. The logical propedeutic approach is supposed to establish rules, according to which every scientific dialog can be reasonably decided on. Thus, the logical propedeutic is first and foremost a language critical instrument. Goals and Achievements: The major goal of this school of thought is to provide a sound philosophical basis and directions for a reasonable language use in scientific discourse. Based on the awareness, that language is not only an instrument for communication, there was a major shift in philosophy and epistemology in the 20th century, which is today known as the linguistic turn. Language is no longer only seen as an instrument for communication but it is studied it for its own sake. General Criticism: Language communities are not easy to operationalize and to measure. The logical propedeutic assumes the existence of a natural language as the basis of building a specific language community. Concerning this matter, the obvious problem is to define when natural ends and specific starts. Table 4 gives an overview of the key characteristics of the linguistic turn.
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Table 4. The Erlangen Constructivism – An overview 1967 Major Publication Year Name
Erlangen Constructivism, Logical Propedeutic, Linguistic Turn, Pragmatic Turn
Kamlah Lorenzen Rorty (Sapir, Whorf) Basic Assumptions Human understanding is inherently depending on language. Language represents a means not only to represent knowledge, but it also shapes the process of achieving knowledgeÆ Subject has an influence: Interpretivism The major goal of this school of thoughts is to provide a Goals sound philosophical basis and directions for a reasonable language use in scientific discourse. Major Constructs Language communities, predication Major Authors
Increased turn to the phenomenon “language” Major shift in philosophy and epistemology in the 20th century Æ awareness, that language is not only an instrument for communication but is studied for its own sake General-Criticism Language communities not easy to operationalise and to measure Logical Propedeutic assumes the existence of a natural language as the basis of building a specific language community Æ when does natural end and specific start? Achievements
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IS Research Adoption of Linguistic Theories
The adoption of linguistic theories lead to different research streams in IS research. Several linguistic theories which had an impact on IS research have been described in the previous section. Since these theories are concerned with different linguistic topics, their implications on and their use in IS research are, consequently, diverse. These implications and applications will be pointed out as follows: Speech Act Theory and building on that later the Theory of Communicative Action (subsection 0). In Section II these two theories were introduced separately in order to grasp their original core statements. However, in IS research, when adopting the the-
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ory of communicative action, the SATs basic assumptions are always transferred as well. That is why these two theories are dealt with together in the next subsection. Subsection 0 covers the adoption of structuralism/ structural linguistics in IS research while subsection 0 shows the impact of the linguistic turn. 3.1 Speech Act Theory and Theory of Communicative Action Intentions behind IS research application: the linguistic theories, originally dealing with natural communication, are used to implement programs, software tools etc., which improve organizational communication. Traditionally, information systems were focused on data management and the communicative function was recognized relatively late. That changed when IS researchers started to have an intensive look on linguistic theories. In the 1980s a new paradigm, the language-action-perspective (LAP) evolved, thanks to the pioneers Winograd and Flores. The focus of the LAP is on the communication aspects in information systems. This is insofar significant, as the major task of an information system is the support of organizational communication. There have been many different applications of the LAP in the last decades but they all agree that language is not only used for presenting information but also to perform actions like orders, promises etc. Thus, the focus is on pragmatics and how language is used to achieve mutual understandings and therefore a better communication. The direct application of SAT and the theory of communicative action in ISR is the support of communication through e.g. groupware systems. Elements of IS research theory applications: The differentiation of illocutionary acts into assertives, directives, commissives, expressives and directives has been widely used in the IS field (cf. e.g. Winograd a Flores 1986; Auramäki et al. 1992; Schoop 1998). Habermas’ theory of communicative action (1984) is based on the works of Austin and Searle and has also had great impact on IS research. In line with Austin and Searle he regards communication as action. There have been discussions among IS researchers to combine the frameworks of Austin/Searle and Habermas. Several authors regard the theory of communicative action as more sophisticated than speech-act-theory (Dietz a. Widdershoven 1991) while others see it as a further development.
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Table 5. Adoption of Speech Act Theory of Communicative Action in IS Research Major Publication First wave: 1980, 1986 Second wave: 1990s Years Name of Theory in Language Action Perspective (LAP) Language Action Theories IS Research Major Authors in Winograd, Flores, Ludlow, Auramäki, Lehtinen, Lyytinen, Dietz, Widdershoven, Schoop IS Research Field of ApplicationCommunication Support System Computer Supported Cooperative Work Design of information systems with linguistic communication as basis Theory of speech acts is used for the development of inforDifferences and mation systems Æ support of organization communication Adaptations Rules of speech are transferred to the development of communication support systems
3.2 Structural Linguistics Intentions behind IS research application: The concept of deep structures and surface structures has been borrowed from linguistics as a metaphor or analogy to help guide our understanding of IS development in human organizations (Truex 1998). The debate among linguists, whether language is an internal property or whether language is a social event which depends heavily on context, social knowledge and interaction, was not continued by IS researchers. Instead only the “deep structures” of Chomsky (linguists in the line of Chomsky argue that language arises from an innate linguistic competence with a set of pre-existing mental structures) were adopted (Wand a Weber 1995). The Chomskyan Grammar is one of the five languages views that (Lyytinen 1985) distinguishes in his article about the implications of theories of language in IS. The problem with structural linguistics as a linguistic theory in IS research or, to be more precise, with Chomsky’s so called Universal Grammar (UG) or “deep structures” is, that it became difficult when it was shown that Chomsky himself had abandoned the concept – years before it was introduced to the IS field – because it was widely misunderstood and misused. Today IS researchers propose to “focus on the emergent nature of information systems requirements […], then our values shift toward an
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emphasis on maintenance rather than analysis of any imaginary innate structures.” (Truex a. Baskerville 1997) However, concepts from structural linguistics can be very insightful for information systems research because of the many analogies between information system artefacts and human grammar (Truex 1998). “Grammars are constructed to enable efficiency, clarity and richness of written and verbal human expression and communication. Indeed, information systems are constructed for a very similar purpose, although perhaps more consciously and instrumentally.” (Truex a. Baskerville 1997) Table 6. Adoption of Structural Linguistics in IS Research Major Publication Years
1995, 1998
Name of Theory in IS Research
Structural linguistics, Deep Structures
Major Authors in IS Truex, Baskerville, Wand, Weber Research Field of Application Metaphorical and theoretical basis for theories about organizational information flows and the construction of organizational information systems Application of linguistic theory in the IS field does seem to improve our understanding of how information systems evolve in human organizations (Truex 1998) Not the complete theoretical paradigm was borrowed into Differences and IS research Adaptations Post-structuralistic ideas (emergent grammar) challenge structural linguistics in its home discipline and by now also in IS research
3.3 Linguistic Turn Intentions behind IS research application: The introduction of an explicit language for scientific reasoning. Language is used as a conceptual basis for interpretivist and critical research streams. For a long time the mainstream in IS research has been positivism, still other research streams (interpretivism and social-critical theory (SCT)) gained ground, particularly in Europe (Chen a. Hirschheim 2004; Niehaves a. Stahl 2006b). Interpretivism and social-critical theory reveal the meaningfulness of the social world and therefore support linguistic approaches to IS research. It is argued that “the linguistic turn can encourage the growing acceptance of interpretivism and SCT in IS by influencing the epistemological nature of IS
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research to more fully embrace linguistic-based analyses as epistemologically valid.”(Monod et al. 2006) The implications of the linguistic turn on IS research have been demonstrated by them using a Kantian epistemological framework to show the implications on the four aspects of research: x Research issue: The linguistic turn leads to a research issue more focused on language through interpretivism and social-critical theory, x Objectivation process: more based on understanding than explanation, x Type of knowledge: tends to be influenced more by a descriptive (from our experience) knowledge rather than a normative (from our reason) one, x Conditions of possibilities: tend to move from causality to a search for meaning. In line with Monod et al. (2006), Dreiling states that “Considering the nature of language within IS, one must acknowledge the importance of the researcher (especially her pre- understanding and historicity) during her data interpretation […] The linguistic turn not only impacts at the application level, but also on the methodological level. If the nature of language is considered, then positivist methodological dominance in IS must be questioned.” (Dreiling 2007) In addition, (Frank 1999 p 24f.) presents several theses for the language use in IS research, e.g. that established knowledge as well as new research results should be presented in a way that facilitates comparability and visualizes the progress of knowledge. Furthermore, Holten (2003) develops a linguistic-interpretivist approach to conceptual modelling of reporting systems. In alignment with that, Becker and Niehaves (2007) analyse the impact of a linguistic-interpretivist position on conceptual modelling in IS research and advocate the importance of conceptual modelling in IS development. Besides such direct implications of the linguistic turn all authors agree that the linguistic turn raised the awareness for language and its use in IS research. “The linguistic turn implies that the origin of knowledge is in the language itself. So, a researcher will learn and understand his/her world by studying language artefacts like texts or discourses. Nevertheless, the linguistic turn, which is closely linked to hermeneutics, invites the researcher to adopt a multi-perspective view.” (Monod et al. 2006)
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Tabelle 7. Adoption of the linguistic turn in IS Research Major Publication Years
Since 1990s ongoing
Name of Theory in IS Research
Linguistic turn, Erlangen Constructivism, Logical Propedeutic
Major Authors in IS Monod, Pallud, Vance, Alvesson, Kärreman, Frank, Dreiling, Holten, Becker, Niehaves Research Field of Application Conceptual modelling and Information Systems Development Research Methodology Linguistic turn for scientific discussions (original purpose) Differences and Linguistic turn for IS development (conceptual modelling Adaptations as means to bridge gaps between e.g. managers and IS developers)
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Analysis and Discussion
The analysis of the adoption of the above mentioned linguistic theories in IS research is necessary because several of the presented aspects are interrelated. A historical survey of selected influential writings regarding linguistic theories in IS research in form of a time line visualises basic streams of thoughts in the field (Fig. 1)
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Fig. 1. Time line of linguistic theories in IS research
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Some of the previously outlined linguistic theories are interrelated or have the same theoretical foundation respectively. E.g. the LAP is mostly based on Wittgenstein, Austin and Searle, while later on also Habermas is considered (see e.g. Dietz and Widdershoven). In addition, Habermas’ theory is also influential for approaches in the scope of the linguistic turn (Frank), where the speech-act-theory is not brought up as well. Frank corresponds amongst others to the theory of communicative action for his argumentation on objectivity and accuracy in scientific language use. However, there are also authors (like Monod et al.) who draw on Wittgenstein, Austin, Searle and Habermas and therefore work with the same theoretical foundation as researchers of the LAP. Dreiling examines the impact of the linguistic turn on research in information systems and considers in his line of argument also Saussure and Chomsky. This leads us to structural linguistics, a research stream that has its own theoretical base (namely Saussure and Chomsky) and apparently only little connection to the other linguistic theories. Table 8. Language-oriented research streams in IS research Approach The Role of Language 1) Philosophical approach Language itself is the research topic 2) Applied linguistic theories Linguistic theories are being applied to IS environments
The analysis of language-oriented research in IS research suggests that there are basically two research streams that have “language” as a topic (see Table 8): 1. Philosophical approach. There are researchers, who take the language itself as the topic of their research (Alvesson a. Kärreman 2000; Frank 1999; Ortner 1994; Monod et al. 2006). They take the insights and knowledge not only of linguists but also of philosophers (Kamlah a. Lorenzen 1996; Habermas 1984) and translate it into their field of research. The outcome is a sophisticated view on how language influences research (and researchers) and what can be done by researchers in order to make their research language less ambiguous and more straightforward. This research stream can mainly be traced back to the field of the linguistic turn. As Monod et al. (2006) put it: “By employing a linguistic-influenced epistemological methodology, IS researcher can gain significant insights into organizational attitudes and behaviours towards information systems that otherwise would be difficult to obtain. Further, the linguistic turn effectively promotes language itself as an object of study, allowing IS research-
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ers to focus on verbal and written artifacts surrounding information systems. Through the lens of the linguistic turn, IS researchers can gain new insights into the complex interplay between organizational and technological phenomena that is information systems” (Monod et al. 2006). Likewise, Heinemann (2006) describes so called Epistemic Application Systems, i.e. application systems, which provide knowledge in a specific situation but at the same time take the intend of the user into account (Heinemann 2006). Her development of a philosophy of science combines a lot of the above mentioned topics and can serve as a good introduction and overview for students and researchers, who are interested in this field. Research in the field of structural linguistics can also be subsumed under philosophical approaches because here also the language itself is the research topic (see e.g. Truex a. Baskerville 1997). 2. Applied linguistic theories. The second research stream comprehends IS research, which actually applies linguistic theories to IS topics (Auramäki et al. 1992; Flores a. Ludlow 1980; Schoop 1998; Lyytinen 2004; Dietz a. Widdershoven 1991; Dietz 2004; Auramäki et al. 1988; Alvesson a. Kärreman 2000; Benoit 2001). In this field of research e.g. the LAP arose and it can therefore be traced back to the SAT and the Theory of Communicative Action. The initial application of the SAT in IS was “The Coordinator” by (Winograd a. Flores 1986), a conversational system intended to be used for communication in sales, finance, general management etc. in organizations of a variety of sizes and types (Winograd 1987). In contrast to “The Coordinator”, which is an actual piece of software, systems like DEMO (Dietz 1994) or SAMPO “Speech Act-based Office Modelling Approach” (Auramäki et al. 1988) provide a means for diagramming and modelling business processes according to the conversation that occur during those processes. SAMPO “interprets information systems as social, linguistic systems for communication between people to support their action” (Auramäki et al. 1988). One of the latest approaches based on SAT is the development of the Negoisst by (Schoop et al. 2003), which automates the negotiation process. Although the LAP has made significant progress in developing not only theories of information systems but also new modelling approaches and tools (e.g. The Coordinator, SAMPO, DEMO, Negoisst) or new computer based coordination tools it has not become part of the mainstream (Lyytinen 2004). Lyytinen gives a comprehensive overview over the history of LAP and states reasons for its insignificance in IS research, namely that LAP solutions have no demonstrated value that significantly changes the behaviours of designers or computer users at the level of tools and capa-
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bilities; that they also face the additional trouble that they are many times original and in this sense radical innovations that significantly depart from traditional thinking patterns of IS professionals and computer users and that the community i.e. the network of the LAP is too small (Lyytinen 2004 p 10f.). He suggests looking for significant economic benefits of LAP related ideas, to focus on a few areas in which LAP related solutions can be developed to demonstrate user value and to build a greater network for a better acceptance of LAP oriented solutions in mainstream IS research. Concerning this matter, there is hope for further developments of the LAP. In contrast to the “conventional” LAP approaches, one recent approach based on SAT is the development of a method for creating profiles of communications after the business conversations (free-flowing natural language conversation as in instant messaging or emails) take place (Twitchell et al. 2004). This new approach shows that the LAP is not yet forgotten and that it can still offer new and important insights. Based on Habermas’ theory but not in the scope of the LAP, Benoit comes to the conclusion that “some aspects of human-human information seeking interaction do significantly influence meaning construction. If these results were adopted into system design, they could serve as a via media between human-human models and deterministic human-computer ones. […] The four themes […] that Habermas describes (truth, truthfulness, comprehensibility, and normative right) can be successfully integrated into an actual information system” (Benoit 2001). Benoit’s approach shows, that there are various possible applications of linguistic theories even though his approach is more related to communication than actual language use.
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Conclusions and Further Research
A review of language-oriented theories in IS research has major implications for IS research practice. The turning to linguistic theories and the awareness that language is action, that language is used for the coordination of actions on the one side and that a straightforward and clear scientific language is necessary on the other side already lead to a fruitful examination of the possible applications of linguistic theories in IS research. As shown, linguistics is an important reference discipline for IS and many researchers engage in adopting specific theories, methods and insights of linguistics and language philosophy into their field of research. Analyzing the literature dealing with language, it becomes obvious that the bigger part of language-oriented research in IS originates from IS researchers
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(meaning that they are either working at an IS institution and/or that they do regular research on core IS topics, such as IS development). Correspondingly, only a few linguists are concerned with the fact that their theories are being adopted and turn out to be very useful in a discipline such as IS research e.g. (Connolly a. Pemberton 1996). For future endeavours, it would be rewarding to have more linguists joining in the IS discussion on language in favour of a pluralisation of perspectives. Here, further linguistic theories might potentially be identified which could be useful in IS research. Especially in the field of communication modelling, linguistic theories such as discourse analysis (see e.g. Alvarez 2002) or conversation analysis can also offer fruitful insights for IS researchers. Concerning the linguistic turn, the practical implication for IS researchers is the conscious handling of a clear and precise language in science. A raising awareness of this necessity would lead to less misunderstanding and less redundancy in scientific writings and therefore to better quality and a higher standard. As for the structural linguistics and the Universal Grammar or deep structures respectively, there are several possible fields of application. Although the original theory of a Universal Grammar was abandoned by Chomsky himself, some aspects of deep structures, i.e. universal grammatical features, which are common in all languages, could be helpful in the development of language-based tools since these basic structures are fixed and can be useful for software implementation. However, future research is necessary. Possible aspects might address other linguistic or language-oriented theories. Furthermore, the gained knowledge has to be tested and advanced in further applications.
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The Ideology of Design: A Critical Appreciation of the Design Science Discourse in Information Systems and Wirtschaftsinformatik
Bernd Carsten Stahl
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Introduction
The discipline of information systems (IS) has been likened to a 'fragmented adhocracy' (Landry a. Banville 1992, p. 82). It has emerged from a number of diverse 'reference disciplines' (Lee 1991; Lyytinen a. King 2004; Hirschheim a. Klein 2003) whose understanding of research, truth and practice share little common ground. To some degree this may be a good thing because it ensures that debates in IS continue to be lively and interesting (Paul 2002). On the other hand, there is a certain amount of confusion among IS practitioners and academics as to what they are supposed and allowed to do. One consequence of this is a continuous struggle about criteria for the evaluation of research output as evidenced by the debate on rigour and relevance in IS in the Communications of the AIS. The debate surrounding design sciences as a suitable contribution to IS needs to be understood in this context. Information systems according to most definitions (see below, section 2) tend to have some link to design on a trivial level in the sense that all ICT has undergone some sort of design. Whether and in what way a design science discourse can actually promote knowledge in the field of IS is a different matter. In this paper I will not recount design science discourses and engage in them in a direct way. Rather, I will take a somewhat orthogonal approach and undertake a critical analysis of the design science discourse with particular emphasis on its role in German Wirtschaftsinformatik (WI). For this purpose I will start out with a discussion of the field of IS and its relationship with the German field of WI. The introduction to IF will finish by highlighting the critical approach. After contextualising critical research in current IS debates, I will describe my understanding of design
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science discourses in IS. This will lead to the application of critical concepts to design science. I will argue that speaking of design sciences in IS can be interpreted as an attempt to change the shared understanding and create legitimacy for certain approaches, notably the production-oriented one that is prevalent in WI. While this is not problematic as such, I will continue to argue that it can have problematic consequences. Attempts to promote a particular understanding of the role of design in IS can have the consequence of disregarding other aspects, most notably ethical ones. Drawing on critical theory, I will argue that alternative conceptions of design are possible and that a view of design that moves away from the business-oriented mainstream is desirable.
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Information Systems and the Critical Approach
The purpose of the paper is to critically reflect on the design science discourse in information systems and Wirtschaftsinformatik. In order to ensure that the argument is based on sound footing, I will use this first section to define the field of information systems and contextualise it with the German Wirtschaftsinformatik. This will lead to the introduction of the critical stream of research in IS.
2.1 The Field of Information Systems As indicated in the introduction, there are numerous problems with the attempt to unequivocally define the field of information systems. An initial definition may emphasise its function and structure. Functionally, an information system can be characterised as a "technologically implemented medium for the purpose of recording, storing, and disseminating linguistic expressions as well as for the supporting of inference making" (Hirschheim et al 1995, p. 11). The structural perspective can be described as "a collection of people, processes, data, models, technology and partly formalized language, forming a cohesive structure which serves some organizational purpose or function" (ibid.). While this view would allow for a predominantly technical perspective on IS, it seems clear that the English language IS research has moved away from an emphasis on technology and tends to focus on the social and organisational side of information technology (Lyytinen a. King 2004). This social emphasis creates new problems. It is unclear which role technology plays, how social relationships are to be investigated, or what the purpose of IS research can be. The academic field of IS sits uncom-
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fortably between different disciplines which are engaged in aspect of its work. On the one hand there are traditional technological disciplines such as computer sciences or software engineering, which traditionally engage with questions concerning technical artefacts which tend to be part of information systems. On the other hand there are the social sciences which have long developed an interest in social use and construction of technology. Information systems as a discipline covers these and other areas but has to contend with the problem of defining a clear niche. This is a problem because it sheds doubt on the legitimacy of the field as a whole (Benbasat a. Zmud 2003). The diversity and plurality of the field (Goles a. Hirschheim 2000) make it difficult to define. This explains why some scholars have taken to pragmatic definitions, such as "academics, researchers, teachers, students and indeed practitioners who gravitate around conferences such as ICIS, ECIS, HICSS, PACIS and AIS, tend to be members of the Association for Information Systems or related/similar bodies, write research papers and books consciously within an IS discipline and publish in a self-defined group of ‘IS’ journals" (Willcocks 2004, p. 267). Based on the lack of clear and 'scientific' definition of the field of IS, there has been an ongoing debate centred on the question of the core of the discipline. Some scholars have tried to link IS to a specific purpose, such as to exert influence on some domain (Keen 1991), but that, too, is too wide to offer clear guidance. One central aspect of the debate in IS research is the issue of paradigm. While the concept of paradigm as applied to research originates with Kuhn (1996), it is important to note that the use of the term in IS tends to refer to its development by Burrell a. Morgan (1979). Influential publications that have promoted the idea of paradigms in IS (e.g. Hirschheim a. Klein 1989; Orlikowski a. Baroudi 1991) refer to this view of paradigms. Much of the internal debate in IS is couched in terms of paradigms understood as a reasonably coherent set of ontological, epistemological, methodological, and ethical assumptions. The purpose of this brief section is not to offer a comprehensive definition of IS. Rather, it was meant to show that the concept of IS in practice and research is contested. There are regional differences in dominant paradigms, but these are not decisive. While there is an established mainstream approach to IS research, which is often described as positivist and quantitative, it is important to note that the dominance of this approach is strongly contested. Its underlying rationality, alleged purposes and claims to scientific rigour have long been questioned. It is now possible to publish interpretive and even critical work in established top IS outlets (eg. Avgerou a. McGrath, 2007). This contested and uncertain nature of the international academic field of IS is important to keep in mind when discussing the German field of Wirtschaftsinformatik.
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2.2 Wirtschaftsinformatik and Information Systems A direct translation of 'Wirtschaftsinformatik' (WI) into English would produce the term 'business informatics'. To some degree this seems compatible with IS. The emphasis on 'business' is stronger in WI, even though in practice not all WI activities are business related. The development that WI has taken differs noticeably from IS. Where IS is more interested in the social aspect of the socio-technical system, WI puts more emphasis on the technical side. Both fields are of course highly diverse, rendering sweeping statements problematic, but one can probably say that the general focus of WI is on the construction of systems (Zelewski 2007). The use of knowledge gained in research for the purpose of creating systems can also be found in IS. However, WI as a general rule seems to be closer to practice and more interested in solving practical organisational problems (Heinrich 2005). This may go some way towards explaining why WI is less interested in sociological analyses of extant systems but focuses on possible future uses of IT (Frank 2006). Based on the construction-oriented view predominant in WI, which implies that an outcome of research should be rendering a service to practice, the issue of methodology has raised questions. Traditionally, WI research did not focus on questions of method or methodology but attempted to come to practicable solutions (Frank 2006). Given the different reference disciplines, appropriate research methodologies could come from business / social sciences as well as technical sciences. Heinrich (2005) speculates that WI is still in the process of maturing towards being a recognisable subject and that research questions and corresponding methodologies have yet to be developed. It appears that the current state of WI is perceived as problematic by its practitioners. Scientific outcomes are viewed as poor when compared with natural sciences (Frank 2006). The development of theory in WI is limited and a review of 14 years of the most important WI outlet, the journal Wirtschaftsinformatik, has shown little of fundamental importance (Heinrich 2005). These problems are exacerbated by an increasing expectation on scholars to publish in mainstream English language journals, which appears to be difficult using the results of current WI research. A central problem of WI scholars engaging in international debates seems to be a limited understanding of current IS discourses. High level discussions of IS debates and attempts to contextualise them for WI (Frank 2006; Zelewski 2007) bear witness of a generally good perception of current issues in IS, which nevertheless overlooks crucial aspects. An example of this is the misleading interpretation of the concept of 'paradigm' which WI scholars tend to interpret in the Kuhnian tradition, thus exclud-
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ing much of the IS paradigm debate. There also appears to be an overemphasis on the positivist paradigm, whose dominance in English language IS is still visible but no longer absolute. Where Frank (2006), for example, posits a dichotomy between either being positivist or not being able to publish in mainstream outlets, he seems to have missed the ongoing increase in importance of interpretive work. There also appears to be a perception that English language IS research is a coherent discipline with accepted foundations in ontology, epistemology, and methodology which ignores the ongoing debate about paradigms (in the Burrell a. Morgan sense) in IS and the political stakes involved in this (Introna 2003). Similarly, there seems to be little awareness of the existence and (admittedly still small but recognisable) importance of critical research. The construction-oriented research interests of WI coupled with the problem of having to engage with an English language debate in IS that is perceived to be predominantly interested in positivist behavioural research, may have contributed to the desire to find a different stream of discourse that renders WI research acceptable in IS. The idea of design sciences in IS fulfils the criteria of being acceptable in IS and compatible with WI and this may at least partly explain why design research has met a very positive reception in WI. However, before I discuss the question of design, I need to briefly introduce the branch of IS research that this paper is meant to represent, namely critical research in IS.
2.3 Critical Theory and Critical Research in Information Systems Critical theory (or critical social theory) stands for a range of theoretical approaches that take their historical starting point from Marx's critique of capitalism.1 It is most strongly associated with the Frankfurt School of social research (Horkheimer; Adorno; Marcuse et al. in the first generation; Habermas; Apel et al. in the second generation and Honneth et al. as a current members). Other theoretical influences often associated with critical theory are postmodernism, poststructuralism, postcolonialism and related approaches (How 2003). The main distinguishing feature of critical theory, 1
Harvey (2000) argues that the Marxist roots of critical theory are typical of a European tradition of the term, whereas American critical research seems to be founded on the philosophical tradition of pragmatism. The current paper makes extensive use of the Marxist tradition from which central concepts such as "fetish", "ideology" or "commodification" are adopted. Readers who follow Harvey's reasoning are free to add the attribute "continental European" to every mentioning of the term "critical".
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which results from its scepticism of capitalism, is its intention to promote emancipation (Horkheimer 1937, p. 263). The will to further emancipation leads to attention to certain topics, notably an attention to the pathologies of capitalism. Critical theory has been reflected in IS, where there is a stream of research often called Critical Research in IS (CRIS), which is loosely based on critical theory. IS literature often defines this as a third "paradigm", an alternative to positivism and interpretivism (Chua 1986; Orlikowski a. Baroudi 1991). CRIS scholars tend to share the critical intention to change reality and support emancipation (Hirschheim a. Klein 1994; Klecun a. Cornford 2005; Klein a. Myers 1999, Ngwenyama a. Lee 1997, Walsham 2005). In this paper I wish to develop some of the topics of the older critical theory that have not yet led to a visible body of knowledge in CRIS, despite their potential of illuminating some of the phenomena in information systems. The concepts in question are those of commodification, reification, and ideology. A critical term that captures all of these is "fetish". Fetish, as I will use the term here, goes back to Marx's Capital (1998), to his description of economic exchange during the development of capitalism. Marx distinguishes between the exchange value and the use value of items. In capitalism, due to the strong standing of private property, things become commodities, which means that their value is measured in money. Exchange value and use value consequentially become independent of one another. The originally social nature of the exchange of goods turns into a de-personalised process, which is facilitated by commodities. People desire commodities despite the fact that they have little use for them. All aspects of society are increasingly commodified, including the most intimate personal characteristics, such as the employee's working power. Commodities acquire the status held by fetishes in indigenous cultures because they represent powers and are accepted by individuals without regard to their actual usefulness. This concept of fetishism is closely linked to the concepts of reification and ideology. Reification is the process whereby social structures become solid, become things (res = Latin, thing), which then cease to be subject of social negotiation (Feenberg 1991). Reification is one aspect of ideology, which is often understood to be the collection of generally accepted but one-sided beliefs. Ideology in the critical tradition stands for the way power relations influence beliefs and perceptions in such a way as to promote particular interests and stabilise one-sided and alienating relationships (Freeden 2003; Hawkes 2003; McLellan 1995). That does not mean that ideologies are simply wrong. Ideologies cannot be wrong because they form the basis of our understanding of reality. Indeed, they tend to be em-
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pirically supported (Gouldner 1976). This leads us to the last concept of importance here, namely rationality. Commodity fetishism and the related ideology and reification are a direct result of a particular way of viewing the world, which is based on a specific type of rationality (cf. Frank 2006, p. 18). This is the objectifying view that reality is objectively given, can be correctly described and manipulated for our purposes. It is the scientific rationality that strongly relies on quantification and abstract formal models of reality. Since this type of rationality is inextricably bound to science, technology but also modern economics, the argument has been put forward that science and technology are actually forms of ideology (Habermas 1969). Table 1 shows how these central concepts of Critical theory. Table 1. Critical Concepts Critical Concept Reification Commodification Ideology Fetishism
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Explanation A social object becomes a thing, separate of its social contexts and history. The entity in question becomes a good that can be traded like any other commodity. A particular worldview that privileges certain interests and hides this fact by making the current state of affairs appear natural. The social object acquires the status of an independent entity that interacts with humans of its own accord.
Design as Ideology
In this section I will first define the concept of design, emphasising the difference between design science and behavioural research. This will then lead to a discussion of why the debate surrounding design sciences has gained currency in IS. The next step will be an attempt to map the above critical concepts to the design science debate.
3.1 Behavioural and Design Science Research A widely used logic to systematize IS research paradigms is the differentiation between behavioural science and design science research (Niehaves a. Stahl 2006, further reading: Davis a. Olson 1985; for instance, Hevner et al. 2004; March a. Smith 1995). While behavioural science research (BSR) is primarily focused on development and justification of theories on human-computer-interaction, design science research (DSR) seeks to create
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IT artefacts intended to solve organizational problems. The former is called a “problem understanding paradigm”, the latter is titled as “problem solving paradigm” (see Table 2). Table 2. Behavioral vs. Design Science Research (cf. Hevner et al. 2004; March a. Smith 1995) Design Science Research (DSR) engineering, sciences of the Origin natural science artificial Paradigm problem understanding paradigm problem solving paradigm to create innovations that deto develop and justify theories which ex- fine ideas, practices, technical plain or predict organizational human capabilities, and product Objective phenomena surrounding the analysis, de- through the analysis, design, sign, implementation, management, and implementation, manageuse of information systems ment, and use of information systems Object Human-Computer-Interaction IT artefact design Behavioral Science Research (BSR)
Behavioural science research and design science research can be seen as two complementary parts of the IS research cycle (Hevner et al. 2004; March a. Smith 1995). Acquiring knowledge about information systems employed in an organizational context requires the application of both research paradigms: Starting from pre-scientific observation of IS and information technology (IT) usage in practice, theories about IS-related issues are developed. These theories are supposed to primarily explain and predict human behaviour, information system function, and issues interrelated with both of these aspects. By the process of justification, these theories are considered to be true or valid. Thus, they provide a basic understanding of the (real world) problem situation described in the first instance. This understanding presents the basis for the design of one or more IT artefacts which address a given problem situation. By actually applying them, IT artefacts are supposed to become useful in terms of problem solving. Thus, they change present IS usage in practice and, for that reason, provide new impulse for theory development. DSR and BSR refer to one another in that DSR needs to be based on an understanding of behaviours in order to be successful. BSR, on the other hand, undertakes research on technologies whose design influences its results and thus need to have at least some cognisance of design issues.
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3.2 Questions of DSR The brief introduction to DSR clearly neglects many of the more interesting issues. One of them is the ostensible concentration on the artefact with a concurrent lack of explanation of what constitutes an artefact. A first view at computing or IS artefacts will point to hardware but mainly software artefacts. A piece of software is what many IS scholars seem to have in mind when they discuss DSR. Zelewski (2007) points out rightly that this intuitive reliance on the recognition of artefacts is not sufficient. One can argue that theories, descriptions, reports, or data are artefacts. If this is so, then the artefact can no longer be used as a feature distinguishing DSR and BSR, as both are based on artefacts and produce them. A further question with regards to DSR in IS is its relationship to computer sciences or software engineering. These more established technical disciplines have long engaged in research on suitable solutions for a range of problems. Such problems include the organisational questions that IS and WI tend to focus on. If the production of the artefact (e.g. software solution) is the aim of DSR in IS then this raises the question of how it differs from computer sciences. Clearly computer sciences (CS) is a wider field, including theoretical and conceptual work that has no direct bearing on organisational or everyday problems. However, CS has always been involved in the design of solutions which leaves open the question of how IS DSR differs from it.
3.3 Justification of the Choice of DSR The above discussion of DSR and BSR seems to indicate that they are no more than two sides of the same coin. This would suggest that it is a legitimate decision of an IS researcher to choose either one or the other and that the choice is a matter of personal preference rather than anything else. In fact, the distinction appears to be a bit more complex. Looking at IS research over the last 20 or 30 years, there is a clear dominance of BSR. The fact that IS has to do with the development and use of technological artefacts seems to be a background assumption for some research. This would still justify DSR as the forgotten half of the research cycle. However, one could also interpret the IS discourse as being fundamentally interested in social side of technology and much less so in the artefact. If this is the case, then DSR is a mere appendix to IS. Such a view is problematic to some degree because, by removing the artefact from the focus of attention, the field of IS becomes difficult to define. It then becomes some sort of social science but one which is not at
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home in social science departments and which lacks a shared topic of interest, which technological artefacts might provide. This explains why even strongly sociologically influenced IS scholars can call for a return to the artefact (Orlikowski a. Iacono 2001). However, one can probably legitimately say that there is little attention to technological artefacts in the field of IS. DSR can thus be understood as the attempt to give focus to the field. But there are also alternative explanations for the rise of DSR. In particular with regards to the German debate in WI, DSR can probably best be understood as an attempt to gain international legitimacy in IS discourses. The above discussion of WI and its relationship to IS support such a contention. From the point of view of WI practitioners who perceive themselves close to DSR, the DSR debate can be used as a means of entering relevant discourses. Such attempts of engaging with extant discourses for the purpose of promoting one's research activities are legitimate and arguably part of the tradition of IS research. They do require difficult translations, however, and can lead to changes in discourses which have consequences that go beyond the normal exchange of ideas that is part of academic exchange. In the next chapter I will use some of the conceptual instruments of the critical approach to reinterpret the DSR discourse. This is meant to help contextualise such discourses and thereby indicate where they lead to alienation, oppression, and disempowerment.
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Critical Views of the DSR Discourse
Critical research with its emphasis on emancipation has to do with power. Criticalists recognise that power relationships are pervasive and will not be overcome. It is nevertheless desirable to understand the underlying assumptions and beliefs and see how they can contribute to the reproduction of power relationships. All academic discourses are part of the construction of power because they define legitimate knowledge and truth. In Foucauldian terms, academia is part of the construction of regimes of truth, which posit what can count as legitimate but also which questions can be asked on which grounds. The preceding section on the reasons for the choice of DSR is thus already part of a critical analysis of DSR because it indicates what the extra-academic reasons for its development may be. In this section I will collect some further critical thoughts on DSR in order to question the DSR discourse and point to issues that should be included or highlighted.
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4.1 The Concept of the Technological Artefact A first observation refers to the very distinction between BSR and DSR. As indicated, this can be seen as an attempt to create legitimacy for technological research in IS. At the same time, however, it perpetuates the distinction between the technical and the social which has been questioned for some time. Fields of enquiry such as Science and Technology Studies (STS) and their underlying research approaches such as the Social Construction of Technology (SCOT) or the Social Shaping of Technology (SST) have long pointed out that this distinction is not tenable. These debates have been applied in IS (Howcroft et al. 2004; Mitev 2005) and the attempt to re-introduce the distinction would have to reference the debate. Sawyer a. Annabi (2006), when developing the socio-technical approach, drawing on SST, state that an explanation of the success or failure of a technology needs to take into account the technical and the social simultaneously. Technology should be seen as a process rather than an artefact. The artefact, while relevant, cannot be viewed in exclusion. They go on to state that, according to the SST perspective, "material characteristics and actions of any technology are shaped by the social actions of the designers, the specific uses of that technology, and the evolving patterns of use over time" (p. 399). This critique of the concept of the artefact brings us back to the question of what counts as an artefact and whether theories, methodologies etc. should not be subsumed under the same heading. The SST or SCOT approaches would presumably agree that there is little to ground for distinguishing between the physical (or software) artefact and academic or research artefact. This raises the question discussed by Doherty, Coombs a. Loan-Clark (2006) whether technology per se requires certain behaviours. This is a complex debate surrounding the interpretive (or interpretative (see Cadili a. Whitley 2005)) flexibility of technology. The main point to be made in the context of this paper is that speaking of design and artefacts tends to privilege physical properties, which can reduce interpretive flexibility and people's perception of choice. It can promote a determinist view of technology and thereby disempower people by taking away possible options.
4.2 Assumptions of Mainstream IS Research Design discourses that aim to demonstrate an affinity to current IS mainstream research also may fall in the trap of becoming uncritical of mainstream assumptions and thus turning into means of reproducing ideology
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by reifying problematic assumptions. In mainstream IS these include the legitimacy of managerial control, a rationalistic view of humans but also of IT, as in the case of artificial intelligence (Feenberg 1991). Much has been written in the field of critical management studies about the shortcomings of current mainstream management literature and teaching. Where IS are seen unproblematically as tools for a generally justified management process, issues of domination and oppression are rendered invisible. Taking the current status quo for granted leads to a perpetuation of current practices and assumptions, which may not be desirable. In such a situation DSR discourses can stabilise current social systems and thereby become deeply conservative. They can also lead to the unwarranted emphasis on some aspects of the design work (e.g. efficiency, user satisfaction) to the detriment of other aspects, which may be even more important (e.g. equitability, justice, working conditions). The distinction between BSR and DSR may also lead to a reliance on BSR to provide an ever-growing amount of information, which can then be designed into the artefact. This approach may misunderstand the relationship between design and data collection, leading to what Stewart a. Williams (2005) have termed design paradoxes. The current design discourses can without a doubt be classified as a management fashion in Abrahamson's (1996) terms. Such fashions are not necessarily bad and they can be seen as mechanisms that allow researchers and practitioners to focus their attention on important issues. The description of DSR as a fashion allows at the same time to contextualise its overall relevance. It also allows the description of DSR to other fashions, which have been described in some depth in the management and IS literature (Pozzebon et al. 2006). Some of these fashions, such as business process reengineering have proven to be highly problematic. In other cases the value of ongoing fashions cannot be assessed yet. With regards to DSR it can be observed, however, that the ostensible emphasis on the artefact carries with it the danger of taking fashions too seriously and using fashion statements as factual grounds for technology design and development. Divorcing the critical and social aspect from the artefact therefore carries the danger of fashions becoming self-sustaining. A related problem of the perpetuation of extant ideology can occur with regards to the role of the designer. In mainstream business research, managers are often described as heroes. Etymologically, the verb "to manage" (originally probably derived from the Latin manus, the hand) comes from the Italian maneggiare to handle, to be able to use skilfully and originally referred to the handling of horses. Today it means "to conduct, carry on, supervise, or control" (OED 2004). While "management" thus has a wide meaning compatible with different styles of solving problems, it often aims to convey a more specific meaning, which might be termed "heroic man-
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agement" (Gosling a. Minzberg 2003). Heroic management stands for the type of management often taught in many business schools and propagated by management magazines. It depicts the manager as the individual who is personally responsible for success or failure of organizational activities. Heroic management is based on a particular view of an appropriate rationality, which, following Max Weber, is often called purposive rationality. This heroic rationality is not confined to management and can be found in other professions such as engineering (Adam 2001). The DSR discourse has often picked up this topic of heroicism and rationality and projected it onto the designer. This "heroic view" of design: "is heroic in the sense that designs are portrayed as finished products inscribing particular views of the user, user activities and priorities into the artefact. The 'design problem' is then conceived in terms of the failings of design practitioners — through ignorance of users (their purposes and contexts) or their commitment to different priorities — embedding the wrong values/specification of user requirements in design, with imputed serious negative consequence for the usability and use of those artefacts for particular purposes and by particular groups." (Stewart a. Williams 2005, p. 197) One of the reasons why this heroic conceptualisation is problematic is that it has difficulties with addressing ethical issues. This observation will form the guiding thought of the next subsection of my critique of DSR discourses. The critique of heroic management does not necessarily require alternative conceptualisations of management. From a critical point of view it is not prima facie clear that management in the business sense is required at all. Depending on one's view of management, it might be possible to replace management with coordination. This paper does not offer the space to discuss alternative conceptualisations of management. One final point worth making here, however, is that a critique of heroic management is not a critique of the individual managers. Indeed, more than 35 years ago Agyris (1971) noted that information systems have the potential to emancipate managers but often have the opposing effect. Rethinking heroic management is thus an exercise that could also be in the interest of managers themselves. A similar argument could be developed for heroic design.
4.3 Ethics and Design One aspect of critical research that I have not yet discussed in any depth is its relationship to ethics. I have argued elsewhere (Stahl 2008) that there is a close connection between ethics and critical research. The critical inten-
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tion to emancipate requires an ethical grounding. Critical topics are typically of ethical relevance and some critical theories, such as Habermas's Theory of Communicative Action are directly related to ethical assumptions. At the same time, critical scholarship has always been acutely aware of the potential of unreflected morality to promote alienation and domination. The concentration on design science research in IS has the potential to affect such ethical considerations. The process of design is based on ethical assumptions about what is permissible and what is not. This refers to the way data is collected and design is implemented as well as to the eventual outcome of design. Most of the moral assumptions informing design are not made explicit but they can have consequences whose moral importance are hard to deny. Take child labour as an example. Where child labour is deemed legitimate, tools and apparatuses must be designed in such a way that children can use them. Such design then betrays moral assumptions of the designers (i.e. that child labour is legitimate) but they also perpetuate them because the tools or apparatuses require children to be employed. A change in ethical evaluation of child labour can still lead to a replacement of such tools but their mere existence poses an obstacle to such change. I have chosen child labour because it is an example that is easy to visualise. The same idea still holds true for design in information systems. Information flows, reports, controls etc. can reify extant control structures and they will often do this without explicit consideration of their legitimacy. Design can therefore be deeply conservative. This is why Feenberg (1999, p. 173) can say that "design has normative implications and is not simply a matter of efficiency". While design can thus have morally problematic consequences, the opposite can be just as true. Design can be used to implement and reify liberating and emancipatory ideas. A different conceptualisation will lead to different designs, which will provide different affordances. There are prominent examples of emancipatory design, e.g. in the area of egovernment and e-democracy where the communication-enhancing properties are used to promote collaboration and self-determination (Heng a. de Moor 2003). One should at the same time not overestimate the importance of design in this respect. Technology often is Janus-faced (Arnold 2003). Lessig (2001) argues convincingly that the design of the Internet contributed to the freedom, even anarchy of the early Net. Nevertheless, its architecture was not fixed and is constantly subject to change, be it technical or societal. An emancipatory technology may be misused, just like an oppressive one may be circumvented. However, technology design can integrate affordances and there is a case to be made that some affordances are more
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likely to lead to emancipatory outcomes, whereas others are more amenable to oppression. The recognition of such emancipatory qualities in design and of their ethical relevance poses a challenge to design scholars who are aware of them and want to promote them. There are fundamental problems of emancipation, which critical theorists have been grappling with for a long time. Even if one agrees that emancipation is desirable one does not yet know what exactly it means to be emancipated. Emancipation is dependent on the individual in question but also on the social context. The same individual will perceive a certain technology as oppressive in one context but as supportive in another. A criticalist who aims to implement critical ideas in design is thus faced with the dilemma of how to find out what emancipation means and what to do about it. In order to avoid the dilemma of emancipation becoming just another form of oppression (Stahl, 2006), a way has to be found to allow the users of the technology to voice their opinion. An established procedural way of doing this, which was conscious of its ethical relevance, was put forward by Enid Mumford and her ETHICS methodology (Mumford a. Beekman 1994; Mumford 2003, 1995). The summary of this discussion seems to be that design is of high relevance for ethical considerations in technology (Devon, 2004) but that only a procedural design approach based on participation can raise a valid claim to the necessary ethical sensitivity required to come to a successful conclusion.
4.4 Design in Research and Practice An important question to be asked in this paper is that of the context of design research. I have argued so far that the use of the concept of design can have problematic effects because it can blend out important aspects and privilege particular viewpoints. One important aspect that influences the emancipating properties of research is the organisational context in which it is undertaken. It is thus worthwhile deliberating on the differences between different areas where IS research, in particular DSR, can be carried out. The critical perspective is particularly sensitive to the pathologies of capitalism and therefore likely to find issue with DSR in private companies. It is easily imaginable that commercial research projects are focused on a particular stakeholder (usually the customer) thereby neglecting others (e.g. employees). Academic research could have the advantage of being freer from organisational and financial constraints and thus more open to
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emancipatory aims. However, such a distinction, while partly subject to empirical investigation, seems mostly wishful thinking. Academia is traditionally freer of hierarchical power relationship than private business. But in any individual case such general considerations can be reversed.
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Critical Concepts and Design
The brief discussion above indicates that there are several ways in which the DSR in IS can lead to potentially alienating or oppressive results. I will now try to link this argument to the critical concepts introduced above (Table 1). The most obvious link between DSR and these concepts is the idea of reification. The emphasis on the artefact that carries much of design discourses suggests that the artefact is of central importance. It arguably carries an intrinsic indication that the artefact is objective and neutral. This points towards the tool view of technology and leads in the direction of technological determinism. Design leads to the creation of artefacts which have clearly defined properties which, in turn, lead to predictable outcomes. The main problem with this reification of design is that it renders invisible social influences and non-technical considerations. The thing, the res, becomes independent of social concerns. This reification also promotes commodification. There is nothing fundamentally wrong with building a technological artefact for the purpose of trading it. Again, it is the issue of invisible decisions, questions, and debates, which renders commodification a potential problem. One aspect of this has to do with the social importance of the artefact. Some software artefacts, for example, have managed to achieve an outstanding social importance, which renders their existence as commodities questionable. A good example of this is the search engine Google. Google not only has huge market share and therefore immense financial value as a company. It has such a dominant position that its name has become a commonly used verb. Google algorithms and policies have the power to decide about visibility of web sites. The social impact of Google thus goes beyond what one would normally expect from an information and service provider. It can thus be asked whether this type of technology should be treated as a mere commodity, something to be bought and sold. Another aspect of commodification is that the social assumptions of the design artefact are bought and sold with the artefact, independent of the customer's agreement with them. Technology can contribute to the shaping of organisational cultures and such influences should be made explicit. A typical example here would be the standard business software such as
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SAP. SAP is built on certain assumptions about the way organisations should be run and its use requires a certain amount of compliance with what SAP considers best practice in the respective industry or sector. Apart from the fact that this seems to turn the relationship of business and technology on its head, there is also an aspect of hidden ideology entering an organisation via reified social beliefs in a design object. This leads to the issue of ideology. Reification and commodification are both aspects of rendering invisible certain potentially contentious issues. Whether a technology supports hierarchical structures or free exchange is something that may have considerable influence on individuals' emancipation and quality of life. Through the design process such issues may become invisible and thereby support certain groups to the detriment of others. Current debate on ideology does not suppose that ideology can be overcome or eradicated. Tacit beliefs favouring some will always be present and a critic of this paper could hold that this argument is as much supported by ideological beliefs as any other. I would have to concede this but would reply that this is not problematic for critical research. The intention is to render ideologies visible and open them to debate, not to finally overcome them. Such opening of discursive closures containing ideologies can be severely hampered by the reification of the ideologies in technology.
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Conclusion
In this paper I have collected arguments from a critical perspective and applied them to the current debate on design sciences. This collection of critical remarks should not be seen as a general argument against design sciences. I am not at all against the inclusion of explicit design considerations in IS research. What I have tried to argue is that the focus on design in IS discourses can be used to camouflage particular interests and agendas. DSR discourses are in danger of becoming divorced from greater social and ethical concerns and to turn into ends in themselves. Design can then become a fetish, something desired for its own sake, without social context. All I am saying is that the attempt to establish the design paradigm may again be legitimate but it may also be problematic. What I have tried to do is raise awareness of possible issues. Any social system using technological artefacts will need to make decisions concerning these artefacts. My main argument here is that these decisions hold implications that may go far beyond the immediate use of the technology and the purposes it is designed for. Technology can have considerable social and ethical implications. What I have argued in this paper
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is that these need to be considered throughout the design process and should be made explicit and available to potential users. There is no reason why design cannot do this and, indeed, there are good examples of designers in IS consciously doing this, as for example people working in the socio-technical tradition. The danger I see is that DSR discourses are used to gain academic legitimacy for very technology-centred work. Such legitimacy could then be used to evade the questions raised here. By raising awareness of this danger, I hope that the current paper has taken a step in addressing it. It is probably worth noting that practice-oriented disciplines such as IS or WI are based on (usually implicit) ethical considerations. Practice is to be affected and improved to achieve a better society. This is particularly true of academic practice. As Frank (2006, p. 11) states, the "idea of science is directly related to the idea of freedom, emancipation and rationality. I assume that science – mainly through academic education – can foster the dissemination of these ideas and thereby contribute to more liveable societies." This paper should be read in the same spirit. Discussing possible alienating consequences of DSR should be seen as an attempt to prevent these from occurring. If the ideas presented in this paper have merit, then they deserve further elaboration. I have presented a general critique but this would have to be supported by more detailed discussions of DSR theories, topics, and methodologies. Whether DSR is indeed a paradigm (in the Burrell a. Morgan sense) or maybe just an aspect of different paradigms, it will be worthwhile considering how alienating and disempowering consequences could be addressed during the process of designing IS. DSR could then become part of the ongoing assault on the positivist mainstream in IS research and it could count as a possible avenue for critical research to take.
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Konstruktivismus und Wirtschaftsinformatik – Begriffsver(w)irrungen
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Begriffsver(w)irrung Konstruktiv(ismus)
Die Wörter konstruktiv, konstruktionsorientiert, konstruktivistisch u. ä. Formen bezeichnen Begriffe, die einerseits über gemeinsame Eigenschaften verfügen, andererseits jedoch grundlegend differierenden Paradigmen angehören zu scheinen respektive diese repräsentieren, sodass deren gleich(artig)e Benennung zu Schwierigkeiten führen kann. Solche Homonyme bergen die Gefahr von kommunikativen Missverständnissen und Verwechslungen sowie ungenügendem (Fach-)Verständnis und mangelnder Differenzierung. Ohne Unterscheidung(en) gibt es keine Erkenntnis. Die Unterscheidungen prägen die Erkenntnis. Der (folgende) Begriffsdiskurs dient daher einerseits zur Schaffung von gemeinsamer Sprache als Kommunikationsvoraussetzung, andererseits als Erkenntnis(basis) selbst.
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Die Wörter Wort und Begriff verwende ich nicht im umgangssprachlichen Sinn, sondern im Sinne des Semiotischen Dreiecks (Aristoteles). Das Wort steht dabei für den Namen des Begriffs, bezeichnet also (als Zeichen) den Begriff. Der Begriff ist die Vorstellung im Geist. Dabei besteht nach dieser Vorstellung kein (unmittelbarer) Bezug zwischen Wort und (vom Begriff bezeichnetem) Ding. Inwieweit ein Bezug besteht zwischen Begriff (der Vorstellung, z. B. eines Tischs) und dem Ding ((zu) vereinfacht z. B. dem Tisch selbst;1 besser: was (real) hinter dem Tisch selbst ist), dem durch die Vorstellung Bezeichneten, ist ein nicht-triviales erkenntnistheoretisches Problem (siehe unten). Nach der Diskussion (einer Auswahl) wesentlicher Kerngedanken, der aus meiner Sicht grundlegenden konstruktiv(istisch)en Begriffe – des Methodischen Konstruktivismus der Erlanger Schule, des Radikalen Konstruktivismus und der Konstruktionsorientierten Wirtschaftsinformatik – zeige ich, dass es in der Wirtschaftsinformatik Beispiele für solche (Miss-)Verständnisse gibt, die mir besonders deswegen von Bedeutung scheinen, weil sie im Zusammenhang mit herausragenden Vertretern des Fachs stehen. Meine Zielsetzung mit diesem Beitrag ist es nicht, eindeutige Definitionen und Namensvorschläge für die betrachteten Begriffe vorzuschlagen, wie dies u. a. in der Betriebswirtschaftslehre üblich ist. Stattdessen werde ich – anhand der konstruktiv(istisch)en (Begriffs-)Diskussion – aufzeigen, was gegen ein solches Vorgehen, eindeutiger Definitionen, spricht (nicht aber gegen möglichst aussagekräftige, differenzierende Definitionen!) und (ergänzend) für einen intensivierten wissenschaftstheoretischen2 Diskurs in der Wirtschaftsinformatik. Meine Zielsetzung ist es ebenfalls nicht (nur), für die Intensivierung eines solchen Diskurses zu plädieren, um, diese und 1
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Dieses Beispiel soll einen (leichteren) Einstieg in die Problematik ermöglichen, auch wenn dies (später) möglicherweise zu Irritationen führt. Gelegentlich wird tatsächlich der (reale?) Tisch selbst als das Ding verstanden. Dies gilt etwa für den sog. Gesunden Menschenverstand, ist allerdings eine naiv-realistische Sichtweise. Die vollkommene(?) Unerkennbarkeit des Dings (an sich) – im kantschen Sinne – macht allerdings den verstehenden Zugang zu einer (notwendigen!) Vorstellung, des Dings an sich, ohne ein solches Beispiel (zumindest) recht schwierig, weshalb – in einem ersten Schritt – die, später zu verwerfende, Vorstellung eines Tischs hilfreich sein kann. Auf die Frage, ob überhaupt etwas „hinter“ (oder „vor“) dem Tisch ist und ob dies real ist, ist Gegenstand der folgenden Diskussion. Obwohl Epistemologie, Erkenntnistheorie und Wissenschaftstheorie von anderen Autoren gelegentlich unterschieden werden, verzichte ich an dieser Stelle auf eine solche Diskussion und verwende die Begriffe folgend weitgehend identisch in ihrer Bedeutung.
Konstruktivismus und Wirtschaftsinformatik – Begriffsver(w)irrungen
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andere, Begriffe „zu klären“. Vielmehr besteht meine Intention darin, aufzuzeigen, dass neben der Notwendigkeit von disziplinärer Fokussierung und reduktionistischer, exakter, analytischer, rationaler etc. Wissenschaftsmethodik, gleichzeitig auch die Unmöglichkeit des Verzichts auf wissenschaftstheoretische Fundierung (oder besser: Reflexion), transdisziplinärer, multiperspektivischer Forschung und synoptischer (zusammenschauender, ganzheitlicher) Betrachtung besteht, soll eine gewisse Form von (dogmatischer) Beliebigkeit vermieden werden.
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Methodischer Konstruktivismus der Erlanger Schule
Der Erlanger Konstruktivismus, auch Methodischer Konstruktivismus genannt, entstammt der von Wilhelm Kamlah und Paul Lorenzen gegründeten Erlanger Schule. Vertreter sind u. a. Kuno Lorenz, Jürgen Mittelstraß und Peter Janich. Die Erlanger Schule bezieht sich insbesondere auf Kant, Dingler und Frege. Die Wissenschaften, auch die Naturwissenschaften, werden als Kulturprodukt, als menschliche Konstruktionen verstanden, die sowohl in der lebensweltlichen Praxis fundiert sind als auch zur Bewältigung eben dieser lebensweltlichen Praxis zweckgerichtete Erkenntnisse zur Verfügung stellen. Als konstruktiv wird die Erlanger Wissenschaftstheorie also bezeichnet, „weil sie die Gegenstände der Wissenschaften als Konstruktionen, d. h. als Produkte zweckgerichteten menschlichen Handelns versteht.“ (Gehtmann 2004, S. 746, Hervorhebung im Original) Noch deutlicher wird Lorenzen, indem er ausdrückt: „... kann man es doch als die allgemeine Überzeugung der Wissenschaftler annehmen, daß sie Wissenschaft betreiben, um [...] eine bessere Bewältigung unseres Lebens zu ermöglichen.“ (Lorenzen 2000, S. 9) Theorie wird als praktisch relevant verstanden und es „wird auf eine unmittelbare Praxisrelevanz [auch] der Wissenschaftstheorie Wert gelegt.“ (Rasmussen 2000, S. 515). „Jede Begründung von Aussagen wie auch von Handlungen, Zwecken und Normen habe ihr Fundament in der Praxis.“ (Rasmussen 2000, S. 525) Rasmussen meint mit Verweis auf Mittelstraß, dass der Methodische Konstruktivismus eine kantische Wendung vollzogen habe, bei der die Praxis von transzendentalem Charakter sei. Die Praxis gehe mithin der Erkenntnis voraus, ermögliche sie und setze ihr Grenzen. „Die Praxis ist daher selbst nicht theoretisch begründbar, wenngleich sie durch theoretische Einsicht geleitet, aufgeklärt und ‚stabilisiert’ werden kann.“ (Rasmussen 2000, S. 525) Das Programm Lorenzens lässt sich neben der Ausrichtung auf das Praktische, Lebensweltliche, Zweckgerichtete auch als ein antidogmati-
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sches, kritisches verstehen. Es werden keine Meinungen, Autoritäten, Traditionen oder Vorschriften akzeptiert, die „nicht mehr kritisch – d. h. hier auf ihre Annehmbarkeit hin – hinterfragt werden dürfen.“ (Lorenzen 2000, S. 10f.) Lorenzen grenzt sich damit vom Glauben, von metaphysischen Spekulationen, von Dogmatismus, von den „Träume[n] eines Geistersehers“ (Kant) ab. Auch Normen und Werte (in Abgrenzung zu empirischen Tatsachen) müssten begründet werden, die in einer als wert(urteils)frei verstandenen Wissenschaft zwar (notwendigerweise) gesetzt bzw. als Werturteile getroffen werden, aber als nicht (wissenschaftlich) begründungsfähig gelten, weshalb sie durch die(se) Wissenschaft weder begründet, noch hinterfragt werden. Diese Entscheidung, Werturteile seien nicht Gegenstand von Wissenschaft, ist selbst ein Werturteil, das von einem solchen Wissenschaftsparadigma nicht begründet werden kann. Da die Erlanger Konstruktivisten Wissenschaft gerade nicht als von der praktischen Lebenswelt (vollständig!) losgelöst(e Technik) sehen, sondern, im Gegenteil, Wissenschaft (ausschließlich!) als zu dessen Bewältigung (instrumentalistisch), Wissenschaft mithin anwendungsorientiert, normativ zu sein habe (wie auch die Wirtschaftsinformatik von deren Forschergemeinschaft mehrheitlich begriffen wird), kann sie nicht gleichzeitig wertfrei (normenfrei) sein. Dann ist es auch Aufgabe der Wissenschaft (gerade) diese Werte zu begründen. Historistische oder theologische Begründungen werden abgelehnt, wie auch ein unkritischer Rationalismus, der „zu solcher Meinung nur gelangt, weil er irgendeine Norm für nicht begründungspflichtig hält und als Beweisgrund benutzt. Soll aber über einen solchen Hinweis hinaus die Verpflichtung auf eine besonders geartete ‚Offenbarung’ behauptet werden, dann enthebt sich der so theologisch Redende eben jenen Begründungsbemühung, die wir hier zu bieten uns vorgenommen haben.“ (Lorenzen 2000, S. 13) Lorenzen erweitert diese Kritik explizit auf den Szientismus, womit er sich insbesondere auf Popper und Albert bezieht. Der Szientismus sehe keine Möglichkeit, seinen Begründungsanspruch auch im Bereich der Normen durchzuhalten. (Lorenzen 2000, S. 13) Jedoch ist es nach Lorenzen „eine Mißdeutung von Wissenschaft, wenn alle normativen Überlegungen, die zu den ersten wissenschaftlichen Festlegungen führen, ausgeschlossen werden sollen, und irrige Meinung, wenn es für unmöglich erklärt wird, methodisch über die Aufstellung von Normen zu reden.“ (Lorenzen 2000, S. 14) „Die Wissenschaften, einschließlich der Wissenschaftstheorie, unterliegen also der Forderung sowohl nach methodischer Begründung als auch nach normativer Rechtfertigung.“ (Rasmussen 2000, S. 515) Erfüllen sie diese Forderung nicht, sind sie „unvernünftig“.
Konstruktivismus und Wirtschaftsinformatik – Begriffsver(w)irrungen
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Es ist bemerkenswert, dass Popper, der sich dabei auf Max Weber resp. das Hume-Gesetz beruft, gerade durch diese Wertfreiheit der Wissenschaft die Ideologisierung der Wissenschaften verhindern möchte und damit, in diesem Punkt, eine völlig andere Konsequenz zieht als Lorenzen, obwohl dieser, Lorenzen, das gleiche Ziel verfolgt, eine kritische (sich selbst auf ihre (bisher) unhinterfragten Vor-Aus-Setzungen (Prä-Sup-Positionen) hinterfragende), entdogmatisierte Wissenschaft. Um dieses Versprechen einlösen zu können, verspricht der Methodische Konstruktivismus die vollständige Kritisier- und Nachvollziehbarkeit der Argumentation einer jeden Wissenschaft durch den systematischen Aufbau einer „vernünftigen“ Sprache. Lorenzen fordert, dass wir „an keiner Stelle eines Gedankengangs, der uns als Argument für Behauptungen einerseits, für Aufforderungen oder Normen andererseits dienen soll, ein Wort gebrauchen, von dessen gemeinsamer Verwendung wir uns nicht überzeugt haben, und daß wir jede von uns aufgestellte Behauptung, Aufforderung oder Norm schrittweise begründen, so daß überall dort, wo eine – nach unserem eigenen Verständnis – neue geistige Leistung (eine Verständnisoder Erkenntnisleistung) zur Fortführung des jeweiligen Gedankenganges benötigt wird, diese Leistung in einem eigenen Schritt ausdrücklich gefordert wird.“ (Lorenzen 2000, S. 11) Der Erlanger Konstruktivismus sucht also „einen systematischen Neuansatz unter Aufnahme zumal logischer und physiktheoretischer Ansätze bei Frege und Dingler. Methodische Basis ist dabei, daß wir unser Handeln und Reden, insbesondere die wissenschaftliche Praxis, ausgehend von elementar möglichen unstrittigen Verständnissen unserer Lebenswelt [...] in schrittweise gewonnen Einsichten vernünftig rekonstruieren (begreifen) können und sollen.“ (Kambartel 2004, S. 585) Es geht mithin „um Fundierungsbemühungen, die von der Tatsache ausgehen, daß alle philosophischen Bemühungen zwar ‚inmitten von (Leben, Welt, Sprache usw.)’ vollzogen werden müssen, daß sich jedoch ausgehend von lebensweltlichen Anfängen nach den Regeln des methodischen Denkens, d. h. unter Verwendung eines methodischen und eines dialogischen Prinzips Wissenschaftssprachen auf pragmatischer Basis kontrolliert aufbauen lassen.“ (Gehtmann 2004, S. 746, Hervorhebung im Original) Dabei sollen beim Entwurf der formalen (Wissenschafts-)Sprache, im Gegensatz zu Carnap, nicht nur Syntax und Semantik zur Verfügung gestellt werden, sondern aus der Pragmatik Semantik und Syntax entwickelt werden. Mithilfe einer solchen Sprache sollen „Begründungen angegeben werden können, die bis zu nicht mehr kontroversen unmittelbarer Vergewisserung zugänglichen und daher konsensfähigen Elementarsituationen des lebensweltlichen Erfahrens zurückgehen, auf nicht mehr zirkelfrei hin-
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tergehbare Einsichten also, auf denen Wissenschaften und andere Kulturleistungen letztlich aufbauen.“ (Thiel 2004, S. 451) Konkret bedeutet dies, dass sich die Dialogteilnehmer auf einen gemeinsamen Sprachgebrauch einigen, sodass sie Worte und Begriffe in gleicher Weise benutzen. Sie beginnen dabei mit für sie, in ihrer Verwendung, als unproblematisch erachteten Begriffen. Zwar beziehen sich die Erlanger auf den späten Wittgenstein, doch ausschlaggebend ist nicht der Bezug auf den bisherigen Gebrauch der Sprache, sondern der Konsens der Dialogteilnehmer. Entscheidend für die Bedeutung des verwendeten Ausdrucks ist die intersubjektive Nachvollziehbarkeit. Von den bereits eingeführten Begriffen ausgehend wird die gesamte Wissenschaftssprache systematisch, schrittweise und zirkelfrei aufgebaut. Eine derart konstruktiv aufgebaute, rekonstruierte Sprache heißt Orthosprache. Die Wahrheitsfundierung (Geltung) des Methodischen Konstruktivismus liegt nicht in einer – aus ihrer Sicht – reduktionistischen, physikalischen (Wissenschafts-)Sprache (wie bei Carnap) (denn auch Physik ist ein zweckgerichtetes Kulturprodukt, das es erst noch, durch Rekonstruktion einer Wissenschaftssprache, zu begründen gilt), sondern in einer Konsensustheorie der Wahrheit der Sprache, die in der lebensweltlichen Praxis verankert ist. Anhand Gehtmanns Verweis auf die Kritiker des Erlanger Programms und seinem abschließenden Resümee scheint diesem Ansatz auch von dessen Vertretern keine ernsthafte Perspektive (mehr) eingeräumt zu werden. Gehtmann schreibt: „Gleichwohl [der umfangreichen Kritik an diesem Programm] wurde die konstruktive Wissenschaftstheorie in Fachwissenschaften durchaus zur Kenntnis genommen ...“ (Gehtmann 2004, S. 752, Hervorhebungen von mir) Rasmussen sieht als Hauptkritiker, neben Albert und Popper, analytische Wissenschaftstheoretiker wie Stegmüller und Hermeneutiker wie Gademer, der den sprachphilosophischen Beiträgen der Erlanger Schule jegliche Bedeutung abspricht. (Rasmussen 2000, S. 520) Alberts Kritik richtet sich neben der Zurückweisung der Möglichkeit von Werturteilen innerhalb von Wissenschaft auf den Anspruch des Erlanger Programms einer Fundierung von Wissenschaft bzw. einer Letztbegründung, die sich zwangsläufig im Münchhausen-Trilemma verfangen muss. Jeder Versuch einer Letztbegründung muss in einem unendlichen Regress, einer rekursiven Begründung oder einer dogmatischen Setzung „enden“, also (selbst) unbegründet bleiben. Der Anspruch des Erlanger Programms, eine Fundierung sämtlicher Wissenschaft(en) zu ermöglichen, wirkt vor diesem Hintergrund unangemessen. Tatsächlich behauptet Thiel sogar, dass Lorenzens Verfahren „metaphysikfrei zu begründen erlaubt“. (Thiel 2004, S. 452)
Konstruktivismus und Wirtschaftsinformatik – Begriffsver(w)irrungen
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Thiel sieht das philosophische Hauptproblem „des konstruktivistischen Begründungsproblems im Aufweis methodologischer Anfänge nicht nur für wissenschaftliche Disziplinen, sondern begründenden und allgemeiner vernünftigen Redens überhaupt.“ (Thiel 2004, S. 451) Hier setzt Flachs Kritik an, der die „Ineinssetzung von Gedanke und sprachlichem Ausdruck in der Rede“ (Flach 1994, S. 71) kritisiert bzw. „daß vernünftiges Reden gleich vernünftigem Denken“ sei. Das Verständnis des Begriffs des Denkens, als logisch strukturierte Argumentation, hält er für eine „erschlichene“ Substitution. (Flach 1994, S. 69) „Die Problematik der Methodik der Gnoseologie, die Reflexionsproblematik, ist auch in dieser vornehmlich an der Analyse der Methodik der Erkenntnislehre interessierten Lehre zu einer Problematik der Sprache, der der Idee der unvoreingenommenen Verständigung verpflichtete (re)konstruktiven Ordnung (Normierung) der Sprache verschoben.“ (Flach 1994, S. 71) Deutlicher noch: „Denn selbst wenn die Rechtfertigung in der Anwendung gewonnen wird, kann sie in der Anwendung nur dadurch gewonnen werden, daß die aus der Anwendung abstrahierten Anwendungsbedingungen Geltungsbedingungen und nicht Bedingungen einer sprachlich verfaßten Praxis sind, wie die Konstruktivisten meinen. Die Konstruktivisten erreichen ihr Ziel also nur dadurch [...], daß sie ignorieren: die in der Konstruktion angestrebte, auf normative Handlungen zurückgreifende Sprachregulation geht auf an der Geltungskonstitution der jeweiligen Behauptung orientierte methodische Anforderung zurück.“ (Flach 1994, S. 117) Der Begriff der Begründung wird auf den der Verständigung reduziert. „Das Geltungsanalytische Begründungsproblem wird so in ein Sprachproblem transferiert [... und] stellt so ein mit Relativierungen und Konventionalisierungen arbeitendes Ausweichen vor dem Problem dar, an dem sie sich versucht bzw. zu versuchen vorgibt.“ (Flach 1994, S. 118) Wenn Flach mit seiner Kritik auch den kritischen Punkt des Erlanger Programms treffen mag, so scheint sie doch überzogen. Der Methodische Konstruktivismus unternimmt immerhin den Versuch einer Begründung, die auf Sprache als Mittel, auf Sprachmittel, durchaus nicht verzichten kann. Beachtenswert an diesem Ansatz sind sicherlich auch dessen Fundierung und Ausrichtung an lebensweltlicher Praxis, das Bestehen auf lückenloser, undogmatischer Begründung und Kritik, das Entwickeln einer für die Sprachgemeinschaft (unmiss-)verständlichen und exakten Sprache als Fundament der Wissenschaften und immerhin der Versuch Wertfragen als Teilbereich einer normativen Wissenschaft (wie der Wirtschaftsinformatik) zu verstehen und nicht wie u. a. Popper als Scheinproblem zu behandeln. Außerdem sollte die zutreffende Kritik Alberts, Letztbegründungen seien unmöglich, und also sei das Erlanger Programm (selbst auch)
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Metaphysik, nicht die Sicht versperren, wenn es darum geht, inwieweit ein solches Programm fruchtbar zu sein in der Lage ist. Aus Sicht der Wirtschaftsinformatik dürfte nicht zuletzt der mit dem Aufbau einer Orthosprache verbundene Aufwand – zur Fundierung der Wirtschaftinformatik als Wissenschaft – im Verhältnis zu dem damit erreichbaren Erkenntnisgewinn i. d. R. als unangemessen erachtet werden, insbesondere sofern unklar bleibt, inwieweit das Erlanger Programm tatsächlich für die Problembewältigung der Wirtschaftsinformatik dienlich sein kann. Zum Verständnis von Sprache und Kommunikation scheint (mir) dieses Programm eher abträglich zu sein. Im Bereich von Formalsprachen resp. Systementwicklung ist der Methodische Konstruktivismus fruchtbar eingesetzt worden. Inwieweit dies eher eine Wissenschaftsmethode ist, statt fundierende Erkenntnistheorie, wäre zu diskutieren. Ein herausragender Vertreter in der Wirtschaftsinformatik ist u. a. Ortner (siehe z. B. Ortner 1999, 2004 sowie die angegebene Literatur in Wyssusek 2004, S. 63).
3
Radikaler Konstruktivismus
Der Radikale Konstruktivismus entstammt keiner Schule. Er ist, im Gegenteil, in seiner historischen Entwicklung, disziplinären Verbreitung und jeweiligen Ausprägung derart heterogen, dass gewöhnlich von Konstruktivismen gesprochen wird. Dabei ist die Form des Plurals auch deshalb häufig anzutreffen, weil der Radikale Konstruktivismus in seiner radikalen Form von der Idee ausgeht, dass letztlich jeder Einzelne eine eigene Form des Konstruktivismus, also eine eigene, individuelle Erkenntnistheorie entwickelt. Insofern ist es nicht verwunderlich, dass es kaum gelingen kann eine einheitliche Beschreibung zu finden resp. zu entwickeln. Wichtige Begründer sind Ernst von Glasersfeld, Heinz von Foerster und, vor allem wegen seiner publikumswirksamen Bücher über den Radikalen Konstruktivismus, Paul Watzlawick. So sind es von Glasersfeld und von Foerster, die die Einleitungskapitel zum viel beachteten, ursprünglich 1981 erschienen und von Watzlawick herausgegebenen Sammelband: „Die erfundene Wirklichkeit – Wie wissen wir, was wir zu wissen glauben?“ (Watzlawick 2002) beisteuern. Auch Francisco Varela ist in diesem Band vertreten, der, zusammen mit Humberto Maturana (Maturana u. Varela 1987), ebenfalls als bedeutender Begründer gilt. Die Entwicklung dieses Zweiges des Radikalen Konstruktivismus steht in engem Zusammenhang mit den Macy-Konferenzen, zu deren inneren Kreis neben Heinz von Foerster, Personen wie Kurt Lewin (Psychologie),
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Warren McCulloch (Psychiatrie), John von Neumann (Mathematik), Norbert Wiener (Mathematik), Margaret Mead (Anthropologie) und Gregory Bateson (Biologie, Anthropologie), der ebenfalls als wichtiger Vorläufer des Konstruktivismus verstanden werden kann, gehörten. Darüber hinaus besteht eine Verbindung zu Systemtheorie und Kybernetik sowie zu den beiden jeweils 1956 gegründeten Disziplinen Kognitionswissenschaft und Künstliche Intelligenz. Unter anderem an diesen Verbindungen wird deutlich, wie eng die Entwicklung des Radikalen Konstruktivismus mit philosophischen Fragen, etwa des Geistes, der Sprache und der Erkenntnis, wie mit fachdisziplinären resp. interdisziplinären Entwicklungen, etwa der Kognitionswissenschaft, Neurobiologie, Systemischen Therapie, Linguistik, Biologie, Anthropologie und Soziologie verbunden ist.3 Ich verwende im Folgenden durchgehend die Bezeichnung Radikaler Konstruktivismus, um eine klare Abgrenzung zum Erlanger Konstruktivismus zu erlauben. Der tatsächlich radikale Konstruktivismus dürfte eher als pointiert formulierte Position von Interesse sein; vertreten werden eher gemäßigte Varianten. Auf eine differenzierte Betrachtung von radikalen, gemäßigten, sozialen etc. Konstruktivismen (siehe Fußnote 3) muss ich verzichten. Auch die Hoffnung, anhand des Folgenden, ein grundlegendes Verständnis für das Paradigma des Radikalen Konstruktivismus vermitteln zu können, wäre naiv. Deshalb wähle ich einzelne, aus meiner Sicht zentrale Punkte aus und versuche die Wirkung dieser (veränderten) Denkweise an Beispielen zu verdeutlichen. Maturana und Varela begründen ihr Konzept der Autopoiese, ihre Form der Selbstorganisation, mit der Abgeschlossenheit einer Zelle. Es bestehe, so sagen sie, keine Möglichkeit der Einflussnahme der Außenwelt auf das Innere der Zelle, wie auch umgekehrt kein Austausch möglich sei. Von Außen gebe es lediglich die Möglichkeit von (Ver-)Störungen der Zelle, sog. Perturbationen. Wie sich diese Perturbationen der Außenwelt auf die Zelle auswirken, hänge alleine von der (Selbst-)Organisation der Zelle ab.4 3
4
Einen Überblick der heterogenen fachdisziplinären Entwicklung des bzw. der konstruktivistischen Paradigmen gibt Rüegg-Stürm 2003, S. 27 bzw. Sander et al. 2004, S. 190. Unterschiedliche konstruktivistische Paradigmen (z. B. sozialer, relativer, wissenssoziologischer Konstruktivismus) erläutern Choe 2005, S. 13-55, Rüegg-Stürm 2003, S. 26-33 und Sander et al. 2004, S. 189-195. Es liegt nahe, hierin einen Gegenentwurf zum damals herrschenden behavioristischen Paradigma zu sehen, dass mit seiner Vorstellung eines Determinismus durch die Außenwelt (der Mensch ist eine Reiz-Reaktions-Maschine) als ungefähres Gegenkonzept interpretiert werden kann. Beim Behaviorismus gilt es als unwissenschaftlich mehr als das konkret Beobachtbare, Reiz und Reaktion, zu betrachten. Hypothesen, etwa über die Psyche, sind demnach metaphysische Spekulation, Geisterseherei.
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Es ist umstritten inwieweit Maturana und Varela diese Beschreibung einer Zelle analog auf andere Bereiche zu übertragen bereit sind. So hat sich Maturana dagegen ausgesprochen als Anhänger des Radikalen Konstruktivismus verstanden zu werden. Außerdem gab es eine lebhafte Kontroverse zwischen ihm und Niklas Luhmann, der das Konzept der Autopoiese in die Soziologie übertragen hat, jedoch in den Augen Maturanas unter Autopoiese etwas völlig anderes versteht. (Kritz 1999, S. 82-88) Trotzdem ist es genau diese Analogie, die das gemeinsame der Radikalen Konstruktivismen ausmacht und die auch Maturana und Varela selbst verwenden, wenn sie aus ihren Untersuchungen sogar eine Ethik ableiten. (Maturana u. Varela 1987, S. 263ff.) Aus Sicht der Neurobiologie bedeutet dies, dass eine Wahrnehmung von Außenwelt, sehen, hören, schmecken etc. nicht auf direktem Weg möglich ist. Es sind lediglich Perturbationen der Außenwelt möglich. „Das Gehirn ist kognitiv geschlossen. [...] Für die Hirnforschung ist unsere Lebenswelt damit ein Konstrukt unseres Gehirns.“ (Fischer 1995, S. 9). Das bedeutet, dass die uns zugängliche Wirklichkeit alleine in unserem Geist oder, materialistisch argumentiert, in unserem Gehirn existiert. Es ist unmöglich für uns zu wissen, wie die Außenwelt beschaffen ist, wie die Dinge, die über unsere Sinnesorgane Perturbationen verursachen, an sich sind. Es gibt für uns ausschließlich unsere eigene, alleinige, selbst erzeugte Wirklichkeit. Wir wissen auch nicht, wie die Dinge auf unsere Sinne wirken und auch nicht, ob es überhaupt eine Außenwelt, etwas außerhalb unserer selbst produzierten Wirklichkeit, unseres Geistes, gibt.5 Dies ist eine vermutlich recht verstörende Überlegung. Der Erfolg von Spielfilmen wie Matrix, eXistenZ oder Reconstruction ist mutmaßlich darin begründet, dass sie mit der Idee einer alles in Frage stellenden Wirklichkeit spielen. Ist alles Denken, alle Existenz Illusion oder Traum? Das mag auch Ursache dafür sein, dass der Radikale Konstruktivismus zu einer Modeerscheinung avancierte und in seinen unterschiedlichen Formen fester Bestandteil des Feuilletons wurde. Der Radikale Konstruktivismus ist insofern radikal, als er alle Erkenntnis, alle Wirklichkeit tatsächlich radikal in Frage stellt. Er ist kontraintuitiv, widerspricht dem sog. Gesunden Menschenverstand (Common Sense) und lässt Begründungen (des Common Sense), wie Evidenz, nicht gelten. Diese (neuro-)biologische, fachdisziplinäre Begründung des Radikalen Konstruktivismus ist allerdings nur einer der vielen radikal-konstruktivistischen Entwürfe. Sie hat zudem das Problem, dass hier mithilfe einer Wissenschaft eine Wissenschaftstheorie begründet wird, die selbst (diese?) 5
Das dem Tisch (siehe Fußnote 1) in der Außenwelt zugrunde liegende, ist mithin nicht der Tisch selbst, denn dieser ist bereits Konstrukt.
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Wissenschaftstheorie vor-aus-setzt, diese also eigentlich erst ermöglichen soll.6 Doch auch, wenn der Radikale Konstruktivismus in den 1970ern und 1980ern Mode(philosophie) war, so ist es dort wie mit anderen Moden auch, sie pflegen (evtl. leicht verändert) „wieder zu kommen“. Von Glasersfeld ist sich dessen völlig bewusst und betont deshalb durchgängig (von Glasersfeld 1997) die Herkunft „seiner“ Ideen. Der Radikale Konstruktivismus lässt sich besser verstehen, begreift man ihn vor allem als skeptisches Programm in der Tradition Pyrrhons, Vicos, Berkeleys, Humes und vor allen anderen in der (Nach-)Folge der kantschen Transzendentalphilosophie, mit der Kant versucht Rationalismus und Empirismus zu verbinden, Metaphysik selbst wissenschaftlich zu fundieren und damit sowohl Skeptizismus als auch metaphysische Spekulation zu überwinden. Letzteres ist gescheitert. Was der Radikale Konstruktivismus von Kant übernimmt, ist die Unerkennbarkeit des Dings an sich, der Außenwelt und die Vorstellung, dass die Formen (der Dinge für uns, in der Wahrnehmung) aus dem (eigenen) Verstand kommen und nicht aus der Natur, aus den Objekten, Dingen (an sich) selbst. Die Dinge für uns stammen (als Form!) aus dem (unserem) Verstand. Diese Problematik ist Gegenstand zahlloser Interpretationen und Diskurse. Vieles dabei ist missverständlich, widersprüchlich und nur schwer zu verstehen. Es scheint unmöglich dieses Problem widerspruchsfrei (auf-)zu(-)lösen. Ebenso wenig ist es möglich, diese Problematik zu ignorieren. Der Radikale Konstruktivismus postuliert eine Art agnostische Einstellung zur Frage nach einer ontologischen Realität, hält die Existenz einer unabhängigen Realität also für möglich aber nicht zwingend. Da diese allerdings nicht erkennbar sei, spiele sie im Erkenntnisprozess keine Rolle.7 Damit besteht die Quelle der Erkenntnis des Radikalen Konstruktivismus aus den Sinneswahrnehmungen (woher auch immer diese ihre „Reizungen“ (Informationen) beziehen mögen) und den Formen des Verstandes, woraus die Konstruktionen erzeugt werden. Damit besteht eine gewisse Nähe zum (nicht-realistischen, idealistischen) Empirismus (z. B. Berkeley) oder logischen Positivismus (z. B. Carnap). Der grundlegende Unterschied besteht darin, dass naiv-realistische, wie unkritisch-idealistische Empiristen ihre Wahrnehmungen als (auf welchem Wege auch immer) sichere Quelle der Erkenntnis ansehen. Sie glauben, entweder die 6 7
Siehe auch die Kritik von Janich auf S. 156. Ob es also tatsächlich einen materiellen Tisch „gibt“, ob dieser rein geistig ist und ob er, der Tisch, möglicherweise nicht weiter existiert, sofern er nicht (mehr) wahrgenommen wird, ist dann einfach keine interessante Frage mehr. Sie wird zum Scheinproblem – erklärt. Nicht beantwortet.
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Dinge an sich erkennen zu können, oder das Gegebene (im Sinne Brentanos) rechtfertige eine solche Erkenntnisgrundlegung; ggf. kennen Sie eine Methode, um „zu den Sachen selbst“ vorzudringen. Dies wird im Radikalen Konstruktivismus abgelehnt. Eine sichere Quelle der Erkenntnis gibt es dieser Überzeugung nach nicht. Genauer: Ob es eine solche sichere Quelle gibt, bleibt uns verborgen. Erkenntnis entsteht durch Konstruktionen, durch Fiktionen (Als-Ob (Ortmann 2004)), durch – stets neue, multiperspektivische – Sichtweisen oder (mit Popper und gegen Popper) Behauptungen bzw. Hypothesen, die, nicht erst (wie Popper dies vorschlägt) verändert werden, wenn sie an einem Problem scheitern, sondern parallel, und durchaus im Widerspruch zu anderen Hypothesen, bestehen können, sofern sie eine fruchtbare Perspektive (Lösung eines Problems (weitgefasst) in der lebensweltlichen Praxis) eröffnen. Damit verspricht der Radikale Konstruktivismus weitaus bescheidener, kritischer und fruchtbarer als der Kritische Rationalismus zu sein. Wie das Vorige zeigt, steht er in engem Zusammenhang mit Postmoderne, Relativismus und Skeptizismus. Gerade deshalb stellt sich die Frage, ob damit nicht lediglich anstelle des (versprochenen) besseren wissenschaftstheoretischen Paradigmas Beliebigkeit(s-Dogmatismus) bzw. die Aufgabe von Wissenschaft überhaupt gesetzt wird, das feyerabendsche „anything goes“. Was ist das Wahrheitskriterium des Radikalen Konstruktivismus (Geltung)? Von Foerster stellt den Wahrheitsbegriff grundsätzlich in Frage, wenn er pointiert formuliert: „Wahrheit ist die Erfindung eines Lügners!“ (von Foerster u. Pörksen 2006) Sofern von Foerster dies nicht (wie Feyerabend) als ironische Provokation meint, als eine Art dekonstruktivistische Methode8, bliebe verborgen, wie überhaupt Erkenntnis gewonnen werden könnte. Wie könnte es Erkenntnis geben, fehlt jedweder Maßstab, sodass (letztlich) alles gleich, egal, eben beliebig wäre? Von Glasersfeld führt hierzu das Konzept der Viabilität ein, eine Art Funktionieren. (von Glasersfeld 1997, S. 96) Habe ich etwa ein bestimmtes Gefühl, z. B. Durst, und ich trinke etwas, so kann dieses Gefühl sich derart wandeln, dass ich es als besseren Zustand empfinde – mein Durst ist gelöscht. Das Trinken von Flüssigkeit wird dann als viabel interpretiert, während es etwa das Lesen eines Buches nicht gewesen wäre. Auf diese Weise lernen wir, so die zugrunde liegende Idee. Dies passt auch mit dem Konzept Maturanas und Varelas zusammen. Perturbationen führen zu Konstruktionen (Fiktionen, Hypothesen), die durch Versuch und Irrtum als viabel oder nicht-viabel bewertet werden, was zu einer Anpassung der Konstruktionen führt. Diese Art von Verstehensprozess ist auch mit dem 8
Derrida, als Begründer der Dekonstruktion (nicht der Ironie als Form der Dekonstruktion), hat es abgelehnt von einer Methode zu sprechen.
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Hermeneutischen Zirkel vereinbar. Das Konzept der Viabilität steht damit in einer Nähe zum pragmatischen Wahrheitsverständnis von William James. Der Vorteil aus Sicht des Radikalen Konstruktivismus liegt darin, dass für dieses Wahrheitskriterium keine Korrespondenztheorie vorausgesetzt werden muss, also auf die Annahme einer unabhängigen Realität der Dinge an sich verzichtet werden kann. Mit der vollständigen Ablehnung einer Korrespondenztheorie und einem rein instrumentalistischen Wahrheitsbegriff in Form des Viabilitätskonzepts verzichtet der Radikale Konstruktivismus jedoch auf einen möglichen und durchaus fruchtbaren Erkenntniszugang und handelt sich überdies die Probleme des Pragmatismus ein. Die Hoffnung von Wissenschaft ist es gerade, den Weg (wenigstens ein Stück (oder einen Blick) weit) aus der Höhle Platons zu ermöglichen. Das Operieren mit (Ab-)Bildern scheint mir ein durchaus geeignetes Mittel zu sein, fruchtbare Erkenntnisse gewinnen zu können, solange diese Bilder nicht als tatsächlich korrespondent zu einer Außenwelt (miss-)verstanden werden. Doch auch die vollständige Dichotomie zwischen finden und erfinden ist nicht plausibel. Zwar wird Erkenntnis erfunden, beansprucht aber Geltung. Damit wird eine Referenz auf die Dinge an sich unvermeidbar. Das bedeutet, dass zwar keine Erkennbarkeit der Dinge an sich möglich ist, die eigenen Konstruktionen aber trotzdem etwas über die Dinge an sich aussagen. Auch der Radikale Konstruktivismus kann auf die Konstruktion einer unabhängigen Realität (zumindest als Fiktion) nicht verzichten, ohne sich in völlig absurde Widersprüche zu verwickeln. Er bleibt (so oder so) im fichteschen Zirkel9 verfangen. Vermutlich glaubt niemand, es gäbe keine von seinem Geist unabhängige materielle Realität, auch Berkeley und Fichte nicht. Eine solche Interpretation des Idealismus ist zu undifferenziert.
4
Methodischer versus Radikaler Konstruktivismus
Es dürfte bereits deutlich geworden sein, dass sich sowohl Gemeinsamkeiten als auch Unterschiede zwischen Methodischem und Radikalem Konstruktivismus aufzeigen lassen. Entscheidend ist jedoch, dass es sich bei beiden Paradigmen um in einer Weise grundlegend verschiedene Paradig9
"Dies, daß der endliche Geist notwendig etwas Absolutes außer sich setzen muß (ein Ding an sich) und dennoch von der anderen Seite anerkennen muß, daß dasselbe nur für ihn da sei (ein notwendiges Noumen sei), ist derjenige Zirkel, den er in das unendliche erweitern, aus welchem er aber nie herausgehen kann." (Fichte, J. G., Grundlage der gesamten Wissenschaftslehre (1794), Hamburg 1961, 198 = I, 281, zitiert nach Ritsert 2003, S. 286)
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men handelt, weshalb eine Vermischung dieser Begriffe, insbesondere eine ähnliche resp. identische Benennung, wenig sinnvoll erscheint. Zitterbarth etwa sieht durchaus Gemeinsamkeiten, die er zwar auf das Verhältnis von Methodischem Konstruktivismus und Konstruktivem Realismus (Wallner) bezieht, so jedenfalls der Titel seines Beitrags, dabei allerdings, im Text, durchgängig auf den Radikalen Konstruktivismus Bezug nimmt, den er als dessen Vorläufer versteht. (Zitterbarth 1991) Zitterbarth lehnt die These Ruschs, auf den er verweist, ab, es gebe keinen systematischen Zusammenhang zwischen den Konstruktivismen. Es handele sich, wie er behauptet, nicht um eine bloß zufällige Namensübereinstimmung. Zitterbarth verweist dazu auf Silvio Ceccato, einen Lehrer von Glasersfelds, der sich, wie der Methodische Konstruktivismus, auf Dingler beruft. Das allerdings ist für sich genommen kein sehr tragfähiges Argument. Welche heutige Erkenntnistheorie beruft sich nicht (maßgeblich) auf Kant? Doch was lässt sich aus diesem Umstand ableiten? Den zentralen gemeinsamen Standpunkt sieht er in der Ablehnung einer ontologischen Deutung des erfahrungswissenschaftlichen Wissens. Gleichzeitig weist Zitterbarth darauf hin, dass es Dinglers lebenslanges Streben gewesen sei, ein unerschütterliches Fundament für die exakten Wissenschaften zu errichten. Genau dies scheint auch die zentrale Idee der Erlanger zu sein. Beim Radikalen Konstruktivismus wird ein solches Vorhaben als utopisches begriffen und explizit abgelehnt. Letztbegründungen werden prinzipiell für unmöglich erachtet, Exaktheit bzw. Formalisierung für nur begrenzt Erkenntnis stiftend gehalten, sofern damit ein als unangemessen betrachteter Reduktionismus verbunden ist. Eine radikal-konstruktivistische Erkenntnismethode, besteht vielmehr in einem pluralistischen Ansatz. Dies sieht durchaus auch Zitterbarth: „Ich sehe beim Erlanger Konstruktivismus die Gefahr, daß der Pluralismus allzu strengen Begründungsanforderungen zum Opfer fällt. [...] Vor allem im Hinblick auf die Geistesund Kulturwissenschaften scheint mir zur Erhaltung und Stärkung ihrer reflexiven Kraft ein Pluralismus an Ansätzen nicht nur unvermeidlich, sondern sogar wünschenswert. Doch dieser ist nur schwer zu vereinbaren mit der Forderung nach einer umfassenden Orthosprache für alle Disziplinen.“ (Zitterbarth 1991, S. 85) Ähnliches meint vermutlich auch Poser mit seiner Anmerkung zum Erlanger Programm: „aufgrund seiner Auffassung, sinnvoll sei nur, was sich gemäß des vorausgesetzten Konstruktionsbegriffes terminologisch einführen lasse, ergab sich allerdings vielfach ein Dogmatismus, der die Fruchtbarkeit der Idee zu verschütten drohte.“ (Poser 2004, S. 89) Damit allerdings wird deutlich, dass sich die Konstruktivismen in ihrer paradigmatische Ausrichtung grundsätzlich unterscheiden lassen. So lässt sich auch Zitterbarths Bemühen besser als der Versuch verstehen, einen aus beiden
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Ansätzen kombinierten Konstruktivismus vorschlagen zu wollen, nicht jedoch als überzeugende Darstellung eines gemeinsamen Paradigmas, der eine einheitliche Behandlung bzw. Benennung rechtfertigen könnte. Während Zitterbarth eine fundierte Kenntnis der Konstruktivismen beweist und sehr wohl zu unterscheiden versteht, scheint dies in der Wirtschaftsinformatik nicht durchgängig der Fall zu sein. Wenn etwa FuchsKittowski et al. von: „Alternative: naiver Realismus oder solipsistischer Konstruktivismus“ (Fuchs-Kittowski et al. 1999, S. 124) sprechen, so stellen sie damit Alternativen gegenüber, die in dieser Form nicht sinnvoll gegenübergestellt werden können, insbesondere, weil sich beide faktisch (in ihrer Auswirkung) gerade nicht(!) unterscheiden; dem hoch differenzierten erkenntnistheoretischen Diskurs werden sie damit nicht gerecht. Deutlicher noch wird dies, wenn Greiffenberg von einem „Radikalen Konstruktivismus nach LORENZEN“ (Greiffenberg 03, Hervorhebungen im Original) schreibt, womit er seine Unkenntnis in Bezug auf beide Ansätze verdeutlicht. (Siehe auch die Kritik von Wyssusek 04, Endnote 6, S. 99ff.) Ausgesprochen bemerkenswert scheint mir der Umstand, dass diese Publikation den Reviewprozess der bedeutendsten Wirtschaftsinformatikkonferenz, der WI 2003, durchlaufen hat und, wie Wyssusek betont, dies überhaupt der erste Beitrag in einem Tagungsband dieser seit 1993 im zweijährigen Rhythmus stattfindenden Konferenz ist, der eine wissenschaftstheoretische Fragestellung behandelt. (Wyssusek 2004, S. 53 und die dort angefügte Endnote 6, S. 99ff.) Folgenreicher für den diesbzgl. Diskurs in der Wirtschaftsinformatik dürfte jedoch die von Schütte behauptete Gleichsetzung beider Konstruktivismen sein. Schütte gehört zu den herausragenden Vertretern im wissenschaftstheoretischen Diskurs der Wirtschaftsinformatik, sowohl in Bezug auf sein Engagement als auch der Qualität seiner Beiträge. Er schreibt im Konferenzband zur Tagung über Wirtschaftsinformatik und Wissenschaftstheorie, die im Oktober 1997 stattfand (Schütte 1999, S. 225) einen Beitrag über mögliche Verbindungen von Konstruktivismus und Wirtschaftsinformatik. Er spricht dort durchgängig von „dem“ Konstruktivismus, setzt die Konstruktivismen explizit gleich, referenziert dabei jedoch fast ausschließlich auf Konzepte des Erlanger Programms. Zwei Beispiele sollen dies verdeutlichen. Wenn Schütte etwa meint: „Ein wesentliches Ziel ist dabei [dem Konstruktivismus] der Aufbau einer Sprachbasis, d. h. einer Sprache, in der jedes Wort oder Zeichen zirkelfrei aufgebaut ist und in seinem Verwendungsnachweis – zweckrational – angegeben ist“ (Schütte 1999, S. 232), so ist dies eine Beschreibung des Methodischen Konstruktivismus und steht in keinem Zusammenhang mit dem Radikalen Konstruktivismus. Gerade die Konstruktion einer eindeutigen, zirkelfreien Sprache geht aus ra-
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dikal-konstruktivistischer Sicht am Wesen von Sprache vorbei. Dieses (Miss-)Verständnis von Sprache und Kommunikation, das sich u. a. durch die Orientierung am Nachrichtenmodell ergibt (Übertragung von Bits), scheint in der Wirtschaftsinformatik viele Anhänger zu finden. Mit einer solchen Sprachauffassung, die Sprache als prinzipiell eindeutig und exakt versteht, wird vermutlich die Hoffnung verbunden, wesentliche Probleme durch Formalisierung und Implementierung lösen und sich dem Ideal einer exakten Wissenschaft nähern zu können. Inwieweit Welt, Wissenschaft resp. Erkenntnis durch formale Sprachen bzw. Mathematik erfassbar sein können, ist allerdings höchst umstritten. Man mag Derridas Vorstellungen von Differe/änz, Wiederholung und Spur nicht gänzlich folgen wollen, und auch – wie Eco (Eco 2004, S. 40ff.) – an einer, wenn auch zeitlich, kulturell etc. bedingten, so doch wortwörtlichen und eben nicht beliebigen Bedeutung festhalten, die Konstruktion einer eindeutigen, formalen Sprache, die gleichzeitig zur Beschreibung von Lebenswelt und zum Führen von Kommunikation befähigt, wird aus radikal-konstruktivistischer Sicht abgelehnt. Eine solche Sprache müsste einen direkten Zugang zum individuellen Geist bzw. dessen Vorstellungen (Begriffen) ermöglichen, um die dortigen Vorstellungen zu erfassen, zu erzeugen bzw. übertragen zu können. Übertragen werden jedoch, wie auch bei der Nachrichtentechnik, ausschließlich Zeichen, Codes. Diese Zeichen (z. B. Laute, Buchstaben, Gestik) übertragen aber nie die Vorstellungen des Senders, verweisen nie auf dessen eigene Vorstellungen, sondern versuchen Vorstellungen des Anderen aufzurufen, von denen der Sender (durch Erfahrung) davon ausgeht, dass sie das von ihm gewünschte vermitteln können. Das immerhin scheint gelingen zu können. Die Idee einer Formalsprache hingegen bzw. der Erlanger besteht in einer exakten Spezifikation (Definition) von Begriffen. Die Vorstellungen (Begriffe) der an der Wortgemeinschaft beteiligten sollen identisch und exakt sein. Beides ist aus radikal-konstruktivistischer Sicht unmöglich. Begriffe können immer nur Re-Präsentationen sein, d. h. Vorstellungen, die innerhalb des geschlossenen kognitiven Apparats gebildet und wieder aufgerufen (re-präsentiert) werden. Dabei lassen sich Begriffe, nach Derrida, nicht als isolierte Einheiten verstehen, sondern nur in der Unterscheidung zu allen anderen Begriffen. Begriffe werden, wie Information überhaupt, nicht als etwas Absolutes verstanden, sondern als Differenz, als Unterscheidung. Schütte schreibt außerdem: „Eine relativistische Position wird abgelehnt.“ (Schütte 1999, S. 232) Der Radikale Konstruktivismus lässt sich jedoch gerade als eine relativistische Variante interpretieren, was nicht im Sinne eines absoluten Relativismus zu verstehen ist. Vielmehr werden, je nach Spielart, Erkenntnisse relativ gesehen zu u. a. Geschichte, Kultur, Sprache, phylogenetischer Entwicklung, Sozialisation, Theorie, Beobach-
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tungsgegenstand und/oder Subjekt. Erkenntnisse an sich werden ausgeschlossen. Alles ist (immer bereits) interpretiert. Alles ist bereits durch den Verstand (vor-)geformt. Jeder Wahrnehmende ist bereits in (s)eine Lebenswelt „geworfen“. Schütte kritisiert zwar das Vorgehen des Methodischen Konstruktivismus, nachdem Theorien auf gemeinsamen Lebenserfahrungen basieren sollen und dies, wie er folgert, zu unterschiedlichen Theorien führe, hält jedoch den schrittweisen Aufbau von Theorien, unter ausschließlicher Verwendung bereits eingeführter wissenschaftlicher Methoden, für sinnvoll machbar. Im Radikalen Konstruktivismus dagegen wird ein Anfang, eine Basis, ein archimedischer Punkt, eine Letztbegründung oder gar ein logischer (oder schrittweiser) Aufbau der Welt explizit abgelehnt. Auf dogmatische Setzungen wird verzichtet. Dadurch ergibt sich das Problem des zirkulären (Begründungs-)Schlusses, worauf von Kritikern wie Anhängern in aller Regel auch hingewiesen wird. Doch wird dies aus radikalkonstruktivistischer Sicht eher als (skeptische) Tugend verstanden. Denn auch der Konstruktivismus selbst lässt sich als eine Metaphysik im Sinne eines Als-Ob, als ein (vorläufiges) Konstrukt begreifen. Das immer schon „geworfen“ sein in eine Lebenswelt, die verschiedenen Relativierungen der Erkenntnisse werden (als vorläufige Erkenntnis, als Fiktion, als Konstruktion) akzeptiert. Und in diesem Bewusstsein scheint es gerade unmöglich an einem archimedischen Punkt oder theoriefrei, neutral, wertfrei, objektiv, beobachter-unabhängig etc. mit dem Erkenntnisprozess zu beginnen. Es scheint uns keine andere Alternative zu bleiben: „wir müssen alle in der Mitte anfangen“, wie Ortmann mit einem Zitat Quines am Ende seiner „Fiktionen“ resümiert. (Ortmann 2004, S. 235; Quine 1980, S. 23) Schüttes Missverständnis könnte darin begründet sein, dass er sich auf Janich beruft, einen prominenten Vertreter des Methodischen Konstruktivismus. Janich behauptet, es gebe eine prinzipielle Übereinstimmung zwischen Radikalem und Methodischem Konstruktivismus, die er anhand dreier gemeinsamer Überzeugungen festmacht. Erstens stellten alle Formen von Erkenntnis menschliche10 Konstrukte dar, zweitens seien beide Konstruktivismen instrumentalistisch und drittens lehnten sie alle Formen von Korrespondenztheorien der Wahrheit ab. (Janich 2000, S. 66) Die Übereinstimmung in diesen drei Punkten ist m. E. durchaus gegeben. Daraus allerdings eine prinzipielle Übereinstimmung abzuleiten, ist in Anbetracht der grundlegend unterschiedlichen Paradigmen unangemessen.
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Was bereits ein anthropozentrischer Reduktionismus und dem heutigen Erkenntnisstandes unangemessen ist.
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Janich beanstandet insbesondere Maturanas naturalistische Fundierung11 des Radikalen Konstruktivismus, womit er eine häufig vorgebrachte und zutreffende Kritik äußert, beim Radikalen Konstruktivismus seien naturwissenschaftliche Ergebnisse in eine Erkenntnistheorie importiert worden. (Janich 2000, S. 67) Dies ist in der Tat problematisch, da hier anhand einer Aussage etwas begründet wird, das selbst wieder als Ausgangsbasis für dessen Begründung dient. Gleichzeitig stellt sich die Frage, inwieweit fachdisziplinäre Erkenntnisse beim Aufbau einer Erkenntnistheorie ignoriert werden dürfen, selbst wenn sie in dieser Form nicht als (absolut) gesichert gelten bzw. unzureichend durch die (ebenfalls noch zu begründende) Erkenntnistheorie fundiert sind. Es ist das Eingeständnis, das wir keinen (archimedischen) Punkt finden können, an dem wir beginnen, ohne dafür bereits Voraus-Setzungen zu benötigen. So werden naturwissenschaftliche Erkenntnisse nicht dogmatisch als Dinge an sich, als bewiesene Tatsachen akzeptiert, sondern als Konstruktionen, als Fiktionen, als ein Als-Ob verstanden, die verwendet werden, sofern sie hilfreich für die Bewältigung der Lebenspraxis scheinen. Naturgesetze werden als viable Konstruktionen begriffen, die jedoch im Sinne Kants kopernikanischer Wende nicht aus der Natur stammen (dort nicht existent sind), sondern aus unserem Verstand, sie erfassen nicht das Ding an sich, sondern sind rein geistige Erfindung/Produkte, die (allerdings!) Geltung beanspruchen. Janich dagegen behauptet, dass die dem Radikalen Konstruktivismus zu seiner Begründung herangezogenen naturwissenschaftlichen Ergebnisse stillschweigend angenommen würden und damit eine Form von Naturalismus vorliege, der von einer dogmatischen Allzuständigkeit der Naturwissenschaften ausgehe. (Janich 2000, S. 67) Sein Verständnis wird besonders deutlich, wenn er meint: „Wo sich der Radikale Konstruktivismus in seinen stillschweigend naturalistischen Prämissen gleichsam blind auf die Geltung naturwissenschaftlicher Resultate verlässt und wo es heute eine Vielfalt von skeptischen, relativistischen Wissenschaftstheorien gibt, die die Geltung historisch, sozial oder kulturell relativieren und mit einer Ablehnung von Absolutheitsbegründungen gleich jede Möglichkeit des Begründens über Bord gehen lassen ...“ (Janich 2000, S. 79) Er betrachtet den Methodischen Konstruktivismus als Mittelweg zwischen „Absolutheitsbegründung (oder Naturalismusglauben im Radikalen Konstruktivismus) und den Relativisten“. (Janich 2000, S. 74) Damit konstruiert Janich eine Art Skala, die auf der einen Seite Absolutheitsbegrün11
Janich behauptet sogar, von Glasersfeld habe den naturalistischen Import „nicht bemerkt“. (Janich 2000, S. 68) Diese Behauptung ist in Anbetracht von Glasersfelds differenzierter Begründung resp. Berufung auf Kant, Berkeley etc. schwer nachvollziehbar.
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dung und Naturalismus, auf der anderen Seite den totalen Relativismus abträgt. In der Mitte befindet sich – wen wundert’s – der Methodische Konstruktivismus. Dies ist in mehrfacher Hinsicht bemerkenswert. Es ist ja gerade das Erlanger Programm, das auf einer „unhintergehbaren“ Grundlage eine systematische, zirkelfreie Formalsprache entwirft, die eine exakte, vollständige Begründung aller Wissenschaften erlauben soll. Ist das Erlanger Programm mithin nicht sehr nahe am Ende der Skala anzusiedeln, auf welchem Janich die Absolutheitsbegründung abgetragen hat? Er schreibt sogar explizit, dass etwas „absolut verlässlich begründbar“ sei. (Janich 2000, S. 75) Sofern Janich mit Relativismus, insbesondere Verweise auf Kuhn, Feyerabend und Postmoderne meint, und diese in die Ecke des absoluten Relativismus stellt, ist dies zwar nicht unüblich, verbaut jedoch die Möglichkeit, das fruchtbare Potenzial an deren Arbeiten zu realisieren. Relativierungen lassen sich als wichtige Erkenntnis verstehen, die, ebenfalls vorläufig, aufzeigt, dass Erkenntnis nicht absolut, sondern lediglich unter Einschränkungen möglich ist. Dies als Unmöglichkeit jedweder Erkenntnis aufzufassen ist selbstwidersprüchlich und schüttet das Kind mit dem Bade aus. Vielmehr sind historische, kulturelle, soziale, sprachliche oder phylogenetische Relativierungen Hinweise auf Relativierungen, die es bei der Erkenntnisgewinnung zu beachten und eben nicht – wie vorher – zu ignorieren gilt. Um beim Bild einer Skala der Erkenntnistheorien zu bleiben, ist die Nähe von Radikalem Konstruktivismus und Relativismus Grund genug, diese in gemeinsamer Nachbarschaft auf der den Absolutheitsanspruch abgetragenen Seite entgegen gesetzten Ende anzusiedeln und in dem Maße, indem Radikaler Konstruktivismus nicht radikal und absoluter Relativismus nicht absolut verstanden werden, in die Mitte zu verschieben, sofern eine Linie überhaupt eine geeignetes Bild hierfür darzustellen vermag.
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Konstruktionsorientierte Wirtschaftsinformatik
Für Becker und Pfeiffer ist konstruktionsorientierte Wirtschaftsinformatik gleichbedeutend mit Design Science (Research). Sie verstehen unter dem Gegenstand des Konstruktionsorientierten Paradigmas die Konstruktion und Bewertung von IT-Artefakten, die sie mit Verweis auf Hevner als Sprachen, Methoden, Modelle und Implementierungen näher bestimmen. (Becker u. Pfeiffer 2006) Ähnlich lässt sich auch Frank interpretieren, der den Schwerpunkt der Wirtschaftsinformatik in der Entwicklung von konzeptuellen Modellen, Informationssystemarchitekturen und Prototypen
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sieht (Frank 2006, S. 1) und dies als „research through development“ bezeichnet (Frank 2006, S. 5). Frank versteht research through development allerdings nicht als Forschungsmethode, sondern lediglich als einen Versuch, Forschung in der Wirtschaftsinformatik zu charakterisieren. Auch die bisher vielfach anzutreffende Prototypenmethode dürfte in ähnlicher Weise besetzt sein. Es lassen sich durchaus Verbindungen eines solchen Vorgehens, bei dem Artefakte erzeugt und möglicherweise anschließend in der Praxis getestet werden, zu Methodischem und Radikalem Konstruktivismus herstellen. Aus diesem Umstand allerdings die Rechtfertigung für eine Bezeichnungsidentität abzuleiten scheint mir eine Überdehnung des Begriffs darzustellen, welche die Sinnhaftigkeit von Begriffsunterscheidungen überhaupt in Frage zu stellen in der Lage sein könnte. Während es trotz aller Bedenken demgegenüber (etwa von Glasersfeld 1997, S. 96f.) gute Gründe gibt, den Methodischen und Radikalen Konstruktivismus als Erkenntnistheorien (wie kann Erkenntnis begründet werden?) zu bezeichnen, fehlen diese Gründe im Zusammenhang mit „Forschung durch Entwicklung“. Als (pragmatische) Forschungsmethode allerdings (wie können Erkenntnisse gewonnen werden?), scheint mir ein solches Vorgehen ebenso unverzichtbar, wie u. a. Aktionsforschung, quantitative und qualitative empirische Verfahren sowie hermeneutische und dialektische Methoden. Diese Sichtweise ist jedoch nicht unproblematisch. Der Begriff der Forschungsmethode ist nur dann sinnvoll, ist er nicht beliebig, kann also von anderen Begriffen unterschieden werden. Was aber unterscheidet die Konstruktion von Artefakten von sonstiger (betrieblicher) Praxis? In welchen Fällen handelt es sich um Forschung bzw. methodisches Vorgehen? Wann nicht? Ist methodisches Vorgehen bereits Forschung? Oder reicht es sogar eine Forschungsmethode zu verwenden, um Forschung zu betreiben? Poser weist darauf hin, „daß Popper die Hypothesengewinnung als irrelevant für die Geltungsproblematik ebenfalls der Psychologie überlassen wollte.“ (Poser 2004, S. 156f.) Noch deutlicher: „Für die Rechtfertigung oder Begründung der Hypothesen spielt es keine Rolle woher sie stammen – ob sie vom Forscher beim Experimentieren durch Verallgemeinerung gewonnen wurden oder ob sie ihm im Traum zugefallen sind: Der Entdeckungszusammenhang (context of discovery) hat mit dem Begründungszusammenhang (context of justification) nichts zu tun!“ (Poser 2004, S. 112, Hervorhebungen im Original) Folgt man Popper, so ist es die Aufgabe von Wissenschaft sich fruchtbare (Tatsachen-)Behauptungen auszudenken, die logisch falsifizierbar sein müssen, also empirisch, an der Realität, scheitern können müssen. Woher diese Behauptungen kommen, ist dabei gleichgültig. Nun kann der Kritische Rationalismus Poppers als die vorherrschende wissenschaftstheoreti-
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sche Position in der Wirtschaftsinformatik verstanden werden. Die Konsequenz allerdings dürfte auf erhebliche Ablehnung stoßen. Was für diese (und die (mit und gegen Popper) von Kuhn und Feyerabend radikalisierten) Position spricht, ist, dass Erkenntnis vielfach gerade nicht systematisch-methodisch, sondern chaotisch, kreativ, durch Fehler(!) und Regelbrüche gefunden bzw. erfunden wird. Mit gutem Grund besteht in den Geisteswissenschaften eine Nähe zu Kunst, Literatur, sogar Musik. Es ist wichtig zu sehen, dass es dabei um das (Er-)Finden, nicht um das Begründen geht! Poppers Position ist nur dann verständlich, wenn, wie beim Kritischen Rationalismus oder Radikalen Konstruktivismus, Erkenntnis als Hypothese, als Behauptung oder Konstruktion begriffen wird. Aus Sicht eines naiven Empirismus bleibt eine solche Auffassung unverständlich, weil diese Position davon ausgeht, das Erkenntnis nicht (vom Geist) erfunden, sondern in den (realen oder „gegebenen“) Objekten gefunden wird. Dies allerdings hat teilweise zu der völlig irrigen Überzeugung geführt, Forschungsmethoden, methodisches Vorgehen überhaupt, seien überflüssig (gerade in der feyerabendschen und postmodernen Überspitzung); Wissenschaft und Kunst seien dasselbe. Forschungsmethoden stellen selbst wichtige Erkenntnisse dar, die nicht nur unverzichtbar sind, sondern selbst im Begründungszusammenhang stehen, also einen Geltungsanspruch von Erkenntnissen erheben. Diese elementare Funktion von Forschungsmethoden zu bezweifeln ist m. E. völlig absurd. Daraus wiederum lässt sich nicht ableiten, dass Forschungsmethoden zu sicheren Erkenntnissen führen. Dies wäre eine irrige Annahme! Es gibt für uns keine sichere Erkenntnis. Keine Erkenntnistheorie ist in der Lage Erkenntnis auf ein letztbegründbares Fundament zu stellen. Jede Wahrheitstheorie (Korrespondenztheorie, Kohärenztheorie, Konsensustheorie etc.) verfängt sich zwangsläufig im Münchhausen-Trilemma und bleibt damit unbe-gründet. Dies zeigt Karen Gloy ausführlich. (Gloy 2004) „Die paradoxalen Konsequenzen des Wahrheitstheoretikers [...], lassen sich also nicht vermeiden; sie sind unentrinnbar.“ (Gloy 2004, S. 251) Das Problem von Letztbegründung ist aber nicht, dass ein letzter Teil von Begründung fehlt, dass die Wahrheitstheorie die Erkenntnistheorie resp. die Erkenntnisse also mit nur 99 % Fundierungsquote sichert, was dann vernachlässigbar sein könnte. Es bedeutet vielmehr, dass Erkenntnistheorien selbst nicht begründbar sind, also metaphysisch bleiben. Wissenschaft bleibt folglich Metaphysik. Erkenntnis, Rationalität, Logik, Beweise etc. bleiben immer nur lokal gültig, sind stets relativ. Dies wiederum hat zu dem Fehlschluss geführt, dass Erkenntnis nicht möglich sei, Logik nicht brauchbar und nichts rational zu begründen. Diesen Schluss zu ziehen ist irrig! Ein solcher Skeptizismus, Relativismus etc.
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ist dogmatisch, widersprüchlich und unbegründet. Aus der Erkenntnis, keine Letztbegründung geben zu können, lässt sich nicht ableiten, dass (uns) keine Erkenntnis möglich ist. Dies ist eine völlig unplausible These! Was ich daraus ableite, ist die Bedeutung von Forschungsmethoden, von erkenntnistheoretischer Fundierung bzw. Reflexion und gleichzeitig das Bewusstsein für deren Begrenztheit. Stichhaltige, nachvollziehbare Begründung, die Einhaltung formaler Standards und Exaktheit sind wesentliche Kriterien bei der Erkenntnisgewinnung. Bei Begriffen wie Objektivität, wissenschaftlicher Beweis oder Wertfreiheit, ist jedoch Zurückhaltung geboten. Gegensätze wie Theorie und Praxis („Antipoden“, Lehner 1999, S. 11), rigour und relevance, qualitativ und quantitativ, objektiv und subjektiv, Behauptung und Beweis, interpretativ und exakt sind vor diesem (konstruktivistischen) Hintergrund nicht (mehr) so klar abzugrenzen. Sie sind aber abzugrenzen! Darin gerade sehe ich die Aufgabe von Wissenschaft. Wissenschaft und Geisterseherei sind nicht dasselbe! Deren Unterscheidung allerdings bleibt ständiger Prozess. Das aber setzt eine noch stärkere Öffnung der Wirtschaftsinformatik voraus, nicht nur zu erkenntnistheoretischen Fragestellungen, sondern auch zu anderen Disziplinen, wie bspw. Organisationstheorie, Psychologie, Soziologie, Kognitionswissenschaft. Und eine Öffnung zu Forschungsmethoden, die in anderen Disziplinen üblich sind, zu interpretativen Methoden, die narrative Elemente zulassen, Streitschriften, Polemik, Dekonstruktion, deren Wert im Diskurs und Hermeneutischen Zirkel gesehen wird, z. B. Derrida, Eco, Nietzsche, Neuberger, Popper, Rorty, Searle. Konstruktionsorientierte Wirtschaftsinformatik halte ich deshalb für eine wesentliche Forschungsmethode, obwohl ich Franks Plädoyer für den Elfenbeinturm beipflichte, kommt doch (um mit Ritsert zu sprechen) zumindest das Elfenbein aus der Praxis. Forschung, die alleine im Elfenbeinturm stattfindet, kann ich mir nicht sinnvoller vorstellen, als solche, die dort nicht (längere) Phasen der Reflexion verbringt. Forschungsmethoden sind nicht per se gut, auch nicht durch exaktes Einhalten der formalen Bedingungen. Methoden, wie die Konstruktionsorientierte Wirtschaftsinformatik oder Aktionsforschung brechen mit der unbegründeten Behauptung einer objektiven, wertfreien, exakten Erkenntnismöglichkeit. Die dadurch gewonnene methodische Freiheit darf allerdings nicht zu Beliebigkeit führen. Was aber eine gute von einer schlechten konstruktionsorientierten Forschung unterscheidet, ist eben nicht anhand eines einfachen, algorithmischen, generalisierbaren Leitfadens vorzugeben.
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Erkenntnistheoretischer Diskurs in der Wirtschaftsinformatik
Es gibt kein Executive Summary, keine einfache Methode, Grundsätze oder Heuristiken, die zu befolgen das Problem lösten, möchte man Wissenschaft(stheorie) betreiben. Der erkenntnistheoretische Diskurs ist ausgesprochen fruchtbar und es wäre ein Missverständnis, darin einzig eine Methode zur Entwicklung einer Erkenntnistheorie bzw. -methode zu verstehen. Auch inkohärente, inkommensurable Paradigmen können wertvolle Beiträge zum Erkenntnisprozess liefern, selbst wenn diese nur darin bestehen, die unterschiedenen Paradigmen, durch diese Unterscheidung, besser verstehen zu helfen. Dabei muss dies, um fruchtbar sein zu können, nicht zwangsläufig in eine Synthese münden, wie dies etwa der kritische Rationalismus fordert. Begründungen bleiben immer metaphysisch verankert, Letztbegründungen (vermutlich) unmöglich. Es gibt für uns kein fundierbares Wahrheitskriterium. Gods point of view bleibt uns verschlossen – auch den Geistersehern vermutlich. In diesem Sinne kann Wissenschaft nicht(s) beweisen, nicht exakt sein, sind Logik und Mathematik nicht die grundlegenden Wissenschaften. Die Konsequenz einer erkenntnistheoretischen Beliebigkeit lässt sich daraus nicht ableiten. Dieser Schluss ist völlig unplausibel! Das Fehlen eines sicheren Erkenntnisfundaments bedeutet keineswegs die Unmöglichkeit von Erkenntnis! Es bedeutet die Unmöglichkeit eines Erkenntnis-Still-Standes. Oder mit Popper: „Alles Leben ist Problemlösen!“ (Popper 1995) Für die Wirtschaftsinformatik ergibt sich daraus die Forderung, für bisher oftmals einseitig oder überhaupt nicht begründete Thesen nachvollziehbare gute Gründe anzugeben, die nicht auf dogmatischen Wahrheitsauffassungen beharren. Auch Konsensus- und Kohärenztheorie werden nicht selten zur Abwehr kritischer Wissenschaft und damit eher zur „Erkenntnisbewahrung“, denn zum -fortschritt verwendet. Der alleinige Verweis auf angeblich die Wahrheit sichernde Methoden ist damit zumindest (des) frag(ens)würdig. Es genügt nicht, eine Methode möglichst exakt einzuhalten. Es genügt auch nicht, einen festen Methodenmix zu entwickeln, wie es in manchen CfP als Thema vorgeschlagen wird. Und es genügt auch nicht, die verwendeten erkenntnistheoretischen Positionen offenzulegen, um damit dem Begründungsanspruch genüge zu tun, wie es von verschiedenen Autoren immer wieder behauptet wird. Not-Wendig ist zusätzlich ein kontinuierlicher Prozess von Kritik, Praxis, Neuentwürfen etc., das InFrage-Stellen von Dogmen und Paradigmen und ein kontroverser Diskurs, der zwar keine (konsensuale) Wahrheit garantieren kann aber doch eine
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wesentliche Bedingung (und Chance) für einen fruchtbaren, undogmatischen Erkenntnisprozess darstellt. Einen solchen wissenschaftstheoretischen Diskurs halte ich für dringend geboten. Es wird für den einen oder anderen irritierend wirken, dass ich u. a. Schüttes Beitrag in recht unverblümter Weise kritisiere (wie auch Janichs), während ich ihn gleichzeitig als einen der herausragenden Vertreter des Fachs ansehe (wie auch Janich). Doch die mangelnde Differenzierung der konstruktivistischen Paradigmen macht nicht dessen gesamten Beitrag aus, schon gar nicht dessen gesamtes Schaffen. Anderes ist durchaus treffend und fruchtbar. Außerdem ist der Aufwand überhaupt einen solchen Beitrag leisten zu können (und zu lesen resp. zu verstehen?) enorm – umso mehr für einen Nicht-Philosophen. Viel zu einfache – und naive – Kriterien, wie richtig/falsch, gut/schlecht oder neu/schon dagewesen (und sogar Forschung/Lehre!) bilden in der Wirtschaftsinformatikforschung destruktive Erkenntnishemnisse. Wichtig scheint mir deshalb das in den Geisteswissenschaften andere Selbstverständnis von Kritik und Wahrheit in die eigene Forschungspraxis zu integrieren. Die Qualität eines Beitrags wird dort eher nach dessen Fruchtbarkeit für den Diskurs beurteilt. Kritik wird nicht dahingehend verstanden, dass das Kritisierte „nichts taugt“, schlecht ist oder falsch. So gibt es durchaus sehr intelligente, fruchtbare Beiträge, die als äußerst wertvoll erachtet werden, nicht zuletzt durch deren Wirkung, und (heute) dennoch als verrückt und anmaßend begriffen werden können, wie etwa Wittgensteins Tractatus, mit dem er gleich die ganze Philosophie zu „erledigen“ glaubte. Erkenntnisprozesse fordern Offenheit, auch in den (sie beurteilenden) Kriterien. Es besteht das Problem: Sofern wir als Wirtschaftsinformatik-Community einen derart hohen Maßstab an einen wissenschaftstheoretischen Diskurs in der Wirtschaftsinformatik anlegen, wie er in der Philosophie gilt (und deren Sprach(spiel)e übernehmen), wird dieser (schlicht) nicht stattfinden oder sich doch zumindest auf eine recht kleine Gruppe von Spezialisten beschränken. Das aber wäre verheerend. Jeder Beitrag scheint mir besser zu sein, als (ein) nichts, als ein fehlender Diskurs, als (letztlich dann einzig verbleibende Alternative einer) „unreflektierte(n) Wissenschaft“; auch wenn der Schwerpunkt des wissenschaftstheoretischen Diskurses, jedenfalls anfänglich, eher auf Seiten des Lernens, denn des Forschens, liegen mag. Die Frage zu beantworten, wie ein solcher Diskurs überhaupt in Existenz gebracht werden kann, scheint mir eine vorrangige Aufgabe der wenigen bisher Interessierten zu sein. Erkenntnistheoretische Diskurse erfordern m. E. ein recht umfangreiches Hintergrundwissen, das bei Wirtschaftsinformatikern üblicherweise nicht vorausgesetzt werden kann, und
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eine gelegentlich völlig andere, kontraintuitive, herausfordernde Denkweise, wie dies in Bezug auf die Konstruktivismen der Fall sein dürfte. Dies umfassend von der gesamten Scientific Community zu erwarten, wäre vermutlich eine utopische, naive Hoffnung. Zusätzlich zu diesen Herausforderungen kommt jedoch in der Regel eine (Fach-)Sprache, die selbst Interessierte nachhaltig von einer Beteiligung ausschließt. Frank hat mit seinem englischsprachigen Beitrag (Frank 2006) die Chance auf einen internationaleren Kreis der Diskursteilnehmer eröffnet. Eine den Wirtschaftsinformatikern leichter zugängliche Sprache, eine Art Übersetzung (der philosophischen Fachsprache), könnte einen zusätzlichen Beitrag dafür leisten, selbst wenn im Gegenzug dafür ein gewisser Reduktionismus hingenommen werden müsste. Vielleicht lässt sich hierbei etwas von den Radikalen Konstruktivisten lernen, wenn sie darauf verweisen, dass mit Zeichen nur Re-Präsentationen aufgerufen werden können und von den Erlangern, die für Erklärungen nur Begriffe verwenden, die bereits von der Wortgemeinschaft verstanden sind. Jedenfalls scheint es mir wichtig, zukünftig deutlich zu machen, ob von Methodischem Konstruktivismus, einer Form des (mehr oder weniger) Radikalen Konstruktivismus oder einer Methode gesprochen wird, bei der Artefakte erzeugt werden. Der in der Wirtschaftsinformatik-Community (leider) längst etablierte Begriff der „Konstruktivistischen Epistemologie“, der ein häufig verwendeter Begriff auf der MKWI 2008 war (z. B. von Karl Kurbel, der anlässlich von Wolfgang Königs Keynote sagte: „Unsere Stärke ist die Konstruktivistische Forschung!“), mit dem nichts anderes als „research through development“, Learning by Doing, Design Science Research oder die Prototypenmethode gemeint ist, sollte jedenfalls – so mein Vorschlag – korrigiert werden. Ich selbst habe mit dem vorliegenden Text versucht, eine aus Sicht der Scientific Community möglichst wenig fremde Sprache und eine vielfach erklärende, redundante Vorgehensweise zu wählen. Inwieweit mir dies gelungen ist, mag der geneigte Leser entscheiden – hoffentlich jedoch nicht in seinem stillen Kämmerlein oder besser: Oberstübchen, sondern per Replik, simplen E-Mail, erfrischenden Polemik(?) oder durch Engagement für einen (besseren) wissenschaftstheoretischen Diskurs in der Wirtschaftsinformatik.
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Die Konstruktion möglicher Welten als Chance und Herausforderung der Wirtschaftsinformatik „… die Gegenüberstellung des Wahren und des bloß Gerechtfertigten (kann) ausschließlich den einen Sinn haben ..., der wirklichen Gegenwart eine mögliche Zukunft gegenüberzustellen." Richard Rorty Ulrich Frank
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Einleitung
Sowohl die Forschungskonzeption der Wirtschaftsinformatik wie auch die von Information Systems(IS) sind in die Kritik geraten. So mangelt es Projekten der Wirtschaftsinformatik häufig an einer elaborierten wissenschaftlichen Forschungsmethode. Auf der anderen wird einer auf empirische Untersuchungen limitierten Forschung, wie sie in IS üblich ist, ein Mangel an intellektueller Attraktivität und praktischem Nutzen vorgehalten. Es scheint deshalb nicht verwunderlich, dass ein Aufsatz in einer renommierten IS-Zeitschrift (Hevner et al. 2004), in dem eine alternative, auf den Entwurf von Artefakten gerichtete Forschungskonzeption vorgeschlagen wurde, eine beachtliche Resonanz erfuhr. Die sog. „Design Science“Konzeption stellt den mit dem behavioristischen Paradigma unzufriedenen IS-Forschern attraktivere Forschungsthemen und –resultate in Aussicht, während sie bei Forschern in der Wirtschaftsinformatik die Hoffnung auf eine methodische Fundierung ihrer traditionell konstruktionsorientierten Forschung weckt. Hevner et al. verstehen unter „Design“ vor allem den Entwurf und die Erprobung von Artefakten wie etwa Modellen, Modellierungssprachen, Prototypen und Methoden: „Design science, as the other side of the IS research cycle, creates and evaluates IT artifacts intended to solve identified organizational problems.“ (Hevner et al. 2004, S. 77) Die von Hevner et al. vorgeschlagene methodische Fundierung ist an anderer Stelle bereits umfassend gewürdigt worden (Frank 2006, Zelewski 2007). In dem vorliegenden Beitrag wird deshalb keine weitere Kritik an der „Design Science“-Konzeption angestrebt. Stattdessen ist der Fokus des Beitrags auf den Gegenstand und die Zielsetzung einer Wirtschaftsinformatik gerichtet, die sich nicht allein auf die Untersuchung bestehender Formen
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der Entwicklung, Nutzung und Pflege von Informationssystemen beschränkt, sondern in konstruktiver Absicht gehaltvolle und fundierte Orientierungen für den zukünftigen Einsatz von Informationstechnologie in Organisationen entwirft. Dazu wird aufgezeigt, dass es dabei nicht allein um den Entwurf und die Evaluation von Artefakten geht. Eine solche Sicht ist verkürzt. Stattdessen basiert der Beitrag auf der Annahme, dass die Forschung der Wirtschaftsinformatik auf den Entwurf und die Bewertung möglicher Welten gerichtet ist. Die Betonung einer solchen Perspektive auf den Untersuchungsgegenstand macht eine Reihe wichtiger Chancen, aber auch erhebliche Herausforderungen der Forschung sichtbar. Sie hängen unmittelbar mit den drei zentralen Merkmalen wissenschaftlicher Erkenntnisse zusammen: Originalität, Abstraktion und Begründung (vgl. dazu Frank 2006, S. 33 ff.).
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Besonderheiten der Wirtschaftsinformatik
Es ist sowohl in IS wie auch in der Wirtschaftsinformatik Konsens, dass die Forschung einen wirksamen Beitrag zur wirtschaftlichen Gestaltung und Nutzung von Informationssystemen liefern soll, die geeignet sind, die Wettbewerbsfähigkeit von Organisationen zu verbessern. Weiterhin ist es unstrittig, dass die Konstruktion innovativer Artefakte dazu einen zentralen Ansatz darstellt. Die damit verbundenen Besonderheiten der Forschung und ihrer Bewertung werden allerdings häufig nicht differenziert betrachtet. 2.1 Kontingenz oder die Tücke des Objekts Wissenschaftliche Forschung nach dem Idealbild der Naturwissenschaften basiert auf der ontologischen Annahme, dass die Natur durch generelle, im Zeitverlauf invariante Struktur- und Verhaltensmuster gekennzeichnet ist. Die darauf aufbauende epistemologische Annahme besagt vereinfacht, dass der forschende Mensch in der Lage ist, diese Muster zu erkennen und sprachlich in Form von Theorien bzw. daraus abgeleiteten Hypothesen zu beschreiben. Der sozialwissenschaftliche Behaviorismus basiert auf korrespondierenden Annahmen bezüglich des Aufbaus und der Erfassbarkeit der sozialen Welt. Theorien erlauben nicht nur Erklärungen und Prognosen, sie unterstützen auch die Gestaltung von Systemen: Wenn die Annahmen, die der Gestaltung eines Systems zugrundeliegen, aus bewährten Theorien abgeleitet werden können, spricht dies für die zweckentsprechende Funktion des Systems. Das Vertrauen auf naturwissenschaftliche
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Theorien ist ein wichtiger Erfolgsfaktor der Ingenieurwissenschaften. In ähnlicher Weise könnte die Gestaltung sozialer Systeme von mächtigen sozialwissenschaftlichen Theorien profitieren. Nach den Vorstellungen der Vertreter des Kritischen Rationalismus ist dazu lediglich eine tautologische Transformation von Theorien in (Sozial-) Technologien erforderlich. Eine derartige Einschätzung der Möglichkeiten von Wissenschaft, die man positivistisch1 oder wohl besser szientistisch nennen kann, erscheint allerdings allzu optimistisch. Schon die Konstruktionen der Ingenieurwissenschaften sind oft genug nicht vollständig durch naturwissenschaftliche Theorien abgesichert: Technische Systeme können bekanntlich fehlerhaft funktionieren oder ausfallen. Im Hinblick auf soziale Systeme ist dieser Umstand offenbar noch deutlicher ausgeprägt. Schon das explanatorische und prognostische Potential sozialwissenschaftlicher Theorien ist zumeist arg eingeschränkt: In der Regel finden sich neben bestätigender empirischer Evidenz auch Ausprägungen des adressierten Sachverhalts, die der Theorie nicht entsprechen. Eine Gestaltung sozialer Systeme, die sich auf vorhandene sozialwissenschaftliche Theorien stützt, sieht sich erheblichen Problemen gegenüber. Zum einen gibt es schlicht keine Theorien, die die wesentlichen Entscheidungen einer solchen Gestaltungsaufgabe zu fundieren erlauben. Zum anderen ist der Einsatz existierender Theorien mit dem Risiko verbunden, dass die betroffenen Akteure abweichende Verhaltensmuster zeigen oder – positiv gewendet – ihren freien Willen betonen. Soziale Systeme können sich also so verhalten wie es sozialwissenschaftliche Theorien nahelegen – oder auch anders: Sie sind kontingent. Der Begriff Kontingenz wird dabei im Sinne der soziologischen Systemtheorie verwendet: „Dieses ‚auch anders möglich sein‘ bezeichnen wir mit dem traditionsreichen Terminus Kontingenz.“ (Luhmann 1984, S. 47). Ähnlich wie die Sozialwissenschaften sieht sich die Wirtschaftsinformatik mit der Kontingenz sozialer Systeme – also vor allem solcher Handlungssysteme in Organisationen, in die die Gestaltung und Nutzung von Informationssystemen eingebettet ist – konfrontiert. Die Besonderheiten ihres Forschungsgegenstands führen darüber hinaus zu spezifischen Formen von Kontingenz. Sie betreffen den Forschungsgegenstand, aber auch die Forschungsinstrumente. Nicht zuletzt ist die kontingente Wirkung innovativer Informationstechnologie zu berücksichtigen. Der Gegenstand der Forschung in der Wirtschaftsinformatik ist durch konkrete Ausprägungen von Informationstechnologie sowie mit ihnen korrespondierende Einsatzszenarien gekennzeichnet. Mit Blick auf den wissenschaftlichen Anspruch 1
Der häufig an die Vertreter des Kritischen Rationalismus gerichtete Positivismusvorwurf ist insofern irreführend als Popper ein dezidierter Gegner des Logischen Positivismus war.
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ist dabei bedeutsam, dass dieser Forschungsgegenstand nicht durch eine als invariant vermutete höhere Ordnung – wie etwa die Natur – determiniert ist. Vielmehr ist er Ausdruck einer sozialen und technischen Evolution, die auch durch Unwägbarkeiten, Fehler und Zufälle gekennzeichnet ist. Mit anderen Worten: Sie könnte auch anders verlaufen sein – und leistungsfähigere Resultate gezeitigt haben. Eine Beschränkung auf tatsächlich existierende Ausprägungen des Einsatzes von Informationstechnologie – wie er für empirische Forschungsprogramme charakteristisch ist – läuft also Gefahr, andere mögliche Ausprägungen zu übersehen, die u. U. besser geeignet sind, die je angestrebten Ziele zu erreichen. Auch die Forschungsinstrumente der Wirtschaftsinformatik sind durch Kontingenz gekennzeichnet. Sie umfassen u.a. Sprachen zur Strukturierung des Forschungsgegenstands, also z. B. Modellierungssprachen. Daneben wird auf gewisse Muster zur Gestaltung von Informationssystemen und der Handlungssysteme, in die diese eingebettet sind, zurückgegriffen – z. B. generische Systemarchitekturen und Organisationsmuster. Der kontingente Forschungsgegenstand prägt also auch die kontingenten Forschungsinstrumente – ein Umstand, der die Entwicklung von Innovationen auf subtile Weise beeinflusst. Dies wird besonders deutlich, wenn man die Wirkung existierender Sprachen betrachtet. Auf der einen Seite unterstützen sie eine zielgerichtete Konzeptualisierung des Forschungsgegenstands, weil sie bewährte Strukturierungsmuster darstellen. Auf der anderen Seite limitieren sie aber auch die Vorstellungswelt – und damit das Innovationspotential der Forschung. Um es mit Wittgenstein zu sagen: „Die Grenzen meiner Sprache bedeuten die Grenzen meiner Welt.“ (Wittgenstein 1963, 5.6) Die Wirtschaftsinformatik ist eine anwendungsorientierte Disziplin. Daraus folgt, dass ihre Forschungsresultate geeignet sein sollten, die Lösung von Problemen in der Praxis besser zu unterstützen als es bisherige Lösungen erlauben. Abgesehen von den Fällen, in denen ein solcher Innovationsgewinn offensichtlich erscheint, liegt es nahe, die Eignung eines Forschungsergebnisses für die Erfüllung der intendierten Zwecke zu prüfen. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass die Wirkung innovativer Artefakte und der mit ihnen korrespondierenden Handlungsmuster häufig ausgesprochen kontingent sein dürfte. So mag eine neue Modellierungsmethode in der Praxis auf nachdrückliche Ablehnung stoßen – allerdings nur solange bis geeignete Qualifizierungsmaßnahmen greifen. Eine neue Form der Gestaltung von Logistikprozessen mag sehr positiv aufgenommen werden, weil sie vertraute Handlungsmuster beinhaltet. Gleichzeitig mag der mit ihr verbundene Effizienzgewinn geringer sein als bei anderen Ansätzen, die aber (zunächst) keine Akzeptanz finden. Die Beurteilung der Wirkung neuer Formen von Informationstechnologie leidet dabei offensichtlich unter fehlender Erfahrung: Je innovativer eine Lösung, desto we-
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niger kann auf vergleichbare Ansätze rekurriert werden, desto kontingenter also erscheinen ihre Wirkungen. 2.2 Mögliche Welten oder die Ausweitung von Handlungsoptionen Unsere Betrachtung von Kontingenz in der Wirtschaftsinformatik deutet an, dass es sich hier – anders als in der Soziologie – nicht allein um eine Eigenschaft der untersuchten Realitätsbereiche handelt. Vielmehr betrifft Kontingenz auch die Vielfalt der Gestaltungsmöglichkeiten, denen sich der Forscher gegenübersieht. Dabei ist es bedeutsam, dass es sich hier nicht allein um innovative Artefakte und korrespondierende Einsatzszenarien handelt, sondern letztlich um Entwürfe möglicher Welten. Das Konzept der möglichen Welt hat in der Logik und deren Anwendungsgebieten, etwa in der sog. „Künstliche Intelligenz“-Forschung, eine wichtige Funktion. Der Wahrheitswert einer Aussage hängt danach von der Welt ab, der sie zugeordnet wird. Eine Aussage kann mehreren möglichen Welten zugeordnet sein – mit jeweils unterschiedlichen Wahrheitswerten. Auf diese Weise kann einer Aussage eine Möglichkeit (Modallogik) zugeordnet werden (sie ist in mindestens einer möglichen Welt wahr) ohne das für viele Logiken kennzeichnende tertium non datur aufzugeben (das in jeder einzelnen Welt weiterhin besteht). In der Logik stellt das Konzept der möglichen Welt also einen Kunstgriff dar, um bewährte Formalismen zur Rekonstruktion von Aussagensystemen zu verwenden, deren Wahrheitswerte nicht kontextunabhängig sind. In diesem Sinne wäre eine Aussage, die einen kontingenten Sachverhalt beschreibt, in mindestens einer möglichen Welt wahr und in mindestens einer anderen möglichen Welt falsch. Auch wenn unsere Betrachtung durch eine eher epistemologische Perspektive gekennzeichnet ist, in der es nicht vorrangig um formale Wahrheit geht, sind die Parallelen doch unverkennbar: Die Wahrheit von Aussagen, auf denen eine Konstruktion beruht, bzw. die Angemessenheit einer Konstruktion, hängen ab von dem relevanten Kontext. Anders als in der Soziologie ist die Vielfalt dieser Kontexte nicht beschränkt auf die Menge existierender Handlungssysteme. Sie bezieht vielmehr auch jene Kontexte ein, die noch gar nicht existieren, aber durchaus möglich – und u. U. sinnvoll – sind. Eine solche Ausweitung der Perspektive hat erhebliche Konsequenzen. Sie betreffen die Ausrichtung der Forschung wie auch die Bewertung von Forschungsergebnissen. So wird der Sinn von empirischen Untersuchungen zur Bewertung des Nutzens von Artefakten weiter eingeschränkt: Sie beziehen sich gleichsam per definitionem auf die faktische Welt und lassen weitere mögliche Welten unberücksichtigt. Wenn etwa ein neuer Vor-
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schlag zu einer Spezifikation von Produkten zwar den Vorteil einer semantisch reichhaltigeren Beschreibung mit sich bringt, aber unter einer bisher fehlenden Standardisierung leidet, ist ihr Nutzen in der existierenden Welt sicher eingeschränkt. In einer möglichen Welt, die eine entsprechende Standardisierung aufweist, ergäbe sich eine deutlich andere Bewertungsgrundlage. Gleichzeitig macht die explizite Einführung des Konzepts der möglichen Welt deutlich, dass Gegenstand und Ziel der Forschung in der Wirtschaftsinformatik wesentlich über die Schaffung von Artefakten hinausgehen. Vielmehr geht es um den Entwurf neuer Handlungssysteme, die durch entsprechende Artefakte möglich werden bzw. diese erst möglich machen. Dieser Umstand wird besonders deutlich durch die zentrale Rolle, die künstliche Sprachen in der Wirtschaftsinformatik spielen: Sie stellen auf der einen Seite eine Rekonstruktion natürlicher Sprachen dar, wirken durch ihre Verwendung aber wieder auf den Gebrauch natürlicher Sprachen zurück – schaffen also neue Sprachspiele: „Das Wort »Sprachspiel« soll hier hervorheben, daß das Sprechen der Sprache ein Teil ist einer Tätigkeit, oder einer Lebensform." (Wittgenstein 1980, 23).
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Chancen: Aufklärung und Orientierung
Aus der Sicht einer pragmatisch ausgerichteten Wirtschaftsinformatik scheint es wenig überraschend, dass durch die Ergebnisse der Forschung neue Handlungsmöglichkeiten geschaffen werden. Das Konzept der möglichen Welten geht jedoch über eine solch vordergründige Orientierung hinaus. Seine konsequente Anwendung bietet die Chance zu einer differenzierten Aufklärung – durch eine tiefgreifende Kritik 3.1 Überwindung tradierter Sichtweisen Der Forschungsgegenstand der Wirtschaftsinformatik besteht wesentlich aus Artefakten und den Handlungssystemen, in die diese eingebettet sind. Die konkreten Erscheinungsformen der Informationstechnologie – Anwendungssysteme, Werkzeuge, Architekturen, Modellierungs- und Implementierungssprachen – prägen nicht nur die Wahrnehmung und Konzeptualisierung der Welt, sondern nähren – und beschränken – die Vorstellungen darüber, wie neue Formen von Informationstechnologie und korrespondierende Einsatzszenarien zu gestalten sind. Dies gilt gewiss nicht nur für Akteure in der Praxis, sondern auch für Wissenschaftler. Die Welt, in der wir wissenschaftlich sozialisiert sind, ist allerdings nur eine von vielen möglichen Welten. Die Sprachen und Systeme, die uns vertraut
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sind – und Teil unserer Kompetenz – könnten auch anders gestaltet sein. Nun ist es ohnehin Kennzeichen guter Forschung in der Wirtschaftsinformatik von solchen konkreten Erscheinungsformen von Informationstechnologie zu abstrahieren, die im Zeitverlauf variieren. Vor allem in der Angewandten Informatik werden neue Artefakte entworfen, die von existierenden Handlungssystemen abstrahieren. Für eine Wirtschaftsinformatik, die auf den Entwurf möglicher Welten zielt, ist ein solch eingeschränkter Fokus aber nicht hinreichend. Vielmehr ist es erforderlich, die Voraussetzungen und Folgen, die mit dem Einsatz innovativer Artefakte verbunden sind, explizit zu machen. Dazu gehören die ggfs. erforderliche Reorganisation von Handlungssystemen, individuelle Lernprozesse und die Auswirkungen auf die Lebens- und Arbeitsform der beteiligten Akteure. Die Konturen so skizzierter möglicher Welten kontrastieren faktische Formen des Einsatzes von Informationstechnologie, relativieren also die scheinbare Normativität des Faktischen. Dadurch werden mögliche Schwächen existierender Lösungen und durch sie geprägte Sichtweisen aufgezeigt, wodurch das kritische Potential der Aufklärung betont wird. Es liegt auf der Hand, dass eine solche Kritik intellektuell dann besonders reizvoll ist, wenn sie mit einem deutlichen Kontrast zur tatsächlichen Welt – also mit einem hohen Abstraktionsniveau – verbunden ist. Gleichzeitig ist für einen solchen Ansatz mit Widerständen zu rechnen. Sie betreffen das verständliche Verharren in existierenden Sinnstrukturen, aber auch naheliegende Hinweise auf die ökonomischen Risiken, die mit einer Umsetzung verbunden sein mögen. In der Tat wäre es verfehlt, das kritische Potential der Forschung in der Wirtschaftsinformatik allein auf weitreichende Entwürfe neuer möglicher Welten zu beschränken. Wenn die Forschung im Unterschied etwa zu kommerzieller Unternehmensberatung aber auch eine bewusste Abstraktion von vorherrschenden Artefakten und damit verbundenen Handlungsmustern betreibt, hat sie die Chance, eine kritische Reflexion anzuregen, die über die Betrachtung einzelner Aspekte existierender Lösungen hinausgeht – und die, bei geeigneter Vermittlung, auch in der Praxis Resonanz finden könnte. 3.2 Perspektiven auf bessere Welten Neben dem kritischen Potential, das durch die Kontrastierung der faktischen Welt mit möglichen neuen Welten entsteht, bietet der elaborierte Entwurf möglicher Welten auch die Chance, eine Orientierung für die bewusste Planung zukünftiger Arbeits- und Lebensformen zu geben. Eine solche Orientierung besteht nicht allein darin, innovative Artefakte zu
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entwickeln, deren Einsatz das Leben leichter macht. Vielmehr geht es um eine Ausweitung menschlicher Wahl- und Handlungsmöglichkeiten, deren Umsetzung nicht nur Entscheidungen, sondern auch die Mitwirkung der betroffenen Akteure voraussetzt. Neben der Betonung von Phantasie und Originalität wird also auch der Umstand betont, dass die Ergebnisse der Wirtschaftsinformatik-Forschung häufig keinen praktischen Nutzen per se aufweisen, sondern erst dann wirksam werden, wenn die korrespondierenden Handlungssysteme geschaffen wurden. Der Fokus der Wirtschaftsinformatik wird dabei nicht auf beliebige mögliche Welten gerichtet sein, sondern auf solche, die besonders attraktiv erscheinen. Nun kann man eine Ausrichtung der Forschung auf die Konstruktion möglicher Welten als eine wissenschaftstheoretische Überzeichnung tatsächlicher Muster der Forschung und des Forschungstransfers ansehen: Forschungsergebnisse können natürlich erst dann ihren Nutzen entwickeln, wenn sie auch tatsächlich in der Praxis implementiert werden. Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass die „Implementierung“ anders als es vordergründig erscheinen mag nicht allein ein Akt technologischer Umsetzung ist. Vielmehr sind u. U. erhebliche Änderungen von Handlungsmustern und Sprachspielen erforderlich. Dieser Umstand wird an einem zentralen Forschungsthema der Wirtschaftsinformatik sehr deutlich: Referenzmodelle stellen Informationssysteme in Aussicht, die durch ein hohes Maß an Integration und Wiederverwendung leistungsfähiger und wirtschaftlicher sind als heute übliche Systeme. Jenseits der wissenschaftlichen Herausforderungen, die mit ihrer Realisierung verbunden sind, steht und fällt der Nutzen von Referenzmodellen mit der Bereitschaft sie als solche zu verabschieden und einzusetzen. Ein bedeutsamer Grund dafür, dass Referenzmodelle noch nicht in dem Maße realisiert wurden, wie sie es verdient hätten, mag daran liegen, dass sie nicht deutlich genug als Bestandteil einer möglichen, noch zu schaffenden Welt, vermittelt wurden. Referenzmodelle sind eben keine technischen Erfindungen, sondern sprachliche Abstraktionen, deren Einsatz eine Änderung bisherigen Sprachgebrauchs impliziert – was entsprechende Beschlüsse und Adaptionsprozesse voraussetzt.
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Herausforderungen: Begründung und Umsetzung
Die skizzierte Konzeption möglicher Welten als ein zentrales Merkmal der Forschung in der Wirtschaftsinformatik mag auf der einen Seite positive Assoziationen wecken, da sie Phantasie, Innovation und die Aussicht auf bessere Welten betont. Auf der anderen Seite ist sie auch geeignet, weniger
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freundliche Assoziationen hervorzurufen. Sie betreffen gängige Anforderungen an eine anwendungsorientierte Disziplin wie auch bekannte Themen der Wissenschaftstheorie. 4.1 Komplexität und Machbarkeit Die Forderung danach mögliche Welten zu konzipieren, die sich deutlich von der faktischen Welt unterscheiden, legt in mehrfacher Hinsicht die Frage nach der Machbarkeit nahe. So stellt der umfassende Entwurf möglicher Welten eine erhebliche intellektuelle Herausforderung dar. Wenn wir existierende Ausprägungen von Informationstechnologie und sie begleitende Sprachen gedanklich zu überwinden versuchen, bedeutet dies in gewisser Weise, dass wir den Boden auf dem wir stehen, erschüttern. Sie stellen nicht nur wichtige Werkzeuge dar, sondern konstituieren Sinn, der uns hilft die Komplexität der Welt zu bewältigen. Daneben stellt sich das Problem, wie denn die attraktivsten Kandidaten aus der Menge der möglichen Welten zu identifizieren sind. Da die Extension dieser Menge nicht determinierbar ist, bleibt ein erhebliches Maß an Unsicherheit: Auch die aufgeklärtesten Geister werden in ihrem Denken und Urteilen zwangsläufig das „Unbestimmte zum Maß des Bestimmten“ (Luhmann 1977, S. 52) machen. Darüber hinaus steht man als Wissenschaftler vor der Frage, mit welchen Methoden man mögliche Welten untersuchen kann. Wissenschaftliche Forschung ist nicht zuletzt durch spezifische Formen des Wirklichkeitszugangs gekennzeichnet. Im Falle möglicher Welten sind andere Analysemethoden erforderlich – die aber dennoch den Anforderungen an wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn gerecht werden sollten. Machbarkeit betrifft allerdings nicht allein die Bewältigung dieser intellektuellen Herausforderungen, sondern auch die Frage nach der Umsetzbarkeit. Neben der technischen Machbarkeit setzt diese den Willen und die Fähigkeit der Betroffenen bzw. der Verantwortlichen zur Anpassung von Handlungsmustern voraus. Dabei ist die Beurteilung von Willen und Fähigkeit nicht nur mit delikaten epistemologischen Problemen verbunden, sondern sieht sich auch einem bekannten Problem der Aufklärung gegenüber: Auch wenn sich analytisch überzeugend zeigen lässt, dass eine mögliche Welt hinsichtlich bestimmter Ziele deutlich überlegen ist, heißt das noch nicht, dass sie auch funktioniert: Wenn sie lediglich dazu beiträgt, bestehende Sinnstrukturen zu zerstören und sie nicht durch neue „funktional äquivalente Alternativen“ (Luhmann 1967, S. 101) ersetzt, verfehlt sie ihre Wirkung. In jedem Fall ist damit zu rechnen, dass sich Forschung, die auf mögliche Welten zielt, dem Vorwurf mangelnder Praxisorientierung ausgesetzt sieht. Ein solcher Vorwurf ist zwar einerseits wenig konstruktiv,
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da er geeignet ist, jede Innovation im Keim zu ersticken. Auf der anderen Seite ist er aber durchaus ernst zu nehmen, weil die Chancen auf Realisierung einer möglichen Welt nicht unabhängig von faktischen Randbedingungen sind. Aus einer wissenschaftstheoretischen bzw. wissenschaftssoziologischen Perspektive liegt zudem der Utopievorwurf nahe, an dem sich vor allem die Kritischen Rationalisten abgearbeitet haben (z.B. Popper 1968). Eine Utopie ist danach die Verheißung einer besseren Welt, in der Realisierungshemmnisse oder unerfreuliche Nebenwirkungen verschwiegen werden. Der Begriff wird in der Sozialphilosophie allerdings auch deutlich positiver gewendet. So spricht Bloch von „begriffener Hoffnung“ (Bloch 1982, S. 5) Es gibt kein Rezept zur Bewältigung der dargestellten Herausforderungen – wohl aber eine Reihe von Maßnahmen bzw. regulativen Ideen. Zunächst ist darauf zu verweisen, dass die Forschung sich ja gewiss nicht allein auf solche möglichen Welten konzentrieren muss, die weit entfernt von der faktischen Welt angesiedelt sind. Vielmehr ist es denkbar, dass eine große Bandbreite angestrebt wird, in der mögliche Welten, die lediglich kleine Veränderungsschritte implizieren, ergänzt werden durch solche, die umfassendere Innovation widerspiegeln. Der Entwurf utopisch anmutender, die langfristige Entwicklung orientierender möglicher Welten kann ja durchaus kombiniert werden mit dem von Popper propagierten „piecemeal engineering“. Auch wenn das Albertsche Brückenprinzip „Sollen impliziert Können“ (Albert 1991, S. 92) hier nicht ganz passt, denn der Entwurf einer möglichen Welt ist ja nicht mit der Aufforderung verbunden, sie zu realisieren, ist doch fordern, dass der Machbarkeit große Aufmerksamkeit gewidmet wird. Dazu sind in jedem Fall die Voraussetzungen und Konsequenzen, die mit einer erfolgreichen Realisierung verbunden sind, umfassend darzustellen. Dabei ist es ein Gebot wissenschaftlicher Redlichkeit, die noch offenen Fragen als solche explizit zu machen. 4.2 Verdeckte Werturteile Wie bereits erwähnt, kann es nicht das Anliegen einer anwendungsorientierten Disziplin sein, beliebige mögliche Welten zu konstruieren. Vielmehr liegt es nahe, sich auf solche Welten zu konzentrieren, die im Hinblick auf bestimmte Zwecke besonders attraktiv zu sein versprechen. Damit stellt sich die Frage, welche Zwecke oder Ziele die Konstruktion anleiten sollen – eine Frage, die in ähnlicher Form bereits den sog. Positivmusstreit in der Philosophie bzw. Soziologie (Adorno et al. 1969) und später die Werturteilsdebatte in der Betriebswirtschaftslehre (z.B. Staehle 1973;
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Schanz 1974; Fischer-Winkelmann 1974) bestimmte. So heftig diese Diskussionen geführt wurden, so rasch ebbten sie später wieder ab. Auf der einen Seite war klar geworden, dass die Wahl des adressierten Problems i.d.R. Interessen involviert und damit ein Werturteil darstellt. Auf der anderen Seite ist dies in einer gestaltungsorientierten Sozialwissenschaft kaum zu vermeiden. In der Betriebswirtschaftslehre ging man wieder zur Tagesordnung über – mit einer dem Zeitgeist angepassten Rhetorik: Die Rede von der Gewinnmaximierung wich dem Streben nach Effizienz oder einer verbesserten Wettbewerbsfähigkeit. In der Wirtschaftsinformatik verhält es sich ähnlich. Dabei kann man es bewenden lassen oder aber die damit verbundene Bevorzugung einzelner gesellschaftlicher Interessen beklagen. Mit der Konzeption möglicher Welten gewinnt die Werturteilsdebatte allerdings eine neue Qualität. Zum einen wird sie relativiert: Mögliche Welten werden ja ausdrücklich nicht empfohlen, sondern als Option dargestellt. Gleichzeitig allerdings betont sie, dass es um mehr geht als um den Einsatz neuer Technologien: eben auch um damit verbundene neue Lebensformen. Während entsprechende Werturteile idealtypisch durch die je Betroffenen zu fällen wären, hat die Wirtschaftsinformatik hier die Aufgabe, die involvierten Interessen sowie die zu erwartenden Auswirkungen auf diese transparent zu machen. Auch hier gilt wieder, dass ggfs. auf die damit verbundene Kontingenz hingewiesen wird. Darüber hinaus ist es m.E. angemessen, dass Wissenschaftler ihre Vorstellung von einer besseren Welt von Zeit zu Zeit explizit machen. Das erlaubt die Identifikation der grundlegenden Werturteile und mag zudem dazu beitragen gängige Muster der opportunistischen Wahl von Forschungszielen durch ein reflektierteres Vorgehen zu ersetzen. 4.3 Wissenschaftliche Begründung Die wohl größte Herausforderung, die mit dem Entwurf möglicher Welten verbunden ist, ist ihre wissenschaftlich überzeugende Begründung. Wissenschaftliche Aussagen sind idealtypisch mit einem Wahrheitsanspruch verbunden. Im naturwissenschaftlichen Weltbild kommt der Korrespondenztheorie der Wahrheit eine zentrale Bedeutung zu, die durch die Konfrontation einer Aussage mit dem realen Phänomen, das sie beschreibt, geprüft wird. Wie bereits dargestellt kann eine mögliche Welt so nicht geprüft werden. Das gilt zum einen, weil sie nicht allein mit einem Wahrheitsanspruch verbunden ist. Zum anderen schließt das Konzept der möglichen Welt gleichsam per definitionem eine empirische Prüfung aus, da es sich ja um eine faktisch nicht existierende Welt handelt. Diesen Schwierigkeiten zum Trotz kann der Anspruch auf Begründung nicht aufgegeben
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werden ohne die Wissenschaftlichkeit zu gefährden. Dazu sind alle nicht evidenten Aussagen, die der Konstruktion einer möglichen Welt zugrunde liegen, explizit zu machen – entweder als Aussagen mit einem Wahrheitsanspruch oder als solche mit dem Anspruch auf Angemessenheit hinsichtlich bestimmter Ziele. Dabei ist jeweils die bestmögliche Evidenz anzustreben. Für einzelne Aussagen kann dazu auf die Konfrontation mit akzeptiertem Wissen (Kohärenztheorie der Wahrheit) oder auf eine diskursive Bewertung (Konsenstheorie) zurückgegriffen werden. Daneben ist auch eine empirische Prüfung einzelner Facetten des Entwurfs denkbar, sofern sie auf Annahmen beruhen, die sowohl in der entworfenen möglichen Welt als auch in der faktischen Welt gelten sollten. Ein Vorschlag zu einer entsprechenden Konfiguration von Forschungsmethoden findet sich in (Frank 2006). In jedem Fall wird ein Rest an Begründungsbedarf bleiben, der nicht allein durch wissenschaftliche Methoden zu schließen ist, sondern durch das (hoffentlich) informierte und reflektierte Urteil derjenigen, die in einer möglichen Welt leben würden.
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Abschließende Bemerkungen
Die in diesem Beitrag diskutierte Konstruktion möglicher Welten stellt kein neues Forschungsprogramm der Wirtschaftsinformatik dar. Vielmehr greift sie wichtige Elemente konstruktionsorientierter Forschung auf und stellt sie in einen größeren epistemologischen wie auch wissenschaftssoziologischen Zusammenhang. Im Unterschied zu den Naturwissenschaften sind von der Wirtschaftsinformatik keine bahnbrechenden Erkenntnisse über ihren Forschungsgegenstand zu erwarten. Im Unterschied zu den Ingenieurwissenschaften wird sie i.d.R. auch keine innovativen Artefakte entwickeln, deren Einsatz einen unmittelbaren Nutzen stiftet und die als „Erfindung“ beeindrucken. Dennoch kann sie einen Beitrag zur Entwicklung neuer möglicher Lebensformen leisten, die vielen Menschen attraktiv erscheinen. Damit betont sie einerseits die wohl vornehmste Aufgabe der Ökonomie, nämlich das Aufzeigen von Wahlmöglichkeiten, andererseits schafft sie dadurch auch neues Wissen: „Wissen über die Gesellschaft ist demnach Verwirklichung im doppelten Sinne des Wortes: Erfassen der objektivierten gesellschaftlichen Wirklichkeit und das ständige Produzieren eben dieser Wirklichkeit in einem.“ (Berger u. Luckmann 1980, S. 71) Und schließlich ergänzt sie das wissenschaftliche Streben nach Wahrheit
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durch die Hoffnung auf eine bessere Welt, die von Rorty als zentrale Orientierung für die Wissenschaften vorgeschlagen wird (Rorty 1994).2
Literatur Adorno T, Albert H et al. (1969) Der Positivismusstreit in der deutschen Soziologie. Luchterhand: Darmstadt Albert H (1991) Traktat über kritische Vernunft. 5., verb. u. erw. Aufl., UTB: Stuttgart Bloch E (1982) Das Prinzip Hoffnung. 1. Bd., 8. Aufl., Suhrkamp: Frankfurt/M Berger PL, Luckmann T (1980) Die gesellschaftliche Konstruktion der Wirklichkeit. Eine Theorie der Wissenssoziologie. Suhrkamp: Frankfurt/M Fischer-Winkelmann WF (1974) Plädoyer gegen die Einbeziehung kryptonormativer Aussagen in die Betriebswirtschaftslehre. In: ZfbF, S 53-62 Frank U (2006) Towards a Pluralistic Conception of Research Methods in Information Systems Research. ICB Research Report, No. 7, Universität DuisburgEssen Hevner AR, March ST, Park J, Ram S (2004) Design Science in Information Systems Research. In: MIS Quarterly, Vol. 28, No. 1, 2004, pp. 75-105 Luhmann N (1984) Soziale Systeme. Grundriß einer allgemeinen Theorie. Suhrkamp: Frankfurt/M Luhmann N (1967) Soziologische Aufklärung. In: Soziale Welt, (18. Jg.), S 97123 Luhmann N (1977) Zweckbegriff und Systemrationalität. 2. Aufl., Suhrkamp: Frankfurt/M Popper KR (1968) Utopie und Gewalt. In: Neusüss, A. (Hg.): Utopie. Begriff und Phänomen des Utopischen. Darmstadt, Berlin, S 313-326 Rorty R (1994) Hoffnung statt Erkenntnis. Eine Einführung in die pragmatische Philosophie. Passagen Verlag: Wien Schanz G (1974) Stellungnahme zu Staehles Plädoyer für die Einbeziehung normativer Aussagen in die Betriebswirtschaftslehre. In: ZfbF, S 47-52 Staehle WH (1973) Plädoyer für die Einbeziehung normativer Aussagen in die Betriebswirtschaftslehre. In: ZfbF, S 184-197 Wittgenstein L (1963) Tractatus logico-philosophicus. Suhrkamp: Frankfurt/M Wittgenstein L (1980) Philosophische Untersuchungen. 2. Aufl., Suhrkamp: Frankfurt/M Zelewski S (2007) Kann Wissenschaftstheorie behilflich für die Publikationspraxis sein? Eine kritische Auseinandersetzung mit den "Guidelines" von Hevner et al. In: Lehner F, Zelewski S (Hg.): Wissenschaftstheoretische Fundierung und wissenschaftliche Orientierung der Wirtschaftsinformatik. GITO: Berlin, S 74-123 2
Diese radikal pragmatische Wende geht m.E. zu weit, ist als regulative Idee aber durchaus reizvoll.
“This page left intentionally blank.”
Explicating Design Theories with Conceptual Models: Towards a Theoretical Role of Reference Models
Michael Schermann, Tilo Böhmann, Helmut Krcmar
Abstract In this paper we outline a new approach for explicating results of IS design research by using conceptual models when formulating theoretical statements. In particular, we argue that applying conceptual reference models in the theory-building process enables design researchers to express their hypotheses and underlying assumptions more accurately. Furthermore, our approach allows researchers to specify empirically refutable statements. We ground our work in the concept of IS design theories as proposed by Walls et al. (1992) and extend their idea twofold: first, based on an analysis of the output types of design research as proposed by March & Smith (1995) we show that conceptual reference models facilitate formulating design-theoretical statements. Second, to facilitate developing concise and elementary testable theory statements, we apply the idea of patterns as proposed by Alexander (1973). Overall, we propose a detailed framework that integrates conceptual reference modeling in the process of theorizing in design-oriented IS research. Thus, we present an important step towards building “own” theories of IS research.
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Introduction
The quest for theoretical foundations in Information Systems research is as old as the discipline itself. For instance, Weber criticized the lack of theoretical orientation in IS research (Weber 1987). He argues that IS researchers have not yet agreed on paradigms. Paradigms provide a commonly
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shared goal of a scientific community (Kuhn 1998). In line with Kuhn (1998), he argues that theories are at the center of scientific paradigms (Weber 1987). Subsequently, Weber demands that IS research should focus on the development and rigorous testing of theories. Weber identifies three main areas for improvement – among them the scientific process of designing and implementing artifacts (Weber 1987). Furthermore, Weber argues that IS researchers have to develop own paradigms and thus own theories. In the same line, many researchers have expressed the importance of design-oriented research for the progress of IS research (e.g. Hevner et al. 2004; March a. Smith 1995; Nunamaker a. Chen, 1991; Winter et al. 2009). For instance, Orlikowski and Iacono (2001) argue that the focus of IS research should be the IT artifact and its performance in practice. Thus, we argue that theories of design research may be the ideal building ground for paradigms in IS research. To facilitate constructing theories in design research we develop a framework to integrate conceptual reference models in the development process of design theories. While the word theory is often used, little agreement can be found when it comes to the structure and components of theories (Popper 2001). According to Popper (2002), a theory is a set of statements claiming universal validity (e.g. all ravens are black). Universal statements can then be transformed to prognoses within a context (e.g. the raven in the yard should be black). Following Gregor (2006), theories in design research express prescriptive statements. However, next to categories for results of design research, little is said e.g. about how such propositions about design should be expressed to facilitate the testing and improvement of design theories (Gregor 2006; Gregor a. Jones 2007). Still, we start by analyzing the concept of design theories as proposed by Walls et al. (1992) and its general categories to answer our first research question: What are the elements of an IS design theory? In the course of answering this question we will develop a first draft of a metamodel that is specifying the elements of an IS design theory. The overall goal of IS design research is to design and implement new artifacts, e.g. new information systems, that facilitate attaining human goals more efficiently or more effectively (Simon 1969). March and Smith (1995) argue that design research produces four types of output: constructs, models, methods, and instantiations. We argue that models are the primary theoretical output of design research. When using the term model we refer to conceptual models, i.e. “representation[s] of selected phenomena in some domain” (Wand a. Weber 2002). Furthermore, we argue that conceptual models, often constructed in a semi-formal graphical language, facilitate a higher degree of non-ambiguity in expressing the statements of a theory. Hence, our second research question is: How does conceptual
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modeling facilitate the process of theory development in IS design research? To answer this question we will review research on conceptual modeling and show in particular how a specific type of conceptual models –reference models– can support the process of theory development. According to Popper, science is the process of trying to refute theories (Popper 2002). Since we want to explicate design theories by using conceptual models we have to evaluate them to substantiate or refute the underlying design hypotheses. We argue that ultimately evaluating the prescriptive statements of a conceptual model requires developing a corresponding instantiation. Since IS artifacts tend to be large applications in a complex socio-technical environment, evaluation is impeded by a large number of confounding factors. Hence, Markus et al. (2002) structure design theories by forming concise design propositions. To transfer the concept of design propositions into conceptual models, we propose applying the idea of patterns, as described in Alexander (1973). Hence, our third research question is: How does a pattern-based approach support developing theories in IS design research? To answer this research question we extend the meta-model of research question one with the constructs required by the pattern approach. The remainder of this paper is organized as follows. In the following section we review existing research on design theories in IS research. The result of that section is a meta-model that represents the components of IS design theories. Subsequently, we incorporate conceptual models in the development process of design theories. For this purpose, we introduce the pattern idea as outlined in Alexander (1973) and Alexander (1979). In the fourth section we apply our approach by explicating three aspects of a design theory on IT service data management systems. The paper closes with a critical appraisal of our work and an outlook to future research activities. Fig. 1 depicts the line of arguments of this paper.
Fig. 1. The line of arguments in this paper
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This paper is of exploratory and conceptual nature. Hence, we provide argumentative support when answering our research questions. However, we base our arguments upon available empirical and conceptual research results.
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Design Theories in Information Systems Research
In this section we discuss existing research on design theories in IS research. Secondly, we analyze the structure of design theories and summarize it as a meta-model. Finally, we identify two weaknesses in the current structure of design theories. First, no guidelines are available on how to structure concise design statements. Second, current design theories are explicated using natural languages. 2.1 Design Theories in Information Systems Research Designing and developing new information systems to improve business processes or to enable new ways of doing business is an integral part of work for both IS researchers and IS practitioners (Hevner et al. 2004; Mertens 1995). From a design research perspective, the pivotal research objectives of IS researchers is to provide theories that guide the development of efficient and effective information systems (Gregor 2006). The term design theory is not without discussion within design-oriented IS research. On the one hand, March and Smith (1995) and Hevner et al. (2004) reserve the term theory to natural and social sciences. A theory is described as a set of hypotheses, which claim to explain or predict phenomena (Popper 2002). From this perspective, design research is about applying theories from natural and social sciences to solve perceived problems. On the other hand, various researchers recognize the importance of theoretical work in design research (Gregor 2006; Walls et al. 1992). Generally, the process of design is understood as planning, specifying, and subsequently implementing artifacts (Simon 1969). As design research aims at providing solutions to perceived problems (Hevner et al. 2004), the central focus is to support the specification and development of future artifacts (Frank 1998b; Walls et al. 1992). Thus, design theories aim at providing guidance on how to solve a specific problem by claiming that “if acted upon, [they] will cause an artifact of a certain type to come into being” (Gregor 2006). Hence, formulating design specifications is similar to formulating theories, as they postulate specific effects of yet to be built artifacts (Chmielewicz 1979). Subsequently, design theories are refuted or
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substantiated by instantiating the design specifications within the intended domain (Walls et al. 1992). As the designed artifacts are going to be deployed in a certain environment, the ability of attaining the goals is determined by the governing natural and social laws of that environment. Hence, many researchers demand a multidisciplinary approach in design research (Gregor 2006; Nunamaker a. Chen 1991). Thus, developing design theories requires considering existing theories, e.g. explanatory, predictive and normative theories from natural or social sciences: “The prescriptive plane [of design theories] provides the common ground for integrating these different types of theories” (Walls et al. 1992). The constraints and intended applications of these underlying theories influence the properties of the resulting artifact and provide the base for evaluating the quality of the artifacts and thus the design theory itself. 2.2 Structure of Design Theories in IS Research In this section, we analyze the structure of IS design theories as proposed by Walls et al. (1992). Various authors have applied design theories as a vehicle for capturing and formulating design propositions that describe how information systems should be build (Jones a. Gregor 2006; Markus et al. 2002; Moor 2005)1. Design theories consist of two types of design propositions (see Fig 2): first, the design product specifies the properties the artifact has to possess to meet certain requirements, as well as propositions on how to test the quality of this relationship. Second, the design process describes the sequence of activities that is required to design an artifact in the way that it meets the stated requirements (Walls et al. 1992).
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Please refer to Walls et al. (1992) for the following paragraphs. Gregor and Jones (2007) describe a similar structure of design theories. However, their elements can be mapped to the elements of a design theory as proposed by Walls et al. (1992).
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The design product itself consists of four elements: In the element class requirements the design theory developer specifies the problem and subsequently the goals the design theory is supposed to attain. In the element artifact, the theory developer specifies the structural and functional properties and characteristics of the intended artifact2. The element kernel theories references existing theories, e.g. from social science or mathematics, that constrain class requirements. The final element of the design product is a collection of testable hypotheses that allow evaluating the capability of the class design to meet the class requirements.
Fig. 2. Structure of design theories according to Walls et al. (1992)
The second component design process can be mapped to the same elements: The element design method is specifying the process of designing the intended artifact in a way that the artifact meets the specified requirements. Again, the element kernel theory refers to existing theories that determine or influence the design process. The element hypothesis refers to propositions that can be derived from the design process and their underlying kernel theories and allow evaluating whether applying the design method results in the intended artifacts. As Fig. 2 shows, design theories capture design knowledge and experience in the form of design propositions on both the artifact and its construction process. Design theories are the composition of “…user requirements, a type of system solution (with distinctive features), and a set of effective development practices” (Markus et al. 2002). Overall, our analysis of the structure reveals two weaknesses of IS design theories. First, the structure of kernel theories, requirements, design, 2
Walls et al. (1992) use the prefix meta for requirements and design to denote that both aspects refer to a class of artifacts instead of a specific artifact (e.g. retail information systems versus the retail information system for company ABC). However, we argue that using the prefix meta is misleading as both requirements and design refer to a class of systems. Thus, in the remainder of this paper we will refer to both elements as class requirements and class design.
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and hypotheses remains abstract. There are no guidelines on how to structure concise design statements (Markus et al. 2002). Second, March and Smith (1995) suggest that design research creates multiple types of artifacts. However, design theories do not incorporate such classifications of IS artifacts (e.g. March et al. 2000). Third, available examples of design theories are explicated in natural language and thus are presented in a nonambiguous manner (Markus et al. 2002; Moor 2005; Puhakainen 2006).
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Framework for Developing Design Theories Using Conceptual Models
In this section, we first argue that conceptual models and in particular conceptual reference models are theoretical design artifacts and provide semiformal representation techniques for design theories. Second, we introduce the idea of patterns to contribute twofold: to provide guidance when developing design propositions and to reduce the complexity of conceptual models. The result of this section is a framework for constructing IS design theories based on conceptual models and the idea of patterns. 3.1 Conceptual Reference Models as the Theoretical Artifact in Design Research As we have discussed above, design theories consists of both an artifact and its design process. Concerning the design process Nunamaker & Chen (1991), proposes five phases of design-oriented research: construction of a conceptual framework, development of a system architecture, analysis and design of the system, implementation of the system, and evaluation of the system (see Fig. 3). Concerning the classification of design products, March and Smith (1995) distinguish between four types of artifacts: constructs, methods, models, and instantiations. Walls et al. (1992) argue that design research results can be substantiated “only by construction of the artifact” (Walls et al. 1992). Hence, we argue that all four types of research outputs are necessary to develop artifacts. Constructs are necessary to describe certain aspects of a problem domain and provide the terminology of the research project. Models depict problems and solutions in the domain: “they are set[s] of propositions or statements expressing relationships among constructs” (March a. Smith 1995). In the context of design research, models represent solutions and thus contain the design statements of the research project. Instantiations are the realization of a model as they “operationalize con-
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Methods
structs, models, and methods” (March a. Smith 1995). Although, methods are necessary to develop all types of artifacts, we omit the discussion of methods, as they are a composite artifact of a language formed of constructs and a process model (March a. Smith 1995). Instantiation of methods are processes within specific organizations (Greiffenberg 2004).
Fig. 3. Mapping of Design research results with design research phases
Fig. 3 depicts a mapping of the discussed types of IS design artifacts to the phases of design research as suggested by Nunamaker and Chen (1991). As it can be seen, constructs and models map to conceptual phases in design research. Models depict a solution, i.e. a prescription of what to do to attain a certain goal. Hence, models abstract form the necessary adaptations, which have to be incorporated when developing and introducing an instantiation. In particular, a specific type of conceptual models – conceptual reference models- qualify for taking up the role of theoretical artifact in IS design research. The term conceptual reference model (short: reference model) has been adopted to denote best practices in process design, systems design, and software design (Becker a. Knackstedt 2002; Fettke and Loos 2004). Reference models are semantically and pragmatically generalized models. They are constructed for reuse (Loos a. Fettke 2005), e.g. as framework or architecture of application models (Rosemann a. Schütte 1997). Reference models can therefore be used as a starting point for developing information systems or organizational design (Becker et al. 2002). Designers can refer to reference models when developing specific models, implying that reference models provide recommendations for solving application problems. Furthermore, reference models can be seen as blueprints for ac-
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celerating problem-solving (Becker a. Schütte 2004; Misic a. Zhao 2000). Furthermore reference models can be seen as proposals for standardization or as a result of a standardization process (Misic a. Zhao 2000). According to Becker and Schütte development and application of reference models is motivated by the prospect of reducing cost, enhancing revenues, or minimizing risks (Becker a. Schütte 2004). Thus, inherent to the term “reference model” is a claim that the model comprises knowledge that is useful in the design of specific solutions for a particular domain. From an empirical standpoint, this claim of utility is demonstrated through successful applications of the model (Frank 1998a). Overall, the claim of reference models is linked to their application in the design and implementation of solutions for different contexts. Therefore, we argue that reference models are the central theoretical artifacts in IS design research. Additionally, there are also pragmatic reasons for expressing design theories by employing reference modeling. Conceptual models are usually constructed in a semi-formal graphical modeling language. Thus, they provide a restricted vocabulary. Furthermore, often conceptual modeling incorporates a multi-perspective approach to facilitate communication between stakeholders (Wand a. Weber 2002). In sum, we argue that expressing design theories by employing reference models is a beneficiary approach. 3.2 Patterns as a Useful Way to Structure Design Theories Based on Conceptual Models Reference models tend to be very complex, as the work of Becker & Schütte (2004) or Scheer (1998) demonstrates. Furthermore, reference models generally focus on providing complete design proposals. To employ conceptual modeling in the development process of design theories it is necessary to decompose conceptual models to small and concise entities. Therefore, we apply Alexander’s pattern approach (Alexander 1973). Alexander’s foundational conceptualization of design is that “good” design resolves perceived misfits within a context (Alexander 1973). Originally developed in the field of architecture, patterns have been applied to many domains (Gamma et al. 1994; Schumacher 2003). To facilitate good design, design requirements are deconstructed in a hierarchical manner. A certain aspect of the design solution will meet each requirement. Alexander’s main argument is that design issues can be solved by combining coherent and modular solutions to specific problems (Alexander 1973). These coherent solutions are called patterns (Alexander 1973; Al-
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exander 1979). A pattern generally comprises the following elements (Buschmann et al. 1998): x The context comprises causes which lead to the problem described in a pattern and the conditions under which the problem occurs. The context should support assessing the relevance of a pattern. x The problem describes contradictions causing the perceived misfits in the context of the pattern. These aspects of the problem are often called forces (Buschmann et al. 1998). x The next section of a pattern explains the proposed solution by describing how to dissolve the forces described before. An illustration of consequences of applying the pattern is given as well. x The closing section of a pattern is composed of references to related patterns. As patterns are rarely used independently, Alexander broadens the pattern idea to a system of interrelated patterns that he calls a pattern language (Alexander 1979). The semantic power of such pattern languages is determined by the references between patterns, which consequently allow capturing solutions for more complex problems. Overall, patterns are coherent design entities that describe a solution to a specific problem in the sense of design principles as proposed by Markus et al. (2002). Decomposing design theories into patterns enables identifying the design propositions. Furthermore, concise patterns allow evaluating design statements (i.e. construct of the pattern language) separately and thus derive more concise and elementary evaluation objectives. Therefore, the idea of pattern languages facilitates reconstructing dependencies between different elements of a design theory and thus supports the identification of core elements. By stating consequences for application of the pattern solution, patterns facilitate explaining the impact of applying a design proposition as well as formulating hypotheses on its benefit. 3.3 Framework Based on the concept of patterns we can now extend the meta-model of section 3.2 to incorporate reference modeling in design theory development. A design theory consists of design theory patterns. These patterns reference each other and thus form a pattern language. Please note that these references can point to other theories as well3. A design theory pattern consists of a context, a problem, and a solution, i.e. a design statement ex3
Of course, reconstructing the theory as a set of patterns would be necessary.
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pressed by a conceptual model. The context refers to kernel theories that apply to the specific pattern.
Fig. 4. Structure of pattern-based design theories
As Fig. 4 reveals, it is not required to assign kernel theories. Walls et al. (1992) argue that in information systems it might not be possible to identify appropriate kernel theories. Hence, Markus et al. broaden the definition of kernel theory to include theories-in-use (e.g. Sarker a. Lee 2002). The problem describes forces that are the result of user requirements. The conceptual model depicts a solution (either by specifying an artifact or a method) and resolves these forces and propose certain consequences when applying it. These consequences, either good or bad, are the basis for testable hypotheses. The process of constructing patterns can be found e.g. in Schumacher (2003). In sum, this framework enables specifying design theories using reference models. The pattern approach facilitates deriving concise design propositions. Thus, we have answered research questions two and three on how to facilitate developing design theories.
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Towards a Design Theory for IT Service Data Management Systems
In the following we apply our framework by explicating a design theory for IT service management systems.
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4.1 Introduction to the IT Service Management The IT services industry will likely have a worldwide market volume of about US$ 760bn. by 2009 (Hale et al. 2005). As IT services (i.e. services that rely on information technology) become more and more complex, systematic development and efficient delivery of IT services is an important requirement (Bullinger et al. 2003). IT service providers face challenges similar to that of industrial enterprises: establishing an integrated management of services throughout their lifecycle across different stages of the service value chain (Da Rold et al. 2005). Hence, an integrated view on all aspects of service engineering and delivery is needed. We call this view IT service data management (Böhmann 2004; Böhmann et al. 2004). 4.2 Aspects of a Design Theory for IT Service Data Management Fig. 5 summarizes three fundamental aspects of the IT-SDM design theory. The objective of IT-SDM is to facilitate requirements determination for IT service data management by specifying key domain concepts and their relationships. In the following, we focus on three key patterns that define building blocks for mass-customized IT solutions: the Service Architecture, the Service Module, and the Service Level Agreement. These patterns form three design theory patterns of our design theory.
Fig. 5. The IT-SDM design theory patterns
The following tables show these design theory patterns in more detail4. Table 1. The pattern Service Architecture
Service Architecture 4
A more detailed description of the patterns would go beyond the scope of this paper.
Explicating Design Theories with Conceptual Models Context (with theoretical references) Problem (with forces)
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Similar to industrial products, IT services are complex systems of various functionalities that are provided by many internal organization units and sub-providers. In industrial production industry, product architectures are used to componentize product elements (Scheer 1998) and thus reduce coordination costs (Coase 1937). This idea also has been transferred to software engineering (Pohl et al. 2005). x Mass-customization for IT services (Böhmann 2004) requires standardized service elements that can be combined. x Many stakeholders, e.g. marketing, sales, and engineering, have different views on IT services. x Especially managing long-term IT services requires considering existing service contracts and their impact on the service infrastructure.
Conceptual Model (ERM)
Consequences (testable hypotheses)
References
x x x x x
The differentiation in architecture, catalogue, and configurations reduces coordination costs between stakeholders in IT service engineering and delivery. Service architectures allow mass customization of IT services. Service architectures enable tracking of impacts of possible changes in the service capabilities. Product Architectures, e.g. (Scheer 1998) (external prerequisite) Service Module (prerequisite)
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Table 2. The pattern Service Module Service Module Context (with theoretical references) Problem (with forces)
Modern IT services are complex sets of functionalities and rely on technical, organizational, and human resources. Thus, services can be characterized as complex systems (Bunge 1977; Ropohl 1979). Efficient management of such complex systems requires mechanisms to reduce complexity (Baldwin a. Clark 2000). x Decomposing service functionality requires describing visible and accessible characteristics. x The dependencies between service functionalities have to be identified and documented.
Conceptual Model (ERM)
Consequences (testable hypotheses)
References
x x x x
IT service can be decomposed in service modules (Böhmann 2004). It is possible to develop standardized definitions of IT services by specifying an interface. It is possible to develop service products from standardized service module interfaces. Meta-model of BWW-constructs (Rosemann a. Green 2002) (external prerequisite)
Explicating Design Theories with Conceptual Models
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Table 3. The pattern Service Level Agreement Service Level Agreement Context (with theoretical references) Problem (with forces)
Efficient service delivery has to provide the contracted service functionality at the agreed quality (Bullinger et al. 2003; Sturm et al. 2000). However, services generally do not exhibit characteristics that customers can inspect prior to acquiring a service (Böhmann 2004). Furthermore services rely on the integration of external factors, e.g. input of the service cusomer (Burr, 2004). x Integration of external factors requires definition of responsibilities of service provider and service client. x Contracting services require defining the outcome of the service contract. x As services change over time, the quality definitions have to change as well. x Services have various states that result in different quality requirements.
Conceptual Model (ERM)
Consequences (testable hypotheses) References
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x x x x x
Service quality can be described as a set of objectives that are measured and assigned to specific parties. It is possible to measure each service quality criterion. All types of IT services have distinct states, e.g. maintenance, operating, etc. Web Service Level Agreements (Ludwig et al. 2003) (external prerequisites) Service Module (prerequisite)
Conclusion
In this paper, we have first analyzed the concept of design theories. Secondly, we identified reference models as the central theoretical type of IS artifacts and subsequently proposed expressing IS design theories using reference models. To facilitate the development of concise design propositions we have incorporated the idea of patterns. Thus, our framework enables researchers to realize the following benefits: x Decomposing existing reference models into coherent patterns reduces the complexity of the resulting design theory. Patterns can be evaluated individually by testing the provided hypotheses. For instance, research on the pattern Service Architecture has shown that the subsequent archi-
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tecture management efforts will be mainly beneficial for large IT services providers (Böhmann 2004). The references between patterns help to analyze the immutable core of the theory: the “deep structure” (Weber 1987). The patterns show existing links to design theories and hence help to build up a theory network (Balzer et al. 1987). Patterns can be applied individually and reduce the overhead of learning and adaptation. Thus, the individual utility of a design theory can be determined more easily. Results from evaluating design propositions will lead to local changes in the patterns. Thus, our approach facilitates the incremental enhancement of design theories. There is a rich body of literature on methods, tools, and knowledge on how to construct, apply, and manage reference models (Becker a. Delfmann 2004; Becker et al. 2004; Becker a. Knackstedt 2002) and conceptual models in general (Janiesch a Brelage 2005; Lindland et al. 1994; Pfeiffer 2007). As we have shown, this body of literature could be applied to suggest and develop “own” theories in design-oriented IS research. However, there are some limitations to our approach as well: We could not yet identify any patterns describing the design process, which is necessary to formulate a complete design theory. Existing approaches on how to develop management information systems could be analyzed and adapted for the specific requirements of the IT service industry. As we have discussed, evaluating design propositions requires instantiating and adapting the model and test the instantiation. As models are interpreted and then implemented in a technical environment, many confounding factors may apply. However, recent approaches in software engineering such as model driven development may provide a solution for that problem. Our framework represents a semi-formal approach to specifying design theories. To facilitate a more formal theory development, metatheoretical programs from philosophy of science could be applied. For instance, philosophical Structuralism could facilitate formalizing the structure of design theories (Balzer et al. 1987). Currently, we apply conceptual models to depict the solution sections of the design propositions. However, they could be used to describe other sections as well. For instance, Rossi et al. proposed a modeling approach for rationales, which could be applied to model the forces of the patterns (Rossi et al. 2004).
Explicating Design Theories with Conceptual Models
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However, these limitations do not corrode our approach. Thus, future work will include addressing the above-mentioned limitations as well as developing a more fine-grained design theory of IT service data management. Overall, our research proposes an approach to exploit the rich body of knowledge on conceptual modeling in general and reference modeling in particular for enhancing the theoretical level of design-oriented research in the IS discipline (Chmielewicz 1979). Furthermore, expressing results of design-research via reference models helps to present concise and elementary design propositions, which in turn help to communicate these results effectively (Gregor a. Jones 2007; Lyytinen et al. 2007).
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Entwicklung eines Bezugsrahmens für Konstruktionsforschung und Artefaktkonstruktion in der gestaltungsorientierten Wirtschaftsinformatik
Anke Gericke, Robert Winter
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Einleitung
Die deutschsprachige Wirtschaftsinformatik (WI) versteht sich primär als eine konstruktionsorientierte Forschungsdisziplin, die auf die Gestaltung von Informationssystemen (IS) fokussiert (Lange 2006, S. 25 ff., Wilde u. Hess 2007, S. 280, Becker et al. 2008, S. 6).1 Primäres Gestaltungsziel ist dabei die Nützlichkeit, d. h. die konstruierten Artefakte (z. B. vom Typ Modell oder Methode) sollen konkrete, relevante Probleme der Informationssystem-Verwendung lösen (Becker u. Pfeiffer 2006, S. 2, Wilde u. Hess 2007, S. 281). Die einzelnen Forschungsergebnisse der gestaltungsorientierten WI sind oft nicht direkt vergleich- und integrierbar. Dies ist u. a. auf die zunehmende Ausdifferenzierung in verschiedene Teildisziplinen sowie die zunehmende Internationalisierung der WI-Forschung zurückzuführen (Frank 2003, S. 281). Aus dieser Problemstellung heraus begründet sich die Notwendigkeit für einen strukturierenden Rahmen, mit dessen Hilfe die einzelnen Forschungsergebnisse zueinander in Beziehung gesetzt werden können (Grochla 1976, S. 620 f., Kubicek 1977, S. 197). Dieser Argumentation folgend ist es Ziel dieses Beitrags, einen Bezugsrahmen für die gestaltungsorientierte WI zu erarbeiten sowie den aktuellen Forschungsstand der in diesem Rahmen aufgeführten Forschungsgebiete zu umreißen.
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In der Literatur werden die Begriffe Gestaltung und Konstruktion i. A. synonym verwendet (vgl. z. B. (Lange 2006, S. 99, Wilde u. Hess 2007, S. 280, Becker et al. 2008, S. 5)). Der vorliegende Beitrag folgt diesem Verständnis.
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Anke Gericke, Robert Winter
Der vorliegende Beitrag gliedert sich wie folgt: Zunächst werden die verschiedenen Forschungsgebiete der gestaltungsorientierten WI differenziert sowie ein Bezug zur Design Science Research-Forschung hergestellt, die als Pendant der gestaltungsorientierten WI in der angelsächsischen Forschungsgemeinschaft angesehen werden kann. Danach werden die verschiedenen Typen von Artefakten näher erläutert. Basierend auf diesen Ausführungen wird in Kapitel 4 ein Bezugsrahmen für die gestaltungsorientierte WI aufgestellt sowie der aktuelle Forschungsstand in den einzelnen Teilgebieten skizziert. Der Beitrag schließt mit einer kurzen Zusammenfassung und einem Ausblick.
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Forschungsgebiete der gestaltungsorientierten Wirtschaftsinformatik
2.1 Differenzierung von Konstruktionsforschung und Artefaktkonstruktion Im Rahmen der gestaltungsorientierten WI lassen sich verschiedene Arten von Forschungsbeiträgen unterscheiden (Hevner et al. 2004, S. 87). Zum einen besitzen Beiträge, die sich mit der Fundierung der Konstruktion und der Fundierung der Evaluation auseinandersetzen, eine hohe Bedeutung. Zum anderen werden auch Beschreibungen konkreter Artefaktkonstruktion als valide Forschungsbeiträge angesehen. Basierend auf dieser Feststellung lässt sich die gestaltungsorientierte WI in Anlehnung an Cross (2001, S. 52 f.) in zwei Forschungsgebiete unterteilen: die (1) Konstruktionsforschung und die (2) Artefaktkonstruktion. Die Konstruktionsforschung beschäftigt sich mit der Frage, wie Artefakte konstruiert und evaluiert werden sollen. Hierzu wird nochmals eine Unterteilung vorgenommen: Einerseits können sich Forschungsbeiträge mit der Konstruktion im engeren Sinne auseinandersetzen, z. B. mit Konstruktionsprozessen für oder Adaptionsmechanismen von Artefakten. Andererseits können Forschungsbeiträge die Evaluation von Artefakten adressieren (Hevner et al. 2004, S. 87). Im Gegensatz zur Konstruktionsforschung zielt die Artefaktkonstruktion auf die Gestaltung und Evaluation konkreter „nützlicher Artefakte“ zur Lösung von Problemen mit IS-Bezug (Hevner et al. 2004, S. 87). Sowohl in der gestaltungsorientierten WI wie auch in anderen Forschungsdisziplinen, z. B. der Organisationstheorie (vgl. (Fiedler 1964)), wurde festgestellt, dass Lösungen, die für den Einsatz in vielen verschiedenen Situationen vorgesehen sind, oftmals nicht zum Erfolg führen, und deshalb situative Ansätze Anwendung finden sollten. In Bezug auf die Konstrukti-
Bezugsrahmen für Konstruktionsforschung und Artefaktkonstruktion
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on und Evaluation situativer Artefakte kann der Argumentation von Fettke und Loos (2005, S. 22) folgend eine weitere Differenzierung von Forschungsthemen vorgenommen werden: Innerhalb der Artefaktkonstruktion können Beiträge, die sich mit der Konstruktion und Evaluation generischer Artefakte beschäftigen, von solchen Beiträgen abgegrenzt werden, die auf die situative Anpassung generischer Artefakte abzielen. Die Konstruktion und Evaluation generischer Artefakte sollte Adaptionsmechanismen umfassen, die es erlauben, die Anpassung der generischen Artefakte an verschiedene Problemstellungen vorzunehmen. Wird dann eine solche Anpassung für eine konkrete Problemstellung vorgenommen, so fällt dies in den zweiten Themenblock: Ein generisches Artefakt wird situativ angepasst, wodurch ein spezifisches Artefakt für eine konkrete Problemstellung entsteht. Nach der Konstruktion und Evaluation eines generischen Artefakts sowie der situativen Anpassung eines solchen Artefakts kann das entstandene, spezifische Artefakt in einem konkreten Projekt eingesetzt werden. Diese Phase des Einsatzes wird jedoch nicht mehr als Forschungsgebiet der gestaltungsorientierten WI angesehen. 2.2 Verhältnis der Design Science Research-Forschung zur gestaltungsorientierten Wirtschaftsinformatik Neben der deutschsprachigen WI hat sich, dominiert von Forschenden in den USA, in verschiedenen Forschungsgemeinschaften die Information Systems-Forschung etabliert, die als Schwesterdisziplin der WI angesehen werden kann (Becker u. Pfeiffer 2006, S. 2, Wilde u. Hess 2007, S. 280). Im Gegensatz zur deutschsprachigen WI verfolgt die Information SystemsForschung primär einen verhaltensorientierten Forschungsansatz. Die Fokussierung auf die jeweiligen Forschungsansätze (gestaltungs- vs. verhaltensorientiert) ist auch heute noch vorherrschend (Wilde u. Hess 2007, S. 285). Gleichwohl finden sich in jüngerer Zeit in beiden Forschungsdisziplinen immer häufiger Arbeiten, die dem jeweils anderen Ansatz verstärkt Beachtung schenken. Dies wird insbesondere in Form der Design Science Research Community offensichtlich, die Bestandteil der Information Systems-Forschung ist, jedoch einen explizit gestaltungsorientierten Ansatz verfolgt (vgl. z. B. (March u. Smith 1995, Hevner et al. 2004)). Zwar verwendet Cross (2001) für die Differenzierung zwischen Konstruktionsforschung und Artefaktkonstruktion (vgl. Kap. 2.1) die Begriffe „Science of Design“ und „Design Science“. Um im Rahmen der gestaltungsorientierten WI keine neuen Begriffe einzuführen, werden hier die im Design Science Research bereits verwendeten, wenn auch semantisch noch
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Anke Gericke, Robert Winter
nicht vollkommen einheitlich belegten Begriffe „Design Science“ und „Design Research“ als Pendant zur Konstruktionsforschung und zur Artefaktkonstruktion verwendet. Die Design Science Research-Disziplin umfasst somit Design Science und Design Research.
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Artefakttypen der gestaltungsorientierten Wirtschaftsinformatik
Eine Vielzahl von Referenzen zeigt, dass sich in der gestaltungsorientierten WI die von March und Smith (1995) vorgeschlagene Unterscheidung der Artefakttypen Konstrukt, Modell, Methode und Instanz etabliert hat (vgl. z. B. (Vahidov 2006, vom Brocke u. Buddendick 2006)). Konstrukte konstituieren die Sprache, in der Probleme und deren Lösungen definiert und kommuniziert werden (March u. Smith 1995, S. 256). Sie umfassen somit Modellierungssprachen und Ontologien (Hevner et al. 2004, S. 87). In der gestaltungsorientierten WI werden Modelle als Repräsentationen von Problemen oder Lösungsräumen definiert, wobei hierfür auf Konstrukte zurückgegriffen wird (March u. Smith 1995, S. 256 f., Bichler 2006, S. 133). Methoden beschreiben ein Vorgehen, wie ein bestimmtes Problem zu lösen ist (March u. Smith 1995, S. 257, Hevner et al. 2004, S. 79). Unter Instanzen werden problembezogene Umsetzungen von Konstrukten, Modellen und Methoden verstanden. Auch Informationssysteme fallen als Aggregate implementierter Konstrukte, Modelle und/oder Methoden unter den Instanzbegriff (March u. Smith 1995, S. 258, Vahidov 2006, S. 20). Trotz dieser etablierten Typisierung gehen aktuelle Arbeiten über die vier vorgestellten Artefakttypen hinaus. Um diese aktuellen Entwicklungsrichtungen darstellen zu können, soll auf die Klassifikation von Forschungskonzeptionen nach Chmielewicz (1994, S. 8 ff.) zurückgegriffen werden.2 Er unterscheidet (1) Begriffe („Begriffslehre“), (2) Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge („Theorien“), (3) Ziel-Mittel-Zusammenhänge („Technologien“) sowie (4) normative Aussagen bzw. Zielsetzungen („Philosophie“). Ausgehend von dieser Klassifikation können Artefakte des Typs Konstrukt den Begriffen zugeordnet werden. Mit Hilfe von Modellierungssprachen, d. h. Konstrukten, werden sowohl Modelle als auch Methoden beschrieben (March u. Smith 1995, S. 256 f., Höfferer 2007, S. 1622 f.). 2
Für eine Verwendung der Forschungskonzeptionen von Chmielewicz (1994) in der Wirtschaftsinformatik vgl. z. B. (Gehlert 2006).
Bezugsrahmen für Konstruktionsforschung und Artefaktkonstruktion
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Modellierungssprachen fokussieren auf die Definition der Syntax und der Notation. In Ergänzung dazu können Ontologien eingesetzt werden, um die Semantik zu definieren (Karagiannis u. Höfferer 2006 S. IS-32 f., Saeki u. Kaiya 2006, S. 3). Weiterhin können Artefakte des Typs Modell und Artefakte des Typs Methode den Ziel-Mittel-Zusammenhängen sowie Artefakte des Typs Instanz den konkreten Zielsetzungen nach Chmielewicz (1994) zugeordnet werden (vgl. Abb. 1). Forschungskonzeptionen in Anlehnung an Chmielewicz (1994)
Artefakttypen der gestaltungsorientierten WI
Zielsetzungen („Philosophie“) Ziel-Mittel-Zusammenhänge („Technologie“) Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge („Theorie“) Begriffe („Begriffslehre“)
Instanz Modell
Methode
Theorie
Konstrukt
Abb. 1. Zuordnung der Artefakttypen der gestaltungsorientierten WI zu den Forschungskonzeptionen von Chmielewicz (1994)
Mittels der in Abb. 1 dargestellten Analogie zwischen den Artefakttypen der gestaltungsorientierten WI und den Forschungskonzeptionen nach Chmielewicz (1994) werden im Folgenden drei aktuelle Diskussionen aufgriffen. In der Design Science Research-Forschung wird diskutiert, ob und, wenn ja, in welcher Form3 Theorien als Artefakte der gestaltungsorientierten Forschung angesehen werden können (vgl. z. B. (Venable 2006, Kuechler u. Vaishnavi 2008)). Die in Abb. 1 visualisierte Analogie ist ein Indikator dafür, eine Theorie als einen Artefakttyp der gestaltungsorientierten WI zu akzeptieren. Theorien stellen als validierte UrsacheWirkungs-Zusammenhänge eine wichtige Grundlage für die Spezifikation von Ziel-Mittel-Zusammenhängen, also Modellen und Methoden dar. 3
Vgl. hierzu die Ausführungen in (Kuechler u. Vaishnavi 2008), die den Begriff der Mid-Range-Theorien einführen und diese zwischen die Ursache-Wirkungsund Ziel-Mittel-Zusammenhänge (Chmielewicz 1994, S. 8 ff.) platzieren.
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Anke Gericke, Robert Winter
Eine weitere aktuelle Diskussion adressiert den Zusammenhang zwischen Modellen und Methoden und widmet sich der Frage, ob beide Artefakttypen zwei Sichten auf denselben zugrunde liegenden Gegenstand darstellen (vgl. (Bucher et al. 2009)). Diesbezüglich legt die dargestellte Analogie eine Ähnlichkeit zwischen Modellen und Methoden nahe, da es sich bei beiden Artefakttypen um Ziel-Mittel-Zusammenhänge handelt. Schließlich wird durch Abb. 1 explizit deutlich, dass zwischen den ursprünglich als gleichwertig nebeneinander stehenden Artefakttypen logische Zusammenhänge bestehen. Diese Erkenntnis kann dazu genutzt werden, entsprechende Differenzierungen in der Konstruktionsforschung bzw. der Artefaktkonstruktion vorzunehmen.
4
Bezugsrahmen für die gestaltungsorientierte Wirtschaftsinformatik
4.1 Aufstellung eines Bezugsrahmens Basierend auf den Ausführungen der vorangegangenen Abschnitte wird im Folgenden ein Bezugsrahmen für die gestaltungsorientierte WI abgeleitet. Der Argumentation in Kap. 2 folgend wird die gestaltungsorientierte WI zunächst in die Konstruktionsforschung und die Artefaktkonstruktion unterteilt (vgl. „1“ in Abb. 1). Innerhalb der Konstruktionsforschung können wiederum die Fundierung der Konstruktion und die Fundierung der Evaluation unterschieden werden (vgl. „2“ in Abb. 2). Im Gegensatz dazu erfolgt in der Artefaktkonstruktion die Differenzierung zwischen der Konstruktion und Evaluation generischer Artefakte einerseits sowie der situativen Anpassung ebendieser Artefakte andererseits (vgl. „3“ in Abb. 2). Schließlich lassen sich entsprechend den Ausführungen in Kap. 3 sowohl in der Konstruktionsforschung wie auch in der Artefaktkonstruktion vier Artefakttypen unterscheiden (vgl. „4“ in Abb. 2). Die Kombination dieser vier Differenzierungen führt zum in Abb. 2 dargestellten Bezugsrahmen.
Gestaltungsorientierte WI (Design Science Research)
Bezugsrahmen für Konstruktionsforschung und Artefaktkonstruktion
Konstruktionsforschung (Design Science)
Konstrukt
Modell
Methode
Instanz
Fundierung der Evaluation
Konstrukt
Modell
Methode
Instanz
Konstruktion und Evaluation generischer Artefakte 3 Situative Anpassung generischer Artefakte
Konstrukt
Modell
Methode
Instanz
Konstrukt
Modell
Methode
Instanz
Fundierung der Konstruktion 2
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4
4
1
Artefaktkonstruktion (Design Research)
4
4
Abb. 2. Bezugsrahmen für die gestaltungsorientierte WI
4.2 Aktueller Forschungsstand der Konstruktionsforschung Mit der Fundierung der Konstruktion der verschiedenen Artefakttypen beschäftigen sich verschiedene Forschungsdisziplinen. Hierzu gehören die Metamodellierung und die Ontologiekonstruktion (Fokus auf Konstrukte), die Referenzmodellierung (Fokus auf Modelle), das MethodenEngineering (Fokus auf Methoden) sowie das Information Systems Engineering (Fokus auf Instanzen).4 Innerhalb der einzelnen Forschungsdisziplinen werden verschiedene Schwerpunkte in Bezug auf die Fundierung der Konstruktion gesetzt. Bisher hat die Metamodellierung ihren Fokus auf die Syntax und Notation von Modellierungssprachen gelegt (sog. sprachbasierte Metaisierung, vgl. (Strahringer 1998, S. 16 f.)). Weiterhin hat sie sich mit dem Vorgehen zur Konstruktion von Modellierungssprachen auseinandergesetzt (sog. prozessbasierte Metaisierung, vgl. (Strahringer 1998, S. 16 f.)). Seit kurzem widmet sich die Metamodellierung jedoch ebenso der Semantik von Modellierungssprachen (sog. ontologische Metaisierung, vgl. z. B. (Atkinson u. Kühne 2003, S. 39 ff., Saeki u. Kaiya 2006, S. 2 ff., Höfferer 2007, S. 1625 ff.)) und stellt dadurch eine Verknüpfung zur Ontologiekonstruktion her. Daneben finden zunehmend ebenso situative Ansätze Eingang in die Metamodellierung (vgl. z. B. (Becker et al. 2007b, S. 104 ff.)). 4
Die Forschungsdisziplin der konzeptionellen Modellierung beschäftigt sich ebenso mit der Konstruktion von Artefakten. Nach Wand und Weber (Wand u. Weber 2002, S. 364) berücksichtigt sie u. a. die Artefakttypen Konstrukt, Modell und Methode. Da der aktuelle Forschungsstand in diesem Beitrag gemäß den einzelnen Artefakttypen aufgeführt wird, wird die konzeptionelle Modellierung nicht als separates Forschungsgebiet berücksichtigt. Deren Beiträge finden separat (je nach Artefakttyp) Eingang in die Analyse des Forschungsstands.
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Anke Gericke, Robert Winter
In der Referenzmodellierung, die sich mit der Konstruktion von Referenz- bzw. Soll-Modellen beschäftigt, haben sich situative Ansätze bereits etabliert. Dies zeigt sich insbesondere daran, dass der aktuelle Fokus dieser Disziplin auf der Fundierung diverser Adaptionsmechanismen zur Anpassung von Referenzmodellen an konkrete Problemsituationen liegt (vgl. z. B. (vom Brocke 2003, Delfmann 2006)). Die aus den verschiedenen Adaptionsmechanismen resultierenden Anpassungsbedarfe an Modellierungssprachen werden ebenso thematisiert (vgl. z. B. (vom Brocke 2003, Delfmann 2006, Knackstedt et al. 2006)). Adaptionsmechanismen wurden im Methoden-Engineering ebenfalls berücksichtigt (vgl. die Analyse in (Becker et al. 2007a)). Aktuell wird hierbei die Kombination diverser Adaptionsmechanismen (vgl. z. B. (Mirbel u. Ralyté 2006)) bzw. die Übertragung der Adaptionsmechanismen der Referenzmodellierung auf das Methoden-Engineering (vgl. z. B. (Schelp u. Winter 2006, Becker et al. 2007c)) diskutiert. Weiterhin sind die Beschreibung der Problemsituation, in der spezifische Methoden eingesetzt werden sollen (vgl. z. B. (Mirbel u. Ralyté 2006, Bucher et al. 2007)), sowie die Definition eines Methoden-Fragments (vgl. z. B. (Ågerfalk et al. 2007, Gonzales-Perez 2007)) zentrale Themen des Methoden-Engineering. Bezüglich der Fundierung der Konstruktion von Instanzen wurde im Rahmen des Information Systems Engineering in den letzten Jahren der Schwerpunkt insbesondere auf die modulare Gestaltung von Anwendungssystemen gelegt. In diesem Zusammenhang erfolgt die Diskussion verschiedener Konzepte wie z. B. die komponentenorientierte Anwendungsentwicklung oder das Konzept der serviceorientierten Softwarearchitekturen. Innerhalb der komponentenorientierten Anwendungsentwicklung wird in der letzten Zeit insbesondere die Spezifikation und Parametrisierung von Fachkomponenten, d. h. wieder verwendbarer, abgeschlossener und vermarktbarer Softwarebausteine diskutiert, die ihre Dienste einer betrieblichen Anwendungsdomäne anbieten (Fettke et al. 2003, S. 2) (vgl. z. B. (Fettke u. Loos 2007, Ackermann u. Turowski 2008)). Analog dazu wird in Bezug auf serviceorientierte Softwarearchitekturen der Fokus auf die Spezifikation, Komposition und Adaption von Software-Services gelegt (vgl. z. B. (Janssen et al. 2006, Heutschi 2007). Obwohl die Wichtigkeit der Evaluation von Artefakten in der Literatur häufig betont wird, um den Nutzen der Artefakte zu zeigen (Fettke u. Loos 2004, S. 1), setzen sich im Vergleich zur Fundierung der Konstruktion nur wenige Autoren mit der Fundierung der Evaluation auseinander. Im Gegensatz zur Konstruktion wird bisher in den Arbeiten zur Fundierung der Evaluation oftmals der Schwerpunkt nicht auf einzelne Artefakttypen gelegt. Vielmehr existieren Beiträge, die sich generell mit der Evaluation von
Bezugsrahmen für Konstruktionsforschung und Artefaktkonstruktion
203
Artefakten in der gestaltungsorientierten WI beschäftigen (vgl. z. B. (Frank 2000, Heinrich 2000)). Neuere Arbeiten gehen dabei u. a. auf die jeweils möglichen Evaluationsmethoden ein, die zur Bewertung der vier genannten Artefakttypen (vgl. Kap. 3) eingesetzt werden können (vgl. (Pfeiffer u. Niehaves 2005)). Eine Ausnahme stellt die Referenzmodellierung dar, in der diverse Beiträge zur Evaluation von Modellen erarbeitet wurden. Grundsätzlich kann sich eine solche Bewertung auf den Prozess (Konstruktionsvorgang) oder das Produkt (Referenzmodell) der Konstruktion beziehen. Für beide Arten von Bewertungen stehen diverse Forschungsmethoden zur Verfügung, wie z. B. die sog. Grundsätze ordnungsmäßiger Referenzmodellierung (vgl. (Schütte 1998)) oder die ontologiebasierte Evaluation (vgl. z. B. (Green 2000, Fettke u. Loos 2003)). Eine Übersicht über mögliche Evaluationsmethoden zur Bewertung von Referenzmodellen liefert der Bezugsrahmen von Fettke und Loos (vgl. (Fettke u. Loos 2004)). 4.3 Aktueller Forschungsstand der Artefaktkonstruktion Innerhalb der Artefaktkonstruktion werden sowohl generische wie auch spezifische Artefakte konstruiert. Aufgrund der unüberschaubaren Vielzahl an Artefakten wird auf die Vorstellung von Beiträgen fokussiert, die Artefakte eines bestimmten Typs auflisten bzw. Kataloge oder Repositories beschreiben, die Artefakte beinhalten. Für Modellierungssprachen konnten keine Kataloge oder Repositories identifiziert werden. Stattdessen gibt es Beiträge, die sich auf eine bestimmte Kategorie von Modellierungssprachen, wie z. B. Geschäftsprozess- (vgl. z. B. (Söderström et al. 2002)) oder Datenmodellierungssprachen (vgl. z. B. (Milton et al. 2002)), konzentrieren. Im Gegensatz zur Metamodellierung wurden in der Disziplin der Ontologiekonstruktion bereits zahlreiche Ontologiebibliotheken entwickelt (vgl. (Ding u. Fensel 2001)). Neben den von Ding und Fensel (2001) genannten haben sich in den letzten Jahren mit der Protégé Ontology Library (Stanford Center for Biomedical Informatics Research 2008) und der OntoSelect Ontology Library zwei weitere Bibliotheken etabliert. Letztere beinhaltet mehr als 1600 Ontologien (Buitelaar et al. 2004, S. 1). Bereits Anfang der 1990er-Jahre wurde die Forderung nach Referenzmodellkatalogen aufgestellt (Fettke u. Loos 2002a, S. 12 f.). Ein erster Referenzmodellkatalog wurde 2002 von Fettke und Loos (2002a, 2002b) entwickelt. Dieser kann ebenso als „Meta-Referenzmodellkatalog“ bezeichnet werden, da in den meisten Fällen nicht einzelne Referenzmodelle enthalten sind, sondern auf Quellen verwiesen wird, die zwischen zwei
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und 450 Referenzmodellen enthalten. Auf den Referenzmodellkatalog kann webbasiert zugegriffen werden und es sind aktuell 93 Verweise auf Referenzmodellsammlungen zur Gestaltung von IS verfügbar (Deutsches Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz 2008). Über das Zugriffsmerkmal „Reuse and Customization“ konnte festgestellt werden, dass lediglich 18 der 93 Referenzmodellsammlungen über irgendeine Art von Adaptionsmechanismus verfügen. Bei den übrigen 75 Verweisen wird bezüglich der Adaption entweder keine Angabe gemacht oder es wird mitgeteilt, dass diese nicht möglich ist (Deutsches Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz 2008). Im Methoden-Engineering lassen sich nur wenige Beiträge identifizieren, die über Kataloge, in denen Methoden(-Fragmente) verwaltet werden, Auskunft geben. Ein solcher in der Literatur referenzierter Katalog stellt das „OPEN Process Framework Repository“ (OPFRO) dar (Aharoni u. Reinhartz-Berger 2007, S. 136). In diesem Katalog sind mehr als 1100 Methoden-Fragmente aufgeführt, mit deren Hilfe IS-Entwicklungsprojekte unterstützt werden können (Firesmith 2006, OPEN Process Framework Repository Organization 2008). In Ergänzung zu OPFRO existieren weitere Methoden-Repositories, die auf bestimmte Themengebiete, wie z. B. Interoperabilität (Jeusfeld et al. 2007) oder das Anforderungsmanagement (Ralyté 1999), fokussieren. Ähnlich wie im Methoden-Engineering konnten im Information Systems Engineering nur wenige Beiträge identifiziert werden, die sich Komponenten-/Service-Repositories bzw. -märkten widmen. Neben Repositories von Softwareherstellern, wie z. B. SAP (2008), existiert eine Bestandsaufnahme zu existierenden Komponentenmarktplätzen (vgl. (Fettke et al. 2003)).
5
Zusammenfassung und Ausblick
Im vorliegenden Beitrag wird ein Bezugsrahmen für die gestaltungsorientierte WI aufgespannt. Ferner wird der aktuelle Forschungsstand der im Bezugsrahmen genannten Themengebiete kurz umrissen. Durch den Bezugsrahmen werden die verschiedenen, unabhängig voneinander existierenden Forschungsdisziplinen der gestaltungsorientierten WI in einen Zusammenhang gebracht. Weiterhin wird der Bezug zur angelsächsischen Information Systems-Forschung hergestellt. Somit wird ein Beitrag geleistet, um Forschungsergebnisse vergleichbarer zu machen sowie einen integrierten Zugang zur gestaltungsorientierten WI bzw. zur Design Science Research-Forschung zu ermöglichen.
Bezugsrahmen für Konstruktionsforschung und Artefaktkonstruktion
205
In zukünftigen Forschungsarbeiten kann der entwickelte Bezugsrahmen bspw. dazu verwendet werden, weitere Forschungslücken innerhalb der gestaltungsorientierten WI aufzudecken Daneben besteht die Möglichkeit, den Bezugsrahmen für die Identifikation von Überschneidungen bei Forschungsergebnissen sowie für das Aufzeigen von Generalisierungsmöglichkeiten bei parallelen Ansätzen zu verwenden. Erste Bestrebungen, Überschneidungen bzw. Generalisierungsmöglichkeiten bei der Konstruktion von Modellen und Methoden aufzuzeigen, finden sich bspw. in (Schelp u. Winter 2006, Becker et al. 2007c, Bucher et al. 2009). Schließlich wird durch den Bezugsrahmen ebenso die Notwendigkeit zur Differenzierung verschiedener Forschungsgebiete deutlich. Als Beispiel sei die Fundierung der Evaluation angeführt: Hierbei zeigt die Analyse des aktuellen Forschungsstands, dass Evaluationsmethoden gegebenenfalls nach Artefakttypen separiert werden sollten.
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Theorien sozialer Praktiken zur Fundierung der Wirtschaftsinformatik
Volker Wulf
Als Kernaufgabe der Wirtschaftsinformatik kann die IT-gestützte Entwicklung von Arbeitspraktiken in betrieblichen Organisationen verstanden werden. Deshalb werden in den Sozialwissenschaften ausformulierte Theorien sozialer Praktiken im Hinblick auf ihre Bedeutung zur Fundierung wirtschaftsinformatischer Forschung diskutiert. Als Ergebnis dieser Diskussion werden Designfallstudien als Elemente einer praxistheoretisch fundierten Forschungsprogrammatik für die Wirtschaftsinformatik vorgeschlagen.
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Einleitung
Gegenstandsbereich der Wirtschaftsinformatik sind Analyse, Entwurf, Entwicklung, Anwendung und Evaluation von Informations- und Kommunikationstechnologien in sozialen Systemen, traditioneller Weise insbesondere in betrieblichen Organisationen. Als Zielstellung wirtschaftsinformatischen Handelns wird gemeinhin eine Verbesserung der ökonomischen Effizienz betrieblicher Organisationen gesehen. Die ökonomischen Effekte der von der Wirtschaftsinformatik entwickelten Anwendungen basieren aber nicht allein auf technologischen Qualitätskriterien, sondern werden durch eine Vielzahl sozialer und organisatorischer Faktoren mitbestimmt. Von besonderer Bedeutung ist dabei die Passung der Anwendungen zu den zu unterstützenden organisatorischen Prozessen und die Art wie Benutzer sich diese Anwendungen aneignen, d.h. in ihre jeweilige Arbeitspraxis integrieren (Brynjolfsson u. Hitt 1998; Pipek u. Wulf 1999; Orlikowski 2000; Wulf u. Jarke 2004; Pipek 2005).
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Betriebliche Organisationen befinden sich in massiven Umbruchprozessen (Malone 2004). Durch gesellschaftliche Differenzierungsprozesse ausgelöst segmentieren sich Absatzmärkte in kaum vorhersehbarer Weise. Unter den aktuellen Rahmenbedingungen sind Unternehmen gezwungen, bürokratisch-taylorische Organisationsformen zu überdenken und durch dezentralisiertere, vernetztere Strukturen zu ersetzen (Brödner 1985; Powell 1990; Malone 2004). Dieser Umbruch in den betrieblichen Organisationen wird durch einen zunehmenden Einsatz von Anwendungen der Wirtschaftsinformatik vorangetrieben, gleichzeitig ergeben sich daraus aber auch für die Wirtschaftsinformatik eine Vielzahl neuer Herausforderungen. Auf Grund zunehmender Differenzierung der Umwelt werden sich organisatorische Geschäftsprozesse und individuelle Arbeitspraktiken intern und im Branchenvergleich weiter ausdifferenzieren. Die damit einhergehende Dezentralisierung der Organisationsstrukturen erhöht die Entscheidungsspielräume der menschlichen Akteure auf den verschiedenen hierarchischen Entscheidungsebenen. Damit wird die Bedeutung präskriptiver Regelungen individueller und kooperativer Arbeitsformen abnehmen. Formale Aspekte von Organisation, die beispielsweise in Rollenbeschreibungen oder Prozessmodellen zum Ausdruck kommen, werden gegenüber informellen, an Organisationskultur und -identität orientierten Aspekten an Bedeutung verlieren. Diese Entwicklungen stellen für die Wirtschaftsinformatik eine zentrale Herausforderung dar. Statt sich in der Gestaltung ihrer Anwendungen von abstrakten Beschreibungen der formalen Organisation leiten zu lassen, wird sie sich zunehmend mit der Differenziertheit der konkreten Arbeitspraktiken auseinandersetzen müssen. Die Wirtschaftsinformatik ist auf diese Herausforderungen aber theoretisch und methodisch bisher nicht ausreichend vorbereitet. Deshalb erscheint ein Rückgriff auf den sozialwissenschaftlichen Diskurs interessant, in dem in den letzten Jahrzehnten Konzeptionen zur Erforschung sozialer Praktiken entstanden sind. Zur Erweiterung der theoretischen Fundierung der Wirtschaftsinformatik sollen deshalb zunächst sozialwissenschaftliche Theorien sozialer Praktiken diskutiert werden. Darauf aufbauend werden Designfallstudien als Element einer an der Arbeitspraxis orientierten Forschungsprogrammatik vorgestellt und an einem Beispiel erläutert.
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Theoretische Konzeption sozialer Praktiken
Verschiedene Theorien sozialer Praktiken sind in der wissenschaftlichen Diskussion als Deutungsmuster der Erklärung menschlichen Handelns
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entwickelt worden. Zu den wichtigsten Vertretern sozialer Theorien der Praxis gehören Bourdieu (1977, 1990) Giddens (1979, 1984), Garfinkel (1967) und Latour (1993). Als kulturtheoretische Ansätze sehen sie individuelle Wahrnehmung, Kognition und Handlung eingebettet und geformt durch symbolische Deutungsmuster sozialer Realität. Reckwitz (2002, 2003) hat versucht, die Gemeinsamkeiten der unterschiedlichen praxistheoretischen Ansätze in idealtypischer Weise herauszuarbeiten. Praktiken werden von diesen Theoretikern als kleinste Einheiten der Analyse sozialer Phänomene definiert. Unter einer Praktik wird ein Muster für eine, im wesentlichen routinisiert ablaufende menschliche Handlung verstanden, die sowohl Formen mentaler wie auch körperlicher Aktivitäten umfasst und durch materielle Objekte, insb. Werkzeuge und Medien, und deren Nutzung wesentlich geprägt wird. Eine Praktik wird durch nicht vollständig explizierbares, emotionale und motivationale Elemente beinhaltendes Hintergrundwissen der menschlichen Akteure strukturiert. Beispiele für Praktiken stellen eine bestimmte Art zu arbeiten, zu forschen, zu kochen oder Fußball zu spielen dar. Eine Praktik repräsentiert ein kollektives Handlungsmuster, das von menschlichen Akteuren, jeweils unter Bezug auf ihren konkreten Handlungskontext, reproduziert wird. Obwohl die Handlungsmuster routinisiert sind, erfolgt die jeweilige konkrete Handlungsausführung kontext-spezifisch.1 Mit der Reproduktion bestimmter Praktiken gehen eine bestimmte Weltsicht und ein spezieller Sprachgebrauch einher. Menschliche Akteure sind typischerweise Träger verschiedener Praktiken. Im Gegensatz zu anderen kulturtheoretischen Ansätzen betonen die Praxistheoretiker insbesondere die Sozialität schaffende Wirkung gemeinsamer Handlungsroutinen, die enge Verbindung zwischen körperlichen und geistigen Aktivitäten und die große Bedeutung von (technischen) Artefakten für die Konstituierung von Praktiken und damit Sozialität. Insofern bieten sie eine interessante theoretische Fundierung der Wirtschaftsinformatik. Bestimmte Aspekte der Arbeiten einzelner Autoren sind bereits diesbezüglich in der wirtschaftsinformatischen Diskussion genutzt worden (Orlikowski 1992; Hanseth u. Monteiro 1996; Walsham 1997; Huysman u. Wulf 2004, 2006).
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Reckwitz (2004) weist darauf hin, dass sich die verschiedenen Praxistheoretiker teilweise erheblich in der Konzeption des Wechselspiels zwischen Routinisierung und Situiertheit konkreter Handlungen unterscheiden. Rekurrierend auf Garfinckels Arbeiten hat Suchman (1985) das Zusammenspiel zwischen Plänen und situiertem Handeln im Umgang mit technischen Artefakten genauer analysiert. Schmidt (1997) hat dieses Verständnis weiter ausdifferenziert.
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Wir wollen im Folgenden auf eine für die Wirtschaftsinformatik, auf Grund der zu Grunde liegenden Mikroperspektive, besonders interessante Spielart praxistheoretischer Ansätze eingehen: die sozio-kulturellen Lerntheorien. Diese Theorien verstehen Lernen als kollektive, bedarfsgetriebene Aktivität, die durch die soziale Struktur von Praktiken wesentlich bestimmt wird. Lernen und Innovation erfolgt in sozialen Aggregaten, die durch ein hohes Maß an Homogenität ihrer Praktiken gekennzeichnet sind, den Praxisgemeinschaften (Communities of Practice). Praxisgemeinschaften sind soziale Aggregate, die durch Kooperation zwischen den Akteuren, ähnlichem Gebrauch von Sprache und Werkzeugen, kompatible Wahrnehmungen und Wertesysteme, sowie eine gemeinsame Identität gekennzeichnet sind (Wenger 1998). Lernen erfolgt bei Novizen oder Außenstehenden durch das Hinein-Diffundieren (Enculturation) von der Peripherie in das Zentrum von Praxis und Gemeinschaft (Lave u. Wenger 1991). Beispiel für eine Praxisgemeinschaft ist der Handwerksbetrieb mit Meister und Gesellen, in die ein Lehrling im Laufe seiner Lehrzeit durch zunehmende Beteiligung an der Praxis hineinwächst. Eine geringer ausgeprägte Homogenität von Praktiken findet sich in Praxisnetzwerken (Networks of Practice). Die Mitglieder dieser Netzwerke kooperieren nicht direkt miteinander und kennen sich mitunter auch nicht persönlich (Brown u. Duguid 2000). Sie üben aber gemeinsame Praktiken in einem weiteren Sinne aus und sind in ihrem Sprach- und Werkzeuggebrauch durch gemeinsame Ausbildungswege und berufsbezogene Kommunikation und Weiterbildung geprägt (Duguid 2003 u. 2005). Ein Beispiel eines Praxisnetzwerks sind die Handwerksbetriebe eines Gewerks in einer bestimmten Region. Die Vertreter der soziokulturellen Lerntheorie gehen davon aus, dass neues Wissen und Innovationen im Wesentlichen innerhalb von Praxisgemeinschaften entstehen, dieses Wissen sich dann aber innerhalb von Praxisnetzwerken schnell verbreiten kann. Die Differenzierung sozialer Systeme, im Hinblick auf Ähnlichkeiten und Differenzen in ihren Praktiken, ist nicht nur relevant für die Erklärung von Wissensentstehungs- und Lernprozessen, sondern eröffnet auch eine interessante neue Perspektive für Analyse und Gestaltungsaufgaben in der Wirtschaftsinformatik. Durch die wichtige Rolle, die Anwendungen der Informationstechnik bei der Etablierung und Ausgestaltung von Praktiken spielen, ist eine solche Perspektive von besonderer Bedeutung. Organisationen beinhalten eine Vielzahl verschiedener Praxisgemeinschaften. Praxisnetzwerke verbinden Praxisgemeinschaften verschiedener Organisationen miteinander. Die Begrenzungen von Praxisgemeinschaften und Praxisnetzwerken decken sich dabei typischerweise nicht mit formalen organisatorischen Strukturen.
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Praktiken unterscheiden sich vielfältig und abgestuft: Jene innerhalb von Praxisgemeinschaften sind sich ähnlicher als in Praxisnetzwerken; jene in Praxisnetzwerken sind sich ähnlicher als solche jenseits dieser Grenzen. Praktiken entwickeln sich im Laufe der Zeit, sie verändern sich insbesondere auch durch die Aneignung materieller Objekte, wie beispielsweise neuer Werkzeuge oder Medien.
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Designfallstudien als Elemente einer praxisorientierten Forschungsprogrammatik
Ein an den Praktiken orientiertes Verständnis sozialer Systeme bietet interessante Implikationen für die Wirtschaftsinformatik. Sofern IT-Artefakte nicht auf vollständige Automatisierung zielen, sondern auf die Unterstützung und Effektivierung menschlicher Arbeit abstellen2, müssen sie sich in die sozialen Praktiken der Anwendungsfelder einfügen, um von ihren avisierten Benutzern angeeignet zu werden. Im Rahmen dieser Aneignungsprozesse verändern sich Praktiken. Diese Veränderungen können auf verschiedenen Ebenen erfolgen: innerhalb einer Praxisgemeinschaft oder eines Praxisnetzwerks oder auch darüber hinaus. Häufig verknüpft die Einführung von IT-Artefakten bisher unverbundene soziale Praktiken auf der Ebene von Praxisgemeinschaften oder netzwerken. Da soziale Praktiken, auf Grund ihrer Verkörperung und Routinisierung, aber nicht einfach in beliebiger Weise verändert werden können, muss sich die Wirtschaftsinformatik mit dem breiten Repertoire der Praktiken in verschiedenen Branchen auseinandersetzen und ein Verständnis für deren Veränderungsmöglichkeiten im Kontext der Einführung von IT-Artefakten gewinnen. Auf der Basis dieser Überlegungen bietet sich eine Programmatik für einen praxis-orientierten Forschungsansatz in der Wirtschaftsinformatik an, die zwei Dimensionen beinhaltet: Zunächst einmal müsste ein Korpus spezifischer Fallstudien entstehen, der Gestaltungs- und Aneignungsformen von IT-Artefakten im Bezug zur Vielfalt der in post-tayloristischen Organisationen anzutreffenden Arbeitspraktiken beschreibt. Ich will diesen Typus von Fallstudien im Folgenden als Designfallstudien bezeichnen. Solche Designfallstudien sollten idealtypischerweise drei Phasen beinhalten: Sie müssten in einem ersten Schritt detaillierte Beschreibungen der sozialen Praktiken vor Einführung der zu untersuchenden IT-Artefakte be2
Letzterer Fall dürfte in vielen Anwendungsfeldern der Wirtschaftsinformatik der Normalfall sein und wird von einigen der korrespondierenden Forschungsfeldern auch explizit im Titel adressiert, z.B. computerunterstützte Gruppenarbeit.
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inhalten und insbesondere auch bereits existente Werkzeuge, Medien und deren Nutzung beschreiben. Die Wirtschaftsinformatik ist aber keine rein deskriptive Wissenschaftsdisziplin, sondern beschäftigt sich in ihrem Kern mit der Gestaltung von IT-Artefakten und deren Wirkung auf soziale Praktiken (Frank 2006). Deshalb sollten Designfallstudien, neben der profunden Beschreibung bestehender Praktiken, zweitens die Phase eines kontext-orientierten Designprozess beinhalten und dessen Verlauf, im Hinblick auf die involvierten Akteure, eingesetzten Methoden und die entwickelten Gestaltungskonzepte dokumentieren. Dabei sollte insbesondere beschrieben werden, in welcher Weise Veränderungen der sozialen Praktiken im Gestaltungsprozess antizipiert wurden und wie diese Überlegungen in das Design der IT-Artefakte eingeflossen sind. In einer dritten Phase müssten Designfallstudien die Einführungs-, Aneignungs- und Redesignprozesse spezifisch gestalteter IT-Artefakte, in deren jeweiligen organisatorischen Anwendungsfeldern, über einen längeren Zeitraum dokumentieren, um die Wirkung, unter bestimmten Prämissen gestalteter und eingeführter IT-Artefakte auf soziale Praktiken zu untersuchen. Die hier skizzierte Form der Designfallstudie stellt einen Idealtypus dar. Als Ergebnis der Kontingenzen eines praxis-orientierten Forschungsansatzes werden nicht immer alle der hier vorgeschlagenen Projektphasen durchlaufen werden können. Designfallstudien wären zu sammeln und zu klassifizieren, mindestens im Hinblick auf die folgenden Kriterien: die zu unterstützende Praktik, die formale Organisation, die Branche, die ITFunktionalität, den Software-Entwicklungsprozess und die Einführungsmethodik. Basierend auf einem solchen Korpus praxis-orientierter Designfallstudien wären Befunde zueinander in Bezug zu setzten: Querschnittsthemen der Gestaltung sollten identifiziert werden. Darauf aufbauend kann der Versuch unternommen werden, Abstraktionen als Elemente einer Theorie praxis-orientierter Informatik zu entwickeln. Als Beispiele für wichtige Querschnittsthemen mit Potential zur Theoriebildung können die folgenden Fragestellungen dienen: x Eignung spezifischer Gestaltungsprinzipien zur Lösung bestimmter Probleme sozialer Praxis, x Eignung spezifischer Gestaltungsmethoden zur Antizipation der Veränderung sozialer Praxis, x Eignung spezifischer Einführungsmethoden von IT-Artefakten in bestimmten Feldern sozialer Praxis.
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Designfallstudien: Das Beispiel der Expertise Recommender Systeme
Im Folgenden soll das Potential von Designfallstudien als Element einer praxis-orientierten Forschungsprogrammatik in der Wirtschaftsinformatik verdeutlicht werden. Designfallstudien liegen allerdings für die meisten Anwendungstypen bisher nicht hinreichend gut dokumentiert vor. Deshalb kann der potentielle Nutzen dieses Instruments hier auch nur skizziert werden. Im Fokus der Designfallstudie steht die Vernetzung von Praxisgemeinschaften über organisatorischen Grenzen hinweg. In einem vom Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit geförderten Forschungsvorhaben sollte die Verbesserung von Lern- und Wissensaustauschprozessen innerhalb eines Industrieverbandes, sowie zwischen dem Verband und seinen Mitgliedsfirmen untersucht werden (vgl. Reichling 2008). Um ein Verständnis der Arbeitspraktiken innerhalb des Industrieverbandes und an den Schnittstellen zu seinen Mitgliedsfirmen zu gewinnen, wurden mehrer Organisationseinheiten des Industrieverbandes mit verschiedenen qualitativen, empirischen Methoden untersucht (ein Fachausschuss, drei Zentralabteilungen sowie die Entwicklungsabteilung einer seiner Mitgliedsfirmen). Dabei wurden die vorfindbaren Praktiken mit einem besonderen Fokus auf Lern- und Wissensaustauschprozesse untersucht. Es zeigte sich dabei, dass sich Praxisgemeinschaften typischerweise nur innerhalb der Grenzen der formalen Organisation etabliert hatten. Sowohl im Verhältnis zwischen den verschiedenen internen Organisationseinheiten des Verbandes, als auch im Verhältnis zwischen Verband und Mitgliedsfirma waren jenseits formal definierter Organisationsgrenzen liegende Praktiken wenig bekannt. Die durch die Entstehungsgeschichte des Verbandes geprägte Organisationskultur und der interne Verteilungsschlüssel der Mitgliedsbeiträge förderten Dezentralisierung und Abschottung. Dadurch wurden Lern- und Wissensaustauschprozesse innerhalb der Praxisnetzwerke erschwert (Reichling u. Veith 2005). Als Elemente weiterer Maßnahmen zur Organisations- und Personalentwicklung haben wir ein Expertise Recommender System (ERS) implementiert und in den beiden Organisationen eingeführt. Dieser Prozess folgte im Wesentlichen dem Prozessrahmen Integrierter Organisations- und Technikentwicklung (Wulf u. Rohde 1995). In der Voruntersuchung hatte sich ergeben, dass das Erstellen textueller Dokumente (z.B. Protokollen, Rundschreiben, Memoranden) einen wesentlichen Aspekt der verschiedenen Arbeitspraktiken im Industrieverband darstellte. Das Design des ERS basierte darauf, dass Nutzer in ihrem Dateisystem Ordner und Dateien
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auswählen könnten, die ihre aktuelle Expertise, Interessen oder Praktiken kennzeichnen. Diese Dateien werden dann mit Hilfe von Textanalyseverfahren auf Schlüsselwortvektoren reduziert. Vergleiche über Schlüsselwortvektoren lassen Praxisgemeinschaften und -netzwerke sichtbar werden. Das System kann auch auf schlüsselwortbezogene Suchanfragen reagieren, wobei dann Träger, von zur Suchanfrage möglichst passender Praxis, angezeigt werden (Reichling et al. 2007). In einer ersten Evaluationsstudie wurde das System bei etwa 30 Nutzern, in den am Projekt beteiligten Organisationseinheiten des Industrieverbandes und der Mitgliedsfirma eingeführt. Erste Ergebnisse zeigen Interesse der Nutzer an der Suchfunktionalität, aber auch an der Art, wie sie selbst hinsichtlich Expertise und Praktiken vom System dargestellt werden. Der begrenzte Kreis der Nutzer lässt aber noch keine Aussagen zu den Wirkungen der Aneignung der Anwendung auf organisatorische Grenzen überschreitende Lern- und Wissensaustauschprozesse zu. Letztendlich entschied der Vorstand des Industrieverbandes das Roll-Out des Systems über bisher nicht involvierte Organisationsbereiche mit Abschluss des Forschungsvorhabens zu stoppen. Insofern ist diese Designfallstudien nicht vollständig im oben postulierten Sinne. Designfallstudien zu ERS lassen sich entlang ihrer drei Phasen vergleichen. In der Literatur liegen mindestens zwei weitere Fallstudien vor, die Ergebnisse über mindestens zwei dieser Phasen detailliert dokumentiert darstellen. McDonald (2000) hat eine Designfallstudie zur Unterstützung der Suche nach Wissensträgern bezüglich einzelner Programme in einem mittelständischen Softwareunternehmen in den USA vorgelegt. Das Design des Recommender Systems konnte auf eine in den Praktiken der Organisation verankerte Dokumentation von Bearbeitungshistorien zurückgreifen: die Bearbeiter einzelner Programmmodule waren in spezifischen Kommentarzeilen festgehalten. Einzelne Designprinzipien werden in Form einer diesbezüglichen Befragung von Organisationsmitgliedern evaluiert ohne dass diese das System aber in ihrer Alltagspraxis nutzen konnten. Ehrlich et al. (2007) haben ein ERS vorgestellt das zur Expertensuche auf dem Mail- und Chataustausch zwischen Nutzern basiert und die dabei sichtbaren sozialen Netzwerke nutzt. Diese Studie fokussiert auf die zweite und dritte Phase: dem Design- und Evaluationsaspekt der Technologie. Die beiden vorliegenden Vorstudien – wie ähnlich gelagerte empirische Studien in anderen Anwendungsfeldern - machen den Bedarf an ERS Funktionalität deutlich. Die Studie im Industrieverband verdeutlichte aber auch potentielle Anwendungsprobleme im Hinblick auf durch organisatorische Fraktionierung resultierende Hindernisse. Der Vergleich der drei Designstudien zeigt, dass neben einer auf Ablagestrukturen basierenden Rekonstruktion der Dokumentennutzung auch Aufgaben- oder Kommuni-
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kationshistorien einen Ansatz zur Identifikation von Experten bieten können. Im Hinblick auf die Einführungsmethodik unterscheidet sich der Ansatz integrierter Organisations- und Technikgestaltung von dem in Ehrlich et al. (2007) präsentierten Vorgehen, Anwendungen über eine Installationsmöglichkeit im Intranet ohne einen expliziten Einführungsprozess verfügbar zu machen. Organisatorische Effekte ergeben sich in letzterem Fall eher aus der schleichenden Aneignung des Systems. Die finale Entscheidung des Industrieverbandes, das ERS nicht auszurollen deuten an, dass ein integrierter Ansatz von Organisations- und Technikentwicklung organisatorische Widerstände stärken kann. Es könnte sein, dass in einem solchen Setting ein implizites Einführungsmodell, das auf Praxisentwicklung mittels schleichender Aneignungsprozesse setzt, zu besseren Ergebnissen führt. Diese Fragen lassen sich aber auf der bisherigen Befundlage zu ERS nicht letztendlich beantworten. Das gilt auch für Fragen des Einflusses dieser Technologie auf die organisatorische Performanz.
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Diskussion
Das Paper zeigt, dass Theorien sozialer Praktiken eine interessante theoretische Fundierung für die Wirtschaftsinformatik bieten. Aus einer solchen Perspektive bedingt die Aneinung von IT-Artefakten immer eine Veränderung sozialer Praktiken, häufig durch die Vernetzung über die Grenzen bestehender Praxisgemeinschaften und –netzwerke hinweg. Designfallstudien erfordern eine Langzeitperspektive und eine intensive Einbeziehung realweltlicher Anwendungsfelder, typischerweise Organisationen. Diese Voraussetzungen machen Praxisorientierung zu einer komplexen und risikoreichen Forschungsstrategie: Forscher müssen das Management der beteiligten Unternehmen von der Nützlichkeit einer bestimmten Forschungsfragestellung überzeugen, vertrauensvolle Beziehungen zu den verschiedenen, für das Projekt wichtigen Akteuren aufbauen und über die Laufzeit einer Designfallstudie aufrechterhalten. Die im Laufe einer Designfallstudie entwickelten Anwendungen müssen ein Maß an technischer Ausgereiftheit im Hinblick auf Performance, Stabilität und Benutzbarkeit aufweisen, welches über ein in Forschungsprototypen übliches Niveau hinausgeht. Wenn dieses Maß an Ausgereiftheit nicht erreicht werden kann, werden die Ergebnisse der Designfallstudie erheblich verfälscht. Eine Aneignung durch die Nutzer wird typischerweise kaum erfolgen. Die Entwicklung und Einführung von innovativen IT-Artefakten in Unternehmen erfordert neben technischer Kompetenz auch ein Verständnis für die entsprechenden organisatorischen und sozialen Prozesse. Dies
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bringt sowohl für empirisch, wie auch für technisch orientierte Forscher eine zusätzliche Herausforderung mit sich. Praxis-orientierte Forschung in der Wirtschaftsinformatik erfordert deshalb typischerweise interdisziplinär zusammengesetzte Forschungsgruppen. Elemente praxis-orientierter Forschungskonzeptionen finden sich sowohl in der internationalen Diskussion zu Informationssystemen (IS), computer-unterstützter Gruppenarbeit (CSCW) als auch in der MenschMaschine Interaktion (HCI). Hevner et al. (2004) postulieren acht Grundsätze einer gestaltungswissenschaftlichen Orientierung in der Wirtschaftsinformatik (Design Science). Die Autoren verlangen insbesondere eine Verankerung von Designproblemen in der Arbeitspraxis und eine fundierte Evaluation der gestalteten Artefakte. Zumindest hinsichtlich der Evaluation fehlt allerdings bei den Autoren eine klare Orientierung an der Arbeitspraxis und den Langzeitwirkungen der IT-Artefakte in sozialen Systemen. Der Anwendung von Aktionsforschung in der Wirtschaftsinformatik wird von einigen Autoren erhebliches Potential zugesprochen (vgl. Baskerville u. Wood-Harper 1996; Frank et al. 1998). Da Aktionsforschung nur in der Praxis denkbar ist, besteht hier eine erhebliche methodische Nähe. Allerdings sind in den Aktionsforschungsansätzen bisher kaum konzeptionelle Überlegungen zur Übertragbarkeit von gestaltungsorientierten Ergebnissen zwischen einzelnen Fallstudien angestellt worden. Sowohl der Konzeption der Design Science, als auch der der Aktionsforschung fehlt ein theoretisch abgeleitetes Verständnis für die Segregation von Organisationen in Praxisgemeinschaften und –netzwerken. Einzelne der in einer praxistheoretisch motivierten Forschungsstrategie erforderlichen Forschungsmethoden haben sich bereits herausgebildet. Ethnographisch-orientierte Untersuchungen bestimmter Praxisfelder werden häufig zur Grundlage der Entwicklung innovativer Anwendungen gewählt (z.B. Hughes et al. 1994). Allerdings werden in diesen Ansätzen typischerweise die Gestaltungsimplikationen der Praxisstudien nicht ausgearbeitet. Entstehen Designkonzepte, so werden diese typischerweise nicht implementiert oder in der Praxis evaluiert. Die Skandinavische Schule des Participatory Designs hat eine Vielzahl von Techniken der Beteiligung von Nutzern im Systementwicklungsprozess entwickelt und evaluiert (z.B. Greenbaum u. Kyng 1991). Diesen Arbeiten fehlt aber typischerweise eine Untersuchung, insbesondere auch der nicht antizipierten Aneignungsformen der IT-Artefakte. Ethnographisch-orientierte Untersuchungen zur Wirkungsweise von IT in Organisationen sind Ausgangspunkt entsprechender Theoriebildungen (z.B. Orlikowski u. Hofman 1997). In diesen Studien wird der Gestaltungsprozess dieser Anwendungen allerdings typischerweise nicht betrachtet. Während die vorgenannten Ansätze Bausteine der hier vorgeschlagenen Forschungsprogrammatik darstellen können,
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postuliert der vorliegende Ansatz Praxisorientierung über den gesamten Entwicklungs- und Aneignungszyklus von innovativen IT-Anwendungen hinweg. Wir stehen noch am Anfang der Sammlung von Designfallstudien und darauf aufbauender Bildung geeigneter Terminologien und Abstraktionen. Im Zentrum dieser Theoriebildungen muss die Strukturierung menschlichen Handelns im Wechselspiel mit den mannigfaltigen Gestaltungsoptionen von IT-Artefakten und deren Wahrnehmung durch die Nutzer stehen. Während die praxistheoretischen Arbeiten die Bedeutung technischer Artefakte zur Ausprägung sozialer Praktiken betonen, haben sie bisher kein Entwicklungsmodell dieser Praktiken im Hinblick auf die Einführung und Aneignung von materiellen Objekten, insbesondere IT-Artefakten, ausgearbeitet. Insofern beinhaltet die hier skizzierte Forschungsprogrammatik noch erhebliche Herausforderungen. Allerdings lassen sich wenige Alternativen zu einer solchen Forschungsmethodik ausmachen, denn die Qualität von IT-Artefakten und die Wirtschaftlichkeit ihres Einsatzes erweist sich letztendlich in der Praxis.
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Danksagungen
Der Autor bedankt sich bei Ulrich Frank (Universität Duisburg-Essen) Stefan Klein (Universität Münster) und Markus Rohde (Universität Siegen) für intensive Diskussionen der hier vorgestellten Gedankengänge. Der Autor bedankt sich bei der Fulbright-Kommission für die Unterstützung eines Forschungsaufenthalts an der University of Michigan und der Stanford University, in dessen Verlauf die Konzeption zu diesem Aufsatz entstand. Eine Langfassung der Überlegungen ist als Bericht des Internationalen Instituts für Sozi-Informatik (IISI), Bonn erschienen.
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Wirtschaftsinformatik und Wissenschaftstheorie – Zwischen Konformität und organisiertem Wildwuchs –
Stephan Zelewski
Abstract Es lässt sich seit Längerem ein Trend beobachten, von anspruchsvollen Arbeiten im Bereich der Wirtschaftsinformatik eine Bestimmung ihres wissenschaftstheoretischen Fundaments zu erwarten. Dieser Trend wird kurz empirisch belegt, hinsichtlich mutmaßlicher Ursachen beleuchtet und im Hinblick auf Gestaltungsempfehlungen für wissenschaftliches Arbeiten hinterfragt. Im Zentrum des Essays stehen Auswirkungen, die von diesem Trend angesichts eines konformitätsstiftenden Einflusses von Parametrisierung und Karriereorientierung im real existierenden Wissenschaftsbetrieb ausstrahlen können. Ein Plädoyer für mehr Mut zum Binnenpluralismus und für „organisierten Wildwuchs“ an akademischen Forschungseinheiten rundet die Überlegungen ab.
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Wissenschaftstheoretische Fundierung der Wirtschaftsinformatik: Anlass für essayistische Reflexionen
Seit mindestens einem Jahrzehnt gehört es zum „guten Ton“ von anspruchsvollen wissenschaftlichen Arbeiten im Bereich der Wirtschaftsinformatik, das jeweils zugrunde liegende wissenschaftstheoretische Fundament zu reflektieren, auf dem die anschließenden fachwissenschaftlichen Analysen aufbauen. Dies betrifft nicht nur Dissertationen und (noch) Habilitationsschriften, sondern in zunehmendem Ausmaß auch Beiträge zu wissenschaftlichen Fachtagungen und Fachzeitschriften. Der Trend zur wis-
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senschaftstheoretischen Fundierung von Arbeiten der Wirtschaftsinformatik scheint ungebrochen fortzubestehen, sich in jüngster Zeit sogar noch zu verstärken. Dafür sprechen Werke, wie z.B. (Frank 1998), (Becker et al. 1999), (Niehaves 2005), (Becker u. Niehaves 2007), (Lehner u. Zelewski 2007) sowie – insbesondere – der hier vorliegende Tagungsband zum Track „Wissenschaftstheorie“ der Multikonferenz Wirtschaftsinformatik 2008. Bei dieser Feststellung wird nicht näher unterschieden, ob in einzelnen Publikationen von wissenschaftlichen, wissenschaftstheoretischen, erkenntnistheoretischen, methodologischen o.ä. Fundamenten die Rede ist. Eine inhaltliche Differenzierung zwischen diesen unterschiedlichen Attributen könnte zwar interessante Einblicke in jeweils präsupponierte Wissenschaftskonzeptionen vermitteln – wie etwa in das Primat von Methoden als erkenntnisschaffenden und -vermittelnden Instrumenten. In der hier gebotenen Kürze wird aber der Einfachheit halber von solchen Nuancierungen abgesehen und in vergröbernder Weise nur von einer wissenschaftstheoretischen Fundierung gesprochen. Darüber hinaus wird nicht der Frage nachgegangen, ob es sich bei dem aktuellen Trend zur wissenschaftstheoretischen Fundierung von Arbeiten der Wirtschaftsinformatik nur um eine der ebenso zahlreichen wie kurzlebigen „Moden“ handelt, die insbesondere von MERTENS in (Mertens 2006) als eine charakteristische Schwäche der Wirtschaftsinformatik beklagt wird. Stattdessen wird in „wohlwollender“ Einstellung davon ausgegangen, dass es sich bei diesem Trend um ein grundsätzliches Anliegen von Fachvertretern der Wirtschaftsinformatik handelt, die wissenschaftstheoretischen Fundamente ihrer Disziplin intensiver zu hinterfragen und entsprechend aufzuarbeiten. Dieser Trend, von anspruchsvollen Arbeiten im Bereich der Wirtschaftsinformatik zunehmend eine Bestimmung ihres wissenschaftstheoretischen Fundaments zu erwarten, bietet Anlass zur Reflexion in mindestens dreifacher Hinsicht. In der hier gebotenen Kürze eines knappen Essays ist es nicht möglich, diese Reflexionen in der wünschenswerten Differenziertheit und inhaltlichen Tiefe durchzuführen sowie mit einschlägigen Fundstellen aus der Fachliteratur zu unterlegen. Stattdessen beschränkt sich der Verfasser darauf, einige Gedankenfragmente als Diskussionsanregungen in die Arena des wissenschaftlichen Diskurses einzubringen. Die holzschnittartige Vergröberung, mitunter vielleicht auch provokativ anmutende Zuspitzung der vorgetragenen Argumente wird von vornherein konzidiert. Dem Verfasser geht es in diesem Beitrag nicht um eine „ausgewogene“ Analyse, sondern um eine essayistisch angelegte, kleine „Streitschrift“. Je mehr Widerspruch sie hervorruft, desto eher hat sie ihren Zweck erfüllt.
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Perspektiven zur wissenschaftstheoretischen Fundierung der Wirtschaftsinformatik
2.1 Deskriptive Perspektive Die externe Validität der Trendbehauptung, von anspruchsvollen Arbeiten im Bereich der Wirtschaftsinformatik zunehmend eine Bestimmung ihres wissenschaftstheoretischen Fundaments zu erwarten, lässt sich in quantitativ-empirischer Hinsicht überprüfen. Hierbei liegt eine deskriptive oder explorative Forschungsperspektive zugrunde, weil versucht wird zu beschreiben bzw. zu erkunden, wie die wissenschaftstheoretische Fundierung der Wirtschaftsinformatik im real existierenden Wissenschaftsbetrieb tatsächlich erfolgt. Insbesondere bietet es sich an, empirisch zu untersuchen, welche wissenschaftstheoretischen Fundamente im Bereich der Wirtschaftsinformatik vorherrschen, d.h. den „guten akademischen Ton“ angeben (synchronische Betrachtungsweise von Querschnittsanalysen). Daneben wäre auch zu erforschen, ob sich im Zeitablauf eine Verschiebung in den Präferenzen für wissenschaftstheoretische Fundamente beobachten lässt (diachronische Betrachtungsweise von Längsschnittsanalysen) und ob sich für solche Präferenzverschiebungen – sofern sie festgestellt werden können – signifikante Einflussgrößen identifizieren lassen. Beispielsweise könnte spekuliert werden, dass sich vor dem Hintergrund einer auch wissenschaftlichen „Globalisierung“ mit Dominanz angelsächsisch geprägter Wissenschaftsauffassungen ein Trend zur Bevorzugung quantitativ-empirischer Forschungsmethoden nachweisen lässt. Solche quantitativ-empirischen Untersuchungen wurden im Bereich der Wirtschaftsinformatik aus vornehmlich synchronischer Perspektive schon mehrfach präsentiert. Als richtungsweisende Beispiele sei auf die die Analysen in (Heinrich 2005, S. 107 ff.), (Lange 2005), (Heinrich 2006, S. 6 ff.) und (Schauer u. Frank 2007, S. 134 ff.) verwiesen. Darüber hinaus ließen sich sicherlich umfangreiche Drittmittelprojekte – bis hin zur DFG, bei der seit längerem auch ein deutlicher Hang zur Bevorzugung von quantitativempirischen Forschungsarbeiten zu beobachten ist, – anstoßen, um auf breiterer Basis zu untersuchen, welche wissenschaftstheoretischen Fundamente im Bereich der Wirtschaftsinformatik bevorzugt werden. Dabei böte sich eine Ausweitung der Untersuchungsdesigns in zweifacher Hinsicht an. Einerseits besteht im Hinblick darauf, dass zurzeit „einfach“ auszuwertende Beiträge in Fachzeitschriften und Interviews mit Fachexperten vorherrschen, ein Defizit im Hinblick auf „schwerer“ zugängliche, weil umfangreichere und komplexer argumentierende Publikationen wie Dissertationen
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und Habilitationsschriften. Andererseits stellt die diachronische Betrachtungsweise einschließlich der Identifizierung mutmaßlicher Einflussgrößen für Präferenzverschiebungen ein fruchtbares, da bislang weitgehend vernachlässigtes Forschungsfeld dar. 2.2 Explanative Perspektive In erklärender Weise kann nach den Ursachen geforscht werden, die dem – möglichst empirisch überprüften und belegten – Trend, von anspruchsvollen Arbeiten im Bereich der Wirtschaftsinformatik zunehmend eine Bestimmung ihres wissenschaftstheoretischen Fundaments zu erwarten, mutmaßlich zugrunde liegen. Hierbei geht es darum zu erforschen, warum der vorgenannte Trend so zustande gekommen ist, wie er sich derzeit beobachten lässt. Beispielsweise könnte der Spekulation nachgegangen werden, die Wirtschaftsinformatik ringe als noch relativ junge wissenschaftliche Disziplin um verstärkte Anerkennung durch „etablierte“ Disziplinen. Ein probater Ansatz, um die „wissenschaftliche Dignität“ der eigenen Forschungsarbeiten nachzuweisen, besteht aus dieser Sicht in der Herauskehrung anspruchsvoller wissenschaftstheoretischer Fundamente. Ähnliche Bestrebungen lassen sich beispielsweise in der deutschsprachigen Betriebswirtschaftslehre der sechziger und siebziger Jahre beobachten, die sich darum bemühte, von Nachbardisziplinen wie der altehrwürdigen Nationalökonomie und der jüngeren Volkswirtschaftslehre als „echte“ Wissenschaft anerkannt zu werden. Darüber hinaus liegt speziell für die deutschsprachige Wirtschaftsinformatik die Vermutung nahe, sie könnte darum bemüht sein, sich gegenüber dem angelsächsisch dominierten Information Systems Research dadurch zu profilieren, dass eine „starke“ und bewusst „pluralistisch“ (vgl. z.B. (Becker u. Pfeiffer 2006), (Frank 2006, S. 40 ff.)) angelegte wissenschaftstheoretische Fundierung von Arbeiten der Wirtschaftsinformatik als eine Art „Marke“ im wissenschaftlichen Publikationswettbewerb etabliert wird. Eine solche Vermutung wirkt allerdings nur dann plausibel, wenn das implizite Vorverständnis – oder gar Vorurteil – geteilt wird, das Information Systems Research leide unter einer mangelhaften wissenschaftstheoretischen Fundierung oder zumindest unter einer unreflektierten und einseitigen wissenschaftstheoretischen Ausrichtung. Zahlreiche Arbeiten zum Information Systems Research nähren dieses Vorurteil, weil sie sich nicht lange mit wissenschaftstheoretischen Vorüberlegungen aufhalten. Stattdessen scheinen sie zu unterstellen, dass quantitativ-empirische Analysen „per se“ zu wissenschaftlich gehaltvollen Erkenntnissen führen. Auch wenn die
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jeweils erforschte Problemstellung noch so trivial anmuten mag, so scheint es oftmals „nur“ erforderlich zu sein, einen Eindruck erheischenden Apparat quantitativ-empirischer, d.h. insbesondere statistischer Untersuchungsmethoden und eine möglichst große Anzahl von untersuchten Objekten vorzuweisen, um von einem Journal des Information Systems Research zur Publikation akzeptiert zu werden. Einige kurze, aber prägnante Andeutungen zu dieser „Trivialisierungstendenz“ finden sich beispielsweise bei (Frank 2006, S. 24 f.) und (Frank 2007, S. 164 u. 178). Mutmaßungen wie im voranstehenden Absatz erweisen sich aber oftmals als heikel, insbesondere dann, wenn sie auf „massiven“ Vorurteilen beruhen. So erscheint es dem Verfasser problematisch, das Information Systems Research einseitig dem „Paradigma“ quantitativ-empirischer Forschungsmethoden zuzurechnen. Denn es lässt sich im Information Systems Research auch ein zweiter Forschungsansatz identifizieren, der keineswegs ein „Schattendasein“ fristet. Es handelt sich um weiterhin empirisch ausgerichtete Arbeiten, die jedoch qualitative Forschungsmethoden bevorzugen. Sie werden unter Etiketten wie „action research“ und „case study research“ publiziert; vgl. z.B. die Grundlagenarbeiten (Davison et al. 2004) bzw. (Lee 1989). Zwar mag überraschen, dass Forschungsansätze wie die Aktionsforschung, die im deutschsprachigen Raum wegen ihrer inhärenten methodischen Probleme seit längerer Zeit kaum noch praktiziert werden, im angelsächsischen Information Systems Research eine Art Renaissance erleben. Jedoch widerlegen sie zumindest das Vorurteil, das Information Systems Research sei einseitig auf quantitativ-empirische Forschungsmethoden fixiert. Allerdings entkräften solche Gegenbeispiele nicht die beiden Vorhaltungen, das Information Systems Research leide einerseits unter einer unreflektierten Bevorzugung empirischer Forschungsmethoden, die für „naiv szientistische“ Arbeiten charakteristisch sei, und andererseits unter einer generell schwach ausgeprägten Reflexion des wissenschaftstheoretischen Fundaments der eigenen Forschungsarbeiten. Auch gegenüber diesen Vorhaltungen lässt sich auf Ausnahmen verweisen, wie z.B. den vielfach zitierten Beitrag (Hevner et al. 2004) von HEVNER et al. Er bemüht sich nicht nur um eine Aufwertung konstruktiver Forschungsansätze im Umfeld „empirischer Hegemonie“, sondern ebenso um eine sorgfältige wissenschaftstheoretische Basis. Der Verfasser ist auf den Beitrag von HEVNER et al. an anderer Stelle ausführlicher eingegangen, insbesondere auch auf etliche Schwächen seiner wissenschaftstheoretischen Fundierungsversuche; siehe dazu (Zelewski 2007, insbesondere S. 86 ff.). An dieser Stelle sei nur darauf verwiesen, dass sich dieser Beitrag keineswegs als „typisch“ für das Information Systems Research erweist, sondern eher einen begrüßenswerten Sonderfall darstellt.
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Aus explanativer Perspektive wäre es interessant, tiefer in die Analyse der mutmaßlichen Ursachen für den eingangs konstatierten Trend, von anspruchsvollen Arbeiten im Bereich der Wirtschaftsinformatik zunehmend eine Bestimmung ihres wissenschaftstheoretischen Fundaments zu erwarten, einzusteigen. Kausale Interpretationsangebote wie die beiden, die in diesem Kapitel kurz skizziert wurden, mögen vielleicht die Plausibilität des ersten Anscheins für sich in Anspruch nehmen können, stellen jedoch nicht mehr als Spekulationen dar. Sie müssten durch seriöse wissenschaftliche Untersuchungen abgelöst werden. Dafür kommen beispielsweise Forschungsansätze der Wissenschaftssoziologie, wie z.B. im Stile der Paradigmenerklärung von KUHN (Kuhn 2003), und sozialkonstruktivistische Forschungsansätze, wie z.B. die „Fabrikation von Erkenntnis“ von KNORR CETINA (Knorr Cetina 2002), in Betracht. Nach Kenntnis des Verfassers wurden solche Forschungsansätze – im Gegensatz zu den o.a. quantitativ-empirischen Arbeiten über wissenschaftstheoretische Fundamente der Wirtschaftsinformatik – auf den Bereich der Wirtschaftsinformatik jedoch bislang noch nicht ernsthaft angewendet. Daher bietet sich aus explanativer Perspektive ein wenig bearbeitetes und entsprechend fruchtbares Forschungsgebiet zur Trenderklärung nicht nur für die Wirtschaftsinformatik selbst an, sondern ebenso für andere Disziplinen wie Soziologie und Wissenschaftsforschung. 2.3 Konstruktive Perspektive In konstruktiver Hinsicht stehen Gestaltungsempfehlungen im Vordergrund des Forschungsinteresses. Sie geben in normativer Weise Empfehlungen dafür, wie Publikationen im Bereich der Wirtschaftsinformatik angelegt („gestaltet“) werden sollten, um sich in den Trend, von anspruchsvollen Arbeiten im Bereich der Wirtschaftsinformatik zunehmend eine Bestimmung ihres wissenschaftstheoretischen Fundaments zu erwarten, möglichst Erfolg versprechend einzufügen. Etwas provokanter könnte auch davon gesprochen werden, dass die Gestaltungsempfehlungen darauf hinauslaufen, eine erfolgsorientierte Anpassung an den – entweder nur subjektiv als vorherrschend empfundenen oder sogar empirisch und somit „objektiv“ belegten – wissenschaftstheoretischen Fundierungstrend zu unterstützen. Erfolg ist hierbei im Sinne des Publikationserfolgs zu verstehen. Er erstreckt sich in zwei Dimensionen. Einerseits geht es um den Erfolg, dass ein wissenschaftlicher Beitrag von einem wissenschaftlichen Publikationsmedium möglichst hohen Renommees, wie etwa einem der „berühmt-berüchtigten“ Tripel-A-Journale, zur Veröffentlichung akzeptiert wird. An-
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dererseits wird der Erfolg eines wissenschaftlichen Beitrags oftmals durch die Anzahl seiner Zitierungen, eventuell noch gewichtet mit dem „impact factor“ des Publikationsmediums, gemessen. Eine eigenständige wissenschaftliche Disziplin – die Bibliometrie – hat sich für die „Vermessung“ des Erfolgs von Publikationen etabliert. Auf inhärente Probleme dieser Quantifizierung des empirisch beobachtbaren Publikationserfolgs kann hier nicht näher eingegangen werden; vgl. stattdessen die Andeutungen und weiterführenden Referenzen in (Zelewski 2006, S. 10 ff.). Aus konstruktiver Perspektive hat zweifellos der Beitrag (Hevner et al. 2004) von HEVNER et al., der bereits im voranstehenden Kapitel kurz erwähnt wurde, in jüngster Zeit größte Beachtung erfahren. Denn er wirbt nicht nur um eine Aufwertung konstruktiver Forschungsansätze im Bereich des Information Systems Research als „design science“. Vielmehr verdankt er seine vielfache Rezeption – vermutlich – vor allem einem Katalog von sieben Richtlinien („guidelines“), die allen Autoren als eine Art „wissenschaftspragmatischer Lebenshilfe“ an die Hand gegeben werden, die bestrebt sind, im Information Systems Research erfolgreich zu publizieren. Bei diesen sieben Richtlinien handelt es sich um Gestaltungsempfehlungen, die sich kurz gefasst auf folgende Aspekte erstrecken: Erschaffung eines innovativen Artefakts, Relevanz der wissenschaftlichen Problemstellung, Evaluation von Forschungsresultaten, Beitrag zum Erkenntnisfortschritt, Stringenz der Forschungsarbeiten, Konstruktion von Artefakten als Suchprozess sowie Kommunikation der Forschungsresultate; vgl. (Hevner et al. 2004, S. 82 ff.) und (Zelewski 2007, 77 ff., 91 ff. u. 103 ff.). Der besondere Reiz dieser Publikationsrichtlinien liegt darin, dass sie die konstruktive Perspektive von der wissenschaftlichen Objektebene auf die wissenschaftspragmatische Metaebene übertragen. Denn HEVNER et al. beziehen sich nicht nur auf die Erforschung und – vor allem – die Gestaltung von Artefakten, die als Informations- und Kommunikationssysteme im weitesten Sinne sowohl Information Systems Research als auch Wirtschaftsinformatik auf der Objektebene zugrunde liegen. Vielmehr widmen sich HEVNER et al. insbesondere auch der „konstruktiven“ Gestaltung von Publikationen, die als Artefakte der Metaebene im „Wissenschaftsspiel“ von Information Systems Research sowie Wirtschaftsinformatik erschaffen werden, um Wissen über Erfahrungs- und Erkenntnisobjekte der Objektebene zu vermitteln. Angelehnt an einen programmatischen Aufsatz von FRANK, der sich mit der „Evaluation von Artefakten“ aus der Perspektive der Wirtschaftsinformatik auseinandersetzte (Frank 2000), kann der Beitrag von HEVNER et al. unter anderem als ein Leitfaden aufgefasst werden, wie wissenschaftlich anspruchsvolle Beiträge im Bereich von Information Systems Re-
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search sowie Wirtschaftsinformatik verfasst („konstruiert“) werden sollten, um eine möglichst hohe Chance zu erhalten, von renommierten Publikationsmedien zur Veröffentlichung akzeptiert zu werden. Allerdings geht es nicht mehr – wie bei FRANK – um Artefakte auf der Objektebene in der Gestalt von Informations- und Kommunikationssystemen, sondern auf der Metaebene um Artefakte in der Gestalt von Publikationen über Informations- und Kommunikationssysteme. Auf diese Metaebene beziehen sich insbesondere die Publikationsrichtlinien, die empfehlen, die Relevanz der wissenschaftlichen Problemstellung, die Evaluation von Forschungsresultaten, den Beitrag zum Erkenntnisfortschritt sowie die Stringenz der Forschungsarbeiten hervorzuheben. Nur am Rande sei erwähnt, dass sich HEVNER et al. im ebenso langwierigen wie aktuellen Disput über „rigor versus relevance“ – vgl. z.B. (Keen 1991), (Turner 1991), (Lee 1999) und (Nicolai 2004) – nicht eindeutig positionieren. Stattdessen betonen sie die Wichtigkeit beider Pole. Denn sie empfehlen in ihren o.a. Richtlinien, sowohl die Relevanz der wissenschaftlichen Problemstellung als auch die Stringenz der eigenen Forschungsarbeiten herauszuarbeiten.
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Konformität im real existierenden Wissenschaftsbetrieb
3.1 Der konformitätsstiftende Einfluss von Parametrisierung und Karriereorientierung Im Folgenden wird nur noch auf die konstruktive Perspektive eingegangen. Sie erweist sich nach Einschätzung des Verfassers als besonders interessant. Denn sie bietet sich an, um auf der Metaebene der Konstruktion von Publikations-Artefakten zu untersuchen, welche Wirkungen zu erwarten sind, wenn sich der Trend fortsetzt, dass in anspruchsvollen Arbeiten aus dem Bereich der Wirtschaftsinformatik ihr wissenschaftstheoretisches Fundament zu explizieren ist. Auf den ersten Blick sollte sich der Trend zur Offenlegung der wissenschaftstheoretischen Fundamente im Hinblick auf die Publikations- und Zitationschancen einer wissenschaftlichen Arbeit als „neutral“ erweisen. Dies gilt zumindest dann, wenn eine pluralistische Wissenschaftskonzeption verfolgt wird, der zufolge – zumindest „im Prinzip“ – alle Forschungsansätze gleichberechtigt um „Erfolg“ hinsichtlich der Beschreibung, Erklärung oder Gestaltung von realen Sachverhalten konkurrieren (entsprechend den oben angesprochenen drei Perspektiven deskriptiver, explanativer bzw. konstruktiver Art).
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Diese Sichtweise kann jedoch den Sphären von „Wissenschaftsromantik“ und „Wissenschaftsutopie“ zugerechnet werden. Sie hat nur wenig mit dem real existierenden Wissenschaftsbetrieb gemeinsam. Denn es ist allgemein bekannt, dass die „Wächter“ über knappe Publikationschancen in der Regel wissenschaftstheoretische Präferenzen hegen und oftmals der Neigung folgen, Beiträge nicht zur Veröffentlichung zuzulassen, die diesen Präferenzen nicht gerecht werden. Dies betrifft im Besonderen die Referees und Herausgeber renommierter Fachzeitschriften. Daneben lässt sich dieses Phänomen aber auch bei Programmkomitees von Fachtagungen beobachten. Zuweilen trifft es sogar auf Fachbereiche, Fakultäten und ähnliche inneruniversitäre Organisationsstrukturen (wie z.B. große „Institute“) zu, die über ihr Promotions- und Habilitations-„Monopol“ indirekt erheblichen Einfluss auf Publikationschancen ausüben können. Wenn solche Organisationsstrukturen eine „Corporate Identity“ im Sinne einer ausgeprägten wissenschaftstheoretischen Präferenz entwickeln, bedeutet dies einen erheblichen Anpassungsdruck für den wissenschaftlichen Nachwuchs, dieser Präferenz gerecht zu werden. So gibt es beispielsweise inneruniversitäre Organisationsstrukturen, die sich auf einen quantitativ-empirischen Forschungsansatz spezialisiert haben. Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler haben innerhalb solcher Strukturen nur dann eine „praktische“ Promotions- oder Habilitationschance mit entsprechendem Zugang zum Publikationsmarkt, wenn sie ihre eigenen Forschungsarbeiten von vornherein dem quantitativ-empirischen Forschungsansatz unterordnen. Die voranstehend skizzierte Tendenz zur Entwicklung und Verfestigung wissenschaftstheoretischer Präferenzen bei „Wächtern“ über knappe Publikationschancen wird durch aktuelle Prozesse im Wissenschaftsbetrieb noch verstärkt. Dazu gehören insbesondere wohlmeinende Ratschläge, oftmals auch subtiler Druck von Bildungspolitikern und Bildungstechnokraten, deutsche Universitäten sollten sich stärker (nach innen) spezialisieren und entsprechend (nach außen) profilieren. Dahinter stehen Überlegungen, dass auf diese Weise an einzelnen Universitäten – gemeint sind eigentlich einzelne Fachbereiche, Fakultäten und ähnliche inneruniversitäre Organisationsstrukturen, daher wird im Folgenden der Kürze halber von akademischen Forschungseinheiten gesprochen, – schneller eine „kritische Masse“ von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern erreicht wird, die gemeinsam unter einem einheitlichen „Paradigma“ arbeiten, das u.a. auch ein gemeinsames wissenschaftstheoretisches Vorverständnis umschließt. Es liegt auf der Hand, dass sich auf diese Weise Spezialisierungs- und Größenvorteile sowie kollektive Lernkurveneffekte nutzen lassen, die in ihrer Gesamtheit die „Produktivität“ einer akademischen Forschungseinheit beträchtlich steigern können. Diese Produktivitätsgewinne manifestie-
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ren sich nicht nur in einer tendenziell größeren Publikationsintensität pro Wissenschaftler(in), sondern auch in stärkerer Einwerbung von Drittmittelprojekten, deren Vergabe oftmals unterschwellig an den Nachweis „kritischer Größen“ gebunden ist. Weitere indirekte Effekte können hinzukommen. Beispielsweise bieten sich großen akademischen Forschungseinheiten eher Chancen, eigene Fachzeitschriften zu kreieren und attraktive Fachkonferenzen zu etablieren, deren Referees und Herausgeber bzw. Programmkomitees wiederum solche Publikationen bzw. Fachvorträge mehr oder minder subtil bevorzugen, die sich dem präferierten „Paradigma“ und somit auch dem wissenschaftstheoretischen Vorverständnis der betroffenen akademischen Forschungseinheit „intelligent“ angepasst haben. Auch durch die öffentlichkeitswirksame Profilbildung besteht die Chance, auf dem Markt für den wissenschaftlichen Nachwuchs im Wettbewerb mit anderen, weniger profilierten akademischen Forschungseinheiten tendenziell mehr „hochkarätige“ Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler anzuziehen. Die Wirkungsketten, die in der hier gebotenen Kürze nur grob und unvollständig angedeutet werden konnten, führen tendenziell zu einem sich selbst verstärkenden Prozess, in dem akademische Forschungseinheiten durch Spezialisierung und Profilbildung sowohl an Größe als auch an Produktivität gewinnen. Diesen Prozess haben Bildungspolitiker und Bildungstechnokraten vermutlich vor Augen, wenn sie immer wieder und zu allen passenden oder auch unpassenden Anlässen eine verstärkte Spezialisierung und Profilbildung einfordern. In die gleiche Richtung weisen die Exzellenzinitiativen, mit denen ohnehin schon große und erfolgreiche Universitäten besonders gefördert werden, um ihre Spezialisierung und Profilbildung noch weiter voranzutreiben und zu noch mehr „Exzellenz“ zu führen. Nur am Rande sei angemerkt, dass der vielschichtige und „schillernde“ Exzellenzbegriff seitens der Bildungsbürokratie in der Regel konkretisiert – man könnte auch sagen: trivialisiert – wird im Sinne einer höheren Produktivität, die sich anhand der bereits angesprochenen Publikations- und Zitationsanzahlen sowie Drittmittelausgaben relativ leicht messen lässt. Diese rein quantitativen Produktivitätsindikatoren oder „Parameter“ kommen der Mentalität der meisten Bildungspolitiker und Bildungstechnokraten entgegen, nur das wahrnehmen und beurteilen zu wollen, was sich in quantitativen Größen erfassen lässt und somit den Anschein von „Objektivität“ suggeriert. Vor dem zuvor skizzierten Hintergrund von sich selbst verstärkenden Prozessen im real existierenden Wissenschaftsbetrieb führt der Trend zur Parametrisierung des wissenschaftlichen Erfolgs dazu, dass es – zumindest
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prima facie – eine Erfolg versprechende Strategie darstellt, „große“ akademische Forschungseinheiten zu formieren, die sich auf ein gemeinsames „Paradigma“ mit einheitlichem wissenschaftstheoretischen Vorverständnis spezialisieren und nach außen entsprechend profilieren. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die in diesem System „Karriere machen“ möchten, sind gut beraten, sich auf diese Strategie einzustellen. Dies gilt nicht nur für etablierte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die sich im Rahmen der „leistungsorientierten“ W-Besoldung immer stärker einer Beurteilung ihres wissenschaftlichen Erfolgs anhand der vorgenannten Parameter unterwerfen müssen. Vielmehr betrifft es insbesondere auch Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler, die erst noch um eine Zulassung in das „System“ des real existierenden Wissenschaftsbetriebs kämpfen (müssen), um z.B. eine „ordentliche“ Professur oder ein „tenure track“ zu erhalten. Parametrisierung und Karriereorientierung üben auf diese Weise einen erheblichen konformitätsstiftenden Einfluss auf den Wissenschaftsbetrieb aus. Dabei ist mit Konformität jedoch nicht die Konformität aller akademischen Forschungseinheiten gemeint. Diese können durchaus unterschiedliche Paradigmen mit verschiedenartigen wissenschaftstheoretischen Vorverständnissen pflegen und so in einem fruchtbaren wissenschaftlichen Wettbewerb miteinander stehen. Vielmehr ist der erhebliche Konformitätsdruck gemeint, der auf einer einzelnen Wissenschaftlerin oder einem einzelnen Wissenschaftler lastet, wenn sie bzw. er eine Publikation in einer Fachzeitschrift oder den „Proceedings“ einer Fachtagung veröffentlichen oder eine wissenschaftliche Qualifizierungsarbeit wie eine Dissertation oder eine Habilitationsschrift an einer akademischen Forschungseinheit mit Aussicht auf Erfolg einreichen möchte. In solchen Fällen werden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler – wenn sie erfolgsorientiert agieren – ihre eigenen Arbeiten von vornherein auf diejenigen „Paradigmen“ mit ihren wissenschaftstheoretischen Vorverständnissen zuschneiden, die für die jeweils adressierten Personen oder Institutionen maßgeblich sind – oder zumindest aus der Sicht der Betroffenen als maßgeblich erscheinen. 3.2 Potenzielle Auswirkungen des konformitätsstiftenden Anpassungsdrucks Die Ausführungen im Kapitel 3.1 laufen Gefahr, die Frage zu provozieren, inwiefern die skizzierten Prozesse im real existierenden Wissenschaftsbetrieb mit dem eingangs konstatierten Trend, von anspruchsvollen Arbeiten im Bereich der Wirtschaftsinformatik zunehmend eine Bestimmung ihres wissenschaftstheoretischen Fundaments zu erwarten, zusammenhängen. In
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der Tat besteht nur ein schwacher, indirekter Zusammenhang, der dennoch hinsichtlich seiner Auswirkungen nicht unterschätzt werden sollte. Vordergründig herrscht ein konformitätsstiftender Anpassungsdruck nur im Hinblick auf die „Paradigmen“, auf die sich akademische Forschungseinheiten im Sinne der vielfach eingeforderten Spezialisierung und Profilbildung immer stärker fokussieren. Jedes „Paradigma“ umfasst jedoch unabhängig davon, wie dieser schillernde Begriff aus der Wissenschaftstheorie und Wissenschaftssoziologie inhaltlich gefüllt wird, immer ein bestimmtes wissenschaftstheoretisches Vorverständnis. Dieses Vorverständnis mag unterschiedlich intensiv ausgeprägt sein und artikuliert werden; aber es lässt sich aus der inhaltlichen Bestimmung eines Forschungsparadigmas nicht wegdenken. Daher wird davon ausgegangen, dass im real existierenden Wissenschaftsbetrieb auch ein konformitätsstiftender Anpassungsdruck im Hinblick auf wissenschaftstheoretische Vorverständnisse besteht. Dieser Anpassungsdruck ist keineswegs „per se“ als negativ zu bewerten. Diese Ansicht lässt sich zumindest so lange aufrechterhalten, wie die oben skizzierten Produktivitäts- und Exzellenzargumente überzeugen, die von Bildungspolitikern und Bildungstechnokraten vorgetragen werden. Im Folgenden wird jedoch versucht, anhand von drei Argumentationssträngen Zweifel zu säen, ob sich die Produktivitäts- und Exzellenzargumente tatsächlich als überzeugend erweisen. Im Sinne der eingangs angedeuteten „Streitschrift“ sollen diese Argumentationsstränge lediglich eine vertiefte Diskussion anregen. Sie beanspruchen aber keineswegs, bereits „ausgereift“ zu sein. Insbesondere fehlt ihnen noch eine „empirische Fundierung“, die von zahlreichen Lesern eingefordert werden mag. Eine empirische Überprüfung der hier nur thesenartig geäußerten, mutmaßlichen Nebenwirkungen von wohlgemeinten Ratschlägen der Bildungsbürokratie wäre vielleicht eine reizvolle Aufgabe für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die sich dem quantitativ-empirischen Forschungsansatz verpflichtet fühlen. Erstens führt der Trend, von anspruchsvollen Arbeiten im Bereich der Wirtschaftsinformatik zunehmend eine Bestimmung ihres wissenschaftstheoretischen Fundaments zu erwarten, zu der sicherlich nicht intendierten Nebenwirkung, dass in zahlreichen Beiträgen die einleitenden wissenschaftstheoretischen Positionsbestimmungen schlicht „aufgesetzt“ wirken. In solchen Beiträgen werden zwar zunächst angebliche wissenschaftstheoretische Fundamente artikuliert. Aber aus den nachfolgenden Ausführungen wird in keiner Weise ersichtlich, welchen inhaltlichen Einfluss diese Fundamente auf jene Ausführungen ausgeübt haben. Es lässt sich nur der Schluss ziehen, dass die eingangs erfolgte wissenschaftstheoretische Fundierung nicht mehr als eine „lästige Pflichtübung“ war, um der Erwartungshaltung aufgrund des o.a. Trends gerecht zu werden. Zu Pflichtübun-
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gen dieser Art sollte Wissenschaft aber nicht entarten. Stattdessen sollte Offenheit dafür bestehen, dass wissenschaftlich anspruchsvolle Arbeiten keineswegs immer auf einem ausgewiesenen wissenschaftstheoretischen Fundament beruhen müssen, sondern so weit spezialisiert sein können und auf so umfassenden Vorarbeiten aufbauen können, dass ihr „eigentliches“ wissenschaftliches Problem weit entfernt von wissenschaftstheoretisch interessanten Grundsatzfragen angesiedelt ist. Wer beispielsweise einen besonders leistungsfähigen Algorithmus zur Lösung einer etablierten Klasse von Problemen des Operations Research oder eine konkrete Anwendung für das Konzept des Case-based Reasoning entwickeln möchte, muss sich nicht unbedingt mit wissenschaftstheoretischen Grundlagendiskussionen, wie z.B. über „naiven“ Realismus versus „aufgeklärten“ Konstruktivismus, auseinandersetzen. Zweitens führt der Trend zur wissenschaftstheoretischen Fundierung von Beiträgen im Bereich der Wirtschaftsinformatik zu einer gefährlichen Nebenwirkung insbesondere bei Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftlern. Aufgrund ihrer ebenso rational wie emotional nachvollziehbaren Karriereorientierung sind sie der Versuchung ausgesetzt, auf Forschungsarbeiten zu verzichten, die sie zwar persönlich als interessant empfinden, von denen sie aber befürchten, dass das jeweils zugrunde liegende wissenschaftstheoretische Fundament nicht im „Mainstream“ jener „Wächter“ über Publikations- und Karrierechancen liegt, die für den betroffenen wissenschaftlichen Nachwuchs als maßgeblich erscheinen. Diese Gefahr ist keineswegs abstrakter Natur. Vielmehr sind dem Verfasser mehrere Beispiele von Nachwuchswissenschaftlerinnen oder Nachwuchswissenschaftlern bekannt, die frühzeitig die „Schere im Kopf“ angesetzt haben, um sich auf solche Forschungsarbeiten zu fokussieren, die dem – ihrer Meinung nach – vorherrschenden „Paradigma“ einschließlich seines wissenschaftstheoretischen Vorverständnisses an den für sie relevanten akademischen Forschungseinheiten sowie bei den für sie relevanten Fachzeitschriften und -tagungen gerecht werden. Dies ist nach subjektiver Einschätzung des Verfassers eine ausgesprochen negative Seite des oben geschilderten „konformitätsstiftenden“ Anpassungsdrucks im real existierenden Wissenschaftsbetrieb. Sie hat zwar viel mit der Parametrisierung des wissenschaftlichen Erfolgs und der Karriereorientierung des wissenschaftlichen Nachwuchses zu tun, aber wenig mit wissenschaftlicher Freiheit. Drittens sollten sich akademische Forschungseinheiten eine „gesunde Skepsis“ gegenüber den Ratschlägen wohlmeinender Bildungspolitiker und Bildungstechnokraten bewahren, das „wissenschaftliche Heil“ – sprich „Exzellenz“ – sei ausschließlich durch Spezialisierung und Profilbildung zu erreichen. Solchen Ratschlägen liegt zwar eine plausible Argumentati-
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onskette zugrunde, die oben im Hinblick auf selbst verstärkende Prozesse mit veritablen Produktivitätsgewinnen skizziert wurde. Aber diese Argumentationskette ist aus ökonomischer Perspektive unvollständig – um nicht zu sagen oberflächlich. Denn sie übersieht mehrere Nebenwirkungen, die den intendierten Gesamteffekt bildungspolitischer Planungs- und Steuerungseuphorie erheblich beeinträchtigen, im Extremfall sogar in sein Gegenteil umkehren können. In der hier gebotenen Kürze lassen sich solche Nebenwirkungen nicht vollständig und detailliert erörtern, sondern allenfalls grob andeuten. Zum einen unterliegt die Argumentationskette zugunsten von Spezialisierung und Profilbildung einer simplen „Größenideologie“. Zwar spielen Größenvorteile der „economies of scale“ für akademische Forschungseinheiten durchaus eine Rolle. Aber die daraus folgenden Produktivitätsgewinne erweisen sich nicht als „beliebig skalierbar“. Vielmehr hat die Betriebswirtschaftslehre schon in den sechziger und siebziger Jahren des vergangenen Jahrtausends vielfältige inhaltliche Argumente und empirische Belege für die Existenz „optimaler Betriebsgrößen“ zusammengetragen. Die Produktivitätsgewinne schlagen bei Überschreiten der optimalen Betriebsgröße in Produktivitätsverluste um, weil z.B. die Koordinierungskomplexität großer Produktionseinheiten – für die akademische Forschungseinheiten nur einen Spezialfall darstellen – so stark ansteigt, dass die größenbedingten Effizienzvorteile durch koordinierungsbedingte Ineffizienzen überkompensiert werden. Dieser seit Langem bekannte Sachverhalt spielt auch für akademische Forschungseinheiten eine signifikante Rolle. So konnte beispielsweise in empirischen Analysen, die mithilfe der Data Envelopment Analysis methodisch anspruchsvoller ausgelegt waren als die simplen Parametervergleichsrechnungen der Bildungsbürokratie, gezeigt werden, dass sich keineswegs die „großen“ und in Exzellenzwettbewerben erfolgreichen Universitäten als am produktivsten erweisen. Vielmehr stellten sich relativ kleine Universitäten, wie insbesondere die Universität Konstanz, als wesentlich produktiver heraus; vgl. (Klumpp u. Zelewski 2008, S. 342, 344 u. 346 f.). Empirisch-analytische Einsichten wie die vorgenannte sollten der Bildungsbürokratie zu denken geben, ob das Festhalten an der o.a. „Größenideologie“ für akademische Forschungseinheiten mit entsprechender Spezialisierung und Profilbildung wirklich zielführend ist. Leider neigen Bildungspolitiker und Bildungstechnokraten jedoch kaum dazu, solche Forschungsergebnisse zur Kenntnis zu nehmen und in ihr eigenes Handeln einfließen zu lassen. Zum anderen verkennt die Argumentationskette zugunsten von Spezialisierung und Profilbildung betriebswirtschaftlich ebenso vertraute Argumente zu „economies of scope“. Sie bedeuten, auf akademische Forschungseinheiten übertragen, dass ihre Produktivität von einer bewusst
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kultivierten Vielfalt unterschiedlicher Forschungsansätze profitieren kann. Diese Forschungsvielfalt umfasst in der Regel auch unterschiedliche „Paradigmen“ mit divergierenden wissenschaftstheoretischen Vorverständnissen. Nur dieser letztgenannte Fall interessiert im hier erörterten Kontext. Die Verbundvorteile oder „economies of scope“, die aus Vielfalt resultieren, sind inhaltlich schwerer zu fassen als die weithin bekannten Größenvorteile der „economies of scale“. Daher werden sie oftmals übersehen. Dennoch existieren sie und sind in der Betriebswirtschaftslehre – insbesondere als Synergieeffekte – seit Langem bekannt. Im Wissenschaftsbetrieb können sie sich beispielsweise aus der inhaltlich fruchtbaren Diskussion zwischen Vertretern unterschiedlicher Paradigmen ergeben, die zu zusätzlichen oder inhaltlich ausgereifteren Publikationen führen. Ebenso interessant dürfte der Effekt sein, dass eine akademische Forschungseinheit umso eher in der Lage ist, die oftmals erhobene Forderung nach verstärkter Interdisziplinarität von Forschungsprojekten oder multi-perspektivischer Forschung zu erfüllen, je mehr sie einen Binnenpluralismus unterschiedlicher „Paradigmen“ und – damit verbunden – verschiedenartiger wissenschaftstheoretischer Vorverständnisse kultiviert.
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Ein vager Ausblick auf organisierten Wildwuchs
In den voranstehenden Ausführungen wurden Bedenken artikuliert, das „wissenschaftliche Heil“ ausschließlich in Spezialisierung und Profilbildung zu suchen, weil dies in der Regel nicht nur zu einer paradigmatischen Fokussierung, sondern auch zu einer wissenschaftstheoretischen Perspektivenverengung bis hin zu einer fragwürdigen „Monokultur“ führt. Auf die keineswegs intendierten, aber dennoch drohenden Nebenwirkungen wurde in dreifacher Hinsicht exemplarisch eingegangen. Aber es wäre unbefriedigend, nur auf Gefahren hinzuweisen, ohne eine konstruktive Alternative anzubieten. Zu den „Angenehmlichkeiten“ eines Essays geringen Umfangs gehört es, sich in der „gebotenen Kürze“ auf nur einige Andeutungen beschränken zu können. Aber vielleicht bieten andere Arbeiten oder sogar „geförderte“ Projekte Anlass, die hier vorgelegten Gedankenfragmente weiter ausreifen zu lassen. Ein zentrales Anliegen des Verfassers liegt in einem entschiedenen Plädoyer für eine Wiederbelegung des wissenschaftlichen Pluralismus – und zwar nicht nur als „externer“ Wettbewerb zwischen den Wissenschaftsauffassungen (Paradigmen) unterschiedlicher akademischer Forschungseinheiten, sondern vor allem auch als Binnenpluralismus innerhalb einer akademischen Forschungseinheit. Entgegen dem aktuellen und „modischen“
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Trend zur Spezialisierung und Profilbildung sollten sich akademische Forschungseinheiten die Freiheit nehmen, auch innerhalb ihrer eigenen Struktur verschiedenartige Paradigmen mit unterschiedlichen wissenschaftstheoretischen Vorverständnissen nicht nur zu dulden, sondern bewusst zu kultivieren. Dadurch kann einem dysfunktionalen Wachstum einer wissenschaftlichen und wissenschaftstheoretischen „Monokultur“ im Rahmen einer unreflektierten „Größenideologie“ jenseits der optimalen Betriebsgröße vorgebeugt werden. Zugleich lassen sich Verbundvorteile einer pluralistischen Wissenschaftskultur im Sinne von Interdisziplinarität, Multi-Perspektivismus und „transparadigmatischer Streitkultur“ nutzen. Seitens der Betriebswirtschaftslehre existiert eine Palette von Anregungen, wie sich ein solcher wissenschaftlicher Binnenpluralismus innerhalb einer akademischen Forschungseinheit effektiv realisieren lässt. Als pars pro toto sei auf das „grass-roots model“ von MINTZBERG und MCHUGH verwiesen (Mintzberg u. McHugh 1985, S. 193 ff.). Es ist schon seit mehr als zwei Jahrzehnten bekannt und erfreut sich in organisationswissenschaftlichen Analysen einer lebhaften Diskussion. MINTZBERG und MCHUGH sprechen ein beherztes Plädoyer zugunsten eines „organisierten Wildwuchses“ aus, der bewusst darauf abzielt, Vielfalt und Verschiedenartigkeit zu fördern. Aus der „modernen“ Perspektive ökologischer Forschungen bis hin zur organisationswissenschaftlichen Populationsökologie kann davon gesprochen werden, dass dieses „grass-roots model“ für ein bewusstes, „strategisch“ reflektiertes Management von Varietät – oder konzipiert ist. In einem „moderner“ anmutenden Wissenschaftsjargon könnte ebenso von einem „diversity management“ die Rede sein. Es zielt darauf ab, Denkansätze zu fördern, die sich auch außerhalb der etablierten Paradigmen bewegen, und sie zunächst wie „Unkraut wuchern“ zu lassen. Dahinter steht die Überzeugung, dass sich oftmals zu Beginn der Entwicklung solcher Denkansätze nicht zuverlässig beurteilen lässt, ob sie sich – auf die Sphäre der Wissenschaft übertragen – zu innovativen, die Wissenschaft bereichernden Gedankengebäuden weiterentwickeln oder als wissenschaftliche Sackgassen erweisen. Natürlich übersehen auch MINTZBERG und MCHUGH nicht, dass angesichts knapper Ressourcen ein solcher Freiraum für üppigen „Wildwuchs“ nicht uneingeschränkt gewährt werden kann. Stattdessen ist nach einer großzügig bemessenen Wachstumsphase „irgendwann“ eine Selektionsphase anzusetzen, in der das Management – im hier diskutierten Kontext also Instituts-, Fachbereichs-, Fakultäts- und Hochschulleitungen oder Bildungs- und Forschungsministerien – sich entscheiden muss, einzelne viel versprechende Forschungsansätze weiter auszubauen und andere mangels Perspektiven einzustellen oder zumindest auslaufen zu lassen.
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Angesichts knapper Ressourcen, die auch den real existierenden Wissenschaftsbetrieb trotz aller öffentlichkeitswirksam angekündigten Investitionen in eine „Bildungsgesellschaft“ nachhaltig prägen, wäre es weltfremd anzunehmen, die zuvor angedeuteten Selektionsphasen ignorieren zu können. Dies ist aber auch nicht zu beklagen, weil Selektion ein inhärentes Merkmal wissenschaftlichen Wettbewerbs darstellt, den das hier ausgesprochene Plädoyer zugunsten eines wissenschaftlichen Binnenpluralismus keineswegs vermeiden möchte. Vielmehr geht es dem Verfasser „nur“ darum, auch innerhalb akademischer Forschungseinheiten wieder für ein positives Klima zugunsten einer pluralistischen Forschungskultur zu werben, die dem aktuellen Trend zur Spezialisierung und Profilbildung bewusst zuwiderläuft. Dieses Plädoyer schließt ausdrücklich ein Bekenntnis zu verschiedenartigen wissenschaftstheoretischen Fundamenten ein. Sie sollten innerhalb derselben akademischen Forschungseinheit nicht nur „geduldet“ werden, sondern als ein Potenzial wahrgenommen werden, das seine wissenschaftliche Fruchtbarkeit erst in einer lebhaften akademischen Diskussions- und Streitkultur zu entfalten vermag. Diese Kultur sollte nicht nur im Wettbewerb zwischen den akademischen Forschungseinheiten gepflegt werden, sondern ebenso innerhalb einer solchen Forschungseinheit eine intensive Förderung erfahren. Wenn dies gelingt, werden es Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler hoffentlich nicht mehr als eine „lästige Pflicht“ empfinden, die wissenschaftstheoretischen Fundamente ihrer Arbeiten offenzulegen und zur Diskussion zu stellen (sofern von ihren Arbeiten wissenschaftstheoretische Grundsatzfragen tangiert werden), sondern dies als eine Bereicherung ihres akademischen Forschungsumfelds erfahren.
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