Jüdische Schriften aus hellenistisch-römischer Zeit
Herausgegeben von Hermann Lichtenberger in Zusammenarbeit mit Christian Habicht, Otto Kaiser, Werner Georg Kümmel (gest. I995), Otto Plöger (gest. I999) und Josef Schreiner (gest. 2002)
Band V . Lieferung 9 Gütersloher Verlagshaus
Jüdische Schriften aus hellenistisch-römischer Zeit Band V
Apokalypsen Bernd Jörg Diebner Zephanjas Apokalypsen
200 3
Gütersloher Verlags haus
Die Abkürzungsverzeichnisse befinden sich in der ersten Lieferung dieses Bandes
ISBN 3-579-°3945-8
© Gütersloher Verlagshaus GmbH, Gütersloh
2003
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Bernd Jörg Diebner Zephanjas Apokalypsen
Inhalt Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..
1143
I. Überlieferungs bestand der 2ephanja-Apokalypsen . . . . 11. Das literarische Verhältnis der Fragmente sah, ach und 2 zueinander . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. IH. Inhalt und Form der Fragmente 2, sah und ach . . . . IV. Christliche und jüdische Tradition in den Fragmenten V. Entstehungszeit und zeitgeschichtlicher Hintergrund VI. Religiöses Profil . . VII. Literaturverzeichnis VIII. Abkürzungen ...
1143 1I
51
1159 1171 1184 II 88 II 9 1 1196
Übersetzung.
1197
Erläuterungen
II97
I. Der griechische Text (2) 11. Der sahidische Text (S) IH. Der achmimische Text (A)
1200 1201 1203
Einfügungen.
1230
Register. . . .
1231
I. Namen 11. TextsteIlen
Abbildungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
12 31
1233
1243
Einleitung
1. Überlieferungsbestand der Zephanja-Apokalypsen 1 Antike und mittelalterliche Nachrichten über eine Zephanja-Apokalypse 2 • - Ein 1j!EuÖEn[ygaqlOv 3 , eine ngo
1.
2. 3.
4-
5.
6.
7. 8. 9.
Diesem und dem folgenden Abschnitt liegt im wesentlichen mein Vortrag auf dem I. International Congress for Coptology (Kairo, Dezember 1976) zugrunde; vgL Diebner: NHS 14, 1978, S. 152-167. VgL hierzu nun auch (soweit analog) Schrage, S. 195. Lo<j>ovlou JtQo<j>T]1:ou ... 1jJEuIiEJtlYQa<j>a heisst es in der LuvmVL~ des Pseudo-Athanasius (vgL Th. Zahn: Geschichte des Neutestamentlichen Kanons II, Erlangen, Leipzig 1980, S. 317; vgL zur Datierung dieser Kompilation a. a. 0., S. 302-315: 6. Jh. oder später); ähnlich die von Zahn zitierte Fassung der 01:LXof,tE1:Qla des Nicephorus aus der Mitte des 9. Jh.s (vgl. a. a. 0., S. 300; zur Datierung: a. a. 0., S. 295-297). Eine lateinische Variante der Stichometrie des Nicephorus liest prophetia (vgl. Zahn II, S. 300 [kritischer Apparat zu Zeile 58(A)]); Lo<j>ovlou JtQoepT]1:ELa scheint auch die griechische Vorlage zu haben, auf der die von Steindorff: Apokalypse, S. 23, zitierte Ausgabe Dindorfs beruht. Von einer LO<j>OV[ou ctJtoxaAu1jJL~ spricht das in mehreren Handschriften überlieferte Verzeichnis IIEQl 1:WV ~' ßLßAlwv xal öoa LOU1:WV €x1:6~ (Nr. 12 der Bücher »ausserhalb« des Kanons; vgl. Zahn II, S. 292; 289 f. zu den MSS und ihren Datierungen; vgl. auch Steindorff: Apokalypse, S. 23). Lo<j>ovla~: gräzisierte Form des hebräischen Namens sepanyah = Zephanja. Von der »Zephanja-Apokalypse« wird im folgenden in der Abkürzung ApcZeph gesprochen, wenn eine als »deuterokanonisch« definierte Schrift gemeint ist, ohne Berücksichtigung der Frage, welche der traditionell mit der ApcZeph in Zusammenhang gebrachten Texte diese nun tatsächlich repräsentieren, weil dies stets hypothetisch bleiben muss. Die unter diesem Aspekt tradierten und hier erörterten und in Übersetzung publizierten Texte erhalten Hilfs-Siglen, die eine eindeutige Identifizierung erlauben: Z (ein Zitat aus den LT,QWfla"tEL~ des Clemens Alexandrinus), sah (das [kleinere] sahidische Fragment), ach (das [grössere] achmirnische Fragment. Zur Definition von »apokryph« resp. »Apokryphon« / »Apokryphen« vgl. NBL I, Sp. 1]2. Vgl. hierzu die Angaben bei Steindorff: Apokalypse, S. 22f., und bei Rosenstiehl, S. 13 f. Zu dieser komplizierten Frage vgl. Zahn II, bes. S. 302ff., und Rosenstiehl, S. 14. - Wie man das Problem traditionsgeschichtlicher Verwandtschaft derartiger Listen methodisch angeht, bedarf vielleicht noch einiger Erörterung. Angesichts der Zufälligkeit, der wir die wenigen hier belangreichen MSS verdanken, dürfte rein literarkritisches Vorgehen der Frage nicht gerecht werden. Hier bestimmt die Vorstellung von direkter Vorlage und Abschrift zu sehr die Denkstruktur.
1143
selbe Buch im Auge haben, oder aber, falls (was wahrscheinlich ist) mit Augenschein nicht zu rechnen ist, es dürfte die Erinnerung an eine bestimmte, zu gewissem Ansehen gelangte Literatur in den Listen aufgehoben sein. Diese Vermutung wird durch eine Beobachtung des Kontextes unterstützt, in dem die Sophonias-Schrift erwähnt ist: soweit unsere Kenntnis der genannten Schriften überhaupt ein Urteil zulässt, können wir annehmen, dass es sich bei den verzeichneten Apokrypha zumeist um »apokalyptische«l0 Bücher handelt. Die Listen werden also wohl unabhängig von der jeweils verwendeten Bezeichnung eine Sophonias-Schrift apokalyptischen Inhalts nennen. Wegen der wahrscheinlichen Abhängigkeit der Listen voneinander wird man aber kaum oder nur mit Vorsicht von verschiedenen Bezeugungen eines in alter Zeit bekannten apokryphen Sophonias-Buches sprechen können. Es wird sich eher um mehrere Varianten einer Bezeugung handeln. Fraglich dürfte zumindest für die späteren unter den Kompilatoren der Kanonlisten sein, ob sie alle von ihnen verzeichneten Bücher noch aus eigener Anschauung kannten. Hier ist »methodischer Zweifel« besonders bei solchen Schriften geboten, die nicht von (der) Kirche ll offiziell benutzt wurden (d.h.: nicht im engeren Sinne »kanonisch«12 waren) und uns dazu nicht eindeutig überliefert IO.
I I.
I2.
1144
In BHH I, Sp. I07, definiert S. Aalen: »Apokalyptik, teils die Literaturgattung der --> Apokalypsen, teils der Anschauungskomplex, der diesen zugrunde liegt. Thema der A. ist die, durch -> Geschichte stattfindende, Enthüllung göttI. Geheimnisse über Urzeit, Endzeit, jenseitige Welt, Engel, Heils- und Strafort, Teile und Kräfte der Welt usw.... <' - In NBL I, Sp. I24, gibt K. Müller vor jeder griffigen, inhaltlichen oder formalen Bestimmung zu bedenken: »Apokalyptik (im frühjüd. Schrifttum). Der Begriff des Apokalyptischen entbehrt derzeit jeglicher Präzision. Dazu trägt nicht nur sein schillerndes und ungeklärtes Verhältnis zum Begriff des ,Eschatologischen< bei, sondern auch die geläufige Vorausverurteilung aller ,Apokalyptik< als einer Chiffre für einen Phänomenund Überlieferungszusammenhang des Verfalls und der theologischen Minderwertigkeit. Es wird gewöhnlich übersehen, daß von einer positiven Einstellung zur frühjüd. (und urchristI.) A. die Durchschaubarkeit und Nachprüfbarkeit der normativen Anfänge des urchrist!. Glaubens schlechthin abhängen«. Die methodisch und geistesgeschichtlich schwierige Frage, inwieweit Kanon-Verzeichnisse Rückschlüsse auf die Kirchen-Gemeinschaften erlauben, der die Verfasser oder Kompilatoren und Tradenten jeweils angehören, bleibt hier ausgeklammert. B. Lang schreibt in NBL II, Sp. 440: "Kanon (gr. xavo:rv >Magstab, Richtschnur, Regel<; vgl. Gal 6,I6; aber auch ,Tabelle, listenartige Aufstellung< .... Unter K. wird die für eine Religionsgemeinschaft, speziell für deren Institutionen (Liturgie, Schule, Theologie, Rechtswesen usw.) mai~gebliche Sammlung W. Texte oder Bücher verstanden. Kanonischen Schriften wird ein bes. Vorrang gegenüber anderen Schriften zuerkannt, so da/S ,der K.< ein zentrales, charakteristisches Faktum der religiösen Literaturgeschichte darstellt. Bes. Rang erlangt kanonische Literatur in der Buchreligion, wo es zur Idee des abgeschlossenen und unüberbietbaren K.s kommen kann, wofür die Bibel in Judentum und Christentum und der Koran im Islam Beispiele sind«. - Gerade im Blick auf religiöse Literaturen jüdischer Provenienz erscheint eine nicht hinlänglich differenzierende Definition des Begriffs "kanonisch« / "Kanon« problematisch. Dies gilt im Judentum bereits für die Anwendung der qualifizierenden Bezeichnung "kanonisch« auf die Torah (Pentateuch / Fünf Bücher Mose), obwohl sie c.gr.s. im Blick darauf noch am ehesten hilfreich ist. Wir müssen für das Judentum - wenn wir den Begriff "Kanon« schon analogisch anwenden - zum mindesten mit »Stufen der Kanonizität«
und verfügbar sind. Hierzu gehört leider das in den Listen erwähnte Sophonias-Buch. Der Wert seiner Bezeugung in den Verzeichnissen wird durch diese methodologische Überlegung eingeschränkt. Man wird von einer indirekten oder mittelbaren Bezeugung sprechen müssen: Die Kanonlisten bewahren womöglich nur die (erinnernde ) »Tradition« von der (früheren) Existenz eines apokryphen Sophonias-Buches mit apokalyptischem Inhalt. Ein Zitat (im folgenden Z genannt), das möglicherweise aus einer mit Sophonias verbundenen Apokalypse stammt, ist uns in den Stromata des Clemens Alexandrinus erhalten: &Q' oux. Ö!WLU 'tUV'ta 'tOL~ u:Jto LOepOVLU AEX.'frELaL 'tOV :JtQoep~'W1J; »xut avf'AußEV flE :JtVEV~tU xui. av~vEyxEV flE El.~ oUQuvov :JtEfl:Jt'tov xui. E'frEcOQ01JV aYYEA01J~ XUA01JflEV01J~ X1JQL01J~, xui. 'to öuiö'l1flU UU"tWV E:JttXELflEVOV EV :JtVEUflU"tL aYLcp xui. ~v ExUIYt01J uU"twv 6 'frQ6vo~ E:Jt'ta:JtAuaLOJV epOJ"to~ TJAL01J aVa"tEAAOV'tO~, ol.xovv"tu~ EV VUOL~ aOJ't'l1QLu~ xui. Uflvovv"tU~ 'frEOV uQQ'I1'tOv {hjJL1Yt0V« 13 •
In der wissenschaftlichen Literatur wird Z durchweg als ein Bruchstück der in den alten Verzeichnissen erwähnten ApcZeph betrachtet 14 • - Bis gegen Ende des 19. Jh.s war ausser den oben genannten Daten nichts über eine ApcZeph bekannt.
Textfunde vom Ende des I9. Jh.s. - Die Manuskripte Copte I35 der Bihliotheque Nationale in Paris: Ein grösseres Bündel koptischer Papyri mit achmimischen und sahidischen Texten konnte im Jahre 1883 vom der el-abya~ bei Sohag erworben werden l5 • Die MSS befinden sich heute in der Pariser Nationalhibliothek l6 • Vierzehn Folios aus diesem Konvolut in achmimischem und sieben Folios in sahidischem Dialekt mit einem dem achmimischen überwiegend parallelen Text veröffentlichte Urbain Bouriant im Jahre 188517 als
2.
I3. 14I 5. I6.
oder der »Heiligkeit« (d.h.: der Möglichkeit, sich [durch Berührung des »Heiligen«] zu »verunreinigen«). Ein wichtiges Indiz hierfür ist die Dreiteilung des hebräisch-aramäischen Bibel-»Kanons«; vgl. 'hierzu u.a. B.J. Diebner: Ekklesiologische Aspekte einer Kanon-Hermeneutik der hebräischen Bibel (TNK), in: The Power of Right Hermeneutics. Vorträge aus Anlass der Emeritierung von Rochus Zuurmond am 26. Januar 1996, Heidelberg 1996, S. 37-54 (DBAT.B 14a). - Hinweis darauf, dass sich christliche Vorstellungen von »Kmonizität« nicht einfach auf jüdische Kultur übertragen lassen, ist auch der Fund hebräischer Sirach-Fragmente, hier bes. in der Geniza der Kairener Esra-Synagoge (I896-1900); vgl. hierzuBL Sp. 5Ff.; I603; NBL I, Sp. 79of. (dort auch Lit.). Clemens Alexandrinus: ~'tQW'.ta'tEL<; V, XI, 77,2 (GCS Clem. Alex. II, S.377; Hg. O. Stählin, L. Früchtel); vgl. auch Denis, S. 129. Vgl. z.B. A. Hamack: Geschichte der altchristlichen Literatur I, Leipzig I893, S. 854; Steindorff: Apokalypse, S. 20. Vgl. zum folgenden Steindorff: Apokalypse, S. I-3, und - soweit es Gemeinsamkeiten betrifft - auch W. Schrage, S. I98 f. J?ort konnte ich sie im Sep~ember I986 anlässlich eines Apokryphen-Symposions der Ecole Pratique des Hautes Etudes - Sciences Religieuses (Paris) einsehen.
II45
ApcZeph, wobei er den Fragmenten der nicht durchlaufend erhaltenen MSS eine hypothetische Reihenfolge gab, die Ludwig Stern in seiner deutschen Ausgabe von 1886 18 etwas veränderte. Der Grund für Bouriants Identifikation der MSS mit der aus der Tradition bekannten ApcZeph ist die Erwähnung eines »Sophonias« auf einer Seite des sahidischen MSS19. Das Manuskript P 1862 der Staatlichen Museen zu Berlin. - Im Jahre 1888 entdeckte man bei einem Antiquitäten-Händler in Achmim weitere acht oder - genauer gesagt - neun Folios desselben achmimischen Papyrus, zu dem die vierzehn als ApcZeph veröffentlichten gehörten 20 . Dieser Teil des MSs gehört heute den Staatlichen Museen zu Berlin. Der Fund markiert einen neuen Abschnitt in unserer Kenntnis des antiken jüdischen und frühchristlichen Schrifttums im Umkreis der Bibel. Das Verso eines Blattes (vermutlich handelt es sich um die letzte Seite des MSs) trägt die Unterschrift (Kolophon):
Diese Information regte Georg Steindorff dazu an, das Problem der Anordnung und der Identifikation der Textfragmente sowohl des achmimischen wie auch des sahidischen MSs neu zu durchdenken. In seiner Ausgabe der zuvor schon von Bouriant und Stern veröffentlichten Texte und der neuentdeckten Teile des achmimischen MSs, die im Jahre 1899 erschien und noch immer »demeure l'ouvrage de base«22, weist Steindorff den grösseren Teil des achrnimischen Textes (S. 19-44 seiner - auch von Schrage und mir beibehaltenenZählung) und den weitaus grössten Teil des sahidischen MSs (S. 3-14) der ebenfalls aus alten Kanon-Verzeichnissen und durch mehrere Erwähnungen im altkirchlichen Schrifttum bekannten 23 »Apokalypse des Elias« (ApcEI) zu. Die Bezeichnung ApcZeph behält nur ein Blatt: das sahidische Folio S. 1-2, das »Sophonias« explizit nennt (im folgenden sah [= sahidisches Fragment] genannt 24 • Neun Folios des achmimischen MSs (S. 1-18), deren Text 17. 18. 19. 20. 21. 22.
23. 24-
Vgl. U. Bouriant: Les papyrus d'Akhmim. Fragments de manuscrits en dialectes Bachmourique et Thebain, Paris 1884 (ersch. 1885), S. 260-279 (Memoires publies par les membres de la Mission Archeologique fran~aise au Caire 1,2). Vgl. L. Stern: Die koptische Apokalypse des Sophonias, in: ZÄS 24(1886), S. TI 5-129. Vgl. sah 1,22f. (nach der Numerierung Steindorffs, die um der Eindeutigkeit willen beibehalten werden soll). Der Seher stellt sich dort mit den Worten vor: anok sopho= , nias ainau »ich, Sophonias, habe geschaut ... «. Vgl. zum folgenden bes. Steindorff: Apokalypse, S. 3 H. S. 44 des MSs; vgl. dazu Steindorff, Apokalypse, S. 4; Schrage, bes. S. 275. So Rosenstiehl, S. 21. - Vgl. G. Steindorff: Die Apokalypse des Elias, eine unbekannte Apokalypse und Bruchstücke der Sophonias-Apokalypse. Koptische Texte, Übersetzung, Glossar, Leipzig 1899 (TU 17,3). Vgl. dazu Rosenstiehl, 5.13-17, und nun Schrage, S. 195f. Hiermit weiche ich aus gutem Grund von meinen früheren Siglen (vgl. Diebner, in: NHS 14 [1978], S. 155) ab. Damals wählte ich »5« zur Bezeichnung des sahidischen "Sophonias-Textes« und »A« zur Kennzeichnung des achrnimischen »Anonymen Textes«. Heute meine ich, es sei zweckmässiger, die Buchstaben A und S für die Bezeichnung der koptischen Dialekte des Achmimischen und Sahidischen in rein sprachlicher
offensichtlich sah verwandt ist, wenngleich an keiner Stelle direkt parallel, die aber keinen Namen enthalten, der sich auf einen angeblichen (natürlich pseud-epigraphen) »Verfasser« im Sinne des Selbst-Zeugnisses der Tradition beziehen liesse, erhalten von Steindorff die provisorische Bezeichnung »Anonyme Apokalypse« (im folgenden ach [= achmimisches Fragment] genannt). Bis heute ergaben sich noch keine Gesichtspunkte, die einen FalsifizierungsVersuch der hypothetischen Unterscheidung zwischen einer achmimischen und einer sahidischen Fassung der ApcEI auf der einen Seite und den übrigen Texten der beiden hier erörterten MSS auf der anderen Seite sinnvoll erscheinen liessen. Deshalb soll bei der folgenden Betrachtung von dieser U nterscheidung ausgegangen werden. Praktisch bedeutet das: die von Steindorff als ApcEI identifizierten Text-Partien der beiden MSS bleiben bei einer Untersuchung des Komplexes »Zephanja-Apokalypse« ausser Betracht15 • Paul Riessler unterscheidet in seiner populären deutschsprachigen Ausgabe alt jüdischen Schrifttums im Umkreise der Bibel von 192826 sah und ach durch römische Ziffern. Er spricht von ApcZeph I und H. - Herbert Pierrepont Houghton fasst in seiner Ausgabe von 1959 27 sah und die S-Fassung der ApcEI ohne jede Begründung »sous le titre inattendu«28 »Sahidic Sophonias Apocalypse« zusammen. - In jüngerer Zeit erschienen noch zwei anglophone Ubersetzungs-Editionen mit Einleitungen (im Rahmen umfassenderer, handlicher Ausgaben deuterokanonischer Literaturen): die von O. S. Wintermute 19 und wenig später die von K. H. Kuhn 3o • Die bei den näher besprochenen Editionen beobachteten Differenzen zeigen, dass man sich nicht mit »der Zephanja-Apokalypse« befassen kann, ohne das Verhältnis der relevanten Texte zueinander durchdacht zu haben. Zu den »relevanten« Texten gehört auch Z. Ich hebe dies hervor, weil Z bisher mehr oder minder ausdrücklich, stets aber fraglos (d. h.: ohne dass die Frage gestellt wurde, ob und unter welchen Bedingungen dies möglich sei) der ApcZeph zugerechnet wurde.
25.
26.
27· 28. 29. 30.
Hinsicht und ohne Bezug auf bestimmte MSS zu reservieren, die in den Texten enthaltene oder fehlende Qualifikation durch den Namen eines forschungs-hypothetischen pseud-epigraphen Verfassers bei der Siglen-Wahl völlig aussenvor zu lassen und die Fragmente lediglich nach dem koptischen Dialekt zu etikettieren, in dem sie abgefasst sind: nämlich als sahidisches resp. achmimisches Fragment. Gerüchteweise drang vor einigen Jahren an mein Ohr, dass es in den USA ein bislang unbekanntes MS gäbe, das dem Komplex ApcZeph zuzuordnen sei. Ich habe diese Kunde leider weder falsi- noch verifizieren können. Dort Text Nr. IO; vgl. P. Riessler: Altjüdisches Schrifttum ausserhalb der Bibel, Heidelberg 1928, S. 168-177; seitdem mehrere Neuauflagen (unveränderte reprographische Nachdrucke; die von mir benutzte zählt als 2. Aufl., Heidelberg 1966). Vgl. H. P. Houghton: The Coptic Apocalypse, in: Aegyptus 39 (1959), S. 40-91.17°200 (davon sah und ApcEI [S] S. 41-67, ach: S. 68-91). Rosenstiehl, S. 23 Anm. 27. VgL O. S. Wintermute: Apocalypse of Zcphaniah, in: The Old Testament Pseudepigrapha I, Hg. J. H. Charlesworth, Garden City, New York 1983, S. 497-51 5. VgL K. H. Kuhn: Thc Apocalypse of Zephaniah, in: The Apocryphal Old Testament, Hg. H. E D. Sparks, Oxford [984, S. 9I5-925.
Problematischer noch als das Clemens-Zitat ist m. E. ein kleines, weithin unleserliches koptisches Fragment (S), das L. Th. Lefort 1940 publizierte 3l • Es soll hier wenigstens angemerkt und am gegebenen Ort in die Überlegungen mit einbezogen werden (im folgenden L). Leforts Rekonstruktion zufolge wären die letzte Textzeile des Fragments und das Kolophon 32 wie folgt zu lesen: [In Wahrheit: Ich, Soph]onias, sah [all diese Dinge] [Die Apokalypse des Soph]on[ias] Da dieses Textstück in der Sache nicht viel austrägt und die Rekonstruktion zudem mit manchem Problem belastet ist, möchte ich Leforts Fragment nicht gleichrangig neben Z, sah und ach im Übersetzungsteil dieser Edition aufführen.
3. Erhaltene Textmengen, Beschreibung und fragmentarischer Zustand der Handschriften. - Im folgenden sollen nicht die leicht zugä~glichen und noch immer auch für eine kritische Orientierung grundlegenden Uberlegungen zumal Steindorffs33 wiederholt werden. Hier geht es eher um einige ergänzende Aspekte, die m.E. für eine hinlänglich vorsichtige Evaluierung des Text-Bestandes hilfreich sein könnten. 3.1 Zu den erhaltenen Textmengen. - Alle Überlegungen zu möglichen Relationen der fraglichen relevanten 34 Texte zueinander sind durch den fragmentarischen Zustand und die unterschiedlichen Text-Mengen begrenzt. Z : sah: ach verhalten sich (grob geschätzt) zueinander wie I: 3 (bereits einschliesslich der problematischen Rückseite!) : 32. Angesichts des bruchstückhaften Charakters aller Text-Mengen ist es unwahrscheinlich, dass sich z.B. über Z, dessen Text an keiner Stelle mit sah oder ach kongruiert, überhaupt eine hinlänglich begründete Aussage machen lässt, egal ob im ein- oder ausgrenzenden Sinne. 3.2 Kurze Beschreibung der Handschriften. - Die Blätter von ach sind im Schnitt 15 cm hoch und knapp I3 cm breit. Jede Text-Kolumne hat 19-21 Zeilen und ist zwischen IO und 12,5 cm hoch sowie ca. 9 cm breit: ein recht ungewöhnliches Format für literarische Texte. Das sah-Blatt ist ca. 25 cm hoch und 9 cm breit. - Das Alter der Schrift ist paläographisch nicht exakt zu bestimmen. Erfahrungsgemäss und gefühlsmässig stimme ich Steindorff zu: trotz ihrer Unterschiede - die Schrift von sah ist runder, gerader und etwas exakter (»schöner« im kalligraphischen Sinne) als die von ach - möchte ich beide Charaktere ins 5. Jh. datieren, eher in die erste Hälfte als über 400 hin31. 32.
33. 34.
Vgl. L. Th. Lefort: Les manuscrits coptes de l'Universite de Louvain I, Louvain 1940, S. 79 f. (Textes Litteraires). Vgl. oben zur ApcEl! Vgl. Steindorff, S. 4-9. D.h. abgesehen von L.
aus 35 • Die Schrift von ach ist hin und wieder etwas nachlässig. Nach hinten hin nehmen die Korrekturen zu (bes. S. 18!). Auf den Recto-Seiten (i) scheint die Schrift etwas zu verschwimmen, die Charaktere sich aufzulösen (als sei der Grund beim Schreiben etwas feucht gewesen). Auf den Verso-Seiten (--» sind die Züge viel klarer. 3.3 Zum Erhaltungszustand der Handschriften. - Die einzelnen Blätter von ach sind, was den Bereich der Text-Kolumnen betrifft, recht gut erhalten. Darum bereitet die Lektüre auch weithin keine grösseren Schwierigkeiten. Das sah-Blatt ist stärker beschädigt, sowohl was den quantitativen Aspekt betrifft als auch bezüglich des Erhaltungs-Zustandes der Beschriftung. Auf --> ist die Beschriftung zu gut 75 % getilgt. Lediglich auf den unteren rechten Partien lassen sich Buchstaben erkennen und z. T. auch identifizieren. Zum Aspekt "Erhaltungs-Zustand« gehören nicht nur Beobachtungen zur Verfassung der einzelnen Blätter, sondern auch Überlegungen zur Relation von verfügbarer Blattzahl und vermutlichem Defizit36 . - Bei der N umerierung der 22 Blätter (= 44 Seiten) von ach (r-44) ist zu bedenken, dass sie auf Steindorff zurückgeht, also sekundär ist und nicht etwa einer spätantiken Seitenbezifferung entspricht. Eine solche Blätter- oder Seiten-Zählung (mit griechischen Lettern auch auf koptischen MSS37) fehlt leider. Sie würde eine hypothetische Rekonstruktion des ursprünglichen Umfangs erleichtern. - Zu den die ApcZeph betreffenden Blättern und Seiten lässt sich sagen:
Blätter 1-6 [ Blätter 7-8 Blatt 9 [
Seiten
1-12
Seiten 13-16 Seiten 17-18
Paris ] Berlin Paris
Grob gesagt: zu Beginn fehlt etwas, zwischendrinnen und am Schluss. Steindorff meint (und bezieht dies auf das gesamte MS, also einschliesslich der ApcEI-Partien): "Wir haben demnach hier ein fast vollständiges Buch, dem nur der Anfang fehlt und in dem sich ausserdem noch zwei nicht allzu grosse Lücken finden«38 - drei Lücken (wie etwas später aus S. 11 hervorgeht; denn bei der tabellarischen Aufstellung S. 9 merkt Steindorff nach Seite 18 - also nach dem Ende der »Anonymen Apokalypse« - noch keine Lücke an). Über die Fehlmenge zu Beginn macht Steindorff keine Angaben. Nach Seite 12 rechnet er mit dem Verlust eines Blattes, ebenso nach Seite 18, wobei er kaum 35. 36.
37.
38.
Dies entspricht der Ansicht Schrages nach seiner Erörterung älterer Vermutungen; vgl. Schrage, S. 20 r. Endgültiger Verlust oder Fehlmenge vorbehaltlich möglicher weiterer Funde von zum Gesamtkonvolut gehörenden Folios. Vgl. hierzu etwa B. J. Diebner, R. Kasser: Hamburger Papyrus bil.I, Geneve 1989 (CahOr 18), S. 15. Nämlich nach Seite 12 und Seite 26; Zitat: Steindorff, Apokalypse, S. 9. I l 49
damit rechnet, dass der Fehltext zwei volle Schreib-Kolumnen ausmache. Wintermute rechnet nach Seite 18 mit vier fehl~nden Schriftseiten (= zwei Blätter), ohne dies allerdings zu begründen39 • Er schliesst sich aber auch den Überlegungen earl Schmidts bezüglich des Gesamt-Umfangs an, demzufolge nur ein Viertel des Textes der ApcZeph (sah) erhalten wären, zu Beginn 46 Seiten (= 23 Blätter) fehlten und insgesamt mehr als die Hälfte des Konvoluts verloren gegangen oder noch nicht wieder aufgefunden sei 4o • Hier spielt die Stichometrie des Nicephorus mit ihrer Angabe eine Rolle:
W ~O
OVL01J ltgo'li1:01J O't'LXWV X' (= 600).41 Diese Methode zur Definition eines Textbestandes - ähnlich der jüdischen masoretischen Paragraphen~Zäh lung am Ende einer Schrift des TNK - wird auf Prosatexte analog angewendet. Hierbei wird die Länge der daktylischen Hexameter-Zeile (ca. sechzehn Silben mit ungefähr 36 Buchstaben) zugrundegelegt42 • Da das Koptische weniger Vokalzeichen hat als das Griechische oder Lateinische, kommen hier auf sechzehn Silben nur etwa 32 Buchstaben, was bei einer Umrechnung im Blick auf den erhaltenen koptischen Text zu berücksichtigen ist. Demnach hätte der erhaltene ach-Text etwa den Umfang von 230 Stichen. Handelte es sich hierbei um das Sophonias-Buch, das die Tradition des Nicephorus im Blick hat, so fehlten in der Tat gut 60 % der Textmenge 43 • Nun gibt Nicephorus für 'HALU ltgo'li1:01J (J"CLXWV "CL<;;' (= 316) an. Der von Schrage auf Grund der verfügbaren MSS achm, sa' und sa3 rekonstruierte Text der ApcEI hat aber den Umfang von knapp 400 Stichen, also etwa 22 % mehr als von Nicephorus definiert. Es ist also fraglich, ob das Verzeichnis des Nicephorus unsere Texte im Auge hat und ob ach überhaupt unter »Sophonias« tradiert wurde. Ich denke, dass bezüglich dieses Problems nur Neufunde weiterhelfen können. Bei der in das gleiche Konvolut eingebundenen ApcEI sieht die Möglichkeit einer Rekonstruktion der Textlücken in ach durch die sahidischen MSS sa' und sa 3 besser aus". Aus den »Stimmungen« des ach-Textes Seite 1 und 18 schliesse ich, dass möglicherweise jeweils nicht mehr als ein Blatt fehlen. Doch kann das Defizit zu Beginn beliebig gross sein. Mit solchen Spekulationen kann man bei apokalyptischer Literatur sehr irren: man denkt, das Ende von allem (und somit auch der jeweiligen Schrift) sei nahe, aber dann
39. 40.
41. 42.
VgL Winterrnute, S. 515. VgL C. Schmidt: Der Kolophon des Ms. orient. 7594 des Britischen Museums. Eine Untersuchung zur Elias-Apokalypse, in: SAB 1925, S. JI2-J2I. - Da Schmidt bei seiner Rekonstruktion - wie in anderen Fällen (etwa bei dem von mir mitbearbeiteten Hamburger Pap.biLI) - den kompetenten Hamburger Restaurator Kurt Ibscher zur Seite hatte, sind seine Überlegungen bedenkenswert. Zitiert nach Schürer IH, S. 358, der sich auf de Boor: Nicephori opuscula, Leipzig 1880, S. 134 f., stützt. VgL W. Schubart: Das Buch bei den Griechen und Römern, 3. AufL Heidelberg 1962, S.68-71.
43.
4+
Über das sah-Fragment lässt sich nichts sagen. VgL Schrage S. 199.200 (Tabelle).
geht es noch einmal im nahezu gleichen Unifang weiter 45 • Lediglich im Blick auf die Lücke nach Seite 12 lässt sich wohl wegen des auf Seite 13 noch immer beschriebenen Motivs der Fahrt über den Hades-Fluss annehmen, dass kaum mehr als ein Blatt fehlen dürfte.
11. Das literarische Verhältnis der Fragmente sah, ach und Z zueinander
o. Die Formulierung der die Untersuchung leitenden Fragen. - Literarkritische Probleme begegnen bei den traditionell zum Komplex »Zephanja-Apokalypse« gerechneten Texten auf zwei Ebenen. Eine Ebene ist das traditionsgeschichtliche und literarische Verhältnis der Texte sah, ach und Z zueinander. Die andere ist die Ebene der literarischen Produktions-Vorgänge, denen die Texte sah und besonders ach ihre vorliegende Gestalt verdanken. Hier soll nur das in Abschnitt I entwickelte Problem behandelt werden, also die zuerst genann~e Ebene. - Dabei versteht sich von selbst, dass der fragmentarische Charakter aller drei Texte, um deren Relation zueinander es geht, nur ganz bedingt und ganz begrenzte Aussagen erlaubt. Zur Klärung des literarischen Verhältnisses der Texte sah, ach und Z zueinander sind m. E. folgende Fragen sinnvoll: 1. Gibt es Hinweise für die Annahme, dass es sich bei sah und ach um ein sahidisches bzw. um achmimische Fragmente 46 eines antiken Buches oder verschiedener Rezensionen dieses einen Buches handeln könne? 2. Gibt es Hinweise für die Annahme, dass es sich bei Z um das Bruchstück einer griechischen Fassung oder Rezension entweder von sah oder von ach oder von einern Buch handeln könne, auf das sah und ach womöglich zurückgeführt werden können? 3. Gibt es Hinweise für eine hypothetische Identifikation von sah, ach und Z, oder von zweien oder einern dieser Texte mit der apokryphen Sophonias-Schrift, deren Name uns in den alten Kanon-Verzeichnissen überliefert ist und die diese Listen eventuell im Auge hatten? 4. Wie ist das Fragment L in diesen Kontext zu integrieren?Da die hypothetische Beantwortung einer vorausgehenden dieser Fragen den Horizont der jeweils folgenden eingrenzt, ist es m. E. sinnvoll, die Fragen in der genannten Reihenfolge zu behandeln. I. Das Verhältnis der Texte sah und ach zueinander. - Einige Beobachtungen sprechen für die Annahme, sah und ach als sahidische bzw. achmimische Fassung oder Version eines apokalyptischen Buches zu betrachten:
45. 46.
VgL hierzu u.a. Apc 1-I2: 13-22. Im Blick auf ach kommt erschwerend hinzu, dass wir es ja mit zwei Fragmenten eines Textes zu tun haben, von dem sich nur hypothetisch sagen lässt, in welchem Verhältnis die erhaltenen Fragmente zum möglichen Umfang der vollständigen Schrift stehen (vgL oben S. II48 H.).
LI Gemeinsame Motive. - Die Texte sah und ach enthalten eine Reihe vergleichbarer Motive, die z. T. mit sehr ähnlichen Begriffen, Wendungen und Formulierungen geschildert werden. Hierzu einige Vergleiche: a) Das Motiv der »Furcht« des Visionärs angesichts dessen, was er zu Gesicht bekommt: sah 1,8-10: ach 5,4-5; 7,16-19; 8,14-19, b) Das Motiv des »Sieges«-Zuspruchs seitens des »grossen Engels«47 im Blick auf die Anfechtungen durch den »Ankläger« und die »Unterwelt«: sah 1,1015: ach 12,10-15; 13,19 - 14d· c) Das Motiv der »erinyschen Hadesgeschöpfe«: sah 1,23-33 : ach 8,8-12;
4,13-5,4·
Diese sowohl in sah wie in ach begegnenden Motive machen 50 % der identifizierbaren Textmenge von sah aus. Hinzu kommen auf dem problematischen Verso von sah die gemeinsamen Wörter sah 2,28-32 : ach I,d.I 5 - 2,1. Nun verteilen sich die Gemeinsamkeiten zwischen sah und ach bei letzterem Text nahezu über die gesamte Schrift. Doch weist ach - wie schon erwähnt zu Beginn, mittendrinnen und am Ende Textlücken auf, in denen sah ohne weiteres Platz fände. 1.2 Einige Beobachtungen, die gegen die geäusserte Annahme eines gleichen Buches in zwei Versionen oder Rezensionen sprechen: a) Die Motivfolge und der Gedankengang von sah begegnen nicht in ach. b) Geht man aus von SteindorHs Überlegungen zur Konzeption von ach und von seinen daraus folgenden Vermutungen über den Inhalt der verloren gegangenen oder noch nicht wiederentdeckten Teile dieses Textes 48 , so kommt eigentlich keine der Lücken für eine sah entsprechende Passage in Frage. c) Bei dem Versuch, das literarische Verhältnis zweier Texte zu bestimmen, ist eine methodische Voraussetzung zu beachten, die m. E. gerade bei so »typisch geprägter« Literatur wie der apokalyptischen berücksichtigt werden muss: Für die Annahme, zwei - zudem nur fragmentarisch erhaltene - Texte seien literarisch voneinander abhängig oder seien gar Teile' zweier verschiedener Fassungen oder Rezensionen eines und desselben Buches, genügt nicht eine Übereinstimmung in allgemeinen Zügen oder in geprägten Wendungen, Formeln und Motiven, die »typisch« sind für einen bestimmten Texttyp (»Gattung«), es sei denn, diese allgemeinen Züge begegneten in beiden Texten in einer bestimmten, in anderen Texten so nicht üblichen und bezeugten Reihenfolge. In diesem Falle können auch generelle Merkmale für einen bestimmten Text »charakteristisch« sein"9. Ein sichereres Kriterium für literarische Verwandtschaft im oben beschriebenen und hier gefragten Sinne ist die Entsprechung und Übereinstimmung in möglichst »individuellen«, besonderen Merkmalen, die nicht für einen Texttyp als solchen charakteristisch sind. Un-
47. 48. 49.
Hier bleibt aussenvor, ob es sich in ach stets um denselben »grossen Engel« handelt; bezüglich sah lässt sich wegen der Kürze des bekannten Fragments hierzu nichts sagen. VgL Steindorff: Apokalypse, S. lof. Vgl. aber hierzu im Blick auf unsere Texte, was kurz und knapp bei a) bemerkt wurde!
ter diesen methodischen Voraussetzungen sind die Entsprechungen zwischen sah und ach differenziert zu betrachten: a) Die »gattungstypischsten« Elemente in sah, die auch in ach begegnen, sind wohl sah 1,8-10 (die Furcht des Sehers angesichts einer »schrecklichen« Offenbarung 50 ), 23-26 (geleitet vom angelus interpres wechselt der Seher von einem Ort der apokalyptischen Offenbarung zu einem anderen über) und 27-29 (die »tausendmal tausend« und »zehntausendmal zehntausend« Engel). Hierzu könnte man noch sah 1,15-22 rechnen (der Seher schaut eine gepeinigte Seele und erfragt den Grund für ihre Qual), ein Element, das so in ach nicht bezeugt ist. ß) Ein Motiv, das weniger häufig in der apokalyptischen Literatur begegnet, das aber doch sprachlich stark »traditionell« geprägt und somit »typisch« wirkt, ist sah 1,J0-33 (die Beschreibung der Engel, die am Ort der Qual Dienst tun). Ähnlich könnte man sah 1,2-8 (Engel bewachen, entführen und schlagen die sündige Seele) beurteilen, ein Motiv, das aber in A nicht bezeugt ist. y) Nicht im eigentlichen Sinne »typisch« für unsere apokalyptische Literatur ist lediglich sah 1,10-15 (die Ermunterung des Engels an den Seher durchzuhalten), obgleich das zugrunde liegende Motiv (der Held muss allerlei Anfechtung und Gefahr auf sich nehmen, bevor er schliesslich die Mächte der Finsternis überwindet) in vielen Legenden und Märchen begegnet. Nur die zuletzt erwähnte und mit ach verglichene Passage aus sah berechtigt dazu, eine nähere Verwandtschaft zwischen sah und ach anzunehmen. Damit soll aber noch keine Vorentscheidung über die Art dieser Verwandtschaft gefällt sein, denn trotz aller Ähnlichkeit haben sah 1,10-15 und die entsprechenden Abschnitte in ach (12,10-15; 13,9 - 14,3) verschiedene Funktionen. In ach (12,11; 13,140 ermuntert »ein grosser Engel« den Seher und bestätigt ihm, dass er den »Ankläger« und die Unterwelt überwunden habe (14,1-4). In sah ermuntert der angelus interpres den Propheten. Man vermisst in ach keinen weiteren Appell dieser Art an den Seher, schon gar nicht aus dem Munde des Begleitengels. Man kann sich auch schwer vorstellen, wo eine solche Passage gestanden haben sollte: kaum in der Lücke zwischen den Seiten 12 und 13 und noch weniger wahrscheinlich am Beginn der Schrift. Der nicht erhaltene Schluss dürfte nach 13,9 - 14,4 gar nicht in Frage kommen 5!. Das Fragment sah enthält hauptsächlich Elemente, die für einen bestimmten Typ apokalyptischer Literatur »typisch« sind. Diese Elemente können nur dann zur Stützung der Annahme verwendet werden, es handle sich bei sah und ach um zwei Fassungen oder Rezensionen eines bestimmten Buches, wenn sie in beiden Texten in einer in wesentlichen Zügen übereinstimmenden Reihenfolge vorkommen. Das ist nicht der Fall und kann auch nicht für die 50.
51.
Die »Furcht" des Offenbarungs-Empfängers angesichts des Geschauten oder unter dem akustischen Eindruck des Gehörten ist ein so allgemeines Motiv, dass es sich schlecht als Merkmal apokalyptischer Sprachmuster bezeichnen lässt. Vgl. Steindorff: Apokalypse, S. '5 f.
1153
verlorenen Abschnitte von ach postuliert werden. Selbst das »untypischste« Element in sah (1,IO-1 5) erscheint in einem andern Verwendungszusammenhang als die entsprechenden Abschnitte von ach. In dieser Lage enthält ein eher zufälliger Tatbestand etwas argumentatives Gewicht: unglücklicherweise nennt ach nicht den Namen des apokalyptischen Sehers 52. Dieser dürfte zum mindesten am nicht erhaltenen Beginn des Buches erwähnt worden sein. Allerdings ist die Anonymität des Sehers von ach für diese Überlegungen methodisch nicht von grosser Bedeutung. Schriften im Umkreis der Bibel können unter verschiedenen Pseudonymen tradiert werden und doch literarisch eng verwandt sein. Umgekehrt bedeutet dasselbe autorisierende Pseudonym grundsätzlich noch keine literarische Verwandtschaft. Mit allen nötigen Vorbehalten im Blick auf den Erhaltungszustand der Texte lässt sich über das Verhältnis zwischen sah und ach sagen: beide Fragmente gehören zu traditions geschichtlich nahe verwandten Schriften. Eine literarische Abhängigkeit der Schriften voneinander ist nicht auszuschliessen. Dafür sind die gemeinsamen Merkmale zu auffällig. Jedoch sind sah und ach kaum Fragmente einer sahidischen bzw. achmirnischen Fassung eines und desselben apokalyptischen Buches. Möglicherweise aber bezeugen sie zwei voneinander stark abweichende Rezensionen einer Schrift S3 • Dafür könnten Gemeinsamkeiten der Motive und Begriffe sprechen. 2. Das Verhältnis der Texte Z und sah (lach) zueinander. 2.1 Einige Beobachtungen sprechen für die Neigung 54, Z als Bruchstück einer griechischen (Original-) Fassung der ApcZeph zu betrachten, dessen Entsprechung uns in einer koptischen Version nicht erhalten ist: a) Vor der Entdeckung von sah und ach waren nur der Titel einer SophoniasSchrift mit apokalyptischem Inhalt und das Sophonias in den Mund gelegte Zitat bei Clemens Alexandrinus bekannt. b) Clemens zitiert ein apokalyptisches Wort des "Sophonias«. In sah 1,22f. nennt sich der Seher selbst CO
1154
Vgl. Steindorff: Apokalypse, S. 13-16, bes. S. 14f. Anm. I; S. II erwägt Steindorff, ob der Seher in einer verloren gegangenen Unterschrift (Kolophon) ähnlich Elia (Seite +4) hätte genannt sein können. Ein Grundmuster zerschnitten und die Teile verschieden wieder zusammengesetzt. Ich vermeide die Begriffe »Annahme« oder gar »Hypothese«, weil es sich eher um eine selbstverständlich vertretene Auffassung handelt und die Bedingungen der Möglichkeit dieser Meinung m. W. nie methodisch überprüft wurden. Der Fund von 1888 zeigt, dass die Entdeckung weiterer Blätter des sahidischen Sopho~ nias~ Buches nicht auszuschliessen ist.
e) Man darf annehmen, dass nicht viele apokalyptische Bücher innerhalb der antik-jüdischen und -christlichen Literatur unter dem Namen des alttestamentlichen Propheten Zephanja = Sophonias verfasst und tradiert wurden 56 • Bis zu einem gewissen Grade darf man daraus folgern, dass zwei antike Fragmente apokalyptischer Schriften, die mit dem Namen dieses Propheten verbunden sind, auch zusammengehören, auch wenn sie in verschiedenen Sprachen abgefasst sind und uns auf recht unterschiedliche Weisen zur Kenntnis kamen. 2.2 Einige Beobachtungen stehen der Neigung zu einer Identifikation entgegen: a) Trotz des zuletzt genannten Arguments für die Meinung, dass Z und sah zur gleichen apokalyptischen Schrift gehören könnten, muss mit der Möglichkeit gerechnet werden, dass in antiker Zeit mehr als nur ein ausserkanonisches, vielleicht sogar mehr als ein apokalyptisches Buch unter dem Pseudonym »Sophonias« tradiert wurde, gleichgültig ob diese Schriften traditionsgeschichtlich oder literarisch miteinander verwandt sein mögen oder nicht 57 • b) In den meisten apokalyptischen Schriften, in denen ein menschlicher Offenbarungs-Empfänger, der in überweltliche Mysterien eingeweiht wird, von einem »Ort« zu einem andern weitergeht, wird dieser von einem oder mehreren Engeln geleitet58 • Dieser Engel steht dem Seher für Auskünfte zur Verfügung (angelus interpres). Vergleichsweise wenige Texte berichten - wie Z -, dass der Geist den Seher von einem Offenbarungsort zum andern (lediglich59 ) transferiert 60 • Dass innerhalb einer Schrift einmal der Geist den Seher transferiert, dann aber wieder der angelus interpres ihn antwort- und informationsfreudig geleitet, ist kaum zu erwarten. Es wäre natürlich vorstellbar, dass bei verschiedenen Rezensionen einer Schrift der Transfer einmal vom Geist, das andere Mal durch einen (Geleit-) Engel besorgt wird. Wann immer aber die Funktion des Transfers mit der des ständigen Geleits und des Erklärens verbunden ist, wird ein angelus interpres benötigt. Texte, in denen der transferierende Geist zugleich als interpres fungiert, sind selten 61. Daher ist es nicht sehr wahrscheinlich, dass die von Clemens zitierte Apokalypse demselben Typ angehört wie sah, wo der angelus interpres vermutlich - wie auch in ach - konstitutiv ist. c) Mit einiger Wahrscheinlichkeit, wenngleich auch nicht aufgrund zwingender Argumente, darf man als verlorenen Kontext von Z eine apokalyptische Himmelsreise vom Typ der griechischen ApcBar oder des Hen (sI) annehmen, 56. 57. 58. 59. 60.
61.
Anders als dies etwa bei Elia, Jesaja, Henoch und einigen anderen der Fall ist. Vgl. hierzu die verschiedenen Schriften, die unter allerdings prominenteren Pseudonymen verfasst, tradiert und verbreitet waren, wie »Elia«, »Jesaja«, »Henoch«, >,Esra« u.a.m. Vgl. hierzu ausser sah und ach z.B.: ApcAbr, ApcBar (gr), ApcEsr, ApcPI (lat), Hen (äth), Hen (si), TestIs, TestAbr. D. h. nota bene: ihn nicht eigentlich leitet oder als sein Interpret wirkt. Vgl. hierzu etwa das kanonische Buch Ez oder die ApcEl (hb). Vgl. aber Ez II,I ff. (weniger Ez 3,24ff.). I I 55
wo der Seher stufenweise in immer höhere Himmel gelangt62. Anderseits gibt es Beispiele dafür, dass der Seher auf Anhieb bis in den dritten Himmel emporgeführt wird 63. d) Ein wichtiges Argument gegen eine vorschnelle Identifikation zwischen Z und sah (lach) im literarischen Sinne ist die in Z referierte Gottesbezeichnung {}E6~ {hIJLm;o~ »höchster Gott« ('el'telyfm), die in sah (und ach) nicht begegnet. Hier sind die Gottes-Bezeichnungen p:coejs (sah) resp. p:caejs und p:caejs p:pantokrator (ach) 64 • Der geringe Umfang von Z und der fragmentarische Zustand von sah erlauben kaum weitere Aussagen. Ich meine allerdings, das Gewicht der vier letzten Überlegungen spricht für die Annahme, dass Z und sah zwei recht verschiedenen Sophonias-Apokalypsen angehören. Hierbei wird stillschweigend vorausgesetzt, dass Z einer Schrift entnommen wurde, die zur Zeit des Clemens Alexandrinus unter dem Pseudonym »Sophonias« tradiert wurde. Sollten Z und sah 65 die griechische bzw. sahidische Fassung oder Rezension einer und derselben Apokalypse repräsentieren, so wäre dies allerdings ein weiterer Grund gegen die Annahme, dass sah und ach als verschiedene Rezensionen oder gar Fassungen eines Buches zu betrachten seien. Nicht nur, dass eine Z entsprechende Passage in ach nicht bezeugt ist, obwohl diese Schrift doch, Steindorffs gut begründeten Erwägungen zufolge 66 , zu drei Vierteln ihres vermutlichen Umfangs erhalten sein dürfte; die erhaltenen Teile von ach geben keinen Hinweis darauf, zu welchem Teil des verlorenen Textes eine Z entsprechende Passage gehört haben könnte. Das gilt auch für den verlorenen Schluss von ach, wo man eine derartige himmlische Vision noch am ehesten erwarten würde. Alle diese Überlegungen vernachlässigen einen - methodisch allerdings kaum fassbaren - Umstand: dass zumal in antiker apokalyptischer Literatur nahezu alles möglich ist 67 • 3. Das Verhältnis der Erwähnungen eines Sophonias-Buches in alten KanonVerzeichnissen zu den Texten Z, sah und ach. - Oben (vgl. I, I) wurde ver62.
63. 64. 65. 66. 67.
Die Verwandtschaft zwischen Z und der Asc] es 7,13 ff. soll hier angemerkt werden (vgl. A. Dillmann [Hg.]: Ascensio Isaiae Aethiopice et Latine, Leipzig 1877, S. 31; Steindorff: Apokalypse, S. 20). VgL ApcSedr 2,4 (nach Riessler, S. 157) / 2,5 (nach Agourides, in: Pseudepigrapha, S.6IO). Vgl. hierzu auch Wintermute, S. 500. Entgegen den hier angestellten Wahrscheinlichkeits-Überlegungen. Vgl. Steindorff: Apokalypse, S. 9-1 I. Ich erinnere hier an W. Boussets im Blick auf die ApcEI geprägtes Wort von der apokalyptischen »Mosaikarbeit« (W. Bousset: Beiträge zur Geschichte der Eschatologie. Die Apokalypse des Elias, in: ZKG 20 [1900], S. 104), das gewiss auch für andere Schriften dieses Genres gilt. Oft scheint es, als gäbe es ein Repertoire von Bausteinen, Bedeutungsträgern eines apokalyptischen »Geheim-Codes«, dessen Elemente sich in anscheinend unbegrenzter Variabilität kombinieren und auch ergänzen lassen, wenn es gilt, die Tradition neuen Situationen und Interessen anzupassen. Literarktitische Konstruktionen im klassischen Sinne erleichtert dies nicht.
mutet, dass die verschiedenen Listen apokrypher Literatur im Umkreis der Bibel vermutlich voneinander abhängen und somit nur als ein external evidence für ein (im Blick auf die Bibel) ausserkanonisches Sophonias-Buch gelten können. Zudem ergab sich, dass unabhängig von der jeweils verwendeten Bezeichnung des Sophonias-Apokryphons 68 stets ein und dasselbe Buch - und zwar ein Buch apokalyptischen Charakters - gemeint sein dürfte. Die Beantwortung der Frage dieses Abschnitts unserer Betrachtung wurde durch die Ergebnisse der Erwägungen in den Abschnitten II, I und 2 vorgeklärt. a) Im Abschnitt II, I ergab sich wenig Wahrscheinlichkeit für die Annahme, dass sah und ach zwei Fassungen derselben Schrift sind; eine literarische Verwandtschaft im weiteren Sinne ist jedoch nicht auszuschliessen. - Überlegungen im letzten Teil des Abschnitts II, 2 gingen in die gleiche Richtung. Daher ist es wohl problematisch anzunehmen, dass der vollständige Text von ach in der (Spät-) Antike unter dem Pseudonym »Sophonias« tradiert wurde 69 • Dies bedeutet: ach ist kaum mit dem Sophonias-Buch identisch, das die Tradition der Kanon-Verzeichnisse im Auge hat. b) Den Überlegungen in II, 2 zufolge sind Z und sah kaum Fragmente einer griechischen bzw. sahidischen Fassung oder Rezension eines und desselben Buches. Allerdings gehören beide Texte zu apokalyptischen Schriften, und beide Schriften wurden vermutlich als Sophonias-Bücher betrachtet. Deshalb ist es wahrscheinlich, dass eines der beiden Bücher mit demjenigen SophoniasApokryphon identisch ist, das die Tradition der Apokryphen-Listen kennt. Es ist gewiss zulässig, darüber zu spekulieren, welche der beiden infrage kommenden Schriften dies gewesen sein könnte. - In allen der genannten Kataloge finden wir ein Elias-Buch und ein Sophonias-Buch. Entweder folgt letzteres direkt auf das erstere, oder beide sind nur durch einen weiteren Titel - ein Jesaja-Buch - voneinander getrennt. Offenbar gehören beide Schriften in der Tradition eng zusammen 70 • Eine derartige Zusammenstellung eines Elias- und eines Sophonias-Buches begegnet ausserhalb der Listen nur noch in dem sahidischen MS, zu dem sah gehört. Dieses MS enthält ja ausser dem Folio mit dem Namen »Sophonias« noch sechs weitere Blätter, deren Text mit demjenigen Teil des achmimischen MSs parallel geht, zu dem das Kolophon »Apokalypse des Elia« auf der vermutlich letzten MS-Seite gehört. D.h.: das sahi68. 69.
70.
'l'EUÖE:rI[YQUcpov, :rIQOCPrp;E[U und a:rlO%aAu'l'L~. Vgl. gegen Ende von II, I zum methodischen Gewicht von Namensgleichheit und -verschiedenheit bei der Erörterung der Frage, in welchem literarischen VerwandtschaftsVerhältnis zwei (apokalyptische) Schriften aus dem Umkreis der Bibel mit gemeinsamen Text-Merkmalen stehen. Hier aber wird die Frage der »Identität« zweier Schriften erwogen. Und dazu gehört dann auch wesentlich die Identität der (angeblichen, pseudonymen) Person des Verfassers. Hier soll daran erinnert werden, dass die Kataloge womöglich nur als ein einziger external evidence - in diesem Fall für eine traditionelle Verbindung von ApcEl und ApcZeph - betrachtet werden können. (Gerade deshalb aber könnte das Nebeneinander beider Schriften in den Listen auch rein zufällig sein und gar keine Schlüsse über »traditionelle Nachbarschaft« erlauben.)
II57
dische MS bezeugt ausser einem Sophonias-Buch noch ein Elia-Apokryphon. Nehmen wir an, dies sei nicht irgendeine denkbare andere ApcEI, sondern die von der Tradition der Kanon-Verzeichnisse gemeinte, so lässt sich folgern, dass die in den Katalogen erwähnte ApcEl eher mit sah identisch ist als mit Z. Daher ist es wahrscheinlich, dass wir mit dem kleinen sah-Fragment einen Teil jener ApcZeph besitzen, über deren Existenz in alter Zeit wir durch die mittelalterlichen, auf antiker Tradition basierenden Kanon-Verzeichnisse seit langem unterrichtet waren. 4. Wie ist das Fragment L in diesen Kontext zu integrieren? - L scheint - nach der Rekonstruktion Leforts - mit sah 1,22f. identisch zu sein, müsste aber zugleich 71 die letzte Textzeile sein. Dies steht im Gegensatz zu sah. Dort geht der Text auf Z. 23 ohne Absatz weiter. L müsste dann das nicht erhaltene Ende der Schrift sein, und bei der »Selbstvorstellung« Sophonias in sah 1,22f. müsste es sich um einen »Refrain« handeln n . - Es ist aber zu befürchten, dass Leforts Rekonstruktion durch sah 1,22 f. inspiriert wurde. 5. Das hypothetische Ergebnis. - Die sehr hypothetischen Resultate dieser etwas differenzierteren Überlegungen sollen der Einfachheit halber thetisch formuliert werden: a) Das sahidische Fragment (sah; Sa.I-2 in Steindorffs Zählung; Teil der MSS Copte 135 der BN Paris) ist ein Bruchstück der aus antiker Tradition bekannten Zephanja-Apokalypse. Steindorffs Annahme konnte diesbezüglich bestätigt werden. b) Die nur wenig fragmentarische achmimische Schrift (ach; Seite 1-18 in Steindorffs Zählung; Teil der MSS Copte 135 der BN Paris [Seite 1-12.17f.] und von P 1862 der Staatlichen Museen Berlin [Seite 13-16]) kann trotz inhaltlicher Verwandtschaft mit sah nicht als achmimische Version der ApcZeph betrachtet werden, wenngleich es sich um eine eng verwandte Schrift handeln dürfte. c) Das Sophonias-Zitat bei Clemens Alexandrinus (Stromata V, XI, 77,2) kann einer pseudepigraphischen Sophonias-Apokalypse entstammen. Diese Schrift wäre aber wohl keine griechische Fassung oder Rezension des Buches, das sah bruchstückhaft bezeugt. Das Zitat kann somit m. E. nicht mehr unkritisch als zur gleichen ApcZeph wie sah gehörig betrachtet werden. d) Das Fragment Leforts (L) ist für sinnvolle Erwägungen in diesem Kontext zu fragmentarisch. Trifft Leforts Rekonstruktion zu, so entstehen Probleme am ungeeigneten Objekt: nämlich im Blick auf Umfang und Abgrenzung einer Schrift (sah), von der nur eine Text-Kolumne erhalten ist.
71. 72.
VgL das anschliessende Kolophon (Buch-Unterschrift = Titel). VgL Kuhn, S. 917.
III. Inhalt und Form der Fragmente Z, sah und ach I.Zum Inhalt der Texte Z, sah und ach: Das Stromata-Zitat aus einem Zephanja-Apokryphon: In einem Kontext, in dem Clemens die Meinung vertritt, dass sich Gott nur geistlich / geistig erkennen lasse, nämlich losgelöst von der oag1;, zitiert er als Gewährsmann neben Plato auch Sophonias / Zephanja, eingeleitet durch eine literarische Zitations-Formel. ~ Zum Inhalt: Der Seher wird vom Geist in den fünften Himmel transportiert. Dort schaut er eine himmlische Thron-Szene, bei der die Herrschafts-Engel den »höchsten Gott« preisen, von dem jedoch nicht explizit gesagt wird, dass ihn auch der Seher geschaut habe 73 • 1.2 Das sahidische Fragment der ApcZeph: Das erhaltene Blatt hat sechs (sieben) Abschnitte: 1) 1,1-8: Der Seher schaut (in der Unterwelt) einen (verstorbenen) Menschen (Seele), den 5000 Strafengel verschleppen und ein jeder täglich geisseln. 2) 1,8-15: Der Seher gerät in Furcht. Der ihn begleitende Engel tröstet ihn: er werde den Ankläger besiegen und aus der Unterwelt herauskommen. 3) 1,15-22 : Der Seher fragt, wer der geplagte Mensch (1) sei. Der Engel erklärt: ein Mensch, der in Sünden starb, ohne zuvor umkehren zu können. 4) 1,22-23: Der Seher beteuert, dass er dies gesehen habe, und stellt sich namentlich vor. 5) 1,23-25: Der Engel geht mit ihm zu einem weiteren Ort. 6) 1,25-33: Der Seher schaut dort Myriaden schrecklicher Wesen. 7) 2,25-33 ;:': Ein weiterer Abschnitt wären die isolierten Worte auf der rechten unteren Hälfte des Verso. 1.3 Das achmimische Fragment der verwandten »anonymen« Apokalypse: Alle Versuche, dem zwar fragmentarischen, aber doch recht umfangreichen und komplexen Text etwas Struktur zu verleihen, erinnern an den Kampf mit Windmühlen-Flügeln oder an den Versuch, einen gordischen Knoten zu lösen. a) Die einfachste mir bekannte Lösung findet Kuhn. Er gliedert ach in drei Abschnitte, ohne die Zäsuren näher zu begründen oder die Abschnitte zu betiteln: I) 1,1 - 6,6 ;f 2) 6,6 - I2,10. 3) I2, I 0 - [lacuna] - 18,20 74 b) SteindOl-ff wählt einen mittleren Weg. Er übertitelt drei übergreifende Abschnitte und untergliedert die beiden letzteren und grösseren. Ich beschränke mich auf das Referat der drei Abschnitt-Titel, gebe aber auch die jeweiligen Unterteilungen an: 1. 1
73. 74.
Wintermute, S. 498, schaltet bei seinem Inhalts-Referat Z einfach vor sah. Vgl. Kuhn, S. 920-925.
1159
I) 1,1 - 2,8: »Blick über die Stadt des Erzählers und die ganze Welt, die unter ihnen liegt« '< 2) 2,9 - 12,19: »Die Stätten der Verdammten« (2,18 - 3,91 3,9 - 4,13':-1 4,136,6':- 16,6 - 12,19) [Lücke] 3) 13,1 - 18,19 (sic !): »Die Stätten der Seligen«75 (13,1 - 14,14':- 114,14 - 17,15':117,15 - 18,19 [sic !]) c) Winterrnute teilt den Text in zwölf Kapitel ein, wobei er nach Kap_ 8 einen qualitativen Einschnitt macht und ab 13,14 »four trompet scenes«76 vom Voraufgehenden absetzt: I) 1,1-4: chap_1 »Fragment dealing with burial« ~2) 1,4 - 2,16: chap.2 »Scenes from ab ave the seer's city« ':3) 2,16 - 4,I3: chap-3 »Vision of recording angels from Mount Seir« ':4) 4,13 - 6,6: chap. 4 »Vision of ugly angels who carry off the souls of ungodly men«':5) 6,6 -7,5: chap·5 »Vision of the heavenly city« '< 6) 7,5 - IO,20: chap.6 »Vision of the accuser and the angel Eremiel in Hades« 7) 10,20 - 12,19: chap.7 »Vision of the two manuscripts« [lacuna] 8) 13,1-14: chap_8 (Fortsetzung von chap.7) '< 9) 13,14 - 14,14: chap·9 »The first trompet, a proclarnation of triumph and visitation of the righteous« ':10) 14,14 - 16,14: chap.Io »A second trumpet, the opening of heaven, avision oE souls in torment« 'f II) 16,16 - Q,I5: chap.II »The intercession oE the saints for those in türment«77 ':12) 17,15 - 18,20: chap.12 »Anothertrumpet blast heralding the coming wrath of God« d) Nach einem Einschnitt Kuhns (K), nach fünf Einschnitten Steindorffs (St) und nach neun Einschnitten Wintermutes (W) habe ich ein Sternchen gesetzt (':-). Hier erkenne auch ich Einschnitte (D). Im einzelnen handelt es sich um folgende Zäsuren: a 1,4: W, D ß 2,8: St, D y 2,I6: W, D Ö 4,I3: St, W, D E 6,6: St, W, K, D ~ 7,5: W, D 1'J 13,14: W, D
75. 76. 77-
II 60
VgL Steindorff: Apokalypse, S. IO. Winterrnute, S. 498; die Gliederung: S. 498 f. Zitat der Überschriften: Winterrnute, S. 509-5 I 5.
8
I4,I4: St, W, D I6,I4: W, D x I7,I5:St,W,D Ein eklektisches Verfahren kann nicht mehr bieten als einen Einstieg in den Versuch einer Problem-Lösung. Aber immerhin stimmen bei zwei Einschnitts-Möglichkeiten drei der Untersuchenden überein, bei einem sogar alle vier. Es scheint sich zu lohnen, bei diesen vier hypothetischen Einschnitten für eine weitere Betrachtung anzusetzen. . e) In der Tat scheinen sich an den vier »kritischen« angenommenen Einschnitten Stimmung, Szenarium und Perspektive zu ändern: Ö 4,I3: Im voraufgehenden Text geht es im wesentlichen um andere, die der Seher schaut und deren Geschick ihm gedeutet wird. Im nun folgenden Text geschieht eine Wendung: der Seher selbst fühlt sich mit einbezogen. E 6,6: In der Tat geht es von nun an im wesentlichen um den Seher und seine Errettung. 8 14,I4: Von hier an geht es - nach der beruhigenden Information, dass der Name des Sehers im Buche der Lebenden stehe - wieder um das Ergehen anderer. x 17, I 5: Nun scheint - im Wortsinn - das kosmische Finale angeblasen zu werden. Es geht nicht mehr um einzelne, weder um andere noch um den Seher. Es geht um allee s) - um das Ganze. f) M. E. hat es sich gelohnt, die gemeinsamen Beobachtungen von vier Bearbeitern desselben Textes ernst zu nehmen. Natürlich liesse sich hier noch weiter differenzieren. - Mir geht es nun hier nicht um eine möglichst detaillierte Gliederung des ach-Textes. Ich möchte nur eine möglichst plausibel »intersubjektiv« vermittelbare, systematisierende Grob-Strukturierung anbieten, bei der alle möglichen, begründeten weitergehenden Differenzierungen ansetzen können. In diesem Sinne schlage ich folgende Gliederung für ach vor:
?] Der Seher schaut stufenweise die »belebte Welt«: -+ -+ -+ -+ -+ -+ -+
]
ein Einzel-Schicksal (? - I,4) die Menschen seiner JtOALC; (1,4-16) die (Menschen der) OLX01J[lfVl'] (1,16 -?) den »Ort der Gerechten« (? - 2,8) Fürbitte für den xoa~LOC; in Strafen (2,9-16) den »Ort des Gerichts« (?) über die Menschen des (2,16 - 4,13)
xoa[lOC;
Der Seher erlebt die Straf-Engel: -+ Schilderung der Straf-Engel (4,13 - 5,14) -+ Furcht des Sehers, Trost des Begleit-Engels, Abwehr der Gefahr (5,14 - 6,6) II61
Der Seher erlebt seine eigene Anfechtung und Rettung (6,6 - 14,14) ----+ (Ich gliedere in 7 + I':'78 Unterabschnitte bis zur Lücke) ----+ [lacuna] ----+ (Ich gliedere in 1':' + 2 Unterabschnitte nach der Lücke) Der Seher schaut Strafszenen und lernt Fürbitte kennen (14,I4 I7,15) ----+
(ich gliedere in sieben Unterabschnitte)
Der Seher lernt das apokalyptische Finale kennen: ----+ Die Gerichtsposaune gen Erde und Himmel (17,15 - 18,2) ----+ Das ausstehende Ende (18,2-II) ----+ Über das Bestehen im Endgericht (18,12 -?) ----+
[
]
1.4 Zum Duktus des achmimischen Fragments. - Der »Geschehens-Ablauf« oder «-Fortgang« in der erhaltenen Textmenge lässt sich auch narrativ beschreiben:
[lacuna] a) I,1 - 6,6: ... (I) dem Seher (?) wird eine bevorstehende Bestattung beschrieben. - Der ihn begleitende (Deute-) Engel leitet den Seher zu einem (nicht genannten) erhabenen Punkt, von dem aus er seine (namentlich nicht genannte) Stadt überblicken kann, in der er dreimal zwei Menschen bei ihren Verrichtungen oder in ihren Befindlichkeiten beobachten kann. Er sieht ferner die gesamte bewohnte Erde, (2) die (unvermittelt) mit dem Ort der Gerechten identisch zu sein scheint. Er sieht (von dort aus ?) den Strafort für die gesamte Menschheit, was ihn zur Fürbitte veranlasst. - Jetzt (?) will der Engel den Seher zum Ort der Gerechtigkeit führen, den Berg Seir. Von dort erblickt er drei Männer (3), die von zwei erfreuten Engeln begleitet werden. Es sind die drei ungerechten (!) Söhne des Priesters Jo(a)tham. Zwei weinende Engel werden ihm als die Buchführer der Werke der Gerechten beim (4) Pantokrator beschrieben, die diesem zur Namens-Eintragung im Buche der Lebenden zuarbeiten. Die anderen Engel werden als Buchführer des Anklägers erklärt. Beide Engelpaare sitzen an der Himmelspforte79 • - Daraufhin leitet der Deute-Engel den Seher zu einem Ort mit 1.000 x 1.000 und 10.000 x 10.000 dämonischen (5) Engeln. Dem furchtsamen Seher erklärt der Engel diese als »Schöpfungs-Diener«, deren Aufgabe die Beutelung der Gottlosen ist. Der Seher bittet, dass diese nicht zu ihm kommen möchten, was der Engel ihm (6) im
78. 79.
II62
Das Sternchen C') hier wie nach der Lücke zur Bezeichnung je eines nur partiell erhaltenen Sinn-Abschnitts. Das Tor ist der" klassische« Gerichtsort des Vorderen Alten Orients und der Antike.
Blick auf seine Lauterkeit zusagt. Ein Wink von ihm verscheucht die Lemuren. b) 6,6 -:- I4,14: Nun kommt der Seher zu Toren, einer Strasse und mitten in die dazugehörige schöne Stadt. Während er die Tore näher betrachtet (7), wird sein Mund verschlossen. Die Tore beginnen Feuer zu speien. - Nun wendet sich der Seher zu einem grossen Feuermeer, das ihm vulkanartig seinen glühenden Schwefel-Schlamm entgegenschleudert. Der Seher meint, dass der Pantokrator es ihm nun heimzahlen wolle und fleht (8) zum obersten Gott um Rettung. Er sieht nun einen grossen Engel, der den Engel-Dämonen von Seite 4 an Hässlichkeit ähnlich sieht und fürchtet sich und fleht (9) den obersten Gott um Rettung an, wie Er bereits andere rettete. Nun sieht er einen weiteren grossen Engel, der herrlich aussieht. (IO) Darüber freut er sich. Er denkt, das sei der oberste Gott. Doch der gibt sich als Gross-Engel Eremiel, Herr der Unterwelt, zu erkennen. Der Deute-Engel erklärt den Ort, wo der Seher ist, als Unterwelt, und den letzten (?) Gross-Engel als Ankläger vor dem obersten Gott. Der Seher schaut (I I) nun, dass dieser eine Schriftrolle in der Hand hat, auf der er alle seine Sünden in seiner Muttersprache eingetragen findet. (I 2) Er bittet den obersten Gott um Erbarmen und Tilgung. Er schaut hoch und sieht einen (anderen ?) grossen Engel, der ihm Mut macht: er werde aus der Unterwelt herauskommen. Dieser bringt eine weitere Schriftrolle. Auf der steht in der Sprache des Sehers [lacuna] (I 3) I.OOO X I.OOO und IO.OOO X IO.OOO Engel helfen dem Seher in den Nachen. Er betet mit ihnen und versteht ihre Sprache. - Jetzt müssen die Guten und die Bösen gewogen werden! - Ein (weiterer ?) grosser Engel kommt heraus, bläst die (Gerichts-) Trompete und proklamiert, dass der Seher geschaut habe: (I4) den Ankläger 80 • Er werde jetzt übersetzen und aus der Unterwelt herauskommen. Dafür möchte der Seher den grossen Engel küssen. Der aber eilt :Zu den Gerechten des AT. c) I4,I4 - 17, I 5: Nun kommt (dieser?) grosse Engel zum Seher, trompetet, der Himmel öffnet sich, und der Seher sieht das Meer von Seite 7 (I 5) in der U nterwelt. Er sieht untergegangene Seelen, Gebundene, in Feuermatten Gekleidete und Blinde, die ihm der Deute-Engel alle erklärt. Der Seher wundert sich über alle Werke Gottes. (I6) Die Blinden werden als unstrebsame Katechumenen erklärt, die aber noch bis zum Gerichtstag Möglichkeit zur Umkehr haben. Er sieht Seelen mit Haaren und erfährt, dass es an jenem Ort Körper und Haare gibt. - Er sieht noch andere, die vor dem obersten Gott für die in Strafen bitten (17) um Erbarmen. Der Seher erfährt: das sind die Erzväter, die eine Stunde täglich für die in Strafen bitten. d) 17,I5 - Der grosse Engel (von Seite 13 und 14) bläst in die vier Himmelsrichtungen und (18) man hört seine Stimme. Der Seher fragt den grossen En-
80.
Wohl in der Textlücke!
gel (?), warum er nicht alles sehen durfte. Der sagt, er habe dazu vor dem Tage der Vernichtung keine Vollmacht. - Wer kann bestehen, wenn dieser sich im Zorn erhebt und alles entwurzelt wird und zusammenstürzt ... [lacunaJ Zur Form der Texte Z, sah und ach: 2.1 Zur Form des Sophonias-Buches, aus dem Clemens Alexandrinus zitiert, lässt sich nichts Generelles sagen. Die zitierte Passage spielt aber ein in sich geschlossenes Muster durch, repräsentiert sozusagen einen »Mosaikstein« im Sinne W. Boussets, und könnte aus einem »apokalyptischen« Propheten-Buch der Art des biblischen Ez - und seit diesem 81 - stammen 82 • 2.2 Die lesbare Seite 1 von sah lässt recht klar ein Grundmuster visionärer, apokalyptischer Literatur erkennen, das einmal (samt einem ebenfalls »Gattungs-typischen« Einschub) ganz und ein weiteres Mal - durch den Erhaltungs-Zustand bedingt - teilweise durchgespielt wird: 2.
V (R (T F A
Vision des Sehers (1,1-8) Reaktion des Sehers: Furcht 83 ) (1,8-10) Trost des Begleit-Engels) (1,10-15) Frage des Sehers (1,15-17) Antwort des Begleit-Engels (1,17-22)
Es folgt (als weiterer Gattungs-typischer Einschub) die beteuernde und legitimierende Selbstbekundung oder -vorstellung des Sehers mit Namensnennung 84 : (S
Selbstbekundung) (1,22-23)
Darauf folgt der zum Grundmuster gehörige (wenngleich durchaus nicht nötige) Ortswechsel unter Führung des Begleit-Engels:
o
Wechsel zu einem neuen Schau-Ort (1,23-25)
Hiernach wird - wie man annehmen darf - das Grundmuster ein weiteres Mal realisiert: V
Sr. 82. 83. 84.
Vision des Sehers (1,25 - ?)
Eine wirklich kritische Untersuchung und Einordnung des biblischen Ez steht m.E. noch aus. Vgl. Ez II,r(-25). An dieser Stelle ist auch die Fürbitte (B) des Visionärs für "in ihren Strafen« Geschaute Gattungs-typisch. Vgl. z. B. Apc 22,8.
Zusammengefasst liegt in sah also folgender Ablauf vor: ... / O(?)-] V-(R-T)F-A / S / O-V-[ ... ]. In der Anmerkung liessen sich viele Verweise auf gleiche oder ähnliche Strukturen in anderen apokryph-apokalyptischen Literaturen auflisten. Ich beschränke mich auf die Schrift GesEsr s" in der das Muster (hier fast durchweg: O-V-F-A / B / O-usw.) besonders stereotyp durchgespielt wird 86 . 2.3 Die Wahrnehmung der Struktur von sah ist eine gute Vorbereitung auf die Analyse des viel umfangreicheren und damit auch komplexeren Textgebildes von ach. - Da der (wie auch immer umfangreiche) Schluss der Schrift nach Seite r8 fehlt, kennen wir auch nicht den ihr von den Tradenten beigefügten Kolophon, d.h. die Unterschrift mit einer möglichen Gattungs-Bezeichnung. Als solche wäre wohl t:- oder ti-apokalypsis :n-NN (eventuell: :n-sophonias ?) zu erwarten. Dass derartige Bezeichnungen nicht aus einer Text-Analyse resultieren, zeigt die benachbarte ApcEJs7. Im folgenden will ich versuchen, einen schematischen, Struktur-orientierten Überblick über ach zu geben, indem ich mit Hilfe der bereits oben eingeführten und einiger zusätzlicher Siglen eine »Bauskizze« der vorliegenden Text-Mengen entwerfe, wobei es durchaus sein kann, dass die »Statik« des Gebäudes rucht stimmt.
85. 86.
87. 88.
A(?) r,I-4
] Begräbnis
0 VI V2 V3 V4 V5 F A
r,4-6 1,7-888 1,8-ro 1,rO-13 1,13-16 1,16 - 2,1 2,2-4 2,4-8
Stadt niemand zwei sprechende Menschen zwei mahlende Frauen zwei auf Betten bewohnte Erde / Ökumene keine Nacht? Ort der Gerechten: Licht!
V B
2,9- 10 2,10-16
Menschen in Strafen Erbarmen für diese!
Möglicherweise eine christliche Schrift: so R. Mueller, G. A. Robbins, in: Pseudepigrapha I, S. 581. VgI. Riessler, S. 350-35+ - Etwa 70% der Textmenge (Riesslers Paragraphen 2-55) wird das Muster stereotyp realisiert, im folgenden (Paragraphen 56-66) mit Variationen: O-V-F-A (§§2-7) / V-F-A (§§ 8-10) / B (§ II) / O-V-F-A (§§ 12-17) / B (§ 18) / O-V-F-A (§§ 19-21) / B (§ 22) u.s. W. - Ein Unterschied zwischen sah und GesEsr ist, dass es sich beim sahidischen ApcZeph-Fragment um eine »Ich-Apokalypse« handelt (es wird in der ersten Person vom Seher gesprochen), bei GesEsr hingegen um eine »Er-Apokalypse« (es wird in der dritten Person vom Seher gesprochen). VgI. Schrage, S. 203. Eine »Negativ-Vision«.
o V F A V F
A
2,16-19 2,19 - 3>3 3,3-4 3,4-9
Ort der Gerechtigkeit, Berg Seir drei Männer, zwei Engel (I) Wer (Männer)? ungehorsame Jo(a)tham-Söhne!
3,9-12 3,12-13 3,13 - 4,13
zwei Engel (Il) Wer (Engel II)? Engel Il des Pantokrators: gute Werke! Engel I des Anklägers: Sünden! Anklage-Verfahren!
o
4,13-14 4,14 - 5,4 R 5,4-5 F 5,5-7 A 5,7-14 R/B 5,14-16 T 5,16 - 6,4 ES' 6,4-6
Seher geht mit Engel Straf-Engel Furcht Wer? Schöpfungs-Diener! Nicht zu mir! Keine Furcht! Du bist rein. Engel verjagt Dämonen
o
Seher geht mit Engel Tore, Strasse, Stadt Engel ändert Gestalt Beschaffenheit der Tore Mund des Sehers wird verschlossen feuerspeiende Tore
V
VI E V2 E V3
6,6-7 6,7-15 6,15-17 6,17 -7,1 7,1-2 7,2-5
o
7,5 7,6 po 7,6-8 V 7,8-13 I 7,13- 1 5 RlB 7,15 - 8,6
Seher wendet sich .. . ein grosses Meer .. . von Wasser! ... von Feuer; nähert sich werde heimgesucht! Furcht I Rettung!
(0) 8,6-7 V 8,7-14 RlB 8,14 - 9,11
Seher steht da Schreckens-Engel; will mich fressen! Furcht / Rettungs-Paradigmen
E V
Seher steht auf Gold-Engel
V
89. 90. I I 66
9,11-12 9,12-10,I
E (»Erzähltext«) steht für eine narrative Text-Passage. I (»Imagination«) steht für Gedanken, die sich der Seher macht.
R I B (A) F A
10,1-2 10,2-4 10,4-5 10,5-14 10,14-15 10,16-20
Freude! Der Pantokrator! Anbetung! S: bin Eremiel! Wo? Unterwelt!
V E B E
10,20 - 11,1 11,1 - 12,4 12,4-10 12,10-11
negative Schriftrolle was darauf über Seher stand Erbarmen mit mir! Seher steht da
V T
12,11-12 12,12-16
grosser Engel Sei stark! Du kommst heraus aus Unterwelt!
E [
12,16-19
(positive ?) Schriftrolle
EJ
13,1-1 I
Überfahrt, Engels-Gewand für Seher, Gebet mit Engeln, Sprach- Wunder
2 91 13,II-14 E
Nun Gut und Böse wägen!
13,14 - 14,19 grosser Trompeten-Engel: Sieges-Proklamation für Seher; Sehers vergeblicher Versuch, Engel zu küssen; grosser Engel spricht wie Freund mit Gerechten
grosser Engel trompetet bei Seher
9I.
VI V2 F A
14,19-15,2 15,2-6 15,6-7 1 5,~-10
(wieder Feuer-) Meer gefesselte Seelen Wer? materielle Verführer!
V F A
15,11-12 15,12-13 15,13-15
welche in Feuer-Matten Wer? Wucherer!
V R Fl
15,16-17 15,17-18 15,19
Blinde Verwunderung! (über alles!) Wer?
Z (»Zwischenruf«) für eine »redaktionelle« Einschaltung.
116 7
AI F2 A2 F3 A3
16,1-4 16,4-6 16,6 16,6-7 16,7-9
unvollkommene Katechumenen! keine (Zeit für) Reue dort? Ja! Wielange? Bis zum Gerichtstag!
V F A
16,9-10 16,10-12 16,12-14
Haarige Hier Haare und Körper? Ja!
V Fl A
16,14 - 17,3 17,3-5 17,5-15
Fürbittende & deren Fürbitte (Wer?) fürbittende Erzväter!
F2 A
17,15 - 18,2 18,2-3 18,3-12
(Erklärung zu ?) grossem Trompeten-Engel Warum nicht alle(s) sehen? Habe noch keine Vollmacht - erst am Gerichtstag!
Z
18,13 -?
Wer kann bestehen? Was geschehen wird ...
Diese Analyse - Auflösung des Textes in »Bausteine« - bei gleichzeitiger Beschreibung von festeren oder lockereren Strukturen konvergiert in erstaunlichem Maße mit den unter 1.3 f.) auf Grund des »eklektischen Ansatzes« gewonnenen übergreifenden Abschnitten ( - [4,13 / 4,13 - J6,6 /6,6 - 14,14/ 14,14 - 17,15/ 17,15 -): a) Bis 6,6 wird das Muster (O-)V-F-A fast konsequent durchgespielt. - 4,13 markiert strukturell gesehen nicht einen entscheidenden Einschnitt. Die Überleitungs-Funktion von 4,13 - 6,6 wird deutlich, aber eigentlich erst dadurch, dass der Visionär die Straf-Dämonen der Vision von 4,14 - 5,4 in 5,14I6 auf sich selbst bezieht. Somit könnte der wesentliche Schnitt - entgegen den Beobachtungen aller vier genannten Text-Analytiker - bei 5,14 liegen. b) In 6,6 - 14,14 liegt ein ganz anderes Bau-Muster vor (wenn überhaupt), möglicherweise auch verschiedene Muster. - Bis 10,5 scheint das überwiegende Formal-Schema V-R zu sein. Danach scheint der Erzählstil zu überwiegen - und zwar die Lücke zwischen den Seiten 12 und 13 überbrückend. Eine kleine Korrektur gegenüber 1. 3 f. erscheint nötig: der vorwiegend narrative Duktus dürfte bis 14,19 reichen, d. h. möglicherweise liegt der Einschnitt erst dort. c) Von 14,19 - I7,1 5 haben wir wieder das Schema V-F-A - und zwar recht stringent durchgehalten. d) 17,15 beginnt ein Abschnitt (bis 17,21 oder 18,2), der in Stil und Inhalt an 14,14-19 erinnert und bemerkenswerterweise eine ähnliche Scharnier-Funktion zu haben scheint. - Ab 18,2 herrscht in dreifacher Hinsicht »Endstimmung«: Die visionäre Tätigkeit des Sehers wird offenbar hier abgebrochen II68
(vgl. 18,2-3), die finale Vernichtung wird sprachlich signalisiert (vgl. 18,711. 12 H.), und es wird die »kritische Frage« gestellt: »Wer wird bestehen können ... ?« Diese Beobachtungen nun legen alle möglichen literar- und traditionsgeschichtlichen Spekulationen nahe. Ich möchte auf eine geschlossene Modell-Skizze verzichten. M. E. ist - Boussets Mosaikstein-Theorie aufnehmend - »apokalyptische« Literatur »Bastel-Arbeit«92 . Was am Ende herauskommt, ist wohl durchweg ein Produkt, das die Handschrift Frankensteins zeigt. Hier mag es genügen, dass die groben Nähte wohl an den Schnitt- oder besser: Nahtstellen ach 6,6 - 14,141r9 - 17,15 liegen 93 . Man mag nun annehmen, dass eine Apokalypse vom Typ des GesEsr 94 um heterogene Elemente erweitert worden sei. Ich aber möchte dahinter eine gestalterische Absicht erkennen, egal wie »künstlich« oder »künstlerisch« diese realisiert worden sein mag. In der achmimischen Apokalypse wird der Seher»anonym« oder »Sophonias« - zur zentralen Figur, möglicherweise auch, was die Komposition 95 betriHt 96 • Es geht »zentral« um seine Rettung. Es könnte durchaus sein, dass die Abschnitte 6,6 - 14,141r9 die »Mitte« des Textes ausmachten. Das hiesse, dass wir zu Beginn mit einem Verlust von einem Blatt (= zwei Seiten) und am Ende mit ebenfalls einem verlorenen Blatt (= zwei Seiten) rechnen müssten. Danach ergäbe sich folgende 97 Rechnung:
1. 7,3 Seiten, nämlich:
[I Blatt = 2 Seiten im Stile von Seite 1 - 6,6J
Seite 1,1 - 6,6 = 6,3 Seiten
11. 10,7 Seiten, nämlich: Seite 6,6 - 12,19 [I Blatt = 2 SeitenJ Seite 13,1 - 14,19 II1. 6 Seiten, nämlich:
Seite 14,19 - 18,20 [I Blatt = 2 SeitenJ
Diese »Theorie der Mitte«98 hat den Vorteil, dass sie offen ist gegenüber Vorschlägen, sowohl zu Beginn wie am Schluss grössere Textmengen zu ergänzen. 92.
93. 94-
95.
96. 97.
98.
Damit hat für mich eine hypothetische analytischen Zerlegung mit dem Ziel einer eine diachronische Rekonstruktion berücksichtigenden Synthese nur bedingt Sinn. Im folgenden meine ich mit ach I den Abschnitt 1,1 - 6,6, mit ach 2 6,6 - 14,14lr9, mit ach 3 14,14lr9- 17,15 und mit ach 4 17,15 - 18,20. Andere strukturverwandte Apokalypsen werden von Wintermute, S. 497, angemerkt. Ich möchte ApcAbr, ApcBar (gr), ApcBar (syr), ApcEsr, ApcPI (lat), TestAbr, TestIs und Teile anderer Schriften hinzufügen. Im Sinne Frankensteins. Sofern sich darüber etwas wegen der bezüglich ihres Umfangs schwer kalkulierbaren Text-Defizite überhaupt sagen lässt. Nariirlich auch völlig hypothetische! Vgl. hierzu B. J. Diebner: Bemerkungen zur »Mitte« des Thomas-Evangeliums, in: Divitiae Aegypti. Koptologische und verwandte Studien zu Ehren von Martin Krause, hg.
Die Ergänzungen müssten nur ausgewogen sein, d. h. am Schluss mit einer ähnlich grossen Fehlmenge rechnen wie am Anfang und umgekehrt. Die hier angestellten Erwägungen legen nahe, dass sich die quantitative und qualitative »Mitte des Textes« im Bereich von Seite 12 [- Fehlseite I2a 99 ] befunden haben müsse. Das legt auch die »Dramatik«, der Duktus, des zuhandenen Text-Materials nahe; denn genau auf der fehlenden Seite [I2a] müssten wir etwas über die »guten Werke« des Visionärs erfahren, die seine Überfahrt aus der Unterwelt und damit seine Rettung ermöglichen. Sollten diese Überlegungen nicht völlig unsinnig sein, so läge uns mit dem achmimischen Apokalypsen-Fragment das Bruchstück eines beachtlichen antiken Literatur-Typus vor: der Realisierungs-Versuch einer literarischen »Höllenfahrt« - sozusagen »mit bescheidenen Mitteln«, nämlich mit den Mitteln apokalyptischer FlickschustereI.
3. Verwandtes Schrifttum: Verschiedene apokryph-apokalyptische Schriften weisen in Struktur und Inhalt Verwandtschaft zu den Texten der ApcZeph (Z, sah und ach) auf. Allerdings erscheint es sinnvoll, bei Vergleichen nicht das Fragment ach als Einheit zu nehmen 10o , sondern hier von der oben getroffenen Differenzierung auszugehen. 3.1 Z: Die nächste Verwandtschaft zu dem Text, dem Z entstammen könnte, hat wohl die ApcPI aus den Nag-Hammadi-Texten (V,2), auch wenn Paulus dort im fünften Himmel eine andere Vision hat als Sophonias in Z101. 3.2 sah: Die Struktur der lesbaren Seite I von sah entspricht dem ersten und dritten Abschnitt von ach. Darum kann sah mit den gleichen Texten in Beziehung gesetzt werden wie ach I und 3. 3.3 ach: a) Formal zeigt ach I und 3 die engste Verwandtschaft mit Schriften, die formal auf dem V-F-A-Schema aufbauen und inhaltlich eine Deute-Engelbegleitete Reise über verschiedene (irdische, unterirdische und himmlische) Stationen von Geschehnissen hinweg beschreiben (hier nicht eigentlich die »Himmelreise«102 eines Visionärs), z. B. die ApcPI (lat) und das GesSedr, aber auch Abschnitte der ApcAbr, ApcBar (gr., syr.), Hen (äth., s1.), TestIs 103 • b) Der Abschnitt ach 2 dürfte einem ganz anderen Literaturtyp zuzuordnen
99. 100. IOr.
102. 103.
von Cäcilia Fluck u. a., Wiesbaden 1995, S. 77-84; ders.: » ••• und sie berührte ... " Zur >Mitte< von Ex 4,24-26, in: DBAT 29 (1998), S. 96-98. D. h. auf der ersten Seite (I) des zwischen Seite 12 und 13 fehlenden Folios. So sehr es auch geboten ist, für eine nähere Untersuchung von ach die überprütbare Textgestalt als Grundlage zu nehmen. Vgl. NHL S. 241. Vgl. noch immer W. Bousset: Die Himmelsreise der Seele, [1901], Nachdruck: Darmstadt 0.]. (Libelli 71). Rein strukturell gesehen liessen sich auch noch ganz andere Schriften hinzufügen, was Inhalt, Tradenten und anderes betrifft, nämlich alle Texte, die nach dem Frage-Antwort-Muster konzipiert sind, also vermutlich vornehmlich didaktischen Zwecken dienen sollen (wie z.B. das »Buch vom Kämpfer Thomas« [NHL H,7], der »Dialog mit dem Heiland« [NHL III,5] oder Abschnitte der I Apc]ak [NHL V,3]).
sein. Das dialogische Prinzip spielt kaum eine Rolle. Dafür zeigt der Abschnitt [über die Lücke zwischen ach 12 I 13 hinweg] vorwiegend Erzählund Gebetsstruktur. Hier geht es um eine bestimmte, zielgerichtete Hin- und Rückreise, nämlich um die »Reise in die Unterwelt«, die »Höllenfahrt« des altorientalischen und antiken Mythos104 samt der Befreiung aus dem Hades. Hen (äth) 6 - 16 ist nur eine mässige Parallelelos, weil Henoch nicht in das Geschehen mit einbezogen ist wie offenbar der Visionär von ach 2. - c) Abschnitt ach 4 ist zu kurz, als dass er sich einordnen liesse. Der Duktus scheint auf ein apokalyptisches Endgericht mit den üblichen irdischen und kosmischen Erscheinungen hinauszulaufen. Der erste Teil ach 17,15 - 18,2 scheint die Verbindung zum Vorangehenden herzustellen und muss über den Texttyp des dann speziell [in der Lücke] folgenden nichts besagen; dessen literarischer Charakter mag sich in I8,J andeuten.
IV. Christliche und jüdische Tradition in den Fragmenten Z, sah und ach Hermeneutisch-methodische Überlegungen. - Ein Schlüssel zum Verständnis der christlichen Rezeption jüdischer Literatur könnte im Stromata-Zitat (Z) des Clemens Alexandrinus liegen. Der christliche Katechet und Gelehrte Clemens hatte offenbar keine Schwierigkeit, einen Text zu zitieren, der keinerlei Merkmale christlichen Ursprungs aufweist. - Keiner der hier unter dem Titel »Apokalypse Zephanjas« in Übersetzung publizierten Texte weist irgendein explizites Merkmal exklusiv christlicher Kultur auf. Muss »christliche Literatur« vom Kreuz Christi sprechen? Ähnlich lässt sich für »jüdische Literatur« fragen. Die Frage, ob es sich bei unseren Texten um rein jüdische, christlich rezipierte jüdische oder rein christliche Literaturen handele, muss - zum mindesten, was Kriterien für »Christlichkeit« (auf welcher Ebene auch immer) betrifft - mit Hilfe indirekter Merkmale beantwortet werden. Im Rahmen der hier angeschnittenen methodischen Überlegungen ist der handschriftliche Kontext der Fragmente von sah und ach mit den achrnimischen und sahidischen Texten der ApcEIlo6 von Bedeutung. Im Gegensatz zu sah und ach enthält die ApcEI nicht nur gemeinsame Text-Merkmale mit Schriften der BH resp. dem antik-christlichen (griechischen) Alten Testament (AT).und dem christlichen Neuen Testament (NT)I07, sondern auch Text-PasI.
10+ Vgl. z. B. PWkl 5, Sp. 1°53-1°56. 105. Wie auch die "Höllenfahrt Christi«: vgl. dazu die berühmten NT-Stellen Ape 2,24ff.; Röm 10,6 H.; 1 Petr 3,18 H.; das "Descensus-Apokryphon« (Hennecke-Sehneemelcher P, S. 414-418) und BL' Sp. 1229f.; Sp. 1773 f.; TRE Xv, S. 455-457. 46of. (Lit.); NBL I, Sp. 178 f.; H, Sp. 924f. (Lit.). 106. Bei Schrage unter den Siglen "achm« und »s'«; vgl. Schrage, S. 198-200. 107. Dies gilt auch für sah und ach.
sagen, die eindeutig für eme christliche Rezeption (vermutlich) jüdischer Überlieferung sprechen: ApcEl 3 I,9 ... Wenn der Messias kommt, kommt er 32, I wie in Gestalt von Tauben(?), wobei der 2 Kranz von Tauben ihn umgibt, auf 3 den Wolken des Himmels einhergehend, 4 während das Zeichen des Kreuzes vor ihm hergeht 5 (und) die ganze Welt es sehen wird, wie 6 die leuchtende Sonne von den Gegenden des Aufgangs 7 bis zu den Gegenden des Untergangs . ... 108 Hier sind nicht nur Terminologie und Schreibweise 109 hinlänglich deutlich sowie die Anspielung auf Mt 24,27.3°110 hinreichend eindeutig. Die Verbindung von Mt 24,27+3° liegt auch in einer für die (spät-) antike, christliche Tradition bezeichnenden Weiterbildung vor 111 • Eine möglicherweise »ursprünglich« jüdische ApcElläge hier also in christlicher Rezeption vor, sofern es sich nicht überhaupt um eine Schrift handelt, die in christlichen Kreisen ihren» U rsprung« hat. Diese Möglichkeit ist auch nach (oder gerade auf Grund von) Schrages vorsichtigen Erwägungen nicht auszuschliessen 112 • Eine solche christliche Rezeption wäre nichts Ungewöhnliches. Im Zusammenhang mit den hier anzustellenden methodischen Überlegungen ist es nun wichtig, dass wegen der Zugehörigkeit zum gleichen koptischen MS auch die nicht zur ApcEI gehörigen Fragmente als christlich rezipiert zu gelten haben 113 - mit der dadurch grundsätzlich gegebenen Möglichkeit, dass auch sie (einen) christliche(n) Verfasser haben könnten. Erst eine nähere Textbetrachtung könnte auf Grund hier beobachteter Merkmale zu dem Urteil führen, dass mit einem geringeren oder grösseren Maße an Wahrscheinlichkeit mit der christlichen Bearbeitung einer vorchristlichen jüdischen Vorlage zu rechnen sei. An dieser Stelle muss eine weitere methodische Differenzierung vorgenommen werden. Ich sprach davon, es müsse einige Wahrscheinlichkeit dafür sprechen, dass wir mit einer nicht-christlichen, jüdischen Literaturvorlage unserer in christlicher Rezeption vorgefundenen koptischen Textfragmente rechnen können oder müssen. Es genügt nicht, dass wir unsere Texte traditi108. Übersetzung nach Schrage, S. 25xf. 109. Vgl. ApcE131,19 IIXC; 32,4 CTAYFOC; vgl. zu den Abkürzungen von nomina sacra als notae christianae D. Trobisch: Die Endredaktion des Neuen Testaments, Freiburg / CH, Göttingen 1996 (NTOA 31), S. 16-31. 110. Und zu Mt 24,31 vgl. weiterhin ApcEl 32,7ff. IX!. Vgl. hierzu Dinkler: Apsismosaik, bes. S. 77-87; Diebner: ZDPV 1971, bes. S. r65f. IX2. Vgl. Schrage, S. 204-225. IX3. Die christlichen Kanon-Listen müssen hierbei wegen der Unsicherheit, ob das dorr gemeinte Sophonias-Apokryphon mit einem der hier untersuchten Fragmente identisch ist, ausser Betracht bleiben. I I 72
onsgeschichtlich gesehen mit jüdischer Überlieferung verbinden können. Eine solche wird niemand bestreiten - weder für Z noch für sah oder für ach -, der mit jüdischer Tradition vertraut ist1l4 • Hier geht es also um Kriterien für jüdi_ sche Literatur oder Text-Vorlagen. Hermeneutisch gesehen betrachte ich die Fragmente wegen ihrer »christlichen« (äusseren, d. h. die MS-Überlieferung betreffenden) Tradition erst einmal als »christliche« Literatur 1l5 ; damit ist überdies aller Wahrscheinlichkeit nach zunächst einmal ein christlicher Funktions-Zusammenhang anzunehmen l16 • Die Beweislast trägt m.E. methodisch gesehen 1l7 , wer diese Fragmente Z, sah und ach für »jüdisch« hält. Die Beurteilung der Text-Fragmente in der Forschung. - Bevor die Texte selbst betrachtet werden sollen, möchte ich die Argumente der Editoren unserer ApcZeph-Fragmeme aufnehmen. 2.1 G. Steindorff: a) Steindorffs Urteil über den literarischen Charakter von ach ist klar: »Die anonyme Apokalypse ist ein jüdisches Werk, wofür mir das in rein jüdischem Geiste, ganz im Sinne der pharisäischen Theologie abgefasste Sündenregister (II,9ff.) den klaren Beweis liefert. Spuren einer christlichen Bearbeitung finden sich m.E. nirgends«1I8. Auch der Begriff »Katechumenen« »ist ... kein Beweis für die Christlichkeit der Stelle 16,1 ff.«1l9. Weiterhin urteilt Steindorff im Blick auf ach: »Die in ihr (sc.: der fragmentarischen Apokalypse) ausgeführten Schilderungen des Jenseits schliessen sich eng an die der jüdischen Apokalyptiker an und sind andererseits auch durch griechische Vorlagen stark beeinflusst. Unsere Apokalypse steht hierin der Apokalypse des Petrus und der von dieser abhängigen Paulusapokalypse ziemlich nahe, ist aber gewiss älter als diese. Als ihren Heimatort dürfte man wohl Ägypten anzusehen haben«l2O. Schliesslich meint Steindorff noch, dass ach durch »die Erwähnung der Susanna und der drei Männer im feurigen Ofen (9,5ff.)« »eine ungefähre Zeitbestimmung nach oben gewinnt ... t 100 vor Chr.«121 b) Im Blick auf sah schreibt Steindorff: »Von der Sophoniasapokalypse ist lei2.
114.
I I
5.
116. I I 7.
IIS. II9. 120. '121.
Traditionsgeschichtlich gesehen weisen auch die Schriften des NT, mit deren Sammlung und Kanonisierung sich antikes (und spätantikes) Christentum u.a. auch gegenüber dem Judentum definiert, starke Affinitäten zum Judentum auf, und dies nicht nur stark »'judaisierende« Schriften wie Mt, Hebr oder Jak. Vgl. zu den Kanonisierungs-Motiven aber auch Trobisch: Endredaktion. Nota bene: von der jüdischen Überlieferung eines Sophonias-Apokryphons in der (Spät-) Antike wissen wir nichts! In diesem Kontext könnten dann auch die erwähnten Kanonlisten von Bedeutung sein. Und somit trotz des offensichtlichen Mangels eindeutig und exklusiv »christlicher« TextmerkmaIe. Steindorff: Apokalypse, S. IS. Steindorff: a.a.O., S. 18 Anm. I. Steindorff: a. a. 0., S. 18 f. Steindorff: a.a.O., S. 19 Anm. I. ! I 73
der zu wenig erhalten, um ein Urteil über ihren Charakter zu gestatten.... (I)n dem koptischen Fragmente spricht nichts gegen die Annahme eines jüdischen Ursprungs des Werkes. Doch ist es ... hier wahrscheinlich, dass das jüdische Gewand von christlichen Händen zurecht gestutzt worden ist« 122. c) Im Zusammenhang mit sah geht Steindorff auch auf das Zitat eines Sophonias-Textes bei Clemens Alexandrinus ein, das er für ein Zitat aus der gleichen Sophonias-Apokalypse hält, der das koptische Fragment sah zuzurechnen sei 123: »Das von Clemens daraus (sc.: aus der ApcZeph) citierte Stück ( ... ), das in unserem Fragment (sc.: sah) nicht vorkommt, enthält nach Harnack nichts Christliches.« Steindorff meint, dass »das clementinische Stück dem jüdischen Buche der Geheimnisse Henochs, auch der Ascensio Jesaiae, nahe steht. Vielleicht ist auch dieses Werk im Kreise der ägyptischen Juden entstanden und später in Ägypten in christlichem Sinne bearbeitet worden«!24. d) Zum Vergleich sei Steindorffs Beurteilung der ApcEI angefügt: »Die Eliasapokalypse geht auf eine jüdische Grundschrift zurück ... Diese ... ist wohl in den Kreisen der in Ägypten ansässigen Juden entstanden ... Von christlicher Seite ist nun diese jüdische Schrift interpoliert und stark überarbeitet worden ... Da die Stelle 19,6.7 wohl ein Citat aus I Joh. 2,15 ( ... ) ist, so muss die Bearbeitung der Eliasapokalypse wohl später als diese neutestamentliche Schrift ... angesetzt werden. Über die Entstehungsfrage des Ganzen wird sich freilich erst mit Sicherheit urteilen lassen, wenn es gelungen ist, die wohl auf bestimmte politische Vorgänge bezüglichen Angaben der Prophetieen genau zu erklären« 125. Über »Entstehungszeit und zeitgeschichtlichen Hintergrund« der ApcEI handelt dann Schrage ausführlicher 126 • Dabei kommt er allerdings zu einer sehr viel späteren Ansetzung der jüdischen Apokalypse als Steindorff. Nach diesem ist sie etwa in der 2. Hälfte des 1. Jh.s anzusetzen und die christliche Bearbeitung in das 2.-3. Jh. Schrage datiert die »jüdische Grundschrift« erst in die 2. Hälfte des 3. Jh.s n. Chr. Er meint, »die Aufnahme ähnlicher Traditionen durch Lactanz (ca. 250-330 n.Chr.) könnte ... ein gewisser Fingerzeig darauf sein, wann die Schrift für Christen aktuell geworden und rezipiert worden sein könnte: zur Zeit der Verfolgung durch Diokletian am Anfang des 4- Jahrhunderts nämlich ... Ein späteres Datum der christlichen Überarbeitung kommt schon aus Gründen der Handschriften-Datierung nicht in Frage« 127. 2.2 Andere Meinungen: Kuhn äussert sich zum sahidischen Fragment: »that text might be J ewish in origin: it might be Christian; and it might equally weIl be a re-working by a Christian of an originally Jewish source«. Zum achrnirnischen meint er: »most agree that the >Anonymaus< was in originJewish, but 122. 123. 12+ 125. 126. 127.
I I 74
Steindorff: a. a. 0., S. 20. Hier vertrete ich (s.o.) die Ansicht, dass dies sehr unwahrscheinlich sei. Die bei den letzten Zitate: ebd. Steindorff: a.a.O., S. 19f. Vgl. Schrage, S. 220-225. Schrage, S. 225. - Mirfällt es schwer, für eine so späte Zeit (um }oo) noch an eine christliche Rezeption jüdischen Schrifttums zu denken.
that the J ewish original has been reworked by a Christian, though far less drastically than the associated Apocalypse of Elijah: there are in the >Anonymous< no unequivocally Christian passages or phrases, but there are several apparent reminiscences of the New Testament« 128. Mit christlichem Einfluss auch in dem ach~Fragment rechneten im Gegensatz zu Steindorff z.B. auch schon Heinrich Weinel 129 und Wilhelm Schneemelcher l30 • Wintermute lehnt diese l3l Meinung ab: »It is dear that the writer was a Jew«, kein Sadduzäer, kein Zelot und auch kein Priester, aber wohl ein ägyptischer Jude aus Alexandrien 132 • Wintermute wundert sich (zurecht) darüber, dass eine Schrift in jahrhundertelanger christlicher Tradition, dazu noch im koptischen Kulturkreis, nicht christlich überarbeitet worden sei und listet die verschiedenen Möglichkeiten einer solchen auf. Doch er kommt zu dem Schluss: »As a matter of fact, however, there is no dear example of any such modification of the text. The dosest point of contact with Christian writings is found in the Akhmimic text. At 2:1-4 there is a dose parallel to Matthew 24:40f. and Luke 17:34-36. At 6:1 1-15 there is a description of the angel Eremiel that has several features in common with descriptions of angels in Revelation. At 10:9 there is a quotation containing the word katechoumenos, which is used in a sense frequent in patristic texts. Nevertheless, each of these paralieis may be rather easily explained as due to a common Jewish-Christian heritage. The most important point to observe is that in the surviving fragments there is no evidence of any Christian modification of any of the major theological concerns expressed in the work« 133. 2.3 Methodologische Folgerungen: Mit den zitierten Positionen ist die Bandbreite der Forschungs-Meinungen zur Frage: »ApcZeph - jüdisch oder christlich oder jüdisch und christlich?« umrissen. - In diesem Zusammenhang sind nun m. E. einige methodische Bemerkungen Schrages im Blick auf die Differenzierung von »jüdisch« und »christlich« einerseits und »Literar-« wie »Tra12S. Kuhn, S. 918. - Kuhn merkt an: Mt 24,40f. par. Lk 17,34f.; Apc 1,13.15; 2,18; 19,10; 22,sf. und lKor 15,38. 129. Vgl. H. Weine!: Die spätere christliche Apokalyptik, in: EUxuQLm1\QLOv. Studien ... H. Gunkel dargebracht, hg. von H. Schmidt, Göttingen 1923 (FRLANT NF 19,2), S. 163 f .. 130. Vgl. W Schneemelcher: XVIII. Spätere Apokalypsen, in: Hennecke-Schneemelcher, S. 533 f. 131. Allerdings ohne sich explizit auf einen Vertreter der Annahme, dass eine christliche Bearbeitung der Fragmente sah und ach vorliege, zu beziehen. 1F. Wintermute denkt hier an ein Datum zwischen 100 v. Chr. und 175 n. Chr. (vgl. Wintermute, S. 500). Sollte der Verfasser für den »Berg Seir« (ach 3,2) verantwortlich sein, »then he probably wrote before A. D. 70« (a. a. 0., S. 501). - Wenn er allerdings an einen Griechisch schreibenden alexandrinischen Juden des 2. Jh.s denkt, so ist m. E. der terminus post quem non das spurlose Verschwinden des hellenistischen Judentums aus Unterägypten im Zusammenhang mit dem Aufstand unter Trajan (115-117) und dem Zweiten Aufstand (IF-135) zu hadrianischer Zeit- ein Umstand, den zu berücksichtigen Wintermute wohl vergass. 133. Die beiden Zitate: Wintermute, S. 501.
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ditionskritik« anderseits interessant. Er meint (primär im Blick auf die von ihm bearbeitete ApcEl), letztlich bliebe »es sehr schwer, bei der durchgängigen Traditionsverflochtenheit ... die Redaktion des Verfassers von der jüdischen bzw. christlichen Tradition genauer abzuheben oder gar noch zwischen jüdischer und christlicher Redaktion zu differenzieren«. »Man wird Tradition und Redaktion überhaupt nicht auf jüdische und christliche Partien der Schrift verteilen können«lJ4. Angesichts des generativen Prinzips dieser Texte 135 ist es schwer, »die einzelnen Traditionskomplexe ... literarkritisch herauszuarbeiten« 136. »Hinzu kommt, daß der Verfasser der aufgenommenen Tradition seine eigene Handschrift aufgeprägt hat und es auch darum kaum noch möglich ist, literarkritisch Quellen oder Interpolationen herauszuschälen« 137. So gilt gerade auch für das beliebte literarkritische Kriterium der »Doppelungen«: »Für die Auslegung von Bedeutung ist ... , daß sich eine Dublette zunächst allein für die Traditionsgeschichte auswerten lässt, nicht aber sofort auch für die ApcEI und ihre Sicht«138. Die einer praktikablen Operationalisierbarkeit der Interpretations-Aspekte »Literarkritik« und »Traditionskritik« entgegenstehende Komplexität der Überlieferung dürfte nicht nur das Problem der ApcEI beschreiben. 3. Christliche und jüdische Tradition in der ApcZeph - Der Versuch einer Annäherung 139 • 3.0 Zum Procedere: Nach dem zuvor Gesagten kann und soll es hier nicht um »Quellenscheidung« oder ähnliche literarkritische Sortierungen gehen. Die Forschungsgeschichte hat zudem gezeigt, dass jedes Resultat mit guten Gründen falsifiziert werden kann 140 • Hier kann es nur um Überlegungen gehen, ob man sich vorstellen könnte, dass die relevanten Texte Spuren christlicher Rezeption aufweisen. Und diese Frage ist nur darum interessant, weil auch für mich point de dipart: exklusiv Christliches finden wir weder in Z noch in sah oder in ach. Ich gehe in drei Schritten vor: 1. Zu Beginn betrachte ich zwei Abschnitte des achmimischen Fragments: ach 1,8-14(.16) und 16,14 - 17,15. Den einen Abschnitt möchte ich unter der Frage betrachten: Lässt sich hier christliche Tradition annehmen oder ein Bezug auf frühchristliche Literatur? Ich beschränke mich dabei auf das NT. - Die andere Passage möchte ich unter der Frage be134. 135. 136. 137. 138. 139.
140.
Die beiden Zitate: Schrage, S. 2 I 9. Es sei an das Prinzip der »apokalyptischen Mosaikarbeit« (W Bousset) erinnert. Schrage, S. 218. Schrage, S. 219. Schrage, S. 219f.; vgl. auch S. 218. Diesem Abschnitt liegt im wesentlichen mein Vortrag L'apocalypse dite »L'Apocalypse de Sophonie«: est-ce un ecrit juif ou chretien? Considerations concernantes quelques criteres pour la solution du probleme (Colloque du Centenaire, EPHE.SR, Paris, vom September 1986) zugrunde. Und wenn sich bestimmte Meinungen oder Modelle über längere Zeit hinweg behaupten können, so liegen die Gründe hierfür oft auf einer ganz anderen Ebene als der eines »gesicherten Forschungsergebnisses«.
trachten: Handelt es sich hierbei um jüdische Tradition, die nicht (gar nicht oder nur schwierig) für den Text eines christlichen Verfassers gehalten werden könnte? - 2. Danach möchte ich einige weitere, ausgewählte Text-Abschnitte betrachten: ach II,9 - 12,4; 15,16 - 16,9; 16,12-14, sowie: 2,19 - 3,12; 8,2-6; 8,17 - 9,11; 10,5-20. - 3. Schliesslich werfe ich noch einen Blick auf sah. 3.1 »Resultats approximatiJs« der Text-Analyse: Die annähernden Resultate der Untersuchung möchte ich hier voranstellen: a) Es lässt sich m. E. ein christlicher Traditions-Hintergrund annehmen sowie die Kenntnis christlicher Texte (des NT) bei bestimmten Abschnitten von ach. b) Anderseits enthält ach keine Passage, die nicht aus der Hand eines christlichen Autors stammen könnte, sofern man nicht so strenge Massstäbe anlegt, wie sie etwa für das kanonische Schrifttum des NT angewendet werden müssen, d. h. für ein Schrifttum von primärer Bedeutung für die Definition »christlicher Identität«. Realistischerweise muss man sagen: Die im NT versammelten Schriften wurden - vermutlich: auch lf1 - unter rigiden theologischen Aspekten ausgewählt und zusammengestellt, bei denen gewiss ein breiteres Spektrum christlicher Identitäten berücksichtigt wurde. Doch dürfte das NT-Schrifttum nicht Massstab sein für das, was bei den unterschiedlichsten Gruppen tradiert wurde und allen möglichen praktischen und populären Erfordernissen diente. Anders gesagt: das NT-Schrifttum ist Teil der frühchristlichen Literatur, nicht aber Massstab dafür, was es im frühen Christentum an Literatur gab. Zudem: nimmt man lediglich die Septuaginta als »christliche Bibel« vor der Kanonisierung des NTs oder als Teil der normativen Literatur des frühen Christentums neben dem NT, so ist jede »rein jüdische« Tradition aus diesem komplexen Schrifttum zugleich »christlich«, wenn sie in von Christen verfasster Literatur rezipiert wird. Ein grösseres traditionsgeschichtliches Problem im Blick auf die Fragmente der ApcZeph ist eine »(apokalyptische) Eschatologie« ohne »Messianologie«. Allerdings kann dieses Problem auch bei fraglos jüdischen Schriften begegnen. Zudem ist der (z. T. stark) fragmentarische Charakter der Schriften zu berücksichtigen. Möglicherweise liegt die Lösung des Problems in der Intention und praktischen Funktion dieser Schriften (speziell) und dieses Schrift-Genres (generell) - auch im Christentum. Möglicherweise handelt es sich um »katechetische« Literatur, die der Unterweisung in (christlichen ?) Tugenden dient und die ihre existentielle Bedeutung aus ihrer Befolgung seitens der Gläubigen zieht. 3.2 Betrachtung der Text-Abschnitte ach 1,8-14(.16) und 16,14 - 17,15: a) ach 1,8-14(.16). - In diesem Text finden sich drei »apokalyptische« Paare, wie wir sie aus Mt 24 kennen, wenn wir den Codex D (Bezae Cantabrigiensis) '4I. Vgl. aber die zum mindesten anregenden Überlegungen von Trobisch: Endredaktion (passim), der wesentlich an ganz andere Aspekte und Kriterien zur Definition des NTKanons denkt als theologisch-dogmatische.
und andere MSS heranziehen, die nach Vers 4Igemäss Lk I7,34 ergänzen und nach u<j>LELm lesen: Mo Erd XALV1']~ !LLa~' d~ nagaAa!LßavELm xat d~ U<j>LELm 142 • Diese Kombination ist sehr speziell lH • M. E. erklärt sie sich lediglich aus der Kenntnis einer Mt-Vorlage gemäss Codex D. M. E. ist die Annahme einer gemeinsamen (sc.: jüdischen) Text-Vorlage für Mt und ach auszuschliessen. Die Kombination der drei »apokalyptischen« Paare dürfte aus einer literarischen Harmonisierung der verwandten Evangelien-Texte Mt 24 und Lk I7 beruhen 144. Allerdings verlangen auch die Unterschiede zwischen Evangelium und ach eine Erklärung. Es geht um folgende Differenzen: -+ Die beiden Männer des ersten Paares sind - nach Mt 24,40 - »auf dem Feld«; nach ach I,8 f. gingen sie »auf einem ... Weg«. -+ Die beiden (Frauen) des zweiten Paares »werden an dem Mühlstein mahlen« (!LUAO~; Mt 24,4I); nach ach I,II f. »mahlten (sie) an einer Maschine« (ft1']Xavr'j). -+ Die beiden des dritten Paares liegen nach Lk I7,34 »auf einem Bett« (Eni XALV1']~ ftLa~); nach ach I,I4.I6liegen sie »auf ihren Lagerstätten« (hic:n nouma :n:nkate). Die erste Differenz scheint mir auf einem technischen Fehler der Text-Transmission zu beruhen (vgl. A hi-ou-ho »auf einer Strasse« mit hi-ou-iobe »auf einem Feld«). Für das »bewässerte Feld« gibt es im S das Wort hoi. Damit hiesse hi-ou-hoi (S) »auf einem (bewässerten) Feld«. Leider fehlt ein Beleg für diesen Terminus in A. Wie auch immer: die Verwechslung erklärt sich leicht. Die zweite Differenz lässt sich m. E. aus einer zivilisations-geschichtlichen Überlegung erklären. - Gewöhnliche Mühlen (nicht nur in der Antike) sind auf der Basis von zwei Steinen konstruiert. Dieses primitive System wird nicht als »Maschine« (!L1']xavr'j) bezeichnet. »Mechanische Mühlen« der Antike sind Windmühlen, Wassermühlen oder Trichtermühlen, die von Menschen oder von Tieren bewegt werden. Unsere Texte haben m. E. die Trichtermühle im Auge, die von zwei Frauen bedient werden. Dabei interpretiert ach die Evangelien-Tradition. Sowohl Mt wie Lk sprechen nur von »zweien« (buo). Allerdings sind dies weibliche Personen (ftLa .,. ftLa). Der ach macht daraus deutlich s:hime c:nt{e »zwei Frauen«. Dieses Mahlen ist »Frauen-Sache«. - Die gewöhnlichen Mühlen auf der Basis von Reibe- und Grundstein werden nur zu Hause bedient - und dort auch nur von einer Person (Frau). Bei »zwei Frauen« muss es sich um eine !L1']xavr'j handeln. Die dritte Differenz kann ich mir nur aus moralischen Gründen erklären: zwei
I42. Vgl. Nestle-Aland z.St. I43. Wintermute, S. 509, merkt lediglich die Verbindung der beiden biblischen Texte Mt 24,4of. und Lk 17,34f. an. Er bezieht sich auf die petitio principii Lacaus (JA I966, S. I76). I44- Damit ist m. E. auch ein terminus ante quem non für eine (griechische) Vorlage von ach gegeben: kaum vor dem frühen 2. Jh.
Männer auf einem Bett! Wieso auch immer Lk 17,34 dies sagt 145 : spätestens der moralstrenge Kopte nahm daran Anstoss. (Einfügung I, s. S. 1230) Gerade auch die Harmonisierungen im koptischen Text 146 , die Interpretationen 147 und die Beseitigung von »Anstössen«148 deuten darauf hin, dass der Verfasser unseres (koptischen) Apokryphon den konkreten Text der Evangelien kannte. b) ach 16,14 - 17,15. - Dieser Text scheint in besonderer Weise zu den Passagen und Anschauungen zu gehören, die eine Affinität zu jüdischer biblischer und deuterokanonischer Tradition und Literatur haben und die man sich nur schwer als Produkte christlichen Literatur-Schaffens vorstellen kann. Es handelt sich hier um die Interzession der Gerechten für diejenigen, die Strafen wegen ihrer Schuld verbüssen. Es leuchtet ein, dass dieser Topos nicht zu christlicher Tradition, besser gesagt: zu einer originär christlichen Schrift oder christlichen Überarbeitung einer vorchristlichen (jüdischen) Schrift gehören kann. Interzessor und Mittler zwischen Gott und den (sündigen) Menschen ist in christlicher Tradition der HERR J esus Christus, wie es in Hebr 7,25 ff. zu lesen ist. Im übrigen bitten die Angehörigen des christlichen Gottesvolkes - einer für den anderen - »durch J esus Christus«, wie es seit dem NT in den liturgischen Gebeten der Kirche(n) heisst. Die Interzession der Gerechten ist aus dem AT hinlänglich bekannt: es handelt sich dabei um Abraham 149 , Mose 150 , Samuel l5l , Salomo 152 und allgemein um die Propheten. Deswegen beurteilen wir die Interzession der Gerechten in der apokalyptischen Literatur als eine jüdische Tradition. Dabei wird das Thema der Interzession der Gerechten auch im Judentum, selbst in der jüdischen Bibel, durchaus kontrovers diskutiert: »... wenn ein Land gegen Mich sündigt ... , und diese drei Männer wären in seiner Mitte: Noah, Daniel und Hiob, es würde um ihrer Gerechtigkeit willen (nur) ihre eigene Seele (= Leben) gerettet werden, spricht der Herr HERR.... (S)ie würden weder Sohn noch Tochter retten; sie würden um ihrer Gerechtigkeit willen (nur) ihre eigene Seele retten« 153. - Eine ähnliche Diskussion findet sich in 4 Esr 7,102-115. Das Motiv für die Unmöglichkeit einer Interzession der Gerechten ist eine »eschatologische Aufhebung / Annullierung« der stellvertretenden Fürbitte 154 • 145. Ein tertium aller drei Paare ist wohl die Zahlen-Relation 2:1:2 (zwei auf einem Feld I Weg, zwei an einer Mühle I Maschine, zwei auf einem Bett - eine/r geht, eine/r bleibt). 146. Zwischen Mt und Lk. 147. Zwei Frauen; welche Art von Mühle. 148. Jesus hat gewiss nichts erzählt, was den Verdacht der Homosexualität aufkommen liesse! 149. Vgl. z.B. Gen 18,23-33. 150. Vgl. Ex 32,3off. 151. VgI.ISam12,18ff. 152. Vgl. das »Tempelweih-Gebet« I Kön 8,12ff. par. 153. Ez 14,13.14.20; vgl. dazu auch 2Makk 12,42.44 (»Schlußschicht ... 1. Jh. vC" [?]; so NBL Ir, Sp. 694) und BL" Sp. 473154. Wie sie »bereits« Ez 14,13 H. zu beobachten ist - ein wichtiger Grund, gängige Arurahmen über das Buch Ez zu revidieren. I I 79
Jedoch dürfte die deuterokanonische Argumentation im Stile von4 Esr (aber auch des Ez) nur eine recht künstliche Harmonisierung mit der »kanonischen« Tradition sein, die man im Grunde - nach der Weise von Ez - ablehnt. Das Buch 4 Esr wird 155 als jüdische Schrift angesehen. Anderseits findet sich eine Interzession der Gerechten in einer Schrift im Umkreis des NT, die christlicher Provenienz ist. Es handelt sich um die ApcPl, die in mancher Hinsicht als Analogie zur ApcZeph (ach) angesehen wird. Diese Interzession findet sich in den Kapiteln 14; 44 und bes. 24. Dieser Hinweis genügt m. E. für die folgende Annahme: Die Intercessio der Gerechten kann nicht als ein exklusives Merkmal jüdischer Literatur betrachtet werden; jedoch belegt sie die Bewahrung eines jüdischen Topos - sowohl in der ApcPl wie auch in der ApcZeph (ach). 3.3 Die Betrachtung einiger weiterer Text-Abschnitte des achmimischen Fragments. - M.E. genügen die Untersuchungen zu 3.2 bereits als Begründung der Annahme, dass es sich bei der ApcZeph (ach) um eine christliche Schrift handelt, die allerdings traditions geschichtlich gesehen tiefe Wurzeln im jüdischen Erbe hat. Das entscheidende Argument ist die Analyse von ach 1,8 ff. und die Charakterisierung dieser Passage als» Rezension« zumal der entsprechenden Mt-Stelle 156 • - Doch möchte ich noch einige Bemerkungen zu weiteren Passagen des ach-Fragments machen. a) ach 11,9 - 12,4. - Eine (wohlgemerkt!) »eschatologisch(motviert)e Unterstützung« von Kranken, Witwen und Waisen findet sich m. W nur in christlichem Kontext 157 • Der Kranken-Besuch ist mir aus antik-jüdischer Literatur nicht bekannt 158 • Der (nota bene:) christliche LXX-Text lautet für Sir 7>3 5: M~ OXVEL EmoxEJtLw1Jm aQQwoToV aV1JQwJwv' EX yaQ TWV TOL01JTWvayaJty)1J~an. Und in Vers 36 folgt: ~LlI.!VTIOXOll Ta Eoxma OOll, xal, Eie; TOV aLwva OUX afwQT~OELe;. An gleicher Stelle (7)3 5) heisst es im hebräischen Sir: 'Cil tis'
leb me'8heb ki mimmtennu te'aheb 159 • Ebenso scheint möglicherweise die Verbindung von Beten, Fasten und Almosengeben in der antik-jüdischen Literatur nicht in »typisch eschatologischem« Zusammenhang zu begegnen 16o • Dieser Zusammenhang begegnet erstmalig in der griechischen Bibel des frühen Christentums 161 • Im Gegensatz zur jüdischen Tradition findet man in der frühchristlichen Tradition Beten und Fasten mit der »eschatologischen Drangsal« (1JA.L1vLe;) angesichts der Gottesherrschaft verknüpft, auf die man Abgesehen von den Kapiteln I f.; 15 f.; vgl. J. Schreiner: JSHRZ V,4, S. 3°1-306. Selbst wenn man diese UberIegungen abtun sollte, so genügt m. E. die Summe der übrigen methodischen Überlegungen und Text-Beobachtungen als Beleg für die hier vorgeschlagene Annahme. Vgl. dazu Mt 25,J! H. Vgl. dazu auch Bill. I, S. 983. Zvi Segal: sepcer bcen sira', Jerusalem 1972, S. 36. Das Problem kann hier nicht ausdiskutiert werden. Warum fastete(n die) Johannes( -Jünger)? Und warum erfahren wir davon nur in christlichen Texten? r61. Vgl. Tob 12,8f. (B,A): »Gut ist Gebet mit Fasten und Almosengeben und Gerechtigkeit; besser ist Weniges mit Gerechtigkeit als Vieles mit Ungerechtigkeit; schöner (= ethisch wertvoller) ist Almosengeben als Gold horten; denn Almosengeben rettet vom Tode und reinigt von allen Sünden ... (usw.)«. !I80
sich erwartungsvoll vorbereitet 162 . In ach I 1,9ff. findet sich der Tugend-Katalog in ähnlicher Weise in einem »eschatologischen Kontext«'63. b) ach 15,16 - I6,9. - Die viel diskutierteFrage ist: Handelt es sich bei dem Begriff »Katechumen« um einen christlichen terminus technicus - ja oder nein? Das Verb xaL'Y]xew ist in jüdischer Literatur bezeugt. Unter methodischem Gesichtspunkt stellt sich die Frage aber m. E. so: Findet sich der Terminus XaL'Y]XOVflEVO<; oder besser der Plural xaL'Y]xovflEVOL im antiken Judentum als terminus technicus für religiös zu Unterweisende, die sich auf die Beschneidung vorbereiten? Das ist m.E. schwer zu belegen. c) ach 16,12-I4. - Hier scheint es sich um ein Zitat aus r Kor 15>38 zu handeln: 6 1tED<; otOWGLV almp amfla xa1t(o<; ~1tD,,'Y]aEv. Die Frage nach den >,Haaren « und - seltsam angehängt - nach dem» Körper« und diese Antwort wirken im Kontext deplaciert und an die voraufgehenden, schematisierten VisionFrage-Antwort-Durchgänge angehängt. Eigentlich kann es sich ja nur um den »Auferstehungsleib« handeln. Die Frage nach den Haaren könnte auf Besorgnis zurückgehen: keine Haare haben, bedeutet Schande '64 . Ein »bibelfester« Christ mag Frage und Antwort gemäss r Kor r 5 in Richtung »Körper« korrigiert haben. Ich möchte noch einige Bemerkungen zu Passagen des ach-Fragments anfügen, die möglicherweise eine so starke Affinität zum Judentum haben, dass man sich nur schwer vorstellen kann, sie seien in frühchristlicher Literatur rezipiert worden. d) ach 2,18 - 3,I2. - Zu diesem Abschnitt habe ich vor längerer Zeit eine Miszelle verfasst l65 • Der Text wirkt wie die Anspielung auf ein Stück »Heiliger Schrift« des Judentums, in dem es um kultpolitische Interessen geht '66 . Doch ist uns die hier »zitierte« Schrift nicht erhalten. Allerdings kennen wir aus der BH verschiedene Beispiele für den Topos der ungehorsamen und deshalb strafwürdigen (Hohe-) Priestersöhne. Doch tragen diese Exempel nichts für eine Beantwortung der Frage »christlich oder jüdisch?« aus. Wo Ansprüche vertreten - behauptet oder bestritten - werden, wird meist »legalistisch« argumentiert (»die das Gebot ihres Vaters nicht beachteten«'67), unabhängig vom jeweiligen kulturellen Horizont. e) ach 8,2-6. - Hierbei handelt es sich um ein Gebet zu Gott, der hier - singulär in den erhaltenen Teilen der Apokalypse - nicht mit p:caejs p:pantokrator (griech.: KVQLO<; [6J IIavLoxQ
oe
162. VgI. Act I4,22f. 163. VgI. auch Mk 2,18ff. 16+ Kurze Haare: soziale Inferiorität; vgI. PWkl 2, Sp. 897-899; RAe XIII, Sp. 177-2°3;
allerdings ist in der ägyptischen Vorstellung Glatzköpfigkeit ein Kennzeichen derer im »Feuersee« (vgI. Hornung: Unterweltsbücher, S. 2II). 165. VgI. Diebner: DBAT 1982, S. 40-49. 166. Vgl. auch die Anmerkungen zum Text unten in der Übersetzung. 167. Vgl. bes. 1 Sam 2,22ff. im Kontext der Kapitel 2 - 4-
II8r
zeichnungen und -Namen sind schon - für sich genommen - eindeutig jüdisch 168. Aber gerade in koptischer (d. h.: christlich-ägyptischer) Tradition sind (u. a. auch) die jüdischen Gottes-Bezeichnungen sehr populär, wie z. B. die Zauber-Texte belegen. f) ach 8,17 - 9,1 I. -Der Anfang des zuvor angesprochenen Gebets (8,4f.) wird in diesem Text wiederholt (9,2 f.). Der Ursprung des unter dem Titel commendatio animae bekannten Errettungs-Gebetes mag jüdisch sein 169 • Die Paradigmen der meisten literarischen und monumentalen Bezeugungen gehören zur jüdischen Bibel l70 • In christlicher Tradition ist das Gebet seit dem 4. Jh. bezeugt. Seit dieser Zeit auch gibt es frühchristliche Sarkophage (!), zu deren Bild-Programm verschiedene Paradigmen der commendatio gehören. - Die hier referierten Paradigmen und ihre Abfolge sind aus christlicher Überlieferung vertraut l7l und nur aus dieser bekannt. Es wäre nicht unmöglich, aber doch sehr verwunderlich, wenn man u. a. das hier referierte Paradigmen-Gebet als Beleg etwa für eine »jüdische Grundschrift« heranzöge oder (u. a.) den angesprochenen Abschnitt zu den »jüdischen Text-Abschnitten« einer womöglich christlich rezipierten Apokalypse rechnen wollte; denn dann wäre das zitierte Exempel des Paradigmen-Gebetes der einzige erhaltene Beleg in einem Stück antik-jüdischer Literatur. g) ach 10,5-20 (bes. 8-I1). - Der »grosse Engel Eremiel« ist aus verschiedenen deuterokanonischen Texten gut bekannt 172 • Sein Name ist wohl mit dem des Propheten yirmeyahu = Jeremia(s) identisch m , doch ist hier das theophore Namensbildungs-Element nicht der »Eigenname« des jüdischen (israelitischen) Gottes YHWH, sondern die traditionelle Bezeichnung des »alten Gottes« der westsemitischen Kulturen, EI. Dieser Wechsel von -ei zu -yahu in den theophoren Elementen ist nicht ungewöhnlich 174. - Eremiel ist auch aus magir68. Dass eine Bezeichnung wie p:caejs saba8th auch im NT begegnet (vgl. Jak 5,4:';U di,;a Kuglou ~aßawt}) kann im Kontext der hier gestellten Frage argumentativ keine Rolle spielen. r69. Dies wird aus manchen guten Gründen erwogen. 170. "Petrus et Paulus« sowie »Thecla« im Text des - in den Anmerkungen zum Textabschnitt - Wortlauts der nach-tridentinischen Form dieser commendatio sind für die (spät-) antike Tradition nicht typisch (wenngleich durchaus belegt). 171. Vgl. hierzu den tradierten Wortlaut des Errettungs-Gebets in den Anmerkungen zum Text. 172. Vgl. auch hier die Anmerkungen zum Text. 173. Vgl. zu diesem eigenartigen Namen M. Noth: Die israelitischen Personennamen im Rahmen der gemeinsemitischen Namengebung, Stuttgart 1928 (BWANT III,Io), S. 201 Anm. 2: »Ich kann mir den Namen in der Formyirm'yahu, die MT (sc.: der masoretische Text der BH) bietet, schlechterdings nicht erklären; in den wohl einzig möglichen Übersetzungen: Jahwe möge werfen, schießen, oder: J ahwe möge im Stiche lassen, verraten vermag ich keinen erträglichen Sinn zu finden«. Deshalb möchte Noth - entgegen der biblischen Tradition - y'rimyahu vokalisieren, d.h. »Yahu(h) möge aufrichten«. Ich meine schon, dass der Name »Yahu(h) möchte (= wird) im Stiche lassen« ein im Sinne der Tradition angemessenes Verständnis dieses »Propheten-Namens« sei: nomen est omen. In dieser Lesung konvergiert der Propheten-Name bestens mit der prophetischen Botschaft! 174. Vgl. hierzu u.a. mika'el und mikayah(u).
schen und »synkretistischen« Texten bekannt 175 , die einem »christlichen« Milieu entstammen. Der Name des Engels mag »traditions geschichtlich« gesehen jüdischen Ursprungs sein. Doch besagt dies nichts über den literarischen Charakter der Apokalypse, die ihn enthält. 3.4 sah 1,1.16-22: Zum Text des sahidischen Fragments. - Dieser Text stimmt - wie schon gezeigt - zum grössten Teil mit Partien von ach überein, wenngleich nicht in der in sah vorliegenden Abfolge. Allerdings gibt es einen Abschnitt, der in ach keine Parallele hat. Das Papyrusblatt ist in keinem guten Zustand. Der Text, wie ihn die Übersetzung wiedergibt, ist bis zu einem gewissen Grade eine Rekonstruktion. Doch lässt der Text erkennen, dass es um eine »Seele« geht, die starb, bevor sie ihre »Dngesetzlichkeit« (avoIlLa) bereu( en konn)te. Das kann gut jüdisch sein, hat aber - der Sache nach - die nächste Parallele im Gleichnis vom Reichen und vom armen Lazarus l76 • Doch erlaubt der Text letztlich keine Entscheidung in der Frage »christlich oder jüdisch?«; denn ein Bezug zum Text des Lk-Evangeliums ist (anders als für ach 1,8ff. zum Mt-Evangelium in einer bestimmten MS-Tradition) nicht auszumachen. 3.5 Abschliessend. - Was lässt sich nach der Betrachtung der ausgewählten Abschnitte von ach und sah annehmen? a) Recht sicher ist, dass die Schreiber der MSS sah und ach als Kopten (dafür sprechen u. a. Schwierigkeiten mit für die koptische Sprache ungewöhnlichen Graphemen wie j) »Christen« waren. b) Sehr wahrscheinlich ist auch, dass die hypothetischen Übersetzer der Schriften sah und ach (wohl aus dem Griechischen) koptische »Christen« waren. c) Wahrscheinlich ist aber auch, dass die vermutlich griechisch schreibenden Verfasser oder Kompilatoren der Schriften (zumal von ach) in christlicher Tradition standen und auch das NT kannten. d) Gleichwohl enthalten die MSS Passagen, die Teil einer jüdischen Schrift (gewesen) sein könnten. Insofern spricht nichts gegen die Annahme einer »jüdischen Grundschrift«, sofern man diese vertreten möchte. e) Viele Passagen sind aber - und damit ist Kuhns resignativ klingender Pauschal-Bemerkung zuzustimmen - gegenüber einer begründbaren Entscheidung der Frage »christlich oder jüdisch?« neutral. f) Das Fehlen eindeutiger Merkmale von »Christlichkeit« rät jedoch zur Vorsicht. Wer christliche Verfasser oder bearbeitende Rezipienten annehmen möchte, darf nicht e silentio argumentieren, d. h. in diesem Falle: das Fehlende in den fehlenden Text-Partien der Fragmente suchen wollen. g) In diesem Kontext ist auch ein Problem, dass der »Christus« nicht nur insgesamt fehlt, sondern gerade in den erhaltenen Gerichts-Abschnitten keine Rolle spielt. h) Allerdings ist bemerkenswert, dass jede Art von »Messianologie« fehlt, sei 175. Vgl. Kropp: Zaubertexte I, S. I9; II, S. 203 (London Ms. Or. 5525): er(e)miet. I76. Vgl. Lk I6,I9-3I und dazu Bill. II, S. 222-233.
es eine jüdische oder eine christliche. Und dies kann nicht am fragmentarischen Zustand der MSS liegen. i) Folglich lässt sich der hier bezeugte Apokalypsen-Typ nur mit anderen Apokalypsen des »nicht-messianischen« Typs vergleichen, zumal auch wenn die überlieferte Form eine christliche ist wie z. B. das GesEsr. j) Es wäre gewiss der Mühe wert, nach der Funktion derartiger Texte im konkreten (kirchlichen) Leben damaliger Christen zu fragen. Diese Schriften müssen eine Funktion gehabt haben. Dies belegt ihre lange Tradition: die lateinischen MSS des GesEsr stammen aus dem 10. und I I. Jh. k) Die fehlende Messianologie in Verbindung mit dem apokalyptischen Charakter müsste Hinweise auf die Funktion dieses Schrifttums geben können. 1) »Eindeutige Merkmale« einer bestimmten (und gesuchten) Kultur fehlen oft bei Texten, die pädagogischen Zwecken dienen 177 • m) Im Blick auf die Fragmente der ApcZeph erscheint es mir nach allem problematisch, ursprünglich jüdische Text-Teile und mögliche spätere christliche Text-Elemente (Ergänzungen, Bearbeitungen) mit dem üterarkritischen Skalpell voneinander zu scheiden. n) Selten wird folgendes angemerkt: Ausser den auch in christlicher Rezeption durchaus üblichen Merkmalen jüdischer Kultur 178 fehlen alle exklusiv-jüdischen notae ecclesiae oder Kultur-Merkmale: der Schabbat ist nicht belegt, nicht die Beschneidung, nicht der »Bund« und auch nicht ein spezifisch jüdisches Fest u.a.m. Die Vorschriften (EVLOA~) gehören nicht dazu. All dies müsste - so es einmal in einer Text-Vorlage enthalten gewesen sein sollte VOJ;l christlicher Redaktion getilgt worden sein. 0) Anderseits enthält besonders das ach-Fragment viele pagan-antike (griechische und ägyptische) Merkmale, die offenbar nicht getilgt wurden. Damit bleibt die Frage »jüdisch oder christlich?« insoweit offen, als ich es für methodisch nicht vertretbar halte, die »apokalyptischen Mosaiksteine« weitergehender zu sortieren, als ich es hier mit der resultierenden Annahme tat, dass der uns erhaltene Text zum mindesten des achmimischen Fragments seine Gestalt in christlicher Rezeption erhalten haben dürfte. Dies allerdings halte ich für sehr wahrscheinlich.
V. Entstehungszeit und zeitgeschichtlicher Hintergrund o. Grundsätzliches. - »Eine der schwierigsten Fragen ist die nach der Entstehungszeit der ApcEI und den zeitgeschichtlichen Bezügen der einzelnen Aus-
177. VgI. z.B. die Kulturen und Zeiten verbindende »Weisheit«, aber auch bestimmte religiöse Lehr-Schriften im engeren Sinne wie Katechismen, die durchaus »mehrdeutige« Partien enthalten können: ist Martin Luthers Kleiner Katechismus christliche oder jüdische Literatur, wenn wir etwa nur Fragmente der »Zehn Gebote« oder des Wortlauts vom »Vaterunser« in der Hand halten? 178. Diese wurden im Voraufgehenden erörtert.
sagen« 179. - Apokalyptische Texte (und nicht nur solche!80) stecken voller »geheimer« Anspielungen auf zeithistorische, kulturelle und politische Frontstellungen. Nur trennt uns von diesen nicht nur der »garstige Graben«. Dazu kommt bereits zeitgenössische Camouflierung; denn auch damals war oft gefährlich, offen die Meinung zu sagen. Es ist schwierig, etwas Unverschlüsseltes zu fassen zu bekommen. In der Text-Überlieferung der benachbarten ApcEI sind historische Anspielungen greifbarer als in sah und ach. Anhaltspunkte: Die »Söhne J o(a)thams. - Einzig» historisch« wirkender Anhaltspunkt für eine Datierung scheinen die »Söhne Jo(a)thams« zu sein. Doch dürfte bereits hier eine Camouflierung vorliegen - sofern es sich überhaupt um eine »historische« Anspielung handeln sollte; denn es erscheint nicht sehr sinnvoll, in die vorexilische Zeit zurückzugehen, um (eventuell) historischen Grund unter die Füsse zu bekommen. 1.2 Sprach- und Denkmuster. - Anhaltspunkte für eine Einordnung der Fragmente in die antike Literaturgeschichte dürften eher der »apokalyptische« Sprach-Charakter (die Wortfelder), das generative Muster (die Text-Struktur) und die damit verbundenen Denkmuster (Intentionen) dieser Literaturen sein. Damit erhalten wir einen Zeitraum ante quem non!8!: das 2. Jh. v. Chr. 1.3 Relativität. - Die Datierungen antiker und spätantiker Literaturen im Umkreis der Bibel (AT und NT) stehen in einer traditionellen (Kor-) Relation zueinander. Eine Art point de depart für die Datierung apokrypher und apokalyptischer Literaturen sind die traditionellen Annahmen über die Datierung der jüngsten Schriften des AT. Apokalyptische (und auch nicht-apokalyptische) Apokryphen können demnach nicht älter sein als das 2. Jh. v. Chr. 182 ; denn als jüngste Schrift des AT gilt das apokalyptisch geprägte Buch Dan (ca. 167 v.Chr.). Prämisse dabei ist: »deuterokanonisch« ist im Umkreis des AT (und auch des NT), was »nicht mehr« Eingang fand in den »Kanon«\83. Dies aber hat u. a. eine Fülle von Literaturen zur Folge, die ins 2. Jh. - knapp nach der jüngsten »kanonischen« Schrift - datiert werden. 1.4 Christlichkeit. - Speziell für die Datierung unserer Fragmente ist relevant, ob man mit einer (literarisch aufweis baren, also bearbeitenden) christlichen I.
1.1
r79. Schrage, S. 220 - sc. mit Bezug auf die von ihm bearbeitete ApcEl. r 80. Für mich liegt ein wesentlicher hermeneutischer Schlüssel zu einem möglichst angemessenen historischen Verständnis der biblischen Texte von AT (BH) und NT in den die Überlieferungen weithin bestimmenden Polemiken. r8r. Aber auch dies nur c.gr.s. So weist Z.B. das Buch Ez weithin »apokalyptischen« Charakter auf. Doch hält die seriöse Forschung streng an der grundsätzlich exilischen Datierung (6. Jh. v. Chr.) dieser Schrift fest, also an einer »Kolorit-Datierung« (H. Schult). r82. Allerdings datiert Milik eine Vorstufe des Hen (äth) bereits in die Mitte des 3. Jh.s v.Chr.: gerade dies für mich ein Hinweis auf die »Korrelations-Datierung«; vgl. J. T. Milik: The Books of Enoch, Oxford 1976, S. 28. 183. Dass »kanonische« Literaturen des Jud.entums unter Umständen (in der »kanonisierten« Fassung) jünger sein könnten als erhaltene nicht-kanonische Schriften> erscheint im Rahmen dieses Denkmusters schwer vorstellbar.
Rezeption rechnet oder nicht. Tut man dies nicht, so hat man Spielraum seit dem 2. Jh. v. Chr. Nimmt man eine christliche Bearbeitung an, so kommt zum mindesten für die »rezipierte und bearbeitete Fassung«184 eigentlich frühestens die Wende vom I. zum 2. Jh. n. Chr. infrage l85 . Dies ist auch der früheste Zeitpunkt, an den ich für die von mir angenommene christliche Gestaltung des ach-Fragments denken mag. 1.5 Zeitgeschichte. - Es würde sich lohnen, über mögliche zeitgeschichtliche Anspielungen zu spekulieren. Ein wohl methodisch sinnvoller Ansatzpunkt hierfür wären die Polemiken der Texte sah und ach, die aber alle entschlüsselt werden müssten l86 . Sie ergäben in diesem Falle aber - anders als bei der benachbarten ApcEl187 - doch wohl eher religionspolitische (oder besser: fraktionspolemische) als »profan«-policische Bezüge. Hypothese: Bedingungen. - Zu den Voraussetzungen meines Datierungsversuchs gehört (zum mindesten) die Annahme einer hypothetisch belegbaren, christlichen Bearbeitung von möglichen vor-christlichen, jüdischen Text-Vorgaben l88 . Konkret heisst dies: der 1 Kor muss verfügbar gewesen sein, aber auch Mt, und zwar in einer mit Lk (wenigstens bezüglich der hier relevanten Passage Mt 24) harmonisierten Textform. Dies ist wohl kaum vor dem späten 2. Jh. wahrscheinlich. 2.2 Abgrenzung. - Schrage datiert selbst die von ihm angenommene jüdische Vorlage der ApcEl ziemlich spät: in die 2. Hälfte des 3. Jh.s. Mit dieser Datierung habe ich an sich keine Probleme. Probleme habe ich mit dem Zeitpunkt der von Schrage vermuteten christlichen Rezeption einer jüdischen Vorlage: »Anfang des 4. Jahrhunderts nämlich.... Ein späteres Datum der christlichen Überarbeitung kommt schon aus Gründen der Handschriften-Datierung nicht in Frage«189. Aber: kommt ein so spätes christliches Rezeptions- und damit in diesem Falle: Bearbeitungs-Datum noch in Frage? Wir sind hier bereits fast an der »Konstantinischen Wende« und damit am Rande der Zeit, wo Juden eher beginnen, Elemente der nunmehr christlichen Herrschafts-Kultur zu übernehmen. - Die Datierungen einer christlichen Bearbeitung jüdischer ApcZeph-Texte und dieser denkbaren jüdischen Vorlagen muss nicht an den Datierungen der ApcEI hängen, auch wenn die ApcZeph-Texte in das gleiche 2.
2.1
184. Etwas anderes wäre die Datierung einer hypothetischen jüdischen Grundschrift. Für
r 8 5. r86. 187. 188.
189.
II86
diese käme wiederum grundsätzlich der Zeitraum seit der Mitte des 2. Jh.s v. ehr. in Frage. Vgl. hierzu die Datierung Steindorffs. Auch hier gilt, was Schrage als »in verhüllter Sprache bzw. chiffrenhaft-symbolisch« (Schrage, S. 220) ausgesprochen bezeichnet. Hier erkennt Schrage, S. 222-225, verschlüsselte Anspielungen auf Vorgänge in der 2. Hälfte des 3. Jh.s n. ehr. Dabei bleibt offen, ob diese hypothetische christliche Bearbeitung auf einem vorliegenden Text basierte oder mehrere, verschiedene Vorlagen heranzog, ausschrieb und miteinander verband. Schrage, S. 225.
Konvolut wie eine ApcEI eingebunden war. Schrages Überlegungen spielen nur insofern eine Rolle, als er mit seiner Annahme einer christlichen Bearbeitung jüdischer Vorlagen den mir wahrscheinlichen terminus post quem non für eine derartige Möglichkeit überschreitet. 2. 3 Zeitrahmen. - Für die Abfassung einer vermutlich griechischen, christlich rezipierten und geprägten Vorlage der achmimischen Version unserer Apokalypse nehme ich einen Zeitraum zwischen dem (eher späten) 2. Jh. und dem späten 3. Jh. an. Eine koptische Version 190 lässt sich für die Zeit ab etwa 300 n. ehr. ansetzen und ist für einen wesentlich früheren Zeitraum unwahrscheinlich. - Für eine denkbare jüdische Vorlage wage ich keine entsprechenden Aussagen zu machen; denn eine solche ist mir selbst bereits zu hypothetisch. - Für Datierungs-Versuche im Blick auf die anzunehmende griechische Vorlage unserer koptischen Texte (zumal ach) sind m. E. nicht nur die Kenntnis harmonisierender Mt-Handschriften wichtig, sondern auch das zentrale Thema der Schrift 191 : die Diskussion der postmortalen »Umkehr«-Möglichkeit von »in ihren Ungesetzlichkeiten« Verstorbener in der Unterwelt und aus dieser wieder heraus. Hierfür gibt es möglicherweise 192 einen Zeitraum von mehreren hundert Jahren (2./1. Jh. v. ehr. - 3./4. Jh. n. ehr.). Durch die von mir angenommene Kenntnis von Mt-MSS, die kaum für die Zeit vor dem späten 2. Jh. anzunehmen sind, komme ich für die hypothetische griechische Vorlage von (sah und) ach auf die Zeit Ende 2. bis Ende 3. Jh. (Einfügung 2, s. S. I230) 2.4 Verfasser. - Das ach-Fragment ist m.E. (auch) aus verschiedenen Stücken zusammengesetzt 193 , die je ihre traditionsgeschichtlichen Merkmale aufweisen. So lässt sich nur über den Verfasser (ich sage nicht: »Redaktor«) »letzter Hand« etwas vermuten. Dass der koptische Ubersetzer notwendigerweise dem Übersetzungstext Kulturmerkmale seiner ägyptischen Sprache aufsetzen musste (am:nte, noun statt möglicherweise äu'i'Y]C;, EQEßOC; oder LaQ'wQoc; usw.), besagt noch nicht viel. Eher deuten schon die Jenseits-Vorstellungen der Texte 194 mit dem Totengericht, den verschiedenen Verfolgungs- und StrafMotiven 195 und zumal auch das Motiv der Waage (ach I3,I2-14)I96 und der Gedanke des (in der Liturgie des Verstorbenen natürlich stets »negativen«) Sündenregisters, die die hypothetischen, verarbeitenden Literatur-Fragmente 190. Eine erste koptische Übersetzung muss freilich noch nicht mit unseren MSS identisch
sein, im Gegenteil: dies dürfte kaum der Fall sein. 19 r. Und zwar wohl von ach wie auch von sah! 192. Je nachdem, wie man belangreiche Texte zumal am oberen Rand dieses Zeitraums (wie
etwa 2 Makk) datiert. 193. Ohne dass für mich durch diese Annahine der Versuch einer diachronen Rekonstrukti-
on attraktiv würde. 194- Vgl. bes. Grieshammer: Jenseitsgericht. 195. Vgl. neben Grieshammer hier bes. auch Hornung: Höllenvorstellungen; ders.: Unter-
weltsbücher; ders.: Totenbuch. 196. Anubis wiegt das Herz der Toten gegen das Symbol der Ma-at, das für die "Staatsraison« (VO[WC;) steht, Thot fungiert als "Buch-Führer«; vgl. Helck-Otto, S. 210.380-382 und die Darstellungen Eggebrecht: Ägypten, S. 3}8f.; ders.: Unsterblichkeit, S. uf.; Hornung: Unterweltsbücher, S. 239.
übergreifen, auf starke Prägung durch ägyptische Tradition. Daher denke auch ich, dass wir die Textproduktions-Stätten auch in diachroner Sicht am ehesten in Ägypten suchen dürfen. Doch sind unsere Texte »synkretistisch«, und zu der Zeit des Römischen Reichs, die für die Erarbeitung und Verarbeitung unserer Fragmente - egal ob zu einer »ApcZeph« gehörig oder nicht m. E. in Frage kommt (am ehesten wohl doch eine Zeit nach 200 n.Chr.), wird gerade vorderorientalische Kultur aus dem Raum Syrien-Palästina in das gesamte Reich exportiert. Dadurch wird es sehr problematisch, an Hand einiger recht allgemeiner Ursprungs-Kultur-Merkmale, über deren argumentative Kraft sich auch immer noch einmal diskutieren lässt, Schreibstuben zu lokalisieren. - Es steht für mich nicht in Frage, dass die Fragmente sah und ach - wie auch das Mt-Evangelium oder der Hebr-Brief - auf jüdische Tradition zurückgehen. Ob darum aber Textmerkmale wie »meine Stadt« (ach 1,6; angeblich Jerusalem - aber warum denn nicht?), der »Berg Seir« (ach 2,19) oder der »den Kindern Israels« (ach 12,2) nicht zugewendete Tag für einen jüdischen Verfasser sprechen müssen, ist m.E. eine ganz andere Frage. Ich entdecke an den Texten nichts, was nur ein Jude verfasst haben könnte. Das macht mir die begründete Behauptung jüdischer Autorenschaft auch nur einer Vorstufe der Texte schwer, wenngleich ich natürlich nicht ausschliessen kann und will, dass jüdische Literatur-Stücke verarbeitet wurden.
VI. Religiöses Profil o. Hermeneutisches. - Winterrnute überschreibt gemäss dem ihm redaktionell vorgegebenen Textmuster den qualifizierenden Abschnitt seiner Einführung »Theological importance«197. Eine solche vermag ich - jedenfalls im Sinne des uns hier und heute Berührenden - bei den ApcZeph-Fragmenten nicht zu erkennen. Winterrnute denkt wohl auch eher an eine theologie- oder religionsgeschichtliche Würdigung der Texte. Ich spreche hier vom »religiösen Profil«. Das soll sich auf Struktur-Elemente der Schriften beziehen und in diesem Sinne eine »hermeneutische Offenheit« der Texte andeuten, die Möglichkeit der »Horizont-Verschmelzung« (im Gadamerschen Sinne), eines beteiligten Verständnisses. I. Anthropologie, Angelologie und Theologie. - Die auch im systematischen Sinne umfassendste, mir bekannte Würdigung der Apc-Texte hat Winterrnute unternommen 198 • Als Grundthema erkennt er das göttliche Endgericht. Bei aller Penetranz der Schrecklichkeiten dieses Gerichts, resp. seiner Vorbereitung für die Seelen der Sünder ist doch ein starkes Thema »God's mercy and patience« und »a strong appeal for repentance« 199 in den Texten. »God's glory
I97. Wintermute, S. 502. I98. Vgl. Wintermute, S. 502f. I99. Zitate: Wintermute, S. 502.
II88
is presented indirectly ... His transcendence is preserved thraughout«20o. Gott wird repräsentiert durch den Engel Eremiel, der so gross ist, dass der Seher ihn für den Pantokrator selbst hält. Überhaupt ist die Engellehre von grundlegender Bedeutung. Sie erlaubt es, das normativ vorgegebene Prinzip des Monotheismus in einem moderaten Sinne dualistisch zu durchbrechen: es gibt auf der negativen Seite die ,>hässlichen«, auf der positiven die »schönen Engek Das Thema der Reue (und Busse) ist aber für Winterrnutewohl das entscheidend wichtige im Wortsinn: »Repentance is capable of changing the ultimate destiny of man. In all of this, man is represented as being free to make moral choices«201. »Umkehr« möglich? - Die zentrale Frage. Das Thema »Reue«: Mit dem Thema »Reue« hat Winterrnute m.E. den entscheidenden, religiös und religionsgeschichtlieh wichtigen Punkt der ApcFragmente (sah und bes. ach) erkannt. - Ich habe in ach 16,5 das eja »wahrlich« mit dem aus Grimms Märchen überregional bekannten hessischen »ei!« wiedergegeben, um den entscheidenden Punkt zu betonen; denn das ist das traditionelle »Dogma«: in der Unterwelt gibt es keine Möglichkeit zur »Umkehr« (f-tE1:UVmu)202 mehr. Dieses Dogma wird in unseren Fragmenten durchbrachen. Das gilt auch für das sah-Fragment: Glücklicherweise ist uns eine Seite mit dem Stichwort f-tfLUvmU (sah 1,20) erhalten. Wir befinden uns - religions- oder theologiegeschichtlich gesehen - in einer Phase des Übergangs von der Auffassung des Höllen-Feuers vor dem Endgericht nicht mehr als Ort der unabänderlichen Strafe, sondern als »Purgatorium« ("Fegfeuer«)203. Offenbar ist die Diskussion darüber noch nicht beendet 204 ; denn sonst müsste man nicht ganze Schriften zur Klärung dieser Frage (sc.: im jeweils erwünschten Sinne) schreiben. 2.2 Das Thema ,>Auferstehung«: Wann - unter welchen Voraussetzungen wird die Frage nach der möglichen, ihr Geschick wendenden f-tfLUVmU der in Sünden20s Verstorbenen aktuell? M. E. von der Zeit an, da die Vorstellung einer Auferstehung der Toten möglicher »Glaubens-Satz« wird ,06 • Zuvor mag man sich begnügen mit der Unabänderbarkeit des in den Hades führenden Geschicks. Wer kann das Reich des Todes wieder verlassen? Gewiss der-/diejenige, dessen/deren Name im »Buch der Lebendigen« steht - tratz einer pe2.
2.1
200. Winterrnute, S. 502f. 201. Winterrnute, S. 503. 202. Vgl.·2Clem 8,1-3 (wohl Mitte 2. Jh.; vgl. K.Wengst: Didache (Apostellehre), Barnabasbrief, Zweiter Klemensbrief, Schrift an Diognet, Darmstadt '984 (Schriften des Urchristentums II), S. 227); vgl. auch lClem 7,5-7 (um 100 n. Chr.; vgl. J. A. Fischer: Die Apostolischen Väter, Darmstadt '959 (Schriften des Urchristentums I), S. 14ff.). - Vgl. auch TRE VII, S. 452-455. 203. Vgl. BL Sp. 473 f.; NBL I, Sp. 661 f. 20+ Dies war sie wohl auch noch nicht zur Zeit des Evangelisten Lukas; vgl. Lk 16,19ff., bes. Vers 26. 205. Vgl. hierzu z.B. sah 1,18-20. 206. Und damit auch die Fürbitte für Verstorbene; vgl. Üv[akk 12,44.
nibel aufgelisteten Sünden-Liste. Der Seher von ach hat das Glück, dass ertrotz seiner Verfehiungen107 - "rein« ist und sein Name im »Buch der Lebendigen« steht 2os • Es ist sehr schade 209 , dass wohl eine Folio zwischen ach 12 und 13 verloren ging; denn dort hätten wir womöglich edahren, was der Grund dafür war, dass der Name des Sehers im »Buch der Lebendigen« registriert wurde: seine im Gebet sah 12,4-10 vorgetragene Reue! Nicht umsonst finden wir vermutlich - gemäss der von mir oben vertretenen Theorie - in dem Textbereich Seite 12-[?] die quantitative »Mitte« des Apokryphons. 2.3 Vielfalt und Einheit: Rein ,)literarkritisch« gesehen düdte der Text der achApokalypse (und gewiss auch der von sah, den wir ansonsten gar nicht kennen) ein Flickenteppich im Sinne der Boussetschen »Mosaik-Theorie« sein. Doch wurde hier nicht sinnlos und ohne Verstand geflickt. Trotz des nur hypothetisch zu kalkulierenden Defizits an bekanntem Text-Material lässt das ach-Fragment eine systematische Mitte erkennen, der die musivische Arbeit dient: es geht um das Thema der Umkehr-Möglichkeit. Diese wird nicht nur »theoretisch« beantwortet - das auchlID -, sondern auch praktisch am Beispiel des Visionärs 211 • Dem dient wohl auch die Flickarbeit mit Text-Stücken recht verschiedenen Genres, d. h. die Anlehnung an narrative Realisierungen der »Reise in die Unterwelt«, wie sie die altorientalisch-antike Tradition vorrätig hat 212 • - So gelingt es dem (wohl griechischen) Vedasser, über die »Flickarbeit« im literarkritischen Sinne hinaus und für uns trotz der Text-Verluste erkennbar ein Werk von grosser systematischer Geschlossenheit zu schaffen. Die darin behandelte Frage der Möglichkeit von flf"t(lvOlU ist nicht nur religions- und theologiegeschichtlich oder auch theologisch gesehen interessant, sie ist darüber hinaus anthropologisch gesehen ein bewegendes Thema, mit dem wir uns - über den »garstigen Graben« hinweg, der uns zeitlich, geographisch und kulturell von der ApcZeph trennt - zu befassen haben: in Theorie und Praxis. Die Antwort, die der Verfasser aus seiner Zeit und seinem Horizont heraus gibt, ist m. E. auch für uns heute wegweisend. - Auch von hier aus gesehen erscheint mir die Annahme einer Entstehung der Schriften, zu denen die Fragmente sah und ach gehören, vor der 2. Hälfte des 2. Jh.s sehr unwahrscheinlich.
207. Vgl. ach II,2 - 12,4;Joh 8,7. 208. Vgl. ach 6,4f.; 12,I2-16.I6- [in der Lücke erfährt der Seher vermutlich, dass sein Name im "Buch der Lebendigen« steht]; vgl. I4,5 f. 209. Aber es könnte vermutlich gerade darin seinen Grund haben! 2IO. Vgl. ach I6,4ff. 2I1. Wie immer dieser im ach-Fragment auch geheissen haben mag: nehmen wir einmal an "Sophonias«. 2I2. Die integrierende Rolle des Sehers in diesem Zusammenhang hat Wintermute m.E. nicht erkannt, obwohl er doch scharfsinnig die systematische "Mitte« des Textes erfasst.
VII. Literaturverzeichnis I.
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2.
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BH CahOr CT DBAT EvVer MEL NBL
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NHL Roscher S sah TB TNK
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Übersetzung
Erläuterungen 1. Den Übersetzungen des sahidischen und des achmimischen Textes wurde eine doppelte Zählung beigegeben. Die Ziffern am linken Rand des Textes folgen der Steindorffschen Seitenzählung (erste Ziffer). Hinter dem Komma folgt die Angabe der Textzeilen auf den Manuskriptseiten des Papyrus (zweite Ziffer). Da der Text der Übersetzung durchlaufend gesetzt wurde, wird der Beginn einer neuen Textzeile durch ein hochgestelltes Strichzeichen (' = einfaches Anführungszeichen) im fortlaufenden Text markiert. - Am rechten Textrand wird die »Kapitel«- und »Paragraphen«- (Vers-) Zählung der Riesslerschen Übersetzung angegeben. Dies erschien mir zweckmässig, weil die leicht zugängliche Riesslersche Ausgabe viel benutzt wird und somit eine vergleichende Identifizierung erleichtert wird. Im Text wird ein Paragraphen-Ende der Riesslerschen Zählung durch Sternchen (':.) markiert. - Bei Textzitaten und -anspielungen folge ich ausschliesslich der Seiten- und Zeilenzählung des Manuskripts. Die Numerierung der Anmerkungen hält sich ebenfalls an diese Zählung. 2. Bei der Übersetzung versuchte ich - ähnlich wie dies u. a. Steindorff tat -, möglichst eine Kongruenz der Textzeilen des deutschen Übersetzungstextes mit denen der Manuskripte der koptischen Ausgangstexte zu erreichen. Das liess sich oft nur auf Kosten sprachlicher Ästhetik erreichen. Wer eine »schöne« Übersetzung sucht, kann ohne Mühe auf Riesslers Text zurückgreifen. Ich entschloss mich, Steindorffs Übersetzungs-Intention zu folgen und eher noch einen Schritt weiter zu gehen als dieser in Richtung auf eine Übersetzung des koptischen Textes, die zwischen reiner Substitution und Substitution mit punktuellen Paraphrasen liegt. Dadurch möchte ich allen Benutzern, die vielleicht einmal Koptisch erlernten, später aber keine Gelegenheit mehr hatten, ihre Studien zu vertiefen oder auch nur ihre einmal erreichten Kenntnisse zu pflegen, ermöglichen, dem Wortlaut des Originaltextes mit Hilfe der Übertragung zu folgen. - Zu den sprachlichen Unschönheiten der weitgehend wörtlichen Übersetzung gehören die häufige Wiedergabe des Präfixes der Zustandsformen (Umstandssätze) e-, e= durch die deutsche Konjunktion »indem« und die gelegentliche Wiedergabe (der verschiedenen Formen) des Relativpronomens durch die Hilfskonstruktion »von dem/r gilt«. Ich bemühte mich anderseits, das Prinzip der Zeilenkongruenz nicht zu übertreiben. Manchmalliess es sich nicht vermeiden, ein koptisches Wort in der deutschen Übersetzung in eine andere Zeile zu übernehmen. Da die koptische Worttrennung am Zeilenende regellos ist, entschied ich mich dafür, ein getrenntes Wort in der Übersetzung möglichst der Zeile zuzuordnen, auf der im koptischen Text der grössere Wortteil steht. Worttrennungen des Ausgangstextes über-
II97
nehme ich nur dort, wo sich ein Kompositwort des koptischen Textes (in der Regel sind griechische Fremdwörter betroffen) auch in der deutschen Übersetzung in zwei Bedeutungs-Elemente zerlegen lässt (vgl. z. B. ach I I I 12 IIAXEIPO I rp AON = »meine Schrift- I rolle«). - Die Seiten- und ZeilenAngaben in Einführung und Anmerkungen zum Text halten sich stets streng an das koptische MS. Daher ergeben sich machmal geringe Inkongruenzen mit dem gebotenen Übersetzungs text. 3. Griechische Fremd- oder Lehnwörter im koptischen Text werden in üblicher Weise der Übersetzung des jeweiligen Wortes in Klammern beigegeben. Dabei folge ich der klassischen griechischen Rechtschreibung. Orthographische Abweichungen werden in den Anmerkungen notiert. Werden griechische Wörter im Text mit koptischen Eigenkonsonanten geschrieben, so merke ich dies in den Anmerkungen durch kursive Umschrift der betreffenden Wörter an. - Von Steindorffs, aber auch von Tills und Lacaus wertvollen Anmerkungen zum koptischen Text, resp. zu Sachfragen verschiedener Art übernahm ich, was mir zu übernehmen sinnvoll erschien. Anders als bei sonstigen Übernahmen gebe ich eine besondere Referenz hier nur in solchen Fällen, wo mir dies aus Gründen der Wahrung geistigen Eigentums geboten erscheint. Bei dieser Edition geht es mir nicht um Originalität. Insofern merke ich eigene Beobachtungen nicht sonderlich an. Ich verweise auch fast pauschal auf meine eigenen Überlegungen zum Text in Diskussion mit den Vorschlägen der anderen Beiträge in: DBAT 14 (1979), S. 54-60. Im übrigen mag dieser allgemeine Hinweis genügen. - Da es sich hier nicht um eine Neu-Edition des koptischen Textes handelt, gebe ich Anmerkungen zur Textgestalt nur in solchen Fällen, die einige Bedeutung für die Übersetzung haben oder wo ich einen anderen koptischen Text zugrunde lege als Steindorff. Einzelheiten zum koptischen Text sollen der von mir vorbereiteten Neu-Edition vorbehalten bleiben. 4. Die identifizierbareren Teile von S 2 habe ich in der mir wahrscheinlichen Übersetzung gebracht. Eine zusammenhängende Lesung des fragmentarischen Textes ist nicht möglich. Jedoch sind verschiedene Daten identifizierbar, die für einen literarkritischen und I oder traditionsgeschichtlichen Vergleich der Texte sah und ach nützlich sein könnten. Ich möchte den Leserlinne/n keine Information vorenthalten, die es ihnen ,erlauben könnte, sich hierüber eigene Gedanken zu machen.
5. Koptische Lesungen an problematischen Stellen werden in den Anmerkungen nur dann diskutiert, wenn es für Textaussage und Sinnzusammenhang hilfreich erscheint. - Bei den Umschriften koptischer Wörter in den Anmerkungen zum Text gebe ich als Lesehilfe den vokalischen Anstoss (e und Vokale in Nebensilben; im Koptischen je nach Dialekt mit Vokalstrich oder Trema auf demjenigen Konsonanten bezeichnet, dem der vokalische Anstoss voraufgeht) durch Doppelpunkt vor dem betroffenen Konsonanten (:) wieder. - Eine weitere Lesehilfe (für Nicht-Koptologen) ist der Querstrich zur Abgrenzung
syllabischer Lektüre-Einheiten (vgl. z.B. sen-ama-ahe für C6N.>.M'>''>'26 [ach 7,5]. 6. Bezüglich der Klammern im Übersetzungstext folge ich den bei Texteditionen üblichen Gepflogenheiten. Jedoch versuche ich, den Eigenheiten des vorliegenden Textes und der koptischen Sprache durch einige Zusatzzeichen gerecht zu werden. - Es zeigen im einzelnen an: (ayLO~)
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griechische Fremdwörter Zum Zwecke eines besseren Textverständnisses vom Übersetzer eingefügte Buchstaben und Wörter ohne Entsprechung im koptischen Text Buchstaben oder Wörter des koptischen Textes, die nach den Regeln der deutschen Sprache eigentlich nicht übersetzt werden (können), in dieser Übertragung aber angegeben werden; soweit es sich um das Suffixpronomen -c der 3.P.sg.f. bei Verb formen handelt, ist zumeist eine Umschreibung mit dem deutschen Partizip »folgendes« möglich eine Lücke im Manuskript (MS), gegebenenfalls mit Textergänzung nur in Anmerkungen berücksichtigt: vom Schreiber im koptischen Text getilgte Buchstaben oder Wörter vom Schreiber gesetzte überflüssige Buchstaben oder Wörter Textergänzungen (Konjekturen) an Stellen, wo der Schreiber vermutlich etwas ausliess oder anderweitig irrte Text-Teile, die Steindorff offenbar noch lesen konnte, die aber auf Grund der mir verfügbaren neueren photographischen Aufnahmen und einer Autopsie der MSS nicht mehr erhalten resp. identifizierbar sind unsichere oder unidentifizierbare Textstellen
I I 99
1. Der griechische Text (Z) 1 Ist dies nicht gleich den Berichten von Sophonias, dem Propheten?a "Und es nahm mich (der) Geist b empor und trug mich in (den) fünften Himmel. C Und ich schaute (die) Engel d, die Herren genannt werden, und ihr Diadem, e aufgelegt im Heiligen Geiste. f Und es war der Thron eines jeden von ihneng vom siebenfachen Licht der aufgehenden Sonne. h
a)
b) c) d) e)
f)
g) h)
I.
1200
Antike Zitationsweise von (vermutlich) als bekannt vorausgesetzter Literatur; vgl. zu dieser Wendung z.B. bereits in der Biblia Hebraica Jos Io,I3b; I Kön 22,46 und B. J. Diebner: Das meistbenutzte Buch im Alten Testament, in: Lesezeichen für A. Findeiß, Hg. Chr. Burchard, G. Theißen, 1984 (Dielheimer Blätter zum Alten Testament und seiner Rezeption in der Alten Kirche, Beiheft 4), S. 42; ders.: "Wat dat ans noch to vertellen gifft ... «, in: FS Fr. W. Michelsen, Hg. K. Dohnke u. a., 1996 (Quickborn 86,112), S. 53. Das folgende Zitat belegt eine im 2. Jh. bekannte apokalyptische Schrift unter dem Namen Sophonias I Zephanjas. Man könnte annehmen, dass Z aus einer der nicht erhaltenen Abschnitte von sah oder ach stamme. Dafür spräche die Bezeichnung der Engel als XllQLOL. Dagegen aber spricht die Bezeichnung Gottes als {tEOC; ihjlLO'tOC; in ach (vgl. auch Wintermute, S. 500). Dort wird Gott als cojs JtUVTOXQIl1:COQ bezeichnet. Allerdings ist diese Apk in den erhaltenen Textpartien nicht mit dem Namen »Sophonias« verbunden. Das Fragment der diesen Namen bezeugenden Apk enthält keine entsprechende Gottesbezeichnung (vgl. 1,25: cojs ohne Epitheton). So wäre eine Zuordnung von Z zu sah zum mindesten e silentio denkbar. Der »Geist« versetzt bereits Ezechiel; vgl. Ez lI,I. Vgl. Hen (sI) 18,2. Zu himmlischen Thron-Visionen mit englischem Hofstaat vgl. z.B. Jes 6,1-3; I Kön 22,19· Ein ÖUJ,Ö1']l1u als (güldenes) Stirnband von Königen ist seit der Perserzeit (literarisch) bezeugt; vgl. Xenophon: Institutio Cyri 8.3.13. Die in Z erwähnten Engel werden hierdurch als »Himmels-Herrscher« (XllQLOL) charakterisiert. Vgl. hierzu auch die O'tEq,UVOL XQ1J(JQl der vierundzwanzig himmlischen JtQWßll'tEQOL in Apc 4,4. Zurecht verweist Wintermute, S. 508, darauf, dass der »Heilige Geist« hier nicht christlich verstanden werden müsse: "There is sufficient artestation of the use in J ewish sources«. Nur braucht man zum Beleg hierfür nicht erst auf deuterokanonische, jüdische Literatur jenseits von BH und LXX zu verweisen. Von dem rul;J qadso (sc.: Gottes) ist inJes 63,IOf. (vgl. Ps sr,I3 resp. Ps 5°,13 LXX: TO JtVEi}~IU TO ä,YLOV aou) die Rede; vgl. noch Sir 1,9; ZusDan 1,45. Gemäss ihrem herrscherlichen Status sitzen auch die aYYEAoL auf Thronen; vgl. hierzu die JtQWßll,EQOL von Apc 404 (weniger wohl Kol 1,16). Das zu unübertrefflicher Helligkeit gesteigerte Sonnenlicht ist ein Merkmal ,fic; EaxaT1']<; ~l1fQu<;: »Dann wird das Licht des Mondes sein wie das Licht der Sonne, und das Licht der SOlIDe wird siebenfach sein wie das Licht von sieben Tagen, an dem Tag, da der HERR den Bruch seines Volkes verbinden und die Wunde seines Schlages heilen wird« (J es 30,26). Das Sophonias-Zitat von mir in Zeilen gesetzt, deren Länge denen des koptischen MSs entsprechen, um einen besseren Vergleich der bei Clemens erhaltenen Textmenge mit denen der koptischen MSS zu ermöglichen.
(Ich schaute sie,) wie sie in Tempeln (des) Heils i wohnten und (den) unbeschreibbaren höchsten Gott} pnesen«.
II. Der sahidische Text (S) 1,1 [Ich sJah a eine [SeeJle ('\jJUXYJ), die sie »quälten«l b [unJd die sie bewachte[nJ, nämlich fünf-I [tJausend Engel (UYYEAOr:,): die nahmen s[ieJ I nach dem Osten und [dJie [bJrachten sie I nach dem Westen, indem sie schlugen ihre ... le indem sie ihr gaben hundert Hiebe Icl von Geisseln (<j>gUYYEALOV)" ein jeder If täglich. 2 Ich war furchtsam. g Ich warf I mich auf mein Angesicht, so dass (WertE) Ih
i)
j)
a) b)
c)
d) e) f)
g) h)
Von »Tempeln« oder einem »Tempel des Heils / der Rettung« (vaoc; oWT1']QLac;) ist in der Bibel terminologisch nicht die Rede, wohl aber der Sache nach (vgl. z. B. Ps 5,8; II,4; 65,5, 138,2; Hab 2,20 [I]). Vgl. auch bes. Hebr II,7: das kosmologische »Rettungsboot«, die "Arche«, wird als %Lßunoc; dc; oWT1']QLav bezeichnet. Die Bezeichnung {}EOC; {hVLOTOC; entspricht im griechischen Sprachgebrauch dem (u.a. biblischen) 'eI 'a!lyfm; so dann auch in der LXX und deuterokanonischem Schrifttum. Im Kontext der mit »Sophonias« in Zusammenhang gebrachten Literaturen begegnet die Bezeichnung nur hier. Die Ergänzung [ai"n ]au zu Beginn des erhaltenen Text-Bestandes lässt sich durch Parallelen stützen (vgl. z. B. ach 2,9). Zur Frage denkbarer voraufgehender Textteile vgl. oben S. 15 ff. Um »ein unbekanntes Verbum« (Steindorff, S. IIO) to kann es sich bei genauerer Betrachtung der Buchstabenreste kaum handeln. Allerdings stimme ich Steindorff zu, wenn er vermutet, hier sei ein Verbum zu lesen, »das wohl die Bedeutung
meine Kniee sich lösten. i 3 Er nahm I meine Hand, der Engel (UYYEAOr;). Er sagte I zu mir: »Siege, »damit« du siegen wirst ':lnd I [f]inde Kraft, »damit« du besiegen wirst! den I Ankläger (xu'tT]yoQo1l und du kommst I herauf aus Amen[t]e! «4 Als ich aufstand I jedoch (OE), sagt[e] ich: »Wer aber (bE) (ist) I diese (da)ffi, die sie »quälen«?n" 5 Er sagte I zu mir: »D((iese)) (ist) [eine] Seele ('\jJUXT]) aber (OE). Man I fand sie in ihren [Un]gesetzlichkeiten (uvo[uu). Und I bevor sie (es) schaffte, [B]usse (flE'tUVOlU)O zu tun, suchte man I sie heim (und) führ[te] man sie heraus aus ihrem I Körper «(JW[!u). 6 In Wahrheit: Ich, Sophonias (2.:0von< I von ihm. Verschieden (war) die A( (rt)) von [jedem] It einzelnen: indem ihre ((Haare)) [auf] ( (gelöst waren)) I wie die von den Fraue( (n (und) indem)) [ihre] I Zähne waren wie ((die Zähne von)) U [ i) j) k) 1) m) n)
0)
p) q) r) s)
t) u) 1202
Zu sah 1,8-10 vgl. ach 8,14-19; 7,16-19; 5,4f. Die Form peknaero ist »gewiss fehlerhaft« (Steindorff, S. 111); petnero wäre passend gewesen (vgl. auch Wintermute, S. 508); vgl. ach 12,12f.; 13,19. Zum »Ankläger« vgl. Hi 1,6-12 und bes. Apc 12,7-12 sowie unten zu ach 4,4Zur Stelle sah I, I 2-1 5 vgl. ach 12,10-15; 13,19 - 14>4· - am:nte istlit. der (wüste) »Westen« Agyptens und damit das Reich der Toten (= Hades); vgl. LA I, Sp. 223. In ach wird am:nte stets parallel zu noun genannt. Vgl. zur stereotypen Frage an den Deute-Engel den ach-Text bes. in den in der Einleitung bezifferten Abschnitten 1 und 3. V gl. neben vielen anderen Schriften die ApcPl(lat) (passim) und auch die ApcPl (NHL V,2, 20). Zum Problem vgl. sah 1,1; leider ist auch hier das Material korrupt. Vieles spricht für Steindorffs Annahme, an dieser Stelle das gleiche »unbekannte Verbum« ta zu lesen. Was sich mühsam entziffern lässt, ist nicht so einfach zu t:hio zu ergänzen, aber auch nicht zu Steindorffs unbekanntem Verbum. MS: fLE"tUVOE. Zu "Sophonias« sah 1,22 im Kontext der Zeilen 22-25 vgl. Z und L! D.h. "in einem Gesichte«; vgl. Steindorff, S. II2. Vgl. u.a. auch Apc 22,8; Hen(äth) 19,3; 92, I. Zu sah 1,23-26 vgl. ach 1,5f. An dieser Stelle wäre wohl, wie es die parallele Formulierung von ach 4,16f. nahelegt, :n-angelos zu ergänzen, und nicht bereits Z. 27, wie es Steindorff, S. II3, vorschlägt.Zur Zahl vgl. u. a. Hen (äth) 40,1; 60,1; 71,8.13. Vgl. zu dieser Stelle die ausführliche Erörterung bei Steindorff, S. I I 3. Zu sah 1,31-33 vgl. ach 4,18 - 5,4; 8,8-12; dort auch weitere Erörterungen.
[nen [ten [ [
] . Ich sah noch 1 ] . indem der Himmel. 1 ] . seine Zeit. 1 wie ein T]ropfen von Wassera 1 h]inab in einen Brun- b 1 ] .. zur Rech- 1 ] " indem er stirbt und c 1 ] .. indem er stirbt d ... 1 d]es HERRn ... 1
III. Der achmimische Text (A) ach
I
astirbt, werden wir ihn best[a]tten wie alle Menschen. 11,1 Wenn er stirbt, werden [w]ir ihn hinaustragen, indem wir Ib Zither (XL't'tuQu) spielen bei ihm und indem wir Klage singen ('tjJUAAELV) mit 1 Gesängen (wcr]) über seinem Leib (JW[lU). 2 Ich aber (CE), ich ging mit dem Engel (UYYEAO~) des HERRn. 3c Er führte mich über meine ganze Stadt (JtOAL~). Id Es war niemand vor meinen 1 Augen. 4 Dann (LOTE) sah ich zwei Menschen, die gingen le zuglei[ch] auf einem einzigen [WJeg. Ich 1 schaute, wie sie spr[ach]en. 5 Weiterhin (ETL) aber (CE) sah ich noch If a) b) c) d)
a) b) c)
d)
Vgl. ach I,I8. Vgl. ach 2,I. Vgl. ach I,I. Vgl. ach I,2. - Kuhn, S. 920, übergeht die schwer entzifferbaren Reste von sah 2, Wintermute, S. 509, urteilt mit Recht: »illegible, except for isolated words«. Ich führte diese isolierten Wörter auf wegen bemerkenswerter Konvergenzen mit den ersten Partien des erhaltenen ach. V gl. sah 2,31. - Zu Erwägungen über Umfang und Inhalt voraufgehender und verloren gegangener Textpartien vgl. oben S. I 5H. Vgl. sah 2,]2. MS: 'l'UAEL. Das Verb 'l'Uf.f.ELV deutet im Kontext mit der Zither wohl nur darauf hin, dass der Gesang zupf-instrumental begleitet war (vgl. Liddell-Scott, S. 20I8). Es ist wohl eher an Klage-Oden zu denken als an freudigen Lobgesang. Ein Trauerzug wird 2 Sam 3,3 I-34 beschrieben. Vgl. auch RAC II, Sp. I94-2I9. MS: hode. Was unter
S.2.°3 0 ). e) f)
Zu ach I,I-4 vgl. ApcEsr(gr) 7,I7; PsPhilo I9,12; TestHi p,II f.; TestIs IO,I. - Die Angaben zum Bestattungsritus sind knapp und allgemein gehalten. Die geschilderte Situation erinnert an Mt 4,8 par. Lk 4,5; vgl. auch Mt 4,5 par. Lk 4,9. Aber das Tertium liegt wohl nur in der Führung zu einem erhabenen Ort. Wie schon Steindorff, S. I4, so denkt auch Winterrnute, S. 509, (er aber im Gegensatz zu Steindorff wegen Zephanja) bei der "Stadt« an Jerusalern (»the most likely city to appear«; vgl. 12°3
zwe[i] Frauen, [d]ie zugleich mahlten an Ig einer Maschin[e] (f!EXaVlj). [I]ch aber (OE), ich schaut[e] Ih auf sie, wie sie sprachen. Und ich sah [noch] I' zwei auf ihren Lagerstätten. [Ein] P jeder [v]on ihnen ... Ik auf ihre[n] Lagerstätte[nJ. 6 U[nd ich sah] 11 die [g]anze (bewohnte) Erd[e] (mXO'llf!EVlj), wie sie [a]ufge[hängt] war I wie ein Tropfen von [Wasser] Im indem er hing ...
ach 2 indem er heraufkam i[n] einen Brunnen. la 2,I Ich sagte dem Eng[e]l (aYYEAo<;) des HERRn: »Ist etwa (aga) nicht Finsternis an diesem Ort noch (O'lJ1:E) Nacht?«b I 2 Er sagte zu mir: » Nein; denn der Ort, I
g) h) i) j)
k) I) m)
a)
b)
12,I
Zeph 1,10ff.). Hier wird im erhaltenen Fragment der angelus interpres eingeführt (vgl. auch ach 4,13 f.; 6,6 f.; sah 1,23-25). Vgl. Mt 24,40: »zwei auf einem Acker«. MS: mecan[ej. Vgl. Mt 24,41; Lk 17>35; Bill. I, S. 966f. Ich ergänze am Zeilen-Ende rake] (mit P. Lacau, in: JA 254 [1966], S. 172). Vgl. Lk 17,3+ - Sowohl in Mt 24 wie in Lk 17 geht es um »jenen Tag« (sc.: d6S »Menschensohns« und des Gerichts). In ach wie in den Evangelien ist kein Textdatum der Bilder »christlich«. Doch darf m. E. eine Kenntnis der Evangelien-Texte wegen der Kumulation der bei Mt und Lk angeführten Bilder (Winterrnute, S. 509: »the fullest account«) vermutet werden. Allerclings kommt es nicht wie in den Evangelien zur Krisis (vgl. z.B. Lk 17,34: »einer wird genommen und der andere gelassen werden«). Vielleicht wird die Fortsetzung analog zu den Evangelien als bekannt vorausgesetzt. (Einfügung 3, s. S. 1230) Die zweite Hälfte von ach 1,15 ist leider schlecht übersetzbar. Ich verzichte auf eine hypothetische Ergänzung. Zum Problem vgl. auch Winterrnute, S. 510. Vgl. sah 2,28. Am Zeilenanfang kann problemlos esa/Je gelesen werden. Eine Lesung :m[mauj :nc:lho (vgl. dazu Crum, S. 333b) ist wohl auszuschliessen. Obwohl die restlichen Buchstaben von Z. 19 relativ deutlich erkennbar sind, schliesse ich mich Steindorff, S. 36, an: »Mit den Resten der Zeile weiß ich nichts anzufangen«. Zur Verbindung von »Brunnen« und »Gerechtigkeit« vgl. Hen (äth) 48,I. - An dieser Stelle wird man eousote lesen müssen, d. h. der Präposition ahrei" folgt die verstärkende Präposition e- (vgl. Crum, S. 698b: »mostly S«). Durch Vergleich mit den folgenden Zeilen lässt sich erschliessen, dass in Z. I kaum ein oder gar zwei weitere Buchstaben hinter dem noch deutlich lesbaren e- ergänzt zu werden brauchen, also weder ein ee:n (Stern), noch gar das sprachlich zu fordernde ac:n (Steindorff, Apokalypse, S. 3~f., Sterns Vorschlag korrigierend). Die vermutete Textlücke scheint eine Folge der Konservierungsweise des hier beschädigten Papyrusblattes zu sein. Allerdings wäre statt eein a- (A) zu erwarten. Vgl. Diebner, in: DBAT I4 (1979), S. 57; vgl. auch P. Lacau, in: JA 254 (I966), S. 172: h[njousote. - Vgl. zum Brunnen sah 2,29. Die Frage kommt unvermittelt und ist aus dem Voraufgehenden (soweit identifizierbar) nicht ableitbar: Anlass zu Überlegungen im Blick auf Art, Beschaffenheit und Zustand des Textes.
12°4
an dem die Gerechten (I'nxmo<;) sind und I die Heiligen, nicht ist Finsternis an I jenem Ort, so[n]dern (aAAa) sie sind I im Lichte alle Zeit.«c I 3 Ich sah aber (bE) alle Seelen ('\(!1JXYJ) der Menschen, I wie sie in [ihren] Strafe[n] (xoAaGLI;)d sind. e 4 Ich I aber (bE), ich stöhnte a[uf] zum HERRn If Pantokrator (navTOxga'twg): »[Got]t, wenn Ig du bei den [HJeiligen weilst, h wirst du I grossmütig [handeln] an der Welt (XO(J~LO<;) I [und] diesen Seelen ('\(!1JXYJ), die, welche sind in I [dieser St]rafe (xoAam<;). i« 5 (Da) sagte der Engel (aYYEAo<;) des HE[RRn] I
c)
d) e) f) g) h) i)
Hier und im folgenden vielfach (vgI. ach 3,5ff.I2ff.; 5,7ff.; 10,16.19f.; 15,7ff.r3ff.; 16,1 H.6'7H.1 3 H.; '7,5 H.; 18,3 ff.) fungiert der den Visionär leitende Engel als "DeuteEngel« (angelus interpres; vgI. V. Hirth: Gottes Boten, S. 101-104, bes. auch S. 165). Die Funktion des interpres können auch andere Personen als »Engel« übernehmen (vgI. z.B. Apc 7,13: »einer von den Ältesten«). - Die klassische Situation für den interpres ist die vom Seher aus eigenen Kräften nicht zu deutende Vision. Von daher lässt sich das literarische Schema ableiten: L Die Vision (V), 2. die hilflose Frage des Visionärs an die begleitende Person, von der er sich Deutung erhofft (F), 3. die Erklärung des Geschauten durch die Deute-Person (E). Das Schema V, F, E kann sich in einer (apokalyptischen) Schrift oder in einem Schriftabschnitt nahezu beliebig oft wiederholen (vgI. hierzu etwa ach 14,19 - 18,12. Hiervon zu unterscheiden ist die besonders im gnostischen Schrifttum anzutreffende Struktur F, E ohne eine (eigentliche) Vision (vgl. z.B. NHL H,4; HI,5; V,3; VII,2 und bes. VI,6; VI,8). Hier dienen Frage und Antwort zur Vermittlung des dem Gnostiker nötigen Wissens. Zwischen dem Mystagogen (z. B. Hermes Trismegistus in den hermetischen Traktaten VI,6 und VI,8) und dem zu Initiierenden (dem »Sohn« VI,6; Asklepius VI,8) entwickelt sich ein Schulgespräch. Der apokalyptische Visionär, obwohl vielfach sehr erschüttert (vgI. z.B. ach 2,loff.) oder durch das von ihm Erlebte geängstigt (vgI. ach 5,14ff.), steht demgegenüber insofern ausserhalb des von ihm Geschauten und ihm Gedeuteten, als ihm »alles Mögliche« an kosmischem und endzeitlichem Geschehen vorgeführt wird und es nicht das wesentliche seiner Schau ist, dass er ihn und seine persönliche Vervollkommnung Betreffendes erfährt. Die Übergänge zwischen beiden Schemata und ihnen zuzuordnenden literarischen Gattungen sind fliessend. - VgI. unten zu ach 12,,6. Für b:n[noy]kolasis »in [ihren] Strafen« (vgI. Steindorff, S. 37) reichte die Lücke nicht aus. Das räumlich mögliche b:n[ou]kolasis wird indessen im Sinne von Präp. und art.poss.pI. (mit suff. 3.pI.) zu verstehen sein. ach 2,9f. liegt nicht das Schema V, F, E (vgI. bei c) vor, sondern der Visionär »sieht« zugleich die Deutung selbst. Der Visionär leidet unter seinen Gesichten; vgI. dazu im Rahmen der hier vorzustellenden Texte noch ach 5,4f.; 7,'Sf.; 8,2.14f.; sah ,,8; eine freudige Reaktion begegnet ach 10,1 f. Statt obope lies ebope. - Eigenartig ist, dass der Text nicht mit einem Relativsatz fortfährt. VgI., Clem 59,3;]es 57,15. eke-e[rlnac (fut.III): »Bedeutung: Zukunft, deren Eintreffen bestimmt erwartet wird, daher besonders bei Voraussage, Wunsch, Befehl« (TiIl: Grammatik, S. 156), also im engeren Sinne modal zu übersetzen. - Zur Fürbitte des Propheten, Gerechten oder Sehers vgI. Ex 32,3Iff.; Gen 18,23ff.; mehrfach in ApcBar (gr., syr.); Apc Esr; Apc Sedr
12°5
zu mir: .»Komm, ich zeige dir diese I [Stätte]) der Gerechtigkeit (ÖLXaLOO'UVTj)!« 6 Er führte mich aber (ÖE) I China]uf auf den Berg Seir. k Er I [zeigte]l mir drei Männer,
3,1 indem zwei Engel (aYYEAOr;) mit ihnen gingen, la die sich freuten und die jubelten auf I über sie. 2 Ich sagte dem Engel (aYYEAOr;): I »Wer sind diese derartig?« 3 Er sagte Ib zu mir: »Diese sind die drei Söhne I von Joatham, dem Priester, die, le
j) k)
I) a)
b) c)
1206
u.ö.; zum Problem dieser Fürbitte vgl. Ez 14,12ff.; 4 Esr 7,II 1. - Die Fürbitte bleibt hier unbeantwortet; ach 2,9-16 fällt aus dem Schema V, F, E (vgl. 2 c; auch zu ach 5,17). Im Blick darauf, was vermutlich vom Berg SeIT (Z. 19) aus zu sehen ist, ergänze ich zu Beginn von Z. 18 JewQu. Die Lücke fasst gut vier Buchstaben (gegen Steindorff, S. 38). Vgl. Mt 4,8 par. Lk 4,5 und zu sah 1,25f.; ach 1,6. -Zum »Berg SeIT« vgl. Dtn 33,2; Ri 5,4; Jes 21,11. Der Berg Se'ir steht nicht nur für Edom (vgl. Gen 32,4; 33,14.16; 36,30; Dm 2,4.12.22; Ez 35.3.7.15), mit dem »Israel« (auch nach der Zwangs-Eingemeindung Idumäas durch Johannes Hyrkan I.) in einem historisch bedingten Spannungs-Verhältnis lebt, sondern auch für den Ort der (durchaus »kritischen«; vgl. Jes 21,11) göttlichen Offenbarung, etwa in Parallele zu den Bergen Sinai (Dtn 33,2; Ri 5,4) und Paran (Dm 33,2). Für [tamaJi ist zu Beginn der Zeile ausreichend Platz (gegen Steindorff, S. 38). Die beiden sich freuenden und jubelnden Engel wirken an dieser Stelle unmotiviert, ja störend. Im folgenden wird auch kein Bezug auf sie genommen, es sei denn, sie wären mit den Engeln des Anklägers (ach 4,3-12) zu identifizieren. Diese hätten freilich Grund, sich über die Verfehlungen der Jo(a)tham-Söhne (Z. 5ff.) zu freuen. Die typische Frage des Visionärs lautet auf Griechisch: 'tlVE~ ELOLV Oii'tOL; (vgl. Z. B. ach 3,12f.; 5,6f.; 15,6f.I2f.I9; 17,3; sah 1,16f.; ApcBar(gr) 3,4; 12,2; ApcEsr(gr) 4,17.23.26 u.ö.). Es ist Steindorff, S. 39, wohl beizupflichten, wenn er meint, dass bei dem Hinweis auf eine Erzählung von drei ungehorsamen Jo(a)thams-Söhnen nicht »an eine Verwechslung mit den beiden Söhnen Eli's ... zu denken« sei. Winterrnute, S. 511, verweist auf eine Variante der Priesterlisten in I ehr 5,29 ff. (kaum 6,4 H.) und Esr 7,2 H. inJ osephus: Antiquitates 8,1 I f., wo ein Priester Jotharn an der Stelle des biblischen Usi steht. Ein weiterer Priester Jotham ist in Antiquitates 10,153 (Stellenangabe fehlt bei Wintermute) in der Zeit des biblischen Zephanja placiert (vgl. das priester-feindliche Gerichtswort Zeph 1,1-6). Nun sind Priesterlisten Legitimations-Texte. Daher wohl auch (religionsund partei-politisch bedingt) stark variierende Priesterlisten, etwa in samaritanischer versus judäischerTradition; vgl. H. G. Kippenberg: Garizim und Synagoge, Berlin usw. 1971 (RGVV 30), S. 60ff. »Historizität« in unserem modemen Sinne ist dabei kaum ein Aspekt. Es mag sein, dass der Verfasser von ach eine Tradition wie die von J osephus: Antiquitates 10,152-154 bezeugte kannte (freilich »a fragile hypothesis«). Auf alle Fälle ist das Motiv der ungehorsamen Priester(söhne) ein recht häufig realisierter plot (vgl. neben I Sam 2,12H. auch Lev 10; Num I6f.). Das Motiv dürfte nicht zufällig in der religiösen Tradition einer Gemeinschaft verbreitet sein, deren kultische Praktiken mit Pfründen, d.h. mit materiellen Privilegien, verbunden sind, was leicht zu Interessen-
welche nicht beachteten das Gebot (EvwA:r]) von 1 ihrem Vater, noch (OU'tE) taten die 1 Rechtssatzungen (OL'ltaLUlf,tU) des HERRn.« 4 Ich sah nun Icl noch zwei Engel (UYYEAOr;), die weinten auf 1 über die drei Söhne von Joatham I, dem Priester. 5 Ich sagte (zu) dem Engel (UYYEAOr;): 1 »Wer sind diese?« Er sagte: »Diese 1 sind die Engel (UYYEAOr;) des HERRn Panto- 1 krator« (JtUVW'ltQU1;UlQ), die aufschreiben die Werke, le alle guten, der Gerech[ten] (OL'ltaLOr;) 1 auf (ihre) Schrif[t]rolle (XELQoYQuyov), während sie s[itzen] If an der Pforte (Jt'lJAr]) des Himmels. 4,1 Ich aber (OE) [pflege] 1 sie aus ihren Händen zu nehmen und sie zu bringen [hinein]
4,1 vor den HERRn Pa[n]tokrator (JtUVW'ltQU'tUlQ). 1 Er schreibt ihren Namen in das Buch der 1 Lebenden. a 4,2 Die anderen Engel (UYYEAOr;) auch 1
d) e)
f)
konflikten führen kann. In ach 2, I 9 - 3, I 2 dürfte auf eine biblisch nicht tradierte Variante angespielt werden; vgl. B. J.Diebner: DBAT 16 (1982), S. 40-49. Das hier erwähnte klagende Engelpaar ist im Kontext unmittelbar plausibler als das zuvor erwähnte jubelnde. Das Epitheton nuvwxQ(b:wQ steht in der LXX (mit zwei Ausnahmen) isoliert für das hebräische sadday oder für !eva'i3t in Verbindung mit YHWH und Elohim (XUQLOS resp. ~E6s). Es steht in der LXX nie für ~ly8n (ihjJL<J'to,;). Dies ist methodisch wichtig für die Frage der (literarischen und traditionsgeschichdichen) Zuordnung von Z zu sah resp. ach. Für jeden Menschen wird ein »Manuskript« mit seinen Werken angefertigt. Hier mag es so scheinen, als würden nur die »guten Werke« eingetragen; ach 1I,4ff. zeigt, dass auch die schlechten Werke und alle Unterlassungen eingetragen werden. Die Trauer des zweiten Engelpaars dürfte darin begründet sein, dass sie in die Handschriften der J otharn-Söhne nichts Positives eintragen können. - Vgl. zu den Schreiber-Engeln ausserhalb von ach z.B. Hen (äth) 89,6rff.; 9°,14.22; 104,7; Hen (sI) 19,5; Jub 30,20ff. Es können auch andere hervorragende Personen Schreiber der himmlischen Personalakten sein, so z. B. Henoch, Esra, Elias, der Messias u. a. m". (Belege bei Bill. TI, S. 172 f. zu Lk 10,20). - Das XHQ6yQucpov (vgl. auch ach 4,7.10; 10,21 / 11,1; II,7f.12f.I5f.I9 /12,1; 12,3 f.S.I7) steht in einem Spannungsverhältnis zum »Buch der Lebenden« (vgl. ach 4,2f.; 14,5f.); vgl. Komplex auch die Anmerkung zu ach 4,3. Vgl. auch ach 14,5 f. - Das »himmlische Buch« ist in der antiken jüdischen und christlichen Literatur ein weit verbreiteter Topos; vgl. Bill. TI, S. 169-176 zu Lk 10,20. Bill. unterscheidet vier Buch-Typen: 1. das »Buch des Lebens« oder »der Lebenden«; 2. das »Buch der Taten« eines Menschen; 3. das »Schicksalsbuch« des Menschen; 4. das »Buch des göttlichen Weltplans«. Im Kontext der in ach erwähnten Bücher resp. Manuskripte sind lediglich die Typen I und 2 interessant. Zu beiden sollen die wichtigsten biblischen und deuterokanonischen Belege aufgelistet werden. - 1. Das »Buch des Lebens« oder »der Lebenden« (terminologisch eindeutige Erwähnungen oder sachlich wahrscheinliche Bezüge ohne Nennung des terminus technicus): Ex 32,)2f.; Ps 69,29 (Ps 68,29
zum
a)
12°7
bdes Anklägers (XabT]yoQOC;)", der auf I der Erde ist, auch sie wiederum, sie schrei- I ben auf alle Sünden der Menschen I auf ihre Schriftrolle (X.ELQoYQaq>Ov)d. Sie sitzen I auch an der Pforte (rtUAT]) des Himmels. Sie I berichten an ihn, den Ankläger (XabT]yoQOC;)e. Er I schreibt sie auf seine Schriftrolle (X.ELQoYQa<j>ov)f, damit I er sie anklage (xaTT]yoQELV), gl wenn sie heraus aus der Welt (XO<JflOC;) kommen hin-I h unter dorthin.« 3 Ich nun, ich ging mit I
b)
c) d) e)
f) g) h)
1208
LXX); 87,4-6 (bes. Vers 6); Dan r2,r; Lk IO,20; PhiI4,3; Hebr 12,23; ApQ,5; I3,8; I7,8; 20,I 5; Hen (äth) 47,3; I03,2; 104,1; 108,3; Jub 30,19ff.; 36,10; auch das Gegenstück, ein »Buch des Todes« sozusagen, ist bekannt: z.B. Jub 30,22; 36,10; Vgl. auch das Achtzehngebet I2 und zu weiteren Belegen aus der rabbinischen Literatur vgl. Bill. II, S. 170; III, S. 840. - 2. Das »Buch der Taten« eines Menschen: Neh 13,14; Ps sr,3; I09,14; Jes 65,6; Mal 3,16; Dan 7,IO; Apc 20,I2; Hen (äth) 81,4; 98,6-8.I5; 104,7; Jub 30,23; 36,10; 39,6; ApcBar (syr) 24,1; weitere Belege aus der rabbinischen Literatur vgl. Bill. II, S. 17I f. - Auch der Lohn des Menschen wird verzeichnet: vgl. Hen (äth) I08,IO. - An verwandten Vorstellungen seien hier genannt: das Aufgeschrieben-Werden zum Leben des Restes in Zion und Jerusalem Jes 4,3; das Gerichtsbuch Apc 5,I; der »Beutel des Lebendigen« I Sam 25,29 (vgl. O. Eissfeldt: Der Beutel der Lebendigen, Berlin I960 [BAL I05,6]; BHH I, Sp. 236f.; NBL I, Sp. 29I), der allerdings wohl die Bestattungssitte als Vorbild der Anschauung hat. - Ein anderer Buchtyp ist das »lebende Buch« (picoome etan:h) des EvVer 22>39, das die gnostische Erkenntnis vermittelt. Der Abschnitt ach 3,18 - 4>3 scheint die beiden in Spannung zueinander zu stehen scheinenden Vorstellungen von den »Schriftrollen« und dem »Buch der Lebenden« miteinander harmonisieren zu wollen; denn die hier beschriebene Prozedur erscheint recht unökonomisch. Diese Annahme wird m. E. durch die Beobachtung gestützt, dass in dem Abschnitt ach 4,3-13 die Daten von der Schriftrolle der Ankläger-Engel auf die des Anklägers selbst übertragen werden, sozusagen auf eine »Todesrolle«. Hier wollte womöglich jemand für das Sündenregister einen analogen Vorgang zu dem 3,9 - 4>3 für das Register der guten Werke der Gerechten beschriebenen konstruieren. Dabei scheint er sich an der Spannung zwischen den Genera »Schriftrolle« und »Buch der Lebenden« gestossen zu haben: auch der Ankläger- Widersacher des Pantokrator im endzeitlichen Gerichts-Verfahren - führt eine »Schriftrolle«. Und während der Pantokrator nur die Namen überträgt, schreibt der Ankläger die Sünden der Menschen ab. Zum »Ankläger« vgl. auch ach 4,9; 12,13f.; 14,2; sah I,14f.; vgl. auch die Rolle des bLCißOAO, in Mt 4,I. Bill. I, S. 141-144 (vgl. auch III, S. 814) geht exkurs artig auf den »Ankläger« in der jüdisch-rabbinischen Überlieferung ein. Vgl. u.a. Hen (äth) 104,7. Die »anderen Engel (nämlich) des Anklägers« wirken hier sekundär, gleichsam synthetisch eingeführt. Sie werden - anders als die (mit ihnen identisch sein sollenden) jubelnden in 3,1 wie auch die klagenden in 3>IO nicht »geschaut«, und der Visionär »fragt« auch nicht, wie bei letzteren, wer sie seien. MS: ceirographan. - Im Himmel werden auch die bösen Werke verzeichnet; vgl. Hen (äth) I08,7; TestAbr IO,7ff. MS: kategari. Am Zeilen-Ende wurde offenbar [[m/a(?) anak kje]] getilgt, und zwar so, dass über den ersten Buchstaben (m/a?) das a von mmau geschrieben wurde und das u über das erste a von anak. Der Rest wurde getilgt. Die Korrektur wurde wohl nötig wegen einer aberratia acuti (vgl. anak kje in Z. 13).
[dem] Engel (aYYEAo~) des HERRn. Ich schaute [v]or mich hin'. 4 Ich sah einen Ort dort jJ [mit tau]ksend(mal tausend) und zehntausendmal zehntausend l En- I [gel]n (aYYEAo~), die hin[ e]ingingen durch I [ihn, 5 der]en Gesicht war in der Art von einem Panether] (:rmQoaAL~)m indem ihre Zähne ausserhalb ihres Mundes (waren) in I [der Art von]n den Wildschweinen,o während ihre Augen
ach 5 gemischt waren mit Blut 5,1 (und) während ihr Haar aufgelöst war I wie das Haar von den Frauen, a indem I i)
j) k)
I) m) n)
0)
a)
Die räumlichen Vorstellungen des Textes sind problematisch bis unstimmig: obwohl der »Ankläger« »auf der Erde ist« (4,4f.), spielt sich der Aktenvorgang Übertrag der Sünden-Register wohl oben an der »Himmels-Pforte« ab (4,8-10). Die Anklage aber wird erhoben, wenn die Sünder »aus der Welt hinunterkommen« (sc.: in den Hades [und an die Gerichts-Stätte ?]; 4, 12 f.). Am Zeilen-Ende mo statt :mmo; vgl. Steindorff, S. 4I. Eigentlich kann es für den Zeilenbeginn nur eine Ergänzung geben: [m:n henho] :nho (vgl. ach 13,3 und sah 1,27). Nur reicht der Fehlraum nicht für sieben Buchstaben. Deshalb ergänze ich [m:n he]nho (:nho), d.h. ich nehme an, dass der Schreiber ein :nho versehentlich ausliess (Haplographie); vgl. Steindorff, S. 41. Vgl. zu den Zahlenangaben ach 13,3 f.; sah 1,27-30; Dan 7,10; Apc 5,rr; Hen (äth) 40,1; 60,r; 71,8.13' Grosskatzenartig sind die depravierten heidnischen Götter; vgl. z.B. JosAs 12,9. Ergänzungs-Vorschlag für den Zeilenbeginn: :n-'[t:he :n]ni-sahewt. Vgl. hierzu auch Steindorff, S. 43, der jedoch fragt: "Was ist ... s[herz]ahewt? Etwa ein Tier?«. Vgl. auch P. Lacau, in: JA 254 (1966), S. 169-195; Crum, S. 63ab. Die Form lässt Fragen offen; dass es sich um ein wildschweinartiges Tier handeln könnte, ist zum mindesten eine wahrscheinliche Annahme. Zum Zahn-Motiv bei hässlichen Straf-Engeln vgl. z.B. Hen (51) 42,1. - Vgl. sah l,pf. und ach 8,9-11. - Unter der Voraussetzung, dass die Interpretation »Wildschwein« zutrifft, erinnern die herausstehenden Zähne der »Schöpfungs-Diener« (vgl. 5,8) an die Gralsbotin Kundrie: »Die groteske Hässlichkeit dieser auf kelt. Traditionen zurückgehenden Gestalt weist auf ihr ursprüngl. Wesen als Todesdämon hin« (MEL 14, S. 449)' Dass es sich bei den in ach und sah erwähnten Engeln um Todesdämonen handelt, geht aus dem weiteren Text hervor (vgl. ach 5,8-14). Sollten diese Todesengel mit dem Typ »Kundrie« traditions geschichtlich in Verbindung gebracht werden können, müsste der Frage nach dem Ursprung dieser Wesen neu nachgegangen werden. Vgl. zu »Kundrie«: H. Güntert: Kundry, Heidelberg 1928. Vgl. zu den »Frauenhaaren« ach 8,8 f.lI f.; sah I,JI f.; Apc 9,8 (es scheint sich um ein NT-Zitat zu handeln: xul dxov TQixw; WC; TQlxuC; YUVaLXWV, xul ol6ö6VTEC; U1JTWV WC; AEOUJT(OV ~auv (oder der biblische Apokalyptiker zitiert). - Das Merkmal der aufgelösten, also langen Frauenhaare bei diesen apokalyptischen Schreckenswesen ist auffällig. Welche Funktion könnte es haben? Alle Körperzüge, aus denen sich z. B. die apokalyptischen »Heuschrecken« in Apc 9,3-10 zusammensetzen, haben ein Tertium: sie symbolisieren Verkörperungen zerstörerischer Macht (Heuschrecken, Skorpione, KampfRösser, Löwen[-Zähne(!)]; vgl. Apc 9,3.10). So steckt die Kraft des Nasiräers (vgl. Ri 13,5) Simson in seinen ungeschorenen Haaren (vgl. Ri r6,17.22). Vgl. auch den schrekkenerregenden, tödlichen Anblick der Gorgo (von YOQYOC; »schrecklich für Blick und
12°9
Geisseln (gaYYEALOV)b von Feuer in ihren I Händen sind c • 2 Als ich diese jedoch (ÖE) gesehen hatte, hatte ich Furcht. I Ich sagte dem [E]ngel (aYYEAor:;) dort, der I mit mir ging: »Wer sind diese I derartig?« 3 Er sagte zu mir: »Diese sind die I Diener (U:1tljgE'tljr:;)d der ganzen Schöpfung. Diese I sind es, die zu den Seelen ("'Ul(.lj) zu gehen pflegen der I gottlosen e ((a)oEßljr:;) Menschen. Sie bringen sie. Sie legen (sie)f an I diesen Ort. 4 Sie pflegen drei Tage (damit) zu verbringen, indem sie I mit ihnen in der Luft (aljg) kreisen, bevor I sie sie nehmen (und) sie sie vernichten zu ihrer Strafe (xoAaoLr:;) I bis (in) Ewigkeit. g« 5 Ich sagte: »Ich bitte I
b) c) d) e)
f) g)
Anblick« (PWkl 2, Sp. Ssz; cf. auch Liddell-Scott, S. 357). Auch bei den Schreckenswesen in ach ist tödliche Kraft das Tertium der Körper-Bestandteile (Panther, Eber[?], blutunterlaufene Augen). Ebenso mag man an die »Rache-Göttinnen« Erin(n)yen (EQLVU<; »Rache, Strafe« und deren Folgen: »Unheil, Verderben« [Benseler, S. 336]) denken (blutunterlaufene Augen, Fackeln in den Händen, aufgelöste [Schlangen-] Haare (vgl. MEL S, S. IIS; auch PWkl2, Sp. 358f.) oder an Keren (vgl. PWkl3, Sp. 194f.).Vgl. auch zu diesen Dämonengruppen Roscher 1,1, Sp. 1310-1336 (»Erinys«); II,I, Sp. II36-II66 (»Keres d.i. Keren«). - In der ägyptischen Mythologie ist Apophis, der Gegner des Sonnengottes, »der mit dem schrecklichen Gesicht« (Hornung: Unterweltsbücher, S. I 34f.). Die Bedrohung durch Apophis liegt besonders im Westen; daher befassen sich Toten-Literatur und magische Texte vorwiegend mit der Abwehr dieses Feindes des Osiris (vgl. auch Helck-Otto, S. 43 f.). MS:
1210
dich, Herr, gib nicht Vollmacht (E~O'UOLU)h I ihnen, dass sie kommen herein zu mir!« 6 CQa) sagte I der Engel (UYYEAO~): »Habe nicht Furch[tJ!' I Ich werde (sie) nicht hereingehen lassen zu di[r]. I Denn du, du bist rein vor
ach 6 6,1 dem HERRn. Ich werde (sie)a nicht kommen lassen I herein zu dir. Denn der HERR, der Pantokrator (nuv'tOxQu';lOQ), I er hat mich zu dir gesandt. Denn rein (bist du) Ib vor ihm. c « 2 Dann (';O';E) winkte erd ihnen zu. I Sie aber (ÖE), sie entfernten sich nach hinten. Sie I eilten fort von mir. e 2 Ich aber (ÖE), ich ging I mit dem Engel (UYYEAO~) Gottes. Ich schaute I vor mich hin. Ich sah Tore (n'UAl]).f 3 Dann (,;O"tE)g, als ich mich genähert hatte, (da) I
h)
i)
a) b)
c) d) e)
f)
g)
rich, S. 56; vgJ. zur Tätigkeit der Erinnyen, Keren und ihrer traditionsgeschichtlichen Nachfahren in der frühchristlichen Literatur Dieterich, S. 54-62). Die wilden Todes-Schwärmer haben »Vollmacht« (E1;o\Jula; vgJ. Apc 9.3.10). Das ist eine göttliche Qualifikation, die grundsätzlich neutral ist, also in der Tradition auch positiv besetzt sein (vgJ. Mt 7,29; 9,6 u. v. ö.) und an nicht-göttliche Personen delegiert werden kann (vgJ. z.B. 2Kor 13,10). Zum englischen Trost des Sehers vgJ. u. a. Hen (sI) 20,2; 21,3; durch Gott selbst: 22,4. Diese Bemerkung nimmt genau den Terminus von 5,4f. auf. Womöglich ist 5,5-14 ein Einschub, zumal im folgenden Abschnitt ach 6,6 - 12,19 (mit Ausnahme des kurzen Zwischenstücks 10,5-20) die Struktur Vision (V), (furchtsame) Reaktion (R) des Sehers, Gebet (G) des Sehers vorliegt (also: V, R, G) und nicht das Schema V, F, E (vgJ. dazu oben zu ach 2,4). Der Schreiber liess (:mmau) aus (Homoiarkton). VgJ. P. Lacau, in: JA 254 (1966), S. 169-195 - Viermal beteuert der Verstorbene im ägyptischen Totenbuch »Ich bin rein!« (Spruch 12h49f.[f].; Hornung: Totenbuch, S. 235); vgJ. hierzu (den äg. Text) bei Maystre: Declarations, S. 51. - In ach wird die »Reinheit« dem Seher zugesprochen (allerdings steht dies im Widerspruch zu ach 11,4 - 12,4). Bei ach 5,18 - 6,1 und 6,1-4 sind Dubletten. 6,2f. bringt einen Gedanken, der in 5,186,1 noch nicht enthalten ist. Womöglich hat die Dublette hierin ihren Grund. Riessler, S. 170, lässt 5,18 - 6,1 in seiner Übersetzung aus. MS: -chOrme (statt -(arme). Bei ach 6,5 und 6,5f. handelt es sich ebenfalls um Dubletten. Eine Zuordnung zu den unter c) erwähnten Dubletten (im Sinne biblischer »Quellen-Scheidung«) erscheint mir nicht möglich. Die »(ehernen) Tore« werden viermal erwähnt (ach 6,8.10.18; 7,3), zählt man die Erwähnungen durch Pronominal-Suffixe mit, sogar noch öfter. Dreimal »erblickt« der Seher die Tore (6,7f.17f.; 7,2). Nur bei der letzten Erwähnung ereignet sich etwas Weiterführendes. Bei 6,7-10 und 17-20 scheint es sich wieder um Dubletten zu handeln, wobei die letztere Passage wieder (ähnlich ach 6,2f.) einige neue Daten bringt. Auf die eigenartige Konstruktion ar-'kj:nt:s (vgJ. auch ach 6,18; 7,8; II,4) verweist Steindorff, S. 44. 12II
fand ich ((es)): Tore (nuAT])h von Erz wareI?- es. 4 Er I berührte sie, der Engel (aYYEAOr;) nämlich.' Sie öffneten sich vor I ihm) Ich ging mit ihm hinein. Ich I fand ihre ganze k Strasse (ltAU1:ELa)! wie I (eine) schöne Stadt (noALr;)m. 5 Ich ging in ihre I Mitten. Da (LOLE) - der Engel (aYYEAOr;) des I HERRn, er änderte seine Gestalt (!J.oQCPT]t bei I mir an jenem Ort. 6 Ich aber (ÖE), ich I schaute auf sie. Ich fand ((es)): Tore (ltUAT]) I von Erz waren es P und Schlösser von Er[z] I waren es und Querriegel (!J.0XAOr;) von Eisen
h) i)
j) k) I) m) n)
0)
p)
1212
Bei den »ehernen Toren« dürfte es sich um die Tore des Hades handeln, kaum aber (wie Riessler, S. 170, sein Kapitel 6 überschreibt) um die »Himmelstore« (vgl. unten zu ach 6,1 LI 5a). Hier scheint ce fehlerhaft für :nkji zu stehen (vgl. Steindorff, S. 44). Der Irrtum ist verständlich: die Aussprache bei der Wörter muss) recht ähnlich gewesen sein. Der Engel führt hinab in das Reich der Toten (vgl. Sap 16,13; Tob IJ,2 [vgl. auch Dtn 32,39J). - Zur Vorstellung, dass die Hades-Pforten offen stehen, vgl. antike (pagane) Sarkophage (Abb.l). Der art.poss. cum suff.3.sg.fem. (:nt:s-platia) sowie das Pronominal-Suffix von ter:s beziehen sich auf die Z. 14 genannte ltOAL!:;. MS: ltAUnu. Vgl. ApcPI(lat) 29. Riesslers Titel für sein Kapitel 6 leitet sich von der Beschreibung ach 6,10-15 her. Dieser Beurteilung kann ich nur unter der Voraussetzung zustimmen, dass nach b:nt:s-'mete (Z. 14f.) etwas ausgefallen ist: eine Aussage über das mögliche »Leben« hinter den vermeintlichen »Himmelstoren«, auf jeden Fall aber ein Hinweis auf einen Ortswechsel des Sehers hin zu einem neuen Schauplatz, dem »Höllenmeer« von ach 7,6ff., zum mindesten wieder aus der Stadt hinaus vor die Tore, wo sich der Seher (möglicherweise) ab 6,17 wieder befindet. - Zum Nebeneinander von »himmlischem« und »höllischem« Ort vgl. aber auch z.B. Hen (äth) 26f. Der Engel verwandelt seine Gestalt, weil die im folgenden erwähnten Engel, die mit dem Visionär kommunizieren, eigentlich nicht mehr identisch sind mit dem Engel, der den Selrer bis dahin betreute. Ausnahmen scheinen ach IO,14f.; 17,4 zu sein. Sollte diese Vermutung zutreffen, so dürfte es sich bei ach 6,15-17 um eine »redaktionelle« Glosse handeln, die Text-Abschnitte unterschiedlicher Herkunft miteinander harmonisieren soll. Bei ach 6,18f. handelt es sich wieder um eine Dublette zu Z. 9f. Aber auch diese Dublette führt über Z. ISf. hinaus (vgl. 6,19 - 7,1).
waren es. 7,1 Ich aber (ÖE), es wurde verschlossen a mein Mund b drin-I nen dort e . Ich schaute vor mir 1 wiederum d die Tore (nUAlJ) von Eisen, e indem sie spieen 1 FeuerE aus, etwa fünfzig Stadien (O·t:aÖLOV) (weit). 1 2 Wiederum (nuALv) wandte ich mich (um). >Sie werden gehen.
c)
d)
e)
f) g) h)
Zum Verbum hoc.p / hoa vgl. Crum, S. 743a; Westendorf, S. 408. Zur Konstruktion mit der Präposition a- (A) vgl. bei Crum das Beispiel Mi 7,16. Steindorff, S. 45, möchte statt apoi'lieber apai'lesen und übersetzen: »Vor mir aber verschlossen sie (die Thore) sich dort drinnen, und ich sah usw.« Man möchte sich gern dieser Auffassung anschliessen, die Schwierigkeiten beseitigt. Allerdings steht im Text einwandfrei ar6i". So wie belegt erinnert die Passage anJes 6,6f. und anJer 1,9. Von Mundschliessung ist in Hi 5,16; 21,5; Röm 3,19 die Rede. Vielleicht hatte der Schreiber die Manipulationen am Munde der Propheten Jesaja und Jeremia im Gedächtnis, als er seinen Text (ver-)schrieb (vgl. zu b). Aber nota bene: der überlieferte Text ist die lectio difficilior! Ob der Schreiber an ein »Mundverschliessungs-Ritual« dachte, da der Visionär an den Hades-Pforten steht - sozusagen als Gegenstück zu dem ihm in ägyptischer Tradition vielleicht noch bekannten, wiederbelebenden »MundöHnungs-Ritual«? Für Darstellungen vgl. K. Lange, M. Hirmer: Ägypten, 4. Aufl., München 1967, S. rr1.I30. Zum Weg in die Unterwelt und wieder zurück vgl. auch den Orpheus-Mythos; vgl. Roscher II,I, Sp. 1°58-12°7, bes. Sp. rr57ff. Diese Stelle ist gewiss fehlerhaft (vgl. Steindorff, S. 45), wenngleich die Schreibung eindeutig ist. Von den beiden Lesarten, die Steindorff vorschlägt, möchte ich eher an ai"no ahenpyle (vgl. 6,8) denken. Diese Lesung käme der Vermutung entgegen, dass der Abschnitt ach 6,6 H. stark bearbeitet wurde. Durch die - sprachlich unmögliche - Änderung an :mpyle wollte vielleicht ein (Ab-) Schreiber den Anstoss beseitigen, als den er den zweimaligen, gleichlautenden Einsatz ach 6,7f. und 7,2 f. womöglich empfand. Hier nun handelt es sich um die Hades-Tore. Der Ausdruck sares"'ol (Jes 38,10) wird in der LXX mit nUAaL <:!ÖOll wiedergegeben. Vgl. ferner Sap 16,13; Mt 16,18; PsSal 16,2; 3 Makk 5,51; vgl. auch den »Mund der Gehenna« ApcBar(syr) 59,10 und Bill. r, S. 736; rv,2, S. 1029ff. (31. Exkurs, Ir, I ff.). - Vgl. den Velletri-Sarkophag (ca. 150); vgl. B. Andreae: Studien zur römischen Grabkunst, Heidelberg 1963 (MDALRE 9), S. 25 und Taf.I3 (Abb. 2); vgl. auch den Sarkophag vom Camposanto zu Pisa bei E. Panofsky: Grabplastik, Köln 1964, S. 39 und Abb.rr6. koh:t ist direktes Objekt; vgl. Steindorff, S. 45. -Zum Höllenfeuer vgl. zu ach 7,10. sen-ama-ahe am Zeilen-Ende ist sinnlos. Womöglich ist etwas ausgefallen. Das müsste dann aber schon ein Textstück von mindestens einer Zeilenlänge gewesen sein. xuL ALIl1'] 'w; ~v lleyUAT] l"tcl"tA1']QWIlEV1'] ßOQßaQoll <jlAcYOIlEVOll (ApcPetr 23). - Zum Höllenfeuer in der ägyptischen Tradition vgl. Hornung: Höllenvorstellungen, S. 21-30; Grieshammer: Jenseitsgericht, S. 101-1°3; der »Feuersee« ist z. B. die Illustration zur zehnten Szene des »Pfortenbuches« (vgl. Hornung: Unterweltsbücher; S. 21 I; Abb. 3) vgl. auch Mt 13,42.50; 18,8; 25>41; Mk 9,43 (f.); Lk I 6,24; Jud 7; Apc 9,2; 19,20; 20>IO.14f.; 21,8; Hen (äth) 10,6; 18,1 I; 21,7; 54>1 f.; 63,10; 67,6f.; 90,26f.; 98,]; 100,9; 102,1; 108,3-5; 4 Makk 12,12; GesEsr 23; 4 Esr 7,36; ApcBar (gr) 4,16; ApcBar (syr) 44,15; 59,2; 64,7; 85,13; TestIs 7,1; TestSeb 10; PsSal 12,4·; ApcPl 39f. - Zu Belegen
das viel (Feuer)flamme(n) herausschleudert, I indeII). seine Wogen brennen von Schwefel ({lnov) und I Pech. 1 4. Sie begannen, sich mir zu I nähern.) 5 Ich nun, ich I dachte: »Der HERR, der Pantokrator (rtaVLO%Qa'tffiQ) I (ist es), der gekommen ist, mich heimzusuchen!« Ik 6 Ich nun, als ich (es) gesehen hatte, (da) warf ich mich auf I mein Angesicht vor ihm, I damit ich ihn anbetete. 7 Ich war I . überaus furchtsam! und begann, ihn zu bittenm
ach 8 8,1 dass er mich erretten sollte aus I dieser Not (avaY%l1). 8,1 Ich stöhnte auf,a indem ich sagte I »folgendes«: »Eloi, HERR, Adonai I Sabaoth! b Ich bitte dich, dass du I mich erretten wolltest aus dieser Not (avaY%TJ), weil I
i) j)
k) 1) m) a)
b)
Literatur vgl. Bill. IV,2, S. 1078. - Von »finsterem Feuer« oder »Feuer der Finsternis« redet Hen (si) 10,2: »Don war Finsternis und Nebel, keinerlei Licht, nur Feuer und Flammen [l]« (Riessler, S. 455). Trotz der Flammen ist es dort »finster« (vgl. dazu u.a. Eph 5,8-14). Recht »endgültig« wirkt (schon?) das Jes 30,}3 beschriebene Straffeuer. Vgl. Apc 19,10; 20,14; 21,8; auch I4,10;Jes 30,33; Dan 7,11. Vgl. ach 5,4f.14ff. Eine positive »Heimsuchung« wie ach 10,3 f. Zur furchtsamen Reaktion des Visionärs vgl. ach 2,1 I u. Ö. Diese Bitte ist für die Intention des Textes bedeutsam: der Seher ist ab jetzt (7,13 ff.) selbst betroffen; vgl. hierzu auch die betonte Wiederholung der (Bitte um Errettung aus der Todes-) Not (avayx.T]): 8,2; 9,2.11. Zum »Stöhnen« des Visionärs vgl. ach 2,1 I. - 7,18 - 8,3 ist die einzige Passage, bei der die im Grunde eigenständigen Motive der »Furcht« und des »Stöhnens« als Reaktion des Sehers auf sein visionäres Erleben im Text aufeinander folgen. Auch die Absicht, Gott um Rettung zu bitten, erscheint doppelt (7,18: 8,If.). Späte jüdische und von jüdischen Traditionen abhängige antike und spätantike Texte lieben Anhäufungen von Gottes-Prädikationen, wobei in der Regel traditionelle Bezeichnungen des Judentums (in z. T. merkwürdigen Verballhornungen) eine grosse Rolle spielen (vgl. A. M. Kropp: Ausgewählte koptische Zaubertexte, Bd. I-IlI, Bruxelles 1930/31). Bereits (?) in der BH lassen sich beachtliche Häufungen beobachten, sowohl in göttlichen Selbstbekundungen (z. B. Gen 28,13; Ex 3,6) als auch in der Rede über den Gott »Israels« (z.B. Gen JI,42.53f.; 49,24; Ex 3,1 5f.; 4,5), besonders aber in der Anrufung Gottes (z. B. Gen 32,10; Neh 1,5; 9,32; Dan 9,4). - Drei oder alle vier der in ach 8,3 f. erwähnten Gottesbezeichnungen (I. ""lohay, 2. YHWH, 3. "'donay, 4- {ba'öt) kommen in den verschiedensten Kombinationen, allerdings nie in der hier belegten, in der BH vor: 2.,1.,4. (2 Sam 5,10; 1 Kön I9,10.14;]er 5,14; 15,16; Am 4,13 u.ö.; Ps 89,9; ähnlich Ps 84,9 u. ö.; Hos 12,6 u. ö.); 3.,2-,4. (Jes 3,15 u. ö.; Ps 69,7; ähnlich Am 9,5); 2.,4-,1. yis'ra'el Jes 21,10 u. ö.; 2 Sam 7,27; Jer 7,3 und weiter sehr häufig, Sach 7,4; 8,18; I ehr 17,24; auch Varianten); die vier ach 8,3 f. genannten Bezeichnungen in der Reihenfolge ]-,2.,1.,4. (Am 3,13).
sie mich betroffen hat!«c 2 Es war jene Stunde: 1 (da) stand ich - (da) sah ich einen grossen 1 Engel (aYYEA.O~)d vor mir, dessen Haar le ausgebreitet war wie bei [ei-]nem Löwen, während seine 1 Zähne aus seinem Mund (standen) wie bei' einem 1 Bär (aQ'Xo~)f, dessen Haar ausgebreitet war 1 wie bei den Frauen,g dessen Körper (arol-La) war 1 wie bei den Schlangen, h indem er mich fressen wollte. i 13 Ich aber (ÖE), als ich ihn sah, (da) war ich 1 furchtsam vor ihm, so dass (romE) 1 alle meine Glieder (flEAO~) meines Körpers (arofla) sich 1 lösten. 4 Ich warf mich herunter auf 1 mein Angesicht. Ich konnte nicht (mehr) stehen) 9,1 Ich begann zu flehen k vor
c)
d)
e)
f) g)
h)
i)
j) k)
Das Gebet 8,3-6 erinnert an ach 5,14-16; inhaltlich sehr ähnlich auch ach 9,2-11. Für sich selbst betet der Seher noch ach 12,6-10. Für die Seelen in Strafen betet er ach 2,1216; ein ähnliches Gebet verrichten ach 16,14f. »Mengen«, die später (17,5-7) als die Patriarchen Israels identifiziert werden. Auf zwei Gebete des Sehers wird ohne inhaltliches Referat angespielt (IO,4f.; 13,7-9). Von einem »grossen Engel« (8,7-13) ist im folgenden noch häufiger die Rede (vgl. ach 9,12f.; 10,8f.l7f.; 12,11; 13,14f.; 14,8.15; 17,16). Dabei dürfte es sich nicht immer um dieselbe Person handeln, wenn man der Logik des Textes folgt (vgl. zu den genannten Text-Passagen). Es handelt sich wohl um den »Abgrund-Engel« (vgl. Apc 9,11; Bill. III, S. 8°9 f.) Mit Recht verweist Steindorff, S. 48, auf einen vermutlichen Textfehler. Statt ep:f-fowe par:b abal »sein Haar war ausgebreitet« müsste es wohl heissen ep.f-ho »sein Gesicht« (vgl. 4,18); zudem ist von den »ausgebreiteten Haaren« Z. 11 die Rede. Zu den »Bären-Zähnen« vgl. ach 4,19f. Vgl. zu ach s,If. und Apc 9,8: xat dxov 'tQLXaC; roc; 'tQLXaC; YUVULXOOV xat OL roöOV'tec; aiJ'toov roc; AeoV'twv ~aav. Die schlangenartige Körperform ist in den Vergleichstexten von ach und sah ohne Entsprechung. Schlangengleich sind die Haare der Erin(n)yen (Abb. 4) und anderer dämonischer Wesen (Gorgo), aber feuerspeiende Schlangenwesen der Unterwelt begegnen auch in der ägyptischen Tradition, zumal Uräus, der feuerspeiende Schlangen-Dämon (vgl. das »Höhlenbuch« 97,7 - 98,1 [19. Dynastie]; vgl. auch das »Pfortenbuch«, 60. Szene; Amduat 91 [heide 18. Dynastie]; vgl. Hornung: Unterweltsbücher, S. I12.272). - »Die Vernichtung der Verdammten durch Feuer wird in den Unterweltsbüchern Init Vorliebe Schlangen anvertraut« (Hornung: Höllenvorstellungen, S.25)· Ich lese deutlich efowobe (gegen Steindorff, S.49; vgl. P. Lacau, in: JA 254 [1966], S. 169-195). - Vgl. zum "Totenfresser« Hornung: Unterweltsbücher, S. 44, und »Amduat« Nr. 1)2, S. 139. (Eine nette Parodie auf den Unterwelt-Fresser findet sich Tob 6,3: »0 Herr, er will Inich fressen!« Statt :nhOhe lies :n-ohe. Vgl. 7,19; ach 7,19 - 8,19 wirkt wie eine Einschaltung aus einem anderen Text / einer anderen Tradition. Das legen auch die im Kontext singulären Gottes-Bezeichnungen 8,3f. nahe. 121
5
9,1 dem HERRn Pantokrator (JtavtOxQaLffiQ): I »Du wirst mich erretten aus dieser Not (avayxl']),
I
du, der Israel erlöst hat la aus der Hand des Pharao, (des) Königs von Ägypten; Ib du, du rettest e Susanna I aus der Hand der Ältesten (JtQEOß1J'tEQO~) I des Unrechts (aöLxLa);d du, du hast errettet die I drei Heiligen (ayLO~), Sadrak e, Misak I (und) Abdenakob f aus dem Feuerofen, I der brannte. g Ich flehe dich an, dass du mich I erretten wolltest aus dieser Not (avayxl'])!«h 9,2 Ich I a)
b) c) d) e)
f) g) h)
1216
MS: petah- statt petaf- ; mit Recht vermutet Steindorff, S. 49, hier den auch anderweitig in unserer Handschrift zu beobachtenden Lautwechsel f/h (vgl. ach 9,I I und zwei Fälle in der ApcEl). Dieser Lautwechsel ist auch ausserhalb des Koptischen belegt: vgl. deutsch Luft / niederld. lucht u. a. m.; ähnlich amerikanisch-spanisch hacienda / portugiesisch fazenda. Vgl. Dtn 7,8; 2 Kön I7,7 und die Fülle anderer Auszugs-Varianten (z.B. Dtn 9,6; I Sam Io,I8; I Kön 8,53; 12,28 U.s. w.). Lies wohl aknouhme (vgl. Z. 3). Vgl. ZusDan (Susa1ll1a-Erzählung) in: JSHRZ I,I, S. 76ff. Das MS hat offenbar völlig korrekt C€APAK und nicht (wie Steindorff, S. 49, liest) C€APAK. Vgl. dazu das t.. von ABA€NAKIDB inZ. IO. Das Delta ist im Koptischen ein "fremder« Buchstabe, der selten und in "klassischer« Orthographie nur bei Fremd-, Lehnwörtern und Eigennamen begegnet. Der Name »Abed Nego« C"bed n eg8; Dan 3,I2 u.ö.) wird ausserkanonisch in den eigenartigsten Varianten überliefert. Vgl. dazu bei g)! Vgl. Dan 3. Das Gebet des Visionärs in ach 9,2-II steht in einer Tradition antik-jüdischer und (früh-) christlicher Gebete, die sich bis in die jüngste Zeit hinein verfolgen lässt (Ordo Commendationis Animae des Breviarium Romanum [nach der Reform im 16. Jh.]). Dort findet sich eine lange Oratio, in der unter Hinweis auf zahlreiche »historische« Rettungs-Paradigma für die Erlösung der Seele gebetet wird. Da dieses Gebet nicht für jeden zugänglich ist, der sich darauf beziehen möchte, sei es hier im Wortlaut zitiert, wobei die in ach referierten Passagen kursiv hervorgehoben werden: Suscipe Domine servum tuum in locum sperandae sibi salvationis a misericordia tua. Libera Domine animam servi tui ex omnibus periculis inferni, et de laqueis poenarum, et ex omnibus tribulationibus. Libera Domine animam servi tui, sicut liberasti Henoch et Eliam de communi morte mundi. Libera Domine animam servi tui, sicut liberasti Noe de diluvio. Libera Domine animam servi tui, sicut liberasti Abraham de Ur Chaldaeorum. Libera Domine animam servi tui, sicut liberasti Job de passionibus suis. Libera Domine animam servi tui, sicut liberasti Isaac de hostia et de manu patris sui Abrahae. Libera Domine animam servi tui, sicut liberasti Lot de Sodomis, et de flamma ignis. Libera Domine animam servi tui, sicut liberasti Moysen de manu Pharaonis regis Aegyptiorum. Libera Domine animam servi tui, sicut liherasti tres pueros de camino ignis ardentis, et de manu regis iniqui.
nun, ich erhob mich; ich stand auf. (Da) sah ich einen I 'grossen Engel (aYYEAOr;), i der stand I vor mir, 3 indem sein Gesicht leuchtete I wie die Emanationeni der Sonne in seiner Herrlichkeit, k I dessen Antlitz war wie bei dem, der erfüllt ist I durch seine Herrlichkeit, l 4 und er war gegürtet wie I mit einem Gürtel von Gold auf seinen Brüsten. Im Seine Füsse (waren) wie Messing,
Libera Domine animam servi tui, sicut liberasti Susannam de falso crimine. Libera Domine animam servi tui, sicut liberasti David de manu regis Saul, et de manu Goliae. Libera Domine animam servi tui, sicut liberasti Petrum et Paulum de carceribus. Et sicut beatissimam Theclam Virginem et Martyrern tuam de tribus atrocissimis tormentis Iiberasti, sic liberare digneris animam hujus servi tui, et tecum facias in bonis congaudere coelestibus.
i)
j)
k) I) m)
Zwischen den drei in ach zitierten Paradigmen scheint traditionsgeschichtlich ein enger Zusammenhang zu bestehen. - Ähnliche Gebete mit je verschiedener Paradigmen-Zusammenstellung sind seit alter Zeit vielfach bezeugt: z. B. 3 Makk 6,2-15 (Paradigmen in 6,4-8: Israel [vor Pharao], Jerusalem [vor Sanherib], die drei Gefährten im Feuerofen, Daniel [vor den Löwen], Jonas [aus dem Bauch des Ungeheuers]); ConstApost V,7. - Bestrafungs-Paradigmen bringen die Gebete 3 Makk 2,2ff.; 6,6-8. - Mischnische und frühchristliche Paradigmen-Gebete bei K. Michel: Gebet und Bild in frühchristlicher Zeit, Leipzig '902, S. 37f.4I.53f.; D. Kauffmann: Sens et origine des symboles tumulaires de l'Ancien Testament dans I'art chretien primitif, in: REJ (Paris) '4 (1887), S. 33 ff. - Die Stoff- und Motiv-Auswahl in der frühchristlichen Kunst (z. B. in Katakomben-Malerei und Sarkophag-Plastik) bezeugt die Verbreitung und den frömmigkeits-geschichtlichen Einfluss der Paradigmen-Gebete (vgl. dazu ausser den genannten Literaturen: W. Neuss: Die Kunst der alten Christen, München '926, 5.3°-32; zum Ganzen: L. Gougard: Etudes sur les »Ordines commendationis animae«, in: REJ (Paris) 99 (1935), S. 3-27. Dieser »grosse Engel« dürfte (ursprünglich) kaum mit dem in ach 8,7f. genannten und im Anschluss daran beschriebenen identisch sein. Wie es mit diesem weiterging, wird nach 9,II nicht erwähnt. Der jetzige Textzusammenhang scheint den Eindruck zu erwecken, als habe sich eine Metamorphose des Engels vollzogen, als sich der Seher vom Gebet erhebt (9,I I f.). Vgl. zu :n:nti EvVer 27,II (h:nti; sonst stets ti-e A 2 ; vgl. Westendorf, S. 224). Die von Steindorff, S. 50, vorgeschlagene Verbesserung zu einem Wort tik "Strahl« (vgl. dazu Westendorf, S. 226) erscheint mir nicht möglich. Ich habe die Übersetzung »Emanation« übernommen, ohne die gnostischen Implikationen dieses Terminus mit übernehmen zu wollen. Vgl. Apc I,r6: xal ~ o'lj!u; alrwu w<; 6 T]AW<; <j>avfL EV 'TI IiUVa[.lEL all"tOU; vgl. ferner Ex 34,29; Ri 5,3'; NHL III,4 (9 I,IO-I4)· Vgl. Mt '7,2 (vgl. Lk 9,29); Bill. I, 5.146-752; ZusEst D '3 f.; Hen (äth) 39,7; 51,4; 4 Esr 7,125. Vielleicht soll petcek abal' ha-p.feaw (9,r6f.) auf Mose verweisen. Vgl. Apc r,r3: JtEgLE~W[.lEVO<; Jtgo<; WL<; ~WVT]V XQuoijv. 121 7
ach
10
das durch ein Feuer schmilzt. a 10,1 Ich 1 aber (bE), als ich ihn gesehen hatte, freute mich. b Ich dachte 1 nämlich (yug): »Der HERR Pantokrator (n;uvto'Xgu'twg) 1 (ist es), der gekommen ist, mich zu besuchen!«c 2 Ich warf mich 1 nieder auf mein Gesicht. Ich betete zu ihm. 3 (Da) sagte 1 er zu mir: »"Wende« dein Herz zu ihm! Nicht 1 mich bete an! Ich bin nicht der HERR, der 1 Pantokrator (n;uvto'Xgu'twg), d sondern (UAAU) ich bin der grosse 1 Engel (UYYEAOr;,) Eremiel, e der unten 1 über der Unterwelt f und Amente ist, der, von dem gilt, 1 alle Seelen (1./JuXTJ) sind in seine Hand eingeschlossen,g seit 1 dem Ende der Sintflut ('XU"Ca'XAlJUfl0r;,), die 1 auf der Erde war, bis zum heutigen 1 h . Tage. «4 Ich nun, ich fragte den Engel (UYYEAOr;,):' 1 »Was ist dieser Ort, zu dem ich hinaufgekommeni bin?« 1 Er sagte zu mir: »Amente ist dies.«k 5 Ich 1 fragte ihn nun: »Wer ist der grosse Engel (UYYEAOr;,), 1 welcher dergestalt dastand, den ich gesehen habe?« 11 10,1
a)
b) c) d) e)
f)
g) h)
i)
j) k) I) 1218
ev
V gl. Apc 1,15: xaL oL Jt6ÖE~ al,..:oü Öf.tOLOL xaAxoALßaVqJ w~ Xaf.tLVqJ JtE3t1JQmf.tEV'I1~; Apc 2,18: xaL OL Jt6ÖE~ aln:oü Öf.tOLOL xaAXOALßaVqJ; vgl. auch Dan 10,6. - Zum »feurigen Gross-Engel« vgl. auch JosAs 14,9. Die freudige Reaktion des Sehers fällt aus dem Rahmen; vgl. zu ach 2,11. Vgl. ach 7,I5. Vgl. Apc I9,10; 22,8f.; AscJes 7,21. Der hier genannte »grosse Engel« ist mit dem 9,13 f. erwähnten identisch. Er wird hier identifiziert mit dem auch anderweitig bekannten Unterwelts- und Erzengel Jeremiel: Hieremihe!4 Esr 4,36; Ramie! ApcBar (syr) 55,3; 63,6; Hen (äth) 6,7 u. ö.; 20,8 ist Ramie! "über die Auferstehenden gesetzt«. Gewöhnlich spielt er eine "positive« Rolle; deswegen wird er von den Forschern auch an dieser Stelle so verstanden. Hier aber scheint er im weiteren Duktus die Rolle des »Anklägers« und des Gottes der Unterwelt zu spielen. Im Gegensatz zu am:nte, das die Anschauung vom Reich des Todes aus der westlichen Wüstemegion Ägyptens ableitet, liegt dem hier parallel verwendeten Ausdruck noun die Vorstellung zugrunde, dass die Unterwelt ein bodenloser Abgrund seiJvgl. Ciß1JoOO~) oder ein grundloser Ozean (vgl. Crum, S. 226 f.; Westendorf, S. 124; LA I, Sp. 223; V, Sp. 535-539). Vgl. 4 Esr 4,41. Nach der Sintflut begann ein neuer Äon, der erst mit dem Gericht abgeschlossen sein wird: solange hat Eremiel die »Seelen (der Verstorbenen) ... in seine Hand eingeschlossen«. Es scheint sich um den zuletzt ach 6,15 f. erwähnten Begleit- und Deute-Engel zu handeln, da der Seher ihn nach dem »grossen (d.h.: Erz-) Engel« (Z. I7f.) befragt An dieser Stelle wäre a/;lre-i »hinab« zu erwarten statt ahre-i »hinauf«. Vielleicht handelt es sich um eine - angesichts der Ähnlichkeit beider Wörter von so gegensätzlicher Bedeutung - verständliche Verschreibung; vgl. auch ach 12,14. Der »Ort« sollte dem Seher spätestens seit Z. 9 f. bekannt sein. Auch die Frage nach dem »grossen Engel« erscheint nach dessen Selbstvorstellung
f:r sagte: »Dieser (ist es}, der anklagt (XU't1']YOgELV) Im die Menschen vor dem HERRn.<,n 11,1 [Ich schJaute nun, ich sah ihn, wie eine
ach
11
II,1 Schriftrolle (XELgOyga<pov) in seiner Hand war. a II,2 Er begann (ugxecrfrm), I . sie aufzulösen. b 3 Als er sie aber (ÖE) ausgerollte hatte, I las ich sie in meiner Sprache. Ich I fand «es)): alle meine Sünden, die ich getan hatte, sie I waren von ihm aufgeschrieben: die, welche ich getan hatte seit meiner I Kindheit bis hin zum heutigen Tage, Id indem sie alle aufgeschrieben waren auf meiner Schrift- I rolle (XELgOygU<jlov), jener da, indem nicht ein Wort von I Lüge darunter war. 4 Vielleicht le war ich nicht gegangen, (einen) Menschen zu besuchen, der I krank war, oder (1']) eine Witwe (X1']gu)f - das fand ich, indem es aufgeschrieben war I »gegen« mich als ein Fehler (EAuaaOf,Lu) auf meine I Schriftrolle (XELgOygU<jlov);g 5 ein Waisenking (og<jluvo~), das I ich nicht besuchetJ hatte - das wurde gefunden, h indem es aufgeschrieben war I
m) n)
a) b) c) d) e)
f) g) h)
Z. 8ff. unmotiviert und überflüssig. Die Anklage (Z. 19f.) gehört aber wohl nicht zu den Funktionen Eremiels (vgl. auch 4 Esr 4,35 H.); sonst hätte er sie in der Selbstvorstellung gewiss erwähnt. Diese Unstimmigkeit spricht mit der bei i) genannten dafür, dass der tradierte Text-Zusammenhang nicht schlüssig ist. Möglicherweise greift ach 10,14-20 (weit) über den voraufgehenden Text zurück. MS: kategori. Hiermit soll der »Ankläger« identifiziert werden. Aber ist es der, von dem bereits ach 4,4.8 die Rede war, ist er mit einem der 8,7 H. resp. 9, I2 ff. vorgestellten »grossen Engel« identisch? Dem jetzigen Text-Zusammenhang zufolge könnte es sich nur um letzteren handeln; denn der »grosse Engel Eremiel«, auf den man die Frage unmittelbar beziehen möchte, hatte sich gerade (lo,8f.) selbst vorgestellt, so dass eine Nachfrage unsinnig erscheint. Vgl. ApcPI 17: 6 äy'tEAO<; E:rtl XELQU<; EXOlV tO XELQOYQu<jlOv tÖJV Uf.!uQtTJf.!atOlV oou. Vgl. bei Hennecke-Schneemelcher IP, S. 547, die etwas anders lautende lateinische Ver. sion (L X) in deutscher Übersetzung. Zum »Auflösen« einer mit Siegeln verschlossenen Schriftrolle (bOl ebol) vgl. Apc 5,2.4f.9; 6,1. por:cebol (S) / por:h abal (A) (vgl. Crum, S. 270b) vom Ausrollen der (Papyrus-) Buchrolle, nachdem das Siegel erbrochen (»aufgelöst«) ist; vgl. Apc 10,2; 20,12. Vgl. ApcPI(lat) 17. eib:pe (A) entspricht hier wohl eiere) pe (S, F); vgl. Westendorf, S. 43. Vgl. Jak 1,27: Emoxe:rttea'frm OQ
121 9
»gegen« mich als ein FehIer.(EAaooof.Lu) auf meine I Schriftrolle (X,ELQoyQa<j>oy);l ein Tag, an dem ich nicht gehalten hatte I (das) Fasten (V'I']O'tEUELV),I an dem ich nicht gebetet hatte zu der Zeit I des Gebetel- den fand ich, indem er mir zugeschrieben war I als ein geringster (EAax,Lo'tov) (Fehler)l auf meine Schrift-rn
ach
I2
rolle (X,ELQoyQa<j>ov); 12,1 und ein Tag, an dem ich mich nicht gewandt hatte I zu den Kindern IsraeIsa - den fand ich, indem er geschrieben war I g[e]gen mich, dass es ein Fehler (EAaaoofa)b war, auf meine Schrift-I [r]olle (X,ELQoYQa<j>ovt, 2 so dass (ffiCJ'tE) ich mich niederwarfe auf I [m]ein Gesicht und begann, indem ich betete vor I dem HERRn, dem Pantokrator (ltaVLOJ.l.Qa'tffiQ):f 3 »Mö[gJe I dein Mitleid bis zu mir gelangen und (mögest) du auswischen I [m]eine Schriftrolle (X,ELQoyQa<j>ov)g; denn dein Mitleid I eilst an jedem Ort und es erfüllt Ih i)
j) k) 1) m) a)
b) c)
d)
e) f)
g) h) 1220
MS: vgl. zu f). MS: VTJO'tEUE. Beten und Fasten gehören zusammen; vgl. Ps 35>13; Jer 14,12; Dan 9,3; Joel 1,14ff.; 2,15ff.; Tob 12,8; Lk 2,37; Act 13,3; 14,23 u.ö. Vgl. zu den festgelegten Fasten- und Gebetszeiten EKL, 1. Aufl., I, Sp. 1267-1269 (Lit.); BHH I, Sp. 465 f. Der Schreiber hat offenbar EA.a.oo(O!J.a »Fehler, Versehen« (vgl. ach II,12.15; 12,3) mit dem recht ähnlichen Wort EA.a.XLO'tOV »kleinstes, geringstes« verwechselt oder ersteres wegen Homoiarkton (EA.a- / EA.a- ; dazu noch bei Fremdwörtern) ausgelassen. MS offenbar auch hier.ceiro-. Ist diese Stelle missionarisch zu verstehen oder charitativ? D. h.: ist das »Vergehen« des Sehers, dass er nicht Jesu Befehl folgte: »Gehet hin zu den verlorenen Schafen aus dem Hause Israel« (Mt 10,9)? Oder liegt seine Schuld darin, dass er dem in seiner religiösen Gemeinschaft empfohlenen und verbindlichen Almosengeben, der Charitas gegenüber den Glaubens- oder Kultgenossen, nicht hinlänglich nachkam (vgl. Sir 7,10.32-36 u. ö.; Lk II,41; 12>33; [Act 4,32 - 5,rrJ)? Vielleicht ist daran zu denken, weil Wohltätigkeit gegenüber Witwen und Waisen und Almosengeben zusammengehören (vgl. Tob I2,8 mit ach 11,9 - 12,4). Diesen Gedanken halte ich für wahrscheinlicher als eine »prophetische Sendung« des Sehers (vgl. Ez 2,3-5). Vgl. hierzu die Bemerkung zu S. II k)! MS: ceirographon. - Vgl. zum Sündenkatalog u. a. GesEsr 3 r; Hen (si) 42,7ff.; vgl. auch 51,1; 63,1. - Zum bekannten Text der Mt-Apokalypse Mt 25,J!-46 besteht kein direkter Bezug; vgL zur Tradition (Toten-Ritual der Auflistung der »Werke der Bannherzigkeit« im Alten Orient) B. J. Diebner: De Kennung - Zeitschrift für plattdeutsche Gemeindearbeit (19) 1996, bes. S. 31-35 (Lit.). MS: haste. MS: atapab:t. Mit dem a am Wortanfang kann ich bei einem anzunehmenden Konjunktiv (:nta, ta) nicht viel anfangen. An den vergleichbaren Stellen stelrt aeipab:t (z. B. vgl. 7,16). Eigenartig ist, dass hier (anders als bei den vergleichbaren Passagen) das Moment der Furcht in der Reaktion des Sehers fehlt (vgL z.B. 7,19). MS: ceirographon. MS: afmouf statt -mouh (vgl. dazu auch bei ach 9,3).
jeden [OJrt ('tono~)!«i 4 Ic(h)i nun, ich erhob mich. Ich stand I [dJa. k (Da) sah ich einen grossen Engel (uyyeAo~) vor I mir, 5 der zu mirfolgendes safte: »Siege! I Sei stark! Denn du bist stark! Du siegst über den I mAnkläger ('X.ULTJYOQO~).n Du kommstO herauf aus IP Amente und dem Abg:und. Du wirst übersetzen I jetzt an dem Ort des Ubersetzens.«q 6 Wiederum (nuALv) I brachte er eine andere Schriftrolle (XELQoYQuov), die beschrieben war mit der I Hand. Er begann (uQxeo't}m), sie zu lösen. r Ich las I auf ihr. Ich fand ((es», dass sie beschrieben war in meiner Sprache s I
[lacuna; om frt duae paginae i. e. unum folium J
i)
j) k) I) m) n) 0) p)
q) r) s)
VgL Ex 32,32f.; Ps sr,3.II; 69,29; Jes 43,25 u.ö. (vgl. dazu auch bei ach 4,3). - Gottes Güte »währet« nicht nur »ewiglich« (vgl. Ps 106,1; 107,1 u.s. w.), sie »reicht auch, soweit der Himmel ist« (Ps 36,6ff.; 57,II; 108,5). Das gleiche gilt aber auch für die Strafe Gottes (vgL Jer 51,9), vor der es kein Entweichen gibt, weder in den Himmel noch in die S"ot (vgl. Ps 139,8; Am 9,2). MS: ana statt anak. Wieder erblickt der Seher einen »grossen Engel«, der aber wohl kaum mit einem der zuvor erwähnten identisch ist. MartPol 9,1: "Io)CuE, lIoA1JltUQ:rtE, xut &.VÖQ(~OlJ; vgl. Herrn vis 1,4,3 und Steindorff, S. 55; vgl. auch ApcPI(lat) 14· Ein freier Raum zu Beginn der Zeile. Zu Z. 14-16 vgL ach 13,19 - 14,4; sah 1,10-15. Steindorff, S. 55, verweist auf die offenkundige Fehlerhaftigkeit der Stelle. Zu erwarten wäre (wie Z. 15) fut. I. MS: ahrei" /;!:n am Zeilen-Ende. Mit ahrei' abal /;!:n wäre die Zeile ausgefüllt gewesen. Zum Motiv des »Herauskommens des Gerechten« vgl. u. a. auch TestAbr 9,2-4. Zu Z. 14-16 vgl. ach 14,2-4. Erst dort scheint das Wort eingelöst zu werden. Vgl. zu ach II,2. Vgl. schon ach II,3. Auch dort ist wohl vorauszusetzen, dass der Seher den Text als in seiner Sprache niedergeschrieben erkennt. Joseph Smith bekam zur Entzifferung der »altägyptischen Zeichen« auf den ihm vom Engel Maroni am Hügel Cumorah gezeigten »goldenen Platten« für begrenzte Zeit eine »Prophetenbrille« ausgeliehen; vgL H. Reller, M. Kießig (Hg.): Handbuch Religiöse Gemeinschaften, 3. Aufl., Gütersloh 1985, S. 299. -Zum vermutlichen Umfang der Textlücke zwischen S. I2 und 13 vgl. die Einleitung. Die auf S. 12 unmittelbar folgenden Worte lassen sich aus den Parallel-Formulierungen ach 11,3 ff. erschliessen, zum mindesten aber der weitere Duktus. Allere dings sind als Inhalt dieser Rolle nun wohl die guten Werke des Sehers' zu erwarten. 1221
ach 13 13,1 Sie a halfen mir. Sie hoben mich in das Schiff, b das I dort (war). Sie begannen, indem sie sangen vor I mir, nämlich tausendmal tausend und zehntausendmall zehntausend Engel (aYYEAor:;)". 2 Auch ich, I ich legte mir ein Engels (aYYEAor:;)-Gewand d an. Ie Ich sah alle jene Engel (aYYEAor:;), I wie sie beteten (ltQOOE1JXW1Jm). 3 Ich I auch, ich begann, indem ich I betete (ltQOOE1Jxw1'tm) I mit ihnen auf ein Mal. Ich I verstand ihre Sprache, welche sie I mit mir redeten. f 4 Jetzt aber, I meine Kinder, dies ist der Kampf! Es ist nötig, g I dass man wägt die Guten (aya1'tor:;) und die Bösen h I
a) b)
c)
d) e) f)
»Sie« sind wohl zum mindesten ein Teil der Z. 3 f. erwähnten Engel. Hiermit ist wohl der »Charons-Nachen« (vgl. Andreae: Grabkunst, Taf.27h =Abb. 5) über den in der griechischen Mythologie Acheron oder Styx (der »Hassvolle«; vgl. LiddelI-Scott, S. 1657) genannte eiskalte Fluss zwischen der Welt der Lebenden und der Schatten gemeint (vgl. Roscher 1,1, Sp. 884-886; Ranke-Graves I, S. 98.1°5 f.109; H, S. 147). Vgl. auch das ägyptische "Pfortenbuch« (vgl. E. Hornung: Ägyptische Unterweltsbücher, Zürich, Münster 1972, S. 195-308 [mit Abb.]). - Die auffällige ParalIeie zwischen ach und ApcPl(lat) 23 bemerkt bereits der Bearbeiter H. Duensing an (vgl. Hennecke-Schneemelcher 113, S. 538). Zur Engel-Zahl vgl. ach 4,16 u. ö. Das erste h von :nhou-h:bsou stört; vgl. P. Lacau, in: JA 254 (1966), S. 169-195. Zur Investitur des Sehers vgl. Apc 3,5; 6,II; 7,9ff. Vgl. zu diesem hermeneutischen Topos ach 11,}; 12,19; auch Gen II,6-9 und Act 2,111.
g) h)
1222
Zur Form ce phan (A) vgl. Westendorf, S. 376, s. v. "'han- (+ kausativer Infinitiv) »es ist nötig, daß ... «. Zu ergänzen ist vielIeicht :nh:bewe »Taten«; vgl. Steindorff, S. 57, mit dem Hinweis auf das Abwägen der guten und bösen Taten in der ägyptischen Mythologie. Allerdings ist diese Ergänzung nicht zwingend: weder sprachlich noch sachlich, da auch die Menschen als solche »gewogen« werden (vgl. Hi 31,6; Dan 5,27) und darüber hinaus alIe Dinge (4 Esr 4,36). Ich habe darum Steindorffs Ergänzungs-Vorschlag bei der Übersetzung nicht berücksichtigt. Bei Z. 11-14 handelt es sich womöglich um eine Glosse. Zum Motiv des »Wägens« beim Gericht vgl. zur ägyptischen Tradition vor allem Grieshammer: Jenseitsgericht, S. 46-48., bes. den Sargtext (CT) VI, 323q-324g: »0 ihr jene sieben Sprüche, die ihr die Waage haltet in jener Nacht des Zählens des wd3t-Auges [= das gesunde, unverletzte Auge des Horus; BJD], die ihr die Köpfe abschneidet und die Nacken [ ... ], die ihr die Herzen (jb) wegnehmt und sie (b3tj) raubt und die ihr ein Gemetzel (auf) der Feuerinsel ausrichtet! Ich kenne euch, ich kenne euere Namen. Ihr kennt mich, wie ich euch kenne .... Ich komme zu euch, ihr kommt zu mir. Ihr lebt von mit, ich lebe von euch, Nun überweist mich dem Leben, das in eurer Hand ist, dem Glück (wjS), das in euerer Faust ist. Überweist mich dem Leben alIjährlich. Es tue noch viele Jahre zu meinem Leben hinzu ... bis ich fortgehe und wieder erscheine, um Luft in meine Nase einzuatmen. Meine Augen, sie schauen unter denen der Horizontbewohner an jenem Tage der Abrechnung mit dem Räuber« (Grieshammer: Jenseitsgericht,
auf einer Waage! 5 Dann(L01:e) kam er heraus, nämlich ein I grosser Engel (uyyeAOr;),' indem eine Trompete (ouAmy1;) I von Gold in seiner Hand war. Er begann, indem er I sie dreimal trompetete (ouAm~eLV) P über meinen KOff (hinweg), indem er folgendes sagte: I »Besiege dich« - dieser, »von dem gilt«: er hat gesiegt! Sei
ach 14 14,I stark - dieser, »von dem gilt«: er war stark. Du nämlich (yuQ), I du hast den Ankläger (XaLTjyOQOr;) besiegt. Du hast (es) geschafft, heraus (zu kommen) I aus ihm, dem Abgrund und Amente. 14,I Du I wirst jetzt übersetzen an dem Ort »der« Überfahrt. la Dein Name nämlich (yaQ), man hat ihn in das Buch derer geschrieben, I die leben!«b 2 Ich wollte nämlich (yaQ), ich »persönlich«, I ihn küssen (a(JJta~Hv).c (Aber) ich konnte nicht küssen (aoJ[a~Hv)d I den grossen Engel (ayyeAOr;); denn «eine)) I gross«e)) war seine Herrlichkeit. 3 Er eilte nun zu ih-I S. 48f.). Vgl. auch die 33. Szene der 5. Pforte des "Pfortenbuches«(mit leeren Waagschalen; vgl. Hornung: Unterweltsbücher, S. 238; Abb. S. 239; Abb. 6), die Darstellung auf einem ptolemäischen Papyrus, wo "der Gott, der die Waage trägt«, das Herz des Verstorbenen gegen die Hieroglyphe der Ma-at abwägt, die für die Ordnungstreue des Toten im umfassenden Sinne des Lebens- und Gesellschafts-Verständnisses steht (vgl. Eggebrecht, Ägypten, S. 338f. [Abb. 7]; vgl. auch die Darstellung auf einem Papyrus, dem Totenbuch des Hunefer bei Eggebrecht: Unsterblichkeit, S. 12 f. [ca. 13°° v. ehr.]) und den Text des Totenbuches [18. Dynastie]: »Waagschale, mit der die Maat gewogen wird« (Hornung: Totenbuch, S. 242: TB 125,86; zur Waage und zum Wägen vgl. folgende Sprüche TB 1,67; 12,4; 17,218; 30B,6; 71,44; 105,15; 125,37f.I43·186.188; 132,7; 149,9; 178,86). Der ägyptischen Vorstellung kommt m. E. Jes 28,17f. am nächsten: "Ich werde setzen ... {daqah [vgl. ma-at ( )] zum >Gegengewicht< .... Und euer Bund mit dem Tode wird aufgehoben werden, und euer Vertrag mit der Scheol [vgl. am:nte und noun] wird nicht mehr bestehen bleiben«. Zum "kritischen Wiegen / Wägen« in der BH i)
j) k)
a) b)
c) d)
Eigentlich möchte man erwarten, dass es sich um den Enge! von 12,11 handelt, zumal er 13,19 - 14,4 dessen Worte von 12,12-16 aufnimmt. Doch ist dies schon wegen der anzunehmenden Textlücke nicht sicher. Zum weitverbreiteten Topos der Gerichtstrompete oder -posaune vgl. Joe! 2,1; Zeph 1,16 (vgl. BHH UI, Sp. 148of.); Mt 24,3 I; I Kor 15,52; Apc 1,10; 4,1; 8,2 ff.; 9,1 ff.; PsSal 11,1; LebAd47u.Ö. Zur Konstruktion ero n- vgl. Steindorff, S. 57. Auffällig ist auch der Umstand, dass der Seher hier aufgefordert wird, sich selbst zu besiegen. Zu ach 13,19 - 14,4 vgl. 12,12-16; sah 1,12-15 (ohne den Topos "Überfahrt«). Das "Buch der Lebendigen« (vgl. ach 4,zf.) erscheint an dieser Stelle etwas unvermittelt. Eher würde man eine Erfüllung der 12,6 H. vom Seher geäusserten Bitte um ein Auswischen seines Schulden-Kontos aus der Schriftrolle erwarten. MS: aOJta~E. MS: aaJta~E. I223
nen, den Gerechten (Chxmo~) allen, e welche Abraham I sind und Isaak und Jakob und Henoch I und Elias und David. f 4 Er sprach I mit ihnen in der Weise eines Freundes mit einem Freunde, I die miteinander sprechen. g 5 Er kam nun I zu mir, nämlich der grosse Engel (UYYEAO~), indem die I Trompete (auAmys) von Gold in seiner Hand war h. Er trompete-I te (auAm~ELv)' auf ihr hinauf zum Himmel. 6 Der Himmel öffnete (sich) I vom Ort des Aufgehens der Sonne bis zu ihrem Ort des I Untergehens, vom Norden bis zum Süden.) I5,I Ich I sah (das) Meer ({}uAuaau), k das l ich (bereits) gesehen hatte am
ach 15 I5,I Grund von Amente: I 5,2 Seine Wellen hoben sich I hoch bis zu den Wolken. Ich sah die Seelen ('ljJ1JXTJ) I alle, wie sie untergegangen waren hinunter in ihn. 3 Ich sah I einige, die gebunden waren »mit« ihren Händen I heran an ihren Nacken, die gefesselt waren an ihren Händen I
e) f)
g)
h)
i) j)
k) I) a)
122 4
Vgl. ach 17,1 I. Abraham, Isaak und Jakob werden auch in 17,6f. aufgeführt. Die Übereinstimmung der sechs genannten »Gerechten« mit den Paradigmen der commendatio animae ist wohl kein Zufall (vgl. zu ach 9,II). Vgl. auch den Exkurs zur Stelle bei Wintermute, S·514· Der "grosse Engel« unterhält sich mit den "Gerechten« wie Gott mit Mose (vgl. Ex 33,11 und dazu PsPhilo 23,9; 25,5; 32,8). Abraham ist bereits in der BH der »Freund« Gottes (Jes 41,8; vgl. 43,4; 48,14; dazu K. Elliger: Jesaja II, Neukirehen 1971, S. 137f. [BK XI]). Diese Tradition lässt sich auch durch die ausserkanonische antik-jüdische Literatur hindurch verfolgen; vgl. z.B. ApcPI(lat) 25; 27; ApcAbr 10,6; CD 3,2; TestAbr 4,10; 8,2; 13,I. Allerdings werden auch andere Personen Gottes "Freunde« genannt, etwa die ach 14,1 I erwähnten Isaak und Jakob (vgl. CD 3,3; PsPhilo 49>8; TestIs 1,4). Vgl. auch Abraham / Ibrahim als "der Freund« Gottes im Islam. - Der Abschnitt 14,9- I4 hat an dieser Stelle keine erkennbare Funktion. Nach dem Patriarchen-Einschub tritt wohl wieder der "grosse Engel« von 13,15; 14,8 auf. MS: ouAmt,E. Vgl. Mt 24,27.3of.; ApePetr (äth) 1,6ff.; ApcEI] 1,19 - ]2,9. - Es fehlt in ach das "Zeichen des Kreuzes« (vgl. ApcEI 32,4; dazu die Anmerkungen JSHRZ V,3, S. 251 f.; vgl. auch in Ergänzung hierzu E. Dinkler: Das Apsismosaik von S. Apollinare in Classe, Köln, Opladen 1964 (WAAFLNW 29); B. J. Diebner: Die Orientierung des Jerusalemer Tempels und die "Sacred Direction« der frühchristlichen Kirchen, in: ZDPV 87 (1971), S. 153 (Lit.).165f. MS: thalassa statt athalassa. MS: ras statt aras. Der Text-Zusammenhang ab 14,16 enthält eine Unstimmigkeit: der »grosse Engel« bläst zum Himmel hinauf. Dieser öffnet sich, und der Seher schaut »das Meer ... drunten in Amente«. V gl. dazu das Meer ach 7,6 ff.
und an ihren Füssen. b 4 Ich sagte: »Wer I sind diese?« 5 Er sagte zu mir: I »Diese (sind) die, die sie zu besitzen (? cj>OQELV)" pflegen; I sie geben Gold an sie und Silber, bis sie I irreführen (:n:Auvuv)d die Seelen ('l!J'UXTJ) der Menschen.« I 6 Ich sah aber (ÖE) noch einige andere, die I gekleidet waren in Matten von Feuere. 7 Ich sagte: I »Wer sind diese?« 8 Er sagte zu I . mir: »Diese sind die, welche Silber geben zu seiner Vermehrung f I und nehmen die Vermehrung von (der) Vermehrung.« Ig 9 Ich sah aber (ÖE) noch Blinde, die I schrieen heraus. h Ich wunderte mich, 10 als ich gesehen hatte I alle diese Werke Gottes. li Ich sagte: >,Wer sind diese?« :,j I
b)
c)
d) e) f) g)
h)
i)
j)
Vgl. GesEsr 40; Sib 3,I51. - Vgl. hierzu die Nackenfesselung des »Doppeltgewundenen« in der 36. Szene der Sechsten Stunde des »Pfortenbuches« (vgl. Hornung: Unterweltsbücher, S. 244, Abb.37 [Abb. 8], und den Text S. 236.243 ff.); vgl. auch den lxionMythos; vgl. Ranke-Graves I, S. I87; PW X,2, Sp. I373-1383; Roscher n,l, Sp. 76677 2 . MS: cj>OQEL. - Ich übersetze cj>OQELV (cj>OQEW zu cj>EQW) hier versuchsweise mit »besitzen« (vgl. Liddell-Scott, S. 195of.; zum Problem auch Steindorff, S. 60. Winterrnute, S. 51 5, konjiziert ein griechisches Wort mit der Bedeutung »bestechen«, Kuhn, S. 924, übersetzt mit »search out«. MS: JtACl.VCl.. Diese Angabe scheint nicht mehr die Situation des Meeres von I4,20ff. vorauszusetzen. -si statt sei (A). Es handelt sich um Zinswucher: Zins und Zinseszins. - Vgl. Ez I8,17. Im griechischen Achmim-Text der ApcPetr(ach) 3I (Hennecke-Schneemelcher IP, S. 478) heisst es: »In einem ... grossen See, voll von Eiter und Blut und aufwallendem Schlamm, standen Männer und Frauen bis zu den Knien; das waren die, welche Geld aus gelehnt und Zinseszins gefordert hatten«: OL ÖCl.Vd~OV'tE~ XCl.L aJtEL1:OÜv'tE~ 'toxou~ 'tOXWV. - Zins (und Zinseszins) werden an drei Stellen der Torah verboten; Ex 22,24; Lev 25>36f.; Dtn 23,20f. Prv 28,8 ist wohl nur im Kontext mit Prv I3,22 richtig zu verstehen; vgl. H. Ringgren: Sprüche, Göttingen I962, S. II3 (ATD r6/r). Ohne Wertung spricht die einzige NT-Tradition Mt 25,27 par. Lk I9,23 vom Zinsnehmen. Vgl. Zeph 1,17. - Diese »Blinden« fallen aus dem Rahmen, weil im weiteren zwar von ihrer Sünde, nicht aber von der Art ihrer Strafe die Rede ist. Womöglich ist die Blindheit selbst die Strafe, so dass mit dieser Charakterisierung genug gesagt ist. Doch fällt diese Gruppe damit aus dem Rahmen der übrigen, deren Strafen mit dem Ort der Peinigung verbunden sind. Dort, wo man eine Information über die Verwahrungsweise der »Blinden« erwarten möchte, wird über die Verwunderung des Sehers gesprochen und mit einem Temporalsatz auf die Gesamtheit des zuvor Geschauten Bezug genommen. Trotz des berechtigten Hinweises von Steindorff, S. 6I, habe ich den seltsamerweise nachgestellten Temporalsatz auf den Ausdruck der Verwunderung bezogen, weil mir dies sinnvoller erscheint und die Verwunderung sonst völlig isoliert stünde. Der vermutliche Einschub wirkt so ungeschickt, dass eine sprachliche Entgleisung des Schreibers auch nicht mehr unwahrscheinlich wirkt. Die Frage muss sich auf die »Blinden« beziehen, greift also hinter Z. I7f. zurück. 122 5
ach 16 16,1 Er sagte zu mir: »Diese sind die Katechu-I menen (xu't'l]X01JflEVO~), a die gehört haben das Wort von I Gott, aber (unu) sich nicht vervollkommnet haben in I der Sache, die sie gehört haben.«b 2 Ich aber (OE), I ich sagte zu ihm: »Ei, haben sie nicht Reue (flE'tUVOLU) I dort?« 3 Er sagte:»Ja.« (Da) sagte I ich: »Bis zu welchem Tage?« 4 Er sagte zu I mir: »Bis zu dem Tage, an dem der HERR I richten (XQLVEW)C wird.« 5 Ich sah aber (Öl') noch I andere, deren Haare auf ihnen waren. 6 (Da) I sagte ich: »Nun (uQu), gibt es Haar und Körper (OWflU) I an diesem Ort?«d 7 Er sagte: »Ja, es pflegt I a) b)
c) d)
MS: 'lta~E'lto'UJlEVO~. Vgl. Mt 13,5.20f. parr. - Die Rede von den »Katechumenen« im Zusammenhang mit »Reue« (JlE'tuvma) könnte bei diesem Abschnitt an eine christliche Rezeption denken lassen (vgl. auch Winterrnute, S. 515). Unterweisung im Glauben und pflichtgemässe Belehrung der Täuflinge finden wir schon im NT (z.B. GaI6,6; Mt 28,19f.). Eine festgelegte Dreijahresfrist, in der »der Lebenswandel und die moralische Festigkeit des Bewerbers« (H. Lietzmann: Geschichte der Alten Kirche, 2. Aufl., Berlin 1961, S. 127) und besonders seine diakonischen Aktivitäten geprüft werden sollen, findet sich in der Kirchenordnung Hippolyts 42 (frühes 3. Jh.). Eine derartige Entwicklung scheint unser Text vorauszusetzen. Doch gibt es auch im antiken Judentum »Umkehr« und »Unterweisung«, wenn wohl auch der Terminus »Katechumene« ('lta'tEx6JlEVO~) in diesem Zusammenhang nicht belegt ist. - V gl. u. a. auch NBL II, Sp. 456. MS: 'ltQLVEL. Auch mit den beiden Nachfragen Z. 5 f.ll f. fällt der Abschnitt ach 1s,r6f.19; 16,1-9 aus dem Rahmen. Möglicherweise muss hier ein den Verfasser (und seine Gruppe?) besonders drängendes Problem geklärt werden. - »Jener (Feuer-) See befindet sich in der Dat / und ist umgeben von diesen Göttern, / Sie befinden sich in den Umhüllungen, / ihre Köpfe (aber) sind entblößt« (»Pfortenbuch«, 3. Stunde, 10. Szene; dazu die Abbildung mit den Blossköpfigen im Feuersee: Hornung: Unterweltsbücher, S. 210f.). Eine Auffälligkeit des Textes besteht darin, dass der Seher nur »Haarige« sieht (16,9f.), aber nach» Haar und Kötper« fragt. Haar mag demnach zur Kötperlichkeit gehören. Es mag aber auch sein, dass die ausdrückliche Frage nach »Kötper« im Blick auf 1 Kor 15,35ff. zugefügt wird. Die Frage allein nach dem »Haar« könnte ihren Grund in vor-christlicher Tradition haben (natürlich auch die Frage nach »Körper« im Blick auf das »Schatten-Dasein« der Hades-Bewohner). Ein kahler Schädel scheint zum Reinigungsprozess zu gelrören (vgl. Lev 14,8f.; Num 8,7; Dtn 21,12; Jes 22,12; Jer 7,29; Ez 44,20; Mi 1,16), vermutlich weil langes Haar Kraft (vgl. Ri 16,22) bedeutet, Reinigung aber Verzicht auf Fähigkeit (vgl. Jes 3,24). Etwas anderes - und Verbotenesist der »Rundschnitt« (vgl. Lev 19,2-7; Num 6,5; Ez 44,20), wohl weil er das Merkmal feindlicher Kulturen ist (vgl.Jer9,25; 25,23; 49>32). »Vom KopfHaut und Haare« abgezogen zu bekommen, ist eine Schande (vgl. 2 Makk 7,7). Darum wohl auch der Trost »kein Haar soll euch gekrümmt werden« (Lk 21,18; vgl. Act 27,34). Paulus scheint hier eine andere Kultur zu vertreten (vgl. 1 Kor 11,6.14). Voll- und Stirnglatze sind nicht nur in bestimmten Zusammenhängen Zeichen für »Reinheit« (vgl. Lev 13,40), »Kahlkopf« ist auch der in (permanenter ?) kultischer Reinheit lebende »Gottesmann« und »Prophet« (vgl. 2Kön 2,23). - Im ägyptischen Totenkult sind wohl die Seligen »rein« (und
1226
der HERR ihnen Körper (awlla) und Haare zu geben I gemäss (xULa) der Art: die sein Wille ist."f 8 Ich sah aber (bE) I (noch) andere Mengen. g Er führte sie heraus, indem sie schauten I auf alle diese Strafen (xoAam~). 9 Sie begannen, I indem sie herausschrieen (und) indem sie flehten vor I dem HERRn, dem Pantokrator (n:avtQxgm:wg), I indem sie folgendes sagten: 17,1 »Wir bitten dich
ach 17 17,1 für diese, die sind in diesen Strafen (xoAam~) I allen, damit du dein Erbarmen haben mögest I mit ihnen allen!«a 17,2 Ich aber (bE), als ich sie sah, I ich sagte dem Engel (aYYEAo~), der sprach mit I mir: (»Wer sind diese?«) b 3 Er sagte (zu mir): »Diese, welche bitten den HERRn (sind) Abraham und Isaak und I Jakob. c 4 Zu einer Stunde nun täglich Id pflegen sie herauszukommen mit dem grossen Engel (aYYEAo~). I Er trompetet (aaAm~ELv)" hinauf zum Himmel und I (einen) anderen Ton auf die Erde. 5 Sie pfle~en zu I hören, nämlich die Gerechten (bLxmo~) alle auf den Ton. I Sie kommen herein, indem sie laufen (und) indem sie bitten I den HERRn, den Pantokrator (n:avLOxgULwg) täglich I für diese, die sind in I allen diesen Strafen (xoAamc:;). g 6 Wiederum (n:aALv) aber (bE) pflegt er I herauszukommen, nämlich der grosse Engel (aYYEAo~), indem die I
e) f) g) a) b) c)
d) e)
f) g)
glat[z]tköpfigJs.o.] als Zeichen ihrer »Unbeflecktheit«). Da müssen sich die christlich gewordenen Agypter wohl gewaltig umstellen. Statt bete lies t:be. Zu ach 16,9-14 vgL bezüglich der Frage-Ebene I Kor '5>35-50. Die hier genannten »anderen Mengen« werden in '7,6f. als drei Personen aufgeschlüsselt. Zum Fürbittengebet des Sehers vgL ach 2,12-16; vgL auch zum Problem der Fürbitte für die in ihren (Tod-) Sünden in der Unterwelt Befindlichen die Einführung oben S. I I 53. Hier ist ganz offensichtlich die Frage ce nim :ntau ne nei" ausgefallen (möglicherweise Homoioarkton: ce nim / ce neei). Von den '4,'0-'2 erwähnten Personen werden hier nur die Erzväter wiederholt. - In 4 Esr 7,I06-IIO werden als Fürbitter genannt: Abraham, Mose, Josua, Samuel, David, Salomo, Elias, EzechieL Zurtäglichen Fürbitte der Gerechten vgL u. a. AssMos 11,11. - »Zu einer (sc.: festgelegten) Stunde nun täglich ... «: vgl. hierzu als nächste Parallele ApcPI(lat) 7f.; 25. MS: aaAm~E. Zu dieser Bezeichnung vgl. '4,10; umso merkwürdiger, dass hier Henoch, E1ias und David fehlen. Im Abschnitt '7,7-15 finden sich Anspielungen auf bereits Erwähntes: der »grosse En122 7
Trompete (aUAmy~) von Gold h in seiner Hand ist (und) indem er bläst (auAm~ELv)l
I
hinunter zur Erde. 7 Sie pflegen (es) zu I hören am Ort des Aufgehens (der Sonne) bis zum Ort des I Untergehens und im Süden bis zum I Norden.] 18,1 Wiederum (nuALv) nun (uv) pflegt er zu blasen (auAm~ELv)k
ach 18 18,1 hinauf zum Himmel. Sie pflegen (dort) zu hören seine I Stimme.« 18,2 Ich sagte: »Herr, weswegen rucht I liessest du mich, bis ich sie alle sah?«' 3 (Da) sagte Ib er zu mir: »Ich habe nicht Vollmacht (E~oumu) I dort, sie dir zu zeigen C , bis d der HERR, I der Pantokrator (nuvto%Qa"twQt sich erhebt in f seinem I Zorn (1}UiJO~) zu verruchten die Erde und die I Himmel. g Sie werden (es) sehen (und) sie sind verwirrt (und) sie I rufen alle aus, indem h sie folgendes sagen: 4 Alles Fleisch (auQ~)l, welches zu dir gezählt wird, das werden wir geben I dir alle am Tage des HERRn!« I 5 Wer (ist es), der stehen können wird I vor ihm, wenn (01:UV)j er sich I
h) i)
j) k) a) b) c)
d) e) f) g)
h) i)
j) 1228
gel« pflegte schon 14,8-14 vertraulichen Umgang mit »allen Gerechten« und »posaunt« 14,14-q zum Himmel. Neu ist, dass er jetzt auch zur Erde hinab bläst (q,9f.qf.). MS: noub statt :nnoub. MS: aaA1U~E. Zu 17,19-21 vgl. 14,18 f. MS: aaA1U~E. Diese Bemerkung könnte darauf hindeuten, dass in den heute nicht verfügbaren Abschnitten nach S. 18 nicht mehr viel Visionäres gestanden haben mag. Am Zeilenende: [[c]J. Statt atamak arau anfänglich atamarau geschrieben, dann nachträglich supralinear k hineinkorrigiert, allerdings nicht das bei scriptio continua (c.gr.s.) ursprünglich doppelt gelesene, nun aber fehlende (zweite) a. Korrekturen im MS. Nach :rtavwxQa'twQ Tilgung eines Buchstaben [[?]]. b:n- über e-u korrigiert. Vgl. Jes 13,13; auch Zeph 1,14 - 2,3. - Der Topos des Vergehens von Himmel und Erde oder gar ihres vernichtet Werdens im göttlichen Zorn findet sich so nicht in. der BH: selbst inJes 13,13 nicht, der Stelle, die ach 18,5-8 sprachlich am nächsten steht: 6 yaQ oUQavoc; 1tlJflwl'}~aE,m xaL ~ yfj aEUrl}~aE,m EX ,iiiv 1tEflEALWV au,fjC; ola 1t'lJflOV oQyfjc; X'lJQLOlJ aaßaw1t 'TI ~~lEQq., iJ <Xv E:rtI\)"'}lj 61tvfloC; aucoiJ (LXX); vgl. dazu eher Gen 8,2 I f. Gottes Zorn richtet sich vor allem gegen Menschen[-Gruppen]). V gl. aber Mt 5,18; 24,35 parr.; Lk 16,17; 2 Petr 3,10-12 (!); 1 Joh 2,17; Apc 21,1. eu- über anderen Text korrigiert. Der Schreiber hatte Schwierigkeiten mit dem für ihn (als Kopten) ungewöhnlichen Buchstaben 1; (in a((Q1;), der nur in (griechischen) Fremdwörtern begegnet. MS: hotan.
erhebt in seinem Zorn ({}uf.Lo~), k um zu ver (nichten die) Erde 11 und jeden Baum, der gewachsen ist auf der Erde? I 6 Sie werden herausgerissen mit ihren Wurzeln. Im Sie fallen herunter auf den Grund und I jeder Turm (Jt1JQYo~), der hoch (ist), und die Vögel, I die herniederfliegen und I jeder Turm (Jt1JQyo~),n der hoch (ist): sie werden fallenD
[herunter auf den Grund ...
k) I)
m) n)
0)
Zu dieser »kritischen« Frage vgl. Ps 130 (129 LXX),J; Nah 1,6; Mal 3,2; Apc 6,i7: Ö1:L ~A.~EV ~ ~f.tEQU ~ f.tEyUA,1] 1:fj~ 6Qyfj~ UU1:WV (andere: uuwü), X.UL 1:L~ öUVU1:UL
Einfügung 1(5. II79): In §95 der Klosterregel Pachoms heisst es: oute :nnet:n~mo-os etom etet:n:rsnaw oute out:me - Weder sollt ihr sitzen auf (einer) Matte, wenn ihr zu zweit seid, noch (liegen auf) einer Schlafmattei. Deutlicher kommt der Skopus dieser Passage in der lateinischen Übersetzung des Hieronymus (404 n. Chr.) zum Ausdruck: Nullus in psiathio cum altero dormiat - Niemand soll zusammen mit einem anderen auf der [sc.: ein und derselben] Matte schlafen 2 , weil hier statt des wohl euphemistisch zu verstehenden »sitzen« des koptischen Textes das eindeutigere »liegen« steht. Eine ähnliche Bestimmung findet sich später auch bei Schenute. »Die Weisung von Pr 95 ist eindeutig als Schutz der Keuschheit gemeint«3, deutlicher formuliert: sie richtet sich gegen homosexuelle Praktiken, wie auch der Kontext belegt, in dem sie stehe. Es ist nur eine Vermutung, aber sie legt sich nahe: der verfängliche Lukastext (in einer Mt und Lk harmonisierenden MS-Tradition) liegt uns in einer >bereinigenden<, unverfänglicheren koptisch-mönchischen >Redaktion< vor. Damit wird nicht behauptet, dass dieser Text >christlich getauft< worden wäre, wohl aber angenommen, dass >christlich Getaufte< dem Text seine Gestalt letzter Hand gaben und ihn für ihre monastisch-zönobitischen Erfordernisse rezipierbar machten. Dies aber hiesse: wir könnten wohl auch dann eine christlich-bearbeitende Rezeption annehmen, falls man nicht bereits mit der Rezeption einer >Evangelien-Harmonie< gemäss Cod. D rechnen oder überhaupt von einem Bezug auf die betreffende Evangelien-Tradition absehen möchte5 •
Einfügung II (5. II87) Bezüglich der von mir vermuteten >koptisch-mönchischen< Bearbeitung könnte ich mit einer letzten >produktiven Gestaltung< des uns tradierten achTextes noch im Laufe des 4.Jh.s rechnen.
Einfügung III (S. 1204) Zu den >zweien<, die je auf eigener Lagerstätte liegen, vgl. u. a. die Mönchsregel des Pachom §95 (CSCO 159, S. 31).
2 3 4
123°
MS Paris B.N. 12912, f. 4; veröffentlicht in: CSCO 159 (=SC 23). Louvain 1965, S. 31. H. Bacht: Das Vermächtnis des Ursprungs: Studien zum frühen Mönchtum Bd. II: Pachomius -Der Mann und sein Werk. STGL 8. Würz burg 1983, S. 105. Bacht: a. a. 0., S. 197. Vgl. die §§92-94, wobei sich der erste Teil von §92 wohl gegen die Möglichkeit der Selbstbefriedigung richtet; vgl. CSCO 159, S. 31, resp. Bacht: a. a. 0., S. l04f. Das aber hiesse: in dieser Form müsste ach - womöglich bereits auf der Ebene der koptischen Text-Tradition - jedenfalls noch im 4.Jh. christlich bearbeitet worden sein.
Register Namenregister I.
Namen in den Texten der apokryphen Fragmente
Abdenakob (für: Abdenago LXX, Abednego BH) ach 9,9 Abraham ach 14,10; 17,6 Adonai Sabaoth (Gottesbez.) ach 8,3/4 Amente ach 14,3; 15,1 David ach 14,12 Elias ach 14,12 Eloi (Gottesbez.) ach 8,3 Enoch vgl. Henoch Eremiel ach 10,9 Helias vgl. Elias Henoch ach 14,lI Iabok vgl.Jakob Iakob vgl. Jakob vgl. Israel lliA Ioatham vgl. J oatham Isaak ach 14,11; 17,6 Israel ach 9,3; 12,2 ach 14,lI; 17,7 Jakob ach 3,6.lI Joatham Meisak (für Misach LXX, Meschach BH) ach 9,8 Pharao ach 9,4 Searak vgl. Sedrak Sedrak (für Sedrach LXX, Sadrach ach 9,8 BH) Selr ach 2,19 sah 1,22 Sophonias Susanna ach 9,5 Zephanja vgl. Sophonias
2.
Namen in Einführung und Anmerkungen zum Text
Abdenakob Abraham aßvaao~
1216 II79.1216.1224.1227 1218 1222
Acheron äLÖll~ (vgl. auch Hades)
II87·1213
Amente 1202.1218.1223.1224 Anubis lI87 Apophis 1210 Charon 1222 Christus II71.lI83 Clemens Alexandrinus 1143. 1145. 1 148. I I 54. I I 55· Cumorah Daniel David ÖLUßOAOC;
I I 56. I I 59. I 164-lI 71. II74. 1200 1221 lI79.1217 1217.1227 1208
»drei Männer« (im Feuerofen) lI73·1216.1217
Dioklerian I I 74 Edom 1206 Eli 1206 Elias lI54.II55.1207.1216.1227 Elohim (Gottesbez.) 1207 EQEßOC;
lI87 lI60.1 163 .lI67.lI75.II82. 1189.1218.1219 EQLVUC; (Erinnyen) 1210.1211.1215 Esra I I 55.1207 Ezechiel 1200.1227 Gorgo 1209.1215 Hades II71.II89.1202.1209.1212. 1213.1226 Henoch II55.1171.1207.1216.1227
Eremiel
Hieremiel vgl. Eremiel 1179.1216 Hiob Hippolyt 1226 Horus 1222 Ibrahim (= Abraham) 1224 Isaak 1216.1224 Israel 1188.1206.1214.12 I 5.1217. 1220
I23I
,Jahwe< (im
19. Jh.
erfundener Gottesname)
1182
Jakob 1224 Jerernia(s) rr82.I2I3 J ererniel vgL Eremiel Jerusalem II88.I203.I208.I217 Jesaja II55.12I3 J esus II 79. I220 Joatham rr62.rr66.I I 85.1206.12°7 Job vgl. Hiob Johannes Hyrkanos I206 Jonas 1217 Josua 1227 Keren I210.12lI Kundrie I209 Lactanz rr 74 Lazarus 1183 Lot 1216 Lurher, Martin rr8+12}2 Ma-at rr87.1223 Messias Ir72.I207 1182 Michael 1182 Michayahu Moroni 1221 Mose 1179.1216.1217.122+1227 vgl. Mose Moyse Nasiräer I209 Nicephorus II43· II 5° Noah II79· 1216 Noe vgl. Noah Noun 1202.I218. 122 3 Osiris 1210 Pantokrator I 163. I 166. I 167. I 189.1200. Paran Paulus
12 3 2
12°7. 1208 I206 II73·11S2.1217·1226
Petrus 1182.1217 Pharao I216.I217 Plato Ir 59 PsAthanasius 1 143 Ramiel vgl. Eremiel Laßaw8 (Gottesbez.) lI82.12IS Salomo rr 79. I 227 Samuel rr79.I227 Sanherib I2 I 7 Schaddaj (Gottesbez.) I207 Searak vgL Sedrak 12I6 Sedrak Seir I 160.lI62.rr66.lI88.1206 Simson 1209 Sinai 1206 Smith, Joseph 1221 Sophonias I I43.I 146.1 I 5+1 I 55.lI 56. I I 57.1 I 5 8.rr 59.II69. lI70. lI90.I200.120 I. I 202
Styx Susanna
1222
,aQ,aQo~
1I87
II73.12I7
Thecla lI82.I2I7 Thot rr87 tres pueri vgl. »drei Männer« Uräus 1215 Usi 1206 Yahuh (Gottesname) rr82 YHWH (»Tetragramm« =Gottesname) I207·I2I4
Yirmeyahu I I 82 Zephanja (vgl. auch Sophonias) lI43. I I 55.1 I 59. 1200. 1203. I206
Zion
Stellenregister Vorbemerkung Das Stellenregister weist folgende Einteilung auf: 1. Textstellen der hebräisch-aramäischen Bibel. Das sind die in den reformatorischen Bibeln enthaltenen Schriften, die wohl in Zahl und im Umfang, nicht aber in ihrer Anordnung mit denen der jüdischen Bibelübereinstimmen. 2. Textstellen aus Schriften, die Martin Luther aus dem reformatorischen Bibel-Kanon im engeren Sinne ausschloss, weil von ihnen zu seiner Zeit keine hebräischen Texte bekannt waren. Diese Schriften wurden in reformatorischer Tradition als »Apokryphen« bezeichnet. 3. Textstellen aus dem (fast durchweg) gemein-kirchlich rezipierten Neuen Testament. 4. Deuterokanonisches Schrifttum. 5. Sonstige Quellen aus (Altem) Orient und Antike. Diese Gliederung verlangt eine Begründung: a) Ginge es nach mir, so lautete die erste Textstellen-Gruppe: 1. Altes Testament. Und diese Gruppe umfasste auch die sog. »Apokryphen« der reformatorischen Bibel; denn (c.gr.s.) diese Schriften insgesamt gehörten zur »Bibel« der frühen Christen (»LXX«) und zum »AT« der spätantiken Kirche - der Welt, in der wir uns mit unseren Untersuchungs-Texten bewegen 1. Wir unterstellen den Christen jener (spät-) antiken Jahrhunderte unsere (dogmengeschichtlich geleitete) Optik, wenn wir die sog. »Apokryphen« des AT in einer historischen, auf antik-spätantike Texte bezogenen Untersuchung von dem »AT« abkoppeln. - Ich versuche, dafür ein wenig Bewusstsein zu schaffen, dass ich diese reformatorischen »Apokryphen« als Schriften der »Griechischen Bibel« von denen der hebräisch-aramäischen (BH, TNK) absetzeschlechten Gewissens; denn eigentlich müsste ein Register in diesem Sachkontext eine Stellen-Rubrik für das »AT« im Sinne der LXX vorsehen. - Nebenbei: Hätte Luther bereits den hebräischen Sirach gekannt: Sir gehörte zur protestantischen Bibel! b) Das Neue Testament lässt sich einigermassen gut definieren. Aber auch dort gibt es - gerade im Blick auf die Tradition östlicher Kirchen seit der Antike - »Grenzbereiche«. Schon der lClem ist davon betroffen. c) Ich unterscheide nicht nach »Deuterokanonen« des AT und NT. Alle (sog.) jüdischen »Deuterokanonen« (bei uns meist als deuterokanonisches Schrifttum des »AT« bezeichnet) wurden - sofern es sich nicht um Neu-Entdeckungen der jüngeren Zeit handelt - in christlicher Rezeption tradiert, oft in starker christlicher Überarbeitung. Meist wissen wir aus der Antike nichts von
1.
Diese Schriften gehören (nota bene) noch heute zum »AT« der meisten Christen auf dieser Welt: Katholiken, Orthodoxen der verschiedensten Gruppierungen usw. Jenseits möglicher konfessioneller Überlegungen ist Erich Zenger historisch gesehen zuzustimmen, wenn er seiner Einleitung in das Alte Testament (r. Aufl. I995; 2. Auf!. I996) den LXX-Kanon zugrundelegt.
l233
einer solchen Überarbeitung und stellen diesbezüglich - wie auch hier - irgendwelche Hypothesen auf. Vielleicht wurden diese Schriften tradiert, weil man sie eher als »Ergänzungs-Literatur« zur christlichen Bibel (insgesamt) verstand?! - Wenn ja, dann müsste man (etwa) unterscheiden zwischen christlich rezipierten Texten des antiken Judentums (gleichgültig, ob wir diese aus einer [ziemlich] kontinuierlichen christlichen Tradition kennen oder sie erst in jüngerer Zeit ans Licht kamen) und solchen, die - unserer Kenntnis zufolge (wohl) nie christlich rezipiert wurden. Von weiteren Differenzierungen möchte ich hier absehen. - Ich habe all diese Literatur unter einer Rubrik zusammengefasst: eine solche ist (weitgehend!) Hypothesen-unabhängig. d) In einer letzten Rubrik fasste ich »alles andere« und »alles Mögliche« an (alt-) orientalisch-antiker Tradition zusammen. Und zwar unterschied ich hier - neben anderen nicht getroffenen Unterscheidungen - nicht zwischen textlicher und bildlich-monumentaler Tradition. Auch die Bildtradition ist »Aussage-kräftig«. Und gerade die ägyptische Kultur, in deren Tradition die hier behandelten koptischen Text-Fragmente stehen, trifft diese Unterscheidung nicht in unserem Sinne. Bereits auf der Graphem-Ebene konvergieren »Bild« und »Buchstabe« (so wie bei den Juden »Buchstabe« und »Ziffer«). Dies spiegelt sich dann in den piktoral-graphischen Darstellungen der ägyptischen Kultur, in der sich beide Systeme nicht in der uns vertrauten Weise scheiden lassen.
12 34
Hebräisch-aramäische Bibel/BH = TNK Torah Gen 8,2rf. II,6-9 18,23 ff. 18,23-33 28,13 31,42 31,53 f. 32,4 32,10 33,14 33,16 36,3° 49,24
1228 1222 12°5 II 79 121 4 121 4 121 4 1206 12 14 1206 1206 1206 121 4
Ex 3,6 3,15 f. 4,5 4,24-26 22,24 32,3 0ff. 32,31 ff. 32,32 f. 33,II 34,29
121 4 121 4 121 4 117° 122 5 II 79 12°5 1207,1221 1224 121 7
Lev 10 13,4° 14,8f. 19,27 25,36 f. Num 6,5 8,7 16f. Dtn 2,4 2,12
2,22
7,8 9,6 21,12
23,20f. 32,39 33,2
Propheten Jos 10,13 b
Ri 5,4 5,3 1 13,5 16,17 16,22 lSam 2-4 2,3 2,12ff. 2,22ff. 10,18
1200
1206 121 7 12°9 . 12°9 1209, 1226
25,29
II81 122 3 1206 II81 1216 II 79 1208
2Sam 3,3 1-34 5,10 7,27
12°3 121 4 121 4
lKön 8,12ff. 8,53 12,28 19,10 19,14 22,19 22,46
II 79 1216 1216 12 14 121 4 1200 1200
1206 1226 1226 1226 122 5
2Kön 2,23 17,7
1226 1216
1226 1226 1206
Jes 3,15 3,24 4,3 6,1-3 6,6f. 13,13
1206 1206 1206 1216 1216 1226 122 5 1212 1206
12,r-S-tf.
21,10 21,1 I
22,12
28,17 f. 30,26 3°,33 38,10 41,8 43,4
121 4 1226 1208 1200 121 3 1228 121 4 1206 1226 122 3 1200 121 4 121 3 1224 1224 12 35
43,25 48,14 57,15 63,10f. 65,6
1221 1224 120 5 1200 1208
121 3 12 14 121 4 1226 1226 1220 121 4 1226 1226 1221
11,1
11,1 ff. II,I(-25) 14,12ff. 14,13 14,13 ff. 14,14 14,20 18,17 35,3 35,7 35,15 44,20
1220 II55 1200 II 55 II 64 1206 II 79 II 79 II 79 II 79 122 5 1206 1206 1206 1226
Hos 12,6
121 4
Joe! 1,14ff.
1220
2,1
122 3 1220
2,15 ff.
Am 3,13 4,13 9,2 9,5
121 4 121 4 1221 12 14
Mi 1,16 7,16
Hab 2,20
1,1-6 1,10ff. 1,14-2,3 1,16 1,17
1201
1206 1204 1228 122 3 122 5
Sach 1.4 8,18
1226 121 3
3,2 3,16
121 4 121 4
1229 1208
Schriften Ps 1,5 5,8 II,4 35,13 36,6ff. 51,3 51,II 51,13 57,II 62,10 65,5 69,7 69,29 84,9 81.4-6 87,6 89,9 106,1 107,1 108,5 109,14 130,3 13 8,2 139,8
1229 1201 1201 1220 1221 1208.1221 1221 1200 1221 122 3 1201 121 4 1207.1221 12 14 1208 1208 121 4 1221 1221 1221 1208 1229 1201 1221
Hi 1,6-12 5,16 21,5
31,6 12 36
1229
Mal
Ez 2,3-5 3,24 ff.
1,6
Zeph
Jer 1,9 5,14 7,3 7,29 9,25 14,12 15,16 25,23 49,32 51,9
Nah
1202 121 3 121 3 1222
Prv 13,22 28,8
122 5 122 5
Dan 3,12 5,27 7,10 7,rr 9,3 9,4 10,6 12,1 12,12
Esr 7,2ff. 9,15
1216 1216 1222 1208.1209 121 4 1220 121 4 1218 1208 1210
1206 1229
6, II 16,13
1229 1212.121 3
Sir(gr) 1,9. 7,10 7,32-3 6 7,35 7,3 6
1200 1220 1;1.20 II 80 rr80
PsSal 12,4 16,2
122 3 121 3 121 3
ZusDan 1,45
1200
ZusEst D 13 f.
12 17
11,1
Neh 1,5 9,32 13,14
121 4 121 4 1208
N eues Testament
lehr 5,29 ff. 6,4 ff. 17,24
1206 1206 121 4
Griechisches Altes Testament /
LXX Tob 6,3 12,8 12,8f. 13,2
121 5 1220 rrgo 1212
2Makk 7,7 12,42 12,44
1226 II 79 II 79. II 89
Ps 50,13 68,29 129,3
1200 7 1/7 2 1229
Sap 4,I9 f. P7 ff.
1210 1210
Mt 4,1 4,5 4,8 5,18 7,29 9,6 10,9 13,5 13,20f. 13,42 13,50 16,18 17,2 18,8 18,8f. 24 24,27 24,30 24,3 0f. 24,3 1 24,35 24,40 24,40f. 24,41 25,27 25,31ff. 25,31-46 25,41
1208 1203 1203.1206 1228 1210 1210 1220 1226 1226 121 3 121 3 121 3 12 17 1210.121 3 1210 rr77.rr78.II 86. 1204 II72.1224 II 72 1224 II72.1223 1228 II78.1204 II75· II 7 8 rr77·II78.1204 1225 1180 1220 1210.121 3 12 37
25,46 28,I9 f.
I2IO 1226
Mk 2,I8ff. 9,43 f. 9,45 ff.
lI8I I2I3 I2IO
2Kor I3,IO
1210
Ga! 6,6
I226
Eph 5,8- I4
12I4
Phi! 4,3
1208
Ko! I,I6
I200
2Thess I,9
1210
Lk 2,37 4,5 4,9 9,29 10,20
lIAI I2,33 I6,I7 I6,19 ff. 16,19-3 1 16,24 16,26 17 17,34 17,34 f. 17,34-3 6 17,35 19,23 21,18 Joh 5,29 8,7
1220 I203·1206 12°3 I2I7 1207·I208 1220 1220
I228 I189 lI83 12IO.121 3 II89 1178.1204 II 77. I q8.II79·1204 II75· 1q8 II75 12°4 122 5 1226
1210 II9°
Aet 2,1-1 I
4,32-5,I I I3,3 I4,22f. 14,23 27,34
1222 1220 1220 II81 1220 1226
lKor II,6 II,14 I5 IS,JSff. 15,35-5 0 15,3 8 15,52
12 3 8
I2I9 II82
IPetr 3,18 ff.
lI7 1
2Petr 3,10-12
1228
IJoh 2,I5 2,I7
II74 I228
Jud 7
I2I3
1,10
1210
1,13 1,15 I,16 2,I8 3,5 4,I 4,4 5,1 5,2 5,4f. 5>9
1226 1226 1181 1226 122 7
lI75· rr81 122 3
1208
1,27 5,4
121 3 I171
II 79 1201
Jak
Ape 1-12
Röm 3,19 6,23 10,6ff.
Hebr 7,25 ff. 11,7 12,23
I I 51 122 3 II75· I2 q lI7S·12I8 I2I7 II75· I2I8 1208.I222 122 3 I200 1208 12I9 121 9 T2I9
5,II 6,1 6,5 f. 6,11 6,17 7,9 ff. 7,13 8,2ff. 9,1 ff. 9,2 9,3 9>3-10 9,8 9,10 9,11 10,2
12,7-12 13,8 13-22 14,10 17,8 19,10 19,20 20,10 20,12
20,14 20,14f. 20,15 21,1
21,8 22,8 22,8 f.
12°9 121 9 122 3 1222 1229 1222 12°5 122 3 122 3 121 3 1209·121I 12°9 12°9 12°9. 1211 121 5 121 9 1202 1208 ,II5J 121 4 1208 1175·I2I4·I2I8 12I3 121 3 1208. I21 9 121 4 121 3 1208 I228 1213.1214 1164-1202 1175· I2I8
Deuterokanonisches Schrifttum Achtzehngebet 12 1208 ApcAbr 10,6 ApcBar(gr) 3,4 4,16
1224
12,2
1206 121 3 1206
ApcBar(syr) 24,1 44,15 55,3 59,2
1208 121 3 1218 121 3
59,10 63,6 64,7 85> 13
121 3 1218 121 3 121 3
ArcEl 31,9 31,19 31,19-]2,9 32,1-7 32,4 ]2,7 ff.
1172 1172 1224 II72 1172.1224 1172
ApcEsr(gr) 4,17 4,23 4,26 7,17
1206 1206 1206 12°3
1ApcJak! NHL V,3
II7°
AscJes 7,13 H.
115 6
ApcPetr(ach) 3I
122 5
ApcPetr(äth) 1,6ff.
1224
ApcPI(lat) 7 f. 14 17 23 25 27 29 39 f.
1227 1221
121 9
1222 1224.1227 1224 1212 121 3
ApcPI! NHLV,2 20
1202
ApcSedr 2,4 2,5
II 56 115 6
AscJes 7,21
u18
Asklepiusl NHLVI,8
12°5
II7°
12 39
AssMos 11,1 I
1227
Buch vom Kämpfer Thomas/ NHL II,7 II 70 IClem 7,5-7 59,3
II 89 12°5
2elem 8,1-3
118 9
Dialog mit dem Heiland/ NHL III,5 II 70 Discourse on the Eighth and Ninth/ NHLVI,6 120 5
54,rf. 56,rf. 60,1 63,10 67,6f. 71,8 71,13 81,4 8304 89,61 H. 9°,14 90,22 90,26f. 92,1 9 803 98,6-8 98,15 100,9 102,1
4Esr
rf.
403 5 ff. 4,3 6 4,4" 7,3 6 7,I02-II5 7,I06-lIO 7, II I 7, 12 5 15 f. EvVer 22,39 27,11
GesEsr 23 31 4° Hen(äth) 3 ff. 6-16 6,7 10,6 18,1 I 1903 20,8 21,7
26f. 39,7 4°,1 47>3 48,1 51,4
124°
II 8o 121 9 I218.1222 I2I8 121 3 1179 122 7 1206 121 7 lI80
103,2 1°4,1 1°4,7 108,3 108,3-5 108,7 108,10
121 3 1220
122 5
1229 lI71 I2I8 121 3 121 3 1202 I218 121 3 12I2 121 7 I202. 1209 I208 12°4 121 7
1202
121 3 1208 1208 121 3 121 3 1208 1208 12°7.1208 1208 121 3 1208 1208
Hen(sl) 10,2
18,2 19,5 20,2
1208 121 7
121 3 1201 1202.12°9 121 3 121 3 1202.12°9 1202.12°9 1208 1229 12°7 12°7 12°7 121 3
21 03 22,4 42,1 42,7 ff. 49 51,1 52,15 63,1 Herrn vis 1,403
121 4 1200
12°7 1210 1210
12lI 12°9 1220 122 3 1220 122 3 1220
1221
Hypostasis of the Archons/ NHLII,4 12°5 JosAs 12,9 14,9
12°9 I2I8
Jub }0,19 ff. 30,20ff. 30,22
I20S I207 1208
TestSeb 10
30,23 36,10 39,6
1208 120S 120S
LebAd 47
122 3
3Makk 2,2ff. 5,51 6,2-15 6,4-8 6,6-8
12 17 121 3 121 7 121 7 121 7
BM MS 990r/3 (äg.) = TB Hu-nefer 1223
12,12
121 3
Breviarium Romanum Commendatio Animae 1216
MartPol 9,1
1221
V, XI, 77,2
PsPhilo 19,12 23,9 25,5 32,8 40,1 49,8
12°3 1224 1224 1224 122 3 1224
4Makk
121 3
Sonstige altorientalische und (spät-)antike Quellen Amduat (äg.)
91
121 5
Clemens Alexandrinus Stromata II45·1158
ConstApost V,7
121 7
Höhlenbuch (äg.) 121 5 97,7-98,1
SadokWerk (CD) =Damaskusschrift 1224 1224
Josephus Antiquitates 8,IIf. 10,152-154 10,153
Second Treatise on the Great Seth! NHL VII,2 1205
Kirchenordnung Hippolyts 42 1226
Sib 3,151
122 5
London Ms. Or. 5525 110 1183
Sir(hb) 7,35
IISO
TestAbr 4,10 8,2 9,2-4 10,7 ff. 13,1
122 4 1224 1221 1208 1224
TestHi 52,IIf. TesrIs 1,4 7,1 10,1
1206 1206 1206
Pfortenbuch (äg.) 10. Szene 1213.1226 33. Szene 1223 36. Szene 1225 60. Szene 1215 Pisa, Campo Santo, 1213 Sarkophag Sargtexte (äg.) = CT VI,F3q-F4g 1222
12°3 122 4 121 3 12°3
Totenbuch (äg.) 1223 1,67 1223 12,4 1223 17,218
30B ,6 7 1,44 10 5,15 125,37f. 125,49f. 12 5,86
122 3 122 3 122 3
122 3 12!1
122 3
13 2 ,7 149,9 178,86
122}
122 3 122 3
Velletri, Sarkophag
121 3
12 5,143
122 3
Xenophon Institutio Cyri
12 5,186 12 5,188
3 122 3
8,3,13
122
1200
(2.
). Rechte
12
4
Abb. 2: Pisa, Camposanto, Sarkophag (3. Jh.). Front, Hadespforte. (Panofsky Abb.116).
Abb. 3: (Glatzköpfige) »Götter, die im Feuersee sind« (Hornung S. 210, Abb.20).
Abb. 4: Erynnien (RoscherI,1, Sp. 1331f.) 12 44
über Text S 238).
12 4- )
SJ:nü'2:)
:8