Wiebke Schröder Zwischen den USA und der Volksrepublik China
Wiebke Schröder
Zwischen den USA und der Volksrepublik ...
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Wiebke Schröder Zwischen den USA und der Volksrepublik China
Wiebke Schröder
Zwischen den USA und der Volksrepublik China Interessen und Präferenzen deutscher Unternehmen
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
1. Auflage 2010 Alle Rechte vorbehalten © VS Verlag für Sozialwissenschaften | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2010 Lektorat: Katrin Emmerich / Sabine Schöller VS Verlag für Sozialwissenschaften ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media. www.vs-verlag.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: KünkelLopka Medienentwicklung, Heidelberg Druck und buchbinderische Verarbeitung: Rosch-Buch, Scheßlitz Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN 978-3-531-17030-5
Inhaltsverzeichnis Abbildungsverzeichnis
9
Tabellenverzeichnis
11
Abkürzungsverzeichnis
13
Einleitung
15
1
2
Theoretische Grundlagen 1.1 Überblick und wissenschaftstheoretische Grundlagen 1.2 Der Neue Liberalismus nach Andrew Moravcsik . . . 1.2.1 Kernaussagen . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2.2 Varianten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2.3 Anspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3 Thema der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . 1.3.1 Ableitung der Fragestellung . . . . . . . . . 1.3.2 Abgrenzung von bestehenden Studien . . . . 1.3.3 Beitrag zur wissenschaftlichen Debatte . . .
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Forschungsdesign 2.1 Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.1 Länder: USA und China . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.2 Analyseebene: Mikroebene . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.3 Akteurswahl: Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.4 Unternehmen: BASF, Daimler, Siemens, Deutsche Bank, Allianz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.5 Präferenzbestimmung: Empirisch-induktiv . . . . . . . . 2.1.6 Methoden: Datenanalyse, Interviews, Dokumentenanalyse 2.2 Analyseschema . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.1 Grundinteresse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.2 Präferenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
19 19 24 24 28 31 32 32 36 37 39 39 39 44 47 50 52 54 58 59 59
6
Inhaltsverzeichnis
2.3
3
4
2.2.3 Strategie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.4 Verhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.5 Zusammenschau . . . . . . . . . . . . . . . . Kritische Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.1 Untersuchung nationalstaatlicher Außenpolitik 2.3.2 Auswahl der Akteure . . . . . . . . . . . . . . 2.3.3 Induktives Vorgehen . . . . . . . . . . . . . . 2.3.4 Gewicht der Interviews . . . . . . . . . . . . . 2.3.5 Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Empirische Analyse: Makroebene 3.1 Handel mit Waren und Dienstleistungen 3.1.1 Warenverkehr: Exporte . . . . . 3.1.2 Warenverkehr: Importe . . . . . 3.1.3 Dienstleistungsverkehr: Exporte 3.2 Kapitalausfuhr und verbundene Größen 3.2.1 Direktinvestitionen . . . . . . . 3.2.2 Anzahl Unternehmen . . . . . . 3.2.3 Umsatz . . . . . . . . . . . . . 3.2.4 Mitarbeiter . . . . . . . . . . . 3.3 Diskussion . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.1 Zusammenfassung . . . . . . . 3.3.2 Interpretation . . . . . . . . . . 3.3.3 Problematisierung . . . . . . .
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61 61 61 62 62 63 64 65 66
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67 67 67 71 74 77 77 82 84 87 90 90 91 93
Empirische Analyse: Mikroebene 4.1 BASF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1.1 Porträt der Branche und des Unternehmens 4.1.2 Das Unternehmen und die USA . . . . . . 4.1.3 Das Unternehmen und die VR China . . . . 4.1.4 Zusammenfassung und Interpretation . . . 4.2 Daimler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.1 Porträt der Branche und des Unternehmens 4.2.2 Das Unternehmen und die USA . . . . . . 4.2.3 Das Unternehmen und die VR China . . . . 4.2.4 Zusammenfassung und Interpretation . . . 4.3 Siemens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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97 97 97 99 107 115 116 116 119 128 136 138
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Inhaltsverzeichnis
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138 140 146 153 155 155 157 164 171 173 173 176 183 191
Ergebnis 5.1 Das Interesse der deutschen Wirtschaft in Bezug auf die USA und China . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1.1 Orientierung und Präferenzen der Akteure . . . . . . . . . 5.1.2 Anliegen an die Politik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1.3 Wirtschaftsinteresse und betriebliche Realität . . . . . . . 5.2 Fazit im Hinblick auf Moravcsiks Ansatz . . . . . . . . . . . . . 5.2.1 Wirtschaftliche Präferenzen und politische Orientierung . 5.2.2 Wirtschaftliche Anliegen und politische Handlungen . . . 5.2.3 Strukturelle wirtschaftliche Faktoren und politische Orientierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.3 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
193
4.4
4.5
5
6
4.3.1 Porträt der Branche und des Unternehmens 4.3.2 Das Unternehmen und die USA . . . . . . 4.3.3 Das Unternehmen und die VR China . . . . 4.3.4 Zusammenfassung und Interpretation . . . Deutsche Bank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4.1 Porträt der Branche und des Unternehmens 4.4.2 Das Unternehmen und die USA . . . . . . 4.4.3 Das Unternehmen und die VR China . . . . 4.4.4 Zusammenfassung und Interpretation . . . Allianz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.5.1 Porträt der Branche und des Unternehmens 4.5.2 Das Unternehmen und die USA . . . . . . 4.5.3 Das Unternehmen und die VR China . . . . 4.5.4 Zusammenfassung und Interpretation . . .
7
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Schlussbetrachtung 6.1 Der Neue Liberalismus in kultureller und zeitlicher Perspektive 6.1.1 Räumlich-kulturelle Ebene . . . . . . . . . . . . . . . 6.1.2 Zeitliche Ebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.2 Überprüfung der Robustheit der Ergebnisse . . . . . . . . . . 6.2.1 Einflussfaktor Fallstudien . . . . . . . . . . . . . . . 6.2.2 Einflussfaktor Untersuchungszeitraum . . . . . . . . . 6.3 Wissenschaftstheoretische Reflektion . . . . . . . . . . . . . .
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193 193 197 198 200 201 204 206 207 209 209 209 211 213 214 216 217
8
7
Inhaltsverzeichnis
Literatur
219
A Daten der Unternehmen
251
B Verzeichnis der Interviews
259
Abbildungsverzeichnis 2.1
Das Interesse der (deutschen) Wirtschaft in seinen Bestandteilen . . .
59
3.1 3.2 3.3 3.4 3.5 3.6
Ausfuhren aus der BRD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anteil der Ausfuhren in die USA und die VRC an den Gesamtausfuhren Einfuhren in die BRD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anteil der Einfuhren aus den USA und der VRC an den Gesamteinfuhren Einnahmen aus dem Dienstleistungsverkehr . . . . . . . . . . . . . . Anteil der USA und der VRC an den Einnahmen der BRD aus dem Dienstleistungsverkehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bestand deutscher FDI im Ausland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anteil der FDI in den USA und in der VRC am Wert der gesamten deutschen Bestände im Ausland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anzahl deutscher Unternehmen im Ausland . . . . . . . . . . . . . . Anteil der deutschen Unternehmen in den USA und in der VRC an den gesamten deutschen Unternehmen im Ausland . . . . . . . . . . Umsätze deutscher Unternehmen im Ausland . . . . . . . . . . . . . Anteil der Umsätze in den USA und in der VRC an den gesamten Umsätzen deutscher Unternehmen im Ausland . . . . . . . . . . . . . Anzahl der Mitarbeiter deutscher Unternehmen im Ausland . . . . . . Anteil der Mitarbeiter in den USA und in der VRC an den gesamten Mitarbeitern deutscher Unternehmen im Ausland . . . . . . . . . . .
68 70 72 73 75
3.7 3.8 3.9 3.10 3.11 3.12 3.13 3.14
76 80 81 83 84 85 86 88 89
Tabellenverzeichnis 1.1
Theoretische Ansätze der Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
20
2.1
Auswahl der Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
51
3.1 3.2
Zuwachsrate der deutschen Ausfuhren . . . . . . . . . . . . . . . . . Faktor, um den der Wert der Ausfuhren in die USA höher ist als jener in die VRC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zuwachsrate der Einfuhren in die BRD . . . . . . . . . . . . . . . . . Faktor, um den der Wert der Einfuhren aus den USA höher ist als jener aus der VRC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zuwachsrate der Einnahmen aus dem Dienstleistungsverkehr . . . . . Faktor, um den der Wert der Ausfuhren von Dienstleistungen in die USA höher ist als jener in die VRC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zuwachsrate deutscher FDI im Ausland . . . . . . . . . . . . . . . . Faktor, um den der Wert der Bestände in den USA höher ist als derjenige in der VRC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zuwachsrate deutscher Unternehmen im Ausland . . . . . . . . . . . Faktor, um den die Anzahl an deutschen Unternehmen in den USA höher ist als in der VRC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zuwachsrate der Umsätze deutscher Unternehmen im Ausland . . . . Faktor, um den der Umsatz deutscher Unternehmen in den USA höher ist als derjenige in der VRC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zuwachsrate der Mitarbeiter deutscher Unternehmen im Ausland . . Faktor, um den die Anzahl der Mitarbeiter in den USA höher ist als diejenige in der VRC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
69
3.3 3.4 3.5 3.6 3.7 3.8 3.9 3.10 3.11 3.12 3.13 3.14
A.1 A.2 A.3 A.4
69 72 73 75 76 79 80 83 84 85 86 87 88
BASF: Entwicklung von Umsätzen, Mitarbeiterzahlen und Investitionen 251 Daimler: Entwicklung von Umsätzen und Mitarbeiterzahlen . . . . . 252 Daimler: Absatzentwicklung im Geschäftsfeld Mercedes-Benz Cars . 253 Daimler: Entwicklung einzelner Geschäftsfelder . . . . . . . . . . . . 254
12
Tabellenverzeichnis
A.5 Siemens: Entwicklung von Umsätzen und Mitarbeiterzahlen . . . . . 255 A.6 Deutsche Bank: Entwicklung von Erträgen und Mitarbeiterzahlen . . 256 A.7 Allianz: Entwicklung von Erträgen, Einnahmen und Mitarbeiterzahlen 257
Abkürzungsverzeichnis AG BAIC BIP BJC BMWi CBRC CBU CFIUS CI CIB CIRC CKD DAX ECB EU EU-25 EU-27 EWU FAW FDI GATT GDV GE GPA IAS ICBC
Aktiengesellschaft Beijing Automotive Industry Holding Company, Ltd. Bruttoinlandsprodukt Beijing Jeep Corporation Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie China Banking Regulatory Commission Completely Built Up (Fertigungsart in der Automobilproduktion) Committee on Foreign Investment in the United States Corporate Investments Corporate and Investment Bank China Insurance Regulatory Commission Completely Knocked Down (Fertigungsart in der Automobilproduktion) Deutscher Aktienindex European Central Bank Europäische Union EU mit 25 Mitgliedsstaaten (bis einschl. 2006) EU mit 27 Mitgliedsstaaten (seit 2007) Europäische Währungsunion First Automotive Works Foreign Direct Investment General Agreement on Tariffs and Trade Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft General Electric Government Procurement Agreement International Accounting Standards Industrial and Commercial Bank of China
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Abkürzungsverzeichnis
JV KMU Ltd. LLC MPIfG NAFTA NDRC NEA NEC NYSE OEM OFII o. V. PCAM PIMCO RER SHIBOR SE SVR TAK TEC UAW UNCTAD USBI US-GAAP VCI VDA VRC WTO ZVEI
Joint Venture Kleine und mittlere Unternehmen Limited Company Limited Liability Company Max Planck Institut für Gesellschaftsforschung North American Free Trade Agreement National Development and Reform Commission Northeast Asia non-equity forms of collaboration New York Stock Exchange Original Equipment Manufacturer Organization for International Investment ohne Verfasser Private Clients and Asset Management Pacific Investment Management Company LLC Reed Electronics Research Shanghai Interbank Offered Rate Societas Europaea (Europäische Gesellschaft) Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung Transaktion Transatlantic Economic Council United Auto Workers United Nations Conference on Trade and Development U.S. Business Initiative United States Generally Accepted Accounting Principles Verband der Chemischen Industrie Verband der Automobilindustrie Volksrepublik China World Trade Organization Zentralverband Elektrotechnik und Elektronikindustrie
Einleitung Der Büchermarkt nimmt eine sich auflösende Vormachtstellung des Westens im 21. Jahrhundert vorweg. Da ist vom „Erwachten Drachen – Großmacht China im 21. Jahrhundert“ die Rede. „Chinas unheimlicher Aufstieg und die Ohnmacht des Westens“ führen dabei bis zu einer „Entmachtung des Westens“ und läuten ganz allgemein ein asiatisch-pazifisches Jahrhundert oder wahlweise ein chinesisches Jahrhundert ein. Die Entwicklung der Volksrepublik China entzieht sich aufgrund ihrer Vielschichtigkeit und Komplexität zweifelsohne der Erfassung durch eine einzige griffige Formel („ein Land, tausend Systeme“ (Heberer, 2006/07)). Gleichwohl wird deutlich, dass sich das Staatensystem in einer Phase des Umbruchs befindet. Die Vereinigten Staaten von Amerika bilden zwar die größte Wirtschaftsnation und sind aufgrund ihres militärischen Potentials wohl allein in der Lage, Weltordnungspolitik zu betreiben. Zumindest die ökonomischen Gewichte verschieben sich jedoch enorm. So ist beispielsweise der Einfluss der BRIC-Staaten Brasilien, Russland, Indien und China auf die Weltwirtschaft im Laufe der letzten Jahre kontinuierlich angestiegen. Sicherlich sind die einzelnen Staaten heute noch weit davon entfernt, ein Gewicht vergleichbar mit dem der USA erlangt zu haben. Das gilt insbesondere, wenn man auf pro-Kopf-Größen abstellt. Ob sich tatsächlich ein „global power shift“ (Hoge, 2004, 2) hinsichtlich wirtschaftlicher und politischer Einflusskraft einzelner Länder einstellt, ist daher umstritten. Entscheidend ist, dass eine Diskussion über eine mögliche Verschiebung der Gewichte einzelner Staaten weltweit geführt wird. Die derzeitige Situation wird daher als Phase des Umbruchs wahrgenommen. In dieser Zeit stellt sich für die Bundesrepublik die Frage nach ihrer außenpolitischen Orientierung mit besonderer Schärfe, denn für Deutschland ist zugleich der strategische Imperativ einer engen Bindung an die USA weggefallen. Insbesondere während des Ost-West-Konfliktes war das Bündnis mit den USA von vitalem Interesse, da der Eiserne Vorhang mitten durch die Bundesrepublik verlief. Deutschland hätte daher unter einem Ausbruch des latent drohenden militärischen Konflikts besonders zu leiden gehabt. Entsprechend galt die transatlantische Partnerschaft – neben der engen Bindung an Frankreich und dem nachhaltigen Einsatz
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Einleitung
für die Europäische Union (EU) – als ein Pfeiler der deutschen Außenpolitik. Seit dem Ende des Ost-West-Konfliktes, dem Zerfall der Sowjetunion und der Abwehr einer unmittelbaren militärischen Bedrohung ist diese Sicherheitspartnerschaft von weniger fundamentaler Bedeutung. Es wird mithin eine intensive Diskussion geführt, ob die transatlantischen Beziehungen auch zukünftig einen ebenso zentralen Stellenwert in der deutschen Außenpolitik einnehmen werden wie bislang. Wenngleich in den letzten Jahren eine Fülle an theoretischen Studien zur Außenpolitikanalyse sowie an empirischen Studien zur deutschen Außenpolitik durchgeführt wurde, herrscht keine Einigkeit hinsichtlich der Frage, welcher theoretische Ansatz außenpolitisches Verhalten verlässlich prognostizieren oder auch nur umfassend erklären könnte. Die vorliegende Arbeit möchte auf dieser „Metaebene“ einen Beitrag leisten. Es wird ein Ansatz der Außenpolitikanalyse – der Neue Liberalismus – zugrunde gelegt und der Frage nachgegangen, ob die grundlegenden Annahmen des Ansatzes helfen, Aussagen zur zukünftigen außenpolitischen Orientierung der Bundesrepublik in Richtung auf die USA und die Volksrepublik China zu treffen. Es soll so ein Beitrag zur theoretischen Debatte gegeben werden, speziell hinsichtlich der Frage, wie man die außenpolitische Orientierung eines Staates vorhersagen kann. Der verwendete theoretische Ansatz stellt auf eine zentrale Rolle wirtschaftlicher Interessen bei der Bildung außenpolitischer Präferenzen und der strategischen Ausrichtung eines Staates ab. Gegenstand der Untersuchung ist daher die Entstehung und Entwicklung von Interessen der deutschen Wirtschaft hinsichtlich der USA und der Volksrepublik China. Neben einem Überblick über die makroökonomischen Daten leistet die Untersuchung vorrangig eine fundierte empirische Analyse wirtschaftlicher Präferenzen am Beispiel ausgewählter Akteure. Erklärtes Ziel ist es dabei, die Denk- und Handlungsweisen der wirtschaftlichen Akteure der politikwissenschaftlichen Debatte zugänglich zu machen. Diese Mikrofundierung der wirtschaftlichen Präferenzbildung ist der zweite wesentliche Beitrag der Arbeit. Im Mittelpunkt stehen dabei die USA und die Volksrepublik China. Die Vereinigten Staaten von Amerika wurden aus den oben genannten Gründen gewählt: Sie sind für die Bundesrepublik von herausragender Bedeutung und sie spielen weltpolitisch die tragende Rolle. Die Volksrepublik China fand als ein Vertreter der Schwellenländer Eingang in die Untersuchung. Aus der Mehrzahl bestehender Studien geht die Volksrepublik neben Indien als „aussichtsreichster“ Kandidat für den Aufstieg zu einer Nation von weltpolitisch tragender Bedeutung hervor. Die Entscheidungsträger in Peking legen im Übrigen auch den unbedingten Willen
Einleitung
17
an den Tag, dass China diese Bedeutung einmal einnehmen wird. Darüber hinaus bildet die Volksrepublik unter den Schwellenländern wohl den stärksten Gegenpol zu westlichen Vorstellungen, in jedem Fall einen stärkeren als Indien. In der sozialistischen Volksrepublik regiert eine kommunistische Einheitspartei mit absolutem Führungsanspruch. Die Staatsform ist jedoch nur der nach außen augenscheinlichste Bereich. Wir teilen mit China kaum historisch-kulturelle Wurzeln. Das erklärt, dass grundsätzliche Vorstellungen – etwa über den Rang des Individuums, über die Bedeutung persönlicher Freiheitsrechte oder über den Stellenwert des persönlichen Eigentums – den westlichen Vorstellungen diametral gegenüberstehen. Die Auswahl der beiden Länder erfolgte schließlich noch aus einem übergeordneten Grund, der im Verhältnis zwischen den USA und der VRC liegt. US-Amerikaner sehen im Aufstieg Chinas die strategische Herausforderung des 21. Jahrhunderts. Da die beiden Mächte verschiedene Vorstellungen hinsichtlich der Ausgestaltung des internationalen Systems haben, gilt das Verhältnis zwischen ihnen als eine zentrale ordnungspolitische Größe des 21. Jahrhunderts. Die Studie hat folgenden Aufbau: Zunächst wird der theoretische Ansatz, der den Ausgangspunkt der Arbeit bildet, dargestellt. Er wird auch in die bestehenden Ansätze zur Analyse von Außenpolitik eingeordnet, um so die Arbeit in der wissenschaftstheoretischen Debatte zu verorten. Aus der Theorie heraus wird die grundlegende Annahme der Arbeit begründet, nämlich dass wirtschaftliche Akteure eine entscheidende Rolle bei der Bildung außenpolitischer Präferenzen spielen. Davon ausgehend wird die Fragestellung der Arbeit entwickelt: Kann die Orientierung wirtschaftlicher Akteure helfen, Aussagen über die politische Orientierung in Richtung auf die USA und China zu machen? Die Beantwortung der Frage liefert den zuvor genannten Beitrag zur theoretischen Debatte, den die Studie leisten will. Dem theoretischen Kapitel folgt die Darstellung des Forschungsdesigns. Dabei wird der theoretische Ansatz operationalisiert, das heißt der empirischen Analyse zugänglich gemacht. Es wird der Aufbau der Untersuchung vorgestellt und die Auswahl von Ländern und Fallstudien begründet. Zudem werden die grundlegenden Begriffe definiert und handhabbar gemacht sowie die getroffenen Annahmen dargestellt. Auch die Forschungsmethoden werden genannt und kritisch hinterfragt. Der sich anschließende Teil bildet das Kernstück der Arbeit. Im Mittelpunkt steht die empirische Analyse. Der Prozess der wirtschaftlichen Präferenz- und Interessenformulierung wird auf Makro- und Mikroebene dargestellt. Der Schwerpunkt liegt darauf, die Welt der wirtschaftlichen Akteure herauszuarbeiten, wobei primär ein wirtschaftswissenschaftliches Instrumentarium angewendet wird. Aus
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Einleitung
dieser Untersuchung kann der oben genannte zweite Beitrag der Studie abgeleitet werden. Im fünften Kapitel erfolgt wiederum der Rückbezug der wirtschaftlichen Analyse auf den politikwissenschaftlichen Ausgangspunkt. Dabei wird zusammenfassend dargestellt, weshalb die Interessen ökonomischer Akteure nur sehr begrenzt dabei helfen können, Aussagen über die außenpolitische Orientierung in Richtung auf die USA und China zu machen. Dabei soll auch der liberale Ansatz differenziert gewertet werden. Das sechste Kapitel reflektiert in einer Schlussbetrachtung den theoretischen Ansatz. Auch wenn die Analyse ergeben hat, dass der zugrunde gelegte Ansatz nur sehr begrenzt taugt, um Aussagen hinsichtlich der zukünftigen außenpolitischen Orientierung zu machen, so kann die Arbeit über diesen „Negativ-Befund“ hinaus einen eigenständigen Beitrag leisten. Aus der Verbindung einer politikwissenschaftlichen Fragestellung mit einer mikrofundierten, wirtschaftswissenschaftlichen Analyse kann das Verständnis der jeweiligen Denk- und Handlungsweisen in beiden Disziplinen erhöht werden. Auch wird so das Verhältnis von Wirtschaft und Außenpolitik im 21. Jahrhundert weiter geklärt. Dies ist insbesondere in einem Land wie der Bundesrepublik wichtig, in dem der heimische Wohlstand hochgradig vom Erfolg der deutschen Industrie im Ausland abhängt.
1 Theoretische Grundlagen 1.1 Überblick und wissenschaftstheoretische Grundlagen Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Entstehung und Entwicklung wirtschaftlicher Präferenzen und ihrer Rolle bei der strategischen Ausrichtung der Außenpolitik eines Staates. Den theoretischen Ausgangspunkt bildet der liberale Ansatz der Außenpolitikanalyse, wie ihn Andrew Moravcsik (1997, 2003) formuliert hat. Moravcsik geht von der Annahme aus, dass gesellschaftliche Akteure, die ihren materiellen und ideellen Interessen nachgehen, die Außenpolitik eines Staates bestimmen. Sein Ansatz wird im Folgenden als „Neuer Liberalismus“ bezeichnet. Außenpolitik steht in engem Zusammenhang mit internationaler Politik: Das Verhalten einzelner Staaten prägt das internationale System; gleichzeitig wirkt sich die außerstaatliche Umwelt auf außenpolitische Handlungen aus. Daher entstanden – zusätzlich zu den eigens für die Außenpolitikanalyse entwickelten Ansätzen – aus den Theorien der Internationalen Beziehungen Ansätze, die das Verhalten eines Staates innerhalb der Staatenwelt zu erklären suchen. Der Neue Liberalismus ist eine solche Theorie, die zugleich der Analyse der internationalen Beziehungen sowie nationalstaatlicher Außenpolitik dient. Da sich Moravcsik mit seinem Ansatz gezielt von bestehenden Großtheorien absetzen möchte, wird zunächst ein kurzer Blick auf den größeren Kontext geworfen. Die einzelnen Ansätze der Analyse von Außenpolitik bzw. der internationalen Beziehungen können mit Carlsnaes (2002) nach ihrer wissenschaftstheoretischen Fundierung voneinander abgegrenzt werden.1 Je nach dem ontologischen oder 1
Häufig werden die Ansätze der Außenpolitikanalyse und der Internationalen Beziehungen nach der Analyseebene strukturiert. Dabei werden zumeist in Anlehnung an Waltz (1959) drei Ebenen unterschieden, je nachdem wo die unabhängige Variable, mittels derer staatliches Verhalten erklärt wird, angesiedelt ist: Erstens die systemische oder internationale Ebene, die auf die Position des Staates im internationalen System abstellt; zweitens die Ebene des Staates, bei der Eigenschaften des Nationalstaates untersucht werden; drittens die individuelle Ebene, die nach den individuellen, psychologischen Eigenschaften einzelner Staatsmänner fragt.
20
1 Theoretische Grundlagen
Tabelle 1.1: Theoretische Ansätze der Analyse
Ontologische Grundhaltung Holismus Individualismus
Epistemologische Grundhaltung Objektivismus Interpretativismus (Erklärend) (Verstehend) (Neo-)Realismus, Konstruktivismus Institutionalismus Neuer Liberalismus Snyder 1962, Zelikow & Rice 1995
Quelle: Darstellung in Anlehnung an Carlsnaes (2002).
epistemologischen Standpunkt des Theoretikers unterscheidet er vier grundlegende theoretische Perspektiven: Die ontologische Perspektive bestimmt, ob Wissenschaftler die Grundlage sozialer Dynamiken eher in den Strukturen (holistische Ansätze) oder beim Individuum (individualistische Ansätze) sehen. Die zweite Variable bezieht sich auf die epistemologische Grundhaltung des Betrachters. Im Mittelpunkt steht die Frage, wie Erkenntnis zu gewinnen ist. Hier wird unterschieden, ob der Wissenschaftler der Ansicht ist, dass er seinen Untersuchungsgegenstand aus einem objektiven Blickwinkel betrachten kann (Objektivismus) oder ob er versucht, Handlungen interpretierend von innen heraus zu erklären (Interpretativismus). In objektivistischen Ansätzen gelten soziale Phänomene als durch Gesetzesaussagen erklärbar, d. h. es wird davon ausgegangen, dass sozialwissenschaftliche auf demselben Weg wie naturwissenschaftliche Erkenntnisse gewonnen werden können.2 Tabelle 1.1 zeigt die möglichen Kombinationen und nennt Beispiele. Moravcsiks Theorie ist demnach den erklärenden, akteurszentrierten Ansätzen zuzuordnen und grenzt sich bewusst von (neo-)realistischen Ansätzen ab, die den bedeutendsten theoretischen Strang bilden.3 Daher lässt eine kurze Vorstellung ihrer Annahmen die Konturen von Moravcsiks Ansatz besonders deutlich hervortreten. (Neo-)realistische Analysen widmen sich der Welt der Staaten, die sie als zentrale Akteure der internationalen Politik betrachten. Der Staat wird als einheit2 3
Hollis und Smith (1990) erläutern die Unterscheidung ausführlich, Zangl (1999, 14-51) erläutert sie knapp. Die Frage, ob der Neorealismus eine Theorie der Außenpolitik ist, wurde intensiv geführt, da Waltz seinen Ansatz als hierfür nicht geeignet sieht (Waltz, 1996), (Elman, 1996). Baumann, Rittberger und Wagner (2001, 37-67) bieten ein Beispiel für eine empirische Anwendung.
1.1 Überblick und wissenschaftstheoretische Grundlagen
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lich und rational handelnd modelliert. Die zentrale Kategorie ist „Macht“: Staaten streben danach, ihre Macht zu steigern, um so ihre Souveränität und ihr Überleben zu sichern. Das nationale Interesse ist daher exogen determiniert; außenpolitisches Verhalten wird unter Berücksichtigung der zwischenstaatlichen Machtverteilung analysiert.4 Ein Staat ändert dabei sein Verhalten als Reaktion auf sich ändernde externe Faktoren; innerstaatlichen Einflüssen wird keine entscheidende Bedeutung beigemessen, sie werden meist als konstant definiert. Der Realismus ist nicht unabhängig von seinem Entstehungskontext in der Mitte des 20. Jahrhunderts zu verstehen. Die Autoren reflektierten in ihrer Theoriebildung merklich das Aufkommen faschistischer und stalinistischer Regime, das Scheitern des Völkerbundes, den zweiten Weltkrieg und schließlich die Ausbildung eines bipolaren internationalen Systems während des Ost-West-Konfliktes (Krell, 2004, 62-65). Den Zusammenbruch der Sowjetunion und das Ende des Konfliktes der Systeme konnten (neo-)realistische Ansätze ebenso wenig wie konkurrierende Großtheorien vorhersagen (Lebow & Risse-Kappen, 1995).5 Es wurden jedoch die neorealistischen Ansätze insbesondere wegen ihrer Konzentration auf die systemische Ebene kritisiert: Dies führte dazu, dass die für das Ende des Ost-West-Konfliktes wichtigen innerstaatlichen Veränderungen nicht erfasst werden konnten. Daher erfuhren nun Theorien Aufwind, die stärker auf innere Einflussfaktoren abstellen. Von dieser „Wiederentdeckung der Innenpolitik“ (Hellmann & Wolf, 1993, 163) profitierten auch die liberalen Ansätze, die bereits in den 1970er Jahren die Grundlage zahlreicher Studien gebildet hatten.6 Sie drehen das Argumentationsmuster – und somit die Reihenfolge von Ursache und Wirkung – um: Nicht das internationale System bestimmt das Handeln eines Staates, sondern interne, gesellschaftliche Faktoren (Harrison, 2004, 9).7 4
Der Hauptunterschied zwischen Realisten und Neorealisten besteht in der Begründung der Staatsinteressen. Der klassische Realismus nach Morgenthau leitet das staatliche Machtstreben aus der menschlichen Natur ab. Der strukturelle Neorealismus nach Waltz stellt auf die (anarchische) Struktur des internationalen Systems ab: Staaten streben nach Machtvergrößerung, um Unsicherheit zu reduzieren und so ihr eigenes Überleben zu sichern. Nach Grieco (1990, 3) stimmen Vertreter beider Richtungen jedoch in grundlegenden Annahmen überein. Eine ausführliche Unterscheidung ist für die Arbeit nicht relevant. 5 Waltz (1964) ging z. B. davon aus, dass das bipolare System stabil sei und das 20. Jahrhundert überdauern würde. 6 Einen Überblick über diese Entwicklung bieten Müller und Risse-Kappen (1990) und Harnisch (2003). 7 Es argumentieren nicht alle der liberalen Richtung zugeordneten Ansätze individualistisch wie der Neue Liberalismus. Einige Autoren stellen auch auf Strukturen ab, wobei im Unterschied zu neorealistischen Ansätzen innerstaatliche, nicht internationale Strukturen untersucht werden. Ein pro-
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Liberale Theorien der internationalen Beziehungen können auf eine lange Tradition zurückblicken. Ihre Grundlagen liegen bei Staatstheoretikern und Philosophen, wie zum Beispiel Immanuel Kant, John Stuart Mill oder Woodrow Wilson. Lange Zeit konnte der Liberalismus jedoch kein positivistisches Forschungsprogramm vorweisen. Vertreter argumentierten – zumindest im Urteil ihrer Kritiker – häufig normativ oder idealistisch (Zacher & Matthew, 1995). Moravcsik griff die uneinheitlichen Ansätze auf. Ausgehend von einem Überblick über verschiedene Theorien arbeitete er ihnen zugrunde liegende gemeinsame Annahmen heraus. Aus diesen formulierte er erstmals eine nicht-ideologische, nicht-utopische liberale Theorie internationaler Beziehungen, aus der sich falsifizierbare Hypothesen ableiten lassen. Diese integrative Leistung wird als sein größtes Verdienst gesehen. Da Moravcsiks Arbeit zwar auf dem Fundament der liberalen Ansätze beruht, ihr gleichzeitig aber ein strikt positivistisches Wissenschaftsverständnis zugrunde liegt, wird sein Ansatz auch als Neuer Liberalismus bezeichnet (Schieder, 2003), (Moravcsik, 2008). Neorealistische und neoliberale Ansätze unterscheiden sich hinsichtlich des gewählten Analysefokus. Beide verbindet jedoch ein objektivistisches Wissenschaftsverständnis sowie eine rationalistische Grundhaltung.8 Der Neue Liberalismus beruht auf dem Menschenbild vom homo oeconomicus, wie es James Buchanan (1989) für die Sozialwissenschaften definiert hat. Dabei wird davon ausgegangen, dass Menschen rational handeln, also ihren Nutzen unter Nebenbedingungen maximieren: „Individuals maximize utility subject to constraints“ (Buchanan, 1989, 41). Menschen wollen dabei von Gütern, die sie als positiv beurteilen, eher mehr als weniger besitzen. Welche Wahl in einer bestimmten Situation rational ist, hängt von den Nebenbedingungen ab: „The choice which qualifies rational under one set of constraints is not that which qualifies under another set“ (Buchanan, 1989, 41). Moravcsik (1997, 517) schränkt die Rationalitätsannahme im Sinne der begrenzten Rationalität ein.9 Es wird davon ausgegangen, dass die Entscheidungsträger nicht
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minentes Beispiel ist das „Organizational Process Model“ von Allison (1969, 698-707). Die einzelnen liberalen Ansätze können also durchaus in verschiedenen Quadranten der Tabelle liegen. Die Ansätze lassen sich zudem in ein Staats-Gesellschafts-Kontinuum einordnen, je nachdem auf welchen Bereich sie den Fokus der Analyse legen (Skidmore & Hudson, 1993). Hagan (1995) bietet ebenfalls einen Überblick. Rationalismus ist eine bezüglich der Methodologie getroffene Entscheidung. Ihr gegenüber steht der Reflexivismus (Zangl, 1999, 40 ff.). Das Konzept der begrenzten Rationalität stammt von Herbert Simon. Die Übersetzung des Begriffes ins Deutsche führte zu einer Vielfalt zum Teil unpräziser Bezeichnungen. Die Autorin folgt Simon (1985) und verwendet die Begriffe der begrenzten Rationalität (bounded rationality) und
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die objektiv beste Handlungsoption im Sinne der Nutzenmaximierung suchen. Da sie nur begrenzte Kapazitäten haben um Informationen zu verarbeiten, akzeptieren sie eine Alternative bereits, wenn sie ein bestimmtes, erwartetes Nutzenniveau befriedigt (Behrens & Noack, 1984, 122). Abgestellt wird also auf eine subjektiv rationale Wahl. Ansätze, die die Position des Verstehens einnehmen, lehnen in der Regel die rationalistische Grundhaltung ab. Hierzu zählt der Konstruktivismus als die jüngste der großen theoretischen Strömungen.10 Im Zentrum steht die Annahme, dass politisches Verhalten nicht unabhängig vom sozialen Kontext verstanden werden kann. Ideen, kulturelle Faktoren und Normen stehen demnach im Mittelpunkt der Analyse. Moravcsik (1999) erhebt gegen diese Richtung den Vorwurf, sie verliere sich in meta-theoretischen Diskursen und böte keine empirisch falsifizierbaren Annahmen. Individualistische Ansätze, wie von Snyder, Bruck und Sapin (1962) oder Zelikow und Rice (1995), untersuchen psychologische Faktoren, um die Entscheidungen der Akteure zu erklären und gehen davon aus, dass das Verhalten einzelner Personen den Verlauf der Geschichte prägt. Die Richtung ist von untergeordneter Bedeutung (Carlsnaes, 2002, 341). Während also zahlreiche Theorien außenpolitisches Verhalten erklären, besteht kein kohärenter Analyserahmen.11 Ebenso wenig herrscht Einigkeit hinsichtlich der Frage, welcher Ansatz am tauglichsten ist. Dies legt die Vermutung nahe, dass sich staatliche Außenpolitik nicht monokausal erklären lässt. Vielmehr erscheint es plausibel, dass verschiedene Faktoren, sowohl aus der internationalen Umwelt als auch aus dem innerstaatlichen Umfeld, auf das Verhalten eines Staates einwirken und in verschiedenen Situationen von unterschiedlicher Erklärungskraft sind. Wenn also die vorliegende Arbeit eine bestimmte theoretische Perspektive als Ausgangspunkt nimmt, so geschieht das nicht in der Annahme, dieser Ansatz bilde die gesamte Wirklichkeit ab. Der zugrunde gelegte Neue Liberalismus modelliert vielmehr einen spezifischen Zusammenhang zwischen wirtschaftlichen Interessen und Außenpolitik. Die Analyse soll klären, inwieweit dieser Ansatz fruchtbar ist, um die grundsätzliche strategische Ausrichtung der staatlichen Außenpolitik vorherzusagen. der prozeduralen Rationalität (procedural rationality) synonym. Eine detaillierte Beschreibung ist in Simon (1982) und der Einleitung zu Simon (1959). 10 Der Konstruktivismus war ursprünglich keine politikwissenschaftliche, sondern eine soziologische Theorie. Harnisch (2002, 24 ff.) gibt einen Überblick über die einzelnen Ansätze. 11 Einen Überblick aus US-amerikanischer Perspektive bietet Hudson (2005).
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1.2 Der Neue Liberalismus nach Andrew Moravcsik 1.2.1 Kernaussagen Der Neue Liberalismus als theoretische Grundlage der Arbeit wird nun im Einzelnen beschrieben. Grundlegend ist die Annahme, dass außenpolitische Präferenzen eines Staates durch die ihn tragende Gesellschaft geformt werden und dass die so entstandenen Staatspräferenzen die zentrale Kategorie auf der Ebene des internationalen Systems bilden. Liberal IR (International Relations W.S.) theory elaborates on the insight that statesociety relations – the relationship of states to the domestic and transnational social context in which they are embedded – have a fundamental impact on state behaviour in world politics. Societal ideas, interests, and institutions influence state behaviour by shaping state preferences, that is, the fundamental social purposes underlying the strategic calculations of governments (Moravcsik, 1997, 513).
Aus dieser grundlegenden Prämisse werden drei Annahmen abgeleitet. Sie bilden den Kern des theoretischen Konstrukts. Mit ihnen grenzt Moravcsik seinen Entwurf von den anderen Großtheorien ab, also insbesondere von realistischen und institutionalistischen sowie später auch von konstruktivistischen Ansätzen. Die Kernannahmen beschreiben nacheinander die politischen Hauptakteure und ihre Motive, den Staat und dessen Verhältnis zu diesen sowie das internationale System. Sie werden nun der Reihe nach vorgestellt. Assumption 1: The primacy of societal actors The fundamental actors in international politics are individuals and private groups, who are on the average rational and risk-averse and who organize exchange and collective action to promote differentiated interests under constraints imposed by material scarcity, conflicting values, and variations in societal influence (Moravcsik, 1997, 516).
Diese Annahme legt fest, dass Individuen die zentralen Akteure sind, und nicht Staaten. Die gesellschaftlichen Individuen können sich auch zu Gruppen zusammenschließen. Moravcsik (1997, 517) geht davon aus, dass Individuen ihre Interessen12 unabhängig vom politischen Prozess entwickeln: „Socially differentiated individuals define their material and ideational interests independently of politics 12 Der Begriff des „Interesses“ wird von Moravcsik nicht präzise definiert und auf gesellschaftlicher Ebene nicht von den Präferenzen abgegrenzt. Es bleibt unklar, ob Individuen ihre Interessen durchzusetzen versuchen oder ob sie aus ihren Interessen heraus Präferenzen entwickeln und diese
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and then advance those interests through political exchange and collective action.“ Die Annahme, dass gesellschaftliche Akteure aus ihren Interessen heraus außenpolitische Präferenzen entwickeln und dann um Einfluss ringen, um diese durchzusetzen, ist von zentraler Bedeutung. Moravcsik (2003, 162) selbst sagt hierzu: This assumption should not be controversial. This is tantamount only to saying that relevant domestic groups have some consistent preferences concerning the ultimate goals of foreign policy, based on underlying interests and ideals, and that they are translated into political preferences through individual and group action.
Hieraus wird deutlich, dass Politik als bottom-up Prozess verstanden wird. Das erklärt auch, weshalb gesellschaftliche Interessen „analytical prior to politics“ (Moravcsik, 1997, 517) sind, also der Fokus einer Analyse zunächst auf der Ebene der Gesellschaft liegt. Möchte man staatliches Handeln verstehen, so ist es unabdingbar, im Vorfeld die ihm zugrunde liegenden gesellschaftlichen Interessen zu erkennen: „The central intuition is that we cannot understand the exercise of interstate power or promotion of interstate collective action unless we first understand what fundamental social purposes each state seeks“ (Moravcsik, 2003, 162). Der Staat dient den Individuen somit dazu, Ziele zu verwirklichen, die sie allein nicht durchsetzen könnten. Staatliche Repräsentanten sind in ihren Entscheidungen dabei nicht unabhängig. Vielmehr determinieren die Präferenzen der Individuen, auf die die Entscheidungsträger angewiesen sind, ihre Handlungen. Den genauen Zusammenhang zwischen individuellen Interessen und Staatspräferenzen beschreibt die zweite Annahme. Assumption 2: Representation and State Preferences States (or other political institutions) represent some subset of domestic society, on the basis of whose interests state officials define state preferences and act purposively in world politics (Moravcsik, 1997, 518).
Wenn die erste Annahme also Individuen aus der Gesellschaft als zentrale Akteure festlegt, so modelliert die zweite Annahme Staaten bzw. ihre rational handelnden Staatsbeamten als Repräsentanten der gesellschaftlichen Interessen. In der theoretischen Perspektive werden dem Staat damit (aus analytischen Gründen) Eidurchzusetzen versuchen. In seiner konzeptionell ältesten Arbeit verwendet er die Begriffe auf gesellschaftlicher Ebene synonym: Die zentralen Akteure in der internationalen Politik werden einmal als „individuals and privately-constituted groups with autonomous preferences“ (Moravcsik, 1992, 2) beschrieben und ein anderes mal als „members of domestic society [. . . ] seeking to promote their independent interests“ (Moravcsik, 1992, 6).
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geninteressen abgesprochen, er ist ein „Ausführorgan“ gesellschaftlicher Interessen. Staatliche Institutionen bilden den Transmissionsriemen – Moravcsik (2003, 163) spricht von „Transmission Belt“ – der es zivilgesellschaftlichen Akteuren ermöglicht, ihre Interessen in die politische Sphäre einzubringen.13 Welche gesellschaftlichen Interessen sich durchsetzen, hängt unter anderem von der Struktur der staatlichen Institutionen ab. Die Annahme, dass private Akteure ihre grundlegenden Interessen primär in staatliche Institutionen einspeisen, gilt zumindest in der derzeitigen Epoche. In dem Zuge wie nicht-nationalstaatliche Institutionen (etwa diejenigen der EU) Kompetenzen erlangen, würden die privaten Akteure entsprechend dort ansetzen, um ihre Interessen durchzusetzen (Moravcsik, 2003, 163). Die außenpolitischen Präferenzen bilden sich dann auf der Grundlage der übermittelten gesellschaftlichen Interessen. Präferenzen werden auf politischer Ebene definitorisch von Taktiken, Interessen und Strategien unterschieden und gelten als „set of fundamental interests defined across ‘states of the world’” (Moravcsik, 1997, 519). Es handelt sich also um generelle Ziele und Absichten, die strategischen Überlegungen zugrunde liegen. Als fundamentaler Bestimmungsfaktor staatlichen Handelns werden sie zunächst unabhängig vom möglichen Verhalten anderer Staaten gebildet: „Preferences are by definition causally independent of the strategies of other actors and, therefore, prior to specific interstate political interactions, including external threats, incentives, manipulation of information or other tactics“ (Moravcsik, 1997, 519). Präferenzen sind dennoch nicht losgelöst von internationalen Einflussfaktoren. Veränderungen im internationalen Umfeld können sich auf die Interessen der gesellschaftlichen Akteure auswirken, so dass diese entsprechend andere Wünsche in die politische Sphäre einzuspeisen versuchen (Moravcsik, 1992, 42). 13 Moravcsik sieht seine Arbeit als auf sämtliche politische Systeme anwendbar. Er verdeutlicht das am Beispiel des einzelnen Tyrannen: Das repräsentierte gesellschaftliche Interessenspektrum entspräche dann den Interessen dieses Individuums (Moravcsik, 1997, 518). Hieraus ergibt sich allerdings eine theoretische Beliebigkeit hinsichtlich des Umgangs mit den Interessen der politischen Entscheidungsträger. Auf der einen Seite werden staatlichen Akteuren als Transmissionsriemen Eigeninteressen abgesprochen. Auf der anderen Seite können ihre Interessen als Teil des gesellschaftlichen Interessenspektrums durchaus repräsentiert werden. In einem demokratischen System kann dieser Widerspruch bei der Analyse vernachlässigt werden, da eine Vielzahl an gesellschaftlichen Individuen jeweils ihre Interessen einzubringen versucht. Der relative Einfluss der Eigeninteressen der politischen Entscheidungsträger ist also gering. Im Falle einer Tyrannei repräsentiert jedoch der Tyrann allein seine eigenen Interessen. Es stellt sich die Frage, ob Staatsformen wie Monarchien oder Einparteiendiktaturen grundsätzlich anders zu analysieren wären als Demokratien, ob also die Interessen der politischen Repräsentanten in jeweils unterschiedlichem Maße berücksichtigt werden müssten.
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Wie erklärt Moravcsik auf dieser Grundlage nun einen Wandel im außenpolitischen Verhalten? Aus liberaler Perspektive gibt es in der Gesellschaft eine „Nachfrage“ nach einer bestimmten Außenpolitik. Aufgrund dieser Nachfrage agiert der Staat. Ändert sich die Nachfrage, so ändern sich auch die Staatspräferenzen. Sich ändernde Staatspräferenzen gelten als zentraler Bestimmungsfaktor für sich wandelndes außenpolitisches Verhalten. Die liberale Theorie analysiert die Auswirkungen solcher Änderungen: „Liberal theory focuses on the consequences for state behavior of shifts in fundamental preferences, not shifts in the strategic circumstances under which states pursue them” (Moravcsik, 1997, 519). Aufgrund des bottom-up Prozesses können sich Verschiebungen in den fundamentalen Präferenzen also nur ergeben, wenn sich auch gesellschaftliche Interessen grundlegend ändern.14 Nach den Annahmen bezüglich der relevanten Akteure sowie des Präferenzbildungsprozesses innerhalb des Staates beschreibt die dritte Annahme, wie der Staat letztendlich handelt. Es wird also dargelegt, wie sich die innerstaatlich aggregierten Präferenzen auf der Ebene des internationalen Systems auswirken. Assumption 3: The configuration of interdependent state preferences determines state behavior (Moravcsik, 1997, 520).
Die politischen Entscheidungsträger streben in ihrem außenpolitischen Verhalten generell danach, die auf innerstaatlichen Interessen beruhenden Präferenzen zu verwirklichen. Sie setzen diese aber nicht immer vollständig durch, da die Präferenzen anderer Staaten als Beschränkungen wirken. Die tatsächlich gewählten Handlungen, die verfolgten Strategien und Taktiken reflektieren also die zuvor gebildeten Präferenzen, müssen aber nicht identisch mit ihnen sein: „This is not to assert, of course, that each state simply pursues its ideal policy, oblivious of others. Instead, each state seeks to realize its distinct preferences under constraints imposed by the preferences of other states“ (Moravcsik, 2003, 165).15 Die Präferenz14 Eine weitere Möglichkeit wären tiefgreifende Änderungen im institutionellen Gefüge, die anderen gesellschaftlichen Gruppen die Einspeisung ihrer Interessen ermöglichen. Solche spielen jedoch im betrachteten Zeitraum keine Rolle und sollen daher nicht weiter erörtert werden. 15 Nach der zweiten Annahme bilden sich Staatspräferenzen unabhängig von äußeren Einflüssen und spiegeln gesellschaftliche Interessen wider. Die Abweichung von gesellschaftlichen Interessen erfolgt also erst auf der nächsten Ebene, wenn ein Staat mit anderen Staaten in Beziehung tritt. Da Staaten gemäß der dritten Annahme die gesellschaftlichen Präferenzen nicht komplett um/durchzusetzen vermögen, kann grundsätzlich nicht aus dem außenpolitischen Handeln die darunter liegende Präferenz erkannt werden. Folgt man Moravcsik, so ist zwar zu vermuten, dass sich lang-
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ordnungen der einzelnen Staaten können dabei konvergieren, divergieren oder sich ergänzen, was sich auf das internationale Konfliktverhalten auswirkt. Während die ersten beiden Annahmen vor allem die innerstaatliche Dimension von Außenpolitik beschreiben, lässt die dritte Annahme den Neuen Liberalismus zu einer Theorie der Internationalen Beziehungen werden.
1.2.2 Varianten Mit den drei allgemein gehaltenen Kernannahmen stellt Moravcsik sein theoretisches Grundgerüst auf. Er bezeichnet sie selbst als relativ inhaltsleer, unter anderem da sie keine präzisen Quellen der Staatspräferenzen angeben (Moravcsik, 1997, 524). Um aus der Theorie Hypothesen zum außenpolitischen Verhalten eines Staates ableiten zu können, werden die Kernannahmen daher durch drei Theorievarianten konkretisiert. Moravcsik (1997, 524) möchte mit ihnen erstens unterschiedliche Quellen für die Präferenzen mächtiger Akteure spezifizieren, zweitens die Kausalmechanismen, mittels derer sie in Staatspräferenzen transformiert werden, beschreiben sowie drittens die sich ergebenden Muster an Staatspräferenzen auf internationaler Ebene darlegen.16 Ideeller Liberalismus Die soziale Identität einer Gesellschaft bildet in der Variante des ideellen Liberalismus einen wichtigen Bestimmungsfaktor der Staatspräferenzen. Zur sozialen Identität gehört „a set of preferences shared by individuals concerning the proper scope and nature of public goods provision“ (Moravcsik, 1997, 525). Hieraus fristig die Präferenzen im Handeln niederschlagen werden, dies gilt aber nicht bei jeder einzelnen Handlung. Wie genau analytisch die Präferenzen ermittelt werden können, spezifiziert Moravcsik nicht. Es drängt sich die Frage auf, ob sich aus der Theorie überhaupt falsifizierbare Hypothesen ableiten lassen: Stimmt das staatliche Verhalten nicht mit demjenigen überein, das den gesellschaftlichen Präferenzen nach zu erwarten ist, kann ja im Nachhinein stets gesagt werden, der Staat habe es in diesem Fall eben nicht geschafft, die Präferenzen durchzusetzen. Frieden (1999) sowie Lake und Powell (1999) erläutern das Problem. 16 Wie Moravcsik die drei genannten Ziele mit den Theorievarianten genau verfolgt, wird in der Literatur unterschiedlich interpretiert. Nach Harnisch (2002, 17) und Schieder (2003, 178) möchte er mit jeder Variante alle drei Ziele verfolgen. Es wird auch die gegenteilige Ansicht vertreten, wonach jede der Varianten eines der Ziele erfüllt (Carlsnaes, 2002, 339). Moravcsik wird weder der einen, noch der anderen Version in Gänze gerecht. Die ersten beiden Theorievarianten spezifizieren spezielle Quellen der individuellen Präferenzen, die dritte Variante stellt auf die Kausalmechanismen der Transformation ab. Alle drei Varianten beschreiben spezifische Muster internationaler Präferenzformation.
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ergibt sich eine gewisse nationale Ordnung, die von der Gesellschaft als legitim angesehen wird. Sie beinhaltet z. B. Vorstellungen über den Verlauf der geographischen Grenzen, über die Ausgestaltung des politischen Entscheidungsprozesses und über das als angemessen empfundene Maß an Wohlfahrtsregulierung. Die staatliche Außenpolitik dient zumindest teilweise dazu, die Sichtweisen der dominierenden gesellschaftlichen Akteure in Bezug auf diese Bereiche umzusetzen. Auf internationaler Ebene wirkt sich nach Moravcsik (2008, 241 f.) unter anderem die ideologische Distanz zwischen zwei Gesellschaften auf die Konfliktwahrscheinlichkeit aus.17 Kommerzieller Liberalismus Der kommerzielle Liberalismus stellt auf wirtschaftliche Interessen ab, um das außenpolitische Verhalten zu erklären. Grundlegender Bestimmungsfaktor der Staatspräferenzen sind Forderungen, die seitens ökonomischer Akteure an den Staat herangetragen werden (Moravcsik, 1997, 528). Das Verhalten des Staates wird über die Marktstruktur erklärt. Die spezifischen Interessen bilden sich entsprechend den daraus entstehenden Anreizen: „Commercial liberalism explains the individual and collective behavior of states based on the patterns of market incentives facing domestic and transnational economic actors“ (Moravcsik, 1997, 528). Die nationalen und transnationalen ökonomischen Akteure gelten als entscheidende gesellschaftliche Handlungsträger (Bienen, Freund & Rittberger, 1999, 7). Unter dem kommerziellen Liberalismus lässt sich ein breites Spektrum an Studien subsumieren, die sich mit dem Einfluss sektoraler Interessen auf die Außenwirtschaftspolitik beschäftigten (Gourevitch, 1986). Insbesondere wurden protektionistische Tendenzen auf gut organisierte Wirtschaftsinteressen zurückgeführt.18 Der Einfluss der Präferenzen von Interessengruppen auf die Wechselkurspolitik bildete ebenfalls den Gegenstand zahlreicher Untersuchungen.19 Die Erklärungskraft des kommerziellen Liberalismus ist aber nicht nur auf den wirtschaftspoli17 Siehe hierzu die Studie von Haas (2007), die nach Moravcsik (2008, 241 f.) ein Beispiel für den ideellen Liberalismus bildet. Sie weist nach, dass sich die amerikanische Außenpolitik während des Ost-West-Konfliktes vor allem aufgrund innerer Änderungen in der Sowjetunion und der damit einhergehenden Reduktion der ideologischen Distanz ergaben. Da sie sich allerdings nicht mit den gesellschaftlichen Einflüssen innerhalb der USA befasst, erfordert es ein sehr weitgefasstes Verständnis vom Neuen Liberalismus, um die Studie hierunter zu subsumieren. 18 Siehe Milner (1988), Milner (1993), Milner (1997) sowie den Überblick in Gourevitch (2002) und in Müller und Risse-Kappen (1990). 19 Zum Beispiel bei Frieden (1991) und Walter (2008) sowie der darin erwähnten Literatur.
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tischen Bereich beschränkt. Moravcsik (1997, 530) betont, dass u. a. auch Hypothesen für die Sicherheitspolitik generiert werden können. So werden sich ökonomische Akteure gegen eine kriegerische Auseinandersetzung mit einem Land aussprechen, wenn zwischen den privaten ökonomischen Akteuren der beiden Länder intensiver Austausch besteht, da der Konflikt die Wirtschaftsbeziehungen zumindest zu beeinträchtigen vermag. Gartzke (2000) führt entsprechend das Phänomen des „demokratischen Friedens“ auf ähnliche Präferenzen zwischen Staaten und auf die Abwesenheit von wirtschaftlichen Kriegsgründen zurück. Auch Narizny (2003) stellt fest, dass sich die außen- und sicherheitspolitischen Positionen Großbritanniens am Anfang des 20. Jahrhunderts durch die wirtschaftlichen Interessen der jeweiligen Parteienklientel erklären lassen. Republikanischer Liberalismus In dieser dritten Variante, dem republikanischen Liberalismus, wird der grundlegende Bestimmungsfaktor für außenpolitisches Verhalten im Modus der innerstaatlichen Repräsentation gesehen. Hierdurch soll erklärt werden, welche gesellschaftliche Gruppe speziell ihre Interessen in den Prozess der außenpolitischen Präferenzbildung einspeisen kann. Es wird also die Art und Weise betrachtet, wie gesellschaftliche Interessen durch politische Institutionen aggregiert werden. Moravcsik spricht von bestimmten Gruppen, die den Staat „erobern“. Je enger eine bestimmte soziale Gruppe in staatliche Entscheidungsgremien eingegliedert ist, desto stärker ist ihr Einfluss und desto eher wird es ihr gelingen, ihre Interessen (eventuell zu Lasten der übrigen Gesellschaft) durchzusetzen.20 Das spezielle außenpolitische Verhalten hängt also davon ab, welche binnenstaatliche Gruppen repräsentiert werden. Die dritte Variante steht damit auf einer anderen Ebene als die beiden erstgenannten. Sie thematisiert den Filterprozess, wonach staatliche Institutionen bestimmte gesellschaftliche Akteure begünstigen und andere benachteiligen. Sie nennt jedoch weder spezielle Quellen von Präferenzen noch spezifische Akteure, wie die ersten beiden Varianten. 20 Die dominierenden gesellschaftlichen Gruppen können sowohl staatliche als auch nicht-staatliche Akteure sein (Moravcsik, 2003, 173-174). Für Moravcsik steht das nicht im Widerspruch zur Annahme, wonach der Staat bloßer Repräsentant gesellschaftlicher Interessen ist: Es sei irrelevant, ob diese Interessen von denjenigen stammen, die den Staat leiten oder von denjenigen, die die Leitenden beeinflussen. Unklar bleibt, wie die Modellierung der Regierung als Transmissionsriemen ohne eigene Interessen einerseits mit der Vorstellung von Regierenden als Akteure, die eigene Interessen verfolgen andererseits, zu vereinbaren ist. Siehe hierzu auch Fußnote 13 in Kapitel 1.
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1.2.3 Anspruch Moravcsik erhebt für seinen Entwurf besondere Ansprüche. Zunächst verfolgt er das Anliegen, eine paradigmatische Alternative zu anderen Großtheorien und ihren Erklärungsansätzen für außenpolitisches Verhalten aufzustellen. Sein großtheoretischer Ansatz wird aus seinen Ausführungen deutlich. Moravcsik (1997, 524) betont, dass seine liberale Theorie auf sämtliche Phänomene anwendbar ist: „The liberal view of power politics, properly understood, generates plausible explanations not just of harmony and cooperation among nations, but of the full range of phenomena central to the study of world politics, from peaceful economic exchange to brutal guerrilla warfare.“ Dies gilt unabhängig vom politischen System, das betrachtet wird: „These hypotheses are not limited to cooperation among liberal states, but subsume liberal and nonliberal polities, conflictual and cooperative situations, security and political economy issues, and both individual foreign policy and aggregate behaviour“ (Moravcsik, 1997, 533). Besondere Erklärungskraft räumt Moravcsik seinem Ansatz bei der Analyse langfristiger Wandelprozesse ein. Dies liegt daran, dass er einen kausalen Zusammenhang zwischen wirtschaftlichem, politischem oder sozialem Wandel und dem außenpolitischen Verhalten herstellt. Daher ist der Liberalismus nicht nur geeignet, einzelne außenpolitische Entscheidungen zu erklären, sondern er liefert auch Erklärungen für die grundlegende Ausgestaltung der Außenpolitik eines Staates: „Liberal theory provides a plausible theoretical explanation for variation in the substantive content of foreign policy“ (Moravcsik, 1997, 534). Der Liberalismus ist mehr als eine bloße Alternative zu konkurrierenden theoretischen Ansätzen. Er genießt darüber hinaus analytische Priorität: Die Staatspräferenzen – die wiederum aus den aggregierten gesellschaftlichen Interessen entstehen – bestimmen „nature and intensity of the game that states are playing“ (Moravcsik, 1997, 542). Die Präferenzen einer Gesellschaft definieren zunächst all diejenigen Zustände, die von dieser Gesellschaft als ideal betrachtet werden. Mittels einer institutionalistischen Analyse kann man dann untersuchen, ob Staaten in internationalen Verhandlungen überhaupt einen dieser Zustände erreichen können. Eine realistische Analyse könnte klären, welches Ergebnis die Regierung speziell auswählen wird.21 Diesen Anspruch des Neuen Liberalismus berücksichtigt die vorliegende Studie. 21 Für Moravcsik (1997, 534) bestimmen liberale Faktoren den Verlauf der für die Gesellschaft relevanten Pareto-Grenze.
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1.3 Thema der Untersuchung 1.3.1 Ableitung der Fragestellung In der Arbeit wird die beschriebene Theorie angewendet. Die folgenden Ausführungen erläutern, wie diese Anwendung erfolgt. Unter Außenpolitik wird „die inhaltliche Ausformung und organisatorische Steuerung der Beziehungen einer staatlich verfassten Gesellschaft zu ihrer Umwelt“ (Jäger & Beckmann, 2007, 16) verstanden. Diese Definition ist nicht eng auf einzelne Entscheidungen oder Handlungen fokussiert. Aus ihr wird deutlich, dass sich die Studie auf einen Teilbereich des außenpolitischen Handelns konzentriert. Sie fragt nach der außenpolitischen Orientierung der Bundesrepublik; das Zustandekommen einzelner Entscheidungen steht nicht im Mittelpunkt des Interesses.22 Unter außenpolitischer Orientierung wird die grundlegende Ausrichtung der Außenpolitik verstanden, also die Bedeutung, die bestimmten Partnern und Themenfeldern beigemessen wird. Die Orientierung ergibt sich aus dem Zusammenwirken mehrerer Entscheidungen und Handlungen. Einzelne Aktivitäten – wie die Einrichtung zusätzlicher Planstellen und Referate im Auswärtigen Amt oder die Eröffnung zusätzlicher Vertretungen im Ausland – können zugleich Hinweise auf Änderungen der außenpolitischen Orientierung geben. Außenpolitische Orientierungen verschieben sich meist langfristig und in ihrer Tendenz.23 Dieses Verständnis umfasst die folgende Definition: By orientation we mean a state’s general attitudes and commitments toward the external environment, its fundamental strategy for accomplishing its domestic and external objectives and aspirations for coping with persisting threats. A nation’s general strategy or orientation is seldom revealed in any one decision, but results from a series of cumulative decisions made in an effort to adjust objectives, values, and interests to conditions and characteristics of the domestic and external environment (Holsti, 1974, 102). 22 Die von Moravcsik (1997, 542) vorgeschlagene Definition von Außenpolitik als „a process of constrained choices by purposive states“ wird von ihm als Minimaldefinition angeführt, auf die sich zumindest Vertreter rationalistischer Schulen einigen könnten. Sein Verständnis umschließt die in der Arbeit verwendete Definition und wird von dieser präzisiert. Beide Definitionen stehen daher nicht im Widerspruch zueinander. 23 Zum Konzept der außenpolitischen Orientierung siehe Jäger (1990, 53 ff.). Gustavsson (1999) bietet einen Überblick über verschiedene Modelle außenpolitischen Wandels. Grundlegend ist auch die Einführung von Medick-Krakau (1999). Das Konzept wird für diese Studie nicht präzisiert und operationalisiert, da sich die Untersuchung auf die unabhängige Variable konzentriert.
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In der Arbeit werden die der Außenpolitik zugrundeliegenden gesellschaftlichen Präferenzen analysiert. Damit wird dem Credo „Taking Preferences Seriously“ von Moravcsik (1997) gefolgt. Zugleich wird so die grundlegende, erste Kernannahme des liberalen Ansatzes aufgegriffen, wonach Außenpolitik als „bottom-up“ Prozess zu verstehen ist. Demnach müsste aus den heutigen gesellschaftlichen Interessen eine Prognose über die zukünftige außenpolitische Orientierung der Bundesrepublik möglich sein. Dabei stellt sich die Frage, welches gesellschaftliche Interessenspektrum in der Analyse berücksichtigt werden soll. Moravcsik selbst spezifiziert nicht, in welchem Verhältnis die drei Varianten seiner Theorie stehen. Auch führt er nicht aus, welches gesellschaftliche Interessenspektrum sich wann aus welchen Gründen genau durchsetzt.24 Am klarsten formuliert er seine Annahmen bezüglich der relevanten Akteure in der Variante des kommerziellen Liberalismus. Der ideelle Liberalismus spezifiziert, woraus sich – neben materiellen Interessen – gesellschaftliche Interessen noch speisen können, bleibt aber vage bei der Spezifikation relevanter Akteure. Der republikanische Liberalismus legt den Fokus auf die Ausgestaltung des institutionellen Rahmens, durch den die Interessen übermittelt werden. Daher legt diese Arbeit den kommerziellen Liberalismus zugrunde, wonach ökonomische Akteure entscheidenden Einfluss auf die Staatspräferenzen haben. Die Studie grenzt also das Interessenspektrum ein und fragt, ob sich aus ökonomischen Interessen eine Prognose zur zukünftigen außenpolitischen Orientierung ableiten lässt. Mit der vorgenommenen Einschränkung wird nicht in Abrede gestellt, dass in den Präferenzbildungsprozess der wirtschaftlichen Akteure auch nicht-materielle Faktoren einfließen, wie sie etwa beim ideellen Liberalismus genannt werden. Die Konzentration auf wirtschaftliche Interessen beruht darüber hinaus auf weitergehenden, theoretisch fundierten Annahmen. Einige von ihnen stellen Plausibilitätserwägungen dar und einige berücksichtigen die Ergebnisse empirischer Studien. So lässt sich die Annahme, dass ökonomische Akteure die dominanten gesellschaftlichen Akteure sind, im Falle der Bundesrepublik auch aus Sicht des republikanischen Liberalismus begründen. Hierbei würde man auf ihren Zugang zum politischen Entscheidungssystem abstellen. Die wirtschaftlichen Akteure gelten als besonders einflussreich, da sie über privilegierten Zugang zu den Entscheidungsträgern verfügen sowie institutionell in den außenpolitischen Entscheidungs24 Hierüber geben auch Moravcsiks eigene empirische Arbeiten keinen Aufschluss, siehe z. B. Moravcsik (1998, 473-479) zum kommerziellen Liberalismus und Moravcsik (2000, 246-248) zum republikanischen Liberalismus.
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prozess eingebunden sind (Andrei & Rittberger, 2005). Außenpolitische Interessengruppen ethnischer Lobbies, wie sie etwa in den USA bestehen, fehlen in der Bundesrepublik darüber hinaus nahezu vollständig. Wirtschaftliche Akteure sind zweifelsohne nicht die einzige Gruppierung, die in die politischen Entscheidungsgremien eingebunden ist.25 Überzeugend wird das Argument daher erst, wenn man gleichzeitig die Interessenlagen betrachtet: Wirtschaftliche Akteure haben, zumindest ab einer gewissen Größe, vermutlich ein nachhaltiges und stetiges Interesse sowohl hinsichtlich der USA als auch der Volksrepublik China (VRC)26 , die beide im Zentrum dieser Studie stehen. Es ist daher anzunehmen, dass sie stärker situativ mobilisiert sind als andere gesellschaftliche Gruppen.27 Solche sind vorrangig bei politischen Entscheidungen bezüglich spezifischer Themenfelder mobilisiert (etwa amnesty international bei Fragen der Menschenrechtspolitik gegenüber China) oder bei politischen Entscheidungen gegenüber bestimmten Regionen (etwa die Deutsch-Chinesische Gesellschaft – Freunde Taiwans bei Fragen des Umgangs mit Taiwan). Es ist ferner plausibel, dass wirtschaftliche Akteure und die Interessengruppen, in denen sie organisiert sind, stärker mobilisiert sind als die durch die öffentliche Meinung repräsentierte übrige Bevölkerung. Auch wenn in Umfragen die Mehrheit angibt, sich grundsätzlich für außenpolitische Themen zu interessieren, so entwickeln die Deutschen eindeutige Präferenzen meist bei Themen, die sie direkt betreffen. Solche sind vorrangig innenpolitischer Natur. Deutlich wird das am Beispiel des Einflusses außenpolitischer Themen bei den Wahlen zum Deutschen Bundestag. Es wird davon ausgegangen, dass lediglich in drei Fällen außenpolitische Themen im Wahlkampf eine entscheidende Rolle spielten: Hierbei handelte es sich im Jahr 1972 um die Ostpolitik, im Jahr 1990 um die Wiedervereinigung und schließlich im Jahr 2002 um den Irakkrieg. In allen drei Fällen wurde zudem ein Bezug zur eigenen, innenpolitischen Situation hergestellt. Ansonsten ziehen außenpolitische Präferenzen in der Bevölkerung, selbst wenn sie bestehen, sel25 Zeitweise konnten auch die Vertriebenenverbände Einfluss auf außenpolitische Entscheidungen gewinnen (Bierling, 1999, 62). Enge institutionelle Einbindung wurde auch den Umweltverbänden in das Umweltministerium oder der Agrarlobby in das Landwirtschaftsministerium nachgewiesen. Für einen allgemeinen Überblick siehe Hartmann (1998). 26 In der Arbeit werden die Begriffe VRC und China synonym verwendet. Sie beziehen sich auf die VRC ohne Taiwan, Hongkong und Macao, da Peking die wirtschaftlichen Geschicke dieser Regionen bzw. Städte nicht lenkt und die Wirtschaftsbeziehungen zu ihnen eine Sonderrolle spielen. 27 Die situative Mobilisierung gilt als umso höher, je intensiver ein Akteur Politikpräferenzen entwickelt. Dies hängt davon ab, wie stark er in seinem Grundinteresse betroffen ist (Bienen, Freund & Rittberger, 1999, 16).
1.3 Thema der Untersuchung
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ten konkrete Handlungen nach sich.28 Im Übrigen begreift Moravcsiks pluralistisches Verständnis staatlich verfasste Gesellschaften als Summe von organisierten Einzelakteuren. Deshalb stehen Interessengruppen und nicht die „öffentliche Meinung“ im Zentrum seiner Konzeption. Zudem verfügen die wirtschaftlichen Akteure und die Verbände, in denen sie organisiert sind, über personelle und finanzielle Ressourcen. So haben die Interessengruppen im Bereich der Wirtschaft und Arbeit die größte Anzahl von organisierten Mitgliedern (Kropp, 2005, 671). Dies vergrößert zum einen die strukturelle Mobilisierung.29 Vorrangig ist es dadurch den wirtschaftlichen Interessengruppen möglich, Expertenwissen zu generieren, das sie den Entscheidungsträgern als Handlungsanleitung zur Verfügung stellen. Eng damit zusammen hängt die Tatsache, dass wirtschaftliche Interessen als konfliktfähig30 gelten: Wirtschaftliche Akteure können z. B. zumindest implizit damit drohen, Kapital aus der Bundesrepublik abzuziehen. Schließlich lässt sich noch aus struktureller Perspektive anführen, dass die Bundesrepublik überdurchschnittlich in die globalen Handelsströme integriert ist (Haftendorn, 1978, 26). Daher hängt die nationale Wohlfahrt entscheidend vom Erfolg der deutschen Wirtschaft im Ausland ab. Es ist daher plausibel anzunehmen, dass deren Interessen in der Außenpolitik eher Niederschlag finden als etwa die Interessen von sog. Public Interest Groups, wie etwa Menschenrechtsgruppen. Tatsächlich besteht historisch eine enge Verflechtung zwischen politischen und ökonomischen Interessen in der Bundesrepublik (Bierling, 1999, 59). Aufgrund dieser Tatsache wurde die Bundesrepublik häufig als „neuer Handelsstaat“ bezeichnet; für einen solchen bilden die Entwicklung der Wirtschaft sowie die Maximierung der Wohlfahrt zentrale außenpolitische Ziele.31 Zudem hat sich nach Ansicht von 28 Hier soll nicht bestritten werden, dass öffentliche Meinung und Außenpolitik in engem Zusammenhang stehen können und sich gegenseitig beeinflussen. Aber die Öffentlichkeit nimmt Außenpolitik nicht als Prozess strategischer Planung wahr, auf den es beständig Einfluss zu nehmen gilt (Brettschneider, 1989), (Güllner, 2003). Die öffentliche Meinung stellt daher eher eine Restriktion außenpolitischer Handlungen dar, die bei einzelnen Entscheidungen von Relevanz sein kann. Siehe ausführlicher auch Oppermann und Höse (2007, 54-59). 29 Die strukturelle Mobilisierung hängt u. a. vom Repräsentationsgrad des privaten Akteurs ab. Vgl. zur Definition dieses Konzeptes Atkinson und Coleman (1989, 53). 30 Konfliktfähig sind Interessen, wenn ihre Vertreter über systemrelevante Leistungen verfügen und diese verweigern können (Offe, 1969, 167). 31 Das Konzept wurde ursprünglich von Rosecrance (1986) entwickelt. Handelsstaaten sind hoch industrialisiert, überdurchschnittlich in das System der internationalen Arbeitsteilung integriert und erwirtschaften einen wesentlichen Anteil des Bruttosozialproduktes durch ihre außenwirtschaftliche Verflechtung. Anwendung für die Bundesrepublik fand das Konzept etwa in Kirste (1998),
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1 Theoretische Grundlagen
Nahrendorf (1995) die Bedeutung der Außensicherheitspolitik mit dem Ende des Ost-West-Konfliktes verringert. Daher ist der grundsätzliche Stellenwert, welcher der Außenwirtschaftspolitik als Teil der Außenpolitik zukommt, gestiegen. Folgt man der liberalen Annahme, dass gesellschaftliche Individuen und Gruppen entscheidend für die staatliche Außenpolitik sind, so müsste nach den erläuterten Argumenten innerhalb der gesellschaftlichen Akteure von den ökonomischen Handlungsträgern am ehesten ein Einfluss auf außenpolitische Präferenzen ausgehen. Bei der Ermittlung der gesellschaftlichen Interessen stellt die Arbeit daher auf die ökonomischen Akteure ab. Daraus leitet sich die Kernfrage ab: Kann aus der Orientierung wichtiger ökonomischer Akteure in der Bundesrepublik eine Aussage hinsichtlich der zukünftigen außenpolitischen Orientierung Deutschlands abgeleitet werden? Im Mittelpunkt stehen zwei aus politikwissenschaftlicher Sicht relevante Staaten, nämlich die USA als Weltmacht und die VR China als aufstrebende Macht.32 Beide stellen zugleich wichtige Wirtschaftsräume dar. Sollte eine Tendenzverschiebung in der außenpolitischen Orientierung in Richtung auf die USA und China stattfinden, so setzt diese – aus liberaler Sicht – voraus, dass zuvor auf gesellschaftlicher Ebene hierfür eine Nachfrage besteht. Hierzu müssten sich die Interessen der relevanten Akteure fundamental gewandelt haben. Daher fragt die Arbeit zunächst danach, wie sich wirtschaftliche Präferenzen wichtiger ökonomischer Akteure entwickelt haben.
1.3.2 Abgrenzung von bestehenden Studien Wodurch unterscheidet sich die Arbeit von bestehenden Studien, die sich mit dem Einfluss innergesellschaftlicher Interessen auf außenpolitisches Verhalten befassen? In diesen werden häufig Einzelereignisse analysiert und sie sind vergangenheitsorientiert. Das heißt, die Untersuchungen gehen von einer bestimmten politischen Entscheidung aus und untersuchen, inwiefern diese sich durch dahinter stehende gesellschaftliche Interessen erklären lässt.33 Problematisch an diesem Senghaas (1994) und Staack (2000). Das Konstrukt ist den rollentheoretischen Ansätzen zuzuordnen. 32 Die Auswahl wird in Abschnitt 2.1.1 ausführlich begründet. 33 Freund (2001) untersucht zum Beispiel die deutsche Handelspolitik in GATT und WTO im Hinblick auf dahinterliegende Präferenzen, Moravcsik (1998) erklärt den Prozess der europäischen Integration durch die innergesellschaftlichen Interessen ökonomischer Akteure. Auch Walsh (2001) befasst sich mit dem europäischen Einigungsprozess und versucht die hinter der Währungsintegration stehenden Präferenzen zu ermitteln. Moravcsik (1993) erklärt den Erfolg bzw. den Misserfolg von
1.3 Thema der Untersuchung
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Vorgehen ist, dass sich im Nachhinein fast immer eine Gruppierung findet, die das vom Staat artikulierte Interesse vertrat. Es ergibt sich das Problem, dass nicht nachzuweisen ist, ob tatsächlich und weshalb genau diese Gruppierung Einfluss hatte (Legro, 2005, 117 f.). Zudem kommt in solchen Untersuchungen das Selbstverständnis des Neuen Liberalismus nicht zur Geltung: Als paradigmatische Alternative erhebt er den Anspruch, nicht nur singuläre Ereignisse zu erklären, sondern langfristige Wandelprozesse und größere Zusammenhänge analytisch zugänglich zu machen. Schließlich impliziert das zugrunde liegende (neo-)positivistische Wissenschaftsverständnis, dass mit der Theorie nicht nur vergangene Geschehnisse erklärt werden können, sondern dass sich aus ihr auch konkrete Verhaltenserwartungen für die Zukunft ableiten lassen (Hellmann & Wolf, 1993).34 Die vorliegende Arbeit grenzt sich daher von diesen Studien in dreierlei Hinsicht ab. Erstens in Bezug auf den Inhalt der abhängigen Variablen: Anstelle der Frage nach dem Zustandekommen eines partikularen Einzelereignisses geht es um die Bestimmungsfaktoren der strategischen Ausrichtung der bilateralen Beziehungen der Bundesrepublik. Zweitens im Hinblick auf den methodischen Ansatzpunkt: Die Studie setzt an der unabhängigen Variablen, also an den gesellschaftlichen Präferenzen, und nicht am bereits feststehenden Ergebnis an. Drittens bezieht sie sich, in zeitlicher Perspektive, auf die Zukunft.
1.3.3 Beitrag zur wissenschaftlichen Debatte Der besondere Wert der Untersuchung liegt in der mikrofundierten, akteurbasierten Analyse und in der detaillierten, empirischen Bestimmung der unabhängigen Projekten deutsch-französischer Rüstungskooperation unter anderem durch wirtschaftliche Interessen. Kaufmann (2006) bezieht sich nicht explizit auf den Neuen Liberalismus, erklärt aber ethnische Konflikte durch innergesellschaftliche Ängste, Mythen und Identitäten, wie sie auch der ideellen Variante zugrunde liegen. Ehrlich (2008) untersucht, inwieweit institutionelle Änderungen oder Präferenzwandel die Abkehr der USA von protektionistischen Einstellungen im 20. Jahrhundert erklären können. Allison (1999) befasst sich mit der US-kanadischen Vereinbarung zur Luftqualität aus dem Jahr 1991 und führt die lange Verhandlungsdauer auf innenpolitische Gründe zurück. 34 Voraussage und Erklärung gelten als zwei Hauptzwecke wissenschaftlicher Theoriebildung. Sie lassen sich nicht immer voneinander trennen (Wright, 1974, 16 f.). Die positivistische Vorstellung von Sozialwissenschaften, die in ihrer Methodologie den Naturwissenschaften ähneln, ist umstritten, ebenso wie die damit zusammenhängende Frage, inwieweit Theorien zukünftiges Verhalten vorhersagen können sollten. Nach Waltz (1979, 6) dient eine Theorie primär der Erklärung von Ereignissen und nicht ihrer Prognose, wie in den Naturwissenschaften. Nach Gaddis (1992/93) gehen jedoch die meisten Theoretiker davon aus, dass theoretische Modelle Vorhersagen ermöglichen sollen. Auch entfaltet eine Theorie ihren vollen Wert dann, wenn sich von ihr Verhaltenserwartungen ableiten lassen, da sie dann auch Hilfestellung für eigenes Handeln leistet.
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1 Theoretische Grundlagen
Variablen, des „Wirtschaftsinteresses“. Die Arbeit möchte so eine bestehende Forschungslücke schließen. Sie ergibt sich aus der vorherrschenden Konzentration auf die Makroebene einerseits sowie aus der verbreiteten Ableitung der unabhängigen Variablen aus allgemein gehaltenen Annahmen andererseits.35 Die Analyse ergab, dass die Gruppierung der wirtschaftlichen Akteure keine Präferenzen – im Sinne einer Orientierung in Richtung auf die USA und China – ausbildet und zudem höchst unterschiedliche Anforderungen und Interessen entwickelt, aus denen kein genereller Handlungszwang für die Politik erkennbar erscheint. Auf der Basis dieses Ergebnisses lässt sich daher die abhängige Variable – also die außenpolitische Orientierung – nicht präzise bestimmen. Die Theorie des Neuen Liberalismus nach Moravcsik, die sich somit im Hinblick auf die Fragestellung als nicht zielführend erwies, wird abschließend einer kritischen Wertung unterzogen.
35 Siehe z. B. Foyle (2003, 169). Die ausführliche Erläuterung hierzu erfolgt in Abschnitt 2.1.2.
2 Forschungsdesign Im Folgenden steht zunächst der Gang der Untersuchung im Mittelpunkt. Dabei wird erläutert, weshalb das Interesse der deutschen Wirtschaft in Bezug auf die USA und China am Beispiel ausgewählter Unternehmen und auf induktivem Weg analysiert wird. Im Anschluss werden Schlüsselbegriffe präzisiert und in ein analytisches Raster eingeordnet. Im letzten Schritt erfolgt eine kritische Würdigung des gewählten Weges.
2.1 Gang der Untersuchung 2.1.1 Länder: USA und China Warum stehen die USA und die Volksrepublik China im Mittelpunkt bei der Frage nach der strategischen Ausrichtung der deutschen Außenpolitik? Die USA bilden „the sole superpower“ (Heisbourg, 2004, 65): Sie sind die militärische, wirtschaftliche und ordnungspolitische Weltmacht, wobei die Vorherrschaft im militärischen Bereich besonders ausgeprägt ist.1 Die USA üben daher einen prägenden Einfluss auf das internationale System aus, während Mittelmächte wie Deutschland selbst nur begrenzt gestalterisch darauf einwirken können. Die Ausgestaltung der Beziehungen zu den USA ist aus diesem Grund von zentraler Bedeutung in der deutschen Außen- und Sicherheitspolitik (Jäger, 2008b). Diese besondere Rolle der USA rechtfertigt ihre Betrachtung in der Untersuchung. Zugleich befindet sich das internationale System in einer Phase des Umbruchs. Mit dem Ende des Ost-West-Konfliktes Anfang der 1990er Jahre löste sich eine Machtfigur auf, die die internationalen Beziehungen prägte und die Handlungen der Mehrzahl der Staaten bestimmte (National Intelligence Council, 2004, 9). Die damit einhergehende Verschiebung der weltweiten Kräfte wird in der öffentlichen Debatte mit Schlagworten wie dem vom kommenden „asiatisch-pazifischen Jahr1
Es ist umstritten, anhand welcher Kriterien sich staatliche Macht bestimmen lässt und inwieweit die klassischen Faktoren im 21. Jahrhundert noch angebracht sind. Die USA gelten aber auch bei Berücksichtigung alternativer Maßstäbe als zentraler Bezugspunkt, siehe z. B. Slaughter (2009).
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2 Forschungsdesign
hundert“ (Frankenberger, 2006), dem sich verschiebenden „Gravitationszentrum internationaler Politik nach Osten“(Kissinger, 2004) oder „The Chinese Century“(Elliott, 2007) belegt. Damit wird deutlich gemacht, dass aufstrebende Staaten zunehmend an politischer und wirtschaftlicher Bedeutung gewinnen. Im Allgemeinen werden Indien und China, aber auch Brasilien und Russland sowie Indonesien oder Südafrika genannt.2 Die VR China nimmt dabei eine Sonderstellung ein. Sie hat seit Beginn dieses Jahrzehnts so viel zum globalen Wachstum der Weltwirtschaft beigetragen wie Indien, Russland und Brasilien zusammen (Winters & Yusuf, 2007, 15). Der Entwicklungsprozess einer geschlossenen, sozialistischen Wirtschaft zur „Werkbank der Welt“, zum Auslandsinvestor und zum Motor steigender Rohstoffpreise innerhalb von 30 Jahren gilt als „one of the great seismic and seminal events of our times“ (Quinlan, 2007, 3). Auch der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (2004, 56 f.) geht davon aus, dass China wirtschaftlich in Zukunft eine „weit wichtigere Rolle“ als die anderen asiatischen Länder spielen wird. Parallel mit dem Einfluss auf das weltwirtschaftliche Geschehen wuchs auch Chinas politische Bedeutung. Viele Herausforderungen der Weltpolitik können nur im Einvernehmen mit China gelöst werden, nicht zuletzt auch weil das Land einen ständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat innehat. Peking übernimmt ferner zunehmend Verantwortung in internationalen Organisationen und scheint so seine zuvor passive Rolle zu revidieren.3 Im Hintergrund des Aufstiegs wirkt eine Führungsriege, die einen unbedingten Anspruch der Volksrepublik auf weltwirtschaftliche und weltpolitische Geltung erhebt (Schottenhammer, 2006). Aus diesen Gründen gilt China vielfach als Großmacht und wird als zukünftige Weltmacht gesehen.4 Entscheidend für die Auswahl ist darüber hinaus die besondere Rolle, die China in den USA spielt. Die Entwicklung der Volksrepublik wird dort intensiv diskutiert und das „Management“ des Aufstiegs gilt als zentrale strategische Herausfor2
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Für Brasilien, Russland, Indien und China schuf Goldman Sachs 2003 den Begriff „BRIC-Staaten“ (Wilson & Purushothaman, 2003). Die Gruppierung dieser Staaten erfolgte aufgrund ihrer ähnlichen ökonomischen Entwicklung. Als Grundlage einer politikwissenschaftlichen Analyse ist sie weniger geeignet, da die Staaten nicht durch politische Beziehungen miteinander verbunden sind (Jäger, 2008a). Möller (2003) sowie Swaine und Johnston (1999, 119 f.) sind der Meinung, es handele sich nicht um einen außenpolitischen Paradigmenwechsel und die traditionelle Präferenzordnung, wonach China Verpflichtungen mit geringer Bindewirkung bevorzugt, bestünde weiterhin. Im Gegensatz dazu sprechen Medeiros und Fravel (2003) von einer „New Diplomacy“. Das unterstreichen auch die Ergebnisse einer Umfrage der Bertelsmann Stiftung (2007) in neun ausgewählten Staaten. Die USA werden nach Ansicht der Befragten bis zum Jahr 2020 ihre unangefochtene Rolle als Weltmacht verlieren und China wird etwa gleichziehen.
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derung des 21. Jahrhunderts (Rudolf, 2006), (Taube, 2003), (Paulson, 2008). Die Debatte wird auch von der Sorge genährt, dass China die amerikanische Vormachtstellung zurückdrängen könnte (Sandschneider, 2007, 125). Insbesondere wird die Frage diskutiert, ob China eine kohärente Großstrategie („grand strategy“) verfolgt und welche US-Strategie angemessen ist (Goldstein, 2005), (Christensen, 2006), (Saunders, 2006). Die amerikanische Diskussion erklärt sich aus einem konkurrierenden Verhältnis zu China in den Bereichen der klassischen „hard power“, also in Militär und Wirtschaft. Der vom Department of Defense (2006, 29) verfasste Quadrennial Defense Report macht das deutlich: „Of the major and emerging powers, China has the greatest potential to compete militarily with the United States and field disruptive military technologies that could over time offset traditional U.S. military advantages absent U.S. counter strategies.“ Andere Publikationen unterstreichen ebenfalls, dass die chinesischen Rüstungsaktivitäten mit Sorge betrachtet werden (Vaughn, 2007), (Department of Defense, 2008b), (Department of Defense, 2008a).5 Wirtschaftlich sind die USA und China zwar eng miteinander verflochten, aber dennoch gilt die Volksrepublik als Herausforderer der Vereinigten Staaten. In der amerikanischen Öffentlichkeit hat sich eine „Atmosphäre des Misstrauens“ ausgebildet, wobei sich die Debatte insbesondere an der chinesischen Wechselkurspolitik entzündet (Schmidt & Heilmann, 2008). Sie gilt als eine Ursache für das Defizit in der amerikanischen Handelsbilanz. US-Ökonomen wie Goldstein (2007) fordern eine rasche Aufwertung des Yuan und im US-Kongress waren während der Bush-Administration Gesetze anhängig, die ein Vorgehen gegen China wegen „currency manipulation“ vorsahen. Daneben ist im Bereich der Werte und Ideologie – oder der „soft power“6 – Rivalität zu beobachten. Dies lässt sich am Beispiel der Auseinandersetzung um Einflusssphären auf dem afrikanischen Kontinent zeigen.7 Dort sichert China seine Energiereserven zumeist mit einem bedingungslosen Engagement. Undemokratische Machthaber können dadurch Fördergelder erlangen, ohne auf Forderungen nach „Good Governance“ einzugehen, wie sie häufig mit amerikanischer Entwicklungshilfe verknüpft sind. China kann zudem beachtliche innere Erfolge aufweisen: Zwischen 1981 und 2001 sank die Anzahl der Menschen, die in absoluter 5
Die Bedeutung der Berichte ist umstritten; Stahel (2007) geht davon aus, dass die USA die von China ausgehende Gefahr überzeichnen, um dadurch eigene Militärausgaben zu legitimieren. 6 Nach Nye (2004) handelt es sich um die Fähigkeit eines Staates, Ziele durch seine Attraktivität zu erreichen. 7 Für weitere Beispiele siehe Stanzel (2008, 253, Fußnote 5).
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2 Forschungsdesign
Armut leben, um mehr als 400 Mio.8 Das „Chinesische Modell“ gewinnt daher an Attraktivität. Es beruht auf einem starken Staat, der weitgehende politische und ökonomische Interventionsrechte genießt. Der Erfolg dieses „Beijing Consensus“ (Cooper Ramo, 2004) wirft auch die Frage nach dem effizienten Organisationsmodell moderner Gesellschaften auf und stellt die Gültigkeit des auf Demokratie und Marktwirtschaft beruhenden „Washington Consensus“ in Frage. Den amerikanisch-chinesischen Beziehungen wird daher zentrale Bedeutung für die internationale Ordnung beigemessen. Sandschneider (2006, 38) sieht die Möglichkeit, dass ein „machtpolitischer Konflikt zwischen China und den USA zu dem beherrschenden Konflikt des 21. Jahrhunderts werden kann“. Einige Autoren prognostizieren eine militärische Kollision mit den USA.9 Interessenkonflikte bestehen in der Taiwanfrage, die als „most conflict-prone territorial dispute“ (Fravel, 2007/08) gilt, und in Bezug auf die strategische Führungsrolle in Ostasien. Christensen (2001) sieht im Unterschied zur üblichen Argumentation selbst dann die Gefahr einer Auseinandersetzung, wenn China nicht zu einem „peer competitor“ der USA aufsteigt. Shirk (2007) leitet auch aus in beiden Gesellschaften bestehenden latenten Feindbildern ein Konfliktpotential ab. Selbst Autoren, die nicht unbedingt von einer militärischen Auseinandersetzung ausgehen, gestehen ein, dass die bilateralen Beziehungen zumindest krisenanfällig sind und dass die „Störungsanfälligkeit in Chinas Außenbeziehungen [...] eher zu- als abnehmen dürfte“ (Schmidt & Heilmann, 2008). Zumindest auf politischer oder wirtschaftlicher Ebene sind demnach Auseinandersetzungen zu erwarten (Schüller, 2005). Auch der Bundesrepublik werden in solchen Situationen „Entscheidungen über politische Prioritäten abverlangt“ (Jäger, 2008a).10 Dabei die auswärtigen Beziehungen bedacht auszutarieren und „die Balance zu halten“ (Rühl, 2008) kann als zentrale Herausforderung der künftigen deutschen Außenpolitik betrachtet wer8
Berechnung der Weltbank durch Chen und Ravallion (2004) auf der Grundlage der Armutsdefinition der Weltbank, wonach als extrem oder absolut arm gilt, wer weniger als einen US-Dollar (in Kaufkraftparitäten) pro Tag zur Verfügung hat. 9 Das prominenteste Beispiel ist Mearsheimer (2001), aber auch Kaplan (2005) und Susbielle (2006) vertreten diese Ansicht. Siehe auch Pollack (2007) und das Streitgespräch zwischen Brzezinski und Mearsheimer (2005). Johnston (2003) hält einen Konflikt für nicht wahrscheinlich, gibt aber die Argumentation gut wieder. Die Antwort auf die Frage nach dem zukünftigen Verhältnis zwischen den USA und China hängt nicht von der theoretischen Position ab, das heißt es gibt jeweils „optimistische“ und „pessimistische“ Anhänger der liberalen, realistischen und konstruktivistischen Schule. Friedberg (2005) ordnet die verschiedenen Standpunkte und gibt einen guten Überblick über einzelne Positionen. 10 Auch Chatzimarkakis (2007, 9) spricht von einer „Entscheidungsgabel“ zwischen China und den USA.
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den. Es ist durchaus denkbar, dass die deutsche Strategie in einen grundlegenden Widerspruch zur amerikanischen gerät, denn es bestehen Unterschiede in der Wahrnehmung Chinas durch Deutschland bzw. die EU auf der einen Seite und durch die USA auf der anderen Seite (Shambaugh, 2002), (Rupprecht, 2001). So sehen sich Europäer und Chinesen nicht als militärische Bedrohung, weshalb die sicherheitspolitische Dimension in der europäischen Debatte weitgehend fehlt: Europäer befassen sich mit der wirtschaftlichen Entwicklung und der inneren Transformation Chinas, selbst die Taiwan-Frage spielt nur eine untergeordnete Rolle (Cabestan, 2008). Dies ist in den USA, der militärischen Ordnungsmacht Asiens und dem Garanten der Sicherheit Taiwans,11 anders. Daher ist nicht vorherzusehen, welche Position die Bundesrepublik bei Streitigkeiten zwischen den USA und China einnehmen wird. Ein anschauliches Beispiel bieten die Haltungen im Hinblick auf eine mögliche Aufhebung des Waffenembargos (Scherpenberg, 2005), (Shambaugh, 2005), (Umbach, 2005). Neben die unterschiedliche Perzeption der Volksrepublik auf beiden Seiten des Atlantiks tritt die Orientierungslosigkeit, die Beobachter der deutschen Außenpolitik bescheinigen. Traditionell bilden die atlantische Orientierung und die Beziehungen zu Amerika einen Pfeiler der deutschen Außenpolitik, Deutschland und die USA wurden auch als „partners in leadership“ (Brill, 2005, 141) bezeichnet.12 Das besondere Verhältnis gilt jedoch als einem fundamentalen Wandel unterworfen (Risse, 2008), (Mayer, Rittberger & Fariborz, 2003). Zweifelsohne trugen die politischen Verwerfungen des Irak-Krieges sowie die wenig populäre Persönlichkeit des damaligen amerikanischen Präsidenten nicht unwesentlich zur Abkühlung der Beziehungen bei. Beide Faktoren gelten jedoch nur als aktuelle Auslöser eines Phänomens, das auf strukturellen Ursachen beruht: Mit dem Ende des Kalten Krieges ist die strategische Notwendigkeit einer engen Bindung an die USA hinfällig geworden (Weidenfeld, 1996), (Szabo, 2004), (Falke, 2005). Gleichwohl habe man es in Deutschland versäumt, die „außenpolitische Staatsräson“ (Link, 2004) neu zu bestimmen. Die Orientierungslosigkeit findet nicht zuletzt auch in der intensiv geführten wissenschaftlichen Debatte über Kontinuität und Wandel in der deutschen Außenpolitik sowie in der Diskussion um ihre „Normalität“ ihren Niederschlag. Sie zeigt, dass der „Prozess der Neuausrichtung deutscher Außenpolitik 11 Mitchell (2005) stellt die amerikanische Perspektive dar. Im Taiwan Relations Act von 1979 deklarieren die USA, dass sie Taiwan mit militärischen Gütern zu Selbstverteidigung beliefern. Jegliche nicht-friedliche Maßnahme zur Konfliktlösung wird als „grave concern“ beurteilt. Hieraus wurde gefolgert, dass die USA Taiwan auch militärisch schützen würden, sollte die Insel von China angegriffen werden. 12 Siehe auch Schweigler (1985) und Link (1981) zur Orientierung an den USA.
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noch längst nicht abgeschlossen ist“ (Hellmann, Wolf & Schmidt, 2007, 43 f.).13 Mangelnde strategische Grundsatzentscheidungen und unklare außen- und sicherheitspolitische Prioritäten (Bredow, 2004) führen dazu, dass die Deutschen durch die neue Weltordnung „stolpern“ (Sandschneider, 2006, 31). Umso mehr wird die außenpolitische Positionierung zu einer Herausforderung. Die Wahl der Länder erklärt sich also aus ihrer Position in einem sich im Wandel befindlichen internationalen System, dem Verhältnis der beiden Staaten untereinander und den daraus resultierenden Herausforderungen für die deutsche Außenpolitik. Da sowohl die USA als auch China Wirtschaftsräume von hoher Bedeutung für die Bundesrepublik bilden, lässt sich an ihnen zugleich nachzeichnen, wie wirtschaftliche Präferenzen entstehen und wie sie sich entwickeln. Da zudem bei politischen Entscheidungen sowohl in Bezug auf die USA als auch in Bezug auf China starke wirtschaftliche Interessen berührt sind, müssten sich dem theoretischen Ansatz nach Auswirkungen dieser Interessen auf die Bildung der außenpolitischen Staatspräferenzen ergeben.
2.1.2 Analyseebene: Mikroebene Die Arbeit zielt darauf ab, das Interesse der deutschen Wirtschaft hinsichtlich der USA und der Volksrepublik China in seiner Entwicklung während der Jahre 19972006 zu analysieren. Folgende Fragen leiten die Untersuchung an: • Wie entsteht die wirtschaftliche Orientierung in Richtung auf die USA und China? • Wie sieht sie heute aus und wie hat sie sich entwickelt? (Welche Bedeutung haben die beiden Wirtschaftsräume? Sind die Präferenzen bezüglich eines Landes stärker oder schwächer geworden? Gab es so etwas wie einen Präferenzwandel?) • In welchem Verhältnis stehen diese Präferenzen zur Politik? (Helfen sie, die Politik zu verstehen? Gibt es Wünsche an die Politik? In welchem Zusammenhang stehen diese Wünsche mit den Präferenzen?) 13 Die Diskussion wird z. B. bei Sperling (2004) geführt. Analysen zur deutschen Außenpolitik nach der Wende sind in Rittberger (2001)und Maull (2005), Peters (2001) gibt einen Überblick. Maull (2006) hängt der Kontinuitätsthese an, vgl. im Gegensatz dazu Hellmann (2002) und Hellmann (2004). Longhurst (2004) analysiert die strategische Kultur Deutschlands im Zeitablauf. Schöllgen (2003) plädiert für Normalität, die Diskussion hierüber wird auch in den Ausgaben der Zeitschriften WeltTrends 12(42) u. 12(43), Aus Politik und Zeitgeschichte B11/2004 und Internationale Politik 58(9) geführt.
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Um diese Fragen zu beantworten, bieten sich verschiedene Analyseebenen an. Aus wirtschaftswissenschaftlicher Perspektive stellt sich die Frage, ob vorrangig makroökonomische Daten, also die für die gesamte deutsche Volkswirtschaft aggregierten Werte oder mikroökonomische Entwicklungen, wobei das einzelne Unternehmen den Ansatzpunkt bildet, untersucht werden sollen. Aus politikwissenschaftlicher Perspektive geht es darum, ob wirtschaftliche Branchen- oder Spitzenverbände, also die aggregierten Interessen mehrerer Unternehmen oder wiederum einzelne Gesellschaften im Zentrum stehen. Schließlich stellt sich noch die Frage, welche Ebene konsistent mit der liberalen Theorie ist. Führt man die verschiedenen Blickwinkel zusammen, so ergibt sich, dass der Schwerpunkt der Analyse sinnvollerweise auf der Mikroebene angesiedelt wird: Ausgewählte Unternehmen als Vertreter der deutschen Wirtschaft bilden die zentrale Analyseeinheit. Dargestellt wird zunächst die wirtschaftswissenschaftliche Perspektive. Häufig werden bei Untersuchungen hinsichtlich der Bedeutung einzelner Märkte Makrodaten wie Ex- und Importe und Direktinvestitionen analysiert.14 Aus ihnen lassen sich Erkenntnisse über die grundsätzliche volkswirtschaftliche Bedeutung einzelner Regionen im Zeitablauf gewinnen. Sie sollen daher zur Vermittlung eines ersten Eindrucks dargestellt werden. In Bezug auf die Aufgabenstellung ist ihr Erklärungswert indes begrenzt, da bei alleiniger Verwendung von Makrodaten die entscheidenden Informationen möglicherweise verloren gehen: Hassel, Höpner, Kurdelbusch, Rehder und Zugehör (2000) untersuchen die Internationalisierung der deutschen Volkswirtschaft auf Unternehmensebene. Dabei stellen sie eine erhebliche Varianz zwischen einzelnen Unternehmen sowie Wirtschaftssektoren fest, die auf der Ebene der aggregierten Daten untergeht. Die Entwicklung unternehmerischen Interesses hinsichtlich der USA und der VRC lässt sich daher nicht unbedingt aus gesamtwirtschaftlichen Daten ablesen. Dies gilt umso mehr, wenn nach der Beurteilung zukünftiger Perspektiven gefragt wird: Da die makroökonomischen Werte vergangenheitsorientiert sind, ist es hierfür unabdingbar, auf Unternehmensebene vorzugehen. Ferner wird der Prozess der Wertschöpfung innerhalb eines Unternehmens zunehmend komplexer. Er nimmt auch zwischen Unternehmen unterschiedliche Gestalt an, denn jedes Unternehmen selektiert die Märkte, in denen es tätig wird, nach unternehmensspezifischen Kriterien (Kutschker & Schmid, 2008, 976). Auch wenn sich auf aggregierter Ebene gewisse Schwerpunkte ausbilden, lässt sich die 14 Auch politikwissenschaftliche Studien gehen häufig von der Makroebene aus. Wurm (1988, 2 ff.) bietet einen Überblick über die ältere Forschung.
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Entstehung regionaler Präferenzen besser verstehen, wenn man einzelne Gesellschaften betrachtet (Rugman, 2005, 221). Auch aus politikwissenschaftlicher Perspektive ist die Analyse einzelner Unternehmen vorzuziehen. Die zunehmende betriebliche Komplexität führt dazu, dass gewisse Märkte für Gesellschaft A interessant sind, nicht aber für Gesellschaft B. Daher sind die Unternehmen auch in unterschiedlichem Ausmaß von politischen Handlungen betroffen, was möglicherweise auch zu unterschiedlichen Wünschen an die Politik führt. Zumindest für die USA ist nachgewiesen, dass es nur selten zu einer einheitlichen Position innerhalb der Wirtschaft kommt (Smith, 2000). Vogel (1987, 396) spricht in diesem Zusammenhang von „many different businesses“. Es ist daher anzunehmen, dass sich hinter einer bestimmten Verbandsposition disparate Einzelinteressen verbergen. Unabhängig von der Frage nach ihrer Durchsetzbarkeit kann man sie nur erkennen, wenn man das einzelne Unternehmen in den Mittelpunkt stellt. Es ist vor diesem Hintergrund auch anzunehmen, dass Unternehmen nicht allein auf die Verbände vertrauen, um ihre Forderungen durchzusetzen.15 Um das Interesse der deutschen Wirtschaft und die Anliegen an die Politik zu durchdringen, reicht eine bloße Analyse von Verbandsaktivitäten somit nicht aus. Unternehmen weisen in ihrer Gesamtheit darüber hinaus prinzipielle Unterschiede zu Verbänden auf. Dies gilt hinsichtlich ihrer organisatorischen Struktur und des verfolgten Ziels, was sich wiederum auf die Handlungslogik und die Präferenzbildung auswirkt (Hart, 2004, 51 f.).16 Theoretische Ansätze, die die Formierung, das Verhalten und den Einfluss von Interessengruppen zu erklären suchen, sind daher nicht bedenkenlos auf Unternehmen zu übertragen und vermögen unternehmerische Entscheidungen und Aktivitäten nur in geringerem Ausmaß zu erklären: „These differences [. . . ] between the two kinds of organizations are so fundamental that we must develop a political theory of the firm that is distinctive from interest group theory“ (Hart, 2004, 51). Insbesondere lässt sich durch eine Analyse von Verbandsaktivitäten nicht erkennen, welche Rolle die Politik für die Wirtschaft spielt.Vermutlich würde man die Bedeutung der Politik überbewerten: Der Existenzzweck der Verbände besteht darin, Anliegen zu verfolgen, bei denen wirtschaftliche Akteure politischen Handlungsbedarf sehen; für ein Unternehmen 15 Diesen Trend hat auch die jüngere Forschung ausgemacht (Busch-Janser, 2004, 17 ff.), (Priddat & Speth, 2007), (Wehrmann, 2007, 40 ff.). 16 Die These, dass Unternehmen eine Gruppierung sui generis sind, wird bereits von Lindblom (1977) vertreten; Wilson (1990, 281) kritisiert ebenfalls, dass die Politikwissenschaft wenig empirische Untersuchungen auf Unternehmensebene durchgeführt hat. Vogel (1987) hingegen argumentiert, dass man Unternehmen durchaus unter Rückgriff auf Interessengruppentheorien analysieren könne.
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hingegen bilden diese Themen nur einen Teilbereich. Daher stellt die Arbeit auch bei der Frage nach Wünschen der Wirtschaft an die Politik auf die Ebene einzelner Unternehmen ab.17 Die Mikroebene ist auch vor dem Hintergrund der liberalen Theorie angemessen, wonach Individuen ihre Wünsche unabhängig von der Politik bilden und dann versuchen, diese einzuspeisen. Um zu verstehen, wie die Anliegen entstehen, und in welchem Maße sie an die Politik weitergegeben werden, ist es daher sinnvoll, zunächst auf der Ebene der einzelnen Handlungsträger, in diesem Fall der Unternehmen, anzusetzen. Aufgrund wirtschaftswissenschaftlicher, politikwissenschaftlicher und speziell der liberalen Theorie entnommener Erwägungen liegt der Fokus der Arbeit auf der Mikroebene. Die Studie geht exemplarisch am Beispiel ausgewählter Unternehmen den eingangs genannten Fragen nach Entstehung und Entwicklung unternehmerischer Präferenzen nach. So soll ein Verständnis für grundlegende Funktionsweisen und Prozesse gewonnen werden.
2.1.3 Akteurswahl: Grundlagen Es soll eine Auswahlanalyse anhand einiger wichtiger und aussagekräftiger Akteure vorgenommen werden. Wie sind diese auszuwählen? In der liberalen Theorie wird davon ausgegangen, dass sich bestimmte Interessen besser durchsetzen als andere. Allerdings wird nicht spezifiziert, welche Akteure den „Transmissionsriemen“ antreiben und wie sie zu bestimmen sind. Für die Untersuchung wurden fünf internationale Großunternehmen aus der Gesamtheit der DAX-Unternehmen zu einem zufälligen Stichtag gewählt. Die Wahl erfolgte auf der Grundlage dreier Erwägungen: Es sollte nachvollzogen werden, wie wirtschaftliche Präferenzen bezüglich der USA und der VRC entstehen. Daher wurden erstens Gesellschaften berücksichtigt, anhand derer sich die Bildung solcher Präferenzen nachzeichnen lässt. Die Arbeit diente auch der Klärung des Zusammenhangs dieser wirtschaftlichen Präferenzen mit der außenpolitischen Orientierung. Daher wurden zweitens Akteure untersucht, bei denen 17 Zweifelsohne besteht ein Unternehmen aus einzelnen Individuen, die ihren eigenen Interessen nachgehen (Küpper & Ortmann, 1992, 7). Nach außen aber treten die Unternehmen einheitlich auf. Entscheidungen zur strategischen Positionierung werden im Namen des Unternehmens umgesetzt und nicht im Namen derjenigen, die sich im innerbetrieblichen Prozess durchgesetzt haben. Für die Arbeit interessiert vor allem das Ergebnis, das heißt die unternehmerische Position. Welches Individuum sich durchgesetzt hat und ob es dabei Eigeninteressen verfolgt hat, ist irrelevant. Es ist daher sinnvoll, ein Unternehmen als einen Akteur zu modellieren (Scharpf, 1991, 10-15).
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von einem mittelbaren Einfluss auf die deutsche Politik ausgegangen werden kann. Das gilt für Unternehmen, die zu Wohlstand und Wohlfahrt in der Bundesrepublik beitragen, etwa weil sie bedeutend zur Wertschöpfung beisteuern. Drittens schließlich wurden Unternehmen analysiert, die nach theoretischen Erwägungen ihre Anliegen unmittelbar in die Politik einspeisen könnten – sofern sie dies wollten. Das erste Kriterium, die Ausbildung prägnanter wirtschaftlicher Präferenzen zu den USA und China, erfüllen insbesondere Großunternehmen.18 Sie gelten als Pioniere der Globalisierung, da sie ausländische Märkte vergleichsweise früh erschließen und sich zudem durch einen relativ hohen Auslandsanteil bei verschiedenen Kennzahlen der Internationalisierung auszeichnen. Zudem sind Großunternehmen intensiv im Ausland engagiert, das heißt sie wählen relativ oft Internationalisierungsformen mit einem hohen Anteil von Kapitalbindung und Managementleistung im fremden Markt (Ambos, 2005), (Maaß & Wallau, 2003).19 Große Unternehmen sind daher die wichtigsten strategischen Akteure der Internationalisierung (MPIfG, 2002). Sie beeinflussen zugleich den Erfolg und die Expansion kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU).20 Die Mehrzahl der KMU ist z. B. als Zulieferer von ihren Großkunden abhängig (Berghoff, 2004, 113).21 Die internationale Expansion eines KMUs erscheint daher häufig als ein Folgephänomen der strategischen Ausrichtung der Großunternehmen. Da die Arbeit die Entwicklung wirtschaftlicher Präferenzen speziell zu den USA und China nachzeichnen möchte, sollten Unternehmen betrachtet werden, die den amerikanischen und den chinesischen Markt erschlossen haben. Denn auch wenn ein Unternehmen nicht international engagiert sein muss, um Präferenzen zu einer Region zu entwickeln, lässt sich die Präferenzbildung besser nachvollziehen, wenn bereits Erfahrungen auf dem Markt gesammelt wurden. Die ermittelten Präferenzen werden daher – im Vergleich zum Durchschnitt – überzeichnet. 18 Der Begriff meint Unternehmen mit mindestens 500 Mitarbeitern und mindestens 50 Mio. EUR Jahresumsatz (Haunschild, Wallau, Hauser & Wolter, 2007). 19 So waren z. B. 2004 nur 10-20 % der Investitionen in China von mittelständischen Unternehmen getätigt (Trinh, 2004) und 90 % des deutschen Außenhandels wurden von Großunternehmen mit einem Umsatz von 10 Mio. EUR und mehr geleistet (Loschky, 2004). Die Zahl bezieht sich auf den Intrahandel, d. h. auf den Handel mit EU-Ländern. Andere Zahlen sind nicht verfügbar, da der Handel hauptsächlich nach güterbezogenen- und kaum nach unternehmensbezogenen Merkmalen aufgegliedert wird. 20 Zu den KMU zählen nach der Definition des Institutes für Mittelstandsforschung Unternehmen mit weniger als 500 Beschäftigten oder weniger als 50 Mio. EUR Jahresumsatz. 21 Es besteht zweifelsohne ein komplementäres Verhältnis. Initiator neuer Entwicklungen bleibt dennoch das Großunternehmen.
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Auch in Bezug auf die wirtschaftliche Bedeutung bietet sich die Analyse von Großunternehmen an. Zwar sind weniger als 1 % der insgesamt mehr als 3 Mio. deutschen Unternehmen Großunternehmen, auf diese entfallen aber etwa 60 % des gesamten Umsatzvolumens und 40 % der Beschäftigten.22 KMU sind zweifelsohne von Bedeutung für die deutsche Volkswirtschaft, die sich jedoch nur aus der Betrachtung der Gesamtpopulation erschließt (Haunschild, Wallau, Hauser & Wolter, 2007). Sollen lediglich einige Unternehmen untersucht werden, so deckt man mit Großunternehmen ein breiteres Spektrum ab.23 Dies gilt umso mehr, da die KMU eine äußerst heterogene Gruppierung darstellen (Berghoff, 2004, 113). Aus wenigen Einzelfällen zu einer generellen Aussage zu kommen, ist daher ungleich schwieriger als bei der Betrachtung von Großunternehmen. Zum dritten Aspekt bleibt schließlich anzumerken, dass Großunternehmen am ehesten Einfluss auf die Außenpolitik nehmen könnten. Das theoretische Kriterium, mit dem man üblicherweise den Einfluss gesellschaftlicher Akteure abschätzt, ist deren strukturelle Mobilisierung. Dabei werden die Annahmen von Atkinson und Coleman (1989, 53) zugrunde gelegt.24 Sie legen nahe, dass große Akteure mehr Einfluss haben als kleine.25 Hierfür spricht, dass sie z. B. über finanzielle Ressourcen verfügen, um technische und politische Informationen zu generieren. 22 Die Zahlen beziehen sich auf das Jahr 2003 und sind dem Unternehmensregister entnommen, das vom Statistischen Bundesamt geführt wird. Hierin bleiben Kleinstunternehmen ohne sozialversicherungspflichtig Beschäftigte und mit einem Umsatz von weniger als 17.500 EUR unberücksichtigt. Ebenfalls unberücksichtigt bleiben die Wirtschaftszweige Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Fischerei sowie Gebietskörperschaften und Sozialversicherungen. Das Unternehmensregister stellt auf rechtliche Einheiten ab. In der Praxis sind Großunternehmen häufig in mehrere formalrechtlich voneinander unabhängige Einheiten aufgespalten. Ihre wirtschaftliche Bedeutung wird daher eher unter- als überschätzt. 23 KMU sind nicht identisch mit Mittelstand. Ob ein Unternehmen dem Mittelstand zugerechnet wird, hängt nicht von seiner Größe ab, sondern von einer qualitativen Eigenschaft, der Einheit von Eigentum und Leitung. Es gibt daher auch große Unternehmen, die zum Mittelstand gehören (Haunschild, Wallau, Hauser & Wolter, 2007), (Kayser & Schwarting, 1981). Die Entscheidung, in der Studie auf große Unternehmen abzustellen, ist daher nicht eine prinzipielle Entscheidung gegen mittelständische Unternehmen. 24 Sie beziehen sich auf Verbände, aber einige der Kriterien können auf Unternehmen übertragen werden. 25 Andere, wie z. B. Olson (1965), gehen davon aus, dass sich kleine Gruppen besser durchsetzen. Olsons Argumentation trifft aber auf Unternehmen – als hierarchisch strukturierte, auf Profit ausgerichtete Organisationen, die für ihre einzelnen Mitarbeiter verbindliche Entscheidungen fällen können – nicht im selben Maße zu wie auf andere Interessengruppen. Bearce (2003) sieht die Parteizugehörigkeit der Regierung und weniger die Gruppengröße als entscheidend an. Indes hat sich für die Außenpolitik die Größe des Akteurs als sinnvolles Kriterium erwiesen (Bienen, Freund & Rittberger, 1999). Daher scheinen die Annahmen von Atkinson und Coleman (1989) plausibel.
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Über strukturelle Vorteile gegenüber kleineren Akteuren verfügen Großunternehmen auch, weil sie verschiedene Kanäle nutzen können. Gelingt es z. B. nicht, die Positionen der Verbände zu beeinflussen, so verbleibt der Weg, Anliegen eigenständig voranzubringen: Nahezu sämtliche deutsche Großunternehmen haben ihr eigenes Repräsentationsbüro in Berlin (Priddat & Speth, 2007, 17).26 Insgesamt betreiben Großunternehmen daher professionellere Interessenvermittlung als KMU. Aufgrund dieser drei Erwägungen sollten große Akteure gewählt werden, die international aktiv sind und sich dabei nicht allein auf den europäischen Markt konzentrieren.
2.1.4 Unternehmen: BASF, Daimler, Siemens, Deutsche Bank, Allianz Als Kriterien zur Bestimmung der Größe galten die Zugehörigkeit des Unternehmens zum Deutschen Aktienindex (DAX) am zufälligen Stichtag 31. August 2006 sowie speziell die Marktkapitalisierung. Der DAX 30 dokumentiert die Entwicklungen der umsatzstarken Aktien großer Unternehmen. Er repräsentiert nach Angaben der Deutschen Börse 75 % des Grundkapitals inländischer börsennotierter Unternehmen und etwa 85 % der in deutschen Beteiligungspapieren getätigten Börsenumsätze. Bei den DAX-Unternehmen handelt es sich daher um große und bedeutende Akteure. Die Zugehörigkeit eines Unternehmens zum DAX als Kriterium für seine Größe ist auch im Vergleich zu anderen möglichen Indikatoren von Vorteil. Das Abstellen auf den Umsatz, wie es oftmals in Rankings in der Wirtschaftspresse erfolgt, ist wenig sinnvoll, da es so nicht möglich ist, verschiedene Branchen miteinander zu vergleichen.27 Die Wertschöpfung, die die Monopolkommission zur Bestimmung der größten Unternehmen in Deutschland verwendet, hat den Nachteil, dass lediglich auf die inländische Komponente abgestellt wird.28 Da die Konzerne jeweils unterschiedliche Anteile ihrer Wertschöpfung au26 Wehrmann (2007, 41 f.) schätzt 120 in- und ausländische Unternehmensrepräsentanzen in Berlin. 27 So lautet die Aussage der Monopolkommission (2006). Die von Finanzdienstleistern ausgewiesenen Zinserträge lassen sich z. B. schwer mit den Umsätzen eines Industrieunternehmens vergleichen. 28 Die Monopolkommission (2006) bezweifelt selbst, ob so das wirtschaftliche Gewicht der Unternehmen erfasst werden kann. In ihrem 16. Gutachten erhebt die Kommission daher erstmals auch die weltweite Wertschöpfung der größten Konzerne und stellt sie der inländischen gegenüber. Für zukünftige Studien böte diese Zusammenstellung eine alternative Grundlage.
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ßerhalb der Bundesrepublik erzielen, könnte es bei einem Rückgriff hierauf zu Verzerrungen kommen. Die DAX-Unternehmen wurden nach ihrer Größe geordnet. Dabei wurde die Marktkapitalisierung zugrunde gelegt. Marktkapitalisierung und Börsenumsatz stellen die beiden Kriterien dar, aufgrund derer ein Unternehmen in den DAX aufgenommen wird.29 Die Marktkapitalisierung wurde gewählt, da sie weniger stark schwankt als der Börsenumsatz. Zudem beruht hierauf die Gewichtung der Papiere im Index.
Tabelle 2.1: Auswahl der Unternehmen
Name Siemens Allianz Deutsche Bank Daimler BASF
Rang Marktkapitalisierung 2 3 4 5 7
Aus dieser so geordneten Liste wurden die größten Unternehmen ausgewählt. EON sowie RWE (Ränge 1 und 6) wurden von der Analyse ausgeschlossen, da ihre Wachstumsmärkte primär in Europa liegen.30 Es wurden fünf Unternehmen gewählt, eine Anzahl, die aussagekräftig und gleichermaßen methodisch noch zu bewältigen ist. Damit werden unterschiedliche und zugleich bedeutende Branchen in der Analyse berücksichtigt. So ergibt sich die in Tabelle 2.1 dargestellte Auswahl. Dieses Sample versteht sich als Kompromiss: Bei der Auswertung musste berücksichtigt werden, dass Unternehmen im Zentrum stehen, die starke Interessen hinsichtlich der Zielländer haben und zugleich aufgrund ihrer Größe von Bedeutung für die deutsche Wirtschaft sind. 29 Aufgenommen werden zudem nur Unternehmen, die im Prime Standard zugelassen sind. Hierzu müssen sie gewisse Grundvoraussetzungen erfüllen. Die Marktkapitalisierung bezieht sich auf die im Streubesitz befindlichen Anteile (mindestens 5 %, in der Regel sind es deutlich mehr). 30 Nach Aussage der Investor Relations Abteilungen. RWE war weder in den USA noch in China vertreten. Kernregionen sind Zentraleuropa, Zentralosteuropa und Großbritannien. Für EON liegen die Wachstumsmärkte in Europa, es besteht ein kleines Engagement in den USA.
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2.1.5 Präferenzbestimmung: Empirisch-induktiv Es stellt sich die Frage nach der Bestimmung der Akteurspräferenzen. In zahlreichen Studien wurden sowohl die außenpolitischen Präferenzen von Staaten als auch die Präferenzen gesellschaftlicher Gruppierungen analysiert.31 Grundsätzlich stehen dem Wissenschaftler drei Wege zur Wahl. Er kann die Präferenzen eines Akteurs annehmen, sie aus theoretischen Überlegungen ableiten oder sie durch Beobachtungen rekonstruieren (Frieden, 1999). Während bei den ersten beiden Möglichkeiten theoretisch-deduktiv vorgegangen wird, ist die dritte Variante den empirisch-induktiven Verfahren zuzurechnen. Die vorliegende Studie wählt die induktive Methode und erhebt die Präferenzen empirisch. Damit unterscheidet sie sich vom verbreiteten Vorgehen, Präferenzen aus theoretischen Überlegungen zu deduzieren.32 Der Grund für diese Abweichung sind grundlegende Kritikpunkte am deduktiven Weg. Dabei wird im ersten Schritt eine Grundannahme getroffen, wobei meist festgelegt wird, dass sämtliche Unternehmen das Ziel der Gewinnmaximierung verfolgen. Zur internen Steuerung betrieblicher Abläufe herrscht jedoch die Orientierung am Unternehmenswert vor. Volkswirtschaftliche und politikwissenschaftliche Studien setzen in der Regel beide Kenngrößen gleich, was aus betriebswirtschaftlicher Perspektive nicht richtig ist.33 Es wird zudem inzwischen davon ausgegangen, dass die Annahme identischer Ziele der wirtschaftlichen Realität nicht gerecht wird (Porter, 1990, 786 f.). Zwar lässt die positivistische Wissenschaftslehre einen solchen Einwand zunächst nicht gelten, da getroffene Annahmen nicht realistisch sein, sondern lediglich zu akkuraten Vorhersagen führen müssen.34 Allerdings haben sich die aus ökonomischen Annahmen abgeleiteten Präferenzen bei empirischer Überprüfung zum Teil als falsch erwiesen (Crystal, 2003), (Martin, 1995), (Vogel, 1999). 31 Die Entstehung der Staatspräferenzen untersuchen bspw. Krasner (1978), der induktiv vorgeht oder Kimura und Welch (1998), die für empirische Erhebungen plädieren. Alt und Gilligan (1994) sowie Frieden und Martin (2002) bieten einen Überblick über Untersuchungen wirtschaftlicher Präferenzen. 32 Chase (2003) entwickelt z. B. ein solches Modell zur Entstehung wirtschaftlicher Präferenzen bezüglich regionaler Handelsabkommen. Stein (1999, 204) kritisiert dies: „Given the focus on subjective utility in a theory of choice, it is ironic that scholars typically posit the interests and preferences of actors rather than investigate them empirically.“ 33 Der Unternehmenswert berechnet sich aus der Abzinsung aller zukünftigen Cashflows (Bareinzahlungen abzgl. Auszahlungen). Er bezieht sich im Unterschied zum Gewinn auf die Lebensdauer des Unternehmens und berücksichtigt auch das Risiko. Er besagt in einer Kenngröße wie viel Bargeld ein Anleger für eine Investition (Aktienkauf) erzielen könnte. 34 Dies ist die sog. „als-ob“ Annahme, wie sie von Friedman (1953) beschrieben wurde.
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Im zweiten Schritt wird bei deduktivem Vorgehen häufig unter Rückgriff auf ökonomische Theorien dargelegt, wie sich eine politische Initiative auf das im ersten Schritt festgelegte Ziel des Unternehmens auswirkt. Dabei wird vernachlässigt, dass sich kaum bestimmen lässt, wie sich eine politische Entscheidung auf unternehmerische Ziele auswirkt. So führen konkurrierende ökonomische Theorien häufig zu widersprüchlichen Aussagen (Crystal, 2003, 412-415), (SchonhardtBailey & Bailey, 1995).35 Jedwede Argumentation lässt sich daher mit einer anderweitig theoretisch fundierten Überlegung widerlegen. Zudem wird nicht berücksichtigt, dass in einem Unternehmen aus dem eingebrachten Input lediglich ein suboptimaler Output erwirtschaftet wird.36 Die idealtypisch zu erwartenden Effekte einer politischen Entscheidung sind daher realitätsfern. Krasner (1978, 19-20) argumentiert, dass sie häufig nicht einmal die Entscheidungsträger selbst abschätzen können. Bei deduktiven Verfahren bestimmt die ermittelte wirtschaftliche Präferenz sodann im dritten Schritt das politische Verhalten, was gleichsam problematisch ist.37 Crystal (2003) zeigt, dass sich die politischen Präferenzen eines Akteurs häufig nicht direkt aus seinem wirtschaftlichen Interesse ableiten lassen. Ebenso wenig lässt sich die Intensität einer Präferenz allein aus theoretischen Überlegungen ermitteln (Hall, 2005, 130). Daher nähert sich die Studie den Präferenzen in einer empirischen Erhebung, was ein ungewöhnliches, aber zunehmend akzeptiertes Vorgehen ist.38 Es scheint insbesondere bei Fragen zur internationalen Ausrichtung angemessen, da solche Entscheidungen strategischer Natur nicht immer einen unmittelbaren monetären Nutzen nach sich ziehen und häufig nicht allein auf ökonomischen Erwägungen 35 Die zu erwartende Auswirkung einer politischen Maßnahme kann davon abhängen, wie mobil die Produktionsfaktoren modelliert werden. So sind z. B. nach dem Ricardo-Viner-Modell zumindest einige Produktionsfaktoren zwischen Industriesektoren immobil; nach dem Heckscher-OhlinModell sind die Faktoren vollständig mobil. Das gewählte Modell beeinflusst die Auswirkungen einer politischen Maßnahme auf das Faktoreinkommen, das ein Unternehmen oder ein Individuum erzielt. Eine Rolle spielt auch die Frist, mit der die Mobilität modelliert wird. 36 Dies sind die sog. X-Ineffizienzen wie sie von Leibenstein (1966) erstmals diskutiert wurden. 37 So z. B. bei Frieden (1999) in Bezug auf politische Entscheidungen zur Regelung der Mobilität von Kapital. Er argumentiert auf der Grundlage des Sektors, in dem ein Unternehmen tätig ist. Jeder Sektor bringt eine spezifische Intensität und Mobilität einzelner Produktionsfaktoren mit sich. Diese Konstellation bestimmt die Präferenzen und das politische Verhalten der Akteure. 38 Scheve und Slaughter (2001b), Scheve und Slaughter (2001a) sowie Fordham (2008) untersuchen z. B. die Bestimmungsfaktoren der Bevölkerungspräferenzen bei handelspolitischen Fragen sowie bei der außenpolitischen Rolle der USA. Dabei identifizieren sie persönliche ökonomische Interessen als Bestimmungsfaktor. Gabel (1998) und Gabel (2001) gehen den Präferenzen zur europäischen Integration nach. Martin (2000) analysiert in Fallstudien unternehmerische Präferenzen zur Sozialpolitik.
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gründen.39 Der empirisch-induktive Weg erweist sich bei der gewählten Fragestellung aus diesen Gründen als der theoretischen Ableitung überlegen.
2.1.6 Methoden: Datenanalyse, Interviews, Dokumentenanalyse Die zentrale Herausforderung besteht darin, die Präferenzen zu eruieren, denn beobachtbar ist lediglich das Verhalten der Akteure. Die Präferenzen schlagen sich zwar im Verhalten nieder,40 es muss ihnen aber nicht unbedingt entsprechen: Nur ein bestimmter Ausschnitt der Präferenzen wird in sichtbare Handlungen umgesetzt, Umwelteinflüsse können die Aktivität verzerren, so dass das Ergebnis nicht mehr der Intention entspricht, auch mögen sich Akteure bewusst ihren Präferenzen widersprechend verhalten, um so ihre Konkurrenten zu verwirren etc. (Snidal, 1985, 40 f.), (Frieden, 1999). Daher geht die Arbeit den Präferenzen auf drei verschiedenen Wegen nach, die kombiniert werden und die sich ergänzen (Zürn, 1992, 238-248). Die Internationalisierung wird dabei im Zeitraum von 1997 bis einschließlich 2006 untersucht, wobei in Einzelfällen auf weiter zurückliegende Ereignisse oder auf einzelne Geschehnisse im Jahr 2007 eingegangen wird.
Datenanalyse Rückschlüsse auf wirtschaftliche Präferenzen können aus quantitativen Daten über die Internationalisierung eines Unternehmens gezogen werden. Im Folgenden soll unter Internationalisierung41 die Ausweitung einzelwirtschaftlicher Operationen, die Ländergrenzen überschreiten, verstanden werden. Von Aussagekraft sind Kennzahlen, hinter denen eine aktive Handlung des Unternehmens steht, wobei speziell die Ausprägung der Indikatoren bezüglich der USA und der VRC interessiert. Es 39 Dies hängt vermutlich mit der Unsicherheit zusammen, unter der diese Entscheidungen gefällt werden (Kahneman & Tversky, 1973, 237). Aharoni (1966) identifiziert z. B. Auslandserfahrung, Prestigedenken und Reiselust als Faktoren, die Entscheidungen für Direktinvestitionen begünstigen. Darüber hinaus beobachtet er einen „Mitläufer-Effekt“: Investitionen erfolgen z. B. auch, weil andere Unternehmen es vormachen. Piotti (2007) stellt fest, dass im öffentlichen Diskurs die Vorteile von Verlagerungen überzeichnet werden, weshalb die entstehenden Kosten systematisch unterschätzt werden. 40 In der Terminologie von King, Keohane und Verba (1994) wären dies sog. „observable implications“, also im Verhalten erkennbare Indizien, die eine bestimmte Präferenz nahelegen. 41 Internationalisierung und internationales Unternehmen sind mannigfach definiert worden (Macharzina & Oesterle, 2002, 11).
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wurde die folgende Auswahl42 aus den einschlägigen Kriterienkatalogen getroffen (Kutschker & Schmid, 2008, 257 ff.): • Umsatz (amerikanischer/chinesischer Anteil am Gesamtumsatz) • Beschäftigung (Anteil der in den USA/der VRC Beschäftigten an der gesamten Mitarbeiterzahl) • Vermögen (ausländischer Anteil an Posten des Anlagevermögens)43 Der Sinn der Betrachtung derartiger Größen besteht darin, das Ausmaß der Präsenz eines Unternehmens in den beiden Ländern nachzuvollziehen und die quantitative Bedeutung des Engagements im Zeitablauf nachzuzeichnen. Die quantitativen Daten sind sinnvollerweise nur ein Baustein der Analyse. Aus forschungspragmatischer Perspektive gilt es zu bedenken, dass die gesuchten Zahlen häufig nicht speziell für die USA und für China oder nicht über den gesamten Zeitraum verfügbar sind. Auch wenn sich in einem Unternehmen die regionale Clusterung verändert, verfälscht dies das Ergebnis. Gleiches gilt, wenn – wie geschehen – neue Rechnungslegungsvorschriften in Kraft treten und dadurch bestimmte Größen anders bewertet werden. Es lassen sich auch prinzipielle Einwände anführen, die grundsätzlich die Aussagekraft der Daten in Frage stellen. Monetäre Indikatoren etwa unterliegen Wechselkursschwankungen. Obwohl der chinesische Yuan an den amerikanischen Dollar gekoppelt ist und Bewegungen daher gleichgerichtet verlaufen, verzerren Schwankungen die Entwicklungen. Zudem lassen die Daten als Ergebnisaufnahme und als ex-post-Zustandsbeschreibung lediglich Rückschlüsse auf die tatsächliche, operative Bedeutung zu. Aus ihnen allein ist es nicht möglich, die strategische Ausrichtung abzuleiten. Die Größen erlauben auch keine Aussage über Absichten und Ziele der Unternehmen, da sich diese auf den erwarteten Gewinn oder den erwarteten Unternehmenswert beziehen. Für die Frage nach der Bedeutung der beiden Wirtschaftsräume und der wirtschaftlichen Orientierung müssen die Zahlen somit unterfüttert und in Relation gesetzt werden. 42 Irrelevant ist z. B. die Anzahl der Länder, in denen das Unternehmen vertreten ist, da dies keine Rückschlüsse speziell auf die USA und China zulässt oder der Anteil ausländischer Anteilseigner, da dieser allenfalls mittelbar als Resultat unternehmerischer Entscheidungen interpretiert werden kann. 43 Dieser Indikator war meist nicht verfügbar.
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Interviews Daher bilden qualitative Experteninterviews mit offenen Leitfäden die zentrale Methode der vorliegenden Untersuchung. Inhaltlich geht es darum, • die Bedeutung der Regionen für das Unternehmen im Zeitablauf nachzuvollziehen, • die hinter der unternehmerischen Ausrichtung stehenden Ziele zu hinterfragen, sowohl gesamtunternehmerisch als auch in Bezug auf die beiden Regionen, • die Art und Weise deren Umsetzung zu eruieren, insbesondere die Rolle politischer Handlungen bei der Erreichung wirtschaftlicher Ziele und • die Einschätzung hinsichtlich der zukünftigen Entwicklung zu diskutieren. Der Zweck der Interviews besteht darin, die im Rahmen der Datenanalyse angedeuteten Antworten auf diese Fragen zu vervollständigen. Der Untersuchung liegt ein relativ enger Expertenbegriff zugrunde: Experten sind Menschen, die aufgrund ihrer beruflichen Stellung über ein besonderes Wissen verfügen.44 Der Gesprächspartner wird als Repräsentant der Organisation gesehen, für die er arbeitet (Meuser & Nagel, 1991, 442). Er hat idealerweise durch seine Tätigkeiten „exklusive Erfahrungen und Wissensbestände“ akkumuliert (Meuser & Nagel, 1991, 444). Diesen Kenntnissen gilt das Interesse, die Experten dienen mithin als „Informationslieferanten“ (Schmid, 1995). Die besprochenen Fakten sind zwar oftmals auch öffentlich verfügbar, die Gespräche erlauben es aber, die Fülle an verfügbaren Informationen nach ihrer Relevanz zu systematisieren. Bei der Identifizierung der Gesprächspartner wurde berücksichtigt, dass die Personen Einblick in strategische Entscheidungen im Hinblick auf die USA und China hatten. Da es sich hierbei um originäre Führungsaufgaben handelt, wurden die Vorstandsvorsitzenden mit der Bitte um Unterstützung und Vermittlung eines Gesprächspartners in der Konzernzentrale angeschrieben. Daraufhin wurde ein Gespräch in der Zentrale geführt, in dessen Anschluss um Kontakt zu Ansprechpartnern in den USA und in China gebeten wurde. Die in den Konzernzentralen erläuterten Entwicklungen wurden mit den Verantwortlichen vor Ort reflektiert und 44 Die Arbeit verwendet den Expertenbegriff von Meuser und Nagel (1991) bzw. Meuser und Nagel (1994). Vgl. im Gegensatz dazu den umfassenden Begriff von Gläser und Laudel (2006). Unter Experteninterview werden verschiedene Gesprächsformen verstanden (Hopf, 1979, 15).
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hinterfragt. Die Eindrücke der Entscheidungsträger vor Ort wurden erhoben, da sie praktische Erfahrungen im jeweiligen Land gesammelt haben und daher eine realistische Beurteilung geben können. Auch konnte so ermittelt werden, wie die ausländischen Geschäftsbereiche eingebunden werden. Bei einigen Gesprächen wurden zudem weitere Kontaktpersonen oder Ansprechpartner vermittelt. Insgesamt konnten so in jedem der untersuchten Unternehmen mehrere Gespräche geführt werden.45 Bezüglich des Grades einer Standardisierung46 wurde das nichtstandardisierte, offene Leitfadeninterview gewählt. Es wurde also mit vorgegebenen Themen und einer Fragenliste gearbeitet, wobei die Reihenfolge der Fragen und ihre Formulierung nicht festgelegt waren. Je nach im Vorfeld verfügbaren Informationen wurden die Fragen den Besonderheiten der Unternehmen angepasst. Die Antwortmöglichkeiten waren nicht vorgegeben. Damit wurde das „thematisch begrenzte Interesse des Forschers“ (Meuser & Nagel, 1991, 448) berücksichtigt: Das Gespräch sollte sich nicht in Inhalten verlieren, die nicht zum Erkenntnisinteresse beitragen, gleichzeitig aber die verschiedenen Bereiche abdecken. Zudem wurde so dem Gegenüber als Experte Rechnung getragen: Die intensive Vorbereitung bei der Entwicklung und der Anpassung der Leitfäden ist Ausdruck der Wertschätzung des Gegenübers, der sein knappes Zeitbudget dem Projekt widmet.47 Die Kommunikation erfolgte in der Variante des persönlichen Gesprächs, lediglich in einem Fall wurde ein Telefoninterview geführt. Die Gespräche nahmen in der Regel zwischen 60 und 120 Minuten ein, eines dauerte weniger als eine Stunde. Die Interviews wurden mit Einverständnis der Gesprächspartner aufgezeichnet. In Ausnahmefällen wurde diese Möglichkeit nicht eingeräumt. In dieser Situation wurden die Antworten handschriftlich protokolliert und direkt im Anschluss an das Interview zu einem zusammenhängenden Protokoll verdichtet. Vor der Veröffentlichung lagen die Fallstudien den Unternehmen vor. 45 Siehe Buchanan, Boddy und McCalman (1988) zum strategischen Vorgehen in Unternehmen. Beispielhaft hinsichtlich ihrer Methodik ist die Studie von Rosen (1999, 279-282). 46 Standardisierte Interviews geben sowohl Fragenwortlaut bzw. –reihenfolge sowie die Antwortmöglichkeiten vor. Sie werden vor allem in der quantitativen Forschung verwendet. Halbstandardisierte Verfahren geben Fragenwortlaut bzw. –reihenfolge vor, aber nicht die Antwortmöglichkeiten. Nichtstandardisierte Interviews geben weder Fragenwortlaut bzw. –reihenfolge noch Antwortmöglichkeiten vor (Gläser & Laudel, 2006, 39 f.). Nach Meuser und Nagel (1991, 449) gibt es, wenn es um „handlungsleitende Regeln jenseits von Verordnungen, um ungeschriebene Gesetze [. . . ], um tacit knowing und Relevanzaspekte geht [. . . ] zu offenen ExpertInneninterviews keine Alternative“. 47 Thomas (1995) erläutert, wie wichtig eine fundierte Vorbereitung bei Interviews in Unternehmen ist.
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Dokumentenanalyse Die Analyse von Dokumenten diente erstens der Suche nach weiteren Indikatoren für unternehmerische Präferenzen, wie zum Beispiel die organisatorische Entwicklung48 der Unternehmen, Neugründungen von Tochterunternehmen oder gesellschaftspolitisches Engagement im Zielland. Zweitens wurde Hinweisen aus den Gesprächen nachgegangen, um sie zu vervollständigen. Die Grundlage der Analyse bildeten drei Gruppen von Quellen: Unternehmenspublikationen, wissenschaftliche Studien über die Unternehmen und Zeitungsberichte. Hierbei wurden die Archive der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und des Handelsblattes ausgewertet, da deren Wirtschaftsberichterstattung als besonders fundiert gilt. Gesucht wurde nach Berichten zu den Unternehmen in den Jahren 1997-2006. Die erläuterten Methoden – Datenanalyse, Interviews und Dokumentenanalyse – ergeben in ihrer Gesamtheit ein detailliertes Bild und ermöglichen es, die wirtschaftliche Orientierung im Zeitablauf zu identifizieren und die Relation zwischen den Präferenzen im Hinblick auf die USA und China zu entschlüsseln. Dabei gilt der von Walder (1988, xvi) beschriebene Zusammenhang: The analysis offered here is based on large parts on (. . . ) documents (. . . ) official newspaper accounts (. . . ) scholarly books and articles (. . . ) and (. . . ) interviews. The last source was by far the most important, and the number of citations does not adequately convey its overall contribution to the study. The interviews (. . . ) were as much a source of orientation and insight as a source of data. Many of the citations in this book are to published documents but the interviews provided the background that led me to frame the questions and structure the analysis the way I have.
2.2 Analyseschema Der Schwerpunkt der Analyse liegt auf der wirtschaftlichen Interessenbildung. Die dabei verwendeten Bergriffe werden nun präzisiert. Das Interesse der deutschen Wirtschaft setzt sich aus mehreren Bestandteilen zusammen, die im Folgenden nach deren logischem Zusammenhang geordnet dargestellt werden (Abbildung 2.1). Links eines jeden Pfeiles steht das Ziel, das durch das rechts daneben aufgeführte Mittel erreicht werden kann. Von links nach rechts nimmt die Beobacht48 Gemäß dem von Chandler (1961) geprägten Paradigma „Structure follows Strategy“: Empirischer Zusammenhang zwischen der Intensität der Internationalisierung und der organisatorischen Gestaltung eines Unternehmens.
2.2 Analyseschema
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barkeit der Konzepte für Außenstehende zu. Ebenso steigt die Variabilität ihres konkreten Inhaltes im Zeitablauf, d. h. ein Akteur ändert seine Strategie häufiger als seine fundamentale Präferenz. Gleichzeitig verringert sich der Grad der Universalität, d. h. verschiedene Akteure unterscheiden sich stärker in ihrer Strategie als in ihrem Grundinteresse.
Grundinteresse
Fundamentale Präferenz
Strategische Präferenz
Strategie
Verhalten
Zunehmende Variabilität im Zeitablauf, Zunehmende Beobachtbarkeit
Abbildung 2.1: Das Interesse der (deutschen) Wirtschaft in seinen Bestandteilen (Quelle: Eigene Darstellung)
2.2.1 Grundinteresse Das Grundinteresse bezeichnet ein Ziel höchster Ordnung, das von abstrakter Natur ist und eventuellen Präferenzen vorrangig ist. Es gilt für sämtliche Akteure, ist nicht direkt zu beobachten und ändert sich nicht. Es wird nicht empirisch erhoben, sondern aus theoretischen Erwägungen abgeleitet. Dabei wird davon ausgegangen, dass das Grundinteresse sämtlicher Handlungsträger darin besteht, das eigene Überleben zu sichern.
2.2.2 Präferenz Auf der Basis dieses Grundinteresses definieren Individuen Präferenzen, die sich funktional auf das Grundinteresse beziehen. Präferenzen sind damit weniger universell als das Grundinteresse selbst, aus dem sie sich ableiten. Es wird unterschieden zwischen fundamentalen Präferenzen und instrumentellen/strategischen Präferenzen.
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2 Forschungsdesign
Die fundamentale Präferenz ist sämtlichen wirtschaftlichen Akteuren gemein. Sie lässt sich ebenfalls nicht direkt beobachten. Fundamentale Präferenzen können sich zwar verändern, dies geschieht allerdings äußerst selten: Hierzu muss sich die Natur/Identität des Akteurs wandeln.49 In der Untersuchung bleibt dieser hypothetische Fall unberücksichtigt, die fundamentale Präferenz wird als fix angesehen. Sie wird ebenfalls aus theoretischen Annahmen abgeleitet. Es wird davon ausgegangen, dass die fundamentale Präferenz von Unternehmen darin besteht, profitabel zu sein. Das heißt, „mehr“ ist grundsätzlich besser als „weniger“. Profitabilität kann zum Beispiel durch Gewinnsteigerung oder durch Maximierung des Shareholdervalues erreicht werden.50 Das Grundinteresse eines Akteurs und seine fundamentale Präferenz werden nicht immer getrennt (Frieden, 1999, 55, Fußnote 13). Hier soll durch die getrennte Darstellung verdeutlicht werden, dass das Grundinteresse universell ist und im zweiten Schritt in Abhängigkeit von der Natur des Akteurs eine bestimmte Ausprägung annimmt. Die strategische Präferenz dient den Akteuren als Mittel, die Profitabilität zu steigern. Strategische Präferenzen unterscheiden sich von Unternehmen zu Unternehmen und sind nicht direkt zu beobachten. Sie umfassen Entscheidungen darüber, mit welchen Produkten auf welchen Märkten ein Unternehmen aktiv ist. Auf dieser Ebene wird auch abgewogen, welche Bedeutung einem Markt zukommen soll. In der Studie wird davon ausgegangen, dass strategische Präferenzen veränderlich sind.51 Da die fundamentale Präferenz theoretisch fixiert ist, variiert die strategische Präferenz in ihrer Reaktion auf Einflüsse aus der Umwelt. Eine Rolle spielen auch sich ändernde Einstellungen und Meinungen der leitenden Angestell49 Es müsste sich z. B. ein wirtschaftlicher Akteur dazu entschließen, als politischer Akteur zu agieren. Das Ziel, ihr Überleben zu sichern (ihr Grundinteresse) verfolgen Vertreter beider Gruppen auf eigene Weise (mit unterschiedlichen fundamentalen Präferenzen): Politischen Akteuren wird gemeinhin der Weg der Stimmenmaximierung unterstellt, Unternehmen derjenige der Gewinnmaximierung. Dabei sind auch weniger hypothetische Fälle des Identitätswandels denkbar. So ist die aus dem FC Bayern München e.V. ausgegliederte FC Bayern München AG zweifelsohne ein wirtschaftlicher Akteur, der sich an Profitabilität orientiert. Ob dieses Motiv im Jahr 1900, als Fußballspieler den Verein gründeten, schon vorherrschte, ist fraglich. 50 Die fundamentale Präferenz wurde abstrakt formuliert, um die beschriebene Problematik der Annahme der Gewinnmaximierung zu umgehen. Gemeinhin anerkannt ist allerdings, dass Unternehmen, die die Profitabilität ignorieren, nicht dauerhaft am Markt teilnehmen können. 51 Ob Präferenzen sich wandeln können bzw. inwieweit es sinnvoll ist, sie als konstant zu modellieren, wird diskutiert. Stigler und Becker (1977) sowie Frieden (1999) argumentieren, dass Präferenzen konstant gehalten werden sollen. Hansson (1995) sowie Kapteyn, Wansbeek und Buyze (1980) weisen unter Verwendung mathematischer Modelle auf, wie sich wandelnde Präferenzen modelliert werden können.
2.2 Analyseschema
61
ten sowie deren Eigeninteressen. Die Arbeit nähert sich den strategischen Präferenzen mit Hilfe von Interviews sowie mittels Indikatoren im Verhalten.
2.2.3 Strategie Aus der Entscheidung, mit welchen Produkten auf welchen Märkten das Unternehmen aktiv sein möchte, leiten sich dann Strategien ab. Sie werden für jedes Produkt und jeden Markt definiert. Hierunter fallen zum Beispiel Überlegungen, ob man konservativ oder dynamisch vorgeht, welche Investitionen getätigt werden, wie der Dialog mit der Politik gestaltet wird oder in welchem Maße eine Anpassung an landesspezifische Geschäftspraktiken erfolgt. Strategien sind wandelbar. Sie ändern sich als Reaktion auf einen Präferenzwandel, bei neuen Umwelteinflüssen oder wegen spezifischer Anliegen der Entscheidungsträger. Strategische Entwicklungen sind – zumindest von außerhalb des Unternehmens – nicht direkt ersichtlich und zählen zu den vertraulichen Firmendaten. Ihnen soll sich anhand der Interviews zumindest genähert werden. Gleichzeitig lassen sich aus der Strategie Rückschlüsse auf die dahinter liegende Präferenz ziehen.
2.2.4 Verhalten Am Ende steht das Verhalten des Unternehmens, das sich aus den strategischen Weichenstellungen erklärt. Es besteht aus einzelnen Entscheidungen, die nach außen sichtbar sind. Darüber hinaus manifestiert es sich in einem Status Quo der internationalen Präsenz. Da die Ausprägung der Auslandsaktivitäten davon abhängt, ob und in welchem Maße die Internationalisierung gewollt und positiv bewertet wird, lassen sich aus dem Verhalten Rückschlüsse auf die zugrunde liegenden Absichten ziehen. Aus den bereits erläuterten Gründen stimmen Präferenzen und Verhalten jedoch nicht unbedingt überein, weshalb die gezogenen Schlüsse auf ihre Plausibilität überprüft werden müssen. Insgesamt ist das Verhalten der Unternehmen im Rahmen der Untersuchung die wichtigste beobachtbare Implikation, aus der auf die dahinter liegenden Strategien und instrumentellen Präferenzen geschlossen wird. Die Plausibilität wurde im Rahmen der Interviews abgesichert.
2.2.5 Zusammenschau Das Interesse der Wirtschaft lässt sich in einzelne Bestandteile zerlegen. Die ersten beiden Bestandteile, das Grundinteresse und die fundamentale Präferenz, werden
62
2 Forschungsdesign
in der Studie wie beschrieben nicht untersucht, sondern aus theoretischen Annahmen begründet. Sie sind von zu abstrakter Natur, um für die Frage nach dem Interesse hinsichtlich der USA und der VR China von Hilfe zu sein. Das Augenmerk der Analyse liegt daher auf den drei Bausteinen strategische Präferenz, Strategie und Verhalten (Abbildung 2.1). Da hierbei die theoretische Deduktion, wie in Abschnitt 2.1.5 erläutert, äußerst komplex wäre, werden die Konzepte mit den beschriebenen Methoden empirisch analysiert.
2.3 Kritische Würdigung Die Arbeit zielt darauf ab, einen Beitrag zur Klärung des Verhältnisses zwischen Wirtschaft und Politik zu leisten. Die Entstehung wirtschaftlicher Interessen wird dabei mikrofundiert untersucht. So sollen die generelle Handlungslogik sowie Gesamtzusammenhänge nachvollzogen werden.52 In den vorigen Abschnitten wurde dieses Vorgehen erläutert. Abschließend werden vier Kritikpunkte diskutiert: Die prinzipielle Relevanz der Untersuchung deutscher Außenpolitik, die konkrete Auswahl der Unternehmen, die Wahl induktiver Verfahren und das damit verbundene Gewicht, das den Interviews zukommt.
2.3.1 Untersuchung nationalstaatlicher Außenpolitik Skeptiker stellen auf die veränderten Kontextbedingungen deutscher Außenpolitik ab, wonach der wirtschaftspolitische Rahmen deutscher Außenpolitik zunehmend in Brüssel ausgearbeitet wird. Die Frage nach den Schwerpunkten deutscher Außenpolitik erscheint daher nicht gerechtfertigt. Es ist richtig, dass im ökonomischen Bereich der Wirtschafts-, Handels- und Währungspolitik Vergemeinschaftung stattgefunden hat und dass in diesen Feldern durchaus ein Autonomieverlust der Bundesrepublik zugunsten der EU festzustellen ist. Dies schränkt allerdings den Handlungsspielraum nicht im selben Maße ein.53 Lütticken (2006, 189) zeigt, dass die EU ein intergouvernementaler Charakter prägt: Insbesondere die großen Mitgliedsländer Deutschland und Frankreich können Entscheidungen in bedeutendem Maß gestalten. Die Vorstellung der 52 Sawicki (2000) unterscheidet zwischen dem Niveau der empirischen Erhebung und dem Konstruktionsniveau des theoretischen Problems. Nach seinem Schema wäre die Arbeit von der Empirie her als „microscopique“ einzuordnen; vom theoretischen Niveau her als „macrologique“. 53 Zur Unterscheidung von Autonomie und Handlungsspielraum siehe (Haftendorn, 1978, S. 34).
2.3 Kritische Würdigung
63
Mitgliedsstaaten als bloße Befehlsempfänger von Richtlinien, die europäische Institutionen ausgearbeitet haben, ist daher obsolet. Darüber hinaus ist die politische Dimension internationalen staatlichen Handelns weit weniger vergemeinschaftet. Die strategische Gestaltung und Ausrichtung bilateraler Beziehungen bleibt daher eine zentrale Aufgabe nationalstaatlicher Außenpolitik. Ganz allgemein wird damit der These von Bredow (1996) gefolgt, wonach die zunehmend dichter werdenden regionalen und globalen Netzwerke die Bedeutung bilateraler Beziehungen eher noch erhöhen, da sie einen wichtigen Baustein der multilateralen Diplomatie bilden.
2.3.2 Auswahl der Akteure Einen Ansatzpunkt für Kritik bildet auch die Auswahl der Unternehmen. Wie sähe es aus, wenn man anstelle einer Auswahlanalyse eine Vollanalyse vornehmen würde? Unmittelbar einleuchtend ist, dass man die so erhobenen Präferenzen in einem zweiten Schritt gewichten müsste. Ansonsten würde man intuitiv erkennbare Unterschiede in der wirtschaftlichen und politischen Bedeutung von Unternehmen nivellieren: Im Extremfall stünde das Beispiel eines lokal operierenden Handwerksbetriebes gleichrangig neben dem eines international agierenden Automobilkonzerns. Bei dieser Gewichtung stünde man vor denselben Fragen, wie sie sich beim Auswahlprozess stellen: Nach welchen Kriterien kann die Bedeutung eines Unternehmens bemessen werden? Sollte die wirtschaftliche Relevanz für die Bundesrepublik im Mittelpunkt stehen oder die Wahrscheinlichkeit, dass politische Einflussnahme erfolgreich ist? Hieraus wird ersichtlich, dass die Problematik der Auswahl von grundsätzlicher Natur ist und nicht einwandfrei gelöst werden kann, was mit der Formulierung der theoretischen Annahmen durch Moravcsik zusammenhängt. Allerdings verstärkt die Selektion im Vorfeld der Analyse das Problem: Möglicherweise bleibt ein bestimmtes Interessenspektrum gänzlich unberücksichtigt. Andere Studien umgehen diese Schwierigkeiten, indem sie von einem politischen Ereignis ausgehen. Hierdurch wird die Nivellierung im Grunde vorweggenommen: Das Ergebnis steht ja bereits fest. Es lässt sich also leicht erkennen, wer die relevanten Akteure waren und wessen Belange sich nicht durchgesetzt haben (vgl. Abschnitt 1.3.2). Im Vorfeld allerdings vermögen solche Untersuchungen diese Einteilung nicht zu leisten. Auch weshalb genau sich einzelne Anliegen durchgesetzt haben, können sie nur im Nachhinein plausibel machen.
64
2 Forschungsdesign
Im Gegensatz dazu wird in der vorliegenden Arbeit gefragt, ob wirtschaftliche Interessen helfen, die außenpolitische Orientierung zu verstehen. Dabei bilden die Akteure den Ausgangspunkt der Interessenbestimmung. Berücksichtigt man nun bei der Auswahl ausschließlich Unternehmen, bei denen es plausibel ist, dass sie Einfluss haben, so begeht man den gleichen methodischen Fehler wie die Studien, die am Ereignis ansetzen: Man betrachtet von vornherein lediglich Akteure, die wohl den Ansatz bestätigen. Wählt man hingegen Vertreter sämtlicher Branchen und Größen, so wäre dies Moravcsiks Ansatz gegenüber „unfair“: Man untersuchte auch Unternehmen, die offensichtlich keinen Einfluss nehmen. Man würde den Ansatz also ablehnen, obwohl eventuell doch ein Zusammenhang bestünde, hätte man nur andere Akteure berücksichtigt. Vor dem Hintergrund dieser Überlegungen ist die vorgenommene Auswahl als pragmatischer Kompromiss zu verstehen, der die Fragestellung für ein bestimmtes Spektrum wirtschaftlicher Akteure untersucht. Die Ergebnisse spiegeln nur die Interessen dieses Segmentes – das zweifelsohne quantitativ bedeutsam für die deutsche Wirtschaft ist – wider. Das exemplarisch erhobene Interesse beansprucht zwar über den Einzelfall hinausgehende Gültigkeit, allerdings nur innerhalb der Gruppe von Großunternehmen.54 Durch die einführende Makroanalyse wird zudem ein Überblick über die grundlegende wirtschaftliche Bedeutung der USA und der VR China für die deutsche Wirtschaft in ihrer Gesamtheit gegeben.
2.3.3 Induktives Vorgehen Gegen ein induktives Vorgehen werden meist zwei Einwände erhoben: Erstens ist diesem der Tautologieverdacht inhärent. Der Forscher begeht einen Zirkelschluss, wenn er von einer beobachteten Handlung auf die dahinter liegenden Ziele des 54 Obwohl lediglich börsennotierte Kapitalgesellschaften untersucht wurden, gelten die Ergebnisse für die Gruppe der Großunternehmen. Erstens wählen große Unternehmen meist die Rechtsform der Kapitalgesellschaft, wie ein Abgleich durch die Autorin ergab. Ausnahmen sind rechtlich selbstständige Töchter von AGs sowie die Robert Bosch GmbH. Zweitens ist nicht davon auszugehen, dass zwischen großen GmbHs und großen AGs systematische Unterschiede hinsichtlich der Wahl der zu erschließenden Märkte bestehen. Entscheidend hierfür sind Risikofreude sowie Kapitalkraft. In einer AG ist im Unterschied zur GmbH das Gesellschafterorgan i. d. R. nicht gegenüber dem Leitungsorgan weisungsbefugt. Man könnte argumentieren, dass in AGs risikofreudiger agiert wird, da Entscheidungen nicht durch die Kapitaleigner beeinflusst werden. AGs können wohl auch das für einen Gang ins Ausland notwendige Kapital leichter generieren. Insofern könnte man plausibel darlegen, dass AGs ausländische Märkte früher und intensiver erschließen als GmbHs, nicht aber systematisch andere Entscheidungen treffen. Die Untersuchung überzeichnet daher allenfalls die Präferenzen. Dies ist ein willkommener Effekt, da so Tendenzen besonders deutlich werden.
2.3 Kritische Würdigung
65
Handelnden schließt und diese wiederum verwendet, um die Handlung zu erklären. Zweitens kann nicht davon ausgegangen werden, dass das beobachtete Verhalten den Präferenzen entspricht (vgl. Abschnitt 2.1.6). Indes lässt die potentielle Möglichkeit der Tautologie nicht prinzipiell alle Studien unmöglich werden, die induktiv vorgehen. Es muss am konkreten Fall gezeigt werden, dass die Schwächen zutreffen (Zürn, 1992, 239 f.). In der vorliegenden Arbeit werden Präferenzen nicht nur aus dem beobachteten Verhalten rekonstruiert, sondern auch durch Interviews und Quellenstudium. Die relevante Alternative – deduktives Vorgehen, ausgehend von einem konkreten Geschehnis – ist zudem ebenfalls problematisch. Das rechtfertigt freilich keine eigenen methodischen Unzulänglichkeiten, verdeutlicht aber, dass bei jedweder Wahl Kompromisse akzeptiert werden müssen. Die gewählte Methodik dient der empirischen Näherung an ein bisher zumeist theoretisch behandeltes Konstrukt. Die damit unweigerlich einhergehenden Probleme wurden so gut als möglich minimiert.
2.3.4 Gewicht der Interviews Die Arbeit beruht maßgeblich auf Experteninterviews. Einige Forscher stellen die Reliabilität von auf diesem Wege erhobenen Daten grundsätzlich in Frage. Demnach zeichnen sich die Informationen durch eine gewisse Beliebigkeit aus, denn der Gesprächsinhalt hängt vom zufällig zugewiesenen Interviewpartner sowie vom Interviewer selbst ab. Es wird auch die Gefahr gesehen, dass nicht die Wahrheit gesagt wird (Dean & Whyte, 1958). Diese Einwände lassen sich weitgehend entkräften. Für die Teilnahme an der Studie mussten die Gesprächspartner gewisse Qualifikationen erfüllen. Ihre Auswahl blieb also nicht dem Zufall überlassen. Vielmehr ist davon auszugehen, dass sie aufgrund vergleichbarer Positionen einen ähnlichen Blickwinkel auf die gestellten Fragen einnahmen. Außerdem stand nicht ihre persönliche Einstellung, sondern die Entwicklung des Unternehmens im Mittelpunkt. Gewisse Merkmale der Interviewerin sind naturgemäß nicht oder kaum zu ändern und haben unweigerlich Einfluss auf die Inhalte, da sie „in allen sozialen Interaktionen und damit auch in der Forschungssituation immer und unausweichlich präsent“ sind (Abels & Behrens, 2005, 177). Sie müssen sich aber nicht unbedingt negativ auf den Gehalt der erlangten Informationen auswirken (Bogner & Menz, 2005, 60 ff.), (Abels & Behrens, 2005, 180 f.). Die Sorge, dass gezielt Unwahrheiten gesagt werden, hat sich ferner als weitgehend unbegründet erwiesen (Meuser & Nagel, 1991, 466 f.). Zudem wurden in jedem Unternehmen mindestens drei Gespräche
66
2 Forschungsdesign
mit unterschiedlichen Gesprächspartnern geführt. Die Ergebnisse wurden darüber hinaus durch kritisches Quellenstudium hinterfragt und überprüft. Insgesamt können durch die Interviews Daten generiert werden, die anderweitig nicht erhoben werden können: Compared to research on many organizations, the study of business is privileged by a rich array of readily accessible information. (. . . ) But compared to what is needed to answer some of the most vexing questions about the world of business, we often have little choice but to enter that world directly (Useem, 1995, 20).
Abschließend sei noch bemerkt, dass veröffentlichte Dokumente keine grundsätzlich neutralere Quelle als Gespräche darstellen. Unternehmenspublikationen dienen der Außendarstellung des Unternehmens und Zeitungsberichte beruhen nicht ausschließlich auf verifizierten Quellen. Die Datengrundlage vermeintlich unangreifbarer wissenschaftlicher Studien erscheint vor diesem Hintergrund als nicht gesichert.
2.3.5 Fazit Das Erkenntnisinteresse zielt auf das komplexe Zusammenspiel zwischen Wirtschaft und Politik. Die besondere Herausforderung, der sich Arbeiten an dieser Schnittstelle stellen müssen, besteht darin, zwei Handlungslogiken – sowohl die wirtschaftliche als auch die politische – in angemessenem Umfang zu berücksichtigen. Dass dies schwierig ist, liegt nicht zuletzt daran, dass auch auf wissenschaftlicher Ebene zwei Welten existieren. Insbesondere die konkrete, empirische Forschung auf Unternehmensebene wird von Politikwissenschaftlern vernachlässigt. Hart (2004, 51) vermutet als Ursache hierfür unter anderem mangelndes generisches Interesse an den Themen, die für wirtschaftliche Akteure relevant sind sowie eine latente Abneigung gegenüber Positionen, die Unternehmensvertreter einnehmen. Dies erklärt auch, weshalb viele Untersuchungen die empirische Erhebung von Wirtschaftspositionen meiden und vorrangig theoretisch vorgehen. Die vorliegende Arbeit sieht in dieser Lücke ihre Stärke: Sie möchte akteursfundierte, ökonomische Argumentationen in die politikwissenschaftliche Forschung einbringen. Damit gehen unweigerlich methodische Schwierigkeiten einher, die sich nicht immer vollständig beheben lassen. Einige der Angriffspunkte sind dem gewählten Vorgehen zuzuschreiben, andere hängen mit der Formulierung der Theorie durch Moravcsik zusammen.
3 Empirische Analyse: Makroebene Der Überblick über die außenwirtschaftlichen Beziehungen der Bundesrepublik zu den USA und der VR China dient der Veranschaulichung der grundlegenden Bedeutung der beiden Länder für die deutsche Wirtschaft im Zeitablauf. Dazu werden die Entwicklungen des Handels mit Waren und Dienstleistungen sowie des investierten Kapitals analysiert.1 Da sich die außenwirtschaftliche Verflechtung Deutschlands im Untersuchungszeitraum insgesamt intensiviert hat, werden die Werte jeweils in Bezug zur deutschen Gesamtentwicklung gesetzt. Erläutert ist auch, wie sich die absolute Differenz zwischen den Beiträgen der USA und Chinas entwickelt hat. Um die hinter den absoluten Werten stehende relative Bedeutung herauszuarbeiten, wird zudem der Anteil der USA und Chinas am Gesamtwert dargestellt. Die sich anschließende Diskussion interpretiert, welches hinter der Entwicklung stehende Wirtschaftsinteresse sich ableiten lässt.
3.1 Handel mit Waren und Dienstleistungen 3.1.1 Warenverkehr: Exporte Im Untersuchungszeitraum hat sich der Wert2 der aus Deutschland ausgeführten Waren3 insgesamt erhöht. Mit nahezu 1 Bill. EUR im Jahr 2007 hat er sich etwas 1
Daten zum Warenverkehr entstammen der Außenhandelsstatistik des Statistischen Bundesamtes, zum Dienstleistungsverkehr und zur Kapitalverflechtung der Bundesbank. Die Indikatoren wurden gewählt, da sie für beide Länder auf identischen Erhebungsmethoden beruhen. Weitere Indikatoren (z. B. die Gewinne der Auslandstöchter) gibt es nur aus US-Perspektive (Hamilton & Quinlan, 2004). Analysen bieten Hamilton und Quinlan (2005b) sowie mit stärkerem Fokus auf die USA Slaughter (2007) und Anderson (2007). Ash (2008) gibt einen Überblick über die EU-China Beziehungen. 2 Auf wechselkursinduzierte Preis- und Mengenwirkungen wird in Abschnitt 3.3.3 eingegangen. 3 Die Außenhandelsstatistik gibt den grenzüberschreitenden Warenverkehr Deutschlands mit dem Ausland wieder. Erfasst sind körperlich ein- und ausgehende Waren einschließlich elektrischen Stroms, jedoch mit Ausnahme von Veredelungsgeschäften keine Dienstleistungen. Aufgezeichnet ist der Spezialhandel, also Waren, die aus der Erzeugung und der Be- und Verarbeitung in Deutschland stammen und ausgehen. Im Unterschied zum Generalhandel ist die Ausfuhr von Waren aus
68
3 Empirische Analyse: Makroebene
Abbildung 3.1: Ausfuhren aus der BRD, logarithmische Darstellung (Quelle: Statistisches Bundesamt)
mehr als verdoppelt. Die deutschen Exporte in die USA stiegen um fast das Zweifache auf 73,4 Mrd. EUR. Der Wert der Güter, die nach China exportiert wurden, hat sich mehr als verfünffacht und betrug 29,9 Mrd. EUR (Abbildung 3.14 , Tabelle 3.15 ). Die Entwicklung der Exporte in die USA entspricht damit in etwa dem gesamtdeutschen Trend, wie auch der (nach Parallelverschiebung) nahezu kongruente Verlauf der beiden Kurven „Gesamt“ und „USA“ in Abbildung 3.1 veranschaulicht. Die Warenausfuhr in die Volksrepublik China hat sich deutlich überdurchLagern nicht eingeschlossen (Statistisches Bundesamt, 2005), (Statistisches Bundesamt, 2006c). Da Zahlen für 2007 vorlagen, wird die Entwicklung bis einschließlich 2007 dargestellt. 4 Die logarithmische Darstellung wurde verwendet, um sowohl das unterschiedliche Ausgangsniveau als auch die Unterschiede in der prozentualen Entwicklung zwischen den beiden Ländern in einer Grafik darzustellen. Das tatsächliche Ausmaß des Abstandes in der absoluten Differenz kommt naturgemäß in der logarithmischen Darstellung weniger zur Geltung. 5 Rundungsdifferenzen können auftreten, da die Werte aus den ungerundeten Beträgen errechnet wurden.
3.1 Handel mit Waren und Dienstleistungen
69
Tabelle 3.1: Zuwachsrate der deutschen Ausfuhren Zuwachsrate 1997-2007 Gesamt (einschl. USA und VRC) in die USA in die VRC
×2, 1 ×1, 9 ×5, 5
schnittlich entwickelt, wie der Verlauf der Kurve „VRC“ in Abbildung 3.1 verdeutlicht.6 Dies wirkt sich auf die absolute Differenz in der Bedeutung der beiden Räume als Exportziel für die deutsche Wirtschaft aus. Dieser Abstand – gemessen als Faktor, um den sich der Wert der Ausfuhren unterscheidet – hat sich im Untersuchungszeitraum verringert. Während 1997 der Wert der Exporte in die USA mehr als siebenmal so hoch war wie der Wert der Ausfuhren nach China, so ist er im Jahr 2007 nur noch zweieinhalb mal so hoch (Tabelle 3.2).
Tabelle 3.2: Faktor, um den der Wert der Ausfuhren in die USA höher ist als jener in die VRC 1997 7,2
2007 2,5
Welcher Bedeutung für die gesamte deutsche Exportwirtschaft entspricht diese Wertentwicklung? Aufschluss hierüber gibt der prozentuale Anteil der Ausfuhren in die beiden Länder am Wert des gesamten Exportvolumens der Bundesrepublik (Abbildung 3.2). Der Anteil der Ausfuhr in die Vereinigten Staaten an der Gesamtausfuhr verlief wellenförmig: Er stieg bis zum Jahr 2001 bis auf 10,6 % an und sank danach auf 7,6 % ab. Die USA waren dabei konstant der bedeutendste Ex6
Die Deutsche Bundesbank (2005, 40) merkt an, dass die bilateralen Handelsströme zwischen Deutschland und China zu gering ausgewiesen werden, da Waren nach bzw. von China häufig nicht direkt, sondern über Hongkong ex- bzw. importiert werden. Gegenläufig wirkt das Phänomen, dass die lokale Wertschöpfung an chinesischen Exporten gering ist, da v.a. internationale Unternehmen höherwertige Komponenten aus anderen asiatischen Ländern importieren (Breslin, 1998). Inwiefern diese Exporte als chinesische Produkte gelten können, ist umstritten.
70
3 Empirische Analyse: Makroebene
portpartner nach Frankreich; sie nahmen diese Position bereits Mitte der 1980er Jahre ein (Statistisches Bundesamt, 2006b). Der Anteil Chinas stieg mit Ausnahme des Jahres 2005 stetig von 1,2 % auf 3,1 % im Jahr 2007. Die Volksrepublik nahm im Jahr 1997 zunächst Rang 18 ein und stieß bis zum Jahr 2007 auf Rang 11 vor.7 Die relative Bedeutung der USA für die Bundesrepublik ist damit leicht gesunken (sofern man den prozentualen Anteil an den gesamten Exporten zugrunde legt) bzw. unverändert geblieben (wenn man auf die Position in der Rangliste der Handelspartner abstellt). Die relative Bedeutung Chinas ist dagegen gestiegen.
Abbildung 3.2: Anteil der Ausfuhren in die USA und die VRC an den Gesamtausfuhren (Quelle: Statistisches Bundesamt)
Der absolute Wertbeitrag, den Exporte in die beiden Wirtschaftsräume generieren, ist also während des vergangenen Jahrzehnts gestiegen. Somit kommt beiden Staaten heute eine größere wirtschaftliche Bedeutung zu als vor zehn Jahren. Sowohl absolut als auch relativ leisten Ausfuhren in die USA einen größeren Beitrag als Ausfuhren nach China. Allerdings hat die relative Bedeutung Chinas zugenommen, während diejenige der USA unverändert geblieben ist bzw. leicht abge7
Rang 1: Frankreich, Ränge 3-10: Vereinigtes Königreich, Italien, Niederlande, Österreich, Belgien, Spanien, Schweiz, Polen (Statistisches Bundesamt, 2006b).
3.1 Handel mit Waren und Dienstleistungen
71
nommen hat. Insgesamt hat sich daher der Abstand zwischen den beiden Ländern verringert.
3.1.2 Warenverkehr: Importe Die Entwicklung der Importe spiegelt zum Teil das Interesse deutscher Unternehmen wider, wenngleich der Zusammenhang weniger unmittelbar ist als im Fall der Exporte. Zunehmende Importe können z. B. auf einer Zunahme der industriellen Vorprodukte, die von deutschen Unternehmen eingeführt und dann weiterverarbeitet werden, beruhen. Zu nennen sind hierzu etwa der Intrafirmenhandel8 und der Handel mit ausländischen Zulieferern.9 Aus Gründen der Vollständigkeit werden daher auch die Importe dargestellt, wenngleich die Entwicklung stets mehrere Interpretationen zulässt. Im Untersuchungszeitraum hat sich der Wert der Waren, die aus dem Ausland in die Bundesrepublik eingeführt wurden, knapp verdoppelt. Insgesamt strömten damit ausländische Güter im Wert von 772,5 Mrd. EUR nach Deutschland. Der Wert der Güter aus den USA stieg um den Faktor 1,5 und der Wert der Importe aus China um das Fünffache (Abbildung 3.3, Tabelle 3.3). Die Entwicklung der Importbeziehungen zu den USA verläuft daher schwächer als der Trend. Die Wertentwicklung der Einfuhren aus China hingegen übertrifft den Durchschnitt um ein Vielfaches. Seit dem Jahr 2006 werden damit mehr Werte aus China eingeführt als aus den USA. Diese Entwicklung fasst der Abstand der absoluten Werte zusammen (Tabelle 3.4). Die absolute Differenz bei den Importen hat sich im Untersuchungszeitraum umgekehrt. Insgesamt war sie von Anfang an wesentlich geringer als bei den zuvor dargestellten Exporten. Die Betrachtung der Volumenanteile der Importe aus den beiden Regionen lässt erkennen, dass die relative Bedeutung der USA seit Anfang des 21. Jahrhunderts 8
Der Intrafirmenhandel ist der Handel zwischen Mutter und Tochter eines Unternehmens bzw. zwischen verschiedenen Töchtern desselben Unternehmens. Ihm wird etwa die Hälfte der Exporte aus Deutschland in die USA zugerechnet, weshalb er von Bedeutung ist (Matthes, 2006). Für China liegen keine Daten vor. 9 Die importierten Produkte ausländischer Unternehmen für den Endkonsumenten spiegeln hingegen nicht direkt Interessen der deutschen Unternehmen wider. Gleichwohl können sie ein bestimmtes Verhalten der deutschen Akteure induzieren. Denkbar wäre, dass inländische Wettbewerber der ausländischen Importeure protektionistische Maßnahmen durch die Heimatregierung wünschen. Andere Unternehmen, die selbst vom Freihandel profitieren, würden sich explizit gegen protektionistische Maßnahmen wenden. Der Zusammenhang ist etwa in Chase (2003) sowie in Goldberg und Maggi (1999) untersucht worden.
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3 Empirische Analyse: Makroebene
Abbildung 3.3: Einfuhren in die BRD, logarithmische Darstellung (Quelle: Statistisches Bundesamt)
Tabelle 3.3: Zuwachsrate der Einfuhren in die BRD Zuwachsrate 1997-2007 Gesamt (einschl. USA und VRC) aus den USA aus der VRC
×2, 0 ×1, 5 ×5, 0
stetig leicht gesunken ist (Abbildung 3.4). Die relative Bedeutung Chinas ist gestiegen, so dass Einfuhren aus der Volksrepublik heute 7,1 % der Gesamteinfuhren ausmachen, diejenigen aus den USA 5,9 %. Diesen Anteilen entsprechen die Ränge 3 (VRC) bzw. 4 (USA) in der Auflistung der wichtigsten Importpartner der Bundesrepublik (Statistisches Bundesamt, 2006b).10 Ähnlich wie bei den Expor10 Ränge 1 und 2 nehmen Frankreich und die Niederlande ein (Statistisches Bundesamt, 2006b).
3.1 Handel mit Waren und Dienstleistungen
73
Tabelle 3.4: Faktor, um den der Wert der Einfuhren aus den USA höher ist als jener aus der VRC 1997 2,7
2007 0,8
Abbildung 3.4: Anteil der Einfuhren aus den USA und der VRC an den Gesamteinfuhren (Quelle: Statistisches Bundesamt)
ten hat sich für die USA insgesamt keine Veränderung ergeben, allerdings nahmen sie zwischenzeitlich auch einmal den 2. Rang ein. Die Volksrepublik China war 1997 nur der elftwichtigste Importpartner. Ein Vergleich mit der Situation Mitte der 1980er Jahre verdeutlicht die Stabilität, die die Beziehungen zu den USA prägt: Bereits damals handelte es sich um den fünftwichtigsten Importpartner. Die Volksrepublik belegte lediglich Rang 32, was die Dynamik der Entwicklung illustriert.
74
3 Empirische Analyse: Makroebene
Gemessen am Wert der Importe ist damit die absolute Bedeutung beider Länder im Untersuchungszeitraum gestiegen. Allerdings hat die relative Bedeutung der USA abgenommen, die Chinas deutlich zugenommen. Insgesamt übertreffen Einfuhren aus China heute damit anders als vor zehn Jahren diejenigen aus den USA.
3.1.3 Dienstleistungsverkehr: Exporte Der Dienstleistungssektor11 bildet in entwickelten Volkswirtschaften meist den bedeutendsten Wirtschaftssektor: In der Bundesrepublik tragen Dienstleistungen z. B. 69 % der Bruttowertschöpfung, in den USA und in Großbritannien 78 % (Ehmer, 2008), (Statistisches Bundesamt, 2006a, 291). Der Wertschöpfungsanteil des Sektors an der Weltproduktion beträgt 67 %. Im Welthandel hingegen spielen Dienstleistungen mit einem Anteil von 20 % noch eine nachgeordnete Rolle (Deutsche Bundesbank, 2000, 49).12 Da sich der Handel mit Dienstleistungen jedoch zunehmend schneller internationalisiert, wird er hier dargestellt. Dabei kann lediglich die Exportseite beleuchtet werden.13 Wie Abbildung 3.5 und Tabelle 3.5 zeigen, ist der Wert der Einnahmen aus dem Dienstleistungsverkehr insgesamt angestiegen. Er hat sich seit 1997 mehr als verdoppelt und betrug im Jahr 2007 161,3 Mrd. EUR. Die Einnahmen aus dem Dienstleistungsverkehr mit den USA sind um das 1,5fache auf 20,6 Mrd. EUR gestiegen. Die Dienstleistungsexporte nach China betrugen im Jahr 2007 3,2 Mrd. EUR und haben sich damit mehr als versechsfacht. Während also die Zunahme der Dienstleistungsexporte in die USA schwächer als der Trend verlief, übertraf sie im Falle Chinas den Durchschnitt. Der Abstand in der Bedeutung der beiden Regionen ist offensichtlicher als beim Warenhandel, 11 Als Dienstleistungen bezeichnet man für den fremden Bedarf produzierte Leistungen, die nicht als gegenständliche sondern als immaterielle Güter vorhanden sind. Im Unterschied zur materiellen Güterproduktion gehen keine Rohstoffe als wesentliche Bestandteile ein (Eichhorn, 2003, 259 f.). 12 Allerdings geht aus der Ausfuhr von Dienstleistungen nicht die Bedeutung des Sektors für die internationale Arbeitsteilung hervor. Dienstleistungen zeichnen sich meist durch Gleichzeitigkeit von Erstellung und Konsum aus, weshalb Anbieter oft in Kundennähe präsent sein müssen. Dienstleister internationalisieren sich daher häufig über Direktinvestitionen. Die sich anschließenden Aktivitäten im Ausland berühren nicht die deutsche Zahlungsbilanz, obwohl im Grunde Dienstleistungen exportiert werden. Dienstleistungen sind zudem häufig als Vorleistungen in Industriegüter eingebracht und schlagen sich im Wert der Exportgüter in der Handelsbilanz nieder (Lichtblau, 2000). 13 Die Deutsche Bundesbank verfügt über keine Statistik zu den Importen aus China, da die Werte nach Angaben der Bundesbank nicht ausreichend verlässlich sind.
3.1 Handel mit Waren und Dienstleistungen
75
Abbildung 3.5: Einnahmen aus dem Dienstleistungsverkehr, logarithmische Darstellung (Quelle: Deutsche Bundesbank)
Tabelle 3.5: Zuwachsrate der Einnahmen aus dem Dienstleistungsverkehr Zuwachsrate 1997-2007 Gesamt (einschl. USA und VRC) mit den USA mit der VRC
×2, 2 ×1, 5 ×6, 2
obwohl er sich während der vergangenen Jahre deutlicher verringert hat (Tabelle 3.6). Die Differenz im absoluten Niveau verdeutlicht die Verteilung der Anteile der Einnahmen aus dem Dienstleistungsverkehr mit den beiden Ländern (Abbildung
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3 Empirische Analyse: Makroebene
Tabelle 3.6: Faktor, um den der Wert der Ausfuhren von Dienstleistungen in die USA höher ist als jener in die VRC 1997 26,4
2007 6,4
Abbildung 3.6: Anteil der USA und der VRC an den Einnahmen der BRD aus dem Dienstleistungsverkehr (Quelle: Deutsche Bundesbank)
3.6). Der Anteil der Einnahmen aus dem Dienstleistungsverkehr mit den USA verlief zunächst ungleichmäßig. Seit dem Jahr 2002 ist er gesunken und betrug zuletzt 12,8 %. Der Anteil der Einnahmen aus dem Export von Dienstleistungen in die Volksrepublik China ist angestiegen, machte jedoch im Jahr 2007 nur 2,0 % aus. Der Anteilsentwicklung nach ist die relative Bedeutung der USA damit gesunken, diejenige Chinas gestiegen. Die absoluten Werte sind im Falle Chinas gleichwohl wesentlich geringer als im Falle der USA.
3.2 Kapitalausfuhr und verbundene Größen
77
3.2 Kapitalausfuhr und verbundene Größen 3.2.1 Direktinvestitionen Neben dem dargestellten Handel mit Waren und Dienstleistungen bilden Kapitalbewegungen ein Element der außenwirtschaftlichen Verflechtungen Deutschlands mit den USA und mit China. Internationale Verschiebungen von Kapital werden in Portfolio- und in Direktinvestitionen (Foreign Direct Investment, FDI) unterteilt. Als Portfolioinvestitionen bezeichnet man Anlagen in immaterielle Vermögensgegenstände, also etwa in Rentenpapiere, Staatsanleihen oder Währungen. Sie werden nach der Abwägung von Risiko-Rendite-Relationen mit dem alleinigen Ziel der Gewinnerzielung getätigt. Ihr Zeithorizont ist daher meist kurzfristig: Verschlechtert sich das relative Risiko oder die Rendite der Investition im Vergleich zu einer alternativen Anlage, so wird das Kapital abgezogen. Im Gegensatz dazu sind Direktinvestitionen Investitionen in materielle Vermögensgegenstände. Hierzu zählen die Gründung von bzw. die Beteiligung an ausländischen Unternehmen, Produktionsstätten und Niederlassungen. Der Investor zielt darauf ab, direkt oder indirekt dauerhaften Einfluss auf ein ausländisches Unternehmen zu gewinnen und unternehmerische Verantwortung zu übernehmen. FDI unterliegen daher einem längerfristigen Zeithorizont. Sie lassen sich nach zwei Motiven des Investors unterteilen, demjenigen der Markterschließung und demjenigen der Kostenersparnis. Dominiert das Motiv der Markterschließung, so spricht man von einer horizontalen, absatzmarktorientierten Strategie. Das Endprodukt wird meist im Absatzmarkt hergestellt. Die Grundlage der Entscheidung bilden Eigenschaften des lokalen Marktes, die diesen als attraktiven Absatzmarkt erscheinen lassen. Zielt der Investor vorrangig auf Kostenersparnis, so ist die Strategie vertikal, beschaffungsmarktorientiert. Der Produktionsprozess wird zergliedert und Elemente der Produktionskette werden in das Zielland verlagert. Die Grundlage der Entscheidung bilden unterschiedliche Kosten für die Produktionsfaktoren Arbeit und Kapital bzw. Differenzen in der regionalen Faktorausstattung.14 Unabhängig vom vorherrschenden Motiv gelten FDI im Unterschied zu Portfolioinvestitionen als ein Maß für die Attraktivität einer Volkswirtschaft als Investitionsund Produktionsstandort (Donges, 1995, 47), (Sachverständigenrat zur Begutach14 Darüber hinaus werden FDI getätigt, um den Vertrieb im Zielland zu organisieren. Hierbei herrschen Motive der Markterschließung vor. Das Endprodukt wird dann exportiert und im Zielmarkt veräußert, nicht aber dort hergestellt. Siehe Deutsche Bundesbank (2006, 45 ff.) zum gesamten Abschnitt.
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3 Empirische Analyse: Makroebene
tung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, 2004). Die Studie konzentriert sich daher auf FDI. Definitorisch wird der Abgrenzung der Bundesbank gefolgt, wonach Beteiligungskapital, reinvestierte Gewinne sowie lang- und kurzfristige Kredite zu den FDI zählen (Deutsche Bundesbank, 2008).15 Ab einer Kapitalbeteiligung von 10 % an einem ausländischen Investitionsobjekt unterliegt der Investor der Meldepflicht und der Kapitaltransfer fließt in die FDI-Statistik ein. Der Investor ist allerdings nur zur Meldung verpflichtet, wenn das ausländische Beteiligungsobjekt, an dem er sich direkt oder indirekt beteiligt, eine Bilanzsumme von mehr als 3 Mio. EUR aufweist. Die Grenze von 3 Mio. EUR gilt auch, wenn eigene Betriebsstätten oder Zweigniederlassungen im Ausland unterhalten werden. Indirekte Beteiligungen werden ebenso berücksichtigt.16 Es werden lediglich die Bestandsgrößen deutscher Investitionen im Ausland ausgewiesen, da die Stromgrößen stärker schwanken und daher weniger aussagekräftig sind (Römer, 2003, 15). Dabei werden sowohl die unmittelbaren als auch die mittelbaren FDI wiedergegeben.17 Die Bestände ausländischer Unternehmen in Deutschland werden nicht dargestellt, da ihnen keine Präferenzen deutscher wirtschaftlicher Akteure zugrunde liegen.18 Bei der Interpretation der Daten sind verschiedene statistische Effekte zu berücksichtigen. Im Untersuchungszeitraum änderte sich die Erhebungsgrundlage mehrfach: In den Jahren 1997 und 1998 galt nicht ein Schwellenwert von 10 %, sondern von 20 %, d. h. es wurden weniger Finanztransaktionen in der Statistik berücksichtigt. Im Jahr 2002 vereinheitlichte die Bundesbank die Meldefreigrenze von Mehr- und Minderheitsbeteiligungen auf 3 Mio. EUR.19 Hierdurch verringerte sich das meldepflichtige Volumen deutscher Direktinvestitionen im Ausland um 15 Die methodischen Probleme bei der Abgrenzung zwischen FDI und Portfolioinvestitionen werden im Folgenden vernachlässigt. 16 Das sind Beteiligungen im Ausland von mindestens 10 %, die im Namen eines ausländischen Unternehmens getätigt werden, an dem wiederum der deutsche Investor mehr als 50 % hält. 17 Mittelbare FDI entsprechen den indirekten Beteiligungen und werden häufig über Holdinggesellschaften getätigt. Es gibt ein umfassenderes Bild, wenn man sie berücksichtigt: So kann man durch die Holding „durchsehen“ und den eigentlichen Umfang des Interesses der Investoren sichtbar machen. In der Statistik wird dabei die ursprüngliche Investition in die Holding herausgerechnet, um Doppelzählungen zu vermeiden. 18 Hierin besteht ein Unterschied zu den Importen. Ausländische FDI in Deutschland werden von ausländischen Investoren getätigt und bilden daher nicht das Interesse der deutschen Wirtschaft ab. Gleichwohl können sie gewisse Positionen oder Verhaltensweisen der inländischen Industrie induzieren, was wiederum nicht Gegenstand der Untersuchung ist. 19 Zuvor galt für Mehrheitsbeteiligungen eine Grenze von 500 Tsd. EUR, für Minderheitsbeteiligungen lag die Grenze bei 5 Mio. EUR (Deutsche Bundesbank, 2008).
3.2 Kapitalausfuhr und verbundene Größen
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Tabelle 3.7: Zuwachsrate deutscher FDI im Ausland Zuwachsrate 1997-2006 Gesamt (einschl. USA und VRC) USA VRC
×2, 9 ×2, 8 ×4, 6
etwa 7 Mrd. EUR, es erschienen nahezu 12 Tsd. Unternehmen im Ausland mit deutscher Mehrheitsbeteiligung weniger in der Statistik, aber 300 zusätzliche Unternehmen mit deutscher Minderheitsbeteiligung. Diese Effekte rühren nicht von Änderungen im Investitionsverhalten her. Zudem gilt es zu beachten, dass trotz positiver Stromgrößen z. T. rückläufige Bestände ausgewiesen werden.20 Die Entwicklungen der absoluten Größen im Zeitablauf sind daher nur in ihrer Tendenz aussagekräftig, weshalb hauptsächlich auf die Anteile abgestellt wird. Bei sämtlichen in monetären Einheiten dargestellten Größen gilt es zudem den Wechselkursverlauf zu beachten, da sich dieser direkt auf den Wert des in Dollar ausgewiesenen Vermögens auswirkt.21 Der Wert der Bestände ausländischer Direktinvestitionen hat sich in den Jahren 1997-2006 um mehr als 500 Mrd. EUR erhöht und somit nahezu verdreifacht. Der Wert der Bestände in den USA verdreifachte sich ebenfalls knapp auf zuletzt 211,6 Mrd. EUR. In der VR China nahm der Wert der Bestände um das 4,6fache auf 12,7 Mrd. EUR zu (Abbildung 3.7, Tabelle 3.7). Der Wert der Investitionsbestände in den untersuchten Regionen hat sich damit im Untersuchungszeitraum mit nahezu identischer (USA) bzw. höherer (VRC) Wachstumsrate als der Wert der Gesamtbestände entwickelt. Nach wie vor ist der Abstand in der Höhe der bestehenden Investitionen deutlich (Tabelle 3.8). Im Jahr 2006 übertraf der Wert der Bestände in den USA denjenigen in der VRC um fast das siebzehnfache. Der entsprechende Faktor betrug noch 21,7 im Jahr zuvor, was die Auswirkungen der Wechselkurse verdeutlicht. Vor zehn 20 Ein Grund liegt in der unterschiedlichen zeitlichen Abgrenzung von Bilanz- und Kalenderjahr (Deutsche Bundesbank, 2006, 47). 21 Da sich mehr als die Hälfte des deutschen Vermögens im Ausland in den Ländern der EU befindet, sind von Wechselkursbewegungen die Bestände in den USA in wesentlich stärkerem Ausmaß betroffen als die gesamten Bestände.
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3 Empirische Analyse: Makroebene
Abbildung 3.7: Bestand deutscher FDI im Ausland, logarithmische Darstellung (Quelle: Deutsche Bundesbank)
Tabelle 3.8: Faktor, um den der Wert der Bestände in den USA höher ist als derjenige in der VRC 1997 27,8
2005 21,7
2006 16,7
Jahren lag der Wert der Bestände in den USA um das 27,8fache höher als in der VR China. Dieser Trend geht auch aus der Entwicklung der Anteile am Wert der gesamten Bestände hervor (Abbildung 3.8). Der US-Anteil an den gesamten deutschen Direktinvestitionsbeständen war bereits zu Beginn des Untersuchungszeitraumes bedeutsam und nahm im Jahr 2001 einen Spitzenwert ein. Seither fiel er leicht ab, verblieb aber insgesamt auf einem hohen Niveau von zuletzt 26,1 %. Berücksichtigt man, dass bis 2002 der US-Dollar gegenüber dem EUR auf- und seither
3.2 Kapitalausfuhr und verbundene Größen
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Abbildung 3.8: Anteil der FDI in den USA und in der VRC am Wert der gesamten deutschen Bestände im Ausland (Quelle: Deutsche Bundesbank)
abgewertet wurde, so drängt sich die Vermutung auf, dass der reale Anteil insgesamt etwa unverändert blieb. Den Eindruck einer konstant hohen Bedeutung der USA verstärkt der Referenzwert aus dem Jahr 1990: In den USA waren bereits zu diesem Zeitpunkt nahezu ein Viertel der deutschen Direktinvestitionsbestände im Ausland, wohingegen sich in China zu diesem Zeitpunkt weniger als 0,1 % befanden. Die höhere Zuwachsrate der Bestandswerte in China relativiert der geringe Anteil von 1,6 % am Wert der Gesamtbestände. Insgesamt haben somit die Direktinvestitionen deutscher Unternehmen in den USA und in China stark zugenommen. Die relative Bedeutung beider Länder ist über den gesamten Zeitraum bei einem leichten Anstieg Chinas nahezu unverändert. Der absolute Wert des in den USA investierten Vermögens ist wesentlich höher als der entsprechende Wert in China. Das fällt vor allem im Vergleich zu den Warenverflechtungen auf, bei denen eine stärkere Annäherung der Anteile stattgefunden hat. Im Ergebnis zählt die VR China derzeit nicht zu den regionalen
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3 Empirische Analyse: Makroebene
Schwerpunkten des Beteiligungsbesitzes deutscher Unternehmen.22 Das Land ist allerdings für Neuinvestitionen zunehmend beliebt. Dies belegen neben den Stromgrößen auch Studien, in denen Unternehmen nach Investitionsplänen befragt oder um ihre Einschätzung hinsichtlich attraktiver Investitionsstandorte gebeten werden (UNCTAD, 2005b, 12 ff.), (UNCTAD, 2005c, 34), (Hay Group, 2006). Bei der Erhebung der Direktinvestitionsbestände werden auch Angaben über die Anzahl der ausländischen Unternehmen in deutscher Hand, ihren Umsatz und die Anzahl ihrer Mitarbeiter erhoben. Sie sind im Folgenden erläutert. Die Werte runden die Darstellung der FDI ab, sie führen aber nicht zu grundsätzlich neuen Erkenntnissen, da jeweils nur die Werte der Unternehmen erhoben werden, die der Meldepflicht unterliegen.
3.2.2 Anzahl Unternehmen Die Anzahl der Unternehmen im Ausland bezieht sich auf das einzelne Unternehmen im Sinne einer rechtlich selbstständigen Einheit.23 In der Statistik machen sich die beschriebenen Änderungen der Erhebungsgrundlage bemerkbar, denn dadurch hat sich die ausgewiesene Gesamtzahl deutscher Unternehmen im Ausland verringert. In den USA und in China hat sich gleichzeitig die ausgewiesene Anzahl an Unternehmen erhöht (Abbildung 3.9, Tabelle 3.9). Dabei stieg die Anzahl in der Volksrepublik mit höherer Zuwachsrate auf insgesamt mehr als 900 Unternehmen, in den USA wurden im Vergleichsjahr knapp 3.500 Unternehmen gezählt. Damit ist die Anzahl an deutschen Unternehmen in den USA um das 3,7fache höher als die entsprechende Anzahl in China. Zu Beginn des Untersuchungszeitraumes betrug der Abstand noch das Achtfache (Tabelle 3.10). Wie bereits erwähnt, ist die Entwicklung der Anteile aussagekräftiger (Abbildung 3.10). Der Anteil deutscher Unternehmen in den USA an der Gesamtzahl deutscher Unternehmen im Ausland stieg auf 13,9 % an; der Anteil deutscher Unternehmen in China auf 3,8 %. Damit wird der aus der Darstellung der FDI-Bestände gewonnene Eindruck bestätigt. Beide Regionen haben relativ an Bedeutung gewonnen. Die Wachstumsrate 22 Im Jahr 2005 befand sich mehr als die Hälfte der Bestände in den Ländern der EU-25, auf die damit der Großteil deutscher Investitionsbestände fällt. Der zweitgrößte Empfänger sind die USA mit knapp 30 % der Bestände. 23 Sie gibt also keinen Aufschluss darüber, wie viele deutsche Investoren in den Regionen aktiv sind. Auch gilt es zu berücksichtigen, dass die Anzahl der Unternehmen maßgeblich von rechtlichen Rahmenbedingungen im Ausland abhängt, da nicht auf wirtschaftlich selbstständige Einheiten abgestellt wird.
3.2 Kapitalausfuhr und verbundene Größen
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Abbildung 3.9: Anzahl deutscher Unternehmen im Ausland, logarithmische Darstellung (Quelle: Deutsche Bundesbank)
Tabelle 3.9: Zuwachsrate deutscher Unternehmen im Ausland Zuwachsrate 1997-2006 Gesamt (einschl. USA und VRC) USA VRC
×0, 9 ×1, 1 ×2, 3
der Anzahl deutscher Unternehmen in China übertrifft die der USA, jedoch befindet sich eine wesentlich höhere Anzahl an deutschen Unternehmen in den USA.
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3 Empirische Analyse: Makroebene
Tabelle 3.10: Faktor, um den die Anzahl an deutschen Unternehmen in den USA höher ist als in der VRC 1997 8,0
2006 3,7
Abbildung 3.10: Anteil der deutschen Unternehmen in den USA und in der VRC an den gesamten deutschen Unternehmen im Ausland (Quelle: Deutsche Bundesbank)
3.2.3 Umsatz Der Umsatz deutscher Unternehmen im Ausland beinhaltet den im Investitionsobjekt erzielten Jahresumsatz.24 Abbildung 3.11 und Tabelle 3.11 zeigen die Entwicklung des Umsatzes deutscher Unternehmen im Ausland sowie in den USA 24 Es kann unter Umständen zu Doppelzählungen kommen, wenn zwei im Ausland befindliche meldepflichtige Töchter eines deutschen Investors Geschäftsbeziehungen miteinander haben. Der Umsatz lässt zunächst noch keine Rückschlüsse auf den Erfolg der Unternehmen zu.
3.2 Kapitalausfuhr und verbundene Größen
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Abbildung 3.11: Umsätze deutscher Unternehmen im Ausland, logarithmische Darstellung (Quelle: Deutsche Bundesbank)
Tabelle 3.11: Zuwachsrate der Umsätze deutscher Unternehmen im Ausland Zuwachsrate 1979-2006 Gesamt (einschl. USA und VRC) USA VRC
×2, 4 ×2, 8 ×8, 5
und in der Volksrepublik China. Im Untersuchungszeitraum haben sich die gesamten Umsätze deutscher Unternehmen im Ausland positiv entwickelt. Sie stiegen um das 2,4fache auf knapp 1,8 Bill. EUR im Jahr 2006. Die in den USA erzielten Umsätze haben sich auf 430,9 Mrd. EUR knapp verdreifacht. In China erzielten deutsche Unternehmen Umsätze von zuletzt 51,0 Mrd. EUR, was den Wert des Jahres 1997 um das 8,5fache übersteigt. Damit haben sich sowohl in den USA als auch in China die Umsätze überproportional entwickelt.
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3 Empirische Analyse: Makroebene
Tabelle 3.12: Faktor, um den der Umsatz deutscher Unternehmen in den USA höher ist als derjenige in der VRC 1997 26,8
2005 14,7
2006 8,5
Abbildung 3.12: Anteil der Umsätze in den USA und in der VRC an den gesamten Umsätzen deutscher Unternehmen im Ausland (Quelle: Deutsche Bundesbank)
Insgesamt übertreffen die Umsätze deutscher Unternehmen in den USA diejenigen in China um das 8,5fache. Zu Beginn des Untersuchungszeitraumes betrug der Abstand noch das 26,8fache (Tabelle 3.12). Lenkt man den Blick auf die Anteile, die die erzielten Umsätze in den beiden Regionen am Gesamtwert ausmachen, so relativieren sich die unterschiedlichen Wachstumsraten (Abbildung 3.12). Die in den USA erzielten Umsätze machen nahezu ein Viertel der Gesamtumsätze deutscher Unternehmen im Ausland aus. Der Anteil stieg insgesamt im Untersuchungszeitraum um 2,3 % Prozentpunkte an. Den Umsätzen deutscher Unternehmen in China entsprechen lediglich 2,9 %
3.2 Kapitalausfuhr und verbundene Größen
87
der Gesamtumsätze deutscher Unternehmen im Ausland, ihr Anteil stieg um 2,1 % Prozentpunkte. Es haben also auch in Bezug auf die Umsatzerlöse beide Regionen relativ an Bedeutung gewonnen. Wiederum ist die Wachstumsrate der Umsätze in China höher als diejenige in den USA. Sowohl relativ als auch absolut haben jedoch die entsprechenden Größen in den USA stärker zugenommen.
3.2.4 Mitarbeiter Die letzte hier zu untersuchende Größe beschreibt die Anzahl der Mitarbeiter, die deutsche Unternehmen im Ausland beschäftigten. Die Anzahl ist im Untersuchungszeitraum gestiegen und betrug im Jahr 2006 mehr als 5 Mio. (Abbildung 3.13, Tabelle 3.13). Auch in den USA und in der Volksrepublik China nahm die Anzahl der Mitarbeiter in deutschen Unternehmen zu. Die Entwicklung in den USA verlief mit vergleichbarer Zuwachsrate nahezu wie die Gesamtentwicklung, so dass dort im Jahr 2006 knapp 800 Tsd. Mitarbeiter in deutschen Unternehmen beschäftigt waren. In der Volksrepublik China nahm die Anzahl an Mitarbeitern um das 3,5fache auf nahezu 300 Tsd. Mitarbeiter im Jahr 2006 zu. Die Entwicklung verlief damit überdurchschnittlich.
Tabelle 3.13: Zuwachsrate der Mitarbeiter deutscher Unternehmen im Ausland Zuwachsrate 1997-2006 Gesamt (einschl. USA und VRC) USA VRC
×1, 6 ×1, 4 ×3, 5
Dies führt dazu, dass sich der Abstand zwischen den beiden Ländern verringert hat. 1997 waren in den USA siebenmal so viele Mitarbeiter deutscher Unternehmen wie in China beschäftigt, im Jahr 2006 noch 2,9 mal so viele (Tabelle 3.14). Stellt man wiederum auf den Anteil der absoluten Zahlen an den Gesamtwerten ab, so ergibt sich das folgende Bild: Die in den USA beschäftigten Mitarbeiter machten zuletzt 15,2 % der Gesamtzahl aus. Damit hat der Anteil leicht abge-
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3 Empirische Analyse: Makroebene
Abbildung 3.13: Anzahl der Mitarbeiter deutscher Unternehmen im Ausland, lineare Darstellung (Quelle: Deutsche Bundesbank)
Tabelle 3.14: Faktor, um den die Anzahl der Mitarbeiter in den USA höher ist als diejenige in der VRC 1997 7,1
2006 2,9
nommen. In China arbeiteten 5,3 % aller in deutschen Unternehmen im Ausland Beschäftigten (Abbildung 3.14). Auch bei der Anzahl der Mitarbeiter deutscher Unternehmen sind also in der VR China höhere Wachstumsraten zu verzeichnen. Bei den absoluten und relativen Werten der Mitarbeiterzahlen deutscher Unternehmen zeichnen sich die Vereinigten Staaten nach wie vor durch eine deutlich größere Bedeutung gegenüber der Volksrepublik China aus. Die allenfalls schwache Abnahme der USA bei der anteiligen Mitarbeiterzahl ist zudem mit der unterschiedlichen Arbeitsproduktivität in
3.2 Kapitalausfuhr und verbundene Größen
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Abbildung 3.14: Anteil der Mitarbeiter in den USA und in der VRC an den gesamten Mitarbeitern deutscher Unternehmen im Ausland (Quelle: Deutsche Bundesbank)
Bezug zu setzen, wie sie die hier untersuchten Größen nahelegen. So erwirtschaften in den USA 15 % der Gesamtmitarbeiter ein Viertel der gesamten Umsätze; in der Volksrepublik China werden mit 5 % der Mitarbeiter lediglich 3 % der Umsätze erwirtschaftet. Rechnerisch ergäbe sich daraus eine fast dreimal höhere Arbeitsproduktivität in den USA. Dieser direkte Schluss ist jedoch so nicht zulässig, da jeweils unterschiedliche Unternehmen betrachtet werden, die auch verschiedenen Branchen angehören. Produktivitätsvergleiche sind aber stets nur innerhalb einer Branche, eines Sektors oder auf der aggregierten Ebene sinnvoll. Der Vergleich spiegelt aber die Tendenz richtig wider: So wurde im Jahr 2005 die Gesamtproduktivität in den USA neunmal höher als in China eingeschätzt, innerhalb der produzierenden Industrie fünfmal höher (Garelli, 2005).
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3 Empirische Analyse: Makroebene
3.3 Diskussion 3.3.1 Zusammenfassung Beurteilt man die Bedeutung der beiden Wirtschaftsräume auf der Grundlage der absoluten Größen, so kann man belegen, dass beide Volkswirtschaften an Bedeutung für die deutsche Wirtschaft gewonnen haben: In allen analysierten Bereichen der Handels- und Kapitalbeziehungen haben sich die absoluten Größen für beide Wirtschaftsräume positiv entwickelt. Die USA verfügten im Bereich der Kapitalverflechtungen stets über einen beträchtlichen Bedeutungsvorsprung gegenüber China. Dieser war bis zuletzt ausgeprägt. Beim Handel mit Waren und Dienstleistungen waren die USA ebenfalls von größerer Bedeutsamkeit, der Abstand hat sich jedoch stärker verringert. Der Wert der chinesischen Warenimporte übertraf zuletzt denjenigen der amerikanischen. Berücksichtigt man die relativen Anteile, so hat die Bedeutung der Volksrepublik China für die deutsche Volkswirtschaft zugenommen, da der Anteil Chinas an sämtlichen dargestellten Indikatoren größer geworden ist. Die relative Bedeutung der USA ist in Bezug auf die Kapitalverflechtungen gestiegen. Dies gilt insbesondere bei den Anteilen bezüglich Anzahl und Umsatz der Unternehmen sowie mit Ausnahme des Jahres 2006 auch bezüglich der FDI. Bei den Handelsverflechtungen hat das relative Gewicht der USA abgenommen. Gleiches gilt für die Anteile der in den USA beschäftigten Mitarbeiter an den gesamten im Ausland angestellten Mitarbeitern deutscher Unternehmen, wobei aufgrund der erwähnten Differenzen in der Arbeitsproduktivität zwischen den USA und der Volksrepublik kaum auf eine abnehmende Bedeutsamkeit rückgeschlossen werden kann. Die Relevanz der beiden Regionen für Deutschland unterscheidet sich also – unabhängig davon, ob man auf absolute oder auf relative Größen abstellt – im Hinblick auf den betrachteten Bereich. Bei den Kapitalverflechtungen kommt dem US-Raum ein herausragender Stellenwert zu: Die Verbindungen sind wesentlich intensiver als mit China. In Bezug auf den Austausch von Waren, in geringerem Ausmaß auch in Bezug auf den Austausch von Dienstleistungen, ist hingegen die Bedeutung beider Volkswirtschaften für deutsche Unternehmen eher identisch.25 25 Dies bezieht sich lediglich auf die quantitative Bedeutung und impliziert keine gleich verlaufende Entwicklung der qualitativen Bedeutung. Hierfür wäre die Struktur der ein- und ausgeführten Waren differenziert zu untersuchen.
3.3 Diskussion
91
3.3.2 Interpretation Die aufgezeigte Entwicklung stellt das Ergebnis des Verhaltens der wirtschaftlichen Akteure dar. Welche Schlüsse können im Hinblick auf die Fragestellung nach dem Interesse der deutschen Wirtschaft gezogen werden? Es ist eine gegenwartsund eine zukunftsbezogene Interpretation denkbar. Die gegenwartsbezogene Interpretation stellt auf die unterschiedliche Qualität der einzelnen Größen ab. Handelsbeziehungen gelten als eine eher oberflächliche Form der wirtschaftlichen Integration. Veränderungen in der Bedeutung einer Region in diesem Bereich werden daher als relativ unwichtig gewertet. FDI hingegen bilden ein Indiz für eine tiefe Integration zweier Volkswirtschaften (sog. „deep integration“): Direktinvestitionen und die mit ihnen verbundenen Aktivitäten deuten auf ein langfristiges Interesse am Zielland seitens des Investors hin. Sie bilden den Nährboden für intensiven Austausch, der meist auch länderübergreifende Transfers von Technologie, Wissen und Managementkapazitäten mit sich bringt. Ein hohes Ausmaß an Kapitalverflechtungen zwischen zwei Volkswirtschaften deutet also darauf hin, dass diese qualitativ besonders intensiv miteinander verbunden sind. Tatsächlich gilt der transatlantische Wirtschaftsraum – von dem die deutsch-amerikanischen Beziehungen einen Teil bilden – als die „wohl am dichtesten verflochtene Wirtschaftsregion der Erde“ (Scherpenberg, 2000, 91), (Krell, 2003, 14). Er wird daher auch als „laboratory of globalization“ bezeichnet. So wird deutlich gemacht, dass sich zukünftige Ausprägungen der Globalisierung zunächst im transatlantischen Verhältnis abzeichnen und dass die transatlantischen Partner deren Entwicklung zu beeinflussen vermögen. Bergsten (1999, 33 f.) gibt daher einen Ausblick auf das 21. Jahrhundert als das „transatlantische Jahrhundert“. Vor diesem Hintergrund könnte man argumentieren, dass sich die strategischen Präferenzen der wirtschaftlichen Akteure im untersuchten Zeitraum eher zugunsten der USA entwickelt haben und dass die hohe Bedeutung Chinas lediglich in qualitativ weniger relevanten Bereichen liegt. Diese Sichtweise ist allerdings zu relativieren, da die USA im Jahr 2004 allein 28,6 % des Welt-Bruttoinlandsproduktes (BIP) erzeugten, gemeinsam mit der Bundesrepublik 35,2 % und gemeinsam mit den EU-25 sogar 58,6 %, also nahezu zwei Drittel.26 Es entspricht ökonomischen Gesetzmäßigkeiten, dass die Beziehungen 26 Die Zahlen beziehen sich auf das Jahr 2004 und sind UNCTAD (2005a) entnommen. Zugrunde liegt das BIP nach Wechselkursen, nicht nach Kaufkraftparitäten, da es um die weltwirtschaftliche Bedeutung der jeweiligen Volkswirtschaft geht.
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3 Empirische Analyse: Makroebene
zwischen ihnen relativ zu den bedeutendsten weltweit zählen.27 Interessant ist nun, dass sich voraussichtlich die weltweite relative ökonomische und auch demographische Macht verschieben wird. So wird prognostiziert, dass der gemeinsame Anteil der EU und der USA am Welt-BIP bis 2050 von heute nahezu zwei Drittel auf unter ein Viertel sinken wird und dass der Anteil der Menschen, die im transatlantischen Raum leben, von ca. einem Sechstel auf etwa ein Neuntel der Weltbevölkerung sinken wird.28 Es stellt sich nun die Frage, wie diese Perspektive die Beurteilung der verschiedenen Regionen durch wirtschaftliche Akteure und somit deren Präferenzen beeinflusst. Hierauf könnte die zweite Interpretation der dargelegten Entwicklung eine Antwort geben. Sie argumentiert zukunftsbezogen und stellt auf die idealtypische Abfolge von Internationalisierungsschritten auf Unternehmensebene ab. Nach dem „Uppsala Modell“ bilden Ex- und Importe eine relativ früh zu beobachtende Form der Auslandsdiversifikation. Im zeitlichen Ablauf werden diese zunehmend durch Formen ergänzt oder von diesen ersetzt, bei denen mehr Kapital gebunden wird (Johanson & Vahlne, 1977), (Johanson & Vahlne, 1990). Gerade weil deutsche Unternehmen bisher im frühen Stadium der Exportaktivitäten besonders aktiv waren, würden also zukünftig verstärkt Kapitalströme folgen. Demnach würde China im Bereich der qualitativ höherwertigen wirtschaftlichen Integration ebenfalls an Bedeutung gewinnen. Dabei bleibt unbenommen, dass die USA heute von immenser Wichtigkeit sind. Diese aktuelle Situation ist aber weniger relevant: Verschiebungen der Handelsströme werden als ein Indikator für die zunehmende strategische Präferenz bezüglich Chinas gewertet. Die Entwicklung des wirtschaftlichen Interesses lässt sich also aufgrund der untersuchten makroökonomischen Indikatoren auf (mindestens) zweierlei Weise interpretieren: Zunehmendes Interesse hinsichtlich der USA im Untersuchungszeitraum oder zunehmendes Interesse hinsichtlich der VRC. Welche Interpretation plausibler ist und dem unternehmerischen Kalkül eher gerecht wird, ist auf der Grundlage der erhobenen Daten nicht zu erkennen.
27 Dies besagt das Gravitationsmodell des Welthandels, ursprünglich von Isard (1954): Der Handel zweier Länder verhält sich (bei ansonsten gleichen Bedingungen) proportional zum Wert ihres BIP und nimmt mit zunehmender Entfernung ab. 28 Die Werte sind einer Rede von Andrew Crockett (2007), dem Präsidenten von J. P. Morgan Chase, entnommen.
3.3 Diskussion
93
3.3.3 Problematisierung Darüber hinaus erschweren zwei aktuelle und ein grundsätzliches Phänomen die Interpretation. Zunächst einmal gilt es zu berücksichtigen, dass sich im Zeitablauf die relevanten Alternativen hinsichtlich neu zu erschließender Märkte verändert haben. Mit dem Fall des Eisernen Vorhangs sind zahlreiche osteuropäische Länder zu einer möglichen Zielregion geworden. Auch die indische Volkswirtschaft hat sich seit den 1990er Jahren zunehmend liberalisiert. Die Abnahme der relativen Bedeutung der USA spiegelt vor diesem Hintergrund die sich diversifizierende Weltwirtschaft wider. Sie ist weniger der Ausdruck eines grundsätzlich abnehmenden Interesses und ebenso wenig ein Indiz für Verschiebungen im unternehmerischen Kalkül zuungunsten der USA. Zudem stellen sich den Unternehmen nicht nur mehr Märkte zur Wahl, sondern auch neue Formen der Auslandsdiversifikation, die sich nicht in Handelsund nicht unbedingt in Kapitalströmen niederschlagen. Zu diesen sog. non-equity forms of collaboration (NEC) zählen grenzüberschreitende Allianzen, strategische Netzwerke und Partnerschaften, Forschungskooperationen oder Franchisingvereinbarungen. Die Welt der Wirtschaftsbeziehungen, illustriert an Bewegungen von Waren, Dienstleistungen und Kapital, spiegelt also nur begrenzt die Welt der internationalen Unternehmen wider. Die Untersuchung müsste demnach um die Analyse von Strömen von Wissen, Kompetenz und Management ergänzt werden. Allerdings sind entsprechende Werte nicht systematisch auf gesamtwirtschaftlicher Ebene erhoben. Bestehende Studien, wie von Hamilton und Quinlan (2007) sowie die einzelnen Beiträge in Hamilton und Quinlan (2005a), legen allerdings nahe, dass solche Beziehungen zwischen den USA und Europa besonders intensiv sind. Vermutlich würde also die Einbeziehung dieser Formen wiederum dafür sprechen, dass die USA nach wie vor die zentrale Region für die deutschen Unternehmen bilden. Verschiebungen bei den untersuchten Größen verlieren vor diesem Hintergrund an Relevanz. Einem signifikanten Rückgang in einem Bereich muss nicht unbedingt ein relevanter Rückgang im unternehmerischen Gesamtinteresse entsprechen. Das dritte Phänomen ist grundsätzlicher Natur und stellt auf den Gegensatz zwischen realen und monetären Entwicklungen ab. Änderungen der realen Mengen können von monetären Schwankungen überlagert werden. Daher ist zum einen nicht jede Verhaltensänderung an den analysierten Zahlen abzulesen und zum anderen liegt nicht jeder Veränderung der analysierten Größen eine willentliche Handlung zugrunde. Eine Rolle spielen vor allem die mehrfach angesprochenen
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3 Empirische Analyse: Makroebene
Wechselkurse. Für den Untersuchungszeitraum galt in der Tendenz folgender Verlauf: Der Dollar wurde gegenüber dem Euro bis Ende 2001 auf-, seit Anfang 2002 gegenüber dem Euro abgewertet. Bis zum Jahr 2005 war der chinesische Yuan fest an den Dollar gekoppelt, d. h. Schwankungen betrafen beide Regionen auf ähnliche Weise. Seit 2005 ist die feste Bindung zugunsten eines Währungskorbes aufgegeben worden. Der Euro wurde seither gegenüber dem Dollar in stärkerem Maße aufgewertet als gegenüber dem Yuan. Die Berücksichtigung dieser Entwicklungen verkompliziert sich dadurch, dass sie sich unterschiedlich auf die untersuchten Bereiche auswirken. Der Kursverlust des Dollars gegenüber dem Euro führt dazu, dass das in Dollar ausgewiesene investierte Vermögen deutscher Unternehmen in den USA direkt an Wert in der deutschen Statistik verliert. Bei den Ex- und Importen kann man hingegen kaum eine Aussage treffen. Inwieweit die Entwicklung durch die Wechselkurse verzerrt wird, hängt maßgeblich von den Fakturierungsgewohnheiten der Ex- und Importeure ab, d. h. ob sie die Ware an der Grenze in der Heimat- oder der Fremdwährung ausweisen. Hierbei handelt es sich um eine einzelwirtschaftliche Optimierungsaufgabe (Friberg, 1998), für die keine aggregierten Daten zur Verfügung stehen.29 Es wird davon ausgegangen, dass kurzfristig sowohl Preise als auch Mengen fix sind (etwa aufgrund bestehender Verträge). Auswirkungen sind daher eher mittel- und langfristig zu erwarten, wobei sie geringer ausfallen als bei den FDI.30 Hinzu treten Verschiebungen der firmeninternen Verrechnungspreise, die von außen nicht erkennbar sind. Sie vermögen ebenfalls die realen Entwicklungen zu verzerren und können durchaus der Tendenz der Wechselkurse gegengerichtet verlaufen. Den erhobenen Zahlen liegt daher nicht unbedingt eine willentliche Entscheidung hinsichtlich der Ausweitung oder Reduzierung des Engagement seitens der Unternehmen zugrunde. Aus der
29 Es werden die verwendeten Währungen für den gesamten Handel der Bundesrepublik mit NichtEWU-Staaten publiziert, jedoch nicht nach einzelnen Bestimmungsländern aufgegliedert (ECB, 2007). 30 Der Grund ist, dass die deutschen Exporte zunehmend in Euro fakturiert werden (61 % im Jahr 2005). Zudem werden mehrheitlich sog. „differentiated goods“ (73 % im Jahr 2004) exportiert (Kamps, 2006). Nimmt man an, dass beides auch für die Exporte in die USA und nach China zutrifft, so ergibt sich eine geringere Auswirkung von Wechselkursschwankungen als bei den FDI. Für die Importe gilt ähnliches, wobei der Anteil der in Euro fakturierten Waren bei ca. 50 % liegt. Unberücksichtigt bleiben langfristige Verhaltensänderungen bei den Ex- und Importeuren. Das verweist auf eine weitere Schwierigkeit, nämlich der prinzipiellen Unmöglichkeit, Preis- und Mengenwirkungen isoliert zu betrachten. Die Frage, ob Wechselkurse lediglich ex-post reale Größen verzerren oder ex-ante eine Verhaltensänderung induzieren, lässt sich nicht beantworten (Fuchs, 2008), (Broll, Fuchs & Wahl, 2007).
3.3 Diskussion
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quantitativen Entwicklung lässt sich deshalb nur in begrenztem Ausmaß auf das dahinter stehende unternehmerische Interesse schließen. Die Analyse der Makrozahlen ermöglicht diverse Interpretationen und ist darüber hinaus nur von mäßiger Aussagekraft. Daher lässt sich die Entwicklung der unternehmerischen Interessen nicht eindeutig beurteilen. Eine Aussage hinsichtlich der außenpolitischen Orientierung, zu der diese führen würden, ist umso weniger möglich.
4 Empirische Analyse: Mikroebene Im Folgenden werden die einzelnen Unternehmen nacheinander analysiert. Nach einem Überblick über Branche und Unternehmen wird jeweils für die USA und die VR China die Entwicklung des Engagements im Zeitraum 1997-2006 nachgezeichnet, die gesamtunternehmerische Bedeutung der Region dargestellt und das Verhältnis zur Politik erläutert. Jede Fallstudie wird abschließend im Hinblick auf die Fragestellung interpretiert.
4.1 BASF 4.1.1 Porträt der Branche und des Unternehmens Unternehmen der Chemiebranche stellen mit kapital-, rohstoff- und energieintensiven Verfahren ein breites Spektrum an Produkten her. Lediglich 15 % des Absatzes werden von Endverbrauchern konsumiert, den überwiegenden Teil nehmen industrielle Kunden ab (VCI, 2007a). Da die wichtigsten Abnehmer konjunkturabhängig sind, handelt es sich um einen zyklischen Wirtschaftsbereich, der sich entsprechend der nationalen und globalen Wirtschaft entwickelt.1 Die Kunststoffverarbeiter, die Automobilindustrie und die Bauwirtschaft zählen zu den wichtigsten Abnehmerbranchen (Kellermann, 2006, 259).2 Daher ist die Chemiebranche in der öffentlichen Wahrnehmung relativ wenig präsent. Mit einem Umsatz von 162,2 Mrd. EUR handelt es sich gleichwohl um das viertgrößte verarbeitende Gewerbe in der Bundesrepublik.3 In der jüngsten Vergangenheit kamen die Wachstumsimpulse in bedeutendem Umfang aus dem Ausland. Auch wenn die geeignete Strategie zur Erschließung eines Auslandsmarktes von Land zu Land verschieden ist, so gilt allgemein, dass die geographische Nähe zum Absatzmarkt wichtig ist. So nimmt mit wachsender Entfernung 1
Dies gilt vor allem für Grundchemikalien. Das Geschäft mit Feinchemikalien hängt hingegen weniger von der allgemeinen Wirtschaftsentwicklung ab (O’Reilly, 2007). 2 Da die chemische Industrie nahezu sämtliche andere Industriezweige beliefert, bezeichnete Jürgen Hambrecht, der Vorstandsvorsitzende der BASF, die Branche als „industry of industries“. 3 Nach Fahrzeugbau, Maschinenbau und Elektronikindustrie, gemessen am Umsatz (VCI, 2007b, 5).
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der Märkte die lokale Produktion im Vergleich zum Export zu. In den USA und in China internationalisiert sich die deutsche Chemiebranche deshalb in bedeutendem Umfang über Direktinvestitionen (VCI, 2007b, 10).4 Die BASF Gruppe5 („The Chemical Company“) war mit einem Umsatz von 58 Mrd. EUR im Jahr 2007 Weltmarktführer. Sie beschäftigte 95 Tsd. Mitarbeiter und war in allen Wirtschaftsregionen mit Produktion und Vertrieb vertreten. Insgesamt befinden sich 150 Produktionsstätten in 38 Ländern, die Kunden in über 170 Ländern bedienen (Brudermüller, 2007). Europa gilt als Heimatmarkt; die „dynamischen Regionen“ Nordamerika, Asien und Südamerika gewinnen zunehmend an Bedeutung (BASF SE, 2008d). Die BASF umfasst 13 Unternehmensbereiche, die zu sechs Segmenten zusammengefasst sind: Chemicals, Plastics, Performance Products, Functional Solutions, Agricultural Solutions und Oil & Gas.6 Das Segment Chemicals verantwortete im Jahr 2007 16 % der Umsätze und wird als Herzstück des Verbundes bezeichnet. Hier entstehen Chemikalien für die Pharma-, Bau-, Textil- und Automobilbranche sowie für die anderen Unternehmensbereiche der BASF. Plastics vereint die Aktivitäten rund um Kunststoffe und trug 17 % der Umsätze. Die Produkte des Segments Performance Products verbessern Endprodukte und Prozesse der Kunden, der Umsatzbeitrag lag bei 15 %. Functional Solutions trug 16 % der Umsätze, richtet sich insbesondere an die Automobil- und Bauindustrie und bietet branchenund kundenspezifische Systemlösungen. Agricultural Solutions verantwortete 6 % der Umsätze und beinhaltet vor allem Pflanzenschutzmittel sowie die Forschung zur Pflanzenbiotechnologie. Die Exploration und Produktion von Öl und Gas ist im sechsten Segment angesiedelt, das 18 % der Umsätze trug (BASF SE, 2008a). Mit dieser Produktpalette gehört die BASF zu den integrierten Konglomeraten, die sowohl Grund- und Massenchemikalien als auch die darauf aufbauenden Spezialchemikalien herstellt. Der Sicherung der Wirtschaftlichkeit dient das VerbundKonzept, das als eine wichtige Stärke gilt. In einem Verbundstandort werden mehrere Wertschöpfungsketten und Produktionsprozesse miteinander verknüpft. Dabei werden die Produkte und Nebenprodukte aus einer Anlage in anderen Anlagen 4
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Auch Rugman (2005, 121 f.) beobachtet den multiregionalen Charakter der Branche: Handelsströme verlaufen intensiv innerhalb der drei Wirtschaftsregionen Europa, Nordamerika und Asien, aber nur in geringem Umfang zwischen den Regionen. Wird von „BASF“ gesprochen, ist damit die BASF Gruppe gemeint. Die BASF SE als größte operative Gesellschaft hält direkt oder indirekt die zur Gruppe gehörenden Gesellschaften. Die Umwandlung von einer AG in eine SE (Societas Europaea) im Jahr 2008 hatte keine Auswirkungen auf die hier untersuchten Themen (BASF SE, 2008b, 13). Es erfolgten mehrere Umstrukturierungen, die dargestellte Struktur gilt seit Januar 2008.
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weiter verwendet. Hierdurch können Größenvorteile in der Produktion genutzt und Energie und Rohmaterialien sparsamer verwendet werden. Derzeit unterhält die BASF sechs Verbundstandorte, zwei in Europa (Belgien, Deutschland), zwei in Nordamerika (USA) und zwei in Asien (China, Malaysia).7 Sie zeigen bereits die drei tragenden regionalen Pfeiler des Unternehmens.
4.1.2 Das Unternehmen und die USA Überblick Während in den Jahren 1997-2007 die Umsätze in der Chemiebranche weltweit um jährlich etwa 5 % stiegen, entwickelten sie sich in der NAFTA-Region8 – ebenso wie in der EU-27 – mit rund 4 % unterdurchschnittlich. Dies ist sowohl eine Folge der geringeren privaten Nachfrage in diesen Regionen als auch des Produktionsrückgangs in der Automobil- und Bauwirtschaft, von dem die chemische Industrie als Zulieferer unmittelbar betroffen ist. Die NAFTA-Region wurde entsprechend als „Wachstumsschlusslicht“ bezeichnet (Perlitz, 2008). Nach wie vor verantworten die USA aber ein Drittel des Weltmarktes und sind der mit Abstand größte Chemieproduzent. Mit Ausnahme des Öl- und Gasgeschäftes sind sämtliche Segmente der BASF in Nordamerika vertreten. Vor Ort befinden sich Produktion und Vertrieb sowie Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten. Die Beiträge der Region zum Konzernergebnis beziehen sich auf die NAFTARegion (vgl. Tabelle A.1 im Anhang).9 Sie verantwortete im Untersuchungszeitraum stets zwischen 20,8 und 24,6 % der Konzernumsätze.10 Diese stiegen bis zur Jahrtausendwende an, fielen dann ab und entwickelten sich ab dem Jahr 2003 wieder positiv. Im Jahr 2006 erzielte das Unternehmen einen Umsatz von 11,4 Mrd. EUR in der Region. Absolut ist das eine deutliche Steigerung zu den 5,9 Mrd. EUR Umsatz des Jahres 1997, der relative Anteil von zuletzt 21,7 % ist hingegen kaum größer als zehn Jahre zuvor. Die Anzahl der Mitarbeiter stieg ebenfalls bis zur 7
Die globale Produktionsstrategie beruht darüber hinaus auf sog. chemical sites, in welchen Produkte im Weltmaßstab hergestellt werden, die lediglich eine Wertschöpfungskette umfassen. Ein drittes Element bilden kleinere Standorte in geographischer Nähe zu den Kunden (Kumberger, 2005, 171). 8 Das North American Free Trade Agreement (NAFTA) umfasst die USA, Kanada und Mexiko. 9 Zahlen zu den USA werden in der Berichterstattung nicht getrennt ausgewiesen. Auf die USA entfällt der überwiegende Anteil der NAFTA-Werte. 10 Die regionale Aufgliederung der Umsätze bezieht sich auf den Sitz der Gesellschaft. Sie erfolgt in der Berichterstattung auch nach Sitz des Kunden, wobei die Tendenz der Werte identisch ist.
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Jahrtausendwende auf 17 Tsd., sank im Anschluss auf unter 10 Tsd. und stieg erst zum Jahr 2006 wieder auf 16 Tsd. an. Dies entsprach einem Anteil von 16,3 % der gesamten Mitarbeiter. Die einzelnen Aktivitäten, die hinter diesen Zahlen stehen, werden im Folgenden erläutert. Entwicklung des Engagements Der BASF Corporation11 war in den 1980er Jahren der „Durchbruch“ in den USA gelungen (Abelshauser, 2002, 633). Nach einer intensiven Phase der Umstrukturierung, in der mit der Zielsetzung, das Kerngeschäft zu stärken, Aus- und Abbau parallel betrieben wurden,12 standen ab Mitte der 1990er Jahre wieder verstärkt die Wachstumsziele auf dem Programm: Die BASF strebte eine führende Marktstellung in Nordamerika an. Sie zielte darauf ab, sich „in der NAFTA-Region unter den Chemiefirmen in der Spitze (zu W.S.) etablieren” (BASF AG, 1998, 7), „zu den Besten in den wichtigen Märkten der beiden Amerikas (zu W.S.) gehören“ (BASF AG, 1999, 6) und daher „weiter stark (zu W.S.) wachsen“ (BASF AG, 1998, 11). Hierzu wurden jährlich zwischen 700 und 800 Mio. US-Dollar – etwa ein Drittel der gesamten Investitionen – investiert (BASF AG, 1998, 11). Insgesamt gab das Unternehmen in den Jahren 1997 bis 2000 8 Mrd. Dollar für Investitionen in Nordamerika aus. So verdoppelte die BASF ihren Marktanteil auf etwa 2 %, wodurch sie als drittgrößtes Unternehmen am amerikanischen Chemiemarkt agierte.13 Das war von strategischer Bedeutung, da die USA den Heimatmarkt von Du Pont und Dow Chemical, den weltweit wichtigsten Konkurrenten, bilden. Als Meilenstein gilt das im Jahr 1997 von BASF und Fina vereinbarte Gemeinschaftsunternehmen zum Bau des seinerzeit größten Crackers in Texas.14 Ein Cracker zieht meist weitere Produktionsanlagen an, da hier die Ausgangsprodukte für eine Vielzahl 11 BASF Corporation ist eine NAFTA-Organisation, d. h. die Landesgesellschaften in Kanada und Mexico sind Niederlassungen der BASF Corporation. Sie befindet sich zu 100 % in Besitz der BASF SE, ihr Vorstandsvorsitzender ist stets auch Mitglied des Zentralvorstands. Die wirtschaftliche Verbundenheit spiegelt sich daher sowohl in den Beteiligungsverhältnissen als auch in den Leitungsstrukturen wider. 12 Von 1990 bis 1994 wurde ein Drittel der Produktionsstandorte abgestoßen, es wurden 7 Tsd. Mitarbeiter entlassen und Beteiligungen mit einem Umsatzvolumen von 700 Mio. Dollar veräußert. Im gleichen Zeitraum erfolgten Investitionen in Bereichen des Kerngeschäftes im Wert von nahezu 500 Mio. Dollar (Hofmann, 1995). 13 Der Chemiemarkt ist fragmentiert. Die zehn größten Chemieunternehmen verfügen über einen weltweiten Marktanteil von knapp über 10 %. In der Automobilindustrie beträgt der Anteil der zehn größten Unternehmen etwa 85 %. 14 Der Anteil der BASF betrug 60 %, der Cracker wurde im Jahr 2001 in Betrieb genommen.
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von Chemikalien entstehen. Daher wurde die Großinvestition als ein Signal für positive Zukunftserwartungen der BASF an ihr Amerikageschäft gedeutet (Hofmann, 1997). Ähnliches signalisierte auch die Notierung an der New York Stock Exchange (NYSE) im Juni des Jahres 2000.15 Nach dieser wachstumsstarken und investitionsintensiven Periode entpuppte sich das US-Geschäft um die Jahrtausendwende zunehmend als ertragsschwaches „ Sorgenkind“ (Lindner, 2006a; Roth, 2002). Im Jahr 2001 machte BASF Corporation auf dem rückläufigen US-Markt einen „hohen Verlust“ (BASF AG, 2002a, 54). Hierzu trug das Wirtschaftsklima bei, welches in „erster Linie durch das nachlassende Wachstum in den USA geprägt (war W.S.), wo sich nach acht Jahren Aufschwung nunmehr eine deutliche Abschwächung der wirtschaftlichen Dynamik abzeichnet“ (BASF AG, 2001, 56). Zudem erschienen einige der in den Vorjahren getätigten Akquisitionen als zu unfokussiert (Interview 10). Im Jahr 2001 übernahm Klaus Peter Löbbe die Verantwortung für die Aktivitäten in der Region. Er hatte unter anderem den Auftrag, das Amerikageschäft zu sanieren und gewisse Profitabilitätsziele zu erreichen (Interview 10). Entsprechend wurden unter seiner Ägide die Konsolidierungsaktivitäten intensiviert: Um Marktpotentiale im „wichtigen Chemiemarkt Nordamerika“ besser nutzen zu können, wolle man sich auf „ertragsstarke und ausbaufähige Sortimente“ (BASF AG, 2002b, 7) konzentrieren. Daher wurden sämtliche Geschäftseinheiten hinsichtlich ihrer strategischen Passung überprüft und die Zentralfunktionen verkleinert.16 Von Ende des Jahres 2000 bis Ende des Jahres 2004 wurde etwa jeder dritte Mitarbeiter entlassen und es wurden elf Werke geschlossen. Auch der amerikanische Anteil an den Investitionen sank und lag in den Jahren 2002 bis 2005 lediglich zwischen 11 % und 13 %. Insgesamt wurde also ein ganzes Bündel an Restrukturierungsmaßnahmen angestoßen mit dem Ziel, jährlich 250 Mio. Dollar einzusparen. Die Einsparziele wurden schließlich im 2. Quartal des Jahres 2005 – und damit 18 Monate früher als öffentlich veranschlagt – erreicht (Lindner, 2005). Direkt im Anschluss wurde ein zweiter Block von Restrukturierungsmaßnahmen eingeleitet, 15 Sie ermöglicht Akquisitionen in Form eines Aktientausches anstelle durch Zahlung von Barmitteln und sollte Unternehmenskäufe in Nordamerika erleichtern. Weitere Ziele waren die Internationalisierung und Verbreiterung der Aktionärsbasis und die Auflegung eines Aktienprogramms für amerikanische Mitarbeiter. 16 Ein Beispiel bildet der Verkauf der Pharmasparte im Jahr 2000 (Hofmann & Roth, 2000). Ihr Ausbau war noch in den Jahren 1995 und 1996 vorangetrieben worden. Das Pharmasegment innerhalb der BASF hatte sich als zu klein erwiesen, um eine führende Stellung in diesem Bereich zu erreichen. Auch wurden nur unzureichende Marketing- und Vertriebssynergien mit den übrigen Geschäftsfeldern erzielt (Kittler, 2002, 5).
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der ebenfalls rascher als angekündigt umgesetzt werden konnte. Etwa seit dem Jahr 2004 geht es für die BASF in Amerika „wieder aufwärts“ (Lindner, 2006a). Sie ist nun auch in den USA „solide“ (Psotta, 2006) aufgestellt. Die Sanierung des Amerikageschäfts, das zeitweilig als „größte Baustelle der BASF“ bezeichnet worden war, gilt als abgeschlossen. Die jüngste Zeit war von einer Intensivierung der US-Aktivitäten geprägt. Drei der im Jahr 2006 getätigten Übernahmen bzw. Akquisitionen bezeichnete der Vorstandsvorsitzende Jürgen Hambrecht als „strategisch wichtig“ (BASF AG, 2007a, 4), sie erfolgten alle drei in den USA.17 Somit flossen 41 % der weltweit aufgewendeten Summe von 10 Mrd. EUR nach Nordamerika. Insbesondere die Übernahme des Katalysatorenherstellers Engelhard erregte Aufmerksamkeit, da es sich nicht nur um die größte Akquisition in der Geschichte der BASF handelte, sondern auch um den größten feindlichen Übernahmekampf eines europäischen Unternehmens in den USA (Meck, 2006). Der neue Unternehmensbereich Catalysts hat seither seinen globalen Hauptsitz in den USA. Der Umfang der Investition sowie die Lokalisierung der Zentrale in den USA gelten als Signale, dass die BASF nicht nur global, sondern auch in den USA ein „leading player” sein möchte (Interview 10). Auch in der Forschung und Entwicklung wurde bei der Pflanzenbiotechnologie – eines von fünf zentralen Zukunftsthemen – die Zusammenarbeit mit dem amerikanischen Unternehmen Monsanto vereinbart (BASF SE, 2008c). Die einzelnen Aktivitäten erklären sich jedoch nicht allein aus regionenspezifischen Überlegungen, sondern aus einem übergeordneten gesamtunternehmerischen Kalkül. So wurde zwar die Sanierung des US-Geschäfts aufgrund der schlechten Ergebnisse eingeleitet. Sie war aber auch Teil einer konzernweit verstärkten Orientierung am Kapitalmarkt, die mit ambitionierten Renditezielen weltweit einherging. Auch die jüngsten Akquisitionen kommentierte Jürgen Hambrecht als „not about a desire to be in the United States for its own sake. This is a global business“ (o. V., 2006). Damit verdeutlichte er, dass mit den Käufen andere Ziele als die Stärkung des US-Geschäftes verfolgt wurden. Tatsächlich leiteten sie sich aus zwei gesamtstrategischen Erwägungen ab. Erstens will das Unternehmen in den Kerngeschäftsfeldern zu den drei besten Anbietern zählen. Engelhard Corporation als weltweit führender Anbieter auf dem Katalysatorenmarkt wurde daher als idealer Partner gesehen. Zweitens will die BASF konjunkturrobuste Geschäfts17 Es handelte sich um die Übernahmen des Katalysatorenherstellers Engelhard und des Harzspezialisten Johnson Polymer sowie die Akquisition des Bauchemiegeschäftes der Degussa AG. Die Degussa war ein deutsches Unternehmen, hatte aber beträchtliche Aktivitäten in Nordamerika. Alle drei Akquisitionen wurden in der Konsolidierung der NAFTA-Region zugerechnet.
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bereiche18 gezielt stärken, wozu das Geschäft mit Katalysatoren zählt. Monsanto wurde ebenfalls als Marktführer im Bereich Biotechnologie ausgewählt und nicht aufgrund seiner Präsenz auf dem US-Markt. Aus den Aktivitäten lassen sich daher nur begrenzt Rückschlüsse auf die Attraktivität der USA als Markt ziehen. Gleichwohl wird ersichtlich, dass sich weltweit führende Unternehmen – und damit potentielle Akquisitionsziele und Kooperationspartner – in den USA befinden; auch in den als zukunftsfähig identifizierten Geschäftsfeldern. Für die Zukunft wird daher nicht erwartet, dass die Aktivitäten reduziert werden. Die Region gilt jedoch als stabil und damit als weniger dynamisch als etwa die asiatischen Märkte. Für konsumferne Geschäftsfelder der BASF ist entscheidend, dass die Industriekunden lokal produzieren (Interview 10). Daher determiniert die Entwicklung der amerikanischen Produktionsbasis den Umfang und die Intensität des zukünftigen Engagements. Von Bedeutung ist dabei der Anteil der US-Produzenten an den weltweiten Industriekunden. Sinkt der relative Anteil an Kunden in den USA – wobei es unerheblich ist, ob amerikanische Produzenten aktiv ihre Produktion nach Asien verlagern, ob sie dort stärker wachsen oder ob der relative Anteil asiatischer Kunden an den weltweiten Kunden ansteigt – verlieren Großinvestitionen in die eigene Produktion in Nordamerika an Attraktivität. Da in den vergangenen Jahren erhebliche Strukturverschiebungen in der weltweiten Chemieindustrie stattgefunden haben, ist ein massiver Aufbau der eigenen Produktion in Nordamerika wohl eher nicht zu erwarten. Dies bedeutet jedoch nicht, dass das Engagement insgesamt verringert wird. Im Gegenteil erscheinen konsumnahe sowie forschungsintensive Bereiche nach wie vor als zukunftsträchtig, wie der Ausbau der Forschungskooperationen illustriert. Bedeutung der Region Amerika wird aus verschiedenen Gründen als Region von Bedeutung betrachtet. Der Markt ist zunächst aufgrund seiner Größe wichtig (Interview 2). Da er wesentlich zu den Umsätzen beiträgt, ist er unter strategischen Gesichtspunkten für die Gesamtentwicklung des Unternehmens entscheidend (Interview 19). Die USA bilden zudem die reichste Region und den dominanten Akteur der Weltwirtschaft. Darüber hinaus sind Industriekunden und Endkonsumenten noch überwiegend hier angesiedelt. Von Bedeutung ist zudem die im Vergleich zu Europa freie und innovationsförderliche Marktstruktur (Interview 10). 18 Hierzu zählt etwa die Landwirtschaft (BASF AG, 2007b, 16).
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Gleichzeitig ruht der Konzern auf drei regionalen Standbeinen, im einzelnen Europa, Nordamerika und Asien. Darunter ist Europa als Heimatmarkt von zentraler Bedeutung, wie unter anderem anlässlich der Einführung der Europäischen Gesellschaft (Societas Europaea SE) betont wurde. Koubek und Kunze (2000, 67) sehen in dieser Strategie ein „ausgeprägtes globales Vorgehen“, das der Leitidee des Triaden-Konzeptes folgt.19 Im Zeitablauf wurden in den einzelnen Unternehmensbereichen regional jeweils verschiedene Schwerpunkte gesetzt, die auch damit zusammenhängen, wie etabliert das Geschäft in der jeweiligen Region ist. Exemplarisch hierfür ist die Entwicklung im Geschäftsfeld Kunststoffe im Jahr 2004. In Europa wurden Prozesse und Kostenstrukturen verbessert, die nordamerikanischen Aktivitäten wurden konsolidiert und in Asien hat die BASF daran gearbeitet, die eigene Position auszubauen (BASF AG, 2005, 35). Daraus geht hervor, dass auf eine erfolgreiche globale Präsenz hingearbeitet wird. Ein weniger starker Ausbau in Nordamerika erklärt sich aus der bereits bestehenden Präsenz eher als aus abnehmendem Interesse am amerikanischen Markt. Zudem muss man bei der Frage nach der Bedeutung der Region den dominanten Modus der Marktsegmentierung berücksichtigen. Märkte werden zunächst produktspezifisch-inhaltlich – und nicht national – segmentiert. So sind zum Beispiel die einzelnen Unternehmensbereiche für die globale strategische Steuerung ihres Geschäftsfeldes zuständig. Das gilt vor allem seit der Durchführung des Fit For The Future Programms20 , das die einzelnen Geschäftsfelder stärkte. Der strategische und gestalterische Handlungsspielraum der einzelnen Landesgesellschaften, der unter anderem in den USA zuvor groß geworden war, wurde gleichzeitig beschnitten (Interview 10). Wirtschaftliche Orientierung entsteht bei der BASF also zunächst aufgrund funktionaler Kriterien. Die regionale Ausrichtung folgt entsprechend dieser übergeordneten Positionierung. Verhältnis zur Politik Die BASF muss in jedem Land umfassende Bestimmungen und Richtlinien beachten, da bei den komplexen Verfahren giftige Abfälle und Nebenprodukte entstehen (O’Reilly, 2007, 24). Die spezifischen Positionen in Bezug auf die nationale Regulierung, die der Konzern in den USA einnimmt, sind primär Ausfluss 19 Die Märkte der Triade sind die USA, Westeuropa und Japan. 20 Hierbei handelt es sich um ein konzernweites Restrukturierungsprogramm aus dem Jahr 2001, das den wohl „radikalsten Umbau“ (Kittler, 2002, 2) seit den 1970er Jahren einleitete (BASF AG, 2002a, 13).
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der Zugehörigkeit zur chemischen Industrie. Die gesellschaftlichen Konfliktlinien verlaufen also nicht zwischen deutschen/ausländischen und amerikanischen Unternehmen, sondern z. B. zwischen produzierenden Unternehmen und Dienstleistern oder zwischen Konsumenten und Produzenten. Es entsteht im Hinblick auf den regulatorischen Rahmen in den USA entsprechend kein einheitliches Interesse der deutschen/ausländischen Industrie, sondern allenfalls der deutschen/ausländischen chemischen Großunternehmen, wobei die Positionen meist denjenigen der amerikanischen Chemieunternehmen entsprechen (Interview 10). Dies geht zum Beispiel daraus hervor, dass die BASF in den amerikanischen Verbänden der Chemieindustrie, etwa dem American Chemistry Council, organisiert ist. Da zudem die amerikanische Administration für die Gestaltung des regulatorischen Rahmens zuständig ist, ist sie der vorrangige Ansprechpartner und nicht die deutsche Regierung (Interview 10).21 Einheitliche, branchenübergreifende Anliegen ausländischer Unternehmenstöchter werden in den USA daher selten vorgebracht. Sie bilden sich vor allem dann heraus, wenn es zu diskriminierenden Aktivitäten kommt, welche in zwei Themenbereichen identifiziert wurden. Zum einen verschlechtern die zunehmenden Maßnahmen seitens der USA zur Herstellung der nationalen Sicherheit (national security) die Investitionsbedingungen. Hieraus kann ausländischen Unternehmen ein Wettbewerbsnachteil im Vergleich zu den amerikanischen Akteuren entstehen. Ein Beispiel bildet die Reform des Committee on Foreign Investment in the United States (CFIUS), das ausländische Investitionen prüft.22 An den Diskussionen hierzu beteiligten sich ausländische Unternehmen intensiv. Sie stellten den positiven Beitrag heraus, den sie als Investoren für Arbeitsplätze und Wachstum in den USA leisten (Interview 10). Die Kommunikation wurde nicht nur von den Unternehmen selbst vorgenommen, sondern auch von der Organization for Foreign Investment in the United States (OFII), der einzigen Interessenorganisation in den USA, in der branchenübergreifend die Töchter ausländischer Unternehmen vereint sind. Auch hierbei wurde also primär die US-Administration angesprochen. Den zweiten Bereich bilden die (Industrie-)Normen und (technischen) Standards.23 Bei diesen ist die Unterstützung der deutschen Regierung notwendig, da solche Inhalte der politischen Regelung bedürfen (Interview 2). Aufgrund der 21 Natürlich bestehen Anliegen der BASF an deutsche und europäische Entscheidungsträger. Diese beziehen sich aber primär auf den Rahmen des Engagements in Deutschland bzw. in Europa und nicht auf die Regulierung des US-Marktes. 22 CFIUS besteht seit dem Jahr 1975 und wurde im Jahr 2007 reformiert. 23 Gleiches gilt für Richtlinien im Finanzierungsbereich; in diesem Bereich erreichte der im Jahr 2007 gegründete Transatlantic Economic Council (TEC) unterdessen einen Forschritt.
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engen Kooperation der Bundesregierung mit der Wirtschaft in diesem Themenfeld (u. a. Transatlantic Business Dialogue, gemischte Kommissionen) kann davon ausgegangen werden, dass die Positionen der Industrie maßgeblich die politische Agenda bestimmen. Da jedoch der Großteil des wirtschaftlichen Austausches reibungslos verläuft, sind bestehende Hindernisse nicht von zentraler Bedeutung für die Attraktivität der USA als Produktionsstandort bzw. als Absatzmarkt (Interview 10). Vielmehr sieht das Unternehmen die Hindernisse als eine der Bedingungen, die man akzeptiert, um in den USA aktiv zu sein. Entsprechend können Erfolge auf politischer Ebene zwar das Geschäft erleichtern, sie wirken sich aber wohl nicht auf die zukünftige Gestaltung des Engagements aus.
Zusammenfassung Hinter dem Engagement der BASF in den USA lässt sich keine eindeutige Tendenz erkennen. Es war von umfassenden Akquisitionen einerseits und tiefgreifender Umstrukturierung andererseits betroffen. Dabei wurden auch einzelne Geschäftsbereiche veräußert. Das umfassende Sanierungsprogramm spiegelt eher den Willen wider, das US-Geschäft erfolgreich zu gestalten, als den Versuch, es gezielt zu reduzieren. Die zeitweise eher unbefriedigende Ertragslage der amerikanischen Landesorganisation konnte hierdurch verbessert werden, so dass die Entwicklung zuletzt wieder positiv verlief. In jüngster Zeit wurden erneut Akquisitionen getätigt und auch der Forschungsbereich ausgebaut. Da dieser relativ marktferne Funktionsbereich in der Regel spät im Ausland angesiedelt wird, deutet dies auf eine tiefe Integration nordamerikanischer Aktivitäten in den weltweiten Unternehmensverbund hin. Allerdings wurde auch deutlich, dass die Handlungen in den USA nur teilweise als Indikator für die Attraktivität des amerikanischen Marktes gewertet werden können. Sie beruhen nicht unbedingt auf regionenspezifischen, sondern auf globalen, strategischen Erwägungen des Gesamtkonzerns. Bedeutung kommt den USA allein schon aufgrund ihrer Eigenschaft als zweitgrößter nationaler Einzelmarkt zu. Die Region bietet insgesamt ein attraktives Investitionsumfeld und ist aufgrund des Wohlstandes sowie ihres weltweiten Einflusses nach wie vor die dominante Region. Indes wirken sich die globalen Strukturverschiebungen in der Chemiewirtschaft auch auf das Engagement der BASF aus. Von Bedeutung für die zukünftige Ausrichtung der Aktivitäten wird dabei vor allem sein, in welchem Umfang die produzierende Industrie – deren Unternehmen die wichtigsten Kunden der BASF sind – in den USA präsent ist.
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Die US-Administration übt Einfluss auf die Tätigkeit der BASF aus, da die chemische Industrie umfangreichen Regelungen unterworfen ist. Entsprechend ergeben sich die mit dem US-Geschäft in Zusammenhang stehenden Anliegen an die Politik überwiegend aus der Branchenzugehörigkeit des Unternehmens und nicht aus seiner Nationalität. Daher wird der Interessenvertretung in den USA hohe Bedeutung beigemessen. Zudem sieht sich das Unternehmen von Maßnahmen zum Schutz der nationalen Sicherheit betroffen. Die BASF unterstreicht daher den geleisteten Beitrag zur amerikanischen Wirtschaft. Anliegen, bei denen die deutsche Politik als relevant identifiziert wurde, bestehen auch. Es handelt sich vor allem um das eher technische Feld der Industrienormen und Standards, die sich zwischen Deutschland und den USA unterscheiden und die daher den transatlantischen Handel zu beeinträchtigen vermögen. Diese sind jedoch von eher nachrangiger Bedeutung für die Attraktivität der USA als Wirtschaftsraum. Es wird also lediglich ein kleiner Teil des Interesses der BASF in Deutschland relevant und die weitergegebenen Anliegen stehen nicht in direktem Zusammenhang mit der Attraktivität der USA.
4.1.3 Das Unternehmen und die VR China Überblick In der VR China verlief die Branchenentwicklung entgegengesetzt derjenigen in den USA. In dem Land fand in den Jahren 1997-2007 das mit Abstand stärkste Umsatzwachstum in der chemischen Industrie statt: Mit 15 % p. a. übertraf die Volksrepublik nicht nur den weltweiten Durchschnitt von 5 %, sondern auch den Durchschnitt innerhalb Asiens von 6 % (Perlitz, 2008). Inzwischen ist China zweitgrößter Produzent nach den USA; noch vor Japan und Deutschland. Das Land profitierte – wiederum gegenläufig zu den USA – von der Verlagerung arbeitsintensiver Tätigkeiten in anderen Branchen, der die chemische Industrie als Zulieferer folgte (Perlitz, 2005). Eine Abschwächung wird nicht erwartet, da zunehmend auch Produktionsprozesse zur Herstellung von Erzeugnissen mit hoher Wertschöpfung verlagert werden. Die BASF war eines der ersten ausländischen Unternehmen auf dem chinesischen Markt und zählt heute zu den größten ausländischen Chemieunternehmen. Sie ist im Vergleich zu den vier größten chinesischen Akteuren aber immer noch klein (Mueller, 2005, 42). Das Unternehmen ist mit allen Segmenten mit Ausnahme des Öl- und Gasgeschäftes vertreten. Die Funktionen Produktion und Vertrieb
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sind vor Ort, ebenso bestehen diverse Entwicklungskooperationen mit externen Partnern, jedoch (noch) keine grundlegenden Forschungsaktivitäten (Festel, Pielartzik & Vollmer, 2005, 52). In den Jahren 1997-2006 leisteten die Aktivitäten in der Region Asien-Pazifik24 folgende Beiträge zu den Erfolgen des Gesamtkonzerns (vgl. Tabelle A.1 im Anhang): Der Umsatz stieg massiv und stetig von 1,4 Mrd. EUR um mehr als das Fünffache auf 7,5 Mrd. EUR an. Der Anteil am Gesamtumsatz verdreifachte sich knapp auf zuletzt 14,2 %. Greater China25 allein trug im Jahr 2006 mit 6 % des Gesamtumsatzes etwas weniger als die Hälfte des Asien-Umsatzes. Damit handelte es sich um den nach Deutschland und den USA drittgrößten Markt. Ähnlich entwickelten sich die Mitarbeiterzahlen in Asien: Im Jahr 1997 waren dort 4 Tsd. Mitarbeiter, im Jahr 2006 bereits 13 Tsd. Der Anteil nahm um etwas mehr als das Dreifache auf 13,4 % zu. Für Greater China allein werden im Jahr 2006 4 Tsd. Mitarbeiter ausgewiesen.26 Auch die in Asien getätigten Investitionen entsprechen dieser Tendenz. Während der Anteil an den Gesamtinvestitionen im Jahr 1997 noch bei 6 % lag, wurden nach der Jahrtausendwende zwischen 20 und 28 % der Gesamtinvestitionen in Asien getätigt. Nur im Jahr 2006 fielen lediglich 7 % der gesamten Investitionen auf die Region, was sich aus den bereits erläuterten Akquisitionen in den USA erklärt. Die Zahlen sprechen für eine gestiegene Bedeutung, die im Folgenden anhand der Entwicklung im Zeitablauf genauer dargestellt wird. Entwicklung des Engagements China verantwortete zu Beginn des 20. Jahrhunderts bereits 15 % des globalen Umsatzes der BASF und damit zweieinhalbmal so viel wie im Jahr 2006. In jüngerer Zeit wurde das Engagement erst mit der Öffnung der chinesischen Volkswirtschaft Anfang der 1980er Jahre wieder möglich.27 Als im Jahr 1994 chinesische Autoritäten bestehende Restriktionen von ausländischen Beteiligungen in der 24 In der Unternehmensberichterstattung werden Kennzahlen für die Region Asien-Pazifik ausgewiesen. Sie besteht aus den Unterregionen Greater China (Volksrepublik China, Hongkong, Taiwan), Japan, Korea, Australien/Neuseeland sowie den ASEAN-Staaten (Malaysia, Thailand, Indonesien, Philippinen, Vietnam und Singapur) und Südasien (Indien, Bangladesh, Pakistan und Sri Lanka). 25 Volksrepublik China, Hongkong, Taiwan. 26 Diese Zahl schließt die Mitarbeiter in den Joint Ventures (JV) mit ein. Da hiervon nur ein Teil in den sog. „Corporate Headcount“ fließen, ist die Zahl nicht zu der Gesamtmitarbeiterzahl in Bezug zu setzen. 27 So wurde im Jahr 1982 die Tochter BASF China Ltd. in Hongkong mit regionaler Verantwortung für das chinesische Festland und Hongkong gegründet. 1986 wurde das erste Repräsentationsbüro in Peking gegründet. Im Jahr 2008 gab es acht Repräsentationsbüros in Greater China.
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Chemiebranche lockerten, nutzte die BASF die Gelegenheit. Sie avancierte zum „ Vorreiter“ der Branche, die zu diesem Zeitpunkt noch überwiegend skeptisch eingestellt war. Mit drei eigenen Produktionsstandorten28 war sie bald der zweitgrößte deutsche Investor in China (Kreimeyer, 2005, 162). Die langfristige Ausrichtung des Chinaengagements bildete entsprechend seit Anfang der 1990er Jahre ein zentrales Element der strategischen Planung. Der ehemalige Vorstandsvorsitzende Jürgen Strube sagte, sein Interesse als Vorstandsvorsitzender habe „ab 1990 (. . . ) der Eignung Chinas oder Indiens als Standort für langfristig angelegte Großinvestitionen, das heißt der langfristigen Attraktivität dieser Länder im Rahmen der Globalisierung“ (Haniel-Stiftung, 2006, 27), gegolten. Zu diesem Zeitpunkt entstanden auch umfassende Asienstrategien (Interview 2). Im Jahr 1996 wurden die Ziele für das Jahr 2010 kommuniziert. Die BASF AG (2006) möchte bis dahin • 20 % der konzernweiten Umsätze und Erträge in der Region Asien-Pazifik erwirtschaften, die Hälfte davon in Greater China, • eine lokale Produktionsgrundlage erschlossen haben, so dass 70 % der regionalen Umsätze aus lokaler Produktion stammen, • die eigene Position gestärkt haben, so dass das Unternehmen als einer der fünf „top suppliers“ in strategisch relevanten Märkten gilt und • das beste Team in der asiatisch-pazifischen Chemieindustrie bilden. Einen Schritt in Richtung dieser Ziele bildete die Neuausrichtung der Organisation. Im Jahr 1995 wurde ein regionales Headquarter für Asien in Hongkong gegründet. Der Professionalisierung von Vertriebs- und Servicestrukturen diente die Gründung einer Landesholding in Peking im Jahr 1996.29 Die Ausrichtung auf Asien wirkte sich auch auf Managementebene aus: Im Jahr 1997 wurde das Vorstandsressort „Asien“ geschaffen, das von Jürgen Hambrecht übernommen wurde. Er war der Überzeugung, dass besser versteht, was in Asien vor sich geht, „wer mittendrin ist“ und wählte daher ebenfalls Hongkong als Standort (BASF AG, 1998, 6). Dies gilt als Symbol für das Bekenntnis zu Asien. 28 Zwei in Shanghai, einer in Nanjing. 29 Es handelt sich um die BASF China Co. Ltd.
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Der Wille zur Expansion schlug sich auch in umfangreichen Investitionen nieder, die vorrangig in den Ausbau der Produktion flossen (Kreimeyer, 2005).30 Zwischen den Jahren 1990 und 2005 investierte die BASF insgesamt 5,6 Mrd. EUR in Asien. Seit dem neuen Jahrtausend bildete die Unterregion Greater China die größte Einzelposition: In den Jahren 2001 bis 2005 wurden knapp 2 Mrd. EUR investiert. Als zentrale Investitionen gelten neben dem Anlagenkomplex in Caojing bei Shanghai (China) die Verbundstandorte Kuantan (Malaysia) und Nanjing (China). Vor allem Nanjing wird hohe Bedeutung beigemessen (Kumberger, 2005). Es handelt sich um die größte Einzelinvestition in der Unternehmensgeschichte der BASF.31 Fast elf Jahre nach dem Beginn der Verhandlungen wurde der Standort im September 2005 offiziell eröffnet. Das Projekt war innerhalb der BASF sowie in der Wirtschaft umstritten, insbesondere da der Baubeginn mit der Asienkrise zusammenfiel (Interview 19). Es erfolgten auch Investitionen in Forschung und Entwicklung, die seit dem Jahr 1997 aus dem BASF Sino-German Research and Development Fund finanziert werden. Der Schwerpunkt liegt bislang auf Allianzen mit chinesischen Universitäten und Forschungsinstituten, wobei vorrangig die Produkte an asiatische Kundenwünsche angepasst werden. Insgesamt befindet sich vor allem der marktferne Anteil der Forschungsleistungen noch nicht in China. Dies liegt auch daran, dass dort das geistige Eigentum noch nicht in befriedigendem Umfang geschützt ist (Interview 2).32 Es wird davon ausgegangen, dass sich China weiterhin stabil entwickelt und somit das mit den Investitionen verbundene Risiko weiter abnimmt. Daher ist auch für die Zukunft der weitere Ausbau der Aktivitäten geplant. Für die Jahre 2006 bis 2009 kündigte der Konzern z. B. eine zusätzliche Milliarde an Investitionen 30 Hierin besteht ein wichtiger Unterschied zu den USA. Der Vorstand lässt daher Parallelen zwischen den umfangreichen Investitionen in China und denjenigen in den USA – die zum Teil nicht den gewünschten Ertrag brachten – nicht gelten (Roth, 2005). 31 Die gesamte Investitionssumme betrug 2,9 Mrd. US-Dollar, wobei die Hälfte von der BASF beigesteuert wurde und die andere Hälfte vom Joint Venture Partner Sinopec. Da sich in China ein großer Teil der Chemiebranche in staatlichem Besitz befindet, haben oft einzelne Unternehmen Monopolzugang zu bestimmten Rohstoffen. Größere Projekte, v.a. in der Petrochemie, können daher ausschließlich mit bestimmten Kooperationspartnern durchgeführt werden. Anfang der 1990er z. B. hatte das Staatsunternehmen Sinopec exklusiven Zugriff auf Öl und Naphtalin (Kaufmann, Panhans, Boney & Sobotka, 2005, 95 ff.). Dies führt dazu, dass Sinopec auch Partner diverser Konkurrenten der BASF ist. Ende der 1990er teilte der chinesische Staat die petrochemische Industrie geographisch auf und verteilte den Zugriff auf Sinopec und CNPC (Wuttke, 2005). 32 In anderen Regionen Asiens bestehen daher bereits marktfernere Forschungsaktivitäten, etwa in Singapur in den Bereichen Nanotechnologie und organische Photovoltaik.
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im Asien-Pazifik-Raum an; 20 % der Investitionen in Sachanlagen sollen dabei nach Greater China fließen. So wurde im Jahr 2006 bereits eine Erweiterung des Verbundstandorts in Nanjing beschlossen (BASF AG, 2007b, 14). Auch bei der Eröffnung von Anlagen in Shanghai im Jahr 2006 kündigten die BASF und ihr amerikanischer Partner Huntsman weitere gemeinsame Investitionen an. Die positive Einschätzung hinsichtlich des Produktionswachstums wird unter anderem auf die gute Entwicklung der inländischen Abnehmerindustrien zurückgeführt. Vor allem die Automobilindustrie33 expandiert stark, aber auch die Bauwirtschaft und die konsumnahen Bereiche gelten als zukunftsträchtig (Perlitz, 2005). Eher als das Szenario einer bedeutenden Abschwächung wird das zukünftige Wachstumsmodell diskutiert; also inwieweit qualitativ hochwertige Bereiche zunehmend die rein quantitative Expansion ersetzen (Interview 2). Bedeutung der Region Die BASF ließ wiederholt verlauten, dass Asien die Zukunft der Chemiewirtschaft bestimmen werde (Hein, 2003a), (Kumberger, 2005). Die Region gilt daher als Schlüssel, um Wachstum in Zukunft generieren zu können. Innerhalb Asiens wiederum ist China von herausragender Bedeutung, weshalb der Fokus der regionalen Aktivitäten auf der Volksrepublik liegt. Der erste Grund hierfür liegt im chinesischen Markt selbst. Die BASF geht davon aus, dass sich der überwiegende Anteil der Konsumenten, der bislang in den Industrienationen konzentriert war, innerhalb der nächsten Jahre in die Schwellenländer verschieben wird. China, bereits heute der am schnellsten wachsende Markt, wird daher in der Erwartung auch in Zukunft bedeutende Teile des weltweiten Wachstums auf sich ziehen. Vor diesem Hintergrund wird auch verständlich, weshalb Unterschiede in den Faktorkosten – etwa die geringeren Arbeitskosten in China – nur eine untergeordnete Rolle spielen (Hein, 2004a). Schon heute sind die Produkte aus China zum überwiegenden Teil für den lokalen Markt und nicht für den Weltmarkt bestimmt.34 China gilt deshalb als attraktiver Markt mit hohem Zukunftspotential (Kreimeyer, 2005). Der zweite Grund hängt mit der Funktion Chinas für die globale Wertschöpfung zusammen. Es wird erwartet, dass das Land in verschiedenen Industriezweigen zur 33 Aufgrund des zunehmenden Anteils von Kunststoff am Gesamtgewicht eines Fahrzeuges gewinnt diese Branche zudem an Bedeutung für die chemische Industrie. 34 So sind 90 % der in Nanjing hergestellten Produkte für den lokalen Markt. Dies illustriert den multiregionalen Charakter der chemischen Industrie. Der Anteil der Arbeitskosten spielt bei der eher kapitalintensiven Produktion generell eine untergeordnete Rolle.
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innerasiatischen und weltweiten Produktionsbasis wird. Dieser Trend zeichnet sich bereits in einigen Regionen ab, in denen weite Teile der globalen Produktion eines Produkttyps getätigt werden.35 Das durch die steigende Nachfrage lokaler Konsumenten generierte Wachstum wird also durch die Nachfrage der Unternehmen, die in China für den Weltmarkt produzieren, noch verstärkt. Da europäische und amerikanische Kunden der BASF ihre Produktion nach Asien verlagert haben, wurde ein Engagement in China unentbehrlich: „Chemical companies have no choice but also to produce locally in China in order to retain their customers’ loyality through the timely and low-cost provision of chemical products” (Mueller, 2005, 23). Diese grundlegende Einschätzung hat sich im Zeitablauf – zumindest während des Untersuchungszeitraums – nicht verändert, was auch aus der Tatsache hervorgeht, dass die bedeutenden Großinvestitionen mit ihren langen Vorlaufzeiten schon vor dem betrachteten Zeitraum angestoßen wurden. Lediglich das Risiko, das im Chinaengagement gesehen wurde, hat im Lauf der Zeit abgenommen. Auch die konkrete Regionalstrategie musste mehrmals angepasst werden. Ursächlich hierfür war der geschäftliche Erfolg in China und keine fundamentale Neueinschätzung des Marktes. Verhältnis zur Politik Allgemein gilt, dass jede Investition spezifische Herausforderungen mit sich bringt, die es zu bewältigen gilt. Unabhängig davon, ob in einer konkreten Situation politisches Handeln Abhilfe schaffen kann oder nicht, stehen die Probleme nicht im Vordergrund. Auch im Falle Chinas vermögen sie nicht die grundsätzliche Attraktivität zu schmälern, da diese aus dem Marktpotential und den besonderen Chancen vor Ort abgeleitet wird (Interview 2). Dies legt die Vermutung einer relativen Unabhängigkeit zwischen ökonomischen Präferenzen und sich ergebenden Anliegen an die Politik nahe. Für den eigentlichen Geschäftserfolg wird der deutschen Politik nur ein geringer und abnehmender Stellenwert beigemessen: Die einzelnen Regionen und Provinzen sind die wichtigsten Interaktionspartner im täglichen Geschäft und agieren weitgehend unabhängig von Peking (Breslin, 2006b). Eine Ausnahme bilden prestigeträchtige und sicherheitssensible Projekte, da bei solchen zentralstaatliche Repräsentanten die Geschäftspartner sind (Interview 19). Bedeutung hat die Politik auch insoweit, als die Herkunft der BASF aus Deutschland einen Rahmen für Geschäftsmöglichkeiten definiert. Als deutsches Unternehmen besteht etwa vor 35 In der Gegend um Dongguan werden z. B. 80 % der Spielzeuge weltweit hergestellt.
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allem die Möglichkeit, sich als Partner, Innovator und Umweltschützer zu präsentieren. Bei der Herausarbeitung eines entsprechenden Profils der deutschen Industrie kann die Politik einen Beitrag leisten und somit mittelbar zum geschäftlichen Erfolg beisteuern (Interview 2).36 In Bezug auf die Rahmenbedingungen hingegen wird der deutschen und der europäischen Politik ein hoher Stellenwert beigemessen. Nur mit Unterstützung der Regierung kann Transparenz im Markt hergestellt werden und die Gleichbehandlung aus- und inländischer Unternehmen gefördert werden (Interview 2). Dies gilt insbesondere, da sich ausländische Unternehmen qua Herkunft einer Vielzahl von Hindernissen gegenüber sehen. Hierzu zählen z. B. Restriktionen im Marktzugang, die den Import in Form von Lizenzen, Tests und Zollregelungen reglementieren. Auch Investitionen werden erschwert, zunehmend unter dem Vorwand, die nationale Sicherheit zu schützen. Bei diesen Themen herrscht weitgehend Einigkeit innerhalb der ausländischen Wirtschaft. Das verdeutlicht zum Beispiel die Tatsache, dass die großen europäischen Firmen in der EU-Kammer ein Positionspapier erarbeiten, das sie dann nach Brüssel reichen (Interview 19). Die Situation, dass aus- und inländische Unternehmen in unterschiedlichem Maße von bestimmten Themen betroffen sind und daher auch verschiedene Anliegen an die Politik haben, wurde allerdings als im Wandel befindlich beschrieben (Interview 19). Der mangelhafte Schutz des geistigen Eigentums etwa betrifft einzelne Unternehmen je nach ihrer Größe und Branche in unterschiedlichem Ausmaß, aber weniger allein deshalb, weil sie ausländisch sind. Im Gegenteil, auch der sich entwickelnde chinesische Mittelstand ist zunehmend von der unzureichenden Sicherung des geistigen Eigentums bedroht. Hieraus wird deutlich, dass sich China in einem relativ frühen Stadium der Entwicklung befindet. Da staatliche Akteure mit ihren Aktivitäten den Aufbau und den Schutz der lokalen Wirtschaft forcieren, erlassen sie auch Regelungen, die speziell auf Unternehmen ausländischer Herkunft abzielen. In dem Maße, wie sich in China eine transparente Wirtschaftsstruktur und marktwirtschaftlich agierende chinesische Unternehmen entwickeln, kann sich die für ausländische Unternehmen eher nachteilige Situation verbessern.
36 Ein Beispiel bildet die Kampagne „Deutschland und China – Gemeinsam in Bewegung“, eine Gemeinschaftsaktion von Wirtschaft und Politik. Es handelt sich um eine Serie von Veranstaltungen der Bundesrepublik in verschiedenen Städten Chinas. Projektträger der Kampagne ist das Auswärtige Amt, Kooperationspartner der Asien-Pazifik-Ausschuss, das Goethe Institut und die Marketing für Deutschland GmbH. Offizielle Partnerunternehmen sind die Allianz, die Deutsche Bank, BASF, DHL und Siemens.
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Zusammenfassung Das Asien- und Chinaengagement der BASF war in der Vergangenheit von einem stetigen Ausbau charakterisiert, der auch für die Zukunft weiter vorgesehen ist. Den Ausgangspunkt bildete eine strategische Weichenstellung, die durch die chinesische Öffnungspolitik Anfang der 1980er Jahre angestoßen wurde. Die BASF zählt zu den Unternehmen, die besonders früh und umfangreich in China investierten. Das Wachstum erfolgte weitgehend organisch durch den Aufbau einer eigenen Produktion. Insbesondere die schwache Ausprägung von Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten verdeutlichen, dass sich das Engagement dennoch in einem relativ frühen Stadium befindet. China ist heute als drittgrößter Markt von enormer Bedeutung und das dortige Engagement dient der Sicherung zukünftigen Wachstums. Das Land steht seit mehr als zehn Jahren im Zentrum der strategischen Planungen. Wenn also das lokale Geschäft – gemessen in Investitionen, Umsatz, Mitarbeitern – im Zeitraum 1997-2006 wichtiger geworden ist, so beruht dies auf der Umsetzung langfristiger Strategien und nicht auf einer fundamentalen Neubewertung des chinesischen Marktes. Es haben sich demnach weder das Interesse am Markt noch die Einschätzung der Attraktivität grundlegend geändert. Durch den Ausbau der lokalen Produktion hat die BASF jedoch Kapital transferiert, was dazu führt, dass mehr „investierte Interessen” vor Ort sind. Die Bewertung des Standortes erfolgt zunächst durch die Analyse volkswirtschaftlicher und branchenspezifischer Kennzahlen. Erst im zweiten Schritt wird berücksichtigt, inwieweit erwartbare Hindernisse durch politische Unterstützung gemildert werden können. Die deutsche Regierung ist vor allem bei der Gestaltung der Rahmenbedingungen des wirtschaftlichen Handelns wichtig. Da diverse Anliegen die ausländische Industrie in ihrer Gesamtheit betreffen, gibt es abgestimmte, einheitliche Wünsche an die Politik. Für den eigentlichen geschäftlichen Erfolg kommt der politischen Unterstützung durch die Heimatregierung eher eine geringe Bedeutung zu. Dabei bilden jene Projekte eine Ausnahme, die der chinesischen Regierung prestigeträchtig erscheinen. Das konkrete Ausmaß an Anliegen und die Intensität mit der diese in den politischen Prozess eingespeist werden, lässt sich daher weniger aus der direkten Attraktivität des Marktes ableiten. Es hängt vielmehr damit zusammen, dass die chinesische Regierung gezielt gestaltend in den Markt eingreift sowie damit, dass sich das Land in einem frühen Stadium seiner wirtschaftlichen Entwicklung befindet.
4.1 BASF
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4.1.4 Zusammenfassung und Interpretation In der Zusammenschau erscheinen die folgenden Aspekte charakteristisch für die Entwicklung der BASF in den USA und in China, für die Bedeutung der beiden Regionen sowie für Beziehungen zu politischen Entscheidungsträgern. Die USA bilden als zweitgrößter Einzelmarkt eine von drei wichtigen regionalen Säulen der BASF. Umfangreiche Akquisitionen – und der damit einhergegangene Verlust des strategischen Fokus – führten zu einer Ertragsschwäche in den 1990er Jahren. Die Kehrtwende wurde durch ein Konsolidierungsprogramm eingeleitet. Nach mehreren Jahren, in denen zurückhaltend investiert wurde, wurden zuletzt wieder bedeutende Zukäufe getätigt. Aus dem Engagement geht daher der Wille hervor, auf dem schwierigen amerikanischen Markt Fuß zu fassen; es lässt sich aber kein eindeutiger Trend nachzeichnen. Im Gegensatz dazu wurde das Engagement in China stetig ausgebaut. Der wachsende Umfang der Aktivitäten schlug sich in steigenden Umsätzen, einer wachsenden Anzahl von Mitarbeitern und vermehrten Investitionen sowie in der organisatorischen Struktur nieder. Ein wichtiger Unterschied besteht in der Natur des Wachstums: Während in der Volksrepublik China überwiegend in organisches Wachstum investiert wurde, waren in den USA Unternehmenskäufe zentral. Die Entwicklung der BASF in den USA und in China exemplifiziert damit die Strukturverschiebungen auf dem Weltchemiemarkt: Im zurückliegenden Jahrzehnt wuchs die NAFTA-Region unter-, Asien über- und China deutlich überdurchschnittlich.37 Da davon ausgegangen wird, dass der Chemiebedarf in Regionen, in denen Aufholprozesse stattfinden, besonders hoch ist, wird sich das Wachstumsgefälle in Zukunft eher verstärken. Gleichwohl lässt sich kein Wandel der strategischen Präferenzen von den USA nach China konstatieren. Zunächst wurde deutlich, dass sich in den USA attraktive Investitionsobjekte befinden, insbesondere in zukunftsträchtigen Bereichen. Ebenso kann nicht von einem aktiven Rückzug gesprochen werden, da das bestehende Engagement so erfolgreich als möglich gestaltet werden sollte. Zudem zeichnete sich die Bedeutung Chinas bereits länger ab, weshalb die Intensivierung des Engagements nicht als Reaktion auf die Schwierigkeiten in den USA interpretiert werden kann. Schließlich, ganz entscheidend, spricht die betriebliche Ratio gegen eine solche Interpretation: Häufig standen globale und nicht regionenspezifische Erwägungen hinter einzelnen Akti37 Vgl. hierzu auch die Aussage Hambrechts: „In der Chemie wird Nordamerika nicht wachsen. Japan wird schrumpfen. In Deutschland wird die Chemie langsamer wachsen als das Sozialprodukt, Europa ist robust. Asien wird der Wachstumsmotor bleiben“ (zitiert in Knop, Psotta und Roth (2008)).
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vitäten. Diese sind mithin Ausfluss der strategischen Positionierung in einzelnen inhaltlich definierten Geschäftsfeldern und spiegeln weniger ein spezifisches Interesse hinsichtlich einer Region wider. Die Beziehungen zur Politik sind ein wichtiger Bestandteil der jeweiligen Regionalstrategien, spielen jedoch eine untergeordnete Rolle bei der Bewertung einzelner Märkte. In beiden Ländern dient die Zusammenarbeit mit der Politik weniger dem unmittelbaren geschäftlichen Erfolg, als vielmehr der Gestaltung des rechtlichen Rahmens. In den USA agiert die BASF dabei als amerikanisches Unternehmen und speist diesbezügliche Anliegen in die amerikanische Administration ein. In China entsprechen die Anliegen der BASF in größerem Maße denjenigen anderer ausländischer Unternehmen, was daran liegt, dass die chinesische Regierung das unternehmerische Umfeld ausländischer Unternehmen gezielt gestaltet. Deshalb bildet sich ein einheitlicher Themenkatalog der deutschen Industrie heraus. Da deutsche und europäische politische Akteure auf den rechtlichen Rahmen in China einwirken können, werden diese Themen auch den deutschen und europäischen Entscheidungsträgern vermittelt. Die Intensität, mit der das Unternehmen seine Anliegen an die Politik weitergibt sowie deren Umfang und konkrete Inhalte hängen demnach weniger direkt mit der Attraktivität zusammen, sondern eher mit den jeweiligen Besonderheiten der Regionen, insbesondere mit deren Entwicklungsstand. Dies ist bereits ein Hinweis darauf, dass der Zusammenhang zwischen dem wirtschaftlichen Interesse und dem politischen Handeln in den jeweiligen bilateralen Beziehungen ein anderer ist. Die Gesamtentwicklung des Engagements der BASF erlaubt daher keine Aussage hinsichtlich der erwartbaren außenpolitischen Orientierung in Richtung auf die USA und die VR China. Offensichtlich wurde zudem, dass die Intensität wirtschaftlicher Interessen gegenüber den untersuchten Regionen unterschiedlich ist. Es ist daher plausibel anzunehmen, dass diese Interessen sich auch in unterschiedlichem Ausmaß auf die bilateralen Beziehungen zu den jeweiligen Ländern auswirken.
4.2 Daimler 4.2.1 Porträt der Branche und des Unternehmens Die Automobilbranche umfasst das Design, die Produktion und das Marketing von Kraftfahrzeugen, sowie diesbezügliche Sales- und Aftersales-Aktivitäten (Levy, 2007).
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Sie gilt traditionell als wichtiger Wirtschaftszweig in der Bundesrepublik, der auch für die Exportwirtschaft von Bedeutung ist: Deutsche Hersteller produzierten im Jahr 2007 17 % der Weltproduktion von Automobilen, im Jahr 2006 wurden 16 % der deutschen Exporte der Automobilindustrie zugerechnet und 12 % der gesamten deutschen Direktinvestitionen im Ausland von der Automobilindustrie getätigt.38 Zudem hängt die gesamtwirtschaftliche Nachfrage nach Kraftfahrzeugen eng mit der Konjunkturentwicklung zusammen. Daher gilt die Entwicklung der Branche auch als ein Konjunkturindikator. Zur Automobilbranche zählen sowohl die eigentlichen Hersteller – oder auch Original Equipment Manufacturer (OEM)39 – sowie die Zulieferbetriebe. Das Gewicht innerhalb der Wertschöpfungskette verschiebt sich hin zu den Zulieferern: So lag in den 1980er Jahren die Fertigungstiefe der Hersteller noch bei 40 %, im Jahr 2002 betrug dieser Wert nur noch 35 % und es wird erwartet, dass er bis zum Jahr 2015 auf 23 % sinkt (Mercer & Fraunhofer Institut, 2003), (Küspert, 2000). Die Zulieferer entwickeln z. B. zunehmend einzelne Untersysteme, was eines hohen Maßes an Fachkenntnissen bedarf. Die Hersteller konzentrieren sich ihrerseits auf die Endmontage sowie das Design, das Marketing und den Verkauf der Fahrzeuge. Dies führt dazu, dass die Produktion meist in regionalen Produktionsnetzwerken geschieht (Rugman & D’Cruz, 2000).Um den OEM herum befindet sich ein Netz von Zulieferunternehmen, worunter einige die Hersteller direkt beliefern (sog. Tier 1 Zulieferer), der Großteil aber wiederum mit diesen Betrieben Unterverträge hat (sog. Tier 2 und Tier 3 Zulieferer).40 Die im Folgenden aufgezeigte Entwicklung der Daimler AG geht also über das einzelne Fallbeispiel hinaus, da vom Aufbau neuer Produktionsstätten stets weitere Akteure betroffen sind.41 Neben den Zulieferern sind auch zahlreiche Unternehmen berührt, die nicht unmittelbar der Automobilbranche zugerechnet werden: „The formal automotive industry is (. . . ) only the tip of an iceberg very difficult even to estimate in its totality“ (Jürgens, 2005, 51).42 38 Für genaue Zahlen siehe Deutsche Bundesbank (2008), VDA (2008), VDA (2007), BMWi (2008). 39 Die genaue Bedeutung des Begriffs OEM ist branchenspezifisch. In anderen Kontexten kann der Begriff auch die gegenteilige Bedeutung haben. 40 Exemplarisch für den Raum Stuttgart: Morgan (1999), Warschat, Wagner und Edelmann (2005). 41 Zwischen den Jahren 1990 und 2004 nahm z. B. die Zahl der ausländischen Fertigungsstandorte deutscher Hersteller von 102 auf 147 zu, im selben Zeitraum verdreifachten die Zulieferer die Zahl ihrer Auslandsstandorte auf knapp 1.000 (o. V., 2005a). 42 Pries (1999b) stellt dies am Beispiel des VW-Werkes in Mexiko dar: Die Produktionsverlagerung des OEM zog eine Zunahme v.a. deutscher Zulieferer in der Region nach sich. Pries interpretiert
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Zudem prägen regionale Einflüsse die Automobilindustrie, da sich regulatorische Bestimmungen sowie Konsumentenpräferenzen von Großregion zu Großregion oder von Staat zu Staat unterscheiden. Deshalb verfolgen die meisten Hersteller Regional- und keine Globalstrategien. Sie erzielen Skaleneffekte für ein bestimmtes Modell innerhalb einer jeden Region einzeln (Rugman, 2005, 140). Im Premiumsegment der Luxushersteller war dieses Phänomen bisher weniger ausgeprägt. Die Daimler AG43 ist vorrangig der Automobilbranche zuzurechnen und verfolgt das Ziel, sich hierauf als Kernbereich zu konzentrieren. Sie wird als „Deutschlands Vorzeigeunternehmen“ (Hein, 1998b) bezeichnet. Die „Erfinder des Automobils“ sind der führende Anbieter von Premium-PKW und besitzen mit der Marke Mercedes-Benz die wertvollste Premium-Automobilmarke.44 Daimler ist ferner der größte Hersteller von Nutzfahrzeugen. Die Fahrzeuge werden in 17 verschiedenen Ländern produziert und nahezu weltweit vertrieben. Die Entwicklung neuer Modelle erfolgt überwiegend in der Bundesrepublik. Im Jahr 200745 erwirtschafteten 270 Tsd. Mitarbeiter einen Umsatz von 99,4 Mrd. EUR, 2006 waren diese Werte höher, da Chrysler zum Konsolidierungskreis zählte. Der Konzern gliederte sich im Jahr 2007 in vier Geschäftsfelder. Das größte ist das Personenwagensegment Mercedes-Benz Cars, das die Premiummarken umfasst und 52 % des Umsatzes trägt. Die Modelle werden vorrangig in der Bundesrepublik produziert, weitere Produktionsstandorte befinden sich u. a. in den USA, in Frankreich, in Südafrika und seit 2006 in der Volksrepublik China46 ; die wichtigsten Absatzmärkte bilden Europa (62 % der Absätze), die USA (20 % der Absätze) und Japan (4 % der Absätze). Im Geschäftsfeld Truck werden LKW ent-
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die Ergebnisse nicht als nationale bzw. konzernspezifische Besonderheit, sondern als allgemeines Phänomen. Es wird der aktuelle Name Daimler AG verwendet. Das Unternehmen hieß bis zum Jahr 1998 Daimler-Benz AG, in der Folge DaimlerChrysler AG und seit 2007 Daimler AG. Unternehmensangaben unter Bezugnahme auf das Markenwert-Ranking von Interbrand. Zur Berechnung des Markenwertes gibt es viele Modelle, die zu unterschiedlichen Ergebnissen führen. Es werden Zahlen der Jahre 2006 und 2007 dargestellt, da sich im Jahr 2007 größere Änderungen ergaben, die für die Fragestellung nicht unberücksichtigt bleiben können. Weitere Standorte in Brasilien, Indien, Malaysia, Thailand, Vietnam und Indonesien; es handelt sich z. T. um reine Montagewerke, in denen CKD-Einheiten zusammengebaut werden. Von Produktion wird erst gesprochen, wenn die „drei elementaren Fertigungsstufen Rohbau, Lackiererei und Montage“ (Pries, 1999b, 148) vorhanden sind. CKD (Completely Knocked Down) ist eine Fertigungsart, bei der für den Export nicht komplette Fahrzeuge, sondern Bausätze gefertigt werden. Im Unterschied hierzu wird bei der Fertigungsart CBU (Completely Build Up) das Fahrzeug (fast) vollständig im Herkunftsland gefertigt.
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wickelt, hergestellt und unter diversen Markennamen vertrieben. Der Umsatzbeitrag des Segments liegt bei 25 %. Im Unterschied zu den Personenwagen wird der überwiegende Teil der Fahrzeuge in der NAFTA-Region gefertigt. Sie bildet mit 35 % der Absätze vor Asien (27 % der Absätze) den wichtigsten Absatzmarkt; in Westeuropa werden 20 % der Absätze generiert.47 Das dritte Geschäftsfeld Buses/Vans/Other umfasst Transporter und Busse und trägt 14 % des Umsatzes. Schließlich bietet Daimler Financial Services verschiedene Leasing-, Finanzierungs-, Versicherungs- und Flottenmanagementprodukte an, die 8 % des Umsatzes ausmachen. Bis 2006 war die Chrysler Group ein fünftes Geschäftsfeld. Zeitweise waren noch andere Industriebereiche eigene Geschäftsfelder des Konzerns, wie etwa die Luft- und Raumfahrt. Das Engagement in dieser Branche beschränkt sich auf eine Beteiligung an der EADS in Höhe von zuletzt 15 %.48 Bereits dieser Überblick verdeutlicht, dass die Daimler AG vorrangig in einzelne Bereiche gegliedert ist, wobei das erste Kriterium zur betrieblichen Organisation die Produktgruppe ist und nicht etwa die Funktion oder die Region. Regionale Ausprägungen des Engagements sowie die Bedeutung von Regionen unterscheiden sich daher bei den Geschäftsfeldern. Zudem steuert die Daimler AG das operative Geschäft vorrangig über diese Geschäftsfelder.49 Kennzahlen sind daher häufig innerhalb der einzelnen Felder – und nicht innerhalb einer Region – konsolidiert. Der Schwerpunkt der folgenden Ausführungen liegt zumeist auf dem Personenwagensegment, da es den bedeutendsten Umsatzbeitrag leistet und das Kerngeschäft bildet.
4.2.2 Das Unternehmen und die USA Überblick Die USA sind der größte Automobilmarkt. Daimler geht davon aus, dass im Jahr 2014 der US-Markt mit dann knapp 20 Mio. Personen- und Nutzfahrzeugen doppelt so groß wie der dann wohl zweitgrößte Automobilmarkt China sein wird. Die USA gelten gleichzeitig als der Markt mit dem intensivsten Wettbewerb. Der „battle for sales“ (Levy, 2007, 20) führt zu Preis- und Anreizkämpfen, die zwar 47 Regionale Aufteilung des Absatzes aus dem Jahr 2006 (o. V., 2008). 48 Der Konzern besitzt 22,5 % der Stimmrechte. Die Beteiligung wird als Finanzinvestition betrachtet und entsprechend bilanziert. 49 d. h. die für den Vertrieb von Mercedes USA verantwortliche Führungskraft berichtet an den globalen Vertriebschef von Mercedes.
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dem Absatz förderlich sind, aber die Profitabilität der Anbieter unter Druck setzen. Massive Nachlässe sind für den Massenmarkt charakteristisch und treten zunehmend auch im Luxussegment auf (Interview 15). Die Daimler AG ist in den USA mit allen Geschäftsfeldern vertreten. MercedesBenz Cars ist im Luxussegment mit relativ hohem Prestige positioniert.50 Der überwiegende Teil der Modelle (die C-, E- und S-Klassen) werden aus der Bundesrepublik oder aus Südafrika importiert. In den USA gehen sie sodann in den Besitz der Händler über, Daimler unterhält also keinen eigenen Retail.51 Die geländegängigen Großraumwagen (GL-, M- und R-Klasse) werden in den USA produziert. Das Segment zählt 4 Tsd. Mitarbeiter in der NAFTA-Region. Das Geschäftsfeld Trucks ist mit 21 Tsd. Mitarbeitern und 17 Produktionsstandorten vertreten. Zum Geschäftsbereich Vans/Buses/Other gehören eine Belegschaft von 1,7 Tsd. und vier Produktionsstandorte, in der Finanzsparte arbeiten 1,3 Tsd. Mitarbeiter. Es gibt kleinere Entwicklungseinheiten in den USA, die sich mit US-spezifischen Themen, wie etwa besonderen Abgasvorschriften, befassen. Auch die Forschungsabteilung, die sich mit der Identifikation zukünftiger gesellschaftlicher Trends befasst, hat eine Außenstelle im Silicon Valley.52 Die Beiträge der NAFTA-Region bzw. der USA zum Konzernergebnis sind maßgeblich von der Fusion zwischen der Daimler AG und der Chrysler Corporation im Jahr 1998 bestimmt (vgl. Tabellen A.2 und A.3 im Anhang). Durch die Fusion erhöhten sich der Absatz und die Zahl der Mitarbeiter. Der Anteil der Beschäftigen in den USA an den gesamten Mitarbeitern sprang im Jahr 1998 von zuvor 7 % auf 27 % und betrug in der Folge stets zwischen 26 % und 30 %, zuletzt mit abnehmender Tendenz.53 Der Umsatzbeitrag der US-Aktivitäten schwankte zwischen 42 % und 53 %, zuletzt mit abnehmender Tendenz.54 Da die Umsätze jedoch in besonderem Maße währungsbedingten Einflüssen unterliegen, kann hieraus nicht unmittelbar auf abnehmendes Engagement geschlossen werden. Betrachtet man z. B. die Absatzzahlen des Geschäftsfeldes Mercedes-Benz Cars, so 50 Anders als in Deutschland gibt es in den USA keine Taxis oder Mietwagen der Marke MercedesBenz. 51 Ausnahme ist ein Showroom in Manhattan, der aus traditionellen Gründen bestehen darf. Ansonsten ist die Vertriebsform gesetzlich vorgeschrieben. 52 Die Zentrale der Abteilung ist in Deutschland, eine weitere Außenstelle in Tokio. 53 Aufgrund des oben beschriebenen hohen Importanteils im Luxussegment spiegeln die anteiligen Mitarbeiterzahlen die Bedeutung der Region allerdings nur unzureichend wider. 54 Im Jahr 2007 nach dem Verkauf von Chrysler sank der Anteil der Mitarbeiter wieder auf 9 %, der Umsatzanteil auf 20 %. Daimler hielt im Jahr 2007 noch 19,9 % der Anteile, diese werden aber als Finanzinvestition betrachtet und entsprechend nach der Equity-Methode bilanziert.
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fällt auf, dass diese seit dem Jahr 1993 stetig anstiegen und im Jahr 2006 ein knappes Fünftel des Gesamtabsatzes betrugen. Entwicklung des Engagements Nach einem massiven Absatzeinbruch zu Beginn der 1990er Jahre verbesserte sich die Situation der deutschen Autokonzerne in den Vereinigten Staaten ab dem Jahr 1997. Als Grund gilt neben einer Verbesserung des Preis-Leistungs-Verhältnisses der Anbieter ein allgemeiner Aufschwung. Hierdurch vergrößerte sich der Kundenkreis der deutschen Hersteller, die vorrangig das obere Marktsegment bedienen (Fehr, 1997). Einen Beitrag lieferte auch die einsetzende Aufwertung des Dollars: Jeder Anstieg des Dollars um einen Pfennig erhöht den Gewinn der Aktivitäten in Amerika um 20 Mio. Dollar, betonte der damalige Präsident und Vorsitzende von Mercedes-Benz in Nordamerika Michael Bassermann (Fehr, 1998). Hieraus werden zwei grundlegende Bestimmungsfaktoren des Automobilgeschäfts deutlich: Die Nachfrage folgt erstens in allen Märkten in etwa der Trendlinie des Bruttoinlandsproduktes. Speziell in den USA wird zweitens die Profitabilität maßgeblich von der Entwicklung des Dollars bestimmt. Die Daimler AG feierte im Jahr 1997 bereits 100 Jahre „Partnerschaft mit Amerika“ und machte aus diesem Anlass in Washington auf den „wertvollen Beitrag“ aufmerksam, den das Unternehmen damals mit mehr als 19 Tsd. Beschäftigten und 22 Produktionsbetrieben und Montagewerken für die amerikanische Wirtschaft und den Wohlstand der Bevölkerung leistete (Kaps, 1997). Auch wenn „Made in Germany“ in den USA als ein Qualitätssiegel gilt, will und muss sich die amerikanische Tochter von Daimler als lokales Unternehmen darstellen, möchte sie erfolgreich sein. In Deutschland stand Daimler ebenfalls im Ruf eines „ amerikanisierten Unternehmens“ (Hein, 1998a): Als erster deutscher Konzern legte Daimler den Abschluss des Jahres 1997 nach rein amerikanischen Vorschriften vor und der damalige Vorstandsvorsitzende Jürgen Schrempp verfügte über langjährige Erfahrung auf dem amerikanischen Markt, bevor er die Konzernleitung übernahm (Jocham, 1997). 1997 ist auch das Jahr, in dem die Produktion in der neuen Fabrik in Tuscaloosa, Alabama anläuft. Es handelt sich um den ersten ausländischen Produktionsstandort der Sparte Mercedes-Benz Cars.55 Dies markiert einen ersten Aspekt einer neuen 55 Es bestanden zwar ausländische Standorte, hierbei handelte es sich aber um Montage-Werke, in denen nahezu ausschließlich CKD-Sätze zusammengefügt wurden (Pries, 1999a, 51). Daneben bestanden ausländische Produktionsstandorte in anderen Sparten, etwa für LKW.
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Phase im Internationalisierungsprozess (Grunow-Osswald, 2006, 541), wie er nahezu zeitgleich auch bei BMW beobachtbar ist: Bis in die 1990er Jahre hinein dominierte die Exportorientierung, d. h. die Unternehmen waren zwar internationale Verkäufer, aber nationale Produzenten. Ab Mitte der 1990er Jahre nahm auch die internationale Produktion zu (Pries, 1999b, 130).56 Das Werk wurde im Jahr 2000 erweitert, wobei die Standortwahl davon geprägt war, „wo der Markt ist“, so das Vorstandsmitglied Jürgen Hubbert (zitiert in Knop (2000)). Für die in Tuscaloosa produzierte SUV-Familie57 war dies zweifelsohne Nordamerika: Im Jahr 2000 wurde mehr als die Hälfte der M-Klassen in Amerika abgesetzt. Das Werk bietet den großen Vorzug, dass sowohl Produktionskosten als auch Erlöse im Dollarraum anfallen und somit das Währungsrisiko minimiert werden kann (Interview 16). Allerdings gilt auch das angesichts globaler Wertschöpfungsketten nur in begrenztem Umfang: Der lokale Wertschöpfungsanteil (bezogen auf NAFTA) beträgt zwar immerhin 65 %, die Motoren und das Getriebe werden aber aus Deutschland importiert. Der hohe Anteil europäischer Komponenten bei einem rückläufigen Dollarkurs ist auch der Grund, warum z. B. im Jahr 2003 das Vorhaben eines neuen Werkes für Transporter in Georgia nicht umgesetzt wurde (Lindner, 2003). Die öffentliche Diskussion war von der Fusion zwischen der Daimler AG und der Chrysler LLC im Jahr 1998 geprägt. Sie ist Ausdruck eines zweiten Aspektes des strategischen Wandels, wie er sich in den 1990er Jahren abzeichnete. Dieser beinhaltete die Konzentration auf das Automobilgeschäft als Kernsegment und das Ziel, hierin auf den drei Märkten der Triade durch verschiedene Marken und relativ unabhängige Gruppen präsent zu sein (Müller, Platzer & Rüb, 2005).58 Die Expansion durch eine Fusion wurde vom damaligen Marktumfeld getrieben, das sich durch Konsolidierungsaktivitäten und abnehmende Herstellerzahlen auszeichnete. Ein – im weltweiten Vergleich – relativ geringer Absatz führte bei der Daimler AG zu einem vergleichsweise hohen Entwicklungs- und Vertriebsaufwand pro abgesetzter Einheit und zu einer schwachen Verhandlungsposition gegenüber den Zulieferern.59 Chrysler erschien als ideales Akquisitionsziel: Mit einem jährlichen Absatz von 3 Mio. Fahrzeugen handelte es sich zwar um den kleinsten der sog. 56 Für die Premiummarke Mercedes-Benz gilt dies nur in eingeschränktem Umfang. VW als der größte deutsche Automobilhersteller hatte seine Produktion schon wesentlich früher stärker internationalisiert. BMW eröffnete im Jahr 1995 sein erstes Werk für PKW in den USA. 57 Es handelte sich zunächst um die M-Klasse, seit 2005 bzw. 2006 auch um die R- und GL-Klasse. 58 Diese multiregionale Triadenstrategie wurde durch strategische Allianzen und Beteiligungen an der Mitsubishi Motor Company und an der Hyundai Motor Company komplettiert. 59 Die damalige Daimler-Benz AG setzte etwa 1,1 Mio. Fahrzeuge ab, deutlich weniger als die größten Automobilhersteller General Motors (8 Mio.) und Ford Motor Company (7 Mio.).
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amerikanischen „Big Three“ (General Motors, Ford und Chrysler), aber gleichzeitig um den profitabelsten unter ihnen. Zudem identifizierte man ausgezeichnete Andockeffekte: Fahrzeuggruppen, Absatzregionen und Preisklassen überlappten sich nur wenig mit dem Portfolio der Daimler AG (Grube, 2005). Vom Ausmaß her handelte es sich um die größte Akquisition durch ein europäisches Industrieunternehmen jemals (o. V., 1998). Innerhalb des Konzerns agierte Chrysler als unabhängige Unternehmensgruppe: Die Mercedes Car Group und Chrysler hatten jeweils einen eigenen globalen Auftritt, wie eine Analyse der Produktions- und Absatzregionen ergab (Rugman, 2005, 147). Dies lag auch daran, dass sich Synergieeffekte nicht im geplanten Ausmaß verwirklichen ließen. Zwar hätte sich z. B. der Einkauf stärker bündeln lassen, da man die tendenziell teureren Mercedes-Teile auch in einige Chrysler-Modelle hätte einbauen können und umgekehrt. Dies hätte aber das Image beider Marken verwässert und Preisunterschiede wären gegenüber den Kunden kaum mehr zu rechtfertigen gewesen. Auch die kulturellen Unterschiede – „a different way of doing things“ (Hubbert zitiert in o. V. (1999a)) – erwiesen sich als enorm. Die Integration der Chrysler Gruppe in den Daimler Konzern war also keine einfache Aufgabe. Die eigentlichen Gründe für die Trennung der beiden Unternehmen im Jahr 2007 liegen aber in Entwicklungen auf dem amerikanischen Markt auf der Absatzund auf der Kostenseite. Die Fahrzeuge von Volumenherstellern wurden meist mit Rabatten abgegeben, da der Verkaufspreis zu einem zunehmend wichtigen Kaufkriterium geworden ist. Der Wettbewerb ist daher kostenintensiv. Dies betrifft jedoch nicht das Luxussegment: Da die Importeure in den USA den Ruf einer besseren Qualität haben, ist die Zahlungsbereitschaft der Kunden in diesem Segment höher. Auch bei einem schwachen Dollar lassen sich daher in der gehobenen Preisklasse noch Margen erzielen. Zudem hatten sich die Kostenstrukturen insbesondere bei der Gesundheitsvorsorge im Norden der USA – also am Standort der Big Three – deutlich verschlechtert.60 Die Verbindlichkeiten bei den Krankheitsvorsorgekosten waren ein Risikoposten im Portfolio (Interview 6). Die Trennung von Chrysler signalisiert also keine Abkehr vom amerikanischen Markt, sondern eher von einem bestimmten Preissegment des amerikanischen Mark60 Dies liegt am Einfluss der amerikanischen Gewerkschaft United Auto Workers (UAW) im Norden der USA. Als die lokale Automobilindustrie noch florierte, waren die Hersteller weitgehende Verpflichtungen bei der Krankenvorsorge eingegangen. Aufgrund des Anstiegs der absoluten Gesundheitskosten führte dies zu Verbindlichkeiten für Krankheitsvorsorgekosten in Höhe von 17 Mrd. US-Dollar.
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tes. Nach wie vor bleibt Daimler ein globaler Konzern mit bedeutendem Amerikageschäft, das sich allerdings im PKW-Bereich auf das Premiumsegment konzentriert, das dort profitabler ist. Dass der Verkauf von Chrysler nicht als prinzipiell abnehmendes Interesse am amerikanischen Markt zu interpretieren ist, illustriert z. B. auch die jüngst erfolgte Markteinführung des Smart in den USA. Die Notwendigkeit, einzelne Segmente getrennt zu betrachten, verdeutlicht auch die Analyse der Entwicklung der einzelnen Geschäftsfelder im Zeitablauf (vgl. Tabelle A.4 im Anhang). So fällt auf, dass Umsätze, Mitarbeiterzahlen und Zahl der Produktionsstandorte der Chrysler Group in der NAFTA-Region allesamt rückläufig waren. Dahingegen entwickelten sich die Werte bei den Personenwagen und den Nutzfahrzeugen positiv. Der Bereich der Personenfahrzeuge konnte davon profitieren, dass sich das amerikanische Luxussegment während der vergangenen Jahre stets stärker als der Gesamtmarkt entwickelt hat. Dies gilt im übrigen nicht nur für die Daimler AG, sondern für die Gesamtheit der deutschen Hersteller, die z. B. im Jahr 2006 im Unterschied zu den amerikanischen Herstellern Absatzrekorde auswiesen. Auch für die Zukunft wird erwartet, dass sich auf dem Luxussegment steigende Absätze erzielen lassen, obwohl der Gesamtmarkt stagniert oder sogar rückläufig ist (Interview 16). Bedeutung der Region Dem amerikanischen Markt kommt insgesamt hohe Bedeutung zu. Es wird gleichwohl die strategische von der operativen Managementebene unterschieden. In strategischer Hinsicht, das heißt im Hinblick auf zukünftige Wachstumschancen, sind die USA von geringerer Bedeutung, da es sich um einen stabilen Markt handelt, der nie so interessant wie ein wachsender Markt ist (Interview 6). Deshalb liegt auf den USA geringere Aufmerksamkeit innerhalb der Gesamtstrategie. Man kann sich gleichwohl nicht allein auf Wachstumsregionen konzentrieren, sondern muss sich auch in den großen Regionen mit minderen Wachstumsraten positionieren: Die Daimler AG erzielt in den USA einen hohen Absatz und setzt zudem vorrangig hochwertige Fahrzeuge ab, die zu den profitableren zählen (Interview 16).61 Diese Absätze sind aus gesamtunternehmerischer Perspektive von Bedeutung. Daher ist der Markt vor allem operativ wichtig (Interview 6). Entscheidend für den zukünftigen Erfolg – und damit für die zukünftige Bedeutung der Region – ist es, eine gute Kostenposition im Verdrängungswettbewerb 61 Der Schwerpunkt des Absatzes liegt auf dem Verkauf von Fahrzeugen der S- und E-Klasse mit hoher Motorisierung und guter Ausstattung.
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zu erlangen. Inwieweit dies gelingt, hängt entscheidend von der Entwicklung des Dollarkurses ab. Aufgrund des bis ins Jahr 2007 immer schwächer werdenden Dollars gerät das „natural hedging,“ die Verlagerung von Produktion und Einkauf in den Dollarraum, zunehmend in das Blickfeld. Hierüber werde die AG „bei einem dauerhaften Wechselkurs von 1,45 Dollar je Euro nachdenken“, sagte der für das operative Geschäft der Marke Mercedes zuständige Manager Rainer Schmückle (zitiert in Spiller (2007)). Solche Überlegungen verdeutlichen, dass die USA als Standort für die Produktion an Bedeutung gewinnen und als ein langfristig attraktiver Absatzmarkt beurteilt werden. Ähnliche Erwägungen gibt es auch bei anderen Automobilherstellern62 sowie in anderen Branchen63 , insbesondere bei Unternehmen, die viel im Euroraum produzieren und im Dollarraum absetzen. In Deutschland sind das neben der Automobilindustrie die Maschinen- und Anlagenbauer. An Attraktivität gewinnen die USA vor allem im Hochtechnologie- und im Hochpreissegment, da hier die im Vergleich zu klassischen Niedriglohnländern stärker ausgebaute Infrastruktur vorteilhaft ist. Ferner wird in den USA geistiges Eigentum geschützt (Sommer, 2008a). Dies ist in der Automobilindustrie von Bedeutung, da mit der abnehmenden Eigenfertigungstiefe die OEM enger mit den Zulieferern kooperieren und Kompetenzen an sie übertragen (Küspert, 2000). Für das Niedrigkostensegment hingegen bleiben Asien und Osteuropa nach Einschätzung von Experten im Fokus. Dies verdeutlicht, dass die Attraktivität der USA und die Chinas nicht in einem Austauschverhältnis stehen. Vielmehr sind die Länder für einzelne Branchen und Unternehmensbereiche in Abhängigkeit vom jeweiligen Produkt unterschiedlich attraktiv. Verhältnis zur Politik Auf dem nationalen Automobilmarkt sind Bestimmungen und Richtlinien des Gesetzgebers von großer Bedeutung. Sie regulieren zum Beispiel die Sicherheit der Fahrzeuge, ihren Kraftstoffverbrauch und den Schadstoffausstoß und müssen von Importfirmen ebenso wie von lokalen Herstellern berücksichtigt werden. Beide Akteursgruppen versuchen daher, die Gesetzgebung in ihrem Sinne zu beeinflussen. Eine wichtige Rolle für Daimler spielt dabei das Lobbyingbüro in Washing62 Auch VW, dessen Amerika-Geschäft seit Jahren als Verlustgeschäft gilt, plant ein neues Werk in den USA. VW hatte sein Werk in Pennsylvania vor 20 Jahren geschlossen und seither nicht mehr in den USA produziert (Schneider, 2008). Toyota plant ebenfalls ein neues Werk, hier spielen aber andere Gründe mit, zum Beispiel die Möglichkeit „American Built Cars“ zu bewerben. 63 Mehr als die Hälfte der in einer Umfrage befragten deutschen Unternehmen in den USA planen, Einkauf und Produktion verstärkt zu verlagern (Sommer, 2008b), (Sommer, 2008a).
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ton, so Rob Liberatore, der ehemalige Leiter der Abteilung Politik und Außenbeziehungen des Unternehmens in Nordamerika: „Es gibt in Amerika und in Europa unterschiedliche Ansichten darüber, welche Rolle die Wirtschaft bei der Politikgestaltung spielen sollte. In den USA wird erwartet, dass einzelne Unternehmen aktiv und massiv ihre Interessen einbringen, denn alle anderen tun das gleiche“ (zitiert in Gelinsky (2003)). Der Schwerpunkt der Aktivitäten liegt also im lokalen Markt.
In Bezug auf die internationale Ebene ist es wichtig zu wissen, dass der transatlantische Automobilmarkt als weitgehend barrierefrei gilt: Seine Offenheit dient als „benchmark“ für andere Sektoren (Rhys, 2005, 119). Die Handelsbeziehungen zwischen Europa und den USA im Automobilbereich werden daher von „corporate decision making, not by the state of trade regulations“ bestimmt (Rhys, 2005, 115). Zudem ist die Produktpalette amerikanischer und europäischer Hersteller komplementärer Natur. Die jeweiligen Modelle bilden also keine direkten Substitute und stehen somit nicht in unmittelbarer Konkurrenz zueinander. Protektionistische Tendenzen in den USA berühren daher weniger die deutsche Automobilindustrie: Sowohl von Seiten der Konsumenten als auch von Seiten der Regierung zielt der Protektionismus meist auf die japanischen Hersteller, die mit den amerikanischen Automobilproduzenten konkurrieren. Toyota gilt aus diesem Grund als der „Airbus der Automobilindustrie“ (Rhys, 2005, 120). Dies trug sicherlich dazu bei, dass Daimler die atmosphärischen Verstimmungen im Zusammenhang mit der Auseinandersetzung um den Irak-Krieg im Jahr 2003 zwar spürte, sich aber keine Auswirkung auf das betriebswirtschaftliche Ergebnis nachweisen ließ (Gelinsky, 2003).
Insgesamt wird der zukünftige Erfolg – und damit auch die Ausrichtung des US-Geschäfts – maßgeblich von wirtschaftlichen Faktoren bestimmt. Eine zentrale makroökonomische Herausforderung ist bereits angeklungen: Angesichts der Kursentwicklung muss eine wettbewerbsfähige Kostenposition erreicht werden. Daneben gilt es in mikroökonomischer Hinsicht, auf sich wandelnde Konsumentenpräferenzen hin zu verbrauchs- und schadstoffarmen Fahrzeugen zu reagieren. Solche Aspekte sind eher apolitischer Natur. Das US-Geschäft in Ausmaß und Umfang ist daher relativ unabhängig von den sich ergebenden Anliegen an die Politik.
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Zusammenfassung Die USA bilden eine Wirtschaftsregion, in der das Unternehmen bereits seit vielen Jahren aktiv ist. Als stagnierender Markt, der vom Verdrängungswettbewerb geprägt ist, ist das US-Geschäft nicht einfach. Gleichwohl wurde deutlich, dass der amerikanische Markt von großer operativer Bedeutung ist, da dort viele und besonders hochwertige Fahrzeuge abgesetzt werden können. Als Markt, auf dem sich das Unternehmen bereits etabliert hat, stehen die USA gleichzeitig weniger im strategischen Fokus der Unternehmensführung. Es zeigten sich ferner Unterschiede zwischen den Geschäftsfeldern hinsichtlich der Ausgestaltung des Engagements sowie seiner Entwicklung im Zeitablauf. Die Abkehr von Chrysler, die vordergründig als abnehmendes Interesse am amerikanischen Markt erscheinen mag, erwies sich als Abkehr von einem bestimmten Marktsegment sowie als Ergebnis eines regionenunspezifischen, betriebswirtschaftlichen Kalküls von Kosten und Erträgen. Im Luxussegment – dem Kerngeschäft des Unternehmens – verlief das Engagement stabil bzw. entwickelte sich positiv. Die Attraktivität ist auch für einzelne Unternehmensfunktionen gesondert zu bewerten. So steigt beispielsweise bei einem langfristig fallenden Dollarkurs die Attraktivität des Dollarraumes als Produktionsstandort. Die USA gelten daher in den einzelnen Segmenten als unterschiedlich attraktiv. Zugleich bestimmen produkt- und marktspezifische Eigenschaften, wie das Engagement in einem jeden Segment ausgestaltet wird. Dies verdeutlicht den Stellenwert einer funktionalen – und nicht einer regionalen – Abgrenzung der relevanten Märkte im Unternehmen. Eine allgemeine Aussage hinsichtlich der gesamtunternehmerischen Einschätzung des amerikanischen Marktes im Zeitablauf ist daher nur sehr eingeschränkt möglich. Gleichwohl kann die Tendenz, Produktion zu verlagern, als Indiz für eine insgesamt positive Einschätzung gewertet werden. Die Aktivitäten sind vom Willen geprägt, in einer großen und bedeutenden Region unter Berücksichtigung der lokalen Besonderheiten profitabel zu wirtschaften. So erklärt sich auch, dass politische Einflussnahme in den USA unabdingbar ist: Nationale oder einzelstaatliche Regeln wirken sich maßgeblich auf das Geschäft aus. Direkt an die deutsche oder europäische Politik ergeben sich hingegen weniger Anliegen mit unmittelbarem Bezug zum US-Geschäft, unter anderem, weil der transatlantische Automobilsektor weitgehend frei von Handelsbarrieren ist. Ob und inwieweit das Unternehmen in Zukunft in den USA erfolgreich sein wird – und damit die zukünftige Bedeutung der USA im Konzern – hängt davon ab, inwieweit
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es auf makro- und mikroökonomische Herausforderungen wirtschaftlicher, nicht aber politischer Natur reagieren kann.
4.2.3 Das Unternehmen und die VR China Überblick Die VR China bildete im Jahr 2004 nach den USA und Japan den drittgrößten64 sowie den am schnellsten wachsenden Automobilmarkt. Die Wachstumsperspektive hat alle internationalen Automobilkonzerne angezogen, was zu einem Aufbau von Überkapazitäten führte und in hartem Wettbewerb mündete (Menza, 2006), (Schröder, 2006). Zudem ist die Automobilindustrie seitens der chinesischen Behörden als „pillar industry“65 definiert worden. Damit handelt es sich um einen strategisch wichtigen Wirtschaftszweig, dessen Entwicklung der chinesische Staat besondere Bedeutung beimisst (DeWoskin & Kayser, 2006). Das unternehmerische Umfeld ist daher umfassend reglementiert, was insbesondere internationalen Akteuren das Agieren erschwert.66 Eingangs wurde beschrieben, dass die Daimler AG das operative Geschäft über die Geschäftsbereiche steuert und z. B. Kennzahlen zunächst innerhalb der Geschäftsbereiche – und nicht innerhalb der Regionen – konsolidiert. In China als Teil der Region Northeast Asia (NEA)67 wurde im Jahr 2004 von der üblichen Struktur abgewichen. Seither werden die China-Aktivitäten aller Geschäftsfelder gebündelt, d. h. das Kriterium zur betrieblichen Organisation ist die Region. Die Aktivitäten stehen im Verantwortungsbereich eines Vorstandsmitgliedes und sind damit hierarchisch auf einer höheren Ebene angesiedelt als andere Märkte. Zudem befindet sich das gesamte Management der Region inzwischen vor Ort, was ebenfalls eine Besonderheit im Konzern ist. Dies gilt unternehmensintern als ein Indiz, dass die Erschließung des chinesischen Marktes strategisch besonders relevant ist und „trägt der wachsenden Bedeutung des chinesischen Marktes Rechnung“ (DaimlerChrysler, 2004). Gleichzeitig verdeutlicht das Abweichen von der üblichen Organisationsstruktur, dass auf dem chinesischen Markt ein besonderer Ansatz notwendig ist. Die Daimler AG ist inzwischen mit allen Geschäftsfeldern und Funktionen in China vertreten. Die Mercedes-Benz China Limited vertreibt die Importfahrzeuge 64 65 66 67
Gemessen an der Anzahl von PKW und Nutzfahrzeugen. Weitere „pillar industries“ sind der Maschinenbau, Elektrotechnik, Erdöl und die Bauwirtschaft. Kabuth (2003, 87-112) bietet einen umfassenden Überblick. Zur Region gehören die Märkte China, Südkorea, Taiwan, Hongkong und Macau.
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der Marke Mercedes-Benz und unterstützt den Vertrieb der importierten Vans und Trucks. Das Headquarter war seit 1986 in Hongkong und ist seit 2006 für die gesamte Region in Peking. Seit dem Jahr 2006 werden in einem Joint Venture (JV) mit der Beijing Automotive Industry Corporation (BAIC) bei Peking auch Fahrzeuge der E-Klasse produziert. Die Produktion der C-Klasse ist geplant. Im Nutzfahrzeugbereich bestehen Aktivitäten auf mehreren Ebenen.68 Die gesamte Region Asien – d. h. nicht nur die Region NEA – lieferte die folgenden Beiträge zum Konzernergebnis (vgl. Tabelle A.2 im Anhang): Im Jahr 2006 wurden 8,2 % der Umsätze generiert, womit der Anteil seit dem Jahr 1997 um das 1,7fache gestiegen ist. Der absolute Umsatz betrug im Jahr 2006 12,4 Mrd. EUR und damit mehr als das Doppelte im Vergleich zu 1997. Beide Werte stiegen vor allem ab dem Jahr 2004 an. Ab diesem Zeitpunkt liegen auch eigene Zahlen für die Volksrepublik vor; der hier erzielte Umsatz stieg seither um mehr als das Doppelte auf 1,3 Mrd. EUR, trägt aber nur 0,9 % und damit erst unwesentlich zum Gesamtumsatz bei. Ähnliche Tendenzen spiegelt auch die Entwicklung der Mitarbeiterzahlen wider. Im Jahr 2006 waren 20 Tsd. Mitarbeiter in Asien beschäftigt, was nahezu dem Dreifachen des Wertes im Jahre 1997 und 5,5 % der Gesamtzahl entspricht, wobei ein deutlicher Anstieg im Jahr 2004 erfolgte. In China befindet sich der kleinste Teil dieser Mitarbeiter, zuletzt ca. 1 Tsd. Mitarbeiter oder 0,2 %. Die Zahlen suggerieren eine gestiegene Bedeutung des Asien- sowie des Chinaengagements, das in China gleichwohl von geringem Umfang ist.69 Entwicklung des Engagements Der Schwerpunkt der Aufmerksamkeit lag zu Beginn der 1990er Jahre auf den Märkten der Triade, auf Südamerika und den Tigerstaaten. Sie galten als Wachstumsmärkte für das Luxussegment.70 Der chinesische Markt hingegen war wegen 68 Die Van-Familie (Viano, Vito) wird im Joint Venture mit Fujian Motor Company in Fuzhou im Süden Chinas hergestellt. Das Massensegment der Trucks bedient eine Kooperation mit Beiqi Foton unter chinesischer Marke; das mittlere Segment wird über die Tochtergesellschaft Fuso (ursprünglich Mitsubishi) abgedeckt und für das obere Segment werden Trucks importiert. 69 Aus den relativ niedrigen Zahlen allein lässt sich nicht die Bedeutung der Region ableiten. Zum einen gibt es höhere Erwartungen hinsichtlich der zukünftigen Entwicklung, dann geht in die Zählung nur der Corporate Headcount ein (d. h. nicht die Mitarbeiter aus den Produktions-JV) und schließlich beruht das Engagement in Entwicklung und Ausmaß nicht allein auf willentlichen Entscheidungen des Unternehmens, sondern maßgeblich auf Genehmigungen, die von den Behörden erteilt werden. 70 Es wird diskutiert, ob sich in China die Entwicklung Brasiliens Anfang der 1990er Jahre wiederholt. Das Land galt als der Wachstumsmarkt schlechthin und westliche Industriekonzerne bauten
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hoher Eintrittsbarrieren, geringen Wohlstandes und der kommunistischen Strukturen eher uninteressant (Interview 6). Für Volumenhersteller war die Situation bereits damals anders: VW agierte als Pionier der deutschen Automobilunternehmen seit dem Jahr 1985 im chinesischen Markt für Personenfahrzeuge. Für Daimler war China vorrangig ein Markt für Nutzfahrzeuge (Daimler-Benz AG, 1998, 27), (DaimlerChrysler AG, 1999, 39). James Hebe, der damalige Leiter der amerikanischen Tochter Freightliner z. B. identifizierte die Volksrepublik aufgrund der „weiträumigen Erschließungsstrukturen“ als einzigen asiatischen Markt für die schweren Lastwagen seines Unternehmens (Kulzer, 1998). Auch Dieter Zetsche, der damalige Vertriebsvorstand sagte, in China gehe es vorrangig um lokale Fertigung von Nutzfahrzeugen, bei Personenwagen sehe er „auch mittelfristig nicht die nötigen Volumina, um wirtschaftlich sinnvoll in Asien mit einer größeren Fertigungstiefe zu produzieren“ (Jocham, 1998). Das im Jahr 1997 verkündete Ziel, bis zum Jahr 2005 25 % Umsatzanteil in Asien erzielen zu wollen (Buchenau, 1997), bezog sich also regional vorrangig auf Japan als den stärksten Absatzmarkt innerhalb Asiens sowie auf das Nutzfahrzeugsegment. Wiederum wird deutlich, dass sich strategische Präferenzen hinsichtlich einer Region innerhalb der einzelnen Geschäftsfelder ausbilden. Etwa ab der Jahrtausendwende gewann der chinesische Markt auch aus gesamtunternehmerischer Perspektive an Attraktivität: Die Annäherung an die WTO sowie die Bewerbung um die Olympischen Spiele wurden als Signale interpretiert, dass sich das Land in die internationale Gemeinschaft integrieren würde. Umfassende strategische Bedeutung kommt China seit dem Jahr 2002/2003 zu. Seither gilt China als unumgänglich (Interview 6). Der Strategie zur Erschließung des Marktes wurde daher eine Schlüsselfunktion in der Asienstrategie eingeräumt (DaimlerChrysler AG, 2004, 59). Die ab diesem Zeitraum zu beobachtenden Einzelschritte dienten allesamt diesem Ziel. Zunächst sollte der Markteintritt über die asiatischen Partner Mitsubishi Motor Company und Hyundai Motor Company erfolgen.71 Für die Einführung der Produktionskapazitäten auf. Die Wachstumsprognosen waren aber überhöht. Die Fabriken vor Ort sind daher heute meist nicht ausgelastet, für die meisten Hersteller war das Engagement verlustreich (Busch & Gärtner, 2004). Aus Umfragen geht hervor, dass ausländische Manager in China die Gefahr der Überkapazitäten zwar kennen, aber für sich selbst systematisch unterschätzen (Hein, 2005b). 71 Die Beteiligungen an den beiden Unternehmen spiegelte auch die beschriebene multiregionale Strategie mit relativ unabhängigen Marken in den einzelnen Regionen wider. Im Jahr 2000 erwarb Daimler über eine Kapitalerhöhung 34 % der Anteile an Mitsubishi mit einem Wert von 2,4 Mrd. EUR. Im selben Jahr erfolgte die Beteiligung an 9 % von Hyundai im Wert von 450 Mio. EUR. Im
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Produkte der Marke Mercedes-Benz allerdings wurde dies seitens der chinesischen Behörden nicht akzeptiert; sie verlangten, dass sich Daimler für seine Marken neue Partner sucht und eigene Joint Ventures gründet (Interview 6). Das Unternehmen führte daher ab der Jahrtausendwende intensive Gespräche mit verschiedenen Partnern, wobei nicht alle Versuche wie gewünscht verliefen. Im Jahr 2003 scheiterten z. B. nach zwei Jahren die Verhandlungen mit First Automotive Works (FAW) für ein Gemeinschaftsprojekt im Nutzfahrzeugbereich, da sich herausstellte, dass ein Zusammengehen „die strategischen Interessen nicht hätte befriedigen können“, wie der damalige Nutzfahrzeug-Vorstand Eckhard Cordes sagte: FAW hatte darauf bestanden, Zugriff auf Aggregate und den Antriebsstrang zu bekommen, was Daimler aus Gründen des Markenschutzes ablehnte (Hein, 2003b). Auch die durch die Fusion mit Chrysler „geerbte“ Beijing Jeep Corporation (BJC) hatte sich als verlustreich erwiesen und „became a symbol of conflicting interests, hidden charges, miscommunication and unattained goals“ (Noble, Ravenhill & Doner, 2005, 5). Peking signalisierte, es würden sämtliche weiteren Planungen blockiert, wenn nicht zuerst die „Altlast“ geordnet würde (Hein, 2003b). Das Joint Venture wurde daher saniert und bildet heute den Kern der chinesischen Aktivitäten. Die einzelnen Schritte lassen erahnen, wie schwierig der Aufbau des Engagements in China sein kann. Dass Vorgehensweisen und Strategien revidiert wurden, liegt an „Moving Targets“ (Interview 6), also an sich rasch ändernden Regularien, die den Sinn und die Wirtschaftlichkeit einzelner Vorhaben in Frage stellten. Als Durchbruch galt die im Jahr 2005 erteilte Genehmigung zur Geschäftsaufnahme für das Gemeinschaftsunternehmen zur Herstellung von Personenwagen (Hein, 2005a). Bis zum Jahr 2006 lag der Schwerpunkt noch auf der Einfuhr von CKD-Teilesätzen72 , die vor Ort montiert wurden. Einfuhrzölle ließen sich jedoch nicht wie erhofft einsparen: Im Jahr 2005 wurde eine neue Regelung erlassen, wonach gilt, dass mindestens 40 % eines Autos aus lokaler Wertschöpfung stammen müssen. Andernfalls werden die importierten Teile mit dem höheren Einfuhrzoll
Jahr 2003 erwarb Daimler 43 % am Nutzfahrzeuggeschäft von Mitsubishi (Mitsubishi Fuso Truck Corporation) mit einem Wert von 764 Mio EUR, weitere 22 % im Januar 2004. Im April 2004 beschlossen Vorstand und Aufsichtsrat, eine Kapitalerhöhung von Mitsubishi nicht mitzutragen, wodurch der Anteil auf unter 20 % absank. Die Anteile an Hyundai wurden im Jahr 2004 veräußert. Die Beteiligung an der inzwischen von Mitsubishi ausgegliederten Mitsubishi Fuso Truck and Bus Corporation bestand zuletzt noch (DaimlerChrysler AG, 2001, 44), (DaimlerChrysler AG, 2005, 20 u. 121). 72 Vgl. Fußnote 46 in Kapitel 4.
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für Autos (CBU) belegt.73 Das CKD-Modell wird daher wirtschaftlich unattraktiv und die Qualifizierung von lokalen Zulieferern unumgänglich.74 Deutlich wird einmal mehr, in welchem Ausmaß Regularien die weitere Entwicklung der Aktivitäten zu lenken vermögen. Trotz aller Herausforderungen soll Asien der dritte Kernmarkt neben Westeuropa und den USA werden. Für die Zukunft steht daher die Expansion der Aktivitäten in Nordost-Asien im Mittelpunkt der regionalen Expansion, wobei davon ausgegangen wird, dass China im nordostasiatischen Raum am stärksten wächst (DaimlerChrysler AG, 2006, 33), (DaimlerChrysler AG, 2007, 74). Es ist auch geplant, Leistungen für den lokalen Markt zunehmend vor Ort zu erstellen. Ausnahmen bilden die Forschung und Entwicklung, die zum Großteil in Deutschland verbleiben wird, sowie der Einkauf bestimmter Komponenten, die ebenso aus den deutschen Werken kommen sollen (Interview 22). China soll nach Europa und Amerika auch die dritte große Produktionsbasis werden, so der für China verantwortliche Vorstand Rüdiger Grube (zitiert in Hein (2005a)). Auf lange Frist könnten hieraus die asiatischen Märkte beliefert werden (Hein, 2005e). Bedeutung der Region Im Unterschied zu den USA gilt für China, dass der Markt noch erschlossen werden muss. Obwohl der operative Beitrag noch gering ist, kommt China daher auf strategischer Ebene besondere Bedeutung zu. Dies liegt vorrangig an der Größe des Landes sowie an den Wachstumsprognosen. Hinzu kommt noch die erwartete Entwicklung der Wohlstandsstruktur: Die Wachstumsraten sind im wohlhabenden Teil der Bevölkerung höher als im Gesamtdurchschnitt.75 Zudem zeigt der 73 China senkte im Zuge des WTO-Beitritts die Einfuhrzölle für Autos von 70-80 % auf 25 %, für importierte Teile von durchschnittlich 17 % auf unter 10 % und musste local content Vorschriften eliminieren (Holtbrügge & Puck, 2008, 252). Die Neuregelung im Jahr 2005 wurde mit der neuen Automotive Policy eingeführt und ist ein Beispiel dafür, dass WTO-Regelungen zum Teil so implementiert werden, dass die Logik der Vereinbarung unterlaufen wird (Breslin, 2006a, 467). Solche Regeln erklären auch, weshalb gesagt wird, einzelne Unternehmen seien gezwungen, nach China zu gehen: Westliche Zulieferer behalten ihre Auftraggeber nur als Kunden, wenn sie vor Ort produzierte Komponenten liefern können. 74 Die Lokalisierung fällt Volumenherstellern prinzipiell leichter als Premiumherstellern. VW produzierte z. B. bereits früher vor Ort und hat seine Produktion heute zu 90 % lokalisiert. Der zweite deutsche Premiumhersteller BMW hingegen begann seine lokale Produktion mit dem JV-Partner Brilliance ebenfalls erst im Jahr 2004. Wiederum wird deutlich, dass sich das Volumen- und das Premiumsegment voneinander unterscheiden (Interviews 6, 22). 75 Es wird darüber hinaus auch erwartet, dass die Hälfte des weltweiten Wachstums im Luxussegment bis 2015 in China stattfindet. Ernst & Young (2005) prognostizieren ebenfalls, dass sich die
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kaufkräftige Teil der chinesischen Konsumenten eine hohe Zahlungsbereitschaft für prestigeträchtige Markenprodukte. Die für Daimler in China zu erzielenden Wachstumsraten übertreffen daher deutlich diejenigen in den traditionellen Märkten (Interview 6). Aus diesem Grund ist die Entwicklung des Unternehmens in China maßgeblich für die globale Position im Vergleich zu den Wettbewerbern. Die Parole, die in den 1990ern ausgegeben wurde – global erfolgreich konnte nur sein, wer auf dem anspruchsvollen amerikanischen Markt Erfolg hatte (Pries, 1999b, 130) – gilt heute wohl nicht mehr. Vielmehr wird die Ansicht vertreten, dass eine Präsenz in China für einen globalen Konzern unumgänglich ist.76 Da es sich bei dem Land um einen großen, wachsenden Markt handelt, ist es keine Frage, ob man dort investiert oder nicht (Interview 6). Trotz unzähliger Risiken gibt es im Hinblick auf zukünftige Erfolgschancen keine Alternative zur Expansion in China. Das gilt nicht zuletzt aufgrund der Aktionäre, die andernfalls spätestens in einigen Jahren von Versäumnissen sprechen würden. Darüber hinaus werden Risiken als normaler Bestandteil der Geschäftstätigkeit gesehen. Sie sind nicht immer kontrollierbar und können prinzipiell überall auftreten, wie der 11. September in den USA verdeutlicht. Gleichwohl ist China nicht der einzige Zukunftsmarkt. Es kann durchaus sein, dass z. B. Indien, mit derzeit zwar noch kleinem Luxussegment aber einer weniger reglementierten Wirtschaftsstruktur, ebenso attraktiv wird (Interview 6). Verhältnis zur Politik Das Geschäft in China gilt als ein sui generis, das sich von demjenigen in den Märkten der Triade unterscheidet. Insbesondere muss man die Beziehungen zu den chinesischen Behörden berücksichtigen (Interview 22). Das liegt an der umfassenden staatlichen Regulierung des Marktes. Die Regularien dienen den Zielen der Industriepolitik, durch die die nationale Industrie entwickelt und das Wirtschaftswachstum gefördert werden soll. Die Vorgaben für die Automobilhersteller Volksrepublik bis zum Jahr 2015 zum zweitgrößten Markt nach Japan für Luxusgüter entwickeln wird. 76 Hier wird ein Mechanismus wie auf Makroebene deutlich: Aufgrund seiner Bevölkerungszahl muss China nur einen Bruchteil einer bestimmten Wirtschaftsleistung pro Kopf erbringen, um als größter Nachfrager nach Ressourcen oder als größter Anbieter von Produkten weltweit zu gelten. Damit kann China „schon bei einem vergleichsweise geringen Entwicklungsstand die Weltmarktpreise sowie die globalen Ströme von Kapital, Ressourcen und Gütern nachhaltig beeinflussen“ (Fischer, 2007, 357).
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konkretisiert die Automotive Industry Development Policy, wie sie die National Development and Reform Commission (NDRC) ausarbeitet.77 Die chinesischen Akteure zeichnen sich durch Lernfähigkeit und Geschicklichkeit aus: Wenn eine Intervention nicht das gewünschte Ergebnis bringt, ändern sie die Vorgaben rasch. Auch werden geplante Neuerungen häufig zunächst als Ankündigungen verbreitet, um zu testen, wie die Industrie reagiert, und dann nach und nach in Gesetze und Richtlinien mit detaillierten Ausführungsbestimmungen umgesetzt (Interview 22).78 Dies führt zu der nahezu paradoxen Situation, dass zwar jeder Bereich bis ins Detail geplant ist, sich aber die Regeln kontinuierlich – mitunter täglich – ändern. Besonders strikt gelten die Vorschriften für Unternehmen, die sich ungenehm verhalten. Andererseits kann man als Hersteller auch davon profitieren, dass das Reglementarium nicht immer absolut gilt.79 Der Leiter des Mercedes-Werkes Klaus Pfeifer sagte hierzu: „Jeder hat seinen eigenen Weg, mit der Regierung einen Kompromiss auszuhandeln. Jeder weiß, dass es jeder macht. Nur keiner sagt, wie er dabei vorgeht“ (zitiert in Hein (2005e)). Ein guter und direkter Kontakt zu den Behörden gilt daher als Wettbewerbsvorteil in China. Da der Aufbau eines Beziehungsnetzes zeitintensiv ist, ist eine langjährige Präsenz vor Ort wertvoll. Die engen Kontakte, die VW aufgrund seines frühen Eintritts knüpfen konnte, gelten z. B. als Erfolgsfaktor. Sie können nicht nur Genehmigungsverfahren beschleunigen, sondern auch den konkreten Geschäftserfolg steigern, wie der hohe Anteil an Audi-Fahrzeugen in der chinesischen Behördenflotte verdeutlicht (Kaufmann, Panhans, Boney & Sobotka, 2005, 87). Eine Besonderheit besteht in der Konzentration von staatlicher und administrativer Macht auf wenige Stellen. Sämtliche Genehmigungen werden z. B. von 77 Die wichtigsten Vorgaben sind die Pflicht, im produzierenden Bereich in Form eines JV zu investieren, in dem der ausländische Partner nicht die Mehrheit haben darf, die Beschränkung der JV-Partner auf zwei pro Sparte, und Mindestanforderungen an die Höhe der investierten Summen (Cheng, 2007). 78 Die Rolle der chinesischen NDRC erinnert an das ehemalige japanische MITI (Ministry of International Trade and Industry, heute METI, Ministry of Economy, Trade and Industry). Allerdings tritt das NDRC nach Meinung von Gesprächspartnern strikter und aggressiver auf. Auch inhaltlich erinnert das Vorgehen der chinesischen Industriepolitik an das Vorgehen in Japan und Südkorea, insbesondere zur japanischen Terminologie bestehen Ähnlichkeiten. Der fundamentale Unterschied allerdings besteht darin, dass China massiv ausländische Direktinvestitionen anzieht und die Investoren durch die Joint Venture Reglementarien de facto zum Technologietransfer zwingt (Zhang & Taylor, 2001). 79 Im Jahr 2002 durfte z. B. Honda einen Anteil von 65 % an einem JV übernehmen, das ausschließlich für den Export nach Europa und Südostasien produzierte (Noble, Ravenhill & Doner, 2005, 13).
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einer zentralen Behörde erteilt. Mithin ist es unabdingbar, mit den dort Verantwortlichen gute Beziehungen aufzubauen. Die Arbeit vor Ort unterscheidet sich vom Vorgehen in anderen Ländern, wo man mehrere gestaltende Akteure des politischen Prozesses kontaktieren kann. Die eingangs beschriebene Bündelung der China-Aktivitäten war nicht zuletzt dieser Besonderheit geschuldet. So sollte ein einheitlicher Auftritt gesichert und damit verhindert werden, dass die Zuständigen unabgestimmtes Verhalten einzelner Geschäftsfelder gezielt für sich zum Vorteil nutzen (Interview 22). Über die Bedeutung der deutschen Regierung bzw. der EU gibt es verschiedene Meinungen. Grundsätzlich können Veränderungen in China durch äußere Einwirkung angestoßen werden. Für diesen Prozess sind ausländische Regierungen wichtig. Dies gilt vorrangig für drei Bereiche: Für einige der oben beschriebenen Regularien, für den Schutz des geistigen Eigentums sowie für Industriestandards. Ob der Einsatz nachhaltige Wirkung zeigt, hängt entscheidend davon ab, inwiefern das Anliegen auch für die Gegenseite von Interesse ist. Dies ist inzwischen etwa im Bereich des geistigen Eigentums der Fall: Wie bereits am Beispiel der BASF erläutert, ist zunehmend auch die chinesische Industrie von gefälschten Produkten betroffen. Auf den unmittelbaren Geschäftserfolg hingegen hat die deutsche Politik keinen Einfluss, bzw. eher einen negativen: Sofern Beschwerden im Namen eines bestimmten Unternehmens vorgetragen werden, zieht dies zum Teil direkte Reaktionen durch die chinesischen Behörden nach sich (Interview 22). Die übrigen Herausforderungen, denen sich das Unternehmen in China gegenüber sieht, wie etwa der Umgang mit chinesischen Mitarbeitern oder die Berücksichtigung lokaler Kundenanforderungen oder auch der Aufbau eines Vertriebsnetzes, liegen außerhalb des Einflusses der deutschen Politik. Zusammenfassung Die Volksrepublik China ist für die Daimler AG ein junger Markt, der in der zweiten Hälfte des untersuchten Zeitraumes an Bedeutung gewonnen hat. Dies gilt speziell für die Geschäftsbereiche, die sich im Luxussegment positionieren: Hier herrschte zunächst eine eher skeptische und abwartende Haltung vor. Seit dem Jahrtausendwechsel intensivierte sich der Auf- und Ausbau der Aktivitäten, wobei verschiedene Strategien zur Anwendung kamen, alle mit dem Ziel, Fuß auf dem chinesischen Markt zu fassen. Da sich das Unternehmen dort noch nicht wie in anderen Regionen etabliert hat, zieht China die besondere Aufmerksamkeit der Unternehmensführung auf sich.
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Die Aufmerksamkeit erklärt sich auch aus der besonderen strategischen Bedeutung Chinas: Aufbau und Verteidigung einer Präsenz gelten als unabdingbar, um die zukünftige globale Position des Unternehmens zu sichern. Der Markt ist daher gleichzeitig ein unumgänglicher Markt, der zu einem weiteren Kernmarkt ausgebaut werden soll. Diese Einschätzung entwickelt sich aus den Erwartungen an einen zukünftigen Geschäftserfolg, welche aus der Analyse makro- und mikroökonomischer Kennzahlen abgeleitet werden. Zu den relevanten Faktoren zählen das Wirtschaftswachstum und die damit einhergehende Verschiebung in der relativen Bedeutung Chinas weltweit, die Größe des Marktes sowie die Konsumfreude des wohlhabenden Teils der chinesischen Bevölkerung. An dieser grundlegenden Einschätzung ändert sich nichts aufgrund der Tatsache, dass es sich um einen schwierigen Markt handelt. Der Auf- und Ausbau des Engagements sowie die Entwicklung der besonderen Organisationsstruktur erscheinen daher als Versuch, auf Besonderheiten des Marktes adäquat zu reagieren. Ein Unikum in China bildet der gestaltende Einfluss der chinesischen Behörden, die zielgerichtet das nationale Eigeninteresse verfolgen und Regularien weitgehend zu diktieren vermögen. Insgesamt bestimmen sie daher auch nicht unwesentlich den Geschäftserfolg sowie die konkrete Ausgestaltung des Engagements. Beides erscheint daher allenfalls zum Teil als Resultante des Marktes oder gezielter strategischer Entscheidungen. Die ausländische Politik kann zwar auf die weitere Entwicklung der Regularien Einfluss nehmen, dies ist jedoch nicht immer von Erfolg gekrönt. Für den operativen Geschäftserfolg wird sie eher nicht benötigt. Die Attraktivität des Marktes wurde unabhängig davon beurteilt, inwieweit politische Unterstützung gewährleistet wird. Daher erscheint es nicht plausibel, dass mit zunehmender Bedeutung des chinesischen Marktes die an die Politik artikulierten Anliegen im selben Maß zunehmen.
4.2.4 Zusammenfassung und Interpretation In der Zusammenschau erscheinen die folgenden Aspekte charakteristisch für die Entwicklung des Unternehmens in den beiden Regionen, für deren jeweilige Bedeutung sowie für die Beziehungen zu politischen Entscheidungsträgern. Die USA bilden einen reifen Markt, der für die notwendige Masse an Absätzen im Konzern sorgt und daher nach wie vor wichtig ist. Die Entwicklung des Engagements verlief relativ stetig. Dass vordergründig ein anderer Eindruck entstehen mag, erklärt sich aus der Wirkung der Integration der Chrysler LLC. Sie verzerrt nicht nur psychologisch die Wahrnehmung, sondern verdeckt auch, dass
4.2 Daimler
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das US-Engagement in den anderen Geschäftsfeldern positiv verlief. Zudem kann die Trennung von Chrysler nicht als Abkehr vom amerikanischen Markt interpretiert werden. China hingegen ist ein junger Markt, der erst in der zweiten Hälfte des Untersuchungszeitraumes in das Zentrum unternehmerischer Überlegungen gerückt ist. Die Daimler AG muss sich daher noch auf dem Markt etablieren, was angesichts der erwarteten zukünftigen Entwicklung angestrebt wird. Daher kommt der Region trotz geringer Absatzzahlen eine große Bedeutung zu, was auch den besonderen Fokus innerhalb der Gesamtstrategie erklärt. Insofern sind beide Märkte wichtig, wobei die Bedeutung jeweils auf einer unterschiedlichen Ebene angesiedelt ist. Mit verschiedenen Ansätzen und Strategien wurde jeweils versucht, bestehendes Engagement bestmöglich zu gestalten bzw. neue Aktivitäten so gut wie möglich aufzubauen. Wie diese Versuche in den einzelnen Ländern konkret aussehen – und welche Rolle die Politik dabei spielt – hängt wiederum vom jeweiligen Markt sowie vom nationalen, institutionellen Gefüge des Landes ab. Prinzipiell wird eher der Kontakt zu den Entscheidungsträgern vor Ort gesucht, wobei in China die deutsche Politik tendenziell von größerer Bedeutung erscheint als in den USA. Die sich ergebenden Anliegen an die Politik sind jedoch immer nur ein Teil der Gesamtstrategie, die zuvor primär unter Berücksichtigung ökonomischer Faktoren auf mikround makroökonomischer Ebene entwickelt wurde. Daher lässt sich nicht prinzipiell aufgrund von intensiverem Engagement auch auf vehementere Forderungen an die Politik schließen. Insgesamt belegt die Entwicklung, dass das Unternehmen dorthin expandiert, wo relevante Märkte für das jeweilige Produkt identifiziert werden. Speziell das zunehmende China-Engagement wird nicht durch die Aussicht auf mehr Geschäft als in den USA bedingt, sondern durch das dortige Geschäftspotential. Die Frage Amerika oder China steht daher in der betrieblichen Ratio nicht im Vordergrund, weshalb sich ein „Wandel“ der strategischen Präferenzen bzw. des gesamtunternehmerischen Interesses nicht konstatieren lässt. Dieser lässt sich auch nicht aus der gezielten Aufmerksamkeit ableiten, die die Unternehmensführung China zuteil werden lässt. Wenn sich das Unternehmen dereinst in China etabliert hat, wird sich die Geschäftsführung anderen Märkten, Segmenten oder Funktionen widmen, ohne dass dann wiederum China an Bedeutung verlieren wird. Die vorherrschende betriebliche Denkweise, Märkte vom Produkt ausgehend zu definieren, verstärkt diesen Eindruck. Ein Markt kann regional definiert werden, er kann aber durchaus auch funktional oder segmentspezifisch abgegrenzt werden. Regionale Entwicklungen und Einschätzungen hinsichtlich zukünftiger Chancen
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4 Empirische Analyse: Mikroebene
sind bei einzelnen Segmenten und Funktionen daher unterschiedlich, was eine allgemeine Aussage für das Unternehmen oder die Automobilindustrie als holzschnittartiges Pauschalbild erscheinen ließe.
4.3 Siemens 4.3.1 Porträt der Branche und des Unternehmens Ein Überblick über die Elektrotechnikindustrie ist schwierig, da diese ein breit diversifiziertes Produktspektrum abdeckt.80 Es lässt sich in die drei Hauptgruppen Investitionsgüter, elektronische Bauelemente und Gebrauchsgüter einteilen und umfasst im Einzelnen etwa Industriemaschinen und Automatisierungstechnik, Elektrogeräte, Batterien, Sicherheitssysteme, Geräte zur Erzeugung und Übertragung von Energie, Leuchten oder Geräte der Medizintechnik. Im Unterschied zu bisher betrachteten Branchen wurde die arbeitsintensive Massenproduktion in Niedriglohnländer verlagert. Westeuropa bildet seither vor allem in technologisch anspruchsvollen Bereichen einen „key player“ (RER, 2008a, 2). In Deutschland handelt es sich um den nach Umsatz drittgrößten Industriezweig, der 3 % des Bruttoinlandsproduktes und 11 % der Industrieproduktion verantwortet.81 Der Bereich gilt als „Motor des Fortschritts in nahezu allen Wirtschafts- und Lebensbereichen“ (ZVEI, 2006), denn von ihm gehen Impulse für Produkt- und Prozessinnovationen aus. Indizien hierfür bilden eine hohe Innovatorenquote82 sowie die umfangreichen Aufwendungen für Forschung und Entwicklung83 . Auch erwirtschaften die Unternehmen knapp die Hälfte ihres Umsatzes mit Produkten, die jünger als drei Jahre sind (ZVEI, 2008). All dies verdeutlicht, dass Innovationsfähigkeit und Schnelligkeit über die Wettbewerbsfähigkeit der einzelnen Unternehmen entscheiden. Die Siemens AG verfolgt die Strategie „die ganze Elektrotechnik und nichts als die Elektrotechnik“ (Feldenkirchen & Posner, 2005, 8) abzudecken. Entsprechend umfangreich ist auch die Produktpalette. Zudem sind mit den Produkten häufig Dienstleistungen verbunden und auch integrierte Software bildet einen Bestandteil 80 Dies schlägt sich in unterschiedlichen Definitionen der Branche und einzelner Sektoren nieder (Wood, 2007). 81 Nach den Fahrzeugherstellern und dem Maschinenbau (VCI, 2007b, 5). 82 Sie misst den Anteil der Unternehmen, die neue Verfahren oder Produkte eingeführt haben. 83 Die Branche trägt etwa ein Fünftel der gesamten deutschen Aufwendungen hierfür.
4.3 Siemens
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des Portfolios. Insgesamt ist der Konzern daher in einer Vielzahl von Industrien und Geschäftstypen engagiert und zählt zu den führenden seines Gebietes. Der Weg nach außen gilt als ein Grundstein der Firmengeschichte: Bereits dem Firmengründer schwebte ein „Weltgeschäft à la Fugger“ (Decurtins, 2002, 18) vor.84 Einen qualitativ neuen Abschnitt der Expansion bildeten die 1990er Jahre. In diesem Jahrzehnt wandelte sich Siemens von einem weitgehend aus der Zentrale heraus gesteuerten Konzern zu einem multilokalen Unternehmen, das stärker auf lokale Impulse reagierte (Nolen, 2005). Damit einher ging die Aufgliederung der Produktionskette auf verschiedene Regionen, wodurch die Exportorientierung abgelöst wurde. Ebenso wurde ein Wandel in der Unternehmenskultur eingeleitet, was mit Heinrich von Pierer, dem Vorstandsvorsitzenden der Jahre 1992-2005, verbunden wird. Er reagierte so auf den Druck der Globalisierung, die zu kürzeren Produktlebenszyklen und rasch verfallenden Preisen führte und transformierte die AG von einem „technically superb but slow-moving industrial giant to a disciplined, nimble multinational“ (Stewart & O’Brien, 2005). Unter den Kunden dominieren Industrieabnehmer. Da auch Infrastrukturprojekte einen bedeutenden Bestandteil des Portfolios ausmachen, gilt der Konzern als „Hoflieferant der Staatsbetriebe“ (Meck, 2004a). Es ist daher naheliegend, dass Beziehungen zu politischen und administrativen Entscheidungsträgern eher geschäftsrelevant sind, als dies bei anderen Unternehmen der Fall ist.85 Im Geschäftsjahr 200786 erwirtschafteten 400 Tsd. Mitarbeiter in knapp 190 Regionen 72,4 Mrd. EUR Umsatz (Siemens AG, 2008). Das Unternehmen besteht aus drei großen Sektoren, die 15 Divisionen umschließen.87 Der Sektor Industry umfasst die Produktions-, Transport- und Gebäudetechnik für Industriekunden und ist mit mehr als der Hälfte des Gesamtumsatzes der umsatzstärkste Sektor. Produk84 Rugman (2005) kategorisiert Siemens gleichwohl nicht als globales Unternehmen, sondern als Unternehmen, das auf seine Heimatregion Europa fokussiert ist. 85 Ein Indiz hierfür bildet z. B. die Tatsache, dass Siemens-Manager die Auslandsreisen der Bundesregierung häufig begleiten und dabei mit den „geschäftsrelevanten“ Ministern – etwa für Wirtschaft oder Verkehr – zusammentreffen. Auch wurde im Jahr 1997 die Verkehrstechniksparte nach Berlin verlegt, mit dem Ziel, die Kontaktaufnahme zu ausländischen Politikern zu erleichtern. Dieser Schritt habe sich „rasch ausgezahlt“ (Schwenn, 1997). 86 Das Geschäftsjahr 2007 geht von Oktober 2006 bis September 2007. 87 Das Unternehmen wurde mehrmals umstrukturiert, wobei einzelne Bereiche abgestoßen oder umbenannt wurden. Hier wird die aktuelle Struktur, wie sie seit dem Jahr 2007 gilt, dargestellt. Neben den drei dargestellten Hauptsektoren gibt es weitere: Cross-Sector Business umfasst sektorübergreifende Tätigkeiten wie IT und Finanzierung, Strategic Equity Investments umfasst die strategischen Beteiligungen BSH Bosch und Siemens Hausgeräte GmbH, die Fujitsu Siemens Computers (Holding) BV sowie seit April 2007 die Nokia Siemens Networks (Siemens AG, 2008, 47 ff.).
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te und Lösungen zur Erzeugung, Übertragung und Verteilung von Energie sind im Sektor Energy vereint. Zum Sektor Healthcare zählen Produkte, Komplettlösungen und Beratungsleistungen im Gesundheitswesen. Eine aktive Portfoliopolitik zeichnet den Konzern aus, wobei der Fokus auf den als Megatrends identifizierten Phänomenen Urbanisierung und demographischer Wandel liegt. Ziel ist es, zweimal so schnell wie das Bruttoweltprodukt zu wachsen und in allen (funktional definierten) Märkten eine führende Position zu erlangen (Siemens AG, 2006a, 91), (Siemens AG, 2005, 17).
4.3.2 Das Unternehmen und die USA Überblick Die Elektrotechnikindustrie in den USA verlagerte ebenso wie in Westeuropa die arbeitsintensiven Glieder der Wertschöpfungskette in Niedriglohnländer. Dennoch sind die USA in der Elektrotechnik führend, sowohl im Hinblick auf den Anteil an der Weltproduktion (19,2 %), als auch in Bezug auf den Weltmarktanteil (27,5 %) (RER, 2008b). Siemens ist in den USA mit allen Bereichen und Funktionen vertreten. Die Siemens Corporation ist die Holding für die operativen Divisionen, die sich auf die Bereiche Energie, Medizintechnik, Infrastruktur und Industrie konzentrieren. Auch befinden sich in den USA wesentliche Forschungsstandorte (Siemens AG, 2006c). Die Region lieferte die folgenden Beiträge zum Ergebnis (vgl. Tabelle A.5 im Anhang): Sowohl die Umsätze als auch die Zahl der Mitarbeiter entwickelten sich bis zum Jahr 2001 positiv und fielen danach ab.88 Seit dem Jahr 2005 ist wieder ein Anstieg zu beobachten. In der Tendenz entspricht dies der Konzernentwicklung. Im Jahr 2006 wurde ein Umsatz von 17,2 Mrd. EUR erzielt, was ein Fünftel des Gesamtumsatzes ausmachte. Die USA bilden damit vor Deutschland den größten Einzelmarkt. Die Zahl der Mitarbeiter in Amerika stieg insgesamt von 70 Tsd. auf 104 Tsd. an. Davon befanden sich im Jahr 2006 67 Tsd., d. h. 15 % der gesamten Mitarbeiter, in den USA. Seit dem Jahr 1995 wurden etwa 25 Mrd. Dollar in den USA investiert. Dem Ausmaß von Umsätzen, Mitarbeitern und Investitionen nach, bilden die USA den zentralen Markt für das Unternehmen. Die beschriebene 88 Die Umsatzzahlen beziehen sich ab 2001 auf die USA und zuvor auf Amerika. Es ist der Umsatz nach Sitz der Gesellschaft dargestellt. Die Mitarbeiterzahlen sind für Amerika angegeben.
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wellenförmige Bewegung lässt sich durch die Unternehmenspolitik im Zeitablauf erklären, die nun dargestellt wird. Entwicklung des Engagements In dem Zeitraum, in dem Heinrich von Pierer Vorsitzender des Vorstands war, erfolgte die Amerikanisierung des Unternehmens, wie jener selbst bestätigte (Stewart & O’Brien, 2005, 129). Hierzu trug das im Jahr 1993 eingeführte Restrukturierungsprogramm top bei.89 Es sah unter anderem vor, gezielt in strategischen Auslandsmärkten zu wachsen. So sollte der Verlust von Weltmarktanteilen verhindert werden, der dem Unternehmen, das damals 70 % seines Umsatzes in Westeuropa erzielte, drohte. Als Zielregionen waren die USA als technologisch führender Markt sowie Südostasien als Region mit den höchsten Zuwachsraten identifiziert worden (Naschold, 1997, 175). Daneben leistete das 1998 verkündete 10-PunkteProgramm (Siemens AG, 1999, 6 ff.) einen eher qualitativen Beitrag zur Amerikanisierung: Vorbild der Maßnahmen war der amerikanische Konkurrent General Electric (GE). Auch der forsche und charismatische Führungsstil von Jack Welch, dem Vorsitzenden von GE, inspirierte das Management von Siemens. Schließlich richtete sich der Konzern zeitgleich verstärkt an den Anforderungen der Kapitalmärkte aus, wie sie weitgehend durch die USA und Großbritannien definiert wurden (Decurtins, 2002, 98). Gemäß dem top-Programm zielten die Aktivitäten in den USA zunächst darauf ab, den lokalen Marktanteil zu vergrößern. Nach George Nolen (2005) lassen sie sich in drei Phasen einteilen. Die erste Phase vom Anfang der 1990er Jahre bis zum Jahr 2001 war durch rapide Expansion gekennzeichnet, die vorrangig auf Akquisitionen beruhte (Gulati, 2004). Sämtliche Segmente wurden erweitert. Im Bereich Energie zählte hierzu der Kauf der Sparte des fossilen Kraftwerkbaus von der Westinghouse Power Generation für 1,2 Mrd. US-Dollar im Jahr 1998.90 Hierdurch wurden zwei „second tier players“ zu einem „first tier player“ vereint, der die zweitstärkste Marktposition hinter GE erlangte (Lucks, 2005, 149 ff.). Der Schritt wurde als „one of the best investments we’ve ever made“ (Javidan, 2002, 14) beurteilt, was verdeutlicht, dass die Investition die in sie gesetzten Erwartun89 Das Programm wurde im Jahr 1999 zu top+ weiterentwickelt (Siemens AG, 2000, 9). Die Einsicht, dass ein verstärktes Engagement in den USA unabdingbar ist, um das Gesamtwachstum des Konzerns abzusichern, hatte bereits Karlheinz Kaske, der Vorgänger von Pierers, als er in Feldenkirchen (2002, 100) sagte: „We cannot attain the volumes needed in our core sectors – the critical mass – in Europe alone. We need the North American market as our second mainstay.“ 90 Siemens gewann hierdurch zugleich fünf Joint Ventures und 10 Tsd. Mitarbeiter in China.
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gen erfüllte. Die Kommunikationssparte akquirierte unter anderem die amerikanischen Anbieter Unisphere (1999) und Efficient Networks (2001). Der Bereich Siemens Business Services kaufte den IT-Service Provider Entex Information Services (2000) und Osram das Lighting-Geschäft von Motorola (2000). Auch die Medizintechnik tätigte umfassende Akquisitionen, etwa die Shared Medical Systems (2000) und die Acuson (2001). Die Notierung an der NYSE im Jahr 2001 rundete die Aktivitäten in den USA ab. Das Jahrzehnt wird als das der „largest expansion of Siemens in the USA, one of historic proportions“ (Nolen, 2005, 137) bezeichnet. Unter der raschen Expansion hatte die Profitabilität gelitten. Das Volumen sei zwar gut – es übertraf im Jahr 2000 sogar erstmals das Inlandsgeschäft (Siemens AG, 2001, 13) – aber „das Ergebnis nicht ausreichend“, wie Heinrich von Pierer in Kuls (2001) resümierte. Im Geschäftsjahr 2001 betrugen die Verluste 600 Mio. EUR nach Steuern (Busse, 2002). Einige Objekte waren zu teuer akquiriert worden, bei anderen Käufen fragte man sich „why they had been made“ (Nolen, 2005, 138). Verstärkt wurden die Probleme durch die weitgehend in Deutschland zentrierte Führung, die eine „Silomentalität“ bei den einzelnen Gesellschaften in den USA entstehen ließ. Die zweite Phase in den Jahren 2001-2003 diente daher der Profitabilitätssteigerung. Maßgebliches Instrument hierzu war die U.S. Business Initiative (USBI). Dabei wurden alle Geschäftsfelder überprüft, wobei für nicht zufriedenstellende Bereiche die Direktive „fix, buy, close or cooperate“ galt. Zudem wurde Siemens ONE eingeführt, wodurch die Koordination bei Aufträgen, die mehr als eine Siemens-Gesellschaft betrafen, gesteigert werden sollte. Innerhalb von zwei Jahren gelang es so, wieder profitabel zu wirtschaften. Ab dem Jahr 2004 schloss sich daher die Phase des disziplinierten Wachstums an. Sie wurde durch die Devise „go for profit and growth“ angetrieben, die Ende des Jahres 2003 ausgerufen wurde (Siemens AG, 2004, 7). Einen Meilenstein bildete die Akquisition von US-Filter, dem amerikanischen Marktführer für Wassergewinnung und -aufbereitung, für nahezu 1 Mrd. Dollar. Sie markierte zugleich den Einstieg in ein neues Gebiet, das ausgebaut werden sollte. Den Stellenwert der USA in der globalen Strategie verdeutlichte auch die Ansiedlung des Headquarters der Sparte in den USA (Nolen, 2005, 140). Daneben expandierte die Medizintechnik, wobei der medizinische Diagnosemarkt zu einem neuen Schwerpunkt wurde (Siemens AG, 2007, 99).91 Im Jahr 2006 verkündete der Konzern, man sehe sich 91 Beispiele für Akquisitionen bilden die CTI Molecular Imaging für ca. 1 Mrd. Dollar (2005) und die Diagnostic Products Corporation (2006).
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in diesem erfolgreichen und wachstumsstarken Bereich in den USA gut aufgestellt und plane keine weiteren Akquisitionen (Lindner, 2006b).92 Auch wenn aus der Vergangenheit nicht auf die Zukunft geschlossen werden kann, so wird doch deutlich, dass eine abnehmende Intensität des Engagements in den USA sehr unwahrscheinlich ist. Neben der Medizintechnik gilt z. B. auch die Gebäudetechnik als ein zukunftsträchtiger Bereich, was an erforderlichen Investitionen für mehr Energieeffizienz der amerikanischen Gebäude liegt. Den Entwicklungspfad skizzierte auch Heinrich von Pierer: „We see a very bright future for our company in the US. We intend to keep investing in this great country. And we will continue to depend on our talented Americans to help keep us at the forefront of the industry“ (zitiert in Nolen (2005, 139)). Bedeutung der Region Die USA wurden erstmals in den 1970er Jahren umfassend in die Absatz- und Investitionspolitik der Siemens AG einbezogen (Feldenkirchen, 2003, 339). Seither gelten sie als Markt von strategischer Bedeutung, was durch das top-Programm erneut bekräftigt wurde. Dies liegt an der Größe, dem Reichtum, der Homogenität und der Stabilität des Marktes. Durch den Ausbau der Präsenz wurde Wachstum für den Konzern generiert, was eine Grundvoraussetzung war, um die Marktführerschaft im Weltmaßstab zu sichern. Der Präsident und Vorsitzende der amerikanischen Siemens Corporation George Nolen (2005, 135) fasst diesen Zusammenhang folgendermaßen zusammen: „We had to invest locally to grow globally.“ Der US-Markt gilt zudem aufgrund der hohen Wettbewerbsintensität als anspruchsvoller Markt. Aus diesem Grund stärkten die Aktivitäten die Fähigkeit, als globaler Anbieter in allen Teilen der Welt erfolgreich zu sein, sie dienten also der Sicherung der eigenen Wettbewerbsfähigkeit: „The US is [...] our greatest challenge, keeping us fit and innovative for the tough global arena“ (Nolen, 2005, 139), „it is [...] a very competitive market. Succeeding in the US was critical to becoming more competitive as a company“ (Stewart & O’Brien, 2005, 116). Ferner zeichnen sich die Akteure in den USA durch eine hohes Maß an Unternehmertum und Risikobereitschaft aus, was dazu führt, dass die Region in vielen Gebieten technologisch richtungweisend ist (Feldenkirchen, 2002, 100). Da92 Gleichwohl wurde im Jahr 2007 mit dem Erwerb von Dade Behring eine weitere Großinvestition getätigt und das Geschäft mit der Medizintechnik ausgebaut.
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her dient das US-Engagement auch dazu, Markttrends aufzuspüren und somit die Technologieführerschaft des Konzerns zu sichern (Interview 14). Insgesamt hat die Bedeutung der USA im Zeitablauf nicht abgenommen. Wenn man berücksichtigt, dass bis zuletzt in erheblichem Umfang investiert wurde, lässt sich eher die gegenteilige These vertreten (Interview 14). Auch Heinrich von Pierer machte dies im Jahr 2005 deutlich, als er sagte: „Wherever we can do something in the United States, we do it“ (zitiert in Stewart und O’Brien (2005, 116)). Die USA gelten als „wichtigster regionaler Schwerpunkt“ (Siemens AG, 2002, 43) und neben der Region Asien-Pazifik als „besonders dynamische Region“ (Siemens AG, 2006a, 7). Die Präsenz war zudem „von besonderem Gewicht“ (Siemens AG, 2003, 42). Das Land ist daher auch eine der Schwerpunktregionen, in welchen Wachstumsinitiativen verfolgt werden (Siemens AG, 2005, 7). Verhältnis zur Politik In den USA ist eine enge Verbindung zu politischen Entscheidungsträgern wichtig. So war z. B. der Ausbau der Lobbyarbeit in Washington ein wichtiges Element der USBI (Riecke & Busse, 2003). Im Jahr 2005 war eine erneute deutliche Erweiterung des Büros geplant (Barshay, 2005, 1891).93 Gregg Ward, der ehemalige Leiter des Büros, unterstrich die Bedeutung der lokalen Behörden, um eigene Interessen beim Auslandsgeschäft voranzubringen: „There aren’t home companies and foreign companies any more. All the major companies are global now, and they want to make sure they have more influence in the cultures they are in“ (zitiert in Barshay (2005, 1891)). Diesem Ziel – und um die Erfolgschancen bei Aufträgen im sicherheitssensiblen Bereich zu vergrößern – dient die Außendarstellung der Siemens Corporation als amerikanisches Unternehmen. So ist die amerikanische Tochter der Siemens AG Mitglied im Business Roundtable, einer Interessengruppe, die vornehmlich amerikanische Unternehmen zu ihren Mitgliedern zählt.94 Auch der derzeitige Chef des Amerikageschäftes, George Nolen, ist US-Amerikaner. Zudem bewirbt Siemens die Tatsache, dass nahezu 70 Tsd. überwiegend amerikanische Mitarbeiter beschäftigt werden und so ein Beitrag zum Wohlstand der Region geleistet wird. Im Zuge der transatlantischen Krise während des Irakkonfliktes wurde diese Strategie ebenfalls deutlich: Als amerikanisches Unternehmen sei man von eventuellen Vorbehalten gegenüber deutschen Unternehmen nicht betroffen (Riecke, 2004). 93 Innerhalb eines Jahres sollte die Mitarbeiterzahl von 25 auf 75 verdreifacht werden. 94 Neben Siemens bilden SAP und ABB Ausnahmen.
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Während all dies eher die Relevanz der lokalen Aktivitäten unterstreicht, wird auch der deutschen Politik Bedeutung beigemessen, insbesondere bei der Gestaltung der Rahmenbedingungen der bilateralen Wirtschaftsbeziehungen. Für Regelungen in den USA selbst kommt der deutschen Seite dann Bedeutung zu, wenn es Vorhaben gibt, durch die ausländische Unternehmen benachteiligt werden. Im Zuge des Ausbaus der nationalen Sicherheit haben solche Vorhaben eher zugenommen (Interview 14). Beispiele aus jüngerer Zeit bilden die bereits dargelegte CFIUS-Reform sowie z. B. das Vorhaben, sämtliche Frachtcontainer mit USZielhäfen zu durchleuchten. Zusammenfassung Die Entwicklung von Umsätzen und Mitarbeitern der Firma Siemens in den USA war von wellenförmigem Verlauf: Auf eine Wachstumsphase folgte eine Periode des Rückgangs, bevor anschließend die Werte wieder anstiegen. Dahinter stehen einzelne Entwicklungsphasen: Zunächst lag aufgrund der Direktive, die Aktivitäten in den USA auszubauen, der Schwerpunkt auf schneller Expansion und umfassenden Akquisitionsaktivitäten. Als deutlich wurde, dass für einige der Objekte überhöhte Preise gezahlt worden waren und dass die strategische Passung nicht immer optimal war, wurde ein Sanierungsprogramm aufgelegt. Bei zuletzt wieder profitablem Amerikageschäft wurde verstärkt in Wachstum investiert, wobei die Akquisitionen gezielter getätigt wurden. Der Ausbau des Engagements war von zentraler Bedeutung für das Unternehmen und die Reaktion des damaligen Vorstands auf die Herausforderungen durch die Globalisierung. Die 1990er Jahre gelten als Dekade, in der Siemens „amerikanisiert“ wurde, sowohl in quantitativer als auch in qualitativ-kultureller Hinsicht. Der Region kommt bis heute immense und eher gestiegene Bedeutung zu, unter anderem, da das Engagement Wettbewerbsfähigkeit sowie Markt- und Technologieführerschaft sichert. Als globales Unternehmen möchte Siemens in jedem Land, in dem es vertreten ist, auf die lokalen Entwicklungen einwirken. Entsprechend ist auch die Vertretung eigener Interessen gegenüber der amerikanischen Administration in Washington bedeutsam. Diesbezügliche Aktivitäten sind gezielt ausgebaut worden. Gleichzeitig positioniert sich Siemens – nicht zuletzt aus geschäftlichem Kalkül – als amerikanischer Akteur. Insgesamt werden Anliegen an die Politik, die das Amerikageschäft betreffen, vorrangig in den USA behandelt. Den deutschen Akteuren kommt dann Bedeutung zu, wenn gesetzliche Rahmenbedingungen den Geschäftserfolg
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aus- und inländischer Unternehmen in unterschiedlichem Maße beeinflussen. Solche protektionistischen Regelungen gehen zunehmend mit Aktivitäten einher, die der nationalen Sicherheit dienen sollen.
4.3.3 Das Unternehmen und die VR China Überblick Die VR China dominiert neben Japan die asiatische Elektroindustrie und war im Jahr 2005 nach den USA der zweitgrößte Markt. Mit 13,3 % ist der Anteil am Weltmarkt knapp halb so groß wie derjenige der USA. Der Anteil an der weltweiten Produktion war mit 19,0 % nahezu ebenso groß wie derjenige der USA (RER, 2008c).95 Die Differenz zwischen beiden Werten verdeutlicht, dass das Wachstum der Exporte – nicht des inländischen Konsums – zum Aufstieg des Landes führte. Auch für Siemens ist China eine „wichtige Säule (. . . ) im asiatisch-pazifischen Raum“ und gewinnt im „weltweiten operativen Geschäft (. . . ) an Bedeutung“ (Siemens AG, 2006b). Nach Holtbrügge und Puck (2008, 1) verfügt kein anderes Unternehmen über ein „vielfältigeres Spektrum an Aktivitäten“ in China als die Siemens AG, die mit allen Funktionen und Bereichen vertreten ist und sie sukzessive erweitert. Im Jahr 2006 bestanden mehr als 70 Gesellschaften und 58 Zweigniederlassungen, wobei das Hauptgeschäft auf der Infrastrukturentwicklung liegt (Siemens AG, 2006b). Besonders gut entwickelt sich in jüngster Zeit auch das Segment Gesundheit (Interview 20). Seit im Jahr 2004 ein neues Forschungszentrum auf zentraler Ebene eröffnet wurde, bildet China zudem eines der fünf wichtigsten Zentren für Forschung und Entwicklung (Siemens AG, 2005, 9).96 Der chinesische Markt ist nach den USA und Deutschland der drittgrößte Einzelmarkt. Der absolute Beitrag der Region Asien-Pazifik zum Konzernergebnis ist seit dem Jahr 1997 angestiegen, vorrangig in den Jahren 1997-2000 und dann wieder ab dem Jahr 2003 (vgl. Tabelle A.5 im Anhang). Insofern entspricht die Entwicklung in ihrer Tendenz derjenigen in den USA sowie der des Konzerns. Im Jahr 2006 betrug der Umsatz in der Region 8,6 Mrd. EUR, was 9,9 % der Gesamtumsätze entspricht. Auf China entfielen im Jahr 2006 4,4 Mrd. EUR, was das Dreifache 95 Zahlen aus dem Jahr 2005. Der entsprechende Wert hatte im Jahr 1995 erst 3 % betragen. 96 Neben Deutschland, den USA, Österreich und Indien. Der Schwerpunkt in China liegt auf der Entwicklung von Produkten, die den speziellen Anforderungen der Schwellenländer gerecht werden, insbesondere im Bereich der Medizintechnik.
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des Wertes von vor zehn Jahren ist.97 Die Zahl der Mitarbeiter in der Region stieg von 27 Tsd. im Jahr 1997 auf 70 Tsd. im Jahr 2006. Das waren 14,7 % der gesamten Mitarbeiter. Darunter waren 43 Tsd. in China. Umsatz und Mitarbeiterzahl stiegen nach Unternehmensangaben vor allem in der zweiten Hälfte des Untersuchungszeitraumes. Aus den Zahlen geht eine zunehmende Bedeutung Chinas hervor, auf die anhand der Entwicklung des Engagements detailliert eingegangen wird. Entwicklung des Engagements Die ersten Aktivitäten von Siemens in China gehen auf das Jahr 1872 zurück. Bereits im Jahr 1937 befand sich dort die größte Siemens-Gesellschaft außerhalb Europas (Meck, 2004b). Im Jahr 1982 eröffnete Siemens als eines der ersten ausländischen Unternehmen eine Repräsentanz in China. Die hierdurch erlangte Pionierstellung wird bis heute als ein strategischer Wettbewerbsvorteil gewertet, da Siemens so Eintrittsbarrieren gegenüber nachfolgenden Konkurrenten errichten konnte (Luo, 2000, 255 ff.). Für Heinrich von Pierer gehörten China und Südostasien in den 1990er Jahren „zu den Lieblingsthemen“ neben den USA (Decurtins, 2002, 233). Nach und nach wurden die Segmente vor Ort aufgebaut und einzelne Glieder der Wertschöpfungskette verlagert. Dabei wandelte sich das Engagement: Während es sich zunächst vorrangig um einzelne, aus Deutschland gesteuerte Großprojekte handelte, wurden die Aktivitäten zunehmend lokal angetrieben. Bereits vor dem hier betrachteten Zeitraum erfolgte die Intensivierung: Im Jahr 1997 war Siemens mit 37 Joint Ventures und drei 100 %igen Tochtergesellschaften vertreten (Reisach, 2003). Das Ziel bestand im Ausbau der Präsenz: Das verlange zwar „einiges an Stehvermögen“, auch sei es nicht leicht, den Markt zu erschließen, weshalb man noch keine großen Gewinne mache, so Heinrich von Pierer in Thielbeer (1997). Dennoch wolle man Marktführer auf dem Elektromarkt werden und den lokalen Umsatz innerhalb von drei Jahren verdreifachen (Seidlitz, 1997). Daher wurden Joint Ventures aufgebaut und immer wieder Großaufträge vermeldet. Das Jahr 1999 markierte mit der Ankündigung über den Aufbau eines Gemeinschaftsunternehmens zum Bau von Lokomotiven den Einstieg der Verkehrstechniksparte in den lokalen Eisenbahnmarkt (o. V., 1999b). Im selben Jahr erhielt das Unternehmen in einem Konsortium mit Adtranz einen Auftrag über Elektrifizierung, Wartung und 97 Für China allein sind die Zahlen nicht durchgängig verfügbar. Im Unterschied zu den übrigen Werten ist die Aufgliederung nach Sitz des Kunden angegeben.
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Management der Strecke von Harbin nach Dalian (Buchenau, 1999). Auch die Unterzeichnung über den Bau der Transrapidstrecke in Shanghai im Januar des Jahres 2001 fällt in diesen Zeitraum. Die Mobilfunksparte (ehemals ICN) baute im Jahr 1998 die erste eigene Fertigung auf und entwickelte sich zur umsatzstärksten Sparte in China. Der Bereich Energie beteiligte sich in einem Konsortium am Drei-Schluchten-Staudamm-Projekt und lieferte Generatoren und Transformatoren (Siemens AG, 1998, 22). Die sich anschließende Phase zeichnete sich durch den Rückgang des Umsatzes aus: Er sank in den Geschäftsjahren 2001 bis 2003 von 3,9 Mrd. EUR auf 3,3 Mrd. EUR.98 Dies wurde auch auf Währungseffekte zurückgeführt, entscheidend verantwortlich hierfür war aber der Einbruch in der Mobilfunksparte. Der Marktanteil von 15 % fiel bis zum Geschäftsjahr 2003 auf unter 5 % ab (Hein, 2001), (Hein, 2004c). Anders als die immer erfolgreicheren chinesischen Anbieter war man in der Entwicklung zu zögerlich auf die spezifischen Präferenzen der chinesischen Kunden eingegangen (Buchenau, 2004). Die lokalen Anbieter hatten zudem eine überlegene Vertriebsstrategie (Müller & Preissner, 2003). Nachdem das Geschäft „zuletzt nicht wie erhofft“ verlaufen war, startete das Unternehmen im Jahr 2004 eine Offensive in China (Busse, 2004b).99 Heinrich von Pierer kündigte an, den Umsatz in den nächsten fünf Jahren verdoppeln zu wollen. Dazu sollte bis zum Jahr 2010 eine Mrd. EUR investiert und vermehrt vor Ort eingekauft werden. Im Mobilfunkgeschäft wurde eine Kooperation mit Ningbo Bird, dem größten chinesischen Hersteller von Mobiltelefonen, vereinbart. Wie zuvor in den USA sollten zudem die häufig separat agierenden Bereiche miteinander vernetzt werden (Busse, 2004a). In der Folgezeit entwickelte sich das Geschäft rasch, was durch eine Intensivierung des Engagements sämtlicher Arbeitsgebiete begünstigt wurde. Einen Beitrag leistet auch die erfolgreiche Beteiligung an diversen Infrastrukturprojekten (Interview 17). Siemens sei „viel stärker als der Markt“ gewachsen, so der Präsident und Geschäftsführer der Siemens Ltd. China Richard Hausmann (zitiert in o. V. (2005b)). Die Übernahme eines Unternehmens für Wasseraufbereitung (Beijing CNC Water Technology) markierte den Einstieg in den chinesischen Wassermarkt, dem zweitgrößten nach den Vereinigten Staaten (Herr, 2006). Der Bereich Energie verkündete, bis zum Jahr 2007 eine Anlage zur Stromübertragung über eine 98 Im Unterschied zu den im Anhang ausgewiesenen Zahlen ist dies der Umsatz aller konsolidierten Unternehmen im Land, der auch Erlöse mit ausländischen Unternehmen enthält (Herr, 2004). 99 Das Land war damit nach Russland und Indien das dritte Land, für das eine solche Offensive eingeleitet wurde.
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mehr als tausend km lange Freileitungsstrecke zu errichten, deren Auftragswert mit mehr als 100 Mio. EUR beziffert wurde (Herr, 2005).100 Im Jahr 2005 erhielt zudem die Bahntechniksparte einen Auftrag über 60 ICE-Züge. Dies wurde als wichtiger „Einstiegsauftrag“ im Hinblick auf den weiteren Ausbau des Eisenbahnnetzes gewertet. Während jedoch beim Transrapid noch 50 % der Wertschöpfung außerhalb Chinas stattfand, wurde nun ein Gemeinschaftsunternehmen vor Ort gegründet, das die Produktion übernehmen sollte. Lediglich einzelne Komponenten und die Software waren aus Deutschland vorgesehen (Hoffbauer, Rabe & Krummheuer, 2005). Es handelte sich damit nicht um ein klassisches Exportgeschäft. Das markierte eine Intensivierung des Engagements und deutete die Entwicklung des Landes zu einem Hightech-Partner Deutschlands an. Diese Tendenz sah Hausmann auch für die Zukunft an Bedeutung gewinnen. Er betonte im Interview mit Streitz (2006), dass sich China von einem Produktionsstandort zu einem Ort für Forschung und Innovation entwickelt. Gleichwohl machte er deutlich, dass der Prozess langwierig sei, weshalb China in näherer Zukunft sowohl einen Produktions- als auch Forschungsstandort bilde (Hausmann, 2007). Siemens verfolgt dort wie weltweit das Ziel, zweimal so stark wie das Bruttoinlandsprodukt zu wachsen. Geplant ist, das Geschäftsvolumen in den Jahren 20052010 zu verdoppeln, wozu weitere Investitionen vorgesehen sind (Interview 20). Der Schwerpunkt soll auf organischem Wachstum liegen (Hausmann & Lucks, 2006), (Streitz, 2006). Interessante Optionen bietet insbesondere die von der chinesischen Regierung verfolgte „Go West“ Strategie, durch die Investitionen in die weniger entwickelten Provinzen gelenkt werden sollen. Bedeutung der Region Siemens ist als globales Unternehmen nahezu weltweit vertreten und versucht stets, das Geschäftspotential auszuschöpfen. Aufgrund der Größe und der Internationalität des Konzerns stellt sich die Frage, ob man sich aus einzelnen Regionen zurückziehen soll, in der Regel nicht (Interview 17). Dies verdeutlicht auch die Tatsache, dass im Jahr 2004 Wachstumsinitiativen u. a. in China, Russland, Indien und Japan verfolgt wurden und man darüber hinaus auch in den übrigen Regionen „nicht zurückstecken“ wollte (Siemens AG, 2005, 7). Insgesamt hat China zwar einen besonderen Stellenwert, jedoch nicht als einzige Region. 100Es handelt sich um die Hochspannungs-Gleichstromfernverbindung Guizhou-Guangdong II, die nach erfolgreicher Testphase im Februar 2008 in Betrieb genommen wurde.
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Es handelt sich um einen für das Unternehmen unumgänglichen Markt (Interview 17). China steht daher „in der Rangliste der weltweiten Siemens-Prioritäten ganz vorn“ und der „Ausbau der Geschäftspositionen in China ist eine der wichtigsten Aufgaben des Konzerns – quer über das ganze Portfolio“ (Hausmann & Lucks, 2006, 308). Auch Heinrich von Pierer identifizierte die adäquate Reaktion auf die chinesische Entwicklung als die zentrale Herausforderung, der sein Nachfolger gegenüberstehen würde (Stewart & O’Brien, 2005, 121). In der Vergangenheit lockten vor allem Größe und Wachstum des Marktes sowie das sich ergebende Absatzpotential. Für die Zukunft wird zunehmend das erwartete Gewicht des Landes auf dem Weltmarkt – und damit auch die Relevanz des Engagements für die weltweite Konzernentwicklung – gesehen (Interview 20). Als ein Beleg für die globale Bedeutung Chinas wird der Neubau des Headquarters in Peking gewertet, da es sich hierbei mit einem Investitionsvolumen von 100 Mio. EUR um das größte Immobilienprojekt des Unternehmens weltweit handelt (Holtbrügge & Puck, 2008, 265). Zweifelsohne bestünden Risiken, aber es gäbe generell keine „no risk situation“, so ein Manager von Siemens China (zitiert in Wingert und Weber (2004)): Die relevante Frage ist weniger, wie groß das Risiko genau ist und wie man z. B. illegale Kopien von Produkten verhindern kann, sondern vielmehr was passiert, wenn man im Markt überhaupt nicht präsent ist. Die Herausforderungen in China sind nicht grundsätzlich komplexer als in anderen Ländern; ein jedes Engagement bringt spezielle und allgemeine Schwierigkeiten mit sich (Interview 17). Asien bildet ebenso wie die USA seit etwa 15 Jahren eine Fokusregion und die Expansion war ein konstitutives Element des top-Programms. Insofern hat sich die besondere strategische Relevanz der Region im Zeitablauf nicht grundlegend gewandelt. Im Zuge der Verlagerung von Wertschöpfungsaktivitäten änderten sich allerdings die konkreten Ziele. Während es zunächst vor allem darum ging, Zugang zum Markt zu gewinnen, rückten zunehmend Fragen nach der Zusammenarbeit mit Joint Venture Partnern und nach dem Aufbau einzelner Funktionen vor Ort in den Vordergrund. Die damit einhergehenden Justierungen der Regionalstrategien beruhten jedoch nicht auf einer Neueinschätzung des Marktes. Verhältnis zur Politik Siemens verfolgt in China die „seit Jahren eingeübte und alt bekannte Politik der guten Freunde“ (Decurtins, 2002, 235): Eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit der chinesischen Führung ist wichtig für geschäftlichen Erfolg. Dies gilt nicht
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nur – wie in anderen Ländern auch – bei Infrastrukturprojekten, sondern allgemein, da aufgrund der staatsnäheren Wirtschaftsstruktur häufiger staatliche Einrichtungen unter den Kunden sind. Einen Beitrag zum Aufbau dieser Freundschaft leistete die politische Flankierung durch die Bundesregierung. Bis heute ist ein gutes Klima in den bilateralen Beziehungen wichtig, da politische Erwägungen in das Kalkül der chinesischen Seite einbezogen werden können.101 Aus diesem Grund betreibe der Vorstand „Politik und Diplomatie mit derselben Gründlichkeit wie die Entwicklungsabteilung ihre Forschung“ (Krott, 1999, 50). Daneben spielen die deutschen politischen Akteure auch bei der Finanzierung der Großprojekte eine Rolle. Der Auftrag über den Transrapid mit einem Volumen von 1,3 Mrd. EUR wurde z. B. mit 125 Mio. EUR durch die Bundesregierung unterstützt (Sturbeck, 2002). Es entstand gleichzeitig der Eindruck, dass die deutsche Regierung konkrete, einzelwirtschaftliche Interessen weniger nachdrücklich vertritt als andere Regierungen: Deutschland hat den Ruf, sich neutral zu verhalten. Dies trägt zwar zum guten Image und somit mittelbar zum Geschäftserfolg bei, nicht aber zum unmittelbaren Erfolg (Interview 20). Daneben werden deutsche und europäische Partner sowie der Asien-PazifikAusschuss und ähnliche Gremien eingebunden, wenn es um die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen geht. Ein Beispiel bildet der Wunsch, dass China dem Government Procurement Agreement (GPA) der WTO beitreten möge.102 Auch der mit der Vergabe öffentlicher Aufträge häufig einhergehende Zwang zum Technologietransfer103 bildet ein Anliegen an die Politik. Der Schutz des geistigen Eigentums ist für Siemens hingegen weniger elementar als für ein schmaler aufgestelltes Unternehmen (Interview 20). Hieraus wird deutlich, dass sich die konkreten Anliegen und deren Dringlichkeit bei einzelnen Unternehmen unterscheiden. Sie hängen vom Produkt wie von den Märkten, die dafür gesucht werden, ab. 101Zumindest spielt die Nationalität eines Unternehmens ein von der Führung berücksichtigtes Kriterium. So erhielt z. B. ein japanisches Unternehmen den Auftrag für die Bahnstrecke PekingShanghai, was auch darauf zurückgeführt wurde, dass Siemens bereits bei diversen Infrastrukturprojekten beteiligt gewesen war und daher nun Unternehmen anderer Nationalität an der Reihe seien, um Einseitigkeit zu vermeiden (Hein, 2004b). 102Hierdurch würde das Land seine Märkte für öffentliche Vergabe öffnen. Die Verhandlungen über die Aufnahme haben im Dezember 2007 begonnen. Das GPA ist ein sog. „plurilateral agreement“, d. h. es ist nicht für alle Mitgliedsstaaten bindend. Ein Überblick ist in Wang (2007). 103Dieser war z. B. eine Bedingung dafür, dass das Unternehmen den Auftrag über die Lieferung der ICE-Züge im Jahr 2005 erhielt (Streitz, 2006).
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Der Umgang mit komplexen Rahmenbedingungen und der Versuch, auf ihre Gestaltung einzuwirken, bildet allerdings nur eine unter diversen Herausforderungen. Daneben gilt es, auf den sich intensivierenden Wettbewerb zu reagieren. Auch muss man passende Mitarbeiter104 finden, sie an das Unternehmen binden und das Vertrauen der Partner gewinnen. Wichtig ist ebenfalls, als Teil der chinesischen Kultur wahrgenommen zu werden.105 Politisches Handeln wirkt sich insofern nur auf einen Teil der Geschäftstätigkeiten aus. Umgekehrt ist die Politik nicht in allen Kernbereichen unternehmerischen Handelns von Relevanz. Der relativ hohe Anteil an Unternehmen in staatlicher Hand unter den Geschäftspartnern wurde als eine Besonderheit beschrieben, die sich im Wandel befindet (Interview 17): Zunehmend werden Unternehmen in China privatisiert, weshalb privat aufgestellte Akteure den Staat als Geschäftspartner ersetzen. Hält diese Tendenz an, wäre zu vermuten, dass die Bedeutung politischer Faktoren für den allgemeinen Geschäftserfolg abnimmt und lediglich bei Infrastrukturprojekten bestehen bleibt. Zudem wurden Rahmenbedingungen bereits tiefgreifend reformiert und verbessert (Pierer, 2006). So kann man heute im Unterschied zu vor 15 Jahren relativ zuversichtlich sein, dass sich China stabil entwickelt (Interview 20). Es zeichnet sich daher ab, dass Ausmaß und vermutlich auch Dringlichkeit der politisch relevanten Anliegen abnehmen. Zusammenfassung Im Zeitraum von 1997 bis 2006 baute Siemens seine Aktivitäten in China aus. Inzwischen sind sämtliche Geschäftsfelder und Glieder der Wertschöpfungskette einschließlich der Forschung und Entwicklung lokalisiert. Dabei avancierte das Land von einem bedeutenden Absatzmarkt zu einem integralen Bestandteil der globalen Wertschöpfungskette. Das Engagement gilt insgesamt als erfolgreich, verlief aber in den einzelnen Geschäftsbereichen unterschiedlich. Betriebswirtschaftliche Fehleinschätzungen ließen den Umsatz zu Beginn des 21. Jahrhunderts zurückgehen. Das Unternehmen reagierte im Rahmen einer China-Offensive mit einem Maßnahmenbündel, was sich positiv auf die inzwischen wieder erfolgreiche Gesamtentwicklung auswirkte. In Zukunft sollen die Aktivitäten intensiviert werden, wobei China auch in qualitativer Hinsicht wichtiger werden wird. 104Siemens hat hierzu nicht nur ein umfassendes eigenes Ausbildungsprogramm aufgebaut, sondern pflegt auch Kontakt zu Universitäten (Welge & Holtbrügge, 2006, 490 ff.). 105Dies wurde auch von Ernst Behrens, dem ehemaligen Vorsitzenden von Siemens in China, als wesentlicher Erfolgsfaktor identifiziert (Krott, 1999, 54).
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Die Volksrepublik bildet inzwischen den drittgrößten Einzelmarkt für Siemens und ist in die globale Wertschöpfung integriert; die Bedeutung ist mithin offensichtlich. Der Markt gilt seit etwa 15 Jahren als unabdingbar, weshalb die Einschätzung der strategischen Bedeutung keinem fundamentalen Wandel unterworfen war. Rückschlüsse auf die Relevanz anderer Regionen lassen sich daraus nicht ziehen, da ein jedes Engagement im Rahmen der bestehenden Möglichkeiten bestmöglich gestaltet wird. Schließlich sind Beziehungen zu deutschen und chinesischen Entscheidungsträgern unabdingbarer Bestandteil der Chinastrategie. Ihre Bedeutung für den Geschäftserfolg ist größer als in anderen Ländern oder für andere Unternehmen, was auf drei Parameter zurückzuführen ist: Durch die Verquickung von Politik und Wirtschaft in China fungiert erstens der chinesische Staat häufig als Geschäftspartner. Zweitens müssen aufgrund des relativ frühen Stadiums des Landes bei seiner Integration in die Weltwirtschaft stabile und verlässliche Rahmenbedingungen noch gestaltet werden. Drittens liegt es an Besonderheiten der Branche, dass generell häufiger Verträge mit staatlichen Partnern geschlossen werden. Insbesondere die beiden ersten Aspekte ändern sich derzeit. Das legt die Vermutung nahe, dass in Zukunft lediglich die branchenspezifischen Eigenheiten zum Tragen kommen. Es könnte deshalb sein, dass sich die Bedeutung der Politik derjenigen in anderen Ländern annähert.
4.3.4 Zusammenfassung und Interpretation In der Zusammenfassung erscheinen die folgenden Aspekte charakteristisch für die Entwicklung des Unternehmens, für die strategische Bedeutung der Regionen sowie für die Relevanz der Politik. Die USA bilden noch vor Deutschland den größten Einzelmarkt, dessen quantitativer Beitrag angestiegen ist. Die Entwicklung trug dazu bei, die Wettbewerbsfähigkeit von Siemens zu sichern und die Herausforderungen, die die Globalisierung mit sich brachte, zu meistern. Auch in qualitativer und kultureller Hinsicht näherte sich das Unternehmen den USA an. Daher gelten die 1990er als Zeitraum der Amerikanisierung. Die sich an die Phasen der schnellen Expansion und der Konsolidierung anschließende Phase des kontrollierten, profitablen Wachstums setzte sich bis zum Ende des Untersuchungszeitraumes fort. Weiteres Wachstum wurde auch für die Zukunft erwartet. Die zentrale Bedeutung der USA begründet sich aus der Größe des Marktes und aus dem Beitrag zur Sicherung von Technologieführerschaft und Wettbewerbsfähigkeit, den das dortige Engagement leistet. Die
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Volksrepublik China ihrerseits ist zum drittgrößten Markt aufgestiegen. Das Engagement war nicht immer einfach, wobei auf Schwierigkeiten mit betriebswirtschaftlichen Maßnahmen reagiert wurde. In den 1990ern wurden Elemente der Wertschöpfung verlagert, so dass China nun einen integralen Bestandteil der globalen Beschaffungs- und Produktionsprozesse bildet. Das Engagement ist daher unabdingbar, weshalb auch seine Intensivierung Priorität genießt. Insgesamt haben somit die beiden Regionen USA und China in quantitativer und qualitativer Hinsicht an Bedeutung gewonnen. Dabei war die strategische Relevanz in beiden Fällen bereits vor Beginn des hier untersuchten Zeitraumes klar. Es fand also weder ein Wandel der strategischen Präferenzen von den USA nach China statt, noch richteten diese sich gegenüber einem der Länder neu aus. Geändert haben sich allenfalls die konkreten Regionalstrategien. Der Schwerpunkt der unternehmerischen Tätigkeit – nämlich die Beteiligung an Infrastrukturprojekten – bringt es mit sich, dass gute Beziehungen zu den politischen Entscheidungsträgern im Gastland geschäftsrelevant sind. Das gilt für die USA gleichwohl in geringerem Umfang als für China. Teil der Strategie ist es, sich jeweils als lokaler Akteur zu präsentieren. Besonders in den USA wirkt Siemens gezielt darauf hin, als amerikanisches Unternehmen wahrgenommen zu werden, um so auch bei sicherheitsrelevanten Projekten und bei protektionistischen Tendenzen erfolgreich zu sein. Dies ist in China auch wichtig, jedoch von geringerer Relevanz, da Deutschland ohnehin einen ausgezeichneten Ruf genießt. Hier führen die Staatsnähe der Wirtschaft sowie der noch bestehende Gestaltungsraum bei den rechtlichen Rahmenbedingungen dazu, dass enge Kontakte zur chinesischen und zur deutschen Politik bedeutsamer als in anderen Ländern erscheinen. Sowie die Entwicklung Chinas in ein reiferes Stadium übergeht, wird sich diese Besonderheit vermutlich auflösen oder zumindest abschwächen. Insgesamt exemplifiziert die Entwicklung daher das Denken in den Kategorien von Produkt und Markt, wobei Märkte als Absatzmöglichkeiten zu verstehen sind, nach denen gesucht wird. Die unternehmerische Ratio bringt es mit sich, dass die bestehenden Möglichkeiten ausgeschöpft werden und der größtmögliche Erfolg angestrebt wird. Auf die diesem Ziel dienenden Strategien wirken sich Branchenspezifika, aber auch politische und wirtschaftliche Eigenheiten der jeweiligen Region aus. Politische Unterstützung – sowohl von der deutschen als auch der amerikanischen bzw. der chinesischen Seite – ist vorrangig für das Engagement im jeweiligen Land bedeutsam. Von gesamtstrategischen Entwicklungen erscheinen politische Erwägungen jedoch weitgehend losgelöst.
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4.4 Deutsche Bank 4.4.1 Porträt der Branche und des Unternehmens Banken bilden im gesamtökonomischen Sinne einen Mittler zwischen Wirtschaftssubjekten, die Vermögensmittel sparen möchten und Subjekten, die finanzielle Mittel zur Finanzierung ihres Konsums oder ihrer Investitionen benötigen (Menza, 2007, 19). In dieser Funktion transformieren Banken Liquidität, Informationen und Risiken.106 Aus einzelwirtschaftlicher Perspektive unterscheidet man diverse Arten von Finanzinstituten, etwa nach den bedienten Kundengruppen, dem geographischen Aktionsradius oder dem Leistungsspektrum (Stöß, 2007, 26 f.). Die Bedeutung von Banken liegt weniger in ihrer unmittelbaren Wertschöpfung – das deutsche Kreditgewerbe trug im Jahr 2002 knapp 3 % zum Bruttoinlandsprodukt in Deutschland bei. Auch zeichnen sich Banken trotz eines Trends zum Outsourcing durch einen Anteil von 80 % interner Wertschöpfung aus (Ackermann, 2005). Das in der Automobilindustrie beobachtete Phänomen, dass Entscheidungen eines Unternehmens Aktivitäten weiterer Beteiligter nach sich ziehen, trifft also weniger zu.107 Vielmehr gelten Banken als „strategic in the definition of the future economic growth of nations“ (Strachman, Fucidji & Vasconcelos, 2002, 45): Sie identifizieren Innovationen und finanzieren Unternehmensgründungen (Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, 2008, 2 f.). Banken lenken so Kapital zu seiner produktiven Verwendung und nehmen damit eine volkswirtschaftliche Schlüsselrolle ein. Da der Zusammenbruch eines großen Instituts verheerende Folgen für die wirtschaftliche Stabilität eines Landes hätte, geht man davon aus, dass der Sektor unter einem Sicherheitsnetz der Regierung steht; zumindest ab einer gewissen Größe gelten Banken als 106Der Arbeit liegt damit ein ökonomisches und funktionsorientiertes Verständnis des Bankbegriffes zugrunde, da die Legaldefinition eines Kreditinstitutes gemäß § 1 Abs. 1 Kreditwesengesetz eine starre Enumeration von Bankgeschäften bildet und der sich rasch ändernden wirtschaftlichen Realität nicht gerecht wird. Der Begriff „Finanzdienstleister“ wird als Oberbegriff verwendet, sowohl Banken als auch Versicherungsunternehmen fallen hierunter (Büschgen & Börner, 2003, 16 ff.). 107Vorherrschend scheint zumindest in der Vergangenheit die umgekehrte Logik gewesen zu sein, also dass Banken ihren Firmenkunden beim Gang ins Ausland folgen. Diese sog. Customer Following Strategy ist gleichwohl nur eines von mehreren mikroökonomischen Motiven, die grenzüberschreitende Aktivitäten von Banken induzieren und betrifft vor allem das Geschäftskundengeschäft (Molyneux, 2003, 281). Ob das damit verbundene Paradigma „Finance Follows Trade“ die Internationalisierung von Banken gesamtwirtschaftlich erklärt, wird angesichts der Integration der Finanzmärkte, die rascher abläuft als die realwirtschaftliche Integration, angezweifelt (Strachman, Fucidji & Vasconcelos, 2002, 27). Auch Kindleberger (1983) plädiert für eine differenzierte Betrachtung.
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„too big to fail“ (Saunders & Wilson, 1999). Die wirtschaftliche Bedeutung der Branche liegt damit auf einer anderen Ebene als die anderer Branchen. Die Deutsche Bank AG ist Deutschlands größte Bank, gemessen an der Bilanzsumme von 2.020 Mrd. EUR. Sie beschäftigte im Jahr 2007 78 Tsd. Mitarbeiter in insgesamt 76 Ländern. Das Unternehmen hat seit den 1990er Jahren einen Transformierungsprozess durchlaufen. Für die sehr breit aufgestellte Universalbank bildete damals der Heimatmarkt den wirtschaftlichen Schwerpunkt: Hier wurden im Jahr 1995 69 % der Nettoerträge erzielt; auf das restliche Europa entfielen 20 %, auf Amerika 7 % und auf Asien 4 %. Im Rahmen einer strategischen Neuausrichtung diversifizierte sich die Bank auch regional, so dass im Jahr 2006 Deutschland nunmehr lediglich ein Viertel der Nettoerträge generierte und das restliche Europa 34 %, Amerika 29 % und Asien 12 %.108 Die Deutsche Bank war damit nicht nur die größte, sondern auch die am stärksten global ausgerichtete deutsche Bank und nach eigenen Angaben zugleich die einzige mit einer nennenswerten Präsenz in der Volksrepublik China und einer bedeutenden Präsenz in den USA.109 Die Bank gliedert sich in drei Konzernbereiche, die jeweils global abgebildet werden.110 Der Bereich Corporate and Investmentbank (CIB) umfasst das Kapitalmarktgeschäft, das Beratungsgeschäft bei Fusionen und Übernahmen, das Kreditgeschäft sowie Transaktionsdienstleistungen, also Abwicklungsdienste für Zahlungsverkehr und Wertpapiergeschäfte. Der Bereich hat institutionelle Kunden, sowohl aus dem öffentlichen Sektor (z. B. Staaten) als auch aus dem privaten Sektor (z. B. Großkonzerne, mittelständische Unternehmen). Der Bereich Private Clients and Asset Management (PCAM) gliedert sich in Asset Management, also die Verwaltung des Aktien-, Anleihen- und Immobilienvermögens institutioneller und privater Anleger, in Wealth Management, also die Betreuung vermögender Privatkunden bzw. kleiner Unternehmen sowie in das Geschäft mit traditionellen Bank108Bei Finanzdienstleistern wird im allg. auf die Entwicklung der Brutto- oder der Nettoerträge abgestellt, da kein Umsatz im üblichen Sinn generiert wird. Die Zahlen sind Ackermann (2007, 4) entnommen und nicht vollständig vergleichbar, da sie auf unterschiedlichen Rechnungslegungsmethoden beruhen. Für 1995 sind zudem die unkonsolidierten Werte angegeben. Die Werte für 2006 beziehen sich lediglich auf die Bereiche Corporate and Investmentbank und Private Clients and Asset Management. 109Grundsätzlich ist die im Geschäftsbericht ausgewiesene regionale Aufteilung nach Rugman (2005, 100) in der Finanzbranche wenig aussagekräftig. Auch die Deutsche Bank merkt an, dass Geschäfte nicht immer dort bilanziert werden, wo sich die Geschäftsstelle des Kunden bzw. des Mitarbeiters, der das Geschäft verantwortet hat, befindet. Vielmehr hängt die Wahl des Standortes von aufsichtsrechtlichen und abwicklungstechnischen Aspekten ab (Deutsche Bank AG, 2008a, 145). 110Die Regionen werden also innerhalb der Divisionen abgebildet. Während der vergangenen Jahre hat die Bedeutung der regionalen Marktsegmentierung zugenommen (Interview 3).
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dienstleistungen. Der dritte Bereich – Corporate Investment (CI) – umschließt diverse Industriebeteiligungen sowie Anlagen in Wagniskapital. Es werden lediglich Entwicklungen in den beiden erstgenannten Bereichen dargestellt.111
4.4.2 Das Unternehmen und die USA Überblick Die US-Finanzindustrie ist eines der „pivotal theatres of the global financial industry“ (Kern, 2007, 21) und gilt als „one of the world’s leading financial services centers“ (Mc Kinsey, 2007, 31): „In no other industry has the United States been as resolutely superior as in the financial industry. (. . . ) All significant innovations have come out of the US financial system,“ so der Ökonom der europäischen Investmentbank (Steinherr, 1998, 29). Ursächlich hierfür sind unter anderem nationale Regularien112 , die dazu führten, dass ein intensiver Wettbewerb zwischen unterschiedlichen Arten von Finanzdienstleistern, insbesondere zwischen Geschäftsbanken, Investmentbanken und Brokern, entstand. Das Finanzsystem ist insgesamt marktbasiert; d. h. die Aktien- und Anleihenmärkte sind stark entwickelt, wohingegen der Bankenmarkt nicht dominant ist. Im bankbasierten Finanzsystem Deutschlands herrscht die gegenteilige Struktur vor (Lannoo, 2005, 122 f.).113 Die Deutsche Bank bietet mit Ausnahme des Retailbanking114 ihr gesamtes Produktportfolio in den USA an. Die Schwerpunkte des Engagements liegen im Investmentbanking und im Firmenkundengeschäft. Die Beiträge der Region zum Konzernergebnis entwickelten sich folgendermaßen (vgl. Tabelle A.6 im Anhang): Der Ertragsanteil Nordamerikas wuchs von 11,4 % im Jahr 1997 auf 27,7 % im Jahr 2006.115 Bei insgesamt im Untersuchungszeitraum positiver Entwicklung der Erträge stieg der Wert dabei auch in absoluten 111CI ist keine operative Division und zudem sehr klein: Der Bereich verantwortete im Jahr 2006 lediglich 5% der Erträge. Darüber hinaus werden die Ergebnisse für CI nur auf globaler Ebene ausgewiesen. 112Zu nennen ist insbesondere der (im Jahr 1999 außer Kraft gesetzte) Glass-Steagall Act aus dem Jahr 1933, durch den das Emissionsgeschäft institutionell strikt vom Einlagengeschäft getrennt wurde. 113Der Bankenmarkt wird gemessen in Bank Assets, der Anleihenmarkt in den ausstehenden Anleihen und der Aktienmarkt in der Marktkapitalisierung des gesamten Aktienmarktes. 114Es werden die englischen Begriffe Retailbanking und Privatebanking beibehalten, da es keine deutschen Begriffe mit entsprechender Trennschärfe gibt. Retailbanking meint das Geschäft mit Privatkunden ohne größere Vermögensbestände und Beratungsbedarf. Privatebanking meint hingegen Dienstleistungen für vermögende Privatkunden. 115Der Wert ist 1 % geringer als o. g., da nur Nordamerika (nicht Amerika insgesamt) gemeint ist.
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Größen von 1,4 Mrd. EUR auf 7,8 Mrd. EUR um das 5,5fache.116 Der Anteil der Mitarbeiter in Nordamerika wuchs von 6,1 % auf 16,5 %. Während sich im Gesamtkonzern die Mitarbeiterzahl verringerte, stieg sie in Nordamerika auch absolut von 5 Tsd. im Jahr 1997 auf 11 Tsd. im Jahr 2006. Der überwiegende Teil der in Nordamerika erzielten Erträge sowie der dort beschäftigten Mitarbeiter entfällt auf die USA. Urteilt man anhand der Zahlen, so ist die Bedeutung der USA immens gestiegen. Gleiches gilt auch für die qualitative Entwicklung, die im Folgenden dargestellt wird. Entwicklung des Engagements Die Deutsche Bank pflegte seit Ende des 19. Jahrhunderts Geschäftsbeziehungen in den USA und unterhielt seit 1979 eine Filiale in New York. Gleichwohl markiert die Akquisition der achtgrößten amerikanischen Bank Banker’s Trust im Jahr 1998 den eigentlichen Einstieg in den amerikanischen Markt (Deutsche Bank AG, 1999, 14 f.). Kurz zuvor hatte sich die Deutsche Bank das Ziel gesetzt, ein globaler Konzern mit starker Investmentsparte zu werden (Deutsche Bank AG, 2002, 5). Eine bedeutsame Präsenz in den Vereinigten Staaten erschien für ein Institut mit beginnend globaler Ausrichtung als ein strategischer Imperativ, da unter anderem Geschäfte wie das Investmentbanking sinnvollerweise nur im Weltmaßstab betrieben werden können: „Thinking global requires thinking U.S.“ (Wieandt & Santiago, 2005, 74). Das US-Engagement bildete zugleich ein Mittel zum Zweck, um die Vorzüge des angloamerikanischen Stils im Investmentbanking zu integrieren (Kobrak, 2008, 501). Insgesamt wirkte der ab diesem Zeitraum nachdrücklich betriebene Ausbau des Engagements in den USA instrumental in der strategischen Neuausrichtung. Darüber hinaus wurde die Fusion mit Banker’s Trust durch zwei gesamtwirtschaftliche Entwicklungen angetrieben. Ähnlich wie in der Automobilindustrie zeichnete sich seit den 1990er Jahren ein Trend zur Konsolidierung in der Bankenlandschaft ab (Wieandt & Blank, 2003, 95).117 Es wurde erwartet, dass der Markt 116Das Wachstum war überwiegend nicht organisch, sondern beruhte auf Akquisitionen. 117Zwischen 1991 und 1998 kam es in den USA zu mehr als 5 Tsd. Fusionen, in Europa etwa zu einem Viertel davon (Hughes & MacDonald, 2002, 427). Große Konsolidierungswellen fanden seit Ende des 18. Jahrhunderts immer wieder statt, gleichwohl zeichnet sich die hier beschriebene sowohl quantitativ (Anzahl der Transaktionen) als auch qualitativ (internationale Transaktionen) aus. Grenzüberschreitende Transaktionen waren zwar in der Minderheit, schienen aber zuzunehmen (Kobrak, 2008, 462). Nationale Deregulierung gilt als eine treibende Kraft bei diesem Prozess (Vennet, 2003, 297). Darüber hinaus begünstigten technische Innovationen, v.a. in den Bereichen
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am Ende unter einer geringen Anzahl an Großinstituten aufgeteilt würde.118 Die Deutsche Bank meldete ihren Anspruch an, hierzu zählen zu wollen (Roth, 2000). Auch führte die Globalisierung der produzierenden Industrie den Beteiligten vor Augen, dass primär international aufgestellte Banken auf dem Heimatmarkt überleben: Nur sie können den Anforderungen, die ihre zunehmend international tätigen Kunden stellen, nachkommen (Strachman, Fucidji & Vasconcelos, 2002).119 Beobachter interpretierten den Zusammenschluss mit Banker’s Trust daher auch als strategische Notwendigkeit, um sowohl international als auch national wettbewerbsfähig bleiben zu können (Hughes & MacDonald, 2002, 429 f.). Der Ausbau des Engagements auf dem amerikanischen Markt bis heute lässt sich grob in drei Phasen einteilen (Wieandt & Santiago, 2005). Die erste Phase umfasste die Jahre 1998 bis 2002 und ist durch Expansion in den Kerngeschäftsfeldern charakterisiert. In diesem Zeitraum wurde auch die inhaltliche Transformation der Bank vollzogen. Im Konzernbereich CIB wurde neben Banker’s Trust im Jahr 2000 die National Discount Brokers Group akquiriert. Zum heutigen Bereich PCAM zählten der Kauf des amerikanischen Vermögensmanagers Scudder120 (2002) sowie die Übernahme der US-amerikanischen Immobilienverwaltungsgesellschaft RREEF im Jahr 2002. Im Jahr 2001 wurde die Aktie der Deutschen Bank an der NYSE eingeführt und die Rechungslegung auf die United States Generally Accepted Accounting Principles (US-GAAP) umgestellt. Nach der Zerstörung der US-Zentrale am 11. September 2001 siedelte das Unternehmen entgegen dem allgemeinen Trend direkt an die Wall Street – also an das Herz des amerikanischen Finanzmarktes – um. Beide Handlungen gelten als Bekenntnisse zum amerikanischen Markt. der Datenverarbeitung und des Risikomanagements, die Zusammenschlüsse (Strachman, Fucidji & Vasconcelos, 2002). 118Smith (1989, 351) kommentierte die Situation folgendermaßen: „The presumption, widely accepted, was that globalization of financial markets would draw to the center a handful of banks or financial-services firms that would be so much stronger and so much more globally integrated than the others that they would constitute a new financial „oligopoly.“ Everyone who was a major player in his home market, and who aspired to global prominence in the future, had his eye on making the all-world team in the year 2000.“ 119Die sich ergebende Gefahr für die Deutsche Bank vermögen zwei Beispiele zu illustrieren: Goldman Sachs – und nicht die Deutsche Bank – war der Konsortialführer beim Börsengang der Deutschen Telekom; die Investmentbank spielte auch bei der Fusion von Daimler-Benz und Chrysler die Hauptrolle. 120Die Deutsche Bank kaufte Scudder von der Zurich Financial Services und überließ ihr im Gegenzug die Deutsche Herold (Deutsche Bank AG, 2003, 133).
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Ab dem Jahr 2002 erfolgte konzernweit eine Fokussierung des Geschäfts auf Kernkompetenzen. Auch in den USA wurden einzelne Bereiche wieder abgestoßen, wie etwa das passive Vermögensmanagement und ein Teil des Privatebanking. In dieser Phase wurde auch die Führungsspitze des Konzerns umstrukturiert. Der Vorstand wurde auf fünf Mitglieder verkleinert und de facto durch ein Group Executive Committee ersetzt, das sich aus den Leitern der wichtigsten Sparten und dem Vorstand zusammensetzte (Deutsche Bank AG, 2003, 10).121 Die umfassende Delegation von Kompetenzen und Verantwortung an die Leiter der einzelnen Sparten entspricht dem angloamerikanischen Stil und ist für ein deutsches Unternehmen eher untypisch. Da die Spartenleiter zudem nicht alle in der Zentrale angesiedelt sind, werden viele Entscheidungen außerhalb Deutschlands getroffen. Das Bild von einzelnen Töchtern, die aus Deutschland heraus gesteuert werden, ist im Falle der Deutschen Bank obsolet. Auch in der Unternehmensorganisation lässt sich daher eine Annäherung an den angloamerikanischen Stil erkennen. In der dritten Phase, ab dem Jahr 2004, erfolgte keine inhaltliche Umgestaltung mehr, sondern gezieltes Wachstum in den als Kerngeschäfte definierten Bereichen. Überwiegend handelte es sich um organisches Wachstum, jedoch wurden auch einzelne kleinere Akquisitionen getätigt.122 Zudem wurde entschieden, die Konzernentwicklung nicht mehr in Frankfurt zu konzentrieren, sondern in den wirtschaftlich relevanten Regionen anzusiedeln, woraufhin Teams in London, Singapur und New York gebildet wurden. Wiederum wird der Trend zur dezentralen Entscheidungsfindung deutlich. Auch in Zukunft soll der Marktanteil in den USA weiter ausgebaut werden. Es wird allgemein eine Änderung in der regionalen Verteilung der gesamten Erträge zugunsten des Auslands sowie der USA erwartet. Dies ist aus gesamtunternehmerischer Perspektive einleuchtend. Entscheidend sind sog. Revenue Pools, die Umsatzpotentiale in den einzelnen Regionen. Die regionale Ausrichtung der Bank entspricht im Idealfall der regionalen Verteilung dieser Revenue Pools. Im Jahr 2003 entfielen 43 % der Revenue Pools auf die USA, die Bank generierte dort jedoch lediglich 31% ihrer Nettozinserträge (Interview 7). Wachstumspotential wird z. B. in der Integration neuer Industriezweige oder Kundengruppen in die Investmentberatung gesehen. 121Seit dem Jahr 2007 besteht der Vorstand nur noch aus vier Mitgliedern (Deutsche Bank AG, 2008b). 122Hierzu zählten z. B. der Kauf der Hypothekenbank Berkshire Mortgage Finance im Jahr 2004 sowie im Jahr 2006 die Akquisition von Mortgage IT, einem auf die Vergabe, den Ankauf und die Verbriefung von Wohnimmobilienkrediten spezialisierten Real Estate Investment Trust.
4.4 Deutsche Bank
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Bedeutung der Region Die Region Amerika ist zunächst aufgrund ihres enormen Einflusses auf den gesamtunternehmerischen Erfolg von Bedeutung: Sie verantwortet rund ein Drittel der Erträge und ist einer der zentralen Märkte sowie der Hauptwachstumsmarkt, was auch so bleiben wird (Interview 3). Die positive Einschätzung von Wachstumsperspektiven auf dem amerikanischen Markt ist auf verschiedene Faktoren zurückzuführen. Im Privatkundengeschäft gibt z. B. die prognostizierte Bevölkerungsentwicklung in den nächsten Jahren ein Wachstum von 3-4 % vor, weshalb langfristig auch eine Expansion in dieses Geschäftsfeld nicht ausgeschlossen wird (Interview 7). Für das Vermögensmanagement spielt der Umfang, in dem Vermögen gebildet wird, eine Rolle. Da die Amerikaner ihre Vermögenswerte international diversifiziert anlegen, profitieren sie vom Wachstum der Schwellenländer. Auch wird die Präsenz des Unternehmens in den USA und in Europa zunehmend bedeutend, um asiatische Kunden bei ihren weltweiten Aktivitäten begleiten zu können (Interview 21). Die isolierte Betrachtung einzelner Regionen entspricht also nicht der Denkweise in der Deutschen Bank. Zwischen den Entwicklungen in den einzelnen Regionen bestehen insbesondere in der Finanzindustrie enge Zusammenhänge. Deshalb ist auch der Fall, dass eine Region zuungunsten einer anderen Region wichtiger wird, eher unwahrscheinlich. Zumindest trifft er in den USA nicht zu. Dies verdeutlicht auch die auf Wachstum ausgerichtete Gesamtstrategie, die das Ziel hat „neben Investitionen in bestehende Kernmärkte selektiv in schnell wachsende Volkswirtschaften zu expandieren“ (Wieandt, Rother & Haslinger, 2006, 253), (Ackermann, 2006). Daneben kommt laut dem für die Konzernentwicklung zuständigen Manager Bernd Amlung speziell New York als „Schrittmacher in der globalen Finanzindustrie“ (zitiert in Misercola (2006, 35)) besondere Bedeutung zu. Auch der Vorsitzende der Region Amerika vertrat die Ansicht, es sei schwer möglich, die Wichtigkeit der Stadt zu überschätzen, denn es handele sich um „the most international, dynamic, entrepreneurial and resilient city in the world“ (zitiert in Misercola (2006, 347)). Die Stadt gilt neben London als Quelle für Trends, aus der Innovationen im Bankgeschäft kommen. Nur die Präsenz vor Ort ermöglicht es der Bank, der Nachfrage der Kunden nach aktuellen Produkten gerecht zu werden (Interview 7).123 123Einen generellen Überblick über die Standortbedingungen in New York, auch im Vergleich zu London, bietet eine Studie von Mc Kinsey (2007).
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Die enorme Bedeutung von London und New York für die Finanzindustrie bringt es auch mit sich, dass der dort vorherrschende angloamerikanische Geschäftsstil das Geschäftsleben prägt. Institute, die in den USA vertreten sind, eignen sich diese für globale Aktivitäten wichtige Kultur an – was sie insgesamt erfolgreicher macht. Langfristig gegenläufig wirken gleichwohl diverse regulatorische Entwicklungen. Hierzu zählen insbesondere die kostenträchtigen neuen Regelungen, die durch das Sarbanes-Oxley-Gesetz für börsennotierte Unternehmen eingeführt wurden.124 Gerade kleinere Unternehmen überlegen sich aufgrund der enormen Anforderungen an Berichterstattung, Compliance und Corporate Governance, ob eine Börsenpräsenz in den USA unbedingt notwendig ist (Interview 3). Auch einige größere Unternehmen erwägen ein Delisting oder sind diesen Schritt bereits gegangen, wie das Beispiel der BASF illustriert. Die USA werden daher in der Finanzindustrie im Unterschied zu früher weniger als Land der unbegrenzten Möglichkeiten gesehen. Dies brachte auch eine Untersuchung von Mc Kinsey (2007) zu Tage. Allerdings bereitet dieser Trend den Amerikanern selbst große Sorge. Aus dem Finanzministerium wurde bereits eine Initiative gestartet, um die Wettbewerbsfähigkeit des Standortes New York zu sichern. Verhältnis zur Politik Regierungen vermögen – in den Augen der Gesprächspartner – grundsätzlich den unternehmerischen Erfolg im In- und Ausland zu unterstützen (Interviews 7, 21). In den USA ist dies aber im Unterschied etwa zu Asien, Osteuropa oder der Türkei von nachrangiger Bedeutung. Dass das Handeln der deutschen Regierung für den Erfolg auf dem US-Markt weniger relevant ist, verdeutlicht auch die rein betriebswirtschaftliche Natur der zentralen Herausforderung, die das Engagement mit sich brachte. Es ging darum, in den USA als ein den großen amerikanischen Investmentbanken gleichrangiges Institut wahrgenommen zu werden. Heute wird die Deutsche Bank von vielen Kunden und Konkurrenten als amerikanisches Finanzinstitut betrachtet, was sie als Erfolg wertet (Kobrak, 2008, 502). Als angesehenes, prestigeträchtiges Haus ist die Deutsche Bank gleichzeitig auch ein attraktiver Arbeitgeber, was es erleichtert, die besten Mitarbeiter zu gewinnen und zu halten. Hierin liegt eine wesentliche Determinante des Geschäftserfolgs; allgemein, da 124Streng genommen ist Sarbanes-Oxley nicht nur für Unternehmen gültig, deren Papiere an den USBörsen gehandelt werden, sondern u. a. auch für Unternehmen, deren Wertpapiere außerbörslich gehandelt werden sowie für deren Tochterunternehmen.
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es sich um einen Finanzdienstleister handelt, aber auch speziell in den USA, da dort die Bereitschaft, den Arbeitgeber zu wechseln, relativ hoch und es durchaus üblich ist, dass sich die einzelnen Häuser gegenseitig ganze Teams abwerben (Kuls, 2004). Der Umgang mit Herausforderungen wie dieser bestimmt maßgeblich die Aktivitäten der Deutschen Bank; es ist aber wohl plausibel anzunehmen, dass hieraus keine unmittelbaren Anliegen an die deutsche Außenpolitik entstehen. Themen, bei denen politisches Handeln potentiell eher von Relevanz ist, sind Schwierigkeiten aufgrund des Rechtsumfelds sowie die Besonderheiten der amerikanischen Rechnungslegung. Sie gelten als weniger relevant für das Tagesgeschäft, sondern bilden eher eine Besonderheit, auf die man sich einzustellen hat (Interview 7). Da zudem viele der Kunden der Bank selbst international tätig sind, gleicht sich das Umfeld langsam an: Selbst bei einem nicht-amerikanischen Auftraggeber können die amerikanischen Standards gelten, da der Kunde selbst in den USA engagiert ist. Daher etabliert sich langsam ein weltweiter Standard, der weitgehend dem amerikanischen entspricht (Interview 7). Darüber hinaus ist die Finanzindustrie stark reguliert.125 Die Deutsche Bank unterliegt den speziellen US-Regularien für Finanzdienstleister. Aktives Handeln ist immer dann wahrscheinlich, wenn sich das Unternehmen gegenüber den inländischen Banken diskriminiert fühlt, was in Einzelfällen vorkommen kann (Interview 7).126 Allerdings sind auch in diesem Bereich zunehmend globale Standards zu beobachten, die dann für jede Bank weltweit gelten und nicht mehr in unmittelbarem Zusammenhang mit dem US-Engagement stehen. Zusammenfassung Die Deutsche Bank intensivierte mit Beginn des Untersuchungszeitraumes ihre Aktivitäten in den USA. Sie gewannen seither sowohl nach quantitativen als auch nach qualitativen Maßstäben an Bedeutung. Der Ausbau ist nicht losgelöst von gesamtwirtschaftlichen Trends sowie von der gesamtunternehmerischen Entwicklung zu betrachten. Im Prozess der Transformation von einer nationalen, breit aufgestellten Universalbank zu einem globalen Institut mit einem Schwerpunkt 125Bankregulierung meint die Beaufsichtigung, Reglementierung und Lenkung der Bankunternehmen. Es wird die Meinung vertreten, Bankensektor und Versicherungsbranche seien die Bereiche mit der stärksten Regulierung (Stöß, 2007, 25). 126Ausländische Banken in den USA fallen unter die gleiche Gesetzgebung wie die nationalen Banken. In der Praxis traten wiederholt Probleme auf, die vor allem darauf zurückzuführen sind, dass in den USA Geschäftsbanken und Investmentbanken traditionell getrennte Institute sind, in Europa hingegen Universalbanken vorherrschen (Hughes & MacDonald, 2002, 35).
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auf dem Investmentbanking war das US-Engagement – bestehend aus den Phasen der Expansion, der Konsolidierung und des gezielten Wachstums in Kernbereichen – ein bedeutender Baustein. Den Aktivitäten in den USA kommt eine über ihren Beitrag zu den Erträgen hinausgehende Bedeutung zu: In New York entstehen die Innovationen der Branche und der dortige Geschäftsstil ist zunehmend global prägend. Der Ausblick auf zukünftige Entwicklungen ist ebenfalls positiv. Das erklärt sich aus regionenspezifischen Besonderheiten und daraus, dass die USA vom wirtschaftlichen Aufschwung anderer Regionen profitieren. Hieraus wurde deutlich, dass in der Finanzindustrie eine globale Betrachtungsweise vorherrscht. Diese spiegelt sich auch in den Leitungsstrukturen sowie in der Regionalisierung der Konzernentwicklung wider. Sie bringt eine zum Teil dezentrale Interessen- und Präferenzbildung mit sich. Auch wenn grundsätzlich politischen Entscheidungsträgern eine große Bedeutung zugesprochen wird, erschienen die Aktivitäten der Bundesregierung weniger relevant. Die entscheidenden Herausforderungen in den USA sind nicht politischer Natur, die Schwierigkeiten politischer Natur sind hingegen nicht entscheidend und erlauben keine Ableitung hinsichtlich außenpolitischer Orientierung. Das Phänomen zunehmend globaler Standards und Regularien in der Finanzindustrie kann in Zukunft einmal dazu führen, dass für alle Banken weltweit die selben Standards gelten. Dies würde dann nicht mehr plausibel erscheinen lassen, weshalb speziell ein US-Engagement zu Wünschen an die deutsche Außenpolitik gegenüber den USA führen sollte. Insgesamt scheint daher im Fall der USA kein Zusammenhang zwischen der Attraktivität einer Region und der Intensität, mit der Einfluss auf die Politik genommen wird, zu bestehen.
4.4.3 Das Unternehmen und die VR China Überblick Der Theorie nach ist der chinesische Markt ein hervorragender Platz für Banken: Er ist groß, Bankkredite bilden die wichtigste Finanzierungsquelle der chinesischen Wirtschaft127 und der Retailmarkt ist aufgrund hoher Sparquoten und der zunehmenden Prosperität in weiten Teilen der Bevölkerung attraktiv (Löchel, 2006, 29 ff.). In der Praxis erschweren hohe Markteintrittsbarrieren den Einstieg. So wurde zwar der bis zum Jahr 2001 für Ausländer weitgehend abgeriegelte lo127Unternehmens- und Staatsanleihen sowie Börsengänge spielen eine noch untergeordnete Rolle.
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kale chinesische Bankenmarkt im Zuge des WTO-Beitritts bis Dezember 2006 schrittweise geöffnet. Nach wie vor gibt es aber umfangreiche Regelungen, die ausländische Investoren beachten müssen.128 Auch sind die Investitionsmöglichkeiten eingeschränkt. Dies hängt mit der hohen Konzentration des chinesischen Bankenmarktes zusammen sowie mit der Begrenzung ausländischer Beteiligungen an chinesischen Banken.129 So ist bei vielen Instituten die maximale Beteiligungsgrenze bereits ausgeschöpft. Übrig geblieben sind vor allem Institute, die wenig transparent und damit ein riskantes Investitionsobjekt sind und solche, die selbst kein Interesse an ausländischen Beteiligungen haben. Löchel (2006, 46) zieht das Fazit, ein Großteil des Kuchens sei bereits aufgeteilt. Hieraus wird verständlich, dass ausländische Institute, die sich noch nicht strategisch positioniert haben, den Eindruck haben, das Zeitfenster zum Markteinstieg schließe sich. Die Deutsche Bank hat im internationalen Vergleich bewusst relativ wenig in China investiert, ist aber das deutsche Institut mit der bedeutendsten Asienpräsenz (Wieandt, Rother & Haslinger, 2006, 251). Sie bietet „a complete range“ ihrer Produktexpertise an, besitzt den Status eines Qualified Foreign Institution Investor (QFII)130 und Lizenzen für das Geschäft in lokaler Währung sowie für das ebanking (Brinkmann, Popp & Schniewind, 2006, 50). Der Schwerpunkt des Engagements lag in der Vergangenheit auf dem Geschäft mit deutschen Firmenkunden, verschiebt sich aber zusehends zum Retailbanking als dem attraktivsten Markt in China (Wieandt, 2007). Die Deutsche Bank hat seit dem Jahr 2005 außerdem zwei langfristig ausgerichtete Beteiligungen an chinesischen Instituten. Die Beiträge der Region Asien zum gesamten Unternehmen entwickelten sich folgendermaßen (vgl. Tabelle A.6 im Anhang): Im Jahr 2006 generierte Asien 10,4 % der Erträge, im Jahr 1997 6,8 %. In absoluten Größen steuerte Asien relativ konstant ca. 2 Mrd. EUR zu den Erträgen bei, 2006 stieg der Beitrag auf 2,9 128Ausländische Banken benötigen z. B. für bestimmte Produkte und Dienstleistungen eine Genehmigung, für die Wartezeiten bestehen. Auch gibt es Anforderungen an das hinterlegte Eigenkapital sowie die Liquidität. Ausländische Beteiligungen an chinesischen Banken sind ebenfalls begrenzt, eine einzelne Bank darf maximal 20 % an einer chinesischen Bank erwerben, mehrere ausländische Investoren zusammen maximal 25 % (Lange, 2006; Menza, 2007, 11-12). 129Die vier größten Banken (staatseigene Geschäftsbanken) haben einen Marktanteil von über 50 %. Die nächst größere Gruppe, 13 Joint-Stock Commercial Banks (Banken in Form von Aktiengesellschaften) haben einen Marktanteil von 16 %. Die dritte Bankengruppe, die 117 City-Banken (sie sind aus den städtischen Kreditkooperativen entstanden), haben einen Marktanteil von 6 %, die Restgruppe hat einen Marktanteil von 26 %. Marktanteile gemessen in Vermögenswerten (Hansakul, 2007). 130Solche Institute dürfen Investitionen im chinesischen Wertpapiermarkt tätigen.
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Mrd. EUR an. In Asien arbeiteten zudem 11 Tsd. Mitarbeiter, was einem Anteil von 15,6 % an den konzernweiten Beschäftigten entspricht. Der Anteil verdoppelte sich damit knapp von 8,1 % im Jahr 1997. Wiederum ist ein nennenswerter absoluter Anstieg erst im Jahr 2006, also relativ spät, zu verzeichnen.131 Dabei steuert China lediglich einen kleinen Teil der für Asien ausgewiesenen Werte bei: In drei Filialen (Beijing, Shanghai, Guangzhou) arbeiteten im Jahr 2006 500 Mitarbeiter, also 0,7 % der gesamten Mitarbeiter der Deutschen Bank. Der Anstieg erfolgte in jüngster Zeit: 2005 waren erst 100 Mitarbeiter in China (Hoffbauer, 2005).132 Die Zahlen suggerieren eine vor allem in jüngster Zeit gewachsene Bedeutung des chinesischen Marktes. Dies verdeutlicht auch die qualitative Entwicklung des Engagements. Entwicklung des Engagements Die Deutsche Bank hatte bereits seit 1872 ein Büro in Shanghai. Als eigentlicher Einstieg in den chinesischen Markt wurde jedoch die Aufnahme strategischer Partnerschaften im Jahr 2005 identifiziert. In den Jahren zuvor hatte die Bank ihr Engagement schrittweise ausgebaut, etwa mit Filialen in Guangzhou (1995), Shanghai (1999) und Peking (2004). Die Aktivitäten waren vom Geschäft mit deutschen Firmenkunden – also der Begleitung der heimischen Industrie beim Gang nach China – geprägt. Dieser Bereich, zu dem Handelsfinanzierungen und Cash Management gehören, trug auch im Jahr 2005 noch drei Viertel des Umsatzes. Aus dem Geschäftsfeld heraus entwickelten sich langsam vergleichbare Dienstleistungen für chinesische Firmenkunden, etwa wenn diese Akquisitionen im Ausland tätigen wollten (Interview 21). Daneben hatte die Deutsche Bank bereits eine relativ starke Stellung im Investmentbanking. Sie erhielt die Mandate, diverse Börsengänge chinesischer Unternehmen zu begleiten.133 Anlässlich der Eröffnung der Pekinger Filiale im Jahr 2004 erklärte Josef Ackermann, China sei ein wichtiger Markt und es sei nun an der Zeit, das bestehende Geschäft auszubauen. Auch Lee Zhang, Leiter der Deutschen Bank China, betonte, mit der Eröffnung sei der „Grundstein für weitere Expansion gelegt“ (Deutsche Bank AG, 2004a). 131Ein bedeutender Teil dieses Anstiegs ist auf das Outsourcing von back-office Funktionen zurückzuführen. Diese wurden zuvor in westlichen Ländern geleistet. 132Daneben besteht eine Filiale in Hongkong mit allein 1 Tsd. Mitarbeitern. 133Sie war z. B. Konsortialführer beim Börsengang der China Life sowie der China Shenhua Energy. Daneben war sie einer der Konsortialführer beim Börsengang der Industrial and Commercial Bank of China, dem größten der Geschichte (Deutsche Bank AG, 2007b, 3).
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Wie bereits angedeutet, bildete das folgende Jahr ein Beispiel für diese Expansion. Sie ist Teil einer „Asien-Offensive“, einer umfassenden neuen Asien-Strategie. Diese sieht vor, das Engagement in China und Indien gezielt auszubauen (Hein, 2005d). Zunächst stieg die Deutsche Bank in die Vermögensverwaltung für institutionelle Kunden ein. Das hierzu eingegangene Joint Venture mit Harvest Asset Management, einem der führenden Vermögensverwalter in China, belegt nach Kevin Parker, dem Spartenleiter der Vermögensverwaltung, „das starke Bekenntnis der Deutschen Bank zum chinesischen Markt“ (zitiert in Deutsche Bank AG (2005)). Daneben wurde eine Kooperationsvereinbarung mit der Industrial and Commercial Bank of China (ICBC) über eine Zusammenarbeit im Investmentbanking geschlossen. Diese Vereinbarung war von geringem Risiko, da keinerlei Kapitalbeteiligung beschlossen wurde (Hein, 2005c). Als ein Meilenstein gilt die Beteiligung im Jahr 2006 an der Hua Xia Bank, da sie den Einstieg in den chinesischen Retailmarkt markiert.134 Die Banken wollen in verschiedenen Bereichen miteinander kooperieren, etwa beim Kreditkartengeschäft, beim Vertrieb von Fonds und bei Dienstleistungen für vermögende Privatkunden (Deutsche Bank AG, 2006b, 37). Das Gemeinschaftsunternehmen für das Kreditkartengeschäft wird durch die italienische Tochtergesellschaft der Deutschen Bank betreut, da diese die erforderliche Expertise besitzt (Dunsch & Hiller von Gaertringen, 2005). Wiederum wird deutlich, dass Kompetenzen in der Deutschen Bank dezentral verteilt sind. Die Beteiligung an der Hua Xia Bank ist von strategischem Charakter und langfristig ausbaufähig, was auf ein künftig intensiveres Engagement schließen lässt. Hierauf deutet auch hin, dass Indien, China und Europa die Schwerpunktbereiche im Privatkundengeschäft bilden sollen, wie der Bereichsvorstand Rainer Neske betonte (Dunsch & Hiller von Gaertringen, 2005). Insgesamt war das Engagement in China Ende des Jahres 2006 noch verhältnismäßig klein, auch war die Expansion von einem langsamen, schrittweisen Ausbau des Engagements geprägt: Hein (2005c) spricht von einer „ Offensive der kleinen Schritte“. Andere Finanzinstitute sind offensiver vorgegangen, was in Anbetracht der bis heute stabilen Entwicklung des Landes eventuell auch eine Option für die Deutsche Bank gewesen wäre. Dennoch bildeten die vergangenen Jahre den Ausgangspunkt für weitere Expansion auf dem chinesischen Festland. Der Schwer134Die Beteiligung an der Harvest Asset Management beträgt 19,5 %, die Beteiligung an der Hua Xia Bank besteht auf Joint Venture Basis und beträgt 9,9 %; die Deutsche Bank und Sal. Oppenheim halten gemeinsam 14 %.
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punkt liegt dabei auf dem Retailgeschäft, welches als lukrativster Markt in China gesehen wird. Bedeutung der Region Das Engagement in China bildet den „focal point“, also das Zentrum des Asienengagements.135 Dem liegt die Einschätzung zugrunde, dass sich keine Asienstrategie ohne China entwickeln lässt (Interview 21). Ursächlich hierfür sind zunächst die internationalen Industriekunden, für die China häufig der wichtigste asiatische Markt ist. Diese Kunden verliert eine Bank, die keine Dienstleistungen in China anbietet. Zudem ist der chinesische Eigenmarkt als schnellstwachsender Finanzmarkt sehr wichtig: Der überwiegende Teil der Bevölkerung ist von der Bankindustrie noch gar nicht erschlossen, wird aber rasch wohlhabender.136 Aufgrund der zunehmenden Wirtschaftskraft und der massiven Entwicklung Chinas wird ein Unternehmen ohne eine Präsenz in Asien und speziell in China irgendwann global bedeutungslos sein. Aus gesamtunternehmerischer Sicht ist es ein Imperativ sich zu positionieren, um am Wachstum partizipieren zu können. Es handelt sich also nicht um „Aufbauhilfe“ für die chinesische Wirtschaft, sondern es geht darum, eigene Marktanteile auszubauen und dadurch eine entsprechende Präsenz in Asien und weltweit zu etablieren (Interview 21). Die Investitionen tragen dabei nach Löchel (2005) vor allem strategischen Charakter: Sie dienen dazu, den Markt mit seinen Kunden und ihren Gewohnheiten zu verstehen, Beziehungen politischer und geschäftlicher Natur aufzubauen und Einblick in die inneren Arbeitsabläufe der chinesischen Banken zu bekommen. Gleichzeitig gibt es bei der Deutschen Bank keine losgelöste Chinaeinschätzung. Natürlich bestehen industrie- und landesspezifische Limits bei der Evaluierung des gesamtunternehmerischen Risikos. Aber bei Investitionsentscheidungen ist keine isolierte Betrachtung möglich, vielmehr müssen Märkte aufgrund ihrer Verwobenheit weltweit miteinander verglichen werden. Die Asienstrategie ist z. B. nicht unabhängig von der US-Strategie zu sehen. Darüber hinaus gilt, dass Märkte und Foki zukünftiger Geschäfte nicht nur regional definiert werden. Es kann z. B. auch festgelegt werden, dass stärker in Branding und in Corporate Identity investiert wird (Interview 21). 135Die Zentrale der Region befindet sich zwar in Singapur, aber der Regionalvorstand hat seinen Sitz in Hongkong. 136Es wird z. B. geschätzt, dass im Jahr 2010 bereits 200 Mio. Menschen zur Mittelklasse zählen werden (Löchel, 2005).
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Verhältnis zur Politik Der Einfluss der chinesischen politischen Entscheidungsträger auf die Wirtschaft wird als enorm eingeschätzt. Als Unternehmen stehe man in Märkten wie China, Korea oder Japan grundsätzlich unter einem stärkeren Einfluss des Staates als in den europäischen oder amerikanischen Märkten. Entsprechend wird auch der Kontakt zur chinesischen Regierung gepflegt. Dies geschieht nicht nur, um eigene Interessen zu vertreten, sondern auch um Risiken hinsichtlich der politischen Stabilität frühzeitig zu erkennen. Hierzu ist z. B. der Vorstand regelmäßig präsent und in verschiedenen Gremien – wie etwa einem Beratungsgremium des Bürgermeisters von Shanghai – engagiert. Es wurde als wichtig eingeschätzt, den chinesischen Regulatoren Expertise und Unterstützung bei der Entwicklung des chinesischen Finanzmarktes anzubieten (Interview 21). Dies ermöglicht es gleichzeitig, auf lange Frist eigene Anliegen berücksichtigt zu wissen. So wurde die Deutsche Bank als eine von lediglich drei ausländischen Banken in das SHIBOR-Gremium137 berufen. Gleichzeitig könne die deutsche Politik durchaus zum Erfolg der Deutschen Bank beitragen, weshalb sie seitens des Unternehmens aktiv mit eingebunden wird. Auf der Grundlage der in China gesammelten Erfahrungen entstand jedoch der Eindruck, dass die deutschen Vertreter im Vergleich mit anderen europäischen Regierungen zurückhaltend seien, wenn es um die gezielte Vertretung einzelwirtschaftlicher Interessen gehe. Den Europäern insgesamt gelingt es wiederum nicht im selben Ausmaß wie den Amerikanern, die Interessen der Unternehmen durchzusetzen (Interview 21). Dies liegt auch daran, dass die USA den Dreh- und Angelpunkt chinesischer Außenpolitik bilden (Runge, 2003): Europa ist für China weniger im Fokus, was auch die Einflussmöglichkeiten begrenzt. In Bezug auf die regulatorischen Rahmenbedingungen haben sich viele der ursprünglichen Anliegen bereits erledigt: Der WTO-Beitritt und die damit einhergehenden schrittweisen Reformen trugen zur Öffnung des Bankenmarktes bei. Von besonderer Bedeutung sind Änderungen, die Ende des Jahres 2006 erlassen wurden:138 Seither dürfen vor Ort eingetragene Institute im Retailbanking in chinesi137Shanghai Interbank Offered Rate (SHIBOR) ist ein täglich festgelegter Referenzsatz im Interbankengeschäft. Es fließen die Sätze von insgesamt 16 Banken ein. Die Einführung dieser marktorientierten Referenzkurve für den lokalen Geldmarkt gilt als ein Schritt in Richtung einer marktorientierten Reform der Zinssätze. 138Es handelt sich um die „Regulations of the People’s Republic of China on Administration of Foreign Funded Banks“ vom 15.11.2006, die am 11.12.2006 in Kraft traten. Die zuständige Behörde ist die China Banking Regulatory Commission (CBRC).
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scher Währung aktiv werden. Die sich hieraus ergebenden Möglichkeiten und die erhöhte Transparenz im Markt wurden begrüßt. Insgesamt herrscht daher Zufriedenheit mit der Arbeit der Regulatoren und die Deutsche Bank ist zuversichtlich, dass der Kurs weiter gehalten wird (Interview 21). Hindernisse bestehen aber nach wie vor. Die Bank braucht z. B. einen einheimischen Partner, um im Wertpapiergeschäft aktiv zu werden und der Ausbau von Filialen ist ein langwieriger Prozess. Auch auf der Währungsseite wird das hohe Maß an Protektionismus bemängelt und weitere Liberalisierung gewünscht (Interview 21). Daneben bestehen auch diverse Herausforderungen betriebswirtschaftlicher Natur: So gestaltet sich die Akquise qualifizierter Mitarbeiter zunehmend schwierig, denn der Pool an talentierten Nachwuchskräften ist limitiert (Interview 21). Obwohl also regulatorische Anliegen durchaus noch einen größeren Einfluss auf die Gestaltung der Aktivitäten haben als z. B. in den USA, entsteht der Eindruck, als ob diese an Bedeutung verlieren würden. Dies würde nahelegen, dass sich mit zunehmender Liberalisierung und Verrechtlichung des Marktes die Anliegen der Wirtschaft von Themen politischer Natur zu solchen wirtschaftlicher Natur wandelten. Zusammenfassung Das Engagement der Deutschen Bank in China ist durch einen langsamen Ausbau, der erst in jüngster Zeit intensiver war, gekennzeichnet. Dabei konzentrierte sich das Unternehmen zunächst auf das Geschäft mit deutschen Firmenkunden. Die Aktivitäten wurden zunehmend auf chinesische Firmenkunden und zuletzt auf chinesische Privatkunden ausgeweitet. Parallel dazu bestanden intensive Aktivitäten im Investmentbanking. Der Schwerpunkt des zukünftigen Engagements wird wohl auf dem Retailbanking liegen. Der schrittweise Ausbau ist den Risiken auf dem chinesischen Markt geschuldet. Er erklärt sich aber auch aus dem rechtlichen Rahmen, da erst der WTO-Beitritt den Zugang zum lokalen Markt ermöglichte und in der Folgezeit schrittweise regionale und kundengruppenspezifische Beschränkungen aufgehoben wurden. Insofern korrelieren die Entwicklungsschritte mit den Öffnungsschritten und den sich daraus ergebenden Möglichkeiten. Das Engagement in China ist heute sowohl innerhalb der Bank als auch im internationalen Vergleich noch von verhältnismäßig geringem Ausmaß, was gleichwohl nicht die Bedeutung des chinesischen Marktes zu umreißen vermag. Die Aktivitäten dienen dazu, am erwarteten Wachstum zu partizipieren und die langfristige Existenz des Unternehmens zu sichern, wofür eine Präsenz in China unabding-
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bar ist. Da die Märkte international verwoben sind, lässt sich hieraus jedoch nicht der Schluss ziehen, andere Märkte würden an Bedeutung verlieren. Vielmehr wird eine ausgewogene globale Präsenz angestrebt. Um in China erfolgreich zu sein, muss das besondere politische Umfeld berücksichtigt werden. Intensive Kontakte mit den chinesischen Entscheidungsträgern sind wichtig; auch Unterstützung durch die heimische Regierung kann hilfreich sein. Aufgrund der Orientierung Chinas in Richtung auf die USA und aufgrund der eher reservierten Haltung der deutschen Entscheidungsträger sind die Möglichkeiten, eigene Interessen durch die Politik vertreten zu lassen, jedoch begrenzt. Auch entstand der Eindruck, dass sich die Bedeutung, die spezielle Anliegen an die Politik für das Chinageschäft haben, verringere.
4.4.4 Zusammenfassung und Interpretation In der Zusammenschau scheinen die folgenden Charakteristika prägend zu sein für das Engagement in den jeweiligen Regionen, für die Bedeutung der beiden Länder sowie für die Rolle politischer Entscheidungsträger. Sowohl in die USA als auch in die Volksrepublik China erfolgte der eigentliche Einstieg der Deutschen Bank im Untersuchungszeitraum und beide Regionen haben im Laufe des betrachteten Zeitraums an Bedeutung gewonnen. Die USA leisten heute einen wesentlich höheren Ergebnisbeitrag als die Volksrepublik China und werden auch in Zukunft den Hauptwachstumsmarkt bilden. In beiden Märkten liegt der strategische Schwerpunkt auf einem jeweils anderen Bereich: Dem Investmentbanking in den USA und dem Retailbanking in China. Gleichzeitig handelt es sich um zwei Märkte in unterschiedlichen Entwicklungsstadien. Das gilt nicht nur hinsichtlich des Engagements der Bank, sondern auch in Bezug auf die Marktentwicklung sowie das Verhalten der Marktteilnehmer. In qualitativer Hinsicht kommt beiden Regionen Bedeutung zu: Die USA bilden eine Quelle für Trends und Innovationen. Eine Präsenz vor Ort ist für eine globale Bank nicht nur unabdingbar, sondern bildete im Fall der Deutschen Bank auch ein Vehikel, um die Internationalisierung des eigenen Instituts voranzutreiben. In China geht es darum, durch Präsenz am zukünftigen, erwarteten Marktwachstum teilhaben zu können. Das Bewusstsein hinsichtlich einer globalen strategischen Bedeutung des Marktes ist für China etwas später gereift als für die USA, was auch daran liegt, dass die Volksrepublik ausländischen Finanzintermediären lange Zeit verschlossen war. Deutlich geworden ist auch die jeweilige Relevanz der deutschen Politik bei der Umsetzung von Vorhaben und Strategien sowie für den Geschäftserfolg: Während
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in den USA Themen wirtschaftlicher Natur dominierten, die außerhalb des gestalterischen Einflusses politischer Akteure lagen, erschienen in China politische und wirtschaftliche Anliegen untrennbar miteinander verzahnt. Dies lässt es plausibel erscheinen, dass die Deutsche Bank mit entsprechend unterschiedlicher Intensität Forderungen an die deutsche Politik formuliert, dass also tendenziell mehr Anliegen bestehen, die für die deutschen Beziehungen mit China relevant sind als für die Beziehungen zu den USA. Es ist zu erwarten, dass sich diese Unterschiede auch in der Außenpolitik widerspiegeln, dass also der Anteil wirtschaftlicher Interessen in den jeweiligen Beziehungen unterschiedlich groß ist. Die beobachteten Differenzen in der Nachdrücklichkeit, mit der sich ausländische Regierungsvertreter zum Vertreter der nationalen Wirtschaftsinteressen machen und die konstatierte relative Schwäche der deutschen politischen Klasse lässt zudem daran zweifeln, dass wirtschaftliche Interessen im Falle Deutschlands besonders geeignet sind, um aus ihnen außenpolitische Orientierung abzuleiten. Zumindest müsste man im Vorfeld neben institutionellen Besonderheiten in Deutschland und der historischen Entwicklung der bilateralen politischen Beziehungen auch den Spielraum berücksichtigen, den das Zielland lässt. Dies gilt insbesondere im Fall Chinas, da für das Land die USA den bei weitem bedeutendsten Akteur bilden und Deutschland daher entsprechend geringere Einflussmöglichkeiten hat. Trotz der skizzierten Unterschiede und des je eigenen Entwicklungsstadiums ist auf gesamtunternehmerischer Ebene keine isolierte Betrachtung möglich. Vielmehr kann sich ein wirtschaftlicher Aufschwung in Asien positiv auf die Attraktivität der USA auswirken. Entsprechend gilt es, bei strategischen Entscheidungen die Verflechtungen zwischen einzelnen Ländern und Regionen zu berücksichtigen. Dies erscheint als eine Besonderheit des Finanzsektors. Da sich Aktivitäten, Erfolg oder Misserfolg in einer Region auf andere Regionen auswirken, werden Märkte global miteinander verglichen. Im Unterschied hierzu erschienen z. B. in der Automobilindustrie die einzelnen Absatzmärkte eher isoliert voneinander bearbeitet zu werden. In den einzelnen Unternehmen führen also unterschiedliche Prozesse zur Ausbildung der strategischen Präferenzen. Bei der Deutschen Bank wurde deutlich, dass die internationale Expansion bezüglich der USA und der VR China nicht als „Nullsummenspiel“ erfolgt. Vielmehr haben beide Regionen während des betrachteten Zeitraumes an Bedeutung gewonnen. Die strategischen Präferenzen zu den USA und der VR China bilden sich bei der Deutschen Bank damit nach anderen Gesetzmäßigkeiten als die außenpolitische Orientierung; eine Verbindung zu einer möglichen außenpolitischen Orientierung scheint daher schwer vorstellbar.
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4.5 Allianz 4.5.1 Porträt der Branche und des Unternehmens Versicherungen transferieren Risiken vom Versicherungsnehmer auf den Versicherer. Dieses Risikogeschäft – die Bereitstellung von Versicherungsschutz gegen Zahlung einer Prämie – bildet den Kern des Versicherungsgeschäftes. Die zentrale Tätigkeit des Versicherers besteht darin, Risiken zu identifizieren, zu analysieren, zu bewerten und abzuwickeln. Damit einher gehen z. T. noch Spar- und Entspargeschäfte139 , da der Anbieter Versicherungsprämien, die er von seinen Kunden erhält, auf dem Kapitalmarkt anlegt. Auch Dienstleistungsgeschäfte, z. B. die Beratung hinsichtlich der Vertragsauswahl, unterstützen die zentrale Aktivität. Die vom Unternehmen bereitgestellten Leistungen sind mithin Wirtschaftsgüter immaterieller Natur (Farny, 2006, 21 ff.). Die in der Versicherungsbranche erzielten Prämieneinnahmen machten im Jahr 2007 6,7 % des deutschen Bruttoinlandsproduktes aus (Staib & Bevere, 2008).140 Ähnlich wie bei Banken liegt die Bedeutung von Versicherungen für die Bundesrepublik auf einer strukturellen Ebene. Wirtschaftliche Akteure können ihre nationalen und internationalen Projekte gegen möglicherweise entstehende Verluste absichern und so Vorhaben umsetzen, die sie ohne Versicherungsschutz nicht verwirklicht hätten (Attiger, 1994, 168), (Haller, 1983). Versicherer trugen deshalb zum Auslandserfolg der deutschen Wirtschaft bei. Umgekehrt löste die Betreuung inländischer Industriekunden im Ausland die internationale Expansion der Versicherer aus.141 Mit zunehmender Liberalisierung der weltweiten Versicherungsmärkte trat das Geschäft mit ausländischen Privatund Geschäftskunden als weitere Triebkraft hinzu (Geyer, 2001). Die Internationalisierung der Branche ist dennoch geringer als z. B. in der produzierenden Industrie. So sind in den europäischen Ländern viele Versicherer nur auf ihrem Heimatmarkt tätig und bieten dort ihren Kunden die gesamte Produktpalette an (Helfenstein & Kirova, 2006, 12). Auch die deutschen Anbieter konzentrierten sich lange 139Ein Entspargeschäft (Kapitalverzehrsgeschäft) liegt vor, wenn der „Versicherungsnehmer dem Versicherer Kapital überlässt, welches einschließlich der Zinseszinsen planmäßig in Form von Rentenzahlungen (. . . ) verzehrt wird“ (Farny, 2006, 54). 140Bei Versicherern wird gemeinhin auf die Beitragseinnahmen bzw. die Brutto- oder Nettoerträge abgestellt, da kein Umsatz im klassischen Sinn erzielt wird. 141Internationalisierung kann sich in der Versicherungsbranche auf das Versicherungsunternehmen selbst, auf den Versicherungsnehmer oder auf das versicherte Risiko beziehen. Im Folgenden wird auf den Versicherer Bezug genommen. Dieser gilt als international, wenn er neben den Standorten in Deutschland mindestens einen weiteren Auslandsstandort hat (Wagner, 1998).
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überwiegend auf die (deutschsprachigen) europäischen Nachbarn und beschränkten ihre Aktivitäten auf Industrieländer (Wagner, 1994, 519), (Theis & Wolgast, 2005, 6). Dies liegt auch daran, dass zwischen einzelnen nationalen und regionalen Versicherungsmärkten tiefgreifende Unterschiede bestehen. Sie sind auf aufsichtsrechtliche und steuerliche Regelungen, aber auch auf kulturell bedingte Besonderheiten im Anlegerverhalten zurückzuführen (Helfenstein & Kirova, 2006).142 Diese Eigenheiten müssen die Versicherer bei der Gestaltung der Produkte und des Vertriebsnetzes berücksichtigen. Die Erschließung kulturell und geographisch weiter entfernter Länder wird aus diesem Grund vorrangig von den Branchengrößen geleistet.143 Die im Folgenden als ein Beispiel für Versicherer dargestellte Allianz SE gehört als „truly global financial service firm“ (Cummins & Venard, 2007, 20) hierzu. Das Unternehmen spiegelt daher Trends wider, die zum jetzigen Zeitpunkt lediglich für große und finanzstarke Anbieter gelten, zu denen in Deutschland neben der Allianz SE wohl nur die Münchener RückversicherungsGesellschaft AG zählt. Es wird jedoch erwartet, dass das Ausmaß internationaler Tätigkeiten in der Branche zunehmen wird (Kölmel, 2000, 279). Die Allianz SE zählte im Jahr 2007 mit mehr als 181 Tsd. Mitarbeitern in über 70 Ländern zu den führenden Versicherungsunternehmen (Allianz SE, 2008, 46). Innerhalb Deutschlands nimmt das Unternehmen bei Lebens- und Sachversicherungen den ersten Rang ein, im Bereich der Gesundheitsvorsorge den dritten (Maurer & Somova, 2007, 310 f.).144 Die Allianz ist kein reiner Versicherer, sondern ein integrierter Finanzdienstleister mit den Kerngeschäften Versicherung, Vorsorge und Vermögensverwaltung. Im Jahr 2007 bestand das Unternehmen aus vier operativen Geschäftssegmenten, die jeweils Produkte für Privat- und Geschäftskunden anbieten. Hierbei handelte es sich um die Segmente Schaden- und Unfallversicherung, Lebens- und Krankenversicherung, Vermögensmanagement sowie das Bankgeschäft. Ein regionaler Schwerpunkt des ersten Bereiches, der Schaden- und Unfallversicherung,
142Das Ausmaß dieser Unterschiede zeigt auch die Tatsache, dass innerhalb Europas selbst nach der Einführung des Euro die Integration der Märkte für Finanzdienstleistungen mangelhaft blieb. Dieser Befund gilt insbesondere in Bezug auf das Versicherungsgeschäft mit kleinen Unternehmen und einzelnen Haushalten, weniger für das Geschäft mit internationalen Industriekunden (Wolgast, 2003). 143Schradin und Albrecht (2001) sehen daher die „all business is local“-These für Versicherungen als bestätigt an. 144Jeweils gemessen an den Bruttobeitragseinnahmen.
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liegt auf Europa, wo 81,5 % der Bruttobeiträge erzielt werden (Allianz SE, 2008).145 Im zweiten Bereich, der Lebens- und Krankenversicherung, bildet Deutschland mit 33,9 % der Bruttobeiträge den wichtigsten Markt, in Europa werden insgesamt 76,1 % der Beiträge erzielt. Die Segmente Schaden-/Unfall- und Lebens/Krankenversicherung generierten im Jahr 2007 zusammen 91,3 % des Umsatzes der Allianz Gruppe und sind somit die quantitativ wichtigsten Geschäftssegmente.146 Das Vermögensmanagement wurde Ende des Jahres 1997 als drittes Kerngeschäftsfeld definiert (Allianz AG, 1999, 74). Neben dem Geschäft mit Drittkunden steuert der Bereich auch die Kapitalanlagen der Allianz Versicherungsunternehmen. Der Vertrieb der Produkte erfolgt hauptsächlich unter der Marke Allianz Global Investors. Das Segment trug im Jahr 2007 3,2 % zum Umsatz bei (Allianz SE, 2008, 35). Teilt man das Drittgeldportfolio nach geographischer Herkunft der verwalteten Drittgelder auf, so bilden die USA den wichtigsten Markt: Von dort stammen mit 56,2 % mehr als die Hälfte der Kapitalanlagen (Allianz SE, 2008, 63). Den zweitwichtigsten Markt bildet Deutschland, woher 15,0 % des Portfolios stammen. Das Bankgeschäft als vierter Bereich wird im Folgenden nicht weiter untersucht.147 Konzernweit über alle Geschäftsbereiche hinweg bildet die Region Westeuropa den Schwerpunkt der unternehmerischen Tätigkeiten: 70 % der im Jahr 2006 erzielten Einnahmen entfielen nach Unternehmensangaben auf diese Region. In der Region Amerika wurden 17 % der Einnahmen generiert. Die Region New Europe trug 3 % der Einnahmen bei und die Region Asien-Pazifik 6 % (Diekmann, 2006).
145Nach Bereinigung länder- und segmentübergreifender Transaktionen zwischen Gesellschaften der Allianz Gruppe. Die Bruttobeiträge aus dem Spezialversicherungsgeschäft sind den Regionen zugeordnet worden. 146Berechnung nach Allianz SE (2008, 35). Der Bereich Schaden- und Unfallversicherung generiert 43,2 %, der Bereich Lebens- und Krankenversicherung 48,1 %. Der gesamte Umsatz umfasst neben den Bruttobeitragseinnahmen im Versicherungsgeschäft die operativen Erträge aus dem Bankgeschäft und der Vermögensverwaltung. 147Das Bankgeschäft wurde nahezu ausschließlich von der im Jahr 2001 akquirierten und inzwischen wieder veräußerten Dresdner Bank betrieben. Es wird nicht weiter untersucht, da Deutschland den Kernmarkt bildete und im Jahr 2007 lediglich 5,6 % der konzernweiten Umsätze von diesem Segment generiert wurden (Allianz SE, 2008, 35). Zudem wurde der Bankensektor bereits gesondert betrachtet.
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4.5.2 Das Unternehmen und die USA Überblick Der US-Versicherungsmarkt gilt aufgrund seiner Größe, seiner Leistung und seines Einflusses als wichtigster Versicherungsmarkt (Graham & Xie, 2007, 131): 32,8 % der im Jahr 2007 erzielten Prämieneinnahmen entfielen auf Nordamerika (Staib & Bevere, 2008). Die USA allein haben den größten Anteil am Weltmarkt – nahezu so viel wie die vier nächstgrößten Länder gemeinsam (Cummins & Venard, 2007, 5).148 Die Prämieneinnahmen in Nordamerika beliefen sich im Jahr 2007 auf 1.330 Mrd. US-Dollar, was 8,7 % des Bruttoinlandsproduktes entspricht (Staib & Bevere, 2008). Dieser Wert ist ebenso wie die jährlichen ProKopf-Ausgaben für Versicherungen von 3.985 US-Dollar vergleichsweise hoch (Staib & Bevere, 2008). Insgesamt sind Nordamerika und insbesondere die USA damit reife, entwickelte Versicherungsmärkte. Die Allianz Gruppe ist mit allen Geschäftssegmenten in den USA vertreten, wobei die Holding Allianz of America die Sparten bündelt.149 Für das Sachversicherungsgeschäft fungiert die Fireman’s Fund Insurance Company mit Fokus auf dem gewerblichen Geschäft, der Lebensversicherer ist die Allianz Life. Die Vermögensverwaltung wird vorrangig von der Tochtergesellschaft Pacific Investment Management Company LLC (PIMCO) geleistet, daneben bestehen diverse Aktivitäten unter dem Namen Allianz Global Investors. Die Beiträge der Tochtergesellschaften in den USA bzw. in der Region NAFTA zum Konzernergebnis über die letzten zehn Jahre lassen sich nicht aus den veröffentlichten Unterlagen der Allianz ableiten, da keine einheitliche Kennziffer ausgewiesen ist. Die Nettobeitragseinnahmen sind zumindest ab dem Jahr 2001 verfügbar (vgl. Tabelle A.7 im Anhang). Allerdings schränken Veränderungen im Konsolidierungskreis und wechselnde Abgrenzungen der Regionen die Aussagekraft ein. Die erläuterten Werte dienen daher nur einem Überblick. Sie sind wesentlich geringer als die eingangs zitierten gesamten Einnahmen, die wiederum nur punktuell veröffentlicht werden. Im Bereich Schaden- und Unfallversicherungen beziehen sich die Werte auf die gesamte Region NAFTA150 , für die Lebensversicherung allein auf die USA. Das Geschäft in der Region NAFTA im Bereich Scha148Es handelt sich um Japan, Großbritannien, Frankreich und Deutschland. 149Lediglich das Krankenversicherungsgeschäft wurde im Jahr 2005 veräußert, es war jedoch nur ein kleiner Bereich der US-Aktivitäten und nicht von strategischer Priorität. 150Die USA leisten den überwiegenden Teil des Prämienaufkommens in der NAFTA-Region, im Jahr 2000 z. B. knapp 90 % (Allianz AG, 2001, 94).
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den/Unfall trug im Jahr 2006 9,6 % zu den konzernweiten Beiträgen des Segments Schaden/Unfall bei. Im Jahr 2001 belief sich der Anteil noch auf 15,0 %. Auch die absoluten Werte sanken in diesem Zeitraum auf zuletzt 3,6 Mrd. EUR. Die US-Aktivitäten im Bereich Lebensversicherungen machten im Jahr 2006 2,6 % der Segmentbeiträge aus und somit weniger als im Jahr 2001 (5,6 %). Auch die absoluten Werte sanken in diesem Zeitraum um die Hälfte, wobei gleichzeitig die konzernweiten Beitragseinnahmen anstiegen. Die Zahl der Mitarbeiter in den USA stieg in den Jahren 1997-2001 von 9 Tsd. auf 14 Tsd. an. Seither sind weitgehend stabil 11 Tsd. Mitarbeiter in den USA beschäftigt, was einem Anteil von 6,4 % an der Gesamtzahl der Mitarbeiter im Konzern entspricht. In der Tendenz eher abnehmende Beiträge zum Ergebnis und die uneinheitliche Entwicklung der Mitarbeiterzahl spiegeln ein diffuses Bild wider. Die nachfolgend erläuterten einzelnen Schritte und Aktivitäten der Allianz in der Region helfen, dieses zu konkretisieren.
Entwicklung des Engagements Der Zugang zum amerikanischen Sachversicherungsmarkt erfolgte über den Kauf des amerikanischen Sachversicherers Fireman’s Fund im Jahr 1991. Es handelte sich um die seinerzeit größte Akquisition in der Geschichte der Allianz. Das Geschäftsvolumen in Nordamerika verdreifachte sich nahezu und die USA stiegen zum größten Auslandsmarkt des Unternehmens auf (Allianz AG, 1992, 35 ff.). Fireman’s Fund bildet bis heute den Schwerpunkt der Aktivitäten im amerikanischen Sachversicherungsmarkt. In der Anfangszeit und bis nach der Jahrtausendwende traten massive Probleme auf. Der damalige Vorstandsvorsitzende Henning Schulte-Noelle legte Mitte der 1990er Jahre dar, es gebe keinen US-Versicherer, der „technisch nicht Verluste“ mache und verdeutlichte, dass es in den USA marktweit zu unbefriedigenden Ergebnissen gekommen war (zitiert in Busse und Moerschen (2003)). Dies lag hauptsächlich an Aufwendungen für Asbestschäden, unter denen die gesamte Branche noch bis in das neue Jahrtausend hinein litt (Allianz AG, 2001, 95), (Seifert & Niedzielski, 2007, 17f.): Im Jahr 2002 mussten z.B die Rückstellungen für Umwelt- und Asbestrisiken nahezu verdoppelt werden (Kuls, 2002b). Zudem wurden jahrelang Versicherungsverträge zu „nicht auskömmlichen Prämien“ (Kuls, 2002b) gezeichnet. Noch in den Jahren 2001 und 2002 wies Fireman’s Fund hohe Verluste aus. Diese trugen maßgeblich dazu bei, dass das Jahr 2002 eines der schlechtesten der Firmengeschichte wurde (Allianz AG, 2003, 40),
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(Wältermann, 2008, 113). Fireman’s Fund galt als „Sorgenkind“, für das angeblich wiederholt ein Käufer gesucht wurde (Kuls, 2006a). Das Unternehmen reagierte mit einem Sanierungsprogramm: Anfang des Jahres 2001 tauschte die Allianz das Management aus, entließ zudem mehr als ein Drittel der Mitarbeiter und stieß Verlustgeschäfte innerhalb Fireman’s Fund ab. Die Aktivitäten führten dazu, dass sich der Bereich erholte und ab dem Jahr 2003 kein negatives Ergebnis nach Steuern mehr auswies (Allianz AG, 2004, 56), (Allianz AG, 2005, 55). Jeff Post, der Geschäftsführer der amerikanischen Tochter, ließ verlauten, man fange nun an, im „Kerngeschäft richtig Geld zu verdienen“ (zitiert in Busse und Moerschen (2003)). Später wurde auch eine Nischenstrategie entwickelt, die sich auf kleine, attraktive Bereiche konzentriert, etwa den Markt für vermögende Privatkunden (Allianz AG, 2006, 57). Trotz der zeitweise schwierigen Entwicklung wurde das Engagement also fortgeführt. Die Herausforderungen, denen man sich gegenüber sah, waren vorrangig auf Spezifika der Branche zurückzuführen. Auf sie wurde mit betriebswirtschaftlichen Maßnahmen reagiert. Den Auftakt für ein stärkeres Engagement im Bereich Lebensversicherungen bildete eine strategische Initiative auf Konzernebene in der zweiten Hälfte der 1990er Jahre, die auf eine stärkere Balance zwischen Sach- und Lebensversicherungsgeschäften abzielte (Allianz AG, 2000, 18), (Allianz AG, 1999, 16). Die Stärkung der bereits in den USA bestehenden, kleineren Unternehmungen sollte hierzu einen Beitrag leisten. Der entscheidende Schritt war die Übernahme des Lebensversicherers Life USA Holding im Jahr 1999, der bis zu diesem Zeitpunkt ein Vertriebspartner der Allianz in den USA gewesen war. Die Entwicklung verlief genau umgekehrt wie bei Fireman’s Fund. Die amerikanische Lebensversicherungssparte wuchs nach dem Zukauf der Life USA zunächst stetig. Die Beitragseinnahmen stiegen jährlich mit Zuwachsraten bis zu 30 %, der Bereich avancierte zur größten Lebensversicherungseinheit innerhalb des Konzerns (Zesbaugh, Matzdorff & McKay, 2005, 10) und galt als „Vorzeigeobjekt“ (Kuls, 2006b). Im Jahr 2005 hielten sich die Beitragseinnahmen noch „auf einem hohen Niveau“ (Allianz AG, 2006, 59), im folgenden Jahr brachen sie ein. Hierzu kam es aufgrund einer Empfehlung der Wertpapieraufsicht. Sie stellte aktienindizierte Rentenversicherungen (Equity-Indexed Annuities) – das wichtigste Produkt der Allianz in den USA – unter verschärfte Auflagen und erschwerte ihren Vertrieb (Allianz AG, 2005, 68). Die Allianz reagierte mit einer personellen und organisatorischen Neuordnung des gesamten Nordamerikageschäfts. Mark Zesbaugh, der damalige Vorstandschef der amerikanischen Lebensversicherungsgesellschaft der Allianz, bezeichnete die vorangegangene Fokussierung auf die umstrittenen Pro-
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dukte als einen Fehler, sah aber eine langfristig „gute Zukunft“ (zitiert in Kuls (2006b)). Tatsächlich entwickelten sich in jüngster Zeit die Beiträge wieder stabil. Es scheint daher eine Kombination aus unglücklichen Umständen und betriebswirtschaftlichen Fehleinschätzungen vorzuliegen und keine US-marktspezifische Eigenheit, die das grundsätzliche Engagement in Frage stellen könnte. Parallel zu den Aktivitäten in den Bereichen Schaden/Unfall und Leben wurde das globale Asset Management auf Konzernebene ausgebaut. Die Aktivitäten in den USA trugen hierzu maßgeblich bei, denn mit der Übernahme von 70 % des amerikanischen Vermögensverwalters PIMCO im Jahr 1999 stieg die Asset Management Sparte zum sechstgrößten Vermögensverwalter weltweit auf (Herr, 1999). Den zweiten Schritt, um dieses Geschäftssegment zu stärken, bildete der Erwerb des US-Vermögensverwalters Nicholas Applegate im Jahr 2000. Auch nach dieser Übernahme wurde deutlich, dass weitere Akquisitionen, auch in anderen Geschäftssegmenten, geplant waren (Busse, 2000a), (Busse, 2000b), (Kuls, 2002a): Das Vorstandsmitglied Helmut Perlet ließ zum Beispiel im selben Jahr verlauten, man habe zwar keine konkrete Transaktion in Aussicht, sei aber mit der Marktposition in Amerika noch nicht zufrieden (Dries, 2000). Um zukünftige Unternehmenskäufe in den USA zu erleichtern, wurde die Aktie der Allianz im Jahr 2000 an der NYSE eingeführt.151 Perlet führte als weiteren Grund an, man könne „als Global Player am amerikanischen Kapitalmarkt nicht vorbeigehen“ (zitiert in Dries (2000)). Insgesamt entwickelte sich das Asset Management zufriedenstellend und schüttete stets gute Dividenden aus (Interview 13). Für die Zukunft wird weiterhin Wachstum erwartet und ein steigender Anteil des US-Geschäfts an den gesamten Aktivitäten. Die damit einhergehende Internationalisierung ist Bestandteil der Gesamtstrategie: Das „globale Geschäftsportfolio“ soll differenziert werden, „indem wir insbesondere unsere Präsenz in den USA und in Asien weiter ausbauen, ohne dabei den angestammten Heimatmarkt Europa zu vernachlässigen“ (Allianz AG, 2006, 23). Aus dieser Formulierung geht hervor, dass zwischen den Großregionen Asien, Nordamerika und Europa kein Konkurrenzverhältnis besteht. Dies hängt auch mit der Ertrags- und Finanzstärke der Allianz zusammen. Sie erlaubt es, diverse Großinvestitionen zeitgleich zu tätigen (Interview 1).
151Die Aktien können als „Währung“ bei Akquisitionen eingesetzt werden.
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Bedeutung der Region Die USA gelten als ein attraktiver Wachstumsmarkt, was vorrangig an der ökonomischen und demographischen Entwicklung liegt: Es handelt sich um einen großen, zusammenhängenden Wirtschaftsraum, in dem knapp 300 Mio. Menschen mit dem weltweit höchsten Pro-Kopf-Einkommen152 leben und in dem sich ein Großteil der industriellen Basis der Welt befindet. Auch die langfristige Bevölkerungsentwicklung stellt sich günstiger als in Asien dar. Sowohl für die Lebensals auch für die Schadenversicherung bieten sich daher attraktive Geschäftsmöglichkeiten. Diese grundlegende Einschätzung hat sich nicht erkennbar gewandelt (Interview 13). Zudem werden die USA als innovativer Markt betrachtet: Möchte man als internationaler Versicherer an bestimmten Entwicklungen in der Branche teilhaben, so ist ein Engagement in den USA unabdingbar. Gleichzeitig ist das Gesamtumfeld in den USA schwierig und verlangt jedem Akteur ein hohes Maß an Professionalität ab. Die bereits erläuterten Regelungen des Sarbanes-Oxley-Gesetzes verstärken dies noch (Interview 1). Losgelöst von der spezifischen Bedeutung der USA ist die langfristige Konzernentwicklung allerdings nicht nur eine Frage der Entwicklung einzelner Regionen. Die strategische Ausrichtung erfolgt zwar unter anderem auf der Grundlage der Beobachtung relevanter Indikatoren in 23 länderübergreifenden Regionen. Die Region ist jedoch nicht das vorherrschende Kriterium. Daneben wird z. B. berücksichtigt, wie sich einzelne Vertriebswege, die weltweite Vermögensverteilung oder auch der Mittelstand entwickeln (Interview 1). Verhältnis zur Politik Die Versicherungsbranche ist neben dem Bankensektor der am stärksten regulierte Wirtschaftszweig. Speziell die USA gelten als das Land mit der höchsten Regulierungsdichte. Darüber hinaus ist das amerikanische Rechtswesen von langen, komplizierten und teuren Prozessen geprägt. Entsprechend bestehen Anliegen an die Politik, die überwiegend rechtlich-regulatorische Inhalte haben. Ein Beispiel bildet die Struktur der Regulierung in den USA: Sie erfolgt auf der Ebene der einzelnen Staaten. Lizenzen für das operative Geschäft müssen daher für jeden Staat einzeln beantragt werden. Auch regelmäßige Abschlüsse (sog. annual statements) 152Nach Angaben des US Census Bureau betrug das Pro-Kopf-Einkommen im Jahr 2007 knapp 27 Tsd. US-Dollar. Die Zahlen weichen aus methodischen Gründen von denjenigen ab, die vom Bureau of Economic Analysis veröffentlicht werden (DeNavas-Walt, Proctor & Smith, 2008, 11).
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müssen den Regulatoren eines jeden Staates vorgelegt werden (Braden, 2006, 22), (Seifert & Niedzielski, 2007, 26 f.). Ein einheitlicher Ansprechpartner würde den damit einhergehenden Aufwand deutlich reduzieren, so die Sicht der Allianz (Interview 13). Dieser Standpunkt wird auch von den lokalen, nordamerikanischen Versicherern eingenommen. Allgemein gilt für die Anliegen in diesem Bereich, dass deutsche und amerikanische Versicherer weitgehend identische Interessen vertreten (Interview 13). Die Allianz ist daher in den nationalen Industrieverbänden organisiert, um Anliegen in Washington zur Geltung bringen zu können. Die sich ergebenden Forderungen werden primär in den USA geltend gemacht und nicht in Deutschland. Es handelt sich zweifelsohne um relevante Rahmenbedingungen, die sich nicht unwesentlich auf die Ausgestaltung der Aktivitäten sowie auf das operative Ergebnis auswirken. Regulatorische Hindernisse können auch zu einer erheblichen Verzögerung bei der Verwirklichung von Projekten führen. Ob sie jedoch für die grundsätzliche Entscheidung für oder gegen ein Engagement in den USA maßgeblich sind, ist fraglich. Auch bei konkreten Schwierigkeiten vor Ort schien politische Unterstützung nicht maßgeblich zu sein: Aus der nachgezeichneten Entwicklung ging hervor, dass der Umgang mit den fundamentalen Schwierigkeiten durch Rückgriff auf betriebswirtschaftliche Instrumente gekennzeichnet war und nicht durch Kooperation mit der Politik.
Zusammenfassung Die Entwicklung der Beiträge und der Mitarbeiterzahl legt zunächst eine abnehmende Bedeutung der USA nahe. Die Entwicklung verlief unterschiedlich in den jeweiligen Bereichen: Während sich die Sachversicherungen nach schwachen Anfangsjahren inzwischen gut entwickelt haben, führte im Segment Lebensversicherungen eine starke Konzentration auf das zunächst erfolgreiche Kernprodukt dazu, dass der Bereich stark von aufsichtsrechtlichen Bestimmungen betroffen war, die den Erfolgskurs dämpften. Im Vermögensmanagement sind die USA von besonderer Bedeutung, hier verlief die Entwicklung durchweg positiv. Die Aktivitäten waren zudem eng mit der strategischen Ausrichtung des Gesamtkonzerns verknüpft. Sowohl der Fokus auf den Bereich Lebensversicherungen als auch der Aufbau der Vermögensverwaltung als drittes Standbein spiegelte sich in der nordamerikanischen Präsenz wider.
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Die zu beobachtende Abfolge von mehr und weniger erfolgreichen Phasen erscheint als ein Charakteristikum unternehmerischen Handelns. Sie lässt sich in der Lebensversicherungssparte auf strategische Fehleinschätzungen im Produktportfolio und auf Änderungen bei den Regularien zurückführen, bei den Sachversicherungen hängt sie mit unerwartet hohen Altlasten zusammen. Mit Ausnahme des Wirkens der Regulierungsbehörde kann derlei überall auftreten und bildet kein Spezifikum der Region. Die Bedeutung der USA kann eher aus der Reaktion auf unerfreuliche Entwicklungen abgeleitet werden: Trotz widriger Umstände wurde das eigene Engagement verstärkt, was dafür spricht, dass einer Präsenz in den USA eine hohe Bedeutung beigemessen wird. Diese erklärt sich daraus, dass die Vereinigten Staaten als wichtige Region für einen global tätigen Versicherer gesehen werden. Die Aktivitäten des Konzerns erscheinen daher als Versuche, sich in einem attraktiven Umfeld zu etablieren, das – nicht zuletzt aufgrund des rechtlichen Systems – ein hohes Maß an Professionalität verlangt. Es kann daher weder eine abnehmende Bedeutung der USA konstatiert werden, noch ein Wandel in der Einschätzung hinsichtlich der Attraktivität des Marktes. Zugleich wurde deutlich, dass die regionale Marktsegmentierung nur eine von mehreren ist. Investitionsentscheidungen richten sich weder ausschließlich noch primär nach regionalen Gesichtspunkten. Von den Aktivitäten in den USA auf die Bedeutung dieser Region zu schließen, erscheint daher problematisch. Die Finanzkraft der Allianz erlaubt es ihr darüber hinaus, mehrere Investitionsziele gleichzeitig zu verfolgen. Dies wurde auch aus der Konzernstrategie deutlich, die den Ausbau in verschiedenen Kernregionen anvisiert. Die Zugehörigkeit zu einer regulierten Branche bedingt, dass die Allianz von den jeweiligen nationalen, politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen abhängig ist. Eventuell entstehende Schwierigkeiten rechtlicher Natur sucht sie auch in der Kommunikation mit politischen Entscheidungsträgern zu lösen. Da sich diese Belange nicht von den Anliegen der amerikanischen Konkurrenten unterscheiden, erscheint es zielführend, sich in den lokalen Branchenverbänden zu engagieren und so eigene Belange in Washington einzubringen. Deutlich wurde darüber hinaus auch, dass die Reaktionen auf die grundlegenden Schwierigkeiten im Bereich Schaden- und Lebensversicherungen primär betriebswirtschaftlicher Natur waren. Nur für einen kleinen Teil der vielfältigen Herausforderungen der Allianz in den USA ist daher politisches Handeln relevant.
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4.5.3 Das Unternehmen und die VR China Überblick Der chinesische Versicherungsmarkt ist relativ klein: Mit 1,6 % der weltweit erzielten Prämieneinnahmen nahm er im Jahr 2004 den 11. Rang ein (Cummins & Venard, 2007, 5). Die Versicherungsdurchdringung – also der Anteil der Prämieneinnahmen in Relation zum Bruttoinlandsprodukt – lag im selben Jahr bei lediglich 3,3 %. Die durchschnittlichen Pro-Kopf-Ausgaben für Versicherungsprodukte beliefen sich auf 40 US-Dollar.153 Beide Werte sind deutlich geringer als in entwickelten Versicherungsmärkten. Auch wenn der chinesische Versicherungsmarkt daher als unterentwickelt bezeichnet wurde und als herausfordernd gilt, ist er aufgrund der Wachstumschancen einer der weltweit vielversprechendsten Märkte (Bopp & Wong, 2004), (Geyer, 2001). So sind die Prämieneinnahmen in der Versicherungswirtschaft in den letzten 25 Jahren im Schnitt um 33 % pro Jahr gestiegen (Grimm, 2005) und es wird mit weiterem Marktwachstum gerechnet (Sun, Suo & Zheng, 2007). Ausländische Versicherer spielen eine untergeordnete Rolle in China.154 Dies liegt auch daran, dass der Markt lange Zeit nach außen weitgehend abgeriegelt war und der Eintritt aufgrund intransparenter Verfahren zu einer heiklen Angelegenheit wurde (Geyer, 2001). Erst im Zuge des WTO-Beitritts der Volksrepublik änderte sich die Situation langsam. Offiziell bestehen heute hinsichtlich der Produktlinien, die ausländische Anbieter bedienen können und der Regionen, die sie erschließen dürfen, keine Beschränkungen mehr (Interview 18). Die Allianz ist mit allen Geschäftsbereichen in China vertreten.155 Im Bereich Sachversicherungen besteht eine Niederlassung in Guangzhou, die auf die Provinz beschränkt lokale und ausländische Kunden versichert. Im Segment für Lebensversicherungen bestehen Repräsentanzen in Shanghai und Peking sowie ein operativ tätiges Joint Venture mit Niederlassungen in Shanghai und in den Provinzen Guangdong, Zhejian, Sichuan und Jiangtsu (Molt, 2007, 6). Der Vertrieb erfolgt über verschiedene Kanäle. Hervorzuheben ist eine Kooperation mit der ICBC, der größten chinesischen Bank. Im Bereich des Vermögensmanagements konnte die 153Die Durchschnittswerte verwischen allerdings bestehende regionale Differenzen innerhalb Chinas (Adelt, 2005, 1507), (Grimm, 2005). 154Ende des Jahres 2004 verbuchten sie lediglich 2,6 % der gesamten Prämieneinnahmen (Grimm, 2005). 155Das nicht betrachtete Banking spielt eine untergeordnete Rolle.
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Kapitalanlagegesellschaft der Allianz, die Guotai Junan Allianz Fund Management, bis zum Jahr 2006 fünf Fonds auflegen. Ebenso wie für die USA erläutert, gilt auch für die Beiträge der Tochtergesellschaften in der Region Asien-Pazifik zum Konzernergebnis, dass sie über die Jahre hinweg schwer zu vergleichen sind und nicht einheitlich ausgewiesen werden. Die Beiträge sind im Untersuchungszeitraum kontinuierlich gewachsen (vgl. Tabelle A.7 im Anhang). Im Bereich Schaden/Unfall stiegen sie seit dem Jahr 2001 um das 1,6fache und betrugen im Jahr 2006 1,3 Mrd. EUR. Dies entspricht 3,5 % der Beiträge des Segmentes. Den größten Anteil hieran trugen die Aktivitäten in Australien. Im Bereich Lebens- und Krankenversicherung beliefen sich die Beiträge im Jahr 2006 auf 1,3 Mrd. EUR oder 6,1 % der konzernweiten Beiträge des Segmentes. Die beiden größten Märkte waren Korea und Taiwan. In China wurden im Jahr 2006 Bruttobeiträge in Höhe von 135 Mio. EUR gezeichnet, was 0,2 % der konzernweiten Beiträge in beiden Segmenten ausmacht.156 Dies ist eine Steigerung um 250 % gegenüber dem Vorjahr. Allein das in Taiwan erwirtschaftete Prämienaufkommen lag um das Zehnfache über demjenigen in China, dasjenige in Korea um das 15fache (Zedelius, 2007, 6). Im Jahr 2006 waren 900 Mitarbeiter in China beschäftigt, was einem halben Prozent der gesamten Belegschaft entspricht. Im Jahr 1999 waren es noch weniger als 200 Mitarbeiter.157 Insgesamt machen die in China erzielten Prämien und die dort beschäftigten Mitarbeiter daher nur einen kleinen Anteil aus, wenngleich das Engagement bedeutsamer geworden ist. Den Aktivitäten kommt eine höhere Bedeutung zu als die Zahlen suggerieren, wie auch die Entwicklung des Engagements zeigt. Entwicklung des Engagements Die Allianz war zunächst im Rückversicherungsgeschäft mit lokalen Erstversicherern tätig. Als sich der chinesische Erstversicherungsmarkt zu öffnen begann, wurde Ende des Jahres 1993 beschlossen, auch in diesen Bereich einzusteigen. Der Zeitpunkt gilt als eigentlicher Einstieg in den Markt (Interview 18). Im Sachversicherungsbereich gaben die (Industrie-)Kunden, die in China expandierten, den Impuls für die eigene Expansion: Die Allianz folgte den Kunden, um deren Chinageschäft abzusichern. Im Bereich Lebensversicherung war der Hauptgrund das erkannte Potential im Markt selbst. Dies umso mehr, als die chinesischen Ent156Die Beiträge in den beiden Segmenten beliefen sich auf 65,3 Mrd. EUR. Die Zahlen stimmen nicht mit denjenigen aus Tabelle A.7 überein, da es sich um die Bruttobeiträge handelt. 157Frühere Zahlen sind nicht verfügbar.
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scheidungsträger die Bereitschaft erkennen ließen, das Sozialversicherungssystem zu reformieren.158 Von vornherein verfolgte der Konzern das Ziel, alle Geschäftslinien aufzubauen. Es wurden intensive Gespräche mit der Zentralregierung geführt und im Jahr 1994 die erste Repräsentanz in Peking sowie zwei Verbindungsbüros (Shanghai, Guangzhou) eröffnet. Die folgenden Jahre waren vom Aufbau der einzelnen Segmente geprägt: Im Jahr 1997 erteilten die chinesischen Behörden zunächst die Zulassung für den Bereich Lebensversicherungen. Daraufhin wurde ein Joint Venture gegründet, das seit dem Jahr 1999 operativ tätig ist. Es wird gemeinsam mit der CITIC Trust, einer staatlichen Investmentfirma, betrieben.159 Im Bereich Sachversicherungen wurde die Geschäftslizenz im Jahr 2001 erteilt, zwei Jahre später wurde das Geschäft eröffnet. Die Aktivitäten werden von Kanton aus gesteuert und sind auf das dortige Industriegeschäft beschränkt. Die Kapitalanlagegesellschaft der Allianz analysierte den chinesischen Markt relativ lange aus Hongkong sowie aus der Regionalzentrale in Singapur und identifizierte die Guotai Junan Securities als interessanten Joint Venture Partner für den Bereich Vermögensverwaltung. An dem im Jahr 2003 gegründeten Joint Venture hält die Allianz 33 %. Seither sind die drei Kernbereiche der Allianz vertreten. Ein wichtiges Ereignis des Jahres 2006 bildete die Beteiligung an der ICBC: Die Allianz kaufte für etwa 1 Mrd. US-Dollar 2,5 % der Anteile.160 Es handelt sich um die bislang größte Investition des Konzerns in China und um eine Beteiligung von primär strategischer Natur.161 Sie dient dem Vertrieb von Fonds und Lebensversicherungen und bildet ein Vehikel, um den chinesischen Markt zu erobern. Werner Zedelius, der für Wachstumsmärkte zuständige Vorstand der Allianz, sagte, der Einstieg diene auch dazu, „ein für die Politik in Peking, aber auch für die 158Das chinesische Sozialversicherungssystem wurde bislang vorwiegend von den diversen Staatsbetrieben finanziert. Da diese umstrukturiert werden, fallen zunehmend Chinesen aus dem bisherigen System der sozialen Sicherung hinaus. 159Der ursprüngliche Partner war die Dazhong Insurance Company, ein lokaler Sachversicherer. Der Wechsel erfolgte, da der Partner sich strategisch auf den Bereich Sachversicherungen konzentrieren wollte. Zudem war er zu klein, um die Anfangsinvestitionen zu tragen, die allgemein im Bereich Lebensversicherungen notwendig sind, und die in China noch einmal höher sind, da ausländische Versicherer sich auf lange Vorlaufzeiten einstellen müssen (Interview 18). 160Die Beteiligung wurde gemeinsam in einem Konsortium der American Express und Goldman Sachs eingegangen; gemeinsam halten die Partner 10 % an der ICBC (Theurer, 2006). 161Es ist also kein reines Finanzinvestment, was unter anderem daraus ersichtlich ist, dass die Allianz eigenes Kapital investierte und nicht Kundengelder aus Risikokapitalfonds, wie zunächst angekündigt wurde (Theurer, 2005), (Theurer, 2006).
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Mitarbeiter vor Ort wichtiges Bekenntnis zum langfristigen Interesse am Markt abzulegen“ (zitiert in Hein (2006a)). Das gewählte Vorgehen, in den Markt einzusteigen, mit ihm langsam zu wachsen und das Geschäft auszuweiten, wo immer die Regulierungsbehörde es zulässt, hat sich nach Unternehmensangaben ausgezahlt: Die Allianz erreichte avisierte Zielwerte hinsichtlich des Prämienaufkommens früher als geplant (Hein, 2006a), (Allianz Group, 2004). Nüchtern betrachtet blieb dem Konzern jedoch kaum eine andere Wahl: Das übliche Verfahren – durch die Übernahme großer, lokaler Anbieter schnell eine gewisse Größe zu erlangen – war rechtlich nicht möglich. Für die Zukunft wird davon ausgegangen, dass das Unternehmen in China schneller wächst als in Europa oder in den USA, auch wenn die Beiträge absolut noch auf einem sehr geringen Niveau sind. Das Jahr 2006 gilt als das „Jahr des Durchbruchs“ und diese Entwicklung soll sich fortsetzen (Allianz Gruppe, 2007). Christian Molt, der Vorsitzende von Allianz China Life, sagte „Chinas Versicherungsmarkt eröffnet riesige Chancen“ (zitiert in (Allianz Gruppe, 2006)) und auch nach Zedelius sieht die Allianz „eine optimistische Zukunft mit fantastischen Chancen in China“ (zitiert in Allianz Group (2004)). Der Vorstandsvorsitzende Michael Diekmann betonte, eine landesweite Präsenz aufbauen zu wollen (Allianz Group Asia Pacific, 2004). Insbesondere gilt das für die Schaden/Unfallversicherung, in der auf mittlere Sicht angestrebt wird, in ganz China uneingeschränkt tätig zu sein (Allianz AG, 2004, 57). Inwieweit dies gelingt, hängt davon ab, wie schnell die bestehende Niederlassung in eine in China eingetragene Gesellschaft umgewandelt werden darf, da dies die Voraussetzung für geographische Expansion ist. Es wird auch nach Partnern für dieses Segment gesucht (Hein, 2006b). Die Wachstumsstrategie bei den Lebensversicherungen besteht darin, sowohl geographisch zu expandieren162 als auch die Vertriebskanäle zu diversifizieren (Molt, 2007, 5 f.). Bedeutung der Region Neben den etablierten Versicherungsmärkten – wozu z. B. die USA und die Länder Westeuropas zählen – gibt es bei der Allianz zwei Gruppen an Wachstumsmärkten: New Europe und Asien-Pazifik, zu denen im Jahr 2006 23 Länder gehörten und die 10 % der Bruttobeitragseinnahmen generierten. Asien-Pazifik allein umfasst 14 Länder und zählt „zu den wichtigsten Wachstumsmärkten der Allianz“ (Allianz SE, 2007b). Innerhalb Asiens wiederum wird zukünftiges Wachstum v.a. von den 162Bis zum Jahr 2010 ist nach Molt (2007) der Eintritt in acht weitere Provinzen geplant.
4.5 Allianz
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beiden „strategischen Märkten“ Indien und China angetrieben (Zedelius, 2007, 6). Die nachgezeichnete Expansion in China ist Teil des strategischen Bestrebens, sich international auf eine breitere Basis zu stellen und dabei einen Schwerpunkt auf Asien und Osteuropa zu legen (Busse, 2001). Als Kernmärkte des Konzerns werden „Europa, die USA und eine Reihe asiatischer Länder mit einer dauerhaft hohen Wachstumsdynamik“ (Allianz SE, 2007a, 26) bezeichnet. China ist also als einer von mehreren Wachstumsmärkten wohl auch ein (zukünftiger) Kernmarkt. Die VR China ist gleichzeitig von besonderer strategischer Bedeutung innerhalb dieser Wachstumsmärkte. Das Land wird als „strategisch wichtiger Zukunftsmarkt“ bezeichnet und wurde von Michael Diekmann anlässlich seines ersten Besuchs als Vorstandsvorsitzender vor Ort im Jahr 2004 zum „Schlüssel“ in der Konzernstrategie für Wachstumsmärkte deklariert (zitiert in Allianz Group Asia Pacific (2004)). Der Markt ist unter anderem deshalb so interessant, weil sich durch die entstehende Mittelschicht der Kreis potentieller Kunden vergrößert, die zudem noch weitgehend keinerlei private Altersversicherung haben (Interview 18). Entsprechend trägt das Engagement den Charakter einer Zukunftsinvestition, die im Hinblick auf zukünftige Erfolge getätigt wird.163 Der chinesische Markt als relativ eigene, in sich abgeschlossene Einheit mit der rasanten Entwicklung in den vergangenen Jahren und den daraus resultierenden positiven Zukunftsaussichten bildet daher einen besonderen Raum. Heinz Dollberg, der Leiter der Asien-Abteilungen, mahnt aber angesichts der häufig zu beobachtenden Euphorie eine nüchternere Sichtweise an: Man brauche in China einen langen Atem, es sei in den nächsten Jahren kein Return zu erwarten und China sei „kein Land, wo man sein muss“ (zitiert in Busse, Dohmen und Stock (2004)). Dies steht zweifelsohne in gewissem Widerspruch zu den Äußerungen des Vorstandsvorsitzenden, setzt aber insgesamt das Phänomen „China“ in ein angemessenes Verhältnis: China bildet seit seiner Öffnung einen zusätzlichen potentiellen Absatzmarkt für die Produkte der Allianz. Der Gang dorthin ist daher ganz normal und weder ein Zeichen dafür, dass andere Märkte unwichtiger werden, noch dass China auf Dauer allein im Fokus für Expansionen stehen wird. Die Einschätzung, dass der chinesische Markt Potential hat, hat sich im Zeitablauf – zumindest während des untersuchten Zeitraumes – nicht grundlegend gewandelt. So wird anlässlich der intensiveren Bemühungen in China und in ande163Ersichtlich wird dies daran, dass China (neben etwa Indien) zu den „Einheiten, die in strategisch wichtigen Zukunftsmärkten das Geschäft aufbauen“ (Allianz AG, 2005, 25) zählt und daher vorerst nicht gehalten ist, Dividenden auf das in der Region eingesetzte Kapital abzuführen. Das ausgewiesene operative Ergebnis ist negativ (Molt, 2007). Siehe hierzu auch Geyer (2002).
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4 Empirische Analyse: Mikroebene
ren asiatischen Ländern zu Beginn der 1990er Jahre im Geschäftsbericht erläutert: „Die langfristige Wettbewerbsfähigkeit der Allianz als internationaler Versicherer wird auch davon abhängen, ob sie sich rechtzeitig eine Präsenz in den zukunftsträchtigen Versicherungsmärkten Asiens sichern kann“ (Allianz AG, 1994, 17).
Verhältnis zur Politik Neben dem Charakteristikum, dass die Versicherungswirtschaft als regulierte Industrie unter maßgeblichem Einfluss der Politik steht, ist die Bedeutung der Behörden in China164 auf einer anderen Ebene angesiedelt. Sie verfolgen das Ziel, die chinesische Versicherungswirtschaft zu entwickeln. Da eigene Anbieter unerfahren sind, soll verhindert werden, dass die ausländischen Versicherer zum Nachteil der einheimischen Akteure zu schnell wachsen. Dies führt erstens zu einer Ungleichbehandlung aus- und inländischer Unternehmen. Zweitens werden dadurch in China diverse Belange zu politischen Themen, die in anderen Ländern auf betriebswirtschaftlichem Kalkül beruhen. Hierzu zählt z. B. die Expansionsgeschwindigkeit, da ausländische Versicherer im Durchschnitt pro Jahr nur zwei neue Provinzen erschließen können.165 Dies gilt auch für den Umgang mit dem Mangel an Fach- und Führungskräften, was als die größte Herausforderung in China identifiziert wurde. Während in anderen Ländern Mitarbeiter von Konkurrenten abgeworben werden können, ist dies in China politisch unerwünscht und erfolgt daher kaum, obwohl es seit dem WTO-Beitritt offiziell erlaubt ist (Interview 18), (Chen & Shih, 2004, 102). Beides hat zur Konsequenz, dass einzelne ausländische Unternehmen, um den weitreichenden Einfluss chinesischer öffentlicher Entscheidungsträger auf wirtschaftliche Aktivitäten wissend, versuchen, ihre Heimatregierungen für ihre Zwecke einzuspannen. Allerdings ist eine unterschiedliche Intensität zu beobachten: Besonders offensiv gehen amerikanische Unternehmen vor, bei deutschen Akteuren ist dieses Verhalten weniger ausgeprägt. Die chinesischen Behörden wiederum lassen – etwa wenn es Begrenzungen in der Marktplatzierung gibt – die Nationalität des Unternehmens in ihr Kalkül mit einfließen. So ist zu beobachten, dass stets in etwa die gleiche Anzahl an Lizenzen an europäische und amerikanische Konzerne vergeben wird, um dadurch einen Ausgleich zwischen den einzelnen 164Für Versicherer ist die China Insurance Regulatory Commission (CIRC) zuständig, die dem Staatsrat untersteht. 165Dies ist keine offiziell gültige Regel, sie wurde gleichwohl öffentlich verkündet.
4.5 Allianz
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Wirtschaftsregionen im Markt zu schaffen.166 Auch lassen die chinesischen Akteure politische Verstimmungen die ausländischen Unternehmen spüren: Es wird davon ausgegangen, dass sich ein entsprechend „bestraftes“ Unternehmen dann an seine Heimatregierung wendet, so wie es ein chinesisches Unternehmen tun würde (Interview 18). Ingesamt gewinnt hierdurch die Nationalität der Allianz eine besondere Bedeutung. Dies steht im Gegensatz zur Tendenz der letzten Jahre: Das Unternehmen wurde mit dem Ziel, einen global wettbewerbsfähigen Konzern aufzubauen, „Stück für Stück entdeutscht“ (Schießl, 2006, 65). Indizien hierfür sind die stärkere Orientierung an den Bedürfnissen des Kapitalmarktes167 und die Änderung der Rechtsform von der AG in eine europäische SE. Zudem entwickeln sich einschlägige Kennzahlen – etwa die Relation von in- zu ausländischen Beiträgen oder die entsprechenden Mitarbeiterverhältnisse – zugunsten des Auslands. Es entsteht der Eindruck, als ob das Engagement in China diese Bestrebungen konterkariert: Während der Konzern anstrebt, als globales Unternehmen wahrgenommen zu werden, wird er in China als Akteur deutscher Herkunft behandelt (Interview 18). Die Rolle der deutschen Politik wird weniger in der Vertretung von einzelunternehmerischen Anliegen gesehen (Interview 18). Den Beziehungen zu deutschen Behörden kommt vor allem bei übergreifenden, gesamtwirtschaftlichen Themen Bedeutung zu. Hierzu zählt ganz zentral die erläuterte Ungleichbehandlung. Um Veränderungen in China herbeizuführen, ist es entscheidend, dass die Deutschen nicht allein vorgehen, sondern dass sie im Rahmen der WTO oder auch der EU die Themen einbringen (Interview 1).168 Insgesamt wurden durch den Beitritt Chinas zur WTO bereits Hürden abgebaut und es wird erwartet, dass das Land weitere eingegangene Verpflichtungen irgendwann auch tatsächlich einhält. Ein stabiles und verlässliches Rechtsumfeld etabliert sich dabei zwar nur äußerst langsam. In dem Zuge, wie es nach und nach entsteht, nimmt vermutlich auch die spezielle Bedeutung der deutschen Politik ab. 166Dies lässt sich umgekehrt für die einzelnen Gesellschaften nutzbar machen. So wiesen sie im Zuge des WTO-Beitritts auf ein bestehendes Übergewicht der amerikanischen Lizenzen hin, woraufhin europäischen Unternehmen die entsprechende Anzahl an Lizenzen ebenfalls erteilt wurde (Interview 18). 167Es wurde z. B. die interne Vergabe von Kapital effizienter gestaltet und klare Anforderungen an die erforderliche Mindestverzinsung gestellt. Hierzu wurde auch ein interner Kapitalmarkt eingeführt, auf dem die einzelnen operativen Einheiten miteinander in Konkurrenz stehen (Allianz AG, 2004, 23). 168Die ungleiche Behandlung hat auch die Europäische Handelskammer zentral in ihr jährliches Positionspapier aufgenommen (European Chamber of Commerce in China, 2007, 271 f.).
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4 Empirische Analyse: Mikroebene
Zusammenfassung Das Engagement der Allianz in China wurde während des hier betrachteten Zeitraumes ausgebaut, wobei die einzelnen Segmente nacheinander in China etabliert wurden. Es ist – auch aufgrund der vergleichsweise kurzen Zeitdauer der Präsenz – von geringem quantitativen Ausmaß. Den Aktivitäten wird gleichwohl eine besondere strategische Bedeutung beigemessen: Es wird davon ausgegangen, dass zukünftiges Wachstum hier eher als in den gesättigten Märkten erzielt werden kann. Um an diesem Wachstum partizipieren zu können, ist es notwendig, sich heute zu positionieren. Daher ist eine Intensivierung der Geschäftstätigkeit zu erwarten. China galt bereits vor dem hier untersuchten Zeitraum als ein interessanter Zukunftsmarkt. Von Anfang an bestand das Ziel, sämtliche Sparten in China aufzubauen. Insofern bilden die zu beobachtenden Schritte eher die Umsetzung bereits zuvor feststehender strategischer Entscheidungen als dass sie grundsätzliche Änderungen in der unternehmerischen Einschätzung widerspiegeln. Der zu beobachtende Ausbau erfolgte in dem Umfang, wie er von der Regierung zugelassen wurde. Auch wenn zweifelsohne betriebswirtschaftliche Erwägungen die große Linie des Engagements anleiten, so bildete der gestalterische Einfluss der chinesischen Regierung eine nicht zu vernachlässigende Größe. Deutlich wird das z. B. im Bereich der Sachversicherungen, wo seitens des Unternehmens eine geographische Expansion anvisiert ist, diese aber bislang aufgrund fehlender Genehmigungen nicht möglich war. Insgesamt geht der besondere gestaltende Einfluss der Politik damit über das Maß hinaus, das ansonsten öffentlichen Stellen qua ihrer Funktion als Regulatoren der Branche zukommt. Da die chinesischen Entscheidungsträger bei ihrer Tätigkeit zudem die besondere Intention verfolgen, die langfristige Entwicklung der einheimischen Akteure abzusichern, werden aus- und inländische Unternehmen unterschiedlich behandelt. Diese Ungleichbehandlung bildet ein zentrales Anliegen des Unternehmens an die Politik. Die Bundesregierung wird dabei weniger als Institution gesehen, die einzelwirtschaftliche Interessen und Anliegen aufzunehmen hat, sondern ist eher von Bedeutung, wenn es um die Gestaltung der gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen geht. Das Handeln der chinesischen Akteure beruht auf der impliziten Annahme, wirtschaftliche und politische Akteure seien auch in anderen Ländern so eng miteinander verbunden wie dies in China der Fall ist. Die ausländischen Unternehmen werden deshalb auch bei Verstimmungen auf der politischen Ebene mit ihrem Heimatland instrumentalisiert. Die Nationalität eines Unternehmens ist daher in China von größerer Bedeutung als in anderen Ländern.
4.5 Allianz
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4.5.4 Zusammenfassung und Interpretation In der Zusammenfassung erscheinen die folgenden Aspekte charakteristisch für das Engagement der Allianz in den beiden Regionen, für die Bedeutung der USA und Chinas sowie für die Beziehungen zur deutschen Außenpolitik. Das Engagement in den beiden Regionen erscheint quantitativ weniger eindrucksvoll als bei anderen betrachteten Unternehmen. Dies wird nachvollziehbar, wenn man sich die Bedeutung des europäischen Heimatmarktes für die Allianz vor Augen führt: Hier werden mehr als zwei Drittel der Konzernerträge erzielt. Die Aktivitäten in den USA wurden in Einklang mit gesamtstrategischen Zielsetzungen ausgebaut und verliefen in einzelnen Segmenten und verschiedenen zeitlichen Phasen unterschiedlich. Trotz teilweise unerfreulicher Entwicklungen wurde die Präsenz in den USA nicht grundsätzlich in Frage gestellt. Vielmehr wurde versucht, eventuelle Fehlentscheidungen zu revidieren und auf Schwierigkeiten mit betriebswirtschaftlichen Maßnahmen zu reagieren. Dies lässt den Willen erkennen, sich in einem schwierigen Umfeld zu etablieren: Die USA gelten für einen globalen Konzern als unumgänglich. Der Einstieg in China und der Ausbau der Geschäftstätigkeit dort geschahen in der Erwartung zukünftigen Wachstums. Die Allianz nutzte dabei die Möglichkeiten, die sich im Zuge der Öffnung des Marktes nach und nach ergaben. Schwierigkeiten erscheinen – im Unterschied zu den USA – als Konsequenz regulatorischen und politischen Wirkens und weniger als Resultante strategischer Entscheidungen. Die VR China ist daneben eine Schlüsselregion innerhalb der „Emerging Markets“. In beiden Regionen haben sich die Einschätzungen nicht grundsätzlich gewandelt, es wurden entsprechende Weichen schon vor über zehn Jahren gestellt. Weder die USA noch China haben damit an Bedeutung verloren. Dies gilt insbesondere für die USA, wo die quantitative Entwicklung einen anderen Schluss nahe legen mag. Darüber hinaus ist es für die Konzernentwicklung nicht nur relevant, wie sich einzelne Regionen im Vergleich zueinander entwickeln, denn Märkte werden nicht allein regional segmentiert. Zudem ermöglicht es die Finanzstärke der Allianz, diverse strategische Großinvestitionen zugleich zu tätigen, weshalb kein Abwägen zwischen den USA und der VR China erforderlich ist. Schließlich nennt die Konzernstrategie diverse Kernmärkte und zitiert beide Länder als Wachstumsmärkte. Eine (Neu-)Orientierung in Richtung auf die USA oder China ist im Fall der Allianz daher empirisch nicht feststellbar. Sowohl in den USA als auch in China sind die zentralen Anliegen an die Politik rechtlich-regulatorischer Natur. In den USA herrscht dabei weitgehend Einigkeit
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4 Empirische Analyse: Mikroebene
zwischen amerikanischen und ausländischen Versicherern. Daher erscheint es besonders wichtig, den Kontakt zu den entsprechenden Stellen in Washington zu pflegen. Es handelt sich zudem um Aspekte, die der grundsätzlichen Investitionsentscheidung des Unternehmens nachgelagert sind. In China hingegen bildet die Ungleichbehandlung von lokalen und ausländischen Anbietern durch die chinesischen Behörden ein entscheidendes Charakteristikum. Das führt dazu, dass ausländische Konzerne Anliegen haben, die sich grundlegend von denjenigen der lokalen Anbieter unterscheiden. Da zudem politische und wirtschaftliche Themen in China eng miteinander verstrickt sind, erscheint ein intensiverer Austausch auch mit deutschen Entscheidungsträgern zumindest logisch. Dieser ist aber für deutsche Unternehmen weniger zielführend als etwa für amerikanische Unternehmen. Die Allianz hat sich strategisch nicht zwischen den USA und der VR China ausgerichtet und es sind auch keine strategischen Präferenzen bezüglich einer der beiden Regionen erkennbar. Daher lässt sich auf der Grundlage dieses Beispiels keine Antwort auf die Frage nach der außenpolitischen Orientierung der Bundesrepublik geben. Da die Ergebnisse zudem nahelegen, dass die strategische Ausrichtung auf Unternehmensebene grundsätzlich nicht im Hinblick auf die beiden Regionen stattfindet, erscheinen wirtschaftliche Interessen dem Verständnis der außenpolitischen Orientierung in Richtung auf die beiden Länder nicht dienlich.
5 Ergebnis Gegenstand der bisherigen Untersuchungen war die Analyse des Interesses der deutschen Wirtschaft. Dabei wurde der Frage nachgegangen, wie sich die Präferenzen ökonomischer Akteure in Deutschland zu den USA und der Volksrepublik China ausbilden, wie sich das Engagement im Zeitablauf der Jahre 1997-2006 entwickelt hat und welches Verhältnis zur Politik besteht. Die Analyse stand im übergeordneten Kontext einer Theorie, die innergesellschaftliche Präferenzen als Determinante der Außenpolitik sieht. Demnach – so die Ausgangsüberlegung – müsste sich aus den wirtschaftlichen Präferenzen die zukünftige außenpolitische Orientierung der Bundesrepublik ableiten lassen. Im Folgenden steht zunächst die in der Makroanalyse und den Fallstudien nachgezeichnete Entstehung und Entwicklung des wirtschaftlichen Interesses im Mittelpunkt sowie die Kernfrage, ob aufgrund der Interessen wichtiger ökonomischer Akteure in der Bundesrepublik eine mögliche zukünftige außenpolitische Orientierung in Richtung auf die USA bzw. China erklärt werden kann. Auf der Grundlage dieses Ergebnisses wird sodann der theoretische Ansatz des Neuen Liberalismus von Andrew Moravcsik kritisch gewertet.
5.1 Das Interesse der deutschen Wirtschaft in Bezug auf die USA und China 5.1.1 Orientierung und Präferenzen der Akteure Die vorgenommene Analyse der wirtschaftlichen Verflechtungen der Bundesrepublik mit den USA und der Volksrepublik China erlaubte auf Makroebene keine eindeutige Aussage: Die Bundesrepublik war mit den USA vor allem bei den Kapitalströmen ungleich enger verknüpft als mit der Volksrepublik China. Im Bereich der traditionellen Handelsbeziehungen hat sich die quantitative Bedeutung der beiden Wirtschaftsräume hingegen stärker einander angenähert. Auch die sich anschließende mikrofundierte Untersuchung einzelner Akteure verdeutlichte, dass es nicht
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möglich ist, das Verhältnis der beiden Wirtschaftsräume zueinander im unternehmerischen Kalkül herauszuarbeiten. Vielmehr bilden sowohl die USA als auch die Volksrepublik China wichtige Märkte für Deutschlands führende Unternehmen. Meist haben zudem beide Regionen im Zeitablauf an Bedeutung gewonnen oder es ist zumindest kein gegenläufiger Trend zu erkennen. Bestehendes Engagement wird überall bestmöglich gestaltet und nicht grundsätzlich in Frage gestellt. Auch im Hinblick auf die zukünftige Geschäftstätigkeit werden in beiden Märkten Perspektiven gesehen. Auf dem wichtigen Zukunftsmarkt China möchten alle betrachteten Unternehmen präsent sein. Das dient aufgrund des erkannten zukünftigen Marktpotentials dazu, die weltweite Wettbewerbsfähigkeit zu sichern. Vor dem Hintergrund der bislang stabilen wirtschaftlichen und politischen Entwicklung vermögen bestehende Risiken die Aktivitäten nicht grundsätzlich in Frage zu stellen. Die Phase des intensiven Engagements, die durch die Lokalisierung von Elementen der Wertschöpfungskette und durch die Konzentration auf den lokalen Absatzmarkt charakterisiert ist, setzte meist nicht vor den 1990er Jahren ein.1 Diese relativ kurze Historie erklärt, weshalb die Unternehmen in China noch nicht in einer Weise positioniert sind wie in anderen Märkten. Daher steht das Engagement in Asien und speziell in China häufig im strategischen Fokus und soll in Zukunft weiter intensiviert werden. Während also die grundlegende Einschätzung, die strategische Präferenz (vgl. Abschnitt 2.2), bezüglich des chinesischen Marktes bei den untersuchten Unternehmen relativ einheitlich ist, unterscheidet sich der Zeitpunkt des Markteintritts. Die BASF und Siemens zählen zum Beispiel zu den „Chinapionieren“. Sie hatten bereits vor Beginn des untersuchten Zeitraumes umfassend investiert oder entsprechende Pläne hierzu gefasst. Ein Wandel in der Einschätzung Chinas ist zumindest im Untersuchungszeitraum nicht festzustellen. Vielmehr zeichnet sich aktuell ab, was bereits vor mehr als einem Jahrzehnt in den strategischen Planungen festgelegt wurde. Für andere Unternehmen ist China erst in jüngerer Zeit besonders bedeutsam geworden. Dies gilt etwa für die Deutsche Bank oder für bestimmte Geschäftsfelder von Daimler. Solche Unterschiede in den jeweiligen Strategien erklären sich aus Spezifika der jeweiligen Branche oder des Produktes. Die BASF und Siemens bedienen vorrangig Industriekunden bzw. tragen zum Aufbau der Infrastruktur bei. Ihre Leistungen werden daher bereits in einem frühen Stadium der wirtschaftlichen Entwicklung eines Landes nachgefragt. Dahingegen zielen die 1 Diese Art von Engagement ist intensiver als der bloße Handel mit Gütern und Dienstleistungen, da Kapital, Wissen und Management im Zielland gebunden werden.
5.1 Das Interesse der deutschen Wirtschaft in Bezug auf die USA und China
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hochwertigen Fahrzeuge von Daimler auf eine wohlhabende und konsumfreudige Mittelschicht ab. Für die Deutsche Bank und die Allianz als Finanzdienstleister standen zunächst Dienstleistungen für deutsche Unternehmenskunden, die ihrerseits die Geschäftstätigkeit in China aufnahmen, im Mittelpunkt. Der lokale Markt gewann erst an Attraktivität, als ein bestimmtes Wohlstandsniveau erreicht war. Ein besonderes Charakteristikum ist der weitreichende Einfluss der chinesischen Behörden auf verschiedene Dimensionen unternehmerischen Handelns. Restriktionen im Marktzugang und Handelsbarrieren wirken sich zum Beispiel auf den Zeitpunkt und die Form des Markteintritts aus. Auch die einzelnen unternehmerischen Entscheidungen vor Ort werden maßgeblich von den wechselhaften und weitreichenden Regularien und Forderungen der öffentlichen Stellen bestimmt. Die konkrete Ausgestaltung der Präsenz in China erklärt sich daher nicht allein aus betriebswirtschaftlichem Kalkül. Insofern lässt sich aus den quantitativen Daten sowie dem Verhalten einzelner Unternehmen nur unzulänglich auf die dahinterliegende Strategie schließen. Die in Abschnitt 2.1.6 erläuterten Schwierigkeiten, vom beobachteten Verhalten auf Präferenzen zu schließen, gelten demnach insbesondere in Bezug auf China. Die USA sind ebenfalls von großer Relevanz für die untersuchten Unternehmen, die dort in bedeutendem Umfang aktiv sind und das Land häufig als ihren wichtigsten Absatzmarkt sehen. Es handelt sich um einen großen, zusammenhängenden Wirtschaftsraum, der aufgrund seiner Innovationskraft als Quelle für Trends und Entwicklungen in einzelnen Branchen gilt. So dienten die Erfahrungen auf dem US-Markt Siemens dazu, sich global wettbewerbsfähig zu halten. Der Markteintritt erfolgte meist früher als in China, weshalb die Aktivitäten in größerem Maße eingespielt sind. Bei Daimler steht der Markt unter anderem aus diesem Grund nicht mehr im strategischen Fokus, wenngleich die in den USA erzielten Absätze aus gesamtunternehmerischer Perspektive wertvoll sind. Für einige der untersuchten Unternehmen hat die Bedeutung im Zeitablauf zugenommen. Siemens und die Deutsche Bank intensivierten seit Beginn des Untersuchungszeitraumes ihre Aktivitäten und betrachten die USA auch zukünftig als wichtigen Wachstumsmarkt. Für die BASF war es andererseits als Zulieferer der produzierenden Industrie bestimmend, inwieweit die Kunden vor Ort produzieren. Da die anteilige Produktion insbesondere in Asien stärker wächst, verringert sich die Attraktivität der USA als Produktionsstandort. Allerdings wurde in forschungsintensive und zukunftsträchtige Geschäftsfelder in den USA investiert. Es lassen sich also Unterschiede auf strategischer Ebene herausarbeiten, die sich wiederum weitgehend aus Eigenheiten der Branche und des Unternehmens erklären.
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5 Ergebnis
Auch das konkrete Engagement und das Verhalten waren von branchen- und unternehmensspezifischen Eigenschaften geprägt. Es nahm selbst bei einzelnen Bereichen desselben Unternehmens verschiedene Ausprägungen an. So entwickelten sich etwa einzelne Geschäftsfelder bei Daimler unterschiedlich. Auch am Beispiel der Allianz wurde deutlich, dass die Entwicklung in verschiedenen Segmenten weitgehend unabhängig voneinander verlief. Häufig waren Misserfolge auf betriebswirtschaftliche Fehleinschätzungen zurückzuführen und standen weniger in direktem Zusammenhang mit der Region. Bei der Deutschen Bank, der BASF und Siemens wiederum war zu beobachten, wie im Anschluss an einen raschen Aufbau – und dem damit einhergehenden Verlust des strategischen Fokus – das Portfolio konsolidiert wurde. Insgesamt illustrieren die Aktivitäten in den USA und der Umgang mit Herausforderungen typisch betriebliches Handeln: Auch in schwierigen Phasen wird das Engagement nicht in Frage gestellt. Aufgrund der Bedeutung des Marktes wird es vielmehr bestmöglich gestaltet. Dabei begegnet man Problemen mit betriebswirtschaftlichen Maßnahmen. Die Entwicklung in den USA verlief also unabhängig von derjenigen in Asien. Hiermit soll nicht behauptet werden, dass bei strategischen Entscheidungen bestehende Zusammenhänge und Verflechtungen nicht berücksichtigt werden.2 Aber die Unternehmen expandieren nicht nach China, weil die USA in irgendeiner Weise weniger interessant wären, sondern weil mit der Öffnung Chinas ein neuer Markt entstand, der zusätzliche Absatzchancen bietet. Ebenso werden in weiteren Ländern und Gebieten Aktivitäten mit ähnlichem Nachdruck wie in den USA und in China verfolgt. Aus unternehmerischer Sicht erschien die aufgrund politikwissenschaftlicher Überlegungen getroffene Auswahl der beiden Staaten USA und China wenig nachvollziehbar, da es sich um zwei unterschiedliche Regionen handelt, in denen unter Rückgriff auf je eigene Strategien der größtmögliche Erfolg erzielt werden soll. Zusammenfassend lässt sich daher sagen, dass sich die Frage USA oder China aus den Augen der untersuchten wirtschaftlichen Akteure so nicht stellt. Die analysierte Entwicklung ist nicht Ausdruck eines Wandels der strategischen Präferenzen, sondern Ausdruck des Willens, auf zwei unabdingbaren Märkten erfolgreich zu sein. Zudem erscheint speziell die Auswahl dieser beiden Regionen in den Augen wirtschaftlicher Akteure weitgehend willkürlich, denn es handelt sich nicht um die einzigen bedeutenden Wirtschaftsräume. Sie unterscheiden sich darüber 2
Wiederum unterscheiden sich aber die Unternehmen. In der Finanzbranche bestehen vielfältige Abhängigkeiten, wohingegen in der Automobilbranche der Erfolg in einer Region relativ unabhängig vom Erfolg in anderen Regionen ist.
5.1 Das Interesse der deutschen Wirtschaft in Bezug auf die USA und China
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hinaus in verschiedenen Dimensionen, weshalb zwischen ihnen nur begrenzte Zusammenhänge in der Konzernstrategie bestehen. Insgesamt bildeten sich die unternehmerischen Präferenzen nicht primär im Hinblick auf diese beiden Länder aus, sondern wurden weitgehend vom jeweiligen Produkt und der unternehmerischen Funktion bestimmt. Dies legt den Schluss nahe, dass die deutsche Wirtschaft keine regionalen Präferenzen bzw. keine Orientierung in Richtung auf die USA und China im Sinne des theoretischen Modells bildet. Auf der Basis der Prämissen des liberalen Ansatzes, wonach eine Nachfrage auf gesellschaftlicher Ebene für die jeweiligen außenpolitischen Präferenzen besteht, kann es so keine Neuausrichtung der politischen Orientierung in Richtung auf die USA bzw. China geben. Sollte in absehbarer Zukunft dennoch ein Wandel in der außenpolitischen Strategie stattfinden, der darauf hindeutet, dass sich die deutsche Außenpolitik umorientiert, so ist er nach den Ergebnissen dieser Arbeit nicht auf die Präferenzen wirtschaftlicher Akteure zurückzuführen.
5.1.2 Anliegen an die Politik Im Unterschied zu grundlegenden Präferenzen gibt es spezielle Anliegen in Bezug auf jede einzelne Region, die an die politischen und administrativen Entscheidungsträger weitergegeben werden. Sie haben überwiegend die Gestaltung der wirtschaftlichen und regulatorischen Rahmenbedingungen zum Inhalt. Auch wird dann Handlungsbedarf der Politik gesehen, wenn aus- und inländische Unternehmen ungleich behandelt werden. Die Themen sind daher meist branchenoder unternehmensspezifisch und zudem wechselhaft im Zeitablauf. Mit wenigen Ausnahmen wird für den Markteintritt oder zum unmittelbaren Geschäftserfolg keine politische Unterstützung gesucht und gefordert. Der Umfang dieser Anliegen und ihr Anteil an der unternehmerischen Strategie hängen nicht direkt mit der Attraktivität des Landes zusammen. Vielmehr erscheint es plausibel, dass das Ausmaß von (mindestens) drei anderen Parametern bestimmt wird: Erstens von inneren Charakteristika des Ziellandes, denn je stärker die nationale Politik gestalterisch tätig wird, desto mehr Themen bedürfen der politischen Regelung. Zweitens scheint der Stand der Entwicklung des jeweiligen Landes eine Rolle zu spielen. Da das Regelwerk in China aufgrund der erst jüngst erfolgten Integration in die Weltwirtschaft wenig starr ist, kann (und muss) es noch geformt werden. In der Tendenz bedürfen aus diesen beiden Gründen in China mehr Anliegen der politischen Regelung als in den USA. Hinzu kommt drittens die jeweilige Branche. Je stärker diese reguliert ist oder öffentliche Stellen zu den Kunden zäh-
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5 Ergebnis
len, desto eher bestehen Schnittstellen zu politischen Entscheidungsträgern. Diese branchenspezifischen Unterschiede können sich den Unterschieden zwischen den USA und China überlagern. Die politischen Adressaten, an die sich die Unternehmen richten, sind wiederum unterschiedlich. Die Unternehmen in den USA agieren vor Ort als lokale Wirtschaftssubjekte, wollen als solche wahrgenommen und behandelt werden und sind überwiegend im gleichen Umfang von gesetzgeberischen Aktivitäten betroffen wie ihre amerikanischen Konkurrenten. Insofern werden die Anliegen an die entsprechenden Stellen in Washington weitergegeben, wobei auch die nationalen Branchenvereinigungen eine Rolle spielen. Erst in jüngerer Zeit wird beobachtet, dass verstärkt Regelungen erlassen werden, die gezielt ausschließlich ausländische Unternehmen betreffen. Daher wird zunehmend auch die Unterstützung seitens deutscher oder europäischer Gremien gefordert. In China dagegen ist zwar der enge Kontakt zu den lokalen Behörden und der Aufbau eines persönlichen Beziehungsnetzwerkes von Bedeutung, Schwierigkeiten werden aber tendenziell eher an deutsche Stellen weitergegeben. Dies liegt daran, dass in China im Unterschied zu den USA keine pluralistisch organisierte Gesellschaft besteht, in der diverse Interessengruppen jeweils spezifische Anliegen vertreten. Hinzu kommt, dass die chinesischen Entscheidungsträger von jeher Regelungen erlassen, die speziell auf ausländische Akteure abzielen. Ingesamt ist der Teil des Interesses, der in der Einflusssphäre der Politik steht, im Vergleich zur unternehmerischen Gesamtsicht klein. Er unterscheidet sich ferner nach Inhalt, Umfang und Adressat bei den einzelnen Unternehmen, Branchen und Ländern und ist mithin einzelfallbezogen. Zudem wandelt er sich im Zeitablauf. Ein einheitlicher, in beiden Ländern identischer Zusammenhang von wirtschaftlichen Anliegen und außenpolitischem Verhalten erscheint daher nicht konstruierbar.
5.1.3 Wirtschaftsinteresse und betriebliche Realität Die Arbeit analysierte das Interesse der deutschen Wirtschaft in seiner Entstehung und Entwicklung. Auf der Grundlage der Ergebnisse stellt sich allerdings die Frage, inwieweit es sich hierbei um einen Begriff handelt, der eine sinnvolle Näherung an betriebliche Realitäten erlaubt: Wirtschaftliche Interessen bestehen weder als einheitlicher Block, noch bilden sie sich als typisch deutsche Interessen heraus. Zweifelsohne herrscht auf der abstrakten Ebene der strategischen Präferenzen weitgehende Einigkeit, da die Unternehmen wie erläutert die Attraktivität der bei-
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den nationalen Märkte nahezu identisch einschätzten. Gleichwohl ist der Prozess der wirtschaftlichen Präferenzbildung unternehmensspezifisch. Die Sichtweise und das Engagement im Zeitablauf waren mithin durch das jeweilige Unternehmen bestimmt.3 Zudem sah sich jedes Unternehmen beim Auf- oder Ausbau der Präsenz in den USA und in China einer Vielzahl von Herausforderungen gegenüber. Diese unterschieden sich je nach betrieblicher Funktion, Unternehmen und Branche. Auch die sich ergebenden einzelnen Fragestellungen in den Unternehmen waren ebenso wie die Anliegen an die Politik unternehmensspezifisch. Ein einheitliches, gleichgerichtetes Interesse der deutschen Wirtschaft ist aus diesem Grund empirisch nicht zu bestimmen.4 Ferner wurde die Sicht der Akteure nicht primär durch ihre Eigenschaft als deutsche Wirtschaftssubjekte bestimmt. Dies gilt insbesondere in den USA, wo die einzelnen Unternehmen vorrangig als Vertreter einer bestimmten Branche agierten. Es herrscht dort eher Einvernehmlichkeit zwischen einem amerikanischen und einem deutschen Versicherer als zwischen einem deutschen Versicherer und einem deutschen Automobilhersteller. In China ist dies (noch) anders, da hier deutsche Unternehmen stärker in ihrer Gesamtheit und aufgrund ihrer Eigenschaft als ausländische Unternehmen von einzelnen Regelungen betroffen sind. Das Interesse der deutschen Wirtschaft existiert also zumindest nicht in gleichem Maße in beiden Ländern. Es ist daher fraglich, inwieweit die Analyse dieser Interessen eine sinnvolle Näherung an betriebliche Realitäten erlaubt. Schließlich steht auch das Selbstverständnis der Unternehmen im Widerspruch zu einem deutschen (einheitlichen) Wirtschaftsinteresse: Die untersuchten Unternehmen sahen sich überwiegend als globale Akteure und wünschten nicht, speziell als deutsche Vertreter wahrgenommen zu werden.5 Das Verhalten der chinesischen 3
Eine entsprechende Bedeutung unternehmerischer Einflüsse legt auch das Modell von Ghemawat (2001) nahe. 4 Die Theorie des Neuen Liberalismus geht nicht prinzipiell von einheitlichen, innergesellschaftlichen Interessen aus. Solche könnten allenfalls normativ oder aus realistischer Perspektive bestimmt werden. Gleichwohl entsteht auch nach der liberalen Theorie ein größerer Handlungsdruck auf die Politik, wenn wirtschaftliche Präferenzen einheitlich und gleichgerichtet sind. Sie setzen sich mit einer höheren Wahrscheinlichkeit durch, wenn sie von mehreren Akteuren vertreten werden. 5 Das heißt nicht, dass es unerheblich ist, woher ein Unternehmen kommt, auch wenn diese Ansicht durchaus vertreten wird, etwa von Ohmae (2005). Gilpin (2001, 294 ff.) stellt die verschiedenen Standpunkte knapp dar. Vielmehr wird davon ausgegangen, dass Unternehmen weder vom National- noch vom Heimatstaat losgelöst sind (Jones, 2006). Grundlegende Interessen und strategische Präferenzen bilden sich gleichwohl nicht aufgrund der Herkunft aus. Jones (2006) führt das unter anderem darauf zurück, dass der Prozess der Leistungserstellung aufgesplittet und auf verschiedene Länder aufgeteilt wird.
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Regierung konterkariert diese Tendenz, da sie die Unternehmen explizit als deutsche Akteure behandelt. Gleichwohl entsprechen die dem Begriff des „deutschen Wirtschaftsinteresses“ implizit zugrundeliegenden Vorstellungen nicht der wirtschaftlichen Realität: Häufig wurde der überwiegende Teil der Erträge außerhalb des Heimatlandes erzielt. Zudem sind die Unternehmen weitgehend nicht in der Form organisiert, dass eine starke deutsche Zentrale die unselbstständigen Töchter führt.6 Aus diesen Gründen kristallisiert sich das Interesse der untersuchten Unternehmen nicht als deutsches Interesse heraus, sondern eher als funktions- und branchenspezifisches Interesse. Hinter dem „deutschen Wirtschaftsinteresse“ – als die Menge der Interessen der einzelnen Wirtschaftssubjekte – verbergen sich daher eher disparate Einzelinteressen denn einheitlich wirkende unternehmerische Belange.
5.2 Fazit im Hinblick auf Moravcsiks Ansatz Die untersuchten wirtschaftlichen Akteure entwickelten keine Präferenzen zu den USA und China im Sinne einer Orientierung in Richtung auf eines dieser beiden Länder und wollten zudem die Umsetzung ihrer strategischen Präferenzen als weitgehend losgelöst von der Politik verstanden wissen. Die unabhängige Variable nahm daher keine eindeutige Ausprägung im Sinne der Fragestellung an, weshalb auch keine eindeutige Aussage im Hinblick auf die abhängige Variable getroffen werden konnte. Für die Frage nach der Entwicklung zukünftiger politischer Präferenzen zu den USA und China erwies sich der Neue Liberalismus daher als nicht zielführend. Ausgehend von diesem Ergebnis muss der theoretische Ansatz Moravcsiks im Hinblick auf den Zusammenhang von Wirtschaft und Politik kritisch hinterfragt werden. Zunächst wird eine Erklärung gesucht, warum akteurbasierte Wirtschaftspräferenzen die außenpolitische Orientierung in Richtung auf einzelne Länder nicht zu prognostizieren vermögen. Im Anschluss wird argumentiert, inwieweit weniger grundlegende wirtschaftliche Anliegen als Bestandteile der jeweiligen regionalen Strategien einzelne politische Entscheidungen und Handlungen im Nachhinein erklären können. Schließlich wird erläutert, dass wirtschaftliche Faktoren durchaus auch langfristige politische Orientierungen erklären können, wenn sie nicht akteurbasiert bestimmt werden. 6
Es bestehen Unterschiede zwischen einzelnen Unternehmen. In der Automobilindustrie schien z. B. das beschriebene Muster stärker vorzuherrschen als in der Finanzindustrie.
5.2 Fazit im Hinblick auf Moravcsiks Ansatz
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5.2.1 Wirtschaftliche Präferenzen und politische Orientierung Die wirtschaftlichen Akteure bildeten keine Präferenzen aus, die einer Prognose der außenpolitischen Orientierung in Richtung auf die USA bzw. die VR China dienen konnten. Es erscheint daher plausibel, dass wirtschaftliche und politische Präferenzen nach grundlegend verschiedenen Modi entstehen. Für außenpolitisches Verhalten spielen einzelne Staaten eine wichtige Rolle. Hiermit soll keine Entscheidung hinsichtlich einer spezifischen theoretischen Perspektive gefällt werden: Unabhängig davon, ob man Staaten, Individuen oder Organisationen als zentrale Akteure modelliert, wird die Außenpolitik eines Staates überwiegend von staatlichen Repräsentanten organisiert und primär von der staatlichen Exekutive verantwortet. Auch die diplomatischen Beziehungen – als ein wichtiger Baustein außenpolitischen Handelns – werden mit Vertretern anderer Staaten bzw. mit internationalen Organisationen geknüpft. Die Frage, mit welchen Staaten welche Beziehungen eingegangen werden, ist daher für außenpolitisches Verhalten konstituierend. Dies gilt umso mehr, als dass das moderne westfälische Staatensystem primär nach physisch-räumlichen Kriterien gegliedert wird und auf die Staatenwelt zentriert ist (Kobrin, 2008): Ein zentrales Merkmal bilden räumlich getrennte, sich gegenseitig ausschließende, funktionsgemäß ähnliche, souveräne Staaten (Ruggie, 1993, 151).7 Es ist somit plausibel anzunehmen, dass sich außenpolitische Präferenzen zunächst gegenüber Staaten ausbilden. Diese politischen Präferenzen gegenüber einzelnen Staaten können wirtschaftliche Präferenzen nur sehr eingeschränkt erklären: Wirtschaftliche Akteure gliedern die internationale Umwelt in Produkte und Märkte, von denen sie glauben, dass sie die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens sichern.8 Zweifelsohne ist 7
Übersetzt aus dem Englischen: „Territorially disjoint, mutually exclusive, functionally similar, sovereign states.“ Ein weiteres Merkmal des modernen Staatensystems bildet die anarchische Struktur der internationalen Ebene. Es lässt sich diskutieren, inwieweit diese Kennzeichen die internationalen Beziehungen jemals adäquat beschrieben haben (Kaiser, 1969, 9), (Krasner, 1995/6). Es wird auch die Debatte geführt, inwieweit das Ende des Ost-West-Konfliktes und die Globalisierungs- und Transnationalisierungsprozesse eine fundamentale Neuordnung der internationalen staatlichen Ordnung bewirken (Buzan & Little, 1999). Gleichwohl lässt sich die These vertreten, dass politische Akteure (noch) weitgehend in den Strukturen und Begrifflichkeiten des Modells verhaftet sind (Krasner, 1995/6). 8 Hiermit soll die Erklärungskraft von Rational-Choice-Ansätzen bzw. der Ansätze von Schumpeter (1942) und Downs (1957) nicht in Abrede gestellt werden: Das Handeln einzelner Politiker kann durchaus ökonomisch-rationalem Kalkül folgen. An dieser Stelle geht es jedoch um die grundlegendere Überlegung, gegenüber welcher Einheit sich Interessen wirtschaftlicher Akteure einerseits und politischer Akteure andererseits primär ausbilden. Die Frage, mit welcher Theorie man die konkrete Ausprägung der Präferenzen erklären kann, stellt sich erst im zweiten Schritt.
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5 Ergebnis
der regionale Modus der Marktsegmentierung dabei wichtig. Geographische Einheiten, gegenüber denen sich Präferenzen ausbilden, sind jedoch nicht in erster Linie Staaten, sondern „macro-“ und „microregions“, die neben die Staaten treten oder diese ersetzen (Dunning, 2000). Dies legt bereits die klassische volkswirtschaftliche Sichtweise nahe, wonach Märkte einen Allokationsmechanismus bilden und ein Markt dadurch gekennzeichnet ist, dass sich die Preise für ein Gut einander angleichen.9 Aber auch im betriebswirtschaftlichen Kalkül stimmen die Grenzen einer für die Präferenzbildung relevanten Macro- oder Microregion allenfalls zufällig mit denjenigen eines Staates überein (Ohmae, 1993, 78 f.). Dass Märkte größer werden als einzelne Staaten, führt Kobrin (2002, 43 ff.) auf die sich rasch wandelnde Prozess- und Produkttechnologie und die damit einhergehenden hohen Forschungs- und Entwicklungskosten zurück. Gleichzeitig sind aber auch subnationale Regionen wichtig: Diese „sticky places in slippery space“ (Markusen, 1996) können globale Städte sein, wie etwa New York für die Finanzindustrie, oder Produktionscluster, wie die Region Donguang für die Lederindustrie. Messner (2004, 20) fasst die Entwicklung zusammen: „The economy is breaking its links with territoriality and politically constituted entities, creating functional agglomeration spaces of its own.“ Es lässt sich diskutieren, ob es sich bei diesen Einheiten um Märkte im streng wirtschaftlichen Sinn handelt. Sie bilden aber zumindest die relevante geographische Einheit, gegenüber der sich wirtschaftliche Präferenzen bilden. Darüber hinaus gliedern wirtschaftliche Akteure Märkte nach regionenunabhängigen Modi. So wird etwa nach einzelnen Kundengruppen segmentiert, wobei das Alter, der Wohlstand oder die Konsumentenpräferenzen Gliederungskriterien bilden können. Durch den technischen Fortschritt entstehen zudem neue Einheiten, die losgelöst von physischen Kriterien sind. Kobrin (2002, 60 ff.) bezweifelt zum Beispiel, dass die auf räumlichen Parametern fußenden Vorstellungen von Grenzen, Hoheitsgebieten und rechtlichen Zuständigkeitsbereichen für elektronische globale Netzwerke angemessen sind. Die Gestalt und die Größe von Märkten und die Bedeutung des geographischen Raumes sowie einzelner Staaten unterscheiden sich bei den Unternehmen. In Abhängigkeit vom Produkt und der Zielgruppe ergibt sich eine akteurspezifi9
Übersetzt aus dem Französischen: „On sait que les économistes entendent par marché non pas un lieu déterminé où se consomment les achats et les ventes, mais tout un territoire dont les parties sont unies par des rapports de libre commerce, en sorte que les prix s’y nivellent avec facilité et promptitude“ (Cournot, 1838, 93). Vgl. hierzu auch die Argumentation von Marshall (1920, 325), wonach die ganze westliche Welt einen einzigen Markt für Wertpapiere, Metalle, Wolle, Baumwolle und Weizen bildet.
5.2 Fazit im Hinblick auf Moravcsiks Ansatz
203
sche „Karte“10 der Welt: Wichtig ist zum Beispiel, ob die Produkte von Endkunden mit regional eher unterschiedlichen Konsumentenpräferenzen abgenommen werden oder von Industriekunden, deren Präferenzen eher identisch sind, oder aber von öffentlichen Kunden, die untrennbar mit einem bestimmten Staat verbunden sind. Sicherlich behalten einzelne Nationalökonomien ihre Bedeutung als eine zentrale physische Komponente der Weltwirtschaft (Storper, 2000). Aus unternehmerischer Perspektive bildet aber nicht der Staat den Ausgangspunkt strategischer Überlegungen, selbst wenn regionale Erwägungen bedeutsam sind. Wirtschaftliche Präferenzen zu einem Staat sind daher ein künstliches Konstrukt: Es lassen sich zwar landesspezifische Schwerpunkte aus dem beobachteten Engagement ableiten, diese sind aber Derivat und nicht Telos unternehmerischen Handelns. Darüber hinaus unterscheiden sich wirtschaftliche Präferenzen in ihrer Dynamik grundlegend von politischen Präferenzen. Die Abfolge einzelner Wirtschaftszweige, die nach und nach einen sich entwickelnden Markt erschließen, erfolgt stets nach einem ähnlichen Muster. Dabei bestimmt der jeweilige Stand der wirtschaftlichen Entwicklung, für welche Art von Unternehmen der Markt zu einem bestimmten Zeitpunkt attraktiv erscheint (Martinez & Haddock, 2007). Der nach und nach einsetzende wirtschaftliche Aufschwung verschiedener Länder und die sich im Anschluss daran langsam intensivierende Aktivität ausländischer Unternehmen in diesen Märkten erfolgt also stets relativ gleichförmig. Entsprechend ähnelt die heute in China zu beobachtende Entwicklung derjenigen in Brasilien. Es ist gleichsam zu erwarten, dass sich im Anschluss an die Erschließung Chinas das Augenmerk wirtschaftlicher Akteure auf weitere Länder richtet.11 Es ist schwer vorstellbar, dass sich die außenpolitische Orientierung nach diesen wirtschaftlichen Präferenzen richtet. Das würde bedeuten, dass die Außenpolitik ebenfalls, nahezu deterministisch, sich nach und nach neuen Regionen zuwendet und das Land zu einem wenig verlässlichen außenpolitischen Akteur werden lässt. Zusammenfassend gilt daher, dass wirtschaftliche Akteure ihre Umwelt durch das Raster von Produkten und Märkten betrachten. Die sich daraus ergebenden Präferenzen sind nicht unbedingt auf Regionen und umso weniger auf Staaten bezogen. Zusätzlich sind sie im Zeitablauf dynamisch und wandelbar. Trotz bestehender Differenzen zwischen einzelnen Unternehmen sind wirtschaftliche Präferenzen in ihrer Gesamtheit von grundlegend anderer Natur als außenpolitische 10 Eine Vorstellung davon, wie diese Karten aussehen, vermittelt der Atlas von Gabel und Bruner (2003). 11 Von der Investmentbank Goldman Sachs wurden im Jahr 2005 bereits die sog. Next Eleven (N-11) als aussichtsreiche Kandidaten präsentiert (Wilson & Stupnytska, 2007).
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5 Ergebnis
Präferenzen, die sich zunächst gegenüber einzelnen Staaten ausbilden. Die wirtschaftlichen Präferenzen, wie sie ausgehend vom unternehmerischen Kalkül auf der Mikroebene eruiert werden können, erscheinen daher nicht tauglich, um die außenpolitische Orientierung in Richtung auf zwei Staaten zu prognostizieren.
5.2.2 Wirtschaftliche Anliegen und politische Handlungen Gleichzeitig wurde deutlich, dass die Gruppe der wirtschaftlichen Akteure durchaus Anliegen hat, die sie im außenpolitischen Verhalten der Bundesrepublik gegenüber einzelnen Ländern gerne berücksichtigt sähe. Die Politik erschien dabei als ein Hilfsmittel, das dann von Bedeutung war, wenn politische Barrieren die Umsetzung wirtschaftlicher Ziele behinderten. Die Wünsche bezogen sich vor allem auf die Ausgestaltung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Es ist plausibel anzunehmen, dass diese Anliegen signifikanten Einfluss auf einzelne politische Handlungen haben: Zumindest in marktwirtschaftlichen Strukturen erlangen politische Handlungsträger primär von solchen Handelsbarrieren Kenntnis, die von wirtschaftlichen Akteuren auf die Agenda gebracht werden. Nach dieser Überlegung käme die politische Entscheidung – wie in der Theorie des Neuen Liberalismus postuliert – in einem bottom-up-Prozess zustande: Die von wirtschaftlichen Akteuren vorgebrachten Anliegen werden anschließend von staatlichen Akteuren repräsentiert. Es erscheint allerdings fraglich, ob auch die wissenschaftliche Analyse bei den gesellschaftlichen Akteuren ansetzen und aus ihren Präferenzen zukünftige außenpolitische Präferenzen ableiten kann. Das verdeutlichen – wie im Folgenden ausgeführt wird – sowohl die Perspektive der wirtschaftlichen Akteure, als auch Überlegungen zu einer sich daraus ergebenden Außenpolitik. Die Untersuchung der wirtschaftlichen Akteure ergab, dass lediglich für einen Ausschnitt des gesamtunternehmerischen Interesses politisches Handeln von Relevanz ist. Dieser Ausschnitt ist zudem nach Inhalt und Umfang unterschiedlich bei den einzelnen Unternehmen. Von den vorgebrachten Anliegen wiederum setzt sich nur ein Teil im politischen Prozess durch. Will man mit der Analyse bei den wirtschaftlichen Akteuren ansetzen, so gälte es also zunächst, aus den umfangreichen Einzelinteressen die politisch relevanten herauszufiltern. Im Anschluss daran müsste man diejenigen separieren, die sich tatsächlich in politischem Verhalten niederschlagen. Weder der erste Schritt – die Identifizierung politisch relevanter Interessen auf Akteursebene – noch der zweite Schritt – die Spezifizierung, welche Interessen sich wann und weshalb durchsetzen – werden vom theoretischen Ansatz des Neuen Liberalismus angeleitet. Möglich erscheint es hingegen, aus-
5.2 Fazit im Hinblick auf Moravcsiks Ansatz
205
gehend von einem Ereignis die dahinter stehenden gesellschaftlichen Interessen zu identifizieren: Dann ist eher offensichtlich, welche Interessen sich durchgesetzt haben. Der andere Einwand setzt an der sich ergebenden Außenpolitik an. Im außenpolitischen Verhalten gegenüber einzelnen Staaten nehmen wirtschaftliche Interessen ein jeweils unterschiedliches Volumen ein. Die Untersuchung legte nahe, dass die Historie der politischen Beziehungen, der gestalterische Einfluss der Politik im Zielland und das im Zielland herrschende Ausmaß an Rechtssicherheit eine Rolle spielen. Von entsprechend unterschiedlicher Relevanz sind wirtschaftliche Interessen in den bilateralen Beziehungen. Ausgehend von einer politischen Handlung kann nun durchaus gefragt werden, ob sie sich durch wirtschaftliche Interessen erklären lässt. Setzt man allerdings bei den Akteuren an und leitet aus deren Präferenzen das außenpolitische Verhalten ab, so räumt man ihren Interessen von vornherein einen stets identischen Einfluss ein, den sie offensichtlich so nicht haben.12 Nach diesen Überlegungen wären also für eine Analyse, die ihren Ausgang bei der Bestimmung der gesellschaftlichen Präferenzen nimmt, zunächst weitergehende theoretische Annahmen zu treffen. Auf unabhängiger Seite gälte es unter anderem, die Branche und die Größe des Unternehmens sowie den Zielmarkt zu berücksichtigen, da diese Parameter sich darauf auswirken, inwieweit politisches Handeln für das Unternehmen wichtig ist. Auf der Seite der abhängigen Variablen müsste man zumindest einige Ländergruppen nach historisch-institutionellen Kriterien unterscheiden, da diese einen Einfluss darauf haben, welchen Stellenwert wirtschaftliche Interessen in der Außenpolitik gegenüber diesem Land haben. Da es sich somit um ein ganzes Bündel an Einflussgrößen handelt, ist es fraglich, ob sich die Komplexität der Parameter in einer schlanken, liberalen (Universal-)Theorie mit sparsamen Annahmen berücksichtigen ließe. Vielmehr ist wahrscheinlich, dass eine für jeden Fall abzuändernde „ specific explanation“ (Evera, 1997) entstünde. Dies entspricht nicht dem Ideal wissenschaftlicher Theoriebildung. Wirtschaftliche Anliegen sind demnach eine signifikante Einflussgröße auf außenpolitische Entscheidungen und auf vertretene handels- oder wirtschaftspolitische Postionen, die jedoch von unterschiedlicher Relevanz in den jeweiligen bilateralen Beziehungen sind. Im Vorhinein kann man daher keine Prognose hinsicht12 Wiederum soll nicht der liberale Ansatz per se in Abrede gestellt werden: Entscheidet man sich für diese theoretische Perspektive, so ist es legitim, lediglich die von ihr als relevant identifizierten Faktoren zu analysieren. Möchte man jedoch mit der Analyse bei der unabhängigen Variablen ansetzen, so müssten weitergehende theoretische Verfeinerungen der abhängigen Variablen erfolgen.
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lich zukünftiger Entscheidungen abgeben, die man auf der Basis einer Analyse der Akteursinteressen gewinnt. Wohl aber ist es möglich, ausgehend von einem bestimmten politischen Ergebnis die dahinterstehenden gesellschaftlichen Interessen zu identifizieren und die Entscheidungen so im Nachhinein zu erklären. Die Analyse erfolgt also genau andersherum (nämlich von den politischen zu den gesellschaftlichen Präferenzen) als sich die Präferenzen gemäß der Theorie des Neuen Liberalismus ausbilden.13 Nimmt man noch einmal Bezug auf die im Abschnitt 1.3.2 erläuterten beiden Hauptzwecke wissenschaftlicher Theorien, so lässt sich der Neue Liberalismus als Theorie einordnen, die vorrangig der Erklärung von Ereignissen, nicht aber ihrer Prognose dient (vgl. auch Fußnote 34 in Kapitel 1).
5.2.3 Strukturelle wirtschaftliche Faktoren und politische Orientierung Ausgehend von den Interessen der Akteure ist es nach den bisherigen Überlegungen nicht möglich, die zu erwartende außenpolitische Orientierung in Richtung auf einzelne Länder zu prognostizieren, vielmehr können einzelne außenpolitische Handlungen im Nachhinein erklärt werden. Es stellt sich indes die Frage, ob ökonomische Faktoren – also andere Einflussgrößen eher genereller Natur – sich nicht doch auf die langfristige, außenpolitische Orientierung auswirken. Zumindest ist die These, dass Wirtschaft das Politikgeschehen beeinflusst, „ein Gemeinplatz der Geschichte“ (Guérot, 2000) und in der öffentlichen Wahrnehmung weitgehend verankert. Zur Illustration werden dann meist anekdotisch diverse Fälle angeführt, die belegen, dass Staaten und Regionen, die wirtschaftlich wenig interessant sind, außenpolitisch vernachlässigt werden. Auch wird in der Öffentlichkeit häufig eine Ungleichbehandlung von Ländern mit starken Menschenrechtsverletzungen kritisiert (Heinz, 2007, 538). Demnach werden die bilateralen Beziehungen zu wirtschaftlich interessanten Gebieten aus politischen Gründen kaum belastet. Die These, dass wirtschaftliche Faktoren die politischen Strategien beeinflussen, lässt sich zudem durch theoretische Überlegungen stützen. So gilt die Sicherung der wirtschaftlichen Wohlfahrt neben dem Erhalt der Sicherheit als eine staatliche Kernaufgabe. Nimmt man – die Perspektive des Realismus einnehmend – an, dass das Ziel staatlichen Handelns im Ausbau seiner Macht liegt, so kann die Steigerung der Wohlfahrt als Mittel hierzu gesehen werden: Leistungskraft und Innovationsfähigkeit einer Volkswirtschaft sind außenpolitischer Macht zuträglich (Sei13 Dies ist, wie in Abschnitt 1.3.2 erläutert, das übliche Vorgehen, wenn bestimmte Ereignisse durch dahinter stehende gesellschaftliche Interessen erklärt werden.
5.3 Zusammenfassung
207
delmann, 1999, 211), (Wilhelm, 2006). Markovits und Reich (1997, 180 f.) sehen das insbesondere in Deutschland gegeben, wo Wirtschaftskraft eher als militärische Stärke die Basis der außenpolitischen Macht bildet. Nach Underhill (2000, 26) dient umgekehrt auch die Herstellung der äußeren Sicherheit letztendlich „the protection of the larger socioeconomic whole“. Eine prosperierende Wirtschaft ist nicht zuletzt auch eine wichtige Legitimationsgrundlage politischer Akteure. Mit den Ergebnissen der vorliegenden Arbeit lassen sich diese Überlegungen vereinen, wenn man das außenpolitische Handeln nicht aus dem unternehmerischen Kalkül und den Präferenzen der wirtschaftlichen Akteure ableitet, sondern aus abstrakt wirkenden Wirtschaftsstrukturen, die man eher als bedingende Einflussgröße versteht (Seidelmann, 2001). Das deutsche Wirtschaftsinteresse wäre in diesem Fall also nicht die Menge der unternehmerischen Einzelinteressen, sondern es würde u. a. aus der geographischen Lage Deutschlands, aus seiner Ausstattung mit Rohstoffen und aus Deutschlands Eigenschaft als Industrie- und Exportnation sowie der damit einhergehenden hohen Abhängigkeit von den Weltmärkten abgeleitet. Es würde sich eher auf die längerfristige Ausrichtung der Außenpolitik und deren grundsätzlichen Inhalt und weniger auf einzelne Entscheidungen auswirken, wie dies bei den Partikularinteressen wirtschaftlicher Akteure der Fall ist. Dabei wäre davon auszugehen, dass staatliche Akteure den Einfluss ihres Handelns auf den nationalen Wohlstand und daher auch auf die wirtschaftlichen Akteure in ihrer Gesamtheit berücksichtigen. Diese Art des Zusammenspiels von Wirtschaft und Politik ließe sich jedoch nicht mehr unter der theoretischen Richtung des Neuen Liberalismus subsumieren.
5.3 Zusammenfassung Es wurde aufgezeigt, dass sich ausgewählte deutsche Konzerne während des betrachteten Zeitraumes 1997-2006 nicht in Richtung auf die USA oder China orientiert haben. Ein möglicherweise stattfindender Wandel in der außenpolitischen Orientierung der Bundesrepublik in Richtung auf diese beiden Länder ist demnach nicht auf die Interessen der einflussreichen wirtschaftlichen Akteure in Deutschland zurückzuführen. Anstelle von grundlegenden Präferenzen haben die Unternehmen einzelfallspezifische und im Zeitablauf variable Ansprüche an die Politik, die sich vorrangig auf die Gestaltung des wirtschaftlichen Rahmens beziehen. Schließlich legte die Untersuchung nahe, dass der analytische Wert des Begriffs deutscher Wirtschaftsinteressen in Frage gestellt werden muss. Im Hinblick auf
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5 Ergebnis
den theoretischen Ansatz von Moravcsik bedeutet dies, dass wirtschaftliche Präferenzen nicht der Prognose der zukünftigen außenpolitischen Orientierung in Richtung auf andere Länder dienlich sind. Der Neue Liberalismus scheint hingegen anwendbar, um einzelne politische Entscheidungen im Nachhinein zu erklären. Weitergehende Überlegungen legten nahe, dass sich der Einfluss wirtschaftlicher Faktoren auf eine außenpolitische Orientierung eher durch die konstant und abstrakt wirkenden makroökonomischen Strukturen und gesamtwirtschaftlichen Notwendigkeiten erklären lässt.
6 Schlussbetrachtung Für die hier untersuchte Frage war das theoretische und begriffliche Modell des Neuen Liberalismus nur eingeschränkt tauglich. Die Theorie vermochte weder das Agieren wirtschaftlicher Akteure umfassend zu durchdringen noch bot sie einen operationalisierbaren Rahmen, um das Zusammenspiel von Unternehmen und Politik zu analysieren. Dennoch gelten Moravcsiks Arbeiten als ein Meilenstein auf dem Weg zu einer eigenständigen liberalen Theorie der internationalen Beziehungen. Sie sollen daher abschließend in ihren kulturellen und zeithistorischen Entstehungskontext eingeordnet werden. Auch wird reflektiert, inwieweit die Ergebnisse dieser Arbeit von eingangs getroffenen Annahmen determiniert wurden. Schließlich wird wie zu Beginn des ersten Kapitels der Blick auf den größeren Kontext gelenkt und ein kurzes wissenschaftstheoretisches Fazit gezogen.
6.1 Der Neue Liberalismus in kultureller und zeitlicher Perspektive 6.1.1 Räumlich-kulturelle Ebene Die Frage nach politischer Einflussnahme wirtschaftlicher Akteure und übergeordnet nach ihrer Rolle in der Außenpolitik kann nicht losgelöst von den politischen Traditionen und dem gesellschaftlichen System eines Landes gesehen werden. Moravcsik lehrt und forscht in den USA und insofern sind seine Prämissen und Annahmen von den Besonderheiten des amerikanischen Systems, das ihn umgibt, geprägt. Die USA gelten als Ort der Entstehung des modernen Pluralismus. Strukturell begünstigend auf die Ausbildung einer Vielzahl organisierter Interessengruppen wirkt bis heute das Regierungssystem, mit dem von den Verfassungsvätern intendierten Mechanismus der checks and balances. Ein entscheidendes Merkmal hierbei – und ein wichtiger Unterschied zum deutschen System – besteht in den umfangreicheren Möglichkeiten des Kongresses, Gesetzesinitiativen zu gestalten und zu verändern (Sebaldt, 2007). Für gesellschaftliche Akteure – gleichwohl ob in
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6 Schlussbetrachtung
Interessengruppen organisiert oder nicht – gibt es daher eine größere Anzahl staatlicher Institutionen, bei denen sie zur Durchsetzung ihrer Anliegen ansetzen können.1 Dies ist sicherlich ein Grund dafür, dass im Ergebnis sämtliche Politikfelder in den USA als innenpolitisch begründet gelten: Das nationale Interesse ist nicht a priori festgelegt, sondern „jeweils das, was als Ergebnis des politischen Prozesses dafür erklärt wird“ (Schweigler, 2004, 412). Das gilt auch für die Außenpolitik, in der das Repräsentantenhaus in dem Zuge an Bedeutung gewonnen hat, in dem für außenpolitisches Handeln finanzielle Mittel bewilligt werden müssen (Shell, 2004, 219). Insbesondere berücksichtigen die Mitglieder des Kongresses innenpolitische Faktoren wie die Anliegen und Interessen ihrer Wähler. In Deutschland hingegen herrscht zumindest implizit die Idealvorstellung von einem Primat der Außenpolitik, die innergesellschaftlichen Forderungen weitgehend entzogen ist. Darüber hinaus bestehen Unterschiede im Selbstverständnis der politischen Elite. In den USA war die Phase der frühen Industrialisierung nach Lösche (2004, 354) von einer schwachen staatlichen Bürokratie gekennzeichnet, die lediglich auf die Einzelstaaten begrenzt war. Die Industrialisierung war daher weitgehend von den einzelnen Unternehmen getragen, die sich auch staatlicher Institutionen bemächtigten oder sie gar nach ihren Bedürfnissen schufen. Das so entstandene kapitalistische Wirtschaftssystem angelsächsischer Prägung war dabei zeitlich vor der zentralstaatlichen exekutiven Verwaltung etabliert. Auch wenn sich das wirtschaftliche System bis heute eine weitgehende Autonomie gegenüber dem politischen System bewahrt hat, setzen sich politische Akteure selbstverständlich für wirtschaftliche Interessen ein, da diese als integraler Bestandteil der Gesellschaft gelten (Loeffelholz, 2004, 509). In Europa hingegen kam der staatlichen Bürokratie im Zuge der Industrialisierung eine Rolle als Anreger und Förderer wirtschaftlicher Tätigkeiten zu (Reden, 2003). Zweifelsohne ist das (kontinentaleuropäische) System von starken Verflechtungen politischer und wirtschaftlicher Akteure geprägt. Die politische Exekutive sieht sich aber traditionell weniger als Dienerin wirtschaftlicher Anliegen als dies in den USA der Fall ist.2 1
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Diese These stützt auch die Untersuchung von Ehrlich (2007), wonach sich innergesellschaftliche Präferenzen bezüglich Protektionismus umso mehr durchsetzen, je größer die Zahl institutioneller und personeller „Zugangspunkte“ für die Interessenvertreter ist. Außenminister Klaus Kinkel leitete Anfang der 1990er Jahre eine Neuausrichtung des Auswärtigen Dienstes ein, die auch zum Ziel hatte, dies zu korrigieren. Seither ist der Auswärtige Dienst stärker zur Serviceeinrichtung geworden, hat Aufgaben im Bereich der Wirtschaftsförderung übernommen und orientiert sich eher am Leitbild des Dienstleisters für die Wirtschaft (Auswärtiges Amt, 1994). Auch im Innenverhältnis setzte Kinkel auf wirtschaftliche Instrumente, was gleichsam Ausdruck eines neuen Selbstverständnisses ist (Deutscher Bundestag, 1998). Nach wie vor bestehen aber
6.1 Der Neue Liberalismus in kultureller und zeitlicher Perspektive
211
Diese Überlegungen legen nahe, dass Unterschiede zwischen den USA und Deutschland bestehen, die sich auf das Verhältnis zwischen wirtschaftlichen und politischen Akteuren auswirken. Diese Einsicht erleichtert nicht nur den Zugang zu Moravcsiks Ansatz und veranschaulicht seine Entstehung. Sie legt auch die Vermutung nahe, dass die Erklärungskraft des liberalen Ansatzes in den USA größer ist als in Deutschland.
6.1.2 Zeitliche Ebene Die Bedeutung, die wirtschaftliche Akteure der Politik im Hinblick auf die Verwirklichung ihrer Präferenzen beimessen – und entsprechend die Intensität, mit der sie ihre Präferenzen einbringen – ist zudem im Zeitablauf variabel. Zum Zeitpunkt der Entstehung des Neuen Liberalismus war das Ende des Ost-West-Konfliktes prägend für die politikwissenschaftliche Theoriebildung, was zu einem allgemeinen Erstarken liberaler Ansätze führte (vgl. Abschnitt 1.1). Die öffentliche Debatte war auch von der Hoffnung geprägt, dass sich gemäß der These vom „Ende der Geschichte“ (Fukuyama, 1992) die Grundprinzipien liberaler Gesellschaftsordnungen weitgehend durchsetzen würden. Die zentralen Prämissen des Liberalismus passten in diesen zeitlichen Kontext. Seither hat sich jedoch ein grundlegender Wandel der wirtschaftlichen Akteure vollzogen. Zugleich ging mit dem Ende des Ost-West-Konfliktes eine Neuverteilung von Aufgaben und Zuständigkeiten zwischen staatlichen und unternehmerischen Akteuren einher. Beide Phänomene zeichnen sich mit zunehmender Deutlichkeit ab und werden im Folgenden dargestellt. Die untersuchten Akteure3 – und nahezu sämtliche Großunternehmen – zählen zur Gruppe der internationalen Unternehmen.4 Diese wandeln sich in mindestens zweierlei Hinsicht, was sich auf die Natur der Präferenzen auswirkt. Zunächst sind Änderungen in der intra-organisatorischen Struktur zu beobachten: Die Vorstellung von einer starken Konzernzentrale mit identischen Töchtern an der Peripherie, wie sie nach Kutschker und Schmid (2008, 338) lange auch die wissenschaftliche Debatte prägte, trifft die Realität nicht mehr.5 An die Stelle von Unterschiede zwischen den USA und der Bundesrepublik, was auch daran liegt, dass sich eine so elementare Änderung nur langfristig umsetzen lässt. 3 Es wurden Großunternehmen untersucht, da theoretisch plausibel argumentiert werden kann, dass diese die einflussreichen Akteure sind. 4 Großunternehmen sind i. d. R. auch internationale Unternehmen. Der Umkehrschluss gilt nicht, d. h. nicht alle internationalen Unternehmen sind Großunternehmen. 5 Dies stimmt mit den Ergebnissen dieser Untersuchung überein, vgl. Abschnitt 5.1.3.
212
6 Schlussbetrachtung
Zentrum-Peripherie-Strukturen treten zunehmend multizentrische Strukturen, wobei die einzelnen Töchter jeweils verschiedene Rollen einnehmen.6 Dabei sind die einzelnen Schritte der Wertschöpfungskette auf verschiedene Regionen aufgeteilt und werden global integriert. In solchen Unternehmen, die auch als „globally integrated enterprises“ bezeichnet werden, bestimmen staatliche Grenzen immer weniger das Denken und das Handeln (Palmisano, 2006). Auch die Präferenzen bilden sich daher weniger im Hinblick auf ein Land aus. In engem Zusammenhang damit steht die inter-organisatorische Struktur, also die Verbindung von Unternehmen zu ihrer Umwelt und insbesondere zu anderen Unternehmen. Hier gewinnen Netzwerke – die langfristige Beziehung zwischen zwei oder mehreren selbstständigen Unternehmen (Yoshino, 1995) – an Bedeutung (Kang & Sakai, 2000). Da solche strategischen Partnerschaften zunehmend prägend sind, werden sie auch als Indiz für eine neue Form des Kapitalismus, den sogenannten „Alliance Capitalism“, gesehen (Dunning, 2000, 10). In dieser zwischen Markt und Hierarchie intermediären Organisationsform existieren Wettbewerb und Kooperation zugleich, weshalb die Zusammenarbeit auch als „Coopetition“ bezeichnet wurde (Dowling & Lechner, 1998, 86). Entscheidend für die hier untersuchte Frage ist, dass sowohl die Grenzen zwischen einzelnen Unternehmen als auch die Grenzen zwischen dem Unternehmen und seiner Umwelt verschwimmen. Interessen und Präferenzen sind daher zunehmend weniger speziell für einen Akteur oder eine Branche zu bestimmen. Vielmehr kann die These vertreten werden, dass sie sich in wachsendem Umfang auf der Basis einzelner Projekte ausbilden. Zugleich erscheint es naheliegend, dass die Bedeutung staatlichen Handelns für die Erreichung unternehmerischer Ziele in dem Zuge abnimmt, in dem der Transaktionsradius von Unternehmen sich von den Räumen staatlicher Regelungshoheit löst. Es besteht empirische Evidenz, dass ökonomische Akteure zu substantiellen und eigenständigen Akteuren werden, und zwar auch in Bereichen, die zuvor in öffentlicher Hand lagen. Cutler (2002) stellt fest, dass Unternehmen zunehmend prinzipiell wie Regierungen agieren: Sie übernehmen in verschiedenen Bereichen vormals staatliche Funktionen. Dies betrifft nicht nur technische Detailfragen wie industrielle Standards, sondern es gilt auch in Bezug auf die soziale oder umwelt6
Diese Änderung vollzieht sich seit dem Ende der 1980er Jahre und zuletzt mit zunehmender Geschwindigkeit. Die wissenschaftliche Debatte griff den empirisch feststellbaren Wandel erst mit einiger Verzögerung auf (Forsgren, 1990). Sie wird als Internationalisierung zweiten Grades bezeichnet (Forsgren, Holm & Johanson, 1992). Für einen Überblick siehe auch Brooks (2005, 16 ff.), Dunning und Lundan (2008, 253 ff.) sowie die Rollentypologie von Schmid und Kutschker (2003).
6.2 Überprüfung der Robustheit der Ergebnisse
213
bezogene Regulierung. Herrschaft, Autorität und Macht werden demnach neu verteilt. Im Zuge dieses „power shift“ (Mathews, 1997) wird die staatliche Verfügungsmacht nicht nur „nach oben“, d. h. an supra- und internationale Organisationen und „nach unten“ an subnationale Zuständigkeiten abgegeben, sondern auch „zur Seite“ an private Akteure (Kahler & Lake, 2003, 415 f.). Haufler (2003, 226) bringt dies auf die Formel: „Authority is moving sideway.“ Begriffe wie „public domain“, „interstate sphere“ und „realm of governance“ sind damit nicht mehr zweifelsfrei der staatlichen Sphäre zuzuordnen, sondern werden zunehmend von privaten Akteuren besetzt (Ruggie, 2004). Ein theoretischer Ansatz wie der Neue Liberalismus, der im staatlichen Handeln einen „Container“ (Kobrin, 2008) gesellschaftlicher Interessen sieht, kann angesichts dieser Situation nicht fruchtbar sein: Wenn wirtschaftliche Akteure ihre Präferenzen in zunehmend größerem Maße unabhängig vom Staat umsetzen, dann dient staatliches Handeln allenfalls als Container eines in der Tendenz kleiner werdenden Ausschnittes wirtschaftlicher Interessen. Hank (2006) sieht diese abnehmende Verflechtung zwischen wirtschaftlichen und politischen Akteuren und die damit einhergehende Separation der gesellschaftlichen Subsysteme als ein entscheidendes neues Merkmal der Berliner Republik. Das verdeutlicht, dass die relative Unabhängigkeit wirtschaftlicher Akteure in jüngerer Zeit an Bedeutung gewonnen hat. Die grundlegenden Voraussetzungen von Moravcsiks Ansatz, dass nationale, gesellschaftliche Interessengruppen bestehen und Präferenzen in den politischen Prozess einbringen, sind vor diesem Hintergrund in Frage zu stellen. Die sich wandelnde Natur gesellschaftlicher Akteure und die im Wandel begriffene Rolle, die Staaten für sie haben, legen dabei nahe, dass der Neue Liberalismus in jüngerer Zeit an Erklärungskraft eingebüßt hat.
6.2 Überprüfung der Robustheit der Ergebnisse Im Mittelpunkt des folgenden Abschnittes stehen der Einfluss der für die Fallstudien ausgewählten Unternehmen und des Untersuchungszeitraumes. Inwieweit hängen die in der Studie gewonnenen Erkenntnisse von diesen beiden Parametern ab?
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6 Schlussbetrachtung
6.2.1 Einflussfaktor Fallstudien Die Ergebnisse der Arbeit beruhen maßgeblich auf der Analyse einzelner Unternehmen. Diese wurden aufgrund theoriegeleiteter Überlegungen aus einer hinsichtlich ihrer Größe homogenen Akteursgruppe gewählt. Dabei konnten nicht sämtliche, mutmaßlich relevanten Akteure und Branchen berücksichtigt werden. Auf die grundlegende Problematik bei der Akteurswahl wurde bereits in Abschnitt 2.3.2 eingegangen. An dieser Stelle soll es darum gehen, ob die Ergebnisse hinsichtlich der Natur der wirtschaftlichen Präferenzbildung von den konkret gewählten Unternehmen abhängen. Da nicht weitere Einzelfälle analysiert werden sollen, wird auf abstrakter Ebene argumentiert. Dabei steht die Frage im Mittelpunkt, wodurch sich andere Unternehmen grundsätzlich von den betrachteten Beispielen unterscheiden könnten. Dies scheint vor allem beim vorherrschenden Motiv der Internationalisierung der Fall zu sein. In Abschnitt 3.2 wurde beschrieben, dass empirisch zwei grundlegende Bedingungsfaktoren für ein Engagement im Ausland identifiziert wurden: Dasjenige der Markterschließung, das zu horizontalen, absatzmarktorientierten Aktivitäten führt und dasjenige der Kostenersparnis, das die vertikale, beschaffungsmarktorientierte Geschäftstätigkeit im Ausland einleitet.7 Bei den untersuchten Akteuren dominierte sowohl in Bezug auf die USA als auch auf China die Absatzmarktorientierung. Wie würden sich Präferenzen ausbilden, wenn die internationale Expansion primär erfolgte, um Kosten zu sparen? Ist ein Unternehmen vorrangig deshalb in verschiedenen Ländern präsent, um sich Unterschiede in der Faktorausstattung bzw. bei den Faktorkosten nutzbar zu machen, so sollen primär die Kosten für das bestehende Volumen gesenkt werden. Das Ziel besteht weniger darin, einen neuen Markt zu erschließen und somit das Gesamtvolumen zu vergrößern. Im Zuge der wirtschaftlichen Expansion können dann durchaus Aktivitäten von Land A nach Land B verlagert werden, so dass Land B interessanter wird, weil Land A uninteressanter wird. Entsprechend ist ein Wandel in der absoluten und der relativen Bedeutung zwischen zwei Ländern denkbar. Hierfür lassen sich plastische (Einzel-)Beispiele anführen, die unabhängig vom empirischen Ausmaß des Phänomens auch die öffentliche Debatte prägen.8 Aus ihnen wird dann das Fazit gezogen, die deutsche Wirtschaft „orientiert sich entsprechend um“ (Sieren, 2006, 30) und es herrsche ein „Karawanen7 8
Meist liegt eine Mischung aus beiden Motiven vor, wobei sich zumeist ein dominierendes Motiv identifizieren lässt. Man denke etwa an die Schließung des Werkes von Nokia in Bochum und an die Verlagerung der Produktion nach Jucu in Rumänien oder an die Textilbranche, die ihre Produktion von China
6.2 Überprüfung der Robustheit der Ergebnisse
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Kapitalismus“ (Altenbockum, 2008). Diese Wortwahl suggeriert ebenfalls einen Wandel unternehmerischer Präferenzen im Hinblick auf zwei Länder. Zunächst gilt es allerdings von einer fallbezogenen, empirischen Warte aus zu bedenken, dass ein solcher Wandel zwischen den USA und China für deutsche Unternehmen eher die Ausnahme bildet. Verlagerungen finden vorrangig zwischen geographisch nahen Ländern (etwa von Deutschland nach Osteuropa oder zwischen einzelnen Schwellenländern) statt. Bereits seltener sind Verlagerungen von Deutschland nach China (Kinkel, Lay & Maloca, 2004). China und die USA konkurrieren aus der Sicht deutscher Unternehmen hingegen kaum als Produktionsstandorte, da sich die beiden Länder durch jeweils unterschiedliche Standortvorteile auszeichnen. Bereits aus diesem Grund erscheint es zweifelhaft, dass die Untersuchung anderer Unternehmen zu dem Schluss geführt hätte, in der deutschen Wirtschaft finde ein Präferenzwandel statt. Aus theoretisch-grundsätzlicher Perspektive lässt sich darüber hinaus Folgendes einwenden: Dominieren Faktormotive die internationale Expansion, so ist die sich daraus ergebende Einschätzung hinsichtlich der Attraktivität eines Landes im Zeitablauf instabil, denn die Faktoren, auf denen sie beruht, sind volatil. Die Kosten für den Faktor Arbeit etwa können durch entsprechende Eingriffe der jeweiligen Regierung oder durch zunehmende Wettbewerbsintensität rasch steigen. Die Präferenzen können sich daher äußerst rasch wandeln.9 Die sich dadurch ergebende prinzipielle Unstetigkeit der wirtschaftlichen Präferenzen steht in grundlegendem Widerspruch zur langfristig ausgerichteten und in ihrer Natur stabilen außenpolitischen Orientierung. Während sich also Präferenzen, die auf horizontalen Motiven beruhen, nicht zwischen zwei Märkten wandeln, ist dies bei Präferenzen, die auf vertikalen Motiven beruhen, grundsätzlich denkbar. Insofern hätte eine andere Unternehmsauswahl durchaus im einzelnen zu anderen Ergebnissen führen können.10 Speziell die USA und China stehen aber plausiblerweise nur in Einzelfällen in einem solchen nach Vietnam verlagerte oder an das Unternehmen Steiff, das seine Produktion von China nach Deutschland rückverlagerte. 9 Im Unterschied dazu ist bei einem Engagement, das aufgrund des Marktpotentials getätigt wird, bei verschiedenen Unternehmen eine größere Stabilität zu beobachten: Die zentralen Faktoren aufgrund derer ein Markt attraktiv ist – nachhaltiges Wachstum und Größe – unterliegen einem weniger raschen Wandel. 10 Ebenso hätte die Untersuchung der wirtschaftlichen Interessen hinsichtlich anderer Ländern als den USA und China zu anderen Ergebnissen führen können. Hierauf soll jedoch nicht weiter eingegangen werden. Aus wirtschaftswissenschaftlicher Perspektive wäre es zwar interessant, der Frage nachzugehen, inwieweit sich die spezifischen Länder auf die Präferenzbildung auswirken. Aus politikwissenschaftlicher Sicht hingegen stellt sich die Frage nach der außenpolitischen Orientierung
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6 Schlussbetrachtung
Zusammenhang. Da zudem die Präferenzen in diesem Fall volatil sind, erscheint selbst dann eine Aussage zur politischen Orientierung nur schwer vorstellbar. Insofern kann das grundlegende Ergebnis der Arbeit für beide Motive, auf denen internationale Expansion beruhen kann, vertreten werden.
6.2.2 Einflussfaktor Untersuchungszeitraum Der gewählten Methodik – nämlich der einer empirischen Untersuchung – ist es geschuldet, dass ein Untersuchungszeitraum festgelegt wurde und das Ergebnis insofern als eine Momentaufnahme zu verstehen ist. Dies trifft auf jede empirische Untersuchung zu. Inwieweit die Ergebnisse dieser Momentaufnahme für darüber hinausgehende Verallgemeinerungen tragfähig sind, hängt davon ab, in welchem Umfang die den Untersuchungszeitraum bestimmenden Rahmenbedingungen weiterhin ihre Gültigkeit haben. Im vorliegenden Fall nahm im Anschluss an die empirische Erhebung eine weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise ihren Ausgang. Diese hat offensichtlich Einfluss auf verschiedene Faktoren, die sich maßgeblich auf die Ergebnisse der Studie auswirkten. Hierzu zählen die zukünftige Verteilung von Macht, die Verteilung von Wirtschaftskraft jeweils weltweit und zwischen den USA und China sowie die grundlegende Bedeutung, die politische und wirtschaftliche Akteure füreinander haben. Jeder dieser drei Bereiche kann am Ende der Krise anders aussehen als zuvor, wobei der konkrete Ausgang zum jetzigen Zeitpunkt unklar ist. Inwieweit vor diesem Hintergrund eine erneute Studie zu anderen Ergebnissen führen würde, kann daher nur Gegenstand der Spekulation sein. In aller Deutlichkeit bestehen bleibt ungeachtet aller gegenseitigen wirtschaftlichen Abhängigkeiten indes die strategische Konkurrenz zwischen den USA und der Volksrepublik China. Dies zeigen sowohl die deutlich gestiegenen Militärausgaben der Volksrepublik, die das Land in seinem Weißbuch zur Verteidigungspolitik Anfang des Jahres 2009 mit der Eindämmungspolitik anderer Staaten begründete, als auch die sich zuspitzende Konkurrenz um strategische Ressourcen, insbesondere auf dem afrikanischen Kontinent und in Südamerika. Aus praktischpolitischer Perspektive bleibt daher die eingangs angeführte Problematik der strategischen Ausrichtung der bilateralen Beziehungen der Bundesrepublik nach wie vor aktuell. primär im Hinblick auf die USA (als die derzeitige Weltmacht) und die Volksrepublik China (als das Land, das den USA potentiell nachfolgen kann).
6.3 Wissenschaftstheoretische Reflektion
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6.3 Wissenschaftstheoretische Reflektion Die Arbeit nahm ihren Ausgang bei einer politikwissenschaftlichen Fragestellung, die sie mit einer politikwissenschaftlichen Theorie zu beantworten suchte. Die empirische Untersuchung brachte die intensive Auseinandersetzung mit wirtschaftlichen Akteuren sowie mit wirtschaftswissenschaftlichen Modellen mit sich. Schließlich wurden Rückschlüsse auf die Theorie gezogen. Deutlich wurde dabei, dass das theoretische Modell nur begrenzt tauglich war, um sich der wirtschaftlichen Realität anzunähern, diese adäquat zu erfassen und sie zu beschreiben. Dies wurde zum Teil auf zeithistorische Einflüsse zurückgeführt. Darüber hinaus besteht jedoch ein theorieimmanentes Problem. Der Ansatz des Neuen Liberalismus bedient sich des Begriffs „Präferenz“ und wendet diesen auf gesellschaftliche Akteure an. Dabei setzte der Verfasser in seiner Theorie andere Schwerpunkte als denjenigen einer fundierten Auseinandersetzung mit der wirtschaftswissenschaftlichen Disziplin. Betriebs- und Volkswirte haben sich jedoch umfassend der theoretischen und empirischen Analyse von Präferenzen gewidmet. Gerade aufgrund des zentralen Stellenwertes von Präferenzen wirtschaftlicher Akteure im Konstrukt des Neuen Liberalismus erscheint es daher vielversprechend, die betriebs- und volkswirtschaftliche Forschung stärker einzubeziehen. Ganz grundsätzlich geht aus der Studie hervor, dass sich ein primär aus politikwissenschaftlichen Prämissen abgeleitetes theoretisches Modell nur begrenzt dafür eignet, wirtschaftliche Prozesse und Entwicklungen zu analysieren. Hierzu unterscheiden sich politische und wirtschaftliche Systeme zu tiefgreifend hinsichtlich der Ziele, der Handlungslogiken und der Legitimationsgrundlagen. Um Verbindungen zwischen der politischen und der wirtschaftlichen Welt untersuchen zu können, ist demnach die Entwicklung eines Ansatzes vonnöten, der die Realitäten beider Akteursgruppen und die Prämissen beider wissenschaftlichen Disziplinen bereits bei der Formulierung der Annahmen berücksichtigt. Wünschenswert wäre die Aufstellung einer solchen Theorie unter Mitwirkung von Politikwissenschaftlern, Betriebs- und Volkswirten. Eine vertiefte Kooperation zwischen Wirtschaft und Politik wäre indes nicht nur in der Wissenschaft zu begrüßen. Auch aus praktischer, anwendungsorientierter Perspektive erscheint dies fruchtbar: Wirtschaftliche, politische und gesellschaftliche Phänomene sind zunehmend auf komplexe Weise ineinander verwoben. Es ist daher eine Illusion anzunehmen, politische oder wirtschaftliche Akteure könnten die sich ergebenden Herausforderungen jeweils isoliert voneinander meistern.
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1998
1999
2000
2001
2002
2003
2004
2005
2006
Tendenz 1997-2006
28,5 5,9 1,4
27,6 6,2 1,6
29,5 6,8 2,1
35,9 8,4 3,2
32,5 7,8 3,5
32,2 7,9 4,0
33,4 7,2 4,3
37,5 8,2 4,9
42,7 9,5 6,0
52,6 11,4 7,5
Umsatzanteile an Gesamt (in Prozent) NAFTA 20,8 Asien-Pazifik 4,9
22,5 5,9
23,0 7,1
23,5 8,8
24,0 10,7
24,6 12,3
21,6 12,9
21,8 13,1
22,3 14,1
21,7 14,2
−→
Mitarbeiter (in Tsd.) Gesamt davon: NAFTA davon: Asien-Pazifik
104 15 4
105 15 8
105 16 8
104 17 10
94 15 9
90 14 8
87 13 8
84 11 8
80 10 8
95 16 13
−→
Mitarbeiteranteile an Gesamt (in Prozent) NAFTA Asien-Pazifik
14,7 4,3
14,7 7,3
14,9 8,1
15,9 9,4
16,0 9,2
15,2 9,3
14,5 9,7
13,2 9,5
12,4 11,0
16,3 13,4
Investitionsanteile an Gesamt (in Prozent) NAFTA Asien-Pazifik
33 6
33 9
34 4
33 14
23 26
12 20
13 20
13 28
11 28
41 7
Umsatz nach Sitz der Gesellschaft (in Mrd. EUR) Gesamt davon: NAFTA davon: Asien-Pazifik
Anmerkungen • Quelle: Geschäftsberichte verschiedener Jahre, Unternehmensangaben • aufgrund von Veränderungen im regionalen Schnitt u. bei Erhebungsmethoden dienen die Werte nur dem Überblick • die Umsatzwerte zur Region Asien-Pazifik beinhalten bis einschl. 2003 Afrika • die Mitarbeiterzzahlen zur Region Asien-Pazifik beinhalten bis einschl. 2004 Afrika • den Werten liegt der durchschnittliche Personalbestand zugrunde
−→
252
A Daten der Unternehmen
Tabelle A.2: Daimler: Entwicklung von Umsätzen und Mitarbeiterzahlen 1997
1998
1999
2000
2001
2002
2003
2004
2005
2006
Tendenz 1997-2006
Umsatz (in Mrd. EUR) Gesamt 117,6 davon: USA 56,6 davon: Asien (mit VRC) 5,6 davon: VRC –
131,8 65,3 4,3 –
150,0 78,1 4,8 –
162,4 84,5 5,9 –
152,9 81,1 6,2 –
149,6 77,7 6,3 –
136,4 63,8 6,6 –
142,1 64,2 10,1 0,6
149,8 67,0 12,5 0,8
151,6 63,9 12,4 1,3
48,2 4,8 –
49,6 3,3 –
52,1 3,2 –
52,0 3,6 –
53,1 4,1 –
51,9 4,2 –
46,8 4,9 –
45,2 7,1 0,4
44,7 8,4 0,5
42,1 8,2 0,9
Mitarbeiter (in Tsd.) Gesamt 300 davon: USA 19 davon: Asien (mit VRC) 7 davon: VRC –
442 117 3 –
467 124 4 –
417 124 4 –
372 105 6 –
366 101 7 –
362 102 3 –
385 98 22 –
383 97 22 1
360 94 20 1
−→
Mitarbeiteranteile an Gesamt (in Prozent) USA Asien (mit VRC) VRC
26,5 0,8 –
26,5 0,8 –
29,7 0,9 –
28,2 1,6 –
27,8 1,8 –
28,3 0,9 –
25,5 5,7 –
25,5 5,8 0,2
26,3 5,5 0,2
Umsatzanteile an Gesamt (in Prozent) USA Asien (mit VRC) VRC
6,5 2,4 –
Anmerkungen • Quelle: Geschäftsberichte verschiedener Jahre, Unternehmensangaben • aufgrund von Veränderungen im regionalen Schnitt u. bei Erhebungsmethoden dienen die Werte nur dem Überblick • Umsatzzahlen zu China liegen erst ab 2004 vor, zuvor sind die Ergebnisse innerhalb der Divisionen konsolidiert worden; zu regionaler Konsolidierung gab es keine Veranlassung, da Daimler über die Division steuert • die US-Mitarbeiterzahl zu 1997 bezieht sich auf die gesamte NAFTA-Region • Mitarbeiterzahlen zu Asien sind aus den Divisionen aufsummiert u. entsprechen nicht unbedingt dem Consolidated Headcount • Sprung in den Mitarbeiterzahlen von 2003 zu 2004 ist v. a. dem Bereich Nutzfahrzeuge zuzurechnen • Mitarbeiterzahlen zu China lediglich für 2005 u. 2006 verfügbar, es handelt sich um den Consolidated Headcount
A Daten der Unternehmen
253
Tabelle A.3: Daimler: Absatzentwicklung im Geschäftsfeld Mercedes-Benz Cars 1997
1998
1999
2000
2001
2002
2003
2004
2005
2006
Tendenz 1997-2006
Absatz (in Tsd.) Gesamt 715 davon: USA 122 davon: Asien (mit VRC) 28 davon: VRC –
923 170 14 –
1.080 189 15 –
1.155 206 52 –
1.223 206 58 –
1.232 213 61 –
1.217 219 67 9
1.227 222 67 10
1.217 224 74 12
1.252 248 125 16
Absatzanteile an Gesamt (in Prozent) USA Asien (mit VRC) VRC
18,4 1,5 –
17,5 1,4 –
17,8 4,5 –
16,8 4,7 –
17,3 4,9 –
18,0 5,5 0,8
18,1 5,5 0,8
18,4 6,1 0,9
19,8 10,0 1,3
17,1 3,9 –
Anmerkungen • Quelle: Geschäftsberichte verschiedener Jahre, Unternehmensangaben • aufgrund von Änderungen im regionalen Schnitt in Asien dienen die Werte nur dem Überblick • Absatz USA: Retail Sales • Absatz Asien 1998,1999: Fernost ohne Japan • Absatz Asien 2000, 2001: Asien-Australien ohne Japan • Absatz Asien 2003, 2004, 2005: Asien-Ozeanien ohne Japan • Absatz Asien 2006: Asien-Pazifik ohne Japan • Absatzzahlen zu China beziehen sich nur auf die Marke Mercedes-Benz
254
A Daten der Unternehmen
Tabelle A.4: Daimler: Entwicklung einzelner Geschäftsfelder
Mercedes-Benz Cars Produktionsstandorte NAFTA Asien Europa Umsatz (Mrd. EUR) NAFTA Asien Europa Belegschaft NAFTA Asien Europa
1998
2000
2001
2002
2003
2004
2005
2006
2 6 7
1 3 8
1 3 8
1 3 8
1 3 9
1 3 10
1 3 10
1 4 10
7,2 2,7 21,3
11,1 3,9 26,9
11,9 4,2 29,9
12,2 4,7 31,6
11,8 5,1 32,4
11,4 4,8 31,3
12,0 5,5 30,1
12,3 6,1 33,7
1.793 344 91.774
2.010 329 92.804
2.111 347 93.807
1.906 345 94.521
2.191 352 94.614
3.409 344 95.029
4.472 340 92.930
4.012 347 88.622
19 1 15
19 2 17
17 2 19
17 2 19
17 9 17
18 9 19
17 7 19
10,3 0,8 15,0 22.719 1.282 58.036
9,5 1,2 15,3 18.615 1.496 63.080
10,0 1,2 14,8 19.611 1.519 60.790
9,3 1,4 15,2 22.049 1.385 58.953
10,5 4,5 16,3 26.297 18.893 55.515
12,8 6,1 17,2 26.838 18.304 57.477
13,9 5,4 20,6 28.769 16.774 62.604
41 5 2
41 3 2
41 2 2
38 2 0
32 1 0
29 1 0
30 1 0
30 1 0
52,3 0,5 2,1 122.602 357 2.319
62,8 0,6 3,6 188.024 23 1.760
58,2 0,4 3,8 101.027 16 2.261
55,3 0,4 3,6 94.903 8 275
45,0 0,4 3,1 92.034 12 445
45,2 0,4 3,1 83.542 8 257
45,4 0,4 3,1 82.321 5 244
41,7 0,5 3,0 79.568 4 242
Daimler Trucks/Van,Bus,Other Produktionsstandorte NAFTA 29 Asien 1 Europa 14 Umsatz (Mrd. EUR) NAFTA 6,9 Asien 0,6 Europa 55,3 Belegschaft NAFTA 17.052 Asien 1.225 Europa 55.296 ChryslerGroup Produktionsstandorte NAFTA Asien Europa Umsatz (Mrd. EUR) NAFTA Asien Europa Belegschaft NAFTA Asien Europa
Anmerkungen • • • • • • • •
Quelle: Geschäftsberichte verschiedener Jahre für 1997 sind Werte nur für die gesamte Fahrzeugsparte u. nicht für einzelne Divisionen vorhanden für 1999 sind die Werte nicht verfügbar unkonsolidierte Werte aus Sicht der einzelnen Geschäftsfelder, daher kein Bezug zum Gesamtumsatz möglich aufgrund von Umbenennungen u. Umstrukturierungen der Divisionen dienen die Werte nur dem Überblick Mercedes-Benz Cars: Bis einschl. 2001 Personenwagen, bis einschl. 2005 Mercedes Car Group Daimler Trucks/Vans, Bus, Other: Bis einschl. 2005 Geschäftsfeld Nutzfahrzeuge, 2006 Addition der beiden Divisionen Chrysler Group: Bis einschl. 1999 PKW & Nutzfahrzeuge
Tendenz 19982006
−→ −→ −→
−→
−→
A Daten der Unternehmen
255
Tabelle A.5: Siemens: Entwicklung von Umsätzen und Mitarbeiterzahlen 1997
1998
1999
2000
2001
2002
2003
2004
2005
2006
Tendenz 1997-2006
Umsatz nach Sitz der Gesellschaft (in Mrd. EUR) Gesamt davon: Amerika davon: USA davon: Asien-Pazifik
54,7 11,0 – 6,0
60,2 13,9 – 6,6
68,6 17,0 – 6,8
78,4 23,6 – 9,0
87,0 25,0 21,1 7,2
84,0 24,4 21,1 6,2
74,2 18,0 15,3 5,6
75,2 17,0 13,6 5,8
75,4 18,5 14,8 6,6
87,3 21,8 17,2 8,6
Umsatzanteile Gesamt (in Prozent) Amerika USA Asien-Pazifik
20,2 – 11,0
23,0 – 11,0
24,7 – 9,9
30,1 – 11,5
28,8 24,3 8,3
28,9 25,1 7,3
24,2 20,6 7,5
22,6 18,1 7,8
24,5 19,6 8,8
24,9 19,7 9,9
Mitarbeiter (in Tsd.) Gesamt davon: Amerika davon: Asien-Pazifik
386 70 27
416 83 38
443 – –
447 103 45
484 106 53
426 94 43
417 87 44
430 95 52
461 101 58
474 104 70
Mitarbeiteranteile an Gesamt (in Prozent) Amerika Asien-Pazifik
18,1 7,0
20,0 9,1
– –
23,0 10,0
22,0 11,0
22,0 10,0
20,9 10,6
22,1 12,1
21,8 12,5
21,9 14,7
−→
an
Anmerkungen • • • •
Quelle: Geschäftsberichte verschiedener Jahre das Geschäftsjahr endet am 30. September aufgrund von Veränderungen im regionalen Schnitt u. bei Erhebungsmethoden dienen die Werte nur dem Überblick aufgrund der Umstellung auf US-GAAP sind die Zahlen von 1997, 1998 nicht mit den Folgejahren vergleichbar
256
A Daten der Unternehmen
Tabelle A.6: Deutsche Bank: Entwicklung von Erträgen und Mitarbeiterzahlen 1997
1998
1999
2000
2001
2002
2003
2004
2005
2006
Tendenz 1997-2006
Erträge (in Mrd. EUR) Gesamt davon: Nordamerika davon: Asien-Pazifik
12,7 1,4 0,9
13,1 1,4 2,1
24,0 5,0 2,0
34,0 8,0 1,0
28,5 6,1 2,0
24,5 5,2 2,2
20,2 5,1 1,9
21,9 5,6 2,0
25,6 6,2 2,1
28,3 7,8 2,9
−→
Ertragsanteile Gesamt (in Prozent) Nordamerika Asien-Pazifik
11,4 6,8
11,0 8,3
19,4 8,2
22,3 4,3
21,4 6,9
21,3 8,8
25,1 9,7
25,8 9,3
24,1 8,2
27,7 10,4
Mitarbeiter (in Tsd.) Gesamt 76 davon: Nordamerika 5 davon: Asien-Pazifik (mit VRC) 6 davon: VRC –
75 5 6 –
88 14 7 –
98 16 7 –
87 15 6 –
77 15 6 –
68 12 6 –
65 12 6 –
63 11 7 0,1
68 11 11 0,5
6,1 8,1
6,6 7,3
16,2 7,5
16,2 7,2
17,5 7,3
19,8 7,9
17,6 8,8
18,3 9,9
17,6 11,3
16,5 15,6
–
–
–
–
–
–
–
–
–
0,7
an
Mitarbeiteranteile an Gesamt (in Prozent) Nordamerika Asien-Pazifik (mit VRC) VRC
−→ −→
−→
Anmerkungen • • • • •
• •
• • • • • • • • • •
die USA verantworten den größten Teil der Erträge Nordamerikas, China den kleinsten Teil der Erträge Asiens bis einschl. 2000 beinhalten die Ertragswerte für Asien auch Afrika die Vergleichbarkeit der Werte ist aus verschiedenen Gründen eingeschränkt, sie dienen daher nur dem Überblick die Erträge sind bis einschl. 1998 nach International Accounting Standards (IAS) erhoben und anschließend nach US-GAAP die Erträge der Jahre 1997 und 1998 sind Deutsche Bank AG (1999, 90) entnommen und beziehen sich auf die Erträge aus dem operativen Geschäft (sie umfassen den Zinsüberschuss, den Provisionsüberschuss, das Handelsergebnis, den Überschuss im Versicherungsgeschäft sowie den Saldo der Sonstigen betrieblichen Erträge/Aufwendungen), die Zurechnung nach geographischen Bereichen richtet sich nach dem Sitz des Konzernunternehmens die Erträge der Jahre 1999 und 2000 sind Deutsche Bank AG (2002, 159) entnommen und beziehen sich auf die Nettoerträge die Erträge der Jahre 2001, 2002 und 2003 sind Deutsche Bank AG (2004b, 115) entnommen, die Erträge der Jahre 2004, 2005 und 2006 sind Deutsche Bank AG (2007a, 164 f.) entnommen und beziehen sich jeweils auf die konsolidierten Erträge insgesamt (sie umfassen Zinserträge, Zinsaufwendungen, die Risikovorsorge im Kreditgeschäft und die zinsunabhängigen Erträge insgesamt (einschließlich des Provisionsüberschusses)) das Ergebnis ist je nach Standort der bilanzierenden Geschäftsstelle den entsprechenden Ländern zugeordnet der Standort eines bilanzierten Geschäfts kann sich von der Hauptgeschäftsstelle beziehungsweise von sonstigen Geschäftsstellen des Kunden und den Standorten der Mitarbeiter, welche das Geschäft abgeschlossen beziehungsweise arrangiert haben, unterscheiden. die Erträge der Jahre 2004 und 2005 wurden an die neue Managementstruktur angepasst; ein direkter Vergleich mit den Vorjahreszahlen ist nicht möglich die Mitarbeiterzahlen für Asien beinhalten bis einschl. 2000 auch Afrika seit 2006 beinhalten die Mitarbeiter in Nordamerika auch Mexiko, das zuvor Südamerika zugerechnet wurde die Mitarbeiterzahlen weisen jeweils Vollzeitkräfte zum 31.12. aus; Teilzeitkräfte sind anteilig berücksichtigt die Mitarbeiterzahlen für das Jahr 2000 sind Deutsche Bank AG (2001, 48) entnommen die Mitarbeiterzahlen für die Jahre 2001, 2002, 2003 sind Deutsche Bank AG (2004c, 18) entnommen die Mitarbeiterzahlen für die Jahre 2004, 2005 sind Deutsche Bank AG (2006a, 33) und Deutsche Bank AG (2006b, 18) entnommen die Mitarbeiterzahlen für das Jahr 2006 sind Deutsche Bank AG (2008b, 50) entnommen
A Daten der Unternehmen
257
Tabelle A.7: Allianz: Entwicklung von Erträgen, Einnahmen und Mitarbeiterzahlen 1997
1998
1999
2000
2001
2002
2003
2004
2005
2006
Tendenz 1997-2006
– – –
– – –
– – –
– – –
34,4 5,2 0,8
36,5 4,7 1,1
37,3 4,0 1,2
38,1 3,9 1,2
37,7 3,6 1,3
38,0 3,6 1,3
– – –
– – –
– – –
– – –
18,3 1,1 1,2
18,7 0,9 1,6
18,7 0,6 1,3
18,6 0,4 1,3
20,0 0,5 1,2
20,5 0,5 1,3
−→
Ertragsanteile an Gesamt (in Prozent) Schaden/Unfall NAFTA Asien-Pazifik
– –
– –
– –
– –
15,0 2,2
12,9 3,1
10,8 3,1
10,3 3,3
9,5 3,4
9,6 3,5
Leben/Kranken USA Asien-Pazifik
– –
– –
– –
– –
5,6 6,6
5,0 8,6
3,2 7,0
2,3 6,8
2,6 6,1
2,6 6,1
Einnahmen Gesamt Amerika Asien-Pazifik
– – –
– – –
– – –
– – –
– – –
– – –
– – –
– – –
101,0 18,2 5,2
101,1 16,7 5,6
Einnahmenanteile an Gesamt (in Prozent) Amerika Asien-Pazifik
– –
– –
– –
– –
– –
– –
– –
– –
18,1 5,1
16,6 5,6
77 9 –
106 10 –
113 11 0,2
120 12 0,2
180 14 0,2
182 11 0,2
174 11 0,2
162 10 0,2
178 11 0,3
167 11 0,9
−→ −→ −→
12,2 –
9,7 –
9,8 0,2
9,7 0,2
7,8 0,1
6,2 0,1
6,4 0,1
6,4 0,1
6,1 0,2
6,4 0,5
−→
Gesamterträge Netto (in Mrd. EUR) Schaden/Unfall davon: NAFTA davon: AsienPazifik Leben/Kranken davon: USA davon: AsienPazifik
Mitarbeiter (in Tsd.) Gesamt davon: USA davon: VRC Mitarbeiteranteile an Gesamt (in Prozent) USA VRC
Anmerkungen • • • • •
Werte dienen nur dem Überblick (Veränderungen im regionalen Schnitt u. bei Erhebungsmethoden) die Erträge für das Jahr 1997 sind Allianz AG (1999) entnommen die Erträge für die Jahre 1998-2000 sind Allianz AG (2001) entnommen die Erträge für die Jahre 2001-2003 sind Allianz AG (2004) entnommen die Erträge für das Jahr 2004 sind Allianz AG (2006) entnommen
258
A Daten der Unternehmen
• die Erträge für die Jahre 2005-2006 sind Allianz SE (2008) entnommen • die Angaben zu den Einnahmen erfolgen nach Unternehmensangaben, die auf ungefähren Schätzwerten beruhen • die Mitarbeiterzahlen zu den USA beziehen sich auf die Mitarbeiter am Jahresende (Ausnahme: 1997 und 1998 (keine Angabe)) • die Mitarbeiterzahlen der Jahre 1997-1998 sind Allianz AG (1999) entnommen • die Mitarbeiterzahlen der Jahre 1999-2000 sind Allianz AG (2001) entnommen • die Mitarbeiterzahlen der Jahre 2001-2002 sind Allianz AG (2003) entnommen • die Mitarbeiterzahlen der Jahre 2003-2004 sind Allianz AG (2005) entnommen • die Mitarbeiterzahlen der Jahre 2005-2006 sind Allianz SE (2007a) entnommen • die Angaben der Mitarbeiterzahlen zu China erfolgen nach Unternehmensangaben, wobei jeweils die obere Grenze der angegeben Spannweite dargestellt ist
B Verzeichnis der Interviews Nr. 1 2 3 6 7 10 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23
Datum 07.05.2007 14.05.2007 12.06.2007 27.06.2007 12.07.2007 19.07.2007 07.08.2007 09.08.2007 15.08.2007 29.08.2007 30.08.2007 06.09.2007 12.09.2007 20.09.2007 26.09.2007 28.09.2007 02.10.2007
Ort München Berlin Frankfurt Stuttgart New York Washington D.C. Minneapolis New York Telefon Stuttgart München Shanghai Peking Peking Peking Peking Peking
Gesprächspartner Mitarbeiter der Allianz in Deutschland Mitarbeiter der BASF in Deutschland Mitarbeiter der Deutschen Bank in Deutschland Mitarbeiter von Daimler in Deutschland Mitarbeiter der Deutschen Bank in den USA Mitarbeiter der BASF in den USA Mitarbeiter der Allianz in den USA Mitarbeiter von Siemens in den USA Mitarbeiter von Daimler in den USA Mitarbeiter von Daimler in Deutschland Mitarbeiter von Siemens in München Mitarbeiter der Allianz in China Mitarbeiter der BASF in China Mitarbeiter von Siemens in China Mitarbeiter der Deutschen Bank in China Mitarbeiter von Daimler in China Mitarbeiter von Daimler in China
Anmerkung Die Aussagen in den Interviews geben die Meinung der Gesprächspartner wieder; diese muss nicht unbedingt dem Standpunkt des jeweiligen Unternehmens entsprechen.