Analysis auf Mannigfaltigkeiten Jochen Merker 23. Januar 2006
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Inhaltsverzeichnis 1 Untermannigfaltigkeiten des Rn ...
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Analysis auf Mannigfaltigkeiten Jochen Merker 23. Januar 2006
2
Inhaltsverzeichnis 1 Untermannigfaltigkeiten des Rn 1.1
7
Stetigkeit und Differenzierbarkeit im Rn . . . . . . . . . . . . . . . . . n
7
1.2
Der Umkehrsatz im R . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
8
1.3
Der Satz u ¨ber implizit definierte Funktionen und die Charakterisierung von Untermannigfaltigkeiten im Rn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
10
Immersierte Untermannigfaltigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
13
1.4
2 Mannigfaltigkeiten
15
2.1
Karten und Atlanten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
15
2.2
Topologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
18
3 Differentiation
23
3.1
Der Tangentialraum
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
23
3.2
Die Ableitung und das Tangentialb¨ undel . . . . . . . . . . . . . . . . .
27
4 Vektorfelder
31
4.1
Eigenschaften von Vektorfeldern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
31
4.2
Integration von Vektorfeldern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
33
5 Tensoren und Formen
35
5.1
Multilineare Algebra . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
35
5.2
Tensorfelder auf Mannigfaltigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
38
5.3
Die Lie-Ableitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
43
5.4
Formen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
47
6 Mechanik
53
6.1
Newtonsche Mechanik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
54
6.2
Lagrangesche Mechanik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
59
6.3
Hamiltonsche Mechanik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
60
3
7 Integration und der Satz von Stokes
63
7.1
Integration im Mehrdimensionalen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
63
7.2
Integration von Formen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
65
7.3
Der Satz von Stokes
67
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
8 Allgemeine Relativit¨ atstheorie
71
8.1
Relativistische Mechanik von Punktteilchen . . . . . . . . . . . . . . .
71
8.2
Die Einsteinschen Feldgleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
73
A Beispiele
75
4
Einleitung Eine d-dimensionale Mannigfaltigkeit ist ein Raum, der lokal genauso aussieht wie der Rd . Beispielsweise ist nat¨ urlich jeder Rd selbst eine d-dimensionale Mannigfaltigkeit, der Kreisrand S 1 ist eine 1-dimensionale Mannigfaltigkeit und die Kugeloberfl¨ache S 2 ist eine 2-dimensionale Mannigfaltigkeit. Dies sind dar¨ uberhinaus sogar glatte Mannigfaltigkeiten, sie haben keine Ecken oder Kanten, im Gegensatz z.B. zur Begrenzung eines Quadrats. Ziel der Vorlesung ist es, die Analysis auf dem Rd zu einer Analysis auf glatten Mannigfaltigkeiten zu verallgemeinern. Insbesondere werden wir glatte Abbildungen, Vektorund Tensorfelder sowie Formen auf Mannigfaltigkeiten studieren und zugeh¨orige S¨atze wie den Satz u ¨ber implizite Funktionen, den Satz u ¨ber die Existenz und Eindeutigkeit von Integralkurven und den Satz von Stokes beweisen. Abschließend wenden wir uns der Geometrie auf glatten Mannigfaltigkeiten zu und diskutieren solche Begriffe wie Geod¨atische und Kr¨ ummung. All diese mathematischen Begriffe und Konstruktionen sind sehr hilfreich in der Physik und den Ingenieurswissenschaften. Einige Beispiele seien hier genannt: • Zustandsr¨aume klassischer mechanischer Systeme k¨onnen h¨aufig durch Mannigfaltigkeiten modelliert werden. Beispielsweise ist der Zustand eines Pendels in der Ebene eindeutig durch seine Position ∈ S 1 und seine Geschwindigkeit ∈ R bestimmt, der Raum aller Zust¨ande des Pendels kann also durch S 1 × R ∼ = T ∗S 1 modelliert werden. Allgemeiner kann man durch Kotangentialb¨ undel T ∗ Q die Zustandsr¨aume klassischer mechanischer Systeme mit Konfigurationsraum Q modellieren. • In der Quantenmechanik modellieren komplex-projektive R¨aume CPn die Zustandsr¨aume quantenmechanischer Systeme mit n Zust¨anden. • In der allgemeinen Relativit¨atstheorie werden Raum und Zeit durch eine 4-dimensionale Lorentz-Mannigfaltigkeit modelliert, und die Gravitation entspricht der Kr¨ ummung dieser Mannigfaltigkeit. Speziell treten dort auch hyperbolische Untermannigfaltigkeiten auf. • Lie-Gruppen, d.h. Mannigfaltigkeiten, die gleichzeitig eine Gruppe mit glatter Multiplikation und Inversion sind, spielen als Symmetriegruppen in allen Naturwissenschaften eine enorm wichtige Rolle. 5
¨ Da es zu dieser Vorlesung keine Ubungen gibt, in denen solche Beispiele genau durchgerechnet werden k¨onnen, gerade aber das konkrete Selber-Rechnen die vorgestellten Konzepte am besten ein¨ ubt (und einen insbesondere erkennen l¨aßt, was man noch nicht verstanden hat), sei folgende Alternative angeboten: Jeder Teilnehmer der Vorlesung bekommt eine Mannigfaltigkeit zugewiesen, f¨ ur die er der Experte ist. Die Aufgabe besteht dann darin, f¨ ur diese Mannigfaltigkeit die allgemein vorgestellten Konzepte und Begriffe zu konkretisieren, indem man z.B. Karten konstruiert oder die Geod¨atengleichung aufstellt und l¨ost. Optimal w¨are, wenn dadurch das die Vorlesung begleitende Skript um eine Vielzahl von Beispielen erg¨anzt w¨ urde. Dazu steht eine LATEX-Musterdatei zur Verf¨ ugung, in die jeder Experte die Ergebnisse f¨ ur seine Mannigfaltigkeit eintragen kann. Nach einer Korrektur wird diese Datei dann in das Skript eingef¨ ugt und allen Teilnehmern zug¨anglich gemacht. Zuletzt noch ein paar Worte zum Aufbau der Vorlesung: Da ein Einblick in viele Bereiche der Analysis auf Mannigfaltigkeiten gegeben werden soll, eine vollst¨andige Diskussion dieser Bereiche aber ein Vielfaches der zur Verf¨ ugung stehenden Zeit in Anspruch nehmen w¨ urde, ist nach einer Einf¨ uhrungsphase, die die ersten drei Kapitel umfasst, jede Vorlesung einem speziellen Thema gewidmet. Die Grundlagen dieses Themengebietes werden ausf¨ uhrlich geschildert und einige weitergehende Resultate werden angedeutet, aber in der n¨achsten Vorlesung beginnt dann ein neues Thema, das oft einigermaßen unabh¨angig vom zuvor geschilderten Themenbereich ist. Sollte ein Teilnehmer weitergehendes Interesse an einem speziellen Themengebiet haben, stehen dazu Literaturhinweise bereit.
6
Kapitel 1 Untermannigfaltigkeiten des Rn In dieser ersten Lektion wollen wir einerseits einige Begriffe und Resultate der Analysis auf dem Rn rekapitulieren, und andererseits u ¨ber den Begriff der Untermannigfaltigkeit des Rn die allgemeine Definition von Mannigfaltigkeiten motivieren.
1.1
Stetigkeit und Differenzierbarkeit im Rn
Der Rn , die Menge aller n-Tupel (x1 , . . . , xn ) reeller Zahlen, kann mit einer Vielzahl von Strukturen versehen werden: • Durch die u ¨bliche Addition von Vektoren und die u ¨bliche skalare Multiplikation wird der Rn ein n-dimensionaler reeller Vektorraum. • Der Rn kann normiert werden. Alle Normen k · k auf dem Rn sind ¨aquivalent, d.h. zu k·k, k·k0 gibt es c, C > 0 mit ckxk ≤ kxk0 ≤ Ckxk f¨ ur alle x. P Eine ausgezeichnete Norm ist die durch das euklidische Skalarprodukt < x, y >:= ni=1 xi yi induzierte √ kxkEuklid := < x, x >. • Insbesondere kann man im Rn u ¨ber Konvergenz und offene Mengen sprechen: Eine Menge U heißt offen, wenn es zu jedem x ∈ U eine offene Kugel B (x) := {y|ky − xk < } gibt mit B (x) ⊂ U . • Auf dem Rn kann man u ¨ber die Differenzierbarkeit von Abbildungen sprechen: Eine Abbildung f : U → Rn , U ⊂ Rm offen, heißt differenzierbar in x ∈ U , wenn es (x)−Ah eine stetige lineare Abbildung A : Rm → Rn gibt mit limh→0 f (x+h)−f = 0. khk In diesem Fall ist A eindeutig und man schreibt Df (x) := A. Ist f in jedem x ∈ U differenzierbar und Df : U → L(Rm , Rn ) ∼ = Rnm sogar stetig 1 , so heißt f stetig differenzierbar oder eine C 1 -Abbildung. Ein f ist bereits dann eine C 1 Abbildung, wenn alle partiellen Ableitungen ∂i fj existieren und stetig sind. Ist Df eine C k -Abbildung, so heißt f eine C k+1 -Abbildung, und ist f f¨ ur alle k ∈ N k ∞ eine C -Abbildung, so sagt man, f sei glatt oder eine C -Abbildung. 1
Hierbei wird der Vektorraum L(Rm , Rn ) der stetigen linearen Abbildungen u ¨blicherweise mit der kAxk Operatornorm kAk := supx6=0 kxk versehen.
7
Die letzten beiden Eigenschaften sind es, die den Rn zur glatten Mannigfaltigkeit machen. Unter einer glatten Mannigfaltigkeit sollte man sich abstrakt also ein Objekt vorstellen, bei dem man u ¨ber Konvergenz und Differenzierbarkeit sprechen kann, und konkret irgendwelche Kurven oder Fl¨achen ohne Ecken und Kanten im R3 . Bevor wir diese Vorstellung aber in eine mathematische Definition von Mannigfaltigkeiten einfließen lassen, wollen wir uns vorweg bereits einige Beispiele von Mannigfaltigkeiten anschauen, die Teilmengen des Rn sind, n¨amlich sogenannte Untermannigfaltigkeiten des Rn .
1.2
Der Umkehrsatz im Rn
Dazu ben¨otigen wir aber noch etwas Wissen u ¨ber diejenigen Abbildungen, die die Strukturen einer Mannigfaltigkeit, also die topologische und die differenzierbare Struktur, erhalten: Definition 1.1 Eine Abbildung φ : U → V heißt ein C k -Diffeomorphismus von der offenen Menge U ⊂ Rm auf die offene Menge V ⊂ Rn , wenn φ eine bijektive C k Abbildung ist, deren Umkehrabbildung φ−1 auch C k ist. Diffeomorphismen sind also Abbildungen, die nicht nur die topologische Struktur erhalten (sowohl φ als auch φ−1 sind stetig), sondern die auch noch die differenzierbare Struktur erhalten (sowohl φ als auch φ−1 sind C k ). Definition 1.2 Eine Abbildung φ heißt lokal C k -invertierbar bei x, wenn es offene Umgebungen U von x und V von φ(x) gibt, so daß φ : U → V ein C k -Diffeomorphismus ist. Lemma 1.3 Ist φ lokal C k -invertierbar bei x, so ist Dφ(x) ein Isomorphismus von Rm nach Rn , insbesondere gilt m = n. Beweis: Wegen φ−1 ◦φ = IdU , φ◦φ−1 = IdV gilt nach der Kettenregel Dφ−1 (φ(x))Dφ(x) = IdRm und Dφ(x)Dφ−1 (φ(x)) = IdRn , also ist die lineare Abbildung Dφ(x) invertierbar mit Inversem Dφ−1 (φ(x)). Da invertierbare lineare Abbildungen außerdem die Dimension erhalten, gilt m = n. 2 Satz 1.4 Eine Abbildung φ ist genau dann lokal C k -invertierbar bei x, wenn Dφ(x) invertierbar ist. Beweis: Die eine Richtung zeigt das vorige Lemma, die andere schauen wir uns jetzt an: OE d¨ urfen wir x = 0, φ(x) = 0 und Dφ(x) = Id annehmen (betrachte h 7→ −1 Dφ(x) (φ(x + h) − φ(x)) statt φ). Wir wollen φ nahe Null invertieren, also die Gleichung φ(x) = y l¨osen. Diese schreiben wir um in die Fixpunktgleichung hy (x) := x + y − φ(x), Fixpunkte x von hy sind dann L¨osungen von φ(x) = y. 8
Wegen Dhy (0) = Id − Id = 0 und der stetigen Differenzierbarkeit finden wir eine Kugel B2r (0) im Definitionsbereich von φ mit kDhy (x)k ≤ 1/2 f¨ ur alle x ∈ B2r (0). Somit ist hy auf B2r (0) Lipschitz-stetig mit Lipschitz-Konstante ≤ 1/2. Insbesondere gilt f¨ ur kyk ≤ r und kxk ≤ 2r wegen hy (0) = y dann auch khy (x)k ≤ khy (x)−hy (0)k+kyk ≤ 2r/2+r = 2r. Also ist hy f¨ ur jedes y ∈ Br (0) eine kontrahierende Selbstabbildung von B2r (0). Nach dem Fixpunktsatz gibt es daher zu jedem y ∈ Br (0) genau einen Fixpunkt x ∈ B2r (0) von hy . Setze ψ(y) := x, dann ist φ : U0 := φ−1 (Br (0)) ∩ B2r (0) → Br (0) also invertierbar mit Inversem ψ, und insbesondere ist U0 wegen der Stetigkeit von φ offen. Wir m¨ ussen nur noch zeigen, daß ψ eine C k -Abbildung ist. Zun¨achst einmal zeigen wir ur x := ψ(y), x0 := ψ(y 0 ) nat¨ urlich dazu, daß ψ stetig ist: Sei y, y 0 ∈ Br (0), dann gilt f¨ 0 0 0 x−x = h0 (x)−h0 (x )+φ(x)−φ(x ), und da h0 Lipschitz-stetig mit Lipschitz-Konstante 1/2 ist, folgt kx − x0 k ≤ kx − x0 k/2 + kφ(x) − φ(x0 )k. Wegen φ(x) = y, φ(x) = y 0 gilt also kψ(y) − ψ(y 0 )k ≤ 2ky − y 0 k, d.h. ψ ist sogar Lipschitz-stetig. Desweiteren ist ψ sogar C k . Dazu ein paar Vorbemerkungen: Dφ ist in jedem Punkt x ∈ U0 invertierbar, da nach Wahl von r ja k Id −Dφ(x)k = kDhy (x)k ≤ 1/2 gilt, also aus Dφ(x)v = 0 insbesondere kvk ≤ kvk/2 folgt, was nur bei v = 0 gelten kann, und somit Dφ(x) injektiv, also auch surjektiv und daher invertierbar ist (ein konstruktiver Beweis kann mittels der Neumannschen Reihe gef¨ uhrt werden, s.u.). Dar¨ uberhinaus ist wegen der Stetigkeit von Dφ und der Stetigkeit der Inversion von Matrizen Dφ−1 auf U0 beschr¨ankt: kDφ(x)−1 k ≤ C. Um zu zeigen, daß ψ eine C k -Abbildung ist, rechnen wir nun einfach nach, daß der Kandidat Dφ(ψ(y))−1 f¨ ur die Ableitung Dψ(y) wirklich diese Ableitung ist: Sei ψ(y) = 0 0 x, ψ(y ) = x , dann gilt kψ(y 0 ) − ψ(y) − Dφ(ψ(y))−1 (y 0 − y)k = kx0 − x − Dφ(x)−1 (φ(x0 ) − φ(x))k ≤ Ckφ(x0 ) − φ(x) − Dφ(x)(x0 − x)k ,
also ist mit φ auch ψ differenzierbar. Aber ψ ist sogar C k , denn aus der Gleichheit Dψ(y) = Dφ(ψ(y))−1 , aus der Glattheit der Inversion von Matrizen und da Dφ eine C k−1 -Abbildung ist, folgt induktiv, daß auch Dψ eine C k−1 -Abbildung ist 2 . 2 Der Beweis hat noch eine kleine L¨ ucke, denn wir haben noch nicht gezeigt, daß die Inversion von Matrizen eine glatte Abbildung ist. Dies geschieht aber in den Beispielen weiter unten.
2
Behauptung: Aus Dφ ∈ C k−1 folgt Dψ ∈ C k−1 . Induktionsanfang: Ist Dφ stetig, so wegen Dψ(y) = Dφ(ψ(y))−1 auch Dψ. Induktionsschluß: Ist Dφ ∈ C k−1 , so ist Dφ ∈ C k−2 und nach Induktionsvoraussetzung daher auch Dψ ∈ C k−2 , also ψ ∈ C k−1 . Aus der Gleichung Dψ(y) = Dφ(ψ(y))−1 folgt daher nach der Kettenregel, daß auch Dψ ∈ C k−1 ist.
9
1.3
Der Satz u ¨ ber implizit definierte Funktionen und die Charakterisierung von Untermannigfaltigkeiten im Rn
Nun kommen wir zur Charakterisierung von Untermannigfaltigkeiten des Rn , in die der Satz u ¨ber implizite Funktionen essentiell eingeht. Definition 1.5 Sei f : Rn → Rm eine differenzierbare Abbildung. Ein Punkt x ∈ Rn heißt regul¨arer Punkt von f , wenn Df (x) surjektiv ist. Ein Wert y ∈ Rm heißt regul¨arer Wert, wenn jedes x mit f (x) = y ein regul¨arer Punkt ist, oder mit anderen Worten, wenn das Urbild f −1 (y) nur aus regul¨aren Punkten besteht. Satz 1.6 F¨ ur eine nichtleere Teilmenge M ⊂ Rn sind ¨aquivalent: 1. Lokal ist M C k -diffeomorph zum Rd , d.h. f¨ ur jeden Punkt aus M gibt es eine offene Umgebung U ⊂ Rn und einen C k -Diffeomorphismus φ : U → V auf eine offene Teilmenge V ⊂ Rn mit φ(M ∩U ) = Rd ∩V , wobei wir Rd als den Unterraum {x|xd+1 = · · · = xn = 0} von Rn auffassen ( φ biegt die d-dimensionale Fl¨ache ” M gerade“). 2. Lokal ist M Urbild eines regul¨aren Wertes einer C k -Funktion vom Rn in den Rn−d , d.h. f¨ ur jeden Punkt aus M gibt es eine Umgebung U ⊂ Rn , eine C 1 -Funktion f : U → Rn−d und einen regul¨aren Wert ξ ∈ Rn−d von f mit M ∩ U = f −1 (ξ). 3. Lokal ist M der Graph einer C k -Funktion auf dem Rd , d.h. f¨ ur jeden Punkt aus M n gibt es eine Umgebung U , eine Zerlegung R = X × Y in einen d-dimensionalen linearen Unterraum X und einen (n − d)-dimensionalen linearen Unterraum Y von Rn sowie eine C k -Abbildung g : X ∩ U → Y ∩ U mit Graph(g) = M ∩ U , wobei Graph(g) := {(x, g(x))|x ∈ X ∩ U } den Graphen von g bezeichnet. Beweis: 1. ⇒ 2.: Ist φ wie angegeben, dann ist 0 ein regul¨arer Wert von f := (φd+1 , . . . , φn )|U und f −1 (0) = M ∩ U . 2. ⇒ 3.: Sei f wie angegeben. Definiere X := Ker(Df (ξ)) ∼ = Rd und w¨ahle ein n−d n ∼ ∼ Komplement Y = R von X in R = X × Y . Dann ist Df (ξ)|Y ein Isomorphismus von Y nach Z := Rn−d . Nun wenden wir den u ¨blichen Satz u ¨ber implizite Funktionen an: Satz 1.7 Ist f : U → Z, U ⊂ X × Y offen, eine C k -Abbildung und Df (x0 , y0 )|Y invertierbar, dann gibt es eine Umgebung U 0 von (x0 , y0 ) sowie eine C k -Abbildung g : X ∩ U 0 → Y ∩ U 0 mit f (x, y) = ξ ⇔ x = g(y) f¨ ur (x, y) ∈ U 0 . Mit diesen U 0 , g gilt dann n¨amlich f −1 (ξ) ∩ U 0 = Graph(g), was zu zeigen war. Es fehlt noch der Beweis des Satzes u ¨ber implizite Funktionen: 10
Beweis: Die Abbildung φ : X × Y → X ×Z, φ(x, y) := (x, f (x, y)) ist we IdX 0 gen Dφ(x0 , y0 ) = lokal bei (x0 , y0 ) ein C k -DiffeoDf (x0 , y0 )|X Df (x0 , y0 )|Y morphismus. Also gibt es Umgebungen U 0 von (x0 , y0 ) und V 0 von (x0 , ξ) derart, daß φ : U 0 → V 0 ein C k -Diffeomorphismus ist. Wegen der speziellen Form von φ hat die Umkehrabbildung φ−1 die Form φ−1 (x, η) = (x, h(x, η)). Somit gilt f (x, y) = ξ ⇔ y = h(x, ξ), und daher hat die C k -Funktion g(x) := h(x, ξ) die gew¨ unschte Eigenschaft. 2 3. ⇒ 1.: Ist g wie angegeben, so bildet φ(x, y) := x + g(x) − y den Graphen von g in den Unterraum X von Rn hinein ab und ist wegen Dφ(x, y) = d-dimensionalen IdX 0 ein lokaler C k -Diffeomorphismus. Dg(x) − IdY 2 Definition 1.8 Eine Teilmenge, die eine (und somit jede) der Eigenschaften im vorigen Satz hat, heißt d-dimensionale C k -Untermannigfaltigkeit des Rn . Untermannigfaltigkeiten sind also d-dimensionale Fl¨achen, die sich lokal geradebiegen lassen, oder ¨aquivalenterweise lokal Urbilder regul¨arer Punkte sind, oder ¨aquivalenterweise lokal Graphen sind. Beispiel: Jede offene Teilmenge U ⊂ Rn ist nach 1. in Satz 1.6 mit φ := IdU eine n-dimensionale glatte Untermannigfaltigkeit des Rn . Beispiel: Die Einheits-Sph¨are Sn := {x ∈ Rn+1 | kxk2Euklid = 1} im Euklidischen Rn+1 , P kxk2Euklid := ni=0 x2i , ist das Urbild des regul¨aren Wertes 1 unter der glatten Funktion f (x) := kxk2Euklid und somit eine n-dimensionale Untermannigfaltigkeit. Tats¨achlich ist 1 ein regul¨arer Wert, denn ist f (x) = 1, so gilt Df (x) = 2xT 6= 0 wegen kxkEuklid = 1, und somit ist Df (x) surjektiv. Beispiel: Die Einheits-Sph¨are von imagin¨aren Radius {x ∈ Rn+1 |kxk2M inkowsi = −1} P im Minkowski-Raum Rn+1 , kxk2M inkowski := −x20 + ni=1 x2i , ist eine n-dimensionale Untermannigfaltigkeit des Rn . In der Tat, sie ist das Urbild des Wertes −1 unter der glatten Funktion f (x) := kxk2M inkowski , und −1 P ist ein regul¨arer Wert, da Df (x) = 2 2(−x0 , x1 , . . . , xn ) ungleich 0 ist wegen x0 = 1 + ni=1 x2i ≥ 1 bei kxk2M inkowsi = −1. Man bemerke, daß diese Menge nicht zusammenh¨angend ist, denn die stetige Abbildung x 7→ x0 bildet sie auf (−∞, −1] ∪ [1, ∞) ab. Der n-dimensionale hyperbolische Raum Hn ist als Mannigfaltigkeit die Zusammenhangskomponente, die (1, 0, . . . , 0) enth¨alt.
11
Beispiel: W¨ahrend der Konfigurationsraum von n Punktteilchen im R3 der R3n ist (die Position jedes Punktteilchens im Raum wird durch drei Koordinaten beschrieben), ist der Konfigurationsraum eines Stabes, d.h. zweier Punkte, die in einem festem Abstand r miteinander verbunden sind, die 5-dimensionale Untermannigfaltigkeit {(x, y) ∈ (R3 )2 |kx − yk2Euklid = r2 }. Tats¨achlich ist dies eine 5-dimensionale Untermannigfaltigkeit des R6 , denn r2 ist regul¨arer Wert von f (x, y) := kx − yk2Euklid , da Df (x, y) = 2(x − y)T −2(x − y)T bei kx−yk2 = r2 ungleich Null und somit surjektiv ist. Allgemeiner hat jeder Roboter, der aus St¨aben und Drehgelenken zusammengebaut ist, eine Untermannigfaltigkeit als Konfigurationsraum. Beispiel: Die Gruppe der invertierbaren n × n-Matrizen GL(n) ist eine offene Teil2 menge des Rn , denn ist A invertierbar und kA − Bk < kA−1 k−1 , dann ist auch B invertierbar. Die Inverse B −1 ist dabei durch die Neumann-Reihe gegeben: Schreibe BP= A(Id −A−1 (A − B)), dann gilt mit M P := A−1 (A − B) die Gleichung B −1 = ∞ n ( n=0 M n ) A−1 , und die Neumannsche Reihe ∞ n=0 M konvergiert wegen kM k < 1. Die Inversion i : GL(n) → GL(n), i(A) := A−1 , von Matrizen ist dar¨ uberhinaus eine glatte Abbildung auf der offenen Menge GL(n) ⊂ M (n) der invertierbaren Matrizen. Denn f¨ ur den Beweis der Glattheit von i reicht es, die Differenzierbarkeit von i mit Di(A)H = −A−1 HA−1 zu zeigen. Aus dieser Gleichung folgt n¨amlich, daß Di denselben Grad ≥ 1 der Differenzierbarkeit hat wie i, so daß i glatt sein muß. Um Di(A)H = −A−1 HA−1 zu zeigen, reicht es, direkt nachzurechnen, daß −A−1 HA−1 die Bedingungen an das Differential erf¨ ullt: (A − (−H))−1 − A−1 − A−1 (−H)A−1 = A−1 (Id −(−H)A−1 )−1 − Id −(−H)A−1 = ! ∞ X A−1 (−HA−1 )n ≤ CkHk2 . n=2
12
Beispiel: Die Gruppe der orthogonalen Matrizen O(n) := {A ∈ M (n)|AT A = En } ist 2 -dimensionale Untermannigfaltigkeit des Rn (oder der GL(n), denn wegen eine n(n−1) 2 det(A)2 = det(AT A) = 1 ist jede orthogonale Matrix invertierbar). Denn O(n) ist das 2 Urbild von En unter der glatten Abbildung f (A) := AT A von M (n) ∼ = Rn in den Vektorraum der symmetrischen Matrizen S(n) ∼ = Rn(n+1)/2 , und En ist ein regul¨arer Wert dieser Abbildung. Tats¨achlich, AT A ist immer symmetrisch, und die Ableitung Df (A)H = AT H + H T A ist surjektiv f¨ ur A mit AT A = En , da die Gleichung AT H + H T A = S n¨amlich die L¨osung H = 12 AS hat.
1.4
Immersierte Untermannigfaltigkeiten
H¨aufig betrachtet man statt Untermannigfaltigkeiten auch einfach nur parametrisierte Fl¨achen, sogenannte immersierte Untermannigfaltigkeiten. Definition 1.9 Eine Teilmenge M heißt immersierte d-dimensionale C k -Untermannigfaltigkeit, falls es eine Immersion γ : U → Rn , U ⊂ Rd offen, gibt mit M = γ(U ). Dabei heißt γ Immersion, wenn Dγ(x) f¨ ur jedes x ∈ U injektiv ist. Korollar 1.10 Jede Immersion γ : U → Rn ist lokal injektiv, und f¨ ur jeden Punkt in 0 0 U existiert eine Umgebung U , so daß γ(U ) eine Untermannigfaltigkeit ist. Beweis: Entweder direkt oder mittels des Satzes u ¨ber implizite Funktionen, siehe [AbrahamMarsdenRatiu, 2.5] 2 Jedoch braucht eine nur immersierte Untermannigfaltigkeit global keine Untermannigfaltigkeit zu sein, selbst dann nicht, wenn γ global injektiv ist.
13
cos(t) Beispiel: Die Kurve γ : (−π/2, π/2) → R , γ(t) := sin(2t) , ist eine injektive sin(t) Immersion, ihr Bild M (die obere H¨alfte des Kleeblatts) ist aber keine 1-dimensionale Untermannigfaltigkeit, da durch Entfernen des Punktes 0 ∈ M jede kleine Umgebung von 0 ∈ M in vier Zusammenhangskomponenten zerf¨allt. W¨are M eine 1-dimensionale Untermannigfaltigkeit, dann m¨ usste jede kleine Umgebung U ⊂ M von 0 ∈ M jedoch in zwei Zusammenhangskomponenten zerfallen, da f¨ ur einen Diffeomorphismus φ : U → (a, b) ⊂ R das Bild U \ {0} = φ−1 ((a, φ(0)) ∪ (φ(0), b)) aus zwei Zusammenhangskomponenten besteht. 2
Beispiel: Rotationsfl¨achen sind immersierte Untermannigfaltigkeiten des R3 , die durch Rotation einer ebenen immersierten Kurve 3 c : (a, b) → R2 um die z-Achse im R3 entstehen. Hat c die Form c(t) = (r(t), h(t)) (r =Radius, h =H¨ohe), so ist die zugeh¨orige Rotationsfl¨ache durch γ(t, φ) = (r(t) cos(φ), r(t) sin(φ), h(t)) gegeben. Bei r 6= 0 ist γ r˙ cos(φ) −r sin(φ) wirklich eine Immersion, denn Dγ(t, φ) = r˙ sin(φ) r cos(φ) ist dann wirklich h˙ 0 2 2 ˙ injektiv wegen r˙ + h 6= 0 und r 6= 0. W¨ahlt man allerding ein r, das irgendwo verschwindet, so k¨onnen noch allgemeinere Fl¨achen als immersierte Untermannigfaltigkeiten entstehen, n¨amlich Fl¨achen mit Singularit¨aten. F¨ ur h(t) = t und r(t) = 2 + sin(t), t ∈ (0, 2π), ist die enstehende Rotationsfl¨ache beispielsweise eine glatte Untermannigfaltigkeit (ein Kelch ohne Boden), w¨ahrend f¨ ur r(t) = t, t ∈ (−1, 1), ein Kegel ensteht, der wegen der Singularit¨at in 0 keine Untermannigfaltigkeit ist. 3
c ist genau dann eine Immersion, wenn f¨ ur jedes t ∈ (a, b) der Vektor c(t) ˙ := Null ist.
14
c(t+h)−c(t) h
ungleich
Kapitel 2 Mannigfaltigkeiten In der ersten Lektion hatten wir d-dimensionale Untermannigfaltigkeiten des Rn kennengelernt, d.h. Teilmengen M des Rn , die lokal zu einem Rd diffeomorph sind. Allerdings hat man oft das Bed¨ urfnis, abstrakt u ¨ber Mannigfaltigkeiten zu sprechen, ohne auf eine n spezielle Einbettung in einen R zur¨ uckgreifen zu m¨ ussen. Deswegen definieren wir im folgenden Mannigfaltigkeiten M abstrakt u ¨ber einen Atlas von Karten, der M mit einer differenzierbaren Struktur“ ausstattet. ”
2.1
Karten und Atlanten
Definition 2.1 Ein C k -Atlas A auf einer Menge M ist eine Menge von Bijektionen φ : Uφ → Vφ (Karten genannt), die eine Teilmenge Uφ ⊂ M auf eine offene Teilmenge Vφ ⊂ Rn abbilden, mit folgenden Eigenschaften: • F¨ ur jedes m ∈ M existiert ein φ ∈ A mit m ∈ Uφ ( die Karten u ¨berdecken M“). ” • Ist U := Uφ ∩Uψ 6= ∅, so ist ψ ◦φ−1 : φ(U ) → ψ(U ) ein C k -Diffeomorphismus zwischen offenen Teilmengen des Rn ( Kartenwechsel sind C k -Diffeomorphismen“). ” Definition 2.2 Ist φ ∈ A und gilt m ∈ Uφ , so heißt φ auch Karte bei m. Zwei C k -Atlanten A, A0 auf einer Menge M werden ¨aquivalent genannt, wenn ihre Vereinigung wieder ein C k -Atlas ist. Ein C k -Atlas A heißt maximal, wenn er in keinem anderen C k -Atlas enthalten ist. Solch ein maximaler C k -Atlas wird manchmal auch C k -Struktur oder einfach differenzierbare Struktur genannt. Lemma 2.3 Jeder C k -Atlas ist in genau einem maximalen C k -Atlas enthalten. Beweis: Ist A ein C k -Atlas, dann sei Amax die Menge aller Karten ψ auf M , f¨ ur −1 die immer dann, wenn Uψ ein Uφ , φ ∈ A, schneidet, die Abbildung ψ ◦ φ schon ein C k -Diffeomorphismus zwischen offenen Mengen im Rn ist. 15
Es bleibt zu zeigen, das Amax der einzige maximale C k -Atlas ist, der A enth¨alt. Nat¨ urlich gilt A ⊂ Amax , und da die Karten aus A bereits M u ur ¨berdecken, stimmt dies auch f¨ 0 Amax . Sind ψ, ψ Karten aus Amax mit u ¨berlappendem Kartengebiet, und ist m ein Punkt in diesem Kartengebiet sowie φ ∈ A eine Karte bei m, so ist auch ψ 0 ◦ ψ −1 ein −1 lokaler Diffeomorphismus bei m, denn ψ 0 ◦ ψ −1 = (ψ 0 ◦ φ−1 ) ◦ (ψ ◦ φ−1 ) . Desweiteren ist Amax maximal und eindeutig, da jeder andere Atlas, der A enth¨alt, nat¨ urlich auch in Amax enthalten ist. 2 Definition 2.4 Eine (verallgemeinerte) d-dimensionale C k -Mannigfaltigkeit ist eine mit einem maximalen C k -Atlas von Karten in den Rd versehene Menge M . Beispiel: Jede C k -Untermannigfaltigkeit M des Rn ist eine C k -Mannigfaltigkeit, wenn man sie als Menge ausstattet mit den Karten in den Rd aus der Charakterisierung in Satz 1.6[1.]. Bemerkung 2.5 • Der Definition nach muß eine n-dimensionale Mannigfaltigkeit nicht unbedingt eine Realisierung als Untermannigfaltigkeit eines Rm haben, nach einem Satz von Whitney ist dies jedoch (zumindest unter gewissen Voraussetzungen) immer der Fall, siehe [tomDieck]. • Statt zu verlangen, daß Kartenwechsel C k sind, k¨onnte man auch verlangen, daß Kartenwechsel Lipschitzstetig, H¨olderstetig, . . . w¨aren, dann k¨ame man zum Begriff der Lipschitz-, H¨older-, . . . -Mannigfaltigkeit. • Im Endlichdimensionalen ist die Unterscheidung zwischen verschiedenen k ≥ 1 nicht so wesentlich, denn nach einem Satz von Whitney gibt es in jedem C k Atlas einen C ∞ - oder sogar C ω -Atlas, d.h. einen Atlas mit analytischen Kartenwechseln. Man nennt C ∞ -Mannigfaltigkeiten auch glatte Mannigfaltigkeiten, und C ω -Mannigfaltigkeiten auch analytische Mannigfaltigkeiten. • Die Definition von Mannigfaltigkeiten zeigt deutlich, worauf es in der Analysis auf Mannigfaltigkeiten ankommt, n¨amlich auf die Unabh¨angigkeit von speziellen Koordinaten: Man kann sich seine Koordinaten immer w¨ahlen wie es einem passt. In Bezug auf die Physik ist dies wichtig, da ein physikalisches Gesetz so beschaffen sein sollte, daß seine G¨ ultigkeit nicht von der Wahl der Koordinaten abh¨angt, physikalische Gesetze sollten also koordinatenunabh¨angig formuliert sein. Die wesentlichste Eigenschaft von Mannigfaltigkeiten ist, daß sie die Definition von C k -Abbildungen erlauben. Definition 2.6 Eine Abbildung f : M → N zwischen C k -Mannigfaltigkeiten M, N heißt eine C k -Abbildung bei m ∈ M , wenn f¨ ur Karten φ bei m, ψ bei f (m) die Abbildung ψ ◦ f ◦ φ−1 eine C k -Abbildung offener Teilmengen des Rn bei φ(m) ist. Ist f : M → N eine C k -Abbildung, bijektiv und die Umkehrabbildung auch C k , dann heißt f ein C k -Diffeomorphismus. 16
Es reicht, C k -Differenzierbarkeit bzgl. einer Karte bei m und einer Karte bei f (m) zu testen, denn sind φ0 , ψ 0 andere Karten bei m, f (m), so ist auch ψ 0 ◦ f ◦ (φ0 )−1 = (ψ 0 ◦ ψ −1 ) ◦ (ψ ◦ f ◦ φ−1 ) ◦ (φ ◦ (φ0 )−1 ) eine C k -Abbildung bei φ0 (m). Nun wollen wir einige Beispiele betrachten, die sich nicht so leicht als Untermannigfaltigkeiten darstellen lassen.
Beispiel: Die Menge R/Z ist eine glatte Mannigfaltigkeit, die zu S 1 diffeomorph ist. ¨ ¨ Dabei besteht R/Z aus den Aquivalenzklassen x + Z, x ∈ R, bzgl. der Aquivalenzrelation x ∼ y :⇔ x − y ∈ Z, und die differenzierbare Struktur ist beispielsweise durch den folgenden Atlas aus zwei Karten gegeben: φ1 (x + Z) := x, wobei x ∈ (0, 1), und φ2 (x + Z) = x, wobei x ∈ (1/2, 3/2). Man beachte, daß φ1 ◦ φ−1 auf (1/2, 1) die Identit¨at 2 x 7→ x ist, und daß φ2 ◦ φ−1 auf (0, 1/2) die Verschiebung x 7→ x + 1 ist, beides sind 1 also Diffeomorphismen. Die Menge R/Z kann man u ¨ber die Abbildung f : x + Z 7→ e2πix ∈ S 1 ⊂ R2 ∼ = C 1 mit S identifizieren, denn diese Abbildung ist bijektiv (begr¨ unde dies genau!) und sogar ein Diffeomorphismus. In der Tat, mit den Karten ψ1 (e2πix ) = x f¨ ur x ∈ (0, 1) und −1 2πix 1 ψ2 (e ) = x f¨ ur x ∈ (1/2, 3/2) der S gilt ψ1 ◦f ◦φ1 = Id(0,1) , ψ2 ◦f ◦φ−1 2 = Id(1/2,3/2) , −1 und ψ1 ◦ f ◦ φ2 stimmt als Abbildung von (1/2, 1) ∪ (1, 3/2) nach (0, 1/2) ∪ (1/2, 1) auf (1/2, 1) mit x 7→ x sowie auf (1, 3/2) mit x 7→ x − 1 u ¨berein, all diese Abbildungen −1 sind also glatt. Analog m¨ ußte man nun noch ψ2 ◦ f ◦ φ1 ausrechnen und die Glattheit u ufen sowie dasselbe f¨ ur die Umkehrfunktion f −1 tun (oder einfach sehen, daß in ¨berpr¨ den Karten das Differential invertierbar ist, es ist n¨amlich = 1), dann h¨atte man die Diffeomorphie von f bewiesen. Allgemeiner ist in derselben Weise Rn /Zn eine glatte Mannigfaltigkeit, die man mit dem Torus T n := S 1 × · · · × S 1 identifizieren kann. 17
Beispiel: Der reelle n-dimensionale projektive Raum RPn besteht aus den Geraden im Rn+1 , seine Elemente sind also von der Form Rx, 0 6= x ∈ Rn+1 . Der Atlas ist dann beispielsweise durch folgende n + 1 Karten gegeben: φi (Rx) := (x0 , . . . , xˆi , . . . , xn ), wobei φi auf der Menge der Rx mit xi 6= 0 definiert ist, x mit xi = 1 gew¨ahlt wurde und ˆ· symbolisiert, daß die entsprechende Koordinate im Vektor ausgelassen wurde. Wiederum sind die Koordinatenwechsel glatt, da φj ◦ φ−1 eine rai tionale Funktion von der offenen Menge xj 6= 0 auf die offene Menge xi 6= 0 ist (beim Normieren der i-ten bzw. j-ten Koordinate auf 1 muß man Teilen, deswegen wird die Funktion nicht linear, sondern nur rational). Allgemeiner ist jede Grassmann-Mannigfaltigkeit Gnk , deren Punkte k-lineare Unterr¨aume des Rn sind, eine glatte Mannigfaltigkeit. Beispiel: Die Abbildung f : Rn+1 \ {0} → RPn , x 7→ Rx, ist glatt. Denn φi ◦ f ◦ IdRn+1 ist die glatte Abbildung Rn+1 \ {xi 6= 0} 3 (x0 , . . . , xn ) 7→ (x0 , . . . , xˆi , . . . , xn ) ∈ Rn .
2.2
Topologie
Um auf Mannigfaltigkeiten nicht nur u ¨ber C k -Funktionen, k ≥ 1, sondern auch u ¨ber stetige Funktionen (k = 0) und die Konvergenz von Punkten sprechen zu k¨onnen, braucht man eine Topologie. Definition 2.7 Eine Topologie auf einer Menge M ist eine Menge T von Teilmengen U ⊂ M (offen genannt) mit folgenden Eigenschaften: • ∅, M ∈ T , • U, U 0 ∈ T ⇒ U ∩ U 0 ∈ T , S • Ui ∈ T ⇒ i Ui ∈ T . 18
Komplemente offener Mengen heißen abgeschlossen. Jede Menge B von Teilmengen U mit der Eigenschaft, daß M und jeder Schnitt U ∩ U 0 von Mengen U, U 0 ∈ B sich S als S Vereinigung i Ui , Ui ∈ B, schreiben lassen, heißt Basis der Topologie T := { i Ui |Ui ∈ B} auf M . Eine Menge V heißt Umgebung von x ∈ M , wenn es eine offene Teilmenge U mit x ∈ U ⊂ V gibt. Eine Folge xn heißt konvergent gegen x, wenn es f¨ ur jede Umgebung V von x ein N mit xn ∈ V f¨ ur alle n > N gibt. Jede Teilmenge S ⊂ M eines topologischen Raumes M wird mit der Topologie, deren offene Mengen die Form U ∩ S haben, U ⊂ M offen, selbst wieder ein topologischer Raum. Definition 2.8 Die Topologie der Mannigfaltigkeit (M, A) sei diejenige, deren Basis die Menge aller Kartengebiete im maximalen Atlas A ist. Dies definiert wirklich eine Basis einer Topologie, denn M l¨aßt sich als Vereinigung von Kartengebieten darstellen, da diese M u ¨berdecken, und der Schnitt zweier Kartengebiete Uφ , Uψ ist selbst wieder ein Kartengebiet, da er entweder leer ist oder aufgrund der Maximalit¨at des Atlas und der Diffeomorphie von ψ ◦ φ−1 die Restriktionen von φ, ψ auf Uφ ∩ Uψ wieder Karten des Atlas sind. Als Konsequenz ergibt sich das folgende Lemma: Lemma 2.9 Die Karten einer Mannigfaltigkeit M sind bzgl. der definierten Topologie Hom¨oomorphismen, d.h. stetig mit stetiger Umkehrabbildung. Daher sieht nicht nur vom differenzierbaren, sondern auch vom topologischen Standpunkt jede Mannigfaltigkeit lokal so aus wie der Rn . Insbesondere ist die folgende Definition von Mannigfaltigkeiten ¨aquivalent zu unserer urspr¨ unglichen: Definition 2.10 Eine (verallgemeinerte) n-dimensionale C k -Mannigfaltigkeit M ist ein topologischer Raum, der mit einem maximalen C k -Atlas von Hom¨oomorphismen offener Mengen in den Rn versehen ist. Stetige Abbildungen Eine Abbildung f : M → N zwischen topologischen R¨aumen heißt stetig bei m ∈ M , wenn das Urbild f −1 (V ) jeder Umgebung V ⊂ N von f (m) eine Umgebung in M ist. Lemma 2.11 Jede C k -Abbildung f : M → N zwischen Mannigfaltigkeiten ist stetig. Beweis: Wir zeigen, daß f an jedem Punkt m ∈ M stetig ist. Sei dazu φ eine Karte bei m ∈ M und ψ eine Karte bei f (m) ∈ N . Da sowohl φ−1 als auch ψ Hom¨oomorphismen sind, ist f genau dann stetig bei m, wenn die Abbildung ψ ◦ f ◦ φ−1 stetig bei φ(m) ist. Nun ist aber f eine C k -Abbildung, also ist ψ ◦ f ◦ φ−1 eine C k -Abbildung zwischen reellen Vektorr¨aumen und daher insbesondere stetig. 2 19
2.2.1
Topologische Restriktionen an eine Mannigfaltigkeit
Wie im vorigen Abschnitt gesehen, ist eine verallgemeinerte C k -Mannigfaltigkeit ein topologischer Raum, der lokal so aussieht wie der Rn und f¨ ur den die Wechsel zwischen k Karten C sind. Um von verallgemeinerten Mannigfaltigkeiten zum Begriff der Mannigfaltigkeit zu kommen, muß man noch einige topologische Restriktionen machen, die bewirken, daß die topologischen Unterschiede zum Rn nicht zu gewaltig werden. Zusammenhangseigenschaften: Ein topologischer Raum M heißt zusammenh¨angend, wenn M und ∅ die einzigen offenen und abgeschlossenen Mengen sind. Er heißt lokal zusammenh¨angend, wenn jeder Punkt eine zusammenh¨angende Umgebung besitzt. Da der Rn zusammenh¨angend (und daher auch lokal zusammenh¨angend) ist, und da stetige Abbildungen zusammenh¨angende Mengen auf zusammenh¨angende Mengen abbilden, ist jede verallgemeinerte Mannigfaltigkeit lokal zusammenh¨angend, denn φ−1 (Vφ ) ist zusammenh¨angend bei zusammenh¨angendem Vφ ⊂ Rn , da φ−1 stetig ist. Aber nat¨ urlich muß eine Mannigfaltigkeit nicht zusammenh¨angend sein. ¨ Kompaktheit: Ein topologischer Raum M heißt kompakt, wenn man aus jeder Uberdeckung von M Smit offenen Mengen Ui immer schon endlich viele ausw¨ahlen kann, die n Mu ¨berdecken: k=1 Uik = M . Er heißt lokal kompakt, wenn jeder Punkt eine kompakte Umgebung besitzt, d.h. wenn es zu jedem x eine kompakte Teilmenge K ⊂ M gibt, deren Inneres x enth¨alt. Da der Rn lokal kompakt (aber nicht kompakt) ist, und da stetige Abbildungen kompakte Mengen auf kompakte Mengen abbilden, ist auch jede verallgemeinerte Mannigfaltigkeit lokal kompakt, denn φ−1 (K) ist kompakt bei kompaktem K ⊂ Rn , da φ−1 stetig ist. Aber nat¨ urlich muß eine Mannigfaltigkeit nicht kompakt sein.
Trennungseigenschaften: Ein topologischer Raum heißt Hausdorffsch, wenn es zu je zwei Punkten x, x0 offene Mengen U, U 0 mit x ∈ U , x0 ∈ U 0 und U ∩ U 0 = ∅ gibt, wenn also je zwei Punkte durch offene Mengen getrennt werden k¨onnen. Der Rn ist wie jeder metrische Raum Hausdorffsch, eine verallgemeinerte Mannigfaltigkeit braucht dies aber nicht zu sein. Beispiel: Sei M := R ∪ {00 } die verallgemeinerte Mannigfaltigkeit, deren Atlas aus Karten φ1 : M \ {00 } = R → R, φ1 := IdR , und φ2 : M \ {0} → R, φ2 (x) = x f¨ ur x ∈ R, φ2 (00 ) = 0 besteht. Dies ist wirklich ein C ∞ -Atlas denn der Kartenwechsel ist die Identit¨at auf R \ {0}. Sind jedoch U, U 0 offene Umgebungen von 0, 00 , dann gilt immer U ∩ U 0 6= ∅. Denn sowohl φ1 (U ) als auch φ2 (U 0 ) sind dann offene Umgebungen der 0 ∈ R und besitzen als solche auch gemeinsame Punkte a 6= 0. F¨ ur diese gilt dann a ∈ U ∩ U 0 . Somit ist die Topologie von M nicht Hausdorffsch. 20
Abz¨ ahlbarkeitseigenschaften: Ein topologischer Raum gen¨ ugt dem zweiten Abz¨ahlbarkeitsaxiom, wenn er eine abz¨ahlbare Basis besitzt. Der Rn besitzt wie jeder metrische Raum mit einer abz¨ahlbaren dichten Menge eine abz¨ahlbare Basis seiner Topologie, denn die Menge der Kugeln von rationalem Radius um Punkte in Qn ist eine solche. Aber nicht jede verallgemeinerte Mannigfaltigkeit hat diese Eigenschaft. Beispiel: Der R2 , u ¨ber φx2 : (x1 , x2 ) 7→ x1 aufgefasst als eindimensionale Mannigfaltigkeit M , gen¨ ugt nicht dem zweiten Abz¨ahlbarkeitsaxiom. Denn die Topologie von M besteht aus den Mengen U × {r}, U ⊂ R offen und r ∈ R. Insbesondere muß jede Basis genauso m¨achtig oder m¨achtiger als R und somit u ¨berabz¨ahlbar sein. Um die Unterschiede zum Rn nicht zu groß werden zu lassen, definiert man nun Mannigfaltigkeiten wie folgt: Definition 2.12 Eine (nicht verallgemeinerte) C k -Mannigfaltigkeit ist eine verallgemeinerte C k -Mannigfaltigkeit mit einer Hausdorffschen und dem zweiten Abz¨ahlbarkeitsaxiom gen¨ ugenden Topologie. Diese beiden zus¨atzlichen Eigenschaften sind deshalb so wichtig, weil sie die Existenz einer Zerlegung der Eins garantieren. Diese kann man dazu benutzen, C k -Abbildungen zwischen Mannigfaltigkeiten zu konstruieren. Zerlegung der Eins: Satz 2.13 Jede glatte Mannigfaltigkeit M besitzt Zerlegungen der Eins, d.h. zu jeder ¨ offenen Uberdeckung von M mit Kartengebieten gibt es glatte Funktionen i : M → R+ 0, deren Tr¨ ager supp(i ) := {m ∈ M |i (m) 6= 0} komplett in einem Kartengebiet liegt und P f¨ ur die i i = 1 gilt, wobei die i lokal an jedem Punkt nur f¨ ur endlich viele i nicht identisch 0 sind. Beweis: Den Beweis wollen wir hier nicht f¨ uhren, man findet ihn [BrickellClark, 3.4] oder [AbrahamMarsdenRatiu, 6.5]. 2
21
22
Kapitel 3 Differentiation Nachdem wir in der letzten Lektion die abstrakte Definition von Mannigfaltigkeiten kennengelernt und Eigenschaften der induzierten Topologie diskutiert haben, wollen wir nun lernen, wie man Abbildungen zwischen Mannigfaltigkeiten differenzieren kann. Wie bereits erw¨ahnt, nennt man eine Abbildung f : M → N zwischen C k -Mannigfaltigkeiten M, N eine C k -Abbildung, wenn f¨ ur alle m ∈ M und ein (und somit auch jedes) Paar von Karten φ bei m, ψ bei f (m), die Abbildung ψ ◦ f ◦ φ−1 eine C k -Abbildung offener Teilmengen des Rn ist. Automatisch ist dann f auch stetig bzgl. der Topologien der Mannigfaltigkeiten M, N . Um auch von der Ableitung einer C k -Abbildung f sprechen zu k¨onnen, definieren wir zun¨achst den Tangentialraum in einem Punkt einer Mannigfaltigkeit. Dieser ist ein Vektorraum, und seine Elemente geben die m¨oglichen Richtungen an, in die man an dem gegebenen Punkt innerhalb der Mannigfaltigkeit laufen kann. Die Ableitung einer Abbildung wird dann eine lineare Abbildung zwischen den Tangentialr¨aumen bei m und f (m) werden.
3.1
Der Tangentialraum
Sei M eine n-dimensionale C k -Mannigfaltigkeit. Eine C k -Kurve durch m ∈ M ist eine auf einem offenen Intervall I ⊂ R mit 0 ∈ I definierte C k -Abbildung c : I → M ¨ mit c(0) = m. Auf der Menge aller C k -Kurven durch m kann eine Aquivalenzrelation d d ur eine (und dann definiert werden durch c ∼m d, wenn dt (φ ◦ c)(0) = dt (φ ◦ d)(0) f¨ 1 jede) Karte φ bei m gilt . Tats¨achlich, die Relation ist trivialerweise reflexiv (c ∼m c), symmetrisch (c ∼m d ⇔ d ∼m c) und transitiv (c ∼m d, d ∼m e ⇒ c ∼m e), also eine ¨ ¨ Aquivalenzrelation. Außerdem h¨angt die Aquivalenzrelation ∼m nicht von der Wahl der Karte bei m ab, denn ist ψ eine weitere Karte bei m, dann gilt nach der Kettenregel D(f ◦ g)(x) = Df (g(x)) ◦ Dg(x) auch 1
Es sei daran erinnert, daß f¨ ur eine Kurve h : I → Rn , t 7→ h(t) das Symbol h(t)−h(0) limt→0 ∈ Rn bezeichnet, dieser ist identisch mit Dh(0)1. t
23
d dt h(0)
den Vektor
d d (ψ ◦ c)(0) = D(ψ ◦ φ−1 )(φ(m)) (φ ◦ c)(0) = dt dt d d D(ψ ◦ φ−1 )(φ(m)) (φ ◦ d)(0) = (ψ ◦ d)(0) . dt dt ¨ ¨ Die Aquivalenzklassen bzgl. dieser Aquivalenzrelation bezeichnen wir mit [c]m . Definition 3.1 Der (kinematische) Tangentialraum Tm M einer C k -Mannigfaltigkeit ¨ M im Punkt m ∈ M sei die Menge der Aquivalenzklassen [c]m von C k -Kurven durch ¨ m bez¨ uglich der Aquivalenzrelation ∼m . Lemma 3.2 Ist φ eine Karte, so ist dφ(m) : Tm M → Rn , [c]m 7→ dtd (φ ◦ c)(0), eine Bijektion. ¨ Beweis: Die Abbildung ist aufgrund der Definition der Aquivalenzrelation ∼m wohldefiniert und injektiv. Sie ist außerdem aber auch surjektiv, denn definiert man zu v ∈ Rn die Kurve c(t) := φ−1 (φ(m) + tv), dann gilt dφ(m)([c]m ) = v. 2 Macht man die Menge Tm M mittels dieser Abbildung durch λ · [c]m := dφ(m)−1 (λdφ(m)([c]m )) sowie [c]m + [d]m := dφ(m)−1 (dφ(m)([c]m ) + dφ(m)([c]m )) zu einem Vektorraum, so h¨angen · und + wiederum nicht von der Wahl der Karte φ ab, denn f¨ ur eine weitere Karte ψ bei m gilt nach der Kettenregel dψ(m) = D(ψ ◦ φ−1 )(φ(m)) ◦ dφ(m) mit der linearen Abbildung D(ψ ◦ φ−1 )(φ(m)). Wir halten fest: Korollar 3.3 Der (kinematische) Tangentialraum Tm M im Punkt m ∈ M ist unabh¨angig von der Wahl der Karten ein Vektorraum der gleichen Dimension, wie sie die Mannigfaltigkeit M hat. Der Tangentialraum an Untermannigfaltigkeiten und Quotienten: Man betrachte eine d-dimensionale C k -Untermannigfaltigkeit M des Rn , die lokal bei m ∈ M das Urbild des regul¨aren Wertes ξ ∈ Rn−d unter der C k -Abbildung f : Rn → Rn−d ist. Dann kann man den Tangentialraum Tm M mit dem linearen Unterraum Ker(Df (ξ)) von Rn identifizieren. In der Tat, genau dann verl¨auft eine C k -Kurve c : I → Rn durch m in M , wenn (f ◦ c)(t) = ξ f¨ ur alle gen¨ ugend kleinen t ∈ I gilt, und da dies Df (m) dtd c(0) = 0 impliziert sowie zwei Kurven c, d durch m ∈ Rn genau dann ¨aquivalent sind, wenn dtd c(0) = dtd d(0) gilt, entspricht jeder Vektor aus dem d-dimensionalen linearen Unterraum Ker(Df (m)) von Rn genau einem Element aus Tm M . Beispiel: Die Einheitssph¨are Sn ⊂ Rn+1 hat im Punkt x, kxk = 1, den Tangentialraum Tx Sn ∼ = {y| < x, y >Euklid = 0}, denn die Abbildung f (x) = kxk2Euklid = xT x hat in x die Ableitung Df (x) : y 7→ 2 < x, y >Euklid . Also besteht der Tangentialraum in x aus den zu x orthogonalen Vektoren. 24
Beispiel: Der n-dimensionale hyperbolische Raum hat in x ∈ Hn den P Tangentialraum 2 n ∼ 0}, denn die Abbildung f (x) = −x0 + ni=1 x2i hat die Tx H = {y| < x, y >M inkowski = P Ableitung Df (x)h = −2x0 h0 + ni=1 2xi hi = 2 < x, h >M inkowski , und diese bildet die zu x Minkowski-orthogonalen Vektoren auf 0 ab. Beispiel: Der Konfigurationsraum M := {(x, y) ∈ R6 |kx − yk = r} eines Stabes hat in (x, y) den Tangentialraum T(x,y) M ∼ = {(hx , hy ) ∈ R6 | < x − y, hx − hy >= 0}. Anschaulich: Die Eckpunkte x, y eines Stabes k¨onnen sich nur in Richtungen hx , hy bewegen, deren Differenz auf der Richtung x − y des Stabes senkrecht steht. Beispiel: Die orthogonale Gruppe O(n) hat in Id den Tangentialraum TId O(n) ∼ = T T {H | H = −H }, denn die Abbildung f (A) = A A hat in Id die Ableitung Df (A) : H 7→ H + H T . Ist ι : U → Rn (U ⊂ Rd offen) eine Immersion und das Bild M := γ(U ) nicht nur eine immersierte Untermannigfaltigkeit, sondern sogar eine Untermannigfaltigkeit des Rn , dann kann man den Tangentialraum Tι(u) M mit dem Bild von Rd unter Dι(u) identifizieren. Tats¨achlich verl¨auft eine Kurve c : I → Rn durch ι(u) genau dann innerhalb von M , wenn es eine Kurve d : I → Rd gibt mit c = ι ◦ d (ι ist lokal injektiv und nat¨ urlich eine Surjektion auf ihr Bild), und daher gibt es zu jedem Tangentialvektor d c(0) an M genau einen Vektor v ∈ Rd mit Dι(u)v = dtd c(0) (Eindeutigkeit folgt aus dt der Injektivit¨at von Dι(u)) Beispiel: Ist M ⊂ R3 eine durch die Kurve (r(t), h(t)) erzeugte Rotationsfl¨ache, so besteht γ(t, φ) = (r(t) cos(φ), r(t) sin(φ), h(t)) aus den Vekto der Tangentialraum in r˙ cos(φ)v1 − r sin(φ)v2 ren r˙ sin(φ))v1 + r cos(φ)v2 , v1 , v2 ∈ R beliebig, denn diese bilden gerade das Bild ˙ 1 hv 2 ¨ Dγ(t, φ)(R kann man diese Vektoren als diejenigen beschreiben, ). Aquivalenterweise ˙h cos(φ) die auf h˙ sin(φ) bzgl. des Euklidischen Skalarproduktes senkrecht stehen. −r˙ Ein anderes Beispiel liefern Quotienten von Mannigfaltigkeiten. Beispiel: Der projektive Raum RPn ensteht ja durch die Projektion der Punkte in Rn+1 \ {0} auf die durch sie und den Ursprung verlaufenden Geraden. Entsprechend l¨aßt sich jede Kurve in RPn durch Rx als Bild einer Kurve c im Rn durch einen Punkt auf der Geraden Rx schreiben. Allerdings hat man hier eine Mehrdeutigkeit, weswegen der Tangentialraum TRx RPn nur mit dem Quotientraum Rn+1 /Rx identifiziert werden kann: Die Kurve π ◦ (x + tv) : I → RPn durch x ist konstant genau dann, wenn v ∈ Rx gilt.
25
Der operationelle Tangentialraum: Wie der Zusatz kinematisch“ schon besagt, ” gibt es auch einen anderen Zugang zum Tangentialraum, den sogenannten operationel” len“. Bei diesem betrachtet man statt Kurven R ⊃ I → M durch m nun C k -Funktionen M ⊃ U → R auf Umgebungen U von m, nennt solche Funktionen f, g ¨aquivalent, wenn ¨ es eine Umgebung U von m mit f |U = g|U gibt, und bezeichnet die Menge der Aquivalenzklassen mit F(m). Die skalare Multiplikation, Addition und Multiplikation von Funktionen macht F(m) zu einer R-Algebra. Definition 3.4 Der (operationelle) Tangentialraum Tm M einer Mannigfaltigkeit M im Punkt m ∈ M sei der Vektorraum der linearen Abbildungen Xm : F(m) → R, die die Produktregel Xm (f g) = f (m)Xm (g) + g(m)Xm (f ) erf¨ ullen (solche linearen Abbildungen heißen Derivationen). W¨ahrend man beim kinetischen Tangentialraum die Vektorraumstruktur nur mittels Karten (aber trotzdem im Endeffekt kartenunabh¨angig) definieren konnte, k¨onnen Element des operationellen Tangentialraums einfach punktweise mit Skalaren multipliziert und addiert werden, bilden also offensichtlich einen Vektorraum. ¨ Derivationen Xm am Punkt m haben dar¨ uberhinaus die Eigenschaft, daß sie (Aquivalenzklassen von) Funktionen, die konstant auf einer Umgebung von m sind, auf Null abbilden. Denn Xm (c) = Xm (c1) = cXm (1) gilt, aber Xm (1) = Xm (1 · 1) = 1 · Xm (1) + 1 · Xm (1) impliziert Xm (1) = 2Xm (1) und somit Xm (1) = 0. Sind xi : M ⊃ U → R die einzelnen Koordinatenfunktionen eine Karte x bei m, so bezeichne mit xi : R ⊃ (−, ) → U ⊂ M die einzelnen Kurven, die aus der Inversen x−1 durch xi (t) := x−1 (x1 (m), . . . , xi (m) + t, . . . , xn (m)) entstehen. F¨ ur festes i kann man eine Derivation durch ∂x∂ i |m : f 7→ dtd (f ◦ xi )(m) definieren (dies kann man nat¨ urlich auch f¨ ur jede andere Kurve c statt xi machen oder auch nur f¨ ur kinematische Tangentialvektoren [c]m , denn auch dann ist die Abbildung noch wohldefiniert: dtd (f ◦ c)(0) = dtd (f ◦ d)(0) bei c ∼ d). Lemma 3.5 Ist M eine C ∞ -Mannigfaltigkeit, dann bilden die Derivationen ∂x∂ i |m , i = 1, . . . , n, eine Basis des operationellen Tangentialraums Tm M . Insbesondere sind der ∂ operationelle und kinematische Tangentialraum isomorph durch [c]m 7→ ∂c . Beweis: Vorbemerkung: Sei x eine Karte bei m und f eine C k -Funktion bei m, dann C ∞ -Funktionen hi , i = 1, . . . , n, bei x(m) ∈ Rn mit f (m0 ) = f (m) + Pn gibt es 0 0 ur alle m0 . i=1 (xi (m ) − xi (m))hi (m ) f¨ In der Tat, sei y die durch y := x − x(m) definierte Karte, und F die Restriktion von f ◦ y −1 auf einen auf eine kleine Kugel um 0. Dann gilt f¨ ur jeden Punkt z in der Kugel Z 1 n Z 1 n X X d F (z) − F (0) = F (sz)ds = ∂i F (sz)zi ds = zi Hi (z) 0 ds i=1 0 i=1 R1 mit Hi (z) := 0 ∂i F (sz)ds, und da F eine C ∞ -Abbildung ist, ist auch Hi eine C ∞ Abbildung. Somit sind hi := Hi ◦ y die gesuchten Funktionen. 26
Aus der Vorbemerkung l¨aßt sich nun leicht folgern, daß die Derivationen 1, . . . , n, eine Basis bilden. Sei n¨amlich Xm eine Derivation bei m, dann gilt ! n X Xm (f ) = Xm m0 7→ f (m) + (xi (m0 ) − xi (m))hi (m0 ) =
∂ , ∂xi
i =
i=1
Xm (f (m)) +
n X
(xi (m) − xi (m))Xm (hi ) + Xm (x)hi (m) =
i=1
n X
Xm (xi )hi (m) .
i=1
Da außerdem ∂x∂ i |m xj = δij gilt, also nur P1 wird bei i = j, gilt nach der vorigen Gleichung f¨ ur die Derivation ∂x∂ i auch ∂x∂ i |m f = ni=1 δij hi (m) = hi (m). Somit haben wir Xm (f ) =
n X
Xm (xi )hi (m) =
i=1
n X i=1
Xm (xi )
∂ |m f ∂xi
,
Pn ∂ ∂ also Xm = i=1 Xm (xi ) ∂xi |m . Daher spannen die Vektoren ∂xi |m den operationelurlich auch linear unlen Tangentialraum auf, und sie sind wegen ∂x∂ i |m xj = δij nat¨ abh¨anging. Um abschließend noch die Isomorphie des operationellen und kinematischen Tangentialb¨ undels einzusehen, bemerke man einfach, daß dx(m)−1 (ei ), wobei ei die Standardbasis des Rn bezeichnet, eine Basis des kinematischen Tangentialraumes bildet und ∂f ∂f gleichzeitig ∂dx(m) 2 −1 (e ) = ∂xi gilt. i Es sei darauf hingewiesen, daß hier wesentlich die Glattheit eingeht, f¨ ur nichtglatte k C -Mannigfaltigkeiten, k < ∞, gilt das Resultat i.a. nicht mehr. Abschließend eine anschauliche Deutung: W¨ahrend die kinematischen Tangentialvektoren am Punkt m Geschwindigkeitsvektoren von Kurven sind, die durch m laufen, und somit Richtungen angeben, in die man an der Stelle m innerhalb von M laufen kann, sind die operationellen Tangentialvektoren Funktionale, die sich wie das partielle Ableiten von Funktionen in eine bestimmte Richtung verhalten.
3.2
Die Ableitung und das Tangentialbu ¨ ndel
Ist nun f : M → N eine C k -Abbildung, so ist die Abbildung Tm f : Tm M → Tf (m) N , [c]m 7→ [f ◦ c]m , eine wohldefinierte lineare Abbildung zwischen den kinematischen Tangentialr¨aumen. Denn mit Karten φ bei m, ψ bei f (m), gilt Tm f = dψ(f (m))−1 ◦ D(ψ ◦ f ◦ φ−1 )(φ(m)) ◦ dφ(m). Definition 3.6 Die lineare Abbildung Tm f : Tm M → Tf (m) N heißt die Ableitung von f an der Stelle m. Will man statt der kinematischen die operationellen Tangentialr¨aume benutzen, so muß man f¨ ur eine Derivation Xm bei m ∈ M die Derivation Tm f (Xm ) bei f (m) ∈ N als diejenige definieren, die eine Funktion h bei f (m) ∈ N auf die Zahl Xm (h ◦ f ) abbildet. 27
Die operationelle Sichtweise hat den Vorteil, daß man die Tangentialabbildung Tm f leicht in Koordinaten darstellen kann: Ist x eine Karte bei m, y eine Karte bei f (m), P ) dann l¨aßt sich ja jede Derivation Xm ∈ Tm M als Xm = dim(M Xm (xi ) ∂x∂ i |m in der i=1 durch die Karte x induzierten Basis darstellen, also braucht man nur zu wissen, wohin Tm f die Tangentialvektoren ∂x∂ i abbildet. Nun bildet Tm f den Vektor ∂x∂ i aber auf die Derivation Ym : h 7→ ∂x∂ i (h ◦ f ), h : N → R, P ) ab. Diese Derivation Ym besitzt wiederum die Basis-Darstellung dim(N Ym (yj ) ∂y∂ j |f (m) , j=1 also bildet Tm f die Basisvektoren folgendermaßen ab: dim(N ) X ∂(yj ◦ f ) ∂ ∂ → 7 | i j f (m) ∂xi ∂x ∂y j=1
Da Tm f linear ist und man die Wirkung auf eine Basis kennt, kennt man dadurch also Tm f komplett. Das Tangentialbu ¨ ndel als Menge: Wie man im Rn nicht nur von der Ableitung Df (x) einer Funktion f : Rn → Rm an einer Stelle x ∈ Rn sprechen will, sondern die Ableitung auch als Abbildung Df : Rn → L(Rn , Rm ) auffassen will, so sucht man auch hier nach einem Weg, die Ableitungen Tm f an verschiedenen Punkten m ∈ M zu einer Abbildung zusammenzufassen. S Dies gelingt mittels des Tangentialb¨ undels: Sei T M die ˙ disjunkte Vereinigung T M := m∈M Tm M der Tangentialr¨aume und πT M : T M → M die Abbildung, die einen Tangentialvektor v ∈ Tm M auf seinen Fußpunkt m abbildet, dann lassen sich die Ableitungen Tm f zu einer Abbildung T f : T M → T N , vm 7→ Tm f (vm ), zusammenf¨ ugen. Diese Abbildung hat die Eigenschaft πT N ◦ T f = f ◦ πT M , man nennt daher T f eine faserweise lineare B¨ undelabbildung u ¨ber f . Die Kettenregel: Lemma 3.7 Seien f : M → N , g : N → P zwei C k -Funktionen zwischen C k Mannigfaltigkeiten, dann gilt die Kettenregel T (g ◦ f ) = T g ◦ T f , bzw. an einem Punkt m ∈ M gilt Tm (f ◦ g) = Tf (m) g ◦ Tm f . Beweis: Mit drei Karten φ bei m, ψ bei f (m) und χ bei g(f (m)) gilt nach Definition der Tangentialabbildung Tm (f ◦ g) = dχ(g(f (m)))−1 ◦ D(χ ◦ (g ◦ f ) ◦ φ−1 ) ◦ dφ(m)−1 = dχ(g(f (m)))−1 ◦ D(χ ◦ g ◦ ψ −1 ) ◦ dψ(f (m)) ◦ dψ(f (m))−1 ◦ D(ψ ◦ f ◦ φ−1 ) ◦ dφ(m)−1 = Tf (m) g ◦ Tm f . 2 Die Mannigfaltigkeitsstruktur des Tangentialbu undel ¨ ndels: Das Tangentialb¨ T M einer C k -Mannigfaltigkeit M ist bisher ja nur eine Menge, die disjunkte Vereinigung der Tangentialr¨aume Tm M . Wir wollen nun diese Menge selbst zu einer C k−1 Mannigfaltigkeit machen. Dazu bemerken wir, daß wir jedem Tangentialvektor X ∈ T M 28
seinen Fußpunkt zuweisen k¨onnen, also den Punkt m ∈ M , an dem X ∈ Tm M gilt. Denn diese Abbildung, die wir fortan mit π bezeichnen und die Projektion des Tangentialb¨ undels nennen, ist wohldefiniert, da die Tangentialr¨aume an verschiedenen Punkten disjunkt sind. Bezeichne mit T M |U das Urbild π −1 (U ). Lemma 3.8 Sei φ : M ⊃ U → V ⊂ Rn eine Karte von M , dann ist die Abbildung φ˜ : X 7→ (φ(π(X)), dφ(π(X))X) eine Bijektion von T M |U auf U × Rn ⊂ R2n . Ist desweiteren ψ eine Karte, deren Kartengebiet U schneidet, dann ist ψ˜ ◦ φ˜−1 ein faserweise linearer C k−1 -Diffeomorphismus. Beweis: Sowohl die Abbildung φ auf U als auch die Abbildungen dφ(m) : Tm M → Rn auf jeder Faser sind Bijektionen, also ist auch φ˜ eine Bijektion. Außerdem ist
−1 ˜ ˜ ψ◦φ (u, h) = ψ(φ−1 (u)), dψ(φ−1 (u)) dφ(φ−1 (u))−1 h
offensichtlich ein in h linearer C k−1 -Diffeomorphismus, wobei die Reduktion der Ordnung k um Eins dadurch bewirkt wird, daß dφ bzw. dψ nur C k−1 -Abbildungen sind. 2 ˜ φ Karte von M , nutzen, um T M mit einem C k−1 Also kann man die Abbildungen φ, Atlas auszustatten, d.h. zu einer C k−1 -Mannigfaltigkeit zu machen. Und nicht nur dies: Die gew¨ahlten Karten auf den Fasern sind linear, daher nennt man T M ein Vektorb¨ undel und kann von faserweise linearen Abbildungen auf T M sprechen. Wir wollen noch die Frage beantworten, ob f¨ ur ein Hausdorffsches M , das dem zweiten Abz¨ahlbarkeitsaxiom gen¨ ugt, auch T M Hausdorffsch ist und dem zweiten Abz¨ahlbarkeitsaxiom gen¨ ugt. Dies ist der Fall, denn T M kann mit genausovielen Kartengebieten 0 u ¨berdeckt werden wie M , und sind Xm 6= Xm 0 zwei Vektoren, dann findet man bei 0 m 6= m zwei trennende Umgebungen, da M Hausdorffsch ist, und bei m = m0 zwei trennende Umgebungen, da die Faser Rn Hausdorffsch ist. Das Produkt zweier Mannigfaltigkeiten: Sind M und N zwei C k -Mannigfaltigkeiten, dann bezeichnet M × N die C k -Mannigfaltigkeit, deren Elemente alle Paare (m, n), m ∈ M , n ∈ N , sind und die mit den Karten (φ, ψ) : (m, n) 7→ (φ(m), ψ(n)), φ Karte von M , ψ Karte von N , ausgestattet wurde. Tats¨achlich sind dann Kartenwechsel C k -Diffeomorphismen, die Umkehrabbildung zu (φ, ψ) ist n¨amlich (φ−1 , ψ −1 ), und also ist M × N wirklich eine C k -Mannigfaltigkeit. Dar¨ uberhinaus sind die Projektionen k πM : (m, n) 7→ m, πN : (m, n) 7→ n, automatisch C -Abbildungen. Lemma 3.9 Die Abbildung (T πM , T πN ) : T (M × N ) → T M × T N ist ein faserweise linearer C k−1 -Diffeomorphismus. Beweis: Definiere die beiden C k -Abbildungen in : m 7→ (m, n) und im : n 7→ (m, n) (Warum sind diese C k -Abbildungen?). Die C k−1 -Abbildung f : (Xm , Yn ) 7→ T in (Xm ) + T im (Yn ) ist dann ein Inverses zu (T πM , T πN ), denn wegen πM ◦in = IdM , πN ◦im = IdN 29
und πM ◦ im = const, πN ◦ im = const gilt nach der Kettenregel
(T (πM
((T πM , T πN ) ◦ f ) (Xm , Yn ) = ◦ in )(Xm ) + T (πM ◦ im )(Yn ), T (πN ◦ in )(Xm ) + T (πN ◦ im )(Yn )) = (Xm + 0, 0 + Ym ) = (Xm , Ym ) ,
also (T πM , T πN ) ◦ f = IdT M ×T N . Die Gleichheit f ◦ (T πM , T πN ) = IdT (M ×N ) folgt dann daraus, daß beide Abblidungen auf jeder Faser lineare Abbildungen zwischen Vektorr¨aumen gleicher Dimension waren. 2
30
Kapitel 4 Vektorfelder In der letzten Lektion hatten wir gesehen, wie man das Tangentialb¨ undel T M einer nk k−1 dimensionalen C -Mannigfaltigkeit M zu einer 2n-dimensionalen C -Mannigfaltigkeit machen kann, und sogar, da die Kartenwechsel linear auf den Fasern waren, zu einem C k−1 -Vektorb¨ undel u undels studieren, ¨ber M . Nun wollen wir Schnitte dieses Vektorb¨ sogenannte Vektorfelder.
4.1
Eigenschaften von Vektorfeldern
Betrachte das Vektorb¨ undel T M u ¨ber M mit seiner Projektion π : T M → M . Eine Abbildung X : M → T M heißt Vektorfeld (oder auch Schnitt von π), wenn π ◦ X = IdM gilt. Ein Vektorfeld X ordnet also jedem Punkt m ∈ M einen Tangentialvektor X(m) ∈ Tm M am selben Punkt (und nicht an einem anderen Punkt!) zu. Anschaulich gibt ein Vektorfeld also an jedem Punkt m einen Richtungsvektor vor, daher der Name. Durch (X + Y )(m) := X(m) + Y (m) kann man Vektorfelder X, Y addieren, und durch (f X)(m) := f (m)X(m) mit Funktionen f : M → R multiplizieren. ˜ : Rn → Rn , wobei In lokalen Koordinaten entspricht ein Vektorfeld einer Abbildung X man allerdings die Elemente des Definitionsbereichs als Ortsvektoren und die Elemente des Bildbereichs als Richtungsvektoren zu deuten hat. Tats¨achlich, ist φ eine Karte mit Kartengebiet U , so ist φ˜ eine Karte von T M , und in dieser Karte hat ein Vektorfeld ˜ ˜ : Rn ⊃ U → Rn , denn die erste lokal die Form u 7→ (u, X(u)) mit einer Abbildung X Komponente ist wegen π ◦ X = IdM die Identit¨at auf U . Wenden wir uns der operationellenPSichtweise zu, dann k¨onnen wir mit einer Karte x lo˜ i (x(m)) ∂ i |m schreiben, denn die Derivationen kal das Vektorfeld X als X(m) = ni=1 X ∂x ∂ | bilden eine Basis des operationellen Tangentialraumes. ∂xi m Beiden Darstellungen sieht man an, daß ein Vektorfeld X genau dann eine C k−1 ˜ eine C k−1 -Abbildung ist bzw. die einzelnen Komponenten X ˜i Abbildung ist, wenn X k−1 jeweils C -Funktionen sind. 31
Polarkoordinaten : Um zu lernen, wie Kartenwechsel die Koordinatendarstellung eines Vektorfeldes beeinflussen, betrachten wir das Beispiel von Polarkoordinaten auf M := Rn \ {x ∈ Rn | x1 ≤ 0} . Nat¨ urlich kann man auf der offenen Teilmenge M ⊂ Rn einfach die kartesischen Koordinaten w¨ahlen, also die Karte x = (x1 , . . . , xn ) : M → Rn betrachten. Gerade in Situationen, wo Drehsymmetrie eine Rolle spielt, ist es h¨aufig aber hilfreich, zu den sogenannten Polarkoordinaten u ¨berzugehen. Diese sind durch −1 die Karte (r, φ1 , . . . , φn−1 ) = Pn ◦ x gegeben mit dem glatten Diffeomorphismus Pn : R+ × (−π, π) × (−π/2, π/2)n−2 → {x ∈ Rn | x1 ≤ 0}, der durch Pn−1 (r, φ1 , . . . , φn−2 ) cos(φn−1 ) Pn (r, φ1 , . . . , φn−1 ) := r sin(φn−1 ) und P1 (r) := r rekursiv definiert ist. Die Abbildung ist tats¨achlich ein lokaler Diffeomorphismus offener Mengen im Rn , denn die Determinante der Ableitung ist r cos(φ2 ) · · · · · cosn−2 (φn−1 ) und somit ungleich 0 auf R+ ×(−π, π)×(−π/2, π/2)n−2 . Durch das direkte Angeben einer Umkehrabbildung kann man sogar globale Diffeomorphie nachweisen 1 . ∂ Beispiel: Wie lautet die kartesische Darstellung des in Polarkoordinaten durch r ∂r gegebenen Vektorfeldes auf M ? Die Polarkoordinaten auf R2 sind x = r cos(φ), y = ∂ wirkt auf Funktionen f (x, y) durch r sin(φ). Die partielle Ableitung r ∂r
∂f ∂f ∂x ∂f ∂y =r +r = ∂r ∂x ∂r ∂y ∂r ∂f ∂ ∂ ∂f r cos(φ) + r sin(φ) = x +y ∂x ∂y ∂x ∂y r
∂ ∂ ∂ also gilt r ∂r = x ∂x + y ∂y . ∂ Beispiel: Wie lautet ∂φ in kartesischen Koordinaten ? Die partielle Ableitung auf Funktionen f (x, y) durch
∂ ∂φ
wirkt
∂f ∂f ∂x ∂f ∂y = + = ∂φ ∂x ∂φ ∂y ∂φ ∂f ∂f ∂ ∂ (−r sin(φ)) + r cos(φ) = −y +x ∂x ∂y ∂x ∂y ∂ ∂ ∂ also gilt r ∂r = x ∂x + y ∂y .
1
Dar¨ uberhinaus gilt f¨ ur festes r ∈ R+ sogar kPn (r, . . . )kEuklid = r, deshalb kann man mit Polarkoordinaten auch die Sph¨ aren Sn−1 bis auf einen Punkt koordinatisieren. Anschaulich erinnere man sich an einen Weltatlas, indem es ja auch einerseits Darstellungen gibt, in denen L¨angen- und Breitengrade senkrecht aufeinander und also kartesische Koordinaten genutzt wurden (zumeist bei kleinen Ausschnitten, z.B. Luxemburg), andererseits aber auch Darstellungen, wo Polarkoordinaten genutzt werden (z.B. wenn die ganze obere/unter Halbkugel der Erde abgebildet wird).
32
4.2
Integration von Vektorfeldern
Da ein Vektorfeld X ja an jedem Punkt m ∈ M eine Richtung vorgibt, kann man sich fragen, ob es auch eine Kurve c : R → M gibt, die beginnend beim Punkt m immer in die vorgegebene Richtung l¨au ¨ft. Wir pr¨azisieren diese Fragestellung folgendermaßen: Zu einer C k -Kurve c in M bezeichne c(t) ˙ den kinematischen Tangentialvektor [c(· + t)], der von c am Punkt c(t) induziert wird. Dann stellt sich also die Frage, ob es zu einem C k−1 -Vektorfeld X : M → T M genau eine zumindest nahe 0 definierte C k -Kurve c gibt mit c˙ = X ◦ c , c(0) = m . In lokalen Koordinaten ist dieses Problem ein Anfangswertproblem f¨ ur eine gew¨ohnliche (zeitunabh¨angige) Differentialgleichung erster Ordnung. Tats¨achlich, mit der iden∂ |t und daher tischen Karte t auf R und einer Karte x bei m gilt c(t) ˙ = T c ∂t c(t) ˙ =
n X ∂(xi ◦ c) ∂ | i c(t) ∂s ∂x i=1
w¨ahrend X ◦c=
n X i=1
,
˜ i (x ◦ c) ∂ |c(t) X ∂xi
gilt. Ein Vergleich der Komponenten liefert daher, daß mit C := x ◦ c die Gleichung ˜ c˙ = X ◦ c zu dtd C(t) = X(C(t)) ¨aquivalent ist, also unter C(0) = x(m) ein Anfangswertproblem f¨ ur eine gew¨ohnliche (zeitunabh¨angige) Differentialgleichung erster Ordnung auf dem Rn darstellt. Daher nennen wir Gleichungen von der Form c˙ = X ◦ c mit einem Vektorfeld X auf einer Mannigfaltigkeit auch gew¨ohnliche Differentialgleichungen erster Ordnung, und L¨osungen c nennen wir Integralkurven von X. Um die lokale L¨osbarkeit von c˙ = X ◦ c, c(0) = m zu beweisen, reicht es also, die L¨osbarkeit von GDGLen im Rn zuzusichern. Dort gilt der Satz: Satz 4.1 Jedes lokal Lipschitz-stetige Vektorfeld besitzt lokal zu einem Anfangspunkt x eine eindeutige C 1 -Integralkurve c : [0, T ] → Rn mit c(0) = x. Man bemerke, daß dies nicht f¨ ur C 0 -Vektorfelder gilt, dort geht die Eindeutigkeit verloren. Modifizieren wir die Situation ein wenig, indem wir nur solche C k -Abbildungen betrachten, deren k-te Ableitung lokal Lipschitz-stetig ist, dann erhalten wir das gew¨ unschte Resultat auch auf Mannigfaltigkeiten: Satz 4.2 Jedes C k−1 -Vektorfeld mit lokal Lipschitz-stetiger (k −1)-ter Ableitung besitzt lokal zu einem Anfangspunkt m ∈ M eine eindeutige C k -Integralkurve c : [0, T ] → M mit c(0) = m. Sehr n¨ utzlich ist das folgende Korollar, daß f¨ ur kompakte Mannigfaltigkeiten sogar die globale L¨osbarkeit sichert: 33
Korollar 4.3 Jedes Anfangswertproblem einer GDGL erster Ordnung auf einer kompakten Mannigfaltigkeit besitzt eine eindeutige, f¨ ur alle Zeiten existierende L¨osung. Beweis: Zu jedem Punkt m gibt es eine Umgebung Um , innerhalb derer eine L¨osung zu einem Startwert ∈ Um mindestens im Zeitintervall [0, T ] existiert. Nun u ¨berdecken schon endlich viele Um wegen der Kompaktheit die Menge M , also gibt es auch eine minimale Zeit Tmin , bis zu der jede L¨osung zu einem Anfangswert ∈ M existiert. Mittels der eindeutigen L¨osung des Problem d˙ = X ◦ d, d(0) = c(Tmin ) kann man also jede L¨osung c von c˙ = X ◦c, c(0) = m, mit Existenzintervall [0, Tmin ] zu einer eindeutigen L¨osung mit Existenzintervall [0, 2Tmin ] fortsetzen, und sukzessive Anwendung liefert das Resultat. 2
34
Kapitel 5 Tensoren und Formen Nachdem wir in den bisherigen Lektionen Funktionen und Vektorfelder auf Mannigfaltigkeiten kennengelernt haben, wollen wir nun Tensoren und Formen auf Mannigfaltigkeiten diskutieren. Wie Vektorfelder sind diese Objekte Schnitte von Vektorb¨ undeln u undels ¨ber der Mannigfaltigkeit, nur nicht mehr unbedingt Schnitte des Tangentialb¨ selbst, sondern Schnitte anderer aus dem Tangentialb¨ undel hervorgegangener Vektorraumb¨ undel. Deswegen wollen wir uns zun¨achst die Konstruktion dieser Vektorb¨ undel an einem Punkt anschauen, d.h. Tensoren und Formen auf Vektorr¨aumen diskutieren, bevor wir zu Tensor- und Formenb¨ undeln sowie ihren Schnitten u ¨bergehen, den Tensorfeldern und Differentialformen.
5.1
Multilineare Algebra
Sei X ∼ ur endlichdimensionale = Rn ein n-dimensionaler reeller Vektorraum. Bezeichne f¨ k Vektorr¨aume X1 , . . . , Xk , Y mit L (X1 , . . . , Xk ; Y ) die k-linearen Abbildungen von X1 × · · · × Xk nach Y . Dabei heißt eine Abbildung f : X1 × · · · × Xk → Y k-linear, wenn f (x1 , . . . , axm + bx0m , . . . , xk ) = af (x1 , . . . , xm , . . . , xk ) + bf (x1 , . . . , x0m , . . . , xk ) gilt, m = 1, . . . , k. Nat¨ urlich kann man k-lineare Abbildungen punktweise addieren und mit Skalaren multiplizieren, Lk (X1 , . . . , Xk ; Y ) ist also ein Vektorraum. Beispiel: Die Abbildung f : ((x1 , x2 ), x3 ) 7→ 5x1 x3 + 4x2 x3 ist eine bilineare Abbidlung von R2 × R nach R, denn f (a(x1 , x2 ) + b(x01 , x02 ), x3 ) = 5(ax1 + bx01 )x3 + 4(ax2 + bx02 )x3 = af ((x1 , x2 ), x3 ) + bf ((x01 , x02 ), x3 ) = und f ((x1 , x2 ), ax3 + bx03 ) = af ((x1 , x2 ), x3 ) + bf ((x1 , x2 ), x03 ) gilt. Bezeichne mit X ∗ := L(X, R) den Dualraum von X, d.h. den Raum der stetigen linearen Abbildungen von X nach R. Ist e1 , . . . , en eine Basis von X, dann gibt es eine eindeutige 35
Basis e1 , . . . , en von X ∗ mit ei ej = δij (genannt die duale Basis), wobei δij das KroneckerDelta bezeichnet mit der Eigenschaft, daß δij = 1 genau dann gilt, wenn i = j, und sonst δij = 0 ist. Beispiel: Ist R2 der Raum der Spaltenvektoren mit zwei Komponenten, so entspricht (R2 )∗ dem Raum der Zeilenvektoren mit 2-Komponenten. 1 0 F¨ ur die Basis e1 = , e2 = , ist die duale Basis e1 = 1 0 , e2 = 0 1 . 0 1 1 0 F¨ ur die Basis e1 = , e2 = , ist die duale Basis e1 = 1 0 , e2 = 1 −1 . 1 −1 1 1 F¨ ur die Basis e1 = , e2 = , ist die duale Basis e1 = 1/2 1/2 , e2 = 1 −1 1/2 −1/2 . Bekanntlich ist dar¨ uberhinaus j : X → X ∗∗ , x 7→ (α 7→ α(x)), ein linearer Isomorphismus, X kann also mit seinem Doppeldual X ∗∗ identifiziert werden. Beweis: Die Abbildung j ist offensichtlich linear und auch injektiv, denn gilt j(x) = j(y), dann gilt α(x) = α(y) f¨ ur alle α ∈ X ∗ und damit auch x = y. Somit ist j eine injektive lineare Abbildung zwischen R¨aumen gleicher Dimension und daher auch eine Bijektion. 2 Deswegen macht es Sinn, in der folgeden Definition nur X und X ∗ (und nicht noch weitere Iterationen der Dualr¨aume) zu betrachten: Definition 5.1 Die Elemente des Raumes Tsr := Lr+s (X ∗ , . . . , X ∗ , X, . . . , X; R) (r Kopien von X ∗ , s Kopien von X) heißen r-fach kontravariante und s-fach kovariante Tensoren auf X. • T00 = R per Definition. • T01 = X, denn L(X ∗ , R) = x∗∗ ∼ = X, also ist ein (1, 0)-Tensor einfach nur eine Richtung in X. • T10 = X ∗ , denn L(X, R) = X ∗ , also ist ein (0, 1)-Tensor einfach nur eine Linearform auf X. • Die (0, 2)-Tensoren g ∈ T20 sind die bilinearen Abbildungen von X × X nach R. Eine solche Abbildung g heißt symmetrisch, wenn g(x1 , x2 ) = g(x2 , x1 ) gilt, und positiv definit bzw. ein Skalarprodukt, wenn zus¨atzlich noch g(x, x) > 0 gilt f¨ ur alle x 6= 0. • Ganz allgemein heißt ein Tensor symmetrisch, wenn er unter beliebigen Permutationen seiner X- sowie seiner X ∗ -Komponenten invariant ist, und antisymmetrisch, wenn eine Vertausuchung von zwei Komponenten sein Vorzeichen ¨andert. • Ein Beispiel f¨ ur einen (1, 1)-Tensor ist ein dyadisches Produkt xx∗ interpretiert als bilineare Abbildung (y ∗ , y) 7→ y ∗ (x)x∗ (y). Allgemeiner kann man jede lineare Abbildung A : X → X als (1, 1)-Tensor auffassen durch (x∗ , x) 7→ x∗ (Ax). 36
• Ein (0, n)-Tensor ist die Determinante det aufgefasst als Abbildung von n-Spaltenvektoren nach R. Diese ist sogar antisymmetrisch, bei Vertauschung von zwei Komponenten ¨andert sich das Vorzeichen. Definiere das Tensorprodukt der Tensoren t1 ∈ Tsr11 , t2 ∈ Tsr22 als den Tensor t1 ⊗ t2 ∈ +r2 , der durch Tsr11+s 2 (x∗1 , . . . , x∗r1 +r2 , x1 , . . . , xs1 +s2 ) 7→ t1 (x∗1 , . . . , x∗r1 , x1 , . . . , xs1 ) · t2 (x∗r1 +1 , . . . , x∗r1 +r2 , xs1 +s2 ) gegeben ist. Lemma 5.2 Die Elemente ei1 ⊗· · ·⊗eir ⊗ej1 ⊗· · ·⊗ejs , i1 , . . . , ir , j1 , . . . , js ∈ {1, . . . , n}, bilden eine Basis des Raumes Tsr . Beweis: Wir m¨ ussen beweisen, daß die Vektoren ei1 ⊗ · · · ⊗ eir ⊗ ej1 ⊗ · · · ⊗ ejs linear unabh¨angig sind und ganz Tsr aufspannen. Zun¨achst zur linearen Unabh¨angigkeit: Angenommen, eine Linearkombination X j1 js r λij11,...,i ,...,js ei1 ⊗ · · · ⊗ eir ⊗ e ⊗ · · · ⊗ e = 0 i1 ,...,ir ,j1 ,...,js
verschwindet. Dann ergibt die Auswertung in ei1 ⊗ · · · ⊗ eir ⊗ ej1 ⊗ · · · ⊗ ejs , daß auch der r Koeffizient λij11,...,i ur dessen Indizes wird der Koeffizient mit Eins ,...,js = 0 ist, denn genau f¨ multipliziert, w¨ahrend f¨ ur alle anderen Indizes die Auswertung Null ergibt. Wertet man nun nacheinander f¨ ur alle Index-Kombinationen aus, so ergibt sich das Verschwinden aller Koeffizienten. Dadurch haben wir die lineare Unabh¨angigkeit bewiesen. Abschließend ist noch zu zeigen, daß Tsr durch die Vektoren ei1 ⊗ · · · ⊗ eir ⊗ ej1 ⊗ · · · ⊗ ejs aufgespannt wird. Dazu bemerke man einfach, daß f¨ ur jeden (r, s)-Tensor t die Gleichheit X t= t ei1 ⊗ · · · ⊗ eir ⊗ ej1 ⊗ · · · ⊗ ejs ei1 ⊗ · · · ⊗ eir ⊗ ej1 ⊗ · · · ⊗ ejs = 0 i1 ,...,ir ,j1 ,...,js
2
gilt.
Pullback und Pushforward: Hat man nun Tensoren zur Verf¨ ugung, so stellt sich die Frage, wie sich Tensoren unter linearen Abbildungen f : X → Y transformieren. Dazu sei zun¨achst angemerkt, daß jede lineare Abbildung eine duale Abbildung f ∗ : Y ∗ → X ∗ induziert durch f ∗ (y∗) : x 7→ y ∗ (f (x)). Beispiel: Wird f : Rn ∼ = X → Y ∼ = Rm bzgl. einer Basis durch eine Matrix A : Rn → Rm dargestellt, dann wird f ∗ bzgl. der dualen Basis durch das Transponierte A∗ : Rm → Rn dargestellt. In der Tat, es gilt y ∗ (Ax) = (A∗ y ∗ )(x). Die duale Abbildung beschreibt also, wie sich (0, 1)-Tensoren unter einer linearen Abbildung transformieren. Dies kann man nat¨ urlich weiter verallgemeinern: 37
Definition 5.3 Die lineare Abbildung f∗ : T0r (X) → T0r (Y ), t 7→ ((y1∗ , . . . , yr∗ ) 7→ t(f ∗ (y1∗ ), . . . , f ∗ (yr∗ ))) heißt das Pushforward von f . Die lineare Abbildung f ∗ : Ts0 (Y ) → Ts0 (X), t 7→ ((x1 , . . . , xr ) 7→ t(f (x1 ), . . . , f (xr ))) heißt das Pullback von f . Ist f invertierbar, dann kann man nicht nur induzierte Abbildungen auf den (r, 0)Tensoren und den (0, s)-Tensoren betrachten, sondern analog sogar auf den (r, s)Tensoren. Nun muß man nat¨ urlich noch wissen, wie man mit Pullback und Pushforward rechnen kann: Lemma 5.4
• Es gilt (f ◦ g)∗ = f∗ ◦ g∗ und (f ◦ g)∗ = g ∗ ◦ f ∗ ,
• Ist f invertierbar, so auch f∗ und f ∗ . • Auf Tensorprodukten wirken f∗ und f ∗ komponentenweise: f∗ (t⊗t0 ) = f∗ (t)⊗f∗ (t0 ) und f ∗ (t ⊗ t0 ) = f ∗ (t) ⊗ f ∗ (t0 ). Beweis: Einfach durch Anwenden der Definitionen.
5.2
2
Tensorfelder auf Mannigfaltigkeiten
Die in der multilinearen Algebra definierten R¨aume von Tensoren auf einem Vektorraum kann man an jedem Punkt m einer Mannigfaltigkeit M auf dem Tangentialraum Tm M betrachten und erh¨alt dadurch ein Vektorb¨ undel u undel der Tensoren. ¨ber M , das B¨ Bisher haben wir ja den Begriff des Vektorb¨ undels eher informell benutzt, deswegen sei hier zun¨achst eine pr¨azisere Definition angegeben: Definition 5.5 Sei Y = Rm ein m-dimensionaler Vektorraum und M eine n-dimensionale glatte Mannigfaltigkeit. Ein glattes m-dimensionales Vektorb¨ undel u ¨ber M ist eine glatte Mannigfaltigkeit E zusammen mit einer surjektiven glatten Abbildung π : E → M , bei der der Atlas von E aus Karten von der Form φ : E ⊃ π −1 U → U × Y , U ⊂ M offen, besteht und Kartenwechsel zus¨atzlich linear auf den Fasern sind: F¨ ur Karten φ, ψ −1 aus dem Atlas von E ist (ψ ◦ φ )(m, ·) : Y → Y eine lineare invertierbare Abbildung. Vektorb¨ undel sind also gerade so gemacht, daß man auf den Fasern Em := π −1 (m) eine Vektorraumstruktur hat, man kann addieren und mit Skalaren multiplizieren. Dar¨ uberhinaus kann man von faserweise linearen glatten Abbildungen sprechen, w¨ahrend man bei Mannigfaltigkeiten nur von glatten Abbildungen sprechen kann. Das wichtigste Vektorb¨ undel ist nat¨ urlich das Tangentialb¨ undel T M : F¨ ur Karten φ, ψ ˜ ψ˜ auf T M faserweiauf M waren die Kartenwechsel ψ˜ ◦ φ˜−1 der induzierten Karten φ, se linear. Dar¨ uberhinaus ist die Tangentialabbildung T f : T M → T N einer glatten Abbildung f : M → N sogar faserweise linear. 38
Nun ist ja der Tangentialraum Tm M an eine Mannigfaltigkeit ein Vektorraum, man kann also (r, s)-Tensoren auf diesem Raum betrachten. Die Menge all dieser Tensoren undel zu einem sei mit (Tsr )m M bezeichnet. Analog dazu, wie man das Tangentialb¨ Vektorraum-B¨ undel gemacht hatte, kann man auch diese R¨aume von Tensoren zu einem Vektorraum-B¨ undel vereinigen: Definition 5.6 Mit Tsr MSbezeichne das Vektorraum-B¨ undel u ¨ber M , das als Menge r die disjunkte Vereinigung m∈M (Ts )m M ist, und mit der Projektion auf den Fußpunkt m sowie mit dem Atlas aus Karten φ˜ ausgestattet sei, der von Karten φ auf M , deren Ableitung dφ und dem dualisierten dφ∗ induziert wird. Wie wir schon festgestellt hatten, bilden f¨ ur eine Karte x bei m die Vektoren ∂x∂ i |m eine Basis des Tangentialraumes Tm M . Die duale Basis von Tm M ∗ , dem Raum der linearen Abbildungen von Tm M nach R, bezeichnen wir mit dxi |m . Bemerkung 5.7 Die Symbole dxi |m bezeichnen nicht nur die duale Basis, sondern man kann sie auch direkt als Ableitung der i-ten Komponente der Karte x in m deutetn: Ist x : M → Rn eine Karte bei m, dann hatten wir ja dx(m) : Tm M → Rn als ur Kurven c durch m definiert und zu einem linearen Isomorphismus [c] 7→ dtd (x ◦ c)(0) f¨ gemacht. Konsequenterweise ist jede der Komponentenfunktionen dxi (m) eine Linearform auf Tm M . Diese Linearformen bilden sogar die duale Basis von Tm M ∗ . Denn die ¨ Aquivalenzklassen der Kurven xi durch m, die aus x−1 : Rn → M durch festhalten aller Komponenten bis auf die i-te Komponente entstehen, bilden die Basis von Tm M , und wegen x ◦ x−1 = IdM gilt dxi (m)([xj ]) = δij , so daß dxi (m) wirklich die duale Basis ist. ¨ Nach unseren Uberlegungen zur multilinearen Algebra bilden dann die Vektoren ∂ ∂ |m ⊗ · · · ⊗ ir |m ⊗ dxj1 |m ⊗ · · · ⊗ dxjs |m i 1 ∂x ∂x eine Basis von (Tsr )m M . Und analog dazu, wie Vektorfelder Schnitte des Tangentialb¨ undels waren, definieren wir nun Tensorfelder. Definition 5.8 Eine (r, s)-Tensor(feld) t auf M ist ein Schnitt des B¨ undels Tsr M , d.h. r jedem Punkt m ∈ M weist t einen Tensor tm ∈ (Ts )m M auf dem Tangentialraum Tm M am Punkt m zu. Kosequenterweise kann man einen Tensor t im Kartengebiet einer Karte x als t=
X i1 ,...,ir ,j1 ,...,js =1n
r tij11,...,i ,...,js ◦ x
∂ ∂ ⊗ · · · ⊗ ir ⊗ dxj1 ⊗ · · · ⊗ dxjs i 1 ∂x ∂x
r n schreiben mit reellwertigen Funktionen tij11,...,i ,...,js : R → R.
39
Beispiel: Bezeichnet x die identische Karte auf M := Rn , dann hat ein (r, s)-Tensorfeld nicht nur lokal, sondern sogar global die angegebene Form. So l¨aßt sich Pnbeispielswein se das Euklidische Skalarprodukt auf dem R als (0, 2)-Tensor durch i=1 dxi ⊗ dxi auffassen (die Koeffizienten sind δ ). Variiert man dagegen die Koeffizienten, z.B. ij Pn 1 n i=1 1+x2i dxi ⊗ dxi , so liefert dieses Tensorfeld zwar noch an jedem Punkt m ∈ R ein Skalarprodukt auf dem Tangentialraum Tm Rn , nicht mehr aber ein Skalarprodukt auf der Mannigfaltigkeit“ Rn . ” Transformation der Basis bei Koordinatenwechseln: Sind x, y zwei Karten bei m, dann hat der Tangentialvektor ∂x∂ i |m in den Koordinaten y die Darstellung n
X ∂yj ∂ ∂ | = |m j |m m i i ∂x ∂x ∂y j=1
.
In der Tat, ist f : M → R eine Funktion nahe m, dann gilt ∂f d d |m = (f ◦ xi )(0) = (f ◦ y −1 ◦ y ◦ xi )(0) = i ∂x dt dt n n X X d ∂yj ∂f d i j (yj ◦ x )(0) (f ◦ y )(0) = |m |m . dt dt ∂xi ∂y j j=1 j=1 Daher wissen wir nun, wie sich Basen von Tm M bei Koordinatenwechseln transformieren. Analog hat die duale Basis dxi |m in den Koordianten y die Darstellung n X ∂xi |m dyj |m . dxi |m = ∂y j j=1 Denn n X ∂xi j=1
∂y j
|m dyj |m
∂ |m ∂xk
n X d d = (xi ◦ y j )(0) (yj ◦ xk )(0) = dt dt j=1
d d ∂xi (xi ◦ y −1 ◦ y ◦ xk )(0) = (xi ◦ xk )(0) = |m = δik dt dt ∂xk P ∂xi ∂ besagt, daß nj=1 ∂y j |m dyj |m genau dieselbe Wirkung auf die Basis ∂xk |m von Tm M hat wie dxi |m . Beispiel: Das Euklidische Skalarprodukt auf Rn+1 induziert durch Einschr¨ankung auf S n ⊂ Rn+1 einen (0, 2)-Tensor g auf S n . Wir wollen f¨ ur den einfachsten Fall n = 1 den Tensor g in Polarkoordinaten ausrechnen: Das Eukliische Skalarprodukt auf dem R2 mit Koordinaten (x, y) aufgefasst als (0, 2)Tensor ist dx ⊗ dx + dy ⊗ dy. In Polarkoordianten x = r cos(φ), y = r sin(φ), gilt ∂x ∂x dx = dr + dφ = cos(φ)dr − r sin(φ)dφ ∂r ∂φ ∂y ∂y dy = dr + dφ = sin(φ)dr + r cos(φ)dφ . ∂r ∂φ 40
Also gilt g = (cos(φ)dr − r sin(φ)dφ) ⊗ (cos(φ)dr − r sin(φ)dφ) + (sin(φ)dr + r cos(φ)dφ) ⊗ (sin(φ)dr + r cos(φ)dφ) = 2 cos (φ) + sin2 (φ) dr ⊗ dr + (cos(φ)(−r sin(φ)) + sin(φ)r cos(φ)) dr ⊗ dφ+ ((−r sin(φ)) cos(φ) + r cos(φ) sin(φ)) dφ ⊗ dr + (−r sin(φ))2 + (r cos(φ))2 dφ ⊗ dφ = dr ⊗ dr + r2 dφ ⊗ dφ . ∂ Mit anderen Worten: ∂r hat die L¨ange Eins, senkrecht aufeinander.
∂ ∂φ
hat die L¨ange r, und
∂ , ∂ ∂r ∂φ
stehen
Insbesondere ist in Polarkoordinaten der auf S 1 induzierte (0, 2)-Tensor gerade dφ⊗dφ.
Beispiel: F¨ ur die hyperbolische Ebene H2 := {x| < x, x >M inkowski = −1} ⊂ R3 ist der vom Minkowski-Skalarprodukt auf R3 induzierte (0, 2)-Tensor sogar positiv definit (im Gegensatz zum Minkowski-Skalarprodukt). Tats¨achlich, in kartesischen Koordinaten gilt Tx H2 = {X ∈ R3 | < X, x >M inkowski = 0} bei x ∈ H2 , und aus < x, x >M inkowski = −1 folgt daher < X, X >M inkowski > 0 f¨ ur 2 0 6= X ∈ Tx H . 2 Man kann die hyperbolische Ebene mittels der Einbettung γ : {x ∈ R | kxkEuklid < λ(x)r − 1 1} → R3 , γ(x) := , λ(x) := 1−kxk22 auch als Innere des Einheitsλ(x)x Euklid Kreises im R2 auffassen, die Metrik wird dann zu dem (0, 2)-Tensor, der in kartesischen 4 (dx ⊗ dx + dy ⊗ dy) gegeben ist. Koordinaten durch (1−k(x,y)k 2 )2 Euklid
Pullback und Pushforward: Mannigfaltigkeiten, so ist Tm f auch Tm f ∗ : Tf∗(m) N → Tm∗ M f∗ : T0r M → T0r N (genannt das
Ist f : M → N eine glatte Abbildung zwischen glatten : Tm M → Tf (m) N linear und man kann insbesondere bilden. Diese Abbildungen induzieren eine Abbildung Pushforward von (r, 0)-Tensoren) durch
tm 7→ ((β1 , . . . , βr ) 7→ tm (Tm f ∗ (β1 ), . . . , Tm f ∗ (βr )))
,
sowie eine Abbildung f ∗ : Ts0 N → Ts0 M (genannt das Pullback von (0, s)-Tensoren) durch tm 7→ ((X1 , . . . , Xs ) 7→ tm (Tm f (X1 ), . . . , Tm f (Xs ))) . Beispiel: Beschreibt die Mannigfaltigkeit M mit dem (0, 2)-Tensor g ein von elastischer Materie gef¨ ulltes Gebiet und ist f : M → N ein Diffeomorphismus, der eine Deformation der Materie beschreibt, dann heißt C := f ∗ g der Cauchy-Green Tensor der Deformation. C gibt an, wie sich L¨angen und Winkel unter der Deformation f ¨andern. 41
Existenz von Tensorfeldern mit bestimmten Eigenschaften: Ist M eine Mannigfaltigkeit, so kann man zwar lokal innerhalb eines Kartengebietes durch die Koordinatendarstellung Tensorfelder leicht definieren. Global auf der gesamten Mannigfaltigkeit ist es aber nicht einfach, Tensorfelder zu definieren, denn auf zwei sich u ¨berlappenden Kartengebieten m¨ ussen die Koordinatendarstellungen bzgl. der beiden Karten u ¨bereinstimmen. Insbesondere, wenn man zus¨atzliche Eigenschaften verlangt, ist die globale Existenz von Tensorfeldern mit diesen Eigenschaften nicht gesichert. Beispielsweise gilt Satz 5.9 Auf Sph¨aren gerader Dimension nimmt jedes Vektorfeld an mindestens einem Punkt den Wert 0 an. Also gibt es auf Sph¨aren gerader Dimension keine nirgendwo verschwindenden Vektorfelder. Nun gibt es aber Eigenschaften, bei denen die lokale Existenz auch die globale Existenz von Tensorfeldern mit der gew¨ unschten Eigenschaft impliziert. Definition 5.10 Eine Eigenschaft von Tensorfeldern heißt konvex, wenn mit t, t0 auch das Tensorfeld (1 − λ)t + λt0 f¨ ur λ ∈ (0, 1) diese Eigenschaft hat. Lemma 5.11 Existieren lokal in Kartengebieten Tensorfelder mit einer konvexen Eigenschaft, so existiert auch global ein Tensorfeld mit dieser Eigenschaft. Beweis: Seien ti : M ⊃ Ui → Tsr M |Ui lokal in Kartengebieten Ui gegebene Tensoren, die eine konvexe Eigenschaft besitzen. Sei i eine zu den Kartengebieten Ui subordinierte Zerlegung der Eins (Satz 2.13). P Dann ist t := i i ti ein global definiertes (r, s)-Tensorfeld und hat auch dieselbe konP vexe Eigenschaft wie jedes ti , denn die Summe i i ti ist eine Konvexkombination an jedem Punkt. 2 Korollar 5.12 Auf jeder Mannigfaltigkeit M gibt es ein symmetrisches und positiv definites (0, 2)-Tensorfeld g, genannt Riemansche Metrik. Beweis: W¨ahlt man im Gebiet Ui ⊂ M einer Karte xi : Ui → Rn als (0, 2)-Tensor gi = x∗ < ·, · >Euklid das von der Euklidischen Metrik induzierte Tensorfeld, so ist dieses positiv definit und symmetrisch. Positive Definitheit und Symmetrie sind dar¨ uberhinaus konvexe Eigenschaften. Also existiert nach dem vorigen Lemma auch global ein positiv definites und symmetrisches (0, 2)-Tensorfeld, d.h. eine Riemannsche Metrik auf M . 2 Dagegen gibt es nicht auf jeder Mannigfaltigkeit eine Lorentz-Metrik der vorgegebenen Signatur (− + + · · · +). Die Eigenschaft, solch eine Signatur zu haben, ist n¨amlich nicht konvex.
42
5.3
Die Lie-Ableitung
Es stellt sich die Frage, wie man Tensorfelder ableiten kann. Die Lie-Ableitung gibt die Antwort darauf. Wie beim Tangentialraum gibt es auch hier einen geometrischen und einen operationellen Zugang zur Lie-Ableitung, wir besch¨aftigen uns zun¨achst mit dem operationellen und nehmen dazu wieder an, daß M eine C ∞ -Mannigfaltigkeit ist. Definition 5.13 Die Lie-Ableitung LX f einer Funktion f : M → R in Richtung eines Vektorfeldes X : M → T M ist die Funktion m 7→ Xm f (wobei man hier den Tangentialvektor Xm an der Stelle m als Derivation auffasst). Definition 5.14 Die Lie-Ableitung LX Y eines Vektorfeldes Y in Richtung eines Vektorfeldes ist das Vektorfeld, das am Punkt m durch die Derivation [X, Y ]m f := X(Y f )(m)− Y (Xf )(m) gegeben ist. Nachzuweisen hat man dabei, daß [X, Y ]m wirklich eine Derivation ist, was aber direkt aus X(Y (f g)) − Y (X(f g)) = X(f Y (g) + gY (f )) − Y (f X(g) + gX(f )) = X(f )Y (g) + f X(Y (g)) + X(g)Y (f ) + gX(Y (f )) − Y (f )X(g) − f Y (X(g)) − Y (g)X(f ) − gY (X(f )) = f (X(Y (g)) − Y (X(g))) + g(X(Y (f )) − Y (X(G))) zu ersehen ist. Man bemerke, daß LX in dem Sinne lokal ist, daß (LX Y )|U = (LX Y 0 )|U f¨ ur alle Y, Y 0 gilt, die auf der offenen Menge U u ¨bereinstimmen. Denn [X, Y ]m h¨angt nur davon ab, wie X und Y nahe m definiert sind. Dar¨ uberhinaus hat LX die Derivationseigenschaften LX (f g) = f · (LX g) + g · (LX f ) und LX (f Y ) = (LX f ) · Y + f · (LX Y ), das letztere wegen [X, f Y ]g = X(f Y (g))−f Y (X(g)) = X(f )Y (g)+f (X(Y (g)))−f Y (X(g)) = X(f )Y (g)+f [X, Y ](g) Somit hat man die Lie-Ableitung LX von Funktionen und Vektorfeldern in Richtung eines vorgegebenen Vektorfeldes X definiert. Um LX auf beliebige (r, s)-Tensorfelder auszudehnen, verlangt man, daß LX eine Tensor-Derivation ist, d.h. LX (t(α1 , . . . , αr , Y1 , . . . , Ys )) = r X (LX t)(α1 , . . . , αr , Y1 , . . . , Ys ) + t (α1 , . . . , LX αi , . . . , αr , Y1 , . . . , Yr ) + i=1 s X
t (α1 , . . . , αr , Y1 , . . . , LX Yj , . . . , Yr )
j=1
erf¨ ullt, und lokal ist, d.h. (LX t)|U = (LX t0 )|U erf¨ ullt, wenn t und t0 auf der offenen Menge U u ¨bereinstimmen. Dies legt LX eindeutig fest. Beispielsweise erhalten wir aus LX (α(Y )) = (LX α)(Y ) + α(LX Y ), daß LX auf (0, 1)-Tensoren α durch (LX α)(Y ) = LX (α(Y )) − α(LX Y ) = X(α(Y )) − α([X, Y ]) gegeben ist. Wir halten fest: 43
Satz 5.15 Die Lie-Ableitung LX auf Tensorfeldern ist die eindeutige lokale TensorDerivation, die durch LX f = Xf auf Funktionen und LX Y = [X, Y ] auf Vektorfeldern gegeben ist. Als Konsequenz daraus, daß LX eine Tensor-Derivation ist, ergibt sich: Korollar 5.16 Es gilt LX (t ⊗ t0 ) = LX t ⊗ t0 + t ⊗ LX t0 . Beweis: Dies liest man direkt ab aus ((LX t)(α1 , . . . , αr , Y1 , . . . , Ys ) +
r X
t(α1 , . . . , LX αi . . . , αr , Y1 , . . . , Ys )+
i=1 s X
t(α1 , . . . , αr , Y1 , . . . , LX Yj , . . . , Ys )) · t0 (αr+1 , . . . , αr+r0 , Ys+1 , . . . , Ys+s0 )+
j=1
t(α1 , . . . , αr , Y1 , . . . , Ys ) · ((LX t0 )(αr+1 , . . . , αr+r0 , Ys+1 , . . . , Ys+s0 )+ 0
r X
0
t0 (αr+1 , . . . , LX αr+i . . . , αr+r0 , Ys+1 , . . . , Ys+s0 ) +
i=1
s X
t0 (αr+1 , . . . , αr+r0 , Ys+1 , . . . , LX Ys+j , . . . , Ys+s0 )) =
j=1 0
LX (t(α1 , . . . , αr , Y1 , . . . , Ys )) · t (αr+1 , . . . , αr+r0 , Ys+1 , . . . , Ys+s0 )+ t(α1 , . . . , αr , Y1 , . . . , Ys ) · LX (t0 (αr+1 , . . . , αr+r0 , Ys+1 , . . . , Ys+s0 )) = LX (t(α1 , . . . , αr , Y1 , . . . , Ys )t0 (αr+1 , . . . , αr+r0 , Ys+1 , . . . , Ys+s0 )) = LX ((t ⊗ t0 )(α1 , . . . , αr+r0 , Y1 , . . . , Ys+s0 )) = (LX (t ⊗ t0 )) (α1 , . . . , αr+r0 , Y1 , . . . , Ys+s0 ) + ! r s X X t(α1 , . . . , LX αi . . . , αr , Y1 , . . . , Ys ) + t(α1 , . . . , αr , Y1 , . . . , LX Yj , . . . , Ys ) · i=1
j=1 0
t (αr+1 , . . . , αr+r0 , Ys+1 , . . . , Ys+s0 )+ t(α1 , . . . , αr , Y1 , . . . , Ys )· 0
r X
0
t0 (αr+1 , . . . , LX αr+i . . . , αr+r0 , Ys+1 , . . . , Ys+s0 ) +
i=1
s X
! t0 (αr+1 , . . . , αr+r0 , Ys+1 , . . . , LX Ys+j , . . . , Ys+s0 )
j=1
2 Korollar 5.17 Es gilt LX δ = 0 f¨ ur das (1, 1)-Tensorfeld δ(α, Y ) = α(Y ), das man Kronecker’s Delta nennen k¨onnte, da δ(dxi , ∂x∂ j ) gerade 1 bei i = j und ansonsten 0 ist. Beweis: Es gilt LX (δ(α, Y )) = (LX δ)(α, Y ) + δ(LX α, Y ) + δ(α, LX Y ) , also (LX δ)(α, Y ) = LX (α(X)) − (LX α)(Y ) − α(LX Y ) = 0 nach der Definition der Lie-Ableitung auf (0, 1)-Tensorfeldern α. 44
2
Die Lie-Ableitung hat (im Gegensatz zu anderen lokalen Tensor-Derivationen) dar¨ uberhinaus die Eigenschaft, d¨as sie mit Pushforwards von Diffeomorphismen f kommutiert: f∗ (LX t) = Lf∗ X (f∗ t). Wegen f ∗ = (f −1 )∗ u ur ¨bertr¨agt sich dies auch auf Pullbacks. F¨ einen Beweis sei auf [AbrahamMarsdenRatiu, Proposition 6.3.5] verwiesen. P Die Lie-Ableitung in Koordinaten Ist x eine Karte bei m und X = ni=1 Xi ∂x∂ i mit Funktionen Xi : M → R, so ist die Lie-Ableitung einer Funktion f bei m gerade LX f =
n X
Xi
i=1
∂f ∂xi
,
und gilt f¨ ur das Vektorfeld Y bei m die Gleichung Y = LX Y =
n n X X i=1
∂Yi ∂Xi Xj j − Yj j ∂x ∂x j=1
Pn
i=1
!
∂ ∂xi
Yi ∂x∂ i , so ergibt sich .
Da LX eine Tensor-Derivation ist, ergeben sich daraus auch alle anderen Koordinatendarstellungen. So ist beispielsweise die Lie-Ableitung des (0, 1)-Tensorfeldes α = Pn i=1 αi dxi gegeben durch ! n n X X ∂Xj ∂αi LX α = Xj j + αj i dxi . ∂x ∂x i=1 j=1 Beispiel: Auf dem R2 ist die Lie-Ableitung in Richtung des Vektorfeldes cos(x1 + x2 ) X : x 7→ sin(x1 x2 ) ∂f ∂f auf Funktionen durch LX f = cos(x1 + x2 ) ∂x ur die 1 + sin(x1 x2 ) ∂x2 gegeben, also z.B. f¨ 2 Funktion f (x1 , x2 ) = x1 + x1 x2 + 5x2 durch
LX f = (2x1 + x2 ) cos(x1 + x2 ) + (x1 + 5) sin(x1 x2 ) .
Beispiel: Seien auf einer 2-dimensionalen Mannigfaltigkeiten die Koordinaten x und y gew¨ahlt. Dann gilt ∂ ∂ L∂ x ⊗ dx ⊗ ydy = ⊗ dx ⊗ ydy ∂x ∂y ∂y sowie Lx ∂
∂y
∂ x ⊗ dx ⊗ ydy ∂y
=
∂ ⊗ dx ⊗ (xdy + ydx) . ∂y
45
Beispiel: Ist g eine Riemannsche Metrik auf M , so heißt ein Vektorfeld X KillingVektorfeld, falls LX g = 0 gilt. P P Ist in Koordinaten X = ni=1 Xi ∂x∂ i und g = ni,j=1 gij dxi ⊗ dxj , so gilt LX g =
n X
(LX gij )dxi ⊗ dxj + gij (LX dxi ) ⊗ dxj + gij dxi ⊗ (LX dxj ) =
i,j=1 n X i,j=1
n X
∂Xk ∂Xk ∂gij + gik j Xk k + gkj i ∂x ∂x ∂x k=1
! dxi ⊗ dxj
,
Also sind genau die Vektorfelder X Killing-Vektorfelder, die n X k=1
Xk
∂gij ∂Xk ∂Xk + g + g =0 kj ik ∂xk ∂xi ∂xj
f¨ ur alle i, j erf¨ ullen.
Der geometrische Zugang zur Lie-Ableitung Ist X ein Vektorfeld, so erzeugt dies zumindest lokal einen Fluß Φ : R × M → M , den L¨osungsoperator zum Anfangswertproblems c˙ = X ◦ c, c(0) = m, d.h. die Kurve s 7→ Φs (m) ist die L¨osung dieses Anfangswertproblems. Nun ist jede der Abbildungen Φs : M → M zumindest f¨ ur kleine s und auf kompakten Mengen ein Diffeomorphismus, da Φ0 = IdM gilt und somit Φs f¨ ur kleine s eine kleine St¨orung des Diffeomorphismus IdM ist. Daher kann man das Pullback (Φs )∗ t eines Tensors t auf M bilden. Satz 5.18 Es gilt
d (Φs )∗ t ds
= (Φs )∗ LX t
Beweis: Es reicht, dies an der Zeit s = 0 zu zeigen, wir wollen also d s ∗ (Φ ) t|s=0 = LX t ds beweisen. Nun ist die linke Seite als Operator auf Tensoren g¨ unstigerweise eine lokale Tensor-Derivation, denn das Ableiten nach s hat die Derivations-Eigenschaft. Somit muß man nur noch nachweisen, daß die linke Seite mit der Lie-Ableitung auf Funktionen und Vektorfeldern u ¨bereinstimmt. Dies ist aber wahr wegen d s ∗ d d s s (Φ ) f |s=0 = (f ◦ Φ )|s=0 = TΦs (·) f ◦ Φ (·) |s0 = ds ds ds TΦs (·) f ◦ (X ◦ Φs ) |s0 = T f ◦ X = Xf = LX f 46
f¨ ur Funktionen f und d d s ∗ (Φ ) Y |s=0 f = L(Φs )∗ Y (Φs )∗ ((Φ−s )∗ f ) |s=0 = ds ds d s ∗ d (Φ ) LY (Φ−s )∗ f |s=0 = (Φs )∗ LY (Φ−s )∗ f |s=0 = ds ds d −s ∗ −s ∗ s ∗ LX LY (Φ ) f |s=0 + (Φ ) LY (Φ ) f |s=0 = ds LX (LY (f )) + LY (−LX (f )) = X(Y (f )) − Y (X(f )) = [X, Y ]f = (LX Y )(f ) f¨ ur Vektorfelder Y , aufgefasst als auf Funktionen f wirkende Derivationen.
2
Somit ist die Lie-Ableitung eines Tensors t in Richtung des Vektorfeldes X nichts weiter als die Ableitung von t in Richtung des von X erzeugten Flusses. Eine direkte Anwendung ist das folgende Korollar. Korollar 5.19 Killing-Vektorfelder auf einer Riemannschen Mannigfaltigkeit (M, g) sind genau die Vektorfelder, deren Fluß aus Isometrien besteht. d (Φs )∗ g = 0 und somit (Φs )∗ g = g Beweis: Genau die X mit LX g = 0, d.h. mit ds s ∗ sind Killing-Vektorfelder. Die Bedingung (Φ ) g = g besagt aber gerade, daß der von X erzeugte Fluß Φs die Riemannsche Metrik erh¨alt: Jede Abbildung Φs ist eine Isometrie. 2
5.4
Formen
(Differential-)Formen treten in vielf¨altiger Weise sowohl innerhalb der Mathematik als auch innerhalb der Physik auf. In diesem Abschnitt wollen wir einige Eigenschaften von Formen kennenlernen als auch den nat¨ urlichen Differentialoperator d, mittels dessen Hilfe man Formen ableiten kann. Die Ableitung d verallgemeinert dabei die Differentialoperatoren grad , rot sowie div auf dem R3 . Verwiesen sei hier auch schon auf das Kapitel 7, indem die Integration von k-Formen u ¨ber k-dimensionale Untermannigfaltigkeiten definiert wird. Definition 5.20 Eine k-Form ist ein schiefsymmetrischer (0, k)-Tensor. Genauer ist ein (0, k)-Tensor ω auf der Mannigfaltigkeit M schiefsymmetrisch und somit eine k-Form, wenn die durch ω an jedem Punkt m ∈ M gegebene k-lineare Abbildung ωm : TM × · · · × Tm M → R unter einer Vertauschung von zwei Komponenten ihr Vorzeichen wechselt, ω(X1 , . . . , Xi , . . . , Xj , . . . , Xk ) = −ω(X1 , . . . , Xj , . . . , Xi , . . . , Xk ) , oder ¨aquivalenterweise bei Einsetzen des gleichen Tangentialvektors in zwei Komponenten verschwindet ω(X1 , . . . , X, . . . , X, . . . , Xk ) = 0 1 . ¨ Beweis der Aquivalenz: ω(X1 , . . . , Xi + Xj , . . . , Xi + Xj , . . . , Xk ) = 0 gen ω(X1 , . . . , Xi , . . . , Xi , . . . , Xk ) = 0 und ω(X1 , . . . , Xj , . . . , Xj , . . . , Xk ) = 1
47
ist we0 a¨qui-
Dies kann man auch anders formulieren, n¨amlich mit Hilfe der Gruppe Sk von Permutationen auf der Indexmenge {1, . . . , k}. Jede Permutation σ ∈ Sk kann man n¨amlich als Produkt von Vertauschungen zweier Indizes schreiben. Die Anzahl der dabei ben¨otigten Vertauschungen ist entweder gerade oder ungerade, so daß man dadurch einen Gruppenhomomorphismus sign : Sk → {1, −1} = Z2 definieren kann als sign(σ) = 1, falls man zur Darstellung von σ eine gerade Anzahl von Vertauschungen ben¨otigt, und als sign(σ) = −1, falls man eine ungerade Anzahl von Vertauschungen ben¨otigt. Beispiel: Bezeichne (ij) die Vertauschung von i und j, und allgemeiner (i1 i2 . . . ik ) die Permutation, bei der i1 auf i2 , i2 auf i3 , . . . , und schließlich ik auf i1 u ¨bergeht, so ist die Permutation σ := (13) auf {1, 2, 3} ungerade, erf¨ ullt also sign(σ) = −1, w¨ahrend sich die Permutation σ 0 := (321) als σ 0 = (12)(13) schreiben l¨aßt, also gerade ist und somit sign(σ 0 ) = 1 erf¨ ullt. Ein (0, k)-Tensor t ist daher genau dann schiefsymmetrisch, wenn
t(Xσ(1) , . . . , Xσ(k) ) = sign(σ)t(X1 , . . . , Xk )
oder kurz t ◦ σ = sign(σ)t f¨ ur alle Permutationen σ ∈ Sk gilt. Beispiel: Da die Gruppe der Permutationen auf der leeren Menge und der einelementigen Menge trivial ist, ist jeder 0-Tensor, d.h. jede Funktion f : M → R, und jeder 1-Tensor, d.h. jeder Schnitt α : M → T M ∗ des Kotangentialb¨ undels, auch eine Form. P Beispiel: Ein (0, 2)-Tensor t, der in lokalen Koordinaten durch t = i,j tij dxi ⊗ dxj gegeben ist, ist genau dann eine 2-Form, wenn tij = −tji und insbesondere tii = 0 gilt. ∂ ∂ ur alle i, j erf¨ ullen. Denn eine 2-Form muß t ∂xi , ∂xj = −t ∂x∂ j , ∂x∂ i f¨ Bezeichnet man die Menge der k-linearen schiefsymmetrischen Abbildungen Tm M ×· · ·× S k ∗ k ∗ Tm M → R mit Λ (Tm M ), dann wird die Vereinigung Λ (T M ) := m∈M Λk (Tm M ∗ ) wie schon zuvor das Tensorb¨ undel Tsr M ein Vektorraumb¨ undel u ¨ber M , indem man k ∗ Λ (T M ) mit den von Karten φ auf M und ihren Ableitungen dφ induzierten Koordinaten versieht. Dies erlaubt einem, Formen als Schnitte von Λk (T M ∗ ) zu interpretieren. Zu jedem (0, k)-Tensor t kann man eine k-Form durch
Alt(t)(X1 , . . . , Xk ) =
1 X sign(σ)t(Xσ(1) , . . . , Xσ(k) ) k! σ∈S k
valent zu ω(X1 , . . . , Xi , . . . , Xj , . . . , Xk ) + ω(X1 , . . . , Xj , . . . , Xi , . . . , Xk ) ω(X1 , . . . , Xi , . . . , Xj , . . . , Xk ) = −ω(X1 , . . . , Xj , . . . , Xi , . . . , Xk )
48
=
0,
d.h.
zu
definieren, die die Alternation von t genannt wird. Tats¨achlich ist Alt(t) eine k-Form, denn wegen sign(σ 2 ) = sign(σ)2 = 1 gilt die Gleichung (Alt(t) ◦ σ) (X1 , . . . , Xk ) = Alt(t ◦ σ)(X1 , . . . , Xk ) = 1 X sign(ρ)t(Xρσ(1) , . . . , Xρσ(k) ) = k! ρ∈S K 1 X sign(σ) sign(ρσ)t(Xρσ(1) , . . . , Xρσ(k) ) = k! ρ∈S K X 1 sign(σ) sign(ρ)t(Xρ(1) , . . . , Xρ(k) ) = sign(σ) Alt(t)(X1 , . . . , Xk ) , k! ρ∈S K
d.h. Alt(t)◦σ = sign(σ) Alt(t). Da außerdem f¨ ur jede k-Form ω offensichtlich Alt(ω) = ω gilt, projeziert Alt also (0, k)-Tensoren auf k-Formen. W¨ahrend das Tensorprodukt ω ⊗ ω 0 einer k-Form ω und einer k 0 -Formen ω 0 im allgemeinen nur einen (0, k + k 0 )-Tensor liefert 2 , ist Alt(ω ⊗ ω 0 ) selbst wieder eine (k + k 0 )-Form. Daher definiert (k + k 0 ) Alt(ω ⊗ ω 0 ) ω ∧ ω 0 := k!k 0 ! ein Produkt auf dem Raum der Formen, genannt das Dachprodukt. 0
Lemma 5.21 Das Dachprodukt ∧ ist bilinear und erf¨ ullt ω ∧ ω 0 = (−1)kk ω 0 ∧ ω f¨ ur 0 0 eine k-Form ω und eine k -Form ω . Beweis: ⊗ ist bilinear und Alt ist linear, deshalb ist auch ∧ bilinear. Desweiteren folgt mit der Permutation σ(1, . . . , k + k 0 ) := (k + 1, . . . , k + k 0 , 1, . . . , k), 0 die das Vorzeichen sign(σ) = (−1)kk hat, aus den Gleichungen α ⊗ α0 = (α0 ⊗ α) ◦ σ 0 und A(t ◦ σ) = sign(σ)A(t) auch Alt(α ⊗ α0 ) = (−1)kk Alt(α0 ⊗ α), was zu zeigen war. 2 Satz 5.22 Eine Basis von Λk (Tm M ∗ ) ist dxi1 |m ∧ · · · ∧ dxik |m , 1 ≤ i1 < · · · < ik ≤ n. Insbesondere ist dim Λk (Tm M ∗ ) = nk . Beweis: Eine Basis von (Tk0 )m M ist dxi1 |m ⊗ · · · ⊗ dxik |m , i1 , . . . , ik ∈ {1, . . . , n} beliebig. Da Alt auf die k-Formen projeziert und dabei bis auf einen Faktor ∧ = Alt ◦⊗ sowie Alt(t ◦ σ) = sign(σ) Alt(t) f¨ ur jede Permutation σ ∈ Sk erf¨ ullt, bilden diejenigen Elemente dxi1 |m ∧ · · · ∧ dxik |m eine Basis von Alt((Tk0 )m M ) = Λk (Tm M ), bei denen man nur nochgeordnete Tupel von Indizes 1 ≤ i1 < · · · < ik ≤ n zul¨aßt. Dies sind offenbar genau nk Elemente. 2 F¨ ur eine n-dimensionale Mannigfaltigkeit M ist somit Λk (Tm M ∗ ) bei k > n der Nullvektorraum. Insbesondere ist im Gegensatz zur mit dem Tensorprodukt ausgestatteten Algebra der kovarianten Tensoren, die an jedem Punkt m ∈ M der unendlichdimenP∞ 0 sionale Raum k=0 (Tk )m M ist, die mit dem Dachprodukt ausgestattete Algebra der 2
Beispielsweise gilt f¨ ur ω = dx1 nat¨ urlich ω ⊗ ω = dx1 ⊗ dx1 . Daher ist ω11 = 1 und nicht identisch Null, wie es f¨ ur eine 2-Form eigentlich sein m¨ ußte.
49
P Formen Λ(Tm M ∗ ) := nk=0 Λk (Tm M ∗ ) an jedem Punkt m ∈ M ein endlichdimensionaler die ¨außere Algebra auf Tm M . Genauer hat Λ(Tm M ∗ ) die Dimension genannt PnRaum, n n k=0 k = 2 . Beispiel: Eine n-Form ω auf einer n-dimensionalen Mannigfaltigkeit M , die bei jedem m ∈ M ungleich Null ist, d.h. ω(X1 , . . . , Xn ) 6= 0 f¨ ur linear unabh¨angige X1 , . . . , Xn ∈ Tm M erf¨ ullt, heißt Volumenform auf M . Nicht auf jeder Mannigfaltigkeit M existiert eine Volumenform, ungleich Null zu sein ist keine konvexe Eigenschaft. Bei Existenz einer Volumenform heißt M orientierbar. Da Λn (Tm M die Dimension 1 hat, l¨aßt sich mit einer Volumenform ω jede andere n-Form ω 0 als ω 0 = ρω mit einer Funktion ρ : M → R schreiben, genannt Dichte. F¨ ur M = Rn ist die Eindimensionalit¨at von Λn (Tm M ) gerade der bekannte Satz, daß es genau eine schiefsymmetrische n-lineare Abbildung det mit det(En ) = 1 gibt, die Determinante. Hierbei interpretiert man die Einheitsmatrix als das n-Tupel der Einheitsvektoren (e1 , . . . , en ). Lemma 5.23 F¨ ur eine 1-Form θ und eine k-Form α gilt θ ∧ α = 0 genau dann, wenn es eine (k − 1)-Form β mit α = θ ∧ β gibt. Beweis: Einerseits folgt aus θ ∧ θ = 0 nat¨ urlich θ ∧ α = θ ∧ θ ∧ β = 0. ∗ Gilt andererseits Pθ ∧ α = 0, dann w¨ahle eine Basis dxi von Tm M mit dx1 = θ und stelle α dar als i1 <···
2
mit der angegebenen (k − 1)-Form β.
Die Differentiation von Formen: F¨ ur eine Funktion f : M → R (eine 0-Form) ist d df die durch df (X) := dt (f ◦ c) bei [c] = X 3 definierte 1-Form, lokal in Koordinaten x hat man also n X ∂f df = dxi . i ∂x i=1 Ziel dieses Abschnittes ist es, diese Differentiation von Funktionen zu einer Differentiation d von Formen zu verallgemeinern. Dazu verlangen wir wiederum wie u ¨blich Lokalit¨at von d und die Produktregel (Derivationseigenschaft) d(α ∧ β) = dα ∧ β + (−1)k α ∧ dβ f¨ ur eine k-Form α und eine l-Form β, zus¨atzlich aber auch noch d2 = 0. ¨ Zur Erinnerung: Ein Tangentialvektor X am Punkt m war geometrisch eine Aquivalenzklassen von Kurven c durch m. 3
50
Lemma 5.24 Die Definition von d auf Funktionen und die Forderungen nach Lokalit¨at, der Produktregel und nach d2 = 0 legen d eindeutig fest. Beweis: Sei x eine Karte beim Punkt m ∈ M . Man erinnere sich daran, daß f¨ ur die i-te Koordinatenfunktion xi : M → R die 1-Form dxi bereits definiert ist (da d auf j ∂ Funktionen bereits definiert ist) und die Eigenschaft dxi ∂xj = δi hat. Die Forderung d2 = 0 impliziert dann ddxi = 0. Nach der Produktregel folgt daraus d (dxi1 ∧ · · · ∧ dx ur eine k-Form mit der lokalen Koordinaik ) = 0. Somit gilt f¨ P tendarstellung ω = i1 <···
∂βj1 ,...,jk0 ∂αi1 ,...,ik βj1 ,...,jk0 + αi1 ,...,ik dxi ∧ dxi1 ∧ · · · ∧ dxik ∧ dxj1 ∧ · · · ∧ dxjk0 = ∂xi ∂xi i1 <···
Verwendet man dar¨ uberhinaus eine andere Karte x0 , so erf¨ ullt der mit dieser Karte definierte Operator d0 auch die Forderungen auf dem Schnitt der Kartengebiete von x und x0 , und die schon bewiesene Eindeutigkeit impliziert d = d0 . Somit hat man die Existenz und Eindeutigkeit von d f¨ ur Formen auf ganz M bewiesen. 2 Wir wollen aus dem Beweis noch die Koordinatendarstellung von d festhalten: P Korollar 5.25 Gilt in Koordinaten ω = i1 <···
Ist man im speziellen Fall des euklidischen Raumes M = Rn und benutzt kartesische Pn ∂f Koordinaten x, so impliziert die Formel df = i=1 ∂xi dxi daher die u ¨bliche Form des ∂f ∂x1
Gradienten grad f := . . . . ∂f ∂xn
Dar¨ uberhinaus kann man auch Vektorfelder X u ¨ber g(X, ·) als 1-Form interpretieren, n in kartesischen Koordinaten auf dem R ergibt sich dabei X1 dx1 + · · · + Xn dxn als die X1 dem Vektorfeld X = . . . zugeordnete 1-Form. Xn Im R3 4 lassen sich Vektorfelder X nun aber nicht nur als 1-Formen, sondern auch als 2-Formen ∗g(X, ·) = X1 dx2 ∧ dx3 + X2 dx3 ∧ dx1 + X3 dx1 ∧ dx2 interpretieren, und Funktionen f als 3-Formen ∗f = f dx1 ∧ dx2 ∧ dx3 . Da außerdem d(X1 dx1 + X2 dx2 + X3 dx3 ) = ∂2 X1 dx2 ∧ dx1 + ∂3 X1 dx3 ∧ dx1 + ∂1 X2 dx1 ∧ dx2 + ∂3 X2 dx3 ∧ dx2 + ∂1 X3 dx1 ∧ dx3 + ∂2 X3 dx2 ∧ dx3 = (∂2 X3 − ∂3 X2 )dx2 ∧ dx3 + (∂3 X1 − ∂1 X3 )dx3 ∧ dx1 + (∂1 X2 − ∂2 X1 )dx1 ∧ dx2 = rot(X)1 dx2 ∧ dx3 + rot(X)2 dx3 ∧ dx1 + rot(X)3 dx1 ∧ dx2 und somit u ¨ber die Identifikation von Vektorfeldern mit 1- bzw. 2-Formen d (g(X, ·)) = ∗g(rot(X), ·) gilt, ist die Formel rot(grad (f )) = 0 nichts anderes als d2 = 0 auf Funktionen. Ebenso gilt d (X1 dx2 ∧ dx3 + X2 dx3 ∧ dx1 + X3 dx1 ∧ dx2 ) = (∂1 X1 + ∂2 X2 + ∂3 X3 ) dx1 ∧ dx2 ∧ dx3 = div(X)dx1 ∧ dx2 ∧ dx3 und somit u ¨ber die Identifikation von Vektorfeldern mit 2-Formen und von Funktionen mit 3-Formen d (∗g(X, ·)) = ∗ div(X), d.h. die Formel div(rot(X)) = 0 ist nichts anderes als d2 = 0 auf 1-Formen. Mehr M¨oglichkeiten gibt es im R3 auch nicht f¨ ur d2 = 0, denn die 4-Formen sind bereits trivial. Die Lie-Ableitung LX und der Operator d: Zuletzt sei noch auf Cartans magische Formel hingewiesen. Dazu definiere man f¨ ur ein Vektorfeld X und einen (0, k) Tensor t die Abbildung iX durch iX t := t(X, ·, . . . , ·), iX t ist also ein (0, k − 1)-Tensor. Lemma 5.26 F¨ ur die Lie-Ableitung LX ω einer Form ω in Richtung eines Vektorfeldes X gilt LX ω = iX dω + diX ω. Beweis: siehe z.B. [AbrahamMarsdenRatiu, 7.4.8].
4
oder allgemeiner durch Benutzung des Hodge-Operators, siehe [AbrahamMarsdenRatiu, 7.2]
52
2
Kapitel 6 Mechanik Mittels der in den letzten Kapiteln erarbeiteten Begriffe wollen wir nun mechanische Systeme aus der Physik modellieren. Der historischen Entwicklung folgend, beginnen wir mit der Mechanik nach Newton und gelangen u ¨ber die Lagrangesche Formulierung der Mechanik zur Hamiltonschen Sichtweise. Begleitend diskutieren wir als Beispiele die Bewegung von Punktteilchen und Pendeln. Um ein mechanisches System zu modellieren, muß man irgendwie die Konfiguration des Systems beschreiben. Die Menge Q aller m¨oglichen Konfigurationen eines mechanischen Systems heißt dann der Konfigurationsraum. Da man desweiteren die zeitliche Entwicklung der Konfiguration des mechanischen Systems durch eine von der Zeit abh¨angige Kurve q : R → Q beschreiben m¨ochte und nicht nur u ¨ber die aktuelle Konfiguration ¨ q(t) zum Zeitpunkt t, sondern auch u ¨ber die Geschwindigkeit genannte Anderungsrate ¨ q(t) ˙ der Konfiguration (und vielleicht auch deren Anderungsrate q¨(t) usw.) sprechen m¨ochte, macht es Sinn, Q als Mannigfaltigkeit anzunehmen. Beispiel: Die Konfiguration eines Punktteilchen wird durch seine Koordinaten im Raum modelliert. Kann sich das Teilchen frei im Raum bewegen, so ist der klassische Konfigurationsraum R3 . F¨ ur n Teilchen ist entsprechend der Konfigurationsraum R3n , die Konfiguration eines jeden Teilchens wird durch drei Koordinaten beschrieben. Beispiel: Kann sich ein Punktteilchen nicht frei bewegen, so wird der Konfigurationsraum eingeschr¨ankt. Der Konfigurationsraum eines in konstanter H¨ohe u ¨ber der Erde in der Luftstr¨omung treibenden Teilchens beispielsweise kann durch die Kugelschale S2 ¨ modelliert werden. Ahnlich kann sich der Pendel einer antiken Uhr nur auf einer Kreis1 bahn S bewegen. Beispiel: Betrachtet man gar das gesamte Weltall, so ist gar nicht klar, ob nicht selbst die Raum-Koordinaten eines freien Teilchens vielleicht besser durch einen hyperbolischen Raum wie H3 (der ja eine raumartige Fl¨ache im Minkowski-R4 ist) oder gar R¨aume mit Topologie (d.h. mit L¨ochern) beschrieben werden.
53
Beispiel: Im Fall von mehreren Punktteilchen, die sich nicht frei bewegen, sondern teilweise aneinander gekoppelt sind (z.B. durch Stangen oder Kr¨afte zwischen ihnen), wird der Konfigurationsraum R3n auch eingeschr¨ankt. Einfachstes Beispiel ist die schon erw¨ahnte 5-dimensionale Untermannigfaltigkeit {(x, y) ∈ R3 × R3 | kx − ykEuklid = r} des R6 , die zu R3 × S 2 diffeomorph ist und den Konfigurationsraum zweier durch einen Stab verbundener Punktteilchen bzw. den Konfigurationsraum des Stabes modelliert. Beispiel: Statt Punktteilchen kann man auch Teilchen mit innerer Struktur betrachten. So kann man den Konfigurationsraum eines kleinen bunten Balls durch die Liegruppe SE(3) = SO(3) o R3 der Isometrien des Euklidischen R3 modellieren, die R3 -Komponente gibt die Position (des Mittelpunktes) des Balls an und die SO(3)Komponente seine aktuelle Drehung. Beispiel: Die innere Struktur eines Teilchens kann nicht nur von einer gebrochenen Drehsymmetrie herr¨ uhren, sondern z.B. auch von einer gebrochenen Ladungssymmetrie. So kann man ein elektromagnetisch geladenes Punktteilchen z.B. durch den Konfigurationsraum R3 × U (1) modellieren, die Lie-Gruppe U (1) ∼ = S 1 modelliert dabei die Ladung des Teilchens. Nun reicht es aber nat¨ urlich nicht, nur den Konfigurationsraum eines mechanischen Systems zu modellieren, sondern man muß auch noch das Gesetz modellieren, nach dem sich die Konfiguration q(t) ∈ Q des mechanischen Systems mit der Zeit t entwickelt. Dies geschieht in der Newtonschen, Lagrangeschen und Hamiltonschen Auffassung von der Mechanik auf ganz unterschiedliche, aber im Endeffekt doch weitgehend a¨quivalente Weise.
6.1
Newtonsche Mechanik
In der Newtonschen Mechanik wird die zeitliche Evolution der Konfiguration eines mechanischen Systems durch das symbolische Gesetz F = ma beschrieben. Dieses besagt, daß die auf ein mechanisches System ausge¨ ubte Kraft F direkt in eine Beschleunigung a des Systems umgesetzt wird, wobei die (hier als konstant angenommene) Masse m des Systems ein Proportionalit¨atsfaktor ist, den wir im folgenden in F bzw. a verstecken oder m = 1 setzen. ¨ Nun ist die Beschleunigung a aber die Anderungsrate der Geschwindigkeit, und die Ge¨ schwindigkeit ist wiederum die Anderungsrate der Konfiguration q(t) des mechanischen Systems zur Zeit t. Deswegen interpretieren wir in unserem Kontext von Mannigfaltigkeiten Beschleunigung als die Kurve q¨ : R → T T Q 1 . Man erinnere sich, daß wir f¨ ur eine Kurve q : R → Q den kanonischen Lift in das Tangentialb¨ undel“ als Kurve ”∂ ∂ zur q˙ : R → T Q durch q˙ = T q ◦ ∂t definiert hatten mit dem Einheitsvektorfeld ∂t 2 identischen Karte t auf R , und nat¨ urlich kann man diese Definition interieren, wo1 2
T T Q bezeichnet das Tangentialb¨ undel des Tangentialb¨ undels T Q von Q. Mit anderen Worten ist q˙ zu jedem Zeitpunkt t die Ableitung von q in Zeit-Richtung +1.
54
durch auch die Kurve q¨ definiert ist. Die rechte Seite der symbolischen Grundgleichung F = ma der Newtonschen Mechanik haben wir daher auch f¨ ur Mannigfaltigkeiten als q¨ sinnvoll interpretiert, es fehlt nur noch eine Interpretation der linken Seite, der Kraft F. Modelliert Q den Konfigurationsraum eines mechanischen Systems, dann nennt man das Tangentialb¨ undel T Q den (Geschwindigkeits-)Zustandsraum. In dieser Bennenung steckt implizit die Annahme der Newtonschen Mechanik, daß die aktuelle Konfiguration ¨ q(t0 ) und deren Anderungsrate q(t ˙ 0 ) die zeitliche Entwicklung q(t) der Konfiguration und somit des Zustand des Systems f¨ ur alle Zeiten t (oder zumindest f¨ ur Zeiten nahe t0 ) eindeutig festlegt. Nun besitzt aber gerade die zu einem Vektorfeld F auf T Q assoziierte Differentialgleichung zu jedem Anfangswert q(t ˙ 0 ) ∈ Tq(t0 ) Q lokal eine eindeutige L¨osung, deswegen interpretiert man die Kraft F aus der Newtonschen Grundgleichung im Kontext von Mannigfaltigkeiten als Vektorfeld auf T Q. Allerdings fordert man von F sinnvollerweise zus¨atzlich, daß jede L¨osung c : R → T Q der Differentialgleichung c˙ = F ◦ c auf T Q kanonischer Lift c = q˙ einer Kurve q : R → Q im Konfigurationsraum Q ist. Lemma 6.1 Genau dann ist jede Integralkurve des Vektorfeldes F auf T Q kanonischer Lift einer Kurve in Q, wenn T π ◦ F = IdT Q mit der Projektion π : T Q → Q gilt. Beweis: Eine Kurve c in T Q ist kanonischer Lift einer Kurve in Q genau dann, wenn c = π ◦˙ c gilt, da wegen c(t) ∈ T(π◦c)(t) Q die Kurve π ◦ c in Q der einzige Kandidat ist. Somit ist c genau dann ein kanonischer Lift, wenn c = π ◦˙ c = T (π ◦ c) ◦
∂ = T π ◦ c˙ ∂t
gilt. Somit ist jede Integralkurve c von F ein kanonischer Lift, wenn c = T π ◦ F ◦ c gilt, und dies ist aufgrund der Beliebigkeit von c genau bei T π ◦ F = IdT Q der Fall. 2 Erf¨ ullt das Vektorfeld F auf T Q die Bedingung T π ◦ F = IdT Q , dann nennt man F ein Vektorfeld zweiter Ordnung auf Q und die assoziierte Gleichung q¨ = F ◦ q˙ f¨ ur eine Kurve q in Q heißt eine Differentialgleichung zweiter Ordnung auf Q. Wir halten fest: Definition 6.2 Nach Newton wird ein mechanisches System durch eine Mannigfaltigkeit Q als Konfigurationsraum und eine Differentialgleichung zweiter Ordnung q¨ = F ◦ q˙ als Evolutionsgesetz modelliert. Lokal in Koordinaten x auf Q und den induzierten Koordinaten (x, y) auf T Q hat ein solches Vektorfeld zweiter Ordnung die Form n X i=1
n
yi
X ∂ ∂ + fi (x, y) i i ∂x ∂y i=1 55
mit Funktionen fi : Rn × Rn → R, denn wegen T π( ∂x∂ i ) = ∂x∂ i , T π( ∂y∂ i ) = 0, impliziert T π ◦ F = IdT Q , daß f¨ ur einen lokal durch y1 , . . . , yn beschriebenen Vektor X ∈ T Q am lokal durch x1 , . . . , xn beschriebenen Punkt der Wert F (X) als ∂x∂ i -Komponenten gerade die urspr¨ unglichen Koordinaten yi von X haben muß. Insbesondere hat die Gleichung q¨ = F ◦ q˙ lokal die Form x˙ i = yi
y˙ i = fi (x, y) ,
d.h. lokal ist sie wirklich eine Differentialgleichung zweiter Ordnung auf dem Rn : x¨i = fi (x, x). ˙ Es bleibt die Frage, wie man die (m¨oglicherweise sogar noch von der Zeit abh¨angige) Kraft F w¨ahlen sollte. Beispielsweise k¨onnte man verlangen, daß F invariant unter bestimmten Transformationen des Konfigurationsraumes ist. Bekanntestes Beispiel f¨ ur n Punktpartikel im Euklidischen R3 ist die Forderung, ein (m¨oglicherweise zeitabh¨angiges) Vektorfeld F zweiter Ordnung auf R3 m¨oge invariant unter den Galilei-Transformationen sein, die die Form (t, x) 7→ (t + τ, Rx + tv + x0 ) mit der Drehung/Spiegelung R ∈ O(3), der Geschwindigkeit v ∈ R3 und dem Ortsvektor x0 ∈ R3 haben (gleichf¨ormig bewegt). Solch eine Forderung ist aber schon sehr speziell auf den Euklidischen Raum als Konfigurationsraum zugeschnitten, der nat¨ urlich f¨ ur die Anwendungen sehr wichtig ist, im Kontext von Mannigfaltigkeiten aber nicht die Hauptrolle spielt. Beispiel: Auf dem Euklidischen R3n als Konfigurationsraum von n Teilchen hat jede unter den Galilei-Transformationen invariante Differentialgleichung zweiter Ordnung die Form x¨i = fi (kxj − xk k, kx˙ j − x˙ k k) , wobei xi (t) ∈ R3 den Punkt angibt, an dem sich das i-te Teilchen gerade befindet. Statt uns zu sehr auf diese speziellen Fall zu konzentrieren, wollen wir zwei allgemeinere wichtige F¨alle diskutieren: Sprays: Ein Spray ist ein Vektorfeld F zweiter Ordnung, f¨ ur das die zugeh¨orige Differentialgleichung zweiter Ordnung mit q auch t 7→ q(ct) als Integralkurve hat. Dies ist genau dann der Fall, wenn f¨ ur die Zahl c ∈ R, aufgefasst als Abbildung c : T Q → T Q, X 7→ c · X, die Gleichung F (c · X) = c · T c(F (X)) gilt. In der Tat, ist q eine L¨osung von q¨ = F ◦ q, ˙ dann gelten f¨ ur h : t 7→ q(ct) die ˙ ¨ ¨ Gleichungen h(t) = cq(ct) ˙ und h(t) = T c(c¨ q (ct)), d.h. h = c · T c(F (q(ct))). ˙ Damit also ¨ = F ◦ h˙ = F (cq) h auch h ˙ erf¨ ullt, muß F (c · X) = c · T c(F (X)) f¨ ur alle X ∈ T M gelten. Lokal hat ein Spray dieselbe Form wie jedes Vektorfeld zweiter Ordnung, nur muß nun fi (x, cy) = c2 fi (x, y) gelten, denn in lokalen Koordinaten ist auch T c einfach Multiplikation mit c. Mit anderen Worten ist ein Spray ein Vektorfeld zweiter Ordnung, das quadratisch in q˙ ist. Hier erkennt man schon, daß Sprays sehr viel mit Riemannschen Metriken zu tun haben. 56
Deswegen ist es auch nicht verwunderlich, daß eine Riemannsche Metrik g auf Q einen Spray auf Q induziert. Zur Konstruktion dieses Sprays verwenden wir nicht die u ¨blichen, von einer Karte x Pauf Q induzierten Koordinaten (x, y) auf T Q, sondern statt y verwenden wir pi := j gP ij (x)yi , wobei die Funktionen gij ≥ 0 die Koeffizienten der Riemannschen Metrik g = ij gij dxi ⊗ dxj sind. Die erlaubt einem, mittels der in X quadratischen Funktion E(X) := 12 g(X, X) auf P ullt, zumindest T Q, die kinetische Energie heißt und lokal E(x, p) = 21 ij gij (x)pi pj erf¨ lokal einen Spray durch X ∂E ∂ X ∂E ∂ F = − ∂pi ∂xi ∂xi ∂pi i i zu definieren. Da die Koordinatenwahl aber in nat¨ urlicher Weise von der Metrik g abhing, lassen sich die so in einzelnen Kartengebieten definierten Sprays zu einem globalen Spray auf Q zusammenf¨ ugen, der der Riemannsche Spray heißt. Die L¨osungen der Gleichung q¨ = F ◦ q˙ heißen Geod¨aten, sie modellieren die freie, nur von der kinetischen Energie induzierte zeitliche Evolution der Konfiguration. Die lokale Darstellung des Sprays in Koordinaten zeigt direkt dE(F ) = 0, d.h. die kinetische Energie E ist konstant entlang von Geod¨aten. Beispiel: Die geod¨atische Gleichung auf dem Euklidischen Rn lautet in kartesischen KoordinatenP x¨ = 0, denn der Riemannsche Spray ist wegen gij ≡ δij , d.h. pi = yi und E(x, y) = 21 i yi2 , in kartesischen Koordinaten durch F =
X i
yi
X ∂ ∂ − 0 i ∂xi ∂y i
gegeben, die Geod¨atengleichung lautet also x˙ i = yi und y˙ i = 0, d.h. x¨ = 0. Ein nur von der kinetischen Energie getriebenes Teilchen bewegt sich also auf einer Geraden. Beispiel: Auf dem Kreis Sr1 ⊂ R2 vom Radius r ist die von der Euklidischen Metrik auf R2 induzierte Riemannsche Metrik in Polarkoordinaten r2 dφ ⊗ dφ, wie wir schon in 5.2 berechnet hatten. Die geod¨atische Gleichung lautet somit auch dort φ¨ = 0, die Geod¨aten bewegen sich mit konstanter Winkelgeschwindigkeit auf dem Kreis. W¨ urde man die Geod¨atengleichung auf S 2 hinschreiben, so w¨ urde man sehen, daß die 2 Geod¨aten gerade die Großkreise auf S sind. Wir diskutieren stattdessen lieber die hyperbolische Ebene: Beispiel: Die mit der vom Minkowski-Skalarprodukt auf R3 induzierten Riemannschen Metrik ausgestattete hyperbolische Ebene H2 kann man identifizieren mit der Halbebene R×R+ und der in kartesischen Koordinaten (x, y) durch gij (x, y) = y12 gegebenen Metrik. Wegen pi = y12 yi gilt E = (x, y, p1 , p2 ) lautet:
y2 (p21 2
x˙ = y 2 p1
+ p22 ), so daß die Geod¨atengleichung in Koordinaten
y˙ = y 2 p2
p˙1 = 0 p˙2 = −y(p21 + p22 ) 57
dy = p2 /p1 nur von p2 Wir wollen die Geod¨aten ausrechnen: Da p1 konstant ist, ist dx abh¨angig. Eine Rechnung liefert d d2 1 2 dy d p2 y = y = y = dx2 2 dx dx dx p1 p22 y dp2 p22 y p21 + p22 + = − = −1 p21 p1 dx p21 p1 yp1
d.h. y 2 ist ein quadratisches Polynom in x mit Vorzeichen −1 vor dem h¨ochsten Koeffizienten. Somit sind die Geod¨aten Halbkreise y 2 + (x − a)2 = b2 in der Halbebene um Punkte (a, 0) herum.
Konservative Kr¨ afte: Hat man eine Riemannsche Metrik g auf dem Konfigurationsraum Q zur Verf¨ ugung, dann kann man nicht nur u ¨ber die von der kinetischen Energie induzierte Kraft (den Riemannschen Spray) sprechen, sondern auch u ¨ber die von einer potentiellen Energie induzierte Kraft. Solch eine wird als konservative Kraft bezeichnet. Eine Funktion V : Q → R heißt potentielle Energie, wenn man sie als Erzeugende des Vektorfeldes grad V auf Q interpretiert. Man erinnere sich and die Definition von grad V durch g(grad V, ·) = dV (·). Nun kann man dieses Vektorfeld grad V auf Q mittels der Metrik vertikal liften zu einem Vektorfeld ver(grad V ) auf T Q. Dabei nennt man ein Vektorfeld X auf T Q vertikal, wenn T π ◦ X = 0 gilt. Die Metrik induziert nun ein Splitting T T Q ∼ = T Q × T Q, bei dem T π : T T Q → T Q ein Isomorphismus auf die erste Komponente ist. Somit kann man das Vektorfeld grad V : Q → T Q auf Q durch ver(grad V ) ∼ = (0, grad V ) zu einem Vektorfeld auf T Q vertikal liften. Subtrahiert man dieses Vektorfeld von einem Spray F , dann ist F − ver(grad V ) immer noch ein Vektorfeld zweiter Ordnung, denn T P ◦ (F − ver(grad V )) = T P ◦ F = IdT Q . Ist F der Riemannsche Spray, dann heißt F − ver(grad V ) die von der Summe aus kinetischer Energie und potentieller Energie induzierte Kraft. Beispiel: F¨ ur ein Punktteilchen im R3 und ein Potential V : R3 → R ist die Gleichung zweiter Ordnung in kartesischen Koordinaten x¨ = − grad V (x). Beispielsweise ist f¨ ur ein Teilchen der Masse m1 im Gravitationsfeld einer festen Punktmasse m2 bei 0 das klassische Potential in Polarkoordinaten V (r) = gmr1 m2 mit der Gravitationskonstante, und somit lautet die Newtonsche Gleichung x¨i = − gm1rm3 2 xi .
58
6.2
Lagrangesche Mechanik
Die Mannigfaltigkeit Q modelliere den Konfigurationsraum eines mechanischen Systems. Dann modelliert man in der Lagrangeschen Mechanik das Evolutionsgesetz f¨ ur ¨ die zeitliche Anderung der Konfiguration q(t) durch eine Funktion L : T Q → R (genannt die Lagrange-Funktion) und durch R t1die Forderung, q(t) m¨oge auf jedem Intervall [t0 , t1 ] ˙ minimieren. Mit anderen Worten besagt das Wirkungsfunktional I(q) := t0 L(q(t))dt das Lagrangesche Evolutionsgesetz, daß ein mechanisches System zu jedem Zeitpunkt versucht, das Wirkungsfunktional zu minimieren. Nun muß an einem Minimum von I nat¨ urlich die Ableitung dI verschwinden. Dabei beachte man allerdings, daß I nicht auf einem endlichdimensionalen, sondern einem unendlichdimensionalen Raum definiert ist, dem Raum aller Kurven q(t) in die Mannigfaltigkeit Q mit festem Anfangspunkt q(t0 ) und festem Endpunkt q(t1 ). Diesen Raum kann man rigoros zu einer unendlichdimensionalen Mannigfaltigkeit machen, deren Tangentialraum in der Kurve q der Raum aller Kurven X : R → T Q mit π ◦ X(t) = q(t) ist, wobei π : T Q → Q die Projektion von Tangentialvektoren auf ihren Fußpunkt bezeichnet 3 . Sei q ein Minimum von I. Bezeichne qλ eine Schar von Kurven mit q0 = q und Ableitung X, d.h. λ 7→ qλ ist eine Kurve durch q in den Raum aller Kurven in Q, die den Tangentialvektor X in q repr¨asentiert. Dann gilt Z d d I(qλ ) = L(q˙λ (t))dt . 0 = dI(q)X = dλ dλ In Koordinaten (x, y) auf T QPist die rechte Seite nach Vertauschung von Differentiation und Integration mit X(t) = i Xi (t) ∂x∂ i gerade Z X X ∂L d ∂L X (t) + X (t)dt . i i i dt i ∂x ∂y i i Partiellle Integration im zweiten Term liefert daher (zumindest bei Variation nur u ¨ber Kurven mit festem Anfangs- und Endpunkt [a, b], in denen dann X verschwindet) Z X Z X d ∂L ∂L 0= X (t) − X (t)dt = i i i i ∂x dt ∂y i i 3
X ∂L d ∂L − i ∂x dt ∂y i i
! Xi (t)dt .
Da wir uns bisher auf endlichdimensionale Mannigfaltigkeiten beschr¨ankt haben, m¨ uste man hier etwas weiter ausholen, um die folgende Rechnung rigoros zu machen. Darauf verzichten wir, nehmen das folgende stattdessen als symbolisch hin und machen eine Plausibilit¨ats¨ uberlegung: Der Raum aller glatten Kurven in Q sei mit C ∞ ([t0 , t1 ], Q) bezeichnet. Dann ist eine Kurve in C ∞ ([t0 , t1 ], Q) durch q0 eine Abbildung (−, ) 3 λ 7→ qλ ∈ C ∞ ([t0 , t1 ], Q). Diese Abbildung kann man auch als Abbildung (−, ) × [t0 , t1 ] 3 (λ, t) 7→ qλ (t) ∈ Q interpretieren. Leitet man solch eine Funktion nach λ in Richtung d ∂ auf R ab, so ergibt sich eine Abbildung (−, )×[t0 , t1 ] 3 (λ, t) 7→ dλ qλ (t) ∈ des Einheitsvektorfeldes ∂λ d d ∞ Tqλ (t) Q, die man wiederum als Abbildung λ 7→ dλ qλ ∈ C ([t0 , t1 ], T Q) mit π◦ dλ qλ = qλ interpretieren kann. Ausgewertet bei λ = 0 ergeben sich daher als Tangentialvektoren in q0 ∈ C ∞ ([t0 , t1 ], Q) gerade d die Kurven X = dλ q0 ∈ C ∞ ([t0 , t1 ], T Q) mit π ◦ X = q0
59
Da diese Gleichung f¨ ur alle Richtungen X gelten muß, folgt in einem Minimum q die G¨ ultigkeit der Euler-Lagrange-Gleichungen X ∂L d ∂L − =0 . i ∂x dt y i i H¨aufig bezeichnet man die Koordinaten (x, y) von T Q hierbei mit (q, q), ˙ dann nehmen ∂L = an. die Euler-Lagrange-Gleichungen die Form dtd ∂L q˙i ∂qi Beispiel: Ist die Lagrange-Funktion L = E −V ◦π die Differenz aus kinetischer Energie E(X) := 21 g(X, X) und potentieller Energie V ◦ π : T Q → Q → R, wobei g eine Riemannsche Metrik auf Q ist, dann ist die Euler-Lagrange-Gleichung ¨aquivalent zur Newtonschen Gleichung. ∂L ∂V In der Tat, f¨ ur L(q, q) ˙ = 21 kqk−V = q˙i und ∂q = − ∂q , also q¨ = − grad V (q). ˙ (q) gilt ∂L q˙i i i Somit verallgemeinert die Lagrangesche Mechanik die Newtonsche Mechanik von durch kinetische und potentielle Energie generierten Kr¨aften.
6.3
Hamiltonsche Mechanik
In der Hamiltonschen Mechanik wird nicht mehr der Konfigurationsraum, sondern nur noch der Zustandsraum modelliert, und zwar durch eine mit einer symplektischen Form ω versehene Mannigfaltigkeit M . Definition 6.3 Eine 2-Form ω heißt symplektisch, wenn ω nicht-degeneriert, d.h. gilt ω(X, Y ) = 0 f¨ ur alle Y , so auch X = 0, und geschlossen ist, d.h. dω = 0 gilt. Beispiel: Auf dem R2n ist ω((X1 , X2 ), (Y1 , Y2 )) :=< X1 , Y2 >Euklid − < X2 , Y1 >Euklid eine symplektische Form. Denn ω hat konstante Koeffizienten und erf¨ ullt daher dω = 0. Dar¨ uberhinaus ist ω nicht-degeneriert, denn gilt < X1 , Y2 >Euklid − < X2 , Y1 >Euklid = 0 f¨ ur alle Y1 , Y2 , dann auch X1 = 0 = X2 . Beispiel: Auf jedem Kotangentialb¨ undel M := T Q∗ einer (Konfigurations-)Mannigfaltigkeit Q ist ω := −dθ eine symplektische Form, wobei die 1-Form θ auf M durch θ(Xξ ) := ξ(T π(Xξ )) auf einen Vektor Xξ ∈ Tξ (T ∗ Q) = Tξ M am Punkt ξ ∈ T ∗ Q wirkt und π : T Q∗ → Q die Projektion auf den Fußpunkt bezeichnet. In der Tat, wegen d2 = 0 ist ω geschlossen, und ω ist auch nichtdegeneriert. Denn lokal in Koordinaten (ξ, X) ∈ (Rn )∗ × Rn ∼ = T ∗ Q gilt gerade θ(X) = ξ(X) und daher hat ω lokal die Form ω((ξ, X), (ξ 0 , X 0 )) = ξ(X 0 ) − ξ 0 (X). Diese ist aber unter der Identifikation (Rn )∗ ∼ ¨bliche = Rn mittels des Euklidischen Skalarproduktes die gerade diskutierte u symplektische Form auf dem R2n . Sei H : M → R eine Funktion (die man im folgenden als Gesamtenergie interpretiert und Hamilton-Funktion nennt). Dann ist dH eine 1-Form, aufgrund der NichtDegeneriertheit von ω gibt es also ein eindeutiges Vektorfeld XH auf M mit ω(XH , ·) = 60
dH(·). Dieses nennt man das Hamiltonsche Vektorfeld zu H, und die Hamiltonsche Mechanik modelliert das Evolutionsgesetz gerade durch die zu XH geh¨orige Differentialgleichung erster Ordnung m ˙ = XH ◦ m f¨ ur den Zustand m. Diese Differentialgleichung nennt man Hamiltonsch, und sie sagt in der Hamiltonschen Mechanik die zeitliche Entwicklung des Zustands eines mechanischen Systems voraus. Lemma 6.4 H und ω sind konstant entlang von XH , d.h. die Energie und die symplektische Form werden entlang des Flusses erhalten. Beweis: Es gilt LXH H = dH(XH ) = ω(XH , XH ) = 0, da ω eine 2-Form ist. Desweiteren gilt LXH ω = iXH dω + diXH ω = 0 + d(ω(XH , ·)) = ddH = 0 aufgrund der Geschlossenheit von ω und der Definition von XH .
2
Man nennt einen Diffeomorphismus, der ω erh¨alt, symplektisch. Somit ist der von der Hamiltonschen Differentialgleichung erzeugte Fluß Φt : M → M symplektisch. Nicht auf jeder Mannigfaltigkeit M gibt es eine symplektische Form. Genauer muß M notwendigerweise eine gerade Dimension haben, und selbst dann h¨angt die Existenz einer symplektischen Form noch von gewissen topologischen Eigenschaften ab. Wir wollen im folgenden durch den Sat von Darboux zeigen, wie eine symplektische Form lokal aussieht. Satz 6.5 Zu jedem Punkt m ∈ M einer symplektischen Mannigfaltigkeit M gibt es Koordinaten, in denen ω lokal konstant ist. Beweis: OE nehmen wir an, daß M ein Vektorraum ist und m der Nullpunkt. Sei ω0 die im Nullpunkt gegebene und dann auf den ganzen Vektorraum konstant fortgesetzte 2-Form. Definiere in Abh¨angigkeit von einem Parameter t die 2-Form ω(t) := ω + t(ω0 − ω). Da ω nicht-ausgeartet ist und ω0 gerade die Form ω im Nullpunkt ist, existiert eine Umgebung des Nullpunktes, in der ω(t) nicht-ausgeartet ist f¨ ur alle t ∈ [0, 1], OE eine Kugel. Aufgrund von dω = 0 und der Lokalit¨at gibt es dann eine 1-Form α mit ω0 − ω = dα (jede geschlossene Form ist lokal exakt), und durch ω(t)(X(t), ·) = −α wird ein Vektorfeld X(t) induziert. Sei Φt der Fluss zu diesem Vektorfeld. K¨onnten wir (Φt )∗ ω(t) = ω0 f¨ ur alle t ∈ [0, 1] zeigen, dann h¨atten wir bei t = 0 einen Diffeomorphismus und somit Koordinaten gefunden, in denen ω konstant gleich ω0 ist, und w¨aren fertig. Nun gilt aber (Φ1 )∗ ω(1) = Id∗ (ω) = ω, und Differentiation von (Φt )∗ ω(t) nach t liefert d d t ∗ t ∗ (Φ ) ω(t) = (Φ ) LX(t) ω(t) + ω(t) = dt dt t ∗ t ∗ (Φ ) diX(t) ω(t) + (ω0 − ω) = (Φ ) (d(−α) + (ω0 − ω)) = 0 . 61
Daher ist (Φt )∗ ω(t) = ω0 f¨ ur alle t ∈ [0, 1], was zu zeigen war.
2
Da jede konstante symplektische Form gerade zur kanonischen Form auf dem Rn ¨aquivalent ist, folgt somit: Korollar 6.6 LokalPgibt es Koordinaten (qi , pi ) auf M , in denen die symplektische Form ω durch ω = i dqi ∧ dpi gegeben ist. Insbesondere ist dim(M ) gerade.
62
Kapitel 7 Integration und der Satz von Stokes In diesem Kapitel behandeln wir die Integration von k-Formen u ¨ber k-dimensionale Untermannigfaltigkeiten sowie Kompakta mit glattem Rand und beweisen den Satz von Stokes. Obwohl dieser in der Mechanik h¨aufig eingesetzt wird, z.B. wenn man u ¨ber den Durchfluß einer Str¨omung durch eine Fl¨ache spricht, ist die folgende mathematische Theorie vollkommen unabh¨angig vom vorigen Abschnitt u ¨ber Mechanik. Sie ben¨otigt aber nat¨ urlich die Definition von Formen auf Mannigfaltigkeiten und deren Ableitung d.
7.1
Integration im Mehrdimensionalen
Wie schon oft in den vorigen Kapiteln, wollen wir wiederum die Integration auf Mannigfaltigkeiten zur¨ uckf¨ uhren auf die Integration auf dem Rn . Manchem ist vielleicht die Lebesguesche Integrationstheorie auf dem Rn bekannt, und diese kann man nat¨ urlich auch im folgenden zur Definition der Integration auf Mannigfaltigkeiten benutzen, aber f¨ ur diejenigen, die noch nie etwas u ¨ber Integration im Mehrdimensionalen geh¨ort haben, soll hier eine kurze Zusammenfassung der Integrationstheorie geschildert werden, beginnend mit der einfachen Integrationstheorie stetiger reellwertiger Funktionen auf dem Rn mit kompaktem Tr¨ager. Integration von stetigen Funktionen mit kompaktem Tr¨ ager Sei f : Rn → R eine stetige reellwertige Funktion auf dem Rn . Man sagt, f habe kompakten Tr¨ager, Qn wenn es einen Quader Q = i=1 [ai , bi ] ⊂ Rn gibt mit {x ∈ Rn |f (x) 6= 0} ⊂ Q. Die Menge aller stetigen reellwertigen Funktionen auf dem Rn mit kompakten Tr¨ager bezeichnet man mit Cc (Rn ). Dann definiert man das Integral von f ∈ Cc (Rn ) u ¨ber den gesamten Rn durch Z Z bn Z b1 f (x)dx := ... f (x1 , . . . , xn )dx1 . . . dxn . Rn
an
a1
Rb Genauer: Mit dem u ¨blichen Riemannschen Integral auf R ist (x2 , . . . , xn ) 7→ a11 f (x1 , x2 , . . . , xn )dx1 eine von x2 , . . . , xn stetig abh¨angige reellwertige Funktion, die man nun wiederum mit 63
dem Riemannschen Integral auf R in der Variable x2 integrieren kann usw. . Man beachte, daß die Definition des Integrals nicht von der genauen Auswahl des Quaders Q abh¨angt, solange f außerhalb von Q nur verschwindet. R Das Integral I(f ) := Rm f (x)dx auf Cc (Rn ) ist linear, monoton und translationsinvariant. Genauer heißt dies, daß I(af + bg) = aI(f ) + bI(g) f¨ ur a, b ∈ R gilt, aus f ≤ g auch I(f ) ≤ I(g) folgt und mit (Ty f )(x) := f (x + y) die Gleichheit I ◦ Ty = I f¨ ur alle y ∈ Rn gilt. Umgekehrt kann man beweisen, daß jedes lineare, monotone und translationsinvariante Funktional I : Cc (Rn ) → R bis auf einen konstanten Faktor identisch mit dem gerade definierten Integral ist. Die Transformationsformel Sei U ⊂ Rn offen. Bezeichne mit Cc (U ) die Menge der stetigen Funktionen f : U → R, deren Tr¨ager {x ∈ Rn |f (x) 6= 0} bereits innerhalb einer kompakten Menge K ⊂ U liegt. Dann kann man f nat¨ urlich durch f (x) := 0 f¨ ur x ∈ Rn \U zu einer stetigenR Funktion mit kompaktem Tr¨ager auf dem Rn fortsetzen, und definiert man das Integral U f (x)dx u ¨ber U als das Integral dieser Fortsetzung, so erh¨alt man einen wohldefinierten Begriff. F¨ ur dieses Integral gilt der Transformationssatz: Satz 7.1 Sei φ : U → V ein C 1 -Diffeomorphismus zwischen offenen Mengen. Dann folgt aus f ∈ Cc (V ) auch f ◦ φ ∈ Cc (U ) und es gilt Z Z (f ◦ φ)(x)| det(Dφ(x))|dx = f (y)dy U
V
Integration von halbstetigen Funktionen Ist eine Funktion f der punktweise Grenzwert einer monoton wachsenden (fallenden) Folge fn ∈ Cc (Rn ) von stetigen Funktionen mit kompaktem Tr¨ager, so nennt man f halbstetig von untenR (oben) bzw. zu H↑ R ↓ (H ) geh¨orig und kann das Integral von f durch Rn f dx := limn Rn fn dx definieren, denn wegen der Monotonie existiert der Grenzwert zumindest uneigentlich (d.h. als Zahl ∈ R oder als ±∞). Dabei ist zu beachten, daß der Wert des R Integrals nicht von R der Wahl der Folge fn abh¨angt, denn f¨ ur eine zweite Folge gm gilt Rn fn dx ≤ limm Rn gm dx. Das Lebesgue-Integral Mittels des Integrals halbstetigerR Funktionen kann man R∗ Oberdurch f (x)dx := inf{ φ(x)dx|H↑ 3 φ ≥ f } R und Unterintegrale R definieren ↓ n und ∗ f (x)dx := sup{ φ(x)dx|H 3 φ ≤ fR }. Man nennt R ∗ eine Funktion f auf dem R dann Lebesgue-integrierbar, wenn −∞ < ∗ f (x)dx = f (x)dx < +∞R gilt, und den gemeinsamen Wert des Ober- und Unterintegrals bezeichnet man mit Rn f (x)dx. Im Gegensatz zum Integral halbstetiger Funktionen hat das Lebesgue-Integral bessere Konvergenzeigenschaften, z.B. ist f¨ ur eine Folge fn von Lebesgue-integrierbaren Funktionen der punktweise Grenzwert wieder Lebesgue-integrierbar, wenn nur die Funktionen fn durch einen Lebesgue-integrierbare Funktion majorisiert werden. Diese Erweiterungen des Integral-Begriffs lassen es zu, u ¨ber die Definition Vol(A) := R 1 (x)dx mit der charakteristischen Funktion 1 , die an der Stelle x den Wert Eins A Rn A hat, wenn x ∈ A gilt, und sonst gleich Null ist, Volumina einer Vielzahl von Teilmengen A des Rn zu bestimmen. 64
Beispiel: Nat¨ urlich ist das Volumen eines Quaders Q = Q n i=1 (bi − ai ).
Qn
i=1 [ai , bi ]
nichts anderes als
Beispiel: F¨ ur eine affin-lineare Transformation F : x 7→ Ax + b gilt nach dem Transformationssatz Vol(f (A)) = |det(A)| Vol(A). Beispiel: Insbesondere gilt f¨ ur das Volumen einer Kugel Brn (a) := {x ∈ Rn | kx − ak ≤ r} um den Punkt a ∈ Rn mit Radius r die Gleichheit Vol(Brn (a)) = rn Vol(B1n (0)). Um das Volumen von B1n (0) zu berechnen, ermitteln wir eine Rekursions-Formel: Es gilt Z 1 Z 1 n−1 n−1 n n−1 Vol(B1 (0)) := Vol(B√1−t2 (0)dt Vol(B1 (0)) 1 − t2 2 dt , −1
R1
n−1 2
−1
Rπ
und wegen −1 (1 − t2 ) dt = 0 sinn (x)dx =: cn (Substitution t := − cos(x)) sowie cn cn−1 = 2π erf¨ ullen die Kugelvolumina Vol(B1n (0)) = 2π Vol(B1n−2 (0)). n n
7.2
Integration von Formen
Integration von Formen auf Mannigfaltigkeiten wollen wir nun auf die Integrationstheorie auf dem Rn zur¨ uckf¨ uhren. Jede n-Form ω auf dem Rn kann man schreiben als ω = f dx1 ∧· · ·∧dxn mit einer Funktion f und den kartesischen Koordinaten xi auf dem Rn . SolangeR ω oderR¨aquivalenterweise f stetig sind und kompakten Tr¨ager haben, macht es Sinn, ω := Rn f (x)dx mittels der Integration von stetigen Funktionen mit kompaktem Tr¨ager zu definieren. Hat man desweiteren sogar einen Integralbegriff zur Verf¨ ugung, der die Integration von allgemeineren Funktionen erlaubt, z.B. von halbstetigen Funktionen, oder gar das Lebesgue-Integral, dann kann man nat¨ urlich mittels der obigen Definition auch allgemeinere Formen auf dem Rn integrieren. Orientierbarkeit: Eine Mannigfaltigkeit M heißt orientierbar, wenn man ihren Atlas A von Karten so w¨ahlen kann, daß Kartenwechsel orientiert sind, d.h. det(D(ψ◦φ−1 )) > 0 f¨ ur alle φ, ψ ∈ A gilt. Die Auswahl eines solchen Atlas heißt dann Orientierung auf M. Beispiel: Ist M ⊂ Rn eine (n−1)-dimensionale Untermannigfaltigkeit des Rn , dann ist M genau dann orientierbar, wenn es ein stetiges Einheits-Normalenvektorfeld ν : M → Rn gibt, d.h. ν(m) steht senkrecht auf Tm M ⊂ Rn bzgl. des Euklidischen Skalarproduktes und es gilt kν(m)k = 1. Ist M lokal durch die Gleichung f = 0 mit f : Rn → R gegeben, dann kann man grad f (m) w¨ahlen, denn Tm M = Ker(Df (m)) gilt. ν(m) := kgradf (m)k Das M¨obiusband ist ein Beispiel f¨ ur eine nicht-orientierbare Untermannigfaltigkeit. 65
Das Integral von n-Formen: Sei nun ω eine n-Form auf einer n-dimensionalen Mannigfaltigkeit M . Um das Integral von ω u ¨ber M zu definieren, w¨ahle man eine ¨ Uberdeckung Ui von M mit Kartengebieten von orientierten Karten φi und eine subordinierte Zerlegung der Eins i , so daß der Tr¨ager von jedem i kompakt ist und komplett in einem der Kartengebiete Ui liegt. R P R ∗ Dann ist M ω := ur eine stetige n-Form ω auf M mit i φ(Ui ) φi (i ω) zumindest f¨ 1 kompaktem Tr¨ager wohldefiniert und insbesondere von der Wahl der Karten φi und der Zerlegung der Eins i unabh¨angig. In der Tat, da jede n-Form auf dem Rn gerade ein Vielfaches der Determinantenfunktion det = dx1 ∧ · · · ∧ dxn ist, gilt f¨ ur eine n-Form ω mit Tr¨ager in einer offenen Menge U , auf der sowohl φ als auch ψ Karten sind, bei φ∗ ω = f dx1 ∧ · · · ∧ dxn die Gleichung ψ ∗ ω = (ψ ◦ φ−1 )∗ (φ∗ ω) = (ψ ◦ φ−1 )∗ (f dx1 ∧ · · · ∧ dxn ) = (f ◦ ψ ◦ φ−1 ) det(D(ψ −1 ◦ φ))dx1 ∧ · · · ∧ dxn . Nach der Transformationsformel folgt somit Z Z Z Z ∗ −1 −1 φω= f (x)dx = (f ◦ ψ ◦ φ )(x) det(D(ψ ◦ φ))dx = φ(U )
φ(U )
ψ(U )
ψ∗ω
ψ(U )
und daher die Unabh¨angigkeit von der speziellen Kartenwahl auf einem Kartengebiet. Man beachte, daß hier die Orientierung entscheidend eingeht, sonst st¨ande die Determinante im Betrag | · |. P Dar¨ uP berhinaus gilt f¨ ur P verschieden Zerlegungen derPEins R i und ζjRwegen i i ζj = ζj R R und j i ζj = i , also i M i ζj ω = Uj ζj ω und j M i ζj ω = Ui i ω. AufsummieP R P R ren u ¨ber den jeweils anderen Index liefert daher i Ui i ω = j Uj ζj ω und also die Unabh¨angigkeit von der speziellen Wahl der Zerlegung der Eins. Beispiel: Ist M ⊂ Rn eine (n − 1)-dimensionale Untermannigfaltigkeit des Rn , die durch f = 0 gegeben ist. Dann ist in kartesischen Koordinaten durch n
X ∂f 1 ˆ i ∧ · · · ∧ dxn (−1)i−1 dx1 ∧ · · · ∧ dx ω := k grad f k i=1 ∂xi eine (n − 1)-Form auf M definiert, die man die Volumenform auf M nennt. R Pn Allgemeiner heißt das Integral M ω der Durchfluß des u ¨ber ω = i=1 Xi dx1 ∧ · · · ∧ ˆ i ∧ · · · ∧ dxn zu ω geh¨origen Vektorfeldes X durch die Fl¨ache M . dx Das Integral von k-Formen, k < n : Ist ω eine k-Form, k < n, auf einer ndimensionalen Mannigfaltigkeit M , dann kann man M nat¨ urlich nicht u ¨ber M integrieren, wohl aber u ¨ber orientierte Untermannigfaltigkeiten N ⊂ M der Dimension k. 1
Nat¨ urlich kann man die Integration auch wieder auf halbstetige bzw. Lebesgue-integrierbare Formen ausdehnen.
66
Dazu muß man aber zun¨achst einmal den Begriff der Untermannigfaltigkeit einer Mannigfaltigkeit (und nicht nur des Rn ) definieren, was aber ganz einfach geht: Eine k-dimensionale Untermannigfaltigkeit N ⊂ M ist eine Teilmenge N von M mit einem Atlas, der N so zur k-dimensionalen Mannigfaltigkeit macht, daß die Inklusion ι : N → M eine Submersion ist, d.h. an jedem Punkt n ∈ N ist Tn ι surjektiv. Untermannigfaltigkeiten von allgemeinen Mannigfaltigkeiten verhalten sich dann ganz genauso wie Untermannigfaltigkeiten des Rn . Nun ist das Integral einer k-Form ω auf M u ¨ber eine orientierte k-dimensionale Untermannigfaltigkeit N ⊂ M einfach durch die Integration der k-Form ι∗ ω auf N definiert, d.h. durch das Integral der Einschr¨ankung von ω u ¨ber N . Die Volumenform auf orientierten Riemannschen Mannigfaltigkeiten Ist M eine Mannigfaltigkeit mit Riemannscher Metrik g und x eine orientierte orthonormale Karte, d.h. die Vektoren ∂x∂ i bilden eine orientierte Orthonormalbasis an jedem Punkt des Kartengebietes, dann ist die n-Form dx1 ∧· · ·∧dxn auf dem Kartengebiet unabh¨angig von der speziellen Form der Karte x und eine Volumenform, d.h. Anwendung auf eine orientierte Basis liefert einen Wert > 0. Desweiteren lassen sich die so definierten Volumenformen auf Kartengebieten zu einer Volumenform auf ganz M zusammensetzen, da die Eigenschaft, orientierte Basen auf einen Wert > 0 abzubilden, konvex ist.
7.3
Der Satz von Stokes
Singul¨ are Wu ¨ rfel Eine Abbildung c : [0, 1]k → M heißt ein singul¨arer k-dimensionaler W¨ urfel, f¨ ur k = 0 setzt man [0, 1]0 := {0}. Ein singul¨arer 0-dimensionaler W¨ urfel ist ein Punkt in M , ein singul¨arer 1-dimensionaler W¨ urfel ist ein Kurvenst¨ uck in M , ein singul¨arer 2-dimensionaler W¨ urfel ist ein Fl¨achenst¨ uck in M usw. . Der Standardw¨ urfel n n n n n im R ist die durch I (x) := x definierte Abbildung I : [0, 1] → R . Wir bilden k-Ketten cP von singul¨aren k-dimensionalen W¨ urfeln ci , indem wir endliche formale Summen c := i ai ci von solchen W¨ urfeln mit Koeffizienten ai ∈ Z bilden. Mit solchen Ketten kann man wie u ¨blich rechnen, beispielsweise gilt (2c1 + 3c2 − c3 ) + (−2c1 − 2c2 + 5c3 ) = c2 + 4c3 Wir wollen jeder solchen k-Kette c nun eine (k − 1)-Kette ∂c zuordnen, den Rand der Kette. Zun¨achst f¨ uhren wir dazu eine geeignete Bezeichnung f¨ ur die Seiten eines singul¨aren n-dimensionalen W¨ urfels c ein: Das Symbol ci,0 bezeichne die Seite x 7→ c(x1 , . . . , xi−1 , 0, xi+1 , . . . , xn ), w¨ahrend das Symbol ci,1 die Seite bezeichne, die durch x 7→ c(x1 , . . . , xi−1 , 1, xi+1 , . . . , xn ) gegeben ist. Den W¨ urfels PkRand P1 des k-dimensionalen i+α c definieren wir := i=1 P ci,α , und den Rand α=0 (−1) Pdann als die (k − 1)-Kette ∂cP einer k-Kette ai ci als die (k − 1)-Kette ∂( ai ci ) := i ai ∂ci . Beispielsweise hat der 1-dimensionale Standardw¨ urfel [0, 1] ⊂ R als Rand die gewichtete Summe −1 · d1 + 1 · d2 mit den Punkten d1 := 0 und d2 := 1. 67
Die Verbindung zwischen der Ableitung d von Formen und dem Randoperator ∂ auf Ketten kann man schon aufgrund des folgenden Lemmas erahnen: Lemma 7.2 Es gilt ∂ 2 = 0 . Beweis: Es gilt f¨ ur einen singul¨aren k-dimensionalen W¨ urfel ! k X 1 X ∂ (∂c) = ∂ (−1)i+α ci,α = i=1 α=0 k 1 k−1 1 XXXX i+j+α+β
(−1)
(ci,α )j,β
.
i=1 α=0 j=1 β=0
Da (ci,α )j,β = (cj+1,β )i,α f¨ ur i ≤ j gilt (z.B. hat bei einem 2-dimensionalen W¨ urfel jeder Eckpunkt zwei Kanten, die sich in dem Eckpunkt treffen) und diese mit unterschiedlichem Vorzeichen in der Summe auftauchen, heben sich zwei solche Paare immer gerade gegenseitig auf. Die Summe ist also Null, d.h. ∂ 2 = 0 gilt. 2 Der Satz von Stokes Wir wollen nun den Satz von Stokes f¨ ur Ketten von eingebetteten W¨ urfeln formulieren und beweisen. P Dazu definieren wir zun¨achst einmal furReine k-Kette c := ai ci und eine k-Form ω P R ∗ auf M das Integral von ω u ¨ber c durch c ω := i ai [0,1]k ci ω. Man beachte, daß der R R Transformationssatz f¨ ur Formen gerade als ci ((0,1)k ) ω = (0,1)k c∗i ω geschrieben werden kann (wobei die k-dimensionale Untermannigfaltigkeit ci ((0, 1)k ) von M die von der u urfel im Rk induzierte Orientierung tr¨agt). ¨blichen Orientierung des W¨ Der Satz von Stokes f¨ ur eingebettete W¨ urfel lautet nun in dieser Notation: Satz 7.3 F¨ ur jede k-Kette c aus differenzierbaren k-dimensionalen W¨ urfeln und jede (k − 1)-Form ω auf M gilt Z Z dω = ω c
∂c
Beweis: Zun¨achst beweisen wir den Satz f¨ ur den Standardw¨ urfel im Rk , und danach k den allgemeinen Fall. Sei ω eine (k − 1)-Form auf [0, 1] , dann hat ω die Gestalt ω=
k X
ˆ i ∧ · · · ∧ dxk fi dx1 ∧ · · · ∧ dx
.
i=1
Nun ist das Integral Z [0,1]k−1
k Ij,α
∗
ˆ i ∧ · · · ∧ dxk fi dx1 ∧ · · · ∧ dx
nur im Fall i = j ungleich Null (sonst steht an j-ter Stelle eine R Konstante, und dxj darauf angewandt liefert Null), und dann ist der Wert einfach [0,1]k fi (x1 , . . . , α, . . . , xk )dx. 68
Daher gilt Z ω= ∂I k k X i=1
k X k X 1 X
j+α
Z [0,1]k−1
i=1 j=1 α=0 i+1
k Ij,α
(−1)
∗
Z
ˆ i ∧ · · · ∧ dxk = fi dx1 ∧ · · · ∧ dx i
(−1)
Z
f (x1 , . . . , 1, . . . , xk )dx + (−1) [0,1]k
f (x1 , . . . , 0, . . . , xk )dx . [0,1]k
Andererseits gilt nach Definition der Ableitung d von Formen gerade ˆ i ∧ · · · ∧ dxk = (−1)i−1 ∂fi dx1 ∧ · · · ∧ dxk d fi dx1 ∧ · · · ∧ dx ∂xi
,
und daher nach dem Fundamentalsatz der Differential- und Integralrechnung im Eindimensionalen k Z X ˆ i ∧ · · · ∧ dxk = d fi dx1 ∧ · · · ∧ dx [0,1]k
i=1 k X
1
1
Z
1
∂fi ˆ i . . . dxk = (−1) ... dxi dx1 . . . dx ∂x i 0 0 0 i=1 Z Z k X i−1 i (−1) fi (x1 , . . . , 1, . . . , xk )dx + (−1) fi (x1 , . . . , 0, . . . , xk )dx . i=1
i−1
Z
Z
[0,1]k
[0,1]k
Dies bedeutet aber gerade Z
Z
ω
dω = ∂I k
Ik
R F¨ R ur die∗ allgemeine Situation beachte man, daß die Transformationsformel hier c ω = c ω lautet. Da außerdem das Pullback mit der Ableitung d vertauscht, gilt [0,1]k Z Z Z Z Z ∗ ∗ ∗ dω = c (dω) = d(c ω) = cω= ω . c
Ik
Ik
∂I k
∂c
2 Den Satz von Stokes k¨onnte man also auch als Hauptsatz der Differential- und Integralrechnung bezeichnen, er ist der zentrale Satz u ¨ber Formen und verallgemeinert Rb 0 f (x)dx = f (b) − f (a). a Man kann den Satz von Stokes u ¨brigens auch als Isomorphismus zwischen der singul¨aren Homologie und der de-Rham Kohomologie auffassen, dies zu erl¨autern ginge aber u ¨ber den Rahmen dieser Vorlesung hinaus. Integration u ¨ ber Kompakta mit glattem Rand W¨ahrend wir zuvor immer nur eingebettete W¨ urfel betrachtet und f¨ ur diese den Satz von Stokes bewiesen haben, wollen wir abschließend noch die allgemeinere Situation der Integration von Kompakta mit glattem Rand betrachten, wo man keine ausgezeichnete Einbettung hat. 69
Zuvor war die Integration von k-Formen ω u ¨ber k-dimensionale Untermannigfaltigkeiten N einer Mannigfaltigkeit M definiert worden. Nun wollen wir Integration u ¨ber kompakte Teilmengen K einer k-dimensionalen Untermannigfaltigkeit N ⊂ M mit glattem Rand ∂K und nichtleerem Inneren K 0 betrachten, d.h. der Rand ∂K = K \ K 0 von K ist eine (k − 1)-dimensionale Untermannigfaltigkeit von N . R R F¨ ur solche Teilmengen definiert man K ω := K 0 ω, und dies ist wohldefiniert, da der Rand eine Nullmenge bzgl. jedes k-dimensionalen Volumens ist. Dar¨ uberhinaus wird auf dem Rand eines Kompaktums K mit nichtleerem Inneren in einer orientierte Mannigfaltigkeit M auch eine Orientierung induziert, und f¨ ur den Operator ∂, der jedem solchen Kompaktum seinen orientierten glatten Rand zuordnet, gilt dann wiederum ∂ 2 = 0. Der Satz von Stokes lautet in dieser Formulierung dann: Satz 7.4 Sei K ein Kompaktum mit glattem Rand in einer k-dimesnionalen orientierM und ω sei eine stetig differenzierbare (k − 1)-Form. Dann gilt Rten Mannigfaltigkeit R dω = ω, wobei ∂K die induzierte Orientierung tr¨agt. K ∂K Der Satz von Gauss: Der Satz von Gauss ist der Spezialfall des Satzes von Stokes auf einer Riemannschen Mannigfaltigkeit M der Dimension n, bei dem man eine (n−1)Form ω als ein Vektorfeld F auf M interpretiert und die Ableitung dω als Produkt aus der Divergenz des Vektorfeldes mit der Riemannschen Volumenform. Bezeichnet ν das ¨außere Normaleneinheitsfeld an den Rand des Kompaktums K und < ·, · > das Skalarprodukt auf dem Tangentialraum, dann lautet der Satz von Gauss in klassischer Notation Z Z Z Z div(F )dx , dω = ω= < F, ν > dS = ∂K
K
∂K
K
d.h. die Str¨omung durch den Rand ist genau so groß wie die Divergenz (=die Quellen der Str¨omung) im Inneren.
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Kapitel 8 Allgemeine Relativit¨ atstheorie Im Kapitel u ¨ber Mechanik hatten wir schon Geod¨aten auf Riemannschen Mannigfaltigkeiten M kennengelernt. Dies waren k¨ Rubrzeste Kurven in M , wobei die L¨ange einer Kurve c : [a, b] → M durch L(c) = a kckdt ˙ definiert war. Die zur Minimierung des Funktionals L(c) unter den Kurven mit festem Anfangs- und Endpunkt geh¨origen Euler-Lagrange-Gleichungen waren dabei identisch mit den Newtonschen Gleichungen zum Riemannschen Spray, also mit den Geod¨atengleichungen. In der allgemeinen Relativit¨atstheorie interpretiert man nun Geod¨aten in einer vierdimensionalen Riemannschen Mannigfaltigkeit der Signatur (−, +, +, +) als Weltlinien von Punktteilchen, deren Bewegung nur von der Gravitation beeinflußt wird, wobei die Riemannsche Metrik das Gravitationsfeld modelliert. Dies wollen wir im folgenden genauer diskutieren.
8.1
Relativistische Mechanik von Punktteilchen
W¨ahrend man in der klassischen Mechanik Raum und Zeit getrennt voneinander durch eine dreidimensionale Riemannsche Mannigfaltigkeit M (speziell den dreidimensionalen Euklidischen Raum) als Modell f¨ ur den Raum (=den Konfigurationsraum eines Punktteilchens) und den eindimensionalen Euklidischen Raum R als Modell f¨ ur die Zeit modelliert hatte, modelliert man in der relativistischen Mechanik Raum und Zeit gemeinsam durch eine vierdimensionale Mannigfaltigkeit M mit einer Riemannschen Metrik der Signatur (−, +, +, +). Beispiel: Den mit der Minkowski-Metrik < x, y >:= −x0 y0 + x1 y1 + x2 y2 + x3 y3 versehenen R4 nennt man die Raumzeit der speziellen Relativit¨atstheorie. Betrachtet man also eine Kurve c in M als Modell f¨ ur die Konfiguration eines Punktteilchen, so tr¨agt jedes Punktteilchen nicht nur seine eigene Position, sondern auch seine eigene Zeit mit sich, z.B. ist f¨ ur den Minkowski-Raum M = R4 die Komponente c0 gerade die Eigenzeit des von der Kurve modellierten Punktteilchens. Einen Tangentialvektor c˙ bzw. die Kurve c nennt man 71
• zeitartig bzw. unterlichtschnell, falls kck ˙ 2 < 0 gilt, • lichtartig bzw. lichtschnell, falls kck ˙ 2 = 0 gilt, und • raumartig bzw. u ˙ 2 > 0 gilt. ¨berlichtschnell, falls kck Allgemein kann durch diese Definition Tm M und somit lokal auch M aufspalten in die zur Signatur − geh¨orige R-Komponente, die Zeit, und die zur Signatur + + + geh¨orige R3 -Komponente, den Raum. Solch eine Aufspaltung von M ist aber eben nur lokal und nicht global m¨oglich, nicht jede vierdimensionale Raumzeit ist zum Minkowski-R4 isomorph. Beispiel: Eine Robertson-Walker Raumzeit ist das Produkt aus einer dreidimensionalen Riemannschen Mannigfaltigkeit (S, gS ) mit konstanter Skalarkr¨ ummung (wird unten 2 definiert) und R, wobei man als Metrik −dt ⊗ dt + f (t) gS w¨ahlt mit einer positiven Funktion f . Spezielle Wahl von f erlaubt es z.B. ein Universum mit Urknall zu modellieren, ja man kann sogar zeigen, daß unter gewissen Voraussetzungen eine Robertson-Walker Raumzeit immer einen Urknall besitzen muß. Zeitartige Kurven in einer Raumzeit M sollen nun die Weltlinien von bewegten Punktteilchen modellieren. Den Parameter einer Weltlinie c kann man dabei nicht mehr allgemein als Zeit interpretieren. Jedoch l¨aßt sich eine zeitartige Kurve immer eindeutig so umparametrisieren, daß kck ˙ 2 = −1 gilt. Rsp ˙ c(t) ˙ >dt hat als Ableitung gerade ψ 0 (s) = Beweis: Die Funktion ψ(s) := 0 − < c(t), p − < c(s), ˙ c(s) ˙ >. Dies ist eine Zahl gr¨oßer als Null, ψ besitzt daher eine Umkehrfunktion φ. Nach der Kettenregel gilt dann < d(c◦φ)) , d(c◦φ)) >= −1, die Umparametrisierung dt dt c ◦ φ ist also die gesuchte. 2 Man sagt, solche Kurven seien nach ihrer Eigenzeit parametrisiert. Nun w¨are es schlecht, wenn ein Punktteilchen, daß sich nur unter Gravitation bewegt, seinen Typ einfach ¨andern w¨ urde. Dies ist aber nicht der Fall: Lemma 8.1 Gen¨ ugt die Kurve x den Geod¨atengleichungen, so ist 21 kxk ˙ 2 konstant. Beweis: H(x, x) ˙ = 12 kxk ˙ 2 ist gerade die Hamilton-Funktion, die die Geod¨atengleichungen erzeugt, und der Fluß zu den Hamiltonschen Differentialgleichungen erh¨alt die Hamilton-Funktion. 2 H¨atte man noch mehr Zeit zur Verf¨ ugung, k¨onnte man mittels der relativistischen Kinematik solche Ph¨anomene wie das Zwillingsparadoxon usw. diskutieren. Wir wollen jedoch stattdessen zum Abschluß noch die das Gravitationsfeld bestimmenden partiellen Differentialgleichungen kennenlernen, die Einsteinschen Feldgleichungen. 72
8.2
Die Einsteinschen Feldgleichungen
Nachdem wir nun u ¨ber die Bewegung von Punktteilchen in Raumzeiten unter Gravitation Bescheid wissen, wollen wir nun noch die die Entwicklung der Gravitation bestimmenden Gleichungen herleiten, die Einsteinschen Feldgleichungen. Dazu m¨ ussen wir jedoch zun¨achst einige Begriffe einf¨ uhren, die sich mit Ableitung und Kr¨ ummung einer Riemannschen Mannigfaltigkeit besch¨aftigen. Um Vektorfelder und allgemeinere Tensoren ableiten zu k¨onnen, hatten wir die LieAbleitung LX entlang eines Vektorfeldes definiert. Allgemein w¨ urde man einen Operator ∇X Y , der Vektorfeldern X, Y ein Vektorfeld ∇X Y zuordnet, wohl Ableitung von Y in Richtung X nennen d¨ urfen, wenn ∇aX+bY = a∇X + b∇Y (Linearit¨at) und ∇X (f Y ) = f ∇X Y + (Xf )Y (Derivationseigenschaft) gilt. Um diesen Begriff von anderen Ableitungen zu unterscheiden, nennt man solch ein ∇ einen Zusammenhang. Nun kann man sich irgendeinen Zusammenhang w¨ahlen und ihn als Ableitungsbegriff betrachten. Auf Riemannschen Mannigfaltigkeiten gibt es aber einen speziellen, von der Metrik induzierten Ableitungsbegriff: Lemma 8.2 Zu einer Metrik g auf M gibt es genau einen Levi-Cita-Zusammenhang auf M , d.h. einen torsionsfreien, mit der Metrik vertr¨aglichen Zusammenhang ∇. Genauer heißt dies, daß gilt: • ∇X Y − ∇Y X = [X, Y ] (torsionsfrei) • Xg(Y, Z) = g(∇X Y, Z) + g(Y, ∇X Z) (metrisch) Der mittels des Levi-Cita-Zusammenhangs ∇ definierten (1, 3)-Tensor
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(X, Y, Z) 7→ R(X, Y )Z := ∇X ∇Y Z − ∇Y ∇X Z − ∇[X,Y ] heißt der Riemannsche Kr¨ ummungstensor. Er beschreibt die interne Kr¨ ummung einer Riemannschen Mannigfaltigkeit. Ist Ei P eine Orthonormalbasis am Punkt m, dann nennt man den (0, 2)-Tensor Ric(Y, Z) := i g(R(Ei , Y )Z, Ei ) den Ricci-Tensor, und P die Funktion (0-Tensor) S := i,j g(R(Ei , Ej )Ej , Ei ) die Skalarkr¨ ummung von M . Die Einsteinschen Feldgleichungen f¨ ur die Metrik g lauten dann Ric − S2 g = T mit dem Energie-Impuls-Tensor T (ebenfalls ein (0, 2)-Tensor), und diese nichtlinearen partiellen Differentialgleichungen bestimmen das durch g modellierte Gravitationsfeld. Wir wollen abschließend zeigen, wie man die Einsteinschen Feldgleichungen herleiten kann.
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Daß R wirklich nur vom Wert der Vektorfelder an einem Punkt und nicht von deren Verhalten in einer Umgebung abh¨ angt, muß man beweisen !
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Satz 8.3 Im Vakuum T R= 0 (und f¨ ur kompaktes M ) sind die zur Minimierung der Skalarkr¨ ummung I(g) := M Sd Volg geh¨origen partiellen Differentialgleichungen gerade die Einsteinschen Feldgleichungen. Das Gravitationsfeld entwickelt sich also so, daß die Skalarkr¨ ummung minimal wird. Zur weiteren Vertiefung sei abschließend [K¨ uhnel, Kapitel 8] empfohlen.
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Anhang A Beispiele
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Literaturverzeichnis [AbrahamMarsdenRatiu] Ralph Abraham, Jerrold E. Marsden, Tudor Ratiu, Manifolds, Tensor Analysis and Applications, Applied Mathematical Sciences, 75. Springer-Verlag, New York, 1988. [BrickellClark] Frederick Brickell, Ronald S. Clark, Differentiable Manifolds - An Introduction, Van Nostrand, 1968. [Forster] Otto Forster, Analysis 3, Vieweg, 3. Auflage, 1984. [K¨onigsberger] Konrad K¨ onigsberger, Analysis 2, Springer, 1. Auflage, 1993. [K¨ uhnel] Wolfgang K¨ uhnel, Differentialgeometrie, Vieweg, 1999. [tomDieck] Tammo tom Dieck, Differentialtopologie, Skript, 2004. Download unter http://www.uni-math.gwdg.de/tammo/skripten/skripten.html
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