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Atlas der diagnostischen Endourologie Herausgegeben von Sebastian Wille Axel Heidenreich Mit Beiträgen von Anne-Karoline Ebert Oliver Gralla Axel Heidenreich Sven Lahme Peter Liske Carsten-Henning Ohlmann David Pfister Michel Poyi Kamdem Wolfgang H. Rösch David Thüer Sebastian Wille
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307 Abbildungen
Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
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Aktuelle Informationen finden Sie unter www.thieme.de/detailseiten/ 9783131434715.html
Wichtiger Hinweis: Wie jede Wissenschaft ist die Medizin ständigen Entwicklungen unterworfen. Forschung und klinische Erfahrung erweitern unsere Erkenntnisse, insbesondere was Behandlung und medikamentöse Therapie anbelangt. Soweit in diesem Werk eine Dosierung oder eine Applikation erwähnt wird, darf der Leser zwar darauf vertrauen, dass Autoren, Herausgeber und Verlag große Sorgfalt darauf verwandt haben, dass diese Angabe dem Wissensstand bei Fertigstellung des Werkes entspricht. Für Angaben über Dosierungsanweisungen und Applikationsformen kann vom Verlag jedoch keine Gewähr übernommen werden. Jeder Benutzer ist angehalten, durch sorgfältige Prüfung der Beipackzettel der verwendeten Präparate und gegebenenfalls nach Konsultation eines Spezialisten festzustellen, ob die dort gegebene Empfehlung für Dosierungen oder die Beachtung von Kontraindikationen gegenüber der Angabe in diesem Buch abweicht. Eine solche Prüfung ist besonders wichtig bei selten verwendeten Präparaten oder solchen, die neu auf den Markt gebracht worden sind. Jede Dosierung oder Applikation erfolgt auf eigene Gefahr des Benutzers. Autoren und Verlag appellieren an jeden Benutzer, ihm etwa auffallende Ungenauigkeiten dem Verlag mitzuteilen.
© 2009 Georg Thieme Verlag KG Rüdigerstraße 14 70469 Stuttgart Deutschland Telefon: +49/(0)711/8931-0 Unsere Homepage: www.thieme.de Printed in Germany Zeichnungen: Adrian Cornford, Reinheim-Zeilhard; Prof. Dr. med. Otto Kneise ✝ und Prof. Dr. med. Martin Stolze ✝, Halle; Markus Voll, München Umschlaggestaltung: Thieme Verlagsgruppe Satz: primustype Hurler, Notzingen gesetzt in InDesign Druck: Firmengruppe APPL, aprinta Druck, Wemding
Geschützte Warennamen (Warenzeichen) werden nicht besonders kenntlich gemacht. Aus dem Fehlen eines solchen Hinweises kann also nicht geschlossen werden, dass es sich um einen freien Warennamen handelt. Das Werk, einschließlich aller seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und
ISBN 978-3-13-143471-5
Verarbeitung in elektronischen Systemen.
IV
1 2 3 4 5 6
Vorwort Mit der Erfindung der Zystoskopie durch Maximilian Nitze (1848–1906) im Jahre 1877 wurde der Grundstein für die Endourologie gelegt. In den letzten 132 Jahren hat sich eine beachtliche technische Entwicklung des Zystoskops vollzogen. Gleichzeitig ist die Anzahl endourologischer Diagnosen im Zusammenspiel mit klinischen Befunden, der bildgebenden Diagnostik und der Pathohistologie stetig gewachsen. Es dauerte 109 Jahre, bis durch die Minituarisierung der Instrumente und weitere technische Fortschritte 1986 die erste Ureterorenoskopie gelang, sodass auch der Harnleiter und teilweise der obere Harntrakt eingesehen werden konnten. Mit dieser technischen Errungenschaft konnten erstmals diagnostische und auch therapeutische Eingriffe am Harnleiter vorgenommen werden. Die Urethrozystoskopie und die Ureterorenoskopie zählen zu den Standarduntersuchungstechniken, die für jeden Urologen unerlässlich sind. Trotz modernster bildgebender Verfahren kann auf die klassische endoskopische Inspektion der Befunde in vielen Fällen nicht verzichtet werden. Jeder Studierende der Humanmedizin sollte die zahlreichen Diagnosen der Endourologie zumindest in der Theorie verstehen. Zur Erlangung der Facharztbezeichnung Urologie sollte zudem auch die einwandfreie Durchführung dieser endourologischen Techniken und die korrekte Einordnung der Befunde beherrscht werden.
Ein Standardwerk, das charakteristische endoskopische Befunde abbildet und in Wort und Bild erklärt, war auf dem deutschsprachigen Markt urologischer Literatur bis dato nicht verfügbar. Wir haben uns deshalb entschlossen, diese Lücke zu schließen und einen Bildatlas zur diagnostischen Urologie des unteren und oberen Harntrakts herauszugeben. Das Bildmaterial stammt aus den zahlreichen endoskopischen Untersuchungen, die tagtäglich in der Urologischen Poliklinik der Universitätsklinik Köln, im Pforzheimer Siloah St. Trudpert Klinikum und in der Klinik St. Hedwig der Universität Regensburg durchgeführt wurden. Zudem wurden historische Aquarelle aus dem „Handatlas der Cystoskopie und Urethrocystoskopie“ von O. Kneise und M. Stolze von der Martin-Luther-Universität Halle in den Atlas aufgenommen (4. Auflage, 1955). Diese Aquarelle haben einen besonderen didaktischen Wert und sind einzigartig. Wir danken den Autoren für die Beiträge und die Unterstützung bei der Fotodokumentation. Unser Dank gilt ebenso den Mitarbeitern des Thieme Verlags, insbesondere Frau Mona Dittgen. Nicht zuletzt danken wir den Mitarbeitern der Fotoabteilung an der Universitätsklinik Köln Frau Dore Hensen, Herrn Kape Schmidt, Herrn Michael Wodak und Herrn Thies Schöning. S. Wille A. Heidenreich
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Köln und Aachen, im Mai 2009
V
Anschriften Herausgeber Wille, Sebastian, PD Dr. med. Medizinische Einrichtungen der Universität zu Köln Klinik und Poliklinik für Urologie Josef-Stelzmann-Str. 9 50931 Köln
Autoren Ebert, Anne-Karoline, Dr. med. Universität Regensburg Klinik St. Hedwig Abt. für Kinderurologie Steinmetzstr. 1–3 93049 Regensburg Gralla, Oliver, Dr. med. F.E.B.U. Medizinische Einrichtungen der Universität zu Köln Klinik und Poliklinik für Urologie Josef-Stelzmann-Str. 9 50931 Köln
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Lahme, Sven, PD Dr. med. Siloah St. Trudpert Klinikum Klinik für Urologie Zentrum für minimal-invasive Therapie – urologische Robotik Wolfsbergallee 50 75177 Pforzheim Liske, Peter, Dr. med. Siloah St. Trudpert Klinikum Klinik für Urologie Zentrum für minimal-invasive Therapie – urologische Robotik Wolfsbergallee 50 75177 Pforzheim Ohlmann, Carsten-Henning, Dr. med. Universitätsklinikum des Saarlandes Klinik für Urologie und Kinderurologie Kirrberger Straße 66421 Homburg/Saar Pfister, David, Dr. med. RWTH Aachen
VI
Heidenreich, Axel, Prof. Dr. med. RWTH Aachen Klinik für Urologie Pauwelsstr. 30 52074 Aachen
Klinik für Urologie Pauwelsstr. 30 52074 Aachen Poyi Kamdem, Michel, Dr. Medizinische Einrichtungen der Universität zu Köln Klinik und Poliklinik für Urologie Josef-Stelzmann-Str. 9 50931 Köln Rösch, Wolfgang H., Prof. Dr. med. Universität Regensburg Klinik St. Hedwig Abt. für Kinderurologie Steinmetzstr. 1–3 93049 Regensburg Thüer, David, Dr. med. RWTH Aachen Klinik für Urologie Pauwelsstr. 30 52074 Aachen
Inhaltsverzeichnis Diagnostische Urethrozystoskopie 1
Durchführung der Urethrozystoskopie..................................... 2
1.1 Allgemeines A. Heidenreich, S. Wille ........................ 2 1.2 Photodynamische Diagnostik C.-H. Ohlmann........ 4 1.3 Instrumentarium A. Heidenreich, S. Wille................ 6 1.4 Vorbereitung des Patienten A. Heidenreich, S. Wille.......................................... 10 1.5 Geschlechtsspezifische Besonderheiten A. Heidenreich, S. Wille.......................................... 12 1.6 Besonderheiten im Kindesalter W. H. Rösch, A.-K. Ebert . ....................................... 14
2
Normale Anatomie und Leitstrukturen .... 20
2.1 2.2
Anatomie D. Thüer, A. Heidenreich.......................... 20 Zystoskopische Leitstrukturen D. Thüer.............. 24
3
Anatomische Normvarianten . ................. 28
3.1 Normvarianten der Urethra M. Poyi Kamdem, S. Wille...................................... 28 3.2 Normvarianten der Harnblase M. Poyi Kamdem, S. Wille...................................... 32
4
Anatomische Anomalien.......................... 34
Entzündliche Veränderungen................... 54
5.1 5.2 5.3 5.4
Urethritis S. Wille.................................................... 54 Zystitis S. Wille . ..................................................... 56 Spezifische Entzündungen S. Wille ...................... 62 Fisteln S. Wille ..........................................................64
6
Urolithiasis .............................................. 66
6.1 6.2
Urethrasteine P. Liske, S. Lahme ............................. 66 Blasensteine P. Liske, S. Lahme ............................... 68
7
Tumoren . ................................................ 70
7.1 Tumoren der Urethra C.-H. Ohlmann, A. Heidenreich . ............................ 70 7.2 Primäre Harnblasentumoren C.-H. Ohlmann, A. Heidenreich . ............................ 72 7.3 Sekundäre Harnblasentumoren C.-H. Ohlmann, A. Heidenreich . ............................ 78
8
Pathologische Veränderungen im Kindesalter .............................................. 80
8.1 Kongenitale Anomalien der Urethra W. H. Rösch, A.-K. Ebert . ....................................... 80 8.2 Kongenitale Anomalien der Blase W. H. Rösch, A.-K. Ebert . ....................................... 84 8.3 Erworbene Erkrankungen der Urethra W. H. Rösch, A.-K. Ebert . ....................................... 88 8.4 Zystitis W. H. Rösch, A.-K. Ebert . ............................. 92 8.5 Besondere Zystitisformen W. H. Rösch, A.-K. Ebert . ....................................... 94 8.6 Tumoren der Blase W. H. Rösch, A.-K. Ebert........... 96
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4.1 Urethrastrikturen S. Wille ..................................... 34 4.2 Urethradivertikel S. Wille ...................................... 38 4.3 Sphinkter- oder Blasenhalssklerose S. Wille....... 40 4.4 Prostatahyperplasie S. Wille.................................. 42 4.5 Anomalien der Ureterostien S. Wille.................... 44 4.6 Blasendivertikel und Balkenblase S. Wille . ................................................................ 48 4.7 Harnblase nach radikaler Prostatektomie S. Wille . ................................................................ 50 4.8 Orthotope Neoblase S. Wille ................................. 52
5
VII
Diagnostische Ureterorenoskopie 9
Durchführung der Ureterorenoskopie..... 100
10 Pathologische Veränderungen . .............. 110
9.1 Allgemeines S. Wille ............................................. 100 9.2 Instrumentarium S. Wille . .................................. 104 9.3 Vorbereitung des Patienten und geschlechtsspezifische Besonderheiten S. Wille................... 106 9.4 Besonderheiten im Kindesalter A.-K. Ebert, W. H. Rösch . ..................................... 108
10.1 Primäre Entzündungen O. Gralla.........................110 10.2 Sekundäraffekte durch endoluminale Katheter O. Gralla.............................................................. 112 10.3 Nieren- und Uretersteine P. Liske, S. Lahme................................................. 114 10.4 Tumoren des Ureters D. Pfister, A. Heidenreich ..................................... 118
Anhang TNM-Klassifikation und WHO-Grading für Tumoren ............................ 124 Abbildungsnachweis ...................................... 125
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Sachverzeichnis .............................................. 127
VIII
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Diagnostische Urethrozystoskopie 1 Durchführung der Urethrozystoskopie
▶ 2
2 Normale Anatomie und Leitstrukturen
▶ 20
3 Anatomische Normvarianten
▶ 28
4 Anatomische Anomalien
▶ 34
5 Entzündliche Veränderungen
▶ 54
6 Urolithiasis
▶ 66
7 Tumoren
▶ 70
8 Pathologische Veränderungen im Kindesalter
▶ 80
1 Durchführung der Urethrozystoskopie
1.1 Allgemeines
1
A. Heidenreich, S. Wille
"" Die Urethrozystoskopie (U-Zyst) stellt eines der wichtigsten minimalinvasiven Verfahren der endoskopischen Diagnostik der Urologie dar. Sie bildet die Grundlage für das Erlernen komplexer endoskopischer Operationsverfahren wie der transurethralen Prostataresektion oder der Blasentumorresektion. "" Mithilfe der U-Zyst können die distale und proximale Urethra, die prostatische Urethra, der Blasenhals, das Trigonum und die Ureterostien sowie die gesamte Harnblasenschleimhaut detailliert auf pathologische Veränderungen untersucht werden. "" Eine unsachgemäß ausgeführte U-Zyst kann nicht nur zu signifikanten lokalen Verletzungen der Urethra führen, sondern zudem eine psychische Traumatisierung des Patienten bedingen. Der sachgemäßen Durchführung der diagnostischen U-Zyst und der im zweiten Teil dargestellten Ureterorenoskopie sollte daher eine besondere Bedeutung in der urologischen Ausbildung zukommen. "" Voraussetzungen für eine erfolgreiche U-Zyst sind die detaillierte Kenntnis des zur Verfügung stehenden Instrumentariums, eine adäquate Vorbereitung und Lagerung des Patienten sowie eine atraumatische Untersuchungstechnik. "" Die U-Zyst wird unter sterilen Kautelen atraumatisch und schmerzfrei vorgenommen. Jeder pathologische oder suspekte Befund ist bezüglich seiner Lokalisation, Morphologie und Größe exakt zu dokumentieren, um die Identifikation bei nachfolgenden operativen Eingriffen zu ermöglichen. Schematische Schautafeln, in die Befunde bezüglich ihrer Lage und Größenausdehnung eingezeichnet werden können, erleichtern den klinischen Alltag (Abb. 1.1 a).
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Indikationen und Kontraindikationen "" Ziel der U-Zyst ist die Erfassung pathologischer Veränderungen im Bereich der Urethra, der Prostata und der Harnblase. Die U-Zyst ist grundsätzlich indiziert bei Makrohämaturie, persistierender Mikrohämaturie, rezidivierenden Harnwegsinfektionen, Verdacht auf primäre, sekundäre oder infiltrative Blasentumoren und zur Verlaufskontrolle nach transurethraler Blasentumorresektion. "" Vor Durchführung der U-Zyst hat der Operateur zu prüfen, ob eine Einverständniserklärung des Patienten vorliegt. Der Urinstatus muss infektfrei sein. Eine akute Urethritis, Prostatitis oder Zystitis sind Kontraindikationen für eine U-Zyst.
Systematik "" Bei einer U-Zyst ist sicherzustellen, dass jeder Bereich der Harnblase einsehbar ist, um auch kleine pathologische Befunde nicht zu übersehen. Dies kann insbesondere am Blasendach und an der Vorderwand schwierig sein.
2
1.
"" Eine standardisierte Vorgehensweise hat sich als hilfreich erwiesen. Die Harnblase wird dabei in kleine, ca. 30 ° umfassende Sektoren eingeteilt, die nach und nach inspiziert werden. "" In einer ersten Übersicht wird der Blasenboden von der rechten zur linken Seitenwand durch Vorwärts- und Rückwärtsbewegungen des Instruments fächerförmig „abgefahren“. "" Das Trigonum und die beiden Ureterostien werden eingestellt und bezüglich Lage (normotop, lateralisiert, medialisiert), Konfiguration (schlitz-, golfloch-, hufeisenförmig oder oval; S. 44 ff) sowie der Ejakulation von Urin (klar, blutig, putrid) beurteilt. Insbesondere dem Anfänger kann es Schwierigkeiten bereiten, die Ostien sicher zu identifizieren. Die Ostien befinden sich in der Regel ca. 2,5 cm proximal des M. sphincter urethrae externus und ca. 1,5 cm rechts und links lateral der Mittellinie des Blasenbodens (Abb. 1.1 b). Zur sauberen Darstellung wird das Zystoskop über den Blasenhals gerade in die mäßig gefüllte Harnblase eingebracht (eine maximale Füllung lateralisiert die Ostien und lässt diese verstreichen), nach kaudal auf den Blasenboden abgesenkt und ca. 30̶45 ° nach rechts und links gedreht. Das Trigonum und die beiden schlitzförmigen Ureterostien werden deutlich sichtbar; abhängig von den peristaltischen Wellen des Ureters kann die Ejakulation von klarem Urin beobachtet werden. "" Sind Blasenboden und Trigonum ausreichend beurteilt, wird das Instrument zur Endoskopie der Seitenwände um ca. 30 ° gedreht, und der einsehbare Sektor wird in der gleichen Technik der Vorwärts- und Rückwärtsbewegung ausführlich ausgespiegelt. "" Zur Beurteilung des Blasendachs muss das Instrument um 180 ° gedreht werden. Als Qualitätskontrolle bei der Erfassung des „richtigen“ Sektors sollte die sich immer am Zenit des Blasenscheitels darstellende Luftblase identifiziert werden (Abb. 1.1 c). Die Inspektion der Blasenvorderwand kann insbesondere bei einer großen Prostata schwierig sein und erfordert meist den Wechsel auf eine 70°- oder 120°-Optik. Zur besseren Einsicht hat es sich bewährt, die Blase zu ca. 75 % zu füllen und mit der nicht führenden Hand von suprapubisch sanft in kaudale Richtung zu komprimieren. "" Ist der Vorgang der Zystoskopie abgeschlossen, wird das Endoskop bei geringem Spülstrom unter Sicht retrograd entfernt. Auch bei diesem Vorgang ist darauf zu achten, die s-förmige Krümmung im Bereich der prostatischen und membranösen Urethra durch Absenken des Instruments auszugleichen; zudem muss das Lumen der Urethra zentriert werden. Der geübte Untersucher wird das Instrumentarium blind unter Ausgleich der Urethrakrümmung entrieren können. Niemals sollte der Metallschaft ohne eingeführte Optik oder Obturator retrograd entfernt werden, da die Seitenanteile scharfkantig sind und zu Verletzungen im Bereich der Urethra führen können.
Durchführung der Urethrozystoskopie
1.1 Allgemeines
Komplikationen "" Komplikationen der urethralen und vesikalen Endoskopie sind selten und beschränken sich meist auf eine kurzfristige Dysurie oder eine temporäre Hämaturie.
"" Ebenfalls beschrieben wurden eine Via falsa und ausgeprägte Makrohämaturie bei unvorsichtiger Handhabung des Instrumentariums, insbesondere bei pathologischen Befunden wie Makrohämaturie, Blasentamponade und prominenten Prostataseitenlappen mit hoher Barre.
1
a Ureterenleiste Trigonum
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rechtes Ureterostium
b
linkes Ureterostium
Abb. 1.1 a–c a Beispiel einer schematischen Schautafel zur Darstellung pathologischer Befunde in Harnblase, Ureter und Nieren. b Anatomie und Systematik zur Identifikation des Trigonums und der Ureterostien. c Darstellung der mit dem Spülstrom eingedrungenen Luftblase am Blasendach, die zur Qualitätskontrolle immer sichtbar sein sollte.
Ostium urethrae internum
3
1 Durchführung der Urethrozystoskopie
1.2 Photodynamische Diagnostik Grundlagen
1
"" Die photodynamische Diagnostik (PDD) unter Verwendung der Fluoreszenzzystoskopie ermöglicht die Unterscheidung zwischen gutartigem Gewebe und Tumorzellen in der Harnblasenschleimhaut. "" Sogenannte Fotosensitizer, wie 5-Aminolävulinsäure (5-ALA) und Hexaminolävulinsäure (HAL, z. B. Hexvix), ermöglichen es, sowohl das Carcinoma in situ als auch papilläre Tumoren zu identifizieren, die in der Weißlichtzystoskopie nicht oder schwer zu erkennen sind. "" Aufgrund von Enzymanomalien in den Tumorzellen werden 5-ALA bzw. HAL verstärkt in fluoreszierendes photoaktives Protoporphyrin IX (PpIX) und photoaktives Porphyrin (PAP) umgewandelt. Diese Substanzen akkumulieren für kurze Zeit in den Tumorzellen und sind mittels Fluoreszenzzystoskopie unter Verwendung von Blaulicht (380–470 nm) detektierbar. "" Bisher ist in Deutschland nur HAL (Hexvix) für die PDD zugelassen.
Indikationen und Kontraindikationen
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"" Indiziert ist die PDD bei Verdacht auf einen Harnblasentumor auf einer der folgenden Grundlagen: –– auffälliger zystoskopischer Befund –– positive Urinzytologie –– positives Ergebnis urinbasierter Diagnoseverfahren, z. B. NMP-22-Test, BTA-Test oder FISH-Test "" Neben der Primärdiagnostik wird die PDD auch in der Rezidivdiagnostik und bei der transurethralen Nachresektion nicht muskelinvasiver Harnblasentumoren eingesetzt.
4
C.-H. Ohlmann
"" Kontraindiziert ist die PDD bei nachgewiesener Überempfindlichkeit gegenüber der jeweiligen Substanz, in der Schwangerschaft und bei Porphyrie.
Durchführung "" HAL sollte 60 min vor Durchführung der Zystoskopie über einen sterilen Katheter in die Harnblase instilliert werden. "" Die Zystoskopie sollte innerhalb der darauf folgenden 60 min mit einem entsprechenden Fluoreszenzzystoskop erfolgen. "" Bei zu langer oder zu starker Lichtexposition kommt es zum Abbau der photoaktiven Substanzen, dem sogenannten „Photobleaching“.
Ergebnisse "" Die Sensitivität von ALA bzw. HAL bei der Detektion von oberflächlichen Harnblasentumoren und Carcinoma in situ (Cis) wird in der Literatur mit 87–97 % angegeben. Das bedeutet eine Erhöhung der Sensitivität im Vergleich zur Weißlichtzystoskopie um bis zu 30 %. "" Für die Spezifität hingegen finden sich je nach Substanz Werte zwischen 35 und 84 %. Falsch positive Befunde können bei entzündlichen, hyperplastischen aber auch normalen Urothelien sowie im Narbengewebe bei Z. n. transurethralen Resektionen detektiert werden.
1.2 Photodynamische Diagnostik
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Abb. 1.2 a–f a, b Flacher, nicht papillärer Tumor (Carcinoma in situ) im Weißlicht (a) und unter Fluoreszenzzystoskopie mit HAL (b). c, d Papillärer Tumor im Weißlicht (c) und unter Fluoreszenzzystoskopie mit HAL (d). e, f Insgesamt 3 kleine papilläre Harnblasentumoren im Weißlicht (e) und unter Fluoreszenzzystoskopie mit HAL (f). (Fotos a–f: GE Healthcare, München.)
5
1 Durchführung der Urethrozystoskopie
1.3 Instrumentarium
1
A. Heidenreich, S. Wille
"" Für die Durchführung einer rein diagnostischen U-Zyst stehen starre und flexible Instrumente zur Verfügung, deren äußere Schaftdicke in Charrière angegeben wird (1 Charr = ⅓ mm). Die rigiden Instrumente weisen aufgrund des größeren Durchmessers eine bessere optische Qualität auf, während die flexiblen Instrumente in variabler Patientenlagerung angewendet werden können und insbesondere bei Kindern zu bevorzugen sind.
Starre Urethrozystoskope
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"" Die starren Urethrozystoskope (Abb. 1.3 a u. b) bestehen aus einem zentral offenen Metallschaft, in den bei blindem Eingehen in die Harnblase ein Obturator (Füllstab) oder zur Einführung unter Sicht verschiedene Optiken mit Blickrichtungen von 0 ° (geradeaus), 30 °, 70 ° oder 120 ° eingesetzt werden können (Abb. 1.3 b–d). Zudem verfügt das Zystoskop je nach Schaftdurchmesser über 1–2 Arbeitskanäle (Abb. 1.3 e), über die Instrumente (Biopsiezange – Abb. 1.3 f, Ureterenkatheter, etc.) eingebracht werden können. "" Der Durchmesser der Arbeitskanäle ist je nach Schaftdurchmesser unterschiedlich groß, was bei der Planung endoskopischer Manipulationen oder retrograder Uretereingriffe berücksichtigt werden muss. "" Dem Metallschaft aufsitzend finden sich 2 Hähne (ggf. ein Dreiwegehahn) als Zu- und Ablauf für die Spülflüssigkeit (Abb. 1.3 g), die über einen Spülbeutel zugeführt wird. Es sollte darauf geachtet werden, dass die Spüllösung vorgewärmt appliziert wird, um ein unangeneh-
6
mes Blasenfüllungsgefühl zu vermeiden, das oftmals mit einem geringeren Füllungsvolumen der Harnblase und frühzeitigen Detrusorkontraktionen verbunden ist. "" Ein flexibles Lichtkabel wird über einen speziellen Ansatzstutzen auf der Optik mit dem Lichtgenerator verbunden. Zusätzlich kann zur besseren Sicht eine Kamera zur Durchführung einer videoassistierten Urethrozystoskopie auf die Optik aufgesetzt werden. Die Videoassistenz erlaubt bei entspannter Sitzhaltung des Untersuchers eine Einsicht in alle Bereich der Harnblase.
Flexible Urethrozystoskope "" Bei den flexiblen Instrumenten (Abb. 1.3 h) werden das Licht und das optische Bild über ein Glasfaserkabel übertragen. Das Instrument kann distal über eine Stellschraube in verschiedene Blickrichtungen abgewinkelt werden und ermöglicht somit ein Ausspiegeln der gesamten Harnblase (Abb. 1.3 i). "" Aufgrund des erheblich geringeren Durchmessers der flexiblen Endoskope sind der sichtbare Bildausschnitt und die Übersicht deutlich verkleinert, sodass eine besondere Übung und Erfahrung des Untersuchers gegeben sein muss, um alle Abschnitte der Harnblase einsehen und das Vorliegen von pathologischen Veränderungen sicher beurteilen zu können. "" Auch die Zystoskopie mit flexiblen Instrumenten kann als Videozystoskopie erfolgen.
1.3 Instrumentarium
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1
Abb. 1.3 a–c a Starres Zystoskop (Foto: Olympus Deutschland GmbH, Hamburg). b Darstellung eines Urethrozystoskops mit den Einzelbestandteilen. 1: Metallschaft, 2: Obturator, 3: Optik, 4: Arbeitskanäle, 5: Zulaufschlauch, 6: Ablaufschlauch, 7: Adapter für das Lichtkabel, 8: Lichtkabel. c Aufsicht auf Optiken mit unterschiedlichem Blickwinkel. 1: 0°-Geradeausoptik, 2: 30°, 3: 70°.
7
1 Durchführung der Urethrozystoskopie
1 1
3
0°
70°
2
4
30°
120°
d
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Abb. 1.3 d d Schema der unterschiedlichen Blickrichtungen. 1: 0°-Optik zur Beurteilung der Urethra, 2: 30°-Optik zur Beurteilung der Harnblase, 3: 70°-Optik zur Beurteilung der Harnblase, 4: 120°-Optik zur retrograden Betrachtung.
8
1.3 Instrumentarium
1
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Abb. 1.3 e–i e Arbeitskanal am Schaft des Zystoskops. f Starres Zystoskop mit einer flexiblen Fasszange (Foto: Olympus Deutschland GmbH, Hamburg). g Zu- und Ablauf am Schaft des Zystoskops. h Flexibles Zystoskop (Foto: Olympus Deutschland GmbH, Hamburg). i Ausspiegeln der gesamten Harnblase mit einem flexiblen Zystoskop.
9
1 Durchführung der Urethrozystoskopie
1.4 Vorbereitung des Patienten Prädiagnostik und Prophylaxe
1
"" In der Regel bedarf der Patient keiner besonderen prädiagnostischen Vorbereitung. Eine akute Harnwegsinfektion muss ausgeschlossen werden, eine begleitende antibiotische Prophylaxe ist bei einer diagnostischen U-Zyst nicht notwendig. Sie empfiehlt sich lediglich bei geplanten instrumentellen Verfahren wie einer Blasenbiopsie, einer retrograden Ureteropyelografie oder der Platzierung einer endoluminalen Ureterschiene.
Lagerung "" Der Patient wird in Steinschnittlage gebracht. Das Gesäß sollte mit der Kante des Untersuchungstisches abschließen (Abb. 1.4 a), um eine für den Untersucher bequeme Sitzposition und eine freie Beweglichkeit des Instrumentariums in allen Bewegungsgraden zu gewährleisten.
Desinfektion
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"" Es erfolgt das sterile Abwaschen des Operationsfeldes, insbesondere bei den meist ambulant durchgeführten Untersuchungen idealerweise mit farblosem Desinfektionsmittel (z. B. Octenisept), um eine Verunreinigung der Kleidung zu vermeiden.
10
A. Heidenreich, S. Wille
"" Beim Mann muss die Desinfektion auch den Bereich der Glans penis und des Sulcus coronarius bei retrahiertem Präputium erfassen. Es erfolgt das sterile Abdecken des Untersuchungsfeldes mit Einmalartikeln und die Vorbereitung des notwendigen Instrumentariums (Abb. 1.4 b).
Anästhesie "" Zur Anästhesie der Urethra wird ein gelartiges Lokalanästhetikum (z. B. Instillagel) langsam über den Meatus (Ostium urethrae externum) in die Urethra instilliert. Eine zu schnelle und forcierte Instillation kann durch Mikrotraumata der Schleimhaut und den niedrigen pH-Wert zu brennenden, für den Patienten unangenehmen Sensationen führen. Die Applikation sollte sehr vorsichtig vorgenommen werden. Für eine optimale Schleimhautanästhesie ist eine Einwirkzeit von ca. 10 min erforderlich. Um ein frühzeitiges retrogrades Austreten des Gels aus der Urethra zu vermeiden, kann diese im Bereich des Sulcus coronarius nach Umwickeln mit einer Kompresse durch eine Penisklemme komprimiert werden (Abb. 1.4 b).
1.4 Vorbereitung des Patienten
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Abb. 1.4 a u. b a Lagerung des Patienten in Steinschnittlage. b Sterile Abdeckung zur Urethrozystoskopie und Kompression der Urethra durch eine gepolsterte Penisklemme.
11
1 Durchführung der Urethrozystoskopie
1.5 Geschlechtsspezifische Besonderheiten Urethrozystoskopie beim Mann
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1
"" In der Regel werden für die Untersuchung starre Zystoskope mit einem Außenschaftdurchmesser von 15,5̶21 Charr eingesetzt. "" Nach Desinfektion der Glans penis und Instillation eines lokal anästhesierenden Gleitmittels wird der Außenschaft mit dem Obturator vorsichtig über dem meist schlitzförmigen, 5̶7 mm messenden Meatus (Ostium urethrae externum) eingeführt. Bereits hier ist auf das mögliche Vorliegen einer behandlungsbedürftigen Meatusstenose zu achten, die nicht gewaltsam überwunden werden sollte. "" Weitere Engstellen der Urethra befinden sich am Übergang der Fossa navicularis zur Pars spongiosa, in der Mitte der Pars spongiosa und am Übergang zwischen Bulbus penis und Pars membranacea (Abb. 1.5 a). "" Nach Passage des Meatus wird der Obturator entfernt und eine 0°-Optik eingesetzt, um die penile, bulbäre, membranöse und prostatische Urethra sowie den Blasenhals einzusehen. "" Der gesamte sich nun anschließende Vorgang der Urethraspiegelung wird unter laufendem Spülstrom durchgeführt, um die Urethra maximal zu entfalten und gute Sichtbedingungen zu erreichen. "" Das Lumen der Urethra sollte immer zentriert im Blickfeld liegen (Abb. 1.5 b), um Traumatisierungen der Urethra zu vermeiden. "" Bei der Endoskopie der Urethra sind insbesondere die anatomischen Krümmungen der Urethra sowie die durch den M. sphincter urethrae externus bedingte physiologische Engestellung der Urethra zu beachten. Die Urethra weist normalerweise einen s-förmigen Verlauf mit der nach vorne konvexen Curvatura praepubica und der nach vorne konkaven, dorsokaudal von der Symphyse gelegenen Curvatura infrapubica auf. "" Während die präpubische Krümmung durch Anheben des Penis aufgehoben werden kann, bleibt die infrapubische Krümmung bestehen und muss bei Erreichen der bulbären Urethra durch ein mitunter steiles, aber sanftes Absenken des Instruments (Abb. 1.5 c) derart ausgeglichen werden, dass eine Streckung der Urethra mit Zentrierung des Urethralumens erreicht wird (Abb. 1.5 d). "" Unmittelbar an den Bulbus penis schließt sich die membranöse Urethra an, die von dem externen Sphinkter umgeben wird. Es kommt nicht selten vor, dass der Sphinkter beim Versuch der Penetration mit dem Endoskop vom Patienten reflektorisch angespannt wird, was eine schmerzfreie Überwindung nahezu unmöglich macht. In dieser Situation ist es hilfreich, den Patienten aufzufordern, das Gesäß auf die Unterlage abzulegen, um den Beckenboden zu entspannen, oder einen Miktionsvorgang einzuleiten, der ebenfalls zu einer Erschlaffung der Beckenbodenmuskulatur führt.
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A. Heidenreich, S. Wille
"" Zudem kann ein kontinuierliches Gespräch mit dem Patienten während der Untersuchung zu einer entspannten Atmosphäre beitragen. Bei fehlender Entspannung des Patienten ist die Möglichkeit einer Analgosedierung (z. B. mit Dormicum) unter Beachtung der Kontraindikationen zu nutzen (Tab. 1.5.1). Sollte wider Erwarten eine Überwindung des externen Sphinkters auch durch Hinzuziehen eines erfahrenen Untersuchers nicht möglich sein, muss der Eingriff beendet und in Narkose wiederholt werden. Auf keinen Fall sollte der Sphinkterwiderstand gewaltsam durchbrochen werden. "" An die membranöse Urethra schließt sich die prostatische Urethra mit dem Colliculus seminalis, den beiden Prostataseitenlappen und nach kranial dem Blasenhals an. Je nach individueller Situation kann der Blasenhals eine sogenannte „hohe Barre“ aufweisen, die nur durch eine tiefe Absenkung des Instrumentes überwunden werden kann. Auch hier sollte darauf geachtet werden, dass das Lumen der Urethra immer zentriert im Blickfeld erscheint, um iatrogene Verletzungen und Schmerzen zu vermeiden. "" Ist der Blasenhals überwunden, sollte zunächst die durch den Spülstrom gefüllte Harnblase über die Öffnung des Ablaufhahns entlastet werden. Die Inspektion von Blasenboden, -seitenwänden, -hinterwand und -dach erfolgt nach Wechsel der Geradeausoptik durch eine 30°-Optik, ggf. können eine 70°- oder 120°-Optik eingesetzt werden. "" Es ist darauf zu achten, alle Manipulationen inklusive des Wechselns der Optiken des rigiden Instrumentariums nach Passage der membranösen Urethra vorsichtig und umsichtig durchzuführen. Durch die Streckung der Urethra liegt das Instrument nach ventral unmittelbar der Symphyse an, sodass jegliche unvorsichtige Bewegung in kraniokaudaler Richtung zu einer schmerzhaften Kompression führen kann.
Urethrozystoskopie bei der Frau "" Aufgrund der sehr kurzen weiblichen Urethra wird der Metallschaft blind mit dem Obturator in die Harnblase eingeführt. Auch hier ist wiederum auf das Vorliegen einer Meatusstenose zu achten. Ist die Penetration des Meatus (Ostium urethrae externum) mit dem Schaft nicht möglich, kann zunächst eine Meatuskalibrierung mit leichter Bougierung erfolgen. "" Die Endoskopie der weiblichen Urethra kann aufgrund der kurzen Urethra problematisch sein, da sich häufig das Spülwasser aus dem Meatus presst und sich die Urethra nicht entfalten lässt. Hier kann ein Zystoskopadapter nach Nickell auf das Instrument geschoben und der Meatus damit abgedichtet werden.
1.5 Geschlechtsspezifische Besonderheiten Tab. 1.5.1 Optionen der Analgosedierung zur Urethrozystoskopie. Medikament
Dosierung
Kontraindikation
Midazolam (z. B. Dormicum)
• Erwachsene < 60 Jahre: – Initialdosis: 2–2,5 mg i. v. – Titration: 1 mg – Gesamtdosis: 3,5–7,5 mg • Erwachsene ≥ 60 Jahre, reduzierter Allgemeinzustand: – Initialdosis: 0,5–1 mg – Titration: 0,5 mg – Gesamtdosis: < 3,5 mg
• bekannte Überempfindlichkeit, Schizophrenie, endogene Depression, Leber-, Nierenfunktionsstörungen, chronische respiratorische Insuffizienz
Pethidin (z. B. Dolantin) und Promethazin (z. B. Atosil)
• Pethidin: 1 mg/kg KG • Promethazin: 50 Tropfen 1 h vor dem Eingriff
•P ethidin: Nierenfunktionsstörung, Opioidabhängigkeit, Störungen der Atemfunktion, erhöhter Hirndruck, erhöhte Krampfbereitschaft •P romethazin: schwere Knochenmarkschädigung, Kreislaufschock oder Koma, Myokardinsuffizienz, Leber- und Niereninsuffizienz, Hypotonie, Stammhirnschädigung, COPD, Asthma, Blasenentleerungsstörungen, Stenosen im Magen-Darm-Trakt
COPD: chronisch obstruktive Lungenerkrankung
3 2
1
Lizensiert f?r Universit?t Greifswald
a
Abb. 1.5 a–d a Anatomische Darstellung des Urethraverlaufs und der 3 physiologischen Engen und Weiten sowie der Krümmungen in der vorderen (1), mittleren (2) und hinteren (3) männlichen Urethra. b Zentriertes Lumen der Urethra im Blickwinkel des Zystoskops mit der 0°-Optik.
c Blick mit der 0°-Optik auf das Lumen der Urethra im Bulbus penis während Absenken des Zystoskops. d Darstellung der prostatischen Urethra mit Blick auf den Blasenhals im Hintergrund der Abbildung.
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1
1 Durchführung der Urethrozystoskopie
1.6 Besonderheiten im Kindesalter Allgemeines__________________________
1
"" Während früher eine perineale Urethrostomie obligat war, um die proximale Urethra bei Säuglingen endoskopieren zu können, ist es heute dank der eindrucksvollen Miniaturisierung der Geräte möglich, selbst die kleinsten Früh- und Neugeborenen zu endoskopieren und im Bedarfsfall auch operativ zu instrumentieren. "" Trotz der instrumentellen Fortschritte birgt die Ure throskopie vor allem bei männlichen Säuglingen und Kleinkindern eine wesentlich größere Gefahr für Verletzungen und dauerhafte Folgeschäden als im Erwachsenenalter. Entscheidend für ein schonendes Vorgehen mit möglichst geringer Schleimhauttraumatisierung sind vor allem die ausreichende Erfahrung des Operateurs sowie die Beachtung grundsätzlicher Regeln wie das ausschließliche Eingehen unter Sicht und die Verwendung von reichlich Gleitmittel. Natürlich muss auch die Gerätegröße stets individuell angepasst werden – es gibt kein universelles Kindergerät!
Instrumentarium______________________
Lizensiert f?r Universit?t Greifswald
"" Pädiatrische Instrumente werden von allen bekannten Endoskopherstellern in hoher Qualität angeboten. Bereits die Optiken für Geräte ab 8 Charr sind mit der klassischen Hopkins-Stablinsentechnik ausgestattet. Ihre Lichtstärke und Brillanz ist weiterhin unerreicht, wenngleich die optischen Systeme gerade in diesem Durchmesserbereich sehr empfindlich sind. Dünnere Optiken sind in der Regel mit Fiberoptiksystemen ausgestattet. "" Obwohl heute viele Geräte so konfiguriert sind, dass sie variabel eingesetzt werden können, ist angesichts der sehr unterschiedlichen Größenverhältnisse im Kindesalter eine gewisse Auswahl an Geräten erforderlich. Die Größe ist dabei in erster Linie abhängig von Alter und Geschlecht.
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W. H. Rösch, A.-K. Ebert
Zystoskope "" Für die diagnostische Routine-Urethrozystoskopie stehen Geräte ab 5 Charr zur Verfügung, die heute auch in dieser Größe eine exzellente Sicht bieten. Die Arbeitskanäle dieser Endoskope weisen meist eine Weite von 2,5–3 Charr auf. "" Geräte mit aufgesetzter Optik (Winkeloptik) haben den Vorteil eines vergleichsweise großlumigen, geraden Arbeitskanals. So hat z. B. ein Kompaktgerät mit einer Schaftgröße von 8 Charr einen 5-Charr-Arbeitskanal. Bereits im frühen Säuglingsalter sind dadurch Instrumentationen wie Biopsienentnahmen, Entfernung versenkter Ureterschienen oder STING (subureterale transurethrale Injektion) problemlos möglich.
Resektoskope "" Die starren pädiatrischen Resektoskope entsprechen in ihrem Aufbau und ihrer Funktion weitgehend den Geräten für das Erwachsenenalter und sind ab 8,5 Charr verfügbar. Männliche Säuglinge lassen sich meist ab einem Gewicht von 4 kg mit einem Gerät von 8–8,5 Charr schonend endoskopieren. "" Im Laufe der Zeit wurde eine Vielzahl von Instrumenten (Schlingen, Bugbee-Elektroden und unterschiedlich konfigurierte Messer für die kalte Inzision) entwickelt, die heute eine schonende und effektive endoskopische Behandlung ab dem frühen Säuglingsalter erlauben. "" Erstaunlicherweise stehen trotz der hervorragenden Entwicklungen im Miniaturbereich nach unserer Kenntnis aber weltweit keine geeigneten Geräte für männliche Schulkinder und Jugendliche zur Verfügung. Während die Harnröhre eigentlich nur eine Endoskopgröße von max. 10–12 Charr zulässt, ist die Schaftlänge der klassischen Kindergeräte bei männlichen Patienten in diesem Altersbereich nicht ausreichend, um bis in die proximale Harnröhre bzw. die Blase zu gelangen und eine zuverlässige Beurteilung der gesamten Blasenwand zu erlauben. Gerade in diesem Alter ist die Gefahr relativ groß, dass durch Verwendung zu großlumiger Geräte Schleimhautläsionen in der Urethra auftreten, die zu lebenslangen Komplikationen durch rezidivierende Strikturen führen können.
1.6 Besonderheiten im Kindesalter
1
d Optisches Urethrotom; 8,5 Charr, mit 1,9-mm-Optik (Foto: Richard Wolf GmbH, Knittlingen). e Pädiatrisches Endoskopiesystem mit unterschiedlichen Arbeitseinsätzen und Schäften für endoskopische Operationen einschließlich Elektroresektion (Foto: Karl Storz GmbH & Co. KG, Tuttlingen).
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Abb. 1.6 a–e a Miniatur-Urethrozystoskop; 4,5/6 Charr; Fiberoptiksystem (Foto: Richard Wolf GmbH, Knittlingen). b Kompakt-Urethrozystoskop, 10,5 Charr für Kleinkinder (Foto: Richard Wolf GmbH, Knittlingen). c Kompakt-Universaloperationsurethrozystoskop mit atraumatisch geformtem Schaftende, 8 Charr, mit Winkeloptik und geradem Arbeitskanal, 5 Charr (Foto: Karl Storz GmbH & Co. KG, Tuttlingen).
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1 Durchführung der Urethrozystoskopie
Vorbereitung des Patienten_____________
1
"" Idealerweise sollte die Endoskopie in einem Raum durchgeführt werden, in dem im Bedarfsfall jederzeit eine Röntgendurchleuchtung oder eine Sonografie des Patienten möglich ist. "" Abgesehen von wenigen Einzelfällen werden alle pä diatrischen Endoskopien in Narkose durchgeführt. Es gilt deshalb gerade bei Kindern vor dem Eingriff zu prüfen, ob eventuell zusätzlich erforderliche Geräte (z. B. zur Ureterozeleninzision, Klappenresektion, Tumorbiopsie etc.) zur Verfügung stehen, um einen zweiten Narkoseeingriff zu vermeiden. "" Trotz der meist eher kurzen Operationsdauer ist aufgrund der besonders im Säuglingsalter rasch auftretenden Druckschädigungen des Weichteilgewebes auf eine sorgfältige, altersadaptierte Lagerung zu achten. "" Säuglinge und Kleinkinder neigen zu einem extrem hohen Wärmeverlust innerhalb kürzester Zeit. Die Anpassung der OP-Saal-Temperatur sowie die Verwendung von Wärmematten und Wärmelampen ist deshalb aus anästhesiologischer Sicht obligat. Weiterhin darf nur angewärmte Spüllösung verwendet werden. "" Endoskopische Untersuchungen im Säuglings- und Kleinkindalter sollten stets unter sterilen Kautelen erfolgen, d. h. mit entsprechend steriler Abdeckung des Patienten und sterilem Mantel des Operateurs. "" Bei Neugeborenen und Patienten mit gravierenden Fehlbildungen, insbesondere Spina bifida und Fehlbildungen aus dem Epispadie-Ekstrophie-Komplex, sollte der Eingriff ausnahmslos unter latexfreien Abdeckungen erfolgen.
Geschlechtsspezifische Besonderheiten___
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"" Der sorgfältigen und schonenden Reinigung des Präputiums sollte besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden, um iatrogene Infektionen zu vermeiden. Besteht keine Indikation zur gleichzeitigen Zirkumzision, so ist im ersten Lebensjahr die komplette Vorhautlösung nicht zwangsweise erforderlich; der Meatus (Ostium urethra externum) sollte jedoch mit einer ausreichend weiten Umgebung der Glans gut sichtbar sein und zu-
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verlässig mit einer schleimhautschonenden Desinfektionslösung gereinigt werden können. Nach dem ersten Lebensjahr sollte die Vorhaut grundsätzlich komplett gelöst werden, um eine zuverlässige Desinfektion zu gewährleisten. "" Erweist sich der Meatus für das kleinste zur Verfügung stehende, notwendige Instrument als grenzwertig eng, sollte in jedem Fall eine Meatotomie erfolgen, um unkontrollierte Verletzungen des Meatus und vor allem der juxtameatalen Harnröhre zu vermeiden. Andernfalls könnten stenosierende Narbenbildung und vor allem die gefürchtete Balanitis xerotica obliterans (BXO) mit unkalkulierbarem Verlauf die Folge sein. "" Bei männlichen Säuglingen und Kleinkindern mit deutlich erhöhtem Infektionsrisiko (z. B. dilatierender Reflux bds., ausgeprägter primär-obstruktiver Megaureter, grobe neurogene Blasenfunktionsstörung, insbesondere in Verbindung mit intermittierendem Katheterismus etc.) wird von uns die prophylaktische Zirkumzision in derselben Sitzung sehr großzügig empfohlen, um einerseits das Infektionsrisiko weiter zu senken und andererseits möglichst frühzeitig die Lowdose-Dauerchemoprophylaxe absetzen zu können. "" Bei weiblichen Säuglingen und Kleinkindern schließt sich an die gründliche Schleimhautdesinfektion stets eine sorgfältige Inspektion des Genitales an, um kongenitale Veränderungen, wie labiale Fusion, Hymenalatresie, Vaginalsepten, ektope Uretermündungen etc. bereits klinisch auszuschließen. "" Der Meatus reifer weiblicher Neugeborener ist problemlos bereits mit 10 Charr passierbar. Gerade im Säuglingsalter ist es empfehlenswert, stets reichlich Gleitmittel zu verwenden und die Harnröhre nur unter Sicht mit dem Endoskop zu passieren. Verletzungen der kurzen und empfindlichen Harnröhre bzw. der Kontinenzzone können so sicher vermieden werden. "" Nur in den allerseltensten Fällen ist bei weiblichen Säuglingen und Kleinkindern eine Bougierung bzw. Kalibrierung des Meatus erforderlich, da die strukturelle Meatusstenose eine Rarität darstellt (< 5 %). "" Die klassische Otis-Urethrotomie der weiblichen Urethra ist im Säuglings- und Kleinkindalter generell kontraindiziert.
1.6 Besonderheiten im Kindesalter
1
h Lagerung im Kleinkindalter in klassischer Steinschnittlage in Kinderbeinschalen. Wärmematte und zusätzlicher Wärmestrahler sind auch in diesem Alter empfehlenswert, um rasches Auskühlen zu vermeiden. i Balanitis xerotica obliterans (BXO) nach Verletzung im Bereich des Meatus (Ostium urethrae externum).
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Abb. 1.6 f–i f Urethrozystoskopie im Säuglingsalter: Lagerung auf der Wärmematte ohne Beinschalen. g Sterile Abdeckung des Säuglings mit einfachem Lochtuch.
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1 Durchführung der Urethrozystoskopie
Kongenitale Anomalien und urologisch relevante Erkrankungen der Vagina______ "" Jeder Urethrozystoskopie bei weiblichen Säuglingen und Kleinkindern sollte eine sorgfältige Inspektion des Genitales vorausgehen, da sowohl kongenitale Anomalien als auch erworbene Erkrankungen der Vagina urologische Symptome wie rezidivierende Harnwegsinfektionen, Makrohämaturie, Dysurie und Blasenfunktionsstörungen verursachen oder vortäuschen können.
1
Hymenalatresie (Hymen imperforatum) "" Bei der äußeren Inspektion findet sich ein verschlossenes Hymen, durch das bläulich das Blut durchschimmert (Abb. 1.6 j). Beim Neugeborenen oder jungen Säugling kann eine Hymenalatresie durch Sekretion zu einem tastbaren Unterbauchtumor führen (Hydrokolpos). "" Die Behandlung besteht in der Inzision des Hymens. Uterus und Tuben nehmen hinterher normale Beschaffenheit an. Die Funktion ist später in den meisten Fällen nicht gestört.
Labiale Fusion "" Während die Hymenalatresie bereits pränatal angelegt ist, kommt die labiale Fusion erst postnatal zustande. Am häufigsten entsteht die sogenannte hintere Synechie mit Verklebung der kleinen Labien von der Kommissur bis unmittelbar unter die Urethra (Abb. 1.6 k). "" Therapeutisch muss die Fusion nur mit einer Sonde vorsichtig getrennt werden, eine anschließende lokale Behandlung mit Estriol unterstützt die Regeneration des Epithels. Wird die Diagnose noch vor dem geplanten Narkoseeingriff gestellt, so ist die lokale Applikation einer estriolhaltigen Salbe über 4 Wochen meist ausreichend, um eine spontane Lösung der Fusion zu erreichen.
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Prolaps der Harnröhrenschleimhaut "" Bereits im Kleinkindalter, häufiger im Schulkindalter, kann ein Prolaps der Harnröhrenschleimhaut die Ursache für Dysurie und rezidivierende Blutspuren in der Unterwäsche sein. Das klinische Bild ist eindrücklich, und die Urethroskopie bestätigt, dass die Schleimhauterosion ausschließlich den distalen Harnröhrenanteil betrifft, während die proximale Urethra und der Blasenhalsbereich unbeteiligt bleiben (Abb. 1.6 l). "" Während bei adoleszenten und erwachsenen Frauen Rezidive anscheinend häufiger sind, ist im Kindesalter die alleinige Elektroresektion der prolabierten Schleimhaut mittels Diathermie und eine zusätzliche Versorgung mit 4 readaptierenden Einzelknopfnähten völlig ausreichend. Ein transurethraler Dauerkatheter für 24 Stunden erleichtert den postoperativen Verlauf.
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Vaginalektope Uretermündung "" Neben den bereits beschriebenen Blasenhals- und urethralektopen Uretermündungen sind bei Mädchen auch vestibulär, vaginal und in sehr seltenen Fällen auch im Bereich des inneren Genitales ektope Uretermündungen möglich, die zu dem Leitsymptom der Enuresis ureterica führen. Fast immer handelt es sich dabei um den ektop mündenden Ureter der oberen Anlage einer Doppelniere, die aufgrund der entwicklungsgeschichtlich weit ektopen Lage meist eine hochgradige Dysplasie aufweist und deshalb weitgehend funktionslos ist (Abb. 1.6 m). "" Lässt sich die ektope Mündung bei sorgfältiger Inspektion nicht ausmachen, folgt zur Identifizierung des Ostiums eine vorsichtige vaginoskopische Untersuchung mit dem Zystoskop. Der Nachweis des Ostiums in der Vagina ist jedoch ungleich schwieriger als in der Harnröhre. Gelingt er nicht und wurde bereits sonografisch eine dysplastische obere Nierenanlage mit einem dazugehörigen Megaureter verifiziert, muss man sich auf die klinische Beobachtung des ständigen Harnflusses aus der Vagina als Beweis verlassen. "" Diagnostisch am sichersten ist der Beweis einer dysplastische Nierenanlage mit vaginalektop mündendem Ureter im MRT.
Anomalien des Sinus urogenitalis "" Nicht selten sind rezidivierende Zystitiden oder ist eine persistierende Harninkontinenz alleiniges Symptom für eine Form des Sinus urogenitalis. Für die korrekte Klassifikation, die das weitere therapeutische Vorgehen festlegt, ist die Endoskopie entscheidend. Der Übergang von der am geringsten ausgeprägten Form, der weiblichen Hypospadie mit oft nur geringer Symptomatik, bis hin zur hohen vesikovaginalen Konfluenz mit langem sogenannten „common channel“ und kompletter Harninkontinenz ist fließend. Eine gleichzeitig durchgeführte Genitografie ist empfehlenswert, um das Ausmaß der Fehlbildung bestimmen und damit die am besten geeignete Rekonstruktionsmethode wählen zu können.
Corpus alienum "" Bei rezidivierenden Harnwegsinfektionen, Fluor und Dysurie muss vor allem im Kleinkindesalter auch an ein Corpus alienum in der Vagina gedacht werden. Deshalb sollte in diesen Fällen bei jeder Urethrozystoskopie auch eine orientierende Vaginoskopie zum Ausschluss eines solchen Fremdkörpers (z. B. Erdnuss, Perle, Legostein etc.) erfolgen. "" Je nach Beschaffenheit und Größe des Fremdkörpers, ist die Entfernung mittels Fasszange oder MiniaturDormia-Schlinge endoskopisch gut möglich.
1.6 Besonderheiten im Kindesalter
1
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Abb. 1.6 j–m j Hymenalatresie. k Labiale Fusion. l Prolaps der Harnröhrenschleimhaut. m Vaginalektope Uretermündung.
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2 Normale Anatomie und Leitstrukturen
2.1 Anatomie
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2
D. Thüer, A. Heidenreich
"" Beim Mann ist die Urethra etwa 20 cm lang. Die Urethra des Mannes wird in 4 Abschnitte unterteilt (Abb. 2.1 a): 1. Pars spongiosa a. penile Urethra b. bulbäre 2. Pars membranacea (membranöse Urethra) 3. Pars prostatica 4. Pars intramuralis "" Die 3 physiologischen Engen befinden sich 1. an der Glans penis, 2. an der Pars membranacea, 3. am Harnblasenfundus. "" Zystoskopische Leitstrukturen werden auf S. 24 ff beschrieben. "" Die Urethra der Frau ist im Vergleich zu der des Mannes sehr kurz; sie ist nur 3–5 cm lang. Der Beginn der Urethra am Ostium urethrae internum liegt auf halber Höhe hinter der Symphyse. Von hier aus verläuft die Urethra in enger Nachbarschaft zur Vorderwand der Vagina nach vorn und abwärts; das Endstück wölbt sich als Crista urethralis vaginae in die Vagina vor. Das Ostium urethrae externum liegt im Vestibulum vaginae unmittelbar vor dem Ostium vaginae und 2–3 cm hinter der Glans clitoridis.
ten somatomotorischen Fasern haben ihren Ursprung ebenso aus dem Sakralmark S2–S4. "" Im Bereich der proximalen Urethra wird die dreischichtig aufgebaute Blasenmuskulatur verlassen; sie geht beim Mann in eine zirkulär und bei der Frau in eine längsgerichtete glatte Muskulatur, den inneren Schließmuskel, über.
Sphinkter
"" Die Schleimhaut der männlichen Urethra weist in der Pars intramuralis und bis zur Hälfte der Pars prostatica das Übergangsepithel der Harnblase auf. "" Im unteren Anteil der Pars prostatica und im Bereich der Pars spongiosa findet sich ein Epithel, das auf der Basalmembran mehrere Schichten von Epithelzellen zeigt, die zum Lumen hin von Säulenepithelzellen bedeckt sind (mehrschichtiges Säulenepithel). "" Die weibliche Urethra besteht histologisch aus einer Tunica mucosa und einer Tunica muscularis. "" Die Schleimhaut der Urethra ist im verschlossenen Zustand in Längsfalten gelegt, die bei Dehnung verstreichen. Am Beginn der weiblichen Urethra trägt die Schleimhaut noch das typische Urothel, das in den Endabschnitten schließlich vollständig durch ein mehrschichtiges, unverhorntes Plattenepithel ersetzt ist. "" In der Tunica mucosa finden sich zahlreiche Schleimdrüsen (Glandulae urethrales) sowie blind endende Einstülpungen der Schleimhaut, die als Lacunae urethrales bezeichnet werden. "" Die Muskelschicht der weiblichen Urethra geht aus der Wandmuskulatur der Harnblase hervor. Sie besteht aus inneren, längs verlaufenden und äußeren, zirkulär verlaufenden Zügen glatter Muskulatur.
"" Für den Verschluss der Urethra sorgen ein innerer (M. sphincter urethrae internus) und ein äußerer (M. sphincter urethrae externus) Schließmuskel. "" Unmittelbar proximal der bulbären Urethra am Durchtritt der Urethra in den Beckenboden befindet sich der äußere Sphinkter, der M. sphincter urethrae externus. Der externe Sphinkter lässt sich in eine intramurale Urethramuskulatur, eine quergestreifte, periurethrale Muskulatur des Beckenbodens und in Muskelanteile, die aus der Levatormuskulatur stammen, unterteilen. "" Zudem werden am M. sphincter urethrae externus „Slow“- und „Fast-twitch“-Fasern unterschieden. Die „Slow-twitch“-Fasern sorgen durch einen Dauertonus für die Kontinenz unter Ruhebedingungen. Hingegen werden die „Fast-twitch“-Fasern durch schnelle Kontraktionen zur Aufrechterhaltung der Kontinenz bei Belastung (Husten, Niesen, Lachen) beansprucht. "" Der äußere Schließmuskel weist eine Trippelinnervation auf: Die parasympathische Innervation erfolgt über den N. pelvicus, der dem sakralen Miktionszentrum S2–S4 entspringt. Die sympathischen Nervenfasern entspringen als N. hypogastricus aus dem thorakalen Grenzstrang Th10–L2. Die als N. pudendus bezeichne-
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Embryologie "" Die hintere Urethra entwickelt sich aus dem Entoderm und wird von Übergangsepithel bedeckt. "" Die bulbäre und die penile Urethra entwickeln sich aus dem Ektoderm und werden von einem mehrschichtigen Zylinderepithel ausgekleidet. "" Am Übergang von Entoderm und Ektoderm findet sich die typische Lokalisation für kongenitale ringförmige Engen. Die hintere Urethralklappe tritt bei männlichen Neugeborenen mit einer Häufigkeit von 1:5000–1:8000 auf und liegt als durchbrochene Membran am Übergang der prostatischen zur membranösen Urethra. "" Der Meatus (Ostium urethrae externum) entwickelt sich aus ektodermalen Zellen, die von der Glans penis gegen das distale Urethraende vorwachsen, sich mit dem Ende vereinigen und dieses kanalisieren.
Histologie
2.1 Anatomie
Vesica urinaria
Urethra, Pars prostatica
V. dorsalis profunda penis
Urethra, Pars intramuralis mit Ostium urethrae internum
Ductuli prostatici Colliculus seminalis mit Mündungen der Ductus ejaculatorii
A. dorsalis penis
N. dorsalis penis
Prostata Septum penis
Urethra, Pars membranacea
Gl. bulbourethralis
Ampulla urethrae Crus penis
Corpus spongiosum Bulbus penis
Urethra, Pars spongiosa
Mündungen der Gll. urethrales
Cutis mit Subcutis
A. profunda penis
Fascia penis (superficialis)
Corpus cavernosum
Tunica albuginea corporum cavernosorum
A. urethralis
Äste der A. profunda penis
Ostium urethrae externum, Crista urethralis
Tunica albuginea corporis spongiosi Urethra Pars spongiosa
Preputium
a
Fascia penis (profunda)
Corpus spongiosum
Fossa navicularis urethrae
Glans penis
b
Vesica urinaria, Tunica mucosa
Cervix vesicae mit Uvula vesicae am Ostium urethrae interum
Vesica urinaria Tunica muscularis
Spatium extraperitoneale pelvis mit Plexus venosus vesicalis
Vesica urinaria, Tunica adventitia und Fascia pelvis visceralis
Ast der A. vesicalis inferior
Urethra, Tunica muscularis
Lig. pubovesicale
M. pubovesicalis
M. levator ani
Urethra, Pars membranacea
Mündungsöffnungen der Gll. urethrales
Crus clitoridis
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V. dorsalis superficialis penis
M. ischiocavernosus
M. transversus perinei profundus
M. bulbospongiosus
Fascia perinei
Bulbus vestibuli
Verankerung des Lig. teres uteri Ostium urethrae externum
c Abb. 2.1 a–c a Männliche Urethra im Schnitt. b Lage der männlichen Urethra im Penis.
Labium majus pudendi
Labium minus pudendi
c Lage der weiblichen Urethra im Schnitt. (Grafiken a–c: M. Voll, aus Schünke et al. 2005, s. S. 125.)
21
2
2 Normale Anatomie und Leitstrukturen
Arterielle Blutversorgung
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2
"" Die arterielle Blutversorgung von Urethra, Schwellkörpern und Penishaut erfolgt aus der A. pudenda interna, die aus der A. iliaca interna oder gelegentlich aus der A. umbilicalis abgeht. Sie zieht zum Foramen infrapiriforme, gelangt gemeinsam mit dem N. pudendus an der medialen Seite des Tuber ischiadicum in den AlcockKanal Canalis pudendalis) und zweigt sich in der Fossa ischiorectalis in verschiedene Äste auf. "" Die A. pudenda interna setzt sich nach Abgang der A. perinealis in der A. dorsalis penis fort. Aus der A. dorsalis penis entspringt im Bereich des Durchtritts durch den M. transversus perinei profundus die A. bulbi penis. Sie zieht nach medial und tritt von dorsal in den Bulbus penis ein. Die A. urethralis entspringt wenige Zentimeter distal und tritt ebenfalls in den Bulbus penis ein. Beide Arterien versorgen das Corpus spongiosum, die Urethra, den Bulbus penis und die Glans penis. "" Die A. profunda penis zieht zwischen den Crura penis nach distal und verläuft unterhalb der Fascia penis pro-
22
funda (Buck-Faszie) auf dem Penis. Durch ausgeprägte Kollateralen kann die Urethra sowohl von der A. bulbi penis wie von der A. dorsalis penis ausreichend mit Blut versorgt werden.
Venöse Blutversorgung "" Die venöse Drainage der Urethra und des Corpus spongiosum erfolgt überwiegend durch die Glans penis und zusätzlich über die Vv. bulbi penis, die in die V. profunda penis münden. Der weitere Abstrom erfolgt über die V. pudenda interna in die V. iliaca interna. "" Bei der Frau drainieren venöse Plexus den Abstrom weiter über die V. pudenda interna in die V. iliaca interna.
Lymphgefäße "" Die Lymphgefäße münden in die Nodi lymphoidei inguinales superficiales et profundi. Die proximalen Penisanteile münden in die Beckenlymphknoten.
2.1 Anatomie
2
g Venöse Drainage der Organe des weiblichen Beckens. h Lymphabfluss von Harnblase und Urethra. (Grafiken d–h: M. Voll, aus Schünke et al. 2005, s. S. 125.)
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Abb. 2.1 d–h d u. e Verlauf und Äste der rechten A. pudenda interna am Beckenboden beim Mann (d) und bei der Frau (e). f Venöse Drainage von Harnblase und männlichem Genitale.
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2 Normale Anatomie und Leitstrukturen
2.2 Zystoskopische Leitstrukturen Penile Harnröhre
2
"" Das Lumen der Urethra ist spaltförmig, da sich die ventrale und die dorsale Wand aneinanderlegen. Bei der Urethrozystoskopie weitet die Spülflüssigkeit die Urethra auf und vermeidet mögliche Verletzungen (z. B. Via falsa). "" Die normale Schleimhaut erscheint in der Zystoskopie – abhängig von der Stärke der Lichtquelle – weißlich spiegelnd (Abb. 2.2 a). "" Die Pars spongiosa zeigt längs verlaufende Schleimhautfalten, die kleine Buchten – die Morgagni-Lakunen (Lacunae urethrales) – sowie die Littre-Drüsen (Glandulae urethrales) aufweisen. Diese Drüsen sind in der Pathogenese der entzündlichen Urethrastriktur relevant, da sich in ihrem Bereich häufig chronisch entzündliche Veränderungen finden, die zu periurethralen Gewebeveränderungen im Sinne von Vernarbungen und Fibrosierungen führen.
Bulbäre und membranöse Urethra
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"" Auch in der bulbären Urethra erscheint die normale Schleimhaut weißlich spiegelnd mit längs verlaufenden Schleimhautfalten (Abb. 2.2 b u. c). "" Am proximalen Übergang der Pars spongiosa zur Pars membranacea befindet sich die Ampulla urethrae. Dieser Bereich wird auch als Pars ampullaris bezeichnet. Hier münden von dorsal die Ausführungsgänge der Cowper-Drüsen. "" Auf die Pars spongiosa folgt die Pars membranacea. Das Lumen ist hier relativ eng. An dieser Stelle durchsetzt die Urethra den Beckenboden (Diaphragma urogenitale). Dieser weitgehend muskelfreie Urethrateil ist die Prädilektionsstelle für das Auftreten von Urethraläsionen, die in Kombination mit einer Beckenfraktur auftreten. "" Die Beurteilung der Urethra bei Frauen ist aufgrund der Kürze etwas erschwert. Im Vergleich zur männlichen
24
D. Thüer
Urethra ist die weibliche Urethra stärker gefaltet, mit längs verlaufenden Falten, insbesondere an der hinteren Urethrawand. Die Schleimhaut ist etwas rötlicher, was eine Urethritis vortäuschen kann.
Prostatische Urethra und Blasenhals "" Die Pars prostatica ist etwa 3,5 cm lang. Bei Erreichen des M. sphincter urethrae externus sollte der Patient den Beckenboden entspannen. Zur Evaluierung des externen Sphinkters wird der hydraulische Sphinktertest durchgeführt. Hierbei wird der Zulauf unterbrochen, was eine Kontraktion des Sphinkters auslöst. Normalerweise ist ein vollständiger zirkulärer Sphinkterschluss zu beobachten (Abb. 2.2 f u. g). Die Sphinkterschleimhaut ist normalerweise rosarot. "" Der Colliculus seminalis wird unmittelbar proximal des Sphinkters sichtbar. Es handelt sich um eine ovale bis rundliche Struktur in der Mitte der dorsalen prostatischen Urethra, auf deren Oberseite gelegentlich die Mündung des Utriculus prostaticus sichtbar ist. Von der Unterseite erheben sich 1–2 divergierende Falten beiderseits an der Hinterwand der Urethra, die weiter distal in die laterale Urethrawand einstrahlen (Abb. 2.2 h). Neben dem Colliculus seminalis gibt es 15–30 kleine Poren in der Urethraschleimhaut, die Mündungen der Prostatadrüsen. "" Neben der Beurteilung des Lumens und der Schleimhaut können im Bereich der prostatischen Urethra die Größe und Beschaffenheit der Prostata evaluiert werden. Normalerweise sind die Prostatalappen nicht obstruktiv. Eine benigne Prostatahyperplasie ist an den prominenten Seitenlappen mit normaler Schleimhaut erkennbar (Abb. 2.2 i). "" Am Blasenhals zeigt die Schleimaut der Urethra eine dorsale, längs verlaufende Falte, die sich in den Colliculus seminalis fortsetzt. Hier mündet die Urethra in den Blasenauslass.
2.2 Zystoskopische Leitstrukturen
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Abb. 2.2 a–i a Penile Urethra, Normalbefund. Die Schleimhaut erscheint weißlich spiegelnd. b Übergang von der penilen zur bulbären Urethra. c Bulbäre Urethra. Die Schleimhaut erscheint weißlich spiegelnd mit längs verlaufenden Schleimhautfalten. d u. e Bulbäre Urethra sphinkternah.
f g h i
Externer Sphinkter in geöffnetem Zustand. Externer Sphinkter in geschlossenem Zustand. Colliculus seminalis. Benigne Prostatahyperplasie: prominenter Colliculus seminalis, der das Lumen obstruiert.
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2 Normale Anatomie und Leitstrukturen
Trigonum und Ureterenleiste "" Der Blasenauslass und die beiden Ostien bilden ein Dreieck, das Trigonum, das von der Ureterenleiste lateral begrenzt wird. Vom Blasenauslass spannt sich das Trigonum zu beiden Seiten in einem Winkel von 45–55 ° auf. Die Ureterenleiste befindet sich in einem Abstand von ca. 25–35 mm vom Blasenauslass und wird von den Ureterostien begrenzt. Die Ureterostien liegen in einem Abstand von 40–50 mm auf der Ureterenleiste. "" Die Ureterenleiste, die Ostien und die Luftblase am Blasendach bleiben wichtige Orientierungsmerkmale.
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"" Im Normalfall sind die Ostien schlitzförmig angelegt und unterscheiden sich farblich nicht von der Umgebung. Seltener weisen die Ostien die Form eines Golflochs, eines Hufeisens oder eine ovale Form auf (S. 44 ff). "" Die Ostien scheiden normalerweise beiderseits klaren Urin aus. Die Schleimhaut im Bereich der Ostien ist im Normalfall blassrosa. Die Vaskularisierung ist diskret (Abb. 2.2 k–m).
2.2 Zystoskopische Leitstrukturen
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Abb. 2.2 j–q j Schlitzförmiges Ostium unter einer Koagulationskugel. Eine Koagulation sollte hier möglichst vermieden werden, um einen konsekutiven Harnstau zu vermeiden. k–m Ovale Ostien. Die Schleimhaut erscheint blassrosa ohne Trabekulierung oder Divertikel. Die Vaskularisierung ist diskret. n Im Vordergrund ist der seitliche Rand des internen Sphinkters zu sehen, dahinter ein Teil des Blasenbodens mit außerordentlich stark entwickeltem Ureterwulst und der Ureterenmündung. Daraus spritzt gerade der Urin in kräftigem Strahl (Jet). Hinter dem Ureterwulst, der als lange schmale Walze verläuft, sieht man weit in den Blasenfundus hinein. o Uretermündung ohne ausgeprägten Ureterwulst. Das Ostium hat die Gestalt eines länglichen Ovals und sieht aus wie der Abdruck eines Pferdehufs. Es ist von Arterien umkränzt, die vom internen Sphinkter aus darauf hinstrahlen.
p Ureterostium ohne ausgeprägten Ureterwulst. Die Impression in der Schleimhaut ist außerordentlich flach und nah am Rande des internen Sphinkters gelegen, sodass das Auffinden nicht leicht ist. Zahlreiche Gefäße ziehen radiär gegen den Blasenboden hin. q Besonders kräftig ausgebildeter rechtsseitiger Ureterwulst, auf dessen Höhe eine normale Uretermündung sichtbar ist; daneben ein zweites, akzessorisches Ostium (Mündung eines überzähligen Ureters). (Aquarelle n–q: O. Kneise/M. Stolze, s. S. 125.)
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3 Anatomische Normvarianten
3.1 Normvarianten der Urethra Angeborene Meatusstenose_ ___________ Epidemiologie, Pathophysiologie und Klinik
3
"" Angeborene Stenosen des Meatus (Ostium urethrae externum) sind bei Jungen und Mädchen klinisch belegte, aber seltene Fehlbildungen. Erworbene, sekundäre Meatusstenosen sind dagegen häufiger. Sie sind die Folge von narbigen Stenosierungen, die nach Balanitiden und insbesondere nach Zirkumzisionen auftreten können. "" Die Angaben zur Inzidenz schwanken in der Literatur von „extrem selten“ bis „selten“. "" Die Ursache der angeborenen Meatusstenose ist die in der frühen Fetalzeit unvollständige Ausbildung des Urethralkanals am Meatus. Eine septenartige Stenosierung kann schlimmstenfalls zu einer punktförmigen Mündung führen. Häufig ist mit einer kongenitalen Meatusstenose eine Hypospadie assoziiert. "" Die klinischen Symptome einer Meatusstenose sind ein abgeschwächter Harnstrahl und eine verlängerte Miktionszeit. Zusätzlich kann vor allem bei Mädchen ein gehäuftes Auftreten von Harnwegsinfekten zu beobachten sein.
Urethrozystoskopie "" Eine Urethrozystoskopie ist bei einfacher Meatusstenose nicht indiziert. Der diagnostische Nutzen würde selbst bei Verwendung besonders dünner Instrumente in keinem angemessenen Verhältnis zur möglichen Morbidität einer eventuell auch psychisch traumatisierenden Untersuchung stehen, die bei kleinen Kindern in der Regel in Narkose durchgeführt werden muss.
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Diagnose und Behandlung "" Die alleinige Inspektion des Meatus vor und während der Miktion legt die Diagnose nahe, ist aber nicht ausreichend, da eine eng aussehende Urethramündung ausreichend weit sein kann. Daher ist bei Verdacht auf eine Meatusenge eine Kalibrierung mit Bougie à boule zum Nachweis einer Meatusstenose unumgänglich. "" In der Uroflowmetrie ist eine verlängerte Miktionsdauer bei reduzierter maximaler Harnflussrate mit Plateaubildung zu beobachten (Abb. 3.1 a). "" Im Miktionszystourethrogramm (MZU) ist die erweiterte Urethra zu sehen, zudem kann ggf. ein gleichzeitig bestehender Reflux beobachtet werden. Bei Mädchen ist vor allem eine Spindelung der hinteren Urethra zu beobachten (Abb. 3.1 b). Bei der Bewertung dieser Spindelung wird die Kontroverse um die Meatusstenose deutlich, die einerseits als Normvariante, andererseits als pathognomonisch angesehen werden kann. "" Therapeutisch empfiehlt sich bei Jungen mit Mik tionsbeschwerden eine einfache ventrale Meatotomie. Hierbei wird die stenosierende Membran durch einen Scherenschlag nach ventral und proximal gespalten und die Urethraschleimhaut mit der Schleimhaut der Glans penis vernäht.
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M. Poyi Kamdem, S. Wille
"" Bei Mädchen ist die bilaterale Inzision bei 4 und 8 Uhr gegenüber der einfachen Inzision bei 12 oder 6 Uhr vorzuziehen, was den Vorteil bietet, die Urethra nicht zu verkürzen und durch die sich bildende flache Lippe einen vaginalen Influx zu vermeiden.
Hypospadia glandis____________________ Epidemiologie, Pathophysiologie und Klinik "" Die Hypospadie ist eine häufige angeborene Anomalie, bei der der ektope urethrale Meatus auf der Ventralseite des Penis, Skrotums bzw. Perineums und proximal der Spitze der Glans penis mündet. "" Die Inzidenz der Hypospadie bei männlichen Neugeborenen wird in der Literatur mit 0,3 bis 0,7 % angegeben. "" Die sexuelle Differenzierung und die Entwicklung der Urethra beginnen in der 8. Schwangerschaftswoche (SSW) und enden mit der 15. Woche der Schwangerschaft. Infolge einer fehlenden Vereinigung beider Urethralleisten auf der gesamten Länge des Penis oder eines fehlenden Anschlusses der Fossa navicularis an die Urethra mündet die Urethra bei einer Hypospadie proximal der Spitze der Glans penis. Für die Hemmung der Urethralfaltenverschmelzung wird in der Literatur ein intrauteriner Androgenmangel vor der 14. SSW verantwortlich gemacht. Die Gabe von Östrogen bzw. Progesteron während der Schwangerschaft ist eine bekannte und dokumentierte Ursache für eine erhöhte Inzidenz. "" Die Hypospadie kann mit einer Meatusstenose, einer Penisverkrümmung oder einer dorsalen Vorhautschürze mit fehlender ventraler Vorhaut assoziiert sein. Nach Lokalisation des Meatus kann die Hypospadie in anteriore oder distale (glanduläre, koronare, subkoronare), mittlere (penile) sowie posteriore oder proximale (penile, penoskrotale, skrotale und perineale) Formen unterteilt werden. Die anterioren Formen machen 65 bis 70 % aller Hypospadien aus (Abb. 3.1 c). Bei der glandulären Hypospadie liegt der Meatus proximal der Glansspitze. "" Die Diagnose einer Hypospadie wird im Rahmen einer klinischen Untersuchung gestellt, bei der Position und Weite des Meatus begutachtet werden. Schwierig ist die Diagnose einer leichten Verkrümmung im Sinne einer gering ausgebildeten Chorda, die nur während der Erektion zu einer ventralen Penisdeviation führt. "" Eine penoskrotale Hypospadie mit ein- oder beidseitigem Hodenhochstand bedarf einer genetischen Abklärung zum Ausschluss eines intersexuellen Genitales.
Urethrozystoskopie "" Eine Urethrozystoskopie ist in der Regel nicht notwendig, da die Hypospadie meist als Blickdiagnose gestellt werden kann. Zudem ist der Meatus bei Hypospadie meist eng. Der diagnostische Wert einer Urethraspiegelung wäre nur sehr beschränkt.
3.1 Normvarianten der Urethra
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Abb. 3.1 a–c a Beispiel einer Uroflowmetrie bei einem 7-jährigen Mädchen mit distaler Urethra- bzw. Meatusstenose. Plateau bei 15 ml/s mit verlängerter Entleerungszeit. b Schematisches Beispiel einer distalen Urethrastenose mit Spindelung der hinteren Urethra.
c Einteilung der Hypospadie nach deren Lokalisation: anteriore/distale (1: glanduläre, 2: koronare, 3: subkoronare), mittlere (4, 5: penile) und posteriore/proximale (5: penile, 6: penoskrotale, 7: skrotale, 8: perineale) Form.
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3 Anatomische Normvarianten
Diagnose und Behandlung
3
"" Zur genauen Beurteilung des Ausmaßes der Penisverkrümmung sollte bei allen Hypospadien intraoperativ unmittelbar vor der Korrektur eine artifizielle Erektion induziert werden. "" Für die operative Korrektur der Hypospadie sollte zwischen kosmetischer und funktioneller Indikationsstellung unterschieden werden. "" Prinzipiell bedürfen glanduläre Hypospadien mit ausreichend weitem Meatus ohne Penisverkrümmung keiner operativen Korrektur, da sie kein funktionelles Defizit zur Folge haben. "" Eine kosmetische operative Korrektur sollte daher nur nach ausgiebiger Aufklärung der Eltern erfolgen. "" Zur operativen Korrektur einer distalen Hypospadie stehen zahlreiche Operationstechniken zu Verfügung. Am häufigsten kommt die Technik nach Snodgrass zur Anwendung. Ein aufwendigeres Verfahren stellt die MAGPI-Technik (MAGPI: meatal advancement and glanuloplasty) dar.
Urethralkarunkel
Urethrozystoskopie "" Anders als bei Karunkeln ist die Urethrozystoskopie bei einem Urethraprolaps hilfreich, um die genaue Ausdehnung des Befunds auch im Hinblick auf den externen Sphinkter und einer möglichen Verletzung während des Abtragens beurteilen zu können (Abb. 3.1 d u. e).
Diagnose und Behandlung "" Die Indikation zur Resektion ist gegeben, wenn der Prolaps zu Miktionsbeschwerden, Blutungen oder kosmetischer Beeinträchtigung führt.
Lacuna magna/Guérin-Klappe
Epidemiologie, Pathophysiologie und Klinik
Epidemiologie, Pathophysiologie und Klinik
"" Die Urethralkarunkel ist eine entzündliche Läsion der distalen Urethra, die fast immer bei postmenopausalen Frauen diagnostiziert wird. Es handelt sich um einen gutartigen, rötlich gefärbten, leicht blutenden Tumor, der meist von der dorsalen Lippe des Meatus aus der Urethra prolabiert. "" Die Karunkel ist wahrscheinlich Folge eines urethralen Schleimhautprolapses bei Östrogenmangel. "" Die chronische Irritation kann zu Schmierblutungen, Blutungen, Schmerzen und Miktionsbeschwerden führen. "" Als differenziale Diagnose ist ein Urothelkarzinom der distalen Urethra auszuschließen.
"" Eine Guérin-Klappe ist selten. Ätiologisch und entwicklungsgeschichtlich wird eine fehlende Ausrichtung der glandulären zur penilen Urethra postuliert. Andere Autoren sehen die Guérin-Klappe als eine anatomische Normvariante an. "" Die Fossa navicularis ist eine sich in der Glans penis befindliche etwa 2 cm lange physiologische Erweiterung der distalen Urethra, die sich am Meatus verengt. "" Die vordere urethrale Klappe, die in der Fossa navicularis entsteht, wird Guérin-Klappe genannt. Diese wird als ein Septum beschrieben, das partiell die Lacuna magna (eine Erweiterung der dorsalen Wand der distalen Urethra in der Glans penis) von der Urethra trennt. Daraus resultiert eine klappenartige Membran mit einem Sinus im Bereich der dorsalen Wand der distalen Urethra. "" Eine Dysurie sowie Blutabgang am Ende der Miktion sind typische Symptome.
Urethrozystoskopie "" Bei einer kleinen Karunkel ist eine Urethrozystoskopie wenig hilfreich, da die meisten Karunkeln direkt am Meatus bei etwa 6 Uhr in Steinschnittlage positioniert sind. Lizensiert f?r Universit?t Greifswald
gesamten distalen Urethraschleimhaut kommen, die gangränös werden kann, wenn sie nicht baldmöglichst reponiert wird. "" Der urethrale Prolaps kann asymptomatisch sein. Er kann sich aber auch durch Schmierblutungen, Blutungen und Miktionsbeschwerden manifestieren. "" Differenzialdiagnostisch kommt bei Mädchen auch der Prolaps einer massiven Ureterozele in Betracht.
Diagnose und Behandlung "" Nach der Diagnosesicherung im Rahmen einer vaginalen Einstellung erfolgt zunächst ein konservatives Vorgehen mittels lokaler Östrogenbehandlung und Sitzbädern. "" Sollte es unter der konservativen Therapie binnen einiger Monate zu keiner Besserung der Beschwerden kommen, ist eine operative Exzision der Karunkel indiziert.
Urethraler Prolaps Epidemiologie, Pathophysiologie und Klinik "" Bei Kindern sowie gelegentlich bei Paraplegikern und postmenopausalen Frauen kann es zu einem Vorfall der
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Urethrozystoskopie "" Der diagnostische Stellenwert der Urethrozystoskopie bei dieser sehr seltenen Normvariante ist äußerst gering, da distale Befunde der Urethra ohne ausreichenden Vorlauf endoskopisch schlecht darstellbar sind.
Diagnose und Behandlung "" In der Miktionszystourethrografie kann eine kleine Kontrastmittelansammlung an der dorsalen Wand der distalen Urethra zur Darstellung kommen (Abb. 3.1 f). "" Die Marsupialisation der Klappen in das urethrale Lumen ist die Therapie der Wahl. Als alternative Therapieoption kann eine transurethrale Exzision der Klappen durchgeführt werden. Hiernach sind die Patienten meist beschwerdefrei.
3.1 Normvarianten der Urethra
3 Blase
Harnröhre f
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Abb. 3.1 d–f d Urethraler Prolaps. e Urethraler Prolaps aus d mit eingeführtem Zystoskop. f Schematische Darstellung einer Guérin-Klappe (Pfeil).
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3 Anatomische Normvarianten
3.2 Normvarianten der Harnblase
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M. Poyi Kamdem, S. Wille
Unvollständige Duplikation der Harnblase_
Sanduhrblase_________________________
Epidemiologie, Pathophysiologie und Klinik
Epidemiologie, Pathophysiologie und Klinik
"" Die Duplikation ist eine Rarität. Prävalenzdaten zu dieser Entität stehen nicht zu Verfügung. "" Bei der unvollständigen Duplikation der Harnblase ist der obere Teil der Blase doppelt, das Trigonum und die Urethra jedoch einfach angelegt. Die beiden Blasensegmente sind meist sagittal getrennt. "" Bei der vollständigen Duplikation der Harnblase sind sowohl die Harnblase als auch die Urethra doppelt angelegt (Abb. 3.2 a).
"" Die sogenannte Sanduhrblase ist eine seltene Fehlbildung, bei der es zu einer inkompletten Duplikation der Harnblase in der Horizontalebene kommt (Abb. 3.2 b). "" Die Sanduhrblase kann sich durch obstruktive Miktionsbeschwerden oder eine Harninkontinenz manifestieren.
Urethrozystoskopie "" Im Falle einer vollständigen Duplikation finden sich zwei Urethrae, die zu einem Meatus (Ostium urethrae externum) fusionieren oder in zwei separaten Meatus münden können. "" In der Blase stellt sich in der Medianlinie ein Septum dar.
Diagnose und Behandlung
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"" Eine Behandlung ist meist nicht notwendig, solange nicht eine Obstruktion, Infektionen oder Konkremente auftreten.
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Urethrozystoskopie "" Bei der Urethrozystoskopie können die Ureteren entweder im oberen oder im unteren Segment münden. Die Sanduhrblase gilt gewöhnlich als Variante der unvollständigen Doppelung.
Diagnose und Behandlung "" Die Diagnose wird in der Miktionszystourethrografie (Abb. 3.2 c) und in der Urethrozystoskopie gestellt. "" Eine operative Korrektur ist nur bei frustran erfolgter konservativer Therapie und rezidivierenden Infektionen, Obstruktionen oder Zystolithiasis indiziert.
3.2 Normvarianten der Harnblase
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c Schematisches Beispiel einer kongenitalen Sanduhrblase bei einer Patientin mit Belastungsinkontinenz, wie sie sich in der retrograden Zystografie darstellt.
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Abb. 3.2 a–c a Schematisches Beispiel einer kompletten Duplikation der Harnblase. b Schematische Darstellung einer Sanduhrblase mit auffälliger Septierung in der Horizontalebene.
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4 Anatomische Anomalien
4.1 Urethrastrikturen
S. Wille
Epidemiologie, Pathophysiologie und Klinik
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"" Es lassen sich angeborene und erworbene sowie vordere und hintere Urethrastrikturen unterscheiden. Die angeborenen Strikturen bei Jungen (bulbäre Strikturen) sind selten und werden an anderer Stelle erläutert (S. 80). Die erworbenen Strikturen lassen sich in posttraumatische, iatrogene und postentzündliche Strikturen unterscheiden. "" Die sogenannte Straddle-Verletzung entsteht durch einen Sturz mit direktem Aufprall des Perineums, beispielsweise beim Abrutschen vom Fahrradsattel auf die Mittelstange eines Herrenrads (Abb. 4.1 a). Das Trauma bleibt oft vom Patienten unbemerkt, bis sich im Laufe der Zeit unter Zunahme der Narbenbildung Symptome ausbilden. "" Oft ist einer Urethrastriktur eine urethrale Manipulation im Sinne einer Kathetereinlage oder eines endourologischen Eingriffs (Urethrozystoskopie, Ureterorenoskopie, transurethrale Resektion der Prostata oder der Blase) vorausgegangen. Aus kleinen Lazerationen der Schleimhaut entstehen Narben, deren Ausprägung von einer irrelevanten kleinen Einengung bis zum kompletten Verschluss reichen kann. "" Am bekanntesten ist die postentzündliche Striktur infolge einer Gonorrhö. Welchen Stellenwert Chlamydien bzw. Ureaplasma urealyticum in der Entwicklung einer Urethrastriktur einnehmen, ist unklar. "" Die genannten Entitäten werden gemeinsam als vordere Urethrastrikturen bezeichnet. Hintere Urethrastrikturen sind am Übergang zum Blasenhals lokalisiert und entstehen durch narbige und fibrotische Umbauprozesse nach radikaler Prostatektomie oder Becken- bzw. Beckenringfrakturen. "" Häufige Prädilektionsstellen für Strikturen sind –– der Bulbus penis (hier sind Strikturen meist nach traumatischen Kathetereinlagen zu beobachten), –– die Fossa navicularis, –– die distale Urethraenge und –– die mittlere Urethraenge (bei Straddle-Verletzung).
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"" Die klinischen Symptome einer Urethrastriktur sind meist durch eine obstruktive Miktionssymptomatik mit abgeschwächtem Harnstrahl, Restharngefühl und zweizeitiger Miktion gekennzeichnet. Bei ausgeprägter Urethrastriktur kann es auch zu einer Harnverhaltung kommen. Gelegentlich tritt eine begleitende Prostatitis oder Epididymitis auf. Die Narbe kann aber auch per se irritative Symptome in der Harnröhre hervorrufen.
Urethrozystoskopie "" In der Urethrozystoskopie (U-Zyst) stellt sich die narbige Verengung in unterschiedlichen Ausprägungen dar. Sie kann als sogenannte relative Stenose als Nebenbefund beobachtet werden, ohne dass die Passage mit dem Urethrozystoskop beeinträchtigt und eine Intervention notwendig ist (Abb. 4.1 c). "" Es können auch mehrere relative Stenosen hintereinander auftreten (Abb. 4.1 d). "" Oft stellt sich nur eine dünne, spinnenwebartige Lamelle dar, die ohne größeren Widerstand durch sanftes Vorschieben des Urethrozystoskops in die hintere Harnröhre gelöst werden kann (Abb. 4.1 e). "" Wenn die Striktur hochgradiger ist, nicht mit dem Endoskop passiert werden kann und entsprechende klinische Zeichen vorliegen, ist die Indikation für eine endourologische Therapie gegeben (Abb. 4.1 f). "" Eine Extremvariante der Striktur stellt der komplette Urethraverschluss dar (Abb. 4.1 g). Dieser entsteht oft nach Beckentraumen mit Urethraabriss oder nach multiplen Voroperationen. "" Die Harnröhre kann auch über einen größeren Bereich deutlich verengt sein, sodass auf ein sehr dünnes Ure throzystoskop gewechselt werden muss, um in die Blase zu gelangen. Bestehen zusätzlich obstruktive Blasenentleerungsstörungen oder eine signifikante Restharnbildung, sollte eine Urethrotomie durchgeführt werden (Abb. 4.1 h).
4.1 Urethrastrikturen
C
D
B
a
b
A
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4
Abb. 4.1 a–h a Verletzungsschema bei einer Straddle-Verletzung. b Prädilektionsstellen der männlichen Urethrastrikturen. A: Fossa navicularis, B: distale Harnröhre, C: mittlere Harnröhre, D: hintere Harnröhre. c Relative Stenose der penilen Harnröhre.
d e f g h
Mehrere relative Stenosen hintereinander. Spinnenwebartige Lamelle. Hochgradige Striktur. Kompletter Urethraverschluss. Langstreckige Urethrastriktur.
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4 Anatomische Anomalien
Diagnose und Behandlung
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"" Die Diagnose einer Urethrastriktur stützt sich auf die Anamnese, die Harnstrahlmessung, die sonografische Restharnbestimmung, die Röntgenuntersuchung (retrograde Urethragrafie oder Miktionszystourethrografie) sowie die Urethrasonografie und die U-Zyst. Es sind nicht immer alle der genannten Diagnostika notwendig. Sie sollten nur bei Unklarheit und in der Reihenfolge der Invasivität durchgeführt werden. "" In der Anamnese werden typischerweise obstruktive Blasenentleerungsstörungen mit abgeschwächtem Harnstrahl, Nykturie, verzögertem Miktionsbeginn und Restharngefühl erfasst. Diese Symptome lassen sich differenzialdiagnostisch nicht eindeutig von einem benignen Prostatasyndrom (BPS) unterscheiden. "" Die Harnstrahlmessung weist typischerweise ein Plateau auf und stellt in der Ergänzung oft schon die wegweisende Untersuchung dar. "" Mit der sonografischen Restharnbestimmung kann indirekt die Ausprägung der subvesikalen Obstruktion bestimmt werden. Sie sollte stets zur Indikationsstellung und zur Verlaufsbestimmung durchgeführt werden. "" Zur radiologischen Standarduntersuchung bei Verdacht auf eine Urethrastriktur zählt die retrograde Urethrografie, die in sogenannter Lauenstein-Lage mit angewinkeltem Oberschenkel und seitlich positioniertem Penis durchgeführt wird. "" Wichtig für die repräsentative Darstellung der Striktur sind die Streckung des Penis und die ausreichende, luftblasenfreie Applikation von Kontrastmittel in der Harnröhre. "" Bei Verdacht auf eine langstreckige Urethrastriktur kann zusätzlich eine (antegrade) Miktionszystourethrografie (MZU) durchgeführt werden, um die hintere (kraniale) Begrenzung der Striktur zu definieren. "" Wenn die genannten Untersuchungen nicht konkludent sind, führt die U-Zyst zur sicheren Diagnose.
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"" Die Behandlungsmöglichkeiten der Urethrastriktur sind umfangreich und richten sich im Wesentlichen nach der Ausprägung und den stattgehabten Vorbehandlungen. "" Eine relative, nicht symptomatische Stenose sollte lediglich dokumentiert und beobachtet werden. "" Hauchdünne, spinnenwebartige Lamellen können vorsichtig mit dem Urethrozystoskop gelöst werden. "" Die klassische Operationsmethode der distalen Urethrastriktur ist die Urethrotomia interna nach Otis. "" Zur Behandlung der Urethrastrikturen, die weiter posterior in der penilen oder bulbären Harnröhre lokalisiert sind, empfiehlt sich die Sichturethromie nach Sachse, um den M. sphincter urethrae internus nicht zu verletzen (Abb. 4.1 i u. j). "" Bei einer hochgradigen Striktur sollte zur sicheren Orientierung ein Ureterenkatheter oder ein Draht über den Arbeitskanal am Sachse-Urethrotom vorgeschoben werden (Abb. 4.1 k). Über diesen kann, wenn infolge einer Blutung die Sichtverhältnisse kein kontrolliertes Inzidieren der Narbe erlauben, ein Katheter in die Blase vorgeschoben werden. "" Wenn das Vorschieben eines Ureterenkatheters nicht möglich ist, muss die Urethrotomie mit Unterstützung einer von antegrad über die Harnblase eingeführten Lichtquelle mithilfe der „Cut-to-the-Light-Technik“ durchgeführt werden. Dabei muss über einen suprapubischen Zugang entweder mit Hilfe eines Urethrozystoskops oder eines Ureterorenoskops die Lichtquelle als Leitstruktur in die hintere Harnröhre eingeführt werden. "" Bei Rezidivstrikturen bietet sich zur Vorbeugung einer wiederholten und raschen Narbenbildung die Verwendung einer Laserurethrotomie an (beispielsweise mit Holmium-YAG-Laser, Abb. 4.1 l). "" Auf die offen chirurgischen Operationstechniken wie End-zu-End-Anastomosierung oder Rekonstruktionen mit beispielsweise Mundschleimhaut soll hier nicht näher eingegangen werden.
4.1 Harnröhrenstrikturen
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Abb. 4.1 i–l i Sachse-Urethrotomie bei 12 Uhr angesetzt. j Sachse-Urethrotomie beim selben Patienten nach vorsichtigem Inzidieren bei 12 Uhr. k Hochgradige Urethrastriktur und in die Blase vorgelegter Ureterkatheter. l Laserurethrotomie.
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4 Anatomische Anomalien
4.2 Urethradivertikel
S. Wille
Epidemiologie, Pathophysiologie und Klinik
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"" Die Inzidenz der Urethradivertikel wird in der Literatur mit 1,4̶5 % angegeben. Da die meisten Urethradivertikel jedoch asymptomatisch sind, muss von einer deutlich höheren tatsächlichen Inzidenz ausgegangen werden. "" Frauen sind häufiger betroffen als Männer. "" Aus einer Studie über inkontinente Frauen ging hervor, dass 1,4 % ein Urethradivertikel hatten. "" Ätiologisch werden angeborene und erworbene Divertikel unterschieden. Angeborene Divertikel stellen die Minderheit dar und werden auf eine Dilatation periurethraler Zysten, Zysten der Vaginalwand oder einen persistierenden Gartner-Gang zurückgeführt. "" Über die Entstehung erworbener Urethradivertikel bestehen verschiedene Theorien; die allgemein anerkannte geht von einer zugrunde liegenden Infektion der periurethralen Zysten aus. "" Infolge der Infektion kommt es zu einem Sekretverhalt mit Obstruktion und Ruptur in das urethrale Lumen, sodass ein Divertikel mit Verbindung zur Harnröhre entsteht. "" Die klassische Symptomentrias besteht aus Dysurie, Nachtröpfeln und Dyspareunie. Unspezifische Symptome, wie Pollakisurie, imperativer Harndrang und Dysurie, finden sich in etwa 50 % der Patienten. "" Ein Urethradivertikel kann lokal entzündet sein oder der Fokus für rezidivierende Harnwegsinfekte sein. "" In einem Divertikel können sich Harnsteine oder maligne Tumoren ausbilden. "" Sind die Divertikel von beträchtlicher Größe, kann es infolge einer Erhöhung des Blasenauslasswiderstands zu obstruktiven Blasenentleerungsstörungen kommen.
Urethrozystoskopie
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"" Die U-Zyst sollte mit einer 0°-Optik vorgenommen werden, um das Divertikel bzw. die Divertikelöffnung und idealerweise die Verbindung zur Harnröhre nachweisen zu können.
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"" Es empfiehlt sich, mit der freien Hand etwas Kompression auf die vordere Vaginalwand auszuüben. Häufig entleert sich dann (purulentes) Sekret.
Diagnose und Behandlung "" Bei allen Patienten mit chronisch rezidivierenden Harnwegsinfekten, Dysurie oder Dyspareunie sollte auch an ein Urethradivertikel gedacht werden. "" In der vaginalen Spekulumeinstellung kann oft an der distalen weiblichen Harnröhre eine suspekte Raumforderung getastet werden. "" In der U-Zyst kann der Nachweis eines Divertikels gelingen. Nicht immer lässt sich jedoch der Divertikelhals eindeutig identifizieren. "" Zu den radiologischen Nachweisverfahren zählen die Doppelballonurethrografie (Abb. 4.2 a) und die MZU (Abb. 4.2 b). "" Die Verwendung sonografischer Untersuchungstechniken hat zunehmend Eingang in die Diagnostik der Urethradivertikel gefunden. Mit der Perineal- oder Transvaginalsonografie können Urethradivertikel ohne Strahlenbelastung, reproduzierbar und ohne Unannehmlichkeiten für die Patienten nachgewiesen werden. "" Therapeutisch stehen endoskopische und offen chirurgische Techniken zu Verfügung. Das Prinzip der endourologischen Verfahren besteht darin, den Divertikelhals zu inzidieren, sodass eine ausreichend große Verbindung zur Harnröhre geschaffen wird und sich der Inhalt des Divertikels in die Harnröhre entleeren kann. Ein Nachteil dabei ist, dass das Divertikel nicht abgetragen werden kann und somit eine Rezidivgefahr besteht. Andererseits besteht bei der endoskopischen Methode immer die Gefahr der Sphinkterschädigung. "" Am häufigsten werden die Divertikel offen chirurgisch abgetragen. Das Divertikel wird über einen vaginalen Zugang komplett dargestellt, abgetragen und je nach Größe mit einem Schwenklappen gedeckt und mehrschichtig verschlossen.
4.2 Urethradivertikel
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Abb. 4.2 a a Doppelballonurethrogramm mit Nachweis eines Urethradivertikels (Foto: Reuter u. Reuter 1984, s. S. 125).
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4 Anatomische Anomalien
4.3 Sphinkter- oder Blasenhalssklerose Epidemiologie, Pathophysiologie und Klinik
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"" Bei der Sphinkter- oder Blasenhalssklerose besteht eine Starre des M. sphincter urethrae internus am Übergang zwischen Blasenhals und hinterer prostatischer Harnröhre. Sie kann durch Entzündungen der Prostata, der Samenblasen und der Nebenhoden ausgelöst werden. Dadurch kommt es zu einer Hyperplasie der Detrusormuskulatur am Blasenhals und des inneren Schließmuskels sowie konsekutiver Induration. "" Die Blasenhalssklerose kann nahezu isoliert ohne Vergrößerung der Prostata auftreten. "" Aus der Blasenhalssklerose kann eine subvesikale Obstruktion resultieren, die zu dysurischen Beschwerden führen kann. "" Diese umfassen einen abgeschwächten Harnstrahl, Pollakisurie und verzögerte Miktion. Oft liegt auch eine unvollständige Blasenentleerung mit Restharnbildung und Harnwegsinfekten vor.
Urethrozystoskopie "" In der endoskopischen Untersuchung fällt ein enger Blasenhals auf. Dieser ist sklerotisch verhärtet und imponiert meist weißlich. Bei ausgeprägter Sklerose kann die Passage in die Blase nur erschwert oder überhaupt nicht möglich (Abb. 4.3 a–c) sein.
Diagnose und Behandlung
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"" Hinweisend für eine Blasenhalssklerose sind die oben beschriebenen Symptome. Dieselben Symptome kön-
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S. Wille
nen aber auch auf eine Prostatavergrößerung (benign prostatic enlargement, BPE) zurückzuführen sein. Eine Unterscheidung ist anamnestisch schwierig. "" Im retrograden Urethrogramm kann ein enger Blasenhals auffallen, der oft mit einem Jetphänomen verbunden ist. "" Ein weiteres diagnostisches Hilfsmittel ist eine urodynamische Untersuchung. Während der Druck-FlussMessung (pressure flow study) ist der Öffnungsdruck im Falle einer Blasenhalssklerose deutlich höher. Die sicherste Nachweismethode ist jedoch die U-Zyst. "" In der Praxis ist die Unterscheidung zwischen Blasenhalssklerose und benigner Prostatavergrößerung (BPE) nicht von höchster Bedeutung. Bei signifikantem Symptomenkomplex und frustraner medikamentöser Therapie ist die Indikation zur Blasenhalsinzision gegeben. Diese kann im Sinne einer Turner-Warwick-Inzision mit einer Hakenelektrode bei 5 und 7 Uhr vorgenommen werden (Abb. 4.3 d u. e). Die vollständige zirkuläre Elektrosektion der Harnblasensklerose führt in der Regel zum Verlust der antegraden Ejakulation und sehr oft zu erneuter Narbenbildung. Die Resektion lässt sich jedoch oft nicht vermeiden, da durch Blasenhalsinzision nicht immer eine ausreichende Deobstruktion erreicht wird. "" Alternativ kann eine kalte Inzision der Harnblasenhalsstenose bei 12, 9 und 3 Uhr durchgeführt werden.
4.3 Sphinkter- oder Blasenhalssklerose
a
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c Relative Blasenhalssklerose, die noch mit einem 19-Charr-Zystoskop passiert werden kann. d u. e Hakenelektrode (Turner-Warwick), bei 7 und 5 Uhr am Blasenhals angesetzt.
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Abb. 4.3 a–e a Schematische Darstellung einer narbigen Blasenhalssklerose, die mit dem Zystoskop nicht passierbar ist. b Endoskopisches Bild einer narbigen Blasenhalssklerose.
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4 Anatomische Anomalien
4.4 Prostatahyperplasie
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Epidemiologie, Pathophysiologie und Klinik
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"" Der früher verwendete Begriff „benigne Prostatahyperplasie“ (BPH) wurde in Deutschland durch den Begriff „benignes Prostatasyndrom“ (BPS) ersetzt. In den angloamerikanischen Ländern wird neben dem Begriff BPH auch der Terminus „lower urinary tract symptoms“ (LUTS) verwendet. "" Aus epidemiologischen Studien geht hervor, dass die Inzidenz von 0,3 % bei 45-jährigen Männern auf 3,8 % bei den 75-Jährigen ansteigt. "" Die Prävalenz steigt von 2,7 % in der Altersgruppe der 45-Jährigen auf 24 % in der Altersgruppe der 79-Jährigen. Die Gesamtprävalenz des BPS beträgt 10 % der männlichen Bevölkerung. "" Die Pathophysiologie der Prostatavergrößerung ist nicht vollständig verstanden. Androgene, Östrogen Wachstumsfaktoren, Neurotransmitter sowie eine familiäre bzw. genetische Disposition scheinen eine wichtige Rolle zu spielen. "" Klinisch werden obstruktive und irritative Symptome unterschieden. Zu den obstruktiven Symptomen gehören abgeschwächter Harnstrahl, verzögerter Miktionsbeginn und verlängerte Miktion. Die irritativen Symptome umfassen Nykturie, Pollakisurie, Harndrang, Dranginkontinenz und Nachtröpfeln. Wichtig für die Therapieindikation sind einerseits der subjektive Leidensdruck und anderseits der Befund von Restharnbildung oder Harnwegsinfekt, ggf. mit Rückstau in den oberen Harntrakt.
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Urethrozystoskopie "" Die U-Zyst bestätigt ohne großen diagnostischen Aufwand den klinischen Verdacht auf ein BPS. "" Die Urethra ist meist unauffällig; es sollte jedoch auf eine eventuelle Urethrastriktur geachtet werden, da eine Striktur die Symptome eines BPS vortäuschen kann (Abb. 4.4 a). "" Nach Inspektion des externen Sphinkters (Abb. 4.4 b) kommen unmittelbar proximal des Colliculus seminalis (Abb. 4.4 c) meist eindrückliche Seitenlappen zur Darstellung (Abb. 4.4 d, e). In Abb. 4.4 f ist die ausgeprägte Trabekulierung der Detrusormuskulatur deutlich zu erkennen. Das Instrument muss sehr vorsichtig vorgeschoben werden, um keine Blutungen bzw. Schmerzen zu verursachen. "" Der Blasenhals ist auf etwaige Sphinktersklerosen zu inspizieren.
Diagnose und Behandlung "" Wichtigster Bestandteil für die Diagnosestellung des BPS ist die dezidierte Anamnese. Hierbei sollten obstruktive und irritative LUTS, die Dauer der Erkrankung und stattgehabte (medikamentöse) Therapieversuche erfragt werden. Die Verwendung eines validierten Fragebogens (z. B. International Prostata Symptome Score,
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IPSS) kann die Symptome strukturiert erfassen und objektivieren. Mit einem validierten Fragebogen lassen sich auch die prä- und postoperativen Ergebnisse in einfacher Weise vergleichen. "" Es existieren zahlreiche konservativ-medikamentöse und operative Verfahren, die hier nicht in der gesamten Fülle dargestellt werden sollen. Zu den wichtigsten medikamentösen Optionen zählen Phytotherapeutika, Alphablocker und 5-Alphareduktasehemmer. Als Referenzmethode bei den operativen Verfahren gelten die transurethrale Resektion der Prostata (TUR-P, Abb. 4.4 g) bzw. die Blasenhalsinzision für Prostatavolumina unterhalb von 30 ml (TUI-P, Abb. 4.4 h). Alternative Techniken sind Laserverfahren z. B. GreenlightLaser (Abb. 4.4 i) und die transurethrale Nadelablation (TUNA).
Tab. 4.4.1 Obligate und fakultative Untersuchungen gemäß der dritten Version der Leitlinien der deutschen Urologen zur Diagnostik des benignen Prostatasyndroms (BPS). Obligate Untersuchungen • Anamnese • Symptomfragebogen (z. B. IPSS) • körperliche Untersuchung • Urinanalyse (Sediment/Stix) • PSA (prostataspezifisches Antigen) • Uroflowmetrie • Sonografie von Blase (inkl. Restharnbestimmung) und Prostata (vorzugsweise transrektaler Ultraschall, TRUS) • Beurteilung des oberen Harntrakts (Sonografie der Nieren oder Serumkreatinin)
Fakultative Untersuchungen • Miktionsprotokoll • Druck-Fluss-Studie (Urodynamik) • sonografische Detrusordickenmessung • Urethrozystografie • Urethrozystoskopie
4.4 Prostatahyperplasie
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Abb. 4.4 a–i a Synchroner Befund einer Urethrastriktur bei einem Patienten mit BPS und Prostatavergrößerung. b M. sphincter urethrae externus bei einem Patienten mit BPS.
c Kleiner Colliculus seminalis. d In dieser Darstellung sind die Seitenlappen deutlich größer ausgebildet und näher aneinandergerückt. Der Mittellappen ist in diesem Beispiel recht klein.
e f g h i
Obstruierende Seitenlappen. Ausgeprägte Trabekulierung der Detrusormuskulatur. Transurethrale Resektion der Prostata (TUR-P). Transurethrale Inzision der Prostata (TUI-P). Greenlight-Laser. Das Prostatagewebe wird durch den Laser vaporisiert. (Aquarelle d u. f: O. Kneise/M. Stolze s. S. 125.)
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4 Anatomische Anomalien
4.5 Anomalien der Ureterostien Epidemiologie, Pathophysiologie und Klinik
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"" Es existieren zwei Klassifikationen zur Einteilung der Anomalien von Ureterostien. Von Lyon et al. wurden bereits 1969 vier morphologisch unterschiedliche Typen beschrieben: Das als normal bezeichnete Ostium ist oval und schlitzförmig (Abb. 4.5 a). Wenn das Ostium stärker oval konfiguriert ist, entsteht die Assoziation zu einem Stadion (Abb. 4.5 b). Ist die distale Öffnung des Ostiums mit einer nach kranial verlaufenden Welle versehen, spricht man von einem Hufeisen (Abb. 4.5 c). Bei kreisrundem Querschnitt des Ostiums liegt der Typ Golfloch vor (Abb. 4.5 d). "" Das Ostium wird nicht nur nach der Morphologie, sondern auch nach seiner Position beurteilt. Die Lageeinteilung nach Mackie und Stephens unterscheidet 3 Zonen zwischen den Punkten A–D, die etwa 12 mm auseinander liegen. Danach kann die Lage des Ostiums mit A (trigonal) bis D (stark lateralisiert) beschrieben werden (Abb. 4.5 e). "" Mehrere Studien der letzten Jahre belegen, dass bei vesikoureteralem Reflux (VUR) keine zuverlässige Korrelation zwischen der Ostienmorphologie und dem Refluxgrad besteht. Die alleinige Zystoskopie gehört daher heute nicht mehr zur Routinediagnostik des VUR (S. 84).
Urethrozystoskopie
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"" Ein normal konfiguriertes Ostium stellt sich in der UZyst oval und schlitzförmig dar. Es liegt in regulärer Position auf der Ureterenleiste (Abb. 4.5 f u. g). "" Das stadionförmige Ostium hat eine ovale Öffnung und ist meist nach lateral auf der Waldeyer-Scheide verlagert (Abb. 4.5 h–j). "" Das hufeisenförmige Ostium ist meist stark lateralisiert. Aufgrund des kurzen intramuralen Tunnels besteht oft ein Reflux (Abb. 4.5 k–o). "" Das im Querschnitt kreisrunde Golflochostium entsteht oft dann, wenn ein Blasentumor direkt am oder
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S. Wille
im Ostium lokalisiert war und eine transurethrale Resektion des Tumors (TUR-B) über das Ostiums durchgeführt werden musste. Es kommt dann in der Folge nicht selten zu einem Reflux (Abb. 4.5 p–r).
Diagnose und Behandlung "" Die Diagnose einer Ureteranomalie erfolgt durch die U-Zyst. Oft sind Ureteranomalien klinisch unauffällig. Diese sollten dann lediglich beobachtet werden, um keine Folgeschäden im späteren Verlauf zu übersehen. "" Wenn durch die Ureteranomalie ein vesikorenaler Reflux entsteht, muss eine dezidierte Abklärung des oberen Harntrakts erfolgen. Zu den geeigneten Verfahren zählen Sonografie, Refluxzystografie bzw. intravenöse Pyelografie, Nierenszintigrafie sowie ggf. eine Magnettomografie oder Magneturografie. "" Der vesikoureterale Reflux (VUR) ist ein zentrales Thema der Kinderurologie. Die therapeutischen Optionen sind konservativ und operativ. Aufgrund der hohen spontanen Heilungsraten des VUR, die bei geringgradigem Reflux 81 % und bei mittel bis hochgradigem Reflux 48 % betragen können, ist ein konservatives Vorgehen indiziert. "" Bei ausbleibender Spontanheilung bieten sich endoskopisch Unterspritzungsverfahren mit Füllstoffen (bulking agents, Abb. 4.5 s u. t) oder offen chirurgische Verfahren an. "" Zu den anerkannten offen chirurgischen Verfahren zählen die Lich-Gregoir-, die Politano-Leadbetter-, die Cohen- und die Psoas-Hitch-Technik (Ureterneueinpflanzung). Auf eine detaillierte Schilderung der einzelnen Techniken soll in diesem Atlas verzichtet werden. Alle genannten Verfahren basieren auf dem Prinzip, den intramuralen Anteil des Ureters zu verlängern bzw. den Ureter submukös einzubetten.
4.5 Anomalien der Ureterostien
a
b
c
12 A
mm B
C
D
4 d
e d Golfloch: Bei dieser Variante ist das Ostium kreisrund. e Lageeinteilung der Ureterostien von A (trigonal) bis D (stark lateralisiert).
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Abb. 4.5 a–e a Normal konfiguriertes Ostium. b Stadion: Das Ostium weist eine betont ovale Form auf, ähnlich wie ein Stadion. c Hufeisen: Der Längsschnitt des Ostiums ähnelt einem Hufeisen.
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4 Anatomische Anomalien
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Abb. 4.5 f–m f Reguläres, schlitzförmiges Ostium. g Reguläres rechtes Ostium mit ejakulierendem Urin. h–j Stadionförmiges Ostium. k Hufeisenförmiges Ostium: Das Ostium ist nach distal beiderseits von einem schwachen Randwall umgeben.
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l Das Ostium aus k öffnet sich im Spülstrahl. Die mediale Lippe des Ostiums ist schwach ausgebildet. m Bei stärkerem Spülstrahl öffnet sich das Ostium weiter. Es fällt der intramurale Trichter auf. Der Durchtrittswinkel des intramuralen Ureters ist nahezu 90°. (Fotos h–m: Reuter u. Reuter 1984, s. S. 125.)
4.5 Anomalien der Ureterostien
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Abb. 4.5 n–t n Weiteres Beispiel eines hufeisenförmigen Ostiums mit schwach ausgebildetem Randwall. o Im Spülstrom aufklaffendes hufeisenförmiges Ostium. p Golflochostium nach TUR-B. q Golflochostium nach TUR-B. r Golflochostium ohne vorausgegangene Resektion.
s Endoskopische Unterspritzung des Ostiums mit einem Füllstoff. Es ist die Nadelspitze vor Applikation des Füllstoffs im Bereich des Ostiums zu erkennen. t Befund beim Patienten aus s nach der Applikation. (Fotos p u. q: Reuter u. Reuter 1984, s. S. 125.)
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4 Anatomische Anomalien
4.6 Blasendivertikel und Balkenblase Epidemiologie, Pathophysiologie und Klinik
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"" Es werden angeborene und erworbene Divertikel unterschieden. Die angeborenen Divertikel sind meist am embryologischen Schwachpunkt (Locus minoris resistentiae) zwischen Trigonum, Ureterenleiste und Detrusor lokalisiert. "" Die angeborenen Divertikel treten etwa bei 5 % der Jungen auf und sind meist mit einer infravesikalen Ob struktion infolge Blasenhalsverengung, Urethralklappe oder Urethrastenose assoziiert. Während der Miktion füllt sich das Divertikel mit Urin, der dort nach der Miktion zurückbleibt. "" Bei Mädchen stellen sich die sogenannten Hutch-Divertikel als paraureterale Aussackungen dar. "" Eine klinische Manifestation entsteht meist in den ersten 10 Lebensjahren bzw. ab dem 40. Lebensjahr infolge einer Erhöhung des Blasenauslasswiderstands. "" Die Patienten stellen sich mit Harnwegsinfekten infolge Restharnbildung im Divertikel vor. Manche zeigen auch eine Blasenentleerungsstörung infolge des sogenannten Windkesseleffekts. Darunter versteht man einen verminderten Harnstrahl, der entsteht, wenn ein Teil des Blasendrucks in das Divertikel entweicht und nicht mehr für die Miktion zu Verfügung steht. "" Es kann auch zur Ausbildung von Divertikelsteinen oder im Divertikel lokalisierten Tumoren kommen. "" Die erworbenen Divertikel können beide Geschlechter betreffen, sind aber beim Mann viel häufiger. Durch Erhöhung des Blasenauslasswiderstands infolge einer Prostatahyperplasie wird die Blasenschleimhaut zwischen den kräftigen Muskelsträngen des Detrusors nach außen gestülpt. Diese Muskelstränge, die als Reaktion auf den erhöhten Blasenauslasswiderstand
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S. Wille
kompensatorisch entstehen, werden auch als Balkenblase bezeichnet. "" Auch die erworbenen Divertikel können zu Restharnbildung, Harnwegsinfekten und abgeschwächtem Harnstrahl führen. Divertikelsteine oder Divertikeltumoren dürfen nicht übersehen werden.
Urethrozystoskopie "" Typisch für ein Blasendivertikel sind die Divertikelmündung und der Divertikelhals, über den der Blick in das eigentliche Divertikel gelingt (Abb. 4.6 b–d). Ein Divertikel sollte, wenn es die Mündungsgröße zulässt, immer ausgespiegelt werden, um Divertikelsteine oder Divertikeltumoren nicht zu übersehen (Abb. 4.6 e u. f). "" Bei Vorliegen eines Blasendivertikels liegt meist auch eine Balkenblase vor (Abb. 4.6 a u. g). Auffallend sind die kräftigen Muskelstränge des Detrusors, die teilweise wie Baumwurzeln imponieren (Abb. 4.6 h u. i).
Diagnose und Behandlung "" Blasendivertikel und Balkenblasen sind Folgeerscheinungen einer Erhöhung des Blasenauslasswiderstands. Diagnose und Behandlung richten sich zunächst nach der Grunderkrankung, nämlich Sphinktersklerose (S. 40), BPS (S. 42) oder Urethrastriktur (S. 34). "" Wenn die auslösende Ursache für die Erhöhung des Blasenauslasswiderstands behoben ist, muss die klinische Signifikanz des Divertikels selbst beurteilt werden. Kleine Divertikel können in der Regel belassen werden. Große Divertikel, die zu Restharnbildung, Harnwegsinfekten und Blasenentleerungsstörungen führen, sollten offen chirurgisch abgetragen werden.
4.6 Blasendivertikel und Balkenblase
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Abb. 4.6 a–i a Balkenblase: Die Schleimhaut ist durch strangartige Verdickungen der Detrusormuskulatur aufgeworfen. b Kleines Blasendivertikel bei einer Frau mit einer ausgeprägten Detrusor-Sphinkter-Dyssynergie. c Mehrere Divertikel mit kleinen und großen Divertikelöffnungen. d Kleines Divertikel mit zarter, kaum sichtbarer Öffnung. e Großes Divertikel mit großer Mündung.
f Direkter Blick in das Divertikel nach Vorschieben des Zystoskops durch die Divertikelmündung. g Weiteres Beispiel einer Balkenblase. h Auffallend sind die kräftigen Muskelstränge, die in diesem Beispiel die Blase in Septen untergliedert sind. i Hier liegen die Muskelstränge wie Baumwurzeln übereinander.
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4 Anatomische Anomalien
4.7 Harnblase nach radikaler Prostatektomie Epidemiologie, Pathophysiologie und Klinik
Diagnose und Behandlung
"" In Deutschland werden pro Jahr etwa 32 000 Patienten mit Prostatakarzinom diagnostiziert. Ein Großteil der Männer wird offen chirurgisch, laparoskopisch oder roboterassistiert prostatektomiert. "" Bei jeder der genannten Techniken kann es postoperativ durch Vernarbungen zu Anastomosenstrikturen am Blasenhals kommen. Diese können je nach Ausprägung zu Blasenentleerungsstörungen mit abgeschwächtem Harnstrahl, Pressmiktion, Restharnbildung oder Harnwegsinfekten führen. Die Patienten beklagen eine erschwerte Miktion, die oft nur unter Zuhilfenahme der Bauchpresse möglich ist, und es kommt nicht selten zu einem lästigen Nachtröpfeln nach dem Wasserlassen.
"" Die Diagnose einer Anastomosenstriktur nach Prostatektomie beruht auf der Anamnese, der U-Zyst und einer retrograden Urethrozystografie (UZG) bzw. MZU. "" Meist gelingt die Diagnose anhand der U-Zyst, sie ist neben der Anamnese das wichtigste diagnostische Hilfsmittel. Um das Ausmaß einer hochgradigen Striktur bzw. den vollständigen Verschluss der hinteren Urethra nachweisen zu können, empfiehlt sich die Durchführung einer retrograden UZG bzw. einer antegraden MZU. "" Im retrograden Urethrozystogramm stellt sich die Striktur an der hinteren Urethra am Übergang zur Blase als fadenförmige Verengung dar. Das düsenartige Einströmen des Kontrastmittels in die Blase wird als Jetphänomen bezeichnet. "" Die MZU zeigt den Übertritt des Kontrastmittels während der Miktion. Durch diese Darstellungsform kann in Ergänzung zur UZG die Länge der Anastomosenstriktur gemessen werden. Hierzu ist allerdings die Anlage einer suprapubischen Harnableitung erforderlich, wenn aufgrund der Anastomosenstriktur kein Katheter eingelegt werden kann, "" Die Behandlung der Anastomosenstriktur erfolgt in der Regel endoskopisch. Das Ziel besteht in der Beseitigung der Striktur. Dies kann mit dem Sachse-Urethrotom (Abb. 4.7 g u. h), der Hakenelektrode im Sinne einer Blasenhalsinzision nach Turner-Warwick (Abb. 4.7 i) oder durch Elektroresektion mit der Schlinge vorgenommen werden. "" Bei vollständigem Verschluss des Blasenhalses wird die sogenannte Cut-to-the-Light-Technik angewandt. Hierbei muss über einen suprapubischen transvesikalen Zugang durch die Assistenz eine Lichtquelle an den Blasenhals appliziert werden, während der Operateur mit oben genannten Instrumenten transurethral „zum Licht hin“ inzidiert.
Urethrozystoskopie
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"" In der U-Zyst wird nach Inspektion der Urethra der M. sphincter urethrae externus in seiner Funktion beurteilt. Dazu bietet es sich an, den Sphinkter sowohl im Spülstrahl als auch bei abgestelltem Spülstrahl zu inspizieren. Des Weiteren sollte der Patient aufgefordert werden, den Schließmuskel aktiv zu kontrahieren. Oft findet sich bei klinisch relevanter Belastungsinkontinenz ein inkompetent schließender Sphinkter, der meist ein weißlich vernarbtes, areaktives Segment aufweist (Abb. 4.7 a). "" Im Anschluss an die Beurteilung der Sphinkterfunktion wird der Blasenhals begutachtet. Eine Anastomosenstriktur ist durch weißliches, vernarbtes Gewebe am Übergang der hinteren Urethra zur Blase gekennzeichnet. Die Striktur kann von einer geringgradigen Lumeneinengung über eine mittelgradige Stenose bis hin zum vollständigen Verschluss alle Ausprägungen annehmen (Abb. 4.7 b–d). "" Gelegentlich muss bei Patienten mit einer persistierenden Belastungsinkontinenz nach Prostatektomie ein künstlicher Sphinkter implantiert werden. Wenn diese Patienten nach der Implantation unter Miktionsbeschwerden leiden, sollte im Rahmen der Zystoskopie auch an eine Arrosion der Urethra durch die Silikonschlinge (Cuff) gedacht werden (Abb. 4.7 e).
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4.7 Harnblase nach radikaler Prostatektomie
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Abb. 4.7 a–i a Weißlich vernarbtes Segment zwischen 11 und 1 Uhr in Steinschnittlage bei einem Patienten mit Belastungsinkontinenz nach Prostatektomie. b Relative Blasenhalsenge nach Prostatektomie. c Mittelgradige Blasenhalsenge nach Prostatektomie. d Kompletter Verschluss der Anastomosenstriktur nach radikaler Prostatektomie. e Zustand nach Implantation eines künstlichen Sphinkters mit Arrosion der Urethra durch die Silikonschlinge (gestrichelte Linie).
f Vorschieben eines Ureterenkatheters (UK) als Führungshilfe für die nachfolgende Inzision. g Inzision der Anastomosenstriktur mit dem Sachse-Urethrotom unter Führung der Schiene. h Inzidieren der Blasenhalsenge bei demselben Patienten, bis die Hakenelektrode eingeführt werden kann. i Tieferes Inzidieren des Blasenhalses mit der Hakenelektrode.
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4 Anatomische Anomalien
4.8 Orthotope Neoblase
S. Wille
Epidemiologie, Pathophysiologie und Klinik
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"" In Deutschland werden jährlich etwa 16 000 Harnblasenkarzinome diagnostiziert. Davon sind 70 % oberflächlich wachsend und 30 % muskelinvasiv. "" Muskelinvasive Harnblasenkarzinome können mittels radikaler Zystektomie behandelt werden. "" Eine der möglichen Formen der Harnableitung ist die orthotope Neoblase. Hierbei wird aus dem Ileum ein Reservoir gebildet, das orthotop mit dem M. sphincter urethrae externus bzw. der proximalen Urethra anastomosiert wird. Die Ureteren werden in das Reservoir implantiert. "" Indikationen für eine endoskopische Abklärung der Neoblase sind ungeklärte Makrohämaturie, Blasenentleerungsstörungen und Harntransportstörungen mit konsekutivem Harnstau. Oft sind Patienten mit einer Makrohämaturie klinisch beschwerdefrei. Eine Makrohämaturie erfordert aber eine dezidierte Ursachenforschung. Die Ursache der Blutungen kann ein neu aufgetretenes Urothelkarzinom im oberen Harntrakt, aber ebenso ein Lokalrezidiv mit Infiltration in die Neoblase sein. "" Die Klinik der Blasenentleerungsstörungen bei Neoblase ist durch erschwerte Miktion gekennzeichnet. Patienten, die ohnehin die Neoblase unter Zuhilfenahme einer geringen Bauchpresse entleeren, stellen fest, dass der Miktionsfluss deutlich eingeschränkt ist. Ursächlich kann eine Vernarbung im Bereich der Anastomose zwischen Neoblase und Urethra sein. "" Der Harntransportstörung nach Neoblase liegt oft eine distale Enge infolge einer Ischämie oder Narbenbildung zugrunde.
Urethrozystoskopie
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"" Bei der U-Zyst ist die Anastomosenregion in Bezug auf eine Anastomosenstriktur dezidiert zu inspizieren. Die gesamte Neoblase muss zudem sorgfältig hinsichtlich Blutungsquellen, Tumorinfiltrationen oder Arrosionen ausgespiegelt werden (Abb. 4.8 a).
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"" Die ilealen Darmschlingen sollten die typische Fältelung ohne Hinweise auf eine Blutung aufweisen (Abb. 4.8 b u. c). "" Die endoskopische Beurteilung der Neoostien gestaltet sich aufgrund der anatomischen Verhältnisse bei Neoblase oft recht schwierig. Auch die retrograde Schienung von verengten Neoostien gelingt nur selten.
Diagnose und Behandlung "" Zur diagnostischen Abklärung der Makrohämaturie gehören eine Computertomografie und die U-Zyst. "" Auch die konventionellen radiologischen Untersuchungstechniken wie intravenöse Pyelografie oder antegrade Pyelografie nach Nephrostomie geben wichtige Hinweise bei Vorliegen eines Urothelkarzinoms im oberen Harntrakt. "" In der antegraden Pyelografie stellen sich in der Regel auch die Ureteren dar. Mit dieser Technik kann eine (meist) distale Verengung als Ursache der Harnstauung nachgewiesen werden. "" Die Behandlung des Rezidivs muss von der aktuell vorliegenden Situation abhängig gemacht werden. Hierbei kommen tumorchirurgische, chemo- oder strahlentherapeutische Ansätze in Frage. "" Eine Anastomosenstriktur als Ursache einer Blasenentleerungsstörung nach Neoblase kann in Analogie zur Sphinktersklerose (S. 40) oder Anastomosenstriktur nach Prostatektomie (S. 50) per Hakensonde oder Elektroresektion inzidiert bzw. reseziert werden. "" Zur vorübergehenden Behandlung einer Harntransportstörung nach Neoblase erfolgt zunächst die Harn ableitung mittels Nephrostomie und daran anschließend die antegrade Ureterschienenanlage. Nach einer längeren Phase der Ureterschienung kann im Rahmen eines sogenannten „Auslassversuchs“ geprüft werden, ob der Urin nach der Schienung ungehindert in die Neoblase abfließen kann, oder ob eine Neuimplantation des Ureters erforderlich ist.
4.8 Orthotope Neoblase
Abb. 4.8 a–c a Verdacht auf Tumorrezidiv am Übergang zwischen Neoblase und hinterer Urethra.
b u. c Unauffällige typische Fältelung der ilealen Mucosa bei einem Patienten bei Zustand nach Zystektomie und Ileumneoblase.
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5 Entzündliche Veränderungen
5.1 Urethritis
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"" Urethritiden können hinsichtlich ihrer Genese in primäre und sekundäre Erkrankungen unterteilt werden. "" Bei den primären Urethritiden werden spezifische Infektionen, deren Ätiologie aufgrund histologischer Gesetzmäßigkeiten auch ohne Erregernachweis erschlossen werden kann, von unspezifischen Infektionen abgegrenzt, bei denen das histologische Bild keinen eindeutigen Rückschluss auf den Erreger zulässt. Zu den spezifischen Infektionen zählen z. B. Tuberkulose und Gonorrhö. "" Die meisten akuten Entzündungen sind unspezifische Infektionen. Unspezifische Urethritiden sind in Europa häufiger anzutreffen als gonorrhoische Urethritiden. "" Eine sekundäre Urethritis wird von Uropathogenen oder Staphylokokken verursacht. "" Sekundäre Entzündungen können als Folge von infizierten Dauerkathetern, iatrogen durch transurethrales Instrumentieren oder durch Harnwegsobstruktionen im Rahmen von Strikturen entstehen. "" Neben den klassischen infektiösen Urethritiden existieren die nichtinfektiösen Entzündungen im Rahmen von entzündlich-rheumatischen Erkrankungen, wie Morbus Wegener, Morbus Reiter und Behçet-Syndrom sowie die Urethritis infolge von chemischen und mechanischen Noxen. "" Es besteht jeweils eine positive Korrelation zwischen der Infektionsrate mit Neisseria gonorrhoeae und Chlamydia trachomatis und der Promiskuität bzw. einem niedrigen sozioökonomischen Status. Zu den Erregern der Urethritis zählen neben Chlamydia trachomatis und Neisseria gonorrhoeae auch Mycoplasma genitalium und Trichomonas vaginalis. "" Das klinische Beschwerdebild umfasst Dysurie, Algurie, Pollakisurie, Fluor urethralis und einen geröteten Meatus (Ostium urethrae externum).
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Urethritis polyposa
"" Die Urethritis polyposa kann sowohl als Folge eines banalen Harnwegsinfekts als auch im Rahmen einer Infektion mit Neisseria gonorrhoeae auftreten. "" Bei Patienten, die über lange Zeit einen Dauerkatheter tragen müssen, kann es zu Alterationen der Urethra und der Blase kommen. Diese können histologisch einer polypoiden Zystitis ähneln und durch Ödeme mit oder ohne Hämorrhagien der Mukosa gekennzeichnet sein.
Urethritis polyposa glandularis
"" Eine Urethritis polyposa glandularis lässt sich in der männlichen Urethra bei einer Prostatahyperplasie im Bereich der Pars prostatica nachweisen. Daraus kann das sehr selten vorkommende Adenokarzinom der Urethra hervorgehen.
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Urethrozystoskopie Urethritis polyposa
"" In der Urethrozystoskopie fallen zahlreiche, nicht stärker durchblutete Zotten auf. Die polypösen Veränderungen finden sich an der distalen und proximalen Urethra, am Blasenhals und am M. sphincter urethrae externus (Abb. 5.1 a u. b).
Urethritis cystica
"" Die Urethritis cystica ist durch kleine rundliche, teilweise weiße oder gelbe Bläschen gekennzeichnet (Abb. 5.1 c).
Diagnose und Behandlung "" Die Diagnose der Urethritis beruht auf den typischen klinischen Symptomen und dem Urethralabstrich in Ergänzung mit dem Urinbefund. "" Es sollte eine Sonografie der ableitenden Harnwege und der Prostata angeschlossen werden. "" Die Therapie umfasst –– bei nachgewiesener bakterieller Infektion eine gezielte antibiotische Behandlung, –– bei Mycoplasmen/Chlamydien mit Tetracyclinen (Doxycyclin) oder – oft besser – mit Gyrasehemmern (Ciprofloxacin, Ofloxacin) bzw. Makroliden (Clarithromycin), eventuell auch mit Erythromycin, –– bei Trichomonaden mit Metronidazol, –– bei Soor infolge von Candidabefall mit Fluconazol und Amphotericin B, bei seltenen Herpes-simplexInfektionen mit Virustatika (Aciclovir), lokal oder oral, –– ggf. spasmolytische Therapie und Linderung der disurischen Beschwerden durch Anticholinergika, –– ggf. analgetische Unterstützung mit Novaminsulfon oder Tramadol, –– externe Wärmeapplikation, –– Erhöhung der Trinkmenge. "" Sekundäre Faktoren, wie z. B. Urethrastrikturen, sollten operativ beseitigt werden. "" Oft ist die Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Therapie eine Partnerbehandlung zur Vermeidung einer gegenseitigen Reinfektion (Pingpong-Infektion). "" In der Akutphase und unter laufender Therapie darf sexueller Kontakt bis zum Abklingen der Symptome nur unter Kondomschutz erfolgen. "" Die Prognose der Urethritiden ist gut.
5.1 Urethritis
Abb. 5.1 a–c a Urethritis polyposa: Präsphinktär imponiert eine lang gezogene Zotte (Pfeil). b Urethritis polyposa: Im Bereich der Pars prostatica fallen multiple kleine polypöse Zotten auf.
c Urethritis cystica: In der präsphinktären Region erkennt man ein gelbes, relativ rundes Bläschen.
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5 Entzündliche Veränderungen
5.2 Zystitis I
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Epidemiologie, Pathophysiologie und Klinik "" Entzündungen der Harnblase sind häufig und weisen eine signifikante Morbidität auf. In den USA werden jährlich 7 Mio. Arztbesuche wegen eines Harnweginfekts registriert, davon 2 Mio. wegen einer Zystitis. "" Gemäß der Definition der Europäischen Gesellschaft für Urologie (EAU) ist ein Harnwegsinfekt eine entzündliche Reaktion des Urothels auf Bakterien, die mit einer Leukozyturie und einer Bakteriurie einhergeht. Diese wird in 70–95 % durch Escherichia coli und in 5–10 % durch Staphylococcus saprophyticus hervorgerufen. "" Zum klinischen Beschwerdebild der Zystitis gehören Dysurie, Pollakisurie und gelegentlich Makrohämaturie. Wenn sich die Entzündung auf den oberen Harntrakt ausdehnt, kann sich eine Pyelonephritis mit deutlich reduziertem Allgemeinzustand entwickeln.
Akute Zystitis
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"" Die akute Zystitis entsteht vornehmlich bei Frauen, die aufgrund der kürzeren Urethra für eine aszendierende Infektion prädestiniert sind. "" Häufiger Geschlechtsverkehr kann die Entstehung einer Zystitis begünstigen (Honeymoon-Zystitis).
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Chronische Zystitis
"" Die chronisch rezidivierende Zystitis ist definiert als das Auftreten von 3 Harnwegsinfekten innerhalb von 12 Monaten oder 2 Harnwegsinfekten innerhalb von 6 Monaten. Studien belegen, dass etwa 20–30 % der weiblichen Patienten mit Harnwegsinfekt später an chronisch rezidivierenden Harnwegsinfekten erkranken. "" Bei der Entwicklung von chronisch rezidivierenden Harnwegsinfekten scheinen sowohl genetische als auch verhaltensabhängige Faktoren einen Rolle zu spielen. "" Das Auftreten einer chronischen Zystitis korreliert mit der sexuellen Aktivität. Das Risiko eines chronischen Infekts ist besonders erhöht, wenn Spermizide zur Verhütung verwendet werden. "" In anderen Untersuchungen wurden das Alter des ersten Infekts sowie die Erkrankung der Mutter als Risikofaktoren für die Entwicklung chronischer Harnwegsinfekte identifiziert, was auf eine genetische Disposition hinweist. "" Bei postmenopausalen Frauen sind chronische Harnwegsinfekte mit Restharnbildung, Harninkontinenz und Zystozelenbildung assoziiert. "" Chronische Harnwegsinfekte führen bei den Patienten zu einem hohen Leidensdruck. Die daraus resultierenden zahlreichen Arztbesuche, Untersuchungen und Rezeptierungen sind mit hohen Kosten verbunden.
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Hämorrhagische Zystitis
"" Jede akute Zystitis kann in eine hämorrhagische Zystitis übergehen. Die damit verbundene Makrohämaturie ist für die Patienten sehr belastend und oft der Grund für eine Konsultation bei einem Urologen. "" Während die hämorrhagische Zystitis bei Frauen häufig vorkommt, ist sie beim Mann eher selten und sollte nach Abklingen der Symptome zum Ausschluss eines Blasentumors zystoskopisch abgeklärt werden (S. 72).
Urethrozystoskopie Akute Zystitis
"" Im Endoskopiebefund fällt die stark gerötete Blasenschleimhaut auf (Abb. 5.2 a u. b). "" Oft bestehen kleinste Hämorrhagien. Die Gefäßzeichnung ist deutlich verstärkt.
Chronische Zystitis
"" Der endoskopische Befund ist durch ein chronifiziert rötliches Epithel mit teilweise weißlichen Veränderungen gekennzeichnet (Abb. 5.2 c u. d).
Hämorrhagische Zystitis
"" Die Hämorrhagien der Blasenschleimhaut können endoskopisch in Form petechialer, diskoider oder kon fluierender Blutungen in Erscheinung treten (Abb. 5.2 e u. f).
Diagnose und Behandlung "" Zur diagnostischen Abklärung einer Zystitis ist eine dezidierte Anamnese wichtig, in der die klassischen Symptome Dysurie, Pollakisurie, retrosymphysärer Schmerz und gegebenenfalls Makrohämaturie erfasst werden. "" Des Weiteren sollte nach dem Beginn der Erkrankung, der Häufigkeit von rezidivierenden Zystitiden, nach bereits durchgeführten Therapien sowie nach Aufenthalten im Ausland gefragt werden. "" Ebenso ist die Einbeziehung des Sexualpartners in die Anamnese von Bedeutung, um gegebenenfalls eine Partnermitbehandlung zu empfehlen. "" Das Standardregime gemäß der Leitlinien der Europäischen Gesellschaft für Urologie (EAU) sieht bei unkompliziertem Harnwegsinfekt folgende Antibiotika vor: Trimethoprim (TMP), TMP-Sulfamethoxazol (SMX), Ciprofloxacin oder Ciprofloxacin bzw. Nitrofurantoin. "" Bei rezidivierenden Harnwegsinfekten kann die Applikation von Hyaluronsäure in Form von Blaseninstillationen Linderung verschaffen. "" Durch eine Impfung mit abgeschwächten Escherichia coli kann die Immunantwort gestärkt werden. "" Die tägliche Einnahme von Cranberrysaft soll Studien zufolge die Wahrscheinlichkeit eines Rezidivs um 50 % reduzieren.
5.2 Zystitis
5 d Chronische Zystitis: Die Schleimhaut erscheint weißlich und atroph. e Hämorrhagische Zystitis mit streifigen Blutungen. f Hämorrhagische Zystitis: Am unteren Bildrand ist das Ostium zu erkennen. Darüber finden sich punktförmige und streifige Blutungsherde. (Aquarelle b u. f: O. Kneise/M. Stolze, s. S. 125.)
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Abb. 5.2 a–f a Akute Zystitis: Auffällig ist die feurig rote Blasenschleimhaut, die auch Hämorrhagien aufweisen kann. Die Gefäßzeichnung kann verstärkt, aber auch aufgrund der starken Entzündung kaum zu erkennen sein. b Akute Zystitis trigoni: Stark gerötete Blasenschleimhaut mit feinflockigen eitrigen Auflagerungen. Deutlich ist die feinfaserige Struktur der größeren Eiterklümpchen zu erkennen. c Chronische Zystitis mit verstärkter Gefäßzeichnung und diskoiden rötlichen Arealen.
57
5 Entzündliche Veränderungen
Zystitis II
S. Wille
Epidemiologie, Pathophysiologie und Klinik Cystitis cystica et glandularis
"" Die Cystitis cystica et glandularis entsteht innerhalb submuköser Epithelaussprossungen, den sogenannten Von-Brunner-Nestern. "" Eine Cystitis cystica et glandularis kann einem Urothelkarzinom ähneln; die Diagnose sollte im Zweifel histologisch gesichert werden.
Cystitis follicularis
"" Die Cystitis follicularis ist eine unspezifische und chronische Entzündung der Harnblase. "" Histopathologisch können in der subepithelialen Blasenwand Plasmazellen nachgewiesen werden.
Cystitis polyposa
5
"" Die zottigen Veränderungen der Blasenschleimhaut können sich teilweise ödematös, aber auch vereinzelt polypoid bis bullös mit und ohne hämorrhagische Ulzerationen präsentieren. "" Die Cystitis polyposa tritt, ähnlich wie die Urethritis polyposa oedematosa, bei Dauerkatheterträgern auf. "" Die Cystitis polyposa ist eine gutartige Erkrankung der Harnblase, muss aber immer sorgfältig von einem oberflächlichen Blasentumor abgegrenzt werden.
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Interstitielle Zystitis
"" Die interstitielle Zystitis ist eine chronische entzündliche Erkrankung der gesamten Blasenwand. "" Klinisch manifestiert sich die interstitielle Zystitis durch Pollakisurie, imperativen Harndrang, suprapubischen Schmerz und Nykturie. "" Typischerweise verstärken sich die Schmerzen bei Füllung der Blase und lassen beim Entleeren der Blase nach. Nicht alle Patienten berichten über eine Harninkontinenz. "" Weniger als 8 % der Patienten zeigen Hunner-Ulzera. Dabei handelt es sich um zentrale Ulzerationen, von denen sternförmige Narben ausgehen. "" Im Frühstadium einer interstitiellen Zystitis ist die endoskopische Untersuchung oft ohne pathologischen Befund. "" Um ein Carcinoma in situ auszuschließen und zum Nachweis der histologischen Kriterien für eine interstitielle Zystitis sollte eine Biopsie im Rahmen eines Blasenmappings durchgeführt werden. "" Die interstitielle Zystitis ist histologisch durch Mastzellinfiltration gekennzeichnet.
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Urethrozystoskopie Cystitis cystica et glandularis
"" Bei der Cystitis cystica et glandularis finden sich im endoskopischen Befund tumoröse Vorwölbungen, unter denen sich normale kleine Zysten befinden (Abb. 5.2 g–j).
Cystitis follicularis
"" Bei der Cystitis follicularis finden sich bei der Endoskopie noduläre Veränderungen auf der Blasenschleimhaut. In diesen Knötchen sind im Bereich der Lamina propria Lymphozyteninfiltrate enthalten (Abb. 5.2 k).
Cystitis polyposa
"" Bei der Cystitis polyposa lassen sich an der Mukosa polypoide und ödematöse Alterationen nachweisen.
Interstitielle Zystitis
"" Bei der Zystoskopie bzw. der urodynamischen Untersuchung fällt die geringe Blasenkapazität auf, die weniger als 50 ml betragen kann. "" Unter Narkose kann eine Hydrodistension der Blase erfolgen, wobei der Infusionsbeutel etwa 80–100 cm über der Symphyse hängt. Die Urethra wird komprimiert, um einen Urinverlust vor der Blasenfüllung zu vermeiden. "" Nach abruptem Entleeren und Wiederauffüllen der Blase können petechiale Blutungen, vornehmlich am Blasendom sowie an der Hinterwand und an den Seitenwänden auftreten. In schwerwiegenden Fällen finden sich lineare Fissuren der Mukosa (Abb. 5.2 l u. m).
Diagnose und Behandlung "" Siehe S. 56.
5.2 Zystitis
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5
Abb. 5.2 g–m g Cystitis cystica et glandularis: Mehrere gelbliche und weißliche rundliche Bläschen befinden sich am Blasenboden. Einige weisen einen bräunlichen Fleck auf. h Cystitis cystica et glandularis. i Cystitis cystica et glandularis: Ausgeprägte Knötchenbildungen, die auf der gesamten Schleimhautoberfläche verstreut sind. Die Knötchen erscheinen auffallend groß. (Aquarell: O. Kneise/ M. Stolze, s. S. 125.)
j Cystitis cystica et glandularis: Stecknadelgroßes gelbliches Knötchen an der rechten Seitenwand. k Cystitis follicularis: Stecknadelgroßes Knötchen an der Blasenhinterwand, das von unauffälliger Schleimhaut überzogen ist. l Interstitielle Zystitis mit diskoiden und konfluierenden Hämorrhagien. m Interstitielle Zystitis mit Schleimhautruptur nach Hydrodistension.
59
5 Entzündliche Veränderungen
Zystitis III
S. Wille
Epidemiologie, Pathophysiologie und Klinik Soorzystitis
"" Patienten mit einer Pilzinfektion der Harnblase sind meistens asymptomatisch. Nur in wenigen Fällen treten bei einer Candidurie Symptome wie Pollakisurie, Dysurie, imperativer Harndrang, Hämaturie oder Flankenschmerzen auf. "" Soorzystitiden finden sich gehäuft bei Diabetes mellitus, stattgehabter Antibiotikatherapie, Steroidtherapie, obstruktiven Miktionsbeschwerden mit Restharnbildung, neurogenen Blasenentleerungsstörungen bei Dauerkatheterträgern.
Strahlenzystitis
5
"" Akute zystitische Veränderungen der Blasenschleimhaut sind infolge einer Strahlentherapie nach Prostatektomie häufig. "" Die Symptome entsprechen denen einer klassischen Zystitis mit Pollakisurie, imperativem Harndrang und möglicher Mikro- oder Makrohämaturie. "" Spätfolgen der radiogenen Zystitis sind häufiger und treten als Fibrose, Verdickung der Blasenwand und Hyalinisierung des Bindegewebes in Erscheinung.
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Sekundäreffekte nach Kathetern
"" Als Folge eines Dauerkatheters oder eines suprapubischen Katheters kann es zu Sekundäreffekten an der Blasenschleimhaut kommen. "" Bei Dauerkatheterträgern befinden sich die Veränderungen typischerweise an der Hinterwand in Verlängerung der Urethra. Diese Lokalisation ist oft ein wichtiger Hinweis zur Abgrenzung der Befunde von anderen Entitäten, beispielsweise Blasentumoren. "" Die Sekundäreffekte nach langer Liegezeit eines suprapubischen Katheters können überall an der Blasenschleimhaut vorhanden sein. Die endoskopischen Befunde entsprechen der Urethritis polyposa oedematosa (s. o.) und der Cystitis polyposa (s. o.). "" Auch wenn bei lange einliegenden Kathetern benigne Sekundäreffekte am wahrscheinlichsten sind, muss differenzialdiagnostisch immer ein Urothelkarzinom ausgeschlossen werden.
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Urethrozystoskopie Soorzystitis
"" Der endoskopische Befund einer Soorzystitis ist durch weißliche Flecken an der Blasenwand und durch Areale mit Schleimhautödem und Erythem gekennzeichnet. "" Die Sicht kann durch gräulichweiße Partikel stark beeinträchtigt sein.
Strahlenzystitis
"" Das Spektrum endoskopischer Veränderungen der Mukosa reicht von einfachen hyperämischen Arealen über oberflächliche Ulzerationen bis hin zu schweren Irritationen der Blasenschleimhaut (Abb. 5.2 n).
Sekundäreffekte nach Kathetern
"" Endoskopisch handelt es sich um pseudopapilläre, ödematöse, teilweise ulzeröse Veränderungen der Blasenschleimhaut. Oft erinnern die Befunde an Blasentumoren (Abb. 5.2 o).
Diagnose und Behandlung "" Allgemeine Angaben siehe S. 56. "" Bei nachgewiesenen Pilzinfektionen ist mit Fluconazol zu behandeln.
5.2 Zystitis
Abb. 5.2 n u. o n Strahlenzystitis: Auffällig ist die elfenbeinfarbene, atrophe Mukosa mit Fibrose der Blasenwand. o Sekundäreffekte nach Harnblasenkathetern: Kleine diskoide Schleimhautblutungen als Folge von Verletzungen durch einen Dauerkatheter oder einen suprapubischen Katheter können einen Blasentumor vortäuschen.
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5
61
5 Entzündliche Veränderungen
5.3 Spezifische Entzündungen Epidemiologie, Pathophysiologie und Klinik "" Spezifische Entzündungen sind dadurch gekennzeichnet, dass auch ohne Erregernachweis anhand histopathologischer Befunde auf die Erkrankung geschlossen werden kann. Ein typisches Beispiel ist die Tuberkulose der Harnblase.
Tuberkulose
5
"" Die Harnblasentuberkulose ist eine schwere Komplikation einer Nierentuberkulose. "" Die Angaben zur Häufigkeit für einen Befall der Harnblase bei Patienten mit einer Urogenitaltuberkulose liegen in der Literatur zwischen 10 und 45,6 %. "" In einer Studie über 60 Patienten mit einer Urogenitaltuberkulose waren zwei Drittel der Patienten männlich, das Durchschnittsalter zum Zeitpunkt der Erkrankung betrug 48 Jahre. Die Hauptsymptome waren zystitische Beschwerden und unspezifische Rückenschmerzen. "" Das Ausscheidungsurogramm war in 98 % der Fälle pathologisch. Die Urinkulturen zeigten eine Leukozyturie, oft mit zusätzlicher Pyurie, ohne Nachweis einer Bakteriurie (sogenannte sterile Leukozyturie).
Bilharziose
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"" Die Bilharziose der Harnblase ist in den westeuropäischen Ländern eine seltene Erkrankung und muss in erster Linie differenzialdiagnostisch von der Tuberkulose (s. o.) abgegrenzt werden. "" Die Infektion wird durch den Erreger Schistosoma haematobium hervorgerufen. "" In über der Hälfte der Fälle liegt eine Mikrohämaturie vor; die Makrohämaturie ist etwas seltener. Bei einem Viertel der Patienten bestehen dysurische Beschwerden. "" Ultrasonografisch weisen etwa 40 % der Patienten irreguläre Wandverdickungen auf.
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S. Wille
Urethrozystoskopie Tuberkulose
"" Der zystoskopische Befund ist bei einer Tuberkulose relativ unspezifisch und kann durch entzündliche Veränderungen der Blasenschleimhaut in allen Regionen der Blase gekennzeichnet sein (Abb. 5.3 a–d).
Bilharziose
"" Auch bei einer Bilharziose ist der endoskopische Befund typischerweise unspezifisch und zeigt allenfalls hyperämische Areale in der Blasenschleimhaut. "" Selten gelingt der Nachweis eines Bilharzioms (Abb. 5.3 e).
Diagnose und Behandlung "" In der Beckenübersicht können typische, ringförmige Verkalkungen in der Blasenwand zur Darstellung kommen. "" Die Therapie bei spezifischen Entzündungen der Blase richtet sich nach der Grunderkrankung. "" Bei einer Tuberkulose muss tuberkulostatisch behandelt werden, gegebenenfalls mit einer Kombinationstherapie bestehend aus Rifampicin, Isoniazid und Pyrazinamid, bei Niereninsuffizienz alternativ mit Streptomycin und Ethambutol bzw. Protionamid und Cycloserin. "" Die medikamentöse Therapie der Bilharziose der Harnblase umfasst Praxiquantel und/oder Oxaminoquin.
5.3 Spezifische Entzündungen
5 d Cystitis tuberculosa: Typisches Bild mehrerer Knötchen am medialen Rand des rechten Ostiums. Weiter medial und kranial sind einige Narbenzüge mit frisch entzündlichen Arealen und streifenförmigen Blutungen zu erkennen. e Bilharziom (Himbeertumor): Kirschkerngroßer Tumor, der sich infolge überschießender Granulation der Mukosa gebildet hat. Die Oberfläche ist mit zahlreichen punktförmigen Eiern übersät. (Fotos a u. e: aus Reuter u. Reuter 1984, Aquarelle b–d: O. Kneise/M. Stolze, s. S. 125.)
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Abb. 5.3 a–e a Cystitis tuberculosa ulcerosa haemorrhagica: Blassrosa durchschimmernde Submukosa mit einzelnen hyperämen Arealen und stark vermehrten, feinen venösen Kapillaren. b Cystitis tuberculosa: Ausgeprägtes, großes, annähernd ovales und nach unten recht tiefes Geschwür. c Cystitis tuberculosa: Eindrucksvoller Befund mit 5 größeren und kleineren Geschwüren und einigen Knötchen.
63
5 Entzündliche Veränderungen
5.4 Fisteln
S. Wille
Epidemiologie, Pathophysiologie und Klinik
5
"" Fisteln des unteren Harntrakts sind selten. In hoch entwickelten Ländern liegt die Inzidenz der Fistelbildung nach Geburtstrauma bei bis zu 4,5 %. "" Fisteln können an unterschiedlichen Lokalisationen auftreten. Sie lassen sich anatomisch in Vesikovaginalfisteln, Urethrovaginalfisteln, Vesikovaginorektalfisteln und Rektovesikalfisteln untergliedern. "" Fisteln sind in der Regel Komplikationen nach chirurgischen, gynäkologischen oder urologischen Operationen, Geburtstraumen oder Folge einer Strahlentherapie. Sie können aber auch durch primäre Darmerkrankungen hervorgerufen werden, die in die Blase einbrechen (z. B. Divertikulose, Morbus Crohn, Enteritis, Abszess, Bilharziose, Tuberkulose, Ileitis terminalis, Mykose, Karzinom, Fremdkörperpenetration). "" Pathophysiologisch scheinen kleinere Läsionen, die während einer Operation oder einem Geburtsvorgang entstehen, Ausgangspunkt für eine Fistelbildung zu sein. Durch Narbenbildung, Ischämie und fortbestehende funktionelle Beanspruchung des Beckenbodens (Miktion, Defäkation, Kohabitation) kommt es konsekutiv zur Ausbildung einer Fistel. Eine Strahlentherapie führt zu fibrotischen bzw. atrophen Umbauprozessen und begünstigt somit die Fistelbildung. "" Klinisch kann ein Harnwegsinfekt mit begleitender Pneumaturie, Fäkalurie sowie Mikro- oder Makrohämaturie auffallen. Gelegentlich berichten die Patienten über den Spontanabgang unverdauter Speisen. "" Im Falle einer Vesikovaginalfistel oder einer Urethrovaginalfistel klagen die Patientinnen über vaginalen Ausfluss oder eine permanente Harninkontinenz.
Urethrozystoskopie
Lizensiert f?r Universit?t Greifswald
Vesikovaginalfistel
"" Zystoskopisch stellt sich eine Vesikovaginalfistel mit einem geröteten Schleimhautareal und einer unspezifischen Begleitentzündung dar. Der eigentliche Fistelkanal bzw. die eigentliche Fistelkanalöffnung kann nur selten endoskopisch nachgewiesen werden (Abb. 5.4 a). "" Bei unklarem Befund sollte die Fistelöffnung, wenn anatomisch möglich, mit einer Knopfsonde oder einem Ureterkatheter sondiert werden. Noch aufschlussreicher ist die radiologische Fisteldarstellung, um das Ausmaß bzw. Anfang und Ende der Fistel genau zu erfassen (Abb. 5.4 b–d).
Urethralfistel
"" Eine Urethralfistel ist selten. Bei der Urethralfistel nach Implantation eines künstlichen Sphinktersystems kommt es infolge einer Arrosion des Cuffs in die Urethra mit möglichem Austritt von Urin zu einer Infektion (Abb. 5.4 e).
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Rektovesikalfisteln
"" Der endoskopische Befund einer Rektovesikalfistel ähnelt dem einer Vesikovaginalfistel. Im Falle einer Fäkalurie sind der Geruch und die Beimengung von festen Substanzen im Urin wegweisend. Gelegentlich kann während der Endoskopie eine längliche, weiße, wurstartige Substanz beobachtet werden, die sich spontan oder nach Rektalpalpation aus der Fistel in die Blase entleert (Abb. 5.4 f–i).
Diagnose und Behandlung "" In der Anamnese sollte erfasst werden, ob eine Pneumaturie oder übel riechender Urin vorgelegen hat. Wichtig zu wissen ist auch, ob und welche Operationen im kleinen Becken durchgeführt worden sind bzw. ob eine Bestrahlung stattgefunden hat. Auch der zeitliche Zusammenhang zwischen Operationen, Geburten, Bestrahlungen und dem Auftreten der Beschwerden sollte erfragt werden. "" Neben der Urindiagnostik sind das Zystogramm und die Zystoskopie meist wegweisend für den Nachweis einer Fistel. Für den Nachweis einer Vesikovaginalfistel ist die gründliche vaginale Spekulumeinstellung obligat. "" Bei unklarem Befund kann durch die sog. Blauprobe der Fistelnachweis bestätigt werden. Das Ausscheidungsurogramm zeigt bei einer Harnleiterfistel die anatomische Lokalisation und, aufgrund der Extravasation, indirekt das Ausmaß der Läsion. "" Durch Einlage eines Ureterenkatheters (UK) kann die Fistel bzw. der Fistelgang auch röntgenologisch nachgewiesen werden. Oft ist auch die Schnittbilddiagnostik mittels Computertomografie (CT) oder Magnetresonanztomografie (MRT) hilfreich. Für den Nachweis einer Rektovesikalfistel sollte die Verdachtsdiagnose rektoskopsich bestätigt werden. "" Die operative Therapie der Fistel ist vielfältig und richtet sich nach der Lokalisation. "" Die meisten Vesikovaginalfisteln können als typische Posthysterektomiefisteln auf vaginalem Wege verschlossen werden. Nur bei komplizierten Fisteln, die nach Bestrahlung oder aufgrund einer ausgeprägten Vernarbung eine stark eingeschränkte Heilungschance haben, ist das abdominale Vorgehen mit Interposition von freien oder gestielten Peritoneallappen indiziert. "" Urethrovaginalfisteln können ebenfalls mit guter Erfolgsaussicht von vaginal operiert werden. Wichtig ist, dass nach dem Fistelverschluss gesundes Gewebe als Gewebsplombe interponiert werden kann. "" Rektovesikalfisteln und höher gelegene Blasendarmfisteln müssen in der Regel von abdominal operiert werden. Nachdem die Fistel dargestellt und exzidiert wurde, muss die Blase zweischichtig verschlossen und bei stark entzündlichen Veränderungen der betroffene Darm reseziert werden. Gegebenenfalls ist die vorübergehende Anlage eines Anus praeters notwendig.
5.4 Fisteln
Lizensiert f?r Universit?t Greifswald
5
Abb. 5.4 a–i a Vesikovaginalfistel: Etwa bei 9 Uhr lässt sich am linken Bildrand das entzündlich veränderte rechte Ostium erkennen. Medial davon zieht ein Narbenstrang knapp oberhalb des Ostiums entlang. Darunter liegt ein Querspalt mit schwarzer Öffnung, die Vesikovaginalfistel. b Vesikovaginalfistel mit Fadengranulom: An der Blasenhinterwand zeigt sich eine fleckige, chronisch-entzündliche Region mit einem eingeschlossenen Seidenfaden. Links davon steckt der Ureterkatheter einige Zentimeter in der Fistel. c Vesikovaginalfistel nach einer laparoskopischen Hysterektomie. d Die Abbildung zeigt bei dem Patienten aus c die enge Lagebeziehung der Fistel zum rechten Ostium. Das Ostium ist gerade geöffnet, am rechten Bildrand ist zwischen 2 und 3 Uhr die unter c dargestellte Fistel schemenhaft zu erkennen.
e Urethralfistel: Der Cuff eines künstlichen Blasensphinktersystems ist deutlich in der Urethra sichtbar. f Rektovesikalfistel: Auffällig ist die kugelige Raumforderung an der linken unteren Blasenwand, deren Kuppe zur Hälfte weißlich belegt ist. g Rektovesikalfistel: Der rektal palpierende Finger drückt eine Eiterwurst aus dem Abszessbereich in die Blase. h Rektovesikalfistel: Es ist die weißliche, wurstartige Substanz zu erkennen, die aus Eiter besteht und sich aus der Fistel zwischen Rektum und Neoblase herausdrücken lässt. i Rektovesikalfistel: Die Abbildung zeigt den Befund bei dem Patienten aus f, bei dem zuvor wegen eines muskelinvasiven Blasentumors eine Neoblase angelegt worden war. (Fotos a, b, f u. g: aus Reuter u. Reuter 1984, s. S. 125.)
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6 Urolithiasis
6.1 Urethrasteine
P. Liske, S. Lahme
Epidemiologie, Pathophysiologie und Klinik "" Urethrasteine sind Harnsteine des oberen Harntrakts oder Blasenkonkremente, die in die Urethra gelangen, und dort aufgrund ihrer Größe oder Form stecken bleiben. "" Sie finden sich an den natürlichen relativen Engstellen der Urethra, in Urethradivertikeln oder proximal von Strikturen bzw. Urethralklappen. "" Selten können sie primär in der Urethra, z. B. an Haaren oder an nach einer Urethralplastik vorhandenem Nahtmaterial, entstehen. "" Klinische Symptome sind ein abgeschwächter Harnstrahl, Pollakisurie, ausstrahlender Schmerz in den Penis oder die Labien, Fremdkörpergefühl in der Urethra, Stakkatomiktion, Palmurie (selten) und Hämaturie; es kann auch zum Harnverhalt kommen.
Urethrozystoskopie
6
"" In der Urethroskopie imponieren Urethrasteine als Fremdkörper im Lumen. Form, Farbe und Beschaffenheit können je nach Steinart variieren. "" Die Urethraschleimhaut kann durch ein scharfkantiges Konkrement verletzt sein. Es zeigt sich ein gerötetes Schleimhautareal, teilweise mit Schleimhautabschilferungen. Der Stein kann inkrustiert sein. "" Distal des Urethrasteins sieht man unter Umständen eine narbige Engstelle, ein Divertikel (S. 38) oder eine Urethralklappe.
Diagnose und Behandlung
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"" Die Diagnose eines Urethrasteins lässt sich anhand der klinischen Symptome, des Urinbefunds, der Uroflowmetrie sowie mittels Endoskopie und Röntgendiagnostik (retrograde Urethrografie) stellen.
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"" Im Urinstatus zeigen sich meist eine Mikrohämaturie und eine Leukozyturie. "" Die Uroflowmetrie zeigt einen reduzierten maximalen Flow und einen obstruktiven Kurvenverlauf. "" In der retrograden Urethrografie zeigt sich auf der Leeraufnahme je nach Harnsteinkomposition eine röntgendichte Verschattung in Projektion auf die Urethra. Nach Kontrastmitteldarstellung zeigt sich eine Umfließungsfigur oder ein Kontrastmittelstopp. "" Bei der Urethroskopie kann der Harnstein oftmals direkt oberhalb einer Verengung (z. B. Urethrastriktur) dargestellt werden. "" Manchmal gelingt die Entfernung des Urethrakonkrements durch Manipulation von außen (Ausmassieren nach distal). "" Die Therapie von Urethrasteinen erfolgt zumeist endoskopisch. Unter direkter Sicht wird das Konkrement entweder mittels Steinfasszange oder Dormiakörbchen extrahiert. Gelingt die Extraktion aufgrund der Größe nicht in toto, wird der Stein desintegriert. "" Zur Desintegration stehen der Holmiumlaser, die pneumatische oder die Ultraschalllithotripsie zur Verfügung. "" Bei impaktiertem Urethrastein kann im Einzelfall ein zweizeitiges Vorgehen mit primärer Anlage einer suprapubischen Blasenfistel zu empfehlen sein. "" Zur Rezidivprophylaxe müssen eventuelle Harnabflussbehinderungen in der Urethra behandelt werden.
6.1 Urethrasteine
Abb. 6.1 a Solitärer Urethrastein.
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6 Urolithiasis
6.2 Blasensteine
6
P. Liske, S. Lahme
Epidemiologie, Pathophysiologie und Klinik
Diagnose und Behandlung
"" Blasensteine entstehen überwiegend aufgrund einer Harnblasenentleerungsstörung. Neben der infravesikalen Obstruktion durch Prostatahyperplasie, Urethrastriktur oder Urethralklappen können Harnblasendivertikel, Harnblasentumoren oder eine neurogene Blasenentleerungsstörung vorliegen. "" Im Rahmen der Restharnbildung bei rezidivierenden oder chronischen Harnwegsinfekten kommt es zur Infektsteinbildung. "" Durch ureasebildende Bakterien (z. B. der Gattungen Klebsiella, Proteus, Pseudomonas, Serratia) entstehen beim Harnwegsinfekt hohe Ammoniumkonzentrationen und ein alkalischer pH-Wert im Urin. Es bilden sich Steine aus Magnesiumammoniumphosphat (Struvit) oder Ammoniumhydrogenurat (selten). "" Harnsteine aus dem oberen Harntrakt, die durch eine infravesikale Obstruktion nicht via naturalis abgehen, können sich als Blasenstein manifestieren. "" Blasensteine können außerdem durch Inkrustation von Fremdkörpern in der Blase entstehen. Neben Ureterschienen und Kathetern (suprapubisch, transurethral) kommen als Kristallisationskeim auch Fremdkörper in Frage, die in autoerotischer Absicht in die Urethra eingebracht wurden. "" Die klinischen Symptome umfassen imperativen Harndrang, Pollakisurie, Dysurie, Blasenkrämpfe, Hämaturie, Algurie, Fremdkörpergefühl sowie eine Begleitzystitis. Es kann zum Harnverhalt kommen.
"" Die Diagnose Harnblasenstein lässt sich in der Zusammenschau von klinischen Beschwerden, Urinbefund, Sonografie und Röntgendiagnostik stellen. "" Der Urinstatus weist meist eine Leukozyturie, Bakteriurie oder Mikrohämaturie, selten eine Makrohämaturie auf. "" Die Ultraschalluntersuchung der Harnblase zeigt im Bereich des Blasenbodens echoreiche, verschiebbare Strukturen mit dem klassischen dorsalen Schallauslöschungsphänomen. "" Auf einer Röntgenleeraufnahme sieht man eine röntgendichte Verschattung in Projektion auf das kleine Becken. In der Ausscheidungsurografie oder einer Zystografie kann auch bei nicht röntgendichten Konkrementen eine Kontrastmittelaussparung zu sehen sein. "" Die Therapie von Blasensteinen richtet sich meist nach deren Größe und der Genese der Harnblasenentleerungsstörung. "" Die Behandlung sollte die Entfernung des Steins und die Beseitigung der zugrunde liegenden Blasenentleerungsstörung umfassen. Die Therapie der Blasenauslassobstruktion ist ein- oder zweizeitig möglich. "" Prinzipiell kann die Entfernung der Konkremente endoskopisch oder offen chirurgisch durch Sectio alta erfolgen. "" Zur Lithotripsie stehen unterschiedliche Systeme wie Holmiumlaser, elektrohydraulische, pneumatische oder Ultraschalllithotripsie sowie der Steinpunch zur Verfügung. Die desintegrierten Konkremente werden über den Instrumentenschaft ausgespült. "" Eine Harnwegsinfektion wird antibiotisch behandelt. "" Katheter oder Ureterschienen sollte man bei einer Dauerversorgung regelmäßig wechseln, um eine Inkrustation zu verhindern.
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Urethrozystoskopie "" In der Urethrozystoskopie sieht man Harnblasenkonkremente meist am Blasenboden als Fremdkörper imponieren. Sie sind durch den Spülstrom beweglich. "" Initial bestehen oft schlechte Sichtverhältnisse durch Trübung des Urins bzw. der Spülflüssigkeit. "" Je nach Zusammensetzung und Genese können Blasensteine eine unterschiedliche Oberflächenbeschaffenheit, Form, Farbe und Größe besitzen. Oft finden sich multiple Steine. "" Aufgrund des Fremdkörpers kann die Harnblasenschleimhaut ödematös oder hämorrhagisch verändert erscheinen. "" Bei obstruktiver Blasenentleerungsstörung zeigt sich meist eine Trabekulierung der Detrusormuskulatur. Daneben finden sich häufig Divertikel.
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6.2 Blasensteine
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Abb. 6.2 a–i a Solitärer Harnblasenstein aus Calciumoxalat und Apatit. b Solitärer Infektstein in der Harnblase. c Multiple Harnblaseninfektsteine am Blasenboden. Im Vordergrund sieht man eine Holmiumlaserfaser zur Desintegration. d Multiple Konkremente am Blasenboden nach Desintegration. e Desintegrierter Harnblasenstein (Infektstein). Im Hintergrund sieht man einen Teil des Steinpunchinstruments.
f Multiple Steine am Blasenboden (Prostatasteine). g Multiple desintegrierte Harnblasenkonkremente und Holmiumlaserfaser. h Multiple Harnblasenkonkremente unterschiedlicher Größe. i Solitärer Harnblasenstein. Die Harnblasenwand ist leicht trabekuliert.
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7 Tumoren
7.1 Tumoren der Urethra
C.-H. Ohlmann, A. Heidenreich
Epidemiologie, Pathophysiologie und Klinik
Diagnose und Behandlung
"" Tumoren der Urethra sind sehr selten. Frauen sind doppelt so häufig betroffen wie Männer. "" Histologisch handelt es sich meistens um Plattenepithelkarzinome, seltener kommen Urothelkarzinome, Adenokarzinome und maligne Melanome vor (TNMKlassifikation auf S. 125). "" Urothelkarzinome treten häufiger in der proximalen Urethra auf, während sich Plattenepithelkarzinome in der distalen Urethra und Adenokarzinome in der mittleren Urethra finden. "" Tumoren der Urethra sind häufig mit Urethrastrikturen, vorhergehenden Manipulationen an der Urethra, venerischen Erkrankungen sowie einem gleichzeitig bestehenden Harnblasenkarzinom verbunden. "" Das klinische Beschwerdebild umfasst die schmerzlose Makrohämaturie, Dysurien und obstruktive Miktionsbeschwerden.
"" Zum Zeitpunkt der Diagnose sind die meisten Tumoren der Urethra bereits lokal fortgeschritten oder weisen Lymphknotenmetastasen auf. "" Diagnostisch sollte daher neben einer körperlichen Untersuchung zur Detektion palpabler Leistenlymphknoten auch eine Bildgebung mittels Computertomografie oder Magnetresonanztomografie des Abdomens und des Beckens erfolgen. "" Die Therapie der Tumoren der Urethra ist primär chirurgisch, daneben kommen Strahlentherapie und Chemotherapie zum Einsatz. "" Abhängig von Lokalisation und Ausmaß des Tumors kann eine transurethrale Resektion oder eine offen chirurgische Exzision bzw. eine Penis- oder Penisteilamputation durchgeführt werden. "" Die Prognose der Urethratumoren hängt entschieden von der Histologie des Tumors ab. Insgesamt liegt die 5-Jahres-Überlebensrate bei 20–30 %, wobei die Prognose bei Vorliegen eines malignen Melanoms deutlich schlechter ist.
Urethrozystoskopie
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"" Zystoskopisch finden sich, ebenso wie bei Tumoren der Harnblase, sowohl papilläre als auch oberflächliche Wachstumsformen der Tumoren. "" Mitunter kann der Tumor zu einer ausgeprägten Stenosierung der Urethra führen. "" Bräunlichschwarze Pigmentierungen können auf das Vorliegen eines primären malignen Melanoms der Urethra hinweisen.
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7.1 Tumoren der Urethra
Abb. 7.1 a̶d a Urothelkarzinom im Bereich des linken Seitenlappens der Prostata. b Rezidiv eines Urethratumors bei einer Frau. c Papillärer Tumor der anterioren Urethra (Foto: aus Reuter u. Reuter 1984, s. S. 125.) d Papillärer Tumor der Urethra.
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7
71
7 Tumoren
7.2 Primäre Harnblasentumoren I Epidemiologie, Pathophysiologie und Klinik
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7
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C.-H. Ohlmann, A. Heidenreich
"" Als primäre Harnblasentumoren werden Tumoren zusammengefasst, die aus Zellen der Harnblasenmukosa entstehen. "" Etwa 98 % der primären Harnblasentumoren sind maligne, 90 % sind Urothelkarzinome. "" Daneben kommen Adenokarzinome und Plattenepithelkarzinome vor. Weitere seltene primäre Harnblasenkarzinome sind mesenchymale Tumoren wie Rhabdomyosarkome, Leiomyome, Hämangiome, Granularzelltumoren und Neurofibrome. "" Klinisch imponiert die schmerzlose Makrohämaturie als typisches Zeichen für ein Malignom der ableitenden Harnwege. Daneben treten irritative (Pollakisurie, Drangsymptomatik) sowie dysurische Beschwerden auf.
"" Es werden nichtinvasive (Ta, Tis) und invasive (T1–4) Urothelkarzinome unterschieden (TNM-Klassifikation, S. 124). "" Etwa 80 % der Tumoren treten zunächst als nichtinvasive papilläre Tumoren auf, davon zeigen ca. 10–15 % eine Progression zu invasivem Wachstum. "" Nach der WHO-Klassifikation (S. 124) werden die nichtinvasiven Tumoren anhand ihrer genetischen Stabilität in niedrig- und hochmaligne Tumoren (G1–4) unterteilt. Das Carcinoma in situ (Cis) stellt aufgrund seines hohen Progressionspotenzials eine Sonderform des nichtinvasiven Urothelkarzinoms dar. "" Klinisch zeichnen sich Urothelkarzinome durch die schmerzlose Makrohämaturie aus. Beim Cis sind jedoch häufig irritative und dysurische Beschwerden die einzigen klinischen Symptome.
Urothelkarzinome
Urethrozystoskopie
"" Harnblasenkarzinome sind die zweithäufigsten Malignome des Urogenitaltraktes. In Deutschland beträgt die Inzidenz nach Daten des Robert-Koch-Instituts 38,5/100 000 bei Männern und 10,5/100 000 bei Frauen. Das mittlere Alter bei Diagnose liegt bei 65 Jahren. "" Zum Zeitpunkt der Diagnose sind 85 % der Tumoren auf die Harnblase begrenzt, während 15 % bereits regionäre Lymphknoten- oder Fernmetastasen aufweisen. "" Hinsichtlich der Genese lassen sich berufliche und außerberufliche Risikofaktoren identifizieren. "" Zu den außerberuflichen Risikofaktoren zählen das Rauchen und ein erhöhter Kaffeekonsum. "" Als berufliche Risikofaktoren sind aromatische Amine, wie Benzidin, 2-Naphtylamin, 4-Aminodiphenyl und 4-Chlor-o-toluidin, identifiziert worden. Zu den betroffenen Berufsgruppen zählen Arbeiter aus der Farbstoffund Gummiindustrie, Kokereiarbeiter, Maler, Friseure, Steinkohlebergarbeiter und Arbeiter in chemischen Reinigungen. "" Der Anteil beruflich bedingter Harnblasenkarzinome wird bei Männern auf 10 %, bei Frauen auf 5 % geschätzt. Die Latenzzeit zur Entstehung eines Harnblasenkarzinoms kann einige Jahrzehnte betragen. Bei Verdacht auf das Vorliegen einer Berufserkrankung ist der behandelnde Arzt verpflichtet, dies der zuständigen Stelle zu melden. "" Urothelkarzinome der Harnblase können als Zweittumoren nach vorheriger Therapie maligner Tumoren mit Cyclophosphamid sowie nach Strahlentherapie im kleinen Becken auftreten. "" Patienten mit Dauerkatheter (z. B. Querschnittsgelähmte) weisen ebenfalls ein erhöhtes Harnblasenkarzinomrisiko auf. Die Entstehung wird hierbei durch rezidivierende bzw. chronische Zystitiden begünstigt.
72
Urothelkarzinome
"" Das Carcinoma in situ (Cis) ist eine flache, nichtpapilläre intraepitheliale Neoplasie, die leicht zu übersehen ist. Insbesondere in der Weißlichtzystoskopie ist das Cis mitunter schwer zu identifizieren, sodass ca. 50 % der Cis unerkannt bleiben. "" Die Verwendung einer photodynamischen Diagnostik mittels Aminolävulinsäure (ALA) oder Hexaminolävulinsäure (Hexvix) führt zu einer Erhöhung der Spezifität und Sensitivität bei der Detektion des Cis. "" Gelegentlich imponiert das Cis zystoskopisch wie ein entzündlich verändertes Areal oder mit einer samtartig veränderten Mukosa. "" Das Urothelkarzinom zeichnet sich meist durch ein papilläres, exophytisches Wachstum aus. Seltener sind solide oder ulzerierende Tumoren. "" Das Harnblasenkarzinom tritt sowohl solitär als auch multipel auf, sodass eine sorgfältige Zystoskopie notwendig ist, um alle vorhandenen Tumoren zu erfassen. Besonders ist auf Satellitentumoren an der gegenüberliegenden Blasenwand zu achten. "" Frühe Rezidive eines Harnblasenkarzinoms sind häufig Tumoren, die bei der ersten transurethralen Resektion übersehen worden sind. "" Bei der starren Zystoskopie sind Blasendach und Blasenvorderwand schwer einzusehen. Bei der flexiblen Zystoskopie können diese Areale besser eingesehen werden.
Diagnose und Behandlung "" Siehe S. 74.
7.2 Primäre Harnblasentumoren
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7
Abb. 7.2 a–i a Samtartige, flächenhafte Veränderung der Schleimhaut als Zeichen eines Carcinoma in situ mit teilweise hämorrhagisch veränderten Arealen. b Papillärer Tumor (oben) und Carcinoma in situ (rechts unten, hier nicht zu erkennen) in Weißlichtzystokopie (Foto: GE Healthcare, München). c Gleicher Patient wie in b in Fluoreszenzzystokopie mit Hexaminolävulinsäure. Erst hier erkennt man das Carcinoma in situ (rechts unten; Foto: GE Healthcare, München).
d e f g
Oberflächiger, knollig erscheinender Tumor der Harnblase. Pseudodivertikel der Harnblase mit kleinem papillärem Tumor. Multiple, teils papilläre, teils solide Tumoren der Harnblase. Gelbliche Harnblasensteine und multiple papilläre Harnblasentumoren. h Solitärer, papillärer Tumor der Harnblase. i Solitärer, papillärer Tumor der Harnblase, der mittels transurethraler Resektion abgetragen wird.
73
7 Tumoren
Primäre Harnblasentumoren II Epidemiologie, Pathophysiologie und Klinik Papillome
"" Papillome der Harnblase sind gutartige Veränderungen der Mukosa, die etwa 2 % der Harnblasentumoren ausmachen. "" Es handelt sich meist um einen solitären, papillären Tumor von 2–5 cm Durchmesser. "" In bis zu 70 % der Fälle kommt es zu Rezidiven des benignen Papilloms, in ca. 7 % entwickelt sich das Papillom zu einem invasiven Karzinom.
Invertierte Papillome
"" Invertierte Papillome stellen eine Sonderform dar, die durch chronische Entzündungen verursacht werden können. In Einzelfällen wird von einer malignen Entartung berichtet. "" Histologisch werden 2 Typen unterschieden, trabekuläre und glanduläre invertierte Papillome. Die trabekuläre Form entsteht aus einer Proliferation der Basalzellen. Die glanduläre Form ist eine Variante der Cystitis cystica et glandularis, die aus Intermediärzellen entsteht und daher als Präkanzerose angesehen werden kann. "" Klinisch imponiert auch hier die schmerzlose Makrohämaturie.
7
Urethrozystoskopie Papillome
"" Papillome treten meist solitär auf und sind häufig schwer von papillären Urothelkarzinomen zu unterscheiden.
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Invertierte Papillome
10
"" Invertierte Papillome imponieren zystoskopisch als noduläre Mukosatumoren. Sie sind mit normalem Urothel bedeckt und weisen daher keine besonderen Oberflächenmerkmale auf. "" Häufig finden sich invertierte Papillome bei Patienten mit chronischer Prostatitis im Bereich des Trigonums oder des Blasenhalses.
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C.-H. Ohlmann, A. Heidenreich
Diagnose und Behandlung "" Die Urinzytologie kann mit einer Spezifität von bis zu 95 % auf das Vorliegen eines Carcinoma in situ oder eines hochmalignen Tumors hinweisen. "" Derzeit sind jedoch sowohl uringebundene Markersysteme als auch der Nachweis von spezifischen Genalterationen mittels Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung (FISH) oder Mikrosatellitenanalyse aufgrund falsch positiver Ergebnisse nicht in der Lage, die klassische Zystoskopie bei der Diagnostik von Harnblasentumoren zu ersetzen. "" Die bildgebende Abklärung des oberen Harntrakts sollte erst ab Tumorstadium T1G2 erfolgen, für das die Inzidenz von Tumoren des oberen Harntrakts bei 7 % liegt. "" Die Diagnose und Behandlung eines malignen Tumors der Harnblase besteht grundsätzlich in der transurethralen Resektion (TUR) sämtlicher suspekter Befunde. "" Die TUR sollte auch bei oberflächlichen Tumoren immer bis in die Tunica muscularis reichen, um eine sichere Differenzierung zwischen T1 und T2-Tumoren zu gewährleisten. "" Die Indikation für eine Nachresektion besteht –– bei Ta- und T1-Tumoren, falls eine komplette Resektion nicht möglich war, –– bei multifokalen Tumoren, –– bei unifokalen Tumoren von mehr als 3 cm Durchmesser, –– wenn im pathologischen Präparat keine Muskulatur nachgewiesen werden kann, –– bei Ta/T1-Tumoren ab T1G3, bei denen das Risiko für eine Muskelinvasion ca. 10 % beträgt. "" Ob eine intravesikale Redizivprophylaxe indiziert ist, hängt vom individuellen Rezidiv- und Progressionsrisiko ab. Als Prognosefaktoren dienen Art, Stadium, Anzahl und Durchmesser der Tumoren, sowie Anzahl der Rezidive. "" Eine primäre Zystektomie sollte ab einem Tumorstadium von T1G3 erwogen werden. Alternativ ist eine kombinierte Radiochemotherapie möglich.
7.2 Primäre Harnblasentumoren
Abb. 7.2 j–k j Papillom der Harnblase bei einem 20-jährigen Mann mit rezidivierenden Makro hämaturien (Histologie: pTaGa). k Rezidivierende Papillomatose der Harnblase bei einer 66-jährigen Patientin (Histologie: pTaGa). (Fotos: aus Reuter u. Reuter 1984, s. S. 125.)
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7 Tumoren
Primäre Harnblasentumoren III Epidemiologie, Pathophysiologie und Klinik Nephrogenes Adenom
"" Das nephrogene Adenom ist eine seltene Veränderung des Urothels, die einer Metaplasie des Urothels entspricht und primitiven Sammelrohren der Niere ähnelt. "" Auslöser sind Traumen, Infektionen oder eine Strahlentherapie. "" Histologisch finden sich ein interstitielles Ödem und entzündliche Infiltrationen; Zeichen der Malignität, wie nukleäre Atypien und erhöhte Mitoseaktivität, sind nur vereinzelt zu finden. "" Selten kommt es zu einer malignen Entartung als mesonephritisches Adenokarzinom. "" Als klinische Symptome kommen dysurische Beschwerden und Pollakisurie vor.
Adenokarzinome
7
"" Adenokarzinome machen ca. 2 % der malignen Harnblasenkarzinome aus. Sie kommen als primäre Adenokarzinome und Urachuskarzinome vor. "" Unterschieden werden 5 histopathologische Varianten: glanduläre Karzinome, kolloide und papilläre Adenokarzinome, Siegelringzellkarzinome und mesonephritische Karzinome. "" Das primäre Adenokarzinom der Harnblase entsteht vor allem infolge einer chronischen Zystitis. "" Die klinischen Symptome sind unspezifisch; häufig treten Makrohämaturie und/oder dysurische Beschwerden auf. "" Zum Zeitpunkt der Diagnose sind die meisten Adenokarzinome bereits lokal fortgeschritten oder metastasiert.
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Plattenepithelkarzinome
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"" Etwa 5–10 % der malignen Harnblasenkarzinome sind Plattenepithelkarzinome. "" In westlichen Ländern tritt das Plattenepithelkarzinom als Folge chronischer Irritationen der Harnblasenmukosa z. B. durch Harnsteine, Dauerkatheter oder Blasendivertikel auf. "" Bei Patienten mit Dauerkatheter finden sich in 80 % der Fälle Plattenepithelmetaplasien der Mukosa; in ca. 5 % der Fälle entwickelt sich ein invasives Plattenepithelkarzinom. "" Eine Assoziation mit der Harnblasenbilharziose kommt vor allem in Ägypten und anderen Ländern des nahen Ostens vor, in denen die Infektion mit Schistosoma haematobium endemisch ist. "" Die mit Bilharziose assoziierten Tumoren treten in der Regel 10–20 Jahre früher auf als Urothelkarzinome der Harnblase. Diese Tumoren sind häufig hoch differenziert und weisen ein niedriges Metastasierungspotenzial auf.
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C.-H. Ohlmann, A. Heidenreich
"" Im klinischen Beschwerdebild imponiert das billharziöse Plattenepithelkarzinom mit irritativen Beschwerden, während das nichtbillharziöse Plattenepithelkarzinom häufig eine Hämaturie als klinisches Symptom aufweist.
Urethrozystoskopie Nephrogenes Adenom
"" Das nephrogene Adenom und das mesonephritische Adenokarzinom sind nur schwer voneinander zu unterscheiden. Beide können als Tumoren der Harnblasenschleimhaut mit papillären und soliden Anteilen imponieren. "" Das nephrogene Adenom kann im Erscheinungsbild dem niedrigmalignen Urothelkarzinom ähneln. "" Meistens kommt es solitär mit einem Durchmesser < 1cm vor.
Adenokarzinome
"" Primäre Adenokarzinome der Harnblase entstehen vornehmlich im Bereich des Trigonums und der angrenzenden Seitenwände. "" Das Urachuskarzinom findet sich fast ausschließlich am Blasendach.
Plattenepithelkarzinome
"" Das Erscheinungsbild eines Plattenepithelkarzinoms auf dem Boden einer Billharziose unterscheidet sich von dem nichtbillharziösen Plattenepithelkarzinom. "" Das billharziöse Plattenepithelkarzinom entsteht vorwiegend am Blasendach und imponiert als nodulärer, gut differenzierter Tumor. "" Das nichtbillharziöse Plattenepithelkarzinom entsteht vor allem im Bereich des Trigonums sowie der Seitenwände und imponiert als flache Ulzeration umgeben von einer Leukoplakie. Es findet sich auch in Divertikeln und kann mit Blasensteinen assoziiert sein.
Diagnose und Behandlung "" Siehe S. 74. "" Das nephrogene Adenom weist eine hohe Rezdivirate auf und kann in seltenen Fällen zum mesonephritischen Adenokarzinom entarten, das wie die übrigen primären Adenokarzinome der Harnblase eine schlechte Prognose aufweist. "" Die Prognose der Adenokarzinome ist insgesamt schlecht; die 5-Jahres-Überlebensrate liegt bei etwa 40 %. "" Auch die Prognose der Plattenepithelkarzinome ist insgesamt schlecht, da der Tumor zum Zeitpunkt der Diagnose meistens bereits fortgeschritten ist. Die Prognose der billharziösen Plattenepithelkarzinome ist besser, da es sich im Gegensatz zum nichtbillharziösen Plattenepithelkarzinom meist um gut differenzierte Tumoren handelt, die selten Organmetastasen aufweisen. Die Therapie der Wahl ist eine radikale Zystektomie.
7.2 Primäre Harnblasentumoren
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Abb. 7.2 l–s l Gelblich imponierender, solide wachsender Harnblasentumor. m Adenokarzinom des Urachus am Blasendach. n Urachuskarzinom am Blasendach. o Verhornendes primäres Plattenepithelkarzinom der Harnblase. p Hämangiom der Harnblase. q Sarkom der Harnblase bei einem Erwachsenen.
r Solides Harnblasenkarzinom mit hochgradigem Verdacht eines infiltrativen Wachstums. s Papilläres Harnblasenkarzinom: Die radiäre Einziehung der Schleimhaut lässt eine Infiltration der Tunica muscularis vermuten. (Fotos m u. o–q: aus Reuter u. Reuter 1984, Aquarelle r u. s: O. Kneise/M. Stolze, s. S. 125.)
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7 Tumoren
7.3 Sekundäre Harnblasentumoren Epidemiologie, Pathophysiologie und Klinik
7
"" Sekundäre Harnblasentumoren in Form von Metastasen solider Tumoren in der Harnblase sind selten. Darüber hinaus kommen Infiltrationen der Harnblase durch Tumoren benachbarter Organe vor. "" Häufig treten die Metastasen in der Harnblase erst Jahre nach der Erstdiagnose des Primärtumors auf. "" Es kommen folgende Primärtumoren vor (in Reihenfolge ihrer Häufigkeit): 1. Urogenitaltumoren in Niere, Prostata, Zervix, Vulva, Ovar, Uterus, Hoden und Samenblase 2. kolorektale Tumoren 3. Melanome 4. Mammakarzinom 5. Magenkarzinom 6. Cup (Cancer of unknown primary Origin) 7. Chorionkarzinom 8. Bronchialkarzinom 9. Pankreaskarzinom 10. Leberzellkarzinom "" Histologisch finden sich vor allem Adenokarzinome, seltener Plattenepithelkarzinome und andere Subtypen. "" Klinische Symptome, vor allem Miktionsbeschwerden, treten nur selten auf. Bei Patienten mit einem bekannten Tumorleiden und Miktionsbeschwerden ist daher eine Metastasierung in die Harnblase in der Regel auszuschließen.
Urethrozystokopie
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"" Die Zystoskopie stellt eine wichtige Untersuchung für die Diagnose sekundärer Harnblasentumoren dar. "" Die Abgrenzung zu einem primären Harnblasenkarzinom kann schwierig sein.
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C.-H. Ohlmann, A. Heidenreich
"" Da die sekundären Harnblasentumoren vor allem die Harnblasenwand betreffen und von normalen Urothel bedeckt werden, können sie bei der Zystoskopie leicht übersehen werden. "" Papilläre oder exulzerierende Tumoren sind selten. "" Je nach Ursprung des Primärtumors werden bestimmte Areale der Harnblase bevorzugt infiltriert: –– Blasenhals und Trigonum bei Prostatakarzinom –– Trigonum bei Uterus- und Zervixkarzinom –– Blasenhinterwand bei Rektumkarzinom –– Blasenfundus bei Kolonkarzinom "" Melanome in der Harnblase fallen auch hier durch ihre Pigmentierung auf.
Diagnose und Behandlung "" Neben der Zystoskopie sollte eine bildgebende Diagnostik durchgeführt werden. "" Harnblasenwandverdickungen können bei unauffälliger Zystoskopie einziges Zeichen eines sekundären Harnblasentumors sein. "" Die histologische Sicherung mittels transurethraler Resektion bzw. einer Biopsie stellt die Grundlage zur Differenzierung zwischen primären und sekundären Harnblasentumoren dar. "" Die Behandlung richtet sich nach der Art des Primärtumors und der Gesamtprognose des Patienten. "" Bei sekundären Harnblasentumoren sind sämtliche lokale Therapien (Zystektomie, Strahlentherapie) und systemische Therapien (Chemotherapie, Targeted Therapy, Immuntherapie) anwendbar. "" Die Prognose hängt ebenfalls von der Art des Primärtumors und dem klinischen Tumorstadium ab.
7.3 Sekundäre Harnblasentumoren
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Abb. 7.3 a–g a Weißliche tumoröse Infiltration des Blasenhalses bei einem Patienten mit fortgeschrittenem Prostatakarzinom. b Infiltrierendes Uteruskarzinom an der Blasenhinterwand. c Rektumkarzinom mit Infiltration in die Harnblase. d Infiltration des Blasenbodens durch ein Rektumkarzinom. e Braun-schwarze Raumforderung der Blasenschleimhaut mit V. a. Melanom der Harnblase.
f Infiltration der Harnblase durch ein Uteruskarzinom. g Prostatakarzinom des rechten Seitenlappens, welches per continuitatem in den Blasenhals vorwächst und ein primäres Harnblasenkarzinom vortäuschen kann. (Fotos b u. c: aus Reuter u. Reuter 1984, Aquarelle f u. g: O. Kneise/M. Stolze, s. S. 125.)
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8 Pathologische Veränderungen im Kindesalter
8.1 Kongenitale Anomalien der Urethra Posteriore Urethralklappen_____________ Epidemiologie Pathophysiologie und Klinik
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"" Die gravierende kongenitale Obstruktion der Urethra zählt zu den folgenschwersten Anomalien des Urogenitaltrakts. Trotz eines optimalen medizinischen Managements birgt sie auch heute noch lebensgefährliche Komplikationen im Neugeborenenalter sowie lebenslange Komplikationen im Hinblick auf Harninkontinenz und eingeschränkte Nierenfunktion. 30̶50 % der Patienten werden im Verlauf ihres Lebens niereninsuffizient. "" Posteriore Urethralklappen sind die häufigste Ursache einer schwerwiegenden infravesikalen Obstruktion. Sie treten bei männlichen Neugeborenen mit einer Inzidenz von 1:6000̶1:10000 auf. "" Morphologisch handelt es sich um ein gefenstertes Diaphragma, das im distalen Anteil der prostatischen Urethra vom Colliculus seminalis nach lateral und ventral zieht und so die hintere Urethra verlegt. "" Als Folge der Obstruktion kann es zur irreversiblen Schädigung aller proximal der Klappe liegenden Organe des unteren und oberen Harntrakts kommen. Die Krankheitsausprägung reicht von einer minimalen Uropathie bis hin zu der schwersten, mit dem Leben nicht zu vereinbarenden Form, dem Potter-Syndrom. "" Die posteriore Urethralklappe ist häufig mit einer primär renalen Dysplasie assoziiert. Bedingt durch eine fehlerhafte Lokalisation der Ureterknospe auf dem Wolff-Gang kommt es zu einer Differenzierungsstörung des metanephritischen Blastems. Die durch die kongenitale Dysplasie bedingte Nierenfunktionsstörung ist therapeutisch nicht beeinflussbar. Neben dieser primären Dysplasie entsteht bis zur 36. SSW durch den obstruktionsbedingten erhöhten Druck in den Sammelrohren eine sekundäre Dysplasie mit Differenzierungsstörung des umgebenden Nierengewebes.
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Urethrozystoskopie "" In der Urethrozystoskopie (U-Zyst) fallen die transsphinktär ziehenden Schleimhautfalten auf, die je nach Ausprägung nahezu das ganze Urethralumen verlegen können. Es ist eine sorgfältige Inspektion erforderlich, da sich das Diaphragma im retrograden Spülstrahl an die Urethrawand anlegen und dadurch dem Ungeübten trotz relevanter urodynamischer Wirksamkeit entgehen kann.
Diagnose und Behandlung "" Die Urethralklappe wird meist schon durch die präpartale Ultraschalluntersuchung diagnostisch erkannt. Es besteht der Verdacht auf posteriore Urethralklappen, wenn sich die Harnblase sonografisch konstant gefüllt darstellt und die Ureteren sowie das Nierenbecken deutlich dilatiert sind. Eine Oligohydramnie vor der
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W. H. Rösch, A.-K. Ebert
34. SSW ist ein prognostisch ungünstiger Faktor. Die Diagnose wird postpartal durch ein Miktionszystourethrogramm bestätigt. "" Die präpartale Therapie z. B. mittels vesikoamniotischem Shunt ist aufgrund der hohen Komplikationsrate bislang sehr umstritten. "" Grundsätzlich sollte eine initiale Entlastung durch eine Zystostomie am ersten Lebenstag erfolgen. "" Die kalte Sichturethrotomie mit einem Hakenmesserchen gilt als sicherste Methode zur Klappentherapie. Komplikationen wie Sphinkterverletzungen oder postoperative Strikturen sind bislang häufiger bei der Laserablation, am häufigsten jedoch bei der Elektroresektion beobachtet worden. "" Prinzipiell sollte weniger eine aggressive Klappenresektion, als eine alleinige Inzision des Diaphragmas erfolgen, um Strikturen möglichst zu vermeiden. Typischerweise wird diese Inzision in der 5- und 7-Uhr-Position in Steinschnittlage (SSL) durchgeführt. Gerade in Fällen mit extrem kleinkalibriger Urethra ist alternativ die Klappeninzision auch von antegrad über einen suprapubischen Zugang mit einem Winkeloptik-Endoskop möglich.
Kongenitale Urethrastriktur_____________ Epidemiologie Pathophysiologie und Klinik "" Neben den klassischen Urethralklappen gibt es auch kongenitale Strikturen. Distal des externen Sphinkters finden sich gelegentlich ringförmige Stenosen, die entweder relativ derb, oder nur einem dünnen Diaphragma entsprechend imponieren können und stets nur sehr kurzstreckig sind. "" Die kongenitale Urethrastenose wird in der angloamerikanischen Literatur als „Cobb̓s collar“ beschrieben, in deutschen Publikationen als „Moormann-Ring“. Embryologisch wird diese kongenitale Striktur als ein Fusionsdefekt im Bereich der Kloakenmembran zwischen der anterioren und der posterioren Urethra erklärt.
Urethrozystoskopie "" Die kongenitale Urethrastriktur ist eine ringförmige Stenose im Bereich des bulbomembranösen Übergangs, deutlich distanziert vom M. sphincter urethrae externus.
Diagnose und Behandlung "" Oft macht sich ein solcher bulbärer Urethraring nicht in den ersten Lebensjahren bemerkbar. Erst in der postpuberalen Phase kommt es dann zu auffälligen Miktionsbeschwerden, Harnwegsinfektionen oder Infekten der männlichen Adnexe. "" Die Therapie der Wahl ist die kalte transurethrale Inzision unter Sicht bei 12 Uhr in SSL. Rezidivstrikturen sind bei kongenitalen Urethrastrikturen extrem selten.
8.1 Kongenitale Anomalien der Urethra
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8 Abb. 8.1 a–h a Transsphinktär ziehende Urethralklappen bei einem 2 Wochen alten Säugling. b Hochgradig ausgeprägte Urethralklappen bei einem 6 Wochen alten Säugling. c Befund aus b bei teilweiser Erweiterung des Lumens unter maximalem retrograden Spülstrahl. d Kalte Resektion der Urethralklappe mit dem Hakenmesser.
e Minorform von Urethralklappen bei einem 4-jährigen Jungen. f Resektion des linksseitigen Segels aus c. g Transsphinktär ziehende Urethralklappen, im retrograden Spülstrahl typischerweise eng an der Urethrawand anliegend und dadurch kaum erkennbar. h Bulbärer Urethraring.
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8 Pathologische Veränderungen im Kindesalter
Anteriore Urethralklappen und Urethradivertikel______________________ Epidemiologie Pathophysiologie und Klinik "" Anteriore Urethralklappen sowie kongenitale anteriore Strikturen sind selten. Wie bei den posterioren Formen hängt die Auswirkung auf den Harntrakt von dem Ausprägungsgrad ab und reicht von einer alleinigen Dilatation der Urethra bis hin zum sekundären Harnstau mit bilateraler Hydronephrose und Nierenfunktionseinschränkung.
Urethrozystoskopie "" Häufig sind die anterioren Urethralklappen mit einem Urethradivertikel assoziiert. Die Klappen selbst imponieren als durchscheinende dünne Segel im leichten Spülstrahl. Bei Eingehen ohne Sicht sind sie meist schon eingerissen.
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Urethrozystoskopie "" Im Bereich des Utriculus prostaticus, der auch bei Jungen mit völlig normalem Genitale vergleichsweise groß ausgebildet sein kann, findet man eine Öffnung, die sich aufspülen lässt und die bei persistierendem Sinus urogenitalis auch mit dem 8,5- oder 9,5-Charr-Endoskop problemlos passierbar ist.
Diagnose und Behandlung "" Nach Diagnose eines Sinus urogenitalis bzw. einer Vaginalanlage in der U-Zyst muss endoskopisch beurteilt werden, ob zusätzlich eine Portio und ein Uterus vorhanden sind. "" Eine endgültige Geschlechtszuweisung wäre in diesen seltenen Fällen erst nach bildgebender und molekulargenetischer Diagnostik möglich.
Urethralektope Uretermündung_________
Diagnose und Behandlung
Epidemiologie Pathophysiologie und Klinik
"" Häufig sind diese Stenosen mit einem anterioren Urethradivertikel assoziiert, das meist bei der Miktionszystourethrografie zur Abklärung der infravesikalen Obstruktion auffällt. "" Die Therapie der hochgradig obstruktiv-wirksamen Formen ist identisch zu jener der posterioren Urethralklappen und hat die Entlastung des oberen Harntrakts zum primären Ziel. "" Schwächer ausgeprägte Formen können entweder transurethral mit dem Laser oder mit kalter Urethrotomie unter Sicht behandelt werden. Zur Vermeidung von Fisteln durch Verletzung des spongiösen Gewebes sollte dabei stets nur bei 12 Uhr inzidiert werden. "" Anders als bei bulbären Strikturen und posterioren Urethralklappen ist das Rezidivrisiko für Stenosen durch Narbenbildung wesentlich höher. "" Bei größeren assoziierten Divertikeln ist die offene Operation mit Abtragung des Divertikels und Überbrücken der Striktur mit einem Mundschleimhaut-Inlay unumgänglich.
"" Die verzögerte Separation von Wolff-Gang und Ureterknospe ist die Ursache für eine ektope Mündung des Ureters im Bereich des Blasenhalses, der hinteren Urethra bei Jungen oder der gesamten Urethra bei Mädchen. "" Bei 75̶80 % der Patienten ist ein ektoper Ureter mit einem Duplexsystem assoziiert und drainiert den oberen Pol. Diese Form betrifft in erster Linie das weibliche Geschlecht. Nur 15 % der Ureterektopien treten bei Jungen auf, wobei in 75 % der Fälle kein Duplexsystem vorliegt. "" Leitsymptom der urethralektopen Mündung ist beim Mädchen die permanente Harninkontinenz. Das klinische Leitsymptom beim Jungen ist oft die Pyurie.
Utriculus prostaticus und Sinus urogenitalis_____________________ Epidemiologie Pathophysiologie und Klinik "" Die Diagnostik einer hochgradigen Hypospadie sowie eines intersexuellen Genitales sollte grundsätzlich eine U-Zyst beinhalten, um zu klären, ob ein persistierender Sinus urogenitalis bzw. eine Vaginalanlage vorhanden ist. "" Die Ausdehnung dieser Anlagen ist sehr unterschiedlich und reicht von einem kleinen Sinus-urogenitalisRudiment bis hin zu Vaginalanlagen, die in ihrem Volumen die Blasenkapazität übertreffen können.
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Urethrozystoskopie "" Beim Jungen liegt die ektope Mündung stets proximal des M. sphincter urethrae externus am lateralen Rand des Colliculus seminalis, sodass keine Harninkontinenz zu erwarten ist. "" Beim Mädchen ist jede Position von am Blasenhals bis vestibulär möglich. Manchmal ist eine sorgfältige Inspektion mit kräftigem Spülstrahl nötig, da das Ostium zwischen den urethralen Schleimhautfalten kaum auffällt.
Diagnose und Behandlung "" Richtungsweisend in der Diagnostik ist heute die Sonografie, die im Rahmen der Vorsorgeuntersuchungen meist bereits pränatal oder unmittelbar postpartal den Hinweis auf eine hydronephrotisch erweiterte, oft dysplastische Nierenanlage bzw. obere Anlage einer Doppelniere gibt. Mittels MRT oder Endoskopie wird die Diagnose letztendlich gesichert. "" Abhängig von der noch vorhandenen Funktion der Nierenanlage wird man entscheiden, ob als kausale Therapie eine obere Heminephrektomie oder eine Ureterneueinpflanzung mit Erhalt der Anlage durchgeführt wird.
8.1 Kongenitale Anomalien der Urethra
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8 Abb. 8.1 i–p i Urethralektope Uretermündung rechts bei einem weiblichen Säugling. j Ostium aus i mit einem Ureterkatheter intubiert. k Parakollikuläre urethralektope Uretermündung bei einem 10-jährigen Jungen. l Schema der urethralektopen Uretermündung bei Jungen. m Schema der urethralektopen Uretermündung bei Mädchen.
n Utriculus prostaticus bei einem männlichen Säugling (Normalbefund). o Persistierender Sinus urogenitalis bei einem männlichen Säugling mit Hypospadia penoskrotalis. p Persistierender Sinus urogenitalis bei einem männlichen Kleinkind mit Denys-Drash-Syndrom, mit UK intubiert.
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8 Pathologische Veränderungen im Kindesalter
8.2 Kongenitale Anomalien der Blase Bedeutung der Ureterostienmorphologie______________ "" Bis in die 90er-Jahre war die endoskopische Beurteilung der Ureterostien ein fester Bestandteil der Refluxdiagnostik. Neben der Ostienklassifikation nach Lyon aus dem Jahre 1969 wurde zudem meist eine Lageklassifikation der Uretermündung entsprechend der Empfehlung von Mackie und Stephens aus dem Jahre 1975 verwendet (S. 44). Dieser Einteilung liegt der Ursprung der Ureterknospe auf dem Wolff-Gang zu Grunde. Im klinischen Alltag wird die Lage eines Ostiums bei refluxiven Einzelsystemen von A (trigonal) bis D (stark lateralisiert) angegeben. "" Zahlreiche Studien aus den letzten Jahren belegen jedoch, dass zwischen der Ostienmorphologie und dem Refluxgrad keine zuverlässige Korrelation besteht. Zudem weisen jüngste embryologische und morphologische Studien darauf hin, dass der intertrigonale Muskelverbund des kranialen Trigonums einen wesentlich größeren Einfluss auf den Refluxgrad hat als die Tunnellänge. "" Vor diesem Hintergrund gehört die alleinige Zystoskopie heute definitiv nicht mehr zur Routinediagnostik des vesikoureteralen Refluxes (VUR). Nur die gleichzeitige Therapiebereitschaft zur Korrektur einer radiologisch verifizierten infravesikalen Obstruktion oder die gleichzeitige endoskopische Antirefluxplastik rechtfertigt heute die endoskopische Untersuchung in Narkose.
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Ureterozelen__________________________
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Epidemiologie, Pathophysiologie und Klinik "" Die meisten kindlichen Ureterozelen sind vom ektopen Typ und somit mit einer Doppelbildung assoziiert. Die ektope, im Bereich des Blasenhalses oder der Urethra lokalisierte Ureterozele betrifft immer den Ureter des oberen dilatierten Nierenbeckenkelchsystems, dessen dysplastisches Parenchym oft deutlich funktionseingeschränkt oder funktionslos ist. 10 % aller Ureterozelen mit Doppelbildung sind nicht vom ektopen Typ, sondern intravesikal lokalisiert (orthotop) und bleiben oft klein. "" Nur 10̶20 % aller im Kindesalter diagnostizierten Ureterozelen gehen ohne Doppelbildung einher und sind dann meist orthotop gelegen. Die Zahl der anatomischen Variationen ist sehr groß.
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Urethrozystoskopie "" In der U-Zyst zeigt sich eine unterschiedlich große, meist schlaffe, dünnwandige Vorwölbung in die Blase, die bei starker Blasenfüllung durch den hohen Druck oft völlig verschwindet. "" Für das weitere therapeutische Vorgehen ist es sehr wichtig, die Ausdehnung der Ureterozele exakt zu bestimmen (orthotop/ektop, Einbeziehung des Ostiums der ipsi- bzw. der kontralateralen Seite etc.).
Diagnose und Behandlung "" Die Ureterozele wird heute fast immer sonografisch diagnostiziert, oft schon pränatal. Die Endoskopie bestätigt die sonografische Diagnose und sollte gleichzeitig den ersten therapeutischen Schritt darstellen. "" Bei orthotopen Ureterozelen ist die Inzision der Zele an dem am weitesten distal gelegenen (blasenhalsnächsten) Punkt in etwa 80 % der Fälle die alleinige Therapie. Die kurzstreckige Inzision ̶ oder alternativ 3̶4 punktförmige Einstiche mit dem Bugbee-Haken ̶ ermöglicht einen ausreichenden Abfluss und verhindert einen postoperativen iatrogenen VUR. "" Die endoskopische Therapie der ektopen Ureterozele bleibt umstritten. Hierbei sollten stets 2 Inzisionen durchgeführt werden: eine innerhalb der Blase und eine im ektopen (urethralen) Bereich, um ein weiteres Aufblähen der Zele durch den Einstrom von Urin während der Miktion zu vermeiden. Obwohl dadurch in wesentlich mehr Fällen ein Reflux induziert wird, und das Problem des detrusoralen Defekts durch die große Zele nicht behoben ist, bevorzugen wir dieses Vorgehen als ersten therapeutischen Schritt, weil es eine rasche und effektive Entlastung des obstruktiven Systems ermöglicht. "" Die Rekonstruktion des Detrusor- und Blasenhalsbereichs, ggf. mit Ureterneuimplantation, kann nach Abschluss der Blasenreifung am Ende des ersten Lebensjahres durchgeführt werden. Postoperative Blasenfunktionsstörungen sind dadurch deutlich seltener als bei Frühoperationen.
8.2 Kongenitale Anomalien der Blase
Abb. 8.2 a–e a Orthotope Ureterozele. b Ektope Ureterozele. c Bugbee-Haken in der Zele, durch die hauchdünne Zelenwand durchscheinend. d Die Abbildung zeigt eine etwa hühnereigroße Ureterozele mit deutlicher Vaskularisation. Das Ostium dieser Ureterozele ist am medialen Rand zu erahnen.
e Bei dieser Darstellung fällt das distale Zusammenfallen der rechtsseitigen Ureterozele auf, die einem eingestülpten Fingerling ähnelt. (Aquarelle d u. e: O. Kneise/M. Stolze, s. S. 125.)
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8 Pathologische Veränderungen im Kindesalter
Urachusanomalien_____________________ Epidemiologie, Pathophysiologie und Klinik "" Der Urachus verbindet als fibromuskulärer Strang den Blasenscheitel mit dem Nabel. Bei etwa 50 % der Neugeborenen ist er noch als tubuläre Struktur vorhanden, die prinzipiell eine offene Verbindung zwischen Blase und Nabel bildet. Im Erwachsenenalter wird er nur in 2 % der Fälle durchgängig vorgefunden. "" Das bis zu 1 mm weite Lumen des Urachus ist mit Übergangsepithel oder Zylinderepithel ausgekleidet. "" Eine fehlende oder unvollständige Obliteration des Urachus kann zu Urachusanomalien führen. Es werden 4 verschiedene Formen unterschieden: –– persistierender Urachus –– Urachuszyste –– Urachussinus –– vesikourachales Divertikel "" Insbesondere Urachuszysten und vesikourachale Divertikel können Infektionsherde bilden, die neben rezidivierenden Harninfekten auch abszedieren und in die freie Bauchhöhle perforieren können. "" Im Erwachsenenalter bergen persistierende Urachusanomalien das Risiko der Entwicklung eines Urachuskarzinoms.
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Urethrozystoskopie "" Endoskopisch bestätigt sich beim Divertikel die trichterförmige Ausziehung am Blasendach. "" Auch bei infizierten Urachuszysten, die meist blasennah lokalisiert sind und intermittierend den Zysteninhalt an die Blase abgeben können, erkennt man gut die erosiv imponierenden, entzündlichen Veränderungen am Blasendach.
Diagnose und Behandlung "" Für die Diagnose steht die Sonografie im Vordergrund. Selbst ein kleinlumiger, persistierender Urachus ist mit den hoch auflösenden Schallköpfen gut darstellbar. Urachuszysten und Divertikel können natürlich problemlos identifiziert werden. "" Zur Vermeidung von Sekundärinfektionen und vor allem zur Prävention des Urachuskarzinoms sollte beim Nachweis einer Urachusanomalie die Resektion angestrebt werden, die heute idealerweise laparoskopisch durchgeführt wird.
8.2 Kongenitale Anomalien der Blase
f
g
h
i Abb. 8.2 f–j f Persistierender Urachus. g Urachuszyste. h Urachussinus mit Drainage zum Nabel bzw. zur Harnblase.
i Vesikourachales Divertikel. j Endoskopisch auffallende, hochgradige Rötung am Blasendach bei einem 5-jährigen Jungen mit infizierter Urachuszyste.
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8 Pathologische Veränderungen im Kindesalter
8.3 Erworbene Erkrankungen der Urethra Traumatische Urethrastriktur_ __________ Epidemiologie, Pathophysiologie und Klinik "" Erworbene Strikturen der Urethra sind im Kindesalter meist auf iatrogene Manipulationen zurückzuführen; traumatische Strikturen sind wesentlich seltener. Entzündliche und infektiöse Ursachen bilden die Ausnahme. "" Vor allem Kathetermanipulationen im Neugeborenenund Säuglingsalter können leicht zu ausgedehnten Läsionen mit Perforation der bulbären Urethra führen. Nicht selten sind hochgradige langstreckige Strikturbildungen die Folge einer traumatischen Katheterisierung bzw. Endoskopie. Auch Verletzungen der vorderen Urethra werden beobachtet. "" Häufigste Komplikation der Hypospadiekorrektur ist neben der Fistelbildung die narbige Urethrastriktur am Übergang von der originären Urethra zur Neourethra. Besonders hoch ist das Risiko bei tubularisierten Segmenten (tubes). "" Bei den traumatischen Ursachen stehen die Beckenringfraktur und die sogenannten Straddle-Verletzungen im Bereich des Perineums im Vordergrund. Letztere führen zu Strikturen im Bereich der bulbären Urethra, wohingegen Urethrarupturen bei Beckenringfrakturen im membranösen und ̶ wegen der noch nicht vollständig entwickelten Prostata ̶ häufig blasenhalsnah im prostatischen Urethraabschnitt lokalisiert sein können.
Urethrozystoskopie
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"" Urethroskopisch findet man je nach Ursache eine ringförmige Stenose unterschiedlicher Länge mit meist hochgradiger Einengung des Urethralumens bis hin zum kompletten Verschluss. "" Daneben können Schleimhautveränderungen im Sinne einer Balanitis xerotika obliterans (BXO) insbesondere nach chirurgischen Eingriffen an der Urethra zu langstreckigen Stenosierungen der Urethra führen.
Diagnose und Behandlung "" Die Anwendung von monopolarem Strom in der Urethra ist nicht nur wegen der möglichen Schädigung der Ductus ejaculatorii umstritten, sondern sollte auch wegen der verstärkten Strikturbildung zumindest im Säuglings- und Kleinkindalter vermieden werden. "" Nach Laserablation von Urethralklappen sind Rezidivstrikturen in der bulbären Urethra erstaunlicherweise relativ häufig zu beobachten. Es sollten deshalb Laser mit möglichst geringer Eindringtiefe zum Kontaktschneiden benutzt werden. Lasersysteme mit hoher thermischer Wirkung sind für die kindliche Urethra ungeeignet.
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"" Sowohl für die Stenosen nach Hypospadiekorrektur als auch für die Strikturen nach Urethraverletzungen steht therapeutisch die endoskopische interne Urethrotomie im Vordergrund. Bei Eingriffen im Kindesalter werden Erfolgsraten von 70 % und mehr beschrieben. "" Für ausgedehntere Strikturen stehen die gleichen einoder mehrzeitigen operativen Verfahren zur Verfügung, wie sie auch im Erwachsenenalter angewendet werden. Mundschleimhaut hat sich dabei sowohl als Inlay, als auch als Onlay bewährt. "" Eine Bougierung oder Dilatation der Urethra sollte wegen des enormen psychischen Traumas, der ausgeprägten Traumatisierung der hoch empfindlichen Urethraschleimhaut und der extrem hohen Rezidivrate heute nicht mehr durchgeführt werden.
Sekundäre Blasenhalsstenose_ __________ Epidemiologie, Pathophysiologie und Klinik "" Insbesondere bei Urethralklappen, aber auch bei neurogenen Blasenfunktionsstörungen mit ausgeprägter Detrusor-Sphinkter-Dyssynergie findet man eine ausgeprägte sekundäre Blasenhalsstenose. Schon beim neugeborenen männlichen Säugling kann dabei der Blasenhals durch die während der Fetalzeit entstandene enorme Detrusorhypertrophie extrem ausgeprägt sein und die Passage mit dem Zystoskop erschweren.
Urethrozystoskopie "" Endoskopisch imponiert der hochgradig eingeengte Blasenhals. Er macht nicht selten ein tiefes Absenken des Endoskops erforderlich, um den Blasenhals mit dem Gerät überhaupt passieren zu können.
Diagnose und Behandlung "" Im Hinblick auf das Risiko der retrograden Ejakulation sowie einer möglicherweise dadurch bedingten Inkontinenz bei stark funktionsgeschädigten Klappenblasen sollte von einer chirurgischen Therapie der sekundären Blasenhalsstenosen möglichst Abstand genommen werden. "" Die medikamentöse Therapie mit den modernen, selektiven Alpharezeptorenblockern (off label use im Kindesalter!) stellt die schonendste und effektivste Behandlung dar und sollte deshalb heute die Therapie der ersten Wahl sein.
8.3 Erworbene Erkrankungen der Urethra
Abb. 8.3 a–d a Urethrastriktur nach Katheterismus. b Urethrastriktur nach perforierender Verletzung mit einem Katheter. c Balanitis xerotika obliterans (BXO) der Urethra nach multiplen Voroperationen der Urethra und längeren Intervallen mit trans-urethralem Dauerkatheter. d Sekundäre Blasenhalsstenose bei ehemaligen Segelklappen der hinteren Urethra.
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8 Pathologische Veränderungen im Kindesalter
Urethritis posterior____________________ Epidemiologie, Pathophysiologie und Klinik
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"" Leitsymptom der Urethritis posterior ̶ in der amerikanischen Literatur oft als „idiopathic urethrorrhagia“ bezeichnet ̶ ist die terminale Makrohämaturie. Das Phänomen, dass am Ende der Miktion einige Bluttropfen am Meatus (Ostium urethrae externum) hängen bzw. gelegentlich blutige Flecken oder Koagel in der Unterwäsche entdeckt werden, ist sowohl für die betroffenen präpubertären und pubertären Jungen, als auch deren Eltern sehr beunruhigend. Nicht selten treten diese Symptome über Wochen und Monate wiederholt auf und sind oft Anlass zu ausgedehnten diagnostischen Maßnahmen unterschiedlichster Fachdisziplinen. "" Ursache dieser Blutung sind lokal begrenzte entzündliche Veränderungen der Urethraschleimhaut in der bulbären Urethra von unterschiedlichem Ausmaß, unmittelbar distal des externen Sphinkters. "" Mittels immunhistochemischer Techniken konnte in den Basalzellen des prostatischen Epithels Keratin nachgewiesen werden, wie in den Zervikalzellen der Gebärmutter. Zahlreiche frühere Untersuchungen weisen darauf hin, dass diese keratinhaltigen Zellen eine östrogenspiegelabhängige, proliferative Kapazität besitzen und anderes Epithel verdrängen können. Der Einfluss von Sexualhormonen, insbesondere der Östrogene, auf die Ausbildung trigonaler Plattenepithelmetaplasien bei Frauen ist seit langem bekannt, entwicklungsgeschichtlich erklärbar und in mehreren Studien belegt. Die Tatsache, dass bei einem Teil dieser Patienten eine Verschiebung der Sexualhormone hin zu deutlich erhöhtem Serumöstrogenspiegel bei gleichzeitig niedrigem Testosteronspiegel nachgewiesen werden konnte, weist darauf hin, dass es sich um
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eine östrogeninduzierte Plattenepithelmetaplasie des Urothels handelt. Die Ursache dieses Missverhältnisses der Sexualhormone beim pubertären Jungen bleibt jedoch unklar, ebenso wie eine mögliche Beteiligung adrenaler Steroide.
Urethrozystoskopie "" Endoskopisch zeigen sich unterschiedlich stark ausgeprägte Befunde. Die Palette reicht von deutlich vermehrter Gefäßinjektion mit Arealen unruhiger, erythematös-erhabener Schleimhaut (in leichteren Fällen mit alleiniger Mikro- und gelegentlicher Makrohämaturie) bis hin zu Veränderungen mit ausgedehnten weißlichen Plaques, die an leukoplakische Veränderungen erinnern. "" Oft findet man ein Netzwerk fibröser Pseudomembranen, die jedoch im Spülstrahl völlig weggewaschen werden können und eine Striktur nur vortäuschen.
Diagnose und Behandlung "" Bei Patienten, die aus diagnostischen Gründen zum Teil mehrfach zystoskopiert wurden, zeigen sich morphologische Verengungen der bulbären Urethra bis hin zur Striktur. In den Lehrbüchern finden sich deshalb meist Vorbehalte gegen invasive endoskopische Maßnahmen. "" Andererseits bleibt die U-Zyst die einzige Möglichkeit, um anhand des charakteristischen Lokalbefunds die Diagnose einer Urethritis posterior zu bestätigen. Der eindeutige Lokalbefund bei schonend durchgeführter Endoskopie und die Kenntnis der wahrscheinlichen Ätiologie beruhigt alle Beteiligten, auch wenn auf eine Therapie dieses sich selbst limitierenden Krankheitsbilds bewusst verzichtet wird.
8.3 Erworbene Erkrankungen der Urethra
Abb. 8.3 e–g e Gering ausgeprägte Urethritis posterior mit dezenter Gefäßinjektion der Urethraschleimhaut. f Stärker ausgeprägte Form der Urethritis posterior.
g Klassisches Bild einer Urethritis posterior mit Bildung von Pseudomembranen.
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8 Pathologische Veränderungen im Kindesalter
8.4 Zystitis
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Epidemiologie, Pathophysiologie und Klinik
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"" Im ersten Lebensjahr haben Jungen ein höheres Risiko an einer Harnwegsinfektion zu erkranken als Mädchen. Nicht zirkumzidierte Jungen haben während dieser Periode ein bis zu 10-fach höheres Risiko signifikante Bakteriurien zu entwickeln. "" Während die Inzidenz bei Jungen bis zum Schulkindalter von knapp 3 % auf unter 1 % abfällt, steigt sie bei den Mädchen von etwa 0,7 % im ersten Lebensjahr auf bis zu 3 % im mittleren und späten Kleinkindalter an. "" Anders als im Erwachsenenalter kann bei Säuglingen und Kleinkindern auch eine schwere Zystitis nahezu asymptomatisch verlaufen, solange der obere Harntrakt nicht mitbeteiligt ist. Oft fallen die Kinder nur durch Pollakisurie oder temporäre bzw. verstärkte Harninkontinenz auf. Hämaturie und Dysurie sind dagegen eher selten. "" Grundsätzlich sollte bei Kindern mit Fieber über 38,5 °C an eine Harnwegsinfektion gedacht werden. Im Säuglingsalter liegt der Anteil an Harnwegsinfektionen als alleinige Ursache für Fieber bei 13̶15 %. "" Fieber gilt im Kindesalter als Beweis der Mitbeteiligung des oberen Harntrakts an der Infektion. Selbst bei schweren Zystitiden sind Säuglinge und Kleinkinder meist fieberfrei, solange die Infektion auf die Blase beschränkt ist. "" Häufigste Ursache für die isolierte Zystitis im Kleinkind- und Schulkindalter ist die funktionelle Blasenentleerungsstörung, meist in Verbindung mit einer Obstipation (dysfunctional elimination syndrome, DES). Die retrograde fäkal-urethrale Aszension periurethral lokalisierter Keime ist inzwischen belegt. Bei Vorliegen einer funktionellen Blasenentleerungsstörung mit ungenügender Beckenbodenrelaxation kommt es zur Restharnbildung, die Infektionen begünstigt. "" Besteht gleichzeitig eine Obstipation (DES) so führt diese einerseits rasch zu einer Änderung der Keimflora mit Vermehrung höher virulenter E.coli-Stämme, andererseits zu einer weiteren Verstärkung der Restharnbildung. "" Neben den funktionellen Ursachen, einschließlich der neurogenen Blasenfunktionsstörung, gibt es im Kindesalter zahlreiche kongenitale Anomalien, die zu chronisch rezidivierenden Harnwegsinfektionen führen können. Dazu zählen –– der vesikorenale Reflux, –– infizierte, funktionslose oder funktionseingeschränkte Nierenanlagen,
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–– infizierte refluxive Ureterstümpfe nach Nephrektomie, –– vesikointestinale oder urethrorektale Fisteln (z. B. in Kombination mit einer Analatresie), –– vesikovaginale Fisteln bzw. persistierender Sinus urogenitalis, –– Infektsteine und –– infizierte Urachuszysten.
Urethrozystoskopie "" Endoskopisch zeigen sich unterschiedliche Schleimhautalterationen. Diese reichen von vermehrter Gefäßinjektion mit ödematösen Aufwerfungen und vermehrter Blutungsneigung bei Berührung mit dem Instrument bis hin zu bullösen Ödemen oder polypoiden Veränderungen. "" Gerade die Ödembildung ist bei Kindern sehr stark ausgeprägt und fällt meist schon sonografisch sofort auf.
Diagnose und Behandlung "" Aufgrund der zunehmenden Resistenz der Bakterien gegenüber den gängigen für das Kindesalter zur Verfügung stehenden oralen Antibiotika, sollte stets eine gezielte, testgerechte Antibiose durchgeführt werden. Im Gegensatz zum Erwachsenenalter wird das Antibiotikum für mindestens eine Woche gegeben. "" Bei fieberhaften Harnwegsinfektionen im Säuglingsalter ist zur Vermeidung von Nierenparenchymnarben stets eine intravenöse Antibiose empfehlenswert. "" Für die konservative Therapie des vesikorenalen Refluxes sowie bei rezidivierenden Harnwegsinfektionen im Rahmen funktioneller Blasenentleerungsstörungen muss, solange Restharn nachweisbar ist, eine Lowdose-Dauerchemoprophylaxe durchgeführt werden. Die Medikamente der ersten Wahl im Kindesalter sind Nitrofurantoin und Trimethoprim. Medikamente der zweiten Wahl sind orale Zephalosporine der zweiten Generation. Art und Umfang der Low-dose-Dauerchemoprophylaxe werden zurzeit insbesondere im Zusammenhang mit dem vesikoureterorenalen Reflux kontrovers diskutiert.
8.4 Zystitis
Abb. 8.4 a–d a Akute Zystitis mit stark geröteter Blasenschleimhaut. b Akute Zystitis im Blasenhals- und Trigonumbereich. c Hämorrhagische Zystitis. d Chronische Zystitis mit vermehrter Gefäßzeichnung und diskoiden rötlichen Arealen.
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8 Pathologische Veränderungen im Kindesalter
8.5 Besondere Zystitisformen Cystitis cystica________________________ Epidemiologie, Pathophysiologie und Klinik "" Die Cystitis cystica tritt sowohl bei Jungen als auch bei Mädchen im Rahmen chronisch rezidivierender Harnwegsinfektionen auf. Trotzdem zeigt die Blasenwand histologisch relativ wenig entzündliche Veränderungen. "" Die klassische Cystitis cystica entsteht durch zystische Degenerationen innerhalb submuköser Epithelaussprossungen, den sogenannten Brunn-Nestern. Häufig infiltrieren Entzündungszellen in diese zystischen Strukturen. "" Bei der Variante der Cystitis follicularis finden sich in den Knötchen zahlreiche Lymphozyten. In der subepithelialen Blasenwand können oft Plasmazellen nachgewiesen werden.
Akute hämorrhagische (virale) Zystitis____ Epidemiologie, Pathophysiologie und Klinik "" Diese Form ist neben der für das Kindesalter untypischen Makrohämaturie durch eine ausgeprägte Pollakisurie mit Drangsymptomatik und Dysurie gekennzeichnet. Jungen im Schulalter sind bevorzugt betroffen. "" Ursache ist eine Harnwegsinfektion durch Adenoviren vom Typ 11 bzw. 21.
Urethrozystoskopie
Urethrozystoskopie "" Das endoskopische Bild der viralen Zystitis entspricht dem Befund der hämorrhagischen Zystitis im Erwachsenenalter (S. 56 f).
"" Anders als im Erwachsenenalter ist eine Biopsie der Knötchen und polypösen Veränderungen nur selten notwendig. "" Unter testgerechter Antibiose mit anschließender Langzeitprophylaxe über 4̶6 Wochen heilt die Cystitis cystica mit dem Harnwegsinfekt aus.
Cystitis glandularis_ ___________________ Epidemiologie, Pathophysiologie und Klinik
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Diagnose und Behandlung "" Bei suspekten Befunden mit histologisch nachgewiesener Cystitis glandularis im Kindesalter sollten nach einer konsequenten, testgerechten Antibiose Kontrollzystoskopien ggf. mit Kontrollbiopsien sowie eine und Low-dose-Dauerchemoprophylaxe über 3 Monate durchgeführt werden.
"" Endoskopisch findet man vor allem im Bereich des Blasenbodens multiple 1̶3 mm große, teils bullöse, teils knötchenförmige Formationen. Auch im Kindesalter können diese polypösen Wucherungen wie papilläre Tumoren imponieren.
Diagnose und Behandlung
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"" Kommt es in den Brunn-Nestern durch reaktive Epithelveränderungen zu einer glandulären Differenzierung, spricht man von der Cystitis glandularis. "" Während die Brunn-Nester und die Cystitis cystica grundsätzlich kein malignes Potenzial besitzen, wird die Bedeutung der Cystitis glandularis als Präkanzerose für ein Adenokarzinom in der Literatur kontrovers diskutiert. Insbesondere im Zusammenhang mit dem Blasenekstrophie-Epispadie-Komplex wird die durch physikalische Alterationen verursachte Cystitis glandularis als Risikofaktor für die Entstehung eines Adenokarzinoms in der rekonstruierten Blase angesehen.
Urethrozystoskopie "" Zystoskopisch imponieren tumoröse Vorwölbungen, die an jeder Stelle der Blase auftreten können.
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Diagnose und Behandlung "" Bei der viralen Zystitis können bei plötzlich auftretender Makrohämaturie und Leukozyturie keine Bakterien nachgewiesen werden. Die Erkrankung dauert gewöhnlich 5–8 Tage. "" Eine antibiotische Therapie ist nur bei Nachweis einer Superinfektion (meist E. coli) notwendig. "" Besonders häufig und besonders gefährlich ist die virale Zystitis im Rahmen einer Knochenmarkstransplantation. Nur in diesem speziellen Fall ist eine antivirale Therapie indiziert.
Eosinophile Zystitis (eosinophiles Granulom)_ ________________ Epidemiologie, Pathophysiologie und Klinik "" Die eosinophile Zystitis ist insgesamt eher selten und tritt vor allem im Kindesalter auf. Ihre Kenntnis ist wichtig zur differenzialdiagnostischen Abgrenzung gegenüber Tumoren. "" Die Ätiologie der eosinophilen Zystitis bleibt unklar, wenngleich die meisten Autoren die vesikale Manifestation einer Allergie gegen Nahrungsmittel, Bakterien, Parasiten oder Medikamente als Ursache ansehen. "" Die periphere Eosinophilie (Vermehrung eosinophiler Zellen im Knochenmark) und Berichte über koexistente eosinophile Gastritiden identifizieren die eosinophile Zystitis als fokale Manifestation eines generalisierten Geschehens. Die von dem Zytokin IL-5 stimulierten eosinophilen Zellen sind in der Lage, zytotoxische kationische Proteine freizusetzen, die zur Gewebedestruktion führen.
8.5 Besondere Zystitisformen
Urethrozystoskopie
Diagnose und Behandlung
"" Zystoskopisch findet man meist weißliche, teils auch dunkelrote polypöse Strukturen, die optisch oft nur schwer von einem Rhabdomyosarkom der Blase (Sarcoma botryoides, S. 96) unterschieden werden können.
"" Die Therapie besteht in der Gabe von Antihistaminika, Steroiden und Antibiotika. In der Mehrzahl der Fälle heilt der Prozess unter dieser Therapie rasch aus.
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Abb. 8.5 a–g a Cystitis cystica am Blasenboden einer 4-Jährigen. b Cystitis glandularis bei einem 5-Jährigen nach rekonstruierter Blasenekstrophie und rezidivierenden schweren Harnwegsinfektionen. c Cystitis glandularis mit 2 Herden, die fast solide tumorös imponieren. d Virale Zystitis mit vermehrten Schleimhautblutungen bzw. -einblutungen.
e Cystitis cystica am Übergang vom Blasenhals zum Trigonum bei einem 2-jährigen Mädchen. f Umschriebener Herd einer histologisch bestätigten eosinophilen Zystitis an der Blasenhinterwand bei einem 5-Jährigen mit intermittierender Makrohämaturie. g Ausgedehntes Areal mit eosinophiler Zystitis an der Blasenseitenwand bei demselben Patienten.
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8 Pathologische Veränderungen im Kindesalter
8.6 Tumoren der Blase
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Epidemiologie, Pathophysiologie und Klinik
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"" Blasentumoren sind im Kindesalter insgesamt selten, insbesondere das klassische Urothelkarzinom stellt eine extreme Rarität dar. Auch Adenome oder Adenokarzinome, z. B. bei ehemals kloakalen Fehlbildungen, beschränken sich auf Einzelfälle. "" Die Enterozystoplastik zur Schaffung eines Niederdruckreservoirs bei gravierenden Blasenfunktionsstörungen (neurogene Blase, Blasenekstrophie, sogenannte Klappenblase etc.) ist inzwischen zu einem Standardeingriff in der Kinderurologie geworden. Mit zunehmenden Langzeitverläufen besteht inzwischen kein Zweifel mehr, dass nicht nur Ureterosigmoidostomien, sondern auch isolierte Darmsegmente, z. B. bei einer Enterozystoplastik, ein erhöhtes Malignitätsrisiko bergen. Wie hoch dieses Risiko tatsächlich ist, gilt bislang als spekulativ, da nicht bekannt ist, wie viele solcher Ableitungen bzw. Rekonstruktionen tatsächlich durchgeführt werden und wie oft tatsächlich Tumoren entstehen, die in der Literatur nicht beschrieben werden. Im Gegensatz zur Ureterosigmoidostomie, bei der Adenome und Malignome stets direkt an der Ureterimplantationsstelle entstehen, fanden sich die bislang beschriebenen Malignome in augmentierten Blasen etwa zur Hälfte im Bereich der originären Blase und zur anderen Hälfte im Bereich des enteralen Segments. "" Aufgrund der momentanen Datenlage sollte deshalb spätestens zehn Jahre nach Durchführung einer Enterozystoplastik mit jährlichen endoskopischen Kontrollen der augmentierten Blase begonnen werden. Dies kann sowohl transurethral als auch über ein eventuell vorhandenes katheterisierbares Stoma erfolgen. Entscheidend dabei ist, dass nicht nur die Region entlang der vesikoenteralen Anastomose, sondern die gesamte Blase sorgfältig endoskopiert wird.
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Hämangiom
"" Die Makrohämaturie ist das Leitsymptom der Hämangiome in der Blase. Meistens bestehen auch an anderen Stellen des Körpers bereits bekannte Hämangiome. "" Diese gutartigen Tumoren treten oft in Verbindung mit dem Klippel-Trenaunay-Syndrom auf.
Nephrogenes Adenom
"" Das nephrogene Adenom ist ein gutartiger Tumor, der im Kindesalter meist im Zusammenhang mit Alterationen der Blasenschleimhaut bzw. der Blasenwand auftritt. Neben Infektionen, Blasensteinen oder Verletzungen gelten vor allem chirurgische Eingriffe (Nahtmaterial?) als Auslöser für die Entstehung nephrogener Adenome. "" Leitsymptome sind Hämaturie oder unterschiedlichste Blasenirritationen.
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Rhabdomyosarkom
"" Im Kindesalter ist der häufigste Tumor des unteren Harntrakts das Rhabdomyosarkom (RMS). Ausgangspunkt ist entweder die Prostata (solide Form des embryonalen RMS) oder das Trigonum (meist als Sarcoma botryoides, eine Sonderform des embryonalen RMS).
Urethrozystoskopie Hämangiom
"" Beim Hämangiom kann es sich um solitäre Herde oder um eine multiple Ausbreitung über die gesamte Blase handeln. "" Charakteristisch sind stark gerötete, begrenzte, teils spontan blutende Areale.
Nephrogenes Adenom
"" Endoskopisch finden sich tumoröse rotbräunliche Areale, die meist auf Schleimhautniveau bleiben, aber polypös entwickelt sein können.
Rhabdomyosarkom
"" Das RMS der Blase imponiert endoskopisch durch seine großen weißlichen Zotten (Sarcoma botryoides). Handelt es sich um eine von der Prostata ausgehende, solide Form, so imponiert die Blasenwand derb infiltriert.
Diagnose und Behandlung Hämangiom
"" Die Endoskopie sichert die Diagnose. "" Wie an der Körperoberfläche ist auch in der Blase die Laserbehandlung die Therapie der ersten Wahl.
Nephrogenes Adenom
"" Die Diagnose wird endoskopisch und durch Biopsie bestätigt. "" Die Therapie besteht in der möglichst vollständigen transurethralen Resektion des gesamten Tumorgewebes. Ob eine damit kombinierte Langzeitdauerchemoprophylaxe sinnvoll ist, wird kontrovers diskutiert. Obwohl bislang nie eine maligne Entartung beschrieben wurde, wird im Kindesalter eine Rezidivrate von bis zu 80 % innerhalb von 5 Jahren beschrieben.
Rhabdomyosarkom
"" Die Endoskopie dient der Beurteilung der Ausdehnung des Tumors und zur bioptischen Bestätigung der Diagnose. Die modernen organerhaltenden Therapieregime erfordern oft Kontrollbiopsien in festgelegten Abständen.
8.6 Tumoren der Blase
Abb. 8.6 a–c a Hämangiom der Blase bei einem Kleinkind. b Nephrogenes Adenom am ureterovesikalen Übergang bei einem 5-jährigen Mädchen nach Ureterneueinpflanzung (Rezidivoperation).
c Makropräparat: Sarcoma botryoides der Harnblase.
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Diagnostische Ureterorenoskopie
9 Durchführung der Ureterorenoskopie
▶ 100
10 Pathologische Veränderungen
▶ 110
9 Durchführung der Ureterorenoskopie
9.1 Allgemeines
S. Wille
"" Die Ureterorenoskopie (URS) ist neben der Urethrozystoskopie (U-Zyst) und den transurethralen Resektionstechniken von Prostata und Blase (TUR-P und TUR-B) ein Standardverfahren, das jede Fachärztin bzw. jeder Facharzt sicher beherrschen sollte. Es ist zudem die einzige Methode, die eine Inspektion und Beurteilung von Ureter und oberem Harntrakt erlaubt. "" Die URS kann sowohl diagnostisch als auch therapeutisch eingesetzt werden. Das diagnostische Spektrum der URS ist umfangreich und umfasst die Inspektion des gesamten Ureters vom Ostium bis ins Nierenbecken bzw. in die Kelchgruppen. "" Voraussetzung für die komplikationsfreie URS ist die detaillierte Kenntnis der Anatomie, die korrekte Lagerung des Patienten und die sorgfältige Desinfektion des äußeren Genitale. Wichtig ist u. a. das Verständnis für die Fragilität des zarten Ureters, der im Verhältnis zur Urethra deutlich kleiner ist. "" Die URS ist kein Anfängereingriff, sondern erfordert eine hinreichende Erfahrung des Operateurs. Beim Einführen des langen Instruments in die Urethra können unachtsame Bewegungen Verletzungen in der Urethra und am Blasenhals hervorrufen. Sobald das Gerät in den Ureter vorgeschoben ist, können bereits kleinste Auslenkungen des Instruments gravierende Schäden am Ureter verursachen.
Indikationen und Kontraindikationen
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"" Indikationen sind eine Mikro- oder Makrohämaturie, wenn die diagnostische Abklärung des unteren Harntrakts nicht konkludent ist. In den meisten Fällen ist bereits ein bildgebendes Verfahren (Ausscheidungsurografie, CT oder MRT) bzw. eine U-Zyst mit einer retrograden Pyelografie durchgeführt worden. Hierbei ist auf entzündliche Veränderungen bzw. auf benigne und maligne Tumoren zu achten. "" Bei unklaren Harntransportstörungen kann die URS über extrinsische bzw. intrinsische Ureterengen Aufschluss geben. Im Falle rezidivierender Koliken ermöglicht die URS beispielsweise den Nachweis eines kleinen Konkrements. "" Durch die direkte Beurteilung von erkranktem Gewebe „vor Ort“ kann bei Vorliegen eines suspekten Befunds eine Gewebebiopsie mit der Fasszange vorgenommen werden. "" Die URS ermöglicht zudem die gezielte Asservierung von aufgespültem Urin zur zytologischen Analyse im Sinne einer Spülzytologie. Diese Asservierung ist meist repräsentativer als diejenige, die im Rahmen einer retrograden Pyelografie mittels Ureterenkatheter gewonnen wird, da die zu untersuchende Spülflüssigkeit zum einen direkt im Bereich des suspekten Befunds und zum anderen über ein größeres Lumen aufgenommen werden kann.
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"" Das größte Einsatzgebiet der URS liegt in der Steintherapie. Konkremente, die zu rezidivierenden Koliken führen, nicht spontan abgangsfähig sind und auch nach einer extrakorporalen Stoßwellenlithotripsie (ESWL) nur unzureichend desintegriert werden können, stellen Indikationen für die therapeutische URS dar. Dabei kann nach der gründlichen Inspektion des Ureters das Konkrement gesichtet und entweder direkt mit der Fasszange oder einem Dormiakörbchen extrahiert oder nach einer Lithotripsie desintegriert und anschließend extrahiert werden. Zur Lithotripsie stehen verschiedenste Techniken (z. B. Lithoklast, Stonebreaker, Laser) zur Verfügung. "" Kontraindikationen für eine URS sind Infekte der Harnblase, der Urethra oder der Prostata.
Vorgehen "" Die URS wird in der Regel in Narkose durchgeführt. Es muss atraumatisch unter streng sterilen Kautelen vorgegangen werden. "" Im anschließend verfassten Operationsbericht muss jeder pathologische oder suspekte Befund hinsichtlich Lokalisation, Größe und Morphologie exakt beschrieben werden. "" Der Operateur hat vor der URS die Einverständniserklärung des Patienten zu prüfen. Des Weiteren sollte die Lagerung entweder vom Operateur selbst vorgenommen oder zumindest kontrolliert werden. "" Es existieren keine starren Vorgaben, wie das Ureterorenoskop in den zu untersuchenden Ureter vorgeschoben werden soll. Es ist empfehlenswert, vor der URS die Urethra und die Harnblase auszuspiegeln. Aufgrund der Schmerzfreiheit des Patienten können hierbei zusätzliche Pathologien erfasst werden. Die Spiegelung sollte mit einem Urethrozystoskop vorgenommen werden, da das Ureterorenoskop dafür nicht sonderlich geeignet ist und auch in geübter Hand die Gefahr besteht, unnötige Schleimhautverletzungen zu verursachen. "" Optional kann ein dünner Harnblasenkatheter eingelegt werden, der insbesondere bei längeren Prozeduren die Drainage des Urins aus der Harnblase sicherstellt. Dieser sollte nicht dicker als 12–14 Charr sein, da neben dem Katheter auch das Ureterorenoskop in die Urethra eingeführt werden muss. "" Man kann das Ureterorenoskop entweder direkt in das Ostium oder sicherer mit zusätzlichem Ureterenkatheter (UK) oder Draht einführen (Abb. 9.1 a). Für diese unterstützende Maßnahme kann entweder das bereits für die U-Zyst benutzte Urethrozystoskop oder das Ureterorenoskop verwendet werden. Nachdem der UK bzw. der Draht über das Urethrozystoskop oder das Ureterorenoskop in das Ostium eingeführt wurde, wird bei beiden Varianten das Instrument vorsichtig aus Blase und Urethra herausgezogen.
9.1 Allgemeines "" Nun kann das Ureterorenoskop entweder unter Verwendung des UK oder des eingelegten Drahtes eingeführt werden. Insbesondere der Draht sollte mit einer Klemme an der Abdeckung fixiert werden, damit er nicht disloziert (Abb. 9.1 b). Das Ureterorenoskop kann entlang des einliegenden UKs behutsam durch die Urethra vorgeschoben werden. Besondere Vorsicht und
Abb. 9.1 a u. b a Entrieren des Ureterorenoskops über einen Führungsdraht.
Sorgfalt ist im Bereich des Bulbus und am Blasenhals geboten (geschlechtsspezifische Besonderheiten S. 106). Hat man den Blasenhals erreicht, kann das Ureterorenoskop im Trigonum entlang der Ureterenleiste bis in das Ostium vorgeschoben werden.
b Fixierung des Führungsdrahts an der Abdeckung.
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9 Durchführung der Ureterorenoskopie "" Die Entrierung des Ostiums kann dem ungeübten Endoskopiker Schwierigkeiten bereiten. Zum einen befindet sich im distalen Ureteranteil eine physiologische Engstelle, sodass das Lumen oft recht klein ist und erst vorsichtig dilatiert werden muss. Alternativ kann ein zartes Ostiummesser verwendet werden. Zum anderen knickt der Ureter unmittelbar nach 1–2 cm steil nach kranial ab. Dies verlangt das steile Absenken des Ureterorenoskops, wobei das Lumen des Ureters immer verfolgt werden muss (Abb. 9.1 c u. d). "" Alternativ kann auch der zuvor eingelegte Führungsdraht in das Ureterorenoskop eingefädelt werden, sodass das Instrument beim Vorschieben in direktem Kontakt mit dem Draht in das Ostium gelangt. Beide Techniken unterscheiden sich nur marginal. Bei Verwendung des Drahtes ist die Perforationsgefahr etwas geringer. Allerdings ist auch der Spülstrom aufgrund des im Instrument befindlichen Führungsdrahts etwas schwächer. Ein weiterer Nachteil besteht darin, dass je nach Typ des Ureterorenoskops der Draht zum Einführen eines Instruments (Fasszange, Laserfaser, Lithotripter) in den Arbeitskanal aus Platzgründen entfernt werden muss. "" Sobald der distale Anteil des Ureters überwunden ist, kann mit der sorgfältigen Inspektion begonnen werden. Es sollte auf kleinste Veränderungen geachtet werden, die selbstverständlich im anschließend durchzuführenden Operationsbericht detailliert aufgeführt werden müssen. Hierzu zählen Veränderungen an der Schleimhaut (tumorös oder entzündlich), signifikante Ureterengen, ausgeprägte Windungen (sogenannte Kinkings) des Ureters und Ureterkonkremente, die evaluiert und hinsichtlich Größe, Form und Beschaffenheit exakt beschrieben werden müssen. "" Bei unklaren Befunden, beispielsweise einem Kinking oder einer extrinsischen Ureterenge, sollte zusätzlich eine Pyelografie mit Kontrastmittelgabe über das Ureterorenoskop vorgenommen werden.
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"" Es sollten möglichst der gesamte Ureter und das Nierenbecken ausgespiegelt werden, sofern die Unversehrtheit des Ureters gewährleistet bleiben kann.
Komplikationen "" Komplikationen sind bei einer URS in geübter Hand selten. Aufgrund des langen und dünnen Instruments können aus einer Unachtsamkeit heraus Schleimhautlazerationen in der Urethra und an der Prostata entstehen, insbesondere bei ausgeprägtem Mittellappen. "" Die nächste Gefahr besteht bei Entrierung des Ostiums, das bei unvorsichtigem Vorschieben bzw. Absenken einreißen oder perforieren kann. "" Die Gefahr der Ureterperforation besteht während der gesamten Ausspiegelung des Ureters und ist beim Überwinden von Ureterengen und der Lithotripsie von Ureterkonkrementen besonders groß. "" Auch die Extraktion von Konkrementen oder Desintegraten mittels Fasszange oder Dormiakörbchen birgt die Gefahr einer ausgedehnten Lazeration des Ureters. Eine schwerwiegende Komplikation stellt der komplette Ureterabriss dar, der in der Regel offen chirurgisch rekonstruiert werden muss. "" Weitaus weniger dramatisch sind Blutungen, die im Rahmen einer Biopsieentnahme oder nach Lithotripsie infolge Schleimhautverletzung auftreten können. Oft sistieren diese Blutungen spontan. Nur selten zwingen sie zum Abbruch des Eingriffs. In diesem Fall sollte eine Ureterschiene eingelegt werden. "" Es existieren unterschiedliche Vorstellungen darüber, ob nach einer URS grundsätzlich eine Ureterschiene eingelegt werden sollte. Auch die Datenlage in der Literatur ist nicht eindeutig, sodass diese Entscheidung vom Operateur individuell in Abhängigkeit vom Ausmaß des Traumas am Ureter getroffen werden sollte.
9.1 Allgemeines
Abb. 9.1 c u. d c Entrieren des Ureterorenoskops. Das Instrument wird beim Entrieren noch recht steil gehalten. d Absenken des Ureterorenoskops unmittelbar nachdem das Instrument in das Ostium vorgeschoben wurde.
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9 Durchführung der Ureterorenoskopie
9.2 Instrumentarium
S. Wille
"" Für die URS können starre und flexible Instrumente in verschiedenen Größen verwendet werden. In der Regel kommen starre Instrumente für die Lithotripsie im Ureter zum Einsatz. Ein Vorteil der starren Ureterorenoskope besteht in der besseren optischen Qualität, da aufgrund der größeren Schaftdicke ein stärkerer Spülstrom erzeugt werden kann. "" Die Vorzüge der flexiblen Instrumente liegen in dem deutlich geringeren Risiko, Verletzungen an Urethra, Prostata und Ureter zu verursachen. Der Hauptvorteil gegenüber dem starren Instrumentarium ist die Möglichkeit, auch Konkremente in den Kelchgruppen ̶ auch der unteren ̶ lithotriptieren zu können.
Rigide Ureterorenoskope
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"" Im Gegensatz zu den Urethrozystoskopen weisen Ureterorenoskope keinen zentral offenen Metallschaft auf, in den ein Obturator eingeführt werden kann. Ureterorenoskope sind mit einer Geradeaus-Optik (0̶12 °) ausgestattet (Abb. 9.2 a). "" Je nach Bauart verfügen die Geräte über ein oder zwei Arbeitskanäle (Abb. 9.2 c), über die ein Hilfsinstrument eingeführt werden kann (Lithotripter – Abb. 9.2 d, Laserfaser, Dormiakörbchen – Abb. 9.2 e–h). "" Dabei muss für die Planung der Operation berücksichtigt werden, welche Hilfsinstrumente gemeinsam mit dem jeweiligen Ureterorenoskop verwendet werden können. Bei einigen Herstellern ist beispielsweise die gleichzeitige Benutzung eines Dormiakörbchens und einer Lithotriptersonde möglich, während ein Dormiakörbchen und eine Fasszange aus Platzgründen nicht gleichzeitig verwendet werden können. "" Am Ureterorenoskop befinden sich zwei Hähne als Zuund Ablauf für die Spülflüssigkeit, die über einen Spülbeutel zugeführt wird. Der zuführende Hahn kann auch ein Dreiwegehahn sein, sodass eine weitere Zugangsmöglichkeit besteht. Dies kann von Bedeutung sein,
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wenn ein Kontrastmittel appliziert werden soll. "" Im Einzelfall kann es vorkommen, dass die Sicht aufgrund einer Blutung eingeschränkt und der Spülstrom zu gering ist, insbesondere bei einliegendem Hilfsinstrument. Hier ist es vorteilhaft, mit einer Spritze Kochsalzlösung über einen separaten Zugang zu applizieren, um die Sicht zu verbessern. "" Es besteht die Möglichkeit, eine Kamera auf die Optik aufzusetzen, um das Bild auf einem Monitor verfolgen zu können. Dies ermöglicht ein entspanntes Arbeiten im Sitzen oder Stehen. Die Videoassistenz erlaubt bei Ausbildungsoperationen die direkte Kontrolle und das sofortige Eingreifen durch den Ausbilder. Bei entsprechender technischer Ausrüstung können interessante Befunde digital abgespeichert und für spätere demonstrative oder wissenschaftliche Zwecke genutzt werden.
Flexible Ureterorenoskope "" Die Spitze des flexiblen Ureterorenoskops (Abb. 9.2 b) kann mit einer Stellschraube in einer Ebene abgewinkelt werden. Durch zusätzliches Drehen des gesamten Instruments wird ein Ausspiegeln aller relevanten Abschnitte des Ureters, insbesondere des oberen Hohlsystems einschließlich der Kelchgruppen ermöglicht. "" Das Einführen des elastischen und leicht gebogenen Instruments in die Urethra bzw. den Ureter verlangt einige Übung. Es muss streng darauf geachtet werden, dass beim Vorschieben das zentrale Lumen verfolgt wird, damit sich die Spitze des Ureterorenoskops nicht verfängt. "" Der Bildausschnitt ist im Vergleich zu den starren Endoskopen deutlich verkleinert, was dem Operateur zu Beginn der Lernkurve besonderes Geschick und eine gewisse Umstellung abverlangt. "" Die Verwendung flexibler Instrumente kann ebenfalls videoassistiert erfolgen.
9.2 Instrumentarium
Abb. 9.2 a–h a Starres Ureterorenoskop. b Flexibles Ureterorenoskop. c Starres Ureterorenoskop mit 2 Arbeitskanälen und einem Zubzw. Ablauf. d Lithotripter.
e f g h
Griff zum Öffnen des Dormiakörbchens. Dormiakörbchen in geschlossenem Zustand. Dormiakörbchen geöffnet. Dormiakörbchen mit Stein.
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9 Durchführung der Ureterorenoskopie
9.3 V orbereitung des Patienten und geschlechtsspezifische Besonderheiten Prädiagnostik und Prophylaxe
Ureterorenoskopie beim Mann
"" Aufgrund der Manipulation am unteren und oberen Harntrakt und dem zusätzlichem Einlegen einer endoluminalen Schiene am Ende der Operation sollte bei einer URS prinzipiell eine perioperative Antibiotikagabe erwogen werden. Die diesbezüglichen Empfehlungen aus den Leitlinien der European Association of Urology (EAU) 2008 sind in Tab. 9.3.1 zusammengefasst. "" Vor der Narkoseeinleitung des Patienten sollte eine aussagekräftige Röntgendiagnostik der steintragenden Seite vorgenommen werden, damit bei spontanem Steinabgang Narkose und Eingriff nicht ohne Indikation durchgeführt werden. "" Wichtig ist, dass alle relevanten radiologischen Bilder (retrograde Pyelografie, Ausscheidungsurogramm, Übersichtsaufnahme, CT) in korrekter zeitlicher und inhaltlicher Reihenfolge vorhanden und für den Operateur während des Eingriffs sichtbar sind.
"" Nach Desinfektion der Glans penis und Instillation eines Gleitmittels ̶ das wegen der Narkose kein Anästhetikum enthält ̶ wird zunächst die U-Zyst mit Einlage eines Führungsdrahts oder Ureterenkatheters durchgeführt (S. 100). Eine eventuelle Meatusstenose sollte nicht gewaltsam überwunden werden, sondern mittels Urethrotomia interna nach Otis inzidiert werden (S. 36). Das Otis-Urethrotom wird wenige Zentimeter in die Urethra eingeführt und auf etwa 26–28 Charr aufgespannt. Das zuvor eingefädelte Messer wird dann in dem Schlitz des Otis-Urethrotoms herausgezogen, wodurch bei etwa 12 Uhr eine saubere Inzision entsteht. Anschließend sollte das Urethrozystoskop ohne Widerstand in die proximale Urethra fallen. "" Wenn die Urethraenge weiter distal liegt, ist die Urethrotomia interna nach Sachse unter Sicht angezeigt, damit nicht wichtige Strukturen, beispielsweise der M. sphincter urethrae externus, verletzt werden (S. 36). Das Sachse-Urethrotom wird in die Urethra bis zur Urethraenge vorgeschoben. Unter Sicht kann manuell ein zartes Messer ausgefahren werden. Die Inzision wird bei 12 Uhr, eventuell zusätzlich bei 5 und 7 Uhr vorgenommen. Auf die Unversehrtheit des Schließmuskels ist unbedingt zu achten. Bei ausgeprägten Urethrastrikturen sollte eine Schienung in die Harnblase, beispielsweise mit einem Ureterenkatheter sichergestellt sein, um für den Fall schlechter Sichtverhältnisse einen sicheren Zugang zur Harnblase zu gewährleisten. "" In Analogie zur U-Zyst müssen beim Einführen des Ureterorenoskops die nach vorn konvexe Curvatura praepubica und die nach vorn konkave Curvatura infrapubica berücksichtig werden. "" Wenn die U-Zyst und die Einlage eines Führungsdrahts bzw. Ureterenkatheters abgeschlossen sind, wird das Ureterorenoskop eingeführt. Beim Mann kann die Entrierung mit einem starren Ureterorenoskop bei deutlicher Prostatavergrößerung erschwert sein, insbesondere bei prominentem Mittellappen. Der prominente Mittellappen wirkt dann wie ein Hypomochlion und erfordert ein Absenken des Endoskops, während für die Entrierung eine zum Blasenboden flache Positionierung erforderlich ist. In diesem Fall muss entweder auf ein flexibles Instrument gewechselt oder der störende Mittellappen transurethral reseziert werden (TUR-P).
Lagerung
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"" Bei der Lagerung des Patienten ist darauf zu achten, dass das Gesäß mit der Kante des Untersuchungstisches abschließt, damit die Instrumente frei beweglich sind, steil abgesenkt werden können und nicht an der Abflussvorrichtung oder am Oberschenkel des Patienten anstoßen. "" Es ist ferner darauf zu achten, dass die Unterschenkel möglichst weich gelagert sind und durch die Lagerung keine Druckstellen hervorgerufen werden. "" Um Hautreizungen zu vermeiden, darf der Patient nach dem Abwaschen nicht im Feuchten liegen. "" Auf die Optik wird über einen speziellen Adapter ein flexibles Lichtkabel aufgeschraubt. Für die ungehinderte Handhabung des Ureterorenoskops ist es wichtig, dass das Kabel lang genug ist und frei schwingen kann (Abb. 9.3 a).
Desinfektion Lizensiert f?r Universit?t Greifswald
S. Wille
"" Die Desinfektion vor einer URS erfolgt analog zu der vor einer U-Zyst (S. 10). Das äußere Genitale, insbesondere der Meatus (Ostium urethrae externum), sollte sorgfältig gereinigt werden, um eine Keimverschleppung in den Harntrakt zu vermeiden. Hierbei eignet sich ein farbloses Desinfektionsmittel (z. B. Octenisept). "" Beim Mann hat die Desinfektion bei retrahiertem Präputium zu erfolgen, damit keine Verunreinigung des Instrumentariums erfolgt.
Anästhesie "" In der Regel erhalten die Patienten für die URS eine Intubationsnarkose. Eine Spinalanästhesie ist meistens ungeeignet, da durch die Dauerspülung eine schmerzhafte Stauung im oberen Harntrakt entsteht, auch wenn das Konkrement distal lokalisiert ist.
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Ureterorenoskopie bei der Frau "" Die URS bei der Frau gestaltet sich grundsätzlich viel einfacher, da alle o. g. Hindernisse (Meatusenge, Urethraenge, Bulbus penis, prominenter Mittellappen) wegfallen. "" Aufgrund der anatomischen Nähe von weiblicher Urethra und Vagina sollte bei allen Manipulationen, insbesondere beim Instrumentenwechsel, darauf geachtet werden, dass die Endoskope nicht unnötig mit Keimen aus der Vagina verunreinigt werden.
9.3 Vorbereitung des Patienten und geschlechtsspezifische Besonderheiten Tab. 9.3.1 Empfohlene Antibiotikaprophylaxe bei der Ureterorenoskopie nach den Leitlinien der European Association of Urology. Eingriff
Indikation zur Prophylaxe
Antibiotikum
diagnostische URS
• bei Risikopatienten
• Zephalosporin (2. Generation) • Trimethoprim ± Sulphametaxozol
URS + Lithotripsie bei distalen Konkrementen
• bei endoluminaler Schiene oder Nephrostomie • bei Risikopatienten
• Zephalosporin (2. oder 3. Generation) • Trimethoprim ± Sulphametaxozol • Aminopenizillin • Fluorchinolone
URS +Lithotripsie bei proximalen oder impaktierten Konkrementen
• bei allen Patienten als intravenöse Kurzinfusion
• Zephalosporin (2. oder 3. Generation) • Trimethoprim ± Sulphametaxozol • Aminopenizillin • Fluorchinolone
Abb. 9.3 a a Frei schwingendes Lichtkabel bei der URS zum ungehinderten Manövrieren des Instruments.
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9 Durchführung der Ureterorenoskopie
9.4 Besonderheiten im Kindesalter Allgemeines "" Genauso wie die Durchführung der U-Zyst erfordert auch die URS im Kindesalter besondere Umsicht, Geduld, manuelles Geschick und eine gute apparative Ausstattung. Die Miniaturisierung der Ureterorenoskope mit der permanenten Fortentwicklung der optischen Qualität hat dazu geführt, dass nach dem ersten Lebenshalbjahr ein sicherer transureteraler Zugang zum kindlichen Ureter möglich ist. Nichtsdestotrotz bleibt der endourologische Zugang zum kindlichen Ureter besonderen Ausnahmesituationen vorbehalten. "" Die wichtigsten limitierenden Kriterien für die primäre URS sind die Zartheit und kleine Anatomie kindlicher Ureteren sowie die häufig assoziierten anatomischen Anomalien, wie Doppelungen, Ureter fissus, Ureterozelen oder Ureterabgangsstenosen. "" Semirigide, konisch zulaufende Ureterorenoskope ab Charr 4,5–6,5 können meist ohne Dilatation auch bei kleineren Kindern eingebracht werden. Bei Mädchen ist nicht selten die Passage in den distalen Ureter mit einem Zystoskop Charr 9,5 möglich. Nichtsdestotrotz findet man in der Literatur Dilatationsraten zwischen 10 und 20 %, wobei Dilatationskatheter ab Charr 6 für kindliche Ureteren sicherlich geeignet sind. Eine weitere Alternative, die jedoch eine zweite Narkose notwendig macht, besteht darin, vor der URS eine Ureterschiene einzulegen. Sind aufwändige Manipulationen zu erwarten, die mehrfache Intubationen des Ureters erfordern, kann das Einbringen eines Access Sheaths nötig sein, um das Ostium möglichst zu schonen. Da Access Sheaths erst ab Charr 9 zur Verfügung stehen, ist die vorgeschaltete Schienung des Ureters in diesen speziellen Fällen oft nicht zu umgehen.
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Indikationen und Kontraindikationen "" Grundsätzlich sind die Indikationen zur URS im Kindesalter deutlich restringiert und beschränken sich nahezu ausschließlich auf das Steinmanagement. Manipulationen bei dislozierten Ureterstents, die Notwendigkeit einer Biopsie eines Ureterpolypen oder eines entzündlich-tumorösen Prozesses, oder die Dilatation einer vesikoureteralen Enge bei obstruktivem Megaureter bleiben sicherlich auch in einem großen kinderurologischen Zentrum die Ausnahme. "" In der Literatur wird in zunehmendem Maß über Erfahrungen in der endoskopischen Steintherapie im Kindesalter berichtet. Es handelt sich dabei allerdings vorwiegend um Patienten im Schulkindalter und es wurden hauptsächlich distale Uretersteine mittlerer Größe versorgt. Hauptargumente für die URS sind bei
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A.-K. Ebert, W. H. Rösch
dieser Patientengruppe die sonst höhere Strahlenbelastung bzw. eventuell notwendige Mehrfachbehandlungen durch ESWL in Narkose, während in erfahrenen Händen meist nur ein einziger ureteroskopischer Eingriff erforderlich ist. "" Zusammenfassend sind die Ergebnisse ureteroskopischer Steintherapie stark von der Indikation und der Erfahrung des einzelnen Zentrums abhängig. Im Kindesalter sollten ureteroskopische Steinmanipulationen in Anbetracht der hohen spontanen Steinabgangsrate nicht unkritisch vorgenommen werden. Optimale Steinfreiheitsraten von ca. 90 % nach einem einzelnen Eingriff basieren auf einer guten Patientenselektion und der Erfahrung des Operateurs.
Instrumentarium "" Ureterorenoskope sind bereits ab Charr 4,5 verfügbar. Diese erlauben jedoch lediglich einen diagnostischen Blick, ohne die für eine intraureterale Manipulation nötige Übersicht. In den Arbeitskanal eingebrachte Instrumente führen bei dieser Gerätegröße auch heute noch zu einer nahezu vollständigen Unterbrechung des Spülstroms und damit zu einer sehr eingeschränkten Übersicht. Um eine URS im Kindesalter tatsächlich über das gesamte Alters- und Gewichtsspektrum realisieren zu können, müssten unterschiedliche Endoskope zur Verfügung stehen. Unter dem allgemeinen Kostendruck ist dies oft noch weniger möglich als bei Urethrozystoskopen. Für die weitaus meisten Fälle ist jedoch ein semirigides 6,5-Charr-Ureterorenoskop ausreichend. "" Flexible Ureterorenoskope sind ab Charr 7,5 verfügbar und liefern zwar mit der neuen Fiberoptiktechnik eine exzellente Bildqualität, zeichnen sich dafür aber durch eine sehr empfindliche Optik aus. Nachteil dieser Instrumente sind die extrem hohen Reparaturkosten. Zudem führen selbst kleine Ausschläge des flexiblen Instruments im kindlichen Ureter, insbesondere im pyeloureteralen Übergang wegen des Größenverhältnisses zwischen kindlichem Pyelon und Instrument, unweigerlich zu einer Dislokation, z. B. aus dem unteren oder mittleren Kelch in den proximalen Ureter. "" Üblicherweise haben Ureterorenoskope Arbeitskanäle mit 2̶3,5 Charr, die auch für Fasszangen, Nitinolund Dormiakörbchen durchgängig sind. Neben dem Arbeitsinstrument kann zusätzlich eine sehr dünne Laserfaser (200 µm) eingebracht werden. Semirigide Ureterorenoskope können grundsätzlich auch für die minimalinvasive perkutane Nephrolitholapaxie (MiniPCNL) genutzt werden, wobei sich kürzere Geräte (15 cm) besser eignen.
9.4 Besonderheiten im Kindesalter
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Abb. 9.4 a–c a Starres Kinder Ureterorenoskop 4,5̶6,5 Charr, konisch; Spül- und Sondenkanal 3 Charr (Foto: Richard Wolf GmbH, Knittlingen). b Darstellung eines starren Kinder-Ureterorenoskops, 7,3–8 Charr, konisch; Arbeitskanal 3,6 Charr (Foto: Karl Storz GmbH und Co. KG, Tuttlingen). c Flexibles Kinder-Ureterorenoskop (Foto: Olympus Deutschland GmbH, Hamburg).
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10 Pathologische Veränderungen
10.1 Primäre Entzündungen Primäre Ureteritis
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Epidemiologie, Pathophysiologie und Klinik
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"" Die meisten primären Ureteritiden sind infektiöser Natur. Sie werden durch die gleichen anaeroben Organismen verursacht, die auch für Infektionen des übrigen Harntrakts verantwortlich sind. Dazu zählen Escherichia coli, Streptokokken, Staphylokokken, Enterokokken und Proteus-Spezies. "" In der Literatur sind außerdem seltene Erreger wie Serratia-, Prevotella- und Porphyromonas-Spezies beschrieben. "" Wenn eine primäre Ureteritis diagnostiziert wird, ist häufig eine aszendierende Infektion in Form einer Zystitis oder eine deszendierende Infektion in Form einer Pyelonephritis anzunehmen. Allerdings gibt es auch transmurale Formen, die aufgrund entzündlicher Erkrankungen der benachbarten Organstrukturen auftreten können, z. B. bei einer Appendizitis, Salpingitis oder Kolitis. "" Eine Entzündung des Ureters kann sich auch durch lymphatische Fortleitung entwickeln, hier primär durch bestehende Entzündungen von Prostata oder Samenblase. "" Spezielle Formen primärer Ureteritiden kommen nur in Einzelfällen vor. Zu nennen sind die Ureteritis cystica, die eosinophile Ureteritis, die Ureteritis im Rahmen des Schoenlein-Henoch-Syndroms, endometrioseinduzierte Ureteritiden, radiogen und medikamentös induzierte Ureteritiden sowie die tuberkuloseassoziierte Ureteritis. "" Daneben prädisponiert jede anatomische, funktionelle oder strukturelle Abweichung der Norm des Ureters für primäre Entzündungen. Hier sind primär der vesikoureterale Reflux (VUR), der Megaloureter, die Ureterozele sowie jede Form von ureteraler Abflussbehinderung zu nennen. "" Das klinische Beschwerdebild umfasst primär die Makrohämaturie und dysurische Beschwerden, die allerdings bei der reinen primären Ureteritis nur bedingt ausgeprägt sind. Bei signifikanten Verläufen kann es durch infektiöse Beteiligung des Retroperitoneums zu lumbalgiformen oder ischialgiformen Beschwerden kommen. "" Ureteritiden verursachen häufig Stenosierungen des Ureters und sind somit oft die Ursache für Abflussbehinderungen aus der Niere. Im klinischen Verlauf kann es schrittweise zu einem Verlust der Nierenfunktion mit Symptomen der dekompensierten Niereninsuffizienz kommen. "" Bei akuter Entzündung und akuter Stenosierung kommt es häufig zu kolikartigen Beschwerden, die durch die Dehnung der betroffenen Abschnitte des Harntrakts bedingt sind.
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O. Gralla
Ureterorenoskopie "" Bei der Ureterorenoskopie (URS) fällt eine entzündliche Hyperämie der betroffenen Ureterabschnitte auf. Die Ureterschleimhaut in diesen Arealen kann polypös oder zottig aufgeworfen sein, sodass der Befund mit einem Tumor verwechselt werden kann. "" Des Weiteren sind bei der URS häufig ringförmige bzw. langstreckige Stenosen oder auch Granulome zu sehen, die oft eine weißlich-narbige Struktur ohne hyperämische Zeichen aufweisen. "" Je nach Ursache einer primären Ureteritis können bei der URS weitere spezifische Merkmale ins Auge fallen: –– Bei der Ureteritis cystica treten typischerweise kleine bis kleinste Zysten in der Ureterschleimhaut auf. –– Die Ureteritis im Rahmen eines Schoenlein-HenochSyndroms zeigt häufig kalzifizierende und hochgradige Strikturen. –– Das Leitsymptom bei endometrioseassoziierter Ureteritis sind Endometrioseherde, die allerdings nicht nur Mukosa und Submukosa befallen, sondern auch in die tiefer liegenden Schichten der Muskularis reichen können.
Diagnose und Behandlung "" Eine typische Manifestation der reinen Ureteritis ist die urologische Sekundäraffektion bei einer Tuberkulose. "" Ein typisches radiologisches Zeichen ist der sogenannte „Gänsegurgelureter“, der bei Kontrastmittelgabe durch multiple kurzstreckige Stenosen im gesamten ureteralen Verlauf zur Darstellung kommen kann und unter Umständen richtungweisend für die Diagnosestellung ist. "" Primäre Ureteritiden sind äußerst seltene Diagnosen und werden im Allgemeinen erst durch die histologischen Befunde gesichert. Allerdings können für den geübten Untersucher bestimmte Anzeichen bereits einen Hinweis auf den endgültigen Befund liefern, wie z. B. der bei der Urogenitaltuberkulose typische Gänsegurgelureter oder der für eine endometrioseassoziierte Ureteritis typische Befund der Menurie. "" Der erste therapeutische Schritt besteht im Auffinden und der Behandlung der zugrunde liegenden Affektion. Je nach Verlauf und Schweregrad der Erkrankung kommt es meist zu akuten oder chronischen Stenosierungen des betroffenen Ureters, die bei Diagnosestellung oft einer Behandlung bedürfen. Dementsprechend steht die Ableitung der betroffenen Niere im Vordergrund. "" Wenn die Stenose nach erfolgreicher Therapie der zugrunde liegenden Erkrankung weiterhin besteht, ist je nach Ausprägung, Strecke und Lokalisation eine operative Therapie induziert. Diese kann bei kurzstreckigen und günstig lokalisierten Verengungen durch eine einfache Ureterschlitzung oder eine partielle Ureterektomie mit End-zu-End-Anastomose erfolgen.
10.1 Primäre Entzündungen "" Bei langstreckigen Verengungen können allerdings größere Eingriffe, wie eine komplette Ureterektomie mit Ileuminterposition, Autotransplantationen oder eine endständige Pyelokutaneostomie, notwendig werden. "" Mittlerweile hat die Industrie für den Fall langstreckiger Harnleiterstenosen auch eine künstliche Ablei-
tungsform entwickelt. Bei der subkutanen renovesikalen Prothese Detour (Coloplast GmbH, Hamburg) wird eine Ableitung vom Nierenbecken bis zur Blase in einem subkutanen Tunnel im Bereich der Flanke implantiert. Diese Ableitungsform dient primär palliativen Indikationen.
Abb. 10.1 a u. b a Primäre Ureteritis bei einem Patienten mit Ileumconduit. Verdachtsdiagnose war zunächst ein Urothelkarzinom, das in der Histologie nicht bestätigt werden konnte.
b Ausscheidungsurogramm (AUG) bei ausgeprägter Urogenitaltuberkulose: Schwerste destruierende tuberkulöse Veränderungen beider Nieren mit „Gänsegurgelureter“ rechts (AUG: Prof. Dr. med. S. Lenk, Charité CCM, Berlin).
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10 Pathologische Veränderungen
10.2 Sekundäraffekte durch endoluminale Katheter Epidemiologie, Pathophysiologie und Klinik "" Die Einlage ureteraler Ableitungen in Form sogenannter Doppel-J-Schienen (seltener Mono-J-Schienen) gehört zu den häufigsten endourologischen Eingriffen. "" Ureterale Ableitungen dienen dazu, den oberen Harntrakt zu drainieren, um Obstruktionen durch Steine, Vernarbungen oder Tumoren zu entlasten. Des Weiteren werden Doppel-J-Schienen auch bei Traumen oder Infektionen der ableitenden Harnwege eingesetzt. "" Bereits bei der Einlage von endoluminalen Kathetern kann es zu Komplikationen kommen. Hierbei sind vor allem Ureter- und Nierenbeckenperforationen zu nennen, woraus Fehlplatzierungen der Ureterschienen im retroperitonealen Raum außerhalb des Ureters resultieren. "" Es kann zu Ureterabrissen und Perforationen von großlumigen Gefäßen mit Ausbildung von ureterovaskulären Fisteln kommen. "" Gefürchtete Frühkomplikation ist die parenchymatöse Einschwemmung von Bakterien, die zu einem septischen Krankheitsbild mit fatalen Folgen führen kann. "" Nach Einlage tritt häufig eine mehr oder weniger ausgeprägte Morbidität beim betroffenen Patienten auf. So kommt es bei liegender Ableitung bei Blasenfüllung zu einem Reflux des Urins in das Nierenbecken, so dass es bei jeder Blasenfüllung zu kolikartigen Beschwerden kommen kann. Des Weiteren beschreiben Patienten häufig ein störendes Fremdkörpergefühl im Verlauf der Ureterschiene. "" Bei längerer Liegedauer können die Ureterschienen regelmäßig eine Hämaturie, Schmerzen und dysurische Beschwerden verursachen. "" Langfristig können Infektionen und Inkrustrierungen auftreten, die sich zu Komplikationen mit klinischer Relevanz bis hin zur Urosepsis entwickeln können.
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Ureterorenoskopie
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"" Im Rahmen einer endoluminalen Ableitung können sich verschiedene sekundäre Affektionen an der Ureterschleimhaut ergeben, die bei einer URS diagnostiziert werden können. Da eine solche Ableitung in ihrer Form als Fremdkörper grundsätzlich eine mehr oder weniger ausgeprägte Irritation des Urothels nach sich zieht, kann man bei einer URS nach erfolgter Ableitung sekundäre Entzündungszeichen wie z. B. vermehrte Gefäßinjektionen, ödematöse Schwellungen des Urothels („cobble stone“) oder Schleimhauteinrisse nachweisen.
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O. Gralla
"" Zusätzlich kann es bei dauerhafter Ableitung durch endoluminale Katheter zu einer Produktion von kristallinem oder entzündlichem Material kommen. Dieses Material kann bei einer URS als entzündlicher Zelldetritus oder als kleinkalibrige Konkremente ins Auge fallen. "" Wichtig ist, vor allem bei einer URS nach einer erfolgten endoluminalen Ableitung, die Anamnese des betroffenen Patienten zu kennen. Bei entzündlichen Affektionen besteht gerade beim Anfänger die Gefahr einer Verwechslung mit primären Entzündungen oder gar tumorösen Erkrankungen, was zu unnötigen Belastungen für den Patienten und ggf. nachfolgenden Komplikationen führen kann.
Diagnose und Behandlung "" Die meisten endoluminalen Ableitungen liegen als Doppel-J-Schienen in der Blase, dem Ureter und dem Nierenbeckenkelchsystem. Dementsprechend können Sekundäraffekte ebenfalls bei einer Zystoskopie entdeckt werden. "" Typischerweise finden sich bei längerer Liegedauer von Ureterschienen zottige Schleimhautaufwerfungen um das betroffene Ureterostium, die vom Ungeübten als Tumor missinterpretiert werden können. "" Des Weiteren lassen sich nach längerer Ableitung über DJ-Schienen regelmäßig kopfsteinpflasterartige Veränderungen des Urothels im Nierenbecken darstellen. "" Nach Anlage eines Dauerkatheters zeigen sich typischerweise an der Hinterwand der Blase rundlich eingeblutete Areale, wobei teilweise auch die Blasenschleimhaut verletzt und ödematös aufgeworfen ist. Diese Veränderungen treten durch ein brüskes Vorgehen bei der Kathetereinlage auf, wobei die Katheterspitze in die Blasenschleimhaut vorgeschoben wird. Derartige Alterationen können leicht mit tumorösen Veränderungen im Sinne eines Carcinoma in situ verwechselt werden. "" Eine Behandlung sekundärer urothelialer Affektionen ist im Allgemeinen nicht notwendig. Sie heilen meist von selbst ab, sobald der Fremdkörperreiz, also die Schiene selbst, entfernt wird. Sollte es zu Ablagerungen von kristallinem Material kommen, die nicht selbstständig abgehen, kann ggf. eine URS mit Steinenentfernung notwendig werden.
10.2 Sekundäraffekte durch endoluminale Katheter
b Typische Schleimhautaufwerfungen um das Ureterostium nach länger andauernder endoluminalen Ableitung durch Doppel-J-Schiene (DJ). c Ostiumalteration nach DJ-Einlage.
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Abb. 10.2 a–c a Iatrogene Verletzung des rechten Ureters mit konsekutiv retroperitonealem Verlauf der Ureterschiene. Zu beachten sind der kontrastierte Ureter und die peripelvine Kontrastmittelleckage.
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10 Pathologische Veränderungen
10.3 Nieren- und Uretersteine Nierensteine__________________________
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Epidemiologie, Pathophysiologie und Klinik
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"" Die Prävalenz der Urolithiasis beträgt derzeit in Deutschland 4,7 %, die Inzidenz liegt bei 1,5 %. Das Verhältnis von Männern zu Frauen unter den Betroffenen beträgt ca. 2:1. "" Harnsteine treten gehäuft im 4.̶6. Lebensjahrzehnt auf. Bei Kindern sind in der Regel metabolische Störungen als Ursache einer Urolithiasis nachweisbar. "" Häufig ist das Auftreten von Harnsteinen idiopathisch. Die Harnsteinbildung kann aber auch durch fehlerhafte Ernährung, Flüssigkeits- und Bewegungsmangel, Stoffwechseldefekte (Hyperparathyreoidismus, renale tubuläre Azidose), entzündliche Darmerkrankungen (Morbus Crohn), Dünndarmresektionen, anatomische Veränderungen (Nierenbeckenabgangsenge, Nierenkelchdivertikel usw.) oder Medikamente induziert oder erblich bedingt sein (Zystinurie). "" Während man früher die physikochemischen Eigenschaften des Urins als Ursache für die Bildung von Harnsteinen ansah, nimmt man heutzutage an, dass eine primäre Tubuluszellschädigung den Ausgangspunkt der Harnsteinbildung darstellt. "" Die häufigsten Harnsteine (ca. 80̶90 %) bestehen aus Kalziumoxalat (Whewellit, Weddelit). "" Ca. 8̶10 % aller Harnsteine bestehen aus Harnsäure. Bezüglich der Häufigkeit dieser Steine bestehen größere regionale Unterschiede. "" Daneben gibt es Infektsteine aus Magnesiumammoniumphosphat (Struvit, 5–7 %) und Ammoniumhydrogenurat (0,3–1 %), Kalziumphosphatsteine (Karbonatapatit 4–6 %, Brushit 0,5–1 %) und Zystinsteine (0,5–1 %). "" Der Urinstatus zeigt meist eine Mikrohämaturie, selten eine Makrohämaturie oder Leukozyturie. "" Nierenkelch- oder Nierenbeckensteine sind meist asymptomatisch. Sie können jedoch ̶ zum Teil begleitet von Infektzeichen ̶ durch Druckgefühl oder Schmerzen im Bereich der Flanke auffallen. "" Von Harnsteinen sind die nicht therapiebedürftigen Randall-Plaques zu unterscheiden. Dies sind an der Nierenpapille anhaftende oder intrapapilläre, subepitheliale Plaques bestehend aus Kalziumphospat und Kalziumoxalat.
Ureterorenoskopie "" Nierenkelchsteine oder Nierenbeckensteine sieht man im Nierenhohlsystem als Fremdkörper imponieren. "" Form, Farbe, Beschaffenheit und Lage können unterschiedlich sein. "" Teils sind die Konkremente durch den Spülstrom beweglich. Manchmal haften sie an der Nierenkelch- oder Nierenbeckenwand an.
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P. Liske, S. Lahme
"" Besonders nach vorangegangener Stoßwellentherapie können begleitende Blutkoagel auftreten. "" Das Urothel kann im Bereich des Steins gerötet oder ödematös verändert erscheinen. "" Seltener findet man Nierenkelchdivertikelsteine. Manchmal ist ein sehr dünner Kelchhals zu erkennen (oft nur als Kontrastmittelübertritt in der retrograden Pyelografie); ist dieser zugänglich, sieht man das dahinter liegende Divertikel mit Konkrement. "" Im Bereich der Nierenpapillen findet man häufig subepitheliale Randall-Plaques. Sie sind zumeist leicht bräunlich, entsprechen keinem Stein und haben keinen Anschluss an das Hohlsystem.
Diagnose und Behandlung "" Die Diagnose Nieren- oder Ureterstein lässt sich anhand der Anamnese, der typischen klinischen Symptome, des Urinbefunds, sonografisch, radiologisch und endoskopisch stellen. "" Der direkte Steinnachweis gelingt mittels Ultraschall im Bereich der Niere, des pyeloureteralen Übergangs sowie des proximalen und distalen Ureters. Bei prävesikalen Konkrementen erfolgt er entweder durch eine transrektale oder transvaginale Sonografie. "" Im Ultraschall kann bei einem obstruktiven Ureterstein eine Harnstauungsniere nachgewiesen werden. "" Die Nierenübersichtsaufnahme zeigt oft eine röntgendichte Verschattung in Projektion auf die ableitenden Harnwege. Nach Kontrastmittelapplikation kann eine etwaige Harntransportstörung abgebildet werden. Der Steinnachweis gelingt somit direkt oder indirekt. "" In der Nativcomputertomografie können sowohl röntgennegative als auch röntgenpositive Harnsteine mit einer Sensitivität von über 90 % nachgewiesen werden. "" Die Magnetresonanztomografie (MRT) kann ebenfalls zur Diagnostik von Nieren- und Uretersteinen eingesetzt werden (z. B. bei Schwangerschaft). "" Im Falle einer Kontraindikation zur Durchführung einer Ausscheidungsurografie, Computertomografie oder MRT kann ein Ureter- oder Nierenstein durch retrograde Pyelografie diagnostiziert werden. "" Im Einzelfall ist zur vollständigen Klärung eine diagnostische URS möglich. "" Die Therapie von Nieren- und Uretersteinen richtet sich nach dem klinischen Beschwerdebild, der Lokalisation des Steins und dem Vorhandensein einer Harntransportstörung. "" Eine signifikante Bakteriurie bzw. Harnwegsinfektion erfordert eine vorherige oder begleitende antibiotische Therapie. "" Die Rezidivrate beträgt je nach Harnsteinkomposition 20̶70 %. "" Zur Therapie von Nierenkelch-, Nierenkelchdivertikel- bzw. Nierenbeckensteinen stehen die extrakorporale Stoßwellenlithotripsie (ESWL), die flexible URS,
10.3 Nieren- und Uretersteine
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die perkutane (minimalinvasive) Nephrolitholapaxie (PCNL) sowie die laparoskopische oder offene Operation zur Verfügung. "" Nicht schattengebende Harnkonkremente (Harnsäuresteine) können durch Chemolitholyse therapiert werden. "" Die Wahl des jeweiligen Therapieverfahrens sollte sich nach der Größe, der Lage und ̶ sofern bekannt ̶ der Komposition des Harnsteins richten.
"" Bei Nierensteinen mit einem Durchmesser von > 2 cm ist die Therapie der Wahl die perkutane Nephrolitholapaxie, bei Konkrementen mit einem Durchmesser ≤ 2 cm die ESWL. Bei Steinen < 1 cm, speziell in der unteren Nierenkelchgruppe, stellt die flexible Ureterorenoskopie eine gute Therapieoption dar. Eine offene Harnsteinoperation ist nur noch selten notwendig.
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Abb. 10.3 a–i a Zwei Nierenkelchdivertikelsteine mit geschlossenem Extraktionskörbchen. b Desintegrat nach Stoßwellenlithotripsie im Nierenkelch. c Großer Nierenkelchstein. Im Vordergrund sieht man das „Wabenmuster“ der Glasfaserbündel des flexiblen Ureterorenoskops. d Kleinerer Nierenkelchstein mit geschlossenem Extraktionskörbchen. Im Vordergrund ist der Kelchhals sichtbar. e Nierenpapille mit subepithelialer Plaque (Randall-Plaque) ohne Anschluss an das Nierenhohlsystem.
f Solitärer Nierenkelchstein an der Nierenpapille anhaftend. g Stein im Nierenkelchhals steckend. Die Nierenbeckenschleimhaut ist gefäßinjeziert. h Großer Nierenbeckenstein. Im unteren Bildrand sieht man die Spitze (weiß) eines Ballon-Ureterenkatheters. i Nierenkelchstein (Calciumoxalat).
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10 Pathologische Veränderungen
Uretersteine__________________________ Epidemiologie, Pathophysiologie und Klinik "" Zu Epidemiologie, Pathophysiologie und Klinik von Harnsteinen allgemein siehe S. 114. "" Klinisches Symptom eines Uretersteins sind meist starke ziehende, kolikartige Schmerzen. Abhängig von der Steinlokalisation können diese in Flanke, Mittel-, Unterbauch, Leiste, Hoden oder Labien ausstrahlen. "" Weiterhin können Unruhe, Übelkeit, Erbrechen, Dysurie und Fieber auftreten. Selten sind die Patienten asymptomatisch.
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Ureterorenoskopie
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"" In der URS imponieren Uretersteine als Fremdkörper im Lumen. Form, Farbe und Beschaffenheit können je nach Steinart variieren. "" Neben größeren soliden Konkrementen und Kristallen finden sich nach vorangegangener Stoßwellenbehandlung Desintegrate oder eine sogenannte Steinstraße (Ansammlung multipler Harnsteinfragmente in einem mehrere Zentimeter langen Abschnitt des Ureters). "" Die Schleimhaut des Ureters kann durch die teils scharfkantigen Konkremente verletzt sein. Oft findet sich ein ödematöses Steinbett mit polypoider oder bullöser Mukosa. Die Schleimhaut ist gerötet bzw. entzündlich verändert. Es können begleitende Blutkoagel auftreten. "" Bei langer Verweildauer des Uretersteins in seinem Steinbett kann es zu einer Inkrustation mit der Ureterwand kommen. "" Distal des Harnsteins ist das Ureterlumen oft nahezu vollständig verschwollen, während proximal des Uretersteins häufig eine Erweiterung des Ureters festzustellen ist. "" Entsprechend der anatomischen bzw. physiologischen Engstellen finden sich die meisten Steine proximal des Harnblasenostiums, prävesikal, proximal der Gefäßkreuzung oder oberhalb des pyeloureteralen Übergangs. "" Obstruktive Uretersteine können zur Infektion des gestauten Urins führen. Im Extremfall findet sich proximal des Steins Pus im Ureter.
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Diagnose und Behandlung "" Zur Diagnose und Behandlung von Harnsteinen allgemein siehe S. 114 f. "" Bei einer akuten Ureterkolik oder persistierendem Flankenschmerz ist eine spasmoanalgetische Therapie vorrangig. "" Prinzipiell ist die spontane Abgangsfähigkeit des Uretersteins in Abhängigkeit von Größe, Form und Lage zu beurteilen. Bei Konkrementen mit bis zu 4 mm Durchmesser beträgt die Häufigkeit eines spontanen Uretersteinabgangs ca. 80 %. "" Ist ein spontaner Uretersteinabgang aufgrund von Größe, Form und Lage des Steins nicht zu erwarten, oder persistiert ein kleinerer Ureterstein über längere Zeit, ist eine aktive Harnsteinbehandlung zu empfehlen. Hier besteht, ebenso wie bei persistierenden Schmerzen, Niereninsuffizienz, Fieber oder Einzelniere die Indikation zur invasiven Therapie zur Sicherung des Harnabflusses und der Entfernung des Harnsteins. Dies kann ein- oder zweizeitig geschehen. "" Zur Therapie stehen die extrakorporale Stoßwellenlithotripsie (ESWL), die URS, die perkutane antegrade URS und die laparoskopische oder offene Operation zur Verfügung. "" Für im oberen Ureterdrittel lokalisierte Steine ≤ 1 cm ist die ESWL die Therapie der ersten Wahl. Steine > 1 cm können wahlweise mit ESWL oder URS behandelt werden; dies gilt auch für Harnsteine < 1 cm im distalen Ureter. Bei Konkrementen > 1 cm im distalen Ureter ist eine primäre endoskopische Steinbehandlung indiziert. Auch bei Ureterkonkrementen wird eine offene Harnsteinbehandlung lediglich im Einzelfall durchgeführt werden müssen.
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10.3 Nieren- und Uretersteine
Abb. 10.3 j–r j Man sieht einen distalen Ureterstein mit anhaftendem Blutkoagel und Führungsdraht im Ureter. k Im Vordergrund ist eine Schleimhautfalte des Ureters sichtbar. Proximal davon befindet sich ein Ureterstein (Führungsdraht am Bildoberrand). l Harnsteindesintegrat in einem Dormiaextraktionskörbchen und Führungsdraht im distalen Ureter. Glatte Ureterwand. m Ureterkonkrement mit Holmiumlaserfaser und Führungsdraht. Man sieht eine Schleimhautfalte mit engem Ureterlumen im Hintergrund. n Ein das Ureterlumen vollständig ausfüllendes Konkrement (Calciumoxalat), Führungsdraht
o Mittlerer Ureterstein bei glatter Ureterwand, Führungsdraht. p Solitärer Ureterstein der vom Instrumentenspülstrom an eine Schleimhautfalte gespült wird. Der Führungsdraht liegt im Lumen, das von der Falte „verschlossen“ wird. Subepithelial gelegene Gefäßzeichnung. q Größerer mittlerer Ureterstein. r Ureterkonkrement in einer Ureterozele gelegen. Man sieht das deutlich erweiterte Lumen des Ureters im Bereich der Ureterozele.
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10 Pathologische Veränderungen
10.4 Tumoren des Ureters
D. Pfister, A. Heidenreich
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Epidemiologie, Pathophysiologie und Klinik
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"" Tumoren des Ureters sind eine seltene Erkrankung; sie machen 25 % der Tumoren des oberen Harntraktes aus. Etwa ⅔ der Tumoren sind im distalen Ureter lokalisiert. "" Das mittlere Erkrankungsalter liegt zwischen dem 50. und 70. Lebensjahr. Männer sind 3-mal häufiger betroffen als Frauen. "" Aktuelle Daten bezüglich der Inzidenz liegen derzeit nur für das Saarland vor. Im Jahre 2004 erkrankten dort 8/100 000 Personen an einem Uretertumor. Bei Patienten mit einer Balkannephropathie ist die Inzidenz 100bis 200-mal höher. "" Risikofaktoren für die Entwicklung eines Urothelkarzinoms des Ureters sind, wie beim Blasenkarzinom, Nikotinabusus, aromatische Amine, Chemikalien und Farbstoffe. "" Das Urothelkarzinom tritt bei Berufsgruppen mit Kontakt zu Risikofaktoren, wie Chemie- und Straßenarbeiter, Lackierer und Friseure, signifikant häufiger auf und kann als Berufserkrankung anerkannt werden. "" Neben uncharakteristischen Symptomen wie Appetit- und Gewichtsverlust ist die schmerzlose Makrohämaturie das Kardinalsymptom. Sie kann bereits im Frühstadium auftreten, rezidivieren oder nur ein einmaliges Ereignis sein. "" Im fortgeschrittenen Stadium kommen Schmerzen hinzu. Es ist zwischen Schmerzen durch Infiltration des Nachbargewebes durch den Tumor und obstruktiven, kolikartigen Schmerzen, zu unterscheiden, die durch abgehende Blutkoagel hervorgerufen werden. "" Mehr als 90 % der Uretertumoren sind maligne. Benigne Tumoren sind selten, sie treten vor allem bei jüngeren Patienten unter 40 Jahren auf. "" Man unterscheidet primäre und sekundäre Uretertumoren. Primäre Tumoren sind mesodermalen oder ektodermalen Ursprungs. "" Histologisch handelt es sich in mehr als 90 % der Fälle um Urothelkarzinome. Raritäten sind Adenokarzinome, anaplastische Karzinome und Sarkome. Zu diesen zählen Fibrome, die bis zu 10 cm lang werden, Hämangiome und fibroepitheliale Polypen. "" Sekundäre Tumoren wie Metastasen aus der Niere und dem Intestinaltrakt sind selten. Häufiger sind Infiltrationen von angrenzenden Tumoren, insbesondere Prostatakarzinomen. "" Die Einteilung der Tumorausbreitung erfolgt wie beim Blasentumor nach der TNM- und der WHO-Klassifikation (S. 124).
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"" Etwa 30 % der Tumoren im Ureter sind multizentrisch lokalisiert, meist jedoch ipsilateral. "" Bei 30–75 % der Urothelkarzinome aus dem oberen Harntrakt werden zeitgleich Blasentumoren nachgewiesen. Umgekehrt ist bei hoch differenzierten Urothelkarzinomen der Blase die Wahrscheinlichkeit für einen gleichzeitigen Uretertumor gering; bei T1G3-Tumoren liegt die Inzidenz aber bereits bei 7 %. "" Bei jungen Frauen mit zu einem Uretertumor passenden zyklischen Beschwerden oder Symptomen muss differenzialdiagnostisch eine Endometriose in Betracht gezogen werden.
Ureterorenoskopie "" Vor der URS sollten eine Zystoskopie und eine retrograde Darstellung des Ureters durchgeführt werden. "" In der retrograden Darstellung ist bereits auf Veränderungen, die einen Hinweis auf einen tumorösen Prozess im Ureter erwarten lassen, zu achten. Diese fallen durch eine Kontrastmittelaussparung auf. Im Falle von sanduhrförmigen Kontrastmittelverläufen muss differenzialdiagnostisch an eine extrinsische Kompression gedacht werden. "" Das Ostium wurde bereits bei der Zystoskopie begutachtet. "" Bei der URS ist auf Schleimhautveränderungen im Sinne von vereinzelten oder konfluierenden Rötungen zu achten. Insbesondere bei begleitenden papillären Tumoren ist an ein Carcinoma in situ (Cis) zu denken. Bei Kontaktblutungen kommen irritative entzündliche Prozesse, z. B. ein Steinbett, in Betracht. "" Bei parallelen Verkalkungen muss eine Urotuberkulose mittels PCR und Kultur ausgeschlossen werden. "" Sowohl aus dem Tumor als auch aus suspekten Bereichen sollten mittels URS Biopsien entnommen werden. Eine Biopsie kann bei bereits vorliegendem Tumornachweis, wie beim Blasentumor, auch nur einer Orientierung über das tatsächliche Tumorstadium dienen. Zur Differenzierung zwischen einem Cis und einer irritativen Schleimhautveränderung bietet sich eine Ureterlavage an. "" Zur vollständigen Untersuchung gehört die Begutachtung des Nierenbeckens und, soweit einsehbar, der verschiedenen Kelchgruppen.
10.4 Tumoren des Ureters
Abb. 10.4 a u. b a Papillärer Tumor und URS-Führungsdraht, der das Ureterlumen nahezu verschließt. b Breitbasiger Tumor im mittleren Drittel.
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10 Pathologische Veränderungen
Diagnose und Behandlung Sonografie "" Der Ureter kann nur bei Dilatation und auch dann nur im proximalen Anteil sonografisch dargestellt werden. "" Die Sonografie liefert folglich nur indirekte Hinweise auf einen Tumor im Ureter, etwa durch eine konsekutive Dilatation des Nierenbeckenkelchsystems (NBKS) im fortgeschrittenen Tumorstadium.
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Ausscheidungsurogramm "" Das Ausscheidungurogramm (AUG) ist Standard zur Beurteilung des oberen Harntrakts bei Blasentumoren. Die Sensitivität liegt allerdings nur bei 50 %. "" Bei kleinen Tumoren ist der Ureter nicht durchgezeichnet, sodass kleinere Tumoren nicht zur Darstellung kommen. Hier bietet sich die retrograde Urografie an. Bei diesem Eingriff kann zusätzlich Material für eine zytologische Untersuchung gewonnen werden.
10
Retrograde Urografie "" Nach einer orientierenden Zystoskopie zum Ausschluss eines synchronen Blasentumors und Entnahme einer Blasenlavage wird über den Instrumentenkanal ein Ureterkatheter eingeführt. Vor Intubation des Katheters in das jeweilige Ostium ist auf eine Entlüftung zu achten, um Luftblasen im Ureter zu vermeiden. "" Zunächst erfolgt die Entnahme einer Ureterlavage mit einer 2-ml-Spritze zur Gewinnung einer Zytologie (s. u.). Nun folgt die Injektion von Kontrastmittel mit einer 20-ml-Spritze, um den Ureter und das Nierenbeckenkelchsystem (NBKS) ausreichend mit Kontrastmittel füllen zu können. "" Die Kontrastmittelaussparungen bei Tumoren sind mannigfaltig. Sie können gezackt/zottig, glatt halbmondförmig, rundlich, filiform, lang- oder kurzstreckig, solitär oder multilokulär zur Darstellung kommen. "" Bei kleinen Tumoren ohne Abflusshindernis fehlen der Kalibersprung und eine Erweiterung des NBKS. "" Differenzialdiagnostisch kommen nicht schattengebende Konkremente, Blutkoagel oder entzündliche und postentzündliche Veränderungen wie bei einer Ureteritis cystica sowie eine fortgeschrittene Tuberkulose in Betracht.
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Zytologie "" Die Anfertigung einer Urinzytologie ist indiziert bei Verdacht auf einen Tumor der oberen Harnwege und der Blase, des Weiteren bei unklarer Algurie, Dysurie und Hämaturie, die häufig mit einem tumorösen Geschehen einhergehen. Dabei wird das Sediment einer Lavage aus Blase oder Ureter ausgestrichen. Die Färbung der Zellen erfolgt mit Hämatoxylin-Eosin (HE), Perjodsäure-Schiff-Reagenz (PAS) und nach Papanicolaou. Das Grading wird aus der Zell- und Zellkernmorphologie abgeleitet. "" Man unterscheidet folgende Klassen: –– negativ, kein Hinweis auf Malignität –– atypisch, reaktiv verändert –– suspekt, nicht eindeutig maligne –– positiv, deutliche Zeichen für Malignität "" Bei hoch differenzierten G1-Tumoren weisen uringebundene Markersysteme eine höhere Sensitivität auf als die exfoliative Urinzytologie. "" Bei mäßig und schlecht differenzierten Tumoren sowie beim Carcinoma in situ ist die Zytologie jedoch mit einer Spezifität und Sensitivität von über 95 % den uringebundenen Markersystemen weit überlegen und kann die Überlebensdauer der Patienten verlängern. Dennoch schließt ein negativer Zytologiebefund keineswegs einen Tumor aus. "" Ein G1-Tumor kann nur in 50 % der Fälle diagnostiziert werden. Durch zusätzliche Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung (FISH) kann die Sensitivität des Nachweises zwar angehoben werden, die Einfachheit der Untersuchung geht allerdings verloren. "" Bei einem auffälligen Befund im AUG, der retrograden Urografie oder der Zytologie des Ureters kann zur weiteren Diagnostik und histologischen Sicherung eine URS in Allgemeinanästhesie durchgeführt werden. Behandlung "" In der Regel besteht die Therapie der Uretertumoren in einer chirurgischen Resektion. "" Vor kurzem wurde gezeigt, dass bei oberflächlichen Tumoren eine Ureterteilresektion ausreichend ist; die Standardtherapie ist aber weiterhin die Nephroureterektomie mit einer Blasenmanschette. "" Bei oberflächlichen, hoch differenzierten Tumoren werden endoskopische Operationsverfahren diskutiert. "" Bei distalen, gut differenzierten Uretertumoren kann eine Ureterteilresektion und eine Neueinpflanzung nach Boari oder eine Beseitigung durch das PsoasHitch-Verfahren erfolgen.
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10.4 Tumoren
Abb. 10.4 c–f c Ausscheidungsurogramm mit proximalem Uretertumor. d Retrograde Darstellung bei proximalem Uretertumor.
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e Operationspräparat derselben Patientin. f Eröffneter Ureter mit proximalem Tumor.
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Anhang TNM-Klassifikation und WHO-Grading für Tumoren
▶ 124
Abbildungsnachweis
▶ 125
Sachverzeichnis
▶ 127
Anhang
TNM-Klassifikation und WHO-Grading für Tumoren Tab. 1 Nierenbecken und Ureter
Hauptparameter
Unterteilung
T: Primärtumor
• Tx: Primärtumor kann nicht beurteilt werden • T0: kein Anhalt für Primärtumor • Ta: papillärer nichtinvasives Wachstum • Tis: Carcinoma in situ • T1: Tumor infiltriert subepitheliales Bindegewebe • T2: Tumor infiltriert Muskularis • T3: Tumor infiltriert peripelvines/-ureterales Fettgewebe oder Nierenparenchym • T4: Tumor infiltriert Nachbarorgane oder durch die Niere in das perirenale Fett
N: regionärer Lymphknotenstatus
• Nx: regionäre LK können nicht beurteilt werden • N0: kein Anhalt für regionäre LK • N1: einzelne LK-Metastase ≤ 2 cm • N2: einzelne LK-Metastase > 2 cm, aber ≤ 5 cm, oder multiple Metastasen < 5 cm • N3: LK-Metastasen > 5 cm
M: Fernmetastasen
• Mx: Fernmetastasen können nicht beurteilt werden • M0: kein Anhalt für Fernmetastasen • M1: Fernmetastasen
G: histopathologische Differenzierung
• Gx: Differenzierung kann nicht durchgeführt werden • G1: gut differenziert • G2: mäßig differenziert • G3: schlecht differenziert • G4: undifferenziert
LK: Lymphknoten
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Tab. 2 Harnblase
Hauptparameter
Unterteilung
T: Primärtumor
• Tx: Primärtumor kann nicht beurteilt werden • T0: kein Anhalt für Primärtumor • Ta: papillärer nichtinvasives Wachstum • Tis: Carcinoma in situ • T1: Tumor infiltriert subepitheliales Bindegewebe • T2: Tumor infiltriert Muskulatur –– T2a: Tumor infiltriert oberflächliche Muskulatur (innere Hälfte) –– T2b: Tumor infiltriert tiefe Muskulatur (äußere Hälfte) • T3: Tumor infiltriert perivesikales Gewebe –– T3a: mikroskopisch –– T3b: makroskopisch (extravesikale Masse) • T4: Tumor infiltriert eines der folgenden Organe: Prostata, Uterus, Vagina, Beckenwand, Bauchwand –– T4a: Tumor infiltriert Prostata, Uterus oder Vagina –– T4b: Tumor infiltriert Beckenwand oder Bauchwand
N: regionärer Lymphknotenstatus
• Nx: regionäre LK können nicht beurteilt werden • N0: kein Anhalt für regionäre LK • N1: einzelne LK-Metastase ≤ 2 cm • N2: einzelne LK-Metastase > 2 cm, aber ≤ 5 cm, oder multiple Metastasen ≤ 5 cm • N3: LK-Metastasen > 5 cm
M: Fernmetastasen
• Mx: Fernmetastasen können nicht beurteilt werden • M0: kein Anhalt für Fernmetastasen • M1: Fernmetastasen
G: histopathologische Differenzierung
• Gx: Differenzierung kann nicht durchgeführt werden • G1: gut differenziert • G2: mäßig differenziert • G3: schlecht differenziert • G4: undifferenziert
LK: Lymphknoten
124
Anhang
Tab. 3 Urethra
Hauptparameter
Unterteilung
T: Primärtumor
• Tx: Primärtumor kann nicht beurteilt werden • T0: kein Anhalt für Primärtumor Urethra (Mann und Frau) • Ta: papilläres nichtinvasives Wachstum oder verruköses Karzinom • Tis: Carcinoma in situ • T1: Tumor infiltriert subepitheliales Bindegewebe • T2: Tumor infiltriert eines der folgenden Organe: Corpus spongiosum, Prostata, periurethrale Muskulatur • T3: Tumor infiltriert eines der folgenden Organe: Corpus cavernosum, außerhalb der Prostatakapsel, vordere Vagina, Blasenhals • T4: Tumor infiltriert irgendein anderes Nachbarorgan Urothelkarzinom der Prostata (prostatischen Harnröhre) • Tis: pu Carcinoma in situ, prostatische Urethra betroffen • Tis: pd Carcinoma in situ, prostatische Drüsengänge betroffen • T1: Tumor infiltriert subepitheliales Bindegewebe • T2: Tumor infiltriert eines der folgenden Organe: Prostatastroma, Corpus spongiosum, periurethrale Muskulatur • T3: Tumor infiltriert eines der folgenden Organe: Corpus cavernosum, über Prostatakapsel hinaus, Blasenhals (extraprostatisches Wachstum) • T4: Tumor infiltriert andere Nachbarorgane (Infiltration der Harnblase)
N: regionärer Lymphknotenstatus
• Nx: regionäre LK können nicht beurteilt werden • N0: kein Anhalt für regionäre LK • N1: einzelne LK-Metastase ≤ 2 cm • N2: einzelne LK-Metastase > 2 cm oder multiple Metastasen
M: Fernmetastasen
• Mx: Fernmetastasen können nicht beurteilt werden • M0: kein Anhalt für Fernmetastasen • M1: Fernmetastasen
G: histopathologische Differenzierung
• Gx: Differenzierung kann nicht durchgeführt werden • G1: gut differenziert • G2: mäßig differenziert • G3: schlecht differenziert • G4: undifferenziert
LK: Lymphknoten
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Abbildungsnachweis Abb. 1.2 a–f, 7.2 b u. c GE Healthcare, München Abb. 1.3 a, f u. h, 9.4 c Olympus Deutschland GmbH, Hamburg Abb. 1.6 a, b u. d, 9.4 a Richard Wolf GmbH, Knittlingen Abb. 1.6 c u. e, 9.4 b Karl Stolz GmbH & Co. KG, Tuttlingen Abb. 2.1 a–h aus Schünke M, Schulte E, Schumacher U. Prometheus. Hals und Innere Organe. Grafik: M. Voll. Stuttgart: Thieme; 2005 Abb. 2.2 n–g, 4.4 d u. f, 5.2 b, f u. i, 5.3 b–d, 7.2 r u. s, 7.3 f u. g, 8.2 d u. e aus Kneise O, Stolze M. Handatlas der Cystoskopie und Urethrocystoskopie. 4. Aufl. Leipzig: VEB Georg Thieme; 1955 Abb. 4.2 a, 4.5 h–m, p u. q, 5.3 a u. e, 5.4 a, b, f u. g, 7.1 c, 7.2 j, 7.3 b u. c aus Reuter HJ, Reuter MA. Atlas der urologischen Endoskopie – Diagnostik und operative Endoskopie. Bd. 2. 2. Aufl. Stuttgart: Thieme; 1984 Abb. 10.1 b Prof. Dr. med. S. Lenk, Charité CCM, Berlin
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Sachverzeichnis A Adenokarzinom – Harnblase 76 f – mesonephritisches 76 – urethrales 54 Adenom, nephrogenes, der Harnblase 76 – im Kindesalter 96 f 5-ALA (5-Aminolävulinsäure) 4, 72 Algurie 54, 68 Alpharezeptorenblocker, selektive 88 5-Aminolävulinsäure 4, 72 Ampulla urethrae 21, 24 Analatresie 92 Analgosedierung 12 f Anästhesie 10, 106 Anastomosenstriktur nach radikaler Prostatektomie 50 ff Anomalie, kongenitale 18, 84 ff Antibiose bei Zystitis im Kindesalter 92 Antibiotikaprophylaxe bei Ureterorenoskopie 107 Antirefluxplastik, endoskopische 84 Arbeitskanäle 6 f, 104 f Arteria – bulbi penis 22 f – dorsalis penis 21 ff – perinealis 23 – profunda penis 21 ff – pudenda interna 22 f – urethralis 21 f Aussackung, paraurethrale 48 Ausscheidungsurografie – Blasenstein 68 – Uretertumor 120 f
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B Bakteriurie 56, 68 – signifikante 114 – – beim Kind 92 Balanitis xerotica obliterans 16 f, 88 f Balkenblase 48 f Barre, hohe, des Blasenhalses 12 Becken, weibliches, venöse Drainage 23 Beckenbodenentspannung 12 Beckenringfraktur 88 Befunddokumentation 2 f, 102 – Schautafel 3 Belastungsinkontinenz nach Prostatektomie 50 Bildgebende Diagnostik, oberer Harntrakt 74 Bilharziose der Harnblase 62 f – Plattenepithelkarzinom 76 Blase s. Harnblase Blaulicht, Fluoreszenzzystoskopie 4 Blauprobe, Fisteldarstellung 64
BPS (benignes Prostatasyndrom) 42 Brunn-Nester 94 Buck-Faszie 22 Bulbus penis 12, 21 f
C Candidabefall, Behandlung 54 Carcinoma in situ 58, 72 f – photodynamische Diagnostik 4 f Cervix vesicae s. Harnblasenhals Chlamydia-trachomatis-Urethritis 54 Chorda penis 28 Ciprofloxacin 56 Cis s. Carcinoma in situ Colliculus seminalis 21, 24 f Common channel 18 Corpus – alienum s. Fremdkörper – cavernosum penis 21 – spongiosum penis 21 Cowper-Drüsen 24 Cranberrysaft 56 Crista urethralis vaginae 20 Crus penis 21 Curvatura – infrapubica 12 – praepubica 12 Cut-to-the-Light-Technik – bei Blasenhalsverschluss 50 f – bei Urethrastriktur 36 Cystitis – cystica – – et glandularis 58 f, 74 – – im Kindesalter 94 f – follicularis 58 f – – im Kindesalter 94 – glandularis 94 f – polyposa 58 – tuberculosa 62 f
D Dauerkatheter – Blasenschleimhautveränderung 60 f, 76 – Plattenepithelmetaplasie 76 Denys-Drash-Syndrom 83 Desinfektion 10, 16, 106 Detrusorhypertrophie 48 f Detrusor-Sphinkter-Dyssynergie 49, 88 Diagnostik, photodynamische s. photodynamische Diagnostik
127
Sachverzeichnis Diaphragma – urogenitale 24 Divertikel – der Blase s. Harnblasendivertikel – urethrales s. Urethradivertikel – vesikourachales 86 f Divertikelhals 48 Divertikelmündung 48 f Divertikelstein 48 Doppel-J-Schiene, ureterale 112 Doppelballonurethrografie, Urethradivertikeldarstellung 38 f Doppelniere 18, 82 ff Dormiakörbchen 104 f, 117 Druck-Fluss-Messung bei Blasenhalssklerose 40 Ductuli prostatici 21 Ductus ejaculatorii, Mündungen 21, 24 DES (Dysfunctional Elimination Syndrome) 92 Dysplasie, renale, primäre 80 Dysurie 3, 54, 56
E Endometriose 110, 118 Endoskopentfernung 2 Endoskopiesystem, pädiatrisches 15 Eosinophilie, periphere 94 Epispadie-Ekstrophie-Komplex 16 Erektion, artifizielle, vor Hypospadieoperation 30 Escherichia coli, abgeschwächte, Impfung 56 Escherichia-coli-Zystitis 56 ESWL (extrakorporale Stoßwellenlithotripsie) 114 ff
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F Fadengranulom 65 Fäkalurie 64 Fascia penis – profunda 21 f – superficialis 21 Fasszange, flexible 9 Fehlbildung 16 Fieber im Kindesalter 92 FISH (Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung) 74 Fistel 64 f, 92 Fluor urethralis 54 Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung 74 Fluoreszenzzystoskopie 4, 72 f Fossa navicularis urethrae 21, 30 – Striktur 34 f Fotosensitizer 4 Fremdkörper, intravaginaler 18 Fremdkörperinkrustation, Blasensteinbildung 68 Führungsdraht, Ureterorenoskopeinführung 100 ff Fusion, labiale 18 f
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G Gänsegurgelureter 110 f Genitale – Inspektion 16, 18 – intersexuelles 28, 82 – männliches, venöse Drainage 23 Genitografie 18 Glandula(-ae) – bulbourethralis 21 – urethrales 20 f, 24 Glans penis 20 f Granulom, eosinophiles 94 f Greenlight-Laser, Prostatagewebevaporisierung 42 f Guérin-Klappe 30 f – Exzision, transurethrale 30 – Marsupialisation 30 – Miktionszystourethrogramm 30 f
H Hakenelektrode – Anastomosenstrikturbeseitigung 50 f – Blasenhalsinzision 40 f, 50 f HAL (Hexaminolävulinsäure) 4 Hämangiom der Harnblase 77 – im Kindesalter 96 f Hämaturie, temporäre 3 Harnblase – Auslass 26 – Auslasswiderstand, erhöhter 48 – Blasenekstrophie-Epispadie-Komplex 94 – Duplikation 32 f – – horizontale, inkomplette 32 f – Entleerungsstörung, funktionelle 92 – Hydrodistension 58 – Karzinom des Blasendachs 76 f – neurogene Funktionsstörung 88 – Normvarianten 32 f – Pseudodivertikel 73 – nach radikaler Prostatektomie 50 f – Seitenwanduntersuchung 2, 12 – Sphinktersklerose 48 – Untersuchung 2, 12 – Vorderwandinspektion 2 – Wandverdickung 78 Harnblasenadenokarzinom 76 f Harnblasenadenom, nephrogenes 76 – im Kindesalter 96 f Harnblasenanomalie, kongenitale 84 ff Harnblasenbilharziose 62, 76 Harnblasen-Darm-Fistel 64 Harnblasendivertikel 48 f – angeborenes 48 – erworbenes 48 Harnblasenentzündung s. Zystitis
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Sachverzeichnis Harnblasenhals 21, 24 – Anastomosenstriktur nach radikaler Prostatektomie 50 f – hohe Barre 12 – Inzision 40, 42 – – kalte 40 – Schleimhaut 24 – Sklerose 40 f – Stenose, sekundäre 88 f – tumoröse Infiltration 79 – Vernarbung nach radikaler Prostatektomie 50 f – Verschluss 50 Harnblasenhämangiom 77 – im Kindesalter 96 f Harnblasenkarzinom 52, 72 f – beruflich bedingtes 72 – photodynamische Diagnostik 72 f – Rezidivprophylaxe, intravesikale 74 Harnblasenkrämpfe 68 Harnblasenmetastase 78 f Harnblasenpapillom 74 f Harnblasenpapillomatose 75 Harnblasensarkom 77 Harnblasenscheitel, Luftblase 2 f Harnblasenschleimhaut 26 – Bläschen 58 f – Geschwüre 63 – Hämorrhagien 58 f – Knötchen 58 f, 63, 94 – Ödembildung beim Kind 92 – Sekundäreffekt nach Dauerkatheter 60 f Harnblasensektoren 2 Harnblasenstein 68 f Harnblasentuberkulose 62 f Harnblasentumor 2, 72 ff – im Kindesalter 96 f – papillärer 5, 72 ff – photodynamische Diagnostik 4 f – primärer 72 ff – sekundärer 78 f – TNM-Klassifikation 124 – transurethrale Resektion 2, 72 ff – Urinzytologie 74 Harndrang, imperativer 58, 68 Harninkontinenz, persistierende 18 – beim Mädchen 82 Harnröhre s. Urethra Harnstauungsniere 114 Harnsteine 114 ff Harnstrahl, abgeschwächter 28, 36, 40, 42 Harnstrahlmessung 36 Harntransportstörung – bei orthotoper Neoblase 52 – unklarer Ursache 100 Harnwegsinfekt – chronischer 56 – EAU-Definition 56 – beim Kind 92 – rezidivierender 2, 56 Herpes-simplex-Infektion, Behandlung 54
Hexaminolävulinsäure 4, 72 f Himbeertumor 63 Holmiumlaser, Blasensteindesintegration 68 f Honeymoon-Zystitis 56 Hunner-Ulzera 58 Hutch-Divertikel 48 Hyaluronsäure-Blaseninstillation 56 Hydrodistension der Harnblase 58 Hydrokolpos 18 Hymen imperforatus 18 Hymenalatresie 18 f Hypospadia glandis 28, 30 Hypospadie 28 f, 82 f – distale 28 ff – glanduläre 28 f – Korrektur 30 – mittlere 28 f – penoskrotale 28 – proximale 28 f – weibliche 18
I Ileumconduit 111 Ileumneoblase 52 f Infektion – aszendierende 110 – spezifische 54 – unspezifische 54 Infektstein 92 – Bildung 68 f
K Katheter, endoluminaler, ureteraler 112 f Keimaszension, fäkal-urethrale 92 Kinder-Ureterorenoskop – flexibles 108 f – starres 108 f Kolik, rezidivierende 100 Kompakt-Universaloperationsurethrozystoskop, pädiatrisches 1 Kompakt-Urethrozystoskop, pädiatrisches 14 f Konfluenz, vesikovaginale 18 Konkrementextraktion bei Ureterorenoskopie 102
L Labienfusion 18 f Lacuna magna 30 Lacunae urethrales 20, 24 Lamelle, spinnwebartige, urethrale 34 f Laseranwendung, intraurethrale 88 Laserurethrotomie 36 f Lauenstein-Lage 36 Leitstrukturen, zystoskopische 24 ff
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Sachverzeichnis Leukoplakie 76 Leukozyturie 56, 66, 68 – virale Zystitis im Kindesalter 94 Ligamentum pubovesicale 21 Lithotripsie 66, 68 Lithotripter 104 f Littre-Drüsen 24 Luftblase am Blasenscheitel 2 f LUTS (Lower urinary Tract Symptoms) 42
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M Makrohämaturie 2, 76, 100 – endoskopiebedingte 3 – bei orthotoper Neoblase 52 – schmerzlose 70, 72, 74, 118 – terminale 90 – Ureteritis 110 – Zystitis 56 – – virale, im Kindesalter 94 Manipulation, urethrale, Strikturentstehung 34, 88 f Mastzellinfiltration 58 Meatotomie 16 – bilaterale 28 – ventrale 28 Meatus – Bougierung 16 – Engstelle bei Untersuchung 12, 16 – Entwicklung 20f Meatusstenose 12 – angeborene 28 ff – sekundäre 28 – Ureterorenoskopeinführung 106 Melanom, malignes – der Harnblase 72, 78 f – urethrales 70 Menurie 110 Midazolam 13 Mikrohämaturie 100, 114 – persistierende 2 Mikrosatellitenanalyse 74 Miktion, verzögerte 40 Miktionsstörung – Harnblasenmetastase 78 – obstruktive 34, 36, 38, 42, 70 – bei orthotoper Neoblase 52 Miktionszeit, verlängerte 28 Miktionszystourethrografie 28 ff, 32 f – antegrade 36 – Urethradivertikeldarstellung 38 f Miniatur-Urethrozystoskop 15 Morgagni-Lakunen 24 Mukosafältelung, orthotope Neoblase 52 f
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Musculus – levator ani 21 – sphincter urethrae externus s. Sphinkter, externer – sphincter urethrae internus s. Sphinkter, interner – transversus perinei profundus 21 Muskelverbund, intertrigonaler 84 Mycoplasma-genitalium-Urethritis 54 MZU s. Miktionszystourethrografie
N Neisseria-gonorrhoeae-Urethritis 54 Neoblase, orthotope 52 f Neoostien bei orthotoper Neoblase 52 Nephrolitholapaxie, perkutane 114 f Nephrostomie 52 Nephroureterektomie 120 Nervus dorsalis penis 21 Nickell-Zystoskopadapter 12 Nierenanlage – dysplastische 18 – funktionseingeschränkte 92 Nierenbeckenstein 114 Niereninsuffizienz bei posteriorer Urethralklappe 80 Nierenkelchdivertikelstein 114 f Nierenkelchstein 114 Nierenstein 114 f Nitrofurantoin 56, 92 Nodi lymphoidei inguinales – profundi 22 f – superficiales 22 f Nykturie 36
O Obstruktion, infravesikale 36, 40, 80 – Blasensteinbildung 68 Ostium – ureteris s. Ureterostium – urethrae – – externum s. Meatus – – internum 3, 20 f Otis-Urethrotomie 36, 106
P PAP (photoaktives Porphyrin) 4 Papillom – der Harnblase 74 f – invertiertes 74 – – glanduläres 74 – – trabekuläres 74 Papillomatose der Harnblase 75 PDD s. photodynamische Diagnostik Penisdeviation, ventrale, bei Erektion 28 Penisklemme 11
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Sachverzeichnis Penisverkrümmung 28 Perinealsonografie, Urethradivertikeldarstellung 38 Pethidin 13 Photobleaching 4 Photodynamische Diagnostik 4 f – Harnblasenkarzinom 72 f – Indikation 4 – Instrumentarium 6 f Plattenepithel, urethrales 20 Plattenepithelkarzinom – der Harnblase 76 f – – mit Bilharziose assoziiertes 76 f – urethrales 70 Plattenepithelmetaplasie, dauerkatheterbedingte 76 Pneumaturie 64 Pollakisurie 40, 54, 56, 76 – Zystitis, hämorrhagische, im Kindesalter 94 Porphyrin, photoaktives 4 Posthysterektomiefistel 64 f Potter-Syndrom 80 PpIX (photoaktives Protoporphyrin IX) 4 Präkanzerose 74, 94 Prolaps, urethraler 18 f, 30 Promethazin 13 Prostata 21, 24 Prostatahyperplasie, benigne s. Prostatavergrößerung, benigne Prostatakarzinom, infiltrierendes 79 Prostataresektion, transurethrale 42 f Prostatasteine 69 Prostatasyndrom, benignes 42 Prostatavergrößerung, benigne 24 f, 40, 42 f – Blasendivertikelentstehung 48 – Fragebogen, strukturierter 42 – medikamentöse Behandlung 42 – transurethrale Resektion 42 f – Urethritis polyposa glandularis 54 Prostatektomie, radikale, Harnblasenbefund 50 f Prostatitis, chronische 74 Protoporphyrin IX, photoaktives 4 Pseudodivertikel der Harnblase 73 Pseudomembranen, urethrale 90 f Pyelografie, retrograde 100, 114 Pyurie 82
R Randall-Plaques 114 Reflux – vesikorenaler 92 – vesikoureteraler 110 Rektoskop, pädiatrisches 14 Rektovesikalfistel 64 f Rektumkarzinom, infiltrierendes 79 Resektion, transurethrale – Harnblasenmetastase 78 – Harnblasentumor 72 ff – – im Kindesalter 96
– Prostata 42 f – Urethraltumor 70 Restharn 40, 42, 48 – im Kindesalter 92 Restharnbestimmung, sonografische 36 Restharngefühl 36 Rezidivurethrastriktur 36 Rhabdomyosarkom 96 RMS (Rhabdomyosarkom) 96 Röntgenleeraufnahme 68, 114
S Sachse-Urethrotom 36 – Anastomosenstrikturbeseitigung 50 f Salbe, estriolhaltige 18 Sanduhrblase 32 f Sarcoma botryoides der Harnblase 96 f Säulenepithel, mehrschichtiges, urethrales 20 Schautafel 3 Schistosoma haematobium 62 Schleimhautfalten, transsphinktäre 80 f Schleimhautverletzung, iatrogene 102 Schoenlein-Henoch-Syndrom 110 Septum penis 21 Sexualhormonverschiebung 90 Sichturethrotomie nach Sachse 36 f, 80 – Ureterorenoskopeinführung 106 Siegelringzellkarzinom 76 Sinus urogenitalis 82 f – Anomalie 18 – persistierender 92 Soorzystitis 54, 60 Sphinkter – externer 2, 12, 20 – – Beurteilung 50 – – bei BPS 43 – – geöffneter 25 – – geschlossener 25 – interner 20 – – Starre 40 – künstlicher 50 f – – Fistelbildung 64 f Sphinktersklerose 40 f Sphinktertest, hydraulischer 24 Spülzytologie 100 Staphylococcus-saprophyticus-Zystitis 56 Steintherapie, ureterorenoskopische 100, 102 – im Kindesalter 108 Stoßwellenlithotripsie, extrakorporale (s. auch Ultraschalllithotripsie) 114 ff Straddle-Verletzung 34 f, 88 Strahlenzystitis 60 f Strom, monopolarer, intraurethrale Anwendung 88 Synechie, hintere 18
131
Sachverzeichnis
T TNM-Klassifikation 124 Transvaginalsonografie 38 Trichomonas-vaginalis-Urethritis 54 Trigonum vesicae 26 – Identifikation 3 – Plattenepithelkarzinom 76 – Untersuchung 2 – Zystitis 57 Trimethoprim 56, 92 Trimethoprim-Sulfamethoxazol 56 Tuberkulose 62 f, 110 f Tuberkulostatika 62 Tumor – der Blase s. Harnblasentumor – ureteraler 118 ff – urethraler 70 f Tunica – mucosa – – urethrae femininae 20 – – vesicae urinariae 21 – muscularis 20 f TUR s. Resektion, transurethrale Turner-Warwick-Inzision 40 f
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U Übergangsepithel, urethrales 20 Ultraschalllithotripsie (s. auch Stoßwellenlithotripsie) 66, 68 Ultraschalluntersuchung 82, 86, 120 – Blasenstein 68 – Nierenstein 114 – präpartale 80 Urachus 86 – persistierender 86 f Urachusanomalie 86 f Urachuskarzinom 76 f, 86 Urachussinus 86 f Urachuszyste 86 f – infizierte 92 Ureterektomie 110 f – partielle 110 Ureterenkatheter – Fistelnachweis 64 f – Sekundäraffekt 112 f – Ureterorenoskopeinführung 100 ff Ureterenleiste 3, 26 Ureterfistel 64 Ureteritis – cystica 110 – endometrioseassoziierte 110 – primäre 110 f – tuberkulöse 110 f
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Uretermündung – urethralektope 82 f – – parakollikuläre 83 – vaginalektope 18 f Ureterneueinpflanzung 44 Ureterorenoskop 100 ff – Arbeitskanäle 104 f – mit aufgesetzter Kamera 104 – flexibles 104 f, 115 – – für Kinder 108 f – rigides 104 f – – für Kinder 108 f Ureterorenoskopie 100 ff, 110, 114 f – Antibiotikaprophylaxe 107 – Befunddokumentation 102 – diagnostische 100 – bei der Frau 106 – im Kindesalter 108 f – Indikation 100 – – im Kindesalter 108 – Instrumentarium 104 f – – für Kinder 108 f – Komplikation 102 – Kontraindikation 100 – Lichtkabel 106 f – beim Mann 106 – Patientenlagerung 106 – Prädiagnostik 106 – therapeutische 100 – videoassistierte 104 Ureterostium(-ien) 3, 26 – Anomalie 42 ff – Darstellung 2 – endoskopische Unterspritzung 44, 47 – Form 2, 26, 44 ff, 84 – golflochförmiges 44 f, 47 – hufeisenförmiges 44 ff – Identifikation 3 – intramuraler Trichter 44, 46 – Lage 2, 44 f, 84 – Schleimhaut 26 f – stadionförmiges 44 ff – Ureterneueinpflanzung 44 – Urinejakulation 2, 26 f, 46 – Veränderung bei endoluminaler Ableitung 113 Ureterozele 84 f, 117 – ektope 84 f – orthotope 84 f – Prolaps 30 Ureterperforation 102 Ureterschiene, retroperitonealer Verlauf 113 Ureterschieneneinlage 112 – antegrade 52 f – nach Ureterorenoskopie 102 Ureterschleimhautzysten 110 Ureterschlitzung 110 Ureterstein 116 f, 120 – prävesikaler 116 f Ureterstenose, entzündungsbedingte 110
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Sachverzeichnis Ureterstriktur 110 Ureterstumpf, refluxiver 92 Ureterteilresektion 120 Uretertumor 118 ff – Grading 120 – TNM-Klassifikation 124 Ureterverletzung, iatrogene 113 Ureterwulst 27 Urethra – Embryologie 20 – Histologie 20 – männliche 20 ff – – arterielle Versorgung 22 – – bulbäre 12 f, 20 f, 21, 24 – – Lymphgefäße 22 f – – Pars – – – ampullaris 24 – – – intramuralis 20 f – – – membranacea 12, 20 f, 24 – – – prostatica 13, 20 f, 24 f – – – spongiosa 20 f – – penile 20 f, 24 – – physiologische Engen 12, 20 – – Schleimhaut 20, 24 f – – venöse Drainage 22 – – zystoskopische Leitstrukturen 24 ff – weibliche 20 f – – distale Raumforderung 38 – – Längsfalten 20, 24 – – Muskelschicht 20 f – – Schleimhaut 20, 24 Urethraanomalie, kongenitale 80 ff Urethraarrosion bei künstlichem Sphinkter 50 f Urethradivertikel 38 f, 82 – angeborenes 38 – erworbenes 38 Urethrakompression 11 Urethrakrümmung 2, 12 f Urethraläsion bei Beckenfraktur 24 Urethralkarunkel 30 f Urethralklappe 66 – anteriore 82 f – Laserablation 80, 82, 88 – posteriore 80 f Urethraring, bulbärer, kongenitaler 80 f Urethraruptur 88 Urethraschleimhautprolaps 18 f, 30 Urethraschleimhautverletzung, steinbedingte 66 Urethrastein 66 f Urethrastenose 29, 34 f – kongenitale 80 – relative 35 – ringförmige 88 – Ureterorenoskopeinführung 106 Urethrastriktur 34 ff, 48, 66 – anteriore 34 – – kongenitale 82 – Behandlung 36 – Diagnose 36
– entzündliche 24 – erworbene 34 f – hintere 34 – nach Hypospadiekorrektur 88 – iatrogene 34 – langstreckige 34 f – nach Lasserablation einer Urethralklappe 80, 88 – postentzündliche 34 – posteriore 34 – – kongenitale 80 – Rezidiv 36 – traumatisch bedingte 88 f Urethraverschluss 34 f Urethritis 54 f – cystica 54 f – nichtinfektiöse 54 – polyposa 54 f – – glandularis 54 – posterior 90 f – Ursachen 54 Urethrografie, retrograde 36, 40, 66 Urethroskopie beim Früh-/Neugeborenen 14 Urethrostomie, perineale 14 Urethrotom, optisches 15 Urethrotomie 16, 34 – interne 36, 88 Urethrozystoskop – Adapter 12 – Auswahl für Urothelkarzinom 72 – Blickrichtung, optikabhängige 8 – flexibles 6, 9, 72 – pädiatrisches 14 f – rigides 6 ff, 12 Urethrozystoskopie 2 ff – Analgosedierung 12 f – Anästhesie 10 – antibiotische Prophylaxe 10 – Befunddokumentation 2 f – bei der Frau 12 – Indikation 2 – Instrumentarium 6 ff – – pädiatrisches 14 – beim Kind 14 ff – Komplikation 3 – Kontraindikation 2 – beim Mann 12 – in Narkose 12 – Patientenlagerung 10 f – – beim Kind 16 – Patientenvorbereitung 10, 12 – – beim Kind 16 – Spülflüssigkeit 6 – unsachgemäße 2 – vor Ureterorenoskopie 100 – Voraussetzung 2 – Vorgehen 2 Urinzytologie 74, 120 – positive 4 Urodynamik, Blasenhalssklerose 40
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Sachverzeichnis Uroflowmetrie 28 f, 66 Urogenitaltuberkulose 62 Urografie, retrograde, Uretertumor 120 f Urolithiasis 114 ff Urothelkarzinom – der Blase 72 ff – im oberen Harntrakt 52 – ureterales 118 – urethrales 70 f Urothelmetaplasie 76 URS s. Ureterorenoskopie Uteruskarzinom, infiltrierendes 79 Utriculus prostaticus 82 f Uvulae vesicae 21 U-Zyst s. Urethrozystoskopie
V
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Vena – dorsalis – – profunda penis 21 f – – superficialis penis 21 – pudenda interna 22 Vernarbung, periurethrale 24 Vesica urinaria s. Harnblase Vesikovaginalfistel 64 f Vesikovaginorektalfistel 64 Vestibulum vaginae 20 Videozystoskopie 6 Vorhautschürze, dorsale 28 VUR (vesikoureteraler Reflux) 110
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W Wärmezufuhr beim Kind 16 Weißlichtzystoskopie, Nachteile 4 f, 72 f Windkesseleffekt 48
Z Zirkumzision, prophylaktische 16 Zystektomie – primäre 74 – radikale 52 Zystitis (s. auch Cystitis) 56 ff – akute 56 f – Bilharziose 62 f – bei Blasenstein 68 – chronische 56 f, 93 – – Adenokarzinomentstehung 76 – eosinophile 94 f – hämorrhagische 56 f, 92 ff – Honeymoon-Zystitis 56 – interstitielle 58 f – beim Kind 92 ff – rezidivierende 18 – spezifische 62 f – Therapie 56 – virale, im Kindesalter 94 f Zystografie 68 Zystostomie 80
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