DAS ANTICHRISTDRAMA DES MITTELALTERS DER REFORMATION UND GEGENREFORMATION
KLAUS AICHELE
MARTINUS NIJHOFF
I DEN HAAG ...
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DAS ANTICHRISTDRAMA DES MITTELALTERS DER REFORMATION UND GEGENREFORMATION
KLAUS AICHELE
MARTINUS NIJHOFF
I DEN HAAG I 1974
©
1974 by Martinu Nl}hojf, The Hague, Netherlands All rlghta reaerved, including the right to truulate or to reproduce thia book or parts thereof in any form ISBN 90 247 1644 6
PRINTED IN BELOIUM
INHALTSVERZEICHNIS
Vorwort
VII
E~EITUNG
1
Überlieferungsgeschichte der Antichristvorstellungen Motivgeschichte des Antichriststoffs Die eschatologische Stimmung des Mittelalters und der Chiliasmus Das Antichristdrama und die Liturgie Adsos Antichristschrift I.
TEIL : DIE ANTICHRISTSPIELE DES MITIELALTERS
1. Der Tegernseer Ludus de Antichristo
2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. II. 12. 13. I4. I5. I6. 17. 2.
Gerhoch von Reichcrsberg über Antichristspiele Ludus Christi von Cividale Dramatische Laude von Perugia Le Jour de Jugement von Besan~on Zürcher Antichristspiel Chesterspiel vom Antichrist Limburger Antichristspiel Antichristspiel von Zwolle Antichristspiel in Frankfurt Antichristspiel in Xanten Künzelsauer Fronleichnamsspiel Fastnachtsspiel vom Herzog von Burgund Dortmonder Antichrist Dresdner Johannisprozession Gengenbach, Nollhart Antichristspiel von Chur
TEIL: ANTICHRISTSPIELE DER REFORMATION
18. Gengenbach, Totenfresser
I 4 10 15 22 27 21 33 34 34 35 40 42 44 45 45 45 45 47 48 48 49 50 51 56
INHALTSVERZEICHNIS
VI
19. 20. 21. 22. 23. 24. 25.
26. 27. 28. 29. 3. TEIL:
Manuel, Totenfresser Manuel, Von Papsts und Christi Gegensatz Hans von Rüte, Spiel von der Abgötterei Agricola, Tragedia Johannis Huss Naogeorgus, Pammachius Bale, King lohn Das Konzil zu Trient Ein frischer Combißt Der neue deutsche Bileamsesel Francesco Negri, II Libero Arbitrio Ochino, A tragedy or dialog of the unjust usurped primacy of the bishop of Rome
ANTICHRISTDRAMA IM ZErrALTER DER GEGENREFORMATION
30. 31. 32. 33. 34. 35. 36. 37. 38. 39. 40. 41.
Luzemer Antichrist Foxe, Christus Triumphans Badius, Le Pope malade Tucci, Christus Iudex Hildebrand, Ecclesia Militans Florentiner Prozession Friscblin, Phasma Antichristspiel von Modane Farce vom Antichrist Kielmann, Tetzelocramia Alarc6n, er Anticristo Spiel aus Ampass 42. Spiel von Landl 43.: Spiel von Fano 4. TEIL : Dm MoTIVE DES ANTICHRISTDRAMAS 1. Die Anlange des Antichrist. Der Antichrist und der Teufel 2. Erstes Auftreten und Proklamation des Antichrist 3. Der Antichrist und die Juden 4. Die Welteroberungspolitik des Antichrist 5. Die Antithesis Christi et Antichristi 6. Die beiden Zeugen 7. Das Ende des Antichrist ZUSAMMENFASSUNG
ANHANG LITERATUR
51 58
59 61 62 66 68
70 10 71 14 76 78 82 84 86 89 90 90 93 100 100 101 106 107 108 110 112 126 140 148 166 174 193 202 208 211
VORWORT
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich ausschließlich mit dem Antichristdrama; Weltgerichtsspiele und sonstige eschatologische Spiele, wie etwa das Zehnjungfrauenspiel, sind nicht berücksichtigt. Die Gründe dafür sind erstens praktisch : die Gesamtheit der eschatologischen Spiele hätte nur in einem erheblich größeren Rahmen behandelt werden können. Außerdem stellen sich bei den Weltgerichtsspielen Fragen der Textkritik und der Überlieferung, die bei den Antichristspielen überhaupt keine Rolle spielen, so daß in den beiden Fällen völlig verschiedene Arbeitsmethoden am Platz gewesen wären. Im übrigen lag mir daran, die Entwicklung des Antichristdramas über einen größeren Zeitraum zu verfolgen, insbesondere im Zeitalter der Reformation, wo das Weltgerichtsspiel völlig zurücktritt. Ich habe mich weiterhin auf das Antichrist-d r a m a beschränkt. Die nichtdramatische Antichristdichtung ist noch so gut wie unerschlossen, ein großer Teil der Texte liegt nur in Handschriften vor. Ebenso steht es mit der Flut der Prosaschriften über den Antichrist. Eine zusammenfassende Darstellung des gesamten Antichristschrifttums ist ohne die nötigen detaillierten Vorarbeiten noch nicht möglich. Meine Untersuchung umfaßt den Zeitraum vom zwölften Jahrhundert, in welchem das erste Antichristdrama auftritt, bis zum Ende des Dreißigjährigen Krieges. Nach der Mitte des siebzehnten Jahrhunderts scheint die Produktion von Antichristdramen abzuklingen, und das Thema lebt offenbar nur in der lokalen Volksspieltradition (besonders in Tirol) fort. Mit der Bezeichnung "Reformation und Gegenreformation" im Titel der Arbeit ist der Zeitraum von 1517 bis 1648 gemeint. Im engeren Sinne wird unter "Reformationszeitalter" die Epoche von Luthers Thesenanschlag bis zum Tridentiner Konzil verstanden, unter "Zeitalter der Gegenreformation" die Zeit vom Tridentiner Konzil bis zum Westralischen Frieden. In der Zeit der Gegenreformation entstehen Antichristdramen sowohl auf römisch-katholischer als auf protestantischer Seite.
vm
VORWORT
Die Antichristspiele sind entweder selbständig, wie das Spiel von Tegernsee (Nr. 1) und wahrscheinlich das Spiel von Xanten (Nr. II) sowie sämtliche protestantischen Antichristspiele, oder sie bilden mit Weltgerichtsspielen zusammen eschatologische Zyklen (die Mehrzahl der Antichristspiele des Mittelalters), oder sie gehören schließlich zu größeren Zyklen (Iudus Christi von Cividale, die Fronleichnamsspiele und Prozessionsspiele). In jedem Fall lassen sich die Antichristspiele ohne Mühe aus dem Zusammenhang herauslösen, da die Antichristlegende innerhalb der Eschatologie einen geschlossenen Motivkreis bildet. Bei der Katalogisierung der Antichristdramen habe ich mich bemüht, jedenfalls die gedruckten Dramen vollständig zu erfassen. Bei den Dramen des 16. und beginnenden 17.Jahrhunderts habe ich nur die aufgeführt, in denen das Antichristkonzept die dramatische Struktur bestimmt oder doch wesentlich beeinflußt. Es ist sehr wohl möglich, daß sich noch Antichristdramen in Handschriften finden, die das Bild wesentlich ergänzen könnten 1 • Für die Untersuchung der Motive des Antichristdramas ist der Traktat Adsos von 954 zugrundegelegt, ohne daß damit gesagt sein soll, daß sich die ganze spätere Antichristtradition davon herleite. Für die ältere Anticbristüberlieferung ist immer noch Wilhelm Boussets Buch über den Antichrist maßgeblich; eine moderne Darstellung, die die typologische Denkweise der christlichen Theologie angemessen berücksichtigt, steht noch aus. Einen umfassenden Forschungsbericht über die Antichristexegese gibt Josef Ernst in seinem Buch Die eschatologischen Gegenspieler in den Schriften des Neuen Testaments (1961) 2• Für die Klassifizierung des mittelalterlichen Dramas in "Liturgische Feiern" und "Geistliche Spiele" sind die Arbeiten von O.B. Hardison und Theo Stemmler zu vergleichen. Die Antichristlegende war offenbar niemals Gegenstand liturgischer Feier. Zur Terminologie ist zu bemerken, daß die Ausdrücke "Spiel" and "Drama" in der vorliegenden Arbeit grundsätzlich synonym verwandt sind, d.h. damit sollen keine Aussagen über das Vorhandensein oder Fehlen eigentlich dramatischer Züge gemacht werden. Grundsätzlich ist festzustellen, daß literarische Kategorien wie Tragödie, 1 So ist etwa seit Reusebels Buch über die Weltgerichtsspiele (1906) ein Fragment eines mittelalterlichen limburgischen Antichristdramas zum Vorschein gekommen (Nr. 8), das höchst originelle Züge aufweist. 1 Ich habe in der vorliegenden Arbeit auf einen umfassenden Forschungsbericht verzichtet. Bibliographische Angaben, die die neuere Literatur verzeichnen, finden sich in den Anmerkungen zum Text.
VORWORT
IX
Komödie etc., f'ür das Verständnis des mittelalterlichen Dramas nur sehr beschränkte Bedeutung haben, wie etwa die Tatsache zeigen kann, daß ein und derselbe Stoff, nämlich die Antichristlegende, in sämtlichen denkbaren Kategorien des mittelalterlichen Theaters behandelt wird, ohne dabei wesentlich verändert zu werden. Das gilt auch noch weithin für das Drama des l6.Jahrhunderts, jedenfalls soweit darin die klassischen Vorbilder noch nicht bestimmend sind, wie etwa in dem fest im mittelalterlichen Denken wurzelnden Antichristdrama. Die meisten Antichristdramen liegen noch nicht in modernen Ausgaben vor und sind verhältnismäßig schwer greifbar. Darum schien es mir sinnvoll, Handlungsabrisse in schematischer Form zu geben, in denen ich versucht habe, die Motiventsprechungen ("typologischen Übertragungen") möglichst klar herauszustellen. Für das Zustandekommen der Arbeit habe ich vor allem meinem verehrten Lehrer, Herrn Professor Jackson, zu danken, der sie angeregt und bis zum Ende mit seinem bewährten Rat begleitet hat. Herr Professor Kristeller war mir freundlicherweise bei der Auffi.ndung von Handschriften behilflich. Der Direktor des Kantonsarchivs Graubünden in Chur, Herr Doktor Jenny, ließ mich großzügig in die Handschrift des Churer Weltgerichtsspiels Einsicht nehmen und monsieur le chanoine Louis Gros in SaintJean-de-Maurienne erteilte mir wertvolle Auskunft über das Spiel von Modane. Den Herren Professoren Bayerschmidt, Ludwig und Voss habe ich für wertvolle Hinweise zu danken. Bei den Korrekturen und bei der Arbeit am Index haben mir meine Freunde Vera Lachmann und Wolfgang Heuß dankbar anerkannte Hilfe geleistet. Ein Forschungsstipendium der Germanistic Society of America ermöglichte mir einige Monate ungestörter Arbeit. New York, Juli 1973
EINLEITIJNG
ÜBERLIEFERUNGSGESCHICHTE DER ANTICHRISTVORSTELLUNGEN
Die Oberlieferungsgeschichte der Antichristvorstellungen ist zumindest bis zu der zusammenfassenden Darstellung Adsos im lO.Jahrhundert äußerst kompliziert und schwer zu verfolgen. Das hat verschiedene Gründe. Erstens ist der Antichrist nur ein Teil eines großen Komplexes von eschatologischen Vorstellungen, zu denen ferner gehören : das Tausendjährige Reich, das Weitende, das Letzte Gericht, etc. Diese einzelnen eschatologischen Vorstellungen sind von sehr verschiedenartiger Herkunft. Es sind uralte weitverbreitete kosmologische Mythen, Beiträge der vorchristlichen jüdischen Theologie, hellenistische Motive und frühchristliche Anschauungen. Da die Eschatologie aufs engste mit der theologischphilosophischen Deutung der Geschichte zusammenhängt, so hat jede bedeutendere politische Veränderung wieder eine Neufassung und Umdeutung der Eschatologie zur Folge gehabt. Außerdem beeinflussen die einzelnen eschatologischen Vorstellungen einander gegenseitig. Das heißt also, es gibt eine große Anzahl sehr verschiedenartiger Quellen für die Antichristlegende, sie verändert sich mit politischen Ereignissen und steht im Austausch mit anderen eschatologischen Vorstellungen. Zweitens wird die Antichristologie sehr viel später kanonisch fixiert als andere Teile der christlichen Theologie; eigentlich wird sie überhaupt nie verbindlich festgelegt, sie ist auch vor der Reformation kaum je Gegenstand scharfer theologischer Auseinandersetzung geworden. Das liegt vor allem daran, daß die biblischen Aussagen über den Antichrist recht dunkel und geheimnisvoll sind, und das Auftreten des Antichrist eben überhaupt nur die Funktion hat, die Parusie Christi vorzubereiten. Im Neuen Testament gibt nur die Apokalypse des Johannes eine ausführliche Darstellung der Endzeit, und hier stehen noch sehr disparate Vorstellungen ziemlich ungeordnet nebeneinander, besonders haben uralte
2
EINLEITUNG
theriomorphe Mythologeme noch reichen Anteil, Motive, die in der späteren apokalyptischen Theologie nicht mehr auftreten, oder allegorisch verwandt werden, während sie in volkstümlichen sibyllinischen Schriften zu allen Zeiten eine große Rolle spielen. Im frühen Christentum scheinen dann besonders apokryphe und sibyllinische Schriften die Ausgestaltung der Antichristlegende übernommen zu haben. Erst in der populär-theologischen Lehrschrift Adsos von der Mitte des zehnten Jahrhunderts liegt die Antichristlegende in ihrer endgültigen Gestalt vor, nun mit einem völlig anderen Gesicht als in der Johannesapokalypse. Es soll hier versucht werden, wenigstens in groben Zügen einen Überblick über die Antichristüberlieferung zu geben 1, bevor die Antichristschrift Adsos in größerem Detail behandelt wird, die als Grundlage für alle späteren Behandlungen des Antichriststoffes betrachtet werden darf. Die Vorstellung vom Antichrist basiert auf alten weitverbreiteten Mythen vom großen Kampf Gottes mit dem Bösen, der schon einmal am Beginn der Zeiten stattgefunden und zur Besiegung des Weltdrachens bzw. zum Sturz Luzifers geführt hat, und der am Ende der Zeiten noch einmal in verschärfter Form um die Menschheit entbrennen und mit der endgültigen Niederwerfung Belial-Satans bzw. des apokalyptischen Tieres enden wird. Der Exponent des Bösen und Verführer der Menschheit in jener letzten Emphörung wider Gott ist jene Gestalt, die, längst ein Begriff, erst in den Johannesbriefen den festen Namen Antichristos, Widerchrist, erhalten wird 8 • Diese apokalyptischen Vorstellungen sind zum erstenmal konkret auf eine historische Situation, nämlich die Bedrängung der Juden durch den syrischen König Antiochos IV. Epiphanes, bezogen im Buch Daniel. Antiochos Epiphanes ist damit die erste historische Konkretisierung des Antichrist. Die Antichristprophetie Daniels ist verknüpft mit der schweren Leidenszeit des jüdischen Volkes in der babylonischen Gefangenschaft. Spezifisch jüdisch scheint die Vorstellung von antichristliehen Pseudopropheten zu sein, die durch fortschreitende Verführung der Gläubigen 1 Benützt sind dafür vor allem die Artikel "Antichrist" im Reallexikon für Antike und Christentum (Stuttgart : Hiersemann), I (1950), 450-457 (Lohmeyer) und in Religion in Geschichte und Gegenwart, 3. Auflage (Tübingen : Mohr), I (1957), 431-434 (Schütz und Maurer) und "Eschatologie" in Religion in Geschichte und Gegenwart, 3. Auftage, II (1958), 655-680 (Jepsen, Meyer, Conzelmann, Kraft). Literaturangaben finden sich an diesen Stellen. Grundlegend für die Antichristvorstellungen des Neuen Testaments ist die Arbeit von Josef Ernst. Die eschatologischen Gegenspieler in den Schriften des Neuen Testaments, Biblische Untersuchungen, 111 (Regensburg : Pustet, 1967). • I Job II 18, 22, IV 3; 2 Joh 7.
BINLEITUNG
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allmählich den großen Abfall von Gott am Ende der Zeiten herbeiführen. Der endzeitliche große Verführer ist danach nur gleichsam eine Potenzierung der einzelnen in der Geschichte wirkenden Antichristen. Im Neuen Testament sind die verschiedenen eschatologischen Vorstellungen noch nicht zu einem verbindlichen Gesamtbild verschmolzen, obwohl das Wirken eines mächtigen und zum Kampf entschlossenen Gegenspielers Gottes überall spürbar ist. Ganz offenbar hemchen die apokalyptisch-mythischen Elemente noch vor, ist die spätere konkrete Antichristgestalt noch nicht konzipiert. Paulus (2 Thess II 3-12), der schon einige Züge der späteren Antichristgestalt anführt, denkt offenbar an den falschen Messias der Juden, den Leugner des wahren Messias und damit Inbegriff des Bösen, ohne ihn wirklich als eine politische Figur zu sehen. Dieser ganze Komplex von mythischen Vorstellungen, spätjüdischer, aus einer konkret politischen Situation erwachsener Apokalyptik und frühchristlichen eschatologischen Ideen wird durch die ersten nachchristlichen Jahrhunderte weitergegeben und in der Zeit der Verfolgung mit antijüdischen und antirömischen Tendenzen versehen. Oft tritt der Kaiser Nero als die Verkörperung des Antichrist auf. Vom Anfang des dritten Jahrhunderts an verblaßt die konkrete politische Interpretation der Antichristlegende auf Nero hin. Mehr und mehr gewinnt die Antichristgestalt nun ihre charakteristischen Züge. Maßgebend scheinen in dieser Hinsicht vor allem drei Einfiüsse zu sein : erstens die Auffassung des Antichrist als des Pseudomessias der Juden, zweitens die Parallelisierung und Kontrastieruns des Antichrist mit Jesus Christus und drittens, was noch genauer auszuführen sein wird, der typologische Einfiuß der frühchristlichen Märtyrerliteratur. Aus dem mythischen Ungeheuer wird nun "ein Mensch mit satanischer Macht oder ein satanisches Wesen in menschlicher Gestalt" 3 • Chiliastische Vorstellungen, d.h. die Erwartung eines irdischen Reiches des Messias vor dem Weltende von unterschiedlicher, häufig tausendjähriger Dauer spielen, aus dem Judentum stammend, besonders in der Johannesapokalypse eine prominente Rolle t. Sie verschwinden nach dem Sieg der Kirche mehr und mehr in der offiziellen theologischen Literatur. 8 Vgl. das Reallexikon für Antike und Christentum, I, 456 (Lohmeyer). Das gilt allerdings im wesentlichen nur für die Literatur; in den bildliehen Darstellungen bebAlt der Antichrist die Tiergestalt der Apokalypse, vgl. dazu das Lexikon der christlichen Ikonographie, hg.v. Engelbert Kirschbaum S.J. (Rom, Frciburg, Basel, Wien : Herder), I (1968), 119-122 (Chadraba). t Apk XX 1-6.
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BINLEITUNG
Seit dem Ende des vierten Jahrhunderts tauchen solche Vorstellungen im byzantinischen Bereich in der volkstümlichen politischen Sibyllenliteratur auf. Der Friedensfürst der Endzeit ist nun in diesen sibyllinischen Büchern ein Kaiser des Römischen Reiches. Diese chiliastische Literatur scheint stark von der Alexandersage beeinßußt 11• Damit ist aufs gröbste die Entwicklung skizziert, die der Mönch Adso in seiner Antichristschrift im zehnten Jahrhundert zusammenfaßt und aus dem Verständnis seiner Zeit heraus neu deutet. MOTIVGESCHICHTE DES ANTICHRISTSTOFFS
Wir haben kurz zu umreißen, woher die einzelnen Motive in den Antichristdarstellungen stammen s. Der Großteil dieser Motive ist aus den apokalyptischen Berichten der Bibel übernommen, vor allem aus Daniel, der Johannesapokalypse und Paulus' zweitem Thessalonicherbrief. Die spätantike, frühmittelalterliche Bibelexegese bezieht aus diesen Quellen, kombiniert mit zahlreichen vereinzelten Bibelstellen die Details ihrer Antichristologie. Die beiden wesentlichen Strukturprinzipien bei der Interpretation des Stoffes sind erstens die exakte parallelisierend-antithetische Auffassung des Antichrist als des Gegenspielers Christi : jedem Detail der Lebensgeschichte Christi entspricht ein genau paralleles oder antithetisches Detail in der Lebensgeschichte des Antichrist 1. Zweitens wird der Antichrist identifiziert mit dem von den Juden trotz Christi Erscheinen noch immer erwarteten Messias, der, eben weil er Christi Erlösungstat leugnet, der Erzbetrüger und Antichrist sein wird 8 • Diese Quellen und Interpretationsprinzipien reichen jedoch noch nicht 6 Vgl. Pranz Kampers, Alexaruler der Große urul die Idee des Weltimperiums in Prophetie und Sage, Studien und Darstellungen aus dem Gebiete der Geschichte, Bd. I, Hfte. 2,3 (Freiburg : Herder, 1901). 1 leb sehe hier von der Motivgeschichte des Chiliasmus völlig ab, die Sackur, Kampers und andere gründlich dargestellt haben, und die rlir das Antichristdrama, abgesehen vom Iudus rk Antichristo, außer Betracht bleibt. 7 Deutlich greifbar ist dieses parallelisierend-antithetische Verfahren zum erstenmal bei Hippolytos, de Antichristo, VI, in einer Schrift, die um 200 n. Cbr. geschrieben wurde. Zu vergleichen ist neben vielen anderen Adso, 106 (Sackur). Gerhocb, rk inrestlgatione Antichristi, 312, Sf. (Sacltur), formuliert das Verhlltnis von Gott und Satan als "in con· trarietate similitudo et in similitudine contrarietas". 1 In diese Richtung scheint Paulus' Tbessalonicberbrief (s.o. 3) zu weisen. Vgl. vor allem Wilhelm Bousset, Der Antichrist in der Oberlieferung des Judentums, de1 neuen Testaments urul der alten Kirche (Göttingen : Vandcnboeck und Ruprecht, 189S), 108-115.
BINLEITUNG
s
hin, um die Plastizität der Antichristgestalt in der volkstümlichen Über~ Iieferung zu erklären, die Fülle der biographischen Details, die sich über die theologischen Darstellungen der frühen Kirchenschriftsteller hinaus im Mittelalter zu einer fest umrissenen Gestalt zusammenfügen. Erst diese festumrissene volkstümliche Antichristgestalt konnte durch die Vermittlung Adsos ein dankbares Objekt für das mittelalterliche Drama abgeben. Wichtig für die Konstitution der real greifbaren Antichristgestalt ist vor allem der Figurabegriff der christlichen Theologie. Es handelt sich dabei zunächst um das Verfahren, das Alte Testament im ganzen und im Detail als Präfiguration der christlichen Heilsgeschichte zu betrachten und somit im Lichte der Heilsgeschichte zu legitimieren. Schließlich läßt sich die politische Geschichte überhaupt als ein Gegenstück und Teil der Heilsgeschichte interpretieren, indem jedes Datum der Geschichte in Beziehung zu einem Datum der Heilsgeschichte gesetzt und danach bewertet wird. Vom Verhältnis zweier aktueller Geschehnisse zueinander, von denen eines das andere interpretiert, wird der Ausdruck schließlich übertragen auf die imitatio eines heilsgeschichtlichen Vorfalls in der mimetischen Darstellung 11 • Präfigurationen der Herrschaft des Antichrist mit ihrer Verfolgung der Gläubigen sind vor allem die beiden anderen großen Leidenszeiten des Judentums, bzw. der christlichen Kirche, nämlich die babylonische Gefangenschaft kombiniert mit der Bedrängung durch den Syrer Antiochos, wie 1 Zum Figura ..• a-begrift"vgl. Erich Auerbach, Archi'llum Ronwnicum, XXII (1938), 436489. Zur Anwendung des Begriffs in der mittelalterlichen Dramaturgie s.u. 46 mit Anm• .56. Der entsprechende Begriff im Griechischen ist ty/)08, vgl. Thesaurus linguae LatituJe, VI1, 734, 81· 736, 71. Zur Anwendung des Konzepts in der theologischen Bibelexegese vgl. Leonhard Goppelt, Typos, BeitrAge zur Förderung christlicher Theologie, Reihe 2, XLIII (1939) und "Apokalyptik und Typologie bei Paulus", Theologische Literaturzeitung, LXXXIX (1964), 321-344 (die beiden Arbeiten im Nachdruck : Goppelt, Typos, Darmstadt : Wissenschaft!. Buchgesellscb., 1969). Zum Figurakonzept im Drama vgl. Toni Weber, Die Pr4/iguration im geistlichen Drama Deutschlanda, Diss. Marburg 1919 und besonders Theo Stemmler, Liturgische Feiern und geistliche Spiele, Buchreihe der Anglia, XV (Tübingen : Niemeyer, 1970). Zu typologischen Übertragungen in der mittelal· terlichen Epik vgl. Julius Schwietering, "Typologie in mittelalterlicher Dichtung", Vom Werden des deutschen Geistes. Festgabefür G. Ehri6nw1111, hg. v. P. Merker und W. Stamm· ler (Berlin/Leipzis : de Gruyter, 1924), 40-5.5 (wiederabgedruckt in : Schwietering, Philologische Schriften, München : Fink, 1969, 269-281). Grundlegend zum typologischen Denken Karlfried Gründer, Figur und Geschichte, Symposion, lli (Freiburg/München : Alber, 19.58), 93-1.58, Karl-Heinz Schwarte, Die Vorgeschichte der Augustinischen Weltal· terlehre, Antiquitas, Reihe 1 : Abhandlungen zur alten Geschichte, XII (Bonn : Habelt, 1966), 4-8 und Friedrich Ohly, ,.Synagoge und Ecclesia", Miscellanea MediDe'IIDlia, IV : Judentum im Mittelalter (1966), 3.50.369.
6
EINLEITUNG
sie sich bei Daniel findet, und die Zeit der römischen Christenverfolgungen, als deren Hauptrepräsentant Nero auftritt. Es läßt sich zeigen, daß beide sehr maßgeblich zur Konturierung und Kolorierung des Antichristbildes beigetragen haben, wie auch die christliche Martyrologie selbst oft sehr an Daniels Bericht über Nebukadnezars Übergriffe gegen die Juden erinnert und Motive daher bezogen zu haben scheint. Bevor dies genauer ausgeführt wird, sei eine Stelle aus einem mittelalterlichen Exkurs über den Antichrist angeführt, die ein schlagendes Beispiel für die Anwendung des Figuraprinzips auf den Antichriststoff abgibt. Es handelt sich um den anonymen liber de promissionibus et praedictionibus Dei, wahrscheinlich aus dem fünften Jahrhundert, ein Buch, das geradezu als das Paradebeispiel für das spätantik-mittelalterliche Figurakonzept auftreten könnte. Die Stelle lautet 10 : Ecce et hic tripartita etiam testium divisio. Contra Pharaonem duo testes Dei missi sunt, Moyses et Aaron; et duo magi Pharaonis, Jamnes et Mambres resistentes Moysi (Exod. Vß, 11. 2 Tim. lll, 8), qui simul cum suo rege perierunt; et contra Neronem duo, Petrus et Paulus apostoli; at e contrario, Sirnon Magus, qui et se perdidit, et Neronem decepit; et contra Antichristum duo, Enoch et Elias prophetae, adversus quos tres pseudoprophetae Antichristi consurgent (Apocal. XV1,13).
Der Autor der Schrift sieht also hier den ägyptischen Pharao des Buches Exodus und den römischen Kaiser Nero als figurae Antichristi. Gegen beide, wie gegen den Antichrist, sendet Gott seine Propheten, Moses und Aaron, Petrus und Paulus, Enoch und Elias. In allen drei Fällen erheben sich falsche Gegenpropheten gegen die Zeugen Gottes : Jamnes und Mambres, Simon Magus, drei Propheten des Antichrist, die die Zahl sechs voll machen. An dem Text lassen sich vor allem zwei Beobachtungen machen, die für die Entwicklung der Antichristlegende wichtig sind. Erstens scheint das den ersten beiden Fällen (Pharao, Nero) zugrundeliegende Prinzip das der Korruption der politischen Macht durch den geistlichen Einfluß der Pseudopropheten zu sein. Die Analogie ist für den Antichrist an der zitierten Stelle nicht durchgeführt, dafür erscheint in der übrigen Antichristliteratur und besonders im Antichristdrama der Antichrist durchweg in der Rolle des Verführers in erster Linie der politischen Machthabern. to Migne, PL, U, 848.
u Vgl. etwa Adso, 108 (Sackur), siebe auch Hans Preuß, Die Voratellungen vomAnti· chri1t im apiiteren Mittelalter, bei Luther und in der kon/el8ionellen Polemik (Leipzig: Hinrieb, 1906), 98, 133 zu Luther. Die Weisheit Gottes ist den Mächtigen dieser Erde
7
BINLEITUNG
Zweitens sind hier die Apostel Petrus und Paulus als figurae der endzeitlichen Blutzeugen Enoch und Elias aufgeführt. Wir werden sehen, wie im Antichristdrama der Reformation Petrus und Paulus Enoch und Elias als Gegenspieler des Antichrist verdrängen werden. Im übrigen stehen an Stelle des Pharao, der das Volk Israel gegen den Willen Gottes in Ägypten zurückgehalten hat, als alttestamentlicher figura Antichristi oft Antiochus und in zweiter Linie Nebukadnezar aus dem ·Buche Daniel 11• Wir kehren zu unserem Vorhaben zurück, im Buche Daniel und in der frühchristlichen Martyrologie diejenigen Motive aufzuzeigen, die unserer Meinung nach wesentlichen Einftuß auf die Antichristlegende gehabt haben. Wir haben uns dabei mit den Gestalten Nebukadnezars (Antiochus Epiphanes wurde schon immer als Antichrist aufgefaßt) im Danielbuch und des Magiers Simon 18 in den Petrus- und Paulusakten - die uns
verborgen. Locus clalliCUI rur diese Vorstellung ist 1 Kor ß, 6ft'., vgl. dazu Georg Kretschmar, Studien zur frühchristlichen Trinitätstheologie, Beiträge zur historischen Theologie, XXXI (Tiibingen : Mohr, 1956), 53. 12 Zu Nebukadnezar vgl. Honorius von Autun, Sacramentarium, Migne, PL, CLXXII, 772. Honorius führt die typologische Deutung genau aus : Nebukadnezar repräsentiert den Antichrist, die drei Jünglinge im Feuerofen die vom Antichrist verfolgte Menschheit (Asia, Africa, Europa). Die umfangreichste Darstellung der Antichristtypologie mit den Haupttypen Pharao, Nebukadnezar, Antiochus, Nero bietet Gerhoch von Reichersberg in den beiden Schriften de lnvestlgatione Antichristi und de quarta vigilia Mctis. Zur babylonischen und ägyptischen Gefangenschaft als Antitypen der Verfolgung der Kirche durch den Antichrist vgl. Gerhoch, MGH, Ubelli d4 lite, 111, 320, 326, 336, 339f. und besonders 519-522. 18 Zu den Parallelen zwischen Antichrist- und Simon Magus- Legende vgl. Wilhelm Bousset, Der Antichrist in ur Oberlieferung des Judentums, des neuen Testaments und der alten Kirche (Göttingen : Vandenhoeck und Ruprecht, 1895), 94-97, lll, 118-120. Bousset postuliert auf S. 87 die Abhängigkeit der Sirnon Magus-Legende vom Antichristmythos, S. 120 stellt er fest : ,.Man weiss kaum, auf welcher Seite die Priorität liegt". Nun sind aber die Petrusakten, in denen sich die Sirnonlegende findet, zweifellos älter als die entsprechenden Quellen fiir die Antichristlegende, die Bousset anrührt. Außerdem die liegt die Sirnonlegende als eine geschlossene Erzählung vor, wAhrend die Belege parallelen Züge der Antichristlegende bei Bousset einzeln aus verschiedenen Quellen zusammengesucht sind. Bousset hilft sich mit der Annahme eines Alteren geschlossenen Antichristmythos, der später verloren gegangen sei und sich nur in verstreuten Reminiszenzen erhalten habe. Es scheint naheliegender, anzunehmen, daß sich umgekehrt die ursprünglich vagen Antichristvorstellungen durch typologische Übertragungen von außen angereichert und konkretisiert haben.
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BINLEITUNG
erhaltenen Fassungen stammen vom Ende des zweiten bzw. aus dem dritten Jahrhundert - zu befassen. Bei Daniel, in den Apostelakten und in bestimmten Fassungen der Antichristlegende findet sich übereinstimmend das Motiv des Wettkampfes zwischen heidnischen Zauberern und jüdisch-christlichen gottgesandten Propheten 1c. Im Buch Daniel 111 fordert Nebukadnezar seine chaldäischen Magier auf, einen Traum, den er geträumt, zu deuten, ohne daß er ihnen den Traum beschreibt. Die Magier gestehen ihre Unf"ahigkeit dazu und behaupten, nur Götter, nicht sterbliche Menschen könnten die Aufgabe lösen 1e. Daniel, dem sein Gott beisteht, löst die Aufgabe und beschämt die Zauberer und ihre Götter. Der König Nebukadnezar huldigt darauf dem Gott der Juden und macht Daniel zu seinem Vertrauten. Der Zauberer Simon sucht Nero dazu zu bringen, seine Feinde Petrus und Paulus zu beseitigen. Um dies zu erreichen und dem Kaiser seine eigene Göttlichkeit zu beweisen, fordert er die Apostel zum Wettkampf heraus 1 7 • Petrus überführt den Magier wiederum dadurch, daß er zeigt, daß dieser seine (Petri) Gedanken nicht zu lesen vermag 1s. Der Magier behauptet daraufhin, nur Gott allein, nicht einmal Gottes Sohn könne eines Menschen Gedanken lesen. Um seine Niederlage zu verbergen und den Apostel zu töten, greift der Magier zu brutalen Zaubermitteln. Petrus jedoch bricht den Zauber mit Hilfe von geweihten Broten und beweist damit dem Kaiser, daß er des Magiers Absichten vorausgewußt habe. Wiederum legitimiert also das Wissen um die geheimen Gedanken eines Menschen den Mann Gottes gegenüber dem Zauberer. Trotz dieses und anderer Beweise bekehrt sich jedoch der Kaiser nicht. Dies mag daraufhin deuten, daß das ganze Motiv hier sekundär ist und, aus dem ursprünglichen in einen vorgegebenen Zusammenhang gebracht, eingepaßt und abgeschwächt werden mußte. In dem Chesterspiel vom Antichrist (Nr. 7) findet sich ebenfalls ein Wettstreit zwischen dem falschen Propheten, dem Antichrist, und den gottgesandten Zeugen Enoch und Elias. Am Ende dieser Szene fordert Elias den Antichrist auf (V. 545ft'.), die vom Tode Auferweckten essen 14 Außer den angeführten Stellen lAßt sich noch vergleichen : ugenda Aurea II, 307·310 (Benz). 11 Dan II. 11 Dan II IOf. 11 Die ganze Geschichte im "Martyrium Petri et Pauli", Tischendorf, Acta Apostolorum Apocrypha, 2.Außage, I (18!11, Nachdruck, Darmstadt : Wissenschaftl. Buchgesellscb., I!159), 132-176. 1a Tiscbendorf, 138-142.
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und trinken zu lassen. Dadurch, daß Elias das Brot segnet, das die Auferweckten essen sollen, bricht er den Zauber des Antichrist 11• Ein anderes Motiv, das sich im Buch Daniel, in den Märtyrerakten und in der Antichristlegende findet, ist das des Feuerofens als des klassischen Marterwerkzeugs. Nebukadnezar errichtet ein goldenes Götterbild und verlangt, daß man ihm göttliche Ehren erweise. Diejenigen, die die Verehrung des Bildes verweigern, werden in den Feuerofen geworfen (Daniel 111). ·Ganz ähnliche Szenen, in denen ebenfalls der Feuerofen vorkommt, sind in den Märtyrerlegenden in großer Zahl nachzuweisen 10 • Der Feuerofen findet sich wiederum in der volkstümlichen Oberlieferung als das charakteristische Requisit des Antichrist :u. Besonders auflällig sind die Motiventsprechungen zwischen der Simon Magus- und der Antichristlegende 11• Ich führe die Hauptpunkte der Simoniegeode an, soweit sie hier in Betracht kommen : Simon der Magier ist der Sohn Satans 18• Er verführt viele Christen, läßt sich Statuen errichten und sich als Gott verehren 14• Mit Hilfe des Teufels vollbringt der Zauberer Scheinwunder, um seine Göttlichkeit zu erweisen 15 • Er versucht eine Totenauferweckung, die aber nur teilweise gelingt 18, und inszeniert seine eigene- scheinbare- Auferstehung vom Tode 17 • Christus sendet Petrus,
1• Dies zeigt, daß das Motiv keineswegs eine Erfindung des Verfassers des Antichristspiels von Chester ist, wie Linus U. Lucken, Antichrist and the Prophet8 of Antichrist in the Chester Cycle (Washington : The Catholic University of America Press, 1940), 63f., annimmt. Man könnte als auf weitere Parallelen auf die zahlreichen Hostienwunder hinweisen, vgl. Peter Browe S.J., Die eucharutischen Wunder des Mittelalters, Breslauer Studien zur bistorisehen Theologie, N.F. IV (Breslau : Müller & Seift"ert, 1938) bes. 34, 57-60, 86-92. 10 Legenda Aurea I, 58, 169, 256, 358,413, 527, 634, 748; II, 152, 180,229, 278 (Benz). 11 Vgl. Adso, 109 (Sackur), die Dresdner Johannisprozession (Nr. 15) sowie das Künzelsauer Fronleichnamsspiel (Nr. 12), V. 5185f.). Auch Lutber bezeugt diesen Zug der Antichristlegende vgl. Hans Preuß, Die Vorstellungen vom Antichrist im späteren Mittelalter, bei Luther und in der konfessionellen Polemik (Leipzig : Hinrieb, 1906), 133. Literatur zum Feuerofen bei Karl Reuschel, Die deutschen Weltgerichtsspiele des Mittelalter~ und der Re/ormationszeit, Teutonia, IV (Leipzig : Avenarius, 1906), 53, Anm. 4 und Mary Hatcb MarshaU, Antichrist in Medieval Drama andin the Drama ofthe Reformation in England, MA-Thesis Yale 1928, 34, Preuß, 21. 11 Gerhard Günther, Der Antichrist (Hamburg : Wittig, 1970), 202 weist darauf hin, daß die ,.Geschenke" des Antichrist den Tatbestand der Simonie erfüllen. • Tiscbendorf, 62. M Tischendorf, 48f., 51. 11 Tiscbendorf, 60, 80f., 193f. (Teufel als Helfer). • I1Schendorf, 75f. 17 Tiscbendorf, 146f., 201f.
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um dem Zauberer das Handwerk zu legen 18• Es kommt zu mehreren Begegnungen zwischen den beiden, von denen der entscheidende Wettkampf, wie bereits erwähnt, vor dem Kaiser Nero stattfindet. Sirnon hatte es sich vor allem angelegen sein lassen, den Kaiser, den Vertreter der politischen Macht, von seiner göttlichen Sendung zu überzeugen und mit seiner Hilfe seine Gegner, die Christen, zu vernichten. Petrus bricht den Zauber des Magiers, ohne jedoch den Kaiser zu bekehren. Als letzten entscheidenden Beweis seiner Göttlichkeit versucht der Magus die Himmelfahrt, die mit Sturz und Tod endet u. Diese Hinweise sollen genügen, um zu zeigen, in welchem Maße der Antichrist seine konkreten Züge alttestamentlichen und apokryphen Berichten verdankt, die Details liefern, welche sich in der neutestamentlichen apokalyptischen Literatur nicht finden. Die theologische Legitimation für diese Ausmalung der Antichristvorstellung bildet das typologische Konzept, nach welchem die Perioden der Verfolgung der Kirche immer wieder dieselben Züge aufweisen 30• Die populär-theologische Literatur des Mittelalters leitet davon die Berechtigung ab, Züge, die sich in typologisch entsprechenden Perioden finden, frei in ihre Dantellungen der Eschatologie zu übertragen. Martin Luther macht für die protestantische Theologie und damit auch für das protestantische Antichristdrama Schluß mit diesem Verfahren. Er verzichtet völlig darauf, die Bibelstellen, die sich auf den Antichrist beziehen, auszumalen und zu ergänzen, und begnügt sich mit dem abstrakten Interpretationsprinzip der Antithesis Christi et Antichristi a1. DIE ESCHATOWGISCHE STIMMUNG DES MITTELALTERS UND DER CHILIASMUS
Geschichte bedeutet für den mittelalterlichen Historiker immer Heilsgeschichte. Die ganze Weltgeschichte von der Schöpfung der Welt bis Tiscbendorf, 49. Vgl. dazu Wilbelm Bousset, Du Antichrist in der Oberlieferung des Judenthums, des neuen Testaments und ckr alten Kirche (Göttingen : Vandenboeck und Ruprecht, 1895), 94-97. Die Himmelfahrt eines Betrügers auch Legenda A.urea, I, 349 (Benz). Bausset vermutet hinter der Himmelfahrt des Magiers und des Antichrist den alten Mythos vom himmelstürmenden Drachen. 80 Die Antitypen der verfolgten Kirche sind das Volk Israel in der babylonischen Gefangenschaft, das vom Drachen verfolgte Weib der Johannesapokalypse, vgl. dazu das Lexikon der christlichen Ikonographie, hg.v. Engelbert Kirschbaum S.J. (Herder : Freiburg), I (1968), 145-150 (Fonrobert), etc. 81 Vgl. dazu Hans Preuß, Die Vorstellungen vom Antichrist im späteren Mittelalter, bei Luther und in der kon/ellionellen Polemik (Leipzig : Hinrieb, 1906), 93. 18 18
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zum Weltende ist bereits von Gott in der Heiligen Schrift geoffenbart. Es geht also flir den mittelalterlichen Menschen vor allem darum, festzustellen, an welcher Stelle in Gottes Heilsplan er sich befindet, d.h. wie nahe oder ferne er dem in den apokalyptischen Schriften beschriebenen Weltende ist. Der mittelalterliche Historiker hat deshalb vor allem zu bestimmen, bis zu welchem Grade die apokalyptischen Prophezeiungen eingetroffen sind, und das ist eben vor allem eine Frage der Exegese und Interpretation dieser Prophezeiungen. Die apokalyptischen Schriften des Alten sowie des Neuen Testaments sind in Krisenzeiten entstanden, in Zeiten der Verfolgung der Gläubigen. In diesen Schriften spricht sich die Sehnsucht der Verfolgten nach Erlösung aus. Da die politische Macht sich völlig in den Händen der Verfolger befindet, ist eine Erlösung von dem Druck nur durch göttlichen Eingriff zu erwarten. Solch ein göttlicher Eingriff führt entweder ein diesseitiges und deshalb zeitliches messianisches Friedensreich (Chiliasmus) oder das jenseitige ewige Reich Gottes nach dem Ende der diesseitigen Welt herbei. Die Idee eines irdischen Friedensreiches findet sich in der jüdischen Apokalypse, in der Offenbarung des Johannes, in volkstümlichen sibyllinischen Schriften und späteren religiösen Reformbewegungen. Sie wird sehr einflußreich werden auf die revolutionär-häretischen Bewegungen des Spätmittelalters und der Renaissance 88• In der orthodoxen christlichen Theologie spielt sie seit Johannes keine Rolle mehr. Augustinus lehnt jede Hoffnung auf eine diesseitige politische Verwirklichung des Reiches Gottes ab und bezieht den chiliastischen Gedanken der Johannesapokalypse auf die transzendente apolitische Gemeinschaft der Heiligen in der Kirche 33 • Mit der Etablierung der Kirche als politischer Institution geriet die konsequent chiliastische Riebn Zur Geschichte des Chiliasmus vgl. Norman Cohn, The Purruit of the Millennium (2.Aufl., London : Paladin Press, 1970), Walter Nigg, Das ewige Reich, 2.Auflage (1951, Nachdruck, München, Harnburg : Siebenstern-Taschenbuch-Verlag, 1967), Bemhard Töpfer, Das kommende Reich des Friedens (Berlin :Akademie Verlag, 1964). Zum spätmittelalterlichen Chiliasmus vgl. bes. Will-Erich Peuckert, Die große Wende (Hamburg : Classen & Goverts, 1948, Nachdruck, Darmstadt : Wissenschaftl. Buchgesellsch., 1966), 213ft'. Zum Chiliasmus vgl. ferner Bodo Gatz, Weltalter, goldene Zeit und sinnverwandte Vorstellungen, Spudasmata, XVI (Hildesheim : Olms, 1967) und bes. Hans-Joachim Mlbl, Die Idee des goldenen Zeitalters im Werk des Novalis. Probleme der Dichtung, VII (Heidelberg : Winter, 1965), 187-232. 33 Vgl. dazu Joseph Ratzinger, "Herkunft und Sinn der Civitas-Lehre Augustins'", Augustima Magliter : Congris International Augustinien (Paris, 21-24 Septerobre 1954), U, 965-919, wiederabgedruckt in Gelchichisdenken und Geschichtsbild im Mittelalter, Wege der Forschwg, XXI (Darmstadt : Wissenschaft. Buchgesellscb., 1961), 55-15.
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tung mehr und mehr auch in Gegensatz zur Kirche. Als reformerische und schließlich sogar revolutionär antikirchliche Richtung konnte der Chiliasmus daher keinen dauernden Eingang finden in die hemchende Theologie. Er hat sich im Antichristdrama. von einer Reminiszenz im Tegernseer Ludus de Antichristo abgesehen 84, nicht manifestiert. Im großen ganzen nehmen die Dichter des Antichristdramas bis zur Reformation keine Stellung zu aktuell-politischen Fragen. Auch wo das Antichristdrama am Ausgang des Mittelalters und in der Reformation die Kritik an Kirche und Klerus aufnimmt, kommt es doch nie zu einer Rezeption der volkstümlichen chiliastischen Vorstellungen der Zeit. D. h. also, die antikirchlich-sozialrevolutionären Strömungen des Mittelalters haben im Antichristdrama keinen Ausdruck gefunden. Eine zweite Frage ist die des Verhältnisses von apokalyptischer Naherwartung, d. h. des ungeschichtlichen ständigen Rechnens mit dem Anbruch der Endzeit, und eschatologischer Gegenwartsdeutung, d. h. der geschichtlichen Bestimmung der eigenen Situation im Rahmen des Heilsgeschehens u. Die erste ist die Bewußtseinslage des jüdischen und frühchristlichen Apokalyptikers, für den Weltgeschichte und göttlicher Heilsplan streng geschieden sind. Für die verfolgte Judenschaft und die bedrängte Gemeinde der christlichen Frühzeit ist die Erlösung nur als ein plötzlich hereinbrechendes und in der Not der Verfolgung baldigst zu erwartendes Ereignis vorstellbar. Nach dem Triumph der Kirche wird diese apokalyptische Haltung mehr und mehr aus der orthodoxen Theologie verdrängt. Die christliche Gemeinde ist nun nicht mehr das der Erlösung harrende Häuflein der verfolgten Gläubigen, sondern Gottes machtvolles Instrument im Heilsplan, die Gegenwart ist nicht mehr der verzweifelte Zustand der Endzeit, dessen Gottfeme Gottes Eingriff geradezu heraufbeschwört, sondern eine bestimmte Stufe in Gottes Heilsplan, welcher mit der Schöpfung am Beginn der Geschichte begonnen hat und am Tage des Gerichts, am Ende der Geschichte seine Erfilllung finden wird. " Eigentlich wird hier nur die Unterwerfung der Welt durch den römischen Kaiser geschildert. nicht das folgende Friedensregiment; der Antichrist scheint aufzutreten unmittelbar nachdem der Kaiser die Welt unterworfen hat, von einem chiliastischen Friedensreich kann also eigentlich gar nicht die Rede sein. 16 Zum Verhältnis von Apokalyptik und Geschichtstheologie bis ins Hochmittelalter vg]. Wihelm K.amlah, Apokalypse und Geschichtstheo/ogie, Historische Studien, CCLXXXV (1935, Nachdruck, New York: Kraus, 1966), bes. 70-74 und Arnos Funkenstein, Heilspion und 11t11lirliche Entwicklung (München : Nymphenburger Verlagsbandlung, 1965), bes. SS-60 und 115-121.
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Grundsätzlieb verschieden ist in den beiden Fällen die Methode der chronologischen Bestimmung des Weitendes. Während der Apokalyptiker das Herannaben des Endes in der Weise des Propheten aus momentanen göttlichen Zeichen ablesen zu können glaubt, sucht der Geschicbtstheologe der Vergangenheit und der geoffenbarten Zukunft die Struktur der Heilsgeschichte abzulesen, sie danach zu periodisieren und der eigenen Gegenwart ihren Platz im Gesamtplan anzuweisen. Während der Apokalyptiker sich mit der apodiktischen, inspirierten Gewißheit des Propheten äußert, wägt der Geschicbtstheologe kritisch vorsichtig Argumente ab, beruft sieb auf Autoritäten und trifft Entscheidungen mit Hilfe seines ihm selbst als beschränkt bewußten Urteilsvermögens 81• Zu dieser historischen Systematisierung tritt ein weiterer Faktor, der ebenfalls zu einem Zurücktreten der alten apokalyptischen Richtung in der mittelalterlichen Theologie beiträgt. Seit dem Sieg der Kirche ist das eigentliche eschatologische Thema nicht mehr die Erlösung der ganzen christlieben Gemeinde, sondern vielmehr das persönliche Seelenheil des Einzelnen 87 • Das heißt also, auf der einen Seite konzentriert sich die Theologie mehr und mehr auf die individuell persönliche Heilserfahrung, auf der anderen Seite wird daher die Eschatologie der Kirche mehr und mehr eine Domäne der Historiker bzw. Geschichtstheologen. Das zuletzt Ausgeführte gilt nur für die gelehrten Formen der mittelalterlichen Literatur, im Bewußtsein der breiten Masse und in der volkstümlichen Literatur herrschen völlig andere Vorstellungen. Hier sind die alten chiliastisch-apokalyptischen Vorstellungen noch in vollster Blüte. Für die unteren Schichten der mittelalterlichen Gesellschaft hat die Eschatologie noch ihr Janushaupt von Schrecken und Erlösung. Insbesondere in Krisenzeiten wird immer wieder das Bewußtsein stark, am Ende der Zeiten zu stehen, kurz vor dem Anbruch des Heils, dem nach der alten Apokalypse eine Zeit schlimmster Verfolgung vorangeht, während derer Gott noch einmal dem Bösen unbeschränkte Macht über die Welt einräumt. Unter Krisen sind hier entweder politische Krisen zu verstehen : das Ende des nach Daniel vierten Weltreiches, das gemeinbin mit dem römischen Reich identifiziert wird, die große discessio des zweiten Thessalonicherbriefs briefs, geht dem Jüngsten Tag voran; oder Naturkatastrophen, Seuchen etc., wie sie in der Apokalypse des Johannes auftauchen und in der mittelalterlichen Lehre von den fünfzehn Zeichen des Jüngsten Gerichts entwickelt " VaJ. Funkenstein, S1. Val. Kamlah, Apokalypse ll1fll Geschlchtstheologie, 12.
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werden aa, oder das massive Auftreten von Häretikern (die Antichristi des zweiten Thessalonicherbriefs). Die Stelle der geschichtstheologischen Analyse nehmen in der volkstümlichen Oberlieferung ominöse Zeichen und Wunder ein, die durch astrologische und mathematische Spekulationen gedeckt werden. Die Langlebigkeit solcher Spekulationen um das Weltende wird durch die Tatsache bewiesen, daß sie nach der Reformation um die Wende vom 16. zum !?.Jahrhundert noch einmal mit aller Macht aumackem konnten 89• Je nach der Zeitstimmung werden entweder die negativen Aspekte (Verfolgung, Weltuntergang) oder die positiven (Erlösung) des Jüngsten Tages betont. Es läßt sich wohl vergröbernd sagen, daß in den ersten Jahrhunderten der Christenheit, während der Verfolgung, die Erlösungssehnsucht der Märtyrer dominiert, nach dem Sieg der Kirche während des Mittelalters dagegen immer wieder die düsteren Aspekte des Weltendes hervorgehoben werden. Währenddessen bemüht sich die orthodoxe Theologie darum, die Eschatologie zu spiritualisieren, ihre Deutung auf konkrete historische Ereignisse zu verhindem und damit die Endzeiterwartung zu entspannen 40• Gegen Ende des Mittelalters treten dann in verstärktem Maße chiliastische Ideen auf, in denen eine Änderung der sozialen Verhältnisse hier auf Erden ersehnt wird, während bei Luther wieder die bekennensehe Sehnsucht nach dem "Lieben Jüngsten Tag" den Ausschlag gibt, unter heftigem Widerstand gegen chiliastische und revolutionär politische Bemühungen, wie seine Haltung gegenüber den Bauern und Wiedertäufern beweisen dürfte 41• Auch iür Luther wie ftir die orthodoxe Theologie des Mittelalters sind die chiliastische Ideen vertretenden, sozial-revolutionären Häretiker Teil des corpus Antichristi. Zusammenfassend wird man sagen können, daß trotz der entgegengesetzten Bemühungen der orthodoxen Theologie in den breiten Schichten des christlichen Europas das ganze Mittelalter hindurch und bis tief in S.u. 134, Anm. 83. Vgl. dazu Will-Erich Peuckert, Die Rosenkreutzer (Jena : Diederichs, 1928), 8-SB. 40 Vgl. Kamlah, Apokalypse und Geschichtstheologie, bes. 70-74. Ein Beispiel dafür ist unter vielen anderen auch Adso, 110 (Sackur). 0 Hans Preuß, Die Vorstellungen vom Antichrist im apäteren Mittelalter, bei Luther und in dllr konfessionellen Polemik (Leipzig : Hinrieb, 1906), 96f., 117, 168. Zu Luthers Haltung gegenüber den sozialrevolutionär-chiliastischen Strömungen seiner Zeit vgl. Carl Hinrichs, Luther und Müntzer, Arbeiten zur Kirchengeschichte, XXIX (Berlin : Oe Gruyter, 1952, Nachdruck, 1971), 39f., 146ft". Vgl. auch Will-Erich Peuckert, Die große Wende (Hamburg : Classen & Goverts, 1948, Nachdruck, Darmstadt : Wissenschaftl. Buchgesellsch., 1966), 635-641. II
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die Neuzeit hinein, bis zum Durchdringen der Aufklärung, der Glaube an das unmittelbare Bevorstehen des Weltendes geherrscht hat. Dieser Glaube hat immer wieder in bestimmten Krisenzeiten zu Massenpsychosen geführt u, bei der Menge der Zeugnisse und der Permanenz der Endzeiterwartung lassen sich jedoch solche Angaben nicht für eine äußere Datierung der Antichristdramen verwerten. Außer dieser häretischen prophetisch-apodiktischen Gewißheit unterscheidet sich die volkstümliche Antichristvorstellung noch in einer anderen Hinsicht von der der Theologen und Historiker des Mittelalters. Während die Theologie und Geschichtsschreibung des Mittelalters den konkreten Inhalt der apokalyptischen Schriften durch allegorische Interpretation mehr und mehr zu einer rein formalen Struktur der Heilsgeschichte abstrahiert hat 48, benützt die volkstümliche Tradition in naiver Weise die typologische Exegese, um im Sinne der ad Iitterom-Interpretation die alte Eschatologie mit einer bunten Mythologie auszuschmücken. 44 Dieser Mythologie verdankt das Antichristdrama seine Motive. Die Antichristmythologie ist also ein Produkt der populärtheologischen Überlieferung, die strenge Theologie hat den Stoff gemieden oder geschichtstheologisch-eschatologisch stilisiert. DAS ANTICHRISTDRAMA UND DIE LITURGIE
Die Frage der Beziehung der Antichristspiele zur Liturgie umfaßt zugleich den ganzen Fragenkomplex nach Herkunft und Entwicklung des Antichristspiels im allgemeinen. Wir werden uns dabei in erster Linie mit dem Ludus befassen, da dieses Drama den Ursprüngen des mittelalterlichen geistlichen Dramas sehr viel näher ist als alle anderen Antichristspiele. Wir haben zunächst die Frage zu stellen : Hat das Antichristdrama einen liturgischen Kern? Gibt es eine Stelle im kirchlichen Offizium, ein Element des ritus, aus welchem sich durch amp/ijicatio, durch Anreicherung mit außerliturgischen dramatischen Motiven das spätere Antichristspiel entwickeln konnte, wie sich aus der visitatio durch amp/ijicatio das Aufer48 Zeugnisse für die Steigerung der eschatologischen Erwartung in Krisenzeiten bei Ernst Wadstein, Die eschatologische Ideengruppe (Leipzig : Reisland, 1896), 7-36 und Robert Konrad, De ortu et tempore Anlichristi, Münchener bistorisehe Studien, Abteilung mittelalterliche Geschichte, I (Kallmünz : Lassleben, 1964), 54-70. 48 Siehe Kamlah, Apokalypse und Geschichtstheologie, 70-74. "' Eine Zusammenfassung der volkstümlichen Antichristüberlieferung bei BichtoldStäubli, Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens, I (Berlin-Leipzig : De Gruyter, 1927), 496-502 (Peuckert).
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stehungsspiel entwickelt hat 41 ? Läßt sich für das Antichristspiel der Weg vom Drama als repraesentatio, als Darstellung der zeitlichen Vorgänge der Heilsgeschichte zurückverfolgen zum Drama als ritus, als das im Kultus außerhalb von Raum und Zeit sich stets aufs Neue verwirklichende Heilsgeschehen ' 8 • Die Nachprüfung ergibt folgendes. Antichrist und Weltgericht haben im Verlauf des Kirchenjahres ihren Platz in der Adventszeit. Der erste adventus Christi, der an Weihnachten gefeiert wird, gemahnt an die Wiederkunft des Herrn zum Jüngsten Gericht. Mit dieser Wiederkunft des Herrn zum Gericht ist eng verbunden der adventus Antichristi, der dem Weltgericht unmittelbar vorausgeht. Für die Adventszeit sieht die römische Liturgie denn auch den einzigen Antichristtext vor : am vierten Quatembersamstag, unmittelbar vor Weihnachten, wird nach dem Missale Romanum als Epistel 2 Thess ll gelesen. Auch die abweichenden mittelalterlichen Sakramentarien scheinen außer diesem keinen Antichristtext aufzuweisen. Der Text ist als Gegenstand der didaktischen lectio schon gewissermaßen objektiviert gegenüber der rituellen actio. Er weist keinerlei dramatisches Element (responsio, symbolische Handlung, o. ä.) auf, er ist völlig abstrakt im Vergleich zu der reichen und detaillierten Antichristmythologie, wie sie bereits in den ältesten Antichristdramen vorliegt. Es gibt denn auch keinerlei Anzeichen für eine Dramatisierung dieser Stelle innerhalb des Offiziums zu irgendeiner Zeit. Freilich "enthält ... (diese Stelle) ... für die Augen des mittelalterlichen Lesers . . . die ganze im Ludus dargestellte apokalyptische Geschichte" 41 , aber eben nicht als Ergebnis der Verwirklichung im kirchlichen Offizium, sondern als Ergebnis der typologischen Exegese, die folglich auch die dramatischen Züge in den Text hineinliest, statt sie aus ihm herauszulesen. Das heißt, nicht die Liturgie stellt das Material bereit für das Antichristdrama, sondern die Exegese. Das soll natürlich nicht bedeuten, daß das Antichristdrama nicht etwa gelegentlich liturgische Texte verwertet. Für den lateinischen Ludus de Antichristo aus Tegernsee stellt Kamlab die Entlehnungen aus der Liturgie zusammen 48• Es stellt sich dabei heraus, daß diese Entlehnungen hauptsächlich aus der Liturgie der Advents- und Weihnachtszeit stammen. 46 Vgl. dazu 0.8. Hardison, Chrutian Rit~ alld Christion Drama in th~ Mlddle Ag~s (Baltimore: The Johns Hopkins Press, 1965). 411 Hardison, bes. 46, 271. 47 Wilhelm Kamlah, "Der Ludus de Antichristo", Hütorfsch~ Viert~ljahrschri/t, XXVIll (1934), 53-87, S6, Nachdruck in Mltt~llatdnüche Dichtung, Wege der Forschung, CXLI.X (Darmstadt : Wissenschaftl. Buchgesellsch., 1969), 343-381, 346. 411 Kamlah, "Der Ludus de Antichristo", S6-S7, Nachdruck, 346f.
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Dazu kommt, daß am Quatembersamstag vor Weihnachten neben dem zweiten Thessalonicherbrief nach dem missa/e Romanum Daniellll 49-51 gelesen wird, die Geschichte von den drei Jünglingen im Feuerofen, die in typologischer Beziehung zur Verfolgung des Antichrist steht 48 , und daß ferner in den mittelalterlichen Sammlungen von Sermonen und Homilien der Antichrist seinen Platz stets in der Adventszeit hat 60 • Antichrist- und Weltgerichtsspiele gehören also in die Adventszeit, und zumindest durch ein Zeugnis wird dies zweifelsfrei bestätigt, durch eine Laude aus Perugia aus der ersten Hälfte des 14.Jahrhunderts, eines der ältesten erhaltenen Antichristspiele (Nr. 4). Bei den Lauden handelt es sich um außerliturgische, volkssprachliche, geistliche Dichtung, mehr und mehr in dramatischer Form, die von den italienischen Geißlerbruderschaften zur Propagierung religiöser Einkehr und Buße vorgetragen wurde. Die einzelnen Dramen des Zyklus wurden an den einzelnen Festen des Kirchenjahres aufgeführt, das Antichristspiel fällt auf einen Sonntag im Advent. Das heißt also, das volkssprachliche geistliche Schauspiel des 14.Jahrhunderts scheint sich noch an die liturgische Konvention zu halten, nach der das Antichristgeschehen mit dem Advent verbunden ist. Desto eher dürfen wir annehmen, daß der lateinische Ludus de Antichristo aus dem 12.Jahrhundert ebenfalls in der Adventszeit aufgeführt wurde. An zwei weiteren Stellen glaubt Karl Young einen direkten Einfluß liturgischer Texte auf das Antichristdrama feststellen zu können 51 • Der Auftritt der Ecclesia und Synagoga im Tegernseer Ludus de Antichristo mit ihren konkurrierenden Einzugshymnen erscheint ihm als eine Reflexion der Altercatio Ecclesiae et Synagogae, einer fälschlich dem Augustinus zugeschriebenen antijüdischen Streitschrift in dialogischer Form, die allein schon ihrer Form wegen einen gewissen Einfluß auf das mittelalterliche Drama ausgeübt hat. Pflaum hat inzwischen gezeigt, daß das allegorische Motiv von Synagoge und Kirche im Tegernseer Antichristspiel in einer Weise verwandt ist, die einen Einfluß der Altercatio völlig ausschließt 62 : S.o. 7, Anm. 12. so Maximi Episcopi Taurinerufs Sermones, ed. A. Mutzenbecher. CCH, Series Lat. XXIII (furnhout : Brepols, 1962), sermo XIX, S. 70-73; Haimo, Migne, PL, CXVIII, 19; Petrus Damiani, MPL, CXLIV, 843; Wemer von St. Blasien, MPL, CL VII, 739ff.; Bruno von Segni, MPL, CLXV, 751 und Gottfried von Admont, MPL CLXXIV, SSf., u.a. 61 Karl Young, The Drama of the Medleval Church (Oxford : Clarendon Press, 1933), II, 390. 52 H. Pflaum, Die religiöse Disputation in der europäischen Dichtung des Mittelalters, I (Gen~ve-Fircoze : Olschki, 1935}, bes. 50-52. W. Scifertb, Synagoge und Kirche im Mittelalter (München : Kösel, 1964) gibt vor allem die bildliehen Dantellungen von Ecclesia und Synagoga. 48
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das Schema des Agons zwischen Synagoge und Kirche mit dem abschließenden Triumph der Kirche, das die Altercatio bestimmt, fehlt im Ludus völlig. Andere Antichristspiele verwenden das Motiv nicht. Der Auftritt der Propheten Enoch und Elias gegen den Antichrist läßt Young daran denken, daß dem Dichter des Tegernseer Antichrist eine Fassung des Ordo Prophetarum vorlag, des Prophetenspiels, das gleichfalls auf einen pseudoaugustinischen dialogischen Traktat zurückgeht, den Contra Judaeos, Paganos, et A.rianos sermo de Symbolo, der im Mittelalter auch liturgische Verwendung fand 68• Auch diese Beziehung zwischen Ordo Prophetarum bzw. pseudoaugustinischem Sermo und Antichristdrama ist abzuweisen, da erstens die beiden Zeugen (Enoch und Elias, später Petrus und Paulus) durch die apokalyptische Tradition vorgegeben sind, und zweitens die Struktur des Ordo Prophetarum bzw. des pseudoaugustinischen Sermo mit ihrer reihenweisen Zitation der Propheten des alten Testaments dem Antichristdrama völlig fremd ist. Das Antichristdrama ist konsequent bei den zwei Zeugen der Johannesapokalypse geblieben. Spätere Antichristdramen haben, analog zu den Propheten Christi, Propheten des Antichrist "· Doch fehlt auch diesen Dramen völlig die dramatisch-dialogische Struktur des Prophetenspiels mit dem Ziel der Oberführung der Juden und ihren dramatischen Erweiterungen der einzelnen Auftritte. Zusammenfassend können wir feststellen : das Antichristspiel verwendet gelegentlich liturgische Texte und scheint sich an liturgische Konventionen zu halten, es läßt sich jedoch weder im ganzen noch in seinen Teilen aus der Liturgie herleiten. Wie haben wir uns dann seine Entstehung zu denken und wo finden wir vergleichbare dramatische Formen? 0. B. Hardison, der das Verhältnis von liturgischem Drama und volkssprachlicher Tradition untersucht, kommt zu dem Schluß, daß das liturgische Drama sich um die Mitte des zwölften Jahrhunderts in zwei getrennte Entwicklungszweige aufgespalten habe, von denen der eine zu den komplexen lateinischen Dramen des dreizehnten Jahrhunderts, wie denen von Fleury, Roueo, Klosterneuburg und Benediktbeuren, der andere zum volkssprachlichen Drama wie dem Mystere d'A.dam und La Seinie Resurreccion gefdhrt habe 66 • Diese beiden Beispiele für volkssprachliches Drama aus dem zwölften Jahrhundert lassen sich noch aus der liturgischen Tradition Young, II, 125-171. Chesterspiel (Nr. 7), Luzerner Antichrist (Nr. 30). 16 O.B. Hardison, Chriatlan Rite and Chrlatian Drama in the Mlddle Agea (Baltimore : The Johns Hopkins Press, 1965), 281. 18
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erklären : im Falle des Mystere legen sich um einen liturgischen Kern (das gregorianische Responsorium für Sexagesima) dramatische Amplifikationen in gleichsam konzentrischen Kreisen, die Resurreccion ist gleichsam eine Kontrafaktur zum liturgischen Auferstehungsspiel, in welcher eben nur solche Szenen aus den Evangelien angeführt werden, die nicht im liturgischen Spiel erscheinen. Beides kann vom Antichristspiel nicht gesagt werden; wie wir oben gesehen haben 18, läßt sich die Antichristlegende weder völlig aus biblischen Texten, noch aus der Liturgie herleiten, sie setzt bereits eine exegetische Tradition voraus. Wir werden im Fall Adsos sehen, in welchem engen Zusammenhang die Antichrist- mit der hagiographischen Tradition steht : beide stützen sich auf Wundererzählungen und Legenden, werden vor allem vom wundergläubigen Volk gepflegt und sind der strengen Theologie immer ein wenig verdächtig. Adso, ein bedeutender hagiographischer Schriftsteller, schreibt bezeichnenderweise auch die bedeutendste Antichristbiographie &7. Wie die beiden literarischen Traditionen, so zeigt auch das darauf basierende Drama in beiden Fällen ähnliche Züge. Beide CAntichristdrama und Heiligendrama) haben sich nicht aus der Liturgie entwickelt 58, obwohl sie gelegentlich liturgische Passagen verwenden, beide legen außerbiblisches hagiographisches bzw. antichristologisches Material zugrunde und, was besonders wichtig ist, in beiden Gattungen liegen schon am Ende des 12.Jahrhunderts Schöpfungen vor (Ludus de Antichristo aus Tegernsee, Bodels Jeu de S. Nicolas), die eine sehr freie Behandlung der Tradition und offenbar individuellen künstlerischen Willen verraten, was von dem liturgischen Drama im strengen Sinn nicht gesagt werden kann, dagegen teilweise auf das Jeu d' Adam und die Resurreccion zutrifft, Dramen, in denen die beginnende Emanzipation von der Liturgie deutlich ist 68• Das heißt also, das außerliturgische Drama hat sich offenbar sehr viel rascher entwickelt als das liturgische Drama und bereits seinen Höhepunkt erreicht,
•• S.o. 1 und I Sff. S.u. 22f. 18 Nicht einmal Karl Young macht den Versuch, das Heiligendrama aus der Liturgie herzuleiten (II, 310). 0 Alle diese Dramen sind sicherlich vorwiegend von Klerikern und anfangs wohl auch innerhalb der Kirchen aufgerührt worden, aber jedenfalls von Anfang an außerhalb des Gottesdienstes. Die Aufführung durch Kleriker und in der Kirche wird rur die Antichristpiele bezeugt durch Gerhoch, de lnveatigatione Antichriati, I, S, MGH, Libelli de lite, Ul, 315f. Aufführungen von Heiligenspielen in der Kirche waren überhaupt selten, vgl. Karl Young, II, 308, und sicher wurden auch die Antichristspiele schon früh außerhalb der Kirche aufgerührt. 17
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wenn sich das liturgische Drama erst mühsam von der Stilisierung der Liturgie befreit. Das legt den Schluß nahe, daß der Einfluß der Liturgie und des liturgischen Dramas auf das Antichristdrama allenfalls mittelbar gewirkt hat, aber keinesfalls hinreicht, um eine literarische Tradition zu etablieren 10• Wir müssen also entweder annehmen, daß das außerliturgische Drama von bedeutenden Künstlern vom Schlage Bodels und des Tegernseer Dichters erst geschaffen wurde, oder nach einer außerliturgischen Tradition suchen, in die sich das Tegernseer Antichristspiel einordnen läßt. Karl Hauck versucht, den Tegernseer Ludus mit einer anderen Tradition in Verbindung zu bringen Er nimmt als Vorbild weltliche Schlachtaufführungsspiele an, um dadurch die zahlreichen militärischen Aktionen des Dramas 11 zu erklären, die weit über alles hinausgehen, was man von den hochmittelalterlichen geistlichen Spielen gewohnt ist. Aus dieser Tradition heraus läßt sich auch die seltsame Aufforderung des Antichrist gegen Schluß des Dramas ad coronam vocat suos deus deorum zwanglos deuten : corona ist Terminus technicus für die Schlußfigur des Schwerttanzspieles, das Stück sieht also hier eine Art militärischer Parade der Paladine des Antichrist vor. Leider sind die Zeugnisse für Auflohrungen von Schwerttanzspielen, etc. verhältnismäßig spärlich, außerdem hatte Haucks Erklärungsversuch noch zu leiden unter der Reaktion gegen die Versuche nationalsozialistischer Literaturkritiker, das mittelalterliche Drama auf germanisches Brauchtum zurückzuführen. In jedem Fall gilt dieser Hinweis nur für den Tegernseer Ludus, alle anderen Antichristspiele weisen keine Spur von Eintlüssen von Schwerttanz- und Schlachtaufführungsspielen auf, wie sie sich überhaupt völlig unbeeintlußt vom Tegernseer Ludus de Antichristo zeigen. Vom Ludus de Antichristo wird man jedenfalls feststellen können, daß Zeremoniell, Formeln und Wiederholungen in dem Drama militärisch-politischen und nicht liturgischen Charakter •• haben. Zusammenfassend läßt sich feststellen : Wir haben keine Evidenz für ein liturgisches Antichristspiet Das früheste erhaltene Antichristspiel ist
•1.
10 Das gilt natürlich nur fUr das Drama des 12.Jabrbunderts, das Antichristdrama des 14.Jahrhunderts erscheint keineswep mehr als Sondererscheinung im Kontext der zeitgenössischen Literatur. 11 Kar! Hauck, "Zur Genealogie und Gestalt des stauftschen Ludus de Antichristo", Germanüch-romllnlsche Mort~~tsschrl/1, XXXIU (1951/52), 11-26. u Nach V.86, 124, 146a, 186, 270, 298. • Karl Langosch, Geütliche Spiele, 2. Auftage (Darmstadt : Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 1961), 249r. interpretiert diese Züge als liturgisch, vaJ. dageaen Theo Stemmler, Ut~~r~lsche Feiern 11nd geistliche Spiele, Buchreihe der Anglia, XV (Tübingen : NieJDefer, 1970), 119.
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völlig unabhängig von der Liturgie, obwohl es in Latein und nicht in der Volkssprache verfaßt ist 84• Da dieses Drama keine Verwandschaft mit späteren Antichristdramen aufweist, wird man annehmen dürfen, daß es nicht in eine feste Tradition von Antichristspielen gehört, falls überhaupt eine solche vor dem 14.Jahrhundert bestanden hat, sondern eine selbständige individuelle Schöpfung darstellt. Die Antichristspiele, wie sie uns seit dem 14.Jahrhundert begegnen, gehören dem allgemeinen spätmittelalterlichen volkssprachlichen Typ des Mysterienspiels an, in dem die Unterschiede zwischen liturgischen und außerliturgischen Bestandteilen so gut wie völlig verwischt sind. Mit der Zyklenbildung und Gravitation der dramatischen Aufführungen zu den Hauptfesten Weihnachten, Ostern und Fronleichnam geht nun auch die Bindung des Antichristdramas an die Adventszeit verloren aa. Mit der allgemeinen Verlegung der Spiele aus der Kirche ins Freie, die spätestens im 14.Jahrhundert abgeschlossen ist 18, und ihrer Ausdehnung auf mehrere Tage bietet sich ohnehin statt der Adventszeit die Zeit um Ostern und Fronleichnam als gegebene Spielzeit an. Das Antichristdrama bildet nun zusammen mit Weltgerichtsdramen selbst eschatologische Zyklen, 17 die offenbar gelegentlich an die Stelle von Passionsaufführungen getreten sind und so in der Hauptspielzeit um Ostern und Pfingsten aufgeführt wurden ea. Der Grund für dieses Eintreten von Antichristspielen für Passionsspiele ist wahrscheinlich vor allem das Bedürfnis nach stoftlicher Variation. Antichrist-Weltgerichtsspiele bieten sich hier an, da sie in offenbarem typologischen Zusammenhang mit der Leidens- Auferstehungsgeschichte stehen : dem Leiden Christi entspricht das Leiden der Kirche unter dem Antichrist, der Auferstehung und dem Sieg über die Hölle entspricht der Sieg über den Antichrist und die Wiederkunft des Triumphators zum Gericht. Oder die Antichristlegende ordnet " Im allgemeinen aehen Emanzipation von der Liturgie und vom Latein Hand in Hand, vgl. die oben angeführten Jeu d'Adam, Resu"eccion und Bodels S. Nicoltu. " Vgl. Theo Stemmler, "Enstehuna und Wesen der englischen Fronlelchnamszyklen", Chaucer und ~eine Zeit, Sympo~ium für Walter F. Schirmer, Buchreihe der Anglia, XIV (1968), 393-40S, 394. 11 Vgl. dazu Wolfgang Michael, Frühformen ür deutschen Biihne, Schriften der Gesellschaft für Theatergeschichte, LXU (Berlin : Selbstverlag der Gesellschaft für Theatergesc:hichte, 1963), 26, der allerdiDgs ein Beispiel eiuer Auflühruog im Freien vom Jahre 1204 anführt, das eine völlige Oleichg(Utigkeit gegenüber dem Wetter zu beweisen scheinL Die Entwicklung ist sicher an jedem Ort anders und sicher nicht kon· sequent verlaufen. 117 Nr. S, 10, 17, 30, U.L 11 Das scheint mir der Fall zu sein bei Nr. 10. wo man nicht mit Froniug eiD Passions· spiel annehmen sollte (s.u. 4S).
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sich selbst den zyklischen Spielen ein, wie das zum ersten Mal an dem Ludus Christi von Cividale (Nr. 3) festzustellen ist, und später besonders bei den Prozessions- (in der Regel Fronleichnamsspielen) 89• ADSOS ANTICHRISTSCHRIFT
Die bunte vielfältige Antichristüberlieferung nimmt im hohen Mittelalter eine verhältnismäßig einheitliche Gestalt an. Die Tradition sammelt sich wie in einem Brennspiegel in dem Brief des Abtes Adso von Montier-enDer an die westfränkische Königin Gerberga, der wohl zwischen 949 und 954 verfaßt ist 7o. Dieser Brief wurde in zahllosen Abschriften und Bearbeitungen, anonym oder unter den Namen der Bearbeiter verbreitet und übte so eine unabsehbare Wirkung auf die spätere Tradition aus 71. Adso begründet kein neues Lehrsystem, er kompiliert nur ältere Quellen. Die Erklärung für seine starke Wirkung liegt erstens darin 71, daß es sich bei seinem Traktat um die erste bedeutende westeuropäische Kompilation des gesamten Antichriststoffs handelt, und zweitens in der besonderen Form seiner Schrift. Während die ältere Antichristtradition im wesentlichen in Bibelexegese besteht, d. h. die einschlägigen Bibelstellen Satz für Satz kommentiert, benützt Adso in seinem Traktat die Form der Biographie (vita), die auf seine späteren hagiographischen Schriften vorausweist Diese Form gestattet es ihm, exegetischen Schwierigkeiten aus dem Weg zu gehen und eine einfache, klare Darstellung zu liefern, so daß seine Schrift auch dem theologisch nicht geschulten Leser ohne weiteres verständlich ist und in die unabsehbare volkstümliche Legendenliteratur des hohen und späten Mittelalters Eingang finden kann. Ferner hat sein Traktat eben der chronologisch-biographischen Form wegen eine klare Gliederung und überschaubaren Umfang. Das Gerüst der Darstellung ist : Herkunft des Antichrist - Geburt und Erziehung - Im Tempel zu Jerusalem - Missionstätigkeit-Verfolgung der Christen- Sendung von Enoch und Elias- Tod des Antichrist. In dieser Gestalt als vita bildet der Antichriststoff dann auch eine brauchbare Vorlage für den Dramatiker. Wie die Dichter der HeiligenNr. 7, Nr. 12, Nr. IS. Zu allen Fragen in Zusammenhang mit Adsos Schrift vgl. Robert Konrad, De ortu et Iernpore Antichrist/, Antichristvorstellung und Geschichtsbild des Abtes Adso von Montier-en-Der, Münchener historische Studien, Abteilung Mittelalterliche Geschichte, I (Kallmünz : Lassleben, 1964). Zur Datierung vgl. S. 26 dieser Schrift. n Konrad, 114ff. 71 Zum folgenden vg]. Konrad, 114f. 11 7'
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spiele (miracula) konnten sich die Verfasser der Antichristspiele auf vitae als Materialsammlungen stützen 18• Neben der Darstellung der Antichristsage enthält der Traktat des Adso auch eine Reihe von aktuell politischen Konzepten : die Weltreichlehre, die Translationsidee und die Endkaisersage. Die Weltreichlehre ist, in modifizierter Form, die aus dem Buch DanieJ bekannte Auffassung der Geschichte als einer Abfolge von vier Weltreichen (bei Adso drei), an deren letztes, das römische, sich das Ende der Welt und das Gericht anschließen 74• Die Translationsidee 76 ist das Konzept von dem Übergang des (west-)römischen Reiches und der Kaisergewalt an Karl den Großen und seine Nachfolger. Diese Theorie hilft Adso, die unmittelbare Erwartung des Antichrist zu zerstreuen, da ja durch translatio das römische Reich im Frankenreich weiterlebt Die Endkaisersage 78, die aus spätrömischbyzantinischer Tradition 11 herstammt und alte jüdische messianisch-
71 Karl Young, The Drama of the Medleral Church (Oxford: Clarendon Press, 1933), II, 310 leitet die Heiligenspiele von den Legendensammlungen ab, nicht von den Tropen und Sequenzen der Liturgie, so daß Heiligenspiele und Antichristdramen dieselbe stoffliche Grundlage hätten. 74 Konrad, 90-97. ' 6 Konrad, 97-113. 71 Vgl. dazu die Bücher von Franz Kampers, Die deutsche Kaiseridee in Prophetie und Sage (1896, Nachdruck, Aalen : Scientia, 1969), Alexander der Große und die Idee des Weltimperiums in Prophetie und Sage, Studien und Darstellungen aus dem Gebiete der Geschichte, Bd. I, Hfte. 2, 3 (Freiburg: Herder, 1901), Vom Werdegange der abendländischen Kalsermystlk, (Leipzig und Berlin : Teubner, 1924) sowie R. Folz, L'idee d'emplre en occident du ve au XJve siicle, Collection historique (Paris : Aubier, 1953), in englischer Übersetzung : The Concept of Empire in Western Europe ... tr. by S.A. Ogilvie (London : E. Arnold, 1969) und Erwin Herrmann, .,Veniet aquila, de cuius volatu de1ebitur leo", Festi'l'tl lanx, Festschrift fiir J. Spoerl (1966), 95-117, und Gerhard Podskalsky, Byzantinische Reichseschatologie : Die Periodisierung der Weltgeschichte in den 4 Großreichen (Daniel 2 und 7) und dem Tausendjährigen Friedensreich, Münchener Universitätsschriften, Reihe der Philosophischen Fakultät, IX (München : Fink, 1972). 77 Vgl. bes. Kampers, Die deutsche Kaiaeridee, 8ft". Zu denken ist an die Legende vom Nero redivivus, dem Erneuerer des erloschenen julisch-claudischen Hauses, die Prophetie auf die Nachkommen des Kaisers Tacitus (275-276 n. Chr.) und schließlich die christlichen Versionen, nämlich die Konstanslegende aus der Zeit Julians, die zuerst in der Tiburtinischen Sibylle auftaucht, und deren Bearbeitung auf das Haus des byzantinischen Kaisers Heraklius, die dem Pseudomethodius, einer Kompilation vom Ende des 7.Jahrhunderts, zugrundeliegt. Dazu ist zu vergleichen Ernst Sackur, Sibyllinische Texte und Forschungen (1898, Nachdruck, Torino : Bottega d'Erasmo, 1963), bes. 168. Vgl. auch Friedrich Pfister, Die deutsche Kaisersage und ihre antiken Wurzeln, Werbeschriften des Landesverbandes der Vereine der Freunde des humanistischen Gymnasiums in Bayern, Heft 8 {Würzburg : BeckGr, 1928) und Paul J. Alexander, .,Byzantium
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chiliastische Vorstellungen sowie Motive der Alexanderlegende verarbeitet, berichtet von einer langdauernden segensreichen Hemchaftszeit eines letzten Kaisers über ein christliches Weltreich und der schließliehen Niederlegung der Herrschergewalt und Hemchaftszeichen durch diesen Kaiser in Jerusalem, worauf das Erscheinen des Antichrist und das Weltgericht folgen. Die Übertragung dieser politischen Vorstellungen auf die Situation seiner Zeit und ihre Verbindung mit den eschatologischen Lehren scheint des Autors eigene Zutat zu sein 7a. Der hochpolitische Charakter von Adsos Schrift erhellt aus der Tatsache 79, daß er im Auftrag einer Fürstin verfaßt wurde, noch dazu einer Fürstin, die in das politische Geschehen ihrer Zeit äußerst aktiv eingriff. Hierin liegt ein weiterer Grund für Wirkung und Verbreitung dieses AntichristtraktalS : als politisches Instrument muß er im Mittelpunkt des Interesses und der Auseinandersetzung gestanden haben. Adso schreibt in einer Zeit des Niederganges des westfränkischen Karolingerreiches, kurz vor der Erneuerung der Imperialidee durch den Sachsen Otto. Die Frage der Rechtsnachfolge des Imperium Romanum war also um diese Zeit äußerst aktuell. Zwar saßen auf dem französischen Thron noch die Nachkommen Karls des Großen, sie waren aber ihrer politischen Ohnmacht wegen kaum imstande, ihre Ansprüche auf die Rechtsnachfolge K.arls des Großen gegen die erstarkenden deutschen Nachbarn durchzusetzen. Adso versucht, die westfränkischen Ansprüche mit seiner Schrift zu unterstützen. Neben diesem politischen Zweck seiner Schrift wird Adso auch die Absicht gehabt haben, die gefährliche Panikstimmung zu beruhigen, die aus eschatologischen Erwartungen im Zusammenhang mit der politischen Krise im westfränkischen Reich und vielleicht im Zusammenhang mit dem Herannahen der Jahrtausendwende aufkommen honnte so. Die Stimmung der Endzeiterwartung begegnet das ganze Mittelalter hindurch, wird jedoch in bestimmten Krisen besonders drängend und bringt in solchen Situationen dann eine gesteigerte Produktion eschatologischer Literatur, unter anderem auch von Antichristdramen und solchen über das letzte Gericht. Dabei muß jedoch gleich darauf hingewiesen werden,
and the Migration of Literar1 Works and Motifa : 1be Legend of the Last Roman Emperor", Medievalia et HuiiUlnistica, N.S. 11 (1971), 47-68. 71 Vgl. Konrad, 28, 49. ~ Zum Folgenden Konrad, 104ft". 10 Vgl. Konrad, 68ft".
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daß sich umgekehrt aus historischen Ereignissen nur in Ausnahmelallen Anhaltspunkte für die Datierung von mittelalterlichen Antichristdramen gewinnen lassen, da diese Dramen im allgemeinen die Zeitpolitik außer acht lassen. Adsos Antichristschrift bildet eine nahezu vollständige Topologie des mittelalterlichen Antichristkonzepts und kann daher als Grundlage für eine Darstellung der dramatischen Antichristliteratur dienen. Ich gebe daher eine schematische Übersicht der Schrift 81. 1. Name des Antichrist (105-106). Er verkörpert in allem das Gegenstück Christi. 2. Herkunft und Geburt (106-107).
Er ist Jude, aus dem Stamme Dan, hat Vater und Mutter, ist also nicht Sohn einer Jungfrau. Bei der Empfängnis fährt Satan in den Leib der Mutter. 3. Geburtsort (107). BabyIon. 4. Jugend des Antichrist (107). Er wächst auf in Bethsaida und Chorazin, wird unter Aufsicht Satans von Zauberern und falschen Propheten erzogen (magi, male{ici, divini, inCQntatores).
S. Übergang nach Jerusalem (107). Er wird nach Jerusalem gehen, die Christen verfolgen und töten, sich beschneiden lassen und als Sohn Gottes ausgeben, den Tempel wiederaufbauen und darin seinen Sitz nehmen. 6. Des Antichrist Wirken (108). Er gewinnt zuerst die Fürsten rm sich und dadurch die Völker. Seine Lehre, die Christi Botschaft widerstreitet, wird über die ganze Erde ergehen. Er wird alle Arten von Wundem tun, sogar Tote auferwecken und dadurch die Christen rm sich gewinnen. 7. Die Mittel des Antichrist (108-109). Der Antichrist wird drei Mittel anwenden : Terror, Bestechung, Wunder. Wen er mit einem nicht überwältigen kann, dem wird er mit den anderen zusetzen. 8. Die Zeit des Antichrist (109-110). Er wird dreieinhalb Jahre lang herrschen. Er wird kommen nach der Auflösung (discesslo) des letzten der drei Weltreiche der Griechen, Perser und Römer. Diese Zeit ist noch nicht gekommen, da die Frankenkönige die römische Reichstradition fortrühren. Der letzte Frankenkönig wird noch einmal das ganze römische Reich in seiner Hand vereinigen; nach segensreicher Herrschaft wird er Szepter und Krone auf dem Ölberg niederlegen. Daraufbin wird der Antichrist erscheinen. 11 Auspbe der epistola Adsoni1 ad Gerbergarn reginam de ortu et tempore Antichristi bei E. Sackur, Sibyllinische Texte und FoTichungen (1898, Nachdruck. Torioo : Bottega d'Erasmo, 1963), 104-113.
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9. Der Anspruch des Antichrist (111). Er wird sich über alle Heidengötter und sogar die Trinität erheben, sich als Gott im Tempel verehren lassen. Die Juden wird er gewinnen, indem er sich als der versprochene Messias ausgibt. 10. Enoch und Elias (111-112). Vor der Ankunft des Antichrist werden Enoch und Elias dreieinhalb Jahre lang predigen, um die Gläubigen gegen den Antichrist zu wappnen. Sie werden die Juden bekehren. Der Antichrist wird sich gegen die Propheten wenden und sie töten. 11. Zeichen des Antichrist (112). Alle, die an den Antichrist glauben, werden als Zeichen sein Monogramm auf der Stirn tragen. 12. Ende des Antichrist (112-113). Nach dreieinhalb Jahren wird Christus den Antichrist vernichten, sei es selbst, sei es durch den Erzengel Michael. Der Antichrist wird auf dem Ölberg, auf seinem Thron, unter seinem Baldachin erschlagen werden. 13. Buße (113). Nach dem Ende des Antichrist werden den Abtrünnigen vierzig Tage zur Buße gewährt.
Soweit Adsos Schrift über den Antichrist. Der Bericht ist äußerst knapp und enthält Auslassungen und Abweichungen von der Tradition, die wahrscheinlich zum Teil auf die flüchtige Arbeit des Kompilators zurückzuführen sind 81, dennoch ist der Brief gerade seiner knappen übersichtlichen Form wegen zur Hauptgrundlage der späteren mittelalterlichen Antichristüberlieferung geworden.
81 Vgl. Konrad, 34 und 87. Adso erwähnt drei statt vier Weltreiche, 40 Tage, statt 45 Tagen (nach Dan Xllll-12) der Buße. Es fehlt bei Adso die Sage von Gog und Magog, die sonst in Verbindung mit den eschatologischen Vorstellungen auftritt.
I. DIE ANTICHRISTSPIELE DES MITIELALTERS
Im folgenden gebe ich eine chronologische Obersicht über die erhaltenen Antichristdramen sowie über die Berichte von Aufführungen solcher Dramen. Wo die Dramen erhalten sind, gebe ich Szenenaufrisse. 1. DER TEGERNSEER LUDUS DE ANTICHRISTO 1
Das älteste der uns erhaltenen Antichristspiele liegt in einer Handschrift der Bayerischen Staatsbibliothek München aus dem Kloster Tegernsee vor. Die Handschrift ist auf das Ende des zwölften Jahrhunderts anzusetzen. Sie kann, nach den Fehlern und Lücken zu schließen, die sie aufweist, nur eine Abschrift des Originals des Dichters darstellen 8• 1 Manuskript München, Staatsbibliothek, MS lat. 19411, pp. 6-16. Maßgebende Texteditionen von Wilhelm Meyer, Gesammelte Abhandlungen zur mittellateinischen Rhythmik, I (1905, Nachdruck, Hildesheim, New York: Olms, 1970), 150-170, Friedrich Wilhelm, Der Ludus de Anticwisto, Münchener Texte, I (München : Callwey, 3.Auftage, 1932), Karl Young, The Drama of the Medieval Church (Oxford : Clarendon Press, 1933), II, 371-387 und, mit deutscher Übersetzung und Anmerkungen, Kar! Langosch, Geistliche Spiele, 2.Aufl.age (Darmstadt : Wissensch. Buchgesellsch., 1961), 179-239, 249-256, 267-284. Eine neue Ausgabe mit Übersetzung : Ludus de Anticwisto, Das Spiel vom Antichrist, Übersetzung und Nachwort von Rolf Engelsing, Reclams Universalbibliothek, Nr. 8561 (Stuttgart : Reclam, 1968). Eine englische Übersetzung mit Einleitung gibt John Wright, The Play of Antichrist (Toronto : The Pontifical Institute of Medieval Studies, 1957), den Text mit deutscher Übersetzung, umfangreicher Einleitung und Kommentar bietet Gerhard Günther, Der Antichrist (Hamburg : Wittig, 1970). Bibliographien zum Tegernseer Antichrist bei Karl Young, II, 500, A. Dörrer, "Ludus de Antichristo", in Stammler, Die deutsche Literatur des Mittelalters, Verfasserlexikon, III (Berlin : de Gruyter, 1943), 37-185, mit Nachträgen von K. Langosch, V (1955), 632634, Wolfgang F. Michael, "Das deutsche Drama und Theater vor der Reformation", Deutsche Vierteljahrsscwift für Literaturwissenschaft und Geistesgeschichte, XXXI (1957), 106-153, zum Antichrist 122-123, und schließlich G. Günther, 303-313. W. Couch, "The Dramatic Structure of the ,Ludus de Antichristo' ", Revue de I' Univers/ti d'Ottawa, XLII (1972), 272-278, trägt wenig zum Verständnis des Dramas bei • Vgl. Langosch, Geistliche Spiele, 261.
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DIE ANTICHRISTSPIELE DES MITTELALTERS
Der Dichter des Dramas ist unbekannt, er ist jedoch mit Sicherheit als Mönch des Klosters Tegernsee identifiziert 1 • Datieren läßt sich das Drama ebenfalls nicht genauer 4 • Peinliche Rücksichtnahme auf die Tagespolitik ist von dem Autor nicht zu erwarten, scheinbare Anspielungen auf tagespolitische Ereignisse seiner Zeit, die man in das Stück hineininterpretieren wollte, sind abzulehnen. Das Stück hält sich im großen Rahmen der mittelalterlichen Endzeitvorstellungen. Eine Notiz Gerhochs von Reichcrsberg über Antichristspiele, die um 1160/61 niedergeschrieben sein dürfte 6, käme nur als Terminus ante in Frage, wenn sich feststellen ließe, daß sich diese Notiz ausschließlich auf den Tegernseer Antichrist bezöge. Gerhoch scheint sich jedoch dem Wortlaut der Stelle nach auf eine Mehrzahl von Antichristspielen zu beziehen. Wenn man zugibt, daß das Drama das Erstarken des deutschen Nationalgefühls in der Stauferzeit spiegle, kann man es der zweiten Hälfte des zwölften Jahrhunderts zuweisen. Beweisen läßt sich selbst eine so ungefähre Datierung nicht. Auch die Quellen und etwaigen Vorlagen des Tegernseer Dramas lassen sich nicht mehr nachweisen. Adso und der Tegernseer Ludus stimmen in der Antichristlegende im wesentlichen überein, geringfügige Unterschiede (Zeitpunkt des Auftretens der Propheten, Schauplatz des Endes des Antichrist) lassen sich zwanglos aus dramatischen Rücksichten des Dichters erklären. Eine solche Obereinstimmung in den Fakten der Legende allein beweist jedoch noch nichts, solange die beiden Versionen nicht gerade in Details übereinstimmen, die die übrige Tradition nicht aufweist. Das ist hier nicht der Fall, so daß der Dichter sehr wohl irgendeine andere der zahlreichen Antichristschriften als Quelle benützt haben kann. Bessere Argumente, nämlich Entsprechungen im Vokabular und gemeinsame Zitate seltenerer Schriftstellen, luhrt Michaelis an, um Abhängigkeit von einer anderen sibyllinischen Schrift, dem sogenannten Pseudo-Methodius, nachzuweisen •. Damit ist jedoch im Grunde nur bewiesen, daß beide sich auf die Bibel stützen. 1 Vgl. Romuald BauerreiB, "Zur Verfasserschaft des Spiels vom Antichrist", Studien und Mitteilungen zur Geschichte des Benediktinerordem, LXII (1950), 222-236. • Vgl. dazu Hans Joachim Kirfel, Weltherrschqft1idee und Bündnispolitik, Donner historische Forschungen, XII (Bonn : Röhncheid, 1959), 93f. und Wolfgang F. Michael, Frühformen der deutschen Bühne, Schriften der Gesellschaft für Tbeatergeschichtc, LXII (Bcrlin : Selbstverlag der Gesellschaft fur Tbeatergeschichtc, 1963), 24f. 1 S.u. 33. 1 Eduard Ad. F. Michaelis, "Zum Ludus de Antichristo", Zeitschrift für deutsches Altertum, LIV, N.F. XI.II (1913), 62-87, siehe bcs. .,Citate und Quellen", 70-75.
DIE ANTICHiliSTSPIELB DES MITTELAL TEilS
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Wir haben somit festzustellen, daß wir über Autor, Entstehung und Umstände des Tegernseer Antichristspiels so gut wie nichts wissen. In einem Punkt, in der starken politischen Tendenz und in der Verbindung der Endkaisersage mit dem Antichristgeschehen, unterscheidet sich der Tegernseer Antichrist von allen mittelalterlichen Antichristspielen, in denen solche Tendenz fast völlig fehlt 1 • Die Idee vom Rechtsanspruch des deutschen Kaisers auf die Weltherrschaft, die der Ludus vertritt, läßt sich am ehesten mit den Tendenzen der staufiseben Reichspolitik in Verbindung bringen •. Politischer Antagonist des deutschen Kaisers ist in dem Drama der französische König, der selbst Anspruch auf die Weltherrschaft erhebt. Die französischen Ansprüche auf die Weltherrschaft der Endzeit sind zum ersten Mal bei Adso formuJiert •, im zwölften Jahrhundert treten sie, besonders in dessen erster Hälfte, in einer Zeit politischer Schwäche des Reiches, in Verbindung mit der Legenden-Tradition um Karl den Großen in sibyllinischen Schriften immer klarer hervor 10, so daß neben dem Tegernseer Dichter auch Otto von Freising dagegen Einspruch erhebt 11 • Diese Auseinandersetzung zwischen deutschfreundlichen und frankreichfreundlichen Kaiserprophetien wird sich das ganze Mittelalter hindurch bis tief in die Neuzeit hinein fortsetzen 11, ein spätes Beispiel der Auseinandersetzung ist Gegenbachs Nol/hardt (Nr. 16). Zu dem Komplex der Vorstellungen vom Endzeitkaiser gehört in der sibyllinischen Literatur und bei Adso auch dessen Zug nach Jerusalem mit der Niederlegung der Herrschaftsabzeichen. Wenn im Ludus de Antichristo dieser Zug den Charakter eines Kreuzzugs erhält, so ist auch diese Eine Ausnahme macht das Züricher Antichristspiel (Nr. 6). Zur staufiseben Politik vgl. H.J. Kirfel. • Zum Titel rrx Franeorum vgl. R. Konrad, De ortu et tempore Antichrist/, Münchener historische Studien, Abteilung Mittelalterliche Geschichte, I (Kallmünz : Lassleben, 1964), 106f. sowie Margret Lugge, "Gallill" und "Francia" im Mittelalter, Donner historische Forschungen, XV (Bonn : Röhrscheid, 1960), 112ft"., die allerdings den Titel nicht ohne weiteres auf die westfrlnkischen Könige gedeutet wissen will. Sicherheit ist hier nicht zu erreichen, jedenfalls wurde Adso später als frühe Autorität für die französischen Ansprüche angeführt, was mit seine Popularität in Frankreich erklärt. 10 Vgl. dazu Franz Kampers, Die deutsche Kaiseridee in Prophetie und Sage (1896, Nachdruck, Aalen: Scientia, 1969), 53-59 und Robert Folz, Le souvenir et Ia ligende de Cluzrlemagne dans r Empire germanique midiival, Publiestions de l'Universit6 de Dijon, Nouv. s6r. VII (Paris: Les Beiles Lettres, 1950), 205-206. n Ottonll et Rahewini Gesta Frlderlci /. imperatoria, editio tertia, rec. G. Waitz, Scriptores rerum germanicarum in usum scholarum ex Monumentis Germaniae Historicis recusi (Hannover und Leipzig: Hahn, 1912), 10f. Vgl. auch Konrad, 134ft". 11 Vgl. dazu Kampers, Die deutsche Kaiseridee ... 7
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Vorstellung nicht etwa eine Erfindung des Tegernseer Dichters, vielmehr wird seit dem Auftauchen der Kreuzzugsidee der Jerusalemzug des Endkaisers als Kreuzzug aufgefaßt 1s. Es muß noch einmal betont werden, daß der Verfasser des Ludus zwar sehr konkrete Vorstellungen von der politischen Rolle des deutschen Reiches hat, daß diese jedoch Teil seines eschatologischen Weltbildes sind und daher nicht mit einem politischen Tagesprogramm identifiziert werden dürfen. Vermutungen über Beziehungen des Dichters zum Kaiserhof und eventuell eine Aufführung des Dramas in Gegenwart des Hofes u bleiben Spekulation, so verlockend sie immer sein mögen. Das Drama ist in Latein. Sein Versmaß bilden in den dialogischen Partien paarig gereimte Dreizehnsilbler. Die großen Auftrittsszenen am Beginn des ersten und zweiten Teils weisen hymnische Formen auf. Die Propheten Enoch und Elias benützen einen paarig gereimten elfsilbigen Dialogvers. Gelegentliche Psalmenzitate bleiben in ihrer ursprünglichen metrischen Form erhalten 15 • Das ganze Drama wurde gesungen (Regiebemerkungen cantat, etc.). Der Text weist zahlreiche szenische Bemerkungen auf. Bühne des Dramas ist die mittelalterliche Simultanbühne, sein Schauplatz ist der Erdkreis, .seine Akteure sind die mächtigsten Fürsten dieser Erde. Neben diesen treten jedoch auch allegorische Gestalten auf, die die wichtigsten religiösen Gemeinschaften der Erde personifizieren. Die Personen des Dramas bestimmen das dramatische Geschehen von ihren Thronen (sedes) aus. Es spielt sich zum großen Teil pantOinimisch im Raum zwischen den Fürstensitzen ab. Die Vermittlung zwischen den Fürstensitzen wird durch Gesandte besorgt, was den zeremoniellen Eindruck des Stücks verstärkt. Im Westen befindet sich der Thron des Kaisers, auf dem auch die Christenheit (Ecclesia) und der Papst Platz nehmen, neben dem Kaiserthron stehen der Thron des 1• Vgl. Carl Erdmann, "Endkaiserglaube und Kreuzzugsgedanke im ll.Jahrhundert", Zeitschrift für Kirchengeschichte, Dritte Folge, 2, LI (1932), 384-414 und R. Folz, Le souvenir ... , 134-142 sowie Friedrich-Wilbelm Wentzlaff-Eggebert, Kreuzzugsdichtung des Mittelalters (Berlin : de Gruyter, 1960), 73-77, der allerdings viel zu enge zeitgeschichtliche Bezüge in das Spiel hineininterpretiert. 14 Vgl. Karl Hauck, .,Zur Genealogie und Gestalt des staufiseben Ludus de Antichristo", Germanisch-romanische Monatsschrift, XXXIII (1951), 11·26. 11 Zur metrischen Form des Dramas vgl. bes. Wilhelm Meyer, "Die rhythmischen Formen des Ludus de Anticbristo", Gesammelte .Abhandlungen zur mittellateinischen Rhythmik, I (1905, Nachdruck, 1970) 334-338, Langosch, Geistliche Spiele, 274, et passim, J. Wright, SO, W. Kamlah, "Der Ludus de Antichristo," Historische Yierteljahrschrift, XXVlll (1934), 63, Anm. 24 und Mittellateinische Dichtung, Wege der Forschung, CXLIX (1969), 354, Anm. 24.
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deutschen Königs und des französischen Königs, im Osten befindet sich der Tempel zu Jerusalem, der Thron des Judentums (Synagoga) und der des Königs von Jerusalem, im Süden der Königssitz des griechischen Königs sowie der gemeinsame Thron der Heidenschaft (Gentilitas) und des Königs von Babylon. Das Drama hat zwei parallel gebaute Teile, von denen der erste die Welthemchaft des Endkaisers behandelt, der zweite die des Antichrist. Ich gebe einen Szenenaufriß des Dramas 18 :
I. Teil: Weltherrschaft des deutschen Kaisers (V. 1-150) Vorspiel (1-48) Einzug der Heidenschaft, der Synagoge, der christlichen Kirche und der verschiedenen Fürsten. 1. Auftritt (49-100) Weltherrschaftsanspruch des Kaisers. Aussendung von Gesandten an den französischen König mit der Aufforderung zu Huldigung und Waft'endienst. Zurückweisung der Gesandten. Krieg. Unterwerfung des französischen Königs. Seine Huldigung und Belehnung. 2. Auftritt (101-114c) Aussendung von Gesandten an den griechischen König. Ermahnung zu Huldigung und Tributptlicht. Huldigung des griechischen Königs und seine Belehnung durch den Kaiser. 3. Auftritt (114d-116b) Aussendung von Gesandten an den König von Jerusalem. Ermahnung zu Huldigung und Tributptlicht. Huldigung des Königs von Jerusalem und seine Belehnung durch den Kaiser. 4. Auftritt (117-150) Erhebung des Königs von Babylon. Belagerung von Jerusalem. Gesandtschaft des Königs von Jerusalem an den Kaiser. Trostbotschaft eines Engels an ,.Juda et Jerusalem". Zug des Kaisers gegen den König von BabyIon. Niederlage und Flucht des Königs von Babylon. Niederlegung von Krone, Szepter und Reichsinsignien durch den Kaiser im Tempel. Rückkehr des Kaisers auf den Thron des deutschen Königs. Verbleiben der Kirche im Tempel. II. Teil: Weltherrschaft des Antichrist (151-417) Vorspiel Gesänge der Heidenschaft, der Synagoge und der Kirche. Unterdessen stummes Auftreten der Parteigänger des Antichrist (Hypocritae). Freundliche Aufnahme durch den König von Jerusalem. 11 Nach der Verszählung von Meyer, IS0-170, und der Szeneneinteilung von Langosch, 181-239.
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1. Auftritt (ISI-170) Auftritt des Antichrist in Begleitung von Heuchelei (Hypocrisis) und Ketzerei (Haeresis). Weltherrschaftsanspruch des Antichrist, Aufträge an seine Begleiterinnen.
2. Auftritt (171-194) Gewaltsame Einnahme von Jerusalem durch den Antichrist. Flucht des Königs von Jerusalem zum deutschen König. Vertreibung der Kirche aus dem Tempel. Errichtung des Throns des Antichrist im Tempel. 3. Auftritt (195-218) Aussendung von Gesandten durch den Antichrist an den griechischen König mit der Aufforderung zur Huldigung. Huldigung des grieschischen Königs. Belehnung des griechischen Königs und Zeichnung mit dem Zeichen des Antichrist.
4. Auftritt (219-226c) Aussendung von Gesandten durch den Antichrist an den französischen König mit Geschenken. Annahme der Geschenke durch den französischen König und Huldigung. Belehnung des französischen Königs (Antichrist küßt den französischen König) und Zeichnung mit dem Zeichen des Antichrist.
S. Auftritt (227-284b)
a. Aussendung von Gesandten durch den Antichrist an den deutschen König mit Geschenken. Zurückweisung der Gesandten durch den deutchen König, Bestürzung der Gesandten. b. Aufbietung der Könige durch den Antichrist. Zug gegen den deutschen König. Niederlage des Antichrist. c. Wunderheilungen durch den Antichrist. Huldigung des deutschen Königs. Seine Belehnung und Zeichnung durch den Antichrist. 6. Auftritt (285-300) Aufbietung des deutschen Königs gegen die Heiden. Zug des deutschen Königs gegen BabyJon. Zerstörung der Götterbilder und Aufforderung zur Bekehrung. Abweisung durch den König von Babylon. Krieg, Niederlage des Königs von Babylon. Huldigung vor dem Antichrist, Belehnung und Zeichnung. 7. Auftritt (301-328) Aussendung der .Gesandten an die Synagoge mit der Verkündigung, der Antichrist sei der Messias. Huldigung der Synagoge und Zeichnung mit dem Zeichen des Antichrist. 8. Auftritt (329-368) Auftritt der Propheten Enoch und Elias. Bekehrung der Synagoge zu Christus.
9. Auftritt (369-401) Vorladung der Propheten und der Synagoge vor den Richterstuhl des Antichrist. Ihr Märtyrertod. 10. Auftritt (402-417) Aufbietung der Könige durch den Antichrist zum Hoftag und zur Anbetung. Sturz des Antichrist. Rückkehr der Abgefallenen zum Glauben.
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Umfangreiche Zitate aus dem Tegernseer Ludus de Antichristo finden sich in einem dramatischen Fragment in der Handschrift des Benediktbeurer Weihnachtsspiels, dem Young den Behelfstitel Ludus de Rege Aegypti gibt 17• Der Text ist höchst konfus und hat sich soweit jeder Deutung entzogen. 2. NOTIZ GERHOCHS VON RBICHBRSBERG
Gerhoch von Reichcrsberg erwähnt in seiner Schrift de investigatione Antichristi Aufführungen von Antichristspielen. Die entsprechende Stelle ist wohl 1160/61 geschrieben 18 • Ob es sich dabei um das Tegernseer Spiel vom Antichrist handelt oder ob wir mit häufigeren Aufführungen von Antichristspielen zu rechnen haben, läßt sich nicht entscheiden. Der Tegernseer Ludus scheint nicht die geringste Wirkung auf das spätere Antichristdrama gehabt zu haben 11 • Aus dem dreizehnten Jahrhundert sind uns keine Antichristspiele erhalten. Die Zeitgeschichte bietet keine Erklärung für diese Tatsache, ganz im Gegenteil, die Auseinandersetzung zwischen Friedrich dem Zweiten und dem Papst und der Zusammenbruch des Staufischen Reiches boten der apokalyptischen Einbildungskran reichste Nahrung, sodaß die Endkaiser-Antichrist-Legeode eben jetzt jene Gestalt erhält, die für den Rest des Mittelalters bis in die Neuzeit hinein bestimmend bleiben sollte •0 • Das Fehlen von Antichristdramen ist also wahrscheinlich aus der Lückenhaftigkeit der Überlieferung zu erklären. Vom vierzehnten Jahrhundert an haben wir dann sehr viel zahlreichere Zeugnisse. Charakteristisch für sämtliche Antichristspiele des späteren Mittelalters ist ein beinahe völliges Fehlen einer politischen Tendenz, wie sie im Tegernseer Ludus begegnet 11 • Obwohl wir uns aus der beschränkten Anzahl von Texten, die erhalten sind, sicher kein vollständiges Bild über das mittelalterliche Antichristdrama machen können, bieten die uns vorliegenden Dramen doch hinreichende Evidenz für das generelle Fehlen politischen Engagements im spätmittelalterlichen Antichristdrama, was 11 Den Text mit den nötigen bibUosraphisc:hen Informationen gibt Karl Young, The Drama o/ the Medleval Ch~~rch (Oxford : Clarendon Press, 1933) II, 463-468. 11 Gerhoch von Reichersberg, De i11ve1tigatlone Antlchrllti, I, S (MGH, LibeUi de lile, 111, 31Sf.). Vgl. Peter Classen, Gerhoch vo11 Relchusberg (Wiesbaden : Steiner, 1960), 224, zur Datierung vgl. 423. Zu Gerhoch siehe auch o. 28. 11 Zum Xantener Antichristspiel (Nr. 11) s.u. 4S. 10 Vgl. bes. F. Kampers, Die tkutiCM Kaüerldee 111 Prophetie und Sage (1896, Nachdruck, Aalen : Sc:ientia, 1969), 6Sft". 11 Einzige Ausnahme : Das Zllric:her Spiel (Nr. 6).
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um so befremdlicher ist, wenn man sich vor Augen hält, wie stark im Mittelalter das Antichristkonzept politisch aktualisiert wurde 11• Eine mögliche Erklärung für diese Tatsache wäre das Bemühen der Kirche, die Antichristlegende, die mehr und mehr von revolutionären Bewegungen als Waffe gegen das herrschende System und dessen Hauptverteidigerin, die Kirche, gebraucht wurde 13, von allem politischen Zündstoff frei zu halten. 3. LUDUS CHRISTI VON CIVIDALE
Eine Notiz in der Cronaca Friulana des Giuliano da Cividale berichtet von der Autrührung eines Ludus Christi durch den Clerus im Palast des Patriarchen von Aquileia an Pfingsten 1303, in welcher auch der Antichrist aufgetreten sei, gefolgt von einer Darstellung des Jüngsten Gerichts 14• Nähere Angaben fehlen . 4. DRAMATISCHE LAUDE AUS PERUGIA
Zwischen 1320 und 1340 dürfte eine dramatische Laude aus Perugia entstanden sein, die das Antichristthema im Rahmen eines Spiels vom Jüngsten Gericht behandelt, und an einem der Adventssonntage, ungewiß an welchem, aufgeführt wurde 25 • Die Lauden sind kurze lyrische bzw. dramatische Stücke, die von den italienischen Geißlerbrüderscharten in der Volkssprache zum Zwecke religiöser Propaganda aufgeführt wurden. Das Metrum unseres Textes ist die sogenannte Pasquale (sestina ottonaria, eine sechszeilige Strophe von achtsilbigen Verszeilen mit dem Reimschema ababcc), einer der Hauptverse der Laudenpoesie; die Regiebemerkungen im Text sind in Latein. 11 Vgl. F. Kampers, Die deutache Kaiseridee ... , H. Preuß, Die Vorstellungen 11om Antichrist im späteren Mittelalter, bei Luther und in der ko'lfessione/len Polemik (Leipzig : Hinrieb, 1906), Will-Erich Peuckert, Die große Wende (1948, Nachdruck, Darmstadt : Wissenschaft). Buchgesellsch., 1966) u.a. u Vg). Preuß und Peuckert. 14 Vg). Alessandro d'Ancona, Origini del teatro italiano, 2.Auftage, II (1892, Nachdruck, Roma : Bardi, 1966), 91-94, Karl Young, The Drama of tlre Medie11al Clrurch (Oxford : Clarendon, 1933), 540f. u Text bei Vincenzo de Bartholomaeis, Laude drammatiche e rappresentazioni sacre, I (Firenze :Je Monnier, 1943) 35-52. Zur Entstehung der Laudenpoesie und zur Datierung des Peruginer Laudanums vgl. auch I. Baldelli, "La lauda e i disciplinati", Ras.regiUI del/a /etteratura ita/iaiUI, ser. 7, LXIV (1960), 396-418. Grundsätzlich ist zu bemerken, daß die Datierung der meisten älteren Antichriststücke (Nr. I, 4, 5, 7) höchst unsicher ist, vgl. auch o. 28. Was dort über den Tegernseer Antichrist ausgeführt ist, gilt mutatis mutandis für die übrigen Dramen.
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Es folgt eine Szenenübersicht :
1. Szene (V. 1-36) Vorstellung des Antichrist durch zwei Könige, Proldamation des Antichrist (Erkennungszeichen für die Gläubigen, Drohung gegen alle Ungläubigen). Gewinnung des Volks von Jerusalem durch Wunder (Naturwunder und schlieiDich die Auferweckung von Toten). 2. Szene (37-66) Ankündigung des Jüngsten Gerichts durch einen Engel und Bußpredigt des Enoch und Elias. Hinrichtung der Propheten durch den Antichrist.
3. Szene (67-96) Auftrag Christi an den Engel Gabriel, den Antichrist zu vernichten. Ausft.ihrung des Auftrags und Höllenfahrt des Antichrist unter Satans Beihilfe. Reue des Volks. Nach diesem kurzen Antichristteil beginnt der längere Teil des Dramas, der das Jüngste Gericht darstellt (97-432). 5. LE JOUR DU JUGEMENT
Ebenfalls aus der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts dürfte das französische Spiel vom Antichrist und Jüngsten Gericht stammen, das in einem Manuskript in der Stadtbibliothek Besan~n vorliegt ••. Die Datierung ist wiederum höchst unsicher. Charakteristisch für die Haltung moderner positivistischer Gelehrter der Frage der Datierung gegenüber ist der Versuch des Herausgebers des Dramas, Emile Roy, aus angeblichen Rücksichten und Anspielungen auf zeitgeschichtliche Ereignisse, die er in den Text hineinliest, eine auf den Tag genaue Datierung zu gewinnen a7, Noel Valois zs weist die Datierung Roys zurück, um •• Bibliotheque de Ia ville, MS 579, publiziert von Emile Roy, Etudes sur /e thldtre franfais au XIV 8 si~cle, Le Jour du Jugement (Paris : Emile Bouillon, 1902). 17 Emile Roy, 119-156. 18 In der Rezension von Roys Buch im Journal des Sarants, N.S. I (1903), 677-686. Die eine Stelle (V. 1240f.), wo die Ritter, die den im Glauben beharrenden Papst im Namen des Antichrist gefangen nehmen, sich darauf berufen, daß der Kaiser bereits der Partei des Antichrist angehöre : "Vous savez que Ii emperi~res I Est jade Ja nostre partie", setzt, selbst wenn es sicher wäre, daß sie sich auf den deutschen Kaiser bezieht, keineswegs eine Auseinandersetzung zwischen Kaiser und Papst zur Entstehungszeit des Dramas voraus. Es gelingt dem Antichrist ja nach der Tradition stets, die weltliche Gewalt völlig zu korrumpieren. Als Märtyrer treten in der Tradition, abgesehen von den völlig legendären Königen von Ägypten, Äthiopien und Libyen (s.u. 43) vor der Reformation nie Fürsten auf, während umgekehrt in keinem der erhaltenen Antichristdramen vor Luther der Papst ins Lager des Antichrist übergeht. Das heißt, die Konstellation ist durch die Tradition vorgegeben und hat nichts mit der Tagespolitik zu tun. Die Datierung von Roy ist llbemommen von Robert Bossuat, Manuel bibliographique de
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auf demselben Weg, lediglich mit größerer Vorsicht, zu einerneuen kaum weniger pedantischen Datierung zu gelangen. Beide Gelehrte verkennen, daß das Antichristkonzept ein heils- nicht zeitgeschichtliches Konzept ist, und daß deshalb selbst konkrete politische Ideen, wie sie etwa im Tegernseer Ludus ausgesprochen sind, im vorliegenden Drama jedoch völlig fehlen, und nur mit Mühe aus dem Text herauszupressen sind, mit der jeweiligen politischen Lage der Entstehungszeit nichts zu tun haben. Eine präzise Datierung ist also hier ebenso unmöglich wie beim Tegernseer Ludus. Die Handschrift dürfte nach Schriftcharakter und IDustrationen der Mitte des 14.Jahrhunderts angehören 111 • Die exakten Quellen unseres Autors für die Antichristlegende lassen sich nicht bestimmen. Im vierzehnten Jahrhundert wird bereits eine solche Masse von Antichristschriften vorgelegen haben, und unser Drama zeigt, was die Antichristlegende angebt, so wenig originelle Züge, daß man den Versuch, die exakte Quelle zu bestimmen, aufgeben kann. Adso 80 dürfte es kaum gewesen sein, denn die Endkaisersage fehlt in unserem Drama völlig. Emile Roy weist nach, daß für die Geburt des Antichrist der Roman de Merlin zugrundeliegt 31, er zeigt ferner, daß das Drama eine Menge sprachlicher Entsprechungen zu den Dramen der Handschrift SainteGenevieve MS 1131 aufweist11 • Den Vers des Dramas bildet eine achtsilbige Zeile mit paarigem Endreim. In dem Drama wird eine Tendenz deutlich, die einfache Legende, wie sie etwa bei Adso vorliegt, durch die Einführung genrehafter (besonders bei der Geburt des Antichrist, wo der Autor wahrscheinlich den Roman de Merlin benutzt bat) und grotesker Züge (in den Teufelsszenen) auszuschmücken. Dieselbe Neigung zur Ausschmückung zeigt sich in der Einführung einer bunten Fülle von Personen, häufig unter Phantasienamen 18• Ia llnlrature fran~aise, Bibliothl;que e~virienne, Nouvelle s6rie, Etudes et documents (Melun: d'Argences, 1951), Nr. 5762, die von Valois von U.T. Holmes, A CritiCill Bibliography of French Llteroture, I (Syracuse University Press, 2.Aut1age, 1952), Nr. 2026 und Grace Frank, The MedieWll French Drama (Oxford : Clarendon Press, 1954, Nachdruck, 1960), 133. u Catalogue glnlral des manuscrlts des bibliothiques publlquer de France - Departements, XXXII, Besan~n (par Auguste Castan), I (Paris :Pion, 1897), 339. ao Roy, 9f., 28 nimmt Adso als Vorlage an. Als Beweis führt er die Übereinstimmung des Dramas mit Adso in den drei Machtmitteln des Antichrist (terror, munera, miracukl) an. Das beweist jedoch nicht viel, da die Lehre von den drei Machtmitteln des Antichrist im Mittelalter ohnehin kanonische Geltung hatte. 11 Roy, 26-34. • Roy, 6911'. Zu den Dramen vgl. Grace Frank, 13611'. • Zu diesen Zügen vgl. Rainer Hess, Das romanische geistliche Schauspiel a/8 profane
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Das Stück weist also, schon voll ausgebildet. die Züge der spätmittelalterIich-"nominalistischen" Darstellungsform 14 auf, die sich in Frankreich früher durchgesetzt hat als in Deutschland, und auch von dort aus Deutschland beeinßußt hat. Diese Tendenzen lassen sich bei allen nachfolgenden Mysterienspielen über den Antichrist feststellen. Ich gebe einen Szenenaufriß des Dramas : Prolog eines Prescheur (V. 1-192): Rekapitulation der Heilsgeschichte. Hinweise auf den Antichrist und das Jüngste Gericht. Aufruf zur Buße.
1. Szene (193-269) : Satan mit anderen Teufeln. Satans Pläne in bezug auf den Antichrist. Auftrag an einen Teufel ("Angingnart"), den Antichrist zu zeugen. 2. Szene (270-288) : ,,Angingnart" und sein Begleiter. Ankunft in Babylon. Verwandlung "AngingDarts" in einen Jüngling und Auftindung der künftigen Mutter des Antichrist. 3. Szene (289-341): Begegnung "Angingnarts" mit der künftigen Mutter des Antichrist. Ihre Verfiibrung, Zeugung des Antichrist. Enthüllung der Identität "Angingnarts" und Verheißung der Geburt des Antichrist. 4. Szene (342-347) : Rückverwandlung "Angingnarts" und Rückkehr der beiden Teufel in die Hölle.
S. Szene (348-365): Ankunft in der Hölle. Jubel und Tanz der Teufel. 6. Szene (366-421): Unterredung der Mutter des Antichrist mit ihrer demoiselle. Klagen über "Angingnarts'' Weggang und Geburtswehen. Trost in Mobammed. 7. Szene (422-445) : Botschaft der Geburt des Antichrist in der Hölle. Aussendung zweier Teufel {,,Hazart" und "Le Matan") zur Erziehung des Antichrist. 8. Szene (446-455) : Bewunderung des Antichrist durch die Dienerio seiner Mutter. Ankunft der beiden Teufel. 9. Szene (456-477) : Auftrag eines Engelsebors an Enocb und Elias, gegen den Antichrist zu predigen. und religiöse Komödie im 15. und J6.Jahrhundert, Freiburger Schriften zur romanischen Philologie, IV (München :Fink, 196S), zum genrehaften Element, 38-42, zum Personal, IS-19, zu den Teufeln, 162-179. 114 Heinz Kindermann, Theaterguchichte Eurorxu, 2.Auftage, I (Salzburg: 0. Müller, 1966), 217Jf., 273-322, der auch den Begrül" eingef"ührt hat.
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10. Szene (478-537) : Predigt des Enoch und Elias gegen den Antichrist. 11. Szene (538-585) : Versuchung des Antichrist durch Satan und Versprechen, ihm die Weltherrschaft zu übertragen. 12. Szene (586-629) : Proklamation des Antichrist. Heilung eines Blinden. Huldigung des Geheilten. 13. Szene (630-653) : Huldigung des Juden Annes und sein Vorschlag, Geld mit des Antichrist Bild und Zeichen zu prägen, das als Erkennungszeichen von allen seinen Anhängern getragen werden soll. 14. Szene (654-695): Proklamation des Herrschaftsanspruchs des Antichrist und seiner Verfügung über die Münzprägung durch einen Herold. 15. Szene (696-743): Heilung eines Aussätzigen und dessen Huldigung. 16. Szene (744-827) : Vorschlag eines "schlechten Bischofs" an den Antichrist, sich durch eine Totenauferweckung zu beweisen. Auferweckung des Toten, dessen Huldigung. 17. Szene (828-881): Unterredung der zehn Könige der Welt 8 ' über den Antichrist. Beschluß, den Antichrist aufzusuchen, um sich über ihn zu vergewissern, und ihn im Namen Jesu Christi zu grüßen. 18. Szene (882-955): Erscheinen der Könige vor dem Antichrist. Dessen Überhebung über Christus. Vorf"lihrung des geheilten Blinden und des vom Tode Auferweckten. Auf die Frage eines der Könige hin die Ankündigung des Antichrist, den Armen zu helfen. 19. Szene (956-1043) : Auftritt von vier Armen. Thrc Besehenkoog durch den Antichrist. Huldigung der Armen, Huldigung der Könige. 20. Szene (1044-1081): Schelten und Drohungen von vier Juden gegen die beiden Propheten Enoch und Elias. 21. Szene (1082-1175): Gefangennahme der beiden Propheten durch zwei Ritter. Predigt des Enoch und Elias vor dem Antichrist gegen ihn. Überantwortung der beiden an die Juden durch den Antichrist.
81 Die zehn Könige der Endzeit nach Apk XVII 12. Diese Version findet sich nur in dem Spiel von Besan~;on.
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22. Szene (1176-1205): Gebet des Enoch und Elias und ihre Tötung durch die Juden. Erdbeben. 23. Szene (1206-1229) : Auftrag des Antichrist an die Juden, den Papst herbeizuschleppen. Aufbruch der Juden zur Christenverfolgung. 24. Szene (1230-1287): Gefangennahme des Papstes durch vier Ritter. 2S. Szene (1288-1409) : Papst vor Antichrist. Beständigkeit des Papstes, der ins Gefängnis geworfen wird. Abfall zweier Kardinäle. 26. Szene (1410-1445) : Engelchor. Auferweckung von Enoch und Elias. Bekenntnis der guten Christen zu Christus und zur Kirche. Entgegnung eines Juden. 27. Szene (1446-1471) : Bericht eines Juden vor dem Antichrist über die Auferstehung von Enoch und Elias und die Beständigkeit von 2000 Christen. Drohungen des Antichrist. 28. Szene (1472-1639) : Ausgießung der Schalen des Zorns über den Antichrist und seine Gefolgschaft. Untergang der Juden und des vom Antichrist Wiederauferweckten. Reue und Gebet des Blinden. 29. Szene (1640-1669): Beratung der Teufel. Plan, mit Gott zu kämpfen. 30. Szene (1670-1675) : Reue und Gebet des Aussätzigen. 31. Szene (1676-1691) : Reue und Gebet der Könige zu Maria. Jüngstes Gericht (1692-2438).
Die Miniaturen der Handschrift ae geben wesentliche Aufschlüsse über die Inszenierung des Stücks, so zum Beispiel, daß die Szenen zwischen dem Teufel "Angingnart", der Mutter des Antichrist und ihrer Dienerio teils in einem Garten, teils in ihrer Schlafkammer stattfinden, daß die Teufel in Szene 8 in bürgerlichem Kostüm auftreten, daß Szene 11 auf dem Kirchhof stattfindet, etc. Selbstverständlich handelt es sich um die mittelalterliche Simultanbühne, wo die Akteure sich von Schauplatz zu Schauplatz bewegen. Das zeigt sich etwa darin, daß bestimmte Schauplätze wieder und wieder benützt werden a?. Eine Liste bei Roy, 257-259. Der Garten (Miniatur 4, S, 10, 18), der Friedhof (Miniatur 19, 30, 31), der Thron Enochs als Thron des Antichrist (Miniatur 17, 20ff.). 18 87
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6. DES ENTKRIST YASNACHT 88
In enger chronologischer Nachbarschaft mit dem erwähnten französischen Drama steht die Vorlage eines Nürnberger Fastnachtsspiels. Victor Michels konnte zeigen, daß die politischen Anspielungen in dem Stück seine Entstehung in der Schweiz in den Jahren 1353/54 beweisen 8'. Die Versform (mittelalterliche paarig gereimte Knittelverse mit zahlreichen mittelhochdeutschen Reimen) wie auch der Inhalt (enge Verbindung zu den mittelalterlichen geistlichen Antichristspielen, die nur am Schluß des Dramas durch eine Reihe von offensichtlich späteren, metrisch divergierenden Versen notdürftig verschleiert wird) 40 zeigen, daß die Urform des Dramas von der Mitte des 14.Jahrhunderts in dem Faschingsspiel ziemlich rein erhalten ist. Das Fehlen der Auferweckung von Enoch und Elias und des Endes des Antichrist legen den Schluß nahe, daß uns nur ein Bruchstück des älteren Dramas vorliegt 41 • Im völligen Gegensatz zu dem alten kaisertreuen Ludus de Antichristo vertritt das wahrscheinlich aus Zürich stammende Spiel vom "Entkrist" eine gewisse antikaiserliche Tendenz. Der Kaiser (Karl IV., der zugunsten Österreichs gegen die Schweizer interveniert hatte), erscheint als das prominente erste Opfer der Verführungskünste des Antichrist, der die territorialen Gelüste des Fürsten und seiner Trabanten auf Ungarn, Neapel und besonders auch Schweizer Städte ausnützt. Im übrigen spielen die Fürsten in dem Stück dieselbe Rolle wie die Fürsten in den anderen Antichristdramen, sie dienen als Exempla der vom Antichrist Verführten. Der chiliastische Aspekt des Tegernseer Ludus fehlt in dem Zürcher Spiel, das Interesse des Autors ist beschränkt lokalpolitisch.
aa Der Titel nach Adelbert von Keller, Fastflllchtsplele aus dem rllllfzehnten Jahrhundert, II, Nr. 68, Bibliothek des Literarischen Vereins in Stuttgart, XXIX (1853, Nachdruck, Darmstadt : Wissenschaft!. Buchgesellsch., 1965), 593. .,Entkrist" ist die deutsche volksetymologische Form rür Antichrist. " Victor Michels, Studien über die li/testen deutschen Fastflllchtspiele, Quellen und Forschungen zur Sprach· und Kulturgeschichte der germanischen Völker, LXXVII (Straßburg : Trübner, 1896), 79-83, vgl. auch Karl Reuschel, Die deutschen Weltgerichtsspiele des Mittelalters und der Re/ormationszeit, Teutonia, IV (Leipzig : Avenarius, 1906), 41-SO. Textausgabe mit Einleitung von Friederike Christ-Kutter, Frühe Schweizerspiele, Altdeutsche Übungstexte, XIX (Dem : Francke, 1963), 30-61. 40 Hinsichtlich der Eingriffe des Bearbeiters vgl. Christ-Kutter, 34-38. 41 Die Aufforderung des Enoch : .,Vnd secht die pittem helle an" (V. 64) setzt doch wohl einen gestischen Hinweis auf den Höllenrachen auf der Bühne voraus. Hölle und Teufel spielen in dem erhaltenen Bruchstück nicht mit, während sie wahrscheinlich fllr den Untergang des Antichrist gebraucht wurden.
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Die politischen Anspielungen in dem Stück 41 waren zweifellos den Zeitgenossen ohne weiteres verständlich. Es ist anzunehmen, daß es sich bei der Urform unseres Stückes nicht um ein Fastnachtsspiel gehandelt hat. Wir haben hier den Fall eines Stückes aus der Mitte des vierzehnten Jahrhunderts, das ein geistliches Thema behandelt, dabei jedoch sehr scharfe und persönlich-politische Zeitkritik übt. Das Drama läßt sich also nicht mit den mittelalterlichen Fastnachtsspielen vergleichen, die auffallenderweise nur in geringem Maße Zeitkritik üben 43, es paßt nach allem, was wir darüber wissen, noch weniger in den Rahmen des geistlichen Dramas des Mittelalters. Für die Kategorien "religiöspolitische Moralität" und ,,Legendenspiel mit politischen Anspielungen", die Friederike ChristKutter vorschlägt 44, existieren, so weit ich sehe, außer unserem Stück keine weiteren Beispiele vor der Reformation. Das Stück macht in seiner Verbindung von Volkstümlichkeit, religiösem und politischem Interesse den Eindruck eines frühen Vorläufers des Schweizer Reformationsdramas. Ich gebe einen Szenenaufriß : 1. Vorspruch des Herolds: Ankündigung von Enoch und Elias (V. 1-18). 2. Auftritt von Enoch und Elias : Rede Enochs (19-63). 3. Herold des Antichrist (64-86). 4. Auftritt des Entkrist : Proklamation (87-127). S. Entgegnung des Elias, Ermordung von Enoch und Elias (128-146).
6. Gewinnung der Juden (147-190). 7. Werberede des Antichrist vor dem Kaiser (191-214). 8. Beratung des Kaisers mit seinen Riten. Forderung eines Wunders vom Antichrist, nämlich der Beschwörung des toten Vaters des Kaisers (215-300) 41• 9. Beschwörung des Vaters des Kaisers. Huldigung des Kaisers vor dem Antichrist. Forderung von Privilegien durch den Kaiser. Gewährung durch den Antichrist. Zeichnung des Kaisers mit dem Zeichen des Antichrist (301-341). 10. Heilung von Lahmen und Blinden (342-360). Christ-Kutter, 32. Vgl. Eckehard Catholy, Da1 Fastnachtlpiel fk1 Spiitmittelalters, Hermaea, N.F. VUI (Tübingen : Niemeyer, 1961), 141, 326. " Christ-Kutter, 32. 41 Variante eines spltmittelalterlichen Antichristtopos : in der Legcode gewinnt der Antichrist den König von Libyen, indem er seinen Vater zum Leben wicdcrerwcckt, vgl. Hans Preuß, Die Yor~tellungen vom Antichrist im spiiteren Mittelalter, bei Luther lllld in der kotifusionellen Polemik (Leipzig : Hinrieb, 1906), 20, 37, mit Litcraturoacbweisco, 27Sft"., Karl Reuschcl, SO. 11
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11. Gewinnung eines Bischofs nach dessen Beratung mit seinem Kaplan. Bitte um und Gewährung von Geschenken (361-405). 12. Gewinnungzweier Äbte mit Versprechungen von Geschenken (406-440). 13. Entgegnung eines Pilgers, seine Ermordung und Wiedererweckung durch den Antichrist. Huldigung des Pilgers (441-484). 14. Gewinnung des "Froß" durch den Antichrist mit Privilegien (485-509). 15. Herold (510-518). 7. CHESTERSPIEL VOM ANTICHRIST
Zwischen 1342 und 1352 dürfte das Spiel vom Antichrist im Rahmen des Chesterzyklus entstanden sein "· Der Text ist in Englisch mit lateinischen Regiebemerkungen und Bibelzitaten. Das Drama ist in Strophen von der Form AABCCB oder Varianten davon geschrieben. Der ganze Zyklus wurde an Pfingsten an drei aufeinanderfolgenden Tagen von Handwerkergilden auf Wagen, die durch die Stadt fuhren und an bestimmten Plätzen anhielten, aufgeführt. Jede Gilde hatte ein Stück im Rahmen des Zyklus auszurüsten und an jedem der vorbestimmten Plätze aufzuführen . .Der Inhalt des Dramas ist folgender: 1. Auftritt (V. 1-252)
1. Proklamation des Antichrist (1-56). 2. Huldigung von vier Königen (57-76). 3. Legitimation des Antichrist durch Totenauferweckungen (77-112). 4. Legitimation des Antichrist durch sein eigenes Sterben, Begräbnis und Auferstehung (113-172) '7. 5. Anbetung und Opfer der Könige rür den Antichrist (173-192). 6. Des Antichrist Pfingstwunder (193-204). " Zur Datierung vgl. Theo Stemmler, "Zur Datierung der Chester Plays", Germanisch-Romanische Mon~~tsschri/t, XLIX, N.F., XVIII (1968), 308-313 und Rosemary Woolf, The English Mystery Plays (Berkeley and Los Angeles : University of Calüomia Press, 1972), 415, Anm. 6. Eine eingehende Analyse des Dramas bei Linus U. Lucken, Antichrist and the Prophets of Antichrist in the Chester Cycle (Washingtoo : The Catholic University of America Press, 1940). Textausgabe von Walter W. Greg, The P/ay of Antichrist from the Chester Cycle (Oxford : Clarendon Press, 1935). Der Versuch Leslie H. Martins in seiner Arbeit "Comic Eschatology in the Chester Comiog of Antichrist", Comparative Drama, V (1971), 163-176, das Chesterspiel als "komische" Version von der einzigen ihm außerdem bekannten Fassung, dem Tegernseer LudiU, abzuheben, scheint mir gescheitert. ' 7 Dieser Zug, den nur das Chesterspiel und das Spiel von Modane (Nr. 37, II, 39) enthalten, erinnert wie auch das Hostienwunder, ein anderer singulärer Zug des Chesterspiels (s.u. 43 2. Auftritt, II) an, die Sirnon Magus-Legende (s.o. 8f.).
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1. Proldamation und Verteilung der irdischen Reiche durch den Antichrist (205-252).
2. Auftritt (253-624)
s. Enoch und Elias : Enochrede (253-284), Eliasrede (285-300). 9. Enoch und Elias im Gespräch mit den Königen, einer der Könige schlägt ein Streitgespräch mit dem Antichrist vor (301-340). 10. Streitgespräch Elias-Enoch Antichrist-ein .,Doktor" (341-520). U. Probe : Totenauferweckung durch den Antichrist, die Toten sollen gesegnete Speise essen und trinken (521-584). 12. Reue der Könige (585-616). 13. Ennordung der Propheten und Könige durch den Antichrist (617-624). 3. Auftritt (625-656) 14. Michael ersch1ägt den Antichrist. Klagegeschrei des Antichrist (625-656). 4. Auftritt (657-702) 15. Teufel schleppen den Antichrist in die Hölle (657-702). 5. Auftritt (703-726) 16. Auferstehung von Enoch und Elias. Schlußgebet Eooch-Eiias-Michael (703-726).
Dem Antichristdrama geht ein Spiel von den Propheten des Antichrist voraus 48• Dieses Stück enthält in regelmäßiger Folge je eine Rede eines Propheten mit dem Kommentar des Expositors. Die Abfolge ist : Ezechiel (1-48), Zacharias (49-124), Daniel (125-172), Johannes (173-260), woran sich ein Exkurs über die fünfzehn Zeichen der Ankunft des Jüngsten Tages anschließt (261-341). Die zehn Hörner der Danielprophetie sind in diesem Drama traditionsgemäß auf zehn Könige bezogen (149-164), von denen der Antichrist drei tötet (nach der Tradition die Könige von Ägypten, Äthiopien und Libyen) ..., worauf die anderen ihm huldigen (166-168). Das bedeutet, für das Antichristspiel und das Prophetenspiel, die von verschiedenen Gilden aufgeführt wurden, wurde offenbar nicht dieselbe Quelle benützt.
48 Dazu vgl. Lucken, 76-135. Text in Chester Plays, Part 2, Early English Text Society, Extra Series, CXV, reed. by Dr. Matthews (1916, Nachdruck, O.xford University Press, 1959), 387-399. .. Interpretation von Dan VII 8 und VII 24 durch Dan XI 43, ein geläufiger Topos der Antichristo1ogie.
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8. FRAGMENT EINES UMBURGISCHEN ANTICHRISTSPIELS
Etwa um 1430 dürfte ein Antichristspiel aus dem Limburgischen entstanden sein, von dem Fragmente erhalten sind 10• Das Stück ist in Mittelniederländisch mit lateinischen Szenenanweisungen. Nach dem Erhaltenen zu schließen, handelte es sich um ein kurzes Antichristspiel (ein paar hundert Verse). Das Stück ist frei von der üblichen Weitschweifigkeit und zeigt Partien von hohem poetischem Reiz. Es weist außerdem reizvolles Lokalkolorit auf : Die Teufel, die durch das Wirken des Antichrist Seelen im Überftuß gewonnen haben, salzen diese wie Fische ein, um sie für später zu konservieren. Ich gebe einen Inhaltsüberblick über das Erhaltene : Frg. A : Szene I Proklamation des Antichrist als des Schöpfers und Lenkers Himmels und der Erde. Verheißungen : Seligkeit, Sündenvergebung. Huldigung des Volks. Befriedigung des Antichrist über die Huldigung und weitere Verheißungen. Frg. B. : Szene 2 Streit zwischen Elias, Enoch und dem Antichrist. Bekehrung der Juden durch Elias. Ermordung der Propheten durch den Antichrist. Szene 3: Beginn einer Szene zwischen Luzifer und dem Antichrist. Frg. C : Szene 4 Teufel besichtigen den gewaltigen Seelenfang des Antichrist. Freudentanz der Teufel. Szene 5: Ein Teufel und Luzifer : Auftrag Luzifers, den Antichrist zu holen. Gespräch über die Beschaffung des Salzes zum Einsalzen der Seelen. Szene 6: Szenenbeginn : Antichrist bittet Luzifer um eine Frist. Frg. D : Szene 7 Monolog des Todes (?) über seine Macht und sein Wirken. 50
Veröffentlicht von Jan Gessler, ,.Fragmenten van een Limburgisch Antichrist-spei
uit de XV• eeuw", Album opgedragen aan Prof. Dr. J. Jlercoullie door ambtgenooten ... ter gelegenheid van zijn zeventigsten verjaardog... (1927), 137-146. Die Handschrift befindet
sich im Staatsarchiv Lüttich.
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Der Schluß (Szene 6 und 7) erinnert an die mittelniederländische Jedermann-Moralität. 9. ANTICHRISTSPIEL VON ZWOLLE
1445 wurde in Zwolle in Holland "dat spil van antiehrist toekomst" aufgeiührt 111• Der Text ist nicht erhalten. 10. ANTICHRISTSPIELE IN FRANKFURT
1468 und 1469 wurde in Frankfurt unter Beteiligung von 265 Personen ein vier Tage dauerndes Spiel vom Antichrist und vom Jüngsten Gericht aufgeführt 11• Eine Verordnung des Frankfurter Bürgermeisters, die den Juden vorschrieb, im Interesse ihrer eigenen Sicherheit sich während der Aufführung zuhause einzuschließen, deutet auf eine stark antisemitische Tendenz des Spiels. Der Text ist nicht erhalten. 11. ANTICHRISTSPIELE IN XANTEN
1473 und 1481 wurde in Xanten ein Antichristspiel aufgeführt, dessen Text ebenfalls verloren ist 68• Es wird als das "alte große Spiel vom Auf- und Untergang des Antichrist" und als Übersetzung aus dem Lateinischen bezeichnet. Daß es sich, wie man aus dieser Notiz schließen wollte 54, um den Tegernseer Ludus de Antichristo gehandelt hat, ist unwahrscheinlich. 12. KÜNZELSAUER FRONLEICHNAMSPIEL VON 1479 56
Zusammen mit den als Nummer 7 und Nr. 15 aufgeführten Spielen gehört das Künzelsauer Fronleichnamspiel zu der Gruppe der Prozessionsspiele, 61 Vgl. Jacob A. Worp, Geschiedenü WJn het drama en van het toneel in Nederland, Eerste Deel (1904, Nachdruck, Rotterdam : Langerveld, 1970?), 20. 11 Vgl. dazu Richard Froning, Das Drama des Mittelalters, Deutsche Nationalliteratur, XIV (1891/92, Nachdruck, Darmstadt : Wissenschaft!. BuchgeseUsch., 1964), II, 536ff., Karl Reuschel, Die deutschen Weltgerichtsspiele des Mittelalters und der Reformationszeit, Teutonia, IV (Leipzig : Avenarius, 1906), SO. 11 Vgl. Johannes Janssen, Geschichte des deutschen Volkes seit dem Ausgang des Mittelalters, I, 18. Auftage (Freiburg : Herder, 1897), 287, Reuschel, 51. " So Janssen. In der Spätzeit des Mittelalters weisen solche Bezeichnungen doch offenbar nur auf die lange I o k a I e Oberlieferungstradition hin, so findet sich die ihnliehe Bezeichnung "das uralte Spiel" f"ür den Text des Luzemer Osterspiels, der zu diesem Zeitpunkt höchstens eine Generation ah war, vgl. Renward BrandsteUer, Die Regenz bei den Luzerner Osterspielen, Programm Luzem 1886, 21. 56 Textausgabe von Peter K. Liebenow, Das Künzelsauer Fronleichnamspiel, Ausgaben zur deutschen Literatur des 15. bis 18.Jahrhunderts, Reihe Drama, ll (Berlin: de Gruyter, 1969}.
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die während der Prozession die Kernszenen der Heilsgeschichte in zumeist kurzen Szenen, sogenannten Figurae 58, darstellten. Dieser Dramentyp scheint besonders in England die Regel gewesen zu sein, aber auch in Deutschland finden sich zahlreiche Beipiele 57• Von diesen Prozessionsspielen ist das Künzelsauer dasjenige auf deutschem Boden, bei dem die Umwandlung vom Prozessions- zum Standortdrama am weitesten fortgeschritten ist 58 • Das Spiel ist in deutscher Sprache mit lateinischen Regiebemerkungen. Die Handschrift des Dramas stammt von 1479, das Fronleichnamspiel selbst scheint erheblich älter zu sein, allerdings dürfte der Antichristteil, der die Verse 5075-5304a umfaßt, zu den jüngeren Schichten gehören 69 • Ich gebe eine Szenenübersicht : 1. Ankündigung Enocbs und Elias' durch den rector Iudi (V. 5075-5116).
2. Vorstellung des Antichrist durch den rector Iudi (5117-5154). 3. Predigten zweier Apostel des Antichrist (5155-5170). 4. Teufel meldet Luzifer die Geburt des Antichrist (5171-5174).
5. Proklamation des Antichrist (5175-5200). 6. Huldigung der Archisinagoga mit den Juden (5201-5208). 7. Bekehrungsversuch eines Juden an den Christen (5209-5221). 8. Predigten des Enoch und Elias (5222-5242). 9. Entgegnung des Juden. Tötung der Propheten durch den Antichrist. Warnung und Bekehrungsversuch des Juden an den Christen (5243-5268). 10. Wiedererweckung durch Gabriet und Predigt von Enoch und Elias (5269-5290). 11. Luzifer mit seinen Teufeln holt den Antichrist (5291-5304).
An das Antichristspiel schließt sich das Jüngste Gericht (5305-5786) und ein Epilog an (5788-5872). 68 Zum Bedeutungswandel des Wortes figura von der Präfiguration eines neutestamentlichen Geschehens im Alten Testament zur Bedeutung "Auftritt, Szene" vgl. Wolfgang F. Michael, "Die Bedeutung des Wortesfigur im geistlichen Drama Deutschlands", Germanie Review, XXI (1946), 3-6. 57 Vgl. dazu Wolfgang F. Michael, Die geistlichen Proze11ionsspiele in Deutschland, Hesperia, XXII (Baltimore : Johns Hopkins Press, Göttingen : Vandenhoeck und Ruprecht, 1947). 111 Michael, Prozellionspiele, 72. •• Michael, Prozessionsspiele, 40.
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13. SPIEL VON DEM HERZOG VON BURGUND
Zwischen 1486 und 1493 wurde ein Fastnachtsspiel in Nümberg aufgeführt, das mit guten Gründen Hans Folz zugeschrieben wurde 80 • Das Stück bat starke antijüdische Tendenz und ist äußerst zotig. Es wurde wahrscheinlich zu einem politischen Anlaß geschrieben, dem 1491 erwarteten Staatsbesuch Maximilians und seines dreizehnjährigen Sohnes, des Herzogs von Burgund, in der Reichsstadt Nümberg. Das politische Konzept der älteren Anticbristliteratur, nach dem der Antichrist gerade die Fürsten zuerst und durch sie die Völker gewinnt, 11 ist hier zur Farce und in sein Gegenteil verkehrt. Der Fürst, dem zur Huldigung das Stück geschrieben ist, hilft selbst bei der burlesken Entlarvung des Schwindlers und seiner jüdischen Gefolgschaft mit. Im übrigen ist das Stück völlig unpolitisch. Szenenüberblick: 1. Narr und Herold : Ankündigung des Besuchs des Herzogs von Burgund (169, 1-20). 2. Ankündigung (durch eine Närrin und einen Herold) und Auftritt der Sibylle. Begrüßung durch den Herzog. Meldung der Ankunft des falschen Messias und der Agitation der Juden durch die Sibylle (169, 21-171, 26). 3. Auftritt der Juden mit dem falschen Messias (171, 27-173, S). 4. Bitte eines Rabbi an den Antichrist, ein Wunder zu tun. Erscheinen eines Drachen und seine Bannung durch die Sibylle (173, 6-24). 5. Verhör des Antichrist durch die Sibylle, Disputation (173, 25-175, 21). 6. Vorschlag des Antichrist, zwischen ihm und dem Herzog das Glücksrad zur Entscheidung anzuwenden. Sieg des Herzogs. Empörung der Juden über den Antichrist (175, 22-177, 18). 1. Zweite Probe auf Veranlassung der Sibylle :gemeinsames Trinken der Sibylle und des Antichrist von demselben Wein. Tod des Antichrist. Empörung der Juden (177, 19-179, 6).
8. Wiedererweckung des Antichrist durch die Sibylle. Sie zwingt ihn, seine Anschläge und die Verbrechen der Juden zu gestehen (179, 7-180, 27). 10 Victor Michels, Studien über die ältesten deutschen Fastflllchtspiele, Quellen und Forschungen zur Sprach- und Kulturgeschichte der germanischen Völker, LXXVII (Straßburg: Trübner, 1896), 239f., Reuschel, 51-53, Gerd Simon, Die erste deutsche Fastflllchtsspieltradition, Germanische Studien, CCXL (Lübeck und Harnburg : Matthiesen, 1970), 68. Abdruck des Textes bei A. v. Keller, Fastflllchtspiele aus dem fünfzehnten Jahrhundert, I, Nr. 20, Bibliothek des literarischen Vereins in Stuttgart, XXVIII (1853, Nachdruck, Darmstadt: Wissenschaft!. Buchgesellsch., 1965), 169-190. 11 S.o. 6.
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9. Urteile der Heiden, der Ritter und der Narren über den Antichrist und die Juden (180, 28-186, 3). 10. Bestrafung der Juden (186, 4-188, 26). 11. Komplimente und gegenseitige Beschenkung zwischen der Sibylle und dem Herzog (188, 27-190, 30). 14. DORTMUHDER ANTICHRIST
Aus dem Bericht eines Chronisten erfahren wir von der Aufführung eines Antichristdramas in Dortmund am Fastabend des Jahres 1513 11 • Der Text ist verloren, doch haben wir verhältnismäßig ausiührliche Angaben über die Szenerie. Danach wurden sechs "Burgen" auf dem Marktplatz aufgerichtet, von denen die erste von Gott, Maria, Johannes dem Täufer, Petrus und Pau1us und Engeln, die zweite vom Papst mit seinen Kardinälen und Bischöfen, die dritte vom Kaiser mit seinen Königen, Fürsten und Herren, die vierte vom "Entchrist" mit seiner Gesellschaft, die iünfte von den Juden besetzt war, die sechste stellte die Hölle dar mit ihren Teufeln. Bemerkenswert ist, daß offenbar schon in diesem vorreformatorischen Drama Petrus und Paulus die Rolle Enochs und Elias' als der Prediger wider den Antichrist übernehmen. Da die beiden Apostel gewöhnlich in den späteren Antichristdramen die Aufgabe haben, apostolische Einfachheit und Sittenstrenge gegenüber der durch den Antichrist korrumpierten Geistlichkeit zu repräsentieren, wird man annehmen dürfen, daß auch in dem Dortmonder Antichristspiel der verweltlichte Klerus kritisieq wurde. 15. DRESDNER JOHANNISSPIEL
Im Dresdner Johannisspiel, einem Prozessionsspiel, das seit 1480 nachzuweisen ist, sind Auftritte des Antichrist seit 1514 zu belegen 18 • Der Antichrist streut hier Geld in die Menge und führt einen Backofen (aus Leinwand) mit sich herum N.
~ Vsi. Karl Reuschel, Die deutschen Weltgerichtsspiele des Mittelalters und der Reformationszeit, Teutonia, IV (Leipzig : Avenarius, 1906), 54 und die Arbeiten von Artbur Mlmpel, Das Dortmullder Theater (Dortmund : Selbstverlag, 1935/36), I, 14-20 und "Zu Fastabend auf dem Markt gespielt", Yestisches Jahrbuch, LIII (1951), 152-159. 11 Vsi. 0. Richter, "Das Johannisspiel zu Dresden im 15. und 16.Jahrhundert", Neues Archiv für sächsische Geschichte, IV (1883), 101-114, bes. 112. 18 Vsi. dazu o. 9.
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16. GENGENBACHS NOLLHART
An den mittelalterlichen processus prophetarum erinnert das 1517 in Basel zur Fastnacht aufgeführte Spiel Nollhart von Gengenbach 86 • Die Propheten "Bruder Nollhart", Birgitta, die Sibylle und Methodius werden vom Papst, dem Kaiser, dem französischen König, dem Bischof von Mainz, dem Pralzgrafen, dem Venediger, dem Türken, dem Eidgenossen und dem Juden über die Zukunft befragt und stehen ihnen Rede und Antwort. Vom Antichrist ist hier die Rede in der Prophezeiung des Methodius an den Kaiser vom Endreich 86• Der große Widersacher des deutschen Endzeitkaisers ist wieder ein französischer König, der hier im Nollhart geradezu als figura Antichristi in Gemeinschaft mit Antiochus und den anderen Vorläufern des Antichrist erscheint 87 • Im eschatologischen Denken der Deutschen der Zeit unmittelbar vor der Reformation besteht also noch exakt dieselbe endzeitliche politische Konstellation wie zur Zeit Friedrich Barbarossas 61 , Am Schluß des Spiels fragt der Jude denNollhart nach dem Antichrist und erhilt von ihm eine Prophezeiung mit den üblichen Punkten : 1. 2. 3. 4.
Geburt, Herkunft und Erziehung des Antichrist (V. 1386-1405). Sein Herrschaftssitz (1406-1410). Beschneidung (1410). Sein Anhang (1412-1420). 5. Wunder (1421-1422). 6. Anmaßung der Göttlichkeit (1450). 7. Gewinnung der Fürsten (1451). 8. Des Antichrist Himmelfahrt (1452-1453). 9. Vernichtung des Antichrist durch den Erzengel Michael (1454-1457). 10. Wiedererweckung und Bußpredigt der Propheten Enoch und Elias (14591462). 11. Jüngstes Gericht (1463-1476).
86 Abdruck in Pomphilus Gengenbach, bg. v. Kar1 Goedeke (Hannover : Rümpler, 1856), 77-116. Das Stück steht in enger Abhl.ngigkeit von den Prophezeiungen Johann Lichtenbergers, vgl. F. Kampers, Die deutsche Kaiseridee in Prophetie und Sage (1896, Nachdruck, Aalen : Scientia, 1969), 143 und Dietrich Kurze, Johann Lichtenberger, Historische Studien, CCCLXXIX (Berlin : Ebering, 1960), 48, Anm. 286 und 49, Anm. 298 und besonders Rudolf Raillard, Pamphilus Gengenbach und die Reformation, Diss. Zürich 1934 (Heidelberg : Evangelischer Verlag, 1936), 21-30. .. Nol/hart, V. 552-609.
so
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Das Stück Gengenbachs liegt in einer Umarbeitung aus der Offizin Jakob Cammerlanders in Straßburg aus der Zeit des Tridentiner Konzils vor 69 • Ein Vergleich der Fassung Gengenbachs mit der Cammerlanders zeigt sehr deutlich den Tendenzwandel, der mit der Reformation eintritt. Der Schlußteil des Gengenbachschen Stücks mit dem Auftritt des Juden und der Prophezeiung über den Antichrist fehlt in dem Cammerlanderschen Stück. Der Jude tritt hier überhaupt nicht mehr auf. Das ganze Stück ist von heftigster antipäpstlicher Polemik. Die Antichristprophezeiung wird nun vom Bruder Nollhart auf den Papst angewandt 70 • Die reichstreue patriotische Tendenz mit der Endreichsprophezeiung ist beibehalten. 17. ANTICHRISTSPIEL VON CHUR
Die Handschrift des Weltgerichtsspiels, das 1517 in Chur aufgerührt wurde, enthält am Ende (letzte drei Blätter) einen Antichristakt 71 • In der Tradition geht ausnahmslos das Auftreten des Antichrist dem Jüngsten Tag voran. Offenbar ist der Antichristteil in der Handschrift an die falsche Stelle geraten. Der Text ist in Deutsch mit lateinischen Regiebemerkungen. Ich gebe eine Szenenübersicht : I. Proklamation des Antichrist : verspricht materielle Belohnung in Form verborgener Schätze. Rachedrohung an Ungläubige. Wendung an die Juden (V.
1382-1401).
2. Huldigung der Juden durch ihren Vertreter Mosse. Forderung des Antichrist, die jüdischen Bräuche zu halten (1402-1427). 3. Huldigung von Superbus, Avarus, Luxuria, Ira, Gula, eines Mannes aus dem Volke (1428-1475). 4. Entgegnung eines Gegners des Antichrist, der ein Zeichen von dessen Göttlichkeit vermißt (1476-1493). 5. Ankündigung der Himmelfahrt, Segnung der Menge (1494-1509).
6. Regiebemerkung : post ruinam ipsius 7. Reue eines Verführten (1510-1523).
8. Enoch und Elias : Gebet des Elias und Bekehrungsarbeit von Enoch und Elias (1524-1561). 11 Goedeke, Gengenbach, 462-502. Zu den Cammerlanderschcn Bearbeitungen vgl. Goedeke, Grundriß zur Geschichte der deutschen Dichtung, 2. Auflage, II, Das Reformationszeltalter (Dresden : Ehlennann, 1886), 31Sf., vgl.u. 70. 70 Goedeke, Gengenbach, 466f. 71 Die Handschrüt befindet sich zusammen mit einer Abschrift des 19.Jahrhunderts im Kantonsarchiv Graubünden in Chur. Ihre Publikation ist geplant.
II. ANTICHRISTSPIELE DER REFORMATION 1
Schon zu Ende des vierzehnten und zu Beginn des fünfzehnten Jahrhunderts identifizieren Wiclif und Huss und andere den Papst mit dem Antichrist. Allerdings handelt es sich bei diesen beiden Theologen noch lediglich um eine gezielt-polemische Verschärfung der alten mittelalterlichen Vorstellung, die immer wieder in bestimmten historischen Personen figurae Antichristi gesehen hat, antichristi mystici oder memhra, die dem caput, dem Antichristus verus, dem Antichristus literalis et proprius vorangehen und gegenüberstehen 1 • Schon Adso findet solche antichristisowohl unter der Laienschaft als auch unter dem Klerus 8 • Für die Häretiker Wiclif und Huss sind nun die antichristi vor allem jene Kleriker, die dafür verantwortlich sind, daß die Kirche den alten Weg apostolischer Armut und Sittenstrenge verlassen hat. Es handelt sich also mehr oder weniger um eine individuelle moralische Verurteilung. Der praecipuus Antichristus unter diesen antichristi mystici ist der sittenlose Papst der Zeit 4 • Diese theologischen Vorstellungen haben, wie überhaupt die Theologie des späteren Mittelalters, auf die Gestaltungen der Antichristlegende in den mittelalterlichen Antichristdramen keinen Einfluß gehabt. Die mittelalterlichen Antichristspiele befassen sich nicht mit den figurae Antichristi, sie sind nicht interessiert an den historischen bzw. hic et nunc auftretenden Vorläufern des eigentlichen Antichrist. Das gilt sogar für den Tegernseer 1 Eine neue Bibliographie zur Reformationsliteratur legt Hans-Gert Rotoff vor in seinem Artikel .,Reformationsliteratur" in Merker-Stammler, Reallexikon der deutschen Literaturgeschichte, 2.Auftage (Berlin : de Gruyter), lU (1971), 365-403. 11 Zu dieser Unterscheidung siehe Hans Preuß, Die Vorstellungen vom Antichrist im apäteren Mittelalter, bei Luther und in der konfeanonellen Polemik (Leipzig : Hinrieb, 1906), 25f., P. Classen, Gerhoch ron Reicheraherg (Wiesbaden : Steiner, 1960), 217ft". 1 Adso, 106 (Sackur) : .,Quicumque enim sive laicus, sive canonicus, sive monachus contra iustitiam vivit et ordinis sui regulam inlpugnat et quod bonum est blasphemat, Antichristus est et minister sathanae". ' Vgl. Preuß, 49ft".
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Antichrist, obwohl in diesem Fall die Parallelen zwischen der politischen Situation der Zeit und dem Kaisertum der Endzeit, das dem Auftreten des Antichrist vorangeht, offenkundig sind. Trotz dieser Parallelen ist eben der Kaiser der Endzeit in dem Drama nicht eine historische, sondern eine eschatologische Gestalt und trägt darum nicht die persönlichen Züge Friedrich Barbarossas. Eine Ausnahme macht nur das Zürcher Antichristspiel (Nr. 6) vom Jahre 1353/54. Hier wird tatsächlich, für die zeitgenössischen Zuschauer und Leser sicherlich unmittelbar verständlich, auf Zeitgeschichte angespielt. Der Kaiser des Spiels ist Karl IV. und, wenn die Parallelisierung mit der Zeitgeschichte wirklich konsequent durchgeführt wurde, dürfte der Antichrist in dem Spiel als der röinische Tribun Cola di Rienzo zu verstehen sein '. Diese Identifizierung läßt sich allerdings aus dem vorliegenden unvollständigen Text nicht zwingend beweisen. Eindeutige Identifizierung einer lebenden Persönlichkeit als Antichrist wird im Mittelalter gelegentlich als politische Waffe benützt, besonders von den Päpsten im Kampf Init den deutschen Kaisem (Heinrich IV., Friedrich II. vor allem). Es ist das letzte Mittel in einer Zeit höchsten geistlichen und politischen Druckes, wenn sich dem Bedrängten das Gefühl der unwiderruflichen Spaltung der Kirche und dainit des herannahenden Weltendes aufdrängt 8 • In das allgemeine Bewußtsein scheinen solche Identifikationen nur auf dem Umweg über spätere Legendenbildung eingedrungen zu sein. Im Antichristdrama finden sich außer dem Zürcher Antichrist keine Spuren davon. Das Zürcher Antichristspiel, eine politische Satire aus der Mitte des vierzehnten Jahrhunderts, ist ein eindrucksvolles Zeugnis für das republikanisch anmutende politische Engagement des Schweizer Bürgertums im ausgehenden Mittelalter 7 und weist dainit deutlich voraus auf das Schweizer Drama der Reformationszeit Es ist, soweit ich sehe, das einzige Beispiel eines geistlichen Dramas, in dem ein geistliches Konzept rücksichtslos zur Deutung der aktuellen politischen Lage verwandt wird, auf der Folie der Ständesatire (gegen Klerus und Rittertum), die für die Literatur des ausgehenden Mittelalters typisch ist, d. h. wir
6 Vgl. Friederike Christ-Kutter, Frühe Schweizerspiele, Altdeutsche tlbungstexte, XIX {Dem : Francke, 1963), 33. 1 Vgl. etwa die Reaktion Gerhochs von Reichersberg auf das Schisma, siehe P. Classen, Guhoch wm Reichu1berg {Wiesbaden : Steiner, 1960), 292ft"., bes. 297f. 7 Vgl. V. Michels, Stildien über die li/testen deut1chen FflltNlchtlplele, Quellen und Forschungen zur Sprach- und Kulturgeschichte der germanischen Völker, LXXVII (Straßburg : Trübner, 1896), 83.
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stellen in diesem Drama drei Schichten fest : das geistliche Drama als Grundlage, darüber spätmittelalterliche Ständesatire und aktuelle tagespolitische Satire. Im übrigen beschränken sich im Gegensatz zu der sonstigen reichen eschatologischen und chiliastischen Literatur des Mittelalters, die die Zeichen der Endzeit in den jeweiligen Zeitumständen zu erkennen sucht, die Antichristdramen mehr oder weniger darauf, die alte Legende vom Leben und den Taten des Antichrist, angereichert mit volkstümlichen Motiven, weiterzuführen. Der Antichrist des Dramas ist immer der verus Antichristus, der Sohn des Teufels, dessen Sturz das Weltgericht folgt. Luther setzt seit dem Brief an den christlichen Adel deutscher Nation von 1520 den Papst mit dem Antichrist gleich, und zwar in einem viel umfassenderen Sinne als Wiclif und Huss, indem er grundsätzlich nicht mehr die Unterscheidung macht zwischen einer figura Antichristi und dem verus Antichristus, sondern die Institution des Papsttums schlechtweg als antichristlich brandmarkt 8 • Er teilt zwar die spätmittelalterliche Verzweiflung an der Gegenwart und die Naherwartung des Weltendes 8 , aber diese Ahnungen führen bei ihm nicht wie bei der Masse seiner Zeitgenossen zu Trostlosigkeit und rasender Angst, sondern mehr und mehr zu einer begeisterten Heilssehnsucht und Erlösungszuversicht 10• Gelegentlich, obgleich verhältnismäßig selten, benützt Luther noch Vorstellungen der volkstümlichen Antichristlegende 11, allerdings nie, um damit einen imaginären personalen zukünftigen Antichrist zu beschreiben, sondern immer nur, um reale Praktiken und Einrichtungen der römischen Kirche als antichristlich zu brandmarken. Die mittelalterliche Anschauung vom Auftreten eines persönlichen Antichrist vor der Wiederkehr Christi lehnt Luther ab und damit auch die ganze bunte mittelalterliche Antichristfabel 11 • Als Zeugen für diese opiniofrigidissima führt Luther 8 Zu Luthers Antichristkonzept vgl. Hans Preuß, Die Vorstellungen vom Antichrist im späteren Mittelalter, bei Luther und in der kotifessione/len Polemik (Leipzig : Hinrieb, 1906), E. Kohlrneyer, "Zu Luthers Anschauungen vom Antichrist und von der weltlichen Obrigkeit", Archiv für Reformationsgeschichte, XXIV (1927), 142-150. Vgl. Walter Nigg, Das ewige Reich, 2.Aufiage (1951, Nachdruck, München/Harnburg : SiebensternTaschenbuch-Verlag, 1967), "Der reformatorische Reichsgedanke". Zur Bedeutung des Briefs an den christlichen Adel deutscher Nation für Luthers Auffassung vom Papsttum vgl. Preuß, ll6f. 1 Siehe Preuß, 87ft'. 10 S.o. 14. 11 Siehe Preuß, 133. 12 v gl. Preuß, 1sstr.
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selbst ausdrücklich die spectacula ludorum (d. h. die Anticbristspiele) an 18 • An die Stelle mittelalterlicher Legendengläubigkeit setzt er sein Prinzip strenger Bibelobservanz, an Stelle des persönlichen Antichrist eine historische Institution. Er interpretiert also die biblischen Stellen, die vom Antichrist sprechen, in ähnlicher Weise auf eine historische Institution hin, wie die Bestien des Buches Daniel, die vier Reiter und das Weib der Johannesapokalypse schon immer als Institutionen oder historische Bewegungen verstanden wurden (Weltreiche, Kirche etc.) 14• Bezeichnend für seine Haltung gegenüber der mittelalterlichen Antichristlegende ist etwa seine ausdrückliche Ablehnung der Wiederkunft von Enoch und Elias 16 • Dafür führt er Petrus und Paulus als seine Zeugen "wider alle falschen Propheten", d. h. also wider den Antichrist, an 18, d. h. die Schrift ist das Mittel, den Antichrist zu entlarven; daneben bedarf es keiner personalen Zeugen gegen den Antichrist (Propheten) mehr. Luthers Anhänger konnten ihm in seiner konsequenten Auffassung des Antichrist als einer Institution nicht immer folgen, einige von ihnen bleiben noch in den mittelalterlichen Vorstellungen von einem personalen Antichris~ stecken 17 • Dagegen versteht das protestantische Kampfdrama durchweg das Papsttum als den Antichrist, sein Gegenstand ist also nicht mehr die Lebensgeschichte des persönlichen Antichrist, sondern der antichristliche Charakter der römischen Kirche. Damit gewinnt das Antichristdrama eine bis dahin ungewohnte politische Aktualität 18• Lother hat die didaktisch-propagandistischen Möglichkeiten des Dramas erkannt und dramatische Auflohrungen gefördert 11 • Wie sehr Lother den Antichrist nicht mehr als Mythologem sondern als aktuelle bedrohliche Wirklichkeit empfand, zeigt sich auch in der Rolle, die der Türke in seinen Antichristvorstellungen spielt. Er steht als anti-
u Preuß, ISS. u Vgl. Preuß, 135. n Vgl. Preu8, 143, Anm. 2. 11 Preuß, 139. 1 7 Preuß, 188, 234, vgl. u. 59, Anm. 32. 11 Zum Tegernseer und zum Zürcher Antichristspiel s.o. SI f. 18 Vgl. Hugo Ho1stein, Die Reformation im Spiegelbilde der dramatischen Literatur des sechzehnten Jahrhunderts, Verein rü.r Reformationsgeschichte, XIV/XV (1886, Nachdruck, Nieuwkoop: de Graaf, 1967), 18tf., Arnold E. Berger, Die Schaubühne im Dienste der Reformation, I, Deutsche Literatur in Entwicklungsreihen, Reihe Reformation, V (1935, Nachdruck, Darmstadt : Wissenschaftl. Buchgesellsch., 1967)), 16-21 und 26-28, Wolfgang Stammler, Von der Mystik zum Barock, Epochen der deutschen Literatur, II, 1 (Stuttgart : Metzler, 2. Auflage, 1950), 348f. mit Anm., 8.673.
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christlicher Feind der Christenheit beinahe auf gleicher Stufe wie der Papstantichrist. Luther entscheidet sich schließlich dahin, daß nur das Papsttum der wirkliche Antichrist sein könne, mehrere seiner Anhänger und Nachfolger nehmen einen doppelten Antichrist (Papst und Türke) an 20 • Im protestantischen Antichristdrama erscheint der Türke zwar nicht als Antichrist, aber als eine zweite, wie das Papsttum vom Teufel heraufbeschworene, Bedrohung der Christenheit, die vom Papst absichtlich oder unabsichtlich gefördert wird 11 • In den reformatorischen Antichristdramen ist nun also die dramatisch sehr dankbare alte Antichristlegende mit ihrem biographischen Schema zum größten Teil aufgegeben. An ihre Stelle tritt ein undramatischer Katalog der Laster und Verbrechen des Papsttums und eine Demonstration der Antithesen zwischen Christus und dem Papst. Mit dieser Darstellung der Gegensätze zwischen Christus und dem Antichrist ist ein altes Thema der Antichristologie wieder aufgenommen 22, das sicher in der volkstümlichen Antichristliteratur immer eine wichtige Rolle gespielt hat, aber vielleicht gerade deshalb von der Theologie immer nur mit einer gewissen Zurückhaltung behandelt wurde 13 • In den mittelalterlichen Dramen tritt es gegenüber dem biographischen Schema in den Hintergrund. Was uns also zunächst an Antichristdramen begegnet, sind handlungsarme tableauartige Aufzüge, in denen das Papsttum mit seinem lasterhaften Treiben und all seinen verwerflichen Trabanten Revue passiert. Die ersten dieser Antichristdramen der Reformation (Nr. 18-21) sind sämtlich Fastnachtsspiele. Die Reformation hat die Mysterien- und Prozessionsspiele des Mittelalters nicht aufgenommen, dagegen gibt sie den weltlichen Fastnachtsspielen größeren Ernst und gewichtigeren Inhalt, so daß sie als propagandistische Waffe gegen die römische Kirche verwandt werden können 24• Die Beispiele für diese Art polemisch-antipapistischer
Vgl. Preuß, 170-175, 204, 24Sf. S.u., Nr. 19 und Nr. 31 (IV 4), sowie PammachitU (Nr. 23), V. 27831f. mit Dergers Anmerkung und V. 3387. Luther wie auch die protestantischen Dramatiker vermeiden die naheliegende Identifikation des Türken mit den legendären Völkern Gog und Magog, einem der Topoi der mittelalterlichen Antichristfabel. 18 S.o. 4. Aufgenommen und gegen den Papst gewendet ist die Antithesis von Wiclif in dem Traktat De Chriato et auo adveraario Anlichristo, vgl. Preuß, 49. 11 Siehe Preuß, 131f., 25. 14 Andererseits wird in diesen Schriften gelegentlich der prunkvolle Aufzug des Papstes oder eines Prälaten als "Fastnachtspossen" bezeichnet (Niklas Manuel, Von Papats und Christi Gegensatz, V. 83 oder Otto Clemen, Flugschriften atU den eraten Jahren der 20
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Fastnachtsspiele stammen vorwiegend aus dem schweizerisch-süddeutschen Raum. 18. PAMPHILUS GENGENBACH, DIE TOTENFRESSER 11
Das älteste der uns erhaltenen polemischen Stücke des Protestantismus, es dürfte schon 1521 entstanden sein, ist ein Fastnachtsspiel, das wahrscheinlieb Pampbilus Gengenbach aus Basel zuzuschreiben ist. Es liegt in Drucken ohne Datum und ohne Angabe des Druckorts vor. Es spiegelt sowohl das Thema (die Totenmessen und andere Mißbräuche des Papsttums) als auch den Plan der ersten Szene von Manuels folgendem Stück in einfacherer aa Form so exakt wieder, daß man annehmen darf, daß dem Bemer Dichter das Spiel des Baslers vorgelegen hat. Plan des Stückes : 1. Rede des Papstes, die den Gegensatz von Christi und des Papsts Wandel akzentuiert (V. 1-SJ).
2. Erklärungen der päpstlichen Rotte und ihre K.Jagen über Luther (Bischof, weltlicher Priester, Bernhardiner, Bettelmönch, K.Josterfrau, Pfaffenmagd) (54119).
3. Der Teufellobt die Papisten und spielt ihnen auf zur Höllenfahrt (120-125). 4. Gegenerklärungen der Opfer des Papsttums (die betrogenen Seelen, ein Bettler, Pfarrer, Edelmann, Bauer) (126-219). Die beiden folgenden Fastnachtsspiele von Niklas Manuel, Die Totenfresser und Von Papsts und Christi Gegensatz, wurden beide im Jahre 1523 in Bem aufgeführt und 1524/25 in umgearbeiteter Fassung in Zürich gedruckt.
Reformotlon, I (1907, Nachdruck, Nieuwkoop : de Graaf, 1967), 177, so daß in dieser Hinsicht sich Form und Inhalt decken. 11 Text in der Ausgabe von Josef Schmidt, Da11 Zürcher Spiel vom reichen Mann und vom armen Lazarus und Pamphilus Gengenbach, Die Tote11fru11er, Reclams Universalbibliothek, Nr. 8304 (Stuttgart : Reclam, 1969), 39-SS. Zu Gengenbachs Autorschaft und zur Datierung vgl. Rudolf RaiUard, Pamphi/us Gengenbach und die Reformation, Diss. Zürich 1934 (Heidelberg : Evangelischer Verlag, 1936), 71-77. 11 236 Verse bei Gengenbach gegen 634 bei Manuel.
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19. NIKLAS MANUEL, DIE TOTENFRESSER ODER VOM PAPST UND SEINER PRIESTERSCHAFT 17
Die Szene zeigt den Papst "Entchristelo" auf seinem Thron umgeben von einer glänzenden Schar von Hofleuten, Geistlichen und Soldaten. 1. Szene :Die Totenmessen und die geistliche Hierarchie (V. 1-634). Eine Leichenprozession gibt dem Papst und seinem Anhang Gelegenheit, ihre Zufriedenheit über den Profit daran und ihre unchristlichen Prinzipien im allgemeinen auszudrücken. Dabei wird immer wieder der Gegensatz zwischen den Machenschaften des Klerus und dem wahren Christentum deutlich. Klagen über Luther und die Reformation. Einige wenige Personen (ein junger Mönch, ein armer Häusler, ein Edelmann) beklagen sich über die Umtriebe der Geist-
lichen. 2. Szene : Die päpstliche Schweizergarde (635-744). Lob des Papstes durch die Soldaten. 3. Szene. Rhodiserszene (745-958) Ein Ritter aus Rhodos meldet die Belagerung der Insel durch die Türken und fordert den Papst zur Hilfe auf. Er wird vom Papst abgewiesen. In seiner Klage bezeichnet er den Papst als Antichrist. Der Türke verspottet die Christen (901-938). 4. Szene : Bauernszene (959-1262). Ein Prädikant schilt den Papst für sein Verhalten. Eine Rotte Bauern beklagt sich über den Ablaßschwindel.
5. Szene : Apostelszene (1263-1548). Petrus und Paulus treten auf, nachdem sie schon die ganze Zeit im Hintergrund zugesehen haben, und erkundigen sich erstaunt nach dem Papst. Empörung des Petrus. Formulierung der Antithesis Christi et Papae durch Petrus und Paulus (1457 ff.). 6. Szene : Musterungszene (1549-1666). Der Papst plant neue Anschläge und wirbt Soldaten an. 7. Szene : Schlußwort und Gebet des Prädikanten (1667-1772). 20. NIKLAS MANUEL, VON PAPSTS UND CHRISTI GEGENSATZ"
Die Szene des Spiels Die Totenfresser (Nr. 19), in welcher Petrus und Paulus den prächtigen Aufzug des Papsts kommentieren und dabei auf 17 Text mit Einleitung in A. Berger, Die Schaubühne im DieMte der Reformation, I, Deutsche Literatur in Entwicklungsreihen, Reibe Reformation, V (1935, Nachdruck, Darmstadt : Wissenschaft]. Bucbgesellscb., 1967), 29-113. Zur Datierung vgl. 33f. Zu Nr. 19 und 20 vgl. auch Conrad A. Beerli, Le peintre poete Nicoltu Manuel et l'ivolution mciale tk MJn temps, Travaux d'humanisme et renaissance, IV (Geneve : Droz, 1953), 191-208. 18 Abgedruckt bei Jakob Blchtold, Nilclous Manuel, Bibliothek llterer Schriftwerke der deutseben Schweiz und ihres Grenzgebietes, ß (Frauenfeld : Huber, 1878), 101-11 I.
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natürliche Weise zu einer Gegenüberstellung von Christus und dem Papst gelangen, die den Schluß vom Papst auf den Antichrist suggeriert, führt Manuel in einem anderen Spiel aus, in welchem zwei Bauern zuerst ein Tableau mit dem Aufzug Christi, umgeben von seinen Jüngern, Bettlern und Kranken (V. l-62), darauf ein Tableau mit dem Aufzug des Papsts inmitten einer glänzenden Armee kommentieren (63-214). Der tableauartige Charakter besonders des zweiten Spiels beweist Manuels Anhängigkeil von bildliehen Darstellungen des Gegensatzes von Christus und Papst, bzw. dem Antichrist. Die prominenteste Darstellung dieser Art in der Reformationszeit ist Lukas Cranachs Holzschnittfolge Passional Christi und Antichristi von 1521 211 • Manuel hat selbst sein Spiel 1524 illustriert ao. In allen diesen Dramen ist der antichristliche Bezug im wesentlichen auf eine kontrastierende Gegenüberstellung von Leben und Taten Christi und denen des Papstes beschränkt, wobei der Papst gar nicht mehr ausdrücklich als der Antichrist bezeichnet werden muß. Der antichristliche Wandel des Papstes wird in der Regel zunächst optisch in einem Tableau dargestellt und anschließend von Personen, die sich gegen das Papsttum auf das Evangelium berufen (Petrus und Paulus, Bauern) dialogisch kommentiert. Bezeichnenderweise sind diese Kommentatoren niederen Standes, es gehört ja, wie wir gesehen haben, zur Typologie der Antichristfigur, daß der Widersacher Christi im Gegensatz zu Christus sich vor allem an die Fürsten wendet a1. Es handelt sich also bei diesen Antichristspielen einfach um eine Dialogisierung der Lutherischen Theologie, nicht mehr um wirkliche Antichristspiele. Die alte Antichristlegende ist nur noch die leere Form, die dem neuen Inhalt, der protestantischen Bekämpfung des Papsttums, ihre dramatische Struktur leiht. In noch größerem Maße gilt dies für die zahlreichen Flugschriften der Reformation, in welchen der Papst ständig als 211 Vgl. D. Martin Luthers Werke, Kritische Gesamtausgabe, IX (Weimar : Böhlau. 1893), 677-715 (Kawerau), mit Beilagen. Zur Tradition der Antithesis vgl. Hans Preuß, Die Vorstellungen vom Antichrist im apilteren Mittelalter, bei Luther und in der konfessionellen Polemik (Leipzig: Hinrieb, 1906), 4911'., bes. 67. Von katholischer Seite beschäftigen sich mit den Illustrationen zu Luthen antipäpstlichen Schriften Hartmann Grisar S.J. und Franz Heege S.J., Luthers Kamp/bilder, I-IV, Luther-Studien, ha.v. H. Grisar, Heft 2, 3, 5, 6 (Freiburg : Herder, 1921-23). Vgl. bes. I, Pa18ional Christi et Antichrlati, Heft 2 (1921), und Heft 6 (1923), 115-122. 10 Vgl. Bll.chtold, CXXXVII s. 31 S.o. 6. Die darin immanente soziale Tendenz drückt sich radikal aus in der Tll.ufer- und der Bauembewegung, die Luther selbst groBe Schwierigkeiten verunachten, s.o. 14.
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der Antichrist bezeichnet wird, ohne selbst als Dialogpartner aufzutreten. Für unser Thema sind daher diese Flugschriften kaum von Belang 81• 21. HANS VON ROTE, FASTNACHTSSPIEL VON DER HEIDNISCHEN UND PÄPSTLICHEN ABGiJTTEREI
Rütes Fastnachtsspiel, das 1531 in Bem aufgeführt wurde 38, nimmt in episodischen Szenen in erster Linie den Heiligendienst aufs Korn, der uns hier nicht zu interessieren braucht. Wir beschränken uns auf die Szenen, in denen Antichristmotive vorkommen. n zum Antichrist in den Flug11chriften vgl. die Indicea bei Oskar Schade, Satiren lllld Paaquille aus der Reformationszeit, 2. Auftage (1863, Nachdruck, Hildeaheim : Olms, 1966), 111, 302 und Paul Hohenemser, Stadtbibliothek Frankfurt am Main, Flugschriftensammlulfg Gustav Freytag (1925, Nachdruck, Nieuwkoop : de Graaf, 1966). Vgl. ferner Gottfried Blochwitz, "Die antirömischen deutschen Flugschriften der frühen Reformationszeit (bis 1522) in ihrer religiös-sittlichen Eigenart", Arehili für Reformationsgeschichte, XXVII (1930, Nachdruck, 1964), 145-254, bes. 214ft"., 238, Anm. 3, Theodor Legge, Flug- lllld Streitschriften der Reformationszeit in Westfalen (1523-83), Reformationsgeschichtliche Studien und Texte, LVIII/LIX (Münster : Aschendorff, 1933), 130f. Weiterhin sind im einzelnen etwa anzuführen die Satire Thomas Mumers Von dem großen Lutherischen Narren von 1522, in welcher Luthers Antichristvorstellung V. 1850ft". und 3746ff. angerührt ist. eine Flug11chrift Heinrichs von Kettenbach, Vergleichung des allerheiligsten Herrn und Vater des Papsts gegen Jesus (1523), 0. Clemen, Flugschriften aus den ersten Jahren der Reformation, II (1908, Nachdruck, Nieuwkoop : de Graaf, 1967), 126-152 und A.E. Berger, Die Sturmtruppen der Reformation, Deutsche Literatur in Entwicklungsreihen, Reihe Reformation, ß (1931, Nachdruck, Darmstadt : Wissenschaft). Buchgesellscb., 1964), 217ft". mit Literatur zu den Flugschriften der Reformation, 306ft". Kettenbach, der noch stärker als Luther im Banne mittelalterlicher Vorstellungen steht, scheint teilweise noch an den einen Antichristus 11erus der Endzeit zu glauben, den die Juden als ihren Messias erkennen werden, Clemen, II, 38. Weiterhin zu nennen ist Ein Frag und Antwort von zweien Brüdern, wa.r für ein seltsames Tier zu Nürnberg gewesen im Reichstag niich.rt 11ergangen, geschickt 11on Rom zu beschauen da.r deutsch Land (1524), 0. Clemen, Flugschriften aus den ersten Jahren der Reformation, I (1907, Nachdruck, Nieuwkoop: de Graaf, 1967), 171-184, über den Einzug dea Kardinals Lorenzo Campeggio zum Nürnberger Reichstag 1524. Die Schrift repräsentiert das übliche Beschreibung-Kommentar-Schema, wie wir es etwa in den Fastnachtsspielen Manue1s festgestellt haben (s.o. 57f.). Zu den Flugschriften ist weiterhin zu vergleichen Maurice Gravier, Luther et l'opinion publique, Universite de Paris- Faculte dea lettrea, Cahiers de l'institut d'etudea germaniques, II (Paris: Aubier, Editions Montaigne, 1942), 114-116 und 265f. Italienische Pamphlete der Reformationszeit liegen in der Sammlung dea Cello Secundo Curione vor, Pasqui/lorum Tomi duo, Eleutheropolis, 1544 u.ö. Auch in mittelniederländischen Rederijkerspielen der Reformationszeit findet sich ein Nachhall der Antichristpolemik, vgl. den Index bei Leendert Meeuwis van Dis, Reformatori.rche rederijkersapelen uit de eerste helft 11an de zestiende eeuw, Proefschrift Utrecht 1937. 81 Vgl. Karl Goedeke, Grundriß zur Geschichte der deutschen Dichtung, ß, Das Reformationszeitalter (Oreaden : Eblermann, 2.Auflage, 1886). 344.
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Obersicht über die Antichristszenen in dem Spiel : a. In einer Proklamation der Heiligenverehrung zu Beginn des Stückes wird eine Vision augefUhrt einer verführerischen Frau mit einem Becher Wein (Circe, Babylon, bei Rüte "Frau Wirrwarr'')"· b. Versammlung der Teufel : Bericht von der Gottlosigkeit auf Erden durch den Teufel "Beschyß den Gsellen", Aufforderung zu verstärkter Wirksamkeit (B rB II r) 81• c. Beratung zwischen Papst "Starblind" und "Frau Wirrwarr" : Plan der Unterwerfung der Welt unter das päpstliche Regiment (mit Hilfe von Zeremonien und durch Gewinnung der Fürsten, B III r) (B II r- B IV r) 38• d. Aussendung seiner Helfer durch den Papst ("Buchsorg" u.a.) (B IV r). e. Versammlung der Teufel : Bericht vom Wirken des Papst-Antichrist. Aussendung der Teufel zu seiner Unterstützung (B IV v - C r). f. Bemer Bär : Klage über die Sündhaftigkeit auf Erden. Drohung mit seiner baldigen Empörung (C v). g. "Wirrwarrs" Rat an "Starblind", den Fürsten "Melissus Alsmar" zu gewinnen (E IV r- E IV v). h. Werberede des "Buchsorg'' mar" (E IV v - F II v).
rür
sich
rür den Papst und den Heiligendienst vor "Als-
i. Gegenpredigt des "Theodorus Gottlieb" und "Gottfried" (F II v- F III r). k. "Aismar" bekehrt sich zu Papst und Heiligendienst (F III r). I. "Wirrwarrs" Rat an "Starblind", wie er sich Macht und Gut erwerben kann (F IV r- G v).
m. Klage des "Theodorus Gottlieb", Trost in Erwartung des göttlichen Gerichts (G v- G II r). n. Jubel des Teufels "Shürdenbrand" über das Wirken des Papsts und der "Frau Wirrwarr" (G II r - G II v). o. Rückkehr der Apostel (,,Buchsorg") von der Weltmission. Ihre Belohnung (J IV v- Kr).
p. Schilderung der päpstlichen Macht durch "Frau Wirrwarr". Aufforderung zum Gastmahl. Gastmahl des Papsts und "Aismars" (K r - K v).
"' S.u. 83. 11 Im Originaldruck sind die Halbbogen alphabetisch durchgezlhlt, die Blätter römisch nummeriert : A (r, v : S. 1, 2), A II (S. 3, 4), A lii (S. S, 6), A IV (S. 7, 8), B (S. 9, 10), B II (S. 11, 12). Nicht alle Blätter sind pasiniert. .. Zum Paar "Starblind - Wirrwarr" s.u. 84, Anm. 23.
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q. Bekehrung der Bauern zum Papst. Predigt des "Serenus Gottlieb" vor den Bauern gegen den Papst (K v - K II r). r. Disputation zwischen "Buchsorg" und "Gottlieb". "Buchsorg'' sucht "Gottlieb" zu gewinnen, zuerst mit Versprechungen, dann mit Drohungen (K II r- L r). 8 • Standhaftigkeit und Predigt des "Gottlieb" : Hinweis auf das Gericht (L r L II r). t. Bekehrung der Bauern zum Evangelium (L II r - L ll v).
u. Bericht des "Doctor vicht verglben" über den Aufruhr in Deutschland (L ß v -
Lillr). v. "Wirrwarr" : Aufruf des "Alsmar" zum Krieg gegen die Ketzer (L
mr
-
L IV r). w. Der Teufel "Shürdenbrand" holt die Papisten (M r - M ß r).
Soweit die Fastnachtsspiele des Beginns der Reformationszeit Später wird der Antichriststoff vorwiegend in historisierenden und allegorisierenden Dramen behandelt, die alle ohne Ausnahme stark belastet sind mit theologischen und politischen Erörterungen. So gut wie jedes protestantische Drama der Zeit, was immer auch sein Inhalt sei, enthält Hiebe gegen den "Antichrist in Rom". Die Verfolgung, der die rechte evangelische Lehre und ihre Anhänger ausgesetzt sind, wird von allen protestantischen Schriftstellern gleichgesetzt mit der Verfolgung, die die Gläubigen von seiten des Antichrist erleiden. Wir werden nur diejenigen Dramen anführen, in denen der Antichriststoff entweder den Grundplan des ganzen oder eines Teiles des Werks ausmacht oder in einer besonderen neuen Wendung und Ausgestaltung auftritt. 22. 10HANN AGRICOLA, TRAGEDIA JOHANNIS HUSS, 1S37 17
Die Tragödie des Johann Agricola ist ein Geschichtsdrama, das den Prozeß gegen Johannes Huss auf dem Konstanzer Konzil behandelt. In seiner Vorrede macht der Verfasser klar, daß er das historische Geschehen, das sein Drama schildert, unter heilsgeschichtlichem Aspekt verstanden wissen will als ein exemplum des Wirkens des Antichrist. So verstanden ist Papst Johannes XXIII. figura Antichristi und Johannes Huss figura Eliae 88 • 17 Einen Überblick über das Drama gibt Hugo Holstein, "Ackennann und Agricola", Zeitlchri/t für deutsche PhUologie, Xll (1881, Nachdruck, 1966), 4SS-467. Eine Neuausgabe des Dramas ist angekündigt: Germanistik, II (1970), 209. 18 Zu der Bezeichnung Luthers als Elias vgl. Preuß, 203f. und Wolfgang Stammler, Von der Mystik zum Barock, Epochen der deutschen Literatur, II, I (Stuttgart : Metzler, 2. Auflage, 1950), 368 und 677.
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Aus der Vorrede des Stücks: Deo Babst ich mein zu dieser frist, Der ist derselbig Antichrist. Mit seinem Reich jnn großer pracht Der wird billich dauor geacht. Nachdem er auch gaotz nichts thut lern, Allein Gottes wort verkeren. Und ob wol Gott zu zeiten send Ein frorneo man, doch so tJehend, Der Babst den hat hören nennen, Hat er jn bald thun verbrennen. Wie auch geschehen ist verwar, Vor hundert drey vnd zwentzig jar Den frorneo man vnd Gotteskind Johann Huss ..... .
Die Ereignisse sind den Gerichtsakten getreu ins Drama übertragen. Die typologische Deutung hat der Leser bzw. Zuschauer zu leisten. Das bedeutendste der Antichristdramen der Reformation ist die Tragödie Pammachius des Thomas Kirchmaier, latinisiert Naogeorgus, die 1538 gedruckt wurde. 23. NAOGEORGUS, PAMMACHIUsae
Der Pammachius war offenbar, was die zahlreichen Drucke, Übersetzungen und Aufführungen beweisen 40 , auch das beliebteste der in Deutschland erschienenen Reformationsdramen gegen das Papsttum. Das Drama ist eine abstrakt-historisierende Fassung des Lutherischen antipäpstlichen Antichristkonzepts 41 unter Verwendung von Personifika18 Ausgabe von Johannes Holte und Erich Schmidt, Thomas Naogeorgus, Pammachius, Lateinische Literaturdenkmäler des XV. und XVI. Jahrhunderts, III (Berlin : Weidmann, 1891) und Abdruck des ersten Akts mit einer Einführung, textkritischen Anmerkungen und Kommentar zum ganzen Stück von Arnold E. Berger, Die Schaubühne Im Dienste der Reformation, I, Deutsche Literatur in Entwicklungsreihen, Reihe Reformation, V (J93S, Nachdruck, Darmstadt : Wissenschaftl. BuchgeseUsch., 1967), 221-314, mit Bibliographie, 299. Eine Interpretation des Dramas, die insbesondere die zahlreichen Anspielungen und Parodien aufdeckt, liefert Artbur Hübner, "Studien zu Naogeorg, 1. Pammachius", Zeitschrift für deutachea Altertum und deut:rche Literatur, LIV, N.F., XLII (1913), 297-320. Dieneuere Literatur bei W. Stammler, Von der Mystik zum Barock, 676f. 40 Dazu vgl. Bolte-Schmidt, VII ss., Berger, 263ft'., Helene Levinger, "Die Bühne des Naogeorg", Archiv für Reformationsgeachichte, XXXII (J93S, Nachdruck, 1964), 14Sf. 41 Ober die Anklänge an Luther vgl. Berger, Die Schaubühne ... , 234-237.
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tionen im Stil der Moralität und im Gewand der antiken Tragödie in lateinischen iambiscben Senaren. In dem Drama ist der bistorisehe Zeitraum von den römischen Christenverfolgungen bis zum Auftreten Luthers in einer Handlung zusammengerafft, d. h. die im Drama auftretenden Personen haben in erster Linie die Aufgabe, bistorisehe Institutionen zu personifizieren. Die Bühne Naogeorgs 41, wie sie aus seinen Dramen in Kombination mit zeitgenössischen Dlustrationen erschlossen werden kann, bildet eine Zwischenform zwischen der mittelalterlieben Simultan- und der Terenzbübne der Humanisten. Die Bühne ist nun dem Zuschauer reliefartig gegenübergestellt als ein Brettergerüst mit hinterer Abscblußwand, vor welcher die verschiedenen Innenräume angeordnet sind und durch Vorhänge geschlossen werden können, wenn sie nicht benützt werden. Die Handlung spielt in den Innenräumen sowie auf dem Vorplatz zwischen und vor diesen. Der Himmel ist allenfalls noch leicht erhöht, die Hölle auf gleicher Ebene Init dem Hauptspielplatz zu denken. Ich gebe eine Szenenübersiebt : I, 1. (118-343) : Christus, Petrus, Paulus : Ankündigung der Herrschaft Satans und des Antichrist. Auftrag an einen Engel, Satan zu lösen und Veritas von der Erde wegzusenden 43 • I, 2. (344-404) : Julianus, der Kaiser, mit seinem Rat Nestor : Befriedigung über ihre Bekehrung und Entschluß, das Christentum zu schützen. I, 3. (405-659) : Pammachius, der Papst, mit seinem Rat Porphyrius : Pammachius' Klage über die Bedrängnis und Mühsal der Geistlichen. Beschluß, dem Fürsten der Welt zu dienen. I, 4. (660-884) : Porphyrius, Pammachius, Julianus : Unverschämte Forderungen des Pammachius an Julianus. Ablehnung des Julianus. Drohungen des Pammachius und Porphyrius. I, 5. (885-959) : Julianus : Klage. I, 6 (960-1010) : Porphyrius, Pammachius : Verbrecherische Pläne. Vorhaben, sich an Satan zu wenden. ll, 1. (1011-1060) : Satanas, Veritas, Parrhesia : Begegnung des befreiten Satan mit den beiden, als sie eben die Erde verlassen. 41 Vgl. Berger, Die Schaubühne .•. , I, 23f., 238 und Helene Levinger, 14S-146, Wolfgang F. Michael, Frühformen der deutschen Bühne, Schritten der Gesellschaft rür Theatergeschichte, LXII (Berlin: Selbstverlag der Gesellschaft für Theatergeschichte, 1963), 131-133. Derger nimmt eine stärker akzentuierte vertikale Gliederung im Stil der Rederijker-Bühne an. 43 Zum Motiv der veritas exul vgl. Kurt Adel, Das Wiener Jesuitentheater und die europäische Barockdramatik (Wien : Österreicbischer Bundesverlag, 1960), 8.
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ll, 2. (1061-1117) : Dromo, ein Teufel, Satanas : Ankunft Satanas'. Einberufung einer Konferenz seiner vicarii.
n, 3.
(1118-1344) :Pianos, Stasiades, Cbremios (Teufel), Satanas : Rechenschaftsbericht der vicarii.
ll, 4. (1345-1557): Porpbyrius, Pammachios, Satanas: Huldigung des Pammachius und seine Belehnung durch Satan. ll, 5. (1558-1568) :Satanas, Pianos, Stasiades :Aufträge an die vicarii. ll, 6. (1569-1593) : Porphyrius, Pammachius, Dromo : Bedenken des Pammachius über die Wahrung des guten Scheins, von Porphyrlos zerstreut.
m, 1.
(1594-1904) : Nestor, Julianus, Pteropbon (ein Herold) : Beratung zwischen dem Kaiser und Nestor. Entschluß, dem Papst nicht nachzugeben. Pteropbons Meldung von der Bannung des Kaisers und der Proklamation der Konstantinischen Schenkung. Entschluß, sich mit Pammacbius zu verständigen.
m, 2.
(1905-1923) : Veritas, Parrbesia : Aussendung der Parrbesia zum Späherdienst
m, 3.
(1924-1970) : Porpbyrios, Dromo, Parrhesia : Erfolgsmeldung. Aufbruch zur Papstkrönung nach Rom. Parrhesia schließt sieb .an.
ID, 4. (1971-2013) : Pammachius, Porpbyrius, Parrhesia : Krönung und Investitur des Papstes.
m, 5.
(2014-2689) : Porphyrius, Pammacbius, Julianus, Nestor, Parrbesia : Proklamation, verlesen von Porpbyrius. Schöpfung des Papstes. Supplikation, Demütigung und Wiederbelehnung des Kaisers. Demütigung der Parrhesia. ID, 6. (2690-2797) : Porphyrius, Pammachius, Satanas, Pianos : Satanas' Erstaunen über die Schöpfung des Pammachius. Triumph. IV, 1. (2798-2890) : Klage der Parrbesia vor Veritas. IV, 2. (2891-2992): Satanas, Dromo: Großes Gelage der Kreaturen Satans in Teichoskopie. IV, 3. (2993-3176) : Christus, Paulus, Petrus, Veritas : Bericht der Veritas über die irdischen Zustände. Bitte an Christus, einzuschreiten. Entsendung von Veritas und Paulus an Tbeophilus. IV, 4. (3177-3266): Dromo, Satanas, Pammachios, Porphyrlos : Erwachen vom Gelage. Meldung vom Auftreten des Tbeophilus. Entrüstung darüber. IV, S. (3267-3371) : Satanas, Pammachius, Porpbyrius, Pianos, Stasiades, Chremius: Pläne zum Kampf gegen die Reformation.
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EpDog (3372-3395) : Ankündigung von Christi Gericht als dem abschließenden fünften Akt am Ende der Zeiten"·
Die folgenden Dramen Bales, Negris, Ochinos und schließlich John Foxes zeigen in ihrer seltsamen Mischung von Geschichtsdrama und allegorischen, letztlich wohl aus dem Moralitätendrama stammenden Elementen (Personifikationen von Abstrakta) Verwandtschaft mit dem Pammachius des Naogeorgus. · Bekanntschaft mit dem Stück Naogeorgs ist völlig sicher im Fall Bales, der selbst eine heute verlorene Übersetzung des Pammachius angefertigt hat. Bales King John kann allerdings in den wesentlichen Punkten nicht von Naogeorg beeinßußt sein, da der Pammachius nur sehr kurz vor Bales frühester Fassung erschienen ist 46 • Einerseits übte der Pammachius offenbar tiefe Wirkung in England aus 41, andererseits läßt sich unmittelbare Abhängigkeit vom Pammachius bei keinem der angeführten Dramen nachweisen, obwohl alle vier Autoren das Drama des Naogeorgus gekannt haben dürften. Die formalen Gemeinsamkeiten lassen sich wahrscheinlich am ehesten aus der gemeinsamen Tradition erklären: Verschmelzung des mittelalter" Auch die Comoed/Q tk lncendlarl/3 des Naogeorg von 1S41 verwendet das antichristliche Personal des wenige Jahre Alteren Pammach/118. Allerdings ist das Drama von 1S41 nun reines satirisches Schlüsseldrama, Handlung und Personen sind unter ihren Masken als zeitgeschichtlich zu erkennen. Die Beziehungen zur Zeitgeschichte weist A. Hübner nach in ,.Studien zu Naogeorg, 3. lncendia seu Pyrgopolinices", Zeit1chrift /iir tkut1ches Altertum und tkutsche Uteratur, LVII, N.F., XLV (Berlin : Weidmann, 1920), 193-222. Die Antichristfabel ist zugunsten der Zeitgeschichte aufgegeben. Der erste Akt enthAlt eine Bikesieszene des römischen Klerus vor Satan : Pammachius und Porphyrius klagen über ihre Mißerfolge im Kampf gegen die Ketzer. Satan zeigt seinen Unmut darüber. Man beschließt, einen neuen Holophemes zu suchen. Der zweite Akt bringt Satans Bericht über einen Ausbruchsversuch des Holophernes Germanlc118 (Georgs von Sachsen) aus der HOlle. (Zu Holophemes als dem Feldherrn des Antichrist vgl. u. 91). Auf einem Fürstentag hält Porphyrius eine Brandrede gegen die Ketzer, Pyrgopolinices (Heinrich von Braunschweig) wird als Brandstifter gegen die Protestanten gewonnen. Akt 3-S schildern das Wüten und die Oberführung des Pyrgopolinices. Wie aus diesen Angaben zu ersehen gibt der Gedanke der Verfolgung der Kirche durch den Antichrist allenfalls hier noch die Folie des Dramas ab, die konkrete Handlung folgt dem aktuellen historischen Geschehen. 41 Vgl. Barry B. Adams, John Bale's King Joluln (San Marino, Califomia : Huntington Library, 1969), S1. Charles H. Herford, Studle8 in the Uterary Relatiotu of England and Germany in the Sixteenth Century (1886, Nachdruck, London : Cass, 1966), 131ft". und Fritz Wiener, Naogeorgru Im England tkr Re/ormatlotuzeit, Diss. Berlin 1907, versuchen beide, direkte Abhingigkeit englischer Dramatiker von Naogeorgus nachzuweisen, ohne wirklich zu ttberzeugen. 41 Vgl. Herford und Wiener.
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Iichen Moralitätenspiels mit humanistischen Tendenzen und dem durch Luther entfachten polemischen Interesse an Geschichte und Entwicklung des Papsttums"· Die propagandistische Behandlung theologischer Themen vor einem breiten Publikum erinnert an die Streit- und Flugschriftenliteratur der Reformation. Das große Antichristdrama der Reformation gebt also nicht wie das Antichristdrama des Mittelalters aus dem Mysterienspiel hervor, das die Reformatoren seiner Weltlichkeit, des Heiligenkults und der Werkgerechtigkeit wegen ablehnten n, sondern stützt sich neben den humanistischreformatorischen Tendenzen auf das ausgesprochen didaktische und eben deshalb für die Reformation bedeutsame Moralitätenspiel des Mittelalters. Wie in dem Drama Naogeorgs so bildet auch in John Bales King John die Auseinandersetzung zwischen weltlicher und geistlicher Macht das Hauptthema. Hier ist der Komiikt zwischen Staat und Kirche, resultierend aus dem päpstlichen Machtanspruch und endend mit der vorübergehenden Demütigung des weltlichen Herrschers, am Beispiel der englischen Geschichte, dem Ringen des Königs Johann ohne Land mit der römischen Kirche zu Beginn des 13.Jahrhunderts aufgezeigt. Im Unterschied zum Pammachius endet das Drama nicht eschatologisch, sondern historisch mit dem Triumph der weltlichen Autorität in der Gestalt Heinrichs VIII. Der eschatologische Aspekt der Antichristlegende ist also hier völlig zugunsten national-dynastischer Interessen aufgegeben. 24. JOHN BALE, KING JOHN411
Bales historisches Drama, dem wiederum das gegen Papst und Kirche gewandte Antichristkonzept zugrundeliegt, lag in einer ersten Fassung wohl 1538 vor und erfuhr dann bis 1563 Änderungen des Autors 60 • Bale benützt als metrisches Schema eine mehr oder weniger regelmäßige fünfhebige Zeile mit Zäsur nach der zweiten Hebung. Die Verse sind gereimt, zumeist paarig, gelegentlich in längeren Reihen 11 • Die Personen des Dramas " Vgl. Hans Preuß, Die Voratel/ungen vom Antichrist Im 1piiteren Mittelalter, bei Luther und in der konfeulonellen Polemik (Leipzig : Hinrieb, 1906), 157ft'. Zu Naogeorgs Abhlngigkeit von Luther vgl. Berger, Die Schaubühne ... , I, 234-237. 41 Vgl. Berger, 17. 41 Val. Berger, Die ScluJubühne ... , I, 17. 411 John Bale'1 King Johan, ed. by Barry B. Adams (San Marino, Califomia : Huntinston Library, 1969). Eine neue Monographie zu John Bales Dramen legt Thora Balslev Blatt vor : The Pilly1 of John Ba/e (Copenhagen: Gad, 1968). 60 Zur Datierung vgl. Adams, 20.24. Die Ausgabe von Adams, die ich benütze, gibt die endgültige Fassung, wie sie bei Bales Tod im Jahre 1563 vorlag. 11 Zu Metrik und Reim vgl. Adams, 48-54.
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verwandeln sich in seltsamer Weise von Personifikationen in historische Gestalten und zurück. Offenbar ist der Einfluß des mittelalterlichen Moralitätendramas bei Bale noch sehr stark, die Verschmelzung von Moralität und historischem Drama gelingt hier noch nicht so nahtlos wie bei Naogeorgus. Es folgt eine Inhaltsübersicht : 1. Akt (V. 1-1120) •• 1. Teil (1-626) 1. King John, England, Sedition P (43) : König Johns SelbstvorsteUung, Klage der Witwe England über den Klerus (1154). 2. King John, Sedition : Sedition stellt sich vor, stellt Forderungen und droht König John (155-312). 3. King John, Nobility, Clergy (332), Civil Order (372) : Johns Vorwürfe und Ermahnungen an Nobility, Civil Order und besonders Clergy. Deren Huldigung (313-556) 4. Nobility, Clergy : Streitgespräch, Verwirrung der Nobility (557-626). 2. Teil (627-1120)
5. Sedition, Dissimulation (639), Usurped Power und Private Wealth (764) Vorstellung, Analyse der Lage der Kirche und Pläne (627-983). 6. Dissimulation : historischer Exkurs über das Papsttum (984-1025). 7. Hinterszenischer Kostümwechsel, Verwandlung : Usurped Power - Papst, Private Wealth - Kardinal Pandulphus, Sedition Stephen Langton. Bannung König Johns (1026-1085). 8. Interpreter. Erklärung und Überleitung zum zweiten Akt (1086-1120).
2. Akt (1121-2691). 3. Teil (1121-2005). 9. Scdition (Stephen Langton), Nobility : Nobility läßt sich überreden und huldigt der Kirche (1121-1190). 11 Nur die Akteinteilung stammt vom Dichter. Die Einteilung in sechs Teile nach dem Herausgeber, der sie als Szenen bezeichnet. 11 Außer der Witwe England sind alle Personen, bzw. Personifikationen in dem Drama mlnnlichen Geschlechts.
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10. Sedition (S. Langton), Oergy, Civil Order : Civil Order huldigt (1191-1275). 11. King John, Private Wealth (Kardinal Pandulphus) (1304) : Bannuns des Königs (1276-1397).
12. King John, Civil Order (1418), Clergy (1340), Nobility (1446) : Abfall vom König (1398-1490). 13. King John, Nobility : Vergeblicher Überredungsversuch des Königs (1491-1533). 14. King John, Eng]and, Commonalty, Kardinal (1598) : Vergeblicher Versuch des Königs, Commonalty zu gewinnen. Dessen Abfall auf Ermahnung des Kardinals. Außenpolitischer Druck des Kardinals auf den König (1534-1643). 15. King John, Eng]and, Kardinal, Sedition (S. Langton) : Ächtung des Königs, Niederlegung der Krone, Bedingungen der Kirche und ihre Erfüllung. Absolution des Königs (1644-1806). 16. King John, England, S. Langton, Kardinal, Treason : Geständnisse des Papisten Treason. Der König muß ihn der kirchlichen Gerichtsbarkeit überlassen. Seine Freilassung (1807-1919). 17. King John, Eng]and, S. Langton, Kardinal : Aufhebung des Interdikts. Nach Johns und Englands Abgang : Triumph und Pläne für neue Anschläge gegen den König (1920-2005). 4. Teil (2006-2192). 18. S. Langton, Dissimulation : Plan, den König zu vergiften (2006-2049). 19. King John, England, Dissimulation (2093), Sedition (2123) : Vergiftung des Königs (2050-2192).
5. Teil (2193-2649) 20. Verity, Nobility, Clergy, Civi1 Order (2214) : Bericht über den König durch Verity, Zurechtweisung der drei (2193-2317). 21. Imperial Mlijesty, Verity, Nobility, Clergy, Civil Order, Sedition (24572592): Proklamation des Kampfs gegen das Papsttum, Überführung und Verurteilung von Sedition (2318-2649). 6. Teil (2650-2690) : Nobility, Civil Order, Oergy : Epilog. 25. DAS KONZIL ZU TRIENT M
In einer dreiaktigen Komödie über das bevorstehende Tridentiner Konzil M Radischlag Du allerheiligsten Vaters Bapsts Paull des Dritten, Mit dem Collegio Cardinalium gehalten, wie dtu angesatzte Concilium zu Trient jilrzunehmen sey (o.O. :
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vom Jahre 1545 ist der Papst als Antichrist eingeführt, ohne daß allerdings zu dieser Zeit das Motiv noch im Detail ausgerührt zu werden braucht. Offensichtlich genügt jetzt das bloße Stichwort. Im ersten Akt berät der Papst mit dem Kardinalskollegium über die allgemeine
Lage der römischen Kirche und besonders über das bevorstehende Konzil. 1m zweiten Akt erhält eine Gesandtschaft von vier Kardinälen von Petrus an der Himmelspforte den Bescheid, das geplante Konzil sei überflüssig, Christus Werde selbst kommen, um Gericht zu halten. Auf die erbetene Fürbitte bei Gott hin wird der Bescheid durch den Engel Gabriet in scharfer Form wiederholt :
Diß saget ewerm Antichrist Er sitzet noch ein kurtze Frist Denn sol er vnd jr gstürtzet werdn Vnd allerley bosheit aufl' Erdn Er ist der Widerwertige Welchen Gott der Allmechtige Durch den Mund seines Geistes schier Gentzlich will ausreuten von hier.
Der Hinweis auf die Art, wie Gott den Antichrist beseitigen werde, erinnert an den alten Antichristtopos aus Paulus' zweitem Thessalonicherbrief (II 8), wo angegeben wird, Gott werde den Antichrist töten spiritu oris sui 65• Die Kardinäle erhalten einen Brief an den Antichrist. Im dritten Akt berichtet die Gesandtschaft dem Papst. Er liest den Brief, zerreißt ihn im Zorn mit dem Ausruf : "So helft' vns Sathan durch sein macht" und läßt das Konzil auf unabsehbare Zeit verschieben, ohne daß es jemand erfahren dürfte. Am Ende erscheint der Teufel : "Ir habt mich iezt geroffen ja... ", ermahnt den Papst und die Kardinäle, sich wie treue Knechte zu halten, er werde es ihnen entsprechend lohnen. Mit einer übelriechenden Empfehlung, die das Kollegium auseinandertreibt, verabschiedet er sich. Das Stück macht vor allem starke Anleihen bei den Flugschriften 6' und erinnert andererseits an die zeitgenössischen Fastnachtsspiele, wie ja überhaupt Fastnachtsspiele und Flugschriften einander sehr nahe stehen.
1545), siehe Karl Scbottenloher, Bibliographie zur deutschen Geschichte Im Zeltalter der Gklubensspaltung 1517-1585, IV (Leipzig : Hiersemann, 1938, Nachdruck, 1957), 655, Nr. 43208c. Das Drama lag mir nicht vor, ich benütze die Zusammenfassung bei Jobann
Bartholom.ius Riederer, Nachrichten zur Kirchen-, Gelehrten- und Bilchergeschichte (Altdorf : Schüpfel, 1764), II, 239-248 und 353-372. Zu vergleichen ist auch Arnold E. Berger, Die SchaubUhne Im Dienste der Reformation, l, Deutsche Literatur in Entwicklonpreihen, Reihe Reformation, V (1935, Nachdruck, Darmstadt: Wissenschaft). Buch&esellsch., 1967), 10f. 11 Vgl. auch Adso, 112f. (Sackur). 11 Siehe Berger, Die Schaubiihne••. , I, 10f.
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Zwei weitere Fastnachtsspiele liegen in Drucken Cammerlanders aus der Zeit um 1545 vor •7 • 26. EIN FRISCHER COMB/ßT 18
Prolog 1-63. I, 1. (64-182) :Zwei Bauern im Streit mit einem Pfaffen. I, 2. (183-268) : Pfaffe im Streit mit einem Civis, der das Stichwort Antichrist gibt (204). I, 3-4. (269-314) :Pfaffe, bzw. Civis: Übergangsszenen zum zweiten Akt. TI, 1. (315-403) :Klage des Papstes über die Türken und über Luther, der ihn als Antichrist ausschreit (364). Aufruf zum Kampf gegen die Reformation. TI, 2. (404-548) : Die Fürsten stimmen dem Türkenkrieg zu, lehnen den Kampf gegen die Reformation ab. TI, 3. (549-593) : Die Papisten schildern ihre Praktiken gegen die Lutheraner. TI, 4. (594-624) : Szene zwischen dem Civis und dem hessischen Landgrafen. 27. DER NEUE DEUTSCHE BILEAMSESEL ••
Prolog 1-61. I, 1. (62-127): Raub des Esels durch die Papisten. I, 2. (128-189) : Christus, Petrus, Paulus : Ankündigung der Vernichtung des Antichrist und des letzten Gerichts. Sendung der Apostel nach dem Esel. I, 3. (190-247) : Dem Esel wird der "Trank Circes" eingeftößt.
n, 1.
(248-314) : Klage des Esels.
ll, 2. (315-393) : Christus, Petrus, Paulus : Suche nach dem Esel. 17 Vgl. dazu Fran~ois Ritter, Histoire'de rimprimerie Alsacienne aux xye et XYJe siecles (Strasbourg-Paris : ~ditions Le Roux, 1955), 203. B. Wentzel, Cammerlander und Yie(feld, Diss. Rostoc:k 1891 lag mir nicht vor. Zur Annahme Goedekes, Pamphilus Gengenbach (Hannover : Rümpler, 1856), 514f. und 661-677, es handle sich um Bear· beitungen von Gengenbachschen Stücken, liegen keine hinreichenden Gründe vor. Hübner, "Studien zu Naogeorg, 3. Incendia seu Pyrgopolinices". Zeitschrift fiir deutsches Altertum und deutsche Literatur, LVII, N.F., XLV (1920), 222, nimmt iür den CombljJt Naogeorgs lncendia von 1541 als Vorbild an. 18 Text bei Goedeke, Gengenbach, 292-309. Combißt bedeutet Sauerkohl, ein Gericht, das der Papst dem deutschen Reich zubereitet. Das Stück stammt aus der Schweiz. 18 Text bei Goedeke, Gengenbach, 310-342. Der Esel ist einerseits der Esel, auf dem Christus in 1erusalem einritt, andererseits Gennania.
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11. 3. (394-460) : Sattelung des Esels.
n, 4-5. (461-574) : Ausritt des Papstes auf dem Esel, beobachtet und kommentiert von Petrus und Paulus. Petrus stärkt den Esel mit Wasser aus dem"Weissen Berg".
m, t-2.
(575-619) : Esel im Stall. Klage des Esels.
Ill, 3. (620-696) : Bericht des Petrus und Paulus über den Esel und den Papst. Christus kündet sein Eingreifen an. IV, 1. (697-815) : Ablaßhändler von den Deutschen vertrieben. IV, 2. (816-870) : Rückkehr des Ablaßhändlers. Empörung des Papstes. IV, 3-4. (871-941) : Rüstung des Papstes gegen Deutschland. IV, 5-6. (942-995) : Zäumung des Esels und Aufbruch. V, 1. (996-1035) : Christus, Petrus, Paulus : Aufbruch gegen den Papst. V, 2. (1036-1070) : Petrus und Paulus : Aufbietung der Soldaten Christi. V, 3. (1071-1145) : Überwindung des Papstes. Schlußwort der Manen Ulrichs von Hotten (1146-1206). 28. FRANCESCO NEGRI VON BASSANO, TRAGEDIA JNTITOLA.TA. LIBERO A.RBITRIO
10
Das Drama des italienischen Humanisten und Anhängers der Reformation, Francesco Negri, eines entlaufenen Mönchs, erschien 1546 zuerst im Druck, 1550 in einer erweiterten Neuauflage u, und wurde ins Lateinische, Französische und Englische übersetzt es. Die ersten Ausgaben erschienen sämtlich in der Schweiz. Das Drama ist in Prosa, es behandelt und verurteilt römische Kirche und Dogma in der Form einer satirischen Allegorie, durch Personifikation der Hauptbegriffe des päpstlichen Dogmas und der Institutionen der römischen K.irch~. Hinsichtlich seiner Form steht das Drama in der Tradition des Humanistendialogs und der dialogischen Flugschriftenliteratur der Reformation °. In seinem Thema, der 10 Bibliographie zu dem Dichter und dem Drama bei Mario E. Cosenza, Blographical and Bibliographica/ Dictionary of the Jta/ian Humanists, 2. Auftage (Boston, Mass. : HaiJ, 1962), lß, 2467ft'. Zu unserem Drama vgl. Giuseppe Zonta, .,Francesco Negri l'Eretico e Ia sua tragedia ,II Iibero arbitrio'," Giorna/e storlco de/lo /etteratura ltaliana, LXVII (1916), 265-324 und LXVIII (1916), 108-160. Meiner Szenenübersicht liegt die erste Ausgabe von 1546 zugrunde. 11 Zu den Drucken vgl. Zonta, LXVII, 301. 11 Zu den Übersetzungen vgl. Zonta, LXVII, 304. 11 Vgl. dazu Zonta, LXVIII, 144ft'.
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Darstellung der Kirche mit ihren Institutionen und Dogmen in Gestalt eines Reiches mit Provinzen und Städten, ist der Autor beeinflußt von dem Pasquino in ecstasi, einer Streitschrift seines Freundes Celio Secundo Curione, die 1542 gedruckt wurde 14• Den zeitgeschichtlichen Hintergrund der Handlung bildet das Tridentiner Konzil, das der Verfasser aus Gründen der dramatischen Ökonomie nach Rom, in die Residenz des Königs Libero Arbitrio, verlegt. Das Stück ist voll von unverhüllten persönlichen Invektiven. Ich gebe eine Szenenübersicht des Dramas: Prolog : Fabio, ein einfacher Mann aus Ostia, auf der Rückkehr von einer Pilgerfahrt ins heilige Land. I, 1 : Fabio, Discorso Humano, Sekretär des Königs Libero Arbitria, Diaconato, Haushofmeister des Monsignore Clero : Disc. Hum. erwähnt die Sorgen des Königs mit Rebellen. I, 2 : Fabio, Diaconato : Diaconato erklärt die Familienverhältnisse des Königs Libero Arbitria und besonders die des Sohnes des Papstes Clero (päpstlicher Nepotismus). I, 3 : Hennete, Dolmetscher des Konzils, Diaconato : Hermete berichtet über die Theologen im Konzil, ihren Beweis des päpstlichen Absolutheitsanspruchs und ihre Thesen über den König Libero Arbitria. I, 4. : Diaconato, Felino, Mundschenk des Konzils : Bericht über die Trinksitten besonders der deutschen Konzilsteilnebmer. D, 1 : König Libero Arbitria, Discorso Humano, Atto Elicito, Haushofmeister des Königs : Atto Elic. bringt einen Brief des Königs Ferdinand über das Anwachsen des Widerstands in Deutschland, der besonders durch italienische Emigranten geschürt werde. Der König sendet Atto Elic. an den Sekretär Ammonio, um dem Papst eine Kopie des Verzeichnisses der Hausmacht des Königs mit den dazugehörigen Unterlagen auszufertigen.
ll, 2 : Atto Elicito, Bertuccio, Barbier und Vetter des Pasquino, Ammonio, Sekretär, Trifone, Notar der römischen Kanzlei : Vergleichung der Kopie des Hausmachtregisters mit dem Original, sarkastische Bemerkungen des Bertuccio. (Längste Szene des Dramas). II, 3 : Atto Elicito, Bertuccio : Beispiele für die moralische Indifferenz der Kirche.
111, 1 : Discorso Humano, Orbilio, ein Diener, Clero, Diaconato : Bericht des Discorso Humano von den Beschlüssen des Königs, die Rebellen mit Hilfe von Exkommunikation und Inquisition zu verfolgen, und durch den Türken Druck auf die Fürsten auszuüben. Aufträge an Clero, Inquisitoren einzusetzen. 14
Vgl. Cosenza, II, 1158, Nr. 10.
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UI, 2 : Clero, Diaconato, ein Kaplan, Felino : Aufträge des Clero. UI. 3 : Diaconato, Felino, Hermete : Felino gibt seinen Eindruck von den deutschen Theologen beim Konzil in satirischer Form. Bericht des Hermete über eine theologische Disputation der deutschen Theologen mit einem Advokaten in einem Dorf am Fuß der Alpen auf ihrem Weg zum Konzil 86, (lange Szene). UI, 4 : Diaconato, Felino : Felino spricht sich für den causidico, gegen die Theologen aus. Diaconato weist ihn auf das gute Leben der Kleriker hin. IV, 1 : Bertuccio, Petrus und Paulus als Pilger : Gespräch über die römischen Zustände. IV, 2 : Bertuccio, Diaconato, Felino : Diaconato berichtet über die Beschlüsse des Königs hinsichtlich der Inquisition. Ausfälle Bertuccios besonders gegen den Großinquisitor Kardinal Chieti. (In der zweiten Fassung findet sich hier eine Legende über Beziehungen Alexanders VI. zum Teufel, und ein Gespräch über den Gewährsmann für diese Legende, Vergerio, und seinen Inquisitionsprozeß) 88• IV, 3 : Petrus, Paulus, Bertuccio : Paulus erklärt Bertuccio die katholische Kirche als Gegenmaßnahme des Papstes, des Antichrist, und seines Vaters, des Teufels, gegen Gottes Heilsplan (Antithesis). Er berichtet von Anhängern des Evangeliums und Feinden des Inquisitors Chieti in Venedig. Drohungen gegen Libero Arbitria und den Papst. V, 1 : Gratia giustificante, Raphael : Gratiasendet Rapbael auf die Suche nach Petrus und Paulus. Ankündigung des Sturzes des Königs Libero Arbitria und anderer Tyrannen. V, 2 : Petrus, Paulus warten auf Bertuccio : Petrus führt die A..rtithesis Christi et PapQI! aus. Bericht von Unruhen in der Stadt. Auftritt Raphaels : Übermittlung des Befehls von Gott, die Stadt zu verlassen, da die Verfolgung durch den Antichrist dabei sei, ihren Höhepunkt zu erreichen. Offenbarung des Papst-Antichrist. V, 3 : Bertuccio, Petrus, Paulus : Ungenauer Bericht Bertuccios. 16 Die Szene ist zwar anachronistisch, da Johanoes Eck noch als Wortruhrer der katholischen Theologen auftritt, auf der anderen Seite kann man kaum umhin, hinter dem causidico eine historische Gestalt anzunehmen. Mit dem Schauplatz könnte Chiavenna gemeint sein, der Aufenthaltsort Negris (vgl. Zonta, LXVIII, 131). Der causidico ist offenbar Italiener (.,amatore di forestieri"). Sollte damit der Jurist und Bischof von Capodistria, Pier Paolo Vergerio gemeint sein, der in den Jahren 1545-46 eine rege Tltigkeit als Propagandist reformatorischer Ideen im Umkreis der Konzilstadt Trient entfaltete. vgl. Frederic C. Church, The ltalian Reformer~, 1534-1564 (1932, Nachdruck, New York : Octagon Books, 1973), 119ft'.? Über die spltere Begegnung Vergerlos und Negris und ihre Freundschaft vgl. Zonta, LXVII, 302-305, 318f. Die Vorsicht, mit der Negri, der sonst Freund und Feind mit größter Offenheit beim Namen nennt, hier einen deutlicheren Hinweis vermeidet, ließe sich damit erkllren, daß er Vergerio, der um diese Zeit in einen lnquisitionsprozeß verwickelt war, nicht kompromittieren wollte. 18 Siehe Zonta, LXVill, 137-141.
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v, 4 : Gratia, Raphael : Bericht über die Reue der Sünderin Faustina und den Tod des Königs Libero Arbitrio. V, S : Petrus, Gratia, Bertuccio, Paulus, Rapbael : Bericht der Gratia über ihre Tötung des Königs Libero Arbitrio und seiner Familie. Ankündigung des schließlieben Sturzes des Antichrist. Bertuccio wird zur Porta del Popolo vorausgesandt. Beratung über das weitere Vorgehen. Beschluß, das Urteil über den Papst-Antichrist gleich durch Raphael publizieren zu lassen. Gratia : Mitteilung von Gottes Urteilsspruch über den Antichrist (fod durch das Messer des Geistes, i.e. die Schrift). Theologischer Exkurs über den Antichrist. Rückkehr Raphaels, der das Urteil an allen öffentlichen Plätzen angeschlagen hat mit Ausnahme der Pataria, wo er nicht durch die dichte Menschenmenge hindurchkam. 29. BERNARDINO OCHINO VON SIENA, A TRAGEDY OR DIALOG OF THE UNJUST USURPED PRIMACY OF THE BISBOP OF ROME 17
1549 erscheint in London die englische Übersetzung eines in lateinischer Sprache geschriebenen Dramas oder besser Dialogs des ehemaligen Generalvikars des Kapuzinerordens und späteren Protestanten, Bernardino Ochino. Ochino hielt sich um 1547 bis 1553 in England auf. Das Drama ist in Prosa, es behandelt die Machtsteigerung des Papsttums zur Zeit des Papstes Bonifatius 111. und des Kaisers Phokas, die zur Zeit der Reformation als Beginn des röinischen Primats betrachtet wurde aa. Ich gebe eine Inhaltsübersicht der neun Einzeldialoge : 1. Luzifer, Beelzebub (S. 1-19) 11• Luzifers Plan, den römischen Bischof zum Antichrist zu machen.
2. Bonifatius m., Dr. Sapience, Sekretär des Kaisers Phokas (20-39) : a. Monolog des Bonifatius : Absichten auf die Suprematie der Kirche. b. Bonifatius bittet Dr. Sapience, ihm beim Kaiser behilflich zu sein, die Hegemonie der Kirche zu gewinnen. 87 Bibliographie bei Roland H. Bainton, Bernardino Ochino, esule e ri/ormatore senese del cinquecento, 1487-1563, aus dem Englischen ins Italienische übersetzt v. E. Gianturco, Biblioteca storica Sansoni, n.s., IV (Firenze : Sansoni, 1940), 163-175. Zu den Drucken vgl. 164. Ein diplomatischer Nachdruck von C.E. Plumptre, The Tragedy, by Bernardino Ochino (London : Richards, 1899). 88 Vgl. dazu Karl Benrath, Bernardino Ochino von Siena, 2. Auftage (1892, Nachdruck, Nieuwkoop : de Graaf, 1968) sowie Hans Preuß, Die Vorstellungen vom Antichrist im späteren Mittelalter, bei Luther und in der kollfessionel/en Polemik (Leipzig : Hinrieb, 1906), 53, 159. 111 Seitenangaben nach der Ausgabe von Plumptre.
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c. Monolog des Dr. Sapience : Kritik des hemmungslosen Ehrgeizes des Bonifatius. d. Monolog des Bonifatius : Reue über den gefährlichen Schritt. e. Bonifatius, Sapience : Bericht von der günstigen Reaktion des Kaisers. f. Sapience : Empörung über die Heuchelei des Bonifatius. 3. Das Römische Volk, die Römische Kirche (40-60): Diskussion der neuen Verfügung des Kaisers. Scharfe Kritik des Römischen Volkes an der neuen Würde des römischen Bischofs. 4. Papst, Menschliches Urteil, Römisches Volk (61-80) Papst versichert sich der Unterstützung des menschlichen Urteils, welches die Petruslegende erfindet. Papst, Römisches Volk : Fußkuß, Diskussion der neuen Petruslegende. 5. Thomas Massucius, Marschall, Lepidus, Kämmerer des Papstes (81-166) : Lepidus' Bericht von dem Konzil über die päpstliche Autorität des römischen Bischofs. Die Gesandten der Patriarchen von Konstantinopel, Antiochia, Jerusalem, Alexandria gegen die Verteidiger des Papsts, Magistri Hypocrit, Falsidicus, Pseudologus, Gooplanus, Thrasibristus. Die Gesandten werden überrumpelt. 6. Luzifer, Beelzebub (167-198) : Pläne Luzifers mit der Kirche. 7. Christus, Michael, Gabriel (199-205) Vorbereitung zum Sturz des Antichrist. Der englische König (Heinrich VIII., Eduard VI.) als Werkzeug Christi. 8. Disputation über das Papsttum vor Heinrich VIII. zwischen einem Papisten und Thomas von Canterbury. Lange Antichristrede des Thomas. Heinrichs Entscheidung gegen das Papsttum (206-241). 9. Unterredung Eduards VI. mit seinem Kronrat : Abschaffung der Herrschaft des Antichrist (242-255).
111. DAS ANTICHRISTDRAMA IM ZEITALTER DER GEGENREFORMATION
Ich fasse in diesem Teil die weitere Entwicklung des Antichristdramas bis etwa zur Mitte des siebzehnten Jahrhunderts zusammen, womit ohnehin das Ende der Verwendung des Antichriststoffs in der höheren dramatischen Literatur bezeichnet ist. Volks- und Kunstdrama entwickeln sich seit dem Barock weithin ohne Einßuß aufeinander in verschiedener Richtung. Nur das Volksdrama bewahrt den Antichriststoff über die Mitte des siebzehnten Jahrhunderts hinaus, allerdings nur in katholischen Gegenden, und auch da handelt es sich nur zum Teil um wirkliche alte Volkstradition, zum größeren Teil um Bearbeitungen von bedeutenden jesuitischen Werken des sechzehnten Jahrhunderts. Wir treffen in der zweiten Hälfte des sechzehnten Jahrhunderts sowohl protestantische Antichristdramen, die die Polemik gegen das Papsttum fortführen, als auch katholische Werke. In den protestantischen Dramen ist immer noch der Papst der eigentliche Antichrist, die Polemik wird allerdings nun ausgedehnt auf die verschiedenen Richtungen des Protestantismus, indem Vertreter aller übrigen Richtungen außer der des Verfassers als Werkzeuge Satans (antichristi) 1 auftreten, offenbar ein Rückfall in die vorlutherische Antichristologie •. Das katholische Antichristdrama führt die Tradition des mittelalterlichen Antichristdramas ungebrochen fort. Die katholische Theologie verhält sich gegenüber Luthers Antichristologie völlig defensiv 1 • Sie versucht nicht, nachdem Luther den Papst mit dem Antichrist identifiziert hatte, nun ihrerseits Luther als den AntiS.o. SI. Zu dieser Gattung von Antichristdramen zählen Nr. 32 und Nr. 36. Vgl. o. S4. 8 Zum folgenden vgl. Hans Preuß, Die Vor~tellungen vom Antichrist im späteren Mittelalter, bei Luther und in der konfessionellen Polemik (Leipzig : Hinrieb, 1906), 247-261 und Wilhelm Bousset, Der Antichrist in der Oberlieferung des Judenthums, des Heuen Testaments und der alten Kirche (Vandenhoeck und Ruprecht, 1895), 83. 1
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ehrist zu brandmarken. Gelegentlich wird er zwar zum Antichristus mixtus, d. h. einem der vielen Vorläufer des Antichristus purus et ftnalis, erklärt, nie aber zu diesem selbst 4 • Die katholischen Theologen wehren Luthers Auffassung des Papsttums als des Antichrist ab mit dem Argument, daß nach der Schrift 6 der Antichrist eine Einzelpersönlichkeit sein müsse und darum das Papsttum nicht der Antichrist sein könne. Mit dem persönlichen Antichrist wird dann natürlich auch die mittelalterliche Antichristologie beibehalten. Grundlegend für die katholische Antichristtheologie nach dem Tridentinum ist des Jesuiten Bellarmino Verteidigung des Papsttums gegen die protestantische Antichristpolemik •. Während bei Bellarmin und anderen katholischen Dogmatikern zwar noch die mittelalterliche Antichristologie, jedenfalls jedoch in geläuterter Form ohne die krassen mittelalterlichen Ausschmückungen und Phantastereien erscheint, treibt die katholische Antichristgläubigkeit ihre grotesksten Blüten erst in den Kompendien von Malvenda (1604) und Dionysius von Luxemburg (1682) 7 • Schon vor der dogmatischen Fixierung durch Bellarmin hat das nachlutherische katholische Antichristkonzept im Drama, besonders im Drama der Jesuiten, seinen Ausdruck gefunden. Erstaunlicherweise geht in der katholischen Apologetik nach der Reformation der mittelalterliche Unterschied zwischen der spiritualistisch abstrahierenden Haltung der Theologie und der naiv konkretisierenden Haltung der volkstümlichen Literatur zur Eschatologie 8 verloren. Die abstrahierende Deutung der Protestanten verlegt den katholischen Theologen den Weg zu einem ebenfalls spiritualistischen Verständnis der Eschatologie, so daß seit dem sechzehnten Jahrhundert zwischen dem Antichrist des katholischen Volkstheaters, das vorwiegend im Alpengebiet gepflegt wird, dem des lateinischen Jesuitendramas und dem der katholischen Theologie so gut wie kein Unterschied besteht. Das einzige, was das nachlutherische katholische Antichristdrama von dem des Mittelalters unterscheidet, ist die Tatsache, daß die Opfer des Antichrist gelegentlich ausdrücklich als Glieder der katholischen Kirche ' Vgl. Preuß, 215f. Ein Beispiel bietet HUdebrand (Nr. 34), der Luther implizite als Wegbereiter des Antichrist bezeichnet : ,,Aspice ut malum pansum ab Aquilone sat securum iter Antichristo patefecit". (74r). • Bes. 2 Thess II 3 ft'. 1 Disputationes Theologicae, 3. Kontroverse : ,.Oe Summo Pontifice", Buch 3, zum erstenmal gedruckt 1586. In der Ausgabe der Werke Bellarmins von J. Febre, Ven. Cardinalis Roberti BeUarminl... Opera omnia, II (1870, Nachdruck, Frankfurt: Minerva, 1965), 5-75. 7 Vgl. Preuß, 253-256. 1 S.o. 10-15.
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gekennzeichnet werden, allerdings ohne daß die antichristliche Partei in irgendeiner Weise näher bezeichnet ist. 30. LUZERNER ANTICHRIST DES ZACHARIAS BLETZ
Im Jahre 1549 wurde in Luzern als erster Teil eines zweitägigen eschatologischen Spiels ein Antichristdrama aufgeführt, von dem uns die Handschrift mit Bühnenplan, Besetzungslisten, etc. erhalten ist 8 • Autor des Spiels ist der Luzemer Stadtschreiber Zacharias Bletz. Das Spiel ist, völlig unberührt von der Reformationspolemik, die bis dahin umfänglichste Zusammenfassung der volkstümlichen mittelalterlichen Überlieferung über die letzten Dinge in dramatischer Form, die uns erhalten ist. Kennzeichnend für die Bemühung des Autors um Vollständigkeit und für die mittelalterliche Tendenz ist zum Beispiel die Tatsache, daß in diesem Spiel im Gegensatz zu allen anderen uns erhaltenen Antichristspielen 1o und ohne jede Rücksicht auf dramatische Wirkung Prophetenszenen noch etwa ein Drittel des über fünftausend Verse langen Antichristdramas einnehmen. Es ist anzunehmen, daß das Luzemer Spiel von den hier behandelten Antichristspielen den ebenfalls mit großem Aufwand inszenierten verlorenen Spielen von Frankfurt (Nr. 10), Xanten (Nr. 11) und Dortmund (Nr. 14) im Charakter am nächsten kommt 11 • Selbstverständlich ist die Bühne des Spiels noch die mittelalterliche Simultanbühne mit verschiedenen sedes wie Himmel, Paradies, Hölle, Tempel zu Jerusalem etc. Gliederung des Dramas 111 :
• Textausgabe mit ausf"ührlicher Einleitung bei Karl Reuschel, Die deutschen Weitgerichtsspiele des Mittelalters und der Reformationszeit, Teutonia, IV (Leipzig : Avenarius, 1906), 57-82 und 207-328. Zur Inszenierung vgl. Renward Brandstetter, "Die Technik der Luzemer Heiligenspiele", Archiv für dlls Studium neuerer Sprachen und Literaturen, LXXV (1886), 383-418 und Wolfgang Michael, Friillformen der deutschen Bühne, Schriften der Gesellschaft f"ür Theatergeschichte, LXII (Berlin : Selbstverlag der Gesellschaft f"ür Theatergeschichte, 1963), 44-48. 10 Zu vergleichen ist allerdings das Chesterspiel von den Propheten des Antichrist, s.o. 43. u Vgl. dazu Reuschel, 57. 11 Die Abweichungen der Fassung 8 vom Haupttext bei Renward Brandstetter, .,Die Technik der Luzemer Heiligenspiele", 397ft'., Reuschel, 77ft'., besonders bemerkenswert sind die zahlreichen Wunder in ß (u.a. Belaubung eines dürren Baumes, verschiedene Totenauferweckungen, etc.), die Gewinnung und Huldigung der Könige von Persien, "Tartem", Armenien und Äthiopien, die Tötungzweier Christen, die den Antichrist verhöhnen.
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1. Gleichnishaftes Vorspiel Prolog (Fähnrich, Proklamator )(V. 1-258). Prophetenszene (lsaias, Ezechiel, Daniel, Zacharias) (259-576). 1. Der Heiland heilt den gichtbrüchigen Lazarus und predigt über das Gleichnis von den zehn Jungfrauen (Matth XXV I tf.) (577-784).
2. Opfer des reichen Sirnon und der armen Anna, Gespräch des Heilands mit den Jüngern über die Herrlichkeit des Tempels und seinen Verfall. Simons Frage über den Weg zur Seligkeit. Frage der Jünger nach dem Weltende (785-970). Prophetenszene (Matthäus, Hieronymus) 971-1344).
11. Haupthandlung 1. Höllenszene : Ankündigung der Geburt des Antichrist. Aufträge Satans an Astarot (1345-1366).
2. Astarot : Verheißungen an den Antichrist (1367-1382). 3. Der Antichrist 13 gibt sich seinem Vater als Messias zu erkennen. Donnerprodigium (1383-1418).
4. Abram berichtet den Juden. Einladung des Antichrist in den Tempel (1419-1480) 5. Tempelgang des Antichrist. Heilungswunder mit Hilfe der Teufel (1481-1530). 6. Verheißung von Schätzen, Beschneidung, Verheißungen des Teufels "Unkeuschheit" an den Antichrist (1531-1511). Prophetenszene : Johannes (1572-1675). 1. Verheißungen des Antichrist, Aussendung von Aposteln (1676-1721).
8, Aufbietung von Gog und Magog (1722-1773). 9. Wiederaufrichtung des Tempels, Geldausteilung (1774-1801). 10. Wunder der Schatzfindung (1808-1823). 11. Inthronisation im Tempel, Huldigung (1824-1827).
12. Gogs und Magogs Heerschau, Genreszene zwischen einem Buben und seinem Schwesterehen (1828-1871) t4. 13. Streit zwischen Joab, einem Anhänger, und Zabulon, einem Gegner des Antichrist. Joab tötet Zabulon. (1872-1919). 18
Nach dem Inszenierungsplan (Reuschel, 322) trägt der Antichrist Habit und Barett
eines Doktors. 14 Die Details über die Lebensweise der Völker Gog und Magog nach Pseudo-Mothodius, Kap. 13, E. Sackur, Sibyllinische Texte und Forachungen (1898, Nachdruck, Torino : Bottega d'Eraamo, 1963), 91f., vgl. auch Sackur, 34ft'.
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14. Huldigung Gogs und Magogs (1920-1951). 15. Heilungswunder mit Hilfe der Teufel, Geldausteilung, Erhebung im Tempel und Anbetung (1952-2129). 16. Proklamation des Antichrist, Aussendung der Apostel und Heere zur Welteroberung und Zeichnung aller Menschen mit dem Zeichen des Antichrist (21302205). Prophetenszene : Ambrosius, Judas Taddeus (2206-2363). 17. Aufforderung zur Huldigung an König Darius 111, Aufbietung seiner Vasallen durch Darius (2364-2505). 18. Teufel bereiten ein Auferweckungswunder vor (2506-2519). 19. Auferweckungswunder (2520-2537). 20. Streit zwischen Gomer, einem Gegner, und Joab, einem Anhänger des Antichrist, Joab tötet Gomer (2538-2569). 21. Postmeister meldet dem Darius die Ankunft seiner Lehnsßlrsten (2570-2579). 22. Umkehr des Heeres Gogs nach der Welteroberung (2580-2607). Prophetenszene : Johannes, Gregorius, Augustinus, Johannes (2608-2861). 23. Empfang der Vasallen durch Darius und ihr Aufbruch, um den Antichrist zu besuchen (2862-2939). 24. Heimkehr der Gesandten und Heere des Antichrist (2940-2983). 25. Szene im Himmel : der Heiland sendet nach Enoch und Elias (2984-3069). 26. Astarots Warnung an den Antichrist vor Enoch und Elias (3070-3079). 27. Entsendung von Enoch und Elias durch den Heiland (3080-3107). 28. Huldigung des Darius, Segnung und Zeichnung der Anhänger des Antichrist mit seinem Zeichen (3108-3153). 29. Auftritt und Predigt des Elias und Enoch (3154-4032). 30. Teufel bereiten ein Auferstehungswunder vor (4033-4046). 31. Predigt und Tod des Elias und Enoch (4047-4180). 32. Auferweckungswunder (4181-4194). 33. Geldausteilung und Gastmahl (4195-4230). 16 Darius steht in typologischer Beziehuns zum Antichrist, vgl. Tb. Stemmler, Liturgische Feiern und geistliche Spiele, Buchreibe der Anglia. XV (Tübinsen : Niemeyer, 1970), 146ft"., daber tristbierder Endzeitherrscher seinen Namen.
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34. Auf des Heilands Befehl Auferweckung und Himmelfahrt des Enoch und Elias (4231-4296). 35. Abfall vom Antichrist (4297-4472). 36. Astarot rät dem Antichrist zur Himmelfahrt (4473-4488). 37. Predigt des Oeophas gegen den Antichrist (4489-4636). 38. Streitszene : Gog gegen Oeophas und Aason. Gog erschlägt Aason (46374671). 39. Des Antichrist Vorbereitung zur Himmelfahrt (4672-4714). 40. Befehl des Heilands an Raphael, den Antichrist zu vernichten (4715-4734). 41. Himmelfahrt und Sturz des Antichrist (4735-4768). 42. Teufelsszene, Höllenfahrt des Antichrist (4769-4892). 43. Reaktion auf den Sturz des Antichrist : teils Reue (unter den Christen), teils völlige Irreligiosität (Darius) (4893-4934). Prophetenszene : Johannes (4935-5244). Epilog (Fähnrich, Proklamator) (5245-5290).
Neben der endgültigen Fassung, in der das Spiel wohl zur Aufllihrung kam, findet sich in den Handschriften eine zweite Fassung ß, in der die Darstellung der Geburt und der Anfänge des Antichrist breiten Raum einnimmt (897 Verse). 11 Ich gebe eine Inhaltsübersicht 17 : 1. Kleopatra und "Irrtum" auf dem Weg nach Babylon. Ermahnungen "Irrtums".
2. Astarot in Jünglingsgestalt : Meldung an Satan von seiner Begegnung mit Kleopatra. 3. Kleopatra und die Kupplerin Magarellen. Kleopatra geht in den Wald zu einer Räuberbande, ihren "Buhlen". 4. Satans Befehl an Astarot, Kleopatra einen Schatz zu zeigen. 5. Die drei Räuber unterhalten sich über Kleopatra und ihren Bericht.
6. Kleopatra und Astarot im Wald :Weisung des Schatzes. 7. Bericht Kleopatras an die Räuber über die messianische Verheißung. 11 Die Tendenz, die Geburt des Antichrist durch genrehafte Details auszuschmücken, teilt das Luzemer Spiel mit dem etwa zwei Jahrhunderte Alteren Jour du Jugement von Besan~on (Nr. S). Die Darstellung der Geburt im Luzemer Spiel folgt in den Grundzügen Hndegard von Bingen, Scivitu, lll, visio XI, die V. 1217 als Quelle genannt isL 17 Nach Reuschel, 69-76.
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8. Bericht Astarots an Satan. Satan ordnet ein Gewitter für den Augenblick der Geburt an. 9. Kleopatra und Magarelien : Vorbereitungen zur Geburt. 10. Teufelsszene : Meldung, daß die Vorbereitungen abgeschlossen sind. 11. Geburt mit Wunderzeichen. 12. Zusammenlaufen der Bürger, Meldungen, Dankgebet. 13. Kleopatra, Beelzebub : Begrüßung, Schatztindung der Magarellen. 14. Teufelsszene: Aufräge an den Teufel"Irrtum", sich des Kindes anzunehmen. 15. Bürger Babyions : Beratungen über den Messias, Bitte an Kleopatra, den Zwölfjährigen in den Tempel zu führen. 16. Gang zum Tempel unter dem Zureden eines Teufels und eines Schutzengels. Anmaßende Antwort des Antichrist. 17. Proklamation des Antichrist im Tempel. Wunderheitungen. Huldigung der Juden. Verheißungen des Antichrist. 31. JOHN FOXE, CHRISTUS TRIUMPHANS
1556 wurde in Basel das lateinische Drama Comoedia Apocalyptica: Christus Triumphans 18 des John Foxe gedruckt, eines englischen Protestanten, der vor der Verfolgung durch Queen Mary auf den Kontinent geflüchtet war. Das Drama wurde in Genf 1562 ins Französische übersetzt, was sich nur erklären läßt aus der unersättlichen Nachfrage dieser Zeit nach antipäpstlicher Antichristliteratur. In fünf Akten und in der klassischen Tragödienform behandelt das Drama die Heilsgeschichte vom Sündenfall bis zur Gegenwart. Es weist mehr als zwanzig zum größten Teil allegorische Rollen auf. Die große Rollenzahl und die den Rahmen eines Dramas sprengende Handlung verwirren das Verständnis des Lesers völlig und verhindem jede einheitliche dramatische Wirkung. Auch deutliche Anklänge an Pammachius 19 können dem Drama nicht aufhelfen. Die maßlose Verwendung von blutleeren Allegorien erinnert stark an das ausgehende Mittelalter 20 • Ich gebe eine Szenenübersicht : 11 Das Drama liegt in einer neuen Ausgabe vor : Two Latin Comediea by John Foxe the Martyrologist : Titu.s et Geaippus, Christus Triumphana, ed. with introd., transl.and notes by John H. Smith, Renaissance Text Series, IV (lthaca and London : Comell University Press, 1973). 18 Vgl. Herford, 144-148 und Wiener, 92-101. 20 S.o. 6Sf.
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1. Akt Evas Kinder Psyche und Soma in der Gewalt Satans und des Tyrannen Nomocrates (jüdisches Gesetz). Tod Christi. Himmelsturz Satans. Auferstehung Christi, Befreiung der Psyche, Fesselung Satans.
rr. t-m. 3
Aufbruch des SauJus zur Christenverfolgung. Befreiung des Petrus aus dem Kerker. Ecclesias Kinder Asia, Buropus und Africus in der Gewalt des Nomocrates.
m,4-m, 1 Die Beauftragten Satans, Dioctes und Pornapolis, planen die Christenverfolgung durch zehn römische Kaiser. Befreiung von Asia, Buropus und Africus durch Petrus und Paulus. IV, 1-IV, 3 Christenverfolgung nach dreihundert Jahren. Konstantins Bekehrung. Verfolgung der Ecclesia. Erlösung durch den "Constantinus Britannicus" (Heinrich VIII.), Bedrohung durch die rabies Turcica. Antichristteil : IV, 4: Satan, Anabasius (V. 8), Dioctes und Psychephonus (V. 15), Pseudamnus (V. 24):
Versammlung der Teufel, Instruktion und Entsendung des Pseudamnus nach Babyion (Rom), Aufbietung der Pomapolis 81• IV, S :Ecclesia, Africus, Buropus : Warnung vor den Antichristen. IV, 6 : Africus, Europus, Dioctes : Monolog des Dioctes (Triumph über die Wahl des Pseudamnus zum Papst). Dioctes gibt Africus und Buropus eine heuchlerische Darstellung des Pseudamnus. IV, 7 : Africus, Europus, Dioctes, Pseudamnus, Psychephonus : Respektvolle Begrüßung des Africus und Buropus durch Pseudamnus, Verleihung von Titeln an sie ("Fidei Defensor, Rex Christianissimus"). IV, 8 : Pseudamnus, Pornapolis, Ecclesia (V. 37) : Pomapolis' Bericht über ihre Erfolge und ihre Verführung dreier Könige. Pseudamnus' Anathema gegen Ecclesia, Pomapolis' Anspruch auf den Titel der Ecclesia. Ecclesia wird als irrsinnig nach Bedlam gebracht.
81 Die Hauptwaffe Satans im Kampf um die Menschheit sind hier die pocula Circes. Circe ist die humanistische figura der Hure Babyion aus der Jobannesapokalypse (Apk XVII 3ft'.), vgl. o. 60, 70.
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V, 1 :Satan, Psychephonus, Thanatus, Adopylus (V. 15) :Die Teufel verkleiden sich n : Satan als "lucis angelus", Psychephonus als Hypocrisis, Thanatus als Martyromastix, Adopylus als Catholicus. Die Vorigen, Europus und Hierologus (V. 30): Entlarvung des Pseudamnus als Antichrist, der Pomapolis als Hure Babyion u. Lautstarker Protest der Teufel. Flucht des Hierologus und Europos (V. 49). Porphyrlos : Monolog (Vorahnung von Gottes baldigem Eingreifen). V, 2 : Psychephonus, Pseudamnus, Satan : Psychephonus : Bericht über seine Vision des Fegfeuers, wo Scotus und Aquinas über den Niedergang der Messe klagen, und das von Ketzern gelöscht wird. Bericht über seine Verfolgung des Hierologus zum Kerker Bocardo in Oxford. V, 3 : Pseudamnus, Pomapolis, Anabasius (V. 24) :Klagen über die veränderte Haltung des Volks. Plan der Bestechung der Fürsten. Botschaft an Dioctes (,,Verfolger"). Bericht des Anabasius über Hierologus' und Theosebes' Gefangennahme u und den wachsenden Widerstand gegen Pseudamnus, seine und der Pomapolis Entlarvung als Antichrist und Babylonische Hure 25. Ohnmachtsanfall der Pornapolis, Zorn des Pseudamnus. V, 4 : Africus (auf der Suche nach Ecclesia und Europus), Europos und Ecclesia (V. 10) : Flucht vor den Häschern des Antichrist. Ecclesia weist ihre Söhne an, in Geduld auf Gottes Gericht zu warten. V, S : Ecclesia, Africus, Europus, S Brautjungfern : Gebet der Ecclesia. Apokalyptische Vision. Schmückung der Braut Ecclesia. Epithalamium. 32. CONRAD BADIUS, COMEDIE DU PA.PE MALADE ET TIRA.NT A LA. FIN... ••
Im Jahre 1561 führt der Drucker, Dichter und prominente Anhänger Calvins, Conrad Badius, in Genf seine Komödie gegen das Papsttum und einige von dessen hervorragendsten Vertretern in Frankreich auf. Das Drama wird im selben Jahr vom Verfasser gedruckt. Es handelt sich um ein Drama in französischer Sprache in paarweise aa Vgl. Bales King John, s.o. 67. aa An das Paar Pseudamnus-Pomapolis erinnert das Paar Pseudopetrus-Sarcophila in Martin Rinckharts Drama Der EislebiscM christliche Ritter von 1613, Neudrucke deutscher Literaturwerke des XVI. und XVII. 1ahrhunderts, UII/UV (Halle : Niemeyer, 1884), vgl. Apk XVII. .. Zur Funktion der beiden Prediger s.u. 192f. 11 Anabasius berichtet von einem förmlichen Di5put mit den Protestanten über den Antichrist, in welchem diese seinen Vorschlag, der Türke sei der Antichrist, ausdrücklich widerlegen, s.o. 54f. 11 Textausgabe mit Monographie über das Drama und seinen Verfasser von Helen A. Shaw, CoiiTad Badiu and the Comedie du Pape malade, Diss. University of Pennsylvania, Philadelphia 1934.
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gereimten achtsilbigen Versen 27 • Der Papst erscheint als der Antichrist 18, dem der Teufel in seinen Schwierigkeiten mit der Reformation Hilfe leistet; namhafte Gegner der Reformation in Frankreich werden, leicht identifizierbar im Gewand der Typenkomödie der mittleren drei Akte, persönlich angegriffen, unter ihnen drei Katholiken (Desire, Gueset, Demochares), Villegagnon, Abenteurer und zum Katholizismus konvertierter Hugenotte, und Sebastien Castellion, der Humanist und Gegner Calvins in Basel, der den Antitrinitariern nahestand. Die Antichristtypologie tritt in diesem Drama etwas in den Hintergrund gegenüber dem Motiv der Krankheit des Papsts, das wahrscheinlich von Naogeorgs Mercator 29 und dem Propagandaschlagwort von der Krankheit der Messe 30 angeregt ist, und gegenüber der Typenkomödie bzw. persönlichen Invektive, die den Mittelteil des Dramas ausmacht. Inhaltsübersicht 81
:
Argurnenturn (V. 1-42). Prolog (V. 43-94). 1. Akt: Rom, Vatikan (95-782).
I. 1. (95-118) : Auftritt des Papsts,
gestützt von seinen Kindem Prestrise und
Moinerie. Klagen über seine Krankheit.
I. 2. (119-242) : Auftritt Satans mit Aufträgen an den Hof, die Sorbonne und besonders den Papst (Monolog). I, 3. (243-678) : Klagen des kranken Papsts, Ratschläge Satans, schließlich Pferdekur : Papst erbricht, was er zu Unrecht verschlungen hat. Auftrag an Satan, Bundesgenossen zu werben. I, 4. (679-726) : Prestrise und Moinerie : Beratung über einen Zufluchtsort im Fall des Todes des Papsts (Türken, Juden, Satan). 11
V. 361-484, 1648-1699 sind zehnsilbig. Der Epilog ist strophisch, vg1. Shaw, 159,
Anm. I und 160, Anm. 2. Siehe V. 75, u.a. Nach V. 245 ist Beelzebub der Vater des Papsts. Vgl. Shaw, 71f. 80 Vg1. Niklas Manuels Dialog. Siehe dazu Wilhelm M.A. Creizenach, Geschichte des neueren Dramas, 2. Auflage, n (1918, Nachdruck. New York :Biom, 1965), 511-514 und Amold E. Berger, Die Schaubühne im Dienste der Reformation, I, Deutsche Literatur in Entwicklungsreihen, Reihe Reformation, V (1935, Nachdruck., Dannstadt : Wissenschaftl. Buchgesellsch., 1967), 98, Anm. zu S. 37 und Wolfgang Stammler, Von der Mystik zum Barock, Epochen der deutseben Literatur, 2. Auflage, II, 1 (Stuttgart : Metzler, 1950), 676, Anm. zu S. 362. 31 Die Akt- und Szeneneinteilung nach Shaw. Das Drama hat ursprilnglich keine Akt- und Szeneneinteilung. 18 11
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I, S. (727-782) :Satan. Pläne, Unruhestifter unter den Protestanten und Bundesgenossen für den Papst zu suchen. 2. Akt : Brasilien (783-1018)
li, 1. (783-1009) : L'Outrecuide (Villegagoon), sein Diener Philaute : Beratung über die prekäre Lage der französischen Kolonie. Auf Philautes Rat hin Entscheidung Villegagoons, nach Frankreich und zum Katholizismus zurückzukehren.
n,
2. (1009-1012) : Villegagnons Abschied von Fort-Coligoy.
ß, 3. (1013-1018) : Villegagnon und sein Diener schiffen sich ein. 3. Akt : Frankreich (1019-1108)
m, 1. (1019-1043) : Ankunft in Frankreich. Abschied Villegagnons von seinem Diener. m, 2. (1044-1050) : Philautes Entschluß, für sich selbst zu sorgen. m, 3. (1051-1108) : Vergeblicher Versuch Villegagnons, bei dem
Connetable de Montmorency vorzusprechen. Entschluß, das Kostüm zu wechseln und ein Buch gegen die Protestanten zu schreiben. 4. Akt : Frankreich (1109-1646)
IV, 1. (1109-1178) :Auftritt des Ambitieux (Castellion). Seine Anwerbung durch den Satan. IV, 2. (1179-1272) : Handgreiflicher Streit zwischen I'Affame (Desire) und L'Hypocrite (Gueset). IV, 3. (1273-1366) : Le Ulateur (Demochares) und Desire : Milde Vorwürfe des Demochares. Die beiden finden sich in ihrem Eifer für die katholische Kirche.
IV, 4. (1367-1520) : Anwerbung von Desire und Dernochares durch Satan. IV, 5. (1521-1638) : Anwerbung von Villegagnon durch Satan. IV, 6. (1639-1646) : Abgang Satans nach Rom und dann zurück in die Hölle.
5. Akt : 1647-1759 V. 1. (1647-1699) : Verite. Verheißung eines Endes der Verfolgung. Epilog (17001759) : L'Eglise. Klage über die Verfolgung und Gebet.
33. STEFANO TUCCI, CHRISTUS IUDEX
1569 wurde in Messina und 1574 in Rom die Tragödie Christus Iudex des Jesuiten Stefano Tucci aufgeführt, ein Drama vom Antichrist und
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vom Jüngsten Gericht in daktylischen Hexametern und klassischem Latein 311 • Von diesem Drama lassen sich Aufiührungen, Übersetzungen, Bearbeitungen in allen Gegenden Europas, wo die Jesuiten gewirkt haben, bis weit ins neunzehnte Jahrhundert hinein nachweisen 38 • Es gehört zu den bühnenwirksamsten Antichristspielen, jedenfalls aber hat es von allen bei weitem den größten Erfolg gehabt. · Ich gebe eine Übersicht des Dramas : Prolog 1. Akt (4-26).
I, 1. (4-6) : Ecclesia Dei : Klagen über Leiden und Verfolgungen. I, 2 (6-10): Recebente Ecclesia Sancti c/amant ad Christum in coelo : Abel, Abraham, Petrus, Christus, Michael : Bitte an Christus, die Menschheit zu erlösen. Christus' Auftrag an Michael, Satan loszubinden. I, 3. (11-13) : Coelo clauso 84 descendit Michael ad so/vendum Acherontem Satanam : Michael, Acheron.
I, 4. (13-17) : Acheron erigit Antichristum ad spem regni : Antichristus Acheron. Klagen des Juden Saulus über die Unterdrückung der Juden durch die Christen. Versuchung und Instruktion des Juden durch Satan. I, S. (17-18) : Recedit Antichristus. Interim Hierosolymis duo ngna ostenduntur 81 Die erste gedruckte Ausgabe erschien 1673 in Rom. Ich benütze die zweite gedruckte Ausgabe, München 1697. Das Originalmanuskript scheint nicht erhalten zu sein, die frühesten Manuskripte stammen aus dem Ende des sechzehnten Jahrhunderts. In einem dieser Manuskripte finden sich schon die hier aufgenommenen Szenentitel, vgl. Costantino Nigra e Delfino Orsi, II Giudizio Universale in Canavese (Torino : Roux Frassati, 1896), 34f. 18 Zur Wirkungsgeschichte in Italien vgl. Nigra und Orsi, 3, SO-SS, in Deutschland vgl. Johannes Müller, S.J., Das Jesuitendrama in d11n Ländern deut8cher Zunge vom Anfang (1555) bis zum Hochbarock (1665) (Aug8burg : Filser, 1930), II, 108, und Kurt Adel, Das Wiener Je8uitentheater und die europi1i8che Barockdramatik (Wien : Österreichischer Bundesverlag, 1960), 6, sowie für ganz Europa Emile Roy, Le Jour du Jugement (Paris : Bouillon, 1902), 196f,. 201 mit den einschlägigen Verweisen auf De BackerSommervogel, Bibliotheque de Ia Compagnie de Ji8U8. Die Wirkung des Dramas von Tucci auf das Volkstheater in einem besrenzten Gebiet zeigen im Detail Nigra und Orsi in dem zitierten Buch, die ein Volksdrama vom Beginn des neunzehnten Jahrhunderts abdrucken, das eine gekürzte Fassung mit leichten Variationen des Tuecisehen Texts darstellt. " D. h. der Himmel wird wahrscheinlich durch einen Vorhang geschlossen, d. h. wir können uns eine ihnliehe Bühne vorstellen wie bei Naogeorg, vgl. o. 63, allerdings (descendit) wohl mit deutlich akzentuierter vertikaler Gliederung Himmel, Erde, Hölle.
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adventantis Antichristi praenuntia : Simeon, Sacerdos Christianus, Sephron, Arab, viri populares. I, 6. (18-20) : Videntur prodigia coelitus delapsa :Ecclesia Dei, Sephron, Simeon. I, 7. (20-21) : Antichristus hortatur suos milites ad Hierosolymam occupandam : Antichristus, Gamaliel Dux eius. Plan des verräterischen Oberfalls auf Jerusalem.
I, 8. (22) : Bogud missus a Praeside Hierosolymitano munera defert Antichristo, qui iam sub urbem constiterat : Bogud, Antichristus. I, 9. (22-23) : Vigiles urbis co/loquntur ex maenibus : Gamaliel, Arbel, Seth, Custodes. I, 10. (24-26) : Jrrumpunt portas milites et simulant pugnare intra urbem : post egreditur Gama/iel ad Antichristum : Gamaliel, Antichristus, Jubal, Lamech. Des Antichrist Proklamation an die Fürsten der Welt. Chorus Prophetarum in Sapphischen Strophen. 2. Akt (27-48). II, 1. (27-32) : Sacerdos detegit dolos Antichristi : Lamech, Gad, vir popularis, Antichristus, Acheron, Salatiel, sacerdos Christianus. Proklamation des Antichrist. Widerrede des Priesters. Streit. Heilung eines Besessenen. Einspruch des Priesters. Folterung des Priesters. II, 2. (32-34) : Falsis prodigiis Antiehrlatus famam sibi conciliat : Dina, Antichristus, Salatiel, Lamech. Auferweckung eines Toten, höhnische Bemerkungen des Priesters. Befehl zur Tötung des Priesters. II, 3. (34-35) , lnopes et caecl de Antichristo co//oquuntur : lsachar, Galad. Entschluß zweier Armer, den Antichrist um Hilfe zu bitten. II, 4. (35-38) : Redit in acaenam Antichristus : lsachar, Galad cum sociis, Melchus, populus, Jubal. Huldigung der Armen, Auftreten des Christen Metebus gegen den Antichrist. Goldausstreuung. Abführung des Metebus zur Hinrichtung. Rückkehr des Gesandten aus Griechenland mit guten Nachrichten. Der Antichrist kündigt seine Gesetzgebung an.
ll, 5. (39) : Christus, Raphael : Raphael gesandt, um die Propheten Johannes, Enoch und Elias aus dem Paradies zu holen. ll, 6. (40-41) : Postquam ad Paradisum pervenit Raphael, c/amat ad tres Prophetas : Raphael, Enoch, Elias, Joannes. Aussendung der Propheten. ll, 7. (42-47) : Populus Prophetas veneratur : Nautan, Ruhen, Judaei, Elias, Enoch, Joannes, populus Judaeorum. Erfolgreiche Predigt des Christentums vor den Juden. II, 8. (47-48) : Abeuntibus tribus Prophetis, et popu/o post eos quam primum Zarham dux Antichristi rem totam ei narrat : Zarham, Antichristus. Chorus Sibyllarum in Sapphischen Strophen.
3. Akt
m, 1.
(50-58) : Saleph vinctos Prophetas sistit Antichristo : Saleph, Dux Anti-
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christi, Antichristus, Enoch, Elias, Joannes Evangelista. Streitgespräch. Ein Wunder des Antichrist versagt. Abfllhrung der Propheten zur Hinrichtung.
m, 2.
(58-59) : Edictum post obtruncationem Prophetarum : Caynan.
Iß, 3. (59-60) : Antichristus ante cadavera inhumata ambulans superbe g/oriatur : Anticbristus, Zorobabel.
m, 4.
(60-61) : Enoch, Elias, Johannes : Auferstehung.
m, 5. (61-62) : Antichristus occiditur : Antichristus, Michael. Anstalten des Antichrist zur Himmelfahrt zur Verfolgung der Propheten. Sturz, Reue des Antichrist. m, 6.
(62-63) : Judaei Christum agnoscunt : Eleazarus, summus sacerdos Judaeorum.
m, 7. Cantus populi supplicantis. m, 8-11 : Strafaktion gegen die Anhänger
des Antichrist. Die Juden werden
verschont. Zeichen des Jüngsten Gerichts. 4. Akt : Aufbietung zum Jüngsten Gericht. 5. Akt : Gericht im Tal Josaphat. V, 7. Sce/esti /rustra opem implorantes in tartara compel/untur : Hieroboam, Antichristus, Croesus, Sardanapalus. Antichrist : Klage über den Verlust einstiger Macht. 34. HILTRANDUS, ECCLESIA MILJTANS
Die Tragicomoedia Michael Hildebrands, gedruckt in Dillingen 1573 86, behandelt in zwei Teilen zu je fünf Akten in klassischer Form und lateinischer Sprache die Geschichte der Kirche von Christi Erdenleben bis zum Jüngsten Gericht. Die Darstellungsform des Dramas ist allegorisierend. Akt 1 bis 3 des zweiten Teils behandeln die Zeit der Reformation. Akt 3 endet damit, daß Metamelomenus, Personifikation der Glaubenszweifel, der sich zeitweilig von den "Häretikern" hat verwirren lassen, reumütig in den Schoß der Kirche zurückkehrt. Der vierte Akt enthält Auftreten und Untergang des Antichrist :
86 Zum Druck vgl. Bibliotheca Bibliographica, V : Bibliographie der deutschen Drucke des 16.Jahrhunderts, T. 1 (Dillingen), hg. v. Otto Ducher (Bad Bocklet : Krieg, 1960), 160. Zur Person des Verfassers vgl. Auguste et Aloys de Backcr, Bibliotheque de Ia Compagnie de Jesus, nouvellc6dition par Carlos Sommervogel, IV (1893, Nachdruck, Louvain:
Bibliotbeque S.J., 1960), 391.
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IV, I Tutela verbi Dei, Diestramenos (die Christenheit in der Zerstreuung) : Bericht über die Ankunft des Antichrist, Frevel und Verfolgung, Flucht der beiden in die Einöde (74r-75r).
IV,2 Antichristus mit Gefolge : Proklamation des Antichrist, Schatzverteilung, Naturwunder, Heilungswunder, Zeichnung der Anhänger, Einsetzung eines Heerführers zur Verfolgung der Christen (Epitagmaphilus), Aufforderung des Antichrist zu zügellosem Leben (7Sr-77r).
IV,3 Enoch und Elias : Klagen über den Zustand der Kirche. Zwei Juden und ein Christ (Paulus) auf der Suche nach den Propheten. Selbstvorstellung der Propheten bestätigt von der vox Dei. Ankündigung ihrer Mission und des Endes des Antichrist. Vorbereitung zur Konversion der Juden (77v-79v).
IV,4 Tutela verbi Dei : Bericht über die Kirche in der Einsamkeit : Yox coe/estis : Bericht über den Fall des Antichrist (79v-80r). Gegenstand des fUnften Aktes ist das letzte Gericht. 35. ANTICHRIST IN EINER FLORENTINER PROZESSION 1577
Eine Beschreibung einer Prozession in Florenz zu Ehren Johannes des Täufers im Jahre 1577 erwähnt auch den Antichrist als eine Figur in der Prozession : "sopra un cavallo tutto pallido e magro l'effeminato Anticristo pallido e smunto per Ia sua libidine e sfrenataggine, e per la Morte ehe sopra di lui sedeva" 88• Kennzeichnend für den Antichrist sind also hier Degeneration infolge sexueller Ausschweifungen, ein Motiv, das in den späteren Antichristdramen mehr und mehr Bedeutung gewinnt •7, und Todesfurcht. 36. NIKODEMUS FRISCHLIN, PHASMA 1580
Die Reihe der gegen das Papsttum polemisierenden Antichristdramen setzt Frischlin mit seinem Drama Phasma fort, das 1580 aufgeführt, aber erst 1592 gedruckt wurde 88• Es enthält eine Auseinandersetzung mit sämtlichen 11 A. d'Ancona, Origini del teatro italiano, 2. Auflage, I (1891, Nachdruck, Roma : Bardi, 1966), 245, Anm. I, und 246. 17 In dem Luzemer Spiel (Nr. 30), in Foxes Antichristdrama (Nr. 31) und besonders in dem Drama Alarc6ns (Nr. 40), sowie in dem Stück von Modane (Nr. 37), I, 12, 21. 11 AuftUhrungsdatum nach Hugo Holstein, Die Reformation im Spiegelbilde der dramatischen Literatur des 16. Jahrhunderts, Verein f'ür Reformationsgeschichte, XIV /XV (1886, Nachdruck, Nieuwkoop : de Graaf, 1967), 229, der allerdings nicht seine Quelle angibt. Frischlin erklil.rt den Titel, der von Menander entlehnt ist, im Prolog. Bei Me-
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christlichen Konfessionen, deren Vertreter auf der Bühne vorgeführt und am Schluß des Dramas in einer Art Vorspiel zum Jüngsten Gericht von Christus alle mit Ausnahme von Luther und Brenz dem Teufel überantwortet werden. Das Drama Frischlins ist damit das klassische Propagandastück der lutherischen Orthodoxie und hat als solches eine reiche Wirkungsgeschichte 81• Das Drama benützt Motive des Antichrist- (besonders in den Szenen Diit dem Papst) und des Weltgerichtsdramas. Es ist geschrieben in lateinischen Senaren, in fünf Akten mit Chorliedern und deutschen argumenta an jedem Aktanfang, außerdem mit deutschen Einschüben im fünften Akt. Ich gebe eine Szenenübersicht : 1. Akt
I, 1 : Zwei Bauern, Corydon (Lutheraner), Menalcas (unentschieden) : Gespräch über die Religion. I, 2 : Die Bäurin Thestylis, Menalcas, Corydon : Klagen der Bäurin über ihren Mann Meliboeus, einen Wiedertäufer. nander (Donat. ad Ter. Eun., prol, 9, '3) hat ein junger Mann die Traumerscheinung (phasma) des von ihm geliebten Mädchens, Frischtin will zeigen, in welchen Traumerscheinungen sich Satan den Häretikern zeigt. 11 Einzelausgaben verzeichnet Goedeke, Grundriß der Geschichte der deutschen Dichtung, II, Das Reformationszeita/ter, 2. Auftage (Dresden : Ehlerrnann, 1886), 140, Nr. S neben dem Abdruck in den Gesamtausgaben der dramatischen Werke Frischtins (Bibliographie in Nieodemus Frlschlinus, Jullus RedMYus, bg.v. Watther Janell, Lateinische Literaturdenkmäler des XV. und XVI. Jahrhunderts, XIX (Berlin : Weidmann, 1912), p. LXXmss.). Zwei Obersetzungen ins Deutsche (Glaser, 1593, Bertesius, 1606) verzeichnet bei Goedeke, 386. Eine dritte Übersetzung von Durchdenbach, erwähnt in Janell, Nikodemus Frischllnus ... , p. XLIV (Roethe), konnte ich nicht nachweisen. Von dem Drama l!rschien eine italienische Prosaübersetzung unter dem Titel Comedia piaceyo/e della Yera antica romana cato/ica e apostolica chlesa (Jacques-Charles Brunet, Manuel du libraire et de /'amateur de llvres, se 6dition, II (1891, Nachdruck, Copenhagen : Rosenkilde et Bagger, 1966), 177f.), in der die Chorlieder sowie die deutschen Partien des Frischlinschen Originals ausgelassen sind. Diese Ausgabe erschien ohne Angabe des Autors und Erscheinungsdatums und mit Angabe eines fingierten Druckorts (Romanopolis). Terminus ante des Erscheinens der Ausgabe ist das Jahr 1622, in dem sie auf den Index kommt (Franz H. Reusch, Der Index der Yerbotenen Bücher, II (1885, Nachdruck, Aalen : Scientia, 1967), 70), der Terminus post läßt sich aus dem Text entnehmen : zusammen mit der Übersetzung des Frischtindramas enthält das Buch zwei Predigten, von denen die zweite angeblich 1607 gehalten wurde (Vgl. S. 57 des Drucks), so daß das Buch zwischen 1607 und 1622 gedruckt sein muß. Ein Exemplar des seltenen Drucks findet sieb in der Landesbibliothek Stuttgart. Diese Ausgabe in italienischer Sprache wurde später ebenfalls ins Deutsche übertragen, ohne Angabe des Autors, mit der Druckortsangabe "Romanopoli" und der Jahreszahl 1671. Die Ausgabe trAgt den Titel Ein Dll· muthige Comoedie von der wahren, alten, catholischen und Aptntolischen Kirche ...
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Chorus I contra haereses 2. Akt
U.
1 : Luther : Klagen über Karlstadt.
U, 2 : Meliboeus, Thestylis, Luther : Obergriffe des Wiedertäufers gegen seine Frau, Luther :Widerlegung der Wiedertäufer, Abreise des Meliboeus nach Mähren.
ll, 3 : Luther tröstet Thestylis. Chorus II pro Mogistratu, contra Allllbaptistos 3. Akt
m, 1 : Franciscus, Mönch, Brigitta, Nonne : Klagen über die veränderten Zustände.
m, 2 : Zwingli,
Karlstadt, Franciscus, Brigitta : Zwingli und l{arlstadt auf dem Weg zum Marburger Religionsgespräch, Abfertigung des Mönchs und der Nonne.
m, 3 : Brenz, Luther, m, 4 : Schwenckfeldt,
Zwingli, Karlstadt : Disputation über das Abendmahl. B~nz
: Widerlegung Schwenckfeldts durch
B~nz.
Chorus /II pro ognjtione writatis
4. Akt IV, 1 :Teufel im Mönchsgewand : Befriedigung über die Glaubensspaltung. Pläne in bezug auf das Tridentiner Konzil. IV, 2: Menalcas, Corydon, Satan : Theologische Disputation. Corydon bleibt protestantisch. Menalcas kehrt, vom Satan überredet, zur katholischen Kirche zurück. IV, 3 : Papst Pius IV., die KardinAle Campegius • und Hosius, Satan : Vortrag der Konzilsbeschlüsse, Kommen~ Satans. IV, 4: Lutber, Brenz: Luthers Bericht vom Ende Karlstadts und Zwinglis.
Chorus IV contra Papam et Papatum
s.
Akt
V, 1 :Christus, Paulus, Petrus : Hinweis auf den Antichrist, Ankündigung des Gerichts. 40 Die exakte historische Chronologie spielt in dem Stück keine RoDe : Kardinal Lorenzo Campeggi, der eine wichtige Rolle bei der Vorbereituns des Konzils spielte, starb lange vor seiner ErOft'nuns im Jahr IS39.
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V, 2: Papst, Christus, Petrus, Hosius, Paulus, Campegius : Überführung des Papsts als Antichrist. Eingeschobene deutsche Szene : Klage der Maria über den Mißbrauch ihres Namens. Verdammung des Papsts. Analoge Überführungs- und Verdammunpszenen : V, 3 : Zwingli, Karlstadt, Petrus, Christus, Paulus. V~
4 : Franciscus, Brigitta, Schwenckfeldt, Meliboeus, Christus, Paulus, Petrus.
V, S :Satan, Menalcas, Christus, Petrus, Paulus. Abgang Christi zum Gericht im Tal Josaphat, Ankündigung von Lutbers und Brenz' Eingang in die ewige Seligkeit.
Zwei deutsche Chöre : "Erhalt uns Herr bei deinem Wort" (Christus cum suis) und : "Erhalt die Römisch Kirch, o Gott" (Satanas cum suis). Im Epilog wird wiederum der Papst als Antichrist apostrophiert. 37. DAS ANTICHRISTSPIEL VON MODANE"'
1580 und 1606 wurde in Modane in Savoyen ein Antichristspiel aufgeführt, das drei Tage in Anspruch nahm, von denen zweieinhalb Tage dem Antichrist und die zweite Hälfte des dritten Tages dem Weltgericht gewidmet waren. Die Besetzungsliste verzeichnet für den ersten Tag 114, den zweiten 138 und den dritten Tag 160 Personen. Das Versmaß bilden einfache achtsilbige Verse des Reimschemas ABAB. Das Spiel enthält keine Akt- und Szeneneinteilung. Die Oberlieferungslage ist ziemlich kompliziert. Eine noch unveröffentlichte Handschrift A befindet sich in der Bibliotheque nationale in Paris ' 2 • Die Handschrift enthält den Schluß des dritten Tags (Jüngstes Gericht) und ein längeres Fragment aus dem Antichristteil. Eine zweite, offenbar vollständige Handschrift B, 3 Binde und insgesamt 310 Blätter umfassend, befand sich in Privatbesitz und scheint heute verloren zu sein. Die Personenlisten, die Prologe und Epiloge zu allen "' Eine grundlegende Darstellung zum Spiel von Modane liefert Jacques Chocheyras, thitftre religleux en Savoie au XYI• •lecle, avec rh• fragmentll lnidit11, Publications romanes et fran~ses, CVX (Gen~ve : Droz, 1971), 20-27 und 181-224. 41 Fr. 15063, vgl. Bibliotheque ntJtiontJie, Catalogue giniral rh11 manU11crit11 franpiiii, Ancien suppl6ment fran~, 111, par H. Omont (Paris, 1896), 307, n° 15063. Es handelt sich um eine Handschrift des 16.Jahrhunderts, und nicht, wie L. Petit de Julleville, Hili· tolre du thitftre en France, Le~ My11tere11, II (1880, Nachdruck, Gen~ve: Slatkine, 1968), 460f., und, ihm folsend, Chocheyras, 20, anseben, des 15.Jahrhunderts.
u
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drei Tagen, sowie eine Beschreibung der ersten neun Szenen des ersten Tages hat Florimond Truchet veröffentlicht 43 • Eine dritte Handschrift, die ein längeres Fragment (48 Blätter) des zweiten Tages enthält, wurde zusammen mit interessantem amtlichem Material zur Erwerbung und Aufführung des Spiels durch die Gemeinde Modane 1935 entdeckt und 1962 von Louis Gros veröffentlicht"· Das Manuskript befindet sich heute in den Archives departmentales de Ia Savoie in Chambery. Zu dem Konvolut gehört eine weitere, 12 Blätter umfassende Handschrift, veröffentlicht von Jacques Chocheyras im Jahr 1971 45 • Bei diesem Fragment handelt es sich nicht um den eigentlichen Text, sondern wahrscheinlich um Interpolationen eines Bearbeiters, wahrscheinlich für die Aufführung von 1580 441 • Der Text gehört dem zweiten und dem Beginn des dritten Tages an 47 • Wie aus den amtlichen Schriftstücken zum Spiel von Modane hervorzugehen scheint, handelt es sich um ein Mysterienspiel, das zur Aufführung ausgeliehen, bzw. verkauft wurde, und das wahrscheinlich schon andernorts aufgeführt worden war. Außer den Zeugnissen und Texten zur Aufführung in Modane besitzen wir jedoch keinerlei Nachricht über eine Aufführung eines Antichristspiels, das mit dem Modaner Spiel verwandt oder identisch wäre 48 : ein Hinweis mehr darauf, wie beschränkt in Wirklichkeit unser Wissen auf diesem Gebiet ist. 43 F. Trucbet, ,.Le Th6ätre en Maurienne au XVI• siecle, Le Mystere de l'Antecbrist et du Jugement", Congris des sociitis savantes de Ia Savoie, 128 session, 1892 (1894), 135-158, vgl. dazu Chocheyras, der Truchets Bericht abdruckt. 44 Louis Gros, Etude sur le Mystire de /'Antichrist et du Jugement de Dieu (Chamb~ry : lmprimeries R~unies, 1962). 41 Chocheyras, 197-224. 46 Chocheyras, 201. ' 7 Aus dem Vergleich der Formate der beiden Handschriften (185 x288 mm. f"ür das von Gros, 175 x 260 f"ür das von ihm selbst veröffentlichte Fragment) schließt Chocheyras, daß die beiden Fragmente nicht derselben Handschrift angehören. Die Angaben Chocheyras' (197ft'.) über die zwölf Blätter des Bearbeiters scheinen andererseits auf die Pariser Handschrift, besonders deren zweiten Teil zuzutreffen, die auch im Format nahezu übereinstimmt (165 x 260 mm). 48 Die beiden Aufführungen von Mysterienspielen in Orl~s (1550) und am Jesuitenkolleg in Lyon (1607), die Cbocheyras anführt (23), haben mit dem Spiel von Modane wahrscheinlich nichts zu tun. Von dem Spiel von Orläns wissen wir lediglich, daß es das "Jugement demier" zum Inhalt hatte (Petit de Julleville, us Mysteres, ll, 157, und Ch. Cuissart, Leeturn et Memoires de l'Acadimie de Salnte-Crolx d'Orlians, IV (1878), 311). Das Spiel von Lyon ist in einer zeitgenössischen protestantischen Propagandaschrift (vgl. dazu De Backer-Sommervogel, Bibliotheque de Ia Compagnie de Jiaus,
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Inhaltsübersicht : Erster Tag Prolog
1. Szene u : Beratung der Proserpina mit zwölf Teufeln. Plan zur Verführung der Menschheit. 2. Szene: Ein Jude aus dem Stamme Dan verführt seine Tochter in Babylon. 3. Szene : Versammlung der Patrizier (citoyens) von Babyion : Klage über die Schmälerung ihrer Privilegien durch die niederen Schichten. Vorahnung des Messias durch die Bürger (bourgeois) von Babylon. 4. Szene : Klage des Mädchens über ihre Schwangerschaft. Teufel fährt in ihren
Leib. 5. Szene : Der Jude verschreibt sich dem Teufel. 6. Szene : Streit zwischen den Patriziern (citoyens) und Bürgern (bourgeois) von Babyion über die Schmälerung ihrer Rechte. 7. Szene: Der Jude geht mit seiner Tochter nach Bethsaida. Wochenbett bei einer "mere sage". 8. Szene : Geburt des Antichrist. 9. &o : Antichrist wendet sich von seinem Schutzengel ab und dem Teufel zu. 10. Die Ankunft des Antichrist ist von Zeichen begleitet : Hungersnot, Seuchen, Tod eines Wucherers, politische Unruhen (unter schlechten Regierungen erheben sich die bourgeois gegen die citoyens), Naturwunder. 11. Unterweisung des Antichrist durch Satan : die "vier Mittel" (Schmeichelei, Wunder, Geschenke von den Schätzen, die er vom Satan hat, Gewalt). 12. Szenen : Schatzausteilung, Befehl zur Mission unter den Christen und zur Christenverfolgung. Gesetzgebung (Polygamie). Aussendung von Gesandten an die Fürsten. Der Schutzengel verläßt den Antichrist. Ankündigung von Wundem. Aufbruch des Hofs nach Medien (S. 49-57). 13. Szene : Komische Szene zwischen einem Tauben und einem Lahmen. Ihr Entscbluß, die "Propheten" zu suchen, die Wunderbeilungen vornehmen (S. 5760). V (1894), 219f.) eindeutig als Weltgerichtsspiel gekennzeichnet. Zu der Annahme Emile Roys (Le JoUI' du Jugement (Paris : Bouillon, 1902), 178), es habe sich in beiden Fällen um Antichristspiele gehandelt, besteht kein Grund. 41 Das Folgende nach der Beschreibung Truchets, abgedruckt bei Chocheyras, 188f. 110 Das Folgende nach dem Prolog, abgedruckt bei Chocheyras, 185-188. 11 Das Folgende nach Gros.
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14. Szene: Antichrist und seine Armee marschieren trockenen Fußes durchs Meer (S. 60-62). 15. Szene: Eine Traumerscheinung kündigt Gog und Magog das Rückwärtsfließen des Flusses Gozan und die Ankunft des Messias an 61• Aussendung von Kundschaftern zum Fluß. Ankunft des Antichrist am anderen Ufer. Umkehrung des Flußlaufs und Überschreitung des Flusses durch den Herold des Antichrist trockenen Fußes. Aufbietung Gogs und Magogs zur Begrüßung des Messias. Huldigung Gogs und Magogs. Aufbietung der VöJker Gogs und Magogs zum Krieg (S. 62-81). 16. Szene : Überreichung einer Krone an den Antichrist durch Gog und Magog. Generalabsolution des Antichrist. Abmarsch des Heeres nach Galilea (S. 81-86) aa. 17. Szene: Unterredung der drei Gesandten des Antichrist (Balaam, Giesy, Annagoras) 114. Versammlung in Alexandria : Predigt der Gesandten des Antichrist, Antwort des Catholique und eines Erzbischofs. Zurückweisung der Antichristianer durch die Könige von Mrika, Ägypten und Libyen (S. 86-94). 18. Szene : Auftritt eines Lahmen und eines Tauben. Wunderbare Heilung. Besehenkoog und Bekehrung durch die Antichristianer. Schwanken der Könige. Predigt des Catholique und des Erzbischofs gegen den Antichrist. Abweisung der Propheten des Antichrist durch die Könige. Abfall eines "mauvais laboureur" und eines "mauvais gentil-homme" vom Christentum. Disput zwischen den beiden, einem Prälaten und einem einfachen Kleriker über das Fegfeuer (S. 94-119)111,
19. Szene: Äbtissin mit Nonnen : Gespräch über den Antichrist. Ermahnung der Nonnen durch die Äbtissin zur Standhaftigkeit im Glauben (S. 119-123). 20. Szene : Belehrung der Könige durch Erzbischof und Catholique. Bußpredigt vor den Soldaten der Könige (S. 123-128). 21. Szene : Bericht der Propheten des Antichrist. Kriegsbeschluß. Lüsternheit des Antichrist und seiner Gefolgschaft nach Nonnen. Absendung eines Herolds (S. 128-134). 111 AufS. 62 findet sich die Zeitansabe 3000 Jahre, doch wohl nach der Einschließuns Goss und Magoss im Kaukasus durch Alexander den Großen, d.h. also in der fernen Zukunft. 111 Durch das rote Meer. Der Autor behemcht die Geographie nur ungenügend. 114 Balaam ist der Name eines heidnischen Propheten im Alten Testament, der zum typiU nir Bestechlichkeit (Simonie) und Verführuns zu Sünde und Unglauben wurde (2 Pe II lS, Apk 11 14), Giesy (Gehazi) ist der Diener Elisas, der, von seinem Herrn seiner Bestechlichkeit wesen verflucht (2 Kön V 20-27), ebenfalls zum typiU eines Simonisten wurde, vgl. H. Schüppert, Kirchenkritik in der lateinischen Lyrik des 12. und 13. Jalrrhundert.J, Medium Aevum, XXIII (München : Fink, 1972), 171-173. Annagoras scheint ein Phantasiename zu sein, vielleicht gebildet aus Annas dem Namen des Schwiegervaters des Kaiphas, vgl. das Spiel von Besan~on (Nr. S, Sz. 13). 116 Der Prälat verteidigt das Fesfeuer .,contre Ia secte lutheriste" (117). Das ist die einzige direkte Erwlhnung der Reformation in dem erhaltenen Dramenteil, s.u. 99.
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22. Szene : Kriegserklärung der Könige an den Herold. Mobilisierung und Aussendung eines Spähers (S. 135-137). 23. Szene : Abmarsch des Heeres des Antichrist unter Holophemes 18, Gog und Magog (S. 137-142). 24. Szene : Schlacht und Sieg der Antichristianer. Gefangennahme der Könige. Prügelszene zwischen zwei Gaunern, die sich anwerben lassen, die Gefallenen zu begraben, und um den Lohn streiten (S. 142-lSl). 2S. Szene :Weigerung der drei Könige, den Antichrist anzuerkennen. Sie werden von ihm ins Gefängnis geworfen (S. 1Sl-1S4). 26. 11 Der katholische Prälat zuerst geblendet, dann umgebracht. 27. Der Erzbischof umgebracht. 28. Ermordung der drei Könige. 29. Nonnen- und Mönchsklöster werden abgebrannt, das Land geplündert. 30. Burgen und Städte werden eingeäschert. Zweiter Tag 31. Juden und Heiden huldigen dem Antichrist, der sich als Gott verehren läßt. Aussendung von Predigern zur Bekehrung Asien. 32. Der Patriarch von Jerusalem und der Kaiser Charles " weisen die Gesandten des Antichrist zurück. 33. Satan in menschlicher Gestalt fUhrt dem Antichrist die sieben Todsünden zu. 34. Gott läßt durch GabrietEnoch und.Elias aus dem irdischen Paradies holen, um die guten Christen im Glauben zu stärken. 3S u. Seine Prediger informieren den Antichrist über den Widerstand der Christr.n. a. Teufelsversammlung : Satans Meldung vom Auftreten Enochs und Elias'. Wutanfall Luzifers gegen Satan. Beschluß von Gegenmaßnahmen (202-208). 36. Krieg gegen den Kaiser, den der Kaiser durch Verrat verliert. Er wird ins GelangDis geworfen. 11 Holophemes ist der General Nebukadnezars, einer der jiglll'ae Antichristi des Alten Testaments, s.o. 7ff. • 7 Das Folaende nach den Prologen, abgedruckt bei Chocheyras, 187-188 und 191ft'. 18 Offenbar ein später Nachklang der alten französischen Kaiserprophetie, die einem Nachkommen Karls des Großen die Welthemchaft der Endzeit in Aussicht stellt, vg). o. 29, wohl kaum eine Anspielung auf Karl V., wie Chocheyras vermutet (26). " Das Folgende nach den Prologen und nach dem von Chocheyras veröffentlichten Fragment (202-224). Die Zahlen verweisen auf die Prologe, die Buchstaben auf die Szenen bei Chocheyras.
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37. Verfolgung der Kirche : Schändung der Sakramente, Ein Archidiakon wird beim Lesen der Messe ermordet, ein Patriarch wird gekreuzigt, zwei Jesuiten geköpft. b. Bekanntmachung und Einladung zur bevorstehenden Hinrichtung des Kaisers, seines Seneschalls und zweier Senatoren durch den Herold auf Veranlassung Gogs und Magogs (208-209). 38. Der Kaiser wird enthauptet, seine Senatoren in den Feuerofen geworfen, sein Seneschall in kochendes Öl. 39. Der Antichrist fingiert seine Auferstehung vom Tode. 40. Wiederaufrichtung des Tempels. Der Antichrist läßt sich von den Juden im Tempel als Gott verehren, läßt sein Bild reden. 41. Der Antichrist sendet seine Prediger nach Europa. c. Der Connetable und der Marschall raten den beiden Königen von Europa, Loyalität dem Antichrist gegenüber zu heucheln (209-210). d. Loyalitätserklärungen des Holophernes, der Genealogiens, des ,,Laboureur" für den Antichrist. Hinweis auf das sprechende Standbild, das seine Göttlichkeit bezeuge (,.l'ymage l'a recite") (210-211). 42. Steinigung zweier Kardinäle durch die Anhänger des Antichrist, die ferner zwei christliebe Edelleute lebendig begraben. e. "Le filz esgare" bietet den 4 Tyrannen seine Hilfe bei der Steinigung der Kardinäle an und feuert sie bei ihrem Wüten an (212-213). 43. Wunder des Antichrist. 44. Verbot der Messe. Handel ist nur denen gestattet, die das Zeichen des Antichrist tragen.
45. Zeichen, die auf das Herannahen des Jüngsten Gerichts deuten. 46. Vernichtung der Völker Gog und Magog durch Feuer (Apk XX 9). Dritter Tag 47. Meteorische Vorzeichen schrecken die Menschheit. f. Erschreckt durch die kosmischen Zeichen und die Vernichtung der Völker Gog und Magog wenden sich die beiden Könige von Europa mit ihrem Marschall und Connetable vom Antichrist ab und bekehren sich zu Christus. Ein Chor von Engeln preist Gott (213-215). g. Loyalitätserklärung des Marseballs und des Connetable vor dem Antichrist (215-216). h. Disput dreier Chevaliers, von denen sich zwei zu Christus bekehren, einer bei seinem heidnischen Glauben bleibt (216-217). i. Loyalitätserklärung Gogs und Magogs vor dem Antichrist (217-218).
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k. Botschluß des Marschalls und des Connetablc, sich vom Antichrist abzuwenden (218).
1. Die acht Genealogiens plündern und brennen Städte und Dörfer nieder. Sie werden dabei selbst vom himmlischen Feuer vernichtet, sterben, sich selbst verftuchend (218-219) 80 • m. Disput dreier Chevaliers, von denen sich zwei zu Christus bekehren, einer bei seinem heidnischen Glauben bleibt (219-220). n. Der Prälat und verschiedene Christen, unter ihnen der Marschall und der Connetable, bekräftigen ihre Beständigkeit im christlichen Glauben und ihren Abscheu vor dem Antichrist (220-221). 48. Der König lsmael bekehrt sich zum Christentum, erleidet den Märtyrertod mit einer Anzahl Juden. 49. Gefangennahme, Geißelung und Enthauptung von Enoch und Elias. Ihre Leichname bleiben drei Tage lang unbestattet liegen.
SO. Auferstehung und Himmelfahrt von Enoch und Elias.
SI. Botschluß des Antichrist, zum Himmel aufzufahren. Sturz durch den Erzengel Michael und Höllenfahrt des Antichrist. S2. Reue und Bekehrung vieler abgefallener Christen. Daraufhin folgt, am Schluß des dritten Tages, mit einem neuen Prolog eine Darstellung des Jüngsten Gerichts.
Das Drama ist sprachlich sehr lebendig und zeigt auch kompositionell, in der Auflockerung des dramatischen Zusammenhangs durch komische und Genreszenen, beträchtliches Geschick. Handelt es sich um ein antiprotestantisches Propagandadrama? Zweifellos nicht. Das Weltende ist in ferner Zukunft vorgestellt 81, zu einer Zeit, da nur noch eine christliche Konfession, die Römische Kirche, existiert. Die Propaganda des Antichrist gegen die Christen deckt sich zwar in vielen Punkten mit der protestantischen Propaganda gegen die Römische Kirche (besonders ist die Diskussion über das Fegefeuer breit ausgeführt) 82, das soll jedoch, wie in allen nachlutherischen katholischen Antichristdramen allenfalls die häretische Tendenz des Protestantismus bloßstellen, keineswegs jedoch den Protestantismus mit dem Antichrist identifizieren 88• Auffallend an dem Stück aus Savoyen ist die offenbare Neigung zur Grausamkeit in der Darstellung der Verfolgung der Christen durch den Antichrist, die sich wohl aus einer allgemeinen Verrohung im Frankreich Vgl. Apk XVI 9, 21. S.u. 142. " S.o. 96, Anm. 52. a S.o. 96, Anm. 55. a S.o. 76ff.
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der Bartholomäusnacht erklären läßt. Die entsetzlichen Marter und Greuel wurden mit größtem Naturalismus auf der Bühne dargestellt, wie die amtlichen Dokumente zur Aufllihrung beweisen 84• 38. FARCE NOUVELLE DE L'A.NTECHRIST
Der Antichrist spielt eine merkwürdige Rolle in einer kurzen Szene (54 Verse) einer französischen Farce wahrscheinlich aus dem sechzehnten Jahrhundert, die 1612 gedruckt wurde 86 • Die Farce spielt auf dem Markt zwischen zwei Marktweibem. Mitten in ihrem Gekeife kündigt die eine der beiden völlig unvermittelt den Antichrist an: L'Antechrist est ne. L' Antechrist est ne Le voicy venir Je grand diable. Der Antichrist tritt sehr großspurig auf und versucht, die beiden Fischweiber einzuschüchtern und zu vertreiben. Er wirft ihre Fische vom Tisch. Die Fischweiber erholen sich jedoch rasch von ihrem Schreck und prügeln den Antichrist tüchtig durch. Dieser beklagt sich bitter und wünscht, er hätte nie sein Rom verlassen. Die Fischweiber jagen ihn weg, sie sind davon überzeugt, er werde die empfangenen Prügel bis zum Jüngsten Tag nicht vergessen. Unmittelbar nach dem Weggang des Antichrist nehmen die beiden Marktweiber wieder ihr Gekeife auf, als ob nichts geschehen wäre. Petit de Julleville gibt die einleuchtende Erklärung, daß "Antechrist" der Spitzname eines besonders gerürchteten Marktgendarmen war ••. Der Hinweis des Antichrist auf Rom als seinen Sitz ist eine beiläufige Reminiszenz der protestantischen Polemik gegen das Papsttum. 39. HEINRICH KIELMANN, TETZELOCRA.MIA. (1617)
Der Beginn des siebzehnten Jahrhunderts und besonders das Jubiläumsjahr 1617 bringen eine ganze Reihe Lutherdramen, von denen eines den Antichriststoff noch einmal aufnimmt, Kielmanns Drama Tetzelocramia •7 • Vgl. Gros, 27-40. "Farce nouvelle de l' Antechrist" in R~cu~il d~ plusl~ur~s farc~s tant ancienMs que modernes (Paris : Nicolas Rousset, 1612), 77-95, vgl. L. Petit de 1ulleville, Histolre du thldtre en France, R4pertolre du tlrJdtr~ comique en France au moy~n dge (1886, Nachdruck, Gencve : Slatkine, 1968), Nr. 69, S. 109, Ernst Wadstein, Die eschatologische Ideengruppe (Leipzig : Reisland, 1896), 149f. H Petit de 1ulleville, R~pertoir~ du th4dtre comique ... , 109. 11 Vgl. dazu Amalie Zabel, Lutherdramen des beginnend~n 17. Jahrhunderts, Diss. München 1911, 11-21. Danach, sowie nach Holstein, Die Reformation Im Spiegelbilde der dramatischen Literatur des sechzehnten Jahrhunderts, Verein fiir Reformationsgeschichte, XIV {XV (1886, Nachdruck, Nieuwkoop : de Graaf, 1967), 240-243, die Inhaltsübersicht. 14
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Das Drama zeigt dieselbe Mischform von Allegorie und Geschichtsdrama wie Naogeorgs Pammachius und die Dramen in seiner Nachfolge 18 • Ich gebe eine Inhaltsübersicht : 1. Akt 1. Klagerede der Religio über die Leiden ihrer Tochter Veritas und das üble Treiben ihrer Kinder Hypokrisis und Gnathaster. Trost der Veritas : Bericht von der Verheißung des Engels Michael. 2.- Hofteufel : Bericht über die Umtriebe seines Sohns, des Papstes. Beratung und Planung des Ablaßhandels mit dem Schatzmeister des Mainzer Erzbischofs. 2. Akt Päpstlicher Hof : Ein Fürst erhält Dispens für die Heirat mit seiner eigenen Schwester. Aussendung Tetzels als päpstlichen Kommissars und Inquisitors. Die Träger lassen den Stuhl des Papstes fallen 81• 3. Akt Veritas : Klage über Tetzel. Ablaßkauf eines Fürsten und eines Bauern. Ein Landsknecht betrügt Tetzel um die Bezahlung. Veritas, die den Ablaßschwindel nachweist, wird exorziert und festgenommen. 4. Akt Religio : Predigt gegen den Ablaß, Beifall des Volks. Der Fürst, der seine Schwester heiratete, hat Gewissensqualen. Seine Junker prügeln Tetzel, nachdem sie zuvor Ablaß dafür gekauft haben.
s. Akt Befreiung der Veritas durch den Engel Michael. Kunde von Lutbers Auftreten. Übergabe Tetzels an Beelzebub. Einsegnung Luthers und Bugenbagens zum Werk der Reformation durch Michael. 40. JUAN RUIZ DE ALARCÖN, EL A.NTICRISTO
1623 wurde das Drama Alarcons EI A.nticristo in Madrid uraufgeführt, 1634 wurde es gedruckt 10. Das Drama ist eine seltsame Mischung von geistlichem Schauspiel (Auto sacramental) und Maschinenkomödie (Comedia de tramoya). Der • VsJ. dazu o. 56f. • Die Szene. die von einem Kinderchor mit dem Spottlied : "Der Papst hat sich zu Tod gefallen von einem hohen Stuhlen ... " (Holstein, 242) beileitet wird, erinnert an den Sturz des Antichrist. 70 Text bei Agustln Mülares Carlo, Obrtu completal de Juan Rulz de 11./arcdn (MexicoBuenos Aires : Fondode Cultura Economica, 1959),11, 471-552, der auch ein Verzeichnis der Versmaße abdruckt. Die Szeneneinteilung innerhalb der Akte stammt vom Herausgeber.
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Antichrist hat hier, vom Drama der Protestanten abgesehen, zum ersten Mal einen wirklichen Antagonisten, die christliche Märtyrerin Sophia 71 und die dramatische Auseinandersetzung zwischen diesen beiden Hauptpersonen, das sexuelle Verlangen des Antichrist nach der Christin, ihr standhafter Widerstand und schließJicher Triumph im Märtyrertod, bilden die Haupthandlung des Dramas. Der Gracioso Bahin (Balaam) 71 bringt eine zuweilen sehr befremdende burleske Note in das geistliche Drama. Selbst er, den seine Selbstsucht und Freßgier zurnächst auf die Seite des Antichrist treiben, stirbt schließlich Init der Heidin zusammen den Tod des Bekenners. Die Auftritte des Antichrist und seines falschen Propheten geben reichliche Gelegenheit zur Anwendung der Flugmaschine 73 • Auch die Magie, ein wichtiger Gegenstand der spanischen Literatur, ist in dem Drama vertreten. Das sprechende Haupt Eliesers (Ill, 21) erinnert an das sprechende Haupt des Marquis de Villena, das auch Cervantes die Anregung zu einer Episode des Don Quixote gegeben hat (II, Kap. 62). 74 Ich gebe eine Inhaltsübersicht des Dramas : 1. Akt In der Wüste bei Bethsaida
I, 1 :(V. 1-104) : Der falsche Elias, drei Juden : Bericht von einem apokalyptischen Traum mit Stigmatisierung. Suche nach dem Messias.
71 Die Geschichte der Mli.rtyrerin Sophia bei Alarc6n zeigt Verwandtschaft mit der Legende der Märtyrerin Justina, der Heidin eines späteren Dramas Catder6ns (EI maglco prodigioso). " Zu Bataam als Prophet des Antichrist vgt. o. 96, Anm. 54. Das Vorbild des Gracioso Alarc6ns ist wobt vor allem der leicht komische Prophet des Festum A.sinorum, vgt. K. Young, The Drama oj the Medieval Church (Oxford : Clarendon Press, 1933), II, 154-171 und G. Frank, The Medieval French Drama (1954, Nachdruck, Oxford : Clarendon Press, 1960), 40-42. In Sancho de Muii6ns Tragicomedla de Lisandro y Roselia llamada Elicia y por otro nombre cuarta obra y tercera Celestina (1542), II, 1 erscheint Balan als Name eines Teufels. 7a I, 3; I, 8; I, 12; II, 9; 111, 11; III, 13; 111, 24. 74 Vgt. dazu Obras completas rh Miguel de Cervantes Saavedra, Don Quixote de Ia Mancha, edici6n publicada por Rodolfo Schevill y Adolfo Banilla (Madrid : Graticas Reunidas, 1941), IV, 446 und Mario N. Pavia, Drama of the Siglo rh Oro, A. Study of Magie, Witchcra/t, and Other Occult Beliefs (New York : Hispanic Institute of the United States, 1959). 138-144. Das sprechende Haupt findet sich schon in der Legendo A.urea (1, 154). Zur Vorstellung vom sprechenden Haupt vgJ. ferner E.R. Dodds, The Greeks and the I"ational, Sather Classical Lectures, XXV (University of Califomia Press, 1951, mehrmals nachgedruckt), 147.
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I, 2: (105-336): Antichrist mit seiner Mutter: Bericht der Mutter von der doppelt inzeStuösen Herkunft, Wunderzeichen und erstaunlicher Entwicklung des Kindes. Größenwahnsinnige Entgegnung des Antichrist und Ermordung der Mutter. 1, 3 : (337-462) : Der falsche Elias und die drei Juden, geführt von dem Hirten Balaam. Auftritt des Antichrist, Huldigung der Juden, Proklamation des Antichrist, Aussendung des falschen Elias als seines Propheten. I, 4 : (463-530) : Konversion, Huldigung und Ernennung Balaams zum Propheten. Verheißungen des Antichrist. I, 5 : (531-538) : Monolog Balaams
Babyton I, 6 : (539-570) : Sophia ?5 mit ihrem Bruder : Bericht über Wunderzeichen. Klagen Sophias über die Lage der Kirche. I, 7 : (571-598): Aufregung des Volks über die Wunderzeichen. Vision (Gen. 27 : "Dan"). I, 8 : (599-640) : Auftritt des falschen Elias dmch die Luft. Ankündigung des Messias, Reaktion des Volkes.
I, 9: {641-660) : Zornige Reaktion Sophias auf die Ankündigung. I, 10: (661-676) : Einwände des jüdischen Patriarchen gegen die Ankündigung des Messias. I, 11 : (677-708) : Der falsche Elias : Zurechtweisung des Patriarchen, teichoskopische Ankündigung des Messias-Antichrist. I, 12 : (709-794) : Auftritt des Antichrist mit Musik. Antichrist huldigt dem Patriarchen, den er als seinen Großvater begrüßt : Neue Version der Geschichte seiner Geburt. Tod des Patriarchen. Huldigung des Volks vor dem neuen König von Babylon. I, 13 : (795-892) : Sophia : Heftige Anschuldigungen gegen den Antichrist. Antichrist verliebt sich in Sophia, verschließt ihr den Mund 7•. Huldigung des Volks. 71 Der Name der Heidin des Dramas ist keineswegs zufällig, sondern hat tiefe theologische Bedeutung, Sophia ist nach der mittelalterlichen Theologie erstens die Mir· tyrerin und Mutter von Caritas, Fides und Spes und damit der Inbegriff der geistlichen Tugenden, zweitens und in Verbindung damit bedeutet sie die Gemeinschaft, in der diese Tugenden gepflegt werden, die Kirche, d.b. der Begriff wird moralisch und ekklesiologisch verstanden, vgl. dazu das Lexikon für Theologie und Kirche, 2. Auflage, hg.v. 1. Höfer und K. Rahner (Freiburg : Herder), IX (1964), 885 (Frutaz) und bes. X (1965), 1002f. mit ausführlicher Bibliographie (Biser). Die Kirche ist die Braut Christi, durch sein Werben um Sophia versucht also der Antichrist, sich auch hier an die Stelle des Heilands zu setzen. 71 Das Motiv in der Legenda Aurea (II, 308f.).
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2. Akt
n, 1 : (893-956) : Der
falsche Elias : Bericht von der allgemeinen Huldigung mit Ausnahme der Christen. Aufträge des Antichrist: Bann gegen alle Ungläubigen, Unterwerfung der Könige von Ägypten, Libyen und Äthiopien. Verheißung der Hebung von Schätzen aus dem Erdionern und vom Meeresboden. Verlangen des Antichrist nach Sophia.
11, 2 : (957-1023) : Bericht von Elias' Auftreten. Dramatische Ankündigung des Elias, Bitte des Antichrist um höllischen Beistand. 11, 3 : (1024-1417) : Große theologische Auseinandersetzung zwischen dem Antichrist und Elias. Antichrist schützt den Elias gegen den Zorn der Juden. 11, 4: (1418-1435) : Elias : Ankündigung der Zeichen des Gerichts. II, 5 : (1436-1485) : Balaam und ein anderer Jude auf dem Weg nach Babylon. Balaam versucht im Vertrauen auf den Antichrist zu fliegen, stürzt ab. 11, 6 : (1486-1489) : Vorwürfe Balaams gegen den Antichrist.
II, 7 : (1490-1576) : Sophia und ihr Bruder stärken einen Christen, der zu zweifeln beginnt, mit Hilfe eines Buches (Nicolas Diaz, Tratado del Juicio Final) in seinem Glauben. Heilung Balaams. Dramatische Ankündigung des Antichrist im Gewitter.
n, 8 : (1577-1582)
: Balaams Verwirrung.
ll, 9 : (1583-1695) : Auftritt des Antichrist. Rückfall Balaams, Werbung des Antichrist um Sophia. ll, 10: (1696-1703) : Auftritt des Elias und Rettung der Sophia. 3. Akt Jerusalem
m, 1 : (1704-1735) : Übergabe der Schlüssel von Jerusalem an den Antichrist durch Elieser. Huldigung. Antichrist gibt den Befehl zum Wiederaufbau des Tempels. ill, 2 : (1736-1763) : Aussendung des falschen Elias. Auftrag, mit Hilfe der Anneen Gogs und Magogs aus Makedonien 77, die tausend Christen um Sophia zu vernichten, Sophia zu verschonen. ill, 3 : (1764-1802): Plan des Antichrist, sich unter dem Namen Maozin göttliche Ehren erweisen zu lassen 78 • Er droht der Hölle, sichdem Christentum zuzuwenden, wenn sie ihm Sophia nicht verschaffen. 77 Offenbar ein Irrtum des Verfassers : Alexander von Makedonien schließt nach der Legende die Völker Gog und Magog hinter der kaspischen Pforte ein (in Medien nach dem Spiel von Modane, s.o. 95). Zu Gog und Magog s.u. 146f. ?I Vgl. Dan XI 38.
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m, 4-5
: (1803-1933) :Antichrist mit seinem Harem (eine Ägypterin, eine Libyerin, eine Äthiopin). Kann Sophia nicht vergessen, Sarkastische Bemerkungen Balaams. Antichrist im Begriff, sich vom Teufel loszusagen.
m, 6 : (1934-1971)
: Plötzlicher Auftritt eines Teufels in der Gestalt Sophias 11• Huldigung des Antichrist.
m, 7 : (1971-2044)
: Auftritt des Elias, deckt den Betrug auf. Antichrist läßt ihn ins Gefängnis werfen, wo sich schon Enoch befindet.
Iii, 8: (2045-2047) m, 9 : (2048-2071)
:Bestürzung der Haremsmädchen. : Abgang Balaams, um arn Berge Tabor die Wahrheit über
Sophia zu erfahren.
Am Berg Tabor
m, 10: (2072-2104)
: Sophias Ansprache an das christliche Heer. Der falsche Elias im Kampf mit einem Christen, der von einem Engel unterstützt wird, ruft den Antichrist zu Hilfe.
m, 11 : (2105-2117) m, 12 : (2118-2144) m, 13: (2145-2179)
: Auftritt des Antichrist, Rückzug des falschen Elias. : Kampf des Antichrist mit Sophia. Sieg Sophias.
: Balaam mit einem jüdischen Käppchen und einem breitkrempigen christlichen Hut, setzt beim Anblick des besiegten Messias den Hut auf. Sophia ergibt sich auf eine Vision hin dem Antichrist, der sie nach Jerusalem entführt. Balaarn setzt das Käppchen auf.
m, 14: (2180-2243) :Ein christlicher Soldat, Balaam setzt den Hut auf.
Um den Soldaten zu beschwichtigen, schlägt Balaam eine Wette vor : jeder zählt seme Heiligen auf, für jeden darf er dem anderen ein Haar ausreißen. Balaarn wird kahl gerupft (Scherz über calvo, Calvinista), muß sich taufen lassen.
Jerusalem
m, 15
: (2244-2284) : Der falsche Elias und Elieser. Bericht von der Schlacht und der Auferstehung von Enoch und Etias. Zweifel Eliesers am Antichrist.
m, 16 : (2285-2335) : Antichrist. Streitgespräch Antichrist-Eiieser. Eliesers Bekenntnis zu Christus 80• Abführung zu Folterung und Märtyrertod. 111, 17 : (2336-2351) : Aufträge an den falschen Etias, die Christen zu martern. III, 18 : (2352-2418) : Sophia spielt die Wahnsinnige. Antichrist geht ahnungslos darauf ein, wird von ihr dafür verhöhnt. Zweifel der Juden, sophistische Gegenargumentation des Antichrist. 78
Dieses Motiv stammt wahrscheinlich aus der Justinalegende, vgl. Legenda Aurea II,
201. 10
Auch bei Tucci ist der Name des Hohenpriesters, der sich zu Christus bekehrt,
Eieser, s.o. 89.
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Ill, 19 : (2419-2444) : Auftrag des Antichrist, das Haupt Eliesers zu holen. III, 20 : (2445-2492) : Balaam gefangen vorgeführt, stellt sich. als verschweige er ein Geheimnis, Antichrist verrät unvorsichtigerweise Neugierde, wird von Balaam verhöhnt. III, 21 : (2493-2543) : Haupt Eliesers. Antichrist beschwört das Haupt, Sophia weigert sich, es zu beschwören. Das Haupt bekennt Jesus Christus. Zweifel der Juden. III, 22-23 : (2544-2563) : Auftritt eines Juden und einer Frau. Anschuldigungen gegen den Antichrist. Antichrist : Sophistische Argumentation. III, 24 : (2563-2638) : Der falsche Elias : Bericht vom verklärten Märtyrertod der Christen, der Heiligenverehrung des Volkes und der Auferstehung von Enoch und Elias. Bittet den Antichrist um Aktion. Antichrist kündigt seine Himmelfahrt an. Märtyrertod von Sophia und Balaam. Absturz des Antichrist durch Intervention eines Engels. Höllenfahrt des Antichrist und des falschen Elias. Bekehrung des Volks.
Als Beispiele für die weitere Behandlung des Antichriststoffs im Volkstheater sollen drei Volksstücke aus dem 18. bzw. dem Beginn des 19.Jahrhunderts angeflihrt werden. 41. BRUCHSTüCK EINES TIROLISCHEN SPIELS VOM ANTICHRIST UND JÜNGSTEN GERICHT AUS AMPASS IM STIFT WILTEN IN INNSBRUCK, NIEDERGESCHRIEBEN WOHL NICHT VOR 1720 8t
Das vollständige Spiel umfaßte etwa 200 Blätter. 1. Akt verloren 2. Akt 1. Klage der katholischen Kirche über ihre Bedrängnis. Trost Jesu. 2. Angebot der Hölle an den Antichrist. Ermahnungen des Schutzengels. Pakt des Antichrist mit der Hölle. 3. Krönung des Antichrist zum König der Juden. Beschaffung von Geld durch die Teufel. Aushebung eines Heeres. 4. Militärische Opposition des Königs von Ägypten. Seine Besiegung, Gefangennahme und Huldigung vor dem Antichrist. 81 Siehe dazu A. Dörrer, "Ludus de Antichristo", in W. Stammler, Die deutsche Literatur des Mittelalters, Yerfasserlexikon, 111 (Berlin : de Gruyter, 1943), 162-165. Dörrer erwähnt ferner das Antichristspiel eines "Studiosus Bartholomäus Kännberg" aus Innsbruck vom Jahre 1766, 167f.
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S. Antichrist verlangt von den Teufeln Wunder. Plan, das Christentum auszurotten.
6. Klagen des Papsts, der Kardinäle und der christlichen Stände. 1. Prediger des Antichrist. Zustimmungen der Laster. Warnungen eines christ-
lieben Gegenpredigers. 3. Akt 1. Klage der katholischen Kirche. Trost durch Enoch und Elias.
2. Beschluß des Antichrist, christliche Bücher und Kirchen zu vernichten. 3. Teufel und Laster : Überfall auf die Christen. 4. Kosmische Wunder des Antichrist. Standhaftigkeit der Christen. S. Bewaffnete Verfolgung der Christen.
6. Klage der katholischen Kirche. Trost Christi. 7. Enoch und Elias: Trost der gefangenen Christen. Predigt gegen den Antichrist. 8. Folterung der Christen.
4. Akt 1. Dank der Kirche an die Propheten. Zwei Figuren (stumme Bilder) u : Antichristianer in Schrecken vor den göttlichen Plagen. Michaels Vernichtung des Antichrist. 2. Unzufriedenheit unter den Anhängern des Antichrist. 3. Leiden der Christen. TrostEnochsund EJias'. Bekehrung der Juden. 4. Ermordung und Auferstehung der Propheten. S. Luzifers und des Antichrist Beschluß der Himmelfahrt des Antichrist. Christus schlägt den Antichrist beim Versuch nieder.
6. Predigt des Papsts. Anbetung Christi. S. und 6. Akt Gericht. Antichrist unter den Verdammten. 42. ANTICHRISTSPIEL AUS LANDL IN TIROL aa
Niedergeschrieben Ende des 18. oder zu Beginn des 19. Jahrhunderts. 28 Blätter. In Prosa. S.o. 46 mit Arun. 56. a Vgl. Dörrer, 175f. Das Spiel ist nicht erhalten. Die Rolle Spaniens in dem Drama legt die Annahme nahe, daß es sich um eine Übersetzung bzw. Bearbeitung eines spani11
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1. Akt : Thronsaal des Antichrist
1. Huldigung der Heiden Harasha und Musta und der Juden Abraham und Jakob. Verheißungen des Antichrist. 2. Monolog des Antichrist : Befriedigung über seinen Betrug. 3. Teufel : Versprechen höllischen Beistandes. 2. Akt : Tempel 1. Auftritt der Gesandten von Europa, Asien, Afrika, Amerika, Spanien und Persien. Huldigung. Europa und Spanien widerstehen. Der Antichrist ruft Gott um ein Zeichen an. Eine Stimme bestätigt unter Blitz und Donner seine Gottessohnschaft. 3. Akt : Nillandschaft 1. Kosmische Wunder des Antichrist.
2. Zeichnung seiner Anhänger mit seinem Zeichen. 3. Erscheinen des Enoch und Elias auf feurigem Wagen. Harasha erschlägt sie aus einer Wolke durch einen Blitz. 4. Akt : Berg Tabor Himmelfahrt des Antichrist. Sein Sturz durch einen Engel. 43. ANTICHRIST IN DEM WELTGERICHTSSPIEL (GIUDIZIO UNIVERSALE) VON FANO 1819 N
1. Akt 1. (Rom): Ankündigung des Weltendes durch einen Engel an den Papst. Gegenteilige Erklärungen des gerechten und des falschen Christen. 2. (Babylon) : Einführung des Antichrist beim König von Babylon. Huldigung des Königs. Auftrag des Antichrist an den Teufel, ihn überaU anzukündigen, zuerst in Rom. sehen Dramas handelt, vgl. Gerhard Günther, Der Antichrist (Hamburg : Wittig, 1970), 244f. Die ausgiebige Verwendung der Flugmaschine erinnert an Alarc6ns Schauspiel (Nr. 40). Die Namen der beiden Heiden in dem Spiel, Harasha und Musta, dürften auf maurische Namen zurückgehen : Harasha erinnert an HAriin ar-Rasid, der Name Musta ist nir mehrere maurische Fürsten in Spanien belegt. Daß gerade Juden und Mauren als Anhinger des Antichrist auftreten, spricht auf das nachdrücklichste für die spanische Herkunft der Vorlage des Stücks, da in Spanien diese beiden Nationen als Feinde Christi verfolgt und schließlich ausgewiesen wurden. N Vgl. dazu A. d'Ancona, Origini del teatro italiano, 2. Auflage, (1891, Nachdruck, Roma : Bardi, 1966), II, 309-316 und C. Nigra und D. Orsi, II Giudizio Universale in Canovese (forino : Frassati, 1896), 202-20S.
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3. (Rom) : Der falsche Christ kündigt dem Papst und dem gerechten Christen die Ankunft des Gottessohnes an. 4. Ankunft des Antichrist mit dem Teufel und dem König von Babylon. Flucht des Papsts und der Christen. S. Proklamation des Antichrist durch den Teufel. Auftrag, die Christen zu verfolgen.
6. (Irdisches Paradies) : Aufruf des Enoch und Elias durch den Engel. 7. (Rom) :Gefangennahme des Papstes und der Christen durch den König von Babylon. Auf ihre Verweigerung der Huldigung hin werden sie durch den Antichrist ins Gefängnis geworden.
2. Akt 1. (Rom) : Predigt des Enoch und Elias. 2. Der Antichrist verlangt von den Propheten, ihm zu huldigen. Deren Weigerung. Befehl des Antichrist an den König von Babylon, sie zu töten. 3. König von Babyion durch einen Engel am Betreten der Kirche gehindert, in der sich Enoch und Elias befinden. 4. Enoch und Elias ergeben sich dem Antichrist. Versprechungen und Verheißungen von Wundem. Standhaftigkeit der Propheten. S. Märtyrertod des gerechten Christen und des Papstes.
6. Verführung des falschen Christen. Seine Verleugnung Christi und Huldigung vor dem Antichrist. 7. Märtyrertod des Enoch und Elias. Triumph des Antichrist. Seine Anordnung, die Leichen nicht zu bestatten. 8. Himmelfahrt des Antichrist vom Ölberg. Sturz durch einen Engel. Auferweckung und Himmelfahrt der Propheten. 9. Teufel holt den Antichrist und seine Anhinger in die Hölle.
IV. DIE MOTIVE DES ANTICHRISTDRAMAS
Die Antichristdramen des Mittelalters und der Renaissance folgen, das bat unser Oberblick deutlich gezeigt, einem festen Bauplan, der von den einzelnen Dramatikern nur in Details verändert wird. Es läßt sich eine Liste von "Topoi" aufstellen, die in so gut wire jedem Drama erscheinen. Phantasie und Originalität der Dichter bewegen sich in engen Grenzen. Dieser Umstand erklärt sich für das liturgische Drama des Mittelalters selbstverständlich daraus, daß Ort und Funktion des Dramas innerhalb des kirchlichen Offiziums eng umschrieben sind. Wie wir gesehen haben 1, ist das Antichristdrama nicht liturgisches Drama im vollen Sinne, wahrscheinlich war keines der uns erhaltenen Antichristspiele Teil einer kultischen Handlung. Der weitgehende Verzicht auf stoßliehe Originalität läßt sich also nicht einfach aus der liturgischen Gebundenheit herleiten. Im Grunde ist die Situation beim geistlichen Drama des Mittelalters ähnlich wie bei der antiken Tragödie : der Stoff ist als Teil der mythischen Überlieferung und des verbindlichen religiösen Weltbildes weitgehend festgelegt, und da das Drama im Unterschied zur Lyrik der unmittelbaren individuellen Äußerung des Dichters keinen Raum gewährt, kristallisieren sich die dramatischen Hauptzüge der Handlung von selbst in Personen- und Geschehnisgruppierungen 2, die von einem Dramatiker an den nächsten weitergegeben und jeweils auf der Folie des Überlieferten variiert, nicht unabhängig neugestaltet werden. Wie die klassische griechische Tragödie hat das geistliche Drama des Mittelalters daher etwas Statuarisches, die einzelnen Szenen bilden ein in sich geschlossenes Ganzes a, das an GestalS.o. 1Sfr. Die mittelalterliche Bezeichnung figura (s.o. S und 46 trifft genau das hier Gemeinte. 8 Vgl. dazu H. Kindermann, Theatergeschichte Europas, 2. Auflage, I (Salzburg : Otto Müller, 1966), 242f., der vom "Mosaikcharakter" des mittelalterlichen Dramas redet. 1
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tungen der bildenden Kunst denken •, und streben viel weniger als im modernen Drama danach, sich in den dramatischen Gesamtverlauf aufzulösen. Die dramatische Energie konzentriert sich in der einzelnen, selbständigen, in sich geschlossenen Szene, nicht im dramatischen Obergang von Szene zu Szene. Das Inittelalterliche Drama erinnert, auch wo es nicht eigentliches Prozessionsspiel ist, an die Inittelalterliche Prozession, die sich von Station zu Station bewegt 5• Das Kontinuum, der Umgang, tritt dabei ebenfalls zurück hinter der intensiven dramatischen repraesentatio an den einzelnen Stationen, Inittelalterlicher Kult und mittelalterliches Drama vereinigen das vorwiegend rituelle Element der processio Init dem vorwiegend dramatischen der repraesentatio. Die Bühne des Mittelalters kommt der Tendenz der Aufspaltung des Dramas in Einzelszenen noch entgegen, indem sie das Geschehen in nicht nur zeitlich, sondern auch räumlich getrennte Einzelvorgänge zerlegt, die an verschiedenen /oca stattfinden. Der Verzicht auf dramatisch bewegte Entwicklung zugunsten statuarisch bildhafter Darstellung, den wir bei der Szenengestaltung beobachtet haben, bestimmt auch die Personengestaltung des mittelalterlichen geistlichen Dramas. Wie die Geschehnisse auf der Bühne alle in allegorischer Weise das zentrale Heilsgeschehen repräsentieren und interpretieren, so sind auch die Personen in dem einzelnen Drama nur figurae, Verkörperungen der Personen der Heilsgeschichte, Repräsentanten der Glieder des ordo der Inittelalterlichen Welt. Jede einzelne Gestalt repräsentiert entweder die Gottheit oder den Teufel oder die zwischen beiden Mächten schwankende Menschheit 8 • Die Bedeutung der einzelnen Person erschöpft sich in der Darstellung des heilsgeschichtlichen Typos; für individuelle Charakterdarstellung, die den Typos in jedem Fall nur verunklaren würde, ist daneben kein Platz und herrscht im übrigen auch gar kein Bedürfnis. Für die Darstellungsform der mittelalterlichen Bühne bedeutet das weitgehende Stilisierung, in der jedes einzelne Detail sich als allegorischen Hinweis auf den Typos auszuweisen hat; selbständige naturalistische Details wie individuelle Charakterzüge der Personen fehlen dem Inittelalterlichen geistlichen Drama ursprünglich völlig. Naturalistische Züge dringen erst später ein, bezeichnenderweise tragen 4 Vgl. dazu Albert Rapp, Studien über den Zusammenluzng de11 gei11tlichen Theater11 mit der bildenden Kumt im ausgehenden Mittelalter, Diss. München 1932 (Kallmünz : Laßleben, 1936), bes. 27-52. • Vgl. Rapp, 57ff. 1 Kindermann, I 242, bezeichnet die Gestalten des mittelalterlichen Theaters als "Sinnbild träger".
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sie, wie bei der griechischen Tragödie, eine komische Note in das sakral gebundene Spiel 7• Ebenfalls ähnlich wie in der griechischen Tragödie setzen sie bei den Genrefiguren an •, bei denen der typologische Nexus mit dem geistlichen Geschehen des Dramas fehlt oder doch sehr viel geringer ist als bei den Hauptfiguren. Am Ausgang des Mittelalters nehmen gerade die Genreszenen mehr und mehr Raum im Drama ein. Neben den Genreszenen sind es die Teufelsszenen, die krudem Naturalismus und dem Grotesken Eingang ins mittelalterliche Drama verschaffen •. Beide Tendenzen lassen sich am Antichristdrama belegen. Im Folgenden ist der Versuch gemacht, die Haupttopoi des Antichristdramas in ihrer Entwicklung vom 12. bis zum 17.Jahrhundert zu verfolgen und dabei die Tendenzen dieser Entwicklung festzustellen. Als Haupttopoi betrachte ich folgende Motiv- bzw. Szenengruppen: 1. Die Anfänge des Antichrist (Geburt und Jugend). Der Antichrist und der Teufel. 2. Entes Auftreten und Proklamationen des Antichrist. 3. Der Antichrist und die Juden. 4. Die Welteroberungspolitik des Antichrist. Die drei (vier) Mittel des Antichrist : a. Terror, b. Bestechung, c. Wunder, (d. Predigt). Der Antichrist und die Fürsten. Der Antichrist und die Armen. Die Verfolgung der Kirche. S. Die Antithesis Christi et Antichristi 6. Die beiden Zeugen. 7. Das Ende des Antichrist. I. DIE ANFÄNGE DES ANTICHRIST (GEBURT UND JUGEND).
DER ANTICHRIST UND DER TEUFEL
Die ausfUhrliehe Darstellung der Geburt und der Jugend des Antichrist findet sich nur in mittelalterlichen und späteren katholischen Antichrist7 Siehe etwa die Salbenkrämerszenen oder die Wirtsbausszenen in Bodels Jeu de S. Nicolas. Die mittelalterliche Tradition knüpft hier wahrscheinlieb an den römischen Mimus an, vgl. W.T.H. Jackson, The Literature of the Middle Agea (New York : Columbia University Press, 1960), 278f. 8 Der Wächter und die Amme der Aiscbyleischen Orestie lassen sich etwa dem mittelalterlichen Salbenkrämer vergleichen. 1 Die Teufel im christlichen Drama sind die direkten Nachkommen der Dämonen heidnischer Jahreszeitenspiele, vgl. Jackson, 277f. Die magisch-apotroplische Funktion der Alteren Dämonenmasken ist in den Teufelsmasken der mittelalterlichen Bühne noch deutlich.
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dramen, im protestantischen Drama fehlt dieser Teil der Tradition. Die Gründe dafür sind offensichtlich : erstens ist die Geschichte von Geburt und Jugend des Antichrist reine Legende, an den einschlägigen Bibelstellen findet sich nichts davon. Sie wurde offenbar erfunden zu einer Zeit, als man das Bedürfnis empfand, die vollständige Lebensgeschichte des Antichrist zu erzählen. Luther lehnt diese Inittelalterliche Legendenfabelei scharf ab 1o. Zweitens verstehen die Protestanten den Antichrist als eine Allegorie auf eine historische Institution, das Papsttum, nicht als eine einzelne Gestalt 11• Beschränkt biographische Züge wie die Geburt oder die versuchte Himmelfahrt des Antichrist haben deshalb im protestantischen Drama keinen Platz. Adso macht folgende Bemerkungen zur Geburt des Antichrist. Er wird aus dem Volk der Juden hervorgehen und zwar aus dem Stamme Dan. Er wird Vater und Mutter haben, nicht, wie manche behaupten, von einer Jungfrau geboren werden 11• Bei der Emplangnis wird der Teufel in den Leib der Mutter fahren und das ungeborene Kind nähren und schützen. Der Teufel wird dieselbe Rolle beim Antichrist spielen, die der Heilige Geist vor der Geburt Christi gespielt bat. Der Antichrist wird in Babyion geboren, in Bethsaida und ChoraziD von Zauberern, Verbrechern und falschen Propheten erzogen werden 18• Der Antichrist ist der Sohn des Teufels non per naturam, sed per imitationem, da er in allem dem Teufel in die Hände arbeitet 14. Die jüdische Herkunft des Antichrist und seine Abstammung aus Dan findet sich in allen, außer natürlich den antipapistischen, Antichristdramen, über seine Eltern bestehen unterschiedliche Auffassungen. Die erhaltenen Antichristdramen zeigen zwei verschiedene Versionen. Nach der einen Version, die wir bei Adso gefunden haben, hat der Antichrist einen menscbllcben Vater und eine menschliche Mutter. Diese Version weisen das Antichristspiel von Modane (Nr. 37) und Alarc6ns Antichrist (Nr. 40) auf. Der Antichrist ist nur dadurch vor anderen Menschen ausgezeichnet, daß er im Inzest empfangen wird, wahrscheinlich wird dainit Adsos Bemerkung in peccato concipietur, in peccato generabitur et in peccato pascetur 16 veranschaulicht. Im Antichristspiel von Modane vergewaltigt der Vater des 1o S.o. .53f. u S.o• .53. I i VaJ. dazu H. Preuß, Die Vor.tel/ungen vom Antichri1t im 1pllteren Mittelalter, bel Lutlter ll1ld in der kon/e11ionellen Polemik (Leipzig : Hinrich, 1906), 12. 11 Adso 106f. (Sackur). 1A Adso, 110. II Adso, 106.
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Antichrist seine eigene Tochter. Nach der Empfängnis fährt der Teufel in den Leib der Mutter. In Alarc6ns Drama zeugt der Vater des Antichrist, Manzer, mit seiner eigenen Schwester eine Tochter und vergewaltigt diese, die von ihm den Antichrist empfängt, der sich seinerseits wieder in zartestem Alter an seiner Mutter vergreift 18• Der spanische Dramatiker verdreifacht also das Inzestmotiv. In dem Antichristspiel von Besan~on (Nr. 5) nimmt einer der Teufel (Angingnart) menschliche Gestalt an und verführt so eine jüdische Dime in Babylon, die den Antichrist gebiert. Der Antichrist ist also hier auch per naturam Sohn des Teufels. In dem Luzemer Antichristspiel (Nr. 30) hat die Mutter des Antichrist, Kleopatra, kurz vor Beginn des Stückes wie in dem Spiel von Besan~on die Bekanntschaft eines Teufels (Astarot) in Gestalt eines schönen Jünglings gemacht. Ein anderer Teufel spricht zu Anfang des Spiels von dem Kind, "dast hinacht, allst weist, empfangen hest" (fJ, V. 7, Reuschel, 70). Ansebeinend hat sie also das Kind von dem Teufel Astarot empfangen, ganz klar wird das allerdings aus dem Spiel nicht, es bat vielmehr den Anschein, als ob der Verfasser die Herkunft des Antichrist bewußt habe versebleiern wollen. Die vier erwähnten Antichristspiele, die Spiele von Besan~on, Luzem, Modane und das Drama Alarcons sind die einzigen, die der Geburtsgeschichte des Antichrist breiten Raum einräumen. Bei der Geburt des Antichrist gilt die besondere Aufmerksamkeit dieser Dramatiker einmal den Teufelsszenen 17, die hier am Anfang des Dramas überwiegen, zweitens dem Milieu der Mutter, das besonders sorgf'a.Itig und mit genrehaften Details ausgemalt wird. Der Teufel bat im Antichristdrama drei verschiedene Funktionen : er wird erstens eingeführt als der geistige oder auch leibliche Vater des Antichrist zu Beginn des Dramas, zweitens unterstützt er den Antichrist bei seiner Eroberung der Welt, drittens schleppt er ihn am Ende des Dramas nach seinem Fall in die Hölle. In über der Hälfte der angeführten Antichristdramen tritt der Teufel auf. Eine ganze Reihe dieser Dramen beginnt mit einer Teufelsszene, die gleich die enge Beziehung des Antichrist zum Teufel aufzeigt. Am häufigsten sind zwei Typen von Teufelsszenen am Drameneingang : 1. Eine KonAlarc6n, EI Anticri.rto, V. 105-232. In der Dissertation von Hans-Sirks Lampe, Die Teufelsszenen in den geistlichen Spielen Deutschlandr von den Anfängen bis zum Ende des 16. Jahrhunderts, Diss. München 1963, ist das Antichristdrama nicht berücksichtigt. Die Arbeit von Monika Kloster· meyer, Hölle und Teufel im deutschsprachigen Theater des Mittelalters und der Renaissance, masch. sehr. Diss. Wien 1966, lag mit nicht vor. 11
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ferenz der Teufel, in der beratschlagt wird, wie man sich am ehesten der Menschheit bemächtigen könne. Als Ergebnis dieser Versammlung wird die Antichristintrige ins Werk gesetzt. 2. Die Meldung der Geburt des Antichrist in der Hölle, die großen Jubel unter den Teufeln hervorruft. Der Freudentanz der Teufel wurde sicher als Gelegenheit zu groteskkomischen Darbietungen benützt. Das Antichristspiel von Besan~on (Nr. 5) hat eine Beratungsszene der Teufel, in der Satan den Vorsitz führt (V. 193-269), eine Szene mit Angingnarts Bericht von seiner Begegnung mit der Mutter des Antichrist (V. 348365), die einen Freudentanz der Teufel hervorruft : "Dan~ons, trestuit en une route" (360), und eine dritte Szene mit Agrapparts 18, des Begleiters Angingnarts, Meldung der Geburt des Antichrist (V. 422-445), die nach der Miniatur auf Blatt Sr u wiederum mit einem Tanz der Teufel gefeiert wird. Auffallend an den Teufelsszenen des Antichristspiels von Besan~n ist die ausgesuchte Höflichkeit der Teufel in ihrem Umgang miteinander 20 • Der höfische Umgangston steht in offensichtlich beabsichtigtem Kontrast zum Charakter der Sprecher. In dem Küozelsauer Fronleichnamsspiel (Nr. 12) meldet ein Teufel Luzifer die Geburt des Antichrist mit folgenden Worten (V. 5171-5174) : Lieber maister Luciper, Ich verkunde dir gutte mer, Das fur war gebom ist Vnser geselle der Enderist •1. In dem Luzerner Antichristspiel (Nr. 30) gibt "Sinagog" die folgende Bühnenanweisung 11 : "Dan bochslent tüffel in der hell mitt frolockung. so rett sathan, gadt an der kettnen für dhell" 83 • Satan drückt seine Freude über die Geburt des Antichrist aus : u Die Teufel tragen zum Teil biblische und mythologische Namen (z. B. Satan, Baucibus, Pluto), zum Teil sprechende Namen, die ihre Hauptqualität bezeichnen (Anginpart "Betrüger", Agrappart, "der, der an sich reißt"). 19 Vgl. Roy, 257. 10 Anredeformeln : "Mi compaignon et my ami" K (193), "Seigneur" (228, 238), beide im Plural, "Biaux compains, plains d'inquit~" (244), offenbar eine Parodie, "Mi compaignon" (250), Plural, und "Compains" (268, 270, 282) im Singular. 11 Offenbar eine Parodie auf Luk U tor. n Offensichtlich werden hier die Szenenanweisungen von einer Person auf der Bühne vorgetragen. II Nach V.1344, bochslent "sie schlagen Böcke, machen Bocksprünge".
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Freüwent vch ir tüffel alll louffent hin mitt rychem schall gan babilon! da ist geborenn der euterist durch mich vsserkoren ...
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In der ursprünglichen Fassung der Geburt 11 findet sich eine Szene, in der Astarot dem Satan von seiner Begegnung mit K.leopatra berichtet (Nr. 2), eine, in der Satan dem Astarot den Auftrag gibt, K.Ieopatra einen Schatz zu zeigen (Nr. 4), und eine Szene, in der Astarot den Bericht von K.Ieopatras Schwangerschaft bringt und Satan den standesgemäßen Salut für das neugeborene Kind anordnet (Nr. 8). Die triumphale Begrüßung des Neugeborenen durch die Teufel übertrifft alle derartigen Szenen : "Jetz komend die tüffel all mit schiessen und getön, und so es überhin ist/ so kompt beltze-bub/ mit sechs irtumb geisten, trybt seltzam perden gegen Cleopatra ... " 81• Das Ereignis wird also hier mit einer doch wohl obszönen Pantomime der Teufel gefeiert. In einer weiteren Teufelsszene (Nr. 14) wird ein Teufel beauftragt, die Erziehung des Kindes zu überwachen. In dem Antichristspiel von Modane (Nr. 37) beginnt jeder Tag der Aufführung mit einer Konferenz der Teufel 17 • Die antipapistische Tragedy Ochinos (Nr. 29) zeigt die beiden Szenentypen der Teufelsversammlung noch einmal in höchster Klarheit : Der erste Dialog enthält eine Konferenz in der Hölle, in welcher Luzifer dem Beelzebub seinen Plan auseinandersetzt, den Bischof von Rom zum Gegenspieler Christi auf Erden zu gewinnen. Als notwendige Qualifikation des Antichrist fUhrt er an" : it is necessary that this man be so furnished with aU wickedness and iniquity that I may worthily say of him : This is my beloved son ... " ••. Allerdings muß Luzifer dem etwas begriffsstutzigen Beelzebub erst klarmachen, daß der Name Antichrist sich nicht auf eine Einzelperson, sondern in erster Linie auf alle machtsüchtigen römischen Bischöfe beziehe, daß es aber im Augenblick darauf ankomme, einen zu finden, "who dareth give the first adventure to be called the head of aU 84 V.l345-J348. Die Worte Satans erinnern wieder an die Verkündigung an die Hirten, Luk. II JO. Sie klingen wie eine Parodie auf einen Weihnachtshymnus, etwa" : "Adeste, fideles, laeti triumphantes venite, venite in Bethlehem". 15 S.o. Slf. Die Teufelsnamen in dem Luzemer Spiel sind ebenfalis teils biblisch (Satan, Astarot), teils sprechend (Tarrator, wohl zu griech, tarattein) teils allegorisch (Unküschheit • d.h. sie vertreten Todsünden). 11 Text nach Reuschel, 73 (Orthographie leicht korrigiert). 17 Vgl. die Personenverzeichnisse bei Truchet, 156ft". Die Teufelsnamen sind biblisch außer Proserpine und dem sprechenden Namen RontJard. II Ausgabe von PJumptre, 10.
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other bishops", danach würden die Dinge von selbst ihren Lauf nehmen 21 • Dialog Nr. 6 enthält eine zweite Konferenz in der Hölle, in der wiederum Luzifer dem Beelzebub die frohe Botschaft von dem Erfolg ihrer Pläne mit dem Papst-Antichrist überbringt : "I have thougbt good to caii you again together here in this place, that I might rejoice with you for the birth of Antichrist, so happy and so unlooked for; even as the angels rejoiced in Christ's nativity" ao. Luzifer erklärt dann seine weiteren Pläne mit der Kirche und dem Papst. Der erste Dialog vertritt also das Schema "Vorbereitung der Geburt des Antichrist", der siebte das Schema "Jubel über die Geburt des Antichrist". "Geburt des Antichrist" und "Vaterschaft des Teufels" sind in dem reformatorischen Drama allegorisch zu verstehen, der Antichrist ist das römische Papsttum, die Geburt des Antichrist ist ein Ereignis der Vergangenheit, der Beginn der Hegemonie des römischen Bischofs. Ein Einzelmotiv, das der Befreiung Satans aus seinen Ketten zu unbeschränktem Wirken unmittelbar vor dem Ende der Welt, ein Motiv, das auf Apok XX 7 zurückgeht, findet sich erst in Spielen des 16.Jahrhunderts, was sicher nur Zufall ist. Zu Beginn des zweiten Aktes von Naogeorgs Pammachius (Nr. 23) tritt Satan auf "gravibus post annos mille solutus vinculis" (V. 1013). Der sehr viel ernstere Charakter des Teufels der Reformationszeit kommt in seinem Auftrittsmonolog über die Wirkung der Präsenz des Herrschers auf seine Untertanen zum Ausdruck. Er beklagt sich schließlich darüber, daß keiner seiner Vasallen sich zu seinem Empfang eingestellt hat und beruft eine Konferenz der Teufel ein 81• In Foxes Christus triumphans (Nr. 31) 82 tritt ebenfalls der aus seinen Ketten befreite Satan auf, beklagt sich wie bei Naogeorg über die Abwesenheit seiner Vasallen und beruft sie zu einer Konferenz. in der er ihnen seinen • Plumptre, 18. Ausgabe von Plumptre, 167. 81 In dem Luzerner Manuskript M 169 II, von Brandsteuer als y bezeichnet, dem Manuskript des Spiels vom Jüngsten Tag von 1549, findet sich (nach Renward Brandsteuer, Archiv für das Studium der neueren Sprachen, LXXV (1886), 405) die vom Salvator angeordnete Befreiung Satans durch Raphael als Beginn des Jüngsten Gerichts. Dasselbe Motiv (Befreiung Satans durch Gabriel) lieat vor in dem Weltgerichtsspiel Philipp A&ricolas von 1573, vgl. Reuschel, 172. 82 IV, 4. Die Ähnlichkeit mit der Szene im Pammachius zeigt Fritz Wiener, Naogeorgus im Eng/ond der Reformationszeit, Diss. Berlin 1907, 93tf. Die Abhängigkeit Foxes von Naogeorg llßt sich damit nicht nachweisen, da motivische Entsprechungen in den Antichristdramen aus der Antichristtradition, nicht aus direkter literarischer Abhl.ngigkeit zu erklären sind. s.o. 28. 10
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Kriegsplan gegen das Christentum unterbreitet, den Pseudamnus (Papst) als seinen Statthalter instruiert und nach Babyion sendet, um selbst in der Zwischenzeit die Türken gegen das Christentum aufzuhetzen. Die Szene gleicht also völlig der alten Teufelskonferenz mit der "Vorbereitung der Geburt des Antichrist". In dem Drama Tuecis (Nr. 33) wird Michael von Christus zum "Tartarus" hinabgeschickt, um dem "Acheron" die Fesseln zu lösen. Bei Michaels Pochen ans Tor ergreift den "Acheron-Satan" zunächst Schrecken, da er eine Wiederholung des descensus Christi und eine Verschärfung seiner Strafe erwartet, von Michael beruhigt versteigt er sich jedoch bald zu großsprecherischer Anmaßung : . . . "gematque meis concussus viribus orbis" 83 • Er geht nach Babylon, um den heranwachsenden Antichrist aufzusuchen. Von der düsteren Majestät des Satans im Pammaclzius ist hier nichts zu spüren. Tuecis Acheron ist ein bloßes Werkzeug der Vorsehung. Die Geburt des Antichrist ist in den Dramen von Besan~n (Nr. 5), Luzem (Nr. 30) und Modane (Nr. 37) in einer Reihe von Genreszenen ausgeführt. In dem Spiel von Besan~n trifft der Teufel Angingnart, der sich in einen schönen Jüngling verwandelt hat, die künftige Mutter des Antichrist in einem Garten in Babyion 84 • Der Teufel Angingnart zeigt sich als virtuoser Meister höfischen Umgagstons, auf seine höflich stürmische Werbung. Vien cy pour aventure querre V.305 Et si vien pourchascier Je (mie) :
Si vous pri par grant COurtoisie Que vous m'amie estre veilliez, Et pour vostre amy m'acueilliez, A amy me veillies saisir 310 Pour faire de vous mon plaisir, C'est ce que d'amours doit venir. bleibt der babylonischen Kurtisane nur eine Antwort 312 Por fole me devroye tenir Se refusoye tel compaignie. Die Miniatur zu der Szene zeigt Angingnart und die Kurtisane im Bett. 85 Nach dem Beischlaf enthüllt Angingnart der Kurtisane seine Identität. Die sechste Szene zeigt die Kurtisane mit ihrer Demoiselle zunächst im 88 84
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Stephano Tucci, Christus Judex, 12. Miniatur zu 6r, vgl. Roy, 257. Zu 6v, vgl. Roy, 257.
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Garten, wo sie sich darüber beklagt, daß ihr Liebhaber sie in ihrer Schwangerschaft verlassen hat : 366 Ha! ennemis, que ne m'emportes, Qui ainssinques m'a assotee (Que) grosse d'enfant m'a laissiee! Die Demoiselle versucht sie in der für eine Amme typischen nüchtern unsentimentalen Weise zu trösten : 372 Mi douce dame deboneaire, Par amours ne vous esmaiez, En vous bon reconffort ayez et vostre duel laissiez aler Vous n'y pouez riens conquester Auf die Ermahnungen der Amme hin, die Geburt stehe kurz bevor, begeben sich die beiden ins Haus (V. 401). Offenbar noch auf dem Weg beginnen die Wehen : 406 Masuer, plus ne me puis porter; Lasse doulante, lasse moy! Ma suer, pren te garde de moy; Je san es costez trop grant raige; Lasse doulente, que feray je? Bien croi que g'en perdrai Ia vie Die beiden Miniaturen zu der folgenden Szene zeigen die Kurtisane auf dem Bett sitzend, die Amme neben ihr, und die Kurtisane im Bett, die Amme mit einem neugeborenen Kind in Windeln 30• In der achten Szene zeigt die Amme der Mutter das Kind 446 Dame, regardez quel visaige Et quieux mambres vostres filz a. Certes, des ans plus de mit a Tieux enfes ne fu nez de mere. Die Bemerkung dient wahrscheinlich ebenso dazu, den naiven Stolz der Amme zu charakterisieren, als dazu, an dem Neugeborenen die Zeichen seiner hoben Berufung festzustellen. Die Szenenfolge zeigt mit großer Eindringlichkeit, über welche Gabe der Beobachtung feinster Details und Nuancen, über welche Sicherheit der Charakterisierung und über welchen Sinn für dramatische Wirkungen in alltäglichen Vorgängen der Autor verfUgt. Bezeichnenderweise kommen diese Qualitäten in einer Genreszene zur Geltung, wo er weitgehend frei se Miniaturen zu Sr, Roy, 257.
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vom Zwang der Tradition ist, die die Gestaltung der großen Züge des Dramas bestimmt. Die Mutter des Antichrist im Luzerner Spiel (Nr. 30), KJeopatra, führt ein Doppelleben. Sie verbringt ihre Zeit zum Teil im Wald bei einer Räuberbande, die sie unter dem Vorwand, in der Einsamkeit beten und für die Armen sorgen zu wollen, besucht und mit Nahrung versieht, die übrige Zeit lebt sie als Mätresse der fünf mächtigsten Männer der Stadt in Babylon. Selbst ihre Kupplerin Maggarella, die sie mit den fünf Mächtigen zusammengebracht hat, weiß nichts von ihrer Schwäche für die Räuber. Der Maggarella entdeckt sie ihre Schwangerschaft und berichtet ihr von der Begegnung mit dem Jüngling (dem verkleideten Teufel Astarot). Diese gibt ihr den Kupplerinnenrat, jeden ihrer Liebhaber als den Vater des Kindes zu bezeichnen. Maggarella wundert sich über ihre Frömmigkeit und Mildtätigkeit, die sie als Vorwand benutzt, um die Räuber zu besuchen, findet sich jedoch damit ab, da ihre Frömmigkeit ihr offensichtlich Gewinn bringt (Schätze und die Empfängnis des Messias). Die Geburtsszene ist wieder mit allen Details dargestellt : das Rüsten des Betts, die Klage der Mutter in den Wehen, das Baden des Neugeborenen. Wieder zeigt die Amme der Mutter das Kind und rühmt es. Auch Zacharias Bletz, der Autor des Luzemer Spiels, läßt also in der Geburtsgeschichte seiner Phantasie die Zügel schießen, sehr zum Vorteil dieses Teils des Dramas, der sehr viel lebendiger und plastischer (etwa die Gestalt der Maggarella!) geraten ist als der Rest. Auch in dem Antichristspiel von Modane (Nr. 37) tritt die Amme auf, in Gestalt einer "mere sage" in Bethsaida, bei der die Mutter des Antichrist und ihr Vater Logis nehmen. Hier wird der Antichrist geboren. Wie in den anderen Spielen erscheint das neugeborene Kind auf der Bühne : "Icy fault avoir ung petit enfant" a?. In allen drei Dramen weisen also die Szenen der Geburt, die durch die Überlieferung nicht bindend festgelegt waren, in denen folglich der Autor sich mehr seiner eigenen Phantasie überlassen konnte, zwar ebenfalls offenbar feste Topoi auf wie die Amme, den Säugling auf der Bühne as, etc., dabei aber zeigen sie sehr beachtliche Ansätze zur Charakterisierung der Personen und eine Menge lebensvoller Details aus dem Alltagsleben (genrehafte Elemente). 17 Randbemerkung in der Handschrift, siebe Trucbet, 142. Truchet betont den "realisme" der Geburtszene. 18 Diese Szenen sind sicher antitypische Übertragungen der obatetrices-Szenen im Officium Pastorum, vgl. Theo Stemmler, Liturgische Feiern und geistliche Spiele, Buchreibe der Anglia, XV (Tübingen : Niemeyer, 1970), 139f., 22911'.
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In den Dramen, in denen die Geburt des Antichrist detailliert dargestellt ist, ist dieses Ereignis in der Regel von Prodigien begleitet, ein klassischer Topos biographischer Literatur aa. Ein Drama beweist von Beginn an völlige Selbständigkeit gegenüber der Tradition, der alle anderen verhaftet sind, der Antichrist Alarcons (Nr. 40). Der Eingang des Dramas, die beiden ersten Szenen, weichen von den Eingängen aller anderen Antichristdramen ab. Der Auftritt des Antichrist wird in diesem Drama vorbereitet durch den Auftritt seines Propheten, des falschen Elias, der in einem Traum stigmatisiert und auf die Geburt des Antichrist hingewiesen wurde und sich nun aufgemacht hat. ihn zu suchen, offensichtlich eine Parodie auf die "drei Weisen aus dem Morgenlande". Mit der Traumvision des apokalyptischen Tieres ist der Ton des Monströsen, Schaudererregenden angeschlagen, der das Drama beherrscht. Wie die Eingangsszene ist auch die Szene zwischen dem Antichrist und seiner Mutter in den erhaltenen Antichristdramen ohne Parallele. Die Mutter hat sich gerade aus den Armen ihres Sohnes losgerissen, sie schleudert ihm im Zorn die Wahrheit über seine Herkunft ins Gesicht. Sie berichtet weiter von ihrem Traum, in dem sie geheißen wurde, mit ihrem Kind nach Galilea zu gehen, eine Anspielung auf die Flucht Josephs und Marias nach Ägypten. Hier habe sich trotz ihrer Versuche, ihren Sohn durch Warnungen und Versprechungen zu einem anständigen Lebenswandel anzuhalten, seine verbrecherische Neigung durchgesetzt. Der Antichrist, weit entfernt davon, Reue zu empfinden, sieht in ihren prophetischen Träumen und seiner erstaunlichen Frühreife nur die Zeichen für seine übermenschliche Berufung : V.257 Esa oculta, divina inteligencia 265 esa misma me ha dado tanto imperio en cuanto el padre de Faet6n circunda del mäs alto de luces hemisferio, a Ia regi6n de sombras mas profunda, que, del poder de Dios en vituperio, produce TelJus y Neptuno inunda, Vulcano da calor y aliento Eolo al albedrio de mi gusto solo, Lucifer o Plut6n el cetro horrible ha renunciado en mi del hondo infiemo ... 4D
11 Im Luzemer Antichrist (Nr. 30) und im Spiel von Modane (Nr. 37), wo nach dem Prolog zu schließen (Chocbeyras, 186) dieses Motiv breit ausgeführt war. 40 Beispiel einer "Allmacbtformel", s.u. 129.
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Am Schluß der Szene ermordet er kalblütig seine eigene Mutter, um alle Spuren seiner Abkunft aus dem verrufenen Stamme Dan zu beseitigen. Der Teufel spielt hier gar keine Rolle, der Antichrist steht selbständig f'ür sich allein. Die Mutter, die einzige Person, die der Dichter dem heranwachsenden Antichrist zur Seite stellt, ist seine Gegenspielerin. Er ermordet sie, womit er sich völlig aus der menschlichen Gemeinschaft löst. Der mythologisch-legendenhafte Apparat des mittelalterlichen Dramas, der den Antichrist praktisch zu einem Rädchen im Uhrwerk der heilsgeschichtlichen Auseinandersetzung zwischen Gott und Satan gemacht hat, tritt völlig zurück, stattdessen steht bei Alarc6n eine einzelne, selbständige Persönlichkeit, deren abgrundtiefe Verworfenheit sie gleichsam zu einem Sinnbild des Bösen macht. Die Elemente des Monströsen und Obernatürlichen (in den Träumen, der Geburtsgeschichte, Vergewaltigung und Ermordung der Mutter) heben das übermenschliche dämonische Wesen des Antichrist hervor, das in markantem Gegensatz steht zu der puppenhaften, mechanischen Natur des mittelalterlichen Antichrist. Zumindest hier am Beginn erinnert Alarc6ns Drama eher an die Tragödie Senecas 41 als an das mittelalterliche Mysterienspiel. Ich fahre mit dem Oberblick über die Teufelsszenen zu Beginn der Antichristdramen fort. Dem ersten öffentlichen Auftreten des Antichrist geht in einer Reihe von Dramen noch eine Teufelsszene voraus, in der die Hölle sich des Antichrist versichert. In dem Drama von Besan~n (Nr. 5) und in Tuecis Drama (Nr. 33) hat diese Szene die Gestalt einer Parodie auf die Versuchung Jesu. In dem Drama von Besan~on fordert der Teufel vom Antichrist :
V.549 II te convient Dieu renoier, Et a moy dou tout octroier Et corps et ame tout ensamble. Daraufhin stellt er sich dem Antichrist vor : 552 Je suis cilz par qui terre tramble ... unterrichtet ihn über seine Aufgabe der Verfolgung der Kirche und über die Macht, die ihn erwartet : 568 ......... tu feras a delivre
Toute ta voulente en terre. Der Antichrist ergibt sich ihm : 41 Zum Forschungsstand auf dem Gebiet der Senecarezeption im spanischen Barockdrama vgl. Kar) Alfred Blüher, Seneca in Spanien (München : Francke, 1969), 251f.
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571 Voz homs devien de corps et d'ame. Woraufihm der Teufel verspricht, ihm alle seine Macht zur Verfügung zu stellen. Bei Tucci findet Acheron einen Juden, der über die Unterdrückung der Juden durch die Christen klagt. Er stellt sich ihm vor : ............ ego noctis opacae Arbiter, Umbrarumque potens, ego Rector Avemi. Ne paveas : recte tecum est : haec culmina montis Asoende, atque omnes late circumspioe terras. Hic Notus, hic Boreas, gemina est haec regia solis. Horum ego sum Deus, ac Rector : si tu mihi supplex Ad genua accideris, tu rerum jura mearum Accipies : tradam pelagi et telluris habenas 41 • Der Jüngling huldigt ihm sogleich, worauf ihm Acheron sein Szepter als Zeichen seiner Herrschaft über die Welt übergibt 48 • Die Entsprechungen der beiden Szenen zu Matth IV 8-9 und Luk IV 5-7 sind offenkundig. Das Antichristspiel von Modane (Nr. 37) enthielt offenbar eine Szene, in der Satan den Antichrist rür seine künftige Rolle instruierte (I, 11). Im Luzerner Antichristspiel (Nr. 30) wird Astarot von Satan zum Antichrist geschickt, um ihn über seine Berufung aufzuklären : V.l367 Von vnseren (!) gottbist vsserkorenn der wellt zum trost geborenn. 1371 wan du bist der messias 1381 himel und ertrich ist dir nun vndertan, du bist vnseres vatters sun. Außerdem führt Astarot sich selbst und drei andere Teufel als Schutzengel beim Antichrist ein. Die Szene hat dieselbe Funktion rür den Antichrist wie die Offenbarung Jesu als des Gottessohnes in der Taufe im Jordan (Matth III 13). Während der Antichrist von Besan~on und der Antichrist Tuecis und wahrscheinlich auch der Antichrist von Modane wissen, daß sie sich dem Teufel ergeben haben, und die Rolle des Gottessohnes nur spielen,läßt sich der Antichrist von Luzem von den verkleideten Teufeln täuschen und hält sich wirklich für den Sohn Gottes. Wo immer der Teufel zu Beginn des Dramas auftritt, spielt er die Rolle des leiblichen oder auch geistigen Vaters des Antichrist, ist er es, der den Tucci, Cluistus Judex, 14. Tucci, der die Geburtsgeschichte völlig übergeht, kommt dem Motiv des Teufelspakts (Cyprianus, lbeophilus, Faust) sehr nahe. 41 411
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Antichrist zur Sünde verlockt oder ihm Anweisungen und Hilfe gibt, mit einer einzigen Ausnahme. Naogeorgus kehrt mit genialem Griff das Verhältnis um :im Pammachius (Nr. 23) ist es nicht der Teufel, der den Antichrist aufsucht, um ihm ein Angebot zu machen, sondern umgekehrt, der Antichrist geht zum Teufel und macht ihm ein Angebot. Der Antichrist ist hier keineswegs ein Werkzeug des Teufels, sondern er trägt die volle Verantwortung flir seine Entscheidung gegen Gott. Neben dem gewissenlosen Verräter und Heuchler Pammachius scheint sogar der Satan hier eine gewisse Würde zu besitzen. Ich versuche, einen Überblick zu geben über die Rolle des Teufels in den mittleren und Schlußpartien des Antichristdramas. Weitaus den meisten Raum nehmen die Teufelsszenen in dem Luzemer Antichristspiel (Nr. 30) ein. Hier bereiten die Teufel sämtliche Wunder des Antichrist vor, indem sie ihre Opfer mit eingebildeten Krankheiten schlagen und· den Antichrist diese Krankheiten heilen lassen. Alle Wunder des Antichrist sind von den Teufeln inszenierte Scheinwunder, an die der Antichrist jedoch glaubt. Der Antichrist von Luzem ist eine Puppe in der Hand der Teufel''· Auch in dem Ampasser Fragment (Nr. 41) und im Weltgerichtsspiel von Fano (Nr. 43) arbeiten die Teufel mit Wundem und Propaganda flir den Antichrist. In den protestantischen Antichristspielen erscheint der Teufel als Helfer des Papst-Antichrist. Die Teufelsszenen im Fastnachtsspiel des Hans von Rüte (Nr. 21, Sz. b, e, n) folgen dem Schema der Teufelskonferenz : der « frohen Botschaft » vom Abfall der Menschheit von Gott folgt die Planung neuer Anschläge 46 • Besonders der Eingang der dritten dieser Szenen klingt wieder deutlich an die Weihnachtsverkündigung an : "Ha/hafha/fr6uwent üch myn lieben gsellen ... " 48 • In Kielmanns Tetzelocramia (Nr. 39) organisiert der Hofteufel den Ablaßhandel für seinen Sohn, den Papst. In Badius' Comedie du Pape malade (Nr. 32) tritt Satan als Kurier der Hölle an den Papst auf, der zuerst dem Papst in seiner Krankheit beisteht " Heilungswunder II, S (V. 149Sff.), II, lS (V. 1972ff.), die Teufel erheben den Antichrist in die Luft II, lS (V.2087ff.), Auferweckungswunder II, 19 (V.2S06ff.), II, 30 (V.4033ff.), II, 32 (V.4181ff.). Zu den Scheinwundern des Antichrist vgl. Hans Preuß, Die Jlor~tel/ungen vom Antichrist im späteren Mittelalter, bei Luther und in der konfessionellen Polemik (Leipzig : Hinrieb, 1906), 19. Die Teufel des Luzemer Spiels haben ihre Vorliufer bei Adso : "et maligni spiritus erunt duces eius et socii semper et comites indivisi" (107). te Vgl.o llS. 41 G II r. Vgl.o. llSf.
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und dann Bundesgenossen für die päpstliche Sache wirbt. Die Komödie erinnert an Anstopbanes 47 , sie ist höchst episodisch, mit drei selbständigen Hauptteilen, erstens, Krankheit des Papsts (l. Akt), zweitens Villegagnons Abenteuer in Amerika (2. und 3. Akt), drittens Anwerbung von Bundesgenossen für den Papst (4. Akt). Besonders der 4. Akt hat verblüffende Ähnlichkeit mit den Episodenketten in aristophanischen Komödien"· Der Teufel wirbt hier im 4. Akt Bundesgenossen für die Kirche an, die Kandidaten stellen sich einer nach dem anderen vor. Ebenso aristophanischepisodisch ist Frischlins Komödie Phasma (Nr. 36) 48 • Hier tritt der Teufel ebenfalls im 4. Akt auf in der Verkleidung als Mönch. Er wirkt ebenfalls für den Papst und die katholiche Kirche. In einer Reihe von Spielen wird der Antichrist nach seinem Fall von einer Rotte Teufel unter Triumphgeheul in die Hölle geschleppt 60 • Während sie ihn in die Hölle schleppen, erweisen die Teufel dem Antichrist zynisch ihre Reverenz. Besonders im Luzemer Spiel ist dieser Vorgang in einer langen grotesk-komischen Szene dargestellt. Der Teufel wird auf einem Karren in die Hölle gefahren : V.48S7 Astarot : jr tüffel, was thunt ir mitt dem narren? werffend in vff disen karren! so wend wir in nach vnseren eeren zur hell beleytten als ein herren! Die Höllenfahrt des Antichrist unter dem Triumphgeheul und den grotesken Freudentänzen der Teufel respondiert seiner Geburt unter dem Jubel der Teufel. Beide Male bemüht sich sogar Satan selbst kettenrasselnd aus dem 47 Neben der episodischen Struktur hat Badius auch die direkte Invektive auf lebende Personen mit Aristophanes gemeinsam. Der Versuch, die einzelnen Personen alle auf Typen der lateinischen und der italienischen Komödie zurückzuführen (Helen A. Shaw, Conrad Badius and the Comldie du Pape malade, Diss. University of Pennsylvania, Philadelphia, 1934, 65f.) hat etwas Krampfhaftes. 48 Zu vergleichen wäre etwa Acharner 719ft'. (die Besucher von Dikaiopolis' Markt) oder Yögel 904ft'. (die Einwanderer nach Wolkenkuckucksheim). a Frischtin hat den Aristophanes ins Lateinische übertragen. Curt Hille, Die deutBche Komödie unter der Einwirkung des Aristophanes, Breslauer Beiträge zur Literaturgeschichte, XII, N.F., 11 (Leipzig : Quelle und Meyer, 1907), 32f. weist auf den aristophanischen Charakter der Komödie Phasma hin, allerdings mit unzureichenden Argumenten. ao Nr. 4, 7, 8, 12, 18 mit der Parodie auf die Offenbarungsformel (cf. Matth 111 17 und XVII S): .,Das sind mein außerweiten kind" (V.I20); Nr. 21; Nr. 25 enthiltjedenfalls die ironische Ankündigung des Teufels : "Wolan halt euch wie treue Knecht. /Es kompt die Zeit, ich lohn euch recht"; Nr. 30 ebenfalls mit der Offenbarungsformel : "Nun kum, min sun, in dir ich ban/ ein gfallen" (V.4785f.); Nr. 37, Nr. 43.
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Höllenschlund (nach V. 1344, nach V. 4874) Bei dem Protestanten Wemer von Rüte (Nr. 21) laden die Teufel den Papst mit zynischer Reverenz ein (Mv): ... Kh&ment inn vnser land Ir kh~ment inn ein rych/ist gwaltig vnd fin Angst/verzwyftlung/ewiger todt/werde üwer gselle sin Wir wend üch lyden güt gschir machen ...
In der Rolle des Teufels gegenüber dem Antichrist läßt sich ein deutlicher Unterschied zwischen dem mittelalterlichen Mysterienspiel und dem nachreformatorischen katholischen Antichristspiel, das wieder die mittelalterliche Tradition aufgreift, auf der einen Seite und dem protestantischen Drama auf der anderen Seite feststellen. Während im alten Mysterienspiel der Teufel als die eigentliche treibende Kraft hinter dem Antichrist und der Antichrist oft nur als seine Marionette erscheint, tritt im protestantischen Antichristdrama der Teufel im wesentlichen nur als Helfer des Antichrist auf. Die Initiative und deshalb auch in höherem Maße die Schuld liegt hier beim Antichrist-Papst. Deutlich sichtbar wird dieser Unterschied in der radikalen Wendung, die Naogeorg dem Verhältnis gibti1 • Eine natürliche Folge dieser Entwicklung ist, daß die Rolle des Teufels im protestantischen Drama zusammenschrumpft. 2. ERSTES AUFTRETEN UND PROKLAMATION DES ANTICHRIST
Diejenigen Antichristspiele, die nicht mit der Geburtsgeschichte anfangen, beginnen in der Regel mit einer Szene, in der der Antichrist vorgestellt wird, bzw. sich selbst vorstellt und seine Proklamation erläßt 51 • Diese Szene besteht in ihrer einfachen Form aus der Vorstellungsrede eines Herolds o. ä. : « Dies ist der Messias ... », die vom Antichrist in seiner Proklamation aufgenommen wird : "Ich bin der Messias ... " 58, oder lediglich aus der Proklamation des Antichrist : "Ich bin der Messias ... " 54 • Diese kunstlose Vorstellungsszene ist im Antichristspiel des Zacharias Bletz (Nr. 30), der besonders die Jugendgeschichte des Antichrist mit einer S.o. 124. Zur antiken Tradition solcher Proklamationen ("soteriologische Selbstprädikationen"), die typisch sind für die "falschen Prediger" (Gnostiker, u.a.), vgl. Eduard Norden, Agnostos Theos (1913, Nachdruck, Stuttgart : Teubner, 1971), 188-223. 111 In dieser Form liegt die Eingangsszene vor in der Perusiner Laude (Nr. 4), dem Zürcher Antichristspiel (Nr. 6), dem Künzelsauer Antichrist (Nr. 12). " Antichristspiele von Besan~on (Nr. 5), Chester (Nr. 7), Chur (Nr. 17). 11
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Menge genrehafter Details ausschmückt aa, zu der kunstvollen Szenenfolge des Tempelgangs des jugendlichen Antichrist ausgestaltet. Bei den meisten Antichristdramen bleibt es jedoch bei einer von Raum und Zeit abstrahierten bloßen Vorstellung der Hauptfigur. Der Begriff "Figur" ist dabei wieder nach dem Verständnis des Mittelalters zu fassen als "Personifikation", "Prosopopoie" eines theologischen Konzepts, nämlich der Opposition gegen Gott. Der Antichristbegriff wird zwar in ein biographisches Schema gefaßt, das bedeutet aber noch keineswegs, daß der Antichrist in der künstlerischen Darstellung zu einer Person mit individuellen Charakterzügen wird. Die "Person" Antichrist erschöpft sich völlig in ihrer Proklamation, der Antichrist ist nichts weiter als das ausführende Organ seines eigenen Programms. Er ist gleichsam "programmiert", für Individualität in irgendwelcher Form bleibt kein Raum. Das gilt, mit Einschränkungen für alle "Figuren" der mittelalterlichen Kunst, jedenfalls soweit sie in der Darstellung fest an ihren heilsgeschichtlichen "Ort" gebunden bleiben. Dagegen erscheinen in Nebengestalten, deren heilsgeschichtlicher Ort nicht fest bestimmt ist, persönliche Züge zuerst, im Antichristdrama etwa bei der Amme des Antichrist 58• Über das Programm hinaus, das er in der Eingangsszene vorträgt, wird der Antichrist im mittelalterlichen Drama nicht weiter entwickelt, es wird kein neuer Charakterzug herausgearbeitet, wie auch das Programm nicht etwa den Zweck hat, den Charakter - im modernen Sinne - des Antichrist zu bestimmen. An dem mittelalterlichen Antichrist findet, sowohl innerhalb des einzelnen Dramas als auch im Gesamtverlauf des Mittelalters, keine Entwicklung statt. Das ändert sich später. Im Drama Alarc6ns (Nr. 40) etwa zeigt der Held eine Entwicklung : seine Leidenschaft für Sophia ist nicht einfach ein Teil des Programms, diese Leidenschaft bringt ihn denn auch in Schwierigkeiten, er vergißt darüber zeitweise beinahe seine Sendung. Hier entsteht ein Konflikt zwischen der Sendung, dem Programm, und persönlichen Neigungen des Helden, ein Konflikt, der entfernt an Tragik anklingt, und für das mittelalterliche Drama undenkbar ist. Das mittelalterliche Drama kennt keine Tragik, da jede Person und jede Handlung ihren Ort und ihre Beurteilung ausschließlich von dem zentralen heilsgeschichtlichen Schema her
S.o. 120. S.o. 119f. W.T.H. Jackson, The Literature ofthe Midd/e Ages (New York: Columbia University Press, 1960), 306 zeigt, daß selbst bei Nebenfiguren oft genug, was flir Charilkterisierung gehalten werden könnte, nichts ist als "mechanical division of the progress of the action between various characters". 11 11
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emplangt. Die mittelalterliche Kunst ist weniger Entwicklung als Vergegenständlichung einer Idee 57 • Das bedeutet hinsichtlich der Proklamation am Eingang des Dramas, daß die Person des Antichrist, sein späteres Wirken und im Grunde genommen auch sein endliches Schicksal hier vorweggenommen sind. Der mittelalterliche Antichrist unternimmt seine späteren Schritte völlig mechanisch, er zaudert nie, er hat sich nie mit Ratgebern zu beraten, er ändert nie seine Pläne. Das gilt nicht mehr für den Papst-Antichrist der Reformation. Der Papst ist unsicher, ängstlich, mißtrauisch, braucht Ratgeber, zögert 18 • Das Paradoxe daran ist, daß der persönliche Antichrist der mittelalterlichen Legende wie auch des katholischen Dramas nach der Reformation im Grunde genommen viel weniger persönliche Züge trägt als der Antichrist des reformatorischen Dramas, der unpersönlich sein und eine historische Institution vertreten soll 59 • Auch die Frage moralischer Verantwortung wird im mittelalterlichen Drama kaum gestellt, der Antichrist als ein Werkzeug der Vorsehung hat keine Gelegenheit zu einer Entscheidung zwischen Gut und Böse 60 • Dagegen hat diese Frage im protestantischen Drama zentrale Bedeutung : der Abfall des Papstes ist gerade deshalb so abscheulich, weil er freiwillig und bei vollem Bewußtsein und durch das Oberhaupt der Kirche geschieht. Ganz im Gegensatz zu der mittelalterlichen Puppe ist der Antichrist des protestantischen Dramas ein moralisches Monstrum. Die Szene der Selbstvorstellung und Proklamation des Antichrist übernimmt das protestantische Antichristdrama zunächst vom mittelalterlichen Drama und verwendet sie völlig kunstlos rür den gewandelten Inhalt : statt des Antichrist, der die Welt von seiner Sendung zu überzeugen sucht, nun der Papst, der ohne dramatische Motivierung die Praktiken der Papisten erläutert und damit gerade enthüllt, was er ex officio verheimlichen sollte 61• 67 Vgl. Albert Rapp, Studien über den Zusammenhang des geistlichen Theaters mit der bildenden Kunst im ausgehenden Mittelalter, Diss. München 1932 (Kallmünz : Laßleben, 1936), 27. 111 Vgl. Naogeorgs Pammachius, V.405fl'., 64111'., Ochinos Tragedy, 3011'. 18 S.o. 53f. 10 Der Antichrist hat zwar der Tradition nach wie jeder Mensch auch seinen Schutz· engel, vgl. H. Preuß, Die Jlorstellungen vom Antichrist im späteren Mittelalter, bei Luther und in der konfessionellen Polemilc (Leipzig : Hinrieb, 1906), 13, 15, aber dieser steht doch von vornherein auf verlorenem Posten. In den Antichristdramen tritt er auch lediglich in Erscheinung, wenn er den Antichrist verllßt. Zum Luzemer Antichrist vgl. Reuschel, 75, zum Antichrist von Modane, Gros, 54. 11 Pamphilus Gengenbach, Totenfresser (Nr. 18) V. lff., Nildas Manuel, Totenfresser (Nr. 19) V. 47ff.
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Mehr und mehr verschwindet dann diese kunstlose Selbstvorstellung zugunsten der Schilderung der päpstlichen Umtriebe durch Beobachter 88• Naogeorg benützt die mittelalterliche Konvention einer Proklamation in virtuoser Weise, indem er durch die päpstliche Proklamation das alte antichristliche Vorbild hindurchscheinen läßt 88 • Die Hauptpunkte in den Proklamationen des Antichrist im mittelalterlichen Antichristdrama sind : a. Selbstvorstellung als Gottes Sohn und Messias. b. Ankündigung des Beginns seiner Herrschaft c. Aufforderung, an ihn zu glauben d. Behauptung der Erfüllung alttestamentlicher Prophezeiungen- Wendung gegen Christus. e. Versprechen von Belohnungen für die Gläubigen. f. Ankündigung von Strafen für die Ungläubigen.
g. Wunder als Legitimation. Selbstvorstellung als Gottes Sohn, Ankündigung seiner Herrschaft und Aufforderung, an ihn zu glauben, finden sich in fast allen Proklamationen in ähnlichen Formeln. Gelegentlich ist dieser Passus erweitert durch Formeln der Allmacht 84, die die Göttlichkeit des Antichrist beweisen sollen. Der Antichrist des Tegernseer Ludus (Nr. I) wendet sich an die Heuchler: V.1S1 Mei regni venit hora 154 Me mundus adoret et non alium. Der Antichrist der Perusiner Laude (Nr. 4) führt sichein mitden Worten: V.19 En me creda tutta gente ch'io so el re de gloria degno so venuto a voie presente per sotrarvo nel mio regno
11 Niklas Manuel, Von Papsts und Christi GegUISatz (Nr. 20) Bileamsesel (Nr. 27), bes. II, 4-S. 18 S.u. 139f. M Diese Formeln sind Ausdruck der superbio des Antichrist, s.u. 166f. und vgl. lbeo Stemmler, Liturgische Feiern und geistliche Spiele, Burehreibe der Anglia, XV (I'übingen : Niemeyer, 1970), 145-150, 255-285. Zur antiken Tradition solcher Formeln vgl. Norden, 240-250.
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Im Spiel von
Besan~n
(Nr. 5) beginnt die Proklamation :
V.586 En terre vien de par mon pere Dieu tout puissant, Je Roy de g)oire. En moy devez vous trestuit croire. Es folgen eine Reihe Allmachtformeln : 598 Quar j'ay pouoir sur tout Je monde ..... . Der Entchrist des Zürcher Spiels (Nr. 6) tritt auf mit den Worten : V.88 Ich pin der Entkrist Der aller werlt gewaltig ist Es folgt eine ganze Reihe von Allmachtformeln, unter anderem maßt sich hier der Antichrist auch Gottes Schöpferkraft an 85• Er fährt fort : V.106 Dauon schült ir alle schier Gar wol g)awben mir Vnd scholt sprechen ich seY got ... Der Antichrist von Chester (Nr. 7) stellt sich vor : V.I De celso throno poli poUens clarior sole age vobis monstrare descendi ... Allmachtformel 4 sitis sapientes vos semper in me credentes 7 descendi presens rex pius et perlustrator princeps etemus vocor cristus vester saluator. Das Limburger Antichristfragment (Nr. 8) beginnt mitten in der langen Proklamation des Antichrist. Der Allmachtsanspruch des Antichrist und seine Behauptung, die Welt geschaffen zu haben, ist hier breit ausgeführt. Er fährt fort : Kinder, ghi en dorst twifelen niet Ich bin ghewarich Goeds soon. ee Im Künzelsauer Fronleichnamspiel (Nr. 12) führt sich der Antichrist mit folgenden Worten ein : V.517S Gotes sun bin ich genant, 111
v. 77, 100.
Siehe die Ausgabe von Gessler, 141. Diese Behauptung des Antichrist, die Welt erschaffen zu haben, findet sich ebenfalls im Tegernseer Spiel (V.218), im Spiel von Besan~on (V.886ff.), Zürich (s.o.), Chester (V.22Jff.). Vgl. auch Stemmler, Liturgische Feiern ... , 261. 11
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Es folgen eine Allmachtsformel und Versprechungen an die Gläubigen. 5183 Falt nyder vnd bet mich an ... Der Antichrist von Chur (Nr. 17) beginnt seine Proklamation : V.1382 Nun losend all wer lebt uff erden. wer wel durch (mich) behalten werden, Der sol sich mir durch demuet naigen, Dem wil ich mich ein gott erzeygen.
Im Luzerner Antichristspiel ist die höchst formelle Proklamation aufgelöst in die lebhafte Szenenfolge des Tempelgangs des Antichrist. Die Reden des Antichrist, in denen er sich seinem Vater (V. 1383 ff.) und im Tempel (V. 1481 ff.) vorstellt, sind nicht von Raum und Zeit abstrahierte Proklamationen, sondern aus einer spezifischen Situation hervorgehende und ihr angepaßte Erklärungen. Wie der Luzerner Antichrist so wendet sich auch der Antichrist Tuecis (Nr. 33) in erster Linie an die Juden : S.28
Accipite o cives, animisque advertite vestris, Quae referam. Rex Hebraeis promissus ab aevo est, Qui ... . . .. .. lateque omnes dominetur in oras Ille ego sum : Deus hanc vobis me ferre salutem Jussit, et id clara testatur voce per auras.
Woraufhin eine Parodie auf die Offenbarungsszene am Jordan Matth III 1711 folgt: Acheron : Filius hic meus est, haec est Patris unica proles : Hunc animis audite piis et pectore casto. Der Antichrist des Michael Hildebrand führt sich folgendermaßen ein 118
:
Nec adeo frustra huc, summo ab axe coelorum concessisse me Existimaveritis. Salus quippe omnium vestrum impulit Hos mortales artus meme induere; cum unus in coelis siem; ee In terrisque unus, ac idem Trinus, cum Patre MAOZIM ... 89 Bei Alarc6n sind die beiden Proklamationen des Antichrist wie im Luzemer Antichristspiel Teil eines dramatischen Geschehens und Init dem Vorhergehenden und dem Folgenden verknüpft. In der dritten Szene des 17 S.o. 125, Anm. SO. Vgl. auch Ocbinos Tragedy (Nr. 29, s.o. 116), und das Spiel von Landl (Nr. 42). 118 Nr. 34, 75r. .. Der Name nach Dan XI 38, vgl. auch Alarcon (Nr. 40, lll, 3).
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ersten Aktes findet und erkennt der falsche Elias den Antichrist. Er und seine Begleiter huldigen ihm. Erst daraufhin erklärt der Antichrist seine Identität mit der Traumvision. In der dreizehnten Szene des ersten Aktes "gibt" der Antichrist sich dem jüdischen Patriarchen von Babyion als seinen Enkelsohn "zu erkennen" 70. Der Patriarch erkennt ihn als den Messias an und stirbt, mit den Worten Simeons auf den Lippen : 782 Agora ya, Sei\or, tu siervo envias en paz, conforme a Ia palabra tuya, pues que vieron mis ojos ai Mesias. Eine deutliche Parodie der Darstellung Jesu im Tempel, Luk II 25. Die beiden Szenen bei dem spanischen Dramatiker erinnern an Anagnorisisszenen, d. h. er bedient sich einer wirkungsvollen dramatischen Konvention anstelle der kunstlosen Proklamation. Ausschließliche Wendung an die Juden ist in den Eingangsproklamationen selten, abgesehen von den Dramen, die besonderen Nachdruck legen auf die jüdische Umwelt des jungen Antichrist, dem Spiel von Luzern (Nr. 30), den Dramen von Tucci (Nr. 33) und Alarcon (Nr. 40). Der Antichrist von Chester (Nr. 7) beruft sich ausdrücklich auf die alttestamentliche Messiasprophetie (V. 17-20), der Künzelsauer Antichrist fordert die Juden auf, sich zuerst zu ihm zu bekehren, die anderen würden dann schon folgen (V. 5191-5193). Auch der Churer Antichrist wendet sich besonders an die Juden (V. 1398 ff.) Die Eingangsproklamation des Antichrist antizipiert nicht nur den Beginn seines Wirkens, sondern seine Welteroberung, daher wendet er sich in der Regel unter leichter Mißachtung des aptum nicht an die Juden, sondern von vomherein an die ganze Welt. Ausdrückliche Wendung gegen Jesus Christus findet sich in den Proklamationen der Spiele von Tegernsee (Nr. I, V. 159 ff.), Zürich (Nr. 6, V. 116 tr.), Chester (Nr. 7, V. 25 ff.), Künzelsau (Nr. 12, V. 5166). In dem Antichristspiel von Chur (Nr. 17, V. 1389 tr.) tritt der Antichrist in ausdrücklichem Gegensatz zu Christus mit einem Programm religiöser Toleranz gegenüber dem Judentum und dem Islam auf. Die Proklamation des Zürcher Antichristspiels 71 enthält einen Abschnitt, der die Antithesis Christi et Antichristi formuliert :
° Für den adventru Anlichri8ti (V.709fl'.) verwendet der Dichter ein Zitat aus dem
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adventu.r Chri8ti (Luk 11 14). 71 Ebenso die Antichristproklamation in dem Drama Ecclesia Militans des Michael Hildebrand (Nr. 34), 7Sv.
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116 Einen esel ra)it ewr got Dartzu ward er verspot Ain groß roß reYt ich Sehent/aUe an mich Ich pin groß vnd nit clain Ewr got rayt allters allain Ich pin reych und auch stark Der ewr sich zu allen zejten verpark Er fur vil ermigkleych Mir müssen arm vnd reich Dienen nach dem willen mein Ich wil ain got gewalltig sein.
Mit der Antithesis nimmt das Zürcher Spiel, das ohnehin starke Anklänge an das Schweizer Antichristdrama der Reformation aufweist 72, einen Topos des Antichristdramas des sechzehnten Jahrhunderts vorweg 78 • Die Belohnungen, die der Antichrist seinen Gläubigen in Aussicht stellt, sind zum Teil geistlicher Art (Seligkeit 74, Sündenvergebung 76), zum größeren Teil weltlich (besonders Reichtum, 7• sinnliche Lust 77, Gesundheit 78, sogar ewiges Leben 78). Die Strafen, mit denen der Antichrist die Ungläubigen bedroht ao, sind gelegentlich drastisch ausgeführt : V.llO Wer sich da wider wolt sperrn Dem hayß ich auß zerrn Alle sein adem mit großer pein ••• 11 oder : Sl8S Wer das nit thut an diser frist Ein fewerin off jm berait ist. Dar jnnen muß er leiden den dat Vnd verbrinnen zu vseln ratt. 83
71 78
S.o. Slf. S.o. SS.
74. Besan~on, V. S98, Limburg, 141, Künzelsau, V.S199f., Luzem, V.l488ff., Tucci, 28. " Limburg, 141. 71 Chester, V.SOff., Künzelsau, V. Sl63ff. und Chur, V.l392ff., beide mit Erwähnung der verborgenen Schätze, über die der Antichrist verfügt (nach Dan XI 43, vgl. PreuB, 20), Hildebrand, 7Sv. 77 Chester, V.llff. Was mit .,ioye" (V.23) gemeint ist, erklären V.4lff., der Hinweis auf die prophezeite unwiderstehliche Wirkung des Antichrist auf Frauen (nach Dan XI 37), s.o. 90. Hildebrand, 7Sv, bes. Foxe, Chrutll6 Trlumplultu, IV, 4, 84ft". 7 • Bcsan~n. V. 601ft". " Hildebrand, 7Sv. 80 Perugia, V.29f., Zürich, V.llOff., Künzelsau, V.Sl8Sff., Chur, V.l396f. u Zürich, V.11 Off. •• Künze1sau, V.S18Sff.
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Die Proklamation des Antichrist ist häufig von Wundern begleitet, die dem Antichrist zur Legitimation seiner Ansprüche dienen. In der Laude von Perugia (Nr. 4) verdunkelt sich die Sonne, der Mond wird blutig, Feuer fällt vom Himmel, ein verdorrter Baum blüht, Tote stehen auf 83• In dem Antichristspiel von Besan~on (Nr. 5) folgt der Proklamation ein Heilungswunder, in dem Limburger Fragment (Nr. 8) verweist der Antichrist auf Wunderzeichen, die in dem verlorenen Text gestanden haben müssen : Kinder, ghi en dorst twifelen niet Bi dien teiken die hier gesciet siet ...84 Der Zweck der Legitimation ist hier deutlich ausgesprochen. Der Künzelsauer Antichrist (Nr. 12) rühmt sich jedenfalls seines Vermögens, Wunder zu vollbringen (V. 5198). In dem Luzemer Spiel (Nr. 30) verleiht der Antichrist seiner Offenbarung seinem angeblichen Vater gegenüber Nachdruck durch einen "donderclapff" aus heiterem Himmel (V. 1407), seinem Auftritt im Tempel folgen zwei Heilungswunder. In dem Drama Tuecis (Nr. 33) legitimiert sich der Antichrist durch die Stimme des Teufels als "Sohn Gottes" 81 • Der Antichrist Mildebrands (Nr. 34) legitimiert sich durch Donner und Blitz, sowie durch ein Heilungswunder (Nr. 34, IV ,2). Bei Tucci (I, 5f.) und Alarc6n (1, 7f.) gehen dem Auftreten des Antichrist meteorische Zeichen voraus 88• Die programmatischen Erklärungen des Papstes in den frühen Reformationsspielen erinnern stark an die programmatischen Auftrittsreden des Antichrist. 83 Die meisten dieser Wunder folgen den "Fünfzehn Zeichen", vg]. H. Preuß, Die Vorstellungen vom Antichrist im :späteren Mittelalter, bei Luther und in der konfessionellen Polemik (Leipzig : Hinrieb, 1906), 19, Linus U. Lucken, Antichrist and the Prophet:s of Antichrist in the Chester Cycle (Washington : The Catholic University of America Press, 1940), 110-135, Hans Eggers, "'Fünfzehn Zeichen'", in W. Stamm1er-K. Langosch, Die deutsche Literatur tks Mittelalters, Verfa:s:serlexikon, (Berlin : de Gruyter), V (1955), 1139-1148, Reine Mantou, "Le tMme des ,quinze signes du Jugement dernier' dans Ia tradition fran~:aise", Revue Beige tk philologie et d'histoire, XLV (1967), 827-842, bes. 842, G. T. Gillespie, "A Thirteenth-Century German Prose Version of the, Fifteen Signs before Doomsday' ", Oxford German Studie:s, 111 (1968), 44-52, bes. 44, Rosemary Woolf, The English My:stery Play:s (Berkeley and Los Ange1es : University of California Press, 1972), 411, Anm. 78 und 412, Anm. 83. Zum "Dürren Baum" und seinem Ausschlagen beim Anbruch des Millenniums bzw. des Gerichts vgl. Matth XXIV 32, sowie W. Peuckert, "dürrer Baum", in Bächto1d-Stäubli, Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens (Leipzig-Berlin : de Gruyter), 11 (1929/30), 505-513. 84 141. 81 S.o. 131. 81 Vgl. die Zeichen bei der Geburt, s.o. 121.
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Die ausführliche Selbstvorstellung erübrigt sich in diesen Spielen, da der Papst ohnehin an seinen Insignien kenntlich ist. Der Papst in den Totenfressern Gengenbachs (Nr. 18) beginnt mit dem Allmachtsanspruch (der päpstlichen Schlüsselgewalt) : V.2 Wann ich den gwalt von christo han Die sünd zvergeben hie und dort ... B? Zu vergleichen ist etwa die Allmachtformel im Zürcher Spiel (Nr. 6) V.88 leb pin der Entkrist Der aller werlt gewaltig ist Der Papst im Spiel Gengenbachs iahrt fort mit dem Hinweis auf seinen Reichtum : V.S All zytlich gÜtersind mir ergeben, wozu das Künzelsauer Spiel (Nr. 12) zu vergleichen ist: V.5164 Wan er allverborgen schetz hat. Er fordert seine Anhänger auf: V.6 Darumb so prassen und wolleben. was etwa der Verheißung des Antichrist von Chester (Nr. 7) entspricht : V.21 Those that leeuen on me steadfastlye i shall them saue from anoye and ioye right as haue i with them i thinke to deale 88 Der Papst wendet sich gegen die Lehre Luthers wie der Antichrist gegen Jesus Christus : Gengenbach, V.7 Keren euch nit an Luthers tandt Künzelsauer Spiel, V.5166 An Ihesum Crist solt ir euch nit kem. Die Rede des Papsts schließt mit der Antithesis (V. 16 ff.) wie die Proklamation des Zürcher Antichrist 89 • Der Papst Manuels beginnt mit der Verheißung des Wohllebens: V.43 ... min diener und min rllt mügend f~ren hohen pracht In allem wollust tag und nacht,
87 88 8ll
Auch der Antichrist maßt sich das Recht an, die Sünden zu vergeben, s.o. 133. S.o. 133. S.o. 132f.
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Es folgt die Allmachtsformel (Schlüsselgewalt) : V.S3 ..• das ich also gwaltig sy ...
Wie der Papst Gengenbachs gegen Luther so wendet sich der Manuels gegen das Evangelium : V.60 Darumm sood ir des Evaogelis gscbwygeo Und predigeot allweg das bäpstlich recht,
das den nova iura des Antichrist 10 entspricht. Die Antithesis der beiden Ordnungen ist genauer ausgeflihrt (V. 62 ff.) Der Papst droht allen Gegnern mit Gewalt: V.74 Wiewot die leyeo übel wundert, Ich zwing sy aber durch den bao
wie der Antichrist den Ungläubigen droht ' 1 und schließt mit einer langen Reihe von Verheißungen für seine Anhinger (V. 78 ff.): V. 79 So sind wir her der gaotzeo weit, Wao uns gfalt rennt, gult und bargelt On alle arbeit ...
womit sich etwa die Verheißung des Künzelsauer Antichrist vergleichen läßt: V.Sl81 Alles, das ewer hertz begertt, Das werdt jr zu stun gewertt.
Wir sehen also, daß die mittelalterliche Konvention der kunstlosen Proklamation des Antichrist mit ihren vorbestimmten Formeln trotz des gewandelten Inhalts bis tief in die Reformationszeit hinein beibehalten wurde. Abweichungen sind bei dem Luzerner Spiel und bei Tucci durch die Bemühung um genrehafte Milieutreue zu erklären, beim Reformationsdrama durch die schließliehe Anpassung an die gewandelte Situation, die vom Papst-Antichrist ja gerade Verheimlichung seiner wahren Ansprüche und eine Maske der Demut verlangte, bei Alarc6n durch die Anwendung klassischer dramaturgischer Mittel und Rücksicht auf das aptum gegenüber dem mittelalterlichen Prinzip unmittelbarer, um die Wahrscheinlichkeit unbekümmerter repraesentatio. Zwei Dramen unterscheiden sich in Hinsicht auf die Proklamation des Antichrist deutlich von den anderen, der Tegernseer Antichrist und der Pammachius des Naogeorg. 10 Tegernseer Ludus, V. 186 : .,deponam vetera (Manuel : Evangelium) nova iura (Manuel : päpstliches Recht) dictabo". 11 s.o. 133.
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Der Antichristteil des Tegernseer Spiels beginnt mit dem Auftritt der Heuchler: « ... procedant Ypocrite sub silentio et specie humilitatis inclinantes circumquaque et captantes favorem laicorum » 81• Sie sind hier die Wegbereiter des Antichrist anstatt der Teufel der übrigen Antichristdramen. Der Antichrist selbst tritt in Begleitung der Heuchelei (Ypocrisis) und der Ketzerei (Heresis) auf••. Die Proklamation des Antichrist (V. 151 ff.) enthält die im Antichristdrama üblichen Topoi, nur wendet sich der Antichrist hier nicht an die Öffentlichkeit, die er zu bekehren sucht, sondern an seine Helfer. Die "Proklamation" ist also in Wirklichkeit der Kriegsplan des Antichrist 84• Der Antichrist und seine Helfer geben anfangs äußerst vorsichtig und diplomatisch vor, erst nach gründlicher diplomatischer Vorbereitung werfen sie die Maske der Friedfertigkeit ab und benützen militärische Mittel zu einem überraschenden Staatsstreich: "Tune exuentes ei superiora indumenta ascendunt expositis gladüs et deponentes Regem Jerosolimis coronant Antichristum ... " 85• Der Antichrist zeigt momentane Unsicherheit, er hängt von seinen politischen Ratgebern (den Heuchlern) ab (V. 177), sie sind es, die ihm die Machtbasis für seinen Staatsstreich schaffen. Kennzeichnend für das Tegernseer Antichristdrama ist die Politisierung der Antichristlegende. Anstelle des gewohnten persönlichen Antichrist des mittelalterlichen Mysterienspiels tritt im Tegernseer Ludus eine Antichristfigur, die eine historisch-politische Entwicklung verkörpert. Der Antichristbegriff des Tegernseer Dichters ist nicht volkstümlich apokalyptisch wie in den übrigen mittelalterlichen Antichristspielen, sondern er ist historisch reflektiert wie bei den Gescbichtstheologen des Mittelalters 88• Der Antichrist sagt über seine Geburt : 183 Quem sub ecclesie gremio concepistis, Iongis conatibus me taodem genuistis. " Nach V.ISO. " Zu erinnern wlre etwa an dle Teufel als die ständigen Begleiter, Helfer und Berater des Antichrist im Luzerner Antichristspiel (Nr. 30). Es wurde angenommen, daß der Verfasser des Ludus in den Heuchlern häretische Bewegungen seiner eigenen Zeit habe treffen wollen, vgl. Gerhard Günther, Der Antiehrtat (Hamburg : Wittig, 1970), 30ff., 183f., 190f. Das einzig Gemeinsame zwischen den beiden ist jedoch im Grunde nur die Kritik an der Verweltlichung der Kirche. Das scheint doch zu wenig, um einen solchen Schluß zu beweisen. N Die Szene bat also ebenfalls gewisse Entsprechungen zu den Teufelsszenen vor dem ersten öffentlichen Auftreten des Antichrist, s.o. 122f. Nur fehlt im Tegernseer Antichrist die transzendentale Idee der Versuchung völlig, die Szene ist rein politisch. •• Nach V.186. "S.o. 12f.
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Das heißt, die persönliche Geburtslegende ist allegorisch umgedeutet in einen historischen Prozeß: die Heuchler haben im Schoß der Kirche jenen Tendenzen vorgearbeitet, die zur schlimmsten Verfolgung der Kirche führen werden, der Verfolgung des Antichrist 97 • Die legendäre Herkunft aus dem Stamme Dan, aus Babylon, etc. ist hier einfach ignoriert, es ist die christliche Kirche selbst, die sich den Widersacher erzeugt. Ketzerei (Haeresis) und Heuchelei (Hypocrisis) sind nach der Geschichtstheologie des Hochmittelalters zerstörerische Kräfte, die zu verschiedenen Zeiten der Geschichte die Kirche bedrängt haben. Die Perioden der Verfolgung der Kirche - die Kirche lebt in ständiger Verfolgung - sind nach den Bildern der Apokalypse (vier apokalyptische Reiter, u. a.) bestimmt 18 • Auf die blutige Verfolgung der Kirche durch die römischen Kaiser folgt nach Konstantin die Periode der großen Häresien, die später, nach der Konsolidierung der Kirche, durch die Heuchelei der fa/si fratres abgelöst wird. Die Periode der Heuchelei reicht nach den mittelalterlichen Historikern bis in die jeweilige Gegenwart. Ihr wird die schwerste Verfolgung durch den Antichrist folgen. Nach dem Tegernseer Dichter also wird der Antichrist aus der Heuchelei der Gegenwart hervorgehen. Unter ihm wird der gleichzeitige massive Angriff von Heuchelei und Ketzerei auf die Kirche erfolgen : V.l79 Nos occupavirnus favorem laicorum Nunc per te corruat doctrina clericorum. Die Verfolgung durch den Antichrist bedeutet die Zusammenfassung und Steigerung aller bisherigen Angriffe. Der Antichrist ist zugleich Grund und Urheber alles Bösen, der Heuchelei und Ketzerei sich als Werkzeuge zur Gewinnung der Weltherrschaft geschaffen bat : 155 Vos ad (hoc) aptas cognovi Vos ad hoc hucusque fovi, als auch Sohn der Verderbnis, letztes und gefährlichstes Mittel des Bösen im Kampf mit Gott 99• Das heißt, der Tegernseer Dichter bringt also nicht einfach die erbauliche mittelalterliche Antichristlegende auf die Bühne, sondern leistet, sehr im Unterschied zu den übrigen mittelalterlichen Verfassern von AntichristVgl. dazu Günther, 19, 192f. Dazu vgl. Amos Funkenstein, Heiuplan und niltürliehe Entwicklung (München : Nymphenburger Verlag, 1965), SS, mit Anm. 23a, 24 und H. PreuB, Die Vorstellungen vom Antichrist im späteren Mittelalter, bei Luther und in der kol!{essionellen Polemik (Leipzig : Hinrieb, 1906), 86ff. " Vgl. die Verse 183f., zitien aufs. 137. •7
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mysterien, in seinem Drama ein Stück eschatologischer Geschichtsdeutung. In dieser Tendenz ist das Tegernseer Drama verwandt mit dem Antichristdrama der Reformation, besonders Naogeorgs Pammachius too. In Naogeorgs Pammachius greift die große Proklamation des Porphyrius für den Papst Pammachius die Topoi der Antichristproklamation wieder auf. Die Proklamation beginnt mit der Aufforderung an das Publikum zur Aufmerksamkeit (V. 2040 f.) 101 • Diese Aufforderung ist verbunden mit der Warnung vor Zweifel und Unglauben (2045-2049) 102• Es folgt die Vorstellung des Papstes als des Heilands der Welt (2050 ff.): 2015 Qui etiam universalis cunctarum gentium Pater est et doctor et patriarcha et episcopus, Sine quo nulli potest salus contingere.
Die Behauptung, daß nur durch ihn die Seligkeit zu erreichen sei, ist charakteristisch für den Antichrist 102 • In einer Praeteritio werden die Schriftzeugnisse abgetan 108 (2078-2080). Als Beweis für die Sendung des Papstes führt Porphyrius weiterhin sein prächtiges Auftreten und seinen Reichtum an (2081-2091). Dieser Abschnitt erinnert an die "Antithesis" : V .2089 .•. ut iam iure queat
2091 ...... aliquis appeJiari terrestris deus. Zürich V.127. Ich wil ain got gewalltig sein. Auch das Thema sexueller Ausschweifung ist im Vorbeigehen berührt :
2092 Quin etiam inter Faunos et Silvanos locum Primum obtinet sine omni controversia 104. Für den so Gepriesenen wird schließlich (göttliche) Verehrung gefordert : 2112 Proinde hunc colite ... Der Papst ist faktisch mit Christus identisch : 2115 Christum audit qui hunc audit. Es folgen die capita et articuli fidei (2120 ff.). Wie beim Antichrist spielt auch beim Papst das Geld als wichtigster articulus fidei die Hauptrolle (V. 2302 ff.). Allerdings gibt der Antichrist, der Papst dagegen nimmt
toa S.o. 1o1 Vgl. 101 S.o. 1111 S.o. 101 Vgl.
54f., 62f. Zürich, V. 65ft"., Chur, V. 1382ff., Tucci, 28. 133. 132. o. 133. Die Sllvani et Panea sind Incllbi, vgl. Augustinus, De civilate Dei XV, 23.
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nur. Die Erwähnung des Namens Christi wird vom Papst (oder vielmehr von Porphyrius, der für ihn spricht) ebenso verboten wie vom Antichrist : 2354 Cave, inquam, ut Christum mulier posthac nomines ...
Künzelsau V. 5166. An Ihesum Crist solt ir euch nit kem. Die Proklamation des Porphyrlos schließt mit der Aufforderung zum Gehorsam gegenüber dem Papst (2406 ff.) und dem erneuten Versprechen der Seligkeit und Sündenvergebung : 2410 Quo pacto semper caeli vobis ianua Patebit, semper aderunt indulgentiae •..
Der Rede folgt, als ein Legitimationswunder 106, die Schöpfung des Pammachius, die den Porphyrins veranlaßt, den Pammachius als Gott zu apostrophieren : 2440 ... Haec divina est vis. 2463 ... Certe deus aliquis es Die Obersicht zeigt, daß in der päpstlichen Proklamation in Naogeorgs Pammachius so gut wie alle Haupttopoi der Antichristproklamationen der mittelalterlichen Antichristdramen wiederkehren. Obwohl der Papstantichrist des Naogeorg bei seinem öffentlichen Auftreten sich den Anschein der Heiligkeit zu geben sucht, schimmert doch allenthalben der antichristliehe Charakter durch. Der Papst selbst, dem die Gewandtheit seines Ministers Porphyrins fehlt, lallt denn auch völlig aus der Rolle, indem er in der Freude über seinen Erfolg den Satan rufen läßt, um ihm seine Schöpfung vorzuführen (V. 2471), wofür er von seinem Minister denn auch gerügt wird. 3. DER ANTICHRIST UND DIE JUDEN
Nach Adso ist der Antichrist selbst Jude von Geburt (106), geboren in Babylon, erzogen in Bethsaida und Chorazin. Er beginnt sein Wirken in Jerusalem, wo er sich beschneiden läßt, den Tempel Salomons wiederaufbaut, seinen Sitz darin nimmt und sich als Sohn Gottes verehren läßt (107). Die Juden gewinnt er mit folgender Botschaft : "Ego sum Christus vobis repromissus, qui ad salutem vestram veni, ut vos, qui dispersi estis,
101
S.o. 134. Zum Antichrist als Schöpfer s.o. 130, zu vergleichen ist ferner Bales
King John, V. 991ft".
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congregem et defendam" 101• Die Juden werden durch die Propheten Enoch und Elias zum Christentum bekehrt 1o7. Im Hinblick auf die Rolle der Juden scheiden sich die Antichristdramen in zwei Gruppen 108 • In der einen Gruppe ist der Antichrist vor allem der Messias der Juden, der Schauplatz ist bestimmt als Babylon, bzw. Jerusalem und die Gefolgschaft des Antichrist ist ausdrücklich als jüdisch identifiziert. Dazu gehören der Luzerner Antichrist des Zacharias Bletz (Nr. 30), die Antichristspiele Tuecis (Nr. 33) und Alarc6ns (Nr. 40). Die im Thema angelegte antijüdische Tendenz benützt das Fastnachtsspiel vom Herzog von Burgund (Nr. 13) zu unflätiger Beschimpfung, das verlorene Frankfurter Antichristspiel (Nr. 10) scheint ebenfalls stark antijüdisch gewesen zu sein. In den Antichristspielen der zweiten Gruppe ist der Schauplatz der Erdkreis (im Tegernseer Antichristspiel), bzw. unbestimmt bei so gut wie allen übrigen 101, der Antichrist wendet sich von vomherein an die ganze Welt, und die Juden spielen nur in wenigen bestimmten Szenen eine besondere Rolle. Die Juden treten hauptsächlich in folgenden Szenen auf : 1. in der Huldigungsszene anschließend an die Proklamation des Antichrist, 2. als Verfolger und Mörder der Propheten im Dienst des Antichrist, 3. in einer Szene, in der sie durch die Propheten zum Christentum bekehrt werden. Im Tegernseer Spiel wendet sich der Antichrist zuallerletzt, nachdem alle Christen und Heiden zum Glauben an ihn bekehrt sind, an die Juden: V.303 Judeis dicite : en ego sum Messyas, Ego sum promissus eis per prophetias
Die Synagoge huldigt dem Antichrist als dem verheißenen Messias. Unmittelbar daraufhin treten die Propheten Enoch und Elias auf. Ihre Predigt, die ausschließlich an die Juden gerichtet ist : V.3SS ... Messias Qui iam venit et adhuc est venturus,
per nos primum Israel redempturus 111. Diese Worte erinnern an die Messiasprophezeiung Jes XI. 112. Hier herrscht ein gewisser Widerspruch, da nach Adso die beiden Propheten vor dem Antichrist auftreten, so daß bei dessen Ankunft eigentlich die Juden Christen geworden sein müßten. 1oa Im reformatorischen Antichristdrama, das den Antichrist mit dem Papst identifiziert, treten die Juden überhaupt nicht mehr auf. 1111 Ebenfalls bestimmt sind die Schauplätze in den Volksstücken von Landl und Fano (Nr. 42 und 43). 108 10'1
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bewirkt die Bekehrung der Juden zum Christentum. Die Bekehrung ist symbolisch dargestellt, indem die Propheten der Synagoge die Binde lösen, die ihre Augen bedeckt 110 • Die Synagoge stirbt zusammen mit den Propheten den Märtyrertod, ihr Bekenntnis auf den Lippen. Die Juden und die Synagoge sind also die letzten, die sich dem Antichrist anschließen, und die einzigen, die für ihren Glauben an Jesus Christus den Märtyrertod sterben. Gegenüber Adso und dem Rest der Tradition ist der Tegernseer Dichter nicht nur völlig frei von antijüdischen Ressentiments, sondern gibt der Synagoge sogar eine heroische Bekennerrolle 111 • Erstaunlich ist ferner, wie spät und beiläufig in dem Drama die Bekehrung der Juden zum Antichrist erfolgt; in allen übrigen Antichristdramen sind die Juden seine ersten Gefolgsleute. Der einzige Hinweis auf die Verbindung des Antichrist mit den Juden in der Laude von Perugia (Nr. 4) ist die Bezeichnung populus Jerusalem in der Szenenanweisung nach V. 12. In dem Spiel von Besan~on begrüßt der Blinde, den der Antichrist im Anschluß an seine Proklamation heilt, diesen als den Messias : V.626 Jene suis de riens en doubtance
Que ce ne soit Ii vraiz Messies Lequel, selond les prophecies, Ont Ii bon Juif attendu. Der Jude Annes rät dem Antichrist zu wirtschaftlichen Sanktionen gegen die Ungläubigen 1111 und zu ihrer Verfolgung (Sz. 13), die Juden verfolgen und ermorden die Propheten und den Papst (Sz. 20-23). Die Sendung des Antichrist als des Messias der Juden ist in dem Drama nur nebenbei erwähnt, die Juden treten nur in negativer Weise in Erscheinung als gehässige Verfolger der Christen, sie sterben denn auch reuelos und in der Verdammung, Gott fluchend ua (Sz. 28). Die Bekehrung der Juden kommt in dem Spiel nicht vor. In dem Antichristspiel von Zürich (Nr. 6) ist eine Szene den Juden gewidmet. Nach dem Tode der Propheten wendet sich der Antichrist mit einer besonderen Proklamation an die Juden : V.148 Wa ist nu da volk von Ysrahel ...
Vgl. dazu Gerhard Günther, Der Antichrist (Hamburg : Wittig, 1970), 22Sf. Schon deshalb erscheint es abwegig, hier an einen Einfluß des gehässigen a/tercatioMotivs zu denken (s.o. 11f.). Zum politischen Hintergrund vgl. Günther, 21Sff. Zum Chesterspiel s.u. 144. 112 Das Motiv nach Apk XIII 16f. 113 Das Motiv nach Apk XVI 9, 21. 110
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Er stellt sich als den Messias vor : 152 "Ich pin Meßias genannt ... " weist hin auf seine jungfräuliche Geburt (154 f.) 114 und fordert die Juden zur Nachfolge und zur Mission unter den Christen auf : I 56 Ir schült euch alle zu mir kem
Die Cristen meinen glawben lern ... Die Juden huldigen ihm und beginnen, den Christen zu predigen (176 ff.). Die Juden treten in dem Stück, soweit es erhalten ist, nicht mehr auf. Im Limburger Antichristspiel (Nr. 8) nehmen die Juden auf den Rat der Propheten die Taufe (S. 142 f.). Im Künzelsauer Fronleichnamsspiel (Nr. 12) wendet sich der Antichrist im Verlauf seiner Proklamation an die Juden: V.S191 Ir Juden, nu hebt des ersten an Vnd wesent mir vnder tban. So folget euch nach der cristen dyt ... Die Archisinagoga huldigt dem Antichrist und bittet ihn, sie an den Christen zu rächen (V. 5205 ff.). Ein Jude versucht, die Christen zu bekehren. Der Gedanke der Mission hier erinnert an das Zürcher Spiel. Die Juden wenden sich wütend (furiose) 111 gegen die Propheten, fordern ihren Tod und fordern nach ihrer Ermordung wiederum die Christen zur Konversion auf: V.S2S9 Ir Cristen, sebent alle zu. Wu ist ewer gewalt nu ...
Im Churer Spiel (Nr. 17) wendet sich der Antichrist am Ende seiner Proklamation beiläufig an die Juden (V. 1398 ff.). Der Jude Mosse huldigt ihm mit einem Fußkuß (1402-1407). Der Antichrist setzt daraufhin den Sabbat wieder ein (1410-1421) 118, wofür ihm Mosse dankt {1422-1427). In dem Drama Ecclesia Militans Michael Mildebrands (Nr. 34) werden die Juden durch Enoch und Elias zum Christentum bekehrt (IV, 3). In dem Spiel von Modane wird in den Szenen der Befreiung und Anwerbung Gogs und Magogs durch den Antichrist {1, 15, 16) der Antichrist als Messias der Juden gefeiert. Im übrigen ist im erhaltenen Text kaum die Rede von der Verbindung des Antichrist mit den Juden. Die Juden werden zum Chriu• Zu den Entsprechungen zwischen Christus und dem Antichrist vgl. o. 4, SS. Von den mittelalterlichen Theologen wird die Annahme der jungfrAuliehen Geburt des Antichrist als falsch abgelehnt, vgl. H. Preuß, Die Vorstellungen vom Antichrist im späteren Mittelalter, bei Luther und in der ko11fes11ionellen Polemik (Leipzig : Hinrieb, 1906), 15. ua Nach V.S242. ue Vgl. Preuß, 17.
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stentum bekehrt (lll, 48). Eines der Tiroler Spiele erwähnt ebenfalls die Bekehrung der Juden durch die Propheten (Nr. 41). Charakteristisch für das ältere Antichristdrama insgesamt ist die Rolle, die die Juden in dem Chesterspiel (Nr. 7) spielen. Hier wendet sich der Antichrist ausdrücklich an die Juden (V. 33 ff.), die vier Könige in dem Spiel sind ausdrücklich als Juden charakterisiert (nach V. 62 warten sie noch auf den Messias, V. 203 beruft sich einer von ihnen auf Moses, nach V. 302 ff. sind sie vom selben Stamm wie die Propheten, etc.). Es könnte danach scheinen, als ob der Antichrist sich hier nur an die Juden wende und ihm nur die Juden zum Opfer fielen. Das stünde im Widerspruch zur gesamten Antichristtradition. Andererseits ist auch in dem Stück nirgends gesagt, daß die Christen etwa gegen den Antichrist gefeit wären. Die einzig mögliche Erklärung für diesen Widerspruch ist, wie mir scheint, die, daß die vier Könige zugleich die Juden repräsentieren als die Opfer des Antichrist, die von Enoch und Elias zum Christentum bekehrt werden, und die Fürsten der Erde, wobei die Vierzahl die Gesamtheit der Erde (vier Himmelsrichtungen) bezeichnet. "Godes people" (V. 639) bezieht sich sowohl auf die Juden als auch die gesamte Menschheit, d.h. die Juden stehen antitypisch für die Menschheit 11 7. Der mittelalterliche Dichter strebt gerade nicht nach eindeutiger Bestimmung seines Gegenstandes sondern sucht, seine über sich hinausweisende "allegorische" Mehrdeutigkeit darzustellen. Logische Unstimmigkeiten kommen ihm dabei wahrscheinlich nicht einmal zum Bewusstsein. In so gut wie allen diesen Dramen sind die Juden zwar als Gefolgschaft des Antichrist, der sich als der erwartete Messias ausgibt, vorausgesetzt und wohl auch durch das Kostüm als Juden bezeichnet, überall wendet sich jedoch der Antichrist an die ganze Menschheit, nicht vorwiegend an die Juden. Die Verbindung des Antichrist mit den Juden wird gewöhnlich in einer Proklamations-und Huldigungsszene dargestellt, die Verstocktheit der Juden in der Verfolgung der alttestamentlichen Propheten Enoch und Elias, bzw. ihre Bekehrung in einer Szene mit den Propheten, im übrigen nehmen die Juden an der Handlung nicht teil. Die einzelnen Szenen bilden in diesen Dramen getrennte Einheiten 118, d. h. der Antichrist wird der Reihe nach mit verschiedenen Personengruppen gezeigt. Die Verbindung zwischen den einzelnen Szenen wird nicht von innen her durch den drama· 117
Das andere deutliebe Beispiel dafür bietet die Laude von Perugia, wo der populus
Jerusalem (nach V.12) die umtllla gente (V.S) vertritt, s.o. 142. w S.o. llOf.
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tischen Zusammenhang 118 oder ein gemeinsames Milieu hergestellt, sondern von außen her durch die Tradition der Antichristlegende. Der mittelalterliche Dramatiker gibt sich daher keine Mühe, die jüdische Herkunft und Umgebung des Antichrist dem Zuschauer durch wirklichkeitsgetreue Darstellung glaubhaft zu machen 110; er beschränkt sich darauf, das datum "Verbindung des Antichrist mit den Juden" zu vermitteln. Ganz im Gegensatz zu den älteren mittelalterlichen Dramen zeigt die Mehrzahl der großen katholischen Antichristdramen der Renaissance eine deutliche Tendenz, die jüdische Umgebung des Antichrist plastisch und mit eigenem Kolorit darzustellen. Von der Szenenfolge um die Geburt des Antichrist im Luzemer Antichristspiel war bereits die Rede 111• Statt der isolierten Proklamation weist das Stück eine bunte Szenenfolge "Tempelgang und Beschneidung des Antichrist" auf (II, 3-6) 111• Die Szenenfolge des "Aufstiegs des Antichrist" mit dem Wiederaufbau des Tempels 118, der Inthronisation, der Huldigung Gogs und Magogs und der Erhebung des Antichrist im Tempel durch die Teufel (II, 7-16) zeigt dieselbe Buntheit an genrehaften Details. Die Gegenbewegung setzt ein mit dem Auftreten der Propheten (II, 25 ff.), die einen Teil der Juden zum Christentum bekehren (V. 3406 ff.). Das Drama zeigt den Antichrist von Anfang bis Ende in jüdischem Milieu. Der zentrale Schauplatz ist der Tempel in Ierusalem mit seinen Priestern und Würdenträgem (V. 1457) und den Kranken und Bettlern vor der Pforte (nach V. 1480, V. 2025 ff.). Die menschlichen Personen in dem Stück sind mit Ausnahme einiger weniger Christen und Heiden (Darius mit seiner Gefolgschaft) alle Juden. Der Antichrist wird durch das ganze Stück hindurch als Messias der Juden angeredet. In Tuecis Drama ist ebenfalls der Schauplatz eindeutig als Jerusalem u• Eine Ausnahme macht der Tegernseer Antichrist, der eine durchgebende dramatische Linie aufweist. Hier sind jedoch die Juden als der Anhang des Antichrist ersetzt durch die Heuchler, der Dichter betont das Hervorgehen des Antichrist aus der christlichen Kirche. uo Dazu kommt, daß dem mittelalterlichen Künstler weitgehend das Streben nach historischer Treue fehlt. Wie der mittelalterliche Maler, so transponiert auch der mittelalterliche Dramatiker unbefangen biblische Vorginge in eine ihm vertraute Umgebung. 111 S.o. 120. 111 S.o. 131. 111 Der Wiederaufbau des zerstörten Tempels Salomons ist zusammen mit der Beschneidung diejenige Tat des Antichrist, durch die er sich besonders den Juden empfiehlt. Der Wiederaufbau des Tempels ist außer in dem Luzemer Spiel auch erwähnt im Chesterspiel (V. 37), im Spiel von Modane (II, 40) und bei Alarc6n (V.l726ff.) Vgl. Adso, 107. Die Beschneidung (Adso, 107) findet sich nur im Luzemer Spiel.
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bestimmt. Insbesondere im ersten Akt, der die Erstürmung der Stadt durch den Antichrist darstellt, spielt der Schauplatz eine wichtige Rolle. Die Szenenfolge mit den Vorbereitungen zum Angriff auf die Stadt (I, 7), den trügerischen Zusicherungen gegenüber dem Kommandanten von Jerusalem (I, 8), den Wachen auf den Wällen und dem nächtlichen Überraschungsangriff (I, 9 f.) ist voller atmosphärischer Spannung. In seiner Proklamation zu Beginn des zweiten Akts wendet sich der Antichrist ausschließlich an die Bürger der Stadt ("Accipite o cives ... ", 28), ebenso die Propheten ("Solymi o cives ... ", 43), die die Juden bekehren (Schlußwort des populus Judaeorum : "sequimur quocumque vocatis", 47). Auch in dem Drama Alarc6ns sind die Schauplätze genau bezeichnet. Auch hier führt sich der Antichrist als der erwartete 124 Messias aus dem Stamme David ein (1, 12), seine Gefolgschaft besteht ausschließlich aus Juden, die schließlich an ihm zu zweifeln beginnen (III, 28 ff.) und sich am Ende zu Jesus Christus bekehren (V. 2627). Außer der archäologischen Sorgfalt in der Zeichnung des Milieus des Antichrist zeichnet diese späteren Dramen gegenüber den meisten mittelalterlichen Schauspielen auch ein stärkerer dramatischer Zusammenhalt aus. Hier sind nicht mehr einzelne Szenen unverbunden nebeneinander gestellt, die jede einen der Punkte der Legende behandeln, sondern die Szenen treten zu Gruppen zusammen, die ganze dramatische Abläufe darstellen m. Gegen Ende des fünfzehnten Jahrhunderts erscheinen auch Gog und Magog in den Antichristdramen, wahrscheinlich im Zusammenhang mit dem Druck der Prophetie des Pseudo-Methodius 128 • Sie sind im Künzelsauer Fronleichnamspiel (Nr. 12, V. 5189), in Gengenbachs Nollhart (Nr. 16, V. 1413) und bei Alarc6n (Nr. 40, V. 1757, 2078, 2198 f.) erwähnt, im Luzemer (Nr. 30) und Modaner (Nr. 37) Spiel treten sie auf der Bühne auf. Nach der Tradition sind es heidnische bzw. jüdischem Stämme, bzw. 1" Hinweis auf die Erf'lillung der alttestamentlichen Prophetien V.722ff. Solche Hinweise finden sich ebenfa1ls in den Spielen von Tegernsee, Besan~n. Chester, (s.o. 14111'.), Luzem (V.l395ff.) und in dem Drama Tuecis (28). 111 Z.B. der Tempelgang des Antichrist, die Anwerbung Gogs und Magogs, die Gewinnung des Königs Darius, der Auftrtt der Propheten im Luzemer Spiel, die Eroberung Jerusa1ems, der Auftritt der Propheten bei Tucci, die Anwerbung Gogs und Magogs (1, 12-16), die Auseinandersetzung mit den drei Königen (I, 17-25) im Spiel von Modane und schließlich die ganze Sophia-, die ganze Ba1aam- und die ganze ElieserhandJung, sowie die Schlacht am Berge Tabor bei Alarc6n. 121 Vgl. dazu W. Peuckert, Die große Wende (1948, Nachdruck, Darmstadt : Wissenschaft!. Buchgesellsch., 1966), 164-171, bes. 166. 127 In den anderen Spielen unbestimmt, scheinen sie doch im Luzemer und Modaner
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deren Hemcher, die durch Alexander den Großen von der zivilisierten Welt abgeschnitten, durch den Antichrist am Ende der Zeiten befreit, Tod und Verwüstung über die Christenheit bringen werden. Zacharias Bletz, der Dichter des Luzemer Spiels, bemüht sich in den Gog- und Magogszenen, das Milieu der wilden Bergbewohner plastisch darzustellen 128, in dem Spiel von Modane gibt die Gog- und Magaghandlung Gelegenheit für Wunder, durch die sich der Antichrist legitimiert 119, und zu einer breiten, prunkvollen Huldigungsszene, in der der Antichrist als König der Juden ausgerufen wird 180• Jedenfalls verstärkt die Gog- und Magoghandlung das jüdische Element in den beiden Dramen. Die antijüdische Tendenz ist in der mittelalterlichen Antichristlegende von vornherein gegeben und tritt auch in den meisten Antichristdramen in Erscheinung. Die Juden sind in der Regel die ersten, die dem Antichrist zuströmen, und sie beweisen ihren Hass gegen das Christentum besonders in der Verfolgung und Tötung der Propheten Enoch und Elias. Gegen Ende des fünfzehnten Jahrhunderts verschärft sich in den deutschen Antichristspielen in auffallender Weise die antijüdische Tendenz 111. Während der AufrUhrungen eines Antichristspiels in Frankfurt 1468 und 1469 wurden die Juden angewiesen, in ihren Häusern zu bleiben, offenbar, da der Rat Ausschreitungen gegen sie befürchtete 131• In dem Künzelsauer Fronleichnamspiel (Nr. 12) sind die Juden als besonders rachsüchtige (V. 5207 f.) und mordlustige (V. 5247 f.) Feinde der Christen gezeichnet. In den Litaneien (V. 5201, nach V. 5221, nach V. 5268) versucht der Autor wahrscheinlich, den jüdischen Gottesdienst zu verhöhnen. Der Nollhart in Gengenbachs Drama (Nr. 16) kanzelt den Juden besonders grob ab. Das gehässigste und unflätigste Spiel gegen die Juden ist das FastnachtsSpiel als Juden vorausgesetzt zu sein. Die Vorlage für das Luzerner Spiel dürfte neben Ez XXXVIII und XXXIX (der Name Mosoch V.1746) vor allem Pseudo-Methodius gewesen sein (s.o. 79, An.m. 14, die beide offenbar heidnische Völker meinen. Nach V.1722fl". zu schließen, sieht der Autor jedoch Gog und Magog als Juden. Der Autor des Modaner Spiels stützt sich auf 2 K.ön XVII 1-6 (der Fluß Gozan), den Bericht über die Verschleppung der Juden durch die Assyrer. Er versteht also unter Gog und Magog die verschleppten Juden. Zu der Frage der Identifizierung von Gog und Magog mit den verlorenen Stämmen Israels vgl. Andrew R. Anderson, Alexaru:kr's Gate, Gog, and Magog, and the lnclosed Nations, The Medieval Academy of America, Publications, XII (Monographs, V, Cambridge-Mass., 1932), 58·86. 11s Vgl. besonders II, 12. 1ae I, 14, 1S. 110 Gros, 75. Dl Vgl. dazu Peuckert, Die große Wende, 131-143. 128 S.o. 4S.
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spiel vom Herzog von Burgund (Nr. 13). Das Spiel behandelt nicht das endzeitliche Antichristgeschehen, von dem die Sibylle sagt : 171,20 Das es doch nirgendstat noch bot, sondern den Einzelfall eines Betrügers, der sich den Juden als Messias aufgeschwatzt hat na. Er versucht, sich durch Wunder zu legitimieren, wird aber von der Sibylle entlarvt, muß für die Juden ein Sündenbekenntnis ablegen, das unter anderem auch Ritualmorde an Christenkindem enthält (179, 32-180, 27), und wird schließlich Initsamt den Juden in der unflätigsten Weise verhöhnt und bestraft. Es handelt sich hier nicht um ein eschatologisches Spiel, sondern um ein unverhohlenes Hetzstück, das unter dem Vorwand, aktuelles Zeitgeschehen darzustellen 184, diejüdische Messiaserwartung aufs Korn nimmt 135, um dainit den Haß gegen die Juden zu schüren. Der Verfasser, Hans Folz, zeigt seine antijüdische Tendenz auch in anderen Fastnachtsspielen; wenige Jahre nach der Aufrührung dieses Fastnachtsspiels wurden die Juden aus Nürnberg ausgewiesen 1ae. Zusammenfassend läßt sich die Rolle der Juden im Antichristdrama folgenderweise charakterisieren. Die Juden sind von vomherein durch die Legende als die Anhänger des Antichrist gegeben. Im Mittelalter steht offenbar die jüdische Anhängerschaft des Antichrist antitypisch zugleich für die gesamte vom Antichrist getäuschte Menschheit. Das ändert sich einerseits Init der immer stärker werdenden judenfeindlichen Tendenz, die die Juden schließlich in ausgesprochenen Gegensatz zu den Christen stellt, beginnend im Spiel von Besan~n (Nr. 5), am deutlichsten im Spiel von Künzelsau (Nr. 12), dem Herzog von Burgund (Nr. 13) und Gengenbachs No//hard (Nr. 16). Auf der anderen Seite führt das Streben nach archäologischer Treue seit der Renaissance ebenfalls zur deutlichen Unterscheidung der Juden von den Christen. 4. DIE WELTER.OBER.UNGSPOLITIK DES ANTICHR.IST
Die drei (vier) Mittel : Terror, Bestechung, Wunder, (Predigt). Die Propheten des Antichrist. m Das Auftreten der Juden gegenüber den Christen (171, 28ft'.) erinnert an das Künzelsauer Spiel (V.SIOlff'.). m Die Sibylle kommt, um zu verkünden "die leuf, die itzund her und dar/ Sich in der werlt nu uben thun". (170, 4f.). 111 Zu dem Motiv Peuckert, Die grojJe Wende, 140 mit Anm. 111 Vgl. dazu Victor Michels, Stadien iiber die illtesten deutschen Fastnachtsspiele, Quellen und Forschungen zur Sprach- und Culturgeschichte der germanischen Völker, LXXVII (Straßburg : Trilbner, 1896), 233-240.
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Der Antichrist und die Fürsten. Der Antichrist und die Armen. Das Zeichen des Antichrist. Die Verfolgung der Kirche. Der Antichrist hat ein regelrechtes politisches Programm, das bei Adso folgendermaßen formuliert ist : "Eriget itaque se contra fideles tribus modis, id est terrore, muneribus et miraculis. Quos vero muneribus corrumpere non poterit, terorre superabit. Quos autem terrere non poterit, signis et miraculis seducere temptabit. Quos nec signis poterit, in conspectu omnium miserabili morte cruciatos crudeliter necabit" m. Das Vorgehen des Antichrist im Tegernseer Ludus (Nr. 1) folgt konsequent diesem Programm. Der König von Jerusalem wird terrore überwunden (ll, 2), ebenso der König der Griechen (ll, 3). Der Antichrist fordert seine Gesandten, die Heuchler auf : "Grecos terroribus aut bello subiugate" (V. 200). Dem französischen König gegenüber verwendet der Antichrist das Mittel der Bestechung : "Hec munera regi Franeorum ofl'eretis" (219). Bei dem König der Deutschen versucht er es zuerst durch Bestechung : "Hos nobis subicite donis si potestis" (V. 232). Als dieses Mittel versagt, überzieht er den deutschen König mit Krieg (terror) (V. 257 fl'.). Nach seiner Niederlage benützt der Antichrist sein stärkstes Mittel, das Wunder. Die Szene (II Sc) ist besonders wirkungsvoll dadurch, daß die Wunderheilungen des Antichrist und die Reaktionen des deutschen Königs rein pantomimisch ohne die Begleitung des Wortes dargestellt sind. Die Lehre von den drei bzw. vier Mitteln des Antichrist gehört zur festen Tradition der Antichristlegende. Sie tritt in ähnlichen Formulierungen in verschiedenen Antichristspielen auf. Im Spiel von Besan90n (Nr. 5, V. 218 fl'.) : Par dons et par faux preschemens, Et par les resuscitemens Des mors ...
Im Künzelsauer Fronleichnamsspiel (Nr. 12): 5137 Wan er mit gewalt vnd bosem gutt Vil wunders vnd groß zaicben dutt.
Im Weltgerichtsspiel Tuecis (Nr. 33, 16) rät Acheron dem Antichrist: ... Si quos nec facta Prodigia, et male suada fames non vicerit auri, Hos adige in tormenta reos ... m 108f. Vgl. auch H. Preuß, Die Yor~tellungen YOm Antichrist im spdteren Mittelalter, bei Luther und in t:kr ko'lfellionellen Polemik (Leipzig : Hinrich, 1906), 181f.
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Im Spiel von Modane (Nr. 37) unterrichtet ebenfalls Satan den Antichrist über die vier Mittel : jlatterie, mirac/es, libera/ite und supplice 188• Als die Opfer des Terrors des Antichrist erscheinen im Antichristdrama des Mittelalters die beiden Propheten Enoch und Elias 1ae, sowie die standhaften Christen. Der Märtyrertod des Enoch und Elias findet sich beinahe in jedem mittelalterlichen Antichristdrama. Die Verfolgung der christlieben Kirche 140 ist in den Spielen von Tegernsee (Nr. 1), Besan~on (Nr. 5) und besonders in den Spielen des 16.Jahrbunderts dargestellt. Das Hauptthema der Dramen von Foxe und Mildebrand ist ohnehin die Verfolgung der Kirche im Verlauf ihrer Geschichte. Bezeichnenderweise sind also die Hauptopfer des Antichrist im mittelalterlieben volkstümlichen Antichristdrama die beiden Propheten der Antichristlegende, die Darstellung der blutigen Verfolgung der christlichen Kirche und damit die aktuelle Interpretation der apokalyptischen Prophetie setzt sich gegenüber der abstrakten, wirklichkeitsfernen Legende erst später allgemein durch 141, Die Rolle der Henker des Antichrist spielen häufig die Juden 141, bzw. Gog und Magog 143, Der Terror des Antichrist ist symbolisiert im Feuerofen 144, Im protestantischen Drama der Reformation richtet sich der Terror des Papst-Antichrist gegen die Protestanten, die die wahre christliche Botschaft lehren und gegen die Kirche des Antichrist rebellieren 141. Der Scheiterhaufen der Inquisition repräsentiert den Feuerofen des Antichrist 141• Nach der Tradition verfügt der Antichrist über unermeßlichen Reichtum, da er Kenntnis der im Erdinnem verborgenen Schätze hat 147• Damit und mit den Ländern der Erde, die er behemcht, beschenkt er seine Getreuen. Im Spiel von Besan~on (Nr. 5) beschenkt der Antichrist sowohl die Armen (Sz. 19) 148, als auch zwei abtrünnige Kirchenfürsten (Sz. 25). Sowohl Arme als Reicne lassen sich von ihm bestechen. Die Bestechlich188
Prolog zum ersten Tag, vgl. Chocheyras, 186f.
ue S.u. 174ft'.
148
s.u. S.o. S.o. S.o.
144
s.o. 9.
140 141 10
162ft'. 162ft'. 142ft'. 146f.
S.u. 164ft'. Zu dieser typologischen Gleichsetzung vgl. Preuß, 133. 147 So wurde Dan XI 43 verstanden. 148 Bezeichnenderweise lassen sich die zehn Könige gerade durch diesen Beweis seiner Freigebigkeit gewinnen. 148
1"
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keit der Fürsten ist im Zürcher Spiel (Nr. 6) satirisch dargestellt. Das Thema "Geld" durchzieht das Stück wie ein Leitmotiv: V.204 241 263 275 328 337 370 399 432
Vnd dartzu gib ich euch pfenning vi1 Er hat golds vnd silbers vil Möcht ir haben silber vnd golt Das er vnß geb pfenning vil Golt vnd silber one zi1 Nu gebt/mir nu recht den solt Pfenning silber vnd golt Vnd dartzu golt vnd pfenning vil Ich gib dir silber vnd golt/ Ob er euch pfenning/ geben wü Mit/ pfenning mach ich dich reich
Der Antichrist von Chester (Nr. 7) verteilt Länder an die vier Könige (1, 7). In der Dresdner Johannisprozession (Nr. 15) warf der Antichrist Münzen unter die Menge. Ganz ähnlich läßt der Antichrist von Luzem (Nr. 30) Geld unter die Menge werfen (II, 9, II, 15, II, 33). Das Legendenmotiv vom verborgenen Schatz und seiner Auftindung durch den Antichrist läßt sich ebenfalls aus dem Luzemer Spiel belegen (II, 10) 1 " 1 • König Darius, der Vertreter der Fürstenmacht im Luzemer Spiel, wurde durch Bestechung gewonnen (V. 2372-2435). Das Motiv des Geldausstreuens findet sich ferner bei Tucci (Nr. 33, II, 4), bei Hildebrand (Nr. 34, IV, 2) und in dem Spiel von Modane (Nr. 37, I, 12). Wir finden also im Antichristspiel auf der einen Seite die Bestechung der Fürsten durch Zuwachs an Macht, auf der anderen Seite die Bestechung der Armen durch das Auswerfen von Geld. Das Motiv der Bestechung durch den Antichrist taucht wieder im antipäpstlichen Antichristdrama der Reformation auf. In den Fastnachtsspielen Die Totenfresser von Gengenbach und Manuel bringen die Papisten zum Ausdruck, welchen Gewinn sie an den römischen Totenmessen, dem Fegfeuer u. ä. haben. Der Bischof im Spiel Manuels formuliert das Verhältnis materieller Abhängigkeit am klarsten : V.14S Danck hab der bapst, von dem ichs han! In sinem glouben wü ich pstan; Bis in den tod halt ich sin pott : Er ist mir recht ein güter got.uo
In Bayles King John (Nr. 24) beschließt der Papst, Riten und Zeremonien u• In der Geburtsgeschichte erscheint das Motiv gleich doppelt, s.o. Slf. Zu vergleichen wlre etwa die Loyalitätserldirung Magogs an den Antichrist im Luzemer Spiel, V.3S09ff'. 110
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einzuf"Uhren, "wherby owr bysshoppes and abbottes shall get mony" (V. 1079). Einer der Kleriker in Negris Spiel (Nr. 28) erinnert einen zweifelnden Bruder daran, daß nur die Herrschaft des Papstes ihnen ihr dolce far niente garantiere (III, 4). Die Papstfigur Pseudamnus im Drama des John Foxe (Nr. 31) versucht ihre wankende Macht durch Geschenke an die Fürsten zu befestigen (V, 3). In der Komödie des Konrad Badius (Nr. 32) wird die Korruption der Papisten dem Zuhörer bzw. Leser mit ähnlicher Beharrlichkeit eingehämmert wie in dem Zürcher Spiel die der AntichristiaDer m. Neben den Geschenken an seine Anhänger ist ein wichtiges Bestechungsmittel des Antichrist seine Großzügigkeit in moralischen Fragen. Das kommt besonders deutlich zum Ausdruck in dem Churer Spiel (Nr. 17), in dem der Antichrist einer Reihe von Sündern, die den Lastern der superbia, avaritia, luxuria, ira und gula m frönen, sein Verständnis und seine Nachsicht versichert 118• Besonders wird die Nachsicht des Antichrist gegenüber dem Laster der luxuria betont, dem er selbst frönt 1" . Der Kaplan des Zürcher Antichristspiels (Nr. 6), der für seinen Herrn, den Bischof, spricht, fordert und erhält vom Antichrist Ehren, Gut und die Aufhebung des Zölibats (V. 385-402). Das Antichristspiel von Chester (Nr. 7) und das Drama Michael Hildebrands (Nr. 34) enthalten Aufforderungen, sich einem Leben in Wollust zu ergeben 1" . In dem Spiel von Modane (Nr. 37) erläßt der Antichrist ein Gesetz, das die Polygamie sanktioniert (I, 12). Die antipäpstlichen Dramatiker der Reformation benützen das Motiv der luxuria, um die heuchlerische Haltung der römischen Kirche gegenüber dem Zölibat und der Geschlechtlichkeit anzuprangern 111• Der Kaplan der Totenfresser Manuels (Nr. 19) preist den Zölibat geradezu, da er im Unterschied zur Ehe sexuelle Freizügigkeit gewährt 1111• In Kielmanns Tetzelocramia (Nr. 39) erhält ein Fürst vom Papst Dispens zur Heirat mit seiner eigenen Schwester. Als Wunder des Antichrist führt Adso an, daß er Feuer vom Himmel
rür
111 SAmtliehe der Vasallen, die Satan den Papst anwirbt, sind einzig daran interes· siert, was der Dienst für sie abwirft, vgl. V.l134, 1140, 1379, 13878"., 148Sf., 1526, 16178". 111 Zur Völlerei als Laster der Antichristianer vgl. das Zürcher Antichristspiel, V.406tr., 48Str. 111 Die Todsünden treten als Begleitung des Antichrist auf im Spiel von Luzem (V.13S7tr.), im Spiel von Modane (II, 33) und in dem Spiel von Anlpaß. 1M S.o. 90 und 133. 111 S.o. 133 mit Amn. 77. 1M Manuel, Totenfresser V. 149ft"., 249ft". 117 Manuel, Totenfresser, V.273tr.
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fallen, Bäume blühen und verdorren lassen werde, daß er das Meer aufwühlen und plötzlich beruhigen, Dinge in ihr Gegenteil verkehren 188, Wasserläufe umkehren, den Himmel durch Stürme aufwühlen werde und vieles andere mehr. Zum Schluß erwähnt er die Auferweckung von Toten u•. Die Zeichen des Antichrist bei Adso erinnern an die itinfzehn Zeichen des Gerichts der apokalyptischen Tradition 110• Das Tegernseer Spiel (Nr. 1) weicht aufrallig davon ab. Hier vollbringt der Antichrist nur Heilungswunder (II, 5c). Die Szene zeigt im Aufbau wie im Wortlaut starke Anklänge an die Berichte von den Heilungswundem Christi in den Evangelien 181• Während sich Adso also an die apokalyptische Tradition anschließt, gestaltet der Tegernseer Dichter die Wundertätigkeit des Antichrist nach dem Modell der Antithesis Christi et Antichristi als ein Gegenstück zum Wirken Christi 182• Die übrigen Antichristspiele folgen entweder der apokalyptischen Tradition Adsos oder der Antithesistradition des Tegernseer Dichters. Die Laudevon Perugia (Nr. 4) folgt beinahe wörtlich (V. 31 ff.) dem Bericht Adsos. Michael HUdebrand (Nr. 34) läßt den Antichrist mehrere Naturwunder vollbringen (Donner und Blitz, Sterne fallen vom Himmel) und einen Lahmen heilen (IV, 2). Auch die Wunder des Antichrist von Modane (Nr. 37) erinnern an die apokalyptische Adso-Tradition : der Lauf eines Flusses wird umgekehrt 111•, der Antichrist und seine Gefolgschaft durchqueren Meere und Flüsse trockenen Fußes, 114 der Antichrist läßt sein redendes Bild im Tempel aufstellen ••1 • Daneben finden sich Wunderheilungen nach der Antithesis-Tradition (1, 18). Auch in den späten Spielen von Ampaß (Nr. 41, lll, 4) und Landl (Nr. 42, m, 1) scheinen Naturwunder eine große Rolle gespielt zu haben. In den übrigen Antichristspielen vollbringt der Antichrist wie im Tegernseer Spiel überwiegend Heilungswunder. Der Zürcher Antichrist (Nr. 6) erweckt Tote. Im Spiel von Besan~on (Nr. 5) heilt der Antichrist einen 111 Zu den Vorkehrungen im Zusammenhang mit den sogenannten "messianischen Wehen", den Katastrophen vor dem Anbruch des Friedensreiches, vgl. Hedwig Kenner, Das P/u'Jnomen der rerluhrten Welt in der griec/Usch-1'6mischen Antike. Aus Forschung und Kunst, VIII, Klagenfurt: Geschichtsverein Kirnten (Sonn: Habelt, 1970), 76-78. 111
108.
S.o. 134, Anm. 83. 181 Vgl. K. Langosch, Geistliche Spiele, 2. Auftage (Dannstadt : Wissenschaft). Buchgesellsch., 1961), 280f. 1M Zur Antithesis s.o. 4, Anm. 7. 1M Wie bei Adso, lOB. 111 Offenbar nach Ex XIV. 111 Apk Xlll 14f. 110
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Blinden (Sz. 12), einen Aussätzigen (Sz. 15) und erweckt einen Toten (Sz. 16). Wie sich nach dem Untergang des Antichrist herausstellt, ist die Totenauferweckung nur ein Scheinwunder : der unbeseelte Leib wurde von einem Teufel bewegt (Sz. 28). Die Antichristologie qualifiziert seit der Scholastik die Wunder des Antichrist als Scheinwunder, das Antichristspiel bemüht sich, sie als solche aufzuweisen 1611• Der Antichrist von Chester (Nr. 7) kehrt einen Baum um, so daß die Krone im Boden steckt, und läßt die Wurzeln Früchte tragen 117, offenbar ein Beispiel für die Tendenz der Umkehrung der natürlichen Ordnung, wie sie auch in den apokalyptischen Wundern Adsos erscheint. Außerdem stehen im Chesterspiel auf des Antichrist Geheiß die Toten auf. Soweit folgt das Drama der Adsotradition. Die Totenauferweckungen werden durch Enoch und Elias als Scheinwunder enthüllt : die Toten schrecken vor der Hostie zurück 188• Der Antichrist von Luzem (Nr. 30) heilt Blinde und Lahme und erweckt Tote. Der Autor des Spiels gibt sich besondere Mühe, die Wunder des Antichrist als Scheinwunder zu demaskieren : alle Wunder sind von den Teufeln für den Antichrist inszeniert, die "Krankheiten" sind nur vom Teufel gegebene Einbildungen 181 • Einer der Christen durchschaut den Schwindel.und erleidet dafür den Tod (V. 2538 ff.). Der Antichrist Tuecis (Nr. 33) heilt einen Besessenen (ll, 1) und erweckt einen Toten (II, 2). Zwei Christen schmähen seine Wunder und erleiden den Tod. Eine zweite Totenauferweckung in Gegenwart der Propheten mißlingt (111, 1) 170• Hier läßt sich eine deutliche Tendenz des späteren Antichristdramas feststellen, den Antichrist als bloßen Schwindler zu brandmarken. Ganz deutlich ist diese Tendenz in dem Fastnachtsspiel vom Herzog von Burgund (Nr. 13), in dem der Antichrist nur noch einen harmlosen Theaterdrachen zu beschwören vermag. Wie in den Teufelsspielen und -szenen des mittelalterlichen Dramas löst sich hier die Angst vor dem Ende in ein Lachen über den durchschauten und damit harmlosen Widersacher auf, worin sich noch immer die alte heidnische apotropäische Funktion solcher Szenen bewährt m. 1.. Vg]. Preuß, 19. Bezeichnenderweise bat ein späterer Interpolator die Stelle bei Adso in diesem Sinne ergänzt mit Hinweis auf die Zauberkunststücke des Magiers Sirnon (108). 117 Vg]. dazu L.U. Luckeo, Antichrist and the Prophets of Antichrist in the Chester Cycle (Washington: The Catholic University of America Press, 1940), 53. 1.. S.o. 43. 1n Vg]. bes. V.19721f., 1506ff. 170 Die höhnische Aufforderung des Elias : .,majore vocandus voce fuit" (57) erinnert an seine Aufforderung an die Baalspriester im Alten Testament : "Clamate voce maiore" (1 Köo XVIII 27). 171 S.o. 112, Anm. 9.
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Im Chesterspiel (Nr. 7, I, 4) und im Spiel von Modane (Nr. 37, n, 39) inszeniert der Antichrist seine eigene Auferstehung vom Tode, offenbar ein weiterer Versuch zur imitatio Christi 171 • Der Antichrist Alarc6ns (Nr. 40) vollbringt keines der traditionellen Wunder; sein einziger Versuch, nämlich das abgeschlagene Haupt Eliesers zum Sprechen zu bringen, schlägt zu seinen Ungunsten aus. Den Effekt des Obernatürlichen sucht der Dichter nicht auf dem Wege über die alte Antichristlegende zu erreichen, sondern er benützt dazu, wie es für das Barocktheater typisch ist, rein bühnentechnische Mittel, vor allem die Flugmaschine : der Antichrist und sein Prophet, sowie der echte Elias bewegen sich beinahe ausschließlich durch die Luft. Der groteske mißglückte Flugversuch des Gracioso dient als burleske Entlarvung des Antichrist. Enochs und Elias' Auftritt auf feurigem Wagen in dem Spiel von Landl (Nr. 42) spricht für die Herkunft des Dramas aus demselben Bereich. Ober die Verbreitung der Botschaft des Antichrist sagt Adso : " ... per universum orbem nuntios mittet et praedicatores suos" 173• Die Heuchler, die Helfer und Gesandten des Antichrist, spielen eine tragende Rolle im Tegernseer Ludus (Nr. 1). Der Autor zeigt hier, daß der Antichrist nicht unvermittelt und aus eigener Kraft zur Macht gelangen wird, sondern durch die Unterstützung einer bestimmten Gruppe innerhalb der Kirche, nämlich der Heuchler 1741• In den anderen Spielen, in denen Apostel des Antichrist auftreten, ist offenbar wiederum lediglich eine Parallele zu den zwölf Aposteln Christi beabsichtigt. Der Autor des Künzelsauer Spiels (Nr. 12) redet expressis verbis von den "Zwölfboten" des Antichrist (V. 5155). Das Luzerner (Nr. 30) und Modaner (Nr. 37) Spiel weisen einander ähnliche Szenen der Aussendung der Apostel auf. Im Luzerner Spiel parodiert der Antichrist das Pfingstwunder : die Apostel empfangen seinen Geist (V. 1698 ff., V. 2136 ff.) 176• Er beauftragt sie, seine Botschaft auszubreiten, stattet sie mit Geld und Soldaten aus und weist sie an, gegen die Ungläubigen Gewalt anzuwenden. Er schärft seinen Aposteln ein, sich vor allem mit Geschenken an die Fürsten zu wenden 171• Das von L. Gros veröffentlichte Fragment des Modaner Spiels beginnt mitten in der Aussendungsszene : der Anti1n Zu dem Motiv s.o. 9. 108. 1" S.o. 137f. 171 Apg II. Eine Parodie des Pfingstwunders findet sich ebenfalls im Spiel von Chester (Sz. 6). 111 S.u. 156ft'. 171
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ehrist stattet seine Apostel mit Geld aus und weist sie an, damit freigebig umzugehen 111. Er gibt ihnen ferner die Kraft, Wunder zu vollbringen 178, und heißt sie, die (römische) Kirche mit Gewalt unterdrücken und der Welt neue Gesetze geben. Er versichert seine Apostel, sie briuchten sich nicht vor den Mächtigen und Fürsten zu scheuen, er werde ihnen eingeben, was sie zu sagen bitten m. Am Ende der Szene steht hier ebenfalls der Hinweis auf Gog und Magog. Auch das Fastnachtsspiel des Protestanten Hans von Rüte (Nr. 21) enthilt eine Szene der Aussendung der Apostel (Sz. d). Wiederum werden die Apostel aufs reichste ausgestattet (B IVr) : Vber Fürsten vnd herm m6ßt jr syn An gold/gelt/lust/ brott vnd wyn sand jr nit abgang noch mangel han Ich will üch ouch dapffer bystan.
Diese Szenen bilden offenbar eine Kontrafaktur zur Unterweisung und Aussendung der Apostel durch Jesus Christus (Matth X). Sie zeigen gewisse Ähnlichkeiten untereinander, die jedoch keine direkte Abhängigkeit voneinander beweisen. Wie hier, so gilt grundsätzlich vom Antichristdrama, daß Ähnlichkeiten, solange sie im Rahmen der Antichristtradition bleiben. keine literarische Abhängigkeit konstituieren 110. Die Apostel des Antichrist haben im übrigen auf der Simultanbühne des Mittelalters auch eine wichtige szenische Funktion zu erfüllen, indem sie die Verbindung zwischen den sedes herstellen. Alarc6n (Nr. 40) geht in Hinsicht auf die Apostel des Antichrist wieder eigene Wege. Sein Antichrist ernennt sich einen Elias, da ja die Rückkunft des Elias nach den Propheten dem Kommen des Messias vorangehen sollte. Er gibt dem falschen Elias das Vermögen, in Zungen zu reden (1, 4) 181 • Außer ihm macht er noch den Gracioso Balan zu seinem Propheten unter den Hirten (I, 5). Ober die Reihenfolge, in der der Antichrist Proselyten macht, sagt Adso : "Reges autem et principes primum ad se convertet et deinde per illos ceteros populos" 181• Hier liegen offenbar Bibelstellen zugrunde, die scharfe Kritik an den Fürsten und Mächtigen üben, etwa 1 Kor 2, wo
n
177 Der Antichrist polemisiert hier gegen die bettelnden Minoriten und Augustiner. Es handelt sic:h also wiederum um eine Antithesis zum Gedanken apostolischer Armut. vgl. Matt x 9. 1 71 Vgl. Matt x 8. 171 Vgl. Matt X 19. 180 S.o. 28. 181
Vgl. Apg
111
108.
n.
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den Mächtigen grundsätzlich die Fähigkeit abgesprochen wird, die Heilswahrheiten zu erkennen, und Apk XVI 14, wonach sich die Prediger des Antichrist vor allem und mit Erfolg an die Fürsten wenden. Verschiedene Antichristspiele heben die besondere Anialligkeit der Mächtigen für die Botschaft des Antichrist hervor. In der Laude von Perugia (Nr. 4) wird der Antichrist ausdrücklich durch zwei Könige eingeführt; wahrscheinlich darf man das als Ausdruck des Mißtrauens der Flagellanten, unter denen das Stück entstanden ist, gegenüber der weltlichen Obrigkeit interpretieren. Im Spiel von Besan~n (Nr. S) huldigen dem Antichrist zehn Könige, nachdem er durch Beschenkung der Armen seine Freigebigkeit erwiesen hat (Sz. 18, 19). Der Antichrist des Zürcher Spiels (Nr. 6), der sich ausdrücklich zuerst an die Fürsten wendet: V. 192 ,,Ich heb an dem höchsten an". gewinnt den Kaiser und seine Ratgeber durch Bestechung und durch ein Wunder (Sz. 7-9). In beiden Dramen, dem von Besan~n und dem von Zürich, gehören zu den bestochenen Fürsten Prälaten : im Spiel von Besan~n ein Bischof (Sz. 16) und zwei Kardinäle (Sz. 25), in dem von Zürich ein Bischof und zwei Äbte (Sz. 11 und 12). Die Kritik an den verweltlichten Gliedern des Klerus setzt eben schon lange vor der Reformation ein 181• Besonders boshaft sind die Geistlichen im Zürcher Spiel geschildert. Der Antichrist bezeichnet sie geradezu als seine Werkzeuge : V.366 ... dich vnd dein pfaffen Hab ich dartzu beschaffen Das ir die werlt solt/ Jem Vnd tzu meinem gelawben kem Sie sind als geldgierig, unkeusch und freß- und saufgierig gezeichnet, machen sich also der Todsünden der avarltia, /uxuria und gu/a schuldig. Der besondere Ingrimm, mit welchem der Verfasser die geistlichen Fürsten darstellt, weist voraus auf das Drama der Reformation.
xaa Schon Adso findet die "Antichristi et ministri Satanae" sowohl unter den Laien als im Klerus (106). Der Antichrist von Tegernsee weist auf seine Herkunft sub ecc/esie gremio (V.I83) hin, seine Apostel, die Heuchler, gewinnen die Gunst der Laien (V.l69) durch ein Programm der Reform der verweltlichten Kirche (V.l71ff.). Zur Kritik an der Kirche Im Mittelalter vgl. Erwin Herm~ann, "Veniet aquila, da cuius volatu delebitur leo", Fesli'l'a I.Anx, Festschrift /iir J. Spoerl (München : Salesianische Offizin, 1966), 95-117, bes. 96, Anm. 6, sowie FJ. Stopp, "Reformation Satire in Gemi&Dy", Oxford Guman Studie&, lß (1968), 53-68, und besonden Helga Schüppert, Kirchenkritik in der latt!inlschm Lyrik tks 12. und 13Jalvluurdert6, Medium Aevum, XXlll (München Fink, 1972).
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Im Chesterspiel (Nr. 7) gewinnt der Antichrist vier Könige 184 durch Wunder und belohnt sie durch Belehnungen mit Ländern und Städten. Auf die Disputation des Antichrist mit Enoch und Elias hin bekehren sie sich zu Christus und sterben den Märtyrertod. Das Antichristspiel der Reformationszeit führt den Gedanken Adsos fort. In dem Fastnachtsspiel Hans von Rütes (Nr. 21) gibt "Frau Wirrwarr" dem Papst "Starblind" den Rat, sich vor allem an die Fürsten zu wenden, und besonders den mächtigsten von ihnen, "Melissus Alsmar", für sich zu gewinnen. Der Papst Bonifatius ill. in dem Geschichtsdrama Ochinos (Nr. 29) gewinnt die Unterstützung des Kaisers Phokas für seine Absichten auf die Suprematie der Kirche. Der Antichrist des Spiels von Luzern sichert sich durch den König Darius die Unterstützung der weltlichen Fürsten 1111. Auch der Papst Pseudamnus im Drama des John Fox (Nr. 31) versichert sich der Fürsten durch Schmeichelei und Bestechung (IV, 7, IV, 8, V, 3). In allen diesen Dramen gewinnt der Antichrist die Fürsten mühelos durch die Mittel der Bestechung, der Schmeichelei und des Wunders. Dagegen steht eine Reihe von Antichristdramen, in denen Fürsten dem Antichrist Widerstand leisten und als Opfer seines Terrors fallen : wiederum das Chesterspiel (Nr. 7), die Dramen des Naogeorgus (Nr. 23) und Bales (Nr. 24), das Antichristspiel von Modane (Nr. 37) und das Drama Alarc6ns (Nr. 40). Die biblische Grundlage für diese Version findet sich bei Daniel XI 43, der Prophezeiung der gewaltsamen Unterwerfung Ägyptens, Libyens und Äthiopiens durch den Antichrist 1811• Das Spiel von Modane (I, 17-28) und das Alarcons (II, 1 und 111, 4 ff.) folgen dieser apokalyptischen Tradition. Im Mittelpunkt der Dramen Naogeorgs und Bales dagegen steht der Kampf des Papst-Antichrist gegen die weltlichen Fürsten um den politischen Primat, d. h. jener Prozeß der mittelalterlichen Geschichte, in dem die protestantische Geschichtsschreibung die Entwicklung des Papsttums zum Antichrist sich vollziehen sah 187 • Hier hat der Antichrist also zum ersten Mal einen wirklichen Gegner, abgesehen von den beiden Propheten der Legende. In dem Kampf gelingt es dem Antichrist, seinen Gegner, den Kaiser Julian, bzw. König John völlig zu isolieren, indem er alle dessen 1" Die vier Könige. die nur im Chesterspiel vorkommen, vertreten wahrscheinlich die vier Weltteile und bezeichnen so die Welthemchaft des Antichrist (s.u. 160, Anm. 193. 111 Der Antichrist weist seine Apostel ausdrücklich an, sich zuerst an die Fürsten zu wenden (V.1712fl'.). 111 S.o. 43. 187 Vgl. Hübner, ,.Studien zu Naogeorg. I. Pammachius", Zeltschrift für deutschu Altertum und deutsche Uteratur, LIV, N.F. XLII (1913), 304-309.
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Untertanen durch Bestechung 188 bzw. geistlichen Zwang 181 auf seine Seite bringt 110, so daß auch die Herrscher schließlich unterliegen. Das mittelalterliche Antichristdrama stellt also die Fürsten im allgemeinen, der Johannesapokalypse folgend, als willige Opfer der Verführungskünste des Antichrist dar. Die Ständekritik., die damit in der Antichristtradition angelegt ist, kommt im Zürcher Antichristdrama, das für die legendären Endzeitkönige Reichsfürsten der Zeit einsetzt, zum vollen Durchbruch. Für das Geschichtsdrama der Reformation, die den Antichrist mit dem Papst identifiziert, entspricht dem Aufstieg des Antichrist das Ringen des mittelalterlichen Papsttums um die Suprematie und damit werden die Gegner des mittelalterlichen Papsttums, nämlich die Fürsten, schließlich zu Märtyrern (King John) im Kampf gegen den Antichrist. Die Fürsten des mittelalterlichen Antichristdramas sind lediglich Typen, die innerhalb des Antichristgeschehens eine bestimmte Funktion zu erfüllen haben, Typen der avaritia (Bestechlichkeit), der superstitio (Wundergläubigkeit), der superbia (Hochmut) 191, etc. Darüber hinaus werden sie nicht durch persönliche Züge charakterisiert. Die Fürsten im Antichristdrama der Reformation (Kaiser Julian im Pammachius und King John) entwickeln in ihrem Ringen mit dem Papsttum persönliche Züge und erwecken in ihrem Untergang die Sympathie des Hörers bzw. Lesers, womit eine tragische Note anklingt, die dem mittelalterlichen Theater völlig fehlt m. Weit seltener als die Fürsten treten die unteren Klassen in den Antichristspielen auf : im mittelalterlichen Antichristspiel nur im Spiel von Besanc;on, in den späteren katholischen Antichristspielen, die die mittelalterliche Tradition fortsetzen, in dem Spiel von Modane und bei Tucci (II, 3 f.) In diesen Fällen ist nicht das geringste Anzeichen dafür zu finden, daß der Verfasser soziale Spannungen zwischen Arm und Reich hätte auf die Bühne bringen wollen oder gar, daß man erwartet hätte, der Antichrist werde soziale Spannungen für seine Zwecke ausnützen. In dem Spiel von Besanc;on (Nr. 5) sind es gerade die Könige, die den Antichrist an die Armen erinnern : 118
Pammachius, V.1812ff.
ue Das Interdikt im King John, V.975ft". 1eo Im King John bildet das Ringen der beiden Gegner um die Reichsstilode (Nobility, Clergy, Civil Order, Commonalty) die Haupthandlung des Dramas. Die Stände unterscbeiden sich in ihrer Haltung nur unwesentlich, das Motiv der Ständekritik tritt völlig zurück hinter der politischen Absicht (Einigkeit gegenüber dem Papsttum). 1111 Den Typus des superbus verkörpert der französische König des Tegernseer Ludus d4 Antichrlsto. 1111 S.o. 127. Zu dieser Wirkung trlgt besondei'S bei die Isolierung der beiden Helden, sie sind monumenoi wie die Helden der griechischen Tragödie.
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939 Mais d'une chose m'esbay Se de vous sont povre hai, Quant de vos biens ne leur donnez.
Der Autor, sicherlich ein Kleriker, setzt ein geradezu idyllisches Verhältnis zwischen Reich und Arm voraus. Die Antwort des Antichrist : 942 Je suis a touz abandonnez Autent aux povres comme aux riches ...
und die folgende Beschenkung der Armen haben den Zweck, zu :zeigen, daß der Antichrist alle ohne Ausnahme zu verführen sucht, daß ihm niemand entgehen kann 113• Im Antichristspiel von Modane (Nr. 37) werden politische Unruhen und Aufstände (I, 3, 6, 10) nach der biblischen Tradition (Matth XXIV 6 f., 10) als Zeichen des nahenden Gerichts angeführt. Die Wirkung der Predigt der Apostel des Antichrist wird am Beispiel eines "gentilhomme" und eines "laboureur" gezeigt (I, 18). Beide schließen sich dem Antichrist an, beide aus dem gleichen Grund : Gentilhomme (Gros, 110)
... ces prescheur ... preschent Ia loy de liberte
Laboureur (111)
... Oes) vrays fideJJes vivent tousjour en liberte.
Der Autor gibt sich nicht die geringste Mühe, die beiden sozialen Klassen zu unterscheiden, er läßt sie auftreten, nur um zu :zeigen, daß "tant de nobles que laboureurs" (112)
das heißt, alle Menschen ohne Ausnahme dem Wirken des Antichrist ausgesetzt sind. Es zeigt sich hier einmal mehr, wie völlig detachiert das traditionelle Antichristspiel mit wenigen Ausnahmen der politischen und sozialen Wirklichkeit gegenüberseht Ganz anders steht es im Drama der Reformation, jedenfalls im Fastnachtsspiel, in dem Vertreter aller sozialen Schichten zu Wort kommen. Hier sind es gerade die Armen, die unter dem Druck der Kirche am emp10 Vgl. Apk XIll 7, 16, wo die Totalitlt seines Wirkens mit Ihnlichen antithetischen Formulierungen ausgedrückt ist : "Hohe und Niedrige, Arme und Reiche", vgl. ferner das Redentiner Osterspiel, V.1120 und Grimms WOrterbuch VIII, 581. Die Formel findet sich ferner im Antichristgedicht der Frau Ava, V.77 (Maurer, II, 495), im Linzer Antichrist, V.653 (Maurer, III, 399) und in Heinrich von Neustadts Yon Gottu Zukunft, V.5219.
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findliebsten leiden, die ihrer Unzufriedenheit Ausdruck verleihen oder sich gar offen gegen die Kreaturen des Papst-Antichrist empören. In Gengenbachs Totenfressern (Nr. 18) klagen ein Bettler, ein armer Landpfarrer, ein verarmter Edelmann und ein Bauer m über ihr Elend durch die Schuld der Kirche, bei Manuel ein armer kranker Häusler und ein verarmter Edelmann, der in seinem Zorn mit Gewalt droht (V. 618, 634). Diese Auftritte geben ein bewegendes Bild der wirtschaftlichen Not der unteren Schichten. Eine Gruppe Bauern unterhält sich, ebenfalls in Manuels Totenfressern, über den AblaßschwindeL Bei Hans von Rüte (Nr. 21) bekehren sich die Bauern unter dem Eindruck der Predigt des "Gottlieb" zum Evangelium und sagen dem Papst-Antichrist ab (Sz.t). Im Combißt (Nr. 26) und im Bileamsese/ (Nr. 27) werden die Papisten von Bürgern und Bauern verprügelt und davongejagt. Obwohl sich diese Spiele ausschließlich gegen die geistlichen Fürsten richten und die Notwendigkeit der weltlichen Obrigkeit ausdrücklich anerkennen 115, werden doch hier überall neben den religiösen auch soziale Gründe angeführt : was die Kirche so verhaßt macht, ist ihr unersättlicher Geldhunger, der die unteren Schichten ins Elend treibt. Die Behandlung der Fürsten und der Armen zeigt deutlich die Unterschiede und den Wandel im Antichristdrama vom Mittelalter zur Reformation. Im Drama des Mittelalters 111 konzentriert sich das Interesse der Dichter völlig auf die Legende, die unermüdlich in ihrer starren, abstrakten apokalyptischen Form wiederholt wird, ohne sich mit aktueller politischsozialer Wirklichkeit aufzuladen 1t7. Ganz im Gegensatz dazu behält das Antichristdrama der Reformation zwar die volkstümliche Legende als äußere Hülle bei, die dem Leser ohne weiteres den heilsgeschichtlichen Zusammenhang suggeriert, ihr wirkliches Interesse gilt jedoch nicht ihr, sondern dem darunter hervorscheinenden Bild der aktuellen religiösen, sozialen und politischen Wirklichkeit. Die apokalyptische Legende f"üllt sich so sehr mit aktueller Wirklichkeit, daß sie gleichsam wie eine alte Haut platzt und teilweise abgestreift wird. 1"
Zur Aufwertung der Bauern durch die Refom1ation vgl. Kurt Uhrig, "Der Bauer
in der Publizistik der Refom1ation bis zum Ausgang des Bauernkrieges", Archiv für Reformatlonsgeschichte, XXXIII (1936, Nachdruck, 1964), 70-125, 16S-22S und Wemer Lenk, Die Reformation im zeitgenö.rsischen Dialog, Deutsche Bibliothek, I (Berlin : Akademie Verlag, 1968), 33ft". lN Manuel, V.119Sff., Combißt, V. 174. 1M Mit den beiden Ausnahmen des Tegernseer und des Zürcher Spiels. m Wirklichkeit dringt ins mittelalterliche Antichristdrama nur in Gestalt ham1loser Genreszenen ein, s.o. 118ft".
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Das konservative katholische Theater der Gegenreformation knüpft unbeirrt an die wirklichkeitsfremde mittelalterliche Tradition an. Das Fehlen eines aktuellen Inhalts wird durch barocken Theateraufwand wettgemacbt188. Adso stellt fest, daß alle Anhänger des Antichrist sein Zeichen auf der Stirn tragen werden (112, Sackur). Die Bibelstelle, auf die er sich stützt (Apk XIII 16 ff.), führt weiter aus, daß nur seinen Anhängern gestattet sein werde, zu kaufen und zu verkaufen, das heißt, alle übrigen werden aus der menschlichen Gemeinschaft ausgestoßen. Das Motiv findet sich mit leichten Varianten in den Spielen von Tegernsee, Besancon (Nr. 5, Sz. 13), Zürich (Nr. 6, Sz. 9), Luzern (Nr. 30, II, 16, 28), im Antichristspiel Bildebrands (Nr. 34, IV, 2), im Spiel von Modane (Nr. 37, II, 44) und im Drama Alarc6ns (Nr. 40). Während alle übrigen Versionen der Tradition folgen, gestattet sich Alarc6n, das Motiv zu einer dramatischen Anagnorisis auszuspinnen : der falsche Prophet Elias erkennt das Zeichen auf der Fahne des Antichrist als dasselbe, mit dem er die Nacht zuvor stigmatisiert wurde 1eo. Erbarmungslos verfolgt der Antichrist alle, die sich nicht zu ihm bekehren. Die Schrecken dieser Verfolgung sind in den apokalyptischen Büchern des Alten und Neuen Testaments und in der ganzen Antichristtradition ausführlich geschildert aoo. Auch Adso beschreibt die Verfolgung im Detail : "Tune omnis fidelis christianus . . . sive per ferrum sive per ignem fornacis sive per Serpentes sive per bestias sive per aliquid aliud quodlibet genus tormentarum interibit, si in fide permanserit". (109) Im Antichristdrama werden diese Greuel entweder allegorisch oder, seit dem ausgebenden Mittelalter in zunehmendem Maß, naturalistisch dargestellt. Das Opfer der Verfolgung ist für das Mittelalter und für das katholische Antichristdrama der Neuzeit, das die Protestanten nur als Häretiker betrachtet, die christliche Kirche, für das protestantische Drama sind das Opfer die Protestanten, die Verfolger der Papst und die Kirche. Wir betrachten zunächst das traditionelle mittelalterlich-katholische Antichristdrama. Das älteste der uns erhaltenen Antichristdramen, der Tegernseer Ludus de Antichristo, (Nr. I) stellt die Verfolgung der Kirche alleua Zu denken ist etwa an das Jesuitentheater (fucci) oder das dreitll.gige Spiel von Modane, das mit gewaltigem Aufwand inszeniert wurde : man ließ sogar ein Kamel aus Turin kommen, vgl. Gros, 36-SO. 188 S.o. 132. Die Fahne erinnert an die Kreuzes-Fahne Christi; das Zeichen des Anti· ~:brist P (peccatum) findet sieb schon bei Dante, Purgatorio, IX, 112. 100 Angst scheint das Hauptmotiv des christlichen Apokalyptikers zu sein, s.o. IOff.
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gorisch dar : Ecclesia, die Verkörperung der Kirche, wird von den Antichristianem unter Beschimpfungen und Schlägen aus dem Tempel in Jerusalem vertrieben und zieht sich zum Sitz des Papstes zurück (nach V. 194). Nach dem Märtyrertod der Propheten und der Synagoge singt die Kirche eine Stelle aus dem Hohen Lied Salomons (V. 401) : "Fasciculus mirre dilectus meus mihi", die sowohl ihr Leiden als auch die Erwartung des himmlischen Bräutigams (die bevorstehende Wiederkunft Christi) ausdrückt sot. Im Spiel von Besancon (Nr. 5) beteiligen sich die Juden maßgeblich an der Verfolgung der Christen. Der Papst, der hier die Kirche repräsentiert, wird gefangen vor den Antichrist geführt, bleibt standhaft bei seinem Bekenntnis zu Jesus Christus und wird dafür ins Gefängnis geworfen, zwei Kardinäle fallen zum Antichrist ab so•. Im Spiel von Chester (Nr. 7), in dem die Kirche mit keinem Wort erwähnt ist, sterben die vier Könige als Märtyrer für das Christentum soa. Hier im Chesterspiel und besonders in den katholischen Spielen des 16.Jahrhunderts werden die Greuel der Verfolgung auf offener Bühne gezeigt. Das Spiel von Luzem (Nr. 30) weist eine Reihe von Szenen auf, in denen Christen auf der Bühne erschlagen werden (II, 13, 20, 38). Die Schilderung der Christenverfolgung durch Gog läßt an Roheit nichts zu wünschen übrig : 2592 Jcb hab min glust ob jnen bßst. vil mal jren lachen mßst, wans allso ein zablen war. warffein kind bin, das ander bar, scblftg oucb etlicb an die wend. Dass alls ir ellteren gsen bend ...804 Im Drama Tuecis (Nr. 33) treten zwei Christen wider den Antichrist auf (II, 1f., II, 4) und sterben (hinter der Szene) 101 den Märtyrertod. Außerdem tritt die allegorische Gestalt der Kirche auf und klagt über die Verfolgung (1, 1). Die Darstellung Mildebrands (Nr. 34) ist pedantisch allegorisch : eine Person "Diestramenus" repräsentiert die zersprengte Kirche, die sich unter dem Schutz des Gotteswortes- "Tutela verbi Dei" tritt leibhaftig auf der Bühne auf(!)- ins Elend flüchtet (IV, 1) soa. Vgl. dazu Gerhard Günther, Der A.ntlchri:rt (Hamburg : Wittig, 1970), 231ft". Das Spiel von Besan~on beweist eine recht kritische Haltung dem hohen Klerus gegenüber, s.o. 157. 11111 Sie spielen also die Rolle, die sonst die Iegendiren drei Könige von Ägypten, Libyen und Äthiopien spielen, s.o. 158. - Sicher ein typologischer Hinweis auf die caede:r lnnocentium Matth n 16-18. IOii Sicherlich nach dem Vorbild der klassischen Tragödie. - Zur Flucht der Kirche ins Elend vgl. Apk XII 14. 1101
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Das Äußerste an grausamen Details über die Christenverfolgung bietet das Spiel von Modane {Nr. 37): das Spiel bildet ein nahezu erschöpfendes Register von Foltermethoden und Hinrichtungsarten. In dem Drama Alarc6ns (Nr. 40) sterben Elieser, Sofia und Balaam den Märtyrertod, zwei zum Christentum bekehrte Juden und eine Christin. Das Haupt des erschlagenen Elieser wird in einer Schüssel auf die Bühne gebracht (lli, 21). Im ganzen läßt sich im traditionellen Antichristspiel in der Darstellung der Verfolgung der Kirche und der standhaften Christen im Laufe der Zeit ein deutlicher Zug zu krudem Naturalismus feststellen. Der in ihrer Zurückhaltung 107 höchst eindringlichen sinnbildhaften Szene des Tegernseer Ludus steht das abstoßende und in seiner Monotonie ermüdende permanente Blutbad von Modane in schroffstem Gegensatz gegenüber. Die Worte des Kardinals in Manuels Totenfressern {Nr. 19) : V.lll Wann mir nit wer mit todten wot, So leg nit menger acker vol, Die durch mich und minc gscllcn,
So stlt nach unfrid stellen, Sind erschlagen und erschoßen. Des han ich mechtig wol genoßen, Das ich so gern sach cristenbtflt ...
die sich durch weitere Stellen ergänzen lassen, wie etwa V. 720, wo von demselben Kardinal gesagt wird, daß er "vil cristener kApf zerspalt", oder V. 1569, wo er einen Krieg wünscht, "das cristenbldt gemm himel sprützt", zeigen eine verblüffende Ähnlichkeit zu Gogs Äußerungen im Luzemer Antichristspiet Der Kardinal und seine Hauptleute sind dem Papst, was Gog und Magog dem Antichrist sind. Was das Motiv der verfolgten Kirche im protestantischen Drama anbetrifft, so beziehen sich die betreffenden Stellen immer auf eine historische oder zeitgeschichtliche Situation, wie es für das politisch engagierte Reformationsdrama zu erwarten ist. Auf der anderen Seite bieten die protestantischen Dramatiker das Motiv überwiegend in der Form der Allegorie, einem Erbstück aus der mittelalterlichen Moralität 2oa. So gut wie alle Antichristdramen der Reformation enthalten Hinweise auf die päpstliche Inquisition, die diese als Verfolgung des Antichrist ausweisen : in Agricolas historischem Drama {Nr. 22) stirbt Johannes
107 Wie bei den Wundem des Antichrist (s.o. 149) ist auch dieses Geschehen lediglich durch Pantomime dargestellt. Einige der Kernszenen des Dramas erhalten ihre Wirkung gerade daher, daß sie stumm sind. • S.o. 6Sf.
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Huss als ihr Opfer und Märtyrer ••. Im Fastnachtsspiel Hans von Rütes (Nr. 21), im Combißt (Nr. 26) und im Bileamsesel (Nr. 27) rufen die Papisten die Fürsten an zu einer militärischen Vergeltungsaktion gegen die Ketzer in Deutschland auf 00• Ihre Pläne durchkreuzt bei Rüte und im Bileamsesel der Sturz des Papstes durch höhere Intervention, im Combißt weigern sich die Fürsten, worauf die Papisten auf das bewährte Mittel der Inquisition zurückgreifen (II, 3). Hinweise auf päpstliche Inquisition und Ketzerverfolgung finden sich im Pammachius (Nr. 23, IV, 4, S), bei Bale (Nr. 24, V. 280-283, mit deutlichem anachronistischem Seitenblick auf die Zeit des Verfassers), bei Negri (Nr. 28, 111, 1, IV, 2, V, 2), bei Ochino (Nr. 29, S. 172 f., auch hier ist vor allem an die Gegenwart gedacht), beiFoxe(Nr. 31, V, 2) und bei FrischliD (IV, 3). Die Mehrzahl der Dramatiker der Reformation kleiden das Motiv außerdem in die Form der Allegorie. Die Opfer des Antichrist werden dabei entweder durch die Kirche (Ecclesia) ua oder durch die Wahrheit, das Evangelium (Veritas) oder durch die Allegorie der Nation des Verfassers repräsentiert. Bei Hans von Rüte klagt der Bemer Bär über das Pfaffenunwesen, bei Naogeorg vertreten Veritas und Parrhesia, ihre Dienerin, das verfolgte Christentum, sie müssen sich, wenn Satan zu kurzer Hemchaft aus seinen Fesseln gelöst wird, in Höhlen verbergen ata. In dem Drama John Bales vertritt die Witwe England die Kirche : sie beklagt sich über ihre gewaltsame Trennung von ihrem Gemahl Christus (V. 109 f.) und über ihre Mißhandlung durch den Klerus. Die Rolle der Verity beschränkt sich hier auf die posthume Verteidigung König Johns und des weltlichen Regiments gegen den päpstlichen Anspruch. Wie bei Bale die christliche Kirche durch den engeren Begriff der Nation ersetzt ist, so auch in dem Fastnachtsspiel vom Bileamsesel. Die Klagen der Kirche über die Verfolgung Sind hier der Eselin Germania in den Mund gelegt, der Eselin, auf der Jesus in Jerusalem einritt und die der Papst gestohlen hat. Bei John Foxe gibt sich Pomapolis, die Hure Babylon, im protestantischen Drama eine Allegorie für die katholische Kirche, als Ecclesia aus, die wahre Ecclesia Zur typologischen Verbindung s.o. ISO. Zur Rolle der Fürsten als Paladine des Antichrist s.o. 1S61f. 111 Zu vergleichen sind auch die Anwerbungsszenen bei Manuel (Nr. 19) und Badius (Nr. 32). ua Die Kirche erscheint in dieser allegorischen Rolle auch in mittelalterlichen (s.o. 162f.) und späteren katholischen Dramen (s.o. 163). Sopbia, die cbristlische Mirtyrerin im Drama Alarc6ns, ist in zweiter Linie auch eine Allegorie mr die Kirche, s.o. 103, Anm. 75. Außerdem tritt die allegorische Figur der Kirche in dem Spiel von Ampaß (Nr. 41) auf. au Das Motiv nach Apk VI 15. 10t1 111
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wird daraufhin als irrsinnig nach Bedlam gebracht (IV, 8). Am Schluß des Dramas wird die Braut Ecclesia zur Ankunft des himmlischen Bräutigams geschmückt (V, 5). Badius läßt am Ende seiner Komödie (Nr. 32) Verite mit himmlischem Trost für die Verfolgten und l'Eglise mit Klagen über die Verfolgung auftreten. Im Drama Kielmanns (Nr. 39) klagt Religio über die Leiden ihrer Tochter Veritas (1, I). Veritas wird am Ende des Dramas durch den Erzengel Michael aus der Gefangenschaft befreit (V). Aus diesen Angaben gebt deutlieb hervor, welche Bedeutung das Motiv der Verfolgung des Antichrist im Antichristdrama des sechzehnten Jahrhunderts gewinnt, offensiebtlieb unter dem Eindruck der Religionskämpfe. Während in dem biographisch-novellistischen Drama des Mittelalters häufig nur die beiden Propheten der Legende die verfolgte Christenheit repräsentieren, tritt im Drama des sechzehnten Jahrhunderts die religiöse Gemeinschaft, der der jeweilige Autor angehört, als Opfer der Verfolgung auf. Während das mittelalterliche und das katholische neuzeitliche Drama in der Darstellung der Verfolgung einen Hang zu krudem Naturalismus zeigen, ist die szenische Darstellung im protestantischen Drama überwiegend abstrakt-allegorisch, unter klärenden Hinweisen auf die Inquisition im Text. Das katholische Drama spricht mit starken optischen Mitteln vor allem die Affekte der Zuschauer an 11 4, das protestantische Drama wendet sich in erster Linie didaktisch an den Verstand. S. DIE ANTITHESIS CHRISTI ET ANTICHRISTI
Die Antithesis Christi et Antichristi ist ein alter Lehrsatz der Antichristologie. Sie akzentuiert den Dualismus Gott-Satan, Gut-Böse, etc., indem sie den Antichrist als genaues Gegenstück zu Christus präsentiert. Jedem Detail der Lebensgeschichte und Lehre Christi entspricht ein genau paralleles bzw. antithetisches Detail in der Lebensgeschichte und Lehre des Antichrist m. Es genügt hier wiederum, Adso anzuführen: . . . Christo in cunctis contrarius erit, id est Christo contraria faciet. Christus venit humilis, ille venturus est superbus. Christus venit humiles erigere, peccatores iustificare : ille e contra humiles deiciet, peccatores magnificabit, impios exaltabit semperque vitia quae sunt contraria virtutibus docebit. Legern evangelicam dissipabit, demonum culturam in mundo revocabit, gloriam propriam quaeret et omnipotentem Deum se nominabit ats. 114
Eine aufllllige Ausnahme bildet das verstiegen allegorisierende Drama Hildr
brands (Nr, 34). 111 S.o.4. llt
lOS.
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Besonders hebt Adso ab auf den Gegensatz der Humilitas Christi zur Superbio Antichristi. Superbia (zusammen mit Invidia) ist jene Sünde der Trennung von Gott und selbstsüchtigen Überhebung, die die Wurzel alles Übels bildet al?. Wie auf der einen Seite der Antichrist das völlige Gegenstück zu Christus darstellt (Antithesis), so versucht er auf der anderen Seite sich an dessen Stelle zu setzen, indem er ihn kopiert (lmitatio) 118• Dieses kontrastierendparallelisierende Verhältnis von Antithesis und Imitatio, das auch die Antichristtheologie bestimmt, bildet das formale Prinzip einer im Mittelalter florierenden Kunstform, nämlich der Parodie m. Die mittelalterliche Parodie bedient sich sehr häufig sakraler Texte, die sie in einer Weise variert bzw. mit neuen Inhalten füllt, daß eine in der Regel komische, zuweilen bitter satirische Diskrepanz zwischen dem ursprünglichen Text und dem parodistischen "Zitat" entsteht. Dieser Erscheinung begegnet man im Antichristdrama auf Schritt und Tritt, im Grunde genommen läßt sich der Antichrist als Parodie Christi auffassen : wie diabolus simia Dei so Antichristus simia Christi. Wie schon bemerkt folgen die Einzelmotive der Antichristlegende dem antithetischen Prinzip, im Rahmen des gesamten Dramas dagegen tritt im Mittelalter die Antithesis als Strukturprinzip zurück hinter der romanhaft-biographischen Legendenform, mit zwei Ausnahmen : in dem Zürcher Spiel (Nr. 6) ist die Antithesis in aller Deutlichkeit formuliert, bezeichnenderweise in einem Drama, das auch die satirische Komponente aufweist, die zu einem gewissen Grad für die Parodie charakteristisch ist 210• Das Tegernseer Spiel weist eine parallelisierend-antithetische Struktur von höchster Luzidität auf. Der Unterwerfung des Erdkreises durch den Römischen Kaiser (1. Teil) entspricht die Welteroberung durch den Antichrist (2. Teil). Die beiden Welteroberungen vollziehen sich in genau antithetischer Richtung : der Kaiser unterwirft die Christenheit von Westen nach Osten (Frankreich, Griechenland, Jerusalem) und wehrt zuletzt den Ansturm der Heiden ab, •n Vgl. z.B. Augustinus, de civitate Dei XIV, 3. Vgl. auch Wolfgang Hcmpel, tlbermuot diu alte ... , Studien zur Germanistik, Anglistik und Komparatistik:, I (Bonn : Bouvier, 1970), 198. Ps Lll 9, "Ecce homo,. qui non posuit Deum adiutorem suum", der /ocus classicus itir diese Vorstelluna, ist im Tcaemscer Spiel V.41S anseführt als antithetischer Hinweis zu Pilatus' ,.Ecce homo". 11a Zur Taufe s.o. 131, zur Einsetzung der Jünger s.o. 1SSf., zu den Wundem s.o. 1S2-1SS. 11t Dazu vgl. Paul Lehmann, Die Parodie Im Mitte/Qlter, 2.Auflage (Stuttgart : Hiersemann, 1963). uo S.o. 132f., JS7.
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der Antichrist unterwirft die Christenheit von Osten nach Westen (Jerusalem, Griechenland, Frankreich). Die Unterwerfung des deutschen Königs, der als einziger dem Antichrist zunächst Widerstand leistet, steht außerhalb der geographischen Reihenfolge am Ende der Reihe und erhält dadurch besonderen Nachdruck. Es folgen die Heiden und die Juden. Das Auftreten des Antichrist in Jerusalem ist in dem Drama nicht hinreichend motiviert, da ja der Tegernseer Antichrist eben nicht aus dem Judentum, sondern aus dem Schoß der Kirche hervorgeht und sich auch, obwohl er seine Tätigkeit in Jerusalem beginnt, in dem Spiel erst zuletzt an die Juden wendet. Der Tegernseer Dichter wird hier einerseits der Tradition folgen, andererseits gewinnt er durch das Auftreten des Antichrist in Jerusalem eine exakt antithetische Gegenbewegung zur Ausdehnung des Reiches und damit der Kirche durch den Römischen Kaiser. Die Bewegung des Heils geht von Westen nach Osten, die Bewegung des Unheils von Osten nach Westen ut, Dem Römischen Kaiser als dem defensor ecclesiae (V. 129) steht der Antichrist, der seductor pietatis (V. 391), gegenüber. Die beiden verkörpern die christliche Haupttugend der humilitas, bzw. das Hauptlaster der superbia. Alssuperbus ist zunächst der französische König charakterisiert (V. 82), der sich den gerechten Ansprüchen des Kaisers widersetzt. Damit ist der französische König von vomherein ein Parteigenosse des Antichrist, der am reinsten den Typ des superbusverkörpert aaa. Der Antichrist bezeichnet den französischen König denn auch als seinen Vorläufer 21111 • Die Antithesis von humilitas und superbia ist am klarsten ausgedrückt in den Schlußszenen der beiden Teile des Dramas. Am Ende des ersten Teils legt der Kaiser seine Herrschaftsabzeichen im Tempel in Jerusalem nieder und tritt seine Herrschaft Gott ab : 148 Tibi regi rcgum imperium resigno ...
Der Antichrist dagegen fordert kurz vor seinem Sturz am Ende des zweiten Teils göttliche Verehrung : 408 Ad coronam vocat suos deus deorum Die Niederlegung der Krone in Jerusalem durch den Endzeitkaiser ist 111 Zu vergleichen sind etwa die geographischen Spekulationen Ottos von Freising. Dazu vgl. W. Lammcrs in : Otto von Freising, Chronik oder die Geschichte der zwei Staaten, üb. v. A. Schmidt, hg.v. W. Lammers, Freiherr vom Stein- Gedlchtnisausgabc, Mittelalterliebe Reihe, XVI (Darmstadt ; Wisscnschartl. Buchgesellsch., 1972), LIVss. •u Vgl. Hempcl, 198 und (zum Tegernseer Ludus) 211f. 111 V.221-224. Der Vorwurf der subtillttU dürfte sich auf die franz.ösische Scholastik und besonders auf Abllard beziehen, vgl. G. Günther, Der Antichrist (Hamburg : Wittig. 1970), 29.
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einmal durch die Tradition vorgegeben 214• Daneben jedoch weist diese Szene im Tegernseer Antichristspiel auflallige Entsprechungen zu den Szenen der Anbetung durch die drei Könige im mittelalterlichen Drama auf: ... Imperator cum suis intret templum et postquam ibi adoraverit, tollens coronam de capite et tenens eam cum sceptro et imperio ante altare cantet :
Suscipe quod offero ... 1111 .. . (Magi) . . . Et intrantes domum invenerunt puerum cum Maria matre eius, et procidentes adoraverunt eum . . . Postea pergunt ante maius altare; ibique ßexis genibus offerunt munera sua cum coronis ... 121• Tune unus a suo famulo aurum accipiat et dicat : Suscipe, Rex, aurum 111. Die Entsprechungen sind nicht etwa zufällig. Die oblatio lmperatoris, die oblatio Magorum wie auch die oblatio der Messe gehören zum Typ der visltatio, des Aufsucbens der Gottheit an heiliger Stätte 218 • Wie die drei Magier dem König der Könige bei seiner Ankunft am Feste der Epiphanie huldigen, so huldigt der Kaiser des Tegernseer Spiels Christus in Erwartung seines zweiten adventus und gibt die Herrschergewalt, die er als vicarius verwaltet hat, dem solus Imperator zurück. Die resignatio soll sich als discessio enthüllen, da er nicht dem Herrn der Herrn sondern den simu/atores (Christi) 111 den Platz räumt : 193 Nunc tue patens est malum discessionis 180 Die resignatio des Kaisers im Tegernseer Ludus ist also typologisches Gegenstück zur adoratio der Magier. Die Huldigung vor dem Antichrist zu Ende des Dramas bildet einen weiteren Antityp zur adoratio magorum : V.403 Reges conveniant et agmina suorum ... Dem mittelalterlichen Zuschauer muß sich beim Anblick der agmina der Gedanke an die agmina des O.fficium Stellae geradezu aufgedrängt haben. Die Bezeichnung deus deorum (V. 408) ist die Hyperbel zu rex regum, • S.o. 23f. • Ludu, nach V.l46. ne K. Young, The DrafM of rhe Medinal Cluuch (Oxford : Clarendon Press, 1933),
II, 40. Young, II, 44. • Dazu vgl. Th. Stemmler, Llturgilche Feiern und geurllche Spiele, Buchreihe der Anglia, XV (Tübingen : Niemeyer, 1970), 124ff. 881 V.188. uo Zu dem Belriff vgl. K. Langosch, Geistliche Spkle, 2. Auftage (Darmstadt : Wissenschaft!. Buchaesellsch., 1961) und Günther, ad.loc. 111
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der Anredeformel des Kaisers (V. 148) und stehenden Anredeformel der Magier für Christus aa1. Bezeichnenderweise wird die visitatio nicht nur auf den Antichristus verus et fina/is, sondern auch auf die Antichristi minores (Herodes, Belsazar, etc.) zaz übertragen. Neben den beiden Szenen des Tegernseer Ludus weist sich die Huldigungsszene des Darius im Luzerner Antichristspiel (Nr. 30) als typologische Übertragung der visitatio Magorum aus : jetz plasent darius volck vff. das hör ist grüst, zient zum entcrist. so rett darius zum entcrist knüweot. V.3108 Darius : Allmechtiger gott jo ewigkeytt! 3111
ich vnnd a1I küog mir voderthan, ouch alle küog vnnd fürsten der erden hie sind, so dich anbetten werden. wir bringent all vnser opffer dir, bitt dich ver glltt znen von jnen vod mir! Sy opfferent, setzent sich dan jn tempeU.
In der Fassung ß des Luzemer Manuskripts läßt der Verfasser eine Mehrzahl von Königen dem Antichrist huldigen, von denen überdies noch einer den Namen Balthasar trägt, so daß der Auftritt noch mehr an die visitatio Magorum erinnert aaa. Diese typologischen Übertragungen aus der visitatio Magorum dienen zum Nachweis der superbia des Antichrist, der sich Ehrungen anmaßt, die nur Jesus Christus zukommen. Anmaßung ist die Hauptsünde des Antichrist, sie ist darum auch Hauptpunkt der Antithesis Christi et Antichristi su. Der Punkt, an dem sich gleichsam die superbia Antichristi kristallisiert, ist die Forderung liturgischer Verehrung, die nur Gott allein zukommt. Theo Stemmler zeigt, daß dieser Anspruch liturgischer Verehrung im mittelalterlichen Drama von Luzifer, sowie von allenfigurae Antichristi (Herodes, Pilatus, Kaiphas, Augustus, u.a.) erhoben wird •31 • Der Antichristus verus erhebt diesen Anspruch im allgemeinen in seinen Proklamationen 238• Besonders ausgeführte Szenen liturgischer Verehrung des Antichrist enthalten das Tegernseer Spiel (Nr. 1, V. 403 ff.), das ChesVgl. Young II, 43, SO, 54, etc. Siehe Stemmler, Liturgische Feiern, 145-lSO. 113 Vgl. K. Reuschel, Die deutschen Weltgerichtupiele des Mittelalters und der Re/ormationszeit, Teutonia, IV (Leipzig : Avenarius, 1906), 78f. 114 S.o. 166ft'. 116 Stemmler, Liturgische Feiern, 183ft'., 267ft'. 111 S.o. 129ft'. 131
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terspiel (Nr. 7, V. 170 ff.), das Künzelsauer Spiel (Nr. 12, V. 5220), das Fastnachtsspiel vom Herzog von Burgund (Nr. 13, 173, 6 ff.), das Churer Spiel (Nr. 17, V. 1402 ff.), das Spiel von Luzem (Nr. 30, V. 3108 ff.), das von Modane (Nr. 37, 7l ff.). Im protestantischen Drama wird die rituelle Verehrung (adoratio), die der Papst fordert, im selben Sinne verstanden. Der Fußkuss ist schon im Churer Spiel angefiihrt, wahrscheinlich ohne schon den Papst als den Antichrist zu kennzeichnen. In Manuels Totenfressern (Nr. 19, V. 1350) und in Rütes Fastnachtsspiel (Nr. 21, K r) wird der Fußkuss erwähnt, im Pammachius (Nr. 23, V. 2600 ff.), in Ochinos Tragedy (Nr. 29, 69 ff.) und in Frischlins Phasma (Nr. 36, V, 2) 07 wird die ritualisierte Verehrung des Papsts als antichristlich angeprangert. Rituelle Verehrung fordert der mittelalterliche Antichristaufgrund seines öffentlichen Anspruchs, Gott zu sein. Diesen Anspruch erhebt natürlich der Papst-Antichrist des protestantischen Dramas in dieser Form nicht. Dafiir wird dem Papst unterstellt, daß er sich de facto als Gott auf Erden betrachte: Manuel, Tote'fifresser 1379 ... sich ein gott uff erden schetzt ... .. . sy winen jr syent gott Pammachius 2039 ... ut iam iure queat ... 2091 ... aJiquis appellari terrestris deus Frischlin, Phasma IV 3 .. . Cum sit terrestris quispiam Deus ... Rüte J IVv
Diese Bezeichnung des Papsts, die unüberhörbar an die Bezeichnung Satans als deus huius saeculi (2 Kor IV 4) anklingt und ihren Träger deutlich als Antichrist brandmarkt, ist ein altes Requisit antipäpstlicher Polemik und findet sich bereits in Freidanks Bescheidenheit aaa. Im Drama der Reformation spielt die Antithesis Christi et Antichristi eine bedeutende Rolle. In Gengenbachs Totenfressern (Nr. 18) legt der Papst in einer zynischen Antithesenleihe ein Bekenntnis seiner antichristliehen Lebensweise ab : V.16 Got hat gefast wissen ir wol Umb das wir aJI tag syen vol
Hat gJlbt in grosser armiit Das wir besitzen scbltz und giit ... In Manuels Totenfressern (Nr. 19) dient die ganze fünfte Szene der Entfaltung der Antithesis : Petrus verwundert sich über den prächtigen Aufzug des Papsts und dessen Anspruch auf die Nachfolge Petri. Im Gespräch m S.u. 172f. Dazu vgl. Bergcrs Kommentar zum Pammachlus ad.loc.
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mit Paulus wird der Gegensatz zwischen einem frommen apostolischen Wandel (V. 1461-1482) und dem "hoftärtigen" (V. 1450) Wandel des Papsts (V. 1483-1504) aufgewiesen. Die beiden Apostel kommen zu dem Schluß: V.1514 So thllt ergraddas widerspil, Das Cristus uns hat giert und potten. und V.1547 Wie wol er der allerheiligest gheißen ist, So hieß er billicher der widercrist! Schon in der Eingangsszene des Spiels kontrastiert der Papst seinen prächtigen Aufzug mit den Geboten des Evangeliums : V.69 Sot das Evangelium flir sich gan, Wir mOchtind kum ein esel han, So wir sust hoch gehalten werden. Ich ryt mit drü-, viertusent pferden, Ein kardinal mit zwey-, dryhundert ... Der demütige Einzug Christi und der hoftärtige Aufzug des Papstes sind in einem weiteren Fastnachtsspiel Manuels (Nr. 20) kontrastierend einander gegenübergestellt. Dem Papst Rütes (Nr. 21) wird erklärt : Kr Jr konnent nun ryten vff hochen rossen
was der Papst selbst noch überbietet (K v) : Dwyl ich nun gots statthalter soll sin So tragent bar den besten win So will ich ouch/wie gott/f6ren ein pracht Das man mich syn statthalter acht Ich will fürhin wider ryten noch gan Sonders mich die menschen tragen lan ... Im Bileamsesel (Nr. 27) kommentieren Petrus und Paulus den Aufzug des Papstes : V.471 Sih, was reit vns auß dem staub da her wie wann es der keyser Nero wer. Nach dem Papst befragt hebt Petrus auf den Gegensatz zwischen ihm und diesem ab: V.683 Ist auch nit auß meim geschlecht, er müßt sunst sein ein Fischerknecht V.686 Ist ein grosser berr das sich ich wol ... Ähnlich kommentieren Petrus und Paulus den Aufzug des Papsts in Frischlins Phasma (Nr. 36, V, 2) :
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Paulus : Persarum regem esse arbitror, nam infulati et mitrati eum Geront. Petrus : Mihi Cerberus videtur, infemalis canis, Nam tria capita habet, omatos corona triplici. Paulus : Solio sublimi collocatur, et pedibus iiJius oscula Figuntur. Petrus : Mirum ni haec sit meretrix illa Babylonia aae.
In ihrer konkreten Anschaulichkeit erinnern alle diese Stellen an die bildliehen Darstellungen der Antithesis Christi et Antichristi 140• Der Pammachius (Nr. 23) weist die Antithesenreihe auf : V. 5259 Ego pauper vixi, ille erit ditissimus ...
Die Antithesis erscheint ferner im Drama Negris (Nr. 28) : Io ricordo ehe Cristo non avea dove reclinare il capo e questo abita superbi palazzi; Cristo sdegnb gli onori, e questo si pasce di superbia; quegli ando a piedi e questo si fa portare sopra dorata sedia da uomini, per andare non a pascere, ma a scorticare e devorare le sue pecorelle. Cristo portb Ia croce e il papa vive dolcemente, ponendo Ja croce sulle spa]le degli "altri" 14•.
Auch in der Tragedy Ochinos (Nr. 29) findet sich die Antithesis : Even as upon Christ dependeth the whole salvation of aJJ mankind, so is it necessary for us to device a supreme head upon whom may depend the whole condemnation of aJI mankind. And as the Son of God for the salvation of the world did abase Hirnself with man's nature : of a like sort is it needful for the destruction of the world that there be some man which sha1l announce bimself above Christ and above God Himself... w.
Die Antithesis verdankt ihre Popularität unter den Reformatoren der Tatsache, daß sie das ideale Propagandamittel darstellt, aus dem antichristlichen Wirken auf das antichristliche Wesen des Papsttums zu schließen. Im Unterschied zum fabulierenden apokalyptischen Antichrist• Vgl. Von Papsts und Christi Gegensatz (Nr. 20), V.63ff. : "Vetter Rüede, und wer ist aber der gross keiser, / ... / Mit so grossen mechtigen hochen rossen". Zu vergleichen ist weiter die Flugschrift Ein Frag und Antwort von zwei Brütkrn ... von 1524 (s.o. 59, Aom. 32) UDd vor allem das Zürcher Spiel (s.o. 133). Nero ist natürlich eine der prominentesten jigurae Antichristi, der Perserkönig gilt schon in der antiken nichtchristlichen Literatur als Vorbild des Tyrannen und Musterbeispiel der superbia, vgl. Andreas Alföldi, Die AllSgestaltung tks monarchischen Zeremoniellsam römischen Kaiserhofe (1934, Nachdruck in: Alföldi, Die monarchische Repräsentation im römischen Kaise"eich, Darmstadt: Wtssenschaftl. Buchgesellsch., 1970), 9-25. S.o. 80. Zum Eintritt des Papstes als festem Bestandteil des advent111 Papae-Zeremoniells vgl. Jörg Traeger, Der reitende Papst, Münchner kunstltistorischo Abhandlungen, I (München : Schnell & Steiner, 1970), UDd die Rezension von Bernhard Schimmelpfeooig, Deutsches Archiv für Erforschung da Mittelalters, XXVII (1971), 288f. 110 S.o. 58. au Zonta LXVIII, 142. 141 C.E. Plumptre, 10, vgl. auch 223f.
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dramatiker des Mittelalters geht es dem protestantischen Antichristdramatiker um die konkrete Identifikation des Antichrist. 6. DIE BEIDEN ZEUGEN
Die Enoch-Elias-Episode bezeichnet gleichsam die Peripetie des Antichristdramas. Während der Antichrist bis dahin von Erfolg zu Erfolg schreitet, bietet sich ihm hier der erste Widerstand, der zur Stärkung der Christen und zum Abfall der Juden führt. Die Beseitigung dieses Widerstands besiegelt zugleich das Schicksal des Antichrist : die der Hinrichtung folgende Auferstehung der Propheten ist der Beginn vom Ende des Antichrist. Die ganze Episode (dreieinhalbjähriges Predigen der Propheten, ihre Ermordung durch den Antichrist, das Bestattungsverbot, ihre Auferstehung nach dreieinhalb Tagen) findet sich mit reichem Detail in der Apokalypse des Johannes (XI 3-13). Die Paulinische Prophezeiung der schließlieben Bekehrung der Juden (Röm XI 25 ff.) wird auf die beiden Zeugen bezogen 248• Nach der Darstellung der Apokalypse und der Adsos ist die Ermordung der Propheten eine der ersten Taten des Antichrist, oder jedenfalls sind die beiden Propheten seine ersten Opfer : Postquam vero per tres annos et dimidium praedicationem suam compleverint, mox incipiet excandescere Antichristi persecutio et contra eos primum Antichristus sua am1a corripiet eosque interficiet 1144• Im Antichristdrama dagegen gebt diese Episode gewöhnlich dem Ende des Antichrist unmittelbar voran, offensichtlich wurde hier die Abfolge der Ereignisse dramaturgiscben Bedürfnissen angepaßt. Die Bedeutung der Enocb-Elias-Episode liegt erstens in ihrer typologischen Entsprechung zur Passion und Auferstehung Christi, zweitens dient sie dazu, eine weitere Sünde des Antichrist zu brandmarken, seine ira. Theo Stemmler zeigt, besonders für das Chesterspiel (Nr. 7), die typologische Verbindung des Antichrist der Prophetenepisode mit dem Herodes iratus der Processio Stel/ae, dem Cayphas des Wakefield-Zyklus und
148 Vgl. etwa Adso, 112. Zur Identifizierung der beiden Zeugen als Enoch und Elias vgl. G. Günther, Der Antichrist (Hamburg : Wittig, 1970), 221. Gelegentlich tritt neben Elias und Enoch Johannes der Täufer auf, so im Dortmonder Spiel (Nr. 14), vgl. W. Bousset, Der Antichrist in der Oberlieferung du Judentums, du Neuen Testaments und der alten Kirche (Göttingen : Vandenhoeck und Ruprecht, 1895), 137, bei Tucci ausnahmsweise der Evangelist Johannes. 144 Adso, 112.
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anderen figurae Antichristi auf 245 : die Antichristi geraten bei der Nachricht vom Auftreten des gottgesandten Widersachers in Zorn, der sich in Mord und Totschlag entlädt, dessen Opfer die unschuldigen Kinder, Jesus, die Propheten werden. Für die Annahme Stemmlers, das Motiv der ira sei von Herodes auf den Antichristus finalis übertragen worden, besteht nicht genügend Evidenz. Aus dem dichten spätmittelalterlichen Gewebe typologischer Beziehungen lassen sich schwerlich einzelne Fäden herauslösen und genau bestimmen, zumal da unsere Überlieferung gerade in der Frühzeit (bis ins 14.Jahrhundert hinein), in der vermutlieb die meisten dieser typologischen Übertragungen stattfanden, äußerst lückenhaft ist 246 • Was ftir den Versuch der Feststellung literarischer Abhängigkeit im Bereich des Antichristdramas gilt 247, gilt auch für den Versuch, die Bahnen typologischer Übertragung genau zu bestimmen : bei der Unvollständigkeit des Beweismaterials wird es in der Regel bei einem non /iquet bleiben. An der Prophetenepisode läßt sich besonders deutlich sehen, wie eine einzelne Episode durch amp/ificatio zu einem ganzen dramatischen Akt ausgestaltet wird. Das Motiv liegt in seiner einfachen Form in den Spielen von Perugia (Nr. 4), Zürich (Nr. 6) und Künzelsau (Nr. 12) vor, Zwischenstufen bilden die Spiele von Tegernsee (Nr. I) und Limburg (Nr. 8) und das Drama HUdebrands (Nr. 34), die vollentwickelte Version findet sich in den Spielen von Besan9on (Nr. 5), Chester (Nr. 7), Luzern (Nr. 30) und den Dramen von Tucci (Nr. 33) und Alarc6n (Nr. 40). Die einzelnen Entwicklungsstufen (von der einfachen zur vollen Form) beweisen keineswegs eine zeitliche Reihenfolge, da offensichtlich sehr primitive und hochentwickelte Formen zu allen Zeiten nebeneinander bestanden haben 248 • u& Theo Stemmler, Liturgische Feiern und geistliche Spiele, Buchreihe der Anglia, XV (Tübingen : Niemeyer, 1970), 255-285, bes. 284f. 141 Man kann die Reaktion des Antichrist im Tegernseer Ludus kaum als "besonnen und würdevoll" (Stemmler, Liturgische Feiern, 285) charakterisieren. Der Text, in dem sich überhaupt nur höchst sparsame Hinweise auf seelische Reaktionen finden, bezeichnet den Antichrist an dieser Stelle ausdrücklich als commotus, was eher im Sinne von iratus als von "besonnen" zu verstehen ist. D.h. der Tegernseer Ludus beweist keineswegs, daß der Antichrist der Prophetenszene erst im 14.Jahrhundert als iratus charakterisiert wurde. Pseudo-Methodius über die Reaktion des Antichrist : "Juror et ira fervens interficiet sanctos illos" {Sackur, 96). 147 Vgl.o. 28, I 56. 2411 Diese Tatsache, die für das ganze mittelalterliche Drama gilt, bildet einen schwerwiegenden Einwand gegen die positivistische Methode Kar! Youngs, der oft unbesehen primitive Formen als alt und entwickelte als jung annimmt, vgl. O.B. Hardison, Christion Rite and Christ/an Drama in the Middfe Ages (Baltimore : Johns Hopkins Press, 1965), 1-34.
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Eine Sonderstellung unter den mittelalterlichen Spielen nimmt das Churer Spiel (Nr. 17) ein, in dem die Konfrontation der Propheten mit dem Antichrist und ihr Märtyrertod fehlen. Die Propheten treten hier erst nach dem Sturz des Antichrist mit einer Bußpredigt auf. Das protestantische Antichristdrama verändert die Prophetenepisode völlig. Die mythischen Züge der Episode (Tod und Auferstehung der Zeugen) fallen der Entmythologisierung der Eschatologie zum Opfer. Mit der Typologie 3411 wird auch die Identifizierung der Zeugen mit den beiden Gestalten des Alten Testaments aufgegeben. Was bleibt, sind die beiden Apostel Petrus und Paulus als mehr oder weniger abstrakte Verkörperungen des Schriftprinzips ohne dramatische sondern lediglich mit kommentierender Funktion 110 • Einfache Form der Prophetenepisode: Perugia (Nr. 4), Zürich (Nr. 6), Künzelsau (Nr. 12). Im Spiel von Perugia bereitet die Ankündigung des Jüngsten Gerichts durch einen Engel den Auftritt von Enoch und Elias vor. Die Hauptpunkte der Predigt der Propheten, die sich nur an das Volk, nicht an den Antichrist wenden, sind : ein Aufruf zur Buße (V. 43 f.), ein Hinweis auf die Nähe des Gerichts (V. 45 ff.), das Credo (V. 51 ff.) und die Wiederholung der Aufforderung zur Buße (V. SS ff.). Nach ihrer Predigt läßt der Antichrist die Propheten ohne weitere Umstände hinrichten : V.61 Ai magon c'hon predecato comando ehe i daiate morte ... Von der Auferstehung der Propheten ist nicht die Rede. Das Zürcher Antichristspiel beginnt mit einer prologartigen Einführung des Enoch (V. 20-63) : Selbstvorstellung, Entlarvung des Antichrist, Hinweis auf den Heiland. Unmittelbar nach der Proklamation des Antichrist wendet sich Elias mit einer Scheltrede an ihn : V.129 Nu dar du tewffelischer man ... Der Antichrist reagiert mit dem augenblicklichen Hinrichtungsbefehl V.136 Ir schergen nu tötet die zwen man ... Die Schergen führen die Propheten ab zur Hinrichtung (V. 143 ff.). Von der Auferstehung ist in dem erhaltenen Teil des Dramas nicht die Rede. Ob das ursprüngliche Drama sie enthielt oder nicht, ist nicht festzustellen. Zu Luthers Verhlltnis zur Typologie s.o. lOf. Die beiden Apostel sowie Johannes der TAufer treten schon in dem Dortmunder Antichristspiel von 1513 (Nr. 14) anstelle Enochs und Elias' auf. Welche Funktion sie dort hatten, läßt sich, da der Text nicht erhalten ist, leider nicht feststellen. 141
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Im Künzelsauer Spiel stellen sich die Propheten sehr umständlich vor (V. 5221-25, 5235-37), warnen vor dem Antichrist (V. 5226-32) und verweisen auf die Strafen lür den Abfall (5233 f.) bzw. den Lohn für die Beständigkeit im Glauben (5238-42). Ein Jude antwortet ihnen furiose m. Der Antichrist läßt die Propheten ohne weitere Umstände erschlagen: V.5251 Nu merckent alle mein gebot. Slahent sy zu stund dat.
Mit drastischem Detail ist das Bestattungsverbot ausgeführt : 5253 Sy sollen acb vnbegraben beleihen, 5255 Das dy hund laffen ir blutt.
Die Juden triumphieren über den Leichen (V. 5259-68). Der Engel Gabriel erweckt die Propheten vom Tode zur Fortflihrung ihres Predigens (5269-80). Diese übergeben den Antichrist und seine Gefolgschaft dem Teufel (5281-90). Bezeichnend für diese einfachen Fassungen ist neben anderen Auslassungen (unvorbereitetes Auftreten, Fehlen der Auferstehung der Propheten) 151 vor allem das völlige Fehlen einer wirklichen Auseinandersetzung zwischen den Propheten und dem Antichrist. Die Propheten wenden sich nur im Zürcher Spiel überhaupt direkt an den Antichrist, dieser läßt sie in allen drei Spielen nach ihrer Predigt auf der Stelle töten. Auf die Darstellung der ira des Antichrist scheinen die drei Dramatiker keine Mühe zu verwenden, falls nicht der Umstand, daß der Antichrist die Propheten unmittelbar und ohne jede Vorbereitung töten läßt, ihn hinreichend als iratus kennzeichnet. Im Künzelsauer Spiel, in dem die Juden für den Antichrist sprechen 268, sind diese jedenfalls als furiosi gekennzeichnet. Übergangsform der Prophetenepisode : Tegernsee (Nr. 1), Limburg (Nr. 8), Hildebrand (Nr. 34). In den Dramen der Obergangsform ist die Prophetenepisode vor allem durch die Bekehrung der Juden erweitert. Die Begegnung der Propheten mit dem Antichrist zeigt in den beiden ersten Dramen Ansätze zur Erweiterung. Zur Rolle der Juden in den Prophetenszenen s.o. 14lff. Die Auferstehung der Zeugen ist ein Zug der Legende, der in der Antichristliteratur sehr hluftg fehlt, vgl. Bousset, 134ft'., bes. 138. 168 Die Vertretung des Antichrist durch die Juden geht hier so weit, daß der Antichrist beinahe als eine Marionette der Juden erscheint, worin das Künzelsauer Spiel an das Fastnachtsspiel vom Herzog von Burgund (Nr. 13) erinnert und seine judenfeindliche Tendenz bekräftigt, s.o. 147f. 161
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Im Tegernseer Antichrist treten die Propheten unmittelbar nach der Bekehrung der Synagoge durch den Antichrist mit dem Credo (V. 329 ff.) und der Ankündigung des Gerichts (V. 344 ff.) auf. Auf eine Frage der Synagoge hin stellen sie sich vor und geben über ihre Sendung Auskunft : V.353 Iste Enoch et ego sum Helias, quos hucusque servaverat Messias, Qui iam venit et adhuc est venturus, per nos primum Israel redempturus. Die Propheten sind also im Tegernseer Spiel ausschließlich zur Bekehrung Israels gesandt. Auf die Entlarvung des Antichrist durch Elias (V. 357 ff.) und die Abnahme der Binde von ihren Augen hin bekennt sich die Synagoge augenblicklich zur Dreieinigkeit (361 ff.). Es folgt die Meldung der Ankunft der Propheten durch die Heuchler und ihre Vorladung durch den Antichrist. Dieser Szeneneingang scheint in typologischer Beziehung zu stehen mit der Vorladung der drei Könige durch Herades im Dreikönigsspiel Dreikönigsspiel 264
Tegernseer Spiel ua
Internuntius : Vivas etemus rex, semper vivere dignus.
Hypocritae : 0 culmen regium divinae maiestatis
Nuncia dura satis refero, praesagia vatis
tibi subtrahitur honor divinitatis
Intravere senes doctores vanitatis Adsunt nobis, Domine, tres viri ignoti ab oriente noviter natum quendam regem queri- qui blasphemant tue honorem potestatis. tantes Judeis predicant tenore scripturarum te, rex omnipotens, caput ypocritarum Herodes :
Antichristus : Cum me totus orbis studeat adorare ius mei nominis quis audeat negare? Ante venire iube, quo possim singula scire, Synagogam et senes mihi presentate. qui sint, cur veniant, quo nos rumore requi- Reos conveniam super hac levitate. rant
Hypocritae : Testes mendatii, precones falsitatis Regia vos mandata vocant, non segniter ite. vos tribunal vocat divine maiestatis. Armiger :
Der Antichristus Herodes bzw. der Antichristus jinalis empfangen beide Huldigungen, die ihnen nicht zustehen ("eternus rex" - "culmen regium 154 Dreikönigsspiel von Bilsen, K. Youns, The Drama of the Medleval Church (Oxford : Clarendon Press, 1933), II, 75-80. eu Tegernseer Ludu, V.369ft'.
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divinae maiestatis") 168• Die Nachricht ist in beiden Fällen ungünstig, da ja die Könige wie die Propheten als Zeugen Christi und damit Gegner des Antichrist auftreten. Herodes wie der Antichrist lassen die Ankömmlinge vorladen. Die Diener überbringen die Vorladung. Die Abfolge AnmeldungVorladung-Überbringung der Vorladung ist beiden Spielen gemeinsam. Die Entsprechungen geben über den angeführten Szeneneingang hinaus, da in dem betreffenden Dreikönigsspiel tatsächlich Herodes im ersten Zorn über die Geburt Christi die drei Könige mit dem Schwert bedroht und ins Gefängnis werfen läßt 267 • Der Antichrist des Tegernseer Spiels tadelt zunächst die Synagoge und die Propheten für ihren Abfall, verweist auf seine messianische Sendung und sucht sie zur Rückkehr zu überreden : V.387 De me suscipite formam religionis sum infidelibus Iapis offensionis. Erst auf die Folge von Beschimpfungen hin, die ihm die Propheten ins Gesicht schleudern : V.389 Tu blasphemus auctor iniquitatis radix mali, turbator veritatis, Antichristus, seductor pietatis, vere mendax sub forma deitatis, gibt der Antichrist wütend (commotus) den Hinrichtungsbefehl (393-398) 1168 • Die Synagoge geht in den Tod mit dem Bekenntnis der Reue auf den Lippen. In dem Limburger Spiel ist der Szenenbeginn nicht erhalten. Die Prophetenepisode beginnt hier mitten in einer Rede des Elias, in welcher der Antichrist entlarvt wird : Want du hebste des duvels cracht. Ende die duvel heeft dich gesant ... an. Der Antichrist argumentiert mit den Propheten Hoe mach yeman doen dat ic doe, Hi en wer God of Goods sone ... 161 Dazu vgl. Tb. Stemmler, Liturgische Feiern und geistliche Spiele, Buchreihe der Anglia, XV (Tübingen : Niemeyer, 1970), 14511'. Diese übertriebenen Huldigungen kennzeichnen die superbia Antichristi. 167 Young, II, 77. 118 Zur Bezeichnung der Todgeweihten als oves vgl. G. Günther, Der Antichrist (Hamburg : Wittig, 1970), 230 und die Rolle des Opferlamms in den dramatischen Darstellungen der caedes innocentium (Young, II, IOS-llS), die der Ermordung der Synagoge und der Propheten antitypisch entspricht. 118 Gessler, 142.
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worauf Enoch die Vorwürfe der vorhergehenden Rede wiederholt : Du best Antikerst, des duvels garant : Die duvel heeft dich hier ghesant ... und sich daraufhin mit Warnungen vor der ewigen Verdammnis ans Volk wendet. Der Antichrist wendet sich nun ebenfalls ans Volk : En hoirdi niet wie dese wichten Hoe se beide jeghen mi pichten ... Er droht den Propheten, läßt ihnen jedoch immer noch einen Ausweg frei, ihr Leben zu retten : Ende willens sijt niet ane gaen, lc salse beide doot doen slaen ... Elias wendet sich nun an die Juden. In einem kurzen Zwischenspiel werden die Juden bekehrt 110 • Erst nach der Bekehrung der Juden gibt der Antichrist seinen Dienern den Hinrichtungsbefehl, immer noch bemüht, geh dafür zu rechtfertigen : Ghi knapen, ghi hebt wel gehoirt Dese quaede trauwanter woirt ... Verlater ons ende slaetse doot Ende worpse op die straete al bloet, Ende gegraeven opter aerden, Ende later den bonden mit gewerden 1111. Die Diener versichern den Antichrist ihrer Loyalität und wenden sich an die Propheten : Nu rect uut uwen craghe : Het naket uwen doemsdaghe. Om die quaetheyt die gi hebt gedreven, So doet u mijn meester nemen tleven. Die Äußerungen der Diener im Limburger Spiel entsprechen fast wörtlich denen der Schergen im Zürcher Spiel : V.l43 Nu dar ir faygen bunt/ Ir müsset Yetzund an der stunt Vor vnsem benden Iigen tot Als vns vnser herr der Entkrist pot. Im Drama Hildebrands fehlt die Darstellung der Auseinandersetzung Propheten-Antichrist völlig. Der Autor beschränkt sich auf die Darstellung 181
Gessler, 142f. Gessler, 143. Die letzte Zeile wie im K.ünzelsauer Spiel, s.o. 177.
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der Schicksale der Kirche - der Titel des Dramas ist Ecclesia Militans und zeigt daher nur die Begegnung der Propheten mit den zersprengten gläubigen Christen und Juden in der Einöde (IV, 3). Die Christen werden im Glauben gestärkt, die Juden bekehrt. Begegnung mit dem Antichrist, Tod und Auferstehung der Propheten werden nur erwähnt, nicht auf der Bühne dargestellt. Das Tegernseer und besonders das Limburger Spiel zeigen Ansätze zu einer wirklichen dramatischen Auseinandersetzung zwischen dem Antichrist und den Propheten : der Antichrist läßt die Propheten nicht einfach kurzerhand umbringen, sondern macht immerhin den Versuch, sie für sich zu gewinnen. Im Limburger Spiel bildet die Bekehrung der Juden ein Zwischenspiel in der Antichrist-Propheten-Szene und erweitert sie damit zusätzlich. Die Auferstehung der Propheten fehlt im Tegernseer Spiel; ob der ursprüngliche Text von Limburg sie enthielt, läßt sich nicht entscheiden. Die vollentwickelte Form der Prophetenepisode : Besan~n (Nr. 5), Chester (Nr. 7), Luzern (Nr. 30), Tucci (Nr. 33), Alarc6n (Nr. 40) In den großen Antichristdramen ist die Prophetenepisode zu einer eigenständigen Handlung ausgestaltet. Das Gerüst dieser Handlung bilden noch die Konfrontation der Propheten und des Antichrist, die Hinrichtung und Auferstehung, nur ist hier die Konfrontation zu einer weitläufigen Auseinandersetzung geworden, die wiederum das Motiv der vier Machtmittel des Antichrist m aufnimmt, ferner wird die Prophetenepisode um einen Prolog (die Berufung der Propheten) erweitert. Es läßt sich also in den großen Spielen eine Tendenz zur Erweiterung und Abrundung feststellen, die die Prophetenepisode zu einem geschlossenen dramatischen Ablauf macht und damit für die Entwicklung des mittelalterlichen Spiels zum modernen Drama hin charakteristisch ist 283 • Die fünf Spiele folgen, mit gelegentlichen Variationen und Auslassungen, einem festen Programm : 1. Aufbietung der Propheten aus dem irdischen Paradies durch Engel, Aussendung zum Wirken gegen den Antichrist. 2. Predigt der Propheten. 3. Meldung davon an den Antichrist durch die wütenden Juden. 4. Die Propheten vor dem Antichrist : a. Einleitende Konfrontation, Demaskierung des Antichrist. ... S.o. 148ft"• ... S.o. 146.
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b. Theologische Disputation . c. Drohungen des Antichrist. d. Bestechungsversuch des Antichrist. e. Mißglückte Wunder des Antichrist. f. Bekehrung der Juden durch die Propheten.
5. Wut des Antichrist, Tötung der Propheten. 6. Bestattungsverbot, Triumph des Antichrist und der Juden. 7. Erdbeben, Auferstehung der Propheten. 8. Vorbereitung der Menschheit auf das Gericht durch die Propheten.
Die Aufbietung der Propheten aus dem irdischen Paradies findet sich in den Dramen von Besan~n. Luzern, bei Tucci und im Spiel von Modane (Nr. 37). Gott sendet einen Engel (Luzem:Michael, Tucci:Raphael, Modane:Gabriel) ins Paradies und läßt die Propheten aufbieten (Luzern V. 29843019, Tucci II, 5, Modane II, 34). Der Engel gibt den Propheten den Auftrag zu predigen. Die Propheten erklären ihre Bereitschaft und brechen auf (Besan~on V. 456-477, Luzern V. 3020-3069, Tucci II, 6). Im Luzemer Spiel ist die Szene erweitert durch eine Rede des Heilands, der den Propheten persönlich seine Aufträge erteilt (3080-3107) 284• In den Spielen von Besan~on, Chester und bei Tucci predigen die Propheten zuerst dem Volk, bevor sie mit dem Antichrist zusammenstoßen. Die Predigt im Spiel von Besan~on beginnt mit dem Credo (V. 478-485), fährt fort mit der Entlarvung des Antichrist (486-495) und mit Paränesen : hütet euch vor dem Antichrist ("Prenez garde ... " V. 496, 502, 528), seid standhaft im Glauben ("Creez ... " 497, 501, 524, 533), tut Buße (,,Faites penitence ... " 523). Im Chesterspiel treten die Propheten mit einem Gebet auf, das zunächst das Glaubensbekenntnis zum Schöpfergott enthält (V. 253-260) als Antwort auf den unmittelbar vorhergehenden Anspruch des Antichrist auf den Titel des Schöpfers (221-224). Es folgen Angaben der Propheten über ihre Sendung, die Entlarvung des Antichrist und schließlich die Selbstvorstellung. Wie im Tegernseer Spiel müssen sich die Propheten ihren Zuhörern auf deren Fragen hin erst ausweisen (V. 301-312). Der Übergang zur 11M Diese Erweiterung im Luzcrner Spiel fügt sich nicht nahtlos in den Text : eine Bühnenanweisung nach V.30S31autet: (die Propheten) .,stand vfr, gand in dwellt redent", während der Salvator 3090 erst sagt : .,Deshalb \Ich senden m disen .zytten ... " Der Schluß bietet sich an, daß der Verfasser die Rede in sein ursprüngliches Manuskript nachtriglich eingef"ügt hat.
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folgenden Szene wird hergestellt durch die Aufforderung eines der Könige an die Propheten, sich einer Disputation mit dem Antichrist zu stellen (V. 317 ff.). Die Szene endet mit einer paränetischen Rede Enochs (325-340). Bei Tucci (II, 7) lassen die Propheten zunächst die Juden zusammenrufen 1811• Auf die Frage nach ihrem Namen stellen sie sich vor. Die Juden versammeln sich. Enoch entlarvt den Antichrist, verweist auf Jesus Christus, den wahren Heiland, und bekräftigt seine Botschaft durch ein Wunder (Erdbeben). Elias und Johannes schelten die Juden flir die Ermordung Christi und bedrohen sie mit dem himmlischen Feuer. Die Juden bekehren sich. Ein Vergleich zeigt, daß die Predigten der Propheten vor dem Zusammenstoß mit dem Antichrist in den Dramen der vollentwickelten Form weitgehende Übereinstimmung zeigen mit den Predigten der einfachen Form. Beide weisen dieselben Topoi auf : Selbstvorstellung Glaubensbekenntnis Entlarvung des Antichrist - Hinweis auf Christus Paränesen: Hütet euch vor dem Antichrist - Warnung vor Strafen Beharrt im wahren Glauben - Hinweis auf den Lohn Tut Buße Diese Topoi finden sich in allen sechs Dramen (Perugia, Zürich, Künzelsau, Besan~on, Chester, Tucci) mehr oder weniger vollständig in verschiedener Reihenfolge. In allen diesen Dramen sind ferner die Predigten nicht an den Antichrist, sondern ausschließlich ans Volk gerichtet. Diese einleitende Predigt ist also offensichtlich der Kern der Prophetenszene, die Debatte mit dem Antichrist ist eine Erweiterung. In dem Spiel von Tegernsee aee, bei Tucci (II, 8) und in dem Spiel von Modane (II, 35) melden die Diener des Antichrist diesem die Ankunft der Propheten. Der Antichrist gibt den Befehl, ihm die Propheten vorzuführen. Bei Alarc6n ist diese kurze Ankündigung zu einer ganzen Szene erweitert (II, 2) : der Antichrist unterbricht den Juden, der ihm die Ankunft der Propheten melden will, und nimmt ihm seine Botschaft von den Lippen. Zugleich mit diesem Beweis göttlicher Allwissenheit diffamiert er den Elias als falschen Propheten und Sohn der Hölle, dem von der Vorsehung ein
111 Hier wird der Unterschied der Barockbühne zur mittelalterlichen Simultanbühne deutlich : die Akteure befinden sich nicht schon auf der Bühne. Die Wunder der Szene gehen aufs Konto der barocken Bühnenmaschinerie. ue S.o. 178f.
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kurzes Wirken auf Erden gestattet sei. Er schließt mit Paränesen an seine Anhänger, sich nicht verführen zu lassen. Die Rede des Antichrist in dieser Szene spiegelt gewissermaßen die Predigt der Propheten in den anderen Dramen (Entlarvung des Gegners, Paränesen). Der Antichrist Alarc6ns zeigt sich als gerissener Politiker, der die Waffen seiner Gegner gegen diese selbst kehrt und dem es dadurch gelingt, die Juden völlig davon zu überzeugen, daß der echte Elias der falsche und der falsche der echte sei. Das Ende der Episode zeigt den völligen Mißerfolg des Elias ze7. In dem Spiel von Besan~on äußern die Juden 500 Verse nach dem ersten Auftreten von Enoch und Elias untereinander ihre Empörung über die Propheten (V. 1044). Sie entschließen sich, selbst diese dem Antichrist vorzuführen : V.1053 Se je les puis aux mains tenir, Trestantost les feray venir Devant (no maistre) pour respondre. Sie finden die Propheten (V. 1060 tr.), stoßen Drohungen gegen sie aus (1066 tr.) und überschütten sie voller Wut mit Beschimpfungen : V.1070 Fil a putain, mauvais gaignon, Traites et villains puant, Desloial, vil, sale et truant ... Die Propheten werden vor den Antichrist geschleppt (V. 1082 tr.). Die Juden sind hier eindeutig als irati gekennzeichnet, ein Anzeichen für die judenfeindliche Tendenz des Spiels 188• Die Szene der Konfrontation des Antichrist mit den Propheten ist sehr knapp in dem Spiel von Besan~n. Die Einführung der Propheten durch zwei Ritter erinnert an das Tegernseer Spiel••• V.I 089 ... Deux faux gloutons qui despisoient Vostre loy, et contredisoient Vostre puissance et vostre nom. Der Antichrist erkundigt sich erstaunt nach ihrer Identität : V.I092 Je vous conjur par le renon Que je ay en ciel et en terre, Que vous me dites que ci querre Estes de par (deable) venu. S.u. 189. ua Zu vergleichen ist das Ktlnzelsauer Spiel, s.o. 177. In beiden Spielen wie auch in dem Luzerner Spiel ist der Antichrist in der Prophetenepisode beinahe passiv verglichen mit den Juden. 119 S.o. 178f. 111
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Die Propheten unterrichten den Antichrist von ihrem Auftrag, entlarven ihn als Kreatur des Teufels und erwähnen die ewigen Strafen, die ihn erwarten (1096-1121). Der Antichrist weist sie scharf ab und besteht auf seiner Gottessohnschaft : V.l122 Faux pappelars, villains pourri, Vous y mentez ... Die Propheten antworten mit noch heftigeren Beschimpfungen : V.l126 Hee! faux trartes ... V.l132 Hee! crueuse beste sauvaige.•• und kündigen ihm seinen Untergang und ihre Auferstehung an. Auf die wütende Reaktion der Juden gegen die Propheten hin (1152-1165) gibt der Antichrist den Hinrichtungsbefehl : V.ll71 Prenez leset si les liez, Et puis taotost les occlez, Gardez que plus (parler) n'y ait. Die Konfrontationsszene im Spiel von Besan~n besteht also im wesentlichen nur aus wütenden Beschimpfungen, der Antichrist macht keinen Versuch, die Propheten für sich zu gewinnen. Die Szene der Konfrontation im Chesterspiel hat den dreifachen Umfang der Szene im Spiel von Besan~on. Die Propheten beginnen gleich nach ihrem Auftritt, den Antichrist tüchtig zu schelten : V.341 Saye thou verey deuylles lymme that syttes so grysely and so gryme... ll7o Der Antichrist reagiert mit Erstaunen auf diesen unerwarteten Angriff : V.349 A false faytures fromme yee Oee am not i most in maiestie what men dare mayne them thus to mee ... m. Der Antichrist versucht, die Propheten zunächst mit Drohungen zum Schweigen zu bringen (357 ff.): V.364 To you comes sorrowe and care 373 i shall thee hastely bonge die ihm die Propheten jedoch mit gleicher Münze heimzahlen : V.36S Thy sorrowe and care come on thy head ... Vgl. dazu Zürich, s.o. 176, Limburg, s.o. 180. Dasselbe Erstaunen über den Angrifl' auf seine Allmacht zeigt der Antichrist im Tegernseer Spiel, s.o. 178, und im Spiel von Besan~on, s.o. 184. 11o 111
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Sie erklären ihre Entschlossenheit, dem "pryde" (superbia, V. 381) des Antichrist zum Trotz ihr Werk der Entlarvung fortzusetzen. Auch dem Spott des Antichrist über ihre Erscheinung (V. 387-393) setzen sie ihre Entschlossenheit entgegen, seine Macht auf die Probe zu stellen (V. 394401). Den Hinweis des Antichrist auf seine Wunder tun die Propheten ab mit der Behauptung, es handle sich nur um Scheinwunder (V. 402416) m. In seiner offenbaren Hilflosigkeit wendet sich der Antichrist um Unterstützung an den "Doctor" (417 ff.). Der Doktor rät ihm, den Streit zu vermeiden und seine Gegner einfach durch seinen Fluch zu vernichten : V.436 For ... . . . those whom thou cursest they are but deade ...
Der Antichrist verflucht nun die Propheten, wobei er sorgfältig darum bemüht ist, den Anschein zu wahren, daß dies schon vorher seine Absicht gewesen sei, und er sich nur an den Doktor gewandt habe, um seinen Verstand zu prüfen (440-450). Der Fluch :
V.450 walke yee furth in the twenty deuylles waye bleibt ohne jede Wirkung. Ebenso ein Bestechungsversuch des Antichrist
454 ff.): 456 i maye you saue from alt amys
sowie seine Behauptung, er habe die Welt erschaffen (V. 457 ff.). Seiner Anmassung: 483 where haue you anye other god but mee setzen die Propheten das christliche Glaubensbekenntnis entgegen (484 ff.), dem der Antichrist nur mit einem plumpen Bestechungsversuch zu antworten weiss: 503 ... then may you lyue in ioye an Iee all this land i darre laye...
Dem erneuten Hinweis des Antichrist auf seine Wunder folgt die Oberprüfung seiner Totenauferweckung, die ihn als Schwindler entlarvt (513588). Die Könige bekehren sich augenblicklich zum Christentum (589-616), worauf der Antichrist wütend Zuflucht zur Gewalt nimmt und die Könige samt den Propheten eigenhändig erschlägt (617-624). Im Spiel von Chester bedient sich der Antichrist im Kampf mit den Propheten nacheinander aller seiner Machtmittel, ohne jeden Erfolg. Trotz seiner Gewalttat erweist er sich eindeutig als der Unterlegene. 111
.,The were no myracles but meruelles thinges" (V.410).
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Die Propheten des Luzemer Spiels haben zunächst einen recht dramatischen Auftritt : sie kommen gerade dazu, wie der Antichrist die Seinen mit seinem Zeichen zeichnen läßt und fahren wütend unter sie : V.3154 Was ketzerwerchs ist hie vorhanden was nüwen gloubens ist vfferstanden ... a73
Die Szene zwischen den Propheten und dem Antichrist ist mit nahezu 1000 Versen dreimal so lang wie die Szene des Chesterspiels. Sie besteht aus langen Predigten der Propheten mit zahlreichen Schriftzitaten und den Reaktionen des Antichrist und seiner Anhänger. Auf die erste Predigt des Elias hin (V. 3154-3249) wendet sich der Jude Abram in seiner Verwirrung ratsuchend an den Antichrist (3250-3265). Der richtet Paränesen an seine Anhänger (seid beständig im Glauben) und weist die Propheten verächtlich ab : 3277 ... ir red ist wind
Die zweite Predigt (Enochs) ruft ebenfalls nur eine verächtliche Antwort des Antichrist hervor (3364-3369) : 3368 ... sgsatzt das stadt jnn mim gewallt. jch leg das vss, wie mir das gfalltt.
Abram stimmt enthusiastisch zu (3370-3383). Eine dritte Predigt (Enochs, 3384-3405) führt zur Unruhe unter den Juden (3406-3470). Jetzt erst sieht sich der Antichrist genötigt, selbst in einer längeren Predigt seinen Anspruch zu verteidigen (3471-3508). Magog schwört ihm absolute Loyalität (3509-3518). Auf die vierte Predigt (des Elias, 3519-3586) hin antwortet der Antichrist mit dem Hinweis auf den Schutz, den er den Propheten bislang gewährt habe, und einem offenen Bestechungsversuch (3687-3704) : 3701 ... so gib ich vch gross gdtt vnnd gelltt, mach vch zwen fdrsten jn der welltt.
Die fünfte Predigt (Enochs über die Heilsgeschichte und das Gericht 3705-3170) führt zum Abfall unter den Juden (3771-3840). Auf die sechste (Doppel-)Predigt der Propheten hin (3841-4014) droht ihnen der Antichrist mit Gewalt und stellt ihnen ein Ultimatum (4015-4026) : 4023 jr mßssent mich anbetten vnd eeren, ouch han flir ~ren gott vnnd herren, hinfür den cristenglouben lan syn oder drum sterben vnd lyden pyn. • 71 Die Stelle erinnert an das alttestamentliche Auftreten des Elias gegen die Baalspriester (1 Kön XVIII) oder Christi Tempelreinigung (Matth XXJ 12).
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Gog nimmt die Drohung auf (4027-4032) : 4031 wir wend sy tötten nach dim gsatz...
In einer episodischen Szene bereitet ein Teufel ein Wunder für den Antichrist vor (4033-4046). Auf die siebente (Doppel-)Predigt der Propheten hin (4047-4142) gibt der Antichrist "zomigklich" (nach 4142) den Hinrichtungsbefehl (4143-4148). Wie im Chesterspiel bedient sich der Antichrist hier aller seiner MachtJnittel gegen die Propheten (Predigt, Bestechung, Gewalt, die Wunder kommen jedenfalls in einer episodischen Zwischenszene vor), ohne etwas gegen sie auszurichten. Der Hinrichtungsbefehl im Zorn erscheint als ein Eingeständnis der Niederlage des Antichrist. Die Szene bei Tucci beginnt wieder Jnit erstaunten (rhetorischen) Fragen des Antichrist 17' : (S. 50) Tantane vestrarum vobis fiducia rerum est?
worauf die Propheten Jnit dem Hinweis auf ihre Sendung antworten : ... potius depeUere pestem
venimus ... Zynische Unterstellungen des Antichrist führen zum Bekenntnis der Propheten zur imitatio Christi und zur Formulierung der Antithesis Christi et Antichristi (SO-SI). Es folgt eine theologische Disputation über Erlösungstod und Auferstehung Jesu Christi (51-56). Auf den Hinweis der Propheten auf die Verbreitung der Lehre Christi und die vielen Wunder, die sie bestätigen, hin brüstet sich der Antichrist Jnit seiner Weltherrschaft und seinen Wundem. Elias antwortet Jnit der Antithesis (56 f.) •.. tu maenia ferro Dejicis : agminibus adversis agmina fundis, Et telis in tela ruis. Verum ille nec armis, Arma nec infensas infenso milite turmas lnsequitur : populos et reges ductor inermis Edomuit.
Daraufhin verlangt er ein Wunder vom Antichrist. Der Mißerfolg des Wunders entlarvt den Antichrist. Er beschuldigt die Propheten der Zauberei und gibt den Hinrichtungsbefehl (57). Ihre Gelassenheit und Prophezeiungen seines Untergangs stürzen ihn in einen Paroxysmus der Wut (ira): 58 ... pcrtundite sontes Verberibus, facerate genas, impellite palmis, Comprimite os rabidum. capulis urgete molares. 11•
Dazu s.o. 18S.
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Die Konfrontation der Propheten mit dem Antichrist im Drama Tuecis läuft also im wesentlichen auf die Antithesis Christi et Antichristi und die Oberführung des Antichrist im Punkte der superbia (Disputation) und der ira (Hinrichtungsbefebl) hinaus. Der Antichrist macht keinen Versuch, die Propheten für sich zu gewinnen. Bei Alarc6n gibt Elias zunächst den Zweck seiner Sendung in einer langen praeteritio : V.1024 No vengo a dissuadirte .. . 1034 No vengo, no, a intimar.. . 1043 Mas v6ngote a probar...
.. . Ia evidencia de que fue Jesucristo ... el verdadero celestial Mesias y eres tU Ia ceraste, Ia culebra... Der Antichrist erklärt Elias, daß er ihn, obwohl er ihm das Leben nehmen könne, nicht an seinem Vorhaben hindem werde m. Es folgt eine mit Schriftzitaten gespickte theologische Disputation (1063-1405). Danach bitten die Juden den Antichrist, ihnen freie Hand mit dem Propheten zu Jassen: 1408 Pennite que con su muerte castiguemos su osadfa.
Der Antichrist schenkt dem Propheten jedoch das Leben (1410-1413) und feiert damit einen völligen Triumph über ihn : 1417 Todos : Viva el Rey, viva el Mesfas!
In einem Monolog beklagt sich der zurückbleibende Prophet bitter über die Verblendung der Menschheit Generaci6n depravada ... und kündigt die endzeitliehen Katastrophen an (1418-1435). Alarc6n kehrt also hier mit kühnem Griff die Tradition um : der Antichrist läßt den Propheten am Leben. Der Triumph des Antichrist über den Propheten zeigt nur desto deutlicher die vöJJige Verblendung der Menschheit durch seine teuflischen Machenschaften. Im weitem Fortgang des Dramas spielt Elias nur noch eine nebensäebliche RoJie als Beschützer der Ehre Sophias (II, 9), wofür er schließlich doch noch den Märtyrertod erleidet (111, 7), womit der Legende Genüge getan ist. 171
Zu diesem Motiv s.o. 187.
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Während in den großen Antichristdramen des Spätmittelalters der Antichrist in seiner Konfrontation mit den Propheten unter Aufbietung aller Mittel versucht, diese für sich zu gewinnen, und sein schließlieber Mord an ihnen zum Eingeständnis seiner Niederlage wird, bestehen die entsprechenden Szenen bei Tucci und Alarc6n aus anspruchsvollen theologischen Disputationen. Bei Tucci endet die Szene mit dem traditionellen Zornesausbruch und damit Eingeständnis der Niederlage des Antichrist, bei Alarc6n erweist sich der Antichrist in dieser Szene als raffinierter Intrigant und Betrüger 878 • In Hinsicht auf die Rolle, die die Juden in den Prophetenszenen spielen, scheiden sich die Antichristdramen in zwei verschiedene Gruppen. In der einen Gruppe von Spielen stehen die Juden fest auf der Seite des Antichrist und hetzen ihn sogar noch gegen die Propheten auf. Dazu gehören die Spiele von Besan~on, Künzelsau und das Drama Alarc6ns. Diese Dramen haben mehr oder weniger judenfeindliche Tendenz. In den Dramen der zweiten Gruppe werden die Juden von den Propheten zum Christentum bekehrt, entweder in einer Szene vor der Konfrontation mit dem Antichrist (Tegernsee, Tucci, Hildebrand, Modane) oder als dramatischer Höbepunkt während der Konfrontation (Chester, Limburg). Eine Zwischenstellung nimmt das Luzemer Spiel ein, in dem die Juden teilweise bekehrt werden, teilweise sich auf die Seite des Antichrist und gegen die Propheten stellen. Die Auferstehung der Propheten findet sich außer in dem Spiel von Künzelsau 277 auch in den Spielen von Besan~n (Nr. 5), Chester (Nr. 7), Luzern (Nr. 30), bei Tucci (Nr. 33) und in dem Spiel von Modane (Nr. 37). In allen diesen Spielen außer dem Spiel von Chester werden die Propheten noch vor dem Sturz des Antichrist auferweckt. In den Spielen von Künzelsau (V.5253ff.), Luzern (V.4153ff.) und bei Tucci (111, 2) verbietet der Antichrist ausdrücklich die Bestattung der Propheten. Er und die Juden triumphieren über den Leichen. Im Spiel von Besan~on werden die Juden unmittelbar nach ihrem Mord an den Propheten von unerklärJicber Furcht gepackt und durch ein Erdbeben erschreckt (V.l199ff.), wahrscheinlich ein typologischer Bezug auf das Erdbeben nach dem Tode Christi (Matth XXVII 51). In den Spielen von Besan~on (V.1402ff.), Chester (V. 703ft'.) 878, Kün-
1111 Die Szene akzentuiert hier nicht eine dramatische Gegenbewegung, sie steht bezeichnenderweise auch in der ersten Hllfte des Dramas. m S.o. 177. 278 Hier erwachen die Propheten ohne den Engel vom Tode, Michael rührt sie in den Himmel.
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zelsau (V. 5269) und Luzem (V. 423lff.) 111 werden die Propheten von einem Engel (Michael im Chesterspiel, Gabriet in den Spielen von Künzelsau und Luzern) auferweckt und, Gott dankend, in den Himmel geführt a8o. In den Spielen von Besan~on und Luzem wird die Wirkung der Auferstehung der Propheten auf Christen, Juden und den Antichrist gezeigt (Besan~n, V.1424-1471, Luzern, V.4297-4691). Die Christen preisen Gott für das Wunder. Die Juden bleiben im Spiel von Besan~on verstockt, -im Spiel von Luzern bekehren sie sich bis auf wenige, unter ihnen Gog und Magog, zum Christentum. Der Antichrist sucht seiner Gefolgschaft einzureden, er habe die Propheten zum Schein auferstehen lassen, um damit die Christen zu täuschen (Besan~on, V.l456ff.). bzw. die Propheten selbst hätten die Christen durch Zauberei getäuscht (Luzern, V. 4679ff.). In dem Drama Tuecis erheben sich die Propheten in dem Augenblick, da die Diener des Antichrist ihre Leichen berühren, um sie zu schänden. Die Erde bebt und Feuer lallt vom Himmel, während die Propheten Hymnen singend emporsteigen (111, 3f.). aal Zum Schluß haben wir uns noch mit dem Fastnachtsspiel vom Herzog von Burgund (Nr. 13) zu befassen. Hier spielt die Sibylle die Rolle der beiden Propheten in der Entlarvung des Antichrist. Der Antichrist wird als Betrüger bloßgestellt, indem seine Wunder entweder von vornherein unwirksam sind oder sich als harmlose Zauberkunststücke herausstellen. Die dritte Probe zwischen der Sibylle und dem falschen Antichrist erinnert an das eucharistische Wunder des Chesterspiels (Nr. 7) 281 : anstatt geweihten Brotes wird dem Antichrist hier Wein, doch wohl Messwein, geboten, der ihm nicht bekommt (177, 26-178, 16). Das Fastnachtsspiel vom Herzog von Burgund ist eine Parodie auf das AntichristspieL Die eschatologische "Tragödie" spielt sich als zeitgenössische "Komödie" auf einer niedereren Bühne ab : der Antichrist ist ein Betrüger, der sich die Rolle des endzeitliehen Empörers nur anmaßt. Er empört sich nicht gegen Gott, sondern gegen den Herzog von Burgund und wird nicht von den ehrwürdigen alttestamentlichen Propheten entlarvt, m Die Szene ist hier durch zwei Reden des Hellands erweitert, der Gabriet aussendet (V.4231-4240) und die Propheten selbst in den Himmel ruft (4285-4296), vgl. die entsprechenden Erweiterungen an1 Beginn des Prophetenakts, s.o. 182. uo Im Künzelsauer Spiel bleiben die Propheten auf der Erde, um den Antichrist dem Teufel zu übergeben und die Menschheit zur Buße zur mahnen, vgl. das Churer Spiel, s.o. 176. ut Der barocke Drantatiker bevorzugt starke Effekte : das Entsetzen der Diener des Antichrist, die spektakuläre Himmelfahrt mit Musik und unter Einsatz der ganzen Bühnenmaschinerie. Ut S.o8f.
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sondern von der Sibylle, einer Frau. Statt mit der Höllenfahrt des gestürzten Usurpators und seiner Anhänger endet das Fastnachtsspiel mit ihrer unflätigen Bestrafung auf der Bühne. Wie schon bemerkt, ••• spielen die Apostel Petrus und Paulus, die im Antichristdrama der Reformation die Propheten Elias und Enoch ablösen, keine aktive Rolle, sie kommentieren nur das üble Treiben des PapstAntichrist. In dieser Funktion treten sie auf in den Totenfressern Manuels (Nr. 19), im Bi/eamsesel (Nr. 27), in Negris Libero Arbitrio (Nr. 28) und in Frischtins Phasma (Nr. 36). In John Foxes allegorischem Drama Christus Triumphans (Nr. 31) spielen die Reformatoren Hierologus (Verkörperung des Scbriftprinzips) und Theosebes die Rolle der Propheten. Im Pammachius (Nr. 23) läßt Christus den Theopbilus (Lutber) als den "novus Elias" 18' durch Veritas und Paulus zur Predigt gegen den Antichrist aufrufen : V.3148
... Dlum tuas doce vias, Ut papatus cuncta patefaciat ulcera, Ut somnolentos Germanos excitet et ut E templo rursus pellat nummularios ...
Die Szene entspricht antitypisch der Aufbietung der Propheten aus dem Paradies •85• Wie im mittelalterlieben Antichristspiel wird der Antichrist durch seine Gefolgsleute (hier der Teufel Dromo) von der Ankunft der Gegner benachrichtigt (V.3177-3210) 181• Er reagiert mit maßlosem Zorn : V.3211
... 0, totus ardeo Iracundia et animi perplexitate ...
und bat nur noch den einen Wunsch, blutig Rache zu nehmen : 3212
... Si Quis Veritatem mihi iam et Paulum traderet, Sirnut et doctorem illum scelestum, in temporis Puncto cum ipsis omnes vorarem vestibus.
3257 Si quis mihi daret buius doctrinae caput, Frustillatim dentibus illud discerperem.
Eine deutliche Reminiszenz an die ira des mittelalterlieben Antichrist 1•7. 188 S.o. .... S.o. 888 S.o. 888 S.o. 117 S.o.
176. 61, Anm. 38. 181f. 181, 183. 174f.
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Es folgt die Mobilisierung aller höllischen und irdischen Mächte gegen
die gläubigen Christen. Die Reformatoren Luther und Brenz bei Frischlin (Nr. 36) erinnern an die Propheten ua. Am auftälligsten lehnt sich Hans von Rüte in seinem Fastnachtsspiel (Nr. 21) an die Prophetenepisode des mittelalterlichen Spiels an 18'. Es treten zwei Prediger auf, Gottlieb und Gottfried. Sie versuchen zunächst vergeblich, den Fürsten Alsmar vor dem Papst-Antichrist zu warnen (Sz.i) uo. Die eigentliche Scheltpredigt Gottliebs gegen den Antichrist ist an die Bauern gerichtet (Sz.q). Ihr folgt, wie im mittelalterlichen Drama, eine theologische Disputation, hier zwischen Gottlieb und Buchsorg, dem Apostel des Antichrist. Buchsorg versucht, den Prediger für den Antichrist zu gewinnen, zuerst mit Schmeicheleien und Versprechungen K IV v
Gottlieb/ich w&tt dir gern ein wort runen Du kanst souil sagen/das sich dlüt verstunen Lieber/ichbitdich/stand dins Ieerens ab Vnd biß mit vns sonst gilt knab Du bist ein fyner gschiclcter glerter man Vnd m&htest wol vil eer vnd g6t han...
schließlich mit Drohungen : L r
Denck/das er [der Papst] hab den grf>sten gwalt Er heißt dich wol sonst schwygen/ wens jhm gfa1t/ AU Fürsten vff erdtrieb vc5rchten syn zom Bsinn dich/du hast noch zil (sie!) biß mom.
Doch der Prediger bleibt standhaft (Sz.s). Als Erfolg seines Auftritts bekehren sich die Bauern (im mittelalterlichen Spiel die Juden) zum Evangelium (Sz.t). Auch die Szene der Meldung an den Antichrist fehlt nicht : bei Rüte (Sz.u) wie auch im Bileamsesel (Nr. 27, IV 3) unterrichtet ein vertriebener Ablaßhändler den Papst vom Widerstand in Deutschland. Dem Anschlag des Antichrist auf die Propheten entspricht danach der Anschlag des Papsts auf die deutschen Protestanten. 7. DAS ENDE DES ANTICHRIST
Die verschiedenen Antichristdramen unterscheiden sich beträchtlich in der Darstellung des Endes des Antichrist. Allen gemeinsam ist jedoch zunächst ae S.o. zum Pammachill3. ae Zu ver&lelcben ist o. 181ft'. ao Auc:h im mittelalterlichen Spiel haben gewöhntich die Fürsten (besonders Oog und Magos) taube Ohren für die Predigt der Propheten.
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der Umstand, daß das Gericht völlig unvermutet über die ahnungslose Anhängerschaft des Antichrist hereinbricht. Die umfänglichsten Zeugnisse iür diese Vorstellung sind Matth XXIV und Luk XVII, das Motiv findet sich sich jedoch in so gut wie allen eschatologischen Passagen des Neuen Testaments. Pseudo-Methodius gibt eine besonders ausführliche Darstellung dieser Zeit vor dem Jüngsten Gericht m. Überall an diesen Stellen ist die Rede von einer Friedenszeit, während derer die Menschen ohne Furcht und Sorgen in Genuß und Wohlleben schwelgen, bis plötzlich unvermutet die Endzeit mit all ihren Schrecken und dem Gericht über die Menschheit hereinbricht. Offenbar handelt es sich um alte chiliastische VorsteJJungen eines irdischen Lebens in Frieden und Wonne •••, die in der christlichen Tradition negativ umgedeutet sind. Ein deutliches Beispiel dieser Umdcutung bietet Paulus (1 Thess V 3), der die Wortepax et securitas geradezu zum Stichwort für den Anbruch der Schreckenszeit vor dem Gericht macht. Das Reich Gottes ist nicht von dieser Welt und jede Andeutung eines paradiesischen Zustands auf Erden ist notwendigerweise trügerisch und muß umschlagen in jene Periode schlimmster Verfolgung, die dem Gericht vorangeht. Die trügerische Friedenszeit, die der Schreckenszeit vor dem Gericht, zu welcher auch das Auftreten des Antichrist gehört, vorangeht, wird später übertragen auf die Regierungszeit des Antichrist. Der Antichrist verfolgt zwar unerbittlich die Christen, seine eigenen Anhänger jedoch schwelgen in Wohlleben und Überftuß, wohlgemerkt trügerischem Wohleben und Überfiuß, da unaufhaltsam das Gericht naht. Bezeichnenderweise werden also die häretischen chiliastischen Ideen unter eindeutig negativem Vorzeichen zitiert 198, um das Regiment des Antichrist zu brandmarken. Das schlagendste Beispiel für die Übertragung der chiliastischen Aureaaetas-Vorstellung auf die Zeit des Antichrist bildet das Tanzlied aus Alarc6ns Drama (Nr. 40) : V.l903 Todo e1 suelo es parafso, el tiempo todo es abril, 191 E. Sackur, Sibyllinische Texte und Forschungen (1898, Nachdruck, Torino : Bottega d'Erasmo, 1963), 90f. • Vgl. bei Hedwig Kenner das Kapitel "Verkehrte Welt und Schlarafl'enland", Du Phiinomen der verkehrten Welt in der griechisch-rOmlachen Antike, Aus Forschung und Kunst, VIII, Klagenfurt : Geschichtsverein Kirnten (Bonn : Habelt, 1970), 69ff. und s.o. 10ff. - Zur Brandmarkung des Chiliasmus als Häresie durch die orthodoxe Theologie vgl. Hans-Joachim MAhl, Die Idee des goldenen Zeitaltef'l im Werk des Novalis, Probleme der Dichtung, VII (Heidelberg : Winter, 1965), 199ff.
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el aire todo es aromas aN toda Ia suerte feliz. La naturaleza humana se atreve ya a presumir de inmortal y de divina, 1" pues que mira unido a sf al dios Maozin. Ya los hijos de Juda, de Ruhen y Benjamin, Iibertad etema gozan en su nativo pafs. Dei cielo ces6 Ia ira, y el cautiverio dio fin, dando efeto a las promesas del rey profeta David el dios Maozin.
Den Tegernseer Antichrist ereilt die göttliche Strafe unmittelbar nach seiner Proklamation des allgemeinen Friedens : V.414 pax et securitas univera conclusit ....
In einer ganzen Reihe von Antichristdramen wird die aurea aetas höchst realistisch als ein ausgedehntes Gastmahl verstanden m : in den Spielen von Zürich (Nr. 6, V.48Sft'.), Luzem (Nr. 30, V.4169ft'., 4909ft'.) 298, Besonders die Dichter der Reformation, Gengenbach 1 " und Manue}aoo, Rüte ao1 und Naogeorg 8os und FrischliD ao8 schildern das apokalyptische Treiben der Papisten als eine große Fress- und Sauforgie, die wirkungsvoll kon'" Die Eingangsverse enthalten klassische Aurea-aetas-Topoi, vgl. den Index bei Bodo Gatz, Weltalter, goldene Zeit und sinnverwandte Vorstellungen, Spudasmata, XVI (Mildesheim : Olms, 1967). IN Die Verheißung "eritis sicut Deus" (Gen m S) des Versuchers im Paradies, die zum SündenfaD Das Verlangen nach Gottgleichheit ist die Ursünde (superbia). Es handelt sich also deutlich um ein widergöttliches Paradies. 1" Vgl. G. Günther, Der Antichrist (Hamburg : WiUig, 1970), ad.loc. lt7 S.o. 194, Anm. 292. aa An dieser Stelle, nach dem Untergang des Antichrist, spricht Darius den Gedanken der Gottgleichheit (s.o. Anm.2 95) weil Gottlosigkeit des Menschen aus : "jcb weiss, es ist kein gott me ... wir wend nun selbs gött werden". 111 Totenfru11er (Nr. 18). aoo Totenfresser (Nr. 19). 101 Spiel 110n der Abgötterel (Nr. 21). 101 PammachiUII (Nr. 23) IV, 2. 101 Im Pluuma (Nr. 36) verteidigt sieb Campegäus mit dem Lukaszitat (XIII 26) Atque edimUII coram te et bibimUII et in plateis 11011trill tu I Docuisti (Phasma V, 2), der Apologie gottvergessener Sybariten. In Badius' Komödie wird ebenfalls auf die Gelage und das Wohlleben der Papisten ana;espielt (V.220ff.).
rührt.
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trastiert zu der bitteren Armut derer, die dem Evangelium folgen (Antithesis). Wie Theo Stemmler zeigt, sterben auch mehrere der figurae Antichristi mitten in einem Trinkgelage (Belsazar, Herodes) 30'. Offenbar soll dadurch in erster Linie der Eindruck eines gottlosen unbekümmerten Lebens in Sünde vermittelt werden. Andererseits ist das Gelage des Antichrist offenbar als eine antitypische Parodie auf das Abendmahl Christi zu verstehen. Das geht deutlich hervor aus V.4203 des Luzemer Spiels, wo in der Trinkszene die Einsetzungsworte des Abendmahls parodiert sind 3011 : Nement hin diss golld vnnd gelltt! vcb gibts messias disser welltt.
Die cena, die der versuchten Himmelfahrt und dem Sturz des Antichrist vorangeht, entspricht antitypisch jener, die Christi Kreuzigung und seiner Himmelfahrt vorangeht 30&. In den älteren Antichristdramen folgt das Ende des Antichrist unmittelbar seiner Ermordung der Propheten, bzw. deren Auferstehung. Gott verkürzt die Endzeit, da nach dem Tode der Propheten niemand mehr dem Antichrist zu widerstehen vermag 307 • Im Tegernseer Spiel (Nr. I) hält der Antichrist nach der Ermordung der Propheten Hoftag, dabei stürzt er plötzlich unter Donnerrollen zu Boden (nach V.414). Im Spiel von Perugia (Nr. 4) erschlägt Gabriel - auf den Befehl Christi hin (V.67-78) - , im Spiel von Chester (Nr. 7) Michael (V.625-648) aoa den Antichrist mit dem Schwert. Im Spiel von Besan~on (Nr. 5) gießen auf die Anweisungen des Evangelisten Johannes hin (V.472-495) Engel die Schalen des Zorns Gottes über die Gefolgschaft des Antichrist aus. Im Künzelsauer Spiel (Nr. 12) weist Gabrietaoe die auferweckten Propheten an, den Antichrist und seine Anhänger dem Teufel zu übergeben (V.5275ff.}. 80' Theo Stemmler, Liturgüche Feiern und geistliche Spiele, Buchreihe der Anglia, XV (Tübingen : Niemeyer, 1970), 262. 805 Vgl. dazu Oskar Eberle, Theatergeschichte der inneren Schweiz, Königsherger deutsche Forschungen, V (Königsberg : Grlfe und Unzer, 1929), 23f. 801 Theo Stemmler, Liturgische Feiern, JSSft". weist eine typologische Beziehung zwischen dem Abendmahl und dem Mahl in Em.maus nach. 807 So etwa Adso, 109 : "Tune breviabuntur dies propter electos. Nisi enim Dominus abbreviasset dies, non fuisset salva omnis caro". 801 Zur Rolle Michaels vgl. W. Bousset, Der Antichrist in der Oberlieferung des JudentlmU, de11 Neuen Telltaments und der alten Kirche (Vandenhoeck &. Ruprecht, 1895),
JSJtr•
... Im Gegensatz zu Boussets Feststellung (148-154) ist der Sturz des Antichrist durch einen Erzengel im Drama sehr viel häufiger als sein Sturz durch den Heiland selbst spiritu oris.
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In den späteren katholischen Antichristdramen versucht der Antichrist schließlich, zum Himmel emporzufliegen, um die Propheten zu verfolgen (Tucci), bzw. alle Zweifler von seiner göttlichen Natur zu überzeugen, und wird dabei von einem Engel mit dem Schwert niedergehauen. Diese Fassung findet sich in den Spielen von Chur (Nr. 17), Luzem (Nr. 30), bei Tucci (Nr. 33), Hildebrand (Nr. 34), im Spiel von Modane (Nr. 37), bei Alarc6n (Nr. 40) und in den drei späteren Volksschauspielen. Das Motiv scheint zwar alt zu sein 810, findet sich aber in der älteren Antichristliteratur verhältnismäßig selten 811, auch die älteren Antichristdramen weisen es nicht auf. Seine spätere Beliebtheit verdankt es wahrscheinlich der Tatsache, daß damit eine antitypische Entsprechung zur Himmelfahrt Christi hergestellt war. Der typologische Hinweis auf die Himmelfahrt Christi taucht schon bei Hieronymus auf 318, Adso übernimmt ihn, noch ohne die Himmelfahrt des Antichrist : Tradunt autem doctores, quod in monte Oliveti Antichristus occidetur in papilione et in solio suo, in illo loco, contra quem ascendit Dominus ad celos a1a.
Der Engel, der den Antichrist erschlägt, ist im Spiel von Luzem, bei Tucci und im Spiel von Modane als der Engel Michael bezeichnet. Eine protestantische Reminiszenz des Sturzes des Antichrist bei seinem Versuch der Himmelfahrt weist die Tetze/ocramia Kielmanns (Nr. 39) auf, wo die Träger den Stuhl des Papstes fallen lassen, und ein Kinderchor diese Szene mit dem Spottlied begleitet : Der Papst hat sich zu Tod gefallen
von einem hohen Stuhlen ... Im protestantischen Drama ist der ganze Schlußteil (vom Auftreten der Propheten bis zum Ende des Antichrist) sehr viel weniger einheitlich als im katholischen Drama. Das liegt daran, daß in diesem Schlußteil unmittelbare Zeitgeschichte (die Reformation) auf der Folie der Antichristvorstellung dargestellt ist. In der Beurteilung der Reformation zeigen sich gewisse Unterschiede bei den einzelnen Autoren. Die Totenfresser Manuels (Nr. 19) enden mit der Mobilisierung des Papsts gegen Dissidenten (Sz. 6) und der Antichristpredigt eines protestantischen Predigers (Sz. 7). Im Fastnachtsspiel Rütes (Nr. 21) wird der Ausbruch der Reformation Vgl. Bousset, 94-97 und s.o. 10. Die Tiburtinische Sibylle, Pseudo-Methodius und Adso haben es nicht. 111 Vgl. Bousset, 1S3f. 11a Adso, 113. Der Hinweis auf den Ölberg im Luzerner Spiel (V.4693), bei Tucci (62) und bei Alarc6n (V.2624f.). 110 • 11
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in Deutschland gemeldet. Die Papisten überreden die Fürsten zum Krieg gegen Deutschland. Das Auftreten des Berner Bären (Reformation in Bern) führt zum Ende der Papisten und des Papsts, die vom Teufel geholt werden au. Im Pammachius (Nr. 23) steht am Ende des Dramas der Aufruf Luthers durch göttliche Botschaft zur Predigt gegen den Antichrist (Reformation, IV, 3). Das Stück endet mit der Mobilisierung der Papisten (mit der Hilfe der Fürsten) gegen den Widerstand in Deutschland (V.3293ff.), also in der Zeit der schwersten Verfolgung der wahren Kirche Christi. Das Eingreifen des Heilands und der Sturz des Antichrist werden für die Zukunft prophezeit, sie werden den noch ungeschriebenen fünften Akt des Dramas bilden. Im Drama Bales (Nr. 24) bringt die Belehrung durch Verity (Reformation) die englischen Reichsstände zur Besinnung über die Natur des Papsttums. Sie tun Buße und erhalten Vergebung für ihre Unterstützung des Papsts und Auflehnung gegen den König (V, 20). Der König (Imperial Majesty, Heinrich VIII.) wird als der wahre vicarius Christi gegenüber dem Papst, Usurped Power, erwiesen. Die Stände huldigen dem König, erklären sich gegen den Papst-Antichrist. Das Drama endet mit dem Gericht des Königs über Sedition, den Vertreter des Papsttums in England (V, 21). Der Combißt (Nr. 26) enthält eine Beratungsszene, in welcher die Papisten die Fürsten zum Krieg gegen die Dissidenten in Deutschland zu veranlassen suchen (2. Akt). Im Bileamsesel (Nr. 21) läuft der irdischen Handlung eine himmlische Handlung parallel. Die Beobachtung der irdischen Geschehnisse durch die Emissäre Christi, Peter und Paul, der Entschluß zum Eingreifen und der Sturz des Papsts durch die Streiter Christi formen eine in sich geschlossene Handlung. Deutschland ist durch die zur Eselin des Papsts verzauberte Germania auf der Bühne vertreten. Die Reformation wird einerseits allegorisch dargestellt durch die Stärkung der Eselin mit Wasser aus dem weißen Berg (Wittenberg, II, 4-5), andererseits realistisch durch die Vertreibung des Ablaßhändlers aus Deutschland (IV, 2). Die Nachricht davon versetzt den Papst in großen Zorn (IV, 2), eine typologische Parallele zum Zorn des Antichrist über die Propheten 816 • Er bricht mit Unterstützung der Fürsten zu einem Kriegszug gegen Deutschland auf (IV, 4-IV, 6). Jetzt mobilisieren auch Christus und die Seinen (V, 1-2). Auf dem Marsch
11& 111
Zur Höllenfahrt des Antichrist s.o. l2Sf. S.o. 174f.
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wird der Papst in der Nähe von Trient 81a über die Felsen hinabgestürzt, eine deutliche typologische Parallele zum Himmelssturz des Antichrist. In Negris Drama (Nr. 28) erhält der König Libero Arbitrio die Nachricht vom wachsenden Widerstand in Deutschland (Reformation), geschürt von italienischen Emigranten (II, 1) 817 • Die Papisten rüsten sich zum Gegenschlag (II, 1-111, 4). Mit V, 1 beginnt die himmlische Intervention : der Engel Raphael wird durch Gratia Giustificante, die Gegnerin des Libero Arbitrio, auf die Erde entsandt. Sie erschlägt den König Libero (Luthers Angriff auf das Dogma vom liberum arbitrium), kündigt die Not der päpstlichen Verfolgung an und zugleich den schließliehen Sturz des Papsttums (V, 2-5). In Ochinos Drama (Nr. 29) sendet Christus den Engel Gabriet zu König Heinrich VIII. (Sz. 7), der daraufhin das Papsttum verurteilt und sich zum Kampf dagegen rüstet (Sz. 8). Eduard IV. gelobt, den Kampf bis zum endgültigen Sturz des Papst-Antichrist fortzusetzen (Sz. 9). In Foxes Christus Triumphans (Nr. 31) erhält Pseudamnus die Nachricht vom wachsenden Widerstand gegen sein Regime (Reformation). Er bricht in Zorn aus, Pornapolis fällt in Ohnmacht (V, 3) 318• Die folgende Szene (V, 4) zeigt die Verfolgung der wahren Kirche auf ihrem Höhepunkt. Das Drama endet mit der Ankündigung des himmlischen Bräutigams (V, 5). Bei Badius (Nr. 32) ist der Papst bereits zu Beginn des Dramas "pres de sa ruine" (V. 214), er hat selbst deutliche Visionen seines Sturzes : V.263 l'ay veu I'Ange de ce lesus Tenant un glaive nud Ia sus,
Qui disoit d'une horrible voix : Escoutez moy, Princes et Rois Yvres du hanap inhumain De ce faux Antechrist Romain ... Die Vision ist eine exakte Reminiszenz der Schlußszene des mittelalterlichen Antichristdramas •1 •. Der Rest des Dramas schildert die vom Satan vorangetriebene Mobilisierung des Papsttums gegen die Reformation. Das Drama endet mit den Klagen der Kirche über die Verfolgung und der Ankündigung des schließliehen Sturzes des Antichrist (V.1647-1759). Bei Frischlin (Nr. 36) wird in einer Szene im Himmel der Anbruch des ne Pomphilus Gengenbach, hg.v. K. Goedeke (1856, Nachdruck? Amsterdam : Rodopi), 674, Anm. 13. 811 Vgl. die Melduns vom Auftritt der Propheten im Antichristdrama, s.o. 183. 81a S.o. 174f. 811 S.o. 196f.
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letzten Gerichts angekündigt (V, 1). Christus, Petrus und Paulus werden Zeugen der Proklamation der Tridentiner Konzilsbeschlüsse. Petrus unterbricht und schleudert dem Papst die Anklage ins Gesicht : Antichristus es et iniquitatis filius perditissimus. Es folgt das Gericht über die Papisten, die schließlich vom Teufel geholt werden {V, 2) 820• Das Erstaunliche an diesem Drama ist; daß der Dichter im Gegensatz zu den anderen Verfassern antipapistischer Antichristdramen keine Anstrengung macht, sein Drama mit den historischen Fakten zur Übereinstimmung zu bringen : das Tridentiner Konzil konnte doch wohl kaum als Gericht Gottes über das Papsttum verstanden werden m. Im fünften Akt der Tetze/ocramia Kielmanns (Nr. 39) wird Tetzel durch den Engel Michael dem Teufel übergeben, eine antitypische Vorwegnahme des Sturzes des Antichrist 811 • Am Schluß des Dramas segnet Michael Luther und Bugenhagen zu ihrem Predigtamt wider den Antichrist ein, was typologisch der Aussendung der Propheten durch den Engel entspricht an. Die Übersicht zeigt deutlich, daß den Schlußszenen des papstfeinliehen Antichristdramas der Reformation ein festes Schema zugrundeliegt, das die Schlußszenen des mittelalterlichen Antichristdramas antitypisch wiederholt. Die Hauptpunkte der Schlußszenen des mittelalterlichen und des protestantischen Antichristdramas sind : Mittelalterliches Antichristdrama
Protestantisches Antichristdrama
Auftritt der Propheten. Stärkung der standhaften Christen Widerstand gegen den Antichrist
Auftritt der Reformatoren Widerstand gegen das Papsttum
Ermordung der Propheten Verfolgung der standhaften Christen
Verfolgung der Protestanten durch das Papsttum
Sturz des Antichrist beim zweiten Advent Christi
Aussicht auf den Sturz des Papsttums in der Zukunft (zweiter Advent Christi)
Vgl.o. 12Sf. au Vgl.o. 92, Anm. 40. an Vgl. etwa das Ende von Negris Libero Arbitrio (s.o. 199) und s.o. 196f. zum Ende des Antichrist. aa3 S.o. 182. 810
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Die bedeutendste Abweichung innerhalb der Gruppe der protestantischen Antichristspiele zeigen die im England Heinrichs VIII. und Eduards VI. entstandenen Dramen Bales und Ochinos. Hier fehlt die Periode der Verfolgung, die dem Anbruch der Reformation folgt. Der englische König ist als vicarius Christi (Bale, V.2356) 814 sowohl Gegner des Antichrist als auch sein Richter, er spielt zugleich die Rolle der Propheten und die des wiederkehrenden Christus. Noch während der Regierungszeit Eduards VI. konnte es scheinen, als ob der Papst-Antichrist - jedenfalls in England - schon gestürzt sei. Die übrigen protestantischen Antichristdramen enthalten Szenen, in denen der Papst und die Papisten Maßnahmen gegen die Dissidenten in Deutschland beschließen (Concilium Papale) ••, bzw. mit Unterstützung der Fürsten ••• zum Krieg gegen sie rüsten aa7.
BH Bale verteidigt die Rechte des Königs als der alleinigen von Gott eingesetzten Obrigkeit (V.2224ft'.). In Ochinos Drama ist nur vom Kampf gegen den Papst-Antichrist die Rede, nicht von den Hoheitsrechten des Königs. Dem Sozinianer Ochino war sicher wenig an der Stärkung der weltlichen Obrigkeit und der Verteidigung dynastischer Interessen gelegen, auch wenn dies auf Kosten der päpstlichen Machtstellung erfolgte. BH Zum Concllium Papale vgl. Dergers Kommentar zum Pammachius V.3267. Zu denken ist hier an Pammachius (Nr. 23), IV, S, dtu Konzil zu Trient (Nr. 25), den Com· bißt (Nr. 26), II, 1-3, Negris Libero Arbitrio (Nr. 28), 111, I, die Komödie des Badius (Nr. 32), I, 3 und Frischlins Pluuma (Nr. 36), IV, 3. 111 S.o. 156ft'. 111' Mobilisierung in Manuels Tote11fres1ern (Nr. 19), Sz. 6, Aufbruch zum Krieg gegen Deutschland im Blleam~uel (Nr. 27), IV, 311'.
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Das wichtigste Ergebnis der Untersuchung der einzelnen Motive des Antichristdramas ist ihre durchweg typologische Struktur. Der mittelalterliche Dramatiker verwendet ein bestimmtes Motiv nicht etwa, um die Erscheinung oder den Charakter des Darzustellenden schärfer oder neu zu fassen, sondern immer nur, um seinen heilsgeschichtlichen Ort, seine abstrakte Funktion im Drama der Auseinandersetzung zwischen Gott und Satan, Gut und Böse, etc. zu verdeutlichen 1 • Wir haben bereits festgestellt, daß sich die vagen, häufig noch theriomorphen apokalyptischen Vorstellungen des Judentums und der frühen Christenheit wahrscheinlich durch Übertragung von Motiven aus des frühen christlichen Legende sowie aus dem Alten Testament zu einer konkreten Antichristgestalt verdichtet haben, die als solche Gegenstand der mittelalterlichen Dramas werden konnte 1 • Besonders der Magier Sirnon scheint zum klassischen Beispiel des falschen Predigers geworden zu sein und dem Antichrist persönliche Züge geliehen zu haben 8 • Grundsätzlich lassen sich so gut wie alle aretalogischen Motive der Antichristlegende in den apokryphen Apostelgeschichten nachweisen. Die Apostelgeschichten ihrerseits schöpfen reichlich aus der nichtchristliehen spätantiken populär-theologischen Literatur (Praxeis, Aretalogien). Zu diesen Motiven, die das Antichristdrama, die apokryphen Apostelgeschichten und die spätantike nichtchristliche aretalogische Literatur gemeinsam haben, gehört das Motiv des Wettstreits (Petrus- Simon) 4 , des 1 Natürlich existiert daneben auch das Bestreben, konkrete Wl.l'klichkeit naturalistisch darzustellen, s.o. lllf., 118tr. • S.o. ltr. 1 S.o. 6tr. • S.o. 7f. und Rosa Söder, Die apokryphen A.poate/geschlchten und die romanhafte LiterotiU' der Antike, Würzburger Studien zur Altertumswissenschaft, 111 (Stuttgart : Kohlhammer, 1932), 53-SS.
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Gedankenlesens als Beweises übermenschlicher Fähigkeiten 11, des Fliegens •, der Wunderheilungen 1 , der Entdeckung vergrabener Schätze, etc. 8 • Die Apostel erweisen sich in diesen apokryphen Schriften in derselben Weise als Gottmenschen (Epiphanie) und erhalten dieselbe göttliche Verehrung (adoratio) wie der Antichrist im mittelalterlichen Drama 9 • Die Vorbilder kommen hier wiederum aus der nicht-christlichen Theologie. Als Beispiel möge ein Motiv aus dem Kreis der Epiphanievorstellungen angeführt werden, das des überirdischen Leuchtens, das von der göttlichen Person ausgeht. Eduard Norden weist das Motiv in altaegyptischen solaren Heilandsmythen nach 10 • Es bildet einen festen Bestandteil der antiken nichtchristliehen Epiphanievorstellungen 11 • Es fehlt ebensowenig in der Szene der transformatio Christi (Matth xvn 2) wie in den apokryphen Apostelgeschichten 1z und schließlich auch in der Antichristliteratur, wo das Leuchten ein wichtiges Mittel zur Identifizierung des Antichrist bildet 18. Im Antichristdrama hat es nur eine vereinzelte Spur hinterlassen, im Chesterspiel V .1, wo der Antichrist sich als . . . poUens clarior sole bezeichnet, eine sicher unbewußte Reminiszenz uralter Vorstellungen vom solaren Weltheiland. Das Motiv ist dann, wie Stemmler zeigt, auf alle Antichristi minores übertragen u. Die Antichristlegende lag den frühchristlichen Exegeten offenbar nicht als ein fertiger Mythos vor, sondern bildete sich erst durch typologische Übertragungen in der Spätantike und zu Beginn des Mittelalters. Im übrigen • S.o. 8 und Söder, 65, 75. S.o. 10 und Söder, 67ff. ' S.o. 152ff. und Söder, 75ff. • S.o. 150 und Söder, 93f. • S.o. 126ff. (zur Epiphanie), 170f. (zur adoratio), vgl. Söder, 95ff. 10 Eduard Norden, Die Geburt dea Kindea, Studien der Bibliothek Warburg, lll (1924, Nachdruck, Stuttgart : Teubner, 1969), 83. 11 Friedrich Pfister, .,Epiphanie", Pauly- Wilaowa. Realenzyklopädie der klaaaischen Altertunuwissenscha/t, Suppl. Bd. IV (1924), 315. u Söder, 99. 11 Vgl. H. Preuß, Die Vorstellungen vom Antichrist im späteren Mittelalter, bei Luther und in der konfeaaionellen Polemik (Leipzig : Hinrieb, 1906), 78. u Tb. Stemmler, liturgische Feiern und geistliche Spiele, Buchreihe der Anglia, XV (Tübingen : Niemeyer, 1970), 264-269. Wahrscheinlich handelt es sich bei dem Schönheitsanspruch der Antichristi ursprünglich nicht um Eitelkeit, sondern um die (angemaßte) Epiphanie als Gottheit, letztlich natürlich ein Zeichen der superbia. Übrigens hat etwa das Motiv der stupenden Gelehrsamkeit des Heilands im zarten Kindesalter (der zwölfjlhrige Jesus im Tempel bei Luk II 46ff., der Antichrist, vgl. Preuß, 18f., auch diefigurae Antichristi Pilatus und Kaiphas rühmen sich ihrer Gelehrsamkeit, siehe Stemmler Liturglache Feiern, 269, 274) eine Parallele in dem lesenden Götterkind aegyptischer Mythen, vgl. Norden, Die Geburt des Kindes, 134ff. 1
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bedarfhier noch vieles der Klärung, die Forschung ist über die grundlegende Studie von Wilhelm Bausset noch kaum hinausgelangt, jedenfalls aber ist es nicht gelungen, die von Bausset angenommene einheitliche jüdische Tradition für die Antichristlegende festzustellen. Als Ausgangspunkt nahmen wir den Antichristtraktat Adsos aus der Mitte des lO.Jahrhunderts, in dem die Antichristtradition zusammengefaßt und in die Form einer Biographie gebracht ist. Ob der Traktat Adsos wirklich den Verfassern von Antichristspielen vorgelegen hat, läßt sich nicht feststellen. Stoftliche Übereinstimmungen beweisen gar nichts, da sich jedes Detail bei Adso auch aus anderen älteren Quellen belegen läßt. Außerdem zeigen die Antichristdramen oft genug Abweichungen von Adso. Die Fragestellung : Hängt das mittelalterliche Antichristdrama von Adso ab? ist an sich falsch, da dem mittelalterlichen Kleriker, der sich daranmachte, ein Antichristdrama zu schreiben, die Antichristlegende sicher von vornherein schon so vertraut war, daß er nicht erst aus dieser oder jener Schrift die Motive zusammenklauben mußte. Aus der Untersuchung der Motive des Antichristdramas lassen sich jedoch Schlüsse ziehen, die für die Antichristvorstellungen des Mittelalters und der Reformation im allgemeinen Geltung haben dürften. Das entscheidende Prinzip in der Entwicklung des mittelalterlichen Dramas ist nicht das Prinzip literarischer Abhängigkeit, sondern das der typologischen Übertragung. Der Antichriststoff wird ständig erweitert und ausgedeutet, indem Elemente aus anderen biblischen oder apokryphen Berichten in die Antichristlegende übertragen oder der vorliegende Antichriststoffnach dem Muster anderer Bibelstellen gedeutet wird. Wir haben zahJlose Beispiele für dieses Verfahren angeführt : die Geburtsgeschichte des Antichrist wird der Geburtsgeschichte Christi nachgeformt, besonders Lukas II ist ausgiebig benutzt u. Die Geburtsszene selbst mit der Hebamme erinnert an die Geburt Christi auf der mittelalterlichen Bühne 11. Die Epiphanie Christi mit der Anbetung durch die drei Könige hat sichtlich die Szene der adoratio des Antichrist durch die Fürsten beeinftußt 11. Wir haben Anspielungen auf die Darstellung im Tempel 18 und auf den Besuch des zwölfjährigen Jesus im Tempel 11• Die Versuchung durch Satan •o und die Taufe Jesu im Jordan mit der Legitimierung als Sohn Gottes sind 11
11 1' 11 11 10
S.o. S.o. S.o. S.o. S.o. S.o.
114ft". 119ft". 121, bes. 169ft". 132. 207. 122r:'
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in einer ganzen Reihe von Szenen zitiert 11. Die Heilungswunder des Antichrist kopieren die Heilungswunder Christi ••. Besonders auftällig sind die Übertragungen in den Prophetenszenen, der zentralen Episode des Antichristdramas. Die Propheten und die Opfer des Antichrist im allgemeinen vertreten sowohl die unschuldigen Kinder des bethlehemitischen Kindermords 18, als auch Johannes den Täufer, den Elias des Neuen Testaments (Matth xvn llff.), als auch Christus selbst, der den Tempel reinigt 14 und am Kreuz stirbt. Wie Christus so feiert auch der Antichrist sein "Abendmahl" 11, wie Christus hat auch er seine Himmelfahrt ••. Im Antichristdrama bietet sich neben dem allgemeinen Prinzip typologischer Übertragung noch das der Antithesis an, ein alter theologischer Lehrsatz, wonach der Antichrist in allem Christus genau nachahmen, bzw. genau das Gegenteil dessen tun und lehren wird, was Christus tat und lehrte 17 • Die Antichristlegende in ihrer endgültigen Form ist eine Wiederholung (Antitypus) der Heilsgeschichte im kleinen. Der Antichrist ist der Versucher, der die Menschheit zur Sünde (Sündenfall Adams) verlockt und seine Herrschaft über die von Gott abgefallene Menschheit aufrichtet. Wie Christus führen die beiden Propheten die Menschen wieder zu Gott zurück und werden dafür getötet (Kreuzestod Christi), stehen jedoch auf vom Tode und fahren auf zum Himmel. Die Wiederkunft Christi zum Gericht wird endgültig die Macht des Bösen brechen und damit die Geschichte zu Ende bringen. Es versteht sich beinahe von selbst, daß in diesem umfassenden Konzept konkret historische Züge kaum zu erwarten sind. Zeitgeschichte dringt, von gewissen Ausnahmen abgesehen 18, erst gegen Ende des Mittelalters fühlbar ins Antichristdrama ein, in erster Linie als Kritik am sittenlosen Klerus ••. Das ändert sich mit der Reformation völlig. Luther versteht unter dem Antichrist nicht eine legendäre Person einer fernen Endzeit, die typologisch die Heilsgeschichte wiederholt, sondern eine historische Institution. Das u S.o. S.o. a S.o. " S.o. 11 S.o. 11 S.o. .., S.o. 11
II 11
123, 198, Anm. SO, 131. 1S3ff. 163, 178f. 192. 196. 197• 166ft".
S.o. S1f. S.o. 1S7f.
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ZUSAMMENFASSUNG
Antichristgeschehen ist nicht eschatologisch, sondern geschichtlich, der Reformator sieht sich selbst inmitten dieses Geschehens : der Aufstieg des Antichrist entspricht der Machterweiterung des Papsttums durch das Mittelalter hindurch, die Leidenszeit unter dem Antichrist mit der Ermordung der Propheten ist die Leidenszeit der wahren evangelischen Kirche unter den Päpsten, der Jüngste Tag ist in der nahen Zukunft zu erwarten ao. Damit ist das allegorische Antichristkonzept wieder auf seinen ursprünglichen konkret apokalyptischen Sinn zurückgeführt. Das katholische Antichristdrama bleibt völlig unbeeinftußt von diesem Neuverständnis der Eschatologie durch Luther. Es zeigt ebensowenig zeitgeschichtliches Engagement wie das mittelalterliche Anticbristspiel, und von einer Identifikation des Protestantismus mit dem Antichrist kann keine Rede sein. Nur ganz gelegentlich tauchen Vorwürfe gegen den Antichrist auf, die auch auf die Protestanten zutreffen können, so etwa im Luzerner Spiel : 3809 betten ir jn gottshüser mft:sen gen, alls ir daruss band mogen nen zins, zechent, rent, gülltt, cleinott vnnd gold, iwer wer keiner dem entcrist so hold, das er syn g)ouben hett angnon. SOS aber thÜtt vber kiJchen, clöster gan, was drin ist, znen vnd die zü brouben, so hallten ir ein hUpsehen glouben, ein andren das syn dodannen znen, dohin ir nütt band gleytt noch gen. o, dises sind alls herrlich sachen. 3820 vss bettleren kan er junckheren machen ... Es handelt sich um nicht mehr als einen ärgerlichen Seitenhieb gegen die Protestanten und ihre Säkularisierungspolitik. Die Stelle ist jedoch noch in anderer Hinsicht interessant. Dem Antichrist werden hier sozialrevolutionäre Bestrebungen vorgeworfen : Aufbebung der Klassenunterschiede (V.3820) 81 • Diese sozialrevolutionäre Tendenz des Antichrist läßt sich S.o. 14. So ist die Stelle im Kontext der übrigen Antichristdramen zu verstehen, s.o. 1S911". Erstaunlich ist der völlige Verzicht der mittelalterlichen Autoren auf die Darstellung der sozialen Spannungen, die die Parole der sozialen Gleichheit zu einer so wirksamen Waffe in der Hand des Antichrist machen. Wahrscheinlich waren sie sich der politischen Explosivitlt der eschatologischen Vorstellungen sehr wohl bewußt und versuchten, jeden Anstoß zu vermeiden. Wahrscheinlich ist dies auch der Grund für die allegorischeschatologische Verfremdung des Antichriststoffs im mittelalterlichen Drama, s.o. 33f., 16lf. 80
11
ZUSAMMENPASSUNG
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zusammenstellen mit den chiliastischen Zügen seiner Herrschaft as. Sozialrevolutionäre sind im Mittelalter notwendigerweise Chiliasten, da soziale Gleichheit auf Erden nur denkbar ist in dem endzeitliehen irdischen Friedensreich, das die Gemeinschaft der Heiligen aus dem fortwährenden Zustand der Verfolgung 88 erlösen wird. Soziale Ideen tauchen im Antichristdrama kaum aufM, und wenn, dann nur mit ausdrücklichen Loyalitätskundgebungen gegenüber der weltlieben Obrigkeit 86 und unter deutlicher Ablehnung des Chiliasmus aa. Zum Schluß müssen wir noch kurz auf eine Frage eingeben, die nicht nur das Antichristdrama betrifft, sondern das ganze mittelalterliche Drama insgesamt. In einer kürzlich erschienenen Studie wird das Chesterspiel als eine komische Version des Antichriststoffs gesehen im Gegensatz zu der ernsten Behandlung desselben Stoffs im Tegernseer Spiel 87 • Begriffe wie komisch und tragisch sind grundsätzlich dem mittelalterlichen Drama nicht angemessen. Das mittelalterliche Drama bat im Grunde genommen nur ein einziges Grundtbema, die christliebe Heilsgeschichte, die zugleich tragisch und komisch ist, tragisch in Hinsicht auf die ständige Verfolgung durch die Macht des Bösen, der die Heiligen ausgesetzt sind, komisch in Hinsicht auf die Vergeblichkeit aller Versuche des Bösen, sich der Heiligen zu bemächtigen, und den schließliehen triumphalen Endsieg Gottes über den Teufel. Je wütender Satan und seine Kreatur, der Antichrist, gegen die Gemeinde Christi rasen, desto deutlicher wird ihre eigentliche Machtlosigkeit. Je mehr Opfer sie anhäufen, desto klarer wird, daß sie über die Seelen der Menschen nichts vermögen, desto mehr Märtyrer schaffen sie. So hat jede "komische" Szene des mittelalterlichen Dramas ihre "tragische" Seite und umgekehrt; die Antichristdramen lassen sich mitbin nicht in komische und tragische Dramen einteilen.
S.o. 194f. S.o. 138. 114 S.o. 159f. 18 S.o. 161. aa S.o. 194. a7 Leslie H. Martin, .,Comic Eschatology in the Chester Coming of Antichrist", Comparative Drama, V (1971), 163-176. 11
18
ANHANG
LOPE DE VEGA, EL ANTICIUSTO
Erst nach der Drucklegung nahm ich Kenntnis von einem Antichristdrama, das unter dem Namen Lope de Vegas überliefert ist. 1 Die Handschrift des Dramas steckt voller Fehler. Das Stück selbst ist so konfus und von so geringem literarischem Wert, daß der Herausgeber Menendez Pelayo es Lope de Vega abgesprochen hat. Falls es von Lope de Vega stammt, dürfte es, der Verstechnik nach zu schließen, auf den Zeitraum von 1613 bis 1618 zu datieren sein. • Inhaltsübersicht : 1. Akt 1. Szene (S. 425-427) : Titan : Gedanken über seine Identität. Erscheinung seiner Mutter (?) Luna, hoch zu Roß, auf der Flugmaschine. Aufklärung, Verlluchung des Sohns Titan (Antichrist). Titan : Allmachtformel, Gebet um höllischen Beistand. 2. Szene (427-428): Auftritt des Gracioso Baulin. Titan (Antichrist) stellt sich ihm vor als Gott und Schöpfer der Welt. Konversion Baulins. Verheißungen Titans. 3. Szene (428-431): Triumphale Heimkehr des Fürsten von Babylon, der, anscheinend, nach der Unterwerfung der Völker Gog und Magog (?) die ganze Welt beherrscht. Seine Begrüßung durch seine Braut Luna (nicht identisch mit der Luna der ersten Szene). Epiphanie und Proklamation des Antichrist (Titan), auf der Plugmascbine.
1 Ausgabe von Man:elino Men6ndez Pelayo in : Obras de Lope de Vega publicadßs por La Real Academfa Espaifola (Madrid: Sucesores de Rivadeneyra), 111 (1893), LXXVlULXXX und 559-585. Wiederabgedruckt in : Bib/ioteca de Autores espaifo/es (Madrid : Ediciones Atlas), CLVIII-CLIX (1963), Obras de Lope de Vega, VII, 297-299, VIII, 425-456. 1 Vgl. S. Griswold Morley and Courtney Bruerton, The Chronology of Lope de Vega's Comedltu, with a Discusion oj Doubtful AttributioM, the Whole Baaed on a Study of His Strophic Versiftcation, The Modem Language Association of America, Monograph Series, XI {London: Oxford University Press, 1940), 258.
ANHANG
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Der Schutzengel verläßt den Antichrist. Verheißungen des Antichrist, bestätigt von BauUn. Freude der Jüdin Luna über die Ankunft des Messias. Zwei Christen sprechen über den Antichrist, bekennen sich zu Christus. 4. Szene (431-434): Auftritt des Antichrist mit Musik. Große Proklamation mit den üblichen Topoi: SelbstvorsteJiung (,,yo soy Dios ..."), Versprechungen, Aufforderung zur Abwendung von anderen Gottheiten und zur adoratio, Beschneidung, Apostel, Antithesis Christi et Antichristi, Versprechungen, Aufforderung zum Genuß, Allmachtformel, Anspruch auf die Schöpfung der Welt, Hinweis auf seinen Reichtum im Erdionern, Versprechungen, Drohungen gegen Ungläubige. Huldigung des Fürsten und Lunas. Der Antichrist verliebt sich in Luna. Er nimmt Wünsche von seinem Publikum entgegen (episodische Auftrittsfolge). Drohungen gegen die Christen. Zeichnung (?) der Anhänger des Antichrist. 5. Szene (434-435): Gebet zweier Christen. Epiphanie des Enoch und Elias auf der Flugmaschioe. Predigt des Elias.
2. Akt 1. Szene (435-436): Der Antichrist leidet unter seiner Liebe zu Luna, er nimmt die Gestalt des Fürsten an. 2. Szene (437) : Antichrist in der Gestalt des Fürsten. Tete a tate mit Luna. 3. Szene (437-439): Konfrontation mit dem Fürsten. 4. Szene (439-440) : Antichrist in seiner wahren Gestalt, redet sich darauf hinaus, er habe den Fürsten rür seinen Unglauben bestrafen wollen. Huldigung des Fürsten und Lunas. 5. Szene (440): Entschluß des Antichrist, den Fürsten zu töten. 6. Szene (440-444): Große Huldigung der Nationen vor dem Antichrist mit burlesken Einlagen Baulins. 7. Szene (444-445): Titan heiratet Luna, nachdem er den Fürsten getötet hat unter dem Vorwand, ihn selig zu machen. 8. Szene (445-448): Elias' Bußpredigt, Entlarvung des Antichrist. Theologische Disputation. Elias beschwört den Antichrist mit dem Kreuz. Antichrist beschwört ein Trugbild des Fürsten, das seine Göttlichkeit bezeugt. Elias beschwört den wahren Fürsten, bannt das Trugbild in die Hölle.
3. Akt 1. Szene (448-453): Warten auf die Auferstehung des Antichrist. Seine Auferstehung vom Tode. Elias und Enoch werden vorgeführt und zusammen mit zwei christlichen Kindem zur Hinrichtung abgerührt. 2. Szene (453-454): Diskussion zwischen Christen und Antichristianem (unter ihnen Baulin und seine Frau). Begionender Widerstand gegen den Antichrist. 3. Szene (454-456): Drohungen des Antichrist gegen die Menschheit. Er läßt sich von Luna zur Milde umstimmen. Verhöhnung der Leichen des Enoch und Elias. Auf des Antichrist höhnische Beschwörung der Propheten hin deren Auferstehung und Bekenntnis zu Christus. Abfall vom Antichrist. Drohungen des Antichrist. Seine Himmelfahrt. Tod durch einen Engel. Gebet der Zurückbleibenden um Gottes Erbarmen.
210
ANHANG
Das Stück zeigt gewisse Verwandtschaft zu Alarc6ns Drama: die Szene mit der Mutter am Anfang, der Gracioso Baulin (Alarc6ns Gracioso heißt Dahin), die Verwendung der Flugmaschine, die Liebe des Antichrist zu einer Frau, die Verwandlung in eine andere Gestalt und Verdoppelung einer Person, die Beschwörung eines Toten, um Zeugnis abzulegen. Nur sind die schon reichlich absonderlichen Züge des Alarc6ndramas hier ins Absurde gesteigert; die mythologischen Motive sind voller Widersprüche. Das Stück macht, entgegen der Datierung Morleys, den Eindruck einer Parodie auf Alarc6ns Drama.
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REGISTER
Abllard 168 Anm. Abdankung des Endkaisers 24f., 29, 31, 68, 168. Abel 87. Abendmahl 8f., 92, 154, 191, 196, 205. Ablaß 57, 71, 101, 124, 161, 193, 198. Abraham 87. Absolution 44, 68, 96, 133, 135, 140. Acheron, Teufel 87, 118, 122, 131, 149. Adam 205. Ad-litteram-Interpretation 15. Adoratio (siehe auch "Huldigung") 9, 26, 32, 42, 80, 97, 104, 129-133, 139f., 151, 168-171, 178f., 185, 187, 195 Anm., 197, 203f., 208f. Adso 1, 4-5, 6 Anm., 9 Anm., 14 Anm., 19, 22-26, 28f., 36, 51, 113, 124 Anm., 140, 141 Anm., 142, 145 Anm., 149, 152156, 157 Anm., 158, 162, 166, 174, 196 Anm., 197, 204. Adventszeit 16f., 34. Adventu siehe "Auftreten". Afrika '83f., 108. Agrappart, Teufel 115. Agricola, Iohann. Tragedia Johannis Hus 61/., 164. Agricola, Philipp. Weltgerichtsspiel 117 Anm. Ägypten 7, 203. Ägypten, Äthiopien (Afrika), Libyen, Könige von 35 Anm., 43, 78 Anm., 96, 104-106, 158, 163 Anm. Aischylos, Orestie 112 Anm. Alarc6n, EI Anticristo 90 Anm., 101-106, 107 Anm., 113f., 121f., 127, 131f., 134,
136, 141, 145 Anm., 146, 155f., 158, 162, 164, 175, 181, 183f., 189f., 194, 197, 210. Alexander VI., Papst 73. Alexanderlegende 4, 24, 96, 104, 147. Alexandria 75, 96. Allegorie 2, 15, 30, 61, 65, 71, 82, 89, 101, 111, 113, 116 Anm., 117, 138, 144, 162-166, 198, 206. Allmachtformel 121, 129-133, 135/., 208f. Allwissenheit 8, 105f., 183, 203. Alpengebiet siehe "Tirol". Alsmar, Melissus, Fürst der Endzeit 60f., 158, 193. Altercatio Ecclesiae et Synagogae 17f., 142 Anm. Amerika 108, 125. Amme des Antichrist 37, 39, 95, 118-120, 127,204. Ampasser Antichristspiel 106/., 124, 144, 152 Anm., 153, 197. Amplificatio 15, 146, 175, 181, 183, 204. Anachronismen im Antichristdrama 92 Anm., 165. Anagnorisis 132, 162. Angingnart : Teufel 37, 39, 114f., 118. Anmuthige Comoedie von der wahren, alten, catholischen und Apostolischen Kirche ... , Ein 91 Anm. Annagoras : Apostel des Antichrist 96. Antiochia 75. Antiochos IV. Epiphanes 2, 5, 7, 49. Antisemitismus 47, 14lf., 147f., 177 Arun. 184, 190.
228 Antithesis Christi et Antichristi 3f., 10, 25, 55-58, 73, 103 Anm., 132f., 135f., 139, 143 Anm., 153, 155f., 166-174, 188f., 196, 205, 209. Antitrinitarier 85. Apokalyptik, apokalyptisch 2f., 10-15, 16, 18, 23, 24, 33, 53, 82, 84, 102, 137f., 150, 153f., 158, 161, 162, 173, 195, 202, 206. Apostel und Propheten des Antichrist (siehe auch "Der falsche Elias") 22, 25, 46, 60, 79, 80, 95f., 143, 148, 155/, 157, 158 Arun., 160, 167 Anm., 193, 203,209. Apostelgeschichte ISS Anm., 156 Anm. Apostelgeschichten, Apokryphe 7, 8, 202, 203. Aptum 132, 136. Aretalogie 202 Armen, Die, und der Antichrist 38, 56f., 88, 96, 98, 120, 149-151, 157, 159-161. Aristophanes 125. Armeoien 78 Anm. Asien 83f., 97, 108. Assyrer 146 Anm. Astarot: Teufel 79·82, 114, 116, 120, 123. Astrologie 14. Auferstehung vom Tode 9, 21, 39, 42, 43, 46, 49, 81, 83, 89, 98, 105-107, 109, 155, 174, 176t, 181t, 185, 188, 190, 196, 205, 209. Auferstehungsspiel 15f. Aufführung 17, 19 Anm., 21, 30, 34, 39, 40 Anm., 48, 54, 62f., 78f., 81, 87, 94, 100, 111, 115, 155f., 162f., 166, 181f., 191 Anm. Aufklärung 15. Auftreten des Antichrist 16, 24f., 32, 35, 41, 47f., 58, 71, 90, 103, 122, 126-140, 141 Anm., 169, 171-173, 194, 208f. Augustinus 11, 17f., 80, 139 Anm., 167 Anm. Augustus, Kaiser 170. Aurea aetas 194f. Ava, Anticluist 160 Anm. Babyion 5, 7 Anm., 10 Anm., 25, 37, 8183, 95, 103, 108f., 113f., 116, 118, 120,
138, 140f., 208. Hure Babyion 60, 83 Anm., 84, 173. Badius, Comldie du Pape malade... 84· 86, 124f., 152, 166, 199, 201 Anm. Bale, King John 65, 66-68, 140 Anm., 151, 158f., 165, 198, 201. Haltbasar 170. Bann, päpstlicher 64, 67f., 83, 104, 136, 159 Anm. Barlaam 96, 102-106, 146 Anm., 156, 164. Barock 76, 122Anm., 155,162,191 Anm. Bartholomäusnacht 100. Basel 49, 56, 82, 85. Bauern 14, 56-58, 61, 70, 91, 101, 161, 193. Baulin : Gracioso 208-210. Bedlam 83, 166. Beelzebub : Teufel 74f., 82, 85 Anm., 101, 116f. Bekehrung zum Christentum (siehe auch "Juden'') 63. Belial : Teufel 2. Bellarmin, Robert, Kardinal 77. Belsazar 170, 196. Benediktbeurer Weihnachtsspiel 18, 33. Berger, Arnold E. 63 Anm. Bern 56, 59. Berner Bär 60, 165, 198. Bertesius, Johannes 91 Anm. Besan~n, Le Jour du Jugement 35-39, 81 Anm., 114f., 118f., 122f., 126 Anm., 130, 133 Anm., 134, 142, 146 Anm., 148-150, 153, 157, 159, 162f., 175, 181185, 190f., 196. Beschneidung 25, 49, 79, 140, 145, 209. Bestattungsverbot siehe "Leichenschän· dung". Bestechungsmittel des Antichrist 9 Anm., 32, 38, 40-43, 48, 78 Anm.. 79f., 83, 88, 90, 95, 106, 133, 136, 139, 148-152, 155-161, 182, 185-187, 189, 193, 196. Bethsaida und Chorazim 25, 95, 102, 113, 120, 140. Bild des Antichrist 9, 32, 98, 153. Bildende Kunst 58, 111, 145 Anm., 173. Bilsen, Dreikönigsspiel 178f. Birgitta, Sibylle 49.
229 Bletz, Zacharias siehe "Luzemer Anti· cbrist". Bocardo, Kerker in Oxford 84. Bodel, Jean, Jeu de S. Nicoltu 19f., 21 Anm., 112 Anm.. Bonüatius III., Papst 74f., 158. Bousset, Wilhelm vm, 7, 10 Anm., 196 Anm.,204. Brenz, Johannes 91-93, 193. Brot und Wein siehe "Abendmahl". Bruno von Segni 17 Anm. Buchsorg, Apostel des Antichrist (siehe auch "Doctores") 60f., 193. Bugenhagen, Johannes 101, 200. Bühne siehe "Autrlihrung". Bürger 68, 70, 95, 161. Buße 26, 32, 35, 39, 43, 49f., 81, 99, 106, 176, 179, 182, 183, 191 Anm.., 198, 209. Byzanz siehe "Griechenland". Caedes lnnocentium Anm., 205, 209.
163 Anm., 175, 179
calder6n de Ja Barca, Pedro, EI magico prodigioso 102 Anm.. Calvin,Johann 84f., lOS. Cammerlander,Jakob SO, 10. Campeggio, Lorenzo, Kardinal 59 Anm.., 92(., 195 Anm.. Caritas, Fides, Spes 103 Anm. Castellion, ~bastien 8Sf. Cervantes Saavedra, Miguel de, Don Quixote 102. Chaldler 8. Cham~ 94. Charakterzeichnung im Drama 111f., 120, 121, 159, 202. Chester, Antichrist 8f., 42-43, 125 Anm., 126 Anm.., 130, 132, 133 Anm., 135, 142 Anm.., 143, 151-153, 157, 159, 161 Anm., 162, 167, 173 Anm.., 11Sf., 180, 183, 185 Anm.., 195. Chester, Propheten des Antichrist 43, 78Anm. Chiavenna 73. Chieti, Kardinal von : Giampietro Ca· raft'a, splter Papst Paul IV. 73. Chiliasmus 1, 3, 4, 10-15, 24, 40, 134 Anm., 194-196, 207.
Cbocheyras, Jacques 93 Anm.., 94. Christ-Kutter, Friederike 41. Churer Antichrist IX, 50, 126 Anm., 131f., 133 Anm., 139 Anm.., 143, 152, 171, 175, 191 Anm.., 197. Circe (siehe auch ,.Hure Babylon") 60, 70, 83. Cividale, Ludus Christi vm. 22, 34 Civil Order (siehe auch "Bürger") 67f. Comedia piacevole della vua, antica, Romana, Catolica et Apostolica Chiesa ...
91 Anm. Commonalty (siehe auch ,.Die Armen und der Antichrist") 68. Concilium Papale (siehe auch "Teufelsversammlung'') 201. Contra JIIIIDeos, Paganos et A.rklnos sermo de Symbolo 18. Corpus Antichristi 14, 51. Cranach, Lukas, Passional Christi et Anti·
Christi 58. Cranmer, Thomas, Erzbischofvon Canter· bury 75. Credo siebe ,.Glaubensbekenntnis". Curione, Cello Secundo, Pasquillorum Tomi duo 59 Anm.., 72. Cyprianus 123 Anm.. Damiani, Petrus 17 Anm. Dämonenmasken 112 Anm. Dan 25, 95, 103, 113, 122, 138. Daniel 2, 4, 6-9, 13, 17, 23, 26 Anm., 43, 54, 104 Anm., 131 Anm.., 133 Anm.., ISO Anm., 158. Dante Alighieri, Purgatorio 162 Anm.. Darius, König von Persien 80, 145, 146 Anm.., 151, 158, 170, 195 Anm. Darstellung im Tempel 132, 204. Datierung von mittelalterlichen Anti· christspielen 25, 28f., 34-36. Dauer der Herrschaft des Antichrist 2Sf. David 146. 06mochaRII, Antoine de Mouchy 8Sf. DaW. Artus 8Sf. Descensus Christi 118. Deutschland, deutsch 24, 31f., 37, 49, 70, 149, 165, 168, 192f., 198.
230 Diaz, Nicolas, Tratado d4 Juicio Final 104 Dillingen 89. Dionysius von Luxemburg 77. DiscelllO 25, 169. Dissimulation (siehe auch "Hypocrisis") 67. Doctores im Dienste des Antichrist 38, 61, 74, 186. Dörrer, Anton 106 Anm. Dortmunder Antichrist 48, 78, 174 Anm. Drachen siehe "Tiere". Drei Könige 121, 169f., 178f., 204. Dreikönigsspiel 169, 174, 178f. Dresdner Johannisprozession 9 Anm., 48, 151. Drohungen und Warnungen des Antichrist 35, 38f., 46, SO, 61, 63, 129, 133, 136, 139, 180, 182, 184f., 187, 193, 209. Dromo: Teufel 64, 192. Duns Scotus, Johannes 84. Durchdenbach 91 Anm. Dürrer Baum 134 Anm. Ecclesill (siehe auch "Kirche'') 17f., 30. 32, 83f., 86-88, 98, 157, 16Sf. Eck, Johannes 73 Anm. Eduard VI. von England 75, 199, 201. Elias und Enoch 6-9, 18, 22, 26, 30, 32, 35, 37r., 40f., 43f., 46, 48-so, 54, 80f., 89f., 97-99, 104-109, 141, 143f., 147, 150, 154f., 158, 174-192, 209. Der falsche Elias 102-106, 121, 132, 1ssr.• 162, 184. Elieser 89, 102, 104-106, 146 Anm., 155, 164. Elisa 96 Anm. Eltern des Antichrist 9, 25, 37, 39, 79, 81f., 85 Anm., 95, 101, 103, 113-115, 117-123, 131, 134, 143, 208, 210. Ernmaus 196 Anm. Endkaiser, Endreich (siehe auch "Welthemchaft") 4, 12 Anm., 23-25, 29-31, 33, 36, 49f., 52, 80 Anm., 97f., 168. Engel 31, 35, 37, 39, 48, 63, 98, IOSf., 108f., 176, 181, 190 Anm., 196f., 200, 209. England 67f., 165. "Entkrist" 40 Anm., 48, 115f., 130, 170.
Entkrist Vasnacht, Des siehe "Zürcher Antichrist". Epiphanie (siehe auch "Auftreten des Antichrist") 169, 203f., 208f. Erdteile 7 Anm. Erlösungssehnsucht siehe "Klagen". Ernst, Josef vm. Entaunen des Antichrist über Widentand (siehe auch "Ira'') 184f., 188. Erweiterungen, dramatische siehe "Amplificatio". Esel 70, 133, 165, 172, 198. Eucharistisch siehe "Abendmahl". Europa 83f., 98, 108. Evangelium siehe "Schriftprinzip". .Exegese 4, 11, 16, 19, 22, 203. Exodus 6, 153 Anm. Ezechiel 43, 146 Anm.
Fano, Weltgerichtsspiel 108{., 124, 125 Anm., 141 Anm., 197. Force Nouvelle de I' Antechrist }()(). Fastnachtsspiele 40f., 47-49, 55, 61, 6971, 124, 148, 151, 156, 158, 160, 165, 171, 191-193. Faust 123 Anm. Faustina 74. Fegfeuer 84, 96 Anm., 99, 151. Festurn Aslnorum 102. Feuerofen 7 Anm., 9, 16, 48, 133, 162. Figura (siehe auch "Typologie") 5-7, 46, llOf., 127. Figurae Antichristi 5-10, 49, 51, 53, 61, 77, 80 Anm., 83 Anm., 97 Anm., 170, 173 Anm., 175, 196, 203 Anm. Figurae Eliae 61, 192, 205. Fleury, Spiel von 18. Florentiner Prozession 90. Flüche 99, 142, 186. Flucht nach Ägypten 121. Flucht vor dem Antichrist 84, 90, 109, 163, 165, 181. Flugmaschine (tramoya) 101-106, 107 Anm., 155, 208, 210. Flugschriften der Reformation 58f., 66, 69, 71. Folz, Hans 47, 148.
231 Fort Coligny (franz. Hugenottenkolonie in Brasilien) 86. Foxe, John, Cluistu TriumphalU 55 Anm.., 82-84, 90 Anm., 117, 133 Anm., 150, 152, 158, 165, 192, 199. Frag und Antwort von zwei Brüdern, was für ein seltsames Tier zu Nürnberg gewesen ... , Ein 59 Anm., 173 Anm.. Franken 23, 25, 29 Anm. Frankfurter Antichrist 45, 78, 141, 147. Frankreich, französisch 24, 29, 31f., 37, 49, 84-86, 97 Anm., 99, 149, 159 Anm., 167f. Freidank, Bescheidenheit 171. Friedrich I. Barbarossa 49, 52. Friedrich II., Kaiser 33, 52. Frischer Combißt, Ein 70, 161, 165, 198, 201 Anm. Frischlin, Nikodemus, Phasma 90-93, 125, 165, 171-173, 192t, 195, 199~. 201 Anm. Fronleichnamsspiele 21f., 45f. Fürsten und Adel 25, 30f., 35, 38, 40-43, 47-49, 58, 60, 72, 78 Anm., 84f., 88, 92, 9Sf., 98, 101, 149-152, ISS, 156-161, 163, 165, 183, 193 Anm., 198, 201, 204, 207,209. Fußkuss 143, 171. Gabriet 35, 46, 69, 75, 97, 117 Anm., 177, 182, 191, 196, 199. Galüea 96, 121. Gamaliel, General des Antichrist (siehe auch "Holophemes") 88. Gastmahl des Antichrist 60, 64, 72, 80, 195/. Geburt des Antichrist 22, 25, 36f., 46, 49, 79, 81f., 95, 100, 103, 112, ll3f., 115117, 118-121, 122, 123 Anm., 12Sf., 138, 140, 145, 151 Anm., 204. Gedankenlesen siehe ,.Allwissenheit". Geißler 17, 34, 157. Geld siehe "Bestechungsmittel des Antichrist". Genesis 195 Anm. Genf 82. Gengenbach, Nollhart 29, 49f., 146-148.
Gengenbach, Toterifresser 56, 125 Anm., 128 Anm., 135, 151, 161, 171, 195. Genrehafte Züge und Milieutreue 36, 44, 79, 81 Anm., 99, 112. 118-120, 127, 136, 145-148, 161. Georg von Sachsen 65 Anm. Gerberga, Königin von Frankreich 22, 24.
Gerhoch von Reichcrsberg 4 Anm., 7 Anm., 19 Anm., 28, 33, 52. Germania siehe "Deutschland". Geschenke des Antichrist siehe "Bestechungsmittel". Geschichtsdeutung, theologisch-philosophische 1, 12-15, 137-139. Geschichtsdrama siehe auch .,Historisierende Tendenzen" 61, 101, 150, 158f. Gesetzgebung des Antichrist 88, 95, 136, 152, 156, 187f. Gestaltwechsel siehe "Verwandlung". Giesy 96. Gilden 42f. Giuliano da Cividale, Cronaca Friulana 34.
Glaser, Amold 91 Anm. Glaubensbekenntnis, christliches 176, 178, 182f., 186, 209. Glücksrad 47. Gnostik 126 Anm. Goedeke, K.arl 70 Anm. Gog und Magog 26 Anm., SS, 79-81,9698, 104, 143, 145, 146/., 150f., 156, 163f., 187f., 191, 193 Anm., 208. Gottlhnlichkeit, Anspruch aufsiehe .,Adoratio". Gottfried von Admont 17 Anm.. Gottlieb und Gottfried, Zeugen gegen den Antichrist (siehe auch "Theophilus") 60f., 193. Gozan 96, 146 Anm. Gracioso 102-106, 208, 210. Gratia Giustificante 72f., 199. Gregorius der Große 19. Griechenland, griechisch 4, 23, 31f., 149, 167f. Gros, Louis 94, 155. Groteske Züge im Antichristdrama 36, 125.
232 Gu61et, 1erome 8Sf. Gu/Q (siehe auch .,Todsünden") 42, 102, 1S2Anm. Günther, Gerhard 9, 137 Anm. Hagiographie 19, 22. Haimo von Auxerre 17 Anm. Handel unter dem Antichrist 98, 142, 162. Harasha : HirOn ar-Rasld ('l) 107 Anm. Hardison, O.B. vm, 18. Haeresis, Haerettci 14f., 32, 51, 89, 90 Anm., 99, 137f., 162, 165, 194. Hauck, Karl 20. Heiden 8, 31f., 48, 97f., 107 Anm., 141, 14Sf., 154, 167f. Heidengötter 26. Heiligenspiel 19, 22f. Heiligenverehrung 59, 66, 106. Heiliger Geist 113. Heilsgeschichte 5, 10f., 12f., 1Sf., 36f., 61, 73, 82, 111, 122, 127, 157, 161, 187, 202, 205, 207. Heilungen siehe "Wunder". Heinrich IV., Kaiser 52. Heinrich von Braunschweig 65 Anm. Heinrich Vlß. von England 66, 75, 83, 198-200. Heinrich von Neustadt, Von Gottes ZukuTfft 160 Anm. Heraklius, Kaiser 23 Anm. Herford, Charles H. 6S Anm. Herkunft des Antichrist (siehe auch .,Eltern" und "Geburt'') 22, 25, 37, 49, 85 Anm., 103, 137f., 140, 145. Herodes 170, 174f., 178f., 196. Herolde 38, 41, 47, 64, 79, 81, 96f., 126, 178-180, 183. Herzog von Burgund, Fastnachtsspiel vom 47-48, 141, 147f., 154, 171, 177 Anm., 191. Hessen, Landgraf von 70. Hierologus (,,Das Heilige Wort") und Theosebes (siehe auch "Schriftprinzip") 84, 192. Hildebrand, Michael, Ecclella Milltau 77 Anm., 89-90, 131, 132 Anm., 133
Anm., 134, 143, IS0-153, 162f., 166 Anm., 175, 177, 180f., 190, 197. Hildegard von Bingen, Scivltu 81 Anm. Hilfe des Teufels filr den Antichrist 9, 79f., 85, 108, 114, 123-126, 137 Anm., 208.
Hille, Kurt 125 Anm. Himmel 63, 78, 87 Anm., 190f., 198f. Himmelfahrt 10, 49f., 81, 89, 99, 106-109, 113, ISS, 190f., 196, 191, 203, 205, 209. Hippolytos von Rom 4 Anm. Historisierende Tendenzen im Antichristdrama 61, 63, 65-67, 113, 128, 137, 145 Anm., 164, 200, 20Sf. Hohenstaufen 28-30, 33. Hohes Lied 163. Hölle 37, 40 Anm., 43, 48, 56, 63, 78f., 81, 87 Anm., 99, 104, 106, 108f., 114118, 122, 124-126, 183, 209. Holophemes, General des Antichrist 65 Anm •• 911. Holstein, Hugo 90 Anm. Honorius von Autun 7. Hosius, Stanislaus, Kardinal 92f. Hostienwunder 9, 42 Anm., 43, 47. Hübner, Artbur 70. Huldigung (siehe auch ,,Adoratio'') 8, 31f., 38, 41-44, 46f., SO, 67f., 78-80, 82, 88, 96, 103f., 106, 108f., 125, 141, 143145, 147, 151 Anm., 169, 178, 187, 189, 209. Humanismus 66, 71,83 Anm. HumiU1t11 166-168. Huss, 1ohannes SI, 53, 61f., 164f. Hutten, Ulrich von 71. Hypocrisis, Hypocrltae 31f., 75, 84, 101, 137f., 145 Anm., 149, 152, ISS, 157 Anm.,178. lmltatio Christi siehe .,Antithesis". Imperial Majesty 68. Imperium Ro~anum (siehe auch "Kaiser'') 4, 23-25. lncubi 139 Anm. Index librorum prohlbltorum 91 Anm. lnnsbruck 106. Inquisition 72f., 101, ISO, 164-166. Inszenierung siebe ,,AuftUhrung".
233 lra (siehe auch "Todsünden") 47, 64, 69, 71, 84, 97, 143, 147, 174f., 177, 179, 182, 184-186, 188, 190, 192, 198f. Irrtum: Teufel 8lf., 116. Islam 132. Italien, italienisch 71, 199. Jackson, William T.H. 112 Anm., 127. Jahreszeitenspiel 112 Anm. Jamnes und Mambres : Propheten des Antichrist 6. Janssen, Johannes 45 Anm. Jedermann 45. Jerusalem 22, 24-26, 29-32, 35, 70 Anm., 75, 78f., 87f., 97f., 104f., 108, 131, 137, 140-142, 144 Anm., 145f., 149, 163, 167f. Jesaja 141 Anm. Jesuiten 76f., 86f., 94 Anm. Jesuitendrama 77, 126 Anm. Jesus Christus 1, 3f., 8, 10, 16, 25, SS-58, 63-65, 70f., 75, 79-81, 83, 87, 89, 91-93, 98, 103 Anm., 105 Anm., 106f., 109, 113, 116-118, 129, 132, 135, 139f., 142, 143 Anm., 146, 153, 156, 158, 163, 165167, 169f., 173, 175f., 178f., 182f., 189f., 191 Anm., 196, 199-201, 203-205, 209. Jeu d'A.dllm 18f., 21 Anm. Johann, König von England 66-68, 158f., 165. Johannes der Evangelist 43, 79-81, 88f., 174 Anm., 183, 196. Johannes, Briefe 2. Johannes, Apokalypse 1, 3f., 6, 10 Anm., 11, 13, 18, 38, 54, 83 Anm., 84 Anm., 117, 138, 142 Anm., 153 Anm., 157, 159f., 162, 163 Anm., 165 Anm., 174. Johannes der Täufer 48, 90, 174 Anm., 176 Anm., 205. Johannes XXIII., Papst 61. Jordan 123, 131. Jubel der Antichristianer und Teufel 37, 44, 60, 64, 68, 115, 116/., 125, 140, 182. Juden 3, 17, 25, 38f., 41, 45-50, 59 Anm., 79, 82, 85, 87f., 90, 95, 97f., 102-106, 113, 122, 131f., 140-148, 150, 163, 168, 174, 177f., 181, 183-185, 187, 189-191, 193, 195,202. Bekehrung der Juden zum Christentum
26, 32, 44, 89f., 99, 105-107, 141-146, 164, 177, 180-183, 186f., 190. Jugend und Erziehung der Antichrist 22, 25, 37, 49, 82, 95, 103, 112f., 116, 118, 126, 132. Julian, Kaiser 23 Anm., 63f., 158f. Jüngstes Gericht 1, 12f., 16, 21, 23f., 34f., 37, 39, 45f., 49f., 53, 60f., 65, 69, 84, 87, 89-93, 94 Anm., 98-100, 107, 117 Anm., 134 Anm., 176, 178, 187, 194, 200, 20Sf. Justina 102 Anm., 105 Anm. Kaiphas 96 Anm., 170, 174,203 Anm. Kaiser 30f., 35 Anm., 40f., 41, 48f., 63f., 74f., 97f., 157f., 167, 170. Kaiserprophetien 29, 97. Kamlah, Wilhelm 16. Klnnberg, Bartholomlus 106. Karl der Große 23f., 29, 97 Anm. Karl IV., Kaiser 40, 52. Karlstadt, Andreas Bodenheim, gen. 92f. Kaspische Pforte 104. Kaukasus 96 Anm. Kettenbach, Heinrich von 59 Anm. Kielmann, Heinrich, Tetzelocramia 100/., 124, 152, 166, 197, 200. Kindennann, Heinz 110f. Kirche 3, S, 10-15, 17f., 21, 34, 51-SS, 65 Anm., 74f., 77, 86, 89f., 92f., 99, 103, 106f., 109, 117, 125, 128. 137f., 145 Anm., 150, 152, 15Sf., 160-165, 168, 181, 198f., 206f. Klagen der Verfolgten 11, 13f., 53, 57, 60f., 64, 67, 70f., 84, 86f., 91, 101, 103, 106f., 161, 163, 16Sf. Klassisches Drama 63, 82, 87, 89, 91, 110, 112, 122, 136, 159 Anm., 163 Anm. Kleopatra, Mutter des Antichrist 81f., 114, 116, 120. Klerus 38f., 42, 48, 51, 56f., 63, 67-69, 72f., 96, 150-152, 157, 159 Anm., 161, 163-165, 190, 204f. Klostemeuburg, Spiel von 18. Komische Darstellung IX, 42 Anm., 99, 102, 112, 125, 154, 167, 191, 207. Könige,Buchder 96,146Anm.,154Anm. Koustans, Kaiser 23 Anm.
234 Konstantin, Kaiser S3, 13S. KonstantiBisehe Schenkung 64. Konstantinopel 7S. Konstanzer Konzil 61. Kontrafaktur siehe "Antithesis". Konzil zu Trient, DM 68/., 125 Anm., 201 Anm. Kostümwechsel siehe "Verwandlung". Krankheit SS, 124f. Kreuzzüge 29f. Kritik an Kirche und Klerus 12, 137 Anm., IS7, 20S. Krönung des Antichrist 64, 96, 106, 137, 145. Künzelsauer Fronleichnamsspiel 9 Anm., 45-46, IIS, 125 Anm., 126 Anm., 130, 132, 133 Anm., 134-136, 140, 143, 146149, ISS, 171, 175-177, ISO Anm., 1S3, 1S4 Anm., 190f., 196. Lamm 179 Anm. Landl, Antichristspiel 107/., 131 Anm., 141 Anm., 1S3, ISS, 197. Langton, Stephen, Erzbischof von Canterbury 67f. Lazarus 79. Legellila Aurea S Anm., 9 Anm., 10 Anm., 102 Anm., 103 Anm., lOS Anm. Legende vom Antichrist 3, S, 7, 9, 19, 22f., 36, 53, ss, 77, 113, 116, 127f., 137f., 14S-147, ISO, ISS, 161, 166f., 173, 177 Anm., IS9, 202, 204f. Legitimation des Antichrist 134, 140, 147f. Leichenschlndung 89, 99, 109, 174, 177, 180, 182, 190f., 209. Llber de promlsslonibua et praedilectionibua Dei 6. Ubero Arbitrio 72f., 199. Ubyen, König von (siehe auch ,,Ägypten'') 41 Anm. Lichtenberger, Johann 49. Limburger Antichrist 44/., 12S Anm., 130, 133 Anm., 134, 143, 175, 177, 179181, ISS Anm., 190. Linzer Antichrist 160 Anm.
Liturgie 15-22, llOf. Liturgische Verehrung siehe "Adoratio". London 74. Lucken, Linus U. 9 Anm. Ludua de Antichristo VD, 4 Anm., 12, 1520. 27-33, 34 Anm., 36, 40, 42, 4S, SI, 54, Anm., 129, 130 Anm., 132, 136-13S, 141f., 145 Anm., 146 Anm., 149f., IS3, ISS, 157 Anm., IS9, 161 Anm., 162f., 167-170, 175, 177f., 181, 183f., ISS Anm., 190, 19Sf., 207. LudlU de Rege Aegyptl 33. Lukas 115 Anm., 116 Anm., 123, 132, 194, 195 Anm., 203 Anm., 204. Luna, Mutter bzw. Geliebte des Antichrist 208f. Luther, Martin 9 Anm., 10, 14, 3S, S3f., S6-SS, 59 Anm., 62f., 66, 70, 76f., 91-93, 100f., 13Sf., 176 Anm., 192f., 19S-200, 205.
Lilttich 44 Anm. Luxuria (siehe auch "Todsünden") 79, 83, 90, 9SC., 102, 116 Anm., 133, 139, 209f. Luzemer Antichrist 78-82, 90 Anm., 114116, 118, 120f., 123-126, 12S Anm., 13lf., 133 Anm., 134, 136, 137 Anm., 141, 14S-147, 151, 152 Anm., 153-ISS, IS8,162-164, 170f., 175, ISlf., IS4 Anm., 187f., 190f., 195-197, 206. Luzerner Ostenpiel 4S Anm. Luzifer 2, 44, 46, 74f., 97, 107, 11S-117, 121, 170. Lyon 94Anm. Madrid 101. Magie 102. Mlhren 92. Mainzer Erzbischof 49, 101. Mazedonien 104. Malvenda, Tom4s 77. Manuel, Toteilfresser oder Vom Papst und seiner Priesterschaft SS Anm., S6, 57, S9 Anm., SS Anm., 12S Anm., 13S, lSlf., 161, 164, 171f., 192, 19S, 197,
201 Anm. Manuel, Von Papsts und Christi Gegensatz
235 56, 57/., 129 Aum., 172, 173 Aum. MaDZer, Vater des Antichrist 114. Maozin 104, 131, 195. Marburger Religionsgespräch 92. Maria, Mutter Jesu 48, 93. Maria, Königin von England 82. Martin, Leslie H. 42 Anm., 207. MArtyrer und Opfer des Autichrist (siehe auch ,,Zwei Zeugen") 32, 39, 43, 68, 77, 79-81, 88, 97-99, 102, 109, 142, 144, 158f., 163-166, 119, 205, 207, 209. Martyrologie 3, 6f., 9, 14, 103 Anm., 202. MatthAus 123, 125 Aum., 131, 134 Anm., 156, 160, 190, 194, 203, 205. Mauren 107 Anm. Maximilian, Kaiser 47. Maximus von Turin 17 Anm. Medien 95, 104 Anm. Menander 90 Anm. Men6ndez Pelayo, Marcelino 208. Messe 56f., 84f., 98, 151, 169. Messianische Wehen 153 Anm. Messias 3, 4, 23, 26, 32, 47, 59 Anm., 79, 8lf., 102f., 120, 123, 126, 129, 132, 139146, 148, 179, 189, 203, 209. Messina 86. Methodius siehe "Pseudomethodius". Michael 26, 43, 49, 75, 87, 99, 101, 107, 118, 166, 182, 190 Anm., 191, 196f., 200. Michels, Victor 40. Millennium siehe "Chiliasmus". Mimus 112 Anm. fdissale Romanum 16f. Mission des Autichrist siehe ,,Apostel". Mittel des Autichrist, politische 25, 32, 36 Anm., 95, 138, 148-150, 181, 188. Mobilisierung des Autichrist gegen seine Gegner (siehe auch "Terror") 32, 57, 61, 64, 65 Aum., 70f., 90, 96f., 10Sf., 149, 164f., 193, 197-199, 201. Modane, Autichrist IX, 42 Anm., 90 Aum., 93-100, 104 Anm., 113f., 116, 118, 120f., 123, 125 Anm., 128 Anm., 143, 145 Anm., 146f., 151-153, ISS, 158-160, 162, 164, 171, 182f., 190, 197. Mohammed 37. Mönche und Nonnen 56, 85, 92, 96f., 125, 156 Anm.
Monstrositlten 99f., 121f., 163f. Moralität 41, 45, 63, 65-67, 164. Moses und Aaron 6, 144. Muft6n, Sancho de 102 Anm. Mumer, Thomas, Yon dem großen Lutherischen Na"en
59 Anm.
Musta 107 Anm. Mutter des Autichrist siehe "Eltern". Myslire d'Adam 18f. Mysterienspiel 21, SS, 66, 122, 126, 137, 139. Mythische Elemente in den Antichristvorstellungen 1-3, 7 Anm., 15, 110, 122, 176, 210. Naogeorgus, Pammachia SS Anm., 6265, 66, 82, 87 Anm., 101, 117, 124, 126, 128 Anm., 129, 136, 139, 158, 165, 171, 173, 192, 193 Aum., 195, 198, 201 Anm. lncendla seu Pyrgopolinices 65 Anm. Mercator 85. Narren 47f. Naturalismus 100, 111f., 120 Anm., 145, 162, 164, 166, 202 Anm. Neapel 40. Nebukadnezar 6-9, 97 Anm. Negri, Francesco, II Libero Arbitrio 65, 71-74, 152, 165, 173, 192, 199, 200 Anm., 201 Anm. Nero, Kaiser 3, 6, 7 Anm., 8, 10, 23 Anm., 172, 173 Anm., 239. Neue deutsche Bileamsesel, Der 10f., 129 Anm., 161, 165, 172, 192f., 198f., 201 Anm.
Niederlegung der Krone siehe "Abdankung". Nigra, Costantino und Delfino Orsi 87 Anm.
Nobility (siehe auch "Fürsten") 67f., 96, 98f. Nominalismus 37. Norden, Eduard 203. Nilmberg 40, 47, 59 Anm., 148. Oblatio 169. Obrigkeit siehe "Fürsten". Obstetrices 120 Anm. Obszönitlten 69, 116, 141, 148.
236 Ochino, Bemardino, A Tragedy or Dia· log... 74f., 116f., 128 Anm., 131 Anm., 158, 165, 171, 199, 201. Offenbarung des Antichrist als Messias 108, 123, 125 Anm., 131 Anm. Officium PMtorum 120 Anm. Officium Stellae siehe "Dreikönigsspiel". Ölberg 26, 197. Ordo Prophetarum 18, 49. Orl6ans 94 Anm. Ostern 21. Österreich 40. Otto der Große 24. Otto von Freising 29, 168 Anm. Pammachius, Papst 63f., 124, 139. Pandulph, Kardinal 67f. Papst, Papsttum 30, 33, 35, 39, 48-51, 53· 58, 59 Anm., 60-64, 66f., 69-77, 82-86, 90-93, 100f., 107-109, 113, 116f., 124126, 128f., 134-136, 139f., 141 Anm., 142, 150-152, ISSt, 161-165, 171-173, 192f., 195, 197-201, 206. Paradies 78, 88, 97, 109, 181f., 192, 194, 195 Anm. Paris 93. Parodie 167, 191, 200. Parrhe11ia siehe "Veritas". Parusie (siehe auch "Jüngstes Gericht") 1, 53, 65, 163, 169, 178, 199-201, 205. Passion Christi 174, 188, 190, 196, 205. Passionsspiele 21. Pataria, Kleidermarkt in Rom {siehe auch "Verwandlung") 74. Patriarchen 75, 103, 132. Paul IV. siehe "Chieti, Kardinal von". Paulusbriefe 3, 4, 6, 14, 16f., 69,77 Anm., 156, 171, 174, 194. Pac et securita 194f. Peripetie 174. Persien 78 Anm., 108, 173 Anm. Personifikationen 30, 62t, 65, 67, 71, 127. Peruginer Laude 17, 34, 125 Anm., 126 Anm., 129, 133 Anm., 134, 142, 144 Anm., 153, 157, 175f., 183, 196. Petit de JulleviUe, Louis 93 Anm., 100. Petrus und Paulus 6-10, 18, 48, 54, 57f.,
63, 70f., 73, 84, 87, 92f., 17lf., 176, 192, 198,202. Petrus1egende 75. Pfingsten 21, 34, 155f. Pflaum, Heinz 17. Pharao 6f. Phokas, Kaiser 74f., 158. Pilatus 167 Anm., 170, 203 Anm. Pilgerschaft 72. Pius IV., Papst 92. Politik, politisch 1, 3, Sf., 10-13, 20, 24f., 28-30, 33f., 35 Anm., 36, 40f., 47, 52-54, 61, 137, 142 Anm., 158, 159 Anm., 160f., 164, 184, 206. Pomapolis (siehe auch "Hure Babylon") 83f., 165, 199. Porphyrius, Berater des Papsts 63-65, 84, 139f. Prälaten siehe "Klerus". Praxeill 202. Prediger, protestantische, gegen den Antichrist (siehe auch "Zwei Zeugen") 57f., 60f., 64, 84, 92f., 101, 161, 192f., 197f., 200. Proce11sio Stellae siehe "Dreikönigsspiel". Proces/IU/1 Prophetarum siehe "Ordo Prophetarum". Prodigien des adventU/1 Antichristi 79, 82, 95, 103, 108, 119, 121, 134. Proklamation des Antichrist 35, 38, 41· 44, 46, SO, 64, 80, 82, 88, 90, 103, 109, 126-140, 142-146, 170, 176,200, 208f. Propheten 18, 78-81. Propheten des Antichrist siehe "Apostel". Proserpina 95. Protestantische Sekten 76. Prozessionsspiele vm, 22, 4Sf., 48, SS, 111. Psalmen 30, 167 Anm. Pseudamnus, Papst (,.der heuchelt, ein Lamm zu sein") 83f., 118, 152, 158, 199. Pseudomethodius 23 Anm., 28, 49, 79 Anm., 146, 175 Anm., 194, 197 Anm. Pyrgopolinices, General des Antichrist {siehe auch "Holophemes") 65 Anm. Quellen siehe "Tradition".
237 Rapbael, Engel 73, 88, 117 Anm., 182, 199. Ratgeber des Papst-Antichrist (siebe auch "Porphyrius'') 128, 137. Redentiner Osterspiel 160 Anm. Rederijkerspiele 59 Anm. Reformbewegungen des Mittelalters llf. Regieanweisungen, lateinische 42, 44, 46,
so. Reinigung des Tempels 192 Religio 101, 166. Reue siebe "Buße". Rhodos 57. Rienzo, Cola di 52. Ritter 38, 48, 52, 184. Ritualmord 148. Rom 61, 64, 72, 74f., 83, 8Sf., 100, 108f. Roman de Merlin 36. Römisches Reich siehe "Imperium Romanum". Römische Christenverfolgung 6, 63, 83, 138. Rotes Meer 96 Anm. Rouen, Spiel von 18. Roy, Emile 3Sf., 94 Anm. Ruiz de Alarc6n siehe "Alarc6n". Rüte, Hans von, Spiel von der Abgiitterei 59-61, 124, 125 Anm., 126, 156, 158, 161, 165, 171f., 193, 195, 197. Sabbat 143. Sainte-Genevi~ve MS 1131 36. Sakramentarien 16. Sakramente 98. Salbenkrämer 112 Anm. Satan 2, 9, 25, 35, 37f., 63-6S, 69, 76, 79, 81-87, 90 Anm., 92f., 9S, 97, 115-117, 122-125, 140, 157, 16Sf., 171, 199, 202, 204, '1JJ7. Himmelssturz 83. Fesselung und Befreiung 63, 83, 87, llS, 117, 125, 165. Satire 65, 71. Savoyen 99. Schitze des Antichrist SO, 79, Blf., 90, 95, 104, 116, 120, 133 Anm., 13Sf., 139, ISO, 203, 209. Schlüsseldrama 65.
Schlüsselgewalt, päpstliche 13Sf. Scholastik 168 Anm. Schöpfung 10, 12. Schöpfung des Antichrist 44, 64, 130, 140, 182, 186, 208f. Schriftprinzip, protestantisches 54, 136, 176, 192f., 196. Schriftzitate des Antichrist 132, 139-142, 146Anm. Schutzengel des Antichrist 82, 95, 106, 123, 128 Anm., 209. Schweiz 40f., 49, 52, S6f., 70f., 133. Schwenckfeld, K.aspar von 92f. Schwerttanzspiel 20. Scotus siehe "Duos Scotus". Sedition (siehe auch "Langton") 67f., 198. Seinie Resurreccion, La 18f., 21 Anm. Seligkeit 13, 44, 133, 139f., 209. Seneca 122. Shaw, Helen A. 125 Anm. Sibylle 47-49, 148. Sibyllinische Schriften 2, 4, 11, 29, 19lf. Silvanl et Fauni (Panes) 139. Simeon 88, 132. Simon Magus 6-10,42 Anm., 154 Anm., '11)2.
Simonie 9 Anm., 96 Anm. Socinianer 201. Soldaten des Antichrist (siehe auch "Rit· ter") S7f., ISS, 164. Soldaten Christi 71, 105, 198. Sophia 102-106, 127, 146 Anm., 164, 165 Anm., 189. Sorbonne 85. Soziale Gesichtspunkte im Antichrist· drama (siehe auch "Die Armen") 1S9· 161, 206f. Sozialrevolutionäre Strömungen des Mit· telalters 12, 14, 34, 58, 206f. Spanien 107 Anm., 108. Spiritualisierung der Eschatologie 14, 77. Sprechendes Haupt 102, 106, ISS, 164. Stindesatire 52f., 159. Standortdrama 46. Stemmler, Theo vm, 170, 174f., 196, 203. Straßburg SO.
238 Streitgesprlch (siehe auch ,,Altercatio") 8, 10,43f., 47, 61, 67, 70, 73, 75, 84Anm., 88f., 92, 104f., 158, 177, 181f., 183-191, 193, 202, 209. Sturz und Höllenfahrt des Antichrist 10, 21f., 26, 28, 32, 35, 40, 43, 45, 47, 49f., 56, 61, 69-71, 73-75, 81, 89~. 93, 99, 101, 106-109, 114, 125, 154, 165, 174, 176, 185, 188, 190, 192, 193-201, 209. StuUgart 91 Anm. Sündenfall 82. Superbla 89, 129 Anm., 179 Arun., 186, 189, 195 Arun., 203, 166-168, 170, 172. Supplikation 64f. Synagoge 17f., 3lf., 46, 115, 141-143, 163, 178f. Tableau SS, 58. Tabor, Berg 105, 108, 146 Anm. Tacitus, römischer Kaiser 23 Anm. Tarrator, Teufel 116 Anm. Tartarus, Hölle 89, 118. Tartern, König von 78 Anm. Taufe (siehe auch "Oft"enbarung") 131, 167 Anm., 204. Tausendjlhriges R.eich siehe "Chiliasmus". Tegernsee siehe "Ludus de Antichristo". Tempel in Jerusalem 22, 2Sf., 31f., 78f., 82, 98, 108, 140, 145, 163, 168, 170, 192,205. Tempelbesuch des (zwölfjlhrigen) Antichrist 79, 82, 127, 131, 134, 146, 203 Anm., 204. Terror des Antichrist (siehe auch "Verfolgung") 149/., ISS, 158, 187. Tetzel, Johannes 101, 200. Teufel 36f., 39, 40 Anm., 43f., 46, 48, SSf., 60f., 64, 73, 80-85, 91f., 95, 97, 101, 105, 107-109, 111f., 113·118, 120, 122-126, 134, 137, 145, 154, 167, 177, 179f., 185f., 188, 191 Anm., 192, 196, 198, 200. Teufelsnamen 115 Anm., 116 Anm. Teufelsversammlung 37, 39, 60, 64, 74f., 79, 83, 95, 97, 114f., ll6-118, 124. Teufelspakt 106, 123 Anm. Theophilus und sein Pakt mit dem Teufel 123 Anm.
Theophilus, Zeuge gegen den Antichrist (siehe auch "Gottlieb") 64, 192. Thomas von Aquino 84. Thomas, Erzbischof von Canterbury siehe ,.Cranmer". Tiburtinische Sibylle 23 Anm., 197 Anm. Tiere, apokalyptische 2, 10 Anm., 47, 54, 121, 154, 202. Tirol VD, 77, 107, Tittn, Name des Antichrist 208ft". Tod 44, 84, 90. Tod des Antichrist siehe ,.Sturz". Todsünden SO, SS, 90, 97, 107, 116 Anm., 135f., 152, 157, 159. Totenauferweckung 8f., 25, 35, 38, 42f., 47, 78 Anm., 80, 88, 124 Anm., 149, 153f., 186, 209f. Tradition, literarische im Mittelalter 28, 33, 36, 65, 117 Anm., 156, 175, 204. Tragik 127. Translatio lmperll 23. Trlume 8, 102f., 12lf., 132. Trient, Tridentiner Konzil vu, SO, 68/., 72f., 77, 92, 199f. Trinitlt 178. Truchet, Florimond 94. Tucci, Stefano, Chrlst118 ludex 86-89, lOSf., 118, 122f., 131f., 133 Anm., 134, 136, 139 Anm .• 141, 145f., 149, 151, 159, 162 Anm., 163, 174 Anm., 175, 181-183, 188-190, 197. Turin 162 Anm. Türke 49, 54f., 57, 70, 72, 83, 84 Anm., 85, 118. Typenkomödie 85. Typologie IX, 3, 10, 15-17, 21, 58, 62, 80 Anm., 96 Anm., 112, 120 Anm., 144, 148, ISO Anm., 159, 163 Anm., 165 Anm., 169f., 174-176, 178, 179 Anm., 192, 196-198, 200, 202-205. Übersetzungen von Antichristdramen 27 Anm., 62, 65, 71, 74, 82, 87, 91 Anm. Ungarn 40. Unkeuschheit. Teufel siehe "Luxuria". Unmoral des Antichrist (siehe auch ,.Todsünden") 51, 72, 124, 128, 152.
239 Valois, Noel 35. Vater des Antichrist siehe .,Eltern". Venedig 49. Verfolgung und Martyrium Sf., 7 Anm., 10-14, 2lf., 39, 56f., 61, 64, 65 Anm., 70, 73, 78 Anm., 79-81, 83f., 86-90, 95, 9799, 101, 103-109, 122, 138, 14lf., 144 147, 149f., 154, 156, 162-166, 174, 181, 194, 197-201, 206f. Vergerio, Pier Paolo 73 Anm. Verheißungen des Antichrist 44, 61, 79, 82, 103, 109, 129, 131, 133, 136, 208f. YerittU 63f., 68, 86, 92, 101, 16Sf., 192, 198. Vorkehrungen 96, 153 Anm., 154, 194 Anm. Verkündigung an die Hirten 116 Anm., 124. Versuchung durch den Teufel 38, 87, 122f., 137 Anm., 204. Verwandlung 67, 74, 81, 84, 86, 92, lOS, 114, 118, 120, 123, 125, 131, 136f., 209f. Villegagnon, Nicolas Durand do 8Sf., 125. ViUena, Marquis de I 02. Yisitatio I 5, 169f. VIta siehe .,Legende vom Antichrist". Volkstheater vo, 77, 87, 106, 141 Anm.,
ISO. Volkstümliche Elemente in der Antichrist· legende 5, 9-IS, 19, 22, 41, 53, S5, 76f., 137, 161. Wakefteld-Zyklus 174. Weib der Johannesapokalypse 10 Anm., 54. Weihnacht 16f., 116 Anm., 124. Weltdrachen siehe ,.Tiere". Weltende lf., 11-15, 23, 52, 79, 99, 108, 117, 194, 196, 205. Weltgerichtsspiele vo, vm, 17, 21, 34f., so. 94Anm. Weltherrschaft 12 Anm., 29, 31f., 38, 49, 60, 74, 80, 114, 117, 122, 129, 132, 13Sf., 138, 148, 150, 158f., 167, 188, 194, 206209.
Weltreiche 4, 13, 23-25, 26 Anm., 54. Werkgerechtigkeit 66.
Werner von St. Blasien 17 Anm. Westfilischer Frieden vu. Wettkampf siehe .,Streitgespräch". Wiclif, John 51, S3. Widerstand gegen den Antichrist 32, 39, 43, 60f., 64, 68, 72f., 81, 84, 96f., 99, 101-104, 106f., 109, 150, 158f., 161, 174193, 196, 198-200, 209. Wiedertäufer 14, 58, 91f. Wiener, Fritz 65 Anm., 117 Anm. Wirtshausszenen 112 Anm. Wittenberg 71, 198. Wunder 8-10, 25, 32, 35, 38, 41, 49, 78 An.m., 79-82, 88-90, 9Sf., 98, 107-109, 124, 129, 134, 140, 147f., 149/., 152-155, 156-158, 164 Anm., 167 Anm., 182f., 186, 188, 191, 203, 205. Xanten, Antichrist vo, 33 Anm., 45, 18. Young, Karl 17-19, 23 Anm., 33, 175 Anm. Zacharias 43. Zehnjungfrauenspiel vu, 79. Zehn Endzeitkönige (siehe auch ,.Ftlrsten") 38, 43, ISO Anm., 157. Zeichen des Antichrist 26, 32, 35, 41, 80, 90, 98, 108, 149, 162, 187, 209. Zeichen des Wettendes, Fünfzehn 11, 13· 15, 24, 43, 89, 95, 98, 103f., 134, 153, 160, 189, 191. Zeitgeschichte 30 Anm., 33, 35f., 6S, 12, 148, 164, 197, 20Sf. Zorn des Antichrist siehe .,lra". Ztirc:her Antichrist 29 Anm., 33 Anm., 40-42, 52, 54 Anm., 126 An.m., 130, 132f., 135, 139 Anm., 142f., 151-153, 157, 159, 161 Anm., 162, 167, 173 Anm., 175f., 180, 183, 185 Anm., 195. Zllrich 56. Zwei Zeugen gegen den Antichrist (siehe auch .,Elias und Enoch", ,.Petrus und Paulus", ,.Prediger'') 18, 26, 28, 32, 35, 107, 141, 143, 145, 146 Anm., 158, 163, 166, 174-193, 196-198, 200f., 205f. Zwingli, Ulrich 92f. Zwolle, Antichrist 45.