Das Erbe der Hexe (1/2) Die Vergangenheit greift nach der Lightfighterin – Das Machtgefüge wird verändert Von Mike Hard
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Das Erbe der Hexe (1/2) Die Vergangenheit greift nach der Lightfighterin – Das Machtgefüge wird verändert Von Mike Hard
© 2003
Rom, Villa Hartmann Unruhig warf sich die Lightfighterin im Schlaf von einer Seite zur anderen. Kleine Schweißperlen hatten sich auf ihrer Stirn gebildet. Wie so häufig in den letzten Tagen drangen die Alpträume in ihrem Bewusstsein empor, und die erholsamen Stunden des Schlafes wurden zu einem langen Kampf pervertiert. Meist konnte sich Anna jedoch kaum noch an das Geträumte erinnern, lediglich dass sie ständig übermüdet war machte sie stutzig. Die Ereignisse der Vergangenheit hatten jedoch bei allen Spuren hinterlassen. Sandra hatte nach ihrer Liaison mit Darken, in dem sie den Ken Radmann dieser Realität gesehen hatte, und dem Tod von diesem das Spectral Enterprise verlassen. Niemand wusste zurzeit, wo sie war. Michael war einer Intrige John Greens zum Opfer gefallen und irgendwo in der Geschichte verschollen. Pater Alvarez hatte dabei noch weniger Glück gehabt. Gemeinsam mit den Säulen der Zeit war er in einer magischen Entladung gestorben. Und während all dieser Probleme war auch Karren Hartmann, Michaels Adoptivmutter nicht zu vergessen. Jeder hatte sie für tot gehalten, gestorben vor vielen Jahren in Berlin. Doch dem war augenscheinlich nicht so. Sie war zurück und hatte vor Gericht mit Erfolg ihren Teil des Hartmann-Erbes eingefordert. Die Lightfighter wussten, dass sie mit Torsten Thielmann und Nina Prestova in irgendeiner Form zusammenarbeitete, wussten aber nicht wie und warum. Über all die Geschehnisse und dem häufigen Arbeiten bis spät in die Nacht kam es oft vor, dass einer der verbliebenen Lightfighter sich überanstrengte. Lediglich Jason schien seit seiner Rückkehr aus der Zukunft unerschöpflich zu sein. Seine Blutprobe, die nach seinem Erhalt der Injektion einige Absonderlichkeiten aufwies, wurde noch untersucht. Anna, Dorian und Andi betrieben momentan jedoch starken Raubbau mit ihren Kräften, und dies machte sich natürlich auch bemerkbar. So hatte Anna zumindest bisher immer geglaubt. Sie sah jedoch nicht das blau Glimmen, das sie Abend für Abend in den Schlaf begleitete. Das blaue Glimmen, das von jenem Diarium ausging, das Anna vor vielen Monaten in Mailand gefunden hatte und dessen Seiten seltsam leer waren. Bisher war es ihr nicht gelungen, herauszufinden was es damit auf sich hatte, doch sie wusste, dass es etwas Besonderes darstellte. Nicht umsonst war einmal plötzlich eine Schrift aufgelodert und hatte ihr die Gedanken ihres vor vielen Jahren verstorbenen Vaters mitgeteilt. Auch in dieser Nacht erschien das bläuliche Glimmen, jedoch stärker als bisher. Viel stärker. Geistige Fühler griffen nach dem Geist Annas und drangen in diesen ein. Sanft, jedoch bestimmt. Seufzend erhob sich Anna. Sie schlief noch immer, doch die magischen Energien lenkten die junge Hexe. Das Tagebuch glühte mehrmals stark auf, um die unbewusste Abwehr der jungen Hexe zu durchbrechen. Der Kampf dauerte jedoch nur Sekunden. Dann schritt Anna langsam davon, lediglich mit einem leichten Slip bekleidet. Hinter ihr züngelten kleine Flammen aus dem Diarium, griffen schnell über und Sekunden später war nur noch Asche von den Erinnerungen ihres Vaters übrig. Das Tagebuch hatte seinen Zweck erfüllt und mit der Beeinflussung der jungen Hexe seinen Nutzen eingebüßt. Es hatte sich vernichtet. Anna jedoch hatte hiervon nichts bemerkt. Langsam schritt sie aus ihrem Wohnbereich der Villa, durchwanderte den normalen Bereich und erreichte schließlich über den geheimen Lift das Hauptquartier der Lightfighter. *
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Die Lightfighter: Michael Hartmann: Der 25jährige wurde sehr früh Waise und steht nun an der Spitze des Hartmann-Konzerns. Er ist der Anführer der Lightfighter. Michael ist mittelgroß, hat schwarze, kurze Haare und blaue Augen. Er ist sportlich und beherrscht neben verschiedenen Kampfsportarten auch viele Sprachen. Auf seinem rechten Oberarm befindet sich ein Tattoo (Ornament). Dorian Schwerthoff:
Dorian und Michael verbindet ein ähnliches Schicksal: Als kleines Kind besuchte Dorian mit seinen Eltern eine
ihrer Ausgrabungsstellen. In einer Nacht wurde diese entvölkert und seine Eltern verschwanden. Er selbst besitzt
keine Erinnerungen mehr daran, nur eine Narbe am Hals ist geblieben. Dorian ist 27 Jahre alt und Archäologe.
Er hat braune, mittellange Haare und grüne Augen.
Anna Schneider: Anna entwickelt ständig neue Waffen für die Lightfighter, um gegen Dämonen vorzugehen. Sie ist das Kind einer Halbdämonin mit einem menschlichen Mann. Ihre Mutter ist eine Hexe, und seit Kurzem besitzt auch Anna diese Fähigkeiten. Sie ist 27, hat lange braune Haare und grüne Augen. Durch ihre Erbe besitzt sie ein schwarzes und ein gelbes Auge, was sie jedoch durch Kontaktlinsen kaschiert. Jason Parker: Der 18-jährige Junge tauchte vor Kurzem in New York auf, wo er in einer Zeitblase die letzten Jahrzehnte verbracht hatte. Er lebte im Jahre 1942. Merlin fror ihn aus einem unbekannten Grund ein. Er besitzt keine Erinnerungen an die Vergangenheit und hat, wie Michael, auf seinem rechten Oberarm das gleiche Tatoo. Jason hat kurze, dunkelblonde Haare und braune Augen. Andi Neumann: Der junge Informatiker schloss sich bereits sehr früh dem SE an und ist dort für allerlei technische Entwicklungen zuständig. Durch Alicia wurde er zum Vampir und war lange Zeit ein erbitterter Feind. Nach seiner Rückkehr zu den Lightfightern versucht er, deren Vertrauen wieder zu erlangen und kämpft verbissener denn je für das Gute. Was bisher geschah: Alicia greift erneut nach der Macht. Sie gründet eine Familie des Bösen, die von nun an die Geschicke der
Dämonen leiten soll und gegen die Lightfighter kämpfen wird.
Unterdessen müssen Ashka und Michael in der Vergangenheit gefangene Roma befreien. Hierbei wird Michael
auf ein Stück Menschenhaut und einen Brief aufmerksam.
Sandra dringt in Israel in die Kammer der ersten Vampire ein und löscht diese aus. Hierdurch erhält sie ein
Artefakt, das ein Hologramm Merlins ihr als Belohnung, da sie die Prüfung überstanden hat, gibt.
Außerdem erfahren die Lightfighter vom Tode John Greens.
Müde griff Andi nach der Kaffeetasse und nahm einen weiteren Schluck des heißen Getränkes. Er war bereits mehrmals eingenickt, und nur größere Koffeinschübe konnten ihn noch wach halten. Während Dorian und Anna schon schliefen, arbeitete er noch immer an dem neuen Algorithmus, der in einigen Stunden über das Internet seine Arbeit aufnehmen sollte. Das Programm sollte in verschiedenen Bibliotheken und Zeitungen nach speziellen Suchbegriffen forschen. So sollte es möglich sein, falls Michael in der Vergangenheit Spuren hinterlassen hatte, diese (und somit ihn) zu finden. Jason hatte ihm geholfen. Das jüngste, nämlich erst 18-jährige, Mitglied der Lightfighter interessierte sich momentan für alles und lernte sehr schnell. Er hatte Andi nun jedoch alleine gelassen, um noch einmal zu versuchen, Jeannette Witherspone zu erreichen, die seit dem Vergangenheitsdebakel der Lightfighter nichts mehr von sich hören ließ. Das Sprungtor nach Angel Island war deaktiviert. Andi arbeitete im Security Bereich des HQ und konnte so auch einen Blick auf die Überwachungskameras werfen. Der zuständige Security Chief war sich gerade einen Kaffee holen gegangen. Und ich kann nur hoffe,n er bringt mir noch einen mit. Einen, in dem der Löffel steht, dachte Andi. 3
Seine Finger verharrten über der Tastatur und er überblickte das Codekonstrukt, überdachte
Variablen und Methoden. Eine Bewegung aus den Augenwinkeln ließ ihn aufblicken. Auf
einem der Monitore sah er Anna.
Die Freundin und Kampfgefährtin war, bis auf einen Slip, nackt. Ihre Augen waren
geschlossen und sie bewegte sich langsam auf den Raum mit dem Sprungtor zu.
Hinter Andi öffnete sich die Tür.
„Da wäre ich wieder. Und, alles ruhig?“, wollte der Security Chief wissen.
Andi sprang auf und rannte so schnell er konnte.
*
Vergangenheit, 1625 Die Kerze verbreitete einen sanften Schimmer in dem Wohnwagen, und für wenige Augenblicke vergaß Michael einfach. Er vergaß seine Situation, den ewigen Kampf und sein Erbe. Er ließ seine Gedanken schweben und wandern, atmete die frische Luft einer Welt, die noch nicht von Abgasen und Müll verpestet war. Die Stimmen der anderen Zigeuner rissen ihn jedoch wieder in die Wirklichkeit zurück. Sie tanzten ausgelassen um das Lagerfeuer und freuten sich darüber, noch zu leben. Erst vor Kurzem hatten Ashka und er zwei der anderen Roma aus den Händen der Inquisition befreit. Eine Aktion, die zwar relativ problemlos passiert war, jedoch Michael und die anderen in den Dunstkreis der gegnerischen Macht gebracht hatte. Außerdem hatten sie in einer geheimen Sakristei ein Stück Menschenhaut entdeckt. Menschenhaut, die von einem Oberarm abgelöst worden war. Michael hatte sein eigenes Tattoo, das Merkmal des ewigen Kriegers, sofort wiedererkannt. Auch einen Brief hatte er gefunden, jedoch noch nicht geöffnet. Die Sippe war weitergezogen, und nun hatten sie ihr Lager im Badischen errichtet. Hier glaubten sie momentan sicher zu sein. Sie befanden sich in einem Wäldchen direkt hinter der Grenze und wollten sich mit einer weiteren Sippe treffen. Ashka deutete ständig an, dass die Sippe Michael Hilfe bringen könnte, doch auf genauere Fragen gab sie keine Auskunft und lächelte nur. Manchmal fragte sich Michael ob er sich in die schöne Zigeunerin verliebt hatte. Er teilte mit Ashka bereits einige Wochen den Wohnwagen und das Lager. Sie hatte ihm die Bräuche und Sitten der Roma gelehrt und dafür gesorgt, dass er lernte, mit einem Schwert umzugehen. Auch mit Pfeil und Bogen kannte er sich mittlerweile aus, und Michael hatte beschlossen, dass, wenn er zurückgekehrt war in die Gegenwart, er das Trainingsprogramm der Lightfighter erweitern würde. Wenn er es schaffte zurückzukehren. Auch seine Hoffnung währte nicht ewig, und langsam aber sicher verblasste die Kraft, die ihn dazu antrieb, weiter zu versuchen nachhause zu gelangen. Jedoch nur langsam. Noch gab er nicht auf. Langsam nahm Michael nun den Brief und zog das zusammengefaltete Blatt daraus hervor. Es handelte sich um ein Schreiben des dortigen Inquisitors an einen Vertrauten namens Daniel Salvador. Der Schreiber erklärte ihm, natürlich in sehr verschnörkelten Worten, dass er es geschafft hatte, seinen Widersacher auszuschalten. Und dass ihrem Plan nun für die nächsten Jahre niemand mehr im Wege stünde. Michael vermutete, dass der Adressat, jener Daniel Salvador, der Wächter des Bösen Ewigen Kriegers dieser Zeit war. Er verstand die Zusammenhänge selbst noch nicht ganz, aber durch ihre Zeitreise hatte er erfahren, dass dem Ewigen Krieger Wächter zur Seite standen. Eigentlich sogar immer dieselben, denn diese waren unsterblich.
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Auch Jeannette Witherspone war eine solche. Sie war jedoch gealtert. Noch wusste er nicht,
warum dies so war, doch nach seiner Rückkehr würde er Jeannette danach fragen. Denn
wenn sie ihnen zur Seite stand, dann hatte auch John Green einen Helfer. Und es war besser
diesen zu kennen.
Wenn seine weitere Theorie stimmte und er nun der einzige Ewige Krieger dieser Zeit war,
der auf der guten Seite stand, und die Gedächtnisblockade von Jason und ihm damit
zusammenhing, dass in der Gegenwart sie beide Ewige Krieger waren, dann musste sein
Erinnerungsvermögen und das von Jason konsequenterweise nun wieder einsetzen.
Bisher war dies noch nicht geschehen, doch er hoffte, dass es nur eine Frage der Zeit war.
„Willst du nicht langsam auch nach draußen kommen?“, wollte Ashka wissen.
Michael hatte sie unbewusst bereits wahrgenommen und erschrak so nicht besonders.
„Ich möchte noch ein wenig nachdenken“, erklärte er.
Ahska nahm ihm langsam den Brief aus der Hand und drückte ihn auf das in dem kleinen
Wagen stehende Bett.
„Das kannst du später immer noch“, erklärte sie resolut, „Jetzt ist es an der Zeit, zu feiern.“
Und die Art und Weise, wie sie ihn auf das Bett drückte, machte deutlich, was sie unter
„feiern“ verstand.
*
Gegenwart, irgendwo „Nun, ich denke, zum ersten Mal haben wir eine wirkliche Chance“, sprach Torsten Thielmann und lehnte sich auf seinem Felsenthron zurück. „Ich möchte ja nichts sagen, aber meine vorherigen Versuche waren auch nicht schlecht“, erwiderte Nina Prestova. „Sicher, nicht schlecht. Aber letztendlich sind dir die Lightfighter immer entkommen. Nun packen wir sie da, wo sie uns nichts entgegen zu setzen haben“, erklärte Torsten lächelnd. Nina sah ihr Gegenüber an. Die hochgewachsene Frau mit den schwarzen, schulterlangen Haaren, und den eiskalten blauen Augen hatte sich noch immer nicht daran gewöhnt, dass ihr Gegenüber sich verändert hatte. Torsten Thielmann, der vormals Fünfzigjährige, hatte in die Lightfighterin Anna Schneider einen magischen Keim gepflanzt und sie so geschwängert. Nach seiner Geburt war der Sohn in wenigen Minuten auf ein Alter von Mitte zwanzig herangereift. Als die hohen Mächte im Zuge der Spiegelweltkrise eingriffen und Torstens Körper töteten, übernahm er den Körper von Annas Sohn. Nun war er jung, hatte wie Nina schulterlange, schwarze Haare und grüne Augen. Er sah zweifellos gut aus und hatte zudem seine eigene magische Macht verstärkt, da in Annas Sohn auch deren Magie innegewohnt hatte. Sie befanden sich beide im Felsendom unter Torsten Thielmanns Villa, deren Besitzer er nach wie vor war. Die Öffentlichkeit hielt ihn für tot, und angeblich hatte sein Sohn alles geerbt. „Das ist korrekt. Ich habe geahnt, dass Karren Hartmann uns noch nützlich sein würde“, lächelte sie und dachte zurück. Damals hatte sie Karsten Hartmann den Tod seiner Frau vorgetäuscht und diese in der Zeit eingefroren. Erst kürzlich hatte sie die junge Frau wieder in die Jetztzeit integriert. Mit ein wenig hypnotischer Hilfe und viel Material aus den Medien hatten sie ihr klar gemacht, dass es Michael gewesen war, der Karsten Hartmann umgebracht hatte. Nun stand Karren Hartmann auf der Seite des Bösen. „Wenn das Hartmann-Imperium zerschlagen wurde, werde ich die Kapazitäten von Karrens Teil durch eine Fusion dem Thielmann Konzern einverleiben. Es dürfte dann ohne Probleme möglich sein den Rest des Hartmann-Imperiums ebenfalls zu zerschlagen“, erklärte Torsten seinen weiteren Plan.
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„Ja, tue das ruhig. Mir ist das Geld relativ egal. Ich habe nach wie vor meine Anhänger und
mir ist es lieber, nicht in der Öffentlichkeit zu stehen. Wenn jemand auf meine Magie
aufmerksam werden würde, nun ja…“, erwiderte Nina.
„Bliebe jedoch noch eine Sache offen, was geschieht mit Karren, wenn das alles vorbei ist?“,
fragte Torsten.
„Da wird uns schon etwas einfallen“, erwiderte Nina, „Im Zweifelsfall werde ich sie einfach
noch einmal für die nächsten paar Jahrzehnte in der Zeit einfrieren.“
* Langsam, um nicht doch noch entdeckt zu werden, zog Karren Hartmann sich zurück. Sie musste sorgfältig darauf achten, kein Geräusch zu machen und ihre Gedanken abzuschirmen. Da sie die Ehefrau eines Kämpfers des Lichts gewesen war, hatte sie dies schon vor Jahren erlernt. Torsten und Nina wussten nicht, dass sie den Weg in den Felsendom kannte. Sie dachten, in ihr eine kleine dumme Puppe gefunden zu haben, an deren Fäden sie ziehen konnten, um ihre Pläne zu verwirklichen. Doch dabei hatten sie sich geirrt. Oh ja, Karren hasste ihren Adoptivsohn Michael. Jedoch nicht, weil sei glaubte, dass er Karsten umgebracht hatte, um an dessen Geld zu gelangen, oh nein. Sie hasste ihn dafür,, den Kampf an ihre Familie herangetragen zu haben. Merlin war es gewesen der den Junge zu ihnen gebracht hatte, damit sie ihn aufzogen. Durch ihn war Karsten erst wirklich zum Lightfighter geworden. Er war es, der Nina die Möglichkeit gelassen hatte, durch die Jahrhunderte zu wüten und so auch sie als Opfer zu holen. Er war es, der in seiner grenzenlosen Naivität und seiner ganzen Stümperhaftigkeit Opfer um Opfer forderte. Karren war ebenso wie ihr Mann gegen das Böse, doch sie hasste auch Michael. Sie würde ihn zerstören. Und mit den Mitteln, die ihr dann zur Verfügung standen, würde sie das Böse vernichten, angefangen mit Torsten und Nina, die sie jedoch momentan noch benötigte. Sie hatte den Ausgang erreicht und wollte die Villa wieder betreten, als ein leises Wispern sie innehalten ließ. Karren. Karren, komm zu mir, wisperte es immer wieder. Es war jedoch kein suggestiver Einfluss zu verspüren und die Stimme war weder drängend, noch fordernd. Es war mehr ein leiser Hauch. Der Schatten einer Stimme, in der Trauer mitschwang. Verblüfft hielt Karren inne und wandte sich um. Sie glaubte erspüren zu können, aus welcher Richtung der telepathische Ruf erscholl. Langsam ging sie die Treppen wieder nach unten, wohl wissend, dass die Gefahr, von Nina und Torsten entdeckt zu werden, erheblich war. Sie selbst besaß keinerlei magische Fähigkeiten, war den beiden also schutzlos ausgeliefert. Doch daran versuchte sie nicht zu denken. Vielleicht fand sie hier eine neue Möglichkeit gegen beide gegnerischen Parteien vorzugehen. Langsam stieg sie tiefer, der Stimme entgegen. *
Rom, Villa Hartmann Ein letzter Schritt. Noch immer völlig apathisch, hatte Anna den Kreis des Pentagramms betreten. Die magischen Verstärker ermöglichten die Teleportation von Personen. Auch nicht magische Menschen konnten mit Hilfe des magischen Wortes „Tripudio“ und dem Schlüsselwort für das Ziel Pentagramm einen Teleport auslösen. 6
Anna schloss die Augen, während Andi den Raum betrat. Das Pentagramm glühte auf, etwas, das bei einem normalen Transport ausgeschlossen war. Blitzschnell warf sich Andi nach vorne und somit auf Anna. Im gleichen Moment setzte der Transportvorgang ein. Der Raum verschwamm für einen kurzen Moment vor Andis Augen. Wenige Sekunden später hatten sie ihr Ziel erreicht und fielen hart zu Boden. Anna blinzelte und öffnete dann die Augen. „Andi…was macht du denn hier!“, rief sie und sprang auf. Erst dann wurde ihr bewusst, dass sie sich keinesfalls mehr in ihrem Zimmer befand. Kurz versuchte sie, ihre Brüste zu bedecken, machte sich dann jedoch klar, dass es nichts nutzte und vor Andi auch relativ egal war. „Hier, nimm meinen Pulli“, bot der Lightfighter an und überreichte der Freundin einen weißen Sweater. Dankbar schlüpfte Anna hinein. Er jetzt sahen sich beide um. Ein seltsames Dämmerlicht beleuchtete den riesigen Raum. In Gedanken zog Andi den Vergleich zu einer Kirche. Die Wand war in dem Dämmerlicht nur schwer zu erkennen, so weit entfernt befanden sie sich davon. „Wie sind wir hierher gekommen?“, wollte Anna wissen. Andi erzählte ihr die Geschichte, die von der jungen Hexe fassungslos aufgenommen wurde. „Ich verstehe das nicht. Wir haben doch eine Bewusstseinsblockade. Niemand kann uns beeinflussen. Außerdem frage ich mich, wo das hiesige Sprungtor ist. Wenn wir durch unseres hierher gelangt sind, müssten wir hier die Gegenstation finden“, sprach Anna. „Ja, aber du vergisst, dass du eine Hexe bist. Vielleicht sollte das mit dem Sprungtor nur für eventuelle Zeugen so aussehen, als würdest du eine Station ansteuern. Du bist auch in der Lage, so zu teleportieren“, gab Andi zurück. „Möglich. Bleibt trotzdem die Frage, wo wir sind. Wenn wir nur ein wenig mehr Licht hätten“, sprach Anna. Im selben Moment wurde es heller. Staunend erkannten die beiden Lightfighter die riesigen Regale, die sich an beiden Seiten des Raumes nach oben zogen und mit allerlei Büchern gefüllt waren. An der Stirnseite des Raumes befand sich ein Geländer, das einen Blick in die Tiefe offenbarte. Auf weitere Ebenen und Regale. Auch Fenster waren neben den Regalen zu sehen. Ein Blick nach draußen gab Anna jedoch keinen Aufschluss darüber, wo sie sich befanden, die Fenster waren blind. Sie vermutete, dass dies mit Absicht herbeigeführt worden war, da auch ein Zauber ihr keinen Blick in die Freiheit gewährte. „Ich denke wir sollten erst einmal zurück, und ich ziehe mir etwas normales an. Dann können wir noch einmal hierher. Wenn ich einen Teleport bewusst auslöse, merke ich auch, wo wir uns befinden“, bestimmte die Lightfighterin. Andi nahm ihre Hand. Kurz konzentrierte sich Anna und wollte dann den Teleport auslösen. Eine Tat, die kläglich scheiterte. Mit einem Mal lief Blut aus der Nase der Lightfighterin. Stöhnend sank sie zu Boden. In diesem Moment sah Andi das Skelett. *
Vergangenheit, 1625 Gemeinsam verließen Michael und Ashka den Wagen. Die Sonne ging bereits auf, und im Lager der Roma herrschte rege Betriebsamkeit. Michael hatte sich den Rhythmus angepasst, welche Wahl hatte er auch, und musste zugeben, dass es ihm gut tat. Sie verließen den inneren Ring des Lagers, und Michael erkannte, dass dieses sich vergrößerte hatte. Ashka erklärte ihm, dass die befreundete Sippe zu ihnen gestoßen war. Die
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Alte, mit der Michael gesprochen hatte und die ihm erklärt hatte, dass die Säulen der Zeit
vernichtet worden waren, hatte auch erklärt, dass er sich Hilfe erhoffen konnte.
Gemeinsam betraten sie den Bereich des anderen Lagers. Bereitwillig machten die anderen
Roma ihnen Platz, einige grüßten Ashka freudig.
„Wir werden ihre Führerin aufsuchen. Sie soll eine sehr alte und mächtige Frau sein“, erklärte
Ashka.
„Das hoffe ich“, murmelte Michael leise.
Ashka lächelte nur, nahm ihn an die Hand und führte ihn auf einen bestimmten Wagen zu.
Auf ihr Anklopfen krächzte eine alte Stimme ein: „Herein“.
Michael durchschritt hinter Ashka die Tür und war beeindruckt von der Freundlichkeit, die
der Raum ausstrahlte, die helle Einrichtung und die Aura des Friedens. Auf einem alten
Lehnstuhl saß eine Frau. Michael konnte ihr Alter kaum schätzen. Langes, bis zu den Hüften
reichendes weißes Haar fiel von ihrem Kopf herab und tiefe, grüne Augen leuchteten ihm
entgegen.
„Willkommen Ashka! Und unseren Besucher hast du auch mitgebracht“, grüßte die Alte
lächelnd ihre Besucher.
„Ich grüße dich“, sprach Ashka und umarmte die Alte.
„Das ist Michael“, deutete sie auf den Lightfighter.
Langsam trat Michael näher und sprach: „Ich grüße dich ebenfalls.“
Er fühlte sich von der Aura der Alten erdrückt und kam sich seltsam deplatziert vor.
Was ich ja eindeutig auch bin. Um ein paar Jahrhunderte deplatziert, dachte er.
Gemeinsam ließen sich er und Ashka auf zwei Stühlen gegenüber der Alten nieder.
„Ja, ich sehe Sorge und Bitterkeit in deinem Blick. Du bist weit von deiner Zeit entfernt“,
erklärte die Alte.
„Eine Tatsache die euch scheinbar nicht in Erstaunen versetzt“, stellte Michael die Frage.
„Oh, zweifellos ist es heute keine Selbstverständlichkeit mehr, durch die Zeit zu reisen, doch
früher, als ich selbst noch ein junges Mädchen war, bedienten sich die Alten unter uns der
Säulen der Zeit. Das Wissen geht jedoch nun langsam verloren“, erklärte sie.
„Euer Volk hat dies damals bereits getan?“, fragte Michael ungläubig.
„Oh, aber ja. Aber es wurde beschlossen, dass die Säulen der Zeit zu gefährlich sind. Die
Alten unter uns beschlossen, das Wissen nicht weiter zu geben und die Säulen zu vernichten.
Vielerorts wurde dies auch getan, doch wenige Kammern überlebten“, erwiderte die Alte.
Ungläubig und gebannt starrte Michael auf sein Gegenüber.
„Soll das heißen es gibt mehrere?“, wollte er wissen.
„Aber ja. Euer Oberhaupt“, damit deutete sie auf Ashka, „erklärte mir bereits, dass die Säulen,
die du verwendet hast, zerstört wurden und du diese nicht mehr als Rückkehr verwenden
kannst, doch es gibt noch andere. Und diese sind nicht einmal allzu weit entfernt. Ich werde
euch gerne den Weg weisen.“
„Aber das wäre…phantastisch. Ich danke dir“, sprach Michael.
„Dein Dank ist unnötig. Du gehörst nicht hierher, es ist nur natürlich, dass ich dir helfe. Und
nun lasst eine alte Frau ein wenig schlafen. Heute Abend, bei der Feier, werde ich euch den
Weg beschreiben“, erklärte die Alte.
Michael erhob sich. Er und Ashka verabschiedeten sich, dann ließen sie die Alte alleine. Ein
lächeln umspielte deren Lippen, als Michael und die junge Zigeunerin das Lager verlassen
hatten. Ihre Augen begannen rötlich zu schimmern. Ihre Hand tastete nach dem ovalen
Amulett, das sich unter ihrem Hemd abzeichnete. Ein rot schimmerndes Oval, von
unermesslicher Macht.
*
Gegenwart, irgendwo 8
Zielsicher lenkte Karren Hartmann ihre Schritte durch das unterirdische Labyrinth. Soweit Torsten ihr erzählt hatte, war es noch niemandem seiner Feinde gelungen, hier einzudringen. Und sollte es einmal anders sein, sicher würde niemand mehr einen Weg hinaus finden. Es war wie eine zweite Welt, die sich unter dem oberirdischen Refugium des Millionärs ausbreitete und in der er seine wahre Natur offenbarte. Die des Halbdämons und Hexenmeisters. Karren wusste nicht, was passierte wenn er oder Nina sie hier entdeckten, aber sicher würden sie nicht zimperlich mit ihr umgehen. Da beide starke Magie beherrschten, konnten sie Karren auch einfach zu ihrer Marionette machen, die zukünftig im Dienst der beiden stand. Ihr Gang hatte sie mittlerweile tiefer unter die Erde geführt, und vor ihr verbreitete sich der Gang, um in einer großen Halle zu münden. Karren durchschritt diese und stieß auf eine große, schwarze Felsentür. Als sie sich weiter näherte, öffnete diese sich wie durch Geisterhand. Torsten vermutete in diesen Tiefen seines Refugiums wohl keine Eindringlinge und hatte die Tür nicht magisch gesichert. Karren trat durch den Torbogen und betrat… die Gruft. Ein anderes Wort fiel ihr nicht ein, und entsetzt erkannte sie, dass dies auch zutraf. Überall standen die gläsernen Särge, waren Menschen gefangen und konserviert für die Ewigkeit. Übelkeit stieg in der junge Frau hervor, und sie musste sich abstützen. Karren, ich warte auf dich. Komm zu mir, lockte die Stimme erneut. Der Gedanke, dass eine der Gefangenen, die Stimme war eindeutig weiblich, bei vollem Bewusstsein in diesem staseartigem Zustand dahinvegetierte, ließ Karren ihre Schritte beschleunigen. Die anderen Glassärge blieben hinter ihr zurück und sie durchschritt einen schmaleren Verbindungsgang. Vor ihr teilten sich die Wände erneut, und ein kleinerer Raum wurde sichtbar. Er war kreisrund und in seiner Mitte erhob sich ein Podest. Es war aus dem Stein gehauen und mit seltsamen, zweifellos magischen, Ornamenten verziert. Ein weiterer Glassarg stand in dessen Mitte, und in diesem befand sich eine Frau. Ein Schauer lief über Karrens Rücken, als sie sich die Unbekannte ansah und vermutete, dass sie selbst, in ihrem damaligen Zustand, ebenfalls so aussah. Andere waren vielleicht ebenso wie sie jetzt an ihr vorbeigeschritten, hatten sie begutachtet. Sie besah sich die Frau genauer. Sie war sehr schlank, hatte helle, fast weiße Haut und schwarze, lockige Haare, die ihr bis auf die Hüften fielen. Kleidung trug sie ebenso wenig wie die anderen Gefangenen. Hilf mir, Karren Hartmann, befreie mich, wisperte die Stimme erneut. Nun jedoch drängender, fordernder. Karren wusste, dass es gefährlich war. Es war möglich, dass die Gefangene ebenfalls eine Dämonin oder zumindest eine mächtige Magierin war. Sie wusste nicht ob sie sich vielleicht eine neue Feindin schuf, wenn sie dem Hilferuf nachgab. Andererseits konnte sich aus der Befreiung auch eine ebenso große Hilfe für sie ergeben. Wenn die Unbekannte über Macht verfügte, konnte sie ihr vielleicht helfen. Helfen gegen Torsten, gegen Nina, gegen die Lightfighter. Entschlossen bückte sich Karren, nahm einen Euro aus ihrer Brieftasche und zerkratzte eines der Symbole auf dem Sockel. Der Erfolg ließ nicht lange auf sich warten. Das Glas um die Unbekannte begann zu zerfließen und war Sekunden später völlig zu erlöschen. Mit einem Ruck öffnete die Unbekannte die Augen. Ein Lächeln überzog ihre Lippen und sie atmete tief die Luft ein. Karren fröstelte unweigerlich bei dem Lächeln. Langsam verließ die Unbekannte den Sockel und trat auf Karren zu.
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Erst jetzt bemerkte diese das ornamentartige Tattoo auf dem rechten Oberarm der Unbekannten. Sie begann zu ahnen, dass sie einen Fehler gemacht hatte. *
Irgendwo Während Anna erschöpft in seine Arme sank, erblickte Andi das Skelett. Anna erholte sich
rasch wieder und folgte dem Blick des Freundes. Beide gingen langsam darauf zu.
Das Skelett trug Kleidung, die beide unweigerlich den 80ern zuordneten. Sie knieten sich
neben den Toten.
„Wer, meinst du, könnte das gewesen sein?“, wollte Anna wissen.
„Gute Frage. Vielleicht jemand, der das Sprungtor ebenfalls benutzt hat und auch nicht mehr
von hier fortkam“, gab er zurück.
Skeptisch blickte Anna auf den oder die Tote/n.
„Was natürlich für uns die gleiche Frage aufwerfen würde, wie kommen wir hier weg?“,
fragte Anna, mehr zu sich selbst, denn als wirkliche Frage.
„Nicht nur das, mich würde schon interessieren wer dich hier haben wollte. Denn du wurdest
zweifellos manipuliert. Auch wenn ich keine Ahnung habe, von wem und wie das überhaupt
möglich sein kann“, sprach Andi.
„Die Sache mit der Hypno-Sperre ist nicht so unfehlbar, wie wir immer annehmen. Du musst
bedenken, dass Magie vieles brechen kann“, gab Anna zurück.
Andi hatte mittlerweile begonnen, den Toten abzutasten und durchsuchte routiniert alle
Taschen. In der Gesäßtasche der Hosen wurde er letztendlich fündig. Er zog eine Brieftasche
hervor und öffnete diese.
„Und, wer ist der Tote?“, wollte Anna wissen.
Verblüfft starrte Andi auf den Ausweis und übergab ihn dann Anna. Diese besah sich das
Photo und die Daten.
„Aber…das ist nicht möglich. Mein…Vater?“, stieß sie die Frage unbewusst aus.
„Es tut mir leid das…“, wollte Andi erklären, wurde von Anna jedoch unterbrochen.
„Nein, du verstehst nicht. Das ist nicht möglich. Mein Vater wurde von einem Dämon getötet,
als ich noch ein Kind war. Ich habe es gesehen. Ich war an seinem offenen Sarg gestanden
und habe Abschied genommen. Es kann sich hier nicht um meinen Vater handeln“, erklärte
sie.
„Also ein weiteres Rätsel in der Kette“, murmelte Andi.
Anna durchsuchte weiter die Brieftasche, in der Hoffnung, ein weiteres Indiz zu finden, das
Licht in diese mysteriöse Angelegenheit bringen konnte. Andi stand langsam auf.
Er war froh, wieder bei den Lightfightern zu sein, den Weg auf die Seite des Lichts
zurückgefunden zu haben. Es war knapp gewesen, und noch immer war es schwer zu
verkraften, auf der Seite der Wesen gestanden zu haben, die er nun wieder mit aller Macht
bekämpfte.
Dorian misstraute ihm noch immer. Die anderen jedoch hatten ihn auch innerlich wieder
aufgenommen und vertrauten ihm. Zwischen Anna und ihm hatte sich vor seiner
Verwandlung in einen Vampir eine tiefe Freundschaft entwickelt. Natürlich konnte man so
etwas nie wieder an die Stelle fortführen, als wäre nichts geschehen. Doch er hoffte, dass sie
wieder zu dem Punkt gelangen konnten. Sie hatte schon so viel durchmachen müssen.
Seine Gedanken gerieten ins Stocken, als er das Licht sah.
„Anna!“, rief er überrascht.
Diese fuhr aus der Betrachtung der Unterlagen auf und blickte zu ihm.
„Ja?“, wollte sie wissen.
Im gleichen Augenblick brach das Licht wie eine Explosion über sie herein. Und alles
veränderte sich.
10
*
Vergangenheit, 1625 Das Lagerfeuer loderte in der Schwärze der Nacht wie ein Fanal, und die Angehörigen der
Roma tanzten und sangen in einem fort. Er hatte sich mit Ashka nach ein, zwei Tänzen an den
Rand der Versammlung zurückgezogen und wartete auf das Eintreffen der Alten.
Seine Hoffnung lag nun in ihren Händen. Wenn es weitere Säulen der Zeit gab, waren diese in
der Zukunft vielleicht nicht vernichtet und würden ihm den Weg nachhause ebnen. Den Weg
fort von Ashka. Ein Gedanke, der unweigerlich schmerzte.
Sie hatten beide gewusst, dass ihre Liaison nur auf Zeit gebaut war und mit Michaels
Rückkehr, die er auf jeden Fall anstrebte, enden würde. Sie würden lernen müssen, damit zu
leben.
Lange blickte Michael ins Feuer. Es begann bereits vor seinen Augen zu verschwimmen, als
Ashka ihn anstieß.
„Was ist los?“, wollte sie wissen.
„Nichts. Ich war nur in Gedanken versunken.“
„Jemand, der in Gedanken versunken ist, schwankt nicht wie ein Betrunkener.“
„Ich bin nicht geschwankt.“
„Doch, das bist du.“
Verblüfft blickte Michal in Ashkas Augen. Er war ganz sicher nicht geschwankt, das hätte er
doch bemerkt. Noch während er dies dachte, gaben seine Beine unter ihm nach. Er sank zu
Boden.
„Hey, was ist denn los!“, rief Ashka und beugte sich über ihn.
Michael wollte antworten, wurde jedoch abgelenkt. Mit einem Mal waren im Lager Schreie
zu hören. Das Klirren von Schwertern, das Stöhnen von Sterbenden. Auch Ashka sprang auf
und zog ihr Schwert.
Hilflos lag Michael am Boden und hörte mit an, sah aus den Augenwinkeln, das Brennen der
Wägen, das Blut von Kämpfenden und Toten.
Schreie und Klänge erinnerten ihn an etwas. Schatten zogen sich zurück, Erinnerungen
wurden freigelegt.
„…habe dich schon einmal besiegt und werde…“
„…der Initiationsritus…“
„…darfst du doch nie die Regeln brechen…“
„…bin deine Wächterin…“
„…sie ist tot, begreife es und kämpfe weiter. Für…“
Michael begann zu begreifen. Während um ihn herum das Lager von unbekannten Angreifern in Schutt und Asche zerlegt wurde kamen seine Erinnerungen zurück. Zum ungünstigsten Moment. Es waren nur Bruchstücke. Stimmen, einzelne Bilder, Szenerien. Nur der Zipfel eines Geheimnisses, das, so wusste Michael, sein Leben für immer verändern würde. Ein Geheimnis, das größer war als alle Rätsel, die sie bisher gelöst hatten. Und während das Sterben weiterging, flossen die Erinnerungen, der Trauer, der Schmerz, das Wissen. * Epilog „Argh!“
Ein Schrei entwich seinem Mund. Taumelnd schritt er durch den Raum. Die Schatten an der
Wand hatten sich verändert. Das Gleichgewicht war wieder hergestellt. Alles was wichtig
war, wurde bedeutungslos, und aus dem Nichts bahnte sich das Licht einen Weg zum Sieg.
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Er konnte es spüren, seine Macht würde schwinden. Er betete. Er betete für seien größten Widersacher. Er hoffte, dass es Michael Hartmann gelingen würde, wieder in die Gegenwart zurückzukehren. Er wollte, dass Michael starb, doch nicht, dass er sich wieder erinnerte. Er musste zurückkehren. Damit er das Gedächtnis wieder verlor, und das schnell. Auch Jason würde sich wieder erinnern. Doch da war mehr. Eine Energie, die es nicht mehr geben dürfte, war zurückgekehrt. Damit standen zwei auf jeder Seite. Der Regelbruch wurde wiederholt. Die Konsequenz raubte ihm den Atem, machte ihm klar, dass der Krieg in Gefahr war, verloren zu werden. Michael und Jason hatten vergessen, das gleiche drohte nun ihm, ihm, John Green. Er hatte Angst. Er musste handeln. Zeit, etwas, das er dringend benötigte, doch nun nicht mehr zur Verfügung hatte. Er musste den neuen Machtfaktor beseitigen. Und sollte dies nicht gelingen, musste er Jason eliminieren. So schnell wie möglich. Ende des 1. Teils Vorschau auf Band 35 – „Erinnerungen“ (2/2)
John Green muss handeln. Um das Verhängnis abzuwenden, stellt er Jason eine Falle. Der
junge Lightfighter tritt ahnungslos hinein und muss um sein Leben kämpfen, ebenso wie
Karren, die das Verhängnis herbeigeführt hat.
In der Vergangenheit brechen sich Michaels Erinnerungen weiter Bahn und die Roma werden
von einer Macht bedroht, die mit Engelsmagie kämpft.
Unterdessen erleben Andi und Anna den Bau eines Projektes mit, das die Zukunft der
Lightfighter verändern wird.
Das Erbe der Macht
Band 35
Erinnerungen (2/2)
Weitere Bände in Vorbereitung:
Band 36 – „Verlorene Freiheit“
Band 37 – „Das Fremde Volk“ (1/2)
Band 38 – „Planetenfeuer“ (2/2)
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