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Das Leben unserer Generation Otto Zierer, der Verfasser der 40 bändigen Weltgeschichte „Bild der Jahrhunderte", hat seinen Ruf als großer Gestalter geschichtlicher Ereignisse mit dem jüngst erschienenen Werk
DAS BILD UNSERER ZEIT
1917 bis 1954 von neuem gefestigt. Auch in- diesem großangelegten Werk verbindet Zierer das, was man im allgemeinen unter Geschichte versteht — Kriege und Schlachten, Konferenzen und Verträge, Staatsmänner und Politiker, Monarchen und Feldherren — mit dem Alltag des Bürgern und Arbeiters und mit dem Geschehen in den Ateliers der Maler und Bildhauer, den Arbeitszimmern der Dichter, den Wohnungen der Musiker und Komponisten, den Laboratorien der Wissenschaftler, den Studierzimmern der Philosophen und den Konferenzräumen der Finanzmänner und Unternehmer. „EIN BUCH, VON DEM MAN SPRICHT" schreibt die Allgemeine Zeitung, Mainz, in ihrem Urteil über „Das Bild unserer Zeit". „Es ist eines der fesselndsten Dokumentarwerke geworden, weil es in die brennenden, selbsterlebten Ereignisse der Gegenwart eingreift, mit denen wir selbst Geschichte erlebten . . . Man wünscht, wir hätten heute viele dieser Bücher" (Der Fortschritt, Düsseldorf). — Im Rheinischen Merkur urteilt der Kritiker: „Dieser 702 Seiten umfassende Band ist eine großartige Leistung, ein anschauliches Bild des politischen, kulturellen, wissenschaftlichen, künstlerischen und wirtschaftlichen Lebens . . . Die Szenen lassen uns in oft herzbeklemmender Anschaulichkeit die jüngst vergangenen Jahre wieder erleben . . . DerVerfasser stellt den Leser mitten in charakteristischeSzenen nicht nur aus dem örfentlichenGeschehen, sondern auch aus der privaten Sphäre geschichtlicher Persönlichkeiten oder auch gutgezeichneter Menschen aus allen Bevölkerungsschichten". 736 Seiten mit historischen Karten, Zeitdokumenten und • Begriffserklärungen — Ganzleinen mit Goldprägung DM 16.90 Durch alle Buchhandlungen zu beziehen VERLAG SEBASTIAN LUX M U R N A U - M Ü N C H E N - I N N S B R U C K - ÖLTEN
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BIBLIOTHEK
D E S WISSENS
LUX-LESEBOGEN N AT U R - U N D K U L T U R K U N D LI C H E
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A l f r e d Dieck
Schicksale und Rätsel
VERLAG SEBASTIAN LUX MURNAU-MÜNCHEN-INNSBRUCK-OLTEN
Weit bis an den Horizont dehnt sich das Moor, und nirgendwo ist ein Ende abzusehen. Auf dem höhergelegenen, trockenen Landrücken ducken sich mächtige, dickbemooste Steinblöcke. Dazwischen winden sich wie graubraune Schlangen die knorrigen Wurzeln einer alten, umgestürzten Buche. Einer der letzten Winterstürme mag sie gerüttelt und geschüttelt haben, bis der vor Alter zerschrundene Stamm keinen Widerstand mehr bot und krachend niederstürzte. Die Maisonne strahlt durch das frische Laub der weißfleckigen B'rken und umspielt die schlanken, leuchtenden Stamme. Heute spürt man nichts von der grauen, unheimlichen Öde und Tücke des Moores, die den einsamen Menschen die Furcht lehrt, wenn Nebel in Gras und Zweigen hängt und der Fuß im quellenden Schlamm versinkt. Glitzerndes Licht liegt auf den Gräben, die das Moor durchschneiden und umsäumen. Flink plätschert und murmelt das bräunliche Wässer dahin. Die Moorfrösche quarren, der Kiebitz lockt mit fröhlichem Ruf. der Brachvogel flötet. Ein Schwarzspechtpärchen jagt jauchzend in dem hellen Föhrengezweig. Ganz fern trompetet ein Kranich. Eine Weihe rüttelt hoch im Blau des Himmels. Überall regt sich das Leben im weiten Moor, in den dichten, schon frühlingsgrün schimmernden Heidekrautbüschen und in den Fohren, Eicnen und Birken im weiten Rund. 2
Ein seltsames Zischen, u n t e r b r o c h e n von t i e f e m , d u n k l e m G e k u l l e r und G e t r c m r a e l . ü b e r t ö n t j e t z t d e S v m p h o n i e dieses F r ü h l i n g s morgens. Aus dem wuchernden Heidekraut reckt sich ein schwarzblau, silbern und rot gefärbter Birkhahn. Im nächsten Augenblick ist er in dem braungrünen Gestrüpp wieder verschwunden. Wieder ein Zischen, ein Huschen, ein Zischen — jetzt treibt das herrliche Tier hinter einem verrotteten Torfhaufen sein seltsames Wesen. Ich schleiche mich langsam und vorsichtig durch nasses Moos und feuchtes Moor zu dem spitzen Wacholderstrauch nahe an dem Torfhaufen. Rock und Hose sind schwer vor Nässe. Das Gesicht ist umsponnen von silbern schimmernden, betauten Spinnweben — den Todfeinden der vielen Insekten, deren Lebensraum das Moos ist. Dürre, vorjährige Heidekrautblüten rieseln in meinen Rockkragen. Icli möchte zu gern den prächtigen Moortänzer im Blickfeld haben und. mir die Schönheit des Gefieders und seine balzende Tollheit ganz aus der Nähe betrachten. Plötzlich schweigt der Hahn, einen Augenblick noch sehe ich einen roten Fleck, dann reitet er mit sausenden Schwingen ab, immer bemüht, in Deckung der Büsche und Bäume zu bleiben. Hinter mir werden Stimmen laut, Eisen klirrt gegen Eisen, dann knattert lärmend ein Motor auf, ein zweiter und dritter beginnen ihr Höllenkonzert, zerrissen ist der stimmungsvolle Frieden des Morgens. Die Technik, die Siegerin, hat Einzug gehalten ins Moor. Mit Instrumenten und Zahlentabellen messen die Ingenieure, wie tief der Wasserstand im Moor gesenkt werden muß, um es völlig trocken zu legen; wieviel Sand noch die Kipplorenzüge heranbringen müssen, um den riesigen Unterbau für eine Fernstraße zu schaffen. Nicht mehr lange, dann werden gewaltige Sprengladungen unter dem Sandwall angebracht; mächtige Detonationen werden das jetzt noch unter den angefahrenen Erdmassen ruhende Moor heiseite schleudern, der Sanddamm sinkt nach unten und ruht als fester Unterbau der zukünftigen Straße auf dem Grunde. Die geheimnisvolle Stille und Einsamkeit des Moores weicht dem Lärm der Technik, der Unrast des modernen Lehens. Wo die Heidelerche ihr Lied über Tümpeln und Mooshlüten sang, wo die seltensten Schmetterlinge lautlos über die Erde gaukelten, wo die Rohrdommel ihren dumpfen Gespensterruf ertönen ließ, wo Tod und Leben, Dunkel und Hell scharf nebeneinander standen, da dröhnt der Lärm der Motoren, tasten die Scheinwerfer der Autos durch die Nacht, und nur selten noch glühen in ihrem Schein die Augen eines Wildtieres auf. Geheimnis des Moores — wieviel Veiborgenes, längst Gestorbenes und Vergessenes ruht dort unten in der Tiefe von Torf und Schlamm, 3
Wollgras im tückischen Moorgewässer in seinem einstigen Zustand bewahrt seit Jahrtausenden — unerschlossene Quellen für eine Zeit, deren Geschichte nur mühsam und bruchstückhaft erforscht werden kann. Manchmal, wenn der Zufall es will, bringen der Spaten des Torfstechers, das Eisen des Pfluges oder die Schaufelzähne eines Baggers Zeugen und Zeugnisse längst vergangener Zeiten aus dem dunklen Grab des Moores ans Tageslicht.
* Funde aus mehr a!s 100COO Jahren
Vollkommen erhalten durch die konservierende Huminsäure liegen kilometerlange, breite Straßen aus kunstvoll geschichteten Stämmen und Knüppeln unter den inzwischen darübergewachsenen Wasserpflanzen — Moorstraßen, die vor zwei Jahrtausenden, noch j bevor die Römer ihr Kaiserreich gründeten und Christus geboren 4
wurde, von germanischen Volksstiimmen erbaut worden sind. Diese Meisterwerke des Straßenbaus haben der Forschung Aufschluß gegeben über manche uralten Handels- und Verkehrswege der vorchristlichen Bewohner unserer Heimat. Noch viele andere aufschlußreiche Kulturfunde gab das Moor preis: Weihegaben an Gottheiten aus den ersten Jahrhunderten nach Christi Geburt; Siegestrophäen, den Göttern dankbar dargebracht: Waffen, Lederhelme, einen Silberhelm mit Gesichtsschutz, Rüstungen, Schilde, Speere und Pferdegeschirre. Meist sind die Opfergegenstände, bevor sie im Moor versenkt wurden, für weiteren Gebrauch durch Zerbrechen unbrauchbar gemacht worden; für uns aber sind auch die Trümmer von hohem kulturgeschichtlichen Wert. Auch Opfergaben des Friedens, geschenkt den huldreichen Göttern, haben die Moore zutage gebracht: Hämmer, Äxte, Zangen und Hobeln, Sensen und Harken, Brettspiele und kleine Blumengaben. Sie gewähren uns einen lehrreichen Einblick in das Alltagsleben der germanischen Volksstämme. Von den Menschen der jüngeren Steinzeit, die um 4000—2000 v. Chr. lebten, ist ein schön gearbeiteter Feuersteindolch, mit Harzkitt im handlich geformten Griff befestigt, überliefert worden. Er steckt in einer kunstvoll verzierten Lederscheide; bei Wiepenkaten wurde er gefunden. 10 000 Jahre alt sind die Köpfe von Rentieren — als Dank und Bitte an Jagdgottheiten dargebracht —, gefunden auf dem Lagerplatz von Jägern der mitl* leren Steinzeit in der Nähe von Hamburg. Gegenstände aus grauer Vorzeit kamen ans Tageslicht, die im trockenen Erdboden schon längst vergangen wären. Berühmt ist der älteste auf der Erde erhaltene Speer, der zwischen den Rippen eines gejagten Urelefanten gefunden wurde. Weit mehr als 100 000 Jahre alt ist diese erst vor kurzem im Mergelwerk Lehringen bei Verden an der Aller freigelegte Jagdwaffe. Was bedeuten aber alle diese Funde, die nur mittelbar von dem Leben unserer Vorfahren berichten, gegenüber der erstaunlichen Tatsache, daß das Moor auch die mumifizierten Körper von Menschen, die vor mehr als zweitausend Jahren starben, aufbewahrt hat für die Männer der Forschung, für die Wissenschaft der Vorgeschichte. Der „Teufel" im Moor Ssngende Gluthitze liegt in den Maitagen des Jahres 1897 über dem weiten, braunen Hochmoor auf der Grenze zwischen den Niederlanden und Deutschland. Aus der Ferne leuchten die Dächer des 5
Dorfes Ide zu den beiden Torfstechern herüber, die soeben in ihrer mühevollen Arbeit eine Pause eingelegt haben. Dicke Schweiß, tropfen stehen ihnen auf dem Gesicht. Keuchend stützen sie sich auf ihre Spaten, trinken einen Schluck aus der Vesperflasehe und mühen sich weiter, gleichgeformte, viereckige Torfstücke aus der glatten Grabenwand zu stechen. Unerträglich heiß brennt die Sonne vom bleigrauen, flimmernden Himmel und macht die Arbeit zur Qual. Vor kaum vierzehn Tagen haben sie begonnen, ihren Torfplatz von Kraut und Büschen zu befreien, zu glätten und die nassen, schweren Quadern neben der von Moorwasser trübe schillernden Grube zum Trocknen aufzustapeln. Damals hat es noch Freude gemacht, mit kraftvoller Wucht das Eisen in den weichen Torf zu stoßen und sich in der feuchten Maikühle warm zu arbeiten. Und nun seit vier Tagen diese Hitze! Wieder eine Baumwurzel, die das Torfeisen nicht eindringen läßt! Wütend drückt der ältere der beiden Männer auf den Eichenstiel, um das Hindernis zu durchstoßen. Endlich ist es geschafft, doch das Eisen mit dem abgestochenen Torfstuck läßt sich nicht heben. Noch einmal wendet er alle Kraft an: „Der Teufel soll das Torfstechen holen!" Das Wort ist kaum gesagt, da glaubt er, den Teufel leibhaftig vor sich aufsteigen zu sehen: Mit dem Eisen erscheint über dem Moorwasser ein schwarzes Haupt. Von Grauen geschüttelt, hasten die beiden Männer ins Dorf, der Teu/el, den sie gerufen, ist ihnen erschienen. Der Leibhaftige scheint sich an ihre Fersen zu heften. Raunend geht die Kunde von dem Geschehen von Mund zu Mund. So erfährt auch der Bürgermeister von Vries, zu dessen Verwaltungsbezirk Ide gehört, von der grausigen Erscheinung. Er laßt die beiden Moorarbeiter kommen, und ihm erzählen sie nach langem Drängen ihr erschreckendes Erlebnis. Der Bürgermeister ist nicht abergläubisch und hält nichts von den Spukgeschichten seiner Gemeinde. Ein Brief geht an den Museumsdirektor Joosting von Assen. Am nächsten Tage treffen sich die bsiden Männer an der Grabungsstelle im Torfstich, wo die trocknenden Torfstücke in der Morgensonne dampfen. Unter Joostings Leitung wird die Grabung sorgfältig fortgesetzt. Als die Sonne im Westen purpurrot verglüht, liegt der Körper einer etwa 48jährigen Frau, der vor über 1700 Jahren im Moor versunken ist, zwischen den Heidekrauthüschen. Ein friedliches Lächeln ist auf das gut erhaltene Antlitz der Germanin gebreitet, die nach zweitausend Jahren dem Moorgrab entstiegen ist. Der seltene Fund, der dank der Moorsäure ausgezeichnet erhalten ist, kommt ins Museum in 6
Assen. Dort wird er genau untersucht und der Körper sorgfältig präpariert. Aber das Schicksal der toten Germanenfrau ist nicht aufzuhellen. Nichts deutet darauf hin, warum und wie sie den Tod gefunden hat. „Wer Torf stechen will . . . " Die Torfarbeiter von Ide stehen nicht allein mit ihrem MoorErlebnis. Der Verfasser fand auf seinen vielen In- und Auslandsreisen, auf denen er dem Problem der Moorgeheimnisse nachgegangen ist, in Obergries, unweit von Bad-Tölz, beim Pulverwirt ein auf Blech gemaltes Ölbild, das einen Torfstecher in einer ahnlichen Lage zeigt. Unter dem Bild stand folgender Vers: „Wer Torfsteclien will, der muß a Schneid habn, Denn der Steffel von der Miihl hat an Menschen ausgrabn. An Steffel hats graußt, der ist gleich davon; Drum packt halt der Zehnte 's Torfstechen net a."
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Angst zu haben braucht man nicht, und man soll auch nicht davonlaufen, .wenn man in Heide oder Moor einen Fund macht, der unser Wissen von der Geschichte vergangener Jahrhunderte und Jahrtausende bereichern kann; man soll aber auch nicht mit laienhaftem Unverstand und auf eigene Faust Ausgrabungen veranstalten. Vieles Unersetzliche konnte dabei für immer zerstört werden. Auch die „Wissenschaft des Spatens" muß erlernt sein. Bei den ersten Anzeichen von ungewöhnlichen Funden unterbreche man sofort seine Arbeit an der Grabungsstelle, lasse den Fund unberührt liegen, decke ihn sorgfaltig ab und benachrichtige das zuständige Museum, den Bürgermeister oder den Heimatpfleger. Eine Anerkennung in der Form eines Finderlohnes ist dem Anmelder gewiß. Durch das umsichtige Verhalten von Laien wurden in den letzten zwei Jahrzehnten über 30 Moor-Mumien einwandfrei geborgen. Insgesamt sind bisher mehr als 160 Moortote der Wissenschaft bekannt geworden. Diese Funde haben den Forschern vieles offenbaren können. Sie erlaubten eine genaue Datierung und Altersbestimmung der Toten und gaben gewisse Aufschlüsse über Nahrung, Kleidung und Rechtsbräuehe der Menschen vor 1000 und mehr Jahren, Kenntnisse, die unser Wissen aus andern Geschichtsquellen in erfreulicher Weise ergänzen oder die Glaubwürdigkeit der Schriftquellen nachweisen können. 7
Der älteste Menschenfund aus dem Moor
Die Toten, die das Moor freigibt, sind nicht immer ganz erhalten. Manchmal ist nur das Skelett unversehrt geblieben, aber auch diese Reste sind meist wertvoller als die weit mehr zerfallenen Grabfunde aus Erdbestattungeu. In einigen Fallen ist das Skelett völlig aufgelöst, aber sonst ist der Körper gut zu erkennen; der Fund von Rost ist ein Beispiel dafür. Von anderen im Moor Umgekommenen sind nur Teile übriggeblieben. Ist der Körper sofort tief untergesunken und konnte keine Luft ihn mehr erreichen, so wurde er zur wohlerhaltenen Mumie. Anders aber, wenn der Tote erst noch eine Zeitlang Zerstörungen chemischer und physikalischer Art ausgesetzt blieb oder wenn Pflanzensäuren in dem betreffenden Moor einwirken konnten. Der älteste Menschenfund aus dem Moor, von dem wir wissen, stammt — wie ein mitgefundenes Steinbeil erkennen laßt — anscheinend aus der Jüngeren Steinzeit, der Zeit vor nunmehr fast 5000 Jahren. Man entdeckte den Toten bei Heudorf, unweit Bremerhaven. Viel jünger sind einige Funde aus der Bronzezeit, die von etwa 1800 bis 800 vor Christi Gehurt reicht. Viele Überreste gibt es aus den Jahrhunderten um Christi Geburt, zahlreich sind sie auch aus mittelalterlicher Zeit. Aus jüngster Zeit, dem ausgehenden 19. Jahrhundert, stammen die Mumien, die man in der Nähe von Berlin und Irlliam (Oberbayern) aus Mooren ans Tageslicht gebracht hat. Die größte Bedeutung haben die Fund*3 aus frühester Zeit, und besonders diejenigen, die uns auf Grund ihres Erhaltungszustandes und der Fundumstände möglichst weit in die Vergangenheit zurückblicken lassen. Die europäische Kulturgeschichte hat gerade durch diese Menschenfunde das Bild vorgeschichtlicher Zeiten um viele Einzelzüge erweitern können. Germanische Gerichtsurteile
Etwa zu der gleichen Zeit, als der Arzt Lukas aus Antiochien das Dritte Evangelium und die Apostelgeschichte des Neuen Testaments niederschrieb, in der gleichen Zeit., als die römischen Kaiser an Rhein und Donau den gewaltigen, fast 600 km langen Befestigungswall des „Limes" zur Abwehr der germanischen Invasion zu bauen begannen, ließ sich der römische Staatsmann und Historiker Tacitus von Soldaten und Kaufleuten ihre Erlebnisse, Erfahrungen und Meinungen aus den Besatzungsgebieten in Germanien berichten, um das Gehörte in einem land- und volkskundlichen Buch, der „Ger8
Teil eines oberbayerischen Moores, eines Eiszeitmoores
inania", niederzulegen. Vielleicht weilte Tacitus eine Zeitlang selber in den römischen Grenzlagern und auf Erkundungsritten weit ins germanische Hinterland, um den Stoff für sein Werk an Ort und Stelle zu ergänzen. Er berichtet so vieles von den Lebens-, Wirtschafts- und Rechtszuständen unserer Vorfahren, daß es eine dankbare Aufgabe der Spatenforscher wurde, die Moorfunde und die Schilderungen des Tacitus zu vergleichen. Seit nunmehr drei Generationen, dem Beginn der wissenschaftlichen Erforschung der Moortoten, nimmt man an, daß manche der aufgefundenen Toten das bestätigen, was der römische Schriftsteller im Kapitel 12 der Germania Über bestimmte Rechtsbräuche der Germanen niedergeschrieben hat. Das Kapitel schildert unter anderem die Bestrafung germanischer Verbrecher durch ihre Stammesgenossen. Tacitus beschreibt die Strafen mit folgenden Worten: „Distincto poenarum ex delicto: Proditores et transfugas arboribus suspendunt, inavos et imbelles et corpore infames caeno ac palude, inieeta insuper crate, mergunt. Diversitas supplicii illuc respicit, tamquam scelera ostendi oporteat, dum puniuntur, flagitia abscondi."" „Die Strafen unterscheidet man nach der Art des Vergehens: Verräter und Überläufer knüpft man an Bäume, Feiglinge, Kriegsscheue und Schandkerle ertränkt man im Moor und Sumpf, Flechtwerk deckt man über sie. Durch die Verschiedenheit der Strafen prangert man Verbrechen an, Neidingstat (besonders gemeine Handlungen) entzieht man den Blicken," Von den bekannt gewordenen 160 Menschenfunden aus dem Moor bieten vielleicht sechs Funde für diese Art des germanischen Rechtsspruches den Beweis. Es handelt sich um die Körper erwachsener Männer aus den nordwesteuropäischen Mooren von Landegge, Rendswuhren, dem Rieper Moor, Neu Versen, dem Hingstmoor und Bockhornerfeld. Die Bestrafung des Mannes von Landegge im Kreise Meppen ist auf Grund der Fundumstände besonders aufschlußreich. In jener Zeit wohnte im Kreise Meppen der germanische Stamm der Chamvaren. Wieder einmal tobte eine der blutigen Stammesfehden mit ihren Nachbarn. Erbittert und tapfer kämpften die Männer gegen den Feind. Auch die Frauen standen — ebenso wie einst bei den Kimbern und Teutonen — nicht zurück, wenn es galt, das eigene Dorf und Haus, Lehen und Freiheit zu verteidigen; denn es war in jener Zeit bei allen Völkern Sitte, daß die kriegsgefangenen Männer, Frauen und Kinder entweder getötet oder 10
Sklaven der Sieger wurden. — Unter den chamvarisehen Männern aber gab es einen, der sich dem Kriegszug des Stammes nicht anschloß; durch einen vorgetäuschten Unfall hatte er sich den linken Fuß schwer verletzt, um — wenn auch als Krüppel — sicher weiterleben zu können; auch bei einer Niederlage seines Volkes durfte er damit rechnen, daß die siegreichen Gegner ihn als Gefangenen verschmähten und in der Heimat zurückließen. Die Neidingatat blieb aber nicht lange verborgen. Bald raunte es einer dem anderen zu, daß hier kein Unfall vorliege, sondern daß der Mann sich selber kampfunfähig gemacht habe. Als die Vollmondzeit herankam, trat die Volksversammlung zusammen, in der die Männer, wie es von altersher Brauch war, über die Angelegenheiten des Stammes berieten und gleichzeitig über Verbrecher zu Gericht saßen. In Gruppen zu zweien und dreien, wie Verwandtschaft und Zufall es fügten, stellten die Germanenkrieger sich ein und wählten nach Belieben ihren Platz. Abseits von den übrigen hielt sich der Angeschuldigte. Als der Stammesführer das Oval des Thingplatzes betreten hatte, gebot der Priester, dem das Ahndungsrecht zustand, Ruhe und gab einem der Stammesgenossen Weisung, die Verdach*sgründe vorzutragen. In Reden und Gegenreden wurde die Tat offenbar; nach dem ungeschriebenen Gesetz lautete das Urteil auf Tod. Im Moor sollte sein Leichnam verschwinden, um für immer den Blicken entzogen zu sein. Man fesselte den Verurteilten; zwei Knüppel überkreuz auf dem Rücken machten den Todgeweihten völlig wehrlos, dann betäubte man ihn, und so warf man ihn ins Moor, mit dem Gesicht nach unten, damit die Sonne den Ehrlosen nicht länger bescheine. Grassoden wurden quer über ihn gelegt. —Dem Recht war genüge getan . . . 1800 Jahre später, — im Jahre 1861 — findet der Heuermann Gerhard Kiene aus Landegge beim Torfstechen den Körper des Verurteilten. Noch am selben Tage beginnt die sachgemäße Bergung, über die uns ein sorgfältig geführtes Protokoll erhalten ist. Alle Umstände ergeben mit Gewißheit, daß hier ein Strafvollzug erfolgt war, wie ihn Tacitus in seiner Germania als Rechtsbrauch bei den germanischen Völkern beschrieben hat.
* Nicht alles, was Tacitus, der größte römische Geschichtsschreiber, der um 50 bis 116 n. Chr. als Konsul und Provinzstatthalter lebte, über die Germanen der Frühzeit geschrieben hat, hat die Forschung als wahr hingenommen. Lange Zeit glaubte man, Tacitus habe allzu11
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viel falsch gesehen oder auch absichtlich übertrieben dargestellt, um das kampfmüde ^cwordsne und in sich verfallende Volk der Römer, durch das Bild, das er ihnen von seinem gefährlichsten Gegner, den Germanen an den Nordgrenzen des Reiches, vor Augen hielt, wachzurütteln. Aber nicht nur der Tote von Landegge beweist, wie gut Tacitus beobachtet hat oder unterrichtet worden ist; eine überzeugende Rechtfertigung für seine Glaubwürdigkeit fand er auch in anderen Funden, die ebenfalls die harten Rechtssitten der zeitgenössischen und —• in Fortführung der Rechtstradition — auch späterer germanischer Volker beweisen. Frevel gegen die geheiligte Ordnung Den Germanen der Tacituszeit galt die Ehe als unverletzlich; die Familie, die Sippe war das engste Band, das die Menschen in Not und Gefahr zusammenhielt; sie bot ihnen festen Halt auf den Wanderfahrten, auf Krieg&zügen und im harten Lebenskampf der ewig unruhigen Zeiten. Eheliche Untreue, besonders der Frau, galt als ein Frevel gegen die geheiligte Ordnung der Blutsbande; die Strafe war von unerbittlicher Härte. „Paucissima", so berichtet Tacitus, „in tarn numerösa gente adulteria, quarum poena praesens et maritis permissa; abcisis crinibus nudatam coram propinquis expellit domo maritus ac per omnem vicum verbero agit." „Trotz der großen Volkszahl ist eheliche Untreue höchst selten. Die Strafe folgt auf dem Fuße und steht dem Gatten zu: mit abgeschnittenem Haar, der Kleider beraubt, so jagt der Mann sie vor den Augen der Verwandten aus dem Hause und treibt sie mit Peitschenhieben durch das ganze Dorf." Berichte aus späteren germanischen Quellen und manche Moorfunde lassen vermuten, daß die ehrlos Gewordenen nach der Vertreibung getötet und in den Mooren versenkt wurden, die in jener Frühzeit weithin die germanischen Lande bedeckten. So bestimmte das burgundische Recht, daß eine Frau, die ihren rechtmäßigen Gatten „mutwillig", ohne den Scheidungsspruch der Sippe verließ, im Moor ihr Grab finden sollte; aus mehreren Mooren sind Tote ausgegraben worden, die ohne jeden Zweifel nach den Ehegeboten der altgermanischen Volksrechte dem Tode überantwortet worden waren. Der Befund ergab, daß auch in diesen Fällen die Bestrafung erst erfolgt war, nachdem man die Verurteilten betäubt hatte. 12
Die wohl tausendjährige Überlieferung des Gudrunliedes erzählt ebenfalls von einer solchen Bestrafung. Gudrun, die das Nibelungenlied später in Kriemhild umbenannt hat, ist mit dem Hunnen» könig Atli-Etzel verheiratet. Der Kampf Hagens und der Brüder Gudruns ist zu Knde. Alle Verwandten Gudruns und auch die Mannen Dietrichs von Bern sind gefallen. Gudrun selbst lebt trauernd an
Ostdeutsche Moorlandschaft der Seite Atlis im Hunnenlande und beklagt mit Dietrich das Los der Freunde und Verwandten; Gudrun bemerkt — und hiermit beginnt das Lied —, daß Atli plötzlich sehr verstört ist. Sie fragt ihn nach dem Grunde und erfährt, daß die Magd Herkia sie vor Atli der Untreue mit Dietrich von Bern beschuldigt habe, Gudrun, deren tote Brüder ihr bei der Abwehr des schmachvollen Vorwurfs nicht mehr durch eidliche Aussage, durch „Eideshilfe", oder mit dem Schwerte beistehen können, ist bereit, den Unschuldsbeweis durch ein Gottesurteil selbst zu erbringen,* aus einem Kessel mit siedendem 13
Wasser wolle sie Steine mit bloßem Arm herausholen, ohne daß sie verletzt werde; zeigten sich keine Verbrennungen, so sei das ein Zeichen Gottes, daß sie keine Schuld auf sich geladen habe. „In die Halle traten siebenhundert Helden, eh' des Königs Weib in den Kessel griff. — Sie tauchte die weiße Hand in die Tiefe, Griff aus dem Grunde die grünen Steine: ,Schaut nun, Fürsten, schuldlos bin ich, Heil und heilig, wie das Wasser walle.' Da lachte dem Atli im Leibe das Herz, Als er heil sah die Hände Gudruns: ,So soll nun Herkia zum Kessel treten, Welche der Gudrun wähnte zu schaden.' Nie sah Klägliches, wer nicht gesehn hat, Wie da Herkias Hände verbrannten. Sie führten die Maid zum faulenden Sumpf: So ward Gudrun vergolten der Harm." Ein Gremheiligtum
In etwa derselben Zeit, in der der chamvarische Mann beim heutigen Landegge von seinen Volksgenossen hingerichtet wurde, fand in der Nähe des heutigen Weimar, bei Possendorf, ein Germane eines anderen Stammes ebenfalls in einem Moor sein Grab. Im Gegensatz zum großen Landegger Moor war das Moor von Possendorf nur klein und damals nahezu trocken. Eine mächtige Eiche hatte ihre kräftigen Wurzeln in den moorigen Grund getrieben. Unter dieser Eiche fanden zwischen den benachbarten Volksstämmen Beratungen statt. In jener Zeit galten Grenzen als besonders heilig. Um sie zu kennzeichnen und sie unter magischen Schutz zu stellen, errichtete man an den umstrittenen und nach dem Kampf festgelegten Grenzpunkten Figuren, die an die Unverletzbarkeit nnd Unverrückbarkeit der Grenzmarken gemahnen sollten. Die Possendorfer Grenzmarkung konnte im Moor nachgewiesen werden. Es war eine Holzfigur, deren Körper aus Eichenholz und deren Arme aus Espenholz geschnitzt waren; sie hatte ein breites Gesicht, scharf geschlitzte Augen und eine eingedrückte Nase. Die geschnitzte Grenzmarke stand mit sieben Tongefäßen in einem Kreis, dessen Mittelpunkt ein Kessel bildete. Das Ganze vereinigte sich zu einer Art heiligen Weihestätte, über der die Holzfigur Wache hielt. Etwa drei Meter von diesem Kreis entfernt fand sich, ebenfalls 14
im Moor, das Grab eines Mannes. Die Wahl des Grabes an dieser hervorgehobenen Stelle muß für die im Moor aneinandergrenzenden Stämme von besonderer Bedeutung gewesen sein, denn sonst hätte man den Toten nicht gerade hier bestattet und Beratungen an seinem Grabe abgehalten. Haben die Stämme damals im Krieg miteinander gelegen und haben sie sich nun über der Leiche des gefallenen Kriegers versöhnt? Oder ist er an dieser Stelle geopfert worden, damit die Erinnerung an seine Hinopferung, damit sein Grab und der Weihekreis den vielleicht einst heiß umkämpften Grenzpunkt für ewig festlegte und im Gedächtnis vieler Generationen hielt? Wir wissen es nicht. Die Wissenschaft der Volkskunde kennt viele Baispiele nachdrücklicher Grenzmarkierungen durch die Vornahme erinnerungswürdiger und erinnerungskräftiger, oft derber, manchmal auch blutiger Handlungen, die sich für immer in den Köpfen der Beteiligten festsetzten. So ist es nicht ohne Wert, auf diesen im Fach Schrifttum bisher nicht beachteten Fund und die merkwürdige Umgebung der Fundstelle hinzuweisen. Die „Wissenschaft vom Spaten", die Vor- und Frühgeschichtsforschung, muß solche verstreuten und unbekannten „Mosaiksteinchen" sammeln und zu den bisher bekannten hinzutragen, damit im Laufe der Zeit durch viele kleine Beobachtungen geschlossene Kulturgemälde entstehen. Geschichtserkenntnisse, die uns als Selbstverständlichkeiten erscheinen, sind meist Ergebnisse zäher, schwerer, jahrzehntelanger Arbeit. In das Werden einer Arbeit Einblick zu bekommen, ist aber oft gewinnbringender als die Übernahme von etwas Fertigem. Deshalb will der Verfasser diese Moorleiche von Possendorf, über die wie zur Zeit nur wenig zu sagen vermögen, einmal ins Licht der Betrachtung rücken. Die Walopferstätte Den Göttern und Geistern zu opfern, um sie zu Gegenleistungen geneigt zu machen — vielleicht sind viele Moortote und der Possendorf-Mann sogar Beispiele für Menschenopfer durch Selbsthingabe oder erzwungene Hinopferung —, war den göttergläubigen Germanen nicht unbekannt. Wie man bei häuslichen Anlässen das Trankopfer darbrachte, bei den Jahresfesten durch Tieropfer Huld und Gunst der Über- und Unterirdischen suchte, so opferte man den Göttern vor allem nach dem siegreichen Kampf auf der Walstatt, der Kampfstätte. Mehr als fünfzehn Walopferplätze sind 15
den Moorforschern bekannt geworden und fast die doppelte Anzahl schriftlicher Nachrichten bezeugt diesen Brauch für wohl alle Germanengruppen. Die Moorfunde wurden in Schleswig, Jütland, auf Fünen, in Westergötland, Kurland, in der Schweiz und der Steiermark gemacht. Zeitlich verteilen sie sich auf die Jahrhunderte von etwa 150 vor Christus bis weit in die Yölkerwanderungszeit hinein. Aus dem, was man auf dem Walopferplatz der Ostseeinsel Fünen aufgedeckt hat, läßt sich wohl am deutlichsten schließen, wie Kampf, Sieg und Walopfer einander gefolgt sind. Undurchdringliche Finsternis liegt über der Insel. Schwer hängt die fast geschlossene Wolkendecke am Himmel. Unheimlich ist die Nacht mit ihrer Stille. ,
Das Wikingerboot aus dem Moor von Nydam in Schleswig (vergl. Text Seite 20) Ein verschlafener Vogelruf ist zu hören. Aus der Nähe antwortet das gleiche Vogelglucksen hinter dem Wacholderknick hervor. Von Gebüsch zu Gebüsch geht der leise Ruf: Germanenkrieger sind es, die ihren Feinden einen Hinterhalt legen und sich durch nachgeahmte Vogelstimmen auf das Nahen feindlicher Kundschafter aufmerksam machen. Scharf spähen sie gegen Westen, wo die schmale Sichel des abnehmenden Mondes zwischen Wolkenbänken hervorlugt und mit ihrem fahlen Licht drei Reiter bescheint, die vorausgeschickt sind und vorsichtig ihre kleinen Pferde über das moorige Land treiben. Dann ist wieder schwarze Nacht. Schon ist dumpf das Pferdegetrappel zu hören, das langsam näher kommt. Am Knick schnaubt plötzlich eines der Tiere warnend auf. Die Reiter zügeln jäh ihre Pferde und horchen gespannt in die Finsternis. Da sich 16
nichts mehr rührt, geben die Reiter der nachfolgenden Hauptschar ein Feuerzeichen, daß die Luft rein ist. In der Ferne schnattert ein aufgeschreckter Moorvogel seinen Warnruf. Ein schnelles Huschen im Gebüsch. Dann wieder Schweigen. Nichts ahnend rückt die Hauptmasse der Reiter auf und ist mitten in der Falle des Hinterhalts. Plötzlich ein scharfer Ruf, aus vielen Kehlen ein bchlachtgeschrei. Hinter jedem Strauch wird es lebendig. Eine Wolke von Pfeilen überschüttet die Überrumpelten. Speere sausen hin und her. Männer stürzen tot von den Pferden. Pferde bäumen auf und brechen verendend zusammen. Schwertergeklirr, Hiebe der Schlachtbeile, Brüllen der Kämpfenden, Wiehern der verwirrten Pferde! Wieder ein Kommandoruf, diesmal aus den Reihen der Reiter. Schnell reißen sie ihre Pferde hoch, ein Hieb mit den Fersen in die Flanken, und in sausendem Galopp verlassen die Überlebenden den Kampfplatz. Bleich naht der Morgen. Den Verwundeten werden Verbände angelegt, die Gefangenen gefesselt. Dann betten die Unverwundeten ihre Toten feierlich auf deren Schilde und kehren mit ihnen erschöpft vom Kampf in das Dorf zurück. Auf der Walstatt aber, dem Kampfplatz, bleiben die toten Feinde, die gefallenen geschirrten Pferde und die erbeuteten Waffen der Gegner als „Walopfer" liegen: sie dienen als Weihegabe für die Götter, die den Sieg schenkten. Das ständig wachsende Moor bedeckt die Walopferfunde und erhält sie so der Nachwelt. Der Rache zum Opfer gefallen Oftmals ist das Moor auch die Statte grausiger Verbrechen gewesen, die erst in unserer Zeit durch einen Zufall ans Licht der Sonne gekommen sind. Vor 17.00 Jahren mag es gewesen sein — da wanderte ein kaum Zehnjähriger über das im Oldenburgischen gelegene Moor von Kayhausen. Das Moor war noch nasser als heute, da es durch Ent* Wässerung zum größten Teil trockengelegt und zu fruchtbarem Ackerland geworden ist. Kam der Junge vom Besudi bei seinen Großeltern? Hatte er für Vater oder Mutter einen Weg zu besorgen: Niemand weiß es. Nur dies können wir sagen, daß es kalt war, denn der Knabe trug seine Pelzkleidung. Und ein weiteres ist mit einiger Sicherheit zu sagen, daß es damals sehr einsam auf dem 17
Moor war, denn sonst hätte die Untat, der der Knabe zum Opfer fiel, nicht unbeobachtet bleiben können. Die Umstände, unter denen man nach mehr als eineinhalb Jahrtausenden den Toten ausgegraben hat, lassen den Vorgang, der sich in der Einsamkeit des Sumpfes abspielte, fast mit Gewißheit wiedererkennen. Der Knabe sah sich plötzlich von einem Manne verfolgt, der ihn einholte und niederwarf. Den Grund vermögen wir aus dem Fund nicht zu erfahren. Es ist möglich, daß es sich um einen Menschen handelte, der, wegen seines Lebenswandels für friedlos erklärt, aus seinem Stamme ausgestoßen worden war und sich rächen wollte. Als der Mann auf den Wehrlosen eindrang, hielt der Knabe den linken Arm schützend vor das Gesicht. Aber der Täter kümmerte sich nicht um das Wehklagen und stieß zu, fesselte sein Opfer mit dessen Pelzkragen, schleppte es zu einem Wasserloch im Moor und druckte den Körper des Bewußtlosen mit seinem Sprungstock oder Speer so tief hinab, daß er sich im filzigen Moor des Kolkes verfing. Vergeblich warteten die Eltern auf ihren Buhen. Er blieb versehollen. Nichts deutet darauf hin, ob sie den Sachverhalt ahnten, oh sie den Verbrecher der gerechten Strafe zuführen konnten. Als der Knabe im Juli 1922 von einem Torfarbeiter aus dem Moortorf ausgegraben wurde und man ahnte, welchem Schicksal der Zehnjährige etwa um das Jahr 200 n. Chr. zum Opfer gefallen war, beschäftigte der Tote lange Zeit die Gemüter. Ständig war das einsame Moorgrab von Menschen umstanden, die den Fortgang der Ausgrabung verfolgten. Der Knabe war gut erhalten. Von seiner Kleidung fand man die Beste des Pelzkragens, der aus Kalbfell gearbeitet war und bis über die Schultern herüberreichte. Im Halsausschnitt sah man noch die Ösen, durch die eine Lederschnur zum Festschnüren des Pelzes gezogen war. Die Kleidung, soweit sie noch vorhanden war, mag aus einem Kittel von sackleinenartigem Gewebe bestanden haben; der Kittel schien „auf Taille" gearbeitet gewesen zu sein. Ein noch gröberer Stoff war wohl der Rest der Hose, er trug noch die Flicken, die einst von der Germanenmutter aufgenäht worden waren. Am Körper selbst sah man deutlich die Wunden, die der Verfolger dem Knaben beigebracht hatte. Nur wenige Kilometer von dieser Stelle entfernt, ereignete sich etwa 1500 Jahre später eine weitere Untat- Das Geschehnis brauchen wir nicht erst aus den Fundumständen zu rekonstruieren, da der Bericht über das Verbrechen erhalten ist. Es heißt darin: Bald nach dem Jahr 1700 „ist ein Kaufmann abends bei einer Wirtschaft in 18
Westerscheps eingekehrt, um nach kurzem Aufenthalt weiter nach Altenoythe-Friesoythe zu reiten. Der Wirt hat dem Fremden, der viel Geld bei sich geführt den Rat gegeben, zu bleiben. Dieser hat aber weiter wollen und gebeten, man möge ihm einen zuverlässigen Führer mitgeben. Dem Führer haben sich draußen zwei Männer zugesellt, die den Kaufmann auf falschem Weg tief ins Moor hineingeführt, dort getötet, die Barschaft an sich genommen und Roß und Reiter in eine- Moorkuhle versenkt haben. Die drei Mörder sind eines unnatürlichen Todes gestorben." Soweit der alte Bericht. Auch in diesem Falle gab das Moor nach vielen Jahren sein Geheimnis preis. Etwa 150 Jahre nach der Tat kamen am Tatort die Reste des Reiters und des Pferdes zutage. Ein Kinderschicksal erfüllt sich
Ein anderes Kinderschicksal erfüllte und offenbarte sich im Moor von Rost bei Kiel. Als im Juni 1926 ein Torfstecher ein sorgfältig bereitetes Grab im Moorgrunde aufdeckte, zeigte sich ihm ein anscheinend friedlich schlummerndes Kind, das die Fäustchen geballt hielt. Sorgsam war ein Tuch über den kleinen Leichnam gebreitet, so, als ob eine Mutter ihren Liebling zum Schlaf gebettet hätte. So könnte vor vielen Jahrhunderten die Bestattung dieses Kindes vor sich gegangen sein: Dort, wo das helle Bächlein sich mit dem träger dahinfließenden goldbraunen Moorbach vereint und eine Furt bildet, steht ein dicker Hecht. In seiner Nähe quakt dumpf ein aufgeblasener Moorfrosch. Wohl vier Steinwurf weit entfernt lauert ein Reiher auf Beute. In den Lüften schwebt kreisend fern ein Habichtpaar. Die Kreise verengern sich, ein Zeichen, daß auf dem Moor Menschen daherkommen. Schon sind die Schritte zu hören. Plötzlich verstummt der Moorfrosch und stürzt sich ins Wasser. Der Hecht ist wie ein Blitz davon. Der Reiher steigt auf. Vorsichtige Schritte sind es, die sich nähern. Denn das Moor ist feind dem, der es nicht kennt. Das tückische Gelände zwingt zur Wachsamkeit jeden, der es als Landfremder betritt. Und landfremd sind die beiden Menschen, Mann und Frau, die sich durch Heidekraut und Disteln einen Weg suchen. Ermattet von langer Wanderung ist ihr Schritt. Vorsichtig späht der Mann nach allen Seiten, er weiß nicht, ob er drüben bei den Menschen am Rande des Moores Gastfreundschaft finden wird für sich, seine Frau und sein Kind. Müde lehnt der Blondkopf des kranken Kindes an der Schulter des Vaters. 19
Die Augen sind geschlossen, schlaff hängen die Ärmchen aus dem sorgsam gesäumten Vierecktuch, das den Körper umhüllt. „Wasser" erflehen die fieberheißen Lippen. Die Frau zieht einen Lederbecher aus der umgehängten Tasche, schöpft ihn voll klares Wasser, aber das Kind ist zu schwach, um davon zu trinken. Die Augen sind matt, ein Fieberschauer durchrieselt den mageren Körper, der Kopf sinkt beiseite, der Atem geht stockend, der Tod hält Einkehr im Moor. Die Mutter drückt das Kind an sich und bedeckt sein Gesicht mit Tränen; aber kein Jammern weckt das entschlafene kleine Wesen aus seinem Todesschlummer. Sanft streichelt die rauhe Hand des Vaters über den Blondschopf, dann geht er erschüttert daran, mit dem Messer aus dem Heideland eine anderthalb Meter lange Grube zu heben, nimmt das Kind aus den Armen der Mutter und bettet es in die kühle, moorige Erde. Noch einmal schauen die Eltern auf das liebe Gesichtchen und auf die — wie stets im Schlaf — geballten Fäustchen. Sorgfältig deckt die Frau die kleine Decke über den Körper. Ebenso sorgfältig schichtet der Mann die ausgestochenen Soden zu einem kleinen Hügel. — Das kaum dreijährige Kind ist zur letzten Ruhe gebracht. Einsam ruht es hier unter mächtigem Königsfarn. Als Landfremden ist ihm der Friedhof des nächsten Dorfes verwehrt. Einsam wandern Vater und Mutter weiter über das Moor. Das Wasser der Bache murmelt und plätschert über die blanken Kiesel. Kräftige FarnbÜsche und zartgefiederte Schachtelhalme spiegeln sich in dem klaren Wasser, durch das Ellritzen dahinhuschen. Um das Grab gaukeln weiße und bunte Schmetterlinge — bis man es in unsern Tagen wiederentdeckt. Wikingerschiff und Prachtmantel Nicht nur von Schicksalen berichtet das Moor. Ergiebig sind die Funde für die Wissenschaft auch wegen der Beigaben, Gerate, Waffen, Bekleidung, die bei den Toten oder in ihrer Nähe freigelegt werden konnten. Sie ergänzen wegen ihres meist guten Erhaltungszustandes, was die Vor- und Frühgeschichtler in den Wohnstätten, auf den Friedhöfen oder in Einzelgräbern entdeckt haben. Kostbar ist unter den aufgefundenen Kriegsgeräten vor allem das Wikingerboot, das im Jahre 1863 im Moor zu Nydam am Alsensund in Schleswig aus der Tiefe .gehoben werden konnte, ein seetüchtiges Schiff von 23 Meter Länge und 3 Meter Breite. 28 Ruderer hatten darin Platz. Es reicht wie mehrere andere ausgegrabene Schiffe und 20
Moorfunde: Kittel, Kurzhose und Schuh aus germanischer Zeit
Schiffsreste in die Zeit zurück, als ganze Flotten dieser Boote von den Küsten des Nordens aufbrachen, um die abenteuernden Normannen an die Ziele ihrer Landnahme- und Raubfahrten zu tragen. Mit 300 bis 400 Schiffen suchten sie, von See- und Heerkönigen befehligt, die Länder des westlichen und südlichen Europas heim und brandschatzten selbst die italischen Gestade in der Nähe von Rom. Mit 3000 Booten und 60 000 seiner Krieger zog der Angelsachse Wilhelm der Eroberer über das Nordmeer nach England, um die Normannenherrschaft über die Insel zu begründen. Die Planken des Schiffes von Nydam. das sich heute im Museum in Kiel befindet, waren durch Eisenhägel miteinander verbunden und mit Wolle abgedichtet. Das Gefüge des Schiffes, seine Schnelligkeit und Ausmaße 21
zeugten von dem hohen Stand des Handwerks bei den Germanen Nordeuropas. Daß die handwerkliche Fertigkeit nicht nur auf die Männer beschränkt war, sondern auch die Frauen auszeichnete, beweist vor allem die Webkunst, für die die Moore manche Musterstücke über die Zeiträume bis heute konserviert haben. Hier jedoch standen die Forscher lange Zeit vor einem Rätsel. Bei vielen Moortoten fand man zwar Kleidungsstücke, aber sie waren in Teile zerlegt, so als ob sie keinen Zusammenhalt gehabt hätten. Bei anderen war zwar der Riemen oder Gürtel erhalten, der einmal das Beinkleid eines Mannes gehalten haben mußte, aber die Hose und alle übrigen Bekleidungsstücke lagen nicht bei den Toten. Gewiß war anzunehmen, daß man zum Tode Verurteilte vor ihrer Versenkung ins Moor der Kleider beraubt hatte, aber sie fehlten manchmal auch bei Menschen, die durch ein Unglück in den Sumpf geraten und sicher nicht unbekleidet gewesen waren, als das Verhängnis sie erreichte. Einen Anhaltspunkt für die Lösung des Rätsels boten die auseinandergefallenen Kleidungsteile, bei denen manchmal die Nählöcher deutlich zu erkennen waren, die Nähfäden aber fehlten. Die Nähfäden mußten deshalb aus einem Material bestanden haben, das in den Mooren verging. Welches Nähgarn die Frauen der Germanen verwendet haben, wurde erst vor einigen Jahren nachgewiesen. Professor von Stokar stellte bei chemischen und mikroskopischen Untersuchungen von erhaltenen Wollkleidungsstücken fest, daß zwischen den Wollfäden noch winzige Spuren von Leinenfäden zu erkennen waten. Leinen war also im Moor nicht so widerstandsfähig wie Wolle. Mit Leinenzwirn waren einmal die Kleidungsstücke zusammengenäht worden, die man ohne die Nähfäden fand; mit Hosen und Jacken aus Leinengewebe aber waren die Moortoten bekleidet gewesen, die mit Sicherheit nicht ohne Kleidung den Tod gefunden hatten, bei denen aber kein Gewandstück mehr gefunden werden konnte. Über den Schnitt dieser vergangenen Leinenbekleidung läßt sich nicht viel sagen. Vielleicht waren es nur kurze Kniehosen, ähnlich gearbeitet wie die entsprechenden Stücke aus Wollgewebe, die man kennt. Vielleicht waren es knöchellange Hosen, die „braca", wie sie sich auf römischen Siegessäulen abgebildet finden. Die erhaltene Wollkleidung, — oft sauber geflickt, aber durch die lange Lagerung im Moor unscheinbar geworden — verrät die außerordentliche Webkunst der Jahrhunderte um Christi Geburt. Soweit 22
es noch feststellbar ist, trugen die Frauen über der nicht erhaltenen Leinenunterldeidung und dem knöchellangen — durch römische Darstellungen bezeugten — Wollrock einen hüftlangen Hänger mit Halbärmeln. Die Männer bekleideten sich mit einem ähnlich gearbeiteten Kittel, dazu der kurzen oder längeren Hose. Ein großes, rechteckiges Tuch, am Hals mit einer Spange zusammengehalten, diente als Mantel. Mähtelfunde sind in den Mooren nicht selten. Vor allem kostbar ist der „Prachtmantel vom Thorsbergmoor", der 1859 durch den Leiter des Flensburger Museums, G. Engelhardt, geborgen wurde; obwohl er nur in Teilen erhalten blieb, ist er ein besonders gutes Beispiel für die meisterhafte Webtechnik von einst. Es war ein Umschlagmantel, ein Kleidungsstück von ungewöhnlicher Schönheit und technischer Vollkommenheit. Die Kettfäden — die senkrecht verlaufenden Grundfäden des Gewebes — und die Schußfäden — die waagerecht verlaufenden Füllfäden — sind leuchtend hell- bzw. dunkelblau und elfenbeinfarbig in abgewogenem Wechsel. Es wechseln waagerecht von links nach rechts; 38 Fäden hellblau, 6 Fäden dunkelblau, 6 hellblau, 40 dunkelblau, 40 hellblau, 6 dunkelblau, 6 hellblau, 40 dunkelblau; 121 „Brettchen" elfenbeinfarben, 5 hellblau, 24 elfenbeinfarben, 30 dunkelblau. 182 Schußfäden zeigen die gleichen Farbenfolge; dann schließen sich 69 elfenbeinfarbene Brettchen an, 5 hellblaue, 16 elfenbeinfarbige, 5 hellblaue, 20 elfenbeinfarbene, 27 dunkelblaue. Der Prachtmantel ist aus reiner Schafwolle gewebt, deren Haare länger und glatter sind als einst in der Bronzezeit; die Germanen hatten inzwischen gelernt, ihre Schafe bewußt auf Wolle zu züchten. Aus dem sorgfältig zubereiteten Wollvlies wurden mit einem Eisenkamm die langen und glatten Haare als Spinngut ausgesondert. Beim Spinnen mit der Handspindel änderte die Spinnerin bei den Kett- und Schußfäden die Richtung. Dadurch wurde bei der Verarbeitung ein Aufrollen der Gewebeecken und Gewebekanten vermieden. Die Herstellung des Mantels selbst war äußerst kunstvoll; viel kunstreicher, als heutzutage die Gewebe hergestellt werden. Die Weberin webte zuerst ein schmales, langes Band und ließ die senkrechten Kettfäden zweieinhalb Meter frei herabhängen. Dann wurde das Band am oberen Tuchbaum eines senkrecht stehenden Webstuhles festgeknüpft. Die herabhängenden Enden der Kettfäden band die Weberin um längliche Steine, so daß, nach den Farben verschieden, vier Fädengruppen entstanden. Jeder Faden der einzelnen Gruppen wurde mit einem Fädchen an einen von vier waagerechten Stäben, die „Litzenstäbe", befestigt. Durch Vorziehen eines oder zweier dieser Stäbe konnten die „Gruppen" leicht aus der Reihe der 23
straff hängenden Fäden nach vorn gezogen werden. Die Weberin nahm jetzt ein flaches Holzschwert, auf ,das sie die quer zu ziehenden Schußfäden aufgewickelt hatte, zog Stab 1 und Stab 2 nach vorn und führte den Schußfaden hinter den vorgezogenen Kettfäden — vor den anderen herabhängenden Fäden — von links nach rechts durch. Bevor sie den Schußfaden nach links zurückführte, ließ er die Fäden des Stabes 1 zurückschnellen und zog zum Stab 2 den Stab 3 vor. So ging es im ständigen Wechsel; immer wurden zwei Stäbe nach vorn gezogen, so daß regelmäßig zwei nebeneinander liegende Kettfäden über und die beiden Nachbarfäden unter den Schußfaden zu liegen kamen. Es entstand ein schräg von rechts oben nach links unten verlaufendes Grätenmuster.
Germane in voller Kleidung (nach einer römischen Bronzefigur) Rechts: Germanische Knöchelhose mit langem Brustteil
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Zur vollen Wirkung kam aber das Gewebe erst durch die Stoffteile, die innig mit dem Grundgewebe — alles in einem Arbeitsgang — vereint wurden. Durch das „Brettchenweben" entstanden eng verflochtene, gedrehte Schnüre, die dem gesamten Gewehe eine reiche Fadenführungsmusterung und eine aparte Farbenwirkung gaben. Das jeweils fertige Webstück konnte oben auf dem Tuchbaum aufgewickelt werden. An den gewebten Mantel wurden längs der rechten Kante Fransen angeknüpft; unten ließ man die Enden der Kettfäden als Fransen offen herabhängen. Das Gesamtbild des Prachtmantels, so wie es Museumsdirektor Schlabow aus den erhaltenen Fetzen mühsam rekonstruiert hat, ist von überraschender Wirkung: Die Mitte des Tuches zeigt einen feinen Wollstoff in einem blauen Grätenmuster. Die obere und linke Seitenkante von einem Zentimeter Breite geben in der hellen Farbe und der festen Webart dem loseren Tuchstück eine angenehm wirkende Einfassung. Die rechte Seitenkante und die untere Abschlußkante sind in der Farbabstufung und mit den angeflochtenen Fransen nicht nur Einfassung, sondern zugleich reich gearbeitete Zierkanten geworden. Der Meister-Webstuhl Museumsdirektor Schlabow hatte sich viele Gedanken machen müssen, bis er hinter das Rätsel des Webstuhls kam, auf dem der Mantel vom Thorsbergmoor gewebt worden war. Es gab keinen Wehstuhl aus der Zeit vor dem ausgehenden Mittelalter, weder in Deutschland, noch sonstwo in der Welt. Schlabow prüfte deshalb die verschiedenen, im Spätmittelalter gebräuchlich gewesenen Webstuhlarten auf ihre Eignung, studierte die vormittelalterlichen Bilddarstellungen von Webstühlen und kam durch langjährige Versuche zu dem Ergebnis, daß ein liegender Trittwehstuhl nicht benutzt worden sein kann. Die fleißigen und kunstfertigen Weberinnen der Germanenzeit mußten an einem senkrecht stehenden „GewichtswebPtukl" gearbeitet haben, einem Webrahmen, an dessen oberem Querholz, dem Tuchbaum, die Kettfäden hingen, die mit dem unteren Ende zur Straffung um längliche Steine gebunden waren. Man kannte Abbildungen solcher Hausgeräte in altgriechischen Vasenmalereien des 4. und 5. vorchristlichen Jahrhunderts; es gab auch primitive Volker der Neuzeit, die senkrechte Webstühle verwendeten. Doch all diese Webstuhlarten erklärten nicht die äußerst schwierigen „Brettchenkanten", bei denen die Fäden elastisch angebracht waren. Erst nach langen Versuchen gelang die Rekonstruk25
tion, und es erwies sich, daß der Webstuhl, auf dem der Prunkmantel hergestellt worden war, viel kunstvoller gewesen sein mußte, als alle bekannten Webstühle vor der Erfindung der modernen Webmaschinen (vgl. die Abbildung Seite 28). So wurde dieser Mantel, den das Moor fast zwei Jahrtausende lang, wenigstens in Teilen, wie eine Schatztruhe für die Nachwelt aufbewahrt hatte, nicht nur zum Zeugen für das technische Können und die Erfindungsgabe längst vergangener Geschlechter, sondern auch für ihr Schmuck- und Farbempfinden und ihr ausgewogenes Formgefühl. Kaum weniger ausgereift war die Kürschnerkunst, die in der Leder- und Pelzbekleidung zum Ausdruck kam. Sorgfältig wurden in schönem Kerbschnitt die aus einem gegerbten Stück Leder gearbeiteten „Bundschuhe" verziert, die das Moor hergab. Die Pelzkleidung bestand meist aus einem halblangen Umhang. Er wurde entweder mit der Haarseite nach innen oder nach außen getragen. Großer Wert wurde auf die Farbwirkung und die Haarstrichführung der aus Kalb- oder Pferdefell gearbeiteten kurzhaarigen Pelze gelegt. Für die Umhange schnitt man die Felle zu keilförmigen Bahnen oder zu etwa 20mal 15 Zentimeter großen Rechtecken, die man in der Haarstricliführung schachbrettartig aneinandernahte. So beweist auch die aus den Mooren geborgene Kleidung den gehobenen Kulturstaud der Germanenstämme in der Zeit, bevor sie in engere Beziehung zu den Kulturvölkern des Mittelmeerraumes der Antike traten und im Austausch mit ihnen neue Fertigkeiten und Arbeitsverfahren erlernten. Der „Speisezettel" Dar Gewinn, den man im Laufe des letzten Jahrhunderts aus der sorgsamen und meist sehr mühevollen Untersuchung der Moorfunde gezogen hat, ist so in vieler Hinsicht ertragreich gewesen. Sie ergänzten oder bestätigten, was uns schriftliche Geschichtsquellen bereits berichtet haben, sie ließen uns Einblick in Lebens-, Kulturund Rechtszustände gewinnen, aus denen uns sonst keine oder nur unzulängliche Geschichtszeugnisse überliefert waren, sie erzählten von Einzelschicksalen und Geschehnissen, die sich in weitentlegener Zeit im einsamen Moor zugetragen haben, und rührten an unser Herz. Besonders reich ist das Ergebnis dieses Zweiges der Geßchichtswissenchaft für die Volkskunde, die Entwicklung der handwerklichen Technik und die Kenntnis von Hausgerät, Waffen, 26
Sehiffswesen und Kleidung uralter Volksstämme, die einst den Norden Europas besiedelten, wie sie lebten, arbeiteten, was sie anbauten und — welche Nahrung sie zu sich nahmen. Ja, auch über den Speisezettel der Frühbewohner unserer Heimat haben die Moorfunde einiges verraten. Es ist indes immer nur ein Zufall, wenn Moortote über die vielen Jahrhunderte hinweg so gut erhalten sind, daß heutzutage noch der Magen- und Darminhalt einwandfrei untersucht werden kann. Zudem ist das Verfahren, Speisereste von vor- und frühgeschichtlichen Menschen zu untersuchen, noch gar nicht sehr alt und die Konservierung der Körper sehr teuer. Bisher gelang die Untersuchung nur in zwei Fällen, in denen sich noch Reste der genossenen Pflanzennahrung vorfanden. Einer der Männer, dem die Probe entnommen war, hatte kurz vor seinem Tod Brot von sehr grobem Gerstenmehl gegessen. Auch Brei hatte er zu sich genommen, Brei von deutscher Hirse, die aber nicht gut geschält war, da Spelzen mitgefunden wurden. Dann fanden sich noch einige Zellreste, die von den Samen einer Hülsenfrucht herrührten; doch gelang es nicht, die Pflanze genau zu bestimmen. Vielleicht waren es Erbsen oder Wicken. Der Mann hatte also als letzte Mahlzeit vor seinem Tod Brot mit einem Brei von Hirse und Hülsenfrüchten erhalten. Audi über Fleisch- und Fischnahrung, die bei den Viehzudit, Jagd und Fischerei betreibenden Stämmen gewiß neben Milch und Milchprodukten eine große Rolle gespielt hat, erhofft man bei künftigen Untersuchungen einiges zu erfahren. Doch geben die römischen Schriftsteller und die frühen Diditungen der Germanen über Speise und Getränke verhältnismäßig gute Auskunft, so daß die Moorforschung nur einen ergänzenden, wenn auch wertvollen Beitrag erbringen kann. Aus Sdiriftzeugnissen und Hausratfunden weiß man, daß das Getreide zu Brot uud Brei zwischen zwei Steinen oder in der schweren Handmühle gemahlen und oft vor dem Mahlen geröstet wurde. Man backte das Brot auf heißen Steinen unter glühender Asche, und es hielt sidi bei dieser Backart längere Zeit. Das Fleisch wurde am Spieß gebraten, gekocht oder, besonders für Wander- und Kriegszeiten und für die Monate der langen und harten Winterzeit, ge-' dörrt oder geräuchert. Der Tollund-Mann Selbst wo die Menschen, die aus den schweigenden Mooren auferstehen, dem Forschenden keine Einsichten in das Volkstum und die Bräuche unserer Vorfahren bieten, sind sie doch oft wie 27
Auf einem solchen (rekonstruierten) Webstuhl wurde der Prachtmantel von Thorsberg gewebt. B: Der Tuchbaum, auf den das bereits gewebte Stück aufgerollt wurde. Die senkrecht herabhängenden, durch Steine gestrafften Fäden sind die Kotifäden, die waagerechten Fäden die Schußfäden. Durch die „Litzenstäbe" DI bis D IV können Fädengruppen vorgezogen werden, da jeder Kettfaden in wechselnder Folge an je einem Litzenstab festgebunden ist. J: Spule mit Schußfaden. K: „Brettchen"-Webvorrichtung. A: Webstuhlpfosten mit Fuß. C: Kurbelwelle. F: Kettenordner. G: Fadengewichte. H: Stabstützen.
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Bildnisse, die uns das Aussehen, die Körpergestalt, Größe und Haartracht lebensvoll wiedergeben. Keines Menschen Antlitz ist über Jahrtausende bis auf unsere Tage so unangetastet erhaltengeblieben wie das Antlitz jenes Mannes, den Torfarbeiter vor einiger Zeit im Moorgrund des Doifes Tollund in Süddänemark freigelegt haben. Der Dane Palle Lauring, der den zweitausendjährigen Toten untersucht hat, gibt uns ein anschauliches Bild von diesem erstaunlichen Menschenantlitz, an dessen Wirklichkeitsnähe kein Mumienkopf und keine Goldmaske aus den Pharaonengrähern heranreicht (vgl. das Umschlagbild). „Das Gesicht des Tollund-Mannes", schreibt Lauring in seinem Bericht in der ,Dänischen Rundschau', „ist so gut erhalten, daß man ihn buchstäblich kennenlernt. Ein nicht besonders großes, ziemlich schmales Gesicht; ein Typ, dem man in derselben Gegend noch heute begegnen kann. Die Nase ist stark und gut gesetzt, ein wenig schief vom Druck des Torfes; aber das ist auch das einzige, was verändert ist. Die Eurchen der schonen Stirn sind ruhig. Das Spiel um die geschlossenen Augen ist unberührt bewahrt, mit jeder einzigen kleinen, launigen Runzel. Der Mund ist geschlossen, die Lippen sind kräftig und fein gezeichnet, und ein unzerstörter Zug besonnener Sicherheit liegt auf den Mundwinkeln. Es ist das Gesicht eines schlafenden Mannes, eines Mannes, der soeben die Augen geschlossen hat und einen Moment schlummert. Die milde, unerschütterliche Ruhe eines Bauernaristokraten. Sklave war dieser Mann kaum. Und wir glauben nicht an seinen Tod. Noch steckt lebendiges Menschsein hinter dem warmen, feinen Humor des Gesichts. Nach einem Weilchen wird er aufwachen. Er hat nur geschlafen. Zweitausend Jahre lang . . . Mag der geschichtliche Hintergrund sein, wie er wolle, selten sah man ein so ruhiges und sicheres Antlitz eines Toten. Es ist ein so vornehmes, seelenvolles Gesidit, daß man unter römischen Porträtbüsten und unter den besten Porträts der Renaissance lange nach einem so menschlichen, so lebendigen und so gegenwartsnahen Gesicht suchen wird/" Dieser Tote beschäftigt die Wissenschaft, seitdem er aufgefunden worden ist. Manche vermuten, daß es ein Stammesführer war, der sich in einem Augenblick höchster Not der Gemeinschaft seines Volkes hingab und sich den Göttern opfern ließ, „weil es seine Pflicht war, alles für sein Volk zu tun". Aber die Altertumsforscher geben sich mit dieser Deutung nicht zufrieden. Berichte aus alten Zeiten werden durchsucht, um in den schriftlichen Quellen vielleicht einen Hinweis zu finden, der über das Todesschicksal des Tollund-Mannes Aufschluß geben konnte. 29
Archive der Forschung Wieder ist es ein Tag im hoben Frühling, und wieder befinde ich mich im Moor. Ich stehe genau an der gleichen Stelle bei den mächtigen dickbemoosten Steinblöcken wie vor fünf Jahren, als ich dem prächtigen Birkhahn, dem herrlichsten aller in Deutschland lebenden Wildvögel, auf dem Bauche kriechend nachschlich. Mich trieb es aus der von Lärm erfüllten Stadt in die geliebte Einsamkeit des Moores. Ich sehe noch die Birken, Buchen und Föhren vor mir — —• jetzt suchen meine Augen sie vergebens. Ich habe noch von damals das lustige Plätschern und Murmeln des klaren, bräunlichen Moorwassers und das Jauchzen, Balzen und Piepsen der Moorvögel im Ohr — — heute halte ich vergeblich Ausschau nach einem Kiebitz, einem Brachvogel oder einem Kranich. Sie sind verschwunden; dahin wie das Moor, in dem sie lebten. Jetzt schilpen Spatzen hier, die man noch vor fünf Jahren vergeblich an diesen mächtigen Steinblöcken gesucht hätte. Autos rasen mit anschwellendem und verwehendem Kauschen dahin, wo sich noch vor wenigen Jahren ganz selten einmal ein mit schwarzbunten Kühen bespannter Wagen mühselig durch den Morast dahinschleppte. So weit mein Blick reicht, dehnen sich weite bestellte Felder; die einzige Abwechslung bietet das breite, in der aufsteigenden Sonne glitzernde Band der Autobahn. Die Technik, die Moorkultivierung, der Fortschritt haben gesiegt; das Moor aber ist tot. Vernichtet ist das Idyll. Der Zersetzung und Zerstörung in dem entwässerten Moor anheimgegeben sind nun all die noch unbekannten, einmaligen, für die Forschung so wichtigen Schätze, die dieses Moor barg. Sie sind unrettbar verloren. Aber noch breiten sich im Norden, Westen und Osten Deutschlands, vor allem aber im Süden, im Voralpenland, weite Moorlandscliaften aus, die vorerst als „letzte Oasen der Wildnis", als letzte Urlandschaften inmitten unseres kultivierten Lebensraumes noch nicht zu Wirtschafts- und Siedlungsflächen geworden sind. Nicht nur die Wissenschaft, sondern auch die Verantwortlichen für den Landschafts- und Naturschutz treten für ihre Erhaltung ein. Die Entwässerung von Mooren besonders in oder vor den Gebirgen erweist sich nicht in jedem Falle als Fortschritt. Man muß in den Zeiten der Schneeschmelze oder langdauernder Niederschläge einmal beobachten, wie sich die Moore verwandeln. Die grünen und braunen Flächen sind zu Seen geworden, in denen sich die Niederschläge und Schmelzwasser sammeln; aus diesen Hochwasserspeichern fließen die Wassermassen nur allmählich ab zum Nutzen 30
der Anlieger, der Städte und Dörfer an den Unterläufen der Flüsse, die dank der speichernden Eigenschaften der Moore von plötzlichen Hochfluten verschont bleiben. Mehr und mehr haben sich die Moore auch als Klimaregler erwiesen, die auch in Trockenzeiten für eine ergiebige Tau- und Wolkenbildung sorgen und besonders im Frühjahr die Frostgefahren in der Umgebung fühlbar herabmindern. Manche Moore sind ungestörte Rastplätze für die Scharen der Zugvögel in der Zeit ihrer großen Nord- und Südwanderungen. Unübersehbar ist der Reichtum an seltenen Pflanzen und merkwürdigen Tieren, die das Moor beherbergt. In oberbayerischen Mooren haben sich Pflanzen aus der Eiszeit über Jahrtausende am Leben erhalten, und mit Recht hat man diese urtümlichsten Landstriche unserer Heimat „Archive der Pflanzengeschichle" genannt. Auch der junge Forschungszweig der „Pollenanalyse" spricht für die Erhaltung der Moorlandschaften, seitdem es gelungen ist, aus den feinen gelben Körnchen des Blütenstaubes, der sich in der Masse der Moorschichten findet, auf die Zusammensetzung und die geschichtliche Entwicklung der Pflanzenwelt in der Eis- und Nacheiszeit zu schließen. Hier berührt sich die Wissenschaft der Botanik und Biologie aufs engste mit dem Arbeitsgebiet der Vorgeschichtler; denn durch die „Pollenanalyse" konnte für manche vorgeschichtlichen Moorfunde das Alter der Bodenschichten ermittelt werden, aus denen diese Funde zum Vorschein gekommen sind. So sind die geheimnisumwitterten Moore, die lange Zeit die Menschen nur mit Angst und Grauen erfüllt haben, zu Stätten regsten Forschens geworden — Stätten, die uns soweit als möglich erhalten bleiben müssen; denn ihre letzten Rätsel sind nodi längst nicht gelöst.
Umschlaggestaltung: Karlheinz Dobsky, Bilder Seite 4, 9, 13: Prof. O. Kraus
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Das halbe Jahr liegt hinter uns Wieder sind seit Jahresbeginn 12 interessante „Lux-Lesebogen" aus den verschiedenen Wissensgebieten erschienen. N n wird es Zeit daran zu denken, wie die inhaltlich reichhaltigen Hefte am zweckmäßigsten aufbewahrt werden können. Am besten haben sich seit Jahren die schönen Lux-LesebogenKansetten bewährt. Sie lassen sich wie ein Buch in die Hausbiicherei einordnen. Nach dem Lesen werden die Hefte in der Kassette aufbewahrt, am Ende des Jahres ist sie mit 24 „LuxLesebogen" gefüllt. Die schmucke, karmesinrote Kassette ist zweiteilig, sie besteht aus einer Einsteckkassette und der Außenhülle mit der Goldfolie. Dieses Rückenschild trägt die Aufschrift „Lux-Lesebogen". Ganz nadi Belieben kann nun der Leser mit der mitgelieferten Zusatzfolie die Kassetten nach Jahrgängen oder nach Sachgebieten beschriften. Die Zusatzschilder sind für diesen Zweck mit folgenden Aufdrucken in Goldschrift versehen: Kunst und Dichtung, Geschichte, Völker und Länder, Tiere und Pflanzen, Physik und Technik, Sternenkunde. Größe der Kassette i 5 X n X 4 , 5 cm für 24 Lesebogen. Preis 1.20 DM einschließlich Versand Bezug durch jede Buchhand Iung oder unmittelbar vom Verlag Wird beim Verlag bestellt, Betrag auf PostscheckKonto München 73823 erbeten. VERL \G SEBASTIAN LUX MURNAU MÜNCHEN • INNSBRUCK ÖLTEN
Das umfassende Nachschlagewerk
LUX HISTORISCHES LEXIKON Von der Vorzeit bis zur Gegenwart In Tausenden von Kapiteln wird in diesem Lexikon berichtet, wie es einst gewesen und wie es geworden ist: das Hervortreten der Völker aus dem Dunkel der Vorzeit, das Werden und Vergehen von Reichs-und Staatsgebilden, die Entdeckung einstmals unbekannter Räume, die Wandlung im Bild der bewohnten Welt, das Wachsen der sozialen Gemeinschaften und ihr Erwachen zum Selbstbewußtsein. Neben der politischen Geschichte sind der allgemeinen Kulturgeschichte und der Entwicklung der Zivilisation viele Abschnitte gewidmet: von den ersten erstaunlichen Kulturleistungen der Eiszeitmenschen bis in das Jahrhundert des Films, Rundfunks und der Atomphysik? der Leser findet Abrisse aus der Geschichte des Straßenverkehrs, der Eisenbahnen, des Schiffs- und Luftverkehrs, Übersichten über die Geschichte des Geld- und Wirtschaftslebens und der sozialen Bewegungen von der Antike bis heute. Von den Kulturkräften sind einbezogen die Religionen, die großen Menschheitsideen, die philosophischen Strömungen, Naturwissenschaft, Kunst und Dichtung, soweit sie geschiditsbildend gewirkt haben. Aus der Fülle der Gestalten und Tatsachen ergibt sich dem Nachschlagenden durch das Hin und Her der verknüpfenden Fäden ein Gesamtbild der vergangenen Zeiten.
* „EinNachschlagewerk von Rang, das keinen Benutzer enttäuschen dürfte." „Das Parlament' 1954 680 Seiten. 1348 Spalten. 500 Abbildungen Format 11,7x19 cm. Lux-Luxuseinband DM 18.50 Durch alle Buchhandlungen zu beziehen Prospekte kostenlos
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