Dagmar Abfalter Das Unmessbare messen?
VS RESEARCH
Dagmar Abfalter
Das Unmessbare messen? Die Konstruktion von Erf...
296 downloads
1747 Views
4MB Size
Report
This content was uploaded by our users and we assume good faith they have the permission to share this book. If you own the copyright to this book and it is wrongfully on our website, we offer a simple DMCA procedure to remove your content from our site. Start by pressing the button below!
Report copyright / DMCA form
Dagmar Abfalter Das Unmessbare messen?
VS RESEARCH
Dagmar Abfalter
Das Unmessbare messen? Die Konstruktion von Erfolg im Musiktheater
Mit einem Geleitwort von Prof. Dr. Hans H. Hinterhuber und Prof. Dr. Peter Tschmuck
VS RESEARCH
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
Dissertation Universität Innsbruck, 2008
1. Auflage 2010 Alle Rechte vorbehalten © VS Verlag für Sozialwissenschaften | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2010 Lektorat: Dorothee Koch | Britta Göhrisch-Radmacher VS Verlag für Sozialwissenschaften ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media. www.vs-verlag.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: KünkelLopka Medienentwicklung, Heidelberg Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN 978-3-531-17231-6
Geleitwort
Die Wiener Staatsoper kann bei vielen ihreU Produktionen mit einer Auslastung von über 903UR]HQWrechnen. Das wird nicht nur vom bald scheidenden Langzeit-Direktor immer wieder als Erfolg bezeichnet, sondern auch von der Kulturpolitik und der Öffentlichkeit so gesehen. Andere Häuser müssen sich im Vergleich dazu mit weniger zufrieden geben. Sind sie deswegen weniger erfolgreich? Die zuständigen IntendantInnen würden eine solche Einschätzung brüsk von sich weisen und auf die positive Besucherresonanz oder Kritiken verweisen. Andere wiederum sehen in der Zufriedenheit der Mitarbeiter, vor allem des künstlerischen Personals einen wichtigen Erfolgsfaktor und freuen sich, wenn renommierte SängerInnen trotz bescheidener Gage aufzutreten bereit sind. Und so kann man viele weitere Kriterien nennen, die als Erfolgsfaktoren für das Musiktheater ausgewiesen werden. Man sieht schon an diesem kleinen Beispiel, dass der Erfolg viele Mütter und Väter hat, oder wissenschaftlich ausgedrückt komplex ist. Es gehört daher sehr viel Mut und Tatkraft dazu, sich mit der Frage des Erfolgs im Musiktheater in einer Doktorarbeit auseinander zu setzen und daran nicht zu scheitern. Ganz im Gegenteil, Frau Abfalter ist es mit ihrer Bahn brechenden Arbeit gelungen, ein Forschungskonzept zu entwickeln, in dem es nicht nur um die Erfassung quantifizierbarer Erfolgstatbestände geht, sondern in dem auch qualitative Aspekte im SinnH der Erfolgswahrnehmung eine bedeutende Rolle spielen. Sie stellt das hochkomplexe Konstrukt der Erfolgswahrnehmung als Instrument der strategischen Unternehmensführung in den Vordergrund. In vielen Berufen sind Menschen intrinsisch motiviert und werden durch gute Leistungen zu noch besseren Leistungen angespornt. In den Theatern abseits der großen Opernhäuser stehen jungen KünstlerInnen weder hohe Gagen noch sichere Arbeitsverhältnisse, keine opulenten Produktionen oder große Vermarktungsmaschinerien offen. „Nichts motiviert mehr, als Erfolg“ steht demnach als Motto über der Arbeit. Nach einem profunden Überblick über die theoretischen Grundlagen und praktischen Rahmenbedingungen des Musiktheatermanagements wendet Frau Abfalter die Konzepte Erfolg und Erfolgsmessung auf den auf den Kulturbetrieb an. Die besondere Herausforderung der Arbeit bestand in der Entwicklung eines Erfolgsmodells aus Sicht der Beschäftigten im Musiktheaterbetrieb. Ein aus der wissenschaftlichen Literatur und den vorhergehenden Überlegungen entwickeltes Modell wird mit einem quantitativen Forschungsdesign getestet. Im Rahmen einer
6
Geleitwort
Methodentriangulation werden jedoch auch mit Hilfe von qualitativen Daten die Ergebnisse erweitert, getestet und teilweise relativiert. Dabei wird das Konzept Erfolg nicht wie zumeist eindimensional behandelt, sondern einer ganzheitlichen Betrachtungsweise unterzogen. Dadurch können auch die gemeinsamen organisationalen Werte und Zielsetzungen im Sinne von „organisational maps“ der Akteure dargestellt werden. Es wird eine Betrachtung gewählt, die nicht die Organisation, sondern die in ihr tätigen Menschen in den Mittelpunkt stellt. Zahlreiche ForscherInnen verweisen darauf, dass die Strategieforschung durch ihren Fokus auf die Makroebene von Unternehmen und Märkten den Menschen aus den Augen verloren hätte. Die Annahme einer Multidimensionalität des Erfolgskonstruktes konnte durch beide Forschungsmethoden bestätigt werden. Von besonderem Interesse ist der hohe Stellenwert der künstlerischen Führung im Kulturtheaterbetrieb, sowohl was die Erfolgswahrnehmung als auch die motivatorische Wirkung derselben betrifft. Das Ziel der Arbeit, das Konstrukt „Erfolg“ im Musiktheater zu untersuchen und zu verstehen, Einflussfaktoren zu identifizieren und für die Führung im Kulturbetrieb greifbar zu machen, wurde also erreicht. Das Musiktheater mag als spezielle Organisationsform im Rahmen der Strategischen Unternehmensführung anmuten. Bei genauerer Betrachtung entdeckt man jedoch zahlreiche Charakteristika und Spezifika moderner Organisationen, vom Softwareentwicklungsbetrieb bis hin zu Krankenhäusern oder Universitäten: Der starke Fokus auf Aufgaben, deren Organisation mit Hilfe einer Projektstruktur ebenso wie das starke Expertentum der MitarbeiterInnen. So kann der gedankliche Ausflug in die Welt des Musiktheaters spannende Einblicke in das eigene Unternehmen liefern. Die Lektüre dieses Buches ist all jenen empfohlen, die Erfolg nicht nur in hohen Auslastungs- und Besucherzahlen sehen, sondern eine multiperspektivische Sichtweise zu einem schwer fassbaren Phänomen einnehmen wollen. Die Erkenntnisse dieses Buches befruchten die wissenschaftliche Reflexion von Erfolg in Kulturbetrieben genau so wie sie eine Anleitung für Verantwortliche im Kulturbereich sein können, um ihr Team erfolgsorientiert zu führen. Das ist mehr als man von einer wissenschaftlichen Arbeit überhaupt verlangen kann. In diesem Sinn wünschen wir dem Buch nicht nur viele Leser (quantitativer Aspekt), XQGGLHVHQ viele (LQ VLFKten und Erkenntnisse (qualitativer Aspekt), VRQGHUQ vor allem jenen Erfolg,GHU GHUAutorin zusteht und den sie sich wünscht. Hans H. Hinterhuber Institut für Strategisches Management, Marketing & Tourismus Leopold-Franzens Universität Innsbruck
Peter Tschmuck Institut für Kulturmanagement Universität für Musik und Darstellende Kunst, Wien
Inhaltsverzeichnis
Prolog..............................................................................................................................17 1
Einführung in die Problemstellung ........................................................................19 1.1 Ausgangssituation..............................................................................................20 1.2 Zielsetzung der Arbeit.......................................................................................23 1.3 Aufbau der Arbeit..............................................................................................24 1.4 Wissenschaftstheoretischer Zugang zum Erkenntnisobjekt........................26 1.4.1 Kritischer Rationalismus............................................................................26 1.4.2 Sozialer Konstruktivismus.........................................................................27 1.4.3 Phänomenologie als Lehre von Wahrnehmung und Erfahrungen ......30 1.4.4 Postmoderne................................................................................................32 1.5 Erkenntnistheoretische Grundlagen und Zugänge .......................................33 1.5.1 Ressourcen- und kompetenzenorientierter Ansatz ................................34 1.5.2 Stakeholderorientierter Ansatz..................................................................35 1.5.3 Erfolgsfaktorenforschung..........................................................................36 1.5.4 Kulturorganisationale Forschung .............................................................39 1.5.5 Sprech- und Musiktheater als Erkenntnisobjekt.....................................41 1.6 Triangulation von Perspektiven und Methoden............................................44
2
Thematische Grundlagen und Rahmenbedingungen.............................................47 2.1 Die Besonderheiten von Kulturgütern ...........................................................48 2.1.1 Kunst als öffentliches Gut.........................................................................49 2.1.2 Theorie der externen Effekte ....................................................................50 2.1.3 Kunst als meritorisches Gut......................................................................51 2.1.4 Einflüsse von Kunst auf die regionale Wirtschaft..................................52 2.1.5 Netzwerkeffekte..........................................................................................54 2.1.6 Angebot und Nachfrage.............................................................................54 2.1.7 Produktionsbedingungen von Erzeugnissen Darstellender Kunst ......55 2.1.8 Kostenstruktur der Darstellenden Künste ..............................................58 2.2 Das Kulturprodukt aus Management-Perspektive........................................62 2.2.1 Darstellende Kunst als Dienstleistung .....................................................62 2.2.2 Darstellende Kunst als hedonisches Gut.................................................63 2.2.3 Kunst als Erlebnis- und Vertrauensgut....................................................64 2.2.4 Individuelle Nutzendimensionen des Kulturprodukts ..........................65 2.2.5 KonsumentInnensouveränität durch Marken.........................................68 2.3 Das Theater als Kulturbetrieb..........................................................................68
8
Inhaltsverzeichnis
2.3.1 Kulturmanagement und Kulturbetriebslehre..........................................69 2.3.2 Management im Kulturbetrieb..................................................................70 2.3.3 Betriebliche Prozesse im Theater .............................................................72 2.4 Organisationale Kultur und Identität..............................................................73 2.5 Künstlerische Leitung im Musiktheater..........................................................80 2.5.1 Die Intendanz..............................................................................................80 2.5.2 Der/die DirigentIn als Schlüsselperson der Aufführung ......................82 2.5.3 Leadership im Musiktheater ......................................................................84 3 Das (Musik)-Theater ................................................................................................91 3.1 Zugänge zum Theaterbegriff ...........................................................................91 3.1.1 Theater als Gebäude...................................................................................92 3.1.2 Theater als künstlerische Tätigkeit............................................................92 3.1.3 Theater als Bereich der Ästhetik im Rahmen der Kunstform Theater93 3.1.4 Theater als Institution ................................................................................94 3.2 Das Musiktheater...............................................................................................96 3.2.1 Klassifikationen der Darstellenden Künste.............................................96 3.2.2 Geschichtliche Entwicklung des institutionalisierten Musiktheaters ...99 3.3 Stakeholder-Gruppen des Musiktheaters .......................................................99 3.3.1 Die MitarbeiterInnen............................................................................... 101 3.3.2 Das Publikum........................................................................................... 106 3.3.3 Geldgebende und fördernde Instanzen ................................................ 111 3.3.4 KritikerInnen............................................................................................ 117 3.3.5 Geteilte Lebenswelten durch Peers ....................................................... 124 4
Umwelt-Wirkungsgefüge des Musiktheaters...................................................... 127 4.1 Ökonomische Umweltbedingungen ............................................................ 127 4.1.1 Ökonomie der Oper................................................................................ 128 4.1.2 Opernorganisation zwischen „Repertoire“ und „Ensemble“............ 133 4.2 Politische und Uechtliche Umweltbedingungen......................................... 135 4.2.1 Kulturpolitische Zielsetzungen .............................................................. 135 4.2.2 Rechtsformen im Kulturbetrieb............................................................. 141 4.2.3 Kulturinstitutionen als Non-Profit-Organisationen............................ 143 4.2.4 Privatisierung von staatlichen Kulturinstitutionen.............................. 146 4.3 Sozio-kulturelle Umweltbedingungen.......................................................... 150 4.3.1 Kulturelles Kapital, Habitus und soziale Praktiken............................. 152 4.3.2 Gesellschaftliche Orientierungsmuster ................................................. 156 4.4 Technologische Umweltbedingungen.......................................................... 160
5
KünstlerInnen-Karrieren in den Darstellenden Künsten................................. 163 5.1 Künstlerische Dispositionen ......................................................................... 164 5.1.1 Talent und Begabung .............................................................................. 165 5.1.2 Der Glücksfaktor ..................................................................................... 167 5.2 Karrieren-Lebenserwartung und Beschäftigung......................................... 168
Inhaltsverzeichnis
9
5.2.1 5.2.2
Der künstlerische Arbeitsmarkt ............................................................. 169 Entlohnungsmodelle für KünstlerInnen in den Darstellenden .QVWHQ.................................................................................................... 178 5.2.3 Das Berufsbild OpernsängerIn im Wandel der Zeit........................... 181 5.2.4 Die Gender-Problematik im Bereich der Darstellenden Künste ...... 184 5.3 Das Erzielen kreativer Spitzenleistungen .................................................... 188 5.3.1 Motivationsfaktoren ................................................................................ 188 5.3.2 Flow-Erlebnisse und Spitzenleistungen................................................ 192 6
Erfolg und Erfolgsmessung ................................................................................. 197 6.1 Definitionen von Erfolg ................................................................................ 197 6.1.1 Economy - Efficiency - Effectiveness .................................................. 198 6.1.2 Das Konzept Erfolg in der Kultur ........................................................ 203 6.2 Probleme bei der Erfolgs-Bewertung im Kunst- und Kulturbereich ...... 205 6.2.1 Kennzahlen und Indikatoren ................................................................. 207 6.2.2 Die Erfolglosigkeit der Erfolgsfaktorenforschung.............................. 210 6.2.3 Notwendigkeit oder Unmöglichkeit quantitativer Bewertungen im Musiktheater............................................................................................. 214 6.2.4 Referenzsysteme des Erfolges................................................................ 215 6.2.5 Unterschiedliche Wertetreiber für Stakeholdergruppen ..................... 217 6.2.6 Die Schwierigkeit der wertfreien Betrachtung von Kunst und .XOWXU........................................................................................................ 218 6.3 Ziele im Musiktheater .................................................................................... 219 6.3.1 Messbare Ziele in kulturellen Non-Profit-Organisationen................. 220 6.3.2 Einflussfaktoren auf Ziele ...................................................................... 226 6.3.3 Spannungsfelder durch Zielambiguität ................................................. 226 6.4 Prozesse der Zielvereinbarung und Erfolgsmessung im Non-ProfitBereich ............................................................................................................. 227 6.4.1 Balanced Scorecard und Strategy Maps ................................................ 228 6.4.2 Social Auditing ......................................................................................... 231 6.4.3 Der Competing Values-Ansatz .............................................................. 233 6.5 Indikatoren zur Messung von Erfolg in Kulturinstitutionen.................... 236 6.5.1 Eindimensionale Studien der Effektivität............................................. 238 6.5.2 Multidimensionale Studien der Effektivität.......................................... 242
7
Erfolgsfaktoren – Hypothesengenerierung........................................................ 249 7.1 Externe Faktoren............................................................................................ 250 7.1.1 Reputation & Prestige ............................................................................. 250 7.1.2 Publikum................................................................................................... 257 7.1.3 Ökonomische Faktoren .......................................................................... 261 7.2 Interne Faktoren ............................................................................................. 262 7.2.1 Das künstlerische Produkt...................................................................... 262 7.2.2 MitarbeiterInnen ...................................................................................... 269
10
Inhaltsverzeichnis 7.2.3 Organisation ............................................................................................. 271 7.3 Erfolgswahrnehmung verschiedener Beschäftigungsgruppen.................. 274
8
Methodische VorgHKHQVweise ............................................................................ 277 8.1 Methodische Triangulation............................................................................ 278 8.2 Auswahl und Beschreibung der untersuchten Theater.............................. 279 8.2.1 Theater A .................................................................................................. 281 8.2.2 Theater B................................................................................................... 282 8.2.3 Theaterkompanie C ................................................................................. 282 8.3 Vorgehensweise bei der quantitativen Befragung ...................................... 283 8.3.1 Quantitative Instrumentenentwicklung ................................................ 283 8.3.2 Durchführung der quantitativen Befragung......................................... 284 8.3.3 Angaben zu den Befragten der quantitativen Studie........................... 285 8.3.4 Signifikante Unterschiede zwischen den Samples ............................... 286 8.3.5 Übergang zur qualitativen Befragung - Offene Fragen zu Erfolg..... 286 8.4 Vorgehensweise bei der qualitativen Befragung ......................................... 288 8.4.1 Qualitative Instrumentenentwicklung................................................... 289 8.4.2 Durchführung der qualitativen Befragung ........................................... 290 8.4.3 Angaben zu den Befragten der qualitativen Studie ............................. 290
9
Quantitative Analyse – Struktur-Modellierung mit AMOS ............................. 293 9.1 Allgemeine Vorgehensweise der Analyse .................................................... 294 9.2 Testen des Datensatzes.................................................................................. 295 9.2.1 Test auf fehlende Werte.......................................................................... 296 9.2.2 Test auf Kollinearität............................................................................... 297 9.2.3 Test auf Ausreißer.................................................................................... 297 9.2.4 Test auf Normalverteilung...................................................................... 297 9.3 Explorative Faktorenanalyse ......................................................................... 298 9.3.1 Adäquanzprüfung .................................................................................... 299 9.3.2 Extraktion und Rotation der Faktoren ................................................. 299 9.4 Konfirmatorische Faktorenanalyse .............................................................. 303 9.4.1 Operationalisierung des Modells............................................................ 303 9.4.2 Einflussfaktoren auf den wahrgenommenen Erfolg der Institution. 309 9.5 Die multifaktorielle Natur der Erfolgswahrnehmung ............................... 313 9.5.1 Faktor „Wirtschaftliche Performance“ ................................................. 31 9.5.2 Faktor „Peer Reputation“....................................................................... 314 9.5.3 Faktor „Künstlerische Qualität“ ............................................................ 315 9.5.4 Faktor „Organisationales Klima“ .......................................................... 315 9.6 Einfluss der Ausgestaltung des Arbeitsverhältnisses ................................. 316 9.6.1 Künstlerische, administrative und technische Beschäftigungsbereiche........................................................................... 316 9.6.2 Einflussfaktoren für leitende oder unterstützende Funktionen ........ 317 9.6.3 Einflussfaktoren für unterschiedliche Dienstverhältnisse .................. 318
Inhaltsverzeichnis 9.7 9.8
11
Abschließende Bewertung der Ergebnisse der quantitativen Studie ....... 319 Grenzen der quantitativen Studie................................................................. 320
10
Qualitative Analyse mit GABEK®-WinRelan®............................................... 321 10.1 GABEK® – Methode ................................................................................... 322 10.2 Analyse der qualitativen Interviews.............................................................. 323 10.2.1 Codierung der Datenbasis ...................................................................... 324 10.2.2 Bewertungsanalyse ................................................................................... 328 10.2.3 Kausalanalyse............................................................................................ 329 10.2.4 Relevanzanalyse........................................................................................ 332 10.3 Weitere Ergebnisse der qualitativen Analyse .............................................. 334 10.3.1 Gründe für eine Karriere im Musiktheater........................................... 334 10.3.2 Die motivatorische Wirkung des Erfolgs ............................................. 336 10.3.3 Der Einfluss unterschiedlicher Beschäftigungsverhältnisse auf die Erfolgswahrnehmung.............................................................................. 337 10.4 Bedeutung von IntendantIn und DirigentIn .............................................. 343 10.5 Grenzen der qualitativen Befragung ............................................................ 345
11
Zusammenfassende Interpretation der Ergebnisse........................................... 347 11.1 Die Konstruktion von Erfolg im (ehemals) öffentlichen Theaterbetrieb347 11.1.1 Multidimensionalität der Konstruktion von Erfolg ............................ 347 11.1.2 Publikum versus Qualität? ...................................................................... 349 11.1.3 Messbarkeit der Erfolgsfaktoren............................................................ 350 11.2 Schlüsselposition IntendantIn....................................................................... 351
12
Abschließende Überlegungen & Ausblick.......................................................... 353 12.1 Beitrag der Dissertation ................................................................................. 353 12.2 Grenzen der Dissertation und weitere Forschung..................................... 355
Epilog
........................................................................................................................... 357
Literaturverzeichnis ........................................................................................................ 359
Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Abbildung 2: Abbildung 3: Abbildung 4: Abbildung 5: Abbildung 6: Abbildung 7: Abbildung 8: Abbildung 9: Abbildung 10: Abbildung 11: Abbildung 12: Abbildung 13: Abbildung 14: Abbildung 15: Abbildung 16: Abbildung 17: Abbildung 18: Abbildung 19: Abbildung 20: Abbildung 21: Abbildung 22: Abbildung 23: Abbildung 24: Abbildung 25: Abbildung 26: Abbildung 27: Abbildung 28: Abbildung 29: Abbildung 30: Abbildung 31: Abbildung 32:
Aufbau der Arbeit ....................................................................................25 Triangulation von Daten, Methoden und Perspektiven......................44 Konzeptualisierung des künstlerischen Produktionsprozesses..........57 Vier Ebenen des Kulturprodukts...........................................................67 Prozesse im Theater.................................................................................73 Identität, Ressourcen und Kernkompetenzen in einer Kulturinstitution.......................................................................................79 Beispielhafte Führungsstruktur eines Theaters ....................................95 Klassifizierung der Theaterformen / Performing Arts .......................96 Beispiel der Stakeholderbeziehungen eines Theaters ........................101 Netzplanmodell einer Musiktheaterproduktion .................................102 Produktentwicklungsprozess einer Oper ............................................104 Vergleich jährlicher öffentlicher Kulturausgaben als Prozentsatz des BIP ...........................................................................................................114 Umweltwirkungsgefüge für das Musiktheater ....................................127 Sach- und Formalziele von Non-Profit-Organisationen am Beispiel des Musiktheaters ...................................................................................146 Karrierepfade in der Darstellenden Kunst..........................................164 Modell zur Erfolgsmessung in kulturellen Organisationen ..............202 „Wheel“-Modell der Beziehungen .......................................................216 Strategy Map für die Boston Lyric Opera...........................................230 Beispiele für Ziele eines Theaters im Audit-Zyklus...........................232 Competing Values Framework (CVF).................................................235 Einflussmodell auf die Wahrnehmung von Erfolg durch MitarbeiterInnen am Musiktheater ......................................................250 Antezedenzien subjektiver Prestige-Bewertungen.............................252 Die Loyalitäts-Leiter (loyalty ladder)....................................................261 Subjektive und objektive Aspekte künstlerischer Qualität in einer Opernkompanie......................................................................................266 Einflussfaktoren auf Mitarbeitermotivation und -leistung ...............269 Spatial-Model einer hypothetischen Musiktheater-Institution .........274 Entscheidungen zur Bestimmung des Mixed-MethodsUntersuchungsdesigns ...........................................................................278 Mindmap persönlicher Erfolg ..............................................................287 Mindmap beruflicher Erfolg.................................................................287 Mindmap beruflicher Misserfolg..........................................................288 Idealtypischer Strukturmodellierungsprozess.....................................295 Strukturmodell und Messmodelle ........................................................303
14
Abbildung 33: Abbildung 34: Abbildung 35: Abbildung 36: Abbildung 37: Abbildung 38: Abbildung 39: Abbildung 40: Abbildung 41: Abbildung 42: Abbildung 43: Abbildung 44: Abbildung 45: Abbildung 46: Abbildung 47: Abbildung 48: Abbildung 49: Abbildung 50: Abbildung 51: Abbildung 52: Abbildung 53: Abbildung 54:
Abbildungsverzeichnis
Übersicht über Gütekriterien eines Strukturgleichungsmodells.......304 Lokale Gütekriterien ..............................................................................306 Globale Gütekriterien............................................................................307 Goodness of Fit Index ..........................................................................308 Normed Fit Index (1), Tucker Lewis Index (2)..................................308 Einflussfaktoren auf den wahrgenommenen Erfolg der Institution310 Adaptiertes Einflussmodell auf die Wahrnehmung von Erfolg.......313 Qualitative Text-Analyse mit GABEK® und WinRelan® ..............323 Netzwerkgraphik „Erfolg_Theater“(gesamt)............................................326 Netzwerkgraphik „Erfolg_Theater“(SängerInnen) ...................................327 Netzwerkgraphik „Erfolg_persönlich“(SängerInnen)................................328 Legende zur Farbcodierung ..................................................................330 Legende zur Kausalcodierung ..............................................................330 Kausalgraphik „Erfolg_Theater“(gesamt).................................................331 Kausalgraphik „Erfolg_persönlich“(gesamt)..............................................332 Netzwerkgraphik „Musiktheater_Anlass“(SängerInnen).........................335 Erweiterte Kausalgraphik „Erfolg_Theater“–„Einfluss_Motivation“.....337 Kausalgraphik „Erfolg_Theater“(Bühnenpräsenz)....................................338 Kausalgraphik „Erfolg_Theater“(keine Bühnenpräsenz) ..........................339 Kausalgraphik „Erfolg_Theater“(Theater A)...........................................341 Kausalgraphik „Erfolg_Theater“(Theater C) ...........................................342 Kausalgraphik „IntendantIn“ (Theater A ............................................. 344
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Tabelle 2: Tabelle 3: Tabelle 4: Tabelle 5: Tabelle 6: Tabelle 7: Tabelle 8: Tabelle 9: Tabelle 10: Tabelle 11: Tabelle 12: Tabelle 13: Tabelle 14: Tabelle 15: Tabelle 16: Tabelle 17: Tabelle 18: Tabelle 19: Tabelle 20: Tabelle 21: Tabelle 22: Tabelle 23: Tabelle 24: Tabelle 25: Tabelle 26: Tabelle 27: Tabelle 28: Tabelle 29:
Verbindung organisationaler Wertdimensionen und relationaler Einstellungen, Verhalten und Ergebnisse.................................................77 Mehrdimensionalität der Begriffe Theater und Oper..............................91 Entwicklung des Musiktheaters..................................................................98 Veränderung der Besucherraten für Musiktheater in den USA ...........108 Entwicklung des „Allesfresser-Konstruktes“.........................................110 Anteile öffentlicher Förderungen ausgewälter europäischer Staaten und Aufteilung nach Gebietskörperschaften .................................................115 Kulturpolitische Zielsetzungen der EU-27 Staaten...............................136 Vertragliche Bedingungen und gebräuchliche Beschäftigungsregeln..171 Traditionelle und virtuose Teams im Vergleich .....................................196 Leistungsindikatoren für Kulturorganisationen .....................................201 Kennzahlen im Theater.............................................................................208 Ziele und Leistungsindikatoren im „1999 DCMS/Arts Council of England Funding Agreement“ .................................................................225 Einflussfaktoren auf Besucherzahlen von Broadway Shows und Musiktheater-Produktionen (USA)..........................................................239 Ausgewählte Studien zum Erfolg im Musiktheater ...............................247 Quellen organisationaler Reputation .......................................................254 BesucherInnen nach Wissensstand und Involvierungsgrad .................259 Zuordnung der Befragten der quantitativen Befragung zu Beschäftigungsbereichen...........................................................................286 Leitfragen der qualitativen Befragung .....................................................289 Charakteristika der Befragten der qualitativen Studie ...........................291 Beschriftung der einzelnen Items ............................................................294 Überprüfung auf Normalverteilung.........................................................298 KMO- und Bartlett-Test der explorativen Faktorenanalyse ................299 Erklärte Gesamtvarianz der explorativen Faktorenanalyse ..................301 Varimax-rotiertes Ergebnis der explorativen Faktorenanalyse ............302 Globale und lokale Gütekriterien zur Beurteilung des Modells...........309 Lokale Anpassungsgüte des Modells .......................................................311 Globale Anpassungsgüte – inferenzstatistische Gütekriterien.............312 Globale Anpassungsgüte – deskriptive Gütemaße................................312 Globale Anpassungsgüte – inkrementelle Gütemaße ...........................313
16
Tabelle 30: Tabelle 31: Tabelle 32: Tabelle 33: Tabelle 34: Tabelle 35:
Tabellenverzeichnis
Mittelwertsvergleich der Variablen nach Beschäftigungsverhältnis ....317 Mittelwertsvergleich der Variablen nach Leitungsfunktion..................318 Mittelwertsvergleich der Variablen nach Beschäftigungsverhältnis ....319 Auszug der Relevanzliste Ist-Zustand .....................................................333 Auszug der Relevanzliste Soll-Zustand ...................................................334 Erfolgsfaktoren aus dem quantitativen Modell......................................348
Prolog
All the world’s a stage, And all the men and women merely players: They have their exits and their entrances; And one man in his time plays many parts, His acts being seven ages. William Shakespeare, “As You Like It” (2.7,139-42)
„Life is theatre, […] and all the world’s a stage“: Die ganze Welt ist Bühne, und alle Frauen und Männer bloße Spieler. Shakespeare’s Metapher wurde zur Beschreibung der „Experience Economy“1 herangezogen und zeichnet damit ein Bild der Wirtschaft in welchem der Arbeitsplatz mit einer Bühne, die Organisation des Unternehmens mit dem Ensemble, die verschiedenen Repräsentationen in einer Unternehmung mit diversen Rollenbeschreibungen, verschiedene Verantwortlichkeiten mit Rollen und schließlich das Personal mit dem Ensemble eines Theaters verglichen werden. In diesem Kontext ist es für den einzelnen Akteur schwierig, unabhängig zu agieren. Der Darsteller auf einer Bühne ist der Beurteilung des Publikums ausgesetzt, welches sein Handeln als Erfolg oder Misserfolg betrachten kann. Das Leben auf der Bühne strebt nach Anerkennung, Selbstverwirklichung und – Erfolg. Was jedoch ist Erfolg? Welche Kriterien bestimmen darüber, ob eine Leistung bei bestimmten Zielgruppen als Erfolg oder als Misserfolg wahrgenommen wird? Sind Kriterien unternehmerischen Erfolgs übertragbar? Wandelt sich das Unternehmen zur Bühne, MitarbeiterInnen zu SchauspielerInnen und Unternehmensführende zu TheaterintendantInnen, wandelt sich auch der Blickwinkel auf Erfolg. Die Festlegung finanzieller Maßzahlen ist auf der Bühne kein haltbares Kriterium. Hier gelten andere Gesetze, insbesondere interne und externe Qualitätsbewertungen, die Untersuchungsgegenstand dieser Arbeit sind. Während sich das Theater als Metapher auch in der wirtschaftswissenschaftlichen Forschung und Literatur wachsender Beliebtheit erfreut und Spielformen wie Improvisations-Theater, Unternehmens-Theater oder Orchester involvierende Leadership-Kurse Einzug in die Unternehmensberatung gefunden haben,2 erschließt 1 2
Vgl. Pine/Gilmore (1999), S. 140 ff. Vgl. den Überblick bei Schreyögg/Höpfl (2004), S. 691 f.
18
Prolog
sich gleichzeitig die Arbeitswelt Theater als spannendes und vielfach vernachlässigtes Untersuchungsobjekt. In der vorliegenden Arbeit ist das Theater mehr als bloße Metapher,3 mehr als Spiegelbild des tatsächlichen Lebens und der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Realität, aber auch mehr als der Ort, an welchem dem Publikum der viel zitierte Spiegel vorgehalten wird. Es stellt gleichsam Ort und Untersuchungsobjekt der nachfolgenden Untersuchung dar. Die Arbeit unternimmt den Versuch einer theoretischen und empirischen Betrachtung des Erfolgs im Musiktheater. An dieser Stelle möchte ich mich besonders für die konstruktive Kritik und die Geduld meiner beiden Betreuer Professor Hans H. Hinterhuber und Professor Peter Tschmuck bedanken, deren fachliche, aber auch persönliche Ratschläge wesentlich zur Erstellung dieser Arbeit beigetragen haben. Ein herzlicher Dank gilt all meinen aktuellen und ehemaligen KollegInnen, die mir hilfreich und freundschaftlich zur Seite gestanden und unser Arbeitsklima am Institut auch in schweren Zeiten positiv gestaltet haben. Insbesondere möchte ich Andrea Mayr für ihre langjährige Freundschaft und Unterstützung, Dr. Margit Raich für ihre freundschaftliche und unermüdliche Hilfe bei der GabekAuswertung, Prof. Kurt Matzler für seine wertvolle Unterstützung bei der quantitativen Auswertung und Mag. Julia Müller für ihre wertvollen Hinweise danken. Die Unterstützung von Mag. Birgit Huber, Mag. Antonia Vopelius und Stefanie C. Braun bei der Akquise des Datenmaterials und der Vermittlung von Interviews war eine wertvolle Hilfe bei der empirischen Untersuchung. Herzlich danken möchte ich auch den beteiligten Kulturinstitutionen für die Ermöglichung und Unterstützung der Befragung und schließlich allen InterviewpartnerInnen, die in der Arbeit ja nicht namentlich genannt werden, doch die Basis der Ergebnisse darstellen. Meiner Mutter, Peter und meiner Familie danke ich für ihre liebevolle Unterstützung und ihr Verständnis, das sie meiner Arbeit entgegengebracht haben. Ihnen möchte ich diese Arbeit widmen. Schließlich sei allen denen ein Dank ausgesprochen, die nicht namentlich Erwähnung fanden, aber zum Gelingen dieser Arbeit beigetragen haben.
Es sei auf eine weitere etymologische Synergie dieser Arbeit hingewiesen: Diese ergibt sich durch die Gemeinsamkeit der sprachlichen Wurzeln von Theorie und Theater: Das griechische Wort theoria steht einerseits für „Festschau, Schaufest, Schauspiel“, andererseits wohnt ihm die Bedeutung „geistiges Anschauen, Betrachten, Untersuchen, Überlegen“ inne. Vgl. Balme (2001), S. 42
3
1
Einführung in die Problemstellung
Erfolg ist, was Unternehmen seit jeher anstreben. Von Erfolg scheint eine immense motivatorische Kraft auszugehen, welche in der Lage ist, immer noch mehr Erfolg zu generieren. Dabei bezeichnet Erfolg oder englisch „success“ in der ursprünglichen Definition des Wortes ein zunächst neutrales Resultat.4 Die durchwegs positive Konnotation des Terminus „Erfolg“ im täglichen Sprachgebrauch liegt auch dieser Arbeit als Verständnis einer durchwegs positiven Wahrnehmung des Ergebnisses einer Leistung oder Anstrengung zugrunde. Während es üblich scheint, unternehmerischen Erfolg an materialistischen oder physischen Größen wie Gewinn, Umsatz, Marktanteilen oder Besucherzahlen, aber auch an Manifestationen wie Statussymbolen oder Medienberichten festzumachen, kann man Erfolg auch als mehr metaphysisches Konzept verstehen. Im Wesentlichen ist Erfolg hier ein positives Gefühl oder eine persönliche Interpretation von Ergebnissen. Die Wahrnehmung, dass man Erfolg kreieren und beeinflussen kann, ist in den Konzepten und der Literatur des Managements vorherrschend, ebenso die Suche nach allgemeingültigen Erfolgsfaktoren. Dies impliziert im Umkehrschluss, dass Misserfolge nicht als natürlich oder normal für Unternehmen akzeptiert werden, sondern vielfach auf Ebene einzelner Personen als Misserfolg betrachtet werden und gravierenden Einfluss auf persönliche Karrieren ausüben können. Am Theater trifft man auf zwei konträre Erfolgs-Welten. Bilder von Primadonnen bzw. „Primi Uomini“ die am Ende der Vorstellung unter zahlreichen Vorhängen enthusiastisch akklamiert sowie mit Rosen und „Bravi!“ bzw. „Brave!“ überschüttet werden, sind ein Sinnbild dafür, was viele Menschen emotional unter Erfolg verstehen. Doch gleichzeitig wird die mediale Berichterstattung über Bühnenerfolge – wiewohl diese immer noch gefeiert werden – geringer und fokussiert fast ausschließlich einige wenige bekannte Häuser oder Festivals.5 Viele ehemals umjubelte Theater und Opernhäuser befinden sich organisatorisch und finanziell in Nöten. Mit zuverlässiger Regelmäßigkeit werden staatliche Zuwendungen gekürzt oder gestrichen und wird organisatorische Effizienz bei zumindest gleichbleibender künstlerischer Qualität gefordert. Dennoch gibt es im Vergleich zur UnternehmensSiehe z. B. die entsprechenden Einträge der Brockhaus Enzyklopädie oder des Merriam-Webster Dictionary. 5 Auch hier wird die Berichterstattung über künstlerische Belange jedoch vielfach von Skandalen überschattet, wie z. B. die Nachfolgedebatte um die Bayreuther Festspiele 2007/08 eindrucksvoll unter Beweis gestellt hat. 4
20
1 Einführung in die Problemstellung
welt nur selten Versuche, Leistungen und Erfolgsfaktoren im Theaterbereich abzubilden, zu messen oder zu modellieren. Im Gegensatz zu existierenden Studien, die sich einerseits auf die Untersuchung einzelner, messbarer Erfolgskriterien, anderseits auf die Wahrnehmung von Erfolg bzw. Erfolgsfaktoren für das Publikum konzentrieren, wird im Rahmen dieser Dissertation die interne Stakeholder-Gruppe der KünstlerInnen, ArbeitnehmerInnen und Führungskräfte im Musik-Theater untersucht. An dieser Stelle sei betont, dass das Ziel der Arbeit nicht darin liegt, ein Messsystem für den Erfolg am Theater einzuführen. Es geht vielmehr darum Prozesse und Mechanismen aufzuzeigen, welche die Arbeit mit und um Erfolg beeinflussen können und somit zu einem stärkeren Verständnis der Arbeitswelt Musiktheater sowie ihrer Unterschiede hinsichtlich anderer Arbeitsumwelten beizutragen. 1.1 Ausgangssituation Theater sind Räume eines kollektiven Gedächtnisses, Orte der aktiven Erinnerung, in ihnen wird das Vergangene Gegenwart in der Frage nach unserer Zukunft: Es sind die Geschichten von Hoffnungen und Träumen des Menschen, von seinen Niederlagen und Empörungen, von der Sehnsucht, sein Leben selbst gestalten zu wollen. Theater-Manifest des Internationalen Theaterinstituts (2003, online), S. 47
In der Überzeugung, dass es Aufgaben gibt die nicht vom Einzelnen, sondern dem Staat erfüllt werden müssen ist das Bekenntnis, Kunst und Wissenschaft durch Staat, Länder und/oder Gemeinden zu fördern, in den Verfassungen der westlichen Welt und zahlreicher weiterer Länder verankert6 und durch Steuergelder in verschiedenem Ausmaß finanziert. Der Kulturbereich ist zu einem großen Teil von dieser öffentlichen Unterstützung abhängig. Argumente, warum kulturelle Produktionen nicht über den Markt abgebildet werden können bzw. dürfen, wurden bereits von Adam Smith und in zunehmendem Maße in den 1960er Jahren beginnend mit der Arbeit von Baumol und Bowen formuliert und diskutiert.7 Dennoch sehen sich Kulturunternehmen seit Jahrzehnten einem zunehmenden, vorwiegend finanziellen, Druck ausgesetzt. Steigende Budgetdefizite, der vielerorts beobachtbare Rückzug der öffentlichen Hand aus dem Kultursektor und die damit einhergehende In Deutschland sind die Länder für die meisten kulturellen Angelegenheiten zuständig, daher findet sich hier eine Verankerung z. B. in der Bayrischen Landesverfassung: „Kunst und Wissenschaft sind von Staat und Gemeinde zur fördern“, dem Sächsischen Kulturraumgesetz, oder in der Landesverfassung von Nordrhein Westfalen; Die Österreichische Verfassung besagt in Artikel 10 (1) 13, dass „Angelegenheiten der Bundestheater mit Ausnahme der Bauangelegenheiten (…) Angelegenheiten des Kultus“ seien; Ebenso in der Schweiz: „Für den Bereich der Kultur sind die Kantone zuständig.“ – 2. Kapitel/3. Abschnitt/Art. 69 der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft. 7 Hier sei besonders auf die wegweisende Arbeit über die „Kostenkrankheit“ der Darstellenden Künste von Baumol/Bowen (1967) verwiesen. 6
1.1 Ausgangssituation
21
Privatisierung ehemals staatlicher Kulturbetriebe sowie ein verändertes Freizeitverhalten, das sich nicht zuletzt in einem erweiterten Freizeitportefeuille und sinkenden AbonnentInnenzahlen manifestiert, sind nur einige der Faktoren, welche die Rahmenbedingungen für Kulturunternehmen in den letzten Jahrzehnten neu definiert haben. Insbesondere sinkende Förderbeträge der öffentlichen Hand und generell schwierige wirtschaftliche Rahmenbedingungen, zwingen öffentliche Kulturbetriebe seit geraumer Zeit, mehr Effizienz und Kreativität bei der Lukrierung von Einnahmen und privaten Mitteln auf der einen Seite, sowie „Transparenz“ und „Verantwortungsbewusstsein“ im Umgang mit „öffentlichen Geldern“ bzw. den Beiträgen der Steuerzahlenden auf der anderen Seite an den Tag zu legen. Diese Situation trifft vor allem die kleinen und mittleren Theaterbühnen besonders.8 Die Situation in Deutschland unterstreicht diese Tendenzen deutlich. Im Zuge der Wiedervereinigung ist die Zahl der Musiktheaterbetriebe um rund 70 Prozent gestiegen, ohne entsprechende Anhebung der zur Verfügung stehenden Mittel. Zahlreiche Kulturbetriebe waren bereits zuvor von massiven finanziellen und organisationalen Krisen betroffen. Das erste Repertoiretheater, das dieser finanziellen Krise zum „Opfer“ fiel, war das Berliner Schillertheater welches mit Senatsbeschluss im Jahr 1993 geschlossen wurde. Das Land Berlin sah sich finanziell nicht in der Lage, sämtliche Staatstheater weiter zu betreuen. Damit wurde neben kleineren Häusern auch eines der größten deutschen Sprechtheater geschlossen, was einen Sturm der Entrüstung auslöste. Insbesondere die Signalwirkung auf die gesellschaftliche Bedeutung des Theaters wurde vehement kritisiert.9 Inzwischen sind Berlins Opernhäuser in die „Stiftung Oper in Berlin“ überführt. Derartige Entwicklungen und Geschehnisse führten nicht zuletzt zur Forderung einer effizienten Gestaltung und Führung der Kulturbetriebe. Dazu zählen der verantwortungsvolle und nachhaltige Umgang mit öffentlichen Mitteln im Rahmen eines gezielten und sparsamen Mitteleinsatzes ebenso wie die Erbringung einer speziellen „Leistung“ und die Einhaltung von Zielvereinbarungen. Doch gerade im Kulturbereich steht die ohnehin problembehaftete Messung der „weichen“ Konzepte „Erfolg“ und „Performance“ vor besonderen Schwierigkeiten, da diese Konzepte nicht durch die gängigen finanziellen Messgrößen wie Gewinn, Return On Investment (ROI) oder Eigenkapitalwert erfassbar sind. Dennoch kommen KulturAuf der anderen Seite hat bspw. die Bundestheater-Holding zumindest rein rechnerisch nach der Ausgliederung mehr öffentliche Mittel erhalten als zuvor, vgl. Tschmuck (2005). Die BundestheaterHolding als Ergebnis der Ausgliederung der österreichischen Bundestheater mit 1. September 1999 in einen Konzern mit rund 3.000 MitarbeiterInnen verfügt über eine jährliche Subvention in der Höhe von 133,6 Mio. Euro, die von der Republik Österreich nach den Grundsätzen der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit für die Erfüllung des kulturpolitischen Auftrags gemäß § 2 BThOG bereitgestellt wird. Vgl. Bundestheater-Holding GmbH (2007). 9 Siehe u. a. Clauß (2003, online); Detje (2003, online) oder das Manifest „THEATERland wird abgebrannt?“ des Internationalen Theaterinstituts (2003, online). 8
22
1 Einführung in die Problemstellung
betriebe in zunehmendem Maße nicht umhin, gewisse Leistungsindikatoren zu messen, um in den Genuss staatlicher Förderung zu kommen. Ökonomische Effizienz, Erfüllung des öffentlichen Auftrags bzw. der „Mission“ oder des „Kernauftrags“, „Auslastungen“ und „Förderbeiträge pro Sitzplatz“ im Theater sind nur einige der Konzepte, die zur Messung von Effizienz, Effektivität und Erfolg im öffentlichen Kulturbetrieb, aber auch in anderen Non-Profit-Organisationen vorgeschlagen wurden.10 Seit der bahnbrechenden Arbeit von Baumol und Bowen,11 haben sich zahlreiche volkswirtschaftliche und finanzwissenschaftliche Arbeiten dem Bereich der Kunst allgemein bzw. der Darstellenden Künste im Speziellen angenommen. Das Interesse betriebswirtschaftlicher Forschung im deutschsprachigen Bereich schien bis vor wenigen Jahren deutlich geringer. Dennoch hat sich das Kulturmanagement als eigenständiger Management- und Ausbildungsbereich etabliert, was das akademische „post-industrielle“ Interesse12 und das Entstehen zahlreicher Ausbildungsmöglichkeiten im Hochschulbereich belegen. Die Kulturmanagement-Forschung beschäftigt sich intensiv mit Fragen der Abgrenzung des eigenen Fachbereichs, Einsatz- und Berufsfeldern für Kulturmanager, aber auch mit den Werten, die im Rahmen des Produktions- und Verteilungsprozesses kultureller Güter entstehen. Jüngere Studien beschäftigen sich beispielsweise mit dem Unternehmertum im Kulturbereich.13 Während sich WissenschafterInnen im angloamerikanischen Raum seit langer Zeit intensiv mit dem Thema der Erfolgsmessung für Non-Profit-Organisationen (NPO) im Allgemeinen, aber auch speziell für Kulturbetriebe und -organisationen beschäftigen, haben derartige Arbeiten für den deutschen Sprachraum Seltenheitswert.14 Aufgrund unterschiedlicher Strukturen und Rahmenbedingungen haben die Studien aus den USA, Kanada, Australien und dem UK für die Länder Österreich und Deutschland, wenn nicht für den gesamten kontinentaleuropäischen Raum, eingeschränkte Aussagekraft. Das Theatersystem im deutschsprachigen Raum ist nicht zuletzt aufgrund seiner jahrhundertelangen Tradition, Vielfalt und des ununterbrochenen Bekenntnisses der öffentlichen Hand einmalig. Dennoch werden 10 Vgl. bspw. Evans (2000), S. 249; Auch im deutschsprachigen Bereich haben öffentliche Qualitätsbekenntnisse Einzug in die Leitbilder von Theatern gefunden, z. B. im Commitment zu „musikalischer Qualität des Ensembles“, „hohen technischen Standards“ oder der „Verbindung von heiterer Leichtigkeit und künstlerischer Qualität“ der Musikalischen Komödie Oper Leipzig), Vgl. http://www.leipzig.de/de/buerger/kultur/buehne/ [21.10.2007]. 11 Vgl. Baumol/Bowen (1967) 12 Vgl. Evans (2000), S. 245 13 Vgl. Konrad (2000), für einen Überblick siehe Boerner (2002), S. 2; Über die Entwicklung und Stellung des Kulturmanagements vgl. auch Fuchs (1993), Heinze (1997) oder Bendixen (2002), bzgl. einer Kulturbetriebslehre vgl. Zembylas (2004); Zembylas/Tschmuck (2006b). 14 Ausnahmen stellen hier die Habilitationsschrift von Sabine Boerner (2002) über Führungserfolg im Musiktheater sowie die Arbeit von Artemis Vakianis (2005) zum Controlling in Kulturbetrieben am Beispiel des Theaters dar.
1.2 Zielsetzung der Arbeit
23
aus Gründen der Praktikabilität, dort wo entweder globale Gültigkeit angenommen werden kann oder interessante Schlüsse für den deutschsprachigen Raum gezogen werden können, Studien aus nicht-deutschsprachigen Ländern zur Untermauerung der Argumente herangezogen. Insbesondere Ansätze zur Messung von Erfolg im Theater stammen vorwiegend aus den USA, Kanada oder Australien. 1.2 Zielsetzung der Arbeit Die Fragen, wie bzw. ob man den Erfolg eines Kulturunternehmens sinnhaft „messen“ bzw. bewerten kann und welche Einflussfaktoren in Kombination mit bestimmten Rahmenbedingungen die subjektive Wahrnehmung von Erfolg besonders beeinflussen, stehen im Mittelpunkt der vorliegenden Untersuchung. Ziel der vorliegenden Arbeit ist also eine Annäherung an die Frage, wie sich das „Unmessbare“, der Erfolg im Kulturbetrieb, für die internen Stakeholder eines Theaters konstruieren und messen lässt und wie in weiterer Folge der Einfluss dieser Problematik auf die Führung von Theatern und Opernhäusern zu bewerten ist. Das Konstrukt „Erfolg“ und seine Determinanten sollen in diesem speziellen Zusammenhang erforscht und operationalisiert werden. Folgende Forschungsfragen bilden die Grundlage der Arbeit:
Ist die Konstruktion von Erfolg vieldimensional? Wie konstruiert sich „Erfolg“ für Führungskräfte, ArbeitnehmerInnen und KünstlerInnen im öffentlichen Musiktheaterbetrieb? Welche Faktoren bzw. Dimensionen üben für die Wahrnehmung von Erfolg besonders großen Einfluss aus? Gibt es einen Unterschied zwischen vertraglich fest angestellten MitarbeiterInnen eines Theaterbetriebes und jungen bzw. freischaffenden KünstlerInnen bezüglich ihrer Erfolgswahrnehmung?
Kulturinstitutionen zeichnen sich durch visionäre und engagierte Führungskräfte, hoch qualifizierte und intrinsisch motivierte MitarbeiterInnen und erschwerte Rahmenbedingungen aus. In der Kulturmanagementforschung herrscht zwar eine rege Diskussion um die Definition des (künstlerischen) Erfolgs,15 doch existieren nach Wissen der Autorin bislang keine empirischen Untersuchungen bezüglich der Erfolgsdefinition oder -messung künstlerischer Unternehmen im deutschsprachigen Raum. Die wissenschaftliche Bedeutung für die strategische Management- und Führungsforschung der vorliegenden Arbeit liegt darin, dass sie bereits entwickelte 15
Vgl. z. B. Busek/Abfalter (2003); Jochum/Schmid-Reiter (2006)
24
1 Einführung in die Problemstellung
wissenschaftliche Konzepte in einem bislang nicht untersuchten Bereich verwendet bzw. entsprechend transformiert und damit deren Eignung nicht nur getestet, sondern auch auf einen weiteren Gestaltungsbereich übertragen wird. Die konkreten wissenschaftlichen Ziele der vorliegenden Untersuchung sind:
Ein Beitrag zum Verständnis der Konstruktion subjektiver und intersubjektiver Erfolgswahrnehmungen im Musiktheater; Ein Beitrag zum soziologischen Wissen über Kulturinstitutionen; Die Weiterentwicklung vorhandener Führungsansätze im Kulturmanagement.
Konkrete praxisorientierte Ziele der Untersuchung sind:
Die Entwicklung tangibler Kriterien für die Legitimation von Subventionen für öffentliche Kultureinrichtungen; Die Beurteilung von in der Literatur vorgeschlagenen Messinstrumenten anhand der Ergebnisse der empirischen Forschung; Die Ableitung praxisrelevanter Handlungsempfehlungen für die Führung von Theater- und Opernbetrieben.
Die vorliegende Dissertation soll demnach einen Beitrag zur Diskussion um den Erfolg und die Führung öffentlicher Kulturbetriebe leisten. Mit dem Anspruch, interdisziplinär verwendbare Erkenntnisse und Einsichten insbesondere für andere projektbasierte ExpertInnen-Organisationen zu generieren. 1.3 Aufbau der Arbeit Die vorliegende Arbeit beginnt in ihrem theoretischen Teil mit der Bestimmung und Definition der wesentlichen Begriffe sowie der wissenschaftlichen Forschungsbereiche, die für die Untersuchung von Bedeutung sind. Dazu gehören theoretische Grundlagen der wirtschaftswissenschaftlichen Forschung im Kulturbereich ebenso wie der diesbezügliche aktuelle Stand der Forschung. Volks- und betriebswirtschaftliche Zugänge zum kulturellen Produkt werden in Kapitel 2 dieser Arbeit behandelt. Das darauf folgende Kapitel widmet sich den Besonderheiten des Theaters allgemein und des Musiktheaters im Speziellen und fokussiert auf die relevanten Stakeholder einer Theaterorganisation. Kapitel 4 erweitert die Stakeholdersicht um das Umwelt-Wirkungsgefüge eines Theaters im Sinne von ökonomischen, rechtlichen und politischen, soziokulturellen und technologischen Umweltbedingungen. In Kapitel 5 werden künstlerische Karrieren im und am Musiktheater genauer betrachtet. Einen Überblick über Konzepte von Erfolg und Erfolgsmessung unter besonderer Berücksichtigung des Kultur- und Non-Profit-Bereichs erfolgt in Kapitel 6.
1.3 Aufbau der Arbeit
Abbildung 1:
25
Aufbau der Arbeit
Aufbauend auf den Erkenntnissen der verschiedenen Forschungsansätze, wird ein für den Theaterbetrieb geltendes theoretisches Modell entwickelt und entsprechende Hypothesen abgeleitet. Diese Hypothesen werden in Kapitel 7 beschrieben. Der empirische Teil der Arbeit beschäftigt sich mit der Entwicklung der Erhebungs- und Messinstrumente und dem Untersuchungsverlauf. In diesem Abschnitt wird die empirische Datenbasis ebenso vorgestellt wie die Operationalisierung der zentralen Konstrukte. Ein Überblick über die Vorgangsweise der Untersuchung sowie die verwendeten Methoden unter dem Aspekt der Triangulation erfolgt in Kapitel 8. Die folgenden Kapitel befassen sich mit den beiden Erhebungen welche die Datenbasis der Arbeit bilden: In Kapitel 9 wird die quantitative Befragung der
26
1 Einführung in die Problemstellung
Belegschaft zweier Theaterhäuser beschrieben, welche mit Hilfe von Strukturgleichungsmodellierung die aufgestellten Hypothesen einer Analyse unterzieht. Kapitel 10 behandelt die qualitative Befragung von MitarbeiterInnen eines der Theater sowie freischaffenden KünstlerInnen einer Off-Bühne, welche mit Hilfe von GABEK-WinRelan® ausgewertet wurde und interpretiert das Modell anhand der Ergebnisse. Eine zusammenfassende Interpretation und Zusammenführung der Ergebnisse und der sich daraus ergebenden Erkenntnisse und Konsequenzen findet sich in Kapitel 11. Schließlich werden im letzten Kapitel Handlungsempfehlungen für Kulturbetriebe und deren Führungspersönlichkeiten ebenso wie für die Kulturpolitik formuliert und weiterer Forschungsbedarf formuliert. 1.4 Wissenschaftstheoretischer Zugang zum Erkenntnisobjekt In dieser Arbeit wird der Versuch unternommen, Einflussfaktoren auf den wahrgenommenen Erfolg und das ihn umgebende kulturelle Gefüge näher zu beleuchten. Von besonderer Bedeutung scheint hier eine Betrachtungsweise, welche weder die Organisation noch deren Einflussfaktoren als statisch betrachtet und somit die Unmöglichkeit der Generierung allgemein gültiger Faktoren erkennt. Da die Wahrnehmung von Erfolg stets subjektiv und situationsbedingt erfolgt, kann kein Anspruch auf die Allgemeingültigkeit der Ergebnisse erhoben werden. Durch die beispielhafte Untersuchung von Musiktheaterbetrieben sollen jedoch Grundtendenzen möglicher Ursache-Wirkungsbeziehungen identifiziert werden. 1.4.1 Kritischer Rationalismus Der wissenschaftstheoretische Zugang des Kritischen Rationalismus erachtet sicheres oder rechtfertigbares Wissen als unmöglich. Wissenschaft wird als methodisches Vorgehen in Form von Versuch und Irrtum (trial and error) gesehen.16 Aus dem Blickwinkel des analytisch-empirischen Wissenschaftsverständnisses des Kritischen Rationalismus, ist die Realität jenseits der Welt des Alltagsbewusstseins (Alltagstheorien) eine zunächst unbekannte und letztendlich unvollständig erfassbare Welt. Sie ist objektiv nicht erfassbar, da die kognitive Verarbeitung von Umweltreizen Interpretation bedeutet und so ein individuelles Bild der Welt kreiert. Wenngleich Theodor Adorno den Kritischen Rationalismus Karl Poppers als positivistisch „beschimpft“ hatte,17 weist dieser durch die Negation einer objektiven und absoluten Vgl. Popper (1973) Vgl. den bekannten Positivismusstreit, der in der Herausgabe der Diskussionsbeiträge Adorno, et al. (1969) gipfelte. 16 17
1.4 Wissenschaftstheoretischer Zugang zum Erkenntnisobjekt
27
Wahrheit deutliche Abgrenzungen zu positivistischen Zugängen auf. Der Positivismus leitet Erkenntnis ausschließlich aus Erfahrung und empirischem Wissen über Natur- und Gesellschaftsphänomene ab und versucht durch die Bildung übergeordneter Grundwerte zur objektiven und wahren Erkenntnis zu gelangen. Vorstellungen von der Welt können also durch subjektive Elemente der Wahrnehmung beeinflusst sein. Durch die Vorgangsweise der Falsifikation im Kritischen Rationalismus wird diesen Verzerrungen Rechnung getragen und werden „Irrtümer“ bezüglich der angenommenen Wirklichkeit korrigiert. Dadurch können Hypothesen oder Theorien lediglich als versuchte Begründungen der Wahrheit gelten, welche durch Untersuchungen verfeinert und verbessert sowie auf allgemeinere Anwendungsbereiche erweitert werden. So ist im besten Fall eine Annäherung an die Wahrheit möglich.18 Unter der Annahme einer Strukturrealität betont der Kritische Rationalismus den Versuchs-Konstruktivismus von Theorien. Eine „logische, rational nachkonstruierbare Methode, etwas Neues zu entdecken“,19 gibt es nach Popper nicht, denn das irrationale Moment schöpferischer Intuition sei methodisch weder planbar noch einholbar. Die Vorgangsweise der ersten quantitativen Untersuchung stellt eine Anwendung des Prinzips der Falsifizierbarkeit dar: Eine Theorie wird als formales, testbares Modell formuliert und mit statistischen Methoden anhand von realen Daten überprüft. 1.4.2 Sozialer Konstruktivismus Dem Zugang zum Erkenntnisobjekt liegt die wissenschaftstheoretische Sichtweise des sozialen Konstruktivismus zugrunde. Der soziale Konstruktivismus postuliert, dass Teile der Realität nicht unabhängig von den Überzeugungen und Handlungen von Personen existieren. Das Verhalten der Individuen, in diesem Fall von KünstlerInnen bzw. kreativen Persönlichkeiten, wird als multikausal und unvorhersehbar betrachtet. 20 Die sozial konstruktivistische Sicht betrachtet Bewertungen von Effektivität nicht als objektiv, jedoch auch nicht als nichts sagend. Herman und Renz betrachten Effektivität weniger als Ziel denn als Errungenschaft einer Organisation: „an achievement of organizational agents and other stakeholders in convincing each other that an organization is pursuing the right objectives in the right way.“21 Soziale Konstruktion bedeutet, dass Menschen versuchen, den Situationen in denen sie sich wieder finden, eine Bedeutung zuzuschreiben – so sind gerade Wahrnehmungen von individuellen, aber auch Gruppen-Leistungen sozial konstruiert. Dadurch gewinnt „Erfolg“ durch soziale Definitionen interner und externer KommunikationsVgl. Popper (1934) Popper (1934), S. 7 20 Vgl. Berger/Luckmann (1984 [1969]); Weick (1995) 21 Herman/Renz (1999), S. 109 18 19
28
1 Einführung in die Problemstellung
und Interaktionsprozesse an organisationaler Bedeutung, da diese Konstruktionen wiederum Verhalten beeinflussen. Effektivität ist real und zieht reale Konsequenzen nach sich. So hat beispielsweise die Definition eines Projektes als erfolgreich oder erfolglos Konsequenzen auf die Zuweisung von Ressourcen wie Personal oder Budget. Eine konkrete Eingrenzung des Kulturproduktes ist tendenziell schwierig bis unmöglich – auch die Welt der Kunst ist eine soziale Konstruktion. Howard Becker definiert die „Kunstwelt“ als „the network of people whose cooperative activity, organized via their joint knowledge of conventional means of doing things, produce(s) the kind of art works that art world is noted for.”22 Er interpretiert die soziale Welt der Kunst als kollektives Handeln der in einem kooperative Netzwerk handelnden Akteure.23 Die Beschäftigung mit Kunst setzt eine Wertvorstellung voraus: „One cannot use the term ‚work of art’ without a presupposition of value.“24 Die Kunstwelt als soziale Konstruktion trifft die Entscheidung, welche Genres sie inkludiert, sie „[…] is a collection of different systems – painting, literature, theater, and the like. The collection is not a tidy one but is rather one that has been drawn together over time in a somewhat arbitrary way. Why does it include literature, theater, and ballet but not dog shows, horse shows, and circuses? The answer is that the artworld is a cultural construction - something that members of society have collectively made into what it is over time.”25
Als soziale Konstruktion wird die Entscheidung was als Kunst zu werten ist und was nicht, von ökonomischen, sozialen und politischen Welten beeinflusst und durch seinen symbolischen und kognitiven Inhalt definiert.26
Becker (1982), S. x Als „Welt“ wird hier eine kognitive und praktische Gemeinschaft verstanden, vgl. Zembylas (2006), S. 26 24 Vickery (2006), S. 51 25 Dickie (2001), S. 60 26 Vgl. Blau (1988), S. 269 f. In der Wirtschaftswissenschaftlichen Literatur herrscht allgemein Einigkeit darüber, dass es nicht ihre Aufgabe sei die Fragen “Was ist Kunst?“ oder „Wer ist KünstlerIn?“ zu beantworten. Nichtsdestotrotz müssen für Studien aus methodischen Gründen diesbezüglich Annahmen getroffen bzw. Bereiche abgegrenzt werden. So schlagen Frey und Pommerehne vor, je nach Möglichkeit folgende Kriterien anzuwenden: (a) verwendete Zeit für künstlerische Arbeit, (b) Einkommen aus künstlerischer Arbeit, (c) Reputation in der breiten Öffentlichkeit, (d) Anerkennung bei anderen KünstlerInnen, (e) Qualität der künstlerischen Arbeit, (f) Mitgliedschaft in einer professionellen Künstlergruppe oder -vereinigung, (g) fachliche Qualifikationen (z. B. Ausbildung) sowie (h) subjektive Selbsteinschätzung als KünstlerIn. Im empirischen Teil der vorliegenden Arbeit wird die Einordnung durch die Verwendung (ehemals) öffentlicher Institutionen mit staatlichem kulturellem Auftrag legitimiert. Vgl. Frey/Pommerehne (1989), S. 146 f. 22 23
1.4 Wissenschaftstheoretischer Zugang zum Erkenntnisobjekt
29
„Aus der Idee des Schönen, die als oberste Instanz ästhetischer Urteile über den Veränderungen der Stilrichtungen und Kunstmittel thront, werden Kategorien und Kriterien abgeleitet, die in der Praxis eine Entscheidung darüber erlauben, ob ein Gebilde […] ‚Kunst oder Nicht-Kunst’ ist.“27 In weiterer Folge ist auch die Definition dessen, was als Erfolg wahrgenommen wird, entscheidend dafür, wie sich die entsprechenden AkteurInnen verhalten und orientieren. Die Heterogenität von Wert- und Zielsystemen in Organisationen wie Theatern muss aus betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten unter einen gemeinsamen Nenner gebracht werden, um „effizient und effektiv“ sein zu können.
Bedeutungen und Bewertungen von Effektivität werden a) von Individuen oder organisationalen Akteuren geschaffen/kreiert, sind b) spezifisch in jenem Kontext in dem sie kreiert wurde und c) in der Lage sich weiter zu entwickeln da die Akteure weiterhin interagieren.28 Auch Herman und Renz betonen, dass bei der Erforschung der Grundlagen, die Individuen zur Beurteilung von Effektivität heranziehen, besonderes Augenmerk auf die spezifische Situation gelegt werden sollte.29 Studien über die Effektivität von Non-Profit-Organisationen generell und von Theatern im Speziellen sind selten. Als Gründe hierfür werden hauptsächlich das Problem der Definition und Messung dieses Konzepts sowie das generelle konzeptuell-theoretische Problem multipler Effektivitätsmodelle genannt. Daher wird vielfach angenommen, Erkenntnisse über Effektivität aus der Wirtschaft bzw. dem Bereich gewinnorientierter Unternehmen könnten angewandt werden oder aber das Fehlen generell akzeptierter Maßzahlen könne zufällige und unstrukturierte Vorgangsweisen erlauben.30 In der vorliegenden Arbeit soll daher trotz konstruktivistischer Herangehensweise mit Hilfe einer strukturierten Befragung im Theaterbereich versucht werden, einen ersten Überblick über Einflussfaktoren auf den wahrgenommenen Erfolg des Musiktheaters zu erhalten, bevor in einer qualitativen Analyse die Vertiefung und Erweiterung dieser Erkenntnisse angestrebt wird. Die allgemein übliche Vorgehensweise, qualitative Interviews zur Hypothesengenerierung einzusetzen und mit quantitativen Studien zu überprüfen,31 wird hier im Sinne einer Methodentriangulation umgekehrt. Beide Methoden sollen den Untersuchungsgegenstand gleichberechtigt auf unterschiedliche Weise beleuchten und somit zu einem umfassenderen Bild führen.32 Durch den Fokus auf die Konstruktion der individuellen Wahrnehmungen von Erfolg wird sowohl dem phänomenologischen Dahlhaus (1982), S. 86 Vgl. Forbes (1998), S. 195 29 Vgl. Herman/Renz (1999), S. 119. Herman und Renz vertreten dabei den „radikaleren“ Ansatz des soziokulturellen Konstruktivismus (social consctructionist view). Vgl. Herman/Renz (1998). Da es sich im vorliegenden Untersuchungsberreich jedoch um gewachsene und nach Meinung der Autorin relativ stabile Wertesysteme handelt, verbleibt die Arbeit unter dem Paradigma des sozialen Konstruktivismus. 30 Vgl. Herman/Renz (1999), S. 121. 31 Vgl. Barton/Lazarsfeld (1984 [1955]) 32 Vgl. Kelle/Erzberger (2003), S. 300 27 28
30
1 Einführung in die Problemstellung
Postulat der subjektiven Interpretation, welches eine Rekursion sozialwissenschaftlicher Erklärungen auf den subjektiven Handlungssinn verlangt, als auch dem Postulat der Adäquanz, welches die Konsistenz von Konstruktionen der Sozialwissenschaft mit jenen der Alltagshandelnden fordert,33 entsprochen. 1.4.3 Phänomenologie als Lehre von Wahrnehmung und Erfahrungen „[N]o behavior in, or of, organizations can occur in the absence of perceptions.”34 Die (Mundan)-Phänomenologie wird als eine der zentralen Hintergrundtheorien qualitativer Forschung betrachtet. Ihr zentrales Thema ist die „Rekonstruktion der formalen Strukturen der Lebenswelt.”35 Der Sinn von Erfahrungen wird durch Bewusstseinsakte bestimmt: Eine Erfahrung (experience) ist „the apprehension of an object, thought, or emotion through the senses or mind.”36 In Erweiterung zu Pine und Gilmore, die eine imaginäre und physische Involvierung in die Erfahrung (experience) beschreiben,37 und Jo, Sherry, Mick und Arnould, welche die Bedeutung der physischen Umgebung (daher auch des Theaters oder eines Museums) für die Wahrnehmung eines Kunstwerks hervorheben,38 sehen d’Astous und Deschênes bereits die Vorstellung von einem Objekt oder einer Dienstleistung in Form sogenannter Konsumträume (consumption dreams) als bedeutsam.39 „This experiential perspective is phenomenological in spirit […]“40 und rückt Erfahrungen und Wahrnehmungen in den Vordergrund. Wie der Konstruktivismus ist auch die Phänomenologie als Wissenschaft einer Wesensschau der Dinge philosophische und wissenschaftstheoretische Grundhaltung zugleich. Nach Edmund Husserl ist die Wirklichkeit nur insofern gegeben, als sie sich einem wahrnehmend und erfahrenden Bewusstsein zeigt. Phänomenologie glaubt also nicht an eine „objektive Wahrheit“, sondern sieht die Welt als sozial konstruiert und subjektiv wahrgenommen, daher ist die Forschung stark wertegetrieben. Phänomenologie zeichnet sich insbesondere durch die Einführung der Deskription als Methode und ihren Anspruch als Fundament für alle anderen Wissenschaften aus. Für Husserl lag die entscheidende Ursache einer „Krise der Europäischen Wissenschaften“ darin, dass ihre ProtagonistInnen vergessen hatten,
Vgl. Hitzler/Eberle (2003), S. 113 Schneider, et al. (1980), S. 254 35 Hitzler/Eberle (2003), S. 109 36 Vgl. Definition in The American Heritage® Dictionary of the English Language: Fourth Edition (2000). 37 Vgl. Pine/Gilmore (1999), S. 31 38 Vgl. Joy, et al. (2003) 39 Vgl. d'Astous/Deschênes (2005) 40 Holbrook/Hirschman (1982), S. 132 33 34
1.4 Wissenschaftstheoretischer Zugang zum Erkenntnisobjekt
31
dass alle Wissenschaft in der Lebenswelt gründet.41 Alfred Schütz knüpfte an Husserls Vorstellung der Lebenswelt als intersubjektiv sinnvoller Welt an. Akteure greifen im Alltag auf bestimmte Methoden zurück, die es ihnen ermöglichen, von einem intersubjektiv geteilten Sinn auszugehen. Schütz untersucht die Bedingungen und Prinzipien, die diese Erzeugung von intersubjektivem Sinn leiten.42 Die Wissenschaft neigt dazu, stark vereinfachte (ceteris paribus) Modelle zu verwenden, welche zwar konstruiert, aber nicht direkt erfahrbar oder wahrnehmbar sind. Analysen von Kulturinstitutionen fokussieren auf strukturelle Gegebenheiten und selten auf den intrinsischen Charakter ihrer Produkte bzw. Produktionen. Studien im Kulturbereich setzen sich vielfach mit sozial-demographischen Unterschieden von Publika auseinander und relativ selten mit der Wahrnehmung derselben Kunstformen.43 Interdisziplinäre und komplexe ästhetische Phänomene wie Stimmungen, Denkmuster und Wahrnehmungen können dadurch nur unvollständig beschrieben werden. Musik, zum Beispiel, muss gehört werden – und sie muss gedacht werden. Das Hören von Musik ist kein passiver, sondern ein aktiver alle Sinne involvierender Rezeptionsprozess. Eine Phänomenologie der Musik beschreibt, wie der Klang eindeutig auf das menschliche Bewusstsein einwirkt: Musik findet nicht auf der Bühne statt, sondern im Bewusstsein der RezipientInnen. Sie erfasst Musik als Sinn generierenden Prozess und versucht diese geistigen Vorgänge in einen Erklärungsversuch mit einzubeziehen.44 „Der Mensch steht der Welt nicht gegenüber, sondern ist Teil des Lebens, in dem die Strukturen, der Sinn, das Sichtbarwerden aller Dinge gründen.“45 Anknüpfend an Husserl versucht Merleau-Ponty, die Welt als Ort des Wahrnehmens, Denkens und Handelns wiederzuentdecken.46 Unter Wahrnehmung (perception) versteht man das Erkennen, Auswählen, Organisieren und Interpretieren von Stimuli mit dem Ziel der umgebenden Welt Sinn zu verleihen. Dazu gehören einerseits die sinnlich wahrgenommene Empfindung des Stimulus, andererseits der Prozess der Interpretation oder der Codierung, um dem Empfundenen Bedeutung zuschreiben zu können. Das Individuum rekonstruiert diese Wahrnehmungen, um nicht mit seinen grundlegenden Einstellungen, seiner Persönlichkeit, seinen Motiven oder Hoffnungen in Konflikt zu geraten.47 Phänomenologie hat vier wichtige Funktionen, 1) eine heuristische Funktion in der Bewahrung von Offenheit für neue Phänomene, Ideen und Lösungen, 2) eine deskriptive Funktion die menschliches Verhalten als Sinn gebendes soziales Handeln Vgl. Husserl (1954) Vgl. Schütz (1974) 43 Vgl. Blau (1988), S. 271 44 Vgl. Faltin (1979) 45 Merleau-Ponty/Lefort (1986), S. 180 46 Vgl. Merleau-Ponty (1966 [1945]) 47 Vgl. Harrell (1986), S. 66; Foxall/Goldsmith (1998), S. 51 ff. 41 42
32
1 Einführung in die Problemstellung
beschreibt, 3) eine kritische Funktion in Bezug auf bestehenden Theorien, Annahmen und Erfahrungen sowie 4) eine dekonstruierende Funktion in Hinblick auf die Reduktion von Vorurteilen oder historischen und kulturellen Vorbelastungen.48 Der zu beobachtende Zuwachs an phänomenologisch orientierter Forschung geht einher mit der „qualitativen Wende“ der empirischen Sozialforschung.49 Eine phänomenologische Untersuchung beginnt dort, wo „nicht bloss objektive Phänomene inventarisiert werden, sondern wo die Phänomenalität der Phänomene und ihr Logos selbst mit zum Thema gemacht wird.“50 Phänomenologie involviert einen intentionalen Akt (Prozess) der dem Untersuchungsgegenstand Sinn, Bewertung und Bedeutung zuschreibt. Insbesondere der zweite Teil der empirischen Untersuchung zeigt ein deutliches Charakteristikum phänomenologischer Untersuchungen, indem die qualitativen Interviews an der Perspektive des zu untersuchenden Individuums ansetzen um eine möglichst intensive Deskription seiner Bedeutungsstrukturen und Intentionen zu erlangen. 1.4.4 Postmoderne Die Postmoderne bezeichnet gesamtwirtschaftliche Veränderungsprozesse und Formen aktueller gesellschaftlicher Strukturen. Mit dem ausgehenden 20. Jahrhundert wird die Postmoderne als kritische Stellungnahme gegenüber der Moderne und als Inbegriff eines neuen Zeitgeistes aufgefasst, der die Unzuverlässigkeit bisher gewonnener Erkenntnisse postuliert und die Vielfalt nebeneinander bestehender Perspektiven zulässt. Die Postmoderne wird als Möglichkeit gesehen, zu einem neuen Verständnis von Organisationen und ihrem Management zu gelangen.51 Dabei bezeichnet die Postmoderne auch den Übergang des „modernen“ Paradigmas der Wirtschaft in welchem Ordnung, Bürokratie, Starrheit und Kontinuität vorherrschen zu einer Perspektive, die Unsicherheiten, Netzwerke, Dynamik und Wandel betont.52 Es wird das Bild einer pluralistischen Gesellschaft gezeichnet, die Rücksicht auf ihre sich stets wandelnden Mitglieder nimmt und sich intensiv und permanent weiterentwickelt.53 Die Pluralität von Orientierungsmustern, die Verwendung von Metaphern oder der narrative Charakter organisationaler Phänomene sind relevante Themen der Postmoderne.54 Das Unternehmen ist nicht mehr eine Einheit autonomer Disposition in Marktgrenzen, sondern wird „grenzenlos“.55 Das Vgl. Sparrer (2001), S. 72 Vgl. Mayring (2002), S. 9 f. 50 Waldenfels (1992), S. 19 51 Vgl. Schreyögg (1999) 52 Vgl. u. a. Clegg (1990); Halliday (1999), S. 354; 53 Vgl. Etzioni (1968), S. 523 f. 54 Vgl. Schreyögg (1999), S. 4 55 Vgl. Picot, et al. (1998) 48 49
1.5 Erkenntnistheoretische Grundlagen und Zugänge
33
neue Organisationsmodell tritt in den Wettbewerb um unternehmerische Ideen um auf neue, veränderte Anforderungen flexibel reagieren zu können. Die radikale Infragestellung traditioneller Organisationskonzepte impliziert auch die Unzulänglichkeit traditioneller Instrumente der Erfolgsmessung. Die vorliegende Arbeit vertritt insofern eine postmoderne Perspektive, als sie das Konstrukt Erfolg im Musiktheater als dynamisches Konzept eingebettet in eine Vielzahl dynamischer und interdependenter Stakeholder- und Umweltbeziehungen betrachtet, versucht relevante Werte zu identifizieren und neue Formen der Bewertung vorzuschlagen. Das postmoderne Individuum ist im Gegensatz zur Betrachtungsweise der Moderne nicht in vorgefertigten Identitäten gepackt, sondern darauf angewiesen, Verantwortung für die Gestaltung seines Lebens, seiner Netzwerke und seiner Identität zu übernehmen. Die Wahrheit über das Individuum wird als „Konstruktion des Augenblicks, die nur für eine gewisse Zeit und innerhalb bestimmter Beziehungen wahr ist“,56 begriffen. Diese Identität wird durch neue situative Gegebenheiten wie neue Lebensmuster und -stile, Rollenverständnisse, aber auch Veränderungen der Beschäftigungsstrukturen determiniert.57 1.5 Erkenntnistheoretische Grundlagen und Zugänge Die Reduktion auf ökonomische Ursachen allein ist auf keinem Gebiete der Kulturerscheinungen je in irgendeinem Sinne erschöpfend. Max Weber, Die Objektivität sozialwissenschaftlicher und sozialpolitischer Erkenntnis, 1904
Die Welt der Kunst wird von verschiedenen Theorien als Systeme von in Wechselbeziehungen stehenden Menschen und Organisationen, beispielsweise als so genannte autopoietische Systeme oder „reward systems“58 bezeichnet. Ähnlich Organismen nehmen soziale Systeme nur Stoffe aus der Umwelt auf, die für ihre Selbstreproduktion relevant sind: „Ein soziales System kommt zustande, wenn immer ein autopoietischer Kommunikationszusammenhang entsteht und sich durch Einschränkung der geeigneten Kommunikation gegen eine Umwelt abgrenzt. Soziale Systeme bestehen demnach nicht aus Menschen, auch nicht aus Handlungen, sondern aus Kommunikationen.“59
Pierre Bourdieu definiert soziale Positionen als von einander abhängig. Er betrachtet die Welt der Kunst als Netzwerkkonfiguration, die kontinuierlich ihre Form Gergen (1996), S. 44 Vgl. Gergen (1990) 58 Vgl. Crane (1976) 59 Luhmann (1986), S. 269 56 57
34
1 Einführung in die Problemstellung
ändert, da die AkteurInnen sich innerhalb des Netzwerkes und im Verhältnis zueinander neu postieren.60 1.5.1 Ressourcen- und kompetenzenorientierter Ansatz Nachhaltige Wettbewerbsvorteile werden als Grundvoraussetzung für eine langfristige Existenzsicherung von Unternehmen betrachtet. Zur Beantwortung der Frage, wie diese Wettbewerbsvorteile erlangt werden können, rückte in den 1990er Jahren die Ressourcenausstattung einer Unternehmung in den Vordergrund, mit dem Ziel ihre Kernkompetenzen zu nutzen um Wettbewerbsvorteile zu erzielen. Im Gegensatz zum marktorientierten Ansatz der Unternehmensführung (Market-based view), welcher Merkmale der Branche wie Skaleneffekte oder Markteintrittsbarrieren betont und sich auf das externe Unternehmensumfeld fokussiert, widmet sich der ressourcenorientierte Ansatz (Resource-based view) den internen Stärken und Schwächen. Die zu erbringende Leistungsfähigkeit des Unternehmens wird nicht vom Absatzmarkt determiniert wie im marktorientierten Ansatz, sondern es werden die angebotenen Produkte und ihre Attraktivität als Spiegel der vorhandenen Ressourcen und Kompetenzen betrachtet.61 So sind Ressourcen und Produkte nur zwei Seiten derselben Münze.62 Da tangible Vermögenswerte (assets) nicht als strategische Wettbewerbsvorteile betrachtet werden und damit nicht zum langfristigen Erfolg einer Unternehmung beitragen,63 wurde der Fokus auf die intangiblen Vermögenswerte einer Unternehmung gelegt. Anfang der 1990er Jahre entwickelte sich innerhalb des ressourcenorientierten Ansatzes der kompetenzbasierte Ansatz (Competence-based view), welcher auf den Kernkompetenzen der Unternehmung fokussiert. Diese Perspektive definiert die Unternehmung und ihre Wettbewerbsfähigkeit durch die Existenz von individuellen und Team-Kompetenzen, wie z. B. besondere Fähigkeiten und Fertigkeiten oder implizites Wissen,64 sowie deren Erhaltung und Stärkung.65 Dynamische Fähigkeiten (dynamic capabilities) sind organisationale und strategische Prozesse und Routinen, die es Unternehmen ermöglichen, ihre Aktivposten neu zu konfigurieren und sich einer ändernden Umwelt anzupassen.66 Dadurch überwindet der kompetenzorientierte Ansatz den Fokus Vgl. Bourdieu (1983); De Nooy (2002), S. 148); Giuffre (1999), S. 818 f. Vgl. u. a. Hinterhuber/Friedrich (1997); Ossadnik (2000) 62 Vgl. Wernerfelt (1984), S. 171 63 Ein strategischer Vermögenswert zeichnet sich dadurch aus, dass er wertvoll (valuable), selten (rare), nicht imitierbar (imperfectly imitable) und nicht substituierbar (non-substitutable) ist. Tangible Vermögenswerte können sowohl käuflich erworben als auch imitiert werden. Vgl. Barney (1991) 64 Ein Fokus auf die Ressource Wissen zeigt sich in der Entwicklung des wissensorientierten Ansatzes (knowledge-based view). Vgl. u. a. Grant (1996); Spender (1996) 65 Vgl. u. a. Bailom, et al. (2006); Friedrich, et al. (2002); Hamel/Prahalad (1990) 66 Vgl. Eisenhardt/Martin (2000), S. 1107 60 61
1.5 Erkenntnistheoretische Grundlagen und Zugänge
35
auf die interne Ressourcenausstattung zugunsten einer Ausgewogenheit zwischen nach innen gerichteter Unternehmungs- und nach außen gerichteter Markt- bzw. Umweltorientierung. Besonders in multiprofessionellen projektorientierten Institutionen wie Theatern oder Orchestern stellen Identifikation und Nutzung von Kernkompetenzen eine wichtige Herausforderung dar. Während hohe professionelle Fertigkeiten der MitarbeiterInnen vielfach vorausgesetzt werden, sind es die Arbeit im Team und der Umgang mit unterschiedlichsten projektspezifischen Kompetenzen welche der Kulturinstitution ihre spezielle Identität verleihen. Insbesondere diese organisationale Identität und die inhärenten Ziel- und Wertkonflikte (z. B. zwischen künstlerischen und finanziellen Zielsetzungen) können die Entwicklung und Wahrnehmung von Kernkompetenzen im Musiktheater stark beeinflussen.67 1.5.2 Stakeholderorientierter Ansatz Während Unternehmen das Ziel verfolgen, auf dem globalen Markt wettbewerbsfähig zu sein und ihren Anteilseignern (Shareholdern) hohe Erträge zu erwirtschaften, führen manche der eingesetzten Strategien zu Handlungen die von verschiedenen Stakeholdergruppen als negativ wahrgenommen werden können. Das Management konfligierender Stakeholder-Interessen ist seit Mitte der 1980er Jahre zu einer primären Managementfunktion avanciert.68 Stakeholder bezeichnen hierbei Individuen oder Gruppen die durch die Erreichung der Ziele eines Unternehmens betroffen sind oder umgekehrt diese Zielerreichung beeinflussen können bzw. als „those groups without whose support the organisation would cease to exist.“69 Im Rahmen einer verstärkten Beachtung der unternehmerischen sozialen Verantwortung wurden Beziehungen zu bis dahin vernachlässigten Bezugsgruppen aufgebaut. Der Stakeholder-Ansatz gibt einen strategischen Rahmen, um mit Veränderungen der Umwelt flexibel umgehen zu können. Es handelt sich um einen strategischen Managementprozess und weniger einen Planungsprozess. StakeholderManagement ist sowohl präskriptiv als auch deskriptiv, es impliziert, dass Beziehungen zu Stakeholdern nicht als gegeben wahrgenommen werden müssen, sondern aktiv beeinflusst und gestaltet werden können. Zentrales Anliegen sind das Überleben und der langfristige Erfolg des Unternehmens in einer turbulenten Umwelt. Es gilt Veränderungsprozesse so zu gestalten, dass alle Stakeholder – KundInnen, MitarbeiterInnen, AnteilseignerInnen und die Financial Community, LieferantInnen,
Vgl. Glynn (2000) Vgl. Ansoff (1984); Freeman (1984); Anfänge des Konzeptes gehen auf Arbeiten des Stanford Research Institutes in den 1960er Jahren zurück. 69 Freeman (1984), S. 13 67 68
36
1 Einführung in die Problemstellung
die Gesellschaft und eventuelle verbündete Unternehmen – zufriedengestellt und ihr Wert erhöht wird.70 „[A] stakeholder approach rejects the very idea of maximizing a single-objective function as a useful way of thinking about management strategy. Rather, stakeholder management is a neverending task of balancing and integrating multiple relationships and multiple objectives.“71
Die Erkenntnis, dass eine Vielzahl diverser Stakeholder auf lange Sicht nur erfolgreich kooperieren können, unterstreicht die kritische Rolle von Werten und einem wertebasierten Management (value-based management) in der strategischen Ausrichtung des Unternehmens.72 1.5.3 Erfolgsfaktorenforschung Nicht alles, was zählt, kann gezählt werden, und nicht alles was gezählt werden kann, zählt... Albert Einstein (1879-1955), dt. Physiker und Nobelpreisträger
Ziel der Erforschung von Erfolgsfaktoren ist die Ermittlung jener Determinanten, die den Unternehmenserfolg auf lange Sicht nachhaltig beeinflussen. Diesem Versuch liegt die Grundannahme zugrunde, dass es eine begrenzte Zahl an Variablen gibt, die über Erfolg, aber auch Misserfolg eines Unternehmens oder einer strategischen Geschäftseinheit entscheiden.73 Grundsätzlich liegt der Erfolgsfaktorenforschung jedoch eine positive Denkhaltung in Richtung Erfolg zugrunde. Zur Bewertung des Erfolges werden messbare Indikatoren für den Unternehmenserfolg – so genannte Erfolgsindikatoren wie Gewinn, Umsatzwachstum oder Rentabilität – bestimmt. In weiterer Folge wird untersucht, welche Variablen oder Erfolgsfaktoren diese Indikatoren beeinflussen. Interne Variablen sind unternehmensinhärent und können durch Entscheidungen innerhalb des Unternehmens beeinflusst werden. Externe Variablen hingegen liegen als umweltbezogene Größen meist außerhalb der Einflussmöglichkeiten des Unternehmens. Versuche, kritische Erfolgsfaktoren quantitativ zu erfassen, wie das in den 1960er Jahren begonnene PIMS-Programm (Profit-Impact-of-Market-Strategies),74 wurden vielfach kritisiert. Die Unmöglichkeit der Isolation einzelner Erfolgsfaktoren durch die Vielzahl interdependenter interner und externer Einflussfaktoren auf den Erfolg wurde betont. Auch die Frage ob das Vgl. Hinterhuber (2004b), S. 9 Freeman/McVea (2001), S. 194 72 Vgl. Conway/Whitelock (2003), (2007); Morgan/Hunt (1994) 73 Vgl. Haenecke (2002), S. 166 74 Vgl. u. a. Buzzell/Gale (1989) 70 71
1.5 Erkenntnistheoretische Grundlagen und Zugänge
37
Individuum, das Team, eine Geschäftseinheit oder das gesamte Unternehmen Träger des Erfolges ist, blieb unbeantwortet.75 Neuere Arbeiten fordern eine Berücksichtigung möglicher Störungen durch Erfolgsmessungsmaßnahmen und stellen jedenfalls die Auffassung, Erfolgsmessung alleine trüge schon zur Erfolgsverbesserung bei, in Frage.76 Es gibt keine allgemeingültige Kennzahl oder kein Messsystem, das allen Zielsetzungen einer Erfolgsmessung gerecht werden kann. Daher sollte die Messung von Erfolg in Hinblick auf die strategischen Zielsetzungen erfolgen, und nicht als „an end in itself“.77 Da insbesondere im Kulturbetrieb weder der strategische Erfolg noch seine Ursachen direkt durch quantitativ messbare Größen ausgedrückt werden kann, erscheint eine gleichzeitige Berücksichtigung quantitativer und qualitativer bzw. „harter“ und „weicher“ Erfolgsfaktoren wichtig. 1.5.3.1 Zugänge zur Effektivitätsforschung Die Konzepte Erfolg und Effektivität, als Grad der Zielerreichung bzw. als Ausmaß in dem geplante Tätigkeiten verwirklicht und geplante Ergebnisse erreicht werden,78 haben im Zuge der Kürzungen staatlicher Mittel und eines steigenden Wettbewerbes um Kultur- und Freizeitpublika Einzug in die kulturwirtschaftliche Forschung gehalten. In einer der seltenen Meta-Studien zum Thema Erfolg hat Forbes drei Hauptrichtungen der empirischen Studien der Effektivität von Non-ProfitOrganisationen aus über zwanzig Jahren identifiziert:79
Der Zielerreichungsansatz (goal-attainment approach)80 basiert auf der Annahme, dass die Ziele einer Unternehmung identifizierbar und eindeutig seien und misst Effektivität in dem Ausmaß in welchem diese Ziele erreicht werden. Aufgrund der relativ guten Messbarkeit ist dieser Ansatz in der empirischen Forschung am weitesten verbreitet. Der System-Ressourcen-Ansatz (system resource approach)81 legt besonderes Augenmerk auf die Beschaffung organisationaler Ressourcen und definiert Effektivität als Lebensfähigkeit der Organisation.
Beide Ansätze verwenden in der Regel quantitatives Archivmaterial wie Finanzberichte oder Gewinn- und Verlustrechnungen. Mit Hilfe multidimensionaler Ansätze Vgl. Kirby (2005), S. 31 Vgl. u. a. Halachmi (2005), S. 504 ff. 77 Vgl. Behn (2003) 78 Erfolg und Effektivität sind nicht deckungsgleich, Effektivität wird jedoch als Indikator für Erfolg betrachtet. Effizienz beschreibt die Zielerreichung im Verhältnis zum Ressourceneinsatz. 79 Vgl. Forbes (1998), S. 184; siehe auch Baetge, et al. (2007), S. 189 f. 80 Vgl. Etzioni (1964) 81 Vgl. Yuchtman/Seashore (1967) 75 76
38
1 Einführung in die Problemstellung
wurde versucht, beide Ansätze miteinander zu verknüpfen. Für diese Arbeit von Bedeutung ist der dritte Ansatz, das „Unmessbare zu messen“:
Der Reputations-Ansatz (reputational approach) oder interessenspluralistische Ansatz (multiple constituency approach)82 basiert auf den Wahrnehmungen und Meinungen der wichtigsten (Schlüssel)-Personen welche die Basis der Effektivitätsmessung darstellen. Dies können MitarbeiterInnen, KundInnen oder externe ExpertInnen sein. Der Reputations-Ansatz betrachtet jene Organisationen als erfolgreich, die in der Lage sind, die Interessen möglichst aller internen und externen Stakeholdergruppen zu wahren.
Zur Operationalisierung des Konstruktes Erfolg werden im System-RessourcenAnsatz sowie dem Reputations-Ansatz monetäre und nicht-monetäre ökonomische sowie soziale Erfolgsdimensionen unterschieden. Für den ökonomischen Erfolg werden dabei normalerweise entweder der bilanzielle Erfolg in Form einer bilanziellen Eigenkapitalzunahme oder der ökonomische Gewinn in Form einer Veränderung des Ertragswertes herangezogen.83 Der Ansatz der sozialen Konstruktion erkennt verschiedene Sichtweisen verschiedener „Kundenkreise“ an.84 Die Betrachtung von Erfolg als von verschiedenen StakeholderInnen vorgenommene Bewertung, anstelle einer reellen, unabhängigen Eigenschaft von Unternehmen, führt zu differenzierten Einschätzungen desselben Konstruktes. Der Reputationsansatz ist insbesondere für Organisationen geeignet, deren Effektivität nur durch die subjektive Meinung entsprechender Bezugsgruppen sinnvoll gemessen werden kann und/oder wo es keinen Konsens über die relative Bedeutung verschiedener Erfolgskriterien gibt.85 Herman und Renz fanden deutliche Unterschiede in den Bewertungen von Board-Mitgliedern, Führungskräften und Geldgebern von Non-Profit-Organisationen. Organisationale Effektivität kann in diesem Zusammenhang nicht auf eine einzig gültige Maßzahl reduziert werden.86 Herman und Renz empfehlen, dass „managers get the best possible reading on the criteria that are important to each group.”87 Dieser Empfehlung folgend, wird in der vorliegenden Arbeit versucht, die Kriterien für die Konstruktion des Erfolgs für MitarbeiterInnen von Musiktheaterinstitutionen zu eruieren und zu operationalisieren.
Vgl. Thompson (1967) Vgl. Baetge, et al. (2007), S. 190 84 Vgl. Forbes (1998), S. 186 85 Vgl. Tsui (1990), S. 480 86 Vgl. Herman/Renz (1997), S. 196 87 Herman/Renz (1997), S. 203 82 83
1.5 Erkenntnistheoretische Grundlagen und Zugänge
39
1.5.3.2 Erklärungsansätze für die wahrgenommene Gültigkeit von Erfolgsfaktoren Die Suche nach einigen wenigen, allgemeingültigen Erfolgsfaktoren spiegelt nicht zuletzt das Bedürfnis und die Notwendigkeit wieder, Komplexität zu reduzieren um Entscheidungen treffen zu können. In seinem Konzept der „Bounded Rationality“88 geht Herbert Alexander Simon von der begrenzten Rationalität der AkteurInnen aus, welche aufgrund begrenzter Information, Ressourcen oder zeitlicher Restriktionen nicht in der Lage sind, alle möglichen Alternativen zu suchen und zu bewerten. In der Folge setzen sie im Rahmen der „prozeduralen Rationalität“ Verfahren und Techniken der Entscheidungsfindung ein, die eine Reduktion der Komplexität erlauben. Diller und Lücking identifizieren drei wahrnehmungspsychologische Determinanten der begrenzten Rationalität:89
Das Konzept der simplifizierenden Umwelt basiert auf der Heranzierung vereinfachter Annahmen oder Heuristiken, die sich auf besondere, herausragende Stimuli – wie eben Erfolgsfaktoren stützen, um eine Informationsüberladung durch Einzelwahrnehmungen zu verhindern. Das Konzept des kognitiven Schemas gründet auf den kognitiven Strukturen der Individuen, welche aus ihren Werten, Erfahrungen, Bedürfnissen, Interesse sowie kulturellen Hintergründen aufgebaut sind. Die Akteure nehmen ihre objektive Umgebung in Form kulturell vorgefertigter, mit Symbolen assoziierter und vereinfachter gedanklicher Modelle wahr. Das Konzept der selektiven Wahrnehmung schließlich fußt auf dieser Fokussierung des Individuums auf bestimmte Stimuli. Für die Wahrnehmung eines Reizes sind dessen Intensität, Häufigkeit und Vertrautheit ausschlaggebend.
Die Suche nach allgemeingültigen Erfolgskriterien bewegt sich somit im Spannungsfeld zwischen dem Anspruch auf Vollständigkeit und Aspekten der Transparenz und Handhabbarkeit. 1.5.4 Kulturorganisationale Forschung Grundlegend stellt sich die Frage, ob Erkenntnisse über Organisationen im Allgemeinen auf Kulturorganisationen im Speziellen übertragen werden können – und umgekehrt. Kulturorganisationen sind als Unternehmen, die Produktionsfaktoren in konsumierbare Wirtschaftsgüter umsetzen und eine Austauschbeziehung mit KonsumentInnen eingehen, integraler Bestandteil des Wirtschaftskreislaufs. Durch 88 89
Vgl. Simon (1957) Vgl. Diller/Lücking (1993), S. 1232
40
1 Einführung in die Problemstellung
wirtschaftliche Austauschbeziehungen entsteht ein monetärer Wert kultureller Güter. Dennoch sind Darstellende Kunst-Organisationen (performing arts organizations) ebenso wie andere Dienstleistungsorganisationen im Allgemeinen oder spezialisierte Organisationen wie Krankenhäusern oder Hochschulen durch folgende Eigenschaften charakterisiert, die sie vom „klassischen“ Unternehmen abgrenzen:90
Kulturbetriebe produzieren eine intangible Dienstleistung, deren Qualität schwierig zu evaluieren ist;91 Mit Ausnahme größerer Organisationen gibt es wenig strukturelle Differenzierung in Bezug auf die Gliederung der MitarbeiterInnen in funktionale Abteilungen; Normalerweise ist der operative Kern größer als der Rest der Organisation; 92 Der operative Kern besteht aus semi-professionellen MitarbeiterInnen bzw. ExpertInnen, die einen bestimmten Grad an Autonomie verlangen und professionelle und künstlerische Werte eher als organisationale Werte verteidigen; In diesem Zusammenhang genießt die künstlerische Direktion einen hohen Grad an Entscheidungsgewalt in den Bereichen Programmierung sowie Rekrutierung, Kompensation und Förderung der KünstlerInnen; Die Aktivitäten der Organisation sind zum größten Teil projekt-basiert und involvieren atypische Beschäftigungsverhältnisse bzw. die Koexistenz verschiedenster Beschäftigungsverhältnisse;93 Aufgrund des hohen Einsatzes an Arbeitskraft leiden diese Organisationen unter der Baumolschen Kostenkrankheit, so dass steigende Defizite durch fehlende Produktivitätssteigerungen in Relation zur restlichen Wirtschaft nicht wettgemacht werden können.94
Diese Ergebnisse legen den Schluss nahe, dass wiewohl es sich auch bei Kulturorganisationen um Organisationen im wirtschaftlichen Kreislauf handelt, sie doch wichtige organisationale Unterschiede aufweisen, die es im Laufe der weiteren Untersuchung zu beachten gilt. Eine spezielle Kulturbetriebslehre umfasst daher kulturelle, soziologische und wirtschaftliche Zugänge zu kulturellen Gütern und Dienstleistungen.95
Ergänzt nach Castañer/Campos (2002), S. 41 Vgl. auch Colbert (1994); Kotler/Scheff (1997) 92 Vgl. auch Auvinen (2000) 93 Vgl. Haunschild (2002), S. 582 94 Vgl. Baumol/Bowen (1967) 95 Vgl. Hasitschka, et al. (2005), S. 147 90 91
1.5 Erkenntnistheoretische Grundlagen und Zugänge
41
1.5.5 Sprech- und Musiktheater als Erkenntnisobjekt Ich glaube an die Unsterblichkeit des Theaters. Es ist der seligste Schlupfwinkel für diejenigen, die ihre Kindheit heimlich in die Tasche gesteckt und sich damit auf und davon gemacht haben, um bis an ihr Lebensende weiterzuspielen. Max Reinhardt (1873-1943), österreichischer Theaterregisseur
Die Republik Österreich und die Bundesrepublik Deutschland zeichnen sich durch eine Vielfalt und Größe ihrer Theaterlandschaft aus, „die international nach ihresgleichen sucht.“96 Deutschland leistet sich eine der größten öffentlichen Theaterbranchen der Welt. Das Bild der Theater- und Orchesterlandschaft in Deutschland wird wesentlich durch die 151 öffentlich getragenen Theater bestimmt, also durch Stadttheater, Staatstheater und Landesbühnen. Hinzu kommen rund 280 Privattheater, etwa 130 Opern-, Sinfonie- und Kammerorchester97 und ca. 40 Festspiele, rund 150 Theater- und Spielstätten ohne festes Ensemble und um die 100 Tournee- und Gastspielbühnen ohne festes Haus. Von den mehr als 90 Musiktheaterensembles sind 83 in öffentlicher Trägerschaft. Diese Vielfalt ist charakteristisch für die deutsche Theaterlandschaft und steht im Gegensatz zu Ländern wie Frankreich, die den Fokus auf ein einziges „übermächtiges“ Theaterzentrum legen. Rund 35 Millionen ZuschauerInnen aller Altersgruppen besuchen Jahr für Jahr fast 110.000 Theateraufführungen und 7.000 Konzerte, dabei werden in jeder Spielzeit im Sprech- und Musiktheater rund 5.800 Inszenierungen und 2.500 Werke aufgeführt. Der Staat fördert mit zwei Milliarden Euro pro Jahr (im Schnitt 13 Millionen Euro pro Theater). Spitzenplätze bezüglich der Kostendeckungsgrade deutscher Theater belegen die Hamburger Staatsoper mit 29 Prozent sowie das Thalia Theater mit 25,6 Prozent für das Jahr 2004.98 Die österreichischen Theater- und Konzertveranstalter konnten in der Spielzeit 2004/05 insgesamt sechs Millionen Besuche bei knappt 15.600 erfassten Veranstaltern verzeichnen. Den höchsten Deckungsgrad erreichten die Vereinigten Bühnen Wien mit 60,6 Prozent und die Staatsoper Wien mit 46,4 Prozent. Österreich gilt – insbesondere was das Musiktheater anbelangt – als das am besten mit festen Theaterhäusern versorgte europäische Land.99 An der Wiener Staatsoper, einem Repertoirebetrieb, stehen alljährlich über 50 Produktionen auf dem Spielplan. Die Bundestheater-Holding in Wien – zu 100 Prozent im Eigentum des Bundes und Alleineigentümerin der Wiener Staatsoper GmbH, Volksoper Wien Vgl. Heinrichs/Klein (2001), S. 372 ff. Hinzu kommen 82 Orchester als Musiktheaterorchester Teil eines öffentlich getragenen Theaters, vgl. Bolwin (2005), S. 19 98 Vgl. Brandenburg (2005), S. 53); Deutscher Bühnenverein (DBV) (online); Institut für Kultur- und Medienmanagement (2006), S. 50 99 Vgl. Statistik Austria (2007b), S. 20; dies kann jedoch nicht anhand einer harmonisierten europäischen Statistik belegt werden sondern beruht nach Angaben der Statistik Austria zum überwiegenden Teil auf primärstatistischen Erhebungen bei den einzelnen Häusern. 96 97
42
1 Einführung in die Problemstellung
GmbH und Burgtheater GmbH – gilt mit 2.500 MitarbeiterInnen und einem Budget von ca. 210 Millionen Euro als größter Theaterkonzern der Welt.100 Herman und Renz bestätigen durch ihre Forschung, dass die Ergebnisse und Interpretationen der Erforschung organisationaler Effektivität substantiell davon abhängen, welche Organisationen untersucht werden.101 Daher werden im empirischen Teil dieser Arbeit auch nicht die prestigeträchtigen Staatsopern in Wien, München oder Berlin untersucht. Die (Musik)-Theaterlandschaft wird weniger von Ein-Sparten-Staatsopern denn durch die Opernsparte eines Mehrsparten-Hauses mit relativ festem Ensemble geprägt.102 Innerhalb des Sektors, insbesondere aber auch im Vergleich zu andern nationalen Systemen, können folgende Unterscheidungsmerkmale für Theater und Theatersysteme herangezogen werden: 1) Sparten (Ein- oder Mehrspartentheater) 2) Trägerschaft (öffentlich, privat oder NPO), 3) Rechtsform (öffentliche Institution, GmbH, Verein) und 4) Spielplanprinzip (Repertoire oder Stagione).103 Entsprechend der Ausgestaltung unterscheiden sich organisatorische und finanzielle An- und Herausforderungen ebenso wie programmatische Möglichkeiten und Zielsetzungen. Die Bedeutung des Theaters als Wirtschaftsfaktor weicht vielfach seiner Wahrnehmung als reiner Subventionsempfänger. Auf dem Wege der Umwegrentabilität schaffen Theater Einkommens- und Beschäftigungseffekte, fungieren als Auftraggeber für die heimische Wirtschaft und erbringen durch ihre eigene Wirtschaftstätigkeit sowie die Ausgaben ihrer BesucherInnen Leistungen an die Wirtschaft und bewirken dadurch Steuerrückflüsse an den Staat. So können Theater mehr einbringen, als sie den Staat letztlich kosten.104 Soziale Effekte ergänzen den wirtschaftlichen Einfluss der Theaterlandschaft. Daher sind privatwirtschaftliche Kulturbetriebe ebenso wie Kulturbetriebe der öffentlichen Hand trotz der meist fehlenden Gewinnorientierung als Unternehmen zu behandeln. Der Rückgang öffentlicher Finanzmittel – zumeist Resultierende einer Kombination aus sinkenden Steuereinnahmen und gleichzeitig steigenden Ausgaben der öffentlichen Kultureinrichtungen – bedeutet nicht nur eine Verringerung von als sicher geltenden Einnahmequellen, sondern auch die Erfordernis, zusätzliche Mittel zu generieren. Dies geht einher mit erhöhtem Druck, die Verwendung dieser öffentlichen Mittel zu legitimieren und den Ressourceneinsatz transparent darzulegen. Daraus resultiert wiederum die Notwendigkeit für IntendantInnen bzw. GeschäftsführerInnen, neben ihrer künstlerischen Tätigkeit unternehmerisches und wirtschafliches Handeln an den Tag zu legen. Vgl. Bundestheater-Holding GmbH (online) Herman/Renz (1998), S. 34 102 Vgl. Brandenburg (2005), S. 52 f. 103 Vgl. Heinrichs/Klein (2001), S. 373; diese Merkmale werden im weiteren Verlauf der Arbeit genauer beschrieben. 104 Vgl. Beutling (1994), S. 271 100 101
1.5 Erkenntnistheoretische Grundlagen und Zugänge
43
Mehrere ForscherInnen gelangen zu der Auffassung, dass Non-ProfitOrganisationen professionelles Management zumindest ebenso nötig hätten wie andere Unternehmen. Ihr Motiv liegt in ihrer Mission, ihrem Kernauftrag, nicht im Gewinn. Dieser Ausgangspunkt führt zu einem klareren Verständnis darüber, worum es in der Organisation geht.105 Kulturinstitutionen wie Theater oder Opernhäuser sind daher auch aus einem Management-Standpunkt interessant:
Die organisationalen Prozesse zeigen einen hohen Grad an Komplexität bedingt durch den Einsatz von ExpertInnen verschiedener Bereiche und die enge Verzahnung mit dem administrativen Bereich; Die künstlerische Produktion ist ebenfalls durch starke Komplexität bestimmt, denn jede Oper, jedes Theaterstück, jedes Konzert ist eine einzigartige Leistung, deren Erfolg von einer Vielzahl von Faktoren beeinflusst wird; Ihr institutioneller Rahmen hat einen starken Einfluss auf ihre Art und Weise zu agieren sowie auf ihre allgemeine Leistung;106 Möglichkeiten zur Standardisierung sind begrenzt und aus künstlerischer Perspektive vielfach unerwünscht; Der Zeitpunkt der Leistungserstellung ist vordefiniert und nicht veränderbar. Jede Aufführung birgt durch die Tatsache, dass sie live, also in Echtzeit, stattfindet ein nicht kalkulierbares Risiko zu scheitern. Auch die Beziehung mit den externen Stakeholdern – der künstlerischen Community, öffentlichen Einrichtungen, Publikum, Geldgebern, der Gesellschaft etc. – ist in extremem Maße komplex, da jede Stakeholdergruppe durch verschiedene und teilweise konfligierende Ziele und Perspektiven ausgezeichnet ist.107
Eine weitere Besonderheit von Kulturorganisationen ist eine hohe Fluktuation im Führungsbereich ebenso wie in der künstlerischen Belegschaft. Dieser stete Wechsel der Beschäftigungsverhältnisse ist freilich nicht als Unfähigkeit der Führenden oder MitarbeiterInnen im Kulturbereich zu werten, sondern ist im Gegenteil Ausdruck für die Vielfalt, Mobilität, Flexibilität und Innovationskraft des Sektors. Zudem begründen sich Ruhm und Marktwert von IntendantInnen und KünstlerInnen auf Qualität und Zahl ihrer Engagements. Für die Führung repräsentativer Institutionen werden daher zumeist schillernde Persönlichkeiten mit Historie und einer Vision gewählt, um das (hoch-)kulturelle Image einer Stadt, Region oder eines Landes zu transportieren. Auch dieser Aspekt macht das Musiktheater zu einem spannenden Untersuchungsobjekt. Vgl. u. a. Speckbacher (2003), S. 267; Drucker (2006 [1990]) Vgl. Herman/Renz (1998) 107 Vgl. Voss, et al. (2000) 105 106
44
1 Einführung in die Problemstellung
1.6 Triangulation von Perspektiven und Methoden Im sozialwissenschaftlichen Diskurs wird Triangulation als Kombination von Methoden bei der Untersuchung desselben Phänomens interpretiert.108 Dadurch wird versucht ein tiefer gehendes Verständnis und eine angemessenere bzw. validere Erfassung des Untersuchungsgegenstandes zu erlangen. Das Potenzial liegt insbesondere darin, dass durch die Kombination von Perspektiven und Methoden unterschiedliche Aspekte eines Problems berücksichtigt werden können.109 Es ist Anliegen dieser Arbeit, die vorherrschende Monodimensionalität bei empirischen Untersuchungen von Einflussfaktoren auf den Erfolg im Kulturbereich durch einen erweiterten Zugang zu ergänzen. Triangulation kann verschiedene Formen annehmen: a) Triangulation von Daten durch die Einbeziehung verschiedener Datenquellen, b) Triangulation der ForscherInnen durch beispielsweise den Einsatz unterschiedlicher Interviewender um den subjektiven Einfluss aufzudecken oder zu minimieren, c) Triangulation von Theorien als Annäherung an die Daten unter Einbeziehung verschiedener Perspektiven und Hypothesen, die d) interdisziplinäre Triangulation durch die Integration anderer Disziplinen wie Kunst, Soziologie, Psychologie, Anthropologie etc. und schließlich die e) methodologische Triangulation. Letztere kann innerhalb einer Methode (within-method) oder zwischen verschiedenen Methoden (betweenmethod) stattfinden.110 Perspektiven Positivistisch / kritisch rational Konstruktivistisch / phänomenologisch
Daten
Methoden
Fragebögen Theater A (Ö) Fragebögen Theater B (D) Interviews Theater A (Ö) Interviews Theaterkompanie C (D)
Fragebogen (AMOS) Interviews (GABEK)
Abbildung 2:
Triangulation von Daten, Methoden und Perspektiven
Vgl. Denzin/Lincoln (1998); Flick (2002) Vgl. Flick (2002), S. 81 110 Vgl. u. a. Denzin/Lincoln (1998), S. 46 f.; Flick (2002), S. 330 ff.; Jakob (2001) 108 109
1.6 Triangulation von Perspektiven und Methoden
45
Die vorliegende Arbeit verbindet unter diesem Gesichtspunkt quantitative (AMOS) und qualitative Methoden (GABEK-WinRelan®), versucht aber auch durch die Kombination verschiedener Forschungssettings mögliche Lücken, die durch die Einseitigkeit von Sample oder Methode verblieben sind, anzureichern und zu schließen. Im Vergleich zu quantitativer Forschung zeigt sich ein qualitativer Zugang multidimensional und auch in Hinblick auf die verwendeten Paradigmen pluralistisch. Sowohl quantitative als auch qualitative Forschung unterliegen dem Anspruch nach Gütekriterien. Bei quantitativen empirischen Untersuchungen wird zwischen Haupt- und Nebengütekriterien unterschieden. Hauptkriterien sind 1) die Objektivität, 2) die Reliabilität bzw. Zuverlässigkeit, 3) die Validität bzw. Gültigkeit der Untersuchungen. Nebengütekriterien sind die Ökonomie (Wirtschaftlichkeit), Nützlichkeit, Normierung und Vergleichbarkeit von empirischen Untersuchungen.111 Diese Kriterien sind durch den Kanon der im 20. Jahrhundert vorherrschenden Wissenschaftstheorien Kritischer Rationalismus und Empirismus geprägt. Gegen die Formulierung von Qualitätskriterien für qualitative Forschung spricht, dass es einerseits aus postmoderner Sicht unmöglich sei, Kriterien auf ein festes Bezugssystem zu beziehen und zudem aus sozial-konstruktivistischer Sicht „die Annahme, die Welt sei sozial konstruiert, nicht mit Standards für die Bewertung von Erkenntnisansprüchen vereinbar ist, da damit die Grundlage des sozialen Konstruktivismus verlassen werden.“112 Dennoch werden auch für die qualitative Forschung Kernkriterien vorgeschlagen: 1) intersubjektive Nachvollziehbarkeit durch eine Dokumentation des Forschungsprozesses, die Interpretation in Gruppen sowie die Anwendung kodifizierter Verfahren, 2) die Indikation oder Angemessenheit des Forschungsprozesses, 3) die empirische Verankerung, 4) die Bestimmung der Grenzen entwickelter Theorien (Limitation), 5) Kohärenz und 6) Relevanz der entwickelten Theorien sowie 7) reflektierte Subjektivität der Forschenden.113 Die vorliegende Arbeit versucht, beiden Ansprüchen aus den entsprechenden Perspektiven gerecht zu werden.
Vgl. Lienert (1989) Steinke (2000), S. 321 113 Vgl. Steinke (2000), S. 323 ff. 111 112
2 Thematische Grundlagen und Rahmenbedingungen des Musiktheater-Managements
Die Gesellschaft verzeiht oft dem Verbrecher, niemals aber dem Träumer. Die schönen, zweckfreien Stimmungen, die die Kunst in uns weckt, sind ihr verhaßt. Oscar Wilde (1854-1900), irischer Schriftsteller
Ein gravierender Unterschied einer ökonomischen Auseinandersetzung mit Kulturbetrieben „zu den beiden Hauptgebäuden der Wirtschaftswissenschaften – nämlich der Volkswirtschaftslehre und der Betriebswirtschaftslehre – ist, dass in der Kulturbetriebslehre stets beide Aspekte zentrale Berücksichtigung finden.“114 Daher dient im vorliegenden Kapitel die Definition einiger zentraler Begriffe und Zusammenhänge als Grundlage zur Behandlung der im vorigen Kapitel definierten Problemstellung und soll es erlauben, die Arbeit einzuordnen und begrifflich-theoretisch zu verankern. Kunst und Wirtschaft werden bzw. wurden vielfach als zwei entgegen gesetzte Enden eines Kontinuums betrachtet, ihr Zusammentreffen als notwendiges Übel: „Wer Kultur sagt, sagt auch Verwaltung, ob er will oder nicht. Die Zusammenfassung von so viel Ungleichnamigem wie Philosophie und Religion, Wissenschaft und Kunst, Formen der Lebensführung und Sitten, schließlich dem objektiven Geist eines Zeitalters unter dem einzigen Wort Kultur verrät vorweg den administrativen Blick, der all das, von oben her, sammelt, einteilt, abwägt, organisiert.“115
Doch Kultur ist nach Adorno auch der Verwaltung entgegengesetzt – verwaltete Kultur müsse verkümmern, wenn sie ihren Freiraum nur von dem empfinge, wogegen sie rebelliert.116 Dadurch ist die Konstruktion der Rahmenbedingungen für die Kunst lediglich eine Quasi-Autonomie. Aufgabe eines Kultur-Managements ist es, eine wechselseitige Kommunikation zwischen beiden Bereichen aufzubauen. Die wirtschaftswissenschaftliche Forschung im Kulturbereich zeichnet sich insbesondere durch ihre Interdisziplinarität aus. Zur Behandlung der im ersten Kapitel vorgestellten Problemstellung werden in diesem Abschnitt zunächst die ausgewählten Hofecker (2006), S. 176 Adorno (1979), S. 122 116 Vgl. Adorno (1979), S. 122 ff. 114 115
48
2 Thematische Grundlagen und Rahmenbedingungen
Schwerpunkte der wirtschaftswissenschaftlichen Forschung im Kulturbereich behandelt. Dabei stehen die Besonderheiten des Kulturgutes auf einer aggregierten, makroökonomischen Ebene sowie auf mikroökonomischer Ebene der KonsumentInnen und ihrer Kaufentscheidungen im Vordergrund. Im Anschluss werden Besonderheiten des Kulturproduktes aus Management-Perspektive sowie eine Betrachtung des Theaters als Kulturbetrieb und die künstlerische Leitung im Musiktheater als essenzielle Rahmenbedingungen für eine Erfolgsbetrachtung behandelt. 2.1 Die Besonderheiten von Kulturgütern A thousand years makes economics silly and a work of art endures forever. Ernest Hemingway, “Green Hills of Africa”
Die Besonderheiten des Kulturgutes aus ökonomischer Perspektive stellen im Regelfall gleichzeitig die Argumente für einen staatlichen Eingriff oder staatliche Subventionen der Kultur dar. Der Markt im Sinne eines Zusammentreffens von Angebot und Nachfrage versagt und kann keinen optimalen Gleichgewichtszustand erreichen. Ein Gut, nach dem bei einem kostendeckenden Preis keine ausreichende Nachfrage besteht, verschwindet jedoch aufgrund der Marktprozesse vom Markt – im Falle der Kunst ein unerwünschtes Ergebnis, so dass man vom Versagen des Marktes spricht. Die mangelnde Marktfähigkeit der darstellenden Künste wird darin sichtbar, dass „sie auf einem Kunstanspruch bestehen, der sich nicht über die Zahlungsfähigkeit und Zahlungswilligkeit des nutzenden Publikums, also über den Markt finanzieren lässt, weil sich dieser Kunstanspruch nur in begrenzter Zahl (entsprechend der Raumkapazität des Veranstaltungsortes) vervielfältigen lässt. Das unvermittelte Kunsterlebnis lässt sich eben nicht industrialisieren […].“117
Ein kostendeckend arbeitendes Theater müsste in seinem Programm auf Unbekanntes und Experimentelles verzichten, um die erforderliche Vollauslastung seiner Kapazitäten zu gewährleisten. Um ein vielfältiges und nicht ausschließlich am Publikum orientiertes Repertoire anbieten zu können, sind die Vielzahl der Theaterbetriebe auf öffentliche Förderung angewiesen, die ihnen zur Erhaltung der Kunstfreiheit im Spannungsfeld zwischen künstlerischen und ökonomischen Zielen häufig gewährt wird. Eine neoklassische ökonomische Betrachtung geht in der Regel davon aus, dass staatliche Eingriffe durch drei mögliche Gründe gerechtfertigt werden können: (1) ungerechte bzw. ungleiche Verteilung der Marktergebnisse, (2) ineffiziente Märkte 117
Bendixen (1997), S. 45
2.1 Die Besonderheiten von Kulturgütern
49
und (3) das Handeln von Individuen aufgrund von Präferenzen, die nicht ihre „wahren“ Präferenzen widerspiegeln.118 Die folgenden Abschnitte beschäftigen sich mit Eigenheiten des Kulturgutes, die zu einem derartigen Marktversagen führen können. 2.1.1 Kunst als öffentliches Gut Ein öffentliches oder kollektives Gut im volkswirtschaftlichen Sinne zeichnet sich einerseits durch Nicht-Rivalität und andererseits durch Nicht-Ausschließbarkeit im Konsum aus. Ein Gut kann – zumindest bis zum Erreichen der Kapazitätsgrenzen – zur selben Zeit von verschiedenen Individuen konsumiert werden, ohne dass diese durch eine zusätzliche Nutzung schlechter gestellt würden (Nicht-Rivalität). Während in einem vollkommenen Markt der Preis eines Gutes seinen Grenzkosten entspricht, nähern sich die Grenzkosten in diesem Fall Null, das Gut müsste kostenfrei angeboten werden. Eine weitere Besonderheit ist, dass es technisch und ökonomisch schwierig ist, andere Personen vom Konsum des Gutes auszuschließen (Nicht-Ausschließbarkeit).119 Dadurch eröffnet sich die Möglichkeit für Trittbrettfahrer-Verhalten von KonsumentInnen (Free-rider-Problem) und einer tendenziellen – gesellschaftlich suboptimalen – Unterversorgung. So ist es beispielsweise im Fall des (reinen) öffentlichen Gutes „nationale Verteidigung“ für KonsumentInnen rational, eine Beteiligung an den Kosten für die nationale Sicherheit abzulehnen, da sie nicht vom militärischen Schutz ausgeschlossen werden können. Ähnliches gilt für die Erhaltung des kulturellen Erbes einer Nation. Häufiger anzutreffen sind „unreine“ öffentliche Güter bzw. sogenannte Mischgüter, die sowohl Charakteristika von öffentlichen als auch privaten Gütern aufweisen. So treffen diese Argumente z. B. im Fall von Bibliotheken, Parks oder medizinischer Forschung nicht im vollen Maß zu. Kulturelle Veranstaltungen besitzen – zumindest für ein bestimmtes Segment der Öffentlichkeit – Eigenschaften eines privaten Gutes. Theateraufführungen haben einen Preis und sind sowohl physisch durch eine gegebene fixe Anzahl an Sitzplätzen als auch in sozialer Hinsicht „exklusiv“ bzw. ausschließend. Hansmann argumentiert, dass Organisationen wie Orchester oder Theater keine primär öffentlichen oder kollektiven Güter produzieren, sondern der Großteil der Leistungen den TicketkäuferInnen zugute käme.120 Wahl-Zieger klassifiziert Kunstgüter wie einen Theaterbesuch als de-factoPrivatgüter bzw. privat erstellbare Kollektivgüter, deren Ausschließbarkeit von einem Erreichen der Kapazitätsgrenze abhängt.121 Vgl. Rushton (2000), S. 270 Vgl. Musgrave (1959), S. 9 120 Vgl. Hansmann (1987b), S. 29 121 Vgl. Wahl-Zieger (1978), S. 207 f. 118 119
50
2 Thematische Grundlagen und Rahmenbedingungen
2.1.2 Theorie der externen Effekte Die Pflege und Weiterentwicklung des Musiktheaters auf der einen Seite sowie der Bildungs- und Erziehungsauftrag von Kulturinstitutionen auf der anderen Seite sind weitere Argumente für eine öffentliche Förderung.122 Externe Effekte beschreiben Situationen, in welchen der soziale Wert nicht akkurat durch den Preis dargestellt wird, da durch Produktion und Konsum eines Gutes unbeabsichtigte Effekte auf einige Mitglieder der Gesellschaft – ob freiwillig oder nicht – einwirken.123 Sowohl positive als auch negative Externalitäten verhindern die Pareto-Optimalität eines Marktes. Das klassische Beispiel für einen negativen externen Effekt ist die Umweltverschmutzung, deren wahre gesellschaftliche Kosten nicht durch den Preis des Gutes abgebildet wird. Hier versucht man, über die Vergabe von Eigentumsrechten, Ge- und Verboten, Auflagen und Steuern sowie Subventionen die entstandene „Ungerechtigkeit“ auszugleichen. Im Falle eines gesellschaftlichen Nutzens durch beispielsweise eine künstlerische Produktion, die auch den nicht teilnehmenden Mitgliedern der Gesellschaft zugute kommen, spricht man von positiven externen Effekten. Dies ist eine der Hauptbegründungen für die staatliche Unterstützung von Kultur. Als positive externe Effekte können beispielsweise die Bildung nationaler Identität und Prestiges oder die „Verbesserung“ des öffentlichen Geschmacks gewertet werden. Der Philosoph Charles Taylor spricht in diesem Zusammenhang von „irreducibly social goods“, welche von Institutionen wie Theatern, Museen, Universitäten oder anderen Institutionen zur Verfügung gestellt werden und es dem freien Individuum ermöglichen, seine Identität in einer speziellen Kultur zu wahren. Dieser Nutzen kann nicht auf eine individuelle Ebene reduziert werden, sondern bleibt auf einer gemeinschaftlichen (communitarian) Ebene.124 In der kulturökonomischen Literatur finden sich also neben dem klassischen Nutzen aus dem Konsum eines künstlerischen Gutes (use value) weitere Gründe (non-use values), warum Individuen Kunst schätzen auch wenn sie selbst nicht aktiv konsumieren.125 Der Optionsnutzen bewertet die Möglichkeit, eine Ressource in der Zukunft nutzen zu können (option value). Der Existenznutzen (existence value) leitet sich von der alleinigen Existenz des künstlerischen Gutes ohne Konsumabsicht ab, ebenso wie der Prestigenutzen (prestige value) für Ursprungsland oder region. Aus der Motivation der Nachwelt bzw. späteren Generationen etwas hinterlassen zu können, leitet sich der Vermächtnisnutzen ab (bequest motive). Ein Bildungsnutzen (education value) entsteht durch Übertragungseffekte (spillover) von kulturellem und intellektuellem Kapital zwischen NutzerInnen und Nicht-NutzerVgl. Wahl-Zieger (1978), S. 24 Vgl. Hansmann (1981) 124 Scherer, et al. (2002); Rushton (2003), S. 86 zit. n. Taylor (1995) 125 Vgl. Frey (1997), S. 391, (2003); Schulze/Ursprung (2000), S. 136; Brooks (2004), S. 276 122 123
2.1 Die Besonderheiten von Kulturgütern
51
Innen. Schließlich werden durch Prozesse der Umwegrentabilität zusätzliche wirtschaftliche Effekte erzielt. Je höher die Wertschätzung eines Individuums für diese verschiedenen Nutzen ausfällt, desto höher kann der Preis (ob individuell oder kollektiv) des Kulturgutes angesetzt sein. Allerdings impliziert die Annahme positiver externer Effekte durch Kunst auch die Möglichkeiten negativer externer Effekte durch künstlerische Produktionen.126 2.1.3 Kunst als meritorisches Gut Meritorische oder „verdienstvolle“ Güter sind durch ein höheres Potenzial der Nutzenstiftung als es die Marktnachfrage erlaubt, gekennzeichnet. Wirtschaftssubjekte sind nicht in der Lage oder willens, ihre Präferenzen zu offenbaren, was in der Folge zu Marktversagen führt. Die zu geringe Nachfrage von als nützlich und wertvoll erachteten Gütern kann dabei durch irrationale Entscheidungen, unvollständige Information oder eine falsche zeitliche Präferenzrate seitens der KonsumentInnen, aber auch durch externe Effekte begründet sein.127 Nach der neoklassischen ökonomischen Theorie ist eine staatliche Intervention in den Wirtschaftskreislauf nur dann gerechtfertigt, wenn Güter oder Aktivitäten offensichtliche positive Effekte auf die Gesellschaft haben, welche der Markt nicht zur Verfügung stellen kann – wie im Falle der meritorischen Güter. So wird die Überzeugung, dass die Künste einen sozialen Nutzen auch für diejenigen generieren, die Kunst nicht direkt konsumieren, als Begründung für staatliche Eingriffe, die hauptsächlich in Form von Subventionen stattfinden, genannt.128 Eine Einordnung der Künste als meritorische Güter bedeutet demnach ein Versagen des Marktes insofern, als er weder die entsprechende Dienstleistung oder Erfahrung zu einem entsprechenden Preis zur Verfügung stellen, noch in der Lage ist, für die Externalitäten aufzukommen, welche der Markt nicht bewerten oder berechnen kann. Vielfach ist der Markt jedoch auch nicht in der Lage, den wahren Wert des Kunstgutes zu berechnen, weil dieser erst zu einem späteren Zeitpunkt realisiert werden kann. Zwischen der Entwicklung einer Kunstform und deren Akzeptanz (und Unterstützung) durch die Akademie oder andere maßgebliche Institutionen kann eine lange Zeitspanne liegen. Dieses Phänomen ist als „Avant Garde Prinzip“ bekannt. Es postuliert, dass der Staat so lange intervenieren soll, bis der öffentliche Vgl. Rushton (1999), S. 142 f. Vgl. Rushton (2000) Im Falle der Künste kann der meritorische Charakter bspw. mit den positiven Bildungseffekten begründet werden. Entsprechend versucht der Staat demeritorische Güter wie Tabakerzeugnisse oder Alkohol, deren Nachteile von den KonsumentInnen nicht entsprechend erkannt werden, zum Beispiel durch höhere Steuern zu reduzieren. 128 Vgl. Musgrave (1959), S. 13 126 127
52
2 Thematische Grundlagen und Rahmenbedingungen
Geschmack sich soweit angepasst hat, dass die Unterstützung auf dem offenen Markt erfolgen kann.129 Der Theorie meritorischer Güter zufolge kann es also Umstände geben, in welchen eine informierte Gruppe ihre Entscheidung anderen Individuen – zu deren Besten – aufdrängen kann und darf.130 Kritisch anzumerken bleibt jedoch, dass viele Kunstformen, wie die Oper, es auch langfristig nicht geschafft haben, den Publikumsgeschmack so stark zu beeinflussen, dass sie selbstständig auf dem Markt bestehen können. 2.1.4 Einflüsse von Kunst auf die regionale Wirtschaft Forschung im Bereich der Kulturwirtschaft war hauptsächlich im Bereich der Volkswirtschaft angesiedelt. Hier stand zumeist die Bedeutung von Kunst und Kultur als Wirtschaftsfaktor im Mittelpunkt, ein Thema mit dem sich zahlreiche Studien auseinandergesetzt, nicht zuletzt um ein Umdenken der Kulturpolitik in den jeweiligen Ländern anzustoßen.131 Weitere Forschungsprojekte beschäftigten sich mit der Frage der Bedeutung von Kultur als wirtschaftlichem Standortfaktor für eine Gemeinde, Stadt oder Region. Zwar ließ sich die Bedeutung von Kunst und Kultur als wichtiger weicher Standortfaktor prinzipiell nachweisen,132 doch fehlen dem Konzept inhärent quantifizierbare und objektivierbare Ergebnisse. Um die wirtschaftliche Wirkung der Kulturangebote zu erfassen, wurden diverse Methoden der empirischen Sozialforschung sowie der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung verwendet. Bei diesen Studien zeigte sich, dass neben den klassischen Standortfaktoren Agglomerationseffekten, wirtschaftsbezogenen Infrastrukturen, fachkräfteVgl. Throsby (1994), S. 23 Vgl. Evans (2000), S. 244 f.; dieser Eingriff in die Konsumentensouveränität wird häufig abgelehnt, da er dem Individuum die Fähigkeit abspricht, seine Bedürfnisse und Güter zu deren Befriedigung selbst am besten erkennen zu können. Information und Anleitung wären bessere Instrumente zur Korrektur der zu geringen Nachfrage. Vgl. u. a. Musgrave (1959), S. 14; Ausnahmen werden für Personengruppen wie Kinder und Jugendliche gemacht, die erfahrungsgemäß nur reduzierte Konsumentsouveränität aufweisen. Diese Zielgruppe ist im vorliegenden Kontext in Hinblick auf Bildungs- und soziale Ziele allerdings besonders relevant. Pommerehne und Frey verneinen eine generelle Fehleinschätzung des Nutzens kultureller Güter und führen das Marktversagen auf externe Effekte zurück, sodass ein staatliches Eingreifen in Einklang mit der Konsumentensouveränität bleibt. Es geht darum, auch künstlerische Angebote abseits des Massengeschmacks zu erhalten und anzubieten. Vgl. u. a. Schmidt (1970), S. 17 131 Vgl. hierzu u. a. die Arbeiten von Bechler (1993); Bryan, et al. (2000); Heaney/Heaney (2003); Sterngold (2004); Throsby (1982); Interessensvertretungen beschreiben die öffentliche Kenntnis der Rolle des kulturellen und kreativen Sektors als Wirtschaftsfaktor jedoch als noch weitgehend unzufriedenstellend, Vgl. z. B. creativ wirtschaft austria http://creativwirtschaft.at/service/studien/international/92-105.htm [05.04.2008] 132 siehe z. B. die in den späten 1980er und 1990er Jahren durchgeführten Studien in Bremen, Köln, Salzburg, Siegen, Ruhrgebiet, Karlsruhe, Dresden und Glasgow; vgl. Gottschalk (2006), S. 45; Throsby (1994), S. 22; Pommerehne/Frey (1993), S. 21; für einen Überblick vgl. Konrad (2000), S. 14 129 130
2.1 Die Besonderheiten von Kulturgütern
53
und ausbildungsbezogener Infrastruktur sowie Wirtschaftsförderung und lokalen Steuern, die weichen Standortfaktoren wie Kultur- und Freizeitangebot, soziale Einrichtungen und Wohnraum zunehmend ins Gewicht fallen. Ein attraktives Kulturangebot kann als Produktionsvorleistung im umfassenden Sinne gesehen werden. Konkret spielt das Renommee eines Staats- oder Landestheaters eine bedeutende Rolle für das kulturelle Image einer Region. Externe Effekte auf Beschäftigung und regionale Wirtschaft in Form der Umwegrentabilität gehören zu den klassischen Argumenten für die staatliche Förderung von Kulturbetrieben und -einrichtungen. Sekundäre und tertiäre wirtschaftliche Effekte und Leistungen wie die Schaffung von Arbeitsplätzen, die Anziehung von TouristInnen oder die „Belieferung“ des kommerziellen Unterhaltungs- und Rundfunkwesens sollten die kurzfristige direkte wirtschaftliche „Leistung“ ergänzen. So wäre beispielsweise ein direkter wirtschaftlicher Effekt am Beispiel eines Symphonieorchesters der Kauf der Noten für die MusikerInnen, ein indirekter oder sekundärer Effekt wäre zum Beispiel der Kauf von Regalen um diese Noten unterzubringen während ein induzierter oder tertiärer Effekt wäre die erhöhte Kaufkraft welche durch die Beschäftigung am Orchester entsteht. Der gesamte wirtschaftliche Effekt wird durch direkte, indirekte und induzierte Effekte aggregiert.133 Zahlreiche Studien versuchen, den wirtschaftlichen Effekt der Kultur zu quantifizieren.134 Direkte Effekte messen den Nettoertrag der in direktem Zusammenhang mit der Kulturinvestition steht. Ein Umweg entsteht, wenn ein Zahlungsfluss, der direkt in die Wirtschaft des Wirkungsraums fließt, weitere Wellen von Zahlungsflüssen, so genannte indirekte Effekte, auslöst. Dadurch können private und öffentliche Investitionen zu einer vielfachen Wertschöpfung und damit Wachstum führen. Multiplikatoreffekte beschreiben die vernetzen Vervielfachungswirkungen von Zahlungsflüssen eines Sektors in verbundene Sektoren. Gerade bei Kulturprojekten sind die möglichen Multiplikatoreffekte in Form von zusätzlichen Einnahmen der Hotellerie und Gastronomie, aber auch in Form von Wohlfahrtssteigerungen durch zufriedene Besucher sehr groß. Die Umwegrentabilität ist die Summe aller direkten und indirekten Effekte. In der Praxis wird zumeist nur der primäre indirekte Effekt berücksichtigt. Die Schwierigkeit, alle nichtmonetären Einflüsse von Kultur messen zu können führt in der Regel dazu, dass sich die meisten Studien auf die monetär messbaren Studien beschränken, insbesondere auf Umsatzveränderungen jener Branchen, die eine positive Korrelation mit der jeweiligen Kulturveranstaltung aufweisen.135
Vgl. Heaney/Heaney (2003), S. 252; Vgl. u. a. Evans (2000), S. 248 f.; Scherer, et al. (2002) 135 Vgl. Hansmann (1981); Rushton (2003) 133 134
54
2 Thematische Grundlagen und Rahmenbedingungen
2.1.5 Netzwerkeffekte Ein Charakteristikum künstlerischer Güter sind so genannte Netzwerkeffekte. Diese beschreiben den positiven externen Effekt, den die Anzahl von Mitgliedern bzw. ihre Vermehrung in einem Netzwerk auf den Nutzen des Gutes ausüben. Um von sozialer Ansteckung (social contagion) und steigenden Skalenerträge (increasing returns) profitieren zu können, müssen kulturelle Güter eine gewisse kritische Masse ihrer Verbreitung erreichen. Je mehr Menschen das Gut konsumieren, desto überproportional höher ist der Nutzen aus jeder weiteren Investition. So gelingt es in Netzwerk-Märkten durch positive Rückkopplung immer wieder in Form von “winner-take-all markets”136 aus Erfolg immer weiteren Erfolg zu generieren. Phänomene wie Herdenverhalten (herding behavior), Informationskaskaden (information cascades) oder Mitläufer- bzw. Musikwageneffekte (bandwagons) beschreiben, dass Menschen ihr Verhalten an dem von ihnen wahrgenommenen Umfeld ausrichten. Je höher die Unsicherheit bezüglich der Qualität eines Gutes ist, desto stärker orientieren sich KonsumentInnen an anderen. Besonderes Merkmal des Netzwerkeffektes ist die Ausrichtung auf einen gemeinsamen Nutzen. Ein klassisches Beispiel ist die Durchsetzung von Standards im IT- oder Telekommunikationsbereich. Der Nutzen für einzelne KonsumentInnen steigt, je mehr Personen einen Standard verwenden. Dazu kommt ein sozialer Nutzen, der aus dem „Teilen“ sozialer Erfahrungen und Erlebnisse, z. B. durch die Möglichkeit ein Buch oder einen Film zu diskutieren, gewonnen wird.137 2.1.6 Angebot und Nachfrage Nur ein Bruchteil der vorhandenen Ideen werden tatsächlich in konsumierbare Güter transformiert. Ebenso ist der Prozentsatz jener, die ihren Lebensunterhalt durch Kunst verdienen können, im Vergleich zu den BerufsanwärterInnen verschwindend gering. Dieses Überangebot ist für die meisten Bereiche der Darstellenden und Bildenden Künste sowie Medien typisch. Gründe für dieses Überangebot liegen einerseits in der speziellen psychischen Befriedigung, die durch künstlerische bzw. expressive Tätigkeiten generiert wird,138 andererseits stehen viele Ideen und Talente zur Verfügung so dass ein Auswahlprozess vielfach erst auf einer qualitativ hohen Ebene und nach entsprechend langen Ausbildungszeiten stattfindet. Dieses Überangebot schafft einen gesellschaftlichen Nutzen, indem es aus Sicht des Publikums durch den Wettbewerb eine gute Voraussetzung für ein ausreichendes Angebot an talentierten KünstlerInnen schafft und Qualität maximiert. Vgl. Frank/Cook (1995) Vgl. Kretschmer, et al. (1999), S. 63 138 Vgl. Towse (1993), S. 197; Kretschmer, et al. (1999), S. 63 136 137
2.1 Die Besonderheiten von Kulturgütern
55
Die Darstellenden Künste werden in der Regel als natürliche, wenn auch fragile, Monopole mit hohen Fixkosten und begrenzter Besucherzahl charakterisiert.139 Pointiert ausgedrückt: „[T]he performing arts industry can be broadly characterized as monopolies teetering on the edge of bankruptcy.”140 Künstlerische Güter sind zudem in vielen Fällen durch eine zyklische Nachfrage und Nachfrageumkehr (demand reversal) gekennzeichnet.141 Kunst ist sehr stark durch Moden beeinflusst bzw. ist häufig auch Auslöser von Moden. Wenn zu viele Menschen einer Mode folgen, hört die Mode auf Mode zu sein und eine zeitlich schwer zu prognostizierende Nachfrageumkehr tritt ein. Georg Simmel geht von der Grundannahme aus, dass das Phänomen der Mode aus den menschlichen Dualismen der Nachahmung und der Absonderung entsteht, die vor allem durch die sozialen Schichten einer Gesellschaft zutage kommen. Höhere Schichten versuchen immer wieder sich von Nachahmenden aus tieferen Schichten abzugrenzen, indem sie nach neuen Moden suchen. Je weiter sich die Gruppen gesellschaftlich annähern, desto intensiverer Modewandel entsteht.142 Eine Besonderheit des kulturellen Nachfragezyklus ist, dass die Nachfrage nach künstlerischen Gütern wiederkommen kann, während die meisten Konsumgüter nach Etablierung eines erfolgreichen Substituts ihr Ende finden.143 Zudem wird die Nachfrage nach Gütern im Bereich der Darstellenden Künste insbesondere durch zeitliche Ressourcen und kaum durch finanzielle Aspekte bestimmt. Das Gegenteil trifft auf die Bildenden Künste zu.144 2.1.7 Produktionsbedingungen von Erzeugnissen Darstellender Kunst Künstlerische Produktionen befinden sich nach Bourdieu an oder zwischen zwei entgegen gesetzten Polen: „An dem einen Pol finden wir die anti-‚ökonomische’ Ökonomie der reinen Kunst, die, auf der obligaten Anerkennung der Werte der Uneigennützigkeit und Interesselosigkeit sowie der Verleugnung der ‚Ökonomie’ (des ‚Kommerziellen’) und des (kurzfristigen) ‚ökonomischen’ Profits basierend, die aus einer autonomen Geschichte erwachsene spezifische Produktion und deren eigentümliche Ansprüche privilegiert.“145
Diese Produktion orientiert sich an symbolischem Kapital.
Vgl. Seaman (2004), S. 168 für einen Überblick, Schimmelpfennig (2003), S. 87 für Ballett Kuan (2001), S. 510 141 Vgl. Kretschmer, et al. (1999), S. 64 142 Vgl. Simmel (1905), S. online 143 Vgl. Kretschmer, et al. (1999), S. 64 144 Vgl. Gérard-Varet (1995) 145 Bourdieu (1999 [1992]), S. 228 139 140
56
2 Thematische Grundlagen und Rahmenbedingungen „Am anderen Pol herrscht die ‚ökonomische’ Logik der literarisch-künstlerischen Industrien, die aus dem Handel mit Kulturgütern einen Handel wie jeden anderen machen, vorrangig auf den Vertrieb, den sofortigen und temporären Erfolg, gemessen zum Beispiel an der Auflage, setzen und sich damit begnügen, sich der vorgängigen Nachfrage der Kundschaft anzupassen […].“146
Der Markt für Darstellende Kunst orientiert sich stärker am ersten Pol und wird daher hauptsächlich von drei Betriebsformen bestimmt – privatwirtschaftlich organisierten Anbietern, privaten Non-Profit-Organisationen und Institutionen unter öffentlichem Besitz und Führung.147 Im (deutschsprachigen) Musiktheater dominieren öffentliche Institutionen bzw. Institutionen, die erst vor kurzem in die Privatrechtsfähigkeit überstellt wurden. Auch Ortner beschreibt die Charakteristika von Kulturbetrieben als teilweise gegensätzlich zu Wirtschaftsunternehmen: „[…] das offene Experimentieren mit dem Risiko des Scheiterns, Überlagerung von kurz-, mittel- und langfristigen Zyklen (Moden), Ausschluss der Rationalisierung, d.h. der Substitution personaler durch maschinelle Arbeit, Maximierung der Variation ohne Rücksicht auf Reproduzierbarkeit, Verzicht auf kurzfristige Erfolgsbewertung durch Monetarisierung.“148
Auch im künstlerischen Produktionsprozess werden Ressourcen wie Arbeit und Kapital mit Hilfe von Technologie kombiniert um ein Output zu erzielen. Die involvierten Individuen und Organisationen tragen jedoch auch zur Schaffung symbolischer Bedeutungen und deren Umwandlung in künstlerische Güter bei. Ziel einer Aufführung der Darstellenden Künste ist es, ein kulturelles Erlebnis (experience) für ein Publikum zu schaffen, das wiederum selbst als „Endprodukt“ betrachtet werden kann.149 Theater sind prinzipiell in produzierende und präsentierende Institutionen zu unterscheiden. Während präsentierende Theater wenig oder keinen Einfluss auf die Produktion der Stücke, die sie präsentieren, nehmen (können), engagieren sich produzierende Theater in einen intensiven Produktentwicklungsprozess. Theaterproduktionen sind 1) „new-to-the-world“, d.h. absolut neuartig wie z. B. Weltprämieren, 2) ein Update oder eine Adaptation zeitgenössischer Produktionen oder 3) die Wiederaufnahme (revival) eines Klassikers. Dadurch sind Non-Profit-Theater vielfach die „Versuchsfelder“ für neue, innovative Kunst und können als Ideeninkubatoren agieren.150 Venkatesh und Meamber haben ein konzeptuelles Modell des kulturellen Produktionsprozesses entworfen, welches drei Schlüsselakteure – kulturelle ProduzentBourdieu (1999 [1992]), S. 228 f. Vgl. Throsby (1994), S. 11 148 Ortner (1993) 149 Vgl. Throsby (1994), S. 9 150 Vgl. Voss, et al. (2000), S. 333 146 147
2.1 Die Besonderheiten von Kulturgütern
57
Innen, KonsumentInnen und Intermediäre – berücksichtigt (siehe Abbildung 3). Über Produktions- und Konsumationsprozesse werden in einem gemeinschaftlichen Prozess ästhetische Symbole und Bedeutungen produziert. KonsumentInnen sind gleichwohl kognitive wie ästhetische Subjekte. Innerhalb des Modells werden die (Re-)Produktion einer postmodernen Konsumkultur, Produktion und Konsum von Kunst sowie die mit diesen Prozessen verbundene Technologie zwischen KünstlerInnen, KonsumentInnen und Intermediäre (z. B. Kulturinstitutionen) über den gemeinsamen kulturellen „Code“ verhandelt.151
Abbildung 3:
Konzeptualisierung des künstlerischen Produktionsprozesses Quelle: Venkatesh/Meamber (2006), S. 32
Das kulturelle Gut ist in all diesen Prozessen mit einer hohen Unsicherheit behaftet. Künstlerische Prozesse lassen sich weniger standardisieren als andere Produktionsbereiche, da Prozesse die auf menschlicher Kreativität beruhen nur schwer berechenbar oder vorhersagbar sind. Spontaneität ist das wichtigste Merkmal von Verhaltens-
151 Vgl. Venkatesh/Meamber (2006), S. 31 f.; dieses Modell wurde primär für den Bereich der Bildenden Kunst entwickelt, ist jedoch auch auf die Darstellenden Künste anwendbar.
58
2 Thematische Grundlagen und Rahmenbedingungen
weisen im Kunstbereich.152 Durch Probenarbeit, Inszenierungen, personale Ressourcen und prozessuale Abläufe wird versucht, diese Unsicherheit zu verringern.153 Generische Wettbewerbsstrategien erweisen sich in einem „hyperkompetitiven“ Umfeld, in welchem turbulente Umweltverhältnisse hochkomplexe Marktbedingungen schaffen als ineffektiv.154 Daher finden sich im künstlerischen Bereich auch in überwiegendem Maße projektbasierte Organisationen. Diese benötigen hoch qualifizierte personale Ressourcen.155 Der Arbeitsmarkt entspricht eher einem „Pool“ von ExpertInnen den einem „Markt“. Durch ihre Reputation und Kontakte arbeiten diese ExpertInnen von Projekt zu Projekt.156 Während Theaterinstitutionen in der Regel eher schwerfällige Organisationen sind, erlaubt ihre Projektstruktur eine gewisse Flexibilität in Hinblick auf das künstlerische Angebot. „Die ideale Form in der das neue Theater entsteht, ist das Projekt: das zeitlich begrenzte Zusammenwirken von Künstlerinnen und Künstlern der Darstellung mit allen beteiligten Disziplinen und Gewerken … Es bedarf intensiver Kommunikation und Verständigung, geschützter Räume, und es bedarf vor allem Zeit […].“157
2.1.8 Kostenstruktur der Darstellenden Künste “The nature of the performing arts organization as ‘labor intensive’ with a limited repertoire and a relatively small audience which can sustain only a minimal portion of the total costs of production, places it in debt.”158
Die Kostenstruktur von Kulturinstitutionen wie dem Musiktheater ist durch einen sehr hohen Anteil an Fixkosten für Personal und Infrastruktur charakterisiert. Dazu kommen jeweils Fixkosten der einzelnen Opern- oder Theaterproduktionen, die sich unter anderem an Personalkosten für mehrere Wochen Probenvorbereitungen, Lizenz-Gebühren, für die Erstellung von Bühnenbild und Kostümen etc. zusammensetzen. Ist die Produktion einmal angelaufen, sind die Grenzkosten – z. B. für eine/n weitere/n BesucherIn bei einer nicht ausverkauften Vorstellung – verhältnismäßig gering.159 Dennoch macht eine entsprechende Erweiterung der Vorstellungskapazitäten vielfach keinen Sinn, da die potenzielle Gesamtnachfrage nach hochkulturellen Produktionen selbst in Großstädten verhältnismäßig niedrig ist. Vgl. Gérard-Varet (1995), S. 509 Vgl. Zilcher (2004), S. 206 f. 154 Vgl. D'Aveni (1994) 155 Vgl. Mandel (2006), S. 53 156 DeFillippi/Arthur (1998) 157 Henning Fülle (1999) zit. n. Heuel (2004), S. 266 158 Martorella (1977), S. 356 159 Vgl. Hansmann (1981) 152 153
2.1 Die Besonderheiten von Kulturgütern
59
Eine Erweiterung auf andere Aufführungsstätten ist wiederum mit weiteren Kosten für Reise, Transport etc. verbunden. Dadurch gehört die Oper zu den in der Produktion teuersten Kunstformen. Baumol und Bowen sagten den Darstellenden Künsten eine Unfähigkeit voraus, mit dem technischen Fortschritt und dem Produktivitätswachstum der übrigen Wirtschaft Schritt zu halten. Man kann einem Orchester nicht einfach auftragen, doppelt so schnell zu spielen ohne entsprechende Einbußen zu erleiden: „The output per man-hour of the violinist playing a Schubert quartet […] is relatively fixed, and it is fairly difficult to reduce the number of actors necessary for a performance of Henry IV, Part II.“160
Die fehlenden technologischen Innovationen, bei gleichzeitig steigenden Löhnen für die Beschäftigten am Theater, lassen die Lohnstückkosten unaufhaltsam steigen. Throsby schwächt das Argument der Baumolschen Kostenkrankheit in einem Vergleich verschiedener Studien jedoch ab und meint: „[…] although the cost disease will doubtless continue to present the performing arts with difficult problems, it is unlikely to be terminal.“161. Generell wird der von Baumol und Bowen vorhergesagte Mechanismus empirisch kaum bestätigt und von den Autoren selbst entschärft.162 Beide Argumente resultieren darin, dass es für viele Produktionen keinen einzelnen Ticketpreis gibt, der die Gesamtkosten decken könnte. Während Baumol und Bowen unter dem Argument öffentlicher Güter die Notwendigkeit privater und öffentlicher Förderungen zur Lösung des Problems aufzeigen,163 sieht Hansmann die Lösung des Problems in einer freiwilligen Preisdiskriminierung (voluntary price discrimination) durch Spenden (donations). TicketkäuferInnen mit unüblich hoher Nachfrage für Kulturproduktionen sollten einen Teil der Konsumentenrente freiwillig übernehmen – beispielsweise in Form von Fördervereinen, und Freundeskreisen – während jene, die nur eine schwache Nachfrage nach dem Gut zeigen, niedrigere Preise zahlen. Allerdings setzt die Übertragbarkeit von Theaterkarten dieser Vorgehensweise Grenzen.164 Verschiedene Formen der Preisdiskriminierung im Musiktheater sind implementiert – nach Sitzplatzkategorie, Wochentag, aber auch mit erhöhten Preisen für bestimmte Opern (wie beispielsweise den Ring des Nibelungen) oder StarsängerInnen, bzw. niedrigeren Preisen um das Interesse für moderne Opern zu stimulieren.165 In Häusern mit funktionierenden AbonnementBaumol/Bowen (1965), S. 500 Throsby (1994), S. 16 162 Vgl. eine Übersicht in Throsby (1994), S. 16 sowie Blaug (2001), S. 131 163 Vgl. Baumol/Towse (1997) 164 Vgl. Baumol/Bowen (1967), S. 385 f. 165 Vgl. Hansmann (1987b), S. 36 Für alle Opernhäuser gilt, dass die größte Kostenersparnis durch eine Reduktion des internationalen 160 161
60
2 Thematische Grundlagen und Rahmenbedingungen
Strukturen erlauben es die AbonnentInnen, die eine Mischung aus dem Repertoire als Paket im Voraus buchen, weniger populäre Stücke quer zu subventionieren.166 Diese freiwillige Preisdiskriminierung erlaubt Kulturunternehmen in Form von Non-Profit-Organisationen dort zu überleben, wo es gewinnorientierte Unternehmen nicht mehr könnten. Die 1883 gegründete Metropolitan Opera Company in New York, die ohne Subventionen hohe Besucherzahlen und Ticketpreise erzielt, gilt als erfolgreiches Beispiel für ein Opernhaus am freien Markt. Der Fixkostenanteil bleibt durch eine rund neunzigprozentige Auslastung über die gesamte Saison relativ gering. Darüber hinaus kann durch En-suite-Produktionen, Tourneen und die Größe des Einzugsgebiets New York ausreichend interessiertes Publikum angesprochen werden. Eine Besonderheit der Metropolitan Opera liegt darin, dass AbonnentInnen entsprechend der Preisklasse ihrer Opernkarten um bestimmte Spendenbeträge gebeten werden, so dass der Ticketpreis deutlich höher ist als bei Einzelveranstaltungen. Spenden sind von der Steuer absetzbar, wodurch auch Nichtbesucher einen Teil der Kosten der Preisdiskriminierung mittragen. Zusätzliche Nebeneinnahmen werden durch Medienübertragungen (wie aktuell die Übertragung von Premieren in heimische Kinosäle), Restaurants und Bars, Theatershops etc. erzielt.167 Die vollkommen unterschiedlichen Entstehungsgeschichten und Finanzierungsstrukturen lassen freilich einen unproblematischen direkten Vergleich mit kontinentaleuropäischen Opernhäusern nicht zu. 168 Ein Kritikpunkt an den Konzepten von Baumol und Bowen oder Hansmann ist, dass sie von einer konventionellen Definition des Kulturunternehmens ausgehen und Wandel und Entwicklungsmöglichkeiten der Organisationen nicht berücksichtigen.169 Dazu kommt, dass die Voraussetzungen der Kostenkrankheit – gleichbleibende Qualität, fehlender technologischer Fortschritt im Kunstbereich, hohe Arbeitskosten ergänzt mit einer fehlenden Kompensation der steigenden Kosten und konstanten Publikumsgeschmack in dieser Form nicht zutreffen.170 Durch neue Ideen, die positiven Einkommenseffekte einer wachsenden Wirtschaft, die nichtpekuniären Vorteile kreativer Arbeit, aber auch eine Abnahme der Arbeitsintensität Aufgebots an StarsängerInnen erreicht werden kann. Die Annahme, ob der Zugang zu Oper durch niedrigere Preise erreicht werden kann, wird allerdings von ÖkonomInnen heftig kritisiert: nur 7% der Nicht-BesucherInnen gehen nicht in die Oper, weil sie zu teuer ist. Dadurch könne eine signifikante Verbreitung nur über Fernsehübertragungen funktionieren. Vgl. Blaug (1997) 166 Vgl. Towse (2001b), S. 47 167 Vgl. Towse (2003), S. 345 168 Auch Einwände, der finanzielle Erfolg der Metropolitan Opera ginge auf Kosten ihres Repertoires, das sowohl bei Sponsoren als auch auf den Tourismusmärkten Gefallen finden muss, vgl. Klumaier (1999), S. 172 f., sind mit Vorsicht zu genießen. So findet Evans (1999), S. 112 in einem Repertoirevergleich keine touristischen Effekte für die das Repertoire der Metropolitan Opera. 169 Vgl. Tschmuck (2008) 170 Vgl. DiMaggio (1987b), S. 203
2.1 Die Besonderheiten von Kulturgütern
61
in vielen Bereichen der Darstellenden Künste durch Medien- oder Aufnahmetechnologien werden die pessimistischen Argumente entkräftet.171 So gibt es selbstverständlich Möglichkeiten für Kulturinstitutionen, ein Defizit zu vermeiden oder zu verringern, wie beispielsweise durch eine Erweiterung und Diversifizierung des Aufführungs- sowie Service-Angebots durch Sommerkonzerte, Gastspiele oder auch den Betrieb eines Shops, einer Cafeteria oder eines Restaurants, Vermietungen oder die Suche nach geeigneten privaten oder unternehmerischen Sponsoren.172 Freilich sind diese Möglichkeiten begrenzt. Zahlreiche Kulturinstitutionen verfügen nicht über Prestige oder Glamour einer Staatsoper, um genügend BesucherInnen und Sponsoren anzuziehen. Ein weiterer Grund ist, dass derartige gewinnorientierte Aktivitäten den Status einer Institution als „Non-Profit-Einrichtung“ gefährden können und sie dadurch anderen steuerlichen Auflagen unterworfen wären. Die kostenträchtige Produktion einer „Aida“ kann durch eine günstigere Produktion substituiert werden und ebenso kann ein Chor von 100 SängerInnen auf 50 reduziert werden. Hier beginnen diese Aktivitäten jedoch den Inhalt und die Qualität der angebotenen Kunst ebenso wie den künstlerischen Auftrag und die künstlerische Vision der Produzierenden zu gefährden, wenn anspruchsvolle Programme z. B. durch das Angebot von besucherwirksamen „Blockbuster“-Ausstellungen in Museen oder Musicalaufführungen im Musiktheater ersetzt werden.173 Substitution erfordert die Anerkennung des Publikums oder verstärkte Marketingaktivitäten. Hier sollte berücksichtigt werden, dass der Publikumsgeschmack „notorisch eng“ ist und sich am Standardrepertoire orientiert. Es macht zudem einen finanziellen Unterschied, ob die leichter zu besetzende, aber 18 HauptdarstellerInnen erfordernde „Zauberflöte“ oder „Carmen“, mit nur zehn Hauptrollen, aber einer anspruchsvolleren Rolle der Carmen produziert wird. Auch kann ein spezifischer Wunsch wie Placido Domingo als „Otello“ zu sehen, nicht substituiert werden.174 Anhand seiner Untersuchung des Royal Opera House in London in den 1970er Jahren, argumentierte Mark Blaug, dass die Oper weniger international renommierte Gäste verpflichten und sich stattdessen an den „alten Favoriten“ orientieren könnte. Zudem könnten neue Produktionen verringert und vermehrt Ballett an Stelle von Oper inszeniert werden, was die Preise tendenziell senken würde. Allerdings wäre keine substantielle Preisreduktion ohne entweder eine signifikante Erhöhung öffentlicher Fördermittel oder eine drastische Veränderung der kulturpolitischen Zielsetzung des Hauses möglich.175 Dies macht erneut die Vgl. Abbing (2002), S. 152 ff.; Cowen/Grier (1996), S. 7 ff. Vgl. Lange/Luksetich (1993) 173 Vgl. Frey (2003), S. 395; siehe auch die Arbeit über US-amerikanische Orchester von Felton (1994), S. 311. Die Autorin sieht insbesondere in der Reduktion der Inputfaktoren gerade bei kleineren Organisationen die Gefahr eines künstlerischen Qualitätsverlustes. 174 Vgl. Towse (1993), S. 109 f. 175 Vgl. Blaug (1978) 171 172
62
2 Thematische Grundlagen und Rahmenbedingungen
Diskrepanz zwischen künstlerischen und kulturpolitischen Zielsetzungen und finanziellen Überlegungen deutlich. Tendenziell scheint das Publikum mehr Wert darauf zu legen, was und wen es sieht, denn auf die Preisgestaltung für Opernkarten.176 2.2 Das Kulturprodukt aus Management-Perspektive If it is art, it is not for everybody and if it is for everybody, it is not art Arnold Schönberg (1874-1951), österreichischer Komponist
Auch auf Ebene des wirtschaftlichen Subjektes bzw. der einzelnen Kulturinstitution weist das Kulturprodukt zahlreiche Unterschiede zu „gewöhnlichen“ Produkten auf. Es zeichnet sich sowohl durch wirtschaftliche Charakteristika wie seine intellektuellen und kreativen Komponenten, steigende Erträge und flexible Spezialisierung, seine sozialen Eigenschaften wie symbolischen Inhalt und einen hohen Identifikationsgrad als auch durch seinen positiven Einfluss auf andere wirtschaftliche Bereiche wie den Tourismus als extrem spannende Ressource aus.177 2.2.1 Darstellende Kunst als Dienstleistung Das Darstellende Kulturprodukt ist ähnlich charakterisiert wie eine Dienstleistung.178 Dazu zählt die Immaterialität des Produktes, was bedeutet, dass zur Leistungserstellung Leistungspotenziale vorhanden sein müssen, welche vor ihrer Realisierung unkörperlich und daher sinnlich nicht wahrnehmbar sind. Es gibt kein Objekt, welches vom Anbieter zum Nachfrager wechseln kann. Die kulturelle Dienstleistung ist vergänglich, sie ist nicht lager- und nicht transportfähig und stellt daher besondere Anforderungen an die Koordination von Produktionskapazitäten und Nachfrage. Die Immaterialität impliziert weiters eine zeitliche Synchronisation von Produktion und Absatz (Uno-Actu-Prinzip), d.h. Produktion und Verwertung der Aufführung – nicht jedoch der vorbereitenden Arbeiten – finden zeit- und raumgleich statt.179 Die Komplexität von Dienstleistungen ist aufgrund der vorwiegend
Vgl. Towse (1993), S. 112 Vgl. Santagata (2002), S. 9 178 Vgl. zu den Eigenschaften von Dienstleistungen allgemein z. B. Meffert/Bruhn (2006), speziell auf kulturelle Produkte z. B. Klein (2005b), S. 26 ff. oder Hill, et al. (2003). 179 Im Gegensatz zu ungebundenen Dienstleistungen wie bspw. Informationsleistungen, die keinen unmittelbaren Kontakt zwischen ProduzentInnen und KonsumentInnen benötigen, sind gebundene Dienstleistungen wie Theateraufführungen von diesem Kontakt abhängig, Vgl. Bhagwati (1984). Eine ungebundene Dienstleistung wäre beispielsweise die mediale Übertragung von Theateraufführungen. 176 177
2.2 Das Kulturprodukt aus Management-Perspektive
63
immateriellen Natur und in der Folge viel schwerer zu standardisierender Kompetenzen deutlich höher als bei Sachgütern. Das Kulturprodukt zeichnet sich weiters durch Heterogenität aus. Die anbietende Institution kann die gestaltenden Elemente ihres Produktes nur bis zu einem gewissen Grad kontrollieren. Der emotionale und ästhetische Einfluss, der auf das Publikum ausgeübt wird, führt dazu, dass einerseits dasselbe Stück interpretiert von verschiedenen KünstlerInnen, aber auch dasselbe Stück in mehreren Aufführungen derselben KünstlerInnen jeweils anders perzipiert wird.180 Ein bedeutender Faktor ist daher die Integrationserfordernis des externen Faktors Individuum, der wiederum die Heterogenität der einzelnen Aufführungen erhöht. Kunst wird nicht nur konsumiert – durch die subjektive Interpretationsleistung impliziert der Konsum von Kunst aktives Verhalten seitens der KonsumentInnen.181 Dadurch beeinflussen sie auch die Erfahrungswahrnehmung anderer Rezipierender. Als „Pro-sumer“, ProduzentInnen und KonsumentInnen, sind sie Teil des Prozesses und können z. B. durch Buh- oder Bravo-Rufe ebenso wie die traditionellen Hustenanfälle eine Aufführung mitgestalten. Immaterialität, Komplexität und Heterogenität des Kulturproduktes sowie Unterschiede in Wahrnehmungsfähigkeiten und Informationsstand der BesucherInnen führen zu Bewertungsunsicherheiten seitens der KonsumentInnen, die nicht genau wissen (können), was sie erwartet. Ein Unterschied in Bezug auf das Marketing eines Kulturprodukts zu vielen anderen Produkten liegt auch darin, dass das Produkt bereits vollständig fertig entwickelt sein muss, bevor es KundInnen „vorgesetzt“ werden und sein Marktpotenzial getestet werden kann.182 Die Leistungsmessung wird durch diese Eigenschaften des kulturellen Produktes ebenfalls erschwert. Die Komplexität des Produktes und der Fähigkeiten, die zu seiner Erstellung von seiner Kreation über die Produktion und Verbreitung nötig sind, erschweren das Messen verschiedener Aufgaben.183 Dazu kommen die Unsicherheit über Ergebnisse, über die Ziele der Kulturpolitik ebenso wie die subjektive künstlerische Bewertung durch KritikerInnen und Publikum, welche verschiedene Messungen als problematisch erscheinen lassen. 2.2.2 Darstellende Kunst als hedonisches Gut Kulturprodukte sind in der Regel abstrakt, subjektiv, einzigartig, holistisch, nicht-utilitär, emotional und erfordern substanzielle mentale Prozesse in ihrem
Vgl. Sloboda (2000), S. 398ff. Vgl. u. a. die Beiträge in Bianchi (1998) 182 Vgl. Colbert (1994) 183 Vgl. Hellmann (2006), S. 24 180 181
64
2 Thematische Grundlagen und Rahmenbedingungen
Konsum.184 Im Gegensatz zu Produkten mit rein utilitärem Charakter sind hedonische Produkte oder Erfahrungsgüter durch eine hohe emotionale Komponente charakterisiert. Emotionale Aspekte des Konsums wie das Streben nach Geltung und Prestige, Angst oder Neid sind als soziale Logik der Nachfrage Ansatzpunkt von Veblens Kritik an den Modellen des Homo Oeconomicus und rücken einen symbolischen Nutzen in den Vordergrund.185 Der Konsum hedonischer Produkte dient weniger einer Problemlösung, sondern ist vielfach experimenteller Natur – er erzeugt Spaß, Vergnügen und Emotionen: „Hedonic consumption designates those facets of consumer behavior that relate to the multisensory, fantasy and emotive aspects of one's experience with products.“186 Dabei wird diesen hedonischen Komponenten steigende Bedeutung beigemessen.187 Die Menge an Information und die Komplexität des künstlerischen Erlebnisses (experience) haben starken Einfluss auf den Kunstgenuss. Daher überrascht es nicht, dass der Besuch von Aufführungen Darstellender Kunst in engem Zusammenhang mit Bildungsniveau und künstlerischer Bildung (arts training) steht.188 Die klassischen Künste können auch als Luxusprodukt betrachtet werden. Dadurch sollte ihr Konsum in Relation zum wirtschaftlichen Wachstum ansteigen. Aufgrund fehlender früher Exposition im Jugendalter laufen die Künste allerdings Gefahr, über die Generationen verloren zu gehen.189 Während sich die objektiven Eigenschaften eines Produktes vergleichsweise einfach analysieren lassen, erweist sich die Bewertung seiner hedonischen Eigenschaften vielfach als schwierig, da die symbolische Komponente das Konsumrisiko steigert.190 2.2.3 Kunst als Erlebnis- und Vertrauensgut Im Gegensatz zu Suchgütern, deren Qualität man kennt und bereits beim Kauf abschätzen kann, sind Erlebnisgüter dadurch gekennzeichnet, dass die KäuferInnen eine Qualitätsbeurteilung erst nach dem Konsum treffen können.191 Menschen konsumieren Kunst um sie zu erleben und zu genießen.192 In manchen Fällen können KonsumentInnen jedoch selbst nach Konsum die Produktqualität oder ihr Bedürfnis nach diesem Produkt nicht mit Sicherheit bestimmen. Sowohl eine ex Vgl. Arnold/Tapp (2003), S. 142 Vgl. Veblen (1994 [1899]) 186 Hirschman/Holbrook (1982), S. 92 187 Vgl. Dhar/Wertenbroch (2000) 188 Vgl. Andreasen/Belk (1980); Bhattacharya, et al. (1995); Garbarino/Johnson (1999) 189 Vgl. Lévy-Garboua/Montmarquette (2002), S. 4 190 Vgl. Clement, et al. (2006), S. 798 191 Vgl. Nelson (1970), S. 312 192 Vgl. Holbrook/Hirschman (1982); Holbrook/Schindler (1989) 184 185
2.2 Das Kulturprodukt aus Management-Perspektive
65
ante als auch eine ex post Beurteilung des Produktes ist nur mit Hilfe zusätzlicher Informationsquellen möglich. Die benötigte Information kann über Werbung, freiwillige oder verpflichtende Produktbeschreibungen und -auszeichnungen, soziales Lernen von Peers, Marken oder indirekte Signale wie Preis oder unternehmerische Entscheidungen bezogen werden.193 Vielfach verlassen sich KonsumentInnen auf die Meinung von anderen Personen und besonders von ExpertInnen. Der Wert eines Finanzberaters, eines Rechtsbeistandes, einer medizinischen Untersuchung oder einer Theateraufführung sind so genannte Vertrauensgüter (credence goods). Es gibt keine Grundlage, auf der zum Beispiel ein Regressanspruch geltend gemacht werden könnte wie beispielsweise bei einer Urlaubsreise. So sind eine Theater- oder eine Kinoaufführung zumindest für jene BesucherInnen, deren Wertschätzung des Gesehenen durch Kritiken, Preise oder Auszeichnungen beeinflusst wird, ein Vertrauensgut.194 Der Wert von sozialen Gütern (social goods) schließlich ist durch KonsumentInnen selbst gar nicht bestimmbar, sondern wird vor oder nach dem Konsum von der Gesellschaft oder einer bestimmten Gemeinschaft determiniert.195 Institutionen oder auch Marken reduzieren die Unsicherheit für KonsumentInnen durch Qualitätsversprechen, welche Erfahrungs- und Vertrauensgüter in Suchgüter umwandeln, indem sich die KonsumentInnen auf diese Versprechen verlassen. Dennoch gilt das Prinzip einer fundamentalen Unsicherheit, eines „nobody knows“, sowohl für die Nachfragenden als auch die Anbietenden. Für ProduzentInnen besteht gleichfalls hohe Unsicherheit bezüglich der Fähigkeit ihres Produktes, das gewünschte Publikum anzusprechen und eine entsprechende Qualität zu bieten. „Kunstbetriebe sind regelmäßig gekennzeichnet durch Unsicherheit der Ergebniserzielung, Risiko der Ergebnisakzeptanz, Nichtrechenhaftigkeit der Ergebnisse.“196 Es herrscht also symmetrische Ignoranz bezüglich der Qualität eines künstlerischen Produktes.197 Die Unmöglichkeit einer absoluten Qualitätsentscheidung von Vertrauensgütern untermauert die Entscheidung, sich bei der empirischen Untersuchung auf die Wahrnehmung von Erfolg und nicht auf objektiv messbare Kennzahlen zu konzentrieren. 2.2.4 Individuelle Nutzendimensionen des Kulturprodukts Die funktionalen Elemente eines Kulturprodukts reichen nicht aus, den wahrgenommenen Nutzen für KonsumentInnen zu beschreiben. Das künstlerische Vgl. Reinstein/Snyder (2005), S. 27 f. Vgl. Darby/Karni (1973); Nelson, et al. (2001); Vertrauensgüter können auch tangibler Natur sein (z. B. Modeartikel, Getränke etc.). 195 Vgl. Millar/Choi (2003), S. 271 196 Ortner (1993), S. 195 197 Vgl. Caves (2003), S. 74 193 194
66
2 Thematische Grundlagen und Rahmenbedingungen
Erlebnis kann als „Set von möglichen Nutzen bzw. Vorteilen […] wie sie von dem Nachfrager wahrgenommen werden“198 verstanden werden. Der Kunstkonsum erfolgt in der Regel freiwillig und ohne zugrunde liegendes physisches Bedürfnis – die Konsumentscheidung erfolgt daher auf Grundlage eines Bündels an erwarteten Nutzen seitens der KulturkonsumentInnen:199
Der direkte Nutzen oder Kernnutzen stellt den eigentlichen Hauptgrund dar, warum ein Produkt oder eine Dienstleistung in Anspruch genommen wird, wie zum Beispiel die Individualität des Kulturerlebnisses, die ausgelösten Emotionen oder ästhetischen Effekte. Dieser Kernnutzen wird von einer Vielzahl erweiterter Nutzenmöglichkeiten ergänzt. Der soziale Nutzen leitet sich vom Konsum beispielsweise eines Theaterkonsums in einem spezifischen kulturellen Kontext ab. Bei einer Theaterpremiere geht es neben dem Kunstgenuss auch darum, zu sehen und gesehen zu werden, bestimmte Menschen zu treffen oder kennen zu lernen, oder sogar geschäftliche Kontakte zu knüpfen. Der Kunstkonsum ist weiters eng mit dem Selbstbild der KonsumentInnen verknüpft. Ein affektiver oder symbolischer Nutzen leitet sich von der Kongruenz des Images des künstlerischen Produkts mit dem Image, das man von sich selbst vermitteln will, ab. Das Kulturprodukt ist zudem mit einer vielfach vernachlässigten Servicekomponente verknüpft. So kann bei entsprechender BesucherInnenbetreuung oder -bindung auch ein Servicenutzen generiert werden.
Während gerade im Bereich der institutionalisierten Hochkultur Qualität und Kernnutzen aus einem kulturellen Selbstverständnis im Vordergrund stehen, ist der Appell an diesen Mix an Nutzendimensionen besonders für die Attrahierung spezieller BesucherInnensegmente wichtig.200 Abbildung 4 zeigt vier Ebenen des Kulturprodukts auf Grundlage der Erfahrungen und Erlebnisse der KonsumentInnen:201
Auch hier steht das Kunsterlebnis als Kernnutzen im Vordergrund. Der Kernnutzen ist die zentrale Erwartung, die von Seiten der KonsumentInnen an das Kulturprodukt gestellt werden und kann sich individuell unterscheiden. Das zentrale Erlebnis (central experience) beschreibt die tangiblen Bereiche des Kunsterlebnisses. Dazu gehören auch jene Bereiche, die Zurverfügungstellung des künstlerischen Produktes benötigt werden, wie z. B. die Atmosphäre des
Vgl. Klein (2005b), S. 20 Vgl. Hill, et al. (2003); Klein (2005b), S. 22 ff. 200 Vgl. Klein (2005b), S. 26 201 Vgl. Hill, et al. (2003), S. 119 ff. 198 199
2.2 Das Kulturprodukt aus Management-Perspektive
67
Veranstaltungsortes, dessen Infrastruktur oder Verhalten und Einstellungen der MitarbeiterInnen. Diese Produktebene erlaubt es den BesucherInnen, auf einer tangiblen Ebene eine Qualitätswahrnehmung zu erlangen, die das erwartete Risiko beim Kauf des intangiblen Produktes Kunst reduziert. In Form des erweiterten Erlebnis (extended experience) ist die Kulturinstitution in der Lage, das ursprüngliche Kernangebot durch weitere Produkte und Dienstleistungen zu ergänzen. In Form von Merchandisingprodukten, Aufnahmen, Workshops, gastronomischen Angeboten etc. können das Kernerlebnis erweitert und sogar neue Kundenschichten gewonnen werden. Für BesucherInnen eröffnen sich auch mögliche Erlebnisse (potential experience), die durch eine stärkere Bindung an die Kulturinstitution realisiert werden können. Die Mitgliedschaft in einem Freundeskreis, Aktivitäten als Förderer oder Volontär oder sogar die aktive Teilnahme in der Kunstform sind Ausdruck einer stärkeren Beziehung und von Commitment zur Kulturinstitution.
Artistic product Artistic experience Branding Atmosphere
Core benefit
Staff attitudes
Processes Ancillary products
Conventions
Venue ambience
Central Experience
Physical environment Catering
Workshops Merchandise Programmes Recordings Affiliation
Corporate hospitality
Extended Experience
Friend
Practitioner Volunteer
Legator
Donor Potential Experience
Abbildung 4:
Vier Ebenen des Kulturprodukts Quelle: Hill, et al. (2003), S. 120
Diese Multidimensionalität der Erwartungen und möglichen Nutzen für KonsumentInnen von Kulturprodukten bergen zusätzliche Chancen und Herausforderungen für Kulturbetriebe.
68
2 Thematische Grundlagen und Rahmenbedingungen
2.2.5 KonsumentInnensouveränität durch Marken Die postmoderne Konsumkultur ist durch das Streben persönlicher Souveränität durch Marken geprägt.202 Dabei ist die Marke ein implizites Qualitätsversprechen an die KonsumentInnen und dient dazu, ein Produkt oder eine Dienstleistung klar von konkurrierenden Produkten abzugrenzen (wettbewerbsorientierter Ansatz), die Emotionen, Motivationen oder Einstellungen der KonsumentInnen zu verändern (effektzentrierter Ansatz) und die Markenwahrnehmungen der KonsumentInnen aktiv in Richtung des gewünschten Verhaltens zu beeinflussen (verhaltensorientierter Ansatz). Ein aktueller verhaltensorientierter Ansatz betrachtet Marken als komplexe soziale Phänomene, welche durch das Zusammenwirken von drei sich wechselseitig beeinflussenden Markenelementen – Markenmanifestationen, Markenstakeholder und Markenbedeutung – entstehen. In einem fortlaufenden sozialen Diskurs wird die Marke stets beeinflusst und neu bewertet.203 Im Zusammenhang mit der hohen Unsicherheit, die Produkten der Darstellenden Künste inhärent ist, kann die Reputation der Institution, von Schlüsselpersonen wie IntendantInnen, RegisseurInnen und Stars oder von bekannten Stücken (Standardrepertoire) eine ähnliche Signalwirkung aufweisen wie Marken.204 2.3 Das Theater als Kulturbetrieb Die Beschäftigung mit der betriebswirtschaftlichen Kulturwirtschaft sowie der Kulturökonomie ist ein verhältnismäßig junges Phänomen, das im Rahmen der Management-Euphorie der 1980er Jahre auch den Non-Profit-Bereich erfasst hatte und ein Umdenken signalisierte: „Twenty years ago, management was a dirty word for those involved in nonprofit organizations. It meant business, and nonprofits prided themselves on being free of the taint of commercialism and above such sordid considerations as the bottom line. Now most of them have learned that nonprofits need management even more than business does, precisely because they lack the discipline of the bottom line.”205
Traditionell wurde eine Unvereinbarkeit von KünstlerInnen und Wirtschaftstreibenden vermutet. Eve Chiapello beleuchtet in ihrer Studie die historische und soziologische Entwicklung des Konflikts zwischen künstlerischen und managementbezogenen Sichtweisen und argumentiert, dass die künstlerische Kritik durch Vgl. Holt (2002) Vgl. Mühlbacher, et al. (2006) 204 Vgl. Reddy, et al. (1998) 205 Drucker (1989), S. 89 202 203
2.3 Das Theater als Kulturbetrieb
69
die gegenseitige Annäherung von KünstlerInnen und ManagerInnen teilweise an Glaubwürdigkeit und Begründung verloren hat.206 Unter dem Begriff Kulturbetrieb oder Kulturunternehmen werden im Allgemeinen kulturelle Einrichtungen wie Staats- und Stadttheater, Museen, Galerien, Kinos, Chöre, Theatergruppen bis hin zu Verlagen und Diskotheken verstanden.207 Die Zahl derer, die Kunst bzw. Kultur produzieren und anbieten ist unübersichtlich und statistisch schwer erfassbar. Was früher als Subkultur klassifiziert wurde kann Jahre später vielfach dem Mainstream zugeordnet werden. Dennoch liegt das Augenmerk der Öffentlichkeit, zumindest jenes Teils der Öffentlichkeit der früher als „Bildungsbürgertum“ bezeichnet worden wäre und journalistisch im Feuilleton seinen Niederschlag findet, bei den großen Kultureinrichtungen wie Bundes-/Staats-, Landes- oder Stadt-Theatern und -Museen. Diese Institutionen befinden sich weitgehend in Besitz der öffentlichen Hand bzw. sind erst seit kurzem den Schritt in die Privatisierung gegangen.208 Diese von Kulturbetrieben, Theater- und Opernhäuser aus ehemals staatlichem Besitz, sind Untersuchungsgegenstand der vorliegenden Arbeit. 2.3.1 Kulturmanagement und Kulturbetriebslehre Mehrere Besonderheiten sprechen für eine spezielle Behandlung des Kulturmanagements im Rahmen der Betriebswirtschaftslehre:209 Im Kulturbetrieb steht das Ziel der Ermöglichung von Kunst vor gewinnorientierten Zielsetzungen und resultiert einerseits in einer starken Branchenbindung, andererseits in einer beobachteten stärkeren Bindung von KünstlerInnen an Personen als an ihre dienstgebenden Institutionen. Ein weiteres Argument ist die Tatsache, dass die Art und Weise wie Kunst ermöglicht wird bereits Kultur darstellt. Schließlich ist Kulturmanagement durch einen besonderen Einfluss von Steuerungshandlungen auf das Produkt selbst gekennzeichnet, was dem verantwortungsvollen Umgang mit künstlerischen und kulturellen Inhalten besondere Bedeutung einräumt. Während die Betriebswirtschaftslehre und damit die an sie angelehnte Kulturmanagement anwendungsorientiert sind, ist es Ziel der Kulturbetriebslehre anhand der Beobachtung von Strukturen und Prozessen Anstöße für die intraorganisationale Entwicklung – das Kulturmanagement – zu liefern.210 Das Management von Kunst und Kultur umfasst jene Instrumentarien, welche Vgl. Chiapello (1998), S. 239 f. Vgl. Konrad (2000), S. 3 208 z. B. wurden die österreichischen Bundestheater 1999 in fünf eigenständige GmbHs unter Führung der Bundestheater-Holding GmbH ausgegliedert. 209 Vgl. Heinrichs (1999), S. 16 ff. 210 Vgl. Zembylas/Tschmuck (2006a), S. 7 f. 206 207
70
2 Thematische Grundlagen und Rahmenbedingungen „die kommunikativen, technologischen, organisatorischen, sozialen, rechtlichen und wirtschaftlichen Aufgaben effektiv und effizient löst oder deren optimale Bedingungen schafft und verwirklicht.“211
Primär wurden praxisbezogene Bereiche wie Sponsoring, Fund-Raising, NonProfit-Marketing, Event-Management etc. für den Kultursektor bzw. spezifische Kunstsparten adaptiert. Dabei wird versucht, Erkenntnisse aus der Organisationsund Führungsforschung von Wirtschaftsbetrieben auf den Kulturbereich zu übertragen und über neue Studiengänge und Ausbildungszweige zu vermitteln. Kulturbetriebslehre vertritt eine ganzheitlichere Sicht und ist „[…] jenes Fach, das den Kulturbetrieb als historisch gewachsene, gesellschaftliche Organisationsform der Produktion, Distribution, Vermittlung und Rezeption spezifischer Kulturgüter untersucht.“212
Die Kulturbetriebslehre beschäftigt sich mit Phänomenen und Zusammenhängen, die in einem Kulturbetrieb resp. einer Kulturinstitution auftauchen:213
dem Formationsprozess von Kulturgütern (Artefakten oder kulturellen Leistungen) als bedeutungsvolle symbolische Entitäten und ihre Transformation in kulturelle Güter, also der Produktion, Distribution und Rezeption/ Konsumation kultureller Güter; der Analyse kultureller Praktiken und ihrer institutionalen Rahmenbedingungen; der Untersuchung spezifischer Charakteristika von Kulturinstitutionen als organisatorischen Settings sowie der sozialen Organisation von kultureller Arbeit und anderen Aktivitäten, z. B. in Form der Kulturpolitik, rechtlichen Rahmenbedingungen oder der Förderlandschaft.
2.3.2 Management im Kulturbetrieb Das Management im Kulturbetrieb ist geprägt von der Ambiguität künstlerischer und wirtschaftlicher Werte und Zielsetzungen sowie komplexen Umwelt- und Stakeholderbeziehungen.
Konrad (2000), S. 19 Zembylas (2004), S. 13 213 Vgl. Zembylas (2004), S. 30 f.; Hasitschka, et al. (2005) 211 212
2.3 Das Theater als Kulturbetrieb
71
„Richtig verstandenes Management am Theater bedeutet, die verfügbaren Mittel im Hinblick auf die intendierte künstlerische Zielsetzung so effektiv wie möglich einzusetzen.“214
Als Aufgaben idealer KulturmanagerInnen werden genannt: 215
214 215
Konzeption, Organisation und Realisation von Kunst- & Kulturprojekten, initiativen, und -veranstaltungen; Leitung, Betreuung oder Beratung privater oder öffentlicher Kunst- und Kulturinstitutionen/-einrichtungen; Leitung oder Mitarbeit von Kulturredaktionen oder –abteilungen in öffentlichrechtlichen oder privaten Mediengesellschaften; Geschäftsführung oder Mitarbeit in öffentlichen oder privaten Einrichtungen der Kulturförderung; Entwicklung eines professionellen Managements, z. B. für die Bereitstellung der erforderlichen Ressourcen oder für ein zeitgemäßes Marketing; Schaffung von Entfaltungsmöglichkeiten und Freiräumen für Kunst und Kultur sowie die Umsetzung künstlerischer Kreativität in kommunikative und wirtschaftliche Leistungen; Finden der richtigen öffentlichen oder privaten Partner für die richtigen Projekte sowie die kostengünstige Verwendung der vorhandenen Mittel, um größere kreative Gestaltungsmöglichkeiten und künstlerische Freiräume zu schaffen; Tätigkeit als Kommunikatoren, Übersetzer, Brückenbauer, Koordinatoren, Integratoren, Katalysatoren, Ermöglicher, Gestalter und kulturell verantwortlich handelnde Unternehmer. Tätigkeit als Kommunikatoren, Übersetzer, Brückenbauer, Koordinatoren, Integratoren, Katalysatoren, Ermöglicher, Gestalter und eventuell kulturell verantwortlich handelnde Unternehmer; Bemühung, neue Bündnisse und stimmige, sinnvolle, aber auch unkonventionelle Partnerschaften zwischen Kultur, Wirtschaft, Verwaltung, Politik, Medien und Öffentlichkeit zu stiften; Verstehen von Sparmaßnahmen als besondere Herausforderung an die Kreativität, um dennoch Kunst und Kultur zu ermöglichen; Entwicklung und gezielte Verwirklichung von kreativen Konzepten und Projekten im Dialog mit Partnern.
Ruzicka (1994), S. 255 Vgl. Rauhe (1994), S. 7 und Konrad (2000), S. 19
72
2 Thematische Grundlagen und Rahmenbedingungen
Ein(e) KulturmanagerIn ist mit einem „Grenzgänger“ vergleichbar: „[E]r muss fähig sein, durch inkongruente Perspektiven Felder unter Spannung und in Bewegung zu setzen […] Darüber hinaus sollte er imstande sein, strategische Visionen kommunizierbar zu machen […] Der moderne Kulturmanager hat somit strategisches Denken und kommunikative Kompetenzen zu verbinden und als Grenzgänger zwischen unterschiedlichen Sprach- und Sinnwelten zu vermitteln.“216
Dabei reichen die Erwartungshaltungen an KulturmanagerInnen von „Dienstleistern“, über „Schnittstellen“ bis hin zu „Ermöglichern“ von Kultur.217 Die Vielfältigkeit und Diversität der Aufgaben führt dazu, dass man von Kulturmanagement als einem einheitlichen Berufsfeld nicht sprechen kann.218 Richter fasste die geforderten Eigenschaften an eine/n KulturmanagerIn in einem Stichwortkatalog zusammen,219 welcher jedoch an die Kritik an der charismatischen Leadership-Forschung, nämlich die Schaffung eines in der Realität kaum anzutreffenden Idealbildes, erinnern. In der vorliegenden Arbeit bezieht sich Kulturmanagement auf die wirtschaftliche Steuerung kultureller Einrichtungen unter Berücksichtigung künstlerischer Zielsetzungen. 2.3.3 Betriebliche Prozesse im Theater Aus einer prozessualen Perspektive stellt ein Unternehmen eine zielgerichtete Zusammenfassung der in ihr stattfindenden werttreibenden Prozesse dar. Diese Tätigkeiten werden mit dem Ziel, Wettbewerbsvorteile auf einem relevanten Markt und dadurch Gewinne zu erlangen. Hierbei wird zwischen primären und unterstützenden Aktivitäten unterschieden, deren Bedeutung jeweils von den Charakteristika des Unternehmens und der Branche abhängt. Im Theaterbereich sind diese Ziele stärker auf kulturpolitische und künstlerische Zielsetzungen ausgerichtet (vgl. Abschnitt 6.3). Das Modell der Wertekette (vgl. Abbildung 5) zeichnet sich aus strategischer Sicht durch eine starke Effizienz- aber auch Effektivitätsorientierung aus.220 Das künstlerische Personal ist hierbei von den wertschöpfenden primären Aktivitäten, wie der Erstellung eines künstlerischen Profils oder der Spielplandramaturgie betroffen.221
Heinze (1997), S. 56 f. Vgl. Vakianis (2005), S. 31 f. 218 Vgl. Wiesand (1991), S. 342 f. 219 Vgl. Richter (1992), S. 40, weitere Anforderungsprofile bei Rauhe (1994), S. 9f. 220 Vgl. Freiling/Reckenfelderbäumer (2007), S. 239; für das Konzept der Wertekette vgl. Porter (1998), S. 37 221 Vgl. Vakianis (2005), S. 38 216 217
2.4 Organisationale Kultur und Identität
Abbildung 5:
73
Prozesse im Theater Quelle: Vakianis (2005), S. 38
Insbesondere der strategische Planungsprozess steht durch einen häufigen Wechsel der künstlerischen Zielsetzungen einer besonderen Herausforderung gegenüber. Während das Ziel „Gewinn“ sich in der Regel durch zeitliche Stabilität auszeichnet, kann das künstlerische Profil sich von Saison zu Saison, sicherlich jedoch von IntendantIn zu IntendantIn verändern.222 Dies beeinflusst wiederum andere Prozesse, wie z. B. die Spielplanerstellung, die Dramaturgie, aber auch Personalentscheidungen und verlangt hohe personelle und organisationale Flexibilität. 2.4 Organisationale Kultur und Identität Seit den 1980er Jahren wächst die Erkenntnis, dass nicht nur „harte“, sondern vor allem auch „weiche“ Faktoren erfolgskritisch sind.223 Aus kulturwissenschaftlicher Sicht entsprechen Konstrukte wie die Organisations- oder Unternehmenskultur224 einem umfassenden Kulturbegriff. Die Unternehmenskultur ist ein implizites Phänomen, welches das Selbstverständnis und die Identität eines Unternehmens oder einer Organisation prägt, ohne eine eigene, physische Präsenz zu besitzen. Die jeweils individuelle Kultur einer Organisation umfasst die „[…] vorherrschenden Wertvorstellungen, Traditionen, Überlieferungen, Mythen, Normen und Denkhaltungen, die den Mitarbeitern auf allen Verantwortungsebenen Vgl. Vgl. vor allem die Untersuchung der „erfolgreichsten“ US-Unternehmen von Peters/Waterman (1984) 224 Die Begriffe Organisations- und Unternehmenskultur werden in dieser Arbeit synonym verwendet und unterliegen einem breit gefassten Begriffsverständnis, welches auch das Organisations- und Unternehmensklima inkludiert. Analoges gilt für Organisations- und Unternehmensidentität. 222 223
74
2 Thematische Grundlagen und Rahmenbedingungen Sinn und Richtlinien für ihr Verhalten vermitteln. Sie ist Summe aller gelebten und anerkannten Werte, Normen und Zielvorstellungen in der Unternehmung.“225
Dabei steht die Unternehmenskultur im Dienste der Unternehmensstrategie und des operativen Erfolges. Die Unternehmenskultur bietet eine Möglichkeit, die Komplexität der Unternehmensrealität insbesondere in ihrer menschlich-sozialen Dimension genauer zu erfassen. Sie erlaubt es den Organisationsmitgliedern, sich mit der Organisation zu identifizieren, koordiniert zu handeln und vermittelt zudem Kontinuität.226 Verschiedene Ansätze ermöglichen den Zugang zum Konstrukt Organisationskultur. So steht dem „Variablenansatz“ (die Organisation hat Kultur), welcher Unternehmenskultur als Sammlung sichtbarer Merkmale und Manifestationen, die objektiv-quantitativ erhebbar sind, betrachtet, der „Metaphernansatz“ (die Organisation ist Kultur), welcher das gesamte Unternehmen als gemeinsam konstruierte Wirklichkeit versteht, gegenüber. Der Variablen-Ansatz betrachtet Organisationskultur als grundsätzlich „machbar“, quantifizierbar und als Instrument zur Identifikation, Integration, Koordination und Motivation der Organisationsmitglieder. Der Metaphernansatz hingegen betrachtet die Organisation ganzheitlich und – obgleich sie sich ständig wandelt – als nur schwer von außen beeinflussbar.227 Ein integrativer oder dynamischer Ansatz verbindet beide Perspektiven: „Organisationen sind also Kulturen (Metaphern-Ansatz) und haben zugleich kulturelle Aspekte (VariablenAnsatz).“228 Eine strukturell-interpretative Sicht betrachtet Unternehmenskultur als von den Individuen einer Organisation auf Grundlage ihrer subjektiven Wahrnehmungen und Interpretationen sozial konstruiert. Doch auch die eingangs beschriebene funktionale Sichtweise stößt an die Grenzen ihrer Messbarkeit: da nur ein Teil der Kulturaspekte sichtbar sind, wird die Schwierigkeit einer Messung von Unternehmenskultur deutlich und kann nur annäherungsweise über Indikatoren erfolgen.229 2.4.1.1 Werte als Grundlage der Organisationskultur Unternehmenskultur ist ein vielschichtiges und komplexes Phänomen und umfasst eine Vielzahl von Faktoren und Dimensionen. Schein betrachtet die Kultur einer Organisation aus einer integrativen Perspektive als kollektive Lerngeschichte bzw. Muster gemeinsamer Prämissen, welche eine Gruppe bei der Bewältigung interner Hinterhuber (2004a), S. 230 Vgl. Sackmann (2004), S. 27 ff. 227 Vgl. Smircich (1983) 228 Sackmann (1990), S. 162 229 Vgl. Baetge, et al. (2007), S. 187 f. 225 226
2.4 Organisationale Kultur und Identität
75
Integrations- und externer Anpassungserfordernisse erlernt hat, respektiert und an neue Mitglieder als rational und emotional korrekten Ansatz für den Umgang mit diesen Problemen weitergibt: „A pattern of shared basic assumptions that the group learned as it solved its problems of external adaptation and internal integration, that has worked well enough to be considered valid and, therefore, to be taught to new members as the correct way to perceive, think, and feel in relation to those problems.“230
In seinem Kulturebenenmodell unterscheidet Schein je nach Sichtbarkeit drei Ebenen, die zueinander in wechselseitiger Beziehung stehen:231
Artefakte und Symbole sind physische Manifestationen, Verhaltensweisen und Prozesse innerhalb der Organisation die zwar leicht zu beobachten, jedoch für Außenstehende schwer entschlüsselbar sind. Dazu gehören unter anderem das Leitbild des Unternehmens, Rituale, Mythen oder ein unternehmensinterner Jargon. Ihr Verständnis setzt eine Kenntnis der Werte und Grundprämissen der Organisationskultur voraus. Das Normen- und Wertesystem der Organisation beschreibt öffentliche und nach außen gerichtete Haltungen in Form von Zielen, Strategien und Unternehmensphilosophien. Kollektive internalisierte Werte zeigen wie die Dinge sein sollten und wirken dauerhaft verhaltenssteuernd und leistungssteigernd. Grundannahmen beschreiben auf der untersten Ebene grundlegende Annahmen und Überzeugungen, die unbewusst und als selbstverständlich wahrgenommen werden. Sie werden nicht hinterfragt oder diskutiert und stellen sozusagen die „innere Haltung“ der MitarbeiterInnen dar. Grundannahmen werden über die Beschaffenheit von Realität, Zeit und Raum, über die menschliche Natur, aber auch über soziale Handlungen und Beziehungen sowie über Beziehungen zur Umwelt getroffen.
Werte fungieren also als Bindeglied zwischen dem organisationalen Orientierungssystem und dem Verhaltensergebnis der Organisationskultur. Sie stellen Spielregeln und Orientierung für Verhalten zur Verfügung und beeinflussen dadurch die Informationsaufnahme, Prioritätensetzung und Entscheidungsfindung der Organisationsmitglieder. Werte- und Zielamorphität kann die Bildung starker Subkulturen innerhalb der Organisation fördern. Diese Subkulturen können sich im positiven Sinne ergänzen, im negativen Sinne, aber auch zu Reibungs- und Effizienzverlusten führen.232 Im Kulturbetrieb treffen stark heterogene Beschäftigungsgruppen – Schein (1997), S. 12 Vgl. Schein (1997), S. 17 ff. 232 Vgl. Sackmann (2004), S. 26 230 231
76
2 Thematische Grundlagen und Rahmenbedingungen
KünstlerInnen, technisches, administratives sowie unterstützendes Personal – mit unterschiedlichen Ziel- und Wertvorstellungen aufeinander, die es gemeinsam auszurichten und abzustimmen gilt. Die bewusste Steuerung der Organisationskultur wird als eine nicht-delegierbare Aufgabe der obersten Führungskräfte betrachtet.233 Die unterschiedlichen Annahmen verschiedener Subkulturen beeinflussen auch die organisationale Wahrnehmung von Erfolg: Während die LeiterInnen von Organisationen Erfolg vielfach auf Grundlage von Marktanteilen und Rentabilität definieren, sind für andere MitarbeiterInnen unter Umständen ein gutes Arbeitsklima, klar definierte Arbeitsprozesse, die Sicherheit des Arbeitsplatzes – oder beispielsweise ein Flow-Erlebnis während der Aufführung im Vordergrund. Das CompetingValues-Modell von Quinn und Rohrbaugh bringt diese konkurrierenden Werte in einen modellhaften Zusammenhang.234 Organisationale Werte liegen der strategischen Führung eines Unternehmens zugrunde. Die wichtigsten Werte werden identifiziert, artikuliert, kommuniziert, gefördert und bewertet und als Grundlage strategischer Entscheidungen vielfach als maßgeblich für den Unternehmenserfolg betrachtet.235 Die zentralen Werte einer Organisation helfen der Führung „to focus the organization, increase performance and productivity, and develop a committed workforce.”236 Voss, Cable und Voss haben in ihrer Arbeit fünf Wertdimensionen identifiziert, die für Kulturorganisationen von Bedeutung sind (vgl. Tabelle 1): 237
Die prosoziale Dimension (prosocial values) beschreibt den gesellschaftlichen Beitrag nicht-gewinnorientierter Kulturorganisationen, den sie durch die Schaffung eines Zuganges zur Kunst und der damit einhergehenden Wertschätzung in der Gesellschaft leisten. In der künstlerischen Dimension (artistic values) spiegelt sich der intrinsische Fokus auf künstlerische und ästhetische Kreativität, Innovation und Unabhängigkeit wieder. Das Spannungsfeld der Verfolgung eines künstlerischen Ziels unter gleichzeitiger Berücksichtigung finanzieller Zwänge findet sich in der finanziellen Dimension (financial values). Der Wunsch, das künstlerische Ziel zu erreichen, kann Verantwortliche veranlassen, das Geld für kurzfristige künstlerische Zwecke einzusetzen und dadurch die Lebensfähigkeit der Organisation zu gefährden.
233 Vgl. Hinterhuber (2004b), S. 276; hier setzt auch eine Kritik am Ansatz Scheins an, welche die Möglichkeit einer gleichzeitigen Betrachtung von Kultur als abhängiger und unabhängiger Variable in Frage stellt. Gleichzeitig wird eine übergeordnete Fähigkeit der Führungsperson, Dysfunktionalitäten zu erkennen und somit gleichzeitig Teil der Organisationskultur zu sein und sie wenn nötig objektiv von außen zu betrachten bezweifelt. Vgl. Lakomski (2005), S. 46 ff. 234 Vgl. Quinn/Rohrbaugh (1983); Cameron, et al. (2006) 235 Vgl. Blanchard/O'Connor (2003) 236 Tannenbaum (2003), S. 20 237 Vgl. Voss, et al. (2000), S. 336 ff.
2.4 Organisationale Kultur und Identität
77
Ein weiteres wichtiges Spannungsfeld zwischen dem Marktziel der Kundenzufriedenheit und dem künstlerischen Ziel, „Kunst der Kunst wegen“ zu produzieren, wird in der Markt-Dimension (market values) abgebildet. Schließlich wird ein tiefes Interesse an anerkannter Leistung (excellence) in der Ergebnis-Dimension (achievement values) identifiziert.
prosoziale Dimension
Höhere wahrgenommene WerteKongruenz mit…
Allokation von Programmatische Humanressourcen Entscheidungen in Relation zur gesamten Belegschaft
Finanzielle Ergebnisse: Höhere (relative) Einnahmen durch…
öffentlichen Geldgebern
Höherer Anteil Vermittlungs-/ Bildungsprogramme
öffentliche Fördergelder
künstlerische Künstlern Dimension
Höhere Anzahl von Vermittlungsprogrammen
Höherer Anteil Höhere Anzahl von Regisseuren, an Ur-/ErstDesignern, aufführungen Schauspielern
Tantiemen und Lizenzgebühren
finanzielle Dimension
Unternehmen und Stiftungen
Höherer Anteil Entwicklung/ Fundraising
Höhere Anzahl lizenzfreier Stücke
Unternehmen und Stiftungen
MarktDimension
Publikum
Höherer Anteil Marketing und Vertrieb
Höhere Anzahl an Stücken von Verlagen
Kartenverkäufe
ErgebnisDimension
Künstlern
Niedrigerer Anteil von Regisseuren, Designern, Schauspielern
Höhere Anzahl an Ur-/Erstaufführungen
Erhöhung des Gesamteinkommens
Tabelle 1:
Verbindung organisationaler Wertdimensionen und relationaler Einstellungen, Verhalten und Ergebnisse Quelle: nach Voss, et al. (2000), S. 337
Eine empirische Validierung des Zusammenhanges zwischen Unternehmenskultur und dem Erfolg eines Unternehmens scheint in zahlreichen Studien gelungen, wenngleich ein Vergleich der Ergebnisse aufgrund unterschiedlicher Definitionen, Messmethoden und der Schwierigkeit, Unternehmenskultur allgemeingültig zu definieren, nahezu unmöglich scheint.238 Die Frage, inwieweit die Kultur des
238
für einen Überblick vgl. Ostroff, et al. (2003); Baetge, et al. (2007)
78
2 Thematische Grundlagen und Rahmenbedingungen
Unternehmens „Kulturbetrieb“ einen Einfluss auf die Wahrnehmung des Erfolges desselben ausübt, ist von entscheidender Bedeutung für die vorliegende Arbeit. 2.4.1.2 Organisationale Identität Durch Kommunikation und Verhalten beeinflussen Organisationen ihr Erscheinungsbild gegenüber internen und externen Stakeholdern. Die Identität einer Organisation beschreibt ihr „formuliertes Selbstverständnis“, bzw. „wie diese von der Außenwelt gesehen und bewertet werden will; sie ist der fassbare und wahrnehmbare Teil der Unternehmungskultur.“239 Albert und Whetten definieren drei Kriterien organisationaler Identität: die Essenz des Unternehmens (claimed central character), zentrale Unterscheidungsmerkmale (claimed distinctiveness) und Kontinuität (claimed temporal continuity).240 Die Identität einer Organisation reflektiert also einerseits die zentralen Werte und Einstellungen der obersten Führungskräfte. Die Beantwortung der Frage „Wer sind wir?“ beeinflusst, wie die Führungskräfte zentrale Fragen interpretieren, Gefahren identifizieren, Strategien entwickeln, nach innen und außen kommunizieren, Konflikte lösen, welchen Ziele und Zielgruppen sie verfolgen und wie sie die Ressourcen der Organisation zuteilen.241 Auf der anderen Seite erlaubt sie die Abgrenzung zu anderen – ähnlichen – Organisationen und definiert, was über einen Zeitverlauf konstant bleibt bzw. bleiben soll. Die organisationale Identität wird innerhalb des Systems sozial konstruiert und hauptsächlich durch Interaktionen zwischen der wahrgenommenen Identität des Managements und anderer Stakeholder determiniert.242 Die Persönlichkeit einer Organisation als Eckpfeiler ihrer Identität ist ein „mix of ideologies present within the organisation and as such reflecting the various loyalties personnel have to different cultures.“243 In ihrer Untersuchung der organisationalen Identität des Atlanta Symphony Orchestra identifiziert Glynn zwei dominierende und konfligierende Identitätskomponenten, die sich in den meisten Kulturinstitutionen aufgrund der Multiprofessionalität ihrer Akteure wiederfinden und eine hybride Organisationsidentität verursachen:244 den künstlerischen Anspruch auf der einen Seite, auf der anderen Seite ein wirtschaftliches Erfolgsdenken bzw. eine utilitäre Identität „governed by values of economic rationality, the maximization of profit, and the minimization of cost.“245 Hinterhuber (2004a), S. 241 Vgl. Albert/Whetten (1985), S. 265 241 Vgl. u. a. Glynn (2000); Foreman/Whetten (2002); Voss, et al. (2006) 242 Vgl. Bennett/Kottasz (2001), S. 232 243 Balmer (1995), S. 25 zit. n. Bennett/Kottasz (2001), S. 224 244 Vgl. Glynn (2000), S. 285 ff. 245 Albert/Whetten (1985), S. 281 f. 239 240
2.4 Organisationale Kultur und Identität
79
Besonders in Zeiten finanzieller Einschränkungen oder in Krisen kommt es vermehrt zu Identitätskonflikten. Durch unterschiedliche Ziel- und Wertvorstellungen sind Gruppen von Akteuren aus verschiedenen Identitäts-Feldern nicht bereit, ihre Arbeit oder Funktion als „untergeordnet“ anzusehen, sondern versuchen, ihre eigene Identität zu stärken und in den Vordergrund zu stellen. Dadurch werden organisationale Ressourcen und Kompetenzen unterschiedlich wahrgenommen und kommt es zu Variation in der Definition der Kernkompetenzen und der entsprechenden Wettbewerbsvorteile (vgl. Abbildung 6).246
Abbildung 6:
Identität, Ressourcen und Kernkompetenzen in einer Kulturinstitution Quelle: Glynn (2000), S. 293
Bei der Definition der organisationalen Identität und der strategischen Ressourcen beeinflussen die vier Elemente 1) Zugehörigkeit zu einer Berufs- oder Beschäftigungsgruppe, die durch den Grad an Exklusivität oder abstraktes Wissen bestimmt wird (ExpertInnen); 2) hybride oder duale organisationale Identität; 3) Identifikation strategischer Themen und 4) Identifikation von Ressourcen die Bestimmung der organisationalen Kernkompetenzen. Dabei interagieren parallele Identifikationsund Interpretationsprozesse bezüglich der Wahrnehmung strategischer Elemente, wie z. B. Kostenreduktion versus Ensembleentwicklung.247 In einer Studie öffentlich finanzierter Theater in Großbritannien haben Bennett und Kottasz den Einfluss der Identitätswahrnehmung von Schlüssel-Stakeholdern auf die Bereitschaft der befragten TheaterdirektorInnen untersucht, notwendige Veränderungen des Images durchzuführen. Je größer die Kongruenz in der Wahrnehmung der DirektorInnen und Schlüsselstakeholder, desto geringer wurde die 246 247
Vgl. Glynn (2000), S. 287 Vgl. Glynn (2000), S. 293
80
2 Thematische Grundlagen und Rahmenbedingungen
Bereitschaft für Veränderungen eingestuft.248 Aus Sicht der Führung empfiehlt sich für multiprofessionelle ExpertInnen-Organisationen mit dualen Identitäten wie Kulturorganisationen eine professionelle Berücksichtigung beider Anspruchsbereiche. Führungskräfte „should personify and support both identities [...] they must be perceived as the champion of the normative as well as the utilitarian values of the institution“.249 2.5 Künstlerische Leitung im Musiktheater Die Führung von (ehemals) öffentlichen Theaterbetrieben erfolgt in der Regel durch eine/n künstlerische/n DirektorIn (IntendantIn), bis zu vier DramaturgInnen, eine/n VerwaltungsdirektorIn sowie eine/n technische/n DirektorIn.250 In einem Dreispartentheater werden die Führungspositionen durch eine/n MusikdirektorIn und eine/n TanztheaterdirektorIn ergänzt. Das oberste Management einer Kulturinstitution muss sich durch ästhetische Kompetenz und umfassende Kenntnis der jeweiligen Kunstsparte auszeichnen. Weiters sind die Kenntnis der historischen und sozialen Rahmenbedingungen unerlässlich, sowie die Fähigkeit, eine ästhetische Beziehung mit dem Publikum einzugehen. Ähnlich wie in gewinnorientierten Unternehmen, die in einem hochkompetitiven Umfeld agieren, ist es die wichtigste Aufgabe der Führung eines Opernhauses „to identify, in a world-wide marketplace, those professionals possessing the best credentials and ‘assemble’ them so as to obtain a complex ‘product’ able to satisfy a wide range of both functional and symbolic requisites.”251
Im Folgenden werden die Schlüsselpositionen der Intendanz und des Dirigats bzw. der Generalmusikdirektion genauer beschrieben. 2.5.1 Die Intendanz Die Intendanz, die oberste(n) Führungsperson(en) im Kulturbetrieb, ist eine Schlüsselposition im Kampf um den Erhalt und die Vermittlung von „Hochkultur“ in Zeiten öffentlicher Finanznöte und einer deutlich gestiegenen Vielfalt an Freizeitangeboten. Der/die IntendantIn oder TheaterdirektorIn hat die Leitung des künstlerischen, technischen und administrativ-wirtschaftlichen Theaterbetriebs inne. Vgl. Bennett/Kottasz (2001) Albert/Whetten (1985), S. 288 250 Vgl. u. a. Eikhof/Haunschild (2007), S. 528 251 Sicca (2001), S. 10 248 249
2.5 Künstlerische Leitung im Musiktheater
81
Aufgabe der IntendantInnen ist es, mit den zur Verfügung stehenden Mitteln die Ziele des Theaterträgers zu einer künstlerischen Gesamtkonzeption für Publikum und Theater umzusetzen. Dazu gehören im künstlerischen Bereich u. a. Entscheidungen über die Gestaltung des Spielplanes, das Engagement der entsprechenden und notwendigen KünstlerInnen, Vertragsverlängerungen mit den KünstlerInnen, den effizienten Einsatz der KünstlerInnen sowie die Vertretung des Theaters in der Öffentlichkeit und die Kooperation mit den Medien. Im wirtschaftlichadministrativen Bereich gehören die organisatorische, finanzielle, personalwirtschaftliche und rechtliche Steuerung des Theaterbetriebs sowie die regelmäßige Information des Theaterträgers zu den Aufgaben der Intendanz. 252 In der künstlerischen Arbeit werden IntendantInnen von künstlerischen und technischen Bühnenvorständen unterstützt.253 In großen Mehrspartentheatern stehen den IntendantInnen je ein/e Schauspiel-, Opern-, Ballett- und GeneralmusikdirektorIn zur Seite. In Verwaltungs-, Finanz- und Wirtschaftsangelegenheiten werden IntendantInnen in der Regel von einer/m VerwaltungsdirektorIn unterstützt, sodass die reine Intendantenführung im deutschsprachigen Raum eher selten ist und der „eingeschränkten Intendantenführung“ den Vortritt lässt. So sind IntendantInnen im Außenverhältnis zumeist alleinverantwortliche LeiterInnen des Theaters, im Innenverhältnis sind ihre Kompetenzen jedoch eingeschränkt. Ziel ist es, den IntendantInnen die Möglichkeit zu geben, ein künstlerisches Konzept zu verwirklichen ohne von Dritten behindert zu werden. Sie tragen jedoch auch große Verantwortung: So beschäftigen große Drei-Sparten-Häuser bis zu 1.000 MitarbeiterInnen, haben einen Jahresetat von bis zu 65 Mio. Euro und ziehen pro Jahr an die 500.000 BesucherInnen an. Die Gage wird in der Regel frei ausgehandelt und richtet sich nach der Größe des Hauses, dem Umfang der Aufgaben und der persönlichen Reputation der IntendantInnen. Das recht, während der Amtszeit auch selbst am eigenen und eingeschränkt an fremden Häusern zu inszenieren kann vertraglich zugesichert werden.254 Eine entscheidende Aufgabe der Intendanz ist es, eine Balance zwischen der eigenen Wahrnehmung der institutionalen Identität, der Interpretation des eigenen Verhaltens im Kontext dieser Identität sowie der angenommenen Wahrnehmung dieser Identität durch signifikante Stakeholder zu finden.255 Hirschman unterscheidet in ihrem Beitrag aus dem Jahr 1983 zwischen IntendantInnen als Künstler (artist) oder Ideologen (ideologist).256 Der künstlerischen Direktion wird neben ihrer
Vgl. Deutscher Bühnenverein (DBV) (2002), S. 27 z. B. DramaturgIn, SchauspieldirektorIn, MusikdirektorIn, ChordirektorIn, BallettmeisterIn, AusstattungsleiterIn, Technische(r) DirektorIn 254 Vgl. Deutscher Bühnenverein (DBV) (2002), S. 27 f. 255 Vgl. Bennett/Kottasz (2001), S. 225 256 Vgl. Hirschman (1983), S. 46 252 253
82
2 Thematische Grundlagen und Rahmenbedingungen
Funktion als kreative Triebkraft eine zentrale strategische Rolle zugeschrieben.257 Dadurch müssen IntendantInnen trotz ihres – teilweise wahrscheinlich romantisch verklärten, aber verbreiteten – Images von wütender Brillanz, exzentrischer Kunstfertigkeit oder tyrannischer Persönlichkeit, ein komplexes Set an Leadershipverhalten und -fähigkeiten aufbringen.258 Erfolgreiche professionelle MusikerInnen sind vielfach hoch gebildete und ausgebildete Individuen, die über Einblicke bzw. Einsichten und Fähigkeiten verfügen, die sie zu exzellenten Problemlösern und kreativen Denkern machen.259 Die Disziplin ständigen Übens, der Genuss individueller Aufmerksamkeit und die Erfordernis einer nahezu unmittelbaren Effektivität auf der Bühne macht sie zu seltenen MitarbeiterInnen und Führungskräften. Dazu kommen eine berufsbedingte Internationalität und Wettbewerbsfähigkeit. Die Position des „Intendanten“260 wurde in Frankreich von Ludwig XIV Mitte des 17. Jahrhunderts geschaffen und bezeichnete den obersten Verwaltungsbeamten einer Provinz. Vor 1919 war dieser Titel lediglich Leitern der Hoftheater vorbehalten. Die Bezeichnung Generalintendant steht für den Leiter eines staatlichen oder städtischen Theaters das mehrere Sparten (Oper, Schauspiel, Ballett) und Häuser umfasst. Im allgemeinen Sprachgebrauch bezeichnet der „Intendant“ den obersten Leiter eines Theaters, eines Rundfunk- oder Fernsehsenders. IntendantInnen waren in ihrer Berufslaufbahn zumeist bereits am Theater als SchauspielerInnen, DramaturgInnen oder RegisseurInnen tätig und haben Studien der Germanistik, der Kunstgeschichte, der Literatur oder der Theaterwissenschaft absolviert. Managementfähigkeiten gewinnen zunehmend an Bedeutung. Der Deutsche Bühnenverein rät, frühzeitig auf seine/ihre Person aufmerksam zu machen, entsprechende Kontakte zu knüpfen und in Führungspositionen zu arbeiten, um seine/ihre Fähigkeiten herausstellen zu können.261 2.5.2 Der/die DirigentIn als Schlüsselperson der Aufführung Der/die DirigentIn erarbeitet mit dem Orchester die Aufführung eines Musikwerkes. Hauptaugenmerk liegt auf der Interpretation des Werkes. Durch die Kontrolle der Dirigierenden können SolistInnen und OrchestermusikerInnen kontrolliert und Vgl. Conway/Whitelock (2007), S. 202 ff. Vgl. Hunt, et al. (2004), S. 146 259 Vgl. u. a. Allmendinger/Hackman (1996); Hunt, et al. (2004), S. 147 260 Aufgrund der Tatsache, dass in der besprochenen Epoche ausschließlich Männer die Position des Intendanten innehatten, wird hier auf eine Gender-Schreibweise verzichtet. 261 Vgl. Deutscher Bühnenverein (DBV) (2002), S. 28 Eine konkrete Ausbildung für IntendantInnen gibt es eigentlich nicht. Neu entstanden ist der Executive MBA der Universität Zürich zum Executive Master of Arts Administration der auf die Führung kultureller Institutionen ausgerichtet ist. Vgl. http://www.emaa.uzh.ch/index.html [18.11.2007] 257 258
2.5 Künstlerische Leitung im Musiktheater
83
ihre individuellen Einzelleistungen zu einem musikalischen Gesamtwerk zusammengeführt werden. Je nach Größe der Institution sind mehrere DirigentInnen beschäftigt, der oder die Ranghöchste unter ihnen hat die Rolle des (General)Musikdirektors bzw. die künstlerische Leitung des Orchesters inne und dirigiert die Hauptwerke des jeweiligen Spielplanes. Der oder die erste KapellmeisterIn dirigiert neben eigenen Premieren das Repertoire des Generalmusikdirektors nach. Die Gage, die Anzahl eigener Einstudierungen oder Dirigate sowie die Verpflichtung zu Orchesterdiensten werden frei ausgehandelt.262 Neben einschlägigen musikalischen Fähigkeiten wie Rhythmusgefühl, sicherem Klavierspiel, Kenntnis möglichst vieler Instrumente etc., sollten DirigentInnen pädagogische und führungsspezifische Fertigkeiten sowie eine umfassende kulturhistorische Bildung aufweisen. Der physische Aspekt starker körperlicher Belastung und die Erwartung persönlicher Ausstrahlung ergänzen das Berufsbild. Die Aufnahme in die DirigentInnenklasse einer Akademie oder Musikhochschule erfolgt über eine Aufnahmeprüfung und setzt zumindest die mittlere Reife voraus. In ungefähr acht Semestern werden die Studierenden – im Idealfall unter aus der Praxis kommenden DirigentInnen – zur künstlerischen Reifeprüfung, dem Kapellmeisterexamen, geführt. Volontariate in Theatern, internationale Dirigierkurse sowie die Teilnahme an Wettbewerben ergänzen das Lehrangebot der Hochschule und verschaffen die nötige Routine und Kontakte.263 Der „Orchesterdirigent“ als zentrale und sichtbare Führungsrolle bei der Koordination des Orchesters ist eine beliebte Metapher der Führungsforschung.264 Die leichte Bewegung des Dirigentenstabes, eine kleine, aber präzis ausgerichtete Geste, ein kurzes Klopfen und der Dirigent hat die gesammelte Aufmerksamkeit des gesamten Orchesters für sich. Das Orchester ist im Sinne der Wissensgesellschaft vergleichbar mit einer professionellen Organisation, welche um die Arbeit hoch qualifizierter MitarbeiterInnen organisiert ist, die wissen was sie zu tun haben und dieses einfach umsetzen.265 „[W]hile the classic impression of a maestro is one of fiery brilliance, eccentric artistry, and tyrannical personality, the successful modern professional conductor must master a complex set of leadership behaviors and skills.“266
Dabei unterscheidet die Vision Orchester-Leader von Orchester-ManagerInnen:
Vgl. Deutscher Bühnenverein (DBV) (2002), S. 20 f. Vgl. Deutscher Bühnenverein (DBV) (2002), S. 20 f. 264 Vgl. u. a. Abfalter/Hinterhuber (2006); Atik (1994); Bradford/Cohen (1984); Drucker (1993); Glynn (2000); Hunt, et al. (2004); Koivunen (2003); Mintzberg (1975), (1998); Sicca (2002) 265 Vgl. Mintzberg (1998), S. 140 266 Hunt, et al. (2004), S. 146 262 263
84
2 Thematische Grundlagen und Rahmenbedingungen „For the conductor, vision is … [w]hat kind of program is this going to be? What are the musical and educational goals? How do these fit into the bigger picture […]? What unique gifts do I have that can move this program forward?”267
OrchesterdirigentInnen folgen in der Vorbereitung eines Werkes komplexen, getrennten Musiksträngen und verweben diese in eine ganze koordinierte Aufführung.268 Der korrespondierende Führungsstil des „Orchesterdirigenten“ (Manageras-Conductor) ist dann angebracht, wenn die Führungskraft sich in einem stabilen Umfeld wieder findet und für den unternehmerischen Erfolg nicht auf das Commitment der MitarbeiterInnen angewiesen ist, diese komplexe Aufgaben erfüllen und ein beträchtliches Ausmaß an Koordination benötigen und ihr technisches Wissen im Vergleich zur Führungskraft niedrig ist.269 In einer Studie unter 186 deutschen OrchestermusikerInnen finden Boerner und Krause die hohe Bedeutung einer Führung durch unbestrittene fachliche Autorität im Orchester bestätigt. Diese fachliche Autorität gründet wiederum in wahrgenommener Macht, Fachkompetenz, Sicherheit in Bezug auf die „Richtigkeit“ der Konzeption, Zuverlässigkeit und Charisma der Dirigierenden.270 Sein/Ihr Einfluss auf die Leistung eines Orchesters und die Fähigkeit, Spitzenleistungen (peak performances) zu erzielen, wird vielfach einem autoritär-charismatischen bzw. transformativen Führungsstil zugeschrieben, der Elemente wie Zuversicht (confidence), Eloquenz und emotionale Ausdrucksfähigkeit zeigt.271 2.5.3 Leadership im Musiktheater Der beste Führer ist der, dessen Existenz gar nicht bemerkt wird, der zweitbeste der, welcher geehrt und gepriesen wird, der nächstbeste der, den man fürchtet und der schlechteste der, den man hasst. Wenn die Arbeit des besten Führers getan ist, sagen die Leute: “Das haben wir selbst getan“ Laotse, (6. Jh. v. Chr.), chinesischer Philosoph
Allmendinger und Hackmann kommen in einer Untersuchung des Verhaltens (ost)deutscher Symphonieorchester anhand des veränderten Umfelds durch die Wiedervereinigung zu dem Schluss, dass kompetente Führung es Organisationen – insofern es sich um gesunde Organisationen handelt – signifikant erleichtert, sich exogenen Schocks anzupassen.272 Führung im Musiktheater ist ein komplexer Prozess, welcher zwischen Vision und wirtschaftlichen Zwängen, zwischen einzelnen Wis (2002), S. 21 Vgl. Bradford/Cohen (1984), S. 46 269 Vgl. Bradford/Cohen (1984), S. 56 270 Vgl. Boerner/Krause (2002), S. 95 ff. 271 Vgl. u. a. Shamir, et al. (1993); Armstrong/Armstrong (1996); Wis (2002); Marotto, et al. (2007) 272 Vgl. Allmendinger/Hackman (1996), S. 364 f. 267 268
2.5 Künstlerische Leitung im Musiktheater
85
Projekten und einer künstlerischen und organisationalen Identität, zwischen ExpertInnen verschiedenster Berufsfelder und einer Vielzahl an Stakeholdern mit unterschiedlichen Interessen agieren muss. Leadership kann selbst als Darstellende Kunst betrachtet werden, in welcher der/die Führende sich selbst seinem Publikum „verkaufen“ muss,273 und ist zentrale Kompetenz einer Organisation.274 Die Frage nach dem geeigneten Führungsstil ist freilich schwierig zu beantworten. In komplexen dynamischen Umfeldern mit Fokus auf Kreativität gilt dezentrale Leadership als effektiver als eine hierarchisch orientierte Führung275 und wird in den Projektteams teilweise praktiziert. Dennoch trägt Führung im Musiktheater auf verschiedenen Hierarchieebenen Züge direktiver Führung.276 „The basic schizophrenia in theatre is that you ask your actors to understand themselves as independently acting, creative and critical partners, while at the same time you expect them to dispose of their independence on spot and at your discretion, whenever decisions simply have to be accepted as orders and have to be carried out.”277
Um struktur- und prozessinhärente Konflikte und Spannungen handhaben zu können, reduzieren IntendantInnen das Personalmanagement der KünstlerInnen hauptsächlich auf Rekrutierung, Vertragsverhandlungen und Besetzungsentscheidungen. Zumeist wird hier auf einer persönlichen (one-to-one) Basis kommuniziert.278 Dies rückt allerdings die Führungsperson – insbesondere IntendantInnen, aber auch DirigentInnen als primäre Bezugspersonen, Impulsgeber und Vorbilder (role models) in den Mittelpunkt. Ihre Aufgabe ist es, ihre MitarbeiterInnen zu begeistern, Freude an der Arbeit einerseits zu empfinden, andererseits zu erzeugen, ihre Aufgaben mit Energie zu erfüllen und sich im Prozess des Wandels mit Mut zum (kalkulierten) Risiko zu engagieren. Trotz konstatierter Schwierigkeiten von Non-Profit-Organisationen im Allgemeinen bzw. Kulturorganisationen im Speziellen ihre Strategie klar zu definieren,279 ist es ihre Aufgabe anhand der Vision Strategien zu entwickeln um die Organisation erfolgreich durch widrige Umweltbedingungen zu führen. Leadership ist der Prozess „of influencing others to understand and agree about what needs to be done and how to do it, and the process of facilitating individual and collective efforts to accomplish shared objectives.“280 Insbesondere sind im aktuellen Kontext, die Führung von ExpertInnen sowie eine charismatischtransformationale Führung von Bedeutung. Vgl. Bennis/Thomas (2002), S. 126 Vgl. Hinterhuber/Raich (2006) 275 Vgl. das Konzept der “Anti-Leadership” von Lakomski (2005) 276 Vgl. Boerner (2002) 277 Eikhof/Haunschild (2007), S. 534 278 Vgl. Haunschild (2003) 279 Vgl. u. a. Kaplan (2001), S. 358 280 Yukl (2006), S. 8 273 274
86
2 Thematische Grundlagen und Rahmenbedingungen
2.5.3.1 Führung von ExpertInnen Im Falle eines Orchesters oder Opernensembles kann es bis zu 100 verschiedene Meinungen über subtile und mehrdeutige Aspekte der Interpretation eines Werkes geben, wenn jede/r MusikerIn seine/ihre Erfahrungen und Perspektiven einbringt. Kooperation bzw. das exakte Zusammenspiel zwischen den KünstlerInnen ist jedoch eine entscheidende Bedingung künstlerischer Qualität. Hier ist es Aufgabe der Führungskräfte – in einem permanenten Verhandlungsprozess zwischen der eigenen künstlerischen Vision und jenen der MusikerInnen – diese verschiedenen Sichtweisen in eine einzige und kohärente Interpretation für das gesamte Orchester umzuwandeln.281 Organisation und ExpertInnen sind hochgradig interdependent: „[Knowledge workers] can work only because there is an organization, thus they too are dependent. But at the same time, they own the ‚means of production’ – their knowledge. In this respect, they are independent and highly mobile.”282
In ihrer Studie eines Studierenden-Orchesters beobachten Marotto, Roos und Victor neben der motivatorischen Wirkung der Aufgabe an sich (task), steigende Anstrengungen und Leistungsniveaus durch kontextuelle Faktoren wie den zunehmenden Druck durch den nahenden Aufführungstermin oder die Anwesenheit eines öffentlichen Publikums.283 Für organisationale Bedingungen, in denen hohe Aufgabenorientierung herrscht, die Leistungsmessung und dadurch extrinsische Belohnung erschwert ist, sowie außergewöhnliche Leistungen verlangt werden, werden allgemein symbolische Führungsstile bzw. -verhalten empfohlen, die visionäre und inspirationale, intellektuell stimulierende und ideologische Elemente betonen.284 Eine Gemeinsamkeit dieser Modelle ist ein Fokus auf der Vision, auf einer in die Zukunft gerichteten, wünschenswerten und motivierenden Zielvorstellung. Dazu zählen charismatische, transformationale und authentische Führungsmodelle, die zudem die ästhetische Führungskomponente betonen.285 2.5.3.2 Zwischen Charisma und fachlicher Autorität Theorien charismatischer Führung betonen Effekte wie eine emotionale Bindung zur Führungskraft seitens der Geführten, emotionale und motivationale Erregung Vgl. Marotto, et al. (2007), S. 396 Drucker (1992), S. 101 283 Vgl. Marotto, et al. (2007), S. 398 f. 284 Vgl. Shamir, et al. (1993), S. 588 f. 285 Vgl. Hansen, et al. (2007), S. 549 ff. 281 282
2.5 Künstlerische Leitung im Musiktheater
87
der Geführten, Verstärkung der Wertigkeiten der Geführten in Bezug auf die von der Führungskraft formulierte Vision, Selbstwertschätzung der Geführten sowie Vertrauen in die Führungkraft, instrinsische Motivation und Werte der Geführten,286 aber auch das Erzielen von Grenzleistungen.287 Die Rolle von führenden Persönlichkeiten in diesen Gruppen, von verbindenden Individualisten (connective individualists) beschreiben Leavitt und Lipman-Blumen als „Conductors“, DirigentInnen die mit ihrem Charisma die besten Teammitglieder anzuziehen und zu begeistern wissen, „Patrons“, die als Katalysatoren die Gruppe beschützen und pflegen (durch Zuhören, Coaching, Vorschläge etc.) sowie „Keepers of the flame“, die das „Feuer“ in der Gruppe kontinuierlich durch neue Ideen, Lösungen oder Personen „am Lodern halten“.288 Charisma ist eine „außeralltäglich [...] geltende Qualität einer Persönlichkeit […], um derentwillen sie als mit übernatürlichen oder übermenschlichen oder mindestens spezifisch außeralltäglichen, nicht jedem anderen zugänglichen Kräften oder Eigenschaften begabt oder als gottgesandt oder als vorbildlich und deshalb als ‚Führer’ gewertet wird.”289
Die Beibehaltung „kindlicher“ Merkmale (Neotenie) wie Neugier oder Begeisterung sprechen Menschen emotional positiv an und haben eine charismatische Wirkung und emotionale Bindung, welche das Schlüsselelement der charismatischen Führungsbeziehung darstellt.290 Insbesondere im Theater kann charismatische Führung die intrinsische Motivation der MitarbeiterInnen ebenso wie die Entwicklung außergewöhnlicher und inspirierender Gruppenprozesse beeinflussen. Für einen Führungserfolg im Bereich der darstellenden Kunst ist künstlerische Exzellenz alleine nicht ausreichend.291 Insbesondere bei Symphonieorchestern wird eine hohe Relevanz transformationaler Führung für Erfolg und künstlerische Qualität vermutet.292 Transformationale Führung zielt auf die Erreichung einer Leistung Vgl. Shamir, et al. (1993), S. 577 Vgl. u. a. House (1977); Burns (1978); Bass (1985) 288 Vgl. Leavitt/Lipman-Blumen (1995), S. 115 f. 289 Weber (1980 [1922]), S. 140 290 Vgl. Bennis/Thomas (2002); interessant in diesem Zusammenhang ist auch der gefundene signifikant positive Zusammenhang der Variablen „Amtszeit“ und „Alter“ mit der Zuschreibung von Charisma. Vgl. Pastor, et al. (2002), S. 414 291 So schreibt Woodbury (1955), S. 119: „While competence in music is naturally of major importance to a conductor, even extraordinary ability as a performing artist is no guarantee of success as a symphony orchestra leader. In fact, men of average musical talent have succeeded in holding conducting posts of fine orchestras through various non-musical means.“ 292 Vgl. Boerner (2002); Boerner/Krause (2002) Eine hohe Ausprägung der Aufgabeninterdependenz und Emotionalität in der Erarbeitung der künstlerischen Werke trifft auf den gesamten künstlerischen Bereich im Musiktheater zu. Was OrchestermusikerInnen allerdings vom übrigen künstlerischen Personal unterscheidet, ist eine geringe Fluktuation innerhalb des Orchesters. Dennoch scheinen die Ergebnisse auf den gesamten musiktheatralischen Bereich übertragbar. 286 287
88
2 Thematische Grundlagen und Rahmenbedingungen
jenseits des Erwarteten durch Inspiration, Motivation und Empowerment sowie die Vermittlung einer gemeinsamen Vision ab.293 „Im Gegensatz zu einem nur direktiv Führenden gibt der transformational führende Dirigent seine künstlerische Konzeption nicht einfach im Sinne eines Diktates vor, sondern vermittelt sie als eine Vision, die die geführten Orchestermusiker als intellektuelle Stimulierung und inspirierende Motivation erleben.“294
Obwohl durch Führung durch Autorität die Freiheitsgrade der MusikerInnen eingeschränkt werden, kann diese Einschränkung charismatisch und fachlich legitimiert und dadurch von den MitarbeiterInnen akzeptiert werden. Eine Kombination aus Expertise und Identifikationsmacht verstärkt die Wirksamkeit einer autoritärcharismatischen Führung im Orchester, während Informations- und Positionsmacht lediglich einen geringen Einfluss aufweist. Gänzlich unwirksam auf den künstlerischen Erfolg zeigten sich immaterielle und materielle Belohnung oder Bestrafung.295 Der positive Effekt transformationaler Führung ist allerdings situativ bedingt und setzt eine positive Stimmung unter den MitarbeiterInnen (group mood) ebenso wie einen hohen Grad an Qualifikation und intrinsischer Motivation voraus.296 Authentizität spielt in der Führung eine besondere Rolle. Authentische Leadership inkludiert das organisationale Klima als gestaltendes Element der Führungsbeziehung und resultiert so in erhöhtem Vertrauen, Engagement, Wohlbefinden am Arbeitsplatz und einem verbesserten Betriebsklima.297 Der Fokus liegt jedoch auf der authentischen Führungsperson: sie ist im Besitz ihrer persönlichen Erfahrungen in Form von Gedanken, Emotionen, Bedürfnissen und Wünschen – sie „kennt sich selbst“ und handelt gemäß ihres „wahren Ichs“ in Einklang mit ihren persönlichen Gedanken und Gefühlen.298 Meinungen und Einflüsse von anderen werden nicht explizit berücksichtigt. Wichtig ist die Wahrnehmung einer Führungsperson als authentisch insofern, als sie sich ihrer Stärken, Werte und Moralvorstellungen und ihres Wissens im aktuellen Kontext bewusst ist – so können Engagement, Motivation, Commitment, Zufriedenheit und Involvierung der Geführten durch persönliche und organisationale Identifikation, aber auch das Schaffen positiver Emotionen und Vgl. Burns (1978); Bass (1985); Bass/Avolio (1993); Hansen, et al. (2007), S. 549 ff. Boerner/von Streit (2006), S. 4 295 Vgl. Krause/Boerner (2006); zur Legitimation vgl. auch Woodbury (1955), S. 124: „Genuine respect on the part of the players for a conductor's musical mentality and temperament, however, is basic to authentic leadership of a symphony orchestra.“ 296 Vgl. Krause/Boerner (2006) sowie Boerner/von Streit (2006), S. 5: „Emotionaler Gleichklang und wechselseitiges Verständnis erleichtern insbesondere die nonverbale Kommunikation der Musiker untereinander. Dies ist die Voraussetzung dafür, dass ein virtuos spielender, transformational führender Dirigent seine künstlerischen Vorstellungen ohne Abstriche realisieren kann.“ 297 Vgl. Avolio/Gardner (2005) 298 Vgl. Harter (2002), S. 382 293 294
2.5 Künstlerische Leitung im Musiktheater
89
einer optimistischen Stimmung erhöht und bessere Leistungen erzielt werden.299 Selbst-Bewusstsein (self-awareness) und Selbst-Regulierung (self-regulation) sind sowohl auf Führungs- als auch auf Geführten-Seite zentrale Komponenten der authentischen Führungsbeziehung.300 Charisma ist keine Voraussetzung für authentische Führung – im Vordergrund stehen nachhaltige Beziehungen und harte Arbeit mit Fokus auf persönlichen Zielen, Meinungen und Werten. Der Einfluss des authentischen Leaders erfolgt über die persönliche moralische und wertorientierte Wahrnehmung der Geführten durch beispielhaftes Verhalten, Charakter und persönlichen Einsatz, nicht über inspirierende Anziehungskraft oder dramatische Präsentationen. Während transformationale Leader authentisch sein müssen, sind authentische Führungspersönlichkeiten nicht zwingend transformational.301 Auf eine weitere Variante der Führung, die „selbstverliebte“ oder narzisstische Leadership sei abschließend hingewiesen. Die narzisstische Führungspersönlichkeit ist auf die eigene Person und deren Inszenierung fokussiert. Sie besteht auf dem ihr gebührenden Respekt, will im Mittelpunkt stehen und bewundert werden, fühlt sich anderen überlegen und möchte zeigen, wie außergewöhnlich sie ist.302 Auf der einen Seite können narzisstische Führungspersonen das Unternehmen dynamisch und erfolgreich in die Zukunft führen.303 Andererseits kann ein hoher Grad an narzisstischem Verhalten durch die starke irrationale Beeinflussung von Entscheidungen und Selbstüberschätzung eine Gefahr für die Organisation darstellen.304 Das folgende Kapitel geht intensiver auf das spezifische Betätigungsfeld des Musiktheaters ein.
299 Vgl. Avolio, et al. (2004), S. 803 f.; diese Wahrnehmung von Authentizität kann sich an Kohärenz und Glaubwürdigkeit der Lebensgeschichte der Führungsperson orientieren, aber auch an deren „authenticity markers“, welche die Führungsperson als Prototyp der Gruppe legitimierten, vgl. Shamir/Eilam (2005), S. 408 f. 300 Vgl. Gardner, et al. (2005), S. 345 301 Vgl. Chatterjee/Hambrick (2007); Jorstad (1996); Maccoby (2000) 302 Vgl. Gardner/Avolio (1998); Avolio/Gardner (2005), S. 329 303 Vgl. Chatterjee/Hambrick (2007) 304 Vgl. Campbell, et al. (2004)
3 Das (Musik)-Theater
Genau aber genommen, so ist nichts theatralisch als was für die Augen zugleich symbolisch ist, eine wichtige Handlung, die auf eine noch wichtigere deutet. Johann Wolfgang von Goethe (1749 - 1832), deutscher Dichter
Die Erläuterung der wichtigsten Begriffe zum (Musik-)Theater dient zur Hilfestellung und auch dazu, der Arbeit ein begriffliches Fundament zu verleihen. Der interessierten Leserschaft sollen die angegebenen Literaturquellen weiterführende Erörterungen eröffnen. 3.1 Zugänge zum Theaterbegriff Etymologisch leitet sich das Wort „Theater“ vom griechischen theatron ab, einem „Ort zum Schauen“. Theater bezeichnete daher ursprünglich sowohl einen Ort als auch eine besondere Form sinnlicher Wahrnehmung. Im heutigen Sprachgebrauch zeigt sich die Mehrdimensionalität des Begriffs in seinen vier Bedeutungen, als sich der Begriff Theater auf (1) ein Gebäude, (2) eine Tätigkeit – als BesucherInnen oder Kunstschaffende –, (3) eine Institution und (4) einen Bereich der Ästhetik im Rahmen der Kunstform Theater bezieht.305 Theater Oper … als Gebäude (Staats-, Landes-)Theatergebäude (Staats-)Opernhäuser … als künstlerische Aufgeführtes, komponiertes musiAufgeführtes, szenisches Werk Tätigkeit kalisches Werk Oper als Unternehmen, RepräsenTheater als künstlerischer … als Institution tation der Staatsmacht und des Betrieb Staatszeremoniells Theater als moralische Anstalt (Schiller) … als Ästhetik Spiel auf der Bühne = Metapher der Welt Tabelle 2:
305
Mehrdimensionalität der Begriffe Theater und Oper Quelle: ergänzt nach Balme (2001), S. 11 für Theater und Bereson (2002), S. 14 für Oper
Vgl. Balme (2001), S. 11
92
3 Das (Musik)-Theater
3.1.1 Theater als Gebäude Theater- und Opernhäuser zählen zu den Prunkbauten fast jeder Stadt und geben Zeugnis von der modernen Baugeschichte. Das traditionelle Theatergebäude besteht aus drei Teilen: dem Zuschauerhaus, den Räumen für Verwaltung, Werkstätten und Magazine, sowie dem eigentlichen Bühnenhaus. In der Regel sind Bühne und Zuschauerraum abgesehen von der Zeit der Vorstellung durch einen (eisernen) Vorhang getrennt. Neben der herkömmlichen Guckkastenbühne gibt es insbesondere in Neubauten unterschiedliche Versuche, die Trennung von DarstellerInnen und Publikum durch den Orchestergraben zu überwinden, beispielsweise mittels Raumbühnen in welchen Bühne und Zuschauerraum architektonisch ineinander übergehen oder durch Arena- oder Rundum-Bühnen. Jedes Theater, jede Bühne hat ihre eigene Ästhetik und Geschichte. Im niederländischen Theatersystem herrschen unabhängige (independent) Theatergruppen vor, da es nie zu einer Institutionalisierung von (Stadt-)Theatern wie in Deutschland, Großbritannien oder Skandinavien gekommen war. Fixe Theaterhäuser und Aufführungsstätten fungieren dort als Austragungsort für die vielen Gastspieltheater und -Kompanien.306 Auch Freie Produktionen in Deutschland und Österreich verzichten auf die festen Strukturen und Kosten, welche ein Gebäude vorgibt, und arbeiten projektbezogen. 3.1.2 Theater als künstlerische Tätigkeit Theater als Tätigkeit ist angeblich (fast) so alt wie die Menschheit selbst. Spielen, Tanzen, Verkleiden oder Maskieren sind feste Bestandteile menschlicher Verhaltensbedürfnisse. Aus einer ursprünglich rein religiös-kultischen Handlung hat sich im Laufe der Zeit eine Kunstform, die theatrale Aufführung, entwickelt. Theater kann politisch, gesellschaftskritisch, religiös, aber auch rein ästhetisch ambitioniert und motiviert sein. Theater beschreibt eine szenische Darstellung eines inneren sowie eines äußeren Geschehens in Form einer künstlerischen Kommunikation zwischen den AkteurInnen und dem Publikum. Im Musiktheater wird diese szenische Darstellung durch musikalische Elemente ergänzt. Der Bogen spannt sich von Stücken welche von AutorInnen und KomponistInnen verfasst bzw. komponiert wurden bis hin zur Improvisation als Form reiner Aktion. Die Besonderheit der Kunstform liegt in der Gestaltung eines ganzheitlichen, pluri-medialen und besonders live stattfindenden Erlebnisses für ein Publikum. Die unaufhebbare Verzeitlichung von Musik, die an kein semantisches System gebunden ist, erlaubt das 306 Vgl. van Maanen (2002), S. 182 f.; diese stellen 750 Produktionen jährlich in 175 Austragungsorten (venues) für eine Bevölkerung von ca. 16 Millionen EinwohnerInnen zur Verfügung.
3.1 Zugänge zum Theaterbegriff
93
Vermitteln und Erfassen ihrer Sinnstrukturen nur dann, wenn „man in den fließenden Verlauf eintaucht.“307 Analoges gilt für die Rezeption von Musik. Das gemeinsame Musizieren als Symbol für das „Durchleben einer gemeinsamen lebendigen Gegenwart“ wird aus einer phänomenologischen Perspektive von Alfred Schütz als Voraussetzung jeglicher Kommunikation gesehen. Die subjektive Befriedigung aus dieser künstlerisch-expressiven Tätigkeit308 wird als Hauptargument für die hohe Zahl an KünstlerInnen und AnwärterInnen für Kunsthochschulen trotz der vielfach prekären Arbeitsbedingungen herangezogen. 3.1.3 Theater als Bereich der Ästhetik im Rahmen der Kunstform Theater Wird Theater oder Musik auf einer Bühne präsentiert, steht die ästhetische Funktion im Vordergrund und weniger eine mögliche pragmatisch kommunikative Funktion. Diese Ästhetik, verstanden als all jene Eigenschaften, welche die menschliche Wahrnehmung eines Gegenstandes beeinflussen, bzw. der ästhetische Anspruch an das Theater hat viele Facetten: Das Spiel auf der Bühne wird zur Metapher der Welt, zum Spiegel der Gesellschaft indem sie die zur Reflexion nötige Distanz schafft. Theater fungiert als „moralische Anstalt“, als Bildungseinrichtung. In einer Mischung aus subjektiver Wahrnehmung und objektiver Gültigkeit ästhetischer Ansprüche wird das Musiktheater bzw. die Oper bzw. die im 19. Jahrhundert als „Gesamtkunstwerk“ im Sinn Richard Wagners, als Zusammenführung der seit der Antike verstreuten Einzelkünste, betrachtet.309 Das moderne Regietheater unterstreicht die Bedeutung, Werke neu zu interpretieren und in aktuelle Zusammenhänge zu bringen und erhöht dadurch Kontingenz und Komplexität für Organisation und Publikum.310 Im Kontrast dazu fordert das Primat der Werktreue die Intention der AutorInnen und KomponistInnen zu berücksichtigen. Das Theater der Moderne wiederum agiert unter Geboten der Selbstbefreiung von Autor und Text und semantisiert die Körpersprache als eigenständiges Zeichensystem.311 Die Charakteristika der Dramenform wurden bereits von Aristoteles festgelegt und formal weitestgehend beibehalten: das Primat der geschlossenen Handlung, erkenntnisfähige Charaktere, gebundene Sprache, und die Trennung in die Gattungen Tragödie und Komödie mit eindeutiger Bevorzugung der Tragödie.312 Das Musiktheater ist dabei noch komplexer als Sprech- oder Tanztheater und bedarf einer bestimmten Rezeptionsästhetik auf Grundlage eines spezifischen kulturellen Kapitals: Schütz (1951), S. 145 Vgl. Towse (1993), S. 197; Kretschmer, et al. (1999), S. 63 309 Vgl. Wagner (1850 [1849]), (1852) 310 Vgl. Zilcher (2004), S. 206 311 Vgl. Striedter (1992), S. 16 312 Vgl. Balme (2001), S. 48 307 308
94
3 Das (Musik)-Theater „Musik als Mittel des dramatischen Ausdrucks trifft hingegen niemals auf diese umfassende, bei einer Vielzahl von Rezipienten analoge Kompetenz. Musik ist keine mimetische Kunst, und musikalische Handlungen setzen eine spezifische Verstehensweise voraus; ihre angemessene Rezeption gründet in besonderer Schulung und Erfahrung des Hörers/ Zuschauers im Umgang mit musikalischen Kunstwerken.“313
Theater erlaubt die öffentliche Artikulation kollektiver Erfahrungen und gleichzeitig eine kollektive Reflexion, die nur wenige andere Medien in diesem Ausmaß erlauben. 3.1.4 Theater als Institution Die Betrachtung des Theaters als Institution beschreibt das Theater als künstlerischen Betrieb bzw. als intermediierenden Akteur welcher der Kommunikation und Verteilung kultureller Güter dient. Musiktheater – insbesondere Oper – ist eine internationale Kunstform. Die großen Opernhäuser weltweit präsentieren ähnliche Programme, die von derselben Gruppe international anerkannter DirigentInnen, IntendantInnen und KünstlerInnen produziert und aufgeführt werden. In der Folge ähneln sich Produkte und Standards in den verschiedenen Häusern sehr.314 Die Demokratisierung von Freizeit und sozialen Beziehungen wurde nicht zuletzt durch die Dominanz uniformer kultureller Bedingungen in Form von institutionalisierter Kunstproduktion und eines Standard-Repertoires ermöglicht, da sie auch das universelle Recht auf eine Teilnahme am kulturellen Leben impliziert. „The ‘price’ that is paid for equality and civility is, in short, universal subjugation to institutional control.”315 Kulturinstitutionen wie Theater mediieren zwischen individuellen Praktiken und vorherrschenden kulturellen Bedeutungen und schaffen ein kollektives Selbstverständnis. „The classificatory categories of powerful institutions are inescapable as they confer identities, establish schemes for cultural and moral choices, and shape the processes that influence the nature and sequence of social action.“316 Die folgenden Betrachtungen beziehen sich auf die vorherrschenden Strukturen des deutschen Sprachraums und werden, wo angebracht, mit anderen Strukturen verglichen. Geleitet wird ein staatliches oder städtisches Theater nach wie vor nach den Grundsätzen der Intendanz, im privaten Theater jenen der Theaterdirektion. IntendantInnen sind insbesondere für die künstlerische Vision, die Erfüllung des kulturpolitischen Auftrages sowie die nachhaltige Existenzsicherung der Institution verantwortlich. Daher ist die Aufrechterhaltung der Beziehungen mit den diversen Schläder (1990), S. 129 zit. n. Balme (2001), S. 19 Vgl. Auvinen (2001), S. 270 315 Blau (1988), S. 283 316 Blau (1988), S. 282 313 314
3.1 Zugänge zum Theaterbegriff
95
Stakeholdergruppen eine der Schlüsselaufgaben der Intendanz. An größeren Bühnen stehen den IntendantInnen jeweils Schauspiel- und OperndirektorInnen zur Seite, für wirtschaftliche Fragen zeichnet der/die VerwaltungsdirektorIn zuständig. Die künstlerischen und technischen Bühnenvorstände setzten sich aus DramaturgIn, SpielleiterIn oder RegisseurIn, KapellmeisterIn, BallettmeisterIn, AusstellungsleiterIn oder BühnenbildnerIn und technische DirektorIn zusammen (vgl. Abbildung 7). In regelmäßigen Regiesitzungen lassen sich IntendantInnen von den künstlerischen Bühnenvorständen beraten und setzen den Spielplan bzw. das Repertoire und den Probenplan fest. Für die Umsetzung der einzelnen Projekte ist das mittlere Management zuständig. Die Saison größerer deutscher Theater ist in vier Perioden zu jeweils zwei Monaten gegliedert, in denen jeweils bis zu vier Teams bestehend aus DramaturgInnen, Ensemblemitgliedern und Gästen sowie MitarbeiterInnen für Bühne, Kostüme und Technik neue Inszenierungen planen und umsetzen. Das Ergebnis ist ein Repertoire von bis zu 16 Premieren pro Saison.317 Intendant (öffentlich) Theaterdirektor (privat)
Verwaltungsdirektor
Schauspieldirektor
Operndirektor
Direktion
Dramaturg
Spielleiter / Regisseur
Kapellmeister
Ballettmeister
Ausstattungs leiter / Bühnenbildner
Technischer Direktor
Künstlerische und technische Bühnenvorstände
Abbildung 7:
Beispielhafte Führungsstruktur eines Theaters
In Italien wird ein Opernhaus von einem Team bestehend aus „superintendente“ und „direttore artistico“ geführt. Sie definieren die Projekte des Hauses und tragen die letzte künstlerische Verantwortung. Unterstützt werden sie von den selbst ernannten „direttori d’orchestra“ und „produttori“, welche die zahlreichen sozialen Aktionen und Interaktionen koordinieren, die mit dem Produktionsprozess verknüpft sind.318 Im Rahmen der vorliegenden Arbeit bezeichnet „Theater“ die Institution bzw. Organisation, in welcher Schauspiel-, Musik- und/oder körpersprachlich orientiertes (Tanz-) Theater zur Aufführung gelangen. Der Fokus der durchgeführten Analyse liegt auf öffentlichen bzw. nicht gewinnorientierten Theater- und Operhäusern.
317 318
Vgl. Eikhof/Haunschild (2007), S. 528 Sicca (2001), S. 2 f.
96
3 Das (Musik)-Theater
3.2 Das Musiktheater Die Musik drückt das aus, was nicht gesagt werden kann und worüber zu schweigen unmöglich ist. Victor Hugo (1802-1885), französischer Schriftsteller
Das Theater als Kunstform ist Teil der Darstellenden Künste oder „Performing Arts“, d.h. es umfasst jene (Live-)Aufführungen, die mit künstlerischem Geschehen auf der Bühne arbeiten.319 3.2.1 Klassifikationen der Darstellenden Künste Das Theater teilt sich in drei klassische Sparten, das Sprechtheater oder Schauspiel, das Tanztheater oder Ballett und das Musiktheater. Das Musiktheater verbindet die dramatische Handlung, welche durch Bewegung und Sprache ausgedrückt wird, mit Musik. Zu dieser Gattung gehören die Oper, das Singspiel, die Operette und das Musical. Man unterscheidet heute drei Sparten des Theaters: das Sprechtheater (Schauspiel), das körpersprachlich orientierte Theater (Tanztheater, Ballett, Pantomime) und das Musiktheater (Oper, Operette, Musical). In jüngerer Zeit wird das Kinder- und Jugendtheater zunehmend als vierte Sparte geführt (siehe Abbildung 8). Performing Arts
mit Bühnengeschehen = Darstellende Künste
Kinder- & Jugendtheater
Musical
Abbildung 8:
Musiktheater
Oper
ohne Bühnengeschehen
Sprechtheater
Operette
Tanztheater / Ballet
Konzerte
Singspiel
Klassifizierung der Theaterformen / Performing Arts Quelle: in Anlehnung an Hoegl (1995), S. 9
319 Es gilt zu beachten, dass der deutsche Begriff „Darstellende Künste“ durch die Einschränkung auf Aufführungen (live) mit Bühnengeschehen inhaltlich enger gefasst ist als sein englisches Pendant „Performing Arts“, welches auch Aufführungen ohne Bühnengeschehen, wie z. B. Konzerte, beinhaltet. Vielfach wird der Bereich des Tanztheaters bzw. Balletts ebenfalls zum Musiktheater gezählt. Vgl. auch Hoegl (1995), S. 9
3.2 Das Musiktheater
97
Als Oper wird ein dramatisches Bühnenwerk bezeichnet, dessen Text ganz oder überwiegend gesungen wird und dessen Musik zur Steigerung bzw. Vertiefung der Wirkung eingesetzt wird. Die Komplexität der Oper entsteht durch ein Zusammenspiel von Musik und Dichtung, Schauspiel und Tanz, Bühnenbild und Beleuchtung, Kostümen und Masken. Die Oper nimmt den wichtigsten Platz im Musiktheater ein und wird als Begriff oft synonym verwendet. Ihr elitärer Charakter wurde seit den 1960er Jahren, besonders durch Herbert von Karajan verstärkt, als Opern nicht mehr in der Sprache des Aufführungsortes, sondern in der Originalsprache (heute mit LED-Übersetzung) aufgeführt wurden. Diese kostspieligste Unterhaltungsform konnte langfristig nie auf Subventionen verzichten. Dennoch kann die Oper heute – entgegen ihrem Image – kaum mehr als „elitäre Kunstform“ gehandhabt werden und steht breiten Publikumsschichten offen. Das Singspiel entwickelte sich als bürgerliches Gegenstück zur großen Oper.320 Es handelt sich um ein kleines Schauspiel mit eingestreuten Gesängen und selbstständigen Instrumentalsätzen. Im Unterschied zur Oper tritt anstelle der Arie das Lied und an die Stelle des Rezitativs das gesprochene Wort. Die Bezeichnung Singspiel existiert in Deutschland bereits seit etwa 1580, die Blütezeit war im 18. und Anfang des 19. Jahrhunderts. Singspiele hatten üblicherweise einen komödiantischen Charakter. Als Schöpfer des deutschen Singspiels gilt Johann Adam Hiller. Im 19. Jahrhundert wurden Singspiele „Operette“ (kleine Oper) genannt. Die Operette wollte ein Pendant mit heiterem Inhalt und flotten Rhythmen zur herkömmlichen klassischen Oper schaffen. In England entwickelte sich entsprechend die „ballad opera“, in Frankreich die „opéra comique“. Im 20. Jahrhundert entstand, vor allem in den USA, die „musical comedy“. Das Musical nimmt in gewissem Sinn eine Sonderstellung ein, gilt es doch als nahezu einzige Form des Musiktheaters, die in Gestalt gewinnorientierter Unternehmen und mit dem Ziel, Unterhaltung zu bieten in der Lage ist, zu überleben. Beispiele hierfür sind die Theater des erfolgreichen Musical-Komponisten Sir Andrew Lloyd Webber in London oder am Broadway. Durch die unterschiedliche Zielorientierung und ihre absolut spärliche Verbreitung im deutschsprachigen Kulturraum werden die gewinnorientierten Musical-Theater jedoch aus dieser Betrachtung ausgeklammert.321 Dazu kommt, dass in Deutschland und Österreich anders als beispielsweise in Großbritannien Musicals eher von SchauspielerInnen denn von OpernsängerInnen aufgeführt werden.322 Während die Oper als „ernste“ Kunstform einzustufen ist, gelten Operette und Musical als „leichte“ Form des Musiktheaters. In den hier behandelten OperVgl. Martorella (1977), S. 355 Für eine Betrachtung der betriebswirtschaftlichen Bedeutung von Musicalproduktionen in Deutschland siehe Schäfer (1998). Im Gegensatz zu Deutschland ist das Musical in Wien allerdings ein hochsubventioniertes Musikgenre. 322 Vgl. Towse (1993), S. 233 320 321
98
3 Das (Musik)-Theater
und Theaterbetrieben werden Operetten und Musicals jedoch nur zur Ergänzung des Spielplans eingesetzt, im Mittelpunkt der Betrachtungen steht die Oper. Entwicklung des Musiktheaters Zeit
Epoche
Theaterformen und Gattungen
Raum
1550- Renaissance 1600
Vorformen: Intermedien, Pastorale; Madrigalkomödie
Italien
1600- Barock 1730
Favola in musica, Dramma per musica, Tragédie lyrique, Masques; Opera buffa; Opéra Ballet; Opéracomique; Ballad opera
Italien: Mantua, Florenz, Venedig, Frankreich, Spanien, England, Deutschland, Österreich
1730- Barock, Aufklärung, 1820 Früh- und Hochklassik
Opera seria, Opera buffa, Intermezzo, Ballad Opera, Singspiel, Melodram, Tragédie lyrique, Opéra-comique, Reformoper, Zarzuela
Italien, Frankreich, England, Niederlande, Deutschland, Österreich, Spanien
1800- Romantik, 1890 Historismus, Realismus
Melodramma, Opera buffa, Grand Europäischer Raum Opéra, Opéra bouffe, romantische Oper, Singspiel, Musikdrama, komische Oper, Operetta
1890- Verismus, Realismus, Melodramma, Drame lyrique, 1910 Exotismus; Opéra comique, Musikdrama, Symbolismus komische Oper, Operetta
Europäischer Raum
1910- Expressionismus, 1933 Neoklassizismus, Neue Sachlichkeit
Zeitoper, episches Musiktheater, Europäischer Raum Opernoratorium, Komische Oper, und USA Kammeroper, Musikdrama, Schuloper, Musical
1933- Neoklassizismus, 1945 Neue Sachlichkeit, gemäßigte Moderne
Zeitoper, Bekenntnisoper, lyriEuropäischer Raum sches Drama, episches Musikthea- und USA ter, Musikdrama, Komische Oper, Kammeroper, Spieloper, Schuloper, Musical, Operette
1945- Avantgarde, Literaturoper, Funkoper, Komiheute gemäßigte Moderne, sche Oper, Musikdrama, Rituelles Postmoderne und mythisches Musiktheater, Politisches Musiktheater, Szenische Komposition, Rockoper Tabelle 3:
Entwicklung des Musiktheaters Quelle: Balme (2001), S. 21
International
3.3 Stakeholder-Gruppen des Musiktheaters
99
3.2.2 Geschichtliche Entwicklung des institutionalisierten Musiktheaters Baumol und Baumol verweisen auf das im Heiligen Römischen Reich weitverbreitete System der Schirmherrschaft bzw. Patronage durch den (Fürsten-)Hof (court patronage). Dieses könne zumindest teilweise für das Aufblühen der Musikkomposition im späten 18. Jahrhundert verantwortlich gemacht werden, was speziell für die Entwicklung der Oper von großer Bedeutung war.323 So haben die (Staats-)Theater des deutschsprachigen Raums ihren Ursprung in den Hoftheatern, die gegen Ende des 18. Jahrhunderts von den Landsherren als repräsentativer Teil der Nachahmung des französischen Nationalismus eingerichtet wurden. Sie standen unter der Führung des so genannten „Hofintendanten“ und integrierten eine Schauspielergesellschaft in den Hofstaat. Im Jahr 1918 wurden die meisten Hoftheater zu Staats-, Landes- und Stadttheatern. Ein Nationaltheater hingegen bezeichnete ein für eine Nation repräsentatives und vorbildliches Theater. Einzelne Hoftheater wurden später in Nationaltheater umbenannt, wie z. B. in Wien 1776, Mannheim 1779, oder in Berlin 1786. Daneben gab es Stadttheater, die als reine Unternehmertheater geführt wurden und umherziehenden Schauspielergesellschaften – genauer gesagt den meistbietenden Pächtern – zur Verfügung gestellt wurden. Eine Beteiligung der Städte erfolgte dabei kaum. In der Weimarer Republik wurden die deutschen Stadttheater kommunalisiert. Dadurch wurde die Erhaltung der Theater zur öffentlichen Aufgabe und wurde später der Zuständigkeit des Kultusministeriums zugewiesen. 3.3 Stakeholder-Gruppen des Musiktheaters Aus einer Vielzahl an Verpflichtungen und Abhängigkeiten ergibt sich, dass ein Kulturunternehmen als Paradebeispiel eines stakeholderorientierten Unternehmens gesehen werden kann, das einer Vielzahl von Interessensgruppen verpflichtet ist324. Daher ist es empfehlenswert, die vielfach dyadisch betrachteten Beziehungen eines Unternehmens mit einzelnen Stakeholdergruppen zu erweitern, und ein komplexeres Netzwerk multipler und interdependenter Interaktionen anzunehmen, die in der Stakeholder Umgebung simultan existieren.325 Der langfristige Erfolg von Organisationen
Vgl. Baumol/Baumol (1994) Ein Stakeholder ist ein Individuum oder eine Gruppe, innerhalb oder außerhalb des Unternehmens, die ein Interesse/Anteil an einem Unternehmen haben oder die Leistung der Organisation beeinflussen kann. Man unterscheidet zwischen „environmental stakeholders“ und „process stakeholders“; vgl. Atkinson, et al. (1997), S. 27. Umwelt-Stakeholder sind KundInnen, Anteilseigner und die Gesellschaft/Community. Prozess-Stakeholder sind in den Prozess der Produkt- und oder Leistungserstellung involviert. Dazu gehören z. B. MitarbeiterInnen und Lieferanten. 325 Rowley (1997), S. 890 323 324
100
3 Das (Musik)-Theater
hängt nicht zuletzt von ihrer Fähigkeit, Werte und Zufriedenheit für eine Vielzahl von Stakeholdern zu schaffen, ab.326 Kulturinstitutionen sind in ein Netzwerk verschiedener von Machtbeziehungen beeinflusster Stakeholder eingebettet: „[T]he relations between parties and their positions in the network determine the co-ordination of supply and demand. The term ‘relations’ does not only refer to competitive relations, but also to collaborative relations.”327
So sind es vielfach nicht die Ziele der KünstlerInnen, sondern die einflussreicherer Stakeholdergruppen, die im Vordergrund stehen. „Indeed, nothing is more dangerous than personalizing the arts organization and attributing to it the motives of innovation and artistic virtuosity long associated with romantic notions of art“.328
Im „normalen“ Wirtschaftsbetrieb ist es beispielsweise unüblich, dass StakeholderGruppen die normalerweise außerhalb der Unternehmung angesiedelt werden, wie z. B. Regierung oder Gesellschaft, Geldgeber bzw. Einkommensquellen darstellen. Um dieses Einkommen zu generieren, müssen kulturelle Organisationen beträchtliche Kontrolle, Governance und Druck tolerieren.329 Öffentliche Verwaltungen (z. B. die Kulturabteilungen von Bund oder Land), Medienvertreter (z. B. Feuilletons), Vertreter der Wirtschaft (z. B. als Sponsoren oder Kunden), KünstlerInnen und deren Agenturen oder konkurrierende Kulturbetriebe sowie Zulieferbetriebe seien hier beispielhaft genannt. Beziehungen mit den diversen Stakeholdern können als Kooperations- oder Kundenbeziehung ausgestaltet sein. Der wirkliche Kunde des Kulturbetriebs ist jedoch nicht zuletzt das Publikum, das über Erfolg und Misserfolg der künstlerischen Produkte entscheidet. Kaum ein anderer Sektor ist derart von seiner Etablierung, seinem Image und Bekanntheitsgrad oder seinem Renommee bzw. Prestige abhängig. Beispielsweise muss der künstlerische Direktor eines Repertoirebetriebs für jede Produktion eine fokussierte und intensive Suche durchführen, um Regisseure, Designer und Künstler zu finden, die über das implizite und für bestimmte Stücke und Genres idiosynkratische Wissen verfügen. Im Folgenden wird auf die wichtigsten Anspruchgruppen des Musiktheaters (Abbildung 9), MitarbeiterInnen, das Publikum, geldgebende und fördernde Instanzen, zuliefernde und unterstützende Betriebe und Organisationen, Wettbewerber, KritikerInnen sowie Peers näher eingegangen. Vgl. u. a. Berman, et al. (1999); Voss, et al. (2005) van Maanen (2002) 328 DiMaggio (1986), S. 9 329 Vgl. Geursen/Rentschler (2003) 326 327
3.3 Stakeholder-Gruppen des Musiktheaters
101
Geldgeber
Regierung
Stiftungen
Unternehmen
KundInnen
Gemeinde
Besucher
Zielkonflikte Organisationale Werte
Gesellschaftliche Werte
Gesellschaft & strategische Partner
Individuelle Werte
Marketing, Verkauf, PR
Andere Kulturorganisationen
Bildung und Publikumsentwicklung
Entwicklungs- und Fundraising-Programme
Abonnenten
Produkt-Entwicklung, -Design, Produktion
Schauspieler / Sänger
Regisseure / Designer
Autoren / Komponisten / Verleger
Weitere Mitarbeiter
MitarbeiterInnen & Lieferanten
Abbildung 9:
Beispiel der Stakeholderbeziehungen eines Theaters Quelle: In Anlehnung an Voss, et al. (2000), S. 334
3.3.1 Die MitarbeiterInnen Der Arbeitsplatz Theater ist durch ein breites Spektrum an Berufsfeldern und internen Stakeholdern charakterisiert. Während das künstlerische Personal vor oder hinter der Bühne für die Erstellung des künstlerischen Produktes verantwortlich zeichnet, sind das administrative, technische und unterstützende Personal für die Gestaltung der Rahmenbedingungen und Aufführungsbedingungen zuständig. Zur Verdeutlichung der mannigfaltigen Interaktionen der verschiedenen Berufsgruppen zeigt Abbildung 10 ein Netzplanmodell einer Musiktheaterproduktion. Die meisten Berufe am Theater beinhalten kreative Elemente und das Ergebnis ist jedenfalls ein künstlerisches Produkt. Jeder dieser Bereiche zeichnet sich durch diverse Eigenheiten aus, die sich in unterschiedlichen Beschäftigungsverhältnissen, Führungsbeziehungen, Arbeitszeiten, Gagen, Motivationen, Wertvorstellungen und Wahrnehmungen manifestieren.
102
Abbildung 10:
3 Das (Musik)-Theater
Netzplanmodell einer Musiktheaterproduktion Quelle: Jacobshagen (2002), S. 17
3.3.1.1 Das künstlerische Personal Zum künstlerischen Personal im engeren Sinne gehören SängerInnen, SchauspielerInnen, TänzerInnen und MusikerInnen. Im Gegensatz zu den kreativ-schöpferischen AutorInnen und KomponistInnen, sind ihre Aufgaben hauptsächlich interpretativer Natur. Ihr Ziel ist konkret und handlungsorientiert und auf die Wirkung einer soliden und inspirierenden Darstellung gerichtet.330 Bezogen auf Persönlichkeitsprofile zeigt sich eine heterogene Ausprägung darstellender KünstlerInnen: Im Vergleich zu „Nicht-KünstlerInnen“ scheinen SchauspielerInnen überdurchschnittlich extrovertiert, offen für Neues und freundlich (agreeableness), TänzerInnen sehr emotional und MusikerInnen besonders introvertiert und risikoadvers zu sein.331 Ihre Arbeit spielt sich in der Regel im sozialen Kontext von Teams ab und bedingt eine Abhängigkeit der Gesamtleistung von den Leistungen der KollegInnen. Durch die hohe öffentliche Aufmerksamkeit und permanente Exposition und Evaluierung durch Mentoren, Kritiker, das Publikum und KollegInnen stehen KünstlerInnen vielfach Vgl. Kogan (2002), S. 4 Vgl. Marchant-Haycox/Wilson (1992); Kogan (2002); Nettle (2006) für einen Überblick über diverse Studien 330 331
3.3 Stakeholder-Gruppen des Musiktheaters
103
unter konstantem Stress. Vielfach werden darstellende KünstlerInnen mit HochleistungssportlerInnen verglichen, da beide Karrieren von Drill und Training abhängen und davon, Wettkämpfe u. a. in Form von Vorsprechen oder Vorsingen zu gewinnen.332 OrchestermusikerInnen werden aus dieser Betrachtung ausgeklammert. Zur Vervollständigung des Überblicks über das Arbeitsklima in einem Musiktheater sei jedoch auf eine Studie von Brodsky verwiesen, in der MusikerInnen ihre Motivation und ihr Commitment auf eine lebenslange Passion für Musik basieren. Die Beschäftigung in einem Symphonieorchester stellt zwar ein Aufgeben der Ambition weltbekannte(r) SolokünstlerIn zu werden dar, auf der anderen Seite ermöglicht sie aber die Sozialisierung mit Gleichgesinnten und das Erleben von Kameraderie, Teamwork, Solidarität und Freundschaft.333 Dieser Werte sind auch für die anderen künstlerischen Bereiche von Bedeutung. Die künstlerische Arbeit am Theater ist projektorientiert: „[…] ein Stück wird ausgewählt, geprobt, kommt heraus, es wird gespielt, evtl. in der nächsten Saison noch einmal wieder aufgenommen und dann (als Projekt) abgeschlossen.“334 Dabei dauern die Proben meist zwischen vier und acht Wochen.335 Sicca unterscheidet zwischen drei Phasen des künstlerischen Produktionsprozesses für das Musiktheater. Dabei wird der Prozess als Aufeinanderfolge von jeweils eigenständigen Ereignissen betrachtet. Die drei Phasen der Produktentwicklung, Idee, Produktion und Marketing, unterteilt Sicca jeweils in Mikro- und Makrophasen. So werden auf einer Mikroebene Entscheidungen über die Ressourcenselektion und -allokation getroffen, werden die Rollen in verschiedenen Komplexitätsgraden internalisiert und findet das Kunstwerk in der Marketingphase Akzeptanz bei MeinungsführerInnen und Öffentlichkeit. Auf einer Makroebene bewegt sich der Prozess von der Konzeption des Produktes über eine Disaggregation der einzelnen Bereiche hin zu einer sozialen Integration in den Organismus der Organisation.336 Als Projektorganisation können Theater auf die spezifischen Anforderungen künstlerischer Produktionen flexibler reagieren. „Employers in project-based organizations seek to draw from a large pool of artists and personnel in order to build efficient and well-matched teams, because they may gain from the variety of talents and skills at hand, and to reduce overheads.”337
Vgl. u. a. Conroy, et al. (2001); Kogan (2002) Vgl. Brodsky (2006), S. 687 f. 334 Haunschild (2002), S. 582 335 Vgl. Deutscher Bühnenverein (DBV) (2002) 336 Vgl. Sicca (2001), S. 4 ff. 337 Menger (1999), S. 568 332 333
104
Abbildung 11:
3 Das (Musik)-Theater
Produktentwicklungsprozess einer Oper Quelle: nach Sicca (2001), S. 5
Beziehungen mit der künstlerischen Community, aber auch mit OpernliebhaberInnen schließen den Grad der Innovation und das Repertoire der Produktionen sowie das Prestige des Opernhauses mit ein, zumal Letzteres die Möglichkeit, die besten KünstlerInnen für eine Produktion gewinnen zu können, beeinflusst. KünstlerInnen produzieren nicht nur, sie konsumieren ihr Werk auch. Kunstschaffende suchen mehr als monetären Gewinn aus getaner Arbeit. Zu ihren Zielen gehören zudem Ruhm, Anerkennung, Befriedigung durch das Mitwirken an Arbeiten, Werken oder Aufführungen, die persönlich zusagen und Freude aus künstlerischer Arbeit.338 Der Wunsch nach Ruhm bzw. „in die Geschichte einzugehen“, hat zur Folge, dass KünstlerInnen künstlerische Stile oder Richtungen verfolgen, die von den jeweils angesehensten KritikerInnen bevorzugt werden, d.h. sie bewegen sich in der Regel in Bereichen der Hochkultur. Es kann auch angenommen werden, dass KünstlerInnen und KritikerInnen ähnliche Geschmäcker in Kunstangelegenheiten aufweisen. Dies mag daran liegen, dass beide mehr Zeit haben, sich mit der Materie auseinanderzusetzen als gewöhnliche KonsumentInnen von Kunst.339 KünstlerInnen benötigen, ebenso wie kreative MitarbeiterInnen anderer Organisationen, besondere Rahmenbedingungen. Im Musiktheater tragen viele Einzelpersonen zu einem kreativen Endprodukt bei. Auf der einen Seite sind Arbeitsbeziehungen im Theater während der Proben stark hierarchisch, auf der anderen Seite verlangt eine Produktion nach Teamwork, Initiative und Kooperation. Eine Besonderheit des Theaters als Beschäftigungssystem liegt demnach in der Tatsache, dass die erbrachte Leistung einerseits als Produkt eines Teamprozesses entsteht, andererseits sind die Ergebnisse jedoch ebenso von individuellen künstlerischen Leistungen und Qualitäten beeinflusst.340 Vgl. Cowen/Tabarrok (2000), S. 232 Vgl. Cowen/Tabarrok (2000), S. 244 340 Vgl. Haunschild (2005), S. 693 f. 338 339
3.3 Stakeholder-Gruppen des Musiktheaters
105
Eine insbesondere für die Führung von Kulturinstitutionen bedeutsame Eigenheit ist, dass KünstlerInnen in der Regel weniger dem wirtschaftlichen Ergebnis als Kreativität, Selbstentfaltung und den Meinungen ihrer Peers Bedeutung beimessen.341 Im Gegensatz dazu steht das Management, das eher objektive Leistungsmaßzahlen bevorzugt342 bzw. den Vorzug geben muss. Der Versuch, Kreativität und künstlerische Motivation zu “managen”, riskiert dabei eine Erosion dieser KernRessourcen: „[C]reative people tend to rebel at efforts to manage them overly systematically.“343 3.3.1.2 Das administrative, technische und Service-Personal Ein reibungsloser Ablauf von Proben und Aufführungen ist vielfach das Ergebnis der Arbeit hinter der Bühne. Das administrative Personal unter Leitung der Verwaltungsdirektion ist für all jene Entscheidungen zuständig, die nicht künstlerischer Art sind. Dazu gehören rechtliche Angelegenheiten, Personalagenden – mit Ausnahme von Einstellungs- bzw. Verlängerungsentscheidungen des künstlerischen Personals – sowie die Verwaltung der Wirtschaftsführung des Hauses. Ein wichtiger Aufgabenbereich liegt in der Festlegung von Ticketpreisen, Preisdifferenzierung und Abonnementstrukturen sowie die Abrechnung und Berechnung der abzuführenden Tantiemen. Insbesondere der Bereich des Marketing und der Öffentlichkeitsarbeit erhielt angesichts der neuen privatrechtlichen Strukturen und zunehmender Dienstleistungsorientierung eine Aufwertung.344 Zum technischen Personal zählen Bühnen-, Beleuchtungs-, Ton- und MedientechnikerInnen ebenso wie die MitarbeiterInnen der Werkstätten für Maske, Bühnenbilder und je nach Theater Kostüme.345 Der/die technische DirektorIn steht der Gesamtheit aller technischen Abteilungen und Werkstätten vor und ist somit für einen großen Teil des nicht-künstlerischen Personals der/die unmittelbare Vorgesetzte. Er/sie trägt die Verantwortung für alle technischen Abläufe und die Einhaltung der Sicherheitsvorschriften des Theaters sowie für die Prüfung der finanziellen Möglichkeiten für die Umsetzung der Bühnenbilder.346 Das Service-Personal, die Beschäftigten in den Bereichen Catering, Garderobe, Einlass, Karten- und Abonnementverkauf u. ä., nimmt angesichts einer steigenden Vgl. Hirschman (1983) Vgl. Voss/Voss (2000a) 343 Florida (2002), S. 133 344 Vgl. Jacobshagen (2002), S. 423 ff. 345 Die Kostümabteilung ist zumeist nicht der technischen Direktion unterstellt sondern eine eigenständige Abteilung. Größere Theaterbetriebe verfügen im Werkstättenbereich über Malersaal, Tapezierwerkstatt, Tischlerei und Schlosserei, manchmal sogar eine Rüstkammer. 346 Vgl. Jacobshagen (2002), S. 391 f. 341 342
106
3 Das (Musik)-Theater
Bedeutung der Servicekomponenten im Kunstkonsum eine immer wichtigere Rolle ein. Das Servicepersonal hat direkten Kundenkontakt und ist damit in der Lage, das Image eines Hauses entscheidend mitzuprägen. Der Umstand, dass jene Gruppe möglicherweise den geringsten Bezug zum Theater an sich hat und tendenziell die niedrigsten Löhne erhält, kann bei fehlender Identifikation bzw. Unzufriedenheit mit der Organisation allerdings fatale Konsequenzen mit sich bringen. 347 3.3.2 Das Publikum Der einzige Geschmack, der einem Menschen wirklich Befriedigung geben kann, ist sein eigener. Philip Rosenthal (1916-2001), dt. Industrieller und Politiker
Das Publikum repräsentiert die KonsumentInnen kultureller Produktionen. Während spontane Interaktion mit dem Geschehen auf der Bühne in Form von Beifalls- oder Abneigungsbekundungen möglich sind, drängen etablierte Regeln die Unmittelbarkeit der Reaktion zugunsten von zeitlich auf das Ende eines Abschnitts fixierten Applauses zurück, um den Verlauf des Auftrittes nicht zu stark zu beeinflussen. Diese Regeln werden freilich in neueren Theaterformen wieder zurückgedrängt. Das Publikum ist einer der wichtigsten Stakeholder des Theaters, ist es doch nicht zuletzt Gegenstand und Ziel kulturpolitischer Zielsetzungen und damit Legitimation öffentlicher Mittel. Die Schaffung und Bindung loyaler Publika ist ein zentraler Punkt für den nachhaltigen Erfolg einer Organisation, auch in Kulturinstitutionen.348 Theater haben sich gewandelt, von einer Produkt- zu einer Besucherorientierung, von einem Fokus auf die Produktentwicklung hin zu einer Publikumsentwicklung.349 Besucherentwicklungsprogramme (audience development) wenden sich an Publika, die repräsentativ für die breite Bevölkerung sind, insbesondere an unterprivilegierte Schichten. Doch „[w]hile art may speak to everyone, not everyone chooses to listen.“350 Während große Fortschritte in der Demokratisierung des Zuganges zu Kultur gemacht wurden, gibt es immer noch Unterschiede im aktiven Kulturkonsum.351
Vgl. Klein (2003), S. 115 Vgl. u. a. Johnson/Garbarino (2001); Swanson/Davis (2006) 349 Vgl. u. a. Klein (2007) 350 Mulcahy (1981), S. 465 351 Zum Beispiel sind BesucherInnen der Metropolitan Opera in New York oder auch der Wiener Staatsoper mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht repräsentativ über alle Bevölkerungsschichten verteilt. 347 348
3.3 Stakeholder-Gruppen des Musiktheaters
107
3.3.2.1 Besucherentwicklung in öffentlichen Theatern und Opernhäusern Die öffentliche Unterstützung der Theater in Österreich und Deutschland hat den beiden Ländern bisher eine vielfältige Theaterszene erlaubt und den einzelnen Häusern eine „künstlerische Risikobereitschaft, die in kommerziell geprägten Betrieben undenkbar wäre“,352 ermöglicht. Aufgrund stagnierender Besucherzahlen und eines alternden (greying) Publikums, sind traditionelle Kulturinstitutionen jedoch nicht nur mit einer wirtschaftlichen Krise, sondern auch einer Legitimierungskrise konfrontiert.353 Denn die Ausweitung des Zugangs zu Kultur und Bildung gehört zu den Zielen der Kulturpolitik. Da die Besucherzahlen für die so genannte „Hochkultur“ (klassische Oper, Ballett, Musik und bildende Kunst) dennoch nur zögerlich zunehmen, machen die oberen sozialen Klassen weiterhin einen disproportional hohen Anteil des Publikums subventionierter Kunst aus.354 So muss auch die klassische Musik, der es nie an Anhängern gefehlt hat, noch immer kämpfen um ihr neues Publikum zu finden.355 Bourdieu hat den Musikgeschmack als sicherstes Indiz für die Bestätigung der Klassenzugehörigkeit genannt.356 Faktoren, welche die Nachfrage nach Kunst beeinflussen sind weitgehend untersucht.357 So wird die Teilnahme an (hoch-)kulturellen Veranstaltungen seit langem mit demographischen Faktoren wie Einkommen, Urbanität und Kinderlosigkeit in Verbindung gebracht. Mit höherem Einkommen steigt die Teilnahme an Kultur, Teilnehmerraten sind in Großstädten besonders hoch, Elternschaft verringert die Teilnahme an den Darstellenden Künsten. Kultureller Geschmack wird beeinflusst durch Bildung und Erziehung, das Interesse der Eltern sowie frühe Partizipation oder frühes Erlernen von Musik. Der größere Anteil and Kunst- und Kulturinteressierten, insbesondere für klassische Musik und Theater, sind Frauen. Auch die Rasse spielt – zumindest in den USA – eine Rolle.358 Eine Untersuchung der US-amerikanischen Survey of Public Participation in the Arts aus den Jahren 1982, 1992 und 2002 zeigt sich für die USA folgender Brandenburg (2005), S. 54 Vgl. Chiapello (1998) 354 Vgl. Evans (2000), S. 246; laut deutschem Bühnenverein ziehen die deutschen Theater jährlich dreieinhalbmal so viele Zuschauer an wie die deutschen Fußballstadien, nämlich 35,5 Millionen. Vgl. Deutscher Bühnenverein (DBV) (2001) 355 Vgl. Kolb (2001), S. 6 356 Vgl. Bourdieu (1979) 357 Allerdings wird kritisiert, dass sich die zahlreichen Studien zumeist an soziodemographischen Merkmalen orientieren und weniger inhaltlich qualitative Kriterien berücksichtigen. Vgl. Olsen (2003) 358 Vgl. für Einkommen: Throsby (1994), S. 7f.; Heilbrun/Gray (2001), S. 47; Lewis/Seaman (2004), S. 536 kommen zu dem Ergebnis, dass Einkommen im Gegensatz zu den anderen genannten demographischen Faktoren keinen Unterschied macht; für urbane Gebiete: Vgl. Heilbrun/Gray (2001), S. 47; für Elternschaft: Vgl. Lévy-Garboua/Montmarquette (1996); für Bildung und Erziehung: Vgl. Heilbrun/Gray (2001), S. 47; für Elternhaus: Vgl. Gray (1998); für Rasse: Vgl. Heilbrun/Gray (1993); das demographische Merkmal Rasse wird in deutschsprachigen Statistiken in der Regel nicht abgefragt. 352 353
108
3 Das (Musik)-Theater
Trend: Während das Interesse an Bildender Kunst und Jazz gestiegen ist, sinkt das Interesse an klassischer Musik, Ballett und Theater. Zudem ist ein Rückgang fast aller Alters-, Geschlechter- und Bildungsgruppen bezüglich Live-Kulturveranstaltungen zu verzeichnen. Besonders die Besucherraten jüngerer Bevölkerungsschichten gehen zurück. Eine mögliche Erklärung kann die gesteigerte Konkurrenz durch Home-Entertainment und Veränderungen in der Bevölkerungszusammensetzung und Familienstruktur geben.359 Die für das Musiktheater und Theater spezifischen Daten sind in Tabelle 4 vermerkt. Bemerkenswert scheint, dass die Raten für Oper und Schauspiel im Jahr 2002 zwar höher sind als 1982, trotzdem im Vergleich zu 1992 gesunken sind. Auch in Deutschland konnte man in der Theaterstatistik 2005/2006 Zunahmen in den Besucherzahlen der Oper in den öffentlichen Theatern, jedoch einen Rückgang der Theaterbesuche allgemein feststellen.360 1982
1992
2002
Durchschnittliche Veränderung (in Prozent)
Klassische Musik
0,130
0,125
0,116
-12,2
Oper
0,030
0,033
0,032
6,8
Musical
0,186
0,174
0,171
-9,7
Ballett
0,042
0,046
0,039
-7,4
Schauspiel
0,119
0,135
0,123
3,8
Tabelle 4:
Veränderung der Besucherraten für Musiktheater in den USA Quelle: Daten aus den Surveys of Public Participation in the Arts, gewichtet, entnommen DiMaggio/Mukhtar (2004), S. 177
Leider stehen für den deutschsprachigen Raum keine den amerikanischen Untersuchungen entsprechenden Statistiken mit längeren Beobachtungszeiträumen zur Verfügung. Die aktuelle Kulturstudie des IFES in Österreich zeigt, dass 30 Prozent der Befragten in den letzten zwölf Monaten mindestens einmal ein Theaterstück und/oder ein Musical, 28 Prozent ein klassisches Konzert und 19 Prozent eine Oper besucht haben.361 Im deutschen Kulturbarometer gaben 30 Prozent der Befragten an, in den letzten zwölf Monaten mindestens einmal ein E-MusikKonzert, 14 Prozent eine Oper besucht zu haben.362 Vgl. DiMaggio/Mukhtar (2004) Vgl. Deutscher Bühnenverein (DBV) (2007a) 361 Vgl. IFES (2007); Ballett bzw. Tanztheater wurde als Kategorie nicht angeführt. Diese Raten sind deutlich höher als in den USA, zu beachten sind jedoch die unterschiedliche Sample-Größe (2.000 Befragte in der IFES-Studie), unterschiedliche Fragestellungen sowie das jüngere Datum der österreichischen Studie. 362 Vgl. Keuchel (2006), S. 7; die Studie zeigt besonders einen Rückgang der 30-40jährigen, also ein Wegbrechen der „Elterngeneration“. 359 360
3.3 Stakeholder-Gruppen des Musiktheaters
109
In den Niederlanden besuchen 88 Prozent der Bevölkerung über zwölf Jahre niemals ein „professional play“, 97 Prozent niemals eine „professional dance performance“.363 In Frankreich (und wahrscheinlich auch im deutschsprachigen Raum) hat sich das sozioökonomische Profil der BesucherInnen in den vergangenen 50 Jahren kaum verändert.364 Allerdings zeigen jüngere Forschungsergebnisse ein aus der Community-Forschung bekanntes Paradox im Konsumverhalten insofern, als KonsumentInnen zunehmend individualisierte Konsumpraktiken anwenden, auf der anderen Seite aber ihre kollektiven Emotionen miteinander teilen wollen.365 3.3.2.2 Von Eliten zu kulturellen Allesfressern Die in Tabelle 5 gezeigte Besucherentwicklung zeigt auch, dass aufgrund des wachsenden Mittelstandes und schwindender Unterschiede in Bildung und Ausbildung innerhalb der Kulturpublika die Grenzen zwischen Masse und Elite zunehmend verschwinden. Dieser Entwicklung wird in Judith Blau’s „cultural convergence view“366 und Richard Peterson’s „omnivore theory“367 Rechnung getragen. Besonders deutlich wird diese Entwicklung bei der Integration von Jazzmusik in hochkulturelle Konsummuster und von Museums- und Galeriebesuchen in populärkulturell dominierte Konsummuster. Wie erwartet resultieren höhere Bildungsniveaus in einer besseren Integration verschiedener Kunstformen durch die KonsumentInnen.368 Sogenannte „highbrow elitists“ werden unterschieden in „inclusive highbrow elitists“, die sowohl hoch- als auch massenkulturelle Angebote schätzen, und „exclusive highbrow elitists“ die eine Vorliebe für hochkulturelle Angebote jedoch eine Abneigung gegen Massen- oder Populärkultur aufweisen.369 Zu beachten ist, dass Besucherrückgänge sich bei jüngeren Kulturpublika deutlicher manifestieren und diese seltener ein „Allesfresser-Konsumverhalten“ aufweisen.370 Die Cultural-Omnivore-These erweitert den Bourdieuschen Ansatz, dass die Verbindung von Klasse und kulturellem Kapital einen Distinktionsgewinn erreicht. Dadurch werden alle Bereiche des kulturellen Lebens – Hoch-, Mittel- und Populärkultur – als Ressourcen in den Distinktions-
Vgl. van Maanen (2002), S. 185 Vgl. Benhamou (2004) 365 Vgl. Bouder-Pailler/Gallen (2006), S. 21; Grundlage sind 68 Interviews mit Personen mit schwacher Hochkultur-Konsumneigung. 366 Vgl. Blau (1988) 367 Vgl. Peterson (1992); Peterson/Kern (1996); van Eijck (2000) 368 Vgl. z. B. die Untersuchungen der Daten der Survey of Public Participation in the Arts in den USA von DiMaggio/Mukhtar (2004); López-Sintas/Katz-Gerro (2005) 369 Vgl. López-Sintas/Katz-Gerro (2005), S. 302 370 Vgl. z. B. DiMaggio/Mukhtar (2004); López-Sintas/Katz-Gerro (2005) 363 364
110
3 Das (Musik)-Theater
gewinn inkludiert. Empirische Befunde bestärken die These, dass die so genannte kulturelle „Elite“ zunehmend diversifiziert, inklusiv oder „allesfressend“ ist.371 Eine wichtige Dimension des heutigen Kulturlebens ist dessen taktischer und strategischer Charakter. Dieser wird mit dem Konzept der kulturellen Mobilität abgedeckt. Entscheidungen werden unter einem breiteren kulturellen Angebot getroffen und sind kontextspezifisch. Im komplexen Sozialmilieu der Postmoderne, in welchem Fähigkeiten, Geschmäcker und Regeln sich permanent verändern kommt der Gestaltung der eigenen Identität besondere Bedeutung zu.372 „Openness and flexibility are important resources in a society that requires social and geographical mobility, ‚employability’, and ‘social networking’ from its highly skilled workers“.373 A
C Taste Level
Breadth of Taste
Highbrow Snob to Omnivore
Taste
Lowbrow
Highbrow
Highbrow Univore
Highbrow Omnivore
Lowbrow
Lowbrow Univore
Lowbrow Omnivore
Snob to Univore
B Taste
Breadth of Taste
Level
Narrow
Highbrow Snob Lowbrow Tabelle 5:
Narrow
Wide
Wide
D Breadth of Frequency of Participation (Voraciousness) Participation Frequent Infrequent
Omnivore
Omnivore
Active Omnivore
Inactive Omnivore
Univore
Active Univore
Inactive
Univore Ø
Entwicklung des „Allesfresser-Konstruktes“ Quelle: Eigene Darstellung, Tabellen übernommen aus Peterson (2005), S. 262 ff. Die Tabellen zeigen Peterson/Simkus (1992) (A), Peterson/Kern (1996) (B), Peterson/Rossman (2007) (C) und Peterson (2005) (D).
3.3.2.3 AbonnentInnen versus „Single Ticket Buyers“ In vielen Fällen wählen KonsumentInnen nicht einzelne Produkte, sondern Bündel von Produkten. Dies trifft im Bereich von Erfahrungsgütern wie Urlaubspackages oder Abonnements von Zeitschriften, CDs oder Theaterbesuchen zu. Die Unterscheidung zwischen AbonnentInnen und KäuferInnen von Einzeltickets wird in 371 Vgl. sowie Emmison (2003), S. 226; für Australien zeigt Emmison anhand der AECP (Australian Everyday Culture Project) dass jene Klassen, für welche die Omnivore-These passen würde, nicht die vorgegeben Genres bevorzugen. Allerdings ist ihre Kenntnis dieser Musikgenres größer. Emmison zeigt hier einen Unterschied zwischen „Geschmack“ und „kulturellem Wissen“. 372 Vgl. Emmison (2003), S. 213 373 van Eijck (2000), S. 221
3.3 Stakeholder-Gruppen des Musiktheaters
111
zahlreichen Studien getroffen.374 Entscheidungen über das Abonnement-Portfolio gehören zu den Schlüsselentscheidungen einer Kulturinstitution, denn die AbonnentInnen repräsentieren die loyale Kundschaft mit einer Bereitschaft sich zu binden. Während BesucherInnen, die Einzeltickets für Theatervorstellungen erwerben, in ihrer Austauschbeziehung als transaktional eingestuft werden, sind AbonnentInnen der Institution in einem relationalen Austausch verbunden, d.h. die emotionale Beziehung zur Institution ist stärker.375 Diese emotionale Bindung hat speziell bei Dienstleistungen mit hedonischem und/oder erlebnisorientiertem Charakter einen Einfluss auf die Beurteilung der Zufriedenheit.376 3.3.3 Geldgebende und fördernde Instanzen Ökonomische Argumente wie Umwegrentabilität oder Standortvorteile alleine reichen nicht aus, um die staatliche Unterstützung zu rechtfertigen. “Although there may be some indirect economic gain to a community for sponsoring performing arts activities, this is clearly secondary to the sheer aesthetic pleasure that audiences derive from attending theatrical, musical, and dance events.”377
Opernhäuser erfüllen insbesondere eine institutionelle Mission: die Erziehung der BürgerInnen zur Musikkultur. Der kulturpolitische Auftrag rechtfertigt die – zumindest teilweise – Finanzierung der Kulturinstitutionen aus Steuergeldern. Dazu kommen über Sponsoren, Mäzene, Freundeskreise etc. Mittel aus privaten Quellen. Das Verhältnis von öffentlicher und privater Unterstützung ist von Land zu Land unterschiedlich und von den vorherrschenden Strukturen abhängig. So werden Theater klassisch von der öffentlichen Hand finanziert: Während diese Aufgabe im 18. Jahrhundert hauptsächlich vom Adel wahrgenommen wurde, hatten im 20. Jahrhundert Staat oder Gebietskörperschaften die Unterhaltung der meisten Theater übernommen. Im angloamerikanischen Raum hingegen ist der Großteil dieser Institutionen seit längerer Zeit dem freien Markt unterworfen und von privater Philanthropie abhängig.
Vgl. u. a. Boyle (2007); Felton (1989); Johnson/Garbarino (2001); Kolb (2001a) Vgl. Johnson/Garbarino (2001); Hedrick, et al. (2007) 376 Vgl. Arnould/Price (1993); Price, et al. (1995) 377 Kogan (2002), S. 1 374 375
112
3 Das (Musik)-Theater
3.3.3.1 Öffentliche Förderung Der öffentliche Auftrag des Kulturbetriebs und die Eigenschaften und Eigenheiten des Kulturprodukts erlauben es den Organisationen nicht, sich dem reinen Ziel der Gewinnerzielung zu verschreiben. In der Folge gelingt es Kulturbetrieben nicht, sich von diversen finanziellen Abhängigkeiten zu lösen, sei es wie in den meisten Fällen die Abhängigkeit von öffentlichen Geldern oder die Abhängigkeit von Sponsoren und privaten Geldgebern. Diese finanziellen Abhängigkeiten beeinflussen Kulturbetriebe nicht zuletzt hinsichtlich ihrer Berichts- und Rechenschaftspflichten. Österreich, Deutschland und Frankreich sind prominente Beispiele für etatistische Modelle der Kulturförderung. Aufgrund des föderalen Aufbaus der Bundesrepublik Deutschland ist die Kultur vorrangig Aufgabe der Länder, die Kulturstiftung des Bundes und die Kulturstiftung der Länder sind weiters als eigenständige Finanzierungsorgane eingerichtet. Die Theaterfinanzierung wird ungefähr je zur Hälfte von den Ländern und Kommunen getragen. Der Beitrag der öffentlichen Hand für die öffentlich getragenen Theater und Orchester beträgt nach Angaben des Deutschen Bühnenverbandes rund zwei Milliarden Euro bzw. etwa 0,2 Prozent der Gesamtausgaben von Bund, Ländern und Gemeinden.378 Die Eigeneinnahmen der Theater variieren je nach Spielplan sehr stark. Trotz teilweise drastisch veränderter Strukturen durch Modernisierung und den Einsatz von professionellem Management sind die deutschen Theater von einer Eigenfinanzierung weit entfernt. Für die Spielzeit 2004/5 betrugen die Einspielergebnisse der deutschen Theater laut Theaterstatistik durchschnittlich 17 Prozent.379 Der öffentliche Kulturbetrieb wird in Österreich zu einem großen Teil mit öffentlichen Mitteln finanziert. Der Anteil an den gesamten Kulturausgaben des Jahres 2006 betrug 23,4%, was pro Kopf einem Betrag von 22,7 Euro entspricht. So wurden im Jahr 2006 175,8 Millionen Euro vom Bund für die Darstellende Kunst (Theater, Musiktheater, Tanz), die zweitgrößte Förderkategorie des Bundes im Kulturbereich, zur Verfügung gestellt. Dazu kamen 173,7 Millionen Euro von den Bundesländern und weitere 75,9 Millionen Euro von den Gemeinden (ohne Wien).380 Zahlreiche ehemals öffentliche Kulturinstitutionen wurden zwischen 1990 und 2004 privatisiert,381 dennoch bleibt die Finanzierung zu einem großen Teil Aufgabe der öffentlichen Hand. So betrugen die Einspielergebnisse der Bundes-
Vgl. Deutscher Bühnenverein (DBV) (online) Vgl. Statistik Austria (2008b) (online) 380 Vgl. Statistik Austria (2007a), S. 187 381 Vgl. Tschmuck (2006), S. 294 ff. 378 379
3.3 Stakeholder-Gruppen des Musiktheaters
113
theater und Landestheater für die Spielzeit 2004/05 zwischen 13 (Schauspiel Graz) und 46 (Staatsoper Wien) bzw. 60 Prozent (Vereinigte Bühnen Wien).382 Frankreichs Kulturförderung ist durch einen ausgeprägten Zentralismus sowie einen Fokus auf moderne und große Projekte (Grands Projets) gekennzeichnet. Etwa 53 Prozent der öffentlichen Kulturausgaben werden vom Pariser Kulturministerium bereitgestellt.383 Eine überraschende drastische Erhöhung der Subventionen im Jahr 1981 führte zu höheren Löhnen und Gehältern für KünstlerInnen und administrativ Beschäftigte im Kulturbereich, nicht jedoch zu einem höheren künstlerischen Output.384 In Großbritannien erfolgt die staatliche Kunstförderung durch den Arts Council of Great Britain, der 1946 als unabhängige Institution (ohne direkten Einfluss der Regierung) errichtet wurde. Diese Institution, seit 1994 geteilt in den Arts Council England, den Scottish Arts Council, den Arts Council of Wales sowie den Arts Council of Northern Ireland, ist dafür verantwortlich, öffentliche Mittel an Kulturinstitutionen zu verteilen. Ein großer Teil dieser Mittel entstammt der Staatslotterie (National Lottery), die etwa ein Viertel ihrer Einnahmen einer „Guten Sache“ zuführt. Das Department for Culture, Media and Sports (DCMS) entscheidet über die Vergabe dieser Mittel. Zusätzlich werden vom Königshaus über Stiftungen Gelder für Kulturprojekte zur Verfügung gestellt. Die öffentliche Finanzierung betrug 1983/4 noch 63 Prozent des Einkommens der großen Opernhäuser, 1989/90 war dieser Anteil auf 49 Prozent geschrumpft. Im Gegenzug wurden Ticketeinnahmen durch Preiserhöhungen und zusätzliche Aufführungen ebenso wie Sponsorengelder erhöht.385 Im Jahr 1999 bot der Arts Council of England britischen Orchestern zusätzliche Subventionen sowie die Finanzierung der Tilgung ihrer Außenstände an. Im Gegenzug sollten die Orchester strukturelle und finanzielle Maßnahmen treffen, um ein Gleichgewicht zwischen Fixkosten und betriebssicherem Einkommen zu erreichen. Gleichzeitig sollten ein weitreichendes Repertoire und andere Aktivitäten wie erzieherische (educational) Arbeit gewährleistet werden. Für viele Orchester schien dies jedoch ein sehr hoher Preis zu sein.386 Abbildung 12 zeigt einen Vergleich der öffentlichen Kulturausgaben europäischer Länder als Prozentsatz des Bruttoinlandsproduktes (BIP). Diese Ausgaben bewegen sich zwischen 0,2 Prozent (Irland, Luxemburg) und einem Prozent des BIP, mit Ausnahme Estlands, das 1,9 Prozent seines BIP in Kultur investiert. In 382 Vgl. Statistik Austria (2007b), S. 110; der Durchschnittswert der genannten 17 Theater- und Opernhäuser beträgt ca. 26 Prozent. 383 Vgl. Heinrichs (2004) 384 Vgl. Towse (1993), S. 117 f. 385 Vgl. Towse (1993), S. 117; 1983/4 betrugen die Subventionen für Musik bzw. Oper £ 8,5 Mio. bzw. £ 23,2 Mio., im Jahr 1989/90 £ 24,0 Mio. bzw. £ 26,8 Mio., dennoch war der reale Wert der Subventionen gesunken. 386 Vgl. Cohen/Pate (2000)
114
3 Das (Musik)-Theater
absoluten Zahlen investierte Österreich im Jahr 2004 pro EinwohnerIn 239,54 Euro in die Kultur, in Deutschland waren es 96,00 Euro.387 2 1,8 1,6 1,4 1,2 1 0,8 0,6 0,4 0,2
Ita ly Ne th UK er la nd s Sp a Cy in pr u Po s la Po nd rtu G ga e Lu r m l xe an m y bo ur Ire g la nd
Es to n B e ia lg i De um nm Sl ark ov ak A u ia st ria La t S w v ia ed Sl en ov e Hu nia ng a Fi r y nl an Fr d a Li nce th ua ni a M a B u lt a lg ar ia
0
Abbildung 12:
Vergleich jährlicher öffentlicher Kulturausgaben als Prozentsatz des BIP Quelle: Klamer, et al. (2006), S. 28388
In den meisten Ländern erfolgt die öffentliche Kunstförderung direkt durch Kulturministerien und andere Regierungsabteilungen.389 Tabelle 6 zeigt die unterschiedliche Bedeutung der verschiedenen Gebietskörperschaften für die öffentliche Kulturförderung. Während in Staaten wie Dänemark oder Frankreich mehr als die Hälfte der öffentlichen Zuwendungen für Kultur vom Zentralstaat vergeben werden, sind dafür in Spanien hauptsächlich Städte und Gemeinden zuständig. In Österreich sind die öffentlichen Gelder recht einheitlich über Zentralstaat, Länder und Städte verteilt. Im Gegensatz zu Frankreich oder Deutschland, wo Kultur als Aufgabe des Staates betrachtet wird, ist Kultur in den USA eine individuelle Angelegenheit der BürgerInnen. Dementsprechend niedrig ist die öffentliche Kunstförderung in den USA: Im Jahr 1998 standen in Deutschland 85 Dollar, in den USA sechs Dollar pro Einwohner an öffentlichen Kulturausgaben zur Verfügung.390 Staatliche Mittel, die von dem 1965 gegründeten National Endowment for the Arts (NEA) vergeben werden, dienen aufgrund ihrer geringen Größe primär der Erleichterung privater Spendenakquise und verleihen den Organisationen durch diese Unterstützung eine Vgl. Institut für Kulturmanagement und Kulturwissenschaft (2007), S. 52 Die Daten sind dem Bericht des Council of Europe / ERICarts entnommen und beziehen sich auf die jeweils aktuellsten Zahlen im Berichtszeitraum 2000-2005. 389 Vgl. Cohen/Pate (2000), S. 106 390 Vgl. Arts Council England (1998) 387 388
3.3 Stakeholder-Gruppen des Musiktheaters
115
gewisse Glaubwürdigkeit.391 Einen deutlich größeren Beitrag leisten auch in den USA die State und City Arts Councils – von den 13 Prozent der Kulturausgaben, die durch die öffentliche Hand getragen werden, entfällt 1 Prozent auf den Staat, 3 Prozent der Ausgaben werden von den Gemeinden getragen und 9 Prozent entfallen auf die Bundesstaaten.392 Öffentliche Staat Kulturausgaben (letztes Berichtsjahr) gesamt (in EUR) Dänemark (2005) Deutschland (2003)
Zentralstaat
Länder/ Regionen
Städte/ Gemeinden
1.917.646.817
62,5 %
3,6 %
33,9 %
8.220.000.000
13,4 %
43,4 %
43,2 %
11.050.000.000
52,3 %
9,1 %
38,6 %
Großbritannien (2004)
8.833.079.727
34,1 %
k. A.
65,9 %
Italien (2000)
6.754.200.000
52,2 %
14,6 %
33,2 %
Frankreich (1996)
Österreich (2004)
1.957.400.000
34,6 %
34,4 %
31,0 %
Schweiz (2002)
1.379.277.455
25,3 %
36,2 %
38,4 %
Spanien (2003)
4.659.114.000
17,1 %
26,1 %
56,8 %
Tabelle 6:
Anteile öffentlicher Förderungen ausgewälter europäischer Staaten und Aufteilung nach Gebietskörperschaften Quelle: Daten entnommen Institut für Kulturmanagement und Kulturwissenschaft (2007), S. 51
3.3.3.2 Private Förderung Viele Theater und Orchester werden auch von Sponsoren, privaten GönnerInnen oder Stiftungen unterstützt. Die Summe dieser Unterstützungen reicht jedoch nicht aus, das Engagement der öffentlichen Hand zu ersetzen. Lediglich ein Prozent der Theaterfinanzierung stammt aus privaten Geldern, „mit denen in der Regel vor allem prestigeträchtige Projekte gefördert werden“.393 Für bestimmte (Projekt)-Finanzierungen wird eine private Beteiligung für eine Förderung der öffentlichen Hand jedoch vorausgesetzt. Dadurch ist Fundraising, das an Marketingzielen ausgerichtete Sammeln von Drittmitteln, zu einer wichtigen Funktion in jedem Kulturbetrieb geworden.394 Über Sponsoring können private Mittel von Unternehmen akquiriert Vgl. Heinrichs (2004) Vgl. National Endowment for the Arts Research Division (NEA) (2007) 393 Vgl. Deutscher Bühnenverein (DBV) (online) 394 Häufig wird Fundraising als Chefsache betrachtet, z. B. von Alexander Pereira, Intendant der Züricher Staatsoper, Vgl. Pereira (2003) 391 392
116
3 Das (Musik)-Theater
werden. Die ökonomische Logik des Sponsorings verlangt eine vertraglich fixierte äquivalente Gegenleistung für finanzielle oder andere Unterstützung, die meist auf Kommunikations- und Imageziele gerichtet und an Medienwirksamkeit, z. B. über Werbefläche oder Sendezeit, festgemacht wird.395 Dies schafft einerseits Abhängigkeiten, andererseits ist es in Zeiten abnehmender Berichterstattung über hochkulturelle Ereignisse zunehmend schwierig, entsprechende Seitenpositionen oder Sendezeit zu erhalten. Steuerlich sind Sponsorausgaben als Betriebsausgaben steuerlich absetzbar. Im Gegensatz zu Sponsoring definieren sich Spenden bzw. Mäzenatentum über altruistische Motive und das Fehlen einer messbaren Gegenleistung. Die Ambition der Mäzene kann aus der Liebe zur Kunst, dem Verlangen Teil einer Lobby zu sein oder dem Verlangen bei speziellen Anlässen wie Premieren, Galadiners etc. dabei zu sein, entspringen. In den USA kommen fünfundachtzig Prozent des Spendenaufkommens von Einzelpersonen, der Rest von Stiftungen und Unternehmen. Meist sind private Spenden auch Grundlage für den Erhalt der vergleichsweise spärlichen staatlichen Mittel.396 Steuerlich handelt es sich um Sonderausgaben, die nur in bestimmten Fällen absetzbar sind.397 Entgegen weiterverbreiteter Annahmen verringert nach einer Studie von Hughes und Luksetich auch eine größere Abhängigkeit von privaten Geldquellen den programmatischen Fokus von Kulturinstitutionen nicht.398 3.3.3.3 Freundeskreise, Fördervereine und Besucherorganisationen Viele Theater und Festivals im deutschsprachigen Raum verfügen über „Freundeskreise“ oder „Fördervereine“. Fördervereine werden selbst nicht künstlerisch tätig, sondern unterstützen indirekt das kulturelle Handeln einer anderen Institution. Solche Vereine werden in der Regel gegründet, um ein gemeinnütziges Projekt mit finanziell potenten Geldgebern in Kontakt zu bringen. Fundraising, Spendenakquise, die ehrenamtliche Übernahme von Aufgaben und Bemühungen um prominente Ehrenmitglieder sind häufige Charakteristika dieser Art von Vereinen. FörderVgl. Jacobshagen (2002), S. 365 ff. Vgl. Klumaier (1999), S. 174: „Nur eine Million des jährlich um sieben Prozent wachsenden Finanzbedarfs von derzeit insgesamt 134 Millionen Dollar kommt von staatlichen Stellen.“ 397 Im Gegensatz zu den meisten EU-Staaten sind private Spenden nach § 4 Abs. 4 Z 5 lit. d und e EStG in Österreich grundsätzlich nicht steuerlich absetzbar. Ausnahmen wurden für verschiedene Institutionen wie die Österreichische Nationalbibliothek, Museen von „gesamtösterreichischer Bedeutung“ oder Forschungsinstitutionen geschaffen. In Deutschland sind nach §10b des Einkommensteuergesetzes zur Förderung mildtätiger, kirchlicher, religiöser, wissenschaftlicher als besonders förderungswürdig anerkannter kultureller Zwecke bis zu fünf bzw. zehn Prozent der Gesamteinkünfte als Sonderausgaben abzugsfähig. 398 Vgl. Hughes/Luksetich (2004) 395 396
3.3 Stakeholder-Gruppen des Musiktheaters
117
vereine sind zumeist bürgerschaftlich verankert und schaffen ihren Mitgliedern einen Distinktionsgewinn.399 Besucherorganisationen sind wichtige Vermittlergruppen für Theater. Sie vermitteln ermäßigte Theaterkarten, organisieren inszenierungsbegleitende Vor- und Nachbereitungen, Diskussionen, Gesprächskreise oder Theaterreisen und erschließen so neue Zielgruppen für das Theater.400 Aus historischer Sicht sind Besucherorganisationen Ausdruck eines Bedürfnisses, einer breiten Bevölkerung sozialkritische Stücke entsprechend aufzubereiten und zugänglich zu machen. Der Hauptzweck von Besucherorganisationen ist also nicht die Förderung der Institution an sich, sondern die Verbesserung der Bildung und Chancengleichheit in der Gesellschaft.401 3.3.4 KritikerInnen Kritik ist die Kunst zu loben. Erst da zeigt sich der kritische Meister. Der Tadel, wo er mit der Lust am Tadeln vorgebracht wird, macht einen billigen Lärm und bleibt am Ende wirkungslos. Friedrich Luft (1911-1990), dt. Kulturkritiker
TheaterkritikerInnen beschäftigen sich mit der kritischen Berichterstattung über Theaterstücke. Ihre Rezensionen sind von KünstlerInnen gleichermaßen ersehnt und gefürchtet. Neben ersten Erfahrungsberichten geben sie auch objektive Information über ein künstlerisches Ereignis. Zumeist handelt es sich um freie oder fest angestellte JournalistInnen, die insbesondere über Neuinszenierungen berichten. Ihre Mediatorenrolle zwischen dem kulturellen Angebot und dem Publikum ist eine vielfach angenommene, aber kaum empirisch untersuchte. Eine Beziehung, die hauptsächlich auf Produkte der Hochkultur, wie Theater oder Oper, zuzutreffen scheint: „For highbrow genres such as the theater, positive reviews are associated with larger audience sizes, but not for popular performances (e.g. comedy, cabaret).“402 Deutlich besser untersucht als im Bereich von Theater und Oper, wo 399 Vgl. Klein (2003), S. 171 ff.; Bekanntes Beispiel sind die „Freunde und Förderer der Salzburger Festspiele“ welche 1961 gegründet wurden, um die Bindung der Festspielfans an Salzburg zu stärken und den Festspielen die Unterstützung zu sichern. Die „Förderer“ beteiligen sich mit einem Jahresbeitrag von 1.000,- Euro, ordentliche Mitglieder mit einem Jahresbeitrag von 120,- Euro und haben nicht zuletzt den Bau des „Haus für Mozart“ in Salzburg finanziert. Vgl. Verein der Freunde der Salzburger Festspiele (Online) 400 Vgl. Klein (2003), S. 162; die Beziehung zwischen Theatern und Besucherorganisationen hatte sich in Deutschland in den 1960er und 1970er Jahren deutlich getrübt, als Publikumsbeschimpfungen und enstprechende Reaktionen der Besuchervereine die Fronten verhärteten. Die Bedeutung von Besuchervereinen ging seither kontinuierlich zurück. 401 Vgl. Birnkraut (2003), S. 14 f. 402 Shrum (1991), S. 367; Er bezieht sich auf seine Untersuchung des Edinburgh Fringe Festival. Als Argument hierfür nennt Shrum ein geringeres Interesse der Publika von Populärkultur, „korrekt“ auf eine Kulturproduktion zu reagieren, da die Unterhaltungskomponente im Vordergrund steht.
118
3 Das (Musik)-Theater
Vergleichsdaten selten in ausreichender Quantität und Qualität zur Verfügung stehen, wurde der Einfluss von Kritiken auf die Nachfrage nach Filmproduktionen oder, bereits in deutlich geringerem Umfang, nach Literatur (Belletristik).403 3.3.4.1 Geschichtliche Entwicklung der Kritik Geschichtlich kann man verschiedene Phasen der Kritik unterscheiden: (1) die interaktionale Phase vor dem späten 17. Jahrhundert, in welcher zwischen ZuschauerInnen und KritikerInnen nicht differenziert wurde und jede(r), der sich Gehör verschaffen konnte, seine Kritik kundtat; (2) die absatzfördernde („promotional“) Phase in welcher ab dem 18. Jahrhundert über das Medium Zeitung Öffentlichkeitsarbeit und Werbung für die AkteurInnen des Theaters gemacht wurde. (3) In der modernen Phase begannen KritikerInnen eine objektivere und wertendere Rolle einzunehmen und mit dem 19. Jahrhundert die Kritik als Beruf auszuüben. KritikerInnen hatten den Anspruch, in ihrem Wissenstand über das Stück, die Aufführung und den ästhetischen Kontext einer Produktion überlegen zu sein. Schließlich befinden wir uns heute in einer (4) zeitgenössischen Phase, die sich durch größere Diversität zwischen journalistischen und fachlichen Interessen auszeichnet. 404 Inhalte von Kritiken variieren zwischen verschiedenen Kombinationen von deskriptiven, analytischen, unterhaltungsbezogenen, anleitungsbezogenen und evaluierenden Komponenten. Hierbei wird zumeist den deskriptiven Elementen, der konkreten Information über eine Aufführung sowie den positiv oder negativ evaluierenden Elementen die größte Bedeutung beigemessen.405 Es wird als Frage der Fairness betrachtet, jeden negativen Kommentar sorgfältig zu erklären und dabei „intelligent“ und „seriös“ zu sein. Jede Kritik kann einen direkten Einfluss auf das Leben anderer ausüben.406 Eine Untersuchung unter britischen MusikkritikerInnen kam zu dem Schluss, dass das Selbstbild der KunstkritikerInnen sich insbesondere von JournalistInnen anderer Genres unterscheidet, als sie a) über spezialisiertes Wissen und die Fähigkeit komplexe Inhalte transportieren zu können verfügen müssen, b) sich der „Hochkultur“ verpflichtet fühlen, c) dem Postulat der Objektivität angesichts der Notwendigkeit eine subjektive, aber fundierte Position einzunehmen relativ weniger Bedeutung einräumen und d) eine Fähigkeit der Kunst zur Verbesserung der Gesellschaft postulieren.407 Vgl. u. a. Cameron (1995); Eliashberg/Shugan (1997); Levin, et al. (1997); Holbrook (1999); Caves (2000); Basuroy, et al. (2003); Reinstein/Snyder (2005); Clement, et al. (2006) 404 Vgl. Shrum (1991), S. 350 f. 405 Vgl. Shrum (1991), S. 352 406 Vgl. Harries/Wahl-Jorgensen (2007), S. 631 407 Vgl. Harries/Wahl-Jorgensen (2007), S. 635 403
3.3 Stakeholder-Gruppen des Musiktheaters
119
3.3.4.2 Funktionen der Kritik KritikerInnen sind zentrale Schlüsselstakeholder einer Kulturinstitution, die Veränderungsprozesse moderieren und beeinflussen können: „Reviewers are ideological labelers, opinionators, tastemakers, and symbolic framers of events.“408 KritikerInnen erfüllen wichtige Funktionen: Auf der einen Seite stellen KritikerInnen Information und Material zur Verfügung, welche als Grundlagen für MarketingAktivitäten, Diskussionen über Kunst und aktuelle soziale Belange und insbesondere Konsumentscheidungen fungieren. Auf der anderen Seite sind sie moralische und ästhetische Motivatoren für KünstlerInnen und BesucherInnen. Auf der Suche nach neuen Talenten schaffen KritikerInnen die notwendige Reputation für deren Karrieren.409 Durch die Anwendung ästhetischer Systeme auf Kunstwerke schaffen KritikerInnen Bewertungen für Kunstwerke und Erklärungen dafür, was ihnen Wert verleiht. Diese Beurteilungen schaffen Reputation, sowohl für das Kunstwerk als auch die KünstlerInnen. Diese Reputation wiederum beeinflusst die Entscheidung von Anbietern und BesucherInnen darüber, wen oder was sie emotional und finanziell unterstützen sollen, und dadurch die Ressourcenverfügbarkeit der KünstlerInnen.410 Bourdieu spricht von der perfekten „Übereinstimmung“ zwischen dem „Raum der Produzenten“, dem „Raum der KritikerInnen“ und dem „Raum des Publikums“ in der Theaterwelt.411 Die Kritik spiegelt hierbei die subjektive Meinung der KritikerInnen wieder. Dabei geht es nicht immer nur darum, eine einstimmige Meinung über ein (Kultur-)Produkt zu erhalten. Für hochpreisige Produkte oder Entscheidungen mit hohem sozialen Unsicherheitsgrad – wie z. B. einer Opernpremiere – werden sogar divergierende Expertenmeinungen einem Konsens vorgezogen.412 Auch ohne die spezielle Kritik einer Produktion oder Inszenierung, haben die Kunstwerke (Theaterstücke, Opern) selbst eine Reputation413 und sind daher in der Lage, ein gewisses Publikum anzuziehen. Dennoch stellen Kritiken eine wichtige Informationsquelle für KonsumentInnen dar. KritikerInnen erhalten Informationen oder Einblicke früher und umfassender als die Öffentlichkeit, und stellen so kurzfristig die einzig verfügbare Informationsquelle für interessierte KonsumentInnen dar.414 Durch Kritiken werden sowohl die Partizipation als auch die Perzeption des Vertrauensgutes Kunst beeinflusst. KunstkritikerInnen versuchen, Shrum (1991), S. 372 Vgl. Shrum (1991), S. 372; Cameron (1995); Basuroy, et al. (2003) 410 Vgl. Becker (1982), S. 131 411 Vgl. Bourdieu (1993 [1971]) 412 Vgl. West/Broniarczyk (1998) 413 Vgl. Becker (1982), S. 358 f. 414 Vgl. Basuroy, et al. (2003), S. 104; für Filmproduktionen zeigt sich auch ein deutlich stärkerer Einfluss auf die Besucherzahlen in den ersten Wochen einer Veröffentlichung. In dieser Zeit wirken sich besonders negative Kritiken stärker auf die Besucherzahlen aus, als positive Kritiken (negativity bias). 408 409
120
3 Das (Musik)-Theater „to compose a piece of knowledgeable, informed reporting, fuelled by passion, that will encourage audiences/readers to become more involved in the arts.”415
KritikerInnen erfüllen weiters durch die Identifikation von Angeboten mit hoher Qualität die Funktion von Gatekeepern sowie in der Definition und Bewahrung von Standards. Dabei wird eine Förderung des Überlebens und Wachstums klassischer Kulturinstitutionen intendiert ebenso wie deren Beibehaltung als Statussymbol für die höheren Gesellschaftsschichten.416 Schließlich stellt die Kritik ein neues, eigenständiges Produkt bzw. Konsumerlebnis dar, welches – ohne, dass die LeserInnen sich der in der Kritik vertretenen Meinung anschließen müssen – die Basis der Meinungsbildung und möglicher Interaktionen mit der Produktion darstellt.417 Kunstkritik ist selbstreferentiell insofern als KritikerInnen Teil eines Insidersystems sind und ihr beruflicher Erfolg nicht nur von ihren unmittelbaren Vorgesetzten und KollegInnen abhängt, sondern auch davon ob sie in der Lage sind, gute Beziehungen zu ihren Quellen, den KünstlerInnen, aufrecht zu erhalten.418 3.3.4.3 Öffentlicher Geschmack versus Kritik Über Geschmack lässt sich wohl gut streiten. Es wird allgemein angenommen, dass „gewöhnliche“ KonsumentInnen Unterhaltung bevorzugen, die leicht zugänglich, assimilierbar und wenig anspruchsvoll ist, während KritikerInnen nach intellektuell anspruchsvolleren und komplexeren Kunstwerken streben.419 So wird kritisiert, dass die Kommerzialisierung der Kunst das ästhetische und intellektuelle Niveau von Kunst und Unterhaltung senkt.420 Unter dem Postulat einer negativen Korrelation zwischen dem öffentliche Geschmack bzw. kommerziellem Erfolg und künstlerischer Qualität oder Integrität, bieten die Produzenten von Populärkultur ihre Angebote auf dem tiefsten gemeinsamen Nenner an um größtmöglichen Markterfolg zu erzielen. Eine extreme Position postuliert, dass Werke höchster künstlerischer Qualität prinzipiell nicht in der Lage sind, Popularität und kommerziellen Erfolg zu erzielen – und umgekehrt. 421 Eine Kombination aus spezifischem kulturellen Kapital in Verbindung mit einer sozialen Position klassifiziert als Connaisseur/se (KennerIn) oder ExpertIn in Harries/Wahl-Jorgensen (2007), S. 634 Vgl. Holbrook (1999); Glynn/Lounsbury (2005), S. 1051 f. 417 Vgl. Shrum (1991), S. 351 418 Vgl. Harries/Wahl-Jorgensen (2007), S. 632 419 Vgl. Holbrook (1999), S. 148; in Holbrooks Untersuchung von Filmproduktionen bestätigt sich, dass KritikerInnen mehr zu anspruchsvolleren, unkonventionelleren und komplexeren Produktionen tendieren als das Publikum (popular appeal). 420 Vgl. Horkheimer/Adorno (2004 [1969]) 421 Für einen Überblick vgl. Holbrook (1999), S. 144 415 416
3.3 Stakeholder-Gruppen des Musiktheaters
121
einem kulturellen Bereich.422 KritikerInnen verbinden ihre Expertenmeinungen mit Konventionen und bringen dadurch nicht nur ihre Bewertung eines Werkes zum Ausdruck, sondern auch ihren Anspruch, über das Werk zu sprechen und es zu beurteilen.423 Kritiken richten sich dabei primär an ein „verstehendes“ Publikum – einerseits die KünstlerInnen selbst, andererseits jene Bevölkerungsschichten, die „hochkulturelle“ Produkte konsumieren. In zweiter Linie richten sie sich an größere und anonymere Bevölkerungsschichten, die durch eine Exposition von Kunst profitieren können und durch Kritiken dazu angeregt werden sollen. KritikerInnen verstehen sich auch als “passionate moral saviors and crusaders for the sake of the arts.“424 In diesem Sinne sind Kritiken „a kind of story about how people should understand and appreciate their experiences with cultural objects and performances“.425 Dieser Anspruch trägt ihnen auch den Vorwurf eines „elitären Bias“ ein, welcher lediglich Aufführungen, die als „authentisch“ im Sinne des Kanons wahrgenommen werden, positiv bewertet.426 Die Postmoderne stellt diese Sichtweise in Frage und verwischt die Grenzen zwischen Hoch- und Populärkultur. Sie wendet sich gegen Ansprüche der Beweisbarkeit von Wahrheit.427 In der vorliegenden Arbeit ist auch die Unterscheidung zwischen professionellen (wissenschaftlichen) KritikerInnen und journalistischen RezensentInnen oder ReporterInnen von Bedeutung. Holbrook unterscheidet beide Bereiche wie folgt: KritikerInnen beurteilen den künstlerischen Erfolg aus einer langfristigen Perspektive und auf Grundlage akzeptierter Qualitätsstandards und ästhetischer Kriterien, die mit den Ausbildungskriterien im künstlerischen Feld konform gehen. JournalistInnen hingegen fokussieren auf kurzfristigen Erfolgskriterien und berücksichtigen die Neigungen und Vorlieben ihrer LeserInnen stärker.428 3.3.4.4 Einfluss von Kritiken auf Erfolg Über die Frage, ob Kritiken und Rezensionen in der Lage sind, über Erfolg oder Misserfolg einer Produktion zu entscheiden, scheiden sich die Geister. Studien nehmen hauptsächlich Einnahmen bzw. Besucherzahlen als Referenz für den Erfolg. So wird KritikerInnen einerseits eine beeinflussende Rolle auf das BesucherVgl. Bourdieu (1982 [1979]; Holt (1998), S. 15; Holbrook (1999), S. 146 Vgl. Bourdieu (1983), S. 317 424 Vgl. Harries/Wahl-Jorgensen (2007), S. 632 425 Glynn/Lounsbury (2005), S. 1032 426 Vgl. Holbrook (1999); Glynn/Lounsbury (2005), S. 1051 f. 427 Vgl. Lyotard (1984); auch Baudelaire prangerte „die Inkompetenz und vor allem das Unverständnis der Kritiker an, die das einzigartige Werk an formalen und universellen Regeln zu messen beanspruchen“ und fordert den Kritiker auf, sich gewissermaßen dem Werk unterzuordnen. Vgl. Bourdieu (1999 [1992]), S. 114 428 Vgl. Holbrook (1999), S. 148 422 423
122
3 Das (Musik)-Theater
verhalten und damit die Einnahmen einer Produktion (als „influencers“ oder „opinion leaders“), andererseits vielmehr eine prognostische Fähigkeit („predictors“) ohne direkten Einfluss auf die Einnahmen zugesprochen.429 Caves konstatiert, dass in Ballungsräumen (urban centers) “theater and dance critics wield nearly life-ordeath power over ticket demand.”430 Ein konkreter direkter Effekt ist freilich nur schwer berechenbar, da einerseits auch andere Faktoren wie Werbung, Vorschauen (previews) oder der Zeitpunkt der Premiere den Erfolg einer Produktion beeinflussen können431 und andererseits Produkte die positive Kritik erhalten in der Regel auch von hoher Qualität sind und dadurch höhere Nachfrage erzielen.432 Durch die „Sichtbarkeit“ die sie dem künstlerischen Produkt verleihen, üben Kritiken jedoch einen gewissen wenn auch nicht quantifizierbaren Einfluss aus. Im Gegensatz zu Unternehmen, deren Reputation in der Regel mit der Zahl der Mediennennungen sinkt, steigt diese in Kulturunternehmen wie Theatern.433 In einer Studie über Erfolgsfaktoren für Broadway-Shows fanden Reddy, Saminathan und Motley eine signifikante Wirkung der Theaterkritiken, speziell jener der New York Times, auf die Besucherzahlen.434 Im Bereich des Films finden mehrere Studien den theoretischen Zusammenhang zwischen Erfolg, gemessen an Einspielergebnissen, und Expertenmeinungen. Reinstein und Snyder beobachten einen signifikanten Effekt positiver Kritiken einerseits früher in der Spieldauer,435 andererseits aber auch auf die Summe der Einspielergebnisse über die gesamte Spieldauer gerechnet. Zudem schaffen positive Kritiken einen sogenannten „business-stealing“-Effekt, der zu Lasten anderer zeitgleich spielender Filme geht. Diese Effekte sind für „Kunst“-Filme, Filme mit kurzer Spieldauer und qualitätssensible Publika signifikant, nicht jedoch für „Event“-Filme.436 Ein äquivalenter Effekt für den Theaterbereich wird angenommen. Holbrook, Lacher und LaTour identifizieren einen schwachen, aber sichtbaren Einfluss von Expertenmeinungen im Bereich der Musik auf die Qualitätswahrnehmung und -beurteilung von KonsumentInnen.437 In einer niederländischen Studie im Theatersektor sind es besonders die negativen Kritiken,
429 Vgl. u. a. Eliashberg/Shugan (1997); Basuroy, et al. (2003) sowie Reddy, et al. (1998) bestätigen beide Rollen. Die Einordnung des Kulturgutes als soziales und Vertrauensgut weist eher auf eine beeinflussende Rolle hin – so finden Clement, et al. (2006) einen Word-of-Mouth-Effekt, jedoch keinen inhaltlichen Einfluss, von Kritiken für den Literaturmarkt. 430 Caves (2000), S. 189 431 Vgl. Eliashberg/Shugan (1997), S. 77 432 Vgl. Reinstein/Snyder (2005), S. 28 433 Vgl. u. a. Shrum (1991) 434 Vgl. Reddy, et al. (1998) 435 Dieses Ergebnis widerspricht den Resultaten von Eliashberg/Shugan (1997), welche diesen Einfluss erst später in der Spielzeit, allerdings signifikant auf die gesamten Einspielergebnisse, finden. 436 Vgl. Reinstein/Snyder (2005), S. 42; als „art films“ wurden Dramen klassifiziert, als „event films“ Action-Filme und Komödien. 437 Vgl. Holbrook, et al. (2006), S. 17
3.3 Stakeholder-Gruppen des Musiktheaters
123
die in der Lage sind, das Publikum zu beeinflussen.438 Ein „negativity bias“ wurde auch in Studien über die Filmindustrie gefunden.439 Diese Erkenntnisse dürften auf das Musiktheater weitestgehend ebenfalls zutreffen, wurden jedoch aufgrund fehlender Daten (noch) nicht empirisch untersucht. 3.3.4.5 Auszeichnungen und Preise Ein besonderer Indikator für die Ergebnisqualität künstlerischer Produkte sind Preise und Auszeichnungen, wie beispielsweise für Kinofilme die weltweit bekannten Academy Awards (Oscar) oder Grammy Awards für Unterhaltungsmusik. Im Theaterbereich sind die Tony Awards für Broadway-Stücke oder im deutschsprachigen Raum z. B. der 2006 ins Leben gerufene deutsche Theaterpreis „Faust“, eine Einladung zum Berliner Theatertreffen, die mit Hilfe von Kritikerumfragen ermittelten und von den Zeitschriften „Opernwelt“ und „Theater Heute“ verliehenen Auszeichnungen oder Publikumspreise von Opern oder Zeitschriften wie des „Münchner Merkur“, begehrt. Die Entscheidungen werden im Regelfall von einer ExpertInnen-Jury getroffen. Bei Auszeichnungen in Form von Titeln, Orden oder Ehrungen und Preisen handelt es sich um eine „eindeutig extrinsische Art von Anreiz, die durch den Urtrieb der Individuen nach sozialer Anerkennung und Distinktion genährt wird.“440 Auszeichnungen begründen eine Loyalität gegenüber der verleihenden Institution, verleihen beiden Seiten Prestige und haben eine Signalwirkung gegenüber aktuellen und potenziellen ArbeitgeberInnen und Publika indem sie eine Steigerung der Glaubwürdigkeit der KünstlerInnen und/oder Institutionen bewirken. Die intrinsische Arbeitsmotivation der PreisträgerInnen kann insbesondere bei kreativen Tätigkeiten, die schwer erfassbar oder quantifizierbar sind, durch Preise oder Auszeichnungen erhöht werden, indem diese eine soziale Anerkennung und Aufwertung der Tätigkeiten der Akteure bewirken. Sie sind als Anreizsystem insbesondere für Organisationen geeignet, die über wenig Einkommen oder eingeschränkte Liquidität verfügen. Schließlich erhöhen Auszeichnungen auch die Wohlfahrt von Personen, die ähnliche Tätigkeiten oder Engagements ausüben.441
Vgl. Boorsma/van Maanen (2003) Vgl. Basuroy, et al. (2003), S. 116 440 Frey/Neckermann (2005), S. 271 f. 441 Vgl. Frey/Neckermann (2005), S. 274 ff. 438 439
124
3 Das (Musik)-Theater
3.3.5 Geteilte Lebenswelten durch Peers Peers sind „Gruppen von Gleichgestellten“ (public of equals). Der Begriff hat eine soziologische Komponente, welche Gruppen mit Mitgliedern ähnlichen Alters und sozialer Herkunft zusammenfasst. Im Jugendlichenalter erlauben Peer Groups die Erprobung sozialer Handlungsweisen und das Austesten eigener Grenzen in einem geschützten Bereich. Peers teilen einen gemeinsamen Bezugsrahmen, eine „Lebenswelt“ als selbstverständliche, unhinterfragte Grundlage alltäglichen Handelns und Denkens. Diese intersubjektive Kulturwelt legt durch gemeinsame Handlungs- und Deutungsmuster eine Basis für die Orientierung der einzelnen Akteure.442 In der Wissenschaft (Scientific Community) und Kunst dienen Peers der Qualitätssicherung indem sie durch Bewertungen, Gutachten oder Zugangskontrollen die Rolle von Gatekeepern einnehmen. So werden Entscheidungen in der Kulturpolitik hauptsächlich über Peer- bzw. ExpertInnen-Panele getroffen um Objektivität, Neutralität und spezialisierte Expertise im betreffenden Feld zu gewährleisten.443 Peers sind dabei insbesondere als Referenzpunkt für künstlerisch Arbeitende von Bedeutung: “No one has ever completely extracted all the implications of the fact that the writer, the artist, or even the scientist writes not only for a public, but for a public of equals who are also competitors. Few people depend as much as artists and intellectuals do for their self-image upon the image others, and particularly other writers and artists, have of them[…].” Es gibt Qualitäten, die nur durch die Bewertung anderer entstehen: ”[…] This is especially so for the quality of a writer, artist or scientist, which is so difficult to define because it exists only in, and through, co-optation, understood as the circular relations of reciprocal recognition among peers.”444
Auch Peers als Führungskräfte ähnlicher Organisationen erfüllen mehrere Aufgaben. Neben ihrer Rolle als Jurymitglieder für Ressourcenallokationsentscheidungen, wenden sich auch MedienvertreterInnen häufig an Peers, um Kommentare oder nähere Information über die Arbeit einer Organisation oder eine Produktion zu erhalten. Dadurch beeinflussen sie auch die öffentliche Meinung. Schließlich sind ihre Empfehlungen und Aktivitäten innerhalb des Netzwerks entscheidend.445 Die Gestaltung einer Reputation bei seinen Peers ist dabei multidimensional und nicht auf einen Faktor reduzierbar. Trotz vorherrschender Skepsis, dass steigende Kundenzufriedenheit und Reputation bei Mitgliedern des Publikums sich positiv auf die künstlerische Reputation unter „sector peers“ auswirke, fanden Gainer und Padanyi nicht nur einen positiven Einfluss höherer Kundenorientierung und KundenVgl. Husserl (1954); Schütz (1974) Vgl. Galligan (1993), S. 255 444 Bourdieu (1993), S. 116 445 Vgl. Padanyi/Gainer (2003), S. 253 442 443
3.3 Stakeholder-Gruppen des Musiktheaters
125
zufriedenheit auf die „Peer Reputation“, sondern zudem ein Wachstum an verfügbaren Ressourcen bedingt durch diese Zunahme an künstlerischer Reputation.446 Peers sind KooperationspartnerInnen, KämpferInnen für dieselbe Sache, aber auch KonkurrentInnen: „[M]any in the arts are convinced that their offerings are so worthwhile, their activities so beneficial for society, that the public will patronize the arts with little, if any, marketing effort. They ignore the fact that any product or service, however worthy, competes for the public’s attention, time, and money with many others.”447
Im Allgemeinen betrifft Wettbewerb im Theaterbereich weniger bzw. nicht nur die Allokation finanzieller Ressourcen, sondern die Akquisition symbolischen Kapitals, die in der Akkumulation von Anerkennung, Prestige und Reputation gefunden wird.448
Vgl. Gainer/Padanyi (2002) Raymond/Greyser (1978), S. 130 448 Vgl. Bourdieu (1993), S. 7 446 447
4 Umwelt-Wirkungsgefüge des Musiktheaters
Wie andere Organisationen sind Theaterinstitutionen und ihre handelnden Personen in ein komplexes Umwelt-Wirkungsgefüge eingebettet (vgl. Abbildung 13). Dabei ist die von den Individuen wahrgenommene Umwelt nicht objektiv gegeben, sondern wird aufgrund der Umwelteindrücke gedanklich konstruiert.
Abbildung 13:
Umweltwirkungsgefüge für das Musiktheater
4.1 Ökonomische Umweltbedingungen Auch die Künste sind wirtschaftliche Aktivitäten, die Ressourcen benötigen und einsetzen, welche wiederum alternativen Verwendungsmöglichkeiten zugeführt werden können. Die Institution Theater beschäftigt in Deutschland mit Stichtag
128
4 Umwelt-Wirkungsgefüge des Musiktheaters
1.1.2005: 38.607 Menschen, in Österreich waren in der Spielzeit 2004/2005 an den Groß- und Mittelbühnen 5.872 MitarbeiterInnen engagiert.449 Sie erteilt Aufträge für die Wirtschaft, so dass ein Teil des öffentlichen Geldes in Form von Steuern wieder an die öffentliche Hand zurückfließt. Als Teil des Wirtschaftskreislaufes erzeugen Produktion und Konsum von Kunst Angebot und Nachfrage in mehr oder weniger entwickelten Märkten.450 Die (live) darstellenden Künste haben allerdings ein von Baumol und Bowen beschriebenes Paradox hervorgebracht: ständige Finanznöte inmitten rapiden Wachstums.451 Doch auch hinsichtlich der skizzierten Veränderungen des wirtschaftlichen Umfelds ist ein Wertewandel in der Gesellschaft zu beobachten. Die Tätigkeit der Produktion in ihrem materialistischen Sinne verliert an Bedeutung, während der Dienstleistungssektor, die „Service Economy“, sich weiterhin im Aufwind befindet. Dazu kommt die Forderung, dass wer das wirtschaftliche Umfeld von morgen gestalten und überleben wolle, soziale Kompetenz benötigt. In der Folge werden Wissen und Kultur zum Schlüssel für unternehmerischen Erfolg.452 4.1.1 Ökonomie der Oper Die Oper gilt als die teuerste und aufwändigste Form der Produktion in den Darstellenden Künsten. „If financial support by the state is the prime yardstick of importance, then opera must certainly be the most important of the arts.”453 Eine Opernaufführung benötigt ein musikalisches Ensemble (Sänger), einen Chor sowie ein vollständiges Orchester und vielfach ein Ballett-Ensemble. Die Kunstform der Oper verschlingt in der Regel den Löwenanteil der öffentlichen Subventionen und verzeichnet gleichzeitig die niedrigsten Besucherzahlen.454 Die Kosten einer Opernproduktion beinhalten einerseits die Fixkosten der Institution. Dazu gehören u. a. die Erhaltung des Gebäudes und der Theatereinrichtung (Bühnentechnik und -management, etc.) oder die Gehälter der MitarbeiterInnen mit fester Anstellung. Anderseits wartet jede einzelne Produktion mit Fixkosten auf, wie Bühnenbild und Kostüme, Probenzeiten etc. Schließlich kommen noch die Grenzkosten jeder Aufführung wie die Gagen für Gäste und andere Freelance-KünstlerInnen (wie z. B.
Vgl. Deutscher Bühnenverein (DBV) (2006) bzw. Statistik Austria (2007b), S. 107 Vgl. Gray (2003) 451 Vgl. Baumol/Bowen (1967) zit. nach Hansmann (1987b), S. 27; gemeint ist die Baumolsche Kostenkrankheit. 452 Vgl. Späth (2003), S. 173 453 Bereson (2002), S. 1; die Oper erhält in den meisten Staaten – Österreich, Deutschland, Italien, Frankreich, UK, Finnland, Australien, USA, China etc. – einen beträchtlichen, wenn nicht den größten Anteil an öffentlicher Unterstützung für die Kunst. 454 Vgl. u. a. für Großbritannien Towse (2003), S. 342 449 450
4.1 Ökonomische Umweltbedingungen
129
Extra-Chor oder StatistInnen).455 Die Höhe dieser Kosten hängt untrennbar mit der Geschichte der Oper, dem klassischen Repertoire sowie der wirtschaftlichen Organisation einer Aufführung zusammen. Die vielfach weitergeführten Traditionen und Konventionen vergangener Jahrhunderte und der Umstand einer relativ fixen Nachfrage nach „hochkulturellen“ Repertoire in Kombination mit dem hohen Einsatz an Produktionsfaktoren für eine Aufführung erschweren die Finanzierung dieser Kunstform.456 Bezogen auf den deutschen Markt argumentieren Krebs und Pommerehne, dass OpernintendantInnen nur wenig Anreize haben, ihre Budgets sorgfältig zu verwalten. Da überschüssige Einnahmen nicht im Haus verblieben, hätten sie Interesse daran, möglichst viel Geld aus dem staatlichen Topf zu erhalten.457 Allerdings sind auch deutsche Theatermanager dem Trade-Off zwischen einem durch Peers und KritikerInnen bewerteten Qualitätsanspruch und dem Druck von Budget, Publikum, Politik und Geldgebern unterworfen. 4.1.1.1 Die wirtschaftliche Geschichte der Oper Die Entstehung von Opern ist von Mäzenatentum (patronage) geprägt, von wohlhabenden Persönlichkeiten und Monarchen des 17. und 18. Jahrhunderts, die Opern in Auftrag gaben um spezielle Ereignisse zu feiern oder ihren Hof zu unterhalten. Viele der damals in Auftrag gegebenen Gebäude sind auch heute noch als Opernhäuser in Verwendung. Chorsänger und Musiker waren damals verhältnismäßig billige Arbeitskräfte und im Überfluss vorhanden. Der Besuch einer Oper war zumeist kostenlos, allerdings nur für die geladene Gesellschaft des Hofs, Adels oder nobler Familien möglich. 1637 wurde in Venedig bereits die erste Oper „for-profit“ aufgeführt. Allerdings war es schon damals so schwer, mit Oper Geld zu verdienen, dass die meisten Produktionen subventioniert werden mussten – von den Theaterbesitzern, damals meist Mitgliedern großer Patrizierfamilien, anderen wohlhabenden 455 Vgl. Towse (2003), S. 342 Als Beispiel für die hohen Produktionskosten aufwändiger Opernproduktionen sei die Inszenierung von Prokofieffs „Krieg und Frieden“ an der Metropolitan Opera New York in Kooperation mit dem Mariinski-Theater St. Petersburg im Februar 2002 genannt. Die Produktionskosten betrugen eine Million Dollar, der durchschnittliche Kartenpreis 100 Dollar bei einer Kapazität von 3.045 Sitzplätzen pro Aufführung. Die illustre Besetzung: 438 Menschen, ein Pferd, eine Ziege, vier Hühner und ein Hund. Vgl. http://www.welt.de/wirtschaft/article1507791/Die_riskante_Produktion_der_New_Yorker_Oper.html [03.02.2008] Auch die Produktion von Puccinis „Turandot“ im Münchner Olympiapark verbuchte für eine einmalige Aufführung mit einer Kapazität von 30.000 ZuschauerInnen Kosten in der Höhe von 1,5 Millionen Euro. Mehr als 500 Personen wirkten bei dieser Aufführung mit. Vgl. http://www.nmz.de/kiz/modules.php?op=modload&name=News&file=article&sid=10038 [03.02.2008] 456 Vgl. Baumol/Bowen (1967) 457 Vgl. Krebs/Pommerehne (1995)
130
4 Umwelt-Wirkungsgefüge des Musiktheaters
Persönlichkeiten, aber auch öffentlichen Stellen. Die Unterstützung durch individuelle Mäzene ging jedoch kontinuierlich zurück. Bis zum Ersten Weltkrieg waren im deutschsprachigen Raum bezahlte öffentliche Unterstützungen für Musiktheater an der Tagesordnung.458 In Europa unterstützt heute Deutschland wahrscheinlich die meisten Opernkompanien. In einem unveröffentlichten Manuskript zählt Timothy King 152 Theater im öffentlichen Besitz und für die Spielzeit 1998/99: 6.961 Opernaufführungen, sowie 1.854 Aufführungen von Operetten, 3.296 Musicals und 2.962 Ballettaufführungen.459 Viele (staatliche) Theater im deutschsprachigen Raum vereinen als Mehrspartentheater Musiktheater, Schauspiel und Ballett. Ein besonderes Merkmal ist die Tatsache, dass vor den Umstrukturierungen Angestellte des Theaters Beamtenstatus hatten und somit auch SängerInnen über feste Verträge verfügten. Im Vergleich dazu haben sich beispielsweise in Großbritannien oder den USA Opernhäuser als private Non-Profit-Organisationen entwickelt, die sich aus einer Mischung von öffentlicher Unterstützung, Mäzenatentum und Sponsoring finanzieren. 4.1.1.2 Opernfinanzierung als öffentliche Verantwortung Kultur kommt ohne öffentliche Förderung nicht aus. Die öffentliche Unterstützung der Kunst kann in den meisten (kontinental-)europäischen Ländern auf eine lange Tradition verweisen. Die Vielzahl der Regierungen in Europa sehen die Bereitstellung von Kunst als öffentliche Verantwortung. Insbesondere die Darstellenden Künste und hier wiederum etablierte Institutionen, die generell akzeptierte Kunst wie z. B. populäre Opern (Repertoire), anbieten, werden erheblich subventioniert.460 Beispielsweise betrug der Anteil öffentlicher Gelder am Budget öffentlicher Theater und Orchester in Deutschland Ende der 1990er Jahre noch über 80 Prozent.461 Dadurch wurde (West)-Deutschland auch lange Zeit als das Mekka für die Oper betrachtet. Die USA sind ein extremes Beispiel minimaler direkter Unterstützung durch den Staat.462 Dennoch trägt auch in den USA der Staat erheblich zur Kulturfinanzierung bei, allerdings mehr in Form von Steuererleichterungen für Spenden oder
Vgl. King (2000) zit. n. Towse (2003), S. 343 460 Vgl. u. a. Heilbrun/Gray (1993), S. 230 ff.; Throsby (1994); Frey (2003), S. 390 461 Vgl. Schulze/Rose (1998), S. 228; Pitz/Köhn (2001); der Großteil der öffentlichen Zuwendungen in Deutschland wird von den Ländern und Städten finanziert, Frey (2003), S. 389; auch in den Niederlanden werden 85% der Budgets der Theaterkompanien öffentlich subventioniert, vgl. van Maanen (2002), S. 189 462 Vgl. u. a. Pierce (2000), S. 46 458 459
4.1 Ökonomische Umweltbedingungen
131
Sponsoring.463 Auch wenn absolute Subventionsbeträge im Vergleich zu Österreich und Deutschland gering sind, wird der Signaleffekt öffentlicher Förderung als Bekenntnis zur Kultur und sein Einfluss auf die private Spendenbereitschaft als wichtig erachtet.464 Staatliche Unterstützung kann also einerseits die Form von direkten Ausgaben, wo Entscheidungen über Größe und Empfänger der Unterstützung im politischen Bereich, meist von der Regierung, getroffen werden, annehmen. Eine zweite Form staatlicher Unterstützung besteht in (indirekten) Steueraufwendungen bzw. Steuerbefreiungen. Durch eine Steuerbefreiung von Spenden für die Kunst wird die Finanzierungs-Entscheidung an Individuen oder Firmen weitergegeben. Diese Entscheidungsverlagerung kann Höhe und Zielgruppe des Spendenaufkommens entsprechend verlagern.465 Staatliche Unterstützung erfolgt weiters durch die Bereitstellung von Ausbildungs- und Trainingsmöglichkeiten, aber auch die Bereitstellung von Information sowie regulativen und legislativen Maßnahmen – z. B. im Bereich des Copyrights – zugunsten der Künste. Ein weiteres Modell fördert die Anbieter indirekt über Kulturgutscheine, welche den Nachfragenden zur Verfügung gestellt werden.466 Die öffentliche Unterstützung wird mit ökonomischen Argumenten wie dem öffentlichen und meritorischen Charakter von Kunstgütern, den positiven Externalitäten, der Abhängigkeit der Kulturnachfrage von ihrem Angebot, die Notwendigkeit, Kunst aus Gründen der Gleichbehandlung und Effizienz allen zur Verfügung zu stellen, die finanziell nicht profitable Aufgabe, Kunstgüter für die Nachwelt zu erhalten, die hohen Fixkosten in der Produktion von Kunst und die Arbeitsintensität und die Schwierigkeit, Produktivitätsgewinne zu erzielen, begründet.467 Neben dem rein privaten „ersten“ und dem rein öffentlichen „zweiten“ Wirtschaftssektor hat sich eine Art Mischform herausgebildet, die sich häufig aus öffentlichen und privaten Mitteln finanziert. Die Aktivitäten des Dritten oder intermediären Sektors umfassen sozialwirtschaftliche Aktivitäten. Zumeist handelt es sich um „soziale Dienstleistungen“ vor allem im Sozial-, Gesundheits- oder Umweltbereich, aber auch in anderen Bereichen, wo sich öffentliche und private Interessen überschneiden – wie im Kunst- und Kulturbereich.
463 Konkret sind in den USA Spenden an 501(c)(3) Organisationen steuerlich absetzbar. Diese Organisationen sind nicht gewinnorientiert (non-profit). 464 Vgl. Klumaier (1999), S. 174 465 Vgl. Frey (2003), S. 390 466 Vgl. Gottschalk (2006), S. 70 ff. 467 Vgl. Heilbrun/Gray (1993); Champarnaud, et al. (2002), S. 2
132
4 Umwelt-Wirkungsgefüge des Musiktheaters
4.1.1.3 Die „Theaterkrise“ Das Theater leidet unter finanziellen Nöten, muss um seine BesucherInnen kämpfen, verliert Stammpublikum, hat Schwierigkeiten neue und junge Zielgruppen anzusprechen.468 Seit Jahrzehnten spricht man davon, dass das Theater in der Krise sei.469 Intendant Klaus Zehelein sagt über die Oper: „Die Krise der Oper […] gibt es, seitdem es Oper gibt.“470 Seit den 1970er Jahren kommt es laufend zu Protesten gegen Mittelkürzungen und angedrohte Theaterschließungen. Insbesondere das Musiktheater befinde sich in der größten Existenzkrise bisher, beherrscht von nie zuvor bestandenen Legitimierungszwängen.471 Ausgehend von einer Reduktion der finanziellen Mittelzuweisungen kam es zu einer Streichung von Theaterstellen, zu Fusionen und sogar zu Schließung von einzelnen Sparten und Theaterhäusern.472 So zielten betriebswirtschaftliche Analysen des Theaterbetriebs bislang auf eine Verringerung des finanziellen Inputs durch verbessertes Rechnungswesen, Strategische Planung, Controlling oder Kooperationsstrukturen sowie eine Steigerung des finanziellen Outputs durch Marketing, Sponsoring oder erweiterte Aktivitäten.473 Theaterinstitutionen müssen sich den gewandelten finanziellen, gesellschaftlichen und kulturpolitischen Rahmenbedingungen stellen. In den 1970er und 1980er Jahren waren die Kulturausgaben überproportional zu den allgemeinen Kommunalund Länderetats gestiegen, die wirtschaftliche Lage war weitestgehend stabil und die Kultur genoss einen höheren gesellschaftlichen Stellenwert. In den 1990er Jahren nahm jedoch die Finanznot des öffentlichen Haushalts gleichzeitig mit der Bürokratie- und Politikverdrossenheit der BürgerInnen drastisch zu. Die Schließung des Berliner Schillertheaters 1993 konnte trotz Proteste nicht verhindert werden.474 Ein Vergleich der Theaterstatistiken 1991/2 und 2001/2 des Deutschen Bühnenvereins zeigt einen Rückgang der Beschäftigten am Theater von 45.000 auf 39.000 bzw. von 13 Prozent. Im selben Zeitraum stiegen die öffentlichen Zuschüsse um knapp 28 Prozent wodurch der öffentliche Zuschuss pro Theaterbesucher von 145,- DM auf 96,- Euro (entspricht etwa 188,- DM) stieg. Dies reichte jedoch nicht aus, um die Kostensteigerungen aufzufangen.475
Vgl. u. a. Currie/Hobart (1994); Klumaier (1999); Scheff/Kotler (1996) Diese Debatte wird zwar auch in Österreich geführt, ist aber ein vorrangig deutsches Phänomen, das nicht zuletzt strukturell bedingt ist. 470 Hoffmann (2002), S. 77 471 Vgl. Matiasek (2002) 472 Vgl. Brösel/Keuper (2006), S. 209 473 Vgl. Boerner (2002), S. 2 mit einem Überblick über die entsprechenden Arbeiten. 474 Vgl. Wagner (2003), S. 48 475 Vgl. Deutscher Bühnenverein (DBV) (1993), (2003); Wagner (2003) 468 469
4.1 Ökonomische Umweltbedingungen
133
4.1.2 Opernorganisation zwischen „Repertoire“ und „Ensemble“ Die Frage der Entscheidungsfindung in Opern wurde von verschiedenen Seiten beleuchtet. In seiner Dissertation beschäftigt sich Auvinen mit den Managementstrukturen und deren Fähigkeit mit Entscheidungen umzugehen, im Rahmen von fünf Fallstudien in verschiedenen Ländern. Obwohl sich die zu treffenden Entscheidungen und vorherrschenden Rahmenbedingungen vielfach gleichen, zeigen die verschiedenen Institutionen deutliche Unterschiede in ihren Managementstrukturen. So sind z. B. britische Opernhäuser durch eine private Managementstruktur gekennzeichnet, während in Österreich und Deutschland (ehemals) öffentliche Strukturen vorherrschen.476 Was die Organisation der Oper betrifft, trifft man auf zwei vorherrschende Systeme, das „Stagione“- oder „En-Suite-System“ und das „Repertoire-System“, dazwischen gibt es eine Mischform, das sogenannte „Semi-Stagione-System“. Je nach System unterscheiden sich die Nachfrage nach und die Vertragsgestaltung für SängerInnen. Die Unterhaltung eines Mehrspartenbetriebs fügt sich als moderierende Variable dazu. 4.1.2.1 Repertoire- oder Stagione-System Zahlreiche Opernhäuser verfolgen das System der „stagione“ (Saison). Es stammt aus Italien und einer Zeit in der Opern neu komponiert wurden und es kein Repertoire gab.477 Das Stagione-System hat sich in den meisten südeuropäischen Ländern, aber auch in den USA durchgesetzt.478 Eine Oper wird normalerweise sechs bis zehn Mal über mehrere Wochen aufgeführt, anschließend folgen die Proben für die nächste Oper usw. Zumeist werden in der Saison zwischen Spätherbst und dem Ende des Frühjahrs sechs bis acht Opern einstudiert. Dieses System verursacht verhältnismäßig viele Steh- bzw. Leerzeiten für das Gebäude und die fix angestellten MitarbeiterInnen. Auf der anderen Seite kann durch die fokussierten Probe- und Aufführungszeiten und der geringere Effizienzverlust durch ständigen Auf-, Um- und Abbau des Bühnenbildes eine höhere Effizienz und auch künstlerische Qualität erreicht werden.479 Um die Stimmen der SängerInnen zu schonen und ihnen notwendige Pausen zwischen den Opernabenden zu gönnen, können maximal vier Aufführungen pro Woche stattfinden, was in einer höheren Zahl an Schließtagen resultiert. Normalerweise werden jeweils jene SängerInnen engagiert, die am besten zu den gewählten KomponistInnen, Stücken und Inszenierungen passen. SolistInnen sind Vgl. Auvinen (2000) Vgl. Towse (1993), S. 232 478 Vgl. Payne (2005), S. 308 479 Vgl. Salzbrenner (2004), S. 192 476 477
134
4 Umwelt-Wirkungsgefüge des Musiktheaters
im Normalfall Gäste. Das Stagione-System zeichnet sich durch hohe Variabilität aus, kann jedoch auch eine gewisse Qualität sicherstellen.480 Das Repertoire-System, wie es in deutschsprachigen Opernhäusern und Theatern zu finden ist, arbeitet mit täglich wechselnden Aufführungen verschiedener Opern des Repertoires über die gesamte Spielzeit oder auch mehrere Jahre. Ein Teil der Aufführungen sind Wiederaufnahmen aus vergangenen Saisonen. Dies verlangt höhere Flexibilität von den KünstlerInnen sowie einen höheren Grad an Organisation, erlaubt es jedoch, mehrere Aufführungen derselben Inszenierung zu spielen. Die Probezeiten von Wiederaufnahmen sind kürzer, vorausgesetzt die KünstlerInnen sind entsprechend lange am Hause engagiert. Dieses System erlaubt eine „intensive und kontinuierliche Auseinandersetzung mit der Vielfalt der musikalischen und dramatischen Literatur.“481 Aus Kostengesichtspunkten ist das Repertoiresystem als Betriebsform jedoch sehr ungünstig, da es ein großes Ensemble und hohe Fixkosten bedingt.482 Diese Form der Organisation findet sich neben Deutschland und Österreich auch in Ländern wie Dänemark, Polen oder Tschechien.483 Manche Publika sind bereits daran gewöhnt, die Entwicklung der SängerInnen des Ensembles in wechselnden Rollen am selben Haus verfolgen zu können.484 Vielfach findet man auch eine Mischung aus Stagione- und Repertoire-Betrieb vor – im so genannten „Semi-Stagione-Betrieb“ ergänzen mehrere neue Produktionen das Repertoire und verdrängen einen Teil der Produktionen für die kommenden Jahre. In diesem System werden Gäste und Ensemble entsprechend kombiniert und auch die Proben auf die jeweilige Konstellation angepasst. Dieses System findet sich beispielsweise in Großbritannien ebenso wie in den größeren Opernhäusern des deutschsprachigen Raumes.485 Ergänzend seien Opernfestivals wie in Bayreuth (D), Verona (I) oder die Innsbrucker Festwochen der Alten Musik (A) angeführt. Festivals werden für eine kurze Zeit im Jahr veranstaltet, zumeist im Sommer, und nutzen die Sommerpause der großen Häuser um KünstlerInnen zu engagieren. Festivals sind jedoch nicht Bestandteil dieser Untersuchung. 4.1.2.2 Ensemble-Strukturen Das Repertoire-Angebot bedingt die Notwendigkeit, mit einem fest am jeweiligen Haus engagierten Ensemble zu arbeiten. Anders wäre die Stückvielfalt des Repertoires nicht zu realisieren. Vor allem die Stadt- und Staatstheater sowie die LandesVgl. Sicca (2001); Towse (2003), S. 343 f. Internationales Theaterinstitut (ITI) (2003, online) 482 Vgl. Hilger (1985), S. 14 483 Vgl. Payne (2005), S. 308 484 Vgl. Towse (1993), S. 232 485 Vgl. Towse (1993), S. 232 f. 480 481
4.2 Politische und Uechtliche Umweltbedingungen35 bühnen, aber auch einige Privattheater verfügen über einen festen Stamm von SchauspielerInnen, SängerInnen und TänzerInnen (an mittelgroßen und großen Bühnen jeweils ca. 25 bis 40 Personen), die meist für mehrere Jahre engagiert sind. Kulturorchester beschäftigen zudem eine feste Anzahl von MusikerInnen, deren Zusammensetzung das Profil und den speziellen Klang des Kultur-Orchesters prägen. Für begehrte Rollen stehen die Mitglieder des Ensembles miteinander und mit für Produktionen einzeln eingestellten und höher bezahlten Gästen im Wettbewerb. Insbesondere begehrte weil reputationsfördernde Rollen werden vielfach an Gäste vergeben. Aufgrund der hohen Fixkosten ist die Ensemblestruktur eine große finanzielle Belastung für Kulturunternehmen.486 Dennoch kommen dem Aufbau und Erhalt des Ensembles für ein Theater eine besondere Bedeutung zu, da das unverwechselbare künstlerische Profil des Hauses zu einem hohen Grad von diesem Ensemble abhängt. 4.2 Politische und Uechtliche Umweltbedingungen Das kulturelle Erbe einer Nation ist ein wichtiger Teil des gemeinsamen Selbstverständnisses. Die Wiener Staatsoper, La Scala in Mailand oder das Royal Opera House in London sind ebenso wie die Metropolitan Opera in New York „Flaggschiff“Organisationen, die auch auf dem internationalen Parkett Träger nationalen Prestiges sind. Der Wiener Opernball und das Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker werden mit Hilfe moderner Kommunikationsmedien weltweit übertragen. Die Schaffung von kulturpolitischen und rechtlichen Rahmenbedingungen in Form kulturpolitischer Zielsetzungen, eines Bekenntnisses zur Freiheit der Kunst und dem Bildungsauftrag von Kulturinstitutionen oder rechtlicher Möglichkeiten und Ausgestaltungen verschiedener Betriebsformen stellen einerseits eine weitere Form der Unterstützung für den kulturellen Sektor dar, andererseits beeinflussen sie den Entscheidungsspielraum der Verantwortlichen von Kulturbetrieben. 4.2.1 Kulturpolitische Zielsetzungen Mit der Unterstützung von Kulturinstitutionen verfolgen Staaten vielfältige Ziele auf verschiedenen Ebenen. Diese Ziele können einerseits in outputorientierte Ziele (efficiency goals) und Ziele welche Fairness innerhalb der Gesellschaft unterstützen sollen (equity goals), unterschieden werden. Da die Ziele zum Teil miteinander konfligieren, ist von Seiten der Kulturpolitik zu entscheiden, ob beispielsweise Subventionen möglichst vielen Steuerzahlenden zugute kommen sollen oder ob 486
Eine noch höhere finanzielle Belastung stellt freilich das technische Personal dar.
136
4 Umwelt-Wirkungsgefüge des Musiktheaters
spezifische Ziele unterstützt werden sollen.487 Tabelle 7 zeigt die Vielfalt und Diversität der kulturpolitischen Zielsetzungen der einzelnen europäischen Länder.488
Tabelle 7:
Kulturpolitische Zielsetzungen der EU-27 Staaten Quelle: nach Klamer, et al. (2006), S. 8
Vgl. Towse (2001b), S. 44 ff. Zur besseren Übersichtlichkeit wurden die Bezeichnungen der Länder abgekürzt und die einzelnen Einträge für England, Schottland, Wales und Nordirland sowie die deutsche und französische Gemeinschaft in Belgien aggregiert. 487 488
4.2 Politische und Uechtliche Umweltbedingungen
137
“There is a great variety – limited only by the number of countries – in cultural policies and in the institutions set up to implement them. And this variety reflects not only differing national traditions in the organisation of public functions and the delivery of public services, but differing philosophies and objectives regarding the whole area of culture and the arts.”489
Eine extreme Position bezieht der Deutsche Bühnenverein, der die öffentliche Finanzierung von Kunst und Kultur nicht als Subvention verstanden wissen will: „Vielmehr ist die Kultur eine öffentliche Aufgabe, die daher einer öffentlichen Finanzierung bedarf.“490 Durch die Unterstützung von Kulturinstitutionen wird einerseits ein Bildungs- und Ausbildungsziel für die Bevölkerung verfolgt: (Hoch)-Kultur soll möglichst breiten und besonders jugendlichen Zielgruppen zugänglich gemacht werden und wird als Möglichkeit betrachtet, soziale Ausgrenzung zu bekämpfen. „The real accomplishment is to keep the arts at their highest level alive and accessible to all.”491 Dazu kommt die Möglichkeit, eine gemeinsame Identität auf Grundlage kultureller Wurzeln, aber auch gemeinsamer Ziele zu schaffen. Die Stärkung der heimischen Wirtschaft durch die Schaffung von Grundlagen für Kreativität und Innovation ist eine weitere Säule der Kulturpolitik. Schließlich dient die Förderung der Erhaltung bzw. Schaffung eines nationalen Prestiges im internationalen Umfeld. Das kulturelle Erbe sowie die aktive kulturelle Landschaft und deren Wahrnehmung von außen werden als sinn- und identitätsstiftende Elemente wahrgenommen. Der kulturpolitische Auftrag der österreichischen Bundestheater – Art. 1, Abschn. 1, § 2 BThOG - umfasst beispielsweise folgende Aufgaben: 492 1. 2. 3.
Pflege der klassischen deutschsprachigen und internationalen Theaterkunst und Kultur. Förderung des Zeitgenössischen und innovativer Entwicklungen unter besonderer Berücksichtigung österreichischen Kunstschaffens und dessen Stärkung im internationalen Vergleich. Gestaltung der Spielpläne in die Richtung, dass diese ein innovatives und pluralistisches Angebot in Form und Inhalt sowie auch künstlerisch risikoreiche Produktionen beinhalten und den Aspekt der Kunstvermittlung besonders bei Kindern und Jugendlichen berücksichtigen.
Cummings/Katz (1987), S. 4 Deutscher Bühnenverein (DBV) (2007b), S. 13 491 Cummings/Katz (1987), S. 367 492 Bundestheaterorganisationsgesetz (BThOG) (1998) Art. 1, Abschn. 1, § 2 BThOG 489 490
138 4. 5.
4 Umwelt-Wirkungsgefüge des Musiktheaters Schaffung von Zugangs- und Nutzungsmöglichkeiten für das gesamtösterreichische Publikum auch durch den Einsatz von elektronischen und anderen Massenmedien unter Berücksichtigung neuer medialer Entwicklungen. Internationale Repräsentation österreichischer Bühnenkunst.
Dabei sind entsprechende Vorgaben für die Führung der Häuser gesetzlich geregelt: „Die Wiener Staatsoper ist als repräsentatives Repertoiretheater für Oper und Ballett mit umfassender Literatur zu führen. Ihre Stellung im Kreis der international führenden Häuser ist zu erhalten und weiter auszubauen. Beim Repertoire ist auf die Einbeziehung zeitgenössischer künstlerischer Ausdrucksformen Rücksicht zu nehmen. Fallweise sind auch andere Formen des Musiktheaters als die Oper zu pflegen. Dem Ballett ist im Spielplan der Staatsoper ausreichend Raum zum Ausbau eines selbständigen Profils zu geben; dies gilt sowohl für das Ballett als auch für das moderne Tanztheater. Weiters hat die Staatsoper im Rahmen der Ballettschule für die Ausbildung junger Tänzer im Ballett und im modernen Tanz sowie für die Aus- und Fortbildung von Ballettlehrern zu sorgen. Ein wesentliches Element der künstlerischen Qualität ist das im internationalen Maßstab herausragende Orchester, das in höchster Qualität in dem dafür erforderlichen Umfang aufrechtzuerhalten ist.“493
Ähnliches gilt für die Volksoper Wien: „Die Volksoper Wien ist als repräsentatives Repertoiretheater für Oper, Spieloper, Operette, Musical und für Ballett und modernen Tanz zu führen. Durch die Förderung sängerischer Entwicklungen soll ein genuines Volksopernensemble weiterentwickelt werden. Die „Volksoper“ soll eine Ergänzung und Erweiterung des österreichischen Musiktheater- und Tanzangebotes in Richtung Innovation hinsichtlich Spielplan und Interpreten sein und dadurch auf eine zeitgemäße Weiterentwicklung des Begriffes „Volksoper“ einwirken sowie den Aspekt der Kulturvermittlung für ein breites Publikum mitberücksichtigen. Die Stellung der Volksoper Wien im Kreis der internationalen Häuser ähnlicher Ausrichtung ist zu erhalten und auszubauen. Das qualitativ hervorragende Angebot an Operette und Spieloper ist zu erhalten. Wesentliche Grundlage der künstlerischen Qualität des Repertoiretheaters mit breitgefächertem Spielplan ist das Orchester, das im erforderlichen Umfang aufrechtzuerhalten ist.“494
Dies bedeutet, dass der kulturelle Auftrag der Bundestheater nicht nur die Darbietung von Kunst umfasst, sondern weit reichende Verpflichtungen gegenüber den verschiedensten Stakeholdern – hauptsächlich jedoch der Gesellschaft – zu erfüllen hat.
493 494
Bundestheaterorganisationsgesetz (BThOG) (1998) Art. 1, Abschn. 4, § 2 BThOG Bundestheaterorganisationsgesetz (BThOG) (1998) Art. 1, Abschn. 5, § 2 BThOG
4.2 Politische und Uechtliche Umweltbedingungen
139
4.2.1.1 Der Bildungsauftrag von Kulturinstitutionen Bereits im Jahr 1784 forderte Friedrich Schiller nach der „Schaubühne als moralischer Anstalt“495 und auch das Bildungsbürgertum sah das Theater als Ort der Werte- und Sinnorientierung, der Aufklärung und der Bildung. Der Bildungsauftrag von Kulturinstitutionen wird häufig als wichtigstes Element einer Kulturpolitik verstanden. Dadurch ist die Identität eines Theaters eng mit der Sicht seiner kulturellen und erzieherischen (educational) Rolle seitens der Eigentümer und Führungskräfte verbunden.496 „Kunst hat [..] eine Kulturfunktion, die mit einer oft oberflächlich verstandenen Rede von ihrer Autonomie eher überdeckt wird.“497 Kultur ist erworbener Geschmack. Eine der wichtigsten Möglichkeiten, den künstlerischen Geschmack zu erwerben und zu entwickeln, besteht in der (Aus)Bildung. Aus diesem Grund weisen die Schulpläne der Elementar- und höheren Schulen stets auch ein Angebot zur künstlerischen und musikalischen Bildung von Kindern und Jugendlichen auf. Der Bildungsauftrag von Kulturinstitutionen besteht unter anderem darin, weiten Bevölkerungskreisen einen vertieften Zugang zum kulturellen Schaffen zu ermöglichen und damit einen Beitrag zur Förderung einer sozialen und ethisch anspruchsvollen Lebenshaltung zu leisten: „Da Kulturinstitutionen einen Bildungsauftrag haben, erscheint eine ausschließlich emotionale Beeinflussung der Besucher bei einem Kulturbesuch nicht ausreichend, sondern die Gestaltung sollte auch die kognitiven Leistungen der Besucher fördern.“498
Da der Kultur-Geschmack durch Kultivierung entsteht, gibt es auch einen sich gegenseitig verstärkenden Aspekt des Kunstkonsums: So kann die Teilnahme an einer Kunstform wie der klassischen Musik das Interesse an beispielsweise Ballett oder modernem Tanz wecken.499 Das Prinzip, dass für viele Menschen der häufige Kontakt mit „guter“ Musik die eigene Nachfrage nach guter Musik steigert, kann durch den zusätzlich gewonnenen Einblick, das Konsumkapital, erklärt werden. In anderen Worten steigt der Grenznutzen des Konsums von Kunst mit der Fähigkeit, Kunst zu schätzen, welche wiederum eine Funktion vergangenen Kulturkonsums darstellt.500 Das Konsumkapital wird durch den Konsum einerseits, andererseits aber auch durch die Diskussion beispielsweise einer Oper mit Gleichgesinnten erworben. Dadurch entstehen auch positive Netzwerk-Externalitäten, da die Suche
Der Vortrag „Die Schaubühne als eine moralische Anstalt betrachtet“ wurde bei einer öffentlichen Sitzung der kurfürstlichen deutschen Gesellschaft zu Mannheim im Jahr 1784 vorgelesen. 496 Vgl. Bennett/Kottasz (2001), S. 224 497 Fuchs (2001), S. 2 498 Terlutter (2003), S. 108 499 Vgl. Heilbrun (1997), S. 29 f. 500 Vgl. Stigler/Becker (1977), S. 77 ff. 495
140
4 Umwelt-Wirkungsgefüge des Musiktheaters
gleich gesinnter und interessanter DiskussionspartnerInnen für einen Bereich wie z. B. die Oper regelmäßig mit hohem Aufwand und Kosten verbunden ist.501 4.2.1.2 Die Freiheit der Kunst Die Freiheit der Kunst ist in vielen Ländern über die Verfassung garantiert und wird mit der Eigengesetzlichkeit von Kunst begründet.502 Sie erlaubt es Theater-IntendantInnen selbstständig über Spielplan, Besetzungen, Repertoire etc. entsprechend ihrem Kunstverständnis und – abgesehen von organisatorischen Rahmenbedingungen – ohne Einfluss von außen entscheiden zu können. IntendantInnen sind für die Zeit ihrer Bestellung verantwortlich für die Vertretung des Theaters nach außen sowie die Legitimierung von Entscheidungen und Budgets.503 Ihr Entscheidungsbereich ist durch die erhöhte Zielbildungsautonomie jedoch deutlich größer als in anderen öffentlichen oder öffentlich getragenen Unternehmen.504 In diesem Zusammenhang wird auch die Idee, KünstlerInnen hätten eine gewisse „gesellschaftliche Verantwortung“ und müssten der Gesellschaft im Gegenzug zu staatlicher Unterstützung etwas zurückgeben, kontroversiell diskutiert. Dem Hinweis auf einen gegenseitigen Nutzen von Gesellschaft und KünstlerInnen unter Berücksichtigung der Tatsache, dass Kunstwerke niemals im Vakuum entstehen, steht die Idee des losgelösten künstlerischen Impulses, der sich nur unabhängig von Auflagen und Beurteilungen entfalten kann.505 Die konfliktreiche Beziehung zwischen Kunst und Gesellschaft wird jedoch durchaus als gewinnbringend eingestuft: „[T]he arts are the healthiest when they are in a state of conflict with society.“506 Es ist Aufgabe der Kunst, Position zu beziehen, „zum Leben, zur Gesellschaft und zur Person. Die Qualität von Theater besteht darin, dass sie uns nicht schon Antworten gibt, sondern Fragen stellt, uns selbst dazu bringt, Position zu beziehen.“507
Vgl. Schulze (2003), S. 433 Vgl. Artikel 17a der österreichischen Bundesverfassung sowie Artikel 5 Absatz 3 des deutschen Grundgesetzes: „Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei“; Die Kunstfreiheit verbietet es, auf Methoden, Inhalte oder Tendenzen künstlerischer Tätigkeiten Einfluss zu nehmen, dazu gehört die Einengung des künstlerischen Gestaltungsraumes oder verbindliche Regelungen für den Kreationsprozess. Geschützt sind dabei die künstlerische Betätigung (Werkbereich) sowie die Darbietung und Verbreitung des Kunstwerks (Wirkbereich). 503 Vgl. Eikhof/Haunschild (2007), S. 527 504 Vgl. Hoegl (1995), S. 23 505 Vgl. Cohen/Pate (2000), S. 105 506 Cohen/Pate (2000), S. 106 507 Scheytt (2004), S. 45 501 502
4.2 Politische und Uechtliche Umweltbedingungen
141
4.2.2 Rechtsformen im Kulturbetrieb Der Umbruch in der Theaterlandschaft Österreichs und Deutschlands wurde in den vergangenen Jahren insbesondere in der Verschiebung von öffentlich-rechtlichen hin zu privatrechtlich organisierten Betriebsformen sichtbar. Die häufigsten Rechtsformen für Theaterbetriebe in Österreich und Deutschland sind der Regiebetrieb, der Eigenbetrieb und zunehmend die GmbH unter öffentlicher Trägerschaft. In Deutschland wurde traditionell die Mehrheit der Theater als Regiebetrieb geführt.508 Ein Regiebetrieb ist ein öffentlicher Verwaltungsbetrieb ohne eigene Rechtspersönlichkeit, der organisatorisch, rechtlich und haushaltsmäßig vollständig in den öffentlichen Verwaltungsträger eingegliedert ist. Finanzielle und organisatorische Spielräume sind begrenzt. Zuständigkeiten werden auf Fachausschüsse übertragen, die über Grundsatzfragen wie Haushalt, Personalien, Eintrittspreise etc. beraten und entscheiden. Über eine Dienstanweisung wird entweder eine alleinige Intendantenführung (GeneralintendantInnen-Modell) über alle künstlerischen und wirtschaftlichen Belange des Kulturbetriebs, eine eingeschränkte Intendantenführung oder eine gemeinsame Führung durch IntendantIn und VerwaltungsdirektorIn bestimmt.509 Im Sinn einer kameralistischen Haushaltsführung übernehmen Querschnittsämter die Ressourcenbewirtschaftung und die Personalverwaltung für die nichtkünstlerischen MitarbeiterInnen und andere Administrationsbereiche. Der Regiebetrieb wird meist für kleinere Betriebseinheiten gewählt, die nicht viel Selbständigkeit und Flexibilität benötigen. Der „optimierte Regiebetrieb“ stellt eine Sonderform des Regiebetriebs dar, welche die Möglichkeit einer eigenbetriebsähnlichen Führung und flexiblere Elementen der Kameralistik einräumt.510 Zahlreiche Theater waren Gegenstand von Budgetausgliederungen, wurden also von der „Regie“ einer Gebietskörperschaft (Bund, Land, Gemeinde) auf einen eigens dafür geschaffenen Rechtsträger übertragen. Der Eigenbetrieb (oder Eigengesellschaft) ist eine besondere öffentlich-rechtliche Unternehmensform ohne eigene Rechtspersönlichkeit. Er ist organisatorisch und finanzwirtschaftlich aus der jeweiligen Gemeindeverwaltung ausgegliedert. Nach außen jedoch werden die rechtlichen Handlungen der jeweiligen Gemeinde zugerechnet. In der Regel übernimmt eine Betriebsleitung die laufende Betriebsführung und die Vertretung nach außen, während die Vollziehung von Beschlüssen einem Betriebsausschuss obliegt. Der 508 Vgl. Cahn (2002), S. 16 In der Theaterstatistik 2005/6 wurden bezüglich der Rechtsform der 145 öffentlichen Theater in Deutschland 43 Regiebetriebe, 27 Eigenbetriebe, 45 GmbHs, und eine kleinere Zahl an Vereinen (e.V.), Zweckverbänden, Anstalten öffentliches Rechts (AöR), Gesellschaften bürgerlichen Rechts (GbR) und Stiftungen gezählt. Damit hat auch in Deutschland die privatwirtschaftliche Form der GmbH an Bedeutung gewonnen. Vgl. Deutscher Bühnenverein (DBV) (2007a), Summentabelle 1 509 Vgl. Jacobshagen (2002), S. 169 510 Vgl. Deutscher Bundestag (2007), S. 97
142
4 Umwelt-Wirkungsgefüge des Musiktheaters
Eigenbetrieb stellt einen eigenen Wirtschaftsplan bestehend aus einem Erfolgsplan, Vermögensplan und einer Stellenübersicht auf.511 In zunehmendem Maße sind Theaterbetriebe privatwirtschaftlich, als GmbH, Aktiengesellschaft oder Vereine organisiert. Damit wurden neue juristische Personen geschaffen, deren Rechnungslegung nach Regeln der kaufmännischen Buchführung erfolgt. Träger sind jedoch weiterhin der Staat, Länder oder Städte. Während die privatrechtliche Organisation einen freieren Umgang mit den finanziellen Mitteln erlaubt, bedingt sie auch eine Orientierung am finanziellen Erfolg, der erwirtschaftet und ausgewiesen werden muss. Defizitgarantien der öffentlichen Hand wie im Regiebetrieb gibt es in der Regel keine – ein Theater kann also auch in Konkurs gehen.512 In den 1990er Jahren wurden in Österreich zahlreiche Betriebe wie die Österreichischen Bundesbahnen, Schloss und Tiergarten Schönbrunn, die Telekom Austria und auch die Österreichischen Bundestheater privatisiert.513 Hierbei sollen aus mikroökonomischer Sicht Effizienzgewinne durch die Anwendung moderner betriebswirtschaftlicher Instrumente und kaufmännischer Denk- und Handlungsweisen erzielt werden. Insbesondere eine erhöhte Flexibilität auf Beschaffungs- und Absatzmärkten, Kostentransparenz und eine höhere Eigenverantwortung der Beschäftigten sollen die Effizienz steigern. Aus makroökonomischer Perspektive sind Budgeteinsparungen, der Rückzug des Staates und dessen Konzentration auf seine Kernkompetenzen im Vordergrund. Daher sollten marktfähige Aufgaben entweder ausgegliedert oder privatisiert werden.514 Ein Einfluss der Rechtsform auf die Kosteneffizienz öffentlicher Unternehmungen konnte im Bereich öffentlicher Theater in Deutschland nicht nachgewiesen werden. Weder gibt es eine grundsätzliche Differenz noch wiesen die populären Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH) im Besonderen eine höhere Kosteneffizienz auf als Regiebetriebe.515 Ob ein Theater wirtschaftlich geführt wird, hängt also nicht unbedingt von der Rechtsform ab: „[P]rofit and nonprofit arts organizations deal with similar problems, including dynamic and changing conceptions of goals and priorities, a complex and unreliable environment, and also the ambiguity of changing fashions and tastes.”516
Vgl. Deutscher Bundestag (2007), S. 97 f. Vgl. Cahn (2002), S. 18 513 Vgl. genauer Tschmuck (2006) 514 Vgl. Rossmann (2001), S. 141 ff. 515 Vgl. Mühlenkamp (2001), S. 152 ff., die ökonometrische Untersuchung bezieht sich auf einen Beobachtungszeitraum von fünf Jahren und berücksichtigt sowohl Rechtsform als auch Trägerschaft der Theater ebenso wie sogenannte „Individualeffekte“. Theater der Länder weisen ceteris paribus höhere Kosten auf, als die Theater anderer Träger. 516 Blau (1988), S. 277 511 512
4.2 Politische und Uechtliche Umweltbedingungen
143
4.2.3 Kulturinstitutionen als Non-Profit-Organisationen Non-Profit Institutionen sind weder privat-gewinnorientierte noch staatliche Organisationen, sondern im intermediären Bereich bzw. dem „Dritten“ oder „autonomen“ Sektor angesiedelt. Sie dienen der Bedarfsdeckung, Förderung oder Interessensvertretung ihrer Mitglieder oder Dritter für Bereiche, die sich über den Markt nicht oder kaum finanzieren können (und sollen). Anders als beispielsweise in den USA wird das Attribut „Nonprofit“ im deutschsprachigen Raum auch für öffentliche Organisationen verwendet.517 Non-Profit-Organisationen sind soziale Systeme, die eine produktive Funktion ausüben, um ein bestimmtes Bedürfnis zu befriedigen: „Eine Nonprofit Organisation ist ein zielgerichtetes, produktives, soziales, offenes, dynamisches, komplexes System, dessen Ziel die Befriedigung der Bedürfnisse verschiedener Interessensgruppen […] durch die Erbringung von Sach- und, in dominierendem Ausmaß, Dienstleistungen ist, wobei eventuell erzielte Gewinne nicht an Organisationsmitglieder […] verteilt werden dürfen.“518
Die Gewinnorientierung steht demnach nicht im Vordergrund, sehr wohl jedoch Prinzipien der Nutzenmaximierung und Ergebnisorientierung,519 die in heterogenen Sektoren wie Gesundheit, Bildung, Kunst, Religion, verschiedensten Vereinen u.v.m. Anwendung finden. Man unterscheidet Non-Profit-Organisationen einerseits nach ihrer Ausrichtung als verwaltungsnahe, wirtschaftsnahe und im Fall künstlerischer Organisationen basisnaher Organisationen. Organisationen im Bereich Kunst und Kultur verfolgen Zielsetzungen wie beispielsweise Identität zu stiften, einen Beitrag zur Lebensqualität und/oder für wirtschaftliches Wachstum zu leisten, beim Aufbau einer gebildeten und informierten Bürgerschaft zu helfen oder individuelle Kreativität anzuregen und zu fördern.520 In Zeiten sinkender Förderungen und gestiegenem Wettbewerb um Sponsorengelder und Spenden, sind Entscheidungen zur Minimierung von Kosten und zur Maximierung von Wohlfahrtsgewinnen an der Tagesordnung.521 Wenngleich es zahlreiche Beispiele für gewinnorientierte Kulturunternehmen gab und gibt,522 sind die darstellenden Künste – Orchestermusik, Oper, Theater und Ballett – heutzutage hauptsächlich das Produkt von Non-Profits bzw. gemeinnützigen Institutionen, also nicht auf Gewinnerzielung ausgerichteten Institutionen.
Vgl. Boerner (2002), S. 57 Horak (1993), S. 18 519 Vgl. Hughes (2006), S. 429 f. 520 Vgl. Kaple (2002), S. 1592 521 Vgl. Hughes (2006), S. 433 522 Vgl. Hansmann (1981), S. 341, z. B. Broadway Theater in USA; vgl. DiMaggio (1987b), S. 198 517 518
144
4 Umwelt-Wirkungsgefüge des Musiktheaters
So wurde auch die noch 1880 prestige- und gewinnträchtige Metropolitan Opera in New York bereits im Jahre 1932 zu einer Non-Profit-Organisation umstrukturiert.523 4.2.3.1 Besonderheiten von Non-Profit-Organisationen Drei Schlüsselcharakteristika von Non-Profit-Organisationen unterscheiden sie von gewinnorientierten Unternehmen: a) das Gewinnverteilungsverbot, b) die Befreiung von der Körperschaftssteuer sowie c) die Möglichkeit, in den meisten Ländern, Spenden an diese Organisationen steuerlich abzusetzen.524 Dazu sollten Mindestkriterien wie ein Minimum an formaler Struktur, Selbstverwaltung und Entscheidungsautonomie, ein Mindestmaß an freiwilliger Leistung durch ehrenamtliche Tätigkeit oder freiwillige Mitgliedschaft beachtet werden.525 Herausragendes Merkmal von Non-Profit Institutionen ist jedenfalls, dass sie auf Grundlage der nicht-pekuniären Natur des Unternehmensziels von der Ausschüttung jeglichen Gewinns an Personen, die das Unternehmen kontrollieren, ausgeschlossen sind. Dieses Ausschüttungsverbot (Nondistribution constraint) zwingt Non-Profit Unternehmen, erzielte Gewinne wieder zu reinvestieren.526 Dies erhöht die Glaubwürdigkeit der Organisation in Hinsicht auf ihre Ziele und schafft dadurch einen (zusätzlichen) Anreiz für Geldgeber und freiwillige Arbeitskräfte (volunteers), ihre Ressourcen der betreffenden Organisation für einen „höheren Zweck“ zur Verfügung zu stellen. Während die steuerlichen Vorteile Non-Profit-Organisationen einen Wettbewerbsvorteil gegenüber gewinnorientierten Unternehmen verschaffen, wird vielfach ein Effizienzverlust durch den fehlenden Anreiz einer Gewinnausschüttung beobachtet. Dieser Effizienzverlust wird unter anderem der Schwierigkeit der Effizienz- und Ergebnismessung sowie einer entsprechenden Belohnung zugeschrieben.527 Weitere Eigenheiten von Non-Profit-Organisationen sind ein unsicheres Nachfragemuster, geringe bzw. schwache Möglichkeiten, a posteriori Erfolgskriterien für ein Produkt zu definieren, MitarbeiterInnen mit hoher Affinität zum Produkt und im Kunstbereich der Forderung nach „Kunst um der Kunst willen“ (art for art’s sake), sowie die Tatsache, das die Aktivitäten des Kulturunternehmens zeitlich eng koordiniert werden müssen.528 Auftretende Management-Defizite werden aufgrund der komplexen Problemstellungen und Möglichkeiten, Ziele zu definieren und ihre Erreichung zu messen, aber auch aufgrund mangelnder Ausbildung, Konkurrenz Vgl. Martorella (1977), S. 355 Vgl. Weisbrod (1988), S. 14 525 Vgl. Salamon/Anheier (1997); Badelt (2002), S. 8 ff. 526 Vgl. Hansmann (1987b), S. 28 527 Vgl. Weisbrod (1988), S. 14 528 Vgl. Caves (2000) 523 524
4.2 Politische und Uechtliche Umweltbedingungen
145
und einer Einstellung der Führungskräfte, welche die Organisation nicht als Teil des Wirtschaftslebens betrachten, festgestellt.529 Eine Unterstützung der Ziele von Non-Profit-Organisationen durch öffentliche Mittel aufgrund vorherrschender Zielkongruenz ist häufig, wobei teilweise Verdrängungseffekte (Crowding-Out) privater Beiträge durch öffentliche Subventionen ebenso wie ein Rückgang der Fundraising-Aktivitäten durch staatliche Zuwendungen beobachtet werden können.530 Im Bereich der Kunst wird der hohe Finanzierungsanteil durch Spenden, der sich wiederum durch die generierten positiven externen Effekte begründet, als Grund für die Errichtung einer Non-Profit-Organisation genannt.531 Die Theorie des Vertragsversagens (Contract Failure Theory) besagt einerseits, dass die KonsumentInnen nicht in der Lage sind, die erbrachte Dienstleistung bezüglich Qualität und Quantität objektiv zu beurteilen, andererseits sind auch die Gönner bzw. Geldgeber im Ungewissen, ob die Spende auch tatsächlich effizient eingesetzt wird oder ob sie in den Taschen der Manager verschwindet. Daher wird die Organisationsform des Non-Profit gewählt, die es erlaubt, Geldgeber, Volunteers, KundInnen und MitarbeiterInnen vor einem möglichen nachträglichen „Missbrauch“ des Gewinns durch die Geschäftsführenden zu schützen und dadurch einen Wettbewerbsvorteil zu erlangen.532 Non-Profit-Organisationen entstehen dort, wo der Wert dieses Schutzes gegenüber den Ineffizienzen welche diese Organisationsform mit sich bringt, überwiegt. Dazu kommt die Tatsache, dass Beiträge für die Darstellenden Künste als Form freiwilliger Preisdiskriminierung betrachtet werden können.533 4.2.3.2 Ziele von Non-Profit-Organisationen Non-Profit-Organisationen agieren in einem Trade-off zwischen ideellen Sachzielen und ökonomischen Formalzielen, wie dem Erhalt oder Wachstum von Liquidität und ökonomischer Substanz im Dienste der Vision. Das Sachziel umfasst die Bedarfsdeckung durch die Bereitstellung eines von der Organisationsumwelt akzeptierten Leistungsangebotes,534 im Bereich des Musiktheaters sind dies zum Beispiel die Erstellung von Inszenierungen oder die Aufführung von Inszenierungen.535
Vgl. Horak (1997), S. 124 Vgl. u. a. Brooks (2000); Andreoni/Payne (2003) 531 Vgl. Baumol/Bowen (1967), S. 147 ff.; Hansmann (1981), S. 342 532 Vgl. Hansmann (1987a), S. 29; Glaeser/Shleifer (2001), S. 100 533 Vgl. Hansmann (1981), S. 343 534 Vgl. Urselmann (1998), S. 5 535 Vgl. Zilcher (2004), S. 199 529 530
146
Abbildung 14:
4 Umwelt-Wirkungsgefüge des Musiktheaters
Sach- und Formalziele von Non-Profit-Organisationen am Beispiel des Musiktheaters
Im Theater kommt es zu einer Umkehrung der Hierarchie von Sach- und Formalzielen: Während sich in erwerbswirtschaftlichen Organisationen Sachziele als Instrumente in den Dienst der Erreichung von Formalzielen stellen, stehen die künstlerischen Ziele des Theaters vor dessen ökonomischen Zielen.536 Zwischen den theaterpolitischen Zielen der künstlerischen Freiheit, Publikumsresonanz, des öffentlichen Auftrages sowie der Wirtschaft besteht ein Zielkonflikt.537 Die Vision (Mission) legt Zweck und Aufgabe der Organisation fest und ist damit das zu erfüllende „Oberziel“, dem alle anderen Ziele untergeordnet werden sollten.538 Die Formulierung eines Leitbildes oder eines „Mission Statements“ sollte hierbei ebenfalls Ziele in Bezug auf die einzelnen Stakeholder beinhalten,539 da die Zielerreichung zunehmend zur Definition von Erfolg herangezogen wird. 4.2.4 Privatisierung von staatlichen Kulturinstitutionen If money go before, all ways do lie open. William Shakespeare, The Merry Wives of Windsor, Act II, scene 2
Privatisierung im engeren Sinne bedeutet primär den Verkauf ehemals staatlicher Organisationen an private Investoren. Im weiteren Sinne gibt es jedoch mehrere Varianten wie zum Beispiel eine formelle Privatisierung in Form einer Umwandlung öffentlich-rechtlicher Organisationen in privatrechtliche Unternehmen – zumeist Vgl. Vakianis (2006), S. 81 Vgl. Voss, et al. (2000), S. 337; Boerner (2002), S. 27 538 Vgl. Badelt (2002) 539 Vgl. Hinterhuber (2004b), S. 44 536 537
4.2 Politische und Uechtliche Umweltbedingungen
147
GmbHs –, oder die Übertragung funktionaler Aufgaben, die von staatlichen Einrichtungen erfüllt wurden auf private Unternehmen.540 Schuster beschreibt diese Mischung öffentlicher und privater Merkmale als „Hybridization“.541 In den Niederlanden fällt jede Form höherer Autonomie für Organisationen unter den Begriff Privatisierung, wie z. B. bei den Staatsmuseen. Man spricht in diesem Fall auch von „Désétatisation“ (Entstaatlichung).542 Privatisierungstendenzen ehemals staatlicher Organisationen sind seit den 1970er Jahren verstärkt beobachtbar. So wurden beispielsweise die „British Telecom“ und die „British Gas“ unter der Regierung Thatcher privatisiert. Hohe Budgetdefizite und Forderungen, die Effizienz und Effektivität staatlicher Organisationen zu erhöhen und sich jeweils auf das „Kerngeschäft“ zu konzentrieren, haben in den meisten westlichen Ländern Privatisierungs-Diskussionen ausgelöst.543 Auch im Kulturbereich verspricht man sich von Privatisierung Verbesserungen in Management und Effizienz sowie budgetäre Vorteile ebenso wie höhere Qualität und Innovationskapazität.544 „Privatization certainly may result in certain benefits, such as increased efficiency, reduced costs, extra income for the government, improved service levels, but almost empirical testing concerns only the efficiency argument, and rarely considers cultural organizations.”545
4.2.4.1 Ausgliederung österreichischer Kulturinstitutionen Eine direkte Verpflichtung zur Pflege oder Förderung von Kunst und Kultur der öffentlichen Hand besteht nach österreichischer Bundesverfassung nicht. Dennoch hatte eine sogenannte „Konkordanzdemokratie“, eine Kombination einer „elitären Demokratie“ und des Wohlfahrtsstaates, bis zu den 1980er Jahren unbestritten die Aufgabe, Kunst und Kultur öffentlich zu fördern und zu finanzieren. In der Tradition der Habsburgischen HerrscherInnen unterstützte und führte der Staat zahlreiche Kulturinstitutionen selbst.546 Zwischen 1990 und 2004 wurden 55 staatliche Betriebe privatisiert, darunter 25 Kulturinstitutionen wie Schloss und Zoo Schönbrunn (1992), die Bundesmuseen, Vgl. Boorsma (1998); Tschmuck (2006) Vgl. Schuster (1998) 542 Vgl. Boorsma (1998), S. 23 f. 543 Vgl. Boorsma (1998), S. 23 f. 544 Vgl. Tschmuck (2006), S. 293 f. 545 Boorsma (1998), S. 41 546 Vgl. Mokre (2006), S. 305 f.; mit dem so genannten Habsburgergesetz vom 3.4.1919 (StGBl. Nr. 209) gingen die Krongüter, zu denen auch die Hoftheater zählten, zusammen mit dem Privat- und Familienvermögen des Herrscherhauses in den Besitz des deutschösterreichischen Staates über. 540 541
148
4 Umwelt-Wirkungsgefüge des Musiktheaters
die Spanische Hofreitschule (2001) oder die Kunst- und Musikuniversitäten (2004).547 Bereits 1987 wurden die drei Wiener Traditionsbühnen Theater an der Wien, Raimundtheater und Ronacher zu den Vereinigten Bühnen Wiens zusammengefasst. Die Vereinigten Bühnen Wiens sind im Mehrheitsbesitz der Stadt Wien und präsentieren hauptsächlich publikumswirksame Theaterformen wie das Musical. Seither ist ein Trend zu höherer Autonomie mit dem Ziel größerer Entscheidungsfreiheit und Flexibilität und einer Verringerung der Staatsausgaben zu beobachten. Die „Ausgliederung“ der österreichischen Kulturinstitutionen ist eine spezielle (hybride) Form der Privatisierung, in welcher Organisationen eine öffentliche oder privatrechtliche Rechtsform erhalten, jedoch zu 100 Prozent in Besitz der öffentlichen Hand bleiben. Im Gegensatz zu den meisten Institutionen, die in GmbHs verwandelt wurden, wurden die Bundesmuseen, die Kunst- und Musikuniversitäten sowie die Österreichische Nationalbibliothek als wissenschaftliche Institutionen unter öffentlichem Recht eingerichtet.548 Im Bundestheaterorganisationsgesetz wurde 1996 die Neuordnung der Bundestheater festgesetzt. Seit 1999 sind Burgtheater, Volksoper Wien und die Wiener Staatsoper wirtschaftlich eigenverantwortliche und kulturell autonome GmbHs, die gemeinsam mit der Theaterservice GmbH unter dem Dach der Bundestheater Holding GmbH – zu 100 Prozent im Besitz des Bundes – zusammengefasst wird. Während die Immobilien in Bundesbesitz geblieben sind, gingen alle beweglichen Vermögensgüter in das Eigentum der privatisierten Institutionen über. Den Bundestheatern wurde ein unentgeltlicher Fruchtgenuss für die Liegenschaften eingeräumt. Um die Flexibilität von Management-Entscheidungen zu erhöhen, wurden die Institutionen vom BeamtInnen-Dienstrecht „befreit“, Beamte auf Lebenszeit werden vom Staat „gemietet“. Der Staat übernahm ebenfalls die Pensionsbelastung für ehemalige Angestellte im Gegenzug für die Übernahme der zukünftigen Pensionsversicherungsbeträge durch die Bundestheater. Da die Bundestheater sich aufgrund der fehlenden Marktfähigkeit der Darstellenden Künste nicht selbst finanzieren können, wird ihnen – im Gegensatz zu beispielsweise dem Schloss Schönbrunn – eine jährliche Basisabgeltung zugesprochen, um ihren öffentlichen Kultur- und Bildungsauftrag erfüllen zu können. Diese Basisabgeltung wird jeweils für die nächsten drei Jahre berechnet.549 Die Ausgliederung hat in Summe die staatlichen Ausgaben für Kultur zumindest kurzfristig erhöht und für höhere Transparenz der Kostenstrukturen gesorgt. So sind die budgetierten Nettozahlungen an die österreichischen Bundestheater Vgl. Tschmuck (2006), S. 294 ff. Vgl. Tschmuck (2006), S. 302, (2008, in Druck) 549 Vgl. Tschmuck (2006), S. 298 ff.; die Situation mit privatwirtschaftlich angestellten MitarbeiterInnen und BeamtInnen führt zu einer Mischung aus privat und öffentlich angestelltem Personal und trägt ein hohes Konfliktpotenzial in sich. Das besondere Pensionsrecht für Angestellte der Bundestheater war im Bundestheaterpensionsgesetz (BGBl.Nr. 159/1958) geregelt. 547 548
4.2 Politische und Uechtliche Umweltbedingungen
149
zwischen 1998 und 2002 von 118 Millionen auf 134 Millionen Euro angestiegen.550 Die höheren Ausgaben erklären sich einerseits durch zusätzliche Ausgaben wie Beiträge zur Pensionsversicherung für beamtete DienstnehmerInnen oder Mietzahlungen an die Bundesimmobiliengesellschaft. Die Ausgaben für die Staatstheater sind dabei um 2,5 Prozent, die Ausgaben für die Spanische Hofreitschule sogar um 90 Prozent gestiegen. Die wachsenden Personalkosten und andere finanzielle Bürden limitieren den – ansonsten durch die Ausgliederung gestiegenen – Entscheidungsfreiraum der DirektorInnen. Von besonderer Bedeutung ist die Entwicklung von Visionen und Leitbildern, welche die künstlerischen, finanziellen, sozialen und organisationalen Zielsetzungen der Institutionen klar formulieren. Diese können in der Folge als Grundlage für die Leistungsmessung und –bewertung der Kulturinstitutionen herangezogen werden. 551 Der Wechsel vom Wohlfahrtsstaat zu einem durch die (kultur-)politische Tradition moderierten „Laissez-Faire“-Staat der sich auf einen selbstregulierenden freien Markt gründet, ist nur in Ansätzen vollzogen und lässt Forderungen nach einer Definition der Rolle dieser Institutionen, ihrer sozialen Verantwortung, ästhetischen Werten und eines Einbezugs von Minderheiten laut werden.552 Dennoch ist auch heute die finanzielle Unterstützung durch den Staat im Vergleich zu anderen Ländern überaus großzügig. 4.2.4.2 Privatisierung deutscher Kulturinstitutionen Die deutsche Wiedervereinigung in den Jahren 1989/90 und damit der Zusammenschluss ehemals kommunistischer Strukturen mit Organisationen einer freien Marktwirtschaft führte in Deutschland zu einer insbesonders finanziell schwierigen Situation. Bereits nach der Wiedervereinigung wurden einige Theater in den neuen Bundesländern geschlossen. Andere Theater wurden von privaten Unternehmen übernommen.553 Weitere Theater und Orchester wie das Philharmonische Staatsorchester Bremen oder das Schlossparktheater Berlin wurden aufgrund drastisch gekürzter Subventionen privatisiert. In Berlin überführte man die drei staatlichen Opernhäuser zum 1. Januar 2004 in eine gemeinsame Opernstiftung. Auch wo keine GmbH- oder Stiftungslösungen gewählt wurde, versuchte man mehr Selbstständigkeit in den Theatern und Orchestern zu gewährleisten.554 Dabei wird betont, Vgl. Tschmuck (2006), S. 300 Vgl. Tschmuck (2006), S. 302 f. 552 Vgl. Mokre (2006), S. 315 f. 553 Bspw. hat der niederländische Konzern Stage Holding (Endemol) einige Theater (Metropol, Theater des Westens, Theater am Potsdamer Platz) sowie die Stella Entertainment AG übernommen und avancierte so zu Deutschlands größtem Musicalbetreiber. 554 Vgl. Deutscher Bühnenverein (DBV) (2004a), S. 6 550 551
150
4 Umwelt-Wirkungsgefüge des Musiktheaters
dass eine Privatisierung nicht mit Kommerzialisierung gleichzusetzen sei. Hier sollte zwischen formeller Privatisierung, also einer Überführung in privatrechtliche Strukturen bei gleichbleibender öffentlicher Finanzierung, und materieller Privatisierung, der Überführung in einen privatrechtlichen Betrieb mit Gewinnorientierung, unterschieden werden.555 4.3 Sozio-kulturelle Umweltbedingungen Kultur ist alles, was dem Individuum erlaubt, sich gegenüber der Welt, der Gesellschaft und auch gegenüber dem heimatlichen Erbgut zurechtzufinden, alles was dazu führt, dass der Mensch seine Lage besser begreift, um sie unter Umständen verändern zu können. Kultur-Definition des Europarates
Kultur556 ist ein schwer fassbarer Begriff, der sich von einem engen Kunstverständnis, den Produkten der Hochkultur, bis hin zu einer „Gesamtheit der typischen Lebensformen größerer Menschengruppen einschließlich ihrer geistigen Aktivitäten, besonders der Werteinstellungen.“557 Die Dichotomie Kultur – Natur wurde von Sigmund Freud über den Anthropologen Claude Lévi-Strauss bis zum Soziologen Norbert Elias behandelt: „Kultur bezeichnet die Emanzipation des Lebewesens Mensch aus der Natur.“558 Humanistisch betrachtet spricht man von einem kultivierten Menschen als einer Person, die gebildet, gepflegt und von charakterlich feiner Lebensart geprägt ist – dem klassischen Zielpublikum des Musiktheaters. Fuchs und Heinze definieren Kultur als „Ensemble oder Register aller sozial verfügbaren Themen, die in eigens dafür geschaffenen gesellschaftlichen Einrichtungen zum Zweck der Kommunikation aufbewahrt, aufbereitet, entwickelt und implementiert werden.“559
Kultur und kulturelles Handeln ist schließlich „sowohl eine spezifische Zugangsweise und Aktivität des Menschen auf sich selbst seine Mitmenschen und seine Umwelt hin (einschließlich der von ihm geschaffenen) als auch die Produkte dieser Aktivität, wobei jene [Produkte] dieser [Zugangsweise] erneut Gegenstand werden können (…). Von der Auffälligkeit der so genannten ‚Hohen Kulturleistungen’ bis zur auffälligen Unauffälligkeit der Ubiquität kultureller Akzente in allen Vgl. Klein (2005a), S. 159 f. Der Begriff Kultur stammt von dem lateinischen Wort cultura, und kann mit „Bebauung“, „Pflege“ (des Körpers und Geistes) und „Ausbildung“ übersetzt werden. 557 Brockhaus Enzyklopädie Digital (2004) 558 Maurer (1973), S. 823 559 Fuchs/Heinze (1994), S. 142f. 555 556
4.3 Sozio-kulturelle Umweltbedingungen
151
menschlichen Lebensbereichen spannt sich der große Bedeutungshorizont all dessen, was mit ‚Kultur’ oder ‚kulturell’ bezeichnet wird.“ 560
Dennoch, eine allgemein gültige Definition von Kultur gibt es nicht. In einer Übersicht aus den 1960er Jahren haben Krober und Kluckhohn bereits mehr als 150 verschiedene Definitionen von Kultur gesammelt, die kaum auf einen gemeinsamen Nenner gebracht werden können. Sie beschreiben Kultur als eine Sammlung verschiedenster Elemente wie Werte, Normen, Ideen, Traditionen, Rituale, Kunstwerke, Emotionen etc. die allesamt miteinander in einem Netzwerk von Relationen zwischen diesen Elementen in Verbindung stehen.561 In der Soziologie gibt es mindestens 300 verschiedene Definitionen von Kultur, so dass sich der Begriff Kultur als schwer fassbar erweist.562 Tasos Zembylas bemerkt, dass der Kulturbegriff „selbst für analytisch scharf denkende TheoretikerInnen entweder wie harter Granit [sei], an dem man sich die Zähne ausbeißt oder aber auch wie Treibsand, den man partout vermeiden sollte.“563 In vielen Lebensbereichen werden die Begriffe Kultur und Kunst synonym verwendet, was eine Abgrenzung des Kulturbegriffs zusätzlich erschwert. Kunst ist „[…] ein ebenso abstraktes Konzept wie Schönheit, Freiheit oder Gerechtigkeit. Sie lässt sich nicht direkt messen, und es gibt sie letztlich nur in der Wahrnehmung des Betrachters.“564 In dieser Arbeit wird zumeist der weitere Begriff Kultur verwendet, da sich die vorliegende Betrachtung einem breiteren Bereich als dem künstlerischen Erzeugnis, der Kunst, den Aufführungen im Theater widmet. Im klassischen Sinn umfasst Kultur alle Bereiche der menschlichen Bildung im Umkreis von Erkenntnis, Wissensvermittlung, ethischen und ästhetischen Bedürfnissen, und meint damit die vier Hauptstilrichtungen der Literatur, der Bildenden Kunst und der Musik sowie der Philosophie. Die Möglichkeiten, den Kulturbegriff einzugrenzen reichen vom engeren Kulturbegriff, der dem bürgerlich schöngeistigästhetischen Kulturbegriff gleichzusetzen ist, über den im Sinne einer „Sozio-Kultur“ durch die Bereiche Kinder- und Jugendkultur, Rock- und Popmusik, Kabarett oder Kleinkunst erweiterten Kulturbegriff bis zum umfassenden Kulturbegriff; welcher alle Leistungen von Wirtschaft, Technik, Recht, Wissenschaft, Religion etc. umfasst. Um eine ganzheitliche Betrachtung der Wahrnehmung von Erfolg im Musiktheater zu ermöglichen, wird im Folgenden auf die soziologischen Konzepte des kulturellen Kapitals, Habitus und sozialer Praktiken ebenso wie auf die Unterscheidung zwischen Hoch- und Populärkultur eingegangen. Schließlich wird das Standard-Repertoire als Aufführungskonvention des Musiktheaters skizziert. Soeffner (1990), S. 2f. zit. n. Heinze (2002), S. 15 Vgl. Kroeber/Kluckhohn (1963) zit. n. Hellmann (2006), S. 27 f. 562 Vgl. Rauhe (1994), S. 5 563 Zembylas (2004), S. 18 564 Vgl. Pommerehne/Frey (1993), S. 6 560 561
152
4 Umwelt-Wirkungsgefüge des Musiktheaters
4.3.1 Kulturelles Kapital, Habitus und soziale Praktiken Der französische Soziologe Pierre Bourdieu hat mit seiner Pariser Studie erstmals die theoretische Fundierung für eine Verknüpfung von kulturellem Geschmack, Status und sozialer Klasse gezeigt. Er verknüpft Klassenzugehörigkeit mit ökonomischem Kapital, kulturellem Kapital, sozialem Kapital sowie symbolischem Kapital und zeigt so, dass soziale Ungerechtigkeiten nicht nur ökonomisch zu verorten sind.565 4.3.1.1 Kulturelles Kapital 566
Das kulturelle Kapital nach Pierre Bourdieu beschreibt eine von vier Kapitalformen:
Das ökonomische Kapital beschreibt jegliche Form von Besitz, der unmittelbar und direkt in Geld konvertierbar ist. Das kulturelle Kapital ist nur bedingt in Geld transformierbar und umfasst jene Bildung, die einen Nutzen im sozialen Beziehungsgeflecht generiert. Es wird in der Familie, die über eine unterschiedliche kulturelle Kapitalausstattung verfügt, sowie durch Bildung weiter gegeben. Der Besitz kultureller Güter und der Erwerb von Stellen und Titeln stellen ebenfalls kulturelles Kapital dar. Das soziale Kapital bezieht sich auf Beziehungen zwischen Menschen bzw. der Zugehörigkeit zu Gruppen. Es bezeichnet sowohl den Zugang zu sozialen und gesellschaftlichen Ressourcen wie Anerkennung, Wissen, Arbeitsmarktfähigkeit (employability), Unterstützung, die eine Teilhabe am Netz sozialer Beziehungen beeinflussen. Diese materiellen und sozialen Austauschbeziehungen können gesellschaftlich institutionalisiert und garantiert werden.567 Schließlich verleiht das symbolische Kapital den AkteurInnen Prestige, Renommee, Reputation, Privilegien und Position. Das symbolische Kapital ist die „wahrgenommene und als legitim anerkannte Form der drei vorgenannten Kapitalien.“568 Diese Kapitalformen dienen als theoretische Kriterien zur Differenzierung der spezifischen Felder. Die praktische Verfügung über eine bestimmte Kapitalsorte definiert die Handlungs- und Profitmöglichkeiten der einzelnen Akteure im Feld.569
Vgl. Bourdieu (1982 [1979]), S. 193 ff. Vgl. Bourdieu (1982 [1979]), (1992) 567 z. B. durch die Übernahme eines gemeinsamen Namens (einer Familie, einer Partei, Schule etc.) oder andere Institutionalisierungsakte, vgl. Bourdieu (1992), S. 64 568 Bourdieu (1985), S. 11 569 Vgl. Bourdieu (1982 [1979]), S. 193 ff.; Schwingel (2005), S. 85 f. 565 566
4.3 Sozio-kulturelle Umweltbedingungen
153
Kulturelles Kapital existiert in drei Formen, in einem verinnerlichten (inkorporierten), objektivierten und institutionalisierten Zustand:570
Inkorporiertes Kulturkapital oder Bildungskapital manifestiert sich in dauerhaften Dispositionen eines Individuums. Der Kulturgeschmack ist an das Individuum gebunden und sozial konstruiert – er wird durch Kunstkonsum, also durch die nicht delegierbare Investition von Zeit, erlernt. Die zum Erwerb von Kulturkapital nötige Zeit stellt das Bindeglied zwischen ökonomischem und kulturellem Kapital dar.571 Junge Menschen erlernen ihren Kulturgeschmack einerseits im Rahmen der familiären Primärerziehung, andererseits aber auch durch Angebote die im Rahmen der Sekundärerziehung in weiten Teilen von öffentlicher Seite zur Verfügung gestellt werden. Die Erhöhung des kulturellen Kapitals junger Menschen ist Teil des Bildungsauftrags von Kulturinstitutionen und Ziel der Kulturpolitik. Verkörpertes Kulturkapital bleibt dabei immer von den Umständen seiner ersten Aneignung geprägt.572 Dadurch können auch durch die Erziehung Klassengrenzen reproduziert werden: „Tastes are never innocent of social consequences.“573 Das objektivierte Kulturkapital existiert „in Form von kulturellen Gütern, Bildern, Büchern, Lexika, Instrumenten oder Maschinen, in denen bestimmte Theorien und deren Kritiken, Problematiken usw. Spuren hinterlassen oder sich verwirklicht haben“.574 Diese Objekte können in Form von Eigentumsrechten materiell übertragen werden, die eigentliche Wertschätzung ist jedoch von verinnerlichtem Kulturkapital abhängig.575 Institutionalisiertes Kulturkapital existiert in Form von Titeln und Positionen. So schaffen beispielsweise akademische Abschlüsse eine Art der Legitimation kultureller Kompetenz indem Sie einen Unterschied zwischen dem kulturellen Kapital von AutodidaktInnen und jenem kulturellen Kapital, das „durch Titel
Vgl. Bourdieu (1992), S. 56 Vgl. die Studie von Lévy-Garboua/Montmarquette (1996), S. 43 f., in welcher sich die Nachfrage zu einem großen Teil an der Heterogenität des Geschmackes, der extremen Differenzierung bzw. Einzigartigkeit kultureller Güter sowie dem langwierigen und unsystematischen Erlernen des individuellen Geschmacks (learning by consuming) orientiert. 572 Champarnaud, et al. (2002), S. 14 f. sehen in den meisten europäischen Ländern eine Situation gegeben, in der die Erziehung im Elternhaus kein Substitut für eine öffentliche Subventionierung von Kunst sein kann, da beide Einflüsse für ein optimales Ergebnis benötigt werden. Sie schlagen vor, den Kunstkonsum älterer Menschen nicht zu subventionieren sondern zu besteuern (außer sie vermitteln ihren Enkelkindern Kultur), auch den Kunstkonsum junger Menschen nicht zu subventionieren sondern die öffentlichen Gelder in die Kunsterziehung zu investieren. 573 Holt (1998), S. 19 574 Vgl. Bourdieu (1992), S. 53 575 z. B. muss die Fähigkeit, ein Gemälde oder eine Theateraufführung genießen zu können, inkorporiert sein. 570 571
154
4 Umwelt-Wirkungsgefüge des Musiktheaters schulisch sanktioniert und rechtlich garantiert ist, die (formell) unabhängig von der Person ihres Trägers gelten.“576
Für die Wahrnehmung von Erfolg im Musiktheater ist einerseits das kulturelle Kapital der KünstlerInnen als wesentlicher Einflussfaktor auf die gestalterische und interpretative Leistung sowie die Zielsetzungen der Produzierenden und KünstlerInnen von Bedeutung. Auf der anderen Seite ist die kulturelle Kapitalausstattung der perzipierenden und beeinflussenden Stakeholder von ebenso großer Bedeutung, um die intendierten Effekte entsprechend gewährleisten zu können. Analoges gilt für das symbolische Kapital. 4.3.1.2 Habitus In seiner Theorie des „Habitus“, der Manifestation dieser internalisierten und verinnerlichten Fähigkeiten des kulturellen Kapitals, welche Unterschiede in der sozialen Struktur wie Alter, Geschlecht oder soziale Klasse widerspiegeln, konstatiert Bourdieu einen ausgeprägten und spezialisierten (univorous) Kulturkonsum für die „oberen“ Klassen, der sich am elitären und hochkulturellen Angebot orientiert, um sich von anderen Klassen abzuheben. Homologe Geschmackshierarchien dienen der Beibehaltung vorherrschender Klassenstrukturen und fungieren als Instrumente der Distinktion.577 Traditionell gehört ein Großteil der BesucherInnen der subventionierten Kunstformen den höheren Einkommens- und sozialen Klassen an.578 Die „Elite“-KonsumentInnen der heutigen Zeit folgen allerdings einem neuen Verhaltensmuster – dem Versuch ein möglichst breites Spektrum an kulturellen Kompetenzen zu beherrschen und einer Orientierung sowohl and hoch- als auch massenkulturellen Angeboten (omnivorousness). Dieses Verhalten ist konform mit dem Auflösen der Genres und der Abkehr von normativen Verhaltenskodices in der Postmoderne. Wenngleich das Konzept der Klasse im Bereich des (Kunst)-Konsums vielfach zu Gunsten des dynamischeren und offeneren Konzeptes „Lifestyle“ bzw. Lebensstil aufgegeben wurde, wird die Klasse immer noch als relevant betrachtet.579 Geschmackskulturen (taste cultures) sind Aggregate kultureller Produkte die ähnliche ästhetische Standards und Werte widerspiegeln. So genannte “taste publics” treffen eine ähnliche Auswahl.580 Kulturelle Mobilität bezeichnet die unterschiedliche Fähigkeit von Individuen in verschiedenen kulturellen Feldern zu partizipieren.581 Dies Bourdieu (1992), S. 61 Vgl. Bourdieu (1979), S. 367 ff. 578 Vgl. Evans (1999), S. 107 f. 579 Vgl. Emmison (2003), S. 212 580 Vgl. Gans (1999), S. 92 f. 581 Vgl. Emmison (2003), S. 213 576 577
4.3 Sozio-kulturelle Umweltbedingungen
155
steht im Gegensatz zum hierarchischen Modell Bourdieus, in welchem nur Kompetenz in „legitimen“ Kunstformen soziale Vorteile generiert. Als Beispiel hierfür können die Entwicklungen neuer und innovativer Produkte jenseits des StandardRepertoires und neuer ästhetischer Sprachen (languages) im Bereich des Sprechund Musiktheaters genannt werden.582 Diese Produkte sind jedoch nur für jenes Publikum zugänglich, welches diese Sprache erlernt hat, so dass es sich vielfach um Nischenproduktionen für spezialisierte Subkulturen handelt. 4.3.1.3 Soziale Praktiken zwischen wirtschaftlicher und künstlerischer Logik Der Habitus generiert soziale Praktiken als ein System dauerhafter Dispositionen von Individuen im Sinne unbewusster Wahrnehmungs-, Denk-, Bewertungs- und Handlungsschemata. Diese Praktiken stützen sich auf das Portfolio der Kapitalausstattung (ökonomisch, kulturell, sozial, symbolisch) des Individuums und manifestieren sich als „routinized type[s] of behaviour which consist of several elements, interconnected to one another: forms of bodily activities, forms of mental activities, ‘things’ and their use, a background knowledge in the form of understanding, know-how, states of emotion and motivational knowledge.“583
Hinter diesen Praktiken können unterschiedliche Logiken stehen, die wiederum vom „Feld“ in dem sie produziert werden, abhängen. Diese feldspezifischen Logiken können als Sammlungen (Sets) von Normen, Werten und ungeschriebenen Gesetzen auf denen die Handlungen aller AkteurInnen im Feld beruhen, aufgefasst werden. Bourdieu setzt somit die objektivierte Geschichte des Feldes mit der inkorporierten Geschichte des Habitus in Beziehung.584 Handelnde Personen in Theatern sind im Besonderen zwei verschiedenen Logiken unterworfen: der wirtschaftlichen Logik und der künstlerischen Logik.585 KünstlerInnen im Theaterbetrieb unterliegen einerseits wirtschaftlichen Handlungslogiken: Sie sind für ihre Arbeitsmarktfähigkeit (employability) in einem kompetitiven Umfeld verantwortlich, eine Verantwortung die bis tief in ihr Privatleben – z. B. in Form einer unkonventionellen Lebensweise der „Bohème“ (Bohemian) – greift und hohen Leistungsdruck erzeugt. Wettbewerb findet sowohl im internen (Ensemble) als auch im externen Arbeitsmarkt statt, so
Vgl. van Maanen (2002), S. 181 Reckwitz (2002), S. 249 584 Vgl. Bourdieu (2001), S. 193 ff. 585 Vgl. Eikhof/Haunschild (2007), S. 525 f. 582 583
156
4 Umwelt-Wirkungsgefüge des Musiktheaters
dass sie hohe Marktorientierung, Vernetzung und unternehmerisches Verhalten im Sinne von ArbeitskraftunternehmerInnen aufweisen.586 Auf der anderen Seite schützen öffentliche Finanzierung und das dadurch mögliche Prinzip der „Freiheit der Kunst“ (l’art pour l’art) die Theaterindustrie vor dem Druck des Marktes. Die Auffassung von Kunst als höherem Ziel (greater good) impliziert künstlerische Handlungslogiken. Individuelles Verständnis und eigene Interpretation von Kunst beeinflussen das Ansehen und die Reputation, die KünstlerInnen im Feld genießen. So stehen IntendantInnen stellvertretend für die Institution der sie vorstehen für bestimmte künstlerische Werte (z. B. Klassik, Avantgarde, Minimalismus, Moderne) und sollen mit ihrer künstlerischen Vision und ihrer Programmauswahl und –umsetzung „ihrem“ Theater ein eigenes, unverwechselbares Profil verleihen. Bei einem Intendantenwechsel bzw. Wechsel von Musik-, Schauspiel- oder TanzdirektorInnen greift die sogenannte „Drittelregel“, d.h. ungefähr ein Drittel des Ensembles begleitet die Führungskraft an das neue Theater. Dies ist ein Ausdruck dafür, dass Bindungen und Loyalität am Theater sich stark auf Personen und weniger auf die Institution beziehen. Dazu kommt, dass KünstlerInnen sich eigenen und externen, jedenfalls subjektiven Beurteilungen ihrer künstlerischen Arbeit unterwerfen müssen, die wiederum ihre Rollenbesetzungen und damit die Möglichkeit der Generierung und Aufrechterhaltung von Reputation und nicht zuletzt einer weiteren Arbeitsmarktfähigkeit beeinflussen. Dabei ist die Professionalisierung durch eine Anstellung (employment) von besonderer Bedeutung. So befinden sich wirtschaftliche und künstlerische Handlungslogik in permanenter Interaktion.587 4.3.2 Gesellschaftliche Orientierungsmuster Die Schaubühne ist der gemeinschaftliche Kanal, in welchen von dem denkenden, bessern Theile des Volks das Licht der Weisheit herunterströmt und von da aus in milderen Strahlen durch den ganzen Staat sich verbreitet. Friedrich Schiller, “Die Schaubühne als eine moralische Anstalt betrachtet”, 1784
In einem Brief an seinen Freund Goethe schreibt Friedrich Schiller im August 1797 wie man einem trägen Publikum beikommen könne: „Man muß sie incommodieren, ihnen ihre Behaglichkeit verderben, sie in Unruhe und Erstaunen setzen. Eins von beiden, entweder als ein Genius oder als ein Gespenst muß die Poesie ihnen gegenüber stehen. Dadurch allein lernen sie an die Existenz einer Poesie glauben und bekommen Respect vor den Poeten.“588 Es ginge nicht darum, wie Vgl. Voß/Pongratz (1998); Eikhof/Haunschild (2007), S. 527 ff. Vgl. Eikhof/Haunschild (2007), S. 527 ff. 588 Vgl. Schiller (1977 [1797]), S. 117 586 587
4.3 Sozio-kulturelle Umweltbedingungen
157
die Kunst beschaffen sein müsse, damit sie die Gesellschaft erreicht, sondern darum, wie die Gesellschaft beschaffen sein müsse, damit die Kunst sie erreichen kann.
Die Nachfrage nach Kultur hängt von der Kultivierung eines Kunstgeschmacks ab. Um Kunstprodukte richtig genießen zu können, müssen KonsumentInnen einen (langen) Prozess des Lernens über Konsum (learning-by-consuming) oder der Geschmackskultivierung (cultivation-of-taste) durchlaufen.589 Dabei stehen ihnen verschiedene gesellschaftlich genormte Orientierungsmuster wie die Unterscheidung zwischen hoch- und populärkulturellen Angeboten, aber auch Konventionen wie das Standardrepertoire als Standard musiktheatralischer Sozialisierung, zur Verfügung. 4.3.2.1 Hoch- und Populärkultur Seit dem 17. Jahrhundert wird die Bestimmung, was den „kulturellen Adel“ ausmache bzw. eine Unterscheidung in Hochkultur und Massen- bzw. Populärkultur getroffen.590 Die Hochkultur ist im Bereich (staatlicher) Repräsentationskultur angesiedelt und impliziert einen traditionellen Kunstbegriff. Hochkultur oder „elite art“ behandelt jene Genres,591 die dadurch von Populärkultur oder kommerzieller Kultur abgegrenzt werden können, dass sie von traditionellen ästhetischen Standards bestimmt werden. Mit Ausnahme von zeitgenössischer bildender Kunst zeigt sich die Hochkultur gegenüber der sich verändernden Mode relativ immun.592 Unter Hochkultur werden im Allgemeinen jene Erscheinungsformen von Kultur verstanden, die den Intellekt zu ihrem Verständnis benötigen und daher nur ein kleines Segment der Bevölkerung ansprechen können. Dies trägt dem Anspruch einer Hochkultur vielfach den Vorwurf von Elitismus ein. Auf der anderen Seite wird ein kultureller „Trickle-down-Effekt“ vermutet, der populärkulturelle Produkte von hochkulturellen Quellen profitieren bzw. angereichert werden. Peterson beschreibt als Kennzeichen der sogenannten „Elite-to-Mass Theory“: „[…] patronizing the fine arts, displaying good manners, wearing the correct cut of clothes, using proper speech, maintaining membership in the ‚better’ churches, philanthropic organizations and social clubs, and especially for the women of the class, cultivating all of the attendant social graces.”593 Vgl. Brito/Barros (2005), S. 103 f. Vgl. Bourdieu (1982 [1979]), S. 18; Peterson (1992), S. 244 sieht die Gabelung zwischen „fine arts“ und „popular culture“ im 19. Jahrhundert angesiedelt. 591 Genres sind „sets of artworks classified together on the basis of perceived similarities“, DiMaggio (1987a), S. 441. Diese wahrgenommenen Ähnlichkeiten sind zumeist formaler oder inhaltlicher Natur. 592 Vgl. Blau (1986), S. 876 593 Peterson (1992), S. 245 589 590
158
4 Umwelt-Wirkungsgefüge des Musiktheaters
Zur Hochkultur zählen Ballett, Opern, Operetten, Symphonien, manche Arten von Filmen, bestimmte Romane und Theaterstücke, Tanz, Malerei, Bildhauerei. Auch die Unterscheidung von Unterhaltungs-(U-) und ernster (E)-Kultur fällt in diesen Bereich. Wichtig für die vorliegenden Betrachtungen ist der Bereich der „ernsten“ Kultur594 bzw. die Unterscheidung in so genannte „highbrow“ und „lowbrow“ Aktivitäten.595 Die betrachteten Theaterhäuser fühlen sich einem entsprechenden kulturell ästhetischen Anspruch verpflichtet. Während die Hochkultur das zeigt, was von einer Gesellschaft als wertvoll und kostbar erachtet wird, zeigt die Massenkultur was populär ist und massenmedial verbreitet werden kann und wird. Populärkultur wird von der Hochkultur abgeleitet und beinhaltet die Genres Fernsehen (TV), Radio, Kino, Comics und Zeitschriften, Pop und Jazz sowie andere populäre Musik. Vielfach wird Populärkultur als Fortsetzung der Volkskultur des „gemeinen Volkes“ nach der industriellen Revolution betrachtet. Aus soziologischer Sicht wurden die „low brows“ als entweder spezielle traditionsgebundener Gruppen, die sich durch ethnische, rassische oder religiöse Bräuche definieren, oder aber als undifferenzierte Masse.596 Vielfach werden die einzelnen Kunstformen als Einträge auf einem Kontinuum betrachtet, an dessen einem Ende die Hochkultur, am anderen Ende die Populärkultur angesiedelt ist. Wichtig ist es zu beachten, dass es für jede Kunstform Produkte auf beiden Seiten des Kontinuums gibt, so sind beispielsweise einige Filmproduktionen wie Wim Wenders „Himmel über Berlin“ der Hochkultur zuzurechnen. Die vielfach umstrittene Unterscheidung zwischen Hoch- und Massenkultur scheint für die vorliegende Untersuchung dennoch förderlich. Der Fokus von Hochkultur liegt auf der Produktion (z. B. eines Theaterstückes), während die Populärkultur sich am Markt orientiert (wie beispielsweise Hollywood). Gerade dieser Fokus auf das künstlerische Produkt und die dahinter liegende Wertorientierung verändert Einflussfaktoren und Wahrnehmung von Erfolg. Das fundamentale Konzept des traditionellen Marketings, die Bedürfnisse der KonsumentInnen zu befriedigen, trifft auf die Hochkultur nur bedingt zu. Es gilt vielmehr, Publika zu finden, die vom Produkt angezogen werden.597 Die in dieser Arbeit behandelten Probleme sind in Folge vielfach Eigenart des auf öffentliche Subventionierung angewiesenen und dem öffentlichen Bildungsanspruch unterworfenen Bereichs der Hochkultur. Diese Diskussion wird vorrangig im deutschen Sprachraum geführt und genährt. Der Begriff der „ernsten“ Musik wurde offenbar im 19. Jahrhundert eingeführt um die deutsche Musik wirkungsvoll gegen die (erfolgreiche) französische Salonmusik abgrenzen zu können. Heute wird die Unterscheidung hauptsächlich im Kampf um öffentliche Subventionen eingesetzt, vgl. Hoegl (1995), S. 10 595 Vgl. u. a. Levy (1988); Peterson/Kern (1996); Holbrook, et al. (2002); Katz-Gerro (2002) 596 Für einen Überblick über die Status-Hierarchien siehe Peterson (1992) und seine Untersuchung verschiedener Berufsgruppen anhand der Survey of Public Participation in the Arts (SPPA) 1992. Interessant ist die Tatsache, dass anhand der „elite-to-mass theory“ klare Vorhersagen bezüglich der Kunstund Freizeitgestaltung der Gruppen auf verschiedenen Ebenen der Statushierarchie getroffen werden. 597 Vgl. Colbert (2003), S. 30 f. 594
4.3 Sozio-kulturelle Umweltbedingungen
159
4.3.2.2 Das Standard-Repertoire Von der Vielzahl existierender Opern gehört nur ein kleiner Teil zu den Werken, die regelmäßig aufgeführt werden. Ein Standard-Repertoire mit 139 Opern von 59 Komponisten beschreibt Werke, die u. a. mindestens zweimal in gängigem Format aufgenommen wurden, Einträge in den gängigen Opernführern, -enzyklopädien oder Geschichtsführern verbuchen und im 20. Jahrhundert in mindestens zwei der zehn großen Opernhäuser aufgeführt wurden.598 Dadurch sind die „Klassiker“ bzw. ist der Kanon des Opernrepertoires omnipräsent und haben den Fokus hin zu Interpretation und Inszenierung gelenkt. Konservative Erwartungen stehen radikalen Inszenierungen (Regietheater) gegenüber. Die Diversität der aufgeführten Werke sowie deren künstlerische Innovation werden vielfach als Qualitätskriterium angesetzt.599 Zu den am häufigsten aufgeführten Opern gehören wohl Puccinis La Bohème und Madame Butterfly, Verdis La Traviata, Bizets Carmen, Mozarts Il Barbiere di Siviglia oder Le Nozze di Figaro. Insbesondere im Mozartjahr 2006 schien kein Opernhaus ohne Mozartoper auszukommen. Moderne Opern hingegen verzeichnen regelmäßig deutlich niedrigere Besucherzahlen. Als Faustregel gilt, dass neue Werke oder die Zusammenstellung kürzerer Stücke (mixed bills), auch wenn sie die größere künstlerische Herausforderung darstellen mögen, weniger Einkommen generieren als bekannte Klassiker. Um die Qualität der Aufführungen zu maximieren, sind Opernhäuser jedoch auch aufgefordert, Stücke in ihr Repertoire aufzunehmen, welche die breite Öffentlichkeit a priori nicht ansprechen, und auch Produktionen zu wagen, die sehr teuer und dadurch mit hohem Risiko verbunden sind.600 Untersuchungen zufolge wird das Repertoire an US-amerikanischen Opernhäusern kontinuierlich kleiner.601 In einem Beitrag aus dem Jahr 1995 stellen Krebs und Pommerehne die Behauptung auf, dass es sich IntendantInnen deutscher Opernhäuser leisten könnten, den Geschmack des Publikums zu ignorieren und Produktionen zu geben, die ihre professionelle Reputation in ihrer Peer Group erhöhen.602 Was „außergewöhnliche“ Opern schwierig zu inszenieren macht ist darüber hinaus die Tatsache, dass für die (hoch bezahlten Star-)SängerInnen längere Probenzeiten gerechnet werden müssen und, dass manche Singlagen (wie beispielsweise der Heldentenor) selten
598 Vgl. Simonton (2000), S. 291; ähnliches gilt für das Repertoire von Symphonieorchestern; vgl. Dowd, et al. (2002) 599 Vgl. DiMaggio/Stenberg (1985); Castañer/Campos (2002); Neligan (2003); Boerner (2004), S. 428; O'Hagan/Neligan (2005) 600 Vgl. Pierce (2000), S. 48 601 Vgl. Heilbrun (2001); Baumol/Bowen (1967) konstatieren: „[T]icket sales at the Metropolitan Opera fell from their usual 97 per cent to 89 per cent of capacity when a contemporary work was performed. At the New York City Opera the corresponding decline was from 65 to 39 per cent of capacity.” 602 Vgl. Krebs/Pommerehne (1995)
160
4 Umwelt-Wirkungsgefüge des Musiktheaters
und dadurch teurer sind. Dies ist eine der Begründungen für eine Preisdiskriminierung innerhalb des Angebots. Entscheidungen über das Repertoire können als das Ergebnis einer Nutzenmaximierung innerhalb gegebener Rahmenbedingungen betrachtet werden.603 Einflussfaktoren auf das Repertoire eines Theaters sind vielfältig und können in drei Hauptkategorien eingeteilt werden: finanzielle, organisationale und sozio-ökonomische Bestimmungsgrößen. Zahlreiche Studien fokussieren hierbei auf der makroökonomischen Ebene mit Faktoren wie Kulturpolitik und Wirtschaftsbedingungen.604 Eine empirische Untersuchung für vierzig Non-Profit Theater in England von O’Hagan und Neligan zeigt, dass die Höhe öffentlicher Unterstützungen, die Größe und die Lage eines Theaters ebenso wie das durchschnittliche lokale Einkommen einen Einfluss auf die „Konventionalität“ des Repertoires haben.605 Die Untersuchung 127 deutscher öffentlicher Theater ergänzt diese Faktoren um die Einnahmen aus Abonnements, die Anzahl der Spielstätten, die Existenz anderer Theater im lokalen Umfeld sowie Größe und Bildungsniveau der Gesellschaft.606 4.4 Technologische Umweltbedingungen Eine häufig geäußerte Kritik an der Baumolschen Kostenkrankheit orientiert sich am technischen Wandel, der auch vor den Produktionsbedingungen der Darstellenden Künste – abseits ihrer Personalintensität – nicht halt gemacht hat. Eine „Happy Birthday“ spielende Grußkarte hat heute mehr Gehalt, als in der Welt vor 1950 verfügbar waren.607 Entsprechende technische Errungenschaften finden sich in der Bühnentechnik, audio-visuellen Unterstützung und neuen Übertragungstechniken und erhöhen so die Effizienz künstlerischer Produktionen. Entgegen dem Baumolschen Postulat hat es sehr wohl technische Verbesserungen und Errungenschaften im Bereich der Aufführungstechnik gegeben. So konnten die befürchteten Effekte mit neu konzipierten Austragungsorten höherer Kapazität, verbesserten Sound- und Lichtsystemen, besseren Verbreitungsmöglichkeiten sowie einen effizienteren Einsatz von Produktionsfaktoren zumindest eingedämmt werden.608 Technische Entwicklungen wie Drehbühnen, computergesteuerte Schnürböden, Hubpodien oder verschiebbare Bühnenräume, mit denen ganze Bühnenbilder verschwinden bzw. auftauchen können, etc. schaffen neue Möglichkeiten und erhöhen die technische Effizienz. In den 1960er Jahren änderte sich die Vgl. Pierce (2000); Castañer/Campos (2002) Vgl. DiMaggio/Stenberg (1985); Pierce (2000); Heilbrun (2001) 605 Vgl. O'Hagan/Neligan (2005) 606 Vgl. Neligan (2006) 607 Vgl. Cameron/Quinn (1999), S. 7 608 Vgl. Throsby (1994), S. 15 603 604
4.4 Technologische Umweltbedingungen
161
Aufführungssprache von der vorherrschenden Landessprache auf die Originalsprache der jeweiligen Oper um die Einheit von Wort und Musik zu gewährleisten. Dazu werden in den meisten Opernhäuser simultan Übertitel mit der Übersetzung des Librettos eingeblendet. Diese Entwicklung wird in Österreich auf Herbert von Karajan, Begründer der Salzburger Festspiele und damals Intendant der Wiener Staatsoper, zurückgeführt sowie auf die fortschreitende Internationalisierung des SängerInnen- und Musik-Marktes. Der Theatersektor hat sich in Zeiten der Reproduzierbarkeit von Kunstwerken durch CD, DVD oder andere Ton- und Bildträger sowie durch Übertragungsmöglichkeiten via Film, Fernsehen und Radio verändert. Diese Entwicklungen haben die Konsummöglichkeiten einer Aufführung um ein Vielfaches erweitert, wodurch die Kosten pro TeilnehmerIn erheblich gesenkt werden können609 und eine Erweiterung der Zielgruppen möglich wird.610 Dazu kommen die vielfältigen Möglichkeiten des Internet, die über Videoübertragung, Online-Performances, Kommunikationsmöglichkeiten wie Social Software eine Vielzahl an Interaktionsmöglichkeiten mit der Kunstform Theater bieten. Aus Marketingperspektive haben sich die Vertriebsprozesse durch neue Informations- und Kommunikationstechnologien erweitert und verbessert, wie z. B. den Informationsservice oder Ticketing- und Reservierungsprozesse. Die Merchandisingpalette hat sich beispielsweise durch Audio- und Video-Aufnahmen erweitert. Die technischen Errungenschaften erlauben nicht nur das Erreichen breiterer Publikumsschichten, sondern auch eine globale Verbreitung des künstlerisch Dargebotenen.
609 Vgl. Gottschalk (2006), S. 47 f.; das reproduzierte Kunstwerk erfüllt allerdings primäre Ansprüche der „life [!] performing arts“ nicht mehr. Vgl. Baumol/Bowen (1967) 610 Als Beispiel sei die Fernsehübertragungen der Opernpremieren der Salzburger Festspiele genannt. So verfolgten im Jahr 2005 Puccini’s „La Traviata“ mit Anna Netrebko und Rolando Villazon. Ein neues Geschäftsmodell der Metropolitan Opera in New York ist die weltweite Übertragung der Opernpremieren in entsprechend ausgestattete Kinosäle.
5 KünstlerInnen-Karrieren in den Darstellenden Künsten
All that work. All that glitter. All that pain. All that love. All that crazy rhythm. All that jazz. All That Jazz (Inhaltsangabe)
Künstlerische Karrieren sind mit zahlreichen Mythen behaftet. Von Wunderkindern und äußerster Disziplin ist die Rede, von Starallüren, überschwänglichen Lebensstilen reicht das Spektrum bis zu hungernden und frierenden KünstlerInnen die erst post mortem entdeckt und berühmt wurden. Da Karrierewege bildender KünstlerInnen zum Teil unterschiedlichen Mustern folgen als jene von KünstlerInnen in den Darstellenden Künsten, seien sie zu Gunsten von SängerInnen, SchauspielerInnen, MusikerInnen und TänzerInnen aus dieser Betrachtung ausgeklammert. Ein(e) KünstlerIn wird von der UNESCO wie folgt definiert: „‘Artist’ is taken to mean any person who creates or gives creative expression to, or re-creates works of art, who considers his artistic creation to be an essential part of his life, who contributes in this way to the development of art and culture and who is or asks to be recognized as an artist, whether or not he is bound by any relations of employment or association.”611
Nicht nur die Ergebnisse künstlerischer Arbeit sind außergewöhnlich, auch die Voraussetzungen für künstlerische Berufe sowie Arbeitsbedingungen bei ihrer Ausübung weisen einige Besonderheiten auf. In Abbildung 15 zeigt Kogan einen typischen Karriereverlauf in den Darstellenden Künsten. Die Karriere beginnt mit der „Geburtsausstattung“ (birth endowment), jenen Talenten, Eigenschaften, Begabungen und physischen Attributen mit denen das Kind von Geburt an ausgestattet ist. In seiner frühen Kindheit entwickeln sich seine ästhetische Sensibilität und Vorstellungskraft und werden für Außenstehende erkennbar. Hier kann bereits der elterliche Einfluss und die Exposition zu verschiedenen Kunstformen bedeutsam sein. Im Laufe der Kindheit werden kognitive, motorische und ausdrucksrelevante Fähigkeiten ausgebildet und gefestigt. Neben dem elterlichen und schulischen Einfluss wird außerschulisches Training wichtig, um die Kompetenzen auszubilden. In der späteren Jugend und der frühen 611
http://www.unesco.org/culture/laws/artist/html_eng/page2.shtml#I, online, [16.08.2004]
164
5 KünstlerInnen-Karrieren in den Darstellenden Künsten
Adoleszenz kommt es zu Evaluationen der Leistungen und den sogenannten „Flow“Erlebnissen. In dieser Zeit werden Talente und Begabungen in „messbare“ Fähigkeiten und Expertise umgesetzt und Karriereentscheidungen getroffen.612
Abbildung 15:
Karrierepfade in der Darstellenden Kunst Quelle: Kogan (2002), S. 13; Ellipsen kennzeichnen immanente Eigenschaften und Entwicklungen von KünstlerInnen, Rechtecke stehen für extrinsische Einflüsse und Erfahrungen.
Eine Karriere in der Darstellenden Kunst ist mit strategischen Fähigkeiten verbunden, insbesondere der Fähigkeit sich zu organisieren, Netzwerke zu knüpfen sowie mit Erfolgen und Misserfolgen umzugehen. Bereits im Laufe der Karriere sollten Überlegungen für das Leben „nach der Karriere“ angestellt werden. Das immanente Verletzungsrisiko ebenso wie die Belastungen durch atypische und familienunfreundliche Beschäftigungsformen sind starke Einflussfaktoren in die KünstlerInnen-Karrieren. 5.1 Künstlerische Dispositionen Eine Gemeinsamkeit des allgemeingültigen Verständnisses von KünstlerInnen ist das Vorhandensein eines speziellen Talentes oder einer Begabung, die über das Alltägliche hinausgeht. Zu einer erfolgreichen Karriere kommt neben dem Vorhandensein entsprechender Talente und Begabungen auch eine Bereitschaft, sich ergebende glückliche Umstände zu nutzen. 612
Vgl. Kogan (2002), S. 13
5.1 Künstlerische Dispositionen
165
5.1.1 Talent und Begabung Die künstlerische Karriere beginnt im Regelfall damit, dass bereits im Kindesalter eine besondere Begabung oder ein besonderes Talent attestiert wird. Die Identifikation hochbegabter bzw. talentierter Nachwuchskräfte ist dabei sowohl für Ausbildungs-, Auswahl- als auch Besetzungsentscheidungen von großer Bedeutung. Die Suchkosten nach talentierten KünstlerInnen in Form von Vorsingen (auditions), Wettbewerben, aber auch der Ausbildung an sich sind für beide Seiten – Kulturinstitutionen wie KünstlerInnen – hoch. Insbesondere das Gewinnen von Wettbewerben wie beispielsweise dem „Bundeswettbewerb Gesang“ in Berlin und die Höhe der Gagen haben hier Signalwirkung und gelten als „objektiviertes“ Merkmal von Talent. Talent ist ein sozial determiniertes Phänomen und wird ökonomisch mit hohen Gagen abgegolten. Die Superstar-Theorie sagt u. a. voraus, dass aufgrund der medientechnologischen Entwicklungen und der einhergehenden Skalenerträge die Einkommenskluft zwischen Superstars und den übrigen SängerInnen – trotz relativ geringer Unterschiede in Talent – immer weiter auseinandergehen wird.613 Ein Effekt ist die Internationalisierung sowohl in der Produktion von Musik als auch dem Publikumsgeschmack.614 Im Folgenden werden einige Überlegungen zur Identifikation von Talent und Begabung skizziert. Talent und Begabung sind dabei nicht nur Ausdruck einer persönlichen Disposition, sondern vielmehr die Erfüllung eines kulturellen Potenzials. Während Begabung (giftedness) das Vorhandensein und die Verwendung von untrainierten und spontan ausgedrückten natürlichen Fähigkeiten beschreibt, die unter den Top-10 Prozent der Gleichaltrigen liegen, beschreibt Talent (talent) die außergewöhnliche Beherrschung von systematisch entwickelten Fähigkeiten oder Fertigkeiten und von Wissen in einem Feld menschlicher Aktivitäten, ebenfalls unter den Top-10 Prozent der AltersgenossInnen.615 Entwickeltes Talent findet sich zwar in der Regel nur bei Erwachsenen,616 dennoch spielt eine frühe Reife (precocity) häufig eine bedeutsame Rolle in künstlerischen Karriere, da zahlreiche KünstlerInnen bereits ernstzunehmende Arbeiten schaffen und Anerkennung ernten, bevor ihre formale Ausbildung beendet ist.617 Tannenbaum beschreibt Begabung bzw. ihre Wahrnehmung als soziokulturell orientiert: „The fittest artists are those whose skills have ‚beneficial’ mutations, that 613 Vgl. Rosen (1981); Zur Superstar-Theorie siehe auch die Ansätze von Adler (1985), der eine höhere Popularität für das Entstehen von Superstars – selbst bei gleichem Talent – verantwortlich macht, aber auch von MacDonald (1988); Hamlen (1991), (1994); Towse (2001a); Schulze (2003) 614 Vgl. Towse (1993), S. 199 ff. 615 Vgl. Gagné (2004), S. 120; Gagné trennt in seinem differenzierten Begabungs- und Talentmodell einerseits Potenzial und erbrachte Leistung und unterscheidet dabei zwischen intellektuellen, kreativen, sozialen, sensumotorischen und anderen Begabungen. 616 Vgl. Tannenbaum (1986), S. 33 617 Vgl. Menger (1999), S. 551 f.
166
5 KünstlerInnen-Karrieren in den Darstellenden Künsten
is mutations appreciated by customers.“618 Hochbegabung ist das Resultat des Zusammenwirkens verschiedener Facetten einer Persönlichkeit. Allgemeine und spezielle intellektuelle Fähigkeiten, nichtintellektuelle Faktoren, Umweltbedingungen und dargebotene Chancen erweisen sich als entscheidend für die Definition von Begabung durch die Gesellschaft. Neben den Knappheits-Talenten (scarcity talents), welche das Leben sicherer, gesünder, einfacher oder verständlicher gestalten, beschreibt er auch so genannte „Mehrwerttalente“ (surplus talents), jene seltenen Begabungen welche die Gefühlswelt des Menschen tangieren wie es z. B. MusikerInnen oder SängerInnen können. Weiters sind Quotentalente (quota talents) spezielle Begabungen, die nur bei Bedarf zur höchsten Ausprägung gelangen während „abnorme“ Talente (anomalous talents) in der Gesellschaft nur wenig geschätzt werden.619 Künstlerische Fertigkeiten haben eine starke intangible (tacit) Komponente und können nicht einfach von einer Person auf eine andere übertragen werden. Daher ist ein Lernfortschritt als solcher nicht planbar und eine kontinuierliche Verbesserung ist trotz Trainings nicht immer garantiert.620 Auch musische Fähigkeiten werden in der Intelligenz verortet – bestimmte Regionen des Gehirns sind für die Wahrnehmung ebenso wie die Produktion von Musik verantwortlich. Gardner beschreibt in seinem fähigkeitsorientierten Ansatz neun Formen multipler Intelligenz, wovon die musikalische Intelligenz als Fähigkeit, in Musik zu denken sowie musikalische Rhythmen und Muster wahrzunehmen, zu erkennen, zu erinnern, umzuwandeln und wiederzugeben,621 im vorliegenden Zusammenhang besonders relevant scheint. Nach Sternberg ist „Erfolgsintelligenz“ (successful intelligence) vorhanden, wenn Herz und Verstand derart mit Kreativität gepaart und an situative Faktoren angepasst werden können, dass daraus der entscheidende praktische Erfolg wird. „‘Successful intelligence’ is defined as the ability to balance the needs to adapt to, shape and select environments in order to attain success, however one defines it, within one’s socio-cultural context.”622
Caserta/Cuccia (2001), S. 197 Vgl. Tannenbaum (1986) 620 Das angeborene Talent erfolgreicher KünstlerInnen zeigt sich auch in einer Studie von Simonton über 120 klassische Komponisten, von denen die produktivsten und angesehensten vergleichsweise (a) kürzere musikalische Ausbildungszeiten bevor sie mit dem Komponieren begannen aufwiesen und b) weniger lange komponierten um ihren ersten Beitrag zum Standardrepertoire zu leisten. vgl. Simonton (2000), S. 285 621 Vgl. Gardner (2006), S. 8 f.; natürlich sind auch die anderen Formen von Intelligenz für eine ganzheitliche Betrachtung von Bedeutung. Diese sind sprachliche Intelligenz und logisch-mathematische Intelligenz (beide IQ), intrapersonelle Intelligenz und interpersonale Intelligenz (beide EQ), sowie körperlichkinästhetische Intelligenz, räumliche Intelligenz, natürliche Intelligenz sowie existenzielle Intelligenz. 622 Sternberg (1999), S. 438 618 619
5.1 Künstlerische Dispositionen
167
Andere Modelle, wie das Drei-Ringe-Modell von Renzulli, nehmen den Fokus von speziellen Fähigkeiten und betonen Leistung (achievement) als “glückliche Fügung” überdurchschnittlicher Intelligenz, Kreativität und Aufgabenorientierung (task commitment).623 Schließlich legt die Natur der künstlerischen Arbeit ein hohes Maß an emotionaler Intelligenz nahe, die durch die Marktkräfte, die aktuell das Arbeitsleben bestimmen, „auf noch nie da gewesene Weise mit Erfolg am Arbeitsplatz“ 624 belohnt wird. 5.1.2 Der Glücksfaktor Das Glück begünstigt den vorbereiteten Geist. Louis Pasteur (1822-1895), französischer Wissenschafter
In den Karrieren berühmter OpernsängerInnen und anderer KünstlerInnen sollte ein Faktor nicht vernachlässigt werden: Der glückliche Zufall (serendipity). In der Regel werden Darstellende KünstlerInnen von jemand entdeckt, der/die ihnen die Möglichkeit gibt in der Öffentlichkeit zu glänzen. Während postuliert wird, dass jede Person, die genügend motiviert ist, ihre eigenen Leistungen zu steigern, irgendwann einmal ExpertInnenstatus erreichen kann,625 sind noch andere Faktoren karriereprägend oder –entscheidend. Insbesondere zu Beginn der Karriere, ist es wichtig „zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein.“ So begann die steile Karriere des kürzlich verstorbenen Tenors Luciano Pavarotti bereits zwei Jahre nach seinem Bühnen-Début, als er 1963 im Royal Opera House London für den Startenor Giuseppe Di Stefano erfolgreich einspringen durfte.626 Neben der allgemeinen Wahrscheinlichkeit einer Indisposition, kann psychische Belastung die Stimmkondition von SängerInnen beinträchtigen, so dass diese aus verschiedenen Gründen – auch kurzfristig – Auftritte und Engagements absagen müssen.627 Ähnliche Beispiele gibt es insbesondere in jenen Bereichen der Künste, wo die multi- und massenmediale Berichterstattung diesen Prozess beschleunigen und verstärken kann. Die richtigen Leute zu treffen bzw. von ihnen gehört zu werden kann ein karriereentscheidender Glücksfall sein, wie im Falle Enrico Carusos der den Komponisten Giacomo Puccini zu begeistern wusste oder José Carreras, der bei einem kleinen Auftritt seine Kollegin Montserrat Caballé, damals bereits Star, für sich derart einnahm, dass sie verlangte weitere Rollen mit ihm zu singen. Protegé Vgl. das Triadische Interdependenzmodell von Renzulli (1986); dieses Modell wird von Mönks (1990) um die sozialen Settings Familie, Schule und Freundesgruppe erweitert. 624 Vgl. Goleman (1997), S. 14 625 Vgl. Howe, et al. (2000) 626 Vgl. Díaz de Chumaceiro (2004b), S. 12 627 Vgl. Sandgren (2005), S. 66 623
168
5 KünstlerInnen-Karrieren in den Darstellenden Künsten
einflussreicher PatInnen zu sein ist im Sinne eines Netzwerkmanagements karrierefördernd. Häufig folgt auch ein glücklicher Zufall dem anderen: Dirigentin Simone Young bekam ihren ersten großen Auftritt durch den Ausfall eines Kollegen, Preise folgten, sie wurde Protegée von Daniel Barenboim und eingeladen, die weltweit übertragene Eröffnung der Olympischen Spiele in Sydney zu dirigieren.628 Seltener als die Möglichkeit durch einen Ausfall oder Bekanntschaften den bahnbrechenden Auftritt zu erlangen sind Gelegenheiten, neue Opernrollen kreieren zu dürfen und sich dadurch einen Namen zu machen.629 Neben dem Glück ist jedoch auch eine gewisse „Intuition“ bzw. Erfahrung in Form der Wiedererkennung gelernter und erlebter Muster wichtig um strategisch richtige Entscheidungen zu treffen.630 Dem Zufall nachzuhelfen wird als „Pseudo-Serendipity“ oder „Planned Happenstance“ (geplanter Zufall)631 bezeichnet. Es geht darum bereit zu sein, wenn der glückliche Zufall eintritt, und die Chance zu ergreifen. Die persönliche Bereitschaft (readiness) wird dadurch zu einem entscheidenden Faktor für die künstlerische Karriere. Während die interne Bereitschaft Faktoren wie Selbstbewusstsein, Optimismus, Flexibilität, Risikofreudigkeit, hohe Motivation, die Bereitschaft hart zu arbeiten und Durchhaltevermögen beinhält, beschreiben externe Unterstützungssysteme ebenso wie soziale und kulturelle Faktoren die externe Bereitschaft der KünstlerInnen.632 Um „gehört zu werden“ bedienen sich viele KünstlerInnen inzwischen moderner Informations- und Kommunikationstechnologien, unterhalten ihre persönlichen Websites, werden auf den Homepages ihrer Plattenfirmen und Fans geführt und arbeiten zunehmend mit Audio-Ausschnitten.633 Hand in Hand mit dem Glück geht eine hohe Unsicherheit in Bezug auf persönlichen beruflichen Erfolg. Daher kann eine Konzeptualisierung von Talent neben künstlerischen und technischen Fähigkeiten und Fertigkeiten auch verhaltens- und beziehungsrelevante Fähigkeiten umfassen. Die hohe Unsicherheit führt auch zu einer nicht unwesentlichen Bedeutung von Aberglauben (Glück, Bestimmung, übernatürliche Zufälle) und seinem differenzierteren Äquivalent (Genie und Kreativität).634 5.2 Karrieren-Lebenserwartung und Beschäftigung Zu Beginn einer Karriere in den Darstellenden Künsten stellt die Aufnahme an eine Kunsthochschule eine erste Hürde dar, denn Ausbildungsplätze an Opern-, SchauVgl. Díaz de Chumaceiro (2004b), S. 14 ff., (2004a); Stremikis (2002) Vgl. Díaz de Chumaceiro (2004a), S. 349 f. 630 Vgl. Matzler, et al. (2007), S. 13 f. 631 Vgl. Mitchell, et al. (1999) 632 Vgl. Díaz de Chumaceiro (2004b), S. 13 633 Vgl. Leff (2000, online) 634 Vgl. Menger (1999), S. 558 628 629
5.2 Karrieren-Lebenserwartung und Beschäftigung
169
spiel- oder Regieklassen sind schwierig zu erhalten und tlw. spärlich gesät. Ähnlich verhält es sich mit Masken- oder Bühnenbildschulen. Arbeitsverhältnisse sind gekennzeichnet durch kurzfristige Verträge und projekt-basierte Anstellungen.635 So schreibt Kogan über die Karriere New Yorker BühnendarstellerInnen: „Imagine entering a field that promises a 10-year performing career, or in which the unemployment rate at any moment in time is on the border of 90% to 95%.”636
Die Fertigkeiten welche Darstellende KünstlerInnen im Rahmen ihrer Ausbildung erwerben, sind nur schwer objektivierbar, vermittelbar und zertifizierbar.637 Dadurch ist besonders die Anfangsperiode im künstlerischen Arbeitsmarkt sehr unsicher und kann als „trial and error“-Prozess beschrieben werden, in welchem KünstlerInnen ihre Fähigkeiten und Chancen einer erfolgreichen Professionalisierung erfahren und austesten können. Die Folge ist eine hohe Drop-out-Rate: 26 % der Darstellenden KünstlerInnen verlassen den Arbeitsmarkt innerhalb der ersten zwei Jahre wieder. Dies gilt besonders für SchauspielerInnen und TänzerInnen. MusikerInnen, insbesondere im Bereich der ernsten Musik, sind aufgrund der strengeren Aufnahmeprozesse weniger gefährdet. Bei SchauspielerInnen hingegen steigt das Risiko eines Austritts aus dem Arbeitsmarkt unter 25 Jahren bzw. ab einem Alter von 45 Jahren. TänzerInnen haben ab dem Alter von 35 Jahren erhöhtes Risiko. 638 5.2.1 Der künstlerische Arbeitsmarkt KünstlerInnen stellen insgesamt nur einen kleinen Teil der berufstätigen Bevölkerung dar.639 Doch der künstlerische Arbeitsmarkt ist voller bemerkenswerter Besonderheiten. Der Arbeitsmarkt ist durch atypische Beschäftigung gekennzeichnet: Vergleichbare Beschäftigungsgruppen mit ähnlichem Humankapital (freie, technische and ähnliche Berufe) verdienen höhere Gehälter und weisen niedrigere Ungleichheit und Variabilität in ihren Einkommen auf. KünstlerInnen sind jünger, gebildeter und urbaner als der Durchschnitt der Erwerbstätigen, zeigen höhere Raten an selbständiger Erwerbstätigkeit, Arbeitslosigkeit und Formen „gezwungener Unterbeschäftigung“ (constrained underemployment) in Form unfreiwilliger Teilzeitarbeit, intermittierender Arbeitsverhältnisse oder reduzierter Arbeitsstunden und haben vielfach Vgl. Haunschild (2004) Kogan (2002), S. 15 637 Vgl. Menger (1999), S. 558 ff. 638 Vgl. Coulangeon, et al. (2005), S. 374 ff. für Frankreich 639 1,9 Prozent im Frankreich des Jahres 1995 bzw. 1,5 Prozent in den USA des Jahres 1998, Vgl. Benhamou (2003), S. 73; in Österreich waren im Jahr 2001 1,2 Prozent der Erwerbstätigen in Kulturberufen tätig (Wien 2,6 Prozent), Vgl. Statistik Austria (2007a), S. 187 635 636
170
5 KünstlerInnen-Karrieren in den Darstellenden Künsten
Nebentätigkeiten (multiple job holders). Langfristige stabile Arbeitsbeziehungen findet man im kulturellen Arbeitsmarkt fast ausschließlich in großen Organisationen, die auf mehrjähriger Basis arbeiten – wie Opernhäusern, Theatern oder Symphonieorchestern. Doch auch hier nimmt die Zahl kurzfristiger Arbeitsverhältnisse zu und bewirkt eine paradoxe Arbeitsmarktsituation, in der hoch ausgebildete und differenzierte Arbeitnehmer nur schwache Arbeitgeberbeziehungen eingehen.640 Dies liegt unter anderem daran, dass der Erfolg von KünstlerInnen zunehmend von ihren strategischen Entscheidungen beeinflusst wird, die wiederum Mobilität am Arbeitsmarkt bedingen. Eine Vielzahl an Engagements dient als Reputationssignal und zieht in der Regel weitere Engagements nach sich.641 Das Arbeitskräfteüberangebot ist im Kulturbereich chronisch. Dieses wird durch ein Überangebot an Ausbildungsplätzen an künstlerischen bzw. Musikhochschulen im Vergleich zur Zahl verfügbarer Arbeitsplätze besonders für klassische MusikerInnen und SängerInnen noch verschärft. Allerdings kann beobachtet werden, dass das Überangebot weniger talentierte KünstlerInnen betrifft, während es gleichzeitig eine Knappheit an „wirklichen“ Talenten zu geben scheint.642 Durch kurzfristige Verträge wird das Risiko für die arbeitgebenden Institutionen minimiert und auf die KünstlerInnen übertragen. Die entstehende Flexibilität fördert künstlerische Innovation und die Möglichkeit, die bestmögliche Auswahl an talentierten KünstlerInnen zu treffen. Dadurch werden die Kosten des Überangebots auf die öffentliche Kulturpolitik, in deren Interesse eine größtmögliche Auswahl an talentierten KünstlerInnen liegt, und die einzelnen KünstlerInnen übertragen.643 Die Nachfrage nach darstellenden KünstlerInnen im Allgemeinen wird durch das Einkommensniveau der anstellenden Institutionen und damit auch öffentlichen Förderungen und Ticketeinnahmen bestimmt. Die Nachfrage nach spezifischen KünstlerInnen wird vor allem durch den Publikumsgeschmack, die Austauschbarkeit einzelner KünstlerInnen sowie bei SängerInnen durch die Stimmlage bzw. das Fach beeinflusst.644 Im Moment stehen eine Vielzahl privat oder akademisch ausgebildeter Darstellender KünstlerInnen einer begrenzten Zahl an Positionen in großen oder kleinen Opernhäusern und Theatern oder Festivals gegenüber. Die Zahl der Aufführungen ist zudem durch begrenzte Spielzeiten beschränkt. Auf SolistInnenEbene ist der Arbeitsmarkt sehr kompetitiv und so werden gefragte SängerInnen bereits Jahre im Voraus gebucht.645 Nicht ohne Grund wurde der künstlerische Arbeitsmarkt mit einer Lotterie verglichen, in welcher TeilnehmerInnen ihre
Vgl. Menger (1999), S. 545 f. Vgl. Menger (1999), S. 550 642 Vgl. Towse (1993); Menger (1999), S. 569; Benhamou (2003) 643 Vgl. Menger (1999), S. 566 ff. 644 Vgl. Towse (1993), S. 102 645 Vgl. Díaz de Chumaceiro (2004b), S. 13 640 641
5.2 Karrieren-Lebenserwartung und Beschäftigung
171
Chancen tendenziell überschätzen.646 Aus diesem Grund steigen Beschäftigung und Arbeitslosigkeit häufig zur selben Zeit. Vollständige Information um eine rationale Berufsentscheidung treffen zu können, gibt es nicht. Eine Besonderheit des künstlerischen Arbeitsmarktes ist daher, dass einerseits junge und unerfahrene KünstlerInnen niedrige Löhne als Ausgleich für Information bezüglich der Arbeit und sich selbst akzeptieren um ihre Chancen besser einschätzen zu können und, im schlimmsten Fall, ihr Vorhaben mit Kunst ihr Auskommen zu finden, aufgeben. Andererseits gibt es eine kleine Anzahl von KünstlerInnen, die von diesem Lernprozess profitieren und aufgrund der Knappheit des Faktors Talent extrem hohe Einkommen erhalten.647 Der künstlerische Arbeitsmarkt im deutschsprachigen Raum ist weiters durch ein trainings- und funktions- bzw. prozessorientiertes Beschäftigungssystem gekennzeichnet (vgl. Tabelle 8). Beschäftigungssysteme (employment rules) stellen einen institutionellen Rahmen zur Verfügung, der es Organisationen wie ArbeitnehmerInnen erlaubt, sich vor opportunistischem Verhalten des jeweiligen Vertragspartners zu schützen.648 Dazu gehören akademisch erworbenen Qualifikationen und Kompetenzen ebenso wie die Abbildung ihrer funktionalen Äquivalente wie Netzwerke oder Tätigkeitsbilder. Job demands identified by The focus of enforcement criteria
Production approach
Training approach
Task-centred
‘Work post’ rule (USA, France)
‘Job territory’/’tools of trade’ rule (Britain)
Function-/Procedurecentred
‘Competence rank’ rule (Japan)
‘Qualification’ rule (Germany)
Tabelle 8:
Vertragliche Bedingungen und gebräuchliche Beschäftigungsregeln Quelle: Marsden (2000), S. 327
In Verbindung mit den jeweiligen Arbeitsverträgen stellen die Beschäftigungssysteme einen Rahmen zur Verfügung, innerhalb dessen Kooperations- und Verhandlungsprozesse transparent und nachvollziehbar stattfinden. Ein Produktionsansatz (production approach) geht von den Erfordernissen der Leistungserstellung und legt einen Fokus auf den effizienten Einsatz der Arbeitskräfte, während ein Trainingsansatz (training approach) die Kompetenzen der Arbeitskräfte anhand der vorhandenen Qualifikationen am Markt optimiert. Eine Tätigkeitsorientierung (task orientation) Vgl. Alfred Marshall zit. n. Menger (1999), S. 554 Vgl. Menger (1999), S. 561 648 Vgl. Marsden (2000), S. 322; siehe auch Haunschild (2004) 646 647
172
5 KünstlerInnen-Karrieren in den Darstellenden Künsten
zieht hierbei den Input der ArbeitnehmerInnen in den Produktionsprozess als Kriterium zur Zuordnung von Aufgaben heran, während die Outputs bei einer Aufgabenorientierung (function/process orientation) herangezogen werden.649 Beschäftigungssysteme der „work post rule“ (USA oder Frankreich) zeichnen sich durch ein stabiles Stellengerüst aus, welches Bewertungs- und Vergleichsmöglichkeiten für interne Aufstiege und Beförderungen ermöglicht. Arbeitseinsatz und Fleiß innerhalb der individuellen Organisation werden belohnt. Bei dem „competence rank“-System (Japan) hingegen ist die Kooperation innerhalb der Arbeitsgruppe ausschlaggebend. Je nach Schwierigkeit der Aufgabe wird die interne Rangordnung berücksichtigt. Das System des „job territory/tools of the trade“ (Großbritannien) stellt die konkreten Tätigkeiten der ArbeitnehmerInnen in Hinblick auf ihre Qualifikationen in den Mittelpunkt. Das Beschäftigungssystem der „qualification rule“ (Deutschland) hingegen gestaltet Aufgabenfelder nach den erforderlichen bzw. verfügbaren Qualifikationen.650 Alle vier Systeme unterscheiden sich hinsichtlich der verfügbaren Flexibilität und Anpassungsfähigkeit an Umweltveränderungen. Die unterschiedlichen Beschäftigungssysteme und der heimische hohe Grad an „on-the-job“-Training stellen auch einen Grund für die hohe Zahl internationaler SängerInnen, besonders aus den USA, an deutschen und österreichischen Bühnen dar. Im Vergleich dazu wird die Ausbildung in den USA oder Großbritannien als härter betrachtet, was den KünstlerInnen bei Besetzungsentscheidungen wiederum einen Vorteil verschafft. Zudem fehlen vielfach monetäre Anreize für heimische KünstlerInnen ins Ausland zu gehen, während Ensembleverträge für ausländische SängerInnen finanziell und vertraglich reizvoll sind.651 5.2.1.1 Atypische Beschäftigung Künstlerische Positionen sind in der Vielzahl der Fälle durch sogenannte atypische Beschäftigungsverhältnisse ausgezeichnet. Diese Beschäftigungsverhältnisse, auch als „prekäre Arbeitsverhältnisse“,652 „content work“ oder „intermittent work“ bekannt, sind vor allem durch eine ungewisse Vertragsdauer und/oder Ungewissheit über die zu erwartende Mindestarbeitszeit, charakterisiert. Dazu gehören Zeitarbeit, befristete Beschäftigungen, Scheinselbständigkeit, Arbeitskraftunternehmertum und freiwillige Teilzeitarbeit.653
Vgl. Haunschild (2003), S. 910 Vgl. Marsden (1999), S. 219 ff. 651 Vgl. Towse (1993), S. 240 f. 652 Ein Arbeitsverhältnis ist dann „prekär“, wenn dieses aus Sicht des/r Beschäftigten als negativ wahrgenommen wird oder ungewollt eingegangen wurde. Vgl. Wimmer/Neuberger (1998), S. 280 653 Vgl. Haunschild (2002), S. 580; Menger (1999); Towse (1993) 649 650
5.2 Karrieren-Lebenserwartung und Beschäftigung
173
ArbeitskraftunternehmerInnen sind in gewissem Maße UnternehmerInnen ihrer eigenen Arbeitskraft. So sind KünstlerInnen selbst für ihre Karriere und die Streuung verschiedener Risiken wie beispielsweise einer Überbeanspruchung ihrer Stimme verantwortlich. ArbeitskraftunternehmerInnen sind insbesondere durch 1) verstärkte Selbstkontrolle und Selbstbeherrschung der eigenen Arbeit in Anbetracht ergebnisund marktorientierter Zielsetzungen der Arbeitgebenden, 2) erweiterte SelbstÖkonomisierung der Arbeitskraft durch Planung, Weiterentwicklung und Selbstmarketing sowie 3) Selbstrationalisierung und Vertrieblichung des (Privat-)Lebens durch die Verwischung der Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit, gekennzeichnet.654 Karrierepfade Darstellender KünstlerInnen tragen dadurch sowohl Züge freiberuflicher als auch unternehmerischer Tätigkeit: KünstlerInnen verlassen sich sowohl auf ihre Fertigkeiten als auch auf Marktchancen um herausfordernde Aufgaben anzunehmen, die ihnen wiederum größeres Wissen und Reputation bringen. Ihr Marktwert hängt von ihrer Reputation ab. Vielfach sind sie ihrer Community bzw. ihren „Peers“ gegenüber loyaler als einzelnen (arbeitgebenden) Organisationen.655 Besonders deutlich zeigt sich atypische Beschäftigung im französischen Theatersystem, welches durch verhältnismäßig flexible Organisationsformen gekennzeichnet ist, in denen eine Vielzahl kleiner freier Kompanien ihre Produktionen an verschiedenen Theatern und Festivals zeigen. Hier bilden direkte Subventionen an diese Kompanien und Institutionen sowie befristete Verträge und das Arbeitslosenversicherungssystem „Intermittence“656 den Rahmen für die Beschäftigung Darstellender KünstlerInnen. Der strukturell bedingte häufige Wechsel zwischen Beschäftigung und Arbeitslosigkeit verleiht individuellen Karrieren einen unsicheren Charakter, ist jedoch gleichsam in vielen Fällen Voraussetzung für eine erfolgreiche künstlerische Karriere.657
654 Vgl. Voß/Pongratz (1998); Voß/Ebringhoff (2004); diese subjektivierte Orientierung an der eigenen Tätigkeit wird anhand einer Studie ausgewählter FacharbeiterInnen und Angestelltengruppen deutlich. Sie identifiziert einen neuen Typus „leistungsoptimierender“ Arbeitskräfte, die in ihrer selbstgesteuerten und ergebnisoptimierten Arbeitsleistung eine Erlebnisqualität in der Arbeit jenseits der formalen Vorgaben sucht. Vgl. Pongratz/Voß (2002) 655 Vgl. Menger (1999), S. 551 656 „Intermittence“ bedeutet ein „zeitweises Aussetzen“ einer Tätigkeit. Bis vor kurzem galt: wer 507 Stunden im Jahr arbeitet, erwirbt dadurch ein Anrecht auf zwölf Monate Arbeitslosengeld. Mit dieser Zuwendung konnten die dreißigtausend freiberuflichen Schauspieler, Musiker, Tänzer, Bühnenarbeiter, Film- und Fernsehtechniker ihre Arbeit fortsetzen. Mit anderen Worten: Da die Theater, Festivals oder Rundfunk-/Fernsehanstalten den freien Mitarbeitern nach den besagten 507 Arbeitsstunden keine Honorare mehr zu zahlen brauchten, benötigten sie auch insoweit keine staatlichen Subventionen mehr. Das heißt also: die Fortsetzung der künstlerischen Arbeit wurde aus der Arbeitslosenversicherung bezahlt. Drastische Anstiege in der Zahl der „Intermittents“ und Missbrauch des Systems führten zu einem hohen Defizit in der französischen Arbeitslosenversicherung und Reformierung des Systems. Vgl. Rohde (2004) 657 Vgl. Coulangeon, et al. (2005), S. 370
174
5 KünstlerInnen-Karrieren in den Darstellenden Künsten
Durch die hohe Selbständigkeitsrate (Freelance) der darstellenden KünstlerInnen gibt es kaum Normen über Wochen-Arbeitsstunden und Ferienzeiten. Während sich KünstlerInnen mit 30 Aufführungen pro Jahr als vollkommen belastet betrachten können, sind es für andere 130 Aufführungen pro Jahr. Dazu kommen die Vorbereitungszeiten für beispielsweise das Erlernen des Opernrepertoires, was für größere Rollen mehrere Monate konzentrierter Arbeit in Anspruch nehmen kann.658 Im Opernensemble herrschen geregeltere Arbeitsabläufe, während untertags geprobt wird, stehen abends die Aufführungen am Programm. 5.2.1.2 Karrierekapital durch Mobilität und Flexibilität Der künstlerische Arbeitsmarkt zeichnet sich durch hohe grenzüberschreitende und interorganisationale Flexibilität aus. In vielen Bereichen (mit Ausnahme sprachbasierter Produkte wie Literatur oder Sprechtheater) ist der Markt hochgradig international: „The core task of symphony orchestras is well defined and similar both within and across nations, in that symphony orchestras around the world play largely the same repertoire with roughly the same number and mix of players.“659
Während die Unbeständigkeit künstlerischer Arbeitsbedingungen als belastend wahrgenommen werden kann, stellen die verschiedenen Produktionen jeweils persönliche Möglichkeiten zu lernen dar. Erfahrungen der MitarbeiterInnen aus vergangenen Projekten stellen gerade im Kulturbereich eine wichtige Ressource dar. Auch projektbasierte Unternehmen wie Theater können nach jedem Projektabschluss lernen.660 Karriere-Kapital beschreibt das Portfolio an nicht-finanziellen Ressourcen, die eine Person in ihre Arbeit einbringen kann. Es wird durch drei interdependente Arten des Wissens generiert: „Wissen-Warum“ reflektiert die Werte, Motivation und Identität eines Individuums und das gesuchte Gleichgewicht zwischen Arbeit und Familie. Es reflektiert die Bereitschaft, sich an einem Team zu beteiligen. „Wissen-Wie“ beinhaltet das Repertoire an Fähigkeiten und Expertise eines Individuums, welche den Projekterfolg direkt beeinflussen können. „Wissen-Wen“ reflektiert das Netzwerk eines Individuums, sowohl innerhalb als auch außerhalb des Unternehmens, und stellt ein zusätzliches Potenzial für Projekte dar.661 Projekte stellen Möglichkeiten dar, Karriere-Kapital zu investieren und zu akkumulieren.662 Die Mitarbeit an einem Vgl. Towse (1993), S. 82 Allmendinger/Hackman (1996), S. 340 660 Vgl. Arthur, et al. (2001) 661 Vgl. Arthur, et al. (2001), S. 100 f. 662 Vgl. Weick (2001) 658 659
5.2 Karrieren-Lebenserwartung und Beschäftigung
175
Projekt kann als „community of practice“ betrachtet werden, die sich überlappende Identitäten ihrer Mitglieder, soziale Interaktion und geteilte Wissensagenden über ihre Arbeitspraktiken verbindet.663 KünstlerInnen nehmen an mehreren Communities gleichzeitig teil und können gleichzeitig Bindungen zum jeweiligen Theater, ihrem Beruf und der Branche widerspiegeln. Die überlappenden Identitäten welche MitarbeiterInnen im Unternehmen teilen, können zu höherer Leistung (Performance) führen. Insbesondere im Kulturbereich findet „population earning“ in der Branche statt. 5.2.1.3 Beruf und Familie The ultimate of being successful is the luxury of giving yourself the time to do what you want to do. Leontyne Price, US-amerikanische Opernsängerin
Eine unkonventionelle („Bohemian“) Lebensweise ist fixer Bestandteil eines KünstlerInnen-Klischees. Der Lebensstil der Bohème hat „durch Phantasie, Wortwitz, Esprit, Chansons, Trinkgelage und Liebe in ihren vielfältigen Formen gewiß einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung des künstlerischen Lebensstils geleistet […].“664
Dazu gehört der Versuch, „to integrate all aspects of life into an individual life that is itself a work of art.”665 Die Gesellschaft der KünstlerInnen ist hierbei nicht nur als Labor für eine spezielle Lebensweise und als fundamentale Dimension des künstlerischen Schaffungsprozesses zu verstehen, ihre wichtigste Funktion liegt darin, dass sie selbst ihr eigener Markt ist.666 Werte wie Commitment zur eigenen Arbeit sowie Persönlichkeitsentwicklung und -erweiterung zählen mehr als beispielsweise Entlohnung für Überstunden.667 Dieser Lebensstil ist insofern unkonventionell, als er den bürgerlichen Werten und Normen der Westlichen Welt widerspricht.668 Die Integration von Beruf und Familie gestaltet sich entsprechend schwierig. Dennoch ist dieser Lebensstil vielfach Teil der Selbstwahrnehmung von KünstlerInnen. Andernfalls ist nur schwer zu erklären, dass die künstlerische Arbeitskraft nicht teurer ist bzw. herrschende Arbeitsbedingungen einfach akzeptiert werden. 669 Vgl. Lave/Wenger (1991) Bourdieu (1999 [1992]), S. 96 665 Eikhof/Haunschild (2007), S. 530 666 Vgl. Bourdieu (1999 [1992]), S. 99 667 Vgl. Eikhof/Haunschild (2006) 668 Vgl. Bourdieu (1999 [1992]), S. 93 ff. 669 Vgl. Caves (2000), S. 3; Eikhof/Haunschild (2007), S. 531 663 664
176
5 KünstlerInnen-Karrieren in den Darstellenden Künsten
5.2.1.4 Karrieren-Lebenserwartung und Gesundheits-Risiken Die Karrierenlebenserwartung (occupational life expectancy) in den Darstellenden Künsten ist sehr unterschiedlich und von physischen Voraussetzungen und einer relativ konstanten Gesundheit abhängig. Während die Karriere von klassischen TänzerInnen durch die hohen physischen Anforderungen meist in jungen bzw. mittleren Jahren endet, kann sich die Karriere von DirigentInnen bis ins hohe Alter erstrecken. Besonders hohe Unsicherheit herrscht am Arbeitsmarkt für SchauspielerInnen. Während es so viele neu Eintretende in den Arbeitsmarkt gibt, dass in den meisten Ländern komplexe Gewerkschaftsregeln etabliert wurden um dem Überangebot Herr zu werden, sind durchschnittliche Verdienstmöglichkeiten sehr gering (Medianearnings). Angehende SchauspielerInnen können erwarten, den Großteil ihrer Zeit in wirtschaftlicher Unsicherheit, mit so wenig Arbeit, dass sie diese durch andere Tätigkeiten subventionieren müssen, zu verbringen.670 Die Ausübung des Schauspielberufs kann allerdings bis ins hohe Alter ausgeübt werden. Für TänzerInnen sind die Eintrittsbarrieren und Aufnahmekriterien am Arbeitsmarkt sehr hoch. Hierbei ist eine klassische Tanzausbildung von Bedeutung, da auch moderne TänzerInnen ihre Karrieren in der Regel als klassische TänzerInnen starten und beenden. Eine Studie aus den USA bestätigt eine hohe Korrelation zwischen formaler Tanzausbildung, Alter und Tanzerfahrung mit Beschäftigung im Bereich des Tanzes. Die Wahl einer Tanzkarriere bedeutet in den meisten Fällen den Verzicht auf deutlich höhere Einkommen, wobei das Einkommen mit formaler Ausbildung steigt. Sehr oft wird der Wunsch, auf der Bühne zu tanzen, über andere berufliche Tätigkeiten (mit)finanziert. Die Drop-out-Rate ist sehr hoch – von den 85 Prozent der Befragten die vor 1998 als TänzerInnen aktiv waren, blieben im Jahr 1998 nur 54 Prozent aktiv beschäftigt. Berufe in der Ausbildung, Administration oder Choreographie lösen die aktive Tanzkarriere ab.671 TänzerInnen müssen permanent hohen Ansprüchen an ihre körperliche Fitness genügen um am Arbeitsmarkt bestehen zu können. Dies macht ihre Karrieren anfällig für physische Verletzungen oder Abnützungserscheinungen. Auch im Bereich der OrchestermusikerInnen herrscht ein Angebotsüberschuss. Rund 1.400 Studierenden, die jährlich ihr Examen in Instrumental-/Orchestermusik ablegen, stehen etwa 170 freie Stellen gegenüber.672 MusikerInnen finden im Vergleich Vgl. Nettle (2006), S. 375 f. Vgl. Montgomery/Robinson (2003); Aufgabe von ChoreographInnen sind die Erfindung und Ausarbeitung tänzerischer Abläufe innerhalb einer Inszenierung für klassisches Ballett, Tanztheater oder Performances aber auch in Oper, Operette und Schauspiel. Diese werden fachkundig geplant und einstudiert. ChorographInnen sind zumeist ausgebildete TänzerInnen mit mehreren Jahren Bühnenerfahrung und einer akademischen Zusatzausbildung, Vgl. Deutscher Bühnenverein (DBV) (2002), S. 18 f. 672 Vgl. Hirschler (2005), S. 43; „Mit etwa 130 Sinfonieorchestern und zahlreichen Kammerorchestern gehört Deutschland, bezogen auf die Einwohnerzahl, zu den Ländern mit der höchsten Orchesterdichte. 670 671
5.2 Karrieren-Lebenserwartung und Beschäftigung
177
zu anderen Berufsgruppen in den Darstellenden Künsten einen gut strukturierten Arbeitsmarkt vor, der sich durch hohe Eintrittsbarrieren, einen hohen gesellschaftlichen Status und Ensembles mit fixen Normen und Regeln auszeichnet.673 In einem (Symphonie-)Orchester findet sich eine explizit hierarchische Struktur, in welcher die StimmführerInnen jeder Instrumentengruppe ihr Team leiten. Diesen „Führungspersonen“ stehen wiederum KonzertmeisterInnen (die erste Violine) vor, welche eng mit den DirigentInnen zusammenarbeiten. Die Unterscheidung zwischen SolistInnen und TuttistInnen (group players) führt zu einer subtilen Spaltung des Orchesters. Die Verantwortung als SolistIn und ein klares Rollenverständnis tragen zur Leistungssteigerung bei, während ein Phänomen bekannt als „soziale Faulenzerei“ (social loafing) bzw. „playback“, fehlende Leistungsanreize durch beschränkte Sichtbarkeit und/oder Hörbarkeit, Verantwortung oder Zugriff auf Bestrafung oder Belohnung sich negativ auf die gesamte Gruppe auswirken.674 Auch SängerInnen stehen unter dem Risiko einer physischen Überbelastung oder Abnutzung ihrer Stimmbänder. Von SolistInnen wird auf der einen Seite ein hohes Maß an Disziplin und technischer Perfektion gefordert, andererseits aber auch emotionale Entfaltung gefordert. Dadurch stehen SolistInnen unter hohem psychischen Druck ihr „Leistungsideal“ zu erreichen. In ihrer Dissertation über die Gesundheit, Persönlichkeit und Fähigkeiten von OpernsängerInnen identifiziert Maria Sandgren eine konstante Furcht vor negativer Bewertung und Angst vor stimmlichen Erkrankungen bei den StudienteilnehmerInnen. Psychosoziale Probleme entstanden durch die Schwierigkeiten aufgrund der unregelmäßigen Arbeitszeiten ein Familienleben oder Beziehungen aufrecht zu erhalten.675 In den 1920er Jahren wurde in der „Neuen Welt“ über die (Selbst-)Ausbeutung von SängerInnen durch zwei bis drei Auftritte täglich an aufeinanderfolgenden Tagen als Folge eines „unsubsidized, profit-driven management, but also of singers’ low regard for the discrimination of New World audiences, mixed with a high regard for their purse“676 berichtet. Viele SängerInnenkarrieren wurden durch derartige Überbeanspruchung zu früh begonnen, aber auch beendet.677 Nach Towse ist das Risiko, in jungen Jahren die Stimme übermäßig zu strapazieren, am deutschen Arbeitsmarkt für SängerInnen deutlich höher als beispielsweise in Großbritannien oder Amerika, wo AbsolventInnen der Musikhochschulen über eine Art Jobgarantie verfügen.678
Das Rückgrat bilden die 85 in Opern- und Theaterhäusern tätigen Orchester […]“, Hirschler (2005), S. 36 673 Vgl. u. a. Allmendinger/Hackman (1995); Allmendinger, et al. (1996) 674 Vgl. Marotto, et al. (2007), S. 401 ff. 675 Vgl. Sandgren (2005) 676 Rosselli (1995), S. 172 677 Dies erinnert an die aktuelle Diskussion um die krankheitsbedingten Absagen der angekündigten Stars Anna Netrebko und Rolando Villazon bei den Salzburger Festspielen 2007. 678 Vgl. Towse (1993), S. 240
178
5 KünstlerInnen-Karrieren in den Darstellenden Künsten
5.2.1.5 Netzwerke Das Theater ist ein Paradebeispiel für eine projektbasierte netzwerkartige Industrie.679 Netzwerke unterstützen KünstlerInnen bei der Etablierung und Erhaltung stabiler Beziehungen unter Beibehaltung ihrer beruflichen Flexibilität und Mobilität, die zur Senkung der Transaktionskosten nötig ist. Dazu gehören branchenspezifische Arrangements für Entlohnung und Nebenleistungen (national und international) ebenso wie effiziente Informationsverteilung über bestehende Netzwerkverbindungen. Zeitraubende und kostenintensive Selektionsprozesse können durch entsprechende Information über Verfügbarkeit, Talent und Repertoire entfallen.680 Netzwerke dienen auch dazu, den Eintritt in den künstlerischen Arbeitsmarkt zu überwachen, die knappen Arbeitsplätze für ihre Mitglieder zur Verfügung zu stellen sowie künstlerische Standards aufrecht zu erhalten. Netzwerke legitimieren künstlerische Arbeit und stellen Quellen für Kritik und Validierung zur Verfügung.681 Berufliche Netzwerke schaffen inoffizielle, aber konsistente Bewertung des Marktwertes von KünstlerInnen, sowohl was ihre künstlerischen als auch ihre Teamfähigkeiten betrifft.682 Vielfach wird eine frühere Anstellung als Indiz für die Eignung und „Employability“ gewertet.683 In Bezug auf andere KünstlerInnen ergibt sich die ambivalente Situation einer „Co-opetition“. Obwohl sich KünstlerInnen in intensivem Wettbewerb miteinander befinden, sind kollegiale Beziehungen ebenfalls unabdingbar für Zusammenarbeit und Erfolg und die Entstehung eines Netzwerkes. 5.2.2 Entlohnungsmodelle für KünstlerInnen in den Darstellenden Künsten Große Teile des künstlerischen Personals werden auf der Basis befristeter Arbeitsverträge beschäftigt. Dies gilt insbesondere für das darstellende Personal, also SchauspielerInnen, SängerInnen und TänzerInnen. Doch auch DramaturgInnen, InspizientInnen oder Souffleusen arbeiten mit befristeten Arbeitsverträgen. 5.2.2.1 Vertragliche Grundlagen Die deutschen Theater und Opernhäuser sind hauptsächlich staatliche oder kommunale Organisationen, so dass ein Großteil der künstlerischen, technischen und administrativen MitarbeiterInnen Beamte oder Regierungsangestellte sind. An den Vgl. Haunschild (2003), S. 903 Vgl. Menger (1999), S. 549 681 Vgl. Blau (1988), S. 274 f. 682 Vgl. Eikhof/Haunschild (2007), S. 535 683 Vgl. Towse (1993), S. 99 679 680
5.2 Karrieren-Lebenserwartung und Beschäftigung
179
deutschen Theatern in öffentlicher Trägerschaft gelten verschiedene Tarifverträge für das künstlerische Personal, der Normalvertrag Bühne (NV) und der Tarifvertrag für Musiker in Kulturorchestern (TVK). Diese Verträge werden in den meisten Fällen auch von Privattheatern verwendet. Für nicht künstlerisch Beschäftigte gelten die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes. Mit Ausnahme der OrchestermusikerInnen arbeiten viele künstlerisch Beschäftigte auf Grundlage befristeter Arbeitsverträge. Zur Beendigung dieser Arbeitsverhältnisse werden im Theater „Nichtverlängerungsmitteilungen“ ausgesprochen.684 In Österreich regelt ein Kollektivvertrag zwischen dem „Theatererhalterverband“ und dem österreichischen Gewerkschaftsbund die Dienstverhältnisse.685 Eine rechtliche Basis stellen das Bundesgesetz vom 13. Juli 1922 über den Bühnendienstvertrag686 sowie sondervertragliche Regelungen wie beispielsweise für die Bundestheater dar. Ensemble-Verträge werden in der Regel für ein Jahr, manchmal für zwei oder drei unterzeichnet und jeweils nach Ablauf um ein Jahr verlängert, sofern sie nicht von einer Vertragsseite gekündigt werden. Von den ca. 10.000 professionellen SchauspielerInnen in Deutschland in der Spielzeit 2002/3 hatte ca. ein Fünftel einen Ensemblevertrag. Nach 15 Jahren Anstellung wird der Vertrag in ein unbefristetes Dienstverhältnis umgewandelt.687 Dadurch ergibt sich eine künstlerische Mitarbeiterstruktur zwischen unbefristeten, befristeten und selbständigen (freelance) MitarbeiterInnen. Neben der Arbeit im Ensemble werden vielfach zusätzliche Projekte im Theaterbereich, aber auch außerhalb, z. B. in deutlich besser bezahlten Film- und Fernsehproduktionen angenommen.688 5.2.2.2 Verdienstmöglichkeiten Vergütungen für Berufe am Theater bewegen sich zumeist am unteren Durchschnitt. Die Mindestgage für SolistInnen beträgt 1.550 € brutto, darüber hinaus gehende Gagen werden frei ausgehandelt. TänzerInnen, ChorsängerInnen und OrchestermusikerInnen erhalten anfangs in der Regel bis zu 2.000 € brutto. Wirkliche Spitzenlöhne erhalten nur die sogenannten „Stars“, also ein Bruchteil der am
684 Vgl. Deutscher Bühnenverein (DBV) (2002), S. 9 f.; der Normalvertrag Bühne ersetzt seit 2003 die Normalverträge Solo und Chor/Tanz sowie die Bühnetechnikertarifverträge und enthält zahlreiche Modernisierungen. Zuletzt wurde er mit 1. Februar 2006 nach Verhandlungen mit der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di wesentlich verändert. 685 Vgl. http://theatererhalterverband.at/de/kollektivvertraege/ bzw. http://theatererhalterverband.at/_pdf/kv_kuenstler.pdf [20.03.2008] 686 Vgl. Schauspielergesetz (1922), BGBl. 1922/441 idF 687 Vgl. Deutscher Bühnenverein (DBV) (2004b; Haunschild (2004), S. 690 688 Vgl. Eikhof/Haunschild (2007), S. 528
180
5 KünstlerInnen-Karrieren in den Darstellenden Künsten
Theater Beschäftigten.689 Junge SängerInnen verdienen in der Regel niedrigere Gagen im Gegenzug für die Möglichkeit, Bühnenerfahrung zu sammeln (on-the-jobtraining).690 Freelancer erhalten normalerweise höhere Gagen, lernen jedoch das Repertoire in ihrer Freizeit und auf eigenen Kosten, während SängerInnen eines Ensembles für die Probenzeit bezahlt werden. Aus ökonomischer Perspektive sollen so Ausbildungs- und Lernkosten auf das Individuum oder die Organisation übertragen werden, die am meisten davon profitiert.691 In seiner Arbeit zur „unsichtbaren Hand“ in Hinblick auf höhere Produktivität durch Arbeitsteilung beschreibt Adam Smith Gründe für Lohnunterschiede bei verschiedenen Tätigkeiten, selbst wenn keine staatliche Intervention vorliegt. Diese sind unter anderem auf den Lernaufwand einer Arbeit, die Dauerhaftigkeit einer Arbeit, aber auch die Aussichten auf Erfolg zurückzuführen.692 So ist die Ausbildungszeit für KünstlerInnen in den klassischen Darstellenden Künsten meist lang und aufwändig, sind die Dauerhaftigkeit und Beständigkeit ihrer Arbeitsverhältnisse beschränkt und die Aussichten auf Erfolg deutlich geringer als beispielsweise bei HandwerkerInnen.693 Smith beschreibt die Berufe SchauspielerInnen, OpernsängerInnen und TänzerInnen als „sehr beliebte und reizvolle Talente, deren Besitz zwar eine gewisse Bewunderung erregt, deren Ausübung aber aus Gründen der Vernunft oder aus Vorurteil als eine Art öffentliche Prostitution betrachtet wird, sobald dafür Geld gefordert wird“.694
Damals war Operngesang zwar als Kunstform begehrt, jedoch kein sehr angesehener Beruf: „The exorbitant rewards […] are founded upon those two principles; the rarity and beauty of the talents and the discredit of employing them in this matter.”695
Heute ist die Höhe der Gage häufig (alleiniges) Indiz für den Marktwert von SängerInnen696. Vgl. Deutscher Bühnenverein (DBV) (2002), S. 10; dieses Einkommensdifferential ist auch international üblich. Ruth Towse berichtet für das Jahr 1990 in Großbritannien ein jährliches Einkommen „guter“ SängerInnen zwischen £ 50.000 und £ 100.000, für Stars mindestens £ 200.000 pro Jahr. Vgl. Towse (1993), S. 143 ff. 690 Vgl. Towse (1993), S. 57 691 Vgl. Towse (1993), S. 55 692 Vgl. Smith (1974) 693 Vgl. Throsby (1994), S. 18 f. 694 Smith (1974), S. 92 695 Adam Smith zit. n. Towse (1993), S. 2 696 Vgl. Rosselli (1995), S. 159; dazu passt folgende Anekdote von Sir Claus Moser im Vorwort von Towse (1993): Angeblich bestand der Vertrag einer berühmten Opernsängerin an der Metropolitan Opera in New York aus lediglich einem Satz: „Mehr als alle anderen“. 689
5.2 Karrieren-Lebenserwartung und Beschäftigung
181
5.2.3 Das Berufsbild OpernsängerIn im Wandel der Zeit OpernsängerInnen stehen im Mittelpunkt der vorliegenden Arbeit. Ihr Beruf wird – sofern mit Erfolgswahrnehmungen verbunden – mit Prestige, Anerkennung, künstlerischen Höchstleistungen und hoher Disziplin verbunden. 5.2.3.1 Geschichtliche Entwicklung eines Standes SängerInnen gibt es voraussichtlich seit Beginn der Zivilisation, doch bis zur italienischen Renaissance ist über ihre Herkunft, ihre Ausbildung und ihre Bezahlung nur wenig bekannt. Das Berufsbild „OpernsängerIn“ existiert seit dem frühen 17. Jahrhundert. Solo-SängerInnen wurden zumeist in der Kirche und später von etablierten SängerInnen und MusikerInnen ausgebildet. Ihre Anstellungen fanden sie hauptsächlich bei einem „Patron“ aus dem Adel. Sie waren Angestellte und lebten und arbeiteten am Hof. Erst später, als sich ein Markt für SängerInnen etablierte, erhielten sie Löhne oder Gagen.697 Da der Beruf jedoch auch nicht als „respektabel“ angesehen wurde, entwickelte sich in „besseren Kreisen“ eine durchaus ernstzunehmende Amateurs-Kunst.698 Der Markt erweiterte sich im 18. Jahrhundert rasch auf Europa – von Großbritannien bis Russland – und erreichte im 19. Jahrhundert auch Nord- und Südamerika. Heute ist die ganze Welt Bühne. Durch den Zerfall der Höfe wurde ökonomische und politische Macht an Staaten und ihre Vertreter transferiert. Staatliche Opernhäuser entstanden – ebenso wie wenige private Opernkompanien.699 Während die Opernbühnen im deutschsprachigen Raum bis zum heutigen Tag zu einem großen Teil staatlich subventioniert werden, musste die Oper beispielsweise in Großbritannien ohne staatliche Unterstützung auskommen, bis sie Unterstützung durch den Arts Council erhielt.700 Dadurch ist der „deutsche“ Markt durch entsprechende vertragliche Arrangements gekennzeichnet, während in Großbritannien Free-Lance-Arrangements vorherrschen.701 In der Oper wurde der dramatische, schauspielerische Aspekt betont, so dass von den KünstlerInnen neben gesanglichen Qualitäten auch Ausdruck, Bühnen697 Die wenige vorhandene Information stützt sich hauptsächlich auf bekannte Solo-SängerInnen. Über ChorsängerInnen weiß man nur wenig, es wird vermutet, dass die meisten von ihnen noch im 18. Jahrhundert „musical illiterate“ waren. Vgl. u. a. Towse (1993), S. 1 f. 698 Vgl. Towse (1993), S. 2; wie in der Liebe galt: „highly desirable if freely given but contemptible if sold” 699 z. B. die von Richard Wagner über einen Patronatsverein und Subventionen gegründeten Bayreuther Festspiele in Deutschland oder das Glyndebourne Festival in Großbritannien. 700 Die Subvention des Royal Opera House Covent Garden betrug in der Spielzeit 1996/97 freilich ein Viertel der Unterstützung vergleichbarer Opernhäuser in Österreich oder Deutschland, in Summe 44 % der Einnahmen; vgl. Towse (2001b), S. 42 701 Vgl. Towse (1993), S. 3
182
5 KünstlerInnen-Karrieren in den Darstellenden Künsten
präsenz und schauspielerische Fähigkeiten verlangt wurden. Lange Zeit dominierte die Stimmlage des „Soprans“ - Castrati702 und Primedonne wurden umschwärmt und lebten luxuriös, dem exklusiven Umfeld der Opernaufführungen entsprechend. Das 18. und frühe 19. Jahrhundert waren das „Zeitalter der SängerInnen“. Ihre prestigeträchtige Vorreiterrolle wurde von den KomponistInnen und schließlich ProduzentInnen abgelöst.703 5.2.3.2 Ausbildung und typische Karrierewege für OpernsängerInnen Ruth Towse, Opernsängerin und Kulturökonomin schreibt: „Most singers will say that they cannot remember a time when they did not sing – at home, in school choirs and concerts, in church, and so on. […] The significance of these early experiences cannot be overestimated.“704
OpernsängerInnen entscheiden sich in der Regel bereits in ihrer Jugend, beruflich singen zu wollen und beginnen früh, ihre Stimme zu trainieren: „although it is natural, singers need to develop the vocal stamina to sing for several hours a day, day in day out (running is natural but everyone could not be an athlete – and singers are in many respects like athletes. […] People do sing without training, pop stars, for example, but they do not need to project their voices in large spaces without microphones – nor do many of them have a long career.”705
Wenige Spätberufene „entdecken“ ihre Stimme in den Dreißigern oder gar Vierzigern. Ausbildungsmöglichkeiten richten sich in der Regel an Erwachsene. In Schulen werden zwar häufig Möglichkeiten zum Chorgesang angeboten, systematisches Stimmtraining jedoch nur selten. Ernsthaftes Stimmtraining sowie die Aufnahme in
702 Lange Zeit in der Geschichte der Darstellenden Kunst wurden Frauenrollen – denen der Auftritt verwehrt war – von Männern übernommen. Bekannte Beispiele sind die klassische griechische Tragödie, William Shakespeare’s Theatergruppe oder das japanische Kabuki-Theater. Da es Frauen auch noch im Siebzehnten Jahrhundert – von der katholischen Kirche – verboten war, in der Öffentlichkeit zu singen, wurden Frauenrollen von Kastraten – Knaben denen als Heranwachsenden die Hoden entfernt wurden damit sie ihre Sopranstimmen behielten – gesungen. Ihre durch die Kombination weiblicher Stimmbänder und männlicher Lungenkapazität „überladenen“ Stimmen viele ZuhörerInnen faszinierten. Dadurch kam es im Achtzehnten Jahrhundert zu einer Konkurrenzsituation zwischen den Kastraten und SängerInnen, wenngleich der gesellschaftliche Rang der Kastraten deutlich höher war. Der permanente Wechsel zwischen den Geschlechtern (z. B. sogenannte „Hosenrollen“) zeigt sich in den Opern dieser Zeit sehr deutlich. Vgl. u. a. Rosselli (1988); Lorber (2003), S. 157 ff. 703 Vgl. Littlejohn (1992), S. 51 704 Towse (1993), S. 25 705 Towse (1993), S. 26
5.2 Karrieren-Lebenserwartung und Beschäftigung
183
Musikhochschulen erfolgt meist in der späten Adoleszenz, zwischen 18 und 20 Jahren.706 Die 25 Hochschulen für Musik in Deutschland und die österreichischen Hochschulen für Musik in Graz, Salzburg und Wien vergeben ein universitäres Abschlussdiplom für Solo(-Opern-)Gesang, Konzerte, Kirchenmusik und Gesangspädagogik. Die Ausbildung soll die für das spätere Wirken auf der Bühne notwendige Vielseitigkeit gewährleisten. In einer etwa sechsjährigen Ausbildung werden im Einzelunterricht Gesang, Korrepition und als Nebenfach Klavier sowie im Gruppenunterricht szenische Schulung, Tanzen, Fechten, Sprechunterricht, Musiktheorie, aber auch Sprachen zur Beherrschung des Standardrepertoires gelehrt. Gemeinsam mit den bis dahin erarbeiteten Repertoirekenntnisse bilden diese Kenntnisse die Grundlage für Bewerbungen an den Theatern. Während die ersten zwei Semester in der Regel Probezeiten sind, werden die fortgeschrittenen Jahrgänge bereits in szenische Projekte eingebunden. Gesangspädagogen haben die Aufgabe, die entsprechende Stimmgattung der Studierenden zu erkennen und angemessen zu fördern und stellen damit wichtige Bezugspersonen dar.707 Stimmbildnerische Ziele beinhalten Textverständlichkeit, Atemregulation, Koloraturen, die Erweiterung des Stimmumfangs auf mehr als zwei Oktaven und Registerausgleich, aber auch die künstlerische Interpretation der Werke. Zudem bauen Studierende ein Repertoire aus verschiedenen Bühnenrollen in der eigenen Stimmlage auf, um sich an Opernhäusern bewerben zu können. Die stimmlichen Voraussetzungen binden SängerInnen an ein Fach. Dazu gehören die Stimmgattung – für Frauen Sopran, Mezzosopran oder Alt sowie für Männer Tenor, Bariton oder Bass – sowie Umfang und Volumen der Stimme. Die Stimmlagen lassen sich grob in das dramatische Fach mit hohen Anforderungen an Umfang und Tragfähigkeit der Stimme, in das lyrische Fach gekennzeichnet durch ein angenehmes Timbre und Höhensicherheit sowie das Buffo-Fach, welches gesangliche und schauspielerische Beweglichkeit voraussetzt. Daneben gibt es Zwischenfächer und Sonderbereiche wie Koloratursopran oder Countertenor.708 Aus Marktsicht gliedern sich die Kosten für die Ausbildung von SängerInnen in 1) die direkten Kosten für die formale Ausbildung, 2) indirekte Kosten dieser Ausbildung und 3) die Kosten für die informelle bzw. on-the-job Ausbildung. In der Regel werden die direkten Kosten formaler Ausbildung von öffentlichen Institutionen zur Verfügung gestellt. Die verbleibenden Ausbildungskosten, z. B. für private Gesangsstunden und Coaching, aber auch Opportunitätskosten für entgangene 706 Auch hier gibt es bekannte Ausnahmen, z. B. Maria Malibran (1808-1836) die bereits im Alter von fünf Jahren Gesangsunterricht von ihrem Vater erhalten haben soll und mit 17 ihr Début am King’s Theatre in London gab, oder Jenny Lind (1820-1887) die bereits im zarten Alter von neun Jahren im Konservatorium Aufnahme fand und mit 18 Jahren debütierte. Vgl. u. a. Towse (1993), S. 25; 707 Vgl. Deutscher Bühnenverein (DBV) (2002), S. 46 f. 708 Vgl. Deutscher Bühnenverein (DBV) (2002), S. 46 f.
184
5 KünstlerInnen-Karrieren in den Darstellenden Künsten
Löhne durch die Ausbildungszeit sowie niedrigere Gagen bei fehlender Bühnenerfahrung übernimmt der/die SängerIn persönlich. Dazu kommen auch die „Suchkosten“ bei der Jagd nach Engagements und Reisen zu Vorsingen und Wettbewerben.709 Die Opernkarriere selbst gliedert sich in drei Phasen: Die frühe Phase (initial stage) in welcher GesangsstudentInnen ihre ersten Rollen singen und klassische Débuts an den großen Opernhäusern geben. In der mittleren Phase (middle stage) geht es darum, eine solide und anspruchsvolle Karriere trotz aller Schwierigkeiten aufzubauen und beizubehalten. Schließlich kommt es in vielen Fällen in der letzten Phase (final stage), nach der „Pensionierung“ von der Bühne oft zu einer zweiten Karriere in Konzerten oder Rezitativen, Meisterklassen oder im Gesangsunterricht.710 Die Opernhäuser im deutschsprachigen Raum beschäftigen hauptsächlich fest angestellte SängerInnen sowohl im Chor als auch im SolistInnen-Ensemble. Größere Häuser engagieren zusätzlich Gäste und haben – vielfach aus Kostengründen – ihre Ensembles reduziert. Gäste haben den Vorteil reduzierter Kosten und zusätzlicher Vielfalt, die im Falle bekannter/berühmter SängerInnen auch mit höheren Eintrittspreisen und/oder Auslastungszahlen zu Buche schlägt. Beschäftigungsverhältnisse rangieren also von einer fixen ganzjährigen Anstellung in einem Opern- bzw. Theaterensemble mit meist ein- bis zweijährigen, verlängerbaren Verträgen, über saisonale Verträge für beispielsweise Festivals und Festspiele bis hin zu Gastspielverträgen und einzelnen Engagements für Opern, Konzerten, Liederabenden, Rundfunkoder Fernsehaufnahmen und ähnlichen Veranstaltungen. Häufig wird die Sommerpause in größeren Häusern für die Annahme finanziell lohnender oder prestigeträchtigerer Auftritte genutzt. Für Festspiele ergibt sich durch diese Arbeitsmarktsituation vielfach die Gelegenheit, die künstlerische Qualität ihrer Darbietung unter Wegfall der Fixkosten für Gebäude und Ganzjahresverträge zu gewährleisten. 5.2.4 Die Gender-Problematik im Bereich der Darstellenden Künste In Bezug auf die Geschlechterproblematik unterscheiden sich die Darstellenden Künste offenbar kaum von anderen Beschäftigungssektoren. Eine LongitudinalStudie künstlerischer Karrieren aus Frankreich zeigt deutliche Unterschiede zwischen den Beschäftigungsbedingungen, Löhnen und Gehältern sowie Karrieremustern von männlichen und weiblichen MusikerInnen, TänzerInnen und SchauspielerInnen.711 Insbesondere die Vereinbarkeit von Beruf und Familie beeinflusst die 709 Vgl. Towse (1993), S. 54 ff.; Suchkosten können durch die Vermittlung von AgentInnen reduziert werden. 710 Vgl. Díaz de Chumaceiro (2004b), S. 15 711 Vgl. Coulangeon, et al. (2005), S. 384; verwendet wurden Daten der französischen „Caisse des Congés Spectacles“, einer Arbeitgeberorganisation im Bereich Darstellenden Künste. Die Datenbank beinhaltet
5.2 Karrieren-Lebenserwartung und Beschäftigung
185
Position von Frauen am künstlerischen Arbeitsmarkt stärker als jene ihrer männlichen Kollegen. 5.2.4.1 Horizontale Segregation in Kulturberufen Horizontale Segregation bezeichnet die Verteilung der Geschlechter in Bezug auf Berufsfelder und Tätigkeiten. Gerade im Bereich der Musik zeigt sich, dass Frauen mehr zum Gesang tendieren und Männer zur Instrumentalmusik. Daher findet sich in der Domäne der MusikerInnen ein deutlich höherer Anteil an Männern, während Frauen in der Disziplin Tanz einen höheren Anteil stellen. Im Bereich des Schauspiels ist die Quote ausgeglichen.712 Historisch betrachtet waren Berufe in den Darstellenden Künsten für Frauen lange Zeit nicht zugänglich. Die Beschäftigung von Frauen als SängerInnen, SchauspielerInnen und TänzerInnen in Theatern begann im Neunzehnten Jahrhundert, als sich die Tradition Frauenrollen mit Männern zu besetzen langsam änderte. Doch auch zu dieser Zeit dominierten männliche Musiker bei öffentlichen Auftritten vor Hof und Kirche.713 In den meisten Ländern konnte man jedoch in den letzten Jahrzehnten in allen künstlerischen Berufsfeldern außer bei InstrumentalmusikerInnen ein Ansteigen der Frauenquote beobachten.714 Damit bleibt in Orchestern ein GeschlechterUngleichgewicht bestehen. In einer Untersuchung der Persönlichkeitsmerkmale erfolgreicher weiblicher Musikerinnen kam Stremikis zu dem Ergebnis, dass „in addition to family support of musical talent, women who are to become successful musicians must be highly motivated, self-directed, and single-minded in their determination to achieve their goal. They must be independent thinkers who are unconcerned about conforming to gender stereotypes and able to withstand difficult experiences related to gender and their career.”715
Professionelle Symphonieorchester sind „relatively elite and traditionally male organizations“716 und erfordern eine enge Koordination ihrer Mitglieder. Eine Mitgliedschaft ist mit hohem Status sowie hohen Eintrittsbarrieren verbunden, soziale 83.000 KünstlerInnen, die zwischen 1987 und 2000 zumindest einen Arbeitsvertrag aufweisen konnten. Davon sind 39.817 MusikerInnen, 33.946 SchauspielerInnen und 9.237 TänzerInnen. In dieser Studie wurden SängerInnen unter die Gruppe MusikerInnen subsumiert, S. 379. 712 Vgl. Coulangeon, et al. (2005), S. 373 713 Vgl. Coulangeon, et al. (2005), S. 385 714 Vgl. Menger (1999), S. 542 für den US-amerikanischen Arbeitsmarkt 1970-1990. Menger beobachtet auch, dass die ethnische Zusammensetzung am künstlerischen Arbeitsmarkt weiterhin unausgeglichen ist. Für den vorliegenden Kontext wird auf ethnische Zugehörigkeit der KünstlerInnen jedoch nicht Bezug genommen. 715 Stremikis (2002), S. 91 716 Allmendinger/Hackman (1995), S. 424
186
5 KünstlerInnen-Karrieren in den Darstellenden Künsten
Regeln und Normen sind festgelegt. Eine Studie von Allmendinger und Hackmann aus den 1990er Jahren in vier Ländern ergab einen Rückgang der Output-Kennzahlen in Symphonieorchestern bis zu einer Frauenquote von 50 Prozent. Ab dieser „gleichen“ Verteilung flacht dieser Trend ab oder wird wieder umgekehrt. Die AutorInnen kommen freilich zu dem Schluss, dass eine globale Veränderung in Bezug auf die Geschlechterverteilung zu beobachten ist.717 5.2.4.2 Altersdifferential Die Karrieren weiblicher Künstlerinnen sind mit zunehmendem Alter gefährdeter, insbesondere bei MusikerInnen. Hier sind die Unterschiede in der „occupational life expectancy“, der Beschäftigungs-Lebenserwartung, am stärksten ausgeprägt. Bei Schauspielerinnen ist der Unsicherheit reduzierende Effekt auf die Karriere mit 25 und 35 Jahren nicht so stark ausgeprägt wie bei ihren männlichen Kollegen.718 Im Bereich Schauspiel, wo hauptsächlich „junge“ Personen engagiert werden, liegt das Durchschnittsalter bei Frauen bei 37 Jahren, bei Männern bei 40 Jahren. Ältere SchauspielerInnen haben vielfach Schwierigkeiten, Anstellungen zu bekommen. 5.2.4.3 Unterschiede in Beschäftigungsverhältnissen, Löhnen und Gehältern Wie am „regulären“ Arbeitsmarkt ist die Wahrscheinlichkeit für kulturschaffende Frauen höher als für Männer, anormale Beschäftigungsverhältnisse mit höherer Unsicherheit und niedrigeren Gehältern vorzufinden. Die Einkommenslücke ist durch das Beispiel der französischen Studie im Musikbereich sehr deutlich: Während 52 Prozent der weiblichen KünstlerInnen angaben, im Jahr 2001 ein Jahreseinkommen von unter 15.000 Euro zu beziehen, traf dies nur auf 37 Prozent der männlichen Kollegen zu. In Bezug auf höhere Einkommen im Bereich der ernsten Musik gaben 23 Prozent der männlichen Künstler an, über 30.000 Euro Jahreseinkommen zu beziehen, im Vergleich zu neun Prozent der weiblichen Kolleginnen. Diese Einkommensdiskriminierung bleibt auch signifikant, wenn auf die Zahl der Arbeitsstunden, Ausbildung, Musik-Genre, Alter und Beschäftigungsdauer kontrolliert wird. Die Einkommenslücke ist ebenso für SchauspielerInnen und TänzerInnen beobachtbar.719
717 Vgl. Allmendinger/Hackman (1995); In der Studie wurden Daten von 78 Symphonieorchestern in den USA, Großbritannien, der ehemaligen DDR und (West-)Deutschland untersucht. 718 Vgl. Coulangeon, et al. (2005), S. 385 719 Vgl. Coulangeon, et al. (2005), S. 372
5.2 Karrieren-Lebenserwartung und Beschäftigung
187
5.2.4.4 Vertikale Segregation - Künstlerinnen in Führungspositionen In prestigeträchtigen, verantwortungsvollen und gutbezahlten Positionen im Kulturbetrieb, wie z. B. Intendanzen oder Dirigaten, zeigt sich die Geschlechterungleichheit am stärksten. Vertikale Segregation beschreibt die Verteilung der Geschlechter in Bezug auf Positionen in der Berufshierarchie. Dies zeigt sich besonders im Bereich der Instrumentalmusik: obwohl beispielsweise komponierende und dirigierende Frauen bereits im 11. Jahrhundert dokumentiert sind, fehlen entsprechende Einträge in der Musikgeschichte vor 1980. Der Zugang zu musikalischer Ausbildung und entsprechenden Positionen wurde Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts durch die Einrichtung von Konservatorien, neuen Geschäftsmodellen und die Aufnahme in Orchester als Ersatz für die wehrpflichtigen Männer im Ersten Weltkrieg deutlich verbessert. 720 In Österreich lag der Frauenanteil unter den Erwerbstätigen bei der Volkszählung 1998 bei 42% in allen Berufsgruppen, in Kulturberufen bei 38 Prozent. Der Anteil der Frauen in Führungspositionen beträchtlich niedriger, insbesondere bei Organisationen, die auf dem Markt „höher eingestuft werden.“721 Auch in prestigeund finanzstarken Positionen sind Frauen extrem unterrepräsentiert. Dies wird besonders im Bereich der Musik deutlich: „Diese Kunstform, die wesentlicher Bestandteil österreichischer Repräsentationskultur ist, bleibt Frauen besonders in den oberen Rängen der professionellen Hierarchien verschlossen.“722 Eine Erhebung von Harauer, Mayerhofer und Mokre sowie der Bundestheaterbericht 1997/98 ergaben einen Frauenanteil an der künstlerischen Leitung von Theatern von Null (Bundestheater) bis 33 (Mittelbühnen) bzw. 45 Prozent (freie Gruppen).723 In Frankreich zeigt sich ein ähnliches Bild. Frauen im Orchester besetzen hauptsächlich die Rollen von „TuttistInnen“ im Ensemble, nur zwei von zehn SolistInnen sind Frauen. Während nur 57 Prozent der professionellen Schauspieler männlich sind, stellen Männer drei Viertel aller Bühnen- und FilmregisseurInnen. Allein im Bereich Tanz zeigt sich ein umgekehrtes Bild: zwei Drittel aller ChoreographInnen sind Frauen – freilich ein materiell wenig lukrativer Bereich.724 Insbesondere Orchesterdirigentinnen, eine bis heute männerdominierte Domäne, sind selten.725 Vgl. Stremikis (2002), S. 85 ff.; Beispiele sind z. B. Hildegard von Bingen, die nur im Rahmen ihres Ordens bekannt war, oder Clara Schumann, die in vielen Musiklexika als „Frau Robert Schumanns“ aufscheint. 721 Vgl. Harauer, et al. (2000), S. 3ff.; zitiert wird die Mikrozensus-Erhebung 1998. 722 Harauer, et al. (2000), S. 11; in Erinnerung gerufen sei hier die Weigerung der Wiener Philharmoniker, eine Frau aufzunehmen. In der Wiener Staatsoper finden sich seit 1980 lediglich zwei Frauen im Orchester. 723 Vgl. Coulangeon, et al. (2005), S. 373 724 Vgl. Harauer, et al. (2000), S. 13ff. 725 Vgl. Díaz de Chumaceiro (2004a) für eine Beschreibung erfolgreicher Dirigentinnenkarrieren, darunter auch Simone Young, die als zweite Frau – nach Sarah Caldwell 1976 (!)– an der Metropolitan Opera 720
188
5 KünstlerInnen-Karrieren in den Darstellenden Künsten
Interessant ist die Beobachtung, dass sich die traditionellen Geschlechterrollen im Non-Profit-Bereich nicht nur nicht bestätigen, sondern teilweise sogar reversieren. Eine Erklärung kann darin liegen, dass Führungskräfte die dem traditionellen männlichen Rollenbild entsprechen sich eher in den Profit-Bereich orientieren726, während Frauen in einer männerdominierten Kultur „adopt the language, symbols and values of that male culture, and curtail involvement in or identification with their own distinctive cultural background.“727 5.3 Das Erzielen kreativer Spitzenleistungen Exzellente und motivierte MitarbeiterInnen werden vielfach als „Fundament des Unternehmenserfolges“728 betrachtet. Dies wird durch eine Organisationskultur und damit -führung erreicht, die auf Höchstleistungen ausgerichtet ist, auf klaren Zielen beruht und es den MitarbeiterInnen erlaubt, ihre Fähigkeiten und Kenntnisse einzubringen. 5.3.1 Motivationsfaktoren Motivation ist „ein hypothetisches Konstrukt, mit dem man die Antriebe (‚Ursachen’) des Verhaltens erklären will.“729 Dabei umfasst Motivation sowohl eine Aktivierungskomponente als auch eine kognitive Komponente zielgerichteter Verhaltenslenkung. Aktivierende Komponenten bestehen aus den einer Motivation zugrunde liegenden Emotionen und/oder Trieben. Kognitive Prozesse hingegen umfassen die Wahrnehmung und Interpretation der Handlungssituation sowie Überlegungen zu den ZielMittel-Beziehungen. Individuen werden dabei von subjektiv wahrgenommenen Erfolgs- und/oder Misserfolgswahrnehmungen geleitet.730
dirigieren durfte und 1993 erfolgreich Wagners „Ring des Nibelungen“ dirigierte. 1977 dirigierte Margaret Hillis als erste Frau an der Carnegie Hall, Vgl. Stremikis (2002), S. 85. Im Herbst 2002 gab es noch keine Dirigentin oder Musikdirektorin in den 25 größten Nordamerikanischen Orchestern. Von den 1.200 DirigentInnen in den USA waren lediglich 85 Frauen, vgl. Díaz de Chumaceiro (2004a), S. 354 726 Vgl. u. a. Goldman/Kahnweiler (2000), S. 445 727 Austin (1989), S. 32 728 Vgl. Coenenberg/Salfeld (2007), S. VII 729 Kroeber-Riel/Weinberg (2003), S. 141 730 Vgl. Kroeber-Riel/Weinberg (2003), S. 142 ff.
5.3 Das Erzielen kreativer Spitzenleistungen
189
5.3.1.1 Intrinsische Motivation In seiner Kurzgeschichte „Der Hungerkünstler“ beschreibt Kafka einen Menschen, der das Hungern benutzt um Aufmerksamkeit, Aufsehen und Bewunderung zu erwecken und dieses zur Kunst perfektioniert. Während das Publikum die Hungerkunst als Leistung sieht, die mühsam errungen werden muss, ist sie für den Künstler ein Bedürfnis, fast ein Zwang. Dabei entwickelt er auch eine ambivalente Beziehung zu seinem Publikum: sein Impresario zwingt ihn stets sein Hungern zu beenden um die Publikumswirksamkeit maximal zu halten und er genießt die Popularität. Doch der Hungerkünstler fühlt sich unverstanden, da er glaubt, noch viel länger fehlerlos hungern zu können. Mit der Zeit verliert sich das Interesse an seiner Kunst, dennoch hungert der Hungerkünstler weiter und stirbt schließlich vergessen in einem Käfig im Zirkus. In seinen Käfig kommt ein junger Panther der sofort zur neuen Attraktion wird. Am Ende der Geschichte erfährt man, dass die Hungerkunst Ausdruck eines Mangels ist: "Weil ich hungern muss, ich kann nicht anders. Weil ich nicht die Speise finden konnte, die mir schmeckt. Hätte ich sie gefunden, glaube mir, ich hätte kein Aufsehen gemacht und mich vollgegessen wie du und alle." Franz Kafka, “Ein Hungerkünstler”, 1924
Aufgrund der vielfach als demotivierend wahrgenommenen Rahmenbedingungen künstlerischer Beschäftigung, wird die Motivation von KünstlerInnen wie im oben genannten Beispiel als weitestgehend intrinsisch vermutet. Neben monetären Anreizen werden psychische Einkommensströme (psychic income flows), „the pleasure gained from doing self-expressive work that one loves”731 als essenziell eingestuft. So wird eine positive Präferenz für die Arbeit im Kunstarbeitsmarkt angenommen und damit auch eine Bereitschaft, das Einkommensdifferential der besser bezahlten Tätigkeit gegen die bevorzugte Aktivität zu tauschen. Arbeitszufriedenheitsbezogene Motive haben einen signifikanten Einfluss auf die Zeitallokation der Beschäftigten.732 Auch das „Labor of Love“-Argument bzw. der Gedanke einer „Berufung“ oder eines „inner drive“ betonen den sozialen Wert den KünstlerInnen aus ihrer Tätigkeit schöpfen. Zu lieben was man tut und zu lieben es zu tun sind Katalysatoren für das Erzielen kreativer Spitzenleistungen.733 Diese ist auch eng mit einem Einswerden (becoming totally involved) mit einer Aktivität „that is an end in and of itself“ verbunden.734 Im Gegensatz zu Freud sieht Maslow die positiven Seiten des Unterbewussten: „But unconsciousness carries in it also the roots of creativeness, of joy, of happiness, of goodness, of its own human ethic and values.“735 Diese Ideologie aus der „Art for art’s sake“-Zeit kann sogar die Wahrnehmung von Erfolg und Misserfolg umdrehen, so dass – zumindest in der Welt der „Hochkultur“ nur noch die Anerkennung durch Peer groups zählt.736 Towse (1993), S. 197 Vgl. u. a. Caserta/Cuccia (2001), S. 186); Menger (1999); Throsby (1994), S. 17 733 Der verwendete Kreativitätsbegriff beinhaltet die beiden Dimensionen Neuheit (novelty) sowie Wert (value/ appropriateness), die in „kreativen Spitzenleistungen“ kulminieren, vgl. Amabile (1996); PerrySmith/Shalley (2003) 734 Vgl. u. a. Amabile (1996); Csikszentmihalyi (1997) 735 Maslow (1968), S. 163 736 Vgl. Bourdieu (1999 [1992]) 731 732
190
5 KünstlerInnen-Karrieren in den Darstellenden Künsten
Für symbolisches Kapital in Form von distinguierten Selbstkonzepten und Lebensstilen werden ökonomische Risiken in Kauf genommen.737 Die Attraktivität künstlerischer Tätigkeit gestaltet sich durch die Vielfalt der Tätigkeit, einen hohen Grad persönlicher Autonomie und Eigeninitiative, die Möglichkeit, ein weites Spektrum von Fähigkeiten anwenden zu können, das Gefühl eines idiosynkratischen Lebensstils, eines starken Gemeinschaftsgefühls, ein geringes Maß an Routine und im Falle von Erfolg hohe soziale Anerkennung. Dieser Schattenpreis kompensiert das niedrigere Einkommen.738 Viele SchauspielerInnen und SängerInnen verspürten ihren Berufswunsch bereits im Kindesalter.739 Diese starke intrinsische Motivation bringt sie auch dazu, Nachteile wie zum Beispiel der Unterordnung ihres Privatlebens unter den Beruf, in Kauf zu nehmen.740 „The true artist will let his wife starve, his children go barefoot, his mother drudge for her living at seventy, sooner than work anything than his art.”741 Townsend bestätigt eine starke Wertorientierung von Beschäftigten im Kulturbereich.742 In diesem Sinne würden KünstlerInnen besser bezahlte Arbeitsangebote zugunsten ihrer künstlerischen Arbeit ablehnen. „Human beings are not only pragmatic and goal oriented [… They are] also self-expressive of feelings, aesthetic values, and self perceptions.”743 Eine „ehrenwerte“ oder „spirituelle“ Aufgabe (ennobling task) wird vielfach als Grundlage für peak performances in Gruppen744 oder auf individueller Ebene745 angesehen. 5.3.1.2 Extrinsische Motivation Insbesondere die Kulturökonomie sieht die Realität als durch – ausschließlich – extrinsische Motivatoren erklärbar.746 Eine Studie aus dem Non-Profit-Bereich untersucht die Beziehung zwischen der Kompensation von Führungskräften und ihrer Performance, gemessen als generiertes Einkommen in Relation zu den Kosten, und zeigt sowohl einen positiven Zusammenhang als auch eine motivatorische Wirkung
737 Vgl. Abbing (2002); da er KünstlerInnen als schlecht informiert und weniger risiko-avers als andere ArbeitnehmerInnen einstuft, empfiehlt Abbing, eine öffentliche Förderung von KünstlerInnen (direkt) nicht auszuweiten, da dies einen weiteren Zustrom in künstlerische Berufe nach sich ziehen würde. 738 Vgl. Menger (1999), S. 555 739 Vgl. u. a. Stremikis (2002); Eikhof/Haunschild (2007) 740 Vgl. z. B. Eikhof/Haunschild (2007), S. 531 741 Aus George Bernard Shaw, Man and Superman, zit. n. Frey (2002), S. 364 742 Vgl. z. B. Townsend (2000), S. 431 743 Shamir, et al. (1993), S. 580 744 Vgl. u. a. Leavitt/Lipman-Blumen (1995); Marotto, et al. (2007) 745 Vgl. u. a. Csikszentmihalyi (1992) 746 Vgl. Collins/Amabile (1999); Frey (2002), S. 364
5.3 Das Erzielen kreativer Spitzenleistungen
191
der Remuneration bzw. Kompensation auf die Führungskräfte.747 Extrinsische, also von außen induzierte, Motivatoren wirken hauptsächlich kurz- bis mittelfristig. In einer qualitativen Studie von Eikhof und Haunschild gaben SchauspielerInnen als Hauptmotivation für ihre Tätigkeit an, auf der Bühne stehen zu dürfen. Sie definierten Erfolg als Anerkennung durch die Theaterleitung, Kritiken und das Publikum. Keine/r der Befragten erwähnte direkt Bezahlung als Motivationsfaktor. Indirekt wurden jedoch Verträge mit GastschauspielerInnen (zu höheren Gagen), eine Limitierung von Auftrittsmöglichkeiten außerhalb des Engagements sowie die Verpflichtung zu Tätigkeiten, die nicht direkt mit ihrer künstlerischen Arbeit zu tun haben, als demotivierend angegeben.748 Die unangebrachte Verabreichung äußerer Belohnung kann bei hoch intrinsisch motivierten MitarbeiterInnen unter Umständen sogar die intrinsische Motivation negativ beeinflussen.749 Gemäß der „Cognitive Evaluation Theory“ senkt die Belohnung von hoch motivierten Personen für die Ausführung einer Aufgabe deren intrinsische Motivation (Crowding-Out-Effekt). Allerdings gibt es auch Situationen, in denen extrinsische Motivation die intrinsische Motivation verstärken kann (Crowding-InEffekt).750 So können extrinsische Faktoren die intrinsische Motivation erhöhen, wenn diese einen Beitrag zur Problemlösung liefern, diese aber reduzieren, wenn sich die Personen kontrolliert fühlen: „Intrinsic motivation is conducive to creativity; controlling extrinsic motivation is detrimental to creativity, but informational or enabling extrinsic motivation can be conducive, particularly if initial levels of intrinsic motivation are high.“751
Vgl. Carroll, et al. (2005) Vgl. Eikhof/Haunschild (2007), S. 533 749 Vgl. McGraw (1978) 750 Vgl. Frey (2002), S. 369 751 Amabile (1996), S. 119, dieser Satz ist definiert als „Intrinsic Motivation Principle of Creativity“. 747 748
192
5 KünstlerInnen-Karrieren in den Darstellenden Künsten
5.3.2 Flow-Erlebnisse und Spitzenleistungen Individuelle und kollektive Erlebnisse, Selbstvergessenheit und Zeitlosigkeit ebenso wie außergewöhnliche Ergebnisse ermöglichen es KünstlerInnen, mit konstanter Frustration durch Vorsingen oder Vorspielen zu leben. 5.3.2.1 Flow Mihalyi Csikszentmihalyi beschreibt mit dem „Flow“ eine Erfahrung, in welcher das Subjekt in einer Tätigkeit völlig aufgeht und ein Glücksgefühl erlebt. Diese vollständige Absorption in die Tätigkeit, die Verschmelzung von Handlung und Bewusstsein, wird durch eine intensive und fokussierte Beschäftigung mit der Tätigkeit erreicht – einer intrinisch motivierten, autotelischen Tätigkeit.752 Die vollständige Kontrolle über eine Handlung, die fast automatisch abläuft, vermittelt ein Gefühl der Selbstkompetenz. Grundlage einer scheinbar mühelosen Absorption in die Tätigkeit ist die Beherrschung einer komplexen Ansammlung an Fähigkeiten und Fertigkeiten. Der Flow kann Menschen auf einer individuellen ebenso wie auf einer kollektiven Ebene motivieren und zu ihrem psychologischen Wohlbefinden beitragen. Eine Flow-Erfahrung bringt Menschen dazu, Einsatz und Strapazen auf sich zu nehmen und Tätigkeiten um ihrer selbst willen auszuführen. Flow entsteht einerseits durch das psychische Erleben äußerer Faktoren, andererseits durch die Bereitschaft sich auf die Flow-Erfahrung einzulassen. Die Bewältigung selbst gesteckter anspruchsvoller Ziele – die inhaltliche Qualität der Handlung – ist Auslöser dieser Erfahrungen und eng mit den persönlichen Werten des/r Erlebenden verbunden.753 Flow verbindet Leistung (performance) mit dem Erlebnis (experience) und produziert einen transzendentalen Zustand, in welchem die zeitliche und weltliche Dimension in den Hintergrund rückt.754 „Timelessness“ oder Zeitlosigkeit beschreibt „the experience of transcending time and one’s self by becoming immersed in a captivating present-moment activity or event.”755 Diese „zeitlosen“ Momente sind ein wichtiger Kontext für qualitativ hochwertige Arbeit und stimulieren Phantasie, Leidenschaft und Kreativität.756
752 Csikszentmihalyis Interesse wurde in den 1960ern nicht zuletzt durch die Beobachtung von KünstlerInnen geweckt: „when work on a painting was going well, the artist persisted single-mindedly, disregarding hunger, fatigue, and discomfort – yet rapidly lost interest in the artistic creation once it had been completed.“, Nakamura/Csikszentmihalyi (2002), S. 89 753 Vgl. Csikszentmihalyi (1992), S. 4 754 Vgl. Schouten, et al. (2007), S. 357 755 Mainemelis (2001), S. 548 756 Vgl. Mainemelis (2001), S. 563
5.3 Das Erzielen kreativer Spitzenleistungen
193
5.3.2.2 Peak Experiences „Peak Experiences“ oder Grenzerfahrungen sind „Momente höchsten Glücks“.757 Sie übersteigen gewöhnliche Erfahrungen: „Peak experience is identified as psychological experiencing surpassing the usual level of intensity, meaning, and richness.“758 Peak Performances oder Grenzleistungen erzeugen „brief and transient moments of bliss, rapture, ecstasy, great happiness, or joy as well as the temporary disorientation with respect to time and space“759 Mainemelis beschreibt den Zustand als ein Aufeinandertreffen von vier Erfahrungen: eines Gefühls des Eintauchens (immersion), einer zeitlichen Verzerrung (time distortion), einem Gefühl, die Aufgabe zu beherrschen (sense of mastery) sowie einem Gefühl der Transzendenz (sense of transcendence). Das Erreichen von „timelessness“ wird durch Beginnrituale (rites of passage), klare Ziele und unmittelbares Feedback in der Aufgabe, eine den Fähigkeiten entsprechende optimale Herausforderung, intrinsische Motivation und die Fähigkeit zur Selbsterfahrung (self-awareness) gefördert. Während die Wahrnehmung von Autonomie und Bedeutung in der Aufgabe „timelessness“ befördern, wird sie durch eine zu hohe Workload und Ablenkungen behindert. Je häufiger und länger der Zustand der Zeitlosigkeit auftritt, desto kreativer wird der/die Ausführende in seiner Aufgabe.760 In seinen Studien beschreibt Maslow: “I have found that these peak experiences are reported from what we might call ‘classical music’. I have not found a peak experience from John Cage or from an Andy Warhol movie, from abstract expressionistic kind of painting, or the like. I just haven't. The peak experience that has reported the great joy, the ecstasy, the visions of another world, or another level of living, have come from classical music, the great classics.”761
5.3.2.3 Peak Performances Peak performances sind Leistungen, die kreativer, produktiver, effizienter oder auf andere Weise besser sind, als „gewöhnliche“ Leistungen. Im Unterschied zu Flow, wobei beide Konzepte überlappen können, beschreibt eine peak performance oder Spitzenleistung weniger einen absichtlichen Prozess als eine „Offenbarung“ (epiphany). Diese Erlebnisse sind hauptsächlich exogen induziert und leiten das 757 Abraham Maslow war einer der einflussreichsten Forscher zum Thema „peak experience“. Er hat dieses Konzept im Rahmen seiner Arbeit zum Thema „self-actualization“ eingeführt. Vgl. Maslow (1962) 758 Lanier, et al. (1996), S. 781 759 Marotto, et al. (2007), S. 389 760 Vgl. Mainemelis (2001), S. 555 761 Maslow (1968), S. 168
194
5 KünstlerInnen-Karrieren in den Darstellenden Künsten
Individuum.762 Obwohl der Moment, in dem Peak performances erlebt werden, flüchtig ist, können sie nachhaltige Konsequenzen erzielen. Sie kommen durch eine Kombination personeninterner Fähigkeiten und Motivation sowie durch personenexterne Faktoren, wie den Zugang zum Feld oder auch Glück (im Sinne von Chancen) zustande. Was als Spitzenleistung anerkannt wird, entscheiden in der Regel „Gatekeeper“, im Kulturbereich die sogenannten „Peers“, KritikerInnen oder das Publikum. Verschiedene Studien über Spitzenleistungen konzentrieren sich auf Persönlichkeitseigenschaften von „peak performers“ wie z. B. Geschlecht, religiöse Orientierung, ethnische Unterschiede etc., sowie auf deren auslösende Momente.763 Auslöser oder „Trigger“ inkludieren persönliche Krisen, Rollenwechsel, Romantik und außergewöhnliche Schönheit,764 sie sind „moments of inspiration or discovery, unity with nature, exercise and movement, love and sex and aesthetic perceptions, particularly in the performing or fine arts.”765 Im Falle künstlerischer Wahrnehmungen spricht man allgemein von einem “ästhetischen Erlebnis“ (aesthetic experience).766 Neben Freude, Ekstase oder Glück wird ein Gefühl intrinsischer Belohnung und Erfüllung berichtet. Eine spirituelle, transzendentale Dimension rückt die Grenzerfahrung in den Bereich des Mystischen.767 „In the midst of a peak experience an individual feels intimately connected with some larger phenomenon, such as nature, humankind or the infinite.“768 5.3.2.4 Kollektive Erlebnisse Während die Erzielung von Spitzenleistungen auf individueller Ebene Gegenstand zahlreicher Untersuchungen ist, sind außergewöhnliche transformative Erlebnisse auf kollektiver Ebene – wie sie gerade im Kunstbereich erlebt werden – seltener beschrieben. Dabei ist das Ergebnis, die Gruppenleistung, mehr als die Summe der individuellen Leistungen. Das Phänomen der „Communitas“ beschreibt ein gemeinschaftliches Gefühl der Zusammengehörigkeit auf Grundlage geteilter Erfahrungen Vgl. Schouten, et al. (2007), S. 357 f. Für einen Überblick siehe Lanier, et al. (1996), S. 782; Simonton fasst aus verschiedenen Studien folgende Persönlichkeitseigenschaften von als besonders kreativ anerkannter KünstlerInnen im Vergleich zu „BereichsexpertInnen“ (mit gleichzuwertender Ausbildung oder Erfahrung) zusammen: „Among the distinguishing attributes are the creator’s greater inclination toward nonconformity, unconventionality, independence, openness to experience, ego strength, aggressiveness, risk taking, introversion, and even psychopathology. Perhaps the most provocative individual-difference factor is the tendency for highly influential creators to have broader interests and greater versatility than their noncreative colleagues”, Simonton (2000), S. 285 764 Vgl. Schouten, et al. (2007) 765 Marotto, et al. (2007), S. 389 766 Vgl. u. a. Dewey (1958 [1934]; Beardsley (1981 [1958]) 767 Vgl. Lanier, et al. (1996), S. 788 ff. 768 Schouten, et al. (2007), S. 358 762 763
5.3 Das Erzielen kreativer Spitzenleistungen
195
und/oder Werte, das über das Alltägliche hinausgeht.769 Die Managementliteratur hat hauptsächlich Einflussfaktoren auf die Effektivität von Gruppen in Bezug auf Effizienz, Produktivität, Reaktionszeiten, Kundenzufriedenheit, Qualität und Innovation untersucht. 770 So genannte „Hot Groups“ beschreiben Gruppen mit sehr starken internen Bindungen, in denen persönliche Gefühle hinter die Aufgabe zurückgestellt werden: „A hot group is […] a lively, high-achieving, dedicated group, usually small, whose members are turned on to an exciting and challenging task. Hot groups, while they last, completey captivate their members, occupying their hearts and minds to the exclusion of almost everything else. They do great things fast.“771
Charakteristika von Hot Groups sind eine vollkommene Vertiefung in die Aufgabe, intellektuelle Intensität, Integrität und Austausch, emotionale Intensität sowie kleine und flexible Gruppengrößen. Fördernde Rahmenbedingungen können sowohl externe Krisen bzw. Wettbewerb als auch interne Bedingungen wie Offenheit, Flexibilität, Unabhängigkeit, Autonomie oder eine organisationale Fokussierung auf Personen (people-first) sein.772 Alternative Begriffe für ähnliche Phänomene sind „geniale Teams“773 oder „virtuose Teams“ als Gruppen die außergewöhnliche und innovative Ergebnisse erzielen. Sie setzen sich in der Regel aus den ExpertInnen des jeweiligen Bereichs zusammen und sind besonders für ambitionierte Zielsetzungen geeignet (vgl. Tabelle 9).774 Eine Besonderheit der Grenzleistung im Team sind gruppeninhärente Prozesse (z. B. social loafing) und Beziehungen als moderierende Variablen. Interpersonale Konflikte, interner Wettbewerb und Unterschiede in Fertigkeiten, Wertvorstellungen und Zielen können die Koordination und Zusammenarbeit in der Gruppe behindern. Dennoch ist auch auf sozialer Ebene eine Koexistenz im Sinne von „Communitas“ in Verbindung mit kollektiver Virtuosität möglich.775 Insbesondere im Bereich der Orchestermusik herrscht die Auffassung, ein wahrer „Maestro“ sei in der Lage, kollektive ästhetische Erlebnisse im Orchester zu schaffen. In ihrer teilnehmenden Studie in einem amerikanischen Konservatoriumsorchester schlagen Marotto, Roos und Victor ein Modell „kollektiver Virtuosität“ vor, welches den „Leader“, die „Aufgabe“ oder die „Gruppe“ als Katalysator für Grenzleistungen betrachtet. Virtuosität wird hierbei als „extreme skill and fluency in Vgl. Marotto, et al. (2007), S. 390 Vgl. Cohen/Bailey (1997) für einen Überblick der Literatur zwischen 1990 und 1996; für einen aktuelleren Überblick vgl. Gemünden/Högl (2005). 771 Vgl. Leavitt/Lipman-Blumen (1995) 772 Vgl. Leavitt/Lipman-Blumen (1995), S. 110 ff. 773 Vgl. Bennis/Biederman (1999) 774 Vgl. Fischer/Boynton (2005), S. 118 775 Vgl. Marotto, et al. (2007), S. 403 769 770
196
5 KünstlerInnen-Karrieren in den Darstellenden Künsten
performance“ definiert.776 Peak Performances im Orchester fanden ausschließlich in Situationen statt, in welchen die Gruppenmitglieder simultan sowohl als Ausführende als auch als Publikum fungierten. Während sie Teil des Produktionsprozesses waren, erlebten die MusikerInnen gleichzeitig ihre eigene Aufführung. Das Erleben der Spitzenleistungen kann auf kognitiver, affektiver und/oder sozialer Ebene erfolgen. Dadurch werden sowohl rationale als auch emotionale (künstlerische) Werte berücksichtigt. So ist es für die MusikerInnen ebenso wichtig, ihre Rolle und ihren Beitrag im Orchester zu verstehen als auch sie emotional wahrzunehmen. Das Erzielen von Grenzleistungen auf kollektiver Ebene kann darüber hinaus durch charismatische Führung, ein Gefühl von „Empowerment“ oder eine „edle Aufgabe“ evoziert werden.777 Traditionelle Teams
Virtuose Teams
Auswahl der Mitglieder nach Verfügbarkeit
Auswahl der Mitglieder nach Fähigkeiten
Fokus auf dem Kollektiv
Fokus auf dem Individuum
Fokus auf Aufgaben
Fokus auf Ideen
Arbeit individuell und aus Entfernung
Arbeit gemeinsam und intensiv
Zielgruppe: durchschnittliche KonsumentInnen Zielgruppe: anspruchsvolle KonsumentInnen Tabelle 9:
Traditionelle und virtuose Teams im Vergleich Quelle: Fischer/Boynton (2005), S. 121
In Beiträgen über „hot groups“ oder „virtuose Teams“ trifft man regelmäßig auf die Beobachtung, dass Unternehmen hohe Risiken mit diesen Hochleistungsteams verbinden und „consider expert individuals to be too elitist, temperamental, egocentric, and difficult to work with.“778 Im Gegensatz zu Teams, deren Talente auf einen Mittelwert gebracht werden, versuchen die „Leader“ von virtuosen Teams in Hinblick auf das Gruppenziel jedes einzelne Mitglied bis an die Grenze seines Potenzials zu bringen. Daher wird auch versucht, die besten ExpertInnen jedes Bereichs zusammen zu bringen und der fruchtbare Konflikt gesucht. Dabei liegt der Fokus auf dem Individuum, nicht dem Gruppenkonsens, jedoch in Hinblick auf ein gemeinsames Ziel. Im Gegensatz zu klassischen Arbeits- und Teamsituationen, ist die physische Nähe der Teammitglieder essenziell.779 Klassische Beispiele für hot groups oder virtuose Teams kommen aus dem Bereich der darstellenden Kunst wie beispielsweise bei unabhängigen Filmproduktionen.780 Vgl. Palmer (1998) zit. n. Marotto, et al. (2007), S. 388 Vgl. Fischer/Boynton (2005), S. 119 778 Fischer/Boynton (2005), S. 118 779 Vgl. Fischer/Boynton (2005), S. 119 780 Vgl. z. B. für independent film productions für das Musical „West Side Story“ oder die Produktion der Serie „Your Show of Shows” in Fischer/Boynton (2005). 776 777
6 Erfolg und Erfolgsmessung
Die Erfolgsfaktorenforschung hat insbesondere in der akademischen Disziplin des Strategischen Managements einen besonderen Stellenwert erlangt. Sie ist gekennzeichnet von der Bemühung, Variablen zu identifizieren, die in Zusammenhang mit der Unternehmensperformance stehen. Zur Beantwortung der Frage, was eine Organisation oder Produktion erfolgreich macht – und wann von Versagen gesprochen wird – ist die Identifikation dessen, was unter Erfolg verstanden wird, notwendig. Eine „klassische“ Erfolgsbewertung anhand des aktuellen und zukünftigen Gewinns, Marktanteilen, des Return on Investment (ROI) oder Aktienpreisen, greift (nicht nur) im Kulturbereich zu kurz. Non-Profit-Organisationen werden danach beurteilt, ob Sie Ihren Kernauftrag erfüllen oder nicht. Im Sinne des Reputations-Ansatzes basiert diese Beurteilung auf Wahrnehmungen von Schlüsselpersonen und sind jene Organisationen erfolgreich, die in der Lage sind, die Interessen möglichst aller internen und externen Stakeholdergruppen zu wahren.781 Dementsprechend sind die Bewertungen und Wertigkeiten der ökonomischen, sozio-politischen oder auch ästhetischen Leistung (performance) unterschiedlich. 6.1 Definitionen von Erfolg Le succès est une conséquence et non un but. (Erfolg ist ein Ergebnis, kein Ziel) Gustave Flaubert (1821-1880), französischer Autor
Eine genaue Definition von Erfolg gibt es nicht.782 Dazu sind die verschiedenen Ergebnisse oder Ziele, deren Erreichen als Erfolg gewertet wird, zu unterschiedlich. In der Betriebswirtschaft spricht man von Erfolg als dem Ergebnis der wirtschaftlichen Tätigkeit eines Unternehmens während eines Berichtszeitraumes. Ist der Erfolg positiv, spricht man von Gewinn, im negativen Fall wurde ein Verlust erwirtschaftet. „Für den Erfolg eines Unternehmens ist nicht ausschließlich entscheidend, wer mehr weiß oder wer sich am meisten anstrengt, sondern wer die besseren Ergebnisse erzielt,
781 782
Vgl. Thompson (1967); Kanter/Summers (1987) Dies gilt auch für das anglo-amerikanische Äquivalent „performance“ ; Vgl. March/Sutton (1997)
198
6 Erfolg und Erfolgsmessung um im Wettbewerb zu bestehen. Man kann noch so viel investieren: Wenn sich am Ende nicht das erwartete Resultat einstellt, war (fast) alles umsonst.“783
Erfolg bedeutet „eine positive Wirkung oder Folge von Handlungen oder Entscheidungen.“784 Analog zum Machtanspruch Bourdieus kann Erfolg in der modernen Gesellschaft als an Indikatoren wie Macht, Titel, Geld oder Prestige ablesbare soziale Durchsetzung im Wettbewerb verstanden werden. Zumeist wird Erfolg im Vergleich zu KonkurrentInnen oder früheren Ergebnissen festgelegt und als notwendig relativ betrachtet.785 Diese Betrachtungsweise sollte insbesondere im Bereich der Kunst und in Hinblick auf sich geänderte gesellschaftliche Rahmenbedingungen kritisch betrachtet werden. Ästhetische Erlebnisse sind in der Lage, sozusagen „aus der Sache“ einen Erfolgs- und Leistungsanspruch zu generieren. Aus psychologischer Sicht beschreibt Erfolg ein Bestätigungserlebnis, das bei der geglückten Verwirklichung von Zielen in Abhängigkeit von Anspruchsniveau und Leistungsmotivation auftritt. Schließlich basiert Erfolg in unserer Gesellschaft nicht unbedingt auf hervorragenden Leistungen, sondern auch auf willkürlichen und zufälligen Prozessen. Auch im Umkehrschluss sind hervorragende Leistungen keine Garanten für gesellschaftlichen Erfolg. Im „modernen Kapitalismus kommt dem Markt die Rolle zu, über den Erfolg einer Leistung zu befinden.“786 Es kommt zu einer Trennung von Leistung und Erfolg. Neben der betriebswirtschaftlichen Ergebnisorientierung wird insbesondere die Zielorientierung – das Verwirklichen eines erstrebenswerten Zieles – immer wichtiger. So wird, was als positives Ergebnis und damit Erfolg gewertet wird, von der unternehmerischen Zielsetzung als Kompromiss zwischen den Zielvorstellungen der unterschiedlichen Stakeholdergruppen bestimmt. 6.1.1 Economy - Efficiency - Effectiveness Zur Konkretisierung der organisationalen Ziele, deren Erreichung als Erfolg gewertet werden, ist die Auswahl von Ersatzkriterien nötig, um Instrumente und Maßnahmen bewerten und beurteilen zu können. Unter einer ökonomischen Zielsetzung wird zumeist zwischen organisationaler Effizienz und Effektivität unterschieden. Effizienz bezeichnet hier den sparsamen Mitteleinsatz für ein gegebenes Ziel (InputOutput-Relation) – „doing the things right“, während Effektivität die grundsätzliche Wirksamkeit von Maßnahmen zur Zielerreichung thematisiert – „doing the right things“. Effizienz kann also als organisationales Unterziel, Effektivität als Oberziel verstanden werden. Da Effektivität die Ziele von konkreten Maßnahmen thematisiert, Lang (2007), S. 82 Neckel (2004), S. 63 785 Vgl. Kritik bei Neckel (2004) 786 Neckel (2002), S. 114 783 784
6.1 Definitionen von Erfolg
199
wird sie am besten durch die Stimmigkeit der Organisationsumwelt mit internen Parametern und Regelungen (Kongruenz) sowie die Stimmigkeit der Gestaltungsparameter innerhalb der Organisation (Konsistenz) erzielt.787 Aufgrund der problematischen Messbarkeit von Zielen, wurden Ersatzkriterien formuliert, die sich in der Praxis leichter messen lassen. Dazu gehören die effiziente Gestaltung und Zweckmäßigkeit der Organisation und Koordination externer Ressourcen wie z. B. bekannter SängerInnen (Beschaffungseffizienz), die effiziente Nutzung von internen Sach- und Personalressourcen (Ressourceneffizienz), die Koordination des internen Outputs der einzelnen Organisationsbereiche (Prozesseffizienz) sowie die Qualität des Absatzmarktes und die Ausschöpfung der Potenziale am Absatzmarkt (Programmeffizienz). Hierbei sind insbesondere Inderdependenzen in Hinblick auf Autonomie- und Koordinationskosten zu berücksichtigen. Häufig konfligieren verschiedene Effizienzziele und sind entsprechend ihrer Bedeutung in der Organisation zu gewichten.788 Hinsichtlich der Führungsstruktur kann man Effizienz im Rahmen der Entscheidungshierarchie (Delegationseffizienz) und der Motivation von MitarbeiterInnen in Hinblick auf verhaltensbezogene Bewertungskriterien (Motivationseffizienz) ergänzen.789 „[T]he measurement of output in the arts is beset with problems, including the intangible nature of the arts product, the fact of variable quality in the arts and the problem of waste when there are empty seats at performances.”790
In Großbritannien wurden von der Regierung in den frühen 1990er Jahren Leistungsindikatoren (performance indicators) für staatlich unterstützte und Kulturorganisationen eingeführt. Diesen Indikatoren lagen die „drei E’s“ „Economy, Efficiency and Effectiveness“, also Wirtschaftlichkeit, Effizienz und Effektivität zu Grunde. Wirtschaftlichkeit beschreibt dabei Einkauf und Versorgung mit Dienstleistungen zu den niedrigstmöglichen Kosten im Einklang mit einer festgelegten Qualität und Quantität, Effizienz das Verhältnis der Inputs zu Outputs oder den Grad zu welchem Inputs in Outputs verwandelt werden. Effektivität schließlich steht für das Ausmaß, in welchem die Wirkungen einer Politik oder Strategie auf deren Ziel treffen, das Verhältnis von Outputs und Ergebnissen (outcomes).791 „Effectiveness becomes more a function of
Vgl. Mintzberg (1979), S. 219 f. Vgl. von Werder (2005), S. 324 ff. 789 Vgl. von Werder (2005), S. 204 790 Myerscough (1988), S. 112 791 Vgl. Evans (2000), S. 252 f.; eine Alternative ist das Model „new accountability“ von Martin/Kettner (1996), welches das Zweigespann „Effektivität“ und „Effizienz“ um das Konzept „Qualität“ erweitert. Peacock, Shoesmith und Millner schlagen bereits in den 1980er Jahren zwei Schritte zur Messung der Effektivität in öffentlichen Kulturbetrieben vor: „Intermediate or Performed Output“ (z.B. Zahl der Aufführungen) und „Marketed Output“ (z.B: Zahl bzw. Wert der verkauften Sitzplätze); vgl. Peacock, et al. (1983) 787 788
200
6 Erfolg und Erfolgsmessung
the degree to which the conductor and group become one in their mission.”792 Die Schwierigkeit der Messung von qualitativen Ergebnissen führte zu einer häufigen Verwendung von quantifizierbaren Größen für Input und Output. Gilhespy hat versucht, ein Erfolgsmessungssystem für Kulturorganisationen zu modellieren um sie vor einer externen Leistungsevaluierung der britischen Regierung zu schützen, welche die Besonderheiten von Kulturorganisationen nicht in Betracht ziehen würde.793 Er beschreibt noch ein viertes „E“ Gerechtigkeit (equity), das Möglichkeiten verschiedener Zielgruppen von der kulturellen Aktivität zu profitieren, beschreibt. Er unterteilt dieses Konzept in eine gerechte Verteilung der Möglichkeiten innerhalb verschiedener sozioökonomischer Gruppen, den Geschlechtern oder ethnischer Gruppen (intersocial equity); die regionale Verteilung (interspatial equity) und in eine generationenübergreifende Gerechtigkeit über die Zeit (intergenerational equity / cultural sustainability).794 Tabelle 10 zeigt eine Übersicht der von Gilhespy vorgeschlagenen Leistungsindikatoren für Kulturorganisationen: Policy Objective 1) Access maximization
2) Attendance maximization
3) Diversity/ multiculturalism 4) Economy maximization 5) Education
Performance Indicator (What is being measured?) Old Age Pensioner**/Total Attendance (Effectiveness/Equity) Outreach Costs/Programme Costs (Efficiency) Outreach Costs/Gross Operating Expenditure (Efficiency) Outreach Attendance*/Total Attendance (Effectiveness/Equity) Estimate of Lost Revenue (Effectiveness/Equity) Estimate of Lost Attendance (Effectiveness/Equity) Total Attendance (Effectiveness) Total Attendance/ Gross Operating Expenditure* (Efficiency) Subscription/Total Attendance (Efficiency/Effectiveness) Total Attendance /Capacity (Efficiency) Expected Attendance / Actual Attendance (Economy) Range of Programme (Effectiveness) Expenditure on Multiculturalism/Programme Costs (Effectiveness) Expenditure on Multiculturalism/Gross Operating Expenditure (Effectiveness) Estimate of Lost Revenue (Effectiveness) Estimate of Lost Attendance (Effectiveness) Costs / Turnover (Economy) Salaries / Gross Expenditure (Economy) Planned Costs / Actual Costs (Economy) Educational Expenditure/Programme Costs (Effectiveness) Educational Expenditure/ Gross Operating Expenditure (Effectiveness) Outreach Costs/Programme Costs (Efficiency) Outreach Costs/ Gross Operating Expenditure (Efficiency) Estimate of Lost Revenue (Effectiveness) Estimate of Lost Attendance (Effectiveness)
Armstrong/Armstrong (1996), S. 25 Vgl. Gilhespy (1999), (2001) 794 Vgl. Gilhespy (1999); Evans (2000), S. 792 793
6.1 Definitionen von Erfolg
201
6) Excellence
Estimate of Lost Revenue (Effectiveness) Estimate of Lost Attendance (Effectiveness) Quality Ratings (Using Social Surveys) (Effectiveness) Willingness to Pay Rating (Effectiveness) Estimate of Lost Revenue (Effectiveness) 7) Innovation Estimate of Lost Attendance (Effectiveness) New companies in Yearly Programme (Effectiveness) Direct Income/ Gross Operating Expenditure (Economy) 8) Revenue maximization Box Office Income/Turnover (Economy) Sales Revenue/Turnover (Economy) Business Support/Turnover (Economy) Box Office Income/ Total Attendance (Economy) Sales Revenue/ Total Attendance (Economy) Administration Costs/ Total Attendance (Efficiency) Gross Expenditure/ Total Attendance (Efficiency) 9) Service quality Quality of Building Design: Foyer; Bars; Restaurant; Car Parks; Seating; (Effecmaximisation tiveness) Quality of Sales Products: Food; Drink; Shop Sales (Effectiveness) Quality of Service Elements: Efficiency/Friendliness of Staff; Cleanliness (Effectiveness) General Features: Atmosphere; Sense of Community (Effectiveness) Willingness to Pay Rating (Effectiveness) Expenditure on community-oriented activities/Gross Expenditure (Efficiency) 10) Social coheAttendance of community-oriented activities/Total Attendance (Effectivesion ness/Equity) Outreach Expenditure/Gross Expenditure (Efficiency) Outreach Attendance/Total Attendance (Effectiveness/Equity) Attendance by Ethnic Minorities/Total Attendance (Effectiveness/Equity) Old Age Pensioners**/Total Attendance (Effectiveness/Equity) Attendance of User Panels (Effectiveness/Equity) Number of Volunteers (Effectiveness/Equity) Size of Arts Economy (Effectiveness) 11) Economic Impact of Arts Economy (Effectiveness) Importance Direct / Indirect / Induced Employment (Effectiveness) and Impact Revenue related to Cultural Tourism (Effectiveness) Business Relocation (Effectiveness) Employment Relocation (Effectiveness) Civic prestige (Effectiveness) 12) Prestige National prestige (Effectiveness) Willingness of local population to pay for local arts activity (Effectiveness) 13) Quality of Appearance of the arts in quality of life surveys (Effectiveness) Life
(Publicness) Tabelle 10:
Leistungsindikatoren für Kulturorganisationen Quelle: Eigene Darstellung nach Gilhespy (1999); (* if appropriate; ** example)
Die dreizehn Indikatoren 1) Zugangsmaximierung; 2) Besuchermaximierung; 3) Diversität / Multikulturalismus; 4) Maximierung der Wirtschaftlichkeit; 5) Bildung; 6) Qualität (Excellence); 7) Innovation; 8) Einkommensmaximierung;
202
6 Erfolg und Erfolgsmessung
9) Maximierung der Dienstleistungsqualität; 10) sozialer Zusammenhalt (Kohäsion); 11) wirtschaftliche Bedeutung und Einfluss; 12) Prestige sowie 13) Lebensqualität sollten jeweils gewichtet und bewertet werden, um eine strategische Bewertung hinsichtlich der im Mission Statement formulierten Ziele erreichen zu können. Dadurch könnten die Besonderheiten einer Kulturinstitution auch hinsichtlich ihrer Erfolgsbewertung berücksichtigt werden.
Abbildung 16:
Modell zur Erfolgsmessung in kulturellen Organisationen Quelle: Gilhespy (1999)
6.1 Definitionen von Erfolg
203
Gilhespy schlägt ein strategisches Vorgehensmodell vor, das ausgehend von Vision und Leitbild sowie kulturpolitischen Zielsetzungen und nach einer Analyse der organisationalen Umwelt - unter Einbezug strategischer Kontrolle - eine strategische Auswahl und Evaluation der gewählten Kriterien trifft (siehe Abbildung 16).795 6.1.2 Das Konzept Erfolg in der Kultur Das moderne Theater muß nicht danach beurteilt werden, wieweit es die Gewohnheiten des Publikums befriedigt, sondern danach, wieweit es sie verändert. Bertolt Brecht (1898-1956), deutscher Schriftsteller
Lange Zeit war der Bereich der Kunst von einer Legitimation über marktliche Kennzahlen befreit. Erst die Knappheit öffentlicher Gelder bei zunehmender Angebotsvielfalt und Wettbewerb um diese Ressourcen haben zu einer Forderung nach wissenschaftlicher Effizienz und Leistung geführt. „Gemäß der soziologischen Einsicht, dass Normen erst im Zustand ihrer Verletzung positiv in das allgemeine Bewusstsein treten, scheinen auch die Maßstäbe von Erfolg nur dann thematisch zu werden, wenn soziale Vorteile in irgendeiner Weise als illegitim aufgefasst werden können.“796
Im Zuge der zunehmenden Professionalisierung des Managements von Non-ProfitOrganisationen im Allgemeinen und damit speziell auch Kulturinstitutionen, stellt sich die Frage nach der Anwendbarkeit von Managementkonzepten, die ursprünglich für erwerbswirtschaftlich orientierte Unternehmen entwickelt worden waren. Tatsächlich sind viele dieser Konzepte aufgrund der bedingten Übertragbarkeit der zugrunde liegenden Unternehmensmodelle nur begrenzt anwendbar. Da im NonProfit-Bereich nicht das Erreichen eines finanziellen Unternehmensziels im Vordergrund steht, sondern überwiegend altruistische, am Wohl der Gemeinschaft orientierte Ziele, können gewisse Instrumente, beispielsweise der Mitarbeitermotivation oder der Erfolgsmessung nicht entsprechend und problemlos übertragen werden und fehlen entsprechende Indikatoren. Insbesondere die Fragen nach Effizienz, Leistung, Performance oder Erfolg machen dieses Dilemma deutlich. Leistung oder Performance bezeichnet den bewerteten Beitrag zur Erreichung der Ziele eines Unternehmens oder einer Organisation. Im Vordergrund stehen dabei die übergeordneten Ziele des Unternehmens oder der Organisation. Das Konstrukt „Erfolg“ geht in seiner Begrifflichkeit noch darüber hinaus. Während „Erfolg“ in seiner ursprünglichen Bedeutung ein wertfreies, neutrales Resultat bezeichnete, ist der 795 796
Vgl. Gilhespy (1999) Neckel (2002), S. 103
204
6 Erfolg und Erfolgsmessung
Begriff heute eindeutig positiv besetzt und mit dem Erreichen persönlicher oder definierter und als erstrebenswert angesehener Ziele gleichgesetzt. Bendixen nennt KünstlerInnen, Kunstwerke oder Kulturinstitutionen erfolgreich, wenn ihr Werk „in aller Munde ist, in aller Gedächtnis ist, als künftiges Bildungsgut bewertet wird, in Feuilletons kommentiert wird, den Künstler reich gemacht hat.“797 Eine Erfolgsmessung anhand ökonomischer Kennzahlen wie z. B. Gewinn wird vielfach vehement von der Hand gewiesen,798 „[a]ls ob schon alleine die Ausrichtung eines Produktes auf die Bedürfnisse der Kunden zu einem schlechten Produkt führen würde.“799 Auch eine „schlechte“ künstlerische Leistung würde durch einen Publikumserfolg nicht besser. Über ihre gesellschaftliche Verantwortung hinweg verfolgen die Künste einen ästhetischen Anspruch, der objektiv nicht gemessen werden kann. „But making art is also a way of creating realities, so artists should not be intimidated by engaging with the process of assessment and evaluation. On the contrary, they should feel confident that they have a new way of thinking and a different set of values […]. Creativity recognises and explores the value of subjectivity and the legitimacy of different perspectives.“800
Wenngleich also die Unmöglichkeit einer allgemein gültigen Erfolgsmessung für das Musiktheater im Raum steht, kann doch die Ermittlung von spezifischen Erfolgsund Einflussfaktoren für eine nachhaltige Existenzsicherung und Legitimation ebenso wie für die Optimierung verschiedener Organisationsabläufe eine wichtige Rolle spielen.
Vgl. Bendixen (2002), S. 28 Vgl. dazu das Zitat von Skandalregisseur Christoph Schlingensief in seinem Wahlkampf-Flyer Chance 2000: “machen sie mal was! was ist egal. hauptsache, sie können es vor sich selbst vertreten. natürlich wird es eine pleite werden, wenn sie selbst was machen. aber eine pleite, die von herzen kommt, ist besser als eine million, an der scheiße hängt.“ 799 Heinrichs (1999), S. 60 800 Matarasso (1996), S. 3 797 798
6.2 Probleme bei der Erfolgs-Bewertung im Kunst- und Kulturbereich
205
6.2 Probleme bei der Erfolgs-Bewertung im Kunst- und Kulturbereich There's a story going the rounds that a manager who couldn't use his concert tickets for Schubert's Unfinished Symphony gave them to his work study management executive - in nonjargon, the efficiency expert - and received the following report after the performance: 1. For considerable periods, the four oboe players had nothing to do. Their number should be reduced, and their work spread over the whole orchestra. 2. Forty violins were playing identical notes. This seems unnecessary duplication, and this section should be drastically cut. If a larger volume of sound is required, this could be achieved through an electronic amplifier. 3. Much effort was absorbed in the playing of demi-semi-quavers. This seems an excessive refinement, and it is recommended that all notes be rounded to the nearest semi-quaver. If this were done, it should be possible to use trainees and lowergrade operators. 4. No useful purpose is served by repeating with horns the passage that has already been handled by the strings. If all such redundant passages were eliminated, the concert could be reduced to twenty minutes. If Schubert had attended to these matters, he probably would have been able to finish this symphony after all. Eine vielzitierte Anekdote über die “Unvollendete” von Schubert
Die Künste werden als fundamental unterschiedlich zu anderen Aspekten der Produktion und öffentlichen Dienstleistungen gesehen und sollten daher nicht denselben Evaluationsarten und -methoden unterworfen werden.801 „In der Tat findet man sich in einer verkehrten ökonomischen Welt vor: Auf symbolischem Terrain vermag der Künstler nur zu gewinnen, wenn er auf wirtschaftlichem Terrain verliert (zumindest kurzfristig), und umgekehrt (zumindest langfristig).“802
Die Schwierigkeit einer Erfolgsmessung bzw. Evaluierung von Kunst liegt vor allem in der Unbeständigkeit der Welt künstlerischer Produktion. KünstlerInnen und Kulturinstitutionen können beachtliche materielle und moralische Belohnung erhalten, wenn sie sich sozialen oder politischen Erwartungen für „l’art pour l’art“ widersetzen. Auch eine heute akzeptierte bzw. akzeptable Evaluation kann morgen Widerstand hervorrufen.803 Der Charakter des gemischten Gutes (mixed good) erschwert zusätzlich die ökonomische Outputbewertung eines Theaters, da es die gemeinsame Produktion einer privaten Komponente für individuelle Konsumenten und einer öffentlichen Komponente, die sich aus dem Wert der Kunst und Kultur für die Gesellschaft ableitet, beinhaltet. Während sich der Input in Form von Ressourcen relativ leicht berechnen lässt, ist die Definition des Output deutlich schwieriger. So ist die Inszenierung einer Oper als Produktion von einer einzelnen Aufführung derselben Oper und wiederum von dem dargebotenen künstlerischen Erlebnis zu unterscheiden. Vgl. z. B. Interviews mit KünstlerInnen von Vgl. Cohen/Pate (2000), S. 106 ff. Bourdieu (1999 [1992]), S. 136 803 Vgl. Bourdieu (1999 [1992]; Cohen/Pate (2000) 801 802
206
6 Erfolg und Erfolgsmessung
Throsby schlägt in diesem Zusammenhang die Unterscheidung zwischen produziertem Output und verkauftem Output vor.804 Gerade im Kulturbetrieb ist der Spielraum für profitorientiertes Handeln zumeist sehr eingeschränkt, während gleichzeitig der Beitrag von öffentlicher und privater Seite sehr groß sein kann. Die Stakeholder können nicht auf gewohnte Signale des Marktes zurückgreifen, wie sie das im ProfitSektor könnten, um verschiedene Aspekte der Leistungserstellung zu bewerten und zu evaluieren.805 Problematisch ist hier das Spannungsfeld zwischen Ökonomie und Kunst. Nicht das Erzielen finanziellen Gewinns steht im Vordergrund, sondern das künstlerische Schaffen verbunden mit qualitativen und damit gesellschaftlichen Zielen. Reduziert man den künstlerischen Anspruch einer Kulturinstitution, lassen sich relativ leicht die Kosten senken,806 jedoch scheint eine Reduktion der künstlerischen Qualität in den wenigsten Fällen erwünscht oder akzeptabel und steht im Widerspruch zum öffentlichen Auftrag von Kulturinstitutionen. Kulturorganisationen sind aus vielerlei Gründen in der Bewertung von Erfolg anders zu behandeln als frei am Markt agierende Unternehmen. Dazu gehören Unterschiede in Rechtsform und Finanzstatus, die besonderen Eigenschaften der kulturellen Dienstleistung, Zielamorphität ebenso wie ein fehlender Konsens über die zu vertretenden gesellschaftlichen Werte sowie die Qualität der Leistung.807 „Mit der Idee der Evaluation eines kulturellen Projekts verstößt man in Kunst und Kultur gegen alle guten Sitten. […] Kultur beziehungsweise den Beitrag eines Projektes zu ihr in Frage zu stellen, um eine mögliche Differenz zwischen Absicht und Erfolg festzustellen, bedeutet nur, dass man nicht verstanden hat, welchen Wert sie von sich aus bereits hat.“808
Kunst als “höheres Gut” kann nur in subjektiven Bewertungen existieren, und widersteht per definitionem einer exakten Messung ebenso wie einem Vergleich.809 Im Gegensatz zum Markt für bildende Kunst, der die Ungewissheit am Markt durch Preise zumindest teilweise reduzieren kann,810 entzieht sich auch der Marktpreis als Referenzpunkt. Der kommerzielle Wert von Kunst kann sogar mit der Reputation im betreffenden künstlerischen Feld und einer „künstlerischen Motivation“ negativ korrelieren.811 Es gibt kein homogenes Kunstverständnis, so dass KünstlerInnen ihr 804 Vgl. Throsby (1994), S. 9; produziertes Output wären beispielsweise die für eine Inszenierung insgesamt zur Verfügung stehenden Sitzplätze, während verkauftes Output sich auf die tatsächlich verkauften Tickets bezieht. 805 Vgl. Caves (2000), S. 3 806 Vgl. Hoegl (1995), S. 7 807 Vgl. Kanter/Summers (1987); Forbes (1998), S. 184 f. 808 Baecker (2007), S. 1 809 Vgl. Eikhof/Haunschild (2007), S. 532 810 Vgl. z. B. Beckert/Rössel (2004) 811 Vgl. Bourdieu (1999 [1992])
6.2 Probleme bei der Erfolgs-Bewertung im Kunst- und Kulturbereich
207
eigenes Kunstverständnis permanent rekonstruieren und in Beziehung setzen.812 Durch die unterschiedlichen Ansprüche verschiedener Stakeholder kann es zu Redundanzen in der Erfolgsmessung bzw. -bewertung kommen. Aufgrund der zahlreichen Schwierigkeiten, die mit einer Erfolgsmessung im Kulturbereich verbunden sind, stellt sich die grundlegende Frage, ob eine Leistungsmessung für Erbringer öffentlicher Leistungen denn überhaupt Sinn mache. Behn betont die Stärkung einer Wirkungs- und Ergebnisorientierung für den öffentlichen Bereich und reduziert zahlreiche Argumente auf ein ultimatives Ziel – die Leistung zu verbessern. Die sieben Unterziele Evaluation, Kontrolle, Budgetentscheidungen, Mitarbeitermotivation, Werbung gegenüber Stakeholdern und politischen Entscheidungsträgern, Zelebrierung von außergewöhnlichen Leistungen und Lernen stehen im Dienst des Zieles Leistungsverbesserung.813 6.2.1 Kennzahlen und Indikatoren Unter Kennzahlen oder Kennziffern „versteht man empirische individuelle Zahlenwerte, die als Verhältniszahlen einen schnellen und zuverlässigen Einblick in das betriebliche Geschehen ermöglichen.“814 Kennzahlen sind also quantitative Messgrößen, welche die Struktur und Prozesse in einem Unternehmen abbilden und eine Grundlage für das Verständnis von Zusammenhängen sowie den internen und externen Vergleich bilden. Eine grundlegende Einteilung erfolgt in absolute (z. B. Umsatz, Liquidität, Bilanzsumme) und relative Kennzahlen. Letztere untergliedern sich weiter in Gliederungszahlen (z. B. Verhältnis des Umlaufvermögens zum gesamten Vermögen), Beziehungszahlen (z. B. Verhältnis von Eigenkapital und Anlagevermögen) und Indexzahlen die Werte zu verschiedenen Zeitpunkten in Beziehung setzen (z. B. Aktien- und Preisindizes).815 Tabelle 11 zeigt eine Auswahl von in Theaterinstitutionen eingesetzten Kennzahlen. Eine weitere Unterscheidung von Kennzahlen kann in die Kategorien Finanzkennzahlen (ROI, Deckungsbeitrag), Markt- und Kundenkennzahlen (Marktanteil, Kundenakquisitionsrate), Prozesskennzahlen (Fehlerquote, Kapazitätsauslastung), MitarbeiterInnenkennzahlen (Fluktuation, Mitarbeiterproduktivität) oder Innovationskennzahlen (Innovationsrate, Forschungsintensität) erfolgen.816 Für das Musiktheater stehen einerseits Kennzahlen zur Verfügung, die eine rein quantitative Beschreibung der verschiedenen Aspekte von Kulturproduktion und -konsum darstellen. Hierzu gehören beispielsweise Mitarbeiterzahlen, Kosten Vgl. Eikhof/Haunschild (2007), S. 532 Vgl. Behn (2003), S. 587 f. für eine Übersicht 814 Korndörfer (2003), S. 434 815 Vgl. Wagenhofer (2000), S. 226 ff. 816 Vgl. Weber/Schäffer (2006), S. 168 ff. 812 813
208
6 Erfolg und Erfolgsmessung
der Leistungserstellung, Besucherzahlen oder Aufführungsdaten. Andere Indikatoren hingegen werden als Instrument der Bewertung verschiedener Aspekte der Leistung von Kulturinstitutionen eingesetzt, wie z. B. die Kosten pro BesucherIn oder das Verhältnis der Eigeneinnahmen zum Gesamtbudget (Eigenfinanzierungsanteil). Verhältniskennzahlen
Verwendung
Gliederungskennzahlen Künstlerisches Budget / Gesamtbudget * 100
„Der Anteil des künstlerischen Budgets am Gesamtbudget sollte 15% nicht unterschreiten“
Anteil der Gäste / Künstl. Personal „Der Anteil der engagierten Gäste in einer Saison soll gesamt * 100 40% nicht übersteigen“ Verwaltungspersonal / Personal gesamt * 100
„Das Verwaltungspersonal sollte 5% des gesamten Personals nicht übersteigen“
Beziehungskennzahlen Marketingbudget / Umsatzerlöse * 100
„Der Anteil des Marketingbudgets an den Umsatzerlösen des Theaters soll 5% nicht übersteigen“
Personalaufwand in den Werkstätten / Produktion
„Jede Produktion darf maximal x Stunden in den Werkstätten anfordern“
Indexzahlen Steigerung des künstlerischen Budgets
„Das künstlerische Budget soll in den nächsten zwei Saisonen um 2% steigen“
Absolute Kennzahlen
Verwendung
Inszenierungsdeckungsbeitrag
„Der Inszenierungsdeckungsbeitrag der Produktion x sollte eine Höhe von x erreichen“
Überstunden der Technik / Produktion
„Jeder Regisseur darf lediglich x Überstunden seitens des technischen Personals in Anspruch nehmen“
Besucherauslastung
„Die Produktion x sollte eine Auslastung von x% im Sinne eines positiven Deckungsbeitrages erreichen“
Spartenauslastung
„Die Sparte x sollte eine Auslastung von x% im Sinne eines positiven Deckungsbeitrages erreichen“
Tabelle 11:
Kennzahlen im Theater Quelle: Vakianis (2005), S. 172
Eine weitere Unterscheidung ist im Zusammenhang mit Output und Outcome künstlerischer Aktivität zu treffen. Unter Output versteht man das direkte Ergebnis der Aktivität einer Institution, welche durch die Kombination der Inputfaktoren zustande kommt wie z. B. die Zahl der Aufführungen. Outcome hingegen bezeichnet die Ziele des Unternehmens, im Falle der Kulturinstitution den gewünschten
6.2 Probleme bei der Erfolgs-Bewertung im Kunst- und Kulturbereich
209
Einfluss auf die NutznießerInnen des Angebots, wie z. B. den positiven Einfluss auf die Entwicklung von Kindern und jungen Menschen durch die Kunst. Während Outputgrößen in der Regel leicht zu erfassen und zu messen sind und auch mit anderen Maßzahlen problemlos in Beziehung gesetzt werden können, ist die Bewertung des zumeist qualitativen Outcomes deutlich komplexer. Dennoch gilt es auch Kriterien wie künstlerische Qualität und Vielfalt oder Mitarbeiterzufriedenheit in die Bewertung mit einzubeziehen. Die Reduktion einer Bewertung auf quantitative Daten birgt die Gefahr einer „Play-Safe-Policy“ insofern, als Kulturunternehmen kreative Arbeiten und die Vielfalt der Aufführungen reduzieren und auf den Massengeschmack treffende Produktionen umstellen um den Kriterien der Auslastung, etc. genügen zu können.817 Die Ziele und Nutzen der verschiedenen Stakeholdergruppen denen eine NonProfit-Institution verpflichtet ist, sind zumeist nicht ident und auch nicht immer miteinander vereinbar, die Informationsbedürfnisse sind divergent. Es gibt also kein objektives und universell einsetzbares Set von Indikatoren. Dieses Dilemma führt vielfach zu einer Unterbewertung von Outcomes bzw. „weichen“ Faktoren bei der Bewertung von Erfolg. Während Maßzahlen zur Bestimmung des Outputs in der Regel aus Daten abgeleitet werden können, die für jede Organisation auf (fast) identische Art und Weise erhoben werden können und dadurch zu einem gewissen Grad objektivierbar sind, sind die Quellen qualitativer Daten subjektiv, sie gründen zumeist auf der Wahrnehmung der betroffenen Individuen. Indikatoren dienen dazu, nicht messbare Sachverhalte zumindest näherungsweise abbilden und dadurch bewerten zu können. Die Begriffe Kennzahl und Indikator werden häufig synonym gebraucht, da eine Messgröße gleichzeitig Kennzahl und Indikator sein kann. Indikatoren werden gemeinhin als einfache Messzahlen oder als Verhältnisse (ratios) präsentiert, die ein Phänomen erfassen sollen. Diese Indikatoren messen eine Dimension des zu untersuchenden Phänomens. Gerade beim Vergleich verschiedener Kulturinstitutionen zeigt sich jedoch, dass der Produktionsprozess multidimensional angelegt ist, sowohl von der Input- als auch von der Output-Seite, so dass nur ein multidimensionaler Ansatz der Komplexität des Themas gerecht werden kann, gleichzeitig aber eine trennscharfe Effizienzbewertung verschiedener Institutionen unmöglich macht.
817
Vgl. Evans (2000), S. 257
210
6 Erfolg und Erfolgsmessung
6.2.2 Die Erfolglosigkeit der Erfolgsfaktorenforschung Rockart definiert kritische Erfolgsfaktoren als „the limited number of areas in which results, if they are satisfactory, will ensure the successful competitive performance for the organization. They are a few areas where ‘things must go right’ for the business to flourish.“818
Erfolgsfaktoren sind also ausgewählte Variablen oder Faktoren, die eine Organisation bis zu einem gewissen Grad gestalten kann, und die ihren Erfolg maßgeblich beeinflussen.819 Erfolgsfaktoren können in generelle bzw. allgemeine, markt- oder branchenspezifische, unternehmens- bzw. organisationsspezifische und auf funktionale bzw. subfunktionale Maßnahmenpakete bezogene Erfolgsfaktoren unterschieden werden:820
Generelle bzw. allgemeingültige (strategische) Erfolgsfaktoren gelten über alle Branchen und Märkte hinweg und beeinflussen zeitunabhängig Erfolg oder Misserfolg einer Organisation. Die in der PIMS Studie mit Hilfe statistischer Analysen – beispielsweise über die Zusammenhänge zwischen ROI und Cash Flow - ermittelten „laws of the marketplace“ Marktposition, Marktwachstum, Produkt- und Dienstleistungsqualität, Innovationen, Investitionsintensität, Wertschöpfung pro MitarbeiterIn sowie vertikale Integration dienen der vergleichenden Bewertung von Erfolgsunterschieden der untersuchten Geschäftsbereiche. Markt- oder branchenspezifische Erfolgsfaktoren gelten innerhalb eines bestimmten Marktes oder einer Branche und haben aufgrund rascherer Veränderungen im Gegensatz zu generellen Erfolgsfaktoren nur für eine beschränkte, im Voraus nicht bestimmbare Zeit Gültigkeit. Im Bereich des Theaters fallen spezifische Dimensionen der Aufführungsqualität oder beispielsweise des Bühnendesigns, aber auch die Dichte des Vertriebsnetzes in diesen Bereich. Unternehmens- bzw. organisationsspezifische Erfolgsfaktoren beziehen sich auf Teilbereiche, Prozesse, Funktionen oder Personen im Unternehmen, welche die Organisation von ihren Wettbewerbern unterscheiden, wie z. B. technologisch überlegene Bühnenanlagen oder erfolgreiche Führungskräfte. Schließlich sind auf funktionale bzw. subfunktionale Maßnahmenpakete bezogene Erfolgsfaktoren wie z. B. bei der Rekrutierung von KünstlerInnen zu unterscheiden. Der Erfolg verschiedener Maßnahmen, nicht der Organisation als Ganzes, steht im Vordergrund.
Rockart (1979), S. 85 Alternativ verwendete Begriffe sind „Critical Success Factors“, „Einflussfaktoren“, „Erfolgskomponenten“ oder „strategische Schlüsselfaktoren“. 820 Vgl. Kühn/Grünig (1998), S. 91 ff. 818 819
6.2 Probleme bei der Erfolgs-Bewertung im Kunst- und Kulturbereich
211
Obwohl die Suche nach verallgemeinernden Erfolgsfaktoren für Unternehmen vielfach kritisiert und als erfolglos bewertet wurde,821 verfolgt die Managementforschung seit über dreißig Jahren das Ziel, Unternehmenserfolg auf bestimmte Einflussfaktoren und/oder Maßnahmen von Unternehmen zurückführen zu können. Ein Erfolgsfaktor ist eine Variable, die den Erfolg eines Individuums oder einer Organisation bestimmt (auch „kritischer Erfolgsfaktor“). Da zahlreiche und interdependente Einflussgrößen zusammenwirken können, zeichnet sich die Erforschung der Erfolgsfaktoren einer Organisation durch hohe Komplexität aus.822 Dennoch liegt der Erfolgsfaktorenforschung die Annahme zugrunde, einige wenige – kritische – Erfolgsfaktoren würden „trotz der Mehrdimensionalität und Multikausalität des Unternehmenserfolges […] über Erfolg und Misserfolg entscheiden.“823 Die Herausforderung, die relative Leistung (performance) von Unternehmen über Branchen und Epochen hinweg zu messen, Top-Performer zu identifizieren und die gemeinsamen Nenner ihres Erfolges zu finden, wurde seit den 1960er und verstärkt seit den 1980er Jahren angenommen. In den 1960er Jahren wurden im Rahmen des sogenannten PIMS-Programm (Profit-Impact-of-Market-Strategies)824 systematisch Unternehmensdaten von mehr als 3.000 Strategischen Geschäftseinheiten mit dem Ziel, Schlüsselfaktoren und generalisierbare Verhaltensmuster für den Unternehmenserfolg zu identifizieren, erfasst. Die Studie wurde als internes Projekt des Unternehmens General Electric gestartet und wird mittlerweile vom Strategic Planning Institute (SPI) in Cambridge (USA) geleitet. Das Hauptaugenmerk wurde zunächst auf die Bedeutung des absoluten und relativen Marktanteils gelegt, später auch auf Marktwachstum, Auftragsgröße, Qualität der angebotenen Leistung oder Produkte, Investitionsintensität, vertikale Integration, Produktivität oder Innovation. Erfolg wurde durch die zentrale Größe Return on Investment (ROI) gemessen.825 Dieser Versuch, kritische Erfolgsfaktoren quantitativ zu erfassen, wurde nicht zuletzt wegen des Vorwurfs unzureichender theoretischer Fundierung, unzureichend geklärter Kausalzusammenhänge,
821 Vgl. u. a. Nicolai/Kieser (2002); March und Sutton sprechen sogar davon, dass es nicht möglich sei, die Ursachen von Erfolg und Misserfolg in einer wissenschaftlich vertretbaren Weise zu identifizieren. Sie argumentieren, dass die Verbreitung des Wissens um Erfolgsfaktoren diese aufgrund der Imitation durch andere Unternehmen unwirksam mache. Im Fall öffentlicher Kulturbetriebe kann dieses Argument allerdings nur teilweise Gültigkeit finden, da Wettbewerb hier nur begrenzt stattfindet und der öffentliche Auftrag durch Netzwerkeffekte umso besser erfüllt wird, je mehr Organisationen die Aufgabe der Publikumsentwicklung für Hochkultur erfolgreich erfüllen. Dennoch herrscht Konkurrenz um die knappen finanziellen und personellen Ressourcen. Vgl. March/Sutton (1997), S. 699 822 Vgl. Urselmann (1998), S. 23 823 Hoffmann (1986), S. 832 824 Vgl. u. a. Buzzell/Gale (1989) 825 Vgl. Pepels (2005), S. 155 ff.
212
6 Erfolg und Erfolgsmessung
dem Fehlen „weicher Faktoren“ und einer Überrepräsentation erfolgreicher USamerikanischer Großunternehmen in der Datenbasis kritisiert.826 Das 7S-Modell von Peters und Waterman nimmt weiche Erfolgsfaktoren in die Betrachtung auf und unterscheidet sieben globale Kausalfaktoren des Unternehmenserfolgs:827 Die Orientierung an den harten Faktoren Organisationsstruktur, Strategie und Prozesse (structure, strategy, systems), die leichter erfassbar und evaluierbar sind, wird durch den Versuch einer optimalen Ausrichtung der weichen Faktoren Personal mit seinen Spezialkenntnissen, Unternehmenskultur bzw. Stil und gemeinsame Ziele bzw. Werte (skills, staff, style, subordinate goals/shared values), die weitaus schwieriger einzuschätzen sind, ergänzt. Das Modell fand seinen Einsatz häufig in Veränderungsprozessen. Auch bei der Studie von Peters und Waterman wurde die Verwendung großflächiger Indikatoren, Subjektivität bei der Auswahl erfolgreicher Unternehmen, die Konzentration auf US-amerikanische Unternehmen sowie fehlende empirische Überprüfung der Ergebnisse kritisiert.828 Einige der genannten Beispiele für erfolgreiche Unternehmen gibt es inzwischen nicht mehr, was auf einen situativen „Fit“ (having the right stuff at the time) schließen lässt. Dennoch verfolgten zahlreiche weitere ForscherInnen die idealistische Suche nach diesen Erfolgsfaktoren.829 Die Vielzahl sehr heterogener, branchenübergreifender, aber auch branchenspezifischer Erfolgsfaktorenuntersuchungen brachte diesem Forschungsbereich häufig heftige Kritik ein.830 Immer wieder wurde die Unmöglichkeit der Isolation einzelner Erfolgsfaktoren unterstrichen und das Prinzip der multiplen Kausalität, eine Bestimmung durch eine Vielzahl interdependenter interner und externer Variablen, betont. Eine weitere ungelöste Fragen ist, welche Untersuchungseinheit „Träger“ des Erfolges ist – das Individuum, das Team, eine Geschäftseinheit oder das gesamte Unternehmen.831 Die Identifikation von Erfolgsfaktoren auf empirischer Basis setzt das Treffen von Annahmen über kausale Beziehungen voraus. Dabei lassen die Kausalrelationen Vgl. Neubauer (1999), S. 469 ff.; Greve (2006), S. 26 f.; So wurden z. B. Kernaussagen der Studie wie der stets positive Zusammenhang zwischen Marktanteil und ROI oder die Hypothese, dass sich alle Branchen gleich verhielten, widerlegt. 827 Vgl. Peters/Waterman (1984); das Modell wurde im Rahmen eines Projektes der Beratungsfirma McKinsey erstellt. Die sieben Faktoren wurden schließlich um den achten Faktor „Kundennähe“ erweitert. 828 Vgl. Krüger (1989) 829 Vgl. Kirby (2005), S. 31; sie zitiert u. a. Peters/Waterman (1982): In Search of Excellence; Kotter/Heskett (1992): Corporate Culture and Performance; Collins/Porras (1994): Built to Last: Successful Habits of Visionary Companies; Jain (1998): Corporate Excellence; Katzenbach (2000): Peak Performance: Aligning the Hearts and Minds of Your Employees; Foster/Kaplan (2001): Destruction: Why Companies that are Built to Last Underperform the Market – and How to Successfully Transform Them; Weick/Sutcliffe (2001): Managing the Unexpected: Assuring High Performance in an Age of Complexity; Zook/Allen (2001): Profit from the Core: Growth Strategy in an Era of Turbulence; Joyce et al. (2003): What Really Works: The 4+2 Formula for Sustained Business Success. 830 Vgl. Nicolai/Kieser (2002), S. 580 ff. 831 Vgl. Kirby (2005), S. 31 826
6.2 Probleme bei der Erfolgs-Bewertung im Kunst- und Kulturbereich
213
in den entwickelten Modellen oftmals gegenseitige Effekte außer Acht. Auch Feedback-Schleifen sind in den meisten Studien nicht handhabbar. Somit geben Studien nur ein simplifiziertes Bild einer komplexen Welt wieder.832 Dazu kommt die Schwierigkeit der Auswahl und Operationalisierung von geeigneten Variablen. Dennoch hielten die Ergebnisse beispielsweise des PIMS-Programms nahezu ungebremsten Einzug in Literatur und Praxis des Strategischen Management.833 Ein weiteres, aber noch grundsätzlicheres Problem der Identifizierung von Erfolgsfaktoren liegt in der Absenz einer allgemeinen Definition für den Begriff „Erfolg“. So wird der Begriff Erfolg in der englischsprachigen Literatur mit „success“ ebenso wie „performance“ oder „effectiveness“ gleichgesetzt. Diese Schwierigkeiten bei der Messung und Erfassung von Erfolg legen die Verlagerung der Untersuchung auf die subjektive Ebene der Akteure nahe. Eine Institution ist, grob gesprochen, die Summe der Individuen die in ihr tätig sind – und ein bisschen mehr. Die Untersuchung der subjektiven Erfolgswahrnehmung der MitarbeiterInnen ist somit Arbeit an der Basis des Phänomens. Schuster sieht die Schwierigkeit der Erfolgsmessung in der Kunst primär in der Praxis angesiedelt: „in the arts and culture the tensions that arise in implementing such indicators have been rooted less in the theory than in the practice of performance indicators […] opposition has come not from disagreement in theory but from actual issues arising out of practice.”834
Einerseits ist auf die Konsistenz der Zielsetzung der Messung und die Auswahl der Indikatoren zu achten. Weiters stellt sich die Frage, wie die abgeleiteten Maßzahlen zu verwenden sind, bzw. womit sie verglichen werden. Schließlich stellt sich das Problem der Interpretation numerischer Werte um relevante Aussagen treffen und die geeigneten Maßnahmen ergreifen zu können.835 Sind beispielsweise fördernde Instanzen und Kulturinstitutionen nicht in der Lage, sich in einer gemeinsamen Sprache auf die künstlerische Bewertung in ihren Entscheidungen zu einigen, können sie nur auf mechanistische und finanzielle Kriterien zurückgreifen, welche von kreativ tätigen Menschen weitestgehend als unterdrückend und demoralisierend empfunden werden.836 Vgl. March/Sutton (1997), S. 700 Vgl. die Studie von Diller/Lücking (1993); auch in einem Vergleich von 75 Erfolgsfaktoren-Studien identifizierte Daschmann eine Dominanz monetärer Kennzahlen wie Umsatzwachstum (28 Studien), Umsatzrentabilität (18) oder Eigenkapitalrendite (17), während nur in Ausnahmen auf nicht-monetäre Kennzahlen wie die subjektive Einschätzung von MangerInnen, ExpertInnen oder KundInnen bzgl. Marktposition (3), Innovationskraft oder Unternehmensimage (je 1) zurückgegriffen wurde. Vgl. Daschmann (1994), S. 75 834 Schuster (1997), S. 255, Hervorhebung im Original 835 Pignataro (2003), S. 370 836 Vgl. z. B. Scottish Arts Council (1993) 832 833
214
6 Erfolg und Erfolgsmessung
Jüngere Versuche, Erfolgsfaktoren zu identifizieren gehen stärker auf spezifische Merkmale von Branchen und Rahmenbedingungen ein – für Bereiche wie das Musiktheater gibt es jedoch nur wenige Studien, die der Multidimensionalität des Konstruktes Erfolg Rechnung tragen. Zumeist werden einzelne Erfolgsfaktoren auf ihren Effekt auf die Besucherzahlen oder Einspielergebnisse untersucht. Die vorliegende Untersuchung fokussiert daher nicht auf allgemeine Erfolgsfaktoren, sondern vielmehr darauf, was von einer bestimmten Gruppe von Stakeholdern unter „Erfolg“ verstanden wird um in der Folge die für dessen Wahrnehmung wichtigen Faktoren bzw. Kriterien bestimmen zu können.837 Dem geht die Annahme voraus, dass es trotz postulierter Subjektivität der Phänomene für diese Personengruppe verallgemeinernde Erfolgskriterien geben kann, die eine Grundlage kollektiver Wahrnehmungen und dadurch eine Entscheidungsgrundlage für Organisationen darstellen kann. 6.2.3 Notwendigkeit oder Unmöglichkeit quantitativer Bewertungen im Musiktheater Im Sinne von „What’s measured get’s managed“ wird vielfach Kritik an quantifizierbaren Messgrößen zur Bestimmung des (kulturellen) Unternehmenserfolgs geübt. Da negative Ergebnisse in der Regel sanktioniert werden, ist ein beobachteter Effekt die Fokussierung auf jene Bereiche, deren Ergebnis zur Messung herangezogen wird, auf Kosten anderer, mindestens ebenso wichtiger Bereiche. Als Beispiel führt Evans die Entwicklung der Britischen „Theater und Performing Arts Companies“ zwischen 1986/7 und 1996/7 an:838 Jene Theater, die eine neue Managementkultur mit Sponsor-, Box Office- und kommerziellen Marketingtechniken eingeführt hatten, verzeichneten zwar einen „negativen“ Erfolg mit weniger Aufführungen und sinkenden Besucherzahlen, waren jedoch im Sinne der öffentlichen Förderung „erfolgreich“, da sie deutlich höhere Ticketerträge (Durchschnittspreis der verkauften Tickets) und niedrigere Subventionsbeträge pro Sitzplatz erreichen konnten. Der Besucherrückgang steht im Gegensatz zur allgemein steigenden Besucherzahlen bei Live-Kunstevents in Großbritannien im selben Zeitraum.839
Vgl. Nicolai/Kieser (2002) Vgl. Evans (2000), S. 259 839 Vgl. Evans (1999), S. 111; die Zunahmen der Besucherzahlen betrugen für Oper +28 %, Ballett +18 % und Schauspiel/Tanz +4 %. 837 838
6.2 Probleme bei der Erfolgs-Bewertung im Kunst- und Kulturbereich
215
6.2.4 Referenzsysteme des Erfolges Die Schönheit der Dinge lebt in der Seele dessen, der sie betrachtet. David Hume (1711-1776), schottischer Philosoph und Ökonom
Wenngleich die Frage, welche Faktoren eine Kulturinstitution erfolgreich machen, schwer zu beantworten ist, scheint man dennoch in der Lage zu sein, intuitiv erfolgreiche Institutionen zu erkennen.840 Die Prozesse der Wahrnehmung künstlerischer Qualität finden meist im Unterbewusstsein statt und sind vom vorhandenen „Wissen“ abhängig. Daher wird für eine Beurteilung künstlerischer Qualität vielfach auf das Insiderwissen von ExpertInnen zurückgegriffen. Die Einstufung eines Produktes als „Kunst“ erfolgt durch eine entsprechende Bewertung der VertreterInnen einer gewissen „Kunstwelt“.841 Dies bedeutet, dass die Kunsteigenschaft eines Objekts nicht intrinsisch ist, sondern von seiner Perzeption in dieser (Kunst)-Welt abhängt. Das allgemein hohe Prestige der Kunstwelt wird auf den Verlust des Vertrauens der BürgerInnen in ihre eigene Fähigkeit, Kunst zu beurteilen, zurückgeführt.842 „[I]n art as in science, there is a simple solution to keeping government from politicizing this criterion [artistic excellence] too much: defer to peer review of art by artists, much as in the scientific world.”843
Als ExpertInnen üben Peers bzw. FachkollegInnen und MedienkritikerInnen bei der Einstufung einer Produktion oder Organisation als erfolgreich einen bedeutsamen Einfluss aus. Während für „klassische“ Unternehmen das Referenzsystem für Innovationen in den meisten Fällen aus dem Rest der Wettbewerber auf nationaler oder internationaler Ebene besteht,844 gibt es in den Künsten mindestens drei Bezugssysteme:845
Das kosmopolitische Bezugssystem besteht aus allen anderen Organisationen aus demselben Bereich, also beispielsweise allen Opernhäusern weltweit; Alle anderen Organisationen aus demselben Bereich im lokalen Umfeld bilden das lokale Bezugssystem, also beispielsweise künstlerische Leiter anderer Theater- und Musikorganisationen; Schließlich dient die eigene Vergangenheit der Institution – das selbstreferenzielle System – als Bezugspunkt. Auch KünstlerInnen sind in gewissem Sinn selbst-
Vgl. Conway/Whitelock (2003), S. 3 Vgl. Becker (1982) 842 Vgl. Rushton (2000), S. 276 843 Sullivan (1991), S. 86 zit. n. Rushton (2000), S. 277 844 Vgl. Schumpeter (1950) 845 Vgl. Castañer/Campos (2002), S. 31 840 841
216
6 Erfolg und Erfolgsmessung referentiell, so dass andere KünstlerInnen bzw. Peers ihren evaluativen Bezugsrahmen bilden und weniger Bezugspersonen „von außen“.
Ein klassischer Zielerreichungsansatz geht von den Interessen einer speziellen Personengruppe, der Eigentümer oder Shareholder der Unternehmung, aus. Unternehmen und (besonders Non-Profit)-Organisationen operieren jedoch nicht isoliert von ihrer Umwelt. Verschiedene Interessensgruppen bzw. Stakeholder formulieren ihre unterschiedlichen Ansprüche und Ziele für die Organisation. Da die Stakeholdergruppen Ressourcen zur Verfügung stellen oder über Sanktionierungsmöglichkeiten verfügen, zieht die Organisation ihre jeweiligen Bedürfnisse in den Zielbildungsprozess mit ein.
Abbildung 17:
„Wheel“-Modell der Beziehungen Quelle: Conway/Whitelock (2003), S. 19
Auf Grundlage qualitativer Interviews mit Verantwortlichen britischer Theater unterscheiden Conway und Whitelock zwischen Beziehungen zwischen dem/r künstlerischen DirektorIn und verschiedenen Stakeholdergruppen (Abbildung 17):846
846
Vgl. Conway/Whitelock (2003), (2007)
6.2 Probleme bei der Erfolgs-Bewertung im Kunst- und Kulturbereich
217
„Supplier Partners“ stellen die Dienstleistungen und finanzielle Ressourcen zur Verfügung. Dazu gehören die lokale und zentrale Regierung, kommerzielle Unternehmen, das Publikum sowie philantropische Individuen; „Lateral Partners“ regulieren die Aktivitäten des Theaters formell oder informell. Dazu gehören Finanzbehörden, kommerzielle Unternehmen, das Publikum, konkurrierende Unternehmen, Medien oder das Personal; „Buyer Partners“ kaufen oder verwenden die zur Verfügung gestellten Dienstleistungen. Dazu gehören direkte Beziehungen mit dem aktuellen Publikum und dem Personal sowie indirekte Beziehungen mit kommerziellen Unternehmen, der lokalen Gemeinschaft und Intermediaries; „Internal Partners“ sind vom Theater angestellt und in den Produktionsprozess des künstlerischen Produktes involviert – die KünstlerInnen, ManagerInnen und weiteren MitarbeiterInnen der Organisation.
6.2.5 Unterschiedliche Wertetreiber für Stakeholdergruppen Kulturorganisationen schaffen Werte, die nicht nur ökonomischer Natur sind, sondern zusätzliche Nutzen durch aktuellen Konsum (oder Nicht-Konsum), aber auch in der Zukunft stiftet. Eine ästhetische Perspektive fokussiert dabei auf künstlerischen Bedürfnissen und der Legitimation einer Gesellschaft, die Kunst unterstützt. Entlang der Wertekette (vgl. Abschnitt 2.3.3) lassen sich Werte identifizieren, welche die Erstellung von Produkten und Dienstleistungen erleichtern, Einkommen generieren, die Anforderungen der Organisation unterstützen oder die Corporate Governance, aber auch die ästhetische Zielsetzung des Unternehmens unterstützen. Wertetreiber (value drivers) der Organisation sind dabei für das Publikum, das sowohl die Einkommensgenerierung als auch die äußere Wahrnehmung der Institution beeinflusst, sowie für die Geld gebenden Instanzen Sponsoren, MäzenInnen und der Staat, die eine Kulturorganisation entweder aus philantropischen, sozialen oder kommerziellen Motiven unterstützen, unterschiedlich. Für jede Stakeholdergruppe gibt es spezifische Wertebündel, die ihr einen relevanten Nutzen bietet. Diese Wertebündel sollten als interdependent und veränderbar betrachtet werden.847 Durch ergebnisorientierte Messansätze alleine werden kulturelle Werte als „historical, social, symbolic, aesthetic and spiritual values that lie at the heart of culture but which bureaucracies and organizations find hardest of all to articulate and defend“848 nicht berücksichtigt.
847 848
Vgl. Geursen/Rentschler (2003), S. 220 ff. Holden (2004), S. 56
218
6 Erfolg und Erfolgsmessung
6.2.6 Die Schwierigkeit der wertfreien Betrachtung von Kunst und Kultur Verschiedene kultursoziologische Ansätze verfolgen die Ziele einer wertfreien Betrachtung und intersubjektiven Überprüfbarkeit von Kunst und Kultur. So betrachtet Becker die „Kunstwelt“ als „umfassende Instanz mit definitorischer Autorität“,849 in welcher Klassifikationsbedingungen für Kunst entstehen. In dieser Kunstwelt sind Gatekeepers aktiv, Personen, aber auch Institutionen, die aufgrund einer Machtposition den Zugang zu bestimmten Bereichen kontrollieren. Crane unterscheidet zwei aufeinander aufbauende Ebenen im Gatekeeping-Prozess: Einerseits die Ebene der Produktion und Verbreitung des Produktes, andererseits die Ebene der Formulierung, Verbreitung und Durchsetzung von Bewertungen.850 Auf der ersten Ebene erfüllen u. a. Finanzierungsinstanzen sowie Aufführungs- und Ausstellungsinstitutionen die Rolle von Gatekeepern, auf der zweiten Ebene sind dies beispielsweise KulturjournalistInnen und KunstkritikerInnen. Die entstehenden Konventionen können allerdings in oligopolistischen Strukturen durch die politischideologischen oder ökonomisch motivierten Selektionskriterien zu einer Verringerung des Spielraums für innovative Produktionen sorgen.851 Der vorrangig in den USA entwickelte „Production-of-Culture“-Ansatz852 betrachtet Kultur nicht (mehr) als Produkt der Leistungen hochtalentierter Individuen, sondern versteht Kultur als Resultat von Zusammenarbeit und komplexer Arbeitsteilung,853 „als Ergebnis einer kollektiven, sozialen und daher nur soziologisch verstehbaren Aktion“.854 Peterson identifiziert sechs Faktoren, welche die künstlerische Produktion beeinflussen:855 1) Wandel der Technologien (technology), 2) rechtliche Rahmenbedingungen (law and regulation), 3) Industriestruktur (industry structure), 4) Organisationsstruktur (organizational structure), 5) institutionalisierte Berufsrollen (occupational careers) und 6) Nachfrage- und Marketingkonzepte (market). Durch diesen Wechsel von der gesellschaftlichen zu institutionalen Ebene, von der Ebene der Rezeption hin zu einer funktionalen Analyse der Produktion, wird Kultur als „not so much societywide and virtually unchanging as it is situational and capable of rapid change“, betrachtet. Kritik an diesem Ansatz betont die fehlende „Einzigartigkeit“ kultureller Produktionen im Vergleich zu anderen Produkten856 sowie die „Entfokalisierung“ der Bedeutung von Fans und
Zembylas (2006), S. 25 Vgl. Crane (1992) 851 Vgl. DiMaggio (1977), S. 326 ff.; Tschmuck (2003), S. 300 ff.; Zembylas (2006), S. 27 852 Vgl. u. a. Peterson (1976); DiMaggio (1977); Becker (1982) 853 Vgl. Hesmondhalgh (2005), S. 35 854 Smudits (2006), S. 69; Smudits vergleicht diesen Ansatz mit der „Wiener Schule Musiksoziologie“, siehe dazu auch Blaukopf (1972) 855 Vgl. Peterson/Anand (2004), S. 313 ff., deutsche Terminologie aus Smudits (2006), S. 70 856 Vgl. Alexander (2003) 849 850
6.3 Ziele im Musiktheater
219
KonsumentInnen in der Konstruktion der Bedeutung kultureller Produktionen.857 Kultur entsteht immer im gesellschaftlichen Kontext und ist dadurch sowohl normativen als auch ästhetischen Konzepten unterworfen. Daher wird ein stärkerer Einbezug der gesellschaftlichen Ebene auch in den Production-of-Culture Ansatz gefordert.858 6.3 Ziele im Musiktheater Die Kunst ist überall am Ziel. Arthur Schopenhauer (1788-1860), Philosoph
Gängige Floskeln wie „What gets measured gets done“ oder „If you can’t measure it, you can’t manage it“ geben die zunehmende Bedeutung einer Leistungsmessung wieder. Für die sozialen, politischen und ästhetischen Zielsetzungen von Kulturbetrieben stellen sie eine besondere Herausforderung dar: Aufgrund der intangiblen und subjektiven Natur ihrer Bewertungen ist eine objektive Messung bzw. ihre Darstellung in Form von Kennzahlen nicht möglich. Auf der anderen Seite ist eine Konzentration auf das Wesentliche und eine Beschäftigung mit den entsprechenden Werten sehr wahrscheinlich förderlich: Leader machen die richtigen Dinge, während Manager die Dinge richtig machen. „Measuring for success and failure has to begin with identifying the ‚right thing’. [This] is where the art of performance measurement begins.“859 Der Beurteilung des “right thing” geht eine Unterscheidung in primäre Ziele, welche von der obersten Führung der Organisation definiert werden, und sekundäre Ziele, welche die Organisation von ihren Stakeholdern erwartet bzw. erfüllt, um ihre primären Ziele zu erreichen, voraus.860 Ziele der Performance-Messung können einerseits die unternehmerische Kontrolle (managerial control) sein, andererseits Zielsetzungen der Verantwortlichkeit der Nutzung öffentlicher und privater Mittel (accountability). Indikatoren können aber auch für das organisationale Lernen eingesetzt werden.861 Nicht zu vergessen ist jedenfalls, dass der Einsatz von Performance-Indikatoren jedenfalls das Verhalten der untersuchten Institutionen beeinflusst. Eine an Zielen orientierte Effizienzbewertung ist allerdings auch mit Problemen verbunden. Zielsysteme können sich im Verlauf der Existenz einer Organisation ändern. Mit zunehmender Größe und Interaktion mit der Umwelt können auch die Interessen anderer Stakeholder in das Zielsystem einer Organisation einfließen. Vgl. Kaufman (2004) Vgl. Peterson/Anand (2004), S. 328 859 Hodsoll (1998), S. 231 860 Vgl. Atkinson, et al. (1997), S. 28 861 Vgl. Pignataro (2003), S. 369 857 858
220
6 Erfolg und Erfolgsmessung
Dazu kommt die Schwierigkeit der Messung des Grades der Zielerreichung bei intangiblen Zielen wie sozialer Verantwortung oder künstlerischer Qualität. Die Mehrdimensionalität von Zielsystemen führt insbesondere bei Non-Profit-Organisationen zu Zielkonflikten bzw. Trade-offs zwischen verschiedenen Zielen. Die Gefahr der Verwendung von Erfolgsindikatoren für Vergleichszwecke wird von Schuster weiterentwickelt. Er argumentiert, dass Erfolgsindikatoren vier unterschiedliche Effekte erzeugen können: Affekt-Verhalten (affect behaviour), berechnendes Verhalten (evaluate behaviour), Kontroll-Verhalten (monitor behaviour) und folgerndes Verhalten (infer behaviour). In allen vier Fällen besteht die Gefahr, dass versucht wird, das Verhalten möglichst effizient an den Indikator anzupassen. So könnte zum Beispiel die Ankündigung finanzieller Unterstützung zur Reduzierung der Defizite nach sich ziehen, dass einige Kulturinstitutionen künstlerische Risiken auf sich nehmen und weniger Augenmerk auf ihr Defizit legen. Schuster zieht daraus den Schluss, dass die Regierung sich nicht nur mit der Ausgestaltung von Indikatoren befassen sollte, sondern auch mit deren Verwendung.862 6.3.1 Messbare Ziele in kulturellen Non-Profit-Organisationen Die meisten ökonomischen Modelle unterstellen Kulturorganisationen einen Tradeoff zwischen zwei grundlegenden Zielen: der Maximierung künstlerischer Qualität und der Besucherzahlen, einen Trade-off also zwischen Qualität und Quantität.863 “The motivation of firms in the not-for-profit sector is best understood by separating the dimensions of quality and quantity. […] Over an appropriate period of time, the firm tries to maximize attendance, while presenting a repertoire that meets its own quality standards, subject to the constraint that revenues […] must be sufficient to cover costs.”864
So wird eine Musikinstitution einerseits als „an organisation, an association, a corporate body or an establishment set up for the purpose of giving wider public access to performances of musical works”865
definiert, andererseits wird die Erreichung künstlerischer Exzellenz als ultimatives Entscheidungskriterium postuliert, während öffentliche Resonanz nur als Nebenbedingung zu behandeln sei.866
Vgl. Schuster (1997), S. 266 Vgl. u. a. Baumol/Bowen (1967); Hansmann (1981) 864 Heilbrun/Gray (1993), S. 110 865 Blaukopf (1972), S. 35 866 Vgl. Faber (1998), zit. n. Vakianis (2006), S. 91 862 863
6.3 Ziele im Musiktheater
221
Kapner stellt die provokante Frage: „Was ist, wenn das, was man als Kunst gelten lässt – und das ist ein sozialer Akt – nicht mehr an der Qualität, ja selbst nicht unbedingt an der Aussage der Werke, sondern zum Beispiel an der Stärke ihrer Wirkungen gemessen würde?”867
Künstlerische Ziele können analog zum Dienstleistungssektor in drei Dimensionen dargestellt werden: Leistungswirkungsziele legen die gesellschaftliche Wirkung fest, die am Theater mit Hilfe künstlerischer Ausdrucksmittel erreicht werden soll und geben einen Orientierungsrahmen für die Aktivitäten der Organisation. Die Maßnahmen, die zu dieser Wirkung führen sollen, bedingen wiederum die Leistungserbringungsziele. Zur Messung des Leistungswirkungszieles müssen schließlich geeignete Leistungsindikatoren gefunden werden.868 In diesem Zusammenhang können folgende – zum Teil interdependente – Ziele identifiziert werden:869
Künstlerische Qualität wird in zweierlei Hinsicht unterschieden. Einerseits (1) Innovation und andere ästhetische Aspekte der Stücke bzw. Kunstwerke, andererseits Aspekte die mit der (2) Produktion des Stückes / Kunstwerkes zusammenhängen, wie die Leistung der Virtuosen oder die hohe Qualität von Bühnenbild und Kostümen; Die Präferenz großer Besucherzahlen wird nicht nur als finanzielles Ziel betrachtet, sondern als Ziel in sich selbst, so dass Ticketpreise niedriger und mehr Aufführungen angesetzt werden, als dies ein optimierendes privatwirtschaftlich organisiertes Unternehmen tun würde; In Krisenzeiten und angesichts drohender Schließungen und dem Rückgang öffentlicher Mittel werden Überleben und Legitimation zu grundlegenden Zielen, da sie die Gewährleistung anderer Ziele erst bedingen; Theater kostet. Geld. Daher sind Budgetmaximierung und -wachstum Voraussetzung für die Umsetzung künstlerischer Visionen. Einerseits sind die Rechte für jüngere Stücke zu bezahlen, andererseits kann sich nicht jedes Haus den Luxus, schwierige Stücke vor einem kleinen, aber interessierten Publikum spielen zu können, leisten. Dazu kommt der Wunsch nach Freiheit und Unabhängigkeit von externen Stakeholdern, insbesondere den Geld gebenden; Schließlich ist die Belohnung der Teilnehmenden (participants) in Erfüllung des Kernnutzens des Kulturprodukts eine häufig vernachlässigte Zielsetzung. BesucherInnen verfolgen mit dem Kunstkonsum spezifische Zielsetzungen, die es seitens der Kulturinstitution zu erfüllen gilt.
Kapner (1992), S. 55 Vgl. Vakianis (2006), S. 80 f. 869 Vgl. DiMaggio (1987b), S. 207 f. 867 868
222
6 Erfolg und Erfolgsmessung
Voss und Voss treffen in ihrer Studie von US-Theatern die Annahme, dass „a more complete understanding of how organizational values interact with the external environment should lead ultimately to better strategic decisions and performance.”870
Ihre Ergebnisse unterstützen diese Annahme großteils. Ein Theatermanager sollte erst seine internen Werte bestimmen und versuchen, ein klares „Statement of Mission“ zu transportieren. In einem nächsten Schritt sollte dieses Mission Statement mit der strategischen Orientierung des Unternehmens und den Unternehmensressourcen in Verbindung gesetzt werden. Erfolgserwartungen sollten schließlich in Einklang mit Werten, Orientierungen und Grenzen des Unternehmens stehen.871 6.3.1.1 Beispiel USA Eine Vielzahl der Studien zur Effektivitätsmessung kommt aus den Vereinigten Staaten. Schuster beschreibt für die USA drei Phasen, die durch die Verwendung von „performance indicators“ gekennzeichnet werden: 872
Die erste Phase, nach dem Zweiten Weltkrieg, ist gekennzeichnet durch die Entstehung von Arts Councils und Kulturministerien sowie der Entwicklung von Sozialindikatoren zur Ergänzung wirtschaftlicher Indikatoren als Quelle politischer Entscheidungen. Die zweite Phase konzentrierte sich auf die Dokumentation der Größe des Kultursektors, Besuchermuster, Beschäftigungszahlen und den Beitrag der Kultur zur Gesamtwirtschaft. In der jüngsten, dritten Phase wird Monitoring von Management und Organisation kultureller Institutionen eingesetzt.
Im Non-Profit Kultur-Bereich kam es in den 1990ern zu deutlichen Rückgängen der öffentlichen und privaten (Spenden, Stiftungen) Ausgaben für diese Institutionen, so dass verstärktes Augenmerk auf die Auswahl der EmpfängerInnen der Geldmittel gelegt wurde. Die Verknüpfung der Auswahl mit der Effektivität der Organisationen wurde jedoch vielfach als problematisch empfunden.873 Voss/Voss (2000b), S. 62 Vgl. Voss/Voss (2000b) 872 Vgl. Schuster (1997) 873 Vgl. Forbes (1998), S. 183, der kritisiert, dass das Konzept von verschiedenen Personen verschieden aufgefasst werden könne, oder Herman/Renz (1999), S. 118, die „effectiveness“ als sozial kreierte Idee / soziales Konstrukt beschreiben, die durch Aktionen und Interaktionen der Stakeholder existieren und sich entwickeln, so dass die Möglichkeit der sinnhaften Verwendung eines universellen Modells angezweifelt wird. 870 871
6.3 Ziele im Musiktheater
223
6.3.1.2 Beispiel Großbritannien In Großbritannien begann die flächendeckende Verwendung von Leistungsindikatoren im Jahre 1991. Seit 1984 mussten Kultureinrichtungen Daten über Aufführungszahlen, Öffnungstage und Market-Outputs (Besucherzahlen, Zahl und Wert der verkauften Plätze) führen. Nicht zuletzt aufgrund der von Myerscough genannten Probleme bezüglich Intangibilität, Variabilität oder Angebotsüberschüssen,874 konzentrierten sich die sieben 1992 entwickelten „Performance Indicators“ (PIs) auf Inputs wie Subventionen und Outputs wie Kapazitätsauslastungen: 1) NettoSubvention pro Besuch, 2) Netto-Subvention pro Kopf Bevölkerung, 3) Zahl der Aufführungen, 4) verkaufte Tickets in Prozent der Nutzung, 5) AbonnentInnen (concessionaire users) als Prozent der Nutzung, 6) Nutzung in Relation zu Zielgruppen (Frauen, Kinder, ethnische Gruppen), 7) Beschwerden/Komplimente pro 1.000 BesucherInnen.875 Jüngere Studien beziehen qualitative und experimentelle (kulturelle, kreative, kritische) Ergebnisse sowie zwei verschiedene Dimensionen von Effektivität mit ein: die Zahl der Personen die durch die Aktivität beeinflusst werden (throughput) sowie die Qualität der Erfahrung für jede betroffene Person (impact).876 Für öffentlich finanzierte Kulturinstitutionen in Großbritannien werden neben den üblichen quantitativen Indikatoren von Einnahmen und Ausgaben und Besucherzahlen, auch die Outputvariablen Wanderproduktionen (touring: Zahl der Aufführungen bzw. Ausstellungen pro Region), Neue Arbeiten (new work: Anzahl der Auftragsarbeiten), Bildung (Zahl der Sitzungen in einem Bildungskontext für 4-19jährige) und kulturelle Vielfalt (Zahl von Vorstandsmitgliedern, leitenden Angestellten oder KünstlerInnen mit Behinderung oder asiatisch/karibisch/afrikanischen Ursprungs) jährlich gemessen und langfristig verglichen. Freilich sind auch diese Indikatoren quantitativ – es fehlen künstlerische oder kulturelle Wirkungen, Besucherzufriedenheit, der Beitrag zum „Kulturkapital“ der Nation oder zur nachhaltigen Entwicklung, kurz Outcomes.877 Das 1999 eingeführte QUEST (Quality, Efficiency, Standards Team) prüft Performance in den Bereichen „artistic policy and appraisal [der einzige Bereich, der die künstlerische Vision berücksichtigt]; operating environment; performance indicators and peer group comparisons; financial management and control; personnel and training; education; marketing and research; sponsorship, fundraising and trading; arts and disability access and interpretation; film, video and broadcasting.“878 Vgl. Myerscough (1988) Vgl. Radbourne (1998) 876 Vgl. Evans (2000), S. 254 877 Vgl. Evans (2000), S. 255 f. 878 Arts Council of Wales (1997), S. 4 ff. zit. n. Cohen/Pate (2000), S. 109 874 875
224
6 Erfolg und Erfolgsmessung
Die Überprüfungen erfolgen in der Regel alle drei Jahre durch ein „appraisal team“ und beurteilen einen Zeitraum von zehn Jahren. Kritisiert wird, dass diese Bewertungen keinerlei ästhetische Bewertung beinhalten sowie der steigende Fokus auf Leistungsindikatoren.879 Ein Beispiel für die Verwendung von Zielen und Leistungsindikatoren gibt das Förderabkommen des Department for Culture, Media and Sport (DCMS) und des Arts Council of England, das konkrete kulturpolitische Ziele einer Reihe qualitativen – wie der Bewertung künstlerischer Qualität – und quantitativen Messzahlen verknüpft (siehe Tabelle 12). 6.3.1.3 Beispiel Australien In Australien wurden 1996 sechs Bereiche zur Leistungsmessung für Kulturzentren (key performance areas for arts centres) definiert: 1) recognition for excellence, 2) value for money, 3) pride in a key symbol, 4) “the experience”, 5) artistic and industry development, 6) access and equity. Die Parameter mussten mit folgenden Zielen in Verbindung stehen: a) Zurverfügungstellung von wichtigen und nützlichen Informationen, b) bedeutungsvoll, bevorzugt quantitativ und wenn qualitativ durch Umfragen oder Marktforschung gestützt sein, c) als Trend, Index, Anteil oder Verhältnis ausgedrückt werden, d) valide vergleichbar sein, e) auf konsistente Art über einen längeren Zeitraum hin messbar sein. Die empfohlenen Messzahlen beinhalteten 1) Effektivitäts-Maßzahlen (Auslastung in Prozent, BesucherInnen pro EinwohnerIn des Einzugsgebiets in Prozent, Ausgaben pro Besuch); 2) Effizienz-Maßzahlen (Mietkosten pro Besuch, öffentliche Unterstützung pro BesucherIn, Eigenfinanzierungsanteil, Verhältnis Mitarbeiter/BesucherInnen, Einkommen pro bezahltem Besuch); 3) Qualitative Maßzahlen (Grad des öffentlichen Bewusstseins und der Zufriedenheit mit der Kulturinstitution).880
879 880
Cohen/Pate (2000), S. 109 Vgl. Radbourne (1998)
6.3 Ziele im Musiktheater
225
Goal
Performance Indicator (PI)
1. To encourage excellence at every level.
Assessment of artistic quality.
2. To encourage innovation at every level.
Number of commissions of new works by funded organizations (target for 2000/01 is 2,375).
Statement of progress: quantitative indicators to be developed; 3. To promote a thriving arts sector and support the creative Amount of commercial sponsorship (target for economy. 2000/01 is £127m); Statement of partnership funding.
4. To facilitate more consumption of the arts by more of the people.
Proportion of the population attending arts events; Proportion of the population attending arts events regularly (at least 2 x a year); attendance at funded organizations by art form; Creation of new audiences; Attendance by ethnic minorities; Attendance by people with disabilities; Use of Internet and modern communications technologies by funded organizations to broaden access.
5. To facilitate more participation in the arts by more of the peo- PIs for participation to be developed. ple. 6. To encourage more relevant training for the arts sector.
Arts Council/DCMS support for a National Training Organization for the arts and entertainment industry.
Development of quality assurance scheme for arts organization education policies; 7. To encourage better use of the Number of organizations with written strategy for arts in education. education provision; Number of education sessions by funded organizations (target for 2000/01 is 2,134). 8. To combat social exclusion and promote regeneration.
Impact of New Audiences Fund.
9. To improve public perception of the arts.
Those agreeing with statements: “the arts play a valuable role in my life” and “the arts play a valuable role in the life of the country.”
10.To promote British culture overseas.
Statement of progress of role/cooperation with British Council.
Tabelle 12:
international
Ziele und Leistungsindikatoren im „1999 DCMS/Arts Council of England Funding Agreement“ Quelle: Towse (2001b), S. 45
226
6 Erfolg und Erfolgsmessung
6.3.2 Einflussfaktoren auf Ziele Verschiedene Einflussfaktoren wie der Institutionalisierungsgrad und die Heterogenität innerhalb des Sektors, bewirken die Betonung unterschiedlicher Ziele in Kulturorganisationen:881
Größe und Marktorientierung. Kulturorganisationen unterscheiden sich in ihrer Größe – von der dreiköpfigen Tanzgruppe bis zum Metropolitan Museum of Art – ebenso wie in ihrer Abhängigkeit von den erwirtschafteten Einkommen. Große Organisationen tendieren, risikoavers zu agieren, da sie hohe Fixkosten sowohl in Löhnen als auch in der Erhaltung der Gebäude zu leisten haben. Eine Risikoaversität auf Kosten künstlerischer Innovation findet sich auch bei Organisationen mit hoher Abhängigkeit von Ticketerlösen oder privaten Mitteln. Das Ausmaß von Klassen- versus öffentlicher Unterstützung. Die Bedeutung der Ziele „Bildung“ und „Diversität des Publikums“ divergiert je nachdem, ob die Organisation von Mitgliedern der „Oberschicht“ dominiert wird und wie stark die Abhängigkeiten der Organisation vom öffentlichen Sektor in Bezug auf Finanzierung, Legitimität und Unterstützung ausgestaltet ist. Die Rollen von KünstlerInnen und Kuratorien (Trustees). Eine gewisse Zielheterogenität findet sich im Regelfall auch in diversen Subeinheiten einer Organisation. Im Regelfall betonen künstlerische LeiterInnen und KünstlerInnen qualitative Zielsetzungen, während Kuratorien ihren Fokus stärker auf die Legitimation und das wirtschaftliche Überleben der Organisation legen. Schließlich ergeben sich Ziele als logische Funktion der Nische, welche die Organisation in ihrem Sektor besetzt.
6.3.3 Spannungsfelder durch Zielambiguität „Theater bewegen sich in einem Spannungsfeld zwischen künstlerischer Freiheit, kaufmännischer Überlebensfähigkeit, Publikumserwartungen und kulturpolitischem Auftrag und müssen sich laufend mit Zielkonflikten auseinander setzen.“882
Die Strategien eines Theaters müssen mit den Werten und Einstellung verschiedener Anspruchsgruppen abgestimmt werden, die unterschiedlichste Erwartungen darüber haben, welche Ziele das Theater verfolgen sollte. Konfliktpotenzial ist hierbei nicht nur zwischen Stakeholdergruppen, sondern auch innerhalb der einzelnen Anspruchsgruppen vorhanden. Häufige Spannungsfelder finden sich zwischen administrativem und fachlichem Personal in Hinblick auf verwaltungstechnische versus künstlerischer Vgl. DiMaggio (1987b), S. 210 f. Vakianis (2006), S. 79
881 882
6.4 Prozesse der Zielvereinbarung und Erfolgsmessung im Non-Profit-Bereich 227 Zielsetzungen, aber auch hinsichtlich der Distribution von Macht über Ressourcenzuteilung, Besetzungsentscheidungen und künstlerische Ausrichtung sowie über Evaluierungsentscheidungen.883 KünstlerInnen legen, vor allem bei steigendem Einkommen, höheren Wert auf nicht-pekuniäre Faktoren wie Ruhm, Anerkennung und künstlerische Qualität. Dies ist und war vor allem in wohlhabenden Gesellschaften der entwickelten Welt einerseits durch die erleichterte Unterstützung der Kunst, andererseits aber auch durch den Anstieg der zur Verfügung stehenden Freizeit zur Nutzung des Kulturangebots möglich. Der charismatische Mythos der KünstlerInnen umgibt, „demands that artistic work should be carried out in a disinterested manner with a pure aesthetic vision as the only guiding light.“884 Als Daumenregel gilt, dass je wohlhabender die Gesellschaft ist, desto befreiter/ emanzipierter können KünstlerInnen sein.885 Dennoch kann die Zielsetzung der Geldgeber, speziell wenn sie profitorientiert sind oder mit knappen Budgets haushalten müssen, eine andere sein.886 Zielambiguität beschreibt den Grad der Bestimmtheit, Veränderlichkeit oder Konsistenz von Zielen. Die Zielsetzungen der Kulturunternehmen sind dabei nicht nur in ihrer Ausrichtung heterogen, sie verändern sich auch im Laufe der Zeit und in Abhängigkeit von der Lebenszyklusphase der Organisation. Diese zeitliche Instabilität kann sich unter anderem darin äußern, dass die Zielsetzungen den jeweilig vorherrschenden Problemen angepasst werden. Insbesondere bei Führungswechseln kann es zu bedeutsamen Änderungen der künstlerischen Ausrichtung kommen.887 6.4 Prozesse der Zielvereinbarung und Erfolgsmessung im Non-ProfitBereich We know, for instance, that we have to measure results. We also know that with the exception of business, we do not know how to measure results in most organizations. Peter Drucker, The Age of Discontinuity (1968)
Die Unzulänglichkeit eines ausschließlichen Fokus auf finanzorientierten Kennzahlen für eine ganzheitliche Bewertung des Erfolges einer Organisation hat die Entwicklung verschiedener Instrumente, die weiteren Bereichen der Zielerreichung Vgl. DiMaggio (1987b), S. 212 f. Røyseng, et al. (2007), S. 1 885 So kam die Kunst der Renaissance aus Florenz und den reichen italienischen Stadtstaaten; Shakespeare, Mozart, Beethoven oder die französischen Impressionisten stützten ihre Tätigkeiten auf den vorhandenen Wohlstand. In ärmeren bzw. Niedrig-Lohn-Ländern wie Indien oder China im 20. Jh. herrscht in der Regel Volks-Kultur vor, die lokale Popularität genießt. Vgl. Cowen/Tabarrok (2000), S. 246 f. 886 Vgl. Cowen/Tabarrok (2000), S. 246 887 Vgl. Vakianis (2006), S. 83 883 884
228
6 Erfolg und Erfolgsmessung
gerecht werden, stimuliert: „Many have criticized financial measures because of their well-documented inadequacies, their backward-looking focus, and their inability to reflect contemporary value-creating actions.“888 Im vorliegenden Abschnitt wird näher auf die Instrumente der Balanced Scorecard und Strategy Maps, des Social Auditing sowie auf das Competing Values Framework eingegangen. 6.4.1 Balanced Scorecard und Strategy Maps Controlling kann auch in Kulturbetrieben entscheidende Impulse mit Fokus auf ein qualitativ hochwertiges und differenziertes künstlerisches Schaffen liefern. Die „Balanced Scorecard“ (BSC) gilt als „the most fashionable tool for performance measurement.”889 Als Antwort auf die einer traditionellen wertorientierten Steuerung inhärenten Probleme – wie beispielsweise die Verwendung von zukunftsorientierten Leistungstreibern um einer Vergangenheitsorientierung entgegenzuwirken – werden in der Balanced Scorecard Aussagen über Messgrößen und Maßnahmen formuliert, die aus den Visionen und Strategien abgeleitet und nach den vier Kriterien Finanzen, Kunden, interne Geschäftsprozesse, Lernen und Innovation sortiert.890 Diese Perspektiven werden über Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge miteinander verknüpft und führen dadurch zu Oberzielen, die meist in der finanziellen Perspektive abgebildet werden.891 Insbesondere für Non-Profit-Unternehmen respektive Kulturinstitutionen wurde die Scorecard zur Evaluation und Motivation der Erreichung von Zielen und Vision um eine fünfte Dimension – den kulturellen Auftrag bzw. kulturelle Zielsetzungen – erweitert.892 Die Balanced Scorecard erlaubt dadurch eine ganzheitliche Steuerung des Unternehmens durch die Berücksichtigung aller erfolgsrelevanten Perspektiven. Durch den Versuch, ihre Strategie zu quantifizieren und zu messen, reduzieren Unternehmen Ambiguität und Verwirrung bezüglich ihrer Ziele und Methoden.893 888 Kaplan/Norton (1992), S. 178; so definieren Kotter und Heskett Erfolg als jährliches Wachstum im Nettoeinkommen, durchschnittlichen ROI oder eine Steigerung der Aktienwerte, vgl. Kotter/Heskett (1992), S. 11 889 Gstraunthaler/Piber (2007), S. 368 890 Vgl. Kaplan/Norton (1992), (1996); die Kriterien bzw. Perspektiven sind in einer Balanced Scorecard nicht zwingend vorgeschrieben und sollten unter Berücksichtigung der individuellen Gegebenheiten erfolgen. Ähnlich zur Balanced Scorecard findet in Frankreich das „Tableau de Bord“ seit den 1960er Jahren Verwendung. Es berücksichtigt ebenfalls die Dynamik in Unternehmenssystemen und bildet so durch eine Kombination traditioneller Kennzahlen und physischer Kennzahlen eine Informationsgrundlage für operative und strategische Entscheidungen. 891 Vgl. Probst (2007), S. 82 ff. 892 Vgl. Kaplan (2001); Niven (2008) 893 Vgl. Kaplan (2001), S. 360
6.4 Prozesse der Zielvereinbarung und Erfolgsmessung im Non-Profit-Bereich 229 Die Balanced Scorecard hat sich von einem primären Erfolgsmessungsinstrument zu einem Instrument für die Implementierung von Strategien und zu einem Bezugsrahmen für die Anpassung von Humankapital, Strukturkapital und Beziehungskapital an die Unternehmensstrategie entwickelt.894 Kennzahlen und Ziele einer Balanced Scorecard sind eine Balance zwischen externen (an Geldgebern, Gesellschaft, KundInnen etc. orientierten) und internen (kritische Prozesse, Innovation, Wachstum etc.) Messgrößen. Dadurch werden jeweils Messgrößen vergangener und zukünftiger Leistungen, objektive, leicht zu quantifizierende und subjektiv, urteilsabhängige Leistungstreiber, kurz- und langfristige Kennzahlen sowie finanzielle und nicht-finanzielle Kennzahlen gegenübergestellt.895 Kritikpunkte stellen die relative Rigidität des Instruments sowie die mangelnde Berücksichtigung von unterstützenden Faktoren wie Changemanagement, Projektmanagement, ITInfrastrukturentwicklung, Qualitätssicherung oder Risikomanagement dar.896 In jüngeren Beiträgen fokussieren Kaplan und Norton auf den intangiblen Vermögenswerten einer Organisation. Die drei Kategorien Humankapital, Informationskapital und Organisationskapital der „Lernen und Entwicklungs“-Perspektive werden mit Hilfe einer „Strategiemappe“ mit der Unternehmensstrategie und – leistung verknüpft.897 Die Anwendbarkeit für intangible ästhetische ErlebnisProdukte wie Oper wird am Beispiel der Boston Lyric Opera in Hinblick auf die drei wichtigsten Stakeholder loyale und großzügige Mäzene (donors), die nationale und internationale Opern-Community sowie die BewohnerInnen Bostons und Umgebung, dargestellt (siehe Abbildung 18).898 In Theaterorganisationen bilden Erfüllung und Wirkung des kulturpolitischer Auftrag sowie der in Vision und Leitbild definierten Ziele die zentrale Dimension, nicht die finanzielle Dimension. Wirtschaftlichkeit ist im Sinne einer Gesamtbewertung als möglichst günstige Relation von Kosten und Nutzen zu verstehen, die im Dienste der kulturellen Zielerreichung und des organisationalen Überlebens steht. Die einzelnen Dimensionen müssen jeweils mit erfolgskritischen Zielen und Kennzahlen gefüllt werden, sie ersetzt also kein Ziel- und Kennzahlensystem, sondern setzt es voraus: „Die besten Messgrößen helfen nichts, wenn die zugrunde liegenden Ziele die falschen sind.“899 Im speziellen Fall sind dies besonders Wirkungsziele und nicht Finanzziele.
Vgl. Kaplan/Norton (1992), (1996), (2004c) Vgl. Halachmi (2005); Papalexandris, et al. (2005) 896 Vgl. Kaplan/Norton (1996), S. 10; Papalexandris, et al. (2005) 897 Vgl. Kaplan/Norton (2004a), (2004b) 898 Vgl. Kaplan/Norton (2004c), S. 429 ff. 899 Horváth & Partners (2004), S. 66 894 895
230
Abbildung 18:
6 Erfolg und Erfolgsmessung
Strategy Map für die Boston Lyric Opera Quelle: Kaplan/Norton (2004c), S. 432
6.4 Prozesse der Zielvereinbarung und Erfolgsmessung im Non-Profit-Bereich 231 6.4.2 Social Auditing Im sozialen und künstlerischen Bereich wurde aufgrund von Bedenken, dass Evaluierungen das „Messbare“ auf Kosten des „Unmessbaren“ betonen, versucht, durch Übertragung der Methode des „social auditing“ von Non-Profit-Organisationen oder Unternehmen mit sozialen Zielen, aber auch größeren Konzernen wie Royal Dutch Shell oder der British Telecom, die Evaluation von Kulturinstitutionen zu verbessern. Social Auditing ergänzt finanzielle Kennzahlen, um ein kompletteres Bild der organisationalen Effektivität in Hinblick auf die Zielsetzungen und Zufriedenheit der Stakeholderbedürfnisse der Institution zu erhalten. Aufgrund der Verschiedenartigkeit der Strukturen, Ziele und nicht zuletzt Stakeholder jeder Organisation, ist ein Social Audit auf jede Institution zugeschnitten.900 Der Social-AuditAnsatz berücksichtigt gleichzeitig die ästhetischen, kulturellen, wirtschaftlichen und sozialen Werte einer Organisation und eignet sich daher besonders für Kulturinstitutionen.901 Von besonderer Bedeutung sind die Identifikation von Stakeholdern, geeigneten Indikatoren und Datensammlungsmethoden. Bei der Beurteilung ästhetischer Qualität bleibt zu berücksichtigen, dass ihr implizit die Annahme, Kreativität lasse sich doch auf irgendeine Art messen, zugrunde liegt. Auch die Berücksichtigung der unterschiedlichen Wahrnehmung durch verschiedene Individuen verhindert den Anspruch einer objektiven Bewertung, die maximal „fair“ erfolgen kann. Es wird versucht, beispielsweise durch Fokusgruppen, qualitative Antworten zu generieren und in quantitative Messzahlen zu übersetzen. Die Ziele, gegen die gemessen wird, sind jedoch für die KünstlerInnen nicht immer relevant. Nachteilig können auch die hohen zeitlichen Ressourcen sowie Rüstungs- und Trainingskosten wahrgenommen werden. Cohen und Pate kommen zu dem Schluss, dass wenngleich social auditing eine attraktive Alternative zu traditionellen Leistungsmessungen sein kann, die Annahme, Kreativität messen zu können, die unterschiedliche Bedeutung von externen Standards für KünstlerInnen und die Tatsache, dass Kunst Impulsen entspringt, über welche die externe Welt wiederum keine Kenntnisse hat, auch diesen Ansatz problematisch machen.902 Abbildung 19 zeigt die in einem unveröffentlichten „Social Audit“ definierten Ziele für ein Theater in Großbritannien eingebunden in einen beispielhaften Social Audit-Zyklus.
Vgl. Cohen/Pate (2000), S. 111 Vgl. Matarasso (1997), S. 3 902 Vgl. Cohen/Pate (2000), S. 114; Lewis und Brooks plädieren dafür, dass “we may simply need to accept some level of controversy over offensive art” um die Schwierigkeit unterschiedlicher Bewertungen durch die künstlerische Community und die Gesellschaft gerade bei „schwieriger“ Kunst zu umgehen, vgl. Lewis/Brooks (2005), S. 15 900 901
6(UIROJ und Erfolgsmessung
Abbildung 19:
Beispiele für Ziele eines Theaters im Audit-Zyklus Quelle: Eigene Darstellung nach Cohen/Pate (2000), S. 113 & 114; Audit cycle der New Economic Foundation ©1998
6.4 Prozesse der Zielvereinbarung und Erfolgsmessung im Non-Profit-Bereich 233 6.4.3 Der Competing Values-Ansatz Die Vielzahl der entwickelten Ansätze kann nicht in einem einheitlichen Effizienzbegriff zusammengefasst werden. Quinn und Rohrbaugh haben ein Modell entwickelt, das die meisten Effizienzbegriffe anhand weniger Dimensionen klassifiziert. Ausgehend von einer Befragung von ExpertInnen, welche die Effizienzbegriffe der Literatur klassifizieren sollten, konnten durch statistische Analysen der Befragungsergebnisse drei zentrale Dimensionen identifiziert werden, nach denen die Effizienzmaße beschrieben werden können:903
Die erste Dimension, die Strukturdimension betrachtet die Einordnung der Organisation zwischen den beiden Extremen Stabilität bzw. Kontrolle und Flexibilität bzw. Anpassungsfähigkeit. Die zweite Dimension wird von der internen oder externen Ausrichtung bestimmt. Extern ausgerichtete Effizienzmaße stellen die Beziehungen zwischen der Organisation und ihrer Umwelt in den Mittelpunkt, sozusagen auf der Makroebene. Interne Effizienzmaße hingegen beschreiben Eigenschaften der Organisation selbst. Sie betrachten vor allem die Mitglieder der Organisation und entsprechen damit einer Betrachtung auf der Mikroebene. Die dritte Dimension trifft die Unterscheidung zwischen Zielen und Mitteln. Während einige Kriterien wie z. B. Produktivität oder Mitarbeiterzufriedenheit eher Zielcharakter haben, entsprechen andere Kriterien mehr Instrumenten.
Nach den ersten beiden Dimensionen lassen sich vier zentrale Ansätze zur Effizienz von Organisationen unterscheiden, denen jeweils zwei Führungsrollen zugeordnet werden (vgl. Abbildung 20):904
903 904
Der Human-Relations-Ansatz (Human Relations Model) (intern/Flexibilität): Dieser Ansatz stellt die Mitglieder der Organisation in den Mittelpunkt, mit dem Ziel dass sich die Mitarbeiter möglichst wohl fühlen und dadurch einen guten Beitrag für die Organisation leisten und sich mit der Organisation identifizieren. Die Motivationseffizienz der Organisation steht im Vordergrund. Als Mittel zur Erreichung dieser Ziele werden vor allem Maßnahmen der Personalentwicklung und zur Beeinflussung der Unternehmenskultur eingesetzt. Als Führungsrollen werden „Mentoren“, die sich durch Empathie und Sensitivität in einer unterstützenden Rolle auszeichnen, und „Facilitators“, die sich stärker auf die eigene Abteilung und Prozesse orientieren, zugeordnet.
Vgl. Quinn/Rohrbaugh (1983) Vgl. Quinn/Rohrbaugh (1983)
234
6 Erfolg und Erfolgsmessung Der an den internen Prozessen orientierte Ansatz (Internal Process Model) (intern/Stabilität): Hier steht die Frage im Vordergrund, wie die einzelnen Mitglieder der Organisation in ein effizient funktionierendes System eingebunden werden können. Daher ist das Ziel, eine möglichst gute Kontrolle über die Mitglieder zur Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit der Organisation zu erhalten. Als Instrumente dienen Informationsflüsse, Kommunikationssysteme etc., die Koordinationseffizienz steht im Vordergrund. „Monitors“ führen durch die Beobachtung von Individuen und die Ergebnismessung standardisierter Abläufe. „Koordinatoren“ versuchen die Struktur durch einen reibungslosen Ablauf von Prozessen zu gewährleisten. Systemtheoretische Ansätze (Open Systems Model) (extern/Flexibilität): Eine Organisation wird als offenes System in einer dynamischen Umwelt betrachtet. In Analogie zur biologischen Evolution stehen die Ziele des Überlebens im Existenzkampf durch Expansion und den Erwerb von Ressourcen im Mittelpunkt. Als Mittel hierzu dienen alle Maßnahmen, die die Flexibilität der Organisation erhöhen, wie z. B. organische Strukturen mit flexibler Aufgabenverteilung, variablen Abläufen und gering ausgeprägter Hierarchie. „Brokers“ politisieren den Wettbewerb um die Ressourcenverteilung durch Verhandlungen. „Innovatoren“ schließlich versuchen Herausforderungen und Abwechslung zu schaffen und passen sich Umweltänderungen kreativ an. Der rational-zielorientierte Ansatz (Rational Goal Model) (extern/Stabilität): Hier stehen Stabilität und Effizienz im Vordergrund. Dieser Ansatz entspricht der klassischen ökonomischen (tayloristischen) Sichtweise mit entsprechenden Zielen und Instrumenten. „Direktoren“ führen direktiv mit klaren Rollenverteilungen und Anspruchsverhältnissen, während „Produzenten“ Produktivität, Leistung und Output fokussieren.
Organisationen weisen in der Regel Merkmale aller Ausrichtungen, wie man Unternehmenserfolg am besten erreichen kann, in unterschiedlicher Ausprägung auf. So müssen Theater beispielsweise zur Erhaltung der Kunstform innovativ und anpassungsfähig sein (open systems model), auf der anderen Seite z. B. durch das Standardrepertoire und die Aufrechterhaltung von Traditionen Beständigkeit aufweisen (internal process model) und weisen wahrscheinlich eine höhere Produktorientierung (rational goal model) als Mitarbeiterorientierung (human resources model) auf. Derartige Gegensätze prägen Organisationskultur und –klima nachhaltig. „It is not just the presence of mutually exclusive opposites that makes for effectiveness, but it is the creative leaps, the flexibility, and the unity made possible by them that leads
6.4 Prozesse der Zielvereinbarung und Erfolgsmessung im Non-Profit-Bereich 235 to excellence […] the presence of creative tension arising from paradoxical attributes helps foster organizational effectiveness.“905
Das Modell trägt dem Umstand Rechnung, dass auch bei Homogenität vieler Ziele und Rahmenbedingungen verschiedene Organisationen unterschiedliche Ansätze und Schwerpunkte verfolgen. In einem Vergleich von vier Modellen kommt auch Ronald Rojas zu dem Schluss, dass der Competing-Values-Ansatz das geeignetste Instrument zur Messung organisationaler Effektivität im Non-Profit-Bereich sei. Dieses Modell zeichnet sich insbesondere durch Instrumentenvalidität, Reliabilität und die Breite an empirisch durchgeführter Forschung aus. Aufgrund der breiten theoretischen Basis ist das Competing-Values-Framework sowohl für Produktionsals auch Dienstleistungsorganisationen sowie auf verschiedenen Hierarchieebenen anwendbar.906
Abbildung 20:
Competing Values Framework (CVF) Quelle: nach Hunt, et al. (2004), S. 150 sowie Cameron, et al. (2006), S. 17
Cameron (1986), S. 549 Vgl. Rojas (2000), S. 100f.; die drei mit dem Competing-Values-Model verglichenen Modelle sind: “Predictions of Organizational Effectiveness as a Function of Type of Organizational Structure” von Bhargava/Sinha (1992); “Putting Organizational Effectiveness into Practice: The Preeminent Consultation Task” von Ridley/Mendoza (1993) sowie “Perceptions of Organizational Effectiveness in Community and Member Based Nonprofit Organizations” von Jackson (1999). 905 906
236
6 Erfolg und Erfolgsmessung
6.5 Indikatoren zur Messung von Erfolg in Kulturinstitutionen Il n'est en art qu'une chose qui vaille: celle que l'on ne peut expliquer. (In der Kunst zählt nur eines: das, was man nicht erklären kann.) Georges Braque (1882-1963), französischer Maler und Bildhauer
Die Frage nach einer Bewertung von Kunst und Kultur bewegt sich in dem breiteren Kontext einer sich verändernden sozialen und wirtschaftlichen Welt, die immer größere Bedeutung auf schnelle und effiziente Prozesse legt.907 Die Suche nach Möglichkeiten, Effektivität im Non-Profit Bereich zu messen, ist mit drei aufkommenden Trends verknüpft: Generell kann von einem gestiegenen akademischen Interesse an der Leistung von Non-Profit-Organisationen gesprochen werden. Dazu kommt, dass viele Non-Profit-Organisationen als Antwort auf aktuellen Druck zunehmend Managementpraktiken des For-Profit-Sektors übernehmen. Schließlich kommen zunehmend For-Profit-Unternehmen in Märkte, die zuvor als ausschließliche Domäne des Non-Profit-Bereichs betrachtet wurden.908 Auch kulturelle NonProfit-Betriebe stehen in wachsendem Wettbewerb mit anderen Akteuren um rare Finanzmittel von fördernden Institutionen, Stiftungen oder der öffentlichen Hand. Dies hat der Forderung nach öffentlicher Rechenschaft und einem effizienteren Einsatz der Ressourcen sowie höherer Effektivität der Verantwortlichen von mit öffentlichen Geldern finanzierten Organisationen Nachdruck verliehen.909 Insbesondere in den Bereichen „Museum“910 und „Performing Arts“911 wurden Studien auf der Suche nach geeigneten Leistungsindikatoren durchgeführt, auf die im folgenden Abschnitt genauer eingegangen wird. Da die Erfolgsmessung eigentlich aus dem gewinnorientierten Bereich kommt, beschränken sich die Instrumente hauptsächlich auf finanzielle Maßzahlen wie Umsatz, Gewinn oder Return on Investment (ROI). Wie Forbes trefflich formuliert, fehlt Non-Profit-Organisationen die „einfache Eleganz“ einer finanziellen Maßzahl wie Profitabilität oder Shareholder Return um ihre Leistung zu beurteilen; zudem würde die Amorphität ihrer Ziele und die Intangibilität der Leistungen die Entwicklung solcher Kennzahlen erschweren.912 In den 1990ern kam langsam das Bewusstsein Vgl. Cohen/Pate (2000), S. 106 Vgl. Rojas (2000), S. 97 909 Vgl. Rentschler/Potter (1996); Rushton (2003), S. 94; im Gegensatz dazu wird argumentiert, dass zur Erhaltung der Kunst von Minderheiten Subventionen an keine Bedingungen geknüpft sein sollten und auch der Tendenz, Subventionen nur für einzelne Projekte zu vergeben, entgegengewirkt werden sollte. In diesem Sinne sollten auch Ergebniszahlen und die Festlegung von Zielen und Evaluationskriterien nicht verstärkt werden. Vgl. Halley, et al. (2001), S. 209 910 Vgl. u. a. Zan (2000); Basso/Funari (2004) 911 Vgl. u. a. Kushner/Poole (1996); Rentschler/Potter (1996); Gilhespy (1999); Evans (2000); Turbide/ Laurin (2003) 912 Vgl. Forbes (1998), S. 184 907 908
6.5 Indikatoren zur Messung von Erfolg in Kulturinstitutionen
237
der Notwendigkeit einer Integration von finanziellen und nicht-finanziellen Messgrößen in Einklang mit der Unternehmensstrategie auf.913 Da Non-Profit-Kulturunternehmen sowohl ästhetische als auch finanzielle Ziele verfolgen (müssen) wurde dieses Konzept mit Interesse aufgenommen und beispielsweise in den USA,914 Südengland915 oder Quebec/Kanada916 untersucht. Erfolgs- bzw. Leistungsfaktoren finden sich auf der Mikroebene individueller Kulturinstitutionen oder auf der Makro-Ebene von Kultur-Sektoren oder –Subsektoren. Manche Indikatoren gelten für alle Kulturanbieter (wie z. B. Besucherzahlen), andere wiederum gelten nur für den speziell gewählten Kunstbereich (z. B. Verwendung der Sammlung bei Museen). Im Vordergrund steht jedoch die heikle Frage was gemessen werden soll und welche Methodologie dabei zur Anwendung kommen soll. In der betriebswirtschaftlichen Literatur werden vorrangig Kategorien wie Umsatz und Gewinn, Beschäftigungszahlen, Beschäftigungswachstum oder Bekanntheitsgrad und Image herangezogen. Für den Erfolg im künstlerischen Bereich werden jedoch zusätzliche Erfolgsindikatoren benötigt: „In a world of numbers and quantification, if there are no indicators to assess the value of activities, feelings or relationships, these things – however real – have no legitimacy.“917
Herman und Renz argumentieren, die Effektivität von Non-Profit-Organisationen müsse immer aus einem Vergleich mit der Vergangenheit oder anderen Organisationen resultieren.918 Forbes identifiziert in seiner Meta-Studie drei Ansätze der Effektivitätsmessung: Der „Zielerreichungsansatz“ (goal-attainment approach) basiert auf der Annahme, dass Organisationsziele identifizierbar und eindeutig sind und sucht nach objektiven Messzahlen. Der „Systemressourcenansatz“ (system resource approach) definiert Effektivität als Lebensfähigkeit und Überleben der Organisation und zieht die Fähigkeiten einer Organisation, Ressourcen aus ihrer Umgebung zu akquirieren, zur Bewertung heran. Schließlich misst der „Reputationsansatz“ (reputational approach) Effektivität anhand der Meinungen und Einstellungen wichtiger StakeholderGruppen. Andere Studien verwendeten einen multidimensionalen Ansatz, der mehrere Arten der Definition und Messung von Effektivität beinhaltete. Ziele der Forschungsarbeit beinhalteten (1) die Frage der Bewertung „Wie sollte Effektivität gemessen werden“, (2) die Identifikation von Beziehungen und Einflussfaktoren auf
913 Z. B. durch die Entwicklung von Konzepten wie der Balanced Score Card, vgl. Kaplan (2001) oder des Strategic Performance Measurement, vgl. Atkinson, et al. (1997) 914 Vgl. Voss/Voss (2000b) 915 Vgl. Gilhespy (1999), (2001) 916 Vgl. Turbide/Laurin (2003), S. 3 917 Matarasso (1996), S. 1 918 Vgl. Herman/Renz (1997)
238
6 Erfolg und Erfolgsmessung
Effektivität und (3) der Versuch, den Prozess der Bewertung von Effektivität zu verstehen.919 Ob ein Theater als erfolgreich gilt, hängt stark von der Messung der Qualität seiner Leistungen und nicht lediglich derer Quantität ab. Die Wichtigkeit von Qualitätsurteilen für Entscheidungen sowohl auf der Nachfrage- als auch der Angebotsseite sind unbestritten.920 Während die Qualität für manche standardisierte Produkte eher unbedeutend sein mag, ist sie für Produkte wie künstlerische Werke von größter Bedeutung. Jede Theateraufführung ist ein Zusammenspiel einer Vielzahl von KünstlerInnen und anderen AkteurInnen, ihre Qualität wird zudem von den Publikumsreaktionen beeinflusst, was jede Aufführung einzigartig macht. Die Aufführung wird als Ganzes, sozusagen als „Gestalt“ wahrgenommen, in der die einzelnen Stimuli interagieren. Der englische Empiriker David Hume betrachtet das ästhetische Geschmacksurteil des Individuums zu einem gegebenen Zeitpunkt als relativ, räumt allerdings eine Universalität des Geschmacksurteils ein, welches sich aus der Naturgleichheit des Menschen erkläre (alle Menschen verspüren Schmerzen, finden einen Sonnenuntergang schön, die Rocky Mountains beeindruckend, etc.). Sämtliche allgemeine Regeln der Kunst beruhen ausschließlich auf Erfahrung und Beobachtung des Allgemeingefühls der menschlichen Natur. Der individuelle Aspekt der ästhetischen Bewertung liegt in der unterschiedlichen Auswahl an Aspekten eines Objektes die wahrgenommen werden. Anstatt sich seiner beschränkten Wahrnehmung bewusst zu werden, versucht der Mensch jedoch, die Vielfalt dieser Aspekte und deren Reichtum zu verdrängen.921 6.5.1 Eindimensionale Studien der Effektivität Eine Vielzahl von Studien zur Identifikation von Erfolgsfaktoren war monokausal bzw. an einzelnen Erfolgsindikatoren orientiert. Tabelle 13 gibt eine Übersicht von entsprechenden Studien aus den 1970er und 1980er Jahren, die Einflussfaktoren auf den Erfolg bei Broadway Shows, gemessen an Besucherzahlen, untersuchen.922
Vgl. Forbes (1998), S. 188 Vgl. Throsby (1990), S. 65 921 Vgl. Urrutiaguer (2002), S. 186 922 Vgl. Reddy, et al. (1998) 919 920
6.5 Indikatoren zur Messung von Erfolg in Kulturinstitutionen AutorInnen
Kontext
239
Ergebnisse (Einfluss auf Besucherzahlen)
Skrzypczak (1970) Symphonieorchester
Urbane (metropolitan) Bevölkerung, aggregierte Bevölkerungszahlen, Gehälter und Qualität der MusikerInnen
Weinberg/ Kammermusik, Schachmut (1978) Tanz, Jazz
Zeitpunkt der Aufführung und Genre der Produktion
Cooper/ Nakanishi (1978)
Theater
AbonnentInnen bevorzugen Aufführungen an Samstagen, Matineen und höherpreisige Kategorien. Einfluss von Besetzung und Zeitungskritiken
Semenik/ Young (1980)
Oper
Mundpropaganda und Werbung korreliert negativ mit Abonnentenzahlen
Currim, et al. (1981)
Performing Arts
Reputation der DarstellerInnen, Anfahrtszeit, Sitzplatzpriorität für Wahl des Abonnements
Hirschman/ Pieros Jr. (1985)
Broadway Stücke
Keine Korrelation der Kritiken mit Besucherzahlen (für Kino wird Korrelation bestätigt)
Holak, et al. (1986)
Oper
Wochenendaufführungen, Matineen, “Typ” von Oper (Verismo) und relative Popularität. AbonnentInnen beeinflusst zusätzlich der Ticketpreis
Havlena/ Holak (1988)
Oper
AbonnentInnen bevorzugen Matineen, neue Produktionen und Produktionen mit “Untertiteln”
Tabelle 13:
Einflussfaktoren auf Besucherzahlen von Broadway Shows und MusiktheaterProduktionen (USA) Quelle: Auswahl Theater und Musiktheater aus Reddy, et al. (1998), S. 373 f. und Havlena/Holak (1988)
Zahlreiche weitere Studien untersuchen Einflussfaktoren wie Repertoire, Qualität, Fördermittel und viele mehr auf den Erfolg, gemessen an Besucherzahlen, aber auch künstlerischer Qualität:
923 924
Kushner und Poole haben in einer Untersuchung von 19 Kulturorganisationen versucht, die Verbindungen zwischen Effektivität und Organisationsstruktur zu erfassen. In ihrem Modell kombinieren die beiden Autoren Stakeholderzufriedenheit, Ressourcenakquisition, interne Prozesse und Zielerreichung. Ein Ergebnis ihrer Studie war, dass das Commitment der Mitglieder zur Organisation wichtiger war, als die Struktur der Organisation selbst.923 Kritik an der Studie betrifft die Eindimensionalität des verwendeten Effektivitätsbegriffs und eine zu ungenaue Abgrenzung der Kriterien.924 Vgl. Kushner/Poole (1996) Vgl. Herman/Renz (1999), S. 111
240
6 Erfolg und Erfolgsmessung Jenkins und Austen-Smith haben in einer Studie englischer Provinztheater die Interdependenz von fördergebenden Organisationen, dem Publikum und Entscheidungen von TheatermanagerInnen untersucht. Sie fanden eine signifikante Beziehung zwischen „highbrowness“ bzw. der Programmwahl und der Nachfrage, allerdings ist der quantitative Aspekt vernachlässigbar. Interessanterweise beeinflusst das Defizit vergangener Saisonen die Förderentscheidung der verschiedenen Geldgeber, die wiederum stark korrelieren, stärker als beispielsweise Auslastungszahlen. Interessant ist auch, dass höhere Nachfrage mit „lowbrow“Angeboten, höherem lokalem Wohlstand und höheren Preisen (!) verbunden ist.925 Levy untersucht die Rolle von TheaterkritikerInnen auf KünstlerInnen, Kunstwerke und das Publikum in Israel. Er unterscheidet zwischen „lowbrow“ und „highbrow“ Produktionen und findet zwei Geschmackskulturen. Während „lowbrow“-Angebote hauptsächlich ein Laienpublikum ansprechen, sprechen „highbrow“-Produktionen hauptsächlich ExpertInnen und erfahrene KonsumentInnen an. Er untersucht die Theateraufführungen des Israel National Theater von 1918 bis 1968 bzw. Kritiken in drei Zeitungen mit unterschiedlicher politischer Ausrichtung und Leserschaft, um Unterschiede zwischen Geschmack und ästhetischer Bewertung von TheaterkritikerInnen und dem Publikum aufzuzeigen.926 Felton untersucht die Nachfrage nach Operntickets in den USA. Als Indikator für die Qualität der Aufführungen verwendet sie ein “popularity rating”, das allerdings keine Signifikanz zeigt. Während sie deutliche Unterschiede zwischen AbonnentInnen und KäuferInnen von Einzeltickets identifiziert, sind deren Einflussfaktoren allerdings für verschiedene Organisationen unterschiedlich. Der Einfluss von Marketingaktivitäten ist entweder nicht signifikant oder negativ (!). Die höhere Preiselastizität der AbonnentInnen wurde in einer späteren Studie nicht bestätigt.927 Throsby fokussiert auf die Nachfrage nach Theater und unterscheidet verschiedene Einflusskriterien: technische Faktoren (wie Produktions-, Aufführungsoder Design-Standards), Art und Standard des Quellenmaterials (source material) ebenso wie Nutzen für das Publikum (Unterhaltung, Stimulation, Geschmacksbildung etc.), die Gesellschaft (Publikumsentwicklung, Kulturerbe, Bildung etc.) und die Kunstform (Innovation, Training, Entwicklung von Standards etc). Hauptquelle der Qualitätsbewertungen bilden Pressekritiken. Die Qualitätsvariablen werden nicht als einzelne Qualitätskennzahlen verwendet, sondern in ein multidimensionales Konstrukt aggregiert, welches bessere Ergebnisse bezüglich des Einflusses auf die Nachfrage nach Theater erzielt. Er verwendet
Vgl. Jenkins/Austen-Smith (1987) Vgl. Levy (1988) 927 Vgl. Felton (1989) 925 926
6.5 Indikatoren zur Messung von Erfolg in Kulturinstitutionen
objektiv, durch Konsens, aber auch subjektiv festlegbare Indikatoren. Throsby verwendet Kardinalskalen um Angebots- und Nachfragefunktionen für drei Theater in Sydney zu berechnen.928 Qualitätsmerkmale müssten nicht entlang numerischer Skalen gemessen werden, sondern „many facets of quality can be specified without measurement.”929 Die am wenigsten preissensibelste Gruppe war dabei die wohlhabende, konservative Mittelklasse, „accustomed, by and large, to paying top prices for theater tickets.”930 Abbé-Decarroux unterscheidet die Qualität einer Produktion (degree of excellence) von der Repertoire-Klassifikation und von der Reputation der AutorInnen, ProduzentInnen und KünstlerInnen. Auch er verwendet die subjektive Variable Pressekritiken zur Bewertung der Qualität, aggregiert sein Qualitätsmaß jedoch nicht. Seine Ergebnisse deuten an, dass Qualität ebenso wie Reputation, sowohl von Produzenten als auch der Besetzung, und die Popularität des Autors einen signifikanten und positiven Einfluss auf die Besucherzahlen haben. Während seine zwei Untergruppen von BesucherInnen die den Vollpreis des Tickets bezahlten versus jene, die reduzierte Preise in Anspruch nahmen, sich bezüglich ihrer Preiselastizität deutlich unterscheiden, sind die Einflüsse der objektiven Qualitätskriterien auf die beiden Gruppen nicht signifikant verschieden.931 Krebs und Pommerehne analysieren das Verhalten westdeutscher (BRD) öffentlicher Theaterinstitutionen in Bezug auf deren nicht-marktlichen Entscheidungen. Im Mittelpunkt ihrer Untersuchungen steht das Beziehungsdreieck TheatermanagerInnen, öffentliche Geldgeber und KonsumentInnen. Der Preis spielt in dieser Beziehung keine große Rolle, weshalb die Entscheidungen der ManagerInnen in Bezug auf Qualität in den Mittelpunkt rücken. Dennoch kann der Druck öffentlicher Geldgeber zu Entscheidungen in Richtung „lowbrowness“ führen.932 Lévy-Garboua und Montmarquette untersuchen den Effekt vergangener Erfahrungen im Theater mit der aktuellen Nachfrage nach Theater. Sie schlagen vor, dass wenn Geschmäcker gegeben, aber unbekannt sind, KonsumentInnen diese nur durch einen adaptiven Konsumprozess lernen können (learning by consuming). Daher können auch die subjektive Wahrnehmung von Qualität und dadurch die Nachfrage nach Theater von früheren Expositionen abhängig sein. Zur Erfassung dieser ästhetischen Emotionen verwenden sie die berichtete Zufriedenheit für eine bestimmte Aufführung.933
Vgl. Throsby (1990) Throsby (1983), S. 163 930 Throsby (1990), S. 79 931 Vgl. Abbé-Decarroux (1994) 932 Vgl. Krebs/Pommerehne (1995) 933 Vgl. Lévy-Garboua/Montmarquette (1996) 928 929
241
242
6 Erfolg und Erfolgsmessung Urrutiaguer adaptiert das Modell von Throsby. Die niedrige statistische Aussagekraft von Regressionsmodellen zur künstlerischen Qualität führt er auf verschiedene Wahrnehmungen von Qualität zurück. Hauptanliegen seiner Studie ist es, die Gegensätzlichkeit der Effekte von Pressekritiken und künstlerischer Reputation auf die Nachfrage zu zeigen. Basierend auf Daten der Jahre 1995 und 1996 wurden die potenziellen BesucherInnen französischer Theater in zwei Gruppen eingeteilt, jene die sich auf die Medienreputation von Stücken verlassen gegenüber jenen, die sich auf die Reputation der IntendantInnen (directors-cum-managers) verlassen. Die Reputation eines Theaters zeigt sich als der verlässlichste Qualitätsindikator, auch der Preis wird als Hinweis auf Qualität interpretiert. Die Qualitätseinschätzung der lokalen Behörden (gemessen an Subventionen) scheint sich mit jener des Publikums zu decken.934 Tobias beschäftigt sich mit dem Thema Qualität von der Angebotsseite. Ihn interessiert, in welchem Ausmaß Qualität mit bestimmten ökonomischen Variablen zusammenhängt bzw. wie der Inputeinsatz reduziert werden kann, ohne die Qualität des Angebots zu verringern. Mit Hilfe einer Expertenbefragung und Daten aus der Theaterstatistik des Deutschen Bühnenvereins kommt er zu dem Ergebnis, dass die aggregierten Meinungen der ExpertInnen im Bereich des Sprechtheaters nicht im selben Ausmaß wie Ballett oder Oper mit Produktionsausgaben (Tantiemen, Anzahl neuer Produktionen, organisationsspezifische Faktoren) verknüpft sind. Hier sind Faktoren wie beispielsweise die ästhetische Ausrichtung der ExpertInnen von größerer Bedeutung. Tobias findet Hinweise auf positive, aber abnehmende Grenzerträge künstlerischer Ausgaben in Bezug auf Qualität für jede Kunstform. Die Nachfrageseite wird nicht berücksichtigt.935
6.5.2 Multidimensionale Studien der Effektivität Nur wenige Studien der Effektivität von Non-Profit-Organisationen oder Kulturinstitutionen beschäftigen sich umfassend mit den verschiedenen Facetten von Erfolg bzw. Leistung.936 Verschiedene AutorInnen nehmen Bourdieus Sicht der künstlerischen Welt zum Ausgangspunkt und betrachten die Akteure als sich interdependent in einem Netzwerk wechselnder Beziehungen bewegend und untersuchen den Erfolg von KünstlerInnen und Kulturorganisationen anhand der Veränderungen in diesen Beziehungen über die Zeit.937 Im Rahmen dieses Beziehungsgeflechts empfiehlt Giuffre Vgl. Urrutiaguer (2002) Vgl. Tobias (2004) 936 Vgl. Herman/Renz (1999); Herman (1990); Kanter/Summers (1987) 937 Vgl. u. a. Giuffre (1999); De Nooy (2002) 934 935
6.5 Indikatoren zur Messung von Erfolg in Kulturinstitutionen
243
von einem „Effektgeflecht“ (web) an Stelle einer linearen Anordnung von Effekten auszugehen.938 Da Non-Profit-Organisationen vielfache, zum Teil konkurrierende Ziele haben, ist es wichtig, eine Vielzahl verschiedener Konstrukte zusätzlich zu finanziellen Messgrößen einzusetzen. Daher werden komplexe multiple Messfaktoren organisationaler Performanz bei Studien mit Performanz als abhängiger Variable vorgeschlagen.939 Messzahlen sollten (1) signifikant sein, also die Schlüsselerfolgsfaktoren messen, (2) verschiedene Blickwinkel einbeziehen, (3) die Belange aller Stakeholder mit einbeziehen, (4) nicht isoliert, sondern gemeinsam betrachtet werden, (5) zwischen quantitativen (hard) und qualitativen Kriterien (soft) ausgeglichen werden, (6) diskriminierend sein, sodass Veränderungen signifikant sind, und (7) bescheiden bleiben, sodass die Sammlung der Daten nicht wichtigere Aufgaben behindert.940
Herman entwickelt die vier Schlüsseldimensionen, „Peer Reputation“, „Resource acquisition“, „Client satisfaction“ und „Outcomes“ um die Leistung von Non-Profit-Organisationen zu definieren. Er betont, dass es für die letzte Dimension „Ergebnisse“ kaum messbare Indikatoren gäbe, die zudem von Sektor zu Sektor verschieden sein müssten.941 Herman und Renz sehen die größte Herausforderung der Erforschung von Effektivität in der Entwicklung eines geeigneten Empfindlichkeitsmaßes (measure of responsiveness) als Indikator für Effektivität.942 Aus diesem Grund wurde diese Variable von Gainer und Padanyi, die den Zusammenhang zwischen Marktorientierung und organisationaler Performanz/ Leistung in Kulturorganisationen zweier große kanadischer Städte untersucht haben, ausgeklammert.943 Ausgehend von der Annahme, dass kundenorientierte Unternehmen die größte Wahrscheinlichkeit der Erreichung ihrer Ziele aufweisen, wurde ein Strukturgleichungsmodell verwendet, um den Einfluss von Marketingaktivitäten und Kultur auf Hermans drei Messvariablen „Kundenorientierung“, „Peer Reputation“ und „Ressourcenattraktion“ zu messen. In dieser Studie bewirkte eine marktorientierte Unternehmenskultur nicht nur Ressourcenwachstum und höhere Kundenzufriedenheit, auch die „Peer Reputation“
Vgl. Giuffre (1999), S. 829; Gainer/Padanyi (2002), S. 184 Vgl. u. a. Herman (1990), S. 300 940 Vgl. Bolton (2003), S. 24 941 Vgl. Herman (1990); Herman/Renz (1997); So lassen sich beispielsweise die Ergebniskennzahlen Patientenmortalität oder Studierendenergebnisse kaum in einen vernünftigen und vergleichbaren Konnex bringen. 942 Vgl. Herman/Renz (1999), S. 123; Aus einer sozialkonstruktivistischen Perspektive müssen Führungskräfte von Kulturunternehmen Effektivität als Fähigkeit der Organisation auf die Bedürfnisse und Erwartungen ihrer Stakeholder einzugehen, betrachten. 943 Vgl. Gainer/Padanyi (2002) 938 939
244
6 Erfolg und Erfolgsmessung stand in einem positiven Zusammenhang zum Unternehmenserfolg.944 Gerade im Kulturbereich besteht jedoch die Schwierigkeit der Messung einer Marktorientierung darin, dass mehrere Märkte zugleich angesprochen werden müssen. In einer ersten Studie identifizierte Gilhespy zehn Ziele, die von Non-ProfitOrganisationen verfolgt werden können. In einer jüngeren Studie aus dem Jahr 2001 hat Gilhespy die Eignung und Sensitivität von Erfolgsindikatoren in Verbindung mit den beiden Zielen Zugangs- und Besuchermaximierung untersucht. Die Ergebnisse der 27 Interviews mit ManagerInnen zeigten, dass einige Indikatoren für ein Monitoring der Zielerreichung und als Beleg für die unterstützenden Institutionen dienlich sein können. Dennoch eignen sich diese Indikatoren weniger für den Vergleich verschiedener Kulturorganisationen, da diese Indikatoren nichts über die qualitativen Aspekte der kulturellen Erfahrung des Evaluierenden aussagen:945 „the important matter is to ensure that people have the opportunity to experience the arts and let them make what they will of their experience. […] access maximisation is the only social objective that matters. Access in this sense is about attracting and educating new users to empower people to be able to make choices as to whether the arts are for them or not.”946 Turbide und Laurin nehmen ihre Überzeugung, dass ein globaler Ansatz zur Erfolgsmessung in Kulturunternehmen, der sowohl finanzielle als auch nichtfinanzielle Größen sowie kurz- und langfristige Erfolgsaspekte integriert, den einzig gängigen Weg in einem Non-Profit Kontext darstellt. Mit Hilfe von Fragebögen haben sie 300 Organisationen Darstellender Kunst in Quebec/ Kanada untersucht. Ziel der Studie war es zu dokumentieren, wie Erfolg in diesen Unternehmen dokumentiert wird und speziell ob multidimensionale Verfahren angewendet werden. Die Anwendung multidimensionaler Verfahren wurde bestätigt. Aufbauend auf den Arbeiten von Kaplan, Atkinson, Waterhouse und Wells sowie Gilhespy947 schlagen sie sieben Hauptaspekte zur Erfolgsmessung vor: 1) künstlerischer Erfolg; 2) Zufriedenheit des Publikums; 3) Zufriedenheit der Geldgeber; 4) Personalmanagement; 5) Finanzmanagement; 6) Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit; 7) Image und Reputation. Ein interessantes Ergebnis ist die Tatsache, dass finanzielle Einschränkungen (und Messungen) als negativ für Entwicklung und Kreativität gesehen werden.948
944 In ihrer Literaturrecherche fanden Gainer/Padanyi (2005) in 13 von 19 Studien einen signifikanten Zusammenhang zwischen Marktorientierung und zumindest einer Performance-Variable in Non-ProfitUnternehmen; 4 von 5 Studien der AutorInnen zeigten dieselbe Beziehung von Marktorientierung und Unternehmenserfolg. 945 Vgl. Gilhespy (1999), (2001) 946 Gilhespy (2001) 947 Vgl. Atkinson, et al. (1997); Gilhespy (1999); Kaplan (2001) 948 Vgl. Turbide/Laurin (2003)
Untersucht alle 234 Stücke des Israel National Theater von 19181968 hinsichtlich Theaterkritiken (qualitative und quantitative Inhaltsanalyse)
ISR
USA
AUS
Levy (1988)
Felton (1989)
Throsby (1990)
Unternehmensdaten zu Produktionen von 3 Theatern in Sydney über den Zeitraum von 19741978; Regressionsanalyse (ordinary least-squares)
13 US-amerikanische Opernkompanien von 1979-1986; Daten von den Organisationen bzw. Opera America; multiple Regressionsanalyse
Zensusdaten von 35 Englischen Provinz-Theatern, die im Zeitraum 1977-1981 Förderungen des Arts Council erhielten; Verwenden simultane Schätzmethoden (two-stage least-squares / ordinary least-squares) zur Modellbestimmung
GB
Jenkins/ AustenSmith (1987)
Sample & Methode
Land
AutorInnen
Entwickelt einen Popularitätsindex als Indikator der Qualität der Aufführungen (ist allerdings nur in einem Opernhaus signifikant). Findet deutliche Unterschiede zwischen AbonnentInnen und KäuferInnen von Einzeltickets, die Einflussfaktoren sind allerdings für verschiedene Organisationen unterschiedlich. Der Einfluss von Marketingaktivitäten ist entweder nicht signifikant oder negativ(!). Die höhere Preiselastizität der AbonnentInnen wurde in einer späteren Studie nicht bestätigt. Untersucht australische Theater nach Besucherzahlen, durchschnittlichem realen Preis, Saisondauer, Sitzplatzkapazität und Qualitätskriterien. Throsby schlägt Qualitätsindikatoren (Repertoire-Klassifizierung, Niveau des Quellenmaterials, Niveau der Produktion, Niveau der Aufführung, Niveau des Designs) vor, die er über Pressekritiken bewertet und aggregiert einen multidimensionalen Qualitätsindikator. Er kommt zu dem Schluss, dass Qualität in jedem Fall eine Voraussetzung zur Erhöhung der Publikumszahlen darstellt.
Untersucht die Rolle von KritikerInnen und ihren Einfluss auf KünstlerInnen, Kunstwerke und das Publikum. Levy untersucht 2 unterschiedliche Geschmacks-Subkulturen (KritikerInnen als Hochkultur vs. Publikum als Massenkultur). Testet auf die Variablen Publikumsgeschmack (Erfolg = Hohe Zahl an Aufführungen), Zeit (2 Perioden vor bzw. nach 1949), Art der Publikation (nach Leserschaft und politischer Ausrichtung), Art des Stücks (jüdisch/ nicht-jüdisch).
Untersuchen die Publikumsentscheidungen in Bezug auf das Repertoire in englischen Provinztheatern. Ergebnis ist ein Modell mit 5 Gleichungen und den abhängigen Variablen Preis, Programm-Mix, Förderungen des Arts Council, lokale Förderungen und Anzahl verkaufter Tickets. Eine signifikante Beziehung zwischen „Highbrowness“ und Nachfrage wird bestätigt: höhere Nachfrage ist eine Funktion von „lowbrow“-Programmen, höherem lokalen Einkommen und höheren Ticketpreisen(!).
Fokus & Ergebnisse
6.5 Indikatoren zur Messung von Erfolg in Kulturinstitutionen 245
Tabelle 14 gibt einen Überblick über die oben genannten Studien. Im folgenden Kapitel werden die verschiedenen Erfolgsfaktoren in ein hypothetisches multidimensionales Modell verdichtet.
Land
CH
D (BRD)
F
GB
AutorInnen
AbbéDecarroux (1994)
Krebs/ Pommerehne (1995)
Lévy-Garboua/ Montmarquette (1996)
Gilhespy (1999), (2001)
27 semi-strukturierte Interviews mit Kultur-ManagerInnen in SüdEngland
Umfrage des französischen Kulturministeriums, n=8.000 (davon 1.000 Theaterbesucher); Regressionsanalyse
Aggregierte Daten für Theater und Oper aus Westdeutschland von 1961-1992; Regressionsanalyse (ordinary least-squares)
Ein einzelnes Theater in Genf über den Zeitraum von 1982-1989 (64 Produktionen); Regressionsanalyse (ordinary least-squares)
Sample & Methode
Schlagen vor, dass bei gegebenen, aber unbekannten Geschmäckern KonsumentInnen diese nur durch „learning by consuming“ entwickeln. Daher kann die subjektive Wahrnehmung von Qualität und dadurch die Nachfrage nach Theater auch von früherer Exposition abhängig sein. Ästhetische Empfindungen werden über die berichtete Zufriedenheit für eine Aufführung bewertet. In einer ersten Studie identifiziert Gilhespy zehn Ziele, die von Non-Profit-Organisationen verfolgt werden können. In einer jüngeren Studie aus dem Jahr 2001 untersucht Gilhespy die Eignung und Sensitivität von Erfolgsindikatoren in Verbindung mit den beiden Zielen Zugangs- und Besuchermaximierung.
Analysieren das Verhalten der ManagerInnen westdeutscher (BRD) öffentlicher Theaterinstitutionen in Bezug auf deren nicht-marktlichen Entscheidungen. Sie finden Hinweise, dass “lowbrowness” positiv mit der Nachfrage nach Theater zusammenhängt und von TheatermanagerInnen dazu verwendet wird, die Kapazitätsauslastung zu steigern. Verwenden Variablen zu Qualität (highbrow vs. lowbrow) und Besucherzahlen.
Untersucht den Einfluss von Qualität und Reputation auf die Besucherzahlen. Auch er inkludiert eine subjektive Variable (Pressekritiken). Eigenproduktionen hatten einen negativen Effekt auf Besucherzahlen, während der Effekt bekannter AutorInnen, DirektorInnen oder KünstlerInnen positiv signifikant war. Die Reputation des Stücks spielte keine Rolle, allerdings wurde Innovation in Form atypischer Aufführungen oder belohnt. Während seine zwei Untergruppen (Vollpreis/reduzierter Preis) unterschiedliche Preiselastizität aufweisen, sind die Einflüsse der objektiven Qualitätskriterien nicht signifikant verschieden.
Fokus & Ergebnisse
246 6 Erfolg und Erfolgsmessung
Pressekritiken für 87-104 Theater in Frankreich aus den Jahren 1995 und 1996; Regressionsanalyse
Öffentlicher Theatersektor, Daten aus Theaterstatistik des Deutschen Bühnenvereins; verwendet das nichtparametrische Effizienzmessungsverfahren der Datenhüllenanalyse (data envelopment analysis) 300 Organisationen Darstellender Kunst in Quebec; Befragung über Fragebögen an Institutionen
Qualitative Interviews mit DirektorInnen von 6 Theatern in England
F
D
CA
GB
Urrutiaguer (2002)
Tobias (2003), (2004)
Turbide/ Laurin (2003)
Conway/ Whitelock (2003), (2004), (2007)
Sample & Methode
Land
AutorInnen
Tabelle 14:
Ausgewählte Studien zum Erfolg im Musiktheater (Nachfrage bzw. Qualität)
Untersuchen die wichtigsten Beziehungen (key relations) von Theaterorganisationen zwischen künstlerischen DirektorInnen und verschiedenen Stakeholdergruppen; Vorschlag eines konzeptuellen Modells; Ergebnis war eine generelle Übereinstimmung über Erfolg – Ticketerlöse, die Qualität der Arbeit, soziale Integration und effektive Boards sind die wichtigsten Erfolgsfaktoren. Erfolgreiche Theater nannten das Publikum als wichtigste Stakeholder, weniger erfolgreiche ihre GeldgeberInnen.
Turbide und Laurin schlagen einen globalen Ansatz zur Erfolgsmessung in Kulturunternehmen, der sowohl finanzielle als auch nichtfinanzielle Größen sowie kurz- und langfristige Erfolgsaspekte integriert, vor. Sie schlagen sieben Hauptaspekte zur Erfolgsmessung vor: 1) künstlerischer Erfolg; 2) Zufriedenheit des Publikums; 3) Zufriedenheit der Geldgeber; 4) Personalmanagement; 5) Finanzmanagement; 6) Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit; 7) Image und Reputation.
Urrutiaguer adaptiert das Modell von Throsby und versucht, die Gegensätzlichkeit der Effekte von Pressekritiken und künstlerischer Reputation der IntendantInnen auf die Nachfrage zu zeigen. Die Reputation eines Theaters ist der wichtigste Qualitätsindikator und hat gemeinsam mit der Kapazität des Theaters den größten Einfluss auf die Nachfrage. Er verwendet stetige Parameter für Kapazität, Nachfrage und Preis. Für die Beurteilung der Qualität verwendet er Variablen bezogen auf das Repertoire, Pressekritiken, IntendantInnen und öffentliche Fördergeber. Untersucht, in welchem Ausmaß Qualität mit bestimmten ökonomischen Variablen zusammenhängt und wie der Inputeinsatz reduziert werden kann, ohne die Qualität des Angebots zu reduzieren. Tobias verbindet Expertenmeinungen mit ökonomischen Daten öffentlicher Theater in Deutschland. Dimensionen die nicht korrelierten – z. B. die ästhetische Ausrichtung der ExpertInnen - hatten einen stärkeren Einfluss auf Qualitätsbewertungen im Sprechtheater als für Ballett oder Oper.
Fokus & Ergebnisse
6.5 Indikatoren zur Messung von Erfolg in Kulturinstitutionen 247
7 Erfolgsfaktoren – Hypothesengenerierung
A successful arts organization is always trying something new, whether artistically or through marketing or fundraising campaigns. Marc Scorca, President Opera America
Die vorliegende Untersuchung richtete sich an MitarbeiterInnen von Musiktheatern bzw. Theatern, die Musiktheater als Sparte vertreten, um zu identifizieren, wie sich ihre Erfolgswahrnehmung für die Institution in der und für die sie arbeiten gestaltet und wie sich verschiedene Faktoren in diese Konstruktion einbringen. Frühere Forschung unter FestivalbesucherInnen hat gezeigt, dass die Wichtigkeit der Faktoren, welche die Wahrnehmung des Erfolges einer Kulturveranstaltung oder Kulturinstitution beeinflussen, sich je nach Besuchercharakteristika unterscheiden.949 Multikausalität und Multidimensionalität wird der Erfolgswahrnehmung zwar generell unterstellt, Studien untersuchen jedoch hauptsächlich monokausale Beziehungen einzelner Faktoren auf Erfolg bzw. Leistung. Das vorliegende Modell versucht, externe Faktoren wie die Reputation der Institution, der Peers und der Künstlerischen Direktion sowie Medienkritiken, Besucherzufriedenheit und -loyalität, die wirtschaftliche Situation der Institution, aber auch die Publikumsauslastung auf der einen Seite, und interne Faktoren wie Innovationsgrad, Programm und Repertoire, künstlerische Qualität, Mitarbeiterzufriedenheit, -kompensation und -karrieremöglichkeiten sowie Betriebsklima und wirtschaftliche Effizienz auf der anderen Seite, zu integrieren. Die erste Hypothese lautet: Hypothese 1: Die individuelle Wahrnehmung von Erfolg durch MitarbeiterInnen im Musiktheater ist ein multifaktorielles Konstrukt das sowohl interne als auch externe Faktoren berücksichtigt.
949
Vgl. Abfalter/Mirski (2005)
250
Abbildung 21:
7 Erfolgsfaktoren – Hypothesengenerierung
Einflussmodell auf die Wahrnehmung von Erfolg durch MitarbeiterInnen am Musiktheater
7.1 Externe Faktoren Externe Faktoren beeinflussen die Wahrnehmung des Erfolgs von außen. Sie sind zumeist Konstrukte davon, wie Außenstehende die Institution, deren Hauptakteure und künstlerische Produkte wahrnehmen. Zufriedenheit und Loyalität des Publikums werden in diesem Zusammenhang ebenso als externe Faktoren betrachtet, wie ökonomische Faktoren in Form von Auslastung oder der wirtschaftlichen Position der Institution. 7.1.1 Reputation & Prestige Nous ne sommes nous qu'aux yeux des autres et c'est à partir du regard des autres que nous nous assumons comme nousmêmes. (Wir sind wir nur in den Augen der anderen; und es ist ausgehend vom Blick der anderen, dass wir uns als wir selbst akzeptieren.) Jean-Paul Sartre, « L’être et le néant », 1943
7.1 Externe Faktoren
251
Reputation ist ein wichtiges Element in vielen Wirtschaftsbranchen: „An organisation's reputation precedes it and impacts on its ability to generate the funds required for its continued existence.”950 Im Bereich der Kunst wird die Bedeutung der Reputation um die künstlerisch-ästhetische Komponente erweitert. Begrifflich beschreiben der soziologische Begriff „Prestige“, der ökonomische Begriff „Reputation“ oder der marketingtechnische Begriff „Image“ die relative Stellung bzw. den Status einer Organisation.951 Verschiedene Stakeholdergruppen sind für die Konstruktion und Wahrnehmung von Prestige oder Reputation verantwortlich und üben einen meinungsbildenden und verhaltensbestimmenden Einfluss auf bestimmte Zielgruppen aus. KünstlerInnen und Kulturorganisationen leiten ihr Prestige von vergangenen Erfolgen ab, und ihr aktuelles Prestige beeinflusst wiederum den weiteren Verlauf ihrer Karriere. Die wachsende Bedeutung von Reputation geht unter anderem auf eine Verlagerung von einem Produktwettbewerb auf die Ebene eines Identitäts- und Reputationswettbewerbs, auf die Möglichkeit einer Vertrauensbeziehung in anonymisierten Massenmärkten, aber auch auf eine Erhöhung der Aufmerksamkeitsschwelle und des Differenzierungspotenzials bei KonsumentInnen zurück. Durch eine Verschiebung der Wertvorstellungen bezüglich einer „idealen“ Organisation wird der Beitrag von Image und Reputation zur Wertschöpfung einer Organisation erhöht. Reputation ist ein maßgebliches Kriterium zur Bewertung von Organisationen und Institutionen.952 Ein Prestige-Effekt ist in der Konsumentenökonomie als „Veblen-Effekt“ bekannt. KonsumentInnen fragen Güter mit bekannt hohem Preis nach, um sich ostentativ von ihrer Umgebung abzuheben. Steigt der Preis dieser Güter, erhöht sich auch Nachfrage, da sich die KonsumentInnen eine weitere Prestige-Steigerung versprechen: „Great is the sensuous beauty of gems, their rarity and price adds an expression of distinction to them, which they would never have if they were cheap.“953
Menschliches Handeln orientiert sich teleologisch an dem sichtbaren Erfolg und stellt einen „neidvollen Vergleich“ (invidious comparison) mit anderen Akteuren an. Der angestrebte Distinktionsgewinn motiviert das soziale Handeln.954 Wood/Rentschler (2003), S. 528 Vgl. Shenkar/Yuchtman-Yaar (1997), S. 1361 f.; aus soziologischer Sicht bezeichnet Reputation eine neutrale Stellung, während Prestige positiv konnotiert wird. Diese Unterscheidung wird in der vorliegenden Arbeit jedoch nicht weiter verfolgt. Von Bedeutung ist allerdings die Unterscheidung zwischen Image und Reputation: Während Image reflektiert, wofür ein Unternehmen steht, steht die „Reputation“ dafür, wie gut das Unternehmen auf dem Markt agiert hat. Beide können unabhängig voneinander variieren, so kann bspw. Rolex einen guten Ruf als Unternehmen haben, obwohl sein Luxusimage nicht für jeden erstrebenswert ist. Vgl. Weiss, et al. (1999), S. 75 952 Vgl. Buß (2007), S. 228 ff. 953 Veblen (1994 [1899]), S. 79 950 951
252
7 Erfolgsfaktoren – Hypothesengenerierung
Czellar verknüpft in seinem Modell der Antezendenzien subjektiver PrestigeBewertungen (vgl. Abbildung 22) die Konstrukte der Wahrnehmung einer objektiven Realität – wie einer herausragenden Leistung – und der Interpretation einer symbolischen Realität, die beide wiederum den Einfluss einer Referenzgruppe und dadurch das soziale Prestige einer Person, eines Objektes oder einer Institution beeinflussen. Alle drei Konstrukte kreieren das subjektive Prestigeurteil eines Individuums, welches durch dessen Persönlichkeitscharakteristika moderiert wird.955
Abbildung 22:
Antezedenzien subjektiver Prestige-Bewertungen Quelle: Czellar (2001), S. 13
Reputation und Prestige können Personen, Objekten, aber auch Kulturinstitutionen zugeschrieben werden. Eine wichtige Mediatorenrolle nimmt im Kulturbereich die Wahrnehmung über Medien, zumeist Medienkritiken, ein. 7.1.1.1 Institutionale Reputation Urrutiager zeigt, dass die Reputation eines Theaters üblicherweise als verlässlichstes Anzeichen für Qualität wahrgenommen wird.956 Eine Live-Aufführung trägt immer eine Art Risiko und Unvorhersehbarkeit für die BesucherInnen, die ihre Zeit und Geld auch für alternative Verwendungszwecke einsetzen hätten können. Wie die meisten Dienstleistungen sind auch Live-Aufführungen den Problemen der Heterogenität und Vergänglichkeit ausgesetzt. Dadurch können KonsumentInnen sich der
Vgl. Veblen (1994 [1899]), S. 10 Vgl. Czellar (2001), S. 3 ff. 956 Vgl. Urrutiaguer (2002), S. 199 954 955
7.1 Externe Faktoren
253
Qualität der angebotenen Dienstleistung nicht sicher sein.957 Jedes Mal, wenn sie an einer Aufführung teilnehmen, erleben sie angenehme oder unangenehme Überraschungen, anhand derer sie ihre zukünftigen Erwartungen anpassen werden. Reputation dient als Substitut für detaillierte Kenntnisse auf dem Markt, senkt dadurch Transaktionskosten und erleichtert somit „wirtschaftliches Handeln in einer „unsicheren“ Welt.958 Es gilt gemeinhin, dass es schwierig sei, Reputation aufzubauen, jedoch leicht, sie zu verlieren. Dazu kommt, dass die Aufregung einem/r berühmten KünstlerIn nahe zu sein, ein Nutzen von Live-Performances sein kann, der zusätzlichen Wert im Vergleich zum Anhören einer Musikaufnahme darstellen kann.959 Imagebilder sind der Lage, Reputations- und Distinktionsgewinne für KonsumentInnen zu generieren. Auch das Vertrauen aktueller und potenzieller GeschäftspartnerInnen wird angesichts der zunehmenden Notwendigkeit private Mittel zu akquirieren, durch institutionale Reputation gestärkt bzw. wird ein Investitionsrisiko reduziert. Die organisationale Reputation ist allerdings auch ein Indikator für die Fähigkeit eines Theaters, aufgrund seines Rufes talentierte bzw. „High-Potential“-KünstlerInnen – zu eventuell niedrigeren Löhnen – anziehen zu können. Die Reputation oder das Prestige einer Institution hat einen Einfluss auf Effektivität und Effizienz, aber auch auf die Moral, Motivation und Kommunikation und damit auch auf das Konfliktpotenzial des Personals.960 Das Prestige von KünstlerInnen und Institution ist zumeist stark miteinander verknüpft.961 „The career ladder is not so much a ladder as it is a sandpile, in which each actor’s attempts to reach the top change the shape of the climb.“962 Eine gute Reputation bewirkt für das Unternehmen 1) einen bevorzugten Status gegenüber Unternehmen mit ähnlicher Qualität oder ähnlichem Preis, 2) Unterstützung in turbulenteren Zeiten und 3) eine Erhöhung des Unternehmenswertes.963 In einer qualitativen Untersuchung Performing Arts Institutionen in Australien findet Radbourne zwei Haupteinflussfaktoren auf die organisationale Reputation: die Übernahme von Verantwortung für ein stabiles und kompetentes Management sowie die Führung mit einem innovativen, qualitativ hochwertigen künstlerischen Produkt. Tabelle 15 zeigt Indikatoren für die Reputation der Organisationen aus dieser Befragung.
Vgl. Abbé-Decarroux (1994), S. 100 Vgl. Vendelo (1998), S. 121 959 Vgl. Oakes (2003), S. 168 960 Vgl. Shenkar/Yuchtman-Yaar (1997), S. 1368 für eine Übersicht. 961 Vgl. De Nooy (2002), S. 148 962 Giuffre (1999), S. 815 963 Vgl. Greyser (1999), S. 178 957 958
254
7 Erfolgsfaktoren – Hypothesengenerierung
Reputation Source
Evidence for Reputation
Funding agencies
Ongoing funding Letters from Minister and government agencies Conversations with Minister for Arts Invitations to carry out service for government and manage funds
Sponsors
Ongoing sponsorship Increased number of sponsors Invitations to participate at sponsor/corporate events
Audiences/members
Statistics on attendance Feedback in surveys Repeat buyers Growth in membership
General public
Surveys Focus groups Letters to editor
Industry
Reviews Peer assessment Invitations to seminars, tours, festivals, boards Partnerships
Tabelle 15:
Quellen organisationaler Reputation Quelle: Radbourne (2003), S. 219
7.1.1.2 Persönliche Reputation der MitarbeiterInnen unter Peers Peers werden als der unterrichtete und aufmerksame Typ von Publikum für alle Organisationen betrachtet. Sie sind MeinungsbildnerInnen über Organisationen und Situationen und üben einen starken Einfluss auf die allgemeine Meinung über die Angemessenheit von (öffentlicher und unternehmerischer) Unterstützung aus. So zeigt eine Studie von Galaskiewicz und Wasserman, dass Unternehmen mit höherer Wahrscheinlichkeit Organisationen unterstützen, die bereits von ähnlichen Unternehmen unterstützt worden sind oder bei der lokalen philantrophischen Elite eine höhere Reputation aufwiesen.964 Trotz vorherrschender Skepsis, dass steigende Kundenzufriedenheit und Reputation bei Mitgliedern des Publikums sich positiv auf die künstlerische Reputation unter „sector peers“ auswirken können, fanden
964
Vgl. Galaskiewicz/Wasserman (1989), S. 454
7.1 Externe Faktoren
255
Gainer und Padanyi,965 dass sich nicht nur höhere Kundenorientierung und Kundenzufriedenheit positiv auf die Peer Reputation auswirken, sondern dass diese Zunahme an künstlerischer Reputation zudem ein Wachstum an verfügbaren Ressourcen bedingt. Das bedeutet, die Reputation von KünstlerInnen, Führungskräften oder Organisationen beeinflusst den Erfolg einer Institution, Ressourcen zu akquirieren. Dies bestätigt auch die Untersuchung des Evaluierungsverhaltens von Geldgebern durch Tassie, Murray und Cutt: Reputation stellt eine nicht-formale, hauptsächlich auf lokaler Ebene verwendete Evaluierungsdimension dar, welche die Meinung der als jeweils wichtig erachteten Gruppen mit einbezieht.966 Die Konstruktion und Wahrnehmung von Reputation ist also ein sozialer Prozess, der in Abhängigkeit von Referenzpersonen oder –gruppen geschieht.967 So basiert die individuelle Bewertung der wahrgenommenen Reputation der Institution seitens der MitarbeiterInnen (perceived external prestige) nicht nur auf der individuellen Evaluation des Status der Organisation, sondern auch auf der individuellen Bewertung des eigenen Status innerhalb der Organisation (perceived internal respect).968 Eine wichtige Variable in der persönlichen Nutzenfunktion von KünstlerInnen und KulturmanagerInnen ist daher die „peer group reputation“,969 die Anerkennung von Gleichgestellten und Gleichgesinnten. Peers verfügen über direktes Wissen und Einblicke über die Arbeit der Organisation. Daher ist es ein besonderes Merkmal von ästhetischen und ideologischen Branchen, dass die Mehrheit der Kreativen (creators) sich an sich selbst oder Peers orientieren.970 Wenngleich die Reputation der breiten Öffentlichkeit sicherlich eine wichtige Rolle spielt, kann Peer Reputation für manche wirtschaftlichen Transaktionen und deren strategische Planung von höherer Glaubwürdigkeit und Relevanz sein.971 Peer Reputation baut auf der Meinung jener Gruppen auf, welcher der/die Evaluierende für wichtig erachtet. Insbesondere bei Avantgarde-Kunst verzichten KünstlerInnen auf den öffentlichen Beifall zugunsten der Anerkennung durch Peers und „high-brow“-KritikerInnen.972 Für KünstlerInnen und andere MitarbeiterInnen am Theater wird Reputation vielfach als Substitut mangels formaler Qualifikation betrachtet und verwendet.973 Besonders im Kultursektor ist kontinuierliches On-the-Job-Training und das Gewinnen von Erfahrung von hoher Bedeutung bei der Karrierengestaltung. Vielfach Vgl. Gainer/Padanyi (2002) Vgl. Tassie, et al. (1996) 967 Vgl. Becker (1982); Tyler/Blader (2003) (group engagement model) 968 Vgl. Fuller, et al. (2006), S. 817 969 Vgl. Throsby (1994), S. 14; Cowen/Tabarrok (2000) 970 Vgl u. a. Hirschman (1983), S. 47 971 Vgl. Padanyi/Gainer (2003), S. 253 aufbauend auf Studien von Smith/Shen (1996); Tassie, et al. (1996) 972 Vgl. Cowen/Tabarrok (2000), S. 245; von Avant-Garde spricht man, wenn der öffentliche Geschmack stark vom Geschmack der Kritiker abweicht. 973 Vgl. Haunschild (2004) 965 966
256
7 Erfolgsfaktoren – Hypothesengenerierung
resultieren Lohnunterschiede aus Positionen die nach dem Erlangen formaler Qualifikation in der beruflichen oder ExpertInnen-Community erworben wurden.974 „[P]ublic exposure […], as well as accumulating a history of ‚interesting’ work relations and relevant projects or ‚hiring records’ […] help to establish a good reputation.“975
Auch aus beruflicher Sicht ist öffentliche Reputation nur ein Teil der individuellen Prestigewahrnehmung, ein anderer Teil ist die Reputation bei FachkollegInnen, die als fähig eingestuft werden, das persönliche künstlerische Können zu bewerten. Das „sich zur Schau stellen“ ist eine sehr persönliche Angelegenheit, welche die meisten Personen verletzlich und empfänglich für Feedback macht.976 7.1.1.3 Reputation der künstlerischen Direktion Ebenso wie die institutionale Reputation sind der Ruf der künstlerischen Direktion und des Ensembles von großer Bedeutung.977 Der/die künstlerische DirektorIn ist eine Schlüsselperson, die persönlich dafür steht, was in der Aufführung erwartet wird. Es wurde vorgeschlagen, dass künstlerische Direktoren in Deutschen Opernhäusern es sich sogar leisten können, den Geschmack des Publikums zu ignorieren, um Produktionen zu schaffen, die ihren fachlichen Ruf unter FachkollegInnen steigern.978 Häufig wird auch die Reputation von Organisationen mit Individuen assoziiert,979 da es oft schwierig ist, Leistungen Organisationen zuzuschreiben. So werden auch die großen Opernhäuser vielfach mit ihren IntendantInnen assoziiert. Die Bindung der künstlerischen MitarbeiterInnen zu IntendantInnen oder künstlerischen Führungskräften ist häufig stärker als die Bindung zur Organisation als Arbeitgeberin. 7.1.1.4 Medienkritik Reputation bei den Medien ist eine weitere Informationsquelle, die es TheaterbesucherInnen erlaubt, die künstlerische Qualität von Aufführungen zu antizipieren.980 Wo persönliche Netzwerke über wenig Expertise verfügen, gewinnen „weak ties“, Personen die in weniger enger persönlicher Beziehung zum Individuum stehen, an Vgl. Karhunen (1996) Vgl. Haunschild (2004), S. 692; siehe auch Menger (1999); Caves (2000) 976 Vgl. Armstrong/Armstrong (1996), S. 24 f. 977 Vgl. Abbé-Decarroux (1994); Urrutiaguer (2002) 978 Vgl. Krebs/Pommerehne (1995) 979 Vgl. Haunschild (2004), S. 692 980 Vgl. Urrutiaguer (2002), S. 194 ff. 974 975
7.1 Externe Faktoren
257
Bedeutung und werden MeinungsführerInnen relevant.981 Positive oder negative Medienresonanz wird vom Publikum als ex ante Indikator für Qualität und/oder Erfolg eines Spielplanes verwendet.982 Zu beachten gilt, dass nicht nur Institutionen, sondern auch die zur Produktion gewählten Stücke eine gewisse Reputation aufweisen, welche die Wahrnehmung einer Institution beeinflussen kann.983 Die vielfach postulierte negative Korrelation zwischen in Kritiken attestierter „aesthetischer Exzellenz“ als Expertenmeinung und dem breiten Publikumsgeschmack wurde kaum empirisch untersucht und noch seltener mit Daten unterstützt,984 sodass diese Korrelation nur mit Vorbehalt angenommen werden kann. Hypothese 1a: Je zufriedener ein/e MitarbeiterIn mit den reputationalen Faktoren bezüglich a) institutionale Reputation des Theaters bzw. Opernhauses, b) Peer Reputation, c) Reputation des künstlerischen Direktors und d) Medienkritik) ist, desto höher ist seine/ihre individuelle Erfolgswahrnehmung.
7.1.2 Publikum Das Stück war ein großer Erfolg. Nur das Publikum ist durchgefallen. Oscar Wilde (1854-1900), irischer Schriftsteller
Das Publikum ist die Kundenbasis eines Theaters und setzt sich aus jenen KundInnen zusammen, die für eine Aufführung bezahlen, ihr beiwohnen, und damit das unmittelbare Feedback in Form von Applaus und/oder negativen Reaktionen schaffen. Dadurch ist das Publikum integraler Bestandteil des kreativen Prozesses und des künstlerischen Erlebnisses. Die Kulturorganisation und ihre KundInnen stehen in einer ständigen Austauschbeziehung – während beispielsweise ein Theater Zeit, Geld und das Bekenntnis zu seiner „Mission“ einsetzt, um ein lohnendes Erlebnis zu bieten, investiert auch das Publikum Zeit, Geld und emotionales und soziales Commitment für die Kulturorganisation.985 Dieser Austausch sollte zum beiderseitigen Nutzen gestaltet sein. „If performer-audience interaction fuels exchange, we can assert that efficiency in the live performing arts relates to the extent to which the artist performs what he wants to perform, which is what the audience wants to hear, when and where they want it, at a mutually agreeable price.”986
Vgl. Goldenberg, et al. (2001); Clement, et al. (2006), S. 800 ff. Vgl. Abbé-Decarroux (1994), S. 106; Senior (2004) 983 Vgl. Becker (1982), S. 358 f.; Kotler/Scheff (1997), S. 67 984 Vgl. Holbrook, et al. (2006), S. 9 985 Vgl. Rentschler, et al. (2002), S. 124; Hill, et al. (2003), S. 37 ff. 986 Kushner (2003), S. 122 981 982
258
7 Erfolgsfaktoren – Hypothesengenerierung
7.1.2.1 Publikumszufriedenheit Die Bedeutung von Kundenzufriedenheit und -loyalität sind in der betriebswirtschaftlichen Literatur umfassend behandelt. So konnte beispielsweise ein starker positiver Zusammenhang zwischen Kundenzufriedenheit und Shareholder Value oder zwischen Kundenzufriedenheit bzw. -loyalität und Aktiengewinn bei niedrigem Risiko festgestellt werden.987 Das Konstrukt der Kundenzufriedenheit ist zwar sowohl für den Profit- als auch den Non-Profit-Bereich relevant, es wird jedoch von beiden Sektoren recht unterschiedlich verwendet, da die Lieferanten-Kundenbeziehung deutlich divergiert.988 So sind vorgeschlagene Kennzahlen zur Messung der Publikumszufriedenheit die Veränderung der Zufriedenheitsniveaus über beispielsweise die vergangenen fünf Jahre oder das Zufriedenheitsniveau im Vergleich zu ähnlichen Organisationen.989 Publikumszufriedenheit ist der Schlüssel für nachhaltige Beziehungen mit der Kundenbasis und kann ein Ansatzpunkt für die Rechtfertigung öffentlicher Mittel zur Unterstützung einer Kulturinstitution sein. Aus Marketingsicht ist das Publikum ein Schlüssel-Stakeholder. Dazu kommt, dass Besucherentwicklung in der Regel auch ein Schlüsselelement des kulturpolitischen Mandats und Auftrags sein sollte. So sind Besucherraten, Auslastungen, Abonnementzahlen oder die Zahl der Mitglieder in Freundeskreisen beliebte Kennzahlen zu Publikumsentwicklung.990 7.1.2.2 Publikumsloyalität Kundenloyalität ist ein „feeling of attachment to or affection for a company’s people, products or services“.991 Vor allem im Dienstleistungsbereich spielt hierbei die Unterscheidung zwischen zufriedenen und vollkommen zufriedenen Kunden eine vitale Rolle. Im Bereich des Theaters, wo die “switching costs”, also die Kosten, den Anbieter einer Dienstleistung zu wechseln, als hoch empfunden werden, insbesondere wenn Saisonkarten bzw. Abonnements involviert sind, bestehen große Potenziale für ein effizientes Beziehungsmanagement.992 Ein loyales Publikum ist Ausdruck von Zufriedenheit früherer BesucherInnen mit dem Erlebten. Loyale BesucherInnen, vielfach definiert als AbonnentInnen, sind hochqualitative KundInnen und der kosteneffizienteste Weg, Eintrittskarten zu 987 Vgl. Anderson, et al. (2004) für den Zusammenhang zwischen Kundenzufriedenheit und Shareholder Value (gemessen an Tobin’s Q); für den Zusammenhang zwischen Kundenzufriedenheit bzw. -loyalität und Aktiengewinn vgl. Fornell, et al. (2006). 988 Vgl. Bolton (2003), S. 21 989 Vgl. Gainer/Padanyi (2005) 990 Vgl. Kotler/Scheff (1997); Rentschler, et al. (2002), S. 119 991 Jones/Sasser Jr. (1995), S. 94 992 Vgl. De Ruyter, et al. (1998), S. 448
7.1 Externe Faktoren
259
verkaufen. Eine enge Beziehung zwischen beiden Partnern, die auf gegenseitigem Vertrauen und Commitment beruht, ist das Ziel.993 Während der Verkauf zusätzlicher Abonnements vielleicht die einfachste Lösung der finanziellen Probleme von Theaterhäusern wäre, sind Abonnements nicht, was viele Besuchergruppen wünschen.994 Zudem hängt öffentliche Unterstützung vielfach von der Gewährleistung einer breiten Besucherbasis ab. Dennoch gilt die Faustregel der Marketingpraxis, dass die Kosten der Akquise eines neuen Kunden ungefähr fünfmal so hoch sind wie die Kosten zur Pflege eines bestehenden Kunden durch Beziehungsmarketing. Die Entwicklung langfristiger Kundenloyalität bedeutet, dass das Risiko für einen möglichen Ticketkäufer oder Wiederholungskäufer durch Anreize und Preisvergünstigungen minimiert werden muss.995 Ein positiver Effekt von Loyalitätsprogrammen – insbesondere in Form von Bonussystemen – auf die tatsächliche Kundenloyalität wurde in Studien nicht immer bestätigt. So wurde vorgeschlagen, dass die glaubwürdige Möglichkeit, Beschwerden anzubringen, in Form von Zugänglichkeit (approachability), Reaktionsfreudigkeit (responsiveness) und Commitment sowie direktem Kontakt mit dem Unternehmen die Kundenloyalität erhöhen kann. Aktuellere Ansätze beschäftigen sich mit dem Involvierungsgrad – beispielsweise in Communities wie Freundeskreisen – und der Identifikation mit der Organisation.996 Niedriger Involvierungsgrad
Hoher Involvierungsgrad
Hoher Wissensstand
Wache Öffentlichkeit (aware publics)
Aktive Öffentlichkeit (active publics)
Niedriger Wissensstand
Inaktive Öffentlichkeit (inactive publics)
Wache Öffentlichkeit (aroused publics)
Kein Wissen / keine Involvierung Tabelle 16:
NichtÖffentlichkeit (non-publics)
BesucherInnen nach Wissensstand und Involvierungsgrad Quelle: nach Hallahan (2000), S. 504
Vgl. Johnson/Garbarino (2001); Rentschler, et al. (2002); Hayes (2003) Vgl. Rentschler, et al. (2002), S. 128; dies gilt in Hinblick auf die gewünschte Spontaneität und Flexibilität seitens bestimmter Zielgruppen. 995 Vgl. Rentschler, et al. (2002), S. 125 f. 996 Für einen Überblick vgl. Divett, et al. (2003), S. 109 f.; Rosenbaum, et al. (2005), S. 222 f. 993 994
260
7 Erfolgsfaktoren – Hypothesengenerierung
Hallahan klassifiziert Publika – und damit auch „die Öffentlichkeit“ – nach ihrem Wissensstand und Involvierungsgrad in fünf Öffentlichkeiten (siehe Tabelle 16). Inaktive Publika (inactive publics) wissen beispielsweise wenig über Theater und zeigen wenig Beteiligung an der Organisation, solange sie nicht „aktiviert“ werden. Auch wache Publika (aroused publics) verfügen über einen geringen Wissenstand, haben jedoch durch persönliche Erfahrung, Medienberichte oder andere Beziehungen ein Problem erkannt, mit dem sie sich identifizieren. Aufmerksame Publika (aware publics) beinhalten häufig MeinungsbildnerInnen und andere Stakeholder mit hohem Wissensstand über die Organisation, jedoch ohne ein persönliches Interesse an einem Thema oder Problem. Schließlich vereinen aktive Publika (active publics) einen hohen Wissensstand und Involvierungsgrad, während die „Nicht-Öffentlichkeit“ über keinen von beiden verfügt.997 Insbesondere inaktive Publika stellen einerseits eine zahlenmäßig bedeutsame Gruppe dar, die andererseits das Ziel zahlreicher kulturpolitischer Ambitionen darstellen. Auf der anderen Seite, stellt der Wissensstand gerade in einem Bereich wie Oper ein gestaltendes Element des Theatererlebnisses und damit auch eine „Eintrittsbarriere“ dar.998 Die unterschiedliche Stärke von Kundenbeziehungen kann durch eine Operationalisierung als EinzelticketkäuferInnen, AbonnentInnen oder auch Mitglied eines Freundeskreises nach außen und dadurch auch für die MitarbeiterInnen sichtbar gemacht werden. Radbourne beschreibt in ihrer „Loyalitätsleiter“ (siehe Abbildung 23) die Entwicklungsmöglichkeiten einer Kundenbeziehung von potenziellen KundInnen (prospects) hin zu Mitgliedern und Mäzenen bis zu „Advokaten“ des Theaters. Aus strategischer Sicht erfordert dies den Übergang von einem transaktionalen Marketing hin zu einem Loyalitätsmarketing.999 Als zentrale Stakeholdergruppe bzw. als Empfänger der dargebotenen Leistung werden die Zufriedenheit und die Loyalität des Publikums als Indikatoren für die Erfolgswahrnehmung postuliert. Hypothese 1b: Je zufriedener ein/e MitarbeiterIn mit der wahrgenommenen Zufriedenheit des Publikums und dessen Loyalität ist, desto höher ist seine/ihre individuelle Erfolgswahrnehmung.
997 Vgl. Hallahan (2000), S. 504 ff.; das fehlende Interesse inaktiver Publika wird auf das Fehlen einer Problemerkenntnis oder die Überzeugung, dass entweder andere sich um das Problem kümmern werden oder ohnehin nichts geändert werden könne, zurückgeführt. 998 Vgl. Kotler/Scheff (1997), S. 195 999 Vgl. Radbourne (1999)
7.1 Externe Faktoren
Abbildung 23:
261
Die Loyalitäts-Leiter (loyalty ladder) Quelle: Radbourne (1999)
7.1.3 Ökonomische Faktoren Kennzahlen, welche Auskunft über die wirtschaftliche Leistung eines Unternehmens geben, gehören zu den „klassischen“ Informationen, die zur Erfolgsbewertung herangezogen werden. 7.1.3.1 Wirtschaftliche Situation der Institution Finanzielle Maßzahlen für Erfolg können in diesem Kontext in die Irre führen, da sie manchmal ein stärkeres Indiz für politischen Erfolg in den Spendermärkten denn für Erfolg darstellen können.1000 Dennoch ist ein ausgeglichenes Budget von großer Wichtigkeit für die Führungskräfte und Stakeholder eines Theaters. Wirtschaftliches Well-being verbessert auch das Betriebsklima und die Möglichkeit, künstlerische Visionen und Ziele zu unterstützen. 1000
Vgl. Gainer/Padanyi (2005)
262
7 Erfolgsfaktoren – Hypothesengenerierung
7.1.3.2 Auslastung Die Auslastung von Theatern in Österreich und Deutschland wird zwar in offiziellen Statistiken abgebildet, dennoch ist es allgemein üblich, Freikarten für wichtige Stakeholder in die Auslastungszahlen zu integrieren. Daher kann diese Kennzahl nicht exakt mit der Zahl verkaufter Tickets gleichgesetzt werden. Auch in früheren Studien wurden Besucherzahlen als nicht unbedingt verlässliche Kennzahlen klassifiziert.1001 Dennoch bleiben Besucherzahlen einer Aufführung auch ein wichtiger Faktor für das Erlebnis der Besucher und die Wahrnehmung von Erfolg. Es gilt jedoch jedenfalls zu beachten, dass hohe Besucherzahlen keinen zwingenden Indikator für eine positive Bewertung durch das Publikum darstellen.1002 Hypothese 1c: Je zufriedener ein/e MitarbeiterIn mit der wirtschaftlichen Situation und der Auslastung des Theaters ist, desto höher ist seine/ihre individuelle Erfolgswahrnehmung.
7.2 Interne Faktoren Interne Faktoren beeinflussen die Erfolgswahrnehmung innerhalb des Theaters. Diese Faktoren sind hauptsächlich Konstrukte davon, wie die Mitarbeiter am Theater das künstlerische Produkt, ihre Arbeitsbedingungen und die Organisation als Ganzes wahrnehmen. Throsby fordert: „attention to quality must be of prime importance to a theatre company aiming to increase its audience size, regardless of any commitment to quality in its own right that the company might have as a component of its own utility.”1003
7.2.1 Das künstlerische Produkt Die wichtigste Loyalität des Künstlers ist jene gegenüber der Qualität. Jean-Louis Barrault (1910-1994), französischer Schauspieler
Qualität ist eines der wichtigsten Charakteristika eines Produktes oder einer Dienstleistung, wenn es um die Bestimmung der Nachfrage geht. Dies gilt a forteriori für Kunst, da die künstlerische Qualität vielfach die wichtigste, wenn nicht der einzige Grund ist, sie zu konsumieren. Die Qualität von Kunst zu quantifizieren ist allerdings Vgl. u. a. Felton (1992), S. 4 Vgl. Shrum (1991), S. 372 1003 Throsby (1990), S. 81 1001 1002
7.2 Interne Faktoren
263
schwierig. „Kultur ist der Zustand, welcher Versuche, ihn zu messen, ausschließt. Die gemessene Kultur ist bereits etwas ganz anderes, ein Inbegriff von Reizen und Informationen, dem Kulturbegriff selbst inkompatibel.“1004 Eine vertikale Differenzierung nach objektiven Charakteristiken welche von Konsumenten als nützlich erachtet werden – wie beispielsweise geringe Größe oder Gewicht bei Mobiltelephonen – ist bei Kunstwerken kaum möglich, die Größe eines Bildes trifft keine Aussage über seine Qualität. Kunstwerke sind daher eher horizontal differenziert, d.h. ausstattungstechnisch gleichwertige Varianten für verschiedene Kundenschichten. Dennoch bemerkte Throsby bereits 1983, dass „[…] if we are to progress, some way must be found to define this variable in an operational fashion.” 1005 Was die Bewertung künstlerischer Qualität betrifft, gibt es wenig Konsens. Während PhilosophInnen meinen, dass Qualitätsbewertungen SpezialistInnen überlassen werden sollten, die über die notwendige Erfahrung und Expertise verfügen, sehen WirtschaftstheoretikerInnen die KundInnen als entscheidende Stakeholder.1006 Nach Kaufman kann eine aristotelische Begründung für die Existenz von Objektivität in der Evaluation von Kunstwerken herangezogen werden.1007 „Generalistische“ Ansätze der ästhetischen Evaluierung gehen davon aus, dass „Property P makes artwork A better insofar as A has P.”1008 Beardsley beschreibt ein Kunstwerk in dem Ausmaß als gut, in dem es die richtige Form ästhetischer Erfahrung produziert. Drei grundlegende Eigenschaften eines Kunstwerkes, Einheit (unity), Komplexität (complexity) und Intensität (intensity of human regional qualities), haben die Wirksamkeit, diese richtige ästhetische Erfahrung zu schaffen, und sind auf alle Kunstrichtungen anwendbar.1009 Bezogen auf ein musikalisches Werk bezeichnet „Einheit“ die Vollständigkeit des Werkes und Kohärenz seiner einzelnen Teile. „Komplexität“ bezieht sich auf die Anzahl der verschiedenen Teile und Unterschiede zwischen diesen, die im ästhetischen Objekt gefunden werden können. Die „Intensität“ bezeichnet eine starke Präsenz expressiver Elemente in der Musik. Kritik an dieser Sichtweise liegt hauptsächlich darin begründet, dass genau diese Eigenschaften bereits Adorno (1967), S. 101 Throsby (1983), S. 163 1006 Vgl. Ginsburgh/Weyers (1999), S. 269 f. 1007 Vgl. Kaufman (2002), S. 152; Aristoteles sieht den Wert jedes Dinges darin begründet, dass es die ihm zugeschriebene Funktion (Telos) gut erfüllt. Ein Hammer würde demnach dann als gut beurteilt, wenn er die Funktion des Nägel Einschlagens gut erfüllt. Diese funktionsorientierte Objektivität bringt eine entsprechende Objektivität von „Wert“ oder „Qualität“ mit sich. So wird der Geruch den Wert eines „guten“ Hammers nicht beeinflussen. Bei einem Kunstwerk würde sich die Frage stellen, was der Zweck oder die Funktion des Kunstwerks sei. Während über die Funktion eines Hammers oder eines Stuhles im Allgemeinen Einigkeit herrscht, wird dies im Falle der Kunst schwierig. Auch die anschließende Frage, wie gut der identifizierte Zweck erfüllt wird, stellt eine Qualitätsbeurteilung vor neue Schwierigkeiten. 1008 Richards (2004), S. 263 1009 Vgl. Beardsley (1982), S. 211 zit. n. Richards (2004), S. 263; Beardsley wird auch als einer der wichtigsten Vertreter des traditionellen Essentialismus betrachtet. 1004 1005
264
7 Erfolgsfaktoren – Hypothesengenerierung
nicht den Anspruch auf Allgemeingültigkeit erfüllen und sich teilweise nur schwer auf moderne Musik anwenden lassen. Zudem werden andere Eigenschaften wie Originalität oder die Erfüllung der Intention der KomponistInnen nicht beachtet.1010 „In discussions of value-adding characteristics in musical works one finds words like elegance, conciseness, economy of means, consistency of style, informational content, clarity of intent, and unity in variety, with little attention to what combination of criteria might constitute a complete set for evaluation.”1011
Beardsley vertrat die Sicht eines „ästhetischen Monismus”, der die perzeptiven (sinnlich-wahrnehmbaren) Eigenschaften eines Kunstwerkes, welche das ästhetische Erlebnis fördern, betont.1012 Dabei ist die ästhetische Erfahrung die Basis für die Definition eines ästhetischen Wertes. Sie „(1) allows one's mental states to be controlled by the qualities and relations presented by the art object; (2) feels a release from prior concerns and a sense of harmony with what is presented; (3) feels the power of the emotions projected by the object while retaining an ability to rise above them; (4) experiences an exhilaration from the cognitive act of making conflicting stimuli cohere and finding connections between percepts; and (5) has a sense of integrated wholeness and a sense of coherence in the diverse mental acts and events constituting the experience.“1013
7.2.1.1 Künstlerische Qualität Je näher man an das „ernste“ Ende der Kunstskala kommt, desto wichtiger werden ästhetische Qualitätsmerkmale. „Performance Excellence” ist das primäre Ziel eines Opernhauses. Erfolg wird in diesem Sinne an künstlerischer bzw. ästhetischer Qualität gemessen, die sich wiederum nicht an wirtschaftlichen Kennzahlen festmachen lässt: „The most important factor to the success or failure of an artistic product is its quality. […] Cutting corners in a way that adversely affects the artistic quality of an organization is the sure road to failure.”1014
Dennoch wird beispielsweise Reputation nicht in erster Linie durch die künstlerische Leistung definiert.1015 Wenngleich die Wahrnehmung der Nutzen einer Aufführung
Vgl. Child Jr. (2000), S. 51 ff. Child Jr. (2000), S. 49 1012 Vgl. Beardsley (1981 [1958]) zit. n. Child Jr. (2000), S. 49 1013 Beardsley (1982) zit. n.. Child Jr. (2000), S. 50 f. 1014 Kotler/Scheff (1997), S. 532 1010 1011
7.2 Interne Faktoren
265
subjektiv ist, können übereinstimmende Bewertungen einer ausreichend großen Personenzahl zur Klassifizierung der Qualität eines Repertoires herangezogen werden.1016 Es wäre auch ein Fehler, ästhetisches Verständnis mit künstlerischem Verständnis gleichzusetzen.1017 Hoegl argumentiert, dass aus einer Kulturentwicklungsperspektive eine schlechte Musiktheaterproduktion schlimmer ist als überhaupt keine Produktion.1018 Die große und scheinbar unüberwindbare Schwierigkeit bei der Bewertung künstlerischer Erzeugnisse ist die subjektive Natur ihrer Wahrnehmung, die einen Anspruch auf absolute Objektivität nicht zulässt: „Künstlerische Interpretationen sind als subjektive Deutungen der Realität per definitionem nicht intersubjektiv überprüfbar.”1019 Boerner zeigt die Interaktion zwischen objektiven und subjektiven Aspekten von der Komposition eines Musiktheaterwerkes bis zu seiner Wahrnehmung durch das Publikum (siehe Abbildung 24). Mehrere Aspekte künstlerischer Qualität werden als objektiv messbar oder zumindest vergleichbar angesehen, so wie die Stimme von SängerInnen oder technische Aspekte des Spielens eines Instruments. Im Gegensatz zum künstlerischen Ausdruck lassen sich das Instrument, das Werkzeug Stimme beispielsweise in Gesangswettbewerben jedenfalls vergleichen. Qualitätsmerkmale scheinen auch einen deutlich höheren Einfluss auf die Besucherzahlen aufzuweisen als beispielsweise das Preisniveau der Eintrittskarten. Eine umstrittene Sichtweise vertritt, dass KonsumentInnen von Populärmusik Unterschiede in der musikalischen Qualität ihrer Idole nicht erkennen können, während das Publikum klassischer Musik zumeist als gebildet und qualitätsfokussiert betrachtet wird.1020 In einer Untersuchung des Superstar-Effekts in der USamerikanischen Plattenindustrie, verwendet Hamlen das Konzept des „harmonischen Gehalts der Stimme“ (harmonic content of voice) aus der technischen Stimmliteratur, welches die Bereiche Tiefe (depth) und den vollen Klang (richness) der Stimme misst und vergleicht. Allerdings findet Hamlen, obgleich ein positiver Zusammenhang zwischen Talent und Plattenverkäufen besteht, keinen Vergrößerungseffekt (magnification effect), d.h. die Belohnung für Talent ist nicht proportional zu den Talentunterschieden.1021 Während Hamlen’s Studie im Bereich der Unterhaltungsmusik verschiedene Variablen außer Acht lässt,1022 sind diese Faktoren für die klassische Musik sicher von Bedeutung. 1015 Vgl. Radbourne (2003), S. 221; durch den Einsatz von Stars oder opulente Inszenierungen kann zumindest die Qualitätswahrnehmung des Publikums beeinflusst werden: „A creative good’s quality in the eyes of consumers can be increased by enlarging the fixed cost expended on it.“, Caves (2003), S. 80 1016 Vgl. Throsby (1990), S. 70 1017 Vgl. Strati (2000), S. 17 1018 Vgl. Hoegl (1995), S. 24 1019 Boerner (2002), S. 243 1020 Vgl. Hamlen (1991), S. 732 1021 Vgl. Hamlen (1991), S. 731, (1994) 1022 Vgl. Schulze (2003), S. 434
266
Abbildung 24:
7 Erfolgsfaktoren – Hypothesengenerierung
Subjektive und objektive Aspekte künstlerischer Qualität in einer Opernkompanie Quelle: Boerner (2004), S. 432
Verschiedene Studien beschäftigen sich mit der Objektivierbarkeit gesanglicher Qualitäten, mit besonderem Fokus auf dem Vibrato als Qualitätsmerkmal ausgebildeter SängerInnen.1023 Viele WissenschafterInnen stellen jedoch die Beurteilbarkeit 1023 Vgl. Hamlen (1994); Ekholm, et al. (1998) sowie Howes, et al. (2004): „[A] comparison of the acoustic measurements with the preference and emotion judgments suggest that some elements of vibrato may affect listeners’ perception of the voice, their preference for a particular singer, and assist the communication of emotion between singer and audience.”
7.2 Interne Faktoren
267
ästhetischer Qualität bzw. die Objektivierbarkeit derartiger Beurteilungen in Frage.1024 Die Qualität von Kunst sei rein subjektiver Natur, über Geschmack ließe sich bekanntlich nicht streiten. „[O]ne does not argue over tastes for the same reason one does not argue over the Rocky Mountains – both are there, will be there the next year, too, and are the same to all men.”1025
Daher dienen in den meisten Fällen Expertenmeinungen durch Kritiken in den Medien oder die Verleihung von Preisen ebenso wie Publikumsresonanz als messbares Indiz für künstlerische Qualität. 7.2.1.2 Vielfalt und Innovation im Programmangebot Mäzene, Fördertöpfe und Publikum können durch die Reputation einer Kulturinstitution angezogen werden, und/oder durch den spezifischen Inhalt respektive das Programm, das die Institution anbietet. Programmatische Entscheidungen drehen sich üblicherweise um die Dichotomie von Innovation versus Konformität, da das Repertoire speziell im Musiktheater kein sehr breites Spektrum umfasst.1026 Zur Beurteilung des künstlerischen Profils einer Musiktheaterinstitution können die Kriterien Vielfalt und Innovationsgrad herangezogen werden. Dabei werden Werke abseits des Mainstreams bzw. des Standard-Repertoires als innovativ betrachtet.1027 Boerner führt das Konzept der Aufführungsqualität und der Profil-Qualität ein, wobei Profil-Qualität sich auf die Auswahl und Zusammenstellung der aufgeführten Werke befasst und die Aufführungsqualität mit der Interpretation dieser Auswahl. Spezialisierung, Originalität oder Modernität können Diversifizierungsansätze für ein Opernhaus darstellen.1028 Die Literatur über Diversität und Innovation im Repertoire von Theaterbetrieben ist sehr vielfältig und nimmt ihren Ausgangspunkt häufig in der Annahme, dass der Kultursektor unter einem Innovationsdefizit leide und Kulturorganisationen kommerzielle, risikofreie Produktionen innovativeren Produktionen vorzögen.1029
Vgl. Kaufman (2002), S. 151 f.; für einen Überblick vgl. Boerner (2002), S. 49 Stigler/Becker (1977), S. 76; ein vielzitiertes Beispiel ist „Carmen“ von Georges Bizet. Heute eine der meistgespielten und wohl bekanntesten Opern weltweit, fiel Carmen bei der Premiere am 3. März 1875 in der Pariser Opéra-comique durch. Bizet, der wenige Monate darauf verstarb, hat nie erfahren, dass er durch dieses Werk Unsterblichkeit erlangt hat. 1026 Vgl. Hoegl (1995); Heilbrun (2001) 1027 Vgl. Boerner (2002), S. 50 1028 Vgl. Boerner (2004), S. 427 1029 Vgl. Heilbrun (2001) 1024 1025
268
7 Erfolgsfaktoren – Hypothesengenerierung
Castañer und Campos beschreiben den fehlenden Konsens über das Phänomen künstlerischer Innovation wie folgt: „Some authors use the term innovation (…), others refer to repertoire standardization (…) and diversity (…), while a third group addresses issues of conformity (…) and conventionality (…).“1030
Verschiedene Studien versuchen, quantitative und objektive Maßzahlen für Konformität und Konventionalität zu beschreiben, indem sie die Repertoires verschiedener Theater miteinander vergleichen.1031 So wird die Konzentration des Repertoires durch den Herfindahl Index berechnet, welcher den Prozentsatz jeder Opernproduktion am Gesamtrepertoire misst. Als Messgröße zur Operationalisierung der Diversität eines Repertoires gilt weithin der Konformitätsindex von DiMaggio und Stenberg. Dieser Index basiert auf einer Aggregation der Aufführungen einer Produktion in allen Theatern in Relation zur Gesamtzahl der an einem spezifischen Theater aufgeführten Produktionen.1032 DiMaggio und Stenberg fanden in ihrer Untersuchung von Theatern in den USA eine Beziehung zwischen umweltbezogenen und organisationalen Faktoren und Innovation. Dabei war Innovation positiv korreliert mit Zugang zu potenziellen Spendern mit hohem kulturellen Kapital, während Abhängigkeit vom Markt mit einer größeren Konformität des Repertoires einhergeht. Theater mit kleineren Budgets, geringeren Sitzkapazitäten und weniger Bedarf an eigenem Einkommen sind weniger konformistisch in ihren Programmen als große Theater.1033 Ein Fokus auf innovativen Arbeiten kann als Ausdruck einer Produktorientierung einer Kulturinstitution interpretiert werden,1034 die, aus einer strategischen Perspektive, mit anderen Zielen als dem künstlerischen konfligieren kann. Hypothese 1d: Je zufriedener ein/e MitarbeiterIn mit der wahrgenommenen Qualität bezüglich der Produktionen, Programm/Spielplan und dem Innovationsgrad ist, desto höher ist seine/ihre individuelle Erfolgswahrnehmung.
Castañer/Campos (2002), S. 30 Vgl. u. a. Studien aus den USA von Castañer/Campos (2002); DiMaggio/Stenberg (1985); Heilbrun (2001); Pierce (2000) aber auch eine Studie deutscher öffentlicher Theater von Neligan (2006) 1032 Vgl. DiMaggio/Stenberg (1985); eine umfassende Erklärung findet sich in Neligan (2003); Die Daten werden idR den Jahresspielplänen entnommen. 1033 Vgl. DiMaggio/Stenberg (1985) 1034 Vgl. Voss/Voss (2000b), S. 65 1030 1031
7.2 Interne Faktoren
269
7.2.2 MitarbeiterInnen Das Humankapital einer Kulturorganisation ist ihre wichtigste Ressource. MitarbeiterInnen werden als Schlüssel-Stakeholder betrachtet, da sie eine entscheidende Rolle bei der künstlerischen Produkterstellung spielen. Die Zufriedenheit der MitarbeiterInnen korreliert stark mit verschiedenen Faktoren, wie Karrieremöglichkeiten, Betriebsklima oder intrinsischer und extrinsischer Motivation. Dabei sind künstlerische Karrieren und Prestige dynamisch und untrennbar miteinander verknüpft – die Karriere von KünstlerInnen hängt vom Prestige der Institutionen, die sie engagieren bzw. engagiert haben ab, ebenso wie das Prestige der Institution von den KünstlerInnen geprägt wird.1035
Abbildung 25:
Einflussfaktoren auf Mitarbeitermotivation und -leistung Quelle: Van Herpen, et al. (2005), S. 306
Van Herpen, Van Praag und Cools beschreiben die verschiedenen Einflussfaktoren auf die Mitarbeitermotivation und -leistung (siehe Abbildung 25). Das Kompensationssystem in Form von Karrieremöglichkeiten und monetärer Entlohnung basiert auf den Kriterien Transparenz, Überprüfbarkeit und Fairness und erfolgt über die Leistungsmessung und -evaluierung. Dieses beeinflusst wiederum die intrinsische und extrinsische Motivation gemessen an den Indikatoren Arbeitsplatzzufriedenheit, Absicht, den Arbeitsplatz zu wechseln und Krankenstände.1036
1035 1036
Vgl. De Nooy (2002), S. 147 Vgl. Van Herpen, et al. (2005), S. 305 ff.
270
7 Erfolgsfaktoren – Hypothesengenerierung
Insbesondere Karrieremöglichkeiten und monetäre Kompensation werden also als grundlegende Faktoren der Mitarbeiterzufriedenheit im Musiktheater betrachtet. 7.2.2.1 Karrieremöglichkeiten für MitarbeiterInnen Im Gegensatz zu monetären Anreizen haben Karrierechancen einen positiven Effekt auf die intrinsische Motivation von MitarbeiterInnen.1037 Quantitative und qualitative Untersuchungen deuten darauf hin, dass die künstlerische Entwicklung durch individuelle Merkmale, psychosoziale Faktoren, gewisse Erfahrungen, Phasen sowie das Erlernen spezifischer Fähigkeiten für das fachliche Weiterkommen geprägt werden.1038 Die Fähigkeit, ein Netzwerk bedeutender Beziehungen aufzubauen und zu erweitern, gehört ebenfalls dazu. Nach Sirota, Mischkind und Melzer verfolgen MitarbeiterInnen drei Ziele, die wertvoll für die Beibehaltung von Motivation und Enthusiasmus sind: a) respektiert und in Bezug auf Gehalt, Vergünstigung und Arbeitsplatzsicherheit fair behandelt zu werden (equity); b), Stolz auf den Arbeitsplatz, Geleistetes und die Arbeitgebenden (achievement) sowie c) gute und produktive Beziehungen mit KollegInnen (camaraderie).1039 Die hohe Mobilität im Bereich der Darstellenden Kunst wird durch das Ziel einer Statuserhöhung (status enhancement) motiviert. Je höher das Prestige einer Kulturorganisation, desto höher ist auch die Attraktivität als ArbeitgeberIn. In diesem Sinne ist die positive Bewertung der Institution durch KünstlerInnen und MitarbeiterInnen ein Indiz für einen positiven wahrgenommenen Erfolg der Organisation. Das Ziel, seinen Status zumindest zu erhalten (status preservation) bei gleichzeitiger Erfordernis an verschiedenen Häusern und möglichst international Karriere zu machen, führt zu einer Art MitarbeiterInnen-Austausch zwischen Organisationen mit ähnlichem Prestige.1040 So kann trotz verhältnismäßig hoher Fluktuation ab einem gewissen Prestigeniveau im Kunstbereich von einer gewissen Beschäftigungssicherheit ausgegangen werden. 7.2.2.2 Monetäre Kompensation Trotz vorrangiger Bedeutung intrinsischer Motivation sind auch extrinsische Motivatoren wie die monetäre Kompensation in Form von Gehalt, zusätzlichen Bezügen etc. kritisch, da sie organisationales Commitment sehr wohl verringern können, wenn sie als deutlich niedriger als im gewinnorientierten Sektor wahrgenommen Vgl. Van Herpen, et al. (2005), S. 325 Vgl. Sandgren (2003), S. 453 1039 Vgl. Sirota, et al. (2006), S. 3 1040 Vgl. De Nooy (2002), S. 165 mit einer Studie aus dem Literatur-Bereich. 1037 1038
7.2 Interne Faktoren
271
werden.1041 Dabei reagieren Arbeitende im Bereich der Kunst in Abhängigkeit mit ihrem Commitment und dem Gefühl „etwas Wertvolles beizutragen“ weniger sensitiv auf finanzielle Rahmenbedingungen als in anderen Arbeitsbereichen.1042 So können MitarbeiterInnen von Kultur- oder Non-Profit-Organisationen Kompensationen akzeptieren, die unter dem Marktwert liegen, weil sie an das Unternehmen bzw. den Auftrag (Mission) des Unternehmens glauben. Eine der Stärken des Sektors liegt in dieser Begeisterung seiner Arbeitskräfte und dem reputationalen Gewinn durch eine Anstellung. Allerdings liegt hierin auch die Gefahr verborgen, dass diese Personen sich in das Unternehmen einbringen und ihre Vorstellungen verwirklichen wollen – unter Umständen ein Motor für die (Zer-)Streuung organisationaler Energie.1043 Hypothese 1e: Je zufriedener ein/e MitarbeiterIn mit den Faktoren ist, die seine/ihre Karrierechancen und Kompensation gestalten, desto höher ist seine/ihre individuelle Wahrnehmung von Erfolg.
7.2.3 Organisation Schließlich können Organisationskultur und Betriebsklima sowie die Effizienz einer Organisation als Indikatoren für die Wahrnehmung einer erfolgreichen Organisation herangezogen werden. 7.2.3.1 Organisationskultur und Betriebsklima Ein gängiges Bild des Theaters ist jenes einer „großen Familie” und damit einer Organisation, die in der Lage ist, betriebliches Well-Being für ihre MitarbeiterInnen zu schaffen. Während in den meisten Betrieben eine niedrige Mitarbeiterfluktuation als gutes Zeichen für das Betriebsklima angesehen wird, trifft dies zumindest auf den künstlerischen Bereich im Theater nicht zu. Hier wird Mobilität von Arbeitskräften als essenziell für die Karriere erachtet. Die Fähigkeit, ein gutes Betriebsklima zu schaffen, kann also als Zeichen für einen Führungserfolg in einem instabilen Umfeld, wie dem Theater, gewertet werden. Der Zusammenhang zwischen transformationaler Führung, Stimmung der Gruppenmitglieder in Gruppen mit zeitlich höherer Stabilität und Erfolg einer Arbeitsgruppe wurde von Boerner und von Streit in deutschen Symphonieorchestern untersucht. Eine positive Gruppenstimmung 1041 Vgl. Goulet/Frank (2002); der vierzehnwöchige Verdi-Streik von Arbeitern des öffentlichen Dienstes in Deutschland im Jahr 2006 kann als Indiz für die Bedeutung der Rahmenbedingungen und als Beweis dafür, dass gewisse Lohn- und Gehaltskonditionen für eine breite Masse an ArbeitnehmerInnen die „Grenze des Zumutbaren“ erreicht haben, gewertet werden. 1042 Vgl. Townsend (2000), S. 431 f. 1043 Vgl. Kaplan (2001), S. 358
272
7 Erfolgsfaktoren – Hypothesengenerierung
(group mood) ist Voraussetzung für die Wirksamkeit transformationaler Führung.1044 Da das organisationale Klima sowohl negative als auch positive Energien freisetzen kann, dient es als Spiegel der Arbeitsmoral der Untergebenen gleichsam als Anhaltspunkt für die Effizienz des Managements.1045 7.2.3.2 Effiziente Organisation Organisation und Management einer Institution beschäftigen sich letztendlich mit den technischen Aspekten von Erfolg. Dieser Faktor ist deckungsgleich mit den meisten klassischen Erfolgsmessungskonzepten und betrachtet die bestmögliche Kombination von Inputs und Outputs.1046 Finanzielle Kennzahlen werden hierbei nur als Teil einer gesamten Erfolgsbewertung herangezogen. „Improving organizational performance by monitoring financial performance is as useless as trying to improve a sport’s team performance by only reporting the scores of its games.”1047
Dennoch wird auch von öffentlichen und Non-Profit-Organisationen erwartet, dass sie effizient und verantwortungsvoll mit den öffentlichen Geldern umgehen.1048 Ein „hartes“ Evaluierungsinstrument für die Effizienz bzw. den effizienten Ressourceneinsatz eines Kulturunternehmens stellt der Eigenfinanzierungsanteil bzw. dessen Entwicklung dar. Der selbst generierte Anteil an den Einkünften, definiert als Fördermittel und Erlöse bzw. allen dem Unternehmen zur Verfügung stehenden Mitteln, wird als Messzahl herangezogen.1049 Das ernüchternde Resultat einer Studie über die Kosteneffizienz öffentlicher deutscher Theater zeigt freilich Ineffizienzwerte, die im Durchschnitt je nach Betrachtungsweise zwischen 11% und 19% liegen, bzw. Einsparpotenziale in einer Größenordnung von insgesamt mehr als 300 Millionen Euro pro Jahr.1050 Herman und Renz weisen in ihrer Arbeit darauf hin, dass „PraxisExpertInnen“ in Non-Profit-Organisationen sich nicht auf Ergebnisse, wie den Subventionsbetrag pro Sitzplatz, als Erfolgsindikatoren verlassen, sondern lieber auf Vgl. Boerner/von Streit (2006) Vgl. McClelland/Burnham (2003 [1976]), S. 86 1046 Vgl. Gilhespy (1999) 1047 Atkinson, et al. (1997), S. 35 1048 Vgl. Evans (2000), S. 244; so werden in Großbritannien seit den frühen 1980er Jahren in Folge Neoliberalen Gedankenguts, der Ford’schen Krise und staatlichen Budgetprobleme systematische Messungen der Leistung von Kulturorganisationen bezüglich Management und Wirtschaftlichkeit durchgeführt. 1049 Z. B. verwendet in Rentschler/Potter (1996), S. 111 1050 Vgl. Tobias (2003), S. 1, (2004); für diese Studie wurde das parametrische Effizienzmessverfahren der Datenhüllenanalyse (DEA) auf entsprechend aufbereitete Daten aus der Theaterstatistik des Deutschen Bühnenvereins angewandt. 1044 1045
7.2 Interne Faktoren
273
Hinweise vertrauen, dass sie „die Dinge richtig machen“.1051 Als Hinweise können Kundenzufriedenheit, Ressourcenakquisition und Peer Reputation herangezogen werden. Weiters werden Konzepte wie das langfristige Überleben der Organisation unter Berücksichtigung der Mission (viability) oder „Vitalität“ bezüglich der Wettbewerbsfähigkeit, Identität und Einzigartigkeit der Organisation (vitality) vorgeschlagen.1052 Die Erfüllung der Mission ist der „kritische Erfolgsfaktor“ im öffentlichen Sektor und sollte zu Beginn jeder Diskussion über die Verantwortlichkeit öffentlicher Kulturbetriebe stehen.1053 In den USA sind Non-Profit-Organisationen gesetzlich verpflichtet, sich auf jene Aktivitäten zu beschränken, die in ihrem „mission statement“ abgebildet sind.1054 Mit der Verwendung einer Balanced Scorecard für Kulturorganisationen sollte allerdings der Fokus auf die organisationalen Ziele bewahrt werden. „Strategy and performance measurement should focus on what output and outcomes the organization intends to achieve, not what programs and initiatives are being implemented.”1055
Es geht um eine Bewertung, ob die Organisation effektiv, effizient und wirtschaftlich gehandelt hat. Eine Beurteilung des Angebotsportfolios einer Kulturorganisation anhand der Programmkosten sowie des jeweiligen Beitrages zur organisationalen Mission, den erwirtschafteten Geldern und dem Prestige der Organisation kann eine wertvolle Visualisierung und Unterstützung für strategische Entscheidungen darstellen (siehe Abbildung 26). Hypothese 1f: Je zufriedener ein/e MitarbeiterIn mit dem Betriebsklima und der Effizienz der Organisation ist, desto höher ist seine/ihre individuelle Erfolgswahrnehmung.
Herman/Renz (1997), S. 195 Vgl. Rentschler/Potter (1996), S. 100; auch Herman (1990) schlägt „Überleben“ (survival) zur Messung der Effizienz von Non-Profit-Organisationen vor. 1053 Vgl. Bolton (2003), S. 21 1054 Vgl. Wolf (1999), S. 23; diese konzentrieren sich bei Museen und Organisationen Darstellender Kunst auf die drei Bereiche (1) Bildung und Erziehung, (2) Ideen und Vorstellungen bezüglich des Verhältnisses von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft sowie (3) die Bereicherung des (öffentlichen) Geistes, vgl. Rentschler/Potter (1996), S. 107 1055 Kaplan (2001), S. 357 1051 1052
274
Abbildung 26:
7 Erfolgsfaktoren – Hypothesengenerierung
Spatial-Model einer hypothetischen Musiktheater-Institution Quelle: adaptiert nach Krug/Weinberg (2004), S. 327; Die Kugeln bezeichnen individuelle Programme, die Größe der Kugel steht für dessen jährliche Kosten; der Stern bezeichnet den Schwerpunkt der Organisation.
7.3 Erfolgswahrnehmung verschiedener Beschäftigungsgruppen Vision is the art of seeing things invisible. Jonathan Swift (1667-1745), irisch-englischer Schriftsteller
Was als „neue“ Beschäftigungsverhältnisse Bestürzung am Arbeitsmarkt hervorruft, ist im Kontext des Kulturbetriebs ein altbekanntes Phänomen. In Österreich und Deutschland sind Beschäftigungssysteme im Theater und in Opernhäusern unter anderem durch Zeitarbeit, freie Mitarbeiterverhältnisse und freiwillige Teilzeitmodelle charakterisiert. In der Regel ist dies mit Unsicherheit über die Vertragsdauer und über zu erwartende Mindestarbeitszeiten verknüpft. Merkmale von Theaterengagements sind Flexibilität und Mobilität, befristete Verträge, interregionale, internationale und interorganisationale Karrieren, Freie Dienstverhältnisse oder projekt-
7.3 Erfolgswahrnehmung verschiedener Beschäftigungsgruppen
275
basierte Arbeit.1056 Auf der anderen Seite genießen jedoch auch viele MitarbeiterInnen einen Beamtenstatus, der mit Kollektivverträgen, bestimmten Privilegien und Sicherheiten verknüpft ist. Dies gestaltet den Arbeitsplatz Theater dadurch, dass verschiedene Mitarbeiterkategorien, verschiedene Kompensierungsmodelle und Zeithorizonte in derselben Institution aufeinander treffen. Hypothese 2: Die individuelle Erfolgswahrnehmung von MitarbeiterInnen unterscheidet sich nach unterschiedlichen Ausgestaltungen des Arbeitsverhältnisses.
KünstlerInnen werden mit Feedback von FachkollegInnen, künstlerischen Vorgesetzten, dem Publikum und KritikerInnen fast unmittelbar nach bzw. während der Aufführung konfrontiert, sodass Erfolg oder Misserfolg sehr oft direkt zugeschrieben werden kann. Während andere Beschäftigungsgruppen natürlich ebenfalls den Aufführungen beiwohnen können, ist die Anerkennung ihrer Arbeit meist eher indirekter Natur. Hypothese 2a: Das Gefühl für Erfolg und Motivation unterscheidet sich in den verschiedenen Beschäftigungsgruppen a) künstlerisches, b) technisches und c) administratives Personal.
Führungskräfte tragen ebenso wie SolistInnen ein höheres Maß an Verantwortung als die geführten MitarbeiterInnen. Daher wird erwartet, dass ihr Beitrag für das künstlerische Ergebnis und das Funktionieren der Organisation als höher wahrgenommen wird. Hypothese 2b: Das Gefühl für Erfolg und Motivation unterscheidet sich je nachdem, ob der/die Befragte eine leitende oder unterstützende Funktion ausübt.
Verschiedene Faktoren wie Familie, regionale Netzwerke oder ein langfristiges Beschäftigungsverhältnis reduzieren die Mobilität von Arbeitskräften. Daher wird vorgeschlagen, dass MitarbeiterInnen, die weniger als fünf Jahre im befragten Theater arbeiten, sich von langfristigen ArbeitnehmerInnen unterscheiden, was die Wichtigkeit der für ihre Wahrnehmung von Erfolg relevanten Faktoren betrifft. Hypothese 2c: Das Gefühl für Erfolg und Motivation unterscheidet je nachdem ob der/die Befragte sich in einem kurz- oder langfristigen Dienstverhältnis befindet.
1056
Vgl. Haunschild (2003), (2004)
8 Methodische Vorgehensweise
Die komplexe Fragestellung der Erfolgsbeurteilung und -wahrnehmung im Musiktheater eröffnet verschiedene Zugangsweisen einer empirischen Annäherung. Auf der einen Seite steht die Betrachtung von Erfolg als multidimensionales Konstrukt (vgl. Hypothese 1), welches über verschiedene Einflussmechanismen zu einer positiven Erfolgswahrnehmung und dadurch gesteigerten Mitarbeiterzufriedenheit führen kann. In einer ersten quantitativen Befragung werden daher die Hypothesen bezüglich der Multidimensionalität des Konstruktes Erfolg und des Einflusses der identifizierten Faktoren auf die Erfolgswahrnehmung respektive Mitarbeiterzufriedenheit für zwei Theater im deutschsprachigen Raum überprüft. Auf der anderen Seite steht jedoch die Betrachtung von Erfolg als individuell-subjektiv konstruiertes und kontextgeneriertes Phänomen. Viele Prozesse laufen im Unterbewusstsein ab und entziehen sich einer rationalen Bewertung. Sie sind nicht durch Kausalitäten erklärbar, sondern Absichten, Zielen oder Motiven der Finalität menschlichen Handelns unterworfen.1057 Diese Prozesse der Wahrnehmung von Erfolg sichtbar zu machen, ist im Rahmen einer quantitativen Untersuchung mit zahlreichen Problemen behaftet. Seit den frühen 1980ern herrscht die Meinung vor, dass Evaluierungen von Nicht-MarktOrganisationen so inhärent subjektiv seien, dass sie nur als politische Prozesse betrachtet, nicht jedoch gemessen werden können.1058 Aus diesem Grund werden die quantitativen Interviews mit qualitativen Befragungen von Insidern aus dem Sektor ergänzt. Auf Grundlage dieser persönlichen Beurteilungen soll eine Art kollektive Wahrnehmung bzw. kollektive Muster der Einflussfaktoren auf Erfolg identifiziert werden, um die Erkenntnisse für die Führung im Musiktheaterbetrieb umsetzbar zu machen. In beiden Fällen ist jedoch die individuelle Wahrnehmung und Bewertung der persönlichen Situation Voraussetzung für ein tieferes Verständnis der Zusammenhänge.
1057 1058
Vgl. Haunschild (2003), (2004) Vgl. Weik (2005), S. 96
278
8 Methodische Vorgehensweise
8.1 Methodische Triangulation In Kapitel 1 wurde die Triangulation als Kombination von Methoden bei der Untersuchung desselben Phänomens interpretiert.1059 Die vorliegende Arbeit verbindet unter diesem Gesichtspunkt quantitative (AMOS) und qualitative Methoden (GABEK-WinRelan®), versucht aber auch durch die Kombination verschiedener Forschungssettings mögliche Lücken, die durch die Einseitigkeit von Sample oder Methode verblieben sind, zu schließen. Dadurch werden die Methoden in einem so genannten „Mixed-Methods“-Ansatz zugunsten des Forschungsproblems zurückgedrängt. Integrierte Designs werden dabei in drei Formen unterschieden: 1) Designs, in denen quantitative und qualitative Methoden separat und sequentiell angewendet werden, wobei verschiedene Reihenfolgen und Anzahl an Phasen möglich sind. 2) Designs, die im Wesentlichen einem Ansatz zugeordnet sind und den anderen nur marginal integrieren (dominant/less-dominant design). Schließlich verknüpfen MixedMethodology-Designs beide Ansätze in allen Phasen des Forschungsprozesses.1060 Für die Auswahl des passenden Designs sind also Entscheidungen bezüglich der zeitlichen Abfolge der einzelnen Untersuchungsteile (implementation), der Priorität quantitativer oder qualitativer Daten und Analysen (priority), dem Zeitpunkt der Integration quantitativer und qualitativer Daten und Ergebnisse (integration) sowie über die darunterliegende theoretische Perspektive zu treffen.1061
Abbildung 27:
Entscheidungen zur Bestimmung des Mixed-Methods-Untersuchungsdesigns Quelle: nach Creswell, et al. (2003), S. 218 und Creswell (2003), S. 213
Vgl. Tassie, et al. (1996), S. 347 f. Vgl. Denzin/Lincoln (1998); Flick (2002) 1061 Vgl. Creswell (1994), S. 11 f.; Tashakkori/Teddlie (1998); Flick (2007) 1059 1060
8.2 Auswahl und Beschreibung der untersuchten Theater
279
Im vorliegenden Forschungsdesign wird mit einer breiteren quantitativen Studie versucht, generalisierbare Erkenntnisse über eine Population zu erlangen. Daten von MitarbeiterInnen zweier Drei-Sparten-Theater werden auf ihre Wahrnehmung bezüglich ihres Arbeitsumfeldes und entsprechender Erfolgsfaktoren untersucht. Der Vorteil einer quantitativen Vorgangsweise liegt in der stärkeren Abstraktion kollektiver Einflüsse durch die Aggregation von Einzelpositionen, wodurch Phänomene besser „erklärt“ werden können. Dadurch kann beispielsweise die Annahme der Multidimensionalität des Konstruktes Erfolg auf eine breitere Basis gestellt werden. Die gewonnenen Erkenntnisse werden einerseits durch offene Fragen im Fragebogen zur Definition von Erfolg, anderseits über qualitative Interviews mit MitarbeiterInnen eines der befragten Theater und einer freien Theaterkompanie vertieft. Soziale Phänomene basieren auf Interpretationen von Individuen, die einer sozialen Gruppe angehören und in einem jeweiligen Kontext agieren. Im Vergleich zu quantitativer Forschung zeigt sich ein qualitativer Zugang multidimensional und auch in Hinblick auf die verwendeten Paradigmen pluralistisch und dient dem „Verstehen“ des Phänomens. Durch leitfadengestützte offene Interviews und die Wahl der Analysemethode GABEK®-WinRelan® soll die Darstellung des komplexen und vielseitigen Phänomens Erfolg aus einer ganzheitlichen Sicht ermöglicht werden. Die Ergebnisse der quantitativen und qualitativen Analyse werden schließlich einer umfassenden und abschließenden Interpretation zugeführt. 8.2 Auswahl und Beschreibung der untersuchten Theater Auch wenn der Kultursektor in nahezu allen Ländern mit denselben Restriktionen und Problemen konfrontiert ist, so weisen seine Strukturen dennoch bedeutenden Unterschiede auf. Aus diesem Grund konzentriert sich die folgende Studie auf den in sich weitgehend konsistenten deutschsprachigen Raum bzw. die Länder Deutschland und Österreich.1062 Der Auswahl des Samples gingen mehrere grundlegende Entscheidungen voraus:
Zu Beginn war die Frage entscheidend, welche Stakeholdergruppe als Ausgangspunkt für die Erfolgswahrnehmung betrachtet werden sollte. In einer früheren Befragung wurden die BesucherInnen eines Musikfestivals nach den Determinanten des Erfolges befragt.1063 Der Versuch einer Erfolgsmessung oder -beurteilung von ästhetischen und künstlerischen Produkten durch KonsumentInnen
Zum deutschsprachigen Raum zählen weiters große Teile der Schweiz und die zweisprachige norditalienische Region Südtirol. Ein weiterer Vorteil der Fokussierung auf einen gemeinsamen Sprachraum besteht in der verwendeten Terminologie (Zitat gemeinsame Einigung auf Bedeutungsmuster etc.) 1063 Vgl. Creswell (2003), S. 211 ff. 1062
280
8 Methodische Vorgehensweise ist nicht zuletzt dadurch problembehaftet,1064 dass unterschiedliche Bildungsund Wissensniveaus vorherrschen und heterogene Zielsetzungen oder „Lebenswelten“ die Aggregation der Einflussfaktoren auf den wahrgenommenen Erfolg erschweren können. MitarbeiterInnen einer Theaterorganisation hingegen können als ExpertInnen für den jeweiligen Kontext betrachtet werden, sie sind Teil einer gemeinsamen Kunstwelt. Die vorliegende Betrachtung richtet sich daher nicht auf eine Betrachtung des Erfolges seitens des Publikums, sondern ist in das Innere der Organisation gerichtet. Bezüglich der Auswahl der untersuchten Organisationen wurden Festivals aus dem Optionsspielraum ausgeschieden. Festivals weisen nur in den seltensten Fällen einen durchgängigen Ganzjahresbetrieb auf und sind in ihrer Existenz von den Strukturen fixer Theaterensembles abhängig. Für die geplante Untersuchung ist jedoch gerade die Notwendigkeit der Aufrechterhaltung eines Ganzjahresbetriebs – insbesondere in Hinblick auf die Vergleichbarkeit mit „klassischen“ Unternehmen – interessant. Festivals wären aber jedenfalls ein interessantes Gebiet für weiterführende Forschung. Auch Konstellationen wo Musiktheaterveranstaltungen von privaten Anbietern unter Nutzung eines Opernhauses oder Theaters angeboten werden (Gastspiele), finden hier keine Berücksichtigung. Hinsichtlich der Größe und Bedeutung der befragten Theater wurden die Extreme der prestigeträchtigen Staatsopern ebenso wie die kleineren Bühnen mit geringer Publikumswirkung ausgeklammert. Das Augenmerk der Öffentlichkeit und von offizieller Seite wird weitgehend auf die Flaggschiff-Organisationen gerichtet, die zudem überwiegend im Besitz der öffentlichen Hand sind. Für das Untersuchungsdesign wurden Betriebe auf Ebene von Landes- oder Stadttheatern ausgewählt – einerseits um sicherzustellen, dass genügend Sekundärdaten bezüglich Finanzierung, Sitzplatzkapazitäten etc. verfügbar sind, andererseits auch um bei den Führungspersönlichkeiten ein gewisses Maß an öffentlicher Aufmerksamkeit voraussetzen zu können. Durch die Ausklammerung der Staatsopern verlagerte sich der Fokus auf Mehrsparten-Theater mit anerkannten Produktionen im Musiktheater. Das relativ ähnliche Repertoire über alle Theater im deutschsprachigen Raum hinweg,1065 lässt auf eine grobe inhaltliche Vergleichbarkeit der Häuser schließen. Es wurde beobachtet, dass die Unterschiede im künstlerischen Profil zwischen den Theatern geringer sind als in der Aufführungsqualität.1066 So wurde versucht, zwei Theater zu wählen, die als erfolgreicher gelten als der Durchschnitt und regional gut verankert sind. Berücksichtigt man die deutlich höhere Einwohnerzahl Deutschlands, dürften sich die beiden gewählten Theater in Größe und regionaler bzw. überregionaler
Vgl. auch Abfalter/Mirski (2005) Vgl. Hirschman (1983), S. 53 1066 Vgl. Hoegl (1995) 1064 1065
8.2 Auswahl und Beschreibung der untersuchten Theater
281
Bedeutung ähneln. Ein derartiger Vergleich ist freilich objektiv nur schwer realisierbar. Eine weitere Entscheidung betrifft die Ausklammerung der OrchestermusikerInnen aus dem Sample. Dies lag insbesondere bei Theater A nahe, das gerade erst mit dem Symphonieorchester zusammengelegt worden war. Beide Orchester sind gleichzeitig Philharmonie- bzw. Symphonieorchester, die Konzerte ohne theatralischen Kontext geben. Während das Orchester im Musiktheater (auch) eine unterstützende Funktion einnimmt, im Orchestergraben versenkt wird und der meiste Applaus den SolistInnen auf der Bühne gebührt, stehen die MusikerInnen bei einem Konzert selbst im Rampenlicht. Im Vordergrund der vorliegenden Untersuchung liegt jedoch (Musik-)Theater in Form szenischer Aufführungen. Aufgrund der dadurch befürchteten Wahrnehmungsverzerrung wurden die OrchestermusikerInnen nicht in das Sample integriert.
Für die Untersuchung wurden zwei Theater sowie eine Theaterkompanie im deutschsprachigen Raum ausgewählt. Konkrete Daten zu Aufführungszahlen, Auslastungen etc. wurden der Kulturstatistik Austria sowie der Theaterstatistik des Deutschen Bühnenvereins entnommen.1067 8.2.1 Theater A Theater A ist ein österreichisches Landestheater mit den drei Sparten Musik-, Sprech- und Tanztheater. Das Theater kann auf eine lange und turbulente Geschichte verweisen – im 17. Jahrhundert wurde es erstmals erwähnt, Mitte des 19. Jahrhunderts wurde der aktuelle Bau, der zu den imageprägenden Elementen des Stadtbildes gehört, eröffnet. Das Theater wandelte sich vom „Comedihaus“ über ein Hoftheater bis zur aktuellen Rechtsform der Theater-GmbH mit integriertem Symphonieorchester.1068 Auf zwei Spielstätten mit einem Fassungsvermögen von insgesamt 1.000 Sitzplätzen schlugen für die Spielzeit 2005/06 383 Aufführungen mit ca. 150.000 BesucherInnen zu Buche. In der Spielzeit 2005/06 gelangten 39 Produktionen, darunter 10 Opern und je 4 Operetten und Balletts zur Aufführung.1069 Die Sitzplatzauslastung betrug 83 Prozent. Das Personal setzte sich aus 384 MitarbeiterInnen, darunter 42 SolistInnen (Gesang und Schauspiel) und 15 TänzerInnen sowie 68 am Theater beschäftigte OrchestermusikerInnen, zusammen. Für die Spielzeit 2005/06 betrugen die Betriebseinnahmen ohne öffentliche Zuwendungen rund 3,6 Millionen Euro, bei Ausgaben in der Höhe von 21 Millionen Euro und einem Eigenfinanzierungsanteil von 17 Prozent. Vgl. Boerner (2004) Bzw. Kulturorchester, vgl. Deutscher Bühnenverein (DBV) (2007a; Statistik Austria (2008a) 1069 Dazu kommen Symphoniekonzerte an einem eigenen Aufführungsort. Dasselbe gilt für Theater B. 1067 1068
282
8 Methodische Vorgehensweise
Die Führung des Theaters ist durch Kontinuität mit Intendantenzeiten zwischen acht und 25 Jahren gekennzeichnet. Zum Zeitpunkt der Befragung beendete die IntendantIn ihre siebte Spielzeit in Theater A. Das Haus findet sowohl von Seiten der KünstlerInnen als auch der Medien regionale und überregionale Beachtung. Die Überführung in die privatrechtliche Betriebsform der Theater-GmbH im Jahr 2005 und die Integration des Symphonieorchesters in die Theaterstrukturen war nicht ohne Ängste bezüglich der finanziellen Deckung durch die öffentliche Hand und der Sicherheit der Arbeitsverhältnisse durchgeführt worden. Geschäftsführende nach dem Vieraugenprinzip sind die künstlerische IntendantIn sowie der kaufmännische Direktor. 8.2.2 Theater B Theater B ist ein deutsches Mehrsparten-Theater mit integriertem PhilharmonieOrchester.1070 Auch Theater B wurde im 17. Jahrhundert gegründet und erhielt im 18. Jahrhundert ein neues Theatergebäude, musste allerdings nach dem Zweiten Weltkrieg wieder aufgebaut werden. Das Theater war städtisches Gastspieltheater, an die jeweiligen Direktoren verpachtetes Stadttheater, wurde schließlich kommunalisiert und wird seit 1999 im „städtischen Eigenbetrieb“ geführt. Es verfügt über drei Spielstätten mit einem Fassungsvermögen von insgesamt 1.350 Plätzen, zuzüglich einer Freiluftbühne mit 2.100 Plätzen. Die 535 Aufführungen der Spielzeit 2005/06 wurden von 244.000 Personen besucht. Theater B hatte in der Spielzeit 2005/06 einen Personalstand von 380 MitarbeiterInnen, davon 33 SolistInnen, 12 TänzerInnen und 72 Orchestermitglieder.1071 Für die Spielzeit 2005/06 betrugen die Betriebseinnahmen ohne öffentliche Zuwendungen rund 4 Millionen Euro, die Ausgaben 20,5 Millionen Euro. Der Eigenfinanzierungsanteil betrug also 20 Prozent, der Betriebszuschuss pro Karte betrug knapp 70 Euro. Auch in Theater B war der Intendant zum Zeitpunkt der Befragung bereits das siebte von acht Jahren beschäftigt. In dieser Zeit stand das Theater nicht für revolutionäres, aber doch „zeitgemäßes, gelegentlich wagemutiges“ Theater. 8.2.3 Theaterkompanie C Die freie Theaterkompanie C produziert seit ca. zehn Jahren jeweils zwei „liebevollschräge Inszenierungen des klassischen Opernrepertoires“ im Süden Deutschlands. Die Kompanie verfolgt das Ziel, Oper und Operette neu erlebbar zu machen und Als vierte Sparte wird das Kinder- und Jugendtheater geführt. Im Vergleich dazu beschäftigen große Häuser wie etwa das Staatstheater Stuttgart ca. 1.100 MitarbeiterInnen. 1070 1071
8.3 Vorgehensweise bei der quantitativen Befragung
283
das Publikum direkt in das Spiel zu integrieren. Dabei steht die musikalische Qualität ebenso wie Spaß für KünstlerInnen und Publikum im Vordergrund. Um Schwellenängste zu minimieren, orientiert sich der Spielplan an den klassischen Werken der „Komischen Opernliteratur“. Die Off-Bühne ermöglicht es insbesondere jungen SängerInnen, Aufführungspraxis zu sammeln und ihr Repertoire zu erweitern. Eine Herausforderung sind die Aufführungen in einem Restaurant- oder Café-Ambiente, welches das Publikum die KünstlerInnen „hautnah“ erleben lässt. 8.3 Vorgehensweise bei der quantitativen Befragung Im Folgenden wird die quantitative Befragung in den Theatern A und B beschrieben1072, welche die Grundlage für die Analyse in Kapitel 10 bildet. 8.3.1 Quantitative Instrumentenentwicklung Die in den vorangegangenen Abschnitten behandelten Rahmenbedingungen bilden die Grundlagen der verwendeten Fragen. Der eingesetzte Fragebogen teilte sich in mehrere Abschnitte:
Angaben zur Person enthalten soziodemographische Angaben zu Alter, Geschlecht, Personenstand und Ausbildung sowie die Einordnung der Befragten in die Organisation des jeweiligen Theaters (Abteilung, Dauer und Art des Vertragsverhältnisses, Führungsposition). Erfolgsbezogene Fragen teilen sich in offene Fragen (Definition persönlicher Erfolg/beruflicher Erfolg und beruflicher Misserfolg) zur Erfolgsbewertung und 5-Punkt-Likert-Skalen zur Erfolgsbewertung und die Frage, wie wichtig die in Kapitel 7 definierten Einflussfaktoren auf Erfolg einerseits für den beruflichen, anderseits für den Erfolg des Theaters nach persönlicher Einschätzung seien. Die Faktoren wurden bewusst in ihrer abstrakten Form übernommen und nicht in verschiedene Items aufgeteilt, da sie den Befragten sowohl von der Wortwahl als auch konzeptionell als ExpertInnen im Bereich ein Begriff sein mussten und das gesamte Konstrukt abgefragt werden sollte. Ein Fragenblock zu den aktuellen Arbeitsbedingungen und dem Arbeitsumfeld beschäftigt sich mit der Frage, inwieweit die MitarbeiterInnen mit verschiedenen Arbeitsbedingungen wie Arbeitszeit, Lohn/Gehalt, Weiterbildungsmöglichkeiten, Effizienz der Organisation zufrieden sind und inwieweit diese
1072 Da die quantitative Analyse auf entsprechende Stichprobengrößen angewiesen ist, wurden die beiden Theaterinstitutionen A und B, nicht jedoch die – bezogen auf die MitarbeiterInnen zahlenmäßig zu kleine – Theaterkompanie C, integriert.
284
8 Methodische Vorgehensweise motivatorische Wirkung entfalten. Bereiche wie das Image des Theaters, das Verhältnis zu den Vorgesetzten und KollegInnen, Arbeitsplatzsicherheit, Betriebsklima, Informationsfluss etc. werden mit geschlossenen Fragen ebenfalls auf ordinalskalierten 5-Punkt-Likert-Skalen weiter hinterfragt.
Für die vorliegende Untersuchung wurden insbesondere die erfolgsbezogenen Faktoren herangezogen. Die Qualität einer Befragung ist abhängig von der Objektivität, Reliabilität und Validität der genutzten Messinstrumente. Dabei gibt die Objektivität eines Tests an, in welchem Ausmaß die Ergebnisse von den AnwenderInnen unabhängig sind.1073 Die Befragungen wurden von zwei verschiedenen Personen an den beiden Theatern durchgeführt, die auch bei den Pretests auf vergleichbare Ergebnisse kamen (Durchführungsobjektivität). Testinstruktionen waren auf den Fragebögen standardisiert vermerkt (Auswertungsobjektivität). Auf individuelle Deutungen der Interpretation von Testwerten wurde wo möglich verzichtet (Interpretationsobjektivität). Die Reliabilität von Skalen ist der Grad zu dem eine Maßzahl frei von Fehlern ist und somit intern konsistente Ergebnisse liefert. Die Skalenreliabilität wurde mit Cronbach’s ơ getestet, mit einem Kriterium für Reliabilität ab einem Wert ơ=0,7.1074 Die Skalenreliabilität der Skala bezüglich der Einflussfaktoren (jeweils 16 Items) auf den institutionalen Erfolg beträgt für beide Theater ơet=0,89 (A ơA=0,86; ơB=0,90), für den persönlichen Erfolg für beide Theater ơep=0,88 (ơA=0,90 und für Theater B ơB=0,86). Das Kriterium der Validität liefert Informationen darüber, ob ein Instrument das misst, was es zu messen vorgibt.1075 Dem Anspruch der Inhaltsvalidität wurde durch die umfassende Literaturrecherche versucht Genüge zu leisten. Die Kriteriumsvalidität konnte aufgrund fehlender geeigneter Außenkriterien nicht sinnvoll durchgeführt werden. Für beide Kriterien bietet sich jedoch der Vergleich mit den Ergebnissen der qualitativen Analyse an. Die Ermittlung der Konstruktvalidität ist Bestandteil der konfirmatorischen Faktorenanalyse. 8.3.2 Durchführung der quantitativen Befragung Nach einem Pretest1076 im Monat April 2006 wurde die Befragung gegen Ende der Saison 2005/06 in den Monaten Mai/Juni 2006 für Theater A und Juni/Juli 2006 für Theater B durchgeführt, da die MitarbeiterInnen gegen Ende der Spielzeit über Vgl. Bortz/Döring (2002), S. 194 Vgl. Lin/Jones (1997); in der Literatur finden sich auch Schwellenwerte mit 0,6. 1075 Vgl. Bortz/Döring (2002), S. 199 1076 Der Pretest dient dazu, ein Messinstrumentarium vor seinem Einsatz zu prüfen, um es gegebenenfalls noch anpassen zu können. Der Pretest wurde mit jeweils 15 Personen durchgeführt und im Anschluss geringfügig adaptiert. 1073 1074
8.3 Vorgehensweise bei der quantitativen Befragung
285
einen besseren Überblick der Erfolge und Misserfolge einer Saison bzw. ihre subjektive, aggregierte Bewertung davon, verfügen. Die Befragung erfolgte anonym mittels standardisiertem Fragebogen und der Papier-und-Bleistift-Methode.1077 Die jeweiligen AbteilungsleiterInnen waren über die Befragung informiert und dazu angehalten, ihre MitarbeiterInnen zu Teilnahme zu motivieren. Befragt wurden MitarbeiterInnen auf allen Hierarchieebenen, nicht jedoch die OrchestermusikerInnen. Die Fragebögen wurden von zwei Befragenden direkt übergeben und konnten das Befragungsinstrument persönlich erklären bzw. Fragen beantworten. Eine schriftliche Ausfüllhilfe wurde beigelegt. In Theater A wurden aufgrund der Abwesenheit mehrerer MitarbeiterInnen 261 Fragebögen unter den 316 MitarbeiterInnen verteilt. Davon wurden 73 ausgefüllt abgegeben, was einer Rücklaufquote von 28,0 Prozent entspricht. In Theater B füllten 82 MitarbeiterInnen (von 300 ausgeteilten) die Fragebögen aus und generierten einen Rücklauf von 27,3 Prozent. Aufgrund der Unvollständigkeit von jeweils drei Fragebögen wurde mit einem Gesamtsample von 149 Fragebögen (nA=70 und nB=79) gearbeitet. Angesichts der Tatsache, dass das Ausfüllen von Fragebögen insbesondere für die MitarbeiterInnen eine artfremde Tätigkeit darstellt, und die gesamte Spielzeit für alle Beteiligten durchgeplant ist, wurde der Rücklauf aus zufriedenstellend betrachtet. 8.3.3 Angaben zu den Befragten der quantitativen Studie Von den Befragten sind 55,7 (Theater A) bzw. 56,5 Prozent (Theater B) weiblich. Auch bezüglich des Alters der Befragten weisen beide Theater kaum Unterschiede auf, die MitarbeiterInnen von Theater B sind tendenziell jünger. Auf das Gesamtsample bezogen zeigt sich eine Altersverteilung von 23 % der Befragten jünger 30 Jahre, 21 % zwischen 30 und 40 Jahren, 28 % zwischen 40 und 50 Jahren sowie 28 % älter als 50 Jahre. Hinsichtlich der Beschäftigung kann man einen Überhang der nichtkünstlerischen Berufe beobachten – so haben nur 10 von 57 SolistInnen in Theater A (17,5 Prozent) und 7 von 45 SolistInnen (15,6 Prozent) in Theater B den Fragebogen ausgefüllt. Die höheren fehlenden Werte bei dieser Frage sind wahrscheinlich einerseits auf den Wunsch, anonym zu bleiben, sowie auf die andere Art der beruflichen Tätigkeit zurückzuführen. Dies stellt ein zusätzliches Argument für die Ergänzung der Empirie mit der qualitativen Befragung dar.
1077 Die Anonymität war in diesem Fall besonders wichtig, da im Interesse der teilnehmenden Theater Fragen zur Arbeitsplatzzufriedenheit und Motivation in die Befragung integriert waren.
286
8 Methodische Vorgehensweise
Rücklauf
Theater A
Theater B
Bühnen-Vorstellungsbetrieb
20
11
Ballett/Gesang/Schauspiel
10
15
Werkstättenbetrieb
18
22
Chor
6
13
Sonstiger künstlerisch/ kaufmännischer Betrieb
16
18
Summe
70
79
Tabelle 17:
Zuordnung der Befragten der quantitativen Befragung zu Beschäftigungsbereichen
8.3.4 Signifikante Unterschiede zwischen den Samples Um sicherzustellen, dass die beiden Samples aus Theater A und Theater B gemeinsam analysiert werden können, wurde der Datensatz hinsichtlich signifikanter Unterschiede zwischen den beiden Gruppen untersucht. Zu diesem Zweck wurde mit Hilfe einer einfaktoriellen univariaten Varianzanalyse (one-way ANOVA) überprüft, ob signifikante Unterschiede zwischen den Mittelwerten von den zwei Stichproben bestehen. Die beiden Samples wiesen für alle 14 Variablen, die als Einflussfaktoren auf die individuelle Erfolgswahrnehmung vorgeschlagen wurden, keine signifikanten Unterschiede (Niveau 0,05) auf. Daher ist eine Zusammenführung der beiden Datensätze für die Analyse mit AMOS legitim. Ein signifikanter Unterschied bestand freilich in der Bewertung des wahrgenommenen Erfolgs der jeweiligen Institution. Dieser wurde auf einer Skala von 1 (sehr gut) bis 5 (sehr schlecht) beurteilt. Bei einem Median von 2 für beide Theater, bewerteten die MitarbeiterInnen von Theater A den Erfolg ihres Theaters mit einem Mittelwert von 1,99 deutlich besser als die MitarbeiterInnen von Theater B, die den Erfolg ihrer Institution mit einem Mittelwert von 2,48 als durchschnittlich einstuften. Dieser Umstand weist umso mehr darauf hin, dass die einzelnen Fragen wie intendiert abstrakt und ohne allzu großen Einfluss durch die Beschäftigung an der jeweiligen Institution beantwortet wurden. 8.3.5 Übergang zur qualitativen Befragung - Offene Fragen zu Erfolg Im Fragebogen wurden auch offene Fragen zur individuellen Definition persönlichen Erfolgs, beruflichen Erfolgs, aber auch beruflichen Misserfolgs gestellt. Um eine Beeinflussung der vorgegebenen Likert-skalierten Variablen zu vermeiden, wurden diese Fragen zu Beginn der Befragung gestellt. Die häufigsten Antworten wurden für einen ersten Hinweis auf die Bedeutungsschwerpunkte der Erfolgs-
8.3 Vorgehensweise bei der quantitativen Befragung
287
wahrnehmung in den beiden Theatern in Mindmaps zusammengefasst. Persönlicher Erfolg (siehe Abbildung 28) definiert sich für die Befragten als Glück und Zufriedenheit hinsichtlich Faktoren wie Gesundheit, Familie, Ausgeglichenheit (Balance) sowie Spaß und Freude. Hinsichtlich der (künstlerischen Arbeit) wurden gute Ergebnisse bzw. Arbeit genannt. Das Erreichen angestrebter Ziele – wie dem Schaffen von Sinn, Identität oder dem Umsetzen von Ideen wird ebenso als Ausdruck persönlichen Erfolgs gewertet wie Geld und Statussymbole, eine persönliche Weiterentwicklung, aber auch die Anerkennung durch Vorgesetzte, Publikum und Presse.
Abbildung 28:
Mindmap persönlicher Erfolg
Auch beruflicher Erfolg (siehe Abbildung 29) zeichnet sich durch Anerkennung – von Publikum und KollegInnen – aus. Das Erreichen angestrebter Ziele hinsichtlich künstlerischer Verwirklichung, einem Beitrag zum Erfolgs des Theaters sowie den Organisationszielen ist Teil einer beruflichen Erfolgswahrnehmung. Der berufliche Erfolg wird weiters durch den Verdienst sowie die Sicherheit des Arbeitsplatzes definiert. Beruflicher Erfolg definiert sich ebenfalls durch Glück und Zufriedenheit – Spaß an der Arbeit, Glück und Freude, Ausgeglichenheit, aber auch Stolz. Von Bedeutung ist eine berufliche Entwicklung hinsichtlich Aufstiegsmöglichkeiten, Vielseitigkeit der beruflichen Tätigkeit, einer Verbesserung der Position, sowie Ausbildung und das Sammeln von Erfahrung. Schließlich wird beruflicher Erfolg im Bereich des Betriebsklimas angesiedelt, in Form von Konfliktlösung, Zusammenarbeit, Kommunikation und dem Eingehen auf Vorschläge.
Abbildung 29:
Mindmap beruflicher Erfolg
288
8 Methodische Vorgehensweise
Beruflicher Misserfolg (siehe Abbildung 30) hingegen führt zu Unfriedenheit, die sich in negativen Gefühlen und Verhaltensweisen ausdrücken, die zusätzlich dem Betriebsklima abträglich sind. Fehlende Anerkennung und Unzufriedenheit seitens des Publikums, aber auch der KollegInnen sind Ausdruck beruflichen Misserfolgs. Sowohl organisationale als auch qualitativ schlechte Arbeit, Stillstand, aber auch das Gefühl, seine Arbeit nicht mit Leidenschaft auszuführen, werden assoziiert.
Abbildung 30:
Mindmap beruflicher Misserfolg
Neben dieser “qualitativen Vorerhebung” wurde eine strukturierte qualitative Befragung entwickelt. 8.4 Vorgehensweise bei der qualitativen Befragung Mit der qualitativen Befragung wurde versucht, die im deduktiven Verfahren gewonnenen Erkenntnisse zu vertiefen. Im Gegensatz zu den „vorgefertigten“ Konstrukten der schriftlichen Befragung, bildet nun eine geteilte „Ontologie“, definiert im Sinne einer Wissensorganisation als allgemeines begriffliches Modell über einen begrenzten Objektbereich, die Ausgangslage der qualitativen Befragung.1078 Es sind also die begrifflichen Konstrukte der Befragten, die zur Analyse herangezogen werden und über die ein gemeinsames Bedeutungsnetz gelegt wird. Die Analyse der Interviews erfolgte mit Hilfe des qualitativen Verfahrens zur Textanalyse GABEK®WinRelan®.
1078
Vgl. Zelger (2007), S. 509
8.4 Vorgehensweise bei der qualitativen Befragung
289
8.4.1 Qualitative Instrumentenentwicklung Zur Überprüfung der Forschungsfrage auf qualitativer Ebene wurde ein teilstandardisierte Befragung in Form eines Leitfadeninterviews gewählt. Dadurch konnte die Reihenfolge der Fragen dem Interviewverlauf optimal angepasst und dennoch die Vergleichbarkeit der Daten erhöht werden.1079 Weiters wurde bereits zu Beginn des Interviews bzw. im Verlauf wo nötig darum gebeten, Aussagen durch Beispiele aus dem Arbeitsleben zu verdeutlichen. Die Fragen wurden so formuliert, dass die Befragten offen über die angeschnittenen Themen sprechen konnten – so können die Gedanken, Wünsche, Gefühle, Bewertungen und Vorschläge der Befragten erkundet werden. Die Befragten können nach eigenem Gutdünken und ohne Druck Schwerpunkte legen und auf ihre persönlichen Erfahrungen, Vorlieben und Wünsche eingehen. Dadurch entfällt die in der schriftlichen Befragung vorgegebene Entscheidungssituation zwischen vorgegebenen Alternativen zu Gunsten persönlich bedeutsamer Bereiche.1080 Die verwendeten Fragen sind in Tabelle 18 dargestellt:
Bitte beschreiben Sie Ihren Aufgabenbereich am Theater A / in der Kompanie C. Warum arbeiten Sie am Theater? Gibt es Besonderheiten im Vergleich zu anderen Unternehmen/Branchen? Wie beurteilen Sie den Erfolg des Theaters A / der Kompanie C als Institution? Woran machen Sie persönlich den Erfolg fest? Welche Faktoren sind für die öffentliche Meinung ausschlaggebend? Nach welchen Kriterien beurteilen Sie Ihren persönlichen beruflichen Erfolg? Was ist Ihnen dabei besonders wichtig? Was motiviert Sie persönlich besonders, gute Leistungen zu erbringen? Speziell am Theater A / in der Kompanie C? Nennen/Erzählen Sie bitte ein besonders positives und ein besonders negatives Erlebnis im Rahmen Ihrer Arbeit an Theater A / in Kompanie C? Was gefällt Ihnen besonders gut an Ihrer Arbeit am Theater A / Kompanie C bzw. was würden Sie gerne verändern? Was müsste Ihnen ein anderer Arbeitgeber bieten, damit Sie den Arbeitsplatz wechseln? Was müsste sich in Zusammenhang mit Ihrer beruflichen Tätigkeit ändern, damit Ihre Motivation steigt? Was wünschen Sie sich für die Zukunft?
Tabelle 18:
Leitfragen der qualitativen Befragung
1079 Vgl. dazu Flick (2002), S. 143 ff.; durch einen Überblick über das Gesagte und die Fragestellung sowie Sensibilität für den Interviewverlauf und die Interviewten kann der/die Interviewende das Interview durch ein Umstellen der Fragenreihefolge und Weglassen bereits beantworteter Punkte positiv beeinflussen. 1080 Vgl. Zelger (2002), S. 13
290
8 Methodische Vorgehensweise
Das Ziel der Befragung war wiederum die Identifikation der Faktoren, welche die persönliche Wahrnehmung von Erfolg beeinflussen, sowie – zur Erhärtung der These, eine positive Erfolgswahrnehmung wirke sich positiv auf die Arbeitsmotivation aus, – die Frage, welche Faktoren die Arbeitsmotivation am Theater beeinflussen bzw. begünstigen. Die Frage, inwieweit eine fixe Anstellung bzw. Arbeitsplatzsicherheit zur Erfolgswahrnehmung und Motivation im Musiktheater beiträgt, wurde ergänzt. 8.4.2 Durchführung der qualitativen Befragung Zeitgleich mit der quantitativen Untersuchung wurden Interviews mit je 11 MitarbeiterInnen des Theaters A aus der quantitativen Befragung sowie der Theaterkompanie C im Zeitraum von Juni bis August des Jahres 2006 durchgeführt. Die Interviews wurden in der Nähe des jeweiligen Aufführungsortes von der Verfasserin persönlich durchgeführt. Es handelt sich um ausschließlich persönliche, Face-toFace oder – aufgrund der Schwierigkeit einer Terminvereinbarung – via Telephon durchgeführte Gespräche. Auch zu den drei telephonisch Befragten bestand im Rahmen einer Aufführung zumindest kurzer persönlicher Kontakt. Die Gespräche dauerten zwischen 20 und 60 min, wurden digital aufgenommen und transkribiert. Während der Interviews wurde versucht, ein entspanntes und offenes Klima zu schaffen um – neben dem Hinweis auf Anonymität der Befragten – ehrliche und unbefangene Antworten zu ermöglichen. Aufgrund der thematischen Notwendigkeit im Rahmen des Interviews seine Zufriedenheit und Unzufriedenheit – nicht zuletzt auch mit der Führungsebene – kund zu tun sowie aktuelle Beispiele zu nennen, erfolgte die Auswertung der Interviews anonym. Die einzelnen Interviews wurden über Kriterien codiert, in den Texten wurden Namen entfernt bzw. wo sinnvoll durch Funktionsbezeichnungen ersetzt. Aus diesem Grund bleiben auch die befragten Organisationen anonymisiert. Zur Überprüfung der Transkription wurden diese den Befragten vorgelegt und wurde auf die Möglichkeit hingewiesen, Teile des Interviews zu löschen. Von dieser Möglichkeit wurde lediglich von einer Person Gebrauch gemacht. 8.4.3 Angaben zu den Befragten der qualitativen Studie In der qualitativen Studie wurde der Fokus auf die rücklaufschwächeren, aber für die Untersuchung relevanten Beschäftigungsgruppen künstlerischer Führungspersonen und besonders solistisch tätiger Bühnen-KünstlerInnen gelegt. Die Befragten der Theaterkompanie C sind strukturbedingt jünger als jene von Theater A. Da es sich um eine freie Theaterkompanie handelt, sind auch administrative Positionen nur
8.4 Vorgehensweise bei der qualitativen Befragung
291
spärlich vorhanden. Der Fokus der künstlerisch Tätigen mit Bühnenpräsenz liegt auf den SängerInnen (14 Personen), ergänzt durch einen Tänzer und einen Dirigenten. Zwei weitere Befragte, ein renommierter internationaler Künstlervermittler (V) sowie ein junger Dirigent (W), wurden in das Sample für spezifische Fragestellungen inkludiert. Theater A
n=11 für beide Samples
Theaterkompanie C
Frauen
4
DEIJ
7
KLMNPRS
Männer
7
ABCFGHX
4
OQTU
<30 Jahre
1
J
6
KLMNPS
30-50 Jahre
6
CDEFIX
4
ORTU
>50 Jahre
4
ABGH
1
Q
Künstlerisch mit Bühnenpräsenz
6
ABCFJX
10
LMNOPQRSTU
Künstlerisch ohne Bühnenpräsenz
2
EI
1
K
Administrative Führungsposition
3
DGH
0
-
Führungsaufgaben
8
A B DE F G H I
1
K
Fixe Anstellung
11
ABCDEFGHIJX
1
K
Tabelle 19:
Charakteristika der Befragten der qualitativen Studie (Buchstaben stehen für Interviews)
Die folgenden Abschnitte gehen detailliert auf die Analyse der quantitativen und qualitativen Ergebnisse ein.
9 Quantitative Analyse – Struktur-Modellierung mit AMOS
Zur Operationalisierung des theoretischen Begriffs „Erfolg“, so die Hypothese 1, reicht ein einzelner Indikator nicht aus, da der Begriff mehrere Dimensionen umfasst und ein einzelner Indikator das Konstrukt nicht in seiner Breite und mit ausreichender Genauigkeit beschreiben kann. Zur Definition eines kausalen Zusammenhanges werden demnach drei Bedingungen vorausgesetzt: die Isolation der entsprechenden Variablenkombination von weiteren äußeren Einflüssen, die Assoziation zwischen den Variablen sowie die Festlegung der Richtung des Einflusses.1081 Eine erste Indexbildung ist deduktiv auf Grundlage verschiedener in der Literatur zum Erfolg von Kulturinstitutionen abgebildeter Untersuchungen erfolgt. Die Überprüfung von Hypothesen an sich entspricht einer konfirmatorischen Vorgangsweise, in welcher ein theoretisch hergeleiteter und plausibler Zusammenhang zwischen mehreren latenten Faktoren mit Hilfe eines empirischen Datensatzes überprüft wird. Aufgrund der Tatsache, dass in den bekannten Untersuchungen jedoch immer einzelne Faktoren bzw. Indikatoren behandelt wurden, ist der Zusammenhang zwischen diesen möglichen Indikatoren nicht klar. Daher wurde zunächst eine explorative Faktorenanalyse durchgeführt, um die Anzahl möglicher Faktoren auf eine geringere Anzahl von Faktoren zu reduzieren und anschließend mit Hilfe einer konfirmatorischen Analyse und Kausalmodellierung ein Einflussmodell auf die Wahrnehmung von Erfolg zu generieren. Tabelle 20 gibt eine Übersicht über die verwendeten Indikatoren. Gefragt wurde, inwieweit die einzelnen Variablen den Erfolg der Institution (et) sowie den persönlichen Erfolg (ep) beeinflussen. Dazu wurde nach einer Gesamtbewertung des Erfolges von Theater A bzw. B, sowie des persönlichen Erfolgs gefragt. Schließlich wurde nach der Zufriedenheit mit der gesellschaftliche Beurteilung des Erfolgs der Institution sowie der persönlichen Einschätzung gefragt. Die Berechnung der Faktorenanalysen erfolgte mit dem Softwarepaket SPSS 15.0, die Strukturgleichungsmodellierung mit AMOS 7.0.
1081
Vgl. Nunnally (1978)
294
9 Quantitative Analyse – Struktur-Modellierung mit AMOS
a
erf_inst
Erfolg der Institution
b
erf_pers
Persönlicher Erfolg
c
zu_ges
Zufriedenheit mit wahrgenommenem Erfolg der Institution
d
zu_pers
Zufriedenheit mit dem persönlichen Erfolg
1
et_abo
Treues Stammpublikum (Abo)
2
et_kuzu
Kundenzufriedenheit
3
et_ausl
Auslastung des Theaters
4
et_finan
Wirtschaftliche Situation des Theaters
5
et_effiz
Effiziente Organisation
6
et_rep
Stückauswahl/Repertoire
7
et_rufth
Ruf des Theaters in der Öffentlichkeit
8
et_lohn
Löhne/Gehälter der Mitarbeiter
9
et_klima
Betriebsklima
10
et_karr
Aufstiegsmöglichkeiten der Mitarbeiter
11
et_mazu
Mitarbeiterzufriedenheit
12
et_innov
Innovation/Uraufführungen
13
et_qual
Künstlerische Qualität
14
et_rufin
Ruf des/r Intendanten/in
15
et_peers
Persönlicher Ruf unter Fachkollegen
16
et_krit
Kritiken in den Medien
Tabelle 20:
Beschriftung der einzelnen Items (et…Erfolg der Institution)
9.1 Allgemeine Vorgehensweise der Analyse Strukturgleichungsmodellierung erlaubt es, Regressions-Beziehungen simultan zu testen. Dadurch sind auch komplexere Tests wie die konfirmatorische Faktorenanalyse oder Zeitreihenanalysen möglich. Auf Grundlage eines theoriegeleiteten
9.2 Testen des Datensatzes
295
Modells und seiner Konstrukte werden Daten erhoben. Mit Hilfe der Software können die Daten in das Modell gerechnet und überprüft werden. Abbildung 31 zeigt einen idealtypischen Prozess der Strukturmodellierung nach Kaplan. Dieser betrachtet die Modellierung als rekursiven Prozess, bei dem das Modell auf Grundlage der theoretischen Überlegungen und Kenntnisse entsprechend spezifiziert und modifiziert wird.1082
Abbildung 31:
Idealtypischer Strukturmodellierungsprozess Quelle: Kaplan (2000), S. 8
Das vorab spezifizierte Modell reflektiert die Annahmen und Hypothesen der Forschenden und legt a priori-Beziehungen zwischen den latenten Variablen fest.1083 9.2 Testen des Datensatzes Bevor mit der Schätzung der Parameter begonnen werden kann, ist eine Aufbereitung der Daten sowie deren Überprüfung auf Eignung für eine Strukturgleichungsanalyse erforderlich. 1082 1083
Vgl. Bollen (1989), S. 41 Vgl. Kaplan (2000)
296
9 Quantitative Analyse – Struktur-Modellierung mit AMOS
9.2.1 Test auf fehlende Werte Kovarianzanalysen können nur auf Grundlage vollständiger Matrizen durchgeführt werden. Eine erste Aufbereitung der Daten beinhaltet dadurch die Eliminierung fehlender Werte (missing values). Fehlende Werte sind vielfach unausweichlich und können auf verschiedene Art und Weise entstehen. Eine systematische Ursache für die fehlenden Werte beeinträchtigt die Generalisierbarkeit der Ergebnisse und macht auch ein Ersetzen der fehlenden Werte nicht möglich.1084 Zufällig entstandene fehlende Werte können entweder komplett unabhängig von den beobachteten ebenso wie den nichtbeobachteten Werten der anderen Variablen im Datensatz sein (missing completely at random, MCAR), oder nur von den beobachteten, nicht jedoch den unbeobachteten Werten im Datensatz (missing at random, MAR) abhängen.1085 Es gibt keine allgemein empfohlene Vorgangsweise für den Umgang mit fehlenden Werten, allerdings wird die Grenze für das Ersetzen fehlender Werte mit 10 Prozent angesetzt.1086 Dieses Kriterium trifft für alle Variablen des Datensatzes zu. Fehlende Werte können durch fallweisen (listwise deletion) oder paarweisen (pairwise deletion) Ausschluss entfernt werden – dies führt jedoch häufig zu einer problematischen Verkleinerung des Datensatzes. Ein Ersetzen der fehlenden Werte durch den Durchschnitt der beobachteten Werte wiederum verringert die Varianz.1087 Jüngere Methoden arbeiten mit multipler Imputation und ersetzen die fehlenden Werte mit aus dem Datensatz erwarteten Werten, welche durch Schätzung der beobachteten Werte ermittelt werden. Unter der Annahme, dass die fehlenden Werte zufällig und nicht-systematisch entstanden sind, wurden die fehlenden Werte des Datensatzes mithilfe des Verfahrens NORM ersetzt.1088 Dadurch wird der Varianzverlust gering gehalten und auch der Datensatz wird kaum verringert. Samples zwischen 100 und 200 Datensätzen werden als mittelgroß angesehen, eine Fallzahl unter 100 wird als für Strukturgleichungsmodelle ungeeignet angesehen.1089 Im vorliegenden Datensatz wurden sechs Fälle eliminiert, sodass von ursprünglich 155 Fragebögen ein Sample von 149 Fragebögen übrig blieb.
Vgl. Bollen/Long (1993), S. 2 Vgl. Byrne (2001) 1086 Vgl. Little/Rubin (2002) 1087 Vgl. Kline (1998), S. 75 1088 Vgl. Reinecke (2005), S. 287 f. das Programm ist als Freeware online erhältlich: http://www.stat.psu.edu/~jls/misoftwa.html [20 April 2008] 1089 Vgl. Schafer (1999); mit zunehmender Größe der Stichprobe steigt die Reliabilität der geschätzten Parameter wie Varianzen oder Regressionsgewichten ebenso wie der Fit-Indikatoren. Damit werden die Ergebnisse einer Modellschätzung generell „zuverlässiger“. 1084 1085
9.2 Testen des Datensatzes
297
9.2.2 Test auf Kollinearität Liegt Kollinearität vor, korrelieren zwei oder mehrere Variablen sehr stark miteinander. Sind zwei Variablen mehr oder weniger redundant (r > 0,85), kann dies das Finden einer Lösung behindern.1090 Kollinearität kann dazu führen, dass ein Strukturgleichungsmodell nicht gerechnet werden kann bzw. dass Werte nahe Null erreicht werden. Im vorliegenden Datensatz wurden die Variablen auf bivariate Kollinearität getestet, wobei kein einziges Variablenpaar einen r-Wert über 0,85 erreichte. Ein statistisches Verfahren zum Test auf multivariate Kolli-nearität steht nicht zur Verfügung. 9.2.3 Test auf Ausreißer In Strukturgleichungsmodellen wird von einer Linearität des Zusammenhanges zwischen verschiedenen Variablen ausgegangen. Das Vorliegen von Ausreißerwerten kann einen linearen Zusammenhang erhöhen oder vermindern.1091 Der vorliegende Datensatz wurde auf univariate Ausreißer untersucht, der Datensatz weist bei mehreren Variablen bis zu sechs Ausreißer auf. Diese Ausreißer pro Variable sind jedoch nicht auf einzelne Fälle beschränkt, sondern verteilen sich über den gesamten Datensatz. Nach Kline ist der Ausschluss dieser Fälle nur dann sinnvoll, wenn nachvollziehbar ist wie die Ausreißer zustande kamen.1092 Da dies nicht der Fall ist, werden diese Ausreißer bei der weiteren Analyse nicht berücksichtigt. 9.2.4 Test auf Normalverteilung Für verschiedene Schätzmodi (Maximum Likelihood und Generalized Least Squares) ist die Annahme multivariater Normalverteilung Bedingung. Bei groben Verletzungen der Normalverteilung können verschiedene Probleme auftreten, welche hauptsächlich zu einer falschen Bewertung von Modellen und Indizes führen.1093 Für das Vorliegen einer Normalverteilung sind die Schiefe und die Kurtosis der Variablen von Bedeutung. Alle Indikatoren des Datensatzes wurden auf Normalverteilung getestet (P-P-Diagramme). Die Schiefe (skewness) aller Variablen mit Ausnahme des institutionalen Erfolgs ist positiv (linkssteil) und für alle Variablen unter einem Wert von 3, also akzeptabel.1094 Die Kurtosis wird bei einem Wert zwischen 8 und Vgl. Kline (1998), S. 12 Vgl. Bühner (2004), S. 208 1092 Vgl. Bühner (2004), S. 156 1093 Vgl. Kline (1998), S. 80 1094 Vgl. West, et al. (1995), S. 62 f. 1090 1091
298
9 Quantitative Analyse – Struktur-Modellierung mit AMOS
20 diskutiert, dabei wird sie mit einem Wert über 10 als problematisch, mit einem Wert über 20 als inakzeptabel gesehen.1095 Auch hier sind alle Werte im erforderlichen Bereich. Variable
min
max
skew
c.r.
kurtosis
c.r.
zu_ges
1,000
5,000
,290
1,447
,044
,109
zu_pers
1,000
5,000
,499
2,488
,490
1,222
erf_inst
1,000
4,000
-,059
-,295
-,601
-1,496
et_qual
1,000
5,000
1,858
9,260
3,691
9,197
et_krit
1,000
4,000
,370
1,843
-,777
-1,935
et_rufin
1,000
4,000
,611
3,047
-,296
-,738
et_rep
1,000
5,000
1,398
6,964
2,205
5,494
et_mazuf
,000
5,000
,940
4,686
,510
1,270
et_karr
1,000
5,000
,302
1,504
-,523
-1,303
et_klima
1,000
5,000
1,372
6,835
1,673
4,168
et_lohn
-1,000
5,000
,272
1,353
-,440
-1,096
et_finan
1,000
5,000
1,493
7,438
2,030
5,059
et_ausl
1,000
4,000
1,200
5,982
,693
1,727
et_kuzu
1,000
4,000
1,616
8,055
1,806
4,499
et_abo
1,000
4,000
1,512
7,533
1,887
4,702
37,995
10,268
Multivariate Tabelle 21:
Überprüfung auf Normalverteilung
9.3 Explorative Faktorenanalyse Eine Faktorenanalyse dient häufig dazu, die Anzahl der Variablen zu reduzieren sowie homogene Gruppen der Variablen zu identifizieren. In einem ersten Schritt wurde eine explorative Faktorenanalyse (unter Einschluss der gesamten Indikatormenge) durchgeführt um erste Erkenntnisse über die zugrunde liegende Faktorstruktur zu erhalten.
1095
Vgl. Kline (1998)
9.3 Explorative Faktorenanalyse
299
9.3.1 Adäquanzprüfung Zur Prüfung der grundsätzlichen Eignung eines Datensatzes für eine Faktorenanalyse existieren zwei Prüfgrößen. Der Kaiser-Meyer-Olkin-Test gibt an, inwieweit die Variablenauswahl für eine Faktorenanalyse geeignet ist. Der Wert von 0,88 (Tabelle 22) weist auf eine Einstufung der Auswahl als „gut“ hin. Eine sehr gute Eignung wäre mit einem Wert größer als 0,9 erreicht, Werte unter 0,5 sind inakzeptabel.1096 Der Bartlett-Test auf Sphärizität überprüft die Wahrscheinlichkeit, dass die beobachteten Interkorrelationen der Itemwerte zufällig zustande gekommen sind. Je größer der Chi-Quadrat-Wert ausfällt, desto unwahrscheinlicher ist diese Zufälligkeit. Das Ergebnis ist hoch signifikant: dadurch wird die Nullhypothese – alle Interkorrelationen sind gleich Null – eigentlich verworfen. Dieser Test kann allerdings relativiert werden, da die Wahrscheinlichkeit, dass eine Nullhypothese verworfen werden kann, mit der Größe des Samples steigt.
Maß der Stichprobeneignung nach Kaiser-Meyer-Olkin.
Bartlett-Test auf Sphärizität Tabelle 22:
Ungefähres Chi-Quadrat
,882 1202,146
df
120
Signifikanz nach Bartlett
,000
KMO- und Bartlett-Test der explorativen Faktorenanalyse
9.3.2 Extraktion und Rotation der Faktoren Mit Hilfe der Faktorenanalyse soll im Folgenden überprüft werden, ob der wahrgenommene Erfolg eines Theaters ein multifaktorielles Konstrukt darstellt und, falls ja, welche Indikatoren für die Konstruktion des Erfolges relevant sind. Ausgangspunkt der Modellierung waren 16 Indikatoren sowie 4 unabhängige Variablen (siehe Tabelle 20). Zur Faktorextraktion wurde die Hauptkomponentenmethode basierend auf einer Zerlegung der Kovarianzmatrix gewählt, welche die Kommunalitäten der Variablen zunächst auf den Wert 1 setzt. Ziel dieses Verfahrens ist eine Reproduktion der Datenstruktur durch möglichst wenige Faktoren. Tabelle 23 zeigt die erklärte Gesamtvarianz der extrahierten Faktoren. Die einzelnen Faktoren erklären zwischen 10 und
1096
Vgl. Kline (1998)
300
9 Quantitative Analyse – Struktur-Modellierung mit AMOS
28 Prozent der Varianz. Insgesamt erklären die vier Faktoren 68,4 Prozent der Varianz im Datensatz, was als gutes Ergebnis gewertet werden kann. Die Faktorrotation erfolgte nach dem Varimax-Verfahren. In diesem Verfahren wird versucht, eine orthogonale Einfachstruktur zu finden, in welcher die verschiedenen Items auf einen Faktor maximal laden, während sie auf andere Faktoren nur eine minimale Ladung aufweisen.1097 Indikatoren die keinem Faktor eindeutig zuordenbar sind oder die zu niedrige Faktorladungen von unter 0,4 auf einen Faktor aufweisen, werden eliminiert. Faktoren oder Dimensionen sind Konstrukte, die als unbeobachtete bzw. latente Hintergrundgrößen die Zusammenhänge zwischen den beobachteten Variablen hervorrufen.1098 Die Höhe der Faktorladungen geben die Korrelation des Indikators mit dem jeweiligen Faktor an und sollten möglichst höher als 0,5 auf einem Faktor sein.1099 Aus der in 8 Iterationen konvergierten rotierten Komponentenmatrix (Tabelle 24) ist ersichtlich, dass die identifizierten Variablen auf vier Faktoren laden, wobei die Variablen effiziente Organisation, Stückauswahl/Repertoire, künstlerische Qualität, persönlicher Ruf unter Fachkollegen ebenso wie Kritiken in den Medien nicht eindeutig zuordenbar sind.
Vgl. Bühner (2004), S. 170 Vgl. Backhaus, et al. (2003), S. 291 ff. 1099 Vgl. Raithel (2006), S. 107; laden Variablen mit mehr als 0,5 auf mehrere Faktoren, müssen sie für alle betreffenden Faktoren berücksichtigt werden. Vgl. Fürntratt (1969) 1097 1098
9.3 Explorative Faktorenanalyse
Komponente
301
Summen von quadrierten Rotierte Summe der Faktorladungen für quadrierten Ladungen Extraktion % % % Kum. % Ges. Kum. % Ges. Kum. % Varianz Varianz Varianz
Anfängliche Eigenwerte Ges.
1
6,743
42,144
42,144 6,743
42,144
42,144 4,529
28,309
28,309
2
1,724
10,775
52,919 1,724
10,775
52,919 2,992
18,702
47,011
3
1,387
8,666
61,585 1,387
8,666
61,585 1,813
11,331
58,342
4
1,085
6,784
68,369 1,085
6,784
68,369 1,604
10,027
68,369
5
,722
4,513
72,882
6
,634
3,962
76,845
7
,546
3,414
80,259
8
,519
3,246
83,505
9
,487
3,045
86,550
10
,458
2,864
89,414
11
,388
2,422
91,836
12
,353
2,208
94,045
13
,277
1,734
95,778
14
,270
1,685
97,463
15
,236
1,472
98,936
16
,170
1,064 100,000
Extraktionsmethode: Hauptkomponentenanalyse. Tabelle 23:
Erklärte Gesamtvarianz der explorativen Faktorenanalyse Konstrukt: „Einflussfaktoren auf den wahrgenommenen Erfolg der Institution“ (Gesamt / % der Varianz / Kumulierte %)
Zur Überprüfung der Qualität der Messung wird Cronbachs ơ als Indikator für die Skalenreliabilität untersucht. Zumeist wird ein Mindestwert von 0,7 gefordert.1100 Cronbachs ơ für die vier Faktoren beträgt für den Faktor „wirtschaftliche Performance“ 0,90, für „Organisationsklima“ 0,82. Für den Faktor „künstlerische Qualität“ beträgt Cronbachs ơ lediglich 0,48 für zwei Items. Durch Hinzunahme des Indikators „Stückauswahl/Repertoire“ erhöht sich Cronbachs ơ auf 0,66. Der Faktor „Peer Reputation“ kommt lediglich auf ein ơ von 0,49, was hauptsächlich auf die Doppelladungen zurückzuführen ist. Entfernt man den Indikator „persönlicher Ruf unter Fachkollegen“ erhöht sich der Wert auf 0,69. 1100
Vgl. Backhaus, et al. (2003), S. 299
302
9 Quantitative Analyse – Struktur-Modellierung mit AMOS
Der inhaltliche Zusammenhang der auf einen Faktor ladenden Items sollte mit einem Begriff charakterisierbar sein. Daher wurden in der aktuellen Analyse die Faktoren „wirtschaftliche Performance“ (Faktor 1: treues Stammpublikum, Kundenzufriedenheit, Auslastung und finanzielle Situation), „Organisationsklima“ (Faktor 2: Lohn, Betriebsklima, Karrieremöglichkeiten und Mitarbeiterzufriedenheit), „künstlerische Qualität“ (Faktor 3: Stückauswahl/Repertoire und Qualität der Aufführungen) sowie „Peer Reputation“ (Faktor 4: Ruf des/r Intendanten/in, Medienkritiken) identifiziert. Dies ist insofern interessant, als die Items „Kritiken in den Medien“, „persönlicher Ruf unter Fachkollegen“ sowie „effiziente Organisation“ offensichtlich eher übergeordnete Faktoren als einzelne Items darstellen und daher auf mehrere Faktoren gleichzeitig laden. Komponente 1 treues Stammpublikum (Abo)
,847
zufriedenes Publikum
,784
Auslastung des Theaters
,770
wirtschaftliche Situation des Theaters
,765
effiziente Organisation
,688
Stückauswahl / Repertoire
,605
Ruf des Theaters in der Öffentlichkeit
,600
2
,451 ,779
Betriebsklima
,765
Aufstiegsmöglichkeiten der Mitarbeiter
,728
Mitarbeiterzufriedenheit
,708
Innovation, Uraufführungen
,859 ,433
,598
Ruf des Intendanten
,798
persönlicher Ruf unter Fachkollegen Kritiken in den Medien
,412 ,497
Extraktionsmethode: Hauptkomponentenanalyse. Rotationsmethode: Varimax mit Kaiser-Normalisierung. a Die Rotation ist in 8 Iterationen konvergiert. Tabelle 24:
4
,452
Löhne/Gehälter der Mitarbeiter
künstlerische Qualität
3
Varimax-rotiertes Ergebnis der explorativen Faktorenanalyse Konstrukt: „Einflussfaktoren auf den wahrgenommenen Erfolg der Institution“
,675 ,517
9.4 Konfirmatorische Faktorenanalyse
303
9.4 Konfirmatorische Faktorenanalyse Die konfirmatorische Faktorenanalyse dient einer formalen Darstellung komplexer Konstrukte durch Indikatoren und der Gütebeurteilung ihrer Messung. Diese Beurteilung erfolgt durch die Schätzung der Parameter des Messmodells und dem Vergleich des Modells mit den empirischen Daten (Abbildung 32). Der Unterschied zur explorativen Faktorenanalyse besteht in der Zielsetzung, die in der konfirmatorischen Faktorenanalyse Strukturen überprüfen, nicht erkennen, möchte. Daher wird die Zahl der latenten Variablen a priori festgelegt und die Zuordnung zwischen latenten und beobachteten Variablen spezifiziert. Eine explorative Faktorenanalyse kann wie im vorliegenden Fall als Vorstufe verstanden werden. So können vorhandene Erkenntnisse und theoretische Überlegungen explizit in die Analyse einfließen. Eine Vielzahl an Möglichkeiten, auf Signifikanz zu testen sowie das Spektrum an lokalen und globalen Gütemaßen verleihen größeren Aussagegehalt.1101 Die konfirmatorische Faktorenanalyse wird mit Hilfe des Softwarepakets AMOS 7.0 durchgeführt.
Abbildung 32:
Strukturmodell und Messmodelle
9.4.1 Operationalisierung des Modells Ein Strukturmodell (inneres Modell) bildet die theoretisch vermuteten Zusammenhänge zwischen den hypothetischen Konstrukten ab. Dabei werden die abhängigen latenten Variablen als „endogene“, die unabhängigen latenten Variablen als „exogene“ Variablen bezeichnet. Das Messmodell (äußeres Modell) legt die Beziehungen zwischen den latenten Variablen und ihren Indikatoren auf der Beobachtungsebene fest. Ein Modell ist immer nur eine vereinfachte Abbildung der Realität und somit zwangsläufig mehr oder weniger unvollständig. Daher muss der Einfluss von Störgrößen im Modell (en) bei allen endogenen Variablen berücksichtigt werden. Das ermittelte 1101
Vgl. Nunnally (1978)
304
9 Quantitative Analyse – Struktur-Modellierung mit AMOS
Messmodell wird mit Hilfe der ermittelten empirischen Daten untersucht. Dabei werden Modellparameter so geschätzt, dass das Modell die Kovarianzstruktur der Indikatoren bestmöglich reproduziert. Die Beurteilung der Güte einer Operationalisierung erfolgt einerseits auf Ebene der Konstrukte (lokale Anpassungsgüte), andererseits auf Modellebene (globale Anpassungsgüte). Ein schlechter Fit des Gesamtmodells gibt keine Hinweis, welche Teile des Modells verantwortlich sind, eine gute Anpassung wiederum gibt keine Auskunft darüber, ob alle Teilstrukturen des Modells gute Werte erzielen.1102 Bei der Beurteilung eines Modell-Fits werden sowohl lokale als auch globale Gütekriterien angegeben und interpretiert.
Abbildung 33:
9.4.1.1
Übersicht über Gütekriterien eines Strukturgleichungsmodells Quelle: modifiziert nach Homburg/Baumgartner (1995), S. 165
Lokale Anpassungsgüte
Zur Evaluierung der einzelnen Konstrukte eines Modells stehen verschiedene lokale Gütekriterien zur Verfügung: die konvergente Reliabilität in Form der Indikatorreliabilität, der Faktorreliabilität und der durchschnittlich erfassten Varianz sowie die diskriminante Validität in Form des Fornell-Lackner-Kriteriums und des Ʒ2Differenztests. 1102
Vgl. Homburg, et al. (2007), S. 273 f.
9.4 Konfirmatorische Faktorenanalyse
305
Innerhalb des Modells ist die Frage von Bedeutung, ob die verwendeten Indikatoren dasselbe Konstrukt messen, inwieweit die einzelnen Konstrukte im Modell zuverlässig durch Indikatoren erfasst werden und wie zuverlässig einzelne Konstrukte gemessen werden. Die konvergente Validität des Modells wird durch verschiedene Kriterien überprüft: die Indikatorreliabilität, die Faktorreliabilität und die Durchschnittlich Erfasste Varianz. Die Indikatorreliabilität (IR) gibt an, welcher Anteil der Varianz durch den zugehörigen Faktor erklärt wird und wird mit Hilfe von Cronbachs ơ gemessen. Je höher die Kovarianzen bzw. Korrelationen zwischen den Indikatorvariablen sind, desto höher ist Cronbachs ơ (Wert zwischen 0 und 1). In der Regel sind die Faktorladungen signifikant, wenn das Kriterium der Indikatorreliabilität mit einem Mindestwert von 0,4 erfüllt ist.1103 Die Faktorreliabilität und die durchschnittlich erfasste Varianz geben an, wie gut eine latente Variable durch die ihr zugeordneten Indikatoren gemessen wird. Beide Anpassungsmaße können Werte zwischen 0 und 1 annehmen. Die Faktorreliabilität (FR) misst, wie zuverlässig oder fehlerfrei ein Faktor gemessen wird und sollte größer als 0,6 sein. Der Wert für die durchschnittlich erfasste Varianz (DEV) gibt an, welcher Varianzanteil des Faktors im Durchschnitt durch die Indikatoren erfasst wird. Er sollte größer als 0,5 sein.1104 Die Diskriminanzvalidität eines Modells zeigt, ob die Indikatoren unterschiedlicher Konstrukte tatsächlich unterschiedliche Inhalte messen und ob die sinnvolle Möglichkeit besteht, einzelne Konstrukte im Modell zuverlässig voneinander abzugrenzen. Die diskriminante Validität wird durch das Fornell-Larcker-Kriterium und den Ʒ2Differenztest überprüft. Das Fornell-Larcker-Kriterium (1) besagt, dass die durchschnittlich erfasste Varianz eines Faktors (DEV) größer sein sollte als die höchste quadrierte Interkorrelation mit jedem anderen Faktor im Modell (r2). Die FornellLarcker-Verhältniszahl sollte kleiner dem Wert 1 sein.1105 Der Ʒ2-Differenztest (2) postuliert, dass sich das Modell signifikant verschlechtert, wenn die Korrelation zweier Faktoren auf den Wert 1 gesetzt wird. Die Chi-Quadrat-Differenz sollte auf dem 5%-Niveau größer als 3,841 sein.1106
1103 Vgl. Backhaus, et al. (2003), S. 376; häufig wird ein strengerer Mindestwert von 0,7 postuliert, vgl. Homburg/Giering (1996), S. 8 1104 Vgl. Nunnally (1978), S. 245 1105 Vgl. Bagozzi/Yi (1988); Homburg/Giering (1996), S. 12 1106 Vgl. Fornell/Larcker (1981)
306
9 Quantitative Analyse – Struktur-Modellierung mit AMOS 2
(1) rel ( x ) i
O I jj O I jj T ii 2 ij
k
(3)
DEV ([i )
¦O
9.4.1.2
2 ij
I j
i 1
k
¦O
2 ij
i 1
Abbildung 34:
(2)
2 ij
k
I j ¦ Ti i 1
(4)
rel ([ j )
§ k · ¨ ¦ Oij ¸ I jj ©i 1 ¹ 2
k § k · ¨ ¦ Oij ¸ I jj ¦T ii i 1 ©i 1 ¹
DEV ([ i ) ! r 2 ([ i , [ j ), für alle i z j Fornell - Larcker - Ratio :
r 2 ([ i , [ j ) DEV ([ i )
1
Lokale Gütekriterien Indikatorreliabilität (1), Faktorreliabilität (2), durchschnittlich erfasste Varianz (3), Fornell-Larcker-Ratio (4)1107
Globale Anpassungsgüte
Zentrales Kriterium für diese Kategorie von Maßen ist, dass die empirische VarianzKovarianz-Matrix (Sample Covariance Matrix) und die durch das Modell vorhergesagte Kovarianzmatrix (Implied Covariance Matrix) möglichst deckungsgleich sein sollten. Die von AMOS gefundenen Modellparameter minimieren die sogenannte Diskrepanz- oder Fit-Funktion (f). Das Minimum von f zeigt die maximale Ähnlichkeit von Modellvorhersage und Empirie an. Stand-Alone-Kriterien für die Modellgüte sind eine Funktion der Diskrepanz der beobachteten und der implizierten Datenmatrix. Diese gliedern sich wiederum in inferenzstatistische Tests (ChiQuadrat-Tests, RMSEA) und standardisierte deskriptive Fit-Indizes (GFI, AGFI). Inkrementelle Fit-Indizes beurteilen das Modell nicht isoliert, sondern in Relation zu einem Basismodell. Durch den Vergleich von Modells und Basismodell wird eine Verbesserung des Model-Fits berechnet. Inferenzstatistische Gütekriterien verwenden statistische Tests zur Beurteilung der Anpassungsgüte eines Modells bzw. zur Beantwortung der Frage, wie gut ein Modell der durch die Untersuchung beobachteten Realität entspricht. Die Wahrscheinlichkeits-Ratio (Likelihood-Ratio) Ʒ2 (CMIN) ermöglicht durch die Berechnung des Verhältnisses zwischen der Zahl der Freiheitsgrade und dem Chi-Quadrat eine Prüfung der „absoluten Richtigkeit“ eines Modells. Der Chi-Quadrat-Anpassungstest ist allerdings sehr abhängig von der Stichprobengröße: je mehr Personen untersucht werden, desto schlechter erscheint das Modell unter ansonsten gleichen Umständen. Daher wird empfohlen, den Quotienten aus dem Chi-Quadrat-Wert und 1107 mit ƫij geschätzte Faktorladung, ƶjj geschätzter Varianz der latenten Variablen Ʈj und ƨii geschätzte Varianz des zugehörigen Messfehlers bei Indikatorvariablen. Vgl. Homburg/Giering (1996), S. 11
9.4 Konfirmatorische Faktorenanalyse
307
der Zahl der Freiheitsgrade als deskriptives Anpassungsmaß zu verwenden.1108 Ein hohes Chi-Quadrat mit vielen Freiheitsgraden kann als Indiz für signifikante Unterschiede zwischen der beobachteten und der vorhergesagten Matrix gewertet werden. Ein guter Modell-Fit ist daher durch ein niedriges Chi-Quadrat und einen nicht-signifikanten P-Wert (> 0,05) gegeben. Das Hoelter-Kriterium zeigt an, wie groß die Stichprobe sein hätte müssen, damit Ʒ2 gerade eben nicht signifikant geworden wäre.1109 Da „postulated models (no matter how good) can only ever fit real world data approximately and never exactly“,1110 wird freilich empfohlen, den Chi-QuadratTest als rein deskriptives Anpassungsmaß zu nutzen. Der RMSEA (Root Mean Square Error of Approximation) bewertet nicht den absoluten, sondern den relativen Fit des Modells, also inwieweit sich das Modell der Realität annähert. Der RMSEA sollte für einen guten “Fit” kleiner als der Wert 0,08 bzw. 0,05 sein. Werte größer als 0,1 sind inakzeptabel.1111 Der Nonzentralitätsparameter (Noncentrality Parameter) NCP ermöglicht den Vergleich von Fits für Modelle mit unterschiedlicher Komplexität und vereinfacht dadurch den Vergleich mit Alternativmodellen (NCP = CMIN – df). Der Standardisierte Nonzentralitätsparameter SNCP berücksichtigt Abweichungen gemäß NCP pro Proband (SNCP = NCP/N). (1) F 2 Abbildung 35:
(n 1) F ( S , ¦)
(2) SNCP
2 F def df def
N
(3) RMSEA
SNCP df
Globale Gütekriterien Likelihood Ratio (1), Standardized Noncentrality Parameter (2), Root Mean Square Error of Approximation (3) 1112
Der RMR (Root Mean Square Residual) misst die durchschnittliche Menge der Residualvarianzen die nicht durch das Modell erklärt werden. Kriterien für einen guten Fit sind möglichst kleine Werte unter < 0,08 bzw. 0,05.1113 Das deskriptive Fit-Kriterium der Anpassungsgüte (Goodness of Fit Index) GFI beschreibt, wie gut ein statistisches Modell eine Menge von Beobachtungen trifft. Es misst die Diskrepanz zwischen der generierten und der empirischen Kovarianzmatrix und ist mit dem R2 in der multiplen Regression vergleichbar. Der GFI ist umso besser, je näher er am Wert 1 liegt, daher sollte er Werte größer als 0,90 bzw. Vgl. Bagozzi (1982), S. 156 Vgl. Jöreskog/Sörbom (1982), S. 408; Hoelters Hinweis, Werte größer gleich 200 würden auf einen guten Fit hindeuten, ist allerdings umstritten. 1110 Hoelter (1983), S. 325 1111 Vgl. Byrne (2001), S. 81 1112 mit Ɠ…modelltheoretische Kovarianz-Matrix, S…empirische Kovarianz-Matrix, F… Minimum der Schätzfunktion 1113 Vgl. Browne/Cudeck (1993), S. 136 ff. 1108 1109
308
9 Quantitative Analyse – Struktur-Modellierung mit AMOS
0,95 annehmen.1114 Der AGFI (Adjusted Goodness of Fit Index) korrigiert den stichprobenspezifischen Overfit des GFI indem er die Freiheits-grade mit berücksichtigt. Auch der AGFI sollte ebenso Werte größer als 0,90 bzw. 0,95 annehmen.1115 Beide Werte sind stark durch die Stichprobengröße beeinflussbar. GFI 1 Abbildung 36:
Fdef Find
Goodness of Fit Index
Inkrementelle Gütekriterien setzen das zu testende Modell in Kontrast zu einem akzeptierten Nullmodell bzw. Vergleichsmodell. Zumeist wird das Independence Model als Referenz gewählt. Der NFI (Normed Fit Index) basiert auf dem Chi-Quadrat und vergleicht den Minimalwert der Diskrepanzfunktion des Modells mit jenem des Basismodels.1116 Der NFI ist bei Stichproben kleiner 400 sehr fehleranfällig. Der TLI (Tucker Lewis Index) erweist sich als robuster. Er stellt zusätzlich zum NFI die Komplexität des Modells in Rechnung. Für beide Maße sind Werte größer als 0,9 bzw. 0,95 indikativ für ein gutes Modell. Dasselbe gilt für den CFI (Comparative Fit Index), der die Modellgüte in Relation zu einem Basismodell beurteilt und speziell für kleine Stichproben geeignet ist.1117 (1) NFI Abbildung 37:
2 2 F def F ind 2 F ind
(2) TLI
F
2 ind
2 df ind F def df def
F
2 ind
df ind
NCPind NCPdef NCPind
Normed Fit Index (1), Tucker Lewis Index (2)
Zur Beurteilung eines akzeptablen Fits wird eine Mischung mehrerer Indizes vorgeschlagen: (1) Ein nicht-signifikantes Ʒ2 (CMIN) bei einer Stichprobengröße zwischen 100 und 300; (2) CMIN/df kleiner als 1,5 / 2 / 3 / 5; (3) die inkrementellen Indizes (NFI, TLI) größer als 0,9 bzw. 0,95 sowie (4) RMSEA und RMSR kleiner als 0,08 bzw. 0,05.1118
Vgl. Hair, et al. (1998) Vgl. Kline (1998), S. 128 1116 Vgl. Jöreskog/Sörbom (1982) 1117 Vgl. Bentler/Bonnet (1980), S. 588 ff. 1118 Vgl. Bentler (1990), S. 238 ff. 1114 1115
9.4 Konfirmatorische Faktorenanalyse
309
Lokale Gütekriterien
Anspruchsniveau
IR
0,4
FR
0,6
DEV Signifikanztest der Faktorladung (einseitig auf 5%-Niveau) Fornell-Larcker-Kriterium Ʒ2 -Differenztest (einseitig auf 5%-Niveau)
0,5
Globale Gütekriterien
Anspruchsniveau
CFI
0,9
t 1,645 DEV > quadratische Korrelation Ʒ2 –Differenz > 3,841
NFI
0,9
Ʒ2 /df
3
RMSEA
0,05 bzw. 0,08
GFI
0,9
AGFI
0,9
Tabelle 25:
Globale und lokale Gütekriterien zur Beurteilung des Modells Quelle: Zusammenstellung aus Rothenberger (2005), S. 164
9.4.2 Einflussfaktoren auf den wahrgenommenen Erfolg der Institution Tabelle 24 zeigt die rotierte Komponentenmatrix der explorativen Faktorenanalyse zum Einfluss auf den wahrgenommenen Erfolg der Institution, aus welcher vier Faktoren resultierten: Die a) wirtschaftliche Performance der Institution (als externes Maß), b) das Organisationsklima (ein internes Maß), c) die künstlerische Qualität der Aufführungen sowie d) den Ruf der Organisation bei verschiedenen Stakeholdern. Diese vier Faktoren wurden der konfirmatorischen Faktorenanalyse zugrunde gelegt und optimiert. 12 der 16 Faktoren wurden beibehalten. Abbildung 38 zeigt die konvergierte Lösung des Strukturgleichungsmodells der empirischen Studie mit den standardisierten Faktorladungen der Messmodelle und den standardisierten Regressionspfaden. Die Korrelation zwischen e2 und e13 zeigt einen interessanten Zusammenhang zwischen Kundenzufriedenheit und Repertoire. Der Faktor „Erfolg“ setzt sich aus den Indikatoren „Gesellschaftliche Beurteilung des Erfolgs der Institution“, „Persönliche Beurteilung des Erfolgs der Institution“ sowie „Erfolg der Institution“ zusammen.
310
9 Quantitative Analyse – Struktur-Modellierung mit AMOS ,68 ,83 ,76
et_abo et_kuzu et_ausl
,74 ,85
wirt perf ,40
et_finan
,62 ,13 org klima
,48 e18 e17 e19
zu_pers
,72
,69
erf_inst ,38 zu_ges
,66 ,81
,76
,61
,65
erfolg ,78
,67
,76
,41
,61
künstl qual ,27
,33
,65
peer rep
9.4.2.1
,66 ,52 ,57
,74 ,86 ,66
,64 ,82
Abbildung 38:
et_karr et_mazuf
et_rep et_qual
et_rufin et_krit
e2
,55 ,73
,44 et_lohn et_klima
e1
,57
,44
,41 ,67
e3 e4
e8
,40
e9 e10 e11
e13 e16
e14 e15
Einflussfaktoren auf den wahrgenommenen Erfolg der Institution
Lokale Anpassungsgüte des Modells
Bezüglich des lokalen Modell-Fits (vgl. Tabelle 26) ist für alle Faktoren ebenso wie für das Gesamtmodell konvergente sowie Diskriminanzvalidität vorhanden. Die Indikatorreliabilität gemessen an Cronbachs ơ beträgt 0,87 für den Faktor „wirtschaftliche Performance“, 0,82 für den Faktor „Organisationsklima“, sowie jeweils 0,74 für die Faktoren „künstlerische Qualität“ und „Peer Reputation“. Der Faktor „Erfolg“ erreicht ein Cronbachs ơ von 0,73. Die Faktorreliabilität ist größer als 0,6, die Durchschnittlich Erfasste Varianz ist größer als 0,5. Das Fornell-LarckerKriterium liegt wie gefordert jeweils unter dem Wert 1. Lediglich der Wert für den Faktor „künstlerische Qualität“ ist größer als 0,95, was für hohe Redundanz der beiden Indikatoren (Qualität und Repertoire) für diesen Faktor spricht. Aus inhaltlichen Gründen wird dieser Faktor jedoch in gleicher Form beibehalten.
9.4 Konfirmatorische Faktorenanalyse org_klima
Ɖ(i)
ƫ(i)
f(Faktor)
Messfehlervar.
unstd. Ladungen
Varianz Faktor
Ɖ(i)
ƫ(i)
f(Faktor)
Messfehlervar.
unstd. Ladungen
Varianz Faktor
Ɖ(i)
ƫ(i)
f(Faktor)
Messfehlervar.
unstd. Ladungen
Varianz Faktor
Ɖ(i)
ƫ(i)
f(Faktor)
Messfehlervar.
unstd. Ladungen
Varianz Faktor
1 2 3 4 künstl_qual
0,82 0,28 0,55 0,34
1 2 peer_rep
0,15 0,33
1 2 erfolg 1 2 3 Tabelle 26:
9.4.2.2
311
0,41 0,21
0,48 0,38 0,61
1 0,91 0,97 0,84
1 0,76
1 1,50
1,37 1 1,57
Faktorreliabilität DEV
0,81 0,52
,63 Fornell-Larcker-Ratio
0,81
Faktorreliabilität DEV
0,74 0,59
0,44 Fornell-Larcker-Ratio
0,98
Faktorreliabilität DEV
0,72 0,57
0,25 Fornell-Larcker-Ratio
0,74
Faktorreliabilität DEV
0,94 0,83
1,37 Fornell-Larcker-Ratio
0,57
Lokale Anpassungsgüte des Modells „Einflussfaktoren auf den wahrgenommenen Erfolg“
Globale Anpassungsgüte des Modells
Inferenzstatistische Gütemaße dienen der Beantwortung der Frage, inwieweit ein Modell der durch die Untersuchung beobachteten Realität entspricht. Die Lösung wurde in 11 Iterationen konvergiert und erzielt ein Chi-Quadrat von 112,6 (CMIN) bei 79 Freiheitsgraden (DF). Das Wahrscheinlichkeitsniveau (P) liegt bei 0,008. Dieser Wert deutet darauf hin, dass zwischen der vorhergesagten und der beobachteten Matrix ein signifikanter Unterschied besteht. Das Verhältnis zwischen ChiQuadrat und den Freiheitsgraden bleibt jedoch mit 1,4 deutlich unter dem maximalen Sollwert von 2-3. Der RMSEA-Wert als weiteres inferenzstatistisches Gütekriterium sollte unter dem Wert von 0,08 liegen, was durch das vorliegende Modell deutlich unterschritten wird. Bis auf 5,4 Prozent unerklärter Varianz nähert sich das spezifizierte Modell der Realität an. Mit 90-prozentiger Wahrscheinlichkeit liegt der RMSEA-Wert zwischen 0,03 (LO 90) und 0,07 (HI 90) – also unter 0,08. (Tabelle 27).
312
9 Quantitative Analyse – Struktur-Modellierung mit AMOS
Model
NPAR
Default model Saturated model Independence model Model
CMIN
DF
41
112,563
79
120
,000
0
15
1049,863
105
RMSEA
LO 90
P
CMIN/DF
,008
1,425
,000
9,999
HI 90
PCLOSE
Default model
,054
,028
,075
,380
Saturated model
,247
,233
,260
,000
Independence model Tabelle 27:
Globale Anpassungsgüte – inferenzstatistische Gütekriterien
Deskriptive Gütemaße werden zur Bewertung wie gut ein Modell eine Menge von Beobachtungen trifft herangezogen. Die Zahl der durchschnittlichen Menge der Residualvarianzen die nicht durch das Modell erklärt werden (RMR) liegt deutlich unter dem Mindestmaß von 0,05. Der GFI ist mit einem Wert von 0,915 deutlich über dem Mindestmaß von 0,9, auch der AGFI liegt mit 0,87 nur knapp darunter. Mit dem vorliegenden Modell können also 92 Prozent (GFI) bzw. 87 Prozent (AGFI) der Varianz im Datensatz erklärt werden (Tabelle 28). Model
RMR
GFI
Default model
,046
,915
Saturated model
,000
1,000
Independence model
,259
,346
Tabelle 28:
AGFI
PGFI
,871
,603
,252
,303
Globale Anpassungsgüte – deskriptive Gütemaße
Inkrementelle Gütekriterien setzen das Modell in Bezug zum „Independence Model“. Der NFI, der allerdings bei kleineren Stichproben sehr fehleranfällig ist, unterschreitet den Wert von 0,9 nur sehr knapp. Der Tucker-Lewis-Index (TLI) zeigt einen guten Fit mit 0,95, ebenso wie der Comparative-Fit-Index (CFI) mit 0,96 (Tabelle 29). Die Gesamtbeurteilung des globalen Modell-Fits ergibt tlw. sehr gute Werte, lediglich der NFI sowie der AGFI werden nur knapp unterschritten. Das Modell besteht aus insgesamt zwölf Indikatoren für den wahrgenommenen Erfolg im Musiktheater und berücksichtigt sowohl interne als auch externe Faktoren. Damit ist Hypothese 1 hinsichtlich der multifaktoriellen Natur der Erfolgswahrnehmung von im Musiktheater tätigen Individuen bestätigt.
9.5 Die multifaktorielle Natur der Erfolgswahrnehmung NFI Delta1
Model Default model
,893
Saturated model Independence model Tabelle 29:
RFI rho1
IFI Delta2
,857
1,000 ,000
313
,965
TLI rho2 ,953
1,000 ,000
,000
CFI ,964 1,000
,000
,000
Globale Anpassungsgüte – inkrementelle Gütemaße
9.5 Die multifaktorielle Natur der Erfolgswahrnehmung Im vorhergehenden Abschnitt wurde die Hypothese 1 bestätigt: „Die individuelle Wahrnehmung von Erfolg durch MitarbeiterInnen im Musiktheater ist ein multifaktorielles Konstrukt das sowohl interne als auch externe Faktoren berücksichtigt“. Im Folgenden werden die vier Faktoren und die entsprechenden Teilhypothesen 1a bis 1f diskutiert (vgl. Abbildung 39).
Abbildung 39:
Adaptiertes Einflussmodell auf die Wahrnehmung von Erfolg durch MitarbeiterInnen am Musiktheater
314
9 Quantitative Analyse – Struktur-Modellierung mit AMOS
9.5.1 Faktor „Wirtschaftliche Performance“ Der Faktor „wirtschaftliche Performance“ zeigt den höchsten Einfluss auf die Erfolgswahrnehmung im Musiktheater. Dies kann als Indiz gewertet werden, dass auch im früher „subventionsverwöhnten“ Theatersektor ein Umdenken stattgefunden hat. Die hohe Bedeutung der wirtschaftlichen Situation des Theaters unterstreicht die Notwendigkeit einer gewissen Sicherheit hinsichtlich einer längerfristigen Existenz der Institution. Hohe Abonnementzahlen sind ebenfalls ein Hinweis auf die finanzielle Sicherheit einer Institution, handelt es sich doch um „verlässlichere“ und „berechenbarere“ BesucherInnen als EinzelticketkäuferInnen. Gleichzeitig ist die Auslastung als kurzfristiges Indiz für finanzielle Sicherheit von Bedeutung. Schließlich wird die Kundenzufriedenheit nicht wie erwartet in Zusammenhang mit künstlerischer Qualität, sondern als Bedingung für den finanziellen Erfolg der Institution gewertet. Dennoch wurde die Variable effiziente Organisation nicht integriert. Hypothese 1b postuliert “Je zufriedener ein/e MitarbeiterIn mit der wahrgenommenen Zufriedenheit des Publikums und dessen Loyalität ist, desto höher ist seine/ihre individuelle Erfolgswahrnehmung.“ Die wahrgenommene Publikumszufriedenheit sowie die Loyalität des Publikums ausgedrückt in AbonnentInnen bzw. Stammpublikum wurden von den Befragten als wichtige Einflussfaktoren auf den Erfolg bestätigt – damit auch Hypothese 1b. Die folgende Hypothese 1 c lautet: „Je zufriedener ein/e MitarbeiterIn mit der wirtschaftlichen Situation und der Auslastung des Theaters ist, desto höher ist seine/ihre individuelle Erfolgswahrnehmung.“ Auch diese Hypothese wurde bestätigt. Allerdings bildeten die Faktoren bezüglich des Publikums keinen eigenen Faktor, sondern wurden zu den wirtschaftlichen Faktoren gerechnet. Dies könnte als Indiz darauf gewertet werden, dass das Publikum nicht wie angenommen als primär zu erreichende Stakeholdergruppe eingestuft wird, sondern als „Instrument“ zur Erreichung finanzieller Ziele. Dagegen spricht allerdings die enge Beziehung zwischen der Variable Kundenzufriedenheit und der künstlerischen Qualität. 9.5.2 Faktor „Peer Reputation“ Der Faktor „Peer Reputation“ muss wie erwähnt ohne die Variablen „Ruf unter FachkollegInnen“ und „Ruf des Theaters in der Öffentlichkeit“ auskommen. Stattdessen fokussiert sich der zweitwichtigste Faktor auf den Ruf der offensichtlichen Schlüsselperson – den/die Intendanten/in – und die Kritiken in den Medien. Die offen geführten Besetzungsdiskussionen großer Theaterhäuser wie beispielsweise der Nachfolge Ioan Holenders an der Wiener Staatsoper unterstreichen die Wichtigkeit der Führungspersönlichkeit für den wahrgenommenen Erfolg einer Institution. Der/die IntendantIn fungiert wie in Abschnitt 2.5.1 dargelegt, als Schnittstelle zwischen künstlerischen und wirtschaftlichen Anforderungen, ist HauptträgerIn der
9.5 Die multifaktorielle Natur der Erfolgswahrnehmung
315
Vision und soll die MitarbeiterInnen in die Lage versetzen, Spitzenleistungen zu erzielen. MedienkritikerInnen werden offenbar im Gegensatz zu den BesucherInnen als Peers, als Sachverständige, wahrgenommen, deren öffentliches Feedback nicht nur die Besucherzahlen beeinflusst, sondern auch als Bestätigung oder Widerlegung persönlicher Leistungen gewertet wird. Hypothese 1a lautet: „Je zufriedener ein/e MitarbeiterIn mit den reputationalen Faktoren bezüglich a) institutionale Reputation des Theaters bzw. Opernhauses, b) Peer Reputation, c) Reputation des künstlerischen Direktors und d) Medienkritik) ist, desto höher ist seine/ihre individuelle Erfolgswahrnehmung.“ Diese Hypothese ist mit den vorliegenden Ergebnissen nur zum Teil bestätigt. Zwar sind die Reputation des/r künstlerischen DirektorIn sowie Medienkritiken für das Sample relevante Faktoren, welche die Erfolgswahrnehmung beeinflussen, nicht jedoch die Reputation der Institution und auch nicht der Ruf bei FachkollegInnen (peers). 9.5.3 Faktor „Künstlerische Qualität“ Der Faktor „künstlerische Qualität“ muss auf die Variable Innovation/ Uraufführungen, die im Vorfeld als indikativ für künstlerische Qualität angenommen wurde, verzichten. Zwar spielt das Repertoire bzw. die Auswahl der Stücke für den jeweiligen Spielplan eine wichtige Rolle, der Neuigkeitscharakter dieser Stücke jedoch offenbar nur eine untergeordnete. Die wahrgenommene Qualität des Angebots bezieht sich auf die persönliche Einschätzung der Befragten hinsichtlich der künstlerischen Inszenierung und Darbietung. In Hypothese 1d wird postuliert: „Je zufriedener ein/e MitarbeiterIn mit der wahrgenommenen Qualität bezüglich der Produktionen, Programm/Spielplan und dem Innovationsgrad ist, desto höher ist seine/ihre individuelle Erfolgswahrnehmung.“ Diese Hypothese wird partiell bestätigt, denn der Innovationsgrad der dargebotenen Stücke scheint kein relevanter Einflussfaktor auf den wahrgenommenen Erfolg des Theaters zu sein. 9.5.4 Faktor „Organisationales Klima“ Der Faktor „organisationales Klima“ zeigt die Bedeutung eines offenen, von den MitarbeiterInnen als positiv empfundenen Betriebsklimas. Karriere- und Aufstiegsmöglichkeiten der MitarbeiterInnen spielen dabei eine wichtige Rolle, ebenso wie die Zufriedenheit der MitarbeiterInnen. Eine untergeordnete, aber nicht zu vernachlässigende Größe stellen die Löhne und Gehälter der MitarbeiterInnen dar – mit deren Höhe man sich zwar offensichtlich abgefunden hat, denen aber dennoch eine beeinflussende Rolle auf die Erfolgswahrnehmung zugeschrieben wird.
316
9 Quantitative Analyse – Struktur-Modellierung mit AMOS
Hypothese 1e bezieht sich auf die MitarbeiterInnen am Musiktheater: „Je zufriedener ein/e MitarbeiterIn mit den Faktoren ist, die seine/ihre Karrierechancen und Kompensation gestalten, desto höher ist seine/ihre individuelle Wahrnehmung von Erfolg.“ Diese Hypothese wurde mit allen drei vorgeschlagenen Variablen bestätigt. Hypothese 1f postuliert einen Zusammenhang der Erfolgswahrnehmung mit organisationsinternen Faktoren: „Je zufriedener ein/e MitarbeiterIn mit dem Betriebsklima und der Effizienz der Organisation ist, desto höher ist seine/ihre individuelle Erfolgswahrnehmung.“ Hypothese 1f wird nur partiell bestätigt. Zwar ist das Betriebsklima ein entscheidender Einflussfaktor auf die Erfolgswahrnehmung, nicht jedoch die Effizienz der Organisation. 9.6 Einfluss der Ausgestaltung des Arbeitsverhältnisses auf die individuelle Erfolgswahrnehmung Hypothese 2 wurde formuliert als: „Die individuelle Erfolgswahrnehmung von MitarbeiterInnen unterscheidet sich nach unterschiedlichen Ausgestaltungen des Arbeitsverhältnisses.“ Aufgrund der relativ geringen Größe der Subsamples hinsichtlich einzelner Beschäftigungsgruppen – insbesondere im künstlerischen Bereich – musste auf eine Teilung des Datensatzes für eine getrennte Strukturmodellierung verzichtet werden. Zur Überprüfung der zweiten Hypothese wurde daher wie bereits in der Überprüfung der Eignung der beiden Datensätze für eine gemeinsame Auswertung auf eine einfaktorielle univariate Varianzanalyse (one-way ANOVA) zurückgegriffen. Eine signifikante Abweichung der beiden Gruppen bestätigt in diesem Fall die aufgestellte Hypothese. 9.6.1 Künstlerische, administrative und technische Beschäftigungsbereiche Zur Überprüfung von Hypothese 2a „Das Gefühl für Erfolg und Motivation unterscheidet sich in den verschiedenen Beschäftigungsgruppen a) künstlerisches, b) technisches und c) administratives Personal“ wurde der Datensatz in die entsprechenden drei Beschäftigungsbereiche künstlerisches (n=45), administratives (n=33) und technisches (n=71) Personal geteilt. Im Anschluss wurden die verwendeten Items einer Varianzanalyse unterzogen. Zwischen den Gruppen konnte ein einziger signifikanter Unterschied auf 10%Niveau bezüglich der Wichtigkeit der Publikumszufriedenheit festgestellt werden. Tendenziell liest man aus dem Vergleich der Mittelwerte (Tabelle 30) jedoch eine höhere Wichtigkeit der Kriterien „wirtschaftliche Situation des Theaters“, „Repertoire“ und „Publikum“ für das administrative Personal als für die anderen Beschäftigungsgruppen.
9.6 Einfluss der Ausgestaltung des Arbeitsverhältnisses
317
Arbeitsbereich Künstl. Admin. Techn. Gesamt Kritiken in den Medien 2,00 1,97 2,07 2,03 Ruf des Intendanten 2,02 1,85 1,79 1,87 Künstlerische Qualität 1,42 1,48 1,49 1,47 Stückauswahl / Repertoire 1,64 1,45 1,61 1,58 Zufriedenes Publikum 1,60 1,24 1,38 1,42 Treues Stammpublikum (Abo) 1,64 1,33 1,48 1,50 Mitarbeiterzufriedenheit 1,76 1,70 1,80 1,77 Aufstiegsmöglichkeiten der Mitarbeiter 2,67 2,42 2,44 2,50 Betriebsklima 1,62 1,61 1,77 1,69 Löhne / Gehälter 2,49 2,45 2,41 2,44 Wirtschaftliche Situation des Theaters 1,73 1,48 1,83 1,72 Auslastung des Theaters 1,60 1,61 1,62 1,61 Tabelle 30:
Mittelwertsvergleich der Variablen nach Beschäftigungsverhältnis (1=trifft voll zu, 5=trifft gar nicht zu)
Auf die Frage, inwieweit diese Faktoren motivatorische Wirkung auf die Befragten ausüben, wiesen lediglich zwei Variablen einen signifikanten (5%-Niveau) Bedeutungsunterschied für die einzelnen Beschäftigungsgruppen auf. Die „künstlerische Qualität“ der Produktionen entfaltet ihre höchste motivatorische Wirkung für das künstlerische Personal (1,47), geringere Wirkung für das administrative (1,76) und technische (1,96) Personal. Der „Ruf unter FachkollegInnen“ (Peer Reputation) ist ebenfalls für das künstlerische Personal wichtiger (1,60) als für das technische (2,01) und administrative Personal (2,12). (Hypothese 2a konnte also nur in geringem Ausmaß bestätigt werden. 9.6.2 Einflussfaktoren für leitende oder unterstützende Funktionen Die folgende Hypothese 2b fokussierte auf einem Unterschied infolge der erhöhten Verantwortung, aber auch Belohnung durch eine Führungsposition: „Das Gefühl für Erfolg und Motivation unterscheidet sich je nachdem ob der/die Befragte eine leitende oder unterstützende Funktion ausübt.“ Die Frage nach einer leitenden Position – im Falle der auf Bühne tätigen KünstlerInnen als SolistInnenrolle definiert – war Bestandteil des Fragebogens. In diesem Fall zeigt die Varianzanalyse keine signifikanten Unterschiede (siehe auch Tabelle 31).
318
9 Quantitative Analyse – Struktur-Modellierung mit AMOS
Leitende Position Kritiken in den Medien Ruf des Intendanten Künstlerische Qualität Stückauswahl / Repertoire Zufriedenes Publikum Treues Stammpublikum (Abo) Mitarbeiterzufriedenheit Aufstiegsmöglichkeiten der Mitarbeiter Betriebsklima Löhne / Gehälter Wirtschaftliche Situation des Theaters Auslastung des Theaters Tabelle 31:
Nein 2,01 1,91 1,50 1,60 1,42 1,51 1,79 2,49 1,77 2,40 1,74 1,64
Ja 2,11 1,89 1,43 1,50 1,37 1,48 1,67 2,63 1,59 2,72 1,80 1,61
Gesamt 2,04 1,90 1,48 1,57 1,40 1,50 1,75 2,54 1,71 2,51 1,76 1,63
Mittelwertsvergleich der Variablen nach Leitungsfunktion (1=trifft voll zu, 5=trifft gar nicht zu)
Bezüglich eines unterschiedlichen Einflusses auf die Motivation der Befragten ist wiederum die „künstlerische Qualität“ auf einem 5%igen Signifikanzniveau für Personen in führender Position (1,54) bedeutsamer, als für nicht-führende MitarbeiterInnen (1,87). Hypothese 2b kann ebenfalls nur bedingt bestätigt werden. 9.6.3 Einflussfaktoren für unterschiedliche Dienstverhältnisse Die letzte Hypothese 2c bezieht sich auf die Dauer des Vertragsverhältnisses: „Das Gefühl für Erfolg und Motivation unterscheidet je nachdem ob der/die Befragte sich in einem kurz- oder langfristigen Dienstverhältnis befindet.“ Dieses wurde im Fragebogen mit der Unterscheidung fixer Arbeitsverhältnisse in Form von Teilzeit- oder Vollzeitbeschäftigung auf der einen Seite, mit „Gast“ auf der anderen Seite operationalisiert. Lediglich 8 Fragebögen wurden von Gästen generiert, sodass keine signifikanten Ergebnisse erzielt werden können. Vorsichtig interpretiert sind für die Erfolgswahrnehmung der Gäste die künstlerische Qualität, Publikumszufriedenheit sowie das Betriebsklima, weniger jedoch die wirtschaftliche Situation des Theaters ausschlaggebend (vgl. Tabelle 32). Dennoch deutet der Vergleich der Mittelwerte über ANOVA auf eine Widerlegung auch dieser Hypothese hin. Damit wird Hypothese 2 nur hinsichtlich des Einflusses künstlerischer Qualität der Produktionen bestätigt, für alle anderen Kriterien jedoch verworfen. Für das vorliegende Sample gelten die postulierten Unterschiede hinsichtlich der Erfolgswahrnehmung nicht.
9.7 Abschließende Bewertung der Ergebnisse der quantitativen Studie Arbeitsverhältnis
Teilzeit Vollzeit <40h/w 40h/w Kritiken in den Medien 1,94 2,06 Ruf des Intendanten 1,75 1,89 Künstlerische Qualität 1,59 1,47 Stückauswahl / Repertoire 1,50 1,63 Zufriedenes Publikum 1,31 1,47 Treues Stammpublikum (Abo) 1,41 1,54 Mitarbeiterzufriedenheit 1,84 1,77 Aufstiegsmöglichkeiten der Mitarbeiter 2,25 2,58 Betriebsklima 1,75 1,69 Löhne / Gehälter 2,41 2,46 Wirtschaftliche Situation des Theaters 1,59 1,76 Auslastung des Theaters 1,41 1,66 Tabelle 32:
Gast
319 Gesamt
2,13 2,25 1,13 1,50 1,25 1,38 1,50 2,38 1,50 2,63 2,00 1,75
2,03 1,88 1,48 1,59 1,42 1,50 1,77 2,50 1,69 2,46 1,73 1,61
Mittelwertsvergleich der Variablen nach Beschäftigungsverhältnis (1=trifft voll zu, 5=trifft gar nicht zu)
9.7 Abschließende Bewertung der Ergebnisse der quantitativen Studie Das quantitative Modell liefert Ansatzpunkte, welche Faktoren die persönliche Wahrnehmung von MitarbeiterInnen in Musiktheaterbetrieben hinsichtlich des Erfolges ihrer Institution beeinflussen bzw. selbst verändert werden können, um die Erfolgswahrnehmung und in der Folge Motivation positiv zu beeinflussen. So zeigen sich die wirtschaftliche „Performance“ eines Unternehmens, zusammengesetzt aus Abonnementstrukturen, Kundenzufriedenheit, Auslastungszahlen und finanzieller Leistung der Theaterinstitution sowie die „Peer Reputation“ gemessen als Ruf der/s Intendantin/en und die Medienkritiken als besonders relevante Einflussfaktoren. Wider Erwarten ist der Faktor „Künstlerische Qualität“, bestehend aus Repertoire bzw. Stückauswahl und der wahrgenommenen Qualität des Angebots zwar ein wichtiger, nicht jedoch der wichtigste Einfluss-Faktor zur Erfolgswahrnehmung. Schließlich spielt das „organisationale Klima“ hinsichtlich der Löhne und Gehälter der MitarbeiterInnen, des Betriebsklimas, der Karriere- und Aufstiegsmöglichkeiten sowie die Mitarbeiterzufriedenheit eine beeinflussende Rolle. Interessanterweise fallen die Variablen effiziente Organisation, Innovation bzw. Uraufführungen, Ruf des Theaters in der Öffentlichkeit, sowie persönlicher Ruf unter FachkollegInnen aus dem Modell. Dies erscheint auf den ersten Blick verwunderlich, kann jedoch mit der Auswahl der Theater zusammenhängen. Es wurden bewusst keine extrem prestigeträchtigen Staatstheater mit hohen Budgets und internationalem Ruf
320
9 Quantitative Analyse – Struktur-Modellierung mit AMOS
gewählt, sodass diese Punkte in den vorliegenden beiden Theatern vielleicht tatsächlich eine geringere Bedeutung haben. Es ist auch anzunehmen, dass ein Sample bestehend aus ausschließlich künstlerischem Personal zumindest leichte Abweichungen zeigen würde. Die zweite Hypothese hinsichtlich einer unterschiedlichen Erfolgswahrnehmung und motivationsrelevanten Faktoren für MitarbeiterInnen im Musiktheater konnte nur zu einem geringen Teil bestätigt werden. Von Bedeutung ist jedoch die unterschiedliche Wertigkeit, die Personen in verschiedenen Beschäftigungsbereichen und Hierarchieebenen der künstlerischen Qualität der Produktionen beimessen. 9.8 Grenzen der quantitativen Studie Die Ergebnisse der Studie unterliegen verschiedenen Einschränkungen. Trotz eines Verfahrens, das auf repräsentative bzw. verallgemeinernde Ergebnisse abzielt, kann nicht auf die Gesamtheit der Theater im deutschsprachigen oder gar internationalen Raum geschlossen werden. Strukturelle Unterschiede in Hinblick auf EnsembleStruktur, Größe, Publikumsstruktur und viele mehr können die Ergebnisse entsprechend verändern. Daher haben die Ergebnisse nur für die beiden befragten Theater Gültigkeit, dort wurde auf eine weitestmögliche Vergleichbarkeit geachtet. Eine weitere Schwäche liegt in der geringen Anzahl an SolistInnen im Gesamtsample, sodass eine Veränderung der Ergebnisse für das künstlerische Personal erwartet werden kann. Andererseits wurde so ein über die verschiedenen Beschäftigungsgruppen gelegtes Modell für die Wahrnehmung von Erfolg erreicht. Zwar wurde versucht, durch die Wahl des Befragungszeitpunktes gegen Ende der Saison etwaige Unsicherheiten bezüglich des Spielplanes oder politischer Einflüsse zu reduzieren, dennoch können aktuelle Erfolge oder Misserfolge und andere interne oder externe Ereignisse als nicht erfasste Faktoren die Befragungsergebnisse ohne Wissen der Befragenden beeinflusst haben. Auch wurden die Ergebnisse zu einem einzigen Zeitpunkt und mit einer einzigen Methode erzielt (Single-MethodBias). Aus diesem Grund sollen die Ergebnisse mit einer qualitativen Befragung untermauert, erweitert, aber auch hinterfragt werden.
10 Qualitative Analyse mit GABEK®-WinRelan®
Wenn du mich fragst, was die Kunst sei, so weiß ich es nicht. Wenn du mich nicht fragst, so weiß ich es. El Lissitzky (1890-1941), russischer Maler
In der quantitativen Analyse haben sich – wenngleich die Ergebnisse keine allgemeingültige Aussagekraft besitzen – Muster in der Bedeutung verschiedener Faktoren auf die Wahrnehmung von Erfolg ergeben. Um eine zweite Sichtweise auf die behandelte Problemstellung zu erhalten und auch um Zweifeln bezüglich der Validität des quantitativen Instrumentariums hinsichtlich der Abfragbarkeit subjektiver Bewertungen zu begegnen, wurde die Untersuchung durch eine qualitative Herangehensweise ergänzt. Die gewählte Methode mit narrativem Charakter scheint insbesondere für die explorative Erforschung nicht direkt abfragbarer subjektiver Sinnstrukturen geeignet.1119 „Language is not a neutral tool used to express our concepts of life and society, but, rather, linguistic forms shape our perceptions of what is possible and what is desirable.”1120
Interviews mit MitarbeiterInnen und KünstlerInnen des untersuchten Theaters sowie mit jungen KünstlerInnen einer Off-Produktion dienen als Grundlage der folgenden qualitativen Analyse (siehe Abschnitt 8.4.3). Mit Hilfe offener Fragen wurde in einem induktiven Verfahren versucht, weitere Erkenntnisse zur Erfolgswahrnehmung und Erfahrungswelt im Bereich des Musiktheaters zu generieren. Die im Rahmen dieser mündlichen Interviews gewonnenen sprachlichen Äußerungen wurden mit der Methode GABEK®-WinRelan® (© Josef Zelger) analysiert. Dadurch lassen sich die vielseitigen Verknüpfungen und Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge der einzelnen Variablen identifizieren. Der Vorteil in der Verwendung von GABEK®-WinRelan® liegt nicht zuletzt in ihrer stark regelgeleiteten Vorgehensweise bei der Analyse von Texten, die dem Anspruch der intersubjektiven Vollzuges und der Überprüfung wie von quantitativen Verfahren gewohnt gerecht wird. Ein weiterer Vorzug ist darin zu sehen, dass ungeordnete oder sogar chaotisch wirkende normalsprachige Texte verwendet werden 1119 1120
Vgl. Mayring (2002), S. 74 Mokre (2006), S. 307, sie zitiert dabei Kellner (2000), S. 11 f.
322
10 Qualitative Analyse mit GABEK®-WinRelan®
können. Schließlich kann durch das relativ strenge Regelwerk der subjektive Einfluss der Befragenden und Auswertenden zwar nicht eliminiert, aber reduziert werden.1121 10.1 GABEK® – Methode Das Verfahren GABEK® (Ganzheitliche Bewältigung sprachlich erfasster Komplexität) wurde auf Grundlage der Gesprächstheorie von Gordon Pask1122 und der Theorie von Wahrnehmungsgestalten von Carl Stumpf1123 von Josef Zelger am Institut für Philosophie der Universität Innsbruck entwickelt. Die Methode ermöglicht die Sichtbarmachung unterschwelliger Gefühle, Werte, Einstellungen und ihrer wechselseitigen Beziehungen in sozialen Organisationen. Die persönlichen Ansichten der befragten Personen werden durch GABEK® vernetzt, geordnet und zu einem transparenten Meinungsnetz verdichtet. Durch diese Transparenz der Tiefenstruktur können Zusammenhänge verstanden, Optionen bewertet, Ziele bestimmt und trendhafte Entwicklungen frühzeitig erkannt werden. Dies soll ein ganzheitliches Verstehen der Phänomene ermöglichen und gleichzeitig Handlungsmöglichkeiten eröffnen, die wiederum von den Betroffenen akzeptiert und unterstützt werden. Die Methode wird sowohl in der Theoriebildung als auch im Bereich der Entscheidungsfindung in Organisationen eingesetzt.1124 Das Ergebnis der Interviews mit offenen Fragen sind unstrukturierte umgangs- bzw. normalsprachige Texte, in welchen die Befragten ihre Gedanken und Gefühle auf ihre eigene Art wiedergeben. Mit Hilfe der Software WinRelan® (Windows Relationen Analyse) wird dieses diffuse sprachliche Wissen ausgewählt, verarbeitet und strukturiert. Über die Antworten auf die offenen Fragen, die verbale Datenbasis, wird in einem ersten Schritt ein Indexierungssystem erstellt. Verschiedene Auswertungsschritte integrieren und vernetzen das vielschichtig verteilte Wissen der Betroffenen in einem formalen Netz lexikalischer Ausdrücke, welches den Forschenden erlaubt, inhaltliche Zusammenhänge zu erkunden. In Form von Gestaltenbäumen, Bewertungsprofilen und Wirkungsgefügen erschließen sich Wissenssysteme, empirische Verallgemeinerungen, theoretische Konzepte, Kausalannahmen und Wertsysteme. Die einzelnen Arbeitsschritte erlauben die Generierung eines quasi Metagesprächs.1125
1121 De Wet und Pothas zeigten eine hohe Einheitlichkeit der Befunde (Gestaltenbäume) eines Datensatzes durch vier verschiedene AnalystInnen. Zwei externe Begutachter bestätigten das Ergebnis; vgl. De Wet/Pothas (1999) 1122 Vgl. Pask (1976) 1123 Vgl. Stumpf (1939) 1124 Vgl. Zelger/Oberprantacher (2002), online 1125 Vgl. Zelger (o.J.), online
10.2 Analyse der qualitativen Interviews
323
Mit der Methode GABEK® wird großes Gewicht auf die Bereiche Datenerhebung, -analyse und -untersuchung gelegt. Die einzelnen Schritte der Textanalyse sind in Abbildung 40 dargestellt. Arbeitsschritte 1.
2.
Definition der Texteinheiten (Sätze) Codierung a) Codierung von Schlüsselausdrücken b) Codierung von Bewertungen c) Kausalcodierung d)
3.
Ergebnisse (WinRelan®) Sätze auf Indexkarten
Ausdrucksliste Bewertungsliste Kausalliste Beziehungsliste Klassifikation der Daten
Gestaltenbaum
Relevanzliste mit Grundwerten Zielen Maßnahmen Rahmenbedingungen Kausalnetzgrafiken Gestaltgraphiken – graphische Gestaltung der Gestalten, ihrer Bewertungen und Kausalbeziehungen
Kriterien festlegen (z. B. Alter)
Gestaltenbildung – Bildung von Gestalten, HyperGestalten, HyperHyperGestalten mit Hilfe von Clusteranalyse
4.
Relevanzanalyse
5.
Kausalanalyse
6.
Gestalt-Graphik
Interpretation der Ergebnisse, Feedback & Umsetzung Abbildung 40:
Qualitative Text-Analyse mit GABEK® und WinRelan® Quelle: nach Buber/Kraler (2000), S. 116
10.2 Analyse der qualitativen Interviews Im folgenden Abschnitt wird die Vorgehensweise bei der Analyse mit Hilfe von GABEK®-WinRelan® in Einzelschritten beschrieben. Zum besseren Verständnis wurden die Ergebnisse in diesen Abschnitt bereits integriert. Dabei liegt der Fokus auf den Einflussfaktoren auf die Wahrnehmung organisationalen Erfolgs, wie bereits in der quantitativen Analyse. Zusätzlich wurden jedoch auch Einflussfaktoren auf die Wahrnehmung des persönlichen Erfolgs untersucht. Aus den vielseitigen Möglichkeiten, die eine GABEK®-Auswertung bietet, wurden jene Analyseschritte
324
10 Qualitative Analyse mit GABEK®-WinRelan®
ausgewählt, welche zur Darstellung des Themas am besten geeignet scheinen und eine Veranschaulichung in Form von Netzwerkgraphiken, Kausalgraphiken und Relevanzlisten ermöglichen. 10.2.1 Codierung der Datenbasis Nach der Transkription der Interviews werden in einem ersten Analyseschritt die Texteinheiten oder Sätze definiert. Die einzelnen Sätze werden in WinRelan® auf Indexkarten gespeichert, deren Textlänge von der Anzahl an Schlüsselbegriffen determiniert wird, welche der/die Interviewte in der betreffenden Aussage verwendet hat. Eine Texteinheit sollte eine geschlossene Aussage und dadurch eine sinnvolle gedankliche Einheit darstellen.1126 Das vorliegende Gesamtprojekt umfasst 887 Sätze und 1.589 Ausdrücke. Zur Verknüpfung inhaltlich ähnlicher Sinneinheiten wird ein semantisches Indexierungssystem erstellt. Es erlaubt einerseits das Suchen und Navigieren in der verbalen Datenbasis und die Darstellung inhaltlicher Übersichten, andererseits aber auch die Rekonstruktion der einzelnen Auswertungsschritte zur Kritik oder Rechtfertigung von Auswertungsergebnissen.1127 Dazu erfolgt in einem zweiten Schritt die Codierung der einzelnen Texteinheiten. Die Codierung sollte ohne Interpretation seitens der Forschenden und auf der sprachlichen Ebene der Befragten erfolgen. Die Codierung gliedert sich selbst in drei Schritte: (a) die Identifikation von Schlüsselausdrücken, welche den semantischen Inhalt einer Texteinheit widerspiegeln, (b) die Bewertung oder Codierung von Evaluierungen, d.h. die Auswahl von positiven und negativen Einstellungen bezüglich der Schlüsselausdrücke, und (c) die Codierung von Kausalzusammenhängen zwischen den einzelnen Inhalten. Schließlich können noch in einem vierten Schritt (d) zusätzliche Kriterien zur näheren Bestimmung der Befragten verwendet werden. Nach der Definition der Texteinheiten wurden den Texten Kategorien zugeordnet, die zusätzliche Information über die Texteinheiten oder die Interviewten geben. Die Festlegung von Kriterien, wie die Interviewnummer oder psychographische Merkmale der Befragten (metasprachliche Codierung), kann für die weitere Analyse von Untergruppen hilfreich sein.1128 Im vorliegenden Beispiel wurde codiert, ob die Befragten Theater A oder Theaterkompanie C angehören, über eine feste Anstellung verfügen, in welchem Bereich der Organisation sie tätig sind (mit Fokus auf SängerInnen), ob sie eine Führungsposition inne haben sowie ihr Geschlecht und Alter (siehe Tabelle 19). Dies ermöglicht die Auswahl von Teilbereichen der Vgl. Buber/Kraler (2000), S. 115 f. Vgl. Zelger (2002), S. 30 1128 Vgl. Buber/Kraler (2000), S. 118 f. 1126 1127
10.2 Analyse der qualitativen Interviews
325
Daten nach bestimmten Kriterien bzw. das Trennen und den Vergleich der Daten verschiedener Personengruppen.1129 Die Codierung der Schlüsselausdrücke (objektsprachliches Codieren) erfolgt nach festgesetzten Regeln. So sollte eine Texteinheit zwischen drei und neun lexikalische Begriffe umfassen.1130 Diese Regel beruht auf der Erkenntnis, dass eine Person bis zu sieben, manchmal neun, Inhalte gleichzeitig berücksichtigen kann.1131 Ein Minimum an drei Ausdrücken ist zur vernünftigen Verknüpfung der Sinneseinheiten untereinander erforderlich. Das Ergebnis ist eine Ausdrucksliste aller verwendeten Schlüsselbegriffe, die von Homonymen, Synonymen, flektierten Ausdrücken sowie von zusammengefassten Ausdrücken bereinigt werden sollte um missverständlichen Interpretationen vorzubeugen. Zum Beispiel musste im vorliegenden Datensatz der Begriff „Vorstellung“ aufgrund seiner Zweideutigkeit durch „Aufführung“ oder der Begriff Engagement durch „Engagement_Anstellung“ ersetzt werden. Anstelle von „Theater“, das wie in Abschnitt 3.1 besprochen mehrere Bedeutungen aufweist, wurde das ebenso häufig gebrauchte Wort „Haus“ (das in diesem Kontext nur im Sinn von Theaterinstitution verwendet wurde) verwendet. In diesem Stadium ist es bereits möglich, über Netzwerkgraphiken die häufigsten assoziativen Verknüpfungen zwischen einzelnen Begriffen abzubilden und sich so einen Überblick über die wichtigsten Konzepte zu verschaffen. Zur übersichtlichen Darstellung können die Ausdrücke auf jene, die mindestens x-mal genannt wurden, reduziert werden. Das Beispiel in Abbildung 41 zeigt das Begriffsnetz um den institutionalen Erfolg eines Theaters über das Gesamtsample. Es wurden nur jene Ausdrücke gewählt, die mindestens fünfmal genannt wurden. In diesem ersten Überblick erkennt man die in der Theorie erarbeiteten Konstrukte: Die Wahrnehmung von Erfolg hängt mit verschiedenen Faktoren zusammen, ist also analog zu Hypothese 1 multidimensional. Als externe Einflussfaktoren wurden Reputation, Publikum und ökonomische Faktoren vorgeschlagen. Bezüglich der Reputation wurden die Anstellung an einem berühmten Haus, aber auch verschiedenste Schlüsselpersonen wie der/die IntendantIn oder RegisseurIn sowie Medienkritiken angeführt. Das Publikum, insbesondere das Erreichen des Publikums, wird ebenfalls genannt. Ökonomische Faktoren, wie die Auslastung bzw. ausverkauft zu sein, aber auch die wirtschaftliche Situation des Theaters ausgedrückt im Budget, werden mit Erfolg in Zusammenhang gebracht. Als interne Faktoren wurden eingangs das angebotene Produkt, die MitarbeiterInnen sowie die Organisation vorgeschlagen. Hinsichtlich des Produktes scheint Innovation – wie in der quantitativen Analyse – nicht auf, ebenso wenig die Vielfalt des Repertoires, sehr wohl jedoch die Qualität des Dargebotenen. Wieder werden Vgl. Zelger (2002), S. 46 ff. Lexikalische Begriffe sind Begriffe, die eine selbständige semantische Bedeutung haben. Vgl. Zelger (2002), S. 22 1131 Vgl. Miller (1956); Zimbardo (1995), S. 320 zit. n. Buber/Kraler (2000), S. 117 1129 1130
326
10 Qualitative Analyse mit GABEK®-WinRelan®
MitarbeiterInnen in Hinblick auf KollegInnen und Freude an der Arbeit erwähnt, Karrieremöglichkeiten jedoch nicht explizit. Die Organisation in Hinblick auf das Betriebsklima und Mitarbeiterzufriedenheit wird als Einflussfaktor auf den Erfolg wahrgenommen. Mitarbeiter
Arbeit
Kollegen
singen
Bühne Gefühl
Freude
RegisseurIn
Auslastung Erfolg funktionieren Budget
SängerIn
ausverkauft_sein IntendantIn
[Erfolg_Theater] Künstler_beste
KünstlerIn
Probe Theater
Haus_ befragtes
Publikum_ erreichen
Reputation
Qualität
Kritik_Medien
Produktion Publikum
Abbildung 41:
Orchester
Haus_berühmt
Netzwerkgraphik „Erfolg_Theater“ Gesamtsample, Nennungen 5
Dieselbe Fragestellung wurde anhand des eingeschränkten Samples der 14 SängerInnen untersucht (vgl. Abbildung 42). Hier wird eine reduzierte Faktorenzahl und auch eine stärkere persönliche Bezugsebene zum institutionalen Erfolg sichtbar: Es geht primär darum, Freude am Singen zu verspüren bzw. zu erhalten – ein intrinsischer Motivationsfaktor. Die Befragten sehen sich in ihrer Rolle als KünstlerInnen, und betonen die Inszenierung und Qualität Aufführungen als Einflussfaktoren auf ihre Erfolgswahrnehmung: „Ich finde ein erfolgreiches Haus ist ein Haus, das es schafft, mit einer sehr großen Vision, in sehr viel Inhalten, gutes Musiktheater zu machen.“ [M18]
Dabei werden als Schlüsselpersonen die jeweiligen IntendantInnen und RegisseurInnen sowie das Publikum, das erreicht werden will, genannt.
10.2 Analyse der qualitativen Interviews
327 Kollegen
Arbeit_gemeinsam Arbeit
Freude
Haus_befragtes
singen IntendantIn
Bühne
RegisseurIn Publikum [Erfolg_Theater] Haus_berühmt
Stück
Qualität Erfolg Publikum_erreichen
Inszenierung Musiktheater
KünstlerIn
Gefühl Applaus
Abbildung 42:
Netzwerkgraphik „Erfolg_Theater“ SängerInnen, Nennungen 4
Assoziationen mit „organisationalem Erfolg” beinhalten Rahmenbedingungen wie die Bühne, ein berühmtes Theaterhaus, berühmte KünstlerInnen, aber auch die Reputation des Theaters. Die Qualität - der SängerInnen und der Inszenierung - sind von hoher Bedeutung. Die Zusammenarbeit zwischen IntendantInnen, RegisseurInnen und den SängerInnen ist wichtig. Die Freude beim Singen, persönliche Erfolgsgefühle sowie das Gefühl, das Publikum zu erreichen, werden ebenfalls mit organisationalem Erfolg in Verbindung gebracht. Die Wahrnehmung des persönlichen Erfolgs gestaltet sich noch vielschichtiger (vgl. Abbildung 43). Es handelt sich um ein bestimmtes Gefühl, Freude, wenn man auf der Bühne steht, das Publikum erreicht, den Applaus hört, entsprechendes Feedback von KollegInnen und RegisseurInnen, aber auch Kritik erhält. Eine unmittelbare Reaktion auf die dargebotene Leistung also. Bestimmte Rollen und ein fixes Engagement haben einen Einfluss, ebenso wie die Möglichkeit Glaubwürdigkeit zu wahren, Wissen einzubringen und zu überzeugen, was mit dem Anspruch, KünstlerIn zu sein, einhergeht.
328
10 Qualitative Analyse mit GABEK®-WinRelan® „Ich glaube, Aufgabe des Künstlers und überhaupt unsere Aufgabe ist es, überzeugend zu sein, egal ob es traditionell oder konventionell oder völlig modern ist.“ [A20] Rolle_bestimmte
Engagement_ Anstellung_nicht
Vorsingen
Engagement_ Anstellung
Kritik KünstlerIn
Wissen
Überzeugung
Stück Erfolg
Glaubwürdigkeit [Erfolg_persönlich] Verfremdung
Publikum
RegisseurIn
Publikum_ erreichen Applaus
Bühne
Kollegen Musik Feedback
Gefühl
Abbildung 43:
Netzwerkgraphik „Erfolg_persönlich“ SängerInnen, Nennungen 4
„Persönlicher Erfolg” wird mit einer dauerhaften Anstellung an einem Theater oder Opernhaus assoziiert – oder auch dem Nicht-Erreichen einer solchen. Er hängt aber auch von eigenen Fähigkeiten und Wissen ab. Das Gewinnen von Vorsingen ist ein Ausdruck persönlichen Erfolgs. Von außen wird persönlicher Erfolg durch KollegInnen, das Publikum, Kritiker und (geschätztes) Feedback bestimmt. Publikumsreaktionen werden allerdings auch auf die Theaterinstitution bezogen. Persönlicher Erfolg hängt auch sehr stark von persönlichen Gefühlen und der Freude am Singen und der Musik ab. Dazu gehört wiederum, wie das Publikum die Leistungen erlebt hat. Künstlerische Überzeugungen und Glaubwürdigkeit sowie das Selbstverständnis als SängerIn beeinflussen die Erfolgswahrnehmung. 10.2.2 Bewertungsanalyse Positive oder negative Bewertungen der Schlüsselausdrücke spiegeln die Einstellungen, Werturteile und Normen der Befragten zu den einzelnen Themen wider. Es
10.2 Analyse der qualitativen Interviews
329
handelt sich um Objekte, Merkmale, Situationen, Rahmenbedingungen etc., die von den Befragten als positiv oder negativ, oder wichtig, aber neutral genannt wurden. Dabei kann es sich um die Bewertung eines tatsächlichen Merkmales oder Zustandes (Bewertungsliste Ist-Situation) oder eines hypothetischen Zustandes, der gewünscht oder befürchtet wird (Bewertungsliste Soll-Situation), handeln.1132 Von den 2.041 Bewertungen der Ist-Situation war der überwiegende Teil (68 Prozent) positiv, 24,8 Prozent der Bewertungen waren negativ, 7,2 Prozent neutral. Für die Soll-Situation waren 81,1 Prozent der 328 Bewertungen positiv, 16,8 Prozent negativ und 2,1 Prozent neutral. Die am häufigsten positiv bewerteten Begriffe sind Erfolg, Freude, gemeinsame Arbeit, KollegInnen und Applaus, die meisten negativen Bewertungen erhielten die Begriffe Arbeit, Betriebsklima und ebenfalls KollegInnen (vgl. Tabelle 33). Für den Soll-Zustand werden insbesondere ein festes Engagement, die Möglichkeit zur künstlerischen Arbeit sowie zu Offenheit und Diskussion gewünscht (vgl. Tabelle 34). 10.2.3 Kausalanalyse Die Kausalcodierung dient der Identifizierung von Einflüssen bzw. Wirkungszusammenhängen zwischen Variablen. Die Wirkungsvermutung – von einem Merkmal, Prozess oder Zustand (A) wird eine Wirkung auf ein anderes Merkmal bzw. einen anderen Prozess oder Zustand (B) angenommen – wird in eine quadratische Matrix eingetragen.1133 Das Ergebnis sind Kausallisten, deren Inhalte in Form von Pfeildiagrammen graphisch wiedergegeben werden können (siehe Abschnitt 10.2.3). In der kausalen Ausdrucksliste können den einzelnen Variablen auch Farben zugeordnet werden (siehe Abbildung 44, hier wurden die Farben in Schattierungen umgewandelt). Die Farbcodierung wird dazu verwendet, die Kausalvariablen in Grundwerte, Oberziele, Unterziele, Maßnahmen und Rahmenbedingungen einzuteilen. Dabei werden intrinsische Grundwerte und ethische Ideale blau, Oberziele grau, Unter- oder Zwischenziele grün (hier: alle schwarz), Maßnahmen gelb (hier: dunkelgrau) und Rahmenbedingungen hellgelb (hier: hellgrau) eingefärbt. Weitere Variablen, die man den obigen Klassen nicht zuordnen kann, bleiben weiß.1134 Häufig sind die Unterscheidungen zwischen Grundwerten, Oberzielen, Zwischenzielen und Maßnahmen fließend, was die Farbkodierung erschweren kann. Dementsprechende Zuordnungen obliegen dem Ermessen der ForscherInnen. Dabei dienen Grundwerte insgesamt als Grundlage und Rechtfertigung von Zielen und Zwischenzielen. Es gilt zu beachten, dass auch negative Werte farbcodiert werden. Vgl. Zelger (2002), S. 110 f. Vgl. Zelger (2002), S. 140 ff. 1134 Vgl. Zelger (2002), S. 159 f. 1132 1133
330
10 Qualitative Analyse mit GABEK®-WinRelan®
Abbildung 44:
Legende zur Farbcodierung Quelle: Zelger (2002), S. 160
Kausalgraphiken sind Pfeildiagramme, welche diese Wirkungszusammenhänge zwischen Maßnahmen, Zielen, intendierten Folgen und nicht intendierten Nebenwirkungen darstellen. Die Wirkungsbeziehungen werden dort entsprechend der Legende in Abbildung 45 farblich gekennzeichnet. Rote Pfeile (hier: durchlässige Pfeile) stehen hierbei für ungünstige Einflüsse, während grüne Pfeile (hier: durchgehende Pfeile) positive Wirkungen bezeichnen.
Abbildung 45:
Legende zur Kausalcodierung Quelle: Zelger (2002), S. 144
Für eine Codierung kommen sehr unterschiedliche normalsprachliche Äußerungen in Frage, z. B. quantitative Aussagen (z. B. „je mehr A desto mehr B“), Kausalzusammenhänge („A ist eine Ursache von B“), qualitative Beziehungsangaben („Wenn sich A verbessert, dann nimmt die Qualität von B zu“), statistische Verallgemeinerungen („Wenn A, dann gilt meistens auch B“), logische Implikationen („Wenn A zutrifft, dann gilt notwendig auch B“) und viele mehr.1135 Bezogen auf das Gesamtsample zeigen sich – aufgrund des Themas nicht unerwartet – ausschließlich positive Wirkungsbeziehungen auf die Wahrnehmung institutionalen Erfolgs (vgl. Abbildung 46). „Musiktheater, das jetzt nicht auf namentlich hohem Niveau sein muss, sondern das einfach musikalisch gut arbeitet, guten Zusammenhalt schaffen kann, innerhalb des Ensembles, das Theater macht in das Leute kommen weil sie gerne kommen, weil sie sich damit identifizieren können, weil sie eine Liebe entwickeln können, auch über einen längeren Zeitraum, zu diesem Theater, das sich da als Geschenk darbietet. Und, dass das ein Theater ist, in dem viel Echtes passieren kann und auch darf.“[M19] 1135
Vgl. Zelger (2002), S. 144
10.2 Analyse der qualitativen Interviews
331
Dabei treten gemeinsame Arbeit und Qualität als Oberziele, Reputation, Betriebsklima und Auslastung als Zwischenziele in den Vordergrund. Die Arbeit im Ensemble wird als Maßnahme, die Person des/r Intendanten/in als positiv beeinflussende Rahmenbedingung für die gemeinsame Arbeit gesehen. Schließlich übt die Außenwirkung des Theaters noch eine wichtige Rolle aus: „Ein Theater ist ja nur wirklich erfolgreich, wenn es nach außen trägt und von außen angenommen wird. Das ist ja eigentlich das um und auf eines Theaters.“ [I28] Arbeit_gemeinsam
IntendantIn
Qualität
Reputation
[Erfolg_Theater]
Auslastung
Außenwirkung
Betriebsklima
Ensemble
Abbildung 46:
Kausalgraphik „Erfolg_Theater“ Gesamtsample, Nennungen 3
In Abbildung 46 und Abbildung 47 zeigen sich die Unterschiede der Faktoren, welche die Wahrnehmung des institutionalen Erfolg beeinflussen und jener Faktoren, welche die Wahrnehmung des persönlichen Erfolgs beeinflussen, deutlich. Für beide Beziehungen wurden das Gesamtsample und Ausdrücke, die häufiger als dreimal in der Kausalbeziehung genannt wurden, verwendet. Für den persönlichen Erfolg sind insbesondere die Stakeholdergruppen Publikum und deren Anerkennung in Form von Applaus und die KollegInnen von Bedeutung. „Und da waren dann 2.700 Leute, die waren neben der Bühne gestanden, unter der Bühne gesessen, Wahnsinn, und haben dann am Schluss… - so einen Applaus habe ich überhaupt noch nie in meinem Leben bekommen, und das war riesig, mit Getrampel...“ [U20]
332
10 Qualitative Analyse mit GABEK®-WinRelan®
Gemeinsamer Nenner zwischen persönlichem und institutionalem Erfolg scheint die gemeinsame Arbeit an einem Ziel zu sein. Das persönliche Erfolgserlebnis gestaltet sich durch Feedback, ein positives Ergebnis oder in Form eines entsprechenden Engagements. Anerkennung und Beziehungen werden als Maßnahmen eingestuft. Anerkennung Publikum
Applaus
Kollegen
Arbeit_gemeinsam [Erfolg_persönlich]
Feedback
Beziehungen
Ergebnis
Abbildung 47:
Engagement_Anstellung
Kausalgraphik „Erfolg_persönlich“ Gesamtsample, Nennungen 3
10.2.4 Relevanzanalyse Mit Hilfe der Relevanzanalyse werden die wichtigsten Ergebnisse der Analyse herausgefiltert. In der vorliegenden Untersuchung erfolgte die Gewichtung über das Bewertungsprofil sowie die Kausalannahmen. Im Bewertungsprofil kann die positive oder negative Bewertung einer Vielzahl an Personen als Relevanzkriterium herangezogen werden. Bei der Kausalanalyse schließlich sind besonders die UrsacheWirkungsbeziehungen relevant. Die folgenden Tabellen zeigen jeweils einen Auszug aus der Relevanzliste für den Ist-Zustand und den Soll-Zustand. Man sieht, dass die eingangs identifizierten Einflussfaktoren auf den Erfolg auch als durchaus positiv bewertet werden. Lediglich
10.2 Analyse der qualitativen Interviews
333
die Arbeit bzw. die Tatsache, dass die Beschäftigung zur Arbeit wird, KollegInnen sowie Medienkritiken werden eher ambivalent betrachtet (Tabelle 33).
Tabelle 33:
Auszug der Relevanzliste Ist-Zustand (+ positiv, - negativ, o neutral)
Hinsichtlich des Soll-Zustandes (Tabelle 34), des erwünschten Zustandes in der Zukunft, liegt der Fokus einerseits auf Arbeitsplatzsicherheit bzw. einem fixen Engagement, andererseits auf der künstlerischen Arbeit und ihrer Qualität. Die Situation am Arbeitsplatz kann u. a. durch eine Verbesserung des Betriebsklimas, mehr Diskussionen, das Gelten der eigenen Meinung, Offenheit, aber auch eine angemessene Bezahlung – „von der man leben kann“ – und eine Reduktion der Angst vor Kündigung erreicht werden. Auf einer künstlerisch-emotionalen Ebene herrschen positive Emotionen, Freude an der Arbeit, Möglichkeiten sich zu steigern, passende Rollen, aber auch der gesundheitliche Aspekt, seine Stimme zu bewahren, vor.
334
Tabelle 34:
10 Qualitative Analyse mit GABEK®-WinRelan®
Auszug der Relevanzliste Soll-Zustand (+ positiv, - negativ, o neutral)
10.3 Weitere Ergebnisse der qualitativen Analyse Die weitere Analyse bezieht sich auf die eingangs behandelte Fragen der Motivation, eine künstlerische Karriere zu ergreifen, ob eine positive Erfolgswahrnehmung motivatorische Wirkung auf die MitarbeiterInnen am Musiktheater aufweist und inwiefern sich diese in den verschiedenen Beschäftigungsbereichen unterscheidet. Die in den Ergebnissen sichtbar gewordene Bedeutung der künstlerischen Leitung wird ebenfalls aufgegriffen. 10.3.1 Gründe für eine Karriere im Musiktheater In Kapitel 1 wurde über die Karrierewege und -entwicklung im Musiktheater gesprochen. Dabei stellte sich auch die Frage, warum ein derart großer Andrang auf eine geringe Zahl gutbezahlter Arbeitsplätze herrscht, die primär mit der intrinsischen Motivation und Befriedigung durch eine künstlerische Tätigkeit beantwortet wurde
10.3 Weitere Ergebnisse der qualitativen Analyse
335
(siehe Kapitel 1). Die Netzwerkgraphik in Abbildung 48 widmet sich die Frage, was die befragten SängerInnen zum Musiktheater gebracht hat. glücklich_sein Applaus
Arbeit_gemeinsam
Rolle Gefühl Arbeit_ andere
Musik
LehrerIn
Bühne
Unterricht
SängerIn
singen
Kollegen
Ausbildung Freude Studium_Musik
[MusikTheater_Anlass] Heimatland
Chor
Kind Vorsingen Musikinstrument
Abbildung 48:
Schulkind_ (7-12J)
singen_immer
Netzwerkgraphik „Musiktheater_Anlass“ SängerInnen, Nennungen 5
Die Befragten haben ihre Liebe zur Musik bereits als Kind entdeckt und wurden entsprechend gefördert und ausgebildet. Sie haben „immer schon gesungen“ und verspüren Freude am singen. Andere Berufe werden/wurden aus finanziellen Gründen ausgeübt. Musik zu machen und auf der Bühne zu stehen, gemeinsam etwas zu erarbeiten, Rollen zu singen/spielen und Applaus zu erhalten, vermittelt ein Gefühl des Glücks. Den Befragten ist gemein, dass sie bereits als Kinder auf ihr Talent aufmerksam gemacht haben und angeben, „immer schon gesungen zu haben“: „Gute Frage. Das ist kniffligen Inhalts! Ich muss singen und vorzugsweise auf einer Bühne. Immer schon.“ [N02]
In der Folge wurden sie entsprechend gefördert – sei es durch Familie oder LehrerInnen – und ausgebildet. Die Befragten haben ein Bedürfnis, auf der Bühne zu stehen, dort zu singen.
336
10 Qualitative Analyse mit GABEK®-WinRelan® „Also ich bin ganz schüchtern. Das war ein großes Problem für mich. Und ich habe manchmal das Gefühl, wenn ich auf der Bühne bin, dann bin ich ganz frei, ich kann alles machen! […] Und ja, ich fühle mich wohl, wenn ich auf der Bühne bin. Es ist einfach so!“ [J06]
Gemeinsam mit KollegInnen Musik zu machen, in Rollen zu schlüpfen und Applaus zu erhalten verleiht ihnen ein Glücksgefühl. „Ich habe ein so gutes Gefühl, wenn ich singe, weil es so einfach ist. Ich glaube es ist das, was ich machen sollte. […] Es ist schwer, aber es macht mich glücklich.“ [C04]
Dazu trägt auch die Vielfalt am Theater bei: „Im Theater kommen Leute von überall her zusammen. […] Wir kommen zusammen und gehen in eine gleiche Richtung, wir singen diese wunderbare Musik zusammen und es ist wunderbar, dass wir alle zusammen diese Musik machen können und nicht streiten oder so.“ [C23]
10.3.2 Die motivatorische Wirkung des Erfolgs Um auf die eingangs gestellte These, Erfolg hätte motivatorische Wirkung auf die MitarbeiterInnen einer Theaterinstitution, zurückzukommen, wurde die Kausalgraphik zum organisationalen Erfolg (vgl. Abbildung 46) an den Knoten „Arbeit_ gemeinsam“ und „Betriebsklima“ erweitert (siehe Abbildung 49). Hier zeigt sich eine deutliche Verbindung zur Arbeitsmotivation der Befragten in Hinblick auf Anerkennung1136 und die Wahrnehmung eines persönlichen Erfolgs ebenso wie zur intrinsischen Motivation die durch entsprechende positive Rahmenbedingungen und Faktoren organisationalen Erfolgs positive Erlebnisse – wie beispielsweise Flow-Zustände – und die bereits identifizierte Freude am Singen erzeugen können. „Und solche Momente, das ist so ein ganz... da wird man so unglaublich reich an sich und der Welt, und so unglaublich glücklich. Ganz ohne Publikum, ganz ohne Leistungsdruck oder so, sondern einfach nur dieses Gefühl, das zu spüren und spüren zu dürfen, dass man da etwas erleben kann, was man sonst in keinem anderen Bereich erleben kann.“ [M34]
1136 Dieses Ergebnis ist konsistent mit den Ergebnissen von Eikhof/Haunschild (2007), S. 533, welche die Anerkennung durch Theaterleitung, Kritiken und das Publikum in der Erfolgsdefinition der befragten SchauspielerInnen betonen.
10.3 Weitere Ergebnisse der qualitativen Analyse
337 Anerkennung
[Erfolg_öffentliche_ Meinung] IntendantIn
[Erfolg_persönlich]
Freude
Reputation
[Erlebnis_positiv]
Erfolg Arbeit_gemeinsam
singen gefallen
Qualität [Erfolg_Theater] Außenwirkung Auslastung
Ensemble
Abbildung 49:
[Einfluss_ Motivation]
Publikum_ erreichen
Betriebsklima
Erweiterte Kausalgraphik „Erfolg_Theater“ – „Einfluss_Motivation“ Gesamtsample, Nennungen 3
Die gemeinsame Arbeit ist sowohl für den organisationalen als auch den persönlichen Erfolg bedeutsam und beschert Freude und positive Erlebnisse. Ebenso wie ein gutes Betriebsklima beeinflusst die gemeinsame Arbeit die Arbeitsmotivation der Befragten. Anerkennung und das Erreichen des Publikums zeigen ebenfalls motivatorische Wirkung. Wieder zeigt sich die wichtige Rolle des/r Intendanten/in nicht nur in der Schaffen einer Erfolgswahrnehmung von außen, sondern auch aus Sicht der MitarbeiterInnen. 10.3.3 Der Einfluss unterschiedlicher Beschäftigungsverhältnisse auf die Erfolgswahrnehmung In Hypothese 2 wurde formuliert, dass die individuelle Erfolgswahrnehmung von MitarbeiterInnen sich nach der unterschiedlichen Ausgestaltung des Arbeitsverhältnisses unterscheidet. Hierbei wurde zwischen Beschäftigungsbereichen (Hypothese 2a), führenden und nicht-führenden Positionen (Hypothese 2b) sowie kurz- und langfristigen Beschäftigungsverhältnissen unterschieden. 10.3.3.1 Einflussfaktoren für unterschiedliche Beschäftigungsgruppen Das Sample der qualitativen Untersuchung ist zu klein, um die Bereiche künstlerisches Personal, administratives Personal und technisches Personal gesondert zu betrachten. Daher wird hier zwischen KünstlerInnen mit Bühnenpräsenz (n=16) und Mitarbeiter-
338
10 Qualitative Analyse mit GABEK®-WinRelan®
Innen ohne Bühnenpräsenz (n=7) unterschieden.1137 Eine Stärke des Zusammenhanges kann hier nicht festgemacht werden, allerdings eine Priorisierung gedanklicher Konzepte. Zu diesem Zweck werden die Kausalgraphiken für beide Gruppen gegenübergestellt. Für künstlerische MitarbeiterInnen mit Bühnenpräsenz ergibt sich ein buntes Bild. Auf der einen Seite steht einerseits der/die IntendantIn, der/die für ein Klima der Offenheit sorgt, junge KünstlerInnen fördert und für sein/ihr Arbeitspensum bewundert wird. Auf der anderen Seite wurden offenbar mehrere negative Erlebnisse mit verschiedenen DirigentInnen verbunden. Bei den künstlerischen MitarbeiterInnen steht wiederum das Team und die gemeinsame Arbeit im Vordergrund. Sie bilden eine Einheit, die generierte Freude und Anerkennung aus der gemeinsamen Arbeit wird als motivationsfördernd eingestuft. [Erlebnis_positiv] Einheit
singen_ immer
Team
Rolle_ bestimmte
Offenheit Künstler_jung
Arbeit_viel
[Einfluss_Motivation]
Publikum_erreichen Arbeit_ gemeinsam
singen Freude
IntendantIn
Unterricht Anerkennung
Vielfalt
[Erfolg_ persönlich]
Betriebsklima Reputation Haus_berühmt
[Erfolg_Theater]
Karriere
Qualität
Dirigent [Erlebnis_negativ] Gast
Musiktheater Ensemble Leitung
Abbildung 50:
Agressivität
Zweck
Kausalgraphik „Erfolg_Theater“ MitarbeiterInnen mit Bühnenpräsenz, Nennungen 2
In Abbildung 50 wird die Bedeutung des Grundwertes Freude an der Arbeit und am Singen sowie die damit verbundenen positiven Erlebnisse noch stärker sichtbar. 1137 mit Bühnenpräsenz: Interviews A/B/C/F/J/L/M/N/O/P/Q/R/S/T/U/W/X; ohne Bühnenpräsenz: Interviews D/E/G/H/I/K/V
10.3 Weitere Ergebnisse der qualitativen Analyse
339
Als weiterer Grundwert für die KünstlerInnen wird die Karriere identifiziert, die von der Beschäftigung an berühmten Häusern positiv beeinflusst wird. Gemeinsam zu arbeiten, zu singen, das Publikum zu erreichen, aber auch sich durch Unterricht weiterzuentwickeln sowie die Qualität des Dargebotenen sind artikulierte Oberziele. Weitere Ziele sind die bereits erwähnte Offenheit im Umgang und ein gutes Betriebsklima, das Erhalten bestimmter Rollen, aber auch eine Vielfalt im Repertoire sowie Reputation und das Erfüllen eines Zwecks. Für die KünstlerInnen steht die Freude an der Arbeit bzw. am Singen als Einflussfaktor auf den Erfolg des Theaters, aber auch auf die Motivation im Mittelpunkt. Der/die IntendantIn wird zur Schlüsselperson, welche die gemeinsame Arbeit gestaltet, für ein Klima der Offenheit sorgt und insbesondere junge KünstlerInnen fördert. Mit DirigentInnen werden hingegen eher negative Erlebnisse verknüpft. Die künstlerische Karriere wird insbesondere durch die Beschäftigung an berühmten Häusern beeinflusst. Das Dargebotene soll sich durch Qualität und Vielfalt auszeichnen. Für die Institution von Bedeutung sind insbesondere das Erlangen einer Reputation sowie das Erfüllen des primären Zwecks. Für MitarbeiterInnen ohne Bühnenpräsenz – sie haben alle eine Leitungsfunktion inne – zeigt sich ein reduzierteres Bild (Abbildung 51), das offenbar nicht nur auf die kleinere Sample-Größe zurückzuführen ist. Hier stehen die Ziele Auslastung und Motivation im Vordergrund, letztere wird sowohl durch die Stückauswahl als auch durch die MitarbeiterInnen beeinflusst. Als Rahmenbedingungen des Erfolgs werden die Außenwirkung und Feedback in Form von Medienkritiken, insbesondere der Zeitung, genannt. Auslastung Zeitung Außenwirkung
Motivation [Erfolg_Theater] Besuch_kein Kritik_Medien
Stück
[Einfluss_Motivation]
Abbildung 51:
Mitarbeiter
Kausalgraphik „Erfolg_Theater“ MitarbeiterInnen ohne Bühnenpräsenz, Nennungen 2
340
10 Qualitative Analyse mit GABEK®-WinRelan®
Für die MitarbeiterInnen hinter der Bühne sind insbesondere die Auslastung des Theaters sowie die Motivation der MitarbeiterInnen für die Erfolgswahrnehmung entscheidend. Dazu kommt die Außenwirkung des Theaters, die sich in Medienkritiken, besonders in der Zeitung, manifestiert. 10.3.3.2 Führende Position versus Ensemble-Position Um zu eruieren, ob eine Leitungsfunktion und die damit einhergehende höhere Verantwortung unterschiedliche Erfolgswahrnehmungen generiert, wurde das Sample anschließend in MitarbeiterInnen mit Führungsverantwortung (n=11) und Ensemblemitglieder ohne Führungsverantwortung (n=13) geteilt.1138 Da es sich bei den SängerInnen durchwegs um Personen handelt, die auch Solistenrollen übernehmen, wurde die Führungsverantwortung im künstlerischen Bereich durch eigene Inszenierungen definiert. Die Auswertung der Interviews der Personen mit Führungsaufgaben zeigt dasselbe Bild (mit Ausnahme der Einzelnennungen) wie jene der MitarbeiterInnen ohne Bühnenpräsenz (vgl. Abbildung 51). Da das Sample für diese Fragestellung (Hypothese 2b) mehr Interviews beinhält als in der Fragestellung von Hypothese 2a, kann das Ergebnis dennoch als relevant betrachtet werden. Allerdings ist die Personalunion als administrative Führungskräfte einschränkend zu berücksichtigen. Auch für die MitarbeiterInnen in Führungspositionen sind insbesondere die Auslastung des Theaters sowie die Motivation der MitarbeiterInnen für die Erfolgswahrnehmung entscheidend. Dazu kommt die Außenwirkung des Theaters, die sich in Medienkritiken, besonders in der Zeitung, manifestiert. Auch für die MitarbeiterInnen ohne Führungsaufgaben – in diesem Sample ausschließlich KünstlerInnen, zeigt sich ein ähnliches Bild wie in Abschnitt 10.3.3.1. 10.3.3.3 Kurzfristiges versus langfristiges Beschäftigungsverhältnis Schließlich wurden die MitarbeiterInnen von Theater A, die über ein (relativ) gesichertes Arbeitsverhältnis verfügen, den MitarbeiterInnen von Theaterkompanie C – einer Gruppe von Freelancern –gegenübergestellt. Beide Gruppen beinhalten jeweils 11 Interviews, die Ausdrücke wurden mindestens zweimal genannt. Für Theater A (Abbildung 52) zeigt sich wieder ein starker Fokus auf die Außenwirkung und Medien-Kritiken sowie Auslastungszahlen. Einschränkend sei bemerkt, 1138 mit Führungsverantwortung: Interviews A/B/D/E/F/G/H/I/K/V/W – sie wurden mit den beiden Interviews der zusätzlich befragten Führungskräfte ergänzt; ohne Führungsverantwortung: Interviews C/J/L/M/N/O/P/Q/R/S/T/U/X
10.3 Weitere Ergebnisse der qualitativen Analyse
341
dass der Anteil an administrativen Führungskräften für das Sample Theater A höher ist, allerdings handelt es sich hierbei um ein relevantes Unterscheidungsmerkmal zwischen einem fixen Ensemblebetrieb und freischaffenden, kurzfristig beschäftigten KünstlerInnen. Die Verantwortung für ein fixes Theater mit entsprechenden Kostenstrukturen wird offenbar auf allen Hierarchiebenen getragen. Dadurch wird das (Nicht-)Ziel „kein Besuch“ zu einem unerwünschten Zustand. Wieder wird die des/r Intendanten/in hervorgehoben, die sowohl nach innen – durch ihren Einfluss auf die Motivation und das Arbeitsklima – als auch nach außen – durch ihre Beziehungen und den Einfluss auf die öffentliche Meinung – wirkt. Die Art der Beschäftigung im Musiktheater, ob auf der Bühne oder administrativ bzw. hinter der Bühne, zeigt unterschiedliche Bedeutungsschwerpunkte für die Einflussfaktoren auf den wahrgenommenen Erfolg. Für die Personen ohne Bühnenpräsenz sind primär messbare Ausprägungen des Erfolges wie Medienkritiken oder die Auslastung relevant, aber auch die Motivation der MitarbeiterInnen. Für die KünstlerInnen auf der Bühne hingegen steht das Erreichen eines Zustandes der Freude aber auch des Publikums im Vordergrund. Dieses Postulat der zweiten Hypothese (Hypothese 2a) kann auf Grundlage der qualitativen Analyse also bestätigt werden. Stück
[Einfluss_Motivation] [Erfolg_öffentliche _Meinung]
Auslastung Zeitung Motivation G30,H35
[Erfolg_Theater]
Außenwirkung
IntendantIn
Arbeit_gemeinsam
Arbeit_viel Kritik_Medien Mitarbeiter Beziehungen Besuch_kein
Offenheit Künstler_jung
Abbildung 52:
Kausalgraphik „Erfolg_Theater“ Theater A, Nennungen 2
Erfolg Haus_erfolgreich
342
10 Qualitative Analyse mit GABEK®-WinRelan®
In Theater A, einem Betrieb mit fix beschäftigen MitarbeiterInnen, ist die Außenwirkung des Theaters, ausgedrück in Medienkritiken und die Auslastung für die Erfolgswahrnehmung bedeutsam. Die Motivation wird durch die Stückauswahl, aber auch die gemeinsame Arbeit erzielt. Eine Schlüsselposition hat der/die IntendantIn inne, die für den Erfolg des Hauses durch ihre Innenund Außenwirkung maßgeblich verantwortlich ist. In der Theaterkompanie C (Abbildung 53) fehlt die Verantwortung für einen großen Verwaltungsapparat. Dadurch liegt der Fokus stärker auf dem Produkt – Vielfalt und Qualität, der Arbeit im Team und daraus generierten Freude, aber auch dem Betriebsklima, das als motivationsfördernd eingestuft wird. singen
[Erlebnis_positiv]
Team
Einheit
Unterricht
Arbeit_gemeinsam Vielfalt Freude
Publikum_erreichen
Qualität Betriebsklima Musiktheater
[Einfluss_Motivation]
[Erfolg_Theater] Dirigent
[Erlebnis_negativ]
Leitung Ensemble Haus_berühmt
Agressivität Reputation
Gast
Erfolg
Abbildung 53:
Kausalgraphik „Erfolg_Theater“ Theaterkompanie C, Nennungen 2
In der freien Theaterkompanie C stehen die Freude am Singen und das Erreichen von Zielen durch die gemeinsame Arbeit im Vordergrund. DirigentInnen werden als Einflussfaktor, häufig jedoch auch negativ erlebt. Reputation ist entscheidend für die Erfolgswahrnehmung, ebenso wie Qualität und Vielfalt des Dargebotenen.
10.4 Bedeutung von IntendantIn und DirigentIn
343
Für die beiden Samples zeigt sich also ein Unterschied, der als Indiz für die Bestätigung von Hypothese 2c gewertet werden kann. Zusammenfassend kann Hypothese 2 für die vorliegende Datenbasis bestätigt werden. In den Interviews wurden jene Einflussfaktoren auf den wahrgenommenen Erfolg genannt, welche den Interviewten aus ihren persönlichen Erfahrungen als relevant erschienen. Da insbesondere die KünstlerInnen über internationale Karrieren bzw. mehrere Engagements – wenn auch vielfach kurzfristig – an verschiedensten Häusern, Festivals und Kompanien verfügen, sind ihre Konzepte von Erfolg nicht ausschließlich durch die aktuelle Beschäftigung während der Befragung geprägt und dadurch wahrscheinlich über die institutionalen Grenzen hinaus relevant. 10.4 Bedeutung von IntendantIn und DirigentIn Eine zentrale Rolle des/r DirigentIn wird in der vorliegenden Untersuchung zwar bestätigt, jedoch bei weitem nicht im selben Ausmaß wie jene des/r Intendanten/in. Dies liegt mit hoher Wahrscheinlichkeit daran, dass IntendantInnen als Personen für die jeweiligen Theater- und Operinstitutionen stehen, jedes Haus in der Regel aber mehrere DirigentInnen beschäftigt, sodass ihr Einfluss sich stärker auf einzelne Produktionen und/oder Aufführungen auswirkt. So erhält man durch die Befragung auch ein eher ganzheitliches Bild des/r Intendanten/in, während über einzelne – häufig negative Episoden – mit DirigentInnen berichtet wird. Besonders in Theater A sticht die Bedeutung und teilweise Bewunderung, die der Intendantin bzw. künstlerischen Direktorin entgegengebracht wird, ins Auge. Betont wird die Offenheit, die den MitarbeiterInnen entgegengebracht wird und auf das Arbeitsklima wirkt, sowie eine hohe Anerkennung ihrer künstlerischen Leistungen: „Die Leute, die Chefin, ist auch ganz Ohr und man kann gut mit ihr reden. Man wird nicht niedergedrückt oder schlecht oder klein gemacht. Auch die musikalischen Leistungen sind super. Also es ist wirklich ein tolles Haus!“ [A64]
Insbesondere die Förderung junger KünstlerInnen und die Möglichkeit, sich als KünstlerIn weiterzuentwickeln, wird geschätzt: „Ach, die ist super. (enthusiastisch) Das ist unglaublich, also ich muss sagen, wo die Intendantin ihre Energie herkriegt, möchte ich einmal wissen. Sie nimmt sich so viel Zeit für junge Leute, (lächelnd) aber auch für ältere Menschen…Es ist schon unglaublich, wie willig und offen sie ist zu helfen, trotz ihrer Tätigkeiten als Intendantin. Sie ist irrsinnig beschäftigt…“ [A67]
344
10 Qualitative Analyse mit GABEK®-WinRelan®
Wenngleich die Hierarchie an Theater A als strikt und viele Führungssituationen auch als autoritär beschrieben wurden, herrscht bei den künstlerisch Führenden entsprechender – und motivierender – Entscheidungsspielraum. „Ich kann unglaublich viel selber entscheiden, ihr dadurch etwas abnehmen und andererseits aber einfach auch selber ein bisschen ausprobieren, das findet eigentlich nur materielle Beschränkung. Wenn es etwas kostet, dann wird es schwieriger. Solange es nichts kostet, geht sowieso alles.(lacht)“[E36]
Unter der Führung der Intendantin werden die Ziele Dialog, Leistung und Vertrauen als Einflussfaktoren auf die Motivation genannt. Hier wird auch die motivatorische Wirkung von Erfolg wieder deutlich. Ein persönliches Erfolgsgefühl stellt sich durch die entgegengebrachte Anerkennung, aber auch die durch die IntendantIn beeinflusste gemeinsame Arbeit, in der sich Personen ergänzen und gemeinsam „funktionieren“, wiederum ein Hinweis auf Flow. Leistung
Freiheit
Projekt_bestimmtes
Dialog Stück
Mitarbeiter
Vertrauen [Einfluss_ Motivation]
Vorstellung_ besuchen
wohlfühlen Erfolg
Anerkennung
Auslastung
[Erfolg_ persönlich] IntendantIn
Künstler_jung
Arbeit_ gemeinsam funktionieren
Mundpropaganda [Erfolg_öffentliche _Meinung]
Abbildung 54:
Offenheit Arbeit_viel
Kausalgraphik „IntendantIn“ Theater A, Nennungen 2
ergänzen_sich
10.5 Grenzen der qualitativen Befragung
345
Die Intendantin hat in Theater A eine zentrale Rolle. Sie beeinflusst den Erfolg nach außen durch ihre Wirkung auf die öffentliche Meinung und ihre künstlerische Leistung. Der Fokus liegt jedoch auf ihrer Führungsrolle, die den zentralen Wert des „Wohlfühlens“ und künstlerischer „Freiheit“ fördert. 10.5 Grenzen der qualitativen Befragung Auch für die qualitative Studie gilt die Unmöglichkeit der allgemeinen Übertragbarkeit der Ergebnisse – sie sind für den jeweiligen Kontext gültig. So kann das Fehlen eines Innovationsanspruchs einerseits auf eine tatsächlich fehlende Bedeutung hinsichtlich der Erfolgswahrnehmung hinweisen. Die Auswahl anderer Theater mit beispielsweise einer Reputation für aufwändige Neuinszenierungen oder Uraufführungen, könnte jedoch ein gänzlich anderes Bild zeigen. Dies wäre eine interessante Erweiterung der empirischen Arbeit für zukünftige Forschungsarbeiten. Als überraschend schwierig erwies sich die Anforderung, lediglich von den Befragten verwendete Begriffe zu verwenden. Wahrscheinlich durch ihre internationalen und organisationsübergreifenden Karrieren bedingt, wiesen die Befragten auch innerhalb eines Ensembles erstaunliche Heterogenität bezüglich verwendeter Begriffe auf. Um die Vergleichbarkeit gedanklicher Konstrukte zu gewährleisten, konnte diesem Anspruch also nur zum Teil entsprochen werden.
11 Zusammenfassende Interpretation der Ergebnisse
Die vorliegende Arbeit widmete sich der Frage, wie sich das „Unmessbare“, der Erfolg im Kulturbetrieb, für die internen Stakeholder eines Theaters konstruieren und messen lässt. In weiterer Folge wurde der Einfluss dieser Problematik auf die Führung von Theatern und Opernhäusern untersucht. Dahinter steht die grundlegende Überlegung, wie und ob der Erfolg eines Kulturunternehmens überhaupt sinnhaft messbar und/oder bewertbar ist. Zu diesem Zweck, wurde ein Modell über die Konstruktion von Erfolg aus Sicht der MitarbeiterInnen im Musiktheater erstellt und getestet. Ebenso wurde im Rahmen einer qualitativen Analyse die Konstruktion der Erfolgswahrnehmung auf Grundlage offener Fragen untersucht. 11.1 Die Konstruktion von Erfolg im (ehemals) öffentlichen Theaterbetrieb Ausgehend von der Literatur rund um den Themenkreis möglicher bzw. identifizierter Einflussfaktoren wurde der Konstruktion von Erfolg Multidimensionalität unterstellt. Zur Überprüfung dieser Hypothese wurde ein Modell mit 16 Determinanten der „Wahrnehmung von Erfolg“ vorgeschlagen und mit Hilfe konfirmatorischer Faktorenanalyse überprüft (siehe Tabelle 35). Die resultierte erklärte Varianz der Zielgröße wahrgenommener Erfolg der Institution durch das Basismodell kann als durchaus zufrieden stellend gewertet werden. Auch in der qualitativen Befragung wurden verschiedene Einflussfaktoren auf den Erfolg über die zwei Samples identifiziert. Mit beiden Methoden wurde also dasselbe Endergebnis erzielt: eine Bestätigung der Multidimensionalität des Erfolgskonstrukts. 11.1.1 Multidimensionalität der Konstruktion von Erfolg Von den ursprünglich 16 Variablen wurden zwölf Einflussfaktoren zu den vier Faktoren „Wirtschaftliche Performance“, „Peer Reputation“, „Künstlerische Qualität“ und „Organisationales Klima“ zusammengefasst und modelliert (Tabelle 35). Mit Ausnahme der Karriereoptionen und der Mitarbeiterkompensation wurden diese Faktoren auch in den qualitativen Interviews genannt. Dadurch konnten Zweifel beseitigt werden, dass der starke zu beobachtende Fokus auf interne Faktoren durch die Fragestellung der Fragebögen induziert sei.
348
11 Zusammenfassende Interpretation der Ergebnisse
Wirtschaftliche Performance
Wirtschaftliche Situation der Institution Besucherloyalität (Abonnement) Besucherzufriedenheit Auslastung
Tabelle 35:
Peer Reputation Medienkritiken Reputation des künstlerischen Direktors
Künstlerische Qualität
Stückauswahl/ Repertoire Künstlerische Qualität
Organisationales Klima
Betriebsklima Mitarbeiterzufriedenheit Karriereoptionen Mitarbeiterkompensation
Erfolgsfaktoren aus dem quantitativen Modell
In beiden Befragungen zeigte sich, dass wirtschaftliche Faktoren – insbesondere die Auslastung – über Beschäftigungsgruppen hinweg einen wichtigen Einflussfaktor auf die Wahrnehmung von Erfolg darstellen. In der quantitativen Befragung wurde das Publikum unerwartet unter den wirtschaftlichen Faktor subsumiert. Dies kann durch die Zusammensetzung des Samples aus allen Bereichen des Theaters bedingt sein, denn die Auswahl der KünstlerInnen in der qualitativen Befragung setzen das Erreichen des Publikums – und damit mehr eine qualitative denn quantitative Zielsetzung in den Vordergrund. Unter den Reputationsfaktoren wurden die Reputation der Institution sowie der persönliche Ruf unter FachkollegInnen im empirischen Modell nicht bestätigt. Auch hier können die unterschiedlichen Samples einen Erklärungsansatz liefern, denn auch in der qualitativen Befragung waren diese Faktoren lediglich für die befragten KünstlerInnen, dort insbesondere für ihre persönliche Karriere, von Bedeutung. Die Reputation des Hauses wurde primär als zu erreichendes Ziel definiert. Bezogen auf das angebotene Produkt war die künstlerische Qualität in beiden Befragungen als Einflussfaktor auf den wahrgenommenen Erfolg eines Theaters bedeutsam, in der qualitativen Befragung zeigte sich jedoch ein stärkerer Fokus für das künstlerische Personal, sowohl was die Stückauswahl bzw. das Repertoire als auch die künstlerische Qualität des Dargebotenen betrifft. In keiner der beiden Befragungen wurde Innovation als Einflussfaktor auf den wahrgenommenen Erfolg bestätigt. Der interne Faktor des organisationalen Klimas trat insbesondere in der qualitativen Befragung in den Vordergrund. Das Betriebsklima als Grundlage einer gemeinsamen Arbeit, die „funktioniert“, in der die KünstlerInnen sich ergänzen und eine Einheit bilden können, wurde häufig beschrieben. Die Begriffe Mitarbeiterzufriedenheit ebenso wie eine organisationale Effizienz wurden in diesem Zusammenhang nicht explizit genannt, sind den Beschreibungen jedoch inhärent. Karriereoptionen in Form von Aufstiegsmöglichkeiten und Weiterentwicklung wurden
11.1 Die Konstruktion von Erfolg im (ehemals) öffentlichen Theaterbetrieb
349
implizit mit dem Unterricht, der den KünstlerInnen zuteil wird, erwähnt. Die Mitarbeiterkompensation als Einflussfaktor auf den wahrgenommenen Erfolg oder auf die Motivation wurde in den Interviews nicht genannt. Mit den verbleibenden zwölf Variablen konnte die Vieldimensionalität des Konstrukts „Wahrgenommener Erfolg“ am Musiktheater bestätigt werden. Ebenfalls bestätigt wurde der Einfluss von Erfolg – sowohl auf institutionaler als auch auf persönlicher Ebene – auf die Motivation der MitarbeiterInnen. Insbesondere die künstlerisch wirkenden MitarbeiterInnen zeichnen sich durch hohe intrinsische Motivation („singen müssen“) und durch eine hohe motivatorische Wirkung einer „funktionierenden“ gemeinsamen Arbeit mit gemeinsamen Zielen aus. 11.1.2 Publikum versus Qualität? Das Publikum ist eine zentrale Zielgröße, die jedoch nicht als gegeben und statisch betrachtet wird: So gründet der wahrgenommene Erfolg von Theater A auf „die kontinuierliche Arbeit der Intendantin, eine starke Annäherung des Spielplanes und der Inszenierungstätigkeit an die Interessen des Publikums. Und auch ein Entgegenkommen des Publikums und eine veränderte Sichtweise, die eigentlich schon mit der Art des Theaters des vorigen Intendanten in Verbindung zu bringen ist.“ [H14]
In den Befragungen wird das Publikum einerseits infolge seines Beitrags zu Eigenfinanzierung (Auslastung), andererseits als Zielgruppe, die mit den künstlerischen Produktionen erreicht werden soll, als Erfolgsfaktor genannt. Ebenso werden von Seiten des künstlerischen Personals die künstlerische Qualität und auch die Vielfalt des Programms betont. Dies entspricht der in Abschnitt 6.3.3 identifizierten Zielambiguität, die es im Rahmen der Strategien des Theaters zu berücksichtigen gilt. Innovation wurde als gestaltendes Element künstlerischer Qualität beschrieben. Obwohl eine Fokussierung auf das Standardrepertoire ein bekanntes Phänomen des „aktuellen“ Musiktheaters ist, erscheint es dennoch erstaunlich und in tiefstem Maße bedenklich, dass das „Zukunftsthema“ Innovation in beiden Untersuchungen keinen Einfluss auf die Erfolgswahrnehmung und auch die Motivation aufweist. Möglicherweise würde eine Untersuchung mit anderen Samples – beispielsweise einer prestigeträchtigen Staatsoper oder kleineren, auf Neuinszenierungen spezialisierten, Häusern – andere Ergebnisse liefern. Dennoch taucht der fehlende Innovationsfokus die Zukunft des Musiktheaters in ein eher pessimistisches Licht. Eine aktuelle Studie mit 700 Unternehmen verschiedenster Branchen aus 10 Ländern bestätigt, dass es weniger Struktur und Attraktivität der jeweiligen Branchen sind, die über Erfolg entscheiden, sondern unternehmensinterne Faktoren – unter denen neben einer konsequenten Orientierung an den Kernkompetenzen und dem Markt
350
11 Zusammenfassende Interpretation der Ergebnisse
insbesondere eine Ausrichtung auf Innovation heraus sticht.1139 Das Fehlen dieser Variable verwundert im aktuellen Kontext umso mehr, als immer wieder Zweifel an der Zukunft der Oper laut werden. Es muss allerdings bemerkt werden, dass ja nicht die Wichtigkeit von Innovation in Frage gestellt ist, sondern ihr Einfluss als Erfolgsfaktor. Und tatsächlich werden Produktionen abseits des Standardrepertoires als riskant eingestuft, erzielen niedrigere Auslastungszahlen und müssen häufig mit „erfolgreicheren“ Produktionen quer subventioniert werden.1140 Konsequente und kontinuierliche Besucherentwicklungsarbeit – wie an den meisten Häusern praktiziert – ist ein Weg, die scheinbar unvereinbaren Ziele „Publikum“ und „Qualität“ in Einklang zu bringen. Nicht Publikum versus künstlerische Qualität lautet die Frage, sondern das Publikum und künstlerische Qualität gleichzeitig zu erreichen, ist das Ziel. 11.1.3 Messbarkeit der Erfolgsfaktoren Auslastungszahlen werden über den gesamten deutschsprachigen Raum für jede größere Theaterinstitution jährlich berechnet und beispielsweise an die statistischen Zentralämter und den Deutschen Bühnenverein gemeldet – sind also leicht zugänglich. Ebenso verhält es sich mit Abonnementzahlen, Budgetzahlen, der Höhe der Gehälter oder Angaben über das Repertoire, die für jeder Institution mit geringem Aufwand eruiert werden können bzw. standardmäßig erfasst werden. Analysen der Kunden- oder Mitarbeiterzufriedenheit und auch Medienresonanzanalysen werden ebenfalls von zahlreichen Institutionen durchgeführt. Dabei werden quantitative Ausprägungen zunehmend mit inhaltsanalytischen Interpretationen ergänzt. Dennoch ist die Frage, ob und wie eine Kritik auf die perzipierenden Personen wirkt, nur schwer zu beantworten. (Abgesehen davon, dass die Verträglichkeit einer umfassenden Medienresonanzanalyse für einzelne Produktionen mit einem schmalen Theaterbudget dahingestellt sei.) Ebenfalls ist fraglich, ob das Betriebsklima durch die Mitarbeiterzufriedenheit ausreichend beschrieben wird. Auf die Frage, wie die künstlerische Qualität des Dargebotenen gemessen werden kann, fehlen befriedigende Antworten. Der Fokus der relevanten Faktoren für die Erfolgswahrnehmung ist nach den Ergebnissen der empirischen Untersuchung klar nach innen gerichtet und betont dabei die intangiblen Vermögenswerte (assets) der Organisation. Das Betriebsklima, Vertrauen, Beziehungen, etc. werden in Zusammenhang mit institutionalem Erfolg genannt. In diesem Zusammenhang scheint auch eine adaptierte Balanced Scorecard (vgl. die Strategy Map für die Boston Lyric Opera in Abbildung 18) zu kurz zu greifen, da sie die Aspekte künstlerischer Qualität nicht berücksichtigt – 1139 1140
Vgl. Bailom, et al. (2006) Vgl. Wopmann (2003)
11.2 Schlüsselposition IntendantIn
351
diese müsste, wie vorgeschlagen über die „Mission“ stärker abgebildet werden. Dennoch scheint der Ansatz eines „multidimensional performance measurement system“1141 eine adäquate Methode zur Erfolgsmessung und insbesondere der Entwicklung geeigneter Strategien zu sein. Der Einsatz einer Balanced Scorecard könnte als Brücke zwischen strategischem und operativen Handeln in der Dimension „Lernen & Entwickeln“ auch dem Aspekt der Innovation stärkeres Gewicht verleihen. 11.2 Schlüsselposition IntendantIn Bereits in der quantitativen Analyse hat sich die Reputation des/r künstlerischen DirektorIn als bedeutsamer Einflussfaktor gezeigt. Im Rahmen der qualitativen Untersuchung wurde seine/ihre Bedeutung noch deutlicher hervorgehoben und beschrieben. An der Schnittstelle zwischen dem Theaterbetrieb mit all seinen MitarbeiterInnen zur Welt der Kultur, Politik und Wirtschaft übt die Intendanz eine Schlüsselrolle für die Erfolgswahrnehmung eines Theaters aus. Die Ergebnisse untermauern Boerners Forderung nach einem situativen Führungsverständnis im Musiktheater.1142 Die MitarbeiterInnen zeichnen sich nicht nur durch sehr hohes Commitment gegenüber der Institution, sondern besonders gegenüber der künstlerischen Direktion bzw. Intendanz aus. Und das, obwohl mehrfach Unzufriedenheit bezüglich der Stückauswahl und Praktiken der Geschäfts- und Personalführung artikuliert wurde. Die künstlerische Akzeptanz bzw. „unbestrittene Autorität“ ist also von größerer Bedeutung, als die wahrgenommenen Probleme. Dennoch wird insbesondere im künstlerischen Bereich und dort, wo eigene Führungsverantwortung ausgeübt wird, direktive Führung offenbar nicht geschätzt. Die MitarbeiterInnen wünschen sich eine größere Integration in Entscheidungsprozesse, sie würden gerne „einfach gefragt werden“ und nicht als „ausführende HandwerkerInnen“ betrachtet bzw. behandelt werden. Im Arbeitsbereich des Theaters, das durch zahlreiche Veränderungen und ein hohes Maß an Flexibilität und Mobilität gekennzeichnet ist, kann die Institution Theater als Arbeitgeber Konstanz, Integration und Lebensqualität vermitteln, um das Arbeitsklima und dadurch die kreative Produktion positiv zu beeinflussen. Die Einstellungen und Werte, aber auch die Denkhaltungen und Verhaltensweisen der IntendantInnen und Führenden im Theater stellen daher eine Grundlage für den nachhaltigen Erfolg der Institution und eine entsprechende Wahrnehmung durch die MitarbeiterInnen dar.
1141 1142
Vgl. Gstraunthaler/Piber (2007), S. 368 Vgl. Boerner (2002), S. 309 ff.
12 Abschließende Überlegungen & Ausblick
It appears that the desire to improve is the best indicator of future improvement. It seems to make little difference where one begins as long as there is a commitment to getting better. Stan Hutton, Clarence E. Heller Charitable Foundation, 2002
Überlegungen zum wissenschaftlichen Beitrag der Dissertation, aber auch zu den Grenzen der empirischen Arbeit sowie ein Ausblick für zukünftige Forschungsarbeiten sollen am Ende dieser Arbeit stehen. 12.1 Beitrag der Dissertation Die wissenschaftliche Bedeutung für die strategische Management- und Führungsforschung der vorliegenden Arbeit liegt darin, dass sie bereits entwickelte wissenschaftliche Konzepte in einem bislang nicht untersuchten Bereich verwendet bzw. entsprechend transformiert und damit deren Eignung auf einen weiteren Gestaltungsbereich übertragen wird. Konkretes Ziel dieser Arbeit war es, einen Beitrag zur Schließung der Lücke hinsichtlich einer empirischen Unterstützung der Diskussion um die Definition künstlerischen bzw. kulturorganisationalen Erfolgs1143 zu leisten. Im Rahmen dieser Dissertation wurde eine ganzheitliche Sicht des komplexen Phänomens Erfolg im Musiktheater einer klassischen eindimensionale Betrachtung von Erfolgsfaktoren vorgezogen. Der empirische Beitrag der Arbeit liegt insbesondere in der Überprüfung der aus der theoretischen Literatur abgeleiteten Hypothesen, aber auch in einer „vorgabefreien“ Herangehensweise an die Fragestellung. Dabei wurde die Multidimensionalität der Erfolgswahrnehmung sowohl in einer quantitativen als auch einer qualitativen Untersuchung untermauert. Akteure handeln nicht isoliert, sondern eingebettet in eine soziale und institutionelle Infrastruktur. Es konnte gezeigt werden, dass gemeinsame organisationale Werte und Zielsetzungen im Sinne von „organisationalen Maps“ der Bedeutung unterschiedlicher Einflussfaktoren bestehen, die von verschiedenen Rahmenbedingungen, aber auch dem Beschäftigungsbereich abhängen. Es wurde eine Betrachtung gewählt, die nicht die Organisation, sondern die in ihr tätigen Menschen in den Mittelpunkt stellt. 1143
Vgl. z. B. Busek/Abfalter (2003); Jochum/Schmid-Reiter (2006)
354
12 Abschließende Überlegungen & Ausblick
Zahlreiche ForscherInnen verweisen darauf, dass die Strategieforschung durch ihren Fokus auf die Makroebene von Unternehmen und Märkten den Menschen aus den Augen verloren hätte.1144 Die Erkenntnisse betriebswirtschaftlicher Forschung sind zwar in weiten Teilen, nicht jedoch zur Gänze auf den Kulturbereich übertragbar. So sind die zwei identifizierten Faktoren „künstlerische Qualität“ und „Reputation“ Ausdruck veränderter organisationaler Anspruchshaltungen im Kulturbereich, deren „Messung“ und „Bewertung“ die Verantwortlichen vor besondere Herausforderungen stellt. Eine klassische Erfolgsbewertung wird diesen Faktoren nicht gerecht, ist jedoch vielfach Grundlage einer Legitimation von Subventionen für öffentliche Kultureinrichtungen. Der Konflikt zwischen wirtschaftlichen und anderen – in diesem Fall künstlerischen – Zielsetzungen und Werten ist in vielen Branchen aktuell. Es wurde argumentiert, dass insbesondere bei der Erfolgsmessung wirtschaftliche Handlungslogiken künstlerische Praktiken verdrängen. Daher müssen im Sinne einer kreativen Produktion auch nicht-ökonomische Normen und Werte berücksichtigt werden. Insbesondere im Bereich der Arbeitsmotivation spielt die Berufung, zur Freiheit der Kunst (l’art pour l’art) beizutragen, eine besondere Rolle. Ein ähnliches Arbeitsethos kann in den meisten Bereichen der Kreativwirtschaft (creative industries) gefunden werden und erweitert das Anwendungsgebiet der vorliegenden Ergebnisse vom Bereich des (Musik)-Theaters auf den generellen Bereich kreativer Produktion.1145 Aus den Ergebnissen der vorliegenden Untersuchung lassen sich Folgerungen für Forschung und Praxis der Führung im Musiktheater formulieren. Insbesondere die Interviews aus Theater A zeigen, dass viele MitarbeiterInnen des Theaters zum Großteil mehrere Funktionen erfüllen, im Falle der SängerInnen als Mitglieder des Ensembles, SolistInnen, aber auch durch eigene Inszenierungen. Diese Möglichkeit, „sich selbst zu produzieren“ wird als positiv gewertet und schafft intrinsische Motivation. Das Musiktheater wurde bereits früher in der Arbeit als projektbasierte ExpertInnen-Organisation bezeichnet, die eine spezielle Form der Führung benötigt. Auf Grundlage der Erkenntnisse – die nach Ansicht der Autorin interdisziplinäre Anwendung finden können – empfiehlt sich auf der einen Seite ein transformationaler Führungsstil, der MitarbeiterInnen in die Lage versetzt, kreative Spitzenleistungen zu erbringen. Auf der anderen Seite kann Authentizität und fachliche Expertise der Führenden die gemeinsame Arbeit in Hinblick auf außergewöhnliche Leistungen beeinflussen. Die gegenseitige Anerkennung des Wissens und der künstlerischen Arbeit der Führenden und Geführten erscheint als Grundlage kreativer Zusammenarbeit, aber auch der Wahrnehmung durch externe Stakeholder. Die weitere Erforschung des Zusammenhanges zwischen transformationaler und authentischer Führung und dem Erfolg in der Wahrnehmung unterschiedlicher 1144 1145
für einen Überblick vgl. Florida (2002); Eikhof/Haunschild (2007), S. 536 Vgl. Voß/Pongratz (1998); Pine/Gilmore (1999)
12.2 Grenzen der Dissertation und weitere Forschung
355
Stakeholdergruppen soll den Gegenstand fortführender Forschungsarbeiten darstellen, ebenso wie eine weitere Überprüfung bzw. Erweiterung der vorgeschlagenen Einflussfaktoren auf die Erfolgswahrnehmung in neuen Forschungssettings und unter veränderten Rahmenbedingungen. 12.2 Grenzen der Dissertation und weitere Forschung Während die Fragestellung der Erfolgsmessung im Kulturbetrieb globale Gültigkeit hat, sind die Ergebnisse der empirischen Untersuchung in vielen Bereichen auf den deutschsprachigen Raum – genau genommen Deutschland und Österreich – beschränkt. So kann angenommen werden, dass durch unterschiedliche Finanzierungssysteme und Stakeholderverantwortungen (z. B. gegenüber Sponsoren) verschiedene Ziele und Wertigkeiten bzw. eine andere Priorität derselben zum Ausdruck gebracht werden. Eine ähnliche Untersuchung beispielsweise im angloamerikanischen Raum würde interessante Vergleiche ermöglichen. Ebenso könnte eine Wiederholung der Studie mit einem größeren Sample, eine Betrachtung über einen längeren Zeitraum oder eine Veränderung der Rahmenbedingungen eine Bestätigung der erzielten – oder zusätzliche – Ergebnisse liefern. Eine weitere Möglichkeit ist der Einsatz weiterer Methoden wie z. B. durch eine teilnehmende Beobachtung. Wenngleich die Ergebnisse in weiten Teilen auch Gültigkeit für die anderen Bereiche des Theaters aufweisen dürften, wurde diese Arbeit auf das Musiktheater beschränkt. Das im Verhältnis zum Sprechtheater eingeschränkte Angebot aufgrund einer reduzierten Anzahl neuer Stücke und der bekannten Fokussierung auf das Standardrepertoire, machte vor allem die Zielsetzung als auch beeinflussende Rahmenbedingungen überschaubarer. Die genannten Erweiterungen bzw. Fortführungen der geleisteten Forschungsarbeit können dazu beitragen, Mikro-Phänomene, wie die persönliche Wahrnehmung von Erfolg, in einem weiteren Kontext zu betrachten und zu verstehen.
Epilog
All the world’s a stage. Wie eingangs erwähnt, erzählt Theater die Geschichten unserer Träume und Hoffnungen, Niederlagen und Empörungen sowie unserer Sehnsüchte. Wann Theater erfolgreich ist, bestimmen Individuen selbst. „Das Unmessbare messen?“ lautet der Untertitel dieser Arbeit. Die Antwort auf diese Frage lautet nicht ja, aber auch nicht nein. Der bewusste Umgang mit subjektiven Wahrnehmungsprozessen kann gerade bei der Frage nach künstlerischem Erfolg – die objektiv nicht beantwortbar ist – unternehmerische Prozesse erleichtern und wertvolle Stimmungsbilder eines nach außen chaotisch wirkenden Betriebes liefern. Es geht also nicht um die Generierung von Kennzahlen zur Überprüfung betrieblicher Prozesse – wenngleich im nicht-künstlerischen Bereich sicherlich hilfreich –, sondern vielmehr um ein verstärktes Bewusstsein der in der Organisation und zwischen den relevanten Stakeholdern vorherrschenden Konzeptionen und Wahrnehmungen von Erfolg. Erfolg generiert Motivation und dadurch wieder Erfolg. Es ist also eine vorrangige Aufgabe der Führenden im Musiktheater, der IntendantInnen, auf Grundlage der gemeinsamen Vision, Ziele und Werte eine organisationale Atmosphäre zu schaffen und zu erhalten, die eine Wahrnehmung und dadurch Generierung von Erfolg ermöglicht. Die Zeiten des finanziellen Überflusses für Kulturinstitutionen sind – sofern es sie jemals gab – Geschichte. Ein Fokus auf die Kernkompetenzen und internen Schlüsselprozesse einer Kulturinstitution kann einen wertvollen Beitrag zur nachhaltigen Erfolgssicherung und dadurch den Beziehungen zu den relevanten Stakeholdern, wie geldgebenden Organisationen, Publikum, KritikerInnen etc., leisten.
Literaturverzeichnis Abbé-Decarroux, F. (1994): The Perception of Quality and the Demand for Services: Empirical Application to the Performing Arts, Journal of Economic Behavior and Organization, 23 (1), S. 99–107 Abbing, H. (2002): Why Are Artists Poor? The Exceptional Economy of the Arts, Amsterdam: Amsterdam University Press Abfalter, D.E. / Mirski, P.J. (2005): Perceived Success in the Arts, 8th International Conference on Arts & Cultural Management (AIMAC), 3-6 July 2005, Montréal Adler, M. (1985): Stardom and Talent, American Economic Review, 75 (1), S. 208-212 Adorno, T.W. (1967): Ohne Leitbild. Parva Aesthetica, Frankfurt a. M.: Suhrkamp Adorno, T.W. / Albert, H. / Dahrendorf, R. / Habermas, J. / Pilot, H. / Popper, K.R. (1969): Der Positivismusstreit in der deutschen Soziologie, Darmstadt: Luchterhand Adorno, T.W. (1979): Kultur und Verwaltung, in: Adorno, T.W. (Hrsg.): Soziologische Schriften I, Frankfurt a. M.: Suhrkamp S. 122-146 Albert, S. / Whetten, D.A. (1985): Organizational Identity, in: Staw, B.M. / Cummings, L.L. (Hrsg.): Research in Organizational Identity, Greenwich: JAI Press, S. 263-295 Alexander, V.D. (2003): Sociology of the Arts, Oxford: Blackwell Allmendinger, J. / Hackman, J.R. (1995): The More, the Better? A Four-Nation Study of the Inclusion of Women in Symphony Orchestras, Social Forces, 74 (2), S. 423-446 Allmendinger, J. / Hackman, J.R. (1996): Organizations in changing environments: the case of East German Symphony Orchestras, Administrative Science Quarterly, 41 (3), S. 337-369 Allmendinger, J. / Hackman, J.R. / Lehman, E.V. (1996): Life and Work in Symphony Orchestras, The Musical Quarterly, 80 (2), S. 194-219 Amabile, T.M. (1996): Creativity in Context, Boulder, CO: Westview Anderson, E.W. / Fornell, C. / Mazvancheryl, S.K. (2004): Customer Satisfaction and Shareholder Value, Journal of Marketing, 68 (4), S. 172-185 Andreasen, A.R. / Belk, R.W. (1980): Predictors of attendance at the performing arts, Journal of Consumer Research, 7 (2), S. 112-120 Andreoni, J. / Payne, A.A. (2003): Do Government Grants to Private Charities Crowd out Giving or Fund-Raising?, The American Economic Review, 93 (3), S. 792-812 Ansoff, H.I. (1984): Implanting strategic management, Englewood Cliffs, NJ: Prentice-Hall Armstrong, S. / Armstrong, S. (1996): The Conductor as Transformational Leader, Music Educators Journal, 82 (6), S. 22-25 Arnold, M.J. / Tapp, S.R. (2003): Direct marketing in non-profit services: investigating the case of the arts industry, Journal of Services Marketing, 17 (2), S. 141-160 Arnould, E.J. / Price, L.L. (1993): River magic: Extraordinary experience and the extended service encounter, Journal of Consumer Research, 20 (1), S. 24-45 Arthur, M.B. / DeFillippi, R.J. / Jones, C. (2001): Project-Based Learning as the Interplay of Career and Company Non-Financial Capital, Management Learning, 32 (1), S. 99-117 Arts Council England (1998): International Data on Public Spending on the Arts in Eleven Countries, Research Report Number 13, Policy Research and Planning Department, London Arts Council of Wales (1997): Appraisal of Arts Organisations, Cardiff
360
Literaturverzeichnis
Atkinson, A.A. / Waterhouse, J.H. / Wells, R.B. (1997): A Stakeholder Approach to Strategic Performance Measurement, Sloan Management Review, 38 (3), S. 25-37 Austin, D.M. (1989): The human service executive, Administration in Social Work, 13 (3/4), S. 13-35 Auvinen, T. (2000): Unmanageable Opera? The artistic-economic dichotomy and its manifestations in the organisational structures of five opera organisations, Department of Arts Policy and Management, City University Auvinen, T. (2001): Why Is It Difficult to Manage an Opera House? The Artistic-Economic Dichotomy and Its Manifestations in the Organizational Structures of Five Opera Organizations, Journal of Arts Management, Law & Society, 30 (4), S. 268-282 Avolio, B.J. / Gardner, W.L. / Walumbwa, F.O. / Luthans, F. / May, D.R. (2004): Unlocking the mask: a look at the process by which authentic leaders impact follower attitudes and behaviors, The Leadership Quarterly, 15 (6), S. 801-823 Avolio, B.J. / Gardner, W.L. (2005): Authentic leadership development: Getting to the root of positive forms of leadership, Leadership Quarterly, 16 (3), S. 315-338 Backhaus, K. / Erichson, B. / Plinke, W. / Weiber, R. (2003): Multivariate Analysemethoden: Eine anwendungsorientierte Einführung, Berlin: Springer Badelt, C. (2002): Handbuch der Nonprofit Organisation, 3. Auflage, Stuttgart: Schäffer Poeschel Baecker, D. (2007): Zur Evaluation kultureller Projekte, Baetge, J. / Schewe, G. / Schulz, R. / Solmecke, H. (2007): Unternehmenskultur und Unternehmenserfolg: Stand der empirischen Forschung und Konsequenzen für die Entwicklung eines Messkonzeptes, Journal für Betriebswirtschaft, 57 (3), S. 183-219 Bagozzi, R.P. (1982): An Examination of the Validity of Two Models of Attitude Measurement and Evaluation, in: Fornell, C. (Hrsg.): A Second Generation of Multivariate Analysis, Vol. 2, New York, S. 145-184 Bagozzi, R.P. / Yi, Y. (1988): On the evaluation of structural equation models, Journal of the Academy of Marketing Science, 16 (1), S. 74-94 Bailom, F. / Matzler, K. / Tschemernjak, D. (2006): Was Top-Unternehmen anders machen, Wien: Linde international Balme, C. (2001): Einführung in die Theaterwissenschaft, 2. überarbeitete Auflage, Berlin: Erich Schmidt Verlag Balmer, J.M.T. (1995): Corporate Branding and Connoisseurship, Journal of General Management, 21 (1), S. 24-46 Barney, J. (1991): Firm Resources and Sustained Competitive Advantage, Journal of Management, 17 (1), S. 99-120 Barton, A.H. / Lazarsfeld, P.F. (1984 [1955]): Einige Funktionen von qualitativer Analyse in der Sozialforschung, in: Hopf, C. / Weingarten, E. (Hrsg.): Qualitative Sozialforschung, Stuttgart: Klett Cotta, S. 41-89 Bass, B.M. (1985): Leadership and performance beyond expectations, New York: Free Press Bass, B.M. / Avolio, B.J. (1993): Transformational leadership and organizational culture, Public Administration Quarterly, 17 (1), S. 112-121 Basso, A. / Funari, S. (2004): A Quantitative Approach to Evaluate the Relative Efficiency of Museums, Journal of Cultural Economics, 28 (3), S. 195-216
Literaturverzeichnis
361
Basuroy, S. / Chatterjee, S. / Ravid, S.A. (2003): How Critical Are Critical Reviews? The Box Office Effects of Film Critics, Star Power, and Budgets, Journal of Marketing, 67 (4), S. 103-117 Baumol, W. / Towse, R. (Hrsg.): Baumol's Cost Disease: The Arts and Other Victims, Cheltenham/UK: Edward Elgar Publishing Baumol, W.J. / Bowen, W.G. (1965): On the Performing Arts: The Anatomy of Their Economic Problems, American Economic Review, 55 (2), S. 495-502 Baumol, W.J. / Bowen, W.G. (1967): Performing arts, the economic dilemma: a study of problems common to theater, opera, music and dance, Repr., New York: Twentieth Century Fund Baumol, W.J. / Baumol, H. (1994): On the Economics of Composition in Mozart's Vienna, Journal of Cultural Economics, 18, S. 171-198 Beardsley, M.C. (1981 [1958]): Aesthetics. Problems in the Philosophy of Criticism, 2nd edition, Indianapolis: Hackett Publishing Company Beardsley, M.C. (1982): The Aesthetic Point of View. Selected Essays, in: Wreen, M.J. / Callen, D.M. (Hrsg.): Ithaca, NY and London: Cornell University Press, S. 288-293 Becker, H.S. (1982): Art Worlds, London: University of California Press Beckert, J. / Rössel, J. (2004): Kunst und Preise, KZfSS Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, 56 (1), S. 32-50 Behn, R.D. (2003): Why Measure Performance? Different Purposes Require Different Measures, Public Administration Review, 63 (5), S. 586-606 Bendixen, P. (1997): Der Markt als Regulator kultureller Leistungen, in: Heinze, T. (Hrsg.): Kulturmanagement II: Konzepte und Strategien, Opladen: Westdeutscher Verlag, S. 11-47 Bendixen, P. (2002): Einführung in das Kultur- und Kunstmanagement, 2. aktualisierte Auflage, Wiesbaden: Westdeutscher Verlag Benhamou, F. (2003): Artists' labour markets, in: Towse, R. (Hrsg.): A handbook of cultural economics, Cheltenham, UK/ Northampton, MA, USA: Edward Elgar, S. 69-75 Benhamou, F. (2004): L'économie de la culture, 4ème edition, Paris: La Découverte Bennett, R. / Kottasz, R. (2001): Construed Artistic Identity and Resistance to Identity Change in UK Theaters: An Empirical Investigation, Corporate Reputation Review, 4 (3), S. 223234 Bennis, W.G. / Biederman, P.W. (1999): Geniale Teams: das Geheimnis kreativer Zusammenarbeit, Frankfurt a. M.: Campus Bennis, W.G. / Thomas, R.J. (2002): Geeks & geezers. How era, values, and defining moments shape leaders, Boston, Mass.: Harvard Business School Press Bentler, P.M. / Bonnet, D.G. (1980): Significance Tests and Goodness of Fit in the Analysis of Covariance Structures, Psychological Bulletin, 88, S. 588-606 Bentler, P.M. (1990): Comparative Fit Indexes in Structural Models, Psychological Bulletin, 107, S. 238-246 Bereson, R. (2002): The Operatic State. Cultural Policy and the Opera House, London, New York: Routledge Berger, P.L. / Luckmann, T. (1984 [1969]): Die gesellschaftliche Konstruktion der Wirklichkeit. Eine Theorie der Wissenssoziologie, Frankfurt a. M.: Fischer Berman, S.L. / Wicks, A.C. / Kotha, S. / Jones, T.M. (1999): Does Stakeholder Orientation Matter? The Relationship between Stakeholder Management Models and Firm Financial Performance, The Academy of Management Journal, 42 (5), S. 488-506
362
Literaturverzeichnis
Beutling, L. (1994): Theatermanagement, in: Rauhe, H. / Demmer, C. (Hrsg.): Kulturmanagement: Theorie und Praxis einer professionellen Kunst, Berlin; New York: de Gruyter, S. 271-282 Bhagwati, J.N. (1984): Splintering and Disembodiment of Services and Developing Nations, The World Economy, 7 (2), S. 133-143 Bhargava, S. / Sinha, B. (1992): Prediction of organizational effectiveness as a function of type of organizational structure, The Journal of social psychology, 132 (2), S. 223-231 Bhattacharya, C.B. / Hayagreeva, R. / Glynn, M.A. (1995): Understanding the Bond of Identification: An Investigation of Its Correlates among Art Museum Members Journal of Marketing, 59 (4), S. 46-57 Bianchi, M. (Hrsg.): The active consumer, London et al.: Routledge Birnkraut, G. (2003): Ehrenamt in kulturellen Institutionen im Vergleich zwischen den USA und Deutschland, Dr. phil., Pädagogische Hochschule Ludwigsburg Blanchard, K. / O'Connor, M. (2003): Managing by values: How to put your values into action for extraordinary results, San Francisco, CA: Berrett-Koehler Blau, J.R. (1986): The Elite Arts, More or Less de Rigueur: A Comparative Analysis of Metropolitan Culture, Social Forces, 64 (4), S. 875-905 Blau, J.R. (1988): Study of the Arts: A Reappraisal, Annual Review of Sociology, 14, S. 269-292 Blaug, M. (1978): Why are covent garden seat prices so high?, Journal of Cultural Economics, 2 (1), S. 1-20 Blaug, M. (1997): Why Are Covent Garden Seat Prices So High?, in: Towse, R. (Hrsg.): Cultural Economics: The Arts, the Heritage and the Media Industries, Cheltenham, UK and Lyme, US: Edward Elgar, S. 302-322 Blaug, M. (2001): Where Are We Now On Cultural Economics, Journal of Economic Surveys, 15 (2), S. 123-143 Blaukopf, K. (1972): Musical Institutions in a Changing World, International Review of the Aesthetics and Sociology of Music, 3 (1), S. 35-42 Boerner, S. (2002): Führungsverhalten und Führungserfolg. Beitrag zu einer Theorie der Führung am Beispiel des Musiktheaters, Wiesbaden: Deutscher Universitätsverlag Boerner, S. / Krause, D.E. (2002): Führung im Orchester: Kunst ohne künstlerische Freiheit? Eine empirische Untersuchung, Zeitschrift für Personalforschung, 16 (1), S. 90-106 Boerner, S. (2004): Artistic Quality in an Opera Company: Toward the Development of a Concept, Nonprofit Management & Leadership, 14 (4), S. 425-436 Boerner, S. / von Streit, C.F. (2006): Gruppenstimmung (group mood) als Erfolgsbedingung transformationaler Führung. Ergebnisse einer empirischen Untersuchung, Zeitschrift für Arbeits-und Organisationspsychologie, 50 (1), S. 3-8 Bollen, K.A. (1989): Structural equations with latent variables, New York: John Wiley & Sons Bollen, K.A. / Long, J.S. (1993): Introduction, in: Bollen, K.A. / Long, J.S. (Hrsg.): Testing Structural Equation Models, Newbury Park: Sage, S. 1-9 Bolton, M. (2003): Public sector performance measurement: delivering greater accountability, Work Study, 52 (1), S. 20-24 Bolwin, R. (2005): Die aktuelle Situation der Theater und Orchester - ein kurzer Überblick, in: Deutscher Bühnenverein (DBV) (Hrsg.): Theater und Orchester in Deutschland, Köln: Deutscher Bühnenverein, S. 17-22
Literaturverzeichnis
363
Boorsma, M. / van Maanen, H. (2003): View and review in the netherlands: the role of theatre critics in the construction of audience experience, International Journal of Cultural Policy 9(3), S. 319-335 Boorsma, P.B. (1998): Privatizing the Muse 'and all that Jazz', in: Boorsma, P.B. / van Hemel, A. / van der Wielen, N. (Hrsg.): Privatization and Culture: Experiences in the Arts, Heritage and Cultural Industries in Europe, Kluwer Academic Publishers, S. 23-45 Bortz, J. / Döring, N. (2002): Forschungsmethoden und Evaluation für Human- und Sozialwissenschaftler, 3. Auflage, Heidelberg: Springer Bouder-Pailler, D. / Gallen, C. (2006): Influence des représentations mentales sur la valeur de l’expérience de consommation culturelle: approche exploratoire, 5th International Congress Marketing Trends, January 20-21, 2006, Università Ca’ Foscari, Venice, Italy Bourdieu, P. (1979): La distinction. Critique sociale du jugement [Die feinen Unterschiede], Paris: Editions de Minuit Bourdieu, P. (1982 [1979]): Die feinen Unterschiede: Kritik der gesellschaftlichen Urteilskraft [La Distinction. Critique Sociale du Jugement], Frankfurt a. M.: Suhrkamp Bourdieu, P. (1983): The field of cultural production, Poetics, 12 (4-5), S. 311-356 Bourdieu, P. (1985): Sozialer Raum und Klassen. Leçon sur la Leçon, Frankfurt a. M.: Suhrkamp Bourdieu, P. (1992): Ökonomisches, kulturelles und soziales Kapital, in: Bourdieu, P. (Hrsg.): Die verborgenen Mechanismen der Macht, Hamburg: VSA, S. 49-75 Bourdieu, P. (1993): The Field of Cultural Production, New York: Columbia University Press Bourdieu, P. (1993 [1971]): The Market of Symbolic Goods [Le marché des biens symboliques], in: Bourdieu, P. (Hrsg.): The Field of Cultural Production: Essays on Art and Literature, Cambridge: Polity Press, S. 112-141 Bourdieu, P. (1999 [1992]): Die Regeln der Kunst: Genese und Struktur des literarischen Feldes, Frankfurt a. M.: Suhrkamp Bourdieu, P. (2001): Medidationen. Zur Kritik der scholastischen Vernunft, Frankfurt a. M.: Suhrkamp Bradford, D.L. / Cohen, A.R. (1984): Managing for Excellence. The Guide to Developing High Performance in Contemporary Organizations, New York: John Wiley & Sons Brandenburg, D. (2005): Oper, Stadttheater, Postmoderne, in: Deutscher Bühnenverein (DBV) (Hrsg.): Theater und Orchester in Deutschland, Köln: Deutscher Bühnenverein, S. 50-63 Brito, P. / Barros, C. (2005): Learning-by-Consuming and the Dynamics of the Demand and Prices of Cultural Goods, Journal of Cultural Economics, 29 (2), S. 83-106 Brodsky, W. (2006): In the wings of British orchestras: A multi-episode interview study among symphony players, Journal of Occupational and Organizational Psychology, 79 (4), S. 673690 Brooks, A.C. (2000): Is There a Dark Side to Government Support for Nonprofits?, Public Administration Review, 60 (3), S. 211-218 Brooks, A.C. (2004): Do People Really Care About the Arts for Future Generations?, Journal of Cultural Economics, 28 (4), S. 275-284 Brösel, G. / Keuper, F. (2006): Welch' Name für's Theater, wär's ein Schiff? - Ist "Titanic" nicht ein Begriff? - Zur Konkretisierung des Zielsystems öffentlicher Theater aus Kundensicht, in: Hausmann, A. (Hrsg.): Kundenorientierung im Kulturbetrieb. Grundlagen - Innovative Konzepte - Praktische Umsetzungen, Wiesbaden: Verlag für Sozialwissenschaften, S. 207-226
364
Literaturverzeichnis
Browne, M.W. / Cudeck, R. (1993): Alternative ways of assessing model fit, in: Bollen, K.A. / Long, J.S. (Hrsg.): Testing structural equation models, Newbury Park: Sage Publications, S. 136–162 Buber, R. / Kraler, C. (2000): How GABEK and WinRelan Support Qualitative Research, in: Buber, R. / Zelger, J. (Hrsg.): GABEK II. Zur Qualitativen Forschung, Innsbruck-Wien: Studienverlag, S. 111-137 Bühner (2004): Einführung in die Test- und Fragebogenkonstruktion, München: Pearson Studium Bundestheater-Holding GmbH (2007): Geschäftsbericht 2005/2006, Wien Bundestheater-Holding GmbH (online): Willkommen, Online im Internet, http://www.bundestheater-holding.at/, [25 Januar 2008] Bundestheaterorganisationsgesetz (BThOG) (1998): BGBl. I Nr. 108/1998 Burns, J.M. (1978): Leadership, New York: Harper & Row Busek, E. / Abfalter, D. (Hrsg.): Kultur und Wirtschaft, Innsbruck: Studienverlag Buß, E. (2007): Image und Reputation-Werttreiber für das Management, in: Piwinger, M. / Zerfaß, A. (Hrsg.): Handbuch Unternehmenskommunikation, Wiesbaden: Gabler Verlag, S. 227-244 Buzzell, R.D. / Gale, B.T. (1989): Das PIMS-Programm, Strategien und Unternehmenserfolg, Wiesbaden: Gabler Byrne, B.M. (2001): Structural Equation Modeling with AMOS: Basic Concepts, Applications, and Programming, Mahwah, New Jersey: Lawrence Erlbaum Cahn, A. (2002): Der Theaterintendant - Seine rechtliche Stellung in Theorie und Praxis unter besonderer Berücksichtigung der Situation in Deutschland und in der Schweiz, BadenBaden: Nomos-Verlag Cameron, K.S. (1986): Effectiveness As Paradox: Consensus and Conflict in Conceptions of Organizational Effectiveness, Management Science, 32 (5), S. 539-553 Cameron, K.S. / Quinn, R.E. (1999): Diagnosing and Changing Organizational Culture. Based on the Competing Values Framework, Reading/Mass.: Addison-Wesley Cameron, K.S. / Quinn, R.E. / DeGraff, J. / Thakor, A.V. (2006): Competing Values Leadership: Creating Value in Organizations, Cheltenham, UK: Edward Elgar Publishing Cameron, S. (1995): On the role of critics in the culture industry, Journal of Cultural Economics, 19 (4), S. 321-331 Campbell, W.K. / Goodie, A.S. / Foster, J.D. (2004): Narcissism, confidence, and risk attitude, Journal of Behavioral Decision Making, 17 (4), S. 297-311 Carroll, T. / Hughes, P. / Luksetich, W. (2005): Managers of nonprofit organizations are rewarded for performance, Nonprofit Management & Leadership, 16 (1), S. 19-41 Caserta, M. / Cuccia, T. (2001): The Supply of Arts Labour: Towards a Dynamic Approach, Journal of Cultural Economics, 25 (3), S. 185-201 Castañer, X. / Campos, L. (2002): The Determinants of Artistic Innovation: Bringing in the Role of Organizations, Journal of Cultural Economics, 26 (1), S. 29-52 Caves, R.E. (2000): Creative Industries: Contracts Between Art and Commerce, Chicago: The University of Chicago Press Caves, R.E. (2003): Contracts Between Art and Commerce, Journal of Economic Perspectives, 17 (2), S. 73-83
Literaturverzeichnis
365
Champarnaud, L. / Ginsburgh, V. / Michel, P. (2002): Can cultural education crowd out arts subsidization?, 2002/40, Center for Operations Research and Econometrics (CORE), Louvain-la-Neuve Chatterjee, A. / Hambrick, D.C. (2007): It's All about Me: Narcissistic Chief Executive Officers and Their Effects on Company Strategy and Performance, Administrative Science Quarterly, 52 (3), S. 351-386 Chiapello, E. (1998): Artistes versus Managers. Le management culturel face à la critique artiste, Paris: Editions Métailié Child Jr., W.C. (2000): Monroe Beardsley's Three Criteria for Aesthetic Value: A Neglected Resource in the Evaluation of Recent Music, Journal of Aesthetic Education, 34 (2), S. 4963 Clauß, V. (2003, online): Ein Theater wird beerdigt. Clegg, S. (1990): Modern Organizations: Organization Studies in the Postmodern World, London / Newbury Park, Calif.: Sage Publications Clement, M. / Proppe, D. / Sambeth, F. (2006): Der Einfluss von Meinungsführern auf den Erfolg von hedonischen Produkten. Eine empirische Analyse der Wirkung des Literarischen Quartetts auf den Bucherfolg, Zeitschrift für Betriebswirtschaft (ZfB), 76 (7/8), S. 797-824 Coenenberg, A.G. / Salfeld, R. (2007): Wertorientierte Unternehmensführung. Vom Strategieentwurf zur Implementierung, 2. überarbeitete Auflage, Stuttgart: SchäfferPoeschel Cohen, C. / Pate, M. (2000): Making a meal of arts evaluation: can social audit offer a more balanced approach?, Managing Leisure 5(3), S. 103-120 Cohen, S.G. / Bailey, D.E. (1997): What Makes Teams Work: Group Effectiveness Research from the Shop Floor to the Executive Suite, Journal of Management, 23 (3), S. 239 Colbert, F. (1994): Marketing Culture and the Arts, Boucherville: Gaetan-Morin Colbert, F. (2003): Entrepreneurship and Leadership in Marketing the Arts, International Journal of Arts Management, 6 (1), S. 30-39 Collins, M.A. / Amabile, T.M. (1999): Motivation and creativity, in: Sternberg, R.J. (Hrsg.): Handbook of creativity, Cambridge University Press, S. 297-312 Conroy, D.E. / Poswardowski, A. / Henschen, K.P. (2001): Evaluative Criteria and Consequences Associated with Failure and Success for Elite Athletes and Performing Artists, Journal of Applied Sport Psychology, 13 (3), S. 300-322 Conway, T. / Whitelock, J. (2003): Does the Building of Relationships Lead to Successful Performing Arts Organisations?, AIMAC, 7th International Conference on Arts & Cultural Management, Milan/Italy Conway, T. / Whitelock, J. (2004): Can relationship marketing enhance strategic thinking in the public sector? A study of the perceived relationship between subsidised theatres and their government funders / regulators, International Journal of Nonprofit and Voluntary Sector Marketing, 9 (4), S. 320-334 Conway, T. / Whitelock, J. (2007): Relationship marketing in the subsidised arts: the key to a strategic marketing focus? , European Journal of Marketing 41 (1/2), S. 199-222 Cooper, L.G. / Nakanishi, M. (1978): Extracting Choice Information from Box Office Records, Performing Arts Review, 8 (2), S. 193-203
366
Literaturverzeichnis
Coulangeon, P. / Ravet, H. / Roharik, I. (2005): Gender differentiated effect of time in performing arts professions: Musicians, actors and dancers in contemporary France, Poetics, 33 (5-6), S. 369-387 Cowen, T. / Grier, R. (1996): Do Artists Suffer from a Cost-Disease?, Rationality and Society, 8 (1), S. 5-24 Cowen, T. / Tabarrok, A. (2000): An Economic Theory of Avant-Garde and Popular Art, or High and Low Culture, Southern Economic Journal, 67 (2), S. 232-253 Crane, D. (1976): Reward systems in art, science and religion., American Behavioral Scientist, 19 (6), S. 719-734 Crane, D. (1992): The Production of Culture: Media and the Urban Arts, Newbury Park: Sage Creswell, J.W. (1994): Research Design - Qualitative & Quantitative Approaches, Thousand Oaks: Sage Publications Creswell, J.W. (2003): Research Design - Qualitative & Quantitative Approaches, 2nd edition, Thousand Oaks: Sage Publications Creswell, J.W. / Plano Clark, V.L. / Gutman, M.L. / Hanson, W.E. (2003): Advanced mixed methods research designs in: Tashakkori, A. / Teddlie, C. (Hrsg.): Handbook of mixed methods in social and behavioral research, Thousand Oaks, CA: Sage Publications, S. Csikszentmihalyi, M. (1992): FLOW - Das Geheimnis des Glücks, Stuttgart: Klett-Cotta Csikszentmihalyi, M. (1997): Creativity: Flow and the Psychology of Discovery and Invention, New York: Harper Collins Cummings, M.C. / Katz, R.S. (1987): The Patron State: Government and the Arts in Europe, North America, and Japan, New York u.a.: Oxford University Press Currim, I.S. / Weinberg, C.B. / Wittink, D.R. (1981): Design of Subscription Programs lor a Performing Arts Series, Journal of Consumer Research, 8 (1), S. 67-75 Czellar, S. (2001): An exploratory inquiry on the antecedents of prestige judgements, Ecole des Hautes Etudes Commerciales, Université de Génève, Génève d'Astous, A. / Deschênes, J. (2005): Consuming in one's mind: An exploration, Psychology and Marketing, 22 (1), S. 1-30 D'Aveni, R.A. (1994): Hypercompetition, New York: Maxwell Macmillan International Dahlhaus, C. (1982): Ästhetik und Musikästhetik, in: (Hrsg.): Systematische Musikwissenschaft (Neues Handbuch der Musikwissenschaft, Band 10), Wiesbaden, S. 81-107 Darby, M.R. / Karni, E. (1973): Free Competition and the Optimal Amount of Fraud, Journal of Law and Economics, 16 (1), S. 67-88 Daschmann, H.-A. (1994): Erfolgsfaktoren mittelständischer Unternehmen: Unternehmen: ein Beitrag zur Erfolgsfaktorenforschung, Stuttgart: Schäffer-Poeschel De Nooy, W. (2002): The dynamics of artistic prestige, Poetics, 30 (3), S. 147-167 De Ruyter, K. / Wetzels, M. / Bloemer, J. (1998): On the relationship between perceived service quality, service loyalty and switching costs, International Journal of Service Industry Management, 9 (5), S. 436-453 De Wet, A.G. / Pothas, A.-M. (1999): Die Zuverlassigkeit der Gestaltbildung im Verfahren GABEK, in: Zelger, J. / Maier, M. (Hrsg.): GABEK: Verarbeitung und Darstellung von Wissen, Innsbruck: Studien Verlag, S. 284-303 DeFillippi, R.J. / Arthur, M.B. (1998): Paradox in project-based enterprise: the case of film making, California Management Review, 40 (2), S. 125-139 Denzin, N.K. / Lincoln, Y.S. (Hrsg.): Strategies of Qualitative Inquiry, Thousand Oaks: Sage Publications
Literaturverzeichnis
367
Detje, R. (2003, online): Als Berlin Las Vegas wurde Deutscher Bühnenverein (DBV) (1993): Theaterstatistik 1991/2, Deutscher Bühnenverein (Bundesverband deutscher Theater e.V.), Köln Deutscher Bühnenverein (DBV) (2001): Theaterstatistik 1999/2000, Deutscher Bühnenverein (Bundesverband deutscher Theater e.V.), Köln Deutscher Bühnenverein (DBV) (2002): Berufe am Theater, 5. überarb. Auflage, Köln: Deutscher Bühnenverein Deutscher Bühnenverein (DBV) (2003): Theaterstatistik 2001/2, Deutscher Bühnenverein Bundesverband deutscher Theater e.V. , Köln Deutscher Bühnenverein (DBV) (2004a): Geschäftsbericht 2003, Deutscher Bühnenverein (Bundesverband deutscher Theater e.V.), Köln Deutscher Bühnenverein (DBV) (2004b): Theaterstatistik 2002/3, Deutscher Bühnenverein Bundesverband deutscher Theater e.V. , Köln Deutscher Bühnenverein (DBV) (2006): Theaterstatistik 2004/5, Deutscher Bühnenverein Bundesverband deutscher Theater e.V., Köln Deutscher Bühnenverein (DBV) (2007a): Theaterstatistik 2005/6, Deutscher Bühnenverein (Bundesverband deutscher Theater e.V.), Köln Deutscher Bühnenverein (DBV) (2007b): Geschäftsbericht 2006, Deutscher Bühnenverein (Bundesverband deutscher Theater e.V.), Köln Deutscher Bühnenverein (DBV) (online): Theater in Deutschland, Online im Internet, http://www.buehnenverein.de/thorch/thdeutsch.php, [07.06.2007] Deutscher Bundestag (2007): Schlussbericht der Enquete-Kommission "Kultur in Deutschland“, Drucksache 16/7000, Deutscher Bundestag, Berlin Dewey, J. (1958 [1934]): Art as Experience, New York: GP Putnam’s Sons Dhar, R. / Wertenbroch, K. (2000): Consumer Choice Between Hedonic and Utilitarian Goods, Journal of Marketing Research (JMR), 37 (1), S. 60-71 Díaz de Chumaceiro, C.L. (2004a): Serendipity and Pseudoserendipity in Career Paths of Successful Women: Orchestra Conductors, Creativity Research Journal, 16 (2/3), S. 345356 Díaz de Chumaceiro, C.L. (2004b): Primo Tenori: Serendipity and pseudo-serendipity in early career paths, Canadian Journal of Career Development, 3 (1), S. 12–20 Dickie, G. (2001): Art and Value, Malden, Mass. / Oxford: Blackwell Publishing Diller, H. / Lücking, J. (1993): Die Resonanz der Erfolgsfaktorenforschung beim Management von Großunternehmen, Zeitschrift für Betriebswirtschaft, 63 (12), S. 1229-1249 DiMaggio, P. (1986): Nonprofit Enterprise in the Arts: Studies in Mission and Constraint, Oxford: Oxford University Press US DiMaggio, P. (1987a): Classification in Art, American Sociological Review, 52 (4), S. 440-455 DiMaggio, P. / Mukhtar, T. (2004): Arts participation as cultural capital in the United States, 1982–2002: Signs of decline?, Poetics, 32 (2), S. 169-194 DiMaggio, P.J. (1977): Market structure, the creative process and popular culture: towards an organizational reinterpretation of mass-culture theory, Journal of Popular Culture, 11, S. 436-452 DiMaggio, P.J. / Stenberg, K. (1985): Why do some theatres innovate more than others? An empirical analysis, Poetics, 14 (1-2), S. 107-122
368
Literaturverzeichnis
DiMaggio, P.J. (1987b): Nonprofit Organizations in the Production and Distribution of Culture, in: Powell, W.W. (Hrsg.): The Nonprofit Sector. A Research Handbook., New Haven, Conn. [u.a.]: Yale University Press, S. 195-220 Divett, M. / Crittenden, N. / Henderson, R. (2003): Actively influencing consumer loyalty, Journal of Consumer Marketing, 20 (2), S. 109-126 Dowd, T.J. / Liddle, K. / Lupo, K. / Borden, A. (2002): Organizing the musical canon: the repertoires of major U.S. symphony orchestras, 1842 to 1969, Poetics, 30 (1-2), S. 35-61 Drucker, P. (1989): What Business Can Learn from Nonprofits, Harvard Business Review, 67 (4), S. 88-93 Drucker, P.F. (1992): The new society of organizations, Harvard Business Review, 70 (5), S. 95104 Drucker, P.F. (2006 [1990]): Managing the Non-Profit Organization: Principles and Practices, Reprint August 1992, New York: HarperBusiness Eikhof, D.R. / Haunschild, A. (2006): Lifestyle Meets Market: Bohemian Entrepreneurs in Creative Industries, Creativity and Innovation Management, 15 (3), S. 234-241 Eikhof, D.R. / Haunschild, A. (2007): For art's sake! Artistic and economic logics in creative production, Journal of Organizational Behavior, 28 (5), S. 523-538 Eisenhardt, K.M. / Martin, J.A. (2000): Dynamic capabilities: what are they?, Strategic Management Journal, 21 (10-11), S. 1105-1121 Ekholm, E. / Papagiannis, G.C. / Chagnon, F.P. (1998): Relating objective measurements to expert evaluation ofvoice quality in western classical singing: Critical perceptual parameters, Journal of Voice, 12 (2), S. 182-196 Eliashberg, J. / Shugan, S.M. (1997): Film critics: Influencers or predictors?, Journal of Marketing, 61 (2), S. 68 Emmison, M. (2003): Social class and cultural mobility: reconfiguring the cultural omnivore thesis, Journal of Sociology, 39 (3), S. 211-230 Etzioni, A. (1964): Modern Organizations, Englewood Cliffs: Prentice-Hall Etzioni, A. (1968): The Active Society: A Theory of Societal and Political Processes, Free Press Evans, G. (1999): The economics of the national performing arts – exploiting consumer surplus and willingness-to-pay: a case of cultural policy failure?, Leisure Studies, 18 (2), S. 97-95 Evans, G. (2000): Measure for Measure: Evaluating Performance and the Arts Organisation, Studies in Cultures, Organizations & Societies, 6 (2), S. 243-266 Faltin, P. (1979): Phänomenologie der musikalischen Form: Eine experimentalpsychologische Untersuchung zur Wahrnehmung des musikalischen Materials und der musikalischen Syntax, Wiesbaden: Verlag Franz Steiner Felton, M.V. (1989): Major Influences on the Demand for Opera Tickets, Journal of Cultural Economics, 13 (1), S. 53–76 Felton, M.V. (1992): On the assumed inelasticity of demand for the performing arts Journal of Cultural Economics, 16 (1), S. 1-12 Felton, M.V. (1994): Evidence of the Existence of the Cost Disease in the Performing Arts, Journal of Cultural Economics, 18 (4), S. 301-312 Fischer, B. / Boynton, A. (2005): Virtuoso Teams, Harvard Business Review, 83 (7), S. 116-123 Flick, U. (2002): Qualitative Sozialforschung - Eine Einführung, 6. vollständig überarbeitete und erweiterte Neuausgabe, Reinbeck: Rowohlt Flick, U. (2007): Triangulation: Eine Einführung, Stuttgart: Verlag für Sozialwissenschaften
Literaturverzeichnis
369
Florida, R. (2002): The Rise of the Creative Class - and how it’s transforming work, leisure, community and everyday life, New York: Basic Books Forbes, D.P. (1998): Measuring the Unmeasurable: Empirical Studies of Nonprofit Organization Effectiveness From 1977-1997, Nonprofit and Voluntary Sector Quarterly, 27 (2), S. 183-202 Foreman, P. / Whetten, D.A. (2002): Members' Identification with Multiple-Identity Organizations, Organization Science, 13 (6), S. 618-635 Fornell, C. / Larcker, D.F. (1981): Evaluating Structural Equation Models with Unobservable Variables and Measurement Error, Journal of Marketing Research, 18 (1), S. 39-50 Fornell, C. / Mithas, S. / Morgeson Iii, F.V. / Krishnan, M.S. (2006): Customer Satisfaction and Stock Prices: High Returns, Low Risk, Journal of Marketing, 70 (1), S. 3-14 Foxall, G.R. / Goldsmith, R.E. (1998): Consumer Psychology for Marketing, 2nd edition, Thomson Learning Frank, R.H. / Cook, P.J. (1995): The Winner-take-all Society: How more and more Americans compete for ever fewer and bigger prizes, encouraging economic waste, income inequality, and an impoverished cultural life, New York: Free Press Freeman, R.E. (1984): Strategic Management: A Stakeholder Approach, Boston: Pitman Freeman, R.E. / McVea, J. (2001): A Stakeholder Approach to Strategic Management, in: Hitt, M. / Freeman, E. / Harrison, J. (Hrsg.): Handbook of Strategic Management, Oxford, UK: Blackwell Publishing, S. 189-207 Freiling, J. / Reckenfelderbäumer, M. (2007): Markt und Unternehmung, Wiesbaden: Gabler Frey, B.S. / Pommerehne, W.W. (1989): Muses and markets: explorations in the economics of the arts, Oxford: Blackwell Frey, B.S. (1997): Evaluating Cultural Property: The Economic Approach, International Journal of Cultural Property, 6 (2), S. 231-246 Frey, B.S. (2002): Creativity, Government and the Arts, De Economist, 150 (4), S. 363-376 Frey, B.S. (2003): Public Support, in: Towse, R. (Hrsg.): A Handbook of Cultural Economics, Cheltenham: Edward Elgar Publishing, S. 389-398 Frey, B.S. / Neckermann, S. (2005): Auszeichungen: Ein vernachlässigter Anreiz, Perspektiven der Wirtschaftspolitik, 7 (2), S. 271-284 Fuchs, M. (Hrsg.): Zur Theorie des Kulturmanagements - Ein Blick über die Grenzen, Remscheid: Verlag Alexander T. Rolland Fuchs, M. (2001): Wozu Kunst? Zur sozialen und individuellen Funktion und Wirkung von Kunst, Online im Internet, http://www.akademieremscheid.de/publikationen/aufsaetze/fuchskunst.pdf, [20.06.2007] Fuchs, P. / Heinze, T. (1994): Kultur und ihr Management, in: Rauhe, H. / Demmer, C. (Hrsg.): Kulturmanagement, Theorie und Praxis einer professionellen Kunst, Berlin: de Gruyter, S. 141-149 Fuller, J.B. / Hester, K. / Barnett, T. / Frey, L. / Relyea, C. / Beu, D. (2006): Perceived external prestige and internal respect: New insights into the organizational identification process, Human Relations, 59 (6), S. 815-846 Fürntratt, E. (1969): Zur Bestimmung der Anzahl interpretierbarer gemeinsamer Faktoren in Faktorenanalysen psychologischer Daten, Diagnostica, 15 (2), S. 62-75 Gagné, F. (2004): Transforming gifts into talents: the DMGT as a developmental theory, High Ability Studies, 15 (2), S. 119-147
370
Literaturverzeichnis
Gainer, B. / Padanyi, P. (2002): Applying the marketing concept to cultural organisations: An empirical study of the relationship between market orientation and performance, International Journal of Nonprofit and Voluntary Sector Marketing, 7 (2), S. 182-193 Gainer, B. / Padanyi, P. (2005): The relationship between market-oriented activities and marketoriented culture: implications for the development of market orientation in nonprofit service organizations, Journal of Business Research, 58 (6), S. 854-862 Galaskiewicz, J. / Wasserman, S. (1989): Mimetic Processes within an Interorganizational Field: An Empirical Test, Administrative Science Quarterly, 34 (3), S. 454-479 Galligan, A.M. (1993): The Politicization of Peer-Review Panels, in: Balfe, J. (Hrsg.): Paying the Piper: Causes and Consequences of Art Patronage, Urbana and Chicago: University of Illinois Press, S. 254-270 Gans, H. (1999): Popular Culture & High Art: An Analysis & Evaluation of Taste, revised and updated edition, New York: Basic Books Garbarino, E. / Johnson, M.S. (1999): The Different Roles of Satisfaction, Trust, and Commitment in Customer Relationships, Journal of Marketing, 63 (2), S. 70-87 Gardner, H. (2006): Multiple Intelligences: New Horizons, Basic Books Gardner, W.L. / Avolio, B.J. (1998): The Charismatic Relationship: A Dramaturgical Perspective, Academy of Management Review, 23 (1), S. 32-58 Gardner, W.L. / Avolio, B.J. / Luthans, F. / May, D.R. / Walumbwa, F. (2005): "Can you see the real me?" A self-based model of authentic leader and follower development, The Leadership Quarterly, 16 (3), S. 343-372 Gemünden, H.G. / Högl, M. (2005): Teamarbeit in innovativen Projekten: Eine kritische Bestandsaufnahme der empirischen Forschung, in: Högl, M. / Gemünden, H.G. (Hrsg.): Management von Teams: Theoretische Konzepte und empirische Befunde, 3. Auflage, Wiesbaden: DUV, S. 1-32 Gérard-Varet, L.-A. (1995): On pricing the priceless: Comments on the economics of the visual art market, European Economic Review, 39 (3-4), S. 509-518 Gergen, K.J. (1990): Die Konstruktion des Selbst im Zeitalter der Postmoderne, Psychologische Rundschau, 41, S. 191-199 Gergen, K.J. (1996): Das übersättigte Selbst. Identitätsprobleme im heutigen Leben, Heidelberg: Carl-Auer-Systeme Geursen, G. / Rentschler, R. (2003): Unraveling Cultural Value, Journal of Arts Management, Law & Society, 33 (3), S. 196 Gilhespy, I. (1999): Measuring the Performance of Cultural Organisations: A Model, International Journal of Arts Management, 2 (1), S. 38-52 Gilhespy, I. (2001): The Evaluation of Social Objectives in Cultural Organizations, International Journal of Arts Management, 4 (1), S. 48-57 Ginsburgh, V. / Weyers, S. (1999): On the Perceived Quality of Movies, Journal of Cultural Economics, 23 (4), S. 269-283 Giuffre, K. (1999): Sandpiles of Opportunity: Success in the Art World, Social Forces, 77 (3), S. 815-832 Glaeser, E.L. / Shleifer, A. (2001): Not-for-profit entrepreneurs, Journal of Public Economics, 81 (1), S. 99-115 Glynn, M.A. (2000): When Cymbals Become Symbols: Conflict Over Organizational Identity Within a Symphony Orchestra, Organization Science, 11 (3), S. 285-298
Literaturverzeichnis
371
Glynn, M.A. / Lounsbury, M. (2005): From the Critics' Corner: Logic Blending, Discursive Change and Authenticity in a Cultural Production System, Journal of Management Studies, 42 (5), S. 1031-1055 Goldenberg, J. / Libai, B. / Muller, E. (2001): Talk of the Network: A Complex Systems Look at the Underlying Process of Word-of-Mouth Marketing Letters, 12 (3), S. 211-223 Goldman, S. / Kahnweiler, W.M. (2000): A collaborator profile for executives of nonprofit organizations, Nonprofit Management & Leadership, 10 (4), S. 435-450 Goleman, D. (1997): Emotionale Intelligenz, München dtv Gottschalk, I. (2006): Kulturökonomik: Probleme, Fragestellungen und Antworten, Wiesbaden: VS Verlag Goulet, L.R. / Frank, M.L. (2002): Organizational Commitment Across Three Sectors: Public, Non-profit, and For-profit, Public Personnel Management, 31 (2), S. 201-210 Grant, R.M. (1996): Toward a Knowledge-Based Theory of the Firm, Strategic Management Journal, 17 (Winter Special Issue), S. 109-122 Gray, C.M. (1998): Hope for the Future? Early Exposure to the Arts and Adult Visits to Art Museums, Journal of Cultural Economics, 22 (2-3), S. 87-98 Gray, C.M. (2003): Participation, in: Towse, R. (Hrsg.): A Handbook of Cultural Economics, Cheltenham: Edward Elgar Publishing, S. 356-357 Greve, G. (2006): Erfolgsfaktoren von Customer-Relationship-Management-Implementierung, Wiesbaden: DUV Greyser, S.A. (1999): Advancing and enhancing corporate reputation, Corporate Communications, 4 (4), S. 177-181 Gstraunthaler, T. / Piber, M. (2007): Performance Measurement and Accounting: Museums in Austria, Museum Management and Curatorship, 22 (4), S. 361-375 Haenecke, H. (2002): Methodenorientierte Systematisierung der Kritik an der Erfolgsfaktorenforschung, Zeitschrift für Betriebswirtschaft, 72 (2), S. 165-183 Hair, J.F. / Anderson, R.E. / Tatham, R.L. / Black, W.C. (1998): Multivariate Data Analysis, 5th edition, Upper Saddle River, NJ, USA: Prentice Hall Halachmi, A. (2005): Performance measurement is only one way of managing performance, International Journal of Productivity and Performance Management, 54 (7), S. 502-516 Hallahan, K. (2000): Inactive publics: the forgotten publics in public relations, Public Relations Review, 26 (4), S. 499-515 Halley, J.A. / Valdez, A. / Nava, S. (2001): Resistance to the Bureaucratization of Culture: Lessons from the Chicano Arts Scene, Journal of Arts Management, Law & Society, 31 (3), S. 198-211 Halliday, S. (1999): "I don't know much about art, but I know what I like": resonance, relevance and illumination as assessment criteria for marketing research and scholarship, Market Intelligence & Planning, 17 (7), S. 354-362 Hamlen, W. (1991): Superstardom in Popular Music: Empirical Evidence, Review of Economics and Statistics, 73 (4), S. 729-733 Hamlen, W. (1994): Variety and Superstardom in Popular Music: Empirical Evidence, Economic Inquiry, 32 (3), S. 395-406 Hansen, H. / Ropo, A. / Sauer, E. (2007): Aesthetic leadership, The Leadership Quarterly, 18 (6), S. 544-560 Hansmann, H. (1981): Nonprofit enterprise in the performing arts, The Bell Journal of Economics, 12 (2), S. 341-361
372
Literaturverzeichnis
Hansmann, H. (1987a): Economic Theories of Nonprofit Organization, in: Powell, W.W. (Hrsg.): The Nonprofit Sector. A Research Handbook, New Haven, Conn. [u.a.]: Yale University Press, S. 27-42 Hansmann, H. (1987b): Economic Theories of Nonprofit Organization, in: Powell, W.W. (Hrsg.): The Nonprofit Sector. A Research Handbook., New Haven, Conn. [u.a.]: Yale University Press, S. 27-42 Harauer, R. / Mayerhofer, E. / Mokre, M. (2000): Thanks for Playing Anyway - Frauen in Kultur- und Medienberufen in Österreich, Mediacult, Wien Harrell, G.D. (1986): Consumer Behavior, San Diego: Harcourt Brace Jovanovich Harries, G. / Wahl-Jorgensen, K. (2007): The culture of arts journalists: Elitists, saviors or manic depressives?, Journalism, 8 (6), S. 619-639 Harter, S. (2002): Authenticity, in: Snyder, C.R. / Lopez, S.J. (Hrsg.): Handbook of positive psychology, Oxford: Oxford University Press, S. 382–394 Hasitschka, W. / Tschmuck, P. / Zembylas, T. (2005): Cultural Institutions Studies: Investigating the Transformation of Cultural Goods, Journal of Arts Management, Law & Society, 35 (2), S. 147-158 Haunschild, A. (2002): Das Beschäftigungssystem Theater – Bretter, die die neue Arbeitswelt bedeuten?, Zeitschrift für Personalforschung 16 (4), S. 577-598 Haunschild, A. (2003): Managing Employment Relationships in Flexible Labour Markets: The Case of German Repertory Theatres Human Relations, 56 (8), S. 899-929 Haunschild, A. (2004): Employment Rules in German Theatres: An Application and Evaluation of the Theory of Employment Systems, British Journal of Industrial Relations, 42 (4), S. 685-703 Haunschild, A. (2005): Employment Rules in German Theatres: An Application and Evaluation of the Theory of Employment Systems, British Journal of Industrial Relations, 42 (4), S. 685-704 Havlena, W.J. / Holak, S.L. (1988): The Influence of Variety on the Demand for Bundles of Musical Performances, Advances in Consumer Research, 15 (1), S. 22-26 Hayes, D. (2003): Audience development: towards a strategic mindset, AIMAC, 7th International Conference on Arts & Cultural Management, June 29 - July 2, 2003, Milan Heaney, J.-G. / Heaney, M.F. (2003): Using economic impact analysis for arts management: An empirical application to a music institute in the USA, International Journal of Nonprofit and Voluntary Sector Marketing, 8 (3), S. 251-266 Hedrick, N. / Beverland, M. / Minahan, S. (2007): An exploration of relational customers' response to service failure Journal of Services Marketing 21 (1), S. 64-72 Heilbrun, J. / Gray, C.M. (1993): The Economics of Art and Culture - An American Perspective, Cambridge: Cambridge University Press Heilbrun, J. (1997): The Competition between High Culture and Popular Culture as Seen in the New York Times, Journal of Cultural Economics, 21 (1), S. 29-40 Heilbrun, J. (2001): Empirical Evidence of a Decline in Repertory Diversity among American Opera Companies 1991/2 to 1997/8, Journal of Cultural Economics, 25 (1), S. 63-72 Heilbrun, J. / Gray, C.M. (2001): The Economics of Art and Culture - An American Perspective, 2nd edition, Cambridge: Cambridge University Press Heinrichs, W. (1999): Kulturmanagement. Eine praxisorientierte Einführung, Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft
Literaturverzeichnis
373
Heinrichs, W. / Klein, A. (2001): Kulturmanagement von A – Z: 600 Begriffe für Studium und Beruf, München: dtv Heinrichs, W. (2004): Instrumente der Kulturförderung im internationalen Vergleich, Aus Politik und Zeitgeschichte, 49, Online im Internet, http://www.dasparlament.de/2004/49/Beilage/005.html, [10.04.2008] Heinze, T. (1997): Kulturmanagement: Eine Annäherung, in: Heinze, T. (Hrsg.): Kulturmanagement II. Konzepte und Strategien, Opladen, S. 48-75 Heinze, T. (2002): Kultursponsoring, Museumsmarketing, Kulturtourismus, Wiesbaden: Westdeutscher Verlag Hellmann, K.-U. (2006): Kultur als Marke: Perspektiven und Probleme, in: Höhne, S. / Ziegler, R.P. (Hrsg.): "kulturbranding?": Konzepte und Perspektiven der Markenbildung im Kulturbereich Leipzig: Leipziger Universitätsverlag, S. 21-45 Herman, R.D. (1990): Methodological issues in studying the effectiveness of nongovernmental and nonprofit organizations, Nonprofit and Voluntary Sector Quarterly, 19 (3), S. 293-306 Herman, R.D. / Renz, D.O. (1997): Multiple Constituents and Social Construction of Nonprofit Organization Effectiveness, Nonprofit and Voluntary Sector Quarterly, 26, S. 187-206 Herman, R.D. / Renz, D.O. (1998): Nonprofit Organizational Effectiveness: Contrasts Between Especially Effective and Less Effective Organizations, Nonprofit Management & Leadership, 9 (1), S. 23-38 Herman, R.D. / Renz, D.O. (1999): Theses on nonprofit organizational effectiveness, Nonprofit and Voluntary Sector Quarterly, 28 (2), S. 107-126 Hesmondhalgh, D. (2005): The Cultural Industries: An Introduction, London [u.a.]: Sage Heuel, F. (2004): Vom Freien Theater lernen? Eine Antwort, in: Gesellschaft, I.f.K.d.K. (Hrsg.): Jahrbuch für Kulturpolitik 2004. Thema: Theaterdebatte, Essen: Klartext Verlag, S. 265268 Hilger, H. (1985): Marketing für öffentliche Theaterbetriebe, Frankfurt a. M. [u.a.]: Peter Lang Hill, L. / O'Sullivan, C. / O'Sullivan, T. (2003): Creative Arts Marketing, 2nd edition, Butterworth-Heinmann Hinterhuber, H.H. / Friedrich, S. (1997): Markt- und ressourcenorientierte Sichtweise zur Steigerung des Unternehmenswertes, in: Hahn, D. / Taylor, B. (Hrsg.): Strategische Unternehmungsplanung - strategische Unternehmungsführung: Stand und Entwicklungstendenzen, 7. völlig neu bearbeitete und erweiterte Auflage, Heidelberg: Physica, S. 9881016 Hinterhuber, H.H. (2004a): Strategische Unternehmensführung, Bd. 2: Strategisches Handeln, 7. grundlegend neu bearbeitete Auflage, Berlin: Erich Schmidt Verlag Hinterhuber, H.H. (2004b): Strategische Unternehmensführung, Bd. 1: Strategisches Denken, 7. grundlegend neu bearbeitete Auflage, Berlin: Erich Schmidt Verlag Hinterhuber, H.H. / Raich, M. (2006): Leadership als zentrale Kompetenz von und in Unternehmen, in: Bruch, H. / Krummaker, S. / Vogel, B. (Hrsg.): Leadership - Best Practices und Trends, Wiesbaden: Gabler, S. 49-56 Hirschler, J. (2005): Orchester und Konzertwesen in Deutschland, in: Deutscher Bühnenverein (DBV) (Hrsg.): Theater und Orchester in Deutschland, Köln: Deutscher Bühnenverein, S. 36-49 Hirschman, E.C. / Holbrook, M.B. (1982): Hedonic Consumption: Emerging Concepts, Methods and Propositions, Journal of Marketing, 46, S. 92-101
374
Literaturverzeichnis
Hirschman, E.C. (1983): Aesthetics, Ideologies and the Limits of the Marketing Concept, Journal of Marketing, 47 (3), S. 45-55 Hirschman, E.C. / Pieros Jr., A. (1985): Relationship Among Indicators of Success in Broadway Plays and Motion Pictures, Journal of Cultural Economics, 9 (1), S. 35-63 Hitzler, R. / Eberle, T.S. (2003): Phänomenologische Lebensweltanalyse, in: Flick, U. / Kardoff, E.v. / Steinke, I. (Hrsg.): Qualitative Forschung. Ein Handbuch, Reinbeck bei Hamburg: Rowohlt, S. 109-118 Hodsoll, F. (1998): Measuring for Success and Failure in Government and the Arts, Journal of Arts Management, Law & Society, 28 (3), S. 230-239 Hoegl, C. (1995): Ökonomie der Oper: Grundlagen für das Musiktheater-Management, Bonn: ARCult Media Hoelter, J.W. (1983): The Analysis of Covariance Structures: Goodness-of-Fit Indices, Sociological Methods & Research, 11 (3), S. 325 Hofecker, F.-O. (2006): Kulturbetriebslehre aus der Makroperspektive - Ausgangslage Kulturbetriebslehre, in: Zembylas, T. / Tschmuck, P. (Hrsg.): Kulturbetriebsforschung: Ansätze und Perspektiven der Kulturbetriebslehre, Wiesbaden: Verlag für Sozialwissenschaften, S. 175-180 Hoffmann, F. (1986): Kritische Erfolgsfaktoren: Erfahrungen in mittelständischen Unternehmungen, ZfbF (Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung), 38 (10), S. 831-843 Hoffmann, H. (2002): Kulturverschwörung. Kulturinstitutionen auf dem Prüfstand für die Zukunft, Frankfurt a. M.: Suhrkamp Holak, S. / Havlena, W.J. / Kennedy, P.K. (1986): Analyzing Opera Attendance: The Relative Impact of Managerial vs. Environmental Variables, Empirical Studies of the Arts, 4 (2), S. 175-188 Holbrook, M.B. / Hirschman, E.C. (1982): The Experiential Aspects of Consumption: Consumer Fantasies, Feelings, and Fun, Journal of Consumer Research, 9 (2), S. 132-140 Holbrook, M.B. / Schindler, R.M. (1989): Some Exploratory Findings on the Development of Musical Tastes, Journal of Consumer Research, 16 (1), S. 119-124 Holbrook, M.B. (1999): Popular Appeal versus Expert Judgments of Motion Pictures, Journal of Consumer Research, 26 (2), S. 144-155 Holbrook, M.B. / Weiss, M.J. / Habich, J. (2002): Disentangling Effacement, Omnivore, and Distinction Effects on the Consumption of Cultural Activities: An Illustration, Marketing Letters, 13 (4), S. 345-357 Holbrook, M.B. / Lacher, K.T. / LaTour, M.S. (2006): Audience Judgments as the Potential Missing Link Between Expert Judgments and Audience Appeal: An Illustration Based on Musical Recordings of "My Funny Valentine", Journal of the Academy of Marketing Science, 34 (1), S. 8-18 Holden, J. (2004): Capturing Cultural Value: How Culture Has Become a Tool of Government Policy, London: Demos Holt, D.B. (1998): Does cultural capital structure American consumption?, Journal of Consumer Research, 25 (1), S. 1 Holt, D.B. (2002): Why Do Brands Cause Trouble? A Dialectical Theory of Consumer Culture and Branding, Journal of Consumer Research, 29, S. 70-90 Homburg, C. / Baumgartner, H.M. (1995): Beurteilung von Kausalmodellen: Bestandsaufnahme und Anwendungsempfehlungen, Marketing ZFP, 17 (3), S. 162-176
Literaturverzeichnis
375
Homburg, C. / Giering, A. (1996): Konzeptualisierung und Operationalisierung komplexer Konstrukte. Ein Leitfaden für die Marktforschung, Marketing Zeitschrift für Forschung und Praxis, 18 (1), S. 5–24 Homburg, C. / Klarmann, M. / Pflesser, C. (2007): Konfirmatorische Faktorenanalyse, in: Hermann, A. / Homburg, C. / Klarmann, M. (Hrsg.): Handbuch Marktforschung, Wiesbaden: Gabler, S. 271-303 Horak, C. (1993): Controlling in Nonprofit-Organisationen, Wiesbaden: DUV Horak, C. (1997): Management von NPOs - Eine Einführung, in: Badelt, C. (Hrsg.): Handbuch der Nonprofit-Organisation, Stuttgart: Schäffer-Poeschel, S. 123-133 Horkheimer, M. / Adorno, T.W. (2004 [1969]): Dialektik der Aufklärung. Philosophische Fragmente, Frankfurt a. M.: Fischer Verlag Horváth & Partners (2004): Balanced Scorecard umsetzen, 3. Auflage, Stuttgart: SchäfferPoeschel House, R.J. (1977): A Theory of Charismatic Leadership, in: Hunt, J.G. / Larson, L.L. (Hrsg.): Leadership, the Cutting Edge, Carbondale: Southern Illinois University Press, S. Howe, M.J.A. / Davidson, J.W. / Sloboda, J.A. (2000): Innate Talents: Reality or Myth?, in: Ceci, S.J. / Williams, W.M. (Hrsg.): The Nature-nurture Debate: The Essential Readings, Blackwell Publishing, S. 258-290 Howes, P. / Callaghan, J. / Davis, P. / Kenny, D. / Thorpe, W. (2004): The relationship between measured vibrato characteristics and perception in Western operatic singing, Journal of Voice, 18 (2), S. 216-230 Hughes, P. / Luksetich, W. (2004): Nonprofit Arts Organizations: Do Funding Sources Influence Spending Patterns?, Nonprofit and Voluntary Sector Quarterly, 23 (2), S. 203220 Hughes, P. (2006): The economics of nonprofit organizations, Nonprofit Management and Leadership, 16 (4), S. 429-450 Hunt, J.G. / Stelluto, G.E. / Hooijberg, R. (2004): Toward new-wave organization creativity: Beyond romance and analogy in the relationship between orchestra-conductor leadership and musician creativity, The Leadership Quarterly, 15 (1), S. 145-162 Husserl, E. (1954): Die Krisis der europäischen Wissenschaften und die transzendentale Phänomenologie, Den Haag: Nijhoff IFES (2007): Kultur-Monitoring 2007, BM für Unterricht, Kunst und Kultur, Wien Institut für Kulturmanagement und Kulturwissenschaft (2007): Bericht zur Kulturfinanzierung des Bundes 2006, Wien Internationales Theaterinstitut (ITI) (2003, online): Theater-Manifest: "THEATERland wird abgebrannt?", Online im Internet, http://www.iti-germany.de/pdf/z_manifest.pdf, [16.02.2007] Jackson, B.P. (1999): Perceptions of organizational effectiveness in community and memberbased nonprofit organizations, Doctoral Dissertation, University of La Verne Jacobshagen, A. (2002): Praxis Musiktheater. Ein Handbuch., Laaber: Laaber-Verlag Jenkins, S. / Austen-Smith, D. (1987): Interdependent Decision-Making in Non-Profit Industries: A simultaneous equation analysis of English provincial theatre, International Journal of Industrial Organization, 5 (2), S. 149-174 Jochum, M. / Schmid-Reiter, I. (Hrsg.): Teure Kunstform Oper? Musiktheater im neuen Jahrtausend. Strategien und Konzepte, Innsbruck: Studienverlag
376
Literaturverzeichnis
Johnson, M.S. / Garbarino, E. (2001): Customers of performing arts organisations: Are subscribers different from nonsubscribers?, International Journal of Nonprofit and Voluntary Sector Marketing, 6 (1), S. 61-77 Jones, T.O. / Sasser Jr., W.E. (1995): Why Satisfied Customers Defect, Harvard Business Review, 73 (6), S. 88-101 Jöreskog, K.G. / Sörbom, D. (1982): Recent developments in structural equation modeling, Journal of Marketing Research, 19 (4), S. 404-416 Joy, A. / Sherry Jr, J.F. / Mick, D.G. / Arnould, E.J. (2003): Speaking of Art as Embodied Imagination: A Multisensory Approach to Understanding Aesthetic Experience, Journal of Consumer Research, 30 (2), S. 259-282 Kanter, R.M. / Summers, D.V. (1987): Doing well while doing good: Dilemmas of performance measurement in nonprofit organizations and the need for a multiple-constituency approach, in: Powell, W.W. (Hrsg.): The nonprofit sector: A research handbook, New Haven, CT: Yale University Press, S. 154-166 Kaplan, D. (2000): Structural equation modeling: foundations and extensions, Thousand Oaks, CA: Sage Kaplan, R.S. / Norton, D.P. (1992): The Balanced Scorecard: Measures That Drive Performance, Harvard Business Review, 70 (1), S. 72-79 Kaplan, R.S. / Norton, D.P. (1996): The balanced scorecard: translating strategy into action, Boston: Harvard Business School Kaplan, R.S. (2001): Strategic Performance Measurement and Management in Nonprofit Organizations, Nonprofit Management & Leadership, 11 (3), S. 353-370 Kaplan, R.S. / Norton, D.P. (2004a): Measuring the strategic readiness of intangible assets, Harvard Business Review, 82 (2), S. 52-63 Kaplan, R.S. / Norton, D.P. (2004b): Strategy Maps: Converting Intangible Assets Into Tangible Outcomes, Boston, Mass.: Harvard Business School Press Kaplan, R.S. / Norton, D.P. (2004c): Strategy Maps. Der Weg von immateriellen Werten zum materiellen Erfolg, Stuttgart: Schäffer-Poeschl Kaple, D.A. (2002): Current Data Resources on Nonprofit Arts Organizations American Behavioral Scientist, 45 (10), S. 1592-1612 Kapner, G. (1992): Nachdenkliches zur Kunstsoziologie, in: Bontinck, I. (Hrsg.): Kulturpolitik, Kunst, Musik. Fragen an die Soziologie, Wien: VWGÖ, S. 45-59 Karhunen, P. (1996): The interaction between artists’ professional training and employment in the field of Finnish theatre, Journal of Cultural Economics, 20 (2), S. 165-175 Katz-Gerro, T. (2002): Highbrow Cultural Consumption and Class Distinction in Italy, Israel, West Germany, Sweden, and the United States, Social Forces 81 (1), S. 207-229 Kaufman, D.A. (2002): Normative Criticism and the Objective Value of Artworks, The Journal of Aesthetics and Art Criticism, 60 (2), S. 151-166 Kaufman, J. (2004): Endogeneous explanation in the sociology of culture, Annual Review of Sociology, 30, S. 335-357 Kelle, U. / Erzberger, C. (2003): Qualitative und quantitative Methoden: kein Gegensatz, in: Flick, U. / Kardorff, E.v. / Steinke, I. (Hrsg.): Qualitative Forschung. Ein Handbuch, 2. Auflage, Reinbek bei Hamburg: Rowohlt, S. 299-309 Kellner, D. (2000): Habermas, the public sphere, and democracy: A critical intervention, Online im Internet,
Literaturverzeichnis
377
http://www.gseis.ucla.edu/faculty/kellner/essays/habermaspublicspheredemocracy.pdf, [June 20, 2008] Keuchel, S. (2006): Gibt es 2050 noch ein Opernpublikum? Zu den Ergebnissen des 8. Kulturbarometers, politik und kultur, Beilage kultur kompetenz bildung, (3), S. 7-8 King, T. (2000): Effects of patronage, market, and management on innovation and quality in opera., Biennial ACEI Conference, May 28-31, 2000, Minneapolis, Minnesota USA Kirby, J. (2005): Toward a Theory of High Performance, Harvard Business Review, 83 (7/8), S. 30-39 Klamer, A. / Petrova, L. / Mignosa, A. (2006): Financing the Arts and Culture in the European Union, European Parliament, Brussels Klein, A. (2003): Besucherbindung im Kulturbetrieb, Wiesbaden: Westdeutscher Verlag Klein, A. (2005a): Kulturpolitik: Eine Einführung, Wiesbaden: Verlag für Sozialwissenschaften Klein, A. (2005b): Kultur-Marketing, 2. aktualisierte Auflage, Wiesbaden: dtv Klein, A. (2007): Der exzellente Kulturbetrieb, Wiesbaden: Verlag für Sozialwissenschaften Kline, R.B. (1998): Principles and practice of structural equation modeling, New York: Guilford Press Klumaier, M. (1999): Aspekte eines wirtschaftlichen Theatermanagements, Dissertation, Universität Graz Kogan, N. (2002): Careers in the Performing Arts: A Psychological Perspective, Creativity Research Journal, 14 (1), S. 1-16 Kolb, B.M. (2001): The Effect of Generational Change on Classical Music Concert Attendance and Orchestras' Responses in the UK and US., Cultural Trends, 11 (41), S. 1-35 Konrad, E.D. (2000): Kultur-Unternehmer: Kompetenzen - Leistungsbeiträge Erfolgswirkungen, Wiesbaden: DUV Korndörfer, W. (2003): Unternehmensführungslehre: Einführung, Entscheidungslogik, soziale Komponenten, 13. überarbeitete Auflage, Wiesbaden: Gabler Kotler, P. / Scheff, J. (1997): Standing Room Only. Strategies for Marketing the Performing Arts, Boston, MA: Harvard Business School Press Kotter, J.P. / Heskett, J.L. (1992): Corporate culture and performance, New York: Free Press Krause, D.E. / Boerner, S. (2006): Autoritär-charismatische Führung, Machteinsatz und Kooperation in deutschen Orchestern - Eine zusammenfassende Darstellung ausgewählter empirischer Forschungsergebnisse, Jahrbuch der deutschen Gesellschaft für Musikpsychologie, 18, S. 67-84 Krebs, S. / Pommerehne, W.W. (1995): Politico-Economic Interactions of German Public Performing Arts Institutions, Journal of Cultural Economics, 19 (1), S. 17-32 Kretschmer, M. / Klimis, G.M. / Choi, C.J. (1999): Increasing Returns and Social Contagion in Cultural Industries, British Journal of Management, 10 (s1), S. 61-72 Kroeber-Riel, W. / Weinberg, P. (2003): Konsumentenverhalten, 8. aktualisierte und ergänzte Auflage, München: Vahlen Kroeber, A.L. / Kluckhohn, C. (1963): Culture: A Critical Review of Concepts and Definitions, New York: Random House Krug, K. / Weinberg, C.B. (2004): Mission, Money, and Merit: Strategic Decision Making by Nonprofit Managers, Nonprofit Management & Leadership, 14 (3), S. 325-342 Krüger, W. (1989): Hier irrten Peters und Waterman, Harvard Manager, S. 13-18 Kuan, J.W. (2001): The Phantom Profits of the Opera: Nonprofit Ownership in the Arts as a Make-Buy Decision, Journal of Law, Economics, and Organization, 17 (2), S. 507-520
378
Literaturverzeichnis
Kühn, R. / Grünig, R. (1998): Grundlagen der strategischen Planung - Ein integraler Ansatz zur Beurteilung von Strategien, Bern u.a.: Verlag Paul Haupt Kushner, R.J. / Poole, P.P. (1996): Exploring Structure-Effectiveness Relationships in Nonprofit Arts Organizations, Nonprofit Management & Leadership, 7 (2), S. 119-136 Kushner, R.J. (2003): Understanding the Links Between Performing Artists and Audiences, Journal of Arts Management, Law & Society, 33 (2), S. 114-126 Lakomski, G. (2005): Managing Without Leadership: Towards a Theory of Organizational Functioning, Amsterdam et al.: Elsevier Lang, K. (2007): Performance Management. ...oder wodurch die Leistungsergebnisse im Unternehmen gesteigert werden können, Arbeits- und Sozialrechtskartei ASOK, (3), S. 82 Lange, M.D. / Luksetich, W. (1993): The Cost of Producing Symphony Opera Services, Journal of Cultural Economics, 17 (2), S. 1-15 Lanier, L.S. / Privette, G. / Vodanovich, S. / Bundrick, C.M. (1996): Peak Experiences: Lasting Consequences and Breadth of Occurrences Among Realtors, Artists, and a Comparison Group, Journal of Social Behavior & Personality, 11 (4), S. 781-791 Lave, J. / Wenger, E. (1991): Situated Learning: Legitimate Peripheral Participation, Cambridge: Cambridge University Press Leavitt, H.J. / Lipman-Blumen, J. (1995): Hot Groups, Harvard Business Review, 73 (4), S. 109116 Leff, L.J. (2000): Singers in the Cyberspace, Opera News, 65 (5), S. 22-25 Levin, A.M. / Levin, I.P. / Heath, C.E. (1997): Movie Stars and Authors as Brand Names: Measuring Brand Equity in Experiential Products, Advances in Consumer Research, 24 (1), S. 175-181 Lévy-Garboua, L. / Montmarquette, C. (1996): A Microeconomic Study of Theatre Demand, Journal of Cultural Economics, 20 (1), S. 25-50 Lévy-Garboua, L. / Montmarquette, C. (2002): The Demand for the Arts, CIRANO Série Scientifique s-10, Montréal Levy, E. (1988): Art critics and art publics: a study in the sociology and politics of taste, Empirical Studies of the Arts, 6 (2), S. 127-148 Lewis, G.B. / Seaman, B.A. (2004): Sexual Orientation and Demand for the Arts, Social Science Quarterly, 85 (3), S. 523-538 Lewis, G.B. / Brooks, A.C. (2005): A Question of Morality: Artists' Values and Public Funding for the Arts, Public Administration Review, 65 (1), S. 8-17 Lienert, G.A. (1989): Testaufbau und Testanalyse, 4. Auflage, München, Weinheim: Psychologische Verlags-Union Lin, B. / Jones, C.A. (1997): Some issues in conducting customer satisfaction surveys, Journal of Marketing Practice: Aplied Marketing Science, 3 (1), S. 4-13 Little, R.J. / Rubin, D.B. (2002): Statistical Analysis With Missing Data, 2nd edition, Hoboken, New Jersey: Wiley Littlejohn, D. (1992): The Ultimate Art. Essays around and about Opera, Berkeley: University of California Press Lorber, J. (2003): Gender-Paradoxien, 2. Auflage, Opladen: Leske + Budrich Luhmann, N. (1986): Ökologische Kommunikation. Kann die moderne Gesellschaft sich auf ökologische Gefährdungen einstellen?, Opladen: Westdeutscher Verlag
Literaturverzeichnis
379
Lyotard, J.-F. (1984): The Postmodern Condition: A Report on Knowledge/Jean-François Lyotard; Translation from the French by Geoff Bennington and Brian Massumi; Foreword by Fredric Jameson, Minneapolis, Minn.: University of Minnesota Press MacDonald, G.M. (1988): The Economics of Rising Stars, American Economic Review, 78 (1), S. 155-166 Mainemelis, C. (2001): When the muse takes it all: A model for the experience of timelessness in organizations, Academy of Management Review, 26 (4), S. 548-565 Mandel, B. (2006): Die neuen Kulturunternehmer, Bielefeld: transcript March, J.G. / Sutton, R.I. (1997): Organizational Performance as a Dependent Variable, Organization Science, 8 (6), S. 698-708 Marchant-Haycox, S.E. / Wilson, G.D. (1992): Personality and stress in performing artists, Personality and individual differences, 13 (10), S. 1061-1068 Marotto, M. / Roos, J. / Victor, B. (2007): Collective Virtuosity in Organizations: A Study of Peak Performance in an Orchestra, Journal of Management Studies, 44 (3), S. 388-413 Marsden, D. (1999): A Theory of Employment Systems. Micro-Foundations of Societal Diversity, Oxford: Oxford University Press Marsden, D. (2000): A theory of job regulation, the employment relationship, and the organisation of labour institutions, Industrielle Beziehungen, 7, S. 320-347 Martin, L.L. / Kettner, P.M. (1996): Measuring the Performance of Human Service Programs, Newbury Park, Calif. [u.a.] Sage Publications Martorella, R. (1977): The Relationship Between Box Office and Repertoire: a Case Study of Opera, The Sociological Quarterly, 18 (3), S. 354-366 Maslow, A.H. (1962): Lessons from the peak experience, Journal of Humanistic Psychology, 2, S. 9-18 Maslow, A.H. (1968): Music Education and Peak Experience, Music Educators Journal, 54 (6), S. 72-171 Matarasso, F. (1996): Defining Values - Evaluating arts programmes, Comedia, Nottingham Matarasso, F. (1997): Use or Ornament? - The Social Impact of Participation in the Arts, Comedia: Stroud Matiasek, H. (2002): Ökonomie und Musiktheater. Tagung in Thurnau und München, Österreichische Musikzeitschrift, 5, S. 54 Matzler, K. / Bailom, F. / Mooradian, T.A. (2007): Intuitive Decision Making, Sloan Management Review, 49 (1), S. 13-15 Maurer, R. (1973): Kultur, in: Krings, H. / Baumgartner, H.M. / Wild, C. (Hrsg.): Handbuch philosophischer Grundbegriffe, München: Kösel, S. 823-832 Mayring, P. (2002): Einführung in die qualitative Sozialforschung, Weinheim und Basel: Beltz McClelland, D.C. / Burnham, D.H. (2003 [1976]): Macht motiviert, Harvard Business Manager, 25 (4), S. 84-95 McGraw, K.O. (1978): The detrimental effects of reward on performance: A literature review and a prediction model, in: Lopper, M.R. / Greene, D. (Hrsg.): The hidden costs of reward, Hillsdale, N J: Erlbaum, S. 33-60 Meffert, H. / Bruhn, M. (2006): Dienstleistungsmarketing. Grundlagen - Konzepte - Methoden, Wiesbaden: Gabler Menger, P.-M. (1999): Artistic Labor Markets and Careers, Annual Review of Sociology, 25 (1), S. 541-574
380
Literaturverzeichnis
Merleau-Ponty, M. (1966 [1945]): Phänomenologie der Wahrnehmung, Berlin, New York: Walter de Gruyter Merleau-Ponty, M. / Lefort, C.e. (1986): Das Sichtbare und das Unsichtbare, München: Fink Millar, C.C. / Choi, C.J. (2003): Advertising and Knowledge Intermediaries: Managing the Ethical Challenges of Intangibles, Journal of Business Ethics, 48 (3), S. 267-277 Miller, G.A. (1956): The Magical Number Seven, Plus or Minus Two: Some Limits on Our Capacity for Processing Information, The Psychological Review, 63 (2), S. 81-97 Mintzberg, H. (1979): The Structuring of Organizations, Englewood Cliffs: Prentice-Hall Mintzberg, H. (1998): Covert Leadership: Notes on Managing Professionals, Harvard Business Review, 76 (6), S. 140-147 Mitchell, K.E. / Levin, A.S. / Krumboltz, J.D. (1999): Planned Happenstance: Constructing Unexpected Career Opportunities, Journal of Counseling & Development, 77 (2), S. 115124 Mokre, M. (2006): Deregulation and Democracy: The Austrian Case, Journal of Arts Management, Law & Society, 35 (4), S. 305-316 Mönks, F.J. (1990): Hochbegabtenförderung als Aufgabe der Pädagogischen Psychologie, Psychologie in Erziehung und Unterricht, 37, S. 243-250 Montgomery, S.S. / Robinson, M.D. (2003): What Becomes of Undergraduate Dance Majors?, Journal of Cultural Economics, 27 (1), S. 57-71 Mühlbacher, H. / Hemetsberger, A. / Thelen, E. / Vallaster, C. / Massimo, R. / Füller, J. / Pirker, C. / Schorn, R. / Kittinger, C. (2006): Brands as Complex Social Phenomena, Thought Leaders International Conference on Brand Management 2006, Birmingham Mühlenkamp, H. (2001): Rechtsform, Trägerschaft und Effizienz öffentlicher Unternehmen. Eine Untersuchung der Auswirkungen formeller Privatisierungsmaßnahmen am Beispiel öffentlicher Theater mit Hilfe von Panel-Daten Zeitschrift für öffentliche und gemeinwirtschaftliche Unternehmen, 24 (2), S. 152-169 Mulcahy, K.V. (1981): Public Culture and the Public: A Review Article, The Western Political Quarterly, 34 (3), S. 461-470 Musgrave, R.A. (1959): The Theory of Public Finance, New York: McGraw-Hill Myerscough, J. (1988): The Economics of the Arts in Great Britain, London: Policy Studies Institute Nakamura, J. / Csikszentmihalyi, M. (2002): The Concept of Flow, in: Snyder, C.R. / Lopez, S.J. (Hrsg.): Handbook of positive psychology, Oxford: Oxford University Press, S. 89105 National Endowment for the Arts Research Division (NEA) (2007): How the United States Funds the Arts, National Endowment for the Arts, Washington, DC Neckel, S. (2002): Ehrgeiz, Reputation und Bewährung. Zur Theoriegeschichte einer Soziologie des Erfolgs, in: Burkart, G. / Wolf, J. (Hrsg.): Lebenszeiten: Erkundungen zur Soziologie der Generationen, Opladen: Leske + Budrich, S. 103-117 Neckel, S. (2004): Erfolg, in: Bröckling, U. / Krasmann, S. / Lemke, T. (Hrsg.): Glossar der Gegenwart, Frankfurt a. M.: Suhrkamp, S. 63-70 Neligan, A. (2003): The Determinants of Repertoire Diversity in Non-profit English Theatres: An Econometric Application, VIIIth Spring Meeting of Young Economists, April 3-5, 2003, Leuven Neligan, A. (2006): Public funding and repertoire conventionality in the German public theatre sector: an econometric analysis, Applied Economics, 38 (10), S. 1111-1121
Literaturverzeichnis
381
Nelson, P. (1970): Information and Consumer Behavior, The Journal of Political Economy, 78 (2), S. 311-329 Nelson, R.A. / Donihue, M.R. / Waldman, D.M. / Wheaton, C. (2001): What's an Oscar worth?, Economic Inquiry, 39 (1), S. 1-6 Nettle, D. (2006): Psychological profiles of professional actors, Personality and Individual Differences, 40 (2), S. 375-383 Neubauer, F.F. (1999): Das PIMS-Programm und Portfolio-Management, in: Hahn, D. / Taylor, B. (Hrsg.): Strategische Unternehmungsplanung - Strategische Unternehmungsführung. Stand und Entwicklungstendenzen, 8. Auflage, Heidelberg: Physica-Verlag, S. 469-496 Nicolai, A. / Kieser, A. (2002): Trotz eklatanter Erfolglosigkeit: Die Erfolgsfaktorenforschung weiter auf Erfolgskurs, Die Betriebswirtschaft (DBW), 62 (6), S. 579-596 Niven, P.R. (2008): Balanced Scorecard Step by Step for Governments and Nonprofits, 2nd edition, Hoboken, New Jersey: Wiley Nunnally, J.C. (1978): Psychometric Theory, 2nd edition, New York: McGraw-Hill O'Hagan, J. / Neligan, A. (2005): State Subsidies and Repertoire Conventionality in the NonProfit English Theatre Sector: An Econometric Analysis, Journal of Cultural Economics, 29 (1), S. 35-57 Oakes, S. (2003): Demographic and Sponsorship Considerations for Jazz and Classical Music Festivals, The Service Industries Journal, 23 (3), S. 165-178 Olsen, C. (2003): Theatre Audience Surveys: towards a Semiotic Approach, New Theatre Quarterly, 18 (03), S. 261-275 Ortner, G. (1993): Kulturbetriebslehre. Konturen einer Theorie von Kulturmanagement und Kulturverwaltung, in: Fuchs, M. (Hrsg.): Zur Theorie des Kulturmanagements, Remscheid: Verlag Alexander T. Rolland, S. 55-71 Ossadnik, W. (2000): Markt- versus ressourcenorientiertes Management – alternative oder einander ergänzende Konzeptionen einer strategischen Unternehmensführung?, Die Unternehmung, 54 (4), S. 273-287 Ostroff, C. / Kinicki, A.J. / Tamkins, M.M. (2003): Organizational culture and climate, in: Weiner, I.B. / Borman, W.C. / Ilgen, D.R. / Klimoski, R.J. (Hrsg.): Handbook of psychology: Industrial and organizational psychology, Hoboken, New Jersey: John Wiley & Sons, S. 565-593 Padanyi, P. / Gainer, B. (2003): Peer Reputation in the Nonprofit Sector: Its Role in Nonprofit Sector Management, Corporate Reputation Review, 6 (3), S. 252-265 Palmer, D.L. (1998): Virtuosity as Rhetoric: Agency and Transformation in Paganini, Quarterly Journal of Speech, 84 (3), S. 341-57 Papalexandris, A. / Ioannou, G. / Prastacos, G. / Eric Soderquist, K. (2005): An Integrated Methodology for Putting the Balanced Scorecard into Action, European Management Journal, 23 (2), S. 214-227 Pask, G. (1976): Conversation Theory, Amsterdam: Elsevier Pastor, J.-C. / Meindl, J.R. / Mayo, M.C. (2002): A network effects model of Charisma attributions, Academy of Management Journal, 45 (2), S. 410-420 Payne, N. (2005): Opera in the marketplace, in: Cooke, M. (Hrsg.): The Cambridge Companion to Twentieth-Century Opera, Cambridge: Cambridge University Press, S. 306-320 Peacock, A.T. / Shoesmith, E. / Millner, G. (1983): Inflation and the Performing Arts, London: Arts Council of Great Britain
382
Literaturverzeichnis
Pepels, W. (2005): Grundlagen der Unternehmensführung: Strategie - Stellgrößen – Erfolgsfaktoren - Implementierung, München, Wien: Oldenbourg Pereira, A. (2003): Von der Wahrheit in der Sache. Über den Erfolg in der Kunst, in: Busek, E. / Abfalter, D. (Hrsg.): Kultur und Wirtschaft, Innsbruck: Studienverlag, S. 81-93 Perry-Smith, J.E. / Shalley, C.E. (2003): The social side of creativity: A static and dynamic social network perspective, Academy of Management Review, 28 (1), S. 89-106 Peters, T.J. / Waterman, R.H. (1984): In search of excellence, New York: Warner Books Peterson, R.A. (1976): The production of culture: a prolegomenon, in: Peterson, R.A. (Hrsg.): The Production of Culture, Beverley Hills, CA: Sage, S. 7-22 Peterson, R.A. (1992): Understanding audience segmentation: From elite and mass to omnivore and univore Poetics, 21 (4), S. 243-258 Peterson, R.A. / Simkus, A. (1992): How Musical Tastes Mark Occupational Status Groups?, in: Lamont, M. / Fournier, M. (Hrsg.): Cultivating Differences. Symbolic Boundaries and the Making of Inequality, The University of Chicago Press: Chicago and London, S. 152–186 Peterson, R.A. / Kern, R.M. (1996): Changing Highbrow Taste: from Snob to Omnivore, American Sociological Review, 61 (5), S. 900-907 Peterson, R.A. / Anand, N. (2004): The Production of Culture Perspective, Annual Review of Sociology, 30 (1), S. 311-334 Peterson, R.A. (2005): Problems in comparative research: The example of omnivorousness, Poetics, 33 (5-6), S. 257-282 Peterson, R.A. / Rossman, G. (2007): Changing arts audiences: capitalizing on omnivorousness, in: Ivey, W. / Tepper, S. (Hrsg.): Engaging Art, New York: Routledge, S. 207-342 Picot, A. / Reichwald, R. / Wigand, R.T. (1998): Die grenzenlose Unternehmung. Information, Organisation und Management, 3. Auflage, Wiesbaden: Gabler Pierce, J.L. (2000): Programmatic Risk-Taking by American Opera Companies, Journal of Cultural Economics, 24 (1), S. 45-63 Pignataro, G. (2003): Performance Indicators, in: Towse, R. (Hrsg.): A Handbook of Cultural Economics, Cheltenham: Edward Elgar Publishing, S. 366-372 Pine, B.J. / Gilmore, J.H. (1999): The Experience Economy: Work Is Theatre and Every Business a Stage, Boston: Harvard Business School Press Pitz, C. / Köhn, M. (2001): Öffentliche Trägerschaft - aber wie?, Die Deutsche Bühne, 72 (7), S. 26-29 Pommerehne, W.W. / Frey, B.S. (1993): Musen und Märkte: Ansätze einer Ökonomik der Kunst, München: Vahlen Pongratz, H.J. / Voß, G.G. (2002): ArbeiterInnen und Angestellte als Arbeitskraftunternehmer? Erwerbsorientierungen in entgrenzten Arbeitsformen, Hans-Böckler-Stiftung, München / Chemnitz Popper, K.R. (1934): Logik der Forschung: Zur Erkenntnistheorie der modernen Naturwissenschaft, Wien: Springer Popper, K.R. (1973): Objektive Erkenntnis. Ein evolutionärer Entwurf, Hamburg: Hoffmann & Campe Porter, M. (1998): Competitive Advantage: Creating and Sustaining Superior Performance, New York: Free Press Price, L.L. / Arnould, E.J. / Tierney, P. (1995): Going to extremes: Managing service encounters and assessing provider performance, Journal of Marketing, 59 (2), S. 83
Literaturverzeichnis
383
Probst, H.-J. (2007): Balanced Scorecard leicht gemacht: Zielgrößen entwickeln und Strategien erfolgreich umsetzen, 2. aktualisierte und überarbeitete Auflage, Heidelberg: Redline Wirtschaftsverlag Quinn, R.E. / Rohrbaugh, J. (1983): A Spatial Model of Effectiveness Criteria: Towards a Competing Values Approach to Organizational Analysis, Management Science, 29 (3), S. 363-377 Radbourne, J. (1998): Benchmarking Performing Arts Centers in Australia, Queensland University of Technology, Faculty of Business, Brisbane Radbourne, J. (1999): Relationship marketing in the non-profit arts industry: shaping loyalty and advocacy, ANZMAC Conference Proceedings, 28 November - 1 December 1999, Sydney, Australia Radbourne, J. (2003): Performing on Boards: The Link Between Governance and Corporate Reputation in Nonprofit Arts Boards, Corporate Reputation Review, 6 (3), S. 212-222 Raithel, J. (2006): Quantitative Forschung, Stuttgart: Verlag für Sozialwissenschaften Rauhe, H. (1994): Kulturmanagement als Management von Kunst und Kultur, in: Rauhe, H. / Demmer, C. (Hrsg.): Kulturmanagement: Theorie und Praxis einer professionellen Kunst, Berlin: de Gruyter, S. 5-26 Raymond, T.J.C. / Greyser, S.A. (1978): The Business of Managing the Arts, Harvard Business Review, 56 (4), S. 123-132 Reckwitz, A. (2002): Toward a Theory of Social Practices: A Development in Culturalist Theorizing, European Journal of Social Theory, 5 (2), S. 243-263 Reddy, S.K. / Swaminathan, V. / Motley, C.M. (1998): Exploring the Determinants of Broadway Show Success, Journal of Marketing Research, 35 (3), S. 370-383 Reinecke, J. (2005): Strukturgleichungsmodelle in den Sozialwissenschaften, Wien, München: Oldenbourg Reinstein, D.A. / Snyder, C.M. (2005): The influence of expert reviews on consumer demand for experience goods: a case study of movie critics, Journal of Industrial Economics, 53 (1), S. 27-51 Rentschler, R. / Potter, B. (1996): Accountability versus artistic development. The case for nonprofit museums and performing arts organizations., Accounting, Auditing & Accountability Journal, 9 (5), S. 100-113 Rentschler, R. / Radbourne, J. / Carr, R. / Rickard, J. (2002): Relationship marketing, audience retention and performing arts organisation viability., International Journal of Nonprofit and Voluntary Sector Marketing, 7 (2), S. 118-130 Renzulli, J.S. (1986): The three-ring conception of giftedness: A developmental model for creative productivity, in: Sternberg, R.J. / Davidson, J.W. (Hrsg.): Conceptions of giftedness New York: Cambridge University, S. 53-92 Richards, R.A. (2004): A Fitness Model of Evaluation, The Journal of Aesthetics and Art Criticism, 62 (3), S. 263-275 Richter, K. (1992): Der Kulturmanager. Zur Monographie eines Berufes. Band 1, Fernuniversität Hagen, Hagen Ridley, C.R. / Mendoza, D.W. (1993): Putting Organizational Effectiveness into Practice: The Preeminent Consultation Task, Journal of Counseling and Development, 72 (2), S. 168-77 Rockart, J.F. (1979): Chief executives define their own data needs, Harvard Business Review, 57 (2), S. 81-93
384
Literaturverzeichnis
Rohde, G. (2004): Kulturförderung durch Arbeitslose. Der Streik der „Intermittents“ in Frankreichs, Oper & Tanz, 02, Online im Internet, http://www.operundtanz.de/archiv/2004/02/kupo-aix.shtml, [06.05.2008] Rojas, R.R. (2000): A Review of Models for Measuring Organizational Effectiveness Among For-Profit and Nonprofit Organizations, Nonprofit Management & Leadership, 11 (1), S. 97-104 Rosen, S. (1981): The Economics of Superstars, The American Economic Review, 71 (5), S. 845-858 Rosenbaum, M.S. / Ostrom, A.L. / Kuntze, R. (2005): Loyalty programs and a sense of community, Journal of Services Marketing, 19 (4), S. 222-233 Rosselli, J. (1988): The Castrati as a Professional Group and a Social Phenomenon, 1550-1850, Acta Musicologica, 60 (2), S. 143-179 Rosselli, J. (1995): Singers of Italian Opera: The History of a Profession, Cambridge: Cambridge University Press Rossmann, B. (2001): Ausgliederungen - Kein Ersatz für eine Reform des öffentlichen Sektors, WISO, 24 (3), S. 139-157 Rothenberger, S. (2005): Antezedenzien und Konsequenzen der Preiszufriedenheit, Wiesbaden: Gabler Rowley, T.J. (1997): Moving beyond dyadic ties: A network theory of stakeholder influences, Academy of Management Review, 22 (4), S. 887-910 Røyseng, S. / Mangset, P. / Borgen, J.S. (2007): Young Artists and the Charistmatic Myth, International Journal of Cultural Policy, 13 (1), S. 1-16 Rushton, M. (1999): Methodological Individualism and Cultural Economics, Journal of Cultural Economics, 23 (3), S. 137-146 Rushton, M. (2000): Public Funding of Controversial Art, Journal of Cultural Economics, 24 (4), S. 267-282 Rushton, M. (2003): Cultural Diversity and Public Funding of the Arts: A View from Cultural Economics, Journal of Arts Management, Law & Society, 33 (2), S. 85-97 Ruzicka, P. (1994): Musiktheater, in: Rauhe, H. / Demmer, C. (Hrsg.): Kulturmanagement, Berlin: De Gruyter, S. 255-269 Sackmann, S.A. (1990): Möglichkeiten der Gestaltung der Unternehmenskultur, in: Lattmann, C. (Hrsg.): Unternehmenskultur: Ihre Grundlagen und ihre Bedeutung für die Führung der Unternehmen, Heidelberg: Physica Verlag, S. 153-187 Sackmann, S.A. (2004): Erfolgsfaktor Unternehmenskultur, Wiesbaden: Gabler Verlag Salamon, L.M. / Anheier, H.K. (1997): Defining the Nonprofit Sector: A Cross-national Analysis, Manchester: Manchester University Press Salzbrenner, U. (2004): Plädoyer für das Primat des Künstlerischen. Aspekte zu Strukturfragen von Musiktheatern und Orchestern, in: Gesellschaft, I.f.K.d.K. (Hrsg.): Jahrbuch für Kulturpolitik 2004. Thema: Theaterdebatte, Essen: Klartext Verlag, S. 191-194 Sandgren, M. (2003): The Symptom of Performance Anxiety in Relation to Artistic Development, 5th Triennial ESCOM Conference 8-13 September 2003, Hannover Sandgren, M. (2005): Becoming and being an opera singer: Health, personality, and skills, Doctoral Dissertation, Doctoral Dissertation, Department of Psychology, Stockholm University Santagata, W. (2002): Cultural Districts, Property Rights and Sustainable Economic Growth, International Journal of Urban and Regional Research, 26 (1), S. 9-23
Literaturverzeichnis
385
Schäfer, H. (1998): Musicalproduktionen. Marketingstrategien und Erfolgsfaktoren, Wiesbaden: Deutscher Universitätsverlag Schafer, J.L. (1999): NORM: multiple imputation of incomplete multivariate data under a normal model, version 2.03, Online im Internet, www.stat.psu.edu/~jls/misoftwa.html, [20.April 2008] Schauspielergesetz (1922): BGBl. 1922/441 idF Schein, E.H. (1997): Organizational culture and leadership, 2nd edition, San Francisco: JosseyBass Scherer, R. / Strauf, S. / Bieger, T. (2002): Die wirtschaftlichen Effekte von Kulturevents - Das Beispiel Lucerne Festival, in: Bieger, T. / Laesser, C. (Hrsg.): Jahrbuch 2001/2 der Schweizerischen Tourismuswirtschaft, St. Gallen: Universität St. Gallen, S. 39-53 Scheytt, O. (2004): Kulturpolitik und Theater, in: Gesellschaft, I.f.K.d.K. (Hrsg.): Jahrbuch für Kulturpolitik 2004. Thema: Theaterdebatte, Essen: Klartext Verlag, S. 44-50 Schiller, F. (1977 [1797]): Schiller an Goethe am 17. August 1797, in: Oellers, N. / Stock, F. (Hrsg.): Nationalausgabe, Band 29, Schillers Briefe 1.11.1796 - 31.10.1798, Weimar: Verlag Helmut Böhlaus Nachfolger, S. 117 Schimmelpfennig, J. (2003): Ballet, in: Towse, R. (Hrsg.): A Handbook of Cultural Economics, Cheltenham: Edward Elgar Publishing, S. 85-90 Schläder, J. (1990): Musikalisches Theater, in: Möhrmann, R. (Hrsg.): Theaterwissenschaft heute. Eine Einführung, Berlin: Dietrich Reimer Verlag, S. 129-148 Schmidt, K. (1970): Kollektivbedürfnisse und Staatstätigkeit, in: Haller, H. / Kullmer, L. / Shoup, C.S. / Timm, H. (Hrsg.): Theorie und Praxis des finanzpolitischen Interventionismus, Tübingen: Mohr, S. 3-27 Schneider, B. / Parkington, J.J. / Buxton, V.M. (1980): Employee and customer perceptions of service in banks, Administrative Science Quarterly, 25 (2), S. 252-267 Schouten, J. / McAlexander, J. / Koenig, H. (2007): Transcendent customer experience and brand community, Journal of the Academy of Marketing Science, 35 (3), S. 357-368 Schreyögg, G. (1999): Organisation und Postmoderne: Grundfragen - Analysen - Perspektiven, Wiesbaden: Gabler Schreyögg, G. / Höpfl, H. (2004): Theatre and Organization: Editorial Introduction, Organization Studies, 25 (5), S. 691-704 Schulze, G.G. / Rose, A. (1998): Public Orchestra Funding in Germany – An Empirical Investigation, Journal of Cultural Economics, 22 (4), S. 227-247 Schulze, G.G. / Ursprung, H.W. (2000): La donna e mobile - or is she? Voter preferences and public support for the performing arts, Public Choice, 102 (1), S. 131-149 Schulze, G.G. (2003): Superstars, in: Towse, R. (Hrsg.): A Handbook of Cultural Economics, Cheltenham: Edward Elgar Publishing, S. 431-436 Schumpeter, J.A. (1950): Kapitalismus, Sozialismus und Demokratie, Bern: A. Francke Schuster, J.M. (1997): The Performance of Performance Indicators in the Arts, Nonprofit Management & Leadership, 7 (3), S. 253-269 Schuster, J.M. (1998): Neither Public Nor Private: The Hybridization of Museums, Journal of Cultural Economics, 22 (2), S. 127-150 Schütz, A. (1951): Making music together: A study in social relationship, Social Research, 18 (1), S. 76-97 Schütz, A. (1974): Der sinnhafte Aufbau der sozialen Welt: eine Einleitung in die verstehende Soziologie, Frankfurt a. M.: Suhrkamp
386
Literaturverzeichnis
Schwingel, M. (2005): Pierre Bourdieu zur Einführung, 5. verbesserte Auflage, Hamburg: Junius Scottish Arts Council (1993): The Charter for the Arts in Scotland, Edinburgh: Stationery Office Books Seaman, B.A. (2004): Competition and the Non-Profit Arts: The Lost Industrial Organization Agenda, Journal of Cultural Economics, 28 (3), S. 167-193 Semenik, R.J. / Young, C.E. (1980): Correlates of Season Ticket Subscription Behavior, Advances in Consumer Research, 7 (1), S. 114-118 Senior, I. (2004): Theatre Critics and Theatre Going, Economic Affairs, 24 (2), S. 65-69 Shamir, B. / House, R.J. / Arthur, M.B. (1993): The motivational effects of charismatic leadership: a self-concept based theory, Organization Science, 4 (4), S. 577-594 Shamir, B. / Eilam, G. (2005): "What's your story?" A life-stories approach to authentic leadership development, The Leadership Quarterly, 16 (3), S. 395-417 Shenkar, O. / Yuchtman-Yaar, E. (1997): Reputation, Image, Prestige, and Goodwill: An Interdisciplinary Approach to Organizational Standing, Human Relations, 50 (11), S. 1361-1381 Shrum, W. (1991): Critics and Publics: Cultural Mediation in Highbrow and Popular Performing Arts, The American Journal of Sociology, 97 (2), S. 347-375 Sicca, L.M. (2001): Empirical Evidence in the Production Processes of the Performing Arts, Workshop Managing Cultural Organizations (EIASM), 05.-06. January 2001, London Simmel, G. (1905): Philosophie der Mode, Reihe Moderne Zeitfragen, 11, Online im Internet, http://socio.ch/sim/mod05.htm, [12.02.2008] Simon, H.A. (1957): Models of man : social and rational ; mathematical essays on rational human behavior in a social setting New York: Wiley Simonton, D.K. (2000): Creative Development as Acquired Expertise: Theoretical Issues and an Empirical Test, Developmental Review, 20 (2), S. 283-318 Sirota, D. / Mischkind, L.A. / Meltzer, M.I. (2006): Stop Demotivating Your Employees!, Harvard Management Update, 11 (1), S. 3-6 Skrzypczak, C.S. (1970): Is There a Niche to a Major Symphony with Its Own Symphony Hall on Long Island, in: Easton, A. (Hrsg.): Community Support of the Performing Arts Selected Problems of Local and National Interest, Heampsted, New York: Hofstra University Yearbook of Business, S. 163-202 Sloboda, J.A. (2000): Individual differences in music performance, Trends in Cognitive Sciences, 4 (10), S. 397-403 Smircich, L. (1983): Concepts of Culture and Organizational Analysis, Administrative Science Quarterly, 28 (3), S. 339-358 Smith, A. (1974): Der Wohlstand der Nationen: Eine Untersuchung seiner Natur und seiner Ursachen, München: Beck Smith, D.H. / Shen, C. (1996): Factors Characterizing the Most Effective Nonprofits Managed by Volunteers, Nonprofit Management & Leadership, 6 (3), S. 271-289 Smudits, A. (2006): Zur Produktion von Kultur - österreichische und US-amerikanische Ansätze, in: Zembylas, T. / Tschmuck, P. (Hrsg.): Kulturbetriebsforschung: Ansätze und Perspektiven der Kulturbetriebslehre, Wiesbaden: Verlag für Sozialwissenschaften, S. 6376 Soeffner, H.-G. (1990): Kultur und Alltag, Studienbrief der FernUniversität Hagen, Hagen
Literaturverzeichnis
387
Sparrer, I. (2001): Konstruktivistische Aspekte der Phänomenologie und phänomenologische Aspekte des Konstruktivismus, in: Weber, G. (Hrsg.): Derselbe Wind lässt viele Drachen steigen, Heidelberg: Carl-Auer-Systeme, S. 68-97 Späth, L. (2003): Kulturstiftungen und Bürgerengagement, in: Heid, K. / John, R. (Hrsg.): TRANSFER: Kunst Wirtschaft Wissenschaft, Baden-Baden: [sic!] - Verlag für kritische Ästhetik, S. 173-177 Speckbacher, G. (2003): The Economics of Performance Management in Nonprofit Organizations, Nonprofit Management & Leadership, 13 (3), S. 267-281 Spender, J.-C. (1996): Making Knowledge the Basis of a Dynamic Theory of the Firm, Strategic Management Journal, 17 (Winter Special Issue), S. 45-62 Statistik Austria (2007a): Statistisches Jahrbuch Österreichs 2006, Wien: Statistik Austria Statistik Austria (2007b): Kulturstatistik 2005, Wien: Statistik Austria Statistik Austria (2008a): Kulturstatistik 2006, Wien: Statistik Austria Statistik Austria (2008b): Öffentliche Kulturausgaben 2006 nach LIKUS-Hauptkategorien, Online im Internet, http://www.statistik.at/web_de/statistiken/bildung_und_kultur/ kultur/kulturfinanzierung/021499.html, [01.06.2008] Steinke, I. (2000): Gütekriterien qualitativer Forschung, in: Flick, U. / von Kardorff, E. / Steinke, I. (Hrsg.): Qualitative Forschung. Ein Handbuch, Reinbek b. Hamburg: Rowohlt Taschenbuch, S. 319-331 Sternberg, R.J. (1999): Successful intelligence: finding a balance, Trends in Cognitive Sciences, 3 (11), S. 436-442 Stigler, G. / Becker, G. (1977): De Gustibus Non Est Disputandum, American Economic Review, 67 (2), S. 76-90 Strati, A. (2000): The Aesthetic Approach in Organization Studies, in: Linstead, S. / Höpfl, H. (Hrsg.): The Aesthetics of Organization, London: Sage, S. 13-34 Stremikis, B.A. (2002): The Personal Characteristics and Environmental Circumstances of Successful Women Musicians, Creativity Research Journal, 14 (1), S. 85-92 Striedter, J. (1992): Einleitung, in: Schmid, H. / Striedter, J. (Hrsg.): Dramatische und theatralische Kommunikation: Beiträge zur Geschichte, Tübingen: Gunter Narr Verlag, S. 7-21 Stumpf, C. (1939): Erkenntnislehre, Band 1, Leipzig: Johann Ambrosius Barth Sullivan, K. (1991): Artistic Freedom, Public Funding, and the Constitution, in: Benedict, S. (Hrsg.): Public Money and the Muse, New York: Norton, S. 80-95 Swanson, S.R. / Davis, J.C. (2006): Arts Patronage: A Social Identity Perspective, Journal of Marketing Theory and Practice, 14 (2), S. 125-138 Tannenbaum, A.J. (1986): Giftedness: A psychological approach, in: Sternberg, R.J. / Davidson, J.E. (Hrsg.): Conceptions of giftedness, New York: Basic Books, S. 21-52 Tannenbaum, M.A. (2003): Organizational values and leadership, The Public Manager, 32 (2), S. 19-24 Tashakkori, A. / Teddlie, C. (1998): Mixed Methodology - Combining Qualitative and Quantitative Approaches, Thousand Oaks: Sage Publications Tassie, B. / Murray, V. / Cutt, J. / Bragg, D. (1996): Rationality and Politics: What Really Goes on When Funders Evaluate the Performance of Fundees?, Nonprofit and Voluntary Sector Quarterly, 25 (3), S. 347-363 Taylor, C. (1995): Irreducibly Social Goods, Cambridge MA: Harvard University Press
388
Literaturverzeichnis
Terlutter, R. (2003): Konsumentenverhalten in Kulturinstitutionen. Entwicklung eines Verhaltensmodells für Ausstellungen und Museen, Marketing ZFP, 25 (2), S. 107-117 Thompson, J.D. (1967): Organizations in Action, New York: McGraw-Hill Throsby, D. (1983): Perception of Quality in Demand for the Theatre, in: Hendon, W.S. / Shanahan, J.L. (Hrsg.): Economics of Cultural Decisions, Cambridge MA: Abt Books, S. 163-176 Throsby, D. (1990): Perception of Quality in Demand for the Theatre, Journal of Cultural Economics, 14 (1), S. 65-82 Throsby, D. (1994): The production and consumption of the arts: A view of cultural economics, Journal of Economic Literature, 32 (1), S. 1-29 Tobias, S. (2003): Kosteneffizientes Theater? Deutsche Bühnen im DEA-Vergleich, University of Dortmund Tobias, S. (2004): Quality in the Performing Arts: Aggregating and Rationalizing Expert Opinion, Journal of Cultural Economics, 28 (2), S. 109-124 Townsend, A.M. (2000): An Exploratory Study of Administrative Workers in the Arts, Public Personnel Management, 29 (3), S. 423-433 Towse, R. (1993): Singers in the Marketplace. The Economics of the Singing Profession, Oxford: Clarendon Press Towse, R. (2001a): Creativity, incentive, and reward: an economic analysis of copyright and culture in the information age, Cheltenham, UK / Northampton, MA: Edward Elgar Towse, R. (2001b): Quis custodiet? Or Managing the Management: The Case of the Royal Opera House, Covent Garden, International Journal of Arts Management, 3 (3), S. 38-50 Towse, R. (2003): Opera, in: Towse, R. (Hrsg.): A Handbook of Cultural Economics, Cheltenham: Edward Elgar Publishing, S. 342-348 Tschmuck, P. (2003): Kreativität und Innovation in der Musikindustrie, Innsbruck: Studienverlag Tschmuck, P. (2005): Die Verteilung öffentlicher KulturFörderungen am Beispiel der Theaterund Tanzförderung auf österreichischer Bundesebene, in: Zembylas, T. / Tschmuck, P. (Hrsg.): Der Staat als kulturfördernde Instanz, Innsbruck: Studienverlag, S. 103-123 Tschmuck, P. (2006): The Budgetary Effects of "Privatizing" Major Cultural Institutions in Austria, Journal of Arts Management, Law & Society, 35 (4), S. 293-304 Tschmuck, P. (2008): Die ausgegliederte Muse, Innsbruck: Studienverlag Tschmuck, P. (2008, in Druck): Die ausgegliederte Muse, Innsbruck: Studienverlag Tsui, A.S. (1990): A Multiple-Constituency Model of Effectiveness: An Empirical Examination at the Human Resource Subunit Level, Administrative Science Quarterly, 35 (3), S. 458483 Turbide, J. / Laurin, C. (2003): Strategy and Performance Measurement in the Arts sector: The Case of Performing Arts, AIMAC, 7th International Conference on Arts & Cultural Management, June 29 - July 2, 2003, Milan Tyler, T.R. / Blader, S.L. (2003): The group engagement model: Procedural justice, social identity, and cooperative behavior, Personality and Social Psychology Review, 7 (4), S. 349-361 Urrutiaguer, D. (2002): Quality Judgements and Demand for French Public Theatre, Journal of Cultural Economics, 26 (3), S. 185-202 Urselmann, M. (1998): Erfolgsfaktoren im Fundraising von Nonprofit-Organisationen, Wiesbaden: DUV
Literaturverzeichnis
389
Vakianis, A. (2005): Duales Controlling am Beispiel des Kulturbetriebes "Theater", Innsbruck: Studienverlag Vakianis, A. (2006): Besonderheiten des Managements von Kulturbetrieben anhand des Beispiels „Theater", in: Zembylas, T. / Tschmuck, P. (Hrsg.): Kulturbetriebsforschung: Ansätze und Perspektiven der Kulturbetriebslehre, Wiesbaden: Verlag für Sozialwissenschaften, S. 79-98 van Eijck, K. (2000): Richard A. Peterson and the culture of consumption, Poetics, 28 (2-3), S. 207-224 Van Herpen, M. / Van Praag, M. / Cools, K. (2005): The Effects of Performance Measurement and Compensation on Motivation: An Empirical Study De Economist, 153 (3), S. 303-329 van Maanen, H. (2002): The Dutch Theatre System: A World of Independents, Theatre Research International, 27, S. 178-191 Veblen, T.B. (1994 [1899]): The theory of the leisure class: an economic study in the evolution of institutions [Die Theorie der feinen Leute. Eine ökonomische Untersuchung der Institutionen], Dover: Thrift Editions Vendelo, M.T. (1998): Narrating Corporate Reputation. Becoming Legitimate Through Storytelling, International Studies of Management & Organization, 29 (3), S. 120-137 Venkatesh, A. / Meamber, L.A. (2006): Arts and aesthetics: Marketing and cultural production, Marketing Theory, 6 (1), S. 11-39 Verein der Freunde der Salzburger Festspiele (Online): Die erfolgreiche Geschichte der Freunde, Online im Internet, http://www.festspielfreunde.at/deutsch/g_die_freunde.htm, [16.02.2007] Vickery, J. (2006): Organising Art: Constructing Aesthetic Value, Culture & Organization, 12 (1), S. 51-63 von Werder, A. (2005): Führungsorganisation: Grundlagen der Spitzen-und Leitungsoranisation von Unternehmen, Wiesbaden: Gabler Verlag Voss, G.B. / Cable, D.M. / Voss, Z.G. (2000): Linking Organizational Values to Relationships with External Constituents: A Study of Nonprofit Professional Theatres, Organization Science, 11 (3), S. 330-347 Voss, G.B. / Voss, Z.G. (2000a): Strategic Orientation and Firm Performance in an Artistic Environment, Journal of Marketing, 64, S. 67-83 Voß, G.G. / Pongratz, H.J. (1998): Der Arbeitskraftunternehmer. Eine neue Grundform der Ware Arbeitskraft?, Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, 50 (1), S. 131-158 Voß, G.G. / Ebringhoff, J. (2004): Der Arbeitskraftunternehmer. Ein neuer Basistypus von Arbeitskraft stellt neue Anforderungen an die Betriebe und an die Beratung, Supervision, (3), S. 19-27 Voss, Z.G. / Voss, G.B. (2000b): Exploring the Impact of Organizational Values and Strategic Orientation on Performance in Not-for-Profit Professional Theatre, International Journal of Arts Management, 3 (1), S. 62-76 Voss, Z.G. / Voss, G.B. / Moorman, C. (2005): An empirical examination of the complex relationships between entrepreneurial orientation and stakeholder support European Journal of Marketing, 39 (9/10), S. 1132-1150 Voss, Z.G. / Cable, D.M. / Voss, G.B. (2006): Organizational Identity and Firm Performance: What Happens When Leaders Disagree About "Who We Are?", Organization Science, 17 (6), S. 741-755
390
Literaturverzeichnis
Wagenhofer, A. (2000): Bilanzierung und Bilanzanalyse, 6. Auflage, Wien: Linde Verlag Wagner, B. (2003): "Theater muss sein". Aber zu welchem Preis und wie?, Kulturpolitische Mitteilungen, 103 (4), S. 48-51 Wagner, R. (1850 [1849]): Das Kunstwerk der Zukunft (The Art-Work of the Future), Leipzig: Wigand Wagner, R. (1852): Oper und Drama (Opera and Drama), Leipzig: Weber Wahl-Zieger, E. (1978): Theater und Orchester zwischen Marktkräften und Marktkorrektur. Existenzprobleme und Überlebenschancen eines Sektors aus wirtschaftstheoretischer Sicht, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht Waldenfels, B. (1992): Einführung in die Phänomenologie, München: Wilhelm Fink Weber, J. / Schäffer, U. (2006): Einführung in das Controlling, 11. vollständig überarbeitete Auflage, Stuttgart: Schäffer-Poeschel Weber, M. (1980 [1922]): Wirtschaft und Gesellschaft. Grundriß der verstehenden Soziologie, 5. Auflage, Tübingen: Mohr Siebeck Weick, K.E. (1995): Sensemaking in Organizations, Thousand Oaks, Calif.: Sage Publications Weick, K.E. (2001): Gapping the Relevance Bridge: Fashions Meet Fundamentals in Management Research, British Journal of Management, 12 (s1), S. S71-S75 Weik, E. (2005): Ansätze des Verstehens, Hermeneutik und Phänomenologie, in: Weik, E. (Hrsg.): Moderne Organisationstheorien 1: Handlungsorientierte Ansätze, Wiesbaden: Gabler Verlag, S. 95-120 Weinberg, C.B. / Schachmut, K.M. (1978): Arts Plan: A Model-Based System for Use in Planning a Performing Arts Series, Management Science, 24 (6), S. 654-664 Weisbrod, B.A. (1988): The Nonprofit Economy, Cambridge, Mass. [u.a.]: Harvard University Press Weiss, A.M. / Anderson, E. / MacInnis, D.J. (1999): Reputation Management as a Motivation for Sales Structure Decisions, Journal of Marketing, 63 (4), S. 74-89 Wernerfelt, B. (1984): A Resource-based View of the Firm, Strategic Management Journal, 5 (2), S. 171-180 West, P.M. / Broniarczyk, S.M. (1998): Integrating multiple opinions: The role of aspiration level on consumer response to critic consensus, Journal of Consumer Research, 25 (1), S. 38 West, S.G. / Finch, J.F. / Curran, P.J. (1995): Structural equation models with nonnormal variables: Problems and remedies, in: Hoyle, R.H. (Hrsg.): Structural equation modeling: Concepts, issues, and applications, Thousand Oaks, CA: Sage, S. 56–75 Wiesand, A.J. (1991): Zwischen Grundkenntnis und Spezialisierung, in: Loock, F. (Hrsg.): Kulturmanagement. Kein Privileg der Musen, Wiesbaden: Gabler, S. 339-348 Wimmer, P. / Neuberger, O. (1998): Personalwesen 2: Personalplanung, Beschäftigungssysteme, Personalkosten, Personalcontrolling, Stuttgart: Lucius und Lucius Wis, R.M. (2002): The Conductor as Servant-Leader, Music Educators Journal, 89 (2), S. 17-23 Wolf, T. (1999): Managing a Nonprofit Organization in the Twenty-First Century, 3rd revised and updated edition, New York: Simon & Schuster Inc. Wood, G. / Rentschler, R. (2003): Ethical behaviour: the means for creating and maintaining better reputations in arts organisations, Management Decision, 41 (6), S. 528-537 Woodbury, W. (1955): Leadership in Orchestral Conducting, Journal of Research in Music Education, 3 (2), S. 119-130
Literaturverzeichnis
391
Wopmann, A. (2003): 10 Thesen zur Bregenzer Dramaturgie (genau?), in: Busek, E. / Abfalter, D. (Hrsg.): Kultur und Wirtschaft, Innsbruck: Studienverlag, S. 105-114 Yuchtman, E. / Seashore, S.E. (1967): A System Resource Approach to Organizational Effectiveness, American Sociological Review, 32 (6), S. 891-903 Yukl, G. (2006): Leadership in Organizations, 6th edition, Upper Saddle River: Prentice Hall Zan, L. (2000): Managerialisation processes and performance in arts organisations: the Archaelogical Museum of Bologna, Scandinavian Journal of Management, 16 (4), S. 431454 Zelger, J. (2002): Handbuch zum Verfahren GABEK ® - WinRelan ® 5.2. Bd. I - Von der Problemstellung zum Zwischenbericht, Innsbruck: Institut für Philosophie der LeopoldFranzens-Universität Innsbruck Zelger, J. / Oberprantacher, A. (2002): Processing of Verbal Data and Knowledge Representation by GABEK-WinRelan, Forum Qualitative Social Research, 3 (2), S. Online Zelger, J. (2007): Regionale Ontologien als Grundlage für das Marketing. Von offenen Interviews zur innovativen Produktgestaltung durch das Verfahren GABEK®, in: Buber, R. / Holzmüller, H.M. (Hrsg.): Qualitative Marktforschung: Konzepte - Methoden Analysen, Wiesbaden: Gabler Verlag, S. 507-523 Zelger, J. (o.J.): GABEK-WinRelan in 12 Schritten, Online im Internet, http://www.gabek.com/index.php?id=154 [24.09.2006] Zembylas, T. (2004): Kulturbetriebslehre. Grundlagen einer Inter-Disziplin, Wiesbaden: Verlag für Sozialwissenschaften Zembylas, T. (2006): Modelle sozialer (Un)Ordnung. Überlegungen zur Konstitution der Forschungsgegenstände der Kulturbetriebslehre, in: Zembylas, T. / Tschmuck, P. (Hrsg.): Kulturbetriebsforschung. Ansätze und Perspektive der Kulturbetriebslehre, Wiesbaden: Verlag für Sozialwissenschaften, S. 17-45 Zembylas, T. / Tschmuck, P. (2006a): Einleitung: Kulturbetriebsforschung und ihre Grundlagen, in: Zembylas, T. / Tschmuck, P. (Hrsg.): Kulturbetriebsforschung: Ansätze und Perspektiven der Kulturbetriebslehre, Wiesbaden: Verlag für Sozialwissenschaften, S. 7-14 Zembylas, T. / Tschmuck, P. (Hrsg.): Kulturbetriebsforschung: Ansätze und Perspektiven der Kulturbetriebslehre, Wiesbaden: Verlag für Sozialwissenschaften Zilcher, O. (2004): Künstlerische Produktion in Theatern - Inszenierungskunst, Organisation und Interaktion, in: Heinze, T. (Hrsg.): Neue Ansätze im Kulturmanagement: Theorie und Praxis, Wiesbaden: Verlag für Sozialwissenschaften, S. 199-222 Zimbardo, P.G. (1995): Psychologie, Berlin [u.a.]: Springer