Der achthundertjährige Krieg von Jürgen Ten Hoevel ISBN:
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Der achthundertjährige Krieg von Jürgen Ten Hoevel ISBN:
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"An das Licht dieser Sonne kann ich mich einfach nicht gewöhnen", meinte Art Bark verdrießlich und hob bedauernd die Schultern. Er lehnte sich gegen die schillernde Außenhülle des Kugelgleiters und scharrte mit dem Fuß Figuren in den rötlichen, kupferhaltigen Staub, der die Ebene bis zum Horizont hin bedeckte. "Mir geht es genauso", pflichtete ihm Phil Markett bei. Vorsichtig änderte er die Entfernungseinstellung der transportablen Fernsichtscheibe, die er vor sich aufgebaut hatte. "Nichts, absolut nichts zu sehen! Es ist wie verhext, aber irgendwo müssen sie doch stecken!" Mit gespielter Verzweiflung raufte sich Markett, Offiziersanwärter der Raumflotte des Imperiums, die Haare. "Ja, irgendwo..." Art Bark, Selektor der Flotte, konnte den vergeblichen Bemühungen des jungen Raumkadetten, den Feind auf die Sichtscheibe zu bekommen, nicht einmal mehr ein mitleidiges Lächeln abgewinnen. Bedächtig verwischte er mit dem Fuß seine künstlerisch nicht gerade sehr anspruchsvollen Gebilde im Staub und begab sich in das Innere der Kugel. Nachdem er die Schleuse passiert hatte, stellte er mit einem Griff zum Gürtel seinen Individual-Schutzschirm ab, der auf allen noch nicht freigegebenen Planeten getragen werden mußte. Ein Blick auf die Instrumente in der Zentrale überzeugte ihn davon, daß die Ortungsgeräte normal arbeiteten. Der Koordinationsrobot hatte alle 120 Beobachtungssatelliten auf die vorgesehenen Umlaufbahnen gebracht. In 300 Kilometer Höhe umkreisten sie den fünften Planeten der Sonne "Mandos" im Spiralarm NX 44 der Milchstraße. Nichts konnte ihren elektronischen Augen und Detektoren entgehen, die selbst winzigste Energiequellen lokalisierten und Temperaturunterschiede von Bruchteilen eines Grades anzeigten. Jedes noch so kleine, warmblütige Lebewesen wäre von ihnen sofort entdeckt worden. Und dennoch - Bark runzelte die Stirn: Markett hatte schon recht, irgendwo mußten sie stecken, die Bobits. Die Raumschlacht hatte in 21 Lichtjahren Entfernung stattgefunden. Die Flotte der Bobits war restlos vernichtet worden, lediglich einige Rettungskapseln hatten entkommen können. "Und die suchen wir jetzt auf diesem trostlosen Planeten, der als einzige Lebensform eine Art Sandfloh hervorgebracht hat", murmelte Art Bark verstimmt vor sich hin. Einen Moment dachte er darüber nach, wie lange der Krieg schon dauerte: 800 Erdenjahre! Und wir wissen immer noch nicht, wo die Heimatplaneten der Bobits liegen. Der einzige Trost war, daß auch sie nicht wußten, in welchem Sektor der Milchstraße die menschliche Rasse beheimatet war. Seit jenem Tag vor 800 Jahren, als Kommandant Lunga mit seinem Expeditionskreuzer im Spiralarm NC 98 auf ein Schiff der Bobits gestoßen war, herrschte Krieg. Die Bobits waren nicht die erste intelligente außerirdische Lebensform, mit denen die Nachkommen des Mutterplaneten Terra in Berührung gekommen waren. Aber sie waren die erste Rasse, die ebenfalls über den interstellaren Raumantrieb verfügte. Sie griffen damals sofort an. Lunga vernichtete das Schiff der Bobits. Sein Kreuzer hatte die stärkeren Abwehrschirme. Es war noch heute so: immer blieb d e r Sieger, der über die größeren Energiereserven verfügte. Art Bark verzog sein Gesicht zu einem bitteren Lächeln. Vom Verlierer blieb nie etwas Anderes übrig als eine Energiewolke Deshalb wußte auch niemand, wie die Bobits eigentlich aussahen, was für Wesen sie waren. Ihren Namen hatten sie von Kommandant Lunga. Nur der Allgeist mochte wissen, wie er darauf verfallen war. Die einen behaupteten., er habe ihn sich einfach ausgedacht. Andere meinten, so hätten sich Funksignale angehört, die von Copyright 2001 by readersplanet
Lungas Schiff aufgenommen worden waren. Doch wie dem auch war, er mußte schon ein tüchtiger Mann gewesen sein, dieser Lunga Immerhin hatte er dem Imperium einen Krieg beschert, der die ganze Milchstraße zum Schlachtfeld hatte. Art Bark löste sich von seinen fruchtlosen Überlegungen und widmete sich wieder seiner Umgebung. "Wo bleiben Sie nur, Markett!" erinnerte er sich an seinen Gefährten. Das war schon eine unsinnige Idee, mit dem Telesucher auf Feindortung zu gehen. Bark nahm einen Schluck Wasser zu sich, das die Aufbereitungsanlage aus Mineralien von "Mandos V" gewonnen hatte. Nach einem prüfenden Blick über die Kontrollgeräte verließ er den Gleiter wieder. Vor der Kugel blieb er überrascht stehen: Jetzt schien der Junge total verrückt geworden zu sein. Und so etwas wollte Offizier der Flotte werden! Art Bark wurde sachlich. Er zog sein Gesicht in grimmige Falten, versuchte vergeblich den Gedanken zu verbannen, daß die jungen Leute früher aus ganz anderem Holz geschnitzt waren, und trat hinter Phil Markett. Der Kadett hatte eine Hand an die Stirn gelegt und suchte jetzt offensichtlich mit bloßem Auge die Ebene ab. Er schreckte zusammen und wandte sich verlegen lächelnd um. "Ich weiß schon, Sie wundern sich", kam er Art Bark zuvor. "Aber ich habe bestimmt etwas gesehen!" Er machte eine komisch verzweifelte Bewegung mit den Händen zum Kopf hin. "Glauben Sie mir, Selektor, dort drüben im Gelände habe ich eine Bewegung gesehen!" "Mit der Sichtscheibe?" erkundigte sich Bark spöttisch. "Nein eben nicht! Mit dem bloßen Auge"; platzte Markett heraus. "Das ist es ja gerade. Auf der Sichtscheibe ist nichts zu sehen, absolut nichts. Dennoch, ich könnte schwören, daß sich da vorn etwas bewegt hat." Markett machte jetzt einen völlig verstörten Eindruck. "Wenn auf der Scheibe nichts zu sehen ist, dann gibt es dort auch nichts", redete Bark begütigend auf ihn ein. "Außerdem hätten die Satelliten-Orter ansprechen müssen, wenn da tatsächlich etwas gewesen wäre." Markett sah ausgesprochen zerknirscht, ja fast krank aus, als er jetzt zugab: "Ich habe mir das auch schon gesagt, aber kann man sich so irren?" Das fehlte gerade noch, daß der Bursche den Raumkoller bekommt, dachte Art Bark verärgert. "Schluß mit dem Theater", befahl er. "Jawohl!" Markett beeilte sich, die Sichtscheibe zusammenzuklappen. Er befestigte einen Gravitations-Neutralisator an einem der dafür vorgesehenen Griffe und dirigierte das jetzt federleichte Gerät hinter dem davoneilenden Selektor in die Außenschleuse des Gleiters. Als er die Zentrale betrat, saß Selektor Bark bereits hinter der großen Raumsichtscheibe und stellte die Verbindung zum Schlachtschiff Admiral Basarbs her. Schon nach wenigen Sekunden erschien ein hoher Nachrichtenoffizier auf dem Schirm. Bevor Selektor Bark noch etwas sagen konnte, wurde er angesprochen: "Was wünschen Sie?" "Selektor Bark, ich möchte mit dem Admiral verbunden werden!" Hatte der Kerl keine Augen im Kopf, dachte Markett empört. Der Selektor war doch der ranghöhere Offizier. "Leider unmöglich, wir haben Feindberührung!" Der Offizier machte ein ernstes Gesicht. "Zu Ihrer Unterrichtung kurz die Lage. Nachdem wir gestern den Verband der neuen Dreiecksschiffe der Bobits vernichtet haben, ist jetzt wieder eine feindliche Flotte aufgetaucht. Sie setzen abermals einen neuen, bisher unbekannten Schiffstyp ein Dreiecksschiffe von riesiger Größe mit dicken Randwulsten. Es sieht verdammt mulmig für uns aus. Zur Zeit beharken sie uns mit Traktorstrahlen von enormer Kraft." Das Bild des Offiziers auf dem Schirm verzerrte sich. Nur noch ganz schwach war seine Stimme zu vernehmen: "Wir bauen Abwehrfelder auf. Melden Sie sich später..." Copyright 2001 by readersplanet
Die Verbindung brach ab. Eine zweite Raumschlacht im Sektor NX 44 - Markett konnte es kaum fassen. Selektor Bark drehte sich herum und sagte: "Wir müssen abwarten. Unsere Suche setzen wir auf jeden Fall weiter fort!" * Terra war noch immer einer der mächtigsten Planeten des Imperiums. Mit Beginn des Krieges gegen die Bobits war die gute, alte Erde sogar wieder an die erste Stelle gerückt. Die Universitäten, an denen die hervorragendsten Geistes- und Naturwissenschaftler lehrten, waren überfüllt. Auch die Kadettenschulen konnten den Bedarf der Flotte an Offizieren kaum noch decken. In den vergangenen Jahrhunderten hatte das Imperium mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln das Muttersystem der Menschheit zu einer uneinnehmbaren militärischen Festung ausgebaut. Die wichtigsten Abteilungen des Flottenkommandos waren wieder auf Terra stationiert. Dennoch war Wega VII offizieller Sitz des Hohen Rates geblieben, denn Terra konnte natürlich nur langsam die verloren gegangene Führungsrolle zurückerobern. Vor 800 Jahren hatte es schlecht um die Geburtsstätte der menschlichen Rasse ausgesehen. Die ungünstige Randlage im Milchstraßensystem machte sich auf die Dauer katastrophal bemerkbar. Während die Planeten des Zentrums immer reicher und mächtiger wurden, verbrauchten die Terraner ihre letzten Rohstoffreserven. Schwärzestes Kapitel in der Geschichte Terras war die Verlegung des Regierungssitzes nach Wega VII. Damit war die Gründerin des Imperiums zum abhängigen Ratsplaneten geworden. Natürlich hatte Terra Sitz und Stimme im Hohen Rat behalten. Doch sie war nur noch ein Planet unter 400 anderen, die ebenfalls Vollmitglieder der Ratsversammlung waren. Beim Auftauchen der Bobits stand die menschliche Rasse nun vor einer gänzlich neuen Situation: Einmal war ihre absolute Vorherrschaft gefährdet, zum anderen vielleicht sogar ihre Existenz bedroht. In dieser Lage war es für die miteinander wetteifernden Ratsplaneten immer noch die annehmbarste Lösung gewesen, für den schlimmsten Fall den Mutterplaneten als letztes Bollwerk der Menschheit zu befestigen. Ihre wiedererlangte Spitzenstellung verdankte Terra aber nicht zuletzt dem Umstand, daß sie Sitz und Zentrum des gigantischen Informations- und Zeitungskonzerns "press-galaxis" war. Nachdem es vor 850 Jahren gelungen war, ein Verfahren zu entwickeln, ohne Zeitverlust Signale über beliebig große Entfernungen zu senden, kam das fast vergessene Morsealphabet wieder zu Ehren. Selbst das kleinste Raumschiff besaß jetzt einen Plocker. Dieses Gerät diente zugleich als Empfänger und Sender. Es suchte den Hyperraum nach Signalrhythmen ab und leitete die empfangenen Zeichen zu einem denkbar einfachen Zusatzapparat: Einem Schreiber. Umgekehrt nahm der Plocker einen mit dem Schreiber getippten Spruch auf und sendete ihn in einzelne Signale zerhackt in den Hyperraum. Inzwischen war die Entwicklung soweit fortgeschritten, daß mit vorgeschalteten Positronengehirnen sogar wieder Sprech- und Sichtverbindungen über Lichtjahrentfernungen möglich waren. Die Plocker konnten zwar nach wie vor nur einfachste Signale durch den Hyperraum senden, aber bei der Vielzahl der Möglichkeiten waren die Superrechner in der Lage, diese Zeichen in Bilder und Laute zu modulieren. Zunächst hatte aber nach jener sensationellen Erfindung nichts näher gelegen, als noch eine weitere Anleihe in der Vergangenheit zu machen: Die Zeitung wurde wieder bevorzugte Informationsquelle. Für den Zusammenhalt des Imperiums war das von nicht abzuschätzendem Wert. Kurz nach Beginn des Krieges erschien die "press-galaxis" schon auf 700 Planeten. Heute betrug ihre Auflage 70 Milliarden Exemplare. Damit war das Nachrichtenmonopol für alle 64.000 Planeten des Imperiums in der Hand der "press-galaxis". Zur gleichen Zeit liefen auf diesen 64.000 Planeten die Vervielfältiger an, wenn auf Terra der Superblock mit der Sendung des Galaktischen Nachrichtenteils begann.
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Die "press-galaxis" war im Grunde genommen genauso wie die Flotte ein Kind des Krieges. Sie trug dem verständlichen Bedürfnis der Menschen auf allen Planeten Rechnung, über den neuesten Stand der Kampfhandlungen informiert zu werden. Außerdem gab sie die wissenschaftlichen Erkenntnisse der terrestrischen Zentren für Grundlagenforschung an alle Planeten weiter. Neid und Mißgunst, die möglichen Triebfedern kriegerischer Auseinandersetzungen zwischen den Planeten des Imperiums, waren damit aus der Galaxis geschaffen. Vor dem Krieg gegen die Bobits war es häufig schlecht um die Einheit der menschlichen Rasse bestellt gewesen. Der Kampf zwang das Imperium zu gewaltigen Anstrengungen und schweißte die Planeten eng zusammen. Jetzt, nach 800 Jahren Krieg, hätte es keines gemeinsamen Feindes mehr bedurft, um den Bestand des Imperiums zu garantieren. * "Raumschlacht im Sektor NX 44 - Flotte der Bobits vernichtet!" Mit geradezu liebevoller Betonung verkündete Lemi Mirk diese beiden Schlagzeilen für die nächste Ausgabe der "press-galaxis". Er stand vor der riesigen, dreidimensionalen Projektion eines Weltraumausschnittes, der alle Spiralarme und Sektoren der Milchstraße bis zu einer Entfernung von 50.000 Lichtjahren um das Imperium herum als winzige Lichtflecke anzeigte. "Da!" Er drückte auf eine Tastatur mehrere Buchstaben und Zahlen ein, bis er die Kombination NX 44 zusammen hatte und wiederholte dann: "Da hat die Schlacht stattgefunden!" Als wäre es sein persönliches Verdienst, wies er stolz auf einen jetzt in kurzen Intervallen grell aufleuchtenden Punkt im rechten, oberen Teil des Sternenglobusses. Dozierend brachte er vor: "Übrigens ein ausgezeichneter Bericht unserer Leute bei Admiral Basarb. Ich habe zusätzlich noch Anweisung gegeben, alle Offiziere der Schiffe, die im Nebel NX 44 stehen, in unseren Ausgaben ihrer Heimatplaneten mit vollem Namen zu erwähnen." Sichtlich befriedigt sah sich Lemi Mirk in der Gruppe der zwanzig Personen um, die ihn umstanden. Ein unerhörter Glücksfall für mich, dachte er, daß ich heute Berichterstatter bei der "Großen Redaktionskonferenz" bin. Er suchte den allmächtigen "Ersten Koordinator" aus dem Kreis der aufmerksam zuhörenden Männer und Frauen heraus und erstarrte: Zusammen mit einem jungen Mann und einer ungewöhnlich attraktiven Frau hatte sich der K I von der jetzt laut diskutierenden Gruppe der Fachkoordinatoren abgesondert. Den Mann hatte Lemi Mirk schon einige Male bei Redaktionskonferenzen gesehen, war ihm aber noch nie vorgestellt worden. Die Frau sah er zum ersten Mal. Alle drei schienen sehr erregt zu sein, und, was Mirk am meisten erschütterte, die beiden jungen Leute führten das Wort. Man sah ihnen an, daß sie Geschwister waren. Der K I nickte heftig mit dem Kopf und wandte sich ihm zu: "Gute Arbeit, meine Anerkennung! Bevor der Bericht über Superplock verbreitet wird, benötige ich auch die geringsten Einzelheiten über den Verlauf der Schlacht. Außerdem möchte ich die genaue Position von Basarbs Flotte." Mit bleichem und sichtlich verwirrtem Gesicht schritt er durch die Gruppe der Fachkoordinatoren in sein Büro. Die beiden jungen Leute folgten ihm auf dem Fuß. Schon Sekunden später zeigten Warntafeln an, daß der K I die Energiebarrieren eingeschaltet hatte. Der Schutzschirm bewahrte sein "Allerheiligstes" vor neugierigen Fernaugen und -ohren. Fünf Minuten später las Delon Malwarrek, der junge Mann, den Plockerbericht über die Raumschlacht im Sektor NX 44. Er wurde dabei von seiner Schwester Pal und dem "Ersten Koordinator" scharf beobachtet. Schon über zwanzig Jahre arbeitete der K I für die "press-galaxis". Der ehemalige Marschall der Flotte wußte genau, daß die scheinbare Jugend Delon Malwarreks mehr eine Maske war, die seine wahren Fähigkeiten verdecken sollte. Aber auch ihm, den für die Redaktion der "press-galaxis" verantwortlichen Mann, war es noch nicht gelungen, hinter das Copyright 2001 by readersplanet
Geheimnis der Malwarreks zu kommen. Vor noch nicht fünf Jahren war Delon Malwarrek erstmals hier in seinem Büro materialisiert. Er hatte sich höflich vorgestellt und mit viel Geschick und Einfühlungsvermögen im Laufe der folgenden Jahre Einfluß auf die Gestalt und den Inhalt der "press-galaxis" genommen. Seine Ausweise waren einwandfrei. Er hatte ihn als Bevollmächtigten der selbst für den K I anonymen Konzernleitung akzeptieren müssen. Später hatte Malwarrek wiederholt seine kleine Schwester mitgebracht, wie er sie nannte. Pal war ein Mädchen von eigenartigem Reiz und entsprach nahezu vollkommen dem derzeitigen Schönheitsideal. Sie war außerordentlich klug, auf den ersten Blick schien sie sogar intelligenter als ihr Bruder zu sein. Doch der K I ließ sich nicht täuschen. Er hatte bald erkannt, daß Delon Malwarrek seine Gefühle und Empfindungen einfach besser kontrollieren konnte. Jetzt ging eine erschreckende Veränderung mit Malwarrek vor. Sie stand im krassen Gegensatz zu seiner sonst stets freundlichen und verbindlichen Art. Sein Gesicht bekam einen harten, kantigen Ausdruck. "Die Bobits haben einen neuen Schiffstyp entwickelt, sie werden hier als Dreieckschiffe beschrieben." Er gab seinen Worten eine eigenartige Betonung, faltete den Plockerspruch sorgfältig zusammen und ließ ihn in einer Falte seines Umhangs verschwinden. Seiner Schwester warf er dabei einen wissenden und dennoch betroffenen Blick zu. "Dreieckschiffe?" diese Frage kam gedehnt und ungläubig von der Frau. "Ja! Es gibt nur eine Möglichkeit, der Sache auf den Grund zu gehen." Delon Malwarrek sah den mit verständnislosen Blicken vor ihm stehenden K I prüfend an und sagte dann leichthin: "Ich muß zum NX 44!" Mit einem Senken des Kopfes deutete er dem jetzt noch verblüffter dreinblickenden Mann seinen Dank an. Seine Schwester hatte sich erhoben. Zusammen traten sie in den Materie-Transmitter. Ihre Körper leuchteten Bruchteile von Sekunden strahlend auf, dann verschwanden sie. Lange sah der Chefkoordinator auf die Stelle in seinem Büro, wo eben noch die zwei Menschen gestanden hatten. Bisher war er noch nicht dahinter gekommen, wie die Malwarreks den Transmitter aktivierten. Auch woher sie kamen und wohin sie gingen, hatte er noch nicht feststellen können. Kopfschüttelnd ließ er sich eine Kopie des Plockerspruches schicken, der eben solche Bestürzung bei den Malwarreks hervorgerufen hatte. Tatsächlich, da wurde etwas von Dreiecksschiffen berichtet und von einer Suchaktion nach möglicherweise mit Rettungskapseln entkommenen Bobits. Sollte Malwarrek vielleicht wegen dieser Suchaktion so aus der Fassung geraten sein? Das wäre möglich, überlegte der K I, denn immerhin hatte die Flotte jetzt ja eine wenn auch nur kleine Chance, den Bobits auf die Spur zu kommen. In seiner eigenen Zeit als aktiver Marschall hatte sich nie eine solche Gelegenheit geboten. Er selbst war zweimal während seiner Laufbahn direkt an Kämpfen gegen die Bobits beteiligt gewesen. Einmal als junger Offizier und später dann als Kommandant eines Schlachtschiffes. Er konnte es schon verstehen, wenn jemand dem Moment entgegenfieberte, womöglich Einzelheiten über das Aussehen der Bobits zu erfahren. * "Wirst du alleine fliegen?" fragte Pal ihren Bruder in einem sachlichen, fast unpersönlichen Ton. "Ja, das werde ich! Was bleibt mir auch anderes übrig." Delon Malwarrek war sehr nachdenklich. Er trat an ein Fenster des obersten Stockwerkes des Superplock-Senders der "press-galaxis". Unter sich sah er die lange Reihe der zierlichen, schlanken Kurierschiffe, die auf dem privaten Raumhafen des Zeitungskonzerns standen. Riesige Wartungshallen schlossen das Landefeld hufeisenförmig ein. Etwas abseits stand ein 10.000-Tonnen-Frachter. In dem gedrungenen, schwerfällig aussehenden Schiffskörper verbarg sich eines der schnellsten Blitzschiffe des Imperiums. Copyright 2001 by readersplanet
"Ich werde die ,p-g 0001' nehmen", wandte sich Delon Malwarrek wieder seiner Schwester zu. "In zehn Sprüngen müßte ich die 50.000 Lichtjahre zum NX 44 schaffen können. Da mir Basarbs Position bekannt ist, werde ich nicht mehr als 30 Stunden benötigen, um seine Flotte zu erreichen." "Falls keine unerwarteten Schwierigkeiten auftauchen", warf Pal bedrückt ein. "Es darf eben einfach nichts passieren. Informiere bitte das Flottenkommando und unsere Freunde über das Ziel meines Fluges, wenn ich gestartet bin." Grüßend hob Delon eine Hand und trat in den Transmitter. Er materialisierte in der Steuerzentrale der "p-g 0001". Auf den ersten Blick konnte man feststellen, daß es sich hier keineswegs um den Kommandostand eines Frachters handelte. Allein die vier Poillet-Manometer deuteten darauf hin, daß der gesamte Schiffskörper gerade einen einzigen der gewaltigen Extra-Hyperraumantriebe umschließen konnte. Normalerweise besaßen nur 150-Megatonnen-Schlachtkreuzer diesen Antrieb. Delon Malwarrek setzte sich auf den Kommandositz. Kurz hintereinander schaltete er drei Sichtschirme ein. Der erste zeigte den Startplatz: Er war völlig menschenleer. Der zweite gestattete die Beobachtung des Luftraumes bis zu einer Höhe von 1000 Kilometern: Es herrschte ein reger Betrieb, aber alle Raumtaxis und -gleiter mieden peinlich genau die Start- und Landeschneise über dem Raumhafen der "press-galaxis" Auf dem dritten Bildschirm erschien der Kopf eines Technikers der zivilen Raumsicherung. Überrascht schaute der Mann Malwarrek an und stammelte: "Wie kommen Sie auf meinen Schirm? Ich stand doch eben noch mit einem Venus-Frachter in Verbindung." "Diese Verbindung werden Sie auch gleich wiederbekommen", versuchte Malwarrek den wie versteinert dasitzenden Techniker zu beruhigen. "Ich habe aber vorher eine Frage, die Sie mir beantworten müssen. Ist Ihr Sektor zur Plutobahn hin frei?" Der Mann schluckte und antwortete dann routinemäßig: "Ja, die Flotte hat aber ein generelles Startverbot für Direktflüge Richtung Pluto erlassen!" Der Mann gewann seine Fassung wieder. Scharf verlangte er: "Identifizieren Sie sich, oder ich benachrichtige die Raumpolizei." "Das haben Sie ohnehin schon getan", meinte Malwarrek und lächelte amüsiert. "Aber dennoch vielen Dank für Ihre Auskunft." Er unterbrach die Blitzverbindung und betätigte die Startautomatik. * Etwa 28 Stunden später setzte Malwarrek zum letzten Sprung an. Der junge, athletisch gebaute Mann machte ein bedeutend fröhlicheres Gesicht, als er es zu Beginn seines Fluges zur Schau getragen hatte. Vergnügt pfiff er einige Takte des Sternenmarsches vor sich hin. Bis jetzt war alles glatt gegangen. Seine Zeitkalkulation hatte gestimmt. Bald würde er wissen, was es mit den Dreiecksschiffen auf sich hatte. Ein leichter Summton machte ihn darauf aufmerksam, daß der Robotpilot zum Sprung ansetzte. Er lehnte sich in seinen Sessel zurück, schloß die Augen und löste die Sperre. Ohne Übergang tauchte die"p-g 0001" in den Hyperraum ein. Delon Malwarrek achtete kaum auf die Veränderungen, die mit dem ganzen Schiff und seinem Körper vor sich gingen. Ein unangenehmes grünliches Licht traf seine Augen. Die festen Linien der Zentrale schienen sich aufzulösen. Die physikalischen Gesetze des Normalraumes galten hier nicht mehr, Untersuchungen hatten das ergeben. Jedem Menschen drängte sich im Hyperraum das Gefühl auf, hinter den bösartigen, grünen Lichtschleiern verberge sich etwas ungeheuer Grauenvolles. Die Zeit stand still. Als Delon Malwarrek die Augen öffnete, wußte er, daß er sich wieder im Normalraum befand. An die Sekunden oder Tausende von Jahren, die er sich im Hyperraum befunden hatte, konnte er sich nur verschwommen erinnern. Auch dieses Phänomen war eines der noch ungeklärten Geheimnisse des Überlichtfluges. Copyright 2001 by readersplanet
Sofort machte er sich an die Arbeit. Er befand sich in der Sektion B/23 des Spiralarms NX 44. Hier hatte die Raumschlacht stattgefunden Zunächst mußte er jetzt die genaue Position von Basarbs Flotte ermitteln. Erwartungsvoll schaltete Malwarrek den Sucher ein. Doch schon nach wenigen Sekunden verzog sich sein Gesicht in grenzenloser Verblüffung zu einer nicht sehr geistvoll aussehenden Grimasse. Bis auf einen einzigen leuchtenden Punkt im Zentrum des Sichtschirmes war die Suchscheibe leer. Die einzige sichtbare Ortung stammte von seinem eigenen Schiff. Das durfte einfach nicht wahr sein. In fliegender Eile überprüfte Malwarrek die Daten seines letzten Sprunges Es gab keinen Zweifel, er befand sich in dem Teil des NX 44, in dem die Raumschlacht stattgefunden hatte. Basarbs Flotte war jedoch verschwunden. Noch einmal suchte Malwarrek den Raum mit dem Sichtschirm ab. Erst jetzt entdeckte er am äußersten Rand der Scheibe einen kleinen Lichtpunkt. Ärgerlich schlug er sich mit der Hand vor die Stirn. Wie hatte er das nur übersehen können Gleich darauf fiel ihm aber als Entschuldigung ein, daß es jedem anderen wohl auch so gegangen wäre Er hatte fest damit gerechnet, sich in der Nähe einer ganzen Flotte zu befinden; als sich das als Trugschluß herausstellte, hatte er das einzelne Schiff übersehen. Eine erklärbare Fehlleistung. Mit einigen schnellen Griffen programmierte er das neue Zielgebiet in die Steuerautomatik. Für einen Raumsprung mit Poillet-Antrieb war die Entfernung nicht groß genug. Er entschloß sich deshalb, mit Sternenantrieb auf 1000fach Licht zu gehen und dann mit Drummod-Effekt zwei "Raumhüpfer" von jeweils 25 Lichtjahren zu springen. Selbst bei 1000facher Lichtgeschwindigkeit befand sich ein Raumschiff noch nicht völlig im Hyperraum. Vielmehr bewegte es sich in einer Zwischenzone, die nicht mehr Normalraum war, aber auch noch nicht Hyperraum. Hier waren sogar noch sinnvolle Geschwindigkeitsmessungen möglich. Selbst Kampfhandlungen zwischen Raumschiffen konnten stattfinden. Im eigentlichen Hyperraum war das nicht möglich Jedes Raumschiff war darin Spielball unbekannter Kräfte. Es hatte Jahrhunderte gedauert, ehe man durch unzählige Versuche auf gewisse Gesetzmäßigkeiten im Hyperraum gestoßen war. Heute war man in der Lage, den Austrittspunkt eines Raumschiffes aus dem Hyperraum zu bestimmen, wenn seine genaue Eintauchgeschwindigkeit bekannt war. * "Wie sieht es aus, immer noch keine Verbindung mit der Flotte?" Nervös ging Selektor Bark in der Zentrale seines Kugelgleiters auf und ab. Er versuchte sich einzureden, daß das Schweigen der Flotte nicht unbedingt ein schlechtes Zeichen sein mußte. Admiral Basarb war ein ausgezeichneter Taktiker. Er würde auch die zweite Schlacht gewinnen, wünschte sich Art Bark. Inzwischen hatte Kadett Markett die Frage mit einem langgezogenen "Nein" beantwortet. Er bediente die Raumsichtscheibe. Der junge Offiziersanwärter lehnte sich zurück und meinte schon halb verzweifelt: "Ich bekomme einfach keine Verbindung, es sieht so aus, als wäre die Flotte aus diesem Sektor verschwunden." Mit einer unwilligen Handbewegung tat der Selektor diese Bemerkung ab. "Versuchen Sie es weiter!" befahl er und verließ die Zentrale. Die Suche nach überlebenden Bobits war bisher ergebnislos verlaufen. Zwar wollte das nicht unbedingt besagen, daß überhaupt keine Bobits entkommen waren, denn schließlich war Mandos nur eines von 37 Systemen, die als Zufluchtsstätte in Frage kamen. Auf Mandos V waren aber nach Barks Überzeugung bestimmt keine Bobits zu finden. Das wäre ja auch zu schön gewesen... Mit verkniffenem Gesicht überlegte er die nächsten Schritte. Vorläufig würden sie die Suche fortsetzen, selbst wenn das nichts als reine Energieverschwendung war. Befehl war eben Befehl. Einfach zu dumm, daß sie keine Verbindung mit der Flotte herstellen konnten. Mochte der Allgeist wissen, was da geschehen war. In diesem Augenblick hörte Art Bark erregte Rufe seines Kadetten. Im Sturmschritt eilte er in die Zentrale. Er war schon versucht ,na endlich` zu sagen, als er gerade noch bemerkte, daß Copyright 2001 by readersplanet
Markett gar nicht mehr vor der Raumsichtscheibe saß. Unwillig stoppte Bark seinen Lauf ab und fragte drohend: "Was ist los?" Aufgeregt sprudelte der Kadett hervor: "Unser Signalplocker ist geortet worden!" "Aus welcher Entfernung?" "Kann ich noch nicht feststellen. Die Kapazität unseres Orters reicht dazu nicht aus. Auf jeden Fall aber von außerhalb des Systems Mandos." Etwas von der Erregung des Kadetten griff auf den Selektor über. "Machen Sie Platz", sagte er. Gespannt beugte er sich über den Sucher. Da war tatsächlich nichts zu sehen, doch Art Bark fühlte beinahe körperlich, daß bald etwas von entscheidender Bedeutung passieren würde. Selektor und Kadett ließen das Ortungsgerät nicht mehr aus den Augen. Geduldig harrten sie Minute um Minute aus. Dann sahen sie es beide zur gleichen Zeit. Plötzlich befand sich ein leuchtender Punkt auf der Sichtscheibe des Orters. Ein Raumschiff war aus der Hyperraum-Zwischenzone ganz nah an den Normalraum gekommen. Bis jetzt hatten sich die beiden Männer kaum bewegt, doch nun wurden sie von einer geradezu beängstigenden Geschäftigkeit befallen. "Behalten Sie das Schiff im Auge und bereiten Sie alles zum Start vor", brachte Bark den Kadetten auf Trab. Er selbst versuchte zunächst vergeblich, Plockersignale aufzunehmen. Dann aktivierte sich die Sichtscheibe automatisch. Es erschien der Kopf eines jungen Mannes, den Bark noch nie gesehen hatte. "Ein Zivilist", stellte er fest. Bevor der Selektor noch eine Bemerkung machen konnte, ergriff der Fremde das Wort: "Delon Malwarrek, Sonderkorrespondent der "press-galaxis", bleiben Sie bitte auf Ihrer Position, ich werde gleich landen!" "Gleich", meinte der Selektor gedehnt, doch die Sichtverbindung war schon wieder unterbrochen. Ärgerlich drehte er sich um. Was er da sah, verbesserte seine Laune keineswegs. Mit offenem Mund, ein halb ungläubiges, ein halb entsetztes Gesicht zeigend, saß der Kadett vor dem Sucher. "Das ist ein Verrückter, das ist ein Wahnsinniger", brachte er stammelnd hervor. Mit ein paar großen Schritten trat der Selektor hinter Markett. Als er die Ursache für das merkwürdige Verhalten das Kadetten erkannte, trieb es auch ihm das Blut in den Kopf. Der leuchtende Punkt auf der Orterscheibe bewegte sich deutlich wahrnehmbar quer durch das System Mandos auf den Planeten V zu. "Der fliegt mit Überlicht, mindestens 10fach", vermochte er noch einigermaßen verständlich zu sagen. "Das ist ein Superschlachtschiff, das kann nur ein Superschlachtschiff sein", stöhnte der Kadett. Dunkel erinnerte er sich an die wahren Wunderdinge, die man sich von diesem Schiffstyp erzählte. Art Bark verglich die Flugstrecke, die das fremde Raumschiff bisher zurückgelegt hatte, mit der, die es noch bis Mandos V fliegen mußte. "In 20 Minuten wissen wir genau, mit was für einem Schiff wir es zu tun haben", meinte er sachlich. Die "press-galaxis" war ihm natürlich ein Begriff, aber wie sollte selbst der wichtigste Sonderkorrespondent zu einem solchen Raumschiff kommen? So etwas durfte es einfach gar nicht geben. Den Gerüchten über die Superschlachtschiffe schenkte Art Bark nicht viel Glauben. Träge verstrich jetzt die Zeit. Wieder wurde der Selektor durch ein Stöhnen des Kadetten aus seinen Gedanken gerissen. "In einer Kreisbahn geht er auch nicht, der fällt direkt auf uns herunter, das ist ein Selbstmörder", ächzte Phil Markett abgehackt. "Meinetwegen", sagte Bark. Er hatte sich fest vorgenommen, die Dinge auf sich zukommen zu lassen und keinerlei Überraschung mehr zu zeigen.
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Offensichtlich saß aber doch kein Selbstmörder in dem landenden Schiff. Seine Geschwindigkeit wurde fast abrupt gebremst Die letzten 20 Kilometer sank es in durchaus normaler Landefahrt nieder. Mit einer fahrigen Bewegung setzte der Kadett die Außensichtschirme in Betrieb. Von der Zentrale aus konnten sie jetzt die weite, scheinbar endlose Kupferstaubebene sehen. Nach allen Richtungen hin umgab sie den Gleiter. Am Horizont tauchte das fremde Raumschiff auf. Es hatte eine Kurskorrektur vorgenommen. Etwa einen Kilometer vor dem Kugelgleiter landete es. Teleskopbeine fuhren aus und verankerten es an der Oberfläche von Mandos V. Staunend, nicht fähig auch nur ein Wort hervorzubringen, starrten Bark und Markett das Schiff an. Das war kein Superschlachtschiff, das war noch nicht einmal ein Zerstörer, das war ein Frachter, ein ganz gewöhnlicher 10.000-Tonnen-Frachter. "Das ist ein Ding", preßte Markett schließlich zwischen den Zähnen hervor. "Ich glaub', ich träume!" Selektor Bark schwieg. Keine Verblüffung zeigen, dachte er krampfhaft. Du läßt dich einfach durch nichts mehr aus der Ruhe bringen. An der Außenwand des Frachters wurde eine Öffnung sichtbar. Heraus schwebte eine Antigravplatte, auf der ein Mensch saß. Schnell näherte sich der Flugkörper dem Kugelgleiter. Sarkastisch meinte Bark: "Na, dann wollen wir mal unserem Gast einen herzlichen Empfang bereiten!" Grimmig blickend stapfte er zur Innenschleuse des Gleiters und baute sich davor auf. In erstaunlich kurzer Zeit hatte der Fremde den versteckt angebrachten Öffnungsmechanismus der Außenschleuse gefunden. Nachdem Bark die Sicherheitssperre gelöst hatte, trat der Mann aus der Innenschleuse mit federnden Schritten in den Gleiter. Seinen Schutzhelm hatte er abgeschaltet. Ein Zeichen dafür, daß er keinerlei Schwierigkeiten erwartete. Er trug eine leichte Kombination ohne jedes Rangabzeichen. Impertinent lächelnd, so kam es Markett vor, weidete er sich an ihren erwartungsvollen Blicken. Er neigte grüßend den Kopf und stellte sich noch einmal vor: "Delon Malwarrek." Weil Bark und Markett immer noch schwiegen, wandte er sich an den Selektor: "Wir haben uns ja schon über Sichtschirm kennengelernt. Danke übrigens, daß Sie meine Bitte befolgten und nicht in den Raum gestartet sind." Der Selektor riß sich zusammen und antwortete bissig: "Ja, wir haben uns allerdings schon ein paar Sekunden am Sichtschirm gesehen. Von Kennenlernen kann aber doch wohl nicht die Rede sein." Auch er grüßte dann den breitschultrigen Eindringling mit einem Neigen des Kopfes. Anschließend stellte er den Kadetten und sich selbst vor. "Entschuldigen Sie, daß ich vorhin etwas kurz angebunden war", erklärte der Fremde mit einem entwaffnenden Lächeln. "Ich hatte es eilig, zu Ihnen zu gelangen." "Das haben wir gemerkt", platzte Markett heraus. "Ein Wunder, daß Sie überhaupt noch leben." "So ein großes Wunder ist das nun auch wieder nicht. Aber trösten Sie sich, das unscheinbare Äußere meines Schiffes hat schon manchen getäuscht. In Wirklichkeit handelt es sich keineswegs um einen plumpen Frachter, sondern um ein Blitzschiff. Offiziell registriert ist es allerdings nicht." Freundlich sah der Mann den Kadetten nach dieser Erklärung an. Er folgte dann der einladenden Handbewegung des Selektors und ging in die Zentrale des Kugelgleiters. Hier nahm sein Gesicht einen gespannten, wachen Ausdruck an. Betont leise sagte er: "Um keine Mißverständnisse aufkommen zu lassen, ich bin nicht nur in meiner Eigenschaft als Sonderberichterstatter der ,press-galaxis` hier." Delon Malwarrek reichte dem Selektor eine rote Marke, die er bisher in der Hand verborgen gehalten hatte. Art Bark nahm sie mit spitzen Fingern entgegen. Er prüfte beide Seiten sehr genau und reichte sie dann in militärisch strammer Haltung zurück. Phil Markett bekam abermals Copyright 2001 by readersplanet
Stielaugen. Er hatte sich etwas im Hintergrund gehalten. Ein Bevollmächtigter des Hohen Rates, schoß es ihm durch den Kopf. Er wußte, daß von diesen Ausweisen nur ein paar Hundert existierten. Der Selektor kochte innerlich. Auch das noch, dachte er verbittert. Wenn dieser Malwarrek auch keine Befehlsgewalt über ihn besaß, so war er doch gehalten, ihm jede in seiner Macht liegende Unterstützung zu gewähren. So hieß es in den Dienstvorschriften. Nun, Bark gab sich einen Ruck, er mußte eben gute Miene zum bösen Spiel machen. Abwartend sah er Malwarrek an. Der Mann hatte sich völlig ungezwungen auf eine Bank gesetzt. Er ließ seine Blicke interessiert in der Zentrale des Kugelgleiters schweifen. Bark gab seinem Kadetten Markett einen Wink. Beide setzten sich Malwarrek gegenüber. Das wird wohl ein schrecklich förmliches Gespräch werden, ging es Phil Markett bedauernd durch den Kopf. Die Reserviertheit des Selektors war ihm nicht entgangen. "Wirklich ein ausgezeichnetes Schiff, ich wußte gar nicht, daß die Flotte diesen Typ verwendet", ergriff Malwarrek das Wort. Sein Blick ruhte fest auf dem Selektor. "Ja", antwortete Art Bark knapp. Was soll das, dachte er. Man überwindet nicht Zehntausende von Lichtjahren, nur um ein Kompliment über den Kugelgleiter eines Selektors zu machen. Aufmerksam beobachtete er Malwarrek, der scheinbar völlig entspannt und gelockert vor ihm saß. "Sie gehören zur 164. Flotte, die unter dem Kommando von Admiral Basarb steht." Ohne eine Antwort abzuwarten, stellte Malwarrek die Frage: "Wo befindet sich diese Flotte zur Zeit?" Automatisch antwortete Art Bark: "21 Lichtjahre vom System Mandos entfernt. Sie liegt im Kampf mit den Bobits. Unsere Verbindung ist allerdings abgerissen." "Wann hatten Sie den letzten Kontakt?" "Vor 30 Stunden und 24 Minuten", antwortete Phil Markett nach einem Blick auf die Kontrolluhr an der Sichtscheibe. Malwarreks Gesicht verzog sich kaum merklich, als er leise feststellte: "Die Schlacht war zu diesem Zeitpunkt doch schon beendet!" "Ja, die erste", sprudelte der Kadett aufgeregt hervor. "Gerade als wir mit dem Schlachtschiff des Admirals in Verbindung standen, kamen die Bobits wieder. Es hat eine zweite Schlacht gegeben!" Art Bark, der Markett zunächst wegen seiner vorlauten Erklärung hatte zurechtweisen wollen, musterte Malwarrek scharf. Wie würde der Fremde reagieren? Doch beide, Selektor und Kadett, wußten mit der Reaktion Malwarreks nichts Rechtes anzufangen. Zwar ging eine nicht unbeträchtliche Veränderung im Gesicht des Mannes vor, sie zu deuten war ihnen aber unmöglich. Eines allerdings war klar zu erkennen: Das Mienenspiel Malwarreks schien eher so zu sein, als würde er die Erklärung des Kadetten für einen Scherz und nicht für eine Sensation allerersten Ranges halten. Auch dieser Eindruck hielt aber nicht lange an. Zu schnell setzte Malwarrek ein undurchschaubares Spielergesicht auf. Noch leiser als zuvor erklärte er dann: "Im Umkreis von 50 Lichtjahren befindet sich außer Ihrem Kugelgleiter kein einziges Schiff der Flotte." Als Art Bark Malwarrek in die Augen sah, wußte er, daß der Mann die Wahrheit sprach. Phil Markett, der zuerst ungläubig den Kopf geschüttelt hatte, deutete das Schweigen der beiden Männer richtig. Entsetzt sprang er auf und stammelte: "Unsere Flotte ist vernichtet worden... vernichtet... da lebt keiner mehr... nur wir leben noch. Wir sind die einzigen Überlebenden..." Seine Stimme wurde schriller: "Oh, diese verdammten Bobits, diese verdammten... " "Beherrschen Sie sich!" Messerscharf war die Stimme Malwarreks. Sofort fand Phil Markett in die Wirklichkeit zurück. Beschämt schwieg er. Sein kreidebleiches Gesicht überzog sich mit einer brennenden Röte. Selektor Bark hatte sich besser in der Gewalt. Natürlich merkte man auch ihm an, wie betroffen er war. Stockend fragte er: "Sie haben in Ihrem... äh ... Superschiff wohl alle Copyright 2001 by readersplanet
erforderlichen Instrumente, um mit absoluter Sicherheit sagen zu können, daß es im Umkreis von 50 Lichtjahren kein Schiff der Flotte gibt?" "Ja! Wir müssen davon ausgehen, daß die 164. Flotte vernichtet wurde, von den - ja von den Bobits, so wie wir vorher deren Schiffe vernichtet haben." Leidenschaftslos, erschreckend kalt klangen die Worte Malwarreks. Jetzt zeigte sich, aus welchem Holz Raumsoldaten geschnitzt waren. Nicht die kleinste Spur von Verwirrung oder gar Furcht lag in der Stimme des Selektors, als er fragte: "Warum schreckten Sie eben davor zurück, auszusprechen, daß die Bobits die Flotte Admiral Basarbs besiegt haben? Alle Männer der Flotte wissen, daß in diesem Kampf Opfer gebracht werden müssen." "Es ist mir gar nicht aufgefallen, daß ich gestockt habe. Das hat aber nichts zu bedeuten." Leichthin ging Malwarrek über die Frage weg. "Aber etwas Anderes! Unsere Berichterstatter bei der 164. haben in ihrer Nachricht über den Verlauf der Schlacht - wohlgemerkt der ersten Schlacht - mitgeteilt, daß die Bobits einen völlig neuen Schiffstyp einsetzten. Entspricht das den Tatsachen, Selektor?" "Das stimmt", antwortete Art Bark. Bedächtig fuhr er fort: "Unsere Flotte befand sich mehr oder weniger auf einem Routineeinsatz. Admiral Basarb hatte den Auftrag, im Spiralarm NX 44 einen militärischen Stützpunkt zu errichten. Ich selbst war ihm vorübergehend unterstellt worden. Später sollte es meine Aufgabe sein, die Besiedlung dieses Sternenhaufens vorzubereiten. Wie üblich wurden bei diesem Einsatz auch schon alle Sauerstoffplaneten in Augenschein genommen. Natürlich nur, wenn sich das ohne großen Zeitverlust machen ließ. U. a. haben wir das System Mandos kartografiert. Einen wirklich allen Anforderungen gewachsenen Stützpunkt fanden wir aber nicht. Wir gerieten schließlich etwas in Zeitdruck. Um die einzelnen Erkundungsergebnisse zu koordinieren, befahl Admiral Basarb deshalb den vorläufigen Abbruch der Aktion. Alle Schiffe sammelten sich." "Aha", unterbrach ihn Malwarrek", und danach kam es dann zur Schlacht." "Ja, aber Schlacht ist vielleicht schon etwas zuviel gesagt, wenn man es richtig bedenkt", berichtete Art Bark weiter. "Warum?" gedehnt kam diese Frage Malwarreks. Der Selektor strich sich mit einer Hand widerspenstige Haare aus dem Gesicht. "Es war sehr merkwürdig. Unsere Schiffe lagen dicht beisammen. Die Bobits hätten sich keine bessere Gelegenheit wünschen können, auf uns zu stoßen und uns in die Zange zu nehmen. Plötzlich tauchte ihre Flotte einige Lichtminuten von uns entfernt aus dem Hyperraum auf. Sie war weit auseinandergezogen und halbmondförmig gestaffelt. Es muß reiner Zufall gewesen sein, denn die Entfernung zur nächsten Sonne betrug Lichtjahre. Die Bobits waren offenbar im ersten Augenblick völlig verwirrt. Anstatt ihre taktische Überlegenheit auszunutzen und uns zu umklammern, zogen sie ihre Schiffe zusammen. Admiral Basarb befahl sofort den Angriff aller leichten Einheiten auf die Flügel der feindlichen Flotte, damit wir wenigstens etwas Zeit gewannen, um unsere Kreuzer in Schlachtordnung zu bringen. Durch die überraschende Taktik der Bobits sah die Situation dann kurze Zeit später genau umgekehrt aus. Nicht sie hatten uns, sondern wir hatten sie in die Zange genommen. Von den Seiten und von vorne stießen wir auf sie zu. Innerhalb von Minuten verglühten die Schiffe der Bobits unter den Strahlenschüssen unserer Superblaster. Erst als es zu spät war, versuchten sie ihr Heil in der Flucht. Bei dem Durcheinander von explodierenden und zerberstenden Schiffen verloren auch wir etwas die Übersicht. Wer hätte auch je gedacht, daß sich eine ganze feindliche Flotte sozusagen auf dem Präsentierteller anbot und abschlachten ließ? Wir stellten allerdings noch fest, daß zumindest eine Rettungskapsel in den Hyperraum entkommen konnte. Aus dem Energierückstoß ließ sich errechnen, daß die Kapsel für nur einen einzigen Sprung von höchstens 25 Lichtjahren gebaut war."
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Gespannt hörte Delon Malwarrek der Schilderung des Selektors zu. Auch Phil Markett, der doch dabeigewesen war, ließ sich kein Wort entgehen. Art Bark erzählte weiter: "Um jetzt Ihre Frage zu beantworten: Dieser Kugelgleiter ist tatsächlich bei der Flotte noch nicht allgemein eingeführt. Es handelt sich um eine Spezialanfertigung. Hauptsächlich dient er zur Beobachtung und Erforschung neu entdeckter Planeten. Als zukünftiger Selektor des NX 44 hätte er mir gute Dienste geleistet. Aber auch zum Aufspüren eventuell entkommener Bobits - diese Möglichkeit zeichnete sich hier ja erstmals ab - ist er besser geeignet als alle anderen Einheiten der Flotte. Aus diesem Grund stellte ich mich dem Admiral auch freiwillig für die Suchaktion zur Verfügung " "So verhält sich das also, ich hatte mich schon gewundert, hier einen Selektor anzutreffen", ließ sich Malwarrek vernehmen. "Aber wie ging es weiter?" "Der Rest ist schnell berichtet." Art Bark räusperte sich vernehmlich. "Das System Mandos wurde uns zum Durchsuchen zugeteilt. Auf dem fünften Planeten landeten wir, weil er noch am ehesten als Schlupfwinkel in Frage zu kommen schien. Doch wie gesagt, wir haben bisher weit und breit keinen schiffbrüchigen Bobit entdecken können. Hätten wir Verbindung mit Admiral Basarb gehabt, wären wir wohl nicht mehr hier." Dieser letzte Satz rief dem Selektor das Schicksal der Flotte in Erinnerung. Sein Gesicht verfinsterte sich. Delon Malwarrek hatte sich erhoben. In Gedanken versunken ging er einige Male durch die Zentrale des Kugelgleiters. Abrupt blieb er dann vor dem Selektor stehen. Er überragte ihn um Haupteslänge. "Entschuldigen Sie, wenn ich Sie immer wieder an ihre Kameraden erinnere, aber wie war das nun mit den Dreiecksschiffen?" "Schon gut." Art Bark betrachtete Malwarrek langsam mit anderen Augen. "Ja richtig, das habe ich ganz vergessen. Als wir nach dem Auftauchen der Bobits feststellten, daß es sich bei ihren Schiffen um einen völlig neuen Typ handelte, gab ihnen Admiral Basarb diesen Namen. Wohl weil die vier Seiten der neuen bobitischen Raumer aus gleichschenkeligen Dreiecken bestehen. Besser wäre vielleicht noch die Bezeichnung Pyramidenschiffe. Übrigens, bei unserem letzten Kontakt mit der Flotte erklärte uns ein Nachrichtenoffizier von Admiral Basarbs Schlachtschiff, daß die Bobits abermals mit Dreiecksschiffen kämpfen würden. Danach riß die Verbindung leider ab." "Mit größeren Dreiecksschiffen, die zudem noch dicke Randwulste hätten", mischte sich Phil Markett in das Gespräch ein. "Was?" Wie elektrisiert drehte sich Delon Malwarrek um und forderte den Kadetten zum Weitersprechen auf. Verlegen sagte Markett: "Ja, das erklärte der Offizier. Kurz danach mußte der Kreuzer die Schutzschirme verstärken, weil die Bobits schon aus großer Entfernung starke Traktorstrahlen einsetzten. Mehr haben wir nicht erfahren." Art Bark bestätigte die Worte des Kadetten mit einem Kopfnicken. "Dreiecksschiffe, Dreiecksschiffe mit dicken Randwulsten und superstarke Traktorstrahlen" murmelte Delon Malwarrek mit zusammengekniffenen Lippen vor sich hin. Erstaunt sahen ihn Selektor und Kadett an. Sieh da, dachte Phil Markett, jetzt hat es ihm doch die Sprache verschlagen. Bevor er noch eine Bemerkung machen konnte, sagte Malwarrek etwas theatralisch: "Meine Herren, Sie täten gut daran, sich auf noch mehr Überraschungen vorzubereiten!" Danach kümmerte er sich zunächst nicht mehr um die fragenden Blicke der beiden Männer, sondern setzte das Informationszentrum des Kugelgleiters in Betrieb. Aufmerksam hörte er sich an, was der Roboter mit seiner etwas quäkenden Stimme über die bisher ergebnislose Suche nach den Bobits zu berichten wußte. * Federleicht hob sich Malwarreks Antigravplatte in die für Menschen kaum atembare Atmosphäre von Mandos V. Delon Malwarrek und Phil Markett hatten ihre Schutzfelder eingeschaltet. Dem jungen Kadetten fiel es sichtlich schwer, nicht in lautes Triumphgeheul Copyright 2001 by readersplanet
auszubrechen. Jetzt würde sich herausstellen, ob ihm seine Augen einen Streich gespielt hatten oder ob er tatsächlich eine bedeutsame Entdeckung gemacht hatte. Im weiteren Verlauf des Gespräches mit dem Korrespondenten der "press-galaxis" hatte Markett auch berichtet, daß er zwar mit der Fernsichtscheibe kein Lebewesen oder auch nur eine Unterbrechung der Eintönigkeit in der sich nach allen Seiten erstreckenden Wüste hatte ausmachen können, dafür aber mit bloßem Auge Bewegungen wahrgenommen habe. Trotz der heftigen Proteste des Selektors hatte er, durch aufmunternde Gesten Malwarreks bestärkt, darauf beharrt, daß ein Irrtum ausgeschlossen sei. All seine Sympathien waren jetzt bei diesem Mann, der im Hin und Her der Diskussion plötzlich vorschlug, der Sache doch einfach auf den Grund zu gehen. Auf der Antigravplatte hatten zwei Mann bequem Platz; schwindelfrei mußte man allerdings sein. Doch das war die geringste Sorge Phil Marketts gewesen. Schließlich hatte der Selektor sich geschlagen gegeben. Er willigte, wenn auch nur zögernd, in das Spähtruppunternehmen ein. Mit skeptischen Blicken verfolgte er jetzt den Start der Antigravplatte. Er lehnte dabei an der Außenschleuse des Kugelgleiters. Delon Malwarrek brachte das luftige Gefährt zunächst auf eine Höhe von 150 Meter. Dann steuerte er es in die Richtung, die ihm Phil Markett angab. Mit mäßiger Geschwindigkeit schwebten sie über die rötliche Wüste dahin. Scheinbar endlos, ohne jede sichtbare Erhebung, breitete sich unter ihnen die Oberfläche von Mandos V aus. Markett hatte eine Fernsichtscheibe vor sich aufgebaut und beobachtete angestrengt die eintönige Ebene. Schon nach kurzer Zeit zeichnete sich auf seinem Gesicht ein zweifelnder Ausdruck ab. Sollte er sich denn so geirrt haben? Da war wirklich nichts, absolut nichts zu sehen, was sich in irgendeiner Form vom Wüstenboden abhob. Kleinlaut warf er Delon Malwarrek einen um Verzeihung heischenden Blick zu. Jetzt würde auch dieser Mann ihn für einen Narren mit Halluzinationen halten, dachte er bekümmert. Da fiel ihm der gespannte, ungläubige Gesichtsausdruck Malwarreks auf. Verwundert sah Markett an der Fernsichtscheibe vorbei in die Richtung, in die Malwarrek so angespannt Ausschau hielt. Fast hätte er das Gleichgewicht verloren. Was er sah, verschlug ihm die Sprache. Kurz vor ihnen, wenige Kilometer entfernt, lag ein dreieckiges Gebilde im Wüstensand. "Die Rettungskapsel der - der Bobits", vernahm er die gepreßt klingende Stimme seines Begleiters. "So etwas Ähnliches habe ich mir schon gedacht", fuhr Malwarrek nach einem Blick auf die Fernsichtscheibe fort, "die Bobits können zwar unsere Instrumente täuschen, nicht aber das menschliche Auge. Markett, glauben Sie mir, das ist einer der größten Augenblicke in der Geschichte des Imperiums. Wir werden die ersten Menschen sein, die direkt mit Lebewesen zusammentreffen, die es an Verstand und technischer Fertigkeit zumindest mit uns aufnehmen können. Vielleicht hängt es von unserem Verhalten ab, ob die Menschheit noch eine Zukunft hat." Halb ehrfurchtsvoll, halb von einer unbändigen Energie geladen klang die Stimme Malwarreks. Unsagbar verwirrt sah Phil Markett ihn an. Dann blickte er abwechselnd auf das jetzt immer deutlicher erkennbar werdende Dreiecksschiff und auf die Fernsichtscheibe. Das Gerät, geschaffen um den Sichtbereich des Menschen zu erweitern, zeigte nichts als eine tote Wüste an. "Geben Sie sich keine Mühe, Markett, ich bin davon überzeugt, daß sich die Bobits mit einem technischen Kniff gegen unsere elektronischen Augen und Detektoren abgeschirmt haben." Wenn sie ihren Kurs beibehielten, würden sie einige hundert Meter an der Rettungskapsel der Bobits vorbeischweben. Bei dem Raumer handelte es sich offensichtlich um eine verkleinerte Ausgabe des Typs, gegen den Admiral Basarb die erste Schlacht geführt hatte. "Wir müssen näher heran", stieß Markett hervor. "Das werden wir nicht tun", erklärte Malwarrek bestimmt. "Die fremden Lebewesen werden der Meinung sein, wir würden zufällig hier vorbeifliegen. Sie wissen ganz genau, daß wir sie mit unseren Instrumenten nicht ausmachen können. Wie unsere Augen funktionieren, scheint Copyright 2001 by readersplanet
ihnen aber nicht bekannt zu sein, sonst würden sie nicht so unbesorgt in unmittelbarer Nachbarschaft meines Blitzschiffes und des Kugelgleiters ihren Arbeiten nachgehen." Malwarrek sollte recht behalten. Inzwischen waren sie mit der Antigravplatte auf die bei ihrem Kurs nächste Entfernung an die Rettungskapsel herangekommen. Die Bobits schienen im Begriff zu sein, das kleine Dreiecksschiff auseinanderzunehmen. Zumindest hatten sie den größten Teil der Inneneinrichtung ausgebaut. Das war aus der Anzahl der Geräte und Einzelteile zu schließen, die um das Schiff verstreut im Wüstensand lagen. Welche Funktionen die fremdartig aussehenden Aggregate und Apparate hatten, war unmöglich zu enträtseln oder auch nur zu vermuten. Die größte Überraschung für die beiden Männer war aber zweifellos das Aussehen der Fremden. Eine Überraschung deshalb, weil es sich nicht um Ungeheuer von schrecklichen Ausmaßen und Formen handelte. Soweit man auf diese Entfernung feststellen konnte, sahen sie keineswegs furchterregend aus. Am ehesten waren sie noch mit aufrechtgehenden Vögeln ohne Federkleid zu vergleichen. Phil Markett zählte insgesamt 18 dieser harmlos aussehenden Gestalten. Einige von ihnen schienen interessiert in Richtung der Antigravplatte zu sehen. Aber das konnte auch eine Täuschung sein, denn die meisten gingen unentwegt irgendwelchen Arbeiten nach. Erregt flüsterte Markett: "Wir sind die ersten Menschen, die Bobits sehen. Ich habe sie mir ganz anders vorgestellt." Malwarrek gab nur einen undefinierbaren Laut von sich. Er beschäftigte sich intensiv mit der Steueranlage der Antigravplatte. Inzwischen entfernten sie sich wieder von dem Landeplatz der Bobits. In einem weiten Bogen, so als hätten sie einen willkürlichen Erkundungsflug unternommen, kehrten sie zum Kugelgleiter zurück. Mit mißmutiger Miene empfing sie Selektor Bark "Ich habe doch gleich gesagt, dieser Flug wäre reine Zeitverschwendung!" Malwarrek schwieg. Dankbar lächelte der Kadett. Leise, was sonst gar nicht seine Art war, berichtete er von ihren Beobachtungen. Der Selektor, der ihm zuerst unwirsch ins Wort fallen wollte, hörte betroffen zu. Als Markett mit seinem Bericht fertig war, ging er spontan auf ihn zu und erklärte: "Kadett, ich habe Ihnen unrecht getan!" Freudig ergriff Markett die Hand des älteren Raumoffiziers. Schweigend hatte Malwarrek dieser Szene zugeschaut. "Selektor, ich glaube, Sie haben richtig erkannt, welch großen Dienst uns Markett erwiesen hat. Jetzt kommt es darauf an, daß wir unser Wissen weitergeben. Sie selbst werden sicher schon eingesehen haben, daß Sie mit Ihrem Kugelgleiter keine Chance haben, das Imperium zu erreichen. Mit dem Verschwinden der Flotte Admiral Basarbs ist Ihnen jede Möglichkeit zur Rückkehr genommen. Ich mache Ihnen folgenden Vorschlag: Wir geben den Kugelgleiter auf, und ich bringe Sie mit meinem Schiff zurück." Gespannt wartete Markett Antwort des Selektors. "Ich bin einverstanden", sagte der knapp. Der schnelle Entschluß überraschte nicht nur den Kadetten. Anerkennend meinte Malwarrek: "Ich weiß, daß es Ihnen nicht leicht fällt, Ihr Schiff aufzugeben. Aber wir wollen keine Zeit mehr verlieren. Beeilen wir uns mit dem Umzug." "Wir müssen den Kugelgleiter vernichten", warf Art Bark ein. "Keine Sorge, ich habe einen Energiewerfer an Bord." "Warum nicht gleich einen Superblaster", meinte Bark schon wieder bissig. "Aber lassen wir das. Bei Ihnen wundere ich mich über gar nichts mehr." Nachdem sie die Beobachtungssatelliten eingeholt und ihre persönlichen Habseligkeiten mit Malwarreks Antigravplatte in das Blitzschiff geschafft hatten, hielten sie eine Art Kriegsrat ab. Der Selektor trat dafür ein, den Bobits einen Besuch abzustatten und sie mit dem Energiewerfer anzugreifen.
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"Ich will jetzt nicht nachprüfen, wie ein Privatmann, selbst wenn er Bevollmächtigter des Hohen Rates ist, an eine solche Waffe kommt. Da wir sie aber nun einmal besitzen, sehe ich keinen Grund, warum wir nicht unsere Feinde vernichten sollten." Art Bark war gegen den Widerstand Malwarreks gegen seinen Plan erbost. "Wir werden uns noch mit den Bobits befassen", lenkte Malwarrek ein, aber zuerst sollten wir versuchen, eine Plockverbindung mit dem Flottenkommando zu bekommen. Mit einer Notschaltung ließe sich für einige Sekunden die Sendeenergie Ihres Kugelgleiters verhundertfachen. Die gesamten Energievorräte des Raumers würden dazu sicherlich ausreichen. Da wir ihn ohnehin vernichten wollen, spielt das ja keine Rolle." Selektor Bark war mit diesem Vorschlag einverstanden. Markett erhielt den Befehl, noch einmal in den Kugelgleiter zurückzukehren und die erforderlichen Schaltungen vorzunehmen. Schon nach kurzer Zeit hatte der Kadett den Auftrag ausgeführt. Als er in die für einen Frachter viel zu große Zentrale trat, sah er Malwarrek und den Selektor über ein Meßgerät gebeugt. "Ausgezeichnet", hörte er Malwarrek sagen. "Sie hatten ja noch ganz beachtliche Energievorräte in Ihrem Schiff, Selektor. Die Notsendung ging sogar mit über 140facherNormalstärke ab. Immerhin werden wir aber doch eine Stunde oder länger warten müssen, bevor das Oberkommando über eine Relaiskette mit uns in Verbindung treten kann. "Markett", wandte sich der Selektor an den Kadetten, "Sie müssen jetzt noch den Plocker dieses Schiffes auf die Empfangskanäle unseres Kugelgleiters einstellen." Während sich Phil an die Arbeit machte, redete Art Bark wieder auf Malwarrek ein. "Das hier ist Ihr Schiff, Sie können also bestimmen, was nun geschehen soll. Eigentlich dürfte es darüber ja keine Diskussionen geben. Verraten Sie mir bitte, warum Sie die Bobits schonen wollen?" Bedächtig antwortete Malwarrek: "Solange sie uns in Ruhe lassen, habe ich nicht vor, mich ihnen in feindlicher Absicht zu nähern. Schließlich handelt es sich um Schiffsbrüchige." Das Gesicht Art Barks verfärbte sich rot vor Zorn: "Das sind doch nur Ausreden, es fehlt Ihnen einfach an Entschlußkraft. Ich werde das Kommando hier übernehmen." "Sie werden mich zunächst einmal anhören, Selektor, bevor Sie weitere Drohungen ausstoßen." Malwarreks Stimme war schärfer geworden. Er führte den Offizier mit sanfter Gewalt zu einem Sessel. Nur widerstrebend ließ sich Bark in die weichen Polster drücken. "Die Frage, was jetzt geschehen soll, ist in der Tat von größter Bedeutung. In diesem Punkt stimme ich mit Ihnen völlig überein, Selektor. Im Gegensatz zu Ihnen glaube ich aber, daß es für uns von Vorteil ist, wenn wir jetzt auf Gewalt verzichten. Die Geschichte des Krieges mit den Bobits ist Ihnen so geläufig wie mir. Oberster Grundsatz auf beiden Seiten ist, nicht dem Gegner in die Hände zu fallen Aus diesem Grund hat es bei den Kämpfen bisher auch nie Gefangene gegeben. Ich bin fest davon überzeugt, daß die hier notgelandeten Bobits sich eher selbst vernichten, als Gefahr zu laufen, von uns lebend gefaßt zu werden. Das ist nun einmal eine Regel des kosmischen Kampfes. Tote Bobits bringen uns aber keinen Schritt weiter." Malwarrek räusperte sich sonderbar zerstreut. Phil Markett, der dem Gespräch aufmerksam lauschte, hatte fast den Eindruck, als wenn der Mann von der "press-galaxis" mit seinen Gedanken ganz anderen Problemen nachging. "Wir müssen versuchen", fuhr Malwarrek fort, "den Bobits auf drastische Weise klarzumachen, daß wir sie vernichten könnten, uns aber gar nichts daran liegt. Ich habe da auch schon einen Plan." "Da bin ich aber ungemein beruhigt", erklärte Bark sarkastisch. "Hoffentlich wissen Sie, wie Sie Ihre Haltung vor dem Hohen Rat rechtfertigen wollen. Ich werde auf jeden Fall einen Bericht verfassen." Malwarrek schien erfreut zu sein, daß der Selektor sich wenigstens vorläufig geschlagen gab. Erleichtert atmete er auf. "Das lassen Sie nur meine Sorge sein."
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"Was immer Sie für einen Plan haben", rief in diesem Moment Phil Markett, "beeilen Sie sich damit. Unsere Instrumente zeigen an, daß rund 20 Raumschiffe in einigen Lichtminuten Entfernung aus dem Hyperraum getreten sind. Es handelt sich garantiert um Bobits." Mit zwei, drei Sprüngen erreichte Malwarrek den Kommandositz. Sicher glitten seine Finger über die verwirrend große Anzahl der Bedienungselemente. Gleichzeitig flackerten ein halbes Dutzend Bildschirme auf. Scharf kamen Malwarreks Befehle: "Selektor, Sie bedienen den Energiewerfer. Zerstrahlen Sie den Kugelgleiter! Kadett, ziehen Sie einen Raumanzug an und gehen Sie in die Außenschleuse!" In Bruchteilen von Sekunden begannen die beiden Männer mit der Ausführung der Kommandos. Es wurden keine Fragen gestellt. Schweigend und verbissen arbeiteten sie. Markett verließ die Zentrale. Seinen Raumanzug hatte er selbstverständlich aus dem Kugelgleiter herübergerettet. Er hing vor der Innenschleuse. Selektor Bark nahm blitzschnell die Zieleinstellung mit dem Energiewerfer vor. Er saß ein paar Schritte neben Malwarrek Auf einem Bildschirm sah er den Kugelgleiter im Wüstensand liegen. "Fertig, es kann losgehen!" stieß er hervor. Malwarrek lehnte sich zurück. Verwegen lachend sagte er: "Das könnte noch so eben klappen. Nur zu, Selektor!" Art Bark drückte auf den Auslösemechanismus. Ein greller Lichtblitz traf den Kugelgleiter. Flammen waberten auf, umspielten die Metallhülle. Eine kleine Sonne ging in der Wüste auf. Aus einem Lautsprecher meldete sich Phil Markett. "Ich bin in der Außenschleuse, was soll ich hier tun?" "Gut festhalten, den Kopf rausstrecken und mir die Richtung zur Rettungskapsel der Bobits angeben. Achtung - wir starten!" Delon Malwarrek vollbrachte ein wahres Meisterstück als Pilot. Sanft hob die "press-galaxis 0001" vom Boden ab. Nach den Anweisungen des Kadetten steuerte er das Raumschiff, das von Antigravfeldern gehalten wurde, genau über das Dreiecksschiff der Bobits. "Die sind da unten reinweg aus dem Häuschen", berichtete Markett. "Selektor, Sie bekommen wieder Arbeit", rief Malwarrek. "Endlich werden Sie vernünftig", jubelte Art Bark begeistert. "Aber wohin soll ich schießen? Auf meinem Schirm ist nichts zu sehen als Wüste." Gemächlich erklärte Malwarrek: "Na, dann schießen Sie eben in die Wüste. Warten Sie aber noch, bis Markett uns auf eine hübsche kleine Kreisbahn von einem Kilometer Durchmesser rund um den Landeplatz der Bobits eingewiesen hat. Haben Sie mich auch verstanden, Markett?" "Ja", brachte der Kadett gepreßt hervor. Brummend und kopfschüttelnd betätigte Bark etwas später den Energiewerfer. Die Strahlen fraßen sich tief in die Oberfläche des Planeten ein. Eine gewaltige Furche entstand in der Wüste. Erst als sich der Kreis geschlossen hatte, nahm der Selektor den Finger vom Auslöseknopf des Werfers. "Zufrieden?" fragte er ärgerlich. "Ja!" Malwarrek freute sich tatsächlich. "Die Bobits werden bereits begriffen haben, was wir damit ausdrücken wollen." "So - was denn?" "Einmal, daß wir sie trotz ihrer famosen Tarnkappe aufgespürt haben. Zum anderen, daß uns nichts daran liegt, sie zu vernichten." "Was haben wir davon?" fragte Bark beharrlich weiter. "Im Augenblick nichts, aber vielleicht sind wir einmal auf das Wohlwollen dieser Geschöpfe angewiesen."
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Malwarrek hatte nur darauf gewartet, bis Markett in die Zentrale gestürzt kam. Er trug den Raumanzug noch. "Wurde langsam Zeit", erklärte Malwarrek nach einem Blick auf die Bildschirme. "Wir müssen uns jetzt in Sicherheit bringen, die fremden Raumschiffe steuern direkt Mandos V an." Schon vorher hatte Malwarrek einige Schaltungen in die Steueranlage programmiert. Jetzt löste er den Start aus. Fast übergangslos raste das Blitzschiff in den Weltraum. Der Andruck wurde absorbiert. Innerhalb von Minuten wurde der Planet immer kleiner. Schon bald sahen sie auf dem Sichtschirm nur noch die Sonne des Systems Mandos. "Das habe ich mir doch gedacht", murmelte Malwarrek vor sich hin. Laut sagte er: "Wir werden von zehn Dreiecksschiffen verfolgt. Übrigens handelt es sich um den Typ mit Randwulsten. Gleich erreichen wir Überlicht, dann werden wir ja sehen, wie lange sie uns folgen können. In den Hyperraum will ich noch nicht. Erstens möchte ich diese Dreiecksschiffe etwas testen und zweitens muß sich bald das Oberkommando melden." Bark und Markett warfen sich ungläubige Blicke zu. Schließlich platzte der Kadett heraus: "Alles was recht ist, aber so etwas an Beschleunigung habe ich noch nicht erlebt." "Das war auch bitternötig", meinte Malwarrek ernst. "Wir sind den Traktorstrahlen der Bobits vermutlich nur um Haaresbreite entronnen." Alle drei Männer drängten sich jetzt um den größten der Sichtschirme, auf dem die Verfolger als kleine leuchtende Punkte zu sehen waren. "Wir fliegen inzwischen Überlicht, dennoch holen die Bobits auf. Dagegen müssen wir etwas unternehmen." Entschlossen drückte Malwarrek den Beschleunigungsauslöser gleich mehrere Marken zur Sicherheitsgrenze hin durch. Der Erfolg trat sofort ein. Die Verfolger blieben schnell zurück. Erst nach geraumer Zeit hatten sie sich auf die größere Beschleunigung im Überlichtbereich eingestellt. Sie hielten dann zwar wieder mit, holten aber nicht mehr auf. "Das wäre geschafft", erklärte Malwarrek zufrieden. "Jetzt können wir uns um den Plocker kümmern, ich glaube, da hat sich inzwischen etwas getan." Tatsächlich war der Schreiber angelaufen. Malwarrek riß den Kunststoffstreifen ab. - terra 12 an kugelgleiter in nx 44 - kreuzer kommt zur hilfe - sendet bericht über 164. flotte relaiskette über ke 4 / me 171 - erforderliche energie 120 mw - - - parlim - Malwarrek las Bark und Markett den Spruch vor und fügte hinzu: "Raummarschall Parlim, der Oberkommandierende der Flotte, hat sich schon persönlich in die Angelegenheit eingeschaltet." Malwarrek schien erleichtert zu sein. "Ich schlage vor, wir fordern die Position der "terra XII" an und statten dem Hauptquartier einen Besuch ab." Bark nickte nur. "Setzen Sie sich an den Schreiber, Markett. Geben Sie folgenden Spruch durch." Langsam diktierte Malwarrek: - press-galaxis 0001 an terra 12 -kugelgleiter aufgegeben - 164. flotte vermutlich von bobits vernichtet -schlage räumung der nx-sektoren vor -werden selbst verfolgt. - benötigen ihre position - - - malwarrek - Schon nach einigen Minuten traf die Antwort ein. - terra 12 an press-galaxis 0001 - einverstanden - position da 14/17 s 7413 - - - parlim - "So, nun haben wir vorläufig freie Bahn", erklärte Malwarrek. "Jetzt verfolgen uns nur noch fünf Schiffe, die anderen sind in den Hyperraum verschwunden", ließ sich Art Bark vernehmen. "Dann wird es auch für uns Zeit. Bestimmt sind die fünf Einheiten an uns vorbeigesprungen. Die Bobits hoffen vermutlich, wir ließen es noch einige Zeit auf eine Verfolgungsjagd ankommen, um uns dann überraschend von vorne zu fassen. Nichts wie ab in den Copyright 2001 by readersplanet
Hyperraum." Malwarrek bereitete alles für den ersten Sprung vor. Mit einem raschen Blick überzeugte er sich davon, daß bei Bark und Markett alles in Ordnung war. Die beiden Männer saßen vorschriftsmäßig auf ihren Plätzen. Er lehnte sich in seinen Sessel zurück und löste die Sperre des Robotpiloten. * "Wenn das Jahr zu Ende ist, nehme ich meinen Abschied, daran gibt es nichts zu rütteln." Herausfordernd sah sich der baumlange Plocker-Spezialist in der Zentrale des Patrouillen-Kreuzers um. "Ganz bestimmt tust du das, Birko", pflichtete ihm Ril Sirk bei. Insgeheim rieb er sich die Hände. Birko Tagaste war bald wieder reif für eine Wette. Schon drei Mal hatte der Plocker-Spezialist angekündigt, den Dienst zu quittieren. In letzter Sekunde hatte er sich aber stets für ein weiteres Dienstjahr verpflichtet. Darauf spekulierte Ril Sirk. Er wollte Birko Tagaste eine Wette anbieten, daß er auch diesmal wieder umfallen würde. "Du meinst also auch, daß ich Schluß machen sollte". vergewisserte sich Tagaste noch einmal ausdrücklich. "Aber ja doch", erklärte Sirk. Sie saßen zu dritt in der Zentrale. Der dritte Mann beteiligte sich allerdings nicht an ihrem Gespräch. Aufmerksam beobachtete er einige Instrumente. Sirk wandte sich ihm zu. "Reevas, du glaubst doch auch, daß es für Birko das Beste ist, wenn er Schluß macht?" Ärgerlich sah Drage Reevas auf. "Das muß jeder selbst entscheiden. Laß mich jetzt in Ruhe, ich habe zu tun." Achselzuckend drehte sich Sirk um. Ein blödsinniger Befehl, daß die Zentrale immer von drei Mann besetzt sein muß, dachte er. Sich mit Birko weiter zu unterhalten, wäre sinnlos gewesen. Der mußte erst noch etwas in seinem eigenen Fett schmoren, ehe er sich wieder auf eine Wette einließ. Der Fernsucher zeigte in seinem Sektor nichts an. Obwohl es verboten war, veränderte er die Einstellung. Schlagartig füllte sich die Scheibe mit einer großen Anzahl leuchtender Punkte. Ein Marschall auf Reisen, dachte Sirk spöttisch. Dann versuchte er, zum Zeitvertreib die einzelnen zu unterscheiden. Einen Schlachtkreuzer konnte er an der ihn umgebenden Kette leuchtender Punkte, den Zerstörern, erkennen. Sirk zählte mehrere Dutzend. Außerdem waren noch deutlich an der Anordnung der Ortungspunkte einige Expeditionsflotten auszumachen. Auch das Flaggschiff, die "terra XII", konnte Sirk lokalisieren, denn sie war von einem Pulk Schlachtkreuzer eingekreist. Insgesamt mochten es rund 500 Einheiten sein, die sich hier, weitab von jedem System, im interstellaren Raum des Spiralarmes DA 14 versammelt hatten. "Heute scheint sich noch eine Menge zu tun", ließ sich Tagaste vernehmen. "Was gibt es denn?" fragte Sirk interessiert. Tagaste hatte einen Plockerspruch in der Hand. "Für den Kommandanten" sagte er. Bevor er die Zentrale verließ, drehte er sich noch einmal herum und erklärte beiläufig: "Wir bekommen Besuch von so ziemlich allen Marschällen des Imperiums. Parlim hat die Großkampfflotten herbeizitiert." "Na wenn schon", meinte Sirk mit einer wegwerfenden Handbewegung. Im Hintergrund atmete Drage Reevas hörbar auf. "Jetzt habe ich endlich eine Erklärung für die Unstabilität der galaktischen Hyperraumfelder. Kein Wunder, daß ich schon annahm die Instrumente wären defekt, wenn da mehrere tausend Einheiten im Anmarsch sind." "Ach, der Herr spricht wieder mit mir." Sirk tat hocherfreut. Reevas lachte. "Du bist wohl wieder auf dem besten Weg, Birko eine Wette anzudrehen, was?" Copyright 2001 by readersplanet
"Davor möge mich der Allgeist bewahren. Ich versuche lediglich, ihm das Abschiednehmen leichter zu machen", verteidigte sich Sirk. In diesem Moment trat Kommandant Lessis, gefolgt von Tagaste, in die Zentrale. Nach einem kurzen Rundblick meinte er kopfschüttelnd: "Legat Sirk, wenn Sie schon gegen die Vorschriften verstoßen, versuchen Sie doch wenigstens, nicht dabei aufzufallen!" Verdutzt folgte Sirk dem Blick des Kommandanten. Dann schalt er sich einen Narren und beeilte sich, den Fernsucher wieder auf den vorgeschriebenen Sektor einzustellen. Marschall Parlims Armada verschwand vom Schirm. Die nächsten zwei Stunden waren für die Besatzung des Patrouillen-Kreuzers L 70 403 mit viel Arbeit ausgefüllt. In ihrem Beobachtungssektor trat eine komplette Großkampfflotte aus dem Hyperraum. So wie die einzelnen Geschwader ankamen, mußten sie in die ihnen zugeteilten Positionen eingewiesen werden. Mitunter kamen die Schiffe so nah an den Kreuzer heran, daß sie auf dem Normalschirm beobachtet werden konnten. Von den riesigen Schlachtkreuzern schien sogar Kommandant Lessis beeindruckt zu sein. Schließlich war es aber geschafft. Auch die Nachhut der von Marschall Berfago befehligten Flotte hatte sie passiert. "Da kommt doch noch ein Schiff", meldete sich Reevas überrascht. "Das ist aber kein Nachzügler", meinte Tagaste nach einiger Zeit. "Was denn sonst?" fragte Kommandant Lessis scharf. "Das Schiff gehört nicht zur Flotte, ich kann den Signalplocker nicht orten, ich glaube..." "Es ist ein kleiner Frachter, ich habe ihn im Sucher", unterbrach Sirk den Plocker-Spezialisten. "Energiewerfer klarmachen", befahl Lessis. "Die wollen mit uns in Sichtverbindung treten." Tagaste nahm einige Einstellungen an der Sichtscheibe vor. "Bitte", sagte er und trat zur Seite. Kommandant Lessis sah den Oberkörper eines jungen Mannes in der Uniform eines Kadetten. Als dieser feststellte, daß die Verbindung zustande gekommen war, erklärte er kurz angebunden: "Hier ,press-galaxis 0001` unter Kommandant Malwarrek. Wir haben eine Verabredung mit Marschall Parlim!" Leise sagte Lessis: "Ich bringe Sie vor ein Kriegsgericht, Kadett, wenn das nicht stimmt!" Dann wandte er sich an Tagaste. "Fragen Sie bei der terra XII nach." Tagaste setzte den Spruch ab und wartete auf Antwort. Lakonisch meinte er dann: "Es stimmt, Kommandant. Wir haben außerdem den Befehl erhalten, die press-galaxis zu eskortieren." Lessis war nicht begeistert. "Beim Allgeist, das müssen ja wichtige Persönlichkeiten sein. Ich dachte immer, wir hätten schon genug Presseleute bei der Flotte. Jetzt kommen sie schon in Frachtern angegondelt." * Mit verkniffenem Gesicht hörte sich Raummarschall Parlim den Bericht Selektor Barks an. Fünfzig der höchsten Offiziere der Raumflotte, die sich in der riesigen Kommandozentrale der "terra XII" versammelt hatten, warfen den drei Männern am Kopfende des langgestreckten Konferenztisches anerkennende Blicke zu. Schade, daß auch ein Berichterstatter der "press-galaxis" dabeigewesen war, als sich zum ersten Mal in der Geschichte des "Großen Krieges" Menschen und Bobits direkt gegenübertraten, stand deutlich als Ausdruck des Bedauerns auf den Gesichtern einiger der hohen Offiziere geschrieben. Doch was sollte es, zwei Mann der Flotte hatten die Bobits aufgespürt und damit sicherlich die Hauptarbeit geleistet und, was für die auf Parlim eingeschworenen Militärs noch wichtiger war, ihnen gebührte zweifellos der größere Verdienst.
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Was mochte der Alte bloß haben, daß er noch kein Wort gesagt hatte, nachdem der Selektor seinen Bericht beendet hatte? Das fragten sich einige der jüngeren Admiräle. Da gab es doch nicht viel zu überlegen. Parlim mußte den Männern für ihre Leistung die Anerkennung des Oberkornmandos aussprechen. Nur die eiserne Disziplin der Flotte verbot es ihnen, in laute Diskussionen auszubrechen. Langsam ging auch den Marschällen das unverständliche Schweigen des Oberbefehlshabers auf die Nerven. Schließlich räusperte sich der alte Haudegen Berfago, Marschall der Betageuze-Flotte, verstummte aber gleich wieder, als sich Parlim von seinem etwas zurückgesetzten Kommandosessel erhob und auf die drei Helden des Tages zuging. Merkwürdigerweise blieb er aber nicht vor Art Bark stehen, sondern verhielt seine Schritte vor dem Zivilisten. Was sollte das nun wieder bedeuten? Mißmutig verzog Berfago seine Stirn in Falten. Aber es sollte noch ärger kommen. "Ich möchte Ihnen Delon Malwarrek vorstellen", wandte sich Parlim an seinen Stab. Das konnte ja heiter werden, denn seit wann hatte es der Chef der Flotte nötig, Höflichkeitsfloskeln zu gebrauchen. Verwirrt sahen sich die Offiziere an. Elastisch war der große Mann inzwischen aufgesprungen und deutete eine leichte Verbeugung an. Er stand jetzt lässig, für viele Offiziere zu lässig, neben dem Marschall. Parlim schien sich einige Sekunden lang an der Verblüffung seiner Offiziere zu weiden, dann erklärte er: "Delon Malwarrek ist, das nur zu Ihrer Information, nicht nur Berichterstatter der press-galaxis, er ist auch ihr Eigentümer!" Parlim hätte jetzt keine Pause zu machen brauchen, um die Wirkung seiner Worte zu erhöhen Diese Eröffnung hatte wie eine Bombe eingeschlagen. So sah also der reichste Mann des Imperiums aus, von dem behauptet wurde, sein Einfluß sei größer als der des Hohen Rates und damit auch größer als der der Flotte. Der Grad der Verwirrung auf den Gesichtern der Offiziere war kaum noch zu beschreiben. Auch Art Bark verzog sein Gesicht in grenzenloser Verblüffung zu einem verlegenen Grinsen. Phil Markett staunte unbekümmert. Langsam legte sich die Erregung in der Zentrale "terra XII". Die Offiziere hatten genug Weitblick, um zu erkennen, daß noch mehr Überraschungen auf sie zukommen würden. Ein Mann wie Malwarrek mußte gewichtige Gründe haben, wenn er sein bisher sorgsam gehütetes Inkognito lüftete. Doch zunächst sollten sie enttäuscht werden. Der Zeitungskönig hatte einen Arm kollegial um Parlims Schulter gelegt und war mit ihm einige Schritte zur Seite gegangen. Er sprach kurz mit dem Marschall, der nickte und wandte sich der Versammlung zu. "Sie gehen jetzt zurück auf Ihre Stationen. Wir werden später noch einmal zusammenkommen. Marschall Berfago, das gilt für Sie nicht. Selektor Bark und Kadett Markett, halten Sie sich auf Abruf bereit." Kurz und knapp kamen die Befehle. Nachdem Marschall Berfago vorgetreten war, betätigte Parlim einen Schalter an seinem Kommandosessel. Im Bruchteil einer Sekunde richtete sich eine undurchdringliche Energiewand auf. Die Zentrale wurde dadurch in zwei Sektoren geteilt. Genauer gesagt sogar in drei, denn auch auf der entgegengesetzten Seite war eine Energiewand aufgerichtet. Malwarrek ließ sich von den geschäftig in diesem Teil der Zentrale herumeilenden Bedienungsmannschaften nicht irritieren. Er kannte diesen Schiffstyp und wußte, daß die Wand von der anderen Seite aus völlig undurchsichtig war. Er konnte jetzt mit den beiden Marschällen im eigentlichen Herzen der Zentrale absolut ungestört sprechen. Ohne Parlims ausdrückliche Billigung würden sie durch nichts und niemanden belästigt werden. Höflich wartete er, bis Parlim Platz genommen hatte, dann ließ auch er sich in einen flachen Sessel nieder. Auf ein Zeichen des Marschalls hatte dessen Leibrobot die Sitzgelegenheit gebracht. Auch Berfago ließ sich ächzend in einen für seine drei Zentner viel zu zierlichen Sessel fallen. Dann wartete der alte Haudegen mit einem Achselzucken auf die offenbar bevorstehenden Enthüllungen.
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Noch aber schien Parlim nicht ganz zufriedengestellt zu sein. Er winkte seinem Robot und fragte anschließend seine beiden Gäste: "Rassis?" "Ich könnte wirklich gut ein Glas vertragen". brummte Berfago. Malwarrek nickte nur. Die wohl wichtigste Lagebesprechung der letzten 800 Jahre konnte beginnen. * Inzwischen hatte in dem jetzt abgetrennten Teil der Zentrale eine lebhafte Diskussion eingesetzt. Die Offiziere debattierten erregt miteinander. Ein Admiral, Chef der Nachrichtenzentrale der "terra XII", trat auf Markett und Bark zu. "Sie können mit in mein Reich kommen. Da sind Sie gut aufgehoben und außerdem für den Marschall jederzeit erreichbar", meinte er. Der Admiral zeigte ein aufmunterndes Lächeln. Dankbar nahm der Selektor das Angebot an. Vor lauter hohen und höchsten Rangabzeichen flimmerte es ihm schon vor den Augen. Vermutlich gab sich der Admiral zwar nur aus purem Eigennutz so freundlich, konnte er doch hoffen, Einzelheiten über ihre Begegnung mit den Bobits zu erfahren. Doch das war Bark im Moment völlig gleichgültig. Nur erst heraus aus diesem Stall, dachte er geringschätzig über die riesige Zentrale, in der zwei Schiffe von der Größe der "press-galaxis 0001" bequem Platz gefunden hätten. Verfolgt von den Blicken der anderen Offiziere verließen sie den Raum. Markett nahm die Gelegenheit wahr, sich etwas mit den Örtlichkeiten vertraut zu machen. Doch viel hatte er noch nicht gesehen, da hielt der Admiral schon wieder vor einem Gravitationsschacht an. Einige Meter vor ihnen lief ein Gleitband, auf dem in beiden Richtungen starker Verkehr herrschte. Dem Kadetten schien alles fürchterlich groß geraten, was er in diesem gigantischen Schiff bisher an Räumen und Gängen gesehen hatte. Seiner Meinung nach war beim Bau der "terra XII" eine idiotische Platzverschwendung betrieben worden. "Meine Station liegt über der Hauptzentrale", informierte der Admiral seine beiden Schützlinge nicht ohne Stolz. Nacheinander stiegen sie in den Schacht und ließen sich nach oben tragen. Geschickt faßte der Admiral die Haltegriffe und zog sich auf den nächsten Korridor. Mit mehr oder weniger großem Geschick versuchten es ihm Bark und Markett nachzumachen. Durch eine Energiewand, die auf die Gehirnwellen des Admirals ansprach, traten sie in einen kleineren Raum. Eine ganze Wand war mit einer verwirrenden Anzahl von Instrumenten bedeckt Die drei anderen Wände waren in einem völlig neutralen Grau gehalten. Vier Techniker, Bark erkannte an ihren Armstreifen, daß sie Spezialisten der Klasse I waren, sahen kurz auf und wandten sich dann wieder ihren Meßinstrumenten und kleinen Sichtscheiben zu. Verzweifelt fragte sich Markett in diesem Augenblick, ob er auf der "terra XII" wohl jemals einen Dienstgrad treffen würde, der nicht mindestens ein halbes Dutzend Ränge über seinem eigenen lag. Behaglich streckte sich Art Bark auf einer Sitzbank aus, die ihm der Admiral zugewiesen hatte. Markett setzte sich still und verschüchtert neben ihn. In dem Admiral schienen sie sich getäuscht zu haben. Er fiel keineswegs sofort mit einem Schwall von Fragen über sie her, sondern trat an ein Schaltpult, ohne sie weiter zu beachten. Die Auswirkungen seiner Manipulationen gaben Bark einen Stich durchs Herz. In Sekunden zerstörte der Admiral nämlich die Illusion, daß sie sich endlich einmal in einem verhältnismäßig kleinen Raum befanden. Die drei grauen Wände verschwanden. so als hätten sie nie existiert. Zu seinem Entsetzen mußte Bark feststellen, daß er vom Regen in die Traufe gekommen war. Sie befanden sich auf einer Art Plattform, die jetzt nach drei Seiten völlig offen war. Sie schmiegte sich in zehn Meter Höhe an die Wand eines riesigen Saales. Er hatte nicht ganz die Länge der Hauptzentrale, dafür war er aber dreimal so breit. Mehrere hundert Menschen schwirrten unter ihnen wie die Sandflöhe des "Mandos V" durcheinander. Sie beaufsichtigten Tausende von Bildschirmen und Rechenrobots verschiedener Größe. Einige der Schirme erstreckten sich in gewölbter Form über die ganze Höhe der Wand. Das waren immerhin 14 Meter, schätzte Bark. Sie wurden von beweglichen Copyright 2001 by readersplanet
Bühnen aus bedient. Andere Schirme wiederum waren nicht größer, als die in einem Kugelgleiter. Der Admiral ließ ihnen Zeit, sich an dieses überwältigende Bild einer grandiosen Technik zu gewöhnen. Er erklärte: "Das ist das plockende Herz der Flotte. Von hier aus stehen wir in direkter Sicht- und Sprechverbindung mit allen Einheiten, die sich in diesem Spiralarm aufhalten. Hier sind auch die Plocker installiert, die uns mit dem Imperium und allen in unserer Hand befindlichen Sonnensystemen verbinden." Er machte eine kleine Pause und fuhr dann fort: "Was da scheinbar sinn- und ziellos durcheinanderquirlt, folgt in Wirklichkeit natürlich genau durchdachten und aufeinander abgestimmten Einsatzplänen " "Können Sie mir das vielleicht einmal an einem Beispiel erläutern?" fragte Bark interessiert. "Gern, Selektor", ging der Admiral auf diese Bitte ein. "Passen Sie auf! Als Marschall Parlim befahl, eine Plockerverbindung zu Ihrem Kugelgleiter im Spiralarm NX 44 herzustellen, ließen wir vom positronischen Hauptrechner zunächst einmal die Positionen der vorhandenen Relaisstationen errechnen. Für die stationären Verstärker und Richtstrahler unserer planetaren Stützpunkte war das kein Problem. Im Ernstfall wären wir natürlich schon damit ausgekommen. Eine solche Verbindung frißt aber ungeheure Energiemengen, denn die erforderliche Stärke der Plockersignale richtet sich ja nach der zu überwindenden Entfernung. Die stationären Relaisstationen sind nun einmal dünn gestreut. Außerdem kam es uns ja darauf an, daß Sie auch zurücksenden konnten. Und die Energiereserven eines Kugelgleiters sind bekanntlich nicht sehr groß!" Eure auch nicht, dachte Markett respektlos. Wenn du wüßtest, welche Beschleunigungswerte Malwarrek mit seinem winzigen Superschiff erreichte, würdest du jetzt weniger großartig sprechen. Im übrigen mußte er aber zugeben, daß sich der Admiral redliche Mühe gab, sie in die technischen Besonderheiten seiner Zentrale einzuweihen. Er dozierte gerade mit erhobenem Zeigefinger: "Wesentlich rationeller ist es, auch die in der betreffenden Generalrichtung befindlichen Raumschiffe mit in die Relaiskette einzubauen. Die Positionen der in Frage kommenden Schiffe sind zwar in groben Zügen bekannt, doch das genügt nicht. Wir müssen es ganz genau wissen!" Den letzten Satz unterstrich der Admiral mit einer weitausholenden Handbewegung. Er holte Atem und erklärte weiter: "Deshalb wird für jedes einzelne dieser Schiffe ein Spezialrechner eingesetzt. Er nimmt für Bruchteile von Sekunden eine Verbindung mit dem Signalplocker des betreffenden Schiffes auf und gibt die dann ermittelte Position an den nächsten Rechner weiter. Dieser hat inzwischen schon die Position seines Schiffes errechnet und gibt nun zwei Positionen an den folgenden Apparat. "Das geht so nach diesem Schema weiter, bis die gesamte Relaisstrecke steht. Danach kann die Verbindung ohne Zeitverlust und mit dem geringstmöglichen Energieaufwand hergestellt werden." "Könnte das nicht ein einziger Roboter erledigen?" wagte Markett einzuwenden. "Er könnte das schon", versicherte der Admiral überlegen lächelnd. Der Einwurf schien ihn nicht verärgert zu haben. Er richtete sein Augenmerk jetzt direkt auf den jungen Kadetten und antwortete ihm: "Das hat aber einen großen Nachteil. Wir stellen von hier aus nicht nur eine Verbindung her, sondern Hunderte in einer Stunde. Im Durchschnitt dauert es zehn Minuten, bevor eine Relaiskette steht. Das heißt, ein solcher Superrobot könnte in einer Stunde nur etwa sechs Verbindungen herstellen. Er müßte aber erheblich größer sein, als die kleinen Rechner, dazu kommt, daß jeder dieser kleinen Burschen, wenn er eine Aufgabe erledigt hat, sofort mit der nächsten gefüttert wird. Er kann also zum Beispiel zehn oder noch mehr Einzelpositionen errechnen, bevor die erste Relaiskette arbeitet, zu der er einen kleinen Beitrag geleistet hat!" Langsam schien es dem Admiral an der Zeit zu sein, seine Erklärungen abzuschließen. Er faßte zusammen: "Einfacher ausgedrückt, ein solcher Superrobot wäre immer nur zum geringsten Teil seines Leistungsvermögens ausgelastet. Wenn ein Sektor bei der Arbeit wäre, würden die anderen stilliegen, denn kein Robot kann zur gleichen Zeit zwei verschiedene Positionsberechnungen durchführen. Die kleinen Rechner können dagegen theoretisch ohne Unterbrechung eingesetzt werden."
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Nebenbei erfuhr Markett auch noch, daß man nicht ganz so idiotisch Platz verschwendet hatte, wie er im ersten Augenblick angenommen hatte. Der Admiral erwähnte nämlich noch: "Wo wir Platz sparen konnten, haben wir es selbst auf der wirklich nicht kleinen ,terra XII` getan. Hätten wir Superrechner aufgestellt - Robots ist ein dummes Wort, das ich allerdings selbst oft gedankenlos gebrauche -, wäre die Nachrichtenzentrale noch dreimal größer ausgefallen. Sie ist schon jetzt viel zu groß", meinte der Admiral abschließend. Dann räusperte er sich und stellte eine Frage, die er wahrscheinlich schon lange auf der Zunge hatte: "Wir waren ja eben fast darauf zu sprechen gekommen. Was war denn sonst noch im Spiralarm NX 44 los?" Listig kniff der Admiral ein Auge zu und bohrte nach: "Beim Marschall kann man natürlich nicht so offen sprechen, aber bei mir brauchen Sie kein Blatt vor den Mund zu nehmen!" Selektor Bark schüttelte bedauernd den Kopf: "Mehr als ich schon berichtet habe, gibt es einfach nicht zu erzählen." Für Sekunden machte der Admiral ein enttäuschtes Gesicht. Er fing sich aber schnell wieder und erinnerte sich an Markett. "Na, dann haben wir es ja Ihren scharfen Augen zu verdanken, wenn wir jetzt endlich wissen, wie die Bobits aussehen!" Bescheiden wehrte Markett ab: "Nicht nur meinen scharfen Augen, sondern vor allem Delon Malwarrek. Der hat mir nämlich geglaubt, daß ich besonders gute Augen habe und nicht übergeschnappt war." Bark, der diesen kleinen Stich wohl verstanden hatte, warf seinem Kadetten einen düsteren Blick zu, der nichts gutes verhieß. Markett gab sich darauf Mühe, den Admiral möglichst harmlos und unschuldig anzulächeln. Der war inzwischen von einem der Techniker abgelenkt worden. Mit einem Zuruf hatte der Mann den Admiral auf den Energieschirm hingewiesen, der hier die Funktion einer Tür hatte. Der Chef der Nachrichtenzentrale betätigte einen Kontakt. Mit hochrotem Kopf und grimmiger Miene kam Marschall Berfago auf die Plattform gestürmt. Vorschriftsmäßig stand der Admiral stramm. Bark und Markett machten es ihm nach. Die Techniker ließen sich nicht in ihrer Arbeit stören. "Lahmer Betrieb hier," bellte Berfago, "soll wohl stundenlang vor dem lächerlichen Energieschirm herumstehen!" Ein wenig schadenfroh beobachtete ihn der Admiral. Er wußte genau, daß Marschall Berfago es als Flottenkommandant nicht gewohnt war, vor einem Energieschirm warten zu müssen. Auf seinen eigenen Schiffen waren selbstverständlich alle Schirme auf seine Gehirnwellen eingestellt. Doch schon der nächste Satz des immer noch erregten Marschalls ließ den Admiral erbleichen. "Ungeheuerlich, einen ehrlichen Raumfahrer zum Plockerfritzen zu degradieren", tobte Berfago wie ein Poltergeist, während er kreuz und quer über die Plattform stakte. Schließlich beruhigte er sich und erklärte: "Ich übernehme hier das Kommando!" "Jawohl", stammelte der Admiral. Sieh da, auch so ein hohes Tier muß sich noch auf die Füße treten lassen, dachte Markett. Dieser Gedanke brachte sein angeknackstes Selbstbewußtsein wieder ins Lot. Bald erkannte jeder, daß Berfago aus einem anderen Grund gekommen war, als nur herumzulaufen und zu brüllen. "Wir haben 24 Stunden Zeit, um mit allen Ratsplaneten des Imperiums in Sichtverbindung zu treten," sagte er in einem Tonfall, als würde er sich über eine leichte Magenverstimmung unterhalten. "Das ist unmöglich", entfuhr es dem Admiral. Er machte ein Gesicht, als hätte ihn Berfago zu einem Spaziergang ohne Raumanzug rund um die Außenhülle der "terra XII" eingeladen. "Es ist möglich", konterte Berfago. Seine Stimme duldete keinen Widerspruch. Drohend funkelte er den Admiral mit seinen dunklen Augen an., Copyright 2001 by readersplanet
"Sagen Sie mir, wieviel Verstärkerstationen nötig sind und wie groß das Energiepotential sein muß, um eine Sichtverbindung mit dem Zentralbüro der "press-galaxis" auf Terra herzustellen! Den Rest lassen Sie nur meine Sorge sein!" "Bedenken Sie doch, Marschall, fünfzigtausend Lichtjahre, die kann man einfach nicht.... Mit einer ärgerlichen Handbewegung brachte Berfago den aufgeregten Admiral zum Schweigen. "Ihre Einwände interessieren mich absolut nicht! Sie haben noch fünf Sekunden Zeit, mir eine präzise Antwort zu geben. Das ist ein Befehl", fügte Berfago mit verdächtig leiser Stimme hinzu. "Rund 5000 Schiffe, wenn alle Energiebänke eingesetzt werden. Die Einheiten sind anschließend mehrere Stunden nahezu verteidigungsunfähig!" "Also 5000", wiederholte Berfago nachdenklich. Dann brauste er wieder auf: "Den Rest hätten Sie sich sparen können, danach habe ich Sie nicht gefragt!" "Ja", hauchte der Admiral sichtlich mit letzter Kraft. Nachdenklich blickte der Marschall auf die Menschen und Maschinen zu seinen Füßen. Plötzlich gab er sich einen Ruck und befahl messerscharf: "Alarmstufe I!" Der Admiral reagierte blitzschnell. Jetzt war er nur noch ausführendes Organ. Diesen Befehl verstand er. Mit einem Blick verständigte er sich mit seinen Technikern. Seine Hand preßte sich gegen ein hell leuchtendes Tastgitter. Nachdem die Robotschaltung seine Identität geprüft hatte, erkannte sie ihn als autorisiert an. Augenblicklich wurde der Befehl ausgeführt. In der Zentrale trat übergangslos eine beklemmende Stille ein. Sämtliche Bildschirme erloschen. Die Rechner stellten ihre Arbeit ein. Bewegungslos standen die Bedienungsmannschaften vor ihren toten Instrumenten. "Wir können Superplock einsetzen", ließ sich einer der Techniker vernehmen. "Funkstille für alle Einheiten der Flotte", befahl Berfago. "Wir senden", erklärte der Techniker ungerührt. Träge verstrichen die Minuten. "Flotte bestätigt Empfang: 15 Prozent . . 35... 70... 81...", mit monotoner Stimme zählte der Mann am Schaltpult. Die drei anderen Techniker waren hinter ihren Kollegen getreten. Der Admiral, Bark und Markett standen etwas seitlich neben dem Marschall. "89... 96... 97... 97,4... 98... 99,4... 99,43..." "Das genügt vorläufig", unterbrach Berfago den Techniker. Er leckte sich nervös die Unterlippe, nahm eine merkwürdig starre Haltung an und rasselte dann wie auswendig gelernt den denkwürdigsten Befehl herunter, den jemals ein Marschall der Raumflotte gegeben hatte. "Senden Sie dreimal hintereinander folgenden Spruch über Superplock: 'An alle Kommandanten der Flotte... alle Kampfhandlungen gegen Bobits einstellen... alle im Gang befindlichen oder vorbereiteten Operationen abbrechen... Funkstille bis auf Widerruf... nur wenn Dreiecksschiffe gesichtet Blitzmeldung an "terra XII"... wenn angegriffen, in den Hyperraum ausweichen... Sendeenergie der Signalplocker verzehnfachen... Gezeichnet: Berfago, Marschall der Flotte, im Auftrag des Oberkommandierenden Parlim' Haben Sie alles verstanden? Gut! Senden!" Abrupt drehte sich Berfago um und sah den Admiral mit brennenden Blicken an. Etwas heiser stieß er hervor: "Wenn dieser Spruch bestätigt worden ist, habe ich noch einen anderen!" Aus einer Tasche holte er ein kurzes, glänzendes Metallband, das er bis jetzt dort verborgen gehalten hatte. "Hier ist ein verschlüsselter und verzerrter Plockerspruch aufgezeichnet. Senden Sie den auch dreimal!" "Ein verzerrter Plockerspruch?" In grenzenlosem Erstaunen öffnete der Admiral den Mund. Fast hätte er eine Maulsperre bekommen. War der Marschall denn übergeschnappt? Ein verzerrter Plockerspruch war das Wertloseste, was sich ein Nachrichtenmann vorstellen konnte. Bisher hatte es niemanden gegeben, der mit einem solchen Spruch etwas anfangen Copyright 2001 by readersplanet
konnte. Selbst die größten Positronengehirne hatten noch keinen vernünftigen Klartext wiedergeben können, wenn sie mit einem verzerrten Plockerspruch zum Entschlüsseln gefüttert worden waren. "Ja, - ein verzerrter Plockerspruch", äffte Berfago ihn nach. "Fragen Sie mich nicht, an wen er gerichtet ist, ich weiß es auch nicht. Sie dürfen aber davon überzeugt sein, daß die Leute, für die er bestimmt ist, etwas damit anfangen können", schnitt er jede weitere Diskussion ab. "So, das wäre vorläufig alles. Ich muß zurück in die Zentrale zum Oberkommandierenden. Geben Sie die Vollzugsmeldungen nach dorthin durch." Berfago ging. Er ließ einen am Boden zerstörten Admiral, einen angestrengt nachdenkenden Selektor und einen schadenfrohen Kadetten zurück. * Marschall Parlim ließ sich von seinem Leibrobot noch ein Glas Rassis bringen. Nachdenklich drehte er es zwischen den Fingern einer Hand und nippte dann vorsichtig an der grünen Flüssigkeit. Abschätzend beobachtete Delon Malwarrek den Oberkommandierenden der Flotte. Würde Parlim den auf sie zukommenden Belastungen gewachsen sein? Plötzlich brach der Marschall das Schweigen: "Sind Sie sich eigentlich bewußt, daß wir noch nie so viele Schiffe außerhalb unseres Imperiums zusammengezogen haben?" "Verstoßen wir damit gegen die strategischen Anweisungen der Kriegslehrbücher?" antwortete Malwarrek ironisch mit einer Gegenfrage. "Merkwürdigerweise nicht!" Parlim schien sich mit diesem Problem ernsthaft beschäftigt zu haben. "Das liegt vermutlich daran, daß bisher noch niemand auf den Gedanken gekommen ist, eine solche Massierung von Kräften könnte einmal erforderlich werden. Ob sie es ist, muß sich ja auch erst noch herausstellen!" "Da haben Sie recht. Nach 800 Jahren Krieg gegen die Bobits wird sich in nächster Zeit aber noch eine Menge mehr herausstellen!" Malwarek lachte leise in sich hinein. Ein Summen lenkte Parlim ab. "Ach Berfago, Sie sind es!" Wuchtig trat der Marschall in die Zentrale. Er schien immer noch erbost zu sein. Vermutlich war es ihm nicht entgangen, daß er nur deshalb in den Plockerraum geschickt worden war, weil Parlim und Malwarrek Dinge zu besprechen hatten, die nicht für seine Ohren bestimmt waren. "Befehle ausgeführt!" meldete er korrekt. Berfago hätte sich diese Floskel durchaus sparen können, aber offenbar legte er es darauf an, deutlich zu machen, daß er sich zum Boten degradiert fühlte. Außerdem wollte er wohl zu verstehen geben, daß er jede Verantwortung für diese Befehle ablehnte. Marschall Parlim schluckte etwas, meinte dann aber jovial: "Na wunderbar! Bleiben Sie bitte hier, Berfago, wir wollen uns jetzt einmal den Aufmarsch unserer Flotten ansehen." Das "unsere" schien Berfago etwas zu versöhnen. Parlim sprach einige kurze Befehle in ein Mikrofon. Scheinbar aus dem Nichts baute sich vor ihnen eine milchiggraue Wand auf. "Hier Operationsabteilung I", ertönte eine Stimme aus einem versteckt angebrachten Lautsprecher. "Unsere Aufgabe bestand darin, die Bereitstellung mit dem größten Verteidigungseffekt für 31.407 Einheiten unterschiedlicher Größe und Bewaffnung zu finden." Eine gewaltige Anzahl von Punkten waren plötzlich auf der Wand zu sehen. Rechts oben erschien der Kopf eines Mannes. Es handelte sich um den Chef der Operationsabteilung, einen Fünf-Sterne-Admiral. Malwarrek erkannte, nachdem sich seine Augen darauf eingestellt hatten, daß die Schiffe in Form eines großen, in sich verdrehten "S" gestaffelt waren. "Wir haben diese Form der Schlachtordnung gewählt", hörte er die Stimme des Admirals, "weil wir einerseits die Stoßrichtung des Angriffs nicht kennen, andererseits aber jederzeit zu einem Gegenangriff bereit sein wollen. Ein Angriff wird entweder an den geschwungenen Formen der Verteidigungslinien abgleiten oder aber in den halbmondförmigen Höhlungen des verdrehten "S" abgefangen und zerschlagen. Die Bereitstellung erfolgt in einem Raum Copyright 2001 by readersplanet
von zwölf mal zwei Lichtminuten." "Wunderschön", entfuhr es Berfago. Als er sich umblickte, sah er die nachdenklichen Gesichter Parlims und Malwarreks. Sofort stoppte er seinen geplanten Redefluß und blickte wieder grimmig vor sich hin. "Wir sollten uns jetzt absetzen", meinte Malwarrek. Zum Entsetzen Berfagos nickte Parlim zustimmend. Leise sprach er in ein Mikrofon: "Vorgeschlagene Maßnahmen der Operationsabteilung sind genehmigt. Die "terra XII" wird aber nicht in die Schlachtreihen einbezogen, sondern geht mit Überlicht sofort auf eine Position, die ein Lichtjahr vom Bereitstellungsraum der Flotte entfernt liegt. Die Begleiteinheiten der "terra XII" sind um zwei Geschwader Kreuzer zu verstärken." Offensichtlich mit sich selbst sehr zufrieden, lehnte sich Marschall Parlim in seinen Sessel zurück. Berfago sprang auf. Mit hochrotem Kopf stieß er zornbebend zwischen den Zähnen hervor: "Ich bitte darum, zu meiner Flotte zurückkehren zu dürfen!" Verärgert drehte sich Parlim um. "Hören Sie mir jetzt genau zu, Marschall Berfago! Ich bedauere es selbst, daß ich Sie noch nicht in alle Beweggründe einweihen kann, die meine Handlungen bestimmen. Soviel will ich Ihnen aber schon jetzt sagen: Es ist keineswegs so, daß ich etwa aus Feigheit mit der "terra XII" nicht an den Kämpfen teilnehmen will, die der Flotte möglicherweise bevorstehen. Ob es überhaupt zu einer Schlacht kommt, ist ja außerdem noch gar nicht sicher. Bisher handelt es sich nur um eine Vermutung. Immerhin haben wir Gründe, anzunehmen, daß die "press-galaxis 0001" von Schiffen der Bobits durch den Hyperraum verfolgt wurde." "Das ist unmöglich", unterbrach ihn Berfago heftig. "Bisher wurde das zwar angenommen, aber es entspricht nicht mehr den Tatsachen. Auch unseren Technikern ist es gelungen, Ortungsgeräte für den Hyperraum zu entwickeln. Da das aber erst in neuester Zeit geschah, sind die Geräte bei der Flotte noch nicht bekannt. Auf jeden Fall müssen wir davon ausgehen, daß den Bobits dieselben technischen Mittel zur Verfügung stehen wie uns. Das bedeutet aber, daß die Lage unseres Imperiums innerhalb der Galaxis von zurückfliegenden Schiffen verraten werden könnte. Da wir das unter allen Umständen vermeiden müssen, stellen wir uns jetzt, rund fünfzigtausend Lichtjahre vom Imperium entfernt, zum Kampf. Die hier versammelten Schiffe werden entweder siegen oder untergehen. Der Weg zurück in die Heimat führt nur über den Ursprungsplaneten der Feinde. Erst wenn die Bedrohung restlos beseitigt ist, wird das Kommando zur Heimreise gegeben. Was nun die "terra XII" betrifft, so hat sie die Aufgabe, im Falle eines Sieges, die zurückweichenden Gegner durch den Hyperraum zu verfolgen. Ratsbevollmächtigter Malwarrek hat uns die dafür notwendigen Ortungsgeräte zur Verfügung gestellt, denn glücklicherweise waren sie in seinem Schiff bereits eingebaut. Im Falle einer Niederlage werden wir mit der "terra XII" fliehen, aber nicht aus Feigheit, sondern weil wir uns in einem anderen Sektor der Galaxis mit neuen Kräften abermals zum Kampf stellen werden." Bestürzt hatte Marschall Berfago zugehört. Sichtlich beunruhigt erklärte er: "Ich habe nicht geahnt, daß unsere Lage so ernst ist. Wer hätte auch gedacht, daß es einmal ein Hyperraum-Ortungsgerät geben würde. Das verändert natürlich unsere gesamte Strategie!" "Richtig, unsere bisherigen Vorstellungen von der zweckmäßigsten Art der Kriegsführung müssen revidiert werden. Wir stehen vor einer völlig neuen Situation. Aus diesem Grunde ist es auch nötig, daß der Hohe Rat informiert wird." Leidenschaftslos schaltete sich Delon Malwarrek in die Diskussion ein. Parlim pflichtete ihm bei. Anschließend war keine Rede mehr davon, daß Berfago zu seiner Flotte zurückkehrte. Der alte Haudegen hatte sich damit abgefunden, daß sein Platz vorläufig im Hauptquartier war. Auf der Übersichtswand konnte man verfolgen, wie sich aus den Schlachtformationen rund 240 Einheiten lösten. Exakt gruppierten sie sich um ein besonders deutlich markiertes Schiff, die "terra XII". Mit hoher Geschwindigkeit entfernte sich dieser Verband von der Hauptmacht: Auf Befehl Marschall Parlims wurden Selektor Bark und Kadett Markett in die Zentrale beordert. Stumm nahmen die beiden Männer die ihnen angewiesenen Plätze ein. Mit Copyright 2001 by readersplanet
dankbarem Lächeln quittierte Markett die aufmunternden Blicke Malwarreks. Im übrigen stand er der Geschäftigkeit, die nun in der Zentrale einsetzte, hilflos gegenüber. Ein Heer von Technikern verwandelte das Allerheiligste des Oberkommandierenden in eine Art Sitzungssaal. Nach wie vor nahm die Übersichtswand den ganzen vorderen Teil der Zentrale ein. Davor saßen die beiden Marschälle, außerdem Malwarrek, Bark und Markett. Im Halbkreis um sie herum wurden Hunderte von Projektoren für dreidimensionale Bildübertragungen installiert. Markett begann zu ahnen, was diese Vorbereitungen bedeuteten. Er hatte die Befehle, die Marschall Berfago in der Plockerzentrale gegeben hatte, noch in Erinnerung. Schaudernd dachte er an die ungeheure Entfernung, die vom Imperium zur "terra XII" überbrückt werden mußte. Die nächsten Worte Delon Malwarreks beseitigten die letzten Zweifel. "Wenn die Relaiskette für Superplock aufgebaut ist, wird die Kontaktaufnahme mit den Mitgliedern des Hohen Rates von den Büros der press-galaxis aus in die Wege geleitet. Aufgabe der Flotte ist es dann nur noch, die Sendung zu übernehmen." "Hoffentlich klappt alles", meinte Parlim. In diesem Moment ertönte ein schrilles Alarmsignal. Das Gesicht des Chefs der Operationsabteilung erschien wieder auf dem oberen Teil der Übersichtswand. Jedes Wort betonend erklärte der Admiral: "Patrouillen-Kreuzer L 70 403 meldet Auftauchen unbekannter Flugobjekte im Sektor DC 87!" Alle Anwesenden in der Zentrale, ausgenommen die Techniker, die weiterarbeiteten, blickten gebannt auf die feinen Linien, die den betreffenden Sektor auf der Übersichtswand markierten. Ein einzelner Punkt zeigte die Position des Patrouillen-Kreuzers an. Der Admiral hatte eine winzige Pause eingelegt. Jetzt fuhr er fort: "Nach Lage der Dinge ist anzunehmen, daß es sich um Schiffe der Bobits handelt. Ihr Austrittspunkt aus dem Hyperraum ist genau 1240 Lichtminuten vom Zentrum unserer Flotte entfernt." "Der P-Kreuzer soll Kontaktstrahlen einsetzen", stieß Parlim hervor. "Wenn die Bobits ihren Ortungsschutz anwenden, werden wir damit kaum Erfolg haben", meinte Malwarrek. Im Sektor DC 87 wurden sechs, jetzt schon sieben Punkte sichtbar. "Ausgezeichnet!" Malwarrek freute sich. "Die Burschen verzichten auf ihren Ortungsschutz. Vielleicht glauben sie nach den schlechten Erfahrungen auf Mandos V, daß er unwirksam ist." "Vielleicht können sie ihn auch im Weltraum nicht anwenden", wagte Art Bark einzuwerfen. "Möglich! Uns kann das nur recht sein." Immer mehr Schiffe der Bobits traten aus dem Hyperraum. Sie bildeten sofort einen Kreis. "Nicht ungeschickt", bemerkte Parlim. "Sie sichern ihren Austrittspunkt. Jedes Schiff geht sofort in Verteidigungsposition. Nur, wenn sie auf diese Weise weitermachen, benötigen sie Tage, bevor sie auch nur ein paar tausend Schiffe zusammenhaben." "Die Operationsabteilung schlägt vor", ertönte die Stimme des Admirals, "den Austrittspunkt der feindlichen Einheiten anzugreifen." Marschall Parlim warf Malwarrek einen fragenden Blick zu. Der meinte: "Warum nicht? Ich würde mir überhaupt einmal die feindlichen Schiffe näher ansehen. Wir könnten ja als dreidimensionale Bildprojektionen an dem Angriff teilnehmen." Das war ein Vorschlag nach dem Herzen des Marschalls. Begeistert stimmte er zu. Sogleich ließ er einige Techniker kommen. Marschall Parlim und Delon Malwarrek setzten sich auf Übertragungssessel. Die Techniker brachten eine ganze Serie von Aufnahmegeräten in Position. "Wir gehen an Bord des Patrouillenkreuzers, der die Bobits als erster geortet hat", bestimmte Parlim. Der Admiral der Operationsabteilung bestätigte den Befehl, ohne eine Miene zu Copyright 2001 by readersplanet
verziehen. Die Vorbereitungen für die Übertragung waren abgeschlossen. Als letztes setzten sich die beiden Männer eine Art Helm auf, der bis über die Augen ging. Sekundenlang konnte Delon Malwarrek überhaupt nichts sehen. Dann wirbelten rosa Schleier vor seinen Augen auf. Der wilde, schemenhafte Tanz der nebelhaften Masse dauerte eine ganze Weile, bis er Einzelheiten erkennen konnte. Er sah in die Zentrale eines Patrouillen-Kreuzers. Im Vergleich zur "terra XII" war der Raum winzig klein. Delon Malwarrek wußte, daß es noch einige Zeit dauern würde, bevor er seine Unsicherheit überwunden hatte. Er war natürlich mit der Technik der dreidimensionalen Übertragungen vertraut. Dennoch war es jedesmal ein merkwürdiges Gefühl, wenn man sich darauf einstellen mußte, gleichzeitig an zwei Stellen vorhanden zu sein. Sein Körper befand sich nach wie vor in der Zentrale der "terra XII". Lediglich eine Projektion war über Plockerwellen in den Patrouillen-Kreuzer gesendet worden. Noch kam es ihm so vor, als würde er durch ein Fenster in die Zentrale des Schiffes hineinsehen. Als er dann den Kopf drehte, akzeptierte sein Verstand, wenn auch widerwillig, daß er mitten in der Zentrale des Kreuzers saß. Direkt neben ihm befand sich Marschall Parlim. Außer ihren Projektionen waren noch vier Mann in dem kleinen Raum. Drei warfen ihnen nur flüchtige Blicke zu, dann widmeten sie sich wieder ganz ihren Instrumenten. Delon Malwarrek erkannte, daß sich das Schiff in Gefechtsbereitschaft befand. Der vierte Mann trat auf Marschall Parlim zu. Er salutierte vorschriftsmäßig und machte Meldung: "Kommandant Lessis steht mit Patrouillen-Kreuzer L 70 403 zu Ihrer Verfügung. Das Schiff ist gefechtsklar!" Der Marschall nickte. Er wandte sich an Malwarrek: "Ich glaube, wir können unbesorgt einen Scheinangriff riskieren. Vielleicht bekommen wir heraus, was die Bobits in der Hinterhand haben. Möglicherweise haben sie uns hier aber auch eine hübsche kleine Falle gestellt." "Das werden wir ja sehen!" Delon Malwarrek hatte sich jetzt völlig auf den körperlosen Zustand eingestellt. Es machte ihm nichts aus, daß ein Kabel durch seine Hand ging, wenn er den Arm etwas hob. Er war eben nur eine Projektion. Gespannt blickte er auf die Übersichtskarte des Patrouillen-Kreuzers. Er zählte etwa zwanzig rote Punkte. Das waren die Positionen der aus dem Hyperraum getretenen Feindschiffe. Marschall Parlim fragte: "Stehen wir mit der Operationsabteilung der terra XII in Verbindung?" "Ja!" Kommandant Lessis wies auf einen kleinen Bildschirm. Dort war der Kopf des Fünf-Sterne-Admirals zu sehen. "Ihre Befehle?" ließ sich der hohe Offizier vernehmen. Bisher klappte alles vorzüglich. Parlim nickte anerkennend. "Schicken Sie mir ein Geschwader P-Kreuzer. Die Einheiten werden Kommandant Lessis unterstellt!" "Jawohl!" "Könnten wir nicht einmal eine Großaufnahme der feindlichen Schiffe zu sehen bekommen?" regte Delon Malwarrek an. Kommandant Lessis zögerte einen Moment. "Machen Sie voran", erklärte Marschall Parlim unwirsch. "Die Wünsche oder Befehle des Ratsbevollmächtigten sind so schnell auszuführen, als kämen sie von mir!" "Legat Sirk, legen Sie eine Großaufnahme der Feindeinheiten auf den mittleren Sichtschirm!" Der Kommandant hatte diesen Schirm bestimmt, weil er von Parlim und Malwarrek am besten eingesehen werden konnte. Zunächst erschienen die Positionspunkte der gegnerischen Flotte. Der Legat suchte sich ein Schiff aus und begann mit der Vergrößerung. Delon Malwarrek kam es so vor, als rasten sie mit ungeheurer Geschwindigkeit auf das Schiff zu. Schließlich füllte ein fremdartiger Raumkoloß den ganzen Bildschirm. Er erkannte sofort, daß es sich um den gleichen Copyright 2001 by readersplanet
Schiffstyp handelte, wie die Einheiten, die die "press-galaxis 0001" im System Mandos verfolgt hatten. Er sagte das dem Marschall. Der nickte. "Welcher Maßstab?" fragte Parlim knapp. "1 : 100." "Also haben die Dreiecksseiten des Schiffes eine Länge von etwa 150 Meter", stellte der Marschall fest. "Genau sind es 147,75 Meter", verbesserte ihn Legat Sirk. "Wie stark sind die Randwulste an den Kanten?" fragte Delon Malwarrek. "15,2 Meter." Kommandant Lessis meldete sich: "Ein Geschwader P-Kreuzer hat Kurs auf uns genommen!" "Zeigen Sie uns jetzt ständig die Positionen der feindlichen Einheiten, unsere eigene und die des anrückenden Geschwaders auf dem rechten Bildschirm!" Lessis gab den Befehl des Marschalls weiter. Auf dem Bildschirm erschien eine Ansammlung von roten und gelben Punkten. Die Zahl der gelben Positionszeichen war etwas größer als die der roten. Das P-Geschwader, insgesamt 36 Einheiten, näherte sich mit Überlichtgeschwindigkeit dem Austrittspunkt des Gegners. Sozusagen zwischen den Fronten befand sich ein einzelner gelber Punkt. Das war der Patrouillen-Kreuzer L 70 403. "Das Geschwader soll auf Unterlicht gehen und vier Angriffsstaffeln bilden. Wir übernehmen die Spitze des ersten Pulks!" Auf dem Bildschirm konnten sie verfolgen, wie der Befehl Marschall Parlims ausgeführt wurde. Jeweils neun Einheiten bildeten eine keilförmige Formation. Bei einer dieser Gruppen befand sich an der Spitze eine Lücke. Darauf steuerte der Kreuzer L 70 403 zu. "Lassen Sie eine Sammelschaltung herstellen, Kommandant Lessis, ich will den Kapitänen noch einige grundsätzliche Anweisungen geben!" Marschall Parlim wartete einen Moment dann fuhr er fort: "Wir greifen den Ring der feindlichen Einheiten mit Unterlichtgeschwindigkeit an. Bei Berührung mit schweren Waffen haben Sie sofort in den Hyperraum zu tauchen. Anschließend kommen Sie zurück und übernehmen die Beobachtung der Bobits. Dabei haben Sie einen Sicherheitsabstand von drei Lichtminuten einzuhalten.. Wenn der Feind zum Angriff übergehen sollte, setzen Sie sich in Richtung auf die Hauptflotte ab!" Es dauerte 15 Minuten, bis die vier Kampfgruppen ihre Ausgangspositionen erreicht hatten. Marschall Parlim gab den Angriffsbefehl. Von drei Seiten stürzten sich je neun und von einer Seite zehn Patrouillen-Kreuzer auf den Verteidigungsring, den die Feindeinheiten bildeten. Die Bobits hatten jetzt schon fast eine gleichgroße Anzahl von Schiffen zur Verfügung. Sie machten aber keinerlei Anstalten, den Angreifern entgegenzutreten. Fast schien es so, als würden sie die P-Kreuzer überhaupt nicht zur Kenntnis nehmen. "Schau da", meinte Marschall Parlim grimmig, "sie lassen sich nicht bluffen!" In seiner Stimme klang so etwas wie Anerkennung mit. Wir müssen sie also etwas kitzeln. Energiewaffen einsetzen!" Die P-Kreuzer waren noch eine Million Kilometer von den Bobits entfernt. Als sich der Abstand um die Hälfte verringert hatte, schossen gleichzeitig aus allen Kreuzern Energiestrahlen wie lange Finger auf die Dreiecksschiffe zu. Plötzlich schienen die Strahlen auf eine Wand zu stoßen. Sie breiteten sich nach den Seiten hin aus. Vor den angreifenden Schiffen waberte ein Höllenfeuer atomarer Gluten auf. "Beschuß einstellen!" brüllte Kommandant Lessis. "Wir dringen nicht durch. Die feindlichen Abwehrschirme sind zu stark", erklärte er Parlim. Ärgerlich sagte der Marschall: "Das habe ich selber gesehen. Wir fliegen einen zweiten Angriff. Das Feuer aller Energiewaffen ist dabei auf einen Punkt des Abwehrschirms zu Copyright 2001 by readersplanet
konzentrieren!" Die vier Staffeln hatten nach dem vergeblichen Angriff beigedreht. Sie vereinigten sich jetzt zu einem großen Pulk. Abermals griffen die P-Kreuzer an. Ungeheure Energiemengen trafen nun auf das Abwehrfeld der Bobits. Doch wieder zeigte sich keine Wirkung an dem Schutzschirm. Plötzlich kam es Delon Malwarrek so vor, als habe sich die Zentrale ihres P-Kreuzers geneigt. Tatsächlich kostete es Kommandant Lessis einige Mühe, auf den Beinen stehen zu bleiben. Er klammerte sich an einer Sessellehne fest und schrie: "Das sind Traktorstrahlen! Wir werden angegriffen!" "Dann nichts wie ab in den Hyperraum", befahl Marschall Parlim. Kommandant Lessis stürzte sich auf die Schaltelemente. Mit beiden Händen riß er die Hebel herunter, die den Sprung in den Hyperraum auslösen sollten. Nichts passierte. Jetzt bäumte sich das Schiff regelrecht auf. Es wurde von unsichtbaren Kraftfeldern festgehalten. "Energiezufuhr erhöhen", brüllte Parlim. Dieser Befehl bedeutete, daß die Schiffe, falls der Sprung gelang, blind in den Hyperraum tauchten. Sie würden an nicht voraussehbaren Punkten wieder in den Normalraum treten. "Ich habe sie schon fast verdoppelt", ächzte Kommandant Lessis. Das waren die letzten Worte, die Delon Malwarrek hörte. Dann tauchten wieder die charakteristischen rosa Schleier auf. Auch das dauerte nur Sekundenbruchteile. Danach wurde es pechschwarz vor seinen Augen. Er schloß sie. Als er sie wieder öffnete, sah er in die Zentrale der "terra XII". Ein Techniker hatte ihm gerade das heimartige Gebilde vom Kopf genommen. In dem Augenblick, als der Kreuzer zu dem unkontrollierten Sprung in den Hyperraum tauchte, war die dreidimensionale Projektionsverbindung natürlich abgerissen. "Das ging ja kurz und schmerzlos", hörte er den Marschall sagen. "Was halten Sie davon, Malwarrek?" Er ließ sich mit der Antwort Zeit. Dann erklärte er bedächtig: "Abgesehen davon, daß unsere Patrouillen-Kreuzer vermutlich im ganzen Spiralarm verstreut wieder aus dem Hyperraum gekommen sind, halte ich das Ergebnis des Scheinangriffs noch nicht einmal für so schlecht. Es will wenig besagen, wenn die Energiewaffen unserer leichten Einheiten dem Feind nichts anhaben können, denn auch die Schutzschirme unserer Schlachtschiffe halten sicherlich einem hundertmal stärkeren Beschuß stand. Viel bemerkenswerter scheint mir zu sein, daß die Traktorstrahlen der Bobits nicht stark genug waren, um die Flucht des P-Geschwaders in den Hyperraum zu verhindern. Immerhin läßt das ja einige Rückschlüsse auf ihre Möglichkeiten zu." "Demnach können wir also noch ganz zufrieden sein!" Marschall Parlim unterstrich seine Worte mit einem beifälligen Kopfnicken. Der Chef der Operationsabteilung meldete sich wieder: "Bobits kommen jetzt an drei Stellen in größeren Gruppen aus dem Hyperraum. Unsere Beobachter müssen sich zurückziehen." Die Weltraumkarte, die die Positionen aller eigenen und feindlichen Einheiten im Normalraum anzeigte, füllte sich jetzt im Bereich des ersten Austrittssektors der bobitischen Schiffe in immer schnellerem Tempo mit roten Punkten. Noch war die Zahl der gelben Punkte zwar bedeutend größer, doch - wenn die Bobits so weitermachten, würde sich das Stärkeverhältnis zumindest von der Quantität her bald zu ihren Gunsten verschoben haben. Marschall Parlim schien dieser Entwicklung mit unerschütterlicher Ruhe entgegenzusehen. In unglaublich kurzer Zeit formierten sich die Schiffe der Bobits zu Verbänden von jeweils hundert Einheiten. Malwarrek zählte sechs solcher Ansammlungen, die wie gleichschenkelige Dreiecke angeordnet waren. So, als habe er nie etwas Anderes erwartet, erklärte er: "Wir werden bald angegriffen! Die Vernichtung ihrer Flotte im Spiralarm NX 44 traf diese Bobits völlig unvorbereitet. Inzwischen haben sie sich aber zu erstaunlichen Gegenmaßnahmen aufgeschwungen. Das läßt auf einige Übung schließen. Ich glaube, wir werden noch manche unangenehme Überraschung Copyright 2001 by readersplanet
erleben!" "Was heißt hier Übung", entfuhr es Marschall Berfago grob, "der Ausbildungsstand unserer Einheiten ist bestimmt nicht schlechter. Schließlich haben wir in den vergangenen 800 Jahren auch immer wieder große Siege errungen. Das hier könnte unser größter werden!" "Richtig, richtig!" stimmte Parlim besänftigend zu. Nur Markett, der jedes Wort und alle Vorgänge mit gespannter Aufmerksamkeit verfolgte, entgingen nicht die besorgten Blicke, die sich der Marschall und Malwarrek zuwarfen. Die erste Phase des Aufmarsches der Bobits schien beendet zu sein. Ein halbes Dutzend Angriffssäulen nahmen jetzt Kurs auf die Flotte des Imperiums. Offensichtlich hatten die Bobits keinen großen Respekt vor der Streitmacht der Menschheit. Die Art, wie sie ihren Angriff vortrugen, ließ nur den einen Schluß zu, daß sie überzeugt waren, die gegnerischen Schlachtreihen im ersten Ansturm auseinanderbrechen zu können. Die Überraschung gelang völlig. Als die Angreifer gegen die gekoppelten Abwehrschirme der Schlachtkreuzer prallten, ging es plötzlich nicht mehr weiter. Im Nu gerieten die sechs Aufmarschsäulen an den Spitzen durcheinander. Vollständig wurde das Chaos aber erst durch die große Zahl der nachdrängenden Schiffe. Schon nach kurzer Zeit konnte man bei den Bobits nicht mehr von einer Schlachtordnung sprechen. Immerhin stellten sie sich schnell auf die veränderte Lage ein und zogen sich zurück. "Von den Schiffen wären nicht viele entkommen, wenn wir das Feuer eröffnet hätten", stellte Marschall Parlim erstaunlich ruhig fest. "Da haben Sie sicherlich recht", meinte Delon Mallwarrek leise. "Die Bobits haben uns zweifellos erheblich unterschätzt. Vermutlich erwarteten sie keinen größeren Widerstand als durch die Kreuzer Admiral Basarbs. Das soll aber nicht heißen, daß wir die Schlacht schon gewonnen haben. Es wäre mehr als unklug, wenn wir jetzt in den Fehler der Bobits verfielen und den Gegner für schwächer hielten." "Keine Sorge, das werden wir nicht tun!" bestimmt und entschlossen sprach Marschall Parlim diese Worte. Die Bobits gruppierten ihre Einheiten um. Jeweils drei bis sechs Schiffe bildeten ein Team und belegten die Abwehrschirme aus gebührender Entfernung mit konzentriertem Strahlenbeschuß. Gleichzeitig an mehreren hundert Stellen gingen sie so zum Angriff über. Schon nach kurzer Zeit meldete sich die Operationsabteilung. Der Admiral machte ein betroffenes Gesicht. "Abwehrschirme können nur unter Inanspruchnahme aller verfügbaren Energiebänke aufrecht erhalten werden!" "Da haben wir es! Selbst wenn wir wollten, könnten wir jetzt unsere Geschütze nicht mehr einsetzen!" Marschall Berfago war empört. Er sah sich verbittert um. Mit besonders zornigen Blicken bedachte er Parlim und Malwarrek. Der Oberkommandierende verbarg seine wahren Gefühle besser. Äußerlich völlig gelassen stellte er fest: "In den letzten Minuten haben wir viel dazugelernt. Wir wissen jetzt, daß die Bobits zwar sehr stark sind, aber uns unbekannte Waffensysteme besitzen sie auch nicht." Deutlich war zu spüren, daß so etwas wie Erleichterung in seinen Worten mitklang. Kadett Markett, der keinen Grund zur Freude sah, verstand immer weniger, was gespielt wurde. Die Bemerkungen des Marschalls und Delon Malwarreks waren sonderbar doppeldeutig. Auch die ganze Art, wie sich die beiden gaben, war fahrig und irgendwie unkonzentriert. Eines wußte Markett ganz genau: er hatte sich eine Raumschlacht ganz anders vorgestellt. Dieser Ansicht schien auch Marschall Berfago zu sein. Doch die Geduld des Kadetten wurde noch auf eine harte Probe gestellt. Wortlos verfolgte Marschall Parlim die Bewegungen der bobitischen Einheiten auf der Übersichtswand. Schließlich sahen die Bobits wohl ein, daß ihr Strahlenbeschuß reine Energieverschwendung war. Sie stellten ihre Angriffe fast ganz ein. Nur ein paar Dutzend Schiffe blieben unmittelbar vor den Abwehrschirmen der Flotte des Imperiums liegen. Hin und wieder gaben sie einen Strahlenschuß ab, so als wollten sie Copyright 2001 by readersplanet
prüfen, ob der Schirm noch intakt war. Die große Masse der bobitischen Schiffe zog sich gut 500 Lichtminuten zurück und bildete eine Formation, die am ehesten mit mehreren ineinanderverschachtelten Pyramiden verglichen werden konnte. "Das nennt man ein Unentschieden", meinte Marschall Parlim trocken. "Was nun?" sein fragender Blick traf Malwarrek. "Vermutlich werden die Bobits jetzt Verstärkungen heranführen. Es dürfte für sie ein einfaches Rechenexempel sein, den Energieaufwand festzustellen, der erforderlich ist, um unsere Abwehrschirme zum Zusammenbruch zu bringen. Da es aber ganz so aussieht, als ob es einige Zeit dauern würde, bis die Verstärkungen eintreffen, können wir in Ruhe unsere Gegenmaßnahmen treffen." "Und die wären?" Marschall Parlim ließ nicht locker. Malwarrek antwortete bereitwillig: "Da wir ohnehin mehrere Schlachtflotten als Reserve auf Abruf bereitstehen haben, können wir zunächst auf eine Verstärkung unseres Potentials verzichten. Ich habe da einen anderen Plan, der gute Aussichten auf Erfolg hat. Wir müssen versuchen..." Er wurde vom Chef der Operationsabteilung unterbrochen. "Die Kommandanten der Schlachtschiffe bitten um Erlaubnis, die vor ihren Abwehrschirmen liegenden Beobachter der Bobits unter Strahlenbeschuß nehmen zu dürfen." Nach einer kleinen Pause fügte der Admiral hinzu: "Auch die Operationsabteilung hält diese Maßnahme für erforderlich, bevor die Flotte zum Gegenangriff übergeht." Malwarrek war aufgesprungen. Erregt sagte er: "Marschall, genehmigen Sie diese Aktionen auf keinen Fall, sie würden meinen Plan unmöglich machen!" "Langsam, langsam", stoppte Parlim Malwarrek ab, "bisher habe ich mich noch immer mit Ihren Vorschlägen einverstanden erklärt, aber einmal müssen wir doch damit beginnen, geeignete Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Ich sehe wirklich keine andere Möglichkeit mehr als den Angriff." "Darum geht es ja gerade", unterbrach ihn Malwarrek. "Ich schlage vor, daß Sie und ich an Bord der press-galaxis 0001 gehen. Da Selektor Bark und Kadett Markett mit der Bedienung des Schiffes vertraut sind, wäre es gut, wenn sie uns begleiten würden. Das Kommando über die Flotte müßte Marschall Berfago übernehmen!" "Und warum schlagen Sie das vor?" "Bevor wir dem Hohen Rat Rede und Antwort stehen, sollten wir wenigstens versuchen, einen Bobit lebend in die Hände zu bekommen. Mit meinem Blitzschiff können wir sozusagen ungesehen an die Flotte herankommen. Sind wir erst an Bord eines der Schlachtschiffe, müßte es uns doch möglich sein, ein vorgeschobenes Beobachtungsschiff der Bobits zu kapern." Für Sekunden verschlug es den Männern in der Zentrale der "terra XII" die Sprache. Dann wurde Marschall Parlim lebendig. Er sprang ebenfalls auf, schlug Delon Malwarrek kräftig auf die Schulter und rief sichtlich erleichtert, etwas unternehmen zu können: "Genau das werden wir tun!" Plötzlich voller Tatendrang wandte er sich an Marschall Berfago: "Sie haben gehört, was wir vorhaben! Es bleibt also dabei: Sie übernehmen den Oberbefehl. Keine Angriffshandlungen gegen die Bobits. Und das mir niemand die bobitischen Beobachtungsschiffe vor den Schutzschirmen der Flotte durch Strahlenbeschuß vertreibt." Steif antwortete Berfago: "Ich habe Ihre Befehle genau verstanden!" Jeder, der den Marschall kannte, wußte, daß ihn nichts davon abhalten konnte, einen Befehl buchstabengetreu zu befolgen, selbst wenn er ihn persönlich nicht für richtig hielt. Auch Marschall Parlim wußte genau, daß er sich auf Berfago verlassen konnte. Seit dem Vorschlag Malwarreks war mit ihm eine deutliche Veränderung vorgegangen. Aufgeregt ging er in der Zentrale umher und gab schnell hintereinander noch ein gutes Dutzend Befehle. Die Einwendungen eines seiner persönlichen Adjutanten, der zu bedenken gab, daß es doch nicht Aufgabe eines Oberbefehlshabers sein könnte, an einem Kommandounternehmen Copyright 2001 by readersplanet
beteiligt zu sein, tat er mit einer unwilligen Handbewegung ab. Barsch fuhr er den Admiral an: "Das verstehen Sie nicht! Es ist einfach unerläßlich, daß ich zugegen bin, wenn ein Bobit gefangen genommen und womöglich unter einer Gehirnsonde verhört wird. Bei unseren Gegnern handelt es sich nämlich um eine ganz besondere Art von Bobits, die mich brennend interessieren." Kadett Markett gestand sich ein, daß auch er den Entschluß des Marschalls ungewöhnlich fand. Viel Zeit zum Wundern blieb ihm aber nicht. Schon stürmte Parlim, gefolgt von Malwarrek und Selektor Bark, aus der Zentrale. Markett mußte sich beeilen, um nicht den Anschluß zu verlieren. * 40.000 Lichtjahre von der "terra XII" entfernt setzte sich etwa zur gleichen Zeit eine gewaltige Flotte mächtiger Kugelraumschiffe unter dem Kommando des bekannten Physikers Loger Darra in Marsch. Darra hatte sich nicht nur als genialer Wissenschaftler einen Namen gemacht. Der breiten Öffentlichkeit war er vor allem als Präsident der "GEFOTE", der Gesellschaft für Forschung und Technologie, ein Begriff geworden. Diese Vereinigung von Wissenschaftlern und Ingenieuren war auf fast allen bewohnten Planeten des Imperiums vertreten. Dennoch gehörten ihr nur eine relativ kleine Anzahl von Männern und Frauen an. Der Grund dafür war vor allem darin zu suchen, daß an die Mitglieder enorme Anforderungen gestellt wurden. Nur die besten Wissenschaftler und Techniker hatten eine Chance, in die "GEFOTE" aufgenommen zu werden. Präsident Darra befand sich in der Kommandozentrale eines Raumschiffes, das es an Größe durchaus mit der "terra XII" aufnehmen konnte. Dennoch hatten die beiden Raumschiffe nicht viel gemeinsam. Während auf der "terra XII" stets ein geschäftiges Treiben herrschte, war das Schiff von Darra so gut wie menschenleer. So unwahrscheinlich es auch klingen mag, tatsächlich wurde die gewaltige Kugel, die keinen Namen an der Bordwand trug, ganz allein von Loger Darra geführt. Besser gesagt, Loger Darra gab die Befehle. Unzählige Servoanlagen und Robotgeräte sorgten dann für ihre Ausführung. Mit einem um Verzeihung heischenden Lächeln wandte sich der Wissenschaftler an die Frau, die neben ihm in der Kommandozentrale saß. "Können Sie mir noch einmal vergeben, daß ich bisher so wenig Zeit für Sie fand! - Bei aller technischen Perfektion, einige Dinge muß der Kommandant sogar in diesem Schiff noch persönlich erledigen. Glücklicherweise!" "Natürlich", sagte Pal Malwarrek leise. Sie machte sich große Sorgen um ihren Bruder, mußte aber dennoch über die umständliche Entschuldigung des Physikers lachen. Schon seit geraumer Zeit wußte sie, daß Loger Darra mehr als nur freundschaftliche Gefühle für sie hegte. Bisher hatte er sich aber noch nicht zu einem förmlichen Antrag durchgerungen. Pal war das ganz lieb, denn sie selbst konnte sich Darra nur als einen guten Freund vorstellen. Seitdem ihr Bruder mit der "press-galaxis 0001" gestartet war, hatte Pal kaum noch Schlaf gefunden. Erst hatte sie sich mit dem Flottenkommando in Verbindung gesetzt und anschließend war sie zu Loger Darra geeilt. Der Präsident der "GEFOTE", ein Freund ihres Bruders, wußte natürlich nur zu genau, was es bedeutete, wenn sich die Nachricht von der Raumschlacht im NX 44 bestätigte. Darra hatte sofort die Spezialeinheiten der "GEFOTE" in Alarmbereitschaft versetzt. Selbst Pal, die doch in alles eingeweiht war, hatte vorher keine rechte Vorstellung davon gehabt, wie groß die geheime Flotte der Gesellschaft für Forschung und Technologie war. Als alle Schiffe zusammenlagen, war sie tief beeindruckt. Darra sprach sie jetzt wieder an: "Der verzerrte Plockerspruch von Delon hat unsere schlimmsten Befürchtungen bestätigt. Wir wissen jetzt, daß der Große Plan von einer falschen Voraussetzung ausgegangen ist." "Was können wir unternehmen?" fragte Pal beunruhigt. "Ich werde zunächst Delons Vorschläge befolgen und nicht in die Kampfhandlungen zwischen der Flotte und den fremden Einheiten eingreifen. Wir warten die weitere Entwicklung der Raumschlacht erst einmal aus sicherer Entfernung ab. Sollten es die Umstände erfordern, müssen wir uns allerdings zu erkennen geben und eingreifen. Das Copyright 2001 by readersplanet
bedeutet aber auch, daß wir dem Hohen Rat gegenüber Sinn und Zweck des Großen Plans enthüllen müssen. Glücklicherweise ist Marschall Parlim Mitglied der 'GEFOTE`. Von dieser Seite haben wir also keine Schwierigkeiten zu erwarten." Verwundert fragte Pal: "Sind denn nicht alle Oberbefehlshaber der Flotte in das Geheimnis eingeweiht gewesen?" "Nein, lange nicht alle. Es ist ein ausgesprochener Glücksfall, daß in dieser verfahrenen Situation wenigstens der Chef der Flotte zum Kreis der Eingeweihten gehört." Ein Lichtsignal unterbrach Darra. Der Wissenschaftler reagierte sofort. Er gab Pal ein Zeichen, sich in den Sessel zurückzulehnen. Gehorsam folgte die Frau seiner Anweisung. Es war ihr unbegreiflich, wie sich der Forscher unter der Vielzahl von Instrumenten mit solcher absoluten Sicherheit zurechtfand. Mit einer Hand umspannte Darra einen schweren Hebel, mit der anderen zog er sich eines der zahlreichen Mikrofone über seinem Sitz vor den Mund. "Hier Nr. 1 - ich löse Gemeinschaftssprung durch den Hyperraum in 30 Sekunden aus!" Der Wissenschaftler fand noch Zeit, Pal aufmunternd zuzunicken, dann drückte er den Hebel über die rote Warnmarke herunter. Die endgültige Auslösung des Sprunges übernahm jetzt der Robotpilot. Kein Mensch wäre in der Lage gewesen, den theoretisch besten Zeitpunkt für den Gemeinschaftssprung einer Flotte von 11.000 Schiffen abzupassen. Auch Loger Darra hatte sich in seinen Sessel gelehnt. Er wurde nicht mehr gebraucht. Die Entscheidung lag jetzt einzig und allein bei dem positronischen Rechengehirn: Ein leises Summen war in der Zentrale des Schiffes zu hören. Die Energiebänke wurden auf Höchstladung gebracht. Im entscheidenden Moment würden sie Milliarden Kilowatt in einer Nanosekunde freigeben. Pal hatte sich völlig entspannt. Gefaßt wartete sie auf das Warnsignal unmittelbar vor dem Sprung. Als es ertönte, schloß sie die Augen. Sie spürte den Übergang kaum. * Elegant löste sich die "press-galaxis 0001" von der Bordwand der "terra XII". Delon Malwarrek beschleunigte das Schiff unter Ausnutzung aller Energiereserven auf Überlichtwerte. "Ich will versuchen, mit Drummod-Effekt möglichst nahe an die Energieschirme der Flotte heranzukommen", erklärte er seinen Begleitern. "Ist es überhaupt nötig, mit einem der Schlachtkreuzer in Verbindung zu treten?" fragte Marschall Parlim. Art Bark und Phil Markett hatten wieder einmal einen Grund, sich verwundert anzublicken. Delon Malwarreks Antwort ließ sie jedoch hochfahren. "Natürlich nicht! Ich habe das vorhin in der Zentrale nur vorgeschlagen, um Ihre Offiziere nicht noch mehr zu verwirren. Die Traktorstrahlen der p-g 0001 müßten eigentlich genügen, um einen der kleinen Beobachter der Bobits aufzubringen." "Wenn es nicht klappen sollte, würde uns vermutlich ein Schlachtkreuzer auch nicht viel helfen", meinte Parlim nachdenklich. Phil Markett verstand die Welt nicht mehr. Da verglich der Oberkommandierende der Flotte Malwarreks winziges Blitzschiff mit einem Schlachtkreuzer. "Ich glaube, wir brauchen uns gar nicht weiter zu bemühen", sagte Malwarrek plötzlich. Nach einer kurzen Pause erklärte er mit Bestimmtheit: "Wir sind von zwei Schiffen der Bobits geortet worden - nein, jetzt sind es sogar schon mindestens drei. Und sie haben uns genau in der Mitte. Das bedeutet, die Bobits sind uns zuvorgekommen. Nicht wir kapern eines ihrer Schiffe, sondern sie kapern uns!" Den letzten Satz sprach er mit einem grimmigen Unterton in der Stimme. Der Marschall runzelte die Stirn und lachte dann schallend. Verblüfft sahen ihn die Männer an.
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"Ich schlage vor", erklärte Parlim nach Luft schnappend, "wir unternehmen gar nichts und lassen uns ruhig einkassieren. Schließlich wollen wir ja ohnehin mit den Bobits sprechen. Warum nicht unter verändertem Vorzeichen?" Die drei anderen Männer schwiegen betroffen. Dann mußte auch Malwarrek lachen. Entschlossen meinte er: "Einverstanden! Vielleicht ist das noch gar nicht einmal so übel." Während der folgenden Minuten starrten die vier Männer angestrengt auf die Ortungssichtscheibe. Sogar sechs Schiffe der Bobits hatten sie eingekreist. "Dreiecksschiffe", stellte Selektor Bark mit belegter Stimme fest, "fast so groß wie unsere Schlachtkreuzer." In diesem Moment aktivierte ein weiterer Schirm. Die Köpfe eines Mannes und einer Frau wurden sichtbar. "Pal, Loger - endlich!" Delon Malwarrek atmete erleichtert auf. "Jede Sekunde ist jetzt kostbar. Hört mir genau zu! Wir lassen uns von den Fremden fangen. Vielleicht kann man mit ihnen verhandeln. Ihr könnt uns ja mit euren Peilgeräten verfolgen. Greift aber erst ein, wenn wir wirklich in Gefahr sind!" Während der Mann antwortete, hatte Phil Markett nur Blicke für die Frau übrig. Einmal sah sie ihm direkt in die Augen. Sofort verspürte er ein starkes Kribbeln im Nacken. Wie kann man nur so schnell Feuer fangen, dachte er verblüfft. Mit besorgter Stimme fragte die Frau: "Delon, gibt es denn keine andere Möglichkeit?" "Nein! Zumindest kennen wir keine bessere. Es ist einfach lebenswichtig für die gesamte Menschheit, daß wir mit den Fremden Kontakt aufnehmen. Vielleicht können wir das Schlimmste noch verhindern. Wir müssen jetzt Schluß machen. Ich glaube zwar nicht, daß unsere Geheimwelle geortet werden kann, aber wir wollen trotzdem vorsichtig sein." Phil Markett starrte immer noch gebannt auf den Bildschirm. Er war fest entschlossen, Delon Malwarrek bei passender Gelegenheit zu bitten, ihm die Frau vorzustellen. Wehmütig beobachtete er, wie ihr hübsches Bild von dem erlöschenden Schirm verschwand. Er gab sich einen Ruck und dachte zuversichtlich, aufgehoben ist nicht aufgeschoben. "Wir machen es den Bobits jetzt einfach und gehen auf Unterlicht zurück," sagte Delon Malwarrek. Komisch, nun sagt er wieder Bobits' eben sprach er nur von den Fremden, registrierte Phil Markett insgeheim. Die Bobits reagierten sofort auf dieses Manöver. Ihre Schiffe schoben sich näher an die "p-g 0001" heran. "Jetzt setzen sie Traktorstrahlen ein", las Malwarrek von den Instrumenten ab. "Es kann nicht mehr lange dauern. Raumrüstungen anziehen!" befahl Marschall Parlim. "Selektor, Sie und der Kadett müssen außerdem noch eine tragbare Gehirnsonde bereithalten. Vielleicht können wir sie doch noch gebrauchen." Jetzt ging alles sehr schnell. Die Dreiecksschiffe schlossen die "p-g 0001" völlig ein. Mit sich kreuzenden Traktorstrahlen hielten sie das Schiff gefangen. Ein Beiboot machte von einer ihrer Einheiten los. "Erwarten wir sie in der Außenschleuse", schlug Malwarrek vor. Die allgemeine Zustimmung voraussetzend ging er voran. Mit unterschiedlichem Eifer folgten ihm Marschall, Selektor und Kadett. Sie schlossen die Helme und öffneten dann das äußere Schleusentor. Vor ihnen lag der Weltraum. Mit immer langsamer werdender Fahrt näherte sich das ebenfalls dreieckige Beiboot der Bobits. Es hatte fast die Größe der "p-g 0001". Mit einem korrekt durchgeführten Anlegemanöver ging es längsseits. Eine Luke öffnete sich und eine Art Schleusenkammer wurde sichtbar. "Da sollen wir wohl rein. Eine etwas formlose Einladung", meinte der Marschall. Mit grimmigem Humor sagte er dann: "Alles mir nach!" Behende stieß er sich von der "p-g 0001" ab und landete genau in der gegenüberliegenden Schleusenkammer. Nachdem auch die anderen drei Männer gesprungen waren, schloß sich die Außenluke des bobitischen Schiffes. Copyright 2001 by readersplanet
Schon kurz danach hörte Phil Markett aus seinem Helmlautsprecher die Stimme Delon Malwarreks. "Das Gasgemisch, das die Bobits einlassen, ist atembar. Ich schlage vor, wir lassen unsere Helme aber trotzdem geschlossen." "Dafür bin ich auch", stimmte Parlim ihm bei. "Übrigens, die Schutzschirme unserer Raumanzüge dürfen natürlich nur bei akuter Gefahr aktiviert werden." "Wenn es dann nicht schon zu spät ist", murrte Selektor Bark. "Das Risiko müssen wir eben eingehen. Außerdem, wenn uns die Bobits beseitigen wollten, hätten sie dazu inzwischen reichlich Gelegenheit gehabt. Jetzt kommt es auf unser Verhandlungsgeschick an!" Delon Malwarrek unterbrach sich, denn die innere Luke der Schleuse ging auf. Zu beiden Seiten standen hinter der halbrunden Öffnung je vier Bobits. Die fremden Wesen sahen auch aus der Nähe wie große Vögel aus. Sie hatten auf den ersten Blick vieles mit dem Menschen gemeinsam. So standen sie auf zwei, wenn auch sehr kurzen Stummelbeinen, die in einen allerdings sehr plumpen Rumpf übergingen. Dort, wo sich beim Menschen etwa die Schulterblätter befanden, wuchsen auch aus ihrem Körper zwei Gliedmaßen hervor. Auf einem überlangen Hals saß der Kopf. Grundsätzlich unterschied sich ihr Äußeres also noch nicht einmal so sehr von dem des Menschen. Dennoch gab es gewaltige Abweichungen in der Anatomie. So schienen die Beine mehr der Ballance zu dienen, denn das Hauptgewicht des Körpers ruhte offensichtlich auf einem breiten Schwanzende. Daher mochte auch ihre etwas nach hinten geneigte Körperhaltung herrühren. Ihre Arme endeten nicht in Fingern, sondern in Hautfalten. Die röhrenähnlichen Gebilde, die das Empfangskomitee der Bobits auf sie gerichtet hielt, verschwanden mit einem Ende völlig in diesen Wulsten, die wie Greifer zupackten. Vermutlich handelte es sich bei den metallisch glänzenden Rohren um Waffen. Der Eindruck, es mit Vogelwesen zu tun zu haben, ging vor allem vom Kopf aus. Zwei große, tiefschwarze Augen saßen über einem kräftigen, leicht gekrümmten Schnabel. Über den Augen begannen sich Wulste zu bilden, die schließlich in eine Art bunt schillernden Hahnenkamm übergingen. Hinter welcher der zahlreichen Falten der Kopfhaut die Geruchs- und Gehörsorgane lagen, ließ sich nicht feststellen. Daß solche überhaupt vorhanden waren, setzten die vier Menschen als selbstverständlich voraus. Die lederartige Haut der Bobits wies unzählige Fältchen auf. In der Färbung war sie recht unterschiedlich gemustert. Beine und Arme waren braun bis schmutziggelb, Hals und Gesicht hellgelb bis violett. Im übrigen waren die Körper der acht Bobits zum größten Teil mit dunkelfarbigen Kleidungsstücken bedeckt. Minutenlang starrten sich die Vertreter der beiden Rassen schweigend an. Den Bobits waren keine Gefühlsregungen, falls sie zu solchen überhaupt fähig waren, anzumerken. Lediglich ihre Augen ließen erkennen, daß sie voller Leben waren. Endlich wies einer der Bobits mit seinem Rohr in das Innere des Schiffes. Die Menschen verstanden ihn richtig. Vorsichtig traten sie in ihren ungefügen Raumrüstungen in den Gang hinter der Schleusenkammer. Langsam tappten sie hinter einem der Bobits her, der ihnen vorauswackelte. Anders war die Fortbewegungsart des Bobits allerdings auch kaum zu bezeichnen. Er neigte sich nach vorne über, stützte sich für Bruchteile von Sekunden ganz auf seine beiden Stummelbeine und zog dann blitzschnell den Schwanz nach. Anschließend schien er jeweils einen Augenblick zu verharren, bevor er seine Beine erneut ausstreckte. Der Bewegungsrhythmus war so drollig anzusehen, daß die Menschen Mühe hatten, nicht in lautes Gelächter auszubrechen. Sie wurden in einen Raum geführt, der nicht so hell erleuchtet war wie der Gang. Plötzlich fühlten sie, daß sie sich nicht mehr bewegen konnten. Arme und Beine wurden von unsichtbaren Fesseln gehalten. Um sie herum setzte ein geschäftiges Treiben ein Mit allen möglichen Geräten und Instrumenten hatten es die Bobits vor allem auf ihre Ausrüstung abgesehen. Sie wurden zweifellos nach Waffen untersucht. Als die Bobits feststellten, daß sie die Raumrüstungen Copyright 2001 by readersplanet
mit ihren Spionstrahlen nicht durchdringen konnten, zogen sie sich aufgeregt zurück. Wohl zu einer Art Beratung steckten sie ihre Schnäbel zusammen. Da die Gefangenen auch ihre Köpfe nicht bewegen konnten, übersahen sie nur einen kleinen Teil des Raumes. Sie waren deshalb in höchstem Maße überrascht, als hinter ihnen plötzlich eine Stimme in der Universalsprache des Imperiums losdröhnte. "Herauskommen! Ihr herauskommen aus Hüllen! Wir wissen, ihr könnt herauskommen!" Delon Malwarrek versuchte verzweifelt, sich zu bewegen. Er konnte den Kopf höchstens zwei bis drei Zentimeter heben und senken. Dann sah er den Schnabel eines Bobits direkt vor seinem Gesicht. Er rollte mit den Augen, schnitt Grimassen und brüllte mühsam: "Wir können uns nicht bewegen!" Der Bobit verschwand, kam aber gleich wieder mit einem Gerät, das er vor den Helm hielt. Malwarrek wiederholte sein Gebrüll. Einige Minuten danach hatten die Bobits begriffen. Die Schwerkraftfesseln wurden gelöst. Erleichtert klappte Delon Malwarrek seinen Helm zurück. Zögernd taten es ihm seine Gefährten nach. Die Luft war angenehm frisch. Wieder wurden sie von der Stimme, die aus dem kleinen Apparat kam, aufgefordert, ihre Raumrüstungen zu verlassen. "Was sollen wir tun?" fragte Selektor Bark. Er sah dabei den Marschall an, der ein nicht gerade freundliches Gesicht zeigte. Ärgerlich antwortete Parlim: "Ausziehen, was denn sonst! Diese Burschen bringen es fertig, unsere Rüstungen mit Gewalt aufzubrechen." Delon Malwarrek hatte gar nicht erst die Antwort des Marschalls abgewartet, sondern seine Rüstung schon abgelegt. Doch die Bobits gaben sich damit noch nicht zufrieden. Er mußte sämtliche Taschen vor ihren Augen leeren. Sie hatten es besonders auf jedes Metallstück abgesehen. "Vermutlich fürchten sie sich vor Mini-Bomben", meinte Malwarrek. "Schon möglich", ließ sich der Marschall vernehmen. Nachdem auch Bark, Markett und ihm bis auf die Kleidung alles abgenommen worden war, ertönte die krächzende Stimme wieder aus dem Apparat. "Menschen, ihr folgen Serrinninsin! Großer Odul will jetzt euch sehen!" Der Bobit, der schon vorhin den Führer gespielt hatte, setzte sich wieder in Bewegung. Delon Malwarrek glaubte wenigstens, daß es derselbe war, denn er hatte sich die Färbung seines Hahnenkammes gemerkt. Die Tatsache, daß die Bobits eine Maschine besaßen, die einfache Sätze in der Universalsprache des Imperiums formulieren konnte, und die auch Rückübersetzungen in die Sprache der Bobits vornahm, hatte ihn nicht sonderlich überrascht. Er nahm an, daß die Bobits im Spiralarm NX 44 Gefangene gemacht hatten und deshalb eine solche Maschine bauen konnten. Für diese These sprach auch, daß sie genau wußten, welches Luftgemisch Menschen zum Atmen brauchten. Beim ersten Zusammentreffen mit Menschen war ihre Überraschung sicherlich groß gewesen, als sie feststellten, daß ihre Gegner ebenfalls Sauerstoffatmer waren. Auf die Frage, wie sich die Bobits miteinander verständigten, hatte Malwarrek bisher noch keine Antwort gefunden. Da er nicht an Telepathie glauben mochte, nahm er an, ihre Sprache würde im Bereich des Ultraschalls liegen. Des weiteren vermutete er, daß der "Große Odul", zu dem sie jetzt geführt werden sollten, eine hochgestellte Persönlichkeit war. Als die künstliche Stimme aus der Sprechmaschine seinen Namen nannte, hatten alle anwesenden Bobits ruckartig ihren sonst steil aufgerichteten Kamm zur Seite gelegt. Sicherlich war das ein Zeichen der Hochachtung und des Respektes. Serrinninsin machte vor der Schleusenkammer des Beibootes halt. Zur Verblüffung der vier Männer öffneten sich kurze Zeit später beide Schleusenluken gleichzeitig. Dahinter tat sich eine große Halle auf. Sie befanden sich bereits an Bord des Dreiecksschiffes, zu dem das Beiboot gehörte. Copyright 2001 by readersplanet
Eine Abordnung erwartete sie. Kaum hatten sie sich in der weiträumigen Halle umgesehen, in der noch drei weitere Beiboote lagen, da ging es auch schon weiter. Serrinninsin führte sie immer noch. Der "Große Odul" schien es eilig zuhaben, sie kennenzulernen. * "Marschall Berfago, ich ernenne Sie hiermit zum Oberbefehlshaber der Raumflotte des Imperiums!" Der Mann, der diese Worte sprach, befand sich fünfzigtausend Lichtjahre von der "terra XII" entfernt auf Wega VII. Seine dreidimensionale Projektion stand aber jetzt direkt vor Berfago. Einige Stunden, nachdem Marschall Parlim mit der "p-g 0001" die "terra XII" verlassen hatte, war es den Technikern gelungen, über eine Relaiskette von 5000 Schiffen eine Sichtverbindung mit dem Zentralbüro der "press-galaxis" auf Terra herzustellen. Die Mitglieder des Hohen Rates waren schon vorher auf ihren Heimatplaneten informiert worden. Mehr oder weniger erwartungsvoll hatten sie sich zu dieser ungewöhnlichen Sitzung bereiterklärt. Zwar waren sie alle schon häufig auf der Basis dreidimensionaler Bildübertragungen zu Ratsversammlungen zusammengekommen, aber noch niemals über eine solch ungeheure Entfernung, wie es diesmal der Fall sein sollte. Die Leute von der "press-galaxis" hatten gute Vorarbeit geleistet Die Relaiskette der 5000 Raumschiffe stand noch nicht ganz, da begann ihr Superplock schon mit der Sendung der gebündelten Bildträger. Die Techniker der Flotten waren mehr als beeindruckt von der gewaltigen Sendeleistung des Superplocks der "press-galaxis". Die große Anfangsenergie der Sendung erleichterte ihnen die Arbeit wesentlich. Marschall Berfago war gar nicht davon erbaut gewesen, daß die Verbindung schneller als geplant hergestellt werden konnte. Er war in großer Sorge um den Oberkommandierenden. Kurz nachdem die "p-g 0001" gestartet war, riß jeder Kontakt mit dem Blitzschiff ab. Berfago war inzwischen schon halb davon überzeugt, daß Marschall Parlim in die Hände der Bobits gefallen war. Dafür sprach vor allem die Tatsache, daß für einige Minuten ein unbekanntes und undurchdringliches Strahlenfeld in der Nähe des mutmaßlichen Kurses der "p-g 0001" geortet worden war. Danach war das Schiff nicht wieder aufgetaucht. Dennoch hielt Marschall Berfago sich strikt an die Befehle seines Vorgesetzten: Die "terra XII" lag immer noch rund ein Lichtjahr von der Aufmarschposition der Flotte entfernt. Die Bobits hatten keinen weiteren Angriff mehr gestartet. Dafür erhielten sie aber seit Stunden laufend Verstärkungen. Ihnen standen bereits mehr Einheiten zur Verfügung als der bisher aufgebotenen Flotte des Imperiums. Mehr denn je war Berfago der Überzeugung, daß nur ein schneller Angriff eine Katastrophe verhindern konnte. Zunächst beschränkte er sich aber darauf, der Operationsabteilung Anweisung zu geben, größere Reserven unmittelbar bereitzustellen. Das war die Lage, als die Zentrale der "terra XII" plötzlich von einer Sekunde zur anderen zum Sitzungssaal des Hohen Rates wurde. Marschall Berfago ließ sich nicht anmerken, wie sehr es ihn störte, von fast 400 Projektionen menschlicher Körper umgeben zu sein. Die Täuschung der Sinne war nahezu vollkommen. Wären nicht manche Körper vor allem an den Rändern etwas auseinandergeflossen und unscharf gewesen, hätte man keinen Anhaltspunkt dafür gehabt, daß es sich nicht um leibhaftig anwesende Menschen handelte. Schadenfroh nahm Berfago zur Kenntnis, wie einige der Ratsherren unwillkürlich die Augen schlossen oder zurückschreckten, wenn Techniker, die noch Feineinstellungen vornahmen, ungerührt durch ihre materielosen Gestalten eilten. Berfago fühlte, wie sich die Blicke der Ratsherren erwartungsvoll auf ihn richteten. Er gab sich einen Ruck, trat vor, verneigte sich leicht und erstattete Bericht. Noch während er redete, ging eine Welle der Erregung durch die Reihen der Ratsherren. Einige von ihnen verständigten sich mit knappen Worten. Schließlich hob der alte Rusak Let von Wega VII den Arm. Sofort trat Schweigen ein. Rusak Let trug den Titel Höchster Rat; schon seit Jahren leitete er die Sitzungen des Hohen Rates. Mit erhobener Stimme sagte Rusak Let: "Ich kann einfach nicht verstehen, wie Marschall Parlim in einer solchen Situation sein Flaggschiff verlassen konnte. Der Krieg gegen die Bobits währt nun schon 800 Jahre, aber noch niemals hat ein Oberkommandierender sich so Copyright 2001 by readersplanet
merkwürdig verhalten!" Es war offensichtlich. Rusak Let war entschlossen, sich diese Gelegenheit nicht entgehen lassen. Jedermann in der Zentrale der "terra XII" wußte, daß Marschall Parlim nur gegen den erbitterten Widerstand Lets zum Oberbefehlshaber der Flotte ernannt worden war. Rusak Let richtete seine Worte jetzt direkt an die Ratsherren: "Hoher Rat, hat man schon jemals gehört, daß der Kommandant einer Flotte vor Beginn des Kampfes den Befehl gibt, sein Flaggschiff in Sicherheit zu bringen? Marschall Parlim hat es getan! Doch damit noch nicht genug! Während der Marschall aus der sicheren Entfernung von einem Lichtjahr den Angriff der Bobits erlebte, verbot er unseren tapferen Raumschiffkommandanten, den Feind mit den Breitseiten ihrer Schlachtkreuzer zu empfangen. Das alles genügte Marschall Parlim aber noch nicht. Schließlich setzte er sich auch noch in ein Blitzschiff und suchte das Weite. Hoher Rat, ich frage, wie nennt man so einen Mann? Ich finde nur eine Antwort: Feigling! Soll ein Feigling Oberbefehlshaber unserer Raumflotte bleiben?" Hochaufgerichtet wartete Rusak Let die Reaktion der Ratsherren ab. Viele von ihnen, das wußte er, hatten bisher von Marschall Parlim eine hohe Meinung gehabt. Jetzt sah er auf manchen Gesichtern Verwirrung und Zweifel. Alfo Lunga, der Ratsherr des Mutterplaneten Terra, meldete sich zu Wort. Lunga gehörte zu den angesehensten Männern des Imperiums. Er war ein direkter Nachkomme des legendären Kapitäns, der als erster mit seinem Schiff gegen die Bobits gekämpft hatte. Außerdem war er ein eifriger Befürworter der Wahl Parlims gewesen. Rusak Let, der nur zu gut wußte, daß Alfo Lunga eines Tages sein Nachfolger werden würde, verbarg nur schlecht seine Freude über die Entwicklung der Ratssitzung in der "terra XII". Mit seiner tiefen Stimme verschaffte sich Lunga sofort Gehör: "Hoher Rat, ich nehme es dem Höchsten Rat nicht übel, wenn er die Maßnahmen des Oberbefehlshabers kritisiert. Auch mir erscheinen einige seiner Befehle zumindest ungewöhnlich. Übel nehme ich ihm aber, daß er einen solchen Mann wie Marschall Parlim in aller Öffentlichkeit der Feigheit bezichtigt. So sehr ich aber auch die Entgleisung des Höchsten Rates bedauere, jetzt will ich mich nicht lange mit einer so vergleichsweise nebensächlichen Angelegenheit beschäftigen. Jeder, der den Bericht Marschall Berfagos mit Aufmerksamkeit verfolgt hat, wird mir zustimmen müssen, daß unser Kampf in eine entscheidende Phase getreten ist. Beschränkten sich die Kampfhandlungen bisher fast ausschließlich darauf, daß einzelne Schiffe unserer immer weiter ins Unbekannte vorstoßenden Flotte auf die Feinde trafen, so haben wir es jetzt mit einem gewaltigen Aufgebot feindlicher Einheiten zu tun! Es scheint so, als sollte es zur Entscheidungsschlacht kommen! Leider weiß ich nicht, welche Pläne Marschall Parlim entwickelt hat. Noch gebe ich die Hoffnung nicht auf, daß er sich bald melden wird. Dennoch müssen wir Vorsorge für den Fall treffen, daß er dem Feind in die Hände gefallen ist. Ich komme dem Höchsten Rat also - wenn auch aus anderen Motiven - entgegen, wenn ich empfehle, Marschall Berfago von seiner Gehorsamspflicht gegenüber Marschall Parlim zu entbinden. Gleichzeitig schlage ich vor, Marschall Berfago zum neuen Oberbefehlshaber zu ernennen!" Restlos verblüfft vergaß Rusak Let die scharfe Erwiderung, die er auf der Zunge hatte. Eilig meinte er: "Darüber müssen wir sofort abstimmen!" Wie nicht anders zu erwarten gewesen war, hieß der Hohe Rat den Vorschlag Alfo Lungas einstimmig gut. Besonders starke Zweifel, ob diese Entscheidung richtig war, sah man aber in den Blicken der kleinen Gruppe von Ratsherren, die gleich Alfo Lunga auch noch Mitglieder der Gesellschaft für Forschung und Technologie waren. Die Ernennung Marschall Berfagos zum Oberbefehlshaber schien Rusak Let sichtlich Wohlbehagen zu bereiten. Seine Freude erhielt aber gleich darauf einen empfindlichen Dämpfer. Mit großer Entschlossenheit sagte Marschall Berfago nämlich: "Ich nehme die Ernennung an, betone aber, daß ich das Amt sofort zur Verfügung stelle, wenn Marschall Parlim Copyright 2001 by readersplanet
zurückkommen sollte." Nach einem Moment des Nachdenkens fuhr er fort: "Ich teile nicht die Auffassung des Höchsten Rates, daß Marschall Parlim ein Feigling ist!" Diese Erklärung wurde von vielen Ratsherren mit beifälligem Kopfnicken aufgenommen. Rusak Let verzichtete auf jeden Kommentar. Marschall Berfago hatte sich offensichtlich zu einem Entschluß durchgerungen. Er trat vor die Übersichtswand, auf der die Positionen der beiden Flotten angezeigt wurden. Die Zahl der roten Punkte übertraf die der gelben bereits erheblich. Hart kam sein Befehl: "An Operationsabteilung, bisherige Schlachtordnung auflösen, schwere Einheiten für Angriff umgruppieren!" Ratsherr Alfo Lunga war mit dieser Entwicklung gar nicht einverstanden. Ärgerlich schüttelte er den Kopf. Noch wollte er aber seine Trümpfe nicht ausspielen, deshalb schwieg er. Fast ohne Verzögerung erreichte der Befehl des Marschalls die Flotte. Die gelben Punkte auf der Übersichtswand gerieten in Bewegung. Schon nach kurzer Zeit sah es so aus, als würde das heillose Durcheinander von Schiffen des Imperiums niemals mehr entwirrt werden können. Doch dieser Eindruck hielt nicht lange vor. Bald war zu erkennen, daß sich ein Teil der Schiffe zu einem langen, vorne etwas abgeflachten Pfeil formierte. Die restlichen Einheiten, es handelte sich wohl um die Zerstörer und leichten Kreuzer, übernahmen in langen Ketten gestaffelt die Flankendeckung. Es waren noch keine 20 Minuten vergangen, da stand die Flotte zum Angriff bereit. Die Bobits hatten bisher noch nicht zu erkennen gegeben, daß sie die Umgruppierung der Imperiumsflotte richtig deuteten. Vielleicht fühlten sie sich aber auch in ihrer derzeitigen Aufstellung jedem Angriff gewachsen. Nach wie vor hatten sie ihre Schiffe in mehreren ineinanderverschachtelten Pyramiden geordnet. Noch immer betrug die Entfernung zwischen beiden Flotten etwa 500 Lichtminuten. Doch Marschall Berfago sollte nicht mehr dazu kommen, den Angriffsbefehl zu geben. Der Chef der Operationsabteilung meldete sich mit leichter Panik in der Stimme: "Bobits haben erneut Verstärkungen erhalten, die auf der Übersichtswand noch nicht berücksichtigt sind. Es handelt sich um eine Flotte von etwa 11.000 Einheiten. Unsere P-Kreuzer werden bald mit Kontaktstrahlen Einzelortung vornehmen." Wie versteinert stand Marschall Berfago da. Gebannt blickte er auf die Übersichtswand. Erst vereinzelt, dann in immer schneller werdender Folge füllte sich der bisher leere Raum zwischen der Flotte der Bobits und der Flotte des Imperiums mit roten Punkten. Aus den Reihen der Ratsherren kamen besorgte Rufe. Mit leicht überschnappender Stimme rief Rusak Let: "Marschall, Sie müssen auf der Stelle etwas unternehmen! Wir haben Jahr für Jahr Billionen für den Aufbau der Flotte bewilligt, jetzt soll sie uns gefälligst verteidigen. Vor allem müssen Verstärkungen herangeführt werden." Zornig wandte sich Berfago dem Höchsten Rat zu: "Hier gebe ich die Befehle! Die Flotte wird eher untergehen, als kampflos das Feld räumen. Natürlich verteidigen wir das Imperium." "Das bezweifelt selbst der Höchste Rat nicht ernsthaft, aber es wird kaum noch erforderlich sein", erklärte Alfo Lunga mit lauter Stimme. Wie eine Bombe schlugen diese Worte ein. Fast alle Ratsherren waren völlig verblüfft. Lunga sprach sachlich weiter: "Bei der eben aus dem Hyperraum getretenen Flotte handelt es sich um Schiffe, die unter dem Kommando des Präsidenten der ,GEFOTE` stehen, des Ihnen allen wohlbekannten Loger Darra. Ich vermute, daß Darra schwerwiegende Gründe hat, einen Angriff der Imperiumsflotte auf die Bobits zu verhindern. Aus diesem Grunde dürfte er seine Einheiten zwischen die Fronten gelegt haben!" Mit einer Handbewegung wehrte Lunga die teils bestürzten, teils zornigen Fragen seiner Ratskollegen ab. Direkt an Marschall Berfago gerichtet sagte er: "Bei den Schiffen Darras handelt es sich um Konstruktionen, die allen Einheiten der Flotte weit überlegen sind. Als Mitglied der ,GEFOTE` ist Marschall Parlim darüber informiert gewesen. Ich versichere Ihnen, daß die ,GEFOTE` an der Seite der Imperiumsflotte kämpfen wird, wenn die Dreiecksschiffe zum Angriff übergehen sollten."
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Jetzt wandte sich Lunga an die Ratsherren: "Hoher Rat, ich muß Sie bitten, sich noch etwas zu gedulden. Alle Fragen, die Ihnen auf der Zunge brennen, werden vermutlich schon bald beantwortet. Sie erfahren dann alles über das am besten gehütete Geheimnis der Menschheit!" * Ohne sich auch nur einmal umzudrehen, war Serrinninsin ihnen vorangeeilt. Durch scheinbar endlose Korridore waren die vier Gefangenen in das Zentrum des Dreiecksschiffes geführt worden. Wenn sie auch zunächst angenommen hatten, sofort dem "Großen Odul" vorgestellt zu werden, so mußten sie jetzt erkennen, daß sie doch die Neugier des Führers der Fremden überschätzt hatten. Serinninsin hatte sie in einen völlig leeren Raum geleitet und dann alleingelassen. Hinter ihm hatte sich eine Tür geschlossen, die sich fugenlos in die Wand einpaßte. Der Raum maß rund zehn mal vier Meter und war mindestens fünf Meter hoch. "Obwohl ich keine versteckten Mikrofone und Spionaugen entdecken kann, werden wir ganz bestimmt belauscht und beobachtet", brach Delon Malwarrek das Schweigen. "Natürlich" brummte Marschall Parlim. "Hoffentlich läßt uns der ,Große Odul` hier nicht zu lange schmoren, denn wenn ich daran denke, daß Marschall Berfago unser Verschwinden auf seine Weise auslegt und zum Angriff bläst, dürften wir in ihm kaum noch einen verständnisvollen Verhandlungspartner finden!" "Keine Sorge, selbst wenn Berfago wollte, könnte er nicht mehr. Schließlich haben wir ja Darra in Reserve", sagte Malwarrek zuversichtlich. "Etwas Anderes bereitet mir im Moment größere Sorge. Ich denke da an Selektor Bark und Kadett Markett. Wir können jetzt keine langen Erklärungen abgeben, ich schlage deshalb vor, Marschall, Sie befehlen den beiden, sich in der nächsten Zeit über nichts mehr zu wundern und eisern zu schweigen." "Sie haben gehört, was Ratsbevollmächtigter Malwarrek vorgeschlagen hat. Obwohl ich mir kaum vorstellen kann, daß Sie sich nicht wundern werden, befehle ich hiermit, es nicht zu tun!" Mit diesen Worten wandte sich Parlim ironisch lächelnd an Bark und Markett. Sein Gesicht bekam einen harten Ausdruck, als er sagte: "Sie haben also, was auch immer geschehen mag, den Mund zu halten!" Die beiden Männer nickten unsicher mit dem Kopf. "Ich habe verstanden, Marschall", sagte Selektor Bark. Seinem Mienenspiel war aber unschwer zu entnehmen, daß er nichts verstanden hatte. "Ich auch", echote Markett. "Na wunderbar", meinte Parlim. Er gab sich erst gar nicht die Mühe, seine Zweifel zu verbergen. Als wenn eine unsichtbare Hand Regie führen würde, was ja wohl auch der Fall war, öffnete sich in diesem Augenblick eine Tür in der Wand und Serinninsin trat herein. Er spielte abermals den Führer. Ihm folgte ein Mensch in der Uniform der Flotte. Für Sekunden herrschte atemloses Schweigen, dann brüllte Marschall Parlim: "Admiral Basarb! Sie leben!" Der Offizier stutzte, dann erkannte er den Marschall. Er salutierte und sagte mit betroffen klingender Stimme: "Marschall Parlim, Sie auch Gefangener der Bobits! Steht es so schlecht um das Imperium?" "Ja, nein, also ich bin..", Marschall Parlim verhaspelte sich hoffnungslos und begann neu: "Ich bin mehr oder weniger ein freiwilliger Gefangener und um das Imperium machen Sie sich keine unnötigen Sorgen!" Breitbeinig stellte sich Parlim vor den Admiral hin. Serrinninsin war zur Seite getreten. Er verließ diesmal den Raum aber nicht, obwohl sich die Tür wieder schloß. Er schien jetzt eine Art stillen Beobachter spielen zu wollen. "Nun erzählen Sie einmal der Reihe nach, wie es Ihnen ergangen ist. Die Geschichte Ihres großen Sieges kenne ich schon. Sie können sich also auf Ihre Niederlage und Gefangennahme beschränken. Vor allem bin ich daran interessiert, zu erfahren, wie es Ihnen in der Gefangenschaft ergangen ist!" Copyright 2001 by readersplanet
Sachlich und, so kam es Kadett Markett vor, unangemessen kalt klangen die Worte des Marschalls. Dem Admiral schoß das Blut in den Kopf. Er riß sich aber zusammen und begann sofort mit seinem Bericht: "Nachdem wir die überraschend aufgetauchte Flotte der Feinde im NX 44 vernichtet hatten, wartete ich mit meinen Einheiten auf das Ergebnis der Suchaktion nach den entflohenen Bobits. Meine Schiffe befanden sich in höchster Alarmbereitschaft. Doch als wir dann angegriffen wurden, half uns das alles nichts. Die Traktorstrahlen der riesigen Dreiecksschiffe waren sogar noch wesentlich stärker, als wir zunächst angenommen hatten. Natürlich wehrten wir uns mit allen zur Verfügung stehenden Waffen. Unsere Energiewerfer und Superblaster kamen gegen die Schutzschirme der Bobits aber einfach nicht an. Auch mit konzentriertem Punktfeuer konnten wir sie nicht durchdringen. Wie sich bald herausstellte, war es uns auch unmöglich, in den Hyperraum zu entkommen." Admiral Basarb zögerte hier einen Moment mit dem Sprechen, fuhr dann jedoch mit fester Stimme fort: "Zu diesem Zeitpunkt war mir klar, daß wir Gefangene der Bobits waren. Dennoch konnte ich mich nicht entschließen, den Befehl zur Selbstvernichtung zu geben. Immerhin war ja noch keinem der 170.000 Besatzungsmitglieder der mir unterstellten Schiffe ein Haar gekrümmt worden. Schon kurze Zeit später wäre auch das nicht mehr möglich gewesen, selbst wenn ich es gewollt hätte. Es gelang den Bobits nämlich, unsere Schutzschirme zu neutralisieren und uns blitzschnell mit Lähmstrahlen außer Gefecht zu setzen. Als meine Männer und ich aus der tiefen Bewußtlosigkeit erwachten, befanden wir uns schon an Bord der Dreiecksschiffe." Mit höchster Aufmerksamkeit verfolgten die vier Männer den Bericht des Admirals. Als Basarb wieder eine Pause einlegte, drängte ihn Marschall Parlim ungeduldig zum Weitersprechen. Basarb gehorchte und erzählte weiter: "Ich möchte zunächst klarstellen, daß ich es nicht bedauere, den Befehl zur Selbstvernichtung nicht gegeben zu haben. In der Zeit meiner Gefangenschaft bei den Bobits bin ich auf eine Reihe von Ungereimtheiten gestoßen, die mir doch sehr zu denken gegeben haben. Vor allem sehe ich keinen Grund dafür, warum Menschen und Bobits unaussöhnliche Feinde bleiben sollen." Marschall Parlim und Delon Malwarrek wechselten schnell einen Blick. Geradezu liebenswürdig meinte Parlim dann: "Darauf werden wir noch zu sprechen kommen. Zuerst erzählen Sie uns aber bitte, was geschah, nachdem Sie Gefangener an Bord eines der Dreiecksschiffe waren." Überrascht sah der Admiral auf. Er verstand nicht ganz, warum der Marschall auf einmal einen so freundlichen Ton anschlug. "Die Bobits bekamen verhältnismäßig schnell heraus, daß ich der Befehlshaber ihrer Gefangenen war. Die Verständigung war anfänglich allerdings recht mühsam, denn die Bobits besitzen keine Geräte, die mit unseren Gehirnsonden zu vergleichen wären. Nach und nach kam dann aber doch so etwas wie ein Gedankenaustausch über eine Art Sprech- und Übersetzungsmaschine zustande. Das Ergebnis dieser Unterhaltungen ist aber nicht sehr befriedigend. Wenn ich meine Gesprächspartner richtig verstanden habe, beharren sie auf der unsinnigen Behauptung, daß es keinen Krieg zwischen ihnen und uns gibt. Zumindest soll es ihn nicht gegeben haben, bis ich ihre Flotte vernichtete. Leider habe ich in der letzten Zeit keine Gelegenheit mehr bekommen, mit dem ,Großen Odul` darüber zu diskutieren, sonst wäre ich jetzt schon weiter!" Hier unterbrach der Marschall den Admiral: "Sie kennen den ,Großen Odul`? Das ist äußerst interessant. Erzählen Sie uns alles, was Sie über ihn wissen!" "Der ,Große Odul` ist ein verblüffend leistungsstarkes Positronengehirn. Er ist die oberste Regierungsinstanz der Bobits. Manchmal hatte ich sogar den Eindruck, als würde er wie eine Gottheit verehrt. Seine Entscheidungen sind unanfechtbar. Alles, was der ,Große Odul` bestimmt, ist für die Bobits automatisch Gesetz." "Ein Positronengehirn, also im weitesten Sinne doch noch eine Maschine, soll Oberhaupt einer hochentwickelten Zivilisation sein?" In Marschall Parlims Stimme klang Zweifel mit. "Sie müssen sich damit abfinden. Wir führen Krieg gegen eine Maschine. Ich scheue nicht davor zurück, dieses Wort auszusprechen. Allerdings weist das Positronengehirn mitunter in Copyright 2001 by readersplanet
seinen Reden Züge auf, die eigentlich nicht zu erwarten wären. Man könnte dann fast annehmen, es mit einem fühlenden und lebenden Wesen zu tun zu haben. Als wir das letzte Mal miteinander sprachen, kündigte mir der ,Große Odul` an, daß er unsere Sprache bald perfekt beherrschen würde." "Was halten Sie davon?" fragte Parlim Malwarrek, der ein sehr nachdenkliches Gesicht machte. "Ein Positronengehirn, selbst wenn es zu Gefühlsregungen fähig sein sollte, wird in erster Linie logisch denken. Ich meine deshalb, daß der ,Große Odul` für uns noch nicht einmal der schlechteste Verhandlungspartner ist. Es wird nur langsam Zeit, daß er mit dem Versteckspielen aufhört." "Ganz wie Sie wünschen", dröhnte kurz nach den Worten Malwarreks eine Stimme auf, die von der Decke zu kommen schien. "Aha, der ,Große Odul` läßt sich dazu herab, mit uns zu sprechen. Verneigen wir uns in Ehrfurcht vor ihm!" Malwarreks Worte trieften vor Ironie. Verwundert blickten ihn die anderen Männer an. Wieder meldete sich die Stimme von der Decke: "Es hat eine gewisse Zeit gedauert, ehe ich begriffen habe, daß es nicht genügt, die Worte der menschlichen Sprache zu übersetzen, um ihre Bedeutung zu verstehen. Jetzt bin ich mir sicher, daß der Mensch mit Namen Malwarrek keineswegs Ehrfurcht vor mir empfindet. Wenn er dennoch Worte formuliert, die das scheinbar zum Ausdruck bringen, so sind diese Worte nicht wahrhaftig. Ein Mensch spürt das vermutlich sofort mit Sinnen, die mir nicht zur Verfügung stehen. Ich nehme also als gegeben an, daß Malwarreks Worte ironisch gemeint sind. Da ich aber bei der Durchforschung des Bewußtseinsinhaltes von Menschen gelernt habe, daß Ironie beleidigend und verletzend sein kann, muß ich Malwarrek bestrafen." Staunend waren die Menschen den Worten des "Großen Oduls" gefolgt. Malwarrek machte ein betroffenes Gesicht. Unwillkürlich versuchte er, sich mit den Händen an Marschall Parlim festzuklammern, als er von einer unsichtbaren Kraft in die Luft gehoben wurde. Erschreckt machte der Oberbefehlshaber der Flotte einen Schritt zurück. Völlig hilflos schwebte Malwarrek in der Mitte des Raumes. Sein Körper vollführte Bewegungen, die eine entfernte Ähnlichkeit mit tiefen Verbeugungen hatten. Schließlich ließ ihn der "Große Odul" aus drei Meter Höhe auf den Boden fallen. Benommen rappelte er sich auf. Ein anerkennendes Lächeln erschien auf seinen Lippen, als er sagte: "Ich habe meine Lektion verstanden!" "Das ist gut so, denn Sie sind doch freiwillig gekommen, um mit mir zu verhandeln", sprach der "Große Odul". Unüberhörbar war für die fünf Menschen die ironische Bedeutung seiner Worte. Inzwischen hatte Serrinninsin Anweisungen erhalten, sie wieder zu führen. Wie sich später herausstellte, verständigten sich die Vogelwesen tatsächlich im Bereich des Ultraschalls. Durch eine Tür und einen kurzen Verbindungsgang folgten die Menschen Serrinninsin in einen anderen Raum. Sofort erkannten sie, daß sie jetzt dem "Großen Odul" direkt gegenüberstanden. Auch das Verhalten ihres Führers, der sich ehrfürchtig verneigte, ließ diesen Schluß zu. Von dem eigentlichen Positronengehirn war allerdings wenig zu sehen. Die Schaltkreise dieses komplizierten Gebildes befanden sich hinter meterdicken Schutzwänden. Um so größer war dafür die Zahl der sichtbaren Sensoren. Nach welchen Prinzipien diese Wahrnehmungsinstrumente konstruiert waren und wie sie funktionierten, war nicht festzustellen. Leise sagte Marschall Parlim zu Delon Malwarrek: "Es wird das Beste sein, wenn Sie die Verhandlung führen. Information und Propaganda sind ja nun einmal Ihre Spezialgebiete. Außerdem kennen Sie sich in der Politik der ,GEFOTE` besser aus als ich. Wenn es erforderlich erscheint, kann ich mich ja immer noch einschalten." Admiral Basarb, Selektor Bark und Kadett Markett, die hinter den beiden Männern standen, warfen sich verblüffte Blicke zu. Es schien ihnen unfaßlich, daß der Marschall freiwillig die Verhandlungsführung an einen Zivilisten abtrat. Copyright 2001 by readersplanet
Delon Malwarrek war inzwischen einen Schritt vorgetreten. Er sah in Richtung auf fünf leuchtende Kugeln, die scheinbar schwerelos etwas vor den anderen Geräten an der gegenüberliegenden Wand schwebten. Mit fester und entschlossener Stimme fing er an zu reden: "Beherrscher der mächtigen Rasse, der es gelang, eine unserer Flotten im Kampf zu überwinden, ich bitte dich um Gehör! Du hast bisher viel Rätselhaftes über uns Menschen vernommen und vielleicht schon an unseren Verstandeskräften gezweifelt Vor allem wird es dich in Erstaunen versetzt haben, daß alle Menschen, mit denen du sprachst oder deren Bewußtseinsinhalt du durchforscht hast, in dem festen Glauben waren, Gefangene eines Feindes zu sein, gegen den ihre Rasse schon seit Jahrhunderten Krieg führt. Ich muß gestehen, daß es nur wenige Menschen gibt, die wissen, wie unsinnig dieser Glaube ist. Wir Menschen haben ein schreckliches Unrecht begangen, als wir die Flotte deiner Untertanen vernichteten." Während Malwarrek sprach, hatten die fünf Kugeln mehrmals die Farbe gewechselt. Dumpf dröhnte jetzt die Stimme des "Großen Oduls" durch den Raum. "Das alles soll also nur ein Irrtum gewesen sein?" "Ja, ein Irrtum, den wir Menschen in grenzenloser Überheblichkeit verschuldeten!" "Obwohl ich genau weiß, daß es so und nicht anders sein muß, befriedigt mich diese Erklärung nicht. Warum habt ihr diesen Irrtum nicht sofort aufgeklärt?" Leise antwortete Malwarrek: "Weil auf diesem Irrtum praktisch unsere gesamte Kultur und Entwicklung der letzten Jahrhunderte aufgebaut sind. Doch nur wenige Menschen sind in dieses Geheimnis eingeweiht. Das aber ist ein Problem, mit dem wir Menschen uns allein auseinandersetzen müssen. Dir, "Großer Odul", sei gesagt, daß wir keine blindwütigen Mörder sind. Den Kommandanten unserer Flotte trifft keine Schuld, denn er und alle seine Männer sind dazu erzogen worden, in jedem Raumschiff eine Einheit der uns verhaßten Bobits zu sehen. Unser großer Irrtum liegt einfach darin begründet, daß wir glaubten, nur wir Menschen selbst und die Bobits würden über den interstellaren Raumantrieb verfügen. Ihr aber seid nicht die Bobits, sondern eine dritte Rasse, die ebenfalls den Sternenantrieb entwickelt hat." Admiral Basarb und Selektor Bark standen wie gelähmt da. Kadett Markett hatte jedes Wort begierig aufgenommen. Seine Verblüffung hielt sich aber in Grenzen, da er ohnehin mit den tollsten Überraschungen gerechnet hatte. Aufmerksam beobachtete er Delon Malwarrek. Der Gesichtsausdruck des Mannes schien ihm merkwürdig verzerrt, so als wartete er gespannt darauf, wie der "Große Odul" seine Worte aufnahm. Auch die geschraubte Redeweise Malwarreks kam Markett verdächtig vor. Als er dann noch die skeptischen Blicke des Marschalls sah, war der Kadett vollends überzeugt, daß Malwarrek nicht mit offenen Karten spielte. "Wir sind nicht die Bobits, das ist richtig. In eure Sprache übersetzt müßte man uns mit Sisiten bezeichnen. Doch bevor wir uns über unsere Rassen unterhalten, habe ich noch einige Fragen, von deren Beantwortung es abhängt, ob ich den Worten des Menschen Malwarrek Glauben schenke " Eine unausgesprochene Drohung schwang in der künstlich erzeugten Stimme des Positronengehirns mit. "Ich werde jede Frage beantworten", sagte Delon Malwarrek und wischte sich dabei verstohlen einige Tropfen Schweiß von der Stirn. "Alle Menschen, die wir gefangengenommen haben, waren davon überzeugt, in die Hände der Bobits gefallen zu sein. Sie erwarteten nur noch den Tod. Mit Gnade rechnete keiner der Gefangenen. Dennoch haben Menschen auf dem Planeten Mandos V, wie ihr ihn nennt, die die Möglichkeit hatten, Sisiten zu töten, es wunderbarerweise nicht getan, obwohl sie doch annehmen mußten, es mit den ihnen so verhaßten Bobits zu tun zu haben. Warum haben sie sich so verhalten?" "Nur ganz wenige Menschen konnten zu diesem Zeitpunkt wissen, daß es sich nicht um die Bobits handelte. Einer davon war ich. Aus Gründen, die ich gleich noch näher erläutern werde, befand ich mich damals auf Mandos V. Glücklicherweise, denn so konnte ich unnützes Töten verhindern. Aber ich muß weit ausholen, wenn ich alle Zusammenhänge aufklären will." Copyright 2001 by readersplanet
Als Malwarrek weitersprach, hatte er eine ausgesprochene Verschwörermiene aufgesetzt. "Vor noch nicht langer Zeit gelang einem privaten Forschungsschiff einer Gesellschaft von Wissenschaftlern und Technikern, die wir kurz ,GEFOTE` nennen, eine entscheidende Entdeckung. Was seit vielen Generationen Sinnen und Trachten unzähliger Raumschiffkommandanten gewesen ist, entdeckte dieses Schiff rein zufällig: Das Heimatsystem der Bobits. Gleichzeitig wurde aber auch festgestellt, daß den Bobits die genaue Position unseres Imperiums kein Geheimnis war. Erschüttert mußten die Besatzungsmitglieder des Forschungsschiffes sich eingestehen, daß die Bobits uns in der technischen Entwicklung voraus waren. Schnell erkannten die Männer aber auch, warum die Bobits unser Imperium noch niemals angegriffen hatten. Sie sind uns rein zahlenmäßig hoffnungslos unterlegen. Insgesamt bewohnen sie nur drei Planeten eines einzigen Systems. Ihre Taktik war es bisher gewesen, uns vorzugaukeln, wir hätten es mit einer großen und mächtigen Rasse zu tun, deren Ursprung irgendwo in den Tiefen der Galaxis läge. Geschickt hatten sie es verstanden, unsere Suchflotten immer weiter von den drei Planeten fortzulocken. Sie erreichten das, indem sie sich mit zahlenmäßig meist unterlegenen Kräften mal hier und mal dort zum Kampf stellten. Ob Niederlage oder Sieg, anschließend verschwanden sie stets wieder spurlos. Als die Führer der ,GEFOTE` den Bericht ihres Forschungsschiffes erhielten, entschlossen sie sich zu strengster Geheimhaltung. Noch nicht einmal der Hohe Rat und die Flotte wurden informiert. Ein direkter Angriff gegen die Heimatplaneten der Bobits verbot sich natürlich zunächst von selbst. Die Bobits hätten mit ihrer zwar vergleichsweise kleinen, dafür aber kampfstarken Flotte fürchterliche Vergeltungsschläge gegen das Imperium führen können. "Die ,GEFOTE` hielt die Geheimhaltung vor allem deshalb für erforderlich, weil befürchtet werden mußte, daß sich schon innerhalb des Imperiums Spione der Bobits befanden. Nur ein kleiner Kreis von Männern und Frauen, zu denen auch ich gehöre, wurden über alles informiert. Anschließend begann die ,GEFOTE` sofort mit der Entwicklung neuer Waffen und Raumschiffe. Es galt, den technischen Vorsprung der Bobits wettzumachen. Natürlich wurden die Bobits ständig unter Beobachtung gehalten. Als ich nun die Nachricht erhielt, daß Admiral Basarb im Spiralarm NX 44 eine Flotte der Bobits mit völlig neuartigen Dreiecksschiffen vernichtet haben sollte, rechnete ich sofort mit ungeahnten Komplikationen. Zunächst hoffte ich noch, es handele sich um einen Übertragungsfehler bei der Nachrichtenübermittlung. Um Klarheit zu bekommen, flog ich zum NX 44. Hier bestätigten sich meine schlimmsten Befürchtungen. Wir befanden uns im Kampf mit einer zweiten interstellaren Rasse." Delon Malwarrek hielt in seinem Redefluß inne. Er warf Marschall Parlim, der verzweifelt nach Luft schnappte, einen beschwörenden Blick zu. Phil Markett hatte während der phantastischen Ausführungen Malwarreks den Eindruck gewonnen, als sei selbst der Marschall nicht darüber informiert gewesen. Sogar das Positronengehirn schien eine längere Zeitspanne zu benötigen, um die Geschichte Malwarreks zu verdauen. Als der "Große Odul" dann seine nächste Frage stellte, ging er aber mit keinem Wort darauf ein. "Warum gelang es dem einzelnen Raumschiff im System Mandos, unseren schnellen und starken Kampfbooten, die vorher ohne große Mühe die Flotte Admiral Basarbs besiegt und vor allem an der Flucht gehindert hatten, so leicht zu entkommen?" "Weil es sich um eine völlig neue Konstruktion handelt. In diesem Schiff sind schon fast alle neuen Erfindungen und Entwicklungen verwertet worden, die von den Wissenschaftlern der 'GEFOTE' gemacht wurden, um für die Entscheidungsschlacht gegen die Bobits gerüstet zu sein." Diese Wendung des Gespräches behagte Delon Malwarrek sehr. "Warum aber sind Sie überhaupt geflohen, Sie wußten doch, daß Sie es nicht mit den Bobits zu tun hatten?" "Es schien mir wichtig, zunächst einmal mit dem Oberbefehlshaber unserer offiziellen Raumflotte in Verbindung zu treten. Die neue Lage mußte ja besprochen werden. Vor allem konnte ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht entscheiden, ob diese andere Rasse für uns nicht eine noch größere Bedrohung darstellte als es die Bobits sind. Außerdem wollte ich mich Copyright 2001 by readersplanet
nicht auf Verhandlungen einlassen, bevor ich nicht etwas mehr Rückendeckung hatte." "Halten Sie Ihre Verhandlungsposition jetzt für stärker?" "Ja! Selbst unsere nicht mehr dem neuesten technischen Stand entsprechende Raumflotte kann es mit den Dreiecksschiffen der Sisiten aufnehmen. Wenn wir zum Angriff übergegangen wären, gäbe es jetzt in diesem Teil des Universums keine sisitische Flotte mehr." "Das sind stolze Worte. Warum unterblieb der Angriff?" "Wir sind keine Mörder! Unser Bestreben ist es, mit allen Rassen des Universums in Frieden zu leben. Wir verzichteten auf jede Angriffshandlung, weil wir hoffen, unser verhängnisvoller Irrtum läßt sich, wenn schon nicht ungeschehen, so doch wenigstens teilweise wiedergutmachen." "Diese Worte klingen gut, doch gerade jetzt geht eure Flotte zum Angriff über. Das heißt, sie wollte.. Aus dem zeitlosen Raum sind plötzlich kugelrunde Schiffe aufgetaucht, die sich zwischen unsere und eure Flotte legen. Was hat das zu bedeuten?" Delon Malwarreks Gesicht, das einen grimmigen und zornigen Ausdruck angenommen hatte, glättete sich wieder. "Die Flotte der ,GEFOTE` hat sich eingeschaltet. Die Kugelraumer sind heimlich gebaut worden, um die Bobits überraschend anzugreifen und zu vernichten. Übrigens ähneln diese Schiffe den bisher von den Bobits eingesetzten Einheiten zum Verwechseln. Bei der bevorstehenden Entscheidungsschlacht wird das ein weiterer Vorteil sein, weil die nichtsahnenden Bobits dadurch nur noch mehr verwirrt werden." Fast mitleidig fügte Delon Malwarrek hinzu: "Die Bobits haben keine Chance mehr! Jedes einzelne dieser Kugelraumschiffe ist mit schrecklichen Vernichtungswaffen ausgerüstet. Alles, was bisher auf diesem Gebiet als unübertrefflich galt, kann man jetzt nur noch als überholt und harmlos bezeichnen." Es entstand eine lange Pause. Der "Große Odul" ließ sich Zeit. Schließlich sagte er: "Die Sisiten verzeihen den Irrtum der Menschen. Auch wir lieben den Frieden. Alle Gefangenen werden sofort freigelassen, wenn die Menschen uns in einem Vertrag garantieren, für ewige Zeiten die Grenzen unseres Reiches zu respektieren!" Aufatmend antwortete Delon Malwarrek: "Dieses Angebot zeugt von großer Weitsicht. Ich bin sicher, daß der Hohe Rat einem solchen Vertrag mit Freude zustimmen wird. Es ist allerdings notwendig, daß wir schon vorher freigelassen werden, damit wir dem Hohen Rat Bericht erstatten können. Bisher sind die Ratsherren nämlich immer noch in dem Glauben, daß ihr die Bobits seid." Schnell antwortete der "Große Odul": "Ihr werdet sofort freigelassen. Serrinninsin wird euch in euer Schiff bringen." Jetzt ging alles sehr schnell. Der Sisite stand schon bereit. Delon Malwarrek drängte seine Gefährten, ihm zu folgen. Im Herausgehen hörten sie noch einmal den "Großen Odul": "Das Volk der Sisiten wünscht den Menschen viel Glück im Kampf gegen die Bobits!" In den nächsten Minuten übersah Delon Malwarrek geflissentlich die fragenden Blicke der Männer. Unablässig trieb er zur Eile an. Es kam Phil Markett so vor, als wollte er sie durch seine Hast nicht zur Besinnung kommen lassen. Offensichtlich wollte er ihnen keine Zeit lassen, unangenehme Fragen zu stellen. Alles ging glatt. Die Sisiten hatten sogar daran gedacht, einen erbeuteten Raumanzug für Admiral Basarb in ihr Beiboot zu schaffen. Mit einem freundlichen Klaps auf die Schulter verabschiedete sich Delon Malwarrek von Serrinninsin. Der Kamm des Sisiten durchlief rasch hintereinander die verschiedensten Farbtönungen. "Nicht traurig sein, wir sehen uns sicher noch einmal wieder", meinte Malwarrek übermütig. Auch das Übersetzen vom Beiboot der Sisiten in die offene Außenschleuse der "press-galaxis 0001" bereitete keine Schwierigkeiten. Die Sisiten hatten das Blitzschiff Copyright 2001 by readersplanet
vermutlich mit Traktorstrahlen in die Nähe ihrer Flotte geschleppt. Neben den gewaltigen Leibern der Dreiecksschiffe nahm es sich recht klein aus. Die Männer in den schweren Raumanzügen fanden kaum in der Außenschleuse Platz. Sie mußten sich eng aneinanderpressen. Nun, daran waren sie selber Schuld, dachte Phil Markett, sie hätten ja auch in zwei Gruppen die "p-g 0001" betreten können. Nach einer Minute war der Druckausgleich hergestellt. Sie konnten in das Innere des Schiffes gehen. Plötzlich sah Phil Markett eine Gestalt vor sich. Es handelte sich um einen Menschen. Der junge Kadett war zu keiner logischen Überlegung fähig, die Überraschung war einfach zu groß für ihn. Instinktiv suchten seine Hände nach einer Waffe an seiner Raumrüstung. Den übrigen Männern erging es bis auf Delon Malwarrek nicht anders. Auch ihre erste Reaktion war, in der Gestalt einen Feind zu vermuten. Scheinbar furchtlos ging Delon Malwarrek auf den im Schatten stehenden Menschen zu. Die Gestalt bewegte sich ein paar Schritte vorwärts und warf sich ihm mit einem Jubelschrei an den Hals. Verblüfft erkannten die Männer, daß es sich um eine Frau handelte. "Nicht so stürmisch Pal, du bringst mich ja um", rief Delon Malwarrek lachend. Er drehte sich zu seinen Begleitern um und sagte: "Solche Überraschungen sind eine ausgesprochene Spezialität meiner Schwester." Die Frau begrüßte die Männer einzeln mit Handschlag. Diese etwas altmodische Sitte genügte schon, um Phil Marketts Blut in Wallung zu bringen. Er war froh, daß sein bis zu den Ohren hin roter Kopf in dem matten Licht des Verbindungsganges nicht auffiel. Pal Malwarrek sah wohl ein, daß sie den Männern eine Erklärung schuldig war. Nach einem kurzen Blickwechsel mit ihrem Bruder sagte sie: "Loger Darra hat auf seinen Instrumenten jede Phase eurer Gefangenschaft verfolgt. Da sich die..." "Sie nennen sich Sisiten", half Delon Malwarrek nach. "Da sich also die Sisiten nicht um das Innere der ,p-g 0001` kümmerten", setzte die Frau, ohne große Überraschung zu zeigen, den unterbrochenen Satz fort, "sondern das Schiff lediglich mit Traktorstrahlen zu ihrer Flotte schleppten, kam mir ein guter Gedanke. Ich erinnerte mich an die Frequenzzahlen des Transmitters in Delons Schiff. Alles andere war dann nicht mehr schwierig, nachdem ich Logers Bedenken zerstreut hatte. Er half mir bei der Feineinstellung seines Materiesenders. Und jetzt bin ich eben hier!" "Du wirst es nicht für möglich halten, aber das haben wir inzwischen auch schon festgestellt", meinte Delon Malwarrek sarkastisch und wollte in die Zentrale gehen. Seine Schwester hielt ihn am Ärmel fest. "Erschrecke bitte nicht! Loger hat mir einige seiner Kampfroboter mitgegeben. Sie sollen auf mich aufpassen und das Schiff in Verteidigungsbereitschaft versetzen!" Nacheinander gingen sie in die Zentrale. Phil Markett zählte insgesamt sechs Roboter. Es waren Typen, wie er sie noch nie gesehen hatte. Sie waren gut zweieinhalb Meter groß und wiesen nur eine entfernte Menschenähnlichkeit auf. Aus ihrem walzenförmigen Körper ragten gut zwei Dutzend Greifarme hervor. Ihre Oberfläche war schwarz. Sie bewegten sich offenbar auf energetischen Prallfeldern vorwärts. Es handelte sich um reine Zweckkonstruktionen. Die Roboter waren damit beschäftigt, tragbare Energiekonverter an das Versorgungsnetz des Schiffes anzuschließen. Mit ihren zahlreichen Armen konnten sie gleichzeitig an sechs und mehr Stellen die Montagearbeiten vornehmen. Praktisch handelte es sich bei ihren Armen um Universalwerkzeuge, die sie je nach Bedarf einsetzten. Lediglich einer der Roboter beteiligte sich nicht an den Arbeiten zur Erhöhung des Energiepotentials der "p-g 0001". Er hatte eine andere Aufgabe. Über einen Sichtschirm beobachtete er das Beiboot der Sisiten, das sich wieder von dem Blitzschiff entfernte. Zwei seiner Greifgliedmaßen ruhten auf den Bedienungshebeln des Strahlwerfers. Anerkennend meinte Delon Malwarrek: "Loger scheint wirklich sehr um dein Wohlergehen besorgt zu sein. Er hat dir alle seine 0-0-Robots mitgegeben!" Phil Markett fühlte Eifersucht in sich aufsteigen. Er mußte sich zwingen, nicht aus der Rolle zu fallen. Eine geringschätzige Bemerkung über die Roboter hatte ihm schon auf der Zunge gelegen. Nur mit der Ruhe, mahnte er sich selbst, jetzt hast du ja immerhin schon ihre Hand Copyright 2001 by readersplanet
geschüttelt. Für den Anfang ganz gut. Marschall Parlim hatte inzwischen Delon Malwarrek etwas zur Seite gezogen. Leise, so daß die anderen Männer ihn nicht verstehen konnten, sagte er: "Ich habe in der letzten Stunde abwechselnd Blut und Wasser geschwitzt. Ihr unglaubliches Gefasel bei dem ,Großen Odul` hat mich fast um den Verstand gebracht. Um so unverschämt lügen zu können, muß man wohl mit der Presse zu tun haben. Wie soll es nun weitergehen? Dem Hohen Rat können Sie diese Geschichte auf keinen Fall auftischen!" Beruhigend legte Delon Malwarrek dem Marschall einen Arm um die Schulter. "Natürlich muß der Hohe Rat jetzt die ganze Wahrheit erfahren. Meiner Meinung nach ist die aber noch viel phantastischer, als die Geschichte, die ich dem ,Großen Odul` erzählt habe. Die Hauptsache ist doch, daß mir das Positronengehirn geglaubt hat." "Es hätte aber auch anders kommen können", brummte der Marschall. "Es hätte", sagte Delon Malwarrek leichthin, "aber es ist eben nicht anders gekommen. Nur der Erfolg zählt. Hoffentlich klappt gleich auf der terra XII auch alles so gut. Für die meisten Ratsherren wird eine Welt zusammenbrechen." Er setzte sich auf den Kommandosessel und begann mit den Startvorbereitungen. Plötzlich spürte Phil Markett ein leichtes Zupfen an seiner Kombination, die er unter der Raumrüstung getragen hatte. Er drehte sich um. Da stand Pal Malwarrek und hatte mit Verschwörermiene einen Finger auf den Mund gelegt. Sie zeigte in den Gang. Gehorsam schwieg Phil und folgte ihr. Pal Malwarrek führte ihn in eine freundlich eingerichtete Kabine, die er auch während des Fluges vom System Mandos zur Imperiumsflotte nicht betreten hatte. Die Frau schloß die Schiebetür hinter sich. Sie waren allein in der Kabine. Willig ließ er sich in einen niedrigen Sessel drücken. Pal Malwarrek quetschte sich neben ihn und erklärte: "Jetzt müssen Sie mir ganz genau erzählen, was sich alles zugetragen hat bei den Sisiten. Vor allem möchte ich wissen, was Delon mit diesem Dingsda, diesem großen O... verhandelt hat!" Pal hatte vermutlich etwas von dem Gespräch ihres Bruders mit Marschall Parlim aufgeschnappt. Jetzt wollte sie Einzelheiten in Erfahrung bringen. Sie hatte sich Phil Markett als Informanten ausgesucht, weil sie seine bewundernden Blicke nicht übersehen hatte. Außerdem gefiel ihr seine frische und unbekümmerte Art, sich zwischen den ranghohen Offizieren der Flotte zu bewegen. Phil Markett selbst wußte nicht, wie ihm geschah. Heimlich betrachtete er die junge Frau an seiner Seite, die sich so völlig ungezwungen und natürlich gab. Jetzt bemerkte Pal seinen Blick. Für einen Moment schien es, als würde sie erschrecken. Mit einer anmutigen Handbewegung verscheuchte sie dann den Gedanken, er wird die Situation doch nicht etwa ausnutzen wollen. Forsch forderte sie ihn zum Erzählen auf. Mit einer leichten Röte im Gesicht begann der Kadett zu berichten. Je länger er erzählte, um so vergnügter wurde Pal. Schließlich hielt es die Frau nicht mehr an seiner Seite aus. Laut lachend wirbelte sie durch die Kabine. Den Grund für ihren Heiterkeitsausbruch erfuhr Phil nicht. Auf alle seine Fragen schüttelte sie geheimnisvoll den Kopf und vertröstete ihn auf später. * Als sich die "p-g 0001" meldete, fiel Ratsherrn Alfo Lunga ein Stein vom Herzen. Lange hätte er den Hohen Rat nicht mehr beschwichtigen können. Nicht nur Rusak Let, sondern auch viele der ihm sonst wohlgesonnenen Ratsherren hatten unverzüglich Aufklärung verlangt. Hartnäckig hatte Rusak Let ihn immer wieder aufgefordert, doch endlich das angeblich größte Geheimnis der Menschheit zu enthüllen. Schließlich hatte der Höchste Rat mit seiner fast überschnappenden Stimme gerufen: "Ich will Ihnen sagen, was das für ein Geheimnis ist. Wir sind einer ungeheuerlichen, hinterlistigen Verschwörung auf die Spur gekommen. Die Wahrheit ist, daß die GEFOTE die Macht im Imperium an sich reißen will!"
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Nur unter Einsatz seiner ganzen Autorität war es Alfo Lunga gelungen, eine Panik unter den Ratsherren zu verhindern. Immer wieder hatte er versichert, daß dem Imperium und dem Hohen Rat kein Schaden zugefügt worden war und auch nicht zugefügt werden sollte. Jetzt warteten alle gespannt auf die Ankunft Marschall Parlims. Mit unruhigen, kurzen Schritten ging Marschall Berfago in der Zentrale der "terra XII" auf und ab. Der neuernannte Oberbefehlshaber der Flotte schien sich in seiner Haut nicht sonderlich wohl zu fühlen. Sein Lächeln war gequält, als Marschall Parlim an der Spitze einer kleinen Gruppe in die Zentrale trat. Parlim bemerkte die Verlegenheit Berfagos zwar, ging aber ohne ein Wort darüber hinweg. Er blickte erst überrascht auf, als Marschall Berfago erklärte: "Hiermit trete ich vom Posten des Oberbefehlshabers der Raumflotte des Imperiums zurück! Das Kommando übernimmt ab sofort Marschall Parlim wieder!" "Diese Erklärung durften Sie nicht abgeben! Ich protestiere!" Mit zornbebender Stimme schaltete sich Rusak Let ein. "Was geht hier eigentlich vor?" fragte Marschall Parlim. "Der Hohe Rat hat Marschall Berfago einstimmig zu Ihrem Nachfolger ernannt", sagte Rusak Let schnell. Jetzt erst drehte sich Parlim zu den Projektionen der Ratsherren um. Er neigte leicht den Kopf. Seine Blicke suchten Alfo Lunga. Fast unmerklich gab ihm dieser mit den Augen ein Zeichen. Völlig Herr der Situation sagte Parlim: "Ich beglückwünsche den Hohen Rat zu diesem Entschluß!" Als er dann fortfuhr, war der Spott in seiner Stimme allerdings unüberhörbar: "Sicherlich ließe sich noch einiges über den Wechsel im Oberkommando der Flotte sagen, ich meine aber, daß wir vorher noch Angelegenheiten von größerer Dringlichkeit zu besprechen haben. Zunächst einmal möchte ich Ihnen meine Begleiter vorstellen." Mit den beiden Malwarreks machte Marschall Parlim den Anfang. Einige der Ratsherren kannten das Geschwisterpaar. Sie grüßten durch ein Heben der rechten Hand. Die Tatsache, daß Delon Malwarrek Eigentümer der "press-galaxis" war, schien allgemein bekannt zu sein. Mit freundlichem Interesse folgten die Ratsherren auch der Vorstellung von Selektor Bark und Kadett Markett. Wohlweislich erst zum Schluß stellte Marschall Parlim Admiral Basarb vor. Zunächst erntete er nur ungläubiges Staunen. Dann prasselten gleich dutzende Fragen auf ihn herab. Nur mühsam gelang es Alfo Lunga, sich Gehör zu verschaffen: "Es wird das Beste sein, wenn Marschall Parlim der Reihe nach berichtet. Vermutlich werden wir dann schon einen Großteil aller Fragen beantwortet bekommen." "Ich möchte einen anderen Vorschlag machen", sagte Marschall Parlim. "Nicht ich, sondern Delon Malwarrek, der ja Ratsbevollmächtigter ist, erstattet den Bericht." Alle Blicke konzentrierten sich auf den Genannten. Delon Malwarrek sah den Marschall düster an, bevor er sich dem Hohen Rat zuwandte. Weit ausholend begann er zu erzählen. Er schilderte, wie er die Nachricht von der Schlacht im Spiralarm NX 44 erhalten hatte, und wie er dann mit dem Blitzschiff gestartet und schließlich auf dem Planeten Mandos V gelandet war. Ausführlich berichtete er über sein Zusammentreffen mit Bark und Markett und über die Entdeckung der schiffsbrüchigen Bobits. Wohl um nicht gleich wieder durch Zwischenfragen unterbrochen zu werden, blieb er vorerst bei diesem Namen. Er vergaß auch nicht, Phil Marketts Verdienste bei der Entdeckung der Vogelwesen herauszustreichen. Weiter erzählte er, wie sie den Bobits mit dem Energiewerfer klargemacht hatten, daß ihre Tarnung doch nicht so perfekt war, wie sie annahmen. Dann berichtete er von der überstürzten Flucht und der anschließenden Verfolgung. Er erwähnte auch den Plockerspruch an das Flottenkommando und die Antwort Marschall Parlims. Copyright 2001 by readersplanet
Schließlich sagte er: "Hoher Rat, ich muß bei der Schilderung der nun folgenden Ereignisse dafür um Ihr Verständnis bitten, daß Sie einige der von Marschall Parlim getroffenen Entscheidungen nicht sofort verstehen werden. Ich bitte Sie aber um etwas Geduld, denn ich glaube, daß es von Vorteil ist, wenn Sie den Ablauf des Geschehens in streng chronologischer Reihenfolge erzählt bekommen, ohne über einige an sich notwendige Voraussetzungen informiert zu sein, die das Handeln des Marschalls bestimmten." Bevor noch einer der Ratsherren widersprechen konnte, sprach Malwarrek weiter. Er gab einen genauen Bericht über jede einzelne Phase des Zusammentreffens der Flotte des Imperiums mit den Dreiecksschiffen. Mehrmals betonte er, daß die feindlichen Einheiten vermutlich hätten vernichtet werden können, wenn Marschall Parlim den Befehl dazu gegeben hätte. Die nun immer lauter werdenden Protest- und Unmutsäußerungen der Ratsherren übertönend, rief Delon Malwarrek: "Marschall Parlim gab den Angriffsbefehl deshalb nicht, weil er zu diesem Zeitpunkt schon genau wußte, daß es sich bei der gegnerischen Flotte keineswegs um Bobits handelte. Ja, Sie haben richtig verstanden! Für Marschall Parlim stand zweifelsfrei fest, daß seine Schiffe mit einer uns bisher völlig unbekannten Rasse im Kampf lagen. Das war auch der Grund, warum Marschall Parlim persönlich an einem Kundschafterunternehmen gegen die Fremden teilnahm!" Betroffen schwiegen die Ratsherren. Bis auf wenige Ausnahmen sah man die Verwirrung und Bestürzung deutlich auf ihren Gesichtern geschrieben. Rusak Let war völlig in sich zusammengesackt und starrte finster vor sich hin. Delon Malwarrek ließ die Ratsherren nicht zur Besinnung kommen. "Es ist Ihnen ja bekannt, daß wir von den Fremden gefangengenommen wurden. Sie nennen sich übrigens Sisiten. Das war uns zwar nicht gerade angenehm, aber immerhin durften wir hoffen, mit den Vogelwesen Verhandlungen führen zu können." In allen Einzelheiten schilderte Delon Malwarrek ihre Erlebnisse bei den Sisiten bis zu dem Augenblick, als sie vor dem "Großen Odul" standen. Hier machte er eine kleine Pause, um dann mit eindringlicher Stimme fortzufahren. "Zu diesem Zeitpunkt war ich schon zu der Überzeugung gekommen, daß es nicht ratsam und wohl auch nicht erforderlich war, dem Positronengehirn rückhaltslos die Wahrheit über unseren Kampf gegen die Bobits zu gestehen. Eine Erklärung für den Angriff der Flotte Admiral Basarbs auf die Dreiecksschiffe der Sisiten hatte der ,Große Odul` selbst gefunden. Als ich bestätigte, es habe sich, was ja auch der Fall war, um einen Irrtum gehandelt, stellte er in dieser Richtung keine Fragen mehr. Viel schwieriger war, dem Positronengehirn eine logische Erklärung dafür zu geben, warum Admiral Basarb zwar annahm, es mit Bobits zu tun zu haben, ich hingegen auf Mandos V sofort erkannte, daß es sich um eine völlig fremde Rasse handelte. Dem ,Großen Odul` die Wahrheit zu sagen, schien mir einfach zu kompliziert. Außerdem wollte ich ihm nicht allzuviel von der menschlichen Mentalität verraten. Ich entschloß mich deshalb, eine möglichst logisch klingende Erklärung zu finden. Wenn ich Ihnen jetzt meine Notlüge erzähle, dann denken Sie immer daran, daß es sich fast durchweg um eine erfundene Geschichte handelt." Nahezu mit denselben Worten schilderte Delon Malwarrek, was er dem "Großen Odul" erzählt hatte. Während dieser Zeit fürchtete Phil Markett langsam um seinen Verstand. Wenn das auch wieder nicht stimmte, was war dann die Wahrheit? Verbittert dachte er, Pal hätte mir ruhig einen Tip geben können, statt sich die Geschichte von mir haarklein erzählen zu lassen und dann zu lachen. Er warf der Frau einen empörten Blick zu. Pal schien das nicht zu bemerken. Sie studierte mit großem Vergnügen die Gesichter der Ratsherren. Aber nicht nur Phil Markett war die Empörung auf dem Gesicht geschrieben. Auch Marschall Berfago musterte Marschall Parlim mit ärgerlichen Blicken. Admiral Basarb und Selektor Bark hielten sich noch am besten. Ihnen war keinerlei innere Gemütsbewegung anzusehen. Delon Malwarrek erklärte zusammenfassend: "Es gelang mir also, das Positronengehirn davon zu überzeugen, daß es sich bei den Bobits um eine zwar kleine, aber sehr mächtige Rasse handelt. Des weiteren konnte ich glaubhaft machen, daß wir Menschen insgeheim eine noch stärkere Kriegsmacht aufgebaut haben, mit der wir die Bobits endgültig besiegen wollen.
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Die Reaktion des Positronengehirns übertraf meine kühnsten Erwartungen. Der ,Große Odul` bietet uns einen Frieden für alle Zeiten an. Die Gefangenen sollen freigelassen werden, wenn wir vertraglich die Grenzen des sisitischen Imperiums garantieren. Ein so großzügiges Angebot hatte ich nicht erwartet, denn immerhin hat Admiral Basarb ja - wenn auch irrtümlich - eine große Frachtflotte der Sisiten restlos vernichtet. Ich rege deshalb an, daß der Hohe Rat beschließt, unverzüglich eine Verhandlungsdelegation zu den Sisiten zu entsenden, die den Vertrag überbringt. Mein Bericht endet hier. Alle Ihnen jetzt sicherlich auf der Zunge liegenden Fragen werden Sie aus berufenerem Munde beantwortet bekommen!" Delon Malwerrek verneigte sich und trat einige Schritte zurück, bis er wieder neben Markett und seiner Schwester stand. Verstört blickten sich die Ratsherren um. Einige Sekunden herrschte absolutes Schweigen. Dann richteten sich alle Augen gespannt auf Alfo Lunga. Der Ratsherr von Terra hatte sich erhoben. Er war schlank und groß. Würde und Autorität gingen von ihm aus. Sein ganzes Auftreten hatte etwas von der Gespanntheit eines sprungbereiten Tieres an sich. Als er sprach, klang seine Stimme nicht so dröhnend wie gewohnt. Sie war schärfer und kompromißloser. Es schwang in ihr aber auch eine tiefe innere Bewegung mit. "Von Anbeginn stand fest, daß eines Tages Rechenschaft abzulegen sei. Rechenschaft für Ereignisse, die seit 800 Jahren, also seit Beginn des Krieges gegen die Bobits, den Weg der menschlichen Rasse bestimmen. Die Geschichte des Imperiums von seinen Anfängen bis heute ist auf vielfache Weise mit einem namenlosen Heer von Menschen verknüpft, die im Verborgenen für eine große und gewaltige Idee arbeiteten. Diese Idee und die zu ihrer Verwirklichung durchgeführten Maßnahmen bezeichnete ich vorhin als das am besten gehütete Geheimnis der Menschheit. Ihnen allen ist bekannt, wie schlecht es um die Einheit des Imperiums bestellt war, als vor 800 Jahren einer meiner Vorfahren im Spiralarm NC 98 auf ein Schiff der Bobits stieß. Erst der gemeinsame Feind war es, der die menschliche Rasse ihre eigenen Streitigkeiten vergessen ließ. In den folgenden Jahrhunderten des Kampfes gegen die Bobits wurden auf allen Gebieten des Wissens ungeheure Fortschritte erzielt. Besonders die Erforschung des Universums und speziell unserer Galaxis nahm einen ungeahnten Aufschwung. Die erforderlichen Geldmittel wurden ohne große Debatten bewilligt, denn auch diese Forschungen waren ja kriegswichtig. Das alles war aber nur möglich, weil sich die Menschen in einem erbarmungslosen Krieg gegen einen unerbittlichen Feind verwickelt glaubten! Sie haben richtig verstanden! Ich sagte glaubten!" Alfo Lunga gestand seinen Zuhörern nur eine winzige Pause zu, dann redete er weiter: "Bevor ich Ihnen die ganze Wahrheit sage, möchte ich auf eine sonst wenig beachtete Tatsache hinweisen. Kommandant Lunga war einer der bedeutendsten Psychologen seiner Zeit. Sein Spezialgebiet war die Voraussage von möglichen Reaktionen der menschlichen Rasse auf bestimmte Ereignisse. Damit wäre eigentlich schon alles gesagt. Das Ereignis war Lungas Zusammentreffen mit den kriegerischen Bobits, die vorausgesehene Reaktion der Aufschwung des Imperiums zu seiner heutigen Größe! Diese Entwicklung wurde von Kommandant Lunga aber nicht nur vorausgesagt, sondern auch in die Wege geleitet. Klarer ausgedrückt: Die Bobits sind eine reine Erfindung Kommandant Lungas! Weder im Nebel NC 98 noch sonst wo haben Menschen jemals gegen eine galaktische Rasse gekämpft! Die Kämpfe gegen die Sisiten wollen wir einmal ausschließen. Unterbrechen Sie mich bitte nicht. Ich will versuchen, Ihnen alles möglichst genau zu erklären." Wären die Ratsherren nicht so völlig verstört gewesen, hätte Alfo Lunga mit seiner Bitte schwerlich Gehör gefunden. Hilflos sahen sich die Männer an. Sie wußten nichts zu sagen. Geistesgegenwärtig rief einer der Freunde Lungas, ein Ratsherr aus dem Riegel-Sektor: "Rede weiter, Lunga!" "Danke! Damals, vor 800 Jahren, befand sich an Bord des Expeditionskreuzers von Kommandant Lunga eine ausgesuchte Mannschaft. Die Namen der Männer können Sie noch Copyright 2001 by readersplanet
heute in den meisten Geschichtsbüchern nachlesen. Sie alle waren Wissenschaftler, denen die Zukunft der menschlichen Rasse über alles ging. Aus diesem Grunde erklärten sie sich auch geschlossen mit den Plänen ihres Kommandanten einverstanden. Lunga setzte ihnen auseinander, daß er durch ein äußeres Ereignis die träge und satt gewordene Menschheit aufrütteln wolle. Er und seine Männer erfanden deshalb die Bedrohung durch eine fremde Rasse. Was dann geschah, als der Expeditionskreuzer mit der Nachricht von dem angeblichen Kampf im All zurückkam, ist Ihnen ja bestens bekannt. Sie werden nun wissen wollen, wie es denn jahrhundertelang geheimgehalten werden konnte, daß es keine Bobits gab. Nun, das ist eine lange Geschichte. Ich will zunächst nur kurz andeuten, wie es möglich war, dem größten Teil der Menschheit einen angeblich erbarmungslosen Existenzkampf vorzugaukeln. Kommandant Lunga und die Männer um ihn richteten kurz nach ihrer Rückkehr einen Appell an alle bedeutenden Wissenschaftler der damaligen Zeit. Sie forderten sie auf, ihr Wissen zum Kampf gegen die Bobits zur Verfügung zu stellen. Ein Kongreß wurde veranstaltet, der zur Gründungsversammlung der "Gesellschaft für Forschung und Technologie" wurde. Mitglieder der GEFOTE konnten allerdings nur solche Wissenschaftler werden, die sich ohne Einschränkung zu den geheimen Zielen Kommandant Lungas bekannten. Das heißt: Von Anfang an fiel der GEFOTE die schwierige Aufgabe zu, auf möglichst drastische Art die Existenz der Bobits für die breite Masse unter Beweis zu stellen. Da der Gesellschaft stets die besten Wissenschaftler des Imperiums angehörten, ließ sich die Aufgabe tatsächlich immer bewältigen. Der große Bluff an der gesamten Menschheit spielte sich folgendermaßen ab: Auf drei Planeten eines fernen Sonnensystems wurde die Operationsbasis der ,GEFOTE` errichtet. Freund Malwarrek hat also dem ,Großen Odul` noch nicht einmal völlig die Unwahrheit gesagt, als er ihm erklärte, die Heimat der Bobits seien ganze drei Planeten. Auf dieser versteckten Basis entwickelten die Wissenschaftler der ,GEFOTE` Schiffstypen und Waffen, die denen der unverzüglich ins Leben gerufenen Kriegsflotte in jeder Beziehung überlegen waren. Diese Schiffe übernahmen die Rolle der Bobits. Sie tauchten plötzlich aus dem Hyperraum auf und verwickelten die nach der Heimat der fremden Rasse suchenden Kriegsschiffe des Imperiums in scheinbare Kämpfe auf Leben und Tod. Scheinbare Kämpfe deshalb, weil Menschenleben so gut wie nie vernichtet wurden. Ich sehe Ihren Mienen an, daß Sie mich jetzt der Lüge überführt glauben. Haben nicht unzählige tapfere Männer ihr Leben gelassen? Geht die Zahl der vernichteten Raumschiffe nicht in die Zehntausende? Diese Fragen sind natürlich berechtigt. Tatsache ist aber, daß von den Bobits, also von der ,GEFOTE`, niemals ein Mensch getötet wurde, um die Existenz der angeblich gnadenlosen Feinde zu beweisen. Einige Unfälle haben sich allerdings nicht vermeiden lassen. Die Verantwortlichen dafür sind stets zur Rechenschaft gezogen worden. Alle Angehörigen der Flotte, von denen es in den Spalten der press-galaxis hieß, sie seien im Kampf gegen die Bobits den Heldentod gestorben, erfreuten sich danach meist noch viele Jahre und Jahrzehnte bester Gesundheit. Sie lebten und leben bis zu ihrem natürlichen Tod auf den drei Planeten, die der ,GEFOTE' als Hauptquartier und geheime Produktionsstätten dienen. Die Gefangennahme der Besatzungsmitglieder der erst danach zerstörten Schiffe wurde fast in allen Fällen völlig reibungslos abgewickelt. Superstarke Traktorstrahlen und ungefährliche Lähmstrahlen waren die Voraussetzungen dafür. Wenn die Gefangenen aus ihrer Ohnmacht erwachten, wurde ihnen sofort die Wahrheit erzählt. Viele schlossen sich dann spontan der GEFOTE an, bei anderen dauerte es Jahre, einige wenige konnten sich zu diesem Schritt nie durchringen. In allen Fällen wurde die Entscheidung der Männer und Frauen respektiert. Wenn sie erst auf den drei Planeten lebten, konnten sie sich in völliger Freiheit entscheiden, wie sie ihr weiteres Leben gestalteten. Eines allerdings gab es in den vergangenen 800 Jahren nur für ganz wenige von ihnen: eine Rückkehr ins Imperium! Bedeutend einfacher war es, Niederlagen der Bobits zu arrangieren. Für solche Einsätze wurden nur mit Robotern bemannte Schiffe verwandt. Nach mehr oder weniger heftiger Gegenwehr ließen sie sich zerstrahlen. Anschließend berichtete dann die immer gut informierte ,press-galaxis` von einem großen Sieg gegen die Bobits. Copyright 2001 by readersplanet
Übrigens fiel der press-galaxis' bei diesem zugegebenermaßen makabren Spiel eine der wichtigsten Aufgaben zu. Das Unternehmen war sogar auf Anregung der ,GEFOTE` gegründet worden. Zum einen diente die Zeitung dazu, die Bevölkerung auf allen Planeten über den Stand der kriegerischen Auseinandersetzungen zu informieren, und zum anderen war sie das geeignetste Instrument, um unauffällig alle Strömungen, Meinungen und Geheimnisse innerhalb des Imperiums zu erkunden. Wie sehr sich die press-galaxis' als Sammelbecken aller Informationen bewährt hat, zeigen ja auch die jüngsten Ereignisse. Delon Malwarrek, der selbstverständlich Mitglied der ,GEFOTE` ist, erkannte als erster, welch verhängnisvolle Panne sich im Spiralarm NX 44 ereignet hatte. Nur seinem schnellen Eingreifen ist es zu verdanken, daß es nicht zu einem entsetzlichen Blutvergießen zwischen Menschen und Sisiten gekommen ist. Von größter Bedeutung war dabei natürlich auch, daß Marschall Parlim ebenfalls unserer Vereinigung angehört. Ein ausgesprochener Glücksfall, denn in der Vergangenheit waren lange nicht alle Oberbefehlshaber der Flotte in das Geheimnis eingeweiht." Beschwörend hob Alfo Lunga die Arme. "Hoher Rat! Ich bitte Sie dringend, dieses Geheimnis zumindest noch einige Jahre zu wahren. Wenn wir erst geordnete Beziehungen zu den Sisiten hergestellt haben, können wir sicherlich eines Tages allen Menschen des Imperiums die Wahrheit verkünden. Vorläufig schlage ich vor, daß wir durch die 'press-galaxis' bekanntgeben, unsere Expeditionskreuzer seien auf eine technisch weit entwickelte galaktische Rasse gestoßen, die uns künftig im Kampf gegen die Bobits unterstützen wird!" Lunga wandte sich nun direkt an Rusak Let. "Höchster Rat, niemand weiß besser als ich, wie sehr Sie sich immer für ein starkes und mächtiges Imperium eingesetzt haben. Gerade deshalb hoffe ich, daß Sie sich auf unsere Seite stellen." Die Hände Rusak Lets zitterten, als er aufstand. Ein schmerzliches Lächeln lag auf seinem Gesicht. Unsagbar müde klang seine Stimme. "Ach, hätte man mich doch vor 50 Jahren gefragt, wie gerne wäre ich Ihnen oder Ihren Vorgängern gefolgt. Jetzt müssen Sie schon einer unbedeutenden Figur in dem großen Spiel, wie ich es mein Leben lang gewesen bin, gestatten, daß sie abtritt. Ich bin ein alter Mann, dem gerade sein Weltbild gründlich zerstört wurde. Noch meine ich zu wissen, wo oben und unten, rechts und links ist. Damit will ich mich in Zukunft zufrieden geben. Für mich ist kein Platz mehr im Hohen Rat. Ich trete zurück!" Einen Moment noch war die Gestalt Rusak Lets zu sehen, dann leuchtete die Projektion hell auf. Das währte nur Bruchteile von Sekunden. Das dreidimensionale Bild löste sich auf, zerfloß in immer schneller werdendem Tempo und verschwand schließlich ganz. Wenn er auch ohne Gruß gegangen ist, zuletzt war er doch verständnisvoller, als er es während des größten Teils seines Lebens gewesen ist, ging es Phil Markett durch den Kopf. Er hatte während der Rede Alfo Lungas jeden Zeitbegriff verloren. Jetzt fühlte er in sich eine große Leere, wie nach einer gewaltigen geistigen Anstrengung. Ähnlich ging es allen anderen Anwesenden in der Zentrale der "terra XII". Eine Ausnahme bildeten nur die wenigen Eingeweihten. Alfo Lunga hatte die Arme vor der Brust verschränkt. Er wartete auf Fragen. Es dauerte aber noch einige Zeit, bevor sich einer der Ratsherren an ihn wandte. Der Mann war hager. Er hatte einen durchdringenden Blick. Er hieß Less Landap II. und war der Vertreter von Orlows Planet. Er war als Sektierer bekannt. Seine Stimme klang rauh. "Sie müssen mir einen Beweis dafür liefern, daß Ihre ungeheuerlichen Behauptungen nicht einem kranken Hirn entsprungen sind. Ich will mit eigenen Augen sehen, ob die ,GEFOTE' wirklich so mächtig ist, wie Sie behaupten. Erst dann werde ich Ihnen glauben!" Less Landap II. versuchte mit seinem fanatischen Blick, Alfo Lunga zu durchdringen. Mit Worten allein ist dieser Mann nicht zu überzeugen, dachte Phil Markett. Er war gespannt, was jetzt geschehen würde.
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"Ich habe einen Vorschlag zu machen", meldete sich Marschall Parlim. Er sprach erst weiter, als ihn Landap ansah. "Wenn sechs unserer größten Schlachtschiffe einen der Kugelraumer der ,GEFOTE` angreifen, müßten sie ihn doch eigentlich vernichten können?" "Selbstverständlich!" brummte Marschall Berfago. Auch Landap nickte. "Nun, dann wollen wir das einmal ausprobieren." Parlim stellte sich vor einen kleinen Sichtschirm. "Darra, haben Sie mitgehört?" "Ja", antwortete ein Mann, dessen Bild auf dem Schirm zu sehen war. "Sind Sie bereit, es mit sechs Schlachtschiffen alleine aufzunehmen?" "Ja!" "Ratsherr Less Landap II., würden Sie es als Beweis anerkennen, wenn es Präsident Darra gelingt, mit seinem Kugelraumer die sechs Schlachtschiffe aufzubringen?" "Ja! Damit wäre für mich die Macht der ,GEFOTE` bewiesen", erklärte Landap. "Für mich auch", stimmte ein anderer Ratsherr bei. "Ausgezeichnet!" Marschall Parlim gab einige Befehle und wies dann auf die große Übersichtskarte. Die Flotte der Sisiten zog sich bereits zurück. Immer gleich ein Dutzend Raumschiffe verschwanden in Minutenabständen im Hyperraum. Unverändert blieb die Zahl der gelben Punkte, die die Positionen der Einheiten der Imperiumsflotte anzeigten. Die Operationsabteilung hatte sich nicht entschließen können, auch die Flotte der "GEFOTE" mit Gelb zu markieren. Aus diesem Grunde zeigten sich die Kugelraumer auf der Übersichtswand als grüne Punkte. Einer der grünen Punkte löste sich jetzt aus seinem Flottenverband und steuerte die "terra XII" an. Aus dem Geleitschutz des Flaggschiffes scherten sechs Schlachtschiffe aus. Sie erwarteten den Kugelraumer. Marschall Parlim wandte sich an die Ratsherren: "Wir werden jetzt eine Bildverbindung zur Kommandozentrale von Admiral Hook herstellen. Er führt die sechs Schlachtschiffe." Eine Hälfte der großen Übersichtswand wurde grau. Es waren nur noch ein Teil der Imperiumsflotte, das einzelne Schiff der "GEFOTE", die sechs Schlachtraumer und der Verband mit der "terra XII" zu sehen. In die graue Bildschirmfläche kam plötzlich Leben. Das hektische Treiben in einer Schlachtschiffzentrale kurz vor dem Gefecht wurde sichtbar. "Wiederholen Sie Ihren Einsatzbefehl, Admiral Hook!" Marschall Parlims Stimme klang scharf und unerbittlich. In Überlebensgröße erschien der Kopf eines dunkelhäutigen Mannes auf der Bildwand. "Mein Befehl lautet, den jetzt im Sektor CR/71 B befindlichen Kugelraumer anzugreifen und zu vernichten." Less Landap II. meldete sich: "Ich nehme es Ihnen nicht übel, Marschall Parlim, wenn Sie den Angriffsbefehl zurückziehen. Das Opfer Präsident Darras ist doch völlig sinnlos. Die Schlachtschiffe werden den Kugelraumer in Sekunden zerfetzen!" "Warten wir es doch ab!" Parlim war nicht beeindruckt. Phil Markett hatte ein unangenehmes Gefühl in der Magengegend. Auch nach alledem, was er gehört hatte, konnte er sich nicht vorstellen, daß es ein einzelner Kugelraumer mit sechs Schlachtschiffen aufnehmen konnte. Gebannt starrte er auf den Bildschirm. Der Kugelraumer hatte sich den Schlachtschiffen bis auf Schußweite genähert. Admiral Hook nahm seinen Auftrag sehr ernst. Seine Einheiten erwarteten das Kugelschiff halbmondförmig gestaffelt. Schlagartig eröffneten ihre superschweren Energiestrahler das Feuer. Unwillkürlich schloß Phil Markett die Augen. Als er sie wieder öffnete, rechnete er fest damit, daß der Kugelraumer vom Bildschirm verschwunden war. Das war aber nicht der Fall. In der Kommandozentrale Admiral Hooks herrschte Verwirrung. Das war deutlich zu sehen. "Zusatz-Konventer anschließen!" befahl Hook dem Chef der Feuerleitstelle. Copyright 2001 by readersplanet
Nach einer kurzen Pause erklang ein panikartiger Aufschrei: "Das hilft auch nichts. Wir können die Schutzschirme nicht durchdringen!" "Raumtorpedos fertigmachen!" Admiral Hook griff zu seiner gewaltigsten Waffe. Doch zum Einsatz der Geschosse kam es nicht mehr. Die Männer in Hooks Kommandozentrale brachen plötzlich zusammen. Keiner blieb verschont. Wie ein Blitzschlag traf es sie. Wo sie gerade standen oder gingen, wurden sie von unsichtbaren Lähmstrahlen getroffen. Ungerührt erklärte Marschall Parlim: "Präsident Darra hat mit seinem Kugelraumer zurückgeschlagen. Die gesamte Besatzung der sechs Schlachtschiffe ist bereits ausgeschaltet. Die Schutzschirme haben die Speziallähmstrahlen nicht aufhalten können. Sie werden jetzt noch den Abtransport der Schlachtschiffe erleben. Darra setzt dazu Traktorstrahlen ein, die zehnmal stärker sind, als die der größten Einheiten der Flotte." Staunend verfolgte Phil Markett auf dem Bildschirm, wie die sechs Schlachtschiffe von unsichtbaren Kräften in Bewegung gesetzt wurden. Darra dirigierte die großen Kolosse mit seinen Traktorstrahlen, als seien sie federleicht. Er zog sie so nah zusammen, bis sie mit den Bordwänden aneinanderstießen. Danach nahm er sie in Schlepp und näherte sich mit beachtlicher Geschwindigkeit der "terra XII". Marschall Parlim befahl: "Alle verfügbaren Sanitätseinheiten haben sich an Bord der sechs Schlachtschiffe zu begeben. Die Besatzungen sind mit den üblichen Mitteln von der Lähmung zu befreien." Ohne dazu aufgefordert worden zu sein, erklärte Less Landap II.: "Ich bin jetzt davon überzeugt, daß die ,GEFOTE` mächtig genug war, um jahrhundertelang die Rolle der Bobits spielen zu können. Das war genau der Beweis, den ich haben wollte. Ich glaube Alfo Lunga jedes Wort seiner Erzählung, so phantastisch sie auch sein möge!" Auch bei den anderen Ratsherren, die noch gezweifelt hatten, gab diese Demonstration den Ausschlag. Sie fanden sich mit der ungeheuerlichen Tatsache ab, erwarteten aber, daß Alfo Lunga sie über Organisation und Potential der "GEFOTE" bis in alle Einzelheiten informierte. Lunga erklärte sich mit dieser Forderung einverstanden. Die Zeit drängte, da die dreidimensionale Verbindung vom Imperium zur "terra XII" nicht mehr lange aufrecht erhalten werden konnte. Die Energiereserven der 5000 Relaisschiffe waren bald erschöpft. Die Ratsherren beschlossen deshalb, so schnell wie möglich zu einer außerordentlichen Sitzung auf Wega VII zusammenzukommen. Gleich danach flackerten ihre Projektionen auf und verschwanden. Marschall Parlim atmete hörbar auf. Er ging auf Delon Malwarrek zu und reichte ihm schweigend die Hand. Die beiden Männer verstanden sich auch ohne Worte. "Welche Pläne haben Sie jetzt?" fragte Parlim. "Ich muß so schnell wie möglich nach Terra. Die Berichterstattung der ,press-galaxis` muß auf die neue Situation eingestellt werden." "Die schnelle Beförderung kann ich übernehmen", erklärte der Präsident der "GEFOTE", der unbemerkt in die Zentrale der "terra XII" getreten war. "Loger!" Erfreut begrüßte Delon Malwarrek seinen Freund. "Du hast dich aber beeilt. Ich nehme dein Angebot an, aber was mache ich mit der ,p-g 0001`?" "Wir nehmen sie einfach mit. Der Laderaum meines Kugelraumers ist groß genug." Mit dieser Entwicklung war Phil Markett gar nicht einverstanden. Aber was sollte er dagegen unternehmen? Es war klar, daß Pal ihren Bruder nach Terra begleiten würde. Vermutlich würde er sie nie wiedersehen. Traurig senkte er den Kopf. Plötzlich hörte er seinen Namen. Marschall Parlim sprach ihn aus: "Kadett Markett, in Anerkennung Ihrer Verdienste um das Imperium ernenne ich Sie hiermit zum Legaten! Meinen herzlichen Glückwunsch." Ohne große Freude zu empfinden, nahm Markett die Gratulationen entgegen. Mit einem schmerzlichen Lächeln betrachtete er Pal. Die junge Frau lachte ihn strahlend an. Sie schien Copyright 2001 by readersplanet
zufrieden zu sein. Ich bin es aber nicht, dachte Phil entmutigt. "Sie machen ja nicht gerade ein besonders freudiges Gesicht", brummte Selektor Bark. "Ich glaube zu wissen, was sich dagegen tun läßt", meinte Delon Malwarrek. Er wandte sich an Marschall Parlim: "Ich möchte Sie bitten, mir den frischgebackenen Legaten für einige Zeit zu überlassen. Ich benötige für meine Arbeit bei der ,press-galaxis` unbedingt einen Assistenten, der in alles eingeweiht ist!" "Genehmigt", erklärte Parlim knapp. Phil Markett hätte laut aufjubeln mögen. Als er den Gesichtsausdruck Pals sah, wußte er, daß die Frau bei seiner Abkommandierung die Hände im Spiel hatte. * "Rusak Let zurückgetreten - Alfo Lunga auf Wega VII zum Höchsten Rat gewählt Verbündete gegen Bobits gewonnen - Freundschaftsvertrag mit Sisiten vorbereitet -, das ist eine Auswahl der Schlagzeilen für die nächste Ausgabe", gab Lemi Mirk bekannt. Wenn ich Berichterstatter bei der "Großen Redaktionskonferenz" bin, jagt eine Sensation die andere, dachte Mirk selbstgefällig. Er war überzeugt, den Posten eines Fachkoordinators bei der nächsten Beförderungswelle so gut wie sicher in der Tasche zu haben. Was ihn allerdings störte, war die Tatsache, daß ihm nicht die ungeteilte Aufmerksamkeit des "Ersten Koordinators" galt. Natürlich waren es wieder diese beiden jungen Leute, die hier stören mußten. Diesmal hatte sich die Frau sogar einen Freund mitgebracht. Wie geschmacklos. Lemi Mirk wandte seine Blicke demonstrativ in eine andere Richtung. Der K I, Delon Malwarrek, Pal und Phil Markett standen etwas abseits. Leise erklärte Delon Malwarrek: "In Zukunft werden wir unser Hauptaugenmerk bei der Berichterstattung auf unsere Beziehungen zu den Sisiten legen müssen." "Der Krieg gegen die Bobits ist noch nicht gewonnen", warf der K I ein. "Ich muß Ihnen da nachher einige vertrauliche Informationen geben. Entschuldigen Sie mich aber jetzt bitte für einen Moment." Malwarrek wandte sich seiner Schwester und Phil Markett zu: "Ihr beiden seid also fest entschlossen, eine gesetzliche Verbindung einzugehen?" "Ja!" erklärten sie wie aus einem Munde und drückten sich dabei eng aneinander. "Ich wünsche euch viel Glück! Nur Loger Darra tut mir etwas leid. Hast du schon mit ihm gesprochen?" "Gleich nachdem wir die "terra XII" verlassen hatten und uns in seinem Kugelraumer trafen, hat er mir einen Antrag gemacht. Ich habe ihm erklärt, wir könnten gute Freunde bleiben. Davon wollte er leider nichts wissen. Er hat sich überhaupt anschließend sehr abweisend benommen. Er muß mich wohl sehr geliebt haben." Nach dieser Erklärung lächelte Pal Phil strahlend an. Der junge Legat legte seine Hand fest um ihre Schulter. "Deshalb also ist er nicht mitgekommen", meinte Delon Malwarrek nachdenklich. ENDE
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