Der Fremde Planet Rätsel und Geheimnisse einer anderen Welt Von Steven Caldwell Deutsch von Ronald M. Hahn
Scan, Korre...
24 downloads
1070 Views
163KB Size
Report
This content was uploaded by our users and we assume good faith they have the permission to share this book. If you own the copyright to this book and it is wrongfully on our website, we offer a simple DMCA procedure to remove your content from our site. Start by pressing the button below!
Report copyright / DMCA form
Der Fremde Planet Rätsel und Geheimnisse einer anderen Welt Von Steven Caldwell Deutsch von Ronald M. Hahn
Scan, Korrektur und Layout by madraxx (2002)
Auf einem Erkundungsflug durch das Universum wird die Mannschaft des Raumschiffes Stellar Ranger zur Landung auf dem Planeten Mystery gezwungen. Dort bricht eine gewaltige Rebellion der Ureinwohner gegen die brutale Herrschaft der Torkral aus, wobei Monster, psychische Kräfte und modernste Technologie eingesetzt werden. Die Raumfahrer befinden sich plötzlich inmitten dieses wahnwitzigen Unterfangens ...
© 1979 by International Book Productions. All rights reserved. © für den deutschen Text: 1980 Delphin Verlag GmbH, München und Zürich. Alle deutschen Rechte vorbehalten. Printed in ltaly. ISBN 3. 7735.4250.X
Einführung Trotz aller Fortschritte in der Astronautik und der Weltraumfahrt wird das große Nichts zwischen den Sternen für die zerbrechlichen Geschöpfe, die sich dort hinauswagen, eine lebensfeindliche Umgebung bleiben. Jede neue Entdeckung beweist uns nur immer wieder unsere Unwissenheit um das Universum, in dem wir leben; jede gefundene Antwort wirft neue Fragen auf. Die Hauptaufgabe der Galaktischen Föderation besteht darin, sich um die alltäglichen Probleme ihrer Mitglieder zu kümmern; sie hat sich jedoch gleichzeitig zum Ziel gesetzt, die Grenzen unseres Wissens zu erweitern - und dazu wurde das Galaktische Forschungsinstitut gegründet. Diese Organisation umfaßt Wissenschaftler nahezu aller Fachrichtungen, die in Teamarbeit die Rätsel des Weltalls zu lösen versuchen. Die Probleme, die sie anpacken, und die Punkte, auf die sie sich konzentrieren, ergeben sich nicht selten aus den Aktivitäten dieser galaktisehen Vorposten der Föderation, die wie keine andere Gruppe des Forschungsinstituts von den anderen isoliert ist. Die Männer dieses Forschungs- und Vorstudiendienstes sind Typen besonderer Art und werden demgemäß von ihren Kollegen im Innendienst mit außergewöhnlichem Respekt behandelt. Ihre langen, einsamen Reisen führen sie hinter die Linien normaler Schiffahrtsrouten, weit hinein in das unerforschte Gebiet jenseits der Randwelten der Föderation; dort hängt in Zeiten der Gefahr ihr Überleben einzig und allein von der eigenen Aktivität und Initiative ab. Doch hauptsächlich sind sie Scouts: sie kartographieren und erforschen die Gebiete, die außerhalb der Föderationsgrenzen liegen und liefern Informationen über alle Sektoren, die von Interesse sind und
später von spezialisierten Forschungsgruppen in Augenschein genommen werden sollen. Trotz der Begrenztheit des Aufgabengebietes ist ihre Tätigkeit eine höchst gefährliche - nicht selten endet sie in einer Katastrophe. Die immensen Gefahren des Weltraums gestatten ihnen selbst in den scheinbar vertrautesten Umständen nur minimalste Sicherheit; relativ geringfügige Maschinenschäden oder kleinste Fehler können ein fatales Ende nach sich ziehen. Und Hilfe befindet sich angesichts der galaktischen Entfernungen nur selten in ihrer Nähe. Dort draußen, jenseits der Randwelten, geht man Risiken dieser Art hundertfach ein. Sie gehören sogar bei den routiniertesten Streifenflügen zum gewöhnlichen Alltag. Genau dies galt auch für die Mannschaft der Steller Ranger, als sie durch das All jagte und auf den Stern Beta Sagitta zuschoß. In Gedanken waren die Männer bereits auf der bequem eingerichteten Station des dort arbeitenden Teams, das auf ihre Rückkehr wartete. Aber anstatt nur eine unkomplizierte Datenerfassung durchzuführen, wurde diese Mission zum Angelpunkt eines außergewöhnlichen Abenteuers auf einer fremden Welt; ein Abenteuer, das in einer Begegnung mit den bizarrsten Geschöpfen gipfelte, denen die Menschheit bisher begegnet war. Der Versuch der Forscher, sich aus dem Griff einer Welt zu lösen, von der ihre Augen behaupteten, daß sie gar nicht existierte, verwickelte sie in einen Krieg zwischen den Bewohnern dieses Planeten und ihren Kolonialherren. In diesem ungewöhnlichen Kampf spielten die drei Föderationsoffiziere eine gewichtige Rolle bei der Überwindung der finsteren Macht, die das Leben einer zwar primitiven, aber komplizierten Kultur und zum größten Teil auch deren Existenz beherrscht hatte. Damit gingen sie in die Legende der Planetarier ein, und
die entstandenen Freundschaften veränderten sowohl ihr eigenes Leben als auch das der Eingeborenen. Nachdem der Planet, den sie Mystery getauft hatten, von seinen grausamen Herren befreit war, trat er als neues Mitglied der Galaktischen Föderation bei.
Der unsichtbare Planet Schiffslogbuch: 23. Tag. Erste Hälfte der Reise beendet. Kursänderung für Heimflug um 18:45 GMT. Keine besonderen Vorkommnisse, wenn man von der Automatenküche absieht, die nur lauwarmes Essen serviert. Halten auf Beta Sagitta zu. Für die Mannschaft des Forschungsschiffes Stellar Ranger II war es nichts anderes als ein Routineunternehmen. Sie hatte die Hälfte der langen Fahrt zum Rand ihres Sektors gerade hinter sich und würde in weniger als drei Wochen die von Sternenstaub bedeckte Nase ihres Raumflugzeuges in Richtung auf die Forschungsstation hinabsenken. Dann würden sie die Erzproben, die sauber gestapelt in den Regalen lagen, abladen, den Hauptcomputer mit Datenkarten füttern und einer wohlverdienten Ruhepause entgegensehen. Zwei von den drei Männern konnten zudem von einem zweimonatigen Urlaub auf der Erde träumen, der sie am Ende ihrer gegenwärtigen Dienstreise erwartete. In wenigen Stunden würden sie 250 Lichtjahre von der Erde entfernt sein und knapp das Gebiet verlassen haben, das im Sektor Sagitta noch kartographisch erfaßt war. Der weitentfernteste Punkt der Rundfahrt lag in der bis jetzt noch unerforschten Gegend eines Sterns vom Soltyp mit dem Namen Beta Sagitta. Dort sollten sie herausfinden, ob die gelbe Sonne
von irgendwelchen Planeten umkreist wurde. Wenn ja, hatten sie diese zu markieren und eine Kurzanalyse der dort herrschenden Verhältnisse zu erstellen. Als Kapitän Lenain den Übergang in das normale RaumZeit-Kontinuum einleitete, überprüften seine Kollegen noch einmal genauestens alle Systeme. Dann nahmen sie ihre Plätze ein, um sich für den ersten Anlauf auf den großen, strahlenden Lichtball vorzubereiten, der sich im Mittelpunkt der Navigationsschirme abzeichnete. Als das Schiff den Hyperraum verließ, klarte das Sichtfeld auf. Die Männer starrten, während die Sensoranlagen zu plötzlichem Leben erwachten, gebannt in das Vakuum und suchten in der Finsternis nach eventuell auftauchenden nichtleuchtenden Satelliten der bewußten Sonne. Kapitän Lenain brachte die Stellar Ranger in einen weitausholenden Kurs, um sie soweit an die Sonne heranzulassen, wie es die Hitze erlaubte. Die beiden Techniker Denton und Lavogue beugten sich unterdessen über die Computer-Konsolen und begutachteten die hereinkommenden Daten. Sie schwebten an der lohenden Flamme Beta Sagittas vorbei und zielten bereits wieder auf den äußeren Raum, als der Massendetektor etwas registrierte, was sich vor ihnen befinden mußte. Lavogue machte in aller Seelenruhe eine Geschwindigkeitsanalyse, um herauszufinden, ob das Objekt auch wirklich die Sonne umkreiste, Denton stellte die Position des unbekannten Objekts fest und überspielte diese Information in den Navigationscomputer. Um sich in den Sichtbereich der planetaren Masse zu transportieren, war ein kleiner Kurswechsel vonnöten. Daraufhin hielten die Männer nach jener Stelle Ausschau, wo das Objekt sich befinden mußte, aber ihre Augen erblickten nichts als einen sternenfunkelnden Ausschnitt tiefdunklen
Weltraums. Verwirrt huschten die Blicke der Männer über die verschiedenen Beobachtungsschirme. Jeder einzelne registrierte dasselbe wie zuvor, und man konnte daraus ersehen, daß die Stellar Ranger sich mit rapider Geschwindigkeit einer soliden Masse von der Dichte der Erde nähern mußte. Nach der Aussage der Instrumente hätten auch die Bullaugen des Schiffes mit dem reflektierten Licht einer neuentdeckten Welt überstrahlt sein müssen, aber stattdessen herrschte draußen weiterhin tiefdunkle Nacht. Der Albedodetektor bestätigte, daß nichts dort draußen das Licht der G-7-Sonne zurückwarf. Der Rest der sensorischen Ausrüstung mußte also beschädigt sein, die Techniker setzten in aller Eile zu einer nochmaligen Überprüfung der Sachlage an. Es war zum Verzweifeln: sie mußten feststellen, daß jede Einheit absolut korrekt funktionierte und keine andere Auskunft gab als die, die ihnen sowieso schon bekannt war - nur, daß sie sich dem bezeichneten Planeten inzwischen noch mehr genähert hatten. Die drei Männer starrten aus den Bullaugen und versuchten, sich darüber klar zu werden, was hier nicht stimmte, als einer von ihnen plötzlich Zeuge eines eigenartigen Phänomens wurde. Ein großer Teil des Weltraums wirkte seltsam verschwommen, und an einer Stelle dieses Flecks - genau an seinem Rand - erschien nun der charakteristische Halbmond eines verdunkelten Himmelskörpers. Im gleichen Augenblick zeigten die Meßgeräte die Existenz einer zweiten, kleineren Masse an. Während die Männer noch in die Finsternis hinausschauten, wuchs das Objekt zu einer runden, mondähnlichen Scheibe heran, auf die sie sich zubewegten. In dem Gebiet, wo sich den Instrumenten nach ein Planet befinden mußte, wurden die Sterne rasch matter und verschwammen, als würde man sie durch ein unscharfes Teleskop betrachten. Allem Anschein nach befand sich dort etwas, das erst nach einem Kurswechsel gesehen werden konnte. Kapitän Lenain
gelangte zu dem Entschluß, daß dies in der Tat ein Planet mit fester Masse sein mußte. Ein kurzer Düsenschub brachte das Schiff auf Zielanflug. Als sie tiefer sanken und in Richtung auf die von den Instrumenten angezeigte Stelle abtrudelten, verschwand die im Hintergrund stehende Sonne völlig aus ihrem Blickfeld und wurde zunehmend durch etwas Milchig-Trübes ersetzt, bis das unmißverständliche Abbild einer planetarischen Lufthülle auf den Bildschirmen Konturen annahm. Die drei Männer versuchten, den abrupten Wechsel zu begreifen; lähmende Stille herrschte im Schiff. Dem folgte jedoch hastige Aktivität, als sie zu den Konsolen zurückgingen und die ankommenden Daten ablasen. Im Gegensatz zu dem, was sie mit eigenen Augen noch wenige Sekunden zuvor gesehen hatten, befanden sie sich unzweifelhaft auf einem Kurs durch eine sauerstoffhaltige und feuchtigkeitstragende Lufthülle, und sie näherten sich der von Vegetation überzogenen und offensichtlich festen Oberfläche eines Planeten. In diesem Augenblick begann das Schiff zu trudeln, es erzitterte und verlor an Kraft. Lenain runzelte die Stirn und befragte auf der Stelle den Computer nach den Ursachen; die Instrumente aber gaben lediglich die Auskunft, daß die Triebkraft aus unerfindlichen Gründen abnahm. Ob es der Mannschaft nun gefiel oder nicht: sie mußte einen weitaus näheren Blick auf den Planeten werfen, als sie eigentlich beabsichtigt hatte - und wenn die Antischwerkraftgeneratoren sich ebenso unerklärlich benahmen und sie weiterhin dermaßen schnell auf den Planeten zurasten, könnte dieser Erkundungsflug ihr letzter gewesen sein. Kapitän Lenain setzte sich hinter die Navigationskonsole und versuchte mit allen Tricks, die Richtung zu beeinflussen. Das Schiff reagierte und wurde langsamer. Erleichterung ging durch die Reihen.
Die Männer schnallten sich wegen der voraussichtlichen harten Landung an, und als sie sich dem Boden näherten, setzte Lenain die Antischwerkraftgeneratoren auf volle Kraft. Selbst in den schützenden Kokons der Andruckwannen mußten die Männer darum kämpfen, bei Bewußtsein zu bleiben, bis der Schiffsleib zitternd zur Ruhe kam. Lenain schaltete die Motoren ab, und das Schiff setzte schwer und mit einem Geräusch von berstendem, zerreißenden Metall auf. In der nun folgenden Stille erschien den Männern ihr eigener Herzschlag beinahe betäubend laut. Schließlich versammelten sie sich und setzten sich in der verzogenen Kabine zusammen. Ihre erste Aufgabe bestand darin, das Ausmaß der Beschädigung durch die unfreiwillige Notlandung festzustellen. Anschließend wollten sie die Ursache der rätselhaften Energieverknappung herausfinden, die sie nach unten gezogen hatte. Nach routinemäßiger Überprüfung der Innenausrüstung gingen sie durch die Luftschleuse und sprangen hinaus auf den Boden, um die verbeulte Außenhülle des Schiffes sorgfältig zu untersuchen. Es stellte sich bald heraus, daß die Stellar Ranger schwer beschädigt und ihre Hülle mit zahlreichen Lecks übersät war. Aber schlimmer noch: die Verfärbungen mancher schwer in Mitleidenschaft gezogener Stellen ließen vermuten, daß das Schiff den Streß eines weiteren Starts ohne Generalüberholung nicht mehr aushalten konnte. Während Lenain und Denton mit der weiteren Inspektion des Schiffes fortfuhren, entschied sich Lavogue dazu, einen Blick auf die Umgebung zu werfen. Er bewaffnete sich mit einem Blaster und marschierte auf eine vor ihm liegende Hügelkette zu. Er glitt einen kleinen Hang hinab, wo am Fuße einer Felswand ein breiter, seichter Strom vorbeifloß, suchte sich einen Weg über das steinige Ufer und entfernte sich so immer weiter von seinen Gefährten. Einige Minuten später spürte er plötzlich eine unerklärliche Spannung. Er fühlte sich beobachtet
und wandte sich um. Entsetzt stellte er fest, daß er von einer schweigenden Menge menschenähnlicher Gestalten, die die unterschiedlichsten primitiven Waffen mit sich führten, umgeben und von seinen Freunden abgeschnitten war. Er spielte mit dem Gedanken, den Blaster zu ziehen; es war jedoch unmöglich, sich durch ihre Reihen zu kämpfen, und er ließ ihn wieder sinken. Die Gestalten kamen näher und umringten ihn. Dann hob einer der Eingeborenen seine Lanze, deutete in Richtung auf das Schiff und zog an Lavogues Ärmel. Er sollte also wieder entlang des Flusses zurückgehen. Auf dem Rückmarsch schaute der Techniker sich die Lebewesen näher an. Sie waren offensichtlich menschlich und schienen - obwohl schwer bewaffnet - keinesfalls aggressiv zu sein. Im Gegenteil: sie verhielten beinahe freundlich. Schließlich erreichten sie die Hügelkuppe, an deren Fuß das schiff lag, wo sich inzwischen eine weitere Gruppe der Fremden versammelt hatte. Die Luftschleuse war geöffnet: Offensichtlich hatten einige von ihnen das Innere des Schiffes betreten. Als Lavogue mit seinen Begleitern näherkam, tauchte einer der Fremden am Einstieg der Stellar Ranger auf und ging dann wieder in das Schiff hinein. Gleich darauf kehrte er mit Kapitän Lenain zurück, der heruntersprang und Lavogue entgegeneilte. Er erläuterte dem nervösen Techniker die Situation. Die Krieger waren lautlos und geradezu unsichtbar herangekommen und hatten den beiden Männern keine Zeit gelassen, zu den Waffen zu greifen. Offenbar waren sie aber friedlich. Lenain hatte ihre Anführer in das Raumschiff eingeladen. Zur Zeit sei man damit beschäftigt, mit Hilfe des Computers die Sprachbarriere zu überwinden. Einige Stunden später hatte man ein einfaches Vokabular ausgearbeitet und an den Hauptspeicher weitergeleitet. Es dauerte etwas länger, drei Taschencomputern provisorisch
dieses Wissen einzugeben, aber schließlich war es möglich, mit den Eingeborenen einfache Gespräche zu führen. Diese luden die Mannschaft zu sich in ihr Dorf ein. Da es nur wenig gab, was die drei Männer allein an ihrem Raumschiff hätten reparieren können, packten sie ihre Ausrüstung zusammen und folgten ihren Gastgebern hinaus in die herabfallende Dunkelheit.
Die Herren von Mystery Schiffslogbuch: 24. Tag. Ungeklärte Schäden an allen Antriebseinheiten zwangen uns zur Landung auf unbekannter Welt. Sind in Verbindung mit Eingeborenen, die harmlos zu sein scheinen. Denton ist verständlicherweise um die Sicherheit der Stellar Ranger besorgt. Da die Kommunikationssysteme beschädigt sind, werden wir die Hauptreparaturen an Ort und Stelle durchführen müssen. Die Männer der Stellar Ranger verbrachten die Nacht in einem der einfachen und verwitterten Gebäude, in denen auch ihre Gastgeber lebten. Sie machten kein Auge zu und waren am nächsten Morgen ziemlich erschöpft. Da hockten sie nun und dachten über ihr Dilemma nach. Die restlichen Bewohner der Hütte bereiteten das Frühstück zu, und während die beiden Techniker die Genießbarkeit der angebotenen Speisen testeten, wollte Kapitän Lenain feststellen, wo sie sich überhaupt befanden. Er hatte kaum den Eingang passiert, als er auch schon zurückrannte, seine Kollegen am Arm packte und sie hinaus ins Sonnenlicht zerrte. Erstaunt blieben sie stehen: Hinter der armseligen Ansammlung von Hütten türmten sich furchteinflößend große monolithische Gebäude auf, die mit den
primitiven Behausungen der Eingeborenen gar nicht zu vergleichen waren. Eine Technologie, die solche Bauwerke hervorbringen konnte, mußte auch dazu fähig sein, ihnen bei der Reparatur der Stellar Ranger zu helfen! Sie kehrten zurück in das Haus und befragten aufgeregt ihre Gastgeber, stießen jedoch lediglich auf eine Mauer von Schweigen und Ausflüchten. Geduldig erklärten die drei Männer so lange die Wichtigkeit eines Kontaktes mit den Bewohnern dieser gewaltigen Gebäude, bis einer ihrer Gastgeber die Hand hob und zu sprechen begann. Obwohl das meiste aufgrund von Übersetzungsschwierigkeiten verloren ging, war der Sinn seiner Worte durchaus verständlich: die Eingeborenen fürchteten sich. Viele von ihnen waren zu diesen Gebäuden beordert worden, ohne jemals wieder zurückzukehren - zumindest nicht unverletzt. Sie berichteten von Zauberei und magischen Kräften, denen sie hilflos ausgeliefert waren und die den Planeten bereits so lange regierten, wie sie sich zu erinnern vermochten. Jeder Stamm und jede Region mußte pro Jahr eine bestimmte Anzahl von Leuten zu diesen Gebäuden schicken, die über die gesamte Planetenoberfläche verstreut waren. Die Mannschaft der Stellar Ranger trieben die Eingeborenen mit ihren bohrenden Fragen mehr und mehr in die Enge, bis diese schließlich erzählten, daß die Torkral - wie sie die Konstrukteure dieser Gebäudekomplexe nannten - nicht selbst in diesen zyklopenhaften Städten wohnten. Ausschließlich ihre Bediensteten hausten dort, während sie selbst in den finsteren und geheimnisvollen nördlichen Regionen zu Hause waren. Den Männern der Stellar Ranger wurde bald klar, daß, wenn sie jemals die Heimat wiedersehen wollten, sie die Herren dieser Welt ausfindig machen und mit ihnen in Verbindung treten mußten. Sie kamen zu dem Schluß, daß die Lösung all ihrer Probleme im Innern des weitverzweigten Gebäudesystems liegen müsse und entschlossen sich, die Stadt, von der die
Eingeborenen nur in aufgeregtem, ängstlichem Ton sprachen, aus der Nähe anzusehen. Aber dazu brauchten sie einen Führer. Ihre Bitte stieß überall auf taube Ohren, bis sich ein junges Paar einen Weg durch die Umstehenden bahnte und den Männern zu verstehen gab, daß es zu diesem Dienst bereit sei. Früh am nächsten Morgen weckten die jungen Führer die drei Raumfahrer und forderten sie auf, ihnen zu folgen. Draußen, im Licht des fahlen Morgens, standen fünf große Tiere für sie bereit, halb Kamel, halb Drache, die offensichtlich als Reittiere dienen sollten. Nach anfänglichem Zögern schafften es die Männer schließlich doch, die gewaltigen Tiere zu besteigen, und die Gruppe brach auf, der aufgehenden Sonne entgegen. Während des Rittes lernten die Männer eine Menge über den seltsamen Planeten, den sie Mystery getauft hatten, obwohl die beiden Stammesmitglieder wie erwartet natürlich keine Erklärung für die Ereignisse liefern konnten, die sie während des verwirrenden Anfluges auf diese Welt erlebt hatten. Man erfuhr jedoch, daß nicht alle, die unter der Herrschaft der Torkral lebten, die Unterdrückung weiter so einfach hinnehmen wollten. Zunächst etwas zögernd eröffneten ihnen die beiden schließlich, daß der Unmut gegen ihre brutalen Herren sich überall im Land ausbreitete und bald ein großangelegter Aufstand die Torkral von dieser Welt vertreiben würde. Aber trotz der grimmigen Entschlossenheit der beiden, sah man in ihren Augen die tiefverwurzelte Angst vor den schrecklichen Kräften der Torkral, und nach einer Weile legte sich wieder bedrücktes Schweigen über die Gruppe. Die schaukelnden Reittiere trugen sie näher und näher an die riesigen Gebäude heran.
Sie waren schon beinahe eine Woche durch die immer gebirgiger werdende, nebelverhangene Landschaft geritten, und die Führer und Reittiere wurden zunehmend nervöser und ängstlicher. Kalte Windböen heulten auf, die dunstige Atmosphäre ging den Männern unter die Haut. Am nächsten Tag überquerten sie einen felsigen Hang und machten erschöpft halt. Am anderen Ende des sich vor ihnen ausbreitenden tiefen Tales lag die Stadt der Torkral, eine massive Ansammlung festungsähnlicher Türme. Während sie den gespenstischen Anblick auf sich wirken ließen, stellten sich die Männer von der Stellar Ranger erneut die Frage, ob der Schlüssel zu ihrer Rettung wohl hinter den Mauern dieser Stadt verborgen lag. Plötzlich erfüllte entsetzliches Kreischen die Luft, Schatten verdunkelten die zerklüfteten Felsen, und große Ungeheuer mit ledernen Flügeln stürzten sich aus dem dichten Nebel auf sie herab. Ihre Mäuler waren aufgerissen und zeigten gefährliche Zähne. Die beiden Eingeborenen gaben ihren scheuenden Reittieren die Sporen und riefen den Raumfahrern zu, sie sollten ihnen zu einer Felsspalte folgen. Die Gruppe galoppierte auf den Spalt zu und wich damit den Attacken dieser Monster aus. In der Nähe der rettenden Höhle angekommen, sprangen sie aus den Sätteln und liefen zu Fuß auf das sichere Asyl zu. Sie hatten es fast erreicht, als die Erde unter ihren Füßen erbebte, schwankte und sie zu Boden geworfen wurden. Etwas Turmhohes, Dunkles, Monströses schien plötzlich über ihnen aufzuragen, sich von den Felsen zu lösen und sie anzuspringen. Als dieses Etwas näherkam, erblickten sie die Gestalt eines riesigen, erschreckend anzusehenden Wesens, das die in seinem Weg liegenden Felsbrocken ohne Mühe durcheinanderwirbelte. Hinter dem Giganten traten nun zwei weitere dieser Monster zwischen den Felsenklippen hervor und bauten sich über den fünf zu ihren Füßen liegenden und um ihr Leben zitternden
Menschen auf. Schließlich nahmen sie die winzigen Gestalten langsam und vorsichtig in ihre mächtigen Arme und wankten die Hügelkuppe hinab in das Tal hinein, in dem die Stadt der Torkral lag. Sie näherten sich der ummauerten Stadt, und die entsetzten Gefangenen nahmen inmitten des Nebels schattenhafte Bewegungen wahr. Wo die Ungeheuer ihre erbarmungslosen Schritte hinsetzten, hörten sie Fetzen jämmerlichen Geschreis. Die Stadtmauer löste sich aus dem Nebel, nur kurz konnten die Gefangenen sie erkennen. Dann befanden sie sich auch schon immer noch im Griff ihrer Wächter - im Inneren eines dunklen Tunnels. Nach einer Zeit, die ihnen wie eine Ewigkeit erschien, erreichten sie einen gewaltigen Toreingang; dort setzte man sie vorsichtig auf dem Boden ab. In dem sie umgebenden Dunkel konnten sie nur die leisen Schritte der Wesen hören, die den gleichen Weg zurückgingen, auf dem sie gekommen waren. Ein Lichtstrahl tanzte über die düsteren Wände, die die Gefangenen umgaben, und dort in der Ecke, jenseits des Torwegs konnten sie nach einer Weile bedrohlich wirkende Gestalten erkennen; sie waren ausnahmslos mit Lanzen und Speeren bewaffnet und hielten brennende Fackeln in der Hand. Man ergriff die fünf, die keine andere Wahl hatten, als den Fremdlingen in die Tiefen der Stadt zu folgen. Man brachte sie in eine Kammer, warf die Tür hinter ihnen ins Schloß und ließ sie in dem nur matt erleuchteten Raum allein. So wie die Dinge nun lagen, war kein Gedanke mehr an das eigentliche Ziel des Unternehmens zu verschwenden. Ihre Überlegungen kreisten nun einzig und allein um das Überleben und die Flucht aus diesem gräßlichen Ort. So unterhielten sich die Männer, wie sie den Weg zurück ans Licht finden und den Legionen der bedrohlichen Monster, die die Nebelbänke durchstreiften, entgehen könnten.
Sie hatten bereits zwei Stunden lang in der Dunkelheit die Wände nach einer Öffnung abgetastet, als sich das Tor öffnete und drei hagere Figuren lautlos die Kammer betraten. Im bleichen Licht musterten die Gefangenen die weiblichen Gestalten, deren Augen in funkelndem Glanz leuchteten. Schweigen umgab sie, und die Luft schien plötzlich dichter und schwerer zu sein. Mehrere Minuten lang starrten sie einander an. Absolutes Schweigen. Lenain fühlte sich immer unwohler und verwirrter. Sein Bewußtsein weitete sich durch unerklärliche Sinneswahrnehmungen und Eindrücke, die sich im gleichen Maße verstärkten, wie das Feuer in den Augen der schweigsamen Besucher zunahm. Es wurde ihm plötzlich bewußt, daß die Fremden in seinen Geist eindrangen, ihn durch Telepathie oder etwas ähnliches auszuhorchen versuchten, und er unternahm alle Anstrengungen, sich abzublocken. Er konzentrierte all seine Kräfte und versuchte, das Eindringen der Fremden in sein Gehirn dadurch abzuwehren, daß er sein Bewußtsein mit einer Reihe unwichtiger Details beschäftigte und verschwommene Ansichten von sich gab, damit seine wirklichen Gedanken nicht zu lesen waren. Sein Gehirn wurde zu einem Schlachtfeld, auf dem Geisteskräfte immer stärker aufeinanderprallten und miteinander rangen, bis der innere Druck einen fast nicht mehr auszuhaltenden Grad erreichte und sich dann schlagartig auflöste. Lenain lag wie zerschlagen und nach Luft ringend am Boden. So lautlos, wie sie gekommen waren, verschwanden die drei geisterhaften Gestalten, und wieder umgab Finsternis die Gefangenen. Aus irgendeinem Grund war Lenain der einzige gewesen, den man auszuhorchen versucht hatte; zumindest konnte sich keiner der anderen daran erinnern, ebenfalls einem telepathischen Verhör ausgesetzt gewesen zu sein. Wieder verging einige Zeit. Plötzlich begann eine Wand des Raumes in kaltem Licht zu leuchten, und in ihrer Mitte nahm
eine Gestalt Form an. Ein vermummtes Wesen kroch auf eine leuchtende Kugel zu, und dort, wo seine Augen hätten sein sollen, funkelte kaltes Licht. Eine klauenähnliche Hand schob sich nach vorn und berührte den Himmelskörper, der schillernd die Farbe wechselte. Lichtstreifen zuckten über seine Oberfläche, und Lenain sah hier ein Abbild des Planeten Mystery, so wie sie ihn aus dem All gesehen hatten. Wieder spürte er ein Ziehen in seinem Kopf, nur daß es diesmal stärker war und ständig an Intensität zunahm. Lenain begriff, daß er dem Druck diesmal nicht würde standhalten können. Als die Kraftwellen sein Gehirn überfluteten und gnadenlos auf jede Faser seines Nervensystems einwirkten, schrie er vor Schmerz auf. Er spürte, daß dieses Wesen es darauf angelegt hatte, seinen Geist vom Körper zu trennen, und er wußte instinktiv, daß er verloren war, wenn er sich dieser Kraft nicht widersetzen konnte. Von Entsetzen getrieben rannte Lenain auf eine Mauer zu und schlug seinen Schädel gegen die Steinwand. Im Inneren seines gefolterten Gehirns explodierte ein weißer Lichtblitz, und er hörte sich vor Angst aufschreien. Dann fiel er bewußtlos zu Füßen seiner erschreckten Gefährten zu Boden.
Flucht vor dem Grauen Schiffslogbuch: 32. Tag. Mannschaft und Führer von unbekannter Gruppe gefangengenommen, die anscheinend über telepathische Fähigkeiten verfügt. Stimmung auf dem Nullpunkt, Lage ungewiß. Absichten der Fänger unklar, möglicherweise aber feindseliger Natur. Können nur abwarten.
Die anderen vier Gefangenen hatten zwar den lautlosen Kampf zwischen dem Kapitän und der vermummten Gestalt verfolgt, waren jedoch nicht direkt in den schweren Konflikt einbezogen worden. Deswegen wußten sie auch nichts von den mächtigen Kräften, die in Lenain gegeneinander gekämpft hatten. Erschreckt und verängstigt stürzten sie hinüber zu der Mauer, wo der Kapitän zusammengesunken lag, und versuchten festzustellen, ob noch Leben in ihm war. Abgesehen von einer tiefen Schramme an seiner Stirn schien er jedoch unverletzt zu sein. Lenain bewegte sich, hob mit schwachem Stöhnen den Kopf und setzte sich auf. Er hatte stechende Kopfschmerzen und hielt die Augen geschlossen. So gut es ging, erklärte er, was in ihm vorgegangen war. Jedem war nun klar, in welcher Gefahr sie sich befanden. Die Herren von Mystery brauchten nur in das Bewußtsein jedes einzelnen von ihnen einzudringen, um herauszufinden, was sie wissen wollten. Und wenn ihnen das gelang, würden sie von jedem - einschließlich ihrer Führer für die geplante Rebellion gegen die jahrhundertealte Ordnung der Torkral einen entsetzlichen Tribut verlangen. Die Gefangenen versuchten wieder, in den roh bearbeiteten, unregelmäßigen Wänden einen Fluchtweg zu finden, als sie von außen Geräusche hastiger Bewegungen vernahmen und das schwere Tor so heftig aufgestoßen wurde, daß es laut durch die höhlenähnliche Gruft hallte. Im Torbogen sahen sie eine weitere furchterregende Gestalt stehen, die zwar den Umrissen nach menschlich war, jedoch anstelle des linken Armes einen weißgefiederten Flügel hatte. Ein mit Hörnern und Visier ausgestatteter Helm verbarg den Kopf des merkwürdigen Wesens. In der Rechten hielt es eine gefährlich aussehende, gebogene Klinge. Der Fremde verharrte eine Weile, dann trat er auf die Gefangenen zu, packte den Arm ihres verängstigten männlichen Führers und flüsterte ihm eilig etwas in der Eingeborenensprache zu. Das Gesicht des Führers leuchtete auf.
Er wandte sich der verdutzten Mannschaft der Stellar Ranger zu und machte Zeichen, ihm und dem seltsamen Geschöpf zu folgen. Ohne zu zögern und sich näher nach ihrem unerwarteten Befreier zu erkundigen, rannten sie hinter seinem Schatten her, stolperten blindlings durch finstere Korridore und Tunnels, die sich unter der geisterhaften Stadt da hinzogen. Hin und wieder flackerte der glänzende Flügel ihres Retters in dem schwachen Licht auf, brachte sie mit einem Schlag zum Anhalten und bedeutete ihnen still zu sein, während der gehörnte Kopf sich suchend hin und her bewegte, als lauschte er weit entfernten, durch das Gestein dringenden Klopfzeichen. Dann rannten sie weiter, wobei jeder in der Gruppe sorgfältig darauf achtete, sich an der niedrigen Decke nicht den Schädel einzurennen oder über die Felsbrocken zu stolpern, mit dem der Boden des Ganges bedeckt war. Bald konnten die Flüchtlinge den Umriß ihres Retters klarer erkennen, und je genauer sie die Hindernisse, die ihnen immer wieder den Weg versperrten, sehen konnten, desto schneller kamen sie vorwärts. Spuren von Katzengold und Eisenerz funkelten an den Wänden, die das spärliche Licht zurückwarfen. Sie hielten an und rangen nach Luft. Ihr Befreier bedeutete ihnen mit einer Handbewegung, stehen zu bleiben. Er verschwand um eine Ecke, kehrte aber bald darauf wieder zurück und führte sie auf einen wüsten Steinhaufen zu, der vor ihnen jetzt den Tunnel blockierte. Von oben her strömte Licht herein und kalte Luft kühlte den Schweiß, der ihnen nach dem Lauf durch die dichte, abgestandene Luft des unterirdischen Labyrinths den Körper hinablief. Kraftvoll erkletterte das Vogelwesen das Geröll und schwang sich durch eine Deckenspalte. Die Eingeborenen folgten ihm und halfen den anderen, nachzukommen. Sie fanden sich in einer niedrigen Höhle wieder, wo sie sich erschöpft
niederhockten und in den grauen, wirbelnden Nebel hinaussahen, der im Vergleich zu dem stickigen Verlies, dem sie gerade entkommen waren, beinahe anheimelnd wirkte. Der Eingang verdunkelte sich kurz, als die ungewöhnliche Gestalt ihres Retters von einem raschen Erkundigungsgang in das undurchdringliche Grau zurückkehrte. Der Fremde bedeutete ihnen erneut, ihm zu folgen, und sie verließen lautlos die Höhle. Die Flüchtlinge betrachteten sorgenvoll den Nebel; sie fürchteten, die behende Gestalt vor ihnen aus den Augen zu verlieren. Dann rannten sie los, überquerten eine nebelfeuchte Geröllhalde und ließen wildwuchernde Vegetationsstreifen hinter sich. Sie begannen allmählich zu ermüden, und es war nur der Angst vor Verfolgung zu verdanken, daß sie das einmal eingeschlagene Tempo aufrechterhalten konnten. Endlich wurde das Nebelfeld dünner und erlaubte ihnen einen Blick auf einen Teil blauen Himmels. Nach Luft ringend stolperten sie in das blasse Sonnenlicht auf der anderen Seite des Tales und warfen sich erschöpft zu Boden. Es dauerte lang, bis sie sich soweit wieder unter Kontrolle hatten und aufsitzen konnten. Endlich konnten sie das unirdische Geschöpf, das sie aus der bedrohlichen Stadt herausgebracht hatte, näher betrachten - aber es war verschwunden. Die beiden Eingeborenen standen da, starrten in den wallenden Nebel hinein und hoben die Hände zu einem stummen Gruß. Dann machten sie sich wieder auf den Weg, denn die Gefahr, die ihnen drohte, so bald man ihr Verschwinden aus der Stadt bemerkte, war noch nicht gebannt. Taumelnd bewegte sich die Gruppe auf die ferne Hügelkette zu und behielt dabei ständig den hinter ihnen liegen den Horizont im Auge. Dem Beispiel ihrer eingeborenen Führer folgend, verfielen die Männer der Stellar Ranger in einen Trott, der sie ohne allzugroße Anstrengung schnell vorwärts brachte. Sie befragten
nun ihre Freunde nach der Identität des unbekannten Helfers. Die Eingeborenen erklärten, daß es sich bei dem Fremden um Rathryl gehandelt habe, um den sich viele Mythen und Legenden rankten. Aus den Geschichten, die man ihnen als Kinder erzählt hatte, wußten sie, daß viele Leute dazu gezwungen worden waren, die riesigen Gebäudekomplexe zu betreten, und daß sie dann mit Hilfe schwarzer Magie verändert worden waren und nun als entfremdete Wesen nur noch dahinvegetierten, um den Zielen ihrer Herren zu dienen. Eines Tages wurde ein junger Mann namens Rathryl dazu auserwählt, dem Grauen ins Auge zu schauen, das an diesen schrecklichen Orten herrschte; es gelang ihm jedoch trotz des schrecklichen Schicksals, das seinen Körper traf, geistig gesund zu bleiben. Er entkam und schwor jenen, die ihn verunstaltet hatten, ewige Rache. Kein anderes Wesen dieser Welt, außer Rathryl, war in der Lage, anderen zu helfen und dann auch noch in jene schrecklichen und von Entsetzen erfüllten Tunnels zurückzukehren. Die Torkral hatten inzwischen sicherlich festgestellt, daß es unter den Stämmen gärte. Die Eingeborenen mußten unbedingt vor der geballten Wut der Torkrals gewarnt werden. Deswegen beschloß die kleine Gruppe, auf schnellstem Wege zur Festung der Rebellen und ihrem Führer Athdoryl aufzubrechen. Während dieser Unterhaltung waren sie den Hügeln nähergekommen. Sie bewegten sich langsam, denn der Boden wurde abschüssiger, und plötzlich erblickten sie das Ufer eines riesigen Ozeans. Nach einer kurzen Rast machten sie sich wieder auf, überquerten den letzten sie vom Wasser trennenden Hügel und näherten sich einem kleinen Dorf, das um einen winzigen Hafen herum angelegt war. Ein Segelschiff lag am Kai, und die Ankömmlinge konnten bereits die Mannschaft erkennen.
Sie gingen auf den kleinen Anlegeplatz zu, und während die beiden Eingeborenen über eine Planke das Segelschiff betraten und hinter der Reling verschwanden, sanken die Männer der Stellar Ranger erschöpft zu Boden. Es kam ihnen vor, als hätte sie ein Wirbelsturm ergriffen und in Ereignisse hineingeschleudert, die weit außerhalb ihrer Vorstellungskraft lagen. Ihre Forschungsmission erschien ihnen jetzt so weit entfernt, als gehöre sie zu einem anderen Leben, und sie fragten sich, ob sie die endlosen Weiten des Weltraums jemals wiedersehen würden. Sie waren so stark mit ihren Gedanken beschäftigt, daß sie kaum wahrnahmen, wie das Eingeborenenpaar zu ihnen zurückkehrte und sich eine Weile neben ihnen in den Sand kniete. Alles sei für eine Schiffsreise arrangiert, die sie über das Meer zum Hauptquartier der Rebellen bringen würde, sagten sie. Völlig übermüdet rafften sich die drei Raumfahrer auf und betraten das wartende Schiff. Sie schliefen noch, als das Schiff längst den Bereich der geschützt daliegenden Lagune verlassen hatte. Auch anschließend wachten sie nur auf, um rasch eine Mahlzeit mit der schweigsamen Mannschaft zu teilen, ehe es sie wieder in die Kojen zog und sie erneut einschliefen. Als sie sich schließlich genügend erfrischt hatten, verbrachten sie den Rest der Fahrt an Deck, fragten sich, was wohl vor ihnen liegen mochte und starrten auf die Wellen, bis sich endlich die gerade Linie einer Landmasse am Horizont zeigte. Vor ihnen erhob sich eine Hügelkette, die sogar trotz des Schneegestöbers, das hin und wieder über das Schiff hereinbrach, deutlich zu erkennen war. Bald waren auch Einzelheiten des Landstriches auszumachen. Als sie sich den Schatten der Klippen näherten, teilten die Eingeborenen ihnen mit, daß die Seeleute nicht darauf eingestellt seien, sie näher an ihr Ziel heranzubringen, und sie lediglich am erstbesten Ort absetzen würden, den sie ausfindig machen konnten.
Etwa zwei Stunden später lief das Schiff in eine winzige, von Felsen umsäumte Bucht ein und ging vor Anker. Man brachte sie auf einem kleinen Boot wortlos an Land und ließ sie an dem steinigen Strand aussteigen. Sie schauten dem kleinen Boot nach, bis es das große Schiff wieder erreicht hatte, erst dann erforschten sie die nähere Umgebung. Sie kletterten einen felsigen Pfad hinauf, und die Raumfahrer fragten ihre Führer, ob sie überhaupt wüßten, wo die Festung der Rebellen läge. Die Antwort bestand aus einem Schulterzucken und der Bemerkung, man würde bald da sein. Auf der Spitze des Hügels blieb die Gruppe stehen und warf einen Blick auf die weiße, schneebedeckte Landschaft, die sich weit bis zum Horizont erstreckte. Der Wind, der an ihren Kleidern zerrte, war überraschenderweise nicht sehr kalt. Sie folgten dem Beispiel des Eingeborenenpaares, setzten sich hin und warteten. Der Himmel begann sich bereits zu verfinstern, als sie feststellten, daß sie nicht mehr allein waren. Eine hochgewachsene, muskulöse Gestalt, die lediglich mit einem Lendentuch bekleidet war, stand nur wenige Schritte von ihnen entfernt und beobachtete sie ohne jegliche offensichtliche Gefühlsregung. Das Paar sprang auf und rannte auf den Fremden zu. Einen Schritt von ihm entfernt blieben sie stehen, verbeugten sich und erklärten, warum sie hierher gekommen waren. Danach hieß der Fremde sie schweigen, wies sie an, ihm zu folgen und machte sich auf den Weg, ohne auch nur einen Blick hinter sich zu werfen. Sie erreichten schließlich die massiven Mauerwälle der Rebellenfestung. Nachdem man ihnen Schlafräume zugewiesen hatte, verbrachten die Männer der Stellar Ranger die erste bequeme Nacht, seit ihr Raumschiff auf dem Planeten Mystery notgelandet war.
Die Versammlung der Stämme Schiffslogbuch: 43. Tag. Konnten dank der Hilfe eines Unbekannten, den unsere Führer Rathryl nannten, entkommen. Verbrachten die letzte Nacht in der Festung des Rebellenführers Athdoryl. Mannschaff guten Mutes, vermute aber, daß noch weitere Gefahren auf uns warten. Am nächsten Tag wachte jeder zu einer anderen Zeit auf und suchte sich seinen Weg zu dem Raum, in dem sie am Abend zuvor gespeist hatten. Während des Frühstücks saß Athdoryl bei ihnen und hörte sich ihre Erlebnisse an, wobei er sie hin und wieder unterbrach und Zwischenfragen stellte, vor allem bei ihrer Schilderung der Torkralstadt. Nachdem sie geendet hatten, saß er eine Weile nachdenklich da. Es gebe keine Zeit mehr zu verlieren, sagte er. Dann stand er auf, schritt nachdenklich auf das Fenster zu und warf einen Blick hinaus in die öde Landschaft. Plötzlich wandte er sich entschlossen um und verkündete, daß jetzt die Zeit gekommen sei, die Stämme zusammenzurufen. Wenn sie jetzt noch länger zögerten, gegen die bösartigen Torkral loszuschlagen, hätten sie den Vorteil eines Überraschungsmoments nicht mehr auf ihrer Seite. Schon in diesem Augenblick konnte der Gegner seine Kräfte sammeln und sich darauf vorbereiten, das Land zu verwüsten. Und der würde keine Zeit damit verschwenden, sich auf die Suche nach den Rebellen zu begeben, sondern alles töten, was ihm in die Hände fiel, ob brave Untertanen oder wirkliche Rebellen. Schließlich verließ Athdoryl zielbewußt den Raum und überließ die Männer ihren eigenen Vorstellungen über den bitteren und ungleichen Kampf, der nun folgen würde. Später wanderten die drei Raumfahrer durch die Korridore der
Festung. Überall herrschte reges Leben, pulsierende Aktivität. Männer eilten hin und her, waren so beschäftigt, daß sie die Neuankömmlinge größtenteils gar nicht wahrnahmen. Von den Fenstern beobachteten sie Boten, die die Burg verließen und über die schneebedeckten Hügel davoneilten. All das führte dazu, daß sich auch in Lenain, Denton und Lavogue Ungeduld regte. Auch sie wollten ihren Beitrag zu den eiligen Vorbereitungen leisten, die überall ihren Anfang nahmen. Plötzlich erinnerte sich Lenain an die Stellar Ranger. Er machte sich auf den Weg, den Rebellenführer zu suchen, und die anderen folgten ihm. Schließlich stöberten sie ihn im mittleren Innenhof auf, wo er sich auf eine längere Reise vorzubereiten schien. Als er die drei Männer auf sich zukommen sah, lächelte er, denn er wußte, daß auch für sie die Zeit der Entscheidung angebrochen war. Lenain versuchte ihm klarzumachen, daß sie unbedingt und sofort zu ihrem Raumschiff zurückkehren mußten; denn dort könnten sie Waffen und Kampfmittel herstellen, die für die Rebellenarmee von größter Wichtigkeit sein würden. Zwar verstand Athdoryl nicht, wie die Maschinen arbeiteten, aber er wußte mittlerweile von den Fremden, daß sie über ein Wissen und eine Macht verfügten, die ihm wie Zauberei erschien. So war er sofort damit einverstanden, daß sie zu ihrem beschädigten Raumschiff zurückkehren sollten. Er erklärte, daß er eine weite und gefährliche Reise in die fernen Nordländer zum Volk der Shaftoin unternehmen wolle, einem harten und zügellosen Kriegerstamm in der öden Polregion. Sollten diese sich einverstanden erklären, den Kampf gegen die Torkral aufzunehmen, würden sie sich nach Süden begeben, auf dem Weg weitere Kämpfer sammeln und gleichzeitig die Raumfahrer zu ihrem gestrandeten Schiff zurückbringen. Lenain und seine Gefährten erklärten sich mit
diesem Plan einverstanden und bereiteten sich nun ihrerseits auf den langen Treck in das eisige Land der Shaftoin vor. Früh am nächsten Morgen brachen sie auf und marschierten zügig und schweigsam dahin. Langsam verschwand die trostlose Festung der Rebellen hinter dem Horizont. Mit Athdoryl Schritt zu halten, bedeutete eine harte Anstrengung für die Männer, zudem das vor ihnen liegende Land immer gebirgiger wurde. Sie waren froh, als sie bei Anbruch der Dunkelheit eine windgeschützte Schlucht erreichten, wo der Rebellenführer anhielt und ihnen zu verstehen gab, daß sie hier die Nacht verbringen würden. Trotz ihrer Erschöpfung konnten sie der bitteren Kälte wegen nicht einschlafen, und so dösten sie vor sich hin, bis die Sonne aufging. Athdoryl weckte sie schließlich aus wirren Träumen und erklärte ihnen, daß von nun an bis zum Land der Shaftoin sicherlich einige Gefahren auf sie lauerten. Denn einige der von den Torkral erzeugten Schreckensgestalten hielten sich in dieser Einöde auf. Belastet mit dieser Warnung und der Angst vor einem plötzlichen Angriff zogen sie weiter. Doch als es dann geschah, war dennoch niemand von ihnen darauf vorbereitet: mit einer solchen Schnelligkeit kam der Überfall. Die Männer hatten gerade eine schneebedeckte Bergkuppe erklommen, als ein entsetzlicher Schrei die Luft zerriß und ein furchterregendes Wesen vor ihnen aus dem Schnee aufsprang und mit einem Krummschwert auf Athdoryl eindrang. Der Rebellenführer wehrte die Attacke mit Leichtigkeit ab, und ehe seine Begleiter noch recht verstanden hatten, was hier eigentlich vor sich ging, lag der Angreifer bereits tot zu Athdoryls Füßen. Von nun an beschleunigte die Gruppe ihren Schritt; niemand wollte der letzte in der Reihe sein, und bevor der Abend erneut hereinbrach, hatten sie schon eine ansehnliche Strecke zu rückgelegt.
Die beiden nächsten Tage vergingen ohne Zwischenfälle. Athdoryl gab bekannt, daß man sich im Grenzgebiet der Shaftoin befand. Eine Stunde später deutete er zum Horizont, wo die Männer eine einsame Gestalt entdeckten, die auf einer seltsam anzusehenden, vogelähnlichen Kreatur hockte und mit ihnen Schritt hielt. Schließlich verschwand die schweigsame Eskorte. Zwei Meilen weiter stießen sie hinter einem Felsvorsprung auf eine Gruppe von Kriegern, die ihnen den Weg versperrten. Athdoryl gab seinen Begleitern zu verstehen, daß sie warten sollten und ging auf die Berittenen zu. Die Übersetzungsgeräte der Männer der Stellar Ranger konnten die folgende Diskussion zwar nicht übertragen, aber als Athdoryl schließlich zurückkehrte, berichtete er, daß die Shaftoin bereits über den geplanten Aufstand informiert und zur Verteidigung bereit seien. Die Reisenden seien jedoch willkommen, und zusammen machten sie sich auf in das hoch in den Felsen gelegene Lager. Am nächsten Tag verließ eine große Kampfestruppe die Höhlenstadt der Shaftoin. Die Schwierigkeiten, mit denen die Raumfahrer beim Besteigen ihrer neuen Reittiere zu kämpfen hatten, trugen zur allgemeinen Erheiterung der fremden Krieger bei. Doch schließlich konnten sie losreiten, in die warmen Zonen des Südens. Nach einem wochenlangen Ritt über verschneite Bergpfade wurde die Luft merklich wärmer und die Landschaft grüner. Erleichtert legten die Männer die schweren Umhänge ab, die sie vor den eisigen Winden und dem Schneegestöber geschützt hatten. Die Berge wurden flacher, und über die sich anschließende Tiefebene trugen ihre Reittiere sie geschwind hinweg.
Am Nachmittag legten sie eine Rast ein, um eine Mahlzeit zu sich zu nehmen. Plötzlich stieß einer der Krieger einen Schrei aus und deutete auf den Himmel, wo ein großes, mit Flügeln aus gestattetes Gefährt Kreise zog, und auf sie zuschwebte. Athdoryl und die Krieger winkten zu einer Gestalt hinauf, deren Gesicht jetzt deutlich zu erkennen war. Der Rebellenführer erklärte, daß es sich bei diesem Krieger um einen Späher handelte, dessen Stamm das Geheimnis fliegender Maschinen entdeckt und den Beobachter ausgeschickt habe, um ihre Ankunft zu melden. Nach dem das Luftgefährt mehrere Male über das Lager hinweggekreist war, ließ es sich von einem warmen Aufwind erfassen und höhertreiben. Die Bodentruppen bereiteten sich unterdessen auf das letzte Stück der Reise vor. Am Abend sahen sie in ein paar Meilen Entfernung eine parallel zu ihnen dahinziehende Gruppe von Kriegern. Athdoryl und einige andere ritten auf den sich langsam vorwärtsbewegenden Heerhaufen zu, während der Rest den Schritt verlangsamte, bis der Spähtrupp immer kleiner wurde und schließlich nur noch kleine Punkte in der hügeligen Landschaft zu erkennen waren. Aus dem Zug der anderen löste sich nun ebenfalls ein Kommando und ritt auf die Ankömmlinge zu. Das schwindende Sonnenlicht ließ das Metall der Schwerter aufblitzen. Doch bald darauf wurden beide Heere von der Dunkelheit verschluckt, und man traf Anstalten für eine weitere Nacht unter dem Sternenhimmel. Als die Männer der Stellar Ranger am nächsten Morgen erwachten, war Athdoryl inzwischen wieder zurückgekehrt. Sie standen auf, und als sie sich in die Sättel ihrer Reittiere schwangen, berichtete er, daß der Stamm, den sie gestern gesehen hatten, aufgebrochen sei, um sich mit den Kriegern des Wüstenvolkes - den Gothgaryn - zu vereinigen. Denn auch diese waren auf dem Weg und wollten sich der Rebellenarmee anschließen. Sie hatten ihm zudem von vielen anderen
Stämmen berichtet, denen sie auf der langen Reise begegnet waren. Dem Anschein nach befand sich derzeit die größte Armee auf den Beinen, die diese Welt je gesehen hatte. Man war sich darüber klar geworden, daß jetzt der Zeitpunkt gekommen war, um das Joch der Torkral abzuwerfen. Jeder Krieger war bereit, sich dem Zorn der Herren von Mystery auszusetzen, zu siegen oder unterzugehen. Je näher sie ihrem Ziel kamen, desto öfter stießen sie auf große, bewaffnete Gruppen, die aus allen Landesteilen zusammenströmten. Ein paar Tagesritte vom Landeplatz der Stellar Ranger entfernt, kam es Lenain und seinen Leuten erstmalig voll zu Bewußtsein, in welch gewaltiges Unternehmen sie sich eingelassen hatten. Und auch ihr persönliches Schicksal hing ganz von seinem Ausgang ab. Irgendwie erschien den Männern nun ihr ursprüngliches Ziel, das Raumschiff wieder startklar zu bekommen, um in die Bequemlichkeit der irgendwo in der Leere des interstellaren Raums hängenden Basis zurückzukehren, unbedeutend zu sein. Was war das im Vergleich zu den Ereignissen, die sie auf dieser wilden und unerforschten Welt ins Rollen gebracht hatten? Und dieses Gefühl verstärkte sich noch, als sie den letzten Hügel erklommen und das Lager sahen, das sich zu ihren Füßen ausbreitete. Soweit das Auge reichte, hatte man Zelte aufgebaut und Unterstände errichtet. Überall Bewegung und Leben. Selbst den abgehärteten Kriegern der Shaftoin, die sie den ganzen Weg über begleitet hatten, verschlug es den Atem. Athdoryls Gesicht glühte vor Stolz, als er die Massen der Krieger sah. Er gab seinem Reittier die Sporen, jagte bergab und tauchte zwischen ihnen unter.
Am Morgen der Schlacht
Schiffslogbuch: 59. Tag. Haben zusammen mit den Shaftoin unser Ziel erreicht. Überall versammeln sich Stämme aus allen Teilen des Landes. Man wird unsere Hilfe benötigen. Athdoryl wurde augenblicklich in die hektischen Aktivitäten, die in einem Lager dieser Größenordnung unausweichlich waren, hineingezogen und konnte sich von nun an kaum noch um die drei Raumfahrer kümmern. Er ließ jedoch eine Eskorte für sie bereitstellen, die sie zur Stellar Ranger geleiten sollte, und die Männer brachen, ohne Rast zu machen, gleich auf. Während des Rittes diskutierten sie ausführlich, wie die Maschinerie des Schiffes zur Herstellung von Waffen einzusetzen wäre. Dabei stellten sie mehr und mehr fest, daß sie sich als Teil der Rebellenbewegung fühlten und nicht mehr als teilnahmslose Beobachter. Nach allem, was sie bisher gesehen hatten, gelangten sie zu der Überzeugung, daß die technologischen Möglichkeiten der Stellar Ranger in der bevorstehenden Auseinandersetzung eine wichtige Rolle spielen und das Gleichgewicht der Kräfte sogar zugunsten der Rebellen verschieben konnte, falls die Torkral nicht über ähnliche Mittel verfügten. Bis jetzt hatten sie diesen Eindruck zwar nicht gewonnen, aber niemand konnte wissen, welche Funktion die strahlenden Gebäudekomplexe in der Nähe des Schiffes möglicherweise hatten. Als sie sich der Stellar Ranger näherten, bewegte sich die Gruppe immer vorsichtiger. Die Männer fragten sich, ob das Schiff wohl noch an der alten Stelle lag oder ob die monströsen Kreaturen des Gegners es nicht schon besetzt hatten. Ähnliches dachte wohl auch die Eskorte der Krieger, obwohl sie miteinander in einer Sprache sprachen, für die die Taschencomputer keine Programmierung besaßen. Wie durch
eine stille Übereinkunft verfiel die Gruppe nach einer Weile völlig in Schweigen. Als das Gelände den drei Raumfahrern immer bekannter vorkam und Lenain die Spitzen der entfernten Torkralstadt entdeckte, machte er der Eskorte klar, in welcher Richtung das Schiff liegen mußte. Die Krieger bedeuteten ihm und seinen Männern zurückzubleiben und schwärmten aus, um die Lage zu erkunden. Zwei Stunden später, als die Raumfahrer bereits ungeduldig wurden, hörten sie in der Ferne lautes Geschrei und mehrere dumpfe Explosionen. Kurz darauf erhob sich über den Spitzen der nächstliegenden Hügel eine schwarze Rauchwolke. Die Drei gaben ihren Tieren die Sporen und sprengten darauf zu. Doch als sie ihr Ziel erreichten, war das Scharmützel bereits beendet, und der Anführer der Eskorte ritt grinsend auf sie zu und deutete auf die Heckdüsen der Steller Ranger, die hinter den Felsbrocken zu sehen waren. Allem Anschein nach war das Schiff intakt. Es war lediglich von einer kleinen Gruppe einheimischer Dörfler bewacht worden, die unter dem Bann der Torkral gestanden hatten. Als Lenain und die anderen nach den Explosionen fragten, zeigten die Krieger ihnen die kleinen, granatförmigen Wurfgeschosse an ihren Gürteln, die absolut nicht zu ihren langen, blutbefleckten Schwertern zu passen schienen. Die Leichen der Gegner lagen noch dort, wo sie in dem Überraschungsangriff gefallen waren. Auf dem Weg zu den vertrauten Umrissen ihres Raumschiffes mußten Lenain und seine Gefährten an den Toten vorbei, und sie erkannten einige der Eingeborenen wieder, deren Gastfreundschaft sie am ersten Tag auf dieser außergewöhnlichen Welt genossen hatten. Aber diese bedrückenden Gedanken wichen, sobald sie auch nur an das vor ihnen liegende Ziel dachten. Der Eskorte schien das große Schiff nicht ganz geheuer zu sein. Die Männer weigerten sich, dem Gefährt allzu nahe zu
kommen und ließen sich solange am Fuße des Hügels nieder, der hinter ihm aufragte. An Bord, in der altgewohnten Umgebung, erinnerten sich die Männer an die Tausenden von Stunden, die sie hier zusammen verbracht hatten. Plötzlich kamen ihnen ihre erst kürzlich erlebten Abenteuer so außergewöhnlich vor, daß sie beinahe unwirklich schienen. Lenain nahm an der Hauptschaltkonsole Platz und ließ geistesabwesend seine Finger über die Tastatur gleiten, während er an die Station dachte, zu der sie unterwegs gewesen waren. Der Einbruch der Dunkelheit unterbrach seine Gedanken und ließ ihn wieder an die Armee denken, die weniger als zwei Tagesmärsche von ihnen entfernt auf der Ebene lagerte. Er richtete seine Aufmerksamkeit auf das Vorhaben, die Maschinerie ihres Raumschiffes zur Herstellung von Waffen zu benutzen. Als sie die zahlreichen elektronischen Geräte nach eventuellen Schäden untersuchten, verspürte Lenain plötzlich ein leichtes Ziehen im Kopf. Erinnerungen an das finstere Verließ der Torkral und das schreckliche Abbild auf der Wand erfaßten ihn, und er begriff, daß man nach ihnen suchte. Die Nachricht, daß er mit seinen Leuten zum Schiff zurückgekehrt war, mußte die Torkral also schon erreicht haben. Nervosität befiel die Männer, und sie stürzten sich mit Feuereifer in die Arbeit und schufteten bis tief in die Nacht hinein. Der Laderaum leuchtete auf im gleißenden Licht der Laserschweißgeräte. Plötzlich zerriß ein Schrei die Luft, der selbst die lauten Geräusche der Maschinen übertönte. Die Männer stürmten hinaus und beleuchteten mit ihren Handscheinwerfern den Bereich, aus dem ihrer Meinung nach das Geräusch gekommen sein mußte. Ein entsetzlicher Anblick bot sich ihnen, wo das Lager ihrer Eskorte gewesen war. Die Strahlen ihrer Lampen trafen auf eine riesenhafte, monströse Gestalt, die herumwirbelte und sie drohend anstarrte. Sie nagte
dabei an einem abgerissenen Arm, den sie mit ihren riesigen Händen gepackt hatte. Vor Entsetzen fast gelähmt, zogen sich die drei Raumfahrer langsam zur Luftschleuse des Schiffes zurück. Das Horror-Wesen ließ seine Beute fallen und setzte ihnen mit erstaunlicher Geschwindigkeit nach. Lenain und seine Leute wandten sich um, rannten so schnell sie konnten auf den Eingang des Schiffes zu, passierten die Schleuse und atmeten erleichtert auf, als sich hinter ihnen zischend die Tür schloß. Sekunden später erbebte die Stellar Ranger unter dem Ansturm des Ungeheuers, das seine Wut an der metallenen Hülle ausließ. Die Männer nahmen wahr, daß es in der Dunkelheit herumtappte und nach einer anderen Möglichkeit suchte, in das Innere des Schiffes einzudringen. Plötzlich fiel Lenain ein, daß die Laderaumtür noch offen stand. Er dachte einen Moment, daß nun alles zu Ende sei, aber dann brüllte er Befehle, eilte auf ein Kabelgehäuse in der Nähe der Laderaumtreppe zu und löste die Verkleidung. Er legte ein dickes Kabelende quer über den Boden und schaltete die Energie aus. Denton und Lavogue lösten die Isolierung. Mit allem fertig, klammerten die Männer sich an ihre Andruckwannen und warteten mit angehaltenem Atem. Unter ihnen wurden die Geräusche tastender Bewegungen immer deutlicher. Schließlich erschien der Kopf des Ungeheuers im Rahmen des Laderaumausgangs. Lenain legte einen Schalter um und im gleichen Moment verwandelte sich der Korridor in ein Inferno aus sprühenden Funken und schmelzenden Metallplatten. Der Eindringling zuckte und verkrampfte sich, bevor sich seine Gestalt schwarz verbrannt im Kreise drehte und zu Boden fiel. Lenain schaltete den Strom ab, reparierte die Leitung und warf einen angeekelten Blick auf das verkohlte Ding, dessen Körper den Gang blockierte. Die Zeit wurde immer knapper, und die Männer stürzten sich sofort wieder auf die Arbeit. Auch am nächsten Tag nahmen sie
sich keine Minute Zeit, um nach etwaigen Überlebenden der Eskorte zu suchen, sondern sie schufteten ohne Pause bis zum Einbruch der Abenddämmerung. Aber auch dann machten sie nur eine kleine Unterbrechung, verschlangen eine Nahrungsration und machten bis zum nächsten Morgen weiter. Als der größte Teil der Schwerarbeit erledigt war und sie sich auf die Verbindung der Schaltkreise und die Programmierung der Kontrolleinheiten konzentrierten, kam ein Kurier zur Stellar Ranger und kletterte zu ihnen in das Raumschiff. Obwohl keiner der Raumfahrer seine Worte verstand, begriffen sie doch den Sinn der Botschaft: Die große Schlacht würde in Kürze beginnen. Lenain gab dem Kurier zu verstehen, daß auch sie bald fertig seien, und der Mann hockte sich auf den Boden, um ihnen zuzusehen. Verängstigt aber doch neugierig beobachtete er die letzten Vorbereitungen. Etwas weniger als zwei Tagesmärsche entfernt sah die Situation inzwischen ganz anders aus. Die große Rebellenarmee hatte sich in Bewegung gesetzt. Späher hatten am Horizont eine große, gelbe Staubwolke aufsteigen sehen, die beinahe die Sonne verdeckte und einen langen Schatten über das Land warf. Athdoryl und die Führer der anderen Stämme beobachteten die an ihnen vorbeiströmende Masse von Mensch und Tier, die sich den unbekannten und furchteinflößenden, aus den nördlichen Gebirgen kommenden Kreaturen entgegenstellen wollten. Dann verabschiedeten sie sich voneinander und gesellten sich ihren eigenen Kampfeinheiten zu. Mit verzweifelter Entschlossenheit wälzten sich die beiden großen Heere unter einem sich verfinsternden, staubgeschwärzten Himmel aufeinander zu. Der Bo den begann unter ihren Schritten zu erbeben. Sie wurden immer schneller und die Schlachtenreihen gerieten aneinander: Der Kampf begann.
Die überhitzte Luft kochte, und Staub und Rauch verbargen die entsetzlichen Szenen des Gemetzels und des Todes. Die Kämpfer fielen, und unter dem Ansturm der Massen wurden die Körper in den Boden getrampelt. Aus der Dunkelheit tauchten die feindlichen Monster auf, packten in rasender Wut die ihnen gegenüberstehenden Menschen und zerrissen sie. Innerhalb weniger Minuten war von Strategie und Taktik nichts mehr zu bemerken. Verzweifelt ritten die Heerführer umher, versuchten einigermaßen die Kampfformation zu bewahren oder hielten nach einer Möglichkeit Ausschau, die das Blatt wenden und ihnen den Sieg bringen konnte. Jedem von ihnen war klar, daß hier ein Kampf auf Leben und Tod ausgefochten wurde. Die widerlichen Kreaturen, die sich todesverachtend den Reihen der tapferen Krieger entgegenwarfen, wurden dabei nicht von eigenen Motiven, sondern ausschließlich von der Wut ihrer Herren angetrieben. Jetzt konnte nur noch persönliche Stärke und Mut den Ausgang der Schlacht entscheiden. Als sie dies erkannten, vergaßen auch die Häuptlinge der verschiedenen Stämme jeden vorbereiteten Kampfplan und stürzten sich neben ihren Kriegern in das Getümmel. Die dunkle Masse der Kämpfer wogte zwischen den Hügeln hin und her. Am Rande des Schlachtfeldes lagen die Gefallenen. Als sich der Boden mehr und mehr mit Toten beider Heere bedeckte, verebbte die blinde Wut, und die Kämpfenden verstreuten sich über die Hügel, um nach einer vorteilhafteren Position Ausschau zu halten. Mehr und mehr begannen die Rebellen zu ermüden, wogegen die irrwitzige, unnachgiebige Gewalt der dämonischen Gegner anhielt. Hier und da formierten sich kleine Gruppen, die ihren geschwächteren Gefährten ermöglichten, sich innerhalb ihres Verteidigungswalles zu erholen, bevor sie die Plätze tauschten, um ihrerseits etwas auszuruhen. Aber immer weiter rollten die
Wellen des Gegners gegen ihre Barrieren aus Lanzen und Schwertern an und opferten sich in sinnlosen Attacken auf, bis die Mauer aus Menschenleibern endlich brach und sich unter dem unhaltbaren Druck auflöste. Es gab keinen Zweifel mehr: die Rebellen wurden langsam aber sicher von der Wucht ihrer Gegner und ihrer dämonischen Kraft aufgerieben. Die Krieger konnten jetzt kaum noch die Waffen halten und wurden mehr und mehr zurückgedrängt. In äußerster Verzweiflung jagte Athdoryl umher und suchte nach einer Möglichkeit, welche die entscheidende Wende des Kampfes herbeiführen konnte. Erschreckt fuhr er zusammen, als auf dem gegenüberliegenden Hügel plötzlich ein riesiges Ding sichtbar wurde, das sich auf die brodelnde Masse der Kämpfenden zuschob. Im Glauben, daß hier eine neue feindliche Schreckenswaffe in die Schlacht geworfen würde, blieb er wie angewurzelt stehen. Ein heulendes Geräusch übertönte das Waffengeklirr, als das monströse Ungetüm sich bergab in Bewegung setzte. Doch sah er einen seiner Krieger auf dem Rücken des Dinges sitzen; im gleichen Moment zuckten helle, scharlachrote Blitze auf, richteten sich auf die Reihen des Feindes und machten ihn nieder. Lenain hatte die Sirene angeschaltet und rollte nun mit Höchstgeschwindigkeit auf die Masse der feindlichen Kreaturen zu, während seine beiden Gefährten den Geschützturm herumschwangen und mit dem Laser eine Bresche nach der anderen in die Reihen des Gegners schlugen. Erleichtertes Freudengeschrei erklang aus den Kehlen der Rebellen, und sie stellten sich mit neuem Mut dem Feind entgegen. Lenains Kampffahrzeug donnerte über die Ebene, drehte sich auf der Stelle, griff wieder und wieder an, solange, bis der geschwächte Gegner aufgab und sich zu zerstreuen begann. Die berittenen
Rebellen stürzten den Fliehenden nach; bald darauf herrschte auf dem Schlachtfeld Ruhe. Nur die Verwundeten schrien und stöhnten. Lenain ließ den Panzer ausrollen und öffnete die Luke; er sah auf die erschöpfte Gestalt Athdoryls hinab und nickte ihm wortlos zu.
Im Inneren der Zitadelle Schiffslogbuch: 65. Tag. Die Rebellen haben den Feind mit Hilfe unseres Lasers vertrieben, aber noch liegt die Stadt vor uns. Das Gelände dort dürfte selbst für den Panzer zu uneben sein. Haben dennoch nicht vor, ihn zu schonen. Sind guter Stimmung, aber die Stämme haben viel erduldet. Gott allein weiß, wie das alles noch enden wird. Die Legionen der Torkral waren zwar aus der Umgebung vertrieben worden, aber ihre Herren lauerten immer noch innerhalb der Mauern ihrer Zitadelle. Es konnte keine Ruhe geben, ehe sie nicht völlig ausgerottet waren. Die Rebellenarmee mußte ohne Verzug gegen die Festung vorrücken, um den erzielten Vorteil zu nutzen. So machten sich die geschwächten und erschöpften Krieger, ohne sich eine Pause zu gönnen, auf den Weg durch das finstere, nebelverhangene Tal zur Torkral-Stadt. Athdoryl und die anderen Stammesführer sahen die ermatteten Männer an sich vorbeiwanken. Nur wenige waren unverletzt, und zu viele waren auf der Ebene geblieben, wo tote Leiber die Erde bedeckten. Sie hatten einen hohen Preis für den ersten Sieg zahlen müssen - aber die größte Prüfung stand ihnen noch bevor. Jene furchtbaren Kräfte, die die Armee des Grauens
befehligt hatten, würden ihnen zweifellos bei ihrem Angriff auf die Stadt mit noch größerer Erbitterung entgegentreten. Lenain befürchtete, daß nicht einmal ihre neuen Waffen den Rebellen zum Sieg über Torkral verhelfen könnten. Schließlich erreichte das Rebellenheer den Talrand, und die Stadt lag vor ihnen. Der Gewaltmarsch hatte ihre Reihen noch mehr gelichtet. Manche der Krieger waren erschöpft zusammengebrochen, andere an ihren Verwundungen gestorben und wieder andere während vereinzelter Scharmützel mit versprengten Dämonenhorden ums Leben gekommen. Dennoch gab es auch jetzt keine Verschnaufpause: unermüdlich drangen sie in den wallenden, sich zu ihren Füßen ausbreitenden Nebel ein. Bald wurde den drei Raumfahrern klar, daß die Felsspalten und Geröllhalden selbst für den Panzer der Stellar Ranger unbezwingbar waren. Schweren Herzens ließen sie das Fahrzeug stehen. Sie versorgten sich noch rasch mit einigen dem Schiffsmagazin entnommenen Waffen und schlossen sich den Kriegern an, die einen gangbaren Weg durch das feuchte Felsgestein suchten. Die Armee der Rebellen bahnte sich wankend einen Weg durch die Gesteinstrümmer des Talbodens und erwartete jeden Moment den Angriff aus dem Nebel. Aber keine finsteren Gestalten sprangen zwischen den Steinen hervor, nichts als Stille! Nur die Geräusche ihrer eigenen vorsichtigen Schritte waren zwischen den Klippen zu vernehmen. Als sie der Stadt näherkamen, stiegen böse Ahnungen in ihnen auf und legten sich wie ein schweres Gewicht auf ihre Schultern. Selbst die Luft schien dünner zu werden und beraubte sie der wenigen Kraft, die ihnen noch geblieben war. Lenain und seine Männer konnten den Tunnel, durch den sie beim erstenmal in die Festung gebracht worden waren, nicht finden. Der Nebel schwand, und bald tauchten vor ihnen die
massiven, schimmernden Mauern auf. Links konnte man den einzig sichtbaren Einstieg in die große, steinerne Fläche erkennen: ein schwarzes Viereck, das eben breit genug war, um einen einzelnen Mann hindurchzulassen. Sie hielten an, lauschten und versuchten, den Feind ausfindig zu machen, aber außer dem Klopfen des eigenen Herzens war nichts zu hören. Nacheinander näherten sich die Krieger dem schmalen Einstieg und spähten hinein. Der dahinterliegende, in das Mauergestein hineinführende Schacht weitete sich allmählich. Plötzlich zuckten die vorderen Reihen entsetzt zurück. Sie hatten eine riesige, monströse Gestalt ausgemacht, die mit ihrem mächtigen Körper beinahe den gesamten Gang ausfüllte. Das überdimensionale, unförmige Monster hatte einen gehörnten Kopf, knurrte und geiferte unentwegt und ließ die Krieger nicht aus den Augen. In jeder Hand hielt es ein Breitschwert, das drohend im matten Licht funkelte. Diese Kreatur war Horgarth, der Todesbringer, ein Wesen, das in die Legenden und Mythen von Mystery eingegangen war. Die Krieger wurden von Grauen geschüttelt, als sie dieser Gestalt plötzlich leibhaftig gegenüberstanden. Aber die Rebellen hatten nicht den ganzen Weg hierher zurück gelegt, um sich in letzter Minute aufhalten zu lassen. Einer der Krieger packte seine Streitaxt, holte tief Luft und schwang sich in den engen Gang hinein. Andere folgten und warfen sich ebenfalls auf die schreckliche Gestalt - nur um in der fürchterlichen Enge des Korridors zu sterben. Plötzlich trat eine hochgewachsene Gestalt aus den Reihen der Kämpfer hervor und baute sich vor dem Eingang auf. Fenryl, ein Krieger des Denador-Stammes, berühmt wegen seiner Größe und Stärke, betrat das dunkle Rechteck. Die Leute seines Volkes stammten aus den tropischen Zonen Mysterys und wurden von den anderen Bewohnern des Planeten mit außergewöhnlichem
Respekt behandelt. Von diesem alten Stamm gab es nur noch wenige. Sie hatten sich fast ganz isoliert, hatten kaum Kontakte zu anderen Völkern und waren dennoch mit fünf ihrer tapfersten Kämpfer aufgebrochen, um an der Schlacht gegen die Torkral teilzunehmen. Die Männer schwiegen, als Fenryl in der Finsternis verschwand und das Klirren hart aufeinanderprallender Waffen zu ihnen herausdrang. Die Kampfgeräusche schienen Stunden anzuhalten, aber schließlich verstummten sie. Irgend etwas bewegte sich im Inneren des Ganges und kam auf die Wartenden zu. Die Männer traten furchtsam zurück, doch dann stießen jene, die dem Eingang am nächsten standen, ein Freudengeheul aus, denn Fenryl trat heraus und reckte eines der Schwerter empor, das er Horgarth, dem Todesbringer, abgenommen hatte. Dann machte er Platz, und die Rebellenkrieger strömten in die Stadt hinein. Lenain und seine Leute wurden von dem Strom einfach mitgerissen und befanden sich plötzlich inmitten wilder Kämpfe, die überall in dem Labyrinth ausbrachen. Bösartige Gestalten warfen sich den Eindringlingen aus allen Ecken entgegen. Doch das Heer bewegte sich immer weiter dem Zentrum der Festung entgegen. Ein- oder zweimal glaubte Lenain unter den Kämpfenden eine ihm bekannte gehörnte Gestalt zu erblicken, die rachedurstig ihr scharfes Schwert schwang, ehe sie sich wieder in das Dunkel der Gänge zurückzog. Weiter und weiter ging es voran. Der Weg wurde allmählich steiler, und schließlich stiegen die ersten Krieger aus den finsteren Schächten in das graue Licht des Tages empor. Vor ihnen lag jetzt die eigentliche Stadt Torkral, und so eilten sie auf die großen Tore des Hauptgebäudes zu, die von den Raumfahrern mit einigen wohlgezielten Schüssen aus ihren Handstrahlern gesprengt wurden. Das Metall schmolz unter
dem Feuer der Strahler und die Tore fielen ächzend in sich zusammen. Die Krieger strömten in die dahinterliegende riesige Halle und blieben dort vorsichtig stehen und sahen sich nervös und neugierig um. Überall lag Staub; Spinnweben bedeckten die Wände oder hingen von der Decke. Es herrschte absolute Stille. Sie gingen unsicher über die mottenzerfressenen Teppiche und betrachteten die verrottenden Gobelins, die an den Wänden hingen. Athdoryl schob sich durch die Front seiner Krieger, sah sich um und erklomm dann die Stufen, die von der Halle aus nach oben führten. Der Bann war gebrochen, und die Leute folgten ihm. Sie kamen durch endlose Gänge und verstaubte Räume, die ebenso leer und verfallen waren wie der erste, und erreichten schließlich eine funkelnde Metalltür, die in seltsamem Kontrast zu der verfallenen Umgebung stand. Vor der Tür wartete die schlanke Gestalt Rathryls, ein blutiges Krummschwert in der Hand. Athdoryl ging auf ihn zu, und sie unterhielten sich eine Weile im Flüsterton. Dann wandte er sich um und informierte seine Leute, daß die Torkral hinter der hellen Metalltür Zuflucht gesucht hätten. Lenain und seine Männer näherten sich der Barriere und ließen erneut ihre Hitzestrahler in Aktion treten. Eine halbe Stunde später fiel ein kleiner Kreis glühenden Metalls zu Boden, und Rathryl schlüpfte, gefolgt von Athdoryl und Lenain, durch die entstandene Öffnung. Der Rest der Rebellen folgte ihnen durch das Loch. In dem dahinterliegenden Raum mußten die Männer aufgrund des beißenden Lichts zunächst einmal die Augen schließen. Die gesamte Umgebung strahlte in hartem Glanz. Die an den Wänden angebrachten Bildschirme funkelten und leuchteten in intensiver Helligkeit. Das leise Summen, das den Raum ausfüllte, ließ Lenain und seine Männer augenblicklich an die Stellar Ranger denken. Lenain nahm plötzlich ein leises Ziehen
in seinem Kopf wahr, blieb stehen und lauschte den Worten, die jemand ihm einzuflüstern schien. Er machte die Richtung, aus der die Gedanken kamen, ausfindig und ging darauf zu. Die ermatteten und müden Männer, die zurückblieben, schienen zu verstehen, daß ihnen jetzt keinerlei Gefahr mehr drohte. Sie blieben, wo sie waren, und schauten Lenain nach, der durch eine sich selbsttätig öffnende Tür in den Nebenraum trat. Während Lenain sich auf sein Ziel zubewegte, wurden die Gedanken in seinem Gehirn immer stärker und klarer. Sie schienen ihn um etwas zu bitten. Dann, als er durch ein weites Portal schritt, erstarben sie schlagartig. Er befand sich in einem großen Raum, dessen Wände aus gewaltigen Bildschirmen bestanden und die ganze Festung aufzeigten, einschließlich jenem Raum, in dem die Krieger auf ihn warteten. Am äußersten Ende befand sich ein halbmondförmiger Kontrolltisch, der nahezu die gesamte Breite des Raumes einnahm. Und dahinter saßen zehn gebückte und runzelige Geschöpfe, die ihn mit dunklen, stumpfen Augen ansahen. Obwohl zwischen Lenain und ihnen kein Wort fiel, wurden die Fragen, die sie sich gegenseitig stellten, auf Gedankenwege beantwortet. Als Lenain sich dann abwandte und zu den wartenden Kriegern zurückkehrte, wußte er: Diese schwachen, zusammengesunkenen, alten Männchen waren die einzigen Überlebenden des einst mächtigen Volkes der Torkral.
Das Ende eines Alptraums Schiffslogbuch: 69. Tag. Die Rebellen haben die Kontrolle über die Stadt Torkral übernommen, aber außerhalb des Hauptgebäudes wird noch immer gekämpft. Jetzt, wo alles zu Ende ist, erscheint es unglaublich, daß diese bemitleidenswerten Geschöpfe einen
ganzen Planeten und seine Völker so lange unterdrücken konnten. Waren nicht imstande, etwas über die Position ihrer Heimatwelt herauszubekommen. Für den Entwicklungsdienst der Föderation dürfte es hier demnächst viel Arbeit geben. Kaum waren die Rebellen in den inneren Bereich der Zitadelle eingedrungen, da schmolz der Widerstand der Verteidiger dahin, und die Überlebenden der Torkral-Legionen setzten sich in die stickigen Labyrinthe unter der Stadt oder flohen in den Nebel hinaus. Die Krieger gönnten sich erst einmal die langersehnte Ruhepause, und Lenain kehrte mit den Stammeshäuptlingen in die Schaltzentrale der Torkral zurück. Dort zeigte er ihnen die Männchen, die immer noch hinter den Kontrollkonsolen saßen, mit denen sie das Schicksal einer ganzen Welt gesteuert hatten. Es gab noch viele Fragen zu klären, aber jetzt, da die alten Torkral eingesehen hatten, daß sie keinerlei Macht mehr besaßen, zeigten sie sich kooperationsbereit. Hunderte von Jahren zuvor waren ihre Ahnen von einem fernen Sonnensystem am Rande der Galaxis als Kolonisten nach Mystery gekommen, hatten sich hier niedergelassen und die mitgebrachte Technologie und Ausrüstung dazu verwandt, sich auf der neuen Welt einzurichten. Obwohl der Planet bereits bewohnt gewesen war und die Ureinwohner nicht wollten, daß sich Fremde auf ihm niederließen, hatten sie den Planeten nicht wieder verlassen, sondern sich vom Rest dieser Welt isoliert. Sie hatten sich in die Fabrik- und Wohnkomplexe, die von ihnen mittlerweile errichtet worden waren, zurückgezogen und sich nicht mehr in das offene Land hinausgewagt. Mehrere Generationen vergingen und sie bemerkten, daß ihre Geburtsrate rapide sank und es nur noch eine Frage der Zeit war, bis sie aussterben würden. Die Strahlung der Sonne Mysterys hatte ihre Gene angegriffen und sie sterilisiert. Jene,
die noch das Wissen um die Astronautik, die stellare Navigation und die Grundvoraussetzungen der Weltraumfahrt besessen hatten, waren längst gestorben, und niemand hatte je daran gedacht, dieses Wissen zu bewahren. Wenn sie dem langsamen Aussterben entgingen, könnte es jedoch eines Tages wiedergewonnen werden - deswegen versuchten sie zunächst, die vergessenen Wissenschaften wieder auszugraben. Um sich erneut der Lösung des Weltraumfahrtproblems widmen zu können, mußten sie zunächst Zeit gewinnen. Also nutzten sie ihr umfangreiches biologisches Wissen, um ein Mittel zu entwickeln, das ihre Lebenszeit verlängerte. Als sie dieses Grundziel erreicht hatten, waren sie noch weniger geworden und hatten nicht mehr genügend Arbeitskräfte, um ihre Fabriken funktionsfähig zu halten. Da sie von den umliegenden Stämmen der Eingeborenen keine freiwillige Hilfe erwarten konnten, entwickelten sie das Ultraschallsystem, das eigentlich zur Stimulierung des Pflanzenwuchses für den Lebensmittelanbau eingesetzt werden sollte, und manipulierten damit die Nachbarstämme. Nachdem man die Eingeborenen erst einmal in die Fabrikationsanlagen gelockt hatte, wurden sie für die unterschiedlichsten Arbeitsgebiete umgepolt. Die Methoden der Torkral waren zwar primitiv, in einem gewissen Grade aber doch effektiv genug, um Legionen ihnen bereitwillig dienender Subjekte heranzuzüchten. Aber trotz all ihrer Bemühungen verloren sie schließlich doch den Kampf gegen die Zeit. Ihnen wurde immer klarer, daß sie dazu verurteilt waren, auf diesem Planeten zugrunde zu gehen. Als sie dies eingesehen hatten, lenkten sie alle Energien darauf, den Tod selbst zu besiegen. Ihre biologischen Experimente wurden auf der Suche nach dem Schlüssel zum ewigen Leben bizarrer und bizarrer. Obwohl die Torkral schon jetzt weit über die Spanne ihres normalen Lebens hinaus existierten, konnte nichts sie bei der immer verzweifelteren
Suche nach der Lösung aufhalten, die den Alterungsprozeß gänzlich zum Stillstand bringen konnte. Schließlich waren nur noch zehn von der einst tausendfachen Bevölkerung übrig, und obwohl sie älter waren, als sie sich erinnern konnten, blieb ihnen die letzte Tür zur Unsterblichkeit verschlossen. Während der letzten Jahre hatten sie nur noch als Schatten ihrer selbst hinter der Schaltkonsole gesessen, die unablässig in das Leben der Ureinwohner dieser Welt eingriff und überall Angst und Schrecken verbreitete. Als sie die verschrumpelten, zerbrechlich aussehenden Körper der einstigen Herren von Mystery anschauten, und sie die Blicke ihrer schmerz- und angstgepeinigten Augen auf sich fühlten, verspürten Lenain und die Häuptlinge nur noch schwachen Abscheu. Das Verlangen nach Rache verließ sie. Der Kommandant der Stellar Ranger riß die Verbindungskabel, die von dem breiten Kontrolltisch zu den Bildschirmen liefen, heraus und demonstrierte den Torkral damit, daß ihre Macht über Mystery erloschen war. Auf dem ganzen Planeten stellten die Fabriken und weitverzweigten Gebäudekomplexe, die eine nun nicht mehr existierende Rasse versorgt und unterstützt hatten, ihre Tätigkeit ein. Die Niederlage zerstörte den Überlebenswillen, der die Torkral zahllose Jahre aufrechterhalten hatte, derart, daß die zehn Überlebenden des einst mächtigen Volkes vor den Augen ihrer ehemaligen Sklaven beinahe verfielen. Nach einigen Tagen gaben ihre Körper den langen Kampf auf, den sie so verzweifelt geführt hatten. Nun lebte auf Mystery kein einziger Torkral mehr. Nach ihrem Tod schien ein neuer Geist das Land zu durchdringen. Die Stämme kehrten in ihre Heimat zurück, und die große Rebellenarmee löste sich auf. Doch Lenain und seine Leute mußten noch immer das Problem lösen, das seit jenem
schicksalsschweren Tag, an dem die Stellar Ranger auf Mystery niedergegangen war, bestand. Sie hatten anfangs den Plan gehabt, die Lösung dieses Problems in den gigantischen Gebäudekomplexen zu finden. Also wandten die drei Raumfahrer ihre Aufmerksamkeit erneut den leuchtenden Türmen zu, die sich steil aus der Landschaft emporhoben. Sie kehrten noch einmal in die Stadt zurück, die dem Schiff am nächsten lag und verbrachten einige Zeit damit, nach Teilen zu suchen, mit denen sie die Stellar Ranger reparieren konnten. Obwohl sie alles fanden, was sie dazu benötigten, stießen sie unerwartet auf einen noch schnelleren und bequemeren Weg, Hilfe herbeizurufen. Die Anlagen, mit denen die Torkral die Kontrolle über ihre unfreiwilligen Gastgeber ausgeübt hatten, brauchten lediglich einige Einstellungsänderungen, um ein direktes Signal an ihre Basis abschicken zu können. Die Botschaft eilte rasend schnell durch die Galaxis, lieferte den Empfängern Daten ihrer Position und eine kurze Zusammenfassung der Ereignisse und warnte die Rettungstruppen vor den Schwierigkeiten beim Anflug des Planeten. Wenige Wochen später ging anstelle eines Rettungsschiffes der Sicherheitsdienste ein Forschungsraumschiff der Föderation in der Nähe der mittlerweile rostig gewordenen Stellar Ranger nieder. Umringt von einer staunenden und verstörten Ansammlung von Eingeborenen, gingen Lenain und seine Männer auf die Rampe zu, die aus der Luftschleuse des riesigen Weltraumgefährts ausgefahren wurde. Sie lachten erleichtert bei dem vertrauten Anblick der Uniformierten, die ihnen entgegenkamen. Das Forschungsraumschiff hatte die angekündigten Schwierigkeiten beim Eintauchen in die Atmosphäre des Planeten Mystery nicht gehabt, und so nahm Lenain an, daß
dies ein Teil des Torkralschen Verteidigungssystems gegen unliebsame Besucher gewesen war. An Bord des Schiffes erfreuten sich Lenain und seine Leute an der ersten vertrauten Mahlzeit seit langem. Dabei berichteten sie von den folgenschweren Ereignissen, an denen sie seit dem Tag ihrer Ankunft auf dieser Welt teilgenommen hatten. Bevor sie ihren Dienst wieder aufnehmen mußten, wurden sie zunächst einmal zu einem wohlverdienten Urlaub auf die Erde zurückgeschickt. Danach beantragte jeder einzelne von ihnen die Versetzung auf die planetare Forschungsstation, die inzwischen auf Mystery aufgebaut worden war. Man ernannte Lenain zum Verbindungsoffizier zwischen den Menschen und den Ureinwohnern des Planeten, und er setzte seine Arbeit zusammen mit Athdoryl fort, bis dieser der Botschafter von Mystery auf der Erde wurde. Noch immer treiben sich in den nördlichen Regionen des Planeten vereinzelte Dämonen herum und leben ihr unglückliches Leben zu Ende. Auch die einstige Festung Torkral steht noch und überragt das zu ihren Füßen liegende, nebelverhangene Tal. Manche sagen, daß man hin und wieder zwischen den Felsen dieses unheimlichen Ortes den hellen Flügel Rathryls schimmern sieht. Er sucht immer noch nach den Überlebenden seiner Feinde in den Tunneln und Katakomben der ehemaligen Torkral-Stadt. Ende