Nr. 2557
Arndt Ellmer
Der Mentalpilot Ein Terraner lernt sein Raumschiff kennen – und eine Terranerin begegnet dem Irrealen In der Milchstraße schreibt man das Jahr 1463 Neuer Galaktischer Zeitrechnung – das ent spricht dem Jahr 5050 christlicher Zeitrechnung. Seit über hundert Jahren herrscht Frieden: Die Sternenreiche arbeiten daran, eine gemeinsame Zukunft zu schaffen. Als aber die Terraner auf die sogenannten Poly port-Höfe stoßen, Zeugnisse einer längst vergangenen Zeit, tritt die Frequenz-Monarchie auf den Plan: Sie beansprucht die Macht über jeden Polyport-Hof. Mit Raumschiffen aus Formenergie oder über die Transportkamine der Polyport-Höfe rücken die Vatrox vor, und anfangs scheinen sie kaum aufzuhalten zu sein. Dann aber entdeckt man ihre Achillesferse in ihrer stärksten Waffe: Die Vatrox verfügen mittels ihrer Hibernations
welten über die Möglichkeit der »Wiedergeburt«. Als die Terraner ihnen diese Welten nehmen und die freien Bewusstseine dieses Volkes einfan gen, beenden sie die Herrschaft der FrequenzMonarchie. Allerdings sind damit nicht alle Gefahren besei tigt: Noch immer gibt es Vatrox, darunter den gefährlichen Frequenzfolger Sinnafoch, und mindestens zwei rivalisierende Geisteswesen, die mit dieser fremden Zivilisation zusammen hängen. Perry Rhodan indes verschlägt es in eine fremd artige Umgebung. Rund um einen gigantischen Handelsstern kreisen 20.000 Scheibenwelten wie Wanderer, die Heimat der Superintelligenz ES. Neue Handlungsoptionen bietet den Gestran deten DER MENTALPILOT ...
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Eine Schnur ... Er rang mit den Gedanken, die sich Schnell, gib mir einen Seelenfaden, in Windeseile in immer kleinere Fetzen eine Gedankenschnur ... Ich muss alles zerlegten. Raus! Zu viel! Ist es ... nicht zusammenhalten. Ich darf mich nicht wert! verlieren! Körperliche und seelische Qualen Niemand antwortete ihm; er war al erleiden, um Pilot von MIKRU-JON zu lein mit seiner Angst. Perry Rhodans werden – war das kein zu hoher Preis? drängende Gedanken, in denen die Konnte er wirklich zu einem echten Furcht um die anderen jene um sich Piloten des Obelisken werden wie viele selbst übertraf und die so typisch für andere Lebewesen in ferner Vergan ihn waren, sollten helfen, die Angst zu genheit, bevor die Halbspur-Chan besiegen, wenn sie schon keine Lösung geure das Gebilde ins Museum gesteckt herbeibeschwören hatten? Oder hatte konnten. MIKRU-JON ihn ge Aber es war sinntäuscht und in eine Die Hauptpersonen des Romans: los. Sein Geist zerFalle gelockt? Clun’stal – Dem Hyperkristallwesen fehlen weniger die splitterte. Gedanken Museum – GefängWorte als die Erinnerungen. teilten sich, Sätze nis – Tank! Mikru – Der Avatar von MIKRU-JON sieht Risiken und zerfielen in HalbsätEs war ein enger Gefahren. ze, die zu EinzelwörRaum um ihn herum, Mondra Diamond – Perry Rhodans Gefährtin stellt sich tern zerbröselten ... in etwa so groß wie 1000 Aufgaben. und schlimmer als die KommandokapPerry Rhodan – Der Terraner nimmt im Sessel des das, gingen ihm die sel der Rakete, mit Piloten Platz. Zusammenhänge ver der er damals zum loren. Immer schnel Mond geflogen war. ler, bis er zum will »Risikopilot« hatte fährigen Mentalpiloten von MIKRU man ihn damals genannt und damit JON geworden sein würde. den besonders gefährlichen Job des MIKRU-JON. Das Schiff, das wie Raumflug-Testpiloten umschrieben. ein treuer Verbündeter, ja, beinahe wie Damals hätte er etwas so Schlimmes ein Freund gewirkt und dessen Ange wie dieses Erlebnis kaum für möglich bot er vertraut hatte. Pilot des obe gehalten. liskartigen, fremdartigen Schiffes zu Gleichzeitig drangen bruchstück werden. Zu Risiken und Nebenwir haft Erinnerungen in sein Bewusstsein kungen ... von anderen, mindestens ähnlich ein Mit zusammengepressten Lippen lag schneidenden Erlebnissen. Warst ... ein er in einem Tank voller Flüssigkeit, die Teil von ... BARDIOC ... Körpertausch ihn wie eine zweite Haut umschloss in Naupaum ... Simusense in Terras und ihn problemlos atmen ließ. Sobald Hallen ... er jedoch den Mund öffnete, geriet ihm Wo also lag sein Problem? die Flüssigkeit in den Hals und löste Er versuchte die Arme auszustre einen Erstickungsanfall aus. Dieser cken und sie gegen den Deckel zu elende Tank ... stemmen. Der Gedanke entschwand so Nicht verlieren ... schnell, wie er gekommen war. Er Einen Faden ... wusste nicht mehr, was er hatte tun
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wollen. Vor seinem Bewusstsein öffne te sich ein lautloser Abgrund, ein Nichts, das sich im nächsten Augen blick in ein loderndes Feuer verwan delte. Rhodans Widerstand ließ nach. Sei ne Gedanken fragmentierten in Teile von Worten und schließlich in Buch staben, die wie dünne Pfeile in alle Richtungen schossen und dabei zerfa serten. Es wurde leerer und leerer in seinem Innern. Etwas zerrte an ihm, ein fremder Einfluss, den er in diesem Augenblick vergaß, als sein Bewusstsein endgültig zu zerreißen drohte. Wo ... Ich ... ...ch ... Mit einem erneuten Aufbäumen drängte er den fremden Einfluss in sei nem Innern zurück. Ist es das wert? Mich selbst aufgeben, nur um mit die sem Schiff eine perfekte Handlungs einheit zu bilden? Er glaubte die Antwort auf die Frage zu kennen, ein klares Nein. Gleichzei tig wusste er aber, dass es kein Zurück gab. Die Flüssigkeit ließ ihn nicht los, der Tank öffnete sich nicht. Rhodan war dazu verdammt, entweder zu kämpfen oder seine Existenz zu ver schenken. Dreitausend Jahre für nichts. Wirklich für nichts? Seine Kräfte schwanden erneut, und er spürte, dass es ihm dieses Mal nicht mehr gelingen würde, sie wieder zu re aktivieren. Wenn er es schon nicht än dern konnte, wollte er es wenigstens mit der Gelassenheit eines unsterb lichen Wesens erleben. Mit MIKRU-JON verschmelzen, in höllisches Feuer hinabtauchen ... Es tat, verdammt noch mal, über haupt nicht weh. Sein Bewusstsein
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zersprang in einer jähen, lautlosen Eruption. Winzige Gedankenfetzen, die er als letzte Anker ausgeworfen hatte, lösten sich auf. Aber er sah. Sein Ich erlosch nicht in der von ihm erwarteten Weise. Wie auf einem kugelförmigen Bildschirm er lebte er ringsum, wie sich in seinem Bewusstsein nach und nach einzelne Splitter ausblendeten. Ich werde blind! Vergessen senkte sich wie ein schwarzes Tuch auf ihn. ... vergehen ... sterben ... Flucht – zu spät! Es gab kein Zu rück. Da war plötzlich ein Säuseln – ir gendwo weit weg, wie er glaubte. Es kam näher. Es gierte nach seiner Auf merksamkeit. Rhodan war müde, er wollte einschlafen und sich dem Ver gessen anheimgeben. Das Säuseln ergriff von dem win zigen Rest seines Bewusstseins Besitz. Nach und nach kristallisierte sich ei ne Melodie heraus, eine verlockende Abfolge von Tönen. Während er ver wundert dem Gedanken nachhing, dass sein Bewusstsein noch immer nicht völlig erloschen war, obwohl er diese Entwicklung mit Gewissheit geahnt hatte, spürte er den ersten Schauer eines hypnotischen Zwangs, den die Melodie auf ihn ausübte. Es glich einem wortlosen Flüstern, un widerstehlich und zielgerichtet. Und es galt ihm, daran ließ es keinen Zwei fel. Rhodan versuchte sich dagegen ab zuschirmen, aber er brachte kaum mehr als ein schwaches, resigniertes Aufbegehren zustande. Sein Wille reichte nicht, um dem Sirenengesang ernsthaft zu widerstehen. Also gab er sich hin, ließ sich treiben, sich beruhi gen; er entschwand. Ging er dadurch in dem Schiff auf?
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Was wurde aus seinem Körper mit dem Aktivatorchip? Verwundert erkannte er, dass seine Gedanken wieder klarer wurden, wie Buchstaben sich zu Worten bildeten, als seien es Staubwolken im Hinter grund seines Bewusstseins. Deutlicher als zuvor empfing er den Sirenenge sang: Gander tresoch – mamek forlebo – wenderabimul ... Worte einer ihm unbekannten Spra che perlten aus dem Gesäusel, schim mernd wie Silber. Sie umgarnten sein Bewusstsein, streckten ihre immateri ellen Hände nach ihm aus, wollten ihn festhalten, ihn stützen. Er zuckte zurück. Erneut keimte Misstrauen in ihm auf, Misstrauen ge genüber MIKRU-JON. Gleichzeitig schalt er sich einen Narren, weil er es längst besser wusste. Das Obelisken schiff hatte es nicht nötig, mit zwie lichtigen Mitteln zu agieren. Wenn es mit verdeckten Karten gespielt hätte, wäre ihm das in den vergangenen Mo naten aufgefallen. ... etok patatu ... gloss piberen ... Mikru, was willst du mir sagen?, dachte er angestrengt und überfor derte sich damit heillos. Seine Gedan ken zerstoben, Myriaden winziger mentaler Blitze versackten in einem lichtlosen Schlund. Wärme lullte ihn ein, die ihm Geborgenheit und ein ho hes Maß an Behaglichkeit vorgaukel te. Woran zweifelst du? Sein Bewusstsein glomm noch im mer vor sich hin, als sei es unauslösch lich an dieses Universum gekettet. Wieso stellte er sich diese Frage? Ich zweifle nicht, dachte er. Du brauchst keine Angst zu haben! Rhodan zuckte jäh zusammen. Die Worte stammten nicht von ihm selbst.
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Wer spricht da? Gander Tresoch! * Aus dem Nichts rieselten zahllose Sterne auf ihn herab, winzige neuro nale Entladungen in seinem orga nischen Gehirn. Ein froher Gedanke: Ich existiere in meinem Körper. Noch. Gander Tresoch, Mamek Forlebo ... Es handelte sich um Namen, nicht um Sätze. Hunderte waren es, die er sich nicht alle auf einmal merken konnte. Die Sirenen hießen Etok Patatu, Wen derabimul ... Sie sangen noch immer ihr betörendes Lied, das ihn in seinen Bann zog. Und dazwischen erneut diese Stim me. Du brauchst keine Angst zu ha ben. Er entdeckte Gedankensplitter – wo gende Fetzen in einem unbegreiflichen Kontinuum. Rhodan wollte sie festhal ten, zu dem Ganzen zusammenfügen, das sie ursprünglich gebildet hatten. Es gelang ihm nicht. Sie waren zu flüchtig. Wenn sie manifestierten und sich einander näherten, trieben sie im letzten Augenblick wieder voneinan der fort. Dabei hinterließen sie jedes Mal eine winzige Spur. Erinnerungen ... Giftige Schwaden treiben über die Pilzknospen. Die Ränder verfärben sich violett. Ein schneller Zersetzungs prozess beginnt. Er kommt mit dem rettenden Serum zu spät. Die Knospen schrumpfen in hektischer Flucht. Bei dem Versuch, sich unter die Oberfläche zurückzuziehen, knallen sie gegen den Boden. Sie zerplatzen und verteilen sich als Wolken aus lauter winzigen Fetzen über den Boden ... Rhodan erkannte, dass es sich um
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keine seiner eigenen Erinnerungen handelte. Ein kaum erkennbarer men taler Hauch trug ihm einen Namen zu. Gloss Piberen. Erinnerungen ... Grelle Lichtbahnen ziehen über den Himmel, bohren sich in wuchtige Me tallleiber, lassen sie bersten. Eine Glut welle rast durch die Lufthülle und bringt sie zum Kochen. Tod und Ver derben breiten sich rasch aus. Ein Stück entfernt ziehen Schiffe vorüber, deren Silhouetten Rhodan unbekannt sind, die ihm aber vorkommen wie Phantome aus schlimmen Träumen. Andere Schiffe verlassen den Planeten, streben hinaus ins All. Es sind wenige, denen die Flucht gelingt. Einer von ih nen – Etok Patatu. Fremde Erinnerungen spülten Rho dan hinweg. Er spürte das Schaukeln der Wellenkämme, die ihn mit sich tru gen. Der Gesang der Sirenen brandete darüber hinweg, leiser, melodischer als bisher. Lass dich treiben! Ein paar Splitter seines Ichs fügten sich wider Erwarten doch zusammen. Sie bargen Erinnerungen an die ver gangenen Tage, die Ankunft in TALIN ANTHURESTA, den Abschied von der JULES VERNE, das Zusammentreffen mit den Frerin. Gleichzeitig trugen sie Botschaften dieser anderen Wesen mit sich, gezielte Gedanken und Ratschlä ge. Nichts davon erregte seinen Arg wohn. Warum sollte er nicht prüfen, nicht schauen, nicht teilhaben an den Erfahrungen anderer? Der Sirenenge sang erwies sich trotz aller mentalen Verlockung als Medizin für die Seele. Ruhe erfahren – Ruhe behalten ... Er lauschte den Botschaften der an deren, die ihm Hilfestellung boten. Kein Zwang band sie an diesen Ort.
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Ihre Anwesenheit empfanden sie als Privileg, nicht als Gefangenschaft oder Qual. Sie bildeten die Gegenstücke zu den Splittern seines Geistes, sie waren die Katalysatoren. Und viel mehr als das. Rhodan verstand mit der Zeit, dass sie sich ihm als Wegweiser durch das für ihn Unfassbare anboten. Sie kann ten sich in den für ihn fremden Gefilden aus wie er in seinem SERUN. Ich bin nicht allein! Er ließ es zu, dass sie ihn an der Hand nahmen, ihm Mut und Zuver sicht vermittelten. Was ihn erwartete, gehörte nicht zu den Alltäglichkeiten. Er brauchte Kraft, die Prüfung zu überstehen. An jeden Splitter seines Bewusst seins klammerte sich ein Scout. Er spürte ihr Tasten, als wollten sie seine Gedanken und Erinnerungen bis ins Kleinste zerpflücken. Sie redeten auf ihn ein, sprachen ihm Mut zu. Sie er kannten sein Schwanken, sein Zau dern, die kreatürliche Angst eines kör perlichen Wesens vor der Aufgabe des eigenen Körpers. Rhodan wollte er selbst bleiben, sich nicht manipulieren lassen. Sie nahmen sich viel Zeit. Er spürte ihre unendliche Geduld, auch ihren Wunsch, dass er sich ihnen öffnete. Und er machte keinen Hehl daraus, dass sie ihn zu sehr bedrängten. Er zog sich in sich selbst zurück, so gut es ging, blockte seine Gedanken und Er innerungen ab. Sie ließen ihn gewähren. Es war sei ne Entscheidung, wenn er das Wissen um die Menschheit, die kosmischen Geheimnisse und Erfahrungen für sich behielt. Viele Lebewesen dieses Universums hätten alles darangesetzt, genau dieses Wissen in ihren Besitz zu bringen.
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Was wollt ihr dann? Erlaube uns, dein Selbst zu erfor schen! Rhodan spürte die Neugier in den Mentalpotenzialen, die sich auf einen einzigen Aspekt seines Wesens er streckte. Er entdeckte aber auch ein wenig Skepsis. Mikru weiß längst, wer ich bin und wie ich bin. Vertrau uns! Er stand an einer Schwelle und wusste nicht, was ihn hinter dem Tür rahmen erwartete. Was immer geschah, er befand sich weiterhin in MIKRU JON. Ich vertraue euch. Weil mir nichts anderes übrig bleibt. Ohne dieses gegenseitige Vertrauen konnte es nicht gut gehen. Wenn sie sein Selbst erforschen wollten, sollten sie es eben tun. Es gab letztlich nichts, was sie abhalten würde, zumindest auf längere Sicht. In seinen Ohren erklangen die Worte Bullys, wie er sie aus dem Helmlaut sprecher gehört hatte, damals ... Sie flogen in der STARDUST zum Mond. Sie landeten dort. Und das, was sie dort fanden, stellte ihre Kamerad schaft auf eine harte Probe. Als sie sich hinter die Felsen des Kraterwalls duckten, war Bully mit den Nerven am Ende. »Du hast es gewusst, nicht wahr? Du hast es schon vor Stunden gewusst«, kam sein Flüstern durch. »Deshalb musste ich mich also rasieren. Woher hast du es gewusst? Perry ...!« »Nicht aufregen, Junge, es nützt nichts«, raunte Rhodan heiser. »Dieses Raumschiff ist niemals in Asien gebaut worden. Es stammt überhaupt nicht von der Erde. Ich ahnte es, als das grü ne Flimmern kam. Kein Mensch kann ein solches Kraftfeld erzeugen, nie
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mand hätte in einer derartigen Form unsere Funksendung unterbrechen können.« Bully richtete sich auf. Der gläserne Ausdruck erlosch in seinen Augen. Auch er spähte nach vorn. »Sie haben eine Bruchlandung ge macht«, sagte er nach einer Weile. »Sie haben den halben Kraterwall abrasiert, und das mit derartiger Wucht, dass man kaum daran denken darf. Wer ist das? Wie sehen sie aus? Woher kommen sie? Und ...«, Bully presste die Lippen zusammen, ehe er mit einem düsteren Unterton plötzlichen Misstrauens den Satz vollendete, »... und was wollen sie hier?« Die Frage machte Rhodan vollends munter. Er fand die kühle Überlegung wieder. Seine Lippen verzogen sich. »Das werden wir erfahren«, meinte er gedehnt. Von diesem Tag an erfuhren sie sehr viel: über Jahre, Jahrhunderte, Jahr tausende. Rhodan begegnete sich als Kommandant und Pilot der STAR DUST II, der GANYMED, der TITAN und anderer Schiffe, mit denen er im Lauf seines Lebens ins Unbekannte aufgebrochen war. Als er eines Tages seinen Fuß in eine der Krankensta tionen der SOL setzte, kämpfte die Mutter des ersten Weltraumbabys mit dem Tod. Ohne lange zu überlegen, trat er an das Bett und nahm ihre Hände. »Ich bin ein sehr alter Mann«, sagte er leise. »Und ich hänge an der SOL, die lange Zeit meine Heimat war. Es tut mir weh, dieses Schiff verlassen zu müssen. Machen Sie mir ein Geschenk zum Abschied, Helma? Ein großes Ge schenk, vielleicht zu groß für einen ein zelnen Menschen. Aber alle anderen warten genau wie ich darauf. Helma, Ihr Kind – es soll doch leben, nicht
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wahr? Lassen Sie mich hierbleiben. Wissen Sie, jedes Kind ist ein Symbol. Ein Symbol für das Leben, das immer weitergehen wird ...« Er blieb, bis das Kind geboren war. Er sah es. Auf den ersten Augenblick wirkte es normal, vor allen Dingen ge sund, kräftig und lebhaft. Auf den zweiten Blick erschien es ihm seltsam fremdartig. Aber er hatte in seinem langen Leben viele Neugeborene gese hen – sie wirkten alle fremd und merk würdig. Die Ärzte brachten den kleinen Jun gen ziemlich überhastet weg und kehrten mit ihm zurück, als er bereits gewickelt war. Helma Buhrlo sah das Kind an, dann Rhodan, und sie lächel te ... Nur Joscan Hellmut begleitete Rhodan auf dem Weg zur Schleuse. Sie schüttelten sich stumm die Hände. Als Perry Rhodan die Space-Jet be stieg, fiel sein Blick auf den Kalender. Er hatte gar nicht gemerkt, wie die Ta ge verstrichen, denn die Stunden wa ren alle gleich gewesen. Der 24. De zember des Jahres 3586 ging bereits zur Neige ... Später beobachtete Rhodan von der BASIS aus, wie die SOL sich in Bewe gung setzte, Fahrt aufnahm und immer kleiner wurde. »Es ist schwer, ein Schiff wie dieses zu verlieren«, sagte Reginald Bull be drückt. »Wir haben die SOL nicht verloren«, antwortete Perry Rhodan nachdenk lich. »Ich wollte, ich wüsste, was auf unsere Solaner wartet.« Inzwischen kannte er den größten Teil der wechselvollen Geschichte des Generationenschiffs. Rhodan wartete auf den nächsten Erinnerungsschub. Er blieb aus. Kei nes der fremden Bewusstseine schien
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an weiteren Informationen interessiert zu sein. Stattdessen rückten die Split ter seines Geistes wieder enger zusam men und vereinigten sich. Gedanken verbindungen entstanden, die ihm so eben noch unmöglich gewesen waren. Ihm wurde klar, dass es diesen Wesen heiten nicht um Fakten ging, sondern um ihn selbst. Sie prüften seinen Cha rakter – im Zusammenhang mit Raum schiffen. Der Terraner erinnerte sich an das, was er von Mikru, dem Avatar des Raumschiffes, über die Schiffssteue rung erfahren hatte: Zur optimalen Navigation war es möglich, das Be wusstsein des Piloten zeitweise mit dem Schiff zu verschmelzen. Je häu figer das geschah, desto intensiver wurde das auf das Schiff übertragene mentale Echo. Es fand eine Art hyper physikalische Prägung statt. Aus den mentalen Echos hatte sich mit der Zeit ein Pool entwickelt, der dem Schiff eine Persönlichkeit verlieh, eben jene Mikru. Sie trat mit den ge genwärtigen Passagieren in Gestalt einer menschlichen Frau in Erschei nung. Gander Tresoch, Mamek Forlebo, Wenderabimul ..., dachte Rhodan. Ihr seid die früheren Piloten von MIKRU JON. Ihr seid Mikru! Sie gaben ihm keine unmittelbare Antwort. Während er in sich lauschte, glaubte er leise und wie von weit her eine Botschaft zu verstehen. Du bist würdig. Gewogen und für schwer genug be funden, sagte sich Rhodan. Was kommt danach? Die Angst, sich zu verlieren, hatte er überwunden. Die Bedenken aber blie ben. Was geschieht jetzt? Verschmilzt mein Bewusstsein mit dem Pool des Schiffes? Für immer?
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2. Noch immer sah Mondra Diamond dieses Bild vor sich: Ramoz, der be harrlich hin und her wanderte, im Trippelschritt immer ein und dieselbe Strecke zurücklegte; vorbei an einem hohen schlanken Turm zu einem ge drungenen, bunkerähnlichen Bauwerk und zu einer Kuppel, die von innen zu leuchten schien. An den Wendepunk ten hob das einen halben Meter große Tier den Kopf und betrachtete sie. Der Blick aus dem einen gesunden Auge war schwer zu deuten, aber im Nach hinein war ihr klar, was er ihr damit hatte sagen wollen. Inzwischen hatte sie längst begrif fen, dass dieser kleine Teil der Maschi nenstadt identisch war mit einem Teil von Ambur-Karbush auf Wanderer, wo sie 45 Tage darauf gewartet hatte, dass Perry endlich von seinem Treffen mit ES zurückkehrte. Sie hatte die Zeit genutzt, um Infor mationen zu sammeln, allgemeine zum Kampf gegen die Frequenz-Monar chie, aber auch spezielle, die mit ihr persönlich zu tun hatten. Informati onen zu Delorian, ihrem Sohn. Dem Chronisten von ES. Welcher Ort wäre dazu besser geeig net gewesen als Ambur-Karbush, die Maschinenstadt auf der Scheiben welt? Homunk hatte ihr zu verstehen ge geben, dass sie mit diesem Besuch ei nen wichtigen Schritt getan hatte. »ES, du kranker alter Mann«, sagte sie sich. »Nicht genug, dass Homunk mir jede Auskunft verweigert. Du selbst hast so getan, als würdest du Delorian nicht einmal kennen.« Seit Delorians Geburt war viel Zeit vergangen, aber sie erinnerte sich noch an alles. Keine Mutter vergisst
ihr Kind, davon war sie fest über zeugt. Ramoz, von einer beharrlichen Un ruhe beseelt, hielt sich weiterhin an ihrer Seite. Er schnupperte, wo es au genscheinlich nichts zu schnuppern gab, und manchmal stieß er ein Fau chen aus. Er traute dem Frieden nicht. Nachdem sie durch das Tor der leuchtenden Kuppel gegangen waren, schloss sich Mondra seiner Meinung an. Sie traute nämlich ihren Augen nicht. Sie war eindeutig in der Halle der 1000 Aufgaben im Stardust-Sys tem herausgekommen und nicht etwa im Archiv der Maschinenstadt, das sie hatte besuchen wollen. »Also doch!«, entfuhr es ihr. »ES schickt mich hin und her. Ich gehe durch eine Tür und bin im selben Au genblick an einem Ort auf Aveda. Be steht die Verbindung via Talanis wei terhin?« Ihr Transport erinnerte an einen »Distanzlosen Schritt«. Mondra Diamond sah sich um. Die Halle glich einem Zylinder von 108 Metern Innendurchmesser und einer Höhe von 50 Metern. Sie war leer. Sa phirlicht verbreitete einen kalten blau en Schein. In Boden und Decke klaffte die etwa zehn Meter durchmessende Öffnung eines Antigravschachts. An der Wandung des Zylinders ver lief in Kopfhöhe das Band mit den Re liefs der achteckigen Kartuschen. Sie waren gefüllt mit Symbolen, Folgen von Schriftzeichen, aber auch Pikto grammen und anderen Bildern. Die Bezüge zur Geschichte von ES und der Menschheit waren nicht zu übersehen. Mondra war überzeugt, dass dieser Saal einige Hinweise auf Geheimnisse der Menschheit barg. Sie waren nur nicht auf Anhieb zu erken
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nen. Rätsel und Mysterien ... typisch ES! Aber das war es nicht allein, was Mondra nachdenklich machte. Diese Halle in der Felsnadel auf Aveda bil dete die Ausgangsbasis für das Zweite Galaktische Rätsel. Wer es löste, dem winkten zwei Zellaktivatoren. Bisher hatte niemand die Rätsel ge löst und die richtige Spur gefunden. Außer Mondra und Ramoz hielt sich niemand in der Halle auf, obwohl sie bei ihrem Eintreten deutlich Stimmen gehört hatte. Auch als sie zusammen mit Perry zu Besuch gewesen war, wa ren zahlreiche Männer und Frauen da gewesen, die versuchten, das Rätsel der Kartuschen zu lösen. Mondra konnte es kaum erwarten, die ersten Ergebnisse zu erfahren. Die Wissenschaftler befanden sich vermut lich in einer Besprechung, deshalb hielt Mondra auf den Antigravschacht zu. Sie wollte die Laborsektion aufsu chen und mit den Wissenschaftlern sprechen. Es war gar nicht nötig, wie sie fest stellte. Einige von ihnen waren schon da. Sie bewegten sich an dem Band der Kartuschen entlang, nahmen Mes sungen vor, führten Scans und Hyper tastungen durch. Mondra hielt inne. Sie benötigte ei ne Weile, um sich zu sammeln und ihre Gedanken zu ordnen. Dabei schien es ihr, als liefe die Zeit schleppend lang sam ab. Nein, das konnte nicht sein. Sie bildete sich das nur ein. Sie wollte weiter, suchte sich einen der Männer im blauen Overall aus. Gerade als ich hereingekommen bin, war die Halle leer! Sie musste es sich dreimal vergegen wärtigen, bis sie es akzeptierte. Ent schlossen ging sie auf den Wissen schaftler zu.
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»Hallo, kennen wir uns? Ich bin Mondra Diamond. Von Terra.« Der Terraner – von hinten schätzte sie ihn auf mindestens hundert Jahre – reagierte nicht. Als sie neben ihn trat, bewegte er die Lippen. Sie glaubte ein leises Säuseln zu hören. »Hallo!«, wiederholte sie und streck te dem Mann die Hand hin. Er ignorierte die Geste. Als er wei terging, glitt ihr Arm durch seinen Körper hindurch. Verdattert starrte sie ihm nach. »Ich hätte schwören kön nen ...« Die Projektion war so echt, dass es ihr nicht aufgefallen war. Entschlossen marschierte Mondra zur nächsten Person, einer Frau. Sie bohrte ihre Hand in deren Körper, oh ne dass die Frau reagierte. Es gab kein Kribbeln auf der Haut, keine Erwär mung, einfach nichts. Mondra machte ein paar schnelle Schritte durch die Frau hindurch und vertrat ihr den Weg. »Auf ein Wort nur!« Die Projektion reagierte nicht. Ein wenig ratlos blieb Mondra ste hen. Die Wissenschaftler waren nicht echt, und sie waren nicht da gewesen, als sie die Halle betreten hatte. »Trugbilder, Illusionen!«, murmelte sie. »Was soll das alles? Was hier ist überhaupt echt?« Das ist nie und nimmer die Halle der 1000 Aufgaben, dachte sie. Wind blies ihr plötzlich entgegen, zerzauste ihr Haar, und Wasser regnete auf sie herab. Mondra kicherte. All das war Illusi on, sogar das Wasser. Es plätscherte lautstark, aber es versiegte um ihren Körper herum. Sie hielt das Gesicht in den Regen, aber danach fühlte sich ih re Haut noch immer so trocken an wie zuvor.
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»Es ist gut«, sagte sie. »Ich weiß, dass ich nicht im Stardust-System bin, sondern noch immer auf Wanderer.« Die Halle war ein Nachbau, aller dings ein handfester. Wände und Reli efs waren so echt wie der Boden. Sie ging weiter, sah den Projektions gestalten interessiert bei der Arbeit zu und fragte sich, ob es eine synchrone Übertragung war und auf Aveda exakt in diesen Minuten dasselbe vor sich ging. Oder war es genau anders? Befand sich auf Wanderer das eigentliche Ori ginal? Und auf Aveda nur eine Nach bildung? Mondra entdeckte einen Schatten auf der gegenüberliegenden Seite der Halle. Ein neuer Wissen schaftler war aufgetaucht, aber dieser trug nicht die allgegenwärtige blaue Montur. Er ging gebeugt, und auf dem Rücken schleppte er einen schweren Sack, der sich bei näherem Hinsehen als Terra entpuppte. »Na so was!«, rief Mondra stau nend. Und erschrak, als der Mann plötz lich losrannte. * Ramoz fauchte, während er in wei ten Sätzen neben ihr herjagte. Für jeden Schritt, den Mondra machte, brauchte das luchsartige Wesen zwei bis drei. Der Kerl mit der Erdkugel auf dem Rücken rannte zum Antigravschacht. Mondra legte einen Zahn zu. Sie wollte ihm den Weg abschneiden, aber er erkannte ihre Absicht und vereitelte sie. Seine Gestalt verschwand und tauchte gleichzeitig am Schacht wie der auf. »Homunk, warte!« Der Bote, Diener oder Vertraute von
ES reagierte nicht. Er tat nicht einmal, als habe er sie bemerkt. Am liebsten hätte Mondra ihm einen Gegenstand aus den Taschen ihres SERUNS hin terhergeworfen, aber es hätte sie Zeit gekostet. Und sie wollte Homunk nicht aus den Augen verlieren. Sie erreichte den Antigravschacht und warf sich hinein. Im Fallen packte sie Ramoz am Nackenfell und klemmte ihn sich unter den Arm. Er drückte sei nen Kopf gegen ihren Anzug. Gleich zeitig fauchte er hinter der hageren Gestalt her, die immer schneller in die Tiefe sank. Sie beschleunigte den SERUN, bis sie Homunk und seiner Last nahe ge nug gekommen war, um den Erdball genauer in Augenschein zu nehmen. Die Kamera des SERUNS lief schon seit ihrer Ankunft in der Halle. Auf die spätere Auswertung der Aufnahmen durch die Mikropositronik war sie ge spannt. Homunk sprang mit seiner Last plötzlich aus dem Schacht in eine Öff nung, die sich im gleichen Atemzug bildete. Mondra sprang mit. Sie erreichte den Rand der Öffnung, rollte sich ab und packte Ramoz fester, der sich los reißen wollte. Keine zehn Zentimeter hinter ihr verfestigte sich die Wand, als hätte es an dieser Stelle nie einen Durchgang gegeben. Mondra behielt den wolkenverhangenen Ball und Ho munk im Auge, dessen Abstand sich auf über hundert Meter vergrößert hatte. Sie beschleunigte mit dem Flug aggregat, aber sosehr sie auch auf drehte, der Abstand schrumpfte nicht. Er vergrößerte sich ständig. »Homunk!« Zu spät erkannte Mondra das Ab strahlfeld eines Transmitters. Homunk bog mit seiner Last nach rechts ab,
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während Mondra voll in das Abstrahl feld raste. Aus ungefähr fünf Metern Höhe stürzte sie ab. Gefährlich wurde es nicht, da der SERUN wieder normal funktionierte. Sie landete auf den Füßen, blickte sich kurz um und stellte fest, dass die Halle der 1000 Aufgaben leer war. Nie mand hielt sich darin auf mit Ausnah me eines kleinen Reinigungsroboters. Als er seine Tätigkeit beendet hatte, schwebte er heran. »Es ist gut, dass du das kontami nierte Wesen auf dem Arm trägst. Es haart fürchterlich. Acht dieser ekel haften Dinger musste ich entfernen.« Ramoz stieß ein Gebrüll aus, das beinahe einem menschlichen Schrei glich. Er riss sich von Mondras Arm los und warf sich auf die Reinigungsma schine. Diese nahm Reißaus, was ihr aber wenig nützte. Das luchsähnliche Tier hockte auf ihr und schlug mit den Krallen auf sie ein. Mondra rief es schließlich zurück. »Auf Wanderer geht es verrückt ge nug zu«, sagte sie. »Wir müssen nicht auch noch dazu beitragen.« Sie beschloss, zurück in die Maschi nenstadt zu gehen und den Besuch des Archivs zu verschieben. Die Halle be saß allerdings keinen Ausgang mehr. Der Antigravschacht war ebenfalls spurlos verschwunden. Mondra Diamond setzte sich an die Wand unter eine der Kartuschen. Ra moz fauchte noch immer. Die Wissenschaftler tauchten wie der auf und setzten ihre Arbeit fort. Niemand störte sich daran, dass sie im Weg saß. Die Männer und Frauen nahmen sie überhaupt nicht wahr. Sie gehörte nicht in ihre Realität auf Aveda. Und die Wissenschaftler gehör ten nicht zu ihrer Realität auf Wande rer.
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Vielleicht gehörten sie überhaupt nicht zusammen. * Etwas ging vor sich. Mondra ver mochte nicht gleich zu sagen, was los war. Die Wissenschaftler unterbra chen ihre Arbeit. Ihre Blicke richteten sich auf den Schacht, aus dem eine einzelne Gestalt herabsank. Mondra konnte nicht erkennen, wer es war. Sie sah nur, dass es sich offensicht lich um einen Terraner handelte. Auch er trug einen blauen Overall. Er such te umgehend eine der Kartuschen auf und begann mit der Untersu chung. Mondra beobachtete ihn eine Weile. Etwas an ihm war anders. Was es ge nau war, sie wusste es nicht. Die Frisur vielleicht oder einfach seine Körper haltung. Oder die Schuhe. Er tat auch nichts anderes als die übrigen Männer und Frauen. Nahm Messungen vor, durchleuchtete die Kartuschen und schleppte Instrumente an, mit denen man Altersbestimmungen durchführ te. Mondra erhob sich. Nachdem der Antigravschacht wieder existierte, war auch der Ausgang da. Höchste Zeit, zurückzukehren in die Maschinenstadt zum Treffpunkt und nachzusehen, ob Perry bereits zurück war. »Komm!« Sie winkte Ramoz, der deutlich seinen Unwillen zeigte, ihr dann aber doch gehorsam folgte. Mondra legte eine Hand auf das Sen sorfeld des Türöffners. Er funktio nierte nicht, und dennoch öffnete sich die Tür. Draußen stand Homunk. »Ich habe dir hoffentlich nicht zu viele Umstände gemacht«, sagte das Kunstwesen.
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»Keinesfalls«, antwortete sie. »Dar an könnte ich mich erinnern.« »Komm.« Homunk gab den Weg frei. Mondra trat vor die Kuppel und schau te zu der Kunstsonne empor. Homunk musterte sie, leicht belus tigt, aber ausgesprochen freundlich. »Dir muss längst klar sein, dass du deine Zeit verschwendest. Deine Me thodik ist falsch.« »Ist das deine Meinung oder die von ES?« »Was spielt es für eine Rolle. Es könnte ebenso gut die Meinung dessen sein, den du suchst.« Delorian! Ließ Homunk jetzt die Katze aus dem Sack? »Was willst du mir sagen?« »Sei nicht enttäuscht. Es ist nicht, was du gern hören möchtest. Wenn du Perry Rhodan helfen willst, musst du vergessen, wonach du eigentlich suchst. Konzentriere dich auf das Wesentliche. Es hängt ganz von dir ab, ob Perry Rhodan Erfolg haben wird.« Mondra öffnete den Mund zu einer Frage, aber Homunk verschwand spur los. Nicht einmal ein Luftzug blieb zu rück. Vor Wut schlug Mondra mit der ge ballten Hand gegen das inzwischen geschlossene Tor. »Verdammt!«
3. Das Gefühl, körperlos im Nichts zu schweben, kehrte für kurze Zeit zu rück. Er wartete auf einen erneuten Kontakt. Er blieb aus. Sein mentales Tasten nach Spuren der einstigen Pi loten ging ins Leere. Ich bin also würdig, Pilot zu sein. Mikru, wie geht es weiter? Es erfolgte keine Antwort, aber auch
das war ein Hinweis, vermutete Rho dan. War die Prüfung also noch nicht zu Ende? Die gewohnte Leistungsfähigkeit und die Komplexität seiner Denkvor gänge kehrten zurück. Rhodan holte tief Luft. Das Atmen in der Flüssigkeit fiel ihm leichter denn je. Probeweise wollte er die Augen öff nen, aber die bleierne Schwere der Lider ließ es nicht zu. Dennoch sah er. Er sah ein dreidi mensionales Abbild des Weltraums, der MIKRU-JON umgab. Es blähte sich auf wie ein Ballon. Er befürchtete, dass der Vorgang seinen Geist überfor dern würde, und zuckte innerlich zu rück. Aber da spürte er die Kraft, die durch sein Bewusstsein strömte. Vertrau uns! Sie waren in der Nähe, irgendwo um ihn in diesem riesengroßen Universum, zu dem MIKRU-JON für ihn geworden war. Sie besaßen die Erfahrung von vie len Jahrtausenden und hatten schon an dere Piloten in ihre Reihen aufgenom men. Jeder. Bis auf den allerersten ... Rhodan entspannte sich und begann diese für ihn neue Welt zu erkunden. Er entdeckte Dinge, die er mit seinen or ganischen Augen noch nie gesehen hat te. Leuchtende Ströme flossen in alle Richtungen, kreuz und quer, hinauf und herunter, sie bewegten sich wie Wellenkämme vorwärts, dann wieder wie Seitenwinder, Schlangen der terra nischen Wüste. Sie durchdrangen die gesamte Welt. Rhodan brauchte eine Weile, um sich in Erinnerung zu rufen, dass er sich in MIKRU-JON aufhielt. Er sah nichts anderes als die Energie führenden Systeme und dazwischen unzählige autarke Welten, Maschinen mit fremdartigem Innern, hoch spezia lisierte Roboter, die wie die Organe des menschlichen Körpers fungierten. Er
Der Mentalpilot
versuchte, sich dem einen oder anderen zu nähern, aber diese Maschinen waren scheu. Sie verschwanden im Nichts verpuffender Energien und erschienen an anderer Stelle neu. Leuchtende Sonnen und galaktische Zentren taten sich vor ihm auf – die Hochenergiesektoren mit den An triebssystemen. Er wollte sie durch forsten, aber sie drehten sich weg. Diese Bereiche gestatteten ihm keinen Zutritt. Er berührte mit seinen Gedanken eine Energie führende Fläche. Sie erlosch. Dafür öffnete sich eine Tür, die er aber nicht benutzte. Stattdes sen schlüpfte er ein Stück daneben durch die Wand. Er fand hohe Schalt wände, die größer als das Schiff wirkten. Nach und nach wurde ihm klar, was er gerade tat. Er sah nicht nur durch die Augen des Schiffes, er lenkte es auch mit seinen Gedanken. Zaghaft erst, dann immer selbstbewusster, gab er Befehle an die Steuersektionen. Rotation um die Längsachse! In sei nem Tank merkte er nichts davon, aber über die optischen Systeme der Au ßenbeobachtung erlebte sein Bewusst sein den Vorgang. Dreihundertsechzig Grad Gierung! Das Schiff drehte sich um seine Verti kalachse, bis die Pyramidenspitze des Obelisken wieder in die ursprüngliche Richtung deutete. MIKRU-JON gehorchte ihm. Er lenkte es und verstand nach und nach, dass es genau das war, wozu das Schiff ihn eingeladen hatte. Obwohl er es sich geistig zutraute, zuckte er zurück. Er war nicht so weit. Noch nicht. Oder überhaupt nie? Er wusste es nicht. Er ignorierte die Um gebung, schottete seine Gedanken ge genüber der fremden Welt ab. Sein
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Gespür für den eigenen Körper kehrte zurück, zuerst nur vage, dann als kon krete Erfahrung. Er spürte Arme und Beine, bewegte die Finger. Noch immer hüllte ihn die Flüssigkeit ein, also ließ er Mund und Augen geschlossen. Er ruderte mit den Armen und strampelte mit den Beinen, bis seine Finger Wi derstand spürten. Dieses Mal ließ sich der Deckel des Tanks ohne Mühe öff nen. Erleichtert tauchte er auf, wischte sich den dünnen Film aus dem Gesicht, der zurückblieb. Die Flüssigkeit rann bis zu den Fingerspitzen und tropfte in langen Fäden ab. Fäden aus Materie, keine Seelenfä den ... Er wusste nicht, ob er erleichtert oder traurig sein sollte. Die unsichtbaren Hände eines Trak torstrahls griffen nach ihm. Sie hoben ihn heraus und setzten ihn am Boden ab. Von der Decke blies ein Luftstrom und trocknete ihn in wenigen Augen blicken. Trocken hinter den Ohren, das ist ein Fortschritt, dachte er und lachte lautlos. Ein paar Kniebeugen kur belten seinen Kreislauf an. Seine Vorgänger hatten das alles selbst einmal erlebt. Sie verstanden ihn. Rhodan war neugierig darauf, die mentalen Abdrücke der ehemaligen Piloten näher kennenzulernen. Spielte Langlebigkeit eine Rolle oder lediglich die charakterliche Eignung? Und wie war das jetzt mit ihm? Pilot auf Lebenszeit? Noch immer benommen stieg er in seinen SERUN. In Gedanken konzent rierte er sich auf das Bewusstsein Fell mer Lloyds. Alles in Ordnung! Ich komme jetzt zu euch! *
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Seine Knie schienen aus Pudding zu bestehen, aber die stützende Funktion des SERUNS kaschierte das. Zumin dest hoffte er das und war froh, sich nicht von außen betrachten zu müs sen. Ein Rascheln an der Tür lenkte ihn ab. Er glaubte winzige huschende Schatten zu erkennen. Mäuse ...? Ein Raunen begleitete ihn zur Tür. Es schien von überall her zu kom men. Rhodan blieb stehen. Er beschrieb der Mikropositronik seine Eindrücke. »Negativ«, lautete die Antwort. »Falls es dich beruhigt ...« In seinem Anzug schmatzte es nicht, und es gab in MIKRU-JON auch keine Mäuse. Das Raunen bildete er sich ebenso ein wie die Gestalten, die an der Biegung des Korridors auf ihn warteten. Gesil! Eirene! Er schloss die Augen, riss sie wieder auf. Da war niemand. Er hatte es sich nur eingebildet. Sein Bewusstsein war durch das Er lebnis im Tank übersensibilisiert. In den neuronalen Zentren des Gehirns herrschte Aufruhr. Er musste grinsen. Rebellion in den Hirnkernen des Stammhirns ... Ein LSD-Trip war im Vergleich dazu höchstens wie lauwarmes Spülwas ser. Die Hippies aus den 60ern des 20. Jahrhunderts hätten ihre wahre Freude daran gehabt. »Perry, hier Ras!«, hörte er die Stim me des Teleporters. »Das Schiff hat plötzlich Drehbewegungen ausgeführt. Warst du das?« »Ja. Alles Weitere später!« »Sollen wir dich abholen?« Die Stim me klang besorgt. »Nicht nötig, ich brauche ein biss
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chen Bewegung. Aber danke für das Angebot!« Rhodan ging weiter bis zum Anti grav, der ihn in das oberste der drei Schiffssegmente trug, in dem sich die Zentrale befand. Das Konzept erwar tete ihn an der Schachtmündung. Ras reichte ihm die Hand und zog ihn her über. »Dieses Drehen empfanden wir als bedenklich, zumal Mikru sich nicht meldete«, sagte der Teleporter. »Hat Fellmer irgendwelche Gedan kenimpulse empfangen?« »Nein, Perry!« Rhodans erster Blick galt den Orter anzeigen und der Darstellung auf dem Bildschirm. Ein seltsamer netzartiger Schemen hatte MIKRU-JON einge hüllt und an diesen Ort transportiert. Im Zentrum der Dyson-Sphäre hing TALIN ANTHURESTA, der Handels stern mit der 1,1 Millionen Kilometer durchmessenden Sonnentarnung. Die riesige Hohlkugel mit ihren rund 228 Millionen Kilometern Durchmesser bestand aus modifizierter Psi-Materie und der aus ihr »erzeugten« Materie projektion. In dieser Hülle oder Oberfläche der Sphäre waren 20.000 Scheibenwelten platziert, jede in eine kugelförmige Schutzblase gehüllt. TALIN ANTHURESTA, dachte Rho dan. Es liegt auf der Hand, dass damit nicht nur der Handelsstern, sondern die gesamte Sphäre gemeint ist, die Welt der 20.000 Welten. Es gab keinen Schiffsverkehr zwi schen den Scheibenwelten und mit dem Handelsstern. Die Sphäre stellte sich ihnen seit ihrer Ankunft als aut arkes System dar. Rhodan wunderte das nicht. Selbst die ihm bislang be kannten Polyport-Höfe waren autark gewesen. Die meisten raumfahrenden
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Völker der Galaxien hatten ihre Exis tenz nicht einmal wahrgenommen. Vermutlich war es auch in diesem Fall so. Mit den Systemen von MIKRU-JON ließ sich nichts von dem erkennen, was außerhalb der Sphäre war. Die Schutzschirme der Scheiben welten bildeten winzige Lichtpunkte inmitten einer umfassenden Dunkel heit. Einige waren von unterschied lichen Spezies bewohnt, so viel wusste man an Bord des Obelisken inzwi schen. Und zumindest jene, die sie be sucht hatten, befand sich weit entfernt von einem technologischen Niveau, das sich für Raumfahrt eignete. Und das seit beinahe unvorstellbar langer Zeit: Zehn Millionen Jahre standen im Raum. Aber das war auch schon beinahe alles. Das Wenige, was die Passagiere von MIKRU-JON wuss ten, brachte sie nicht weiter. Die JULES VERNE war wohl in die Gala xis Anthuresta versetzt worden, die Heimat der Anthurianer. Eigentlich hatte der Terraner damit gerechnet, in dem Handelsstern Trup pen der Frequenz-Monarchie vorzufinden. Umso erstaunter war er, dass es nirgends Spuren des Feindes gab. Es untermauerte die Worte Clun’stals: Die Vatrox hatten offenbar niemals Zutritt erhalten. War TALIN ANTHURESTA als Re fugium für Zeiten der erhöhten Hy perimpedanz gedacht? Oder bean spruchte die Dyson-Sphäre einen Platz als Bestandteil des natürlichen Psioni schen Netzes wie seinerzeit EDEN II? Wie es sich tatsächlich verhielt, darü ber konnte Rhodan zur Stunde nur spekulieren. Weil die Dyson-Sphäre von innen undurchsichtig war, konn ten sie nicht wissen, wo genau sie sich befand. Tatsächlich in Anthuresta oder
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eingelagert in den Hyperraum, in einen Hyperkokon oder in eine Raumzeit falte? Rhodan warf einen Blick auf den Esnur Clun’stal, der an der Wand lehnte. Die weißen Kristalle seines Körpers ordneten sich ständig neu an, sodass der Eindruck permanenter Bewegung entstand. Die spindeldürre, humano ide Gestalt wogte, der kugelrunde Kopf mit den seltsam unfertigen Sin nesorganen wackelte auf dem langen Hals, als könne er jeden Augenblick herunterfallen. Die Erinnerungslücken des Wesens waren zu groß, als dass er ihnen in dieser Situation eine Hilfe ge wesen wäre. Dabei handelte es sich bei Clun’stal um einen Kristallingenieur, der im Dienst des Anthurianers Fogu dare an Bord des Handelssterns TALIN ANTHURESTA gestanden hatte. Die Situation, in der sich MIKRU JON und ihre Besatzung befanden, konnte nur einer ändern: Er, Perry Rhodan, wenn er als Pilot fungierte. Es war, wie er zugeben musste, nicht so schlimm gewesen, wie er befürchtet hatte. Selbst ihm in seinem nach Jahr tausenden zählenden Leben widerfuhr zuweilen die uralte Angst des Men schen vor dem Unbekannten. Eigentlich hätte er darüber schmun zeln können, aber in einem nur allzu nahen Winkel seines Bewusstseins hockte hartnäckig eine Frage: Wann muss ich wieder in diesen Tank? * Der Esnur explodierte lautlos. Seine weiße hyperkristalline Körpersubstanz zerstob in schwarzen, lichtschlucken den Kaskaden, rotierenden Feuerrä dern vor der Wand. Rhodan klammerte sich mit den
Der Mentalpilot
Handschuhen an die Sessellehne. Er hielt den Atem an, versuchte den Vor gang zu erfassen. Die Sicherheitssys teme des Schiffes reagierten nicht. Es bauten sich keine Schirmfelder auf. Da verschwand der Eindruck auch schon und machte dem gewohnten An blick Platz. »Was war das?« Er stieß sich vom Sessel ab und trat vor die Holoprojek tionen Mikrus. »Was meinst du?«, erkundigte sich die Bassstimme, die so gar nicht zu dem zarten weiblichen Avatarkörper passen wollte. Rhodan schilderte seine Eindrücke der vergangenen Augenblicke. »Beim Kontakt geraten deine Sinne durcheinander. Das gibt sich mit der Zeit.« »Beim ... Kontakt? Womit?« »Der Kontakt mit dem Pilotenses sel«, lautete die lapidare Antwort. Rhodan musterte das Möbelstück ge nauer. Es sah wuchtig aus, mit einer ho hen Rückenlehne, die den Konturen seines SERUNS angepasst war. Trug er keinen Schutzanzug, modifizierte das Schiff ihn zu einer schmaleren Version. »Setz dich!«, bat Mikru. »Du wirst es spüren.« Langsam ließ Rhodan sich in die Polster sinken. Diesmal veränderte sich der Esnur nicht, dafür riss der Tschubai-Körper des Konzepts von oben bis unten aus einander. Einen Wimpernschlag lang hielt der Eindruck, dann wischte der unheimliche Einfluss ihn weg. Rhodans Bewusstsein erweiterte sich schlagartig: Sein Körper wuchs in zyklopische Dimensionen, bis er eine schier unglaubliche Größe erreichte. 73 Meter waren es. Er fragte sich erst gar nicht, wie er darauf kam. Er wuss te es einfach.
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Perry Rhodan spürte mit seinen Sin nen die Dimensionen von MIKRU JON. Er war jetzt so groß wie der Obe lisk. Er war das Schiff. Und er musste nicht in diesem Tank stecken, um zu fliegen, zu orten – zu leben. Übergangs los besaß er viele Dutzend Augen, Oh ren, Münder, Nasen, dazu jede Menge Gliedmaßen und Synapsen. Jeder sei ner Gedanken war ein Befehl, den sein neuer Körper in Echtzeit umsetzte. Ich muss gar nicht mehr in den Tank!, erkannte er. Der Aufenthalt darin diente nur der Justierung von MIKRU-JON und mir aufeinander. Die mentale Steuerung des Schiffes bereitete ihm keine Probleme. Er hatte die JULES VERNE schon im Trafi tron-Modus geflogen, die Fingerspit zen in die blaue Steuerscheibe ver senkt. Auch da reagierten die Systeme auf seine Gedankenbefehle. Er selbst blieb jedoch autark und hätte sich kaum vorstellen können, über die Men talsteuerung mit der JULES VERNE zu einer Einheit zu verschmelzen. Bei MIKRU-JON hatten ihm die vergleichsweise winzigen Abmes sungen des Schiffes den Schritt er leichtert. Dennoch ... Er wischte den leisen Zweifel beisei te und richtete seine Aufmerksamkeit auf die Antriebssysteme. Er konnte es kaum erwarten, die Systeme des Obe lisken auszureizen und sein Flugver halten in dem abgeschlossenen Kos mos zu testen, den das Innere der Dyson-Sphäre darstellte. Die Vernunft siegte über sein Ver langen. TALIN ANTHURESTA er schien ihm nicht als der geeignete Ort für Extrem-Tests. Außerdem gab es Wichtigeres. Perry Rhodan legte den Kopf im Helm zurück. Er sah die Umgebung des Sessels. Tschubai stand in seiner
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Nähe und ließ den Esnur nicht aus den Augen. In der linken Hälfte der Holo kugel zeichnete sich die Sonnentar nung des Handelssterns ab, in der rechten leuchteten Scheibenwelten. Das alles nahm Rhodan wie durch einen grauen Schleier hindurch wahr. Er wollte mit Ras sprechen, doch seine Stimme versagte. Ob das immer so war, wenn er sich in der Mentalsymbiose mit dem Schiff befand, wusste er nicht. Sinnvoll erschien es ihm, dass er in diesem Zustand die Umgebung zwar wahrnehmen, aber nicht unmittelbar mit ihr interagierte. Er war das Schiff, keine Kontaktstelle zur Besatzung. Er stellte eine entsprechende Ge dankenfrage an Mikru, ohne eine Ant wort zu erhalten.
4. Der scheinbare Stern im Zentrum von TALIN ANTHURESTA leuchtete orangefarben und gehörte zum Typ K4V. Sein Durchmesser betrug 1,1 Mil lionen Lichtjahre bei einer angemes senen Oberflächentemperatur von 4400 Kelvin. Im Langwellenspektrometer und auf dem Optikschirm zeigte sich die Son nentarnung als leicht variables Leuch ten, mal ins Gelbliche hinein, dann wieder ins Rötliche. Es war ein Glühen und Gleißen, mit hellen und dunkleren Gebieten, wie sie der Granulation ei ner Fotosphäre entsprachen. Andere Zonen erinnerten an die Spicula einer Chromosphäre, vergleichbar einem Wald aus flammenähnlichen Licht zungen. Dazu kamen Protuberanzen und Strahlungsemissionen, ganz so wie bei einer echten Sonne. Dorthin wollte er, in die Sonne, die eigentlich ein getarnter Handelsstern
war, denn dort befand sich noch immer die JULES VERNE – und Mondra Dia mond. Rhodan unternahm als Erstes einen neuen Versuch, Kontakt zum Hantel schiff zu bekommen. Er aktivierte den Hyperfunk, dachte eine kurze Text botschaft und leitete sie in das Hyper funkmodul von MIKRU-JON. Von dort eilte sie durch fast leeren Weltraum und durch brodelnde Zonen verdichte ter Psi-Materie. Clun’stals Worte gingen ihm nicht aus dem Kopf. Ein Unbefugter war eingedrungen, und die beim Bau der Sphäre verwendete Psi-Materie war außer Kontrolle geraten. Clun’stal Niemand sah dabei eine Kausalver bindung, wusste dies jedoch nicht zu erklären. Jemand wie der walähnliche Anthurianer Fogudare hätte das ver mutlich in Ordnung bringen können. Aber Fogudare war unter dem Ein fluss der Psi-Materie wahnsinnig ge worden und jetzt tot. Rhodan selbst hatte ihn töten müssen, und obwohl er damit dem Wunsch des wahren Fogu dare entsprochen hatte, empfand er Scham und Trauer über sein Handeln, das nichts anderes als Mord gewesen war. Fogudare hätte sich als wertvoller Informant und Helfer erweisen kön nen, aber das war nicht mehr möglich. Stattdessen hatte Rhodan nur den Esnur mit seinen eklatanten Erinne rungslücken und dieses Schiff samt Mikru, der Essenz aller mentalen Echos früherer Piloten. Dennoch machte er sich im Vertrauen auf die Aussagen der Projektion auf den Weg. Angesichts des Chaos verbot es sich von allein, dass er die Strecke bis zur Sonnentarnung in einem kurzen Hy perraummanöver zurücklegte. Die Wahrscheinlichkeit lag sehr hoch, dass
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es dem Schiff und seinen Insassen nicht gut bekommen würde. Bei einer Flugstrecke von nicht ganz 114 Millionen Kilometern und 25 Pro zent Lichtgeschwindigkeit summierte sich die Flugzeit einschließlich einer gemäßigten Beschleunigungs- und Bremsphase auf rund eine halbe Stun de. Er lauschte nach einem Signalim puls des Hyperfunks, der das Eintref fen einer Antwort anzeigte. Die JULES VERNE meldete sich noch immer nicht. Aus der Entfernung erreichten sie nichts. Sie mussten hin, auch wenn es gefährlich war. MIKRU-JON war mit einem Mentalpiloten in dieser Umge bung deutlich leistungsstärker, auch wenn Mikru keine näheren Angaben gemacht hatte. Wieder versuchte Rhodan einen mentalen Kontakt zu dem Pool aus Mentalechos der ehemaligen Piloten herzustellen. Es klappte nicht. Viel leicht funktionierte es gar nicht außer halb des Tanks, oder sie ließen ihn in Ruhe, damit er sich ganz auf das Schiff konzentrieren konnte. Er blockierte seine konventionelle Wahrnehmung – Ras Tschubai ver suchte Clun’stal soeben in ein Gespräch zu verwickeln – und konzentrierte sich auf das nicht fassbare Etwas, das ihn mit den Anlagen von MIKRU-JON verband. Wie es funktionierte, blieb ihm bisher verborgen. Es tauchte in seinem Bewusstsein in dem Augen blick auf, in dem er sich in den Piloten sessel setzte. Er zählte die einzelnen Funktionen nicht, die ihm dabei zur Verfügung standen. Es mussten Tausende sein. Er dachte an ein paar wichtige, die er be nötigte, und sie erschienen, als wären sie nie weggewesen.
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Rhodan gab seine gedanklichen An weisungen. Er aktivierte die Sublicht komponente, die für ihn sofort erkenn bar links unter ihm erwachte und das Bild von vier »Schubdüsen« erzeugte, symmetrisch angeordnet. Er konzent rierte sich auf den Kurs und gab den Befehl zur Beschleunigung. MIKRU-JON reagierte ohne Verzö gerung. Das Schiff verließ seinen bis herigen Kurs parallel zur Sphärenhül le und den Scheibenwelten. Der Han delsstern in seiner Sonnentarnung wanderte scheinbar seitlich am Schiff entlang nach vorn und rückte ins Zen trum der Holokugel. Ohne den Umweg über die Augen besaß die Welt scharfe, wie mit dem Messer gezogene Kon turen; die Farben leuchteten intensiver, das Dreidimensionale trat deutlich stärker hervor. Rhodan erhöhte Energiemenge und Leistungsniveau, und MIKRU-JON nahm rasch Fahrt auf. Das Fremdartige dieses Lebens raums ist die Differenz zwischen dem, was wir sehen, und dem, was tatsäch lich da ist, machte Rhodan sich klar. Der Handelsstern besaß keine derart gewaltige Masse, um ein eigenes Gra vitationszentrum zu bilden. Er stand einfach nur da. Bei dem Roten Zwerg im SicatemoSystem von Andromeda hatten sie die Besonderheiten dieser Gebilde zum ersten Mal festgestellt. Der kleine Stern war außerhalb des Sonnensys tems aufgetaucht und über Jahre hin weg an Ort und Stelle geblieben. Es hätte sich auswirken müssen; wenn nicht in Tagen oder Wochen, dann in Monaten und Jahren. Die beiden Son nen hätten sich gegenseitig anziehen müssen. Irgendwann hätten sie an gefangen, um einen gemeinsamen Schwerpunkt zu kreisen.
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Für das Sicatemo-System hatte das nicht gegolten. Der Rote Zwerg hatte ohne Eigenbewegung mitten im Raum gestanden, und das Sonnensystem hat te funktioniert wie immer. Rhodans Gedanken versanken in den Weiten des Schiffes. Sein Bewusst sein adaptierte den ungewohnten Zu stand schneller, als er geglaubt hatte. Er »besaß« nun diesen riesigen Körper – die Grundfläche maß 31 mal 31 Me ter, die Höhe 73. »Rhodan an alle!«, verkündete er über die Lautsprecher und richtete sich dabei primär an die Männer und Frauen des Einsatzkommandos. Die in ihm weilten. »Wir nähern uns dem Handelsstern. Haltet euch bereit!« Sie wussten nicht, was sie bei ihrer Annäherung erwartete. Die Chancen, schnell in die JULES VERNE zurück zukehren oder das Schiff irgendwo nach draußen in Sicherheit zu bringen, standen eher schlecht. Ob die neue Kombination aus Mentalpilot und Obelisk auch diese Situation verän derte – verbesserte! –, musste sich erst noch weisen. Rhodan hielt auf den Handelsstern zu. Er richtete die Sensoren auf das Gebilde, er tastete es ab mit unsicht baren, übersensiblen Fingern, die gleichzeitig auch Augen und Nasen und Ohren waren. Die brodelnde Ober fläche der Sonnenprojektion wirkte für ihn so natürlich wie die jedes Sterns, aber Rhodan wusste, dass ein Meta-Orter, der deutlich weiter in den ultrahochfrequenten Bereich des Hy perspektrums hinein ortete, andere Daten liefern würde. MIKRU-JON verfügte nicht über ein solches Gerät, wohl aber die JULES VERNE. Rhodan bremste behutsam. Der orangefarbene Stern stand exakt im
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Zentrum. Und wanderte aus dem Fo kus nach rechts! Perry Rhodan korrigierte die Abwei chung. Keine Wirkung! Seine Gedanken stockten. Er versuchte es nochmals, wieder mit demselben Ergebnis. Was soll das? Mikru, ich brauche Hilfe! Keine Antwort. Er zählte die Namen der Mentalechos auf, mit denen er im Tank Kontakt gehabt hatte. Im Augen blick seiner ersten Hilflosigkeit waren sie nicht da oder hielten sich bedeckt. Rhodan lauschte in sich hinein. Be schleunigung! Es kam ihm so vor, als würde die Energie aus ihm hinausflie ßen und versickern. Was kann ich tun? – Nichts! Wenn es auf diese Weise nicht klapp te, dann vielleicht mit dem Gegenteil. Bremsbeschleunigung. Ein paar Au genblicke funktionierte es, dann verlor sich die Synchronisation endgültig in den Weiten seines Schiffskörpers. MI KRU-JON geriet ins Trudeln. Ich kann das Schiff nicht mehr steu ern! Es entglitt ihm – irgendwohin. Er richtete sich ruckartig auf, stemmte sich aus dem Sessel und entdeckte das besorgte Gesicht des Afroterraners schräg über sich. Er ließ wieder kon ventionelle Kommunikationskanäle zu, die Sinnesorgane seines echten Körpers. »Probleme, Perry? Soll Fellmer ...« »Nein, warte! Ich muss erst wissen, was los ist!« Er wandte sich an das Schiff. »Antriebssystem abschalten!« Die Skalen der Energieanzeigen sanken auf null. »Mikru, sagtest du nicht, dass die Leistungsfähigkeit des Schiffes mit einem Mentalpiloten deutlich steigt?« Im Augenblick sah es eher aus, als sei es umgekehrt. »Mikru?«
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»Ich bin schon da, Pilot!« Rhodan fuhr herum. Mikru stand vor ihm. Ernst und – wie er fand – kritisch mus terte sie ihn von oben bis unten. »Irgendetwas stimmt nicht«, sagte sie mit einer Stimme, die aus dem tiefsten Keller zu kommen schien. * Perry Rhodan saß einfach da und sah den Avatar schweigend an. Er war tete darauf, dass Mikru zumindest eine seiner Fragen beantwortet hätte. Was war los? Mikru sagte nichts, wirkte besorgt, verärgert und unsicher auf einmal. Rhodans Gedanken schweiften zu ES. Die äußeren Umständen deuteten an, dass die Superintelligenz irgendwie an dieser Situation mitschuldig war. Die 20.000 Scheibenwelten erin nerten in so vielem an Wanderer, den Anker und die Heimstatt von ES. Und der B-Controller, den ES Rhodan über reicht hatte, war eindeutig sehr spezi ell präpariert worden und wies ein paar geheime Funktionen auf. Diese Indizien schrien geradezu heraus, dass TALIN ANTHURESTA etwas mit der Superintelligenz zu tun hatte. Rhodan dachte auch an die Psi-Ma terie im Innern der Dyson-Sphäre. Im verborgenen Raum des Polyport-Hofes DARASTO hatte Homunk ihm mehre re Behälter überreicht, in denen sich ebenfalls Psi-Materie befand. Stamm te sie von diesem Ort? Mikru sagte noch immer nichts. Rhodan beschloss, einen neuen Ver such zu wagen. Der Übergang in die Mentalsteuerung vollzog sich im Bruchteil eines Augenblicks. Rhodan wurde erneut zum Schiff. Sein Be wusstsein verschmolz mit den vielfäl tigen Anlagen von MIKRU-JON.
Etwas war anders als beim ersten Mal, das spürte er deutlich. Er emp fand eine gelinde Wärme, die überall auf ihn zu warten schien. Er dehnte sein Bewusstsein bis an die Grenzen des Obelisken aus. Rhodan aktivierte vorsichtig das Feldtriebwerk, von dem er wusste, dass es fantastische Be schleunigungswerte erzielen konnte: 1280 Kilometer pro Sekundenquadrat waren unter den Bedingungen der er höhten Hyperimpedanz keine Selbst verständlichkeit. Behutsam stabilisierte der Terraner seinen Flug. Die Sonne rückte wieder ins Zentrum der Holoprojektion. 1,1 Millionen Kilometer durchmaß die Sonnentarnung des Handelssterns. Um den kugelförmigen Kern mit sei nen zahllosen Oberflächenzapfen kreisten in 300.000 Kilometern Ab stand die beiden Nebelgebilde, zwei mal 150 Kilometer geballte Psi-Mate rie. Der Obelisk war bereits einmal dort gewesen und hatte sich jene Men ge Psi-Materie geholt, die sie zur Ret tung der Scheibenwelt Frerino benö tigt hatten. Mit den Augen des Schiffes bot TA LIN ANTHURESTA immer neue Wun der. Rhodan sah interstellaren Staub, dessen feines Leuchten auf das Vor handensein der Psi-Materie zurückzu führen war. Wie Horden von Glüh würmchen zogen die Schwaden ihre Bahn. Das, wonach er Ausschau hielt, entdeckte er allerdings nirgends. Er suchte den Schemen, dieses riesige Netz, das sie eine Weile verfolgt, dann eingehüllt und zum entgegengesetzten Rand der Kugelschale transportiert hatte. Der Schemen hatte ihren Anflug verhindert. Rhodan stufte das Gebilde als eine Art Wächter ein. Der Vorfall hatte dazu geführt, dass Mikru ihm
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den Vorschlag mit der Mentalkopplung machte, um die Fähigkeiten des Schiffes durch einen echten Piloten zu verstärken. Der Terraner richtete seine Auf merksamkeit auf den Stern. Der Ab stand zur Sonnentarnung schrumpfte. Die gewaltige, brodelnde und zucken de Sonnenoberfläche wuchs ins Rie senhafte. Rhodan befahl Bremsbe schleunigung. Der Obelisk ging rund 100.000 Kilometer vor der Tarnung in eine Parkposition. Rhodan justierte Ortung und Tas tung so sensibel wie möglich. Nichts durfte ihm entgehen, bei einer so ge ringen Eigenenergieabgabe wie ver tretbar. Zwar rechnete er nicht mit dem Auftauchen feindlicher Schiffe, aber er dachte an den netzförmigen Schemen. Nach einer Weile zeichneten sich un deutlich die beiden nur 3600 Kilome ter voneinander entfernten Wolken aus Psi-Materie in seinem Bewusstsein ab. Er sah genauer hin und bemühte Ana logien. Plötzlich präsentierten sich die beiden Gebilde als eine Art Blumen kohl! Er sah Büschel aus hellen Knos pen und Knollen zwischen kräftigen harten Blättern. Die Oberfläche der Gebilde war ungleichmäßig. Es gab Furchen und Blasen, vereinzelt zuck ten Blitze und gewaltige Entladungen um die Kohlköpfe. Die Messergebnisse ließen keinen Zweifel zu: Es handelte sich um hoch reaktive Psi-Materie. Rhodan wartete eine Weile. Als sich ihr schemenhafter Verfolger nicht bli cken ließ, erhöhte er die Leistung der Taster und gleichzeitig ihren Empfind lichkeitsgrad. Er wollte die genaue Menge an Psi-Materie bestimmen, mit der sie es zu tun hatten. Es funktionierte nicht. Eine unge
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fähre Bestimmung ging jedoch immer hin von etlichen Tonnen aus. Militärisch betrachtet handelte es sich bei dieser Dyson-Sphäre um eine Bombe, mit der man eine komplette Galaxis ins Nichts blasen konnte. Wie schon bei der Hülle der Sphäre musste er an das Tymcal denken, den Parastaub der Galaxis Tradom, win zige Partikel Psi-Materie mit extrem kurzer Lebensdauer, deren Zustand permanent zwischen Normal- und Hy perraum wechselte. In den beiden Nebelwolken schien genau dasselbe der Fall zu sein. Stän dig wechselte Psi-Materie den Aggre gatzustand von fest zu hyperenerge tisch und zurück. Um Rhodan wurde es übergangslos heller. Er blinzelte in das gedämpfte Licht der Zentrale. Gleichzeitig schrumpfte er ein Stück und verlor den Bezug zu den äußeren Sektionen des Schiffes. Wieder liefen ihm die Ag gregate aus dem Ruder, und er wusste nicht, warum. Mikrus Feststellung, dass etwas nicht stimmte, half ihm nicht weiter. Dass es an ihm selbst lag und nicht an den Automaten des Schiffes, davon ging er aus. Ansonsten war er ratlos. Er wandte den Kopf und sah Ras Tschubai an. Das Konzept beobachtete ihn die ganze Zeit aus dem Augenwin kel. »Sag mir, wie ich dir helfen kann, Perry!« »Ich hatte gehofft, dir wäre etwas aufgefallen.« Die Orter gaben Alarm. Aus der lin ken Nebelwolke verschwand über gangslos ein beträchtlicher Anteil PsiMaterie. Die Hyperortung zeigte in der optischen Darstellung einen grell glei ßenden Jetstrahl, der in die Sphäre hinausjagte und mit dem nächsten
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Lidschlag wieder verschwand. Im sel ben Augenblick tauchte dicht vor Rho dan das lebensecht wirkende Holo gramm Mikrus auf. »Da ist eine Barriere! Irgendwo in dir. Ich kann sie nicht lokalisieren. Versuche herauszufinden, was sie be deutet und warum sie ausgerechnet jetzt aktiv wird.« * »Es ist besser, wir ziehen uns zu rück«, sagte Ras Tschubai, ohne dass klar wurde, ob er oder Fellmer Lloyd das Wort führte. Rhodan sah hinüber zu Clun’stal, der stoisch vor der Wand stand. Der Esnur rührte sich nicht, sondern be schränkte sich auf das ständige Um gruppieren seiner Hyperkristalle. »Ich würde gern deine Meinung hö ren«, sagte der Terraner. Als Clun’stal Niemand nicht reagierte, trat er näher. »Es geht nicht um dein Wissen, son dern um deine Einschätzung der La ge.« Die Kristalle bewegten sich schnel ler, aber das war auch die einzige Re aktion. »Versuchen wir es andersherum«, schlug Rhodan vor. »Was würde Fogu dare antworten, wenn ich die Frage ihm gestellt hätte?« Das diffuse Gesicht geriet in Wal lung. Der angedeutete Mund wurde breiter, als wolle er sich öffnen. Ein krächzender Laut drang heraus. Rhodan wartete. Als sich nichts tat, wandte er sich um und kehrte zu sei nem Sessel zurück. »Du weißt es also nicht. Oder willst du es einfach nicht sagen?« Das Kristallwesen wogte und schwankte. Clun’stal brauchte eine Weile, bis er sich beruhigt hatte.
»In TALIN ANTHURESTA gibt es keine Gefahr«, orakelte er. »Jede Ge fahr kommt von außen.« »Dann versuchen wir es«, befand Rhodan. »Volle Fahrt voraus!« MIKRU-JON näherte sich der Son nentarnung bis auf 100.000 Kilometer. Rhodan sah das Hyperfeld, das die beiden Nebelwolken weiträumig ein hüllte. Bezogen auf die dreidimensio nalen Koordinaten des Normalraums handelte es sich um einen Bereich von 400.000 bis 500.000 Kilometern Durchmesser um die Gebilde. Die An zeigen der Hyperorter tanzten auf und ab, nicht so heftig wie bei den Wolken, dafür umso schneller. Die Partikel dichte in diesem Bereich war ungleich geringer, aber zusammen mit den Ne belwolken im Zentrum schaukelte sich das Ganze zu einem Psi-Sturm auf. Der gesamte Sektor befand sich in Aufruhr. Psi-Materie deflagrierte. An anderen Stellen explodierten winzige Teilmengen. Und immer wieder ver schwanden Psi-Potenziale buchstäb lich im Nichts, begleitet vom grellen Ausbruch eines Jetstrahls. »Wir sind gefährlich nah«, warnte Ras Tschubai. »Wir sollten uns vorse hen! – Du solltest dich vorsehen, ehe du zulässt, dass du das hyperenerge tische Toben direkt in deinem Be wusstsein erlebst. Das ist auch Fell mers Meinung.« »Ich weiß, was ich wagen kann«, log er. Ein Vordringen in dieses Chaos brachte sie in Lebensgefahr, und doch mussten sie das Risiko eingehen. Der Psi-Sturm musste beseitigt werden. Von der JULES VERNE empfingen sie weiterhin keine Signale. Was war, wenn nicht nur die Funkanlagen aus gefallen waren, sondern wesentlich vitalere Versorgungseinrichtungen wie
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beispielsweise die Lufterneuerungsan lage? Nun, die Besatzung bestand vorwie gend aus Terranern. Und die waren eigentlich nicht dafür bekannt aufzu geben. Wenn alle Hightech an Bord versagte, besaßen sie das Wissen, die Mittel und den Mut, um auf herkömm liche elektrische Pumpen oder Hand betrieb umzustellen. Dennoch ließ ihn der Gedanke nicht los, dass die Besatzung in diesen Stun den ums Überleben kämpfte. Er hoffte, dass es so war – obwohl es ebenso sein konnte, dass die Frauen und Männer längst bewusstlos im Schiff lagen. Be täubt, handlungsunfähig, im schlimms ten Fall dem Tod näher als dem Leben. Mondra. Urismaki. Pral. Gemein sam würden sie einen Weg finden, in einen Polyport-Hof irgendwo in An thuresta oder auf eine der Scheiben welten zu wechseln. Die Worte des Esnur ließen Rhodan nicht los. Immer wieder rief er sie sich in Erinnerung. Clun’stal vermutete die Ursache für die unkontrollierte Reakti on der Psi-Materie im Auftauchen eines Gegners in TALIN ANTHURESTA. Ihm schwante, dass es sich dabei um die Frequenz-Monarchie handeln musste. Mein Bewusstsein und die Instru mente des Schiffes reichen nicht aus, um den Psi-Sturm zu durchqueren und zu einem der Nebelgebilde vorzudrin gen, überlegte er. Wozu habe ich diesen Kompass namens Controller bei mir? Er tastete nach der Brusttasche des SERUNS und vergewisserte sich, dass das Gerät tatsächlich vorhanden war. Einen Versuch war es wert. Während er die handtellergroße, el fenbeinfarbene Scheibe hervorholte, nahm er gezielt Einfluss auf sein eige nes Bewusstsein. Er verlangsamte den Übergang, tastete sich schrittweise vor
Arndt Ellmer
an. Meter um Meter ergriff er von MI KRU-JON Besitz. Immer wieder hielt er inne. Dann wartete er, bis er sich sei ner Sache ganz sicher fühlte. Auf diese Weise lernte er das Schiff noch besser kennen als beim ersten Mal. Rhodan hob den B-Controller vor das Gesicht. Dunkelgrau erschien er ihm jetzt. Er aktivierte ihn – und der Controller explodierte förmlich. Für einen kurzen Augenblick über lagerten sich in Rhodans Kopf alle möglichen Wahrnehmungen. Er sah Tausende Transferkamine, nein, Zehn tausende. Sie türmten sich in alle Rich tungen zu Gebirgen auf, neigten sich ihm zu. Sie füllten sein gesamtes Uni versum aus. Hastig schaltete er das Gerät aus. Die Bilder blieben. Er versuchte sie zu verscheuchen, aber sie widersetzten sich ihm. Rhodan – das Schiff – analy sierte sie. Nach und nach erkannte er die doppelt vorhandenen Holoprojek tionen. Sie durchdrangen sich gegen seitig, es machte eine Orientierung schwierig. Undeutlich identifizierte er Transferkamine der Scheibenwelten. Dort, wo sich die Holos gegenseitig durchbohrten, knickten die Röhren ab. Es dauerte eine Weile, bis sie sich ein ander angeglichen hatten. Dann ver blasste ein Teil der Holos. Ungefähr die Hälfte blieb erhalten. Rhodan umklammerte die Scheibe. Die übrigen Holos stammten nicht von seinem Controller. Und sie verschwan den nicht von selbst. Er musste mit einem Gedankenbefehl die Holos ein klappen und den Befehl zum Abschal ten geben. Dieses Schiff besitzt einen eigenen Controller! Er hielt mit seinen Sinnen danach Ausschau, fand ihn aber nicht. »Mikru?« »Ich höre.«
Der Mentalpilot
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»Es existiert ein Controller in MI KRU-JON. Warum habe ich das nicht erfahren?« »Tut mir leid. Diese Information stand mir nicht zur Verfügung.« Rhodan gab einen Suchbefehl an die Speicher. Das Schiff konnte – oder wollte? – ihm aber keine weitere Aus kunft geben, und der Terraner fragte sich, weshalb. Die Erbauer von MI KRU-JON hatten den Controller aus triftigen Gründen verborgen, das stand fest. Vermutlich handelte es sich um ein Gerät der A-Klasse, denn die Halb spur-Changeure hatten laut eigenen Aussagen nur einen einzigen B-Con troller besessen und keinen der CKlasse. Der Terraner löste sich aus der Men talverbindung mit dem Schiff. »Der Controller des Obelisken hat auf mei nen B-Controller reagiert. Es fand so etwas wie ein Synchronisationsver such statt.« »Probier es noch mal«, schlug Mikru vor. Er wiederholte den Vorgang. Die Holos des Schiff-Controllers blieben, bis er sie willentlich abschaltete. Zu vor gab das Gerät eine Meldung aus. Sie besagte, dass die Synchronisierung weiterlief. Rhodan rief das Eingabeholo seines Gerätes auf und tippte eine diesbezüg liche Frage ein. »Auf welche Funkti onen erstreckt sich die Synchronisie rung?«
5. Die Tage verrannen langsamer, als das Wasser der Kaskaden in die Tiefe stürzte. Und das geschah in extremer Zeitlupe.
Mondra genoss den kleinen Ausflug mit der Robotsänfte, die ein paar Ser voroboter vor Wochen extra für sie zu sammengebaut hatten. Sie fragte sich, was dahintersteckte. Wiedergutma chung oder Gastfreundschaft? Sie rief sich zur Ordnung. Wenn sie hinter allem zuerst etwas Schlimmes vermutete, stand sie sich selbst im Weg. Dann würde sie ihre Ziele nie errei chen. Mondra fragte sich, ob das über haupt möglich war. Zwangsläufig kreuzten körperliche Wesen dabei die Wege höherer Entitäten, und zwangs läufig kam es dabei zu Interessenkon flikten. Nicht, dass die Terraner das nicht gewohnt waren. Ihr Aufbruch ins All hatte sich zeitgleich mit ihrem ersten Kontakt zu den Arkoniden vollzogen. Bald darauf waren sie mit der Super intelligenz ES in Kontakt gekommen, und ES hatte die Terraner zu seinem neuen Haupthilfsvolk gemacht. Im Rahmen des Ersten Galaktischen Rätsels waren Rhodan und seine engs ten Freunde nach Wanderer gelangt, wo sie im Physiotron die erste Zelldu sche erhalten hatten. Segen und Fluch zugleich, hatte Rhodan es schon damals genannt. Le bensverlängerung für 62 Jahre. Wenn danach keine Wiederholung der Zell dusche erfolgte, zerfiel der Körper nach 60 Stunden zu Staub. Die relativ Unsterblichen hatten Wanderer jedes Mal erst suchen müssen, seine Bahn berechnen und sich zum richtigen Zeitpunkt einfinden. Während die Sänfte höher stieg, warf Mondra einen Blick hinaus auf die Scheibenwelt. Gebirge und Step pe, Fluss und Wasserfall, alles schien natürlich entstanden und war doch künstlich erzeugt. Vielleicht sogar purer Ausdruck von ES und seinen
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Gedanken und Träumen. Mondra er innerte sich, dass von einem »materi alisierten Traum« gesprochen worden war. Die Kunstwelt hatte die Funktion eines Ankers für die Superintelli genz. Auch aus größerer Distanz haftete der Maschinenstadt etwas an, was den Vergleich mit einem schlafenden oder dösenden Lebewesen zuließ. Mondra musterte eine Kuppel. Sie überlegte, ob es die mit der Halle der 1000 Auf gaben war. Nach einer Weile entdeckte sie andere, identische Bauwerke. Eine Orientierung aus der Luft war noch schwieriger als am Boden. Nach wie vor war die Landschaft vereist, herrschte Winter auf Wanderer. Mondra kraulte Ramoz, der leise schnurrte, sich ein paar Mal streckte und dann mit einem Satz aus der Sänf te sprang. Mondra versuchte ihn zu fassen, aber sie griff ins Leere. Das Tier war zu schnell und zu gewitzt und kannte das alles schon. Beim ersten Mal war es abgerutscht und in die Tiefe gestürzt. Seither kann te es die Traktorfelder vor den Kaska den und wusste, dass keine Gefahr bestand. Auch diesmal segelte es wie ein Flughörnchen kreuz und quer vor der Gischt, schlug Purzelbäume vor wärts und rückwärts. In der Zwischen zeit ließ Mondra die Sänfte in einer engen Spirale abwärtssinken, bis sie ungefähr dreißig Meter über dem Was ser zur Ruhe kam. Augenblicke später fiel Ramoz auf ihren Schoß, wo er schnurrend liegen blieb. Mondra fragte sich, wie lange sie warten mussten, bis Perry zurückkehr te. Jedes Mal wenn Homunk auf kreuzte, stellten ihre Augen die Frage. Nie gab er eine Antwort. Gut, sagte sich Mondra, ich werde
Arndt Ellmer
abwarten, auch wenn es mir schwer fällt. Entschlossen packte sie Ramoz und setzte ihn auf den Boden. Anschlie ßend gab sie dem Servo Anweisung, zurück zu ihrer Unterkunft zu fliegen. Der Tag war schon halb vorüber, und sie hatte der Halle noch keinen Besuch abgestattet. 1000 Kartuschen, 1000 Aufgaben. Mondra machte sich frisch, fütterte Ramoz und bürstete sein Fell. Wenn sie seinen Beinmanschetten mit der Bürs te zu nahe kam, zuckte er jedes Mal zusammen. Aber das kannte Mondra schon. Sie passte auf. Anschließend machten sie sich zu Fuß wieder auf den Weg. Das Tor öffnete sich nicht von allein. Dicht davor materialisierte ein Sen sorfeld in der Luft, bestückt mit sechs verschiedenfarbigen Punkten. Eine Stimme gab Erläuterungen in der Sprache der Mächtigen. Sie verschränkte die Hände und machte keine Anstalten, das Feld zu bedienen. »Bitte in Interkosmo!« In dieser Sprache hatten die Auto maten sie bisher angesprochen. Sie würde nicht hinnehmen, dass es plötz lich anders sein sollte. Der Automat befolgte ihren Befehl. Dabei wusste sie längst: Gelb stand für Besucher, Grün für Spezialisten, Blau für wichtige Persönlichkeiten. Mondra berührte ohne zu zögern das blaue Feld. Das Tor öffnete sich. Wie gewohnt sträubte Ramoz das Fell und zeigte die Zähne, ehe er mit einem ele ganten Satz in die Halle sprang. Mon dra folgte ihm langsam und weit weni ger enthusiastisch. Der neue und eigentlich überzählige Wissenschaftler war wieder da. Es lag an seiner altmodischen Frisur, dass er ihr überhaupt aufgefallen war. Dies
Der Mentalpilot
mal hielt er sich bei einer Kartusche mit mehreren Artefakten auf. Wie die meisten in der Halle stand er mit dem Rücken zu ihr. Mondra ging an den Kartuschen entlang und umrundete die Halle ein mal. Das tat sie bei jedem Besuch. Die Mikropositronik filmte jedes Mal den Inhalt der Kartuschen und verglich ihn mit dem Status vom Vortag. Anschlie ßend suchte sich Mondra ein paar Wis senschaftler aus, denen sie bei der Ar beit zusah. Ab und zu stellte sie ziem lich spontane Fragen – in der Hoffnung, eine der Projektionen könnte aus ihrer Dämmernis erwachen und ihre Anwe senheit zur Kenntnis nehmen. Nicht, dass ES nicht dazu in der La ge gewesen wäre, interaktive Projekti onsgestalten zu erschaffen. Die Super intelligenz konnte weitaus schwie rigere Dinge. Sie wollte es nicht, und es hing mit dem Zweiten Galaktischen Rätsel zusammen, da war sie sich si cher. Mondra ging zur rechten Seite hin über, wo der Neue stand. Inzwischen war er schon mehrere Tage hier. Sie sah, wie er plötzlich zu Boden sah, wo ihr Schatten entlangwanderte. An schließend drehte er sich zu ihr um. Er ... sah ... sie ... an! Mondra er starrte zur Salzsäule. Mit allem hatte sie gerechnet, aber nicht damit. Als er ihr zunickte, fiel die Starre mit einem Schlag von ihr ab. »Ich bin Mondra Diamond.« Der Mann war in mittlerem Alter. Er trug einen Gesichtsausdruck zur Schau, dem man die ewige Jugend an sah. »Verstehe«, sagte er. »Mein Schwie gervater hat ein Kind mit Ihnen!« Meine Güte! Er benutzt die alte An redeformel. Wer ist das? Schwiegervater ...? Sie musterte ihn
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genauer. Das Gesicht kannte sie aus alten Historienholos. »Du bist Geoffry Abel Waringer, nicht wahr?« »Eben der.« Mondras Gedanken jagten sich. Wa ringer war schon lange tot, gestorben auf Satrang zur Zeit der Cantaro, als ihm der Zellaktivator gestohlen wur de. Er gehörte nicht zur StardustMenschheit und damit nicht zu den Männern und Frauen, deren Projekti onen sich an den Kartuschen aufhalten sollten. Da er schon seit über 300 Jah ren tot war, konnte er das mit dem Kind eigentlich nicht wissen. ES steckte dahinter. Oder Homunk. Ein Sinneswandel? Mondra blieb vorsichtig. Sie glaubte nicht, dass Waringer nur deshalb auf tauchte, damit ihr nicht so langweilig wurde. »Sind Sie schon lange hier, Mon dra?« »Ein paar Wochen. Ich warte auf Perry. Er hat in der Nähe zu tun.« Jetzt glitt so etwas wie ein Grinsen über das ansonsten eher eintönige Ge sicht. »Soso. Nun, Schwiegerväter sind so eine Sache. Ich denke, er hat mich immer als Kapazität geschätzt, aber als seinen Schwiegersohn hat er mich ziemlich spät akzeptiert. Eigentlich erst nach Suzans Tod. Seltsam.« »Schwiegerväter sind da ganz an ders als Schwiegermütter«, antwortete Mondra, die seine Geschichte kannte – aus der Sicht des Schwiegervaters. »Warum bist du eigentlich hier, Geoff ry?« »Gewissermaßen als Sicherheitsbe auftragter. Die Halle der 1000 Aufga ben in der Stardust-Felsennadel ist kein absolut sicheres Refugium. In ihr finden sich Antworten, die nicht nur für Terraner von ausschlaggebender
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Bedeutung sind, sondern auch für de ren Gegner. Für die Gegner von ES!« »Es steckt mehr dahinter, als wir bisher wissen. Das war mir klar.« »Die beiden Zellaktivatoren als ab schließende Belohnung für die Lösung des Rätsels sind ein Teilaspekt«, be kräftigte das Waringer-Holo. »Die wahre Aufgabe ist vielschichtiger. Jede der durch die 1000 Kartuschen darge stellten Aufgaben und Hinweise hat ihren Sinn, etwa die Freischaltung der Käfigtransmitter, die Hinweise auf Talanis, den Sextadimschleier und an deres. In ihrer Gesamtheit gleichen sie einem Puzzle, das nicht nur ein Bild liefert, sondern viele. Und diese vielen Bilder wiederum stehen in Beziehung zueinander. Sie liefern Informationen, die ihrerseits zu neuen Spuren füh ren.« Und diese Informationen können nicht nur von Menschen verstanden werden, wenn ich ihn richtig verstehe, dachte Mondra. Auch gefährliche Geg ner verstehen sie. Sie dachte an die Vatrox und ihre Truppen, die in jeder Hyperdepression die elf Galaxien des Polyport-Netzes überrannten. »Deshalb hat ES Sicherungen einge baut«, fuhr Waringer fort. »Teilweise sind die Aufgaben so gestellt, dass ein bestimmter Schlüssel benötigt wird, um sie zu lösen. Diesen Schlüssel müs sen Sie finden, Mondra! Wenn ich Ih nen mit meinem Wissen helfen kann, tue ich das gern. – Und ehe Sie fragen: Nein, ich besitze keine direkten Infor mationen für Sie. Ich kann also nichts verraten. Nicht einmal unbeabsich tigt.« Er siezte sie noch immer, obwohl er die zweite Hälfte seines Lebens in der Neuzeit verbracht hatte. Mondra ge wann den Eindruck eines begnadeten
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Wissenschaftlers, aber heillos altmo dischen Menschen. Langsam begann sie die anfänglichen Vorbehalte des Schwiegervaters zu verstehen. Perry hatte Waringer immer geschätzt, als Koryphäe und als Charakter. Aber als Schwiegersohn hatte er ihn sich ei gentlich nicht vorstellen können. Trotzdem waren sie Freunde gewor den. »Einen guten Rat nehme ich immer gern an«, sagte Mondra. »Wenn du willst, können wir sofort anfangen.« »Es ist mir eine Ehre, Sie durch die Halle begleiten zu dürfen, Mondra!« * Zusätzliche Sicherungen, viele Spu ren, die ins Nichts führten – Mondra begann sich damit zu beschäftigen, wie sie bei der Erforschung der Kartu schen am schnellsten zu Ergebnissen gelangten, aber so, dass diese auf Aveda nicht mitgesehen oder mitgelesen werden konnten. Nur so konnten sie verhindern, dass die Frequenz-Monar chie dieses Wissen an sich riss. Nebeneinander schritten Mondra Diamond und Geoffry Abel Waringer an der Wandung der Halle entlang. Die gefüllten Achtecke boten eine verwir rende Vielfalt an unterschiedlichen Zeichen und Zeichnungen. Mondra war ständig versucht, sie verschie denen Völkern oder Galaxien zuzuord nen. Vielleicht war das nicht einmal verkehrt gedacht, aber sie konnte dar aus keinerlei Informationsgehalt ge winnen. Während sie dahinschlenderten, die Frau und das Holo – oder war es eine semimaterielle Projektion? Oder gar der echte Waringer? Bei ES musste man mit allem rechnen! – , fiel Mondra etwas Erstaunliches auf. Ramoz ver
Der Mentalpilot
hielt sich außergewöhnlich. Während er in letzter Zeit extrem nervös und aufgedreht gewesen war, benahm er sich in Gegenwart Waringers wie ein Lämmchen. Er lief brav neben ihr her, hielt sich auf gleicher Höhe mit ihr, fauchte nicht und kratzte nicht. Sie stellte fest, dass er immer wieder zu dem Wissenschaftler aufsah, als handle es sich um ein Lebewesen und nicht um eine Projektion. Mondra beschloss, der Wahrheit auf den Grund zu gehen. Waringer hielt sie für den idealen Gesprächspartner in solchen Dingen. »Eine Frage, Geoffry«, sagte sie, als sie die Hälfte der ersten Umrundung hinter sich hatten. »Wie geht es ES? Es sieht nicht danach aus, dass die Super intelligenz sich bester Gesundheit er freut.« Waringer blieb ruckartig stehen. Sie musterte ihn aufmerksam, er erbleich te jedoch nicht, da hatte sie wohl zu viel erwartet. Er ignorierte ihre Frage, machte eine Handbewegung, als wolle er Mondra mit sich ziehen. »Sehen Sie sich diese Kartusche an. Sie ist ein richtiges Kunstwerk. Da sage noch jemand, man könne Rätsel nicht angemessen prä sentieren.« Sie setzten ihren Weg fort. Waringer begann über sein Leben zu erzählen, über seine Familie, die dominierende Suzan, die immer dem Vater nach gestrebt hatte. Mondra wunderte sich, warum ES ihr alle diese Informationen zukom men ließ. Wenn es um sie selbst gegan gen wäre, hätte sie sich so etwas ver beten. Aber Waringer, dessen Bewusst sein damals in ES aufgegangen war, hatte sich zumindest damit einver standen erklärt. Oder der Vorschlag stammte sogar von ihm selbst.
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Mondra plagten Zweifel, ob der Wis senschaftler beziehungsweise ES oder Homunk als Hintermänner es ehrlich meinten, oder ob hinter der Plauder laune eine ganz andere Absicht steck te. Sie hörte aufmerksam zu und merk te sich alles. Nach vollendeter Umrundung der Halle blieb der Wissenschaftler in der Nähe des Eingangs stehen. »Ich bin überzeugt, wir sehen uns morgen wieder«, sagte Waringer zum Abschluss. »Einen schönen Abend wünsche ich.« Mondra bedankte sich artig. Sie bückte sich, weil Ramoz alle viere von sich streckte. Sie nahm das Tier auf den Arm, wo es einen Seufzer von sich gab. Es ließ die Pfoten hängen. Mondra verließ die Kuppel und ging die Straße entlang. »Mir geht es genau so«, sagte sie. »Mir tut alles weh. Die Füße, die Knie, der Rücken, der Kopf, einfach alles.« »Das ist kein Wunder«, meldete sich die Mikropositronik. »Ihr wart ziem lich lange auf den Beinen.« Mondra Diamond runzelte die Stirn. »Augenblick! Was soll das heißen?« »Es heißt, dass ihr euch zwölf Stunden da drinnen herumgetrieben habt.« »Hast du alles aufgezeichnet?« »Selbstverständlich.« Wenig später saß Mondra in ihrer Unterkunft und ließ den Film auf sich wirken. Waringer hatte sie nicht nur einmal rundherum geführt, wie sie es sich eingebildet hatte. Zehnmal waren sie im Kreis marschiert, einmal links herum, einmal rechts herum, dann wieder links. Schlau gemacht, stellte sie fest. Auf diese Weise konnte sich mein Unterbe wusstsein viele Details der Kartuschen
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einprägen, die ich nicht bewusst wahr genommen habe. Sie ließ die Aufnahmen langsam laufen, prägte sich jede Kartusche ein. Plötzlich hatte sie es nicht mehr eilig, dass Rhodan zurückkehrte. Vielleicht steckte sogar eine Absicht von ES da hinter. Mondras Müdigkeit war wie wegge fegt. Zusammen mit der Mikropositro nik entwickelte sie Denksysteme und Lösungsvorschläge, die ihr halfen. Nicht bei jeder Kartusche, aber bei manchen. Nach und nach ergaben sich auf diese Weise verschiedene Lösungs systeme, und wenn sie Waringer rich tig verstanden hatte, würden sich an Hand derer ebenfalls Rückschlüsse ziehen oder sogar Teile des Schlüssels ermitteln lassen.
6. Er spürte sie, sie waren ganz nah. Sie schickten ihm ihre Namen. Er las Eile heraus, Hektik. Gedankenfragmente erreichten ihn, verdichteten sich zu In formationen. Wichtige Informationen, die er bisher nicht hatte berücksichti gen können. Die ehemaligen Piloten – wenn sie zu oft als einzelne Memos in Erscheinung traten, verloren sie den Zusammenhalt. Das Störpotenzial war er selbst, solange seine mentale Sym biose mit dem Schiff unvollständig blieb. Unvollständig also. Sein Problem existierte weiter. Angesichts der mög lichen Konsequenzen ging er noch vor sichtiger zu Werke als bisher. Danke, Gander Tresoch, Mamek Forlebo und ihr anderen!, antwortete er. Sein Bewusstsein bildete mit dem Schiff noch keine perfekte Einheit. Er arbeitete daran. Es brauchte Zeit, denn
keiner konnte ihm sagen, wie er es am besten tun konnte. Also tat er das, was er konnte. Er widmete sich wieder den Controllern. In seinem Kopf manifestierten sich Holofenster des schiffsinternen Con trollers. Sie zeigten exakt das, was sein B-Controller darstellte. »Beide Controller bilden die Trans ferportalfunktion des Handelssterns ab«, sagte er halblaut, um das Konzept und den Esnur zu informieren. »Das hat mein B-Controller allein nicht ge schafft.« Jetzt funktionierte es, weil Rhodan das Gerät in MIKRU-JON gewisser maßen aufgeweckt hatte. Es liegt am Zusammenspiel von drei Komponen ten. B-Controller, Schiffscontroller und Mentalpilot. Er war überzeugt, dass es sich dabei nicht um einen Zufall han delte. Vor allem der B-Controller spielte in seinen Überlegungen eine wichtige Rolle. Wie hatte Homunk ihm auf seine diesbezügliche Frage geant wortet? Es sei selbstverständlich kein normaler B-Controller. Für den Boten der Superintelligenz mochte das selbstverständlich sein. Für ihn war es alles andere als das. Was dieses eine Gerät von anderen B-Controllern unterschied, hatte Ho munk nicht verraten, und es war auch insofern unnötig, als Rhodan sowieso keinen anderen zur Hand gehabt hätte, um Vergleiche anzustellen. Probehalber aktivierte Rhodan das Holo mit der Steuerung. Alle Funkti onen ließen sich ansteuern, keines der Symbole war abgedunkelt. Auch nicht die Bereitschaftsfunktion der Trans ferportals. Er konnte TALIN AN THURESTA aktivieren und eine Ver bindung zu jedem anderen Handels stern herstellen. Natürlich unterließ er es, denn dann hätte man dort sofort
Clubnachrichten
Vor wor t Werte Leserinnen und Leser, der Sommer hält seinen Einzug. Endlich kann ich auf dem Balkon sitzen, Pfeife rauchen und die Berge von Fanzines lesen, die Woche für Woche bei mir eintref fen. Zu spüren ist, dass mehr und mehr professionell auf gemachte Magazine erscheinen, die sich mit dem Themenkreis Fantasy – Science Fiction – Phantastik beschäftigen. Eine schöne Entwicklung, die sich in den Rezensionen dieser Ausgabe niederschlägt. Per aspera ad astra! Euer Hermann Ritter
Nachrichten Empfehlung des Monats Zu sagen, das aktuelle nova 16 sei »gut«, ist in etwa so, als würde man sagen, die »Beatles« wären für die Popmusik irgendwie schon wichtig gewesen. In einem großartigen Vorwort (hier als »Editorial« ge tarnt) äußert sich Frank Hebben über »Science Über fiction«, sagt aber mehr intelligente Dinge als manch andere SF-Größe in einem ganzen Buch. Bei »Döra« von Florian Heller finden sich vom Humor her Hahn’sche Klänge; Thomas Wawerka und Rüdiger Bartsch liefern in ihren Kurzgeschichten gute, aber beklemmende Science Fiction, Horst Pukallus gibt mit »Placebo« den großen, bösen alten Mann der ScienceFiction-Szene, und Nadine Boos beweist, dass Erotik ihren Platz in der Cyberpunk-Zukunft finden darf. Bis auf den Nachdruck einer Kurzgeschichte von FitzJames O’Brien fand ich alle Geschichten in diesem nova gelungen, die Sahnehaube bietet Michael K. Iwo leit (dessen Foto ganz schlimm aussieht) mit seinem Artikel über das Werk von J. G. Ballard – »Mythen der nahen Zukunft«.
Vierwöchentliche Beilage zur PERRY RHODAN-Serie. Ausgabe 447.
Clubnachrichten
Wenn der Redaktionskobold jetzt noch dafür gesorgt hätte, dass die Fußnoten in Iwoleits Artikel mit rich tigen Umlauten und einem »ß« gefüllt wären (anstatt mit Steuerzeichen), dann wäre das hier ein perfektes Magazin. So ist es nur sehr gut (und an allem ist der Herausgeber schuld!). nova erscheint bei Ronald M. Hahn, Werth 62, 42275 Wuppertal; eine Ausgabe kostet 12,80 Euro. Die Seite des Magazins findet man im Internet unter www.nova sf.de; dort erreicht man Ronald und die Seinen.
wo man nicht nur billig PDFs von alten Rollenspielen (auch deutschen) herunterladen kann, sondern immer wieder Magazine. Aktuell ist das Roll d∞, ein nettes, englisch-sprachiges Rollenspiel-Fanzine mit kleinen Spielen, Artikeln, etwas über »Adventures in Wonder land: The Cheshire Cat« zum Rollenspiel in den Welten von Lewis Carrolls »Alice im Wunderland« und ähn licher Kleinkram. Das Heft gibt es kostenlos.
Online: Fantasy
Aktuell erschien Terracom 127. Man darf sich wieder auf eine Kurzgeschichte freuen, es gibt eine Menge Neuigkeiten aus der Science-Fiction-Szene, viel Inter essantes zur Wissenschaft und, und, und. Ein prall gefüllter Beutel mit vielen netten Überraschungen. Leider hat Lothar Bauer angekündigt, dass das letzte Terracom aus seinen Händen Terracom 130 sein wird. Ihm mangelt es an Zeit, um neben seinem Beruf und seinen anderen Hobbys das Fanzine zu erstellen. Ein Nachfolger hat sich nicht gefunden, was Lothar sehr bedauert. Alle angenommenen Beiträge werden er scheinen; notfalls im Rahmen einer Abschlussausga be Terracom oder im androXine des SFCD. Ich selbst bedauere dies, denn das Terracom war im mer ein schönes und gut lesbares Fanzine. Mein Dank an Lothar, der die Arbeit souverän geleistet hat. Herunterladen kann man das Fanzine unter www. terracom-online.net.
Offensichtlich will mich der EDFC mit seinem Ausstoß an Magazinen wahnsinnig machen. Jetzt erscheinen schon Fantasia 280e, Fantasia 281e und Fantasia 282e, alle vollgestopft mit Rezensionen, die Franz Schröpf mit seinen 26 Klonen (anders ist das Lese pensum nicht zu erklären) geschrieben hat. Der Mann ist ein spitzzüngiger und belesener Rezen sent, daher gucke ich mir seine Sachen immer gerne an. Begeistert war ich zum Beispiel von seiner Bespre chung von »Der Name des Windes« von Patrick Roth fuss, hochgelobt und mit Preisen überschüttet, aber – für ihn und mich aus unterschiedlichen Gründen – uninteressant. Danke, Franz! Das Fantasie 283e stammt von Alisha Bionda. Unter »Fantastische Flüstertüte« finden sich Rezensionen und Interviews. Nicht alles hat mich interessiert, aber die Arbeit, die dahintersteht, ist gewaltig. Herausgeber ist der EDFC e.V., Postfach 1371, 94003 Passau (im Internet unter www.edfc.de). Buchbe stellungen gehen bitte direkt an die E-Mail-Adresse
[email protected]. Unterhaltsam ist das aktuelle Sumpfgeblubber 73. Klaus-Michael Vent steuert eine längere und ältere Kurzgeschichte bei, es gibt drei Leserbriefe und ein wenig an Informationen über die Kultur der Substanz auf der Fantasy-Welt »Magira«. Ein nettes, schnell zu lesendes Fanzine mit guten Illustrationen. Herausgeber Peter Emmerich ist über das Kontakt formular unter http://substanz.markt-kn.de er reichbar. Online: Rollenspiel Ich habe schon auf www.rpgnow.com hingewiesen,
Online: Science Fiction
Abenteuer & Phantastik Dass es sich bei Abenteuer & Phantastik 75 um eine Jubiläumsnummer handelt, erfährt der Leser erst aus den Grußtexten der Anzeige, nicht aus einem Rück blick oder einem netten Sonderartikel zum Thema. Inhaltlich war ich enttäuscht. Außer einem Artikel über »Kleine Ängste« (»Die schrecklichsten Kinderbücher und ihre Verfilmungen«) und dem Interview mit »Dr. Fantasy« Helmut W. Pesch war nichts dabei, was mich begeistert oder gefesselt hat. Trotz vieler Rezensionen und Illustrationen: Lange weile. Besser ist die Folgenummer Abenteuer & Phantastik 76 zu lesen, die mit dem Schwerpunktthema »Vam pire« einiges Interessantes zusammengesucht hat (selbst wenn man glaubt, es gäbe nichts mehr über Vampire zu lernen!). Interessant sind die textlichen
Clubnachrichten
Informationen über die Veränderungen, welche die
Gebrüder Grimm an ihren Märchen vorgenommen
haben (der Titel »Grimmige Märchen« verrät einiges).
Besser, viel besser.
Das Heft kostet 4,50 Euro. Herausgeber ist der Aben
teuer Medien Verlag, Jaffeestraße 6, 21109 Ham
burg (im Internet unter www.abenteuermedien.
de).
ColoniaCon Dieses Jahr war ich verhindert, am ColoniaCon19 teilzunehmen. Aber das Conheft mit dem Titel 2010 – Das Jahr, in dem auch die Kölner Kontakt aufnahmen habe ich erhalten. Das weckt echte Wehmut in mir,
sodass ich 2014 auf jeden Fall teilnehmen muss
(das letzte Mal mit einer »4« als Beginn der Altersan
gabe ... mein Gott!).
Herausgeber ist Ralf A. Zimmermann, Jakobstra
ße 23, 54290 Trier. Ein Preis ist nicht angegeben.
GarchingCon Vom GarchingCon 8 im Juli 2009 ist nach einem Jahr das ConVideo erschienen. Eigentlich ist es eine Box mit drei DVDs in edler Aufmachung. Eine schöne Form der Dokumentation! Der Kontakt für den PERRY RHODAN Stammtisch München als Herausgeber ist Erich Herbst, JosefSchauer-Straße 21, 82178 Puchheim (per E-Mail unter
[email protected]). intravenös Der Atlan Club Deutschland verliert wegen (poli tischer) Auseinandersetzungen zwei Mitglieder, die aus Solidarität gehen. Und was schreibt der Kontakter dazu in intravenös 193: »Ich bin ehrlich genug zuzu geben, dass mir solche Austritte nicht besonders wehtun.« So etwas vergällt mir gerne den Lesege nuss; ich finde das keinen passenden Umgang mit Mitgliedern. Es gibt eine Vorstandswahl mit jeweils einem Kandi daten, der Wahlleiter ist selbst Vorstandsmitglied, sodass man keine Überraschungen zu erwarten hat. Traurig fand ich den Hinweis, dass das Congelände in Otzberg-Lengfeld, auf dem ich viele schöne Samstage verbracht habe, abgerissen worden ist. Wieder ein
Stück Erinnerung, das geht. Ansonsten Leserbriefe,
Kleinkram und Cartoons.
Herausgeber ist der Atlan Club Deutschland, Kon
takt über Rüdiger Schäfer, Kolberger Straße 96,
51381 Leverkusen (per E-Mail unter kontakter@
atlan-club-deutschland.de).
Karfunkel Nun, wenn man ein Magazin Karfunkel Kraut und Hexe 3 nennt, dann ist man nicht überrascht, wenn es im Inhalt um Kräuter und Hexen geht. Die Titelge schichten sind schon eindeutig genug – da gibt es den Artikel »Der Hexenmeister«, »Heilung aus der Wurzel«, »Mythos Walpurgisnacht« und »Geschichte der Kräu terkunde«. Die Artikel haben mich alle nicht vom Stuhl gerissen, den Artikel über das »Voynich-Manuskript« habe ich als einzigen begeistert gelesen, aber nur, weil das Thema mich interessiert (es geht um ein seltsames Manuskript aus dem Mittelalter, das bis heute nicht übersetzt werden konnte). Begeisterung kam (leider) keine auf. Herausgeber ist der Karfunkel-Verlag, Hauptstra ße 85, 69483 Wald-Michelbach (im Internet unter www.karfunkel.de). Das Heft kostet am Kiosk 7,90 Euro. Miroque Im Laden fiel mir die Ausgabe Miroque 2 in die Finger. Jetzt kaufe ich nicht blindwütig alles, wo Männer in Kostümen drauf sind, aber der Untertitel »Lebendige Geschichte« samt dem Thema »Wikinger« sprach mich genug an. Es gibt eine Einführung in die Geschichte der Wikinger, etwas über Runen, einen Exkurs über die Slawen (zwi schen Kelten, Germanen, Römern und Wikingern), schöne Rezensionen (mein spezielles Lieblingsthema waren hier »Die besten Wikingerfilme«), etwas über Musik (»Pagan und Viking Metal« – die scheinen keine »Beatles« mehr zu hören heute), eine Darstellung ak tiver Wikingergruppen und – thematisch passend – et was über Island. Ein schönes, reich bebildertes und preiswertes Heft. Das Heft kostet im Handel 6,90 Euro. Herausgeber ist die VK Histomedia GmbH, Redaktion Miroque, Albertstraße 20, 46049 Oberhausen (im Internet unter www.miroque.de).
Clubnachrichten
PERRY RHODAN News
Skeptiker
Aktuell präsentiert die PERRY RHODAN News 178 die neuesten Informationen zu unserer Lieblingsserie. Im Namen der PERRY RHODAN FanZentrale e.V. findet man hier – ordentlich aufgemacht und gut zu lesen – die neuesten Informationen. Ein Jahresabo des monatlich erscheinenden Info blattes kostet in Deutschland 10,80 Euro. Herausgeber ist Achim Havemann, Harlingen 119, 29456 Hitz acker (per E-Mail erhält man nähere Infos von der Kasse der PERRY RHODAN FanZentrale unter kasse@ prfz.de).
Der Untertitel »Zeitschrift für Wissenschaft und kri tisches Denken« erklärt schon eindeutig, was skepti ker 2/2010 sein will. Ich liebe Artikel wie den über unbewusste Wahrnehmungen und den Zusammen hang mit außersinnlicher Wahrnehmung oder Artikel über aktuelle Entwicklungen in der Frage, wie die Py ramiden gebaut worden sind. Interessant sind der Artikel über »Die Geheimnisse von Fatima« von Bernd Harder (der sich die Mühe macht, einzeln nachzuweisen, wann die Prophezeiungen wirk lich gemacht worden sind) und »Dreiundzwanzig« von Mark Benecke – Letzteres ein Thema, das in diversen Science-Fiction- und Verschwörungs-Romanen eine Rolle spielt. Sehr schön. Herausgeber ist die Gesellschaft zur wissenschaft lichen Untersuchung von Parawissenschaften e.V. (kurz GWUP), Arheilger Weg 11, 64380 Roßdorf (im Internet unter www.gwup.org). Das Heft kostet 6 Euro.
Sherlock Holmes Als Jahresgabe an ihre Mitglieder verschickt die Deut sche Sherlock Holmes Gesellschaft »Von Herder Airguns« das nette Hardcover-Taschenbuch Das Gift buch des Sherlock Holmes. Ich habe es an einem son nigen Nachmittag auf dem Balkon komplett gelesen und war sehr begeistert. Die Jahresmitgliedschaft in der Gesellschaft, die zu sätzlich ein schönes Magazin herausgibt, beträgt 20 Euro. Kontakt erhält man über Nicole Glücklich, Zur Ring 22, 66546 Ottweiler-Fürth (E-Mail verwal
[email protected]). Das Buch er scheint im Baskerville-Verlag, Hermeskeiler Platz 14, 50935 Köln (im Internet unter www.baskerville. de).
Star Gate Aktuell erschien der Star Gate Doppelband 67/68. Ent halten sind die Geschichten »Nergaard« von W. A. Travers und »Planet der Rätsel« von Wilfried Hary. Der Titel der ersten Geschichte ist auf dem Cover kaum zu entziffern, aber das liegt am eigenartigen Schrifttyp. Das Heft kostet 6,90 Euro. Erhältlich ist es bei Hary Production, Canadastraße 30, 66482 Zweibrücken (im Internet unter www.HaryPro.de).
Impressum Die PERRY RHODAN-Clubnachrichten erscheinen alle vier Wochen als Beilage zur PERRY RHODAN-Serie in der 1. Auflage. Anschrift der Redaktion: PERRY RHODAN-Clubnachrichten, Pabel-Moewig Verlag GmbH, Postfach 2352, 76413 Rastatt; E-Mail:
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Der Mentalpilot
von der Existenz TALIN ANTHURES TAS erfahren. Was dann folgen würde, kannte Rho dan aus dem Polyport-Netz: eine Inva sion der Frequenz-Monarchie. Zumal sich jeder andere Handelsstern in der Galaxis Anthuresta in der Hand der Vatrox befand, zumindest ging Rhodan davon aus. Falls es nicht weitere Refugien wie die Welt der 20.000 Welten gibt, fügte er in Gedanken hinzu und fragte sich, ob er nicht manchmal die Flöhe husten hörte. Dass es ausgerechnet 20.000 Scheibenwelten waren, erinnerte ihn fatal an jene Frist, die ES ihm und der Menschheit einst gesetzt hatte. 20.000 Jahre, um die gesteckten Ziele zu er reichen und – das Universum zu er ben. Schon damals hatte er vermutet, dass es sich um eine symbolische Zahl handeln könnte. Evolution verlief in größeren Zeiträumen. Wenn er und die Galaktiker seither einen Zeitraum von über 20 Millionen Jahren kennenge lernt hatten und einen Teil des Univer sums, war das angesichts der tatsäch lichen Größe des Ganzen ein ver schwindend kleiner Teil, ein winziges Staubkörnchen. Er schob die Gedanken zur Seite und richtete seine Aufmerksamkeit auf die Ortung des Schiffes. In seinen Gedanken spürte er das Durcheinan der und die Verwirrung, den Kampf der Instrumente mit den Schauern des Psi-Sturms. Der Rückweg über einen Transferkamin wäre vermutlich ein facher gewesen, aber selbst da war er sich nicht mehr sicher. Er kümmerte sich um die Ortung und sensibilisierte die Systeme, so weit es möglich war. Die Mischung aus Skepsis und anfänglicher Neugier wich nach und nach einer gesunden
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Portion Misstrauen. Zweimal war ihm bereits die Steuerung entglitten, und es konnte jeden Augenblick wieder ge schehen, solange er die Gründe dafür nicht kannte. Wenn er die Kontrolle über das Schiff verlor, während es ge rade einen Wirbel des Psi-Sturms durchquerte oder diesem ausweichen wollte, gerieten das Schiff und alle an Bord in Gefahr. Rhodan durchforstete die Messungen der vergangenen Minuten. Die Hyper schauer des Psi-Sturms nahmen weiter zu und beeinträchtigten zusehends sei ne Orientierung. Die Raumkoordina ten verzerrten sich, die Orterskalen lieferten in schneller Abfolge wider sprüchliche Daten. Das Schiff änderte den Kurs – Augenblicke später stimm ten die Vektoren wieder. Jetzt kannst du zeigen, was ein Men talpilot wert ist, sagte Rhodan zu sich selbst. Wenn alle zusammenwirkten, die Mentalechos, er und die Controller, schafften sie es. Er lenkte MIKRU-JON behutsam in Richtung der Nebelwolken. Rhodan hielt den B-Controller vor die Brust. Durch den Schleier hindurch musterte er die Anzeigen. Die der Spe zialebene fehlten, sie bauten sich nicht automatisch auf. Er musste sie manu ell aufrufen. Mit dem B-Controller konnte er die Psi-Materie kontrollieren, aufteilen, programmieren, ins Ziel lenken, zün den ... ES hatte ihm diese Möglichkeit in die Hand gegeben. Die Superintelli genz hatte ihn mit einem mächtigen Instrument ausgestattet, das als harm loser Controller daherkam. Er nahm die ersten Messungen vor. Wie erwartet, wichen die Daten der Orter von denen des Controllers ab. Rhodan verglich sie im Detail. Er
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fand Abweichungen vor allem im Zen trumsbereich der Nebelwolken. Rhodan verfeinerte die Messanlagen des Schiffes weiter. Die hyperenerge tischen Phänomene der Psi-Materie, wie sie im messbaren Teil des UHFund SHF-Bandes des Hyperspektrums vorhanden waren, wiesen keine Ab weichungen auf. Aber es gab Anzei chen für normale Masse. Daraus Schlussfolgerungen zu zie hen war nicht schwer. »In jeder der beiden Nebelwolken existiert ein dreidimensionales, fest stoffliches Gebilde«, sagte er. Durch den Schleier vor seinen Augen suchte sein Blick den Esnur. »Clun’stal, was weißt du darüber?« »Ich ...«, vernahm er nach einer Wei le die Antwort, »... weiß nichts ... dar über.« Nach allem, was sie bisher über das Kristallwesen wussten, setzte dessen Erinnerung unter starkem Einfluss von Psi-Materie ein. Rhodan begriff es als zusätzliches Argument, um in eine der Wolken hineinzufliegen. Wenn es ihm gelang, die Erinnerung des Esnur an zuregen, half es viel Unheil zu verhin dern. Keine Stunde verstrich, ohne dass er an die Männer und Frauen im Hantel schiff dachte. Hatte Mondra einen Weg gefunden, zu ihnen vorzustoßen? War es ihr gelungen, sie durch einen Trans ferkamin auf eine der Scheibenwelten in Sicherheit zu bringen? Er hoffte es, aber das dumpfe Gefühl des Zweifels blieb und ließ sich auch im Zustand der mentalen Symbiose mit dem Schiff nicht verdrängen. Ich versuche jetzt, die Psi-Materie mithilfe der Controller zu manipulie ren, wandte er sich an den Pool. *
Er war Perry Rhodan, und er war das Schiff. Er hätte sich wie ein Robo ter fühlen können, als Maschine mit zahllosen mechanischen Gliedern. Oder wie ein Android, ein künstliches Wesen mit dem Gehirn eines Men schen. Aber MIKRU-JON war mehr als eine Maschine und mehr als ein Mensch. Ge meinsam waren sie ... neu. Einzigartig. Inzwischen hatte Rhodan gelernt, den Schiffskörper so zu bedienen wie ein Klavierspieler die Tastatur. Er sta bilisierte den Flug von MIKRU-JON, staunte über die Geschmeidigkeit, die der Obelisk trotz tobender Elemente ringsum an den Tag legte. Ab und zu griff der Psi-Sturm nach dem Schiff und schüttelte es durch. Es schien sich dann zu biegen. Rhodan vollzog diese Bewegungen am eigenen Leib nach, eine Sekundärreaktion gewisserma ßen. Er begann mit dem B-Controller zu experimentieren. Bisher hatte er die oberste Befehlsebene des Gerätes le diglich für die Psi-Materie benutzt, die sich in den Boxen von ES befand. Nun hatte er es mit einer Menge zu tun, die um ein Vielfaches höher liegen musste, sich aber nicht genau quantifizieren ließ. Das machte den Umgang mit ihr gefährlich. Von den beiden Nebelwol ken ganz zu schweigen. Erst musste er bis in ihre Nähe vorstoßen. Ob es ihm gelingen würde – es war und blieb ge fährlich. Der Mentalpilot begann mit den Steuerbefehlen, die er schon kannte. Er fixierte Schwaden des umhertrei benden Psi-Materie-Staubes, trennte sie in handliche Portionen und regte sie dazu an, sich zu verklumpen, statt zu verpuffen oder zu explodieren. An mehreren Stellen versuchte er es, nicht immer erzielte er einen brauchbaren
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Erfolg. Viel Zeit verging, das spürte er in seinem Sessel, ohne von seiner Um gebung etwas wahrzunehmen. Im nächsten Schritt verklumpte er mehrere Zonen hintereinander. Das Material klebte zusammen, eine Art Wandung entstand, die sich unter dem Ansturm starker Psipotenziale schnell wieder auflöste. In der Folge begann er schneller zu arbeiten. Er wagte sich an größere Mengen und stellte fest, dass er sie ebenso beherrschte. Der B-Controller erzeugte die schnellen Abfolgen der Impulse so gut, als habe er nie etwas anderes getan. Rhodan hatte einen langsameren Rhythmus in Erinne rung. Es liegt an der Symbiose, sagte er sich. Der Controller des Schiffes arbei tet mit. Und wieder machte er sich Ge danken und vermurkste dabei fast ei nen Klumpen. Der entwischte ihm aus dem unterstützenden Fesselfeld, das ihn aber blitzschnell zurückholte, oh ne dass er selbst einen Gedanken dar an verschwenden musste. Um was für einen Controller handelt es sich? Es lag nahe, an einen modifizierten B-Controller zu denken, wie er selbst ihn von ES erhalten hatte. Daraus er gaben sich zwangsläufig Zusammen hänge zwischen dem Schiff und der Superintelligenz. Wer weiß, überlegte der Terraner. Bisher spüre ich jedenfalls nichts. In jungen Jahren schon war er von ES vorübergehend aufgenommen wor den, später erneut. Und Dutzende Ma le hatte er den Hauch der Superintel ligenz gespürt. Es existierte kein un mittelbarer Zusammenhang zwischen ihr und MIKRU-JON, das hätte er spä testens in dieser mentalen Symbiose gemerkt.
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Ein halbes Dutzend aneinanderge klumpter Staubareale trieb inzwischen vor dem Schiff her. Rhodan bugsierte sie zum nächsten Feld, dann zum über nächsten. Mithilfe der Orter kontrol lierte er den Vorgang pausenlos. Seit er die ungefähr zwei Dutzend Befehlsse quenzen für die Controller-Routinen auswendig kannte, spulte sein Gehirn sie pausenlos und mit hoher Geschwin digkeit ab. Wie von einer unsichtbaren Nähmaschine zusammengeschneidert, bildete sich ein Korridor vor dem Schiff. Rhodan nahm sich Zeit, das entstan dene Gebilde zu stabilisieren. Psi-Ma terie tendierte dazu, ihren Aggregatzu stand schnell zu ändern. An diesem Ort, an dem der Wechsel künstlich her vorgerufen wurde, rechnete er mit ei ner wesentlich kürzeren Haltbarkeit als üblich. Langsam steuerte er das Schiff in den Korridor. Voraus bildeten sich im mer mehr gekrümmte und verdichtete Areale, die einen Schutzwall bildeten, vergleichbar einer Röhre mit etlichen Lücken, durch die Wasser eindringen konnte. Rhodan blieb gelassen und hoffte darauf, dass die Psi-Materie sich durch die Umgebung »inspirieren« ließ und den gleichen Zustand annahm. Dort, wo sich immer mehr Klumpen und Krusten bildeten, reagierte der Umge bungsstaub in identischer Weise. Der Korridor wuchs rasch in die Länge, erreichte bald tausend und bald fünftausend Kilometer. MIKRU-JON rauschte durch den Tunnel, während hinter dem Schiff die Ränder des künstlich angeregten Gebildes bereits in sich zusammenstürzten. Die Röhre verlängerte sich inzwi schen von allein. Rhodan musste ledig lich an manchen Stellen eingreifen, an
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denen der Verdichtungsprozess verzö gert eintrat. Genau solche Stellen wa ren es, die sich als Schwachstellen er weisen würden. Und tatsächlich: An einigen Stellen erfolgten Psi-Einbrüche. Ein Sog riss die Ränder der Umgebung weg. Erste Fetzen flogen durch den Tunnel, von hinten rasten Klumpen von der Größe einer Felswand heran. Rhodan musste ausweichen, selbst den einen oder an deren Aufprall mit der Tunnelwan dung in Kauf nehmen, um eine große Kollision zu vermeiden. Nicht, weil MIKRU-JON Schaden genommen hät te. Der Schutzschirm des Obelisken wehrte so etwas mühelos ab. Aber die freigesetzte Energie hätte wie ein Flä chenbrand gewirkt und den kom pletten Tunnel aufgelöst – schneller, als das Schiff ihn durchfliegen konn te. Draußen, keine hundert Meter über der Hülle, tobten heftige Entladungen. Rhodan steuerte einen Zickzackkurs, der einem terranischen Kaninchen alle Ehre gemacht hätte. Der Tunnel eilte ihnen voraus, bis er plötzlich an ein Hindernis stieß, dessen Natur sich den Sensoren Perry Rhodans entzog. Rhodan verringerte die Fahrt des Schiffes, das auf den Rand der Nebel wolke zuhielt. Die enorme Dichte der Psi-Materie in der Wolke wirkte wie eine Barriere. Erneut griff der Mental pilot ein. Er schuf Öffnungen in der Mauer, schob die sich verfestigenden Massen zur Seite – ein mühseliges Un terfangen. MIKRU-JON wurde langsamer. Während der Obelisk sich durch den Tunnel immer tiefer in den Nebel schob, sank seine Geschwindigkeit auf lächerliche 50 Kilometer pro Stunde. Rhodan wusste: Je langsamer er flog,
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desto schlechter konnte er den heran rasenden Psi-Brocken ausweichen. Aber andere Optionen hatte er nicht. Auf dem Orterholo zeichnete sich ein verschwommener Schatten ab. Was immer sich im Innern des Nebelschwa dens befand, es war groß. Und bestimmt auch gefährlich. * Eine grelle Entladung raste den Schirm entlang. Volltreffer! Die Struktur des Energiefelds regte den verquollenen Klumpen zur sofor tigen Deflagration an. Die Psi-Materie schmolz wie Butter in der Sonne. Die freiwerdende Hyperenergie reagierte mit dem Schirmsystem. Das vorzeitig eingeleitete Ausweich manöver wurde dem Schiff zum Ver hängnis. Die Zahl der aus der Tunnel wandung herausgesprengten Brocken war zu groß, als dass sie allen hätten ausweichen können. Rhodan behielt das Schiff mühsam unter Kontrolle. Es war nur der An fang. Vielleicht der Anfang vom Ende. Der Obelisk geriet ins Taumeln. Er rollte um die Längsachse und über schlug sich gleichzeitig. Rhodan und Mikru zogen logische Schlussfolgerungen, bedienten die An lagen des Schiffes, suchten nach Schlupflöchern. Immer mehr Trümmer lösten sich aus dem Tunnel. Sie platzten nicht nach außen weg, sondern fielen allesamt nach innen, wo MIKRU-JON inzwischen wahnwitzige Ausweich manöver flog. Gleichzeitig kümmerte Rhodan sich um das diffuse Abbild des Gegen stands, den er im Zentrum des psio nischen Nebels ausgemacht hatte. Er vergrößerte einzelne Teile, ließ die
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Rechner Umrissinterpretationen er stellen, verlieh den verschwommenen Kanten und Linien Gestalt und Farbe. Viel half es nicht. Die Form des Gebil des blieb indifferent, die Farbe eben falls. Trotzdem schickte Rhodan es in die Holokugel. »Clun’stal, sieh es dir genau an«, sagte er. »Du musst es kennen. Von ir gendwoher. Es gehört ebenso zu TA LIN ATHURESTA wie du.« Zum ersten Mal seit ihrem Aufbruch rührte sich der Esnur von der Stelle. Der Kopf bewegte sich mehrfach hin und her, als müsse er sich erst überzeu gen, dass da tatsächlich etwas existier te. »Ich kenne es nicht«, sagte der Esnur drei Kollisionen und vier Tunnelein brüche später. »Hat es irgendeine Funktion für TA LIN ANTHURESTA?« »Da ich es nicht kenne, kann ich es nicht wissen.« »Clun’stal, erinnere dich. Es ist le benswichtig!« »Du bist mein Erinnerer, mein Chro nist. Ich selbst erinnere mich nicht. Ich glaube, es ist ein Fremdkörper.« »Dann gehört es zu dem Gegner, von dessen Eintreffen du gesprochen hast.« Wer immer das war, er trug die Verant wortung für den derzeitigen Zustand in der Dyson-Sphäre. »Ich weiß nicht ... Ich kenne den Gegner nicht ...« Rhodan fluchte innerlich. Während er das nächste Ausweichmanöver flog, musste er mit ansehen, wie das Gebil de in der Nebelwolke eine Art Schutz zaun um sich herum aufbaute. Zu mindest wirkte es auf die Entfernung so. »Es verbarrikadiert sich«, stellte das Konzept fest. »Es scheint bemerkt zu haben, dass jemand kommt.«
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»Unser fremdes Schiff, das ist offen sichtlich«, nickte Rhodan. Er richtete seine Aufmerksamkeit auf das Ende des Tunnels. Noch war er weit ent fernt. Rhodan ließ die Ankunft in TALIN ANTHURESTA Revue passieren. In zwischen wussten sie, dass die Fre quenz-Monarchie diesen Handelsstern nicht beherrschte. Der Mentalpilot glaubte daher auch nicht, dass die Sta tion in der Nebelwolke etwas damit zu tun hatte. Wieder beschleunigte er, baute den Tunnel auf. Als hätte der Tunnel es vorhergesehen, lösten sich die PsiKlumpen schneller auf als bisher. Das energetische Stützkorsett flirrte und waberte, es konnte jeden Augenblick in sich zusammenbrechen. Rhodan hielt die Projektion auf recht. Die Distanz zum Zentrum der Nebelwolke schrumpfte rasch. Schneller jedoch löste sich die Tun nelröhre auf. Eine ultrahochfrequen te Stoßwellenfront raste von hinten heran. Während der Obelisk durch die Röh re jagte, errichtete Rhodan einen Wall aus Klumpen zwischen ihm und der Front. Schnell türmte sich ein dickes, hohes Gebirge auf, das sich weit über die Röhre hinaus erstreckte. Mit etwas Glück schafften sie es bis in die Nähe des Gebildes. Eine andere Wahl blieb ihnen sowie so nicht. Rhodan errichtete einen zweiten Wall. Während er hastig den B-Con troller bearbeitete, spürte er, wie etwas aus seinem Bewusstsein floss. Über gangslos fühlte er sich müde und kraft los, kämpfte unversehens gegen eine Ohnmacht. »Mikru!« Er seufzte. »Bring uns in Sicherheit!«
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7. Rhodan kam sich vor, als sei er nach einem Absturz im Wrack seiner Ma schine eingeklemmt. Er wollte sich be wegen, aber es ging nicht. Es war, als steckte er in einer Röhre. Der Tunnel ist kollabiert! Er sah nichts und er hörte nichts. Er rief erst nach Mikru, dann nach Lloyd/ Tschubai. Sie reagierten nicht, weil sie nicht da waren. So wenig wie Rhodans Arme und Beine. Alles, was da war, war undurch dringliche Dunkelheit. Tröpfchenweise kehrte die Erinne rung zurück. Die psionische Front war herangerollt, und er hatte zwei Wälle aufgebaut. Aber dann hatte er das Be wusstsein verloren. Ich muss herausfinden, wo ich bin! Etwas stimmte nicht. Er hatte es schon gewusst, bevor Mikru es ihm ge sagt hatte. Im einen Moment hatte er das Schiff voll unter seiner Kontrolle gehabt, im nächsten war es ihm ent glitten wie bei einem Motor, der keine Energie mehr bekam. Er wollte her ausfinden, woran es lag, doch die Er eignisse hatten ihm keine Zeit dazu gelassen. Zum dritten Mal hatte er die Kon trolle verloren. Und dazu noch in einer lebensbedrohlichen Situation. »Ras? Fellmer? Clun’stal?« Das Konzept antwortete nicht. Aber weit weg hörte Rhodan ein leises Zwit schern. »Clun’stal Niemand?« Das Geräusch wiederholte sich. An dere folgten. Möglich, dass jemand mit ihm redete. Rhodan verstand kein Wort. Ein wenig erleichterte es ihn, dass er nicht vollständig taub war. Ein Gedanke quälte ihn: Das wird nie so sein, wie Mikru es sich vorge
stellt hat. Der Pool der Mentalechos hat sich geirrt. Ich bin nicht geeignet für diesen Job. Es konnte am Aktivatorchip liegen, an seiner Gehirnstruktur, an seiner langen Lebenszeit davor – egal. Fest stand, dass es nicht funktionierte. Oder nicht richtig. Er stellte sich vor, wie Mikru vor ihn trat und ihn anflehte, noch einmal in den Tank zu steigen. Diesmal für län gere Zeit. Sie wollte ihm sagen, dass es um keine neue Eignungsprüfung ging, sondern um die Fehlersuche, weil ein Wesen wie Rhodan grundsätzlich für die Mentalsymbiose geeignet war, wenn es denn die nötige charakterliche Eignung mitbrachte. Über die körperliche Eignung hatte der Pool bisher keine Aussage gemacht. Ein Homo sapiens wurde zwar allge mein als fortschrittlich und entwick lungsfähig eingestuft, aber dafür war er vermutlich noch zu jung und unreif. Rhodan merkte an diesem Argu ment, dass er geistig noch nicht richtig da war. Menschen waren zu so vielem in der Lage – sie vermochten in einer Superintelligenz aufzugehen oder in einem Psi-Trust, sie konnten ihre Energie an den TERRANOVA-Schirm weitergeben und so vieles mehr, ja, sie konnten sogar wieder verkörperlicht werden, um der toten Seite des Univer sums Leben zu bringen. Es liegt allein an mir. Das saß. Und es tat weh, richtig weh und ausschließ lich an der rechten Wange. Jemand schlug ihn ins Gesicht, dass ihm Hören und Sehen verging. »Lass das!«, stieß er hervor. »Tut mir leid, es war nicht böse ge meint, Perry!« Das war eindeutig Ras Tschubai. Er blinzelte, sah endlich etwas und starrte in die Augen Mikrus.
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»Wach schon auf!«, brüllte sie ihn mit Stentorstimme an. Er blickte an sich hinab und stellte fest, dass er im Sessel zusammenge sackt war. Hastig richtete er sich auf. »Nicht so laut. Es tut weh!« »Das war nicht laut«, sagte die Pro jektion. Sein Blick wurde klarer. Das Kon zept stand links von ihm, die Projekti on einer Terranerin rechts. In beiden Gesichtern entdeckte er Besorgnis. »Mir geht es gut«, sagte er. Seine Stimme klang heiser. »Deine Körperwerte sind in Ord nung«, bestätigte die Mikropositronik des SERUNS ungefragt. »Dennoch solltest du dich schonen.« Er winkte ab. »Das Schiff ist wich tiger!« »Ras hat recht, Perry. Das Problem kriegen wir nicht so schnell aus der Welt.« »Es liegt an meiner Persönlichkeit. Niemand kann es ändern.« »Du lässt nicht völlig los«, befand Mikru. »Deine Mentalpräsenz ist zu stark. Erst wenn du ganz zu einer Ein heit mit dem Schiff wirst, treten keine Störungen mehr auf.« »Wie soll ich das machen? Mich stär ker zurücknehmen?« »Du musst dich ganz aufgeben, um mit dem Schiff eine perfekte Hand lungseinheit zu bilden. Keine Sorge, du wirst dich nicht verlieren. Du brauchst nur zu vertrauen.« »Vertrau uns, Perry Rhodan«, be kräftigten die Mentalechos in seinen Gedanken. »Das tue ich doch die ganze Zeit.« Er vertraute nur sich selbst nicht, nicht mehr nach diesem Gespräch. Wie sollte er sich intensiver in das Schiff einbringen und gleichzeitig sei ne mentale Präsenz zügeln? Er sah
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darin einen Widerspruch. »Wie viel Zeit habe ich?« »Keine!« Mikru trat zur Seite, damit er einen besseren Blick auf die Holodarstellung hatte. Der Obelisk hing in der Nähe eines goldgelb flimmernden Vorhangs. »Das Schiff konnte sich im letzten Augenblick bis an den Rand der zehn Kilometer durchmessenden Energie blase retten«, sagte Mikru. »Hier ist erst einmal Endstation.« Rhodan musterte den sichtbaren Horizont des Schutzschirms. Überall dort, wo kleine und große Partikel der verfestigten Psi-Materie auftrafen, glühten und stoben Funken. Mehr noch als die Trümmer und Fet zen des künstlich erzeugten Tunnels nahm das Gebilde hinter dem Schirm Rhodans Aufmerksamkeit in An spruch. Es handelte sich um zwei par allel zueinander angeordnete, gedrun gene Zylinder von goldener Farbe. An den Enden ragte jeweils eine dünnere Säule hervor, die wiederum in einer Kugel endete. Daher erinnerten die beiden Gebilde den Terraner entfernt an alte Nudelhölzer, wie sie seine Groß mutter einst benutzt hatte, um Nudelund Kuchenteig auszurollen. MIKRU-JON hatte das Doppelsäu len-Gebilde bereits vermessen und gab die Gesamtlänge mit 1177 Metern an, den Durchmesser des dicksten Einzel säulensegments in der Mitte mit 284 und den Durchmesser der Kugeln mit 114 Metern. Entlang einer 81 Meter durchmessenden Hauptsäule waren Ringscheiben unterschiedlicher Breite angeordnet. Die Orter-Daten enthielten nichts, was auf die Funktion dieser Station mitten in der Nebelwolke hingewiesen hätte. Hyperstrahlung war vorhanden, aber die war ohnehin allgegenwärtig.
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Am ehesten drängte sich Rhodan der Gedanke an eine Steuerstation auf, die sich im Innern einer Psi-Wolke gegen mögliche Angreifer schützte. »Clun’stal?« Wieder war es so etwas wie der sprichwörtliche Griff nach dem letzten Strohhalm, der ihn trieb. Der Esnur änderte geringfügig seine bisherige Körperhaltung. Er beugte sich vor und forderte eine Vergröße rung des Objekts im Holo an. Gespannt wartete Rhodan auf seine Reaktion. Clun’stal schaute nur und schaute. Die andeutungsweise ausgeprägten Augen blieben so starr wie der Rest des Gesichts. Rhodan trat neben ihn und blickte ihm über die Schulter. Die Kristalle des Esnur gruppierten sich auch jetzt ständig um. Ihm schien, als habe sich der Vorgang ein wenig be schleunigt. Nach einer Viertelstunde verlor nicht nur Rhodan die Geduld. Das Konzept schüttelte den Kopf und fragte mit Tschubais Stimme: »Bist du endlich zu einem Ergebnis ge kommen?« Clun’stal reagierte nicht. Er zeigte keinerlei Erkennen oder Assoziationen bei dem Anblick. Alle seine früheren Erinnerungen waren bei seinem Volk abgespeichert, so viel wussten sie. Was dies konkret bedeutete, konnte oder wollte er ihnen nicht sagen. Rhodan zog aus seinem Verhalten die Schluss folgerung, dass es sich bei diesem Ge bilde um ein sehr altes Bauwerk han delte, eine Station vielleicht aus der Zeit der Erbauung der Dyson-Sphäre. MIKRU-JONS Orter arbeiteten auf Hochtouren. Sie durchdrangen den transparenten Schirm mühelos, regis trierten jedes Strahlungsteilchen und jeden Vorgang innerhalb der goldenen Blase. Ab und zu drangen nicht zuzu ordnende Emissionen aus dem Innern
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der Doppelsäule ins Freie, ein Hinweis, dass sich hin und wieder Schleusen oder Tore öffneten. »Da wird etwas produziert«, mut maßte das Konzept. Immer wieder glühten die vier Ku geln an den Enden der Säulen auf, grell und hektisch wie Warnlichter. Gleich zeitig maßen die Sensoren eine kurze, aber heftige Strukturerschütterung. Zu sehen war außerhalb des Gebildes nichts. »Es sind Strukturerschütterungen, wie sie bei Transitionen über extrem kurze Distanzen entstehen«, sagte Rhodan. Unklar blieb, ob die Säulen etwas hinaus in die brodelnde Nebelwolke schickten oder etwas von dort in die Station holten. Dass es sich dabei um Psi-Materie handelte, war ebenfalls nur eine Vermutung. Rhodan musste eine Entscheidung treffen. Im Augenblick sah er sich nicht in der Lage, eine mentale Ver bindung mit dem Schiff einzugehen. In seinem Kopf summte und dröhnte es, als schlügen ein paar Ertruser mit gigantischen Hämmern darin um die Wette. »Wir bleiben vorerst hier«, befand er. Wenn er etwas brauchte, war es Schlaf, tiefer Schlaf, damit Körper und Geist sich erholten. In der Nähe des Energie schirms schien ihm das am ehesten möglich. Das Schiff würde so lange Messungen vornehmen und versuchen, auch die winzigsten Impulse aufzu schnappen. Funksprüche etwa gab es bisher keine, und das war selbst bei einer automatisch arbeitenden Station ungewöhnlich. Nun ja, dachte der Terraner, viel leicht nicht bei einer Station der An thurianer, die zehn Millionen Jahre alt ist.
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Inzwischen war der Tunnel vollstän dig verschwunden, die künstlich ver festigte Psi-Materie hatte sich aufge löst. MIKRU-JON hing antriebslos und mit minimalen Emissionen an Ort und Stelle. * Wie lange hatte er geschlafen? Ein paar Stunden oder nur Sekunden? Die hektische Meldung des Ortungsauto maten ließ Rhodan hochschrecken, er klammerte sich an die Armlehnen des Kontursessels. »Was ...« »Schau hin!«, befahl das Konzept. An einem der Ringe der Doppelsäu le bildete sich eine Blase. Erst schien es, als weiche das Wandmaterial auf. Dann sah Rhodan eine durchsich tige, zuckerhutähnliche Haube. Dar unter saß ein fassförmiger Rumpf, an dem fünf Flansche klebten. Rhodan identifizierte sie als Triebwerkssyste me. Unter der Haube schwebte eine graue Kugel. Das Ganze diffundierte durch die Außenwandung der Sta tion. Das kleine Gebilde – es handelte sich eindeutig um ein Fahrzeug – war gut zehn Meter hoch und fast ebenso breit. Ein Schirmfeld hüllte es ein. Mit hoher Beschleunigung entfernte es sich von der Doppelsäule, durchstieß die gol dene Blase und raste in die Psi-Materie der Nebelwolke hinaus. Augenblicke später fand erneut eine Entmaterialisierung von Psi-Materie statt, wie sie es mehrfach beobachtet hatten. Gleichzeitig verschwand das kleine Fahrzeug vom Orterschirm. Und ebenso gleichzeitig stieß der Esnur ein Geräusch aus, das wie das Gurren einer Taube klang. Rhodan musterte das Kristallwesen
skeptisch. Seine Vermutung schien sich zu bewahrheiten. Clun’stal sagte nichts. Dann aber stellte das Wesen für ein paar Augenblicke seine Umgrup pierungen ein. »Es handelt sich um den Psi-Mate rie-Dispenser!« Rhodan blieb zunächst die Spucke weg. »Du sagtest, das ist ... was?«, fragte er dann vorsichtig. »Der Psi-Materie-Dispenser!« »Du bist dir ganz sicher, dass du wirklich die Doppelsäule meinst?« Clun’stal ging nicht darauf ein. Er wandte ihm den Kopf zu, die Andeu tungen menschlicher Sinnesorgane verschwanden für kurze Zeit völlig. Irgendwann bildeten sich in dem glatten Gesicht andeutungsweise zwei Lippen, und der Esnur sagte: »Ich habe an der Konstruktion mitgearbeitet.« »Das nenne ich mal eine Erinne rung!«, entfuhr es Lloyd/Tschubai. Diesmal war es eindeutig die Stimme des Telepathen, die sprach. »Weißt du zufällig auch, wo dein Herr Fogudare den Schlüssel für die Eingangstür auf bewahrt hat?« Plötzlich waren Augen, Nase, Ohren wieder da, die Andeutungen von Au genbrauen ebenso. Clun’stal wirkte bei alldem irritiert. »Fellmer Lloyd meint, ob du den Kode kennst, der dir den Eintritt er laubt«, sagte Rhodan. »Oder ob du weißt, wo du diesen Kode findest.« »Ich habe ihn, ja gewiss. Ich habe ihn ... vergessen.« Mit diesem Wesen war es immer das selbe. Manchmal genügte ein lächer liches kleines Ereignis, um ihm wich tige Informationen zu entlocken. Dann wieder reichten selbst umfangreiche Daten oder ganze Filme nicht, um As soziationen in ihm auszulösen. Von daher war jede Information ei
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gentlich ein Grund zum Jubeln. Auch wenn Clun’stal nicht gesagt hatte, wo zu diese »Ausgabeeinheit« letztlich diente. Rhodan kam der Vergleich mit dem Schwimmen in den Sinn. Wenn man es einmal gelernt hatte, saß es. Selbst wenn man es jahrelang nicht tat, funk tionierte es wieder, sobald einen je mand ins Wasser schubste. »Los!«, entschied der Terraner. »Wir fliegen hin! Clun’stal, du gibst Anwei sungen, wie das Schiff navigieren muss. Und wir brauchen den Kode, der uns identifiziert.« Der Esnur sprudelte ein paar Be fehlsfolgen hervor, die MIKRU-JON aufzeichnete. Anschließend beschrieb er den Kurs zu einer der Docksekti onen. Rhodan schloss vorsichtshalber den Helm des SERUNS, Lloyd/Tschubai machte es ihm nach. Sie konnten nie wissen. Vielleicht galt der Kode gar nicht mehr. Oder der Dispenser befand sich in der Hand der Fremden, die das Chaos im Handelsstern ausgelöst hat ten. Oder Clun’stal irrte sich, und der Kode gehörte überhaupt nicht zu die sem Gebilde. Man durfte so etwas nie ausschlie ßen ... * Perry Rhodan hielt den Atem an. Draußen vor der Bugpyramide flirrte der goldfarbene Schirm. MIKRU-JON schickte den Funkspruch ab und setzte den Flug mit minimalem Tempo fort. Hundert Meter pro Sekunde ent sprachen deutlich einer Schleich fahrt. Der Dispenser antwortete nicht. Rhodan wollte schon anhalten, aber
der Esnur war dagegen. »Es ist keine Antwort erforderlich.« »Bist du sicher?« »Ich weiß es nicht.« »Strukturlücke!«, meldete das Schiff. Dicht über der Pyramide ver schwand ein Stück der Blase. Der Obe lisk hielt auf die Doppelsäule zu. Clun’stal gab die nötigen Anweisungen. Am linken der beiden Mittelwulst zylinder zeichneten sich bei der Annä herung die Umrisse von Luken ab. Die mittlere davon mussten sie ansteuern. Dort lag der Eingang für besonders privilegierte Personen wie Fogudare und Clun’stal. Rhodan scannte die Maße und ver glich sie mit den Schleusen des Obe lisken. Für eine der Luken waren die Bodenschleusen zu groß, deshalb ent schied er sich für eine Mannschleuse im oberen Drittel des Schiffes. Wenn sie damit über der Luke andock ten, konnten sie bequem überwech seln. Für den Terraner stand allerdings nicht die Bequemlichkeit im Vorder grund. Im Falle von Gefahr erlaubte ihnen dieses Vorgehen eine schnelle Rückkehr in den Obelisk. MIKRU-JON näherte sich langsam den Zielkoordinaten. Sie dockte nicht an, aber sie ging längsseits. Mit ihren Zugstrahlprojektoren verankerte sie sich über der Oberfläche des Dispen sers. Rhodan aktivierte die Mann schleuse, woraufhin von dessen Ober fläche ein energetischer Schlauch emporstieg und eine Verbindung her stellte. Augenblicke später öffnete sich die Luke und gab den Weg in das Gebilde frei. »Bitte nach dir«, sagte Rhodan zu dem Esnur und machte eine einladende
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Geste. »Es ist dein Reich und dein Dis penser.« »Alles gehört meinem Meister Fogu dare«, lautete die Antwort. Clun’stal schritt voraus, ein sich ewig umgruppierendes Kristallwesen, das den humanoiden Körper fast täu schend ähnlich nachahmte. Rhodan folgte dem Esnur, dann kam Lloyd/Tschubai und hinter ihm schwebten zwei kegelförmige TARAKampfroboter und sicherten den Rückweg. Mikru, die 50 Soldaten und die restlichen 45 Kampfroboter blie ben zurück. Die Luke funktionierte wie eine her kömmliche Schleuse, ein Außenschott, ein Innenschott. Nachdem sich das Außenschott geschlossen hatte, öffnete sich das innere. Gedämpftes gelbes Licht brannte. Staub bedeckte den Boden des Korri dors. Feine, millimetergroße Spuren durchzogen ihn. Leise vibrierend nahm eine Klimaanlage ihre Arbeit auf. Der entstehende Luftzug wirbelte den Staub zu dünnen Fahnen auf. Er legte sich auf die SERUNS. An den Sicht scheiben der Helme glitt er ab. Rhodan postierte einen TARA am Ende des Korridors. Die SERUNS sammelten alle möglichen Daten. Die Doppelsäule war vollgepackt mit allen möglichen Labors und Maschinenare alen. Herkömmliche Waffensysteme fanden sich nirgends, aber das wollte beim technischen Niveau von TALIN ANTHURESTA nichts heißen. Die Waffensysteme zum Schutz des PsiMaterie-Dispensers basierten wahr scheinlich auf der Psi-Materie, die es jedem Eindringling schwer machte, sich in dieser Umgebung zu behaup ten. Weiter! Es geht schließlich auch um die JULES VERNE!, dachte Rhodan.
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Der Gedanke an das Schiff führte ihm wieder vor Augen, weswegen sie in erster Linie unterwegs waren. Sie suchten eine Möglichkeit, die Abwehr systeme im Bereich des Handelssterns zumindest vorübergehend außer Kraft zu setzen und das Hantelschiff von dort wegzuholen. Dass es zwangsläufig dazu führte, dass sie die Welt der 20.000 Welten verließen, störte ihn nicht. Auch in einem großen Gefängnis würde er sich niemals wohl fühlen können. Er schloss zu Clun’stal auf. »Du kennst den Weg, nehme ich an.« »Einen Weg«, korrigierte das Kris tallwesen. »Ich weiß nicht, ob es der richtige ist.« »Na toll!« »Ich verstehe nicht, was du meinst.« Der Korridor mündete in ein Areal aus Hallen. Überall ragten Maschi nenblöcke und Aggregatstraßen auf. Vieles war in der Bernsteinfarbe des Handelssterns gehalten, manches in Blaugrau und Silber. Darüber hinaus tauchten symmetrisch verteilt gold farbene Elemente auf wie das Ober flächenmaterial der Doppelsäule. »In der Nähe gibt es einen Kontroll raum«, sagte Clun’stal unvermittelt. Diesmal schwieg Rhodan, um den Esnur nicht zu verunsichern. Das Kristallwesen bog mehrfach links ab, dann wieder rechts, suchte nach einem bestimmten Korridor und landete of fenbar doch im verkehrten. Sie kehrten an den Ausgangspunkt zu rück, und Clun’stal ging erneut voran, diesmal spiegelverkehrt zur vorigen Route. Es funktionierte. Zehn Minuten spä ter standen sie in einem Raum von et wa zehn Metern Durchmesser und vier Metern Höhe. Fünf Hufeisenpulte bil deten die einzige Einrichtung.
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»Der Kontrollraum!«, erläuterte der Esnur und trat an das mittlere der Pulte. Rhodan und das Konzept sahen zu, wie er mehrere Dutzend Schaltungen vornahm, probeweise, wie er sagte. Nach kurzer Zeit war dem Terraner klar, dass Clun’stal nicht mehr wusste, wie man das Terminal in Betrieb nahm. Er übte sich in Geduld, wohl wissend, dass sie ohne das Kristallwesen erst recht nicht weiterkamen. Irgendwann erwischte Clun’stal wie bei der Suche nach diesem Raum die richtige Reihenfolge. Über dem Pult flammten Holoprojektionen auf, ein halbes Dutzend, dann ein ganzes. Drei viertel davon brachen schnell wieder in sich zusammen. Clun’stal nahm weitere Schaltungen vor, machte Eingaben und las von einem Display die Antworten ab. »Nein!«, hörten sie ihn immer wie der sagen. »Nein, nein, nein!« Nach etlichen Anläufen blieben drei Holos übrig – die richtigen, wie der Esnur versicherte. Rhodan sah, wie erneut ein ZehnMeter-Gebilde den Dispenser verließ. Kurz darauf folgten zwei weitere, dann erneut ein einzelnes. »Wo gehen diese Sonden hin?«, hörte er Clun’stal flüstern. »Ich kann es nicht erkennen. Es wird nicht angezeigt. Sie verschwinden einfach.« »Was für eine Aufgabe kommt ihnen zu?« »Es sind Jäger. Der Psi-Materie-Dis penser erkennt Fremdkörper und schickt die Sonden, um sie zu eliminie ren. TALIN ANTHURESTA reagiert sehr empfindlich auf Fremdkörper.« In der Tat, dachte Rhodan. Das ist mir auch aufgefallen. Wodurch, in aller Welt, wird man nicht als Fremdkörper identifiziert?
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Eigentlich war es merkwürdig, schließlich verfügte er über einen BController. Warum nahm keine überge ordnete Kontrollinstanz davon Kennt nis und räumte ihnen freie Fahrt ein? Entweder hing es mit den uralten Sicherheitsvorkehrungen für TALIN ANTHURESTA zusammen oder mit ES, der den Controller modifiziert hat te. Er starrte auf die nächste Sonde. Sie diffundierte ins Freie, aber sie be schleunigte nicht Richtung Schirmbla se, sondern glitt ein Stück über den Dispenser, beschrieb einen Bogen und hielt auf den Mittelzylinder zu. Auf MIKRU-JON! Rhodan verbiss einen Fluch zwi schen den Zähnen. »Was will das Ding? Unser Schiff vernichten?«, fuhr er den Esnur an. Die Kristalloberfläche des Gesichts geriet in Wallung. »Wir sollten so schnell wie möglich von hier ver schwinden!« Rhodan sah ihm zu, wie er an dem Terminal hantierte, alle möglichen Programme aufrief, einen Kode ein gab, Befehle erteilte, den Flug der Son de zu stoppen. Clun’stals Bewegungen wurden immer hektischer. Rhodan war sich nicht sicher, ob sie aus dem Mund kamen oder von den immer hek tischeren Umgruppierungen der Kris talle stammten. Das zehn Millionen Jahre alte Wesen hatte so gar nichts von Altersweisheit an sich. Es wirkte wie ein Kind, unwis send, spielerisch, teilweise naiv und unbekümmert. Auf der anderen Seite war es hilfsbereit, ernsthaft und schnell im Handeln, wenn es die nötigen Infor mationen besaß. Meistens standen sie ihm allerdings nicht zur Verfügung. Und es war nicht in der Lage, eine Verbindung zu sei
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nem Volk herzustellen, wo dieses Wis sen gelagert war. »Es hat keinen Sinn, länger zu war ten«, sagte Rhodan. Er schickte die Roboter zum Schiff zurück. So schnell ihre Instrumente es zuließen, rasten sie davon. Clun’stal versuchte es noch immer am Terminal. Der Terraner schüttelte fast un merklich den Kopf. Es hatte keinen Sinn. »Ras, wir teleportieren. Alle auf ein mal!«
8. Kartuschen als Kunstwerke – wenn man es wusste, fiel es einem sofort auf. Ein schwarzer Kreis im Zentrum war rechts und links von je drei nach außen größer werdenden Mondsicheln flan kiert. Den Hintergrund bildete ein Muster aus asymmetrischen Kreisrin gen, die den Eindruck eines Tunnels vermittelten. Das schwarze Ende dieses Tunnels lag oberhalb des Kreises im Zentrum. Das alles wurde von einem grauen Kreisring umschlossen,
auf dem in vier Fünfergruppen schwar ze Dreiecke lagen, die mit den Spitzen nach außen deuteten. Eine andere Kartusche zeigte im Mittelpunkt einen schwarzen achtza ckigen Stern, der rechts und links von je drei, nach außen größer werdenden weißen Mondsicheln flankiert wurde. Von dieser Zentralfigur wiesen acht ringförmig angeordnete weiße Drei viertelkreisausleger nach außen, die in ihren Rondellen schwarze, vierund zwanzigstrahlige Sonnen zeigten. Der Hintergrund in Form einer dunkel grauen Kreisfläche mit weißem Ring rand zeigte vier ringförmig als Fünfer gruppen angeordnete schwarze Drei ecke, deren Spitzen nach außen wiesen. Eine dritte Kartusche hatte im Zen trum mehrere konzentrisch angeord nete Kreisringe, die ein Ringmuster mit schmalen weißen und breiteren grauen Bereichen formten. Der Außen randring war oben, unten, rechts und links von kleinen Kreisen überdeckt, die schwarze, zum Zentrum offene Mondsicheln zeigten. Zwischen diesen Außenrandkreisen waren auf dem grauen Außenring jeweils fünf mit den
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Spitzen nach außen weisende schwar ze Dreiecke angeordnet. Ein Muster symmetrischer Kreisringe bildete den Hintergrund im Zentrum und vermit telte den Eindruck eines Tunnels mit schwarzem Ende. Davor befand sich im Zentrum eine schwarze Sonnen scheibe mit vierundzwanzig Strahlen, die rechts und links von je drei, nach außen dicker werdenden weißen Mond sicheln flankiert war. Die Kartuschen faszinierten Mon dra. Sie spürte, dass hinter diesen Dar stellungen ein Geheimnis steckte, dem sie unbedingt auf die Spur kommen wollte. Gleichzeitig hatte sie das Ge fühl, dass diese drei Kartuschen zu sammengehörten. Einen Hinweis auf ihre Funktion fand sie nicht, ebenso wenig eine Antwort auf die Frage, was die Zeichnungen darstellten. Noch sagte sie kein Wort darüber. Sie wartete, bis Waringer sie alleine ließ, dann suchte sie die drei Kartu schen wieder auf. Es gab wiederkeh rende Teilmuster, die Mondsicheln, die Dreiecke, die asymmetrischen Kreis ringe, die den Eindruck eines Tunnels erweckten. Mondra versuchte mehrere Lösungs ansätze anzuwenden, die sie allerdings nicht weiterbrachten. Welche Bedeu tung die übereinstimmenden Elemente besaßen oder wie man sich diese er schließen konnte, dahinter kam sie nicht. Sie sagte sich, dass sie übermü det war und es am nächsten Tag noch einmal versuchen sollte. Sie kam etwas früher als die Projek tionsgestalten, durchforstete die Kar tuschen und ließ die Mikropositronik nach ähnlichen Übereinstimmungen suchen. Es gab ein paar, aber sie ver größerten das Rätsel eher, statt es zu vereinfachen. Sie wartete, bis Waringer eintraf. An
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diesem Tag wirkte er mürrisch, ja ver schlossen. Mondra hielt es für unhöf lich, mit der Tür ins Haus zu fallen und ihn als Erstes nach seinen Befindlich keiten zu erkundigen. Sie redeten über belanglose Dinge. Im Gesicht des Wis senschaftlers arbeitete es. »Homunk wird Sie bald aufsuchen und mit Ihnen über ein paar Dinge re den«, kündigte er an. Sie merkte, dass er sich gleich besser fühlte, nachdem der Satz heraus war. »Das tut er immer wieder, Geoffry. Es ist im Augenblick auch nicht wich tig. Ich habe ein Problem mit drei Kar tuschen.« Sie führte Waringer zu den drei Stel len. Er betrachtete die Darstellungen eine Weile, rieb sich dabei abwech selnd das Kinn und die Nase, schüt telte dann den Kopf. »Ich fürchte, wir haben beide dassel be Problem. Wir werden diese Frage auf absehbare Zeit nicht beantworten können. Sie nicht, ich nicht, wir beide zusammen nicht. Keiner kann das. Nicht jetzt.« Sie verstand nicht, was er ihr damit sagen wollte. Nicht jetzt – hieß das, zu einem späteren Zeitpunkt dann doch? Oder meinte er, dass dies der falsche Ort war, um darüber zu sprechen? Mondra wagte einen weiteren Vor stoß. »Wann?« Er ging nicht darauf ein. »Sehen Sie die Kartusche dort? Besonders ein drucksvoll sind die Spiralen von innen nach außen. Wenn man daran vorbei geht, bewegen sie sich.« »Ich hatte eine Frage, Geoffry. Schon vergessen?« »Deshalb hat ES Sicherungen einge baut. Was nützt es, wenn Sie die Zu sammenhänge zwischen den drei Kar tuschen herausfinden, aber vorerst nichts damit anfangen können?«
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Etliche Wochen weilte sie inzwi schen in der Maschinenstadt. Es war vergeudete Zeit, die sie besser hätte verbringen können. Wenn Homunk sie demnächst aufsuchte, würde sie ihn auffordern, dass er sie zu Perry Rho dan brachte. Wenn der so lange weg blieb, musste sie sich Sorgen machen. Eine beeinträchtigte oder hand lungsunfähige Superintelligenz er klärte auch das teilweise abstruse Ver halten Homunks, die widersprüch lichen Äußerungen Waringers, die stupiden Projektionsgestalten bei ihrer Arbeit. Wenn in der Maschinenstadt das Original der Halle der 1000 Aufga ben stand und es sich auf Aveda um eine Nachbildung oder eine hyper dimensionale Spiegelung handelte, brauchte man ES, um die Verbindung zwischen den beiden Hallen zu kap pen. Mondra hielt inne. Waringer muster te sie mit durchdringendem Blick, dem sie nur allzu gern auswich. Sie spürte instinktiv, dass der Wissenschaftler und sie sich vorerst nicht mehr viel zu sagen hatten. Wahrscheinlich bereute er oder ES seinen Entschluss bereits, hergekommen zu sein. Waringer verabschiedete sich. Sie blickte ihm nach, wie er mit steifen Schritten zum Antigravschacht ging und sich wenige Meter vorher ver flüchtigte. Noch am selben Tag tauchte Ho munk bei Mondra Diamond auf. Er stand plötzlich hinter ihr und klopfte ihr auf die Schulter. Erschrocken fuhr sie herum. Sie überwand den Schock schnell und forderte: »Bring mich zu Perry!« Homunk verlor keine Sekunde lang sein überfreundliches Grinsen. »Der Terraner hat zu tun. Du wirst dich noch ein wenig gedulden müssen.«
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»Ein wenig?« »Lange genug. Du machst dir ziem lich viele gute und falsche Gedanken zum Galaktischen Rätsel«, sagte er. »Du wirst viel Geduld brauchen. ES hat sich in den letzten 3000 Jahren ver ändert. Die Superintelligenz stellt hö here Ansprüche. Das neue Galaktische Rätsel ist langfristiger und komplexer angelegt als das alte und nicht damit zu vergleichen. Waringer hat dir be stimmt nichts Falsches gesagt, aber er hat vermutlich den Langzeitaspekt au ßer Acht gelassen.« Mondra sah das Kunstwesen aus schmalen Augen an. »Langzeitaspekt. Kurzzeitgedächt nis. Ein bisschen viel auf einmal. Willst du sagen, das Zweite Galaktische Rät sel könne nur über einen Zeitraum von Jahrhunderten oder Jahrtausenden ge löst werden?« »ES hat mir untersagt, konkrete An gaben dazu zu machen.« Er verschwand von einem Augen blick auf den anderen. * Immer wieder stand Mondra vor den Kartuschen. Und immer wieder kam sie sich vor, als sei die Welt mit Bret tern vernagelt. Frustriert wandte sie sich anderen Piktogrammen zu, ver suchte dort ihr Glück. Immer wenn sie glaubte, einen Hinweis gefunden zu haben, zerrann ihr der Gedanke buch stäblich zwischen den Fingern. Aus Langeweile – und nicht, weil sie sich Input erhoffte – suchte sie Warin ger auf. Der Wissenschaftler stand in Ge danken versunken vor einer Kartu sche, zeichnete mit den Fingern Kon turen nach und wirkte nach einer Wei le nervös. Mondra fragte nicht, was los
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war, aber er warf immer wieder hek tische Blicke um sich. »Was ist los, Geoffry?« Ehe er antwortete, geschah etwas, womit Mondra zu diesem Zeitpunkt nicht gerechnet hatte: Der Eingang öffnete sich. Eindringlinge stürmten in die Halle. Der SERUN schloss auto matisch den Helm. Ramoz fing sofort an zu fauchen und zu kratzen. Sie nahm ihn auf den Arm, damit er sich beruhigte. Erleichtert stellte sie fest, dass es sich um Menschen handelte, die da ka men. Stardust-Terraner Waringer verschwand. Mondra ging zunächst davon aus, dass es sich bei den Eindringlingen um Projektionsgestalten handelte und von ihnen keine Gefahr für sie persönlich ausging. Ein Irrtum, wie sie schnell be merkte. Der Pulk der Eindringlinge teilte sich. Ein halbes Dutzend machte Jagd auf sie. Sie wissen, wer ich bin! Sie spurtete los. Ramoz sprang zu Boden und rannte vor ihr her. Er schlug Haken, sie machte die Bewegungen mit. Irgendwie war sie für die Angrei fer zu schnell. Sie versuchten, ihr den Weg zu verlegen, aber sie kamen zu spät. Ramoz hielt direkt auf den Anti gravschacht zu und stürzte sich hinein. Mondra folgte ihm, so schnell es ging. Sie sanken abwärts in bisher unbe kannte Tiefen, in denen Mondra sich bisher nie aufgehalten hatte, weder auf Wanderer noch auf Aveda. Ramoz entschied sich für einen Aus stieg auf der zehnten Ebene. Die Ver folger waren inzwischen ebenfalls im Schacht, und sie rückten näher. Mon dra warf immer wieder einen Blick zu rück. Es handelte sich tatsächlich um Menschen, aber sie konnte sie nicht genau erkennen. Sie trugen Waffen in
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den Händen, ein deutliches Zeichen ihrer Absichten. Es sah ganz danach aus, als seien sie wegen ihr in die Maschinenstadt ge kommen. Alles in Mondra wehrte sich dage gen. Seit wann konnte jeder x-Belie bige Wanderer angreifen? Mondra hetzte den Korridor ent lang. Ramoz bog nach rechts ab, kurz darauf nach oben, nach links, gerade aus, wieder in einen Schacht und an schließend in ein Hallenareal, dessen Maschinenparks Sichtschutz boten. Das Trampeln der Verfolger wurde leiser. Den Grund dafür erkannte Mondra kurz darauf. Sie benutzten Flugaggregate. Und sie schwärmten aus, weil sie ihren Standort genau kannten. Ramoz kratzte an einer Luke. Mon dra wuchtete sie auf, dann stürzte sie im freien Fall abwärts, das Tier auf dem Arm. Der SERUN bremste recht zeitig, und sie wich zur Seite aus, wäh rend die ersten Glutbahnen durch den Schacht rasten.
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Verzweiflung beschlich sie. Erst die aussichtslose Perspektive bei den Kar tuschen, nun wollte man sie auch noch töten. Der Gedanke bescherte ihr eine Gänsehaut. Gleichzeitig empfand sie es als absolut fremdartig, dass Men schen in der Halle der 1000 Aufgaben Jagd auf sie machten. Nicht nur fremdartig, auch unwirk lich. Das konnte unmöglich die Reali tät sein. Ramoz jagte in weiten Sätzen vor ihr her und lenkte ihre Gedanken auf das, was im Augenblick am wichtigsten war: das Überleben. Mondra war allein, aber sie hatte Ramoz. Der Instinkt des Tieres hatte noch nie getrogen, wenn sie in Not war. Die latent mentalen Fähigkeiten konn ten ihr auch dieses Mal wieder hilf reich sein. Während sie rannte, über legte sie, ob sie den Verfolgern eine Falle stellen sollte. Nur einer musste hineintappen, damit sie ihn verhören konnte. Sie wollte wissen, wer die Ver folger waren. Kamen sie tatsächlich aus dem Stardust-System? Und wieso sah sie die Gestalten nur verschwom men? Handelte es sich um unbewusste Manifestationen von ES? Das alles war mysteriös. Ramoz ließ nicht zu, dass sie ihre Absicht in die Tat umsetzte. Er kehrte um und zerrte an ihrem Stiefel. Wieder rannte sie ihm nach, um die nächste Abbiegung, in einen Seitenkorridor, dann noch eine Abbiegung – Ramoz fauchte herausfordernd. Mondra hörte die Verfolger lärmen. Sie benutzten Wärmedetektoren, des halb verloren sie ihre Spur nicht. Ra moz fauchte erneut, sie folgte ihm zwi schen engen Wänden entlang in einen gekrümmten Korridor. Endstation. Eine Sackgasse. Mondra fuhr herum, aber Ramoz
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maunzte laut und kratzte an der Wand. »Da ist nichts!«, zischte sie. »Wir sit zen in der Falle.« Die Verfolger waren schätzungswei se noch zwanzig Meter entfernt. Mon dra entsicherte den Handstrahler und zog eine Blendgranate aus dem SE RUN. Ramoz kratzte noch immer. Die Wand gab nach. Ein Teil klapp te nach hinten. Mondra sah eine gut getarnte Tür. Dahinter stand Homunk und bedeutete ihr, dass sie sich beei len sollte. Als sich der geheime Zu gang geschlossen hatte, flammte Licht auf. Homunk ging ihnen voraus. Ein paar Schritte nur, dann verschwand der Gang, und sie standen mitten auf dem Zentralplatz der Maschinenstadt. Eisiger Wind pfiff Mondra um die Nase. Ramoz sprang freiwillig auf ih ren Arm und kuschelte sich eng an sie. Entgeistert starrte Mondra auf die Gebäude. Viele waren von Eis bedeckt und verkrustet. Alles wirkte lebens feindlich und leblos. Tot. In der Ferne entdeckte sie ein paar Roboter, die sich mit lautem Kreischen bewegten, als seien sie halb eingefro ren. Sie schienen Löcher in das Eis ha cken zu wollen, aber als sie es endlich schafften, spritzte eine Fontäne rotes Blut hervor, woraufhin die Roboter die Arbeit einstellten. Nach und nach zer brachen sie in ihre Einzelteile, wäh rend vom Himmel herab Tausende von spitzen Eiszapfen schossen und sich in den Boden bohrten. Mondra sah den Wasserfall, gefrore ne Geschichte über Äonen hinweg. Und sie war ein Teil davon. Homunk sagte etwas zu ihr, aber sie hörte es nicht.
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Mondra zuckte die Achseln. »Ich verstehe nicht, was du sagst!« Homunk bewegte erneut die Lippen, aber immer noch gab es keinen Ton da zu. Schließlich wandte sich der Andro ide mit eckigen Bewegungen um und war weg. Mondra drehte sich einmal im Kreis. Sie wusste, was ihre Stunde geschla gen hatte. Die fremdartige Umgebung löste den Bann, in dem sie sich soeben noch befunden hatte. Sie wurde sich be wusst, dass es die Vision gewesen war, die ES ihr geschickt hatte. Sie hatte sich an all das erinnert, was sie in den langen Tagen auf Wanderer erlebt hat te. Und sie begriff, dass die Superintel ligenz ihr mit dieser Vision etwas sa gen wollte. Es war ein Hinweis. Nur wusste Mondra bislang nichts mit diesem Hinweis anzufangen. Während sie noch darüber nach dachte, was dahinterstecken könnte, verschwand stückweise die Umge bung. Dann folgte Dunkelheit.
9. Zwei Fehlsprünge bis zur Schleuse, es wurde langsam knapp. Die Roboter tauchten auf, während Clun’stal um ständlich an der Bedienkonsole für die Luke herumfummelte. Der Kode funk tionierte nicht mehr, die Automatik stufte sie offenbar als unbefugt ein. Da es sich bei dem Esnur um einen privilegierten Diener der Anthurianer handelte, hätte das nicht passieren dürfen. Die Automaten hätten ihn identifizieren müssen. Aber sie funk tionierten nicht mehr korrekt, die meisten Maschinenanlagen des Dis
pensers zeigten ebenfalls Alterser scheinungen. »Mikru, Startbereitschaft für das Schiff. Wir kommen hinüber!« Endlich schloss sich das Innenschott. Das Außenschott bewegte sich eben falls, blieb aber nach etwas mehr als einem Meter stehen. Zur Not reichte es. Einer der Kampfroboter versetzte dem Metall mit seinem Kegelstumpf einen Schlag, der es ein Stück weiter zur Seite trieb. Augenblicke später waren sie im Obelisk. Das Schiff nahm bereits Fahrt auf. Rhodan eilte in die Kommandozen trale und warf sich in den Pilotenses sel. Augenblicklich sank er in das Schiff, wurde eins mit MIKRU-JON. Obwohl er es eilig hatte, viel eiliger als bisher sogar, nahm er sich ausreichend Zeit. Stück für Stück dehnte er sein Be wusstsein über den Obelisken aus, öff nete sein Bewusstsein ganz weit, bis er die Kraft spürte. Sie floss ihm zu wie immer, aber jetzt nahm er sie zum ers ten Mal bewusst wahr und genoss sie in vollen Zügen. Ich spüre euch! Willkommen!, dach te er intensiv. Ihre Antwort nahm er als kollektive Freude wahr. Die Men talechos der ehemaligen Piloten freu ten sich wirklich mit ihm, doch sie drängten auch, weil keine Zeit mehr blieb. Rhodan sah die Sonde, die auf den Obelisken herabstieß. Er berechnete die Flugbahn und beschleunigte. Der Vorstoß der Sonde ging ins Leere. Sie berechnete den neuen Kurs, während Rhodan schon das nächste Ausweich manöver vorbereitete. Ein oder zwei Mal ging das gut. Er wusste das aus Erfahrung. Dann hatte selbst der dümmste Automat begriffen,
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was los war. Ein drittes Mal ließ er sich nicht hereinlegen. Immerhin existierte die Struktur lücke noch. Diese war nicht zugleich mit Clun’stals Einstufung widerrufen worden. Rhodan wartete, bis die Sonde er neut auf seinen Kurs einschwenkte. Sie folgte im Kielwasser des Obelis ken. Clun’stal hatte sich gewundert, wo hin all die Sonden flogen. Rhodan hoff te beinahe, ein fehlgeschalteter Rech ner würde sie ins Nichts schicken, um Fremde zu besiegen, wo keine waren. Andererseits fürchtete er, dass sie zum Handelsstern flogen. In diesem Fall wäre ihr Ziel die JULES VER NE. Rhodan ließ MIKRU-JON einen Looping machen. Ein solches Manöver schien die Sonde nicht zu kennen. Sie drehte ab, ortete neu, setzte zu einem weiteren Verfolgungsmanöver an. Nach einem Dreiviertel der Ellipse bog Rhodan mit dem Obelisken scharf ab. Sekunden nur blieben bis zur Strukturlücke. Sie existierte noch, der Schirm huschte vorbei – und das Schiff war draußen. Titanenfäuste griffen nach MIKRU JON, wirbelten den Obelisken hin und her. Rhodan musste sein ganzes Ge schick und das seiner Maschinen auf bieten, um einigermaßen den Kurs zu halten. Willkommen im Psi-Sturm!, dachte er. Vom Regen in die Traufe! Was ist schlimmer? Hinter der Helmscheibe holte er ein mal tief Luft, dann vergaß er die Zen trale und die Gefährten in seiner Nähe und schlüpfte wieder tief in das Schiff hinein. Vortasten bis zur Außenhaut, jede Energieleitung spüren, und sei sie auch noch so schmal, jeden Impuls
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verstehen, und sei er auch noch so dif fus. Noch war er nicht der Pilot, den die anderen sich wünschten. Aber sie hielten sich in seiner Nähe, zeigten ihm durch seine Anwesenheit, dass sie ihn nie allein lassen würden. In keiner La ge. Rhodan gab sich innerlich einen Ruck. Selbst wenn er es sich gestattete, völlig in MIKRU-JON aufzugehen, war es nicht für immer. Wenn er ver gaß, wer er selbst war, geschah dies nicht auf alle Zeiten. Nicht einmal Mi nuten würde es dauern. Aber diese Spanne würde ihm wie eine Ewigkeit vorkommen. Danach aber würden das Schiff und sein Pilot eins sein, sobald er das Kommando übernahm. Wenn sie eins waren. Das Ganze war immer mehr als die Summe seiner Teile. Rhodan ließ los. Er ließ sich selbst los, vergaß seinen Körper und wurde zu MIKRU-JON. Er genoss es, schnel ler zu sein als die Wirbel des PsiSturms, stärker als die Stoßfront-Wel len, widerstandsfähiger als die zerstö rerischen Kräfte da draußen. Es dauerte nur Augenblicke, bis sein Bewusstsein vollständig in das Schiff integriert war und das Schiff in sein Bewusstsein. Er sog die Unendlichkeit in tiefen Zügen ein, bis er das Gesicht vor sich sah. Sein eigenes Gesicht. Es blinzelte ihm zu, mit einem ent schlossenen Zug um die Mundwinkel. Wach auf!, formulierten die Lippen lautlos, während er die ersten Ver klumpungen von Psi-Materie entste hen ließ, um einen neuen Tunnel zu schaffen. Es ging ihm deutlich leichter von der Hand als beim Flug hierher. Rhodan wachte auf und hörte das Schrillen des Alarms. Die Sonde kam näher. Rhodan hätte
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die Möglichkeit, das Ding zu rammen und dadurch zu zerstören. Aber die Folgen für das Schiff ... Die Haube der Sonde verschwand spurlos. Die Kugel darunter verwan delte sich in einen wabernden Nebel, der sich in alle Richtungen ausbreitete und innerhalb weniger Augenblicke die Hülle des Obelisken erreichte. Ein dünner Faden verband ihn mit der Sonde. Rhodan beschloss, alles zu riskieren. Er lenkte das Schiff in dichte Zonen des Psi-Sturms. Sein Plan ging schief. Der Nebel ließ sich weder abstreifen noch verfestigte er. Rhodan versuchte es mit dem BController. Aber auch das klappte nicht. Der Controller gewann keine Kontrolle über die bereits program mierte Psi-Materie. Gierig kroch der Nebel das unterste Segment entlang und erreichte das
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mittlere. Rhodan hätte die Möglichkeit gehabt, das Schiff zu teilen. Aber dazu blieb keine Zeit. Zudem wäre ihm nie in den Sinn gekommen, die Soldaten dort unten zurückzulassen. Der Nebel begann das Schiff einzu hüllen. Die Sonde rückte auf. Rhodan ahnte dumpf, was gleich folgte. Noch versuchte er mit dem Schiff dagegen anzukämpfen, das Ding durch wilde Schlingerbewegungen ab zuschütteln. Die Sonde erreichte das Schiff. Nicht einmal die partielle Verstär kung des Schutzschirms half etwas. Das Ding durchdrang den Energie mantel und dockte an der Außenhülle an. Der Nebel um das Schiff zog sich zusammen, bis er eine Kugel bildete, die den Obelisk einhüllte. Und dann kam der Schmerz. Er packte Rhodan im Nacken und strahl te von dort auf den ganzen Körper aus.
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Es war wie der Schmerz bei der Transition mit einem alten Raumschiff – ohne Dämpfung, wie bei der GOOD HOPE oder der STARDUST II vor mehr als 3000 Jahren. Die Sonde war unerbittlich: Sie transitierte MIKRU-JON aus TALIN ANTHURESTA hinaus. Einfach vor die Tür! Rhodan spürte, wie die Bewusstlo-
sigkeit mit mächtigen Klauen von ihm Besitz ergriff. Sein letzter Gedanke galt der JULES VERNE und ihrer Besatzung. Er würde alles daransetzen, so schnell wie möglich zurückzukehren und sie zu befreien. Wie zum Hohn stach ein furchtbarer Schmerz durch sein Bewusstsein. Es wurde dunkel.
ENDE
Obwohl für MIKRU-JON der Mentalpilot gefunden ist, bleiben viele Fragen hinsichtlich des »Wunders von Anthuresta« offen. Wird Perry Rhodan die Zeit und die Möglichkeit finden, alle Geheimnisse der Dyson-Sphäre zu lüften? Der folgende Roman stammt von Marc A. Herren und wendet sich dem Un sterblichen Alaska Saedelaere zu. Band 2558 erscheint nächste Woche überall im Zeitschriftenhandel unter dem Titel: DIE STADT AM ENDE DES WEGES
PERRY RHODAN – Erbe des Universums – erscheint wöchentlich in der Pabel-Moewig Verlag GmbH, 76437 Rastatt. Internet: www.vpm.de. Chefredaktion: Klaus N. Frick, Postfach 2352, 76413 Rastatt. Titelillustration: Dirk Schulz. Innenillustrationen: Michael Wittmann und Rainer Castor. Druck: VPM Druck KG, Karlsruher Str. 31, 76437 Rastatt, www.vpm-druck.de. Vertrieb: VU Verlagsunion KG, 65396 Walluf, Postfach 5707, 65047 Wiesbaden, Tel.: 06123/620-0. Marketing: Klaus Bollhöfener. Anzei genleitung: Pabel-Moewig Verlag GmbH, 76437 Rastatt. Anzeigenleiter und verantwortlich: Rainer Groß. Zurzeit gilt Anzeigen preisliste Nr. 36. Unsere Romanserien dürfen in Leihbüchereien nicht verliehen und nicht zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden; der Wiederverkauf ist verboten. Alleinvertrieb und Auslieferung in Österreich: Pressegroßvertrieb Salzburg Gesellschaft m.b.H., Niederalm 300, A-5081 Anif. Nachdruck, auch auszugsweise, sowie gewerbsmäßige Weiterverbreitung in Lesezirkeln nur mit vorheriger Zustimmung des Verlages. Für unverlangte Manuskriptsendungen wird keine Gewähr übernom men. Printed in Germany. August 2010 Internet: http://www.Perry-Rhodan.net und E-Mail:
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Kommentar
Dyson-Sphäre – Dyson-Schwarm Rund ein Jahrzehnt bevor Perry Rhodan als Risiko pilot mit der STARDUST zum Mond aufbrach, hatte ein Physiker namens Freeman Dyson das Konzept der nach ihm benannten Dyson-Sphäre entwickelt – be schrieben 1960 in der Juni-Ausgabe der Zeitschrift Science. Kern des Konzepts war die Überlegung, dass bei der Su che nach fortgeschrittenen außerirdischen Intelligenzen Infrarotquellen gesucht werden sollten, die aufgrund des Energieerhaltungssatzes auch dann vorhanden sind, wenn die kurzwelligere Energie der jeweiligen Sonne nach maximaler Nutzung als Restwärme wieder abgege ben werden muss. Gesucht war demnach eine ziemlich hypothetische Konstruktion, welche im Idealfall das Zen tralgestirn eines Sonnensystems vollständig umschloss, um dessen abgestrahlte Energie zu absorbieren und möglichst optimal zu nutzen. In der Realität wurde solches aus naheliegenden Gründen in den darauffolgenden 3000 Jahren niemals verwirk licht – jedenfalls nicht von Menschen oder anderen Zivi lisationen in der Milchstraße. Selbst die durchaus als »bauwütig« bekannten und in dieser Hinsicht keineswegs »kleinlichen« Lemurer, die mit den Sonnentransmittern künstliche Sonnenkonstellationen und mit Horror sogar eine Hohlwelt schufen, haben ein solches Gebilde offen bar nicht in Erwägung gezogen. Und sogar die ebenfalls nicht kleinlichen Galaktischen Ingenieure zur Zeit des Großen Galaktischen Kriegs – die Oldtimer/Querionen, aus denen die Barkoniden hervorgingen – beließen es beim Bau der Suprahet-Fallen bei Planetenwällen mit maximal 30 gleichartigen Welten auf einer gemeinsamen Umlaufbahn ... Der Hintergrund liegt auf der Hand: Sogar unter Anwen dung extremer Formen von Hyperphysik dürfte ein sol ches Projekt in der von Dyson beschriebenen Form schwerlich zu realisieren sein – zumal dieser seinerzeit von ganz anderen Voraussetzungen ausging. In Dysons Originalvorschlag wurde nicht weiter auf die Details der Konstruktion eines solchen Objektes eingegangen, son dern sich mehr auf das fundamentalere Thema konzent riert, wie eine fortgeschrittene Zivilisation ihre Energie produktion auf das für ein Planetensystem erreichbare Maximum ausweiten kann. Genau das aber war in dieser Form weder für Lemurer noch andere hochentwickelte Zivilisationen je ein Thema – sie benötigen keine »nor male Energie«, sondern nutzten Hyperenergie, die per
Wandlung, Sonnen- oder gar Hyperraumzapfung gewon nen wurde und wird. Hinzu kommt, dass mit normalen Materialien eine ge schlossene und feste Sphäre nicht zu realisieren ist. Zwar sind durchaus andere denkbar – von Formenergie bis zu Materieprojektionen –, doch selbst dann, unter riesigem logistischem, zeitlichem und sonstigem Aufwand, scheint das »Dyson-Konzept« in der Realität nie sonderlich er strebenswert gewesen zu sein. Zivilisationen, die nur ein Maximum konventioneller Son nenenergie auszunutzen versuchen, stehen nicht die Mittel zur Verfügung, um einen solchen gewaltigen Bau zu realisieren – und jene Wesen, die auf hyperphysika lischer Ebene mit Sonnen oder ganzen Sternhaufen »jonglieren« können, die ein Tiefenland von einem Licht jahr Durchmesser erschaffen oder ganze Sternenschwär me zusammenstellen, bringt das Konzept einer »um hüllten Sonne« nichts mehr, weil ihnen ganz andere Möglichkeiten zur Verfügung stehen. Die »Welt der 20.000 Welten« ist – einmal ungeachtet der sphärischen Hülle, die laut MIKRU-JON eine »durch energetisch fluktuierende Psi-Materie stabilisierte Ma terieprojektion« sein könnte – deshalb »nur« ein »DysonSchwarm«, wie bei genauerer Betrachtung und Berechnung diese auf dem Dyson-Konzept beruhende theoretische Umsetzung genannt wurde. Kein geschlos senes Ganzes, sondern vielmehr eine Ansammlung einer großen Zahl von unabhängigen Objekten, die dann im Sinne von Sonnenkollektoren das Zentralgestirn umkrei sen, aber in Form und Größe durchaus variieren und sogar riesige bewohnbare Habitate sein könnten. Mit Blick auf die maximale Strahlungsausnutzung gab es mit der Zeit eine ganze Reihe von Konzepten, doch sämtliche Verteilungsmuster im Dyson-Schwarm hatten ihre Vorwie Nachteile. In unserem Fall haben wir bei TALIN ANTHURESTA den Dyson-Schwarm in Gestalt der 20.000 Scheibenwelten vorliegen, die auf diversen, aber auch gemeinsamen Bah nen den künstlichen Zentralstern umkreisen und das Konzept der »Weltenwallsysteme« der Oldtimer erwei tern. Nicht zu vergessen, dass mit dem Handelsstern und seiner »Sonnentarnung« im Zentrum überdies ein Objekt vorhanden ist, das nichts mit einer »normalen Sonne« gemäß dem ursprünglichen Dyson-Konzept gemeinsam hat ... Rainer Castor
Modellbau
Roboter, Bomben und Mutanten ... ... spielten eine große Rolle im aufstrebenden Solaren Imperium. Das aktuelle Kartonmodell ist dieser Ära des Perryversums gewidmet und stellt einen Kampfroboter vom bekannten Typ GLADIATOR R1 im Maßstab 1:12 dar. Dieser Robotertyp bildete das Rückgrat der solaren Raumlandetruppen und wurde seinerzeit in großen Stückzah len gefertigt.Wer weiß, vielleicht sind einige sogar noch heute auf abgelegenen Siedlungsplaneten im Einsatz oder im Besitz nostalgischer Technologiesammler? Wie üblich wird benötigt: ein scharfes Bastelmesser, ein Stahllineal, Klebstoff (empfohlen: lösemittelhaltiger UHU, lösemittelfreier Klebstoff enthält zu viel Wasser und kann zu welligen Bauteilen führen), eine Schneidematte (al ternativ eine dicke Pappe) sowie ein Stück 0,5 mm dicker Karton (die Rückseite eines Schreibblocks beispiels weise), hilfreich wären außerdem eine kleine Bastelschere und ein Rillwerkzeug (eine »Anreibekugel« aus dem Bastelladen oder ein komplett leer geschriebener Kugelschreiber). Außerdem dieser erste Bastelbogen sowie die zwei folgenden. Die bebilderte Anleitung umfasst insgesamt sechs Seiten, verteilt auf die betreffenden drei Hefte. (Mit Erscheinen von PR 2559 wird die Anleitung auch online abrufbar sein auf unserer Homepage.) Ein paar Tipps: – Sparsam mit dem Klebstoff umgehen! – Alle Teile oder Klebelaschen, die gefalzt werden müssen, an der Falzkante mit dem Rillwerkzeug vornuten. – Die Bauanleitung zunächst in Ruhe studieren und sich mit den Bauabschnitten vertraut machen. – Immer nur die Teile ausschneiden, die gerade benötigt werden. Einige sind sich sehr ähnlich, aber nicht iden tisch! – Weitere Kartonbautipps findet ihr auf www.paperaviation.de/FAQ/faq.html Gutes Gelingen und natürlich »per aspera ad astra«! Marco Scheloske & Martin Sänger, 2010
Leserkontaktseite
Vorwort Liebe Perry Rhodan-Freunde, ab dieser Woche findet ihr in den Heften wieder einen un serer Bastelbogen. Ich hätte nie gedacht, dass die einen solchen Anklang finden würden. Aber es ist eben was für die ganze Familie, nicht nur für die Leser der Romane. Aus Platzgründen kommt die LKS etwas kürzer daher. Ein historisches Datum: Am 24. und 25. August 1991 fand anlässlich des 30-jährigen Bestehens der Serie im Kon gresszentrum Karlsruhe der 3. PERRY RHODAN-WeltCon statt. Bonbons von euch Michael Müller,
[email protected] Während andere WM guckten, habe ich an Band 2546 ge lesen. Bin noch im Rückstand, und Fußballfan war ich eh nie. Leider habe ich nur wenige Seiten geschafft. Die hys terischen Schreie meiner Frau und deren Freundinnen im Nebenraum lenkten mich ständig ab. Ich finde, in der Stellaris-Folge wurde ein interessantes Thema angesprochen: die Todesstrafe für Drogenschmug gel. Das ist gar nicht so fiktiv. Ich habe ein Einreiseformular von den Philippinen als Souvenir behalten, weil ganz unten steht: »Warning: Death to drug traffickers under philippine law (RA 7659).« Bekommen wir von dir auch mal eine Stellaris-Geschichte?
In den neuen Romanen würde ich mir wünschen, Zeitaben teuer auf der Basis der doppelten Existenz Atlans nach seiner »Zeitreise« in die Vergangenheit Traversans zu lesen. Dort könnte ich mir dann auch die anderen Autoren vorstel len. Die Zeitabenteuer auf dem Feld »Alt-Terra« sollten weiterhin dem Altmeister Hans überlassen bleiben. Trotz alledem werde ich mir die Romane ab September holen, verschlingen und hoffen, dass die beiden »Neuen« ihre Sache gut machen. Zur Erstauflage: Endlich geht es wieder in die Weite des Alls. Und zum Glück gibt es Atlan und die Posbis. Sonst säße die Frequenz-Monarchie schon auf Terra, und die Milchstraße hätte nichts zu lachen. Im Unterschied zu unseren Helden besitzen wir Autoren keinen Zellaktivator. Hans Kneifel erfreut sich zum Glück einer robusten Gesundheit und konnte kürzlich seinen 74. Geburtstag feiern. Müsste er alle Romane von ATLAN-X selbst schreiben, bräuchte er aber sechs Arme, drei Köpfe etc. Da stellt sich dann das Problem mit dem Multiduplika tor. Hat zufällig einer von euch ’nen Tipp für uns? Danny Rarek,
[email protected] Mit diesen Zeilen wollte ich mich mal für dieses absolut geniale Stück Literaturgeschichte bedanken. PERRY RHO DAN ist wohl das Beste, was es gibt! »Deep« muss Science Fiction sein, und »deep« bekomme ich es nur aus Rastatt serviert. Mein besonderer Dank geht an Robert Feldhoff. Mit Bestür zung habe ich festgestellt, dass er nicht mehr unter uns weilt. Auf dass seine Arbeit nicht vergessen sei.
Versprechen kann ich nichts. Mir fehlt schon seit einiger Zeit genau dieselbe für solche Projekte.
Das wird sie nie. Danke für dein Lob.
Marco Seider,
[email protected] Soeben habe ich auf der PERRY RHODAN-Homepage gele sen, dass es mit den Atlan-X-Zeitabenteuern weitergehen wird. Das freut mich, da diese Abenteuer immer ihren ei genen Charme besitzen. Gleichzeitig bin ich etwas erstaunt, weil diesmal nicht der Zeitabenteuer-Autor Hans Kneifel allein dafür verantwort lich ist. Für mich persönlich sind diese Zeitabenteuer-Ro mane nur von und mit Hans Kneifel vorstellbar, da er diese Reihe geprägt hat. Wenn ich nicht ganz falsch liege, hat er die Zeitabenteuer bisher im Alleingang geschrieben; Aus nahme sind die ersten Rückblicke in der Anfangszeit der Serie durch Atlan-Erfinder Karl-Herbert Scheer.
Hannes van Doop,
[email protected] Ein Feuerauge im Solsystem? Daraus folgere ich, dass das Schicksal der Solaren Menschheit in der stofflichen Exis tenz endet. ES nimmt die Bewusstseine auf und erstarkt wieder. Wer von den Chippies (die Träger eines Aktivatorchips,Anm. d. Red.) überlebt, bleibt abzuwarten. Vielleicht Bully? Atlan und Tiff sowieso. Die neue Menschheit hat sich in den Fernen Stätten ja bereits etabliert; es geht also weiter. Perry findet das Paralox-Arsenal und beseitigt mithilfe der Anthurianer die Seinsebenen von Kosmokraten und Chaotarchen (Begriffe aus der Theosophie, siehe Annie Besant »Esoterisches Christentum«).
Leserkontaktseite
Damit endet das von Hismoom verkündete Jahrtausend der Kriege vorzeitig, und die Terminale Kolonne wird auch nicht mehr benötigt (schon wieder mehr Arbeitslose). Wenn ich nun noch eine deiner Anmerkungen zu einem Leserbrief in einem der letzten Heftromane (weiß nicht mehr genau welcher) richtig deute, wird Ramoz Mondra demnächst den Garaus machen. Dann wird es dunkel in meiner Welt. Alles nur Spekulation, oder ist doch etwas dran? Wenn es wirklich so kommt, dann lasst bitte Bostich auf irgendeinem Planeten der Milchstraße eine Bratwurstbude aufmachen und Glühwein ausschenken. An jeder Spekulation ist was dran, wenn genug Zeit ver rinnt.Warte also 5000 Jahre, dann reden wir wieder drüber. Das mit der Bratwurstbude ist gebont. Aber Glühwein an einer Bratwurstbude? Igitt!
Karl Aigner,
[email protected] Beim Lesen erlerne ich gerade das Garrabo-Spiel. Fartu loon ist schon ein wahrer Meister, nicht nur im Spiel, son dern auch als Ausbilder des jungen Atlan. Hätte nicht ge dacht, in Band 2547 wieder so plastisch von ihm zu lesen. Danke an Marc A. Herren für diese herrlichen Momente, aber auch für die Schilderung der Auseinandersetzung mit der Frequenz-Monarchie. Fast erinnerte mich dies an das Ende des MdI-Zyklus, als die Terraner die letzten Bastionen der Meister Schlag auf Schlag nahmen. Die Titelbilder sind zu 95 Prozent Meisterwerke, so wie das auf Band 2548 von Dirk Schulz. Aber der Gucky auf dem Cover von 2549 - Bruce würde sagen »Das geht gar nicht, Baby«. Bitte überlasst Gucky wieder Swen Papenbrock. Was ist eigentlich mit dem los? Man hört und sieht (außer seinen Covern) gar nichts mehr von ihm. Früher war er ab und zu auf der Inter-Comic in Köln und hat dort seine tollen GuckyBilder verkauft. Da konnte man auch mit ihm plaudern. Ich hoffe, dass er in Mannheim wieder für seine Fans an sprechbar ist.
Übrigens, die Heftseite 3 mit der Einleitung, die jetzt zu dem »alten« PR-Kopf auch noch einen Hintergrund erhalten hat, ist das Beste seit langem. Bitte beibehalten. Heft 2550 halte ich bereits in Händen, ist aber noch nicht gelesen. Mit 12 Farbseiten über die Galaxien der Lokalen Gruppe verwöhnt ihr uns Leser jetzt schon bei den »Fünf zigern«. 1996 kaufte ich mir das Buch »Mission Hubble«. Bei den wunderschönen Bildern kann man schon verstehen, war um der Mensch lieber in den »Himmel« kommen will. Bei der Gelegenheit möchte ich auch die Farbseiten der PR-Extras loben. Auch die sind allererste Sahne. Womit werden wir Leser wohl zu Band 2600, zum 50-jährigen Bestehen der Serie oder gar zum 3000. Roman be glückt? »Informativ« auch das Konterfei unseres Leserbriefonkels. Gerade für Neulinge ist es vorteilhaft, wenn man den Psy chotherapeuten, dem man seine innersten Gefühle und Ängste anvertraut – natürlich nur bezüglich PR – auch bildlich kennt. Ich habe dich in Mainz kennengelernt, aber das sind ja auch schon einige Jährchen her, gelle? Von deinen Statements auf der LKS her glaubt man manchmal, dass du ein großer Schelm bist.Aber jetzt seh en wir, dass der Herr Ellmer ein ganz und gar seriöser Herr ist. Hm. Ich bin ein großer Schelm. Der, der den anderen den Spie gel vorhält. So gesehen triffst du mit dem Psychothera peuten den Nagel auf den Kopf.
Udo Classen,
[email protected] Es hätte so ein schöner Tag werden können. Aber nein, ich musste ja beim neuen Heft die LKS aufschlagen. Was schaust du mich so böse an? Ich hab‘ nix gemacht. Etwas freundlicher würde dir sicher gut zu Gesicht stehen, oder? Glaub mir, die Redaktion hat das freundlichste Bild ausge sucht. Ansonsten verweise ich gern auf die Zeilen deines Vorredners zum Thema »Psychotherapeut«.
Zu den Sternen!
Euer Arndt Ellmer • Pabel-Moewig Verlag GmbH • Postfach 2352 • 76413 Rastatt •
[email protected]
Impressum Alle abgedruckten Leserzuschriften erscheinen ebenfalls in der E-Book-Ausgabe des Romans. Die Redaktion behält sich das Recht vor, Zuschriften zu kürzen oder nur ausschnittsweise zu übernehmen. E-Mail- und Post-Adressen werden, wenn nicht ausdrücklich vom Leser anders gewünscht, mit dem Brief veröffentlicht.
Glossar
Clun’stal Niemand Der fast zehn Millionen Jahre alte Esnur ist Kristallinge nieur. Er sieht aus wie ein 1,85 Meter großer, spindeldür rer Humanoider – im weiteren Sinne. Sein Körper besteht aus weißen Kristallen, hat einen kugelrunden Kopf mit vage terranisch anmutenden Sinnesorganen, die wie unzureichend nachgebildet wirken, stilisiert und leblos. Er ist in der Lage, den kristallinen Körper aufzusplittern und in große und kleine Kristalle zu zerlegen – im Extrem fall verwandelt er sich sogar in einen Haufen Kristall staub. Seine frühen Erinnerungen sind bei seinem Volk gespeichert, die späteren bei seinem »Herrn«, dem An thurianer Fogudare. Clun’stal allein kann keine umfang reichen Erinnerungen über lange Zeit behalten. Auch nach seiner ersten Begegnung mit Perry Rhodan flossen die Erinnerungen aus ihm heraus; er verlor sie, während er sie formulierte. Dieser Vorgang scheint durch die Ereignisse auf der Scheibenwelt Frerino (vorläufig) gestoppt zu sein, mut maßlich weil Clun’stal von den bei der »Auflösung« der Psi-Materie freigesetzten Kräften profitieren konnte. Zeitweilig begriff er sich bereits als »Jemand«, aber ob dieser Zustand von Dauer sein wird, kann augenblicklich nicht vorhergesagt werden. Perry Rhodan geht vorläufig davon aus, dass Clun’stal durch freigesetzte Energie der Psi-Materie aufgeladen, gekräftigt und auch psychisch gestärkt würde. Clun’stal ist freundlich und hilfsbereit, wirkt aber wegen den fehlenden Erinnerungen mitunter etwas naiv, fast schon kindlich. Im Dienst des Anthurianers Fogudare kümmerte sich Clun’stal Niemand für lange Zeit um den Handelsstern im Zentrum der Dyson-Sphäre TALIN AN THURESTA – speziell um die »Leben spendende Sonne«. Horrikos Der einzige Planet von Horrikos’ Stern, einem System, das rund 7460 Lichtjahre von Sol entfernt in der Milch straße liegt, ist vor allem durch die Monos-Ära und ihre Folgen bekannt geworden. Zur Zeit der Monos-Diktatur wurden auf diesem Planeten verschiedene Auffanglager für Opfer eines genetischen Zuchtprogramms angelegt. Zu den Nachkommen eines solchen Zuchtprogramms gehören gegen Ende des 13. und zu Beginn des 14. Jahr hunderts die sogenannten Monochrom-Mutanten auf den von Menschen besiedelten Planeten. Auf Horrikos wurde Agalija Teekate geboren, die sich später Mondra Diamond nannte.
Sonnenkorona Die strahlenförmige, weitverteilte, leuchtende Hülle einer Sonne ist zugleich die äußerste Sphäre des Sterns. Sie
überdeckt die Chronosphäre, eine dünne Schicht, die bei Sonnenfinsternis als rötlich leuchtende Hülle zu sehen ist. Darunter folgt der Rand der hellen Sonnenscheibe, der wiederum über der Photosphäre liegt, jener Schicht, aus der die sichtbare Strahlung stammt. Die Korona liefert gewöhnlich nur ein Millionstel der Sonnenstrahlung. Die Temperatur in der Korona ist außerordentlich hoch. Sie beträgt beispielsweise bei unserer Sonne Sol weitaus mehr als eine Million Grad, während die tiefer darunter liegenden Schichten wie etwa die Chronosphäre nur etwa 300.000 Grad Celsius aufweisen. Die Korona zeigt eine strahlenförmige Struktur, deren Form sich während eines Fleckenzyklus stark verändert.
Waringer, Prof. Dr. Geoffry Abel Der später weithin bekannte Hyperphysiker Geoffry Abel Waringer wurde am 18. Juli 2403 auf Plophos als Sohn 2401 dorthin ausgewanderter terranischer Eltern gebo ren. Seine wissenschaftliche Arbeit wurde vor allem geprägt durch die erstmalige Konfrontation der terra nischen Hyperphysik mit der Paratron-Technologie im Dolan-/ULEB-Krieg. Sein Grundstudium absolvierte Waringer an der Univer sität New Taylor, die Doktorwürde erwarb er an der Terrania Academy (2428), wo er sich aufgrund einiger gewagter Theorien lächerlich machte. Mitte 2429 ver ließ er die Erde und folgte dem Angebot seiner Verlobten, Suzan Betty Rhodan, auf Last Hope ein Forschungs zentrum zu errichten und seinen Theorien nachzugehen. Am 5. Dezember 2430 heirateten Suzan und Geoffry, und in den nächsten sechs Jahren betrieb Waringer vor allem Geheimforschung (u. a. für Roi Danton alias Michael Rhodan) und veröffentlichte unter dem Pseudo nym Schneider mehrere bahnbrechende wissenschaft liche Aufsätze. 2438 erhielt er den Zellaktivator der er mordeten Laury Marten und folgte 2440 Prof. Dr. Arno Kalup als Erster Wissenschaftssenator des Solaren Im periums. In den folgenden Jahrhunderten verbesserte er entschei dend den Kalup-Konverter (fortan als Waring-Konverter bekannt) und arbeitete erfolgreich am Schwarz schild-Reaktor, der Paratrontechnologie (Paratronfeld, Dimetranstriebwerk, ATG-Feld), später auch am Nullzeit deformator (erster Sextagonium-Einsatz) und Dime sextatriebwerk; er zählte zu den langjährigen HanseSprechern vom Jahr 1 NGZ an und war überdies wissenschaftlicher Chef der Kosmischen Hanse. Am 11. Mai 1143 NGZ starb Waringer auf dem Planeten Satrang, nachdem ihm der Zellaktivator gestohlen worden war. Er ging jedoch in ES auf und wurde beim Vorstoß Wanderers in den Kessel von DaGlausch kurzfristig »freigesetzt«.